Unternehmensverkauf: Leitfaden für kleine und mittlere Unternehmen [2. Aufl. 2020] 978-3-658-27443-6, 978-3-658-27444-3

Ein Unternehmensverkauf bedeutet vielseitige Herausforderungen. Neben den rechtlichen und steuerlichen Besonderheiten si

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German Pages XI, 210 [215] Year 2020

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Unternehmensverkauf: Leitfaden für kleine und mittlere Unternehmen [2. Aufl. 2020]
 978-3-658-27443-6, 978-3-658-27444-3

Table of contents :
Front Matter ....Pages I-XI
M&A-Prozesse im Mittelstand (Jürgen Wegmann, Hilmar Siebert)....Pages 1-14
Anlässe für M&A-Prozesse aus der Sicht des Mittelstandes (Jürgen Wegmann, Hilmar Siebert)....Pages 15-29
Transaktionsgestaltungen (Jürgen Wegmann, Hilmar Siebert)....Pages 31-40
Unternehmenskulturen der Beteiligten (Jürgen Wegmann, Hilmar Siebert)....Pages 41-51
Chancen und Risiken für Verkäufer und Käufer (Jürgen Wegmann, Hilmar Siebert)....Pages 53-62
Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand (Jürgen Wegmann, Hilmar Siebert)....Pages 63-175
M&A-Prozesse bei KMU in 30 Punkten (Jürgen Wegmann, Hilmar Siebert)....Pages 177-188
Back Matter ....Pages 189-210

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Jürgen Wegmann Hilmar Siebert

Unternehmensverkauf Leitfaden für kleine und mittlere Unternehmen 2. Auflage

Unternehmensverkauf

Jürgen Wegmann · Hilmar Siebert

Unternehmensverkauf Leitfaden für kleine und mittlere Unternehmen 2., überarbeitete Auflage

Jürgen Wegmann Wetzlar, Deutschland

Hilmar Siebert Frankfurt am Main, Deutschland

ISBN 978-3-658-27443-6 ISBN 978-3-658-27444-3  (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-27444-3 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Gabler © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2013, 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Vorwort zur 2. Auflage

Die Anzahl an M&A-Deals bewegt sich aktuell weiter auf einem sehr hohen Niveau. Insbesondere die sog. Mega-Deals bei Unternehmen im digitalen Umfeld sorgen immer wieder für Erstaunen bei Bekanntgabe der exorbitant hohen Kaufpreise. Selbst kleine Start-up-Unternehmen, deren Geschäftskonzept sich nur dem Spezialisten offenbart, stehen im Fokus von multinational agierenden großen Unternehmen. Ein Blick ins Inland zeigt, dass sich an der Wahrnehmung des Verkaufs kleiner und mittlerer Unternehmen nichts geändert hat. Die Verkäufe solcher Unternehmen werden, wenn überhaupt, ausschließlich in einem regionalen Umfeld wahrgenommen. Gleichwohl sind es diese Fälle, die die Mehrzahl an M&A-Deals ausmachen. Auch heute gilt das bereits in der 1. Auflage festgehaltene Statement: Die kleinen und mittelständischen Unternehmen sind nicht genügend auf die Verkaufsprozesse vorbereitet. In den letzten Jahren hinzugekommen ist eine noch stärkere globale Ausrichtung. Dies macht sich besonders beim Verkauf an ausländische Investoren bemerkbar. Die immer stärkere Internationalisierung ist nicht nur im laufenden Geschäftsbetrieb feststellbar. Auch im Verkaufsfall treten vermehrt ausländische Käufer den kleinen und mittelständischen Unternehmen gegenüber. Damit kommt den Unternehmenskulturen des Verkäufer- und des Käuferunternehmens eine große Bedeutung zu. Auch das Schlagwort „Compliance“ wird bei internationalen Käuferunternehmen groß geschrieben. Mit diesen Veränderungen muss sich heute der mittelständische Verkäufer eingehend auseinandersetzen. Auch hiermit ist er zumeist überfordert, da der Prozess des Unternehmensverkaufs fast immer eine erstmalige Angelegenheit ist. Insofern ist der Ruf nach qualifizierter Beratung nicht mehr zu überhören. Gleichzeitig tummeln sich im M&A-Beraterumfeld eine Menge selbsternannter Spezialisten. Um mit Hilfe von Beratern einen erfolgreichen Verkauf realisieren zu können, ist dem mittelständischen Unternehmer größte Sorgfalt bei Auswahl der Berater zu empfehlen. Wetzlar Frankfurt am Main im September 2019

Jürgen Wegmann Hilmar Siebert

V

Vorwort zur 1. Auflage

Die Fülle an M&A-Literatur ist kaum mehr überschaubar. Bei näherer Betrachtung fällt auf, dass sich die Literatur umfangreich mit den M&A-Prozessen größerer Unternehmen auseinandersetzt. Die Kritik über die Honorare der begleitenden Investmentbanker füllt regelmäßig die Tageszeitungen. M&A ist somit in aller Munde. Gleichzeitig zieht – wenn auch weniger spektakulär – der Markt für Käufe und Verkäufe kleiner und mittelständischer Unternehmen an. Hierbei treten regelmäßig große, zum Teil börsennotierte Unternehmen als potenzielle Käufer auf. Das Angebot an kleinen und mittelständischen Unternehmen resultiert häufig aus den fehlenden Nachfolgern bei diesen Unternehmen. Darüber hinaus hat die zunehmende Internationalisierung der deutschen Wirtschaft auch die mittelständischen Unternehmen erfasst. Hierbei nutzen große Unternehmen die Chance, ihr strategisches Wachstum mit dem Kauf Know-how-starker Unternehmen aus dem Mittelstand zu konkretisieren. Während die potenziellen Erwerber zumeist bestens mit den M&A-Prozessen vertraut sind, sind die kleinen und mittelständischen Unternehmen darauf nur unzureichend vorbereitet. An diesem Know-how-Defizit und der Informationsasymmetrie zwischen Verkäufern und Käufern setzt dieses Buch an. Hierbei soll ganz bewusst die Sichtweise des kleinen oder mittelständischen Unternehmens beim Verkauf im Mittelpunkt stehen. Gerade in solchen Fällen lassen sich die M&A-Prozesse nicht immer in bekannte Ablaufraster einordnen. Bereits bei den ersten Kontaktanbahnungen treffen unterschiedliche Unternehmenskulturen aufeinander. Auf der einen Seite die bestens vorbereiteten Käufer als angestellte Manager und auf der anderen Seite der M&A-unerfahrene Unternehmer als Unternehmensverkäufer. Der selbstbewusst auftretende Käufer – häufig ohne Entscheidungskompetenz – und der Unternehmer mit Entscheidungskompetenz zeigen die Konfliktbandbreite auf. Dabei können die Verkaufssituationen in unterschiedlichster Ausprägung auftreten: so z. B. die zerstrittene Erbengemeinschaft, der Unternehmer, der aus Alters- oder Gesundheitsgründen verkaufen möchte bzw. muss, der Unternehmer, der die Gunst der Stunde nutzen möchte, um Kasse zu machen. Gerade diese Vielfältigkeit lassen M&A-Prozesse beim Verkauf kleiner und mittelständischer Unternehmen nicht immer logisch erklären.

VII

VIII

Vorwort zur 1. Auflage

Um aber dennoch eine gewisse Logik der M&A-Prozesse für die KMU aufzeigen zu können, ist dieses Buch nach einem praktischen M&A-Ablaufschema aufgebaut. Im Mittelpunkt der weiteren Ausführungen stehen weniger eine wissenschaftliche Stringenz sondern die praktische Umsetzung. Den praktischen Ausführungen liegen rund 25 Jahre Berufspraxis zugrunde, bei denen es um den Verkauf kleinerer und mittelständischer Unternehmen an große Unternehmen ging. Die Sichtweise der Beratung war dabei die des kleinen oder mittelständischen Verkäufers. Wetzlar im März 2013

Jürgen Wegmann

Inhaltsverzeichnis

1 M&A-Prozesse im Mittelstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1.1 Zunehmende Bedeutung von M&A-Prozessen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1.2 Wirtschaftsfaktor Mittelstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 1.3 Bereitschaft des mittelständischen Unternehmers für einen M&A-Prozess. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 1.4 Besonderheiten eines M&A-Prozesses bei mittelständischen Unternehmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 2 Anlässe für M&A-Prozesse aus der Sicht des Mittelstandes . . . . . . . . . . . . . . 15 2.1 Strukturierung der Anlässe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 2.2 Aktive Anlässe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 2.2.1 Verkauf wegen fehlender Nachfolge aus der Familie. . . . . . . . . 17 2.2.2 Verkauf wegen Erbfall. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 2.2.3 Verkauf wegen steigendem Wettbewerbsdruck. . . . . . . . . . . . . . 22 2.2.4 Verkauf wegen persönlicher Gründe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 2.2.5 Maximierung des Kaufpreises und Realisierung des Gewinns aus dem Unternehmensverkauf . . . . . . . . . . . . . . . 25 2.3 Passive Anlässe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 3 Transaktionsgestaltungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 3.1 Share Deal. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 3.2 Asset Deal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 3.3 Betriebsübergang gem. § 613a BGB als Besonderheit bei den Vertragsgestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 4 Unternehmenskulturen der Beteiligten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 4.1 Unternehmenskultur als prägendes Element in einem M&A-Prozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 4.2 Unternehmenskultur des (angestellten) Käufers und des (mittelständischen) Verkäufers im M&A-Prozess. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

IX

X

Inhaltsverzeichnis

5 Chancen und Risiken für Verkäufer und Käufer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 5.1 Chancen- und Risikopotenziale in unterschiedlichen Phasen. . . . . . . . . . 53 5.2 Chancen- und Risikopotenziale während des M&A-Prozesses. . . . . . . . . 54 5.2.1 Sichtweise des Verkäufers. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 5.2.2 Sichtweise des Käufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 5.3 Chancen- und Risikopotenziale nach dem Verkauf/Kauf . . . . . . . . . . . . . 59 5.3.1 Sichtweise des Verkäufers. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 5.3.2 Sichtweise des Käufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 6 Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand. . . . . . . . . . . . . 63 6.1 Wie verläuft ein praktisch handhabbarer M&A-Prozess?. . . . . . . . . . . . . 63 6.2 Welche Beteiligten spielen welche Rolle im M&A-Prozess?. . . . . . . . . . 65 6.2.1 Eine erste Differenzierung nach unternehmensexternen und unternehmensinternen Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 6.2.2 Eine zweite Differenzierung nach Käuferkategorien. . . . . . . . . . 67 6.2.3 Die Beteiligten aufseiten des Verkäufers. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 6.2.4 Die Beteiligten aufseiten des Käufers. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 6.3 Welche Optionen gelten vor Beginn eines M&A-Prozesses? (Konzeptionsphase). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 6.3.1 Optionen des Käufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 6.3.2 Optionen des Verkäufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 6.4 Welcher Käufer/Verkäufer passt zu mir? (Identifikationsphase). . . . . . . . 88 6.4.1 Identifizierung durch den Käufer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 6.4.2 Identifizierung durch den Verkäufer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 6.5 Mit welchem Käufer/Verkäufer spreche ich? (Auswahlphase). . . . . . . . . 94 6.5.1 Zentrale erste Ansprechpartner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 6.5.2 Erste Ansprache potenzieller Unternehmen. . . . . . . . . . . . . . . . . 95 6.6 Welche Prüfungsschritte bestimmen den M&A-Prozess? (Prüfungsphase). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 6.6.1 Prüfungsphasenablauf. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 6.6.2 Datenraum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 6.6.3 Prüfungsschwerpunkte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 6.6.4 Themen einer Due Diligence als zentrale Prüfungsphase. . . . . . 106 6.6.5 Ergebnisse der Due Diligence als Voraussetzung zur Unternehmenswertermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 6.6.6 Unternehmenswertermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 6.6.7 Bewertung der Synergien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 6.6.8 Bewertung der Integrationskosten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 6.6.9 Die Bedeutung der Wertermittlung für die Findung des Verkauf-/Kaufpreises. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 6.7 Wie optimiere ich meinen Verhandlungsspielraum? (Verhandlungsphase). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

Inhaltsverzeichnis

XI

6.7.1 Memorandum of Unterstanding. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 6.7.2 Vorvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 6.7.3 Verhandlungsführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 6.8 Habe ich eine Wahl bei der Entscheidung? (Entscheidungsphase). . . . . . 151 6.8.1 Finanzierungsbestätigung des Käufers als Voraussetzung. . . . . . 151 6.8.2 Varianten für Kaufpreisangebote. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 6.8.3 Keine Steueroptimierung um jeden Preis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 6.9 Wie gestalte ich die handwerklichen Prozesse bis zum Abschluss? (Abschlussphase). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 6.9.1 Detaillierungsgrad des Kaufvertrages. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 6.9.2 Zusicherungen und Garantien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 6.9.3 Abschluss des Kaufvertrages. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 6.9.4 Der Übergang. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 6.9.5 Finale Emotionen in der Abschlussphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 6.10 Wie gestalte ich die Integration? (Integrationsphase) . . . . . . . . . . . . . . . . 167 6.10.1 Zentrale Problemfelder der Integration. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 6.10.2 Anforderungen an ein Integrationsmanagement. . . . . . . . . . . . . 171 6.10.3 Zeitliche Abfolge einer Integration. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 7 M&A-Prozesse bei KMU in 30 Punkten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 Anhang. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 Glossar. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 Stichwortverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205

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M&A-Prozesse im Mittelstand

1.1 Zunehmende Bedeutung von M&A-Prozessen M&A-Prozesse1 gewinnen bei mittelständischen Unternehmen immer mehr an Bedeutung. Dies hängt mit den zunehmenden Nachfolgekonstellationen in der deutschen Wirtschaft aber auch mit der rasanten internationalen Entwicklung der Märkte zusammen. Nach den Einschätzungen des Instituts für Mittelstandsforschung in Bonn stehen in den kommenden Jahren jedes Jahr rund 30.000 Unternehmen im Fokus einer Nachfolgeregelung. Davon betroffen sind rund 490.000 Beschäftigte. Hier herrscht ein immenser Bedarf an Lösungskonzepten. Geprägt wird dieser Bedarf dadurch, dass es sich bei rund 95 % dieser Unternehmen um Familienunternehmen handelt, die vom Thema Nachfolge betroffen sind. Dabei gelingt es meist nur bei jedem zweiten Fall, einen Nachfolger aus der Familie zu finden. Für die übrigen 50 % bedeutet dies ein Verkauf des Unternehmens an Dritte, an Mitarbeiter oder die Zerschlagung. Die Planung einer Nachfolge durch den Familienunternehmer erfolgt zumeist zu spät und ist bei einem geplanten Verkauf von unrealistischen Preisvorstellungen geprägt. Eine weitere Fallkonstellation für einen Verkauf wird von Dritten an den mittelständischen Unternehmer herangetragen. Der seit Jahren anhaltende und sich ständig ausweitende Trend der Internationalisierung bei Großunternehmen führt bei diesen Unternehmen zu einem Zwang zum Wachstum. Ausländische Unternehmen drängen äußerst expansiv in den deutschen Mittelstand. Dies führt zu einer weiter steigenden

1M&A-Prozesse

bezeichnen den Ablauf von Mergers (Fusionen) und Acquisitions (Übernahmen). Wenngleich sich hieraus keine korrekte Übersetzung für einen Verkauf bzw. Kauf ableiten lässt, hat sich das Akronym M&A im Sprachgebrauch auch für Verkäufe und Käufe etabliert.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 J. Wegmann und H. Siebert, Unternehmensverkauf, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27444-3_1

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1  M&A-Prozesse im Mittelstand

Nachfrage nach innovativen mittelständischen Unternehmen. Das Wachstum der Käuferunternehmen wird so zum Teil durch den Kauf von mittelständischen Unternehmen konkretisiert. Im Ergebnis geht es für die Käuferunternehmen im Wesentlichen um die Erreichung folgender Ziele: • Gewinnung von Marktanteilen (strategisches Wachstum) • Steigerung der Produktivität (operative Verbesserung von Betriebsabläufen) • Verbesserung der Ertrags- und Liquiditätslage (finanzwirtschaftliche Ziele) Für die Käuferunternehmen geht es auch darum, Wachstum gegenüber den Anteilseignern zu dokumentieren bzw. sich das Know-how, die Kunden und die Märkte des mittelständischen Unternehmens zu sichern, mit dem Ziel einer operativen und finanzwirtschaftlichen Optimierung. In jeder Fallkonstellation eines Verkaufs wird der mittelständische Unternehmer zumeist zum ersten Mal in seinem Unternehmerleben mit den Abläufen eines M&A-Prozesses konfrontiert. Hinzu kommen die schon im Verkaufsprozess auftretenden kulturellen Unterschiede, die den mittelständischen Unternehmer vor eine große Hürde stellen. Häufig führt dies zu einem Nachteil für den mittelständischen Verkäufer. Ein Verkauf unter Wert ist das Ergebnis. Daher ist es angeraten, sich ausführlich mit dem M&A-Prozess zu befassen. Denn ein Ausverkauf von mittelständischem Potenzial schadet nicht nur dem mittelständischen Verkäufer, sondern gefährdet auch den Antriebsmotor der deutschen Wirtschaft: den Mittelstand. Die Bedeutung von M&A-Prozessen hat sich in der deutschen Wirtschaft manifestiert. Gerade die exorbitant hohen Kaufpreise bei Groß-Übernahmen haben das Bewusstsein für M&A-Prozesse bei einer breiten Öffentlichkeit geschärft. Während die mit M&A-Prozessen vertrauten Personen durch eine relativ nüchterne Einschätzung der weltweiten M&A-Aktivitäten zu charakterisieren sind, betrachtet die „breite Öffentlichkeit“ dies eher emotional. Diese emotionale Auseinandersetzung wird durch eine nicht immer faire Berichterstattung von Presseorganen jeglicher Ausrichtung weiter geschürt. Obwohl die Summen, die bei M&A-Aktivitäten im Raum stehen, den Eindruck erwecken, die Wirtschaft befasst sich nur noch mit Mega-Deals, täuscht diese Wahrnehmung bei näherem Hinsehen. Ein großer Teil der M&A-Aktivitäten ist eher unspektakulär und vollzieht sich im Hintergrund und erreicht daher nur einen beschränkten Aufmerksamkeitsgrad. Hierbei stehen die kleinen und mittelständischen Unternehmen im Fokus, die es nie in die Headlines der großen Wirtschaftszeitungen schaffen. Auch die Kaufpreise bewegen sich im Vergleich zu den Mega-Deals eher im unteren €-Bereich. Gleichwohl haben solche Verkäufe eine große Bedeutung für die Beteiligten in den verkauften Unternehmen. Im Mittelpunkt steht der Unternehmer, der sein Eigentum und häufig auch seine Geschäftsführung aufgibt. Durch seine enge Bindung an seine Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten und Banken gibt der Unternehmer jahrelang gewachsene Beziehungen auf. Ein Verkauf kann zu großen Enttäuschungen

3

1.1  Zunehmende Bedeutung von M&A-Prozessen

M & A- Volumen weltweit in Mrd. US $ 4958

4119

4776

4041

3956

3630

3649 3729

3888

3096 2801

2680 2147 1830 1073

1224

2750 2657

2532 2528

2198

1870 1245

1414

1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018

Abb. 1.1   M&A-Volumen weltweit in Mrd. US$ [35]

bei den Beteiligten führen und bei Vernachlässigung des Einflusses dieser gewachsenen Beziehungen den Verkaufsprozess maßgeblich beeinflussen. Gerade daher ist es von besonderer Bedeutung, auch bei vermeintlich kleinen M&A-Aktivitäten eine professionelle Vorgehensweise bei allen Beteiligten einzufordern. Dass sich die M&A-Aktivitäten in den letzten 16 Jahren auf einem sehr hohen Niveau eingependelt haben, zeigt die Abb. 1.1. Deutlich zu erkennen ist der rasante Anstieg bis zum Jahre 2000 mit einem Volumen von rd. 3630 Mrd. US$. Die 4000 Mrd. US$-Schwelle wurde dann in 2006 erreicht. Auch die aktuellen Werte 2017/2018 bewegen sich immer noch auf einem hohen Niveau von 3729 bzw. 3888 Mrd. US$.2 Im Zeitraum, von 1990 bis 2009 wurden eine Reihe von sog. Mega-Deals abgeschlossen. Die in diesem Zeitraum mit Abstand größte M&A-Aktivität war in 1999 die Übernahme der Mannesmann AG durch die Vodafone AirTouch PLC mit einem Volumen von rd. 203 Mrd. US$, gefolgt von dem Kauf von Time Warner durch American Online mit einem Volumen in Höhe von rd. 182 Mrd. US$.3 Mit 36,3 Mrd. € Akquisitionsvolumen erscheint der Daimler-Chrysler-Deal in 1998 hingegen relativ klein. Auf etwas geringerem Niveau – mit rd. 30,8 Mrd. € – folgt in 2000 die Übernahme der VoiceStram Wireless Corp. durch die Deutsche Telekom AG.

2Vgl. 3Vgl.

www.statista.com, 2019. Thomsen Reuters, 2014.

4

1  M&A-Prozesse im Mittelstand

Nicht alle hier angeführten Mega-Deals haben sich, wie wir heute wissen, als ­ lanzlichter für erfolgreiche Transaktionen entwickelt. Im Gegenteil, sie prägen die G negative Grundeinstellung vieler mittelständischer Unternehmen gegenüber M&A-Prozessen. Ebenso negativ werden die gewaltigen Kaufpreise aufgenommen, die seit Anfang dieses Jahrhunderts als Regelgrößen bei M&A-Aktivitäten von börsennotierten Unternehmen gelten. Gerade durch solche rational nicht fassbaren Milliardenbeträge werden unrealistische Preisvorstellungen bei mittelständischen Unternehmern gefördert. Daher ist es bei einem M&A-Prozess mittelständischer Unternehmen von grundlegender Bedeutung, für eine realistische Einschätzung zu sorgen. Gerade bei der Preisermittlung werden häufig umfangreiche Unternehmensbewertungen als Grundlage herangezogen, die aufgrund ihrer Komplexität den Eindruck vermitteln, sie würden einen realistischen Wert des Unternehmens abbilden. Häufig sind jedoch diese Verfahren theoretisch überfrachtet und suggerieren eine Scheingenauigkeit. Ebenso verhält es sich mit der Beschreibung eines Idealbildes von M&A-Prozessen, die in einer unendlichen Zahl von mehr oder weniger qualitativ ausgereiften Fachbuchliteratur umfassend beschrieben werden. Der M&A-Prozess bei Verkauf eines kleinen oder mittelständischen Unternehmens hat in der Praxis nur noch wenig mit dem theoretisch ausführlich beschriebenen M&A-Prozess zu tun. Dieser sieht häufig ganz anders aus und hängt auch von der Bereitschaft des Unternehmers ab, den M&A-Prozess mit maßgeblicher Unterstützung eines erfahrenen M&A-Beraters durchzuführen. Vermeintliche Lehrbuchraster werden sich dann als kontraproduktiv für den Erfolg herausstellen. Auch ein beratungsresistenter mittelständischer Unternehmer wird schnell merken, dass ihm die Manager des potenziellen Bieterunternehmens in den M&A-Prozessen professionell überlegen sind. Immer wieder werden auch Unternehmen aus speziellen Branchen als besonders erfolgreich für M&A-Prozesse gehandelt. Wer sich an die Zeiten des M&A-Booms von 1998 bis 2001 erinnert, wird ein Schwergewicht von IT-Unternehmen vor Augen haben. Diese Unternehmen verfügten in den wenigsten Fällen über ein tragfähiges Unternehmenskonzept oder auch nur ansatzweise über kurzfristig absehbare Gewinnpotenziale. Gleichwohl wurden solche Unternehmen zu exorbitant hohen Preisen veräußert. Eine rationale Begründung für diese Verkaufswelle konnte bis heute nicht geliefert werden. Ähnliches geschieht aktuell mit Unternehmen, die als Start-up exorbitante Wachstumsversprechen abgeben. Es gibt hier zwar einige Start ups, die für große Unternehmen von besonderem Interesse sein können, allerdings bedeutet dies noch nicht, dass diese Unternehmen in einem größeren Unternehmensverbund auf Dauer Erfolg haben werden bzw. gerade für Finanzinvestoren ihre Wachstumsversprechen auch erfüllen können. Es ist nicht schädlich, wenn man zum Zeitpunkt des Verkaufs einer Branche angehört, die aktuell nicht besonders gefragt ist. Bei guter Vorbereitung und professioneller Darstellung wird sich auch für solche Unternehmen ein Käufer finden lassen, der eher an einem langfristig stabilen Erfolg interessiert ist. Gerade durch die großen Themen der Nachfolge und der Internationalisierung werden sich die M&A-Fälle im Mittelstand in

1.1  Zunehmende Bedeutung von M&A-Prozessen

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den nächsten Jahren auf ein stabiles Maß in Deutschland einpendeln. Und dieser Trend wird unabhängig von der jeweiligen Zugehörigkeit zu einer bestimmten Branche sein. Wenn man sich die großen Entwicklungstrends in den letzten 100 Jahren vor Augen führt, dann bestätigt sich eindrucksvoll das hohe Niveau, auf dem sich die Anzahl der M&A-Fälle heute eingependelt hat. Historisch lässt sich dies an der Anzahl der Transaktionen unter Beteiligung von US-Unternehmen aufzeigen. In den USA spricht man in diesem Zusammenhang von „Merger Waves“, also von Wellen bei M&A-Aktivitäten (Abb. 1.2). Die erste Welle startete zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Folge der allgemeinen Industrialisierung. Ergebnis der M&A-Aktivitäten waren horizontale Unternehmenszusammenschlüsse, also zwischen Unternehmen der gleichen Branche. Dies führte zu einem rasanten Wachstum und zu monopolistischen Strukturen der US-amerikanischen Wirtschaft. Ein erster Börsencrash in 1904 stoppte diese Entwicklung. Die zweite Welle, in der Zeit von 1916 bis 1929, war geprägt durch eine zunehmende Anzahl von vertikalen Unternehmenszusammenschlüssen, also zwischen Unternehmen auf unterschiedlichen Wertschöpfungsstufen. Diese vertikale Konzentration wurde durch Antitrustgesetze beeinflusst, die horizontale Übernahmen erschwerten, um monopolistische Strukturen abzubauen. Die Welle ebbte in 1929 am sog. „Black Friday“ ab, der den Beginn einer bis dahin beispiellosen Weltwirtschaftskrise darstellte. Die dritte Welle spielte sich von 1965 bis 1969 ab. Im Mittelpunkt standen Diversifikationsstrategien, die zu lateralen Zusammenschlüssen führten, also zwischen Unternehmen, die durch voneinander unabhängige Branchen eine Risikostreuung erreichen wollten. Die Finanzierung dieser Transaktionen erfolgte in großem Maße durch Aktientausch zwischen den Unternehmen. Eine Abschwächung dieser Welle erfolgte 1970 durch einen Börsencrash und die in 1973 eintretende Ölkrise. Die vierte Welle dauerte von 1984 bis 1989. Ursache für den Anstieg war eine Liberalisierung von Monopolgesetzen, die horizontale Übernahmen wieder attraktiv machten. Darüber hinaus führte eine Deregulierung von bisher staatlich dominierten Wirtschaftsprozessen zu einer Ausweitung privater Aktivitäten. Ebenso erfolgte eine Neubewertung der Diversifizierungsstrategien hin zu einer Rückbesinnung zu den Kernkompetenzen (Core-Business). Auch stark fremdfinanzierte Übernahmen wurden erstmals in größerem Umfang durchgeführt. Diese Übernahmewelle endete mit der Rezession in 1989/90. Die fünfte Welle begann 1993. Das Besondere an dieser Welle waren die sog. Mega-Deals in den Branchen Telekommunikation, Pharma, Ölindustrie und im Finanzsektor. Von 1995 bis 2000 entfielen 10 der größten Akquisitionen alleine auf den Telekommunikationsbereich. Darüber hinaus war ein wachsender Internationalisierungsgrad charakteristisch. Die Welle stoppte abrupt mit dem Platzen der High-Tech-Blase an den Börsen in 2000/01. Die sechste Welle startete 2002, auf dem tiefsten Stand der Aktienbewertungen. Verursacht wurde diese Wellenbewegung insbesondere durch das vermehrte Auftreten von institutionellen Investoren, so z. B. durch Private Equity-Unternehmen und von Hedgefonds. Verstärkt wurde die Welle noch durch das relativ niedrige Zinsniveau, dass eine

1. Welle bis 1904 „Industrielle Revolution“ führt zur horizontalen Integration (Monopole)

2. Welle 1916-1929 Neue Antitrustgesetze führen zur vertikalen Integration

3. Welle 1965-1969 „conglomerate era“ Diversifikationstheorie, Portfolio konglomerate, laterale Integration

Abb. 1.2   „Merger Waves“ von 1900 bis 2014. (Quelle: [12])

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4. Welle 1984-1989 „Finanztransaktionen Liberalisierung Deregulierung Desintegration

5. Welle 1993-2001 Globalisierung Shareholder Value Aktie als Währung New Economy (Konvergenz) Globale (konvergente) Integration

6. Welle 2002-2014 ff. Institutionelle Investoren (Private Equity, Hedgefonds) Niedriger Zins (Zinsspanne) Käufer aus China, Indien Gleichzeitige globale horizontale Integration und Desintegration

6 1  M&A-Prozesse im Mittelstand

1.2  Wirtschaftsfaktor Mittelstand

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Finanzierung der Akquisitionen für die institutionellen Investoren förderte. Diese Welle hatte ihr Tief im Herbst 2008, mit Beginn der Weltfinanzkrise. Bedingt durch die weiter sinkenden Zinsen sowie durch die rasante Internationalisierung nahm die 6. Welle ab 2011 wieder Fahrt auf. Das hohe Niveau an Transaktionen konnte bis heute gehalten werden. Beobachtet man die Entwicklung in Deutschland, so wird man im 10-Jahres Rhythmus seit 1950 eine parallel verlaufende Wellenbewegung feststellen können. Ob man mittlerweile vor einer siebten Welle steht, ist umstritten. Was man aber feststellen kann, ist ein Verharren auf einem relativ hohen Niveau. Mega-Deals haben sich etabliert. Die institutionellen Investoren sind international weiter daran interessiert, größere Akquisitionen durchzuführen. Ebenso intensivieren strategische Investoren ihre Bemühungen international durch Akquisitionen weiter zu wachsen. Durch die zahlreichen Nachfolgeregelungen, die in den kommenden Jahren anstehen, wird in Deutschland die bisher kleinere Welle gefördert. Fazit

Es ist eine zunehmende Bedeutung von M&A-Prozessen mittelständischer Unternehmen feststellbar. Durch die große Anzahl an Nachfolgefällen im Mittelstand, die starke Zunahme der Internationalisierung sowie dem niedrigen Zinsniveau, werden M&A-Prozesse für viele Unternehmer zunehmend weiter an Bedeutung gewinnen.

1.2 Wirtschaftsfaktor Mittelstand Das Verständnis für strukturierte M&A-Prozesse hat sich auch wegen der Etablierung der M&A-Prozesse in der Wirtschaft – weltweit und in Deutschland – heute bei den mittelständischen Unternehmen durchgesetzt. Die Bereitschaft, sich damit im konkreten Verkaufsfall zu befassen, wächst ständig. Während man in früheren Jahren beobachten konnte, dass sich solche Prozesse überwiegend zwischen Großunternehmen abspielten, hat sich bei den betroffenen mittelständischen Unternehmern inzwischen die Einsicht durchgesetzt, dass für einen Verkauf des Unternehmens die Intuition und das Bauchgefühl nicht alleine ausschlaggebend sind. Es reicht somit nicht mehr aus, das eigene Unternehmen nach Gefühl zu bewerten und zu hoffen, man finde einen zahlungskräftigen Käufer. Aus diesem Grund wird heute auch in zunehmendem Maße im Mittelstand ein umfassender M&A-Prozess durchgeführt. Wer fällt nun unter den unternehmerischen Mittelstand? Die Erfolgsfaktoren, die ein mittelständisches Unternehmen prägen, sind in der Einheit von Eigentum und Haftung begründet; d. h. die wirtschaftliche Existenz des mittelständischen Unternehmers und die seines Unternehmens bilden eine Einheit. Weitere Erfolgsfaktoren resultieren aus der Verantwortlichkeit des Unternehmers für die Leitung seines Unternehmens und aller damit zusammenhängenden, unternehmensrelevanten Entscheidungen.

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1  M&A-Prozesse im Mittelstand

Hinzu kommen die persönlichen Beziehungen des mittelständischen Unternehmers zu seinen Mitarbeitern, seinen Kunden und Lieferanten. Die Identifikation des Unternehmers mit seinem Unternehmen ist ein Vorteil, der den mittelständischen Unternehmer positiv von den angestellten Unternehmensleitungen der Großunternehmen abhebt. Besonders deutlich wird dies auch durch die aktuelle Diskussion über die Nachhaltigkeit in der Wirtschaft. Auch hier hat sich ein Bild geprägt, das wiederum von einer Publizitätskampagne der Medien gefördert wird. Im Mittelpunkt unserer Wahrnehmung stehen die Großunternehmen und die dort agierenden Manager. Während die Großunternehmen ihre Nachhaltigkeitsbemühungen mit großen PR-Kampagnen versuchen einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln, ist die Nachhaltigkeit beim kleinen und mittelständischen Unternehmer als fester Bestandteil seines unternehmerischen Handelns vorgegeben. Dies bedeutet nun nicht, dass der mittelständische Unternehmer per se die moralischere Person ist. Er ist durch seine Rolle gezwungen, langfristig und damit nachhaltig zu handeln. Gerade in der Einheit von Eigentum und Haftung liegt eine große Verantwortung für sein unternehmerisches Handeln. Erfolge können dem Unternehmer zugeordnet werden, aber auch Misserfolge spürt der Unternehmer immer sofort und unmittelbar. Durch seine Haftung für die Misserfolge besitzt er keinen Freibrief, wie man dies bei den angestellten Managern häufig antrifft. Denn die weitgehende Loslösung des unternehmerischen Risikos von der Person der Verantwortlichen schafft ein Umfeld, das zu einem äußerst riskanten unternehmerischen Handeln einlädt. Bei der Orientierung des angestellten Managers an dem Idealbild eines mittelständischen Unternehmers wird es immer wieder Bereiche geben, die besser oder schlechter von einem angestellten Manager ausgefüllt werden können. Kennzeichnend für einen mittelständischen Unternehmer sind die folgenden ­Merkmale: • Die wirtschaftliche Existenz der mittelständischen Unternehmer und die ihrer Unternehmen bilden eine untrennbare Einheit. Hinzu kommt die persönliche Verantwortlichkeit des Unternehmers für die Leitung des Unternehmens, für seine Mitarbeiter und auch für seine Familie. Eine solche Identifikation des Unternehmers mit seinem Unternehmen ist ein deutlicher Vorteil. • Die Rolle des mittelständischen Unternehmers spiegelt sich vordergründig in der Kombination zwischen Führung und Haftung wider. Er nimmt eine Doppelfunktion als Unternehmer und Kapitalgeber wahr. Diese Rolle ist im Vergleich zur Rolle der Manager im Großunternehmen sehr unterschiedlich und stellt an den mittelständischen Unternehmer hohe (moralische) Anforderungen. • Die Stellung des mittelständischen Unternehmers ist dadurch geprägt, dass er über sein Kapitaleigentum und seine Führungsrolle ein Höchstmaß an Führungs- und Entscheidungsmacht sowie Verantwortung auf sich vereint. • Seine Aufgabe ist in der Regel eine lebenslange Aufgabe. Die vorzeitige Beendigung oder die Übertragung seiner Aufgaben auf Dritte ist grundsätzlich seine Entscheidung.

1.2  Wirtschaftsfaktor Mittelstand

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Ob er seine Anteile am Unternehmen gesamt oder in Teilen veräußert, ob er die strategische Ausrichtung seines Unternehmens ändert, oder ob er sein Unternehmen seinen Nachfolgern übergibt, bleibt seine Entscheidung. Allerdings wirkt einschränkend, dass er in der Regel auch keiner Kontrolle bei seinen Entscheidungen unterliegt. • Die damit verbundene starke Stellung als Führungsposition auf der einen Seite bedeutet aber auf der anderen Seite, dass damit auch ein höheres persönliches Risiko für den Unternehmer verbunden ist. • Für ihn ist seine berufliche und private Existenz direkt mit der Existenz seines Unternehmens verknüpft. Die Firmenpolitik ist daher wesentlich stärker von der Persönlichkeit und den Führungsqualitäten des Unternehmers abhängig, als dies bei den angestellten Managern der Großunternehmen der Fall ist. • Hinzu kommt die direkte Verbindung zwischen Unternehmen und Privatleben. Während beim angestellten Manager eines Großunternehmens meist eine klare Trennung zwischen beruflichem und privatem Bereich vorherrscht bzw. häufig die private Seite gar nicht mehr existiert, kann bei einem mittelständischen Unternehmen die gesamte Familie mit in das Unternehmen einbezogen sein. Eine solche Verknüpfung führt dazu, dass neben den unternehmerischen auch private Zielsetzungen die Firmenpolitik direkt beeinflussen. • Ein mittelständischer Unternehmer kann seine beruflichen Zielsetzungen so in den Vordergrund stellen, dass sein Privatleben dadurch erhebliche Beeinträchtigungen erfährt. Andererseits ist er aber auch weitgehend frei, seine privaten Interessen stärker zu verfolgen und dabei seine beruflichen Interessen den privaten Interessen unterzuordnen. • Da der mittelständische Unternehmer meist alleiniger Anteilseigner seines Unternehmens ist, ist er keinem Dritten Rechenschaft schuldig und könnte so bei der Verfolgung seiner Zielsetzungen weitgehend frei sein. Diese Freiheit kann allerdings eingeschränkt sein. Dies erfolgt in der Praxis häufig durch finanzielle Anforderungen, die von Banken an den Unternehmer herangetragen werden. • Das Einkommen des mittelständischen Unternehmers ist abhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens. Sein Einkommen ist ein Risikoeinkommen. Nur bei einer Gewinnerzielung seines Unternehmens kann er sein Einkommen aus seinem Unternehmen abschöpfen. Bei Verlusten würde ein Abzug zu einem Substanzverlust im Unternehmen führen. • Der mittelständische Unternehmer wird nur dann erfolgreich sein, wenn er sich seiner Alleinverantwortlichkeit und seiner finalen Entscheidungsfähigkeit bewusst ist und diese auch im unternehmerischen Alltag umsetzt. Dass eine so verstandene Alleinverantwortlichkeit nicht von jedem geleistet werden kann, ist nichts Neues. Allerdings zeigt sich in der Mehrzahl der Fälle, dass gerade der mittelständische Unternehmer in unserer Wirtschaft eine ganz besonders wichtige Rolle ausübt.

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1  M&A-Prozesse im Mittelstand

Vergegenwärtigt man sich die aktuelle gesamtwirtschaftliche Bilanz des deutschen Mittelstandes4, so zeigt sich an diesen beeindruckenden Zahlen, dass der deutsche Mittelstand die deutsche Wirtschaft prägt. • Denn von rd. 3.461.000 Unternehmen gehören 99,5 % zum Mittelstand (2016), • darunter befinden sich rund 990.000 Handwerksbetriebe, • die mittelständischen Unternehmen beschäftigen rund 58,3  % aller sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer, • sie bilden 82 % aller Auszubildenden aus, • sie tragen mit 53,5 % zur Nettowertschöpfung aller Unternehmen bei und • sie erbringen 35,3 % aller steuerpflichtigen Umsätze. Nach einer Arbeitsdefinition des Instituts für Mittelstandsforschung5 zählen zu den mittelständischen Unternehmen (99,5 % aller deutschen Unternehmen), die Unternehmen, die unter 500 Arbeitnehmer beschäftigen und/oder unter 50 Mio. € an Umsatz p. a. erzielen. Hierbei schließt der Begriff des Mittelstands auch immer die kleineren Unternehmen mit ein. Neben dieser an den Zahlen ablesbaren Bedeutung hat sich bei den mittelständischen Unternehmern in den letzten Jahren ein Wandel vollzogen. Der typische Nachkriegsunternehmer, der maßgeblich zum erfolgreichen Aufbau Deutschlands beigetragen hat, ist altersbedingt nicht mehr existent. Er wurde abgelöst von einer Unternehmergeneration, die auf dem Erfolg ihrer Vorgänger aufbauen kann oder die durch Innovations- und Risikobereitschaft neue Märkte aufbauen, entwickeln und erfolgreich weiterführen. Die Internationalisierung sowie das Aufheben von räumlichen und zeitlichen Grenzen, eröffnen eine Vielzahl von Chancen. Mit diesen Chancen verbunden sind allerdings auch höhere Risiken. Der heutige mittelständische Unternehmer selbst zeichnet sich durch ein hohes Maß an Risikobereitschaft aus. Er wird aber vordergründig schnell an seine finanziellen Grenzen stoßen, die ein weiteres Wachstum und damit die Umsetzung seiner unternehmerischen Ziele bremsen. Damit wird er zu einem begehrten Ziel für potenzielle Käufer. Bei den zunehmenden Nachfolgefällen wächst – zwar langsam – die Bereitschaft, sich aktiv mit dem eigenen Nachfolgeprozess zu befassen. Auch hier gewinnen die strukturierten M&A-Prozesse an Bedeutung. Conclusio

Die wirtschaftliche Bedeutung der mittelständischen Unternehmen ist unumstritten. Durch die persönliche Verbindung des Unternehmers zu seinem Unternehmen besteht eine Symbiose, die sich für beide, Unternehmen und Unternehmer, immer gleich-

4Vgl. 5Vgl.

IfM, Bonn, 2016. IfM, Bonn, 2016.

1.3  Bereitschaft des mittelständischen Unternehmers für einen M&A-Prozess

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gerichtet entwickelt. Daher ist es auch bei M&A-Fällen unabdingbar, sich mit einem M&A-Prozess aktiv zu befassen, um die vorhandenen Chancen zu nutzen und nicht von den Risiken überlagern zu lassen.

1.3 Bereitschaft des mittelständischen Unternehmers für einen M&A-Prozess Die Bereitschaft für einen strukturierten M&A-Prozess ist bei den einzelnen mittelständischen Unternehmern sehr unterschiedlich ausgeprägt. Die Vielfalt der Unterschiede lässt sich an zwei Extrempositionen verdeutlichen. Zum einen an dem zurückhaltenden Seniorunternehmer, der es seit Jahrzehnten gewohnt ist, seine geschäftlichen Erfolge unter dem Ziel der privaten Steuerminimierung zu erreichen. Zum anderen an dem offensiv agierenden (Jung-) Unternehmer für den das schnelle Wachstum seines Unternehmens und damit der persönliche Erfolg im Vordergrund stehen. Während man den zurückhaltenden Seniorunternehmer erst von der Notwendigkeit eines strukturierten M&A-Prozesses überzeugen muss, lässt sich der offensiv agierende Unternehmer durch eine hohe Bereitschaft für einen solchen Prozess charakterisieren. Der klassische Seniorunternehmer wird im Verkaufsfall eine stärkere emotionale Bindung an sein Unternehmen haben. Er hat es in der Vergangenheit durch Hochs und Tiefs geführt und eine starke Beziehung zu Arbeitnehmern und Geschäftspartnern aufgebaut. Der klassische junge Wachstumsunternehmer hingegen ist eher an der Realisierung eines Kaufpreises interessiert. Hierbei geht Schnelligkeit meist vor Höhe. Eine reine Schwarz-Weiß-Konstellation ist in der Praxis selten. In der täglichen M&A-Praxis lässt sich eine Reihe von Fallgestaltungen zwischen den beiden Extrempositionen feststellen. Ein wichtiger Maßstab zur Bereitschaft, einen strukturierten M&A-Prozess durchzuführen, ist der konkrete Anlass. Bei einer vom Verkäufer initiierten Verkaufsabsicht, wie sie z. B. im Rahmen einer aktiven Nachfolgeplanung durchgeführt wird, ist die Bereitschaft ungleich höher als bei einer von einem potenziellen Käufer an den Unternehmer herangetragenen Kaufabsicht. Hierbei spielt der M&A-Berater eine wichtige Rolle. An ihm liegt es, die Bereitschaft des Unternehmers zu fördern, zunächst interne Informationen über sich und das Unternehmen zur Verfügung zu stellen, die eine qualifizierte Beurteilung der Chancen und Risiken ermöglichen. In der Person des Beraters liegt damit eine hohe Verantwortung. Deshalb ist es gerade bei einem mittelständischen Unternehmen – das oft von einem der Gesellschafter geführt wird – wichtig, dass die M&A-Beratung von einer Person durchgeführt wird, die aus seiner Erfahrung heraus mit dem Gesellschafter dieselbe Sprache spricht und Seriosität und Taktgefühl vermittelt, sodass es zu einem offenen Informationsaustausch kommt. Vor diesem Hintergrund ist es unverständlich, dass von großen M&A-Beratungsgesellschaften oft unerfahrene, junge Teams mit der Durchführung des M&A-Prozesses – gerade bei mittelständischen Unternehmen – beauftragt werden.

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1  M&A-Prozesse im Mittelstand Conclusio

Die praktischen M&A-Prozesse im Mittelstand sind durch zwei Extrempositionen, die in der Persönlichkeit des mittelständischen Unternehmers liegen, geprägt: der zurückhaltende ältere Seniorunternehmer und der jüngere, offensiv agierende Unternehmer. Wenngleich sich beide in ihrem Auftreten und Zielvorstellungen in einem M&A-Prozess unterscheiden, ist es von zentraler Bedeutung, diesen Prozess mit externer Unterstützung durchzuführen.

1.4 Besonderheiten eines M&A-Prozesses bei mittelständischen Unternehmen Es gibt grundsätzlich keinen auf mittelständische Unternehmen spezialisierten M&A-Prozess. In Abgrenzung zu einem entsprechenden Prozess bei Großunternehmen kann man aber bei einem mittelständischen Unternehmen davon ausgehen, dass sich aufgrund der Aufgabenbündelung bei Mitarbeitern Schwächen im internen Kontrollsystem des mittelständischen Unternehmens ergeben. Hinzu kommt die Konzentration auf den mittelständischen Unternehmer als zentralen Wissensträger. Da ein M&A-Prozess im Regelfall immer als etwas Einmaliges für den Unternehmer auftritt, ist er durch die zeitliche Belastung stark eingebunden. Aufgrund des permanenten Zeitdrucks, den der jeweilige Anlass eines M&A-Prozesses mit sich bringt, wird dieser Zeitdruck in der Praxis zunächst nicht mit der nötigen Aufmerksamkeit betrachtet. Dies alles macht einen M&A-Prozess bei mittelständischen Unternehmen häufig umfangreicher und oft auch schwieriger. Ein besonderes Augenmerk wird man bei diesen Gesellschaften auch auf die Verbindungen zwischen den Gesellschaftern und ihren Familienangehörigen oder ihnen nahe stehende Personen oder Gesellschaften richten müssen. Oft sind hier aus steuerlichen Gründen Gestaltungen vorgenommen worden, die zu einer Bevorzugung einzelner Gesellschafter geführt haben. Eine weitere Besonderheit, die einen M&A-Prozess bei einem mittelständischen Unternehmen erschwert, sind die – oftmals anzutreffenden – unzureichenden Berichtssysteme. Das Rechnungswesen und das Controlling sind nur ungenügend im Unternehmen eingerichtet. Die Buchhaltung wird häufig als „Außer-Haus-Buchhaltung“ beim betreuenden Steuerberater geführt. Durch einen Wirtschaftsprüfer geprüfte Jahresabschlüsse liegen häufig nicht vor, weil die durch das HGB kodifizierten Größenkriterien für eine gesetzlich verpflichtende Jahresabschlussprüfung nicht erreicht werden. Nur in seltenen Einzelfällen, z. B. im Falle einer Verpflichtung aus dem Gesellschaftsvertrag oder weil die finanzierenden Kreditinstitute dies fordern, können geprüfte Jahresabschlüsse mit den entsprechenden Prüfungsberichten vorgelegt werden. Nach unseren Erfahrungen werden im deutschen Mittelstand die Jahresabschlüsse überwiegend mit Hilfe des beratenden Steuerberaters erstellt. Diese sog. Erstellungsberichte können entweder ohne oder mit Plausibilitäts-

1.4  Besonderheiten eines M&A-Prozesses bei mittelständischen Unternehmen

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beurteilungen aufgestellt werden, wobei Letztere – insbesondere für fremde Dritte – eine höhere Aussagekraft haben. Auch stellen wir häufig fest, dass betriebliche Steuerungsmechanismen nur selten vorhanden sind und Funktionen wie das Controlling nicht oder nur rudimentär vorhanden sind. Damit wird die zunächst interne Informationserfassung ein zentrales Problem bei den ersten Schritten eines M&A-Prozesses. Hier werden häufig Testate eines Wirtschaftsprüfers von den Käufervertretern gefordert, da diese neben einer intensiven Prüfung der Jahresabschlüsse auch dazu dienen, sich selber durch das Testat Dritter – für den Fall eines Kaufs – zu exkulpieren. Häufig werden gerade durch eine interne Informationssichtung durch den M&A-Berater diese Probleme erstmals angesprochen und dann durch Problematisierung einer Lösung zugeführt. Dadurch ergeben sich in der Praxis oftmals positive Nebeneffekte, die zunächst nicht offenkundig waren. Insbesondere die Analyse der Wertpotenziale und die Transparenz von Ergebnisgrößen (z. B. Rohertrag für bestimmte Umsatzsparten) führen dazu, dass Wertpotenziale gezeigt werden können, die durch das traditionelle Rechnungswesen nicht oder nur unzureichend abgebildet werden. Die Schaffung von Transparenz führt im Ergebnis dazu, dass bestehende Wertpotenziale freigesetzt werden, die zu einem höheren Unternehmenswert führen können. Gerade das Fehlen einer dokumentierten Unternehmensstrategie führt häufig dazu, dass es in der Folge auch an einer aussagefähigen und formulierten Unternehmensplanung fehlt. Manager von großen Unternehmen sind es gewohnt mit schriftlich dokumentieren sog. Business Plänen, also detaillierte Ausarbeitungen zur Strategie und davon abgeleiteten Unternehmensplanung einschließlich der der Planung zugrunde gelegten Prämissen, zu arbeiten. Hier werden die Fehler bereits in den ersten Gesprächen über den möglichen Verkauf des Unternehmens gemacht, die im späteren Verkaufsprozess nur schwer wieder rückgängig zu machen sind. Für die potenziellen Käufervertreter aus größeren oder international ausgerichteten Unternehmen ist es oftmals unvorstellbar, dass in einem mittelständischen Unternehmen keine detaillierte Planungsrechnung oder eine ausformulierte Strategie vorgelegt werden kann. Die Vorstellung, dass Strategie und Planung sich allein im „Kopf des Unternehmers“ abbildet, ist für die Käufer häufig fremd und führt im Ergebnis dazu, dass geringere Kaufpreise angeboten werden. Daher sollte nicht unterschätzt werden, welche Kaufpreisrelevanz eine dokumentierte Unternehmensstrategie- und Planung für den Unternehmensverkauf hat. Häufig tritt auch das Problem der fehlenden Organisation auf, und dies selbst dann, wenn formale Organigramme vorhanden sind, diese jedoch vornehmlich für Zwecke der Qualitätssicherung oder für Zertifizierungen (Audits) verwendet werden. Verantwortungsbereiche im mittelständischen Unternehmen sind nicht immer eindeutig abgegrenzt. Die Verantwortung für die unternehmerischen Teilbereiche bündelt sich oft beim Unternehmer und/oder den Familienangehörigen. Eine ausschließliche Konzentration der Verantwortung auf eine Person birgt jedoch die Gefahr, dass die „2. Ebene“, also diejenigen Know-how-Träger, die im Unternehmen nach dem Verkauf verbleiben und aus Sicht der Käufers für die Fortführung wesentlich sind, es nur selten gelernt

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1  M&A-Prozesse im Mittelstand

hat, selbstständige und eigenverantwortliche Entscheidungen zu treffen. Dadurch werden im Extremfall nach einer Übernahme ganze Abteilungen gelähmt. Daher ist es in Vorbereitung der ersten Gespräche hilfreich, sich mit einer möglichen (neuen) Organisationsstruktur zu befassen und diese auch für Dritte nachvollziehbar zu dokumentieren. Ein weiteres Manko für mittelständische Unternehmen besteht in dem faktisch fehlenden Zugang zum Kapitalmarkt. Hierbei ist die nahezu ausschließliche Ausrichtung der Unternehmensfinanzierung auf Bankkredite ein Manko. Hinzu kommt noch das fehlende Verständnis für die Anforderungen des Kapitalmarktes an die häufig börsennotierten, potenziellen Käufer oder Käufer, die wiederum ihren Investoren (z. B. Private Equity Gesellschaften, Family Offices) Rechenschaft abzulegen haben. Gerade im Rahmen von Unternehmenskäufen durch international ausgerichtet Käufer hat das Thema „Compliance“ nach einigen aufsehenerregenden Rechtsverstößen international bekannter Unternehmen in den letzten Jahren eine verstärkte Beachtung erfahren (siehe dazu die Anmerkungen zum Themengebiet Due Diligence in Abschn. 6.6). Das unternehmerische Denken mittelständischer Unternehmer ist häufig in großem Maße auf steuerminimierende (steueragressive) Gestaltungen ausgerichtet. Hierbei werden häufig Grenzbereiche der Vermischung von privater und geschäftlicher Veranlassung vorgefunden, die für einen potenziellen Käufer Risiken darstellen und den Kaufpreis negativ beeinflussen. Gestaltungen, die mögliche Compliance-Risiken haben, sollten daher im Vorfeld eines Unternehmensverkaufs mit den steuerlichen Beratern diskutiert und bereinigt werden. Um solche Fallgestaltungen weitgehend von Anfang an auszuschließen, ist es hilfreich, wenn sich der mittelständische Unternehmer in die Rollen der handelnden Personen und der Entscheidungsträger des großen Käuferunternehmens hineinversetzt. Hierzu kann der erfahrene M&A-Berater Hilfestellung bieten. Conclusio

Eine zielgerichtete und aussagefähige Dokumentation ist für einen erfolgreichen Unternehmensverkauf essenziell. Die Strategie und deren Umsetzung sind oft im Kopf des mittelständischen Unternehmers gebündelt und häufig fehlt das Verständnis für ein entsprechende schriftliche Dokumentation. Käufer von Großunternehmen sind es jedoch gewöhnt, auf schriftlich dokumentierte Ausarbeitungen zurückzugreifen. Diese Dokumentation ist erfahrungsgemäß die erste wesentliche Hürde für einen erfolgreichen M&A-Prozess.

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Anlässe für M&A-Prozesse aus der Sicht des Mittelstandes

2.1 Strukturierung der Anlässe Der ideale Zeitpunkt für den mittelständischen Unternehmer sein Unternehmen zu verkaufen, ist eine Situation, in der das Unternehmen Gewinne erzielt und der Verkauf das Ergebnis eines langfristigen Planungsprozesses ist. Dieser idealtypische Zustand ist in der Praxis eher selten anzutreffen. Häufiger wird sich der Unternehmer durch plötzliche Veränderungen im geschäftlichen und/oder privaten Umfeld mit einem Verkauf seines Unternehmens befassen. Sei es, dass er durch die in den Jahren eingetretene Routine, die Lust am Unternehmertum verliert. Möglicherweise treiben ihn gesundheitliche Probleme zu einem Verkauf. Natürlich ist auch das Motiv „Kasse machen“ eine zentrale Antriebsfeder. Es können aber auch Gründe sein, die sich einer Entscheidung des Unternehmers gänzlich entziehen; etwa durch den plötzlichen Tod des Unternehmers. Hier könnten die Erben gefordert sein, einen zügigen Verkauf in die Wege zu leiten. Aber auch das Auseinandersetzen mit seiner natürlichen Endlichkeit kann die Nachfolgesuche und den damit verbundenen Verkauf forcieren. Plötzliche Branchenhypes können das Verkaufsfenster plötzlich weit aufstoßen. Eine intensive Beschäftigung mit dem unternehmerischen Risiko kann ebenfalls zu einem Verkaufsanlass führen. Häufig ist das Vermögen des Unternehmens mit über 80  % im Marktwert des Unternehmens gebunden. Marktwerte können sich verändern. Dies kann sich in kurzer Zeit positiv, aber auch negativ auswirken. Daher kann die Überlegung von mittelständischen Unternehmern auch darin bestehen, eine risikoärmere Strukturierung des Gesamtvermögens vorzunehmen. Einer einseitigen Vermögenskonzentration auf das Unternehmen kann so durch die Aufnahme weiterer Gesellschafter oder den angestrebten Gesamtverkauf gemindert bzw. ganz verhindert werden.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 J. Wegmann und H. Siebert, Unternehmensverkauf, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27444-3_2

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2  Anlässe für M&A-Prozesse aus der Sicht des Mittelstandes

Unabhängig davon, ob interne oder externe Gründe der Auslöser für Verkaufsüberlegungen sind, lässt sich eine grundsätzliche Unterscheidung treffen: 1. gehen die Verkaufsüberlegungen vom mittelständischen Unternehmer selber aus (aktive Anlässe) 2. oder werden Kaufgesuche von potenziellen Käufern an den Unternehmer herangetragen (passive Anlässe). Beide Anlasstypen sind in ihren Prozessen zum Teil unterschiedlich. Im Mittelpunkt der Verkaufsüberlegungen, die vom Unternehmer selber ausgehen, steht in Deutschland die Nachfolgesicherung. Obwohl eine solche Überlegung bei rationaler Betrachtung das Ergebnis eines langfristig vorbereiteten Planungsprozesses sein sollte, zeigt die Unternehmenspraxis ein „nicht loslassen können“ des Unternehmers. Wenn er zur Gründergeneration des Unternehmens zählt, ist es sehr schwierig, einen akzeptierten Nachfolger zu finden. Der Unternehmensgründer muss sich von Althergebrachtem trennen, was häufig nicht gelingt. Daher ist dieser Prozess immer langfristig vorzubereiten. Gleichzeitig setzt dies aber auch die Bereitschaft voraus, sich von seinem Unternehmen endgültig zu trennen. Natürlich gibt es auch Lösungen, bei denen der abgebende Unternehmer noch weiter als Kontrollorgan in einem Beirat oder einem Aufsichtsrat agiert. Solche Regelungen sind allerdings selten von Erfolg gekrönt, da sich der Unternehmer immer wieder in die aktive Geschäftsführung des Nachfolgers einmischt. Eine weitere zentrale Antriebsfeder ist das Motiv „Kasse machen“. Dies trifft man zunehmend bei Unternehmern an, die vor Erreichen ihres 50. Lebensjahres die Früchte ihres unternehmerischen Erfolges ernten wollen. Häufig wird der Verkaufserlös dazu verwendet, die privaten Interessen stärker auszuleben und weniger in neue unternehmerische Aktivitäten zu investieren. Auch eine Mischung ist denkbar. So findet man in diesem Umfeld die sog. Business Angels, die einen Teil des Verkaufserlöses wieder in kleine wachstumsstarke Unternehmen investieren. Die zweite Anlassvariante (passive Anlässe) resultiert häufig aus einem Zwang großer Unternehmen heraus, ihrem Anteilseigner weitere unternehmerische Ziele bzw. Wachstum zu präsentieren. Insbesondere das Ziel Wachstum muss nicht immer von strategischen Überlegungen getrieben sein, sondern findet seinen Ursprung oft in „Wachstum um jeden Preis“. Eine solche Motivlage ist für den Verkäufer eine ideale Ausgangssituation für die Erzielung eines hohen Verkaufspreises. Aber auch gezielt strategische Überlegungen der großen Unternehmen sind von Vorteil für den Verkäufer, da er auch hier eher abwarten kann, inwieweit der potenzielle Käufer einem Zwang zum Kauf ausgesetzt ist. Wenn der mittelständische Unternehmer die Triebfeder des Verkaufs ist, dann ist der Erfolg seiner Verkaufsbemühungen häufig abhängig von der aktuellen Marktsituation. Gibt es interessierte Unternehmen, die Interesse an dem angebotenen Unternehmen haben oder gelingt es erst durch einen mühsamen Prozess unter Anpassung der Verkaufspreisvorstellungen einen Käufer zu finden. In jedem Fall erfordert dieser Anlasstyp

2.2  Aktive Anlässe

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umfangreiche Vorbereitung durch den mittelständischen Unternehmer. Die aktive Auseinandersetzung mit dem M&A-Prozess steht dabei im Mittelpunkt. Der zweite Anlasstyp kommt in seiner Ausprägung häufig überraschend für den mittelständischen Unternehmer. Hier wird er durch eine erste Anfrage für einen Verkauf erstmals sensibilisiert. In diesem Fall kann er die Rolle des zunächst passiv Abwartenden einnehmen. Zeigen erste Gespräche ein ernsthaftes Interesse des potenziellen Käufers, dann kann er sich immer noch aktiver in einem M&A-Prozess engagieren. In der Praxis wird dieser Fall häufig dazu benutzt, sich zunächst einmal über die möglichen Kaufpreisangebote der potenziellen Käufer zu informieren. Dies ermöglicht dem mittelständischen Unternehmer erstmals eine grobe Einschätzung Dritter über den Wert seines Unternehmens zu erlangen. Der Vorteil eines solchen Eingehens auf das Interesse Dritter ist eine recht gute Indikation für den Marktpreis des eigenen Unternehmens. Eine solche Indikation für einen Verkaufspreis ist zwar immer Interessengetrieben, wird aber dennoch tendenziell eine erste Grundlage für die eigene Verkaufspreisvorstellung sein. Zudem erspart dies in der frühen Phase kostspielige und in dieser Phase zumeist überflüssige Bewertungsgutachten. Conclusio

Die Anlässe, die einen M&A-Prozess in Gang setzen, können aktiv oder passiv sein. Im Falle aktiver Anlässe, die vom Verkäufer ausgehen, ist eine planvolle Vorgehensweise besonders wichtig. Passive Anlässe, die vom Käufer ausgehen, bieten die Chance, den M&A-Prozess eher abwartend zu begleiten.

2.2 Aktive Anlässe 2.2.1 Verkauf wegen fehlender Nachfolge aus der Familie Der Verkauf wegen fehlender Nachfolge in der Eigentümerfamilie stellt einen zentralen Anlass für eine M&A-Transaktion bei kleinen und mittelständischen Unternehmen dar. Allein aufgrund der in den kommenden Jahren anstehenden Nachfolgeregelungen im deutschen Mittelstand wird dieser Anlass eine permanente Quelle für das Wachstum von M&A-Prozessen sein. Zu den Fallgestaltungen einer Nachfolgeregelung, die außerhalb der Familie stattfinden, gehört der klassische Verkauf an strategische Investoren, an Finanzinvestoren, an das Management im Unternehmen oder an ein Management außerhalb des Unternehmens. Bei den Fallgestaltungen ergeben sich Besonderheiten im M&A-Prozess. Bei einem Verkauf an strategische Investoren trifft der Verkäufer auf einen hohen technischen Kenntnisstand des Käufers. Die potenziellen Käufer sind häufig an dem Know-how, dem Kundenstamm, an Patenten oder an anderen (immateriellen) Vermögensgegenständen interessiert, die ihr eigenes Portfolio komplettieren. Hier steht z. B. bei dem Erwerb einer Filialkette die Gestaltung der Mietverträge im Vordergrund.

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2  Anlässe für M&A-Prozesse aus der Sicht des Mittelstandes

Unabhängig davon, um welche Vermögensgegenstände es sich handelt, liegt das Schwergewicht bei einer gegenseitigen Annäherung bei der Informationsbereitstellung. Der Verkäufer ist häufig äußerst skeptisch, wenn es um die Einsichtnahme in diese sensiblen Unterlagen geht. Eine schrittweise Annäherung, die einen solchen Kommunikationsprozess begleitet, ist daher notwendig. Hilfestellungen können dabei Vertraulichkeitserklärungen (auch im Mittelstand häufig als NDA (Non Disclosure Agreement) bezeichnet) oder schriftliche Absichtserklärungen (Letter of Intent, Process Letter) sein.. Gerade für den mittelständischen Verkäufer spielt der Aufbau einer stabilen Vertrauensbasis zum potenziellen Käufer eine zentrale Rolle. Hierbei ist noch einmal zu unterscheiden, ob der potenzielle Käufer ein Großunternehmen ist oder es sich um einen regionalen (mittelständischen) Wettbewerber handelt. Bei einem Großunternehmen wird eher ein Maß an vertraulichem Umgang mit den sensiblen Daten unterstellt, da hier zumeist ein räumlicher Abstand existiert. Bei einem regionalen Wettbewerber ist die Sorge, dass interne Informationen zum Nachteil des Verkäuferunternehmens im M&A-Prozess gereichen. Hier wird der Verkäufer zumeist von seinen eigenen Vorstellungen darüber eingeholt, wie er im umgekehrten Fall mit solchen Informationen umgehen würde. Aber auch in einem solchen Fall wird sich der Verkäufer dazu durchringen müssen, die gewünschten Informationen, wie z. B. die Kundenstruktur und die Verteilung der Umsätze auf die Kunden an den Interessenten weiterzuleiten. Eine Möglichkeit, dies in geschützter Form zu tun, besteht darin, in einem ersten Schritt sensible Informationen zu anonymisieren. Zug um Zug kann man dann diese Anonymisierung aufheben. Bei einem Finanzinvestor werden häufig die latenten Vorurteile des mittelständischen Unternehmers gegenüber Finanzinvestoren (häufig Private Equity Gesellschaften) zunächst bestätigt. So treten die Gesprächspartner aufseiten der Finanzinvestoren häufig mit einem fest vorgegebenen Ablaufplan für den M&A-Prozess auf. Anfänglich formulierte Kaufpreisvorstellungen in einem an den Verkäufer gerichteten Process Letter sind bewusst positiv formuliert, und der Wunsch nach einer Exklusivität für den Finanzinvestor wird gleich zu Beginn ausgesprochen. Darüber hinaus treffen hier die unterschiedlichen Unternehmenskulturen in besonders eklatanter Weise aufeinander. Diese Aspekte bedeuten nicht, dass man nicht auch mit einem Finanzinvestor zu einem erfolgreichen Abschluss gelangen kann. Gleichwohl muss man sich als Verkäufer hierbei mit einer anderen Mentalität der Käufer bewusst befassen. Gerade in einem solchen Fall, ist die Einbeziehung eines erfahrenen M&A-Beraters besonders wichtig. Ein Verkauf an das Management im Unternehmen bzw. an ein Management außerhalb des Unternehmens wird auch als MBO (Management Buy-Out) bzw. als MBI (Management Buy-In) bezeichnet. Diese Möglichkeit, eine Nachfolge zu regeln, hat eine Reihe von Vorteilen, die aber insbesondere durch begrenzte finanzielle Mittel der Erwerber relativiert werden. Ein MBO oder MBI ist für den Manager, der in die Rolle eines Unternehmers wechselt, ein Einstieg in ein neues Betätigungsfeld. Obwohl bei einem MBO der Manager mit dem Unternehmen bestens vertraut sein sollte, bedeutet die Anteilseigner-Rolle eine Betätigung, die sich mit einer Neugründung für den Manager begründen lässt.

2.2  Aktive Anlässe

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Die größte Hürde, die bei einem MBO oder MBI zu überwinden ist, ist die Finanzierung. Die Übernehmer verfügen meist nicht über ausreichend Kapital, um einen sofortigen Kauf vornehmen zu können. Der Verkäufer wird sich daher auf Lösungen einlassen müssen, die auch ratierliche Kaufpreiszahlungen zulassen. Eine Form, die zur Lösung dieses Problems herangezogen werden kann, besteht darin, dass das Unternehmen aus seinem Cash-Flow in der Zukunft Kaufpreiszahlungen ermöglicht. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, über mehrere Gesellschafter den Kaufpreis zu finanzieren; hierbei sind z. B. Venture Capital Unternehmen eine Möglichkeit der Finanzierung. Auch Kreditinstitute bieten über die Form der Gewährung von Mezzanine-Darlehen eine Finanzierungsquelle an. Diese Form ist allerdings mit hohen Finanzierungskosten verbunden. Eine weitere Möglichkeit besteht in einer Betriebsaufspaltung des Unternehmens. Hierbei verbleiben wesentliche Assets, wie das Grundstück und die maschinellen Anlagen, bei den bisherigen Anteilseignern. Übertragen wird dann das operative Geschäft. Die für das operative Geschäft notwendigen Vermögensgegenstände werden angemietet. Ein Vorteil einer Betriebsaufspaltung kann auch in der damit verbundenen Neuorientierung des betriebsnotwendigen Vermögens bestehen. Nicht benötigte Vermögensgegenstände müssen nicht angemietet werden. Dies kann das operative Geschäft stabilisieren. Grundsätzlich lassen sich vier zentrale Fragestellungen, die für einen Manager und den Veräußerer im Rahmen eines MBO oder MBI relevant sind, formulieren: 1. Ist es der erklärte Wille der bisherigen Gesellschafter, die Gesellschaft an einen Manager zu veräußern und seine bisherige unternehmerische Führung abzugeben? Häufig ist es sinnvoll, den Veräußerer auch nach dem Verkauf seiner Anteile noch mit einzubinden. Dies geschieht z. B. durch einen Beratervertrag oder durch einen Sitz im Beirat oder im Aufsichtsrat. Hierdurch kann der Erwerber über einen festgelegten Zeitpunkt vom Wissen des Veräußerers profitieren. Für ein spannungsfreies Zusammenarbeiten ist eine exakte Formulierung der Aufgabenstellung des Veräußerers erforderlich. 2. Ist das übernehmende Management fähig und müssen ggf. Mitarbeiter ausgewechselt werden? Ein Wechsel in der Führungsebene kann zu Spannungen mit den Mitarbeitern führen. Insbesondere bei einem MBO rückt ein bisher angestellter Manager aus dem Führungskreis in die Geschäftsleitungs- und Anteilseigner-Ebene auf. Mitarbeiter können einen solchen Wechsel im täglichen Alltag torpedieren. Daher ist eine möglichst konfliktfreie Personalbereinigung vor dem Wechsel anzustreben. Darüber hinaus muss die Fähigkeit des übernehmenden Managers vom Veräußerer hinreichend überprüft werden. Die Akzeptanz der Fähigkeiten des übernehmenden Managers erleichtert die weitere Zusammenarbeit zwischen Manager und Veräußerer. 3. Ist die Überlebensfähigkeit des Unternehmens nach der Übernahme sichergestellt? Eine zu geringe Kapitalreserve kann die Überlebensfähigkeit infrage stellen. Daher ist es erforderlich, die Kaufpreishöhe und -zahlung so zu gestalten, dass sich daraus keine unmittelbare Gefahr für das Unternehmen ergeben kann.

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2  Anlässe für M&A-Prozesse aus der Sicht des Mittelstandes

4. Wird das Unternehmen unter neuer Leitung und Anteilseigner-Struktur einen ausreichenden Cash-Flow erzielen können? Das Vertrauen in das neue Management und ein festgelegter Zeitraum der weiteren Mitarbeit des Veräußerers sind ein erster Schritt, weiter erfolgreich am Markt zu agieren. Die weiteren unternehmerischen Aktivitäten sind dann allerdings im Erfolgs- und im Misserfolgsfall dem neuen Management zuzuordnen. Eine Gefahr, die sich bei nicht ausreichendem Cash-Flow für den Veräußerer ergeben kann, liegt bei ratierlichen Kaufpreiszahlungen in der Erfolglosigkeit des neuen Managers begründet. Daher sind bei Übergang der Anteile für einen solchen Fall vertragliche Sicherheiten einzubauen. Die Besonderheit bei einem M&A-Prozess, bei einem MBO bzw. MBI liegt darin, dass sich der mittelständische Unternehmer darauf einstellen muss, für einen zu definierenden Zeitraum als Ansprechpartner des Übernehmers weiter zur Verfügung zu stehen. Hinzu kommt bei einem MBO der Vorteil, dass der Käufer mit dem Kaufobjekt bestens vertraut ist und sich dadurch der Prozess zügig umsetzen lässt. Bei einem MBI ist ein längeres Annähern an die Informationen erforderlich, da sich der Käufer erst mit dem Unternehmen vertraut machen muss. In beiden Fällen wird sich regelmäßig als Käufer ein Unternehmens- bzw. Branchenspezialist um den Kauf bewerben. Dadurch lässt sich der M&A-Prozess zügig auf zentrale Fragestellungen konzentrieren. Hierzu zählen die finanziellen Grundlagen des Unternehmens. Gleichzeitig sollte möglichst früh im M&A-Prozess eine belastbare Erklärung über die finanziellen Möglichkeiten des Käufers eingefordert werden. Damit können Überraschungen zu einem späteren Zeitpunkt minimiert werden. Conclusio

Der Verkauf wegen fehlender Nachfolge in der eigenen Familie ist beim Unternehmer emotional hoch belastet. Am Anfang steht die Erkenntnis, dass es aus der eigenen Familie keinen adäquaten Nachfolger gibt. Ist diese Situation realisiert worden, kann sich der Unternehmer aktiv mit den vielfältigen Möglichkeiten des Verkaufs an potenzielle Käufer befassen. Dabei stehen die unterschiedlichsten Arten von Käufern zur Auswahl.

2.2.2 Verkauf wegen Erbfall Eine Besonderheit charakterisiert den Verkauf wegen eines Erbfalls. Hierbei entsteht in der Regel ein großer Zeitdruck. Gerade wegen des Todes des Unternehmers werden sich die Erben schwertun, sich planmäßig mit diesem Prozess zu befassen. Wenn zudem der Tod, z. B. durch einen Unfall, überraschend kommt, überlagern die emotionale Betroffenheit die gesamten Verkaufsüberlegungen. Hinzu kommt die 6-Wochen-Frist nach dem Ableben des Erblassers, die die Erben Zeit haben, das Erbe anzunehmen bzw. auszuschlagen. Jede Vorbereitung zu Lebzeiten wird diese Entscheidung leichter machen.

2.2  Aktive Anlässe

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Häufig wird bei den Erben ausschließlich das Vermögen betrachtet ohne zu bedenken, dass auch Schulden das Erbe belasten. Und die Erben haften im Regelfall für die Schulden in unbegrenzter Höhe. Auch Auseinandersetzungen innerhalb der Erben kommen nicht selten vor; auch hier kommt es zu Problemen bei der Wertfindung für das vererbte Unternehmen, falls der eine Erbe das Unternehmen weiterführen will, und der andere Erbe eher an einem angemessenen Ausgleich interessiert ist. In der Praxis hat sich oft gezeigt, dass in einer solchen Fallkonstellation nur unbeteiligte Dritte versuchen können, eine Lösung für alle Beteiligten zu erarbeiten. Im Idealfall hat der Erblasser zu Lebzeiten dafür gesorgt, dass ein unabhängiger Dritter (in der Praxis sind dies Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte, Notare) als Testamentsvollstrecker benannt wird, der sich im Erbfall um einen Ausgleich der Interessen einsetzt oder um den testamentarisch verfügten Willen umzusetzen. Der typische Praxisfall sieht leider anders aus. Selbst bei einem absehbaren Todesfall werden die Erben meist zu spät mit in das Unternehmen einbezogen. Es fehlt dann im entscheidenden Moment an Informationen, die für einen Verkaufsprozess unbedingt nötig sind. Durch das Anhäufen von Wissen beim Unternehmer gibt es dann auch keine schriftlichen Unterlagen, die den Erben entscheidungsrelevante Informationen bereitstellen. Durch den damit verbundenen Zeitverlust kann man den Wertverlust des Unternehmens täglich beobachten. Als erster Ansprechpartner für die Erben wird dabei der Steuerberater des Unternehmers zur Verfügung stehen. Er alleine hat die Kenntnis, die jetzt für eine schnelle Informationsbeschaffung notwendig ist. Gerade bei kleinen und mittelständischen Unternehmen überwiegen auf den Unternehmer zugeschnittene steuerliche Gestaltungen, die teilweise viele Jahre zurückreichen. Diese Gestaltungen bergen häufig Risiken, die im Vorfeld eines Verkaufs dringend einer Überprüfung durch einen erfahrenen Steuerberater oder Rechtsanwalt bedürfen. Denn nichts wäre fataler als eine unreflektierte Offenlegung dieser Gestaltungen vor den potenziellen Käufern. Es gibt natürlich auch Fälle, bei denen es den (plötzlichen) Erben gelingt, das Unternehmen erfolgreich fortzuführen. Insbesondere dann, wenn die Dominanz des alten Patriarchen mit seinem Ableben verschwunden ist. In solchen Fällen sind schon Erben, wie Ehepartner oder Kinder, über sich hinausgewachsen. Ein unmittelbarer Verkauf kann so vermieden werden. Aber auch das andere Extrem, wenn die Erben davon überzeugt sind, sie wären unternehmerisch befähigt, ohne sich einzugestehen, dass dies eben nicht der Fall ist, kann eintreten. Häufig hat der alte Unternehmer die eingeschränkten unternehmerischen Fähigkeiten seiner Erben erkannt und gerade deshalb diese nicht als Nachfolger eingeplant. Für die Erben stellt sich dann das Eingestehen ihrer beschränkten unternehmerischen Fähigkeiten als äußerst schwierig dar. Das fehlende Eingestehen geht einher mit einem unternehmerischen Misserfolg. Dieses Scheitern kann dann bis zur Insolvenz gehen.

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2  Anlässe für M&A-Prozesse aus der Sicht des Mittelstandes

Idealerweise wird sich der Unternehmer daher vor seinem Ableben mit einer Nachfolgeregelung befassen. Man sollte allerdings auch hierbei nicht zu viel erwarten. Häufig muss man den Fall des Ablebens und die damit verbundene mangelnde Vorbereitung für „den Fall danach“ als Lebensschicksal abbuchen; insbesondere im Erbfall durch Unfall. Die Folgen einer fehlenden Regelung können vielschichtig sein. Konkurrenten nutzen das kurzfristige Vakuum, um sich Markanteile zu sichern. Qualifizierte Mitarbeiter verlassen das Unternehmen und hinterlassen eine große Erfahrungslücke. Lieferanten wenden sich ab, da ihr zentraler Ansprechpartner nicht mehr existent ist. Kunden ziehen sich zurück, da ihnen die Unsicherheit zu groß ist. Banken verlieren den zentralen Gesprächspartner im Unternehmen und stellen möglicherweise Kredite fällig, sofern es die Vertragslage zulässt. Jedes Szenario für sich bzw. in Kombination kann sich lebensbedrohend für das Unternehmen auswirken. Daher ist eine zentrale Forderung an die Erben, das plötzliche entstandene Vakuum möglichst schnell zu beseitigen. Wenn dies wegen der emotionalen Trauer nicht möglich ist, dann sollten erfahrene M&A-Berater bzw. Zeitmanager dieses Vakuum füllen. Bei einer solchen Fallgestaltung geht es nicht mehr darum, einen möglichst hohen Verkaufspreis zu erzielen. Hierbei steht die Schadensminimierung im Vordergrund. Conclusio

Ein Verkauf wegen eines Erbfalls kommt unvermittelt und trifft die Erben zumeist unvorbereitet. Daher steht in einem solchen Fall die Schadensminimierung im Vordergrund. Die Höhe des Kaufpreises ist zumeist sekundär.

2.2.3 Verkauf wegen steigendem Wettbewerbsdruck Ein Verkauf wegen steigendem Wettbewerbsdruck kann auf unterschiedlichsten Ursachen beruhen. So kann die Finanzkraft des mittelständischen Unternehmens zu gering sein, um notwendige technologische Neuerungen oder Diversifizierungen in neue Märkte vorzunehmen. Auch kann die Unternehmensgröße zu klein sein, um einem steigenden Wettbewerbsdruck standzuhalten. Ebenfalls kann vom Wettbewerb ein Liquiditätsdruck durch eine vorübergehende Dumpingpreispolitik aufgebaut werden. Auch von Kundenseite kann ein Druck auf das mittelständische Unternehmen aufgebaut werden; so z. B. wenn die Kunden diversifizieren und das mittelständische Unternehmen aufgrund fehlender Synergiepotenziale diesem Diversifikationsdruck nichts entgegensetzen kann. Alle angeführten Beispiele zeigen, dass sich ein Verkaufsunternehmen in einer solchen Situation eher in einer schwächeren Position befindet. Ohne ein gewisses Maß an strategischen Überlegungen im Vorfeld eines entstehenden Wettbewerbsdruckes wird sich ein M&A-Prozess in niedrigeren Verkaufspreisen niederschlagen. Gerade in einer solchen Situation zeigt sich das Manko vieler mittelständischer Unternehmen: „Die fehlende strategische Ausrichtung“.

2.2  Aktive Anlässe

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Diese liegt insbesondere in der Prägung eines mittelständischen Unternehmers begründet. Die Persönlichkeit eines mittelständischen Unternehmers wird bestimmt durch Intuition, Gefühl, Improvisation und Fingerspitzengefühl. Entscheidungen resultieren häufig aus dem sog. „Bauchgefühl“ heraus und begründen sich weniger auf logisch abgeleiteten Erkenntnissen. Die Anwendung des „gesunden Menschenverstandes“ soll das Überleben des Unternehmens sichern. Solange der Unternehmer damit Erfolg hat, ist auch nichts gegen das Bauchgefühl einzuwenden. Allerdings sind solche Erfolgsmodelle in einer Gesellschaft, die großen Veränderungen unterworfen ist, zunehmend die Ausnahme. Megatrends wie Digitalisierung, Globalisierung, Disruption, Deregulierung, das rapide Wachstum der älteren Generation mit gleichzeitigem Schrumpfen der jüngeren Bevölkerung und die Dominanz des Wissens als ausschlaggebender Erfolgsfaktor, erfordert eine zielgerichtete Strukturierung unternehmerischen Handelns. Dies setzt ein aktives Auseinandersetzen mit Managementprozessen, die auf die Zukunft ausgerichtet sind, voraus. Der unternehmerische Erfolg in der Vergangenheit als Maßstab für die Zukunft hat eine immer kürzere Halbwertszeit und ist nicht mehr in jedem Fall eine Erfolgsgarantie für die Zukunft. Die Antizipation der Zukunft bekommt eine völlig neue Bedeutung für den mittelständischen Unternehmer. Strategische Überlegungen sollten eine Selbstverständlichkeit für den mittelständischen Unternehmer sein. Allerdings bietet die Fülle an theoretischer Überfrachtung der Strategielehre oder die unübersehbare Zahl von Managementlehren selbsternannter Management-Gurus keine adäquate Lösung für die Akzeptanz notweniger strategischer Überlegungen beim mittelständischen Unternehmer. Wichtig ist, die nötige Balance zwischen theoretischer Strukturierung und praktikabler Umsetzung zu finden. Dabei sollte eine Strategie für den mittelständischen Unternehmer folgende Elemente umfassen [24, S. 22 f]: Wissen, was man will!

Ein ausgeprägter Wille des Unternehmers, der weiß, was er will. Der Wille des Unternehmers ist die Energie für das gesamte Unternehmen. Wissen, was man nicht will!

Nur derjenige, der genau weiß, was er nicht will, wird sich auf das konzentrieren, was er will. Die Kenntnis über die Dinge, die nicht relevant sind, schafft die Konzentration auf das Wesentliche. Schaffung von Innovationen!

Strategie ist für jedes Unternehmen etwas Einzigartiges. Imitation von erfolgreichen Unternehmen ist keine Innovation. Strategie ist eigene Kreativität und Originalität. Querdenker sind die erfolgreichen Unternehmer.

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2  Anlässe für M&A-Prozesse aus der Sicht des Mittelstandes Durchhalten!

Erfolgreiche Strategien erfordern Visionen und Geduld. Die Sicherung eines kontinuierlichen Erfolgs ist von Ausdauer geprägt. Gerade in dem Anlass des Verkaufs, wegen steigendem Wettbewerbsdruck, zeigt sich die Bedeutung strategischer Überlegungen für einen mittelständischen Unternehmer. Im Idealfall hat sich der Unternehmer bereits vor Eintritt eines möglichen Verkaufs mit strategischen Überlegungen befasst und den steigenden Wettbewerbsdruck antizipiert. Damit könnte er bei einem, von ihm als notwendig angesehenen Verkauf frühzeitig agieren und müsste nicht die Rolle einnehmen, bei der er nur noch reagieren kann. In jedem Fall wird eine frühzeitige Auseinandersetzung mit möglichen Problemen, die auftreten können, die Verkaufspreisvorstellung eher festigen. Bei einem bloßen Reagieren auf steigenden Wettbewerbsdruck wird sich der Verkaufspreis immer nach unten orientieren. Conclusio

Ein Verkauf wegen steigendem Wettbewerbsdruck setzt eine hohe Eigenerkenntnis beim mittelständischen Unternehmer voraus. Denn dies bedeutet das Eingestehen, die Chancen nicht mehr adäquat realisieren zu können und möglicherweise wegen einem höheren Risikopotenzial mit seinem Unternehmen zu scheitern.

2.2.4 Verkauf wegen persönlicher Gründe Ein Verkauf wegen persönlicher Gründe kann oft als spontaner Anlass charakterisiert werden. Gesundheitliche Einschränkungen oder die Erkenntnis, die unternehmerische Tätigkeit nicht mehr ausüben zu wollen, können zu aktiven Verkaufsüberlegungen führen. Auch der Fall einer Ehescheidung kann ein Grund sein. Gerade bei Zugewinnausgleich unter Eheleuten stehen die finanziellen Mittel, den Ehepartner finanziell auszugleichen, nicht zur Verfügung, da das Vermögen im Unternehmen gebunden ist. Hier stellt ein Verkauf eine mögliche Option dar, die finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen. Bei absehbaren gesundheitlichen Einschränkungen ist eine Planbarkeit des M&A-Prozesses immer möglich. Anders sieht es bei plötzlichen Erkrankungen aus. Für solche Fälle ist es ratsam, sich vorher – zumindest rudimentär– mit einer solchen Möglichkeit zu befassen. Die Erkenntnis, die unternehmerische Tätigkeit nicht mehr ausüben zu wollen, kann aus unterschiedlichsten Gründen erfolgen. So können Ertragskrisen oder Sanierungssituationen kurzfristig und unvorhergesehen auftauchen. Daraus resultierende finanzielle Engpässe können den Unternehmer dazu veranlassen, sein Unternehmen zu verkaufen. Weiterhin können auch externe Gründe der Anlass für einen spontanen Verkauf sein. Dies sind vor allem steuerrechtliche Änderungen oder eine Abzeichnung von Gesetzesänderungen, die für das Unternehmen von Bedeutung sein können, wie z. B. umweltrechtliche Gesetzesänderungen oder Umweltauflagen für ein produzierendes Unternehmen.

2.2  Aktive Anlässe

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Allen Beispielen gemeinsam ist die Kurzfristigkeit. Dies wird im konkreten Fall immer zu Preisabschlägen führen. Daher ist der mittelständische Unternehmer gut beraten, wenn er aus einer Position der Stärke solche Situationen gedanklich einmal durchspielt. Auch hier steht die Frage einer strategischen Ausrichtung in unterschiedlichen Fällen (low-, mid-, und high-case) im Mittelpunkt. Conclusio

Persönliche Gründe des mittelständischen Unternehmers für den Unternehmensverkauf sind für den potenziellen Erwerber irrelevant. Sind die Gründe für einen Verkauf jedoch mehr oder minder öffentlich bekannt, ist eine entsprechende professionelle Begleitung eines Verkaufs dringend angeraten. Diese Begleitung bietet dem Verkäufer die Chance, das „Heft des Handelns“ bei sich zu behalten und bei entsprechender Vorbereitung des M&A-Prozesses, dem potentiellen Käufer als gleichwertiger Vertragspartner gegenüber zu stehen.

2.2.5 Maximierung des Kaufpreises und Realisierung des Gewinns aus dem Unternehmensverkauf Eine alte Börsenweisheit besagt, dass von Gewinnmitnahmen noch niemand gestorben sei. Übertragen wir diese zugegebenermaßen triviale Weisheit auf einen Unternehmensverkauf – vielfach wird auch der Begriff „Kasse machen“ verwendet – geht es darum, dass der Unternehmer dem Erlös aus dem Unternehmensverkauf eine nicht unwesentliche Bedeutung beimisst. Dies ist durchaus verständlich, insbesondere wenn durch den Verkauf des Lebenswerks die Finanzierung nach dem aktiven Berufsleben sichergestellt oder familiäre Versprechungen eingelöst werden sollen. Die vielfach und oft polemisch geäußerte Kritik an diesem Vorgehen, vor allem unter dem Vorwand ethischer Gründe, ist nur wenig nachvollziehbar. Es ist eher die Frage zu beantworten, warum es einem Unternehmer nicht möglich sein soll, seinen unternehmerischen Erfolg angemessen honoriert zu bekommen, wenn er über Jahre hinweg die unternehmerische Verantwortung und das Risiko getragen hat. Gesellschafter mittelständischer Unternehmen investieren in der Regel einen Großteil ihres Vermögens in das eigene Unternehmen oder haften durch persönliche Bürgschaften gegenüber der Bank – unabhängig von der gewählten Rechtsform – zusätzlich zu den vom Unternehmen gewährten Sicherheiten. Häufig zu beobachten ist auch eine jahrelang geübte Praxis der Gewinnthesaurierung oder die Beobachtung, dass nur geringe Ausschüttungen vorgenommen wurden. Häufig werden vom Unternehmen, bei denen der Unternehmer auch gleichzeitig Geschäftsführer ist, nur ein Minimum an Geschäftsführergehalt gezahlt. Dadurch ergeben sich für die Unternehmer erhebliche Risiken, da die eigene Vermögenssituation wesentlich vom wirtschaftlichen Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens abhängig ist.

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2  Anlässe für M&A-Prozesse aus der Sicht des Mittelstandes

Durch einen gezielt vorbereiteten M&A-Prozess kann dieses Risiko jedoch erheblich reduziert werden. Blickt man einige Jahrzehnte zurück, so konnte zu dieser Zeit beobachtet werden, dass die damaligen typischen Nachkriegsunternehmer nicht ausschließlich daran interessiert waren, das Unternehmen möglichst teuer zu verkaufen. Oftmals standen damals auch nicht-monetäre Beweggründe im Vordergrund, sodass ein Verkauf an einen Übernehmer, der auch sämtlichen Beschäftigten eine berufliche und persönliche Perspektive bot, auch bei einem nicht maximierten Verkaufspreis bevorzugt wurde. Aber auch beim Unternehmensverkauf gilt der wohl aus dem 16. Jahrhundert überlieferte lateinische Spruch „tempus mutantur, nos et mutamur in illis“ (‚Die Zeiten ändern sich, und wir ändern uns in ihnen‘). Hiernach ist auch beim Unternehmenskauf mit der Zeit zu gehen und Änderungen im Verhalten oder Sichtweisen sind die Folge gesellschaftlicher Änderungen. So determinieren nach unserer Einschätzung in der heutigen Zeit nicht altruistische Beweggründe; vielmehr richten sich die Prioritäten eher auf die individuelle Situation und die jeweiligen Bedürfnisse. Es gibt kein richtig oder falsch, und ein Unternehmensverkauf ist auch nicht unter dem Aspekt der politischen Korrektheit zu prüfen. Es geht um den Ausgleich von Interessen zwischen Käufer und Verkäufer. Und genau hierbei ist eine, analytische, unabhängige und unvoreingenommene Sichtweise auf die jeweilige Situation dringend geboten. Einwendungen gegen eine solche Vorgehensweise – oft von denen erhoben, die keine unternehmerische Verantwortung tragen – sind dann kontextuell zu würdigen. Kritische Stimmen in diesem Zusammenhang wurden insbesondere seit dem Ausbruch der Finanzmarktkrise laut, als wirtschaftlich handelnde Personen oft einer Pauschalverurteilung unterzogen wurden. An Bedeutung gewinnt diese Kritik auch aufgrund der Tatsache, dass sich unsere Gesellschaft unaufhaltsam auf einem Weg der Ökonomisierung befindet. Zugespitzt stellt sich die Frage: Was zählt wirklich für unsere Gesellschaft: Monetik oder Ethik? Oder: Wie moralisch ist der Markt, wie moralisch sind die Unternehmer? [28, S. 9]. Von Howard Hughes wird erzählt, dass man nicht hohe moralische Prinzipien und gleichzeitig hohe Profite erzielen kann. Man müsse sich entscheiden: Wirtschaft oder Ethik? Beides zusammen, also Wirtschaftsethik geht nicht. Moral und Wirtschaft scheinen in einem Widerspruch zu stehen, moralische Überzeugung verdirbt das Geschäft. Die Kritik am Handel und Wirtschaften ist schon sehr alt. Bei den Griechen war der Patron der Kaufleute Hermes, der auch zugleich Patron der Diebe war. Beide, Kaufleute und Diebe, hatten nach Ansicht der alten Griechen die gleiche ethische Höhe. In den Augen der Mehrheit der Bevölkerung hat der heutige Unternehmer in seiner Managementfunktion immer noch einen sehr negativen Stellenwert. Die Kritik an den „gierigen“ Unternehmern hat somit eine lange Tradition. Aber auch die Kritik an den Märkten, dort wo sich im Idealfall Angebot und Nachfrage gleichberechtigt treffen, will nicht verstimmen. Die Geschichte hat gezeigt, dass das Marktsystem zu großem Wohlstand führen kann. Bei allen Unzulänglichkeiten, die

2.2  Aktive Anlässe

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man beim marktwirtschaftlichen System antrifft, haben wir den historischen Beleg dafür erhalten, dass dieses System allen anderen bisher bekannten überlegen ist. Es geht damit um die Frage, inwieweit die Ausprägung einer ethischen Grundhaltung im Markt auch die handelnden Personen prägt. Ausgleich auf den Märkten geschieht immer durch Kooperationen. Der Markt als Kooperationsmechanismus bietet genügend Raum für jeden, sich einen individuellen Erfolg zu sichern. Wenn sich die Beteiligten im Markt auf ein System berufen können, dass die Unzulänglichkeiten auszugleichen hilft, wird jeder Beteiligte mit den Ergebnissen zufrieden sein. Der Unternehmer benötigt die freie Entscheidung. Dies muss aber einher gehen mit einem System, das andere nicht schädigt. In der Volkswirtschaft ist dafür die Wettbewerbskontrolle zuständig. Die Einhaltung der Wettbewerbsregeln wiederum hängt von den handelnden Personen ab. Vergleichen kann man dies mit der Einhaltung der Verkehrsregeln. Es gilt bei uns die Regel, dass man bei einer roten Ampel stehenbleibt. Diese Regel erhöht meinen Freiraum, denn ich kann mich meistens darauf verlassen, dass der andere bei Rot stehen bleibt. Dieses Einhalten der Regeln gilt auch für den Markt. Auf jedem Markt muss verantwortlich gehandelt werden. Ich kann auf Dauer nicht zulasten Dritter handeln, da der Markt mich dafür abstraft. Profitgier wird sich nur kurzfristig realisieren lassen. Langfristig und damit nachhaltig werde ich für ethisches Verhalten auf den Märkten belohnt. Der mittelständische Unternehmer, der sein Unternehmen zum bestmöglichen Preis veräußern möchte, wird dabei alles unterlassen, was seinen Erfolg schädigen kann. Dafür bietet ein marktwirtschaftliches System die beste Gewähr. Dieses System wird auch dafür sorgen, dass der Unternehmer einen Verkauf um jeden Preis unterlässt. Man könnte sogar so weit gehen und die These aufstellen, dass es eine ethisch vertretbare Entscheidung ist, wenn der Unternehmer „Kasse macht“. Durch die Absicht, die unternehmerische Tätigkeit aufzugeben, schafft er bei einem Verkauf mehr Sicherheit für sein Unternehmen. Ein langes Festhalten, ohne das erforderliche unternehmerische Engagement, wird das Unternehmen auf Dauer schädigen. Da sich ein solcher Verkauf bewusst vollzieht, bleibt dem mittelständischen Unternehmer ausreichend Zeit sich mit dem richtigen Zeitpunkt und dem damit möglichen Erfolg eines hohen Preises zu befassen. Conclusio

Ein Verkauf wegen „Kasse machen“ ist dem Umfeld des Unternehmers nur schwer zu vermitteln. Wenn ein mittelständischer Unternehmer – zu einem von ihm bestimmten Zeitpunkt – einen lukrativen Verkauf anstrebt, wird dies zumeist damit in Verbindung gebracht, dass er sein Unternehmen alleine aus monetären Gründen im Stich lässt. Dieser Sichtweise ist nur schwer entgegenzutreten, sollte aber einen Unternehmer nicht davon abhalten, sich seine jahrelangen unternehmerischen Aktivitäten und das damit verbundene Risiko angemessen entlohnen zu lassen.

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2  Anlässe für M&A-Prozesse aus der Sicht des Mittelstandes

2.3 Passive Anlässe Der größte Teil verkaufsbereiter mittelständischer Unternehmer bieten ihre Unternehmen nicht aktiv am Markt an; damit kann grundsätzlich eine Verkaufsbereitschaft bestehen, die aber nicht durch aktive Verkaufsbemühungen untermauert sein muss. Demgegenüber stehen öffentlich sichtbare Angebote verkaufsbereiter Unternehmen über Unternehmensbörsen oder Unternehmensmaklern. Es kann auch der Fall eintreten, dass zunächst überhaupt keine Verkaufsabsicht existiert. Der erste Fall einer latent vorhandenen Verkaufsbereitschaft, die aber nicht aktiv betrieben wird, wird den Unternehmer erst dann dazu bewegen, sich intensiver damit zu befassen, wenn ein konkretes Kaufangebot vorliegt. Die Erwartung dabei ist, dass dieses Kaufangebot möglichst schriftlich vorgetragen wird und von den ersten Rahmenkonditionen transparent und attraktiv erscheint. Bei einem solchen passiven Abwarten kann sich der Unternehmer zurücklehnen und die weitere Entwicklung mit Interesse beobachten. Der potenzielle Käufer wird sich im Vorfeld der ersten Kontaktaufnahme bereits über das Kaufobjekt informiert haben. Dies wird durch Sichtung und Analyse extern erhältlicher Informationen geschehen. Hierbei kann die Analyse vergangener Bilanzzahlen, die Einordnung der aktuellen Marktposition und der zukünftigen Marktpotenziale im Fokus stehen. Werden dem passiv abwartenden Verkäufer reale Kaufpreise vermittelt, so kann dies die Grundlage für weitere Gespräche sein. Bei dem zweiten Fall eines passiven Anlasses wird der Unternehmer zunächst völlig überrascht von einer Anfrage nach einem möglichen Verkauf. Häufig wird er sich dann erstmals überhaupt mit einer solchen Möglichkeit befassen. Hierbei gilt es, wie auch im ersten Fall, sich möglichst frühzeitig mit der Ernsthaftigkeit der Anfrage zu befassen. In vielen Fällen kommen solche Anfragen von Unternehmensmaklern, die vorgeben, einen ernsthaften Kontakt mit konkreten Interessenten zu besitzen. Diese Interessenten sind aber häufig nicht vorhanden. Der Unternehmensmakler lotet hierbei potenzielle Unternehmen aus. Um Seriosität zu vermitteln, wird der Unternehmensmakler einen schnellen Austausch einer Vertraulichkeitsvereinbarung – ohne Nennung seines Interessenten – anstreben. Ein solches Anfordern sollte der angesprochene Unternehmer ablehnen. Seriöse Unternehmensmakler haben kein Problem in einer Vertraulichkeitserklärung den Interessenten zu benennen. Denn gerade das Instrument einer Vertraulichkeitserklärung setzt ja ein Vertrauen der Parteien voraus. Wenn der Unternehmer von einer Ernsthaftigkeit überzeugt ist, dann sollte er sich auch nicht scheuen, im Rahmen einer überschlägigen Unternehmensbewertung eine erste Vorstellung über einen realistischen Preis zu erlangen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, einen solchen Unternehmenswert zu ermitteln. Zum einen kann sich der Unternehmer selber mit dieser Thematik befassen, zum anderen kann er externe Hilfe in Anspruch nehmen. Da der Unternehmer mit einer Unternehmensbewertung wie auch mit

2.3  Passive Anlässe

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einem M&A-Prozess erstmals befasst ist, ist ihm zu empfehlen, sich externer Hilfe zu bedienen. Die Bandbreite und auch die Kosten für eine solche Unternehmensbewertung sind groß. Nicht in jedem Fall ist eine umfassende Bewertung zu empfehlen. Häufig sind überschlägige Wertermittlungen ausreichend, um sich eine erste Vorstellung über den Wert seines Unternehmens zu beschaffen. Allgemein anerkannte Praktikermethoden, wie die Multiplikatorenbewertungen reichen in einem ersten Schritt aus. Dabei errechnet sich der Gesamtunternehmenswert (also der Wert des Eigenkapitals sowie der Wert des Fremdkapitals) aus dem Produkt des Multiplikators mit einer bevorzugt betriebswirtschaftlichen Ertragsgröße, wie z. B. Ergebnis vor Steuern und Zinsen (EBIT = Earnings before Interest and Taxes). Das folgende Beispiel soll die Vorgehensweise verdeutlichen: Beispiel

• EBIT des letzten Jahres: 850 TEUR • Fremdkapital (Buchwert aus der Bilanz): TEUR 1375 • Geeigneter Multiplikator (z. B. aus Publikationen der IHK, Zeitungen oder websites): 7,5 Vor Abzug des Wertes des Fremdkapitals ergibt sich aus der Multiplikation von Faktor 7,5 mit dem Wert des EBIT ein Gesamtwert von TEUR 6375. Bringt man hiervon die Höhe des Fremdkapitals in Höhe von TEUR 1375 zum Abzug, ergibt sich ein rechnerischer Wert des Eigenkapitals von TEUR 5000. In der Praxis werden darüber hinaus vielfach weitere Multiplikatoren verwendet, die sich beispielsweise auf den Umsatz (häufig bei Handel und Dienstleistungen), Kundenanzahl (häufig bei Reisebüros oder Versicherungen) oder andere Größen beziehen. Diese Wertindikationen geben eine erste Orientierung für momentan am Markt gezahlte oder auch geschätzte Unternehmenswerte. Dieser ersten groben Bewertung steht eine spätere detaillierte Unternehmensbewertung nicht im Wege. Einen großen Vorteil haben die passiven Anlässe gegenüber den aktiven Anlässen. Man kann hier aus einem Gefühl der Stärke handeln. Bei einem ernsthaften Interesse und einer zu Beginn nicht so aktiven Rolle kann man in Ruhe abwarten und sich mit den weiteren Aktionen der potenziellen Käufer befassen. Conclusio

Passive Anlässe haben für den Verkäufer den Vorteil, dass er abwartend dem weiteren Verlauf beobachten kann. Hierbei wird der potenzielle Käufer aktiv an den Unternehmer herantreten. Der Unternehmer kann in einem solchen Fall aus einer Position der Stärke verhandeln und seinerseits Forderungen formulieren. Er wird dabei sehr schnell erkennen, inwieweit der Käufer ein ernsthaftes Interesse hat.

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Transaktionsgestaltungen

So einfach die Frage klingt: „Was wird eigentlich verkauft?“, so schwierig ist die Antwort darauf. Der mittelständische Unternehmer hat während seines bisherigen Unternehmertums eine Vielzahl von Gestaltungen genutzt. Diese reichen von einer aktiven Steuervermeidung über die Gestaltung einer vorteilhaften Lieferanten- und Kundenbeziehung, einer verhaltenen Informationspolitik gegenüber seinen Banken bis hin zur Gestaltung von Arbeitsverhältnissen. Darüber hinaus sind häufig noch Aktiva zu finden, bei denen der Unternehmer stille Reserven gebildet bzw. Passive, bei denen stille Lasten vorhanden sind. Sämtliche über Jahre gewachsene Gestaltungen sind im Verkaufsfall einer Überprüfung zu unterziehen. Insofern stellt sich die grundsätzliche Frage: „Was wird verkauft?“ unter einem völlig neuen Blickwinkel. Ein zentrales Argument, dass hierbei angeführt wird, ist die Vermeidung bzw. die Reduzierung von Steuerlasten aufgrund der zur Auswahl stehenden Alternativen. Insbesondere der Käufer wird das Argument einer Abschreibungsfähigkeit des Kaufpreises anführen. Denn die Möglichkeit einer planmäßigen Abschreibung führt zu einer Verbesserung des Cash-Flows und kann damit zu einer wichtigen Komponente bei der Kaufpreisfinanzierung werden. Damit stehen zwei Möglichkeiten im Mittelpunkt der Gestaltung eines M&A-Deals: ein Share Deal oder ein Asset Deal. Ein Share Deal ist dadurch charakterisiert, dass durch den Kauf- und Abtretungsvertrag von Geschäftsanteilen (shares) der Käufer z. B. Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft oder Personengesellschaft wird. Der Übergang der Anteile erfolgt zu einem vertraglich vereinbarten Stichtag. Da hierbei ausschließlich die Unternehmensanteile erworben werden,  bleiben  bei diesem Erwerb sämtliche Aktiva und Passiva des gekauften Unternehmens unverändert. Alle Verbindlichkeiten und auch mögliche Haftungsrisiken der Gesellschaft bleiben bestehen und gehen auf den Käufer über.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 J. Wegmann und H. Siebert, Unternehmensverkauf, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27444-3_3

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3 Transaktionsgestaltungen

Ein Asset Deal ist dadurch zu charakterisieren, dass der Käufer nur diese Vermögensgegenstände (handelsrechtlicher Begriff) bzw. Wirtschaftsgüter (steuerrechtlicher Begriff) – beide Begriffe werden häufig synonym verwendet – erwirbt, die er erwerben will. In einem solchen Fall kann der Käufer die Übernahme von Haftungsrisiken vermeiden. Der Übergang der assets erfolgt durch Einigung und Übergabe zu einem vertraglich definierten Stichtag. Sämtliche übergehenden assets, und zwar unabhängig von deren Bilanzierung, wie z. B. Kunden-, Miet- und Darlehensverträge werden einzeln übertragen. Ein besonderes Augenmerk ist dabei auf die jeweilige (Einzel-) Zustimmung der Vertragspartner, der jeweils übergehenden Verträge, zu legen. Denn ohne eine solche Zustimmung werden die Verträge nicht auf den Käufer übergehen. Daher ist es wichtig, rechtzeitig auf zentrale Vertragspartner zuzugehen und deren Zustimmung einzuholen. Ein weiteres Problemfeld kann sich aus einer beabsichtigten Übernahme der Arbeitsverträge im Rahmen eines Asset Deals ergeben. Denn der Übergang der Arbeitsverträge, die auf einen Erwerber im Wege eines Asset Deals übergehen sollen, hängt nicht von dem Willen der Vertragspartner ab, sondern davon, ob durch den Vertrag eine sog. wirtschaftliche Einheit begründet wird. Ein Asset Deal ist nur dann als Unternehmenskauf als Ganzes zu qualifizieren, wenn sämtliche für die Identität des Unternehmens wesentlichen Bestandteile übertragen werden und der Erwerber damit in der Lage ist, den Geschäftsbetrieb fortzuführen. Nur dann liegt ein Betriebsübergang nach § 613a BGB vor. Im Rahmen eines Betriebsübergangs hat der bisherige Arbeitgeber oder der Käufer die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform über den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs, den Grund für den Übergang, die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen zu unterrichten. Nach § 613a Abs. 6 BGB kann der Arbeitnehmer dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

3.1 Share Deal Der Verkauf von Anteilsrechten an Personen- oder Kapitalgesellschaften erfolgt über einen sog. Rechtskauf mit anschließender Übertragung der Anteilsrechte. Steuerliche Gründe führen beim Verkäufer regelmäßig zu einer Bevorzugung des Share Deals gegenüber dem Asset Deal. Grundsätzlich ist bei einem Share Deal zu unterscheiden, ob die Anteile von einer natürlichen Person (in Form von Privatvermögen oder Betriebsvermögen) gehalten werden oder sich die Anteile wiederum im Vermögen einer Kapitalgesellschaft befinden.

3.1  Share Deal

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1. Anteile werden von einer natürlichen Person gehalten Werden Anteile, die einer größer als 1 %-Beteiligung entsprechen, veräußert, unterliegt der Veräußerungsgewinn (Unterschiedsbetrag zwischen dem erzielten Verkaufserlöse und den Anschaffungskosten abzüglich eventueller Aufwendungen, die in Zusammenhang mit der Veräußerung stehen, wie z. B. Beratungs- und Notarkosten) gemäß § 17 EStG als Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Einkommensteuer. Seit dem Jahr 2009 gilt gem. §§ 3 Nr. 40 lit. c, 3c Abs. 2 EStG das Teileinkünfteverfahren, d. h. 60 % des Veräußerungsgewinns sind steuerpflichtig. Es gibt einen Freibetrag gemäß § 17 Abs. 3 EStG in Höhe von zurzeit 9060 €, der sich jedoch sich um den Betrag ermäßigt, um den der Veräußerungsgewinn den Teil von 36.100 € übersteigt.1 Nach § 16 Abs. 4 EStG wird ein Steuerpflichtiger, der das 55. Lebensjahr vollendet hat oder im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist, bei einem Veräußerungsgewinn auf Antrag nur dann zur Einkommensteuer herangezogen, soweit der Veräußerungsgewinn 45.000 € übersteigt. Der Freibetrag wird dem Steuerpflichtigen nur einmal gewährt. Der Freibetrag ermäßigt sich um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn 136.000 € übersteigt. Werden die Anteile im Betriebsvermögen einer natürlichen Person gehalten, führt die Veräußerung des Betriebs ebenfalls zu Einkünften aus Gewerbebetrieb gemäß 15 EStG und zur Besteuerung in Höhe von 60 % des Veräußerungserlöses in Höhe der individuellen Einkommensteuer zzgl. SolZ. Im Gegensatz zum Halten der Beteiligung im Privatvermögen kann jedoch kein Freibetrag geltend gemacht werden. Darüber hinaus wird auf den steuerpflichtigen Teil des Veräußerungsgewinns zusätzlich Gewerbesteuer erhoben, die jedoch aufgrund § 35 EStG von der Einkommensteuer weitgehend abzugsfähig ist. 2. Anteile werden von einer Kapitalgesellschaft gehalten Einkünfte aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft werden nach § 8 Abs. 2 KStG als Einkünfte aus Gewerbebetrieb behandelt. Der Gewinn ist jedoch nach § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG grundsätzlich steuerfrei. Jedoch werden nach § 8b Abs. 3 KStG 5 % des steuerfreien Veräußerungsgewinns dem Einkommen wieder als nicht abziehbare Betriebsausgaben hinzugerechnet. Insofern ist der Gewinn aus der Veräußerung damit nur noch zu 95 % steuerbefreit. Auf diesen nicht steuerbefreiten Anteil in Höhe von 5 % des Veräußerungsgewinns ist gemäß § 23 Abs. 1 KStG sowohl Körperschafsteuer (15 %) als auch gemäß § 7 Satz 1 Nr. 1 GewStG Gewerbesteuer zu entrichten. 1Werden

Anteile an Kapitalgesellschaften veräußert, die geringer als 1 % betragen, gehalten, wird der Veräußerungsgewinn gem. § 32d Abs. 1 S. 1 EStG mit 25 % zzgl. SolZ versteuert. Der Steuerpflichtige kann allerdings auf Antrag nach § 32d Abs. 6 EStG die Besteuerung zum individuellen Steuersatz verlangen, sofern dieser niedriger sein sollte.

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3 Transaktionsgestaltungen

Folgendes Beispiel soll die Besteuerung eines Anteilsverkaufs verdeutlichen: Beispiel

Bei einem Verkauf der Anteile/Aktien an einer GmbH/AG wird der Verkaufserlös abzüglich des Buchwerts der Anteile nach dem Einkommensteuergesetz (Stand: 2019) zu 60 % in die Berechnung der Einkommensteuer der Alt-Gesellschafter herangezogen. Bei einem Verkaufspreis von 1000 T€ und ein Stammkapital von 100 T€ ergibt sich zunächst ein steuerbarer Veräußerungsgewinn in Höhe von 900 T€, der jedoch nur mit 60 % in Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer herangezogen wird. Bei einen angenommenen persönlichen Einkommensteuersatz von rd. 40 % (dies entspricht etwa einer Belastung von 38 % ESt inkl. 5,5 % SolZ) verbleiben bei Veräußerer rd. 784 T€ nach Steuern (Tab. 3.1). Ein weiterer Vorteil für den Verkäufer liegt bei einem Share Deal darin, dass das Unternehmen im Ganzen veräußert wird. Damit verbleibt keine Mantelgesellschaft beim Verkäufer. Zudem ist der Kaufgegenstand einfach zu erfassen und die Durchführung eines Share Deal-Vertrages lässt sich in der Regel kurzfristig gestalten. Weiterhin bleiben sämtliche Verträge bei der Gesellschaft unberührt. Diesen Vorteilen stehen einige Nachteile gegenüber. So werden sämtliche, auch unbekannte Verbindlichkeiten übernommen. Die neuen Gesellschafter sind an frühere Organbeschlüsse gebunden und es bestehen keine Abschreibungsmöglichkeiten für den Käufer, da die Buchwerte in der Bilanz unberührt bleiben. Durch die Übernahme der Gesellschaft im Ganzen und die steuerliche Begünstigung des Verkäufers bietet sich ein Share Deal aus Sicht des Verkäufers an. Insbesondere auch dann, wenn er sich dadurch von sämtlichen Verpflichtungen an der Gesellschaft befreien kann. Durch den Verkauf entledigt er sich auch der mit einer möglichen Liquidation der Gesellschaft verbundenen Arbeiten. In Bezug auf die Formerfordernisse des Übergangs der Anteile gilt bei einer Personengesellschaft Formfreiheit. Eine Ausnahme ist bei einer GmbH & Co. KG gegeben, da der Übergang der GmbH-Anteile einer notariellen Beurkundung bedarf. Bei einem Übergang der Anteile einer GmbH herrscht Beurkundungspflicht; der Unternehmenskaufvertrag ist eine schuldrechtliche Verpflichtung, die Anteile zu übertragen.

Tab. 3.1  Steuerliche Folgen eines Share Deals

Verkaufspreis

1000 T€

Stammkapital

100 T€

Gewinn

900 T€

Davon 60  % als Bemessungsgrundlage

540 T€

40  % persönlicher Steuersatz incl. SolZ

216 T€

Verbleibende Einkünfte beim Verkäufer

784 T€

3.1  Share Deal

35

Diese Verpflichtung der Übertragung bedarf der notariellen Beurkundung. Die Übertragung der Anteile an einer AG (Verkauf von Aktien) ist grundsätzlich formfrei. Im Hinblick auf die Besonderheit der Haftung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft für den Käufer, ist auf einige Unterschiede bei den Rechtsformen hinzuweisen. Die Haftung der Gesellschaft bleibt grundsätzlich unberührt. Bei der Rechtsform einer GmbH/AG gibt es keine Haftung der Gesellschafter/Aktionäre für Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Damit gibt es auch bei diesen Rechtsformen keine persönliche Haftung des Käufers. Bei einer OHG verbleibt die Haftung der Gesellschaft in vollem Umfang als persönliche Haftung beim Käufer. Bei der KG gilt dies Haftungsregelung gleichermaßen für den Komplementär, bei dem Kommanditisten ist eine Haftung beschränkt bzw. ausgeschlossen. Gleichwohl können sich auch bei einer GmbH Schmälerungen der Haftungsgrundlagen bei der Gesellschaft ergeben, die auf den GmbH-Gesellschafter als Käufer übergehen können: so z. B. aufgrund rückständiger Gesellschafterleistungen (§ 16 Abs. 2 GmbHG), die sich in Form von Einlagen (§ 19 GmbHG), Ausfallhaftung (§§ 24, 31 Abs. 3 GmbHG), Nachschüsse (§ 26 GmbHG), Nebenleistungen (§ 3 Abs. 2 GmbHG) ergeben. Eine zentrale vertragliche Regelung in einem Kaufvertrag bei einem Share Deal sollte die steuerliche Haftung für den Käufer beschränken. Hierzu wird die steuerliche Haftung grundsätzlich mit dem Übergabestichtag verknüpft. So haftet der Verkäufer für sämtliche Steuern der Gesellschaft vor dem Übergabestichtag. Die steuerliche Haftung für den Käufer beginnt somit mit dem Stichtag des Übergangs der Anteile. Eine solche Vereinbarung kann wie folgt lauten: Alle bis zum Stichtag geschuldeten Steuern oder steuerlichen Nebenleistungen im Sinne von § 3 Abgabenordnung (AO), alle Sozialversicherungsbeiträge und anderen von der GmbH geschuldeten öffentlich-rechtlichen Abgaben jeder Art werden am Stichtag entweder gezahlt oder im Stichtagsabschluss zurückgestellt worden sein. Sämtliche Steuererklärungen für die GmbH für Veranlagungszeiträume bis zum 31. Dezember 20XX sind vollständig und ordnungsgemäß erstellt und fristgerecht bei der Finanzverwaltung eingereicht. Sämtliche gesetzlich geforderten Steuervoranmeldungen wurden von der GmbH bis zum Stichtag ordnungsgemäß abgegeben. Die GmbH hat die öffentlich-rechtlichen, insbesondere steuerrechtlichen Aufzeichnungs- und Dokumentationsverpflichtungen (z. B. nach § 90 Abs. 3 AO) rechtzeitig und vollständig erfüllt. Die GmbH hat keine verdeckten Gewinnausschüttungen an ihre Gesellschafter oder eine diesen oder ihr nahestehende Personen vorgenommen.

Conclusio

Ein Verkäufer wird aufgrund steuerlicher Vorteile bei der Kaufpreisbesteuerung in der Regel einen Share Deal bevorzugen. Ein weiterer Vorteil für den Käufer liegt auch darin, dass er die unternehmerischen Risiken nach dem Verkaufsstichtag weitgehend auf den Käufer verlagern kann. Ein Käufer kennt diese Vorteile des Verkäufers und

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3 Transaktionsgestaltungen

wird versuchen, die Übernahme dieser Risiken bzw. den steuerlichen Vorteil der Kaufpreisbesteuerung beim Verkäufer im Kaufpreis zu berücksichtigen.

3.2 Asset Deal Ein Asset Deal ist häufig die bevorzugte Wahl des Käufers. Dies hängt insbesondere mit der exakten Bestimmbarkeit der übergehenden Wirtschaftsgüter zusammen. Hierbei werden die Wirtschaftsgüter aber auch – wenn so zwischen Verkäufer und Käufer vereinbart – z. B. Kundenverträge, Grundstücke, Gebäude und Verbindlichkeiten im Wege einer Singularsukzession einzeln übertragen (Einzelrechtsnachfolge). Bei der Übertragung der Vermögensgegenstände, der Rechte und Verpflichtungen, müssen daher jeweils spezifische Übertragungsvoraussetzungen erfüllt sein. So erfolgt der Übergang der einzelnen assets durch Einigung und Übergabe zu einem vertraglich vereinbarten Stichtag. Bei Grundstücken erfolgt die Übertragung durch notarielle Auflassung und Eintragung in das Grundbuch. Bei einem Verkauf der assets einer Gesellschaft wird der Verkaufserlös, abzüglich der Buchwerte der assets, in voller Höhe mit dem individuellen Steuersatz des Verkäufers als natürliche Person belastet. Erfolgt der Verkauf von einer Kapitalgesellschaft, wird der Veräußerungsgewinn als laufender Gewinn qualifiziert und unterliegt damit der Körperschaftsteuer in Höhe von 15 % sowie der Gewerbesteuer. Folgendes Beispiel verdeutlicht die steuerliche Belastung eines Asset Deals beim Verkauf einer natürlichen Person: Beispiel

Bei einem Verkaufspreis von 1000 T€ und ein Buchwert von 100 T€ ergibt sich ein Veräußerungsgewinn von 900 T€, der in volle Höhe der persönlichen Einkommensteuerbelastung zu unterziehen ist. Im Vergleich zum Beispiel des oben erläuterten Share Deals würde ein um 244 T€ (784 T€ − 540  T€) niedriger verbleibender Betrag als Einkünfte beim Verkäufer verbleiben (Tab. 3.2). Bei einem Asset Deal sind noch weitere Besonderheiten zu beachten. So muss bei der Übertragung von Vertragsverhältnissen darauf geachtet werden, dass die Zustimmung

Tab. 3.2  Steuerliche Folgen eines Asset Deals

Verkaufspreis

1000 T€

Buchwert der assets

100 T€

Veräußerungsgewinn

900 T€

40  % persönlicher Steuersatz inc. SolZ

360 T€

Verbleibende Einkünfte beim Verkäufer

540 T€

3.3  Betriebsübergang gem. § 613a BGB als Besonderheit …

37

des jeweiligen Vertragspartners eingeholt wird. Denn ohne die ausdrückliche Zustimmung gehen die Vertragsverhältnisse nicht auf den Käufer über. Gerade bei der gewünschten Übernahme von Darlehensverträgen in Niedrigzinsphasen wird dies nur durch die Zustimmung des Vertragspartners möglich sein. Grundsätzlich setzt dies bei den kreditgebenden Banken einen neuen Ratingprozess in Gang, der die Bonität des potenziellen Käufers überprüft. Daher ist eine frühzeitige Einbeziehung der kreditgebenden Bank einzuplanen. Die Vorteile bei einem Asset Deal für den Käufer sind offenkundig, denn der Käufer weiß exakt was er kauft und er kann die assets ausschließen, die er nicht mit übernehmen möchte. Darüber hinaus erwirbt er keine(n) weitere(n) Gesellschaft (Gesellschaftsmantel). Versteckte Verbindlichkeiten werden durch die genaue Benennung der Kaufgegenstände ausgeschlossen, Altverbindlichkeiten verbleiben beim Verkäufer und die Abschreibungsfähigkeit der erworbenen assets stellt einen steuerlichen Anreiz für den Käufer dar. Nachteilig können sich die Zustimmungserfordernisse bei der Übertragung von Verträgen auswirken. Weiterhin ist die praktische Abwicklung bei der Übertragung der assets häufig sehr zeitaufwendig, da jedes Wirtschaftsgut einzeln benannt und aufgezeichnet werden muss. Conclusio

Der Asset Deal ist die bevorzugte Wahl des Käufers. Die Vorteile für den Käufer liegen in der Möglichkeit der Abschreibung der erworbenen Vermögensgegenstände und in der Reduzierung des Risikos aus bestehenden Verträgen.

3.3 Betriebsübergang gem. § 613a BGB als Besonderheit bei den Vertragsgestaltungen Bei einer Übernahme eines Unternehmens kommt es auch zu einem Übergang der Arbeitsverhältnisse, sofern hierbei die Voraussetzungen des § 613a BGB erfüllt sind: § 613a Abs. 1 Satz 1 (BGB): „Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein.“

Die Regelung des § 613a BGB ist kein Fall im Sinne einer Erbfolge und kein Anwendungsfall bei einem Share Deal. Der Anwendungsbereich greift immer bei einem Asset Deal, wenn die Voraussetzung eines Betriebsübergangs gegeben ist. Nach einer Entscheidung des EuGH vom 11.03.1997 ist ein Betriebsübergang ein Übergang, einer auf Dauer angelegten, organisierten Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung, die ihre Identität wahrt.

38

3 Transaktionsgestaltungen

Hiermit soll die Kontinuität der Arbeitsverhältnisse gesichert werden. Dies stellt auch eine Ergänzung des Kündigungsschutzes für die Arbeitnehmer dar und dient einer Abgrenzung arbeitsrechtlicher Haftungsfragen zwischen Verkäufer und Käufer. Ein Betriebsübergang führt zu einem automatischen Wechsel des Arbeitgebers. Das Arbeitsverhältnis selbst bleibt unverändert fortbestehen. Der neue Inhaber tritt in alle Rechte und Pflichten der bestehenden Arbeitsverhältnisse ein. Voraussetzung ist das Vorliegen eines Betriebs oder Betriebsteils als übertragungsfähige und auf Dauer angelegte wirtschaftliche Einheit. Der Betrieb oder Betriebsteil gehen auf der Grundlage eines Rechtsgeschäfts über. Dies kann in vielfältiger Form geschehen, so z. B. durch Verkauf, Verpachtung, Unternehmensspaltung oder Unternehmensverschmelzung. Die zentralen Fragen, die in diesem Zusammenhang geklärt werden müssen, sind: • Was ist unter einer wirtschaftlichen Einheit zu verstehen? • Wann liegt ein identitätswahrender Übergang dieser wirtschaftlichen Einheit vor? Der Übergang materieller und immaterieller Betriebsmittel kann eine wirtschaftliche Einheit begründen. Die wirtschaftliche Einheit bezieht sich hierbei auf eine organisierte Gesamtheit von Personen und/oder Sachen, die zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit notwendig sind und eine eigenständige Zielsetzung begründen. So kann z. B. bei reinen Dienstleistungsunternehmen, die nur wenige Betriebsmittel einsetzen, die Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch ihre Tätigkeit dauerhaft verbunden sind, eine wirtschaftliche Einheit begründen. Wobei nicht eine gemeinsame Tätigkeit im Mittelpunkt stehen muss, sondern die organisatorische Zusammenfassung mit Ausrichtung auf eine gemeinsame Zielsetzung dies begründet. Eine Tätigkeit mit erwerbswirtschaftlicher Zielsetzung einer dauerhaften Gewinnerzielung kann eine gemeinsame Zielsetzung ausdrücken. Insofern wird durch unser Wirtschaftssystem die gemeinsame Zielsetzung der Gewinnerzielung inhärent vorgegeben. Die zweite Frage, die zu klären ist, betrifft die eigenwirtschaftliche Nutzung. Hierbei ist die Überlassung der assets zur eigenwirtschaftlichen Nutzung eine notwenige Voraussetzung für den Übergang. Dabei müssen die assets nicht in das Eigentum des Käufers übergehen, es genügt schon, wenn er sie nutzen kann. Ein identitätswahrender Übergang der wirtschaftlichen Einheit setzt eine hinreichende Strukturierung und Selbstständigkeit vor und nach der Übernahme voraus. Jede Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen eines Betriebsübergangs muss auf die Umstände des konkreten Einzelfalls abstellen. Zweifel an der Anwendung von § 613a BGB sind in der Regel nicht vollständig auszuräumen. Daher sind vertragliche Regelungen zwischen Verkäufer und Käufer vorab abzustimmen, so z. B. in Form einer Freistellung von Ansprüchen oder in Form einer Erstattung von Personalkosten.

3.3  Betriebsübergang gem. § 613a BGB als Besonderheit …

39

Umwandlungen und Konsequenzen für den Übergang von Mitarbeitern nach § 613a BGB Häufig werden im Rahmen von M&A-Deals im Vorfeld oder auch als Teil der Transaktion Gestaltungen vorgenommen, die Auswirkungen auf den Übergang von Mitarbeitern haben. Häufige Gestaltungen, die in diesem Zusammenhang angetroffen werden, sind die Ausgliederung und die Aufspaltung nach dem Umwandlungsgesetz. Insbesondre bei der Aufspaltung von Betrieben und Betriebsteilen kommt es regelmäßig zu Fragen der Zuordnung der Arbeitnehmer. Konnten vor dem BAG-Urteil vom 19. Oktober 2017 die Arbeitnehmer entsprechend der Aufspaltung frei zugeordnet werden, haben nur mehr die Arbeitnehmer das Wahlrecht für den jeweiligen Arbeitgeber. Es ist daher bei einer einem Verkauf vorgelagerten gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierung dringend angeraten, sich mit den arbeitsrechtlichen Konsequenzen eingehend zu beschäftigen. Eine weitere Hürde beinhaltet § 613a Abs. 5 BGB. Hier muss der bisherige Arbeitgeber die Arbeitnehmer umfassend über den Verkauf bzw. den Betriebsübergang informieren. Hierdurch soll den Arbeitnehmern die Möglichkeit gegeben werden, darüber eigenständig zu entscheiden, ob sie den Arbeitgeberwechsel mitmachen möchten oder ob sie ihr Widerspruchsrecht ausüben und damit beim alten Arbeitgeber (Verkäufer) verbleiben möchten. Unterrichten kann der Verkäufer oder der Käufer. Beide haften für eine ordnungsgemäße Unterrichtung gesamtschuldnerisch. Verkäufer und Käufer sollten sich noch vor Kaufvertragsunterzeichnung darauf verständigen wer, wann und mit welchem Inhalt die Arbeitnehmer unterrichtet. Durch die Norm, dass die Arbeitnehmer von dem Betriebsübergang zu informieren sind, kann eine Situation eintreten, dass Schlüssel-Mitarbeiter das Unternehmen kurzfristig verlassen. Die Mitteilungspflicht gem. § 613a Abs. 5 BGB führt bei dem Erwerber zu der Situation, dass er den Zeitpunkt der Mitteilung nicht nur aus den gesetzlichen Anforderungen heraus vorab planen sollte, sondern auch, um wichtige Mitarbeiter weiter an das Unternehmen zu binden. Die Formerfordernisse, die an eine rechtliche Bindung der ordnungsgemäßen Unterrichtung geknüpft sind, sind umfangreich und beinhalten einige Fallstricke. So müssen Angaben zum Käufer, der Zeitpunkt des Übergangs, der Grund für den Übergang, die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen für die Arbeitnehmer und die geplanten Veränderungen mitgeteilt werden. Der Arbeitnehmer muss den Widerspruch innerhalb eines Monats nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung über den Betriebsübergangs erklärt haben. Der Widerspruch muss in Schriftform erfolgen, wobei eine Unterrichtung durch E-mail oder Fax zulässig ist. Er kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber als auch dem neuen Arbeitgeber erklärt werden. Der Widerspruch bedarf keiner Begründung. Gerade im mittelständischen Umfeld sollte sich der Verkäufer intensiv mit der Problematik des § 613a BGG im Rahmen eines Asset Deals befassen. Zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Voraussetzungen sollte auch bei kleineren Verkäufen – aus der Sichtweise des Verkäufers – ein Rechtsberater mit herangezogen werden.

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3 Transaktionsgestaltungen

Wenngleich sich die Frage nach einem share- oder Asset Deal nicht ohne die Prüfung des Einzelfalls zufriedenstellend beantworten lässt, zeigen die aufgezeigten Problemfelder eine gewisse Tendenz pro Share Deal für den mittelständischen Verkäufer. Conclusio

Die Norm des § 613a BGB schützt die Arbeitnehmer bei einem Asset Deal. Der Käufer ist bei der Erfüllung der Voraussetzungen daran gebunden, die Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen. Um die formalen Hürden der Norm einzuhalten, sollte – auch bei kleineren M&A-Fällen – ein Rechtsberater dringend mit einbezogen werden.

4

Unternehmenskulturen der Beteiligten

4.1 Unternehmenskultur als prägendes Element in einem M&A-Prozess Die Unternehmenskultur des mittelständischen Verkäufers und der potenziellen Käufer hat einen prägenden Einfluss auf den M&A-Prozess. Sowohl die Verkaufsverhandlungen als auch die nach einem Verkauf anstehende Integration des verkauften Unternehmens in die Unternehmensstruktur des Käufers, wird maßgeblich von der jeweiligen Unternehmenskultur geprägt. Häufig wird die unterschiedliche Unternehmenskultur für das Scheitern von M&A-Deals bzw. für das Nichterreichen von Zielen nach einem Kauf verantwortlich gemacht. Zusammengefasst werden die Ursachen solcher Misserfolge in den unterschiedlichsten Begriffen, wie z. B. soft facts oder leise Zeichen. Solche schillernden Begriffe sollen den Erfolg oder Misserfolg hinreichend beschreiben. Beim Versuch einer solchen Erklärung bleibt es meist bei einer allgemeinen Aufzählung die solche Begriffe beschreiben soll. Dann werden unter dem Dach einer imaginären Unternehmenskultur die Aspekte angeführt, die man in einer sog. „Cultural Due Diligence“ oder einer „Psychological Due Diligence“ analysieren will (vgl. Abschn. 6.6.4.5). Ein Abarbeiten von umfangreichen Fragebögen soll z. B. Antworten auf Fragen der Zusammenarbeit der Mitarbeiter untereinander sowie zu den Führungskräften geben, das Betriebsklima und das Verhältnis einer bestehenden Arbeitnehmervertretung zur Unternehmensführung beschreiben, die Ausbildungsqualität und die Motivation der Mitarbeiter erfassen, eine Strategie abbilden sowie Faktoren wie Corporate Identity und weitere – nur schwer quantifizierbare – Faktoren angemessen beschreiben. Offen bleibt hierbei die Beantwortung der Frage: „Was ist Unternehmenskultur?“. Die grundsätzliche Einschränkung auf einen mittelständischen Verkäufer

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 J. Wegmann und H. Siebert, Unternehmensverkauf, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27444-3_4

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4  Unternehmenskulturen der Beteiligten

und einem zumeist größeren Käufer, trifft in der M&A-Praxis auf Problemstellungen, die aus den unterschiedlichen Unternehmenskulturen der Beteiligten resultieren. Eine Unternehmenskultur ist immer abhängig von den in dieser Kultur handelnden Personen und von dem spezifischen Umfeld, dem ein Unternehmen ausgesetzt ist. Hierin liegt schon der erste zentrale Unterschied zwischen einem mittelständisch geprägten Verkäufer und einem angestellten Manager als Vertreter des zumeist größeren Unternehmens. Selbst wenn man als potenzieller Käufer auf einen mittelständischen Unternehmer trifft, werden sich Unterschiede ausmachen lassen. Bei größeren Unternehmen findet man eine ausgeprägte, formell vorgegebene Organisationsstruktur, die sich in „geschriebenen Gesetzen“ im Unternehmen ausdrückt. Dieser Formalismus ist bei kleinen und mittelständischen Unternehmen weniger stark ausgeprägt. Beiden Formen gemeinsam sind aber sog. Normen und Muster, die sich bewusst oder unbewusst in jedem Unternehmen herausbilden. Hierbei wird auch von den „ungeschriebenen Gesetzen“ oder von der „symbolischen Repräsentation“ gesprochen. Jedes Unternehmen entwickelt eigenständige Verhaltensmuster und Symboliken, die das Verhalten des Unternehmers und seiner Mitarbeiter nach außen und nach innen maßgeblich prägen. Gerade der mittelständische Unternehmer prägt solche informellen Strukturen durch seine Persönlichkeit. Eine Unterscheidung der Unternehmenskultur wirkt dann auch besonders stark in einem M&A-Prozess, bei dem sich Personen aus zumeist konträren „Unternehmenskulturkreisen“ gegenüberstehen. Grundsätzlich lässt sich eine Unternehmenskultur durch folgende Elemente charakterisieren1: 1. Eine Unternehmenskultur lässt sich nicht direkt beobachten, sie ist durch implizite Phänomene gekennzeichnet. Eine Unternehmenskultur drückt sich in Mustern aus, die von allen Beteiligten akzeptiert werden; so z. B. der Umgangston der Mitarbeiter untereinander oder eine Politik der offenen Türen. 2. Unternehmenskulturen werden gelebt, ihre Repräsentation ist durch selbstverständliche Annahmen gekennzeichnet. Der lockere Umgangston untereinander kann sich in einer gemeinsam erlebten Freizeitkultur fortsetzen. 3. Unternehmenskulturen begründen sich auf kollektiven Phänomenen. Eine Unternehmenskultur wird als solche akzeptiert oder abgelehnt. Diejenigen, die sie ablehnen werden ein Unternehmen schnell wieder verlassen. Dies kann sich z. B. auf eine Kultur des Duzens oder eines gemeinsamen Dresscodes beziehen. 4. Eine Unternehmenskultur hat immer eine Entwicklungsgeschichte, die das Handeln bestimmt. Erlebte Erfahrungen werden an neue Mitarbeiter weitergegeben. Geschichten über den Unternehmensgründer bzw. dem Unternehmer beeinflussen das Umgehen miteinander.

1Vgl.

Steinmann et al. a. a. O., S. 624 [32].

4.1  Unternehmenskultur als prägendes Element in einem M&A-Prozess

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5. Alle Handelnden können sich an der Unternehmenskultur orientieren. Sie erfahren Sinnhaftigkeiten und Orientierungen. Mitarbeiter erhalten damit einen Unternehmenskompass. 6. Eine Unternehmenskultur begründet sich auf Sozialisationsprozessen und wird nur selten bewusst gelernt. Diese Erfahrung machen insbesondere neue Mitarbeiter. Sie werden sich an dem Verhalten und Umgehen der Mitarbeiter untereinander orientieren, sei es mit dem Führungsstil durch Vorgesetzte oder dem Umgangston untereinander und mit den Vorgesetzten. Jeder Unternehmenskultur – ob bewusst oder unbewusst – liegen eine Reihe von Annahmen zugrunde, die sich in einem M&A-Prozess direkt durch und auf die handelnden Personen ausdrücken. So werden Grundannahmen über die Umwelt getroffen. Je nach individueller Auffassung des mittelständischen Verkäufers über die Umwelt wird sich eine Kultur formen, die den M&A-Prozess wesentlich beeinflussen kann. Hierbei können z. B. Einschätzungen über eine herausfordernde, bezwingbare oder bedrohliche Umweltsituation prägend sein. Eine solche Ausprägung zu erkennen, ist meist ein schwieriges Unterfangen für den potenziellen Käufer, da dieser bei seinen Beurteilungen zumeist davon ausgeht, dass der Verkäufer sein Unternehmen in den optimistischsten Farben beschreibt. Die individuellen Vorstellungen des Verkäufers über das Umgehen mit der Wahrheit bestimmen die Prämissen und Prognosen der Zukunftserwartungen des Verkäufers, die er dem Käufer vermitteln möchte. Hierbei spielen Überlegungen eine Rolle, die sich z. B. auf die Grundlagen wissenschaftlicher Erkenntnisse oder auf praktische dominierte Erfahrungen begründen. Der mittelständische Unternehmer richtet seinen Blick auf die Wahrheit meist so aus, dass er z. B. seine Steuerbelastungen kreativ zu beeinflussen versucht. Häufig vollzieht der Unternehmer hierbei eine Gratwanderung von einer kreativen bis hin zur aggressiven Steuergestaltung. Der angestellte Manager – als Vertreter des Käufers – trifft hier auf eine Kultur, die ihm zwar nicht gänzlich fremd ist, aber in seinem Verantwortungsbereich nicht hingenommen werden kann. Durch das vielschichtige System der Absicherung und der Verantwortungsweitergabe in einem großen Unternehmen, versucht sich jede Ebene eine eigene Exkulpationsgestaltung zu schaffen. Eine weitere, das Unternehmensweltbild prägende Annahme liegt einer unterschiedlichen Vorstellung über Zeit zugrunde. Obwohl das Verständnis über Zeit in der Alltagsmeinung als etwas Objektives angesehen wird, kann diese subjektiv unterschiedlich empfunden werden. So ist der mittelständische Unternehmer daran gewöhnt, seine Entscheidungen zügig zu treffen und dann auch umzusetzen. Der angestellte Manager hat in einem Kaufprozess eine vorgegebene Zeitabfolge einzuhalten, die auch noch durch die gestufte Verantwortungsebene formal vorgegeben ist. Hier können sich erhebliche Unterschiede im laufenden M&A-Prozess ergeben. Vorstellungen über die Natur des Menschen bzw. über die Natur des menschlichen Handelns spiegeln sich im Menschenbild des Unternehmers wider. Im Mittelpunkt stehen die Annahmen über die Mitarbeiter. Sind die Mitarbeiter z. B. reine Befehlsempfänger oder

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4  Unternehmenskulturen der Beteiligten

werden sie in die unternehmerische Entscheidungsfindung einbezogen? Sind die Mitarbeiter eher aktive oder inaktive Personen? Auch hier können unterschiedliche Annahmen zugrunde liegen. So gibt der mittelständische Unternehmer seine Vorstellungen über die Natur des Menschen häufig „plastisch“ an seine Mitarbeiter weiter, während sich der angestellte Manager einer Reihe von Vorgaben, Schulungen und Anweisungen zu beugen hat. Da jede Unternehmenskultur auch durch die zwischenmenschlichen Beziehungen der Individuen innerhalb und außerhalb des Unternehmens beeinflusst wird, spielen die unterschiedlichen Beziehungsgeflechte eine besondere Rolle. Hierbei geht es z. B. um Fragen, die den Umgang mit Emotionalität betreffen. Wie geht man mit Wut, Freude, Trauer und Liebe im Unternehmen um? Strebt man eine sachliche oder emotional bestimmte Arbeitsweise an? Sind private Beziehungen grundsätzlich unerwünscht? Strebt man Wettbewerb oder Kooperation an? Diese Grundannahmen, die überwiegend unbewusst und ungeplant entstehen, sind in ihrer gesamten Komplexität von Bedeutung und bilden zusammen ein individuelles Muster für eine Unternehmenskultur. Sie drücken letztlich das „Weltbild“ des Verkäuferund Käuferunternehmens und damit auch die des Unternehmers bzw. des angestellten Managers aus. Eine Konkretisierung erfährt dieses unternehmensindividuelle Weltbild durch teils sichtbare, teils unbewusste Wertvorstellungen und Verhaltensstandards. Solche zum Teil ungeschriebenen Normen und Standards können einen sichtbaren Ausdruck in einem Unternehmensleitbild erfahren. Beispiele hierfür können der formulierte faire Umgang mit den Kunden sein, die Verpflichtung der Mitarbeiter zur fachlichen Kompetenz und Integrität und die ausdrückliche Verpflichtung zu einer gesellschaftlichen Verantwortung. Gerade in solchen Normen und Standards klafft häufig eine große Lücke zwischen den mittelständischen und den großen Unternehmen. Während sich bei mittelständischen Unternehmen Normen und Standards durch die Persönlichkeit – positiv wie auch negativ – des Unternehmers manifestieren, versuchen große Unternehmen durch umfangreiche Leitbildformulierungen ihre Normen und Standards im Unternehmen – und damit bei den Mitarbeitern – zu etablieren. Allerdings zeigt die Praxis, dass solche Wunschvorstellungen häufig wenig mit der tatsächlichen Unternehmenskultur gemein haben. Diese zum Teil nicht sichtbaren Normen und Standards können sich dann in einer folgenden Stufe in sichtbaren Symbolen und Zeichen niederschlagen, die wiederum ein konkretisierender Ausdruck für die zugrunde liegenden Wertvorstellungen sind. Sichtbare Zeichen setzen z. B. Geschichten oder Legenden über den Firmengründer, erlebte Feierkulturen und sichtbare Riten, wie Begrüßungs- oder Entlassungsriten von Mitarbeitern sowie Weihnachtsfeiern oder Betriebsjubiläen. Weiterhin gehören dazu die Kleidungsordnung, Dienstwagenregelung, aber auch ein spezifischer Firmenjargon. Die Elemente einer Unternehmenskultur werden im mittelständischen Unternehmen vom Unternehmer – teils bewusst, teils unbewusst – bestimmt. Diese Elemente wirken daher aus den Annahmen, Normen und Standards sowie aus den Symbolen und Zeichen

4.1  Unternehmenskultur als prägendes Element in einem M&A-Prozess

45

durch das Verhalten des Unternehmers auf die Umwelt, die Mitglieder sowie auf das Gesamtsystem des Unternehmens. Der Vorbildfunktion des Unternehmers kommt in der Unternehmenskultur eine zentrale Rolle zu. Will man eine Unternehmenskultur im Hinblick auf ihren Einfluss auf den unternehmerischen Erfolg beurteilen, so wird es bei einer Beschreibung bleiben. Es gibt keine nachweisbare Verbindung von der Unternehmenskultur auf den Erfolg eines Unternehmens. Differenzieren lässt sich die Unternehmenskultur allerdings danach, ob eine Kultur stark oder schwach ausgeprägt ist. Problematische Einflüsse, die zu einer schwachen Unternehmenskultur führen, können sich durch Subkulturen im Unternehmen entwickeln. Solche Subkulturen können sich nach unterschiedlichen Gesichtspunkten ausprägen. So können der hierarchische Rang (z. B. Subkultur der Meister), die Profession (z. B. Subkultur der Ingenieure oder Kaufleute), die Abteilungen (z. B. Subkultur der Produktions- oder Marketingabteilung), die Geschlechter (z. B. Subkultur der Frauen oder Männer) erhebliche Einflüsse auf die Unternehmenskultur haben. Besondere Bedeutung kommt den Subkulturen auch im Unternehmensverbund mehrerer Unternehmen zu. So können z. B. unterschiedliche Vorstellungen innerhalb eines Konzerns über die Unternehmenskultur zu Störungen im Konzern führen. Dies ist besonders bei einer Integration von hinzu gekauften Unternehmen zu beobachten. Gerade hier stößt die Unternehmenskultur des mittelständischen Unternehmens, die maßgeblich durch den Unternehmer geprägt wird, bei der Integration in einen größeren Unternehmensverbund an seine Grenzen. Häufig trifft eine wenig stark hierarchisch ausgeprägte, mittelständische Unternehmenskultur auf eine streng formalisierte Kultur eines großen Unternehmens. Dass starke Unternehmerpersönlichkeiten zu starken Unternehmenskulturen führen können, sagt noch nichts über die Wirkung dieser Kultur aus.2 Im positiven Sinn gibt eine starke Unternehmenskultur durch den Unternehmer eine klare Orientierung, fördert die direkte Kommunikation, sichert eine rasche Entscheidungsfindung, führt zu einer umgehenden Umsetzung der Entscheidungen, sorgt für einen geringen Kontrollaufwand und gibt Sicherheit für den Mitarbeiter. Allerdings können auch starke Unternehmenskulturen erkennbare negative Aspekte mit sich bringen. Starke Unternehmenskulturen können leicht zu geschlossenen Systemen werden, die keinen Raum mehr für Veränderungen lassen. So können z. B. Warnsignale vom Markt nicht mehr durchdringen. Feste Traditionen und Rituale verstärken diese Abschottungstendenz. Wenn man nur auf bekannte Erfolgsmuster fixiert ist, wird man erforderliche Veränderungen der unternehmerischen Identität nicht zulassen. So kann diese Blockierung für neue Orientierungen zu einer Ignoranz der Zukunft führen und den Unternehmer in

2Vgl.

Steinmann et al. a. a. O., S. 638–641 [32].

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4  Unternehmenskulturen der Beteiligten

der Vergangenheit verharren lassen. Eine solche Ausprägung ist gerade bei zu spät erfolgenden Nachfolgeplanungen gegeben. Der potenzielle Käufer wird diese Schwachstellen schnell erkennen und kaufpreismindernd in die Verhandlung einbringen. Selbst bei Akzeptanz neuer Ideen kann die Umsetzung wegen einer starken Kultur auf Widerstände stoßen. Der Umgang mit Neuem bringt Unsicherheiten mit sich. Daher ist ein Verharren auf einen gegebenen Zustand der vermeintlich sicherere Weg. Durch die hohe Sicherheit, die starke Kulturen geben, kann eine Abwehrhaltung der Mitarbeiter bei der Implementierung gegeben sein. Ein starkes „Kulturdenken“ fördert nicht das konträre Denken. Kritische Meinungen werden durch die Bindung an kulturelle Werte zurückgestellt. Widerspruch findet nur dann statt, wenn er den kulturellen Rahmen nicht sprengt. Dies alles führt zu einem Mangel an Flexibilität und kann sich im Extremfall zu einem unternehmerischen Misserfolg ausweiten. Gerade durch die Dominanz des mittelständischen Unternehmers – in Kombination mit wechselnden neuen Herausforderungen – können diese Mängel bei einer starken Unternehmenskultur eine Gefahr für das Unternehmen darstellen. Um dies zu vermeiden und um eine Unternehmenskultur beeinflussbar zu gestalten, muss sich der Unternehmer explizit mit den Wertvorstellungen auseinandersetzen, die ihn und sein Unternehmen prägen. Beide Parteien – Verkäufer und Käufer – sind gut beraten, wenn sie sich im M&A-Prozess, zumindest rudimentär, mit den unterschiedlichen Ausprägungen der Unternehmenskultur des jeweils Anderen befassen. Grundsätzlich wird der Preis im Mittelpunkt der Verhandlungen stehen. Dieser Preis wird aber auch durch die Faktoren, die eine Unternehmenskultur prägen, beeinflusst. Ein Aspekt, der die Unternehmenskultur nachhaltig beeinflusst, resultiert auch aus der zunehmenden M&A-Aktivität von international tätigen Unternehmen aus dem Ausland. Hierbei werden noch weitere Einflussfaktoren den Erfolg oder Misserfolg einer Unternehmenstransaktion bestimmen. Die Vielschichtigkeit der ausländischen Unternehmen bildet eine Fülle von unterschiedlichen Vorstellungen ab, die der ausländische Käufer in das deutsche mittelständische Unternehmen transportieren möchte. Ohne eine umfassende kulturelle Due Diligence, die die Unterschiede und die Gemeinsamkeiten der verschiedenen Nationen aufzeigt, wird es schwer werden, den Kauf wirtschaftlich positiv zu gestalten. Conclusio

Im Falle eines mittelständischen Verkäufers und eines größeren Unternehmens als Käufer, werden unterschiedliche Unternehmenskulturen den M&A-Prozess prägen. Daher ist ein Eingehen auf die Unternehmenskultur des jeweils Anderen eine wichtige Voraussetzung für das Verständnis der Positionen. Letztlich wird die Antizipation der Verhaltensweisen des Anderen, die ihre Quelle in den unterschiedlichen Unternehmenskulturen haben, maßgeblich zu einem Erfolg des M&A-Prozesses beitragen. Dies gilt umso mehr, wenn ausländische Unternehmen mittelständische Unternehmen in Deutschland erwerben.

4.2  Unternehmenskultur des (angestellten) Käufers …

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4.2 Unternehmenskultur des (angestellten) Käufers und des (mittelständischen) Verkäufers im M&A-Prozess Die Kultur des mittelständischen Unternehmers lässt sich auch durch die stärkere öffentliche Wahrnehmung der Managementkultur angestellter Manager abgrenzen. Diese Wahrnehmung wird bestimmt durch die Publizitätsoffensive der Medien, die die geringe Anzahl der Großunternehmen und die dort agierenden Manager in den Vordergrund stellen. Anders hingegen die mittelständischen Unternehmer, die überwiegend im Verborgenen agieren. Für erfolgreich handelnde Unternehmer hat sich auch der Begriff des „Hidden Champions“ oder auch der Hidden Companies manifestiert; die heimlichen Gewinner bzw. Unternehmen. Bei der Orientierung des angestellten Managers an dem Idealbild eines mittelständischen Unternehmers wird es immer wieder Bereiche geben, die besser oder schlechter von einem angestellten Manager ausgefüllt werden können. Im Einzelnen handelt es sich hierbei um folgende Merkmale: Die wirtschaftliche Existenz der mittelständischen Unternehmer und die ihrer Unternehmen bilden eine untrennbare Einheit. Hinzu kommt die persönliche Verantwortlichkeit des Unternehmers für die Leitung des Unternehmens, für seine Mitarbeiter und auch für seine Familie. Eine solche Identifikation des Unternehmers mit seinem Unternehmen ist ein deutlicher Vorteil. Die Rolle des mittelständischen Unternehmers spiegelt sich vordergründig in der Kombination zwischen Führung und Haftung wider. Diese Rolle ist im Vergleich zur Rolle der Manager im Großunternehmen ein bedeutender Unterschied und stellt an den mittelständischen Unternehmer hohe moralische Anforderungen. Die Stellung des mittelständischen Unternehmers ist dadurch geprägt, dass er über sein Kapitaleigentum und seine Führungsrolle ein Höchstmaß an Führungs- und Entscheidungsmacht sowie Verantwortung auf sich vereint. Dies trifft in der Regel für den angestellten Manager nicht zu. Seine Aufgabe ist in der Regel eine lebenslange Aufgabe. Die vorzeitige Beendigung oder die Übertragung seiner Aufgaben auf Dritte ist allein seine Entscheidung. Der angestellte Manager als direkter Partner im M&A-Prozess hat für solche grundlegenden Entscheidungen zumeist eine Hierarchiestufe über sich. Seine Aufgabe im Unternehmen ist immer eine temporäre Aufgabe. Ein hoher Identifizierungsgrad mit seinem Unternehmen wird dadurch nicht gefördert. Für den mittelständischen Unternehmer ist seine berufliche und private Existenz direkt mit der Existenz seines Unternehmens verknüpft. Die Firmenpolitik ist daher wesentlich stärker von der Persönlichkeit und den Führungsqualitäten des Unternehmers abhängig, als dies bei den angestellten Managern der Großunternehmen der Fall ist. Hinzu kommt die direkte Verbindung zwischen Unternehmen und Privatleben. Während beim angestellten Manager eines Großunternehmens meist eine klare Trennung zwischen beruflichem und privatem Bereich vorherrscht, ist bei einem mittelständischen Unternehmen häufig die Familie mit in das Unternehmen einbezogen.

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4  Unternehmenskulturen der Beteiligten

Da der mittelständische Unternehmer meist alleiniger Anteilseigner seines Unternehmens ist, ist er keinem Dritten Rechenschaft schuldig und könnte so bei der Verfolgung seiner Zielsetzungen weitgehend frei sein. Diese Freiheit kann allerdings eingeschränkt sein. Insbesondere durch finanzielle Anforderungen, die von Banken an den Unternehmer herangetragen werden. Der angestellte Manager wird – wenn überhaupt – nur sehr geringe Anteile an seinem Unternehmen halten. Daher wird und kann er die Rolle des Anteilseigners nicht ausfüllen. Das Einkommen des mittelständischen Unternehmers ist abhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens. Selbst dann, wenn er formal als Geschäftsführer z. B. in einer GmbH, bestellt ist und auch über einen Dienstvertrag ein Geschäftsführergehalt bezieht, wird dieses bei finanziellen Engpässen im Unternehmen oft nur verzögert gezahlt. Handelt es sich um eine Personengesellschaft, werden entsprechend die Entnahmen der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens angepasst. Beide Konstellationen führen im Ergebnis dazu, dass das Einkommen des mittelständischen Unternehmers als ein Risikoeinkommen zu qualifizieren ist. Nur bei einer Gewinnerzielung bzw. bei positiven Cash-Flows seines Unternehmens kann er sein Einkommen aus seinem Unternehmen zahlen. Bei Verlusten würde ein Abzug zu einem Substanzverlust im Unternehmen führen. Der angestellte Manager bezieht in der Regel kein Risikoeinkommen. Er ist daher bei seinen Entscheidungen in einem M&A-Prozess nicht direkt an monetären Misserfolgen beteiligt. Der mittelständische Unternehmer wird nur dann erfolgreich sein, wenn er sich seiner Alleinverantwortlichkeit und seiner finalen Entscheidungsfähigkeit bewusst ist und diese auch im unternehmerischen Alltag umsetzt. Das eine so verstandene Alleinverantwortlichkeit nicht von jedem geleistet werden kann, ist nichts Neues. Ein erfolgreicher mittelständischer Unternehmer ist durch typische Persönlichkeitsmerkmale gekennzeichnet, die sich je nach Individuum unterschiedlich stark ausdrücken. Seine Leistungsqualifikation und seine Bereitschaft sind eine wichtige Basis für den Erfolg. Eine ausgesprochene Versorgungsmentalität hat hier keinen Platz. Die Qualifikation sollte den Unternehmer befähigen, seine Güter oder Dienstleistungen mit der erforderlichen fachlichen Überzeugung an den Kunden zu bringen. Seine Leistungsbereitschaft setzt an seiner Motivation an. Freude und Zufriedenheit mit seiner unternehmerischen Tätigkeit vertragen ein hohes zeitliches Engagement. Geistige Frische bzw. Flexibilität ist für den täglichen Kampf im Wettbewerb unerlässlich. Der mittelständische Unternehmer kämpft täglich um sein Einkommen. Die körperliche Leistungsfähigkeit gehört zum Unternehmerberuf. Empirische Untersuchungen haben gezeigt, dass der Unternehmer wesentlich weniger krank ist, als der angestellte Arbeitnehmer. Ein bestimmtes Maß an Risikobereitschaft gehört ebenfalls zum erfolgreichen Unternehmer. Hierbei geht es nicht um die Risikobereitschaft eines Roulettespielers, sondern vielmehr um das Eingehen kalkulierbarer Risiken. Kein Unternehmen kommt ohne

4.2  Unternehmenskultur des (angestellten) Käufers …

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Risikoentscheidungen aus. Die Risikoentscheidung muss aber immer kalkulierbar sein. Sie ist eben immer dann kalkulierbar, wenn Fehlentscheidungen zu einem persönlichen Risiko führen. Die Entschlossenheit und die Durchsetzungsfähigkeit gehören ebenfalls zu den erforderlichen Persönlichkeitsmerkmalen. Ein Unternehmer muss sich täglich gegenüber seinen Lieferanten, Kunden, Wettbewerbern aber auch seinen Arbeitnehmern durchsetzen können. Dazu gehört ein großes Maß an Entschlossenheit. Natürlich ist das beschriebene Unternehmerbild nicht gleichzusetzen mit einem „Supermann-Image“. Auch bei der Vielzahl der rund 3,5 Mio. Unternehmer gibt es Personen, die nur in geringem Umfang dem Idealbild nahe kommen. Gleichwohl verbleibt eine hinreichend große Zahl, die in einem direkten Vergleich mit den angestellten Managern von Großunternehmen sowohl fachlich und auch charakterlich, aber auch in ihren wirtschaftlichen Erfolgen wesentlich besser abschneiden. Was charakterisiert den angestellten Manager in seiner Funktion als Führungskraft? Lässt er sich durch die in regelmäßigen Abständen publizierten neuen Managementmethoden beschreiben? Ein plastisches Beispiel für eine kritiklose Übernahme vermeintlich neuer Erkenntnisse für das Management hat die Fixierung auf das Shareholder Value Konzept gezeigt. Die klare Ausrichtung auf die Steigerung des Unternehmenswertes hat in der Praxis von Großunternehmen zu fatalen Folgen geführt. Wachstum um jeden Preis hat die M&A-Aktivitäten stark ansteigen lassen. Der Kauf von Unternehmen zu überhöhten Preisen und das häufige Scheitern von Unternehmensübernahmen sind bekannt. Sind solche Fehltritte deutscher Großunternehmen eine vorübergehende Zeiterscheinung oder ein den Großunternehmen innewohnendes Phänomen? Gegen eine vorübergehende Zeiterscheinung sprechen die Beispiele aus den letzten 20 Jahren, die in den Wirtschaftsnachrichten der Tageszeitungen dokumentiert sind. Es ist eine Binsenweisheit und bedarf nicht einmal tief gehender wirtschaftlicher Kenntnisse, dass sich die Wirtschaft und damit die Umsatz- und Ergebniszahlen eines Unternehmens in einem ständigen Auf und Ab bewegen. Der Zwang, permanent steigende Unternehmenszahlen zu präsentieren widerspricht der praktischen Erfahrung. Die extensive Ausrichtung am Shareholder Value Gedanken ignoriert diese Erkenntnis völlig. Wenn solche Fehltritte immer wieder auftreten, liegt der Verdacht nahe, dass das System der Großunternehmen so etwas erst möglich macht. Bei Großunternehmen steht der angestellte Manager immer im Vordergrund. Dieser verfolgt andere Ziele als der mittelständische Unternehmer. Hinzu kommt die zum Teil große Machtfülle des Managers im Großunternehmen. Wer kontrolliert diese Machtausübung? Häufig die gleichen Personen, die andererseits selber wieder als angestellte Manager in Großunternehmen agieren. So z. B. die Banken- oder Versicherungsvorstände bei den Automobilkonzernen. Hier hat sich ein Verbindungskartell institutionalisiert, das streng auf seine innere Geschlossenheit achtet. Durch dieses Fehlen an Kontrolle können die Manager weitgehend frei mit dem Geld ihrer Aktionäre umgehen. Verluste, die aufgrund dilettantischen Managements entstehen, haben einzig und alleine das Unternehmen bzw. die Aktionäre zu tragen. Wenn sich das

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4  Unternehmenskulturen der Beteiligten

Großunternehmen in Insolvenzgefahr befindet, werden die Verluste häufig sozialisiert. Der angestellte Manager bewegt sich also in einem komfortablen persönlichen Umfeld. Das einzige Risiko, das er zu tragen hat, ist die vorzeitige Beendigung seines Geschäftsführungsvertrages. Finanzielle Not wird er nicht erleiden. Das Verbindungskartell sorgt für die weitere Absicherung. Abfindungen in Millionenhöhe sichern die finanzielle Unabhängigkeit. Zudem sichert das Instrument der Managementhaftpflichtversicherung den angestellten Manager vor einem persönlichen Vermögensschaden. Der mittelständische Unternehmer wiederum unterliegt einer ständigen und sehr wirksamen Kontrolle. Der Markt gibt täglich seine Antworten. Erfolg oder Misserfolg wirken sich schnell und direkt auf das Einkommen des mittelständischen Unternehmers und seiner Familie aus. Die Verbindung zwischen geschäftlichem Erfolg und privater Absicherung ist ein Instrument, das zu einem Verhalten zwingt, das Manager in Großunternehmen nicht auf ihrer Agenda haben. Ein weiteres Phänomen resultiert aus der eigentlichen Größe der Unternehmen. Die Großunternehmen mit über 100.000 Arbeitnehmern lassen sich nicht mit den Managementinstrumenten der mittelständischen Unternehmen führen. Es stellt sich sogar die grundsätzliche Frage, ob Unternehmen dieser Größenordnung überhaupt zu führen sind. Durch die vielen Hierarchiestufen lässt sich Verantwortung für Fehler nach unten verlagern. Eigene Fehler können dabei überdeckt werden. Entscheidungsschwächen lassen sich durch ein ausgeklügeltes System der gestuften Verantwortlichkeit kaschieren. Das Instrument der „Bauernopfer“ findet dabei Anwendung. Stehen zentrale Entscheidungen im Großunternehmen an, so werden diese durch Vorstandsvorlagen vorbereitet, nicht selten mit Hilfe von namhaften Unternehmensberatern, bei denen bereits der Name bzw. der sog. „Brand“ der Berater dazu führt, dass solche Vorlagen oftmals kritiklos übernommen werden. Die Laufzettel dieser Vorlagen enthalten zum Teil über 10 Unterschriften. Angefangen von den Referenten der Abteilung A und B, über die Sachbearbeiter, die Abteilungsleiter und die Direktoren, wird ein Prüfungsschema entwickelt, das eine hohe Qualitätskontrolle suggeriert. Solche Unterschriftenorgien ähneln aufgestellten Dominosteinen. Der erste Stein ist die Grundlage für die Reaktion aller Steine in der Hierarchie. Dem Vorstand wird hierbei eine Prüfungsfolge präsentiert, die das Attribut der Scheingenauigkeit enthält. Auf jeder Stufe fließen persönliche Interessen mit ein. Bis die Entscheidungsvorlage beim Vorstand vorgelegt wird, enthält sie so viele individuelle Absicherungen, dass sie nicht mehr zu gebrauchen ist. Das, was im Großunternehmen als mutige Entscheidungen der Vorstände der Öffentlichkeit verkauft wird, ist häufig nichts anderes als ein verzweifelter Versuch, Aktivitäten zu präsentieren. In den oberen Führungsetagen der Großunternehmen scheint es durch die persönliche Risikolosigkeit bei den getroffenen Kaufentscheidungen, keine Grenzen zu geben. Der angestellte Manager ist zu sehr damit beschäftigt, seine Position im Unternehmen zu sichern, anstatt sich um den Erfolg des Unternehmens zu kümmern. Durch die Loslösung vom persönlichen Risiko unterscheidet er sich diametral vom mittelständischen

4.2  Unternehmenskultur des (angestellten) Käufers …

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Unternehmer. Er hat durch dieses systemimmanente Phänomen auch gar keine Möglichkeit, nachhaltig zu agieren. Die Ausrichtung an kurzfristige Erfolge und die beliebige Austauschbarkeit der Personen, fördern ein Söldnertum in den Führungsetagen der großen Unternehmen. Natürlich kann diese Überzeichnung der beiden Extreme ein Zerrbild über die Unternehmer und die Manager aufzeigen. Die Wahrheit wird im Mittel zwischen diesen beiden Extremen anzusiedeln sein. Für den praktischen M&A-Prozess ist es wichtig, sich mit den Bildern einer unterschiedlichen Kultur auseinanderzusetzen. Viele Missverständnisse könnten damit vermieden werden. Conclusio

Die Unternehmenskulturen der mittelständischen Unternehmen und der Großunternehmen stehen sich diametral gegenüber. Ihren Ausdruck finden diese Kulturen in den Persönlichkeitsstrukturen des mittelständischen Unternehmers und des angestellten Managers im Großunternehmen. Während man im laufenden M&A-Prozess bei Kenntnis dieser unterschiedlichen Kulturen diese in die Verhandlung mit einbringen kann, wird sich der Erfolg einer M&A-Transaktion nach dem Kauf an einer erfolgreichen Integration messen lassen müssen.

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Chancen und Risiken für Verkäufer und Käufer

5.1 Chancen- und Risikopotenziale in unterschiedlichen Phasen Die bei einem M&A-Prozess auftretenden Chancen und Risiken treten in zwei aufeinanderfolgenden Zeiträumen auf. Der erste Zeitraum umfasst den laufenden M&A-Prozess, der zweite Zeitraum bezieht sich auf die Realisierung der Chancen und Risiken nach dem Verkauf/Kauf. Für beide – Verkäufer und Käufer – lassen sich unterschiedliche Chancen- und Risikopotenziale aufzeigen. Die zentrale Frage, die jeden M&A-Prozess prägt, ist die Frage: Wann ist der Verkauf/ Kauf als erfolgreich anzusehen? Die Antwort wird für beide Parteien unterschiedlich ausfallen. Der Verkäufer wird den Verkauf dann als erfolgreich bezeichnen, wenn er den Eindruck hat, einen adäquaten Verkaufspreis erzielt zu haben und sich seine nicht-monetären Ziele, wie z. B. die Fortführung seines Unternehmens, die Sicherung der Arbeitsplätze seiner Mitarbeiter, kein Ansehensverlust in der Region, erfüllen. Der Käufer wird den Erfolg daran messen, dass sich seine strategischen Ziele umsetzen lassen und er die vor dem Kauf formulierten Ziele über die Umsetzung positiver Synergieeffekte erreicht. Daran wird er auch nach dem Kauf die Höhe des gezahlten Kaufpreises messen. Der Weg zu einer Erreichung der Ziele des Verkäufers bzw. Käufers kann sehr langwierig sein und wird durch die Dauer der zwei Zeiträume – laufender M&A-Prozess und die Phase nach dem Verkauf/Kauf – bestimmt.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 J. Wegmann und H. Siebert, Unternehmensverkauf, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27444-3_5

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5  Chancen und Risiken für Verkäufer und Käufer Conclusio

Chancen- und Risikopotenziale lassen sich für zwei aufeinanderfolgende Phasen eines M&A-Prozesses identifizieren. Einmal geht es darum, für den Verkäufer und den Käufer die jeweils unterschiedliche Sichtweise während des M&A-Prozesses zu analysieren und – in einem zweiten Schritt – diese Potenziale nach dem Verkauf/Kauf zu bewerten.

5.2 Chancen- und Risikopotenziale während des M&AProzesses 5.2.1 Sichtweise des Verkäufers Das in der Praxis mit Abstand größte Risiko für ein Scheitern eines Verkaufs – aus der Sicht des mittelständischen Verkäufers – sind unrealistische Preisvorstellungen. Der Verkäufer bevorzugt Bewertungsmethoden, die ihm einen schnellen Überblick über den Wert seines Unternehmens ermöglichen. Orientiert sich der Verkäufer mithilfe der allgegenwärtigen Suchmaschinen der digitalen Welt, so ist die Findung eines Unternehmenswertes eine ganz und gar unspektakuläre Angelegenheit. Neben dem nicht fehlenden Wikipedia-Eintrag finden sich relativ einfach aufgebaute Modelle zur unmittelbaren Berechnung des Unternehmenswertes sowie die in der Praxis häufig verbreiteten und kostenfrei angebotenen Marktmultiplikatoren, die Anhaltspunkte für den Unternehmenswert geben können. Er bevorzugt aus verständlichen, subjektiven Motiven heraus diejenigen Verfahren, die tendenziell zu hohen Unternehmenswerten führen. Auch das Einschalten von M&A-­ Beratern führt häufig dazu, dass diese – zur Erlangung des Mandats – den Unternehmer in seinen hohen Wertvorstellungen zunächst bestätigen. Im laufenden M&A-­ Prozess wird sich zwangsläufig herausstellen, dass die anfänglich geäußerte Wertvorstellung erheblich reduziert werden muss. Es ist dann ein schwieriges Unterfangen, den Verkäufer von den am Anfang geäußerten Preisvorstellungen abzubringen. Seriöse Berater weisen von Beginn an darauf hin, dass sich Kaufpreise während des M&A-Prozesses verändern. Es gibt natürlich auch Fälle, bei denen sich Kaufpreise nach oben verändern. In der Regel werden sich aber im laufenden M&A-Prozess die Kaufpreisvorstellungen des Verkäufers reduzieren. Dies hängt damit zusammen, dass im Rahmen der vom Käufer vorgenommenen Due Diligence (vgl. 6.6.4 ff.) Sachverhalte bekannt werden, die sich aus Sicht eines Käufers als Risikopotenziale erweisen. Hierzu zählen insbesondere die Risiken, die sich aus einer – häufig bei mittelständischen Unternehmern – anzutreffenden aggressiven „Steuergestaltung“ ergeben können. Ausgehend von der Grundproblematik jeder Transaktion, dass jeder Käufer möglichst wenig bezahlen und jeder Verkäufer möglichst viel erlösen möchte, ist ein Verfahren oder Vorgehen zu wählen, dass zum Ziel hat, einen fairen und akzeptablen Preis

5.2  Chancen- und Risikopotenziale während des M&A-Prozesses

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zu finden. Betrachtet man diesen Zielkonflikt der beteiligten Parteien etwas genauer, ist eine Unterscheidung in Wert und Preis angebracht. So leitet sich der Wert eines Unternehmens oder Unternehmensanteils grundsätzlich aus der Eigenschaft ab, zukünftig Überschüsse für seinen Eigentümer zu erwirtschaften, wohingegen der Preis sich aus Angebot und Nachfrage ergibt oder anders ausgedrückt: „price is what you pay and value is what you get“. Der Wert für einen Unternehmensanteil kann grundsätzlich direkt oder indirekt ermittelt werden. Bei der direkten Anteilsbewertung wird der Anteilswert direkt aus den Zahlungsströmen zwischen dem Unternehmen und dem einzelnen Anteilseigner abgeleitet. Bei der indirekten Anteilsbewertung wird der Wert des Unternehmensanteils aus dem Gesamtwert des Unternehmens abgeleitet. Der subjektive Wert des Unternehmens beinhaltet die Einschätzung des Werts der Beteiligung an einem Unternehmen unter Berücksichtigung der individuellen persönlichen Verhältnisse und Ziele des (jeweiligen) Anteilseigners; Bewertungsparameter sind deshalb neben der Anteilsquote insbesondere der damit verbundene Einfluss des Anteilseigners auf die Unternehmenspolitik sowie erwartete Synergieeffekte. Der Preis für Unternehmen bildet sich auf freien Kapitalmärkten aus Angebot und Nachfrage. Er wird wesentlich von der Nutzenschätzung der jeweiligen Käufer und Verkäufer bestimmt und kann je nach dem mengenmäßigen Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage sowie den Einflussmöglichkeiten der Unternehmenseigner auf die Unternehmenspolitik (Alleineigentum, qualifizierte oder einfache Mehrheit, Sperrminorität oder Streubesitz) mehr oder weniger stark von dem Wert des gesamten Unternehmens oder dem quotalen Anteil am Unternehmensgesamtwert abweichen. Tatsächlich gezahlte Preise für Unternehmen und Unternehmensanteile können Hinweise geben, ob die individuellen Wertvorstellungen der Beteiligten im Sinne des Marktes als plausibel erachtet werden. Das Festhalten des Verkäufers an einem bestimmten Kaufpreis kann auch mit einem Zwang zur Erzielung eines Mindesterlöses für die eigene Alterssicherung zusammenhängen. Häufig wird bei der Ermittlung dieses Mindesterlöses mit unrealistischen Vorgaben gearbeitet. Der Verkäufer sollte sich möglichst frühzeitig mit seiner Preisuntergrenze auseinandersetzen. Gerade bei der Preisfindung sollte der Realismus vor der Hoffnung ­stehen. Die Wahrscheinlichkeit, Verkaufsprozesse zu einem erfolgreichen Ende zu führen, lässt sich immer dann erhöhen, wenn der Verkauf längerfristiger geplant wird. In einer solchen Planungsphase kann sich der Verkäufer damit befassen, sein Unternehmen für einen Verkauf vorzubereiten. Dies fängt bei einer Strukturierung von Informationen und Verkaufsunterlagen an und kann sich bis zur Bereinigung von privaten und geschäftlichen Verknüpfungen erstrecken. Eine solche Planungsphase ist immer zu empfehlen, da sich der darauf folgende M&A-Prozess häufig abkürzen lässt. Eine intensive ­Vorbereitung spart Zeit für die konkreten Verkaufsverhandlungen.

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5  Chancen und Risiken für Verkäufer und Käufer

Wenn der mittelständische Unternehmer sich ernsthaft mit dem Verkauf seines Unternehmens befasst, dann ist es wichtig, dass er über die Dauer eines solchen Verkaufsprozesses realistische Vorstellungen gewinnt. Zumeist sind diese Vorstellungen über den gesamten M&A-Prozess zu kurz. Wenn sich der Verkaufsprozess dann länger hinzieht, wird die Geduld des Verkäufers auf eine harte Probe gestellt. Auch bei kleineren mittelständischen Unternehmen sind Verkaufszeiträume, von der ersten Initiative bis zum Kaufvertrag, die sich über ein Jahr hinziehen, keine Seltenheit. Die einen mittelständischen Unternehmer auszeichnende unternehmerische Erfahrung und der damit verbundene Erfolg führt fallweise dazu, dass sich der Verkäufer selber aktiv in den M&A-Prozess einschaltet. Gerade für seine ersten Überlegungen im Zusammenhang mit einem möglichen Verkauf, scheut er den Einsatz von M&A-Beratern. Es hat natürlich erfolgreiche Verkäufe gegeben, die auch ohne einen M&A-Berater durchgeführt wurden. Es ist aber festzuhalten, dass der Verkauf des Unternehmens für die Mehrzahl der Unternehmer ein erstmaliger und zumeist auch ein einmaliger Fall ist. Daher wird die Inanspruchnahme eines M&A-Beraters, bereits in der ersten Planungsphase, eher zu einem erfolgreichen Abschluss führen. Zudem bindet die Einschaltung eines Beraters weniger Zeit des Unternehmers, die er weiterhin für die Führung seines Unternehmens benötigt. Die Gewissheit, dass sich der M&A-Prozess in jedem Fall erfolgreich zu Ende führen lässt, ist nicht gegeben. Daher wäre es fahrlässig, wenn sich der Unternehmer auf Kosten seines operativen Geschäfts zeitlich über Gebühr mit dem Verkauf befassen würde. Wenn der positive Fall vorliegt, dass im M&A-Prozess mehrere konkurrierende Käufer an dem Unternehmen interessiert sind, sollte man die Entscheidung für einen Käufer möglichst lange offen halten. Bei einer zu frühen Fokussierung auf nur einen Interessenten besteht die Gefahr, dass die abgelehnten Interessenten bei einem Scheitern nicht mehr zum Kauf zur Verfügung stehen. Auf der anderen Seite besteht bei einem „Ausspielen“ des Verkäufers im Falle mehrerer Interessenten auch die Gefahr, dass der Verkäufer zum Schluss mit leeren Händen dasteht. Jeder Verkauf durch einen mittelständischen Unternehmer berührt die Beziehungen zur Hausbank bzw. zur darlehensgebenden Bank. Bei einem vollständigen Ausstieg des Unternehmers werden die Geschäftsbeziehungen zur Bank aufgegeben. Wenn zudem noch Darlehen für Investitionen existieren, sollte der Verkäufer seine Bank möglichst frühzeitig über den beabsichtigten Verkauf informieren. Wenn die Bank erst in einem fortgeschrittenen Stadium eines M&A-Prozess, möglicherweise durch Dritte, über den geplanten Verkauf informiert wird, kann dies auch noch kurz vor dem Verkauf zu Störungen in den Geschäftsbeziehungen zur Bank führen. Eine Einbeziehung der Bank kann so z. B. auch kaufpreiserhöhende Auswirkungen haben. So ist es immer wieder möglich, im Falle der Ablösung von Investitionsdarlehen, über die Höhe der Vorfälligkeit mit der Bank zu verhandeln. Andererseits besteht auch die Möglichkeit, über eine Übernahme der bestehenden Darlehen, z. B. bei einem asset deal mit dem Käufer und der Bank zu sprechen.

5.2  Chancen- und Risikopotenziale während des M&A-Prozesses

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Die Frage, wann das Management des zu verkaufenden Unternehmens mit einbezogen werden soll, ist schwer zu beantworten. Bei einer zu frühen Einbeziehung kann dies zu vorzeitigen Kündigungen von Know-how-Trägern führen. Wird das Management zu spät einbezogen und evtl. erst nach dem Verkauf über den neuen Eigentümer informiert, kann das die Integrationsphase (vgl. 6.10) erheblich beeinflussen. Spätestens dann, wenn sich der Käufer im Prozess der Due Diligence befindet, sollten ausgewählte Knowhow-Träger über einen geplanten Verkauf informiert werden. Conclusio

Die Chancen- und Risikopotenziale während des M&A-Prozesses können sehr vielschichtig sein. Gerade die Risikopotenziale können frühzeitig zu einem Scheitern führen. Das zentrale Risiko ist eine zu hohe Preisvorstellung des Verkäufers. Daher sollte sich der Verkäufer frühzeitig mit realistischen Preisvorstellungen befassen und sich selber eine Preisuntergrenze setzen.

5.2.2 Sichtweise des Käufers Die Sichtweise des Käufers während eines M&A-Prozesses ist zunächst die Sichtweise des Verhandlungsführers; während die Entscheider des Käufers zumeist im Hintergrund bleiben. Bei großen Unternehmen als Käufer werden vom Verhandlungsführer zentrale Vorgaben für das zu kaufende Unternehmen formuliert. An diese Vorgaben ist der Verhandlungsführer des Käufers gebunden. Daher bewegt er sich in einem latenten Spannungsfeld zwischen den Forderungen des Verkäufers und den Vorgaben seiner Entscheidungsträger. Zentrale Vorgaben können vorgegebene Renditegrößen sein. Die Anforderung an solche Renditegrößen ist dabei sehr vielschichtig. So kommen z. B. Umsatzrenditen oder Kapitalrenditen in Betracht. Jedes Käuferunternehmen formuliert hierbei ganz individuell seine Vorgabekennziffern. In einem ersten Schritt obliegt dem Verhandlungsführer die Aufgabe, zu einem Vertrauensaufbau aufgrund unterschiedlicher Unternehmenskulturen zu sorgen. Nicht wenige M&A-Prozesse wurden gestoppt, weil sich keine gemeinsame emotionale Annäherung ergab. Die aufeinandertreffenden Kulturen müssen in den Prozess mit einbezogen werden. Der Verkäufer kann erwarten, dass sich der Verhandlungsführer des Käufers, aufgrund seiner größeren M&A-Erfahrung, auf die Unternehmenskultur des mittelständischen Unternehmers einlässt. Je nach Vorgabedruck durch die Entscheidungsträger des Käufers für einen Kauf, steht der Verhandlungsführer vor dem Problem, dass seine Risikohinweise nicht angemessen wahrgenommen werden. Hierzu zählen die Risiken, die sich daraus ergeben, dass der mittelständische Unternehmer als der „Technologische Kopf“ des Unternehmens nach dem Kauf nicht mehr zur

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5  Chancen und Risiken für Verkäufer und Käufer

Verfügung steht und man während des M&A-Prozesses aufgrund eines Abschlussdrucks versäumt, notwendige (vertragliche) Vorkehrungen zur Sicherstellung des Know-hows zu treffen. Wenngleich das Käuferunternehmen regelmäßig über das höhere Planungs-Knowhow verfügt, wird regelmäßig auf die vom Verkäuferunternehmen aufgestellte Planungsrechnung zurückgegriffen. Dabei können Fehleinschätzungen des Käufers aus einer Vielzahl von Planungsansätzen resultieren, die dann erst nach dem Kauf offenkundig werden. So z. B. bei der • • • •

Schwierigkeit der Abschätzung des Erfolgs von Neuentwicklungen Schwierigkeit der Abschätzung von technologischen Zyklen Schwierigkeit der Evaluierung von Wettbewerbstechnologien Schwierigkeit bei der Abschätzung des Investitionsstaus

Dies alles kann zu einer Fehleinschätzung hinsichtlich des Wertes des Unternehmens führen. Darüber hinaus wird der Zeithorizont bei der Realisierung der Chancen und Risiken oft zu knapp bemessen. Auch der Organisationsstruktur des mittelständischen Unternehmens wird häufig zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Zudem deckt sie sich selten mit der Struktur des Käuferunternehmens. Die Übertragung der Struktur des großen Unternehmens auf die des mittelständischen Unternehmens und die damit auftretenden Probleme nach dem Kauf, sind ein Grund für ein mögliches Scheitern. Daher sollte im laufenden M&A-Prozess dem Status Quo der vorhandenen Struktur eine besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden, um sich und das gekaufte Unternehmen darauf einstellen zu können. Gerade die Nichtbeachtung zentraler Risikopotenziale führt in der Beurteilung der zweiten Phase, ob der Kauf erfolgreich war, häufig zu der Erkenntnis, dass die Chancen verspätet oder überhaupt nicht realisiert werden konnten. Ein Grund dafür ist der häufig anzutreffende Abschlussdruck, der von den Entscheidern des Käuferunternehmens ausgeübt wird. Wachstum um jeden Preis soll so den Kauf der Unternehmen rechtfertigen. Eine positive Ertragsaussicht wird hierbei als Argument für den Kauf in den Mittelpunkt gestellt. Im Idealfall wird sich auch der Käufer einen „Abbruchpreis“ als Preisobergrenze setzen. Damit kann er vermeiden, – gerade wenn mehrere Käufer aktiv sind – dass er sich in einen Bieterwettbewerb hineinziehen lässt, der ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr auf der Grundlage sachlicher Argumente geführt wird. Problematisch wird es dann, wenn es darum geht, dass Unternehmen „um jeden Preis“ zu erwerben, damit es der Mitbieter nicht bekommt. Dieses Verhalten vermag auf den ersten Blick in einer sachlich bestimmten M&A-Welt erstaunen, ist aber durch eine Reihe von praktischen Akquisitionen belegbar.

5.3  Chancen- und Risikopotenziale nach dem Verkauf/Kauf

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Conclusio

Die Chancen für einen erfolgreichen Abschluss des M&A-Prozesses steigen für den potenziellen Käufer immer dann, wenn er sich sicher sein kann, dass er der einzig ernsthafte Interessent ist. Aber auch in einem solchen Fall sollte der Kauf intensiv geprüft werden, um mögliche Überraschungen nach dem Kauf zu vermeiden. Ein Kauf um jeden Preis, der sich aus dem Zwang zum Wachstum begründet, sollte vermieden werden. Dazu ist die Einhaltung eines „Abbruchpreises“ als Preisobergrenze ein Muss.

5.3 Chancen- und Risikopotenziale nach dem Verkauf/Kauf 5.3.1 Sichtweise des Verkäufers Die Sichtweise des Verkäufers ist danach zu unterscheiden, ob er sich nach dem Verkauf vollständig aus dem Unternehmen zurückzieht oder ob er noch geschäftlich seinem Unternehmen verbunden ist. Im ersten Fall wird er den Erfolg bzw. Misserfolg daran messen, dass der Kaufpreis vertragsgemäß gezahlt wird und die im Vertrag getroffenen Vereinbarungen eingehalten werden. Ein Aspekt, der in der Praxis hierbei nach einem Verkauf häufig eine Rolle spielt, ist das Ansehen des Unternehmers in der Region. Wenn der ehemals mittelständische Unternehmer weiter in der Region des Unternehmens wohnhaft bleibt, wird er sich noch für einen Zeitraum von 2–3 Jahren mit den Aktivitäten des Käufers in Verbindung bringen lassen müssen. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn es zu Betriebsverlagerungen oder um den Abbau von Arbeitsplätzen geht. Auch wenn es keine rechtliche Verknüpfung zu seinem Unternehmen mehr gibt, wird er sich damit auseinandersetzen müssen. Im zweiten Fall ist die Verbindung direkt messbar und eine Verantwortung für mögliche Veränderungen nach dem Verkauf deutlicher zuordenbar. Hinzu kommt bei einer weiteren Einbindung in das Unternehmen auch eine wirtschaftliche Komponente. Gerade dann, wenn sich Kaufpreis an Zielen bemisst, die in der Zukunft noch erreicht werden müssen, wird sich die Beurteilung des Erfolgs für den mittelständischen Unternehmer auch daran messen lassen müssen. Die Vereinbarung einer ratierlichen Kaufpreiszahlung, die sich an im Kaufvertrag vereinbarten Zielerreichungsgraden bemisst, kann für den Verkäufer sehr problematisch sein. Solche Vereinbarungen über nachgelagerten Kaufpreiszahlungen werden als „earn-out-Klauseln“ bezeichnet. Der Grund für solche Vereinbarungen liegt in den Risikopotenzialen für den Käufer. Ein Käufer will nicht das gesamte Risiko der Investition bei Kauf des Unternehmens auf sich nehmen. Daher wird er entweder einen höheren Risikowert in seinen Kaufpreis einpreisen oder versuchen, einen Teil des Risikos auf den Verkäufer abzuwälzen.

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5  Chancen und Risiken für Verkäufer und Käufer

Eine earn-out-Vereinbarung besteht aus mehreren Bestandteilen. Die monetären Bestandteile sind der Basiskaufpreis und ein variabler Zusatzkaufpreis. Während der Basispreis zumeist kurzfristig fällig ist, kann die Zahlungsfrist für den variablen Zusatzpreis drei bis fünf Jahre betragen. Entscheidend für die Zahlung des Zusatzpreises ist das Erreichen von vertraglich festgelegten finanziellen und auch nicht-finanziellen Komponenten. Finanzielle Komponenten können z. B. definierte Zielerreichungsgrade von Umsätzen, Erträgen, Cash-Flow-Werten oder auch bestimmte Bilanzrelationen sein. Nicht-finanzielle Größen können mengenbezogenen und/oder zeitbezogene Kennzahlen sein; so z. B. die Erweiterung der Kundenbasis oder die Marktzulassung für ein Produkt. Allen vertraglich vereinbarten Zielen ist gemeinsam, dass der Grad der Zielerreichung bzw. die Messung der relevanten Größen in der praktischen Umsetzung häufig zu unterschiedlichen Sichtweisen zwischen Verkäufer und Käufer führt. Dabei sind wiederum zwei Fallgestaltungen zu unterscheiden. Wenn der Verkäufer noch weiter in seinem Unternehmen tätig bleibt, ist es leichter für ihn Einfluss auf die Zielerreichung zu nehmen. Scheidet er aber aus dem Unternehmen aus und hat er keinen aktiven Einfluss mehr, wird es zwangsläufig zu unterschiedlichen Sichtweisen bei der Bewertung der Zielerreichung kommen. Die praktische Umsetzung von earn-out-Klauseln hat gezeigt, dass es dem Käufer obliegt, den Grad der Zielerreichung zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Rechtliche Auseinandersetzungen darüber sind langwierig und führen nur selten zum Erfolg für den Verkäufer. Daher sind earn-out-Klauseln ein beliebtes Instrument des Käufers, um den Kaufpreis nachträglich zu mindern. Der mittelständische Verkäufer ist gut beraten, wenn er sich kritisch mit solchen, vom Käufer in die Verhandlung eingebrachten, nachträglichen Kaufpreiszahlungen befasst oder diese grundsätzlich ausschließt. Insbesondere dann, wenn er nach Vertragsunterzeichnung kurzfristig einen Ausstieg aus seinem Unternehmen beabsichtigt. Conclusio

Monetär messbare Risiken für den Verkäufer nach dem Verkauf können sich insbesondere dann ergeben, wenn ratierliche Kaufpreiszahlungen vereinbart worden sind, die sich an der Erfüllung bestimmter, im Kaufvertrag festgelegter Ziele orientieren. Solche „earn-out-Klausen“ sind sehr problematisch. Da der mittelständische Verkäufer nach dem Verkauf zumeist keinen direkten Einfluss mehr auf den Zielerreichungsgrad der vereinbarten Ziele hat, wird eine earn-out-Klausel regelmäßig zu einer nachträglichen Kaufpreisminderung führen. Earn-out-Klauseln sollten daher möglichst vermieden werden.

5.3.2 Sichtweise des Käufers Bei dem Erwerb eines Unternehmens spielt der strategische Unternehmenswert eine Rolle (vgl. Abschn. 6.6.7). Dies bedeutet nichts anderes, dass durch die Einbindung des

5.3  Chancen- und Risikopotenziale nach dem Verkauf/Kauf

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erworbenen Unternehmens in einen Gesamtverbund ein neues Unternehmen geschaffen wird, dessen Wert über die Summe der Werte der einzelnen Unternehmen deutlich hinausgeht. Es handelt sich dabei nicht um einen objektiven Wert des Unternehmens, sondern um einen subjektiven Wert des Erwerbers. Die dabei unterstellte Existenz von Synergiepotenzialen ist eines der häufigsten Motive für den Erwerb eines Unternehmens. Die Synergiepotenziale können nach güterwirtschaftlichen und finanzwirtschaftlichen Synergiepotenzialen unterschieden werden. Der Käufer ist bestrebt, die im Vorfeld des Kaufs identifizierten positiven und negativen Synergien zu analysieren und ihren Beitrag für den möglichen Erfolg des Unternehmenskaufs zu bewerten. Beispiele für Synergien können sein: • Durch den Erwerb eines Unternehmens kann der Zugang zu neuen Märkten eröffnet werden, in denen das übernehmende Unternehmen vorher nicht vertreten war. • Im technischen Bereich kann sich ein Zugang zu neuen Technologien und Produktions-Know-how ergeben, der die strategische Ausrichtung des Unternehmens nachhaltig verbessern kann. • Durch die Zusammenfassung von Forschungs- und Entwicklungsabteilungen lassen sich häufig Schwerpunkte konzentrieren und Kosten einsparen. • Bei einem unterschiedlich dichten Vertriebsnetz der beiden Unternehmen kann die Einbindung von Vertriebswegen von Bedeutung sein. • Insbesondere bei vorher konkurrierenden Unternehmen kann es zu einer deutlichen Erhöhung des Marktanteils oder der Position kommen, die wiederum dazu führt, dass höhere Preise durchgesetzt werden können oder sich die Marktsituation des Unternehmens allgemein festigt. • In den Fällen, in denen das zu erwerbende Unternehmen Produkte anbietet, die im weitesten Sinne mit den Produkten des übernehmenden Unternehmens zusammen verwendet werden können, kann es zu einer Arrondierung der Produktpalette kommen, die es dem Unternehmen ermöglicht, dem Kunden „alles aus einer Hand“ anbieten zu können. • Synergien können sich auch daraus ergeben, dass eine Sicherung der Einkaufsmöglichkeiten z. B. bei rohstoffintensiven Produkten erfolgen kann. • Der Erwerb von Marken, die im Verkauf des Unternehmens nicht vollständig bewertet worden sind, kann zu erheblichen stillen Reserven führen. • Durch die Zusammenfassung zweier Unternehmen in eine neue Struktur können vorhandene Risiken in ihren finanzwirtschaftlichen Auswirkungen reduziert werden. Inwieweit die Realisierung dieser Synergien sich positiv auswirken, ist beim Kauf schwierig zu beantworten. Denn in vielen Fällen treffen die eingeplanten positiven Synergien nicht ein, da sie durch negative Effekte, d. h. durch negative Synergiepotenziale überlagert werden. Dies kann im Einzelfall dazu führen, dass sich der zu Beginn als positiv geplante Unternehmenserwerb als große Belastung für das kaufende Unternehmen darstellt.

62

5  Chancen und Risiken für Verkäufer und Käufer

In vielen praktischen Fällen werden die häufig euphorisch vorgetragenen Synergiepotenziale, die einen Unternehmenskauf bei den Entscheidern begründen sollen, in der Umsetzung hinsichtlich ihrer Realität und Höhe der Erwartungen nicht gerecht. Der am häufigsten vorkommende Fall für negative Synergien ist der, dass die Kultur der beiden zusammenzuführenden Unternehmen so unterschiedlich ist, dass sich die Verbindung nicht durchführen lässt und durch entsprechende Reibungsverluste und den Abgang von qualifiziertem Personal das übernommene Unternehmen deutlich an Wert verliert. Im schlimmsten Fall führen diese Schwierigkeiten sogar dazu, dass auch das übernehmende Unternehmen durch diese Schwierigkeiten in seiner Ertragskraft nachhaltig geschwächt wird. In arbeitsrechtlicher Hinsicht wird davon auszugehen sein, dass bei der Zusammenführung der Mitarbeiter beider Unternehmen in einen neuen Unternehmensverbund im Zweifel der jeweils höchste Besitzstand fortgeführt wird. Das kann zu einer Steigerung der Personalkosten führen, die in diesem Umfang vorher nicht eingeplant worden sind. Der Eintritt negativer Synergien lässt sich weitgehend ausschließen, wenn der Käufer erkennt, dass die Zusammenführung des Personals zu den schwierigsten Aufgaben gehört und er sich im Vorfeld des Erwerbs realistische Ziele setzt. Eine Fixierung auf ein kurzfristig zu realisierendes Return-on-Investment wird den praktischen Schwierigkeiten nicht gerecht. Conclusio

Der Eintritt negativer Synergien ist die häufigste Form für ein Scheitern von Käufen durch große Unternehmen. Eine Ursache ist die Konzentration auf die Potenziale, die sich direkt quantifizieren lassen und die Vernachlässigung der qualitativen Faktoren. Ein zentraler Erfolgsmesser ist die erfolgreiche Integration des gekauften Unternehmens in die Unternehmenskultur des Käuferunternehmens. Zudem wird die Einräumung eines angemessenen Zeitraums für eine solche Integration eher zu einem erfolgreichen Kauf führen.

6

Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

6.1 Wie verläuft ein praktisch handhabbarer M&A-Prozess? Wenn Unternehmen Akquisitionen durchführen, dann folgen sie zumeist einem Ablaufplan. Ein solcher Ablaufplan hat eine logische Stringenz, die im praktischen M&A-Ablauf nicht immer eingehalten werden kann. Gleichwohl ist es hilfreich, wenn man sich im Vorfeld seiner Überlegungen über einen Verkauf bzw. einem Kauf damit befasst, wie ein solcher Prozess idealtypisch abläuft. Die (theoretische) Auseinandersetzung mit dem hier in zehn Phasen gegliederten Ablauf, sichert eine Strukturierung bei den zeitlich aufeinanderfolgenden Phasen. Je nach individuellem M&A-Fall werden sich die Schwergewichte in den einzelnen Phasen unterschiedlich ausprägen. Es kann sogar vorkommen, dass einzelne Phasen gänzlich ausgelassen werden und man sich sehr kurzfristig für eine Akquisition entscheidet bzw. entscheiden muss. Ein Beispiel dafür sind der plötzliche Tod des Unternehmers und eine damit verbundene Hilflosigkeit bei den Erben. Hier ist Schnelligkeit im Verkaufsprozess ein Muss. Gerade in solchen Notsituationen geht es primär darum, einen möglichen Schaden für den Verkäufer zu vermeiden. In einem praktischen Fall verstarb der das Unternehmen dominierende Unternehmer unerwartet durch einen Verkehrsunfall. Die Erbin, in dem beschriebenen Fall die Ehefrau, war in keiner Weise mit dem Unternehmen vertraut. Der verstorbene Ehemann war die zentrale Kontaktperson für die Kunden. Kurz nach dem Tod war ein Wettbewerber bereits aktiv, um Mitarbeiter abzuwerben und sich den Kundenstamm zu sichern. Bedingt durch die Trauer der Erbin war kurzfristig über einen adäquaten Kaufpreis nicht zu verhandeln. Durch die Einbindung eines nahen Freundes der Familie, der über Kontakte und Einflüsse in der Branche verfügte, war es möglich an das Ehrgefühl des Wettbewerbers zu appellieren und den Verkaufsprozess in ein geordnetes Verfahren zu lenken. Es mussten zwar Abstriche bei der Höhe des Kaufpreises gemacht werden. Eine © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 J. Wegmann und H. Siebert, Unternehmensverkauf, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27444-3_6

63

64

6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

Vorüberlegungen

Planung

Durchführung

Integration

1

Prozessablaufphase



2

Auswahlphase der Beteiligten



3

Konzeptionsphase



4

Identifikationsphase



5

Auswahlphase



6

Prüfungsphase



7

Verhandlungsphase



8

Entscheidungsphase



9

Abschlussphase



10

Integrationsphase



Abb. 6.1   10-stufiger Phasenablauf eines M&A-Prozesses

Zerschlagung, die die Folge eines weiteren aggressiven Auftretens des Wettbewerbers zur Folge gehabt hätte, konnte vermieden werden. Nicht immer lässt sich ein solcher Sonderfall, der eigentlich keinen Regeln folgt, mit einem noch positiven Ausgang für die Beteiligten regeln. Bei den meisten M&A-Fällen lässt sich der Ablauf logisch gliedern. Einen Überblick über die Phasen eines solchen M&A-Prozesses gibt die Abb. 6.1. Vor der Planungs-, der Durchführungs- und der Integrationsphase stehen die Vorüberlegungen, welche Phasen mit welcher Intensität den M&A-Prozess durchlaufen und welche Beteiligten welche Rolle im Prozess wahrnehmen sollen. Dieser zehnstufige M&A-Phasenablauf versucht Antworten auf folgende zehn Fragen zu geben, wobei die Aufzählung von 6.1. bis 6.10 die Gliederungspunkte für den zentralen Gliederungspunkt „6. Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand“ widerspiegeln (Abb. 6.2).

6.2  Welche Beteiligten spielen welche Rolle im M&A-Prozess?

6.1.

Wie verläuft ein praktisch handbarer M&A-Prozess?

6.2.

Welche Beteiligten spielen welche Rolle im M&A-Prozess?

6.3.

Welche Optionen gelten vor Beginn eines M&A-Prozesses?

6.4.

Welcher Käufer/Verkäufer passt zu mir?

6.5.

Mit welchem Käufer/Verkäufer spreche ich?

6.6.

Welche Prüfungsschritte bestimmen den M&A-Prozess?

6.7.

Wie optimiere ich meinen Verhandlungsspielraum?

6.8.

Habe ich eine Wahl bei der Entscheidung?

6.9.

Wie gestalte ich die handwerklichen Prozesse bis zum Abschluss?

6.10.

Wie gestalte ich die Integration?

65

Abb. 6.2   Praktischer M&A-Ablauf in Frageform

Conclusio

Jeder M&A-Prozess durchläuft ein Phasenschema. Ein solches Phasenschema wird zwar durch unterschiedliche Schwergewichte in den einzelnen Phasen geprägt. Gleichwohl ist es für Verkäufer und Käufer gleichermaßen wichtig, sich strukturell mit der Komplexität eines M&A-Prozesses auseinander zu setzen. Dazu ist ein Phasenablauf ein adäquates Hilfsmittel.

6.2 Welche Beteiligten spielen welche Rolle im M&A-Prozess? 6.2.1 Eine erste Differenzierung nach unternehmensexternen und unternehmensinternen Beteiligten Eine hohe Komplexität sowie die fachlichen Anforderungen an die vielfältigen Aufgaben in einem M&A-Prozess sind der Grund dafür, dass ein solches Vorhaben nicht alleine vom Unternehmer durchgeführt werden kann. Unterstützung wird sowohl von interner als auch von externer Seite benötigt. Insbesondere bei großen Unternehmen als Käufer, erfordern rechtliche Vorschriften die Einbeziehung der Kontrollgremien in den M&A-Prozess. Eine Vielzahl der möglichen Beteiligten ist jedoch nicht dauerhaft eingebunden, sondern tritt je nach Problemstellung temporär auf [9, S. 61]. Die an einem M&A-Prozess beteiligten Personen bzw. Institutionen unterscheiden sich nach unternehmensinternen und unternehmensexternen Personen. Die unternehmensinternen Personen beziehen sich beim Verkäufer auf den mittelständischen

66

6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

Geschäftsführer

Betriebsrat

Arbeitnehmer

Fachmitarbeiter

Aufsichtsrat / Beirat

Strategische Käufer Finanzkäufer

Exotischer Käufer

M&A-Prozess

Management als Käufer

Mittelständischer Verkäufer

Bank

Rechtsanwalt / Notar

Steuerberater

Wirtschaftsprüfer

Investmentbanker

Strategieberater

M&A-Berater

Ausländische Investoren

Unternehmensmakler

Family Offices

Abb. 6.3   Beteiligte eines M&A-Prozesses

Unternehmer, evtl. auf einen Beirat/Aufsichtsrat, auf Fachmitarbeiter, die in den M&A-Prozess direkt eingebunden sind sowie auf die Mitarbeiter und Arbeitnehmervertreter, wie z. B. einen Betriebsrat. Beim Käufer – hier ein größeres Unternehmen – lassen sich folgende unternehmensinterne Personen identifizieren: den unternehmensinternen Verhandlungsführer, die unternehmensinternen Entscheider, einen Beirat/Aufsichtsrat und eine zumeist größere Anzahl von Mitarbeitern aus den unterschiedlichsten Fachabteilungen. Das Spektrum der extern Beteiligten ist weit gefasst und schließt z. B. Strategieberater, Unternehmensmakler, M&A-Berater, Due Diligence-Gutachter, weitere Fachgutachter, Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer und die finanzierenden Banken mit ein. Die externen Beteiligten werden, in Abhängigkeit von der vorhandenen M&A-Kompetenz des Verkäufers/Käufers, unterschiedlich stark eingebunden (Abb. 6.3). Im laufenden M&A-Prozess sind idealtypischer Weise die Ansprüche aller Beteiligten insgesamt mit zu berücksichtigen. Dies kann allerdings im praktischen Fall zu einer Gratwanderung bei der Berücksichtigung der Interessen führen. So differieren sehr häufig die Ansprüche des verkaufenden mittelständischen Unternehmers mit den (persönlichen) Ansprüchen des Verhandlungsführers des Käufers oder die Ansprüche der Mitarbeiter beim Verkaufsunternehmen decken sich nicht mit den Ansprüchen des Entscheiders des kaufenden Unternehmens.

6.2  Welche Beteiligten spielen welche Rolle im M&A-Prozess?

67

Conclusio

Die Beteiligten bei einem M&A-Prozess lassen sich nach unternehmensexternen und unternehmensinternen Beteiligten unterscheiden. Im M&A-Prozess ist bei der Fülle an möglichen Beteiligten auf deren unterschiedlichen Ansprüche Rücksicht zu nehmen. Je nach Sichtweise werden die Ansprüche am Unternehmen direkt ausgerichtet sein bzw. mit jeweils persönlichen Ansprüchen konkurrieren.

6.2.2 Eine zweite Differenzierung nach Käuferkategorien Eine weitere Differenzierung im Hinblick auf die Beteiligten kann sich noch dadurch ergeben, dass die Käufer in unterschiedlichen Rollen auftreten können. So kann man folgende Kategorien an Käufern unterscheiden [27, S. 278]: • • • • • • •

Strategische Käufer Finanzinvestoren – Private Equity Finanzinvestoren – Venture Capital Management als Käufer Family Offices „Exotischer“ Käufer Ausländische Investoren

Welche Käuferkategorie nun in Erscheinung tritt, hängt von einer Reihe von Faktoren ab, wie z. B. der Art und Größe des Assets oder den vorherrschenden Wirtschafts- und Kapitalmarktzyklen zum Zeitpunkt des Verkaufs [21, S. 278]. Strategische Käufer Bei strategischen Käufern liegt das Hauptaugenmerk einer Akquisition auf strategischen Zielen und der damit verbundenen Weiterentwicklung. Das strategische Ziel des Wachstums dominiert hier. Diese Weiterentwicklung soll durch das Produktions- und Einkaufs- Know-how- sowie einer finanzwirtschaftlichen Kombination beider Unternehmen erreicht werden. Als Motive werden die Erlangung von Marktmacht, der Erwerb komplementärer Ressourcen zur Stärkung der Produktpalette des Unternehmens, die Einsparung von Kosten durch Größeneffekte oder aber die Risikostreuung genannt [6, S. 27 f.]. Häufig wird erwartet, dass diese Gesamtleistung nach dem Kauf höher ist als die Summe der Einzelleistungen, d. h. die Summe beider Unternehmen ist größer als die Summe beider einzelnen Unternehmen. Positive Synergieeffekte werden häufig mit einer einfachen Addition  illustriert: 1  + 1 =  3! Eine Realisierung solcher Synergieeffekte kann z. B. durch folgende Maßnahmen erreicht werden:

68

6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

• Reduzierung des Verwaltungsaufwands durch Zusammenlegen von Verwaltungseinheiten (z. B. Personalverwaltung) • Reduzierung der Gemeinkosten durch gemeinsame Verwendung von Infrastruktur (z. B. Rechenzentren) • Steigerung der Verkaufszahlen durch gemeinsame Vermarktung der Produkte • Bessere Vertragskonditionen gegenüber Kunden und Lieferanten durch höheres Einkaufs- bzw. Verkaufspotenzial • Bessere Produktqualität durch Synergien des Know-hows beider Unternehmen • Möglichkeit zur Entwicklung neuer Produkte durch Zusammenführung von Patenten und Lizenzen Aufgrund solcher erwarteten Synergieeffekte sind strategische Käufer in der Regel bereit, einen höheren Preis zu akzeptieren. Gestützt wird diese These durch deren größeres Branchen-/Industrie-Know-how, das ihnen eine effektivere und effizientere Unternehmensanalyse (Due Diligence) verspricht [21, S. 278]. Finanzinvestoren – Private Equity Bei Finanzkäufern kann es sich um Fondsgesellschaften, Venture Capital Investoren oder Private Equity Firmen handeln, wobei die Abgrenzung nicht immer eindeutig ist. Sie erkennen operative Restrukturierungspotenziale bei den zum Verkauf stehenden Unternehmen und wollen diese nach dem Erwerb umsetzen. Ihr Ziel ist ein rascher Wiederverkauf mit Gewinn (Exit), wobei sie das Unternehmen entweder ganz oder in Teilen veräußern. Der Zeitraum solcher Transaktionen beträgt typischerweise zwei bis fünf Jahre [4, S. 28]. Solche Finanzkäufer bestehen im Normalfall aus erfahrenen Experten bezüglich Unternehmensbewertungen. Im Vordergrund ihrer Überlegungen stehen die wirtschaftlichen Erfolge, die sich immer in betriebswirtschaftlichen Kennziffern ausdrücken lassen. Hinzu kommt häufig das Angebot, dass der verkaufende Unternehmer für eine bestimmte Zeit nach dem Verkauf noch in das Unternehmen mit eingebunden wird. Durch einen Beratervertrag lässt sich so ein Teil des Kaufpreises gestalten. Auch für das Management unterhalb des Unternehmers ist diese Art der Käufergruppe beliebt, da sie durch fehlendes Branchen-Know-how gerne die Managementfunktionen bei den Mitarbeitern belässt [27, S. 279]. Finanzinvestoren – Venture Capital Neben verschiedenen großen Family Offices kann in den letzten Jahren der Trend beobachtet werden, dass auch sog. Venture Capital Gesellschaften im Mittelstand investieren. Dies ist zunächst erstaunlich, da eine direkte Übersetzung von Venture Capital ein Risikoinvestment beschreibt. Und tatsächlich investierten in der Vergangenheit Venture Capital Gesellschaften im Wesentlichen in technologieaffine Geschäftsprozesse, oft in der Phase der Gründung oder in der Phase des ersten Wachstums. Vielfach machten die Unternehmen, in die investiert wurde und auch noch immer wird, keine Gewinne. Diese Start-Ups hatten aber vielversprechende Geschäftsmodelle, die nach Ansicht der

6.2  Welche Beteiligten spielen welche Rolle im M&A-Prozess?

69

Venture Capital Gesellschaften ein Risikoinvestment mit den entsprechenden Ertragschancen rechtfertigte. In den letzten 24 Monaten kann jedoch die Tendenz beobachtet werden, dass die Venture Capital Gesellschaften dazu übergehen, nicht nur Risikokapital bereitstellen, sondern vielmehr auch Wachstumskapital zu Verfügung stellen. Der Investitionsfokus der Venture Capital Gesellschaften hat sich damit geändert und heute sind Investments in mittelständische Unternehmen zwar nicht die Regel, aber auch nicht mehr die Ausnahme. Die Zielsetzung der Investoren, die hinter den Venture Capital Gesellschaften stehen, ist es, neben einer strategischen Zielausrichtung, wie z. B. die Bildung von mittelständischen Portfolios diese wieder nach einer bestimmte Haltefrist zu veräußern. Darüber hinaus soll die Investition auch eine angemessene Rendite erbringen. Dazu können mittelständische Unternehmen mit ihren besonderen Geschäftsmodellen beitragen. Teilweise wird für verschiedene Investoren und über entsprechende Gestaltungen, z. B. über maßgeschneiderte Corporate Venture Capital Gesellschaften, ein Instrument geschaffen, mit diesen Fonds mittelständische Unternehmen zu erwerben. Oft werden solche Konstruktionen als Club-Deal bezeichnet und bieten damit dem mittelständischen verkaufsbereiten Unternehmen eine weitere Alternative für einen erfolgreichen Unternehmensverkauf. Exotischer Käufer In den letzten Jahren entstand eine immer größer werdende Gruppe von „exotischen“ Käufern. Diese untypischen Käufer versuchen aufgrund von höheren Renditeerwartungen, ihre Investmentportfolios weg von dem traditionellen, risikoarmen Investment hin zu strategischen, wertsteigernden Investitionsmöglichkeiten zu diversifizieren. Zu dieser Gruppe der Käufer zählen Staatsfonds, Family Offices, Hedgefonds oder Privatpersonen mit hohem Eigenkapital [27, S. 279]. Management als Käufer Die vierte Gruppe der potenziellen Käufer bildet das eigene Management, wobei hier zwischen Management Buy-Out (MBO) und Management Buy-In (MBI) unterschieden wird. Ein Management Buy-Out liegt vor, wenn das gegenwärtige Management das Unternehmen übernimmt. Hierbei handelt es sich in der Regel um langjährige Mitarbeiter aus Führungsebenen, die über ein hohes branchen- sowie unternehmensinternes Fachwissen verfügen. Von einem Management Buy-In wird gesprochen, wenn eine Gruppe externer Manager die Unternehmensführung übernimmt und gleichzeitig Eigentümer wird [6, S. 28]. Die häufig fehlenden finanziellen Mittel zum Kauf des Unternehmens werden in der Praxis durch einen Zusammenschluss der Manager mit Private-Equity-Investoren ausgeglichen. Private-Equity-Investoren bevorzugen dabei typischerweise MBOs, da sie hier auf ein etabliertes Management vertrauen können. Eine bewusste Beteiligung der Manager am Eigenkapital des Unternehmens führt zu einer höheren Identifikation sowie

70

6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

Motivation der Einzelnen. Durch die Zusammenlegung von Management- und Eigentümerinteressen in einer Person(-engruppe) können so Zielkonflikte vermieden werden [6, S. 28]. Family Offices Family Office, ein Begriff aus dem englischen Sprachraum, bezeichnet Gesellschaften, deren Zweck die Verwaltung des privaten Vermögens einer Eigentümerfamilie ist. Früher wurde die Verwaltung des Vermögens häufig einer Bank übertragen, in einigen Fällen auch professionellen Vermögensverwaltern. Zunehmend haben sich jedoch Eigentümerfamilien dazu entschlossen, die Vermögensverwaltung in eigenen Gesellschaften, den Family Offices, zu organisieren. In den letzten Jahren ist zu beobachten, dass – insbesondere in der heutigen Zeit mit historisch niedrigen Zinsen am Finanzmarkt – alternative Anlagen von Family Offices gesucht werden. Damit rücken unternehmerische Beteiligungen und Anteilskäufe auch für Family Offices in den Vordergrund. Insbesondere mittelständische Unternehmen sind für Family Offices interessant geworden, da hier die Mentalität von Käufer und Verkäufer gut zueinander passen und beide Parteien oft dieselbe Sprache sprechen. Vielfach kann beobachtet werden, dass das Familienvermögen auch in Stiftungen eingebracht wurde und diese Stiftungen in langfristige Vermögensanlagen investieren. Insbesondere die langfristige Orientierung unterscheidet Family Offices von den Privat Equity Investoren, die in der Regel nach 3 bis 7 Jahren das gekaufte Unternehmen wieder veräußern. Ausländische Investoren Bereits beim Lesen der einschlägigen Fachpublikationen fällt auf, dass kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland zunehmend für Investoren aus dem In- und Ausland gefragte Ziele sind. Nach aktuellen Studien der KfW-Gruppe zur Entwicklung und Struktur der M&A-Transaktionen im deutschen Mittelstand (die letzte Studie stammt aus dem Jahr 2018; siehe dazu KfW (Hrsg.): KfW Research, Fokus Volkswirtschaft, Nr. 228 vom 16. Oktober 2018) lässt sich die Entwicklung wie folgt zusammenfassen: • Im Durchschnitt gab es zwischen 2005 und 2017 jährlich etwas mehr als 1100 M&A-Transaktionen, die auf einen deutschen Mittelständler zielten. • Über den gesamten Untersuchungszeitraum betrachtet dominieren die inländischen Investoren mit einem Anteil von 58 %. • In der Gruppe ausländischer Käufer dominieren mit einem Anteil von rund einem Viertel zwischen 2005 und 2017 Unternehmen aus Europa. Besonders aktiv sind dabei britische Investoren (5 %). • Investoren aus den deutschen Nachbarländern Schweiz (3,9 %), Niederlande (3,0 %), Frankreich (2,7 %) und Österreich (2,3 %) waren ebenfalls vielfach an M&A-Transaktionen im Mittelstand beteiligt. • An der Spitze der ausländischen Herkunftsländer stehen mit rund 8,3 % die USA.

6.2  Welche Beteiligten spielen welche Rolle im M&A-Prozess?

71

• Transaktionen mit chinesischen Käufern stehen zwar häufig im Zentrum der Medienöffentlichkeit, ihr Anteil an den M&A-Deals fällt mit durchschnittlich 2,2 % über den gesamten Untersuchungszeitraum allerdings noch überschaubar aus. Im Trend nehmen die Aktivitäten von Investoren aus der Volksrepublik China jedoch zu, seit 2010 treten sie immer häufiger als Käufer deutscher Mittelständler auf. Im Jahr 2016 erreichte der Anteil chinesischer Investoren mit 5,9 % seinen bisherigen Höchststand, bevor er 2017 wieder auf rund 4,2 % zurückging. Auch im laufenden Jahr scheinen sich chinesische Käufer weiter zurückzuhalten. Besonders beliebt bei den Investoren waren mittelständische Unternehmen aus dem Verarbeitenden Gewerbe (Anteil 34 %) sowie aus dem Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie (19 %). In rund 60 % aller M&A-Deals stammten Käufer und Zielunternehmen aus demselben Wirtschaftsbereich. Entsprechend hoch war somit auch der Anteil des Verarbeitenden Gewerbes bei den Käuferunternehmen (29 %). Auf Platz zwei folgen Unternehmen aus dem Bereich der Finanz- und Versicherungsdienstleistungen (21 %). Nach dem Kriterium „Höhe der Beteiligung“ kann aus der KfW-Studie geschlossen werden, dass bei über der Hälfte der Transaktionen, die vollständige oder mehrheitliche Übernahme des Zielunternehmens (zusammen rd. 72 %) im Vordergrund standen. Nur bei 17 % der M&A-Deals wurde ein Minderheitenanteil verkauft. Conclusio

Je nach Käufergruppe, strategische Käufer, Finanzkäufer, exotischer Käufer, Manager als Käufer oder Family Office, spielen unterschiedliche Motive eine Rolle. Für den mittelständischen Verkäufer ist diese Unterscheidung nur im laufenden M&A-Prozess von Bedeutung, da er es jeweils mit unterschiedlichen Herangehensweisen der Käufer zu tun hat. Insbesondere die Anforderungen ausländischer Investoren mit ihren kulturellen Unterschieden und ihrem jeweiligen Rechtsverständnis sind besondere Herausforderungen beim Verkauf eines Unternehmens.

6.2.3 Die Beteiligten aufseiten des Verkäufers Der mittelständische Unternehmer ist der zentrale Ansprechpartner beim Verkauf seines Unternehmens. Anlassbezogen wirken sich seine Motive für einen Verkauf auf den M&A-Prozess aus. Durch die Situation, dass er sich zumeist das erste Mal mit einem Verkauf befasst, wird er ohne unternehmensexterne Hilfe nur eingeschränkt einen erfolgreichen Verkauf durchführen können. Der erste Weg führt den Unternehmer zumeist zu seinem Steuerberater. Eine solche Vorgehensweise ist nur eingeschränkt erfolgreich. Zum einen verfügt der Steuerberater in der Regel nicht über die Erfahrung mit M&A-Prozessen, zum anderen wird ein erfolgter Verkauf den Verlust des Mandats für den Steuerberater bedeuten.

72

6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

Der Unternehmer sollte sich im Vorfeld damit auseinandersetzen, dass er im laufenden M&A-Prozess im persönlichen und zeitlichen Umfang stark eingebunden ist. Er wird sich mit Sachverhalten befassen müssen, die ihm bisher fremd waren. So werden sich der Käufer oder von diesen beauftragte Personen intensiv mit dem Unternehmen befassen. Es werden vom Käufer beauftragte Due Diligence-Prozesse eingeleitet, es werden Unternehmensbewertungen veranlasst, die vom Unternehmer ein hohes Maß an Transparenzbereitschaft voraussetzen. Diese Anforderungen des Käufers treffen zunächst auf wenig Entgegenkommen. Der mittelständische Unternehmer neigt dazu, den geplanten Verkauf möglichst lange geheim zu halten. Insbesondere die Mitarbeiter sollen davon zunächst nichts erfahren. In jedem M&A-Prozess wird der Zeitpunkt kommen, an dem sich der Unternehmer dem Käufer mit Informationen öffnen muss. Hilfreich ist in diesem Zusammenhang immer, wenn es sich um einen strategischen Käufer handelt, da dieser mit den Branchenspezifika vertraut ist. Wenn der Käufer ein größeres Unternehmen ist, wird sich der mittelständisch geprägte Verkäufer mit einem vorgegebenem M&A-Ablauf durch den Käufer auseinandersetzen müssen. Spätestens dabei ist die Unterstützung durch einen M&A-Berater angeraten. Die Ansprüche des mittelständischen Unternehmers sind meist klar vorgegeben. Er möchte einen marktkonformen Kaufpreis realisieren, meist auch den Fortbestand „seines“ Unternehmens sichern und seine Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern auch vom Käufer wahrgenommen wissen. Ein solches Idealbild wird im praktischen M&A-Prozess, je nach aktueller Marktlage, eine Kompromissbereitschaft beim Käufer abverlangen. Während sich der mittelständische Verkäufer gegenüber größeren Unternehmen zunächst mit einem vorgegebenen M&A-Ablauf, der anfangs fremd ist, auseinanderzusetzen hat, wird er sich bei einem mittelständischen Käufer, der möglicherweise noch Wettbewerber ist, viel stärker emotional mit dessen Anforderungen befassen müssen. Die Transparenzbereitschaft wird hierbei einer starken Belastungsprobe unterzogen. Praktische M&A-Fälle haben gezeigt, dass der Verkäufer damit die größten Probleme hat. Hier ist die Überzeugungsarbeit des M&A-Beraters besonders gefragt. Eine erste praktikable Lösung kann die sukzessive, zum Teil anonymisierte Herausgabe von mündlichen und schriftlichen Unterlagen sein. Sollte das zu verkaufende Unternehmen über ein Kontrollorgan, wie z. B. einem Aufsichtsrat oder Beirat verfügen, so wird sich zumeist satzungsgemäß die Einbindung dieses Organs verpflichtend ergeben. Dies kann im praktischen Fall auch äußerst hilfreich sein. So kann sich ein Mitglied des Organs auch aktiv in die Verkäuferrolle mit einbringen. Damit wird der Unternehmer zeitlich entlastet. Hinzu kommt die „etwas“ neutralere Sichtweise. Weitere intern Beteiligte können Fachmitarbeiter sein. Während sich der Unternehmer als kompetenter Ansprechpartner für die meisten Funktionsbereiche des Unternehmens anbietet, werden von Fall zu Fall Mitarbeiter aus dem Rechnungswesen oder dem Controlling in den Verkaufsprozess mit eingebunden. Dies ist nicht erforderlich, wenn die Buchhaltung bzw. ein „rudimentäres“ Controlling vom Steuerberater geführt wird. Durch die Einschaltung des Steuerberaters kann der Informationsprozess auf Dritte

6.2  Welche Beteiligten spielen welche Rolle im M&A-Prozess?

73

verlagert werden und damit die gewünschte Geheimhaltung möglichst lange gewahrt bleiben. Die rechtzeitige Information der Mitarbeiter bzw. des Betriebsrats ist eine Gratwanderung. Hierbei kommt es immer auf den Einzelfall an. Es gibt praktische Fälle, bei denen dies relativ spät erfolgt und es gibt Fälle, wo eine betriebsinterne „Gerüchteküche“ sehr früh zu köcheln beginnt. In jedem Fall ist es angeraten, nicht über Absichten zu informieren, sondern zusammen mit dem Erwerber in einer möglichst konkreten Vertragsphase mit sachlichen Informationen an die Mitarbeiter heranzutreten. Zu starken Gerüchten sollte man möglich frühzeitig entgegenwirken. Insbesondere dann, wenn von den Beteiligten Presseinformationen lanciert werden. Hier kann von Fall zu Fall die Einschaltung eines spezialisierten Beraters für eine professionelle Öffentlichkeitsarbeit geboten sein. Üblicherweise werden im Rahmen von M&A-Aktivitäten Interim Manager im Zusammenhang mit der Integration erworbener Unternehmen in Verbindung gebracht. In diesen Fällen leisten Interim Manager (oft in der Rolle des Interim Finanz-Managers (CFO) oder branchenerfahrener Experte (COO)) bestimmte Aufgaben im erworbenen Unternehmen. Diese Aufgaben bestehen insbesondere in der Implementierung einer neuen Führungsstruktur, die Reorganisation, Einführung neuer Produkte oder Anpassung des Produktportfolios der neuen Unternehmensgruppe sowie die Reorganisation, oft verbunden mit dem Aufbau eines geeigneten Berichtswesens (Reporting Structure). Interim Manager können aber auch im Vorfeld eines M&A-Deals wertvolle Hilfe für den Verkäufer leisten. Aufgaben können beispielsweise darin bestehen, im Rahmen der Unternehmensnachfolge den Verkauf vorzubereiten, insbesondere dann, wenn innerhalb der Familie oder innerhalb des bestehenden Managements keine Bereitschaft erkennbar ist, das Unternehmen weiterzuführen. Auch kann der Interim Manager als Sparringspartner des mittelständischen Unternehmers leichter bzw. konfliktfreier als ein angestellter Manager die kritischen Aspekte eines Unternehmensverkaufs, wie die Preisfindung, das Identifizieren und das Finden eines geeigneten Käufers, Information der Belegschaft etc. begleiten, da sich M&A-Prozess häufig über einen Zeitraum von über einem Jahr hinziehen kann. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass erfahrene Interim Manager eine Unternehmenstransaktion nicht zum ersten Mal begleiten, sondern die Akteure im Rahmen eines Verkaufs gut und professionell einschätzen können. Nicht zuletzt kann damit für den verkaufenden Unternehmer vielfach ein besserer Kaufpreis erzielt werden. Das gilt umso mehr, wenn genügend Zeit besteht, das zu verkaufende Unternehmen langfristig besser aufzustellen und für den Verkauf vorzubereiten. Vielfach wird im M&A-Geschäft davon gesprochen, die „Braut hübsch zu machen“. Neben den unternehmensinternen Beteiligten gibt es Externe, die den M&A-Prozess unterstützen. Aus der Vielzahl der zur Verfügung stehenden Experten kommt für den mittelständischen Verkäufer nur eine begrenzte Anzahl infrage. Die Externen erfüllen eine vermittelnde, beratende und prüfende Rolle. Sie sind meist mit entscheidend für den Erfolg des Verkaufs. Der Umfang des Einsatzes und die Einbeziehung der unterschiedlichsten Professionen hängen vom konkreten Einzelfall ab.

74

6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

Hilfestellung bei diesen und vielen weiteren Fragestellungen können nachfolgend beschriebene Externe sein, wobei sich deren Aufgabengebiet in der Praxis häufig überschneiden kann. M&A-Berater sind die klassischen externen Unterstützer für den mittelständischen Verkäufer. Im praktischen M&A-Fall werden sie häufig den gesamten Verkaufsprozess begleiten. Sie sind der zentrale Ansprechpartner für den Verkäufer und Käufer. M&A-Berater leisten Hilfestellung, von der Suche potenzieller Käufer bis hin zum finalen Notartermin. Strategieberater werden von Unternehmen zur Unterstützung bei der Entwicklung von Wachstumsstrategien eingesetzt sowie bei der Evaluierung ihrer Geschäftsfeldportfolios. Während sie gemeinsam mit der Verkäuferseite Desinvestitionsstrategien entwickeln, können sie der Käuferseite bei der Entstehung von Akquisitionsstrategien und bei der Erstellung von Suchprofilen für potenzielle Zielunternehmen helfen. Da sich die Tätigkeiten mit denen eines M&A-Beraters überschneiden, kommen Strategieberater als Berater mittelständischer Verkäufer eher selten zum Einsatz. Investmentbanker können Käufer und Verkäufer von Unternehmen während des gesamten M&A-Prozesses unterstützen. Für Käufer bieten Investmentbanken Dienste wie Analyse/Bewertung des Zielunternehmens, Ausarbeitung von Finanzierungsstrategien, Bereitstellung von finanziellen Mitteln, Verhandlungsführung, Vertragsgestaltung sowie Kommunikation mit diversen Interessengruppen an. Die Verkäuferseite kann Dienstleistungen wie die Verkaufsvorbereitungen, die Suche und Bewertung von potenziellen Käufern, die Verhandlungsführung oder die Vertragsgestaltung in Anspruch nehmen [6, S. 31]. Im praktischen M&A-Prozess werden Investmentbanker für den mittelständischen Verkäufer eher selten tätig. Eine Einschaltung von Investmentbankern ist in solchen Fällen auch nicht empfehlenswert. Die Größenordnung des Kaufpreisvolumens führt häufig dazu, dass Investmentbanken nur die unerfahrenen Berufsanfänger mit M&A-Prozessen bei mittelständischen Unternehmen betreuen. Unternehmensmakler entwickeln sich zunehmend zu einem Full-Service-Angebot [21, S. 59]. Somit besteht deren Hauptaufgabe in der Zusammenführung von Käufern und Verkäufern. Unternehmensmakler erhalten Mandate zum Verkauf von Unternehmen(-steilen) und sind somit in der Lage, diese an Käuferunternehmen zu empfehlen. Ihre Stärke liegt in der ausgeprägten Marktkenntnis sowie der Erfahrung bei Verhandlungen. Im Gegensatz zu den Investmentbanken sind Unternehmensmakler vorwiegend bei M&A-Transaktionen von kleinen Unternehmen involviert. Teilweise beschränken sie ihre Arbeit auch auf einzelne Branchen oder Regionen [6, S. 32]. Wirtschaftsprüfer haben ihr Kerngeschäft in der Prüfung der finanziellen Verhältnisse des Zielunternehmens sowie in der Unternehmensbewertung. Der Zweck ist es, festzustellen, ob das Zielunternehmen den Ansprüchen des Akquisiteurs entspricht und ob Risiken bestehen, die für ihn und seine Kaufentscheidung von Interesse sind. Weiterhin prüft der Wirtschaftsprüfer die Planrechnungen der Unternehmen auf Plausibilität [9, S. 81]. Für die Einschaltung von Wirtschaftsprüfern gilt die Einschränkung für die Investmentbankern analog.

6.2  Welche Beteiligten spielen welche Rolle im M&A-Prozess?

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Der auf einer umfangreichen Unternehmensbewertung – oft nach dem Standard S 1 des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) „Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen“ erstellt – ermittelte Wert für das Unternehmen, kann nur in Ausnahmefällen eine Hilfe für die Festlegung eines Transaktionspreises geben. Vielfach ist die Zielsetzung einer Unternehmensbewertung durch Wirtschaftsprüfer eine andere und bezieht beispielsweise auf gesellschaftsrechtliche Abfindungsansprüche oder ist Grundlage für die Bemessung des Unternehmenswertes bei der Erbschaftsteuer. Steuerberater sind für eine steuerlich optimale Strukturierung der Unternehmensübernahme verantwortlich. Sie sind neben dem M&A-Berater weitere wichtige Unternehmensexterne, die zum Erfolg des M&A-Prozesses für den mittelständischen Verkäufer beitragen. In der Person des Steuerberaters finalisiert sich letztlich der steuerlich optimale Kaufpreis für den Verkäufer. Aufgrund der zahlreichen komplexen juristischen Fragen, die in einem M&A-Prozess auftreten, kommt der Einbindung von spezialisierten Rechtsanwälte häufig eine hohe Bedeutung zu [22, S. 244]. Eine im Transaktionsgeschäft erfahrende Rechtsanwaltskanzlei oder darauf spezialisierte „Einzelkämpfer“ können bei der Strukturierung und Beurteilung juristischer Konsequenzen innerhalb der Transaktion sehr hilfreich sein. Der mittelständische Verkäufer ist gut beraten, wenn er sich unter fachlicher Unterstützung des M&A-Beraters fallweise Rechtsberatung einholt. Die finanzierende Bank des Verkäufers ist ein regelmäßig beanspruchter Gesprächspartner. In vielen praktischen M&A-Fällen gehört die Übernahme von Darlehen durch den Käufer zur Transaktion und erhöht neben dem Kaufpreis für das Unternehmen die aufzubringenden finanziellen Mittel durch die Übernahme der Schulden. Nicht selten wird dabei eine neue finanzierende Bank durch die Käufer zu überzeugen sein, den Teil der Verschuldung (inklusive des benötigten working capitals) zu übernehmen. Hierbei ist die Bank frühzeitig in den Prozess mit einzubinden. Hinzu kommt das berechtigte Interesse des Verkäufers, möglichst frühzeitig von seinen gegebenen Sicherheiten aus den abgelösten Darlehen freizukommen. Conclusio

Die wichtigsten Beteiligten aufseiten des Verkäufers sind der Unternehmer, der M&A-Berater und der Steuerberater. Die übrigen Beteiligten werden fallweise herangezogen.

6.2.4 Die Beteiligten aufseiten des Käufers Wenn es sich bei dem Käufer um ein größeres Unternehmen handelt, dann ist die Interessenlage der Beteiligten nicht immer in Negation zu der Interessenlage der Beteiligten eines mittelständischen Verkäufers zu sehen.

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6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

Dies ist schon deswegen nicht der Fall, weil der direkte Ansprechpartner des Verkäufers ein angestellter Manager des Käufers ist. Neben dem Anspruch, das Unternehmen zu einem möglichst günstigen Kaufpreis zu erwerben, spielen hierbei auch immer persönliche Motive eine Rolle. So ist ein solcher Verhandlungspartner bei seinem Unternehmen zumeist am Erfolg der Akquisition direkt beteiligt. Ein Teil seines Gehalts speist sich aus den Erfolgen seiner Tätigkeit. Darüber hinaus ist der Verhandlungsführer nicht der finale Entscheider. Er wird den Kauf in Form einer Entscheidungsvorlage bei seiner Geschäftsführung aktiv „verkaufen“ müssen. Dabei ist das größte Problem, die vorliegende Zahlenwelt des mittelständischen Verkäufers in die vorgegebene Zahlenstruktur eines großen Unternehmens zu übersetzen. Während sich beim Verkäufer die Strategie und die damit verbundenen Erfolgskennzahlen der Zukunft meist nicht schriftlich niederschlagen, müssen Entscheidungsvorlagen die Strategien bewerten und in Erfolgskennzahlen ausdrücken. Hierbei geht die Bandbreite von einfachen Renditeziffern bis hin zu komplexen Discounted Cash-Flow Bewertungen. Der eigentliche Entscheider des Käufers ist der Geschäftsführer oder der Vorstand. Alleine aus seiner organschaftlichen Einordnung muss er jede Entscheidung über einen Kauf absichern. Dazu dienen standardisierte Entscheidungsvorlagen, die oft einen langen, hierarchisch gestaffelten Entscheidungsprozess durchlaufen müssen. Je nach Größenordnung der Akquisition kann die Befassung damit sehr kurz sein oder sich über Monate hinziehen. Dem mittelständischen Unternehmer ist es meist nur schwer zu vermitteln, dass bei einem größeren Unternehmen als Käufer, die eigentlichen Entscheider gar nicht persönlich in Erscheinung treten. Während der Verkäufer auf eine jahrzehntelange starke Bindung zu seinem Unternehmen zurückblickt, vermitteln Großunternehmen als Käufer den Eindruck, sich nicht angemessen mit dem Unternehmen zu befassen. Dem Verkäufer bleiben die langwierigen Entscheidungsprozesse und die Gesprächspartner fremd. Hierdurch kann sich schnell der Eindruck einer Hilfslosigkeit und einer mangelnden Akzeptanz durch die angestellten Gesprächspartner ausbreiten. Ein erfahrener M&A-Berater kann hier als Sprachvermittler die unterschiedlichen Kulturen zusammenbringen. Bedingt durch den standardisiert vorgegebenen Entscheidungsprozess beim Käufer, spielt der Aufsichtsrat/Beirat eine aktive Kontrollrolle. Er wird selten aktiv in den M&A-Prozess einbezogen, spielt aber oft eine entscheidende Rolle bei der finalen Kaufentscheidung. Vielfach werden die im Vorfeld abgeschlossenen Erklärungen (LoI, MoU usw.) unter den Vorbehalt der positiven Entscheidung eines Aufsichtsrats oder Beirats gestellt. Auch die finale Entscheidung über einen Unternehmenskauf ist nicht selten durch das eingelegte Veto eines dieser Gremien gescheitert. In großen Unternehmen wird man sich im laufenden Entscheidungsprozess für eine Akquisition meist verstärkt der Hilfe Externer bedienen. Die Arbeit der Externen dient dabei häufig nur der Exkulpation der Organe und besitzt wenig Wert für die eigentliche Entscheidung. Weitere interne Mitarbeiter werden aus den Fachabteilungen eingesetzt. So ist das steuerliche, bewertende und juristische Fachwissen häufig im Unternehmen vorhanden.

6.3  Welche Optionen gelten vor Beginn eines M&A-Prozesses? …

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Eigene M&A-Abteilungen oder Business Development-Abteilungen befassen sich mit den jeweiligen Spezifika des Kaufobjektes. Je nach Anzahl der beteiligten Mitarbeiter kann das beim mittelständischen Unternehmer leicht auf Ablehnung stoßen. Auch hier kann ein vom Verkäufer beauftragter M&A-Berater als Informationsschleuse hilfreich sein. Wenn weitere externe Fachleute eingesetzt werden, wie spezielle Fachgutachter, Steuerberater, Rechtsanwälte oder Wirtschaftsprüfer, dann handelt es sich zumeist um zu klärende Spezialfragen oder um die Verlagerung der Haftung für die Entscheider (Exkulpationsbeauftragung). Je nach Finanzierung kann auch die, den Kaufpreis finanzierende Bank, eine aktive Rolle spielen. Die Mitarbeiter der Bank werden aber nur in den seltensten Fällen direkten Kontakt zum Verkaufsobjekt haben. Sie werden über Externe ihre Fragen klären lassen oder einen bilateralen Kontakt zum Käufer pflegen. Der Einsatz von Investmentbanken durch den Käufer beim Kauf mittelständischer Unternehmen spielt kaum eine Rolle. Die Akquisitionsvolumina sind hierbei meist zu gering, um die geforderte Provisionen der Investmentbanken zu verdienen. Dem mittelständischen Verkäufer ist aber auch davon abzuraten, im Falle des Auftretens von Investmentbanken für den Käufer, diese zu akzeptieren. Wenn ein ernsthaftes Interesse an einem Kauf vorhanden ist, kann man die interessierten Käufer dazu zwingen, direkt mit dem Verkäufer zu sprechen. Die Problematik von Investmentbanken und mittelständischen Unternehmen wurde bereits angesprochen. Es prallen hierbei Welten aufeinander, die nicht füreinander geschaffen sind. Conclusio

Aufseiten des Verkäufers können eine Vielzahl von unternehmensinternen und unter-nehmensexternen Beteiligten eine aktive Rolle spielen. Die Externen erfüllen für den Käufer teilweise eine reine Haftungsfunktion, die die Entscheider beim Käufer exkulpieren soll. Wichtig hierbei ist die Feststellung, dass sich der Verhandlungsführer vor Ort als Ansprechpartner beim Verkäufer vom eigentlichen Entscheider beim Käufer unterscheidet.

6.3 Welche Optionen gelten vor Beginn eines M&A-Prozesses? (Konzeptionsphase) In der Konzeptionsphase gelten für Verkäufer und Käufer zwei mögliche Optionen gleichermaßen. Der Verkäufer hat die Wahl, sein Unternehmen zu verkaufen oder es wie bisher weiter zu führen. Bei Weiterführung stehen ihm wieder zwei Optionen zur Auswahl: es in der bestehenden Form, mit den bestehenden Anteilen weiter zu führen oder einen Teil seiner Anteile abzugeben. Der Käufer steht ebenfalls vor der Entscheidung, ein Unternehmen zu kaufen oder die zum Kauf zu Verfügung stehenden Geldmittel

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6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

anderweitig zu verwenden. Auch er steht bei der Entscheidung für einen Kauf vor der Wahl, die gesamten Anteile, oder einen Teil zu erwerben. Beide – Verkäufer und Käufer – werden sich im Vorfeld, wenn sie sich mit der Möglichkeit eines Verkaufs bzw. Kaufs befassen, Ziele setzen und im Rahmen einer strategischen Analyse des Unternehmens und seiner Umwelt die Erfolgsaussichten ausloten. Während bei einem mittelständischen Unternehmen die strategischen Analysen eher eine untergeordnete Rolle spielen, verfügen große Unternehmen über Abteilungen, die sich intensiv mit strategischen Analysen befassen. Auch eine Zielsetzung wird bei großen Unternehmen kommuniziert. Mittelständische Unternehmen, die nicht im Fokus der Öffentlichkeit stehen, werden bei der Formulierung ihrer Zielsetzungen eher zurückhaltend sein.

6.3.1 Optionen des Käufers Große Unternehmen, die börsennotiert sind, müssen hohe Transparenzanforderungen erfüllen. Hierzu zählen auch Angaben über ein geplantes Wachstum und die damit verbundene Erreichung von Zielen. Das Wachstum zur Erreichung der Ziele kann intern oder extern erfolgen. Im Gegensatz zu einer langsamen und kontinuierlichen Unternehmensentwicklung durch internes, organisches Wachstum, können Unternehmen durch Akquisitionen eine sprunghafte Veränderung von Strukturen und Größe ihrer Unternehmen erreichen. Solche extern verursachten Wachstumssprünge sind wichtige Instrumente der Unternehmensentwicklung bei großen Unternehmen. Unternehmenszukäufe, die zu einem Wachstum des Käuferunternehmens führen sollen, sind aus volkswirtschaftlicher Sicht zunächst eine reine Umverteilung des Eigentums. Akquisitionen führen im ersten Schritt auch nicht zu einem Wachstum auf gesamtgesellschaftlicher Ebene, da zunächst keine neuen Produktionspotenziale oder Arbeitsplätze geschaffen werden. Erst in einem zweiten Schritt – in der Erfüllung sog. Akquisitionsziele – kann es im Erfolgsfall auch zu einem volkwirtschaftlichen Wachstum führen. Die Entscheidungen über externes Unternehmenswachstum werden in der Regel nicht ad hoc getroffen, sondern sind das Ergebnis eines strategischen Planungsprozesses. Daher sind Unternehmensakquisitionen eine Aufgabe der obersten Managementebene. Aus Sicht der Eigentümer (shareholder) eines großen Unternehmens steht die Steigerung des Unternehmenswertes im Vordergrund, der durch externes Wachstum erreicht werden soll. Angestellte Manager werden möglicherweise andere, eigene Ziele verfolgen. Die Möglichkeit, erfolgreich extern zu wachsen wird sich in einer Diversifikationsstrategie ausdrücken. Unternehmen, die ihre Geschäftsfelder und/oder Aktivitäten ausweiten diversifizieren.

6.3  Welche Optionen gelten vor Beginn eines M&A-Prozesses? …

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Im Mittelpunkt der Motive für eine Diversifikation steht die Realisierung positiver Synergien durch eine effizientere Verteilung der vorhandenen Ressourcen. Darüber hinaus spielen der Risikoausgleich und die langfristige Unternehmenssicherung eine große Rolle. Wenn Unternehmen diversifizieren, stehen drei Diversifikationsrichtungen zur Auswahl. Bei einer direkten Verbindung zwischen einem bestehenden und einem neuen Geschäftsfeld spricht man von einer verwandten oder horizontalen Diversifikation. Hierbei wird man z. B. in der Branche verbleiben und beim Leistungsprogramm oder bei der geografischen Ausrichtung variieren. Bei einer vertikalen Diversifikation können die neuen Geschäftsfelder dem alten Geschäftsfeld vor- oder nachgelagert sein. Nimmt man z. B. eine Schuhfabrik mit dem bestehenden Geschäftsfeld Schuhproduktion, so wäre ein vorgelagertes Geschäftsfeld eine Lederfabrik und ein nachgelagertes Geschäftsfeld der Verkauf der Schuhe in eigenen Schuhgeschäften. Bei einer lateralen Diversifikation beziehen sich die Verbindungen zwischen den alten und neuen Geschäftsfeldern z. B. auf gemeinsame Verwaltungsaufgaben und auf die Verteilung finanzwirtschaftlicher Ressourcen. Diese Form der Diversifikation hat als Motiv meist die Risikostreuung. In der unternehmerischen Praxis steht diese Form allerdings häufig für das Scheitern einer Diversifikation. Um das Wachstum über eine Diversifikationsstrategie zu erreichen, steht als eine Konkretisierungsform die Akquisition von Unternehmen zur Auswahl. Bevor das Käuferunternehmen eine Entscheidung über die konkrete Ausgestaltung dieser Form des Wachstums trifft, steht der Prozess der Formulierung der Akquisitionsziele. Ein zentrales Ziel, dass seinen Ausdruck in Zahlenwerten findet, ist die Steigerung des Unternehmenswertes. Bei börsennotierten Unternehmen ist dieser Wert täglich am Kurszettel ablesbar. Kann das Unternehmen sein externes Wachstum durch den Kauf von Unternehmen konkretisieren und damit den Börsenkurs steigern, ist die Akquisition als erfolgreich zu bezeichnen. Aber auch bei nicht-börsennotierten Unternehmen lässt sich der Erfolg einer Akquisition messen. Wenn z. B. das vor der Akquisition formulierte Ziel die Erzielung einer Zielrendite war und diese nach der erfolgreichen Integration des gekauften Unternehmens erreicht wird, wurde das Akquisitionsziel umgesetzt. Solche Ziele können sich in Renditekennziffern ausdrücken lassen, wie z. B. 15 % Eigenkapitalrendite oder 10 % Umsatzrentabilität. Unterziele, die sich letztlich alle in den formulierten Zahlenwerten ausdrücken lassen, können z. B. Wertsteigerungen durch Umsatzsynergien, durch Kostensynergien, durch finanzwirtschaftliche Synergien und durch Restrukturierungsprozesse sein. Um im Vorfeld einer Akquisition, die die Realisierung der Akquisitionsziele sichern soll, eine transparente Entscheidungsgrundlage für das externe Wachstum zu haben, wird man sich mit einer strategischen Analyse des eigenen Unternehmens und seiner

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6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

Unternehmensumwelt befassen. Durch die Ergebnisse einer solchen Analyse kann man eine erste Vorstellung über die möglichen Akquisitionen bekommen. Eine solche strategische Analyse wird auch als SWOT-Analyse bezeichnet und ist seit längerer Zeit ein Standardanalyseinstrument großer Unternehmen. Die SWOT-Analyse untersucht in logischer Abfolge die Chancen und Risiken sowie die Stärken und Schwächen einer Unternehmung. Die Bezeichnung SWOT leitet sich aus den englischen Begriffen Strengths, Weaknesses, Opportunities und Threats ab. Umweltanalyse Die Umweltanalyse, die die Chancen und Risiken aufzeigen soll, analysiert das externe Umfeld der Unternehmung auf Bedrohungen des gegenwärtigen Geschäftes sowie auf die Möglichkeit, Chancen für bestehende, aber auch für neue Geschäftsfelder zu erkennen. Die Umweltanalyse beschränkt sich dabei nicht nur auf das direkte Umfeld und das jeweilige Geschäft. Berücksichtigung finden auch allgemeine Entwicklungen sowie Trends, die die Märkte, aber auch den Wettbewerb mit einbeziehen. Bei der Analyse der allgemeinen Umwelt stehen die makro-ökonomische, die technologische, die politisch-rechtliche, die sozio-kulturelle und die natürliche Umwelt im Blickpunkt. In einem weiteren Schritt wird die Attraktivität der bestehenden und neuen Geschäftsfelder analysiert. Dabei stehen die Abnehmer, die Lieferanten, die bestehenden sowie potenzielle neue Wettbewerber, mögliche Substitutionsprodukte und der Staat als regulierende Institution des Wettbewerbs im Mittelpunkt. Es geht um die Erkennung relevanter Trends und Entwicklungen, die allerdings wegen der Informationsflut in jedem Fall einer Selektion unterzogen werden müssen. Die Möglichkeiten der Selektion ergeben sich aus folgenden fünf Hauptsektoren (Abb. 6.4). Der makro-ökonomische Sektor umfasst z.  B. Entwicklungen des Volkseinkommens, erwartete Inflationsraten, Wechselkurse, Ölpreisentwicklungen und die Entwicklung des zukünftigen Arbeitskräfteangebots. So kann ein Ergebnis dieser Analyse sein, zur Deckung des Bedarfs an ausgebildeten Fachkräften, Unternehmen zu erwerben. Gerade der absehbare Fachkräftemangel kann damit ein zentrales Motiv für eine Akquisition sein. Der technologische Sektor befasst sich vor allem mit Produktinnovationen, neuen Technologien und Substitutionstechnologien. So hat z. B. der Markt für digital gestützte Kommunikation einen rasanten Entwicklungssprung zu verzeichnen. Für Unternehmen kann es interessanter sein, sich das dazu benötige Know-how durch Zukauf von Unternehmen zu sichern, anstatt es selbst zu entwickeln. Der Sektor der politisch-rechtlichen Umwelt umfassen z. B. auf nationaler und zunehmend auch auf europäischer Ebene Handlungsfreiheiten von Unternehmen oder Bürokratisierungstendenzen, Entwicklungen des Arbeits- und Sozialrechtes sowie der Einfluss der Gewerkschaften. Gerade auf dem Sektor der politisch-rechtlichen Umwelt ist eine verstärkte „Europäisierung“ zu verzeichnen. Für große Unternehmen kann es Sinn machen, sich durch den Kauf von Unternehmen, deren Erfahrungen für das eigene Unternehmen zu sichern.

6.3  Welche Optionen gelten vor Beginn eines M&A-Prozesses? …

Soziokulturelle Kräfte

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Ökologische Kräfte

Industrielle Beziehungen / Politik Rivalität unter Anbieten

Lieferanten

Attraktivität eines Geschäftsfeldes

Technologische Kräfte

Politischrechtliche Kräfte

Potentielle Neuanbieter

Abnehmer

Substitutions-Produkte

Makroökonomische Kräfte

Abb. 6.4   Das Umfeld einer SWOT-Analyse, vgl. Porter, a. a. O., S. 32 [26]

Die sozio-kulturelle Umwelt befasst sich z. B. mit der demografischen Entwicklung, mit dem Arbeits- und Freizeitverhalten der Bevölkerung sowie mit Grundhaltungen gegen Unternehmen. Gerade durch die absehbare demografische Veränderung werden in den kommenden Jahren neue Märkte entstehen. Auch steht das Unternehmen vor der Wahl, diese Märkte selber aufzubauen oder auf diesen Märkten bereits tätige Unternehmen zu erwerben. Der Sektor der natürlichen Umwelt beziehen ökologische Tendenzen mit ein, wie z. B. die Problematik der Umweltressourcen und Recyclingfragen. Insbesondere für den Bereich der regenerativen Energien werden – politisch aktuell gefördert – große Veränderungen zukommen. Eine Partizipation an den Chancen kann möglicherweise über den Kauf von Unternehmen erfolgen. Bei der Analyse der Wettbewerbsumwelt spielt der strategisch relevante Markt eine Rolle. Dieser wird durch Porter [26, S. 40] in einem „Markt-Kräfte-Modell“ beschrieben (Abb. 6.4). Die Attraktivität eines Geschäftsfeldes kann sich durch potenzielle Neuanbieter verändern. Das Markt- und Gewinnpotenzial für etablierte Anbieter wird sich verschlechtern. Ob potenzielle Neuanbieter auf dem Markt auftreten, hängt von den Markteintrittsbarrieren ab. Hierbei lassen sich strukturelle und strategische Markteintrittsbarrieren unterscheiden. Strukturelle Eintrittsbarrieren begründen sich z. B. aus der Größe eines Unternehmens, d. h. Großunternehmen haben einen Vorteil in der

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6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

Produktion durch Betriebsgrößenersparnisse. So können höhere Ausbringungsmengen Kostenersparnisse erbringen. Weiterhin haben große Unternehmen einen Vorteil bei einem kapitalintensiven Markteintritt durch einen besseren Zugang zum Kapitalmarkt. Strategische Eintrittsbarrieren können sich z. B. aus der Loyalität der Käufer zum etablierten Anbieter ergeben oder durch einen beschränkten Zugang zu Vertriebskanälen. Auch die Umstellungskosten der Kunden bei einem Wechsel des Anbieters können eine Barriere darstellen. Ein Beispiel hierfür ist ein kostspieliger Softwarewechsel. Die Rivalität unter den Anbietern kann stark oder weniger stark ausgeprägt sein. Dies hängt insbesondere vom jeweiligen Verhalten der Wettbewerber ab. Liegt eine Marktsättigung vor, so verteilen sich die Umsatzerlöse nach einem „Nullsummenspiel“. Die Steigerung des Marktanteils bei einem Wettbewerber bedeutet gleichzeitig die Reduzierung bei einem anderen Wettbewerber. Das Vorliegen von Substitutionsprodukten, also Produkten die dieselbe Funktion erfüllen, wie z. B. Benzin- oder Elektroantrieb, unterliegen einer permanenten Konkurrenz. Starke Substitutionsbeziehungen können, je nach Einschätzung der Abnehmer, zu einem intensiven Preiswettbewerb führen. Den Abnehmern kommt die größte Bedeutung zu. Im Mittelpunkt stehen das Wecken neuer Bedürfnisse sowie die Analyse des Kaufverhaltens. Porter betrachtet die Abnehmer unter dem Aspekt der Verhandlungsstärke. Hierbei spielt der Konzentrationsgrad der Abnehmer eine Rolle. Beispiele für einen hohen Konzentrationsgrad lassen sich bei den Abnehmern der mittelständischen Automobilzuliefererindustrie finden. Weiterhin ist der Anteil am gesamten Einkaufsbudget ein Maßstab für die Intensität der Preisverhandlung des Abnehmers. Sicherheit für den Abnehmer schafft ein hoher Standardisierungsgrad der Produkte. Der Abnehmer hat bei der Wahl des Lieferanten einen größeren Spielraum. Anders verhält es sich mit Produkten, die bei einem Wechsel mit hohen Umstellungskosten verbunden sind. Hier ist die Marktmacht der Abnehmer geringer. Auch bei den Lieferanten spielt die Verhandlungsstärke eine bedeutende Rolle im Marktumfeld. Gerade Beispiele von Abhängigkeiten mittelständischer Unternehmen von Lieferanten zeigen eine eingeschränkte Verhandlungsmacht auf. Teilweise sind sogar Diskriminierungen dieser mittelständischen Unternehmen anzutreffen. Eine große Verhandlungsmacht kann dann zu überhöhten Preisen, mangelnden Serviceleistungen und langen Lieferzeiten führen und damit die Marktattraktivität beeinträchtigen. Staatliche Regulierungen können erhebliche Einflüsse auf den relevanten Markt haben. Nationale Schranken werden so z.  B. vom Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen oder vom Betriebsverfassungsgesetz vorgegeben. Im zunehmenden Maße erfahren Märkte auch Einschränkungen von der europäischen Gesetzgebung, so z. B. durch Preiskontrollen und vorgegebene Zulassungsquoten. Compliance Das Thema Compliance, definiert als die Regelkonformität von Unternehmen in betriebswirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht, hat nach einigen aufsehenerregenden

6.3  Welche Optionen gelten vor Beginn eines M&A-Prozesses? …

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Rechtsverstößen international bekannter Unternehmen in den letzten Jahren in der Unternehmenspraxis sowie in der journalistischen Berichterstattung eine verstärkte Beachtung erfahren. In der Konsequenz wurden bei Bekanntwerden derartiger Fälle regelmäßig strengere gesetzliche Regelungen sowie intensivere unternehmensinterne Compliance-Anstrengungen gefordert; zugleich nahm auch die Anzahl der wissenschaftlichen Veröffentlichungen zum Thema Compliance stark zu. Die Notwendigkeit des Ausbaus von Compliance-Strukturen gründet im Wesentlichen auf der Tatsache, dass Haftungsrisiken für Unternehmen und deren Organe aus Compliance-Verstößen stetig gestiegen sind und Compliance-relevante Rechtsverstöße, wie beispielsweise Steuerstraftaten, heute mit drastischen Bußgeldern geahndet werden und zunehmend Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen gegenüber den verantwortlichen Handlungsträgern sind. Daher ist es nicht verwunderlich, dass im Rahmen von Unternehmenstransaktionen seitens der Käufer umfangreiche Untersuchungen angestellt werden, um etwaige Compliance-Verstöße zu entdecken. Selbst wenn es gelingt, diese Risiken im Kaufvertrag durch Haftungsfreistellungen zu minimieren, verbleiben Restrisiken Dies gilt insbesondere dann, wenn durch einen M&A Deal das kaufende Unterhemen durch Compliance-Verstöße „infiziert“ würde. Selbst wenn versucht wird, durch entsprechende Gestaltungen solche Risiken auszugliedern, bleibt ein Restrisiko, das sich ex post als existenzgefährdend herausstellen kann. Compliance erlangt gerade für die mittelständische Wirtschaft zunehmende Bedeutung. Insbesondere im Mittelstand bestehen noch große Defizite im Problem- und Haftungsverständnis. Häufig wird die Compliance Due Diligence gemeinsam mit der Tax- und Legal Due Diligence durchgeführt. Im Ergebnis können rechtliche und wirtschaftliche Folgen von Rechtsverstößen massive Auswirkungen auf den Unternehmenswert haben, da verhängte Bußgelder, Schadenersatzforderungen und Umsatzeinbrüche als Resultat von Compliance-Verstößen unmittelbaren Einfluss auf den zukünftigen Cash-Flow des Zielunternehmens haben. Allein dies wird eine mögliche Transaktion erschweren oder sogar unmöglich erscheinen lassen, da sich erwartete Kaufpreise dadurch drastisch reduzieren können. Zudem wird ein potenzieller Erwerber üblicherweise darauf bedacht sein, möglicherweise im Rahmen der Due Diligence unentdeckte Compliance-Risiken vertragsrechtlich mittels Garantien und Freistellungsverpflichtungen abzusichern. Der Verkäufer seinerseits möchte mögliche Haftungsrisiken für unentdeckte Compliance-Verstöße nach Vollzug der Transaktion möglichst vermeiden. Darüber hinaus müssen die nicht unmittelbar messbaren, qualitativen Auswirkungen von Compliance-Risiken auf eine Transaktion berücksichtigt werden. Vielfach sind diese nicht messbaren Größen ein wesentlicher Bestandteil bei der Findung und Festsetzung des Kaufpreises. Insofern ist ein wirksames Compliance-Management-System beim Zielunternehmen Grundvoraussetzung für einen höheren Unternehmenswert.

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6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

Unternehmensanalyse Die Unternehmensanalyse, die die Stärken und Schwächen aufzeigen soll, analysiert die interne Ressourcensituation des Unternehmens. Ein Vergleich der wichtigsten Stärken und Schwächen im Hinblick auf die wichtigsten Konkurrenten soll einen Einblick über die interne Umwelt eines Unternehmens vermitteln. Als Ergebnis lassen sich potenzielle Wettbewerbsvorteile oder -nachteile ableiten. Der Blickwinkel wird sich dabei zum einen vom Unternehmen aus auf die Konkurrenz ausrichten und zum anderen die Sichtweise der Kunden über das Unternehmen und die wichtigsten Konkurrenten abbilden. Als ein Ergebnis dieser Analyse kann der Kauf von Unternehmen aus der Branche sein. Auch Überlegungen, den größten Wettbewerber zu kaufen, können mit in das Kalkül gezogen werden. Eine wertschöpfungszentrierte Perspektive umfasst zunächst eine Ressourcenerfassung im Unternehmen. Dabei sind die finanziellen, organisatorischen und technischen Ressourcen von Relevanz. Die finanziellen Ressourcen sind zumeist der Engpassfaktor. Die organisatorischen Ressourcen umfassen den Stand an aufbau- und ablauforganisatorischen Regelungen. Die technischen Ressourcen schließen zum einen das Anlage- und Umlaufvermögen und zum anderen die technischen Standards, wie z. B. das Produktions- und Forschungs-Know-how ein. Diese als harte Faktoren bezeichneten Ressourcen werden ergänzt durch die sog. weichen Faktoren, den Humanressourcen. Eine Ressourcenanalyse sollte auch die Zusammenhänge innerhalb der wertschöpfungszentrierten Perspektive verdeutlichen. Bei einer Analyse der Zusammenhänge wird man zu einer Darstellung möglicher übergreifender Fähigkeiten kommen. Diese übergreifenden Fähigkeiten können in dem Schlagwort der „Kernkompetenzen“ zusammengefasst werden. Dabei spielen nicht nur die bestehenden Geschäftsfelder eine Rolle. Der Unternehmer wird bei einer Ermittlung seiner Kernkompetenzen immer auch mögliche neue Geschäftsfelder vor Augen haben. Hierbei spielen die übergreifenden Fähigkeiten im direkten Vergleich zur Konkurrenz eine zentrale Rolle. Von Relevanz ist hierbei der Abgleich mit den wichtigsten Konkurrenten. Die Frage der „Wichtigkeit“ kann nur unternehmensindividuell beantwortet werden. Die Kernkompetenzen sind den Geschäftsbereichen vorgelagert und beschreiben die besonderen Fähigkeiten des Unternehmers. So umschreibt z. B. die besondere technologische Fähigkeit oder die Fähigkeit Visionen in marktfähige Produkte umzusetzen, eine Kernkompetenz. Solche Kernkompetenzen lassen sich wie folgt differenzieren: • Einmaligkeit: Die Ressourcen und übergreifenden Fähigkeiten des Unternehmens drücken eine Differenz zum Wettbewerb aus, die letztlich den Charakter einer Einmaligkeit besitzt; so z. B. ein räumlicher Standortvorteil eines Unternehmens, der sich aus der Unternehmenshistorie ableiten lässt. • Eingeschränkte Imitierbarkeit: Wenn die Möglichkeit der Imitierbarkeit gegeben ist, so kann sich der Vorteil sehr schnell umkehren. Andererseits können besondere Fähigkeiten, die nicht imitierbar

6.3  Welche Optionen gelten vor Beginn eines M&A-Prozesses? …

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sind, für einen besonders langfristigen Erfolg stehen, so z. B. bei überragendem technologischen Know-how. • Fehlende Substituierbarkeit: Je größer eine Ersetzbarkeit der angebotenen Leistung durch substituierbare Leistungen ist, desto größer ist die Gefahr des Misserfolges. Hierbei kann die Einmaligkeit der Leistung vor Substitutionskonkurrenz schützen. Neben der wertschöpfungszentrierten Perspektive spielt die kundenzentrierte Perspektive eine wichtige Rolle bei der Stärken- und Schwächenanalyse. Hierbei geht es um die Sichtweise des Marktes auf das Unternehmen. Im Mittelpunkt stehen die Nachfrager. Eine kundenzentrierte Stärken- und Schwächenanalyse bezieht eine Vielzahl von Einflussfaktoren mit ein, die sich z. B. auf den Preis, die Produkt- und die Servicequalität beziehen. Für das Unternehmen ist es wichtig, die zentralen kritischen Erfolgsfaktoren herauszufinden und zu bewerten. Dies kann z. B. durch Befragungen der Faktoren für das Unternehmen und die Wettbewerber erfolgen und – im Rahmen eines Vergleichs der Ergebnisse – zu einem unternehmensindividuellen Profil führen. Eine SWOT-Analyse gibt dem Unternehmen – aus strategischer Sicht – gute Hinweise, welche Märkte für die Zukunft an Bedeutung gewinnen werden. Hieraus kann der Kreis der potenziellen Unternehmen, die zum Erfolg beitragen könnten, eingegrenzt werden. Damit lassen sich – in Einklang mit der Unternehmensstrategie des externen Wachstums – erste grundlegende Überlegungen anstellen, welchen Weg das Unternehmen in seinen Akquisitionsbemühungen gehen will. Die Antwort auf die Frage, welche Unternehmen dafür konkret in Betracht kommen, lässt sich in der Identifikationsphase beantworten. Conclusio

Das zentrale Motiv zur Überlegung eines Kaufs beim Käufer liegt in dem geplanten externen Wachstum seines Unternehmens begründet. Hierbei trifft man bei großen Unternehmen häufig auf die Strategie „Wachstum um jeden Preis“. Eine solche Strategie ist bei einer großen Zahl durchgeführter Akquisitionen feststellbar. Auf der anderen Seite gibt es aber strukturierte Lösungsansätze, externes Wachstum in die Entwicklung der Strategie eines Unternehmens zielgerichtet einzubinden. Ein in der Praxis etabliertes Instrument dazu ist die strategische Umfeld- und Unternehmensanalyse (SWOT-Analyse).

6.3.2 Optionen des Verkäufers Die Optionen des mittelständischen Verkäufers hängen von den konkreten Anlässen ab. Während er sich bei den aktiven Anlässen (vgl. Abschn. 2.2) intensiv mit den beabsichtigten Zielen und dem Zielerreichungsgrad befasst, wird er bei passiven Anlässen (vgl. Abschn. 2.3) eher eine abwartende Haltung einnehmen und auf Angebote

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6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

von potenziellen Käufern reagieren. Seine Zielvorstellungen werden sich hierbei im laufenden M&A-Prozess entwickeln. Bei den aktiven Anlässen lassen sich die Ziele eindeutig formulieren. Der Verkäufer wird selber aktiv tätig, um am Ende eines M&A-Prozesses sein Unternehmen möglichst erfolgreich zu verkaufen. Wenn er einen völligen Ausstieg plant, dann wird es primär um die Erzielung eines hohen Kaufpreises gehen. Der Zielerreichungsgrad wird damit an der Höhe des Kaufpreises gemessen. Um die Zielvorstellungen realistisch zu formulieren, sollte sich der Verkäufer zu Beginn des M&A-Prozesses intensiv mit einer (überschlägigen) Bewertung seines Unternehmens befassen. Dazu sind in der Konzeptionsphase keine umfangreichen Unternehmensbewertungen erforderlich. Es genügt zunächst, sich mit einer Bandbreite von möglichen Preisen zu beschäftigen. Hierzu bieten sich Multiplikatorenverfahren an (vgl. Abschn. 6.6.6.1). Hilfestellung bei der Zielformulierung kann ein M&A-Berater bieten. Der Verkäufer muss sich in dieser Phase noch nicht an einen Berater binden, er kann – unter einem überschaubaren Geld- und Zeitaufwand – mehrere Meinungen über die Möglichkeiten des Verkaufs und über einen Kaufpreis einholen. Die Praxis zeigt aber, dass sich der Verkäufer gerne an den Berater bindet, der den höchsten Kaufpreis prognostiziert. Im Ergebnis wird sich dieser Kaufpreis beim Abschluss nicht erzielen lassen. Der Preis ist immer von der subjektiven Wahrnehmung abhängig und wird sich erst im laufenden M&A-Prozess zwischen Verkäufer und Käufer entwickeln. Daher ist die Grundvoraussetzung für die Formulierung eines Zieles als Kaufpreis, die Festlegung einer Preisuntergrenze des Verkäufers. Die Enttäuschungen über sich im M&A-Prozess sukzessiv verringernde Kaufpreisangebote können so geringer gehalten werden. Lässt sich kein Kaufpreis über der Preisuntergrenze erzielen, kann die Option einer Weiterführung des Unternehmens greifen. Weitere Verkaufsbemühungen können dann zu einem späteren Zeitpunkt wieder einsetzen. Eine weitere Option wäre auch die Anpassung der Preisuntergrenze. Dies hängt von der individuellen Fallgestaltung ab. So lassen sich Nachfolgeregelungen über mehrere Jahre strecken. Anders sieht es im Fall eines Verkaufs aus, der aufgrund eines plötzlichen Todesfalls erforderlich wird. Hat der Unternehmer die Wahl bzw. wird vom Käufer gefordert, dass er noch für einen definierten Zeitraum in seinem Unternehmen mitarbeitet, werden in der Regel „earn-out-Klauseln“ greifen. Die Kaufpreiszahlung wird dann in Abhängigkeit von der Erfüllung von Meilensteinen ratierlich erfolgen. Damit verbunden ist häufig die Option, die Anteile sukzessive zu veräußern. Die formulierte Zielerreichung ist dann erst zu einem späteren Zeitpunkt für den Verkäufer messbar. Wenn er die Möglichkeit eines sofortigen Ausstiegs hat, dann sollte er dies auch nutzen und eine ratierliche Kaufpreiszahlung, die an Meilensteine geknüpft ist vermeiden. Gerade in der Konstellation: großes Unternehmen kauft kleines bzw. mittelständisches Unternehmen, sind bei einer weiteren Mitarbeit des Verkäufers die Konflikte vorhersehbar.

6.3  Welche Optionen gelten vor Beginn eines M&A-Prozesses? …

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Die Optionen sind flexibel zu handhaben. Es gibt keine allgemeingültigen Lösungen. So stellt sich ein sukzessiver Anteilsverkauf mit weiterer Mitarbeit des Verkäufers und ratierlicher Kaufpreiszahlung schon wieder anders dar, wenn es um den Anlass eines MBO oder MBI geht. Hier wird die Zusammenarbeit durch ein zumeist gemeinsames Verständnis von Unternehmensführung geprägt sein. Weitere Ziele, die sich in ihrer Wertschätzung nach der Höhe des Kaufpreises folgen können, sind qualitative Ziele. Solche Ziele können z. B. sein: Sicherung der bestehenden Arbeitsplätze oder eine Standortgarantie für einen vertraglich festgelegten Zeitraum. Mittelständische Unternehmer haben oft ein Interesse, dass ihre Mitarbeiter nach dem Verkauf ihre Arbeitsplätze behalten. Eine solche Zusage des Käufers wird in der Regel zeitlich befristet werden und ggfs. auch seinen Niederschlag im Kaufpreis finden. Die Zielerreichung ist in solchen Fall relativ einfach messbar. Bei den passiven Anlässen, die dadurch charakterisiert sind, dass ein oder mehrere Kaufinteressenten auf den mittelständischen Unternehmer zukommen, steht die Frage nach der Option eines Verkaufs oder einer Weiterführung im Fokus der Betrachtung. Wenn der Kaufwunsch das erste Mal an den mittelständischen Unternehmer herangetragen wird, wird dieser sich zunächst abwartend verhalten. Entweder er lehnt das Angebot kategorisch ab, dann entfallen weitere Überlegungen oder, er nimmt die Anfrage zum Anlass, sich mit dem Gedanken eines Verkaufs zu befassen. Im zweiten Fall treibt den Unternehmer häufig das Interesse an, sich mit einem solchen Angebot aus reiner Neugierde auseinanderzusetzen. Da zu einem frühen Zeitpunkt bei der ersten Kontaktaufnahme durch einen potenziellen Käufer noch keine konkreten Vorstellungen über die Art eines Verkaufs und einem möglichen Kaufpreis bestehen, wäre dies eine gute Gelegenheit, Kaufpreis und Kaufgestaltungsmöglichkeiten, die der Käufer kommuniziert, zu erfahren. Wenn die Versuchung auch groß ist, diese Informationen des Käufers über Gebühr auszureizen, sollte man als angesprochener Verkäufer frühzeitig eine Entscheidung über eine Ablehnung oder die Prüfung eines möglichen Verkaufs treffen. Möglicherweise wird man sich zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal in der Rolle Verkäufer/Käufer gegenüberstehen und dann als Verkäufer selber aus einem aktiven Anlass heraus an ernsthaften Kaufinteressenten interessiert sein. Conclusio

Die Optionen des Verkäufers werden durch die zugrunde liegenden Anlässe bestimmt. Bei einem aktiven Anlass wird die Höhe des Kaufpreises im Mittelpunkt stehen. Weitere Ziele können eine Arbeitsplatz- und Standortgarantie sein. Um nicht in die Spirale eines Verkaufs um jeden Preis hineinzugeraten, sollte sich der Verkäufer – möglichst frühzeitig – eine Preisuntergrenze setzen. Bei einem passiven Anlasse besteht die Möglichkeit, sich evtl. erstmals, mit einem Verkauf auseinanderzusetzen. Der Käufer wird dem Verkäufer seine Vorstellungen über die Art des Verkaufs und über mögliche Kaufpreise mitteilen.

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6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

6.4 Welcher Käufer/Verkäufer passt zu mir? (Identifikationsphase) In der Identifikationsphase geht es um die Suche nach Akquisitionskandidaten sowie eine daran anschließende Vorabbewertung der identifizierten Kandidaten. Auch hier ist wieder eine Unterscheidung zu treffen, wer den oder die Akquisitionskandidaten identifiziert. Beide, Käufer und Verkäufer, werden bei ihrer Suche und der Vorabbewertung zum Teil unterschiedlich vorgehen. Während der Käufer als großes Unternehmen hier eine standardisierte Vorgehensweise wählen kann, die er aufgrund seiner Erfahrungen entwickelt hat, wird der mittelständische Verkäufer ohne diese Erfahrung externe Hilfe in Anspruch nehmen müssen. In der Konzeptionsphase kann im Idealfall von Käufer und Verkäufer ein mögliches Suchfeld für die Identifizierung der Akquisitionskandidaten abgesteckt werden. Eine Suche nach geeigneten Unternehmen hat das Ziel, die Unternehmen zu identifizieren, die einen möglichst hohen Zielerreichungsgrad der strategischen Ziele ermöglichen. Bildlich kann man sich eine solche Suche als „trichterförmige Suchfeldanalyse“ vorstellen (Abb. 6.5). In einem ersten Schritt werden zunächst mögliche Akquisitionskandidaten identifiziert. Diese Kandidaten durchlaufen einen ersten Filterprozess, bei der nach K.O.-Kriterien eine weitere Verdichtung an Kandidaten vorgenommen wird. Im Hinblick auf die Analyse eines möglichst großen Zielerfüllungsgrades werden weitere Unternehmen aussortiert. Die den Trichter verlassenden Unternehmen sind die Unternehmen, die als potenzielle Kandidaten identifiziert worden sind. Für diese Unternehmen erfolgt eine Vorabbewertung. Diese trichterförmige Suchfeldanalyse können Käufer und Verkäufer gleichermaßen einsetzen, wobei die Konkretisierung der einzelnen Schritte differenzieren wird.

Alternativen

A B

C

Weitere Kriterien • Strategieübereinstimmung • Realistische Kaufpreisbandbreite

K.O.-Kriterien • Branche • Finanzkenngrößen • Produktportfolio • -

B

D

C

E

G

F

E G

Abb. 6.5   Trichterförmige Suchfeldanalyse [4]. (Quelle: 6, a. a. O., S. 121)

C

G

Akquisitionskandidaten

6.4  Welcher Käufer/Verkäufer passt zu mir? (Identifikationsphase)

Gespräche, Interviews

Kunden, Lieferanten, Wettbewerber

M&ADatenbanken

Hinweis auf potentielle Kandidaten

Verzeichnisse

Branchenverbände, Firmendatenbanken, Lieferantenverzeichnisse

Internetquellen

Suchmaschinen, Patentdatenbanken, Firmenverzeichnisse

Firmenregister

Handelsregister, Unternehmensregister des Bundesanzeigers

Zeitungen

89

Auswertung von Zeitungsartikeln, Schalten von Anzeigen

Abb. 6.6   Informationsquellen für eine Suchfeldanalyse

Conclusio

Eine Suchfeldanalyse ist ein gutes praktisches Instrument, um mögliche Verkaufsbzw. Kaufkandidaten zu identifizieren. Durch einen Filter von K.O.-Kriterien lassen sich die Kandidaten sukzessive analysieren und damit eingrenzen.

6.4.1 Identifizierung durch den Käufer Der Käufer wird auf der Grundlage der Ergebnisse der Konzeptionsanalyse eine erste Eingrenzung der Akquisitionskandidaten vornehmen. Hierdurch wird das Suchfeld der möglichen Kandidaten abgesteckt. Das Suchfeld selber kann (theoretisch) aus einer Fülle von Informationsquellen herausgefiltert werden. Eine Möglichkeit der Strukturierung solcher Quellen zeigt die folgende Abb. 6.6.1 Die vorstehend aufgeführten Informationsquellen stehen zwar einem Käufer und einem Verkäufer grundsätzlich zur Verfügung, müssen aber in der Praxis auf ihre Erfolgswahrscheinlichkeit hin kritisch betrachtet werden. Weiterhin sind die Quellen danach zu unterscheiden, ob bereits vonseiten potenzieller Verkäufer Signale im Markt vorhanden sind (Angebotsorientierung) oder ob der Käufer von sich aus die Initiative ergreifen muss (Nachfrageorientierung). Im zweiten Fall kommt erschwerend hinzu, dass die aktive Suche bei möglichen Verkäufern – auf einem

1Vgl.

dazu auch Kummer/Eiffe/Mölzer, a. a. O., S. 26 [18].

90

6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

zunächst anonymisierten M&A-Markt – bei Bekanntgabe des Interesses, den Kaufpreis nach oben treiben kann. Auch wenn im Markt Angebote von Verkäufern bereits vorliegen, ist nicht auszuschließen, dass es sich dabei um ein bewusstes Streuen von Verkäufen handelt, um auf diesem Weg ein mögliches Interesse auszuloten. Daher ist vor einer ersten Ansprache, in der Phase der Auswahl, diese Möglichkeit zu prüfen. Eine weitere erste Auswahl muss auch die Unternehmen mit einbeziehen, die auf keinen Fall angesprochen werden sollen. Diese Negativauswahl kann ihre Begründung darin finden, dass die Wettbewerber etwas über die externe Wachstumsstrategie erfahren könnten und damit eine solche Strategie obsolet würde. Ein möglicher Weg an Informationen über Akquisitionskandidaten zu gelangen, sind informelle Kontakte. Wer sich permanent „umhört“, kann von Lieferanten, Kunden aber auch von Wettbewerbern Hinweise auf potenzielle Kandidaten erhalten. Zielgerichteter sind Informationen, die man über M&A-Berater, über Investmentbanken oder über Unternehmensmakler erhalten kann. Für solche Informationen muss man in der Regel eine Vermittlungsgebühr zahlen. Die Erfolgswahrscheinlichkeit, echte Kandidaten vermittelt zu bekommen, ist hier höher. Eine weitere Möglichkeit ist die Recherche in Verzeichnissen über Unternehmen. Solche Verzeichnisse sind in digitaler Form erhältlich und können durch entsprechende Suchkriterien in kürzester Zeit helfen, die Kandidaten einzugrenzen. Die Nutzung solcher Quellen ist in der Regel kostenpflichtig. Man kann auch den Weg beschreiten, Annoncen in Fachzeitungen zu schalten. Dabei ist im Vorfeld auf die Anonymität zu achten. Wenn die Geheimhaltung eine große Rolle spielt, dann können solche Anzeigen in anonymisierter Form durch Dritte geschaltet werden. Bei großen Unternehmen besteht auch die Möglichkeit, durch gezielte Interviews ein Interesse an potenziellen Akquisitionskandidaten einer breiten Öffentlichkeit zu übermitteln. Das Ergebnis einer ersten Kandidatenidentifizierung ist eine sog. „Long-List“, in der in undifferenzierter Weise die Kandidaten quantitativ erfasst werden. Bevor einzelne Kandidaten angesprochen werden, muss eine weitere Eingrenzung erfolgen. Das Ergebnis nach erfolgter Eingrenzung ist die sog. „Short-List“. Nur die Kandidaten, die in dieser Liste aufgeführt sind, werden angesprochen. Der Weg von der Long-List zur Short-List führt über einen Abgleich der Kandidaten mit einem vom Käufer aufgestellten Akquisitionsprofil. Dieses Profil reduziert durch die definierten Akquisitionskriterien die Anzahl der potenziellen Kandidaten erheblich. Beispiele für Akquisitionskriterien zeigt die Abb. 6.7. Die definierten Akquisitionskriterien können als K.O.-Kriterien angesehen werden, die zu einer ersten Eingrenzung der Akquisitionskandidaten führen. Der Käufer wird durch eine Festlegung der Größenordnung über die Höhe der Umsatzerlöse, des Ergebnisses oder der Anzahl der Arbeitnehmer eine Bandbreite festlegen. Die Bandbreite

6.4  Welcher Käufer/Verkäufer passt zu mir? (Identifikationsphase)

91

Akquisitions-Kriterien

Größenordnung Transaktionsgestaltung Produktportfolio Kapitalstruktur Wertschöpfung des Geschäftsmodells Technologiekompetenz Umweltaspekte Akquisitionskosten Integrationswahrscheinlichkeit Zeitdauer

Abb. 6.7   Der Weg zur Short-List über Akquisitionskriterien [12, S. 260]

kann flexibel ausgelegt sein, wenn z. B. die Möglichkeit besteht, vorhandene Geschäftsbereiche, die nicht im strategischen Fokus stehen, nach dem Kauf ohne Probleme weiter zu veräußern. Bei dem Kriterium der Transaktionsgestaltung stehen Überlegungen im Vordergrund, einen share- oder Asset Deal zu präferieren. Die Entscheidung für eine der Möglichkeiten kann in engem Zusammenhang mit der Steuer- und Risikopolitik des Käufers stehen. Bei der Definition des Produktportfolios können Übereistimmungen oder Ergänzungen zum eigenen Portfolio eine Rolle spielen. Hierbei kann auch der (regionale) Marktanteil eine Bedeutung haben. Wenn man einen Restrukturierungsfall oder Sanierungsfall ausschließen will, dann kann die Kapitalstruktur eine zentrale Rolle spielen. Eine stabile Eigenkapitalstruktur und konstante Ergebnisse können helfen, solche Unternehmen zu identifizieren. Auch die Wertschöpfung des Neugeschäftes kann vorgegeben werden. Hier könnte eine Eingrenzung über mögliche Gewinnspannen des zu erwerbenden Unternehmens ein K.O.-Kriterium sein. Eine wichtige Rolle für die Auswahl kann die Technologiekompetenz des zu erwerbenden Unternehmens sein. Dieses Motiv spielt bei der Übernahme mittelständischer Unternehmen durch große Unternehmen oft eine zentrale Rolle. Auch die Frage nach möglichen Umweltlasten oder anstehenden Umweltproblemen, bzw. damit zusammenhängende Kosten, können ein Ausschlusskriterium sein. Neben der quantitativen Eingrenzung der Höhe der Umsätze, der Ergebnisse oder der Arbeitnehmer, wird die Höhe der Akquisitionskosten, die den Kaufpreis mit einschließen, ein wichtiges Akquisitionskriterium sein. Bereits mit der Festlegung einer Preisobergrenze lassen sich in diesem ersten Selektionsschritt Eingrenzungen in der Anzahl möglicher Akquisitionskandidaten vornehmen.

92

6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

Ebenso kann eine erste Abschätzung der Integrationswahrscheinlichkeit Anhaltspunkte dafür geben, ob die Unternehmenskulturen zusammenpassen und den Kauf als Erfolg darstellen lassen. Ein eingrenzendes Kriterium stellt die Beantwortung der Frage bereit, wie lange sich ein Akquisitionsprozess hinziehen kann. Die Abschätzung dieser Zeitdauer wird im praktischen Fall von einem großen Optimismus begleitet. Zumeist ziehen sich M&A-Prozesse weit über den prognostizierten Zeitraum hinaus. Die Beurteilung der Akquisitionskriterien wird zu einer ersten Reduzierung der Kandidaten führen, die keine weitere Berücksichtigung mehr finden. Der verbleibende Teil wird einer weiteren, vertiefenden Analyse unterzogen. Diese weitergehende Analyse beinhaltet konkretere Abschätzungen darüber, ob die Kandidaten zu der geplanten Strategie des Käuferunternehmens passen. Dabei ist auch die Frage zu klären, wer im Falle einer Ansprache kontaktiert wird. Obwohl dies bei einem mittelständischen Unternehmen in der Mehrzahl der Fälle der Eigentümer des Unternehmens ist, gibt es auch Fälle, bei denen eine Fremdgeschäftsführung mit einbezogen werden muss. Da der Eigentümer primär an dem Verkauf partizipiert, ist daher das Schwergewicht der Analyse und einer folgenden Ansprache auf den Eigentümer zu legen. Nach der weiteren Eingrenzung zur Identifizierung möglicher Akquisitionskandidaten wird der Käufer eine Vorabbewertung vornehmen. Hierbei werden die Akquisitionskriterien die erfüllt sind, einer weiteren quantitativen Analyse unterzogen. Durch eine überschlägige Bewertung können so erste Bandbreiten für einen Kaufpreis ermittelt werden. Damit lässt sich nach der folgenden Ansprache effizient eine Eingrenzung der Unternehmen vornehmen, die überhaupt weiter in Betracht gezogen werden können. So lassen sich z. B. interne Kaufpreisvorstellungen in der Form „max. 6 x EBIT“ als Orientierung formulieren. Conclusio

Zur Identifizierung potenzieller Verkäufer steht dem Käufer eine Reihe von Informationsquellen zur Verfügung. Je intensiver die Auswertung dieser Quellen ist, desto mehr Akquisitionskandidaten können identifiziert werden. Durch die Formulierung von Akquisitionskriterien können, im Zusammenhang mit einem Abgleich solcher K.O.-Kriterien, weitere Eingrenzungen vorgenommen werden. Eine Quantifizierung dieser Akquisitionskriterien führt über die (interne) Formulierung eines maximalen Kaufpreises – z. B. das x-fache des EBIT – zu einer weiteren Eingrenzung der potenziellen Akquisitionskandidaten.

6.4.2 Identifizierung durch den Verkäufer Die Informationsquellen des Verkäufers zur Identifizierung potenzieller Käufer, decken sich mit denen des Käufers. Ein Schwergewicht seiner Anstrengungen, die richtigen Käufer zu identifizieren, wird er auf Externe verlagern müssen. Bei einer aktiven Suche

6.4  Welcher Käufer/Verkäufer passt zu mir? (Identifikationsphase)

93

fehlt es dem Verkäufer an Erfahrung und damit an Know-how, unter einem vertretbaren Zeit- und Kostenaufwand die potentiellen Käufer einzugrenzen. Bei einer ersten Eingrenzung wird sich die Sichtweise des Verkäufers darauf konzentrieren, mit welcher Art von Käufern er in Kontakt treten möchte. Hierbei ist auf die Differenzierung nach strategischem Käufer, nach Finanzkäufer, nach exotischem Käufer bzw. nach dem Management als Käufer zu achten. In der Regel bieten sich für einen mittelständischen Verkäufer strategische Käufer und das Management als Käufer an. Beim Management als Käufer ist eine Identifizierung zumeist nicht schwierig; insbesondere wenn man sich auf das eigene Management im Rahmen eines MBO konzentrieren kann. Schwieriger ist dann schon die Identifizierung externer Manager. Finanzkäufer und exotische Käufer sind zwar identifizierbar, werden aber nach einem Abgleich von Akquisitionskriterien nur eine untergeordnete Rolle beim Verkauf von mittelständischen Unternehmen eine Rolle spielen. Dies hängt einmal mit den Erwartungen der Käufer bezüglich einer zu erzielenden Rendite und zum anderen mit den Größenkriterien bezüglich des Umsatzes zusammen. In den meisten Fällen verbleibt es bei den strategischen Käufern, die primär an dem operativen Geschäft des Verkäufers interessiert sind und sich nicht ausschließlich von Renditekennziffern und der Möglichkeit nach einem überschaubaren Zeitraum durch einen Exit das Engagement zu beenden, charakterisieren lassen. Bei einer Konzentration auf strategische Käufer bzw. das Management als Käufer, stehen die Akquisitionskriterien im Vordergrund, die sich auf die Höhe und die Zahlung des Kaufpreises konzentrieren. Daher gewinnt die Festlegung einer Preisuntergrenze eine besondere Bedeutung. Hierbei wird der Verkäufer eine Bandbreite formulieren, die seine Erwartung eines möglichen Kaufpreises ausdrückt. Wenn die möglichen Akquisitionskandidaten aus dem Kreis großer Unternehmen kommen, hat der Verkäufer zumeist keine Probleme, eine größere Zahl in sein Suchfeld mit einzubeziehen. Anders sieht dies aus, wenn es sich bei den Akquisitionskandidaten um regionale Wettbewerber handelt. Hier werden neben rationalen Kriterien auch immer emotionale Befindlichkeiten eine Rolle spielen. So gibt es aus diesem Kreis immer Kandidaten, die unter keinen Umständen angesprochen werden sollten. Wenn der Verkäufer mehrere Interessenten hat, lassen sich solche emotionalen Kriterien berücksichtigen. Anders sieht es hingegen aus, wenn nur wenige Käufer identifiziert werden können und der Verkäufer dennoch die feste Absicht hat, zu verkaufen. In diesem Fall hilft nur die Einschaltung eines M&A-Beraters, der emotional unbelastet die Auswahl und die Ansprache steuert. Conclusio

Der mittelständische Verkäufer kann sein Suchfeld erheblich eingrenzen, da primär strategische Käufer bzw. das Management an erster Stelle stehen. Finanzkäufer und exotische Käufer werden wegen ihren Anforderungen bezüglich einer Mindestrendite zumeist ausscheiden.

94

6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

6.5 Mit welchem Käufer/Verkäufer spreche ich? (Auswahlphase) 6.5.1 Zentrale erste Ansprechpartner Durch die Identifikationsphase kann die Anzahl der potenziellen Ansprechpartner erheblich eingegrenzt werden. Die mögliche Erfüllung der definierten Akquisitionskriterien führt zu einer Liste mit den entsprechenden Kontaktdaten der ausgewählten Unternehmen. Bei der Ansprache potenzieller Kauf-/Verkaufskandidaten ergibt sich eine zweigeteilte Sichtweise: Zum einen sucht ein großes Unternehmen ein mittelständisches Unternehmen zum Kauf und zum anderen sucht ein mittelständischer Unternehmer einen Käufer für sein Unternehmen. Der Anspruch dieses Buches erstreckt sich primär auf die Sichtweise eines mittelständischen Verkäufers. Insofern wird diese Sichtweise im Mittelpunkt der weiteren Ausführungen dieser und den folgenden M&A-Phasen stehen. Die Sichtweise des mittelständischen Unternehmers ist die Grundlage für den Auswahlprozess. In der Mehrheit der M&A-Fälle, die sich auf das mittelständische Unternehmen beziehen, ist der Geschäftsführer gleichzeitig der Eigentümer oder Miteigentümer des Unternehmers. Er wird daher als der zentrale Ansprechpartner im M&A-Prozess aufseiten des Verkäuferunternehmens agieren. Darüber hinaus ist die Rolle eines M&A-Beraters eine zentrale Rolle. Die interessierten Käufer werden es in der Auswahlphase mit diesen Personen zu tun haben. Idealerweise wird der mittelständische Unternehmer den beauftragten M&A-Berater möglichst freie Hand lassen und sich zunächst mit Informationen über den laufenden Prozess zufrieden geben. Von Fall zu Fall kann dann der mittelständische Unternehmer temporär aktiv in den Prozess eingreifen. Je nach identifizierten Unternehmen wird sich der M&A-Berater in einem ersten Schritt über die anzusprechenden Personen informieren. Bei großen Unternehmen werden dies zunächst die Manager sein, die in unternehmenseigenen M&A-Abteilungen tätig sind. Diese Ansprechpartner lassen sich durch Recherchen relativ einfach identifizieren. Entweder liegen die Kontaktdaten über die Netzwerke des M&A-Beraters vor oder sie lassen sich über den Internetauftritt der großen Unternehmen herausfiltern. Kommen mittelständische Unternehmen als potenzielle Kaufinteressenten in Betracht, wird in Rücksprache mit dem mittelständischen Verkäufer eine erste Informationssammlung stattfinden können. Hierbei ist im Vorfeld die Frage zu klären, wer direkt angesprochen werden sollte, der Unternehmenseigner oder ggfs. der angestellte Geschäftsführer. In der Mehrheit der praktischen M&A-Fälle wird es sich bei mittelständischen Käufern um den Unternehmenseigner handeln, der zumeist auch Geschäftsführer ist.

6.5  Mit welchem Käufer/Verkäufer spreche ich? (Auswahlphase)

95

6.5.2 Erste Ansprache potenzieller Unternehmen 6.5.2.1 Erstkontakt War es noch vor wenigen Jahren üblich, sich schriftlich an potenzielle Käufer oder deren Berater zu wenden, ist es mittlerweile zum Normalfall geworden, sich über E-Mail bzw. über angegebene Kontaktportale an potentielle Käufer zu wenden. Teilweise werden die verkaufswilligen Unternehmer gebeten, einen ersten Überblick über das zu verkaufende Unternehmen in Kurzform zu geben (z. B. in Form eines anonymisierten Teasers). Von daher spricht bereits bei der ersten Ansprache viel dafür, diesen Teil des M&A-Prozesses professionell anzugehen. Sofern man den jeweiligen Ansprechpartner kennt, spricht nur wenig dagegen, sich telefonisch mit dem potenziellen Käufer in Verbindung zu setzen. Nur sollte man dabei berücksichtigen, dass es damit nur bedingt gelingt, den M&A-Deal vertraulich bzw. anonym zu halten. Vorteil einer telefonischen Anfrage ist die direkt erfolgende Reaktion des Gesprächspartners. Zumeist wird man hierbei auf ein erstes Interesse stoßen und sei es auch nur, um die Neugierde des Angesprochenen zu befriedigen. Bei schriftlichen Anfragen tritt das Problem auf, dass der Anfrage nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt wird und ohne weitere Reaktion des Angesprochenen im Papierkorb landet. Bei schriftlichen Anfragen stellt sich auch die Frage, welche Informationen stellt man zur Verfügung, um eine schnelle Ablehnung zu vermeiden. Zu ausführliche Informationen könnten dazu führen, dass – auch beim Einschalten eines M&A-Beraters als Informationsfilter – der potenzielle Verkaufskandidat identifiziert werden kann. Dies führt möglicherweise in dieser ersten Ansprache zu Irritationen im Umfeld des Verkaufskandidaten. Bei telefonischer Anfrage hingegen wird man nur die Informationen preisgeben, die ein erstes Interesse wecken. Die konkrete Ansprache wird über das Sekretariat des Inhabers/Geschäftsführers erfolgen. Nicht jeder Anruf wird sofort weitergeleitet. Der Hinweis, man werde zurückrufen, wird in den wenigsten Fällen zu einer weiteren Kontaktaufnahme führen. Daher bleibt nur der Weg, über das Sekretariat das Interesse zu wecken und im Falle eines ersten Scheiterns einen weiteren Telefontermin zu vereinbaren. Erfahrene M&A-Berater haben hierbei eine große Erfolgsquote. Von einem Einschalten von Call-Centern ist dringend abzuraten. Ein unmotiviertes „Abtelefonieren“ wird nicht zum Erfolg führen. Conclusio

Der Erstkontakt sollte über eine telefonische Kontaktaufnahme erfolgen. Erfahrene M&A-Berater haben damit die besten Erfahrungen gemacht, da schriftliche Anfragen meist keine Beachtung finden. Zudem können in einem Telefongespräch erste zentrale Fragen beantwortet werden.

6.5.2.2 Informations-Memorandum In der ersten Kontaktaufnahme wird der angesprochene potenzielle Käufer weitere Informationen vom Verkäufer abverlangen. Diese können in anonymisierter Form, in der

96

6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

Gestaltung eines Kurz-Informations-Memorandums (oft auch als Teaser bezeichnet), zugesagt werden. Es gibt auch M&A-Fälle, bei denen vor Abgabe eines Informations-Memorandums eine Geheimhaltungsvereinbarung vom interessierten Käufer durch den Verkäufer eingefordert wird. In einem solchen Fall wird man dem potenziellen Käufer weitergehende Informationen über das Unternehmen zur Verfügung stellen. Eine Offenlegung des zum Verkauf stehenden Unternehmens ist dann gegeben. Gerade bei international ausgerichteten Käufern wird der Erfolg eines M&A-Deals auch daran gemessen, wie professionell ein Verkäufer vorgeht. Von daher kann es geboten sein, sich mit den international gebräuchlichen Usancen eines Unternehmenskaufs im Vorhinein vertraut zu machen. Gerade die Vorbereitung der Ansprache mit einem anonymisierten Teaser (in Deutscher und Englischer Sprache), der Abschluss einer nach internationalen Standards abgeschlossenen Vertraulichkeitserklärung (Non Disclosure Agreement – NDA) und eine aussagefähige Dokumentation über das zu verkaufende Unternehmen (mit Einschätzung der Wettbewerbssituation sowie zur Marktentwicklung) in einem Informationspaket (oft als Factbook oder als Informations-Memorandum bezeichnet), ist eine unabdingbare Voraussetzung, dass der verkaufende Unternehmen vom Verkäufer als erstzunehmender Vertragspartner eingeschätzt wird. Will man zunächst das Interesse von mehreren Kaufinteressenten ausloten und die Anonymität wahren, wird man nach Aushändigung des anonymisierten Informations-Memorandums, bei weiterem Interesse eine Geheimhaltungsvereinbarung abschließen und dann die Anonymität aufheben und weitergehende Informationen zur Verfügung stellen. Auf die Abfassung des Informations-Memorandums ist größte Sorgfalt zu legen, denn es soll aussagefähige Informationen über das Unternehmen liefern. Dabei ist darauf zu achten, dass sich diese ersten Informationen – bei weiterem Interesse – in der Prüfphase bestätigen. Obwohl das Informations-Memorandum die Aufgabe hat, das Interesse zu wecken und dementsprechend als „Verkaufs-Memorandum“ konzipiert ist, sollte man Übertreibungen bei den Formulierungen vermeiden. Insbesondere die quantitativen Informationen über z. B. Umsätze, Deckungsbeiträge und Ergebnisse sollten einer späteren Überprüfung standhalten. Die Bereitstellung der Informationen ist als sukzessiver Prozess zu sehen, bei dem von Beginn kein zu detaillierter Einblick gewährt werden sollte. Die einen M&A-Prozess charakterisierenden Phasen sind durch eine Abfolge einer Vertrauensbildung geprägt. Je stärker das Vertrauen im M&A-Prozess wächst, desto detaillierter werden die Informationen sein. Ein Informations-Memorandum ist nicht standardisiert, sollte aber eine erste Einschätzung über das Unternehmen ermöglichen. Als Mindestinformationen sollten die nachstehend aufgeführten Bereiche in einem Informations-Memorandum aufgeführt sein:

6.5  Mit welchem Käufer/Verkäufer spreche ich? (Auswahlphase)

97

• Transaktionsstruktur • Kurzer historischer Abriss • Angaben über Produktionsstätten • Angaben über die Verkaufsstruktur • Angaben über Mitarbeiterstruktur • Investitions- und Abschreibungssituation • Eigen- und Fremdkapitalstruktur • Ergebnissensible Faktoren • Zentrale Kennzahlen der letzten drei Jahre • Entwicklungspotenziale • Einschätzung der Wettbewerbsposition • Marktsituation und Marktentwicklung • Evtl. Bandbreite der Preisvorstellungen des Verkäufers • Hinweise für die weitere Vorgehensweise • Ansprechpartner Das Informations-Memorandum wird standardmäßig in digitaler Form an die potenziellen Kaufinteressenten weitergereicht. Das weitere Interesse kann so kurzfristig abgefragt werden. Der erfahrene M&A-Berater wird die Ernsthaftigkeit des Interesses zumeist relativ schnell überprüfen und dann den nächsten Schritt einleiten können. Um dem weiteren Informationsbedürfnis der Interessenten angemessen Rechnung tragen zu können, wird man in einem nächsten Schritt eine Geheimhaltungsvereinbarung abschließen. Conclusio

Das Informations-Memorandum ist ein Verkaufsprospekt für das verkaufende Unternehmen und daher mit größter Sorgfalt zu erstellen. Mit einem Verkaufsprospekt soll ein erstes ernsthaftes Interesse an dem Unternehmen geweckt werden. Die Sorgfaltspflicht des Erstellers beinhaltet die Forderung, nur überprüfbare Informationen in das Memorandum aufzunehmen. Damit wird das gegenseitige Vertrauen für die weiteren Phasen des M&A-Prozesses gestärkt.

6.5.2.3 Geheimhaltungsvereinbarung Eine Geheimhaltungsvereinbarung (auch als Confidentiality Agreement oder Non-Disclosure-Agreement (NDA) bezeichnet) soll sicherstellen, dass die Verkaufsabsicht nur einem überschaubaren Kreis von Interessenten bekannt gemacht wird. Damit möchte der Verkäufer Indiskretionen vermeiden, die sich bei Bekanntgabe bei z. B. Lieferanten, Kunden oder Banken negativ auswirken können. Eine solche Vereinbarung regelt, dass sämtliche Informationen über die Akquisition vertraulich zwischen potenziellem Käufer und Verkäufer behandelt werden. Die bereitgestellten Informationen dürfen

98

6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

ausschließlich für die Zwecke Verwendung finden, die im Zusammenhang mit der Akquisition stehen. Bei einem Abbruch der Verhandlungen sind alle erhaltenen Informationen zurückzugeben bzw. dürfen nicht weiter verwendet werden. Eine Geheimhaltungsverpflichtung erstreckt sich in der Regel auf einen festgelegten Zeitraum (z. B. 3 Jahre nach Vertragsabbruch) und enthält eine Regelung über eine Vertragsstrafe, bei Verletzung der Vereinbarung. Einschränkend gilt aber für diese Sanktionen, dass der Nachweis einer Verletzung und ein daraus abgeleiteter Schaden nur schwer zu führen ist. Insofern ist die Vertragsstrafe eher als moralische Goodwill-Erklärung zu interpretieren. Insbesondere bei angloamerikanischen Kaufinteressenten kann eine solche Geheimhaltungsverpflichtung einen größeren Umfang annehmen. Große Unternehmen arbeiten – auch in ihrer Rolle als Käufer – gerne mit Geheimhaltungsvereinbarungen, die von ihrer Rechtsabteilung formuliert worden sind. Der mittelständische Verkäufer muss dabei ausloten, inwieweit er sich solche umfangreichen Vereinbarungen vorschreiben lässt. Hier kann ein erster Test bezüglich des ernsthaften Interesses, bei Ablehnung der vom Käufer in die Verhandlung eingebrachten Geheimhaltungsvereinbarung, vorgenommen werden. Nachfolgend sind in der Praxis erprobte und verwendete Muster einer Vertraulichkeitserklärung abgebildet (Abb. 6.8 und 6.9); dabei haben wir sowohl gängige Kurzformen als auch die wesentlich häufiger verwendeten ausführlichen Langformen aufgenommen. Eine international gebräuchliche Langform in deutscher und in englischer Sprache ist als Anhang beigefügt. Eine anonymisierte Vertraulichkeitserklärung, die in einem praktischen M&A-Fall zur Anwendung gekommen ist, zeigt die Abb. 6.9. Nach Unterschrift der Geheimhaltungsvereinbarung können weitere Informationen ausgetauscht und erste persönliche Gespräche geführt werden. Conclusio

Eine Geheimhaltungsvereinbarung ist ein Muss für jeden M&A-Prozess. Wenn auch ein Verstoß gegen die Vereinbarungen nur schwer nachzuweisen sein wird und ein daraus resultierender Schaden gerichtlich nur langwierig und mit großer Unsicherheit ausgeglichen werden kann. Daher sind Vertraulichkeitserklärungen, versehen mit einer Vertragsstrafe, zwar juristisch reizvoll, jedoch in der Praxis nur selten durchzusetzen. Eine zwischen den Parteien abgeschlossene Vertraulichkeitserklärung hat jedoch nicht nur eine formale, sondern auch eine moralische Bedeutung für die Ernsthaftigkeit eines M&A-Deals.

6.5.2.4 Verkaufsgespräche Das erste Gespräch wird idealerweise am Standort des Verkäufers stattfinden. Nachdem der potenzielle Käufer – aufgrund der Geheimhaltungsvereinbarung – weitere Informationen erhalten hat, können bei diesem Gespräch zum einen weitere Fragen geklärt werden und zum anderen ein erstes persönliches Kennenlernen zwischen den Beteiligten

6.5  Mit welchem Käufer/Verkäufer spreche ich? (Auswahlphase)

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Non-Disclosure Agreement We agree that any information disclosed to us by SELLER and/or its subsidiaries (“Company”) will be considered proprietary and confidential, including all such information relating to the Company's past, present, or future business activities, research, product design or development, personnel, and business opportunities. Confidential information shall not include information previously known to us, the general public, or previously recognized as standard practice in the field. We agree that we will hold all confidential and proprietary information in confidence and will not use such information except as may be authorized by the Company and will prevent its unauthorized dissemination. We acknowledge that unauthorized disclosure could cause irreparable harm and significant injury to the Company. We agree that upon request, we will return all written or descriptive matter and supporting documents including project related source codes to the Company. Accepted by (BUYER) and agreed to:

BUYER - Company Printed Name Title

Date

Signature

Abb. 6.8   Vertraulichkeitserklärung in englischer Sprache (Kurzform)

stattfinden. Hierbei sollte aufseiten des Verkäufers – neben dem M&A-Berater – auch der Verkäufer mit hinzugezogen werden. Ein erstes persönliches Kennenlernen dient nicht nur dem Austausch weiterer Informationen, sondern ermöglicht auch den Beteiligten die Klärung der Frage, ob sie sich grundsätzlich verstehen und sich weitere Verhandlungen vorstellen können. Unabhängig von einer Reihe von sachlichen Argumenten, ist die persönliche Komponente nicht außer Acht zu lassen. Gerade, wenn so unterschiedliche Kulturen, wie die der angestellten Manager auf die Kultur eines mittelständischen Unternehmers treffen, bleiben persönliche Abneigungen nicht aus. Das erste Gespräch sowie weitere Gespräche im Unternehmen sind mit Sorgfalt zu planen, damit im praktischen M&A-Fall mögliche Unruhen im Unternehmen vermieden

100

6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

Geheimhaltungsvereinbarung zwischen Käufer /Anschrift – nachfolgend "Käufer“ genannt – und Verkäufer /Anschrift – nachfolgend "Verkäufer“ genannt – – gemeinsam

die

„Parteien“,

jede

von

beiden

jeweils

entsprechend,

“zur

Verfügung

stellende

Partei” oder “Empfängerpartei” Präambel Käufer und Verkäufer beabsichtigen, sich über einen möglichen Verkauf bzw. Kauf von einer Unternehmensgruppe (Gesellschaft), bestehend aus xx Tochtergesellschaften (vgl. Anhang I dieser Vereinbarung auszutauschen. Die Parteien werden sich gegenseitig alle kaufmännischen und/oder technischen Informationen zur Verfügung stellen, die zur Durchführung des Projekts erforderlich sind. Vereinbarungen Dies vorausgeschickt kommen die Parteien wie folgt überein: Beide Parteien werden strengstes Stillschweigen über mögliche Verkaufsabsichten der Unternehmensgruppe bzw. über mögliche Kaufabsichten des Käufers wahren. „Vertrauliche Informationen“ bezeichnet alle Dokumente und sonstige Unterlagen sowie die Informationen, die die Unternehmensgruppe dem Käufer oder umgekehrt diese der Unternehmensgruppe im Rahmen des Projekts zugänglich macht, gleich welcher Art (Texte, Zeichnungen, Diagramme, Fotografien etc.) und unabhängig von der Art des Mediums (Schriftstücke, Ausdrucke, CD-ROMs, E-MailDateien, mündliche Mieilungen etc.). Auch alle aufgrund der Informationen von den Parteien oder ihren Beratern im Rahmen de s Projekts erarbeiteten Analysen oder sonstigen Unterlagen gelten als vertrauliche Informationen und sind wie diese zu behandeln. Vertrauliche Informationen sind nicht solche Informationen, die a) öffentlich bekannt sind; b) ohne Verschulden der Empfängerpartei oder deren Mitarbeitern während der Geltungsdauer dieser Geheimhaltungsvereinbarung öffentlich bekannt werden; c) nachweislich vor ihrer Übermilung bereits der Empfängerpartei zugänglich waren. Die Empfängerpartei verpflichtet sich, hinsichtlich aller vertraulichen Informationen strengste Vertraulichkeit zu bewahren und sie Drien nicht zugänglich zu machen. Die Verwendung der vertraulichen Informationen ist nur im Rahmen und zum Zwecke des Projekts zulässig. Die Empfängerpartei benennt jeweils einen verantwortlichen Ansprechpartner, der das Projekt steuert. Für die Unternehmensgruppe ist dies Herr XX, für den Interessenten ist dies Herr YY. Die vertraulichen Informationen können auch solchen externen Beratern zugänglich gemacht werden, die einer beruflichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen oder sonstigen Beratern, sofern die sonstigen Berater durch die Empfängerpartei schriftlich zur Vertraulichkeit verpflichtet worden sind. Die Pflicht zur Vertraulichkeit besteht nicht gegenüber Gerichten und Behörden, soweit diese im Rahmen ihrer Zuständigkeit mit einer verpflichtenden Verfügung von der Empfängerpartei Informationen und Auskünfte verlangen. Im Falle eines solchen Auskunftsverlangens wird die Empfängerpartei die entsprechende andere Partei unverzüglich benachrichtigen. Im Falle eines Scheiterns des Projekts werden die Parteien auf schriftliche Anforderung der entsprechenden anderen Partei alle ihnen vorliegenden vertraulichen Informationen und die aufgrund dieser Information gefertigten, weiteren Unterlagen vernichten, soweit die Empfängerpartei nicht aufgrund anwendbaren Rechts oder interner Grundsäe verpflichtet ist solche Informationen aufzubewahre n. Die zur Verfügung stellende Partei übernimmt für die Vollständigkeit und Richtigkeit der weitergegebenen Informationen keinerlei Gewähr und haftet dafür auch in keiner Weise, weder auf vertraglicher noch vorvertraglicher Grundlage noch aufgrund der Inanspruchnahme von Vertrauen noch auf anderer Grundlage. Sollte eine Bestimmung dieser Vereinbarung aus irgendeinem Grund ganz oder teilweise unwirksam sein oder werden, so wird die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen dadurch nicht berührt. Die Parteien verpflichten sich vielmehr, die ungültige Bestimmung von

6.5  Mit welchem Käufer/Verkäufer spreche ich? (Auswahlphase)

101

Beginn der Ungültigkeit an durch eine ihr im wirtschaftlichen Erfolg nach Möglichkeit gleichkommende Regelung zu erseen. Enthält die Vereinbarung eine Regelungslücke, verpflichten sich die Parteien, die Vereinbarung durch eine angemessene Regelung zu ergänzen, die sie nach dem Sinn und Zweck des Vereinbarung vereinbart hä€en, sofern sie bei Abschluss dieser Vereinbarung oder der späteren Aufnahme oder Änderung einer Bestimmung den Punkt bedacht hä€en. Änderungen und Ergänzungen dieser Vereinbarung bedürfen der Schriftform. Dies gilt auch für Änderungen dieses Schriftformerfordernisses. Die Parteien werden sich bemühen, etwaige Streitigkeiten einvernehmlich zu regeln. Sollte dies in einem Einzelfall nicht möglich sein, so ist als Gerichtsstand der Standort der Unternehmensgruppe vereinbart. Auf diese Vereinbarung ist aus-schließlich deutsches Recht anwendbar. Diese Vereinbarung hat eine Laufzeit bis zu dem späteren Zeitpunkt von (i) 2 Jahren ab Vertragsschluss und (ii) 1 Jahr nach Beendigung des Projekts.

Unterschriften

Abb. 6.9   Anonymisierte Geheimhaltungsvereinbarung

werden können. Aus diesem Grund sollten Betriebsbesichtigungen idealerweise außerhalb der Arbeitszeiten stattfinden. Ein erstes Zusammentreffen kann auch in den Geschäftsräumen der extern Beteiligten oder aber in angemieteten Konferenzräumen stattfinden. Gerade zu Beginn der Verhandlungen sollte der Kreis der Beteiligten klein gehalten werden. Eine zu frühe „Öffentlichkeit“ kann dem Verkaufsprozess schaden, den Kaufpreis erheblich beeinflussen und Abwanderung von Know-how-Trägern beschleunigen. Auf der Basis positiv verlaufender Gespräche kann dann ein sog. Vorvertrag abgeschlossen werden. Ein solcher Vorvertrag ist eine Absichtserklärung. Conclusio

Erste Verkaufsgespräche dienen nicht nur der Beantwortung weiterer Fragen, sondern helfen durch ein erstes Kennenlernen zu klären, ob die Verhandlungsparteien neben der sachlichen Ebene auch emotional zueinander passen. Nicht jedem Käufer bzw. Verkäufer gelingt es, emotionale Hürden zu überwinden. Daher ist ein Abbruch nach einem ersten Kennenlernen weniger schädlich, wie ein Festhalten an Positionen mit dem möglichen Ergebnis eines späteren Scheiterns.

6.5.2.5 Absichtserklärung (Letter of Intent – LoI) In einem Letter of Intent (LoI) werden erste Zwischenergebnisse über ausgewählte Teilbereiche schriftlich festgehalten. Entgegen der allgemeinen Vorstellung bei Personen, die das erste Mal mit einem M&A-Prozess zu tun haben, sind die in einem LoI festgelegten Zwischenergebnisse rechtlich nicht bindend (vgl. dazu § 154 Abs. 1 Satz 2 BGB). Ein LoI kann als formlose Fixierung der bisherigen Verhandlungsergebnisse verstanden werden. Die Inhalte eines LoI sind nicht standardisiert und können von Fall zu Fall variieren. Wesentliche Inhalte sind in der Abb. 6.10 aufgeführt.

102

6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

Exakte Beschreibung des Transaktionsgegenstandes Namen der Vertragspartner

Letter of Intent

Beschreibung der Transaktionsform (share, asset- oder Kombination) Festlegung eines Zeitplanes Festlegung der Art und des Umfangs einer Due Diligence durch den Käufer Evtl. Exklusivitätsvereinbarung (vgl. 6.5.2.6) Nochmalige Bestätigung der Vertraulichkeit Fristlegung des Außerkrafttretens der Regelungen des Letter of Intent Vorbehaltshinweis auf die Genehmigung der Gesellschaftsorgane

Formulierung einer für beide Seiten akzeptablen Kaufpreisbandbreite

Abb. 6.10   Inhalte eines Letter of Intent [12, S. 274]

Eine große praktische Bedeutung kommt der gemeinsamen Abstimmung eines Zeitplanes zu. Hierdurch lässt sich eine Disziplinierung der Verhandlung erreichen. Insbesondere durch die zeitliche Festlegung von Meilensteinen kann der M&A-Prozess beschleunigt werden. Die Meilensteine sind dann besonders hilfreich, wenn ein großes Unternehmen als Käufer in Betracht kommt, dass letztlich zeitlichen Friktionen wegen der internen Genehmigungsregelungen durch die Organe unterliegt. Nach der Unterzeichnung des LoI kann als nächster Schritt die umfangreiche Prüfungsphase in Angriff genommen werden. Der LoI ist eine reine Absichtserklärung und sollte so formuliert sein, dass er keine Rechtsbindung entwickelt. Er dient vielmehr primär dem Festhalten von Zwischenergebnissen, auf die sich die Parteien beziehen können. Ein weiterer positiver Aspekt ist die Festlegung eines Zeitplans im LoI, der die Parteien im Verhandlungsprozess diszipliniert. Der zeitliche Prozess lässt sich noch durch eine Komponente erweitern. Käufer wünschen häufig die Vereinbarung einer Exklusivität. Conclusio

Der LoI ist eine reine Absichtserklärung und im Regelfall rechtlich nicht bindend. Er dient primär dem Festhalten von Zwischenergebnissen, auf die sich die Parteien beziehen können. Ein weiterer positiver Aspekt ist die Festlegung eines Zeitplans im LoI, der die Parteien im Verhandlungsprozess diszipliniert.

6.6  Welche Prüfungsschritte bestimmen den M&A-Prozess? (Prüfungsphase)

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6.5.2.6 Exklusivitätsvereinbarung Eine Exklusivitätsvereinbarung soll dem Käufer die Möglichkeit geben, für einen definierten Zeitraum, als einziger Interessent auftreten zu können. Damit will der Käufer ausschließen, dass der Verkäufer gleichzeitig mit mehreren potenziellen Käufern verhandelt. Aus Sicht des Verkäufers ist eine Exklusivitätsvereinbarung eher nachteilig. Gerade das parallele Verhandeln mit mehreren Käufern erhöht den Verhandlungsspielraum für den Verkäufer und kann zu höheren Kaufpreisen führen. Bei der parallelen Verhandlung sollte der Verkäufer aber darauf achten, dass er sein vermeintliches Verhandlungspotenzial nicht überreizt. Wird eine Exklusivitätsvereinbarung abgeschlossen, sollte der Zeitraum dieser Exklusivität möglichst kurz gefasst werden. Zwei bis drei Monate sollten auch bei einer größeren Prüfungsphase ausreichen, um verhandlungsfähige Ergebnisse zu erhalten. Dies ist auch im Interesse des Käufers, da sich die Kosten einer Prüfung damit begrenzen lassen. Nach Ablauf der Exklusivität kann der Verkäufer jederzeit weitere Gespräche mit anderen Interessierten führen. Conclusio

Der Abschluss einer Exklusivitätsvereinbarung dient primär dem potenziellen Käufer. Für den Verkäufer bedeutet dies eine zeitliche Einschränkung seiner Verhandlungsposition und bei einem Scheitern mit dem Exklusivpartner einen längeren Akquisitionsprozess.

6.6 Welche Prüfungsschritte bestimmen den M&A-Prozess? (Prüfungsphase) 6.6.1 Prüfungsphasenablauf In einem M&A-Prozess bestimmen unterschiedliche Prüfungsschritte den Ablauf und damit auch die Zeitdauer. Die Initiative geht hierbei vom Käufer aus. Idealerweise werden mehrere Käufer und möglicherweise auch unterschiedliche Käufer, wie z. B. größere Unternehmen oder mittelständische Unternehmen auftreten. Je nach Käufer werden unterschiedliche Ansprüche an die Prüfungsschritte gestellt. Das Ergebnis der Auswahlphase (vgl. Abschn. 6.5) durch den Verkäufer grenzt die möglichen Käufer bereits ein. Voraussetzung ist allerdings, dass mehrere Interessierte identifiziert und bereits angesprochen worden sind. Grundsätzlich gilt für jeden Käufer, dass er sich im Vorfeld des Kaufs umfassend über das zu kaufende Unternehmen informieren möchte. Hierzu gibt es eine Reihe von Prüfungsschritten, die in der M&A-Praxis zu finden sind. Während bei einem größeren Unternehmen als Käufer solche Prüfungsschritte standardisiert vorgegeben sind, wird

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6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

sich ein mittelständischer Käufer nach seinen individuellen Vorstellungen ein Bild über das Unternehmen machen wollen. Aber auch dessen Prüfungsschritte können sich mit denen eines größeren Unternehmens decken. Bereits in der Auswahlphase werden den interessierten Käufern erste Informationen in Form des Verkaufsprospektes (Teaser) zur Verfügung gestellt. Diese zu Beginn anonymisierten Informationen sind die Grundlage, um ein Interesse des Käufers zu wecken. Durch den Abschluss einer Absichtserklärung (LoI) bzw. einer weitergehenden Vereinbarung, die bereits erste (unverbindliche) Kaufpreisvorstellungen enthalten kann (MoU), ist eine Verständigungsgrundlage geschaffen worden, die nunmehr die Zurverfügungstellung weiterer Unterlagen bzw. Informationen durch den Verkäufer ermöglicht. Nachdem in der Auswahlphase vom Verkäufer und M&A-Berater festgelegt wird, mit wem man weitere Gespräche führen möchte, muss zunächst der Verkäufer klären, welche weiteren Informationen er bereitstellen möchte. Hierbei ist deutlich zu differenzieren, ob der Verkäufer den Käufer selber identifiziert oder der Käufer sein Interesse bereits mitgeteilt hat. Wenn der Käufer von sich aus aktiv wird, dann verfügt er bereits über eine Reihe von Informationen. Er wird dann gezielt mit einem Anforderungskatalog auf den Verkäufer zugehen. Für einen solchen Prüfungsprozess hat sich der Begriff Due Diligence etabliert. Hierbei handelt es sich um eine umfassende Unternehmensanalyse aus der Sicht eines interessierten Dritten. Häufig bildet das Ergebnis einer Due Diligence den Ausgangspunkt für die Ermittlung eines Unternehmenswertes für das Kaufobjekt. Zentrales Anliegen einer Due Diligence im Rahmen eines M&A-Prozesses ist es, für den Käufer die Chancen, Risiken, Stärken und Schwächen, die das Kaufobjekt charakterisieren, zu identifizieren. Während der Käufer selber meist klare Vorstellungen über die unternehmensextern vorhandenen Chancen und Risiken hat, wird er sich über die unternehmensinternen Stärken und Schwächen ein erstes Bild durch die Due Diligence machen. Je nach Informationsbedürfnis des Käufers kann eine solche Unternehmensanalyse sehr umfassend sein. Das Problem aus Sicht des Verkäufers ist es, dabei zum einen die zeitliche Einbindung in den Informationsprozess und zum anderen die Schwierigkeit, die Informationserhebungen im Unternehmen möglichst lange geheim zu halten.

6.6.2 Datenraum Während der mittelständische Unternehmer häufig der zentrale Ansprechpartner für den Käufer bleibt und damit sehr intensiv in den Prozess der Informationsbeschaffung eingebunden ist, lässt sich das Problem der Geheimhaltung abmildern. In der Praxis hat sich die physische Konzentration der Unterlagen in einem sog. Datenraum (data room) als hilfreich erwiesen. Dieser Datenraum kann außerhalb des Unternehmens eingerichtet werden. Eine Weiterentwicklung des physischen Datenraums besteht darin, dass der Verkäufer einen virtuellen Datenraum einrichtet. Hierdurch können mehrere Interessenten,

6.6  Welche Prüfungsschritte bestimmen den M&A-Prozess? (Prüfungsphase)

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ohne dass sie voneinander wissen, direkt auf die erforderlichen Unterlagen zugreifen. Ein solcher virtueller Datenraum hat eine Reihe von Vorteilen, ersetzt aber niemals den physischen Kontakt zwischen Käufer und Verkäufer. Insbesondere für Arbeiten, die vielfach auch schlichte Formerfordernis haben, ist ein virtueller Datenraum eine ökonomische Alternative für beide Parteien, da z. B. keine Räume und Personal beim Zielunternehmen vorgehalten werden müssen. Aufseiten des Käufers können sich die hinzugezogenen Experten unabhängig von der Verfügbarkeit von Ansprechpartner im Zielunternehmen mit den zur Verfügung gestellten Unterlagen befassen. In der Praxis werden solche virtuellen Datenräume entweder durch darauf spezialisierte Dienstleister eingerichtet oder können über den Steuerberater der Gesellschaft eingerichtet werden. Jedoch gibt es auch bei der Einrichtung virtueller Datenräume Grenzen. So gibt es bei jeder Due Diligence Informationen bzw. Dokumente die unbedingt und solche, die in keinem Fall in einen Datenraum gehören [29, S. 43 ff.]. Nicht in einen Datenraum gehören:  • Aktuelle Detailinformationen über Kunden, Lieferanten, Vertriebspartner und Kalkulationen • Detaillierte Margeninformationen • Kunden- und Lieferantennamen mit dem jeweiligen Umsatzvolumen, Verträge mit Vertriebspartnern • Persönliche Angaben zu Mitarbeitern Informationen über diese sensiblen Bereiche können zu einem späteren Zeitpunkt des M&A-Prozesses in mündlichen Gesprächen übermittelt werden. Informationen, die in einen Datenraum gehören • Jahresabschlüsse, Gesellschaftsverträge, Organigramm, Angaben über die Anzahl der Mitarbeiter, Vollzeit/Teilzeit, Verteilung auf Abteilungen/Betriebsstätten; • Überblick über Grundstücke und Betriebsstätten, eigentumsrechtliche Verhältnisse, evtl. vorhandene Umweltrisiken; • Abgaben über Betriebsprüfungen, evtl. die Betriebsprüfungsberichte; • Angaben über Alter, Betriebszugehörigkeit, Funktion und Beruf der Mitarbeiter, Arbeitsverträge in anonymisierter Form (Musterverträge), generelle Angaben über betriebliche Altersversorgungszusagen; • Angaben über Inhaberschaft von Patenten, Marken, Namen etc.; • Grundsätzliche Angaben zu den Kunden- und Lieferantenbeziehungen, Detailangaben können individuell geschwärzt werden; • Angaben über Rechtsstreitigkeiten; • Angaben über Strategie und Wettbewerb in Ergänzung zu den eigenen Vorstellungen

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6.6.3 Prüfungsschwerpunkte Unabhängig davon, wer eine Unternehmensanalyse durchführt, interne Fachmitarbeiter oder externe Sachverständige, gibt es einen standardisierten Ablauf- und Themenbereich. Zu ersten Vorbereitung werden häufig Checklisten2 verwandt, mit deren Hilfe versucht wird, eine umfassende Informationsbeschaffung zu strukturieren. Wichtig für den praktischen M&A-Prozess ist dabei, nicht ein standardisiertes „Abhaken“ solcher Checklisten, sondern eine zielgerichtete Eingrenzung der Informationsfülle. Zwischen Verkäufer und Käufer muss hierbei eine Kompromissmenge an Einigung über den Umfang gefunden werden. Gegen eine, durch das Ausfüllen umfangreicher Checklisten suggerierte Scheingenauigkeit, sollte sich der Verkäufer verwahren. Die Qualität der (internen bzw. externen) Due Diligence Gutachter zeigt sich auch dadurch, dass diese schnell erkennen, welche Informationen von besonderer Bedeutung sind und welche Informationen keine so zentrale Rolle für den Kauf spielen. Zahlreiche Beispiele aus der M&A-Praxis zeigen, dass sich die elementaren Kernfaktoren, die die Chancen-, Stärken-, Risiko- und Schwächepotenziale bestimmen, oft schon aus den ersten Gesprächen und aus der ersten Sichtung von Basisunterlagen herauskristallisieren lassen [10, 11]. Eine Konzentration auf diese Schwerpunkte bedeutet nicht, dass die übrigen Analysefelder nicht berücksichtigt werden. Es geht bei der Eingrenzung der Analyseschwerpunkte immer darum, die Präferenzen der Due Diligence von Anfang an festzulegen, um damit Zeit und Kosten eingrenzen zu können. So waren z. B. bei einem Verkauf einer größeren Einzelhandelskette die bestehenden Mietverträge, die umsatzabhängigen Mieten sowie die verbleibenden Laufzeiten die zentralen Analyseschwerpunkte. Bei einem Verkauf eines Unternehmens aus dem Entsorgungsbereich an einen Finanzinvestor war die vertragliche Einbindung des Verkäufers nach dem Verkauf von zentraler Bedeutung. Bei einem sehr anlageintensiven Produktionsunternehmen konzentrierte sich die Analyse auf die Beschaffenheit und das Alter der Produktionsmaschinen. Eine vorab erfolgte Abstimmung über die wirklich wichtigen Unterlagen kann den M&A-Prozess erheblich beschleunigen.

6.6.4 Themen einer Due Diligence als zentrale Prüfungsphase3 Die Themenschwerpunkte einer Unternehmensanalyse können sein:

2Muster-Checklisten

sind z. B. in Koch, a. a. O., Anhang I-III aufgeführt [16]. Überblick über die Analysefelder einer Due Diligence im Zusammenhang mit einem M&A-Prozess geben Koch, a. a. O., S. 63 ff. [16], sowie Koch/Wegmann, a. a. O., S. 59 ff. [17].

3Einen

6.6  Welche Prüfungsschritte bestimmen den M&A-Prozess? (Prüfungsphase)

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• Strategie, Markt und Wettbewerb (Market Due Diligence) • Technik, Produktion (Technical Due Diligence) • Umwelt (Environmental Due Diligence) • Management, Mitarbeiter, Organisationsstruktur (Human Resources-, Organization-Due Diligence) • Unternehmenskultur (Cultural Due Diligence) • Recht und Steuern (Legal-, Tax-Due Diligence) • Finanz- und Rechnungswesen (Financial Due Diligence) • Intellectual Due Diligence • Compliance Due Diligence Darüber hinaus können von Fall zu Fall z. B. noch Analysen über die Informationstechnologie (IT Due Diligence), über Patente und Marken (Intellectual Property Due Diligence) und über die Einhaltung von Vorschriften (Compliance Due Diligence) erfolgen. Diese Fälle werden bei einem Verkauf eines mittelständischen Unternehmens eher die Ausnahme bilden.

6.6.4.1 Strategie, Markt und Wettbewerb (Market Due Diligence) Eine Analyse über Strategie, Markt und Wettbewerb wird der Käufer aus eigenem Antrieb vornehmen und dabei Informationen berücksichtigen, die er sich unabhängig von den Angaben im Datenraum beschafft hat. Die Angaben des Verkäufers aus dem Datenraum können die eigenen Informationen ergänzen. Hierbei geht es um eine Analyse der globalen Umwelt sowie des rechtlichen Marktund Wettbewerbsumfeldes. Ausgehend von diesem Umfeld wird die eigentliche Marktund Wettbewerbsanalyse durchgeführt. Wie bei der Marktanalyse muss eine Identifizierung und Entwicklungsanalyse der Wettbewerber erfolgen. Im Anschluss daran kann eine Abgrenzung des untersuchten Unternehmens gegenüber den relevanten Wettbewerbern erfolgen. Die eigentlichen Analyseschritte sind zweigeteilt. In einem ersten Schritt geht es um einen statischen Vergleich des Marktes und der Wettbewerber zu einem definierten Stichtag. Im folgenden zweiten Schritt werden die dynamische Entwicklung des Marktes und der Wettbewerber untersucht. Die Ergebnisse einer Analyse über Strategie, Markt und Wettbewerb sind häufig ein zentraler Dreh- und Angelpunkt bei der Begründung, warum ein Kauf Sinn machen kann. Hier werden mögliche Synergieeffekte abgeleitet, die bei Einbeziehung der Kontrollorgane des Käufers für diese eine nachvollziehbare Begründung für die Genehmigung des Kaufs bereithalten sollen. Berücksichtigung dabei kann eine Analyse des globalen Markt- und Wettbewerbsumfeldes finden.

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Wesentliche (volkswirtschaftliche) Änderungen kommen nicht plötzlich auf das Unternehmen zu. Daher werden sich die Auswirkungen/Veränderungen meist in der Planungsrechnung des Unternehmens widerspiegeln. Bei der Bewertung dieser Auswirkungen ist streng danach zu differenzieren, ob die Planungsrechnung vom Käufer oder vom Verkäufer aufgestellt worden ist. Ausschlaggebend bei der Analyse der globalen Umwelt sind die Entwicklungen, die einen direkten Einfluss auf das Unternehmensgeschehen haben. Hierbei sind sowohl nationale als auch internationale Aspekte zu berücksichtigen. Dies hängt auch von der wesentlichen geografischen Ausrichtung des Unternehmens ab. In diesem Zusammenhang sind auch Auswirkungen politischer Vorgänge mit einzubeziehen, die z. B. dazu führen könnten, dass das Unternehmen in seinen wirtschaftlichen Tätigkeiten behindert wird. Im Hinblick auf die Steuergesetzgebung könnte z. B. die Anerkennung eines Verlustvortrages oder die steuerliche Abzugsfähigkeit bestimmter Aufwendungen von Bedeutung sein. Bei produzierenden Unternehmen sind gegebenenfalls Änderungen in der Umweltgesetzgebung zu berücksichtigen. Zur allgemeinen ökonomischen Lage gehört auch die Entwicklung volkswirtschaftlicher Größen, wie z. B. des Bruttosozialproduktes, der Arbeitslosenquote und der Konsumquote. Diese Größen wirken sich unmittelbar auf das Nachfrageverhalten der Konsumenten aus. An diesen Beispielen wird deutlich, dass auch volkswirtschaftliche Rahmendaten eine unmittelbare Auswirkung auf die Ertragslage eines Unternehmens haben können. Insofern gehört eine Analyse der globalen Umwelt zumindest in überschlägiger Form zu einer Due Diligence dazu. Ebenso wie bei der Analyse der globalen Umwelt ist nicht bei jeder Due Diligence eine Analyse des rechtlichen Markt- und Wettbewerbsumfeldes erforderlich. Auch hier sind nur die Aspekte relevant, die eine direkte Auswirkung auf die Ertragskraft des Unternehmens haben können. Eine Rolle spielt auch die Analyse des rechtlichen Markt- und Wettbewerbsumfeldes. Hierbei sind absehbare Gesetzesänderungen zu antizipieren. Beispiele für mögliche oder bereits absehbare Gesetzesänderungen lassen sich aus einer Reihe von praktischen Fällen anführen; so z. B. Gesetzesänderungen über die Finanzierung aufgrund der demografischen Entwicklung, wie beim Betrieb von Alten- und Pflegeheimen oder von Krankenhäusern. Wenn auch nicht in jedem Fall umfangreiche Analysen erforderlich sind, so ist grundsätzlich bei einer wirtschaftlichen Due Diligence zu prüfen, ob auf die Analyse des rechtlichen Markt- und Wettbewerbsumfeldes einzugehen ist. Durch die möglichst eindeutige Identifizierung des relevanten Marktes wird die Informationserhebung vereinfacht. Man wird sich hierbei auf sogenannte Sekundärinformationen stützen, die z. B. aus den Unterlagen des Verbandes, zu dem das Unternehmen gehört, entnommen werden können. Hinzugezogen werden können auch

6.6  Welche Prüfungsschritte bestimmen den M&A-Prozess? (Prüfungsphase)

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allgemeine wirtschaftliche Informationen, die von volks- und betriebswirtschaftlichen Instituten zur Verfügung gestellt werden. Aus Kosten- und Zeitgründen kommen Primärerhebungen nur eingeschränkt zur Anwendung. Die Gewinnung originärer Informationen erfordert einen höheren Erhebungsaufwand. Die erhobenen Marktinformationen lassen sich dann mit den von der Gesellschaft zur Verfügung gestellten Informationen abgleichen. Hierdurch besteht die Möglichkeit, die Unternehmensinformationen auf Plausibilität hin zu untersuchen. Eine kritiklose Übernahme der Marktinformationen, die im Datenraum zur Verfügung gestellt werden, sollte in jedem Fall vermieden werden. Die Einbeziehung extern erhobener Marktinformationen gehört zum Standard einer Due Diligence. Ebenso zum Standard einer Due Diligence gehören Informationen über relevante Wettbewerber. Jeder Käufer hat meist einen guten Überblick über die Wettbewerber des Kaufobjektes. Bevor er sich damit befasst hat, ein bestimmtes Unternehmen zu erwerben, wird er sich einen Überblick über die relevanten Wettbewerber verschafft haben.

6.6.4.2 Technik, Produktion (Technical Due Diligence) Um einen ersten Eindruck von der technischen Ausstattung des Unternehmens zu erhalten, bietet sich eine Betriebsbesichtigung an. Allerdings steht die praktische Durchführung häufig hinter der Geheimhaltungsabsicht des Verkäufers. Die Auflistung der Produktionsanlagen wird in einem umfassenden technischen Organigramm bzw. einem Werksplan enthalten sein. Für die Einschätzung der Substanz des Betriebes werden Informationen über das Alter der Produktionsanlagen eingeholt. Eine Analyse der Instandhaltungspolitik des Unternehmens kann Auskunft über mögliche weitere Belastungen für den Käufer bereithalten. Dies ist immer dann von besonderem Interesse, wenn sich der Verkauf schon über einen längeren Zeitraum hinzieht. Der Verkäufer wird in einem solchen Fall eher zum einen auf Investitionen verzichten bzw. nur eine eingeschränkte Instandhaltung durchführen. Antworten auf Fragen über Betriebsgenehmigung und deren Dauer können für die weitere Existenz des Unternehmens von entscheidender Bedeutung sein. Hier ist insbesondere an eine Versagung wegen einer umweltgefährdenden Produktion oder einer erheblichen Immissionsbelastung zu denken. Eine Auflistung der Produktionsmengen der letzten Jahre und deren Entwicklung können Informationen über die Produktionskapazität des Unternehmens geben. Für die wirtschaftliche Beurteilung ist auch die Kapazitätsauslastung der letzten Jahre von Bedeutung. Bei einer geplanten Kapazitätsausweitung sollte eine bestimmte Zeit für die Inbetriebnahme und eventuelle Störungen in der Produktion eingeplant sein. Diese Zeit wird von Hersteller zu Hersteller verschieden sein und hängt auch von der Qualität der bestellten Maschinen ab.

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Eigene Werkstätten können dazu führen, dass die Gesellschaft schneller in der Lage ist, erforderliche Anpassungen der Produktion durchzuführen. Solche Abteilungen sind aber oft die Quelle von überhöhten Aufwendungen, weil sie nicht ausreichend ausgelastet werden. Eine Beschreibung des Produktionsverfahrens mit einer Einstufung in die verschiedenen Verfahren der Einzelfertigung, Serienfertigung oder Massenfertigung erlauben Aussagen zur Technologie und Modernität im Vergleich zu den Wettbewerbern. Die Feststellung hoher Stillstands- und Umrüstungszeiten kann auf erhebliche Schwächen im Produktionsablauf hinweisen. Die Kontrolle des Materialflusses kann Aussagen zur Senkung der Durchlaufzeit ermöglichen. Auch Angaben über die Planung der Fertigungsmittel im Konstruktionsstadium und eine Optimierung der Bevorratung in der Fertigungsplanung sind im Rahmen einer umfangreichen technischen Due Diligence erforderlich. Ein wesentlicher Analyseschwerpunkt liegt in der Analyse von Zertifizierungen. Diese spielen z. B. im Automobilzuliefererbereich eine zentrale Bedeutung. Insofern wird sich eine technische Due Diligence auch auf das Vorhandensein solcher Zertifizierungen erstrecken. Die Lagerkapazitäten des Kaufobjektes sind wichtig für die Möglichkeit, größere Mengen kostengünstiger produzieren zu können. Allerdings wird der Aufbau großer Bestände auch zu erheblichen Finanzierungsaufwendungen führen. Im Bereich der Energieversorgung sind Analysen über die Liefermöglichkeiten und die Preisentwicklung, auf der Grundlage der bestehenden Energielieferungsverträge, vorzunehmen. Zu untersuchen sind auch mögliche Standortvorteile und -nachteile. Bei der Beurteilung sind verschiedene Ansatzpunkte zu berücksichtigen. Im Hinblick auf die Anlieferung von Rohstoffen oder Vorprodukten ist die Anbindung an die wesentlichen Lieferanten entscheidend. Das gleiche gilt für die räumliche Anbindung an die Kunden der Gesellschaft. Hier kann sich eine hohe räumliche Differenz auf die Wettbewerbsfähigkeit der Gesellschaft negativ auswirken. Die Qualität eines Standortes wird auch durch die Lohnkosten geprägt. Vorteile können z. B. durch regionale Förderungen, sei es durch Steuervorteile oder durch direkte Subventionen, gegeben sein. Allerdings können strukturschwache Regionen zu Schwierigkeiten bei der Arbeitskräfteauswahl führen. Die technische Qualität des Unternehmens drückt sich auch durch den Ausbildungsstand der Mitarbeiter aus. Hier kann die Personalabteilung Übersichten zur Verfügung stellen. Die Qualität des Ausbildungsniveaus der Mitarbeiter wird immer branchenspezifisch zu beurteilen sein. In einigen Fällen wird auch die Frage nach der Forschung und Entwicklung Gegenstand einer technischen Due Diligence sein. Ansatzpunkte für eine erste Beurteilung können die in der Vergangenheit erteilten Lizenzen und Patente sein. Insbesondere bei einem mittelständisch geprägten Kaufobjekt muss erkennbar sein, das unter Berücksichtigung des Produktlebenslaufes der Produkte, eine rechtzeitige

6.6  Welche Prüfungsschritte bestimmen den M&A-Prozess? (Prüfungsphase)

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Fertigstellung neuer Produkte sicherstellt ist. Dazu ist eine Informationskoppelung zwischen Forschung und Entwicklung der Fertigung und dem Vertrieb erforderlich. Wenn Forschungsaktivitäten nach außen verlagert worden sind, z. B. an Universitäten oder an wissenschaftliche Institute, ist auch hier immer die Frage der Effektivität zu beantworten.

6.6.4.3 Umwelt (Environmental Due Diligence) Ziel einer Umwelt-Due Diligence ist die Erkennung und Bewertung umweltrelevanter Risiken, die sich aus den verschiedenen Bereichen der Produktion und Lagerung ergeben können. Diese können offen zutage treten, wie z. B. beim Zustand von Lager-, Produktionsstätten, Belade- oder Umfüllstationen bis hin zu der, der Entsorgung dienenden Flächen. Sie können aber auch eher versteckt sein, wie Mängel in Abwasserrohren oder unter der Erdoberfläche befindliche Lagerungen von Schadstoffen. Für die Überprüfung möglicher Umweltlasten empfiehlt es sich, ein Team von Technikern oder Chemikern einzusetzen, die auch die notwendigen rechtlichen Kenntnisse haben, um ein Umweltrisiko zutreffend gewichten zu können. Die Analyseschritte können erst nach der Beurteilung der Produktionsverfahren konzipiert werden. Dabei müssen alle umweltrelevanten Sachverhalte ermittelt werden. Dies geschieht teilweise durch entsprechende Fragebögen. Informationen lassen sich zusätzlich aus den Protokollen von Behörden, aus Unbedenklichkeitsbescheinigungen und aus Veröffentlichungen in Verbandsmitteilungen gewinnen. Risiken können sich aus der Boden- und Grundwassersituation, aus den auf dem Betriebsgelände lagernden Produkten oder Rohstoffen sowie aus Tankanlagen und Batteriestationen ergeben. Erfahrene Analysten können anhand des Produktionsverfahren und der dazu erforderlichen Stoffe relativ schnell die Analyseschwerpunkte eingrenzen, in denen intensive Erhebungen erforderlich sind. Innerhalb der so ermittelten Risikobereiche sollten die Risiken besonders untersucht werden, die möglicherweise zu einem Abbruch der Kaufverhandlungen führen können. Bei manchen Umweltbelastungen sind die Risiken solange nicht relevant, wie die Nutzung des Geländes nicht umgestellt wird. Auch die Höhe der zu erwartenden Kosten für die Beseitigung der Umweltlasten ist ein Anhaltspunkt dafür, ob intensive Untersuchungen erforderlich sind. Auch im Bereich der Umwelt Due Diligence ist auf die Vertretbarkeit der Aufwendungen zu achten. Wenn diesem Kriterium Genüge getan ist, können die erforderlichen Grund- und Abwasseruntersuchungen aber auch Bodenproben und Luftmessungen vorgenommen werden. Bei allen Unternehmen, die eine Verarbeitung oder Herstellung umweltgefährdender Stoffe vornehmen, sind die Kosten der Genehmigung, der Entsorgung und für den laufenden Umweltschutz einer gesonderten Plausibilitätsprüfung zu unterziehen. Hier geht es z. B. um Abwassermengen oder Produktionsabfälle. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Modernität der Produktionsanlagen im Hinblick auf Vermeidung von Abfällen zu achten. Soweit hier Rechtsstreitigkeiten mit Nachbarn oder öffentlichen Behörden bestehen, ist eine besondere Risikoabwägung erforderlich.

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Eine Analyse von Umweltrisiken kann sehr umfangreich und kostenintensiv sein. Negative Erkenntnisse aus der Umwelt Due Diligence können zum Abbruch des M&A-Prozesses führen.

6.6.4.4 Management, Mitarbeiter, Organisationsstruktur (Human Resources-, Organisational-Due Diligence) Im Mittelpunkt einer organisatorischen Due Diligence steht zum einen die die Frage nach der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Organisation des Kaufobjektes und zum anderen lässt sich durch eine Bestandaufnahme der bestehenden Aufbau- und Ablauforganisation klären, welche Maßnahmen nach einem Kauf ergriffen werden müssen, um das Unternehmen in die Organisation des Käuferunternehmens einzugliedern. Es stellt sich die Frage, ob der organisatorische Aufbau im Hinblick auf die Größe und den Zweck des Unternehmens ausreichend und angemessen ist. Hier ist bei jungen Wachstumsunternehmen oft zu beobachten, dass der operative Bereich schneller gewachsen ist als die organisatorische Einrichtung. Dies kann auch für mittelständische Unternehmen gelten, wenn die gesamte Organisation alleine auf den mittelständischen Unternehmer ausgerichtet ist. Es werden hohe Umsätze mit einem organisatorischen Apparat bewältigt, der mit seinen mittelständischen Strukturen gar nicht dafür eingerichtet ist. Hierin spiegelt sich eine Mehrfachzuständigkeit einzelner Personen wider. Das Gefährdungspotenzial einer solchen Unterversorgung ist offensichtlich. Idealerweise sollten die Bereiche Vertrieb, Einkauf, Verwaltung, Rechnungswesen, Rechts- und Steuerabteilung, unter Berücksichtigung branchenspezifischer Besonderheiten, organisatorisch gleichwertig ausgerichtet sein. Eine immer größere Bedeutung gewinnen Zertifizierungen (ISO-Zertifizierungen). Wenn solche Zertifizierungen vorliegen, kann im Regelfall davon ausgegangen werden, dass das mittelständische Unternehmen über eine strukturierte Organisation verfügt. Häufig werden solche Zertifizierungen auf Initiative von Geschäftspartnern, z. B. Großkunden, veranlasst. Hierarchisch gestufte Entscheidungsverfahren sind in einem mittelständischen Unternehmen nicht immer zu finden. Durch die Konzentration der Entscheidungen auf den Unternehmer, sind hier Ansätze für Änderungen nach dem Kauf gegeben. Unterschiedliche Unternehmenskulturen sind dabei eine große Herausforderung für die Integration des Kaufobjektes in die bestehende Kultur des Käuferunternehmens. Ein zentraler Teil der Organisation wird durch die Abteilungen Rechnungswesen, Controlling und Finanzen abgedeckt. Das Rechnungswesen hat die Aufgabe, Buchhaltung und den Jahresabschluss zu übernehmen. In vielen M&A-Fällen mittelständischer Unternehmen erfolgt dies durch einen externen Steuerberater. Eine allgemeine Überprüfung der Buchhaltung wird sich auf die dem Geschäftsumfang entsprechende Größe und auf eine Organisation erstrecken, die eine ordnungsgemäße und zeitgerechte Verbuchung aller Geschäftsvorfälle sicherstellt. Durch die Auslagerung auf fachkundige Dritte ist dies zumeist gegeben.

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Ein besonderes Schwergewicht kann auf der Überwachung der Debitoren und Kreditoren liegen. Ist keine Führung einer Offene-Posten-Liste oder eine eigene Mahnabteilung gegeben, muss hierauf ein besonderes Augenmerk gelegt werden. Ein großes Manko herrscht vielfach im Bereich des Controlling bzw. der Internen Kostenrechnung. In vielen mittelständischen Unternehmen ist eine solche Abteilung nicht existent. Das mag ein Käufer bedauern; gleichzeitig bietet eine solche Situation aber auch die Chance, geeignete Systeme nach dem Kauf zu implementieren, die den Anforderungen des Käufers entsprechen. Oftmals werden dabei bereits bestehende ERP-Systeme (Enterprise Resource Planning Systems), also bereits beim Käuferunternehmen bestehende Steuerungssysteme, auf das gekaufte Unternehmen ausgeweitet. Planungsrechnungen sind, wenn überhaupt, nur rudimentär schriftlich hinterlegt. Auch diese Tatsache ist nicht schädlich, da sich der Käufer bei der Auswahl des Kaufobjektes vorab selber über eine Strategie und der damit verbundenen Planungsrechnung befasst hat. Die Analyse des Einkaufs ist besonders bei einem produzierenden Betrieb von zentraler Bedeutung. Gerade durch die Versorgung und Aufrechterhaltung der Produktion werden bei vielen Unternehmen die Weichen für die Ertragskraft des Unternehmens gestellt. In diesem Zusammenhang sind auch Fragen zu klären, die die Lagerhaltung betreffen. Steigende Rohstoff- und Energiepreise rechtfertigen eine intensive Auseinandersetzung mit dem Einkauf des Kaufobjektes. Die Prüfung der Organisation der Vertriebsabteilung kann sich, je nach Größe des Unternehmens, auf einzelne Abteilungen erstrecken. Der eigentliche Vertrieb ist für die Angebots- und Preispolitik und für den Aufbau eines Vertriebsnetzes zuständig. Auch hier sollten es die organisatorischen Einrichtungen sicherstellen, dass auf Marktänderungen kurzfristig reagiert werden kann. Soweit der Vertrieb durch eigene Angestellte durchgeführt wird, ist das Entlohnungssystem von Bedeutung. Die erfolgsabhängigen Komponenten sollten möglichst hoch und mit der Erzielung des Ergebnisses und nicht nur mit der Realisierung von Umsätzen gekoppelt sein. Bei personalintensiven Unternehmen wird sich der Käufer regelmäßig mit der Personalstrukturierung befassen müssen. Insbesondere durch die Übernahme des Personals bei einem Share Deal bzw. durch die rechtlichen Vorgaben des § 613 a BGB bei einem Asset Deal, ist die Personalzusammensetzung einer besonderen Analyse zu unterziehen. Bei der Analyse des Personals entsteht regelmäßig ein Spannungsspektrum zwischen Verkäufer, einer evtl. bestehenden Arbeitnehmervertretung und dem berechtigten Informationsbedürfnis des Käufers. Im praktischen M&A-Fall wird er sich den Personalfragen sukzessive widmen. D. h., mit zunehmender Vertrauensbasis zwischen Käufer und Verkäufer wird auch die Informationsqualität bezüglich des Personals wachsen.

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6.6.4.5 Unternehmenskultur (Cultural Due Diligence) Die Bedeutung der spezifischen Unternehmenskultur für den Erfolg oder Misserfolg ist unumstritten. Gleichwohl werden bei der Zusammenführung von Unternehmen mit deren individuellen Unternehmenskulturen Fehler gemacht. Dies hängt mit der Konzentration auf die Analyse der Bereiche zusammen, die sich im Ergebnis in Zahlen ausdrücken lassen. Die als weiche Faktoren oder als soft facts bezeichneten Bereiche sind häufig nur schwer fassbar. Es geht auch nicht darum, den Bereich der Unternehmenskultur in den Vordergrund zu stellen. Denn der Erfolg oder Misserfolg einer Akquisition ist immer an den erreichten quantitativen Ergebnissen ablesbar. Gleichwohl ist es in jedem Falle hilfreich, sich bei einer Beurteilung über das Kaufobjekt mit der Unternehmenskultur überhaupt zu befassen und sich – zumindest rudimentär – mit den Teilbereichen einer kulturellen Due Diligence auseinanderzusetzen. Sobald es um die organisatorische Eingliederung eines zu erwerbenden Unternehmens in ein anderes Unternehmen oder in einen Unternehmensverbund geht, ist eine Beschäftigung mit der Unternehmenskultur erforderlich. Die Ursache für das Scheitern einer Akquisition oder des Eintritts positiver Synergieeffekte kann auch im kulturellen Bereich liegen. Unvermeidbar ist eine Abwanderung von qualifiziertem Personal und damit zusammenhängend der Verlust von Erfahrungspotenzial. Wenn man sich im Vorfeld mit solchen Gegebenheiten befasst, wird man den Know-how-Verlust einschränken können. Hinweise auf eine Unzufriedenheit von Arbeitnehmern können die Fluktuationsrate bzw. der Krankenstand geben. Liegt der Krankenstand deutlich über dem (Branchen-) Durchschnitt, ist dies ein deutliches Zeichen für eine Arbeitsunzufriedenheit der Mitarbeiter und damit ein Hinweis auf Unstimmigkeiten in der Personalführung und/oder der Organisation. Bei dem Führungspersonal sind der Ausbildungsstand, die Kenntnisse über Markt und Wettbewerb, die Berufserfahrung, der Werdegang und die bisherige Zielerreichung von Bedeutung. Sie sind im Hinblick auf ihre Führungsqualität in dem konkreten Unternehmen nach Alter, Gesundheit, Stressanfälligkeit, Selbstverständnis und persönlichem Stil einzuschätzen. Wichtig ist auch die Veränderungs- und Lernfähigkeit des Managements. Dazu gehört auch die Bereitschaft des Managements in der neuen, gegebenenfalls deutlich größeren Einheit, weiter mitzuarbeiten. Zum persönlichen Stil der Führungskräfte gehören auch die Art der Personalführung und das Hierarchieverständnis. Der Führungsstil kann, wenn er exzessiv durchgeführt wird, ein erhebliches Kostenrisiko für die Gesellschaft verursachen. Gerade in mittelständischen Unternehmen führt ein patriarchalisches Verhalten des Unternehmers dazu, dass sich die Fähigkeiten der Mitarbeiter nicht entfalten können. Zur inneren Ordnung eines Unternehmens gehören z. B. die Unternehmensziele und die Unternehmensphilosophie. Dies drückt sich konkret im Verhalten des mittelständischen Unternehmers aus. Hierbei kann die Bandbreite z. B. von kooperativem bis hin zu aggressivem Wettbewerbsverhalten reichen.

6.6  Welche Prüfungsschritte bestimmen den M&A-Prozess? (Prüfungsphase)

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Eine weitere Rolle kann der Umgang mit einer unternehmensinternen Transparenz spielen. Insbesondere die Entstehung von Herrschaftswissen der Unternehmensleitung gegenüber den Mitarbeitern ist ein Merkmal für die Führungskultur innerhalb des Unternehmens. Zum allgemeinen Führungsstil gehört auch die Frage, ob die Mitarbeiter ihre Arbeit im Wege der Selbstorganisation durchführen dürfen oder an strikte Anweisungen gebunden sind. Die Fähigkeit zur Delegation und zur Verantwortungsübertragung kann nur vom Management ausgehen. Die entsprechende Einstellung pflanzt sich in der Regel durch alle Abteilungen bis in die unterste Hierarchiestufe fort. Die Flexibilität eines Unternehmens zeigt sich z. B. bei der Gestaltung der Arbeitszeiten und der Behandlung von Überstunden. Hier können, je nach Branche, sehr freie Gestaltungen möglich sein. Auch das Entlohnungssystem hat Auswirkungen auf das Verhalten der Mitarbeiter. So kann z. B. die Einrichtung von Profitcentern zu einem Problem interner Verrechnung und zu Konkurrenz zwischen den einzelnen Mitarbeitern führen. Auch in mittelständischen Unternehmen sind Subkulturen existent. Diese Subkulturen sind zu identifizieren. Subkulturen können z. B. zwischen Abteilungen (Vertrieb und Produktion) oder auf Hierarchieebene (Führung und Mitarbeiter) auftreten. Wie geht das Unternehmen mit den Überschneidungen zwischen Privatem und Geschäftlichem auf der Mitarbeiterebene um? Gehören Betriebsfeiern, Ausflüge, die Einrichtung von Ehemaligentreffen und schließlich die Einbindung der (Ehe-) Partner und Familien zum Unternehmen dazu? Bei der Zusammenlegung zweier Unternehmen ist immer davon auszugehen, dass der jeweils höhere Besitzstand für beide Unternehmen fortgeführt werden muss, um nicht unterschiedliche Klassen von Mitarbeitern entstehen zu lassen. Dabei ist auch auf die Art der Privilegien für einzelne Mitarbeiter zu achten, die in Form von Dienstwagen, Büroeinrichtung und der Größe der Zimmer (Zahl der Fensterkreuze) auftreten. Ein weiterer Fragekomplex richtet sich auf das interne Verhalten der Mitarbeiter untereinander und der Vorgesetzten zu den Mitarbeitern. Unterschiedliche Wege der Problemlösungen, die Kontaktdurchlässigkeit von unten nach oben (vorher Termin, immer offene Tür) und der Stil der Geheimhaltung von internen Daten (Gehalt, Ertragslage der Gesellschaft, Auftragslage etc.), das sogenannte „Herrschaftswissen“, sind für die innere Kultur des Unternehmens wichtig. Weitere Aspekte sind der Umgang mit Fehlern der Mitarbeiter, die Höflichkeit im Umgang miteinander und die Bereitschaft der Unternehmensleitung zu ernsthaften Mitarbeiter- und Beförderungsgesprächen. Für eine Beurteilung der Unternehmenskultur ist auch auf das externe Verhalten des Unternehmens zu achten. Dabei geht es um den Kontaktstil mit Kunden, die Öffentlichkeitsarbeit und das Außenbild des Unternehmens. Ein Aspekt des externen Verhaltens des Unternehmens liegt darin, ob für die Lösung von Problemen eher auf internes Know-how oder auf externe Beratungsleistungen zurückgegriffen wird. Hierin liegt auch ein Teil der Selbsteinschätzung des

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Unternehmens. Dies betrifft nicht nur betriebswirtschaftliche Sachverhalte, die durch Beratungsgesellschaften bearbeitet werden können, sondern auch rechtliche Sachverhalte, die entweder durch die unternehmensinterne Rechtsabteilung oder durch externe Rechtsanwälte untersucht werden können.

6.6.4.6 Recht und Steuern (Legal-, Tax-Due Diligence) Eine rechtliche bzw. eine steuerliche Due Diligence ist ein Muss in jedem M&A-Prozess. Eine rechtliche Einordnung des Kaufobjektes, die Überprüfung von Gesellschaftsverträgen und die Untersuchung der Rechtsbeziehungen zu Dritten können Problemfelder aufdecken, betriebswirtschaftlich gewonnene Ergebnisse bestätigen oder infrage stellen und damit eine zentrale Informationsgrundlage für alle Beteiligten darstellen. Daher kann sich das Ergebnis einer rechtlichen Due Diligence unmittelbar bei einem Unternehmenskauf auf die Kaufpreisverhandlungen auswirken. So können sie die Grundlage für die in dem Kaufvertrag festgelegten Vereinbarungen sein, wie z. B. für Garantien des Verkäufers oder Kaufpreisminderungen oder -erhöhungen. Eine rechtliche Due Diligence ist immer risikoorientiert. Die zu analysierenden Bereiche lassen sich in einzelne Rechtsgebiete aufteilen, die einen jeweils anderen Teilaspekt des Unternehmens betrachten und in einer Zusammensetzung das rechtliche Gesamtbild des Unternehmens vervollständigen. Ein erster Untersuchungsschwerpunkt sind gesellschaftsrechtliche Belange. Hierbei sind (formale) Aspekte für einen gültigen Gesellschaftsvertrag, für Gesellschaftsbeschlüsse und deren Eintragung ins Handelsregister zu prüfen. Hinweise auf Veränderungen der rechtlichen Situation im vergangenen Jahr, finden sich in der Regel im Jahresabschluss. Daraus können evtl. auch Angaben zur Bewertung nach einem bestimmten Verfahren – im Falle eines Verkaufs – entnommen werden. Darüber hinaus ist festzustellen, wer in welchem Umfang als Gesellschafter an dem Unternehmen beteiligt ist, ob diese Anteile möglicherweise belastet sind und ob die entsprechenden Eintragungen in rechtlich gültiger Form geleistet wurden. Die Verfügungsberechtigungen und -beschränkungen der Gesellschafter, des Vorstandes, aber auch der Prokuristen und sonstigen Handlungsbevollmächtigten sind zu untersuchen. Eine aktuelle Liste der Gesellschafter, der Verpfändungserklärungen und Dritten eingeräumte Vorkaufsrechte oder Andienungsverpflichtungen können weitere Angaben über den Wert der Gesellschaft bereitstellen. In Bezug auf das Immobilienvermögen sind Grundbuchauszüge, Flurpläne und mögliche Grundschuld- und Sicherungsbestellungsurkunden einzusehen. Zu überprüfen sind weiterhin Nachbar- und Erbbaurechte, die möglicherweise auf den Grundstücken der Gesellschaft lasten. Soweit eine Erweiterung der Bebauung vorgesehen ist, müssen die Bebauungspläne eingesehen werden. Die sonstigen Vermögensgegenstände und Forderungen der Gesellschaft sind anhand von Offene-Posten-Listen zu überprüfen. Soweit die Gesellschaft hohe Auftragsbestände hat, die als ein zusätzliches Argument für einen hohen Kaufpreis herangezogen werden,

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ist im Rahmen der rechtlichen Due Diligence eine umfassende Prüfung der rechtlichen Verbindlichkeit dieses Auftragsbestandes erforderlich. Zu den Vermögenswerten der Gesellschaft zählt auch deren geistiges Eigentum, welches durch Patente oder sonstige gewerbliche Schutzrechte vor der Nachahmung geschützt sein sollte. Bei Patenten, Warenmarken, Gebrauchsmustern und Konzessionen ist wichtig, wie lange sie noch Schutz gewährleisten. Weiterhin sind die vertraglichen Vereinbarungen mit Kunden, Lieferanten, Wettbewerbern und Mitarbeitern auf wesentliche Auswirkungen auf Vermögens- Finanz- und Ertragslage des Unternehmens zu untersuchen. Bei Miet- bzw. Pachtverhältnissen von gewerblich genutzten Gebäuden ist auf die Laufzeit der Verträge zu achten. Hier können sich erhebliche Risiken ergeben, wenn aufgrund einer Kündigung die Standortsituation des Unternehmens gefährdet ist oder sich deutlich höhere finanzielle Belastungen aus einer Anpassung der Pachtentgelte ergeben. Bei langfristigen Liefer- oder Abnahmeverträgen können Risiken aus einer unangemessenen Gestaltung der Konditionen oder auch aus Abnahmeverpflichtungen resultieren. Soweit Kooperationsverträge mit anderen Gesellschaften bestehen, muss überprüft werden, ob sie fortgeführt oder möglicherweise aufgehoben werden sollen, weil sie in der neuen Struktur nicht mehr sinnvoll sind. In einem solchen Fall ist der Vertrag zusätzlich daraufhin zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen eine Kündigung möglich ist und ob irgendwelche Vertragstrafen vereinbart worden sind. Risiken aus Gewährleistungs- und Garantievereinbarungen für bereits erfolgte Lieferungen sind zu analysieren. Dasselbe gilt für latente Schadensersatzforderungen aus Verträgen, die nach Übernahme des Unternehmens gekündigt werden sollen. Verbindungen zu Kartellen, Vertriebs-/Einkaufsorganisationen, Werbevereinigungen und Verbänden sind daraufhin zu überprüfen, ob sie weitergeführt werden sollen. Bürgschaften, Patronatsvereinbarungen und Rangrücktrittserklärungen sind für finanzielle Risiken von Bedeutung. Dasselbe gilt für Zessionen, Pfandbestellungen, Sicherungsübereignungen und Eigentumsvorbehalte. Zukünftige Belastungen können auch aus Genussrechten und Besserungsscheinen erwachsen. Miet-, Pacht- und Leasingverträge sind – sofern es sich um wesentliche Verträge handelt – auf Angemessenheit zu überprüfen. Von Bedeutung sind auch die Kündigungsmöglichkeiten und -risiken sowie die vertraglich vereinbarten Anpassungen im Rahmen von Indexierungen, die in der Zukunft zu einer höheren Belastung des Unternehmens führen werden. Bei einer erwogenen Kündigung ist der Aufwand zu berücksichtigen, der sich aus vertraglich vorgesehener Versetzung der Miet- oder Pachtsache in den vorherigen Stand ergeben kann. Die Darlehens- oder andere Kreditverträge der Gesellschaft sind mit der tatsächlichen Inanspruchnahme der Kredite abzustimmen, um die noch freien Linien erkennen zu können. Versicherungsverträge sollten auf Über- und Unterversicherung überprüft werden. Eine arbeitsrechtliche Prüfung wird sich auf die Verträge mit den Mitarbeitern, die Betriebsvereinbarungen, die Korrespondenz mit dem Betriebsrat und die Unterlagen zu

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den Ruhegeld- oder Pensionsvereinbarungen erstrecken. Kritisch sind Anstellungsverträge mit längerer Laufzeit, Ruhegeldzusagen und Versorgungseinrichtungen sowie großzügige Jubiläumsregelungen zu beurteilen. Die Arbeitsverträge mit den leitenden Angestellten sind im Hinblick auf die Angemessenheit der Konditionen, auf die Kündigungsfristen, auf Abfindungsregelungen und Wettbewerbsvereinbarungen im Zusammenhang mit einer Kündigung zu überprüfen. Dies ist insbesondere dann relevant, wenn der Erwerber sich von bestimmten leitenden Angestellten trennen will. Einer der wesentlichen Posten ist die Verpflichtung aus Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung. Hierzu sind zunächst alle einzel- und kollektivvertraglichen Regelungen zusammenzustellen und auf Vollständigkeit zu überprüfen. Kritisch ist eine unterschiedliche Behandlung verschiedener Arbeitnehmergruppen. Hier kann sich ein noch nicht berücksichtigter Anpassungsbedarf über eine erforderliche Gleichbehandlung ergeben. Probleme können sich auch aus aktuellen Änderungen ergeben, wenn gesellschaftsinterne Versorgungswerke geschlossen oder deren Regelungen in wesentlichen Punkten geändert worden und dabei möglicherweise Rechtsmängel eingetreten sind. Im Rahmen der arbeitsrechtlichen Überprüfung ist auch auf die mitbestimmungsrechtliche Situation des Unternehmens einzugehen. Zunächst ist zu überprüfen, ob es einen Betriebsrat gibt oder ob möglicherweise ein Betriebsrat nicht besteht, obwohl die Voraussetzungen dafür gegeben sind. Soweit ein Betriebsrat besteht, sind Überlegungen anzustellen, wie dieser nach Erwerb einer Gesellschaft weitergeführt wird. Zu bedenken ist in dem Fall, in dem im Käuferunternehmen kein Betriebsrat besteht, wie sich die Existenz des Betriebsrates in dem gekauften Unternehmen auf die Arbeitnehmer des Käuferunternehmens auswirken wird. Hier kann es zu einer Nachahmung kommen, die weitreichende organisatorische und finanzielle Auswirkungen auf das Käuferunternehmen haben kann. Ein weiterer Analyseansatz kann sich auch aus Arbeitsverträgen mit Angehörigen ergeben. Diese werden in der Regel nach dem Erwerb des Unternehmens nicht weitergeführt. Insofern sind Vereinbarungen zu treffen, die weitere Belastungen in der Zukunft vermeiden. In nicht wenigen Fällen handelt es sich bei mittelständischen Unternehmen häufig um Arbeitsverträge, die einer Betriebsprüfung nicht standhalten würden. Die Risiken aus bestehenden Aktiv- und Passivprozessen sind kritisch zu hinterfragen und müssen in den Rückstellungen angemessen berücksichtigt werden. Die steuerliche Due Diligence bezieht sich auf Risiken, die durch eine nicht steuerkonforme Behandlung von Unternehmenssachverhalten entstanden sind und zu Steuernachzahlungen führen können. Als Unterlagen werden die Steuererklärungen der letzten drei Jahre und – soweit sie bereits ergangen sind – die Steuerbescheide sowie der letzte Bericht der Finanzbehörde über Betriebsprüfungen herangezogen. Außerdem ist eine detaillierte Aufstellung über das verwendbare Eigenkapital am Ende des letzten Geschäftsjahres erforderlich. Mit einzubeziehen sind schließlich auch Vereinbarungen mit den Finanzbehörden über bestimmte steuerrelevante Sachverhalte

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oder auch Unterlagen zu bestehenden Streitigkeiten. In diesem Zusammenhang ist die Ankündigung einer Betriebsprüfung zu erfragen. Es ist zu analysieren, ob es noch Forderungen der Finanzbehörden auf ausstehenden Steuerzahlungen gibt, oder ob solche Steuernachzahlungen im Rahmen von Betriebsprüfungen kurzfristig entstehen können. Bei Gesellschaften, die durch einen Gesellschaftergeschäftsführer oder durch einen Vorstand geführt werden, der die Mehrheit der Anteile hält, besteht in körperschaftsteuerlicher Hinsicht das Risiko, einer möglichen verdeckten Gewinnausschüttung. Sie liegt immer dann vor, wenn dem Anteilsinhaber oder einer ihm nahestehenden Person Vorteile zugeflossen sind, die einem Fremdvergleich in der Höhe der Leistungen oder der Art der Vereinbarung, z. B. ohne einen schriftlichen Vertrag, nicht standhalten. Um diesem Risiko Rechnung zu tragen, ist eine Aufstellung aller Verträge und sonstiger Leistungen ohne schriftliche Vereinbarung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter anzufertigen und auf mögliche Anhaltspunkte für eine verdeckte Gewinnausschüttung hin zu untersuchen. Weitere Risiken können sich aus der Gewährung von Gesellschafterdarlehen oder aus der Vermietung von Grundstücken und Gebäuden ergeben, soweit sie vom Gesellschafter gewährt bzw. aus dem Privatbereich an die Gesellschaft vermietet worden sind. Von Bedeutung können auch Abweichungen zwischen der Steuer- und der Handelsbilanz sein, weil sie Hinweise auf latente Steuern und Hinweise auf die Nutzung von Bilanzierungswahlrechten geben können. Soweit in der Vergangenheit Steuervergünstigungen oder Subventionen zum Ausgleich von Standortnachteilen oder branchentypischen Problemen gewährt worden sind, ist deren Bestand für die Zukunft zu hinterfragen. Zugleich muss sichergestellt sein, dass die Voraussetzungen für diese Vergünstigungen nicht aufgrund von Umstrukturierungen nach Erwerb des Unternehmens wegfallen werden. Dies kann z.  B. bei einer beabsichtigten Reduzierung des Personalbestandes oder bei einer Schließung eines Teilbetriebes relevant werden.

6.6.4.7 Finanz- und Rechnungswesen (Financial Due Diligence) Die Ergebnisse einer finanziellen Due Diligence bilden die Grundlage für die Ermittlung eines Unternehmenswertes bzw. des Kaufpreises für das Unternehmen. Um einen realistischen Überblick über das Umsatz- und Ergebnispotenzial zu erlangen, ist die Analyse der vergangenen drei Jahre hilfreich. Wenn eine Planungsrechnung des Verkäufers vorliegt, geben die Planwerte, in Abgleichung mit den Werten der Vergangenheit, Ansatzpunkte für die Plausibilität der Planung des Käufers. In der finanziellen Due Diligence schlagen sich letztlich die Ergebnisse der anderen Due Diligence Themen quantitativ nieder. Eine finanzielle Due Diligence wird einen Schwerpunkt der Analyse auf den momentanen Stand des Unternehmens und die voraussichtliche Entwicklung in der nahen Zukunft mit ihren Risiken, Chancen, Stärken und Schwächen legen. Einen Ansatzpunkt

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für eine erste Beurteilung kann dabei die Analyse der Jahresabschlüsse der Vergangenheit liefern. Dabei reichen in der Regel die Jahresabschlüsse der letzten drei Jahre aus. Die Jahresabschlüsse werden in den Ergebnisrechnungen analysiert, um Entwicklungstendenzen herauszuarbeiten. Als erste Abstimmung der Ergebnisrechnungen der einzelnen Jahre, reicht die Analyse von Unterschieden in der Relation der einzelnen Posten der Gewinn – und Verlustrechnung zu den Umsätzen oder den Gesamterlösen. Daraus ergeben sich Fragestellungen, die zu den Ursachen der Entwicklung der Gesellschaft in positiver oder negativer Hinsicht führen. Neben diesen Abweichungen wird das Augenmerk auf die Feststellung von außerordentlichen und betriebsfremden Vorgängen sowie auf die periodengerechte Zuordnung der Erträge und Aufwendungen gerichtet werden. Im Rahmen der Vergangenheitsbetrachtung werden nicht nur die Zusammenhänge zwischen den Positionen der Ergebnisrechnung, sondern auch Relationen zu technischen und wirtschaftlichen Daten, z. B. der Produktionsauslastung und der Entwicklung der Personalstände, aufgezeigt. Da eine Analyse der Vergangenheit immer vor dem Hintergrund erfolgt, die mögliche Entwicklung der Zukunft verstehen zu können, müssen die Ergebnisrechnungen vergleichbar gemacht werden. Für die Zukunft wird das Ergebnis des operativen Geschäftes geplant, ohne dass außerordentliche Einflüsse berücksichtigt werden. Gleiches muss auch für die Vergangenheit geschehen. Daher ist es erforderlich, durch eine Bereinigung der Vergangenheitsergebnisse, die tatsächlichen operativ verursachten Ergebnisse der Vergangenheit darzustellen. Dies bedeutet nichts anderes als eine Vergleichbarkeit der Umsatz-und Ergebnisentwicklung mit den Planjahren herzustellen. Soweit bestimmte Ertrags- oder Aufwandskosten nicht in der Erfolgsrechnung erfasst sind, sind sie fiktiv zu berücksichtigen. Das kann z. B. der Unternehmerlohn des – ohne Gehalt in seinem Unternehmen tätigen – Gesellschafters sein. Die in einem Jahr aufgelösten Rückstellungen sind in diesem Jahr nicht als Ertrag zu berücksichtigen. Stattdessen ist im Jahr der Bildung dieser Rückstellung der entsprechende Aufwand zu eliminieren. Die Abschreibungen sind auf die tatsächliche Nutzungsdauer und nicht auf die steuerrechtlich vorgegebene Nutzungsdauer zu berechnen und müssen die Wiederbeschaffungskosten berücksichtigen. Umstrukturierungsaufwendungen, die in einem Jahr in großem Umfang angefallen sind, sind zu eliminieren, wenn sich das Unternehmen seitdem nicht mehr verändert hat und weitere Änderungen in der Zukunft in diesem Umfang nicht zu erwarten sind. Soweit Bereinigungen vorgenommen worden sind, können sich Folgeänderung im Hinblick auf Steuern, Zinsen oder Abschreibungen ergeben. Denkbar sind auch Modifizierungen zur Anpassung der Vergangenheit an die Zukunft, wenn z. B. in der Zukunft ganze Unternehmensbereiche ausgegliedert werden sollen. In diesem Fall wäre die Vergleichbarkeit der Planung mit der Entwicklung der Vergangenheit nicht möglich.

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Die Planungsrechnung ist im Rahmen einer finanziellen Due Diligence von zentraler Bedeutung. Allerdings kann die Planungsrechnung, die der Verkäufer aufgestellt hat, nur Ansatzpunkte für die eigene Beurteilung des Käufers bieten. Diese eigenen Vorstellungen werden dann die Basis für die Entscheidung des Käufers und im Hinblick auf die Höhe eines Kaufpreises sein. Eine Planungsrechnung kann beispielhaft wie folgt aufgebaut sein und folgende Aspekte berücksichtigen: • Planungsunterlagen Die Planungsunterlagen bestehen aus einer Planergebnisrechnung für den Planungszeitraum, der in der Regel drei Jahre umfasst, der Zusammenstellung der Planungsprämissen mit strategischen Überlegungen und einer Reihe von Einzelplänen für Produktion, Absatz, Investition und Abschreibungen, Liquidität und Zinsen sowie für die Entwicklung des Personals. Der Gesamtplan und die Teilbereichspläne müssen untereinander abstimmbar sein. • Planungsverfahren Bei der Erläuterung des Planungsverfahrens der Gesellschaft ist zunächst darzustellen, welches Planungsverfahren angewandt worden ist. Dabei beruhen die Planergebnisrechnungen für die verschiedenen Planjahre meistens auf unterschiedlichen Verfahren. In der Regel wird das erste Jahr gesondert geplant und die Folgejahre lediglich fortgeschrieben. Es lassen sich auch Unterschiede in der Planung der Umsätze einerseits und der übrigen Erträge und Aufwendungen andererseits feststellen. Das erste Jahr kann die Fortschreibung der Trendentwicklung aus der Vergangenheit enthalten. Denkbar ist auch eine Hochrechnung innerjähriger Daten oder eine Ableitung der Planumsätze aus dem Auftragsbestand. Wenn es für diesen Auftragsbestand bereits rechtlich verbindliche Verträge gibt, ist der Plausibilitätsgrad der Planung sehr hoch. Von der Veränderbarkeit der Planung im Zeitablauf ist die statische Planung von der revolvierenden Planung oder Anschlussplanung zu unterscheiden. Bei manchen Unternehmen wird sogar die Jahresplanung innerhalb des laufenden Planjahres nach jedem Monat angepasst. Bei der Planungstendenz ist eine eher realistische Planung von einer Planung abzugrenzen, die ausdrücklich oder – auch unausgesprochen – einen Vorgabecharakter hat oder haben soll. Für die Vergangenheit sollte eine Soll/Ist Analyse vorgenommen werden, um die Planungsgenauigkeit der Gesellschaft in den vergangenen Jahren darzustellen. Daraus ergeben sich auch Aussagen über die Planungsphilosophie der Gesellschaft, die zwischen einer realistischen Planung und einer optimistischen Zielvorgabe liegen kann. • Ermittlung der Ertragserwartungen anhand der Planungsrechnung Bei den einzelnen Posten der Planergebnisrechnung lassen sich Komponenten darstellen, die als Begründung des Mengengerüstes für bestimmte Entwicklungen geeignet sind.

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• Umsatzerlöse Für die Planansätze der Umsätze sind die Ergebnisse der Produktanalyse und der Analyse des Absatzmarktes und der Absatzorganisation des Kaufobjektes von Bedeutung. Zunächst ist eine Aufstellung der Produkte bzw. Dienstleistungen der Gesellschaft und eine Zusammenstellung der erwirtschafteten Umsätze hilfreich. Je nach Größenordnung ist eine Gruppenbildung ausreichend (Detaillierte Aufstellung der verschiedenen Quellen für die Umsatzerlöse (Sources of Income), z. B. nach Produktgruppen, Ländern, Regionen). Bei einer Untersuchung der Vor- und Nachteile des Produktprogrammes sind unterschiedliche Faktoren zu berücksichtigen, die Einfluss auf die Akzeptanz auf dem Markt haben. Da sind zunächst das Image und die Frage, ob es eher qualitativ gut sein soll, oder ob es eher eine bestimmte Moderichtung oder einem Trend entsprechen soll. In diesem Zusammenhang sind auch das Preisleistungsverhältnis, die technische Ausstattung und die Serviceleistungen von Bedeutung. Schließlich gehören die Lieferfähigkeit und die Zahlungsbedingungen zu den Merkmalen, die für die Einschätzung der Produkte am Markt wichtig sind. Bei einer Betrachtung des Gesamtunternehmens kann die Ausgewogenheit des Programmes eine Rolle spielen, die möglicherweise zu Folgegeschäften führt. Im Rahmen der Analyse wird eine Differenzierung des Programmes im Hinblick auf den Produktlebenszyklus durchgeführt, um dessen einzelne Stufen Einführung – Wachstum – Reife – Sättigung – Degeneration nachvollziehen zu können. Wichtig für die Planung ist die Entwicklung der Umsätze und Erträge im Verlauf des Produktlebenszyklus, die von einem steigenden Umsatz bei geringem Ertrag bis zu dem Zeitpunkt reicht, bei dem sowohl der Umsatz als auch der Ertrag rückläufig geworden sind. Neben der Analyse der Produkte ist auch eine Absatzmarktanalyse durchzuführen, die bei sehr unterschiedlichen Produktgruppen innerhalb des Unternehmens jeweils gesondert erfolgen muss. Hier sind die Marktstruktur, die künftige Entwicklung (z. B. Konzentration) und das Verhältnis der Wettbewerber (ggf. mit diesen getroffene Absprachen) zu berücksichtigen. Dabei spielen auch Nachfrageänderungen in Abhängigkeit von Preisänderungen, die Erkenntnisse aus den Erläuterungen der externen und internen Einflüsse auf Umsatzentwicklung in der Vergangenheit, Veränderung in der Struktur der Bevölkerung, im Verhalten der Abnehmer und der Fortfall bzw. die Einführung von Konkurrenzprodukten eine Rolle. Neben dem Vergleich mit der langfristigen Entwicklung der Konkurrenten wird insbesondere bei der erforderlichen Hochrechnung eines innerjährigen Umsatzes, die Darstellung und Begründung saisonaler Schwankungen und eine Übersicht über die Abnehmer der Produkte in Form einer ABC-Analyse erfolgen, um mögliche Abhängigkeiten erkennen zu können.

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Schließlich wird die Entwicklung des Marktvolumens und der Marktanteile in der Vergangenheit, unter Berücksichtigung möglicher Substitute für die Produkte, mit in die Beurteilung der zukünftigen Entwicklung der Gesellschaft einfließen. • Aktivierung selbst geschaffener immaterielle Vermögensgegenstände Die Bilanzierungsmöglichkeit von selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens nach nationalen handelsrechtlichen Vorschriften seit 2009 trägt der zunehmenden Bedeutung der immateriellen Vermögensgegenstände im Wirtschaftsleben Rechnung. Durch die Wandlung von einer produzierenden Industrie hin zu einer Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft hat sich in der Vergangenheit das Bilanzbild zahlreicher Unternehmen gewandelt. Dem ist der Gesetzgeber mit einer Änderung der handelsrechtlichen Vorschriften gefolgt indem er unter § 248 Abs. 2 S. 1 HGB formuliert: „Selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens können als Aktivposten in die Bilanz aufgenommen werden.“ Für nicht entgeltlich erworbene, sondern vom Unternehmen selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens sieht der Gesetzgeber nach § 248 Abs. 2 S. 1 HGB ein Wahlrecht zur Aktivierung vor. Damit können selbst geschaffene immaterielle Werte, wie Schutzrechte (z. B. Patente, Warenzeichen, Urheberechte) Rechtspositionen (z.  B. Nutzungsberechtigungen, Vertriebsrechte) und Werte wie ungeschützte Erfindungen, EDV-Software und insbesondere Eigenentwicklungen für neue Produkte und Verfahren aktiviert werden. Ein Gut gilt immer dann als ein Vermögensgegenstand, wenn es unternehmensextern in Geld transformiert werden kann. Es muss ein aktiver Markt für die Verwertung vorhanden sein. Wird das Wahlrecht der Aktivierung ausgeübt, so sind die Herstellungskosten zu aktivieren. Diese ergeben sich aus § 255 Abs. 2a HGB. Explizit mit aufgenommen wurde hier der Hinweis auf eine Unterscheidung von Forschungs- und Entwicklungskosten, denn Forschungskosten dürfen in der Bilanz grundsätzlich nicht aktiviert werden. • Materialeinsatz Unter dem Materialeinsatz sind die Aufwendungen für Roh-, Hilfs-, und Betriebsstoffe, für Handelswaren und für Fremdleistungen gesondert zu planen. Um die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft richtig einschätzen zu können, ist zunächst die Marktstruktur auf dem Beschaffungsmarkt zu analysieren. Eine Auflistung der wesentlichen Lieferanten, in Form einer ABC-Analyse, ermöglicht die Feststellung, ob die Gesellschaft von bestimmten Lieferanten abhängig ist oder eine Einkaufsmacht besitzt. Neben der Prüfung des Systems der Beschaffungslogistik ist darauf zu achten, dass die Beschaffungspolitik unter Einschaltung des Controllings, in Abstimmung mit der Entwicklung, der technischen Planung, der Fertigung, dem Vertrieb und der Finanzierung erfolgt. Rationalisierungsmöglichkeiten im Einkauf setzen eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Lieferanten voraus, die ihrerseits daran interessiert sind, in verlässlichen Abständen liefern zu können, um die eigene Planung sicherzustellen.

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• Rohertrag- und Rohertragsmarge Die Transparenz der Wertbeiträge einzelnen Produkte und Produktgruppen ist für den Wert eines Unternehmens von ganz entscheidender Bedeutung. Insbesondere die (erste) Ergebniskennzahl Rohertrag gibt Hinweise auf die Profitabilität des Geschäftsmodells bzw. auf die Profitabilität einzelnen Sparten. Vielfach gibt es Branchenvergleiche, die für einen Käufer eine Plausibilisierung dieser Ergebnisgrößen zulässt. Ist ein Unternehmen zudem materialintensiv, dürfte der genauen Analyse des Rohertrags eine hohe Bedeutung beigemessen werden. Vielfach lassen sich bereits aus der Analyse der Sources of Income mit den entsprechend zugeordneten Aufwendungen Kernaussage über die Vorteilhaftigkeit einer Investition treffen. • Personalaufwendungen Der Planansatz für die Personalaufwendungen wird davon abhängen, ob sich die Zahl der beschäftigten Personen und/oder die Lohn- und Gehaltszahlungen erhöhen. Hierzu ist zunächst die Entwicklung und Struktur des Personalbestandes in der Vergangenheit zu untersuchen. Soweit eine wesentliche Umsatzerweiterung geplant ist, muss sich das in steigenden Personalaufwendungen niederschlagen, es sei denn, es kann plausibel dargelegt werden, dass die Angestellten aufgrund der Rationalisierung von Arbeitsabläufen oder der Einführung neuer Produktionseinrichtungen in der Lage sind, den Pro-Kopf-Umsatz zu erhöhen. Der Vergleich der durchschnittlichen Personalaufwendungen mit der Konkurrenz und entsprechenden Branchenzahlen kann das Risiko latenter Erhöhungen aufzeigen. Die Entwicklung der Löhne und Gehälter ist nach einzelnen Gruppen der Angestellten, Arbeiter und Auszubildenden einzuschätzen. Unterschieden werden kann möglicherweise auch nach organisatorischen Einheiten, die eine unterschiedliche Lohn- und Gehaltsstruktur aufweisen. Der Einsatz von Teilzeitbeschäftigten oder der Einsatz von freien Mitarbeitern ist mit zu berücksichtigen. Im Hinblick auf eine geplante Ausweitung des Unternehmens ist sicherzustellen, dass das Unternehmen auch kurzfristig in der Lage ist, die erforderlichen zusätzlichen Arbeitskräfte einzustellen. Für die Vergangenheit sollte auf besondere Ereignisse wie Streik, Unfälle, übermäßiges Anfallen von Überstunden sowie eine starke Fluktuation geachtet werden. Hierzu gehören auch Arbeitsgerichtsprozesse, bei denen es entweder um große Abfindungen oder um Grundsatzentscheidungen geht. Bei Personengesellschaften sind Angaben zum Unternehmerlohn und weiteren Vergünstigungen der Gesellschafter zu ermitteln. • Aufwendungen für Altersversorgung, Höhe der Pensionsrückstellungen Unabhängig von der inneren Finanzierung eines Unternehmens durch die Bildung von Pensionsrückstellungen, ist die Verpflichtung der Gesellschaft aus Pensionszusagen, Unterstützungszusagen und Versorgungseinrichtungen zu prüfen. Hier können sich erhebliche Risiken aus einer Unterdeckung ergeben.

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Mittelständische Unternehmen haben in der Vergangenheit ihren Mitarbeitern und für die Gesellschafter-Geschäftsführer Direktzusagen einer Altersversorgung gegeben. Vielfach wurde der steuerliche Effekt dieser Zusagen gern in Kauf genommen; in letzter Zeit häufen sich jedoch Stimmen, die die in Vergangenheit gemachten Zusagen zunehmend kritisch betrachten. Dies hat im Wesentlichen eine Ursache: Der Grundgedanke besteht darin, dass die Verpflichtungen aus den gegebenen Zusagen vom Unternehmen erwirtschaftet werden und damit die Zahlungsverpflichtungen geleistet werden können. In Zeiten auskömmlicher Zinsen konnten somit Vermögensanlagen aufgebaut werden, die den Pensionsverpflichtungen weitestgehend entsprachen. Problematisch sind die Verpflichtungen aus Pensionsverpflichtungen jedoch spätestens seit der Niedrigzinsphase geworden. Unabhängig davon, welche bilanziellen Vorschriften für die Bildung entsprechender Pensionsrückstellungen gelten (diese wurden in den letzten Jahren sukzessive nach unten angepasst, verbleiben jedoch immer noch auf dem Niveau, das in keinem Fall einer Verzinsung am Finanz- oder Kapitalmarkt entspricht), kann davon ausgegangen werden, dass die heutig bilanzierten Pensionsrückstellungen nicht dem aktuellen Marktwert entsprechen. Denn: Je höhe der verwendete Zinssatz für die bilanzielle Bewertung der Rückstellung, desto niedriger fällt diese aus, was in Zeiten hoher Zinsen akzeptabel ist. Jedoch führt eine Ist-Verzinsung von Anlagemöglichen bei einer Verzinsung von z. B. 2,0 % zurzeit nicht zu einer kongruenten Übernahme dieses Zinssatzes für die Passivierung. Vielmehr klaffen prozentual wesentliche Unterschiede zwischen der Ist-Verzinsung und der bilanziellen Handhabung. Die Folge ist vielfach die Unterbewertung der Pensionsrückstellungen und eine erhebliche Differenz zum Marktwert mit der Folge, dass diese stillen Lasten den Kaufpreis für ein Unternehmen wesentlich beeinflussen können. Dies hat in der M&A-Praxis schon häufig dazu geführt, das M&A-Deals aufgrund der mit Pensionsrückstellungen verbundenen Bewertungsunterschiede nicht oder nur zu einem sehr geringeren Preis durchgeführt werden konnten. Für den Ausweis von Pensionsrückstellungen ist insbesondere bei M&A-Deal eine realitätsnähere Bewertung vorzunehmen; dies ist in der internationalen Rechnungslegung bereits der Fall, im deutschen Handelsrecht jedoch noch nicht. Der Zinssatz für die Bewertung muss marktgerecht gewählt werden und die zu bewertende Verpflichtung ist entsprechend zu zeigen. Sofern der Umfang der Pensionsrückstellungen einen wesentlichen Betrag ausmacht, ist es geraten, die Hilfe von Experten, wie z. B. Versicherungsmathematiker in Anspruch zu nehmen. • Verwaltungsaufwendungen Die für die Vergangenheit erzielten Erkenntnisse über Struktur und Entwicklung der Verwaltungsaufwendungen kann im Hinblick auf die geschätzte Entwicklung in der Zukunft herangezogen werden. Die Entwicklung der Zukunft wird zu einem Teil in Relation zu gesteigerten Umsatzerlösen erfolgen. Das wird davon abhängen, inwieweit ein direkter operativer Zusammenhang besteht.

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• Übrige betriebliche Aufwendungen Auch bei den übrigen betrieblichen Aufwendungen wird sich ein Teil in unmittelbarem Zusammenhang mit der Entwicklung der Umsatzerlöse fortschreiben lassen. Das lässt sich auch aus der Struktur und Entwicklung dieser Aufwendungen in der Vergangenheit darlegen. Dabei ist zu unterscheiden, ob im Einzelfall ein Aufwand eher fix oder eher variabel zu planen ist. Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen müssen mit den entsprechenden Budgets und Vorhaben abgestimmt werden. Werbungskosten werden oft in einem bestimmten Prozentsatz der Umsatzerlöse geplant. Bei der Planung der Werbungskosten ist ein Vergleich mit anderen Unternehmen der Branche vorzunehmen. Soweit der Planansatz in Relation zu den geplanten Umsätzen deutlich unter dem Branchendurchschnitt liegt, ohne dass das plausibel erläutert werden kann, ist eine Erhöhung der Werbekosten in den Planjahren vorzunehmen. Die Planung des Miet- und Leasingaufwandes hängt auch von den Plänen der Gesellschaft ab, inwieweit die bisherigen räumlichen Kapazitäten weiter genutzt oder aber erweitert werden sollen. Die Zuführungen zu Rückstellungen sind unter den sonstigen Aufwendungen enthalten, soweit sie noch nicht in den gesonderten Kostenpositionen wie z. B. dem Personalaufwand erfasst sind. In der Planung werden solche Zuführungen, weil sie in der Regel einen außerordentlichen Charakter haben, zutreffend nicht erfasst. Die Verluste aus dem Abgang von Gegenständen des Anlagevermögens sind lediglich dann in der Planung enthalten, wenn die Gesellschaft im Rahmen der Umstrukturierung eine größere Verschrottungsaktion plant. Sie können dann als außerordentlich eingestuft werden. • Abschreibungen Die Abschreibungen sind in Abstimmung mit der geplanten Entwicklung des Anlagevermögens zu entwickeln. Dazu erfolgt zunächst eine Auflistung der Sachanlagen mit Angabe der effektiven Nutzungs- und den bilanziellen Abschreibungsdauern unter Berücksichtigung der vorübergehend oder endgültig stillgelegten Maschinen. Unter Einbeziehung der organisatorischen Gestaltung des Fertigungsablaufes und möglicher Änderungen werden die zukünftigen Abschreibungen auf Basis der Wiederbeschaffungskosten unter Zugrundelegung wirtschaftlicher Nutzungsdauern ermittelt. Für die Bemessung des zukünftig erforderlichen Anlagevermögens sind Überlegungen zu Ersatz- und Rationalisierungsinvestitionen sowie zur Entwicklung der technischen Kapazität und deren Ausnutzung anzustellen. Die Ausweitung der Schichten, die bisher angefallenen Stillstands- und Reparaturzeiten sowie Instandhaltungs- und Reparaturaufwendungen kann auf notwendige Investitionen hinweisen. Auch eine in der Vergangenheit unterlassene Instandhaltung kann ein Indiz für weitere Investitionen sein. • Instandhaltungsaufwendungen Für die Planung der Instandhaltungsaufwendungen ist auf Anfall und Umfang in der Vergangenheit abzustellen. Aus dem Altersaufbau der Anlagen werden sich

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Anhaltspunkte für den zukünftigen Instandhaltungsbedarf ableiten lassen. Soweit Instandhaltungsmaßnahmen unterlassen worden sind, können in unmittelbarer Zukunft erhöhte Aufwendungen anfallen. Für die Planung ist anzuraten, normalisierte Instandhaltungsaufwendungen zu ermitteln, die auch einmalige Instandhaltungsaufwendungen (z. B. eine Dachsanierung) auf einen längeren Zeitraum zu verteilen. • Finanzierungsaufwendungen Hier ist zunächst die Entwicklung der Finanzierung mit Eigen- und Fremdkapital in der Vergangenheit, mit der Feststellung einer Über- bzw. Unterkapitalisierung, darzustellen. Für die Ermittlung der zukünftigen Finanzierungsaufwendungen ist eine Darstellung der Kredite nach Kreditgebern (Banken und Lieferanten), der Zinssätze und sonstigen Konditionen sowie der beanspruchten Sicherheiten erforderlich. Für eine Ausweitung des Unternehmens ist es zudem wichtig, ob die Kreditlinien bereits vollständig ausgeschöpft worden sind. In diesem Zusammenhang ist das Innenfinanzierungspotenzial der Gesellschaft durch Abschreibungen, langfristige Rückstellungen und Rücklagen sowie mögliche Umfinanzierungsmöglichkeiten zu untersuchen. Schließlich muss die Ermittlung zukünftiger Finanzierungsaufwendungen unter Berücksichtigung der zukünftigen Zinsentwicklung erfolgen. • Steuern Eine Übersicht über die Struktur und Entwicklung in der Vergangenheit ermöglicht eine Überprüfung des Planungsansatzes. Hierbei geht es insbesondere um die Gewerbesteuer und Ertragsteuer/Körperschaftsteuer. Für das unmittelbare Risiko einer Steuernachzahlung sind die Ergebnisse der letzten Betriebsprüfungen und der Zeitraum, für den sie gelten, von Bedeutung. Soweit die Gesellschaft branchen- und standortabhängige Steuervergünstigungen erhalten hat und noch erhalten soll, sind Analysen anzustellen, ob diese Vergünstigungen weiter bestehen bleiben werden. Hier kann auf das Ergebnis der steuerrechtlichen Due Diligence zurückgegriffen werden. Für den Käufer ist das Vorhandensein nicht betriebsnotwendigen Vermögens von Bedeutung, weil sich hier die Möglichkeit ergibt, dieses Vermögen zu veräußern oder es als zusätzliche Sicherungsgrundlage für die Finanzierung einzusetzen. Aus Sicht des Verkäufers eines Unternehmens wird durch nicht betriebsnotwendiges Vermögen ein zusätzliches Verhandlungspotenzial über den Kaufpreis geschaffen. Die Definition des nicht betriebsnotwendigen Vermögens ist sehr weitgehend. Es fallen alle Vermögensteile darunter, die aus dem Unternehmen verbracht werden können, ohne dass es an Wert verliert. Nicht betriebsnotwendig sind oft Grundstücke und Gebäude, Wertpapiere, Beteiligungen, flüssige Mittel, Darlehen und Forderungen an verbundenen Unternehmen, die nicht für die operative Tätigkeit des Unternehmens erforderlich sind. Hierzu gehören aber auch alle Schulden, die mit diesem nicht betriebsnotwendigen Vermögen zusammenhängen.

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In der Entwicklung der Vergangenheit des Unternehmens wird man alle Aufwendungen und Erträge, die das nicht betriebsnotwendige Vermögen betreffen, gesondert ausweisen und ggf. eliminieren. Waren bis vor wenigen Jahren besondere Prüfungen der Informationstechnologie (IT), Compliance (Compliance Due Diligence) oder der Immateriellen Werte (IP-Intellectual Due Diligence) Teil der „klassischen“ Due Diligence-Felder, so haben sich diese Untersuchungsbereiche in den letzten Jahren in der Weise verstärkt, dass von eigenständigen, spezifischen Untersuchungen ausgegangen werden muss. Intellectual Property (IP) Due Diligence Die bilanzielle Abbildung von immateriellen Vermögenswerten, zu denen insbesondere Markenrechte, Lizenzen, Patente, Kundenbeziehungen und zunehmend Lösungen und Produkte, die sich mit dem Schlagwort „Digitalisierung“ beschreiben lassen, ist aufgrund ihrer immateriellen Natur, ihrer Einzigartigkeit sowie ihrer Vielfalt seit jeher schwierig. Bedingt durch den wirtschaftlichen, vor allem aber technologischen Wandel, dominieren vielfach nun nicht mehr die körperlichen Vermögensgegenstände, sondern zunehmend immaterielle Vermögensgegenstände. Mehr noch: Die digitale Transformation unterscheidet sich grundlegend von bisherigen Tendenzen einer Automatisierung und der zunehmenden Verbreitung des Internets. Waren in der Vergangenheit lediglich einzelne Branchen, Unternehmen und Prozessschritte innerhalb eines Unternehmens von der Digitalisierung betroffen, sind es heute nicht mehr nur einzelne Elemente der Wertschöpfungskette, wie beispielsweise die automatisierte Fertigung oder der Vertrieb, sondern die gesamte Wertschöpfungskette eines Unternehmens. In unserer heutigen wissens- und technologiebasierten Ökonomie muss jedoch der Tatsache Rechnung getragen werden, dass die gegenwärtige wie auch zukünftige Vermögens-, Finanz- und Ertragslage von Unternehmen zunehmend von der Werthaltigkeit ihrer immateriellen Vermögenswerte determiniert wird. Für viele Unternehmen sind ihre immateriellen Vermögenswerte weitaus wertvoller als ihre materiellen Vermögensgegenstände, und dies gilt nicht nur für Großunternehmen. Vielfach sind sich mittelständische Unternehmen der Tragweite bzw. der Werthaltigkeit ihrer IP nicht ausreichend bewusst. Dass der Komplex IP in hohem Maße wertrelevant für den Unternehmensverkauf ist, liegt auf der Hand. Compliance Due Diligence Vor dem Hintergrund potenzieller Compliance-Risiken ist es sinnvoll, vor Abschluss einer Unternehmenstransaktion neben der klassischen Due Diligence eine Compliance-bezogene Due Diligence, oftmals auch „Integrity Due Diligence“ genannt, vorzubereiten. Dabei sollte die Existenz, die Organisation und die Effizienz eines (wenn auch rudimentär vorhandenen oder sich im Aufbau befindlichen) Compliance Management Systems dokumentiert werden. Neben der Existenz eines Compliance-Management-Systems sollte auch seine praktische Anwendbarkeit und die Wirksamkeit im Unternehmen untersucht werden.

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129

Der Verkäufer hat sich in diesem Zusammenhang zu fragen, ob es in „seinem Unternehmen“ ausreichende Strukturen oder Informationswege gibt, die Regelverstöße möglichst vermeiden. Insbesondere der Komplex Compliance ist sehr stark durch die Persönlichkeit des Verkäufers bestimmt, denn Compliance beginnt im Kopf des Unternehmers.

6.6.5 Ergebnisse der Due Diligence als Voraussetzung zur Unternehmenswertermittlung Die Ergebnisse einer finanziellen Due Diligence lassen sich in einer „Minimal-Darstellung“ als Gegenüberstellung der Vergangenheit mit der Gegenwart und der Zukunft in Form einer Gewinn- und Verlustrechnung darstellen. Diese kann den Ausgangspunkt für die Unternehmensbewertung zur Kaufpreisermittlung sein. Weitergehende Analysen können eine Cash-Flow-Betrachtung mit einbeziehen (Abb. 6.11). Die Ergebnisse der Due Diligence sind hier als Zahlenreihen abgebildet. Je nach Bewertungsmethode werden die Umsatzerlöse, das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EBIT = Earnings before Interest and Taxes), das Ergebnis vor Steuern (EBT = Earnings before Taxes), das Jahresergebnis (NOPAT = Net-Operating-Profit after Tax) oder der Free Cash-Flow für die weitere Berechnung herangezogen. Die in der Abbildung aufgeführten Zahlenreihen repräsentieren die Ergebnisse der Due Diligence. Ausgehend von diesen Ergebnissen können daraus Unternehmenswerte relativ problemlos ermittelt werden. Insofern stellen die (quantitativen) Ergebnisse der Due Diligence den zentralen Bewertungsbaustein für die Ermittlung eines Unternehmenswertes als mögliche Kaufpreisabschätzung dar.

6.6.6 Unternehmenswertermittlung 6.6.6.1 Überblick über die gängigen Bewertungsverfahren Die Verfahren der Unternehmensbewertung werden als äußerst komplex und in ihren Berechnungsschritten als sehr kompliziert beschrieben. Gerade bei den Mitarbeitern von Investmentbanken, aber auch bei den größeren Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, wird die Unternehmensbewertung als eine Königsdisziplin der Betriebswirtschaft beschrieben, die nur von einem kleinen und professionellen Mitarbeiterstab beherrscht wird. Eine solche Beschreibung bzw. Sichtweise ist nicht zu rechtfertigen. Denn, egal welches Verfahren im praktischen M&A-Fall zur Anwendung kommt, es handelt sich immer nur um plausible Ermittlung von Zahlengrößen und deren methodisch sachgerechtes Einsetzen in einen mathematischen Algorithmus. Es gibt hierbei eine Bandbreite von einfachen mathematischen Verfahren bis hin zu mathematisch anspruchsvolleren Verfahren. Es bleibt aber immer ein Rechenverfahren. Während die Verfahren in ihrem Berechnungsschema vorgegeben und in Theorie und Praxis weitgehend anerkannt sind, liegt die eigentliche Schwierigkeit bei einer

1708

2200

3000

2242

Personalaufwand

Abschreibungen

Sonstige betriebliche Aufwendungen

EBIT

1010

NOPAT

1000

1200

3410

Investitionen

Working Capital

Free Cash Flow 28%

8%

6%

14%

4%

18%

25%

18%

14%

75%

25%

100%

% UE

3238

1100

1200

2431

907

657

1564

600

2164

3075

2431

1820

9490

3510

13.000

1 Ist T€

Vergangenheit

Abb. 6.11   Ergebnisse der Financial Due Diligence

2200

Abschreibungen

Überleitung zum Cash Flow

732

1742

Steuern

EBT

500

9150

Rohertrag

Zinsaufwand

3050

12.200

Umsatzerlöse (UE)

Materialaufwand

-1 Ist T€

Jahr

25%

7%

5%

12%

5%

17%

24%

19%

14%

73%

27%

100%

% UE

3536

1400

1300

2686

749

543

1292

700

1992

3152

2686

1890

9720

3780

13.500

0 lfd. Jahr T€

26%

6%

4%

10%

5%

15%

23%

20%

14%

72%

28%

100%

% UE

Gegenwart

-

-

1652

2000

3500

3500

348

252

600

1100

1700

3200

3500

2100

10.500

3500

14.000

1 Planjahr 1 T€

-12%

2%

2%

4%

8%

12%

23%

25%

15%

75%

25%

100%

% UE

-

Zukunft

2171

1000

1500

3800

871

631

1502

1200

2702

3248

3800

2150

11.900

3600

15.500

2 Planjahr 2 T€

14%

6%

4%

10%

8%

17%

21%

25%

14%

77%

23%

100%

% UE

-

3722

500

1000

4188

1034

749

1783

1200

2983

3329

4188

2200

12.700

3800

16.500

3 Planjahr 3 T€

23%

6%

5%

11%

7%

18%

20%

25%

13%

77%

23%

100%

% UE

2404

1414

Ewige Rente T€

130 6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

6.6  Welche Prüfungsschritte bestimmen den M&A-Prozess? (Prüfungsphase)

131

Unternehmensbewertung darin, die richtigen Inputfaktoren in die Verfahren einzusetzen. Nur durch eine Due Diligence, mithin einer umfassenden Unternehmensanalyse, wird man die Inputfaktoren finden, die die Grundlage für eine sachgerechte Unternehmensbewertung bilden. Bretzke hat dazu bereits 1988 treffend bemerkt: Ein Unternehmen kompetent bewerten heißt seine Erfolgspotentiale kompetent beurteilen. Nicht die intime Kenntnis finanzmathematischer Verfahren und entscheidungstheoretischer Modelle macht den Unterschied zwischen einer guten und einer schlechten Unternehmensbewertung aus, sondern die Fähigkeit zur Einschätzung von Produkten, Märkten und Strategien. Die konsistente Anwendung der Rechentechnik ist eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für eine sachgerechte Unternehmensbewertung.4

In der Bewertungsliteratur findet man eine Vielfalt von Bewertungsverfahren. Während Theorie und Praxis in der Vergangenheit einen Methodenstreit geführt haben, sind die Grundlagen der wesentlichen Bewertungsverfahren heute nicht mehr strittig. Differenzen bestehen lediglich noch in Detailfragen, deren Klärung man den Bewertungsfachleuten überlassen kann. Für die Bewertungspraxis in einem M&A-Prozess haben sie nur eine untergeordnete Bedeutung. In der Bewertungspraxis finden folgende Bewertungsverfahren Anwendung: • Vergleichsverfahren • Ertragswertverfahren • Discounted Cash-Flow-Verfahren (DCF) • Substanzwertverfahren Für jedes der Verfahren gibt es Varianten, die den Anspruch erheben den „richtigen“ Unternehmenswert abzubilden. Aus der Fülle, der dazu existierenden Literatur, ist für den theoretisch Interessierten das Standardwerk der deutschen Unternehmensbewertung von Matschke/Brösel5 zu empfehlen. Praktische Rechenbeispiele findet man bei z. B. bei Peemöller6. Vergleichsverfahren Vergleichsverfahren haben zunehmend praktische Bedeutung bei Akquisitionsprozessen gefunden. Sie ermöglichen mit wenig methodischem Aufwand eine überschlägige

4Bretzke,

a. a. O., 1988, S. 813 [3]. das von Matschke und Brösel verfasste Standardwerk der deutschsprachigen Unternehmensbewertung. Matschke/Brösel, a. a. O. [19]. Matschke und Brösel geben einen umfassenden Überblick über die Funktionen, Methoden und Grundsätze der Unternehmensbewertung. 6Vgl. das mit umfangreichen Berechnungsbeispielen versehene Praktikerwerk von Peemöller. Peemöller, a. a. O. [23]. 5Vgl.

132

6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

Wertfindung und sind daher für eine erste Wertabschätzung sehr beliebt. Häufig kommen nach einer ersten Wertabschätzung durch ein Vergleichsverfahren andere Bewertungsverfahren nicht mehr zur Anwendung. Die Vergleichsverfahren ziehen, wie der Name bereits sagt, Vergleichsgrößen zur Bewertung heran. Dies können bekannte Marktpreise für Vergleichsunternehmen sein, aber auch vergleichbare EBIT-, EBT-, NOPAT- oder Cash-Flow-Werte sowie von der Praxis entwickelte Multiplikatoren. Die grundsätzliche Problematik besteht hier in der Vergleichbarkeit der Unternehmen bzw. der relevanten Vergleichsgrößen. Eine in der Praxis häufig angewandte Methode ist der „Comparative Company Approach“ (CCA). Hierbei werden zunächst Vergleichsunternehmen ausgewählt, die die sog. Peer Group darstellen. Die potenziellen Marktpreise dieser Vergleichsunternehmen lassen sich dann z. B. aus dem Börsenwert, der sog. Marktkapitalisierung, vom Kurszettel ablesen. Die Marktkapitalisierung wird durch eine einfache Multiplikation ermittelt. Multipliziert wird der Kurswert der Aktie des oder der Vergleichsunternehmen mit der Anzahl der Aktien des jeweiligen Unternehmens. Der Erhebungsaufwand ist relativ gering, da die benötigen Informationen bei börsennotierten Unternehmen tagesaktuell vorliegen. Die so ermittelten Marktpreise werden dann ins Verhältnis zu sog. Performance-Daten wie EBIT, EBT, NOPAT oder Cash-Flow gesetzt. Aus einer Vielfalt von Vergleichsunternehmen lassen sich stabile Durchschnittswerte ableiten. Diese Durchschnittswerte werden mit den Vergleichswerten des zu bewertenden Unternehmens verknüpft, um dann einen Marktpreis für das relevante Unternehmen zu erhalten. Ein Zahlenbeispiel enthält die Abb. 6.12. Vergleichsunternehmen unternehmen

Marktkapitalisierung (EV)

EBIT

Multiplikator

T€

T€

=EV/EBIT

A

1.50.000

24.500

6.1

B

2.00.000

17.000

11.8

C

1.70.000

33.750

5.0

D

3.00.000

21.000

14.3

E

4.00.000

16.000

25.0

Durchschnitt BEWERTUNGSOBJEKT

12.4 86.800

7000

Abb. 6.12   Unternehmensbewertung durch Vergleichsunternehmen

12.4

6.6  Welche Prüfungsschritte bestimmen den M&A-Prozess? (Prüfungsphase)

133

Vorgegeben sind die Marktkapitalisierungen und die EBIT-Werte der Vergleichsunternehmen A bis E. Diese lassen sich z. B. bei börsennotierten Unternehmen täglich vom Kurszettel ablesen. Über die retrograde Berechnung der Multiplikatoren der Vergleichsunternehmen (Marktkapitalisierung/EBIT) wird ein durchschnittlicher Multiplikator für das Bewertungsunternehmen ermittelt. Dieser beträgt im Beispiel 12,4. Durch Multiplikation mit dem bekannten EBIT des Bewertungsunternehmens (7000 T€) berechnet sich die Marktkapitalisierung bzw. der Unternehmenswert des Unternehmens ( = rd. 87 Mio. €). Das für dieses Verfahren größte Problem ist die Vergleichbarkeit. Gerade bei der Wertermittlung von mittelständischen Unternehmen, die nicht börsennotiert sind, wird dies kritisiert. Eine andere Variante ist die Ableitung des Unternehmenswertes durch einen Vergleich mit erfolgten Unternehmensakquisitionen. Hierbei ist aber eine grundlegende Voraussetzung, dass diese Informationen vorliegen und auch dem Anspruch der Vergleichbarkeit genügen. Die notwendigen Informationen können Veröffentlichungen von Investmentbanken entnommen werden. Das für mittelständische Unternehmen praktikabelste Vergleichsverfahren ist das Multiplikatorenverfahren. Hierbei bezieht man sich auf Gewinn- oder Umsatzmultiplikatoren, die für unterschiedliche Branchen sowie für unterschiedliche Unternehmensgrößen veröffentlicht werden [33]. Die veröffentlichten Multiplikatoren (Multiples) basieren auf Markteinschätzungen von M&A-Spezialisten und werden regelmäßig erhoben und veröffentlicht. Als Bewertungsgrundlage können z. B. EBIT-Multiples herangezogen werden. Durch Multiplikation, z. B. mit veröffentlichten branchen- und größenspezifischen Multiplikatoren mit dem ermittelten EBIT des zu bewertenden Unternehmens wird der Unternehmenswert ermittelt. Beträgt das EBIT z. B. 800 T€ und der Multiplikator 9,5, so errechnet sich ein Unternehmenswert von 7,6 Mio. € ( =  800  × 9,5). Auch wenn man Auswahl der Bewertungsgrundlagen, das EBIT und den Multiplikator, kritisch hinterfragen kann, bietet dieses Verfahren aufgrund seiner schnellen und einfachen Erhebung einen klaren Vorteil vor den – häufig mathematisch überfrachteten – Ertrags- und DCF-Verfahren. Gerade dieses für Bewertungsunerfahrene einfache Verfahren genügt häufig schon, um eine erste Abschätzung über den Wert des Unternehmens zu erhalten. Der mittelständische Verkäufer wird sich dadurch umfangreiche Erhebungen und Berechnungen durch Dritte sparen können. Gleichwohl wird der Käufer, gerade wenn es sich um ein größeres Unternehmen handelt, immer eigenständig einen Unternehmenswert rechnen. Dies verlangen schon die unternehmensinternen Vorgaben für die Vorbereitung einer Vorlage bei der Geschäftsführung des Käuferunternehmens. Hier wird dann das Ertrags- bzw. DCF-Verfahren zur Anwendung kommen. Während das Ertragswertverfahren lange Zeit die Bewertung dominierte, wird heute das DCF-Verfahren in seinen unterschiedlichen Varianten bei den meisten Bewertungen von großen Unternehmen Anwendung finden. Dies hat mit der zunehmenden

134

6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

Internationalisierung zu tun. Über die Grenzen Deutschlands hinaus hat das Ertragswertverfahren keine Bedeutung. Grundlage für das Ertragswert- und DCF-Verfahren sind die im Rahmen einer Due Diligence ermittelten Ergebniszahlenreihen für die Vergangenheit, für das laufende Geschäftsjahr und für die Planungsperiode. Um eine weitgehende Vergleichbarkeit der Zahlenreihen zu erhalten, sind außerordentliche Aufwendungen und Erträge der Vergangenheit zu bereinigen. So wird man z. B. Erträge aus Anlagenabgang eliminieren. Das gleiche wird man mit außerordentlichen Aufwendungen machen, wie z. B. Aufwendungen aus Kursverlusten. Ebenfalls bereinigen wird man periodenfremde Aufwendungen und Erträge, wie z. B. Rückstellungsauflösungen und Rückstellungsbildungen. Nach einer solchen „Bereinigung“ erhält man das wirtschaftliche Ergebnis, das frei von außerordentlichen und periodenfremden Faktoren ist. Die so abgebildeten Ergebnisreihen der Vergangenheit dienen als ein Maßstab für die Beurteilung der Planwerte, da solche Faktoren in einer Planungsrechnung selten eine Rolle spielen. Das Schwergewicht der Beurteilung liegt auf den Ergebnisreihen der Planungsrechnung. Mithin haben solche Verfahren ein Prognoseproblem. Es kann nie um eine richtige oder falsche Prognose gehen, es wird lediglich eine Aussage über die Plausibilität bzw. über die Wahrscheinlichkeit des Eintritts der prognostizierten Zahlenreihen gehen. Dabei ist es von zentraler Bedeutung, aus welcher Sichtweise die Prognosen erfolgen. Bezieht der Käufer seine beabsichtigten Strategien in die Bewertung mit ein (subjektiver Wert) oder wird das Unternehmen auf der Grundlage der „going-concern-Strategien“7 des Verkäufers ermittelt (objektivierter Unternehmenswert). Der Wert eines Unternehmens – so die herrschende Meinung [19] – entspricht dem Barwert seiner Zukunftserfolge. Insofern ist eine Unternehmensbewertung nach dem Ertragswert- und DCF-Verfahren immer eine Investitionsrechnung. Der Käufer bzw. Verkäufer steht vor der Investitionsalternative, das Unternehmen zu kaufen bzw. zu verkaufen. Mit der Entscheidung für den Kauf bzw. Verkauf verzichtet jede der Parteien auf mögliche alternative Investitionen. Der Käufer verzichtet mit der Kaufentscheidung auf Alternativanlagen, der Verkäufer verzichtet bei einem Verkauf auf mögliche Zukunftserfolge aus seinem Unternehmen. Ertragswertverfahren Bei einer Bewertung nach dem Ertragswertverfahren wird der Unternehmensertrag als Grundlage für die Ermittlung eines Zukunftserfolges herangezogen. Der Ertrag kann sich z. B. in den Größen EBIT, EBT oder NOPAT aus der Planungsrechnung

7Als

going concern status wird die Annahme der Fortführung des Unternehmens verstanden. Im Gegensatz dazu steht der non going concern status, der regelmäßig bei Sanierungen eine Rolle spielt.

6.6  Welche Prüfungsschritte bestimmen den M&A-Prozess? (Prüfungsphase)

135

ausdrücken. Den Ertragswert erhält man durch den Barwert der summierten jährlichen Erfolgswerte. Da jede Planungsrechnung zeitlich begrenzt ist und mit fortschreitendem Planungshorizont nur eine überschlägige Beurteilung zulässt, wird man mit einer maximal dreijährigen Planungsdauer in der Regel auskommen. Hierbei steht das, dem unmittelbaren Verkaufsjahr folgende Planungsjahr unter besonderer Beobachtung. Die dann folgenden Jahre sind in der Regel durch eine prozentuale Fortschreibung der Umsatz- Ertrags- und Aufwandsposten gekennzeichnet. Um die nach dem dreijährigen Planungszeitraum folgenden Jahre mit zu erfassen, wird man zusätzlich einen gleichbleibenden Zukunftserfolg mit in die Berechnung einbeziehen. Methodisch geschieht dies durch die Berücksichtigung einer ewigen Rente (= nachhaltiges Ergebnis). Die jährlichen Planergebnisse sowie das nachhaltige Ergebnis werden dann auf den Bewertungsstichtag abgezinst (Barwert). Der Bewertungsstichtag liegt i. d. R. zeitlich nah am geplanten Verkaufsstichtag. Als Zinssatz für die Barwertermittlung wird beim Ertragswertverfahren der sog. Kapitalisierungszinssatz herangezogen. Bei der Ermittlung der Höhe des Zinssatzes steht der Aspekt der Investitionsalternative im Mittelpunkt. Hierbei behilft man sich mit einer Alternativrendite in festverzinsliche Anleihen erster Bonität. Da eine Investition in ein Unternehmen mit einem Risiko verbunden ist, wird zusätzlich ein allgemeiner Risikozuschlag mit berücksichtigt. Beträgt die Rendite der risikolosen Alternativinvestition z. B. 4  % und der Risikozuschlag ebenfalls 4  %, dann werden die Zukunftserfolge mit 8  % auf den Bewertungsstichtag abgezinst. In Anlehnung an die Ergebnisse des Zahlenbeispiels aus der Due Diligence (vgl. Abschn. 6.6.5), könnte die Ermittlung eines Unternehmenswertes nach dem Ertragswertverfahren wie in Abb. 6.13) aussehen. Als Zukunftserfolge wurde das Ergebnis vor Steuern für drei Planjahre herangezogen. Das nachhaltige Ergebnis wurde als Durchschnittswert der Jahre der Vergangenheit, des laufenden Jahres und der drei Planjahre angesetzt. Abgezinst sind die jeweiligen Zukunftserfolge mit 8  %. Als Ergebnis ergibt sich ein Unternehmenswert von rd. 17,3 Mio. €. Die allgemeine Formel für die Ermittlung des Ertragswertes lautet:

EW =

T  

t=1

EW et i en

et ·

1 (1+i)t



 + en ·

1 (1+i)t

   · 1i = Ertragswert

= Ergebnisse der laufenden Planjahre, z. B. EBIT, EBT = Kapitalisierungszins

= Nachhaltiges Ergebnis

Setzt man die Zahlenwerte aus dem obigen Beispiel in die allgemeine Formel ein, so lässt sich die Berechnung des Ertragswertes wie folgt nachvollziehen:

136

6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand Planjahre

EBT

1

2

3

Plan

Plan

Plan

T€

T€

T€

600

1502

1783

1414

556

1288

1416

14.029

Ewige Rente T€

Kapitalisierungszins (8,0 %) Barwert

Summe der Barwerte = Ertragswert

17.288

Abb. 6.13   Unternehmensbewertung durch das Ertragswertverfahren

17.288 TC =



         600 TC 1502 TC 1783 TC 1414 TC 1 + + + · 0, 08 (1 + 0, 08)1 (1 + 0, 08)2 (1 + 0, 08)3 (1 + 0, 08)3

Die zentralen Bewertungsgrößen sind die ewige Rente und der Kapitalisierungszinssatz. Hier setzt auch die Kritik an dem Ertragswertverfahren an. Für die Ermittlung der ewigen Rente gibt es keine allgemeingültigen Regeln. Die im Beispiel vorgenommene Durchschnittsbildung ist ein möglicher Ansatz. Würde man hingegen den Zahlenwert des letzten Planjahres als Wertansatz wählen, so erhöht sich der Ertragswert auf rd. 21 Mio. €. Auch für einen solchen Wertansatz lässt sich eine nachvollziehbare Begründung finden. Ebenso verhält es sich mit dem Kapitalisierungszins. Bei einem Zins von 10  % würde sich der Ertragswert auf rd. 13,7 Mio. € vermindern. Die Kritik bezieht sich hierbei auf die Sensitivitäten der zentralen Wertgrößen. Während man einen erheblichen Zeitaufwand auf die Ermittlung plausibler Zukunftserfolgswerte im Rahmen einer Due Diligence verwendet, wird man bei der Ermittlung der zentralen Wertgrößen, der ewigen Rente und des Kapitalisierungszinssatzes, deutlich weniger tief gehende Analysen anstellen. Gleichwohl wird die Ermittlung des Ertragswertes als fundierte, theoretisch abgesicherte Bewertung angesehen. Eine solche Vorgehensweise öffnet einer Scheingenauigkeit Tür und Tor. Discounted-Cash-Flow-Verfahren Das in der Praxis häufig angewandte DCF-Verfahren ist der Ansatz der gewogenen durchschnittlichen Kapitalkosten (WACC-Ansatz; Weighted Average Cost of Capital)8. Beim DCF-Ansatz wird der Unternehmenswert zum Bewertungsstichtag durch die Diskontierung (Barwerte) der periodenspezifischen zukünftigen Free-Cash-Flows 8Der

Variantenreichtum der DCF-Verfahren ist sehr groß. Vgl. hierzu die Erläuterungen bei Peemöller, a. a. O. [23].

6.6  Welche Prüfungsschritte bestimmen den M&A-Prozess? (Prüfungsphase) Abb. 6.14   Ermittlung des Free-Cash-flow

137

Jahresüberschuss +

Zinsen

+/-

Abschreibungen / Zuschreibungen

+/-

Zuführung / Auflösung von Rückstellungen

+/-

Zunahme / Abnahme des Working Capitals

-

Investitionen

=

Operativer Einzahlungsüberschuss (Free-Cash-flow)

ermittelt. Beim WACC-Ansatz werden dazu die zukünftigen Free-Cash-Flow-Werte abdiskontiert. Auch beim DCF-Verfahren wird ein nachhaltiger Free-Cash-Flow als ewige Rente ermittelt. Von diesem Gesamtwert wird beim WACC-Ansatz die Summe des Nettofremdkapitals zum Bewertungsstichtag abgezogen. Im DCF-Verfahren auf der Basis des WACC-Ansatzes erhält man so den Marktwert des Eigenkapitals. Die Ableitung des Free Cash-Flows aus dem Jahresabschluss ergibt sich wie in Abb. 6.149 dargestellt. Die Free-Cash-Flows stellen die aus den laufenden, erfolgswirksamen geschäftlichen Aktivitäten resultierenden finanziellen Überschüsse eines Unternehmens dar. Basis für die Free-Cash-Flow-Ermittlung bilden Planungsrechnungen, bestehend aus GuV-Rechnungen, Bilanzen sowie Kapitalflussrechnungen. Aufgrund dieser detaillierten Planungsrechnungen wird die praktische Problematik für eine Anwendung mittelständischer Unternehmen schon deutlich. Denn häufig liegen solche Detailplanungen gar nicht vor. Daher stößt bereits hier die praktische Anwendung des DCF-Verfahrens bei mittelständischen M&A-Prozessen an seine Grenzen. Soweit solche Planungsrechnungen vom Käufer simuliert werden können, werden die ermittelten Free-Cash-Flow-Werte mit einem Zinsfaktor abgezinst. Auch bei diesem Verfahren wird man vor der Problematik stehen, einen plausiblen Wert für einen nachhaltigen Free-Cash-Flow-Wert zu ermitteln. Noch weitaus schwieriger ist die Ermittlung des Abzinsungsfaktors als sog. Kapitalkostensatz beim WACC-Ansatz (gewichteter durchschnittlicher Kapitalkostensatz).10

9Das

Working Capital im Ermittlungsschema für den Free-Cash-Flow errechnet sich aus der Differenz der Posten Vorräte, Forderungen, Wertpapieren und den Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen zwischen zwei aufeinanderfolgenden (Bilanz-)Stichtagen. Eine Zunahme des Working Capital wird als Mittelabfluss und eine Abnahme als Mittelzufluss aus dem operativen Bereich bei der Free-Cash-Flow-Ermittlung berücksichtigt.

10Grundlage für die Ermittlung sind die gewogenen Kapitalkosten des Unternehmens, die sich aus der Summe der gewichteten Eigen- und Fremdkapitalkosten zusammensetzen.

138

6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

Die Berechnungsformel hat folgendes Bild:     FK EK FK ·k + · kFK · (1 − s) WACC = (EK + FK) EK + FK WACC EK FK kEK kFK s

= Gewichteter durchschnittlicher Kapitalkostensatz = Marktwert des Eigenkapitals

= Marktwert des Fremdkapitals

= Verzinsung der Eigenkapitalgeber = Fremdkapitalkosten = Ertragsteuersatz

Durch die Vielzahl der Variablen zeigt sich deutlich, dass auch bei diesem Verfahren große Unwägbarkeiten den Unternehmenswert nach dem DCF-Verfahren prägen. Wie bei dem Ertragswertverfahren der Kapitalisierungszinssatz, ist die Bestimmung des Kapitalkostensatzes nicht frei von einer Willkür des Bewerters. Einige Problembereiche sollen dies verdeutlichen. Die Höhe des Marktwertes des Eigen- und Fremdkapitals hängt von einer bilanziellen Betrachtung ab. Wird nach IFRS bilanziert unterscheiden sich die Wertansätze gegenüber den Ansätzen nach HGB. Während sich der Fremdkapitalkostensatz relativ einfach aus den vertraglich fixierten Zinsansprüchen der Fremdkapitalgeber ableiten lässt, ist die Ermittlung der Verzinsung des Eigenkapitals weitaus schwieriger. In der Bewertungspraxis hat sich dazu ein Bewertungsansatz durchgesetzt, der Anerkennung in Theorie und Praxis findet: der CAPM-Ansatz. Der CAPM-Ansatz (Capital Asset Pricing Model) bildet die Preisbildung für risikobehaftete Kapitalanlagen auf dem Kapitalmarkt ab. Die Formel für die Ermittlung lautet wie folgt:

kEK = irl + (irl − ire ) · β kEK ire irl β

= Verzinsung der Eigenkapitalgeber

= Risikoloser Zins (z. B. aus festverzinslichen Wertpapieren) = Risikobehafteter Zins (Marktrisikoprämie)

= Individuelles, unternehmensspezifisches Risiko

Der risikolose Zinssatz kann durch die Ableitung aus der Verzinsung risikofreier, festverzinslicher Wertpapiere abgeleitet werden. Die Einbeziehung einer Marktrisikoprämie drückt das (angenommene) größere Risiko von Investitionen in Unternehmen aus. Dieses allgemeine Marktrisiko wird unter Abzug der risikolosen Zinsen in die Berechnung mit aufgenommen. Praktische Wertansätze liegen zwischen 4 und 6  %. Da jedes Unternehmen über ein individuelles, unternehmensspezifisches Risiko verfügt, findet

6.6  Welche Prüfungsschritte bestimmen den M&A-Prozess? (Prüfungsphase)

139

dieses Risiko noch Berücksichtigung durch einen β-Faktor. Rechnerisch ergibt sich der unternehmensindividuelle β-Faktor als Kovarianz zwischen Aktienrenditen vergleichbarer Unternehmen und der Rendite eines Aktienindex, dividiert durch die Varianz des Aktienindex. Ein β-Faktor größer eins bedeutet, dass der Wert des Eigenkapitals des betrachteten Unternehmens im Durchschnitt überproportional auf Schwankungen des Marktes reagiert, ein β-Faktor kleiner eins, dass der Wert sich im Durchschnitt unterproportional ändert.11 Berücksichtigt man die allgemeine Formel des WACC-Ansatzes und bezieht die Variablen des Capital Asset Pricing Models mit ein, so könnte sich folgender Kapitalkostensatz für die Verzinsung des Eigenkapitals ergeben:     20.000 T C 5000 T C · 1,2 % + (5 % · 1,4) + · 7,25 % (1 − 0,25) 6%= 25.000 T C 25.000 T C EK FK ire irl β kFK s

= 5000 T€

= 20.000 T€ = 1,2  % = 5  % = 1,4

= 7,25  % = 0,25

Die Berechnung unter Berücksichtigung der Ausgangszahlen unter 6.6.5 zeigt Abb. 6.15. Bedingt durch eine noch größere Zahl von Variablen, die den Unternehmenswert bestimmen, gilt die für das Ertragswertverfahren bereits erläuterte Scheingenauigkeit, hier zumindest analog. Substanzwert Der Substanzwert einer Unternehmung ist kein Unternehmenswert. Gleichwohl erfreut sich die Ermittlung in der Praxis noch größter Beliebtheit. Dies hängt einmal mit der emotionalen Bindung des mittelständischen Unternehmers zu seinem Unternehmen und zum andern durch den Beratungshorizont des Steuerberaters des mittelständischen Unternehmers zusammen.

11Die

Komplexität der Berechnung stößt bei einem Verkauf mittelständischer Unternehmen schnell an seine Grenzen. Durch die Bandbreiten der Variablen, die in die Berechnung eines DCF-Wertes herangezogen werden, ist die Bewertung sehr kritisch zu sehen. Für weitere Details über die Methoden nach dem DCF-Wert-Verfahren, vgl. Matschke/Brösel, a. a. O. [19]; Peemöller, a. a. O. [23].

140

6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand 1

2

3

Plan

Plan

Plan

T€

T€

T€

-

1652

2171

3722

2404

-

1559

1933

3126

33.709

Planjahre

Free-Cash-Flow

ewige Rente T€

Kapitalkostensatz (6,0%)

Barwert

Summe der Barwerte = Unternehmenswert

37.209

abzüglich Fremdkapital zum Stichtag

20.000

Discounted-Cash-Flow-Wert

17.209

Abb. 6.15   Unternehmensbewertung durch DCF-Verfahren

Ein mittelständischer Unternehmer ist aufgrund seiner intensiven Bindung zu seinem Unternehmen stark mit den Vermögensgegenständen verbunden. Er erinnert sich spätestens beim Verkauf an die Anstrengungen, die mit der Finanzierung dieser Vermögensgegenstände verbunden waren. Das dies für einen Käufer, gerade wenn es sich um ein größeres Unternehmen handelt, überhaupt keine Rolle spielt und die Erfolge und Misserfolge in der Vergangenheit völlig unbedeutend sind, ist für den mittelständischen Unternehmer schwer zu verstehen. Für den Käufer zählen primär die Chancen, die in der Zukunft liegen. Eine weitere Bedeutung erfährt der Substanzwert durch den Beratungshorizont des Steuerberaters. Nur so ist es zu erklären, dass in einer Vielzahl von Gesellschaftsverträgen mögliche Abfindungsregelungen auf den Grundlagen einer Substanzbewertung basieren. Ein mögliches Berechnungsschema für einen Substanzwert zeigt die Abb. 6.16. Das Rechenbeispiel zeigt die Bilanzwerte des Unternehmens zum Bewertungsstichtag. Aufgeführt sind die Positionen der Aktivseite mit 10.700 T€ und die Schuldenwerte mit 4700 T€. Im Rahmen der Du Diligence gelangt man zu der Aufdeckung stiller Reserven auf der Aktivseite in Höhe von 9000 T€ und von stillen Lasten in Höhe von 700 T€. Eine Berücksichtigung der stillen Reserven und Lasten führte zu geänderten Bilanzansätzen. Der Substanzwert des Unternehmens wird als Saldogröße zwischen den geänderten Vermögenswerten der Aktivseite und den geänderten Schuldenwerten der Passivseite ermittelt. Das so ermittelte wirtschaftliche Eigenkapital von 15.700 T€ repräsentiert den Substanzwert des Unternehmens.

6.6  Welche Prüfungsschritte bestimmen den M&A-Prozess? (Prüfungsphase)

141

Bilanz zum Stichtag

Stille Reserven

Bilanz nach Auflösung der stillen Reserven

T€

T€

T€

Vermögenswerte Anlagevermögen Grund und Boden

2000

6000

8000

Bauten

4000

2000

6000

2500

500

3000

500

0

500

1000

500

1500

Technische Anlagen und Maschinen Andere Anlagen, BuG Umlaufvermögen Vorräte Forderungen

500

0

500

Flüssige Mittel

200

0

200

10.700

9000

19.700

Rückstellungen

2700

700

2000

Verbindlichkeiten

2000

0

2000

4700

700

4000

Summe Schuldenwerte

Summe Substanzwert (Eigenkapital) =

+ Summe der betriebsnotwendigen Vermögenswerte - Summe der betriebsnotwendigen Schulden

-

10.700 4700

= 6000

Bilanzwert

+

9000 700

=

9700

-

19.700 4000

= 15.700

Substanzwer

Abb. 6.16   Beispiel für die Ermittlung eines Unternehmenswertes nach dem Substanzwertverfahren

142

6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

6.6.6.2 Ein Plädoyer für eine nachvollziehbare Wertermittlung Die Bewertung eines mittelständischen Unternehmens ist ein komplexes Unterfangen. Für den Verkäufer stellt sich die Ermittlung des Wertes seines Unternehmens als ein schwieriges Problem dar. Tritt als Käufer ein größeres Unternehmen auf, so existieren zwar standardisierte Bewertungsverfahren; deren Berechnungsmethoden sind aber ausschließlich auf den Käufer ausgerichtet. Die theoretische Literatur ist überfrachtet mit umfangreichen Details, die die Frage nach dem Wert nicht adäquat beantworten. Die praxisorientierte Literatur vermittelt zwar den Eindruck, eine Antwort auf die Wertfindung zu geben, wird aber den individuellen Gegebenheiten des konkreten Bewertungsfalls häufig nicht gerecht. In der ökonomischen Theorie bleibt es dabei, dass ein Kauf dann wirtschaftlich vorteilhaft ist, wenn der Wert des erworbenen Gegenstandes den gezahlten Preis übersteigt. Aus finanzwirtschaftlicher Sicht wird mit dem Kauf eines Unternehmens also ein zukünftiger und mit einem Risiko versehenen Ein- und Auszahlungsstrom erworben, der zwischen dem Unternehmen und im Ergebnis seinen Eigentümern zufließt. Diesen Zahlungsstrom gilt es zu bewerten. Unternehmensbewertung ist damit weder eine Kunst noch eine Wissenschaft, sondern die sachlogische Anwendung ökonomischen Verstands. Unabhängig davon, welches Verfahren zur Anwendung kommt, sollte sich für den mittelständischen Unternehmer eine Transparenz in Bezug auf die Nachvollziehbarkeit des Wertes ergeben. Es steht damit weniger die mathematische Eleganz der Bewertung im Vordergrund. Für den Unternehmer ist es wichtig, dass er die Details der Bewertung nachvollziehen kann. Mit den Variablen des Ertragswert- und des DCF-Verfahrens sollte sich der mittelständische Verkäufer immer dann vertraut machen, wenn der Käufer diese Verfahren heranzieht. Solange er sich darüber bewusst ist, dass die Fülle der Variablen auch für ihn Argumente für eine Kaufpreisfindung bieten, verlieren die mathematischen Grundlagen schnell ihren Schrecken. Denn gerade bei einer Auseinandersetzung mit den Variablen, die primär vom Käufer in die Diskussion eingebracht werden, zeigt sich schnell die Bandbreite für die Ermittlung des Unternehmenswertes auf. Da es nicht den Unternehmenswert gibt, kann man bei Transparenz der Bewertungsvariablen in der Kaufpreisverhandlung mit Veränderungen der Variablen argumentieren. Durch den starken Einfluss des nachhaltigen Ergebnisses und des Abzinsungsfaktors gibt es immer nachvollziehbare Argumente für eine Änderung dieser Variablen. Wenngleich es schwerfällt, die weitgehende Missachtung eines Substanzwertes durch einen großen Käufer zu akzeptieren, sollte sich der mittelständische Unternehmer von seiner emotionalen Bindung an sein über Jahrzehnten aufgebautes Unternehmervermögen lösen. Der Käufer ist alleine an den Zukunftserfolgen interessiert. Eine gute erste Einordnung des Unternehmenswertes ermöglichen die Multiplikatorenverfahren. Dies wird auch nicht geschmälert durch die Kritik, die man den verwendeten Ergebnisgrößen und den auf der Grundlage von Befragungen ermittelten

6.6  Welche Prüfungsschritte bestimmen den M&A-Prozess? (Prüfungsphase)

143

Multiplikatoren entgegenbringt. Für eine erste Einschätzung sind diese Verfahren gut geeignet. Im praktischen Fall kann man häufig feststellen, dass z. B. eine weitergehende Bewertung nach dem DCF-Verfahren in der Höhe des ermittelten Wertes nicht weit von den Werten nach einem Multiplikatorenverfahren abweicht.

6.6.7 Bewertung der Synergien Die detaillierte Bewertung der Synergien ist Sache des Käufers. Durch den Erwerb des Unternehmens und die Einbindung in einen Gesamtverbund wird ein neues Unternehmen geschaffen. Der Wert des neuen Unternehmens sollte über dem Wert der Summe der einzelnen Unternehmen deutlich hinausgehen. Die Realisierung dieser Synergiepotenziale ist das zentrale Motiv für den Erwerb des Unternehmens. In der Bewertung der Synergiepotenziale spiegelt sich der strategische Unternehmenswert des Käufers wider. Der Käufer wird auf der Grundlage des von ihm präferierten Bewertungsverfahrens zu einem Unternehmenswert gelangen, der in einem ersten Schritt das Unternehmen auf der Grundlage der Informationen des Verkäufers bewertet (sog. stand alone-Betrachtung12). Eine solche stand alone-Betrachtung beinhaltet zumeist die positive Sichtweise des Verkäufers über sein Unternehmen. Daher wird der Käufer regelmäßig bei einer stand-alone-Betrachtung Szenarien ermitteln, die diesen Wert nach unten korrigieren. Szenario-Betrachtungen können sich in einer optimistischen (bestcase), einer realistischen (realistc-case) und einer pessimistischen (worst-case) Variante ausdrücken lassen. Die Informationen, die der Verkäufer in den Bewertungsprozess einbringt, werden vom Käufer als optimistische Alternative interpretiert. Daher wird er regelmäßig Abschläge vornehmen, um einen Unternehmenswert in die Verhandlung einzubringen, der tendenziell niedriger ist. Die Wertpotenziale, die aus der Sicht des Käufers einen höheren Wert rechtfertigen, werden durch positive Synergien verursacht. So wird der Käufer intern eine Berechnung dieser Synergien vornehmen, um auch gegenüber den Entscheidungsträgern seines Unternehmens eine Zustimmung zum Kauf des Unternehmens zu erreichen. Positive Synergien speisen sich aus güterwirtschaftlichen und finanzwirtschaftlichen Bereichen. In der Praxis werden diese Synergiepotenziale in Kombination auftreten. So lassen sich z. B. neue Märkte und Kundengruppen erschließen, die ein höheres Umsatzpotential ermöglichen. Der Zugang zu Technologien des Verkäuferunternehmens kann zu Einsparungen der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen führen. Die Arrondierung zu einer gemeinsamen Produktpalette kann dazu führen, dass das Unternehmen weitere Kunden anspricht. Die Zusammenfassung von Abteilungen, vor allem im Verwaltungsbereich, wird die Fixkosten reduzieren.

12Eine

stand-alone-Betrachtung bezieht sich auf die vom Verkäufer aufgestellte Planungsrechnung.

144

6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

Die Beispiele zur Realisierung von Synergiepotenzialen sind äußerst vielschichtig und entziehen sich daher einer finalen Aufzählung. Allerdings ist die wertmäßige Darstellung für den Käufer zumeist einfach darstellbar. Ausgehend von der Planungsrechnung des Verkäuferunternehmens lassen sich die, aus der individuellen Sicht des Käufers relevanten Synergien, wertmäßig in Erlösen, Erträgen und Aufwendungen abbilden. In der Kaufpreisargumentation werden wertmäßige Auswirkungen der Synergiepotenziale vom Käufer nicht explizit angesprochen. Es liegt am Verkäufer, sich mit möglichen Synergien des Käufers zu befassen und diese als Argumentation für seinen Verkaufspreis in die Verhandlung mit einzubringen. Fragen um mögliche negative Synergien und deren Bewertung lassen sich mit der Bewertung der Integrationskosten beantworten.

6.6.8 Bewertung der Integrationskosten Jeder Kauf eines Unternehmens wird nach Vertragsunterzeichnung zu einer (größeren) Anstrengung führen, beide Unternehmen auf eine gemeinsame Strategie auszurichten. Ein Scheitern solch einer gemeinsamen Ausrichtung, die auch in der praktischen Umsetzung als Integration bezeichnet werden kann, wird auch mit dem Begriff „negative Synergien“ oder mit „Dyssynergien“ umschrieben. Integrationskosten fallen regelmäßig an. Der häufigste Fall ist die Integration beider Unternehmenskulturen zu einer gemeinsamen Kultur. Hierunter fällt eine Reihe von Maßnahmen, die sich alle auf der personellen Ebene abspielen. Dem Käufer sollte im Vorfeld klar sein, dass die Zusammenführung des Personals zu den schwierigsten Aufgaben gehört und er sich im Vorfeld des Erwerbs realistische Ziele für diesen Integrationsprozess setzt. Eine Fixierung auf einen kurzfristig zu realisierenden „Returnon-Investment“ wird den praktischen Gegebenheiten häufig nicht gerecht. Die zeitliche, qualitative und quantitative Planung organisatorischer und finanzieller Probleme und deren längerfristige Lösung, tragen eher zu einer erfolgreichen Integration bei. In jedem Argumentationsprozess, der zu einem Kaufpreis führen soll, wird man sich mit Integrationskosten befassen können. Wenn auch zwischen Verkäufer und Käufer Unterschiede in der Beurteilung der Höhe normal sind, wird kein Verkäufer solche Kosten dem Grunde nach negieren können. Aus der Sicht des Käufers liegt hier ein großer Spielraum in der Darstellung dieser Kosten.

6.6.9 Die Bedeutung der Wertermittlung für die Findung des Verkauf-/Kaufpreises Der nach den unterschiedlichsten Verfahren ermittelte Unternehmenswert entspricht in den wenigsten Fällen dem Kaufpreis. Dies hängt zum einen mit den unterschiedlichen

6.7  Wie optimiere ich meinen Verhandlungsspielraum? …

145

Vorstellungen von Käufer und Verkäufer über die Wertvariablen und zum anderen mit den Synergien, den Integrationskosten und dem Verhandlungsgeschick der Parteien zusammen. Für den Käufer geht es darum einen Ausgangswert finden, der sich im Regelfall aus einer Unternehmensbewertung – unabhängig vom jeweiligen Verfahren – ergibt. Ein solcher Wert lässt sich auf der Grundlage der Informationen, die man aus der Due Diligence gewonnen hat, ermitteln (stand-alone). Hierbei können, je nach individueller Einschätzung der Chancen, der Stärken, der Risiken und der Schwächen des Unternehmens, unterschiedliche Szenarien zur Anwendung kommen. Zumeist werden drei Szenarien abgebildet: best-, realistic- und worst-case. Welches Szenario als das Wahrscheinliche betrachtet wird, liegt immer am individuellen Standpunkt des Betrachters. Während der Verkäufer einen best-case als realistic-case interpretiert, wird der Käufer eher den worstcase als realistic-case ansehen. Zu der stand-alone Betrachtung wird der Käufer für sich positive Synergien ermitteln, die einen Kauf für ihn rechtfertigen. Dieser höhere Wert wird in die Verhandlung über den Kaufpreis durch den Käufer nicht eingebracht. Ein Verkäufer, der solche Synergien identifiziert und sich mit damit auseinandersetzt, kann den Wertbeitrag in die Kaufpreisverhandlung einbringen. Die bei jedem Kauf anfallenden Integrationskosten werden den Wert wieder mindern. Auch hier besteht zwischen beiden Parteien ein Verhandlungsspielraum. Um nun zu einem Kaufpreis zu gelangen, der von beiden, Käufer und Verkäufer, akzeptiert wird, wird jede Partei für sich eine Kaufpreisgrenze ausloten. Soweit sich ein Verhandlungsspielraum ergibt, kann es zu einer Einigung kommen. Die Preisuntergrenze des Verkäufers muss dabei unter bzw. auf der Höhe der Preisobergrenze des Verkäufers liegen (Abb. 6.17).

6.7 Wie optimiere ich meinen Verhandlungsspielraum? (Verhandlungsphase) 6.7.1 Memorandum of Unterstanding Nach Abschluss der Prüfungsphase werden die vorläufigen Ergebnisse der Due Diligence und der Unternehmensbewertung präzisiert. Der LoI erfährt eine weitere Konkretisierung in einem MoU [6, S. 183]. Eine solche Vereinbarung enthält detaillierte Zwischenergebnisse über die bisherigen Gespräche. Hier können erste Vereinbarungen über die wesentlichen finanziellen, rechtlichen und steuerrechtlichen sowie konzeptionellen Aspekte getroffen werden. Diese Vereinbarungen sind hilfreich als Basis einer Übereinkunft für den endgültigen Vertrag. Je umfangreicher die Regelungen in einem MoU sind, desto zügiger werden die finalen Vertragsverhandlungen ablaufen. Dies setzt aber voraus, dass sich die Parteien an die vorläufigen Vereinbarungen gebunden fühlen.

146

6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

stand alone

positive Synergien

Integrationskosten

möglicher Kaufpreis

Verhandlungsspielraum

Preisobergrenze des Käufers best case realistic case worst case

Preisuntergrenze des Verkäufers

Abb. 6.17   Kaufpreisbandbreiten

Ein MoU hat eine stärkere Bindungswirkung als ein LoI. Aber auch hier liegt keine rechtliche Bindungswirkung vor, wenn die Parteien dies nicht ausdrücklich vereinbaren. In der Verhandlungsphase sind die Parteien üblicherweise schon weit fortgeschritten und haben eine Fülle von Informationen und Fragen ausgetauscht. Im Idealfall ist das gegenseitige Vertrauensverhältnis in dieser Phase schon erheblich gewachsen. Eine Abkehr von den Vereinbarungen im MoU würde daher die Glaubwürdigkeit auf eine harte Probe stellen und in den weiteren Phasen nur schwer zu heilen sein. Daher ist ein MoU ein weiteres Instrument, um zum einen bisherige Zwischenergebnisse – möglichst final – festzuhalten und zum anderen die gemeinsame Vertrauensbasis im Hinblick auf einen finalen Vertrag zu manifestieren. Eine Bindungserweiterung kann ein dadurch erfahren, dass eine Vertragspartei den Abschluss des finalen Vertrages innerhalb einer festgesetzten Frist durch einseitige Erklärung herbeiführen kann. Eine solche weitergehende Vereinbarung kann in direkter Verbindung zu einer Exklusivitätsvereinbarung stehen. Hierdurch kann eine grundsätzliche Vereinbarung über einen Kauf und den Kaufpreis getroffen werden. Unterschieden wird dabei eine „Call- oder einer Put-Option“. Bei einer Call-Option kann der Käufer das Recht ausüben, zu einem fixierten Termin und Preis das Unternehmen zu erwerben. Bei einer Put-Option kann der Verkäufer dem Käufer zu einem festgelegten Preis das Unternehmen anbieten. Der Käufer muss bei Ausübung der Put-Option das Unternehmen zu diesem, im Vorfeld vereinbarten, Preis erwerben. In der Praxis überwiegen die Call-Optionen, die, wie die Put-Optionen, den Charakter eines aufschiebend bedingten Vertrages haben. Der Inhaber einer solchen Option kann diese verfallen lassen. Damit kommt dann kein Vertrag zustande.

6.7  Wie optimiere ich meinen Verhandlungsspielraum? …

147

Conclusio

Ausgangspunkt der Verhandlungsphase kann ein Memorandum of Unterstanding sein, das Zwischenergebnisse zusammenfasst, die über die Bindungswirkung eines Letter of Intent hinausgehen.

6.7.2 Vorvertrag Ergebnis der Verhandlungsphase kann auch eine weitergehende Vereinbarung sein. In diesem Fall kann ein sog. Vorvertrag eine zwingend rechtliche Bindung herbeiführen. „Der Vorvertrag begründet eine Verpflichtung zum Abschluss des Hauptvertrages, der unter Umständen deswegen noch nicht vereinbart werden kann, weil bestimmte von den Parteien als klärungsbedürftig angesehene Punkte noch offen sind“ [24, S. 32]. Ein Vorvertrag kann, anders als eine LoI oder ein MoU, Schadensersatzansprüche begründen. Dazu ist allerdings eine hinreichende Bestimmtheit der Regelungen im Vorvertrag Voraussetzung. Die Frage, wann eine hinreichende Bestimmtheit vorliegt ist nicht allgemein zu beantworten und wird im Streitfall vom Gericht zu klären sein. Conclusio

Ein Vorvertrag kann eine weitere Bindungswirkung entfalten, die eine Verbindlichkeit beinhalten kann, die dann direkt in den finalen Kaufvertrag mit aufgenommen werden können. Je nach Bindung können sich bei Abbruch der Verhandlung aus dem Vortrag Schadensersatzansprüche ableiten lassen.

6.7.3 Verhandlungsführung Die eigentliche Verhandlung zwischen Verkäufer und Käufer ist von einer Reihe von Unabwägbarkeiten geprägt. So kann der Verhandlungsprozess von einer Fülle von Fragen geprägt sein, die nicht nur positive Aspekte betreffen. Weiterhin ist zu klären, wer die Verhandlungen vonseiten des Verkäufers führt, wie weiteres Vertrauen zwischen den Verhandlungspartnern aufgebaut werden kann, wie die grundsätzliche Einstellung zum Verhandlungspartner ist und wie man mit Problemen umgeht, die bei jeder Verhandlung auftreten können. Ein zentraler Punkt in jeder Verhandlung wird der Kaufpreis sein. Die Diskussionen um den Kaufpreis sind von besonderer Brisanz. Sie überlagern regelmäßig die anderen Themen und sind bei fehlender Einigung der Anlass, die Verhandlungen abzubrechen. Jede Verhandlungspartei hat konkrete Vorstellungen über den Kaufpreis. Grundlage dafür sind die Ergebnisse der Unternehmensbewertung, die je nach Sichtweise umfassend oder überschlägig durchgeführt worden ist. Ein größeres Unternehmen als Käufer wird seine Unternehmensbewertung standardisiert durchführen und gegenüber

148

6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

dem Verkäufer ein Schwergewicht auf die Risiken legen. Der mittelständische Verkäufer hingegen wird zumeist eine überschlägige Unternehmenswertermittlung durchführen oder beauftragen, die die Argumente einer Kaufpreiserhöhung gegenüber dem Käufer hervorheben. In beiden Fällen ist eine zentrale Erkenntnis, dass der ermittelte Wert nur in wenigen Ausnahmefällen auch der Kaufpreis ist. Beide Parteien werden im Verhandlungsprozess versuchen, je nach Verhandlungsposition, ihre eigene Position durchzusetzen. In der Verhandlungsphase sollte der Kaufpreis möglichst früh angesprochen werden. So lassen sich bei einer fehlenden Einigungsmenge die Verhandlungen frühzeitig abbrechen und damit Zeit und Kosten sparen. Gleichzeitig führt eine frühe Einigung über den Kaufpreis zu einer Beschleunigung des Kaufprozesses. Beide Parteien müssen sich darüber klar sein, dass ein einmal genannter Preis nur schwer zu korrigieren ist. Dies bedeutet nicht, dass man bei plausibel gewonnenen Erkenntnissen keine Korrekturen am Kaufpreis vornehmen kann. Der Eindruck von zu großen Korrekturen schmälert aber die Glaubwürdigkeit in der Verhandlung. Eine bevorzugte Verhandlungsvariante ist die Nennung von Multiplikatoren. Damit vermeidet man eine Konkretisierung, die einen an einen Zahlenwert bindet. Weitere Korrekturen an den korrespondierenden Wertgrößen, wie z. B. EBT, EBIT oder Free-Cash-Flow lassen dann noch genügend Raum für weitere Kaufpreisanpassungen. Dieser Verhandlungsstil wird häufig gewählt, um möglichst spät mit einer Kaufpreisbenennung Raum für weitere Korrekturen zu haben. Exakte Preisvorstellungen können aber immer eingefordert werden. Damit schafft man frühzeitig die Möglichkeit, die Ernsthaftigkeit einer Einigung zu testen. Weiterhin gehört zur Kaufpreisbenennung auch die Definition, was konkret zum Erwerb gehört. In der Praxis entstehen hier häufig Missverständnisse. So sind z. B. die Übernahmen von Darlehen exakt mit einzupreisen. Das kann soweit führen, dass man mögliche Vorfälligkeiten, die bei einer Übernahme der Darlehen durch den Erwerber nicht anfallen, mit berücksichtigt. Gerade bei dem Kauf mittelständischer Unternehmen gibt es eine Fülle von Gestaltungen, die im Kaufpreis – nach unten wie nach oben – Berücksichtigung finden müssen. Wenn über diese Dinge nicht frühzeitig gesprochen wird, können weitere Verhandlungen ins Stocken geraten und im schlimmsten Fall kann es zu einem Abbruch der Verhandlungen führen. Zum Ablauf der Kaufpreisverhandlung gehört auch die Klärung der Frage, wer aufseiten des Verkäufers verhandelt. Gerade der mittelständische Unternehmer ist es gewohnt, alle wichtigen Verhandlungen selber zu führen. Im Falle des Verkaufs seines Unternehmens sollte er von dieser Regel abweichen. Der Unternehmer ist zu stark emotional vom Verkauf seines Unternehmens betroffen. In jeder Verhandlung kommt es – gewollt oder ungewollt – zu Äußerungen, die das Unternehmen auch in einem negativen Bild zeigen. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn sich der Verhandlungspartner aufseiten des Käufers weniger mit der materiellen Substanz des Unternehmens befasst, sondern die möglichen Zukunftsaussichten in seinem Fokus hat. Während der mittelständische Unternehmer ein starkes Gewicht auf das bisher Erreichte legt, findet dies beim Käufer

6.7  Wie optimiere ich meinen Verhandlungsspielraum? …

149

kaum Erwähnung. Diese vermeintliche Ignoranz wird vom Unternehmer häufig negativ interpretiert und kann zu emotionalen Verletzungen führen. Dies geschieht gerade dann, wenn als Verhandlungspartner jüngere Angestellte des potenziellen Käufers die Ansprechpartner sind. Eine persönliche Betroffenheit, die zu Verletzungen führt, kann im schlimmsten Fall zu einem Abbruch der Verhandlungen führen, die dann auch nicht wieder aufgenommen werden. Daher sollte die Verhandlungsführung von einem neutralen, emotional ungebundenen Berater übernommen werden. Dieser kann bei vermeintlichen Verletzungen ausgleichend wirken und die Äußerungen neutral bewerten und so zu einem Fortgang der Verhandlungen beitragen. Zudem kann er sich auch viel besser in die Rolle des Käufers hineinversetzen, was einen erfolgreichen Abschluss eher gewährleistet. Mit der Übernahme der Verhandlungsführung durch einen Externen ist aber weiterhin sichergestellt, wer letztlich die Entscheidung über den Verkauf trifft: der Unternehmer. Zudem lässt sich so eine Rollenverteilung abbilden, die dem Unternehmer im Falle eines Stockens der Verhandlung die Möglichkeit lässt, final die Entscheidung mit dem Käufer zu suchen. Eine solche Rollenverteilung sollte im Vorfeld zwischen Verkäufer und Berater abgesprochen werden. Im Idealfall lassen sich solche Rollenspiele vor einer Verhandlung üben, um die Rollen eines „bad-boys“ bzw. „good-boys“ adäquat in den Verhandlungsprozess einbringen zu können. Derjenige, der die unangenehmen Wahrheiten direkt ansprechen kann, ist immer der Berater. Die Rolle des Ausgleichenden übernimmt der Unternehmer. In jedem Verhandlungsprozess gibt es Antworten auf Fragen, die sich durch eine Bandbreite an Wahrheiten abbilden lassen. Jedem Verhandlungspartner ist bewusst, dass der jeweils Andere seinen Vorteil sucht und diese auch letztlich im Kaufpreis berücksichtigt finden möchte. Eine solche Einstellung des Gewinnens ist menschlich. Wenn dies aber dazu führt, dass dabei das erforderliche Maß an Ehrlichkeit auf der Strecke bleibt, wird der Verhandlungsprozess von gegenseitigem Misstrauen geprägt sein. Beide Parteien sollten daher ihre Verhandlung mit Respekt vor der jeweiligen Position des Anderen führen. Eine Einigung wird nur dann beide gleichermaßen zufrieden stellen, wenn eine win-win-Situation gelingt. Damit ist ein hohes Maß an Kompromissbereitschaft die Quelle des Erfolgs für einen erfolgreichen Abschluss. Wird die Verhandlung ausschließlich auf der Ebene Gewinner oder Verlierer geführt, ist der Fehlschlag vorgezeichnet. Spätestens in der Integrationsphase machen sich solche Einstellungen negativ bemerkbar. Gerade im Falle des Verhandelns mit angestellten Managern des potenziellen Käufers kommt es zu Situationen, bei dem sich diese mit profundem Halbwissen zu profilieren versuchen. Verhandlungen werden so zu komplexen Angelegenheiten. Die Einbringung von „Anglizismen“13 in die Verhandlung kann zu einem Unverständnis aufseiten des mittelständischen Verkäufers führen. Zumeist ist dies aber nur eine Überlagerung von

13Vgl.

hierzu auch das englisch-deutsche Glossar im Anhang.

150

6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

unprofessionellem Verhalten. Hier kann ein M&A-Berater mit Erfahrung große Hilfestellung bieten. Denn letztliche lassen sich die Verhandlungsprozesse darauf ausrichten, wie man möglichst schnell und für beide Seiten gewinnbringend eine Einigung erzielt. Es gibt keine unlösbaren Probleme bei einer Akquisition. Wenn beide Parteien den Willen zu einer Einigung haben, lässt sich jedes Problem lösen. Daher sollte eine Verhandlung möglichst unkompliziert ablaufen. Je komplizierter die Sachverhalte diskutiert werden, umso schwieriger wird eine Einigung. Gerade im Bereich der steuerlichen Gestaltung werden häufig „Klimmzüge“ geprobt, die eine Einigung schwer machen. In der Praxis machen teilweise beide Parteien – Käufer und Verkäufer – Vorschläge, die steuerrechtlich und zivilrechtlich höchst bedenklich sind; vielfach ohne die Konsultation der steuerlichen und rechtlichen Berater. Auf solche Vorschläge sollte man in keinem Fall weiter eingehen. Kaufpreiszahlungen außerhalb des eigentlichen Kaufvertrags können schnell als Steuerhinterziehung interpretiert werden. Daher sollte man den eigenen Anspruch haben, das schon komplexe deutsche Steuerrecht nicht noch mit eigenen kreativen Vorschlägen anzureichern. Je unkomplizierter die Verhandlung gehalten wird und je intensiver jede Verhandlungspartei ihre Position begründet, desto schneller wird man zu einer Einigung kommen. Dazu gehört auch, dass man klare Aussagen vom jeweils anderen Verhandlungspartner einfordern kann und den Konjunktiv in einer Verhandlung verbannt. Selbst wenn man bemüht ist, einen offenen und ehrlichen Verhandlungsprozess zu führen, werden im praktischen Alltag während jeder Verhandlung Probleme auftreten können, die den Prozess beeinflussen. So können sich – als Ergebnis der Prüfungsphase – deutliche Schwächen des Unternehmens herausstellen, die einen Einfluss auf den Kaufpreis haben werden. Jede Partei wird solche Schwächen, z. B. im Einkauf, in der Produktion, im Vertrieb oder im Rechnungswesen anders auslegen. Wenn sich solche Schwächen bereits in den Umsatzerlösen und den Ergebnissen ausgedrückt haben, bleibt wenig Raum, diese nicht bei dem Kaufpreis mit zu berücksichtigen. Häufig sieht eine Partei auch Probleme bei Bereichen, die für den jeweils Anderen kein Problem darstellen. So wird z. B. vom Verkäufer in den Verhandlungsprozess eingebracht, dass der Gewinn bis zum Übergabestichtag ihm zusteht. Dies ist grundsätzlich richtig. Es bleibt aber die Frage offen, ob man den Prozess zeitlich dadurch verlängert, indem man Zeit und Kosten investiert, um einen innerjährlichen Gewinn durch Aufstellung eines Jahresabschlusses, der Prüfung des Jahresabschlusses und der Diskussion um die Höhe des ausgewiesenen Gewinns belastet. Hier wäre im Vorfeld die Frage der Verhältnismäßigkeit zu klären. Vermeintlich unlösbare Probleme lassen sich auch zeitlich nach hinten verlagern. Wenn man eine Fülle von Fragen geklärt hat, dann erscheinen die vermeintlich unlösbaren Probleme plötzlich lösbar. Ein weiteres Problem kann durch die Forderung von Preisnachlässen durch den Käufer in die Verhandlung eingebracht werden [1, S. 188 ff.]. Solche Forderungen können aber zum normalen Verhandlungskalkül des Käufers gehören. Gerne wird mit

6.8  Habe ich eine Wahl bei der Entscheidung? (Entscheidungsphase)

151

dem pauschalen Argument gearbeitet, der geforderte Kaufpreis sei zu hoch. Eine solche Sichtweise kann durch die Bitte des Verkäufers, nach Erklärung des Begriffes „zu hoch“, häufig schnell geklärt werden. Meist verbirgt sich dahinter der Eigenanspruch des Käufers, den Preis drücken zu wollen, um vor sich selber einen Verhandlungserfolg verbuchen zu können. Möglicherweise hat der Käufer auch keinen adäquaten Vergleich, an dem er sich orientieren kann. Ein weiterer Grund kann das Problem der Finanzierung des Kaufpreises sein. Mögliche Restriktionen einer finanzierenden Bank müssen dann dafür herhalten, den Kaufpreis nach unten zu drücken. Gerne wird auch mit dem Zustimmungsvorbehalt durch die Entscheider (Aufsichtsrat/Beirat) bei einem großen Unternehmen argumentiert. Hierbei knüpft der Verhandlungsführer aufseiten des Käufers seine Argumentation direkt an vermeintliche Vorgaben durch die Geschäftsführung des Käuferunternehmens. In der Praxis lassen sich solche „Scheinargumente“ meist nicht aufrechterhalten, wenn man an einem Abschluss ernsthaft interessiert ist. Conclusio

Im Mittelpunkt der Verhandlungsphase sollte die Konkretisierung des Kaufpreises stehen. Ebenso sollte exakt formuliert werden, was verkauft wird. Darüber hinaus ist jeder Verhandlungsprozess durch ein Auf und Ab geprägt. Eine solche Verhandlungsführung, bei der jede Partei für sich einen Vorteil generieren möchte, ist normal. Jede noch so strittige Verhandlung sollte aber immer von Respekt gegenüber dem Anderen geprägt sein.

6.8 Habe ich eine Wahl bei der Entscheidung? (Entscheidungsphase) 6.8.1 Finanzierungsbestätigung des Käufers als Voraussetzung Im Idealfall liegen mehrere Angebote von unterschiedlichen Käufern vor, die sich in der Verhandlungsphase konkretisiert haben. In einem solchen Fall hat der Verkäufer eine Entscheidung zu treffen, für welches Angebot er sich entscheidet. Wenn keine Exklusivitätsvereinbarung vorliegt, wird ihm die Kenntnis der Angebote die Möglichkeit geben, den Käufer auszuwählen, der seinen Vorstellungen am nächsten kommt. Dabei muss die Höhe des Kaufpreises nicht das einzige Entscheidungskriterium sein. Weitere Kriterien sind z. B. die angebotenen Zahlungsmodalitäten und die Zusagen im Hinblick auf die Arbeitsplatzgarantie für die Mitarbeiter. Beim Vorliegen mehrerer Angebote hat der Verkäufer immer die Möglichkeit, die Kaufmodalitäten zu seinen Gunsten anzupassen. Im praktischen M&A-Fall wird ein Verhandlungsspielraum bei den Käufern vorhanden sein. Die Ernsthaftigkeit der Angebote kann der Verkäufer durch eine Finanzierungsbestätigung der Käufer überprüfen. Wenn der Kaufpreis über eine Bank finanziert

152

6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

werden soll, lässt sich eine solche Bestätigung über die finanzierende Bank des Käufers einholen. Wenn sich auch von der finanzierenden Bank keine Bestätigung ohne Vorbehalt einholen lässt, hat die Einschaltung der Bank des Käufers eine Bindungswirkung. Die Bank muss sich mit dem geplanten Kauf befassen und wird zu einer grundsätzlichen Aussage kommen. Wenn als Käufer ein großes Unternehmen der Verhandlungspartner ist, wird gerne auf die grundsätzliche Zahlungsfähigkeit dieser Unternehmen hingewiesen. Die Finanzierung des Kaufpreises sei demzufolge kein Problem. Auch in einem solchen Fall ist das Einfordern eines Nachweises der Zahlungsfähigkeit disziplinierend. Bei ausschließlich verbalen Erklärungen, die Zahlung des Kaufpreises sei grundsätzlich kein Problem, ist Skepsis angebracht. Wenn auch der M&A-Prozess bis zur Entscheidungsphase schon weit vorangeschritten ist, sollte man beim Fehlen des Finanzierungsnachweises den weiteren Prozess mit solchen Käufern stoppen. Gerade die Käufer, die das Thema der Finanzierung als das geringste Problem ansehen, sind die, die sich besonders schwertun, einen entsprechenden Nachweis zu erbringen. Auch wenn nur ein ernsthafter Käufer aus der Verhandlungsphase übrig bleiben sollte, ist das Einfordern der Finanzierungsbestätigung notwendig. Im Falle eines positiven Bescheids kann man damit in die finale Abschlussphase eintreten. Beim Versagen oder bei einer Verzögerung des Finanzierungsbescheides sollte man zu diesem Zeitpunkt die weiteren M&A-Prozesse unterbrechen. Wenn nur ein Angebot vorliegt und es zu Verzögerungen bei der Finanzierungsbestätigung kommt, dann kann der Verkäufer evtl. Vorschläge für alternative Kaufpreisangebote machen, die letztlich auch von der finanzierenden Bank mitgetragen werden können. Conclusio

Nach der Verhandlungsphase sollte die Entscheidung für den Käufer bzw. die Käufer von der Vorlage einer Finanzierungsbestätigung abhängig gemacht werden. Hierdurch kann die Ernsthaftigkeit des Käufers überprüft werden. Käufer, die die Finanzierungsbestätigung immer wieder hinauszögern, haben meist kein ernsthaftes Interesse an dem Kauf. Weitergehende Verhandlungen erübrigen sich hierbei.

6.8.2 Varianten für Kaufpreisangebote Unabhängig davon, wer als Käufer auftritt und wie viele Käufer ein Angebot abgegeben haben, lassen sich einige grundlegenden Angebotsvarianten unterscheiden. Der Unterschied wird sich primär in der Höhe des Kaufpreises und in den angebotenen Zahlungsmodalitäten widerspiegeln14 (Abb. 6.18).

14Vgl.

dazu auch die Rechenbeispiele bei Benneck, a. a. O., S. 196–203 [1].

6.8  Habe ich eine Wahl bei der Entscheidung? (Entscheidungsphase)

153

Varianten Kaufpreisangebote

Sofortige Zahlung

Sofortige Teilzahlung mit Earn-Out-Vereinbarung

Sofortige Teilzahlung mit weiterer Beteiligung des Verkäufers Sofortige Teilzahlung für eine Beteiligungsquote mit Kaufpreisgarantie für den restlichen Beteiligungsanteil Sofortige Teilzahlung mit Darlehen und Beratervertrag

Abb. 6.18   Varianten für Kaufpreisangebote

Die in der Abbildung aufgeführten Kaufpreisangebote können aufgrund ihrer Gestaltung weit auseinander liegen. In jedem Fall kann der Verkäufer hierbei seine eigenen Vorstellungen mit einbringen. Manchmal zeigen aber auch eine Analyse der unterschiedlichen Varianten und die Einbringung der eigenen Vorstellungen des Verkäufers, dass man die – auf den ersten Blick – sehr unterschiedlichen Angebote annähern kann. Bezieht man Zahlungen mit ein, die zu einem späteren Zeitpunkt an den Verkäufer geleistet werden, so ist eine Bewertung dieser Zahlungen auf den gegenwärtigen Zeitpunkt vorzunehmen. Diese Bewertung steht unter der zentralen Prämisse, dass eine Zahlung heute mehr wert ist, als eine Zahlung, die zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt. Dieser, der sog. Kapitalwertkalkulation zugrunde liegende Überlegung, wird von einem erwarteten Zinssatz und dem Risiko der Leistung der Zahlung bestimmt. Die zu einem vertraglich später vereinbarte Zahlung, wird auf den heutigen Tag abgezinst. Der zur Anwendung kommende Zinssatz orientiert sich an risikolosen Alternativanlagen, wie z. B. an festverzinslichen Wertpapieren mit höchster Bonität. Dieser risikolose Zins wird um einen Risikozuschlag erweitert, der vom Verkäufer nach persönlicher Risikoeinschätzung erhoben wird. Beträgt der risikolose Zins 4  % und der der Risikozuschlag 6  %, so wird der Verkäufer später erfolgenden Zahlungen mit einem Zinssatz von 10  % abzinsen. Setzt man einen Anteil des Kaufpreises in Höhe von 2 Mio. € an, die drei Jahre nach der sofortigen Kaufpreiszahlung bei Übergabe fällig sind, so beträgt der heutige Wert der 2 Mio. € nach drei Jahren rd. 1500 T€ [2000 T€/(1,13)]. Sofortige Zahlung Bei der Variante „Sofortige Zahlung“ erfolgt die Zahlung des vollständigen Kaufpreises unmittelbar nach Vertragsunterzeichnung. Setzt man z. B. einen Kaufpreis von

154

6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

5 Mio. € an, so wird die Zahlung dieses Betrages unmittelbar fällig, bzw. beim Verkauf von Grundstücken, frühestens nach Eintragung einer Vormerkung für den Käufer. Diese Form der Kaufpreiszahlung ist die unproblematischste Form. Die Auslegung der „Unmittelbarkeit“ ist immer von den konkreten Vereinbarungen abhängig. In der Regel sind die Zahlungen innerhalb von zwei Monaten abgeschlossen. Für den Verkäufer hat diese Form den Vorteil, dass er nach der unmittelbaren Zahlung über den Kaufpreis verfügen kann. Sofortige Teilzahlung mit Earn-Out-Vereinbarung Im Vergleich zur sofortigen Zahlung bietet der Käufer eine sofortige Teilzahlung an und koppelt die weitere Kaufpreiszahlung an die Erfüllung von Zielen in der Zukunft (EarnOut).15 So lassen sich die weiteren Teilzahlungen z. B. an prognostizierten Umsatz- und/ oder Ertragszahlen festmachen. Eine mögliche Ausgestaltung kann die Erzielung einer Umsatzsteigerung um z. B. 10  % für das zweite bzw. das dritte Jahr nach Verkauf sein. Wird dieser Wert erreicht, so zahlt der Käufer die im Kaufvertrag vereinbarten weiteren Teilzahlungen nach Eintritt der definierten Meilensteine von 10  % Umsatzsteigerung. Im vorliegenden Fall könnte die sofortige Zahlung 3 Mio. € betragen. Gelingt die vereinbarte Umsatzsteigerung um 10  % nach dem zweiten und dem dritten Jahr, werden jeweils weitere 1,5 Mio. € fällig. Gelingt die Umsatzsteigerung nicht, so werden jeweils 1 Mio. € nach dem zweiten bzw. dem dritten Jahr fällig. Durch die Staffelung der Kaufpreiszahlung, unter Einbeziehung der Erreichung von Meilensteinen, sollen Anreize geschaffen werden, einen höheren Kaufpreis darstellen zu können und die Zahlung der weiteren Raten strecken zu können. Für den Käufer hat dies den Vorteil, dass er z. B. mit seiner finanzierenden Bank ebenfalls eine ratierlich fällig werdende Darlehensvereinbarung treffen kann. Der Gesamtkaufpreis beträgt bei Erreichung der Meilensteine 6 Mio. €, bei Verfehlung der Meilensteine 5 Mio. €. Dieser Kaufpreis ist ein nominaler Wert und muss wegen der späteren Fälligkeit einer Kapitalbewertung unterzogen werden. Geht man von der Erfüllung der Meilensteine aus, so erhält man bei Abzinsung mit 10  % einen Barwert zum Stichtag der ersten Kaufpreisrate in Höhe von rd. 5367 T€ [(3000 T€ + 1500/(1,12) +  1500/(1,13)]. Werden die Meilensteine nicht erreicht, so reduziert sich der Kaufpreis unter Barwertbetrachtung auf rd. 4577 T€ [(3000 T€ +  1000  T€/(1,12) +  1000  T€/(1,13)]. Sofortige Teilzahlung mit weiterer Beteiligung des Verkäufers Bei einer sofortigen Teilzahlung mit weiterer Beteiligung, können sich Chancen für einen höheren Kaufpreis ergeben. So kann der Käufer mit dem Angebot an den Verkäufer, sich weiter am Unternehmen zu beteiligen, einen Anreiz schaffen, den sofort

15Vgl.

dazu die Erläuterungen unter 5.3.1.

6.8  Habe ich eine Wahl bei der Entscheidung? (Entscheidungsphase)

155

fällig werdenden Kaufpreis zu reduzieren und optional einen zwar später möglichen, aber gleichzeitig auch höheren Kaufpreis zu erzielen. Die Chancen, die sich für einen späteren Verkauf des Anteils des Verkäufers ergeben, können sich möglicherweise aus einem Börsengang des Unternehmens ergeben. Der Käufer stellt eine Option in Aussicht, nach einem definierten Zeitraum einen Börsengang durchzuführen. In einem positiven Börsenumfeld können sich hierbei große Steigerungen für den Kaufpreis des verbleibenden Beteiligungsanteils ergeben. Gleichzeitig kann bei einem Ausbleiben des Börsengangs, der Anteil aber auch erheblich an Wert verlieren. Wenn kein Ausstiegsszenario im Kaufvertrag für den verbleibenden Anteil vorgesehen ist, so kann der Verkäufer auf seiner Beteiligung sitzen bleiben. Alternativ könnte man allerdings in Höhe eines 100  %-igen Anteils eine anteilige Bewertung einplanen und diese dann zu einem festgelegten Zeitpunkt auszahlen. Unterstellt man im Beispiel einen Gesamtkaufpreis von 5 Mio. € und belässt einen 10  %-igen Anteil beim Verkäufer, so hat dieser Anteil einen Wert von 500 T€. Gelingt es nach drei Jahren den 10  %-igen Anteil im Rahmen eines Börsengang zu veräußern, und unterstellt man weiterhin einen Börsenkurs von 10 €/Aktie, dann würde ein Verkauf an der Börse den anteiligen Wert verzehnfachen. Diesem Chancenpotenzial steht aber auch das Risiko gegenüber, dass es zu keinem Börsengang kommt und der Verkäufer dann nach drei Jahren seinen 10  %-Anteil zum Nominalwert verkaufen kann. Die Kapitalwertberechnung führt in diesem Fall zu einem Wert von rd. 4876 T€ [(4500 T€ +  500  T€/ (1,13)]. Im positiven Fall eines Börsengangs würde sich dieser Wert erheblich steigern lassen. So erbringen die 500 T€ an anteiligem Nominalwert bei einem Börsenkurs von 10 €/ Aktie einen Gesamterlös von 5000 € (500  × 10). Stellt man für die erste Kaufpreisrate und den Gesamterlös aus dem Börsengang eine Barwertberechnung an, so beträgt der Wert rd. 8257 T€ [(4500 T€ +  5000  T€/(1,13)]. Dieses Beispiel zeigt für den positiven Fall ein erhebliches Wertsteigerungspotenzial. Allerdings wird sich der Einfluss des Verkäufers auf die Realisierung eines Börsengangs gegen Null bewegen. Sofortige Teilzahlung für eine Beteiligungsquote mit Kaufpreisgarantie für den restlichen Beteiligungsanteil Eine sofortige Teilzahlung eines größeren Kaufpreisanteils mit der Garantie, den restlichen Kaufpreis, der sich auf die verbleibende Beteiligungsquote erstreckt, zu einem vertraglich vereinbarten Termin zu erwerben. Auch hier kann die Höhe der verbleibenden Beteiligungsquote an Meilensteine geknüpft werden. So kann der Käufer eine Beteiligungsquote von 75  % zuzüglich einer Stimme erwerben. Bei einem Gesamtkaufpreis zum Übergabestichtag von 5 Mio. €, werden 3750 T€ sofort fällig. Die restlichen 1250 T€, bzw. ein höherer Betrag, können an einen höheren Unternehmenswert geknüpft werden. Während die 1250 T€ das Minimum darstellen, könnte sich aufgrund eines realisierten Wachstums zu einem definierten Stichtag, z. B. nach drei Jahren, ein höherer Unternehmenswert ergeben. Um die Ermittlung eines solchen Unternehmenswertes noch praktikabel handhaben zu können, lässt sich z. B. ein

156

6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

Multiplikator bezogen auf ein EBT festlegen. Beträgt das EBT aufgrund des realisierten Wachstums nach drei Jahren 1,6 Mio. € p. a. und der vereinbarte Multiplikator 5, so erhält man einen Unternehmenswert von 8 Mio. €. Der anteilige Nominalwert der 25  % beträgt dann 2 Mio. € (25  %  ×  8 Mio. €). Bei einer Barwertermittlung für den Minimumfall beträgt der Kaufpreis rd. 4689 T€ [(3750 T€ +  1250  T€/(1,13)]. Führt das Wachstum zu einem höheren EBT, so partizipiert der Verkäufer an diesem Erfolg mit einem Barwert von rd. 5253 T€ [(3750 T€ +  2000  T€/(1,13)]. Sofortige Teilzahlung mit Beratervertrag: Eine weitere Möglichkeit die Kaufpreiszahlung des Käufers zu entlasten bzw. zu strecken, kann in der Form erfolgen, dass neben einer sofortigen Teilzahlung ein zeitlich befristeter Beratervertrag mit dem Verkäufer abgeschlossen wird. Der Vorteil liegt in der Einbindung des Verkäufers als Berater. Damit kann das Knowhow des Verkäufers weiter für das Unternehmen genutzt werden. Im praktischen Fall werden solche Beraterverträge zumeist für 2 Jahre abgeschlossen. Neben der weiteren Einbindung des Verkäufers steht auch die Überlegung im Vordergrund, den Kaufpreis über einen Beratervertrag zu strecken. Bei der Höhe des Beraterhonorars ist darauf zu achten, dass die Kaufpreisbestandteile des Beraterhonorars nicht zu hoch ausfallen. Da das Beraterhonorar betrieblicher Aufwand ist, würde sich die Ertragsteuer beim Unternehmen vermindern. Eine solche Gestaltung würde das Finanzamt nicht akzeptieren. Gleichwohl wird auf Nachweis einer tatsächlichen Leistungserbringung ein Beratervertrag akzeptiert. Damit lassen sich zumindest Teile des Kaufpreises variabel gestalten. So könnte eine sofortige Kaufpreiszahlung in Höhe von 4800 T€ erfolgen und ein Beratervertrag für zwei Jahre mit einem Beraterhonorar von 250 T€ p. a. abgeschlossen werden. Die Höhe des angesetzten Beraterhonorars kann sich dabei an marktüblichen Tages- oder Stundensätzen orientieren. Der Nominalbetrag des Kaufpreises beträgt 5300 T€. Bei einer Barwertbetrachtung entspricht dieser Kaufpreisvariante rd. 5234 T€ [(4800 T€ +  250 T€/(1,11) +  250 T€/(1,12)]. Bei einer Gegenüberstellung der hier beschriebenen Kaufpreisvarianten liegen die Barwerte, mit Ausnahme von Variante 3 mit erfolgreichen Börsengang mit maximal rd. 8,3 Mio. €, aller anderen Varianten zwischen 4,6 und 5,4 Mio. € (Abb. 6.19). Die hier beschriebenen fünf Kaufpreisvarianten zeigen Möglichkeiten auf, zu einer Kaufpreisgestaltung zu gelangen, die beide Parteien zufriedenstellen kann. Allerdings setzt dies die Möglichkeit voraus, über Alternativen zu verhandeln. Wenn die Anzahl der potenziellen Käufer beschränkt ist oder nur bestimmte Varianten akzeptiert werden, dann ist die Wahlmöglichkeit des Verkäufers eingeschränkt. Conclusio

Die Kaufpreise und die Zahlungsmodalitäten lassen sich gestalten. Wenn man einen Teil des Kaufpreises später zahlt, dann sollte bei der Vielfalt der Wahl immer ein Barwert der Varianten gerechnet werden. Damit werden die unterschiedlichen Kaufpreisvarianten erst vergleichbar.

6.9  Wie gestalte ich die handwerklichen Prozesse bis zum Abschluss? … Kaufpreis (Barwert)

Mio. €

1. Sofortige Zahlung

5,0

2. Sofortige Teilzahlung + Earn-Out

4,6 - 5,4

3. Sofortige Teilzahlung mit weiterer Beteiligung

4,9 -8,3

4. Sofortige Teilzahlung mit Kaufpreisgarantie für restliche Beteiligung

4,7 -5,4

5. Sofortige Teilzahlung mit Beratervertrag

157

4,0 4,5 5,0 5,5 6,0 6,5 7,0 7,5 8,0 8,5

5,2

Abb. 6.19   Gegenüberstellung der Kaufpreisvarianten in Mio. €

6.8.3 Keine Steueroptimierung um jeden Preis Von Fall zu Fall wird im praktischen M&A-Fall vom Käufer wie auch vom Verkäufer der Vorschlag unterbreitet, die Kaufpreiszahlung steuerlich zu optimieren. An einem solchen Vorschlag ist nichts auszusetzen, wenn sich die steuerliche Gestaltung im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten bewegt. Jede Grauzone bei der Kaufpreiszahlung sollte unbedingt vermieden werden. Zahlungen, die sich außerhalb der Steuergesetzgebung bewegen, mithin Steuerhinterziehung darstellen, sind nicht zu akzeptieren. Conclusio

Der Wunsch nach Steueroptimierung bei der Gestaltung des Kaufpreises ist nachvollziehbar. Die Forderungen sollten aber nie so weit gehen, dass eine Grauzone der Steuerhinterziehung eintritt.

6.9 Wie gestalte ich die handwerklichen Prozesse bis zum Abschluss? (Abschlussphase) 6.9.1 Detaillierungsgrad des Kaufvertrages Auf der Grundlage des Vorvertrages und der Entscheidung für den Käufer kann der Kaufvertrag formuliert werden. Die wesentlichen Eckpunkte sollten nach der Verhandlungs- und der Entscheidungsphase festliegen. Gleichwohl bedeutet die Ausformulierung des Kaufvertrages noch ein bedeutendes Stück Arbeit. In den meisten Fällen setzt der Käufer bzw. sein anwaltlicher Berater den Kaufvertrag auf. Insbesondere in den Fällen, bei denen große Unternehmen mittelständische Unternehmen erwerben, ist der Kaufvertrag in seiner ersten Fassung noch sehr einseitig zugunsten des Käufers formuliert. Durch weitere Verhandlungen in der Abschlussphase lassen sich diese einseitigen Formulierungen häufig korrigieren. Wird der Kaufvertrag vom Käufer formuliert, ist es für den Verkäufer in jedem Fall ein Muss, diesen Vertrag von seinem anwaltlichen Vertreter kritisch prüfen zu lassen.

158

6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

Sollte sich der Käufer damit einverstanden erklären, dass der Kaufvertrag vom Verkäufer aufgesetzt wird, wird auch der Käufer den Vertrag einer kritischen Prüfung unterziehen. Der Hinweis des Käufers, der vorgelegte Vertrag sei in seinen Formulierungen schon häufig in dieser Form bei Käufen angewandt worden und innerhalb des Käuferunternehmens als weitgehend verbindlich zu betrachten, muss nicht in jedem Fall vom Verkäufer akzeptiert werden. Auch zunächst einseitig formulierte Käuferverträge können im weiteren Verhandlungsprozess noch angepasst werden. Dies hängt immer von der Verhandlungsstärke der Parteien ab. Da der Kauf von mittelständischen Unternehmen in Deutschland das Rechtsgebiet im Inland betrifft, gelten auch für ausländische Käufer diese Rechtsnormen. Insbesondere aus dem angelsächsischen Raum stammende Käufer legen Verträge vor, die durch einen sehr hohen Detaillierungsgrad gekennzeichnet sind. Dieser Trend zeichnet sich mittlerweile auch bei deutschen Unternehmen ab. Der Zwang, möglichst alles regeln zu wollen, führt zumeist zu einer weiteren Verzögerung. Verträge mit 100 Seiten Text und einem umfangreichen Anhang sind beim Kauf mittelständischer Unternehmen keine Seltenheit. Die M&A-Praxis hat aber gezeigt, dass man mit solchen umfangreichen Verträgen eben nicht alle Eventualitäten regeln kann. Während man bei deutschen Vertragspartnern auch Kaufverträge findet, die auf 20 bis 30 Seiten alles Wesentliche regeln, bestehen die ausländischen Käufer zumeist auf ihren umfangreichen Verträgen. Der mittelständische Verkäufer muss sich die Frage stellen, ob er dies akzeptieren möchte oder mangels Alternative sogar muss. Je umfangreicher die Verträge ausgestaltet sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass man sich nach dem Verkauf noch über einzelne Vertragsregelungen streitet. In jedem Fall sind bei solchen Verträgen umfangreiche Prüfungen durch den eigenen Rechtsberater unabdingbar. Bei diesen Verträgen kommt noch hinzu, dass die Sichtweise des ausländischen Käufers durch sein nationales Rechtsbewusstsein geprägt ist. Daher muss sichergestellt sein, dass der rechtliche Berater des Käufers über die spezifische Sachkenntnis verfügt. Besonders stark prägt sich der Detaillierungsgrad bei Zusicherungen und Garantien (sog. Reps (Representations) & Warrenties) aus. Conclusio

Der Umfang der Kaufverträge nimmt seit Jahren kontinuierlich zu. Der Anlass, möglichst alles umfassend zu regeln, ist eine Tendenz, die aus der anglo-amerikanischen Rechtspraxis resultiert. Durch die Internationalisierung der M&A-Aktivitäten hat dieser Trend auch Einzug in deutsche Verträge genommen. Die Praxis zeigt aber, dass sich eben nicht alles detailliert bei einem komplexen Unternehmensverkauf regeln lässt. Im Gegenteil, je umfangreicher die Verträge ausgestaltet sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit von Streitigkeiten nach Vollzug des Kaufvertrages. Auch komplexe Transaktionsstrukturen lassen sich in einem Kaufvertrag mit maximal 30 Seiten fassen.

Abb. 6.20   Regelungsgebiete für Zusicherungen und Garantien

Kaufgegenstand

6.9  Wie gestalte ich die handwerklichen Prozesse bis zum Abschluss? …

159

Bilanzklausel Umweltklausel Steuerklausel Prozessklausel Eigenkapitalgarane

6.9.2 Zusicherungen und Garantien Unabhängig davon, ob es sich um einen Asset Deal oder um einen Share Deal handelt, stellt sich für den Verkäufer die Frage, wie er auf die Anforderungen des Käufers nach Sicherung des Kaufgegenstands, also seine Eigenschaften, eingeht oder bereit ist einzugehen. Wie in allen Kaufverträgen kann eine Situation entstehen, dass sowohl Verkäufer als auch die Käufer ihre jeweiligen Verpflichtungen verletzen. Auch für den Unternehmensverkauf gilt grundsätzlich, also wenn keine davon abweichenden Regelungen getroffen werden, nach § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB, dass der Verkäufer dem Käufer die Sache oder das Recht frei von Mängeln zu verschaffen hat. Ohne besondere Vertragsgestaltungen oder spezielle Haftungsregelungen besteht damit für den Verkäufer das Risiko, für jeden Mangel zu haften. In der Praxis werden daher diese gesetzlichen Gewährleistungsregelungen beim Unternehmensverkauf ausgeschlossen. An seine Stelle treten regelmäßig eigenständige Garantieregelungen im Sinne von § 311 Abs. 1 BGB (sog. eigenständiges Haftungsregime). Zu unterscheiden sind dabei gegebene (sog. unqualifizierte) Garantien, die verschuldensunabhängig gegeben werden z. B. auf die Lastenfreiheit von Geschäftsanteilen, Richtigkeit von Jahresabschlüssen, Eigentum an Vermögensgegenständen, oder öffentlich-rechtliche Genehmigungen. Vielfach möchte der Verkäufer keine unqualifizierten Garantien abgeben bzw. sieht sich außerstande, diese dem Käufer gegenüber zu erklären (z. B. Hinsichtlich der Altlastenfreiheit von Grundstücken). In diesen Fällen werden in der Praxis sog. qualifizierte Garantien gegeben, in dem der Verkäufer dem Käufer vertraglich erklärt, dass nach seiner Kenntnis keine solche Umstände bekannt sind. Unabhängig vom Detaillierungsgrad wird jeder Kaufvertrag Zusicherungen und Garantien enthalten, die der Verkäufer gegenüber dem Käufer abgibt. Der Katalog an Zusicherungen und Garantien wird sich in der Regel auf die in der Due Diligence festgestellten Sachverhalte beziehen. Bei dem Katalog an Zusicherungen und Gewährleistungen gibt es Eigenschaften des Unternehmens, die als Selbstverständlichkeiten vorausgesetzt werden. Dazu gehört z. B. die Ertragsfähigkeit des Unternehmens, die Richtigkeit der Bilanzen und das Vorliegen von Betriebsgenehmigungen. Wenn weiterhin

160

6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

Unsicherheit darüber herrscht, welche Sachverhalte zu regeln sind, sollten sie in einem Gewährleistungskatalog aufgenommen werden. Einen Überblick über Mindestanforderungen für die Zusicherungen und Garantien des Verkäufers zeigt die Abb. 6.2016: Die Angaben zum Kaufgegenstand beinhalten die Zusage bzw. den Nachweis über die ordnungsgemäße Errichtung des Unternehmens. Hierbei geht es um formalrechtliche Aspekte, die zumeist über die gesellschaftsrechtliche Due Diligence zu klären sind. Ebenso gehört der Nachweis des Eigentums und der Lastenfreiheit der „shares“ bzw. der „assets“ zu den Erklärungen über den Kaufgegenstand. Weitere gesellschaftsrechtlich relevante Sachverhalte betreffen die Möglichkeiten einer Einlagenrückgewähr sowie die Wirksamkeit von Umgründungsmaßnahmen und ordnungsgemäßen Organbestellungen. Eine Bilanzklausel bezieht sich auf die ordnungsgemäße Erstellung der Jahresabschlüsse. Dieser Erklärung kommt immer dann eine besondere Bedeutung zu, wenn es sich um vom Steuerberater aufgestellte Jahresabschlüsse handelt. Große Unternehmen verlangen zumeist noch Jahresabschlüsse, die durch einen Wirtschaftsprüfer geprüft worden sind. Damit soll sichergestellt werden, dass die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage einem gesetzlich definierten Standard entspricht. Wenngleich die vom Steuerberater aufgestellten Jahresabschlüsse in der Regel den gesetzlichen Anforderungen genügen, ist auf den materiellen Unterschied zu den vom Wirtschaftsprüfer geprüften Jahresabschlüssen hinzuweisen. Häufig dienen allerdings diese geprüften Jahresabschlüsse nur dazu, sich als Käufer zu exkulpieren. Die Haftungsrelevanz des Wirtschaftsprüfers bezüglich der Ordnungsmäßigkeit ist dann der zentrale Grund. Ein praktischer Grund, Jahresabschlüsse prüfen zu lassen, liegt auch darin, die Bilanzierungswahlrechte des Käuferunternehmens im Vorfeld mit einzubringen. Dem mittelständischen Verkäufer muss klar sein, dass er bei einer Jahresabschlussprüfung, in den meisten Fällen durch den Wirtschaftsprüfer des Käuferunternehmens, kaufpreisrelevante Sachverhalte berührt. Diese werden sich z. B. auf Fragen der angemessenen Rückstellungsdotierung beziehen oder auf die Bewertung des Umlaufvermögens. Grundsätzlich sollte als Mindestergebnis die Frage der Bilanzkontinuität, die Richtigkeit und Vollständigkeit der Aktiv- und Passivposten sowie eine Zusicherung der objektiven Richtigkeit zentraler Kennzahlen im Mittelpunkt stehen. Umweltklauseln werden immer dann angesprochen, wenn das Unternehmen umweltrelevante Sachverhalte berührt. So wird eine Erklärung verlangt, die die Einhaltung sämtlicher relevanter Umweltvorschriften bis zum Übergabestichtag bestätigt. Mögliche Umweltrisiken, die bisher nicht durch Rückstellungen erfasst worden sind, wie z. B. Kontaminationen oder erwartete, künftige umweltrelevante Bescheide.

16Vgl. dazu auch die Auflistungen bei Jansen, a. a. O. [12], S. 316, Seckler/Seitz, a. a. O., S. 54 f. [29].

6.9  Wie gestalte ich die handwerklichen Prozesse bis zum Abschluss? …

161

Eine Steuerklausel gehört zum Standard eines jeden Kaufvertrages. Hierunter fallen Erklärungen über die vollständige Zahlung aller fälligen, vorläufigen und endgültig durch Steuerbescheid festgestellten Sachverhalte, die sich auf den Zeitraum vor dem rechtlichen und/oder wirtschaftlichen Übergabestichtag beziehen. Gerade im Falle des mittelständischen Verkäufers, spielen Negativerklärungen über verdeckte Gewinnausschüttungen eine zentrale Rolle. Im Idealfall lassen sich solche „Steuergestaltungen“ bereits in der Prüfungsphase klären und in der Verhandlungsphase bereinigen. Hilfreich für den Käufer ist die ausdrückliche Erklärung des Verkäufers, auch zukünftig aktiv bei Betriebsprüfungen mitzuarbeiten, die den Zeitraum vor dem Übergabestichtag betreffen. Für solche Steuerfreistellungen gibt es Standardtexte, die eine Steuer- und Abgabengarantie durch den Verkäufer bis zu einem vertraglich vereinbarten Stichtag abdecken.17 Eine Prozessklausel wird Erklärungen darüber enthalten, ob das Unternehmen anhängige oder drohende Aktiv- (Unternehmen klagt) bzw. Passivprozesse (Unternehmen wird verklagt) führt oder zu erwarten hat. Dazu gehören auch Erklärungen über Schiedsgerichts- und Verwaltungsverfahren. Im Rahmen der rechtlichen und der bilanziellen Due Diligence können solche Verfahren bereits problematisiert worden sein und über die Rückstellungsdotierung im Jahresabschluss Berücksichtigung gefunden haben. Regelungen über eine Eigenkapitalgarantie betreffen das laufende Geschäftsjahr. Damit möchte der Käufer sicherstellen, dass keine wesentlichen Sachverhalte das Eigenkapital schmälern bzw. bei einem absehbaren Verlust die Schmälerung quantifizierbar wird. Garantiert wird ein betragsmäßig zugesichertes Eigenkapital, das zum Übergabestichtag vorliegt. Liegt zum vereinbarten Stichtag ein niedrigeres Eigenkapital vor, so kann dies mit einer Kaufpreisreduzierung verbunden werden, liegt ein höheres Eigenkapital vor, z. B. durch die bis zum Stichtag erzielten Gewinne, kann dieser Betrag dem Verkäufer ausgezahlt werden. In Bezug auf eine Eigenkapitalgarantie kann folgender beispielhafter Passus in den Vertrag aufgenommen werden: Der Kaufpreis für die verkauften Geschäftsanteile beträgt € 5.000.000,00 (in Worten: Euro fünf Millionen). Er ist in zwei Raten wie folgt fällig und zahlbar:

a) Die erste Kaufpreisrate in Höhe von € 4.500.000,00 ist 10 Werktage nach Übergabestichtag 31. Dezember 20XX fällig. b) Die zweite Kaufpreisrate in Höhe von € 500.000,00 ist fällig innerhalb von 10 Bankarbeitstagen ab Beendigung der Prüfung eines Zwischenabschlusses gem. § X, sofern die Prüfung des Zwischenabschlusses gem. § X ergeben hat, dass die GmbH zum 31.12.20XX über ein Eigenkapital von mindestens € 250.000,00 verfügte. Ergibt die Prüfung des Zwischenabschlusses, dass das Eigenkapital der GmbH weniger als € 250.000,00 betrug, verringert sich die zweite Kaufpreisrate um den Fehlbetrag.

17Vgl

dazu das Muster unter 3.1.

162

6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

Da jeder M&A-Deal durch individuelle Besonderheiten gekennzeichnet ist, sind weitergehende Zusicherungen und Gewährleistungen denkbar. Eine Quelle für diese Zusicherungen und Gewährleistungen sollten die Ergebnisse der Due Diligence sein. Als Ergänzung für weitere allgemeine Zusicherungen, die in fast jedem Vertrag zu finden sind, sind Erklärungen über die Geschäfte bis zum Eigentumsübergang sowie über die Korrektheit der Unterlagen anzusehen. Hierfür könnten folgende Formulierungen gewählt werden [12, S. 316]: Die Geschäfte des Unternehmens werden im Zeitraum von der Vertragsunterzeichnung bis zum wirtschaftlichen und/oder rechtlichen Eigentumsübergang mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns geführt. Die eingesehenen und übergebenen Unterlagen sowie mündlich erteilten Auskünfte sind korrekt und spiegeln die wirtschaftliche Situation des Unternehmens wider.

Conclusio

Zusicherungen und Garantien sind in jedem Kaufvertrag vorhanden. Je nach Umfang werden allgemeine Zusicherungen und exakt definierte Garantien vom Verkäufer abgegeben. Der Umfang der Zusicherungen und Garantien basiert auf den Analyseergebnissen der Due Diligence Prozesse. Bei jedem M&A-Fall werden sich unterschiedliche Schwerpunkte aus den Themenfeldern der Due Diligence herauskristallisieren, die den Umfang der Zusicherungen und Garantien bestimmen.

6.9.3 Abschluss des Kaufvertrages Die Unterzeichnung des Kaufvertrages, die auch als „Signing“ bezeichnet wird, begründet eine volle schuldrechtliche Bindungswirkung zwischen dem Verkäufer und dem Käufer. Diese übereinstimmende Willenserklärung einer schuldrechtlichen Verpflichtung ist vom sachlichen Übergang des Eigentums an dem Unternehmen bzw. den Unternehmensteilen zu unterscheiden. Der eigentliche Eigentumsübergang findet regelmäßig zu einem späteren Zeitpunkt, dem sog. „Closing“ statt. In Abhängigkeit von der Transaktionsgestaltung bestehen für die Wirksamkeit des Vertrages unterschiedliche Formerfordernisse. Hierbei steht die Frage im Mittelpunkt, ob ein Notar bei Unterzeichnung des Kaufvertrages hinzuziehen ist. Hierzu bestehen eindeutige Regelungen. Bei einem asset deal ist immer dann eine notarielle Beurkundung erforderlich, wenn Grundstücke und Erbbaurechte verkauft werden. Ebenso ist bei einem share deal eine notarielle Beurkundung erforderlich, wenn die Geschäftsanteile an einer GmbH veräußert werden. In den übrigen Fällen genügt eine Einigung zwischen Verkäufer und Käufer, ohne dass es hierzu einer notariellen Bestätigung bedarf.

6.9  Wie gestalte ich die handwerklichen Prozesse bis zum Abschluss? …

163

Die weitere Ausgestaltung des Kaufvertrages richtet sich nach der Komplexität der Transaktionsstruktur. So können in einem Kaufvertrag der Übergang und die Verschaffung des Eigentums an assets, neben der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen sowie der Verkauf von Grundstücken geregelt sein. Gerade bei Betriebsaufspaltungen des mittelständischen Unternehmens ist diese Transaktionskomplexität häufig anzutreffen. Hinzu kommen noch Regelungen über Darlehensübernahmen bzw. über Rückzahlungen von Gesellschafterdarlehen an den mittelständischen Unternehmer. Bei Darlehensübernahmen sind in jedem Fall – möglichst frühzeitig – die Darlehensgeber einzuschalten. Gerade bei Bankenfinanzierungen sind Genehmigungszeiträume der Gremien der Banken mit einzuplanen. Bevor eine darlehensgebende Bank in die Übernahme der Darlehen einwilligt, muss sich der Käufer als Übernehmer einer bankeninternen Bonitätsprüfung unterziehen. Bei der Gewährung von Gesellschafterdarlehen durch den Unternehmer sind Regelungen über die Rückzahlung zu treffen. Steuerlich ist eine direkte Rückzahlung aus dem gekauften Unternehmen sinnvoll, da diese nicht zum Kaufpreis gehören. Den Parteien bleibt es aber unbenommen, die Gesellschafterdarlehen rechnerisch in den Kaufpreis einzupreisen. Der Weg der direkten Rückzahlung stellt dann nur eine weitere Möglichkeit des Zahlungsflusses dar. Ein Muster für eine Gliederung eines Kaufvertrages mit hohem Komplexitätsgrad, zeigt die folgende Abb. 6.21. Die in der Abbildung aufgeführte Gliederungsstruktur betrug im praktischen M&AFall rd. 30 Seiten und umfasste 24 Anlagen, die wiederum einen Umfang von rd. 50 Seiten hatten. Der Umfang der Anlagen resultierte aus dem Teil des Vertrages, der den Verkauf von wesentlichen Gegenständen des Anlage- und Umlaufvermögens betraf. Aufgrund der zeitlichen Trennung zwischen Abschluss des Kaufvertrages (Signing) und dem sachenrechtlichen Übergang des Eigentums zu einem Übergabestichtag (Closing) existiert eine Zwischenphase, in der der Verkäufer noch die Leitung des Unternehmens innehat, der Käufer aber gerne aktiv an der Unternehmensführung beteiligt sein möchte. Diese Zeitspanne ist dann zu überbrücken. Eine praktische Möglichkeit, diese Phase zu umgehen, besteht in einer Vereinbarung, den wirtschaftlichen Übergang der Transaktion auf einen vorangegangenen Zeitpunkt zu vereinbaren. Conclusio

Der Abschluss des Kaufvertrages, das sog. Signing, entfaltet für Verkäufer und Käufer eine schuldrechtliche Bindungswirkung, die für beide Rechte und Pflichten auslöst. Je nach Transaktionsgestaltung werden unterschiedliche Formerfordernisse ausgelöst. Im Regelfall sind in der Praxis die Transaktionen ein komplexes rechtliches Gebilde, das einen notariell zu beurkundenden Kaufvertrag erforderlich macht.

164

6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand Teil I Teil II

Vorbemerkungen Kaufvertrag über sämtliche Geschäftsanteile der GmbH, das Grundstück und das Anlagevermögen

Abschnitt A

Kauf- und Abtretung der Geschäftsanteile der GmbH

§ 1 Kaufgegenstand § 2 Kaufpreis § 3 Zustimmung der Gesellschafter, Gesellschafterliste § 4 Garantien (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) (9) (10) (11) (12) (13) (14)

Gesellschaftsverfassung und Beteiligungsstruktur Bilanzielle Verhältnisse, Eigenkapital Vermögen Genehmigungen Verträge Gewerbliche Schutzrechte Versicherungen Arbeitnehmer Haftungsverhältnisse Steuern und Abgaben Umwelt Rechtsstreitigkeiten, Verfahren Öffentliche Beihilfen Sonstiges

§ 5 Rechtsfolgen unrichtiger Garantien § 6 Zwischenabschluss § 7 Verjährung § 8 Wettbewerbsverbot und Namensrechte § 9 Weitere Verpflichtungen der Parteien Abschnitt B

Verkauf des Grundstücks

§ 10 Kaufgegenstand § 11 Kaufpreis § 12 Übergabe, Versicherungen § 13 Auflassung § 14 Eigentumsvormerkung, Grundbuchanträge § 15 Kaufpreisfinanzierung und Belastungsvollmacht Abschnitt C

Verkauf des Anlagevermögens

§ 16 Kaufgegenstand § 17 Kaufpreis § 18 Übernahme von zwei Darlehen der GmbH gegenüber der Bank XX Abschnitt D

Sonstige Bestimmungen

§ 19 Durchführung des Vertrages § 20 Aufschiebende Bedingung § 21 Kosten des Vertrages § 22 Vollmacht § 23 Erklärungen der Parteien zu Hinweisen des Notars § 24 Abschlusserklärungen der Parteien

Abb. 6.21   Gliederungsstruktur eines Kaufvertrages mit komplexer Transaktionsstruktur

6.9  Wie gestalte ich die handwerklichen Prozesse bis zum Abschluss? …

165

6.9.4 Der Übergang Der aus dem anglo-amerikanischen Sprachraum stammende Begriff des Closing bezeichnet den Übergang der Leitungsgewalt und der unternehmerischen Verantwortung. Er regelt den exakten Termin der Abgabe des Verkäufers, bzw. den Übergang auf den Käufer der Geschäftstätigkeit. Dieser Stichtag ist ein zentraler Termin, der auch als „Zäsurpunkt“ bezeichnet wird [12, S. 317]. Am Übergabestichtag gehen sämtliche Risiken und Nutzungsmöglichkeiten auf den Käufer über, daher wird häufig festgelegt, wann und auch zu welcher Uhrzeit dieser Übergang erfolgt. Aus steuerlicher und bilanzieller Sicht bietet sich als Übergabestichtag das Ende des Geschäftsjahres an. Das Closing selber ist mit einer Reihe von Rechtshandlungen verbunden. Allgemein bedeutet der Akt des Übergangs die „Lieferung“ des Unternehmens an den Käufer. Dazu zählen der Besitzwechsel, der Eigentumserwerb und die Kaufpreiszahlung. Weiterhin können sich Rechtspflichten ergeben, die mit dem Erwerb des Unternehmens verbunden sein können. So kann eine Freigabeerklärung des Bundeskartellamtes erforderlich sein. Für den Übergang von GmbH-Anteilen bestehen darüber hinaus eine Anzeigepflicht der Anteilsübertragung gegenüber der Gesellschaft und die Verpflichtung zur Einreichung einer neuen Gesellschafterliste zum Handelsregister [6, S. 186]. Conclusio

Der Übergang, das sog. Closing, bedeutet den Eintritt einer Rechtsverbindlichkeit für alle Rechten und Pflichten aus der unternehmerischen Tätigkeit des gekauften Unternehmens, zu einem im Vertrag festgelegten Stichtag.

6.9.5 Finale Emotionen in der Abschlussphase Die Abschlussphase mit der Vertragsunterzeichnung und dem Übergang, ist in der Praxis häufig als kritisch einzustufen. Alle Beteiligten haben häufig über ein Jahr miteinander gearbeitet und möchten in dieser Phase den M&A-Prozess zu einem Ende bringen. Während der Phasen sind eine Fülle von formellen und informellen Gesprächen geführt worden. Es wurde eine große Zahl von Dokumenten ausgetauscht und analysiert. Zahlreiche Erklärungen haben die Parteien an die Grenze ihrer Kompromissbereitschaft geführt. Jede Partei hat Gefühle des Erfolgs und der Niederlage verarbeiten müssen. Vielfach entwickelt sich auch ein positives Miteinander zwischen den Parteien, das zwar ein angenehmes Gesprächsklima schafft, aber zwischendurch den Eindruck des Verlustes einer rationalen Distanz aufkommen lässt. Nun fehlt nur noch die finale Unterschrift. So kurz vor Vollzug werden sich dann noch einmal die Parteien bewusst, dass sie durch ihre Unterschrift etwas Endgültiges und häufig Unwiederbringliches schaffen.

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6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

Beim mittelständischen Verkäufer kann das Gefühl aufkommen, das er durch den Verkauf seines Unternehmens einen persönlichen Verlust erleidet. Mit näher rückendem Datum der Vertragsunterzeichnung wird das Verlustgefühl stärker. Ein solches Verlustgefühl ist eine völlig normale Reaktion, kann aber bei mangelnder Sensibilisierung der Käuferpartei noch einmal zu Überreaktionen des mittelständischen Unternehmers führen. Ein erfahrener Berater wird dem mittelständischen Verkäufer dann noch einmal die gut durchdachten Gründe für den Verkauf offenlegen, um das aufkommende Verlustgefühl zu kompensieren. Auch beim Käufer können Emotionen in der Abschlussphase auftreten. Gerade wenn der Verhandlungspartner nicht der Entscheider ist, bedeutet das Aufkommen von Zweifeln, ob die Transaktion durchgeführt werden soll, in dieser Phase immer auch ein Zweifeln an den eigenen Fähigkeiten. Einen Abbruch – kurz vor der Vertragsunterzeichnung – muss der Verhandlungspartner gegenüber seinen Entscheidern begründen können. Da bis zu diesem Zeitpunkt bereits erhebliche interne und externe Kosten für den M&A-Prozess angefallen sind, führt ein Abbruch zu einem Begründungszwang. Die Begründung für den Abbruch wird dann – aus Gründen des Selbstschutzes – häufig beim Verkäufer gesucht. Andererseits kann aber auch ein Abschlusszwang des Käufers, aufgrund des Wachstumszwangs, den Abschlussdruck erhöhen und den objektiven Blick für die Erfolgsaussichten der Transaktion verschleiern. Um diesen Zwang etwas abzubauen, ist es hilfreich, sich noch einmal mit den, zu Beginn des M&A-Prozesses, formulierten Zielen zu befassen. Je höher der Abschlussdruck des Käufers ist, desto größer sind die in den M&A-Phasen gemachten Zugeständnisse. Ein letzter kritischer Blick auf den final ausverhandelten Kaufpreis und eine Transparenz möglicher Kaufpreissteigerungen kann dabei hilfreich sein. Wenn das Ende der Abschlussphase erreicht ist und alle emotionalen Befindlichkeiten geklärt sind, wird sich der Käufer in der letzten Phase, der Integrationsphase, noch einmal intensiv mit der Integration des gekauften Unternehmens in seine Unternehmensorganisation befassen müssen. Damit kann sich die Zeitspanne von der ersten Kontaktaufnahme bis zum Closing, das bis zu einem Jahr andauern kann, noch um ein weiteres Jahr verlängern, in der eine Integration zu einem erfolgreichen Abschluss des gesamten M&A-Prozesses führt. Conclusio

Die Endphase einer M&A-Transaktion mit seiner Abschlussphase kann noch einmal zu emotionalen Befindlichkeiten bei beiden Parteien führen. So kann in dieser Phase beim mittelständischen Verkäufer ein großes Verlustgefühl aufkommen. Dieses Gefühl ist völlig normal und sollte durch die Offenlegung der ursprünglichen Gründe, die für einen Verkauf sprechen, relativiert werden. Auch beim Käufer kann in Form eines Abschlusszwangs eine emotionale Betroffenheit auftreten. Nach rund einem Jahr Verhandlung bedarf es guter Gründe zu diesem Zeitpunkt einen M&A-Prozess abzubrechen. Wachstum um jeden Preis kann dafür nicht der Maßstab sein.

6.10  Wie gestalte ich die Integration? (Integrationsphase)

167

6.10 Wie gestalte ich die Integration? (Integrationsphase) 6.10.1 Zentrale Problemfelder der Integration In dem bisher beschriebenen Phasenablauf eines M&A-Prozesses wurden die drei Phasen der Vorüberlegungen, der Planung und der Durchführung eines M&A-Prozesses umfassend erläutert. In jeder dieser Phasen besteht das Risiko, dass der M&A-Prozess abgebrochen werden kann und ein erwünschter Erfolg aus einer M&A-Transaktion nicht eintritt. Wenn die letzte Phase der Durchführung, die Abschlussphase, abgeschlossen ist, beginnt erst die eigentliche Umsetzung der M&A-Pläne mit der Konkretisierung der Integrationsphase. Während Experten [8, S. 4 ff.] das Risiko eines Scheiterns in den ersten drei Phasen mit ca. 50  % einschätzen, konzentrieren sich die restlichen 50  % eines Scheiterns auf die Integrationsphase. Hinzu kommt noch, dass in dieser Phase – nach dem Kauf/Verkauf – die wirtschaftlichen Auswirkungen eines Scheiterns wesentlich höher sind. Je früher ein M&A-Prozess abgebrochen wird, desto geringer ist der wirtschaftliche Schaden. Daher ist die Integrationsphase die eigentliche Herausforderung eines M&A-Prozesses, um final eine Aussage über den Erfolg oder Misserfolg machen zu können. Die Integrationsphase ist ein schwieriges und komplexes Unterfangen, was durch die Einschätzung einer Risikoquote von rd. 50  % bestätigt wird. Hierbei sind nicht nur sachliche Probleme zu lösen, sondern auch der Umgang mit den Mitarbeitern in beiden Unternehmen, dem Käufer- und dem Verkäuferunternehmen, bedürfen einer besonderen Aufmerksamkeit. In der praktischen Umsetzung bleiben häufig sachliche und emotionale Probleme ungelöst, da der Wunsch des Käuferunternehmens, die quantitativen Ziele möglichst zügig umzusetzen, zu einer Vernachlässigung des Integrationsmanagement führt. Der Schlüssel des Erfolgs für eine Akquisition liegt daher in einem besseren Verständnis für die Bedeutung des menschlichen Faktors und in einem besseren Management der sog. Post-Merger-Integration. Ein Grundverständnis für ein erfolgreiches Integrationsmanagement erfordert eine aktive Auseinandersetzung mit den zentralen Problemfeldern einer Post-MergerIntegration. Jedes Unternehmen ist als ein sozio-technisches System zu verstehen, in dem soziale Faktoren, wie Motivation, Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit der Mitglieder des Unternehmens in einer engen Wechselbeziehung mit den Leistungsprozessen, den Unternehmenskulturen und dem unternehmerischen Erfolg stehen. Diese Beziehungen sind zumeist nicht explizit dokumentiert. Gleichwohl wissen die Mitarbeiter dieses Systems Unternehmen, wie sie sich zu verhalten haben. Wenn nun zwei (unterschiedliche) Systeme aufeinandertreffen, wird die Problematik einer Integration dieser Systeme offenkundig. Die zentralen Problemfelder dabei sind:

168

• • • •

6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

Vernachlässigung der Befindlichkeit der Mitarbeiter Unzureichende Neuausrichtung der beiden Unternehmen Unstrukturierter Integrationsprozess Spezifische Integrationsprobleme mittelständischer Unternehmen

Vernachlässigung der Befindlichkeit der Mitarbeiter Das Streben der Manager des Käuferunternehmens, möglichst schnelle Erfolge der Akquisition aufzeigen zu können, führt zu einer permanenten Überbetonung der sog. hard-facts. Wenn von den Mitarbeitern die Rede ist, dann wird dies zumeist im Zusammenhang mit Stellenabbau bzw. Personalfreisetzungen gesehen. Gerade die Vernachlässigung der sog. soft-facts hat sich als ein großer Stolperstein bei einer Vielzahl praktischer M&A-Fälle herausgestellt. Wie bei allen Veränderungsprozessen, spielt auch bei einer Akquisition das subjektiv empfundene Bedrohungspotenzial der Mitarbeiter eine entscheidende Rolle. Hierbei ist es unerheblich, wie sich eine tatsächliche Bedrohung konkretisiert. Bei einer Vielzahl von Mitarbeitern des Käufer- und des Verkäuferunternehmens ist alleine die Vermutung, dass eine Bedrohung von Existenz, Status oder Ansehen entstehen könnte, ausschlaggebend für eine Reaktion der Mitarbeiter. Der Mitarbeiter geht immer von der maximal denkbaren Bedrohung, dem Verlust des Arbeitsplatzes aus. Solche irrationalen Ängste treten sogar dann auf, wenn das Unternehmenswachstum und eine damit verbundene Politik von Neueinstellungen glaubwürdig kommuniziert werden. Wenn beim Management des Käuferunternehmens solche Befindlichkeiten nicht rechtzeitig wahrgenommen werden, verwandelt sich das subjektiv empfundene Bedrohungspotenzial schnell zu einer realen Bedrohung. Dies kann nicht nur einzelne Mitarbeiter betreffen, sondern auch das gesamte Unternehmen. Typische Mitarbeiterreaktionen [13, S. 32 f.] sind dabei Unsicherheit, Angst, Zorn, Ärger, Resignation und letztlich der Ausstieg. Jede dieser Reaktionen hat zwei Seiten: zum einen eine individuelle und zum anderen eine unternehmerische Auswirkung. Die erste Reaktion auf eine Ankündigung einer Akquisition ist Unsicherheit. Zentraler Ausgangspunkt für Unsicherheit ist die Ungewissheit über die Veränderungen im Unternehmen. Ungewissheiten können sich auf direkte und auf indirekte Veränderungen beziehen. So sind Mitarbeiter direkt betroffen, wenn Anpassungsmaßnahmen unmittelbar ihren Arbeitsplatz betreffen, z. B. durch Personalabbau, Verlegung des Arbeitsortes, neue Organisationsstrukturen oder neue Vorgesetzte. Indirekte Veränderungen sind durch eine geringe Sichtbarkeit charakterisiert, so z. B. in Form von sozialen Veränderungen, die das Betriebsklima betreffen. Beide Ausprägungen können zu einem Gefühl der Ohnmacht führen, dass sich ein Ventil in Spekulationen und Gerüchten sucht. Hierdurch können Daseinsängste der Mitarbeiter entstehen, die wiederum zu Misstrauen, Egoismus und Machtkämpfen im Unternehmen führen. Eine intensive Befassung, um die eigene unsichere Zukunft, wird zwangsläufig zu einem Rückgang der Arbeitsleistung führen.

6.10  Wie gestalte ich die Integration? (Integrationsphase)

169

Eine weitere Stufe der Mitarbeiterreaktion drückt sich in Zorn und Ärger aus. Wenn Mitarbeiter keine Antworten erhalten, die ihre Unsicherheit und Ärger abbauen, dann ist Zorn und Ärger die Folge. Die Mitarbeiter beginnen die geplanten Maßnahmen der Akquisition zu blockieren. Sie konzentrieren sich auf Differenzen zwischen den Unternehmen und vernachlässigen Gemeinsamkeiten. Die Differenzen werden häufig als unüberwindbare Hindernisse dargestellt. Stressbedingte Krankheiten bzw. Fehlzeiten können die Folge sein. Schlägt die Reaktion in Resignation um, dann ist ein Zustand eingetreten, der als nicht mehr veränderbar angesehen wird. Ein Dienst nach Vorschrift oder innere Kündigungen sind der Ausdruck für eine solche Reaktion. Auf der Grundlage der Resignation, bei der Flexibilität, Kreativität, Teamgeist und Engagement des Mitarbeiters nachlassen, können Existenzkrisen für das Unternehmen auslösen. Ein Ausstieg von unzufriedenen Mitarbeitern ist die Folge. Dabei ist auffällig, dass immer die „Besten“ zuerst gehen. Unzureichende Neuausrichtung der beiden Unternehmen Neben der Vernachlässigung der Mitarbeiter ist eine unzureichende Neuausrichtung der Unternehmen ein Integrationsproblem. Die Integration der Unternehmenskulturen des Käufer- und des Verkäuferunternehmens erfordern eine gemeinsame Unternehmensstrategie. An diese gemeinsame Strategie sind die Unternehmensziele, die Leistungen, die Prozesse und Strukturen des Unternehmens auszurichten. Gründe für eine Vernachlässigung der Neuausrichtung sind eine fehlende eindeutige Führung. Die mit Akquisitionen häufig verbundenen Neubesetzungen der Führungspositionen können temporär ein Machtvakuum auslösen. Unklare Verantwortlichkeiten führen zu einem Entscheidungsstau, der den Integrationsprozess verzögert. Eine zu einseitige Konzentration auf die Realisierung direkt wirksamer Synergien, wie z. B. die Reduzierung von Kosten, führt zu einer Vernachlässigung der gemeinsamen Neuausrichtung. Ein solcher Zustand führt zu Ziel- und Interessenkonflikten, die auch engagierte Mitarbeiter demotivieren können. Ein weiteres Problem liegt darin, dass die gemeinsame Strategie nicht umgesetzt wird. Die Entwicklung der Strategie ist ein wichtiger erster Schritt, dem der Schritt der Strategieumsetzung folgt. In der Umsetzung liegt die eigentliche Herausforderung. Unstrukturierter Integrationsprozess Das dritte zentrale Problemfeld ist die Planung und Durchführung des Integrationsprozesses. Eine unzureichende Planung des Integrationsprozesses wird zu Fehleinschätzungen in Bezug auf die erforderlichen Ressourcen führen. Resultate sind Zeitdruck, Hektik, Fehlentscheidungen sowie Fehlverhalten gegenüber den Mitarbeitern. Dies wiederum wird auf Unverständnis und Widerstand gegen die Integration führen.

170

6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

Spezifische Integrationsprobleme mittelständischer Unternehmen Vor einer Akquisition sind mittelständische Unternehmen meist informell um den Unternehmer herum aufgebaut. Er ist der zentrale Mittelpunkt seines Unternehmens. Eine solche Konzentration auf eine Person ist nur bis zu einer gewissen Unternehmensgröße optimal. Durch die Integration des mittelständischen Unternehmens in das Käuferunternehmen entsteht ein neues Unternehmen, dessen Größe andere Anforderungen stellt. Kritische Aspekte dabei sind • eine Professionalisierung des Managements • der Verlust der Unternehmensidentität Professionalisierung des Managements In der Regel ist der typische mittelständische Unternehmer technologisch geprägt. Die Kenntnisse über Methoden der Unternehmensführung sind eher gering ausgeprägt. Der Übergang zu einem umfassenden und professionellen Management muss vom Käufer erst in Gang gesetzt werden. Gelingt es nicht, diese Lücke zu schließen, so wird die unerlässliche Professionalisierung des Managements zu einer Integrationshürde. Gerade im Falle des geplanten externen Wachstums können Wachstumsschübe, bei einem ursprünglich persönlich und informell geführten Unternehmen, zu einem grundlegend veränderten Anforderungsprofil der Führungskräfte führen. Eine Professionalisierung des Führungssystems ist damit unabdingbar. Ebenso verändern sich die Aufgaben für die bisherigen Führungskräfte des mittelständischen Unternehmens. Durch die bisherige Führungsdominanz des Unternehmers müssen die Führungskräfte zunächst auf ihre neue Rolle vorbereitet werden. Verlust der Unternehmensidentität Der bisherige persönliche Kontakt zum Unternehmer, die Überschaubarkeit des Unternehmens, die unbürokratische Zusammenarbeit sowie schnelle Entscheidungsprozesse sind nur einige immaterielle Werte, die den unternehmerischen Erfolg des mittelständischen Unternehmens mit entscheiden. In diesem Sinne ist eine Unternehmensidentität gewachsen, die sich nach der Übernahme verändern wird. Mit der Übernahme entsteht abrupt ein neues Unternehmen mit möglicherweise neuem Namen, einer veränderten Hierarchie und größeren formalisierten Abläufen. Insbesondere eine „gewaltsame“ Verbindung der Unternehmen, zu einem scheinbar homogenen neuen System, wird zu unerwünschten Reibungsverlusten führen. Ebenso ist eine Neuplanung einer Identität für das gekaufte Unternehmen vom Punkt „Null“ wenig vielversprechend, da gewachsene Beziehungen von Werten und Beziehungen nicht widerspruchlos aufgelöst werden sollten. Conclusio

Die Problemfelder, die bei einer Integration auftreten können, sind vielschichtig. Eine aktive Auseinandersetzung mit diesen Problemen ist eine Voraussetzung, um einen

6.10  Wie gestalte ich die Integration? (Integrationsphase)

171

Integrationsprozess zu einem Erfolg zu führen. Zu den wesentlichen Problemfeldern zählen die Vernachlässigung der Befindlichkeit der Mitarbeiter, die unzureichende Neuausrichtung der beiden Unternehmen und ein unstrukturierter Integrationsprozess. Darüber hinaus treten bei mittelständischen Unternehmen spezifische Integrationsprobleme auf. Die Integration in einen größeren Unternehmensverbund wird zwangsläufig zu einer Professionalisierung des mittelständischen Unternehmens führen und der Verlust der mittelständischen Unternehmensidentität zur Folge haben.

6.10.2 Anforderungen an ein Integrationsmanagement Ein erfolgreiches Integrationsmanagement steht im Spannungsfeld zwischen der Komplexität und Dynamik der Integrationsprozesse sowie der Einsicht, dass die menschliche Fähigkeit zur Wahrnehmung von Komplexität und Dynamik begrenzt ist. Der Mensch ist darauf ausgerichtet, nur Ausschnitte aus der Umwelt wahrzunehmen und diese zu interpretieren. Insofern wird jedes Integrationsmanagement seine Begrenzung in den menschlichen intellektuellen Fähigkeiten finden. Gleichwohl lassen sich, im Sinne des Versuchs der Darstellung der zentralen Anforderungen und deren Verknüpfungen, Möglichkeiten aufzeigen, die zu einem erfolgreichen Integrationsmanagement führen können. Die handelnden Personen müssen sich nur bewusst sein, dass es eine optimale praktische Lösung für ein Integrationsmanagement nicht geben wird. Der Erfolg eines Integrationsmanagements wird somit immer zu suboptimalen Lösungen führen. Die bisherigen Ausführungen zum Integrationsmanagement haben verdeutlicht, dass bei einer Integration immer zwei unabhängige sozio-technische Systeme, die zu einem neuen System zusammengeführt werden sollen, aufeinandertreffen. Für eine erfolgreiche Umsetzung sind folgende Aspekte zu berücksichtigen: • • • •

Technisches Teilsystem Soziales System Planungs- und Koordinationssystem Zusammenführung der Teilsysteme zu einem Gesamtkonzept

Technisches Teilsystem Im Mittelpunkt der Integration des technischen Teilsystems stehen Entscheidungen und Maßnahmen, die primär die hard-facts betreffen. Einen Überblick dazu gibt die folgende Abb. 6.22. Die Abbildung zeigt die Verknüpfung von zwei Ebenen. Zum einen die Verbindung von Strategie, Struktur und Personal und zum anderen die operative Umsetzung. Die Verschmelzung der hard-facts bedarf einer Vorgehensweise, die die Elemente der Strategie, der Struktur und des Personals in Einklang bringt. Darüber hinaus sind die Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine operative Umsetzung der Integration ermöglichen.

172

6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

Strategische Neuausrichtung

STRATEGIE

Standort / Organisation

STRUKTUR

Entscheidungsstrukturen

STRUKTUR

Kommunikationstechnologie

STRUKTUR

Stellenbesetzung

PERSONAL

Vergütungssystem

PERSONAL

Produkte

STRATEGIE / STRUKTUR

Produktionstechnologie

STRATEGIE / STRUKTUR

Prozesse

OPERATIVE EBENE

Maßnahmen-Kategorie

Maßnahmen

Entscheidungen und Maßnahmen

Abb. 6.22   Entscheidungen und Maßnahmen

Akzeptanz für Veränderungen

KOMMUNIKATION

Akve Beteiligung der Mitarbeiter

INTERAKTION

Auau gemeinsamer Werte

RESPEKT / VERTRAUEN

Beseigung des Bedrohungspotenals

KOMMUNIKATION

Vermeidung von Ärger / Unsicherheit / Resignaon

KOMMUNIKATION

Gegensteuerung der Fluktuaon

MOTIVATION

Auau einer Unternehmensidentät

SYMBOLE / VERTRAUEN / TEAMENTWICKLUNG

MaßnahmenKategorie

Maßnahmen

Umgang mit Mitarbeitern

Abb. 6.23   Umgang mit Mitarbeitern und zentrale Problemfelder

Soziales System Die soziale Integration umfasst den Umgang mit den Mitarbeitern. Im Mittelpunkt stehen die Menschen im Unternehmen und deren Zustimmung zu den Veränderungen. Einen Überblick dazu gibt die nachfolgende Abb. 6.23 Die Abbildung zeigt zwei Aspekte, die bei einer sozialen Integration zu beachten sind. Zum einen geht es um den Abbau von Ängsten durch Kommunikation sowie durch eine aktive Beteiligung an den Veränderungsprozessen durch Motivation. Zum anderen muss eine positive Grundeinstellung der Mitarbeiter durch Respekt, Vertrauen und

6.10  Wie gestalte ich die Integration? (Integrationsphase)

173

Beachtung der Interdependenzen

PROJEKTMANAGEMENT

Engagement der Führungskräfte

STEUERUNGSGRUPPE

Beteiligung der Mitarbeiter

INTEGRATIONTEAM

Termin- und Budgetrahmen

PLANUNG / KONTROLLE

Vermeidung eines unstrukturierten Integrationsprozesses

PLANUNG / KOORDINATION

Vermeidung von Zeitdruck

PLANUNG / KONTROLLE

Beseitigung von Intransparenz

INFORMATION

Kein Nachlassen bei den Integrationsprozessen

STEUERUNG

Maßnahmen-Kategorie

Maßnahmen

Planung, Koordination und Integration

Abb. 6.24   Planung, Koordination und Integration

Glaubwürdigkeit verstärkt werden, um damit eine gemeinsame, tragfähige Basis der Zusammenarbeit zu schaffen. Planungs- und Koordinationssystem Der Prozess der Integration ist eine mehrdimensional zu lösende Aufgabe, die sich auf die Beziehungsabhängigkeiten einzelner Elemente erstreckt. In diesem Zusammenhang erfordert die Interdisziplinarität ein aktives Projektmanagement. Einen Überblick über die Maßnahmenfelder gibt die Abb. 6.24. Im Rahmen des Projekt-Managements ist die Einsetzung eines Integrationsteams zu empfehlen. Idealerweise werden in diesem Team Mitarbeiter beider Unternehmen aus unterschiedlichen Hierarchiestufen berufen. Einem solchen Integrationsteam sollte eine zentrale Steuerungsgruppe übergeordnet sein, die die einzelnen Teams steuert, koordiniert und kontrolliert. Der Integrationsprozess sollte mit der Vorbereitung und Planung der Integrationsphasen sowie mit der Aufstellung der Detailpläne beginnen. Im Anschluss daran beginnt die Umsetzung. Für den Integrationserfolg entscheidend sind die Koordination, Steuerung und Kontrolle der interdependenten Einzelaktionen. Zusammenführung der Teilsysteme zu einem Gesamtkonzept Eine erfolgreiche Post-Merger-Integration erfordert die Verknüpfung der Teilbereiche technisches Teilsystem, soziales System und Planungs- und Koordinationssystem, um sie zu einem Gesamtkonzept zu bündeln. Nur durch eine (theoretische) Strukturierung der einzelnen Systeme lassen sich die Dimensionen einer Integration transparent darstellen und durch ein zielgerichtetes Integrationsmanagement zu einem Erfolg führen.

174

6  Der M&A-Prozess bei Verkäufen und Käufen im Mittelstand

Die dargestellten Teilsysteme können nach den Dimensionen rational, emotional und prozessual unterschieden werden. So bildet der Bereich des technischen Teilsystems die rationale Dimension, der Bereich des sozialen Systems die emotionale Dimension und der Bereich der Planungsund Koordinationssysteme die prozessuale Dimension ab. Die rationale Dimension beinhaltet die Entscheidungen und Maßnahmen die sich auf die quantitative Neuausrichtung der Unternehmen richten. Die Mitarbeiter stehen im Mittelpunkt der emotionalen Dimension. Hierbei stehen an erster Stelle die Akzeptanz der Mitarbeiter für integrationsbedingte Veränderungen sowie dem Umgang mit unterschiedlichen Unternehmensidentitäten. Der Prozess der Entwicklung einer gemeinsamen Unternehmensidentität zeigt die prozessuale Dimension. Zentrale Angelpunkte sind die Planung, Koordination und Kontrolle des Integrationsprozesses, unter Berücksichtigung eines ausreichend terminierten Zeitplans. Conclusio

Die Anforderungen an ein Integrationsmanagement setzen ein Ineinandergreifen von unterschiedlichen unternehmerischen Systemen voraus. Hierzu zählen das technisches Teilsystem, das die hard-facts umfasst (rationale Dimension), das soziale System (emotionale Dimension), das die zentralen menschlichen Aspekte zu berücksichtigen hat, das Planungs- und Koordinationssystem (prozessuale Dimension), dass die Systeme steuert und letztlich eine Zusammenführung der Teilsysteme zu einem Gesamtkonzept.

6.10.3 Zeitliche Abfolge einer Integration Für die zeitliche Abfolge einer Integration gibt es keine Patentrezepte. Der Zeithorizont, bis zu dem eine Integration als abgeschlossen bezeichnet werden kann, ist immer unternehmensindividuell. In der praktischen Umsetzung wird die Zeitdauer zumeist zu kurz geplant. Schnelle Erfolge sollen die Akquisition rechtfertigen. Dies lässt sich für die rationale Ebene auch kurzfristig abbilden. Für die emotionale Ebene wird dies allerdings nicht zutreffen. Ebenso werden die Maßnahmen für die prozessuale Dimension häufig zu schnell an kurzfristigen Erfolgen ausgerichtet. Damit wird zwar die Interdependenz zwischen rationaler und prozessualer Ebene berücksichtigt, die für den finalen Erfolg einer Integration wichtige emotionale Dimension bleibt aber auf der Strecke. Erst ein Zusammenwirken aller drei Dimensionen sichert einen langfristig stabilen Integrationserfolg. Dieser ist nur zu erreichen, wenn für die emotionale Dimension ausreichend Zeit eingeplant wird. Ein Zeitraum bis zu einem Jahr ist daher ein Muss. Die Abb. 6.25 zeigt einen möglichen Zeitverlauf für ein Integrationsmanagement auf.

175

6.10  Wie gestalte ich die Integration? (Integrationsphase) 1

Monat AUFGABEN

Woche

1

2

2 3

4

5

6

3 7

8

9 10

A Integrationsstart 1 Motivation der Mitarbeiter

4 11 12

13 14

5 15 16

6

7

8

9 10 11 12 VERANTWORTLICH Geschäftsührung Betreuungsteam

2 Abgleich der Umfeld-. Markt- und Unternehmenanalyse

Geschäftsführung/Berater

3 Potential-Analyse und Benennung der Projektteams

Geschäftsführung/Berater

4 Schulung der Projektteams

Berater

5 Definition der Integrationsziele

Steuerungsgruppe

6 Definition der strategischen Erfolgspositionen

Steuerungsgruppe

7 Entwicklung der Unternehmenorganisation

Steuerungsgruppe

B ERSTE BETRIEBSVERSAMMLUNG

Geschäftsführung

8 Gespräche mit Mitarbeitern

Team Personal/Betreuungsteam

9 Stellenbesetzung

Team Personal

10 Stellenbeschreibungen, Qualitätskonzepte

Team Personal

11 Marketing-Konzept

Team Marketing/Vertrieb

12 Vertriebskonzept

Team Marketing/Vertrieb

13 EDV-Konzept

Team EDV

14 Konzept eines Informationssystems

Team EDV

15 Konzept der Geschäftsprozesse

Team Geschäftsprozesse

16 Wirtschaftlichkeitsrechnungen

Steuerungsgruppe

17 Umsetzungsfahrplan

Steuerungsgruppe

C Betriebsversammlung

Geschäftsführung

18 Installation der Hardware

Abteilungsleiter EDV

19 Installation der Software

Abteilungsleiter EDV

20 Schulung aller Mitarbeiter

Abteilungsleiter Personal

21 Informationsbroschüre für Kunden

Marketingabteilung

D Start der neuen Geschäftsprozesse

Geschäftsführung

22 Planung/Zielvereinbarungen/info-System

Geschäftsführung/Führungskräfte

23 Anreizsysteme

Abteilungsleiter Personal

24 Qualifikation der Führungskräfte (Seminare)

Abteilungsleiter Personal

25 Teamentwicklung

Abteilungsleiter Personal

26 Ausbau der Geschäftsprozesse

Geschäftsführung

E Integrationsende

Geschäftsführung

Meilensteine

Abb. 6.25   Projektplan für ein Integrationsmanagement

Conclusio

Die Festlegung einer zeitlichen Abfolge der Integration ist eine grundlegende Voraussetzung für den Erfolg der Integration. In der Praxis werden die Zeiträume für ein Integrationsmanagement regelmäßig zu kurz angesetzt. Obwohl jeder Integrationsprozess von den individuellen Gegebenheiten eines M&A-Prozesses geprägt ist und damit zeitlich nur schwer eingeschätzt werden kann, sollte ein Zeithorizont von einem Jahr als Minimum angesetzt werden.

7

M&A-Prozesse bei KMU in 30 Punkten

1. Zunehmende M&A-Aktivitäten im deutschen Mittelstand Durch den Anstieg an Nachfolgeregelungen und die ständig wachsende Internationalisierung, hält der Trend wachsender Käufe und Verkäufe im deutschen Mittelstand an. Da nur in jedem zweiten Nachfolgefall ein Nachfolger aus der eigenen Familie gefunden werden kann, müssen andere Käufergruppen gesucht werden. Hierzu bieten sich große Unternehmen an. Diese Unternehmen haben gegenüber ihren Anteilseignern häufig eine Wachstumsstrategie kommuniziert. In diesem Zusammenhang kann die Erfüllung einer solchen Strategieausrichtung zu einem Zwang zum Wachstum führen. Neben inländischen Unternehmen treten zunehmend ausländische Unternehmen als Käufer im Mittelstand auf. Hierbei steht ein Erwerb des Know-how, der Kunden und der Märkte im Vordergrund. Der mittelständische Unternehmer wird zumeist das erste Mal mit einem Verkaufsprozess seines Unternehmens befasst. Dies führt zu einem Know-how-und Transparenzdefizit gegenüber dem angestellten Manager von Großunternehmen als potenzielle Käufer. Dieses Defizit muss ausgeglichen werden. Hilfestellung wird dabei der erfahrene M&A-Berater bieten. 2. Besonderheiten im M&A-Prozess bei KMU Der mittelständische Unternehmer ist sehr stark an sein Unternehmen gebunden. Seine unternehmerische Tätigkeit ist zumeist eine lebenslange Aufgabe. In den überwiegenden Fällen vereint er Eigentum und Geschäftsführung in einer Person. Dem gegenüber steht der angestellte Manager, der diese Bindung an sein Unternehmen zumeist nicht hat. Darüber hinaus ist das mittelständische Unternehmen gänzlich anders strukturiert als das Großunternehmen. Dies beeinflusst die Informationstransparenz weiterhin. Die zumeist nur unzureichend ausgeprägten Informationssysteme und die Ausrichtung des mittelständischen Unternehmers auf steuerminimierende Gestaltungen, die häufig Grenzbereiche zwischen privater und geschäftlicher Veranlassung berühren, machen es für © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 J. Wegmann und H. Siebert, Unternehmensverkauf, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27444-3_7

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7  M&A-Prozesse bei KMU in 30 Punkten

den Käufer schwer, einen möglichst schnellen und umfassenden Überblick über das mittelständische Unternehmen zu erlangen. Daher ist eine gute Vorbereitung auf die Informationsbedürfnisse eines Verhandlungspartners aus einem Großunternehmen eine wichtige erste Voraussetzung, um zu einem finalen Erfolg für den mittelständischen Unternehmer zu gelangen. 3. Aktive Anlässe als Auslöser für den M&A-Prozess Immer dann, wenn die Verkaufsüberlegungen vom mittelständischen Unternehmer selbst ausgehen, liegen aktive Anlässe vor. Hierbei ist der mittelständische Unternehmer die Triebfeder für einen Verkauf, denn er selbst befasst sich aktiv mit einem M&A-Prozess. Die Möglichkeit der aktiven Anlässe ist vielschichtig. Hierzu zählt ein Verkauf wegen fehlender Nachfolge in der Eigentümerfamilie, ein Verkauf wegen Erbfall, ein Verkauf wegen steigendem Wettbewerbsdruck, ein Verkauf wegen persönlicher Gründe oder ein Verkauf um Kasse zu machen. Jeder Anlass ist in seiner Konkretisierung unterschiedlich zu betrachten. So wird auch jeder Anlass einen unterschiedlichen Einfluss auf den Verkaufspreis haben. Gemeinsam hingegen ist allen aktiven Anlässen, dass sich der mittelständische Unternehmer einen Käufer sucht. Bis auf die Sondersituation des Erbfalls, kann er sich den Zeitraum des geplanten Verkaufs selber setzen. Er hat auch die Möglichkeit, sich sukzessive mit den Verkaufsüberlegungen zu befassen, um dann – idealerweise – zum richtigen Zeitpunkt den Verkauf zu forcieren. 4. Passive Anlässe als Auslöser für den M&A-Prozess Passive Anlässe sind dadurch charakterisiert, dass potenzielle Käufer wegen eines Kaufs an den Unternehmen herantreten. Dieser Anlasstyp kommt in seiner Ausprägung häufig überraschend für den mittelständischen Unternehmer. Er wird durch eine erste Anfrage erstmals für einen Verkauf sensibilisiert. Er kann dabei die Rolle des passiv Abwartenden einnehmen. Wenn erste Gespräche zeigen, dass ein ernsthaftes Interesse vorliegt, dann wird er sich aktiv in den M&A-Prozess einklinken. In der Praxis wird dieser Fall häufig dazu benutzt, sich über die möglichen Kaufpreisangebote der potenziellen Käufer zu informieren. Der Vorteil eines solchen Eingehens auf das Interesse Dritter ist eine recht gute Einschätzung über den eigenen Wertes durch Dritte. Ein solcher Wert ist zwar immer interessengetrieben, wird aber dennoch tendenziell eine gute Grundlage für die eigene Verkaufspreisvorstellung bieten. 5. Was wird eigentlich verkauft? Ein der zentralsten Fragen im Vorfeld ist: Was wird verkauft? Eine erste Antwort darauf ist die Gestaltung des Verkaufs in Form eines Share Deals, eines Asset Deals oder in einer Kombination. Ein Share Deal ist dadurch charakterisiert, dass durch den Kauf von Geschäftsanteilen (shares) der Käufer z. B. Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft oder Personengesellschaft wird. Der Übergang der shares erfolgt zu einem vertraglich vereinbarten Stichtag. Da hierbei ausschließlich die Unternehmensanteile erworben werden, lässt dieser Erwerb sämtliche Aktiva und Passiva des gekauften Unternehmens

7  M&A-Prozesse bei KMU in 30 Punkten

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unverändert. Alle Verbindlichkeiten und auch mögliche Haftungsrisiken der Gesellschaft bleiben bestehen. Ein Asset Deal ist dadurch charakterisiert, dass der Käufer nur diese Wirtschaftsgüter (assets) erwirbt, die er erwerben will. In einem solchen Fall kann der Käufer die Übernahme von Haftungsrisiken vermeiden. Der Übergang der assets erfolgt durch Einigung und Übergabe zu einem vertraglich definierten Stichtag. Sämtliche übergehenden Wirtschaftsgüter, wie z. B. Kunden-, Miet- und Darlehensverträge werden einzeln übertragen. Ein besonderes Augenmerk ist dabei auf die jeweilige (Einzel-) Zustimmung der Vertragspartner, der jeweils übergehenden Verträge, zu legen. Denn ohne eine solche Zustimmung werden die Verträge nicht auf den Käufer übergehen. 6. Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Transaktionsmöglichkeiten Der Verkäufer wird in der Regel einen Share Deal bevorzugen. Das Unternehmen wird im Ganzen veräußert. Damit verbleibt keine Mantelgesellschaft beim Verkäufer, die noch zu liquidieren wäre. Darüber hinaus werden aktuell 60  % des Gewinns aus dem Verkauf der shares als Bemessungsgrundlage für den Verkäufer angesetzt. Dies ist ein klarer steuerlicher Vorteil gegenüber einem Asset Deal. Hier wird der gesamte Gewinn aus dem Verkaufserlös als Bemessungsgrundlage für die persönliche Steuerbelastung herangezogen. Beim Käufer überwiegt in der Regel die Transaktionsgestaltung als Asset Deal. Er kann die abschreibungsfähigen assets abschreiben und durch die Wahl der assets die Wirtschaftsgüter, die mit übergehen, exakt bestimmen. Damit schließt er „versteckte“ Risiken weitgehend aus. Mögliche Risiken aus der Übernahme von Arbeitsverhältnissen lassen sich durch einen Asset Deal nicht ausschließen. Durch die Regelung des § 613a BGB gehen in der Regel auch bei einem asset deal die Arbeitsverträge mit über. Nach § 613a Abs. 5 BGB haben die Arbeitnehmer das Recht, einem Wechsel zuzustimmen oder abzulehnen. In dieser Gesetzesnorm liegt ein Risiko für den Verkäufer. Lehnt ein Arbeitnehmer einen Übergang ab, so besteht sein Arbeitsverhältnis mit dem Verkäuferunternehmen weiterhin. Wenn die wesentlichen assets veräußert worden sind, besteht aber keine Möglichkeit bzw. auch keine Absicht mehr, das Geschäft weiter fort zu führen. Die Kosten für die verbleibenden Arbeitnehmer müssen aber noch bis zur Rechtswirksamkeit einer Kündigung getragen werden. Aus diesen Gründen ist auch für den Verkäufer bei einem Asset Deal die Einschaltung eines Arbeitsrechtlers ein Muss. 7. Unternehmenskulturen prägen den M&A-Prozess Jedes Unternehmen verfügt über eine unternehmensindividuelle Unternehmenskultur. Die unterschiedlichen Unternehmenskulturen von Verkäufer und Käufer, haben einen prägenden Einfluss auf den M&A-Prozess. Ein Scheitern des Erfolgs von Unternehmenskäufen wird maßgeblich damit in Verbindung gebracht, dass es nicht gelungen ist, die unterschiedlichen Unternehmenskulturen zu vereinen. Wenn man sich vergegenwärtigt, dass immer noch die quantitativen Faktoren, wie Umsatzerlöse oder Ergebnisse,

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7  M&A-Prozesse bei KMU in 30 Punkten

einen M&A-Prozess dominieren und man sich nur rudimentär mit den qualitativen Aspekten des gekauften Unternehmens befasst, wird das häufige Scheitern von Käufen bei Großunternehmen erklärbar. Um eine größere Sensibilität bei den Parteien zu erreichen, ist die Frage zu klären: Was ist Unternehmenskultur? Eine Unternehmenskultur drückt ein unternehmensspezifisches Weltbild aus, dass von Grundannahmen über die Umwelt, über das Umgehen mit der Wahrheit und der Zeit, über grundsätzliche Vorstellungen über die Natur bzw. das Handeln des Menschen und über den Umgang mit zwischenmenschlichen Beziehungen im Unternehmen geprägt ist. Solche Grundannahmen entstehen überwiegend unbewusst und ungeplant. Daneben existieren noch in jedem Unternehmen teils sichtbare Normen und Standards, wie ein fairer Umgang mit Kunden oder die bewusste Auseinandersetzung mit einer gesellschaftlichen Verantwortung des Unternehmens. Weiterhin liegen in jedem Unternehmen sichtbare Symbole und Standards vor, die die Unternehmenskultur mitbestimmen. So z. B. eine Kleiderordnung, eine spezifische Firmensprache, eine Dienstwagenregelung oder eine von der Hierarchie abhängige Büroausstattung. Während sich die Unternehmenskultur beim mittelständischen Unternehmer zumeist durch dessen Persönlichkeitsstruktur im Unternehmen manifestiert, wird sich die Unternehmenskultur des Käuferunternehmens zumeist durch eine größere Anzahl von Führungskräften zu einer gemeinsamen Unternehmenskultur ausprägen. Unterschiede, die den M&A-Prozess beeinflussen, sind damit in jedem Fall vorgegeben. 8. Unterschiedliche Unternehmenskultur durch unterschiedliche Rollen der Parteien Der Unternehmer als Verkäufer ist zugleich der Entscheider. Er trifft die finale Entscheidung über den Verkauf. Der Verhandlungspartner aufseiten des Käufers ist ein angestellter Manager, der zumeist keine Entscheidungskompetenz hat. Er muss die Entscheidung das Unternehmen zu kaufen, in einem formalisierten Entscheidungsprozess den Entscheidern des Käuferunternehmens begründen. Er steht dabei immer zwischen den Interessen des mittelständischen Verkäufers, den Interessen seines Unternehmens und seinen eigenen individuellen beruflichen und privaten Interessen. 9. Chancen und Risiken für Verkäufer und Käufer im laufenden M&A-Prozess Das mit Abstand größte Risiko für ein Scheitern im laufenden M&A-Prozess besteht für den Verkäufer in unrealistischen Preisvorstellungen. Darüber hinaus scheut der mittelständische Unternehmer zu Beginn eines M&A-Prozesses die Einschaltung eines M&A-Beraters. Durch die Einmaligkeit des Prozesses für den Unternehmer werden damit häufig grundlegende Fehler gleich zu Beginn gemacht. Sind mehrere Interessenten an einem Kauf interessiert, ist der Unternehmer möglicherweise versucht, diese potenziellen Käufer gegeneinander auszuspielen. Hierbei läuft er Gefahr, zum Schluss mit leeren Händen da zustehen. Auch eine zu späte Information an seine finanzierende Bank über einen beabsichtigten Verkauf, kann den Prozess zum Scheitern bringen.

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Die Sichtweise des Käufers während eines M&A-Prozesses ist zunächst die Sichtweise des angestellten Verhandlungsführers. Dieser bewegt sich in einem latenten Spannungsfeld zwischen den Forderungen des Verkäufers und den Vorgaben seiner Entscheidungsträger. Eine der größten Hürden für den Käufer stellt dabei das Eingehen auf die Unternehmenskultur des mittelständischen Unternehmens dar. Je nach Vorgabedruck durch die Entscheidungsträger des Käufers für einen Kauf, steht der Verhandlungsführer vor dem Problem, dass seine Risikohinweise nicht angemessen wahrgenommen werden. Es kann aufgrund der Wachstumsstrategie zu einem „Kauf um jeden Preis“ kommen. 10. Chancen und Risiken für Verkäufer und Käufer nach dem Verkauf/Kauf Die Sichtweise des Verkäufers bezüglich der Chancen- und Risikopotenziale ist danach zu unterscheiden, ob er sich nach dem Verkauf vollständig aus dem Unternehmen zurückzieht oder, ob er noch geschäftlich seinem Unternehmen verbunden ist. Im ersten Fall wird der Erfolg daran zu messen sein, ob der Käufer den Kaufpreis vertragsgemäß zahlt. Ist der Unternehmer direkt durch seine Mitarbeit oder indirekt durch ratierliche Kaufpreiszahlungen mit dem Unternehmen verbunden, wird er sich noch weiter mit dem Unternehmen identifizieren müssen. Gerade bei ratierlichen Kaufpreiszahlungen, die an die Erfüllung vertraglich festgelegter Meilensteine geknüpft sind, verbleibt noch ein größeres Risikopotenzial beim Verkäufer. Der mittelständische Verkäufer ist gut beraten, wenn er sich kritisch mit solchen, vom Käufer in die Verhandlung eingebrachten, nachträglichen Kaufpreiszahlungen befasst oder diese grundsätzlich ausschließt. Insbesondere dann, wenn er nach Vertragsunterzeichnung kurzfristig einen Ausstieg aus seinem Unternehmen beabsichtigt. Der Erfolg des Kaufs für den Käufer bemisst sich an der Realisierung der erwarteten Synergiepotenziale. Im Erfolgsfall überwiegen die positiven Synergien. Wenn die eingeplanten positiven Synergien nicht umgesetzt werden können und sogar durch negative Synergien überlagert werden, kann sich dies als große Belastung für das gesamte Käuferunternehmen darstellen. 11. Wie verläuft ein praktisch handhabbarer M&A-Prozess? Wenn Unternehmen Akquisitionen durchführen, dann folgen sie einem Ablaufplan. Ein solcher Ablaufplan hat eine logische Stringenz, die im praktischen M&A-Ablauf nicht immer eingehalten werden kann. Gleichwohl ist es hilfreich, wenn man sich im Vorfeld seiner Überlegungen über einen Verkauf bzw. einem Kauf damit befasst, wie ein solcher Prozess ablaufen könnte. Die (theoretische) Auseinandersetzung mit einem strukturierten Ablauf, sichert eine Stringenz bei den zeitlich aufeinanderfolgenden Phasen. Je nach individuellem M&A-Fall werden sich die Schwergewichte in den einzelnen Phasen unterschiedlich ausprägen. 12. Die Ablaufphasen eines strukturierten M&A-Prozesses Jeder M&A-Prozess durchläuft die folgenden zehn Phasen in jeweils unterschiedlicher Ausprägung:

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• Prozessablaufphase • Auswahlphase der Beteiligten • Konzeptionsphase • Identifikationsphase • Auswahlphase • Prüfungsphase • Verhandlungsphase • Entscheidungsphase • Abschlussphase • Integrationsphase 13. Auswahl der Beteiligten Die Beteiligten an einem M&A-Prozess lassen sich nach unternehmensinternen und unternehmensexternen Personen differenzieren, die direkt in die einzelnen M&A-Phasen mit eingebunden sind. Eine weitere Differenzierung besteht in der Kategorie der Käufer. So können Käufer in folgenden Rollen auftreten: als strategischer Käufer, als Finanzkäufer, als exotischer Käufer und als Käufer aus dem Management. Bei jeder Käuferkategorie wird der Verkäufer mit unterschiedlichsten Vorstellungen konfrontiert. Bei den weiteren Beteiligten kann zwischen denen unterschieden werden, die vom Käufer bzw. vom Verkäufer eingesetzt werden. Aufseiten des Verkäufers sind dies der mittelständische Unternehmer, der Beirat/Aufsichtsrat des Unternehmens, weitere Fachmitarbeiter, die Arbeitnehmervertretung, der M&A-Berater, der Steuerberater, Unternehmensmakler, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte und die das Unternehmen finanzierende Bank. Der Käufer setzt in der Regel mehr internes Fachpersonal ein. Wenn er sich der Hilfe externer Fachleute bedient, dann ist dies meist dem Umstand geschuldet, sich gegenüber seinen Entscheidungsträgern zu exkulpieren. 14. Die Beteiligten und ihre Interessen Die Beteiligten an einem M&A-Prozess sind durch unterschiedliche Interessen geprägt. Der mittelständische Verkäufer möchte einen möglichst hohen Kaufpreis unter Beachtung von wichtigen Nebenbedingungen, wie den Erhalt des Standortes und der Arbeitsplätze, erzielen. Der angestellte Verhandlungsführer – aufseiten des Käufers – muss die Interessen seines Unternehmens und seine eigenen (monetären) Interessen in Einklang bringen. Die Mitarbeiter des Verkäuferunternehmens wollen ihren Arbeitsplatz abgesichert wissen, der Steuerberater steht im Spannungsfeld der optimalen Steuerberatung für seinen mittelständischen Mandanten unter dem Wissen, dass er das Unternehmensmandat nach dem Verkauf verliert. Alle übrigen extern Beteiligten sind mehr oder weniger an einem Verkauf interessiert, da sie dadurch ihr Honorarvolumen absichern können. Insbesondere die vom Käufer extern beauftragen Fachleute können nach dem Kauf damit rechnen, weiterhin als bezahlte Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen.

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15. Welche Optionen des Verkäufers gelten in der Konzeptionsphase Der Käufer wird, soweit er zu den Großunternehmen zählt, seine Optionen für den Kauf vorab intensiv prüfen. Hierbei steht ihm eine Reihe von Strategieinstrumenten zur Verfügung. Ein in der Praxis häufig verwendetes Instrument ist die SWOT-Analyse. Hierbei wird der Käufer eine Reihe von unternehmensexternen und unternehmensinternen Chancen und Risiken sowie Stärken und Schwächen analysieren. Im Ergebnis wird die SWOT-Analyse Antworten auf die Fragen liefern, welche Art von Unternehmen für einen möglichen Kauf in Betracht kommt. Das Käuferunternehmen wird zudem bei vielen Märkten nur die Möglichkeit des Wachstums haben, wenn es andere Unternehmen erwirbt. Insofern stellt sich gar nicht die Option aus eigener Kraft zu wachsen oder durch Zukauf externes Wachstum zu generieren. Der Zwang zum Wachstum bei großen Unternehmen ist systemimmanent. Damit ist der Kauf von Unternehmen die zentrale Option. 16. Welche Optionen des Käufers gelten in der Konzeptionsphase Die Optionen des Verkäufers sind relativ einfach aufgezählt. Liegen aktive Anlässe vor, geht es darum sich möglichst frühzeitig eine Preisuntergrenze zu setzen. Dazu kann sich der Unternehmer überschlägiger Unternehmensbewertungen bedienen. Die Option besteht dann darin, das Unternehmen nur zu veräußern, wenn der Verkäufer mindestens seine Preisuntergrenze als Preis realisieren kann. Wenn er, z. B. aus Altersgründen, einen baldigen Verkauf anstrebt, muss er sich auch mit seiner Preisuntergrenze befassen und diese ggfs. anpassen. Ansonsten verbleibt die Option, das Unternehmen gar nicht oder später zu veräußern. Bei passiven Anlässen hat der Unternehmer einen größeren Spielraum. Allerdings dauert ein solcher M&A-Prozess, der auf passiven Anlässen basiert, auch länger. Der angesprochene Unternehmer muss sich zunächst mit dem Gedanken eines Verkaufs auseinandersetzen. 17. Die Suchfeldanalyse als Instrument der Identifikation Beide, Käufer und Verkäufer, können in der M&A-Phase der Identifikation ihre Auswahl sukzessive eingrenzen. Hierzu kann das Instrument der Suchfeldanalyse eine praktische Hilfestellung leisten. Mithilfe einer Suchfeldanalyse können durch die Festlegung von Kriterien, wie z. B. Branche, Finanzkenngrößen oder Produktportfolio erste Eingrenzungen der zur Auswahl stehenden Unternehmen vorgenommen werden. Durch eine weitere Differenzierung von Kriterien gelangt man so zu den Unternehmen, die für die Auswahlphase relevant sein können. 18. Identifizierung der Akquisitionskandidaten durch Käufer und Verkäufer Der Käufer muss zunächst die Frage beantworten, welche Kategorie von Käufer er bevorzugt. Am einfachsten ist die Identifizierung im Rahmen eines MBO. Bei allen anderen Kategorien wird er sich intensiver mit der Suche befassen müssen. Eine hilfreiche Quelle können Informationen „aus dem Markt“ sein. Darüber hinaus stehen beiden, Käufer und Verkäufer, weitere Informationsquellen zur Verfügung. So können sich beide durch Gespräche bei Kunden, Lieferanten und Wettbewerbern informieren.

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M&A-Datenbanken geben Hinweise auf potenzielle Kandidaten. Branchenverzeichnisse, Firmendatenbanken, Suchmaschinen, das Unternehmensregister des Bundesanzeigers wie auch die intensive Analyse von Zeitungsartikeln, können bei der Identifizierung helfen. Die Einbindung von umfangreichen Akquisitionskriterien, die sich final auch mit möglichen Kaufpreisbandbreiten – Preisuntergrenze des Verkäufers und Preisobergrenze des Käufers – befassen, hilft in späteren Phasen, sich nur mit solchen Kandidaten zu befassen, die ernsthaft in Erwägung gezogen werden können. 19. Wer sind die zentralen Ansprechpartner? Als zentraler erster Ansprechpartner im mittelständischen Unternehmen, steht der Eigentümer. Da in der Mehrheit der mittelständischen Unternehmen der Unternehmenseigentümer gleichzeitig auch der Geschäftsführer ist, erreicht man den Unternehmer in einem ersten Schritt über eine direkte Anfrage. Die Ansprechpartner potenzieller Käufer bei großen Unternehmen, lassen sich relativ einfach über die entsprechenden öffentlichen Informationen (z. B. Internetauftritt, Geschäftsbericht, Unternehmenspräsentationen) erreichen. Als erste Kontaktaufnahme bietet sich der Weg über ein Telefongespräch an. Schriftliche Anfragen sind in dieser Phase nur selten erfolgreich. 20. Der Auswahlprozess der ersten Ansprache Für den Auswahlprozess der ersten Ansprache folgt man einem logischen Ablauf. Der Erstkontakt geschieht über einen Telefonanruf. Erfahrene M&A-Berater sind hierbei sehr erfolgreich. Der Vorteil eines ersten Telefongesprächs ist es, das man durch eine gute Gesprächsführung ein erstes Interesse wecken kann und nur die Informationen preisgibt, die dieses erste Interesse weiter fördern. Der schriftliche Weg oder das Einschalten von Call-Centern sollte man vermeiden. Nach der ersten Kontaktaufnahme kann man dem interessierten Käufer ein Informationsmemorandum in anonymisierter Form zur Verfügung stellen. Der Käufer sollte damit in die Lage versetzt werden, für ihn relevante Informationen angemessen analysieren zu können. Bei Abfassung eines Informationsmemorandums ist darauf zu achten, dass sich die wesentlichen Aussagen in der folgenden Prüfungsphase bestätigen. Wenn man den Weg der Offenlegung der Informationen wählt, dann ist vorab der Abschluss einer Geheimhaltungsvereinbarung zwischen den Parteien obligatorisch. Nach Unterzeichnung der Geheimhaltungsvereinbarung können weitere Informationen ausgetauscht und erste persönliche Gespräche geführt werden. Das erste Gespräch wird idealerweise am Standort des Verkäufers stattfinden. Das erste persönliche Kennenlernen dient nicht nur dem Austausch weiterer Informationen, sondern ermöglicht auch den Beteiligten die Klärung der Frage, ob sie sich grundsätzlich verstehen und sich weitere Verhandlungen vorstellen können. Nach den ersten Gesprächen können die Parteien eine Absichtserklärung formulieren, die die wesentlichen Zwischenergebnisse festhält. Einer solcher LoI ist eine reine Absichtserklärung und rechtlich nicht bindend. Er dient ausschließlich der Disziplinierung der Parteien. Eine weitere Komponente, die im Auswahlprozess eine Rolle spielen kann, ist der Abschluss einer Exklusivitätsvereinbarung. Eine solche Vereinbarung soll dem Käufer

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die Möglichkeit geben, für einen definierten Zeitraum, als einziger Interessent auftreten zu können. Damit will der Käufer ausschließen, dass der Verkäufer gleichzeitig mit mehreren potenziellen Käufern verhandelt. Nach Ablauf der Exklusivität kann der Verkäufer jederzeit weitere Gespräche mit anderen Interessierten führen. 21. Die Due Diligence als zentrale Prüfungsphase Grundsätzlich gilt für jeden Käufer, dass er sich im Vorfeld des Kaufs umfassend über das zu kaufende Unternehmen informieren möchte. Für einen solchen Prüfungsprozess, der eine umfassende Unternehmensanalyse darstellt, hat sich der Begriff der Due Diligence etabliert. Je nach Informationsbedürfnis des Käufers kann eine solche Unternehmensanalyse sehr umfassend sein. Für die praktische Umsetzung einer Due Diligence haben sich sog. Datenräume (physisch oder virtuell) als hilfreich erwiesen. In einem solchen Datenraum können sämtliche Informationen strukturiert gesammelt und von den Käufern eingesehen werden. Die Prüfungsschwerpunkte sind immer unternehmensindividuell. Die Themenschwerpunkte lassen sich standardisiert darstellen und dann individuell abarbeiten. Hierbei handelt es sich um folgende Themen: 1. Strategie, Markt und Wettbewerb (Market Due Diligence) 2. Technik, Produktion (Technical Due Diligence) 3. Umwelt (Environmental Due Diligence) 4. Management, Mitarbeiter, Organisationsstruktur (Human Resources-, Organization-Due Diligence) 5. Unternehmenskultur (Cultural Due Diligence) 6. Recht und Steuern (Legal-, Tax-Due Diligence) 7. Finanz- und Rechnungswesen (Financial Due Diligence) Die Themen unter 1–6 sind qualitativer Art und werden unter 7, der Financial Due Diligence, quantitativ zusammengefasst. Diese Zahlenwerte wiederum bilden die Grundlage für die Ermittlung eines Unternehmenswertes für eine mögliche Kaufpreisabschätzung. 22. Die Unternehmensbewertung zur Findung des Preises Die Unternehmensbewertung wird häufig als eine Königsdisziplin der Betriebswirtschaftslehre bezeichnet. Unternehmensbewerter der Investmentbanken und der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften versuchen ihre Praxisunerfahrenheit häufig durch die vermeintliche mathematische Eleganz ihrer Unternehmensbewertungen zu kompensieren. Es ist aber völlig unerheblich welche mathematischen Berechnungen Anwendung finden, letztlich sind die Inputfaktoren, die in die jeweiligen Verfahren eingesetzt werden, die zentralen Werttreiber. Die zur Anwendung kommenden Bewertungsverfahren sind lediglich Rechenwerke. In der M&A-Praxis finden insbesondere Vergleichsverfahren, Ertragswertverfahren, Discounted Cash-flow-Verfahren und Substanzwertverfahren Anwendung. Die größte

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praktische Bedeutung haben dabei die Vergleichsverfahren. Sie ermöglichen – mit wenig methodischem Aufwand – eine überschlägige Wertfindung und sind daher für eine erste Wertabschätzung sehr beliebt. Das Ertragswert- und das Discounted Cash-flow-Verfahren werden häufig von den Käufern aus Großunternehmen angewandt. Die Bewertungsvorgehensweise ist hierbei standardisiert und den individuellen Anforderungen der Käufer angepasst. Unabhängig davon, welches Verfahren zur Anwendung kommt, sollte sich für den mittelständischen Unternehmer eine Transparenz in Bezug auf die Nachvollziehbarkeit des Wertes ergeben. Eine gute erste Einordnung des Unternehmenswertes ermöglichen die Multiplikatorenverfahren. Diese Beurteilung wird auch nicht geschmälert durch die Kritik, die man den verwendeten Ergebnisgrößen und den, auf der Grundlage von Befragungen ermittelten Multiplikatoren, entgegenbringt. Für eine erste Einschätzung sind diese Verfahren gut geeignet. Im praktischen Fall kann man häufig feststellen, dass z. B. eine weitergehende Bewertung nach dem DCF-Verfahren in der Höhe des ermittelten Wertes, nicht weit von den Werten nach einem Multiplikatorenverfahren abweicht. Der ermittelte Unternehmenswert wird in der Regel nicht dem Kaufpreis entsprechen. Mit einbezogen werden von beiden Parteien Synergiepotenziale. Darüber hinaus wird der Käufer seine Integrationskosten mit einpreisen. Letztlich wird sich der Kaufpreis zwischen einer Preisuntergrenze des Verkäufers und einer Preisobergrenze des Käufers einpendeln müssen. 23. Welche Möglichkeiten der Optimierung bietet die Verhandlungsphase? In der Verhandlungsphase erfährt der LoI durch ein sog. MoU eine Konkretisierung. Ein MoU hat eine stärkere Bindungswirkung als ein LoI. Die Bindungswirkung kann noch verstärkt werden, wenn die Parteien eine grundsätzliche Vereinbarung durch Optionen treffen. Unterschieden wird dabei eine „Call- oder einer Put-Option“. Bei einer Call-Option kann der Käufer das Recht ausüben, zu einem fixierten Termin und Preis das Unternehmen zu erwerben. Bei einer Put-Option kann der Verkäufer dem Käufer zu einem festgelegten Preis das Unternehmen anbieten. Der Käufer muss bei Ausübung der Put-Option das Unternehmen zu diesem, im Vorfeld vereinbarten, Preis erwerben. Durch den Abschluss eines Vorvertrages lassen sich weitergehende Vereinbarungen treffen, die wesentliche Absprachen enthalten können und den Abschluss des endgültigen Kaufvertrages beschleunigen helfen. 24. Die Optimierung der Verhandlungsführung Ein zentraler Punkt in jeder Verhandlung wird der Kaufpreis sein. Die Diskussionen um den Kaufpreis sind von besonderer Brisanz. Sie überlagern regelmäßig die anderen Themen und sind bei fehlender Einigung der Anlass, die Verhandlungen abzubrechen. Beide Parteien werden im Verhandlungsprozess versuchen – je nach Verhandlungsposition-ihre eigene Position durchzusetzen. Grundsätzlich gilt, dass der Kaufpreis von beiden Parteien möglichst frühzeitig angesprochen werden sollte, da dies den weiteren Verhandlungsprozess erheblich

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beschleunigt. Beide Parteien müssen sich aber darüber im Klaren sein, dass ein einmal genannter Preis nur schwer zu korrigieren ist. Zum Ablauf der Kaufpreisverhandlung gehört auch die Klärung der Frage, wer aufseiten des Verkäufers verhandelt. Hierbei sollte der M&A-Berater die Federführung übernehmen, da der mittelständische Verkäufer stark emotional vom Verkauf betroffen ist. Negative Verlautbarungen oder unsensibles Verhalten des Käufers können persönlich genommen werden und zum Abbruch der Verhandlungen führen. Beide Parteien sollten ihre Verhandlung mit Respekt vor der jeweiligen Position des Anderen führen. 25. Wahlmöglichkeiten in der Entscheidungsphase Um die Ernsthaftigkeit der Angebote prüfen zu können, steht am Anfang der Entscheidungsphase das Einfordern einer Finanzierungsbestätigung. Wenn der Kaufpreis über eine Bank finanziert werden soll, lässt sich eine solche Bestätigung über die finanzierende Bank des Käufers einholen. Wenn als Käufer ein großes Unternehmen der Verhandlungspartner ist, wird gerne auf die grundsätzliche Zahlungsfähigkeit dieses Unternehmens hingewiesen. Die Finanzierung des Kaufpreises sei demzufolge kein Problem. Auch in einem solchen Fall ist das Einfordern eines Nachweises der Zahlungsfähigkeit disziplinierend. In jedem M&A-Prozess wird über mögliche Varianten für Kaufpreisangebote verhandelt. Grundsätzlich lässt sich eine Fülle von Varianten konstruieren. Die eleganteste Lösung für den Verkäufer ist die sofortige Zahlung. Der Verkäufer hingegen möchte die Kaufpreiszahlung möglichst lange strecken. Letztlich ist die Kaufpreisvereinbarung eine Frage der Verhandlungsstärke und des Abschlussdrucks der Parteien. 26. Keine Steueroptimierung um jeden Preis In der M&A-Praxis wird immer wieder gerne, vom Käufer wie auch vom Verkäufer, der Vorschlag unterbreitet, die Kaufpreiszahlung steuerlich zu optimieren. An einem solchen Vorschlag ist nichts auszusetzen, wenn sich die steuerliche Gestaltung im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten bewegt. Jede Grauzone bei der Kaufpreiszahlung sollte unbedingt vermieden werden. Zahlungen, die sich außerhalb der Steuergesetzgebung bewegen, sind nicht zu akzeptieren. 27. Das Abschlussdokument: der Kaufvertrag In der M&A-Praxis zeigt sich ein Trend, möglichst alles in einem umfangreichen Kaufvertrag zu regeln. Dies führt dann zu komplexen Vertragswerken, die über 100 Seiten Text umfassen. Die tägliche Praxis hat aber gezeigt, dass solche Vertragskonstruktionen nicht wie erhofft alle Eventualitäten berücksichtigen können. Auch komplexe Transaktionsstrukturen lassen sich in einem Kaufvertrag – zumindest nach deutschem Recht – mit maximal 30 Seiten fassen. In jedem Kaufvertrag werden als Mindestanforderungen Erklärungen in der Form von Zusicherungen und Garantien vom Verkäufer verlangt. Die wichtigsten Regelungsgebiete dabei sind Bilanzklausel, Umweltklauseln, Steuerklauseln, Prozessklauseln und eine Eigenkapitalgarantie.

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Die Unterzeichnung des Kaufvertrages, die auch als „Signing“ bezeichnet wird, begründet eine volle schuldrechtliche Bindungswirkung zwischen dem Verkäufer und dem Käufer. Der eigentliche Eigentumsübergang findet regelmäßig zu einem späteren Zeitpunkt, dem sog. „Closing“ statt. 28. Finale Emotionen bei Abschluss des Kaufvertrages Beim mittelständischen Verkäufer kann das Gefühl aufkommen, das er durch den Verkauf seines Unternehmens einen persönlichen Verlust erleidet. Mit näher rückendem Datum der Vertragsunterzeichnung wird das Verlustgefühl stärker. Auch beim Käufer können Emotionen in der Abschlussphase auftreten. Gerade wenn der Verhandlungspartner nicht der Entscheider ist, bedeutet das Aufkommen von Zweifeln, ob die Transaktion durchgeführt werden soll, in dieser Phase immer auch ein Zweifeln an den eigenen Fähigkeiten. 29. Die Integration als Aufgabe des Käufers Der Schlüssel des Erfolgs für eine Akquisition liegt in einem besseren Verständnis für die Bedeutung des menschlichen Faktors und in einem besseren Management der sog. Post-Merger-Integration. Die zentralen Problemfelder sind: Vernachlässigung der Befindlichkeit der Mitarbeiter, unzureichende Neuausrichtung der beiden Unternehmen, unstrukturierter Integrationsprozess sowie spezifische Integrationsprobleme mittelständischer Unternehmen. Eine aktive Auseinandersetzung mit diesen Problemfeldern ist eine Voraussetzung, um einen Integrationsprozess zum Erfolg zu führen. Für eine erfolgreiche Umsetzung des Integrationsmanagements sind folgende Aspekte zu berücksichtigen: technisches Teilsystem, soziales System, Planungs- und Koordinationssystem und Zusammenführung der Teilsysteme zu einem Gesamtkonzept. Für die zeitliche Abfolge einer Integration gibt es keine Patentrezepte. In der praktischen Umsetzung wird die Zeitdauer häufig zu kurz geplant. Schnelle Erfolge sollen die Akquisition rechtfertigen. Ein Zeitraum bis zu einem Jahr ist ein Muss. 30. Erfolg oder Misserfolg der Akquisition Der Erfolg oder der Misserfolg einer Akquisition lässt sich für die einzelnen Parteien unterschiedlich beantworten Während der mittelständische Verkäufer den Erfolg direkt am Kaufpreis und an der Kaufpreiszahlung messen kann, wird der Käufer zur Messung seines Erfolgs einen längeren Zeitraum veranschlagen müssen. Der Integrationsprozess wird erst nach Ablauf, mindestens nach einem Jahr, eine Beurteilung ermöglichen. Soweit die, zu Beginn des Integrationsprozesses formulierten, Akquisitionsziele erfüllt sind und die quantitativen und qualitativen Ziele erreicht worden sind, kann man von einem Erfolg für den Käufer sprechen.

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Vertraulichkeitserklärung in deutscher Sprache (Langform) Vertraulichkeitsvereinbarung (nachfolgend „Vereinbarung“) zwischen KÄUFER-NAME STRASSE ORT LAND KÄUFER (nachfolgend „KÄUFER“ genannt) und zwischen VERKÄUFER-NAME STRASSE ORT LAND (nachfolgend „VERKÄUFER“ genannt) - zusammen auch die "Parteien“ Präambel KÄUFER ist an dem Erhalt bestimmter geheimer und vertraulicher Informationen interessiert. Die Parteien sind sich darüber einig, dass für die Übermittlung von vertraulichen Informationen eine Vertraulichkeitsvereinbarung abgeschlossen wird. Dies vorausgeschickt vereinbaren die Parteien Folgendes:

§ 1 Definitionen 1. „Vertrauliche Informationen“ sind alle finanziellen, technischen, rechtlichen, steuerlichen, die Geschäftstätigkeit, die Mitarbeiter oder die Geschäftsführung betreffenden oder sonstigen Informationen (einschließlich Daten, Aufzeichnungen © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 J. Wegmann und H. Siebert, Unternehmensverkauf, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27444-3

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und Know-how), welche sich auf VERKÄUFER oder ein mit ihm verbundenes Unternehmen beziehen und welche KÄUFER, deren Organen, Mitarbeitern, Beratern oder sonstigen für sie tätigen Dritten direkt oder indirekt vom VERKÄUFER zugänglich gemacht werden. Ob und auf welchem Trägermedium die Informationen verkörpert sind, ist unerheblich; insbesondere sind auch mündliche Informationen umfasst. Unerheblich ist auch, ob Dokumente oder andere Trägermedien vom VERKÄUFER oder KÄUFER oder anderen erstellt wurden, sofern sie Informationen verkörpern, die sich auf VERKÄUFER oder ein mit ihm verbundenes Unternehmen beziehen. Eine vertrauliche Information im Sinne dieser Klausel ist auch die Tatsache, dass vertrauliche Informationen KÄUFER zur Kenntnis gebracht wurden, die Existenz und der Inhalt dieser Vereinbarung sowie sämtliche sonstige den Abschluss oder die Durchführung des Vorhabens betreffende Informationen, einschließlich der Tatsache, dass Gespräche über das Vorhaben stattfinden und der Stand dieser Gespräche. Eine Information gilt nicht als vertraulich, wenn sie zum Zeitpunkt der Kenntniserlangung durch KÄUFER bereits öffentlich bekannt war oder danach ohne einen Verstoß gegen diese Vereinbarung oder Vertraulichkeitsverpflichtungen berechtigter Personen öffentlich bekannt wurde. 2. „Berechtigte Personen“ sind KÄUFER, deren Organe und Mitarbeiter, sowie mit KÄUFER verbundene Unternehmen, deren Organe und Mitarbeiter, sofern sie jeweils einer dieser Vereinbarung entsprechenden Vertraulichkeitsverpflichtung unterliegen und mit dem Vorhaben notwendigerweise zu befassen sind. Berechtigte Personen sind ferner beruflich oder vertraglich zur Verschwiegenheit verpflichtete Berater der KÄUFER oder von mit KÄUFER verbundenen Unternehmen. 3. „Verbundene Unternehmen“ sind Unternehmen im Sinne der §§ 15 ff. AktG. 4. „Mitarbeiter“ sind Arbeitnehmer der VERKÄUFER bzw. der KÄUFER und der jeweiligen verbundenen Unternehmen sowie Mitarbeiter ohne Arbeitnehmerstatus wie z. B. freie Mitarbeiter und Zeitarbeitskräfte.

§ 2 Verpflichtungen zur Vertraulichkeit 1. KÄUFER wird die vertraulichen Informationen streng vertraulich behandeln und sie Dritten, die nicht Berechtigte Personen sind, weder weiterleiten noch auf sonstige Weise zugänglich machen sowie geeignete Vorkehrungen zum Schutz der vertraulichen Informationen treffen, mindestens aber diejenigen Vorkehrungen, mit denen er besonders sensible Informationen über sein eigenes Unternehmen schützt. 2. KÄUFER wird sämtliche Berechtigten Personen, die vertrauliche Informationen erhalten, über Inhalt und Umfang der Rechte und Pflichten aus dieser Vereinbarung informieren und sicherstellen, dass alle Berechtigten Personen die Bestimmungen dieser Vereinbarung einhalten.

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3. KÄUFER wird die vertraulichen Informationen ausschließlich zur Beurteilung und ggf. Durchführung des Projekts verwenden. Insbesondere werden vertrauliche Informationen nicht genutzt, um sich im Wettbewerb einen geschäftlichen Vorteil gegenüber einem Dritten zu verschaffen. 4. KÄUFER wird nach Aufforderung von VERKÄUFER sämtliche Dokumente und sonstige Trägermedien zurückgeben, zerstören oder löschen, soweit sie vertrauliche Informationen verkörpern, es sei denn, KÄUFER ist gesetzlich oder aufgrund der Regelwerke einer Börse oder durch Anordnung eines zuständigen Gerichts oder einer zuständigen Behörde oder sonstigen Einrichtung zur Aufbewahrung verpflichtet. KÄUFER hat VERKÄUFER nach Aufforderung unter Angabe von Gründen schriftlich mitzuteilen, welche vertraulichen Informationen zurückgegeben, zerstört oder gelöscht worden sind und welche nicht. 5. KÄUFER wird VERKÄUFER unverzüglich informieren, wenn KÄUFER, deren Organe, Mitarbeiter oder Berater Kenntnis davon erlangen, dass vertrauliche Informationen unter Verstoß gegen diese Vereinbarung weitergegeben wurden.

§ 3 Ausnahmen zu den Verpflichtungen zur Vertraulichkeit 1. Die Verpflichtungen zur Vertraulichkeit gemäß § 2 Abs 1 gelten nicht, wenn a) VERKÄUFER für den konkreten Einzelfall der Weitergabe der vertraulichen Informationen an einen Dritten seine vorherige schriftliche Zustimmung gegenüber KÄUFER erteilt; b) KÄUFER die vertraulichen Informationen vor dem Abschluss dieser Vereinbarung von einem Dritten erlangt hat oder danach ohne Verletzung dieser Vereinbarung von einem Dritten erlangt, sofern der Dritte jeweils rechtmäßig in den Besitz der Informationen gelangt ist oder durch die Weitergabe nicht gegen eine ihn bindende Vertraulichkeitsverpflichtung verstößt; und c) KÄUFER zur Offenlegung der vertraulichen Informationen durch den Beschluss eines Gerichts, der Anordnung einer Behörde oder sonstigen Einrichtung oder gesetzlich oder aufgrund der Regelwerke einer Börse verpflichtet ist. 2. KÄUFER trägt jeweils die Beweislast für das Vorliegen einer Ausnahme von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit.

§ 4 Informationsvermittlung 1. KÄUFER wird weder Kontakt zu Mitarbeitern oder Beratern der VERKÄUFER noch zu der Gesellschaft, ihren Organen, Mitarbeitern oder Beratern aufnehmen, es sei denn, VERKÄUFER hat KÄUFER ausdrücklich Personen benannt, die KÄUFER hinsichtlich der Übermittlung von vertraulichen Informationen ansprechen darf.

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2. Weder die Bestimmungen dieser Vereinbarung noch die an KÄUFER übermittelten vertraulichen Informationen haben einen rechtsgeschäftlichen Erklärungsinhalt im Hinblick auf das Vorhaben oder in sonstiger Weise über den Inhalt der Bestimmungen dieser Vereinbarung hinaus. Insbesondere verbleiben die von VERKÄUFER weitergegebenen Informationen im geistigen Eigentum von VERKÄUFER und es werden keine Nutzungs- oder Lizenzrechte begründet.

§ 5 Datenschutz 1. Die Parteien kommen mit personenbezogenen Daten in Kontakt. Es ist diesen nach § 5 BDSG untersagt, unbefugt personenbezogene Daten zu erheben, zu verarbeiten oder zu nutzen. Damit sind nach § 3 Abs. 1 BDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person gemeint. Ob die infrage stehende Information schützenswert erscheint oder nicht, ist unbeachtlich. 2. Verstöße gegen das Datengeheimnis können nach §§ 44, 43 Absatz 2 BDSG sowie nach anderen Strafvorschriften mit Freiheits- oder Geldstrafe geahndet werden. Die Verletzung des Datengeheimnisses kann zugleich eine Verletzung arbeits- oder dienstrechtlicher Pflichten bedeuten und kann entsprechende Konsequenzen haben

§ 6 Laufzeit Diese Vereinbarung tritt mit ihrer Unterzeichnung in Kraft und hat eine Laufzeit von zwei Jahren. Die Verpflichtungen zur Vertraulichkeit sowie zum Datenschutz bestehen ohne zeitliche Begrenzung.

§ 7 Übertragbarkeit von Rechten Die Rechte und Pflichten aus dieser Vereinbarung sind nicht übertragbar.

§ 8 Schriftform Änderungen und Ergänzungen dieser Vereinbarung bedürfen der Schriftform; dies gilt auch für eine Änderung des Schriftformerfordernisses selbst.

§ 9 Teilunwirksamkeit Für den Fall, dass einzelne Bestimmungen dieser Vereinbarung ganz oder teilweise unwirksam oder undurchführbar sind oder werden, oder für den Fall, dass diese Vereinbarung

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unbeabsichtigte Lücken enthält, wird dadurch die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen dieser Vereinbarung nicht berührt. Anstelle der unwirksamen, undurchführbaren oder fehlenden Bestimmung gilt eine solche wirksame und durchführbare Bestimmung als zwischen den Parteien vereinbart, wie sie die Parteien unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Zwecks dieser Vereinbarung vereinbart hätten, wenn ihnen beim Abschluss dieser Vereinbarung die Unwirksamkeit, Undurchführbarkeit oder das Fehlen der betreffenden Bestimmung bewusst gewesen wäre. Die Parteien sind verpflichtet, eine solche Bestimmung in gebotener Form, jedoch zumindest schriftlich, zu bestätigen.

§ 10 Rechtswahl und Gerichtsstand 1. Diese Vereinbarung unterliegt dem Recht der Bundesrepublik Deutschland unter Ausschluss der einschlägigen Verweisungsregeln des deutschen internationalen Privatrechts. 2. Ausschließlicher Gerichtsstand für alle Streitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit dieser Vereinbarung ist das Landgericht ORT. ________________________________

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ORT, DATUM

Unterschrift VERKÄUFER

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ORT, DATUM

Unterschrift KÄUFER

Vertraulichkeitserklärung in englischer Sprache (Langform) Non-Disclosure Agreement (NDA) By and between NAME DES VERKÄUFERS STRASSE ORT LAND (hereinafter referred to as „SELLEER“) and NAME DES VERKÄUFERS STRASSE ORT LAND (hereinafter referred to as „BUYER“) both („Parties“)

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This NDA is agreed in connection with the participation in a transaction between the shareholders of SELLER and BUYER in respect of the possible sale or any other form of ownership transfer of a stake of shares (regardless of their form) in SELLER’s equity or any other cooperation. In connection with the materials and information relating to SELLER to be made available to BUYER, the Parties agree as follows:

Article 1: Secrecy Obligation 1. BUYER shall keep all the documents obtained by them confidential and shall provide the necessary means to prevent unauthorized disclosure of the content. 2. Subject to the secrecy obligation is the know-how of SELLER and the information about SELLER, including but not limited to, all documents, material, drawings, data, articles etc. which already have been or will be provided to BUYER or of which BUYER gains knowledge of otherwise. Verbal explanations by the employees of SELLER in regard of the know-how are also included in the secrecy obligation. 3. Notwithstanding BUYER’s evaluation, BUYER shall not use the know-how for its own or third Parties‘ purposes and shall not file for any intellectual right protection for the know-how, or parts of it.

Article 2: Affiliated Companies 1. The secrecy obligation set forth in this Agreement does also apply to the Affiliated Companies of BUYER. It will impose the secrecy obligation to any affiliated company. 2. BUYER and the undersigning Persons agrees to hold SELLER harmless (as set forth in Article 1 Nr. 4) from any violation of the secrecy obligation on the side of such Affiliated Companies.

Article 3: Governing Law and Jurisdiction 1. This Agreement shall be governed by and construed in accordance with the laws of the Federal Republic of Germany. 2. Exclusive place of jurisdiction for all disputes arising out of or in connection with this Agreement shall be ORT.

Article 4: Severability In case one or more of the provisions contained in this Agreement should be or become fully or in part invalid, illegal or unenforceable in any respect under any applicable law,

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the validity, legality, and enforceability of the remaining provisions of this agreement shall not in any way be affected or impaired. Any provision which is fully or in part invalid, illegal or unenforceable shall be replaced by a provision which best meets the purpose of the replaced provision; the same applies in case of an omission.

Article 5. Survival The secrecy obligation imposed on BUYER under this agreement shall survive the expiration or termination of the evaluation and shall remain binding as long as the knowhow has not become part of the public domain, for which BUYER has the burden of proof.

Article 6. Language, Amendments 1. This Agreement has been drawn up in the English language. Any German translation can be made available for reading purposes. The German version prevails in case of any discrepancies in the wording. 2. All amendments to this Agreement shall be made in writing and shall be signed by the parties. This also applies to an amendment of this form requirement. Date:

Signature

…………………………………

……………………………. BUYER

Date:

Signature

…………………………………

……………………………. SELLER

Glossar1

Assets  Unternehmensteile und -gegenstände, Gegenstände des Anlage-und Umlaufvermögens. Asset deal  Erwerb der Vermögensteile und -gegenstände im Rahmen einer Akquisition. Annual-report  Geschäftsbericht. At arm’s length  Geschäftsbeziehungen wie unter fremden Dritten zu üblichen Marktkonditionen. Beauty contest  Darstellung eines Angebots durch potenzielle Käufer, zur Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Angebote. Best-case  best möglicher Fall, z. B. der „best case“ einer Planungsrechnung. Binding letter of intent  bindende Absichtserklärung. Break-up fee  Vertragsstrafe im Falle eines Abbruchs. Business Angels  Privatperson, die finanzielle Mittel zur Verfügung stellt, um sich an einem Unternehmen zu beteiligen. Business Development  Geschäftsentwicklung, Abteilung für Geschäftsentwicklung. Business due diligence  geschäftliche Unternehmensanalyse. Call-option  hierbei kann der Käufer das Recht ausüben, zu einem fixierten Termin und Preis das Unternehmen zu erwerben. Carve out  Ausgliederung eines Unternehmens, das nicht verkauft werden soll. Cash-Flow  betriebswirtschaftliche Kennziffer, wirtschaftliche Messgröße, die den aus der Geschäftstätigkeit erzielten Nettozufluss liquider Mittel während einer Periode darstellt. Cash-flow analysis  Analyse der Entwicklung der Kennziffer Cash-Flow.

1Anmerkung:

Die M&A-Prozesse sind durch eine Vielfalt von angloamerikanischen Begriffen durchdrungen. Viele dieser Begriffe sind für den mittelständischen Unternehmer zunächst fremd oder werden als Worthülsen wahrgenommen. Die Einschätzung der Dominanz dieser Begriffe als Worthülsen ist grundsätzlich nicht falsch. Gleichwohl wird man sich von einem Mindestverständnis dieser Begriffe nicht frei machen können. Daher sind die wichtigsten Begriffe und ihre Bedeutung aufgeführt. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 J. Wegmann und H. Siebert, Unternehmensverkauf, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27444-3

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Glossar

Case by case  von Fall zu Fall Betrachtung. Case by case decision  Einzelfallentscheidung. Chain of title  Überprüfung der Berechtigung des Anbieters das Unternehmen zu veräußern; oft in Verbindung mit der Veräußerung von Rechten (IP) o. ä. verwendet. Change of control  Eigentümerwechsel. Chinese walls  unternehmensinterne Abschirmung einzelner Abteilungen für den Erhalt von Informationen. Clean team  Mitarbeiter, die sich ausschließlich um eine Akquisition kümmern und vom normalen operativen Geschäft abgeschirmt sind. Closing  Vertragsübergang. Closing memorandum  Memorandum zu den wichtigsten Punkten des Kaufvertrages. Commercial due diligence  geschäftliche Unternehmensanalyse. Compliance due diligence Analyse der Einhaltung von Gesetzen und Richtlinien in Unternehmen, aber auch von freiwilligen Kodizes. Confidentiality agreement  Vertraulichkeitsvereinbarung. Confirmatory due diligence  zweite Stufe der Unternehmensanalyse. Corporate identity  Unternehmensidentität. Counsel to counsel  Informationsaustausch zwischen den rechtlichen Vertretern der Parteien. Cultural due diligence  Unternehmensanalyse der Unternehmenskultur. Data room  Datenraum mit strukturierten Unternehmensinformationen. D&O-Insurance  Directors and Officer Versicherung, Haftpflichtversicherung für die Unternehmensführung und -kontrolle. Deal  Unternehmenstransaktion. Deal breaker  Hindernis, das zum Abbruch der Unternehmenstransaktion führen kann. Disclaimer  Haftungsausschlusserklärung. Disclosure schedules Dokumentationen darüber wann welche Informationen im Rahmen einer due diligence der Partei zur Verfügung gestellt werden. Due diligence  umfassende Unternehmensanalyse. Due diligence report  Bericht über die Unternehmensanalyse. Earn-out clause  Klausel zur Anpassung des Kaufpreises. EBIT  Earning before Interest and Taxes, Ergebnis vor Zinsen und Steuern. EBITDA  Earning before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization, Ergebnis vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen (auf Sachanlagen) und Abschreibungen (auf immaterielle Vermögensgegenstände). EBT  earning before taxes, Ergebnis vor Steuern. Environmental due diligence  umwelt-(rechtliche) Unternehmensanalyse. Evergreen clause Vertragsbestimmung, die eine unbestimmte Laufzeit des Vertrages vorsieht. Exit  Verkauf des Unternehmens (Ausstieg nach einem vorgegebenen Plan). Fairness opinion  Meinungsabgabe durch externe Experten, dient der Exkulpation. Feasibility study  Machbarkeitsstudie.

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Financial due diligence  Unternehmensanalyse der Zahlen des Unternehmens. Financial report  Finanzbericht. Fishing expedition  unzulässige Ausspähung von Informationen. Going concern  Annahme der Fortführung eines Unternehmens. Golden parachute  Goldener Handschlag (Abfindung) für den Abgang des Managements. Guaranties  Garantieerklärungen des Verkäufers. High-case  best möglicher Fall, z. B. im Rahmen einer Planungsrechnung. Human resources due diligence  Unternehmensanalyse des Personals. Initial purchase price ursprünglicher Kaufpreis, der in späteren Verhandlungsrunden geändert werden kann. Insider trading  unzulässiges Ausnutzen von vertraulichen Informationen. Intellectual property (IP) rights  Rechte am geistigen Eigentum. Intelelectual property (IP) due diligence  Unternehmensanalyse der Rechte am geistigen Eigentum. IT due diligence  Unternehmensanalyse der Informationstechnologie. Key findings  Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse. Kick off meeting  erste gemeinsame Sitzung zwischen Käufer und Verkäufer und den Beteiligten. Legal due diligence  Unternehmensanalyse der rechtlichen Sachverhalte. Legal privilege  Schutz des Anwaltsgeheimnisses. Letter of intent (LoI)  Absichtserklärung, meist rechtlich nicht bindend. List of open issues  Liste offener Punkte. Market due diligence  Unternehmenanalyse von Markt und Wettbewerb. Material adverse change  wesentliche (negative) Veränderung des Kaufobjektes. Material adverse change clause Vertragsklausel zur Anpassung des Kaufpreises im Falle einer nachteiligen Veränderung. Memorandum of understanding (MoU)  detaillierte Absichtserklärung. Merger  Unternehmenszusammenschluss. Mergers und Acquisitions (M&A) Fusionen und Übernahmen, steht auch im übertragenen Sinne für Käufe bzw. Verkäufe von Unternehmen und Unternehmensteilen. Merger Waves  Übernahmewellen. Mid-case  realistischer Fall, z. B. einer Planungsrechnung. Minutes  interne Aufzeichnungen/Protokolle von Sitzungen und Verträgen. Multiples  Multiplikatoren bei der Unternehmensbewertung. Non binding letter of intent  nicht bindende Absichtserklärung. Non binding offer  Abgabe eines unverbindlichen Kaufpreisangebotes. Non going concern  Annahme der Nichtfortführung eines Unternehmens. Non Disclosure Agreement (NDA)  Geheimhaltungsvereinbarung. NOPAT  Netto-Operating Profit after Taxes, Jahresergebnis nach Steuern. Offering memorandum  Angebot des Käufers. Organization due diligence  Unternehmensanalyse der Organisationsstruktur. Peer group  Vergleichsunternehmen.

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Performance Daten  Vergleichsinformationen bezüglich Kennziffern. Preliminary due diligence  erste Stufe der Unternehmensanalyse. Price range  Abgabe einer Preisspanne. Process letter  Festlegung der Verfahrensregeln für die geplante Transaktion. Put-option  Hier kann der Verkäufer dem Käufer zu einem festgelegten Preis das Unternehmen anbieten. Real estate analysis  Überprüfung der wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen der Grundstücke und deren grundbuchrechtlichen Situation. Red files  gestaffelte Weitergabe von sensiblen Informationen. Red flag report  Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse (negativ) in einer Due Diligence. Research and development (R&D)  Entwicklung der Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten. Representations (reps)  Zusicherungen des Verkäufers. Risk assessment  Risikoanalyse. Sales and purchasing agreement  Unternehmenskaufvertrag. Secrecy agreement  Vertraulichkeitsvereinbarung. Shares  Unternehmensanteile. Share deal  Unternehmenserwerb durch Übernahme von Unternehmensanteilen. Shareholder  Anteilseigner. Signing  Abschluss des Kaufvertrages. Stand alone values  Bewertung des Unternehmens wie es steht und liegt. Stakeholder  Anspruchsgruppen des Unternehmens. Synergies & premium considerations  Prozess der Validierung durch den Käufer. SWOT-analysis  Unternehmensumfeld- und Unternehmensanalyse der Stärken (S trengths), Schwächen (W eaknesses), Chancen (O pportunities) und der Risiken (T hreats). Tax due diligence  Unternehmensanalyse der steuerlichen Situation des Unternehmens. Teaser  schriftliche Zusammenfassung zentraler Informationen über das Unternehmen. Technological due diligence  Unternehmensanalyse von Technik und Produktion. Transitional services agreement Verträge zwischen Käufer und Verkäufer zur Fortsetzung bestimmter Dienstleistungsverträge. Venture Capital  Risikokapital. Vendor  Veräußerer bzw. Verkäufer. Vendor due diligence  Unternehmensanalyse des Verkäufers im Vorfeld eines geplanten Verkaufs. Warranties  Garantiezusicherungen des Verkäufers. Weighted Average Cost of Capital  Gewichtete durchschnittliche Kapitalkosten. Working capital  Working Capital errechnet sich aus der Differenz der Posten Vorräte, Forderungen, Wertpapieren und den Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen zwischen zwei aufeinanderfolgenden (Bilanz-) Stichtagen. Eine Zunahme des

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Working Capitals wird als Mittelabfluss und eine Abnahme als Mittelzufluss aus dem operativen Bereich bei der Free-Cash-Flow-Ermittlung berücksichtigt. Working party list  Auflistung aller Personen des Käufers, die auf der Seite des Käufers an dem M&A-Prozess beteiligt sein werden.

Literatur2

1. Benneck: Unternehmensverkauf richtig gemacht, Weinheim 2005. 2. Böhm/Siebert, in: Kern, Brennpunkte der Wirtschaftsprüfung und des Steuerrechts – Orientierungshilfen für die Praxis, 2008, S. 150; Böhm/Siebert/Weiler/Wilimzig: Compliance und Unternehmenstransaktionen. In: In: Jahrbuch für Wirtschaftsprüfung, Interne Revision und Unternehmensberatung 2012. Hrsg. Wolfgang Lück. Oldenbourg Verlag, München 2012. 3. Bretzke: Risiken in der Unternehmensbewertung, in: ZfbF 1988, S. 813–823. 4. Exler: MidCap M&A, Herne/Berlin 2006. 5. Engelhardt: Mergers & Acquisitions, Wiesbaden 2017. 6. Glaum/Hutzschenreuther: Merges & Acqusitions – Management des externen Unternehmenswachstums, Stuttgart 2010. 7. Gut-Villa: Human Resource Management bei Mergers & Acquisitions, Zürich 1977. 8. Habeck/Kröger/Täm: After the merger, London 2000. 9. Hawranek: Schnittstellenmanagement bei M&A-Transaktionen, Wiesbaden 2004. 10. Hennig: Post-Merger-Integration, Bergisch-Gladbach 2000. 11. Hölters (Hrsg.): Handbuch Unternehmenskauf, 9. A. Köln 2018. 12. Jansen: Mergers & Acquisitions, 6. A., Wiesbaden 2016. 13. Jansen/Pohlmann: Anforderungen und Zumutungen: Das HR Management bei Fusionen, in: Personalführung, H. 2, 2000. 14. van Kann (Hrsg.): Praxishandbuch Unternehmenskauf, 9. A. Stuttgart 2017. 15. KfW (Hrsg.): KfW Research, Fokus Volkswirtschaft, Nr. 228 vom 16. Oktober 2018. 16. Koch: Praktiker-Handbuch Due Diligence, 3. A., Stuttgart 2011. 17. Koch/Wegmann: Praktiker-Handbuch Due Diligence, 2. A., Stuttgart 2002. 18. Kummer/Eiffe/Mölzer: Mergers & Acquisitions, 3. A., Wien 2014. 19. Matschke/Brösel: Unternehmensbewertung, 4. Auflage, Wiesbaden 2013. 20. Mehrbrey: Handbuch Streitigkeiten beim Unternehmenskauf, Köln 2018. 21. Müller-Stewens/Kunisch: Mergers & Acquisitions:, Stuttgart 2016. 22. Oleownik/Bußmann: Akquisitionsstrategien börsennotierter Aktiengesellschaften in Deutschland, in: M&A-Review, H. 5, 2002, S. 244–248.

2Anmerkung:

Die Auswahl an Literaturstellen ist für den praktisch orientierten Leser gedacht. Umfangreiche Literaturangaben sind in den Büchern von Glaum und Hutzschenreuther (2010), Janssen (2016), van Kann (2017) und Picot (2012) enthalten. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 J. Wegmann und H. Siebert, Unternehmensverkauf, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27444-3

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Literatur

23. Peemöller (Hrsg.): Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, 6. Auflage, Herne, Berlin 2016. 24. Picot (Hrsg.): Unternehmenskauf und Restrukturierung, München 1998. 25. Picot (Hrsg.): Handbuch Mergers & Acquisitions, 5. A., Stuttgart 2012. 25. Porter: Wettbewerbsvorteile, Frankfurt/New York 2010. 27. Rochat/Korp: Private Auktionen im M&A-Kontext – ausgewählte Best Practice-Beispiele aus Verkäuferperspektive, in: Müller-Stewens/Kunisch/Binder (Hrsg.): Mergers & Acquisition, Stuttgart 2010. 28. Sandel: Was man für Geld nicht kaufen kann, Berlin 2012. 29. Seckler/Seitz: Leitfaden M&A und Fusionskontrolle, Wien 2011. 30. Sherman: Mergers and Acquisitions from A to Z., New York 2018. 31. Simon: Die heimlichen Gewinner, 2. A., Frankfurt/New York 2003. 32. Steinmann/Schreyögg/Koch: Management, 7. A., Wiesbaden 2013. 33. http://www.finance-magazin.de. 34. http://www.ifm-bonn.org. 35. http://www.thomsonreuters.com. 36. http://www.statista.com.

Stichwortverzeichnis

A Abbruchpreis, 58 Abfolge einer Integration, 174 Ablaufplan, 63 Abschlussdruck, 166 Abschreibung, 126 Abschreibungsmöglichkeit, 34 Absichtserklärung, 102 Akquisitionsziel, 78 Aktivprozess, 161 Analyse von Zertifizierungen, 110 Angebotsorientierung, 89 Angebotsvariante, 152 Anlass aktiver, 16 passiver, 16 Ansprache, erste, 95 Asset Deal, 31 Assets, 19, 32, 36, 37, 179 Aufsichtsrat, 72 Ausbildungsqualität, 41 Ausbildungsstand, 110 Ausstiegsszenario, 155 Auswahlprozess, 94

B Bankkredit, 14 Barwert, 134 Bedrohungspotenzial, 168 Begründungszwang, 166 Beirat, 72 Berater, seriöser, 54 Beratervertrag, 156

Bereinigung, 120 Bestimmbarkeit, exakte, 36 Beteiligter, externer, 66 Betriebsaufspaltung, 19, 163 Betriebsgenehmigung, 109 Betriebsklima, 41 Betriebsrat, 73 Betriebsübergang, 37, 39 Beurkundung, notarielle, 162 Bewertung der Synergien, 143 Bilanzklausel, 160 Black Friday, 5 Börsengang, 155 Branchenhype, 15 Business Angels, 16

C Call-Center, 95 Call-Option, 146 Checkliste, 106 Closing, 162 Comparative Company Approach (CCA), 132 Compliance, V, 82, 83, 128 Due Diligence, 107, 128 Confidentiality Agreement, 97 Corporate Identity, 41

D Darlehensübernahme, 163 Datenraum, 104 physischer, 104

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 J. Wegmann und H. Siebert, Unternehmensverkauf, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27444-3

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206 virtueller, 104 DCF-Verfahren, 136 Dimension emotionale, 174 prozessuale, 174 rationale, 174 Diversifikation horizontale, 79 laterale, 79 vertikale, 79 Diversifikationsdruck, 22 Due Diligence, 104 finanzielle, 119 organisatorische, 112 rechtliche, 116 steuerliche, 116 Dyssynergie, 144

E earn-out-Klausel, 59 Eigenkapital, wirtschaftliches, 140 Eigenkapitalgarantie, 161 Einbeziehung der Bank, 56 Einheit, wirtschaftliche, 38 Eintrittsbarriere, strukturelle, 81 Entlohnungssystem, 115 Entwicklungstrend, 5 Erbfall, 20 durch Unfall, 22 Ergebnis, nachhaltiges, 135 Ertragswertverfahren, 134 Ethik, 26 Exklusivitätsvereinbarung, 103

F Fachmitarbeiter, 72 Familienunternehmen, 1 Finanzierungsaufwendung, 127 Finanzierungsbestätigung, 151 Finanzinvestor, 18 Finanzkäufer, 68 Formerfordernis, 162 Formfreiheit, 34 Forschung und Entwicklung, 110 Free-Cash-Flow-Werte, 137

Stichwortverzeichnis G Garantie, 159 Geheimhaltungsvereinbarung, 97 Gesellschafterdarlehen, 163 Gesetz, ungeschriebenes, 42 going-concern, 134 Groß-Übernahmen, 2 Grund, persönlicher, 24 Grund, steuerlicher, 32

H Haftung der Gesellschaft, 35 Haftung, steuerliche, 35 Haftungsfrage, arbeitsrechtliche, 38 Hausbank, 56 Herrschaftswissen, 115 Hidden Champions, 47 Hierarchiestufen, 50

I Identifikationsphase, 88 Informations-Memorandum, 96 Informationsquelle, 92 Instandhaltungsaufwendung, 126 Instandhaltungspolitik, 109 Integration, soziale, 172 Integrationskosten, 144 Integrationsphase, 167 Integrationsproblem, 169 Integrationswahrscheinlichkeit, 92 Intellectual Property Due Diligence, 107 Internationalisierung, 1 Investitionsrechnung, 134 Investmentbanker, 74 Investor, strategischer, 17 ISO-Zertifizierungen, 112 IT Due Diligence, 107

J Jungunternehmer, 11

K K.O.-Kriterium, 88 Kapazitätsausweitung, 109

Stichwortverzeichnis Kapitalanlage, risikobehaftete, 138 Kapitalisierungszinssatz, 135 Kapitalkostensatz, 137 Kapitalwertkalkulation, 153 Kasse machen, 16 Käufer, exotischer, 69 Käufer, strategischer, 67 Kaufgegenstand, 160 Kaufpreisgrenze, 145 Kaufvertrag, 157 Kernkompetenz, 84 Know-how-Träger, 57 Kommanditist, 35 Komplementarität, 35 Kompromissbereitschaft, 165 Kontinuität der Arbeitsverhältnisse, 38 Konzeptionsphase, 77 Kooperation, 27 Kopf, technologischer, 57 Kulturdenken, 46 Kündigung, innere, 169 Kündigungsschutz, 38 Kurswert der Aktie, 132

L Lagerkapazität, 110 Leitbildformulierung, 44 Letter of Intent, 101 Liquiditätsdruck, 22 Lohnkosten, 110 Long-List, 90

M M&A-Berater, 11, 56, 74 M&A-Boom, 4 M&A-Phasenablauf, zehnstufiger, 64 Machtvakuum, 169 Management Buy-In (MBI), 18, 69 Buy-Out (MBO), 18, 69 Management-Gurus, 23 Managementhaftpflichtversicherung, 50 Mantelgesellschaft, 34 Markt-Kräfte-Modell, 81 Marktanalyse, 107 Marktkapitalisierung, 132 Marktrisikoprämie, 138

207 Marktwert des Eigenkapitals, 137 Materialeinsatz, 123 Mega-Deal, 2 Megatrend, 23 Meilenstein, 154 Memorandum of Understanding, 145, 147 Merger Waves, 5 Mindesterlös, 55 Mitarbeiterreaktion, 168 Monetik, 26 Multiples, 133 Multiplikator, 133 Multiplikatorenbewertung, 29 Multiplikatorenverfahren, 133 Muster einer Geheimhaltungserklärung, 98

N Nachfolgekonstellation, 1 Nachfrageorientierung, 89 Nachhaltigkeit, 8 Nachkriegsunternehmer, 10 Negativauswahl, 90 Nettofremdkapital, 137 Niedrigzinsphase, 37 Non-Disclosure-Agreement, 97 Nutzung, eigenwirtschaftliche, 38

O Ökonomisierung, 26 Organbestellung, 160 Organisationsstruktur, 14

P Passivprozess, 161 Patriarch, 21 Peer Group, 132 Pensionsrückstellung, 124 Performance-Daten, 132 Personalaufwendung, 124 Person beteiligte, 65 unternehmensinterne, 65 Planergebnisrechnung, 121 Planungsrechnung, 113 Planungsunterlag, 121 Planungsverfahren, 121

208 Post-Merger-Integration, 173 Preisobergrenze, 58, 145 Preisuntergrenze, 145 Preisvorstellung, unrealistische, 54 Private-Equity-Investor, 69 Professionalisierung des Managements, 170 Prognoseproblem, 134 Projektmanagement, aktives, 173 Prozessklausel, 161 Publizitätskampagne, 8 Put-Option, 146

R Rechtsanwalt, 75 Renditegröße, 57 Renditekennziffer, 79 Rente, ewige, 135, 136 Repräsentation, symbolische, 42 Resignation, 169 Respekt, 149 Ressourcenanalyse, 84 Restrukturierungsfall, 91 Risikobereitschaft, 10 Risikoeinkommen, 9 Risikopotenzial, zentrales, 58

S Scheingenauigkeit, 4, 50, 139 Scheitern eines Verkaufs, 54 Sektor makro-ökonomischer, 80 technologischer, 80 Seniorunternehmer, 11 Share Deal, 31 shareholder, 78 shares, 31 Short-List, 90 Signing, 162 soft facts, 41 Söldnertum, 51 Soll/Ist Analyse, 121 stand-alone-Betrachtung, 143 Stellenabbau, 168 Steuerberater, 75 Steuergestaltung, 43, 54, 161 Steuerhinterziehung, 157

Stichwortverzeichnis Steuerklausel, 161 steuerliche Gestaltung, 150 Steuerminimierung, 11 Stillstands- und Umrüstungszeit, 110 Strategieberater, 74 Struktur, informelle, 42 Subkultur, 45 Substanzwert, 139 Substitutionsprodukt, 82 Subvention, 110, 119 Suchfeld, 88 Suchfeldanalyse, trichterförmige, 88 Synergieeffekt, 53 Synergie negative, 62, 144 positive, 143 Synergiepotenzial, 61 negatives, 61

T Teaser, 96 Technologiekompetenz, 91 Teilsystem, technisches, 171 Transparenzanforderung, 78

U Übergang, identitätswahrender, 38 Umgründungsmaßnahme, 160 Umwelt allgemeine, 80 globale, 107 natürliche, 81 sozio-kulturelle, 81 Umwelt-Due Diligence, 111 Umweltanalyse, 80 Umweltklausel, 160 Unabwägbarkeit, 147 Unternehmensanalyse, 84 Unternehmensbewertung, 4, 129 Unternehmensidentität, 170 Unternehmenskultur, 41, 114 schwache, 45 starke, 45 Unternehmensmakler, 74 Unternehmenswert, 134 Unternehmenswert, strategischer, 60, 143

Stichwortverzeichnis Unterrichtung, ordnungsgemäße, 39 Unterzeichnung des Kaufvertrages, 162

V Venture-Capital-Unternehmen, 19 Verfahren, mathematisches, 129 Vergleichbarkeit, 133 Vergleichsunternehmen, 132 Vergleichsverfahren, 131 Verhältnismäßigkeit, 150 Verhandlungsführer, 57 Verhandlungsphase, 147 Verkaufs-Memorandum, 96 Verkaufsbereitschaft, 28 Verlustgefühl, 166 Vorfälligkeiten, 148 Vorvertrag, 147

209 W Wachstumsunternehmer, 11 Wachstumszwang, 166 Wechsel des Arbeitgebers, 38 Weighted Average Cost of Capital, 136 Weltbild, unternehmensindividuelles, 44 Wert, subjektiver, 134 Wettbewerbsdruck, 22 Wettbewerbsvorteil, 84 Wirtschaftsprüfer, 74

Z Zahlung, sofortige, 153 Zahlungsfähigkeit, 152 Zeichen, leises, 41 Zusicherungen, 159