Unternehmenskauf und -verkauf, Nachfolgeregelung [1 ed.] 9783896445223, 9783896735225

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Unternehmenskauf und -verkauf, Nachfolgeregelung [1 ed.]
 9783896445223, 9783896735225

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EDITION MANAGEMENT

Sattler  Broll  Nüsser

Unternehmenskauf und -verkauf, Nachfolgeregelung

Verlag Wissenschaft & Praxis

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Sattler ⎮ Broll ⎮ Nüsser

Unternehmenskauf und -verkauf, Nachfolgeregelung

Verlag Wissenschaft & Praxis

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

ISBN 978-3-89673-522-5 © Verlag Wissenschaft & Praxis Dr. Brauner GmbH 2010 D-75447 Sternenfels, Nußbaumweg 6 Tel. +49 7045 930093 Fax +49 7045 930094 [email protected] www.verlagwp.de Einbandbild: © lereyking - Fotolia.com

Alle Rechte vorbehalten Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany

Vorwort Das Thema „Mergers & Acquisitions“ führte in den vergangenen Jahren zu gravierenden Veränderungen in der Wirtschaft. Dieses Thema stellt die Unternehmer aufgrund der komplexen Natur der Materie oftmals vor vielschichtige Aufgaben und Anforderungen. Deshalb haben sich die Autoren dazu entschieden, ein Buch zum Thema Unternehmenskauf und -verkauf zu schreiben. Die Autoren haben sich alle im Mergers & Acquisitions Geschäft bewährt und arbeiten als spezialisierte Anwälte, Steuerberater oder M&A-Berater schon Jahrzehnte in dieser Branche. Durch viele Transaktionen hat sich bei ihnen ein Fundus an Erfahrung angesammelt, den sie auf diesem Wege mit dem geneigten Leser teilen wollen. Jede Transaktion hat ihre Tücken und stellt die Experten fast immer vor neue Herausforderungen. Daher ist es unmöglich, ein Kochrezept zu entwickeln, das alle Facetten des Transaktionsmanagements abdeckt. Dieses Buch soll vielmehr die gegebenen Möglichkeiten und Chancen vorstellen, aber andererseits für die jeweiligen Risiken sensibilisieren. Den Autoren lag es besonders am Herzen ein Buch zu verfassen, das sich stark an der Praxis orientiert und damit eine Orientierungshilfe ist, die sich leicht in die Tat umsetzen lässt. Ganz ohne theoretisches Fachwissen wäre dieses Buch nicht realisierbar, denn selten greifen betriebswirtschaftliche, unternehmerische, steuerliche und rechtliche Aspekte so fest ineinander wie beim Unternehmenskauf und -verkauf. Doch um dem Hauptaugenmerk der Autoren gerecht zu werden, einen Ratgeber aus der Praxis für die Praxis zu schaffen, wurde ein leicht zugänglicher und verständlicher Schreibstil gewählt. Dennoch werden die behandelnden Themen in ausreichender Tiefe durchdrungen, so dass auch Profis auf diesem Gebiet neue und interessante Informationen für sich gewinnen können. Auf diese Art wird versucht, einen Spagat zwischen einem Laien und dem Fachmann zu schlagen und ihren jeweiligen Ansprüchen gerecht zu werden. An diesem Buch sind haben sich viele Autoren beteiligt, die ihre Beiträge in Form von Aufsätzen verfasst haben. Aus diesem Grund kann es zu Wiederholungen kommen. Weiterhin ist unvermeidlich, dass sich an einigen Stellen verschiedene Sichtweisen kreuzen.

5

Inhaltsverzeichnis 1

Einleitung (Andreas Sattler) ............................................................................................15

2

Grundsätzliche Überlegungen zum Unternehmenskauf und –verkauf (Andreas Sattler)..17 2.1

Die Dos und Don’ts beim Unternehmenskauf und -verkauf ....................................18

2.2

Warum Unternehmen gekauft oder verkauft werden ...............................................21

3

Transaktionsarten (Markus Amberger)............................................................................25

4

Unternehmenskauf (Andreas Sattler, Rüdiger Seng)........................................................29

5

4.1

Die Kaufinteressenten .............................................................................................29 4.1.1 Privatpersonen ...........................................................................................29 4.1.2 Unternehmen.............................................................................................30 4.1.3 Kapitalbeteiligungsgesellschaften ...............................................................31

4.2

Die Suche nach dem Kaufobjekt .............................................................................32 4.2.1 Erstellung eines Profils................................................................................32 4.2.2 Die Suche ..................................................................................................33

4.3

Der richtige Berater beim Unternehmenskauf..........................................................35

4.4

Beratungskosten ......................................................................................................37

4.5

Prüfung der Angebote .............................................................................................38 4.5.1 Checkliste – Annäherung an ein Objekt .....................................................39

4.6

Gründe für den Unternehmensverkauf ....................................................................40

4.7

Prüfung der Objekte................................................................................................41 4.7.1 Checkliste – Marketing...............................................................................43 4.7.2 Checkliste – Produktion .............................................................................45 4.7.3 Checkliste – Forschung und Entwicklung ...................................................45 4.7.4 Checkliste – Gesellschafter.........................................................................46 4.7.5 Checkliste – Personal und Aufbauorganisation ...........................................47 4.7.6 Checkliste – Wirtschaftlichkeit Situation/Umsätze und Kosten....................48 4.7.7 Checkliste – Wirtschaftliche Situation/Vermögen .......................................49 4.7.8 Checkliste – Spezielle Fragen .....................................................................50 4.7.9 Bilanzanalyse.............................................................................................51

4.8

Die richtige Vorgehensweise beim Unternehmenskauf............................................54 4.8.1 Die Initialphase..........................................................................................54 4.8.2 Die Prüfphase ............................................................................................55 4.8.3 Die Bewertung und Detailanalyse ..............................................................56 4.8.4 Due Diligence............................................................................................57 4.8.5 Die Verhandlungsphase .............................................................................59 4.8.6 Die Durchführungsphase ...........................................................................60 4.8.7 Die Übergabephase ...................................................................................60

Unternehmensverkauf (Andreas Sattler, Rüdiger Seng)...................................................61 5.1

Der richtige Verkaufszeitpunkt ................................................................................61

5.2

Der richtige Käufer..................................................................................................62

5.3

Suche nach Käufern ................................................................................................65

7

6

7

8

8

5.4

Dauer einer Transaktion..........................................................................................66

5.5

Ablauf einer Transaktion .........................................................................................67

5.6

Risiken einer Transaktion ........................................................................................69

5.7

Risikovermeidung bei Transaktionen.......................................................................69

5.8

Die Berater..............................................................................................................72

5.9

Vorgehensweise beim Unternehmensverkauf ..........................................................75 5.9.1 Erfolgreiche Unternehmen leicht verkauft? .................................................76 5.9.2 Faktoren, die den Unternehmenswert mindern...........................................78 5.9.3 Vendors Due Diligence..............................................................................79 5.9.4 Vorgehensweise bei rückläufigen Erträgen .................................................79 5.9.5 Den Informationsaustausch richtig gestalten...............................................80 5.9.6 Typische Fehler beim Verkauf ....................................................................81 5.9.7 Warum Transaktionen scheitern.................................................................83 5.9.8 Zahlung des Kaufpreises.............................................................................83

Ausgewählte M&A-Themenbereiche (Bernd Müller, Markus Amberger)..........................85 6.1

Cross-Boarder-Transaktionen ..................................................................................85

6.2

Auktionsverfahren ...................................................................................................89

Unternehmensbewertung (Andreas Sattler, Bernd Müller, Markus Amberger) ................93 7.1

Das Ertragswertverfahren.........................................................................................94

7.2

Das Discounted Cashflow Verfahren.....................................................................100

7.3

Das EBIT-Verfahren...............................................................................................101

7.4

Das Umsatzverfahren............................................................................................103

7.5

Das Substanzwertverfahren ...................................................................................104

7.6

Ergänzende Bewertungsbetrachtung „Patente“ ......................................................105

Steuerliche Aspekte beim Unternehmenskauf und -verkauf (Dr. Hans-Joachim Broll)...107 8.1

Grundsätzliche Überlegungen...............................................................................107 8.1.1 Kauf- bzw. Verkaufsgegenstand................................................................107 8.1.2 Steuerliche Ziele von Käufer und Verkäufer .............................................108

8.2

Kauf- bzw. Verkaufsgegenstand: Einzelwirtschaftsgüter (Betrieb, Teilbetrieb) ........110 8.2.1 Verkäufer: natürliche Person ....................................................................110 8.2.1.1 Einkommensteuer......................................................................110 8.2.1.1.1 Gewerbebetrieb, Teilbetrieb......................................110 8.2.1.1.2 Freibetrag..................................................................110 8.2.1.1.3 Fünftel-Regelung .......................................................111 8.2.1.1.4 Ermäßigter Durchschnittssteuersatz ...........................112 8.2.1.1.5 Einschränkung bei Personenidentität .........................113 8.2.1.1.6 Besteuerungszeitpunkt ..............................................113 8.2.1.1.7 Nachversteuerung bei Thesaurierungsbegünstigung ..114 8.2.1.2 Gewerbesteuer ..........................................................................115 8.2.2 Verkäufer: Kapitalgesellschaft...................................................................115 8.2.2.1 Körperschaftsteuer.....................................................................115 8.2.2.2 Gewerbesteuer ..........................................................................115 8.2.3 Verkäufer: Personengesellschaft ...............................................................116 8.2.3.1 Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer................................116

8.2.4

8.2.5 8.2.6 8.2.7 8.2.8

8.2.3.2 Gewerbesteuer ..........................................................................116 Käufer: natürliche Person .........................................................................117 8.2.4.1 Einkommensteuer......................................................................117 8.2.4.1.1 Buchwertaufstockung................................................117 8.2.4.1.2 Postakquisitorische Wertminderungen.......................119 8.2.4.1.3 Fremdfinanzierungsaufwand .....................................119 8.2.4.1.4 Verlustvorträge ..........................................................120 8.2.4.2 Gewerbesteuer ..........................................................................120 Käufer: Kapitalgesellschaft........................................................................121 8.2.5.1 Körperschaftsteuer.....................................................................121 8.2.5.2 Gewerbesteuer ..........................................................................122 Käufer: Personengesellschaft ....................................................................122 8.2.6.1 Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer................................122 8.2.6.2 Gewerbesteuer ..........................................................................123 Umsatzsteuer ...........................................................................................123 8.2.7.1 Umsatzsteuer aus Verkäufersicht ...............................................123 8.2.7.2 Umsatzsteuer aus Käufersicht ....................................................125 Grunderwerbsteuer ..................................................................................125

8.3

Kauf- bzw. Verkaufsgegenstand: Kapitalgesellschaftsanteile ..................................126 8.3.1 Verkäufer: natürliche Person ....................................................................126 8.3.1.1 Einkommensteuer......................................................................126 8.3.1.1.1 Anteile im Betriebsvermögen.....................................126 8.3.1.1.2 Anteile im Privatvermögen ........................................127 8.3.1.1.3 Einbringungs-/Umwandlungsgeborene Anteile ..........127 8.3.1.1.4 Ermittlung des Veräußerungsgewinns ........................128 8.3.1.1.5 Besteuerungszeitpunkt ..............................................129 8.3.1.2 Gewerbesteuer ..........................................................................129 8.3.2 Verkäufer: Kapitalgesellschaft...................................................................130 8.3.2.1 Körperschaftsteuer.....................................................................130 8.3.2.2 Gewerbesteuer ..........................................................................131 8.3.3 Verkäufer: Personengesellschaft ...............................................................131 8.3.3.1 Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer................................131 8.3.3.2 Gewerbesteuer ..........................................................................131 8.3.4 Käufer: natürliche Person .........................................................................132 8.3.4.1 Einkommensteuer......................................................................132 8.3.4.1.1 Kaufpreis...................................................................132 8.3.4.1.2 Postakquisitorische Wertminderungen.......................132 8.3.4.1.3 Fremdfinanzierungsaufwand .....................................133 8.3.4.1.4 Verlustvorträge ..........................................................133 8.3.4.2 Gewerbesteuer ..........................................................................135 8.3.5 Käufer: Kapitalgesellschaft........................................................................135 8.3.5.1 Körperschaftsteuer.....................................................................135 8.3.5.2 Gewerbesteuer ..........................................................................136 8.3.6 Käufer: Personengesellschaft ....................................................................137 8.3.6.1 Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer................................137 8.3.6.2 Gewerbesteuer ..........................................................................138 8.3.7 Umsatzsteuer ...........................................................................................138 8.3.7.1 Umsatzsteuer aus Verkäufersicht ...............................................138 8.3.7.2 Umsatzsteuer aus Käufersicht ....................................................139 8.3.8 Grunderwerbsteuer ..................................................................................140

8.4

Kauf- bzw. Verkaufsgegenstand: Personengesellschaftsanteile...............................140 8.4.1 Verkäufer: natürliche Person ....................................................................140

9

8.4.2 8.4.3 8.4.4 8.4.5 8.4.6 8.4.7 8.4.8

10

8.4.1.1 Einkommensteuer......................................................................140 8.4.1.2 Gewerbesteuer ..........................................................................141 Verkäufer: Kapitalgesellschaft...................................................................142 8.4.2.1 Körperschaftsteuer.....................................................................142 8.4.2.2 Gewerbesteuer ..........................................................................142 Verkäufer: Personengesellschaft ...............................................................143 8.4.3.1 Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer................................143 8.4.3.2 Gewerbesteuer ..........................................................................143 Käufer: natürliche Person .........................................................................144 8.4.4.1 Einkommensteuer......................................................................144 8.4.4.2 Gewerbesteuer ..........................................................................145 Käufer: Kapitalgesellschaft........................................................................145 8.4.5.1 Körperschaftsteuer.....................................................................145 8.4.5.2 Gewerbesteuer ..........................................................................146 Käufer: Personengesellschaft ....................................................................146 8.4.6.1 Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer................................146 8.4.6.2 Gewerbesteuer ..........................................................................147 Umsatzsteuer ...........................................................................................148 8.4.7.1 Umsatzsteuer aus Verkäufersicht ...............................................148 8.4.7.2 Umsatzsteuer aus Käufersicht ....................................................149 Grunderwerbsteuer ..................................................................................149

8.5

Steuerliche Gestaltungsüberlegungen....................................................................150 8.5.1 Kaufpreisaufteilung beim Asset Deal ........................................................150 8.5.2 Übertragungszeitpunkt, Überbrückung von Fristen...................................151 8.5.2.1 Übertragungszeitpunkt ..............................................................151 8.5.2.2 Überbrückung von Fristen .........................................................153 8.5.3 Reinvestitionen ........................................................................................155 8.5.3.1 § 6b EStG beim Asset Deal ........................................................155 8.5.3.2 § 6b EStG beim Share Deal .......................................................156 8.5.4 Umwandlungen .......................................................................................157 8.5.4.1 Umstrukturierung durch den Käufer ..........................................157 8.5.4.2 Umstrukturierung durch den Verkäufer .....................................158 8.5.5 Postakquisitorische Wertminderungen und Verlustrisiko ..........................159 8.5.6 Fremdfinanzierungsaufwand ....................................................................160 8.5.6.1 Fremdfinanzierungsaufwand beim Asset Deal ...........................160 8.5.6.2 Fremdfinanzierungsaufwand beim Share Deal...........................161 8.5.7 Nebenverträge .........................................................................................161 8.5.8 Vermeidung Grunderwerbsteuer ..............................................................163 8.5.9 Kirchensteuer ...........................................................................................163

8.6

Steuerliche Risiken und vertragliche Steuerklauseln ..............................................164 8.6.1 Steuerliche Haftungstatbestände und Risiken ...........................................164 8.6.1.1 Steuerliche Risiken beim Asset Deal..........................................164 8.6.1.2 Steuerliche Risiken beim Share Deal .........................................165 8.6.1.3 Tax Due Diligence ....................................................................166 8.6.2 Steuerbezogene Regelungen im Kaufvertrag.............................................166 8.6.2.1 Notwendigkeit von Steuerklauseln im Kaufvertrag.....................166 8.6.2.2 Steuerklauseln beim Asset Deal.................................................167 8.6.2.3 Steuerklauseln beim Share Deal ................................................167 8.6.2.4 Beispiele für steuerliche Garantien ............................................168 8.6.2.5 Rechtsfolgen von Garantieverletzungen ....................................169

9

Finanzierung des Unternehmenskaufs (Bernd Müller) ...................................................171 9.1

Einleitung..............................................................................................................171

9.2

Investitions- und Finanzplanung............................................................................171 9.2.1 Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung................................................................172 9.2.2 Grundsätzliche Finanzierungsmöglichkeiten ............................................174

9.3

Innenfinanzierung .................................................................................................175

9.4

Außenfinanzierung................................................................................................176

9.5

Finanzierung mit Fremdmitteln .............................................................................176

9.6

Besicherung ..........................................................................................................177

9.7

Strukturierte Finanzierungen .................................................................................178

9.8

Finanzierung mit Eigenmitteln...............................................................................178 9.8.1 Mezzanine Kapital ...................................................................................180 9.8.2 Nachrangdarlehen ...................................................................................180 9.8.3 Stille Beteiligungen ..................................................................................181 9.8.4 Genussscheine .........................................................................................182 9.8.5 ABS-Finanzierungen.................................................................................184

9.9

Einfluss der Transaktionsart ...................................................................................185

9.10 Share Deal ............................................................................................................185 9.11 Asset Deal.............................................................................................................186 9.11.1 Gestaltungsbeispiel einer Transaktion durch Asset Deal ...........................187 9.12 Finanzierung mit öffentlichen Mitteln....................................................................188 9.12.1 Ausgewählte Finanzierungshilfen .............................................................188 9.12.2 Mittelständische Beteiligungsgesellschaften..............................................190 9.12.3 Bürgschaftsbanken ...................................................................................191 9.13 Sonderformen der Finanzierung ............................................................................192 9.13.1 Finanzierung über Verkäuferdarlehen ......................................................192 9.13.2 Owner-Buy-out ........................................................................................193 9.13.3 LBO (Leveraged Buy-out) .........................................................................194 9.13.4 LBO – Asset Deal oder Share Deal ...........................................................196 9.14 Checklisten für die Unternehmensfinanzierung .....................................................196 10 Rechtliche Aspekte beim Unternehmenskauf (Stefan Nüsser)........................................199 10.1 Die Prüfung des Unternehmens – Due Diligence ..................................................199 10.1.1 Überblick.................................................................................................199 10.1.2 Motive für die Due Diligence Prüfung......................................................200 10.1.3 Gegenstand der Prüfung...........................................................................200 10.1.4 Vorbereitung ............................................................................................202 10.1.5 Ablauf ......................................................................................................202 10.1.5.1 Bereitstellung von Unterlagen ...................................................203 10.1.5.2 Due Diligence Bericht...............................................................203 10.1.5.3 Verwertung der Due Diligence Ergebnisse.................................203 10.2 Rechtliche Fragen des Unternehmenskaufs ...........................................................204 10.2.1 Überblick.................................................................................................204 10.2.2 Vereinbarungen vor Abschluss des Kaufvertrages .....................................205 10.2.3 Vertraulichkeitsvereinbarung....................................................................205 10.2.4 Gemeinsame Absichtserklärung/Letter of Intent........................................206

11

10.2.5 Poolvereinbarungen .................................................................................207 10.2.6 Zwingende Rechtsfragen des Unternehmenskaufs ....................................207 10.2.7 Übertragung des Unternehmens...............................................................207 10.2.7.1 Asset Deal .................................................................................208 10.2.7.2 Share Deal ................................................................................208 10.2.8 Abtretung/Zustimmungserfordernisse .......................................................208 10.2.9 Registrierungs- und Anzeigepflichten .......................................................209 10.2.10 Kartellrecht/Fusionskontrolle ....................................................................209 10.2.11 Zustimmung des Ehegatten.......................................................................210 10.2.12 Zwingende Haftung des Verkäufers..........................................................210 10.2.13 Share Deal ...............................................................................................211 10.2.14 Asset Deal................................................................................................211 10.2.15 Haftung wegen Firmenfortführung............................................................211 10.2.16 Betriebssteuern.........................................................................................212 10.2.17 Haftung nach dem BBodSchG..................................................................212 10.2.18 Übergang der Arbeitsverhältnisse (§ 613a BGB) .......................................212 10.2.19 Zwingende arbeitsrechtliche Vorschriften beim Unternehmenskauf .........212 10.2.20 Übergang von Arbeitsverhältnissen (§ 613a BGB) ....................................213 10.2.21 Der Betriebsbegriff ...................................................................................213 10.2.22 Rechtsfolgen des Betriebsübergangs .........................................................214 10.2.23 Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers .....................................................214 10.2.24 Betriebsverfassungsrechtliche Gesichtspunkte ..........................................215 10.3 Der Kaufvertrag.....................................................................................................215 10.3.1 Überblick.................................................................................................216 10.3.2 Details .....................................................................................................216 10.3.3 Kaufgegenstand und Übertragung ............................................................217 10.3.4 Kaufpreis und Zahlung .............................................................................217 10.3.5 Garantien des Verkäufers .........................................................................218 10.3.6 Gesellschaftsrechtliche Verhältnisse (Share Deal).....................................219 10.3.7 Jahresabschlüsse, Zwischenabschlüsse.....................................................219 10.3.8 Eigenkapitalgarantie .................................................................................219 10.3.9 Gegenstände des Anlagevermögens/Umlaufvermögens............................220 10.3.10 Gewerbliche Schutzrechte, Lizenzen .......................................................220 10.3.11 Verbindlichkeiten.....................................................................................220 10.3.12 Wesentliche Verträge ...............................................................................220 10.3.13 Mitarbeiter ...............................................................................................220 10.3.14 Umwelt....................................................................................................221 10.3.15 Behördliche Genehmigungen...................................................................221 10.3.16 Versicherungen ........................................................................................221 10.3.17 Rechtsstreitigkeiten ..................................................................................221 10.3.18 Steuern.....................................................................................................222 10.3.19 Ordnungsgemäße Fortführung des Unternehmens....................................222 10.3.20 Richtigkeit und Vollständigkeit der erteilten Informationen ......................222 10.4 Rechtsfolgen bei Unrichtigkeit der Garantien ........................................................223 10.4.1 Haftungsausschluss ..................................................................................223 10.4.2 Haftungsbegrenzung ................................................................................224 10.4.3 Freistellungsverpflichtungen.....................................................................224 10.4.4 Verjährung von Ansprüchen.....................................................................225 10.4.5 Übergangsregelungen ..............................................................................225 10.4.6 Wettbewerbsverbot des Verkäufers ..........................................................226 10.5 Sonstiges ...............................................................................................................226 10.5.1 Kostentragung ..........................................................................................226

12

10.5.2 Schiedsklausel..........................................................................................226 10.5.3 Rechtswahl ..............................................................................................227 11 Nachfolgeregelung (Andreas Sattler, Bernd Müller).......................................................229 11.1 Gründe für das Scheitern der Nachfolgeregelung ..................................................229 11.2 Arten der Nachfolgeregelung ................................................................................231 11.3 Die Aktiengesellschaft als Form der Nachfolgeregelung und des Verkaufs.............233 11.3.1 Voraussetzungen......................................................................................233 11.3.2 Jump Start für die Börsennotiz ..................................................................235 11.4 Management-Buy-in und Management-Buy-out ....................................................237 11.4.1 Persönliche Voraussetzungen für den MBI/MBO ......................................239 11.4.2 Verhandlungstaktik für den MBO/MBI-Kandidaten...................................240 11.4.3 Unternehmenswert und -preis ..................................................................241 11.4.4 Strukturierung ..........................................................................................242 11.4.5 Finanzierungsmöglichkeiten für den MBO/MBI-Kandidaten .....................243 11.4.5.1 Öffentliche Mittel ......................................................................244 11.4.5.2 Fremdkapital .............................................................................246 11.4.5.3 Privates Beteiligungskapital .......................................................247 11.4.6 Unternehmensübergabe ...........................................................................249 11.5 Spin-off .................................................................................................................250 11.6 Kann ein Beirat oder Aufsichtsrat bei einer Nachfolgeregelung oder einem Unternehmensverkauf dienlich sein?.....................................................................251 11.7 Kurztest zur Nachfolgereglung ..............................................................................255 12 Praxisbeispiele ...............................................................................................................257 12.1 Nachfolgeregelung und Unternehmensverkauf mit Hilfe eines Beirats (Andreas Sattler) ....................................................................................................257 12.2 Durchführung eines Verkaufs von 90 % einer Maschinenbaukapitalgesellschaft (Bernd Müller).......................................................................................................258 12.3 Interfamiliäre Nachfolgeregelung (Andreas Sattler) ................................................261 12.4 Cross-Boarder-Transaktionen: China – Deutschland (Hui Zhao) ............................263 12.5 Trends in Internationalen M&A-Transaktionen: Das Fallbeispiel China (Thomas Reichenbach)..........................................................................................266 12.6 Nachfolgeregelung und AG-Umwandlung (Andreas Sattler) ..................................274 12.7 Ein Automobilzulieferer gliedert seine Abteilung „Rüstungszulieferung“ aus! (Peter Gericke) ......................................................................................................275 12.8 AG-Umwandlung bei einem Systemlieferanten in der Automatisierungstechnik (Wolfgang Lindner) ...............................................................................................278 13 Checklisten für Verträge (Stefan Nüsser) .......................................................................281 13.1 Vertraulichkeitsvereinbarung – Checkliste/Grundstruktur ......................................281 13.2 Letter of Intent – Checkliste/Grundstruktur ............................................................282 13.3 Kaufvertrag – Checkliste/Grundstruktur .................................................................283 Stichwortverzeichnis ............................................................................................................289 Autorenverzeichnis...............................................................................................................293

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1 Einleitung Andreas Sattler In Zeiten globaler Verschmelzung und internationaler Verzahnung ökonomischer Aktivitäten sehen sich viele Unternehmen einem steigenden Wettbewerbsdruck ausgesetzt. Im Laufe der Jahre haben die Unternehmen darauf verstärkt durch eine Expansion durch Unternehmenskauf reagiert. Aus diesem Umstand heraus hat sich eine eigene Branche namens Mergers & Acquisitions entwickelt, die zu Deutsch „Fusionen und Übernahmen“ bedeutet. Im Mittelstand erfolgen Unternehmenstransaktionen jedoch fast ausschließlich durch Übernahmen; deshalb betreffen die Ausführungen dieses Buches nahezu ausschließlich Übernahmen. Fusionen, durch die zwei oder mehrere Unternehmen eine Einheit eingehen, kommen im Mittelstand selten vor. Unternehmer sind häufig nicht bereit, die Kontrolle über ihr Unternehmen teilweise abzugeben. Sie akzeptieren dann oftmals eher den kompletten Verlust der Eigenständigkeit im Rahmen eines Verkaufs. Fusionen bieten sich grundsätzlich dann an, wenn Unternehmen eine strategische Allianz eingehen wollen, ohne dass sie ihre Gesellschaftsanteile komplett veräußern müssen. Mergers & Acquisitions ist für viele Unternehmen der logische Schritt, wenn ein Wachstum des Unternehmens aus eigener Kraft auf lange Sicht nicht möglich ist. Dafür können die verschiedensten Gründe vorliegen. Infrastrukturelle Schranken, mangelndes Know-how über die Funktionsweise neu zu erschließender Märkte und Marktsättigung – um nur wenige zu nennen. Oft wird daher auf die Möglichkeit ausgewichen, Unternehmen mit dem Ziel zu kaufen, die eigene Produktpalette zu erweitern, Marktlücken zu schließen, die eigene Marktposition zu stärken oder aber um Fuß in einer bisher fremden Branche zu fassen. Dabei kann der Transaktionswert in Schwindel erregende Höhen steigen, wie es im Jahr 2001 bei der Fusion zwischen America Online Inc. und Time Warner der Fall war, nämlich knapp 165 Mrd. USD. Unabhängig von der Höhe der Transaktionssumme lässt sich dieses Prinzip genau so gut von Unternehmern mittelständischer Betriebe umsetzen und damit nachhaltig eine positive Unternehmensentwicklung bewerkstelligen. Ein zentrales Thema, das vor allem Familienunternehmen betrifft, ist die Nachfolgeregelung. Viele Unternehmer stehen vor dem Dilemma in den Ruhestand gehen zu wollen, aber gleichzeitig kann innerhalb der Familie kein oder nicht der passende Nachfolger gefunden werden. In diesem Fall bleibt die Option, das Unternehmen zu verkaufen. Denn gelingt es, die Nachfolge in einem mittelständischen Unternehmen erfolgreich zu regeln, so bleiben Arbeitsplätze erhalten oder es kommen gar neue hinzu. Gerade der Mittelstand als solider Standfuß der Gesamtwirtschaftsleistung in Deutschland kann, aus makroökonomischer Sicht, auf diese Weise ökonomische Werte schaffen und Deutschland als attraktiven Standort stärken. 15

Bevor es aber dazu kommt, dass der Verkaufswillige und der Kaufinteressent aufeinander treffen und sich aus dieser Begegnung für beide Parteien eine WinWin-Situation einstellt, kann es ein langer und steiniger Weg sein. Deshalb ist es in den meisten Fällen notwendig, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Nimmt der Berater dann die „Erhalterrolle“ ein, stehen einem meist erfolgreiche Verhandlungen bevor, denn ca. 50 % des Erfolgs oder Misserfolgs eines Deals hängen von der psychologischen Kenntnis und Erfahrung dieses Beraters ab. Um die Vorbereitung und Durchführung eines Unternehmenskaufs oder verkaufs zu erleichtern, versteht sich dieses Buch als praxisorientierter Leitfaden. Dafür spricht die jahrzehntelange Erfahrung der Autoren, die sich als Dealmaker auf Transaktionsmanagement bei mittelständischen Unternehmen spezialisiert haben.

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2 Grundsätzliche Überlegungen zum Unternehmenskauf und -verkauf Andreas Sattler Das "Wirtschaftsgut“ Unternehmen unterliegt dem Wechselspiel von Nachfrage und Angebot, deshalb ist der Zeitpunkt zum Verkauf oder Kauf eines Unternehmens entscheidend. Wer mit dem Gedanken spielt, sein Unternehmen zu verkaufen oder eines zu kaufen, sollte berücksichtigen, dass dies in der Regel einige Monate dauert. In der Regel beträgt die Transaktionsdauer vier bis 14 Monate. Soll die "Braut" (also das zu verkaufende Unternehmen) für den Verkauf noch „geschmückt“ werden, ist gar ein Zeitraum von zwei bis fünf Jahren ins Auge zu fassen. Die Frage nach dem optimalen Zeitpunkt für einen Unternehmenskauf oder -verkauf kann immer nur rückwirkend beantwortet werden. Natürlich werden in einer lahmenden Konjunktur in aller Regel geringere Verkaufspreise erzielt als in einer Hochphase. Somit kann sich ein antizyklisches Verhalten beim Erwerb eines Unternehmens positiv auswirken. Wann immer die Entscheidung gefällt wird, wird ein Unternehmer stets versuchen, sein Vorhaben zügig zu realisieren, statt auf Zufälle zu hoffen. Doch in der Praxis sind die Verhandlungen über einen Kauf oder Verkauf eines Unternehmens aufgrund ihrer Komplexität nicht kurzfristig realisierbar. Sie bieten vor allem für den Interessenten eine Fülle von Stolpersteinen und erfordern viel professionelles Know-how, bedingt durch die Anforderungen in technischen und betriebswirtschaftlichen Fragestellungen. Unabhängig davon, ob ein Unternehmen verkauft oder gekauft werden soll, unterscheidet sich der Ablauf des Transaktionsprozesses logischerweise nicht. Grundsätzlich wird der Transaktionsprozess in vier Phasen unterteilt. Dabei spricht man von der Vorbereitungsphase, der Transaktionsphase, der Integrationsphase und zuletzt der Endphase. Im Gegensatz zum grundsätzlichen Ablauf unterscheiden sich die spezifische Vorgehensweise und die Inhaltsschwerpunkte der jeweiligen Phasen sehr, je nachdem, ob man in den Schuhen des Käufers oder Verkäufers steckt. Deshalb macht es Sinn, sich mit den verschiedenen Gegebenheiten erst in den entsprechenden Kapiteln genauer zu beschäftigen. Gleichzeitig wird daraus aber deutlich, wie wichtig es ist, sich in die Lage seines Verhandlungspartners hineinversetzen zu können, seine Intention zu kennen und darauf vorbereitet zu sein, welchen Schritt er als nächsten unternehmen wird. Nur so kann der Einzelne einen Vorteil aus jeder Situation ziehen. Außerdem ist er einerseits vor Überraschungen gefeit und andererseits ist es ihm möglich, sich zum Beispiel auf Kaufpreisverhandlungen bestens vorzubereiten. Damit dieser Joker ausgespielt werden kann, empfiehlt es sich, sich sowohl mit der Sicht des Käufers als auch des Verkäufers zu befassen – auch wenn einen zunächst nur die eigene Position interessiert. Erst dann kann das volle Ausmaß aller Zusammenhänge verstanden werden und sich das Know-how auszahlen. So können einem Unternehmer, der sein Unternehmen verkaufen möchte, die 17

Checklisten, die im Kapitel 4.7 „Prüfung der Objekte“ aufgezählt werden, mindestens genauso nützlich sein wie einem Kaufinteressenten, der mit der Hilfe der Checkliste ein Objekt prüfen wird. Denn auf diese Weise kann ein Verkaufswilliger feststellen, welche Mängel sein Unternehmen aufweist und sie vor dem Verkauf bzw. den ersten Gesprächen mit Kaufinteressenten – soweit möglich – beseitigen. Auf diese Weise kann er ein „gesünderes“ Unternehmen präsentieren, dessen Wert nochmals gestiegen ist. Darüber hinaus wird dem Kaufinteressenten die Argumentationsgrundlage genommen, mit der er bei den Kaufpreisverhandlungen den Unternehmenswert nach unten verhandeln möchte.

2.1 Die Dos und Don’ts beim Unternehmenskauf und -verkauf Trotz allem Nutzen, der sich daraus ergibt, über mehr Know-how zu verfügen als der Verhandlungspartner, ist es nicht ratsam, ihn zu übervorteilen. Nicht selten entstehen Abhängigkeiten zwischen Käufer und Verkäufer, die auch nach dem Abschluss der Transaktion bestehen bleiben und eine gute Atmosphäre als Basis für die weitere Zusammenarbeit voraussetzen. Damit Käufer und Verkäufer von einem Deal profitieren, sich also eine Win-Win-Situation einstellt, müssen einige Regeln beachtet werden. Dabei unterscheiden sich die Dos und Don'ts auf beiden Seiten sehr. Wenn ein geeignetes Kaufobjekt gefunden wurde, liegt es am Käufer, behutsam bei den Verhandlungen vorzugehen. In vielen Fällen haben sie es mit einem Unternehmer zu tun, der sein "Lebenswerk" verkauft. Aus diesem Grund ist ein sonst rational denkender Unternehmer emotional beeinflusst. Für den Käufer bedeutet dies, dass er sensibel vorgehen und Einfühlungsvermögen an den Tag legen muss. Daher empfiehlt es sich, zu Beginn der Verhandlungen nicht nach vertraulichem Zahlenmaterial zu fragen. Denn es besteht die Gefahr, dass der Verkäufer durch derartige Nachfragen zu einem falschen Zeitpunkt rasch die Verhandlungen abbricht. Vielmehr sollte erst Zeit zum Kennenlernen aufgewendet und beidseitiges Vertrauen aufgebaut werden. Erst danach ist es ratsam, "intime" Informationen wie Jahresabschlüsse, Mitarbeiterlisten (zunächst anonym) etc. zu verlangen. Es sollte auch in Betracht gezogen werden, diese unangenehmen Fragen einem Berater zu überlassen. Denn viele Gründe sprechen dafür, dass ein gutes Klima zwischen Käufer und Verkäufer auch nach den Verhandlungen bestehen bleibt. Oft ist man nicht nur in der Übergangsphase vom Verkäufer abhängig, sondern auch in der Integrationsphase nach dem Kauf. Aus diesem Grund wird ggf. vereinbart, dass der Verkäufer in einer Zeit nach Abschluss der Transaktion als Berater tätig wird oder manchmal gar in voller Verantwortung als Geschäftsführer arbeitet. Der Alteigentümer besitzt die nötige Erfahrung in der jeweiligen Branche und sollte bei anstehenden Kundenterminen dabei sein, damit die langjährigen Kundenbeziehungen möglichst schnell und „sicher“ übergehen und ein gutes Verhältnis zu den Stammkunden aufgebaut wird.

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Doch lange vorher muss der Käufer sich einen ersten Eindruck von dem Wunschunternehmen machen. Dazu ist grundsätzlich eine Besichtigung während der Arbeitszeit unabdingbar, denn nur so erhält man einen ersten Eindruck über die Unternehmenskultur, die Mitarbeiter, ggf. die Produktion, die Organisationsstruktur und die Kapazitätsauslastung. Besonders mittelständische Unternehmer sträuben sich meist, einer Besichtigung während der Arbeitszeit zuzustimmen. Dafür gibt es mehrere gute Gründe. Einer der wichtigsten ist das Geheimhaltungsinteresse über den Verkauf des Unternehmens. Dadurch sollen besonders Kunden nicht abgeschreckt und Konkurrenten nicht aufgeweckt werden. Des Weiteren sollen keine Gerüchte unter den Mitarbeitern kursieren und daraus ggf. Unruhe entstehen. Daher müssen Käufer und Verkäufer – ggf. unter Einbindung der jeweiligen Berater – eine Lösung finden, bei der die Interessen von Käufer und Verkäufer best möglichst Berücksichtigung finden. In manchen Fällen werden Ersttermine nach Geschäftsschluss vereinbart oder aber man findet einen Besuchsgrund als „offizielle Sprachregelung“ für den Besuch, der nicht auf den eigentlichen Gesprächsinhalt hinweist – beispielsweise „Kooperation“ o. Ä. In jedem Fall ist höchste Sorgfalt und Diskretion zu wahren, da die Verletzung von Diskretionen schon manche M&A-Deals zum Scheitern gebracht haben. Im späteren Verlauf der Verhandlungen sind Fragen nach so genannten Dealbreakers, wie zum Beispiel die Personenabhängigkeit vom Unternehmer oder sonstigen wichtigen Mitarbeitern, Kundenabhängigkeiten, detaillierte Fragen zu technologischem Know-how des Unternehmens oder umfassende Fragen zu den wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnissen unausweichlich. Auch hier gilt es behutsam vorzugehen. Auf keinen Fall sollte das Wunschunternehmen in endlosen Fragerunden so „auseinander genommen“ werden, dass der Veräußerer jegliche Lust an weiteren Terminen verliert. Denn wie zuvor besprochen, handelt es sich oftmals um das "Lebenswerk" des Verkäufers und es besteht die Gefahr, dass dieser dann einen Rückzieher macht. Ein qualifizierter Käufer zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass er in Erstterminen durch gezielte Fragestellungen dem Veräußerer vermittelt, dass er sich bereits mit dem Unternehmen sowie mit der Branche und Technik beschäftigt hat und somit als qualifizierter Käufer in Frage kommt. Leider ist immer wieder zu beobachten, dass einige Finanzinvestoren den Fokus in Erstterminen zu stark auf detaillierte finanzwirtschaftliche Fragestellungen – wie z. B. Diskussionen über Bilanzkennzahlen usw. – legen, statt über die – im ersten Schritt – wesentlichen unternehmerischen Themen zu sprechen. Damit ein Deal zustande kommt, gibt es weitere Faktoren, die beachtet werden müssen. Selbst wenn Einigkeit zwischen Kaufs- und Verkaufsinteressenten herrscht, kommt es vor, dass Verhandlungen scheitern. Das liegt meistens an "falschen" Beratern, die ihr eigenes Interesse verfolgen. Besonders langjährige Berater des zu verkaufenden Unternehmens haben manchmal ein Interesse, dass das Unternehmen ihres Mandanten nicht verkauft wird. So fürchten Steuerberater des Öfteren ihren Kunden zu verlieren, wenn ein neuer Unternehmer das Geschäft führt. Auch im M&A-Geschäft unerfahrene Rechtsanwälte sehen manch19

mal lieber eine Transaktion scheitern, als sie erfolgreich abzuschließen. Haftungsrisiken gibt es für sie meist nur bei durchgeführten Verkäufen oder Käufen, selten aber bei gescheiterten Transaktionen. Genau wie ein Käufer muss auch der Verkaufsinteressent Geduld für den Verkauf seines Unternehmens mitbringen. Es kommt vor, dass Verkaufsverhandlungen künstlich in die Länge gezogen werden, weil der Kaufinteressent darauf spekuliert, dass der Verkäufer seinen Forderungen dann immer mehr nachgibt, sei es aus finanziellen, Alters- oder gesundheitlichen Gründen. Im Hinblick auf das Geheimhaltungsinteresse gibt es einige Regeln, die zu beachten sind. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass nichts von einer bevorstehenden Transaktion nach außen dringt. So sollte es beispielsweise vermieden werden, in Hotellobbies Gespräche zu führen. Dies gilt auch für das Lesen brisanter Unterlagen im Zug oder Flugzeug, denn man weiß nie, wer neben einem sitzt und mitlesen kann. Wie oben beschrieben, sind Betriebbesichtigungen üblich und notwendig, aber dies muss in einem angemessenen Umfang geschehen. Gerade, wenn täglich Herren in schwarzen Anzügen mit ledernen Aktenkoffern auf einmal durch die Produktionshallen laufen, erregt es Aufsehen. In diesem Zusammenhang muss auch darauf geachtet werden, dass keiner der Gäste im Unternehmen alleine herumläuft und vielleicht fotografiert oder andere Gespräche mitbekommt. Für Besprechungen ist vorzugsweise ein abgelegenes Hotel zu wählen, das Anonymität gewährt. Im Zweifelsfall hilft eine glaubwürdige, „falsche“, aber dennoch vertretbare Geschichte Dritten gegenüber, seinen Aufenthalt plausibel zu erklären. Bei einem solchen Treffen empfiehlt es sich, legere Kleidung zu tragen und ein unauffälliges Fahrzeug zu benutzen. Auf diese Weise wird kein Aufsehen erregt und unterstreicht den nicht geschäftlichen Zweck der erfundenen Geschichte. Elektronische Datenträger stellen ebenfalls eine Gefahr dar. Bei Telefonaten mit dem Handy oder aus dem Festnetz sollte deshalb die Rufnummerunterdrückung aktiviert sein. Eine weitere Gefahrenquelle sind Faxe bzw. falsche Fax-Nummern. Denn ein Dokument, das an einen falschen Empfänger verschickt wird, läuft Gefahr, an die Öffentlichkeit zu gelangen. Darum sollte darauf geachtet werden, die richtige Nummer zu verwenden und bei Unsicherheit, sich diese bestätigen zu lassen. Dann sollten Dokumente möglichst von Personen versandt werden, die nie Fehler machen. Im schlimmsten Fall gelangen trotzdem Informationen nach außen. Dann kann es von Vorteil sein zu wissen, wer sie preisgegeben hat. Um das leicht herausfinden zu können, besteht die Möglichkeit, alle Textausdrucke jeweils speziell zu kennzeichnen, indem beispielsweise spezifische Tippfehler einbaut werden und danach nur noch verglichen werden muss, welcher Fehler zu welcher Person passt, die diesen Textausdruck erhalten hat. In extremen Fällen sind Informationen erst gar nicht niederzuschreiben, sondern persönlich mitzuteilen. Indem einem Projekt oder einem Unternehmen ein Deckname gegeben und damit gearbeitet wird, lässt sich vermeiden, dass Dritte die Identität des Unternehmens erkennen.

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Wenn diese Regeln eingehalten werden, steht einem erfolgreichen Deal, der alle Parteien zufrieden stellt, weniger im Weg.

2.2 Warum Unternehmen gekauft oder verkauft werden Es stellt sich schließlich die Frage, warum Unternehmen gekauft oder verkauft werden. Einer der offensichtlichsten und am weitesten verbreitetsten Gründe ist die Nachfolgeregelung. Bahnt sich der Generationswechsel an, dann geschieht dies meistens aus Alters- oder Gesundheitsgründen. In dieser Situation kann oder will der bisherige Unternehmer die Geschäftsführung nicht weiter betreiben. Problematisch wird es dann, wenn innerhalb der Familie kein Nachfolger gefunden werden kann. In zunehmendem Maß können oder wollen die eigenen Kinder das Unternehmen der Eltern nicht fortführen, weil sie ihren eigenen Weg gehen und andere Zukunftspläne haben. Selbst wenn ein geeigneter Nachfolger vorhanden ist, scheitert das Vorhaben oft daran, dass er nicht die geeigneten Fähigkeiten mit sich bringt oder Voraussetzungen nicht erfüllt, um ein Unternehmen erfolgreich zu führen. Andere Unternehmer haben wiederum vor beispielsweise 20 Jahren ein Unternehmen aufgebaut, das sie heute mit Erfolg führen, es jedoch jetzt wieder veräußern möchten, da sie sich in den nächsten Jahren anderen Dingen zuwenden wollen. Ein weiterer Grund können Konflikte zwischen Gesellschaftern sein, die häufig dadurch entstehen, dass der zu starke Fokus auf persönliche Interessen eine gesunde Partnerschaft zerstört. Kann in solchen Fällen kein Kompromiss geschlossen werden und möchte keiner der zerstrittenen Gesellschafter ausscheiden, ist der Verkauf des Unternehmens die beste Option für alle Beteiligten, mit der noch eine vergleichsweise friedliche Lösung erreicht werden kann. Gerade in Krisenzeiten wird das Management oftmals mit schwierigen Unternehmenssituationen konfrontiert. Dies kann zu Liquiditätsproblemen und/oder drohender Überschuldung führen. Eine Lösung kann die Beschaffung von Fremdoder Eigenkapital sein. Letzteres wird meist im Rahmen einer Kapitalerhöhung durchgeführt, bei der dem Unternehmen frisches Eigenkapital zugeführt wird und dadurch die Anteile der Altgesellschafter verwässert, d. h. prozentual verringert, werden. Durch den Verlust eines prozentualen Gesellschaftsanteils kann dieser Vorgang auch als „besondere Form des Unternehmens- bzw. Beteiligungsverkaufs“ deklariert werden. Sowohl in schwierigen Zeiten als auch in normalem wirtschaftlichem Umfeld ist von Zeit zu Zeit eine strategische Neuausrichtung des Unternehmens vonnöten. Die strategische Neuausrichtung kann beispielsweise in der Besinnung auf die Kernkompetenzen des Unternehmens liegen, was ggf. zum Verkauf von Unternehmensteilen oder auch Tochtergesellschaften führen kann. Genauso kann eine strategische Neuausrichtung jedoch auch zum „Zukauf“ von Marktanteilen füh21

ren, indem Wettbewerber oder auch Unternehmen, die sich in einem strategisch interessanten Umfeld bewegen, zugekauft werden. Die Entscheidung ein Unternehmen zu kaufen oder zu verkaufen, hat sich als geeignetes Instrumentarium einer langfristigen Unternehmensstrategie herausgestellt. Profitfokussierte Unternehmen erreichen durch Zukauf die nächste Wachstumsstufe und erhöhen damit ihr operatives Geschäft. Gleichzeitig sinkt die Anzahl der vorhandenen Konkurrenz, es findet also eine Marktbereinigung statt und die eigene Marktposition wird durch die erhöhten Marktanteile gestärkt. Zusätzlich ergeben sich Synergien, wie z. B. Zuwachs von Know-how, Erlangung weiterer Management-Ressourcen, Ausgleich eigener Schwächen, Komplettierung und Ausbau der eigenen Produktpalette, Beschaffungsvorteile durch eine höhere Stückzahl und Nutzung neuer Vertriebswege. In Zeiten der Globalisierung agieren auch mittelständische Unternehmen über national bestehende Grenzen hinaus, zumal sich die Wettbewerber von mittelständischen Unternehmen längst nicht mehr nur im Inland befinden. Deshalb spielen grenzüberschreitende Transaktionen, so genannte Cross-Boarder-Deals, eine immer größere Rolle. Eine wesentliche Besonderheit dabei ist, dass neben den oftmals unterschiedlichen rechtlichen Rahmenbedingungen in den Ländern (Vertragsrecht, Arbeitsrecht, Bilanzrecht, Steuerrecht, Umweltauflagen etc.) auch meist große kulturelle Unterschiede überwunden werden müssen. Gerade dieser Punkt wird bei grenzüberschreitenden M&A-Transaktionen oft unterschätzt. Dennoch kann der Erwerb eines ausländischen Unternehmens gegenüber der Etablierung eines eigenen Tochterunternehmens im Ausland deutliche Vorteile haben. Die Auseinandersetzung mit weiter oben beschriebenen veränderten Rahmenbedingungen im Ausland würde unendlich viel Zeit kosten und hohe Kosten verursachen. So gesehen kann der Markteintritt erheblich erleichtert werden, wenn ansässige Unternehmen erworben werden und der Markt dadurch quasi nicht von außen, sondern von innen heraus erobert wird. Hierbei verfügt man meist über ein Management, das über den nötigen Marktüberblick verfügt und darüber hinaus die Mentalität der Mitarbeiter und Kunden usw. kennt. Durch professionelle Kommunikation lassen sich anschließend kulturelle Barrieren überwinden und die Marktmechanismen im neu zu erschließenden Land erlernen. Die Quintessenz dieser Überlegungen lässt sich auch auf die Erschließung neuer Branchen durch den Erwerb eines Unternehmens in der betreffenden Branche übertragen. Dabei wird mit dem Unternehmen selbst ein bereits etablierter Name bzw. Marke mit erworben. Das vorhandene Know-how des Managements und das bereits aufgebaute Vertriebsnetz erleichtern den Einstieg für Neulinge. Ein weiterer entscheidender Aspekt liegt in den Vorteilen eines schon bestehenden Kundenstamms, einer aufgebauten Organisation und eingespielten Mitarbeitern. Beauftragte Integrations-Teams stellen dann einen effizienten Informationsaustausch zwischen Mutter- und Tochterunternehmen her, damit der Know22

how-Transfer rasch und unkompliziert vonstatten geht. Danach können sich beide auf das operative Geschäft konzentrieren. Abschließend soll auch noch der so genannte „Königsweg“ als Grund für Unternehmenskäufe und -verkäufe erwähnt werden. Hinter diesem schillernden Begriff verbirgt sich eine zumindest simpel klingende Idee. Sanierungsbedürftige Unternehmen werden günstig erworben, saniert und optimiert und danach zu einem deutlich höheren Preis veräußert. Hierbei sind nicht die in jüngster Vergangenheit negativ in den Schlagzeilen erschienenen sog. „Heuschrecken“ gemeint, die Unternehmen zum eigenen Vorteil und zum Nachteil der Mitarbeiter auszehren, sondern erfolgreiche und meist im Stillen agierende Investoren, die damit ein eigenes Geschäftsfeld kreiert haben zum Nutzen aller Beteiligten. Egal aus welchem Grund ein Unternehmen verkauft wird, seine Weiterentwicklung wird dadurch auf Jahre festgelegt. Von einer reibungslosen und erfolgreichen Transaktion hängen in vielen Fällen der zukünftige Lebensweg des Unternehmers und sein familiäres Umfeld ab. Durch den Verkauf sollte eine finanzielle Basis für die Zukunft geschaffen werden. Deshalb ist es umso wichtiger, in diesem entscheidenden Lebensabschnitt einen erfahrenen Berater bzw. Begleiter an seiner Seite zu haben, zu dem volles Vertrauen besteht. Um die Besonderheiten der Unternehmenskäufe und -verkäufe zu verstehen, ist es notwendig, die grundsätzlich verschiedenen Transaktionsarten zu kennen. Das nächste Kapitel stellt die beiden Alternativen Asset Deal und Share Deal genauer vor.

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3 Transaktionsarten Markus Amberger Kauf und Verkauf, zwei Alternativen: Ist der Verkauf bzw. Kauf eines Unternehmens geplant, stellt sich die Frage nach der Art und Weise der Durchführung. Grundsätzlich gibt es für die Parteien dabei zwei Alternativen: den Share Deal bzw. Anteilskauf und den Asset Deal, was den Erwerb einzelner Wirtschaftsgüter bedeutet. Bei der Entscheidung für eine der beiden Alternativen gilt es, eine Vielzahl an daraus resultierenden Chancen und Risiken zu kennen und gegeneinander abzuwägen. Wie in sämtlichen Geschäftsvorgängen von solcher Sensibilität, sollte man sich davor vergewissern, dass sämtliche handelnden Personen zu Verhandlungen legitimiert sind und auch bindende Aussagen machen dürfen. Die erste Alternative, die im Folgenden vorgestellt werden soll, ist der Share Deal. Hierbei handelt es sich um die teilweise oder komplette Übertragung der Anteile an einer Unternehmung. Das einfachste Handling hierfür bietet die Aktiengesellschaft und die Übertragung von Aktien, die ggf. formlos übertragen werden können. Etwas schwieriger gestaltet sich die Übertragung von GmbHGeschäftsanteilen. Deren Übertragung erfordert grundsätzlich eine notarielle Beurkundung. Weiterführende Anforderungen können in dem Gesellschaftervertrag formuliert sein. Beispielhaft hierfür sei das Vorkaufsrecht der anderen Gesellschafter genannt. Anders gestaltet sich die Situation bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften. Da die Unternehmung mit der Person des Eigentümers verbunden ist, kann man nur im juristischen und handelsbilanziellen Sinne von einem Share Deal sprechen, bei dem beispielsweise die Kommanditanteile übertragen werden. Zwingend muss solch eine Transaktion in das Handelsregister eingetragen werden. Insgesamt ist das Zielobjekt des Käufers bei einem Share Deal direkt das Unternehmen als juristische Person bzw. die Gesellschaftsanteile am Unternehmen. Über die Übertragungsmodalitäten ist mit den bisherigen Anteilseignern zu verhandeln. Vorteilhaft bei solch einer Transaktionsart ist der Umstand, dass die juristische Person unverändert bestehen bleibt, und somit auch die Verträge. Dies gilt folglich sowohl in günstiger Konstellation, dass günstige Lieferantenverträge oder Kreditverträge weiterhin erhalten bleiben, als auch in negativer Hinsicht. Allerdings bedeutet dies auch, dass beispielsweise unliebsame Bilanzpositionen, wie Pensionsrückstellungen, übernommen werden, sofern sie nicht vor dem Verkauf ausgegliedert werden. Oft beinhalten Verträge sog. Change-ofControl-Klauseln. Solch eine Klausel besagt, dass eine Vertragsbindung an bestimmte Personenkonstellationen, wie Eigentümerstruktur oder Organvertretung, gegeben ist. Auch sind frühere Organbeschlüsse für die neuen Eigentümer bin25

dend. Daher sollte im Falle eines Share Deal unbedingt eine intensive Due Diligence zur Prüfung derartiger Vertragskonstellationen durchgeführt werden. Steuerlich gestaltet sich meist der Share Deal für den Verkäufer als attraktiver. Der Verkaufserlös fließt ihm direkt zu und nicht in die Gesellschaft. Somit entstehen keine leeren Mantelgesellschaften. Anders gestaltet sich der Asset Deal. Hierbei werden bestimmte, teilweise alle, Wirtschaftsgüter und/oder Rechte eines Unternehmens aus diesem herausgekauft, was die große Flexibilität dieser Transaktionsart darstellt. Dabei werden die jeweiligen Güter vom Unternehmen selbst erworben und die Verkaufserlöse fließen in die Gesellschaft, die bisher Eigentümer der Assets war (Zielgesellschaft). Mit dem Kauf werden die Güter in der Bilanz des Käufers samt Anschaffungsnebenkosten aktiviert und können folglich abgeschrieben werden. Im Rahmen der steuerlich innerhalb bestimmten Grenzen möglichen sog. Buchwertaufstockung erhält man ggf. eine Erhöhung des Abschreibungsvolumens durch eine höhere Bewertung der Assets in der neuen Gesellschaft im Vergleich zu der Bewertung bzw. Bilanzierung beim Veräußerer. Durch das höhere Abschreibungsvolumen können spätere Gewinne steueroptimiert geschmälert werden. Dies bezieht sich auch auf die auf diesem Weg erworbenen immateriellen Wirtschaftsgüter, die eventuell zuvor selbst erstellt wurden und somit – zumindest nach „alten“ HGB-Vorschriften – nicht aktivierbar und abschreibbar waren. Für die erworbenen Assets muss der Käufer ggf. die gesetzliche Umsatzsteuer zahlen, darf diese jedoch bei Vorsteuerabzugsberechtigung wie gewohnt abziehen. Sofern Grundstücke Teil des Asset Deals sind, fällt im Regelfall Grunderwerbsteuer an. Grundsätzlich ist der Kauf von Assets formfrei möglich, sofern – wie im Falle von Grundstücken – keine anderen gesetzlichen Vorschriften anzuwenden sind. Ratsam wäre eine Beurkundung allerdings unter Umständen trotzdem. Die Due Diligence ist auch hier von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Trotzdem läuft bei dieser Transaktionsart der Käufer nicht allzu große Gefahr, Altlasten zu übernehmen, da es sich dabei um keine Gesamtrechtsnachfolge handelt. Somit können auch unliebsame Verbindlichkeiten, wie Pensionsrückstellungen in der Verkäufergesellschaft verbleiben, was im Übrigen auch für unbekannte Verbindlichkeiten gilt. Jedoch ist sich auch der Verkäufer über diese Tatsache im Klaren und dürfte unter gleichen Umständen bei einem Asset Deal einen höheren Kaufpreis fordern als bei einem Share Deal, zumal sich der Asset Deal, wie weiter oben ausgeführt, für den Erwerber meist steuerlich günstiger gestaltet. Problematisch ist jedoch der Umstand, dass sämtliche Verträge und Vereinbarungen aufs Neue bestätigt, d. h. im Extremfall mit Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern neu verhandelt werden müssen. Bei unliebsamen Absprachen kann dies von Vorteil sein. Hat sich jedoch die Marktlage zu Gunsten der Vertragspartner geändert, werden diese wohl kaum den alten Konditionen zustimmen. 26

Geht man hierbei von Vor- und Nachteilen aus, die sich egalisieren, schiebt der Gesetzgeber der Möglichkeit einen Riegel vor, sich via Asset Deal der Mitarbeiter zu entledigen. Im Bürgerlichen Gesetzbuch ist geregelt, dass bei einer Herauslösung einzelner wichtiger Gegenstände aus der Unternehmung, mit denen sich ein Betrieb oder Betriebsteil führen lässt, auch die Arbeitsverträge der Mitarbeiter auf den Erwerber übergehen. Selbst die Tarifverträge müssen in unveränderter Form übernommen werden, sofern in dem übernehmenden Unternehmen keine eigenen bestehen. Dem Arbeitnehmer räumt der Gesetzgeber ein Widerspruchsrecht gegen diese automatische Vertragsüberführung ein. Aus Sicht des Arbeitnehmers wäre gerade dann ein solcher Widerspruch sinnvoll, wenn der Erwerber weniger „sicher“ ist, als der Veräußerer. Das Recht, dem Übergang zu einem neuen Anteilseigner zu widersprechen, hat ein Arbeitnehmer bei einem Share Deal allerdings nicht. Professionelle Unternehmenskäufer kombinieren teilweise den Asset Deal mit dem Share Deal. Kombinieren bedeutet in diesem Fall das Gründen einer Erwerbergesellschaft (sog. NewCo) durch den Erwerber, an dem sich auch der Veräußerer im Rahmen eines Share Deals beteiligt. Dann werden die wünschenswerten Assets durch die NewCo herausgekauft; in manchen Fällen erfolgt dieser Kauf auch im Rahmen eines Share Deals. Über die NewCo wird die Finanzierung des Unternehmenskaufes abgewickelt, da das zu übernehmende Unternehmen nicht direkt die eigene Kauffinanzierung stemmen darf, kann oder will. Nach dem Kauf wird die NewCo meist mit dem Zielunternehmen verschmolzen und bildet dann auch juristisch eine Einheit.

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4 Unternehmenskauf Andreas Sattler, Rüdiger Seng 4.1 Die Kaufinteressenten 4.1.1

Privatpersonen

Wenn man den M&A-Markt genauer betrachtet, stellt man fest, dass entweder Privatpersonen oder bereits bestehende Unternehmen (sowohl strategische Investoren als auch Finanzinvestoren) als potenzielle Käufer auftreten. Warum Unternehmen ein Interesse daran haben, eine andere Firma zu erwerben, wurde im Kapitel 2.2 („Warum Unternehmen gekauft oder verkauft werden“) beschrieben. Für den potenziellen Unternehmer hat die Selbständigkeit eine sehr hohe Priorität. Der tiefere Sinn darin liegt in der Entfaltung eigener unternehmerischer Ideen und dem Entfliehen aus einer autoritären Befehlshierarchie. Ist nach reiflicher Überlegung der Entschluss getroffen, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen, stellt sich die Frage, was die bessere Alternative ist: kaufen oder neu gründen? Tatsächlich kann es sich lohnen, nicht ganz von vorne anfangen zu müssen, sondern ein existierendes Unternehmen zu kaufen. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht muss der Kaufpreis eines bestehenden Unternehmens mit den Aufwendungen und Investitionen zum Aufbau eines neuen Unternehmens verglichen werden. Möglicherweise kann beim Kauf ein solider Kundenstamm übernommen werden, dessen Neuaufbau unverhältnismäßig teuer wäre. Der Alteigentümer könnte als „alter Hase“ den Erwerber in die Gegebenheiten der Branche einführen und gegebenenfalls auch nach dem Verkauf als wichtiger Knowhow-Träger dem Unternehmen erhalten bleiben. In selbem Maße gilt dies auch für die Mitarbeiter. Sie sind bereits zu einem Kollektiv zusammengewachsen und jeder für sich selbst ist ein erfahrener Spezialist in der betreffenden Branche. Dem Erwerber gelingt der Einstieg wesentlich leichter, wenn er vom ersten Tag an ein gut organisiertes Team hinter sich stehen hat. Das ist nur eine kleine Auswahl an Vorzügen gegenüber Neugründungen. Je nachdem, wie der Kaufinteressent die persönlichen Fähigkeiten, Kenntnisse und Stärken einbringen kann, können die verschiedenartigsten Objekte für einen Kauf ins Auge gefasst werden. Ausgehend von den individuellen Motiven der Käufer kann eine Einteilung in vier Käufertypen erfolgen: Für den „Perlensucher“ ist nur ein Unternehmen interessant, das über einen langen Zeitraum eine stabile Umsatz- und Kostenstruktur aufgewiesen und satte Gewinne abgeworfen hat. Er erwartet dies auch für die Zukunft und ist sich sicher, dass der Markt und die anderen äußeren Umstände dafür sorgen, dass es so weitergeht. Solche Objekte sind die teuersten, da die Übernahme gestandener Unternehmen weniger risikoreich ist. 29

Der „Sanierer“ schaut sich nach Not leidenden Unternehmen um und weiß aus Erfahrung, dass er das Unternehmen, das er gerade kauft, auf jeden Fall wieder in Schwung bringt. Die Schwerpunkte in seiner Arbeit liegen in einer Konsolidierung der Finanz- und Kostenstruktur. Diese Aufgabe ist nur etwas für Profis und wird hiermit jedem abgeraten, der nicht bereits über einschlägige Kenntnisse und Erfahrungen verfügt. Der „Verkaufsprofi“ ist ein Kaufinteressent mit ausgeprägter unternehmerischer, besonders aber mit vertriebsorientierter Prägung. Vielleicht kommt er sogar aus dem Vertrieb und konnte sowohl als Käufer wie auch als Vertriebsleiter immer hohe Zuwachsraten pro Jahr vorweisen. Für ihn ist das Unternehmen das Richtige, das eigentlich gesund ist und gute Produkte hat, dem es aber am erfolgreichen Vertrieb fehlt. Es ist enorm, was aus manchen Betrieben geworden ist, nachdem ein Verkaufsprofi das Ruder übernommen hat. Der clevere „Technologe“ interessiert sich besonders für Unternehmen, von denen er weiß, dass deren Produkte in ein paar Jahren „out“ sind. Das weiß vielleicht auch der jetzige Gesellschafter und verkauft deshalb schneller und preiswerter. Der clevere Technologe aber schätzt das Know-how und die Kapazitäten und Möglichkeiten der Produktionsanlagen hoch ein und überlegt sich bereits vor dem Kauf genau, mit welchem „zweiten Bein“ er in wenigen Jahren den Umsatz des heutigen Hauptprodukts ersetzen bzw. verbessern wird. 4.1.2

Unternehmen

Auch bei Unternehmen, die andere Firmen kaufen wollen, sind es unterschiedliche Interessen, die zu einer Transaktion führen können. Produziert beispielsweise ein Unternehmen seit Jahren Sportgeräte und es ergibt sich die Möglichkeit, ein Unternehmen zu erwerben, das im selben Bereich tätig ist, dann wäre hier unter Umständen ein Kauf sinnvoll. Denn mit dem Erwerb eines solchen Unternehmens kann von heute auf morgen der Marktanteil und somit auch die Marktposition im Vertrieb von Sportgeräten verbessert werden. Außerdem wird auf diese Weise vielleicht ein unliebsamer Mitbewerber ausgeschaltet. Man spricht hier von einem Kauf auf horizontaler Ebene. Rein zahlenmäßig überwiegt diese Art des Unternehmenskaufs nach einer Statistik des Bundeskartellamtes und repräsentiert knapp zwei Drittel der registrierten Unternehmenszusammenschlüsse der letzten Jahre. Beim so genannten vertikalen Zusammenschluss interessiert sich ein Unternehmen für ein Unternehmen, das an einer anderen Position in der Wertschöpfungskette derselben Branche tätig ist. Davor hat das Unternehmen möglicherweise Zuliefererdienste für den Kaufinteressenten erbracht. Folgendes Beispiel kann dafür genannt werden: Wenn ein Unternehmen im Apparatebau tätig ist, dann lohnt sich unter Umständen der Kauf einer Gießerei. Diese Art der Übernahme kann von Fall zu Fall sinnvoll sein, muss aber nicht. Denn nicht immer ist das Selbermachen günstiger als der Einkauf bestimmter Teilaufgaben. 30

Eine dritte Möglichkeit ist schließlich das so genannte Konglomerat, oder auch „Mischkonzern“ genannt. Hier sind die Lieferanten, die Kunden, das Produktionsprogramm und gegebenenfalls die Technologie verschieden. Diese Möglichkeit wird genutzt, wenn man in eine neue Branche einsteigen möchte, die sehr zukunftsreich erscheint, oder um sich eine Unabhängigkeit von der Entwicklung der bisherigen Branche zu verschaffen. So ist es unter Umständen denkbar, dass der Betreiber eines Wohnungsbauunternehmens sich nun für den Kauf eines Unternehmens, das Freizeitartikel herstellt, interessiert. Derartige Transaktionen führen manchmal zu regelrechten „Gemischtwarenläden“. Solche Unternehmen können recht erfolgreich sein, gehören jedoch fast nie zu den Spitzenverdienern. Für Unternehmensverkäufer ist besonders die Tatsache interessant, dass Unternehmen, die als strategische Käufer auftreten oft bereit sind, einen weit höheren Kaufpreis für ein Unternehmen zu bezahlen, als die rechnerische Herleitung des Unternehmenswertes ergibt. 4.1.3

Kapitalbeteiligungsgesellschaften

Natürlich gibt es außer den vorgenannten noch andere Käufergruppen, die am Markt auftreten. Hervorzuheben sind hier beispielsweise Kapitalbeteiligungsgesellschaften, die sich für profitable Firmen und Beteiligungen mit qualifiziertem Management interessieren. Kapitalbeteiligungsgesellschaften wollen nach einer möglichst kurzen Anlaufphase eine hohe Rendite auf ihr eingesetztes Kapital und darüber hinaus noch einen Veräußerungsgewinn erzielen, wenn sie das eingekaufte Unternehmen bzw. die eingekaufte Beteiligung nach einigen Jahren wieder abstoßen. Dabei gibt es jedoch sehr unterschiedliche Strategien innerhalb der Beteiligungsgesellschaften. So gibt es zum einen die eher konservativ agierenden Investoren, die weitgehend Ihre Transaktionen aus Eigenkapital finanzieren und eine laufende Rendite durch Gewinnausschüttungen erwarten. Andere Investoren wiederum haben einen starken Fokus auf erwarteten Unternehmenswertsteigerung in einem Zeitraum von üblicherweise fünf bis sieben Jahren. Nach dieser Zeit wird das Unternehmen mit einem möglichst hohem Wertsteigerungsgewinn veräußert. Diese Investoren nutzen oftmals den sog. LeverageFaktor durch teilweise Fremdfinanzierung der Transaktion. Auch unterscheiden sich die Beteiligungsgesellschaften dadurch, ob sie laufend Unternehmen derselben Branche(n) erwerben oder bewusst in ihrem Portfolio einen Branchenmix haben wollen. Für beide Strategien gibt es gute Gründe. Die Beteiligungsgesellschaften, die sich auf wenige Branchen konzentrieren, erhoffen sich natürlich dadurch Synergien innerhalb der Beteiligungsunternehmen. Andererseits verfolgen die Beteiligungsgesellschaften, die in vielen Branchen investiert sind, eine Politik der Risikostreuung. Zu erwähnen sind hier noch diejenigen Unternehmenskäufer (die in allen vorgenannten Käufergruppen enthalten sein können), die einen Unternehmenserwerb in erster Linie als Kapitalanlage betrachten, wobei diese Anleger jedoch in der 31

Praxis Beteiligungskäufe anstatt dem Erwerb eines kompletten Unternehmens vorziehen. Die Motivation, sich an einem Unternehmen zu beteiligen oder gar ein ganzes Unternehmen zu erwerben, hat häufig auch mit wirtschaftlichen Trends zu tun. So haben sich Käufer in den vergangenen Jahren häufig für den Erwerb von Unternehmen aus typischen Wachstumsbranchen interessiert, wie zum Beispiel für Unternehmen aus den Bereichen IT/Software, Kommunikationstechnik sowie beispielsweise erneuerbare Energien. Allerdings haben Unternehmenskäufer in den vergangenen Jahren auch erkannt, dass es in Deutschland viele hervorragend technisch und technologieorientierte Nischenunternehmen im Mittelstand mit hervorragender Weltmarktstellung gibt. Die Nachfrage nach solchen Unternehmen ist zumindest vonseiten finanzstarker Finanzinvestoren ungebrochen hoch. Für einen potenziellen Käufer ist es wichtig, bevor er sich zu einem Kauf eines Unternehmens entscheidet, sich über die eigenen Motive für diesen Schritt im Klaren zu sein. Zu sich selbst ehrlich zu sein, ist dabei eine wichtige Voraussetzung. Wenn man sich dazu entscheidet, ein Unternehmen in einer gerade expandierenden Branche zu kaufen, die einem aber persönlich unbekannt oder wenig bekannt ist, so ist von einem Kauf dringend abzuraten. War der potenzielle Käufer bisher noch nicht selbstständig und spielt nun mit dem Gedanken ein Unternehmen zu kaufen, sollte er nicht in einer ihm völlig unbekannten Branche suchen. Der Käufer sollte in erster Linie darauf achten, seine erworbenen Kenntnisse nunmehr in einem Unternehmen anzuwenden, dessen Tätigkeitsbereich zu seiner bisherigen Berufserfahrung passt. Daher sollte er ein Objekt aus einer Branche bevorzugen, die er aus der eigenen Erfahrung heraus beurteilen kann. Dann kann man das Risiko einen Fehlkaufs zumindest reduzieren.

4.2 Die Suche nach dem Kaufobjekt 4.2.1

Erstellung eines Profils

Wenn sich der Käufer über seine Motive im Klaren ist, beginnt die eigentliche Suche nach dem passenden Objekt. Es bedarf sehr viel Zeit, Energie und auch ein wenig Glück, in einem akzeptablen Zeitraum ein geeignetes Unternehmen zu finden. Mancher hat für die Suche schon zwei bis drei Jahre benötigt. Generell kann als realistischer Zeitraum sechs Monate bis ein Jahr genannt werden. Um die Suche ein wenig zu vereinfachen, empfiehlt es sich ein Profil des Wunschunternehmens zu erstellen. Dieses Profil dient zweierlei Dingen. Erstens können nicht passende Angebote schneller identifiziert und somit ausgeschlossen werden. Zweitens können in bevorstehenden Gesprächen, die im Rahmen der Suche stattfinden werden, die eigenen Vorstellungen über das gewünschte Unternehmen besser erläutert werden. Das zu erstellende Profil sollte die Eigenschaften eines gewünschten Objekts zusammenfassen und dabei kurz und über32

sichtlich erläutern, wie das gesuchte Unternehmen idealtypisch auszusehen hat. Dazu gehören Angaben zu • Branche • Jahresumsatz • Anzahl der Mitarbeiter • Unternehmenssituation (z. B. Nachfolgeregelung aus Altersgründen, Sanierung, Spin-Off) • Absatz-/Vertriebsgebiete (z. B. Inland, benachbartes Ausland, europaweit oder international ohne Einschränkungen) • Aufgabengebiet, das neben der Geschäftsführung zusätzlich von einem selbst übernommen werden soll (z. B. Vertrieb oder Finanzen) • ggf. möglicher Kaufpreis Das Profil sollte einerseits aussagekräftig und präzise sein und muss andererseits genügend Möglichkeiten offen lassen, um ein passendes Objekt zu finden. 4.2.2

Die Suche

Wie erfährt man von einem beabsichtigten Unternehmensverkauf? Zunächst besteht grundsätzlich die Möglichkeit, in geeigneten Zeitungen und Zeitschriften selbst zu inserieren und zu suchen. Je nach Objekt, kann hierbei die regionale oder überregionale Presse das Richtige sein. In manchen Branchen eignen sich auch die Publikationen der Verbände. Die Anschriften fast aller Branchenverbände lassen sich bei der örtlich zuständigen Industrie- und Handelskammer (IHK) erfragen bzw. sind natürlich auch im Internet zu finden. Ein weiteres Angebot der IHKs ist eine umfangreiche, bundesweite Unternehmensbörse nebst verschiedenen angeschlossenen Institutionen, insbesondere verschiedener Banken. Unter www.nexxt-change.org kann der Kaufinteressent sich einen ersten Überblick über Angebote und Gesuche verschaffen. Strukturiert und sortiert nach verschiedenen Suchkriterien kann der Kaufinteressent dort recherchieren. Ist ein Zielobjekt definiert, gelangt man über die zuständige IHK direkt an den Verkäufer oder an den Berater des Veräußerers. Tendenziell enthält die vorgenannte Unternehmensbörse eher kleine, mittelständische Unternehmen, meist in der Größenordnung von unter 5 Mio. EUR Umsatz. Insofern kommt diese Art der Suche nicht für alle Unternehmenskäufer in Betracht. Daneben gibt es noch einige deutlich kleinere, privatwirtschaftlich organisierte Unternehmensbörsen, wie z. B. www.unternehmensmarkt.de, die jedoch ihren Fokus auch auf kleine Unternehmen bis zu ca. 5 Mio. EUR Umsatz haben. 33

Darüber hinaus können beispielsweise die Existenzgründungsbörsen der einzelnen Industrie- und Handelskammern bzw. überregional des Deutschen Industrieund Handelstages (DIHT) genutzt werden. Zur Information kann man sich die IHK-Nachrichten einer ortsansässigen Handelskammer sowie die gesammelten überregionalen Angebote des DIHT zuschicken lassen. Unter Umständen kann sich auch eine Recherche im Internet als erfolgreich erweisen. Allerdings kann man hieraus praktisch nie erkennen, ob die gefundenen Unternehmen auch tatsächlich zum Verkauf stehen. Unternehmer, die ihr Unternehmen verkaufen möchten, wählen naturgemäß oft den gleichen Weg, wie den eben beschriebenen. Doch dabei ist Vorsicht geboten, denn bei einem Großteil der auf diese Weise angebotenen Unternehmen handelt es sich nicht um qualifizierte Angebote. Es besteht die Gefahr, dass diese Angebote im Markt schon „durchgereicht“ wurden und ggf. auch das Unternehmen schon darunter gelitten hat. Es zeigt sich immer wieder in der Praxis, dass Unternehmen, die zu lange und zu oft in öffentlichen Datenbanken angeboten werden, kaum veräußerbar sind. Es empfiehlt sich daher, solche Angebote gründlich zu prüfen, bevor viel Zeit in meist wenig zielführende Gespräche investiert wird. Ein sehr großer Teil mittelständischer Unternehmen wird über persönliche Kontakte verkauft, sei es über die Hausbank, über den Unternehmens- oder Steuerberater oder auch den Wirtschaftsprüfer. Der letztgenannte Personenkreis wird meist bereits sehr früh ins Vertrauen gezogen und erfährt von dem beabsichtigten Verkauf. Meist wird dann im Rahmen des geschäftlichen Umfeldes der vorgenannten Berater nach Käufern gesucht. Allerdings handelt es sich hierbei oftmals um „Zufallskontakte“ und nicht um eine strukturierte Suche nach Käufern. Um jedoch alle Möglichkeiten auszuschöpfen, sollten auch die genannten Personen durchaus kontaktiert werden. Dieser Weg erweist sich immerhin meistens aussichtsreicher als über Anzeigen, wo vielleicht von zehn Angeboten eines oder zwei überhaupt prüfenswert sind. Ein völlig anderer Weg ist die Einschaltung eines qualifizierten M&A-Beraters. Sie sind ganz auf die Beratung im Bereich von M&A-Transaktionen spezialisiert. Je nach Arbeitsweise, gelangen sie über persönliche Kontakte (entweder direkt zu Verkäufern oder aber über ihr meist sehr umfassendes Netzwerk zu weiteren M&A-Beratern, Beteiligungsgesellschaften etc.) an geeignete Objekte. Ihre Vergütung besteht aus einem Mix zwischen einer Festvergütung (auf Basis von Zeitvergütungen oder Pauschalvergütungen/Retainer) sowie einem erfolgsabhängigen Honorar nach Abschluss der Transaktion. Das Zwischenschalten von M&ABeratern hat – sowohl den Fall des Kaufs als auch des Verkaufs – den großen Vorteil, dass man zunächst anonym bleiben kann. Besonders die Verkäufer sind naturgemäß daran interessiert, dass der geplante Verkauf möglichst lange geheim bleibt. Ein zu frühes Bekanntwerden der Absichten würde Unruhe in das Unternehmen bringen und könnte letztendlich unter Umständen auch den Verkaufspreis schmälern. 34

Eine Möglichkeit, die meist von M&A-Beratern gewählt wird, ist Folgende: über qualifizierte Unternehmensdatenbanken können Unternehmen in der jeweiligen Branche gefunden werden, deren Gesellschafterstruktur ein potenzielles Nachfolgeproblem zeigt. Bei einer Ansprache dieser Unternehmen – sei es telefonisch oder per Brief – ergibt sich oftmals eine erstaunlich gute Resonanz. Der größte Vorteil dabei ist, dass man auf Unternehmen stößt, die ihre Verkaufsbereitschaft meist noch nicht offen kommuniziert haben und somit am Markt noch nicht „verbrannt“ sind. Zu bedenken sind die auftretenden Kosten für professionelle Berater, die je nach erforderlichem Aufwand nicht unerheblich sein können. Doch setzt man die Kosten in Relation mit den Ergebnissen, die professionelle Berater erzielen, dann sind sie vergleichsweise gering. Außerdem ist die Suche eines geeigneten Unternehmens durch professionelle Berater für den Käufer sehr viel weniger zeitaufwendig und umfasst erfahrungsgemäß einen größeren Kreis potenzieller Verkäufer.

4.3 Der richtige Berater beim Unternehmenskauf Es gibt Gründe, warum ein Berater nicht immer die Hilfe leisten wird, welche man sich von ihm erhofft. So trifft man erfahrungsgemäß bei Steuerberatern meist auf wenig Aufgeschlossenheit, wenn es um die Benennung möglicher Verkäufer aus deren Mandantschaft geht. Schließlich sägt sich niemand freiwillig den Ast ab, auf dem er sitzt. Bei vielen Bankern wird der Kaufinteressent überrascht feststellen, dass diesem Thema offiziell zwar eine hohe Bedeutung beigemessen wird, aber bislang keine Instrumente und Strukturen vorhanden sind, um konkret unterstützen zu können. Teilweise werden Angebote zentral erfasst und an Kaufinteressenten weitergeleitet. Eine darüber hinausgehende Hilfe kann wegen Interessenskonflikten nicht geleistet werden. Auch sind die meisten Mitarbeiter der Mittelstandsbanken mit den Prozessen bei M&A-Transaktionen nicht vertraut. Im Bereich „Unternehmenskauf und -verkauf“ tummeln sich viele Einzelberater bzw. Vermittler/Makler, die häufig sowohl von der Verkäuferseite als auch von der Käuferseite honoriert werden. Da diese meist ausschließlich erfolgsabhängig – d. h. ohne Zeitvergütung bzw. Retainer – arbeiten, ist zu beachten, dass deren vorrangiges wirtschaftliches Ziel darin besteht, eine Transaktion möglichst rasch abzuschließen. Dabei ist es ihm gleichgültig, ob der Verkäufer einen zu geringen Kaufpreis erhält oder der Käufer zuviel bezahlt. Die Devise lautet: Hauptsache Abschluss. Wobei der Makler verständlicherweise an kleineren Transaktionsvolumina weniger interessiert ist. Das Doppelerfolgshonorar beträgt in der Summe zwischen fünf und zehn Prozent. Auch bei Vorliegen einer Unternehmensbewertung ergibt sich der Kaufpreis durch Angebot und Nachfrage. Ein Makler ist daher dann erfolgreich, wenn sich durch sein geschicktes Agieren beide Seiten auf einen Kaufpreis einigen – selbst 35

wenn dieser von den jeweiligen Vorstellungen abweicht. Käufer und Verkäufer müssen sich also bei Einschaltung eines Maklers selbst um die Wahrung ihrer Interessen kümmern. Unerfahrene Käufer oder Verkäufer von Unternehmen sollten jedoch auf keinen Fall ohne eigenen Berater eine Transaktion angehen. Diese Beratungslücke können M&A-Berater schließen. Seit jeher sind sie der Ansprechpartner, wenn es um den Kauf und Verkauf von Unternehmen geht. Die überwiegende Zahl der M&A-Berater ist in den wenigen internationalen Beratungsgesellschaften oder im Investmentbanking tätig. Daneben gibt es eine überschaubare Zahl so genannter M&A-Boutiquen, welche ihren Fokus bei mittelständischen Unternehmen haben. Als Boutique werden sie deshalb bezeichnet, weil es sich meist um kleine und sehr seriöse Gesellschaften handelt, deren Berater über das für eine Unternehmenstransaktion erforderliche ganzheitliche Know-how verfügen. Für Kaufmandate nutzen sie ihr umfangreiches Beziehungsnetzwerk zu Unternehmen, strategischen Verkäufern und Kollegen anderer Beratungsgesellschaften. Daneben verfügen sie über die verschiedensten Möglichkeiten, verkaufsbereite Unternehmen zu akquirieren. Auf Wunsch bieten M&A-Berater auch einen Fullservice, das heißt, sie begleiten den Mandanten in allen Phasen der Transaktion, beginnend mit der Suche (Research) und endend mit dem Postmerger, dem Übernahme- bzw. Integrationsprozess. Meist werden jedoch die Aktivitäten zwischen Auftraggeber und Berater aufgeteilt. Allgemeine und wichtige steuerliche sowie juristische Fragestellungen einer Transaktion sind ihnen bekannt. Details klären sie in der Regel gemeinsam mit kooperierenden Anwälten und Steuerberatern. So haben Bewertungsfragen, die fiskalische Optimierung sowie die Absicherung von Gewährleistung, Haftung und Gegenleistung in allen Details höchste Priorität. Sie strukturieren den für den Auftraggeber optimierten Share oder Asset Deal und erstellen sämtliche relevanten Unterlagen bis hin zur Absichtserklärung (Letter of Intent) und unterstützen beim Entwurf des Kaufvertrages. Die eingehenden Angebote werden selektiert und analysiert und Verhandlungen von ihnen moderiert. Weiter bereiten sie die Due Diligence vor (sorgfältige Prüfung des Kaufobjektes) und unterstützen bei der Erstellung des Businessplans sowie bei der Finanzierung des zu erwerbenden Unternehmens. Nicht nur kalkulierbare Hardfacts wie Vermögen, Eigenkapital und Verbindlichkeiten, sondern auch Softfacts wie gewachsene Strukturen, Unternehmenskultur, Image, Menschen und Kundenbeziehungen sind Gegenstand einer Unternehmenstransaktion. Entsprechend umfangreich ist die Zahl der regelungsbedürftigen Positionen und ebenso vielfältig die Palette der Aspekte, die es bei einem Unternehmenskauf zu berücksichtigen gilt. Ein Kauf ist nur dann erfolgreich abgeschlossen, wenn nicht nur der Kaufpreis stimmt, sondern auch die ertragreiche Fortführung gesichert ist. Das Kaufobjekt muss so gestaltet werden, dass der Kaufpreis für das Unternehmen aus zukünftigen Erträgen in kürzester Zeit sicher finanziert werden kann. M&A-Berater verfügen aufgrund ihrer meist langjährigen Erfahrungen auf diesem Spezialgebiet 36

auch über die erforderliche soziale Kompetenz. Unternehmerisches Mitdenken und Agieren ist für sie selbstverständlich.

4.4 Beratungskosten M&A-Berater lassen sich ihre Leistungen in der Regel auf Basis eines Zeithonorars (Retainer) und eines Erfolgshonorars vergüten. Je nach Transaktionsvolumen beträgt dieses zwischen zwei und fünf Prozent. Einzelne Leistungen, wie beispielsweise die Unternehmensbewertung oder der Research nach Unternehmen, werden häufig auch zu Pauschalpreisen berechnet. Zeithonorare können ganz oder teilweise auf das Erfolgshonorar angerechnet werden. Vergleichsrechnungen der Honorare von Maklern und M&A-Beratern zeigen, dass z. B. der Käufer durch die Beauftragung eines M&A-Beraters in aller Regel ein besseres Ergebnis erzielt. Ein weiterer, wichtiger Aspekt für den Mandanten ist die Gewissheit, dass ab der Beauftragung aktiv für seine Sache und seine Ziele gearbeitet wird. Er kann innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes mit dem gewünschten Ergebnis rechnen. Das heißt, er kann alle diesbezüglichen Angelegenheiten entsprechend terminieren und regeln. Aus allem Vorgesagten lässt sich nur ein Schluss ziehen: In Anbetracht der finanziellen Größenordnungen sollte der Kaufinteressent die eigenen Interessen bestmöglich vertreten wissen. Ein Unternehmenskauf ist zu komplex, als dass er dies nebenbei erledigen könnte. Wirtschaftliche Nachteile könnten dadurch entstehen, dass wichtige Aspekte übersehen werden oder dass bei der Verhandlung des Kaufpreises die vielfältigen Einwände nicht ins Feld geführt werden, die gegen die Preisvorstellungen des Verkäufers sprechen. Schon allein das Hinzuziehen eines M&A-Beraters signalisiert dem Verkäufer eine professionelle Vorgehensweise des Kaufinteressenten und verleiht den vorgetragenen Argumenten entsprechendes Gewicht. Die so erzielbaren Preisnachlässe können fünf bis zehn und mehr Prozent betragen. Die Tatsache, dass mehr als jede fünfte Transaktion rück abgewickelt werden muss und Verkäufer und Käufer gegeneinander klagen, verdeutlicht, welche Bedeutung einer kompetenten Beratung zukommt. Eine Rückabwicklung endet in aller Regel in einem Desaster für alle Beteiligten. Kaufinteressenten scheuen häufig die im Vorfeld eines Unternehmenskaufs erforderlichen Kosten für einen Berater, sofern sie für sich selbst ein Unternehmen erwerben wollen. Unternehmerisches Denken und Agieren sollten jedoch bereits beim ersten Schritt in die Selbständigkeit beginnen. Den erfolgreichen Unternehmer zeichnet aus, dass er die richtige Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt trifft und dann handelt. Bei kaum einem anderen Vorhaben hat die Qualität der Beratung einen so hohen Einfluss auf das Gelingen und das wirtschaftliche Ergebnis wie bei einem Unternehmenskauf. Wenn durch die beschriebenen Möglichkeiten potenzielle Kaufobjekte gefunden wurden, ist es an der Zeit, die Spreu vom Weizen zu trennen, d. h. unter den 37

Angeboten das Unternehmen zu finden, welches den persönlichen Zielvorstellungen entspricht. Soweit zu den ersten Überlegungen, die als Grundlage für weitere Entscheidungen dienen und dem Unternehmer einen Überblick über die bevorstehenden Aufgaben liefern.

4.5 Prüfung der Angebote Teilweise sind Angebote, die der Kaufinteressent im Rahmen der Kontaktierung von Unternehmensbörsen erhält, nicht sehr ausführlich und präzise. Manchmal muss er auch „nachhaken“, um weitere Informationen zu bekommen. Falls die Angebote jedoch über dafür qualifizierte Berater eingeholt werden, haben bereits die Erstinformationen meist eine deutlich höhere Qualität. Manchmal kann eine kurze, erste eigene Analyse – evtl. auch in Zusammenarbeit mit dem M&A-Berater – sinnvoll sein. Dazu müssen natürlich der Name des zum Erwerb stehenden Unternehmens und dessen Adresse bekannt sein. Die nun folgende Checkliste kann für den Anfang weiterhelfen. Eine „Kurzanalyse“ ist meist ohne großen Aufwand zu erstellen und hilft dabei, sich einen ersten Eindruck vom Objekt zu verschaffen und schnell eine „Vorentscheidung“ zu treffen. Entweder ein Objekt ist so interessant, dass es sich lohnt dranzubleiben oder aber es werden so genannte „K.O.-Kriterien“ definiert, die einen veranlassen, Abstand vom Objekt zu nehmen. K.O.-Kriterien sind Merkmale und Tatbestände, die ein Unternehmen auf keinen Fall aufweisen darf. Sie werden von dem Kaufinteressent individuell festgelegt und sind anhängig von seinen Interessen, Absichten, Erfahrungen und Risikobereitschaft. Wird der Entschluss gefasst, das Angebot näher zu betrachten, erfolgt üblicherweise ein Ersttermin, in dem sich der Käufer und Veräußerer kennen lernen. Passt die Chemie zwischen den beiden, wird im Ersttermin der Veräußerer sein Unternehmen vorstellen. Es ist nicht selbstverständlich, dass es soweit kommt. Wir kennen aus der Praxis leider auch Fälle, dass ein Ersttermin nach maximal einer halben Stunde abgebrochen werden musste, da bereits beim ersten Kontakt allen klar wurde, dass die Chemie nicht passt. Im Erstgespräch liegt der Schwerpunkt in der Vorstellung des Geschäftsmodells, der Historie, der Mitarbeiterstruktur, der Kundenstruktur, der Produkte/Dienstleistungen, der Produktion sowie der Organisationsstruktur. Wichtig ist außerdem die Darstellung der Verkaufsmotive. Über die Finanzzahlen und Bewertungsthemen wird üblicherweise im Ersttermin nicht oder kaum gesprochen. Zu diesem Zweck wurden die folgenden Checklisten erstellt. Sie ermöglichen einen tieferen Einblick in das anvisierte Objekt. Wissen über diesen Punkt kann bei der konkreten Verhandlungsführung von entscheidender Bedeutung sein.

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4.5.1

Checkliste – Annäherung an ein Objekt

1. Auskünfte von Dritten (elektronisches Unternehmensregister, Auskunfteien, Unternehmensdatenbanken, evtl. Bank) einholen. Auf diese Weise bekommt man, je nach Qualität und Aussagekraft der Auskunft, Informationen über die Größe der Firma, Umsätze, Geschäftsführer und Gesellschafter. 2. Informationen, die selbständig besorgt werden können: • Welchen Eindruck macht das Objekt von außen? • Wie ist der Standort, sind die Transportwege? • Welche Wettbewerber gibt es im Umfeld (Informationen darüber etwa aus Brancheninformationen)? • Welche Prospekte, Preislisten etc. gibt es (die Auswertung gibt Informationen über Produktpalette und Preise im Vergleich)? • Was steht im Handelsregister? (Hier sieht man z. B. ggf. eine hohe Fluktuation in der Geschäftsführung; einzusehen beim Amtsgericht am Sitz des zum Verkauf stehenden Unternehmens sowie unter www.unternehmensregister.de) 3. Besteht die Möglichkeit eine Betriebsbesichtigung zu machen, sollte diese Gelegenheit wahrgenommen werden. Auf diese Weise lassen sich folgende Fragen beantworten: • Wie ist die Altersstruktur der Mitarbeiter? • Wie motiviert sind die Mitarbeiter? • In welchem Zustand sind die Produktionsanlagen? • Wie viele Maschinen laufen, wie viele nicht (Kapazitätsauslastung)? • Wie gut ist die Organisation?

Keinesfalls sollten Sie in dieser frühen Phase bereits einen Anwalt einschalten, über den der Schriftverkehr läuft bzw. der bei Betriebsbegehungen anwesend ist. Ein im M&A-Business versierter Rechtsanwalt sollte erst hinzugezogen werden, wenn konkrete Vertragsbedingungen vereinbart werden; zumindest sollte er bis zu diesem Zeitpunkt im Hintergrund bleiben.

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4.6 Gründe für den Unternehmensverkauf Für den Kaufinteressenten ist es wichtig zu ermitteln, warum ein Unternehmen überhaupt zum Kauf angeboten wird. Dann kann er nämlich schneller die Entscheidung treffen, ob das angebotene Unternehmen seinen Vorstellungen entspricht und sich ggf. den Aufwand einer gründlichen Prüfung ersparen. So wird der Kaufinteressent, der den Kauf eines gesunden Unternehmens plant, von einem Angebot Abstand nehmen, hinter dem sich ein Unternehmen verbirgt, das in finanzielle Schwierigkeiten geraten ist und vielleicht gerade deshalb zum Kauf angeboten wird. Was sonst nur mit einem gewissen Aufwand zu erkennen wäre, hilft so den Suchprozess erheblich zu beschleunigen, da der Kaufinteressent die unrentablen Objekte sofort aussondern kann. Leider ist in der Realität nicht jeder Verkaufswillige so offen und ehrlich. Deshalb sollten die genannten Motive immer hinterfragt werden. Mit der Wirtschaftslage ändert sich auch der M&A-Markt. Je nachdem, ob sich eine Volkswirtschaft in der Hochkonjunktur oder in der Rezession befindet, wandelt sich der Markt in einen „Verkäufermarkt“ oder „Käufermarkt“. So kann es einerseits viele Kaufinteressenten, aber wenig zu verkaufende Unternehmen oder Beteiligungen am Markt geben. Dies kann wiederum dazu führen, dass selbst „schlechte“ Unternehmen zu hohen Preisen verkauft werden. Wer als Verkaufsinteressent ein ertragstarkes Unternehmen hat, wird meist nicht lange nach Käufern suchen müssen. Wer ein ertragschwaches Unternehmen verkaufen möchte, versucht entsprechende Käuferschichten zu finden, die weniger auf die gute Gewinnsituation, sondern beispielsweise eher auf den vorhandenen Kundenstamm oder das technische Know-how usw. Wert legen. In einzelnen Fällen lässt sich in der Praxis sogar feststellen, dass finanzschwache Unternehmen, die selbst kaum mehr lebensfähig sind, zu sehr hohen Preisen gekauft werden – besonders von ausländischen Konzernen, die über bestehende Vertriebswege den Zugang zum deutschen Markt gesucht haben oder aber großes Interesse an deutscher Technologie haben. Die Frage nach den Verkaufsmotiven ist besonders dann ausschlaggebend, wenn mit dem Kauf eine eigene Existenz gegründet werden soll, also der Sprung in die Selbstständigkeit gewagt wird (sog. Management-Buy-in (MBI) bzw. Management-Buy-out (MBO)). In diesem Zusammenhang muss beachtet werden, dass der neue Eigentümer nach einer angemessenen Anlaufzeit vom Ertrag des gekauften Unternehmens leben können muss und das eingesetzte Kapital angemessen verzinst wird. Ausgehend von ihrer Kapitalkraft können Unternehmen, die als Kaufakteure auftreten, einen Flop oder eine längere Anlauf- bzw. Konsolidierungszeit naturgemäß besser verkraften. Meistens bewegen sich auch deshalb die Unternehmenspreise im Rahmen von MBIs/MBOs eher im unteren Bereich. Lohnenswert ist es auf jeden Fall, sich über die Motive eines Verkäufers Gedanken zu machen. In dem einen oder anderen Fall kann sich der Kaufinteressent so manchen Aufwand für eine teure Analyse sparen. Ein Beispiel: Es macht einen 40

großen Unterschied, ob ein Unternehmer seine Firma im Alter von 45 oder 65 Jahren zum Verkauf anbietet. Im letzteren Fall möchte oder muss er vielleicht alters- und gesundheitshalber ausscheiden und hat keine geeigneten Angehörigen oder einen Nachfolger für eine Weiterführung. Im ersten Falle möchte der Unternehmer vielleicht „aussteigen“, weil er der Meinung ist, er habe nun lange genug gearbeitet. Vorsicht! Manchmal ist das wirkliche Ausstiegsmotiv jedoch nur das Wissen um die schwierige Situation des Unternehmens oder des Marktes, in dem es arbeitet. Vielleicht kommen auf den Betrieb auch hohe steuerliche oder andere Belastungen zu, die der Verkaufsinteressent nicht mehr tragen möchte (Steuernachzahlungen, hohe Altersversorgung der Mitarbeiter etc.). Am M&A-Markt treten auch Unternehmen auf, die sehr schnell gewachsen sind und dadurch finanzielle Probleme, insbesondere Liquiditätsprobleme, aufweisen. Ihre Finanzkraft konnte in diesem Fall mit dem stürmischen Wachstum nicht mehr Schritt halten, so dass sie sich verstärkt über Fremdkapital finanzieren mussten. Vielleicht arbeiten auch Teile des Unternehmens unwirtschaftlich oder Teilbereiche passen nicht mehr so recht in die Unternehmensstrategie bzw. zum Konzept. Größere mittelständische Unternehmen und Konzerne bieten dann den entsprechenden Teil dem bisherigen Management an oder gehen an den Markt mit diesen Unternehmensteilen. Bei manchen Angeboten erkennen insbesondere Branchenkenner und natürlich „Menschenkenner“ die Furcht des Unternehmers vor der zukünftigen Entwicklung des Betriebs oder der ganzen Branche. So gibt es Branchen, deren Markt beständig schrumpft und in gleichem oder noch stärkerem Maße die Umsätze des angebotenen Unternehmens. Vielleicht wird aber auch die bisher angewandte Technologie in einigen Jahren komplett durch eine andere ersetzt sein, und der bisherige Unternehmer möchte selbst nicht noch einmal von vorne anfangen und eine neue Fertigung mit neuer Technologie aufbauen. Bei einem Handelsbetrieb ist vielleicht durch eine erwartete Änderung der Infrastruktur der Umgebung (z. B. Änderung Verkehrsführung) zu erwarten, dass in nächster Zeit ein schwerwiegender Umsatzeinbruch kommt. Für den Käufer ist es wichtig, die wahren Motive für den Verkauf möglichst früh zu ermitteln, sei es durch Gespräche mit dem Verkäufer oder durch eigene Recherchen. Die vorstehenden, beispielhaft genannten Verkaufsmotive stehen für viele, die in der täglichen Praxis vorkommen. Auf jeden Fall sollten die Motive ergründet werden, denn manchmal stellt sich ein Angebot dann in einem ganz anderen Licht dar. Oft werden die echten Motive erst nach zwei, drei, fünf und noch viel mehr Gesprächen und Verhandlungen ersichtlich und das Angebot ist dann möglicherweise grundlegend anders zu beurteilen.

4.7 Prüfung der Objekte Anhand der Darstellung in den vorangegangenen Kapiteln wurde beschrieben, worauf es bei einer Sichtung der vorliegenden Angebote ankommt. Befindet sich darunter ein interessantes Objekt, sollte jetzt ein genauerer Blick darauf gewor41

fen werden. Hierbei empfiehlt sich ein systematisches Vorgehen. Die folgenden Checklisten geben dafür die erforderliche Hilfestellung. So können die interessantesten Angebote systematisch überprüft werden und gleichzeitig Punkt für Punkt über Problemlösungen zur Verbesserung der dort vorgefundenen betrieblichen Probleme nachgedacht werden. Das Arbeiten mit Checklisten hat noch einen weiteren entscheidenden Vorteil. Die Daten der überprüften Objekte werden durch die so entstandene Transparenz wesentlich einfacher zu vergleichen. Auf diese Weise wird die Entscheidung für oder wider den Kauf des einen oder anderen Unternehmens differenzierter vorbereitet. Obwohl die Aufzählung der Analysepunkte sehr umfangreich ist, kann es trotzdem in dem einen oder anderen Fall notwendig sein, dass weitere Punkte zu prüfen sind. Einige Punkte, die anhand der Checkliste überprüft werden sollen, lassen sich mit Hilfe von Buchhaltungs- und anderen Geschäftsunterlagen des Verkäufers klären. Es empfiehlt sich immer, alle Unterlagen vom Verkäufer unterzeichnen zu lassen, um eine Bestätigung zu haben, dass diese richtig und vollständig sind (genau aufzählen!). Das ist insofern wichtig, dass gegen den Verkäufer Gewährleistungsansprüche geltend gemacht werden können, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass die Angaben nicht stimmten. Dem ernsthaften Kaufinteressenten wird der Verkäufer Unterlagen und Informationen zur Verfügung stellen. Andere Punkte müssen durch Beobachtung, Gespräche mit dem Verkäufer, dessen Mitarbeiter, Angestellte und Auskünfte von Dritten in Erfahrung gebracht werden. Es ist ratsam, diese Checklisten als Arbeitsgrundlage zu Hilfe zu nehmen. Die einzelnen Punkte, die für das Objekt branchenspezifisch wichtig sind, sind anzustreichen und zu versuchen, diese nach und nach abzuklären. Die relevanten Punkte sind zum Teil branchenunabhängig (z. B. Umsatz/Absatz), zum Teil branchenspezifisch (z. B. maschinenintensive Betriebe u. Ä.). Dies wird in aller Regel im Laufe von Verhandlungen und der Zurverfügungstellung von immer weiteren Unterlagen möglich sein. Es ist sinnvoll, sich Notizen zu den einzelnen Punkten zu machen. Wenn eine Einigung mit dem Verkäufer kurz bevor steht, sollte die Checklisten nochmals durchgelesen und die zuvor weniger beachteten Punkte überdacht werden. Womöglich spielen sie doch eine wichtige Rolle. Bei der Überprüfung der interessanten Objekte wird man nicht alle wichtigen Informationen sofort erhalten, sondern erst nach und nach die Checklisten vervollständigen können. Die Checklisten sind Anhaltspunkte, die das Wesentliche erfassen.

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4.7.1

Checkliste – Marketing

Marketing allgemein • Wie ist der Vertrieb organisiert? Wie wäre er zu verbessern? • Wie sind die Produkte/Dienstleistungen hinsichtlich Verpackung, Design etc. zu beurteilen? Was wäre zu optimieren? • Wie ist der Kundendienst organisiert? Wie sollte er organisiert sein? • Was wird im Bereich Werbung getan? Was sollte getan werden (Quelle: Firmenunterlagen, Gespräch)? • Was wird im Bereich „Öffentlichkeitsarbeit“ getan? Was sollte getan werden? • Gibt es eine Corporate Identity (einheitliches Erscheinungsbild)? Passt sie zum Unternehmen? Märkte Marktsituation heute und in Zukunft: Wie haben sich die Absatzmärkte in den letzten Jahren entwickelt und wie werden sie sich in Zukunft gestalten? Der Kaufpreis muss sich über die zukünftigen Gewinne amortisieren. Sind entsprechende Gewinne bei der betreffenden Marktlage nicht zu realisieren, müssen vom Kaufpreis Abstriche gemacht werden. Ggf. sollte auf den Kauf verzichtet werden. • Auf welchen Märkten ist das Unternehmen aktiv? Wo sollte es noch aktiv sein? Hier spielen auch die unternehmerischen Pläne eine Rolle. • Wie haben sich die Märkte in den letzten Jahren entwickelt? (Quelle: Brancheninfos) • Wie werden sich diese Märkte in der Zukunft entwickeln (Branchenfachleute befragen, Zukunftsstudien beschaffen)? Lieferungen • Welche Lieferanten gibt es? • Bestehen Abhängigkeiten von einem oder mehreren Lieferanten? • Lassen sich die Kontakte zu den Lieferanten nach der Transaktion aufrechterhalten? Wie wäre ggf. Abhilfe zu schaffen?

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Kunden Welche Kunden gibt es und wie groß sind die Abhängigkeiten von ihnen? Je nach Branche müssen gewisse Umsatzabhängigkeiten toleriert werden. Bei Anlagenbauern mit überwiegenden Großaufträgen sind Abhängigkeiten unvermeidbar, anders z. B. bei Kleingeräteherstellern, die über die Masse ihren Umsatz erwirtschaften. • Welche Kunden gibt es? • Bestehen Abhängigkeiten von einem oder mehreren Kunden (werden z. B. mehr als 15 % vom Umsatz mit einem Kunden gemacht?) • Wie wird sich die Kundenstruktur nach der Transaktion darstellen? • Welche Kunden könnten evtl. dazukommen? • Welche Kunden werden wahrscheinlich wegfallen (wie personenzentriert ist das Unternehmen)? • Sind Kunden mit dem Unternehmer „alt geworden“? Wettbewerber • Welche Konkurrenz gibt es? • Wie groß sind die Konkurrenten (Anzahl der Mitarbeiter, Umsatz,...) und welche Erträge erwirtschaften sie? • Wo sind sie stärker/schwächer? • Gibt es Alleinstellungsmerkmale gegenüber dem Wettbewerb? • Welche Entwicklung haben sie in den letzten Jahren durchgemacht (z. B. Wachstum, Schrumpfen, Fusion)? • Was tun die Wettbewerber im Bereich Marketing und welchen Aufwand haben sie (z. B. Werbekosten in % vom Umsatz)? Produktions-/Dienstleistungsprogramm • Welches Produktions-/Dienstleistungsprogramm hat das Unternehmen? • Welchen Anteil haben die einzelnen Produkte am Umsatz (Statistiken!)? • Ist das Produktions-/Dienstleistungsprogramm wettbewerbsfähig oder überaltet? • Wie ändert sich die Wettbewerbsituation, wenn das Produkt-/ Dienstleistungsprogramm geändert wird? • Welchen Eindruck hinterlässt es auf die Öffentlichkeit/die Käufer? (Wie kommen die Produkte an?) • Welche Änderungen wurden in den letzten Jahren vorgenommen? • Welche Änderungen (Neuentwicklungen) sollten in der Zukunft durchgeführt werden? Preise • Welche Preispolitik wird betrieben? • Lässt sich diese, wenn nötig, umstellen? 44

4.7.2

Checkliste – Produktion

• Läuft der Produktionsprozess und Fertigungsablauf rationell ab (gibt es unnötige Zwischenlager, zu lange und umständliche Transportwege etc.)? • Was sollte hier geändert werden? • Mit welchen Investitionen wäre dies verbunden? Wie hoch wären die Kosten? • Gibt es ungenutzte Kapazitäten? Wenn ja, warum? • Wie ist der Beschäftigungsgrad der letzten Jahre zu beurteilen? • Wie lange ist der Auftragsvorlauf? • Wie hat er sich in den letzten fünf Jahren entwickelt (Auftragsbestand, Auftragseingang)?

4.7.3

Checkliste – Forschung und Entwicklung

Forschung und Entwicklung sind stark branchenabhängig. • Welche Aufwendungen fallen für Forschung und Entwicklung an? • ... im Vergleich zur Konkurrenz? • Welche laufenden Forschungsprojekte gibt es? • Welchen Entwicklungsstand haben sie? • Werden die Entwicklungen marktfähig sein? • Wurden staatliche Subventionen genutzt? • Wird dies in Zukunft möglich sein? • Gibt es Patente/Gebrauchsmuster, die im Unternehmen entstanden/genutzt werden? • Werden Lizenzen vergeben?

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4.7.4

Checkliste – Gesellschafter

Die Checkliste ist insbesondere dann wichtig, wenn nicht ein ganzes Unternehmen, sondern eine Beteiligung gekauft wird. Ein Teil der nachstehenden Fragen könnte beantwortet werden, wenn man sich den Gesellschaftervertrag sowie ggf. zugehörige Geschäftsführerverträge geben lässt. • Wer ist an der Firma beteiligt? • In welcher Höhe? • Welche Gesellschafter arbeiten im Unternehmen mit? • Welche Rechte haben die Gesellschafter? Welche Rechte würden Sie haben bzw. „heraushandeln“ können? • Welche Regelungen gibt es hinsichtlich Kündigung, Todesfall, Kompetenzen und Entscheidungsbefugnis, Gewinnverteilung, Nachschusspflicht etc.? (Gesellschaftsvertrag einsehen!) • Gab eine große Fluktuation von Geschäftsführern? (Hier hilft ein Blick in das Handelsregister) • Wird eine gute Zusammenarbeit mit den bisherigen Gesellschaftern möglich sein?

46

4.7.5

Checkliste – Personal und Aufbauorganisation

Durchschnittsalter der Mitarbeiter, insbesondere der Know-how-Träger: Sind langjährige Mitarbeiter, die mit ihren Kenntnissen für den Betrieb wichtig sind, bereits kurz vor dem Rentenalter, kann es schwer werden, in den kommenden Jahren das Know-how zu sichern. Das Gleiche gilt für Führungskräfte, von denen das Unternehmen abhängt. Handelt es sich um den Unternehmensinhaber, so kann man oft einen Beratervertrag über ein oder zwei Jahre abschließen, so dass Ihnen der Altinhaber noch einige Zeit mit Rat und Tat zur Seite stehen kann. Es bleibt jedoch das Risiko von z. B. gesundheitlichen Hinderungsgründen. In einem solchen Fall sollte der Geschäftsbetrieb ohne große Einbrüche weiter laufen können. • Welche Mitarbeiter haben welche Position im Unternehmen (Organigramm)? • Entspricht die Aufbauorganisation der Größe des Unternehmens („Wasserkopf“)? • Wie viele Arbeitnehmer arbeiten in der Verwaltung, wie viele produktiv? Ist dieses Verhältnis gesund? • Wie ist der Altersaufbau der Belegschaft? • Wie hoch sind die Personalkosten in Prozent vom Umsatz im Branchenvergleich? • Wie hoch sind die Fluktuation und Krankheitsstand und wie haben sich die diesbezüglichen Zahlen in den letzten fünf Jahren entwickelt? • Sind nach der Transaktion Kündigungen, Umbesetzungen, Neueinstellungen etc. notwendig? • Was würden diese ggf. kosten (evtl. Sozialplan?)? • Kann noch benötigtes Personal am Markt beschafft werden? (Anfrage beim örtlichen Arbeitsamt; Beobachten des örtlichen Stellenmarktes) • Wie motiviert und qualifiziert sind Führungskräfte und Mitarbeiter? • Welcher Führungsstil wurde bisher im Unternehmen praktiziert? (z. B. autoritär, kooperativ) • Wird von daher das neue Management angenommen oder sind Schwierigkeiten zu erwarten? • Gibt es Schichtarbeit/Überstunden? Sind letztere überhaupt notwendig? • Welches Entlohnungssystem wird praktiziert?

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4.7.6

Checkliste – Wirtschaftlichkeit Situation/Umsätze und Kosten

Die nachstehenden Fragen müssen anhand der letzten fünf Gewinn- und Verlustrechnungen geklärt werden. Man sollte darauf bestehen, die letzten fünf Jahresabschlüsse einzusehen. Möchte der Verkäufer diese nicht aushändigen oder zumindest nicht zu einem Verhandlungen angemessenen Zeitpunkt, so hat er irgendetwas zu verbergen und Vorsicht ist angebracht. Umsätze • Welche Umsätze wurden in den letzten fünf Jahren erzielt? • Wie groß sind die Schwankungen? • Welche Trends sind zu erkennen? • Welcher Art sind die Umsätze (z. B.: Geschäftszweck: Herstellung von Werkzeugen, aus Liquiditätsnot werden Maschinen aus dem Anlagevermögen verkauft)? Prüfungsrelevant ist weiterhin: • Welche Faktoren sind für die Trends/Schwankungen verantwortlich? • Welche Produkte haben mit welchem Anteil vom Umsatz in welcher Region beigetragen? Kosten • Wie hat sich die Kostenstruktur der letzten fünf Jahre verändert (in Prozent vom Jahresumsatz, absolut und in Bezug zum Beispiel auf ein Basisjahr)? • Wie haben sich Lagerumschlag, Wareneinsatz etc. verändert? • Welche kalkulatorischen Kosten sind anzusetzen (kalkulatorischer Unternehmenslohn, gegebenenfalls Mieten etc.)? • Wie kann sich die Kostenstruktur nach der Übernahme verändern? • Wie wurde abgeschrieben und was ist daraus ersichtlich (Neuinvestitionsbedarf)? Gewinne • Wie verlief die Gewinnentwicklung und welche Gewinne sind in Zukunft zu erwarten? • Wurden außerordentliche Erträge vereinnahmt? Welche davon werden nach dem Kauf ebenfalls realisiert werden können? • Bei Firmengruppen: Welche Gewinnverschiebung gibt es durch Verrechnung einzelner Firmen innerhalb einer Firmengruppe? 48

4.7.7

Checkliste – Wirtschaftliche Situation/Vermögen

Die folgenden Fragen müssen mit Hilfe der letzten fünf Bilanzen und einem aktuellen Anlagespiegel sowie weiteren Geschäftsunterlagen geklärt werden. Aktiva (Vermögen) • Welche Vermögensgegenstände gibt es? • Wie stehen sie zu Buche und wie sind sie aktuell zu bewerten? • Welche Vermögensgegenstände sind nicht betriebsnotwendig? • Gibt es Verfügungsbeschränkungen an Vermögensgegenständen (Eigentumsvorbehalte, Sicherungsübereignungen)? • In welchem Zustand und auf welchem technischen Niveau befindet sich der Maschinenpark? • Welche Neuinvestitionen werden nach einer Übernahme erforderlich? • Welche Vorräte sollen übernommen werden? • Welche Durchschnittslaufzeit haben die Vorräte? • Gibt es diese tatsächlich und ist der für sie geforderte Preis realistisch? • Sind sie noch verkäuflich? • Ist das Lager ausreichend oder muss es nach der Übernahme erweitert werden? • Welche Forderungen gibt es? • Welche Durchschnittslaufzeit haben die Forderungen? • Werden diese mitverkauft? • Sind diese einbringlich? Passiva • Wie ist das Unternehmen finanziert? • Wie muss es ggf. finanziert werden? • Wurden Bankverbindlichkeiten durch persönliche Bürgschaften und Sicherheiten der bisherigen Gesellschafter abgesichert? • Bilanzpolitik im Bereich Rückstellungen und Wertberichtigungen? Wurden diese im Rahmen der Spielräume möglichst gering oder hoch angesetzt? • Welche Rückstellungen werden kurzfristig liquiditätswirksam? • Gibt es Liquiditätsprobleme? 49

4.7.8

Checkliste – Spezielle Fragen

Verkaufsmotive • Warum soll das Unternehmen/die Beteiligung veräußert werden? • Sind die Verkaufsmotive nachvollziehbar und realistisch? Behörden, Genehmigungen • Sind spezielle Genehmigungen nach der Transaktion notwendig? • Besteht die Gefahr, für Altlasten zur Verantwortung gezogen zu werden (Umweltschutz)? Pensionszusagen • Sind Pensionszusagen gemacht worden? Wenn ja, an wen und in welcher Höhe? • Sind die Pensionszusagen durch entsprechende Rückversicherungen bzw. Rückstellungen abgedeckt? Beläuft sich die Abdeckung auf 100 %? Verträge allgemein • Welche Verträge bestehen und welche sollen weitergeführt werden (mit Vermieter, Lieferanten, Kunden, Gläubigern etc.)? Zeitlicher Ablauf • Welcher zeitliche Ablauf ist für die Transaktion vorgesehen und ist er realisierbar? Berater • Wie war die bisherige Betreuung im Bereich Unternehmens- und Steuerberatung? Sollte sie weitergeführt werden? • Sind hier noch „Altlasten“ zu erwarten (z. B. Beziehung Unternehmen – Steuerberater – Finanzamt)?

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4.7.9

Bilanzanalyse

Ein wichtiger Teil der detaillierten Prüfung ist die Bilanzanalyse. Hat der Kaufinteressent den Verkäufer von der Ernsthaftigkeit seiner Kaufabsicht überzeugt, sollte er Verständnis dafür aufbringen, dass der potenzielle Käufer nun das Zahlenmaterial des Unternehmens als Entscheidungsgrundlage benötigt. Für die Analysen werden zumindest die nachfolgend genannten Unterlagen benötigt. In Einzelfällen können es noch weit mehr Informationen sein, die benötigt werden. • die Jahresabschlüsse der letzten fünf Jahre • aktuelle betriebswirtschaftliche Auswertungen auf Monats- und Jahresbasis • Auftragsbestände und Auftragseingänge aktuell und in der Vergangenheit • GuV-Planung und (soweit vorhanden) Bilanzplanung für die kommenden drei bis fünf Jahre • aktuelle Debitoren- und Kreditorenliste • aktuelle und umfassende Aufstellung über Rückstellungen • Bankenspiegel • Mitarbeiterliste • Kundenliste (evtl. auch ohne Namen, aber mit den Umsätzen pro Kunde für die letzten drei Jahre) • Aktueller Handelsregisterauszug zur Überprüfung der Höhe des eingetragenen Kapitals Einen ersten Überblick kann sich der Kaufinteressent verschaffen, indem er die Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen zunächst miteinander vergleichbar macht. Das geht am einfachsten, indem er die einzelnen Positionen zueinander in Relation setzt. Hierzu kann man entweder einfache Excel-Programme oder eigens hierfür entwickelte Bilanzanalyseprogramme verwenden. In den Gewinn- und Verlustrechnungen werden für die einzelnen Jahre die unterschiedlichen Kostenarten in Prozent der Betriebsleistung oder der Umsatzgröße ausgedrückt. Das erleichtert die Unternehmensanalyse anhand von Branchenvergleichen, die über Banken, Kammern oder Verbände zu beziehen sind. Im zweiten Schritt werden die einzelnen Kostenarten auf ein Basisjahr bezogen, um ihre Entwicklung analysieren zu können. Ein typisches Analyseergebnis bei einer Übernahme aus Altersgründen zeigt einen stetigen Rückgang der Abschreibungen gemessen an der Betriebsleistung. Unternehmer, die schon lange im Voraus wissen, dass sie aus Altersgründen in den nächsten Jahren verkaufen 51

werden, sparen oft im Bereich der Investitionen. Oberflächlich betrachtet führt das durch verringerte Abschreibungen zu höheren Gewinnen. Einem Kaufinteressenten ergeben sich hieraus jedoch bedeutende Nachteile, da sich meistens ein Investitionsstau gebildet hat, den der Käufer auflösen muss. Zusätzlich zum Kaufpreis müssen also noch mehr oder weniger erhebliche Ersatzinvestitionen eingeplant werden. Bei Unternehmen, die ihre Produktion ausgelagert haben, sollten auch die außerordentlichen Erträge, z. B. aus Anlageabgängen, geprüft werden. Diese Erträge fallen nicht mehr an, wenn alle überflüssigen Anlagen verkauft sind. Sie müssen also vom nachhaltigen Gewinn abgezogen werden. Der Kaufinteressent sollte ferner versuchen herauszufinden, welche Beträge den Gesellschaftern oder ihnen nahe stehenden Personen tatsächlich zugeflossen sind. Diese Posten sind für die spätere Unternehmensbewertung wichtig, denn gerade bei mittelständischen Unternehmen ist es möglich, dass über Jahre verdeckt Gewinn ausgeschüttet wurde. Neben dem normalen Gehalt könnten dem Geschäftsführer z. B. zu hohe Zinsen für Gesellschafterdarlehen gezahlt worden sein. Letztendlich geht es darum, die Gesamtsumme der Zuwendungen an die Gesellschafter/Geschäftsführer festzustellen und diese hinsichtlich Marktüblichkeit zu überprüfen. Dadurch wird eine „korrigierte“ Erfolgsrechnung erstellt, die das Ergebnis bei marktüblichen Gegebenheiten definiert. Dieses auf diese Weise ermittelte Ergebnis stellt die Grundlage für die Kaufpreisfindung dar. Auch kalkulatorische Kosten müssen bei der Analyse betrachtet werden. Nutzt das Unternehmen eigene Immobilien, die nicht übernommen werden und die schon vor langer Zeit bezahlt und auch weitgehend abgeschrieben wurden, so muss ein Posten „kalkulatorische Mieten“ aufgenommen werden. Gleiches gilt für den „kalkulatorischen Unternehmerlohn“, wenn ein Einzelunternehmen oder eine Personengesellschaft erworben werden soll. Dort wird die Vergütung des Unternehmers nicht (wie bei der GmbH) in den Personalkosten ausgewiesen. Je weiter der Stichtag der Bilanzen entfernt ist und je näher der Kaufvertragsabschluss kommt, desto wichtiger sind die aktuellen betriebswirtschaftlichen Auswertungen. Mit ihrer Hilfe kann verfolgt werden, ob die Verhandlungsgrundlagen unverändert bleiben. Die Mitarbeiterliste sollte den Namen oder die Personalnummer, die Funktion, das Eintrittsdatum, das Alter und den Bruttoverdienst pro Jahr beinhalten. Die Liste sollte möglichst hierarchisch oder nach der Höhe der Verdienste geordnet sein. So lassen sich Schlüsse daraus ziehen, wie das Verhältnis von produktiven zu unproduktiven Personen im Vergleich zu Wettbewerbern ist, wie die Altersund Vergütungsstruktur der Mitarbeiter ist und ob sie im Branchenvergleich eher über- oder unterdurchschnittlich bezahlt werden. Gerade der letzte Punkt kann unter Umständen zum K.O.-Kriterium werden. Sind die Löhne und Gehälter überdurchschnittlich hoch und gibt es kaum eine Möglichkeit sie anzupassen, so kann das Unternehmen evtl. mittel- bis langfristig nicht rentabel geführt werden. 52

Scheint das der Fall zu sein, so sollte sich der Kaufinteressent von den Verhandlungen zurückziehen oder noch vor der Übernahme die Löhne und Gehälter reduzieren lassen, was angesichts der Situation im deutschen Arbeitsrecht schwierig bis unmöglich ist. Es kann ggf. schwierig werden, den Unternehmer zur Herausgabe seiner Kundenliste zu bewegen. Dennoch sollte der Kaufinteressent darauf bestehen, diese zu erhalten. Auch wenn der Verkäufer die Liste ohne die Namen der Kunden aushändigt, genügt sie zur genaueren Analyse. Die Kunden sind schließlich – neben den Mitarbeitern – das wichtigste Potenzial eines Unternehmens. Stattdessen kann der Kaufinteressent vorschlagen, ihm eine Statistik „Umsatz je Kunde der letzten drei bis fünf Jahre“ zukommen zu lassen – einschließlich einer Schätzung für das laufende und das nächste Geschäftsjahr. Anhand dieser Liste wird sichtbar, wie viel Prozent des Umsatzes mit wie vielen Kunden gemacht wurde und wie sich diese Anteile am Gesamtumsatz in den letzten Jahren verändert haben. Außerdem lässt sich daraus erkennen, ob einzelne Kunden auffällige Auftragsrückgänge verzeichnen oder die Kundenbeziehungen innerhalb kurzer Zeit ganz beendet wurden. Derartige Schwankungen sind erklärungsbedürftig und der Kaufinteressent sollte nicht zögern, sich nach den Ursachen zu erkundigen. Neben dem Zahlenmaterial werden je nach Unternehmen weitere Informationen benötigt, die vom Verkäufer selbst, seinen Mitarbeitern und Angestellten oder auch durch eigene Beobachtung in Erfahrung gebracht werden können. Nachdem die interessantesten Objekte anhand der Checklisten geprüft wurden und die Bilanzanalyse erfolgt ist, ist es an der Zeit, eine exakte Unternehmensbewertung durchzuführen. Ziel ist es, einen fairen und realistischen Preis für die Unternehmen, die in die engere Wahl gekommen sind, zu bestimmen. Leider ist die Bewertung eines Unternehmens alles andere als einfach. Das wird deutlich, wenn man bedenkt, dass alle Kriterien, die mit Hilfe der Checklisten ermittelt wurden, berücksichtigt werden müssen und für einen realistischen Wertansatz verantwortlich sind. Sämtliche Ergebnisse der vorangegangenen Analyse sowie alle vorliegenden schriftlichen Unterlagen des Unternehmens sollten hierfür herangezogen werden. In diesem Fall erleichtert eine kaufmännische Vorbildung das Einlesen in dieses Thema. Anderenfalls wird es sehr schwierig sein, eine Bewertung selbständig vorzunehmen. Selbst die Lektüre dieses Buches oder ergänzender Fachliteratur kann eine entsprechende Ausbildung nicht ersetzen. Trifft dies zu, sollte auf fachlichen Rat nicht verzichtet werden. Denn sonst kann es dazu kommen, dass man sich falsche Kaufpreisvorstellungen macht und schlimmstenfalls einen zu hohen Preis bezahlt. Genauso kann es jedoch sein, dass die eigenen Kaufpreisvorstellungen deutlich unter dem nach üblichen Bewertungsmethoden errechneten Preis liegen und somit weitere Verhandlungen obsolet sind, da der Verkäufer in den allermeisten Fällen mindestens den marktüblichen Wert erzielen möchte.

53

So kommt es in der Praxis vor, dass die Unternehmenskaufpreise zwar im Ansatz richtig ermittelt werden, jedoch kalkulatorische Kosten, deren Berücksichtigung notwendig ist, einfach nicht zum Ansatz gebracht werden (häufig der Unternehmerlohn beim Einzelunternehmen und bei Personengesellschaften). Dadurch kann sich ein viel zu hoher Unternehmenskaufpreis ergeben, der sich nie amortisieren können wird. Eine gute Beratung kann hier eine sinnvolle Investition sein, die sehr viel Geld spart. Die in der Praxis gängigen Bewertungsverfahren werden im Kapitel 7 („Unternehmensbewertung“) vorgestellt und näher erläutert. Die in Kapitel 4 aufgeführten Checklisten und das Unterkapitel 4.7.9 Bilanzanalyse sind dem Buch „Unternehmenskauf und Anteilserwerb durch ManagementBuy-out/-Buy-in“ (u. a. Andreas Sattler, Peter Jursch) entnommen, expert verlag 2006.

4.8 Die richtige Vorgehensweise beim Unternehmenskauf Wie bereits mehrfach aufgezeigt, können mit einem Unternehmenskauf erhebliche Gefahren und Risiken verbunden sein. Deshalb gilt: Je gründlicher ein Unternehmenskauf geplant wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass solche Gefahren und Risiken umschifft werden. Als Erwerber ist man daran interessiert einen möglichst geringen Preis für das Wunschunternehmen zu bezahlen. Der Verkäufer wird verständlicherweise gerade das Gegenteil anstreben. So verbinden sich mit dem Kaufobjekt auf Seiten des Käufers und Verkäufers ganz unterschiedliche Wertvorstellungen, die sich im Verlauf des Kauf- und Verhandlungsprozesses angleichen und ihren Ausgleich in Form eines Kaufpreises und verschiedener Bedingungen finden – oder eben nicht. Ein Unternehmenskauf ist ein Entscheidungsprozess, bei dem es erforderlich ist, gedanklich vorwegzunehmen, was in Zukunft passieren wird. Die Tragweite einer derartigen Entscheidung macht ein sorgfältig geplantes und gut strukturiertes Vorgehen notwendig. Erfahrungsgemäß unterschätzen Interessenten die zeitlichen und inhaltlichen Gegebenheiten eines solchen Prozesses meistens. 4.8.1

Die Initialphase

Die Entscheidung, ein Unternehmen zu kaufen, ist gefallen. Jetzt muss man sich über die eigenen Möglichkeiten und Wünsche bewusst werden: Wie hoch kann das Investment ungefähr sein? In welcher Branche will man Fuß fassen? Wie groß soll das Objekt sein (wie viel Umsatz, wie viele Mitarbeiter etc.)? Will man sich bei der Suche auf wenige Regionen beschränken oder ist man geografisch ungebunden? Sind die Antworten auf diese Fragen gefunden, beginnt ein sehr zeitaufwendiger Prozess, die Unternehmenssuche.

54

4.8.2

Die Prüfphase

Der erste Schritt ist die Kontaktaufnahme mit dem Verkäufer. Sie kann entweder selbständig erfolgen oder durch einen Berater. Danach finden erste Gespräche und Prüfungen statt. Eine Auswahl zwischen mehreren Objekten ist wünschenswert, aber oft leider nicht gegeben. Wenn jedoch eine Auswahlmöglichkeit vorhanden ist, dann wird jetzt eine erste Vorauswahl getroffen. Wie bereits im Kapitel 4 „Unternehmenskauf“ beschrieben, ist es außerordentlich wichtig, die Verkaufsmotivation herauszufinden und zu analysieren. Bei der weiteren Vorgehensweise kommen die Checklisten (siehe Kapitel 4.7.1 bis 4.7.8) ins Spiel. Anhand dieser Listen ist zu recherchieren, ob K.O.- Kriterien existieren und deshalb das Angebot auf keinen Fall weiterverfolgt werden sollte. Mit etwas Glück ist das Ergebnis dieser Phase ein Angebot oder besser mehrere Angebote, die so interessant sind, dass sich eine aufwendigere Prüfung lohnt. Im gegenteiligen Fall muss die Suche nach passenden Angeboten wieder aufgenommen werden. In dieser Phase wird der Kaufinteressent oft mit dem Wunsch des Verkäufers konfrontiert, dass von seinen Verkaufsabsichten absolut nichts nach außen sickern soll. Das ist einerseits verständlich, andererseits darf dieser Wunsch vom Verkäufer nicht dazu als Vorwand genommen werden, die Herausgabe von Unterlagen, die zur Beurteilung seines Unternehmens unabdinglich sind, zu verhindern oder eine Besichtigung des Unternehmens zu verwehren. Ein Unternehmen muss immer besichtigt werden, wenn man sich ein vernünftiges Bild machen möchte. Dazu müssen aber unbedingt reale Bedingungen vorherrschen. Im Klartext heißt das, dass eine Besichtigung an sich nur während der Arbeitszeit sinnvoll ist. Nur dann besteht die Möglichkeit etwas von der Motivation und Altersstruktur der Mitarbeiter, deren Disziplin und der allgemeinen Organisation zu erfahren. Zusätzlich lassen sich nur so Schlüsse über die Kapazitätsauslastung ziehen. Es ist wohl in jedem Unternehmen üblich, dass ab und an Besucher kommen. Genau das muss dem Verkäufer klar gemacht werden. Natürlich kann man die entsprechenden Gespräche und Verhandlungen außerhalb des Unternehmens führen und selbst alles tun, damit dem Geheimhaltungsinteresse des Verkäufers Rechnung getragen wird. Wenn letzterer sich aber partout weigert, einer Betriebsbesichtigung während der Arbeitszeit zuzustimmen, dann ist meist irgendwas nicht in Ordnung. Auch die manchmal vorgebrachten Argumente, häufige Besuche – und dazu auch noch solche – würden Unruhe unter der Belegschaft hervorrufen, kann man nur zum Teil akzeptieren. Gute Mitarbeiter brauchen in der Regel um ihren Arbeitsplatz nicht zu fürchten.

55

4.8.3

Die Bewertung und Detailanalyse

Nun wird es wesentlich aufwendiger. Es ist Folgendes zu tun: • Das Objekt prüfen, z. B. anhand der Checklisten (siehe Kapitel 4 „Unternehmenskauf“: 4.7.1 bis 4.7.8) • Analyse des Verkaufsgrundes (der wirkliche Anlass stellt sich oft nach mehreren Gesprächen, vielleicht abends nach dem zweiten Glas Wein, heraus) • Prüfen der Haftungsgesichtspunkte (siehe Kapitel 10 „Rechtliche Aspekte beim Unternehmenskauf: 10.2.12, 10.2.15, 10.2.17, 10.4.1 bis 10.4.6 ) • Ermittlung des Unternehmenswertes und Festlegen eines „Einstiegsangebotes“ und des Kaufpreises, den man maximal zu bezahlen bereit ist (siehe Kapitel 7: „Unternehmensbewertung“) • Prüfen der Finanzierungsmöglichkeiten (siehe Kapitel 9 „Finanzierung des Unternehmenskaufs“: 9.2.2) • Beleuchten der steuerlichen Aspekte. Man sollte sich auch mit der steuerlichen Situation des Verkäufers vertraut machen, da Gestaltungsmöglichkeiten in diesem Bereich für Erfolg oder Scheitern verantwortlich sein können (Kapitel 8 „Steuerliche Aspekte beim Unternehmenskauf und -verkauf“) Um sich einen besseren Überblick während dieser Phase verschaffen zu können, hilft es mit den Checklisten zu arbeiten und Tabellen zu erstellen. Folgendes Beispiel über die Mitarbeiter- und Kundenstruktur kann analog auch auf andere Aspekte übertragen werden. Eine sinnvolle Aufstellung könnte folgendermaßen aussehen:

Tabelle – Mitarbeiterstruktur Name

Funktion

Eintritt am

Alter

Bruttovergütung p. a.

Herr Kaiser

Prokurist

01.04.2000

40

90.000 EUR

Herr Krieger

Arbeiter

08.09.2008

24

45.000 EUR

Frau Will

Buchhalterin

01.01.1995

33

40.000 EUR

56

Tabelle – Kundenstruktur Kunde

Geschäftssitz

Umsatz EUR

2007 %

Umsatz EUR

2008 %

Maier GmbH

Stuttgart

1.100.000

35

1.190.000

38

Weiser OHG

Augsburg

880.000

24

733.000

20

Firma Kolb

München

560.000

9

750.000

12

Ein entscheidendes Element dieser Phase ist die Absichtserklärung. Um die Ernsthaftigkeit zu unterstreichen oder auch den Verkäufer zu binden, wird nun ein Vorvertrag oder ein so genannter „Letter of Intent“ unterzeichnet. Er garantiert dem Käufer üblicherweise einen zeitlich begrenzten Anspruch auf Exklusivität und enthält die wesentlichen Eckdaten des späteren Kaufvertrages. 4.8.4

Due Diligence

Nach dem Unterzeichnen des „Letter of Intent“ folgt in der Regel die „Due Diligence-Prüfung“. Für die Durchführung wird im LOI ein angemessener Zeitraum festgelegt. Dem Wortlaut nach bedeutet Due Diligence die gebotene Sorgfaltspflicht. Doch in der M&A-Branche versteht man darunter eine mit höchster Sorgfalt durchgeführte Prüfung des Zielobjekts. Im Grunde wird dabei das Zielunternehmen auf Herz und Nieren geprüft, um mögliche K.O.-Kriterien ans Tageslicht zu bringen und so Risiken vor dem Vertragsabschluss zu minimieren oder ggf. ganz vom Kauf abzusehen. Gleichzeitig ist die Due Diligence die wichtigste Grundlage für die Kaufpreisverhandlungen. Im Mittelpunkt steht die Analyse in den Segmenten Betriebswirtschaft, Steuern und Recht. Je nach Branche, Ausrichtung und Tätigkeitsbereich des Zielunternehmens sollte auch auf den Gebieten Technik, Umwelt, Mitarbeiter, Marktsituation etc. geprüft werden. Für den Käufer ist die Due Diligence eine Entscheidungshilfe. Nach der sorgfältigen Prüfung werden alle Stärken und Schwächen des Zielobjektes aufgedeckt und es gilt im Folgenden abzuwägen, ob der Kauf noch sinnvoll ist. Je nachdem, welche Vorerfahrung und Stärken der Kaufinteressent mit sich bringt, kann er unter seiner Führung die rückständigen Bereiche womöglich in eine positive Richtung lenken. Dem Anschein nach schwache Unternehmen, können deshalb für manchen Käufer trotzdem interessant sein. Eine weitere Funktion erfüllt die Due Diligence in Form der Dokumentation des Informationsflusses zwischen Veräußerer und Kaufinteressent. Die anfängliche Informationsasymmetrie bezüglich des Unternehmenszustandes wird während der Due Diligence kontinuierlich abgebaut, da der Veräußerer dem Kaufinteres57

senten betriebsinterne Informationen für die Unternehmensprüfung zur Verfügung stellt. Auf diese Weise lässt sich nachträglich bestimmen, welche Informationen ausgetauscht wurden und ob diese für eine sorgfältige Durchführung der Due Diligence ausreichend waren. Unterschlägt der Veräußerer kritische Unterlagen arglistig, wirkt sich das natürlich auf die Entscheidungsgrundlage des Kaufinteressenten negativ aus. Stellt der Käufer nach dem Closing fest, dass ihm Informationen vorenthalten wurden, die seine Kaufentscheidung beeinflusst hätten und sich das Unternehmen in einer schlechteren Verfassung befindet, als er bisher angenommen hat oder er annehmen konnte, so hat er unter Umständen das Recht, vom Kaufvertrag zurück zu treten. Damit erfüllt die Due Diligence auch eine Schutzfunktion für den Kaufinteressenten. In der Praxis wird nicht immer eine vollständige Due Diligence in allen Bereichen vorgenommen. Das hat entweder zeitliche oder finanzielle Gründe. Für eine sorgfältige Prüfung müssen unbedingt professionelle Berater beauftragt werden, die je nach Umfang der Due Diligence nicht unerhebliche Kosten verursachen. Anhängig vom Transaktionsvolumen kann die Relation zwischen Kaufpreis und Kosten für eine Due Diligence ausschlaggebend dafür sein, nur bestimmte Arten von Due Diligence-Prüfungen durchzuführen. Die wichtigsten werden im Folgenden aufgelistet: • Basic Due Diligence o Grunddaten o Unterlagen o Allgemeines • Financial Due Diligence o Rechnungswesen o Jahresabschlüsse/ Planzahlen o Liquiditätspläne • Commercial Due Diligence o Markt o Wettbewerbssituation o Geschäftsmodell • Tax Due Diligence o Steuerliche Risiken • Legal Due Diligence o Interne Rechtsstruktur o Externe Rechtsstruktur o Rechtsstreitigkeiten 58

• Marketing Due Diligence o Branche o Absatz • Technical Due Diligence o o o o

Leistungserstellung Beschaffung Modernisierungspotenzial Forschung und Entwicklung

• Enviromental Due Diligence o o o o o

Allgemeines Produkte und Produktprozesse Luft/Wasser Gefahrstoffe Abfall

• Organisational Due Diligence o Organisationsstruktur o Informationstechnologie • Human Ressources o Management o Mitarbeiter 4.8.5

Die Verhandlungsphase

In dieser Phase stehen die Kaufpreisverhandlungen im Vordergrund. Entweder geht man auf das konkret vorliegende Angebot des Verkäufers ein oder unterbreitet selbst eines. Der Kaufinteressent geht mit dem oben genannten „Einstiegsangebot“ in die Verhandlungen. Dabei muss das „Einstiegsangebot“ zwei Kriterien erfüllen. Es muss einerseits Luft nach unten lassen, aber andererseits nicht unfair niedrig sein. Viele Verkäufer betrachten ihr Unternehmen als Lebenswerk, was es auch oft ist. Zum Teil bestehen utopische Vorstellungen über den Unternehmenswert und es hilft dann nichts anderes, als die „Schocktherapie“ anzuwenden. Verkäufer, die utopische Vorstellungen haben, können manchmal durch das simple Vorrechnen, dass eine Amortisation des geforderten Kaufpreises mit diesem Unternehmen nie möglich sei, überzeugt werden. Doch gerade eine „Schocktherapie“ ist nur in Maßen zu ertragen. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass der Verkaufswillige sein Angebot zurück zieht und die Verhandlungen abbricht. 59

Manchmal wollen weder Käufer noch Verkäufer die Ersten sein, die mit einem Angebot herausrücken. Das führt oft zu den seltsamsten Gesprächssituationen. Da meistens Verkäufer zuviel verlangen und Käufer meist zu wenig bezahlen wollen, kann man als Käufer ruhig mit einem geringen „Einstiegsangebot“ beginnen. Die Chance, dass dieses bereits höher liegt, als das, was sich der Verkäufer vorgestellt hat, ist gering und zeigt im Extremfall das Unvermögen einer Seite, den Wert des Unternehmens richtig einzuschätzen. Die Verhandlungsphase ist meist besonders interessant. Denn jetzt kommen die wahren Charakterzüge zum Vorschein und es zeigt sich, wer etwas vom Verhandeln versteht und wer nicht. Auf jeden Fall sollte fair verhandelt werden. Ein Berater eines Verkäufers, der durch unrealistische Forderungen den Kauf objektiv zum Scheitern bringt, ist genauso unfair wie ein Käufer, der von einem kränkelndem Unternehmer kaufen will, der deshalb unter Zeitruck verkaufen muss und diesen immer und immer wieder hinhält, bis dieser zu ungünstigen Konditionen zu verkaufen bereit ist. 4.8.6

Die Durchführungsphase

Ist die Verhandlungsphase erfolgreich verlaufen, haben sich also Kaufinteressent und Verkaufswillige auf einen Veräußerungspreis geeinigt, dann haben beide einen der schwierigsten Abschnitte beim Unternehmenskauf und -verkauf hinter sich gebracht. Jetzt gilt es, die Zahlungsmodalitäten zu klären und die Gestaltung des Kaufvertrages auszuarbeiten. Alle erkennbaren Risiken und Eventualitäten, die sich insbesondere aus der Bewertung und Detailanalyse ergeben, müssen Eingang in den Vertrag finden. Auf die umfangreichen Verhandlungen im Bereich des Kaufvertrages wird an dieser Stelle nicht eingegangen. 4.8.7

Die Übergabephase

Die Übergabephase kann möglichst kurz sein, hauptsächlich dann, wenn der frühere Inhaber nicht mitarbeitet. Sie kann sich aber auch über einige Jahre ausdehnen, wenn der Käufer sukzessive in die Beziehungen mit dem Kunden einsteigt und sich einarbeitet. Im Laufe der Zeit zeigt sich nun, ob der Kauf richtig war. Es können aber auch Abweichungen von der ursprünglichen Planung auftreten, die dann hoffentlich korrigiert werden können. Zudem besteht jetzt die Möglichkeit zu kontrollieren, ob die Angaben, auf deren Grundlage die Kaufentscheidung gefällt wurde, stimmen, d. h. der Verkäufer die richtigen Informationen zur Verfügung gestellt hat. Ist das nicht der Fall, so sollten rasch Gewährleistungsansprüche gegen den Verkäufer geltend gemacht werden. Es kann darauf hinauslaufen, dass ein geminderter Kaufpreis bezahlt werden muss. Natürlich lässt sich dieses Problem leichter bewältigen, wenn der Kaufpreis noch nicht gezahlt wurde. Weiterhin stehen noch folgende Optionen offen: Schadensersatz wegen Nichterfüllung oder gar eine Rückabwicklung des Vertrages. 60

5 Unternehmensverkauf Andreas Sattler, Rüdiger Seng 5.1 Der richtige Verkaufszeitpunkt Wann soll ein Unternehmer seine Firma verkaufen? Mit 40, 50, 60 oder doch erst mit 70 Jahren? Leider kann dafür keine pauschale Antwort gegeben werden, denn sie hängt viel zu sehr von der individuellen Situation des Einzelnen ab. Deshalb kann darauf eine Antwort erst dann gegeben werden, wenn der Blickwinkel des Betrachters eingehend untersucht wurde. Also gilt es genau zu überlegen und alle Aspekte, sowohl aus unternehmerischem als auch privatem Standpunkt, gegeneinander abzuwägen, um eine richtige Entscheidung zu treffen. Es kommt also darauf an! Die Entwicklung am Markt zeigt, dass es eine immer größer werdende Gruppe von Unternehmern gibt, die zu einem Zeitpunkt verkaufen, der einer Zuordnung aus Altersgründen widerspricht. Erfahrungsgemäß sind das Unternehmer, die das Unternehmen selbst aufgebaut haben und es Jahrzehnte führten. Bei manchen dieser Personen macht sich eine gewisse Unlust breit und sie kommen zu dem Schluss, im Leben auch noch anderes tun zu wollen, als dieses eine Unternehmen zu führen. Andere Unternehmer, in der Regel dann etwas ältere als vorstehende Gruppe, möchten oder können ganz aufhören zu arbeiten und haben auch nicht vor, noch etwas anderes Unternehmerisches anzupacken. Vielmehr verknüpfen sie ein besseres und anderes Leben mit viel Freizeit und persönlichem Entscheidungsfreiraum außerhalb des Unternehmens. Wieder andere verkaufen aus Altersgründen entweder rechtzeitig, zu spät oder viel zu spät. Ein Unternehmer verkauft dann rechtzeitig aus Altergründen, wenn er nach wie vor auf der Höhe seiner Kraft ist und das Unternehmen voll im Griff hat. Mit anderen Worten heißt das, dass es bisher keine gravierenden Umsatzund Ertragseinbrüche aus diesem Grund gibt und er so das Unternehmen „in Hochform“ oder zumindest „in guter Form“ anbieten und auch in der Regel gut verkaufen kann. Der Verkaufszeitpunkt in diesem Sinne mag beim einen Unternehmer im Alter von 50 erfolgen, beim anderen mit Mitte 60 oder in Einzelfällen auch älter. Dies wird der Unternehmer jedoch nur schaffen, wenn er sich rechtzeitig um den Verkauf bemüht. Mancher Unternehmer verkauft leider in einem Alter oder gesundheitlichem Zustand, in dem er von einem potenziellen Käufer regelrecht „erpresst“ wird, weil er schnellstmöglich verkaufen muss. Dies hat zur Folge, dass ein Kaufpreis, den man vielleicht vor ein oder zwei Jahren noch hätte erzielen können, bei weitem

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nicht mehr erreicht werden kann und man sich auf Verkäufergewährleistungen einlässt, die man sonst nicht akzeptiert hätte.

Viel zu spät verkauft ein Unternehmer dann, wenn er nicht mehr Herr seines Unternehmens ist, die Mitarbeiter sich mit Abwanderungsgedanken tragen oder zum Teil bereits gekündigt haben, weil sie nicht wissen, wie es weitergeht. In den meisten Fällen wird zu diesem Zeitpunkt das Unternehmen nicht mehr weiter entwickelt und es machen sich deutliche Umsatz- und Ertragseinbrüche bemerkbar. Diese Unternehmer haben oft nicht mehr die Kraft, überhaupt jemanden mit der Veräußerung ihres Unternehmens zu beauftragen. Sie denken, es wird doch noch einmal besser oder es passiert noch irgendein Wunder. Diese Situation führt manchmal zur absoluten Unverkäuflichkeit eines Unternehmens, mit der Folge einer stillen Liquidation oder einer Insolvenz. Als Fazit lässt sich feststellen, dass ein Unternehmer seine Firma verkaufen sollte, wenn es ihm selbst gesundheitlich und privat gut geht und die Zukunftsaussichten positiv sind. Als Unternehmer sollte man sich auch fragen, ob man seine Firma selbst kaufen würde. Wenn die Antwort „ja“ lautet und man selbst dazu bereit und das übrige Umfeld mit dieser Entscheidung einverstanden ist, dann lässt sich mit Gewissheit sagen, dass es keinen besseren Zeitpunkt dafür geben wird.

5.2

Der richtige Käufer

Für manchen Unternehmer ist von Anfang an klar, dass das Unternehmen innerhalb der Familie weitergeführt wird. Denn er hat den „passenden Sohn/Schwiegersohn“ oder die „passende Tochter/Schwiegertochter“. Er sollte sich allerdings davor hüten, Söhne oder Töchter dazu zwingen, in das Unternehmen einzutreten. Besser ist es, wenn die Möglichkeit dafür gegeben ist, den Sohn oder die Tochter Erfahrungen außerhalb des eigenen Unternehmens sammeln und dann frei entscheiden zu lassen, ob er oder sie das Unternehmen übernehmen möchte. Eine Alternative dazu ist, den Sohn oder die Tochter für eine begrenzte Zeit im Unternehmen einzuarbeiten, um zu sehen, ob es wirklich passt. Allerdings sollte durchaus eine Frist gesetzt werden, bis zu der eine Entscheidung gefallen sein muss. Es kann auch der Weg über den so genannten Management-Buy-out (MBO) gewählt werden. Bei einem MBO wird das Unternehmen von einem oder mehreren Mitarbeitern, die bereits im Unternehmen tätig sind, übernommen. Meist handelt es sich hierbei um Mitarbeiter der zweiten Führungsebene, wie z. B. Prokuristen, Betriebsleiter o. Ä. Oft trauen jedoch die Unternehmer, die ausscheiden wollen, ihren langjährigen Mitarbeitern eine Übernahme nicht zu. Viele Fälle beweisen jedoch, dass es diese Menschen schaffen können, wenn sie nur die Möglichkeit dazu bekommen. Für einen solchen Fall empfiehlt es sich, 62

Vertrauensleute heranzuziehen, die den oder die Mitarbeiter ggf. nach Abgabe einer Vertraulichkeitserklärung ansprechen. Diese Dritten können z. B. Berater des Unternehmens, ein eventueller Beirat oder andere sein. Nicht selten wird ein MBO wieder verworfen, weil die Unternehmer diesem Personenkreis eine Übernahme in finanzieller Hinsicht nicht zutraut. Eine Vielzahl von Übernahmen beweisen jedoch, dass bei Anwendung entsprechender Finanzierungsmodelle mit kleinen Summen großer Kapitalbedarf finanziert werden kann. Näheres dazu wird im Kapitel „Finanzierung“ erläutert. Der MBO kann möglicherweise mit einem Mitarbeiterbeteiligungsmodell verbunden werden, um entweder die Finanzierung auf eine breitere Basis zu stellen oder um die Übernahme abzusichern. Dabei muss man davon ausgehen können, dass ein Kapitalbeteiligungsmodell für die Mitarbeiter tatsächlich motivierend wirkt, was jedoch in manchen Fällen leider nicht gegeben ist. Eine zunehmend wichtigere Rolle spielt hierbei die so genannte „kleine AG“. Diese durch das Aktiengesetz ermöglichte mittelstandsfreundliche „Sonderform“ der AG bietet in diesem Zusammenhang gute Möglichkeiten. Nachfolgeregelungen durch MBO sowie einer Mitarbeiterbeteiligung lassen sich mit einer kleinen AG unter Umständen elegant lösen, ohne dass die Vielzahl der nun beteiligten Mitarbeiter der Geschäftsführung bzw. dem Vorstand in das operative Geschäft hineinreden können. Manchmal kann es angebracht sein, als veräußerungsinteressierter Unternehmer doch nicht zu veräußern, sondern die Anteile dauerhaft oder auch nur für begrenzte Zeit zu behalten und einen Fremdgeschäftsführer einzustellen. Dieser Fremdgeschäftsführer muss mit großer Sorgfalt gesucht und beurteilt werden. Um bezüglich seiner Qualifikation wirklich sicher sein zu können, sollte man eventuell solchen Personen den Vorzug geben, die nachweisen können, dass sie ein ähnliches Unternehmen, ggf. auch ein kleineres Unternehmen, mit Erfolg geführt haben. Allerdings erweist sich ein Fremdgeschäftsführermodell nicht für alle Fälle als richtig. Werden die Anteile am Unternehmen irgendwann auf die nächste Generation vererbt, so haben die Erben in der Funktion als Gesellschafter einer GmbH nahezu unbegrenzte Weisungsbefugnisse gegenüber diesem Fremdgeschäftsführer und damit mannigfaltige Einflussmöglichkeiten. In manchen Fällen sind die sehr jungen Erben oder auch die Vertreter dieser Erben – sofern diese noch unmündig sind – nicht in der Lage, unternehmerische Entscheidungen zu treffen. Wenn die Junioren dem qualifizierten Fremdgeschäftsführer in allen Kleinigkeiten des operativen Geschäftes Weisungen geben, dann sollte lieber eine andere Form der Nachfolgeregelung gewählt werden. Neben dem oben genannten MBO gibt es den Management-Buy-in (MBI). Dahinter verbirg sich das gleiche Prinzip wie bei einem MBO, nur mit dem Unterschied, dass der neue Geschäftsführer oder ein Team von Führungskräften noch nicht im Unternehmen tätig waren und das Unternehmen erwerben möchten. Können diese die Finanzierung nicht alleine aufbringen, so können öffentliche Förderprogramme und/oder Beteiligungsgesellschaften sowie ggf. Privatinvesto63

ren die Finanzierung unterstützen. Auch bei der Auswahl der MBI-Kandidaten sollte mit großer Sorgfalt vorgegangen werden, da diese im Gegensatz zu den Fremdgeschäftsführern Eigenkapital einbringen und meist langfristig mit dem Unternehmen verbunden sind. Manchmal wird vereinbart, dass der MBI-Kandidat zunächst einige Zeit als Fremdgeschäftsführer arbeitet. In der Regel reicht ein Jahr, bis beide Seiten wissen, ob eine weitere Zusammenarbeit sinnvoll ist. Ist dies der Fall, so kann eine schrittweise Beteiligung oder ein Kauf des gesamten Unternehmens zu einem bestimmten Zeitpunkt erfolgen. Ein besonderes Interesse zeigen meist Wettbewerber, um einen Konkurrenten zu erwerben. Deshalb sind diese in der Regel auch eher bereit, Preise über dem Marktwert zu bezahlen. Der vorgenannte positive Faktor kann sich jedoch schnell als große Gefahr herausstellen. Denn es gibt einige Risiken, die der Verkaufswillige zu beachten hat, wenn er einem Wettbewerber sein Unternehmen anbietet. Hält sich dieser nicht an die unterschriebene Geheimhaltungserklärung, so kann es durch Indiskretionen zu erheblicher Schädigung am Markt kommen, die wiederum wirtschaftlich negative Folgen mach sich zieht. Denn es ist für einen Wettbewerber meist noch vorteilhafter, einen Konkurrenten vom Markt zu drängen, als ihn zu kaufen. Obwohl der Verkaufswillige bei einem Verkauf an Wettbewerber immer versierte Berater einschalten wird, die die Identität des Objekts möglichst lange geheim halten, kann er sich vor diesen Folgen nie sicher sein. In manchen Fällen empfiehlt es sich, ganz davon abzusehen, dem Wettbewerber sein Unternehmen anzubieten. Stattdessen sollten andere Käufergruppen gesucht werden, auch wenn diese einen niedrigeren Kaufpreis bezahlen. Eine weitere Zielgruppe zum Verkauf des Unternehmens sind so genannte „Synergiekäufer“. Der strategische Ansatz hinsichtlich der Kaufpreishöhe ähnelt der Herangehensweise der Wettbewerber. Zwar sind Synergiekäufer keine direkten Wettbewerber, dennoch erzielen sie durch den Zukauf Synergieeffekte, weil sie z. B. die gleiche Kundenzielgruppe haben und dadurch ihren Markt vergrößern oder ihr Produktprogramm abrunden. Weil ein solcher Synergieeffekt wirtschaftlich sinnvoll sein kann, sind die Synergiekäufer oftmals auch bereit, einen höheren Kaufpreis zu bezahlen als MBI- oder MBO-Kandidaten. Denn diese müssen allein aus den laufenden Erträgen den Kaufpreis amortisieren. Daneben können sich auch Finanzinvestoren als lukrative Käuferschicht erweisen. Dabei unterscheidet man zwischen Beteiligungsgesellschaften, oder Private Equity Gesellschaften genannt, und privaten Finanzinvestoren. Ein Unternehmen ist für solche Kaufinteressenten jedoch erst dann interessant, wenn es bestimmte Kriterien hinsichtlich der Größe und Struktur erfüllt. Zumindest Kapitalbeteiligungsgesellschaften betreiben das aktive Geschäft oft nicht selbst, sondern benötigen ihrerseits wieder MBI-Kandidaten oder Fremdgeschäftsführer. Darin sind auch so genannte Industrieholdings enthalten, die sich auf Branchen spezialisiert haben wie z. B. die Elektronikbranche oder den Maschinenbau und die in dieser Branche mehrere Beteiligungen erwerben und dadurch sich innerhalb der Bran64

chenholding Synergieeffekte erhoffen. Bei den privaten Finanzinvestoren gibt es zum einen die Business Angels und zum anderen auch so genannte Family Offices. Business Angels beteiligen sich üblicherweise an Unternehmen in einer sehr frühen Phase (Seed-Phase bzw. Start-up-Phase) und stellen dem Unternehmen neben Kapital auch Know-how und Kontakte zur Verfügung. Family Offices bündeln den Familienbesitz von meist sehr vermögenden Familien in einer Gesellschaft und beteiligen sich unter anderem direkt an Unternehmen oder aber indirekt an Beteiligungsgesellschaften. Meistens üben sie im Vergleich zu den Business Angels eher weniger Einfluss auf das operative Geschäft aus. Die hier aufgearbeiteten Überlegungen entscheiden in der Praxis über Erfolg oder Misserfolg eines Verkaufs oder einer Nachfolgeregelung. Wird, aus welchen Gründen auch immer, die falsche Zielgruppe angesprochen, scheitert der Verkauf möglicherweise gänzlich oder ein zu niedriger Kaufpreis wird erzielt. Es lohnt sich also deshalb, diese Punkte genau zu bedenken, bevor man mit der Vermarktung des Unternehmens beginnt.

5.3 Suche nach Käufern Bisher wurde besprochen, wer die geeigneten Käufer sind, die Frage danach wo man ihn findet, jedoch außer acht gelassen. Hat der Verkaufswillige nicht den passenden Nachfolger in der Familie oder einen geeigneten MBI- oder MBOKandidaten, wird er nicht umhinkommen, sein Unternehmen auf dem Markt anzubieten. Generell können die im Kapitel „Unternehmenskauf“ genannten Unternehmensbörsen zum Inserieren genutzt werden. Dort lässt sich aber auch direkt nach Kaufinteressenten oder Existenzgründern suchen. Auch bieten einige Banken einen ähnlichen Service an und haben MBI-Kandidaten, die derzeit suchen, im Bestand. Über das Internet sind verschiedene, anonymisierte Angebots- und Gesuchdateien der Banken oder auch von Vermittlungsdiensten einsehbar. So z. B. Cobis Gesellschaft für Unternehmensmarktdienste mbH, die unter http://www.cobis.de zu finden ist. Leider haben manche Börsen einen entscheidenden Nachteil. Der Verkaufswillige muss direkt mit den Kaufinteressenten kommunizieren. Dies bedeutet, dass bereits beim Erstkontakt die Identität preisgegeben werden muss. Es gibt allerdings eine andere Form der Käufersuche. Dabei definiert der Verkaufswillige zunächst eine potenzielle Käuferschicht. Das können beispielsweise Wettbewerber sein, die sich innerhalb eines geographisch abgegrenzten Gebiets befinden, oder die eine bestimmte Umsatzgröße und Mitarbeiteranzahl aufweisen, aber auch andere Unternehmen mit Synergiemöglichkeiten. Ist diese Vorarbeit geleistet, beginnt die Suche mit Hilfe einer Datenbankrecherche, die von Spezialisten durchgeführt wird. Das sind in der Regel Industriemakler, Vermittler oder M&A-Professionals, die über eine spezielle Software für die Bearbeitung 65

und den Search von M&A-Mandanten verfügen. Dieses Programm ermöglicht es in kürzester Zeit, für ein verkaufendes Unternehmen den passenden Käufer auszuwählen. Das liegt an der Möglichkeit, entscheidende Suchkriterien wie Umsatz, Mitarbeiterzahl, EBIT, Standort usw. in einer Datenbank zu speichern und bei der Suche nach geeigneten Käufern mit deren Anforderungen abzugleichen, um Anbieter und Nachfrager zusammenfügen zu können. In diesem Sinne wird der beauftragte Berater, je nach Anzahl der identifizierten potenziellen Kaufinteressenten, diese entweder per Brief oder auch persönlich ansprechen und daraus einen Marktüberblick über zum Verkauf stehende Unternehmen einer bestimmten Branche in einem bestimmten Raum, sowohl regional, national oder international erstellen. Konzentriert sich die Suche auf Finanzinvestoren, also beispielsweise auf Kapitalbeteiligungsgesellschaften oder Industrieholdings, können diese über entsprechende Verbände wie z. B. den Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften, Berlin, entsprechende Branchenbücher oder -CDs herausgefunden werden.

5.4 Dauer einer Transaktion An erster Stelle steht die Entscheidung des Unternehmers, seine Nachfolge zu regeln bzw. grundsätzlich zu verkaufen. Ab diesem Zeitpunkt hängt die Dauer bis zum erfolgreichen Abschluss einer Transaktion von zahlreichen Faktoren ab. In der Regel vergehen vom Erstgespräch zwischen Verkaufs- und Kaufinteressent bis zum Abschluss des Kaufvertrages neun bis zwölf Monate. Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass sich die Dauer der Transaktionen tendenziell eher verkürzt. Selbst wenn sich beide Parteien schnell bzgl. Kaufpreis, Vertragsbedingungen etc. einig werden, dauert die Abwicklung der Transaktion mindestens drei bis vier Monate. Eine solch kurze Dauer stellt zwar eher eine Seltenheit dar, dennoch ist es nicht auszuschließen – insbesondere dann, wenn der „richtige Käufer“ schnell gefunden wurde. Andererseits können ein Search und die darauf folgende Transaktion auch zwei bis fünf Jahre dauern, sofern sich die Suche nach geeigneten Käufern sehr lange hinzieht und es danach nahezu „endlose“ Verhandlungen zwischen Käufer und Verkäufer gibt. Sogar Unternehmen, die als leicht verkäuflich eingestuft werden, können sich statt des erwarteten halben Jahres manchmal zwei Jahre hinziehen. Dieser Fall tritt dann auf, wenn ein Kaufinteressent, mit dem sehr intensiv verhandelt wurde und fast handelseinig war, plötzlich abspringt. Wenn dann keine weiteren Kaufinteressenten vorhanden sind, muss die Suche wieder von vorne beginnen. Vor dieser Gefahr kann sich ein Verkaufwilliger kaum schützen, da er die Hintergründe des Kaufinteressenten nicht hinreichend kennt. Der Verkäufer sollte jedoch durch entsprechende Formulierungen im LOI (Letter of Intent) verhindern, 66

dass der Kaufinteressent ohne nachvollziehbare Gründe von seinem Kaufinteresse ablässt. Dies kann beispielsweise durch die Vereinbarung von Break-up-Fees erreicht werden. Dadurch kann bis zu einem gewissen Grad verhindert werden, dass sich beispielsweise ein Wettbewerber sehr detaillierte Informationen im Rahmen der Due Diligence vom Veräußerer beschafft und danach ohne nachvollziehbare Gründe vom Kauf zurücktritt. Professionelle Käufer (wie z. B. Private Equity Gesellschaften) verhalten sich oftmals (zumindest aus ihrer Sicht) taktisch sehr geschickt und zögern einen Kauf bewusst hinaus. Dies kann beispielsweise durch eine mehrfache Verschiebung von Terminen oder aber auch dadurch erfolgen, dass laufend ein Gremienvorbehalt als Grund für den verzögerten Abschluss der Transaktion angegeben wird. Dies fällt dann besonders leicht, wenn sie die einzigen Kaufinteressenten sind. Deshalb ist es aus Verkäufersicht von entscheidender Bedeutung, so lange wie möglich parallel mit mehreren Kaufinteressenten zu verhandeln und somit den zeitlichen Druck auf alle Interessenten aufrecht zu erhalten. Manch Verkaufswilliger beugt sich der Zwanglage und reduziert seine Kaufpreisforderung. Andere können aus finanzieller Sicht durchhalten und beweisen gleichzeitig, dass ihr Unternehmen über längere Zeit entsprechend rentabel und „stabil“ ist, dafür müssen sie evtl. gesundheitliche Risiken auf sich nehmen oder ihre Lebensplanung nach dem Verkauf neu ordnen. Ob ein Unternehmer dazu bereit ist, einen längeren Zeitraum für den Verkauf seines Unternehmens zu investieren, hängt sehr stark von seiner individuellen Situation ab. Zusammenfassend gibt es gute Gründe aus Sicht aller Beteiligten, die Dauer des Prozesses so kurz wie möglich zu halten. Wesentlich ist, dass das operative Geschäft durch die zusätzlichen Belastungen durch den Verkauf nicht leidet. Dies kann umso besser erreicht werden, je kürzer der Prozess dauert.

5.5 Ablauf einer Transaktion Um den Transaktionsablauf zu optimieren und somit schnellstmöglich zu einem Abschluss zu kommen, empfiehlt sich folgende Vorgehensweise beim Unternehmensverkauf: I. Bewertung des Unternehmens zu realistischen Ansätzen II. Diskussion und Festlegung einer Verkaufs- bzw. Nachfolgestrategie, insbesondere unter den Gesichtspunkt: Wer ist der richtige Käufer? Sollen parallel mehrere Käuferzielgruppen angesprochen werden? III. Erstellen einer Long List, also einer Liste mit allen passenden Kaufinteressenten. Erstellen eines Kurzprofils unter der Herausgabe einiger Informationen, die jedoch noch nicht die Identität des zum Verkauf stehenden Unternehmens preisgeben. Festlegung der Short List – anonymes Ansprechen der Kaufinteressenten durch geeignete Berater 67

IV. Kaufinteressenten geben eine Vertraulichkeitserklärung ab

V. Kaufinteressenten erhalten ausführliche Informationen in Form eines Unternehmensexposés (auch „Informationsmemorandum“ genannt), teilweise zunächst anonym und später mit Offenlegung der Identität VI. Ersttermin zwischen Verkäufer und Kaufinteressenten und ggf. einem oder mehreren Beratern; Termin entweder am Unternehmenssitz oder an neutralem Ort VII. Ggf. Überreichung von weiteren Informationen an den Kaufinteressenten (über die Informationen im Unternehmensexposé hinaus) VIII. Abgabe eines indikativen Angebotes durch den Kaufinteressenten IX. Vergleich der vorliegenden indikativen Angebote durch den Verkäufer und versierten Beratern X. Abschluss eines oder mehrerer Letter of Intents (LOI) mit einem oder mehreren Kaufinteressenten, dabei werden Eckpunkte – Kaufpreis, Zeitplan usw. – und Deal Design (Asset Deal/Share Deal) der geplanten Transaktion definiert, außerdem Kostenregelung, ggf. vorläufige Finanzierungsbestätigung vom Kaufinteressenten XI. Durchführen einer „Due Diligence“ durch den Kaufinteressenten und deren Berater, also eine sorgfältige Prüfung des Unternehmens XII. Beginn der Kaufvertragsverhandlungen mit Klärung von wesentlichen Eckpunkten wie Kaufpreis, Zeitplan etc. XIII. Abschließendes „Deal Design“ – endgültige Strukturierung der Transaktion XIV. Weiterführende Verhandlungen, die insbesondere den Kaufpreis betreffen. Außerdem Verhandlung über alle weiteren Vertragsbestandteile wie z. B. Gewährleistungen auf Basis der Ergebnisse der Due Diligence und Verhandlung über aufschiebende Bedingungen XV. Unterzeichnung des Kaufvertrages („Signing“) XVI. Zahlung Kaufpreis und Übertragung der Gesellschaftsanteile samt Unternehmensübergabe im Rahmen des so genannten „Closings“ XVII. „Post-Merger-Management“ unter anderem Übergabe an ein neues Management, ggf. Coaching der neuen Eigentümers etc. Diese Vorgehensweise stellt einen idealtypischen Ablauf einer Transaktion dar, kann aber an vielen Stellen einen anderen Verlauf nehmen, so z. B. wenn ein Vorvertrag geschlossen wird etc. 68

5.6 Risiken einer Transaktion Es gibt einige Risiken, die der Verkäufer beim Verkauf seines Unternehmens unbedingt beachten muss. Zunächst gilt der Grundsatz, dass an einem guten Juristen, der mit den Eigenheiten des M&A-Business vertraut ist, nicht gespart werden darf. Denn nur er verfügt über die das nötige Know-how, einen guten Kaufvertrag aufzusetzen und die rechtlichen Interessen des Verkäufers gut zu vertreten. Weiter gilt, dass alle dem Käufer nicht bekannten oder nicht aufgedeckten Risiken für den Veräußerer gefährlich werden können. Ein versierter Käufer wird sich z. B. im Kaufvertrag versichern lassen wollen, dass alle für die Führung des Unternehmens notwendigen Informationen übergeben wurden. Weiterhin, dass Maschinen, Anlagen, Einrichtungen etc. im derzeitigen Zustand über die erforderlichen Genehmigungen verfügen. In manchen Fällen hat der Veräußerer erst nach dem Verkauf ausgewählte Einzelrisiken bekannt gemacht und gleichzeitig einen Vorschlag unterbreitet, einen Teil des Kaufpreises als Entschädigung zurück zu zahlen, wohl wissend, dass allein deswegen der Verkauf meist nicht mehr rück abgewickelt werden wird. Ein weiterer Risikofaktor ist die Geschäftsführernachhaftung, denn sie gilt bis zu fünf Jahre (auch nach Ausscheiden), und zwar rückwirkend auf alle Sorgfaltspflichtverletzungen, die der Veräußerer während dieser Geschäftsführerzeit begangen hat. Auch ein nicht einbezahltes Stammkapital, das heißt ausstehende Einlagen, Eigenkapital ersetzende Darlehen oder Nutzungsüberlassungen, ist ein nicht zu unterschätzendes Risiko, wenn das Vermögen, das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlich ist, an den Gesellschafter zurückfloss. Vorsicht ist auch bei so genannten verzögerten Kaufpreiszahlungen geboten. Das Einfachste ist grundsätzlich, wenn der Kaufpreis vollständig am Tag des Verkaufs bezahlt wird – ohne Wenn und Aber. Ist eine ratenweise Bezahlung des Kaufpreises vereinbart, muss die Gesamtzahlung des Kaufpreises vertraglich abgesichert sein. Ein Käufer, der nach kurzer Zeit einen erheblichen wirtschaftlichen Einbruch hat und noch die Zahlung eines hohen Kaufpreisbestandteiles aussteht, wird alles versuchen, diesen Restkaufpreis nicht mehr zu zahlen.

5.7

Risikovermeidung bei Transaktionen

Ein fair angesetzter Kaufpreis reduziert zumindest bis zu einem gewissen Grad dieses Risiko. Dadurch fühlt sich ein Käufer im Nachhinein nicht übervorteilt und geht davon aus, einen objektiv realistischen Kaufpreis, soweit sich dies objektiv überhaupt beurteilen lässt, bezahlt zu haben. Sofern er – nach seiner Ansicht – einen zu hohen Kaufpreis bezahlt hat, wird er möglicherweise auf Rückabwicklung wegen arglistiger Täuschung hin argumentieren. Dies soll jedoch 69

nicht so verstanden werden, dass der Veräußerer sein Unternehmen zu einem Schnäppchenpreis verkaufen muss, damit die Transaktion nachhaltig rechtsbindend bleibt. An sich versteht es sich von selbst, dass jeder Verkäufer zum Zeitpunkt des Verkaufs seines Unternehmens in der Regel aus gegebenen Bürgschaften und ähnlichen Garantien entlassen werden sollte. Gerade dieser Punkt kann jedoch oftmals eine Transaktion erschweren, da dies meist kaufpreisrelevant ist. Ratsam ist es, diese Themen bereits zu einem frühen Zeitpunkt und nicht erst bei der Vertragsverhandlung aufzuarbeiten. Das effektivste Mittel, sich vor Risiken einer Transaktion zu schützen bzw. das Gelingen einer Transaktion nachhaltig zu sichern, ist es, dafür zu sorgen, dass der Käufer weiterhin mit dem Unternehmen erfolgreich ist. Die zuvor beschriebenen Probleme lösen sich dann wie von selbst. Unabhängig davon, ob es dem Alteigentümer wichtig ist, dass das Unternehmen in seiner bisherigen Form erhalten bleibt oder ob es ihm nebensächlich ist, was mit dem Unternehmen nach seinem Ausscheiden passiert, tut er gut daran, einen Schritt weiter zu denken. Doch wie kann man als Veräußerer, nachdem man sein Unternehmen bereits übergeben hat, den ökonomischen Erfolg seines Nachfolgers überhaupt gewährleisten? Besonderes Augenmerk sollte der Veräußerer auf die Wahl des Käufers legen. Es ist nicht immer ratsam an den erstbesten Kaufinteressenten zu verkaufen, nur weil er einen ansprechenden Preis zahlt. Will der Veräußerer das Risiko eines Fehlkaufs minimieren, muss er darauf bedacht sein, den Käufer sorgfältig auszuwählen, wenn dieser das aktive Geschäft selbst weiter betreibt. Erweist er sich jedoch als ungeeignet, weil ihm beispielsweise fachliche Kompetenzen fehlen, sollte man an ihn nicht verkaufen. Stellt dieser nämlich nach der Transaktion sein Unvermögen fest, wird er unter Zuhilfenahme eines spezialisierten Juristen versuchen, wieder an sein Geld zu kommen. Anders sieht es aus, wenn seine fachliche, kaufmännische und soziale Kompetenz so beschaffen sind, dass er – nach angemessener Einarbeitungszeit – unternehmerisch dazu fähig ist, das Unternehmen erfolgreich zu führen. Aus diesem Grund muss der Unternehmer seinen Nachfolger im Vorfeld genau begutachten und versuchen zu beurteilen, ob er den Herausforderungen, die das selbständige Unternehmertum mit sich bringt, gewachsen ist. Dabei sollte der Veräußerer so objektiv und differenziert vorgehen wie es ihm nur möglich ist. Denn manche Unternehmer unterliegen dem Irrtum, alle Ansichten des Käufers als falsch auszulegen, wenn sich die Ansichten von den ihrigen unterscheiden. Deshalb sollte der Unternehmer von einem guten Nachfolger nicht erwarten, dass er alles so tut, wie er es selbst getan hat, sondern nur, dass er in Lage ist, unternehmerisch zu führen. Dass dies die richtige Vorgehensweise ist, wird durch die Tatsache unterstrichen, dass Kapitalbeteiligungsgesellschaften nach dem gleichen Prinzip verfahren. Sie beteiligen sich meist nur dann an einem Unternehmen mit einem ManagementBuy-in-Kandidaten, wenn dieser bereits nachweislich zwei bis drei Jahre Ge70

schäftsführertätigkeiten mit Erfolg nachgegangen ist und darüber hinaus auch bereit ist, sich in angemessenem Umfang mit finanziellen Mitteln zu beteiligen. Nur allzu oft kommt es vor, dass Personen ein mittelständiges Unternehmen kaufen wollen, die dafür nicht ausreichend qualifiziert sind. Zu dieser Personengruppe zählen Gruppenleiter oder Abteilungsleiter aus Großunternehmen, Berater, die bisher fachlich beraten haben, aber nie in vergleichbaren Unternehmen Geschäftsführer waren, Hochschulabsolventen auch fortgeschrittenen Alters, die zwar eine Hochschulkarriere hinter sich gebracht haben, jedoch noch keine im gewerblichen Bereich. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Gestaltung der Übergangsphase. Sie darf nicht zu kurz bemessen sein, damit der Nachfolger genügend Zeit hat, sich im Unternehmen einzuarbeiten. Gleichzeitig ist eine rechtzeitige Trennung von mindestens gleich großer Bedeutung. Nachfolger und Abgebender sollten alsbald getrennte Wege gehen, bevor sie mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten in ihren Arbeits- und Führungsstilen entdecken und sich aus dieser Situation heraus unnötige Konflikte schüren. Das trifft dann ein, wenn beide parallel im gleichen Arbeitsbereich die Geschäfte führen. Zum Teil lässt es sich nicht umgehen, dass beide zusammen arbeiten, schließlich soll der Nachfolger vom Abgebenden in das tägliche Geschäft eingeführt werden. Dieser Umstand sollte jedoch nicht unnötig strapaziert werden. Oft ist es hilfreich, für den Nachfolger ein Curriculum bzw. einen „Lehrplan“ zu erstellen, der seine Vorerfahrungen berücksichtigt und sinnvoll ergänzt. Bei der Umsetzung des Lehrplans durchläuft der Nachfolger alle notwendigen Stationen im Betrieb und lernt nach und nach alle Bereiche, die Mitarbeiter, die Technik etc. kennen. Das ist umso wichtiger, wenn er kein Brancheninsider ist und ihm deshalb das Feingefühl für die Funktionsweise des Marktes fehlt. Aus diesem Grund können bezüglich des Alteigentümers folgende Regelungen getroffen werden. So ist es durchaus üblich, dass der verkaufende Unternehmer noch für ein Jahr ganz und für ein weiteres nur noch zeitweilig den Nachfolger unterstützt. Je nach Personenzentriertheit des Geschäfts, also der Frage wie stark beispielsweise eine Kundenbindung zum abgebenden Unternehmer besteht, und wie versiert der Nachfolger ist, können die Regelungen hinsichtlich der Dauer individuell gestaltet werden. Schlussendlich liegt es natürlich im Interesse des Verkäufers, dass seine Kaufpreisforderung durch den Käufer beglichen wird. Deshalb liegt es in seiner Verantwortung, einen Kaufinteressenten auszusuchen, der die nötigen Mittel finanzieren kann. Das heißt aber nicht, dass der Kaufinteressent ausschließlich mit seinem Eigenkapitel ein Unternehmen erwerben kann. Viele Unternehmer begehen den Fehler, ihre Mitarbeiter von vornherein als Kaufinteressenten auszuschließen. Vordergründig geschieht dies mit dem Hintergedanken, dass die Mitarbeiter in Form eines MBO, oder externe Führungskräfte in Form eines MBI nicht genügend Kapital aufbringen können, um den Unternehmenskauf zu fi71

nanzieren. Grundsätzlich ist der Verdacht richtig, denn in der Praxis können die wenigsten z. B. einen siebenstelligen Betrag aus der eigenen Tasche bezahlen. Doch es heißt nicht umsonst, dass viele Wege nach Rom führen. Denn es bestehen Möglichkeiten, mit wenig Eigenkapital zum Teil sehr große Finanzierungssummen zu stemmen. Im Folgenden wird eine grobe Faustregel aufgestellt, die lediglich dafür sensibilisieren soll, was im Bereich des Möglichen liegt. Die tatsächliche Geldsumme, die aufgebracht werden kann, hängt vom Einzelfall ab und muss dementsprechend gesondert betrachtet werden. Im Kapitel „Unternehmensfinanzierung“ wird dieses Thema vertieft und bestehende Potenziale aufgezeigt. So kann ein Käufer unter Zuhilfenahme öffentlicher Mittel und sonstiger privatwirtschaftliche Beteiligungsmöglichkeiten das bis zu Siebenfache seines Eigenkapitals finanzieren. Verfügt er also über eigene Mittel, die unter Umständen nicht unbedingt bar vorhanden sein müssen, in Höhe von 200 TEUR, so wird er maximal ca. 1,4 Mio. EUR finanzieren können. Bei einer Eigenkapitalhöhe von 1 Mio. EUR können folglich bis zu 7 Mio. EUR finanziert werden usw. In welchem Ausmaß die Möglichkeiten ausgeschöpft werden können, hängt vom Bundesland, den Sicherheiten des Käufers, der „Güte“ des zu kaufenden Unternehmens und insbesondere natürlich von einem realistischen und marktgerechten Kaufpreisansatz ab. Die vorgebrachten Beispiele stellen, in Relation zum vorhandenen Eigenkapital, eindeutig die Obergrenze der Finanzierungssumme dar, die mit öffentlichen Mitteln erreicht werden kann. Ganz andere Dimensionen eröffnen sich dem Käufer, wenn er mit Kapitalbeteiligungsgesellschaften oder Privatinvestoren kooperiert. Dadurch können deutlich größere Summen finanziert werden. Allerdings erhält der Käufer, der Geschäftsführer wird, lediglich eine Minderheitsbeteiligung am Unternehmen. Den weitaus größeren Anteil übernehmen die Investoren. Die vorgenannten Risiken machen es dem verkaufenden Unternehmer nicht leicht, den passenden Käufer zu finden. Denn er befindet sich in dem Dilemma, einerseits finanzschwache Interessenten aussondern zu müssen und gleichzeitig diejenigen nicht vorschnell abzuweisen, die zwar über ein geringes Eigenkapital verfügen, aber für Investoren interessant sind oder einen Anspruch auf öffentliche Mittel haben. Daher sollte sich der Verkäufer frühzeitig den Finanzierungsplan des Kaufinteressenten zeigen lassen.

5.8 Die Berater Jeder Unternehmer steht irgendwann vor der Entscheidung, ob er einen Berater für die Begleitung beim Unternehmensverkauf heranziehen soll oder nicht. Die entscheidende Frage dreht sich dabei um das Kosten-Nutzen-Kalkül. Im Kapitel „Unternehmenskauf“ wurden die Kosten zwischen einem Makler/Vermittler und einem M&A-Berater verglichen. Daraus lässt sich erkennen, dass man durch die 72

Wahl des richtigen Ansprechpartners viel Geld sparen kann. Dennoch ist die Beratungsleistung durch erfahrene Berater nicht „billig“. Wenn man aber bedenkt, welche Leistung Berater dafür erbringen, relativieren sich die Kosten. Ausschlaggebend für eine profunde und gute Beratung ist die Erfahrung des jeweiligen Beraters. Deshalb empfiehlt es sich, sich die Referenzen eines Beraters zeigen zu lassen. Daraus können die verschiedensten Schlüsse gezogen werden. So z. B. wie lange er sein „Handwerk“ betreibt, in welchen Branchen sein Schwerpunkt liegt, wie lange die letzte erfolgreiche Transaktion vergangen ist, wie groß die Unternehmen sind, die er vorher beraten hat, wie viele erfolgreiche Transaktionen er vorweisen kann etc. Nachdem diese Fragen geklärt sind, kann der Verkaufswillige entscheiden, ob der jeweilige Berater der Richtige für ihn ist. Über die Beratungsleistung selbst ein Urteil zu fällen, ist für einen Unternehmer nicht immer leicht. Das liegt vorwiegend daran, dass er beim Verkauf eines Unternehmens meist keine Erfahrung vorweisen kann. Für die meisten Unternehmer ist das eine einmalige Sache im Leben. Deshalb sollte eine gewisse Zeit investiert werden, um den passenden Berater zu finden. Ganz wesentlich ist, ob der Verkäufer zu dem Berater Vertrauen hat oder nicht. Dazu bedarf es meist mehrerer persönlicher Gespräche. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass die meisten Unternehmer zunächst die Berater ansprechen, mit denen sie schon lange zusammenarbeiten und zu denen sie deshalb Vertrauen haben. Oft sind das Steuerberater, der Hausanwalt, ein langjähriger Unternehmens- oder Personalberater oder auch ein vertrauter Firmenkundenberater der Hausbank. Natürlich kann das richtig sein. Aber der bisherige Hausberater sollte folgende Voraussetzungen erfüllen, damit er für den Verkauf oder die Nachfolgeregelung geeignet ist. • Der Berater hat umfangreiche und nachweisbare Erfahrung mit Unternehmensbewertung und Unternehmensverkauf. • Der Berater ist vollkommen unabhängig vom derzeitigen Dauerberatungsmandat. Gerade beim letzten Punkt gibt es oft Schwierigkeiten. Denn ein Berater, der seinen Kunden dabei berät zu verkaufen, verliert unter Umständen dadurch sein eigenes Mandat. Daher besteht die Gefahr, dass er eher versuchen wird, den Verkauf zu verhindern, indem er zu übertriebenen Kaufpreisforderungen rät oder Vertragsbedingungen aufstellt, die kein Käufer akzeptieren wird. Diese Fragen müssen somit sorgfältig überlegt werden, will man sich nicht schon aus diesem Grund die Chance eines erfolgreichen Unternehmensverkaufs oder einer Nachfolgeregelung nehmen lassen. Bei überschaubaren und wenig komplexen Transaktionen mag als Beratungsteam ein Steuerberater und der Notar, der dann die Verträge erstellt, ausreichen;

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insbesondere dann, wenn die Bewertung feststeht oder bereits eine Einigung erzielt wurde. In der Regel muss jedoch im Rahmen einer Nachfolgeregelung oder eines Unternehmensverkaufs auf die Kompetenz mehrerer darauf spezialisierter Berater zurückgegriffen werden. Diese bestehen aus M&A-Beratern, Steuerberatern oder Wirtschaftsprüfern sowie Rechtsanwälten. In manchen Fällen kommen auch noch technische Berater dazu, die die Technologie und daraus resultierende technische Risiken kompetent beurteilen können. Gerade der Rechtsanwalt muss sehr sorgfältig ausgesucht werden, denn übermäßige Härte hat schon so manchen Kaufinteressenten abspringen lassen. Dieser Rechtsanwalt muss bereits mehrere Deals begleitet haben und auf Grund seiner Honorargestaltung und seiner Einstellung zur Arbeit eher ein Interesse daran haben, den Verkauf tatsächlich abzuschließen, als ihn zu verhindern. Das ist für einen Juristen nicht ganz einfach, da er, wenn etwas schief geht oder übersehen wird, bei einem Verkauf persönlich in Haftung kommen kann. Bei einer geplatzten Transaktion besteht diese Gefahr dagegen praktisch nicht. Wie zu Beginn angesprochen, sind auch die Kosten ein ausschlaggebendes Kriterium für die Entscheidung, ob ein Berater herangezogen wird oder nicht. Da in Deutschland Vertragsfreiheit herrscht, können die Konditionen beliebig gestaltet werden. Aber die hier aufgeführten Preise spiegeln die vorherrschenden Marktpreis wider, die für einen qualifizierten Berater ausgegeben werden müssen. Natürlich sind die Preise Schwankungen ausgesetzt, die individuellen Gegebenheiten des Unternehmens angepasst werden. Unternehmensgröße und Komplexität spielen dabei beispielsweise eine wichtige Rolle. Als grobe Richtschnur kann bei einem rentablen Unternehmen und einem siebenstelligen Kaufpreis mit Gesamtkosten in Höhe von drei bis sieben Prozent des Kaufpreises kalkuliert werden. Rechtsanwälte und Steuerberater berechnen ihre Leistungen entweder nach ihren jeweiligen Gebührenordnungen oder im Rahmen von Zeithonoraren. Doch auch hier gilt, dass Sonderkonditionen getroffen werden können. Wird in Tagessätzen bezahlt, dann werden – je nach Ausrichtung und Komplexität – ca. 1.600 EUR bis 2.500 EUR pro Tag fällig. Das Erfolgshonorar schlägt mit zwei bis fünf Prozent auf den Kaufpreis bzw. Transaktionswert zu Buche. In der Praxis hat sich die Kombination aus Zeit- und Erfolgshonorar, besonders im Sinne des verkaufenden Unternehmers, bewährt. In den letzten Jahren werden verstärkt statt Zeitvergütungen auch Pauschalhonorare (bzw. Retainer) für bestimmte Tätigkeiten von Beratern in Rechnung gestellt. Die Erfolgsorientierung gibt dem Berater die Chance, durch den Verkauf ein interessantes Erfolgshonorar zu generieren. So wird er umso motivierter und engagierter die Interessen des Verkäufers vertreten. 74

Einzelne Berater bzw. insbesondere Makler/Vermittler bieten auch eine ausschließliche Erfolgshonorierung an. In diesem Fall fließt dem Berater nur nach erfolgreichem Abschluss einer Transaktion ein Honorar zu. In der Praxis bedeutet dies, dass ein Berater bis zu zwei Jahre seine Tätigkeit vorfinanzieren muss. Dies können meist nur Einzelberater akzeptieren, die über eine sehr überschaubare Kostenstruktur verfügen. Gleichzeitig erfordern jedoch größere M&ATransaktionen mit umfassenden Arbeiten größere personelle Kapazitäten. Auch besteht bei einem Einzelberater die Gefahr, dass dieser bei einem unerwarteten Ausfall nicht gleichwertig ersetzt werden kann. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass professionelle Kaufinteressenten immer öfter darauf drängen, dass ein Verkäufer durch professionelle M&A-Berater mit regelmäßiger Vergütung – beispielsweise im Rahmen eines monatlichen Retainers – honoriert werden. Sie erkennen daraus, dass der Verkäufer (aufgrund der von ihm erbrachten Investition) tatsächliches Verkaufsinteresse hat und nicht nur seinen Marktwert erfragen möchte. Einzelne Private Equity Gesellschaftern schließen zwischenzeitlich sogar die Aufnahme von Gesprächen mit Verkäufern aus, die nicht bereit sind, für die Beratung im Zusammenhang von M&ATransaktionen Geld zu investieren.

5.9 Vorgehensweise beim Unternehmensverkauf In den meisten Fällen werden mittelständische Unternehmen aus Nachfolgegründen verkauft. Oberstes Ziel eines Verkaufswilligen ist es, sein Unternehmen gewinnbringend zu veräußern, damit er seinen Ruhestand absichern und seinen bisherigen Lebensstandard beibehalten kann. Dazu bedarf es einer umfassenden und frühzeitigen Vorbereitung. Die Erfahrung zeigt, dass der Aufwand für den gesamten Veräußerungsprozess von den Unternehmern meist unterschätzt wird, zumal dieser meist parallel zum „normalen“ operativen Geschäft bewältigt werden muss. An erster Stelle stehen dabei die Analyse der wirtschaftlichen Stellung des Unternehmens und die Bestandsaufnahme der persönlichen Situation. Die Vorbereitungsphase kann wie folgt aussehen: I. Situationsanalyse • Unternehmenssituation a. Rechtsform b. Mitarbeiterstruktur c. Kundenstruktur d. Lieferantenstruktur e. Marketing f. Markt g. Wettbewerber h. Jahresabschlüsse etc. 75

II.

III.

IV.

V.

VI.

• Persönliche Situation a. Finanzielle Lage b. Familiäre Lage c. Gesundheitliche Lage d. Zukunftsplanung etc. Heranziehen von Beratern? • Kosten-Nutzen-Kalkül • Berücksichtigung eigener Erfahrung mit Unternehmenskäufen und verkäufen • Hausberater oder unabhängige Berater? etc. Zielsetzung • Zeitrahmen festlegen • Persönliche Ziele a. Finanzielle Tragweite b. Nachfolger aus der Familie oder Externer? etc. • Unternehmen a. Soll Unternehmen nach dem Verkauf in seiner bisherigen Form weiter bestehen? b. Regelung steuerlicher und rechtlicher Aspekte etc. Anforderungsprofil des Nachfolgers/Käufers • Berufliche Laufbahn • Erfahrung in Führungspositionen • Fachliche Kompetenz • Kaufmännisches Wissen • Finanzierungsmaßnahmen etc. Abwägen von Handlungsalternativen • Evtl. Sanierung vor dem Verkauf • Management-Buy-in • Management-Buy-out • Mitarbeiterbeteiligung • Finanzinvestoren etc. Wer soll von dem bevorstehenden Unternehmensverkauf wissen?

Ein Praxisfall über den Verkauf einer Maschinenbau-Kapitalgesellschaft findet sich im Kapitel 12.2. 5.9.1

Erfolgreiche Unternehmen leicht verkauft?

Wenn sich ein mittelständisches Unternehmen gegen die konjunkturellen Schwankungen über viele Jahre hinweg erfolgreich behaupten konnte, ist dies als solches schon beachtenswert. Im Hinblick auf den bevorstehenden Verkauf oder die Nachfolgeregelung hat sich dadurch der Unternehmenswert nachhaltig entwickelt und das Verkaufsobjekt somit an Attraktivität gewonnen. Es versteht sich von selbst, dass Unternehmen, die über Jahre hinweg eine positive Bilanz 76

aufweisen können, leichter zu verkaufen sind bzw. ihnen mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird. Für solche Unternehmen sind in aller Regel mehrere interessierte Käufer zu finden. Doch wie überall, steckt auch hier der Teufel im Detail. Folgendes Beispiel aus der Praxis zeigt exemplarisch, was schief gehen kann, obwohl die Zeichen auf Erfolg stehen. Im Fall des erfolgreichen Automobilzulieferers, der im Rahmen der Nachfolgeregelung sein Unternehmen verkaufen wollte, gab es ungünstige Faktoren, die das Finden eines neuen Eigentümers erschwerten. Diese waren unter anderem die nicht nachvollziehbare Abhängigkeit des erfolgreichen Unternehmers von seiner Steuerberaterin und seine damit verbundene Beratungsresistenz. Ohne Zweifel hat die Steuerberaterin ihrem Mandanten über die Jahre hinweg gute Dienste geleistet und somit zum Erfolg des Unternehmens beigetragen. Bezüglich des Verkaufs des Unternehmens mangelte es der Steuerberaterin leider an der Sensibilität und Erfahrung, die ein Transaktionsprozess erfordert. Aus Angst, Einfluss auf den Unternehmer zu verlieren, baute sie vor diesem einen Schutzwall auf und betätigte sich als Filter für sämtliche Informationen. Ganz abgesehen davon, dass dies das Verfahren erheblich komplizierte, hemmte es natürlich den Informationsfluss, der zwischen M&A-Berater und Unternehmer ständig und kurzfristig möglich sein muss. Bereits bei der ersten Besprechung zwischen Käufer und Verkäufer wird in der Regel die Frage nach dem Kaufpreis gestellt. Erfahrungsgemäß fällt dann zu diesem Zeitpunkt bereits eine Vorentscheidung, ob die Akquisition weiter verfolgt oder abgebrochen werden soll. Im vorliegenden Fall bestand der gegenüber Interessenten genannte Zielverkaufspreis aus drei Komponenten. Dem Unternehmenswert, welcher vom M&A-Berater nach der EBIT-Methode ermittelt wurde, dem Verkehrswert einer Gewerbeimmobilie sowie den erheblichen stillen Reserven. Sowohl die Höhe des Kaufpreises als auch die offen geäußerte Absicht, von den Kaufpreisvorstellungen nicht oder nur unerheblich abweichen zu wollen, schreckte ernsthafte Investoren ab. Durch das Ziel, gemeinsam mit dem Unternehmen unbedingt die angrenzende Gewerbeimmobilie zu veräußern, wurde für einen Käufer bereits die nächste Hürde aufgebaut. Denn nur wenige Investoren, und schon gar nicht Finanzinvestoren, legen ihr Geld in Backsteinen an. Da ein möglicher Erwerber das weiterhin geplante hohe Wachstum in Frage stellte, versuchte er, den Veräußerer durch einen Besserungsschein oder ein Verkäuferdarlehen im Boot zu halten. Dieses wurde von der Steuerberaterin strikt abgelehnt. Zu guter Letzt waren es noch die stillen Reserven, deren Bewertung bekanntermaßen äußerst heikel ist, womit die Nachvollziehbarkeit der Kaufpreisforderung weiter schwierig blieb. Nachdem die Steuerberaterin Aussagen wie „Der kriegt das Unternehmen sowieso nicht“, „Der bringt das erforderliche Geld nicht zusammen“ und „Die Person ist mir nicht sympathisch“ ausgesprochen hatte, war ein Verkauf fast unmöglich. Erschwerend kam hinzu, dass der Verkäufer zu mehr als 80 %von einem Kunden abhängig war. Da er selbst seit mehr als 20 Jahren erfolgreich und vertrauensvoll 77

mit diesem zusammenarbeitete, konnte er nur schwer nachvollziehen, dass diese Abhängigkeit von einem Erwerber als K.O.-Kriterium gesehen werden kann. Ähnliches galt für ihn persönlich als Unternehmer und Geschäftsführer. Jeder Kaufinteressent musste erkennen, dass der überdurchschnittlich hohe Erfolg des Unternehmens zum großen Teil auf die Fähigkeiten des GesellschafterGeschäftsführers zurückzuführen war. Das hieß aber im Umkehrschluss, dass davon ausgegangen werden konnte, dass die Unternehmensergebnisse nach erfolgter Transaktion unter neuer Geschäftsführung einbrechen werden. Auch dieser von einem Investor vorgetragene Aspekt sollte beim Verkäufer zur Einsicht führen, dass der „rechnerische“ Unternehmenswert nicht unbedingt mit dem erzielbaren Kaufpreis identisch sein muss. Denn schließlich erwartet ein Erwerber, dass der Kaufpreis aus zukünftigen Erträgen des Unternehmens bezahlt werden kann. Dem Unternehmer wurde daher empfohlen, vor Veräußerung des Unternehmens seine persönliche Nachfolge im operativen Geschäft durch einen Fremdgeschäftsführer zu regeln, welcher ggf. auch unter den zukünftigen Gesellschaftern tätig sein kann. Werden von diesem die gleich guten Ergebnisse erzielt, so trägt diese Kontinuität der guten Erträge zur Untermauerung des Zielverkaufspreises bei. 5.9.2

Faktoren, die den Unternehmenswert mindern

Dieses Beispiel zeigt deutlich, dass nicht nur schwarze Zahlen über den Erfolg oder Misserfolg einer Transaktion entscheiden. Deshalb sollten sich auch Unternehmer florierender Firmen darauf einstellen, dass eine Transaktion Geduld erfordert, weil unerwartete Komplikationen auftreten können. Daneben wird auch klar, dass die verschiedensten Faktoren zu einer Wertminderung des Unternehmens führen. Deshalb sollten diese im Vorfeld analysiert und am besten noch vor der Kontaktaufnahme mit Kaufinteressenten eine Verbesserung erreicht werden. Das Fallbeispiel beinhaltet typische Wert mindernde Einflussfaktoren, unter denen viele mittelständische Unternehmen leiden. Der erste ist eine zu hohe Abhängigkeit von einzelnen Lieferanten oder im schlimmeren Fall von einem oder einzelnen Kunden. Verschlimmert wird das Ganze dadurch, wenn sich die Nachfrage dieses Kunden nur durch den Unternehmer persönlich begründet oder er allein die wesentlichen Vertriebs- und Großkundenverträge hält. Dann ist nämlich zu befürchten, dass das Unternehmen seine umsatzstärksten Kunden verliert, sobald der bisherige Unternehmer die Firma verlässt. Also sollte eine starke Personenzentriertheit des Unternehmers vermieden werden. Wenn sich ein Unternehmer nicht vorstellen kann, dass sein Unternehmen in seiner Abwesenheit weiterläuft, und er deshalb in den letzten Jahren weniger Urlaub gemacht hat, dann muss sich spätestens jetzt ein Umdenken vollziehen. Es muss mehr Verantwortung an Führungspersonen der zweiten und dritten Ebene übergeben, d. h. es muss ein breites Verantwortungsnetz aufgebaut werden, indem qualifizierte Mitarbeiter wichtige Positionen übernehmen, die bisher der Unternehmer allein ausgefüllt hat.

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Wenn eine derartige Personenzentriertheit besteht, bedeutet das für den Käufer eine enorme Belastung, wenn er gleich zu Beginn alle Aufgaben auf sich nehmen muss. Daraus ergibt sich die Gefahr, dass das operative Geschäft erheblich darunter leidet, da der Käufer womöglich wegen der Fülle an Aufgaben überfordert ist und von den Mitarbeitern keine Abhilfe geleistet werden kann, da sie selbst für die anstehenden Aufgaben nicht vorbereitet sind. In einem solchen Fall ist mit erheblichen Einbußen beim Kaufpreis zu rechnen. Einer der wichtigsten Faktoren für den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens ist sein Humankapital. Eben aus diesem Grund wirken sich vorhandene Missstände Wert mindernd auf den Kaufpreis aus. Dazu gehört z. B. ein zu hohes Durchschnittsalter der Mitarbeiter oder eine zu hohe Lohnentwicklung. Entscheidend für den Kaufinteressenten ist die Frage auch nach den Know-howTrägern und ob sie nach der Transaktion beim Unternehmen bleiben. Das ist nur ein Bruchteil der nicht finanziellen Faktoren, die aus Verkäufersicht einen negativen Einfluss auf den Kaufpreis haben. Die im Kapitel „Unternehmenskauf“ aufgeführten Checklisten zeigen dem Käufer, wie er ein Unternehmen auf Herz und Nieren prüfen muss. Gleichzeitig zeigt sie dem verkaufenden Unternehmer mögliche Schwachstellen. Er sollte diese Checklisten daher genau wie der Kaufinteressent abarbeiten, um zu sehen an welchen Stellen sein Unternehmen krankt. 5.9.3

Vendors Due Diligence

In diesem Zuge empfiehlt es sich, eine Vendor Due Diligence, also eine Due Diligence, die der Verkaufswillige selbst veranlasst, durchzuführen. Bei dieser Prüfung des Unternehmens unter betriebswirtschaftlichen, rechtlichen, steuerlichen etc. Gesichtspunkten, steht die Analyse dessen Stärken und Schwächen im Mittelpunkt. Sind die Schwachstellen erst identifiziert, nimmt man, nachdem diese behoben wurden, der Gegenseite die Argumente, die ansonsten zu einer Kaufpreisminderung führen würden. 5.9.4

Vorgehensweise bei rückläufigen Erträgen

Schwieriger gestaltet sich die Angelegenheit, wenn die Bilanzen vergangener Geschäftsjahre negative Ergebnisse aufweisen und diese Tendenz anhalten wird. Dann stellt sich die Frage, ob der richtige Zeitpunkt gewählt wurde, das Unternehmen zu verkaufen. Wenn die Entscheidung aus keiner Zwangslage heraus getroffen wird und keine finanziellen, unternehmerischen oder persönlichen Gründe dafür sprechen, jetzt verkaufen zu müssen, so empfiehlt es sich, die Verkaufsabsicht zu verschieben. Nicht um auf bessere Zeiten zu hoffen, sondern um aktiv eine Änderung in der Unternehmensstruktur herbeizuführen, damit man zum bestmöglichen Preis veräußern kann. Doch bevor man zu einer genauen Analyse übergeht, muss sich der Unternehmer fragen, ob es möglich ist, seine Objektivität zu wahren, wenn es darum 79

geht, sein jahrzehntelang aufgebautes Unternehmen streng zu prüfen. Denn geeignete Lösungsmodelle lassen sich nur mit Hilfe einer „schonungslosen“ Analyse der Probleme entwickeln. Sieht sich der Unternehmer nicht in der Lage, kritisch die Unternehmensentwicklung zu hinterfragen und ggf. unternehmerische Fehlentscheidungen einzugestehen, wird ein Umbruch nicht stattfinden können. Leider sind oftmals auch die eigenen Mitarbeiter dafür nicht opportun. Nicht weil sie die Missstände nicht erkennen, sondern weil sie im Laufe der Jahre verlernt haben zu widersprechen. De facto ist es so, dass viele mittelständische Unternehmer von so genannten „Ja-Sagern“ umgeben sind. Um diese Schwierigkeiten zu überbrücken, müssen externe Spezialisten mit der Sanierung beauftragt werden. Eine geeignete Form dafür wäre die Einstellung eines so genannten Interimmanagements. Das kann ein betriebswirtschaftliches, aus Spezialisten bestehendes, Managementteam sein, das zeitlich begrenzt auf ein vereinbartes Ergebnis hin arbeitet. Ist die Restrukturierung nach wenigen Monaten abgeschlossen und eine stabile Unternehmensstruktur etabliert, übernimmt der Unternehmer wieder die Führung, bzw. kann er jetzt einen Nachfolger für sich suchen, der aufgrund seiner individuellen Kompetenzen und Stärken in der Lage ist, das Unternehmen zu entwickeln, Perspektiven aufzuzeigen und die Mitarbeiter zu motivieren. 5.9.5

Den Informationsaustausch richtig gestalten

Haben sich geeignete Kaufinteressenten gefunden, beginnt ein reger Informationsaustausch zwischen dem Verkäufer und Kaufinteressenten. Dabei muss man sich als Verkäufer immer vor Augen halten, dass die Kaufinteressenten viel Geld investieren und in der Regel persönlich dafür haften. Unter diesem Gesichtspunkt ist es leicht zu verstehen, dass sowohl die Interessenten als auch die finanzierenden Banken bzw. Investoren eingehende Analysen vornehmen und unter Umständen unbequeme Fragen stellen, bevor sie entscheiden, einen Deal einzugehen. Unabdinglich dafür ist der Besuch der Unternehmens während der Arbeitszeit, die Auswertung der letzten Bilanzen und betriebwirtschaftlichen Unterlagen. Man wird als Unternehmer nicht darum herumkommen, dies einem Kaufinteressenten zu gewähren, denn sonst bekommt er das Gefühl, dass es etwas zu verheimlichen gibt und daher keinem Deal zustimmen wird. Das heißt aber nicht, dass Informationen unvorsichtig an jeden x-beliebigen Interessenten preisgegeben werden sollten, sondern das Gegenteil ist der Fall. Bevor der Informationsfluss beginnen kann, sollte der Kaufinteressent eine Vertraulichkeitserklärung unterschreiben. Diese versichert dem Unternehmer, dass seine Verkaufsabsicht nicht publik gemacht und empfindliches Zahlenmaterial von Kaufinteressenten vertraulich behandelt wird. Erst nach dieser Absicherung können Kundennamen, Verkaufsstatistik u. Ä. herausgegeben werden. In der Regel wächst das Informationsbedürfnis in zwei oder drei Stufen, also dann, wenn das gegenseitige Vertrauen gewachsen ist. Doch selbst dann ist Vorsicht geboten. Es kommt vor, dass Wettbewerber Kaufinteresse vortäuschen, um an Information wie Technologie, Struktur oder Know-how des Konkurrenten zu gelangen. Ge80

fährlich für den verkaufenden Unternehmer wird es, wenn Kundendaten unwissentlich an den Wettbewerber weitergegeben werden. Dann nämlich könnte der Wettbewerber versuchen, die Kunden abzuwerben, indem er sie von der Kaufabsicht unterrichtet. Die Folgen für das Unternehmen wären in diesem Fall verhängnisvoll. Mit dem Abspringen der wichtigsten Kunden wird das Unternehmen unverkäuflich und droht in eine finanzielle Krise zu stürzen. Damit gewinnt der Wettbewerber gleich doppelt, da er seinen Kundenstamm ausbaut und einen Konkurrenten vom Markt drängt. Im besten Fall interessieren sich gleich mehrere Nachfolger für das zum Verkauf stehende Unternehmen. Gleichwohl es für den Veräußerer ein wesentlich höherer Aufwand ist, parallel Verhandlungen zu führen, sollte er diese Mühe nicht scheuen. Selbst, wenn ein Kaufinteressent noch so aussichtsreich scheint und vollmundig verkündet, dass er kurz davor steht, der Transaktion zuzustimmen, dürfen andere Interessenten keineswegs fallen gelassen werden. Denn der vielversprechende Kaufinteressent geht vielleicht taktisch vor, um den Verkaufswilligen in Sicherheit zu wiegen. Gelingt sein Vorhaben und er bleibt wissentlich als einziger Interessent übrig, wird er in der Lage sein, durch geschicktes Vorgehen die Situation auszunutzen. Dazu gehört insbesondere gezieltes Verschleppen von Verhandlungen. Wehe dem, der sich zu spät zum Verkauf entschlossen hat und nun verkaufen muss, sei es aus gesundheitlichen, aus Alters- oder konjunkturellen Gründen. Befindet sich der Verkaufswillige in einer solchen Lage, kann der Kaufinteressent praktisch alle Konditionen aushandeln, die für ihn zum Vorteil sind und auf die der Verkaufwillige – unter anderen Umständen – nie eingegangen wäre. Also sollte der verkaufende Unternehmer immer mehrere Eisen im Feuer haben, damit er auch bei den Kaufpreisverhandlungen die Oberhand für sich behält. 5.9.6

Typische Fehler beim Verkauf

Die Erfahrung zeigt, dass viele Unternehmer immer wieder die gleichen Fehler machen, wenn sie planen, ihr Unternehmen zu verkaufen. Der erste ist, dass die Entscheidung relativ kurzfristig fällt und nur noch wenig Zeit zur Realisierung der Nachfolgeregelung bleibt. Deshalb werden juristische, steuerliche und betriebswirtschaftliche Unternehmensverhältnisse nicht ausreichend geklärt. Viele unterschätzen die Komplexität einer Transaktion und den Zeitaufwand, der mit ihr verbunden ist. Wenn der Unternehmer schließlich merkt, dass er sich neben dem operativen Geschäft nicht gleichzeitig auf die Planung, Vorbereitungen und Durchführung einer Transaktion konzentrieren kann, wird das Gewicht auf eine Tätigkeit verlagert und folglich die andere vernachlässigt. Egal, ob sich der Unternehmer dafür entscheidet, mehr mit dem Durchsetzen der Transaktion oder der Führung seines Unternehmens zu befassen, wird der vernachlässigte Bereich darunter leiden. Will der Verkaufswillige den Schwerpunkt seiner Arbeit auf das Realisieren einer erfolgreichen Transaktion legen, dann fehlt der Unternehmensorganisation ein wichtiger Entscheidungsträger, der den bisherigen unternehmerischen Erfolg gesichert hat. Betrachtet man diesen Umstand unter dem Ge81

sichtspunkt der Dauer einer Transaktion, so lässt sich erkennen, dass innerhalb eines Jahres die Unternehmensentwicklung eine negative Richtung einschlagen könnte. Dies ist umso wahrscheinlicher, je stärker die Personenzentriertheit des Unternehmers ausgeprägt ist. Die Folge sind sich widersprechende Zahlen und Unterlagen, da ein rentables Unternehmen in kürzester Zeit heruntergewirtschaftet und Planzahlen nicht erreicht wurden. Das erzeugt Misstrauen bei den Kaufinteressenten und erschwert damit das Zustandekommen eines Deals. Ein ähnliches Schicksal ereilt Unternehmer, die beschließen, ihr Unternehmen zu verkaufen und sich dann zu früh aus der Geschäftsleitung zurückzuziehen. Wenn keine zwingenden gesundheitlichen oder familiären Gründe vorliegen, sollte sich der Unternehmer bis zum Schluss um die Leitung seines Unternehmens kümmern und versuchen, das bestmögliche Jahresergebnis zu erzielen. Wer sich zu früh von der Geschäftsführung verabschiedet und gedanklich bereits im Ruhestand ist, der riskiert das Unternehmenswohl und signalisiert potenziellen Käufern womöglich, dass er sein Unternehmen aufgegeben hat. Bereits an dieser Stelle werden viele Kaufinteressenten von weiteren Verhandlungen oder gar der Kontaktaufnahme absehen. Entscheidet sich der Unternehmer jedoch, seiner Geschäftführerposition in vollem Umfang nachzugehen und den Unternehmensverkauf beiläufig zu vollziehen, wird eine erfolgreiche Transaktion sehr fraglich bis unmöglich. Transaktionsprozesse sind hoch sensibel und bedürfen bei der Ausführung vollkommener Zuverlässigkeit, schließlich geht es um sehr viel Geld und eine lebensverändernde Entscheidung für beide Verhandlungsparteien. Doch genau hier liegt das Problem für den verkaufenden Unternehmer, der sich nur nebenher mit dem Verkauf seines Unternehmens beschäftigt. Ohne Zweifel wird er vereinbarte Termine nicht einhalten können oder unter Zeitdruck Fehler machen wie z. B. unvollständige Dokumente dem Kaufinteressenten überreichen. Dies wiederum erregt Misstrauen beim potenziellen Käufer und er bekommt den Verdacht, dass etwas nicht stimmt. Wie man sieht, befindet sich der verkaufende Unternehmer in einem Dilemma, aus dem er alleine nicht herauskommt. Die Ressource „Zeit“ ist begrenzt wie keine andere. Verschärft wird die Problematik dadurch, dass gerade ältere Unternehmer oft gewohnt sind, alleine zu entscheiden und sich Fragen nach der Qualität ihrer unternehmerischen Entscheidung erst gar nicht stellen. Sie neigen dazu, alles in die eigene Hand zu nehmen und übertragen wichtige Aufgaben ungern an Dritte. Doch alleine werden sie das beschriebene Zeitproblem nie lösen können. Abgesehen davon, dass der Verkaufswillige meistens keine Erfahrung hat, wie ein Unternehmen richtig zu verkaufen ist, kennt er die steuerlichen, rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Hintergründe nicht, die eine Vielzahl an Risiken bergen.

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5.9.7

Warum Transaktionen scheitern

Ein weiterer, nicht unerheblicher Grund, warum Deals scheitern, sind die oft zu hohen Preisvorstellungen des Verkäufers. Dafür gibt es zwei Gründe. Der erste ist, dass falsche Bewertungsansätze oder -verfahren zur Unternehmensbewertung herangezogen werden, die sich einerseits als praxisfern erweisen und andererseits falsche Kennzahlen als Bewertungsgrundlage nutzen. Dabei werden zu hohe Kaufpreise berechnet, die der Verkaufswillige nur zu gern akzeptiert und deshalb seine Bereitschaft sinkt, davon abzuweichen. Bei den Verhandlungen ergeben sich dadurch Vorstellungen über die Höhe des Kaufpreises, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Auf dieser Basis lässt sich anschließend nur sehr schwer ein gemeinsamer Nenner finden. Der zweite Grund ist die emotionale Bindung eines Unternehmers an sein Unternehmen. Wenn dieser das Unternehmen gegründet hat oder maßgeblich für dessen Aufbau und Entwicklung verantwortlich ist, ist es nur zu verständlich, dass sein Herzblut daran hängt und er einen entsprechenden Lohn für seine jahrzehntelange Arbeit erhalten möchte. In manchen Fällen ist es nicht einmal die finanzielle Notwendigkeit, die zu einer hohen Kaufpreisforderung führt, sondern das Bedürfnis des Unternehmers, Wertschätzung, die sich in Form des Kaufpreises ausdrückt, zu erhalten. Je höher der Preis, desto größer scheint ihm die Anerkennung für seine Arbeit als Unternehmer, die er womöglich als „Lebenswerk“ ansieht. Deshalb fällt es dem Unternehmer umso schwerer, rational vorzugehen. In besonderen Fällen merkt ein Unternehmer erst im Verlauf der Verhandlungen, dass sein Unternehmen bei weitem nicht so rentabel ist, wie er gedacht hat. Diese Momente sind frustrierend und nehmen einem die Kraft, die Verhandlungen fortzuführen. Wenn sich das zu einer Unlust beim Verkäufer ausweitet, gefährdet es nicht nur das weitere Bestehen des Unternehmens, sondern führt auch zu familiären Missstimmungen. Die Betriebsübergabe ist eine kritische Phase für jeden Unternehmer und eine der größten Herausforderungen seiner Laufbahn. Dabei können geringste Fehler eine erfolgreiche Transaktion torpedieren. Doch gerade das darf nicht passieren, weil für den verkaufenden Unternehmer der zukünftige Lebensweg vom Erfolg dieser Transaktion abhängt. Zudem muss einem bewusst sein, dass der Unternehmensverkauf eine einmalige Sache ist, die aus diesem Grund einer umfassenden Vorbereitung bedarf. Schließlich lassen sich begangene Fehler nicht rückwirkend korrigieren. 5.9.8

Zahlung des Kaufpreises

Werden sich die Parteien nach langer Vorbereitung und intensiven Verhandlungen einig, müssen unter anderem Zahlungsmodalitäten vertraglich geregelt werden. Dabei unterscheidet man zwischen dem Verkauf gegen Einmalzahlung und dem Verkauf gegen wiederkehrende Zahlungen. Wird der Kaufpreis sofort gezahlt, hat es für den Alteigentümer den Vorteil, dass er sich ausnahmslos auf seine weitere Lebensplanung konzentrieren und die Strapazen der letzten Monate hinter sich lassen kann. Als verkaufender Unternehmer sollte man immer versu83

chen, die Transaktion mit einer Einmalzahlung des gesamten Kaufpreises abzuschließen. Für den Alteigentümer verbergen sich einige Risiken bei der wiederkehrenden Zahlung, da er bei dieser Zahlungsart vom unternehmerischen Geschick des Nachfolgers abhängig ist. Solange der Nachfolger das Unternehmen rentabel führt, wird er seinen Zahlungsforderungen nachkommen können. Navigiert er jedoch das Unternehmen in eine Krise, worauf es illiquide wird, wird er in Zahlungsverzug geraten. Wenn die Alterversorgung des Alteigentümers von den gleichmäßigen und fristgerechten Zahlungen abhängt, gerät er selbst in finanzielle Schwierigkeiten. Falls doch die wiederkehrende Zahlung festgelegt wird, sollten Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden, die den Verkäufer absichern. Häufig finden sich Mischformen zwischen Einmalzahlung und wiederkehrender und somit „verzögerter“ Zahlung. Letztere wird oftmals als „Besserungsschein“ vereinbart und erfolgt damit nur, wenn nach dem Verkauf gemeinsam vereinbarte Geschäftserfolge bzw. Jahresergebnisse für eine begrenzte Zeit erreicht werden.

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6 Ausgewählte M&A-Themenbereiche Bernd Müller, Markus Amberger 6.1 Cross-Boarder-Transaktionen Globalisierung und Internationalisierung führen zu einer ständig steigenden Anzahl grenzüberschreitender M&A-Transaktionen (Cross-Boarder-Transaktionen). In der Vergangenheit fanden internationale Transaktionen hauptsächlich innerhalb Europas und zwischen Europa und USA statt. Allerdings hat der Anteil von Transaktionen mit einem Vertragspartner aus Asien (insbesondere China und Indien) seit der Jahrtausendwende stetig zugenommen. Statistiken zufolge wird dieser Trend auch noch in der nächsten Zeit konstant bleiben bzw. sich verstärken. Doch es sind nicht nur Großkonzerne, die ihren Einflussspielraum internationalisieren. Auch und gerade der deutsche Mittelstand, der von jeher das Rückgrat der deutschen Volkswirtschaft ist, entwickelt internationale Ambitionen. Jedoch bedürfen international erfolgreiche Transaktionen – gerade im Mittelstand – gewisser Voraussetzungen, die im Folgenden ansatzweise diskutiert und offen gelegt werden sollen. Wie bereits erwähnt, nimmt der Anteil grenzüberschreitender Fusionen und Übernahmen ständig zu. Dieser Trend gilt sowohl für Übernahmen inländischer Firmen durch ausländische Investoren als auch für Zukäufe deutscher Unternehmen im Ausland. Traditionell ist der Anteil mittelständischer Unternehmen im Vergleich zu ausländischen Volkswirtschaften in Deutschland sehr hoch. Deshalb sind es die zahlreichen mittelgroßen Unternehmen (so genannte Mid-Caps), die die meisten grenzüberschreitenden M&A-Transaktionen abwickeln werden. Da sich die Wettbewerber der mittelständischen Unternehmen vermehrt auch im Ausland befinden, kommen diese Unternehmen aus strategischen Gesichtspunkten nicht umhin, im internationalen M&A-Markt aktiv zu werden. Des Weiteren waren insbesondere in der Vergangenheit die deutschen Unternehmen angesichts der Standortnachteile in Deutschland (z. B. hohe Lohnkosten usw.) gezwungen, im Ausland aktiv zu werden. Wichtigste Zielländer für deutsche Unternehmen sind nach wie vor die USA und die wirtschaftlich wichtigen Länder Europas wie z. B. Großbritannien und Frankreich. Allerdings sind die deutschen Mittelständler auch vermehrt in den Schwellen- und Wachstumsländern wie Osteuropa, China und Südostasien aktiv. In jüngster Vergangenheit haben jedoch auch ausländische Konzerne sowie internationale Finanzinvestoren immer größeres Interesse an den mittelständischen Unternehmen in Deutschland. Der Grund hierfür ist meist, dass die deutschen Unternehmen nach wie vor einen sehr hohen technologischen Standard und ei85

ne gute Wettbewerbsposition haben. Für internationale Konzerne ist eine Präsenz in Deutschland als eine der wichtigsten Industrienationen zwingend. Die wichtigsten Käufer für deutsche Unternehmen sind nach wie vor die USA. Danach folgen die wichtigen europäischen Wirtschaftsländer wie Frankreich und Großbritannien. Verstärkt treten nun auch strategische Käufer aus Asien auf dem deutschen Markt. Durch diese internationale Komponente gewinnt eine grenzüberschreibende Transaktion an Komplexität im Vergleich zu einem nationalen M&A-Deal. Somit erhöhen sich gleichzeitig auch die Anforderungen, die an die beteiligten Führungskräfte und Berater im Vergleich zu den bereits komplexen und vielschichtigen nationalen Transaktionen gestellt werden. Zum einen wäre da das nötige Verständnis für kulturelle Unterschiede. Dass das ausländische zu akquirierende Unternehmen unter wirtschaftlichen Aspekten attraktiv erscheinen muss, ist selbstverständlich. Darunter fallen natürlich auch politische Umstände, wie der Schutz von Eigentum und die Rechtsbeständigkeit. Doch auch kulturell sollte man dem neuen Land gegenüber eine gewisse Affinität aufweisen. Gerade zwischen Ländern mit einer ähnlichen Kultur, wie das beispielsweise zwischen der europäischen und der amerikanischen der Fall ist. Auch tritt häufig der Fall auf, dass ein Beteiligter dem anderen Kulturkreis angehört. Dies ist aber auch bei der Post Merger Integration, der Phase nach der Eingliederung des Zielunternehmens, von erheblichem Vorteil. Der Einstieg in ein neues Land oder auch nur in eine neue Region ist jedoch nicht nur mit der Überwindung kultureller Hürden verbunden, sondern auch mit technischen. Der erfolgreiche Eintritt setzt somit solide Kenntnisse der jeweiligen Landeskultur und der spezifischen Besonderheiten voraus. Das sichere Beherrschen der neuen Sprache ist dabei natürlich sehr hilfreich beim Ergründen kultureller Unterschiede. Jedoch ist es auch dann kein Selbstläufer. Denn selbst bei monolingualen Transaktionen lassen sich Schwierigkeiten nicht vermeiden, wie deutsch-österreichische Beispiele zeigen. Bei einem grenzüberschreitenden M&A-Deal gilt es daher, speziell die folgenden Aspekte zu beachten: • Vertrautheit mit dem ausländischen Kulturkreis • Kenntnis der Unterschiede in der Unternehmensführung • Kenntnis der verschiedenen Rechts- und Steuersysteme • Kenntnis der international maßgeblichen Bewertungsregeln Im Bereich der Kaufpreisfindung treten oftmals auch bedeutende Unterschiede im internationalen Umfeld zutage. Während bei Transaktionen mit mittelständischen Unternehmen im Inland weitgehend die Ertragswertmethode bzw. EBIT86

Methode für die Kaufpreisfindung angewandt wird, wird im internationalen Umfeld bei Transaktionen innerhalb Europas oder aber auch mit den USA oftmals die DCF-Methode angewandt. Bei Transaktionen mit Asien kommt zum Teil die Substanzwertmethode dazu. Das heißt, dass asiatische Käufer das Unternehmen auf Basis der Zeitwerte der im Unternehmen befindlichen Assets bewerten. Gerade die unterschiedlichen Rechts- und Steuersysteme der verschiedenen Länder erfordern eine sehr qualifizierte Vorbereitung der Transaktion. So werden bei Transaktionen mit ausländischen Vertragspartnern teilweise zweisprachige Verträge verwendet. Meist werden die Verträge zum einen in Englisch abgefasst und dann noch in Deutsch, sofern ein deutscher Vertragspartner vorhanden ist. Hierbei ist dringend eine Regelung dahingehend zu empfehlen, welche der beiden Sprachfassungen juristisch gelten soll. Wichtige Fragen sind, welches Landesrecht Grundlage des Vertrages ist und welcher Gerichtstand vereinbart wird. Hier kommt es sehr stark auf die Verhandlungsposition der Vertragsparteien an. Zum Beispiel wird ein deutscher Verkäufer, der mit mehreren sehr stark interessierten Kaufinteressenten verhandelt, meist durchsetzen können, dass deutsches Recht und ein inländischer Gerichtsstand vereinbart wird. Generell lassen sich auch im internationalen Umfeld grundsätzlich die Übernahme der Vermögensgegenstände eines Unternehmens (Asset Deal) von der Übernahme eines Kapitalanteils an einem Unternehmen (Share Deal) unterscheiden. Auch ist zu beachten, dass internationale Verträge unterschiedlich ausgelegt werden und auch das Grundverständnis über die Einhaltung von Verträgen teilweise sehr unterschiedlich gesehen wird. Beispielsweise bedeutet ein Vertragsabschluss mit asiatischen Vertragspartnern noch nicht in jedem Fall, dass ein gemeinsames Verständnis dahingehend besteht, diese Verträge auch in der Weise umzusetzen. Die praktische Erfahrung zeigt, dass der Abschluss von Verträgen in diesem Wirtschaftsraum zum Teil eher als Absichtserklärung gesehen wird. Wichtig ist, dass bereits bei Beginn der Transaktion einheitliche Spielregeln, insbesondere für die Kommunikation, getroffen und auch eingehalten werden. So ist es beispielsweise für deutsche Unternehmer nur sehr schwer verständlich, dass Kaufinteressenten aus Asien mehrfach ganz kurzfristig Termine entweder verschieben oder sogar ganz ausfallen lassen. Bei internatonalen Transaktionen ist außerdem zu berücksichtigen, dass diese zum Teil vor ihrer Wirksamkeit von den zuständigen Behörden im Ausland genehmigt werden müssen. Hierbei sind auch kartellrechtliche Regelungen zu beachten. Die Prüfung der Unternehmen (Due Diligence) stellt die Vertragspartner ebenso vor große Herausforderungen. Beispielsweise kann der Kaufinteressent aufgrund der fremden Rechtssystematik nicht abschließend beurteilen, welche Unterlagen zur Prüfung vorgelegt werden müssen. Hierbei benötigt der Kaufinteressent re87

gelmäßig rechtliche Unterstützung von Beratern, die mit dem Rechtssystem des jeweiligen Landes vertraut sind. Bei unterschiedlichen Währungen ist außerdem auf Währungsschwankungen während des M&A-Prozesses zu achten. Durch entsprechende Wechselkurssicherungen kann unter Umständen der Kurs zu einem frühen Zeitpunkt festgemacht werden. Nicht nur das Topmanagement der beiden Vertragspartner sollte voll und ganz hinter der Übernahme stehen. Auch das mittlere Management inklusive der Schlüsselpersonen sollten solch eine Entscheidung mittragen, da sie für die erfolgreiche Umsetzung der Beschlüsse und Entscheidungen des höheren Managements zuständig sind. Suboptimal ist der Ablauf einer Transaktion, wenn eben diese wichtigen Stützen eines Unternehmens um fünf vor zwölf oder noch schlimmer von der Presse vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Eine solche Kommunikation steigert sicherlich nicht das Commitment für den Arbeitgeber. Genau dies ist allerdings allgemein, aber insbesondere bei grenzüberschreitenden Transaktionen äußerst essentiell. Doch was ist eine funktionierende Kommunikation, wenn nicht auf adäquates Wissen zurückgegriffen werden kann? Erfahrung ist hier der springende Punkt. Während mittelgroße bis große Unternehmen meist über eine eigene M&AAbteilung verfügen und solche Prozesse teilweise mehrfach jährlich durchführen, ist solch ein Unterfangen für den Mittelständler eine einmalige Lebenserfahrung. Gerade an diesem Punkt sollte man sich über die eigenen Grenzen im Klaren sein und sich auch nicht scheuen externe Expertise ins Haus zu holen. Denn auch für den erfahrensten Mittelständler lässt sich das benötigte Wissen nicht aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit heraus ableiten. Somit sollte man die zu zahlenden Beratungshonorare nicht als Aufwand, sondern viel eher als sich lohnende Investition sehen, die sich bei einer erfolgreichen Transaktion sicherlich in bare Münze wandelt. Wo Cross Boarder drauf steht, sollte auch Cross Boarder drin sein. Dies gilt insbesondere auch für das Beraterteam. Dass exzellentes fachliches Wissen in dem Team vorhanden sein sollte, ist selbsterklärend. Jedoch darf man auch den Fachmann für die interkulturellen Fragen nicht vergessen. Grundsätzlich sollte das Team interdisziplinär aufgestellt sein; fundierte betriebswirtschaftliche Kenntnisse sowie fachliches Wissen sind ein unumgänglicher Bestandteil. Doch neben dem Fachwissen sollten die Berater auch über eine gute Vernetzung im nationalen wie auch im internationalen Umfeld verfügen. Sofern diese bereits existieren, ist die Zuverlässigkeit von diesen Partnern bereits erprobt und die geplante Zusammenarbeit wird nicht durch Startschwierigkeiten wie Abspracheprobleme hinausgezögert. Denn gerade internationale M&A-Prozesse sind selbst unter gleicher Zeit wie nationale mit mehr Druck verbunden und lassen so meist keinen Spielraum, um erst einen Vertragspartner zu suchen.

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Daher ist es von einem entscheidenden Vorteil, wenn sich die transnationalen Partner auch persönlich kennen und auch regelmäßig kommunizieren. Gemeinsames Verständnis kann bei solch einem Unterfangen nur zu einem positiven Einfluss führen. Meist entsteht für ausländische Käufer ein Mehrwert beim Kauf von inländischen Unternehmen, da sie die vorhandene Unternehmensinfrastruktur bei der Markterschließung nicht selbst aufbauen müssen. Diesem Netzwerk sollten auch Experten von nationaler Rechts- und Steuerlegung angehören. Denn nur so lässt sich eine große Anzahl an Variablen ausschalten. Natürlich könnte der Eigentümer auch selbst aktiv werden und jeweilige Experten direkt ansprechen. Doch sollte man nicht die Mühe und Zeit für die notwendige Koordination unterschätzen. Es ist davon auszugehen, dass sich die Tendenz transnationaler Transaktionen in der nahen und weiteren Zukunft fortsetzen und sogar verstärken wird. Die irreversible Globalisierung lässt die Märkte zusammenwachsen und Hürden verschwinden. In den Kapiteln 12.4 und 12.8 werden Praxisbeispiele beschrieben, die CrossBoarder-Transaktionen mit dem asiatischen Wirtschaftraum (insbesondere China) thematisieren.

6.2 Auktionsverfahren In den letzten Jahren hat sich als Ablauf für M&A-Transaktionen das Auktionsverfahren entwickelt. Es handelt sich um einen sehr strukturierten Verkaufsprozess, durch den der Veräußerer eines Unternehmens sich durch die Gestaltung des Veräußerungsprozesses als Auktionsverfahren die Maximierung des Kaufpreises erhofft. Meist ist also die Durchführung des Auktionsverfahrens der Wunsch des Veräußerers. Einzelne Käufer sehen sogar von der Bekundung ihres Kaufinteresses ab, sobald sie hören, dass das Unternehmen im Rahmen eines Auktionsverfahrens veräußert wird. Letztlich ist es eine Frage der Verhandlungsposition, ob der Verkäufer ein Auktionsverfahren durchsetzen kann und will. Im Auktionsverfahren wird ein sehr transparenter Wettbewerb unter den Bietern durchgeführt. Der Wettbewerb führt zur Straffung des Verfahrens und motiviert die Bieter zu schnellen Kaufentscheidungen. Dazu ist es jedoch notwendig, dass der Wettbewerb bis zuletzt aufrechterhalten wird. Es werden (wie ansonsten auch üblich) Geheimhaltungsvereinbarungen abgeschlossen und auf deren Grundlage Informationen ausgetauscht. Recht schnell danach werden die Bieter aufgefordert, die zunächst indikativen, später „bindenden“ Kaufpreisgebote abzugeben. Die bindenden Kaufpreisgebote geben sie meist nach Durchführung der Due Diligence in einem Datenraum auf Basis eines vom Verkäufer bereits vorgelegten Kaufvertragsentwurfs ab. 89

Wesentlich ist, dass sämtlichen Kaufinteressenten die gleichen Informationen zur Verfügung gestellt werden. Teilweise wird die Durchführung der Due Diligence auch über virtuelle Datenräume abgewickelt, sodass tatsächlich gleichzeitig an der Due Diligence gearbeitet werden kann. In manchen Fällen werden die Fragen der Kaufinteressenten samt Antworten den anderen Kaufinteressenten zur Verfügung gestellt, sodass tatsächlich immer eine einheitliche Informationsbasis gegeben ist. Nachdem die bindenden Kaufpreisangebote vorliegen und ausgewertet wurden, werden meistens mit mindestens zwei Bietern Vertragsverhandlungen aufgenommen, bis es zur Unterzeichnung mit dem erfolgreichen Bieter kommt. Der Verkäufer ist gut beraten, wenn er vor Beginn des Auktionsverfahrens bereits eine Verkäufer-Due Diligence durchführt, um Überraschungen im Due Diligence-Prozess zu vermeiden. Auch muss der Verkäufer rechtzeitig einen Kaufvertragsentwurf mit entsprechenden Anlagen erstellen. Vorteilhaft für den Verkäufer ist, dass er zu diesem Zeitpunkt die Dealstruktur auch in steuerlicher Sicht optimiert vorgeben kann. Der Veräußerer sollte jedoch nicht den erforderlichen Zeitaufwand für die Begleitung des Auktionsverfahrens unterschätzen. Selbstverständlich kann und sollte er dafür geeignete Berater einsetzen, die ihn in allen Phasen des Auktionsverfahrens unterstützen können. Im Falle einer Fremdfinanzierung der geplanten Akquisition wird in der Regel bereits mit Abgabe des verbindlichen Angebotes die Vorlage einer Finanzierungszusage gefordert. In diesem Zusammenhang muss auch eine evtl. Vergütung für die Bereitstellung der Kredite durch die finanzierenden Kreditinstitute geklärt werden. Dies insbesondere deshalb, da der Bieter zu diesem Zeitpunkt nicht absehen kann, ob er überhaupt als bevorzugter Bieter zu Vertragsverhandlungen eingeladen wird. Der Verkäufer wird in der Regel eine gewisse Kaufpreisanzahlung oder sonstige Leistungen (Break-up Fees) verlangen, die ihm im Fall eines von dem Bieter verschuldeten Scheiterns der Verhandlungen zufallen. Für jeden Einzelfall sollte rechtzeitig ein Ablaufplan festgelegt werden, der die jeweiligen Erfordernisse der jeweiligen Transaktion beinhaltet und konkrete Verantwortlichkeiten und Zeitvorgaben enthält. Nachfolgend ist ein Ablaufplan dargestellt, den der Verfasser in einem Praxisfall bei einem Verkauf eines mittelständischen Unternehmens in Rahmen des Auktionsverfahrens erstellt hat: 1. Erstellung eines Aktionsplanes 2. Vorentscheidung über Asset oder Share Deal 3. Erstellung eines Verkaufsexposés 90

4. Erste Kontaktaufnahme zu potenziellen Interessenten 5. Unterzeichnung der vorbereiteten Vertraulichkeitserklärung für das Bieterverfahren 6. Übersendung des Verkaufsexposés sowie Informationen über Ablauf des Bieterverfahrens an die Kaufinteressenten mit der Bitte um Abgabe eines vorläufigen und unverbindlichen Angebotes 7. Abgabe der indikativen (unverbindlichen) Gebote durch die Interessenten 8. Vorbereitung des weiteren und abschließenden Bieterverfahrens 9. Vorbereitung des Datenraumes und Festlegung der Regeln für die Benutzung des Datenraumes 10. Entscheidung, welche Interessenten in das weitere und abschließende Bieterverfahren einbezogen werden 11. Öffnung des Datenraumes; Datenraum enthält auch Entwurf Kaufvertrag 12. Abgabe von verbindlichen Geboten durch die Interessenten 13. Vertragsverhandlungen und Signing 14. Closing gem. Regelungen im Kaufvertrag

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7 Unternehmensbewertung Andreas Sattler, Bernd Müller, Markus Amberger Es gibt verschiedene Anlässe und Motive, sein eigenes Unternehmen oder Unternehmensteile zu bewerten bzw. bewerten zu lassen. Der Tod des oder eines Gesellschafters ist wohl der unerfreulichste Anlass. Manch einer möchte auch einfach nur in Geldgröße seine eigene Leistung gemessen sehen, oder lässt das Unternehmen im Vorfeld einer Börseneinführung bewerten. Der häufigste und zugleich diffizilste Anlass jedoch ist der Verkaufswunsch eines Gesellschafters an einen Dritten. Häufig deshalb, weil da der Unternehmensverkauf ein oft beschrittener Weg zur Unternehmensnachfolge ist. Sei es, da kein eigener Nachwuchs vorhanden ist oder aber, dass der vorhandene kein Interesse hat oder nur unzureichend qualifiziert ist. Diffizil, da hier die unterschiedlichen Interessen zweier Verhandlungsparteien aufeinander treffen. Die Verkäuferseite, mit Emotionen behaftet, möchte das Geschaffene wertgeschätzt sehen und sieht sich mit einer hohen Kaufpreisforderung gerechtfertigt. Andererseits möchte der rational agierende Käufer das mit einem Unternehmenskauf verbundene Risiko minimieren und versucht einen geringeren Preis zu rechtfertigen. Trotz dieser unterschiedlichen Betrachtungsweise ist es aber trotzdem nicht ausgeschlossen, ein solches Vorhaben wie einen Unternehmenskauf, erfolgreich abzuschließen. Kooperatives Verhalten sowie eine neutrale, professionelle Unterstützung sind dafür äußerst förderlich. Grundsätzlich gilt natürlich auch in der Praxis die Theorie, dass Angebot und Nachfrage den Wert und somit den Preis eines Objektes bestimmen. Die akademische Herangehensweise der Bewertung mag noch so einen hohen Wert eines Unternehmens versprechen, findet sich für den veranschlagten Preis kein Käufer, müssen unter Umständen Abschläge bis hin zur Unverkäuflichkeit akzeptiert werden. Eine solche Entwicklung kann jedoch nicht ernsthaft im Sinne eines verkaufswilligen Unternehmers sein. Eine professionelle und neutrale Bewertung hilft, falschen Erwartungshaltungen vorzubeugen und somit Enttäuschung und Frustration zu verhindern. Die Disziplin der Bewertung kennt viele Methoden, die von unterschiedlichen Gruppen verfochten und angewendet werden. Dabei gibt es kein Richtig und kein Falsch, höchstens ein mehr oder weniger angebrachtes und sinnvolleres Verfahren, eben je nach Situation des Käufers und des Kaufobjektes. Im Folgenden sollen nun vier der am wichtigsten und meist gebrauchten Bewertungsverfahren näher beschrieben werden. Sie werden in groben Zügen skizziert, um eine erste grobe Einschätzung des eigenen Unternehmenswertes zu geben. Hierbei handelt es sich um das international häufig angewandte Discounted Cashflow Verfahren (DCF). Mittels dieses Verfahrens versucht man die prognostizierten Zahlungsströme (den Cashflow) auf den Bewertungsstichtag abzuzinsen (diskontieren) und somit einen fairen Wert zu finden. Analog dazu versucht das Ertragswertverfahren, diesen Wert zu ermitteln, indem ein nachhaltiger Gewinn 93

festgelegt wird. Das EBIT-Verfahren und das Umsatzverfahren gehören zu den so genannten Multiplikatorenverfahren. Dabei werden die Bestimmungsgrößen mit einem zu bestimmenden Multiplikator multipliziert und ergeben somit den Wert des Unternehmens. Das Substanzwertverfahren und das Stuttgarter Verfahren runden die Möglichkeiten zur Bewertung eines Unternehmens ab, die an dieser Stelle als Basics vorgestellt werden. Die hier dargestellten Bewertungsverfahren stellen allerdings nur die Möglichkeit dar, den Wert eines Unternehmens nüchtern und objektiv abzubilden. Um jedoch möglichst nah in die Region eines realistisch erzielbaren Kaufpreises zu kommen, hat die gegenwärtige sowie die zukünftige Gesellschafterstruktur einen erheblichen Einfluss auf den Verkaufspreis. Auch die Größe eines Anteils, der angedient wird, ist relevant zur Ermittlung einer adäquaten Zahlungsbereitschaft. Es liegt auf der Hand, dass für eine marginale Anteilserhöhung, die zur Satzungsänderung oder -blockade berechtigt, überproportional viel bezahlt wird. Ob allerdings sieben oder acht Prozent an einer Kapitalgesellschaft erworben werden, hat keine gesellschaftsrechtliche Folgen außer bei der Gewinnverteilung.

7.1 Das Ertragswertverfahren Das Ertragswertverfahren ist neben dem EBIT-Verfahren eine der wichtigsten Bewertungsmethoden. Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass der Erwerb eines Unternehmens oder von Anteilen daran als eine Investition zu sehen ist. Diese Investition ist risikobehaftet und sollte somit eine Rendite erwirtschaften können, die über der Rendite einer sicheren Anlage liegt. Denn alternativ zum Unternehmenskauf hätten Sie als Käufer die Möglichkeit, den gleichen Betrag z. B. in Bundesschatzbriefen anzulegen und hier einfach und sicher Zinsen zu erhalten. Legen Sie Ihr Geld in einem Unternehmen und damit risikoreicher an, können Sie als Ausgleich für das übernommene Risiko eine höhere Verzinsung erwarten. Der Ertragswert errechnet sich durch Abzinsung und Addition der zukünftigen Erträge. Vereinfacht ist die Formel für den Ertragswert die umgestellte Formel der ewigen Rente, nach der aus einem einmal eingesetzten Betrag über die Verzinsung eine regelmäßige Zahlung berechnet wird. Der einmalige Betrag ist hier der Kaufpreis in Höhe des Ertragswertes, die Verzinsung geht über den Kapitalisierungszinsfuß ein und der nachhaltige Ertrag stellt die regelmäßige Zahlung dar. Die Formel für die ewige Rente lautet also: Ertragswert x Kapitalisierungszinsfuß = nachhaltiger Ertrag

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Umgestellt ergibt sich die Formel für den Ertragswert:

Ertragswert =

nachhaltiger Ertrag x 100 Kapitalisierungszinsfuß[%]

Der „Ertrag“ ist im Folgenden das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit nach Gewerbesteuer und vor Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag. Um seriös mit der Ertragswertformel rechnen zu können, muss der nachhaltige Ertrag zuvor um Sondereinflüsse bereinigt werden. Solche können z. B. überhöhte Geschäftsführergehälter oder Mieten sein. Wurde in den letzten Jahren vor dem Verkauf nicht mehr investiert und liegt somit die Abschreibungsquote der Betriebsleistung deutlich unter dem Branchendurchschnitt, muss mit einer branchenüblichen Abschreibung kalkuliert werden. Das verringert den bereinigten nachhaltigen Ertrag. Zusätzlich ist ggf. ein Investitionsstau entstanden, den der Käufer auffangen muss. Folgende Korrekturfaktoren ergeben sich häufig: • Geschäftsführergehälter von Gesellschaftern oder diesen nahe stehende Personen einschließlich Nebenleistungen wie Pensionsrückstellungen u. Ä. • Gehälter einschließlich Nebenleistungen von Arbeitnehmern, die in enger persönlicher oder verwandtschaftlicher Beziehung zu Gesellschaftern stehen oder die selbst Gesellschafter sind • Zinsen für Darlehen, stille Beteiligungen o. Ä. an Gesellschafter oder nahe stehende Personen • Mieten und Pachten an Gesellschafter oder nahe stehende Personen • Abschreibungen • außerordentliche Aufwendungen Um als „nachhaltig“ zu gelten, muss ein Ertrag zudem über die Dauer von mehreren Jahren erzielt werden können. Gewinnprognosen sind generell schwierig zu erstellen, so dass auf Planungsrechnungen oder Schätzungen zurückgegriffen werden muss. Diese unterliegen immer einem Risiko und müssen entsprechend vorsichtig angesetzt werden. Der nachhaltige Ertrag kann grundsätzlich auch rein vergangenheitsbezogen ermittelt werden:

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Das traditionelle Ertragswertverfahren ermittelt den nachhaltigen Ertrag auf Basis des durchschnittlich erzielten und um verschiedene Posten bereinigten Gewinns der letzten drei bis fünf Jahre sowie der kommenden ein bis zwei Jahre. Für die vorgenannte Aussage gibt es jedoch keine generelle Regel, d. h. ein qualifizierter Bewerter entscheidet nach intensiver Analyse der Vergangenheitszahlen sowie der Planzahlen, welche Jahre als Grundlage für die Berechnung des nachhaltigen Ertrages dienen sollen. Grundsätzlich wird natürlich angenommen, dass der nachhaltige Ertrag auch in Zukunft erzielt werden kann, was im Einzelfall zu prüfen ist. Beträgt der in den letzten fünf Jahren durchschnittlich erzielte und in den kommenden zwei Jahren geplante und berichtigte Gewinn z. B. 1.400.000 EUR und der Kapitalisierungszinsfuß 10 %, so ergibt sich als Ertragswert: 1.400.000 EUR x 100 Ertragswert =

10

= 14.000.000 EUR

Wie bereits ausgeführt, kann die Ermittlung des nachhaltigen Ertrags auf Basis von Vergangenheitszahlen und gleichzeitiger Berücksichtigung von Gewinnschätzungen erfolgen. Um Trends zu erkennen, sollten die Gewinn- und Verlustrechnungen der letzten fünf Jahre analysiert und darauf aufbauend die Umsatzund Kostenstruktur der kommenden Jahre geschätzt werden. Dabei kann es hilfreich sein, das Zahlenmaterial nach einem einheitlichen Schema aufzubereiten und es so übersichtlich und vergleichbar zu machen. Dazu können zunächst die Zahlen aus den Gewinn- und Verlustrechnungen der letzten fünf Jahre in folgende einheitliche Form übertragen werden: GuV für folgende Geschäftsjahre 2004 ... 2009 Umsatzerlöse ./. Materialaufwand + sonst. betriebliche Erträge ./. Personalaufwand ./. Abschreibungen ./. sonst. betr. Aufw. ./. Zinsen u. ähnl. Aufw. + sonst. Zinsen u. Erträge Ergebnis d. gewöhnlichen Geschäftstätigkeit ./. Gewerbesteuern Gewinn v. KöSt. + Soli 96

Nun folgt eine Analyse der Kostenstruktur. Dazu werden die einzelnen Kosten in Prozent des Umsatzes eines Jahres dargestellt. Hieraus werden Veränderungen in der Kostenstruktur der einzelnen Jahre sichtbar. Vergleichbare GuV für folgende Geschäftsjahre 2004 ... 2009 Durchschnitt in % in % 5 Jahre Umsatzerlöse 100 100 100 100 ./. Materialaufwand + sonst. betriebliche Erträge ./. Personalaufwand ./. Abschreibungen ./. sonst. betr. Aufw. ./. Zinsen u. ähnl. Aufw. + sonst. Zinsen u. Erträge Ergebnis d. gewöhnlichen Geschäftstätigkeit ./. Gewerbesteuern Gewinn v. KöSt. + Soli Jetzt wird als Basisjahr nicht das jeweilige Geschäftsjahr, sondern das am weitesten zurückliegende Jahr genommen. So werden die Veränderungen und Trends für Umsatz und Kosten über den gesamten Zeitraum sichtbar. GuV für folgende Geschäftsjahre (Basisjahr: 2004) 2004 ... 2009 in % in % Umsatzerlöse 100 ./. Materialaufwand 100 + sonst. betriebliche Erträge 100 ./. Personalaufwand 100 ./. Abschreibungen 100 ./. sonst. betr. Aufw. 100 ./. Zinsen u. ähnl. Aufw. 100 + sonst. Zinsen u. Erträge 100 Ergebnis d. gewöhnlichen Geschäftstätigkeit 100 ./. Gewerbesteuern Gewinn v. KöSt. + Soli Nach eingehender Analyse der Unternehmensdaten (Entwicklung der Umsatzerlöse, Personalkostenstruktur etc.) kann nun eine Planerfolgsrechnung erstellt werden. Dabei werden unter anderem ggf. kalkulatorische Kostenarten wie z. B. ein kalkulatorischer Unternehmerlohn angesetzt, der bei Einzel- und Personengesellschaft nur indirekt über eine Gewinnausschüttung abgegolten wird. 97

Hat die Zukunftserfolgsrechnung, die aufgrund der eingangs dargestellten Weisen ermittelt wurde, einen realistischen nachhaltigen Ertrag ergeben, muss dieser nun mit dem sog. Kapitalisierungszinsfuß abgezinst werden. So wird das Risiko, das in der „Anlage“ steckt, berücksichtigt. Zur Ermittlung des Kapitalisierungszinsfußes kommt es also darauf an, die bestehenden Risiken realistisch abzuschätzen. Er wird aus folgenden drei Komponenten hergeleitet werden: Zinssatz für sichere Anlagen (Bundesschatzbriefe o. Ä.) zzgl. Zuschlag für erschwerte Verkäuflichkeit zzgl. Zuschlag für unternehmerisches Risiko = Kapitalisierungszinsfuß Die Höhe des Kapitalisierungszinsfußes liegt zwischen ca. 10 und ca. 50 %. Den größten Anteil hat hieran der Zuschlag für unternehmerisches Risiko. Die Spanne ist, wie nachfolgendes Beispiel verdeutlicht, erheblich: Beispiel I: Kapitalisierungszinsfuß 15 %, nachhaltiger Ertrag 1.500.000 EUR Ertragswert = 1.500.000 EUR x 100 / 15 = 10.000.000 EUR Beispiel II: Kapitalisierungszinsfuß 30 %, nachhaltiger Ertrag 1.500.000 EUR Ertragswert = 1.500.000 EUR x 100 / 30 = 5.000.000 EUR Eine Änderung des Kapitalisierungszinsfußes kann also eine Verdoppelung bzw. Halbierung des Ertragswertes bedeuten. Der Zinssatz variiert, je nachdem, ob die zuvor beschriebenen Gewinne bzw. Erträge, die abzuzinsen sind, vor allen Steuern oder z. B. lediglich nach Gewerbesteuer oder ggf. Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag berechnet werden. Hier gibt es auch unter Fachleuten unterschiedliche Vorgehensweisen. Zwecks Vergleichbarkeit des Kapitalisierungszinsfußes mit Alternativanlagen rechnen viele Bewerter den Zins auf Basis der Gewinne bzw. Erträge nach Gewerbesteuer, aber vor Körperschaftsteuer (bei Kapitalgesellschaften) bzw. Einkommensteuer (bei Personengesellschaften) einschließlich des Solidaritätszuschlags. Der Zuschlag für erschwerte Verkäuflichkeit berücksichtigt, dass ein Unternehmen schwerer verkäuflich ist als eine Alternativanlage (z. B. Bundesschatzbriefe). Naturgemäß gibt es zudem durch unterschiedliche Branchen, Unternehmensgrößen etc. Unterschiede in der Verkäuflichkeit von einzelnen Unternehmen. 98

Als positiv kann im Zuschlag für erschwerte Verkäuflichkeit z. B. bewertet werden, wenn der Verkauf durch eine vorherige Umwandlung des Unternehmens in eine Aktiengesellschaft vereinfacht wurde. Negativ werden beispielsweise komplexe Gesellschafterstrukturen mit vielen kleinen Gesellschaftsanteilen gewertet. Der Zuschlag für unternehmerisches Risiko hat die größte Bandbreite. Er berücksichtigt die besonderen unternehmerischen Chancen oder besonderen Risiken des Unternehmens. Risiken, welche zu einer Minderung des Unternehmenswertes – und damit zu einer Erhöhung des Zuschlages – führen, können wichtige Sachverhalte sein, von welchen hier einige exemplarisch genannt seien: • Abhängigkeiten von Führungspersonen, Groß-Projekten, Key-Kunden, Lieferanten etc. • Unausgewogene Altersstruktur (Know-how-Träger kurz vor dem Ruhestand?) • Defizite im Vertrieb • Branchenimmanente Risiken wie z. B. Lizenzverletzungen und Softwarepiraterie • Steigende Anzahl von Anbietern und somit steigender Wettbewerbsdruck • Wenig zukunftsorientierte Produktpalette • Schwierige gesamtwirtschaftliche Situation Chancen, welche den Wert eines Unternehmens steigern – und damit den Zuschlag vermindern – , können z. B. die Folgenden sein: • Wachstumspotenzial von Produktsegmenten • Möglichkeiten der Erschließung neuer Absatzmärkte oder Vertriebskanäle • Hohes Know-how und Innovationspotenzial • Unabhängigkeit von Großkunden bzw. Lieferanten • Ausgewogene Altersstruktur • Patente oder exklusive Vertriebsrechte • Reputation Sind diese Kriterien durchweg unkritisch und unproblematisch, wird der Kapitalisierungszinsfuß eher um 15 % liegen. Sind z. B. 50 % des Unternehmensumsatzes abhängig von einem Großkunden, der seinerseits jedoch kaum von seinem Lieferanten abhängig ist, so wird eher mit 30 % abgezinst. 99

Ein nach der Ertragswertformel ermittelter Unternehmenswert wird am Markt nur dann tatsächlich erzielt, wenn die Eigenkapitalquote des Unternehmens „auskömmlich“ ist. Das Unternehmen muss sich also „aus sich selbst heraus“ finanzieren können, ohne Gesellschafterdarlehen, Gesellschafterbürgschaften oder andere Sicherheiten von außerhalb des Unternehmens in Anspruch zu nehmen. Ansonsten ist der durch die Ertragswertmethode ermittelte Unternehmenswert um entsprechende Beträge zu korrigieren. Beispiel: Der ermittelte Ertragswert beträgt 10 Mio. EUR. Zwecks dauerhafter Sicherstellung der Finanzierung müssen permanent 2,5 Mio. EUR Gesellschafterdarlehen gegeben werden. Diese sind ohne Sicherheiten zur Verfügung gestellt; eine Bank oder ein fremder Dritter würden weder die gesamten 2,5 Mio. EUR noch einen Teil dieses Betrages „blanko“ ausleihen. Somit beträgt der Unternehmenswert 10 Mio. EUR ./. 2,5 Mio. EUR = 7,5 Mio. EUR.

7.2 Das Discounted Cashflow Verfahren Im Gegensatz zum Ertragswertverfahren, bei welchem vornehmlich die Erträge eines Unternehmens im Mittelpunkt stehen, werden bei der Discounted Cashflow-Methode (DCF) die Ausschüttungen des Unternehmens abgezinst. Die Annahme, die dieser Methode zugrunde liegt, ist, dass für einen Investor die Frage im Mittelpunkt steht, in welchem Zeitraum er sein eingesetztes Kapital wieder zurückbekommen kann (Return on Investment). Aus diesem Grund steht bei der DCF-Methode die Ausschüttungsfähigkeit des Unternehmens im Vordergrund. Diese hat jedoch nur teilweise etwas mit dem Jahresüberschuss zu tun, sondern vielmehr mit dem „Free Cashflow“. In der Praxis wird der Unternehmenswert durch die Abzinsung der zukünftigen Free Cashflows aus jedem einzelnen Jahr ermittelt, d. h. der Wert des Unternehmens ergibt sich aus den finanziellen Mitteln, die in Zukunft jährlich aus dem Unternehmen ausgeschüttet werden können. Die Gewinne aus der Vergangenheit spielen hierbei nur eine untergeordnete Rolle. Sie sind die Grundlage für die Zukunftsplanung, welche wiederum für die Ermittlung der Free Cashflows für die einzelnen Jahre erforderlich ist. Bei der Ertragswertmethode, hingegen stehen die künftigen Erträge (bzw. Gewinne) im Mittelpunkt. Insgesamt lässt sich urteilen, dass das DCF–Verfahren im Vergleich zur Ertragswertmethode das investorengerechtere Verfahren ist, da sein Ansatz auf den vermuteten Zuflüssen an den Investor beruht, deshalb die „Liquiditätswirklichkeit“ des Unternehmens und des Investors abbildet und somit in der Praxis die gewünschte Transparenz und Klarheit für Investorenentscheidungen bringt. Dieses Verfahren ist jedoch im Vergleich zur Ertragswertmethode deutlich aufwendiger, da die Berechnung von Free Cashflows meist auch Erstellung von Planbilanzen voraussetzt. Insbesondere bei stark wachsenden Unternehmen kann sich 100

dieser Aufwand lohnen, da dann auch beispielsweise die Erhöhung des Working Capitals in der Planbilanz berücksichtigt wird, welches direkten Einfluss auf die Höhe des Free Cashflows hat. International ist das DCF–Verfahren gebräuchlicher als die vornehmlich in Deutschland angewendete Ertragswertmethode.

7.3 Das EBIT-Verfahren Der Begriff EBIT steht für „Earnings Before Interest and Tax“, also den Gewinn vor Zinsen und Steuern bzw. das operative Betriebsergebnis. Das EBIT ergibt sich, wie der nachhaltige Ertrag beim Ertragswertverfahren, in der Regel nach Korrekturen und auf Basis einer vergangenheitsbezogenen Betrachtung sowie einer Zukunftsplanung. Auf die vorstehenden Ausführungen bei der Ertragswertmethode wird verwiesen. Neben des EBIT’s wird für die Ermittlung des Unternehmenswertes die Nettofinanzverschuldung des Unternehmens benötigt. Dabei werden – vereinfacht ausgedrückt – alle Zins tragenden Verbindlichkeiten angesetzt. Zu den Zins tragenden Verbindlichkeiten zählen neben Bankverbindlichkeiten insbesondere auch Gesellschafterdarlehen. In der Praxis gibt es noch einige weitere Bilanzpositionen, die darin zu berücksichtigen sind. Angesichts der Komplexität wird hier jedoch nicht weiter darauf eingegangen. Von der Summe der Zins tragenden Verbindlichkeiten wird nun die überschüssige Liquidität (Barreserven) abgezogen. Dazu zählen Bargeld, Sichteinlagen und kurzfristige Geldanlagen, sofern diese nicht aus reinen Liquiditätsgesichtspunkten zur Aufrechterhaltung der Geschäftstätigkeit erforderlich sind. Gegebenenfalls sind auch Wertpapiere und nicht betriebsnotwendiges, auskehrbares Vermögen abzuziehen. Als Stichtag gilt der Tag der Unternehmensbewertung. Der letzte zur Bewertung notwendige Faktor ist ein branchenabhängiger, ständig aktualisierter Multiplikator auf Basis von tatsächlich vollzogenen Transaktionen. M&A-Berater und sonstige M&A-Fachleute haben durch ihre Marktkenntnis den Überblick über derzeit „bezahlte“ Multiples. Diese können aus Fachzeitschriften bzw. Finanzmagazinen entnommen werden. Folgende Tabelle enthält beispielhaft die EBIT-Multiplikatoren mit Stand August 2009:

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EBIT-Multiplikatoren für den Unternehmenswert Unternehmensgröße Small-Cap Branche von bis Beratende Dienstleistungen 4,8 6,5 Software 5,7 7,7 Telekommunikation 5,3 7,5 Medien 5,9 7,5 Handel/E-Commerce 4,3 7,0 Transport & Logistik 4,6 6,2 Elektrotechnik/Elektronik 4,8 6,4 Fahrzeugbau und -zubehör 4,5 6,5 Maschinen- und Anlagenbau 4,1 5,7 Chemie 5,3 7,6 Pharma 5,3 7,8 Textil und Bekleidung 3,9 5,9 Nahrungs- und Genussmittel 5,3 7,1 Gas, Strom, Wasser 5,4 7,7 Umwelttechnologie, Entsorgung/Recycling 4,8 6,8 Bau und Handwerk 3,5 4,9

Mid- & Large-Cap von bis 5,7 8,7 5,8 8,7 5,0 8,0 6,7 8,8 5,0 8,6 5,3 8,7 5,4 7,7 4,6 7,3 4,6 7,6 5,8 9,2 5,9 9,5 4,5 7,3 6,0 8,5 6,2 8,9 5,5 7,8 4,0 5,9

Quelle: www.finance-magazin.de

Innerhalb der oben genannten Multiplikator-Korridore kann das zu bewertende Unternehmen nun positioniert werden. Der Eigenkapitalwert des Unternehmens ergibt sich nach der EBIT-Methode aus folgender Formel: (EBIT x Multiplikator) – Nettofinanzverschuldung = Eigenkapitalwert Das folgende Beispiel soll die Berechnung des Eigenkapitalwertes über die EBITMethode verdeutlichen: Auszug aus Bilanz und GuV der X-GmbH; Branche: Transport und Logistik (in TEUR) = EBIT 590 Bankschulden + Gesellschafterdarlehen ./. überschüssige Liquidität auf Festgeldkonto = Nettofinanzverschuldung

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700 450 -150 1.000

Berechnung des Eigenkapitalwertes (in TEUR) Bezugsgröße (EBIT) 590 x Multiplikator 6,0 = Unternehmenswert 3.540 ./. Nettofinanzverschuldung -1.000 = Eigenkapitalwert 2.540 Der Unternehmenswert gibt zunächst an, wie hoch das operative Geschäft des Unternehmens bewertet wird. Dem Eigentümer steht jedoch nur der Teil des Unternehmenswertes zu, der nicht von Dritten finanziert wurde (Eigenkapitalwert). Daher muss die Nettofinanzverschuldung vom Unternehmenswert abgezogen werden. Neben dem Wert des Unternehmens gehen schließlich auch die Unternehmensschulden auf einen potenziellen Käufer über. Der Eigenkapitalwert gibt also an, wie hoch der Verkaufserlös der Gesellschaftsanteile des gesamten Unternehmens voraussichtlich wäre. Sollen nur Teile des Unternehmens erworben werden, wird der Kaufpreis dementsprechend verringert. Das EBIT-Verfahren eignet sich für eine überschlägige Bewertung, die jedoch erfahrungsgemäß dem tatsächlichen Marktwert sehr nahe kommt. Dies insbesondere dann wenn sie mit hoher Sorgfalt im Bereich der notwendigen Korrekturen des EBIT’s sowie der Nettofinanzverschuldung vorgenommen wird.

7.4 Das Umsatzverfahren Dieser Bewertungsansatz ist analog zum EBIT-Verfahren. Wie eingangs erwähnt, handelt es sich ebenfalls um ein Multiplikatorverfahren, das, wie der Name bereits verrät, den Umsatz als Basis der Berechnung annimmt und nicht das EBIT. Dabei wird es häufig zur Bewertung von Arztpraxen, Steuerberaterbüros o. Ä. verwendet. Auch hier unterscheiden sich die Multiplikatoren nach Branche und dem jeweiligen Risiko. Das folgende Beispiel verdeutlicht die Vorgehensweise bei Anwendung des Umsatzkostenverfahrens. Beispiel: Nachhaltig, bereinigter Jahresumsatz: 800.000 EUR Branchenabhängiger, risikoadjustierter Multiple: 1,1 Unternehmenswert: 800.000 EUR x 1,1 = 880.000 EUR

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Allerdings sollte dieser Bewertungsansatz nur ein Wertindikator sein und kann nur – wie weiter oben ausgeführt – in ausgewählten Branchen angewandt werden. Der wesentliche Nachteil dieser Bewertungsmethode besteht darin, dass die Gewinnsituation eines Unternehmens keinerlei Berücksichtigung findet. Da jedoch aus Käufersicht gerade der erzielbare Gewinn eine wichtige Größe dahingehend ist, wie schnell der investierte Kaufpreis wieder „verdient“ werden kann, kann dieses Verfahren nur bei Branchen zur Anwendung kommen, in denen die Ertragssituation weitgehend stabil ist und keinen großen Schwankungen unterliegt. Zu berücksichtigen ist auch, dass in den oben genannten Anwendungsgebieten dieser Methode die Personenkonzentriertheit sehr groß ist und somit die Nachhaltigkeit beim Ausscheiden des Verkäufers in Frage zu stellen ist. Daher mag sie sich gut zu einem individuellen Branchenvergleich eignen, jedoch selten zum Kauf eines Unternehmens.

7.5 Das Substanzwertverfahren Das Substanzwertverfahren hat heute bei weitem nicht mehr die Bedeutung, die es früher hatte. Das ist sinnvoll, da es nicht allein darauf ankommt, über wie viel Vermögen ein Unternehmen verfügt, sondern was mit diesem Vermögen verdient werden kann. Das Substanzwertverfahren sollte also in keinem Fall als einzige Methode angewandt werden, sondern allenfalls als Hilfsmethode. Das Ergebnis kann dann in Relation zum Ertragswert oder EBIT-Wert gesehen werden. Auch wenn er zur Ermittlung des Unternehmenswertes allein wenig dienlich ist, erfüllt der Substanzwert verschiedene wichtige Funktionen: Er zeigt den Zeitwert der Summe der Vermögensgegenstände des zu bewertenden Unternehmens an. Er zeigt die „wahre“ Höhe des Eigenkapitals. Aus einer Aufstellung zur Berechnung des Substanzwertes kann man die zur Berechnung des Ertragswertes angemessenen Abschreibungen ermitteln. Er gibt Hinweise auf Besicherungsmöglichkeiten, z. B. bei einer Finanzierung. Wie schon bei der Ermittlung des Ertragswertes, kann der Substanzwert nicht einfach aus dem letzten Jahresabschluss ermittelt werden. Es muss vielmehr zum Übernahmestichtag eine Bilanz erstellt werden, in der nicht die Buchwerte der einzelnen Vermögensgegenstände, sondern deren tatsächliche Verkehrswerte angesetzt sind. Es vereinfacht die Berechnungen, wenn die Handelsbilanz und die Inventurliste als Grundlage für die eigene Bilanz verwendet werden. Diese Unterlagen können z. B. kopiert und die selbst oder durch einen Gutachter ermittelten Werte daneben geschrieben werden.

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Auf diese Weise kann man auch erkennen, ob alle vorhandenen Gegenstände registriert sind und ob es Vermögensgegenstände gibt, die nicht betriebsnotwendig sind. So kaufen manche Unternehmer z. B. Maschinen aus persönlichen Vorlieben heraus, obwohl diese dann nicht ausgelastet werden. Derartige Vermögensgegenstände müssen entweder so niedrig angesetzt werden, dass sie mit Gewinn verkauft werden können, oder der Verkauf sollte dem Verkäufer überlassen werden. Muss ein Lager mit bewertet werden, so sei darauf geachtet, dass es auf dem aktuellen Stand ist und keine „Ladenhüter“ beinhaltet, die schwer oder gar nicht mehr zu veräußern sind. Besonders bei der Bewertung eines Lagers versuchen manche Verkäufer, den Unternehmenswert in die Höhe zu treiben. Bestehen Zweifel über den Wert eines Vermögensgegenstandes oder kann mit dem Verkäufer keine Einigung über den Wertansatz erzielt werden, sollte ein neutraler Gutachter zu Rate gezogen werden. Das Substanzwertverfahren wird bei den typischen Transaktionen mittelständischer Unternehmen innerhalb Europas nur selten angewandt. Interessant ist jedoch, dass insbesondere asiatische Käufer, die zunehmend ein Interesse für mittelständische Unternehmen in Europa zeigen, oftmals die Substanzwertmethode zumindest als zusätzliche oder ergänzende Bewertungsmethode anwenden. Die oben genannten Bewertungsverfahren können dazu dienen, einen ersten Eindruck über den Wert eines Unternehmens zu erhalten und sich insbesondere der Faktoren bewusst zu sein, die den Wert des Unternehmens stark beeinflussen. Die detaillierte Unternehmensbewertung muss in der Regel Fachleuten überlassen werden. Dabei sollte man darauf achten, dass der beauftragte Bewerter sowohl langjährige als auch aktuelle Erfahrungen auf diesem Gebiet hat und nicht nur ein gutes theoretisches Verständnis über Bewertungsverfahren, sondern auch einen Einblick hat, mit welchen Methoden die in der Praxis, insbesondere von professionellen Unternehmenskäufern, bezahlten Unternehmenspreise ermittelt werden.

7.6 Ergänzende Bewertungsbetrachtung „Patente“ Ergänzend zu den dargestellten Bewertungsmethoden zur Unternehmensbewertung stellt sich die Frage der wirtschaftlichen Bewertung von Patenten, die im Verbund mit dem Unternehmen stehen. Analog zu den meisten Unternehmensbewertungsmethoden erfolgt auch bei Patenten der Versuch, die prognostizierten finanziellen Überschüsse zu bewerten. Dabei grenzt die Patentrestlaufzeit den maximalen Planungszeitraum sehr exakt ein. Wesentliche Voraussetzung einer Patentbewertung ist die permanente, teilweise sehr kostspielige Überprüfung der Einhaltung der Schutzrechte. Inwieweit die Überprüfung in konkreten Bewertungsfällen durchgeführt wird, ist aus Sicht 105

der Bewerter schwierig festzustellen. Da Angaben darüber sehr subjektiv sind, ist der ermittelte Wert auch sehr subjektiv. Insgesamt bestehen die Risiken in der Patentbewertung einerseits in dem Schutzrecht spezifischen Risiko der Durchsetzungsfähigkeit und Rechtsbeständigkeit, andererseits in der Unsicherheit der Zahlungsstromprognosen. Dabei sind objektive, qualifizierte Informationen von wesentlicher Bedeutung. Da diese teilweise nur in einem unverhältnismäßig großen Aufwand zu gewinnen sind und daher häufig nicht vorliegen, wird die Aussagefähigkeit einer solchen Bewertung fragwürdig. Die Bewertung von Patenten kann entweder aus unternehmensinterner Perspektive oder aus Sicht eines unspezifischen Marktteilnehmers heraus erfolgen. Da die Bewertung allerdings meist in Kombination mit einer Unternehmensbewertung erfolgt, entscheidet man sich für die unternehmensinterne Version. Maßgebend für die Patentbewertung ist die Erfassung des künftigen, wirtschaftlichen Nutzens, die dem Patentinhaber zufließen. In den meisten Fällen ist dieser wirtschaftliche Nutzen bereits in der Ergebnisaufstellung enthalten und somit in der EBIT-Planung bereits ausreichend berücksichtigt. Ein weiterer Ansatz in der Patentbewertung kann die Fragestellung sein, welchen Aufwand ein potenzieller Erwerber hätte, ein derartiges Patent zu entwickeln. Da jedoch sowohl die Höhe der Aufwendungen auf Basis der gegebenen Informationen sehr vage ist und auch die Frage offen bleibt, ob bei einem Wettbewerber tatsächlich Entwicklungsaufwendungen in der entsprechenden Höhe anfielen, wird dieser Bewertungsansatz in der Praxis häufig nicht angewandt.

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8 Steuerliche Aspekte beim Unternehmenskauf und -verkauf Dr. Hans-Joachim Broll 8.1

Grundsätzliche Überlegungen

8.1.1

Kauf- bzw. Verkaufsgegenstand

Im Steuerrecht wird man vergeblich nach einem Gesetz zur Besteuerung des Unternehmenskaufs und -verkaufs suchen, wie man es beispielsweise für den Bereich der Umwandlung von Unternehmen im Umwandlungssteuergesetz findet. Dies liegt zum Einen daran, dass sich im deutschen Steuerrecht die Gesetze im Wesentlichen nach Steuerarten (z. B. Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, Umsatzsteuergesetz, Grunderwerbsteuergesetz) unterscheiden und zum Anderen daran, dass die Besteuerung rechtsformabhängig ist. So finden z. B. die Vorschriften des Körperschaftsteuergesetzes für Kapitalgesellschaften Anwendung, nicht jedoch für Einzelunternehmen und Personengesellschaften. Bereits die zivilrechtliche Definition des Unternehmens als Kauf- bzw. Verkaufsgegenstand ist nicht ohne Probleme. Ein Unternehmen als Konglomerat von Sachen, Rechten, Verträgen, tatsächlichen Beziehungen, Geschäftschancen, Mitarbeitern und vielem mehr passt nicht richtig in das System des Bürgerlichen Gesetzbuches. Der Kauf bzw. Verkauf eines Unternehmens ist auf der Basis von zwei unterschiedlichen Grundtypen möglich: Dies ist zum Einen die Übertragung des Unternehmens durch Übertragung seines Rechtsträgers, also beispielsweise die Übertragung eines von einer Personenoder Kapitalgesellschaft betriebenen Unternehmens durch Abtretung der Gesellschaftsanteile. Der angloamerikanische Ausdruck, der sich auch in der deutschen Praxis durchgesetzt hat, für die Übertragung der Anteile am Rechtsträger ist der so genannte „Share Deal“. Der zweite Grundtypus ist die Übertragung des Unternehmens durch Übertragung der einzelnen Wirtschaftsgüter des Unternehmens ohne seinen Rechtsträger. Bei diesem so genannten „Asset Deal“ erfolgt die Übertragung nach den jeweils für die einzelnen Wirtschaftsgüter des Unternehmens maßgeblichen bürgerlich-rechtlichen Vorschriften. Während dies auf schuldrechtlicher Ebene, also auf der Ebene der Verpflichtungen, noch relativ einfach möglich ist, da man hier mit abstrakten Begriffen arbeiten kann, ist dies auf der dinglichen Ebene, also auf der Ebene der tatsächlichen Übertragung, deutlich problembehafteter, denn der dort herrschende Bestimmtheitsgrundsatz fordert Bestimmtheit und nicht nur Be107

stimmbarkeit. Sachgesamtheiten wie Anlage- und Umlaufvermögen lassen sich nicht durch quantitative Kriterien, sondern nur durch qualitative Kriterien bestimmen. Bei Missachtung dieses Grundsatzes kann möglicherweise der Eigentumsübergang scheitern. Welchem Grundtypus der Übertragung von Unternehmen aus steuerlicher Sicht der Vorzug zu geben ist, lässt sich nicht allgemein sagen. Dies hängt entscheidend von den steuerlichen Folgen für den Käufer und den Verkäufer ab. Diese unterscheiden sich je nach Art des Kauf- bzw. Verkaufsgegenstandes und der Person des Käufers und des Verkäufers zum Teil erheblich. Und letztlich hängt die Bewertung der steuerlichen Folgen wiederum von den steuerlichen Zielen von Käufer und Verkäufer ab. 8.1.2

Steuerliche Ziele von Käufer und Verkäufer

Das steuerliche Ziel des Verkäufers liegt auf der Hand. Der Verkäufer ist in erster Linie an der Minimierung seiner Steuerbelastung für den Veräußerungsgewinn interessiert. Hierzu wird er auch mögliche Steuerbefreiungen, Steuerermäßigungen oder Steuerzahlungsverschiebungen anstreben. Im Falle der Erzielung eines Veräußerungsverlustes steht für den Verkäufer demgegenüber die Geltendmachung dieses Verlustes im Vordergrund. Darüber hinaus wird sich das steuerliche Interesse des Verkäufers auch auf die Steuersituation des Käufers richten. Bei einer Verbesserung der Steuersituation des Käufers ist der Verkäufer möglicherweise in der Lage, einen höheren Bruttoverkaufspreis zu verhandeln. Die steuerlichen Ziele des Käufers können wesentlich vielschichtiger sein als die des Verkäufers. Ein steuerlich wichtiges Ziel ist sicherlich die steuerlich wirksame Abschreibung des Kaufpreises. Auch die steuerliche wirksame Geltendmachung von nach der Übertragung auftretenden Wertminderungen spielt eine Rolle. Daneben tritt, bei zumindest teilweiser Fremdfinanzierung des Kaufpreises, die steuerliche Abzugsfähigkeit der Fremdfinanzierungskosten. Die steuerlichen Ziele des Käufers hängen oftmals eng mit seinen unternehmerischen Zielen zusammen. So wird es in der Regel für einen Finanzinvestor, der im Gegensatz zu einem unternehmerischen oder strategischen Investor die Investition nur für einen kürzeren Zeitraum plant, wichtig sein, wie ein Wiederverkauf des zu erwerbenden Unternehmens steuerlich behandelt wird. Neben den Auswirkungen auf die Ertragsteuern sind für den Käufer auch die Auswirkungen auf die Verkehrsteuern (Umsatzsteuer, Grunderwerbsteuer) relevant. Bereits die gemeinsame Steuerschuldnerschaft für die Grunderwerbsteuer führt beispielsweise dazu, dass auch der Verkäufer ein Augenmerk auf die Verkehrsteuern hat. 108

Zudem hat der Verkäufer, wie bereits oben erwähnt, Interesse an der ertragsteuerlichen Situation des Käufers. Umgekehrt hat natürlich auch der Käufer Interesse an der ertragsteuerlichen Behandlung des Verkäufers, da aus Sicht des Käufers möglicherweise ein niedrigerer Bruttokaufpreis verhandelbar ist, wenn dem Verkäufer nach Abzug der Steuern ein höherer Nettoverkaufpreis übrig bleibt, weil eine für den Verkäufer günstige Struktur gefunden wird. In der Praxis hat sich deshalb die Gesamtsteuerplanung bei einer Unternehmensübertragung durchgesetzt, die den Saldo aus den Steuerbelastungen des Verkäufers und den Steuerentlastungen des Käufers minimiert. Durch die Minimierung der Steuern bleibt ein höherer Nettowert übrig, der, je nach Verhandlungsposition, zwischen Käufer und Verkäufer aufgeteilt wird. Die Struktur einer Unternehmensübertragung wird deshalb sehr oft entscheidend durch die steuerlichen Ziele und die Steuerplanung beider Beteiligter beeinflusst. In den folgenden Kapiteln 8.2. bis 8.4 werden zunächst die steuerlichen Folgen aufgezeigt, die je nach Art des Kauf- bzw. Verkaufsgegenstands (Einzelwirtschaftsgüter als Betrieb oder Teilbetrieb, Kapitalgesellschaftsanteile, Personengesellschaftsanteile) und der Person des Käufers bzw. Verkäufers (natürliche Person, Kapitalgesellschaft, Personengesellschaft) resultieren. Dabei wird deutlich, dass die Veräußerung eines Betriebs oder Teilbetriebs sowohl in zivilrechtlicher als auch in steuerlicher Sicht immer einen Asset Deal darstellt. Die Übertragung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, also z. B. einer GmbH oder AG, stellt sich in jeder Hinsicht als Share Deal dar. Dagegen nimmt die Übertragung von Anteilen an einer Personengesellschaft, also z. B. OHG, KG oder GmbH & Co. KG, eine Zwischenstellung ein. Während die Übertragung aus zivilrechtlicher Sicht ein Verkauf von Gesellschaftsanteilen ist, also ein Share Deal, wird sie steuerlich teilweise wie eine Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern, also wie ein Asset Deal, behandelt. Hinzuweisen ist noch darauf, dass mit Personengesellschaften immer gewerbliche Personengesellschaften gemeint sind und dass Sachverhalte mit Auslandsberührung (ausländisches Vermögen oder ausländische Käufer oder Verkäufer) im Rahmen dieses Kapitels unberücksichtigt bleiben. Danach werden Gestaltungsüberlegungen dargestellt, wie der Saldo aus Steuerbelastungen des Verkäufers und Steuerentlastungen des Käufers minimiert werden kann (Kapitel 8.5). Abschließend erfolgen noch Ausführungen zu steuerlichen Haftungstatbeständen und Risiken sowie steuerbezogenen Regelungen im Kaufvertrag (Kapitel 8.6).

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8.2

Kauf- bzw. Verkaufsgegenstand: Einzelwirtschaftsgüter (Betrieb, Teilbetrieb)

8.2.1

Verkäufer: natürliche Person

8.2.1.1 Einkommensteuer

8.2.1.1.1 Gewerbebetrieb, Teilbetrieb Bei der Übertragung eines Unternehmens durch Übertragung der einzelnen Wirtschaftsgüter hängt die Besteuerung des Verkäufers davon ab, ob die übertragenen Einzelwirtschaftsgüter als ganzer Gewerbebetrieb oder Teilbetrieb gelten. In diesem Falle werden nämlich unter bestimmten Voraussetzungen Freibeträge und Steuervergünstigungen gewährt. Eine Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebes liegt vor, wenn der Betrieb mit seinen wesentlichen Grundlagen in der Weise übertragen wird, dass der Betrieb als geschäftlicher Organismus fortgeführt werden kann. Ein Teilbetrieb ist ein mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteter, organisch geschlossener Teil des Gesamtbetriebes, der für sich betrachtet alle Merkmale eines Betriebes im Sinne des Einkommensteuergesetzes aufweist und für sich lebensfähig ist. Eine völlig selbständige Organisation mit eigener Buchführung ist nicht erforderlich. Für die Annahme einer Teilbetriebsveräußerung genügt nicht die Möglichkeit einer technischen Aufteilung des Betriebs. Notwendig ist die Eigenständigkeit des Teils. Ein Steuerpflichtiger kann deshalb bestimmte abgegrenzte Tätigkeitsgebiete nicht durch eine organisatorische Verselbständigung und durch gesonderten Vermögens- und Ergebnisausweis zu einem Teilbetrieb machen. 8.2.1.1.2 Freibetrag Bei der Veräußerung eines ganzen Gewerbebetriebs oder Teilbetriebs im obigen Sinne kommt zum Einen die Freibetragsregelung des § 16 Abs. 4 EStG zur Anwendung: Wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist, kann er einen Antrag auf Gewährung eines Freibetrages stellen. Der Freibetrag beträgt EUR 45.000,00. Er ermäßigt sich jedoch um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn EUR 136.000,00 übersteigt. Dies bedeutet, dass der Freibetrag bei einem Veräußerungsgewinn von über EUR 136.000,00 abschmilzt und bei einem Veräußerungsgewinn von EUR 181.000,00 und mehr gar nicht gewährt wird. Der Freibetrag wird dem Steuerpflichtigen nur einmal im Leben gewährt.

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Veräußerungsgewinn ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Buchwert des Betriebsvermögens übersteigt. 8.2.1.1.3 Fünftel-Regelung Des Weiteren kommen beim Verkauf eines ganzen Gewerbebetriebs oder Teilbetriebs die Begünstigungen für außerordentliche Einkünfte gemäß § 34 EStG zum Tragen. Dies ist unabhängig von Alter und Berufsunfähigkeit zunächst einmal die so genannte Fünftel-Regelung. Die für den Veräußerungsgewinn anzusetzende Einkommensteuer beträgt das Fünffache des Unterschiedsbetrags zwischen der Einkommensteuer für das um den Veräußerungsgewinn verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) und der Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen zuzüglich eines Fünftels des Veräußerungsgewinns. Beispiel Ein verheirateter Verkäufer hat neben einem Veräußerungsgewinn von EUR 500.000,00 ein sonstiges zu versteuerndes Einkommen von EUR 50.000,00. Ohne die Inanspruchnahme der Fünftel-Regelung würde die darauf lastende tarifliche Einkommensteuer EUR 216.672,00 betragen, der darauf entfallende Solidaritätszuschlag von 5,5 % würde EUR 11.917,00 betragen und bei Kirchensteuerpflicht (mit 8 %) würde noch EUR 17.333,00 Kirchensteuer hinzukommen, so dass die Gesamtbelastung bei EUR 245.922,00 wäre. Auf das übrige zu versteuernde Einkommen entfällt dabei eine Einkommensteuer in Höhe von EUR 8.542,00 und auf den Veräußerungsgewinn eine Einkommensteuer in Höhe von EUR 208.130,00. Dies ergibt eine Einkommensteuerbelastung auf den Veräußerungsgewinn in Höhe von 41,63 %. Bei der Inanspruchnahme der Fünftel-Regelung wird zunächst ermittelt, welche zusätzliche Einkommensteuer auf EUR 100.000,00 anfällt. Diese beläuft sich auf EUR 38.630,00. Diese wird verfünffacht auf EUR 193.150,00 und beträgt damit 38,63 % auf den Veräußerungsgewinn. In der Gesamtbelastung resultiert für die Einkommensteuer ein Betrag von EUR 201.692,00. Hinzu kommt ein Solidaritätszuschlag von EUR 11.093,00 sowie bei Kirchensteuerpflicht eine Kirchensteuer von EUR 16.135,00. Es entsteht also eine Gesamtbelastung von EUR 228.920,00. Der Gesamtvorteil durch die Fünftel-Regelung beträgt somit EUR 17.002,00. Im Ergebnis wird bei der Fünftel-Regelung die Steuer für ein Fünftel des Veräußerungsgewinns verfünffacht. Hieraus resultiert eine progressionsmildernde Wirkung, wenn sich das Fünftel noch innerhalb der Progressionszone des Steuertarifs befindet. Befindet sich das Fünftel bereits in voller Höhe außerhalb der Progressionszone, kann keine Progressionsmilderung mehr eintreten, da dann auch das Fünftel mit dem Höchststeuersatz besteuert wird. Die Progressionszone en111

det derzeit bei einem zu versteuernden Einkommen von EUR 250.000,00 nach der Grundtabelle für Alleinveranlagte und EUR 500.000,00 nach der Splittingtabelle für zusammen veranlagte Ehegatten. Darüber beträgt der Höchststeuersatz immer 45 %. In der Praxis der steuerlichen Gestaltungsberatung wird versucht, das verbleibende zu versteuernde Einkommen durch Beeinflussung der Höhe der Einkünfte und des Zeitpunktes der Einkünfte so niedrig wie möglich zu halten, um zu einer Progressionsmilderung zu gelangen. So kann es beispielsweise bereits zielführend sein, die Veräußerung auf einen Zeitpunkt zu Beginn eines Kalenderjahres zu legen, wenn in diesem Jahr keine weiteren Einkünfte mehr anfallen, statt die Veräußerung zum Ende eines Kalenderjahres vorzunehmen, in dem bereits wesentliche laufende Einkünfte aus dem zu veräußernden Betrieb vorliegen. Die Gestaltung hat jedoch Grenzen: Ist das verbleibende zu versteuernde Einkommen negativ und das zu versteuernde Einkommen positiv, so beträgt die Einkommensteuer das Fünffache der auf ein Fünftel des zu versteuernden Einkommens entfallenden Einkommensteuer. Sonstige negative Einkünfte in Höhe eines Fünftels des Veräußerungsgewinns führen somit nicht dazu, dass der Veräußerungsgewinn durch die Fünftel-Regelung steuerfrei bleibt. 8.2.1.1.4 Ermäßigter Durchschnittssteuersatz Während die Fünftel-Regelung grundsätzlich mehrmals in Anspruch genommen werden kann, kann die Begünstigung gemäß § 34 Abs. 3 EStG wiederum nur auf Auftrag einmal im Leben in Anspruch genommen werden: Wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder wenn er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist, wird die Einkommensteuer für den Veräußerungsgewinn nach einem ermäßigten Steuersatz bemessen. Dieser ermäßigte Steuersatz beträgt 56 % des durchschnittlichen Steuersatzes, der sich ergäbe, wenn die tarifliche Einkommensteuer nach dem gesamten zu versteuernden Einkommen zu bemessen wäre, mindestens jedoch 15 %. Von der Ermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG profitiert jedoch nur der Teil des Veräußerungsgewinns, der den Betrag von insgesamt EUR 5 Mio. nicht übersteigt. Beispiel Ein verheirateter Steuerpflichtiger, der über 55 Jahre alt ist, hat ein sonstiges zu versteuerndes Einkommen von EUR 100.000.00 sowie einen Veräußerungsgewinn in Höhe von EUR 1 Mio. Die tarifliche Einkommensteuer würde sich ohne Antrag auf EUR 464.172,00 belaufen. Dies entspricht einem durchschnittlichen Steuersatz von 42,20 %; 56 % hiervon sind 23,63 %. Dieser ermäßigte Durchschnittssteuersatz wird nunmehr auf den Veräußerungsgewinn von EUR 1 Mio. angewendet. Hieraus resultiert eine Einkommensteuer von EUR 236.305,00, zusammen mit der Ein112

kommensteuer auf das übrige zu versteuernde Einkommen von EUR 26.192,00 ergibt sich eine Einkommensteuer von EUR 262.497,00. Zum Vergleich hätte sich bei der Fünftel-Regelung eine Einkommensteuer von EUR 446.092,00 ergeben. Rechnet man zur Einkommensteuer noch den Solidaritätszuschlag sowie eine Kirchensteuer von 8 % hinzu, ergibt sich eine Gesamtbelastung ohne Antrag von EUR 526.835,00, bei der Fünftel-Regelung von EUR 506.314,00 und beim ermäßigten Durchschnittssteuersatz von EUR 297.934,00. 8.2.1.1.5 Einschränkung bei Personenidentität Um früher beliebte Gestaltungen zu verhindern, wurde bereits vor längerem eine Einschränkung gesetzlich verankert: Soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn insoweit als laufender Gewinn (§ 16 Abs. 2 Satz 3 EStG). Die Nutzung des Freibetrags nach § 16 Abs. 4 EStG und der erläuterten Begünstigungen des § 34 EStG sind damit bei einem Verkauf eines Betriebs oder Teilbetriebs durch eine natürliche Person nicht möglich, soweit der Verkäufer an einer Personengesellschaft als Käufer des Betriebs oder Teilbetriebs wiederum selbst beteiligt ist. 8.2.1.1.6 Besteuerungszeitpunkt Die nachträgliche Änderung des Kaufpreises, z. B. aufgrund von Streitigkeiten oder bei Vereinbarung von erfolgsabhängigen Kaufpreisbestandteilen, führt zu einer rückwirkenden Änderung des Kaufpreises und der Besteuerung im Veranlagungszeitraum der Veräußerung. Bei der Vereinbarung einer Ratenzahlung ist der Barwert der Raten im Zeitpunkt der Veräußerung der Besteuerung zu unterwerfen. Die in den Raten enthaltenen Zinsanteile unterliegen im jeweiligen Jahr des Zuflusses als Einkünfte aus Kapitalvermögen der Einkommensteuer (Abgeltungsteuer mit 25 %). Veräußert ein Steuerpflichtiger seinen Betrieb gegen eine Leibrente, hat er ein Wahlrecht. Er kann den bei der Veräußerung entstandenen Gewinn sofort versteuern. In diesem Fall gelten die Begünstigungen nach § 16 Abs. 4 EStG (Freibetrag) sowie § 34 EStG (Fünftel-Regelung, ermäßigter Durchschnittssteuersatz). Als Veräußerungspreis gilt hierbei der nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes ermittelte Barwert der Rente. Die in den Rentenzahlungen enthaltenen Ertragsanteile sind als sonstige Einkünfte im Sinne von § 22 Nr. 1 EStG zu versteuern. Der Steuerpflichtige kann stattdessen auch die Rentenzahlungen als nachträgliche Betriebseinnahmen behandeln. In diesem Fall entsteht ein Gewinn, wenn der Kapitalanteil der wiederkehrenden Leistungen das steuerliche Kapitalkonto 113

des Veräußerers zuzüglich etwaiger Veräußerungskosten des Veräußerers übersteigt. Der in den wiederkehrenden Leistungen enthaltene Zinsanteil stellt bereits im Zeitpunkt des Zuflusses nachträgliche Betriebseinnahmen dar. Ob ein Verzicht auf die bei einer Sofortversteuerung gewährten Begünstigungen sinnvoll ist, hängt von vielen Faktoren ab und kann deshalb nur im Einzelfall entschieden werden. Wichtige Parameter hierbei sind die finanziellen Möglichkeiten zur sofortigen Zahlung der Steuer trotz Vereinnahmung des Kaufpreises erst über die Rentenzahlungen, die Höhe der möglichen Vergünstigungen bei der Sofortversteuerung sowie die Höhe und der zeitliche Anfall der steuerlichen Belastungen auf die Ertragsanteile bzw. auf die Kapital- und Zinsanteile der Renten. Das Wahlrecht zwischen Sofortversteuerung und nachgelagerter Versteuerung besteht auch für Ratenzahlungen, wenn die Raten während eines mehr als zehn Jahre dauernden Zeitraums zu zahlen sind und die Ratenvereinbarungen sowie die sonstige Ausgestaltung des Kaufvertrags eindeutig die Absicht des Veräußerers zum Ausdruck bringen, sich eine Versorgung zu verschaffen. Dies gilt auch bei der Veräußerung gegen eine Zeitrente mit einer langen, nicht mehr überschaubaren Laufzeit, wenn sie auch mit dem Nebenzweck vereinbart ist, dem Veräußerer langfristig eine etwaige zusätzliche Versorgung zu verschaffen. 8.2.1.1.7 Nachversteuerung bei Thesaurierungsbegünstigung Die Veräußerung des Betriebs kann im Falle der vorherigen Nutzung der so genannten Thesaurierungsbegünstigung auch eine so genannte Nachversteuerung auslösen. Seit dem Veranlagungszeitraum 2008 besteht nach § 34a EStG die Möglichkeit, die Einkommensteuer für nicht entnommene Gewinne auf Antrag ganz oder teilweise mit einem Steuersatz von 28,25 % zu berechnen. Der nicht entnommene Gewinn des Betriebs ist der nach § 4 Abs. 1 Satz 1 oder § 5 EStG ermittelte Gewinn vermindert um den positiven Saldo der Entnahmen und Einlagen des Wirtschaftsjahres. So genannte Einnahmen-ÜberschussRechner sind folglich ausgenommen. Der Begünstigungsbetrag wird um die (begünstigte) Steuerbelastung vermindert und als so genannter nachversteuerungspflichtiger Betrag jährlich gesondert festgestellt. Soweit dann in der Folgezeit der positive Saldo der Entnahmen und Einlagen eines Wirtschaftsjahres den Gewinn übersteigt, ist eine Nachversteuerung mit einer Einkommensteuer von 25 % durchzuführen. Sofern bei einer Betriebsveräußerung im Veräußerungszeitpunkt noch ein nachversteuerungspflichtiger Betrag besteht, ist nach § 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 EStG zwingend eine Nachversteuerung durchzuführen.

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8.2.1.2 Gewerbesteuer

Der Gewinn aus der Veräußerung des Gewerbebetriebs oder Teilbetriebs gehört bei einer natürlichen Person als Verkäufer und einem Verkauf an Dritte nicht zum Gewerbeertrag. Wenn jedoch der Betrieb aus der Umwandlung einer Kapitalgesellschaft entstanden war und nun innerhalb von 5 Jahren veräußert wird, unterliegt der Veräußerungsgewinn der Gewerbesteuer (§ 18 Abs. 3 UmwStG). Dies gilt sogar auch, soweit er auf das Betriebsvermögen entfällt, das bereits vor der Umwandlung im Betrieb der natürlichen Person vorhanden war. Entsprechendes gilt, soweit ein Teilbetrieb veräußert wird. Zudem kann die entstehende Gewerbesteuer nicht nach § 35 EStG auf die Einkommensteuer angerechnet werden. Soweit bei der Übertragung des Unternehmens einzelne Wirtschaftsgüter übertragen werden, die nicht als ganzer Gewerbebetrieb oder Teilbetrieb zu qualifizieren sind, gehört der Gewinn zum Gewerbeertrag und unterliegt der Gewerbesteuer. Auch im oben genannten Ausnahmefall, wenn auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind und der Gewinn insoweit als laufender Gewinn gilt, fällt Gewerbesteuer an. Diese kann jedoch unter den Voraussetzungen des § 35 EStG ganz oder teilweise auf die Einkommensteuer angerechnet werden. 8.2.2

Verkäufer: Kapitalgesellschaft

8.2.2.1 Körperschaftsteuer

Bei der Übertragung eines Unternehmens durch Übertragung der einzelnen Wirtschaftsgüter gelten für eine Kapitalgesellschaft als Veräußerer die Freibeträge und Vergünstigungen des Einkommensteuergesetzes nicht, so dass die Frage, ob die übertragenen Einzelwirtschaftsgüter als ganzer Gewerbebetrieb oder Teilbetrieb gelten, irrelevant ist. Der gesamte Veräußerungsgewinn unterliegt der Körperschaftsteuer. Diese beträgt 15 %. Hinzu kommt der Solidaritätszuschlag in Höhe von 5,5 % auf die Körperschaftsteuer. 8.2.2.2 Gewerbesteuer

Der Gewinn aus der Veräußerung bei einem Asset Deal gehört bei einer Kapitalgesellschaft als Verkäufer zum Gewerbeertrag (R 38 Abs. 3 GewStR). Auch hier ist die Frage der Qualifizierung der veräußerten Einzelwirtschaftsgüter als Gewerbebetrieb oder Teilbetrieb irrelevant. Die auf den Veräußerungsgewinn entfallende Gewerbesteuer beträgt 3,5 % multipliziert mit dem jeweiligen Hebesatz der zuständigen Gemeinde. Bei einem Hebesatz von 400 % beträgt also die Gewerbesteuerbelastung 14 % des Veräußerungsgewinns. 115

Beispiel Eine Kapitalgesellschaft in einer Gemeinde mit einem Hebesatz von 400 % erzielt aus der Veräußerung eines Betriebs oder Teilbetriebs einen Gewinn von EUR 1 Mio. Die auf den Veräußerungsgewinn entfallene Gewerbesteuer beträgt EUR 140.000,00. Die Gewerbesteuer ist seit dem Veranlagungszeitraum 2008 weder bei ihrer eigenen Bemessungsgrundlage noch bei der Körperschaftsteuer als Betriebsausgabe absetzbar. Somit beträgt die anfallende Körperschaftsteuer EUR 150.000,00 und der darauf anfallende Solidaritätszuschlag EUR 8.250,00. Die Gesamtsteuerbelastung beträgt somit EUR 298.250,00, also 29,82 % des Veräußerungsgewinns. 8.2.3

Verkäufer: Personengesellschaft

8.2.3.1 Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer

Der Gewinn der Personengesellschaft wird gesondert und einheitlich festgestellt und bei den einzelnen Gesellschaftern der Personengesellschaft in Höhe ihres jeweiligen Anteils am Gewinn der jeweiligen Steuer unterworfen. Die Personengesellschaft gilt insoweit als transparent, es wird auf die Gesellschafter durchgeschaut. Wenn im Gewinn der Personengesellschaft ein Gewinn aus der Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebes oder eines Teilbetriebs enthalten ist, gelten die Freibeträge des § 16 Abs. 4 EStG und die Begünstigungen nach § 34 EStG (FünftelRegelung bzw. ermäßigter Durchschnittssteuersatz), soweit der Gewinn auf die Anteile der Gesellschafter der Personengesellschaft entfällt, die natürliche Personen sind. Für Kapitalgesellschaften als Gesellschafter der Personengesellschaft kommen die Regelungen nicht zur Anwendung. Eine Nachversteuerung nach § 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 EStG bei vorangegangener Thesaurierungsbegünstigung (siehe Kapitel 8.2.1.1.7) wird bei der Personengesellschaft durch eine Betriebs- oder Teilbetriebsveräußerung nicht ausgelöst, da ein nachversteuerungspflichtiger Betrag nur für die an der veräußernden Personengesellschaft beteiligten natürlichen Personen festgestellt werden kann. 8.2.3.2 Gewerbesteuer

Die Gewerbesteuer wird im Gegensatz zur Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer direkt bei der Personengesellschaft erhoben. Der Gewinn aus der Veräußerung des Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs gehört bei einer Personengesellschaft als Verkäufer nicht zum Gewerbeertrag, soweit er auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt. Soweit der Veräußerungsgewinn auf eine Kapitalgesellschaft als Gesell116

schafter der Personengesellschaft entfällt, gehört er jedoch zum Gewerbeertrag (§ 7 Satz 2 GewStG). Eine weitere Ausnahme kommt bei einer vorangegangenen Umwandlung zum Tragen: Wenn die Personengesellschaft aus der Umwandlung einer Kapitalgesellschaft entstanden war und nun innerhalb von 5 Jahren veräußert wird, unterliegt der Veräußerungsgewinn der Gewerbesteuer (§ 18 Abs. 3 UmwStG). Dies gilt sogar auch, soweit er auf das Betriebsvermögen entfällt, das bereits vor der Umwandlung im Betrieb der Personengesellschaft vorhanden war. Entsprechendes gilt, soweit ein Teilbetrieb veräußert wird. Zudem kann die entstehende Gewerbesteuer nicht nach § 35 EStG auf die Einkommensteuer der Gesellschafter angerechnet werden. Soweit bei der Übertragung des Unternehmens einzelne Wirtschaftsgüter übertragen werden, die nicht als ganzer Gewerbebetrieb oder Teilbetrieb zu qualifizieren sind, gehört der Gewinn zum Gewerbeertrag der Personengesellschaft und unterliegt der Gewerbesteuer. Soweit an der Personengesellschaft natürliche Personen beteiligt sind, kann die Gewerbesteuer unter den Voraussetzungen des § 35 EStG ganz oder teilweise auf die Einkommensteuer angerechnet werden. 8.2.4

Käufer: natürliche Person

8.2.4.1 Einkommensteuer

8.2.4.1.1 Buchwertaufstockung Beim Erwerb von Einzelwirtschaftsgütern stellt der Kaufpreis beim Käufer Anschaffungskosten dar, die auf die übernommenen Wirtschaftsgüter zu verteilen sind. Soweit der Kaufpreis über die Summe der Buchwerte des Verkäufers hinausgeht, führt dieser Mehrbetrag zu einer Buchwertaufstockung. Bei einem Minderbetrag findet eine Buchwertabstockung statt. Nach der so genannten Stufentheorie des Bundesfinanzhofs spricht eine erste widerlegbare Vermutung dafür, dass in den Buchwerten der bilanzierten aktiven materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter stille Reserven enthalten sind. Demgemäß hat der Käufer den über die Buchwerte hinausgehenden Mehrbetrag als zusätzliche Anschaffungskosten für die bisher beim Verkäufer bilanzierten Wirtschaftsgüter zu aktivieren, auch wenn feststeht, dass nicht bilanzierte Wirtschaftsgüter vorhanden sind. Die Verteilung des Mehrbetrages auf die bilanzierten Wirtschaftgüter erfolgt im Verhältnis ihrer stillen Reserven oder nach neuerer Rechtsprechung im Verhältnis ihrer Teilwerte (Verkehrswerte im Rahmen des Erwerbs eines Betriebs) maximal bis zu deren Höhe. Sofern der Kaufpreis höher ist als der Buchwert zuzüglich der stillen Reserven der bilanzierten Wirtschaftsgüter, spricht eine zweite widerlegbare Vermutung dafür, dass zum übertragenen Vermögen nicht bilanzierte Einzelwirtschaftsgüter 117

gehören. Dies können selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter sein, die steuerlich nicht aktivierungsfähig sind, wie z. B. selbst hergestellte Software oder selbst erschaffene Patente. Vermehrt wird auch die so genannte modifizierte Stufentheorie angewendet. Hierbei erfolgt die Aufstockung lediglich in zwei Stufen. Zunächst ist der Mehrbetrag sowohl auf die bilanzierten als auch auf die nichtbilanzierten Wirtschaftsgüter aufzuteilen, ohne dass zwischen diesen beiden Gruppen unterschieden wird. Somit werden die Stufen 1 und 2 der herkömmlichen Stufentheorie zusammengefasst. Eine dritte widerlegbare Vermutung spricht dafür, dass ein originärer (d.h. selbstgeschaffener) Geschäftswert vorhanden ist. Soweit der Mehrbetrag des Kaufpreises sowohl die bilanzierten als auch die nichtbilanzierten Einzelwirtschaftsgüter übersteigt, ist er als Geschäfts- oder Firmenwert zu aktivieren. Beispiel Das Einzelunternehmen eines Verkäufers weist ein Eigenkapital von EUR 2 Mio. aus. Darin enthalten sind Grundstücke mit Buchwerten von EUR 1 Mio. und Teilwerten von EUR 1,5 Mio., bilanziertes Anlagevermögen mit Buchwerten von EUR 600.000,00 und Teilwerten mit EUR 1,0 Mio.. Die sonstigen bilanzierten Aktiva, deren Buchwerte den Teilwerten entsprechen, abzüglich der Verbindlichkeiten und Rückstellungen betragen EUR 400.000,00. Zudem sind nicht bilanzierte immaterielle Wirtschaftsgüter mit Teilwerten von EUR 300.000,00 vorhanden. Der Kaufpreis für das Einzelunternehmen beträgt EUR 5 Mio., damit wird ein Mehrbetrag in Höhe von EUR 3 Mio. bezahlt. Der Käufer kann nunmehr folgende Buchwertaufstockung vornehmen: Grundstücke EUR 500.000,00, übriges bilanziertes Anlagevermögen EUR 400.000,00, bisher nicht bilanzierte immaterielle Wirtschaftsgüter EUR 300.000,00, Firmenwert EUR 1,8 Mio.. Der Mehrbetrag des Kaufpreises führt also zu einer zusätzlichen Aktivierung, die je nach Art der Wirtschaftsgüter zu zusätzlichen Abschreibungen führen kann. Zusätzliche Aktivierungen im Vorratsvermögen, insbesondere bei unfertigen oder fertigen Erzeugnissen oder Leistungen, können bereits beim Verbrauch oder Verkauf gewinnmindernd geltend gemacht werden. Auch geringwertige Wirtschaftsgüter (mit Anschaffungskosten bis EUR 150,00) können sofort abgeschrieben werden. Die Mehrwerte bei anderen Sachanlagen, wie technischen Anlagen und Maschinen, Betriebs- und Geschäftsausstattung oder Fahrzeugen, können über die Laufzeit abgeschrieben werden. Dabei sind nicht die ursprünglichen Nutzungsdauern des Verkäufers zu übernehmen, sondern die Restlaufzeiten neu zu schätzen. Dies gilt auch für bisher bilanzierte und bisher nicht bilanzierte immaterielle Wirtschaftsgüter wie beispielsweise Software und Patente. 118

Nur langfristig abschreibbar ist der Geschäfts- oder Firmenwert, der auch alle firmenwertähnlichen Wirtschaftsgüter, sofern sie nicht gesondert aktivierbar sind, umfasst. Hier sieht das Steuerrecht eine Abschreibung über 15 Jahre zwingend vor. Sofern Firmenwert ähnliche Wirtschaftsgüter eine selbständige Bedeutung haben, wie möglicherweise ein befristetes Wertbewerbsverbot des Verkäufers, können diese über die ihnen zuzuordnende Laufzeit gesondert abgeschrieben werden. Auch bei Gebäuden ist nur eine langfristige Abschreibung möglich, die ebenfalls nach der Restnutzungsdauer zu bemessen ist. Für Grund und Boden oder unbefristete Konzessionen ist keine normale Abschreibung möglich, sondern lediglich eventuelle Teilwertabschreibungen, d.h. Abschreibungen auf den niedrigeren Wert, bei voraussichtlich dauernder Wertminderung. Auch der Ansatz von Verbindlichkeiten oder Rückstellungen mit höheren Werten, als sie vom Verkäufer ausgewiesen wurden, oder der Ansatz von Forderungen oder anderen Aktiva des Verkäufers mit niedrigeren Werten führt dazu, dass bei einem gegebenen Kaufpreis die Anschaffungskosten für die anderen erworbenen Wirtschaftsgüter höher werden und dadurch möglicherweise zusätzliche Abschreibungen möglich sind. 8.2.4.1.2 Postakquisitorische Wertminderungen Sollten sich die im Kaufzeitpunkt angesetzten Werte im Nachhinein oder aufgrund der späteren Entwicklung als zu hoch herausstellen, können die Wirtschaftsgüter bei einer voraussichtlich dauernden Wertminderung mit einer Teilwertabschreibung außerordentlich abgeschrieben werden. Dies gilt auch für den Geschäfts- oder Firmenwert, wenn der Käufer eine echte Fehlmaßnahme oder eine nachhaltige Wertminderung durch anhaltende Verluste belegen kann. Postakquisitorische Wertminderungen entfalten demnach einkommensteuerliche Wirkung. 8.2.4.1.3 Fremdfinanzierungsaufwand Wenn der Kauf ganz oder teilweise fremdfinanziert wird, sind die daraus entstehenden Finanzierungskosten steuerlich absetzbar, soweit keine steuerlichen Abzugsverbote greifen. Nach § 4 Abs. 4a EStG sind die Finanzierungskosten teilweise nicht abziehbar, wenn der Käufer in der Folgezeit Überentnahmen tätigt. Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen. Dabei werden die nichtabziehbaren Schuldzinsen mit 6 % der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre abzüglich der Unterentnahmen vo119

rangegangener Wirtschaftsjahre typisiert ermittelt. Der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bleibt jedoch unberührt. Nach § 4h EStG sind Zinsaufwendungen eines Betriebs in Höhe des Zinsertrags abziehbar, darüber hinaus nur bis zur Höhe von 30 % des um Zinsaufwendungen bzw. -erträge sowie andere Beträge korrigierten Gewinns (so genanntes steuerliches EBITDA). Soweit Zinsaufwendungen nicht abgezogen werden dürfen, können sie in die folgenden Wirtschaftsjahre vorgetragen werden (Zinsvortrag). Diese so genannte Zinsschranke ist jedoch nicht anzuwenden, wenn der Betrag der Zinsaufwendungen, der den Betrag der Zinserträge übersteigt, weniger als EUR 1 Mio. beträgt, der Betrieb nicht oder nur anteilmäßig zu einem Konzern gehört, oder der Betrieb zu einem Konzern gehört und seine Eigenkapitalquote gleich hoch oder höher ist als die des Konzerns. Ein Unterschreiten der Eigenkapitalquote des Konzerns bis zu einem Prozentpunkt ist unschädlich (so genannte Escape-Klausel). Im Rahmen des Bürgerentlastungsgesetzes vom 16. Juli 2009 wurde die Freigrenze von EUR 1 Mio. für die Veranlagungszeiträume 2008 und 2009 auf EUR 3 Mio. angehoben. 8.2.4.1.4 Verlustvorträge Beim Verkäufer eventuell vorhandene Verlustvorträge oder Zinsvorträge verbleiben beim Verkäufer, da beim Asset Deal nicht der Verlust verursachende Rechtsträger, sondern nur die Einzelwirtschaftsgüter auf den Käufer übergehen. Ein Verlustvortrag steht einkommensteuerlich dem Verkäufer persönlich zu. Ein Zinsvortrag geht gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 EStG mit der Übertragung des Betriebs unter. Somit kann weder ein Verlustvortrag noch ein Zinsvortrag des Verkäufers vom Käufer genutzt werden. 8.2.4.2 Gewerbesteuer

Für die natürliche Person ist der Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus Gewerbebetrieb, der dann um spezifische gewerbesteuerliche Hinzurechnungen oder Kürzungen zu korrigieren ist. Die auf die erworbenen Wirtschaftsgüter mit einkommensteuerlicher Wirkung erfolgenden Abschreibungen gelten somit auch für die Ermittlung des Gewerbeertrags und die Gewerbesteuer. Die Aktivierung des über die Buchwerte des Verkäufers hinausgehenden Mehrpreises führt also, soweit dieser auf abschreibungsfähige Wirtschaftsgüter entfällt, auch zu entsprechenden Minderungen der Gewerbesteuer. Auch postakquisitorische Wertminderungen, also Teilwertabschreibungen, die nach dem Kauf notwendig werden, entfalten gewerbesteuerliche Wirkung. 120

Soweit Fremdfinanzierungszinsen bei der Einkommensteuer absetzbar sind, sind sie es vom Grundsatz her auch bei der Gewerbesteuer. Dabei ist jedoch zu beachten, dass ein Viertel der Summe der Fremdfinanzierungszinsen nach § 8 Nr. 1a GewStG dem Gewinn aus Gewerbebetrieb wieder hinzugerechnet werden muss, also bei der Gewerbesteuer nicht abgesetzt werden darf. Hierbei ist zu erwähnen, dass für alle gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen im Sinne von § 8 Nr. 1 GewStG, also z. B. auch für die Finanzierungsanteile in Miet- und Pachtzinsen, Leasingraten oder Lizenzen, insgesamt ein Freibetrag von EUR 100.000,00 gewährt wird. Ein gewerbesteuerlicher Verlustvortrag des Verkäufers kann vom Käufer ebenfalls nicht genutzt werden, da die gewerbesteuerliche Unternehmeridentität, die neben der Unternehmensidentität gefordert wird, durch den Unternehmerwechsel entfällt (R 66 GewStR). Ein Zinsvortrag geht auch gewerbesteuerlich unter. 8.2.5

Käufer: Kapitalgesellschaft

8.2.5.1 Körperschaftsteuer

Eine Kapitalgesellschaft unterliegt mit ihrem Gewinn der Körperschaftsteuer. Soweit der Mehrbetrag des Kaufpreises, der über die Buchwerte des Verkäufers hinausgeht, zu zusätzlichen Abschreibungen führt, wirken sich diese bei einer Kapitalgesellschaft als Käufer des Unternehmens körperschaftsteuermindernd aus. Auch postakquisitorische Wertminderungen in Form von Teilwertabschreibungen entfalten körperschaftsteuerliche Wirkung. Wenn die Kapitalgesellschaft den Kauf des Unternehmens ganz oder teilweise fremdfinanziert, sind die daraus entstehenden Finanzierungskosten steuerlich absetzbar, soweit nicht die Zinsschranke des § 4h EStG greift, die über § 8a KStG auch für Kapitalgesellschaften gilt. Danach sind Zinsaufwendungen der Kapitalgesellschaft in Höhe des Zinsertrags abziehbar, darüber hinaus nur bis zur Höhe von 30 % des um Zinsaufwendungen bzw. -erträge sowie andere Beträge korrigierten Einkommens der Kapitalgesellschaft (so genanntes steuerliches EBITDA). Soweit Zinsaufwendungen nicht abgezogen werden dürfen, können sie in die folgenden Wirtschaftsjahre vorgetragen werden (Zinsvortrag). Die Zinsschranke ist jedoch nicht anzuwenden, wenn der Betrag der Zinsaufwendungen, der den Betrag der Zinserträge übersteigt, weniger als EUR 1 Mio. bzw. für die Jahre 2008 und 2009 EUR 3 Mio. beträgt, die Kapitalgesellschaft nicht oder nur anteilmäßig zu einem Konzern gehört, oder die Kapitalgesellschaft zu einem Konzern gehört und ihre Kapitalquote gleich hoch oder höher ist als die des Konzerns. Ein Unterschreiten der Eigenkapitalquote des Konzerns bis zu einem Prozentpunkt ist unschädlich (so genannte Escape-Klausel).

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Sofern die Kapitalgesellschaft nicht oder nur anteilmäßig zu einem Konzern gehört, ist die Nichtanwendung der Zinsschranke an die weitere Voraussetzung geknüpft, dass die Vergütungen für Fremdkapital an einen zu mehr als einem Viertel beteiligten Gesellschafter, eine diesem nahestehende Person oder einen Dritten, der auf den genannten Gesellschafter oder einen diesem nahestehende Person zurückgreifen kann, nicht mehr als 10 % der die Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen der Kapitalgesellschaft betragen (so genannte schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung nach § 8a Abs. 2 KStG). Die auf den Konzern zu übertragende analoge Voraussetzung gilt für die Nichtanwendbarkeit der Zinsschranke bei Vorliegen eines Konzerns und Einhaltung der Eigenkapitalquotengrenze. Beim Verkäufer eventuell vorhandene Verlustvorträge oder Zinsvorträge kann auch die Kapitalgesellschaft als Käufer nicht nutzen. 8.2.5.2 Gewerbesteuer

Für die Kapitalgesellschaft ist der Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn, der dann um spezifische gewerbesteuerliche Hinzurechnungen oder Kürzungen zu korrigieren ist. Somit gelten die auf die erworbenen Wirtschaftsgüter mit körperschaftsteuerlicher Wirkung erfolgenden Abschreibungen auch für die Ermittlung des Gewerbeertrags und die Gewerbesteuer der Kapitalgesellschaft. Auch postakquisitorische Wertminderungen entfalten gewerbesteuerliche Wirkung. Soweit Fremdfinanzierungszinsen bei der Körperschaftsteuer absetzbar sind, sind sie es auch der bei Gewerbesteuer, wobei ein Viertel der Summe der Fremdfinanzierungszinsen wieder hinzugerechnet werden muss. Ein Verlustvortrag oder Zinsvortrag des Verkäufers kann von der Kapitalgesellschaft als Käufer auch gewerbesteuerlich nicht genutzt werden. 8.2.6

Käufer: Personengesellschaft

8.2.6.1 Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer

Die steuerlichen Folgen bei der Übertragung eines Unternehmens in der Form von Einzelwirtschaftsgütern (Betrieb, Teilbetrieb), wenn der Käufer eine Personengesellschaft ist, entsprechen weitgehend den steuerlichen Folgen, die beim Kauf durch eine natürliche Person eintreten. Auch bei der Personengesellschaft führt der Mehrbetrag des Kaufpreises, der die Buchwerte des Verkäufers übersteigt, zu einer zusätzlichen Aktivierung, die je nach Art der Wirtschaftsgüter zu zusätzlichen Abschreibungen führen kann. Diese Abschreibungen mindern den Gewinn der Personengesellschaft, der geson122

dert und einheitlich festgestellt wird und bei den einzelnen Gesellschaftern der Personengesellschaft in Höhe ihres jeweiligen Anteils am Gewinn, soweit sie natürliche Personen sind, der Einkommensteuer unterworfen wird. Soweit ein Gesellschafter einer Personengesellschaft selbst eine Kapitalgesellschaft ist, unterliegt der zuzurechnende Gewinnanteil bei ihr der Körperschaftsteuer. Auch postakquisitorische Wertminderungen mindern den Gewinn der Personengesellschaft. Auf der Ebene der Personengesellschaft durch den Kauf entstehende Finanzierungskosten mindern den Gewinn der Personengesellschaft ebenfalls, soweit nicht Abzugsverbote aufgrund von Überentnahmen oder wegen der Zinsschranke greifen. Beim Verkäufer eventuell vorhandene Verlustvorträge oder Zinsvorträge können auch bei der Personengesellschaft als Käufer nicht genutzt werden. 8.2.6.2 Gewerbesteuer

Die Gewerbesteuer wird im Gegensatz zur Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer direkt bei der Personengesellschaft erhoben, und die den Gesellschaftern zuzurechnenden Gewinnanteile bleiben bei diesen folgerichtig von der Gewerbesteuer ausgenommen. Die Personengesellschaft ermittelt ihren Gewerbeertrag nach den Vorschriften des Einkommen- bzw. Körperschaftsteuergesetzes korrigiert um spezifische gewerbesteuerliche Hinzurechnungen und Kürzungen. Der Gewerbeertrag der Personengesellschaft ist somit um die auf den Mehrpreis für die erworbenen Wirtschaftsgüter entfallenden Abschreibungen gemindert. Dies gilt auch für postakquisitorische Wertminderungen, also Teilwertabschreibungen nach dem Kauf der Wirtschaftsgüter. Bei der Gewinnermittlung abziehbare Fremdfinanzierungszinsen sind auch bei der Gewerbesteuer absetzbar, jedoch mit der Einschränkung, dass ein Viertel der Summe der Fremdfinanzierungszinsen dem Gewinn wieder hinzugerechnet werden muss. Ein Verlustvortrag oder Zinsvortrag des Verkäufers kann von der Personengesellschaft als Käufer auch gewerbesteuerlich nicht genutzt werden. 8.2.7

Umsatzsteuer

8.2.7.1 Umsatzsteuer aus Verkäufersicht

Der Verkauf eines Unternehmens im Rahmen eines Asset Deals unterliegt nicht der Umsatzsteuer, wenn eine Geschäftsveräußerung im Sinne von § 1 Abs. 1a UStG vorliegt, unabhängig davon, ob der Verkäufer eine natürliche Person, eine Kapitalgesellschaft oder eine Personengesellschaft ist. 123

Dies ist dann der Fall, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen an einen Unternehmer für dessen Unternehmen übertragen wird. Voraussetzung dabei ist, dass eine organische Zusammenfassung von Sachen und Rechten übertragen wird, die dem der Erwerber die Fortführung des Unternehmens oder des in der Gliederung gesondert geführten Teils ohne großen finanziellen Aufwand ermöglicht. Dies gilt auch dann, wenn der Erwerber mit dem Erwerb des Unternehmens oder des gesondert geführten Betriebs seine unternehmerische Tätigkeit beginnt oder diese nach dem Erwerb in veränderter Form fortführt, nicht jedoch, wenn er beabsichtigt, die übernommene Geschäftstätigkeit sofort abzuwickeln. Eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung ist auch dann anzunehmen, wenn einzelne unwesentliche Wirtschaftsgüter davon ausgenommen werden. Sie liegt auch dann vor, wenn einzelne wesentliche Wirtschaftsgüter, insbesondere die dem Unternehmen dienenden Grundstücke, nicht mit dinglicher Wirkung übertragen werden, sondern an den Erwerber vermietet oder verpachtet werden und eine dauerhafte Fortführung des Unternehmens oder des gesondert geführten Betriebs durch den Erwerber gewährleistet ist. Hiervon kann z. B. ausgegangen werden, wenn ein dem Unternehmen dienendes Grundstück für 10 Jahre mit Verlängerungsoption zur Fortführung des Unternehmens an den Übernehmer vermietet wird. Welches die wesentlichen Grundlagen sind, richtet sich nach den tatsächlichen Verhältnissen im Zeitpunkt der Übereignung. Bei einem Herstellungsunternehmen bilden die Betriebsgrundstücke mit den Maschinen und sonstigen der Fertigung dienenden Anlagen regelmäßig die wesentlichen Grundlagen des Unternehmens. Gehören zu den wesentlichen Grundlagen des Unternehmens bzw. des Betriebs nicht eigentumsfähige Güter, z. B. Gebrauchs- und Nutzungsrechte an Sachen, Forderungen, Dienstverträge, Geschäftsbeziehungen usw., muss der Unternehmer diese Rechte auf den Erwerber übertragen, soweit sie für die Fortführung des Unternehmens erforderlich sind. Wird das Unternehmen bzw. der Betrieb in gepachteten Räumen und mit gepachteten Maschinen unterhalten, gehört das Pachtrecht zu den wesentlichen Grundlagen. Dieses Pachtrecht muss der Veräußerer auf den Erwerber übertragen, indem er ihm die Möglichkeit verschafft, mit dem Verpächter einen Pachtvertrag abzuschließen, so dass der Erwerber die dem bisherigen Betrieb dienenden Räume usw. unverändert nutzen kann. Ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb liegt vor, wenn er wirtschaftlich selbständig ist. Dies setzt voraus, dass der veräußerte Teil des Unternehmens einen für sich lebensfähigen Organismus gebildet hat, der unabhängig von den anderen Geschäften des Unternehmens nach Art eines selbständigen Unternehmens betrieben worden ist und nach außen hin ein selbständiges, in sich abgeschlossenes Wirtschaftsgebilde gewesen ist. Soweit einkommensteuerrechtlich eine Teilbetriebsveräußerung angenommen wird, kann 124

umsatzsteuerrechtlich von der Veräußerung eines gesondert geführten Betriebs ausgegangen werden. Sofern keine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt und lediglich einzelne Wirtschaftgüter, die nicht als Betrieb oder Teilbetrieb zu qualifizieren sind, übertragen werden, ist die gesetzliche Umsatzsteuer (derzeit 19 %) zu berechnen und im Kaufvertrag oder einer gesonderten Rechnung auszuweisen. Für die Umsatzsteuer ist somit beim Verkauf eines Unternehmens im Rahmen eines Asset Deals durch eine Kapitalgesellschaft die Frage der Qualifizierung der veräußerten Einzelwirtschaftsgüter als Betrieb oder Teilbetrieb im Gegensatz zur Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer sehr wohl relevant. Für die Frage des Vorsteuerabzugs der im Zusammenhang mit dem Verkauf an den Verkäufer gestellten Rechnungen für Vermittlungs- oder Beratungsleistungen ist die Frage der Umsatzsteuerpflicht des Verkaufs des Unternehmens unerheblich, da der Verkäufer, soweit er unter den allgemeinen Voraussetzungen zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, auch bei einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen wird. 8.2.7.2 Umsatzsteuer aus Käufersicht

Beim Kauf in der Form des Asset Deals wird im Kaufvertrag wie oben dargestellt in der Regel keine Umsatzsteuer ausgewiesen, da bei der Übertragung von Betrieben oder Teilbetrieben keine Umsatzsteuer ausgewiesen werden darf. Sofern ausnahmsweise einzelne Wirtschaftsgüter, die nicht den Begriff des Betriebs oder Teilbetriebs erfüllen, übertragen werden, kann die natürliche Person, die Kapitalgesellschaft oder die Personengesellschaft als Käufer die im Kaufvertrag ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen, sofern sie die allgemeinen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erfüllt. Die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs besteht unter den allgemeinen Voraussetzungen auch für die sonstigen im Zusammenhang mit dem Kauf an die natürliche Person, die Kapitalgesellschaft oder die Personengesellschaft gerichteten Rechnungen, wie z. B. die Rechnungen des Maklers oder der steuerlichen und rechtlichen Berater. 8.2.8

Grunderwerbsteuer

Sofern im Rahmen eines Asset Deals auch inländische Grundstücke, Erbbaurechte oder Gebäude auf fremdem Grund und Boden übertragen werden, liegt hier regelmäßig ein Tatbestand vor, der der Grunderwerbsteuer unterliegt. Die Grunderwerbsteuer beträgt 3,5 % der Gegenleistung für das erworbene Grundstück. Für Berlin gilt seit 1. Januar 2007, für Hamburg seit 1. Januar 2009 ein Steuersatz von 4,5 %. Als Gegenleistung gelten bei einem Kauf grundsätzlich

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der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen (§ 9 GrErwStG). Kann die Gegenleistung im Ausnahmefall nicht ermittelt werden, bemisst sich die Grunderwerbsteuer nach dem so genannten Bedarfswert des Bewertungsgesetzes, der seit der Erbschaftsteuerreform 2009 ausschließlich noch für grunderwerbsteuerliche Zwecke und nicht mehr für erbschaft- und schenkungsteuerliche Zwecke festzustellen ist. Dieser liegt nach den Erfahrungen der Vergangenheit deutlich unter dem Verkehrswert, weswegen auch infolge des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom Gesetzgeber neue Bewertungsverfahren für die Erbschaft- und Schenkungsteuer eingeführt wurden. In der Regel wird im Kaufvertrag vereinbart, dass die Grunderwerbsteuer vom Käufer zu tragen ist. Käufer und Verkäufer sind jedoch gemeinsam Steuerschuldner für die Grunderwerbsteuer (§ 13 Nr. 1 GrErwStG).

8.3 Kauf- bzw. Verkaufsgegenstand: Kapitalgesellschaftsanteile 8.3.1

Verkäufer: natürliche Person

8.3.1.1 Einkommensteuer

8.3.1.1.1 Anteile im Betriebsvermögen Eine natürliche Person kann sowohl Anteile an Kapitalgesellschaften veräußern, die sie in ihrem Privatvermögen hält, als auch Anteile an Kapitalgesellschaften, die zu ihrem Betriebsvermögen gehören. Zum Betriebsvermögen gehören Anteile an Kapitalgesellschaften, die für ein Einzelunternehmen einer natürlichen Person notwendig sind, wie z. B. die Anteile an einer Vertriebs-GmbH, oder die dem Betriebsvermögen bewusst zugeordnet werden (gewillkürtes Betriebsvermögen). Auch bei der so genannten Betriebsaufspaltung, bei der ein Besitz-Einzelunternehmen wesentliche Betriebsgrundlagen an die durch den Einzelunternehmer beherrschte Betriebskapitalgesellschaft verpachtet, gehören die Anteile an der Kapitalgesellschaft zum notwendigen Betriebsvermögen des Einzelunternehmens. Werden die Anteile an der Kapitalgesellschaft in einem Betriebsvermögen einer natürlichen Person gehalten, unterliegt der Veräußerungsgewinn stets der Einkommensteuer unter Anwendung des so genannten Teileinkünfteverfahrens (§ 3 Nr. 40 EStG). Dies bedeutet, dass 60 % des Veräußerungsgewinns der persönlichen Einkommensteuer des Verkäufers unterliegen. Die Veräußerung der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, die das gesamte Nennkapital der Gesellschaft umfasst, gilt als Veräußerung eines Teilbetriebes, wenn die gesamte Beteiligung an der Kapitalgesellschaft zum Betriebsvermögen gehört und die gesamte Beteiligung im Laufe eines Wirtschaftsjahres veräußert 126

wird. Damit greift die Freibetragsregelung von § 16 Abs. 4 EStG unter den dort genannten Voraussetzungen, nicht jedoch die Begünstigungen nach § 34 EStG. Wurden vor Geltung des Teileinkünfteverfahrens bzw. des davor geltenden Halbeinkünfteverfahrens bei den im Betriebsvermögen gehaltenen Anteilen in voller Höhe steuerwirksame Teilwertabschreibungen geltend gemacht, sind diese zunächst mit voller Steuerwirkung aufzuholen. 8.3.1.1.2 Anteile im Privatvermögen Hält eine natürliche Person die Anteile an der Kapitalgesellschaft im Privatvermögen, hängen die steuerlichen Folgen bei der Veräußerung der Anteile von der Höhe der Beteiligung ab. Bei einer Beteiligung von unter 1 % bleibt ein Veräußerungsgewinn steuerfrei, wenn die Anteile vor dem 1. Januar 2009 erworben wurden und der Zeitraum zwischen der Anschaffung und der Veräußerung der Anteile mindestens zwölf Monate beträgt. Bei einer Veräußerung innerhalb der 12-Monats-Frist kommt das Teileinkünfteverfahren zur Anwendung. Für nach dem 1. Januar 2009 erworbene Anteile wird ein Veräußerungsgewinn unabhängig von der Haltedauer der Anteile als Einkünfte aus Kapitalvermögen mit der Abgeltungsteuer (pauschaler Einkommensteuersatz von 25 % zuzüglich Solidaritätszuschlag) versteuert. Wenn der Verkäufer innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Verkauf am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zumindest mit 1 % beteiligt war, gehört der Veräußerungsgewinn gemäß § 17 EStG zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb und unterliegt dem Teileinkünfteverfahren. Es werden also 60 % des Veräußerungsgewinns mit dem individuellen Steuersatz des Verkäufers versteuert. Als noch die so genannte Wesentlichkeitsgrenze in § 17 EStG von 10 % und davor 25 % galt, wurden in der Gestaltungspraxis sehr viele Modelle diskutiert, die zum Ziel hatten, die Anteile insbesondere innerhalb des Familienverbundes so aufzuteilen, dass jeweils nicht wesentliche Beteiligungen bestehen, die nach Ablauf der 5-Jahres-Frist steuerfrei veräußert werden können. Durch das Herabsenken der relevanten Grenze auf 1 % haben diese Modelle deutlich an praktischer Bedeutung verloren, für neu erworbene Anteile ab dem 1. Januar 2009 werden sie wegen der Einführung der Abgeltungsteuer vollends obsolet. 8.3.1.1.3 Einbringungs-/Umwandlungsgeborene Anteile Soweit die Anteile an der Kapitalgesellschaft aus der Umwandlung eines Einzelunternehmens oder einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft vor dem 13. Dezember 2006 entstanden waren, bei der die stillen Reserven nicht in voller Höhe aufgedeckt wurden, ist eine Veräußerung dieser so genannten einbringungsgeborenen Anteile im Sinne von § 21 UmwStG a.F. innerhalb einer Sperrfrist von 7 Jahren stets in voller Höhe einkommensteuerpflichtig, egal wie groß die Beteiligung ist. 127

Nach Ablauf der 7-jährigen Sperrfrist können Anteile im Privatvermögen bei einer Beteiligung unter 1 % steuerfrei und bei einer Beteiligung von 1 % und mehr sowie Anteile im Betriebsvermögen unter Anwendung des Teileinkünfteverfahrens veräußert werden. Bei Umwandlungsvorgängen, die ab dem 13. Dezember 2006 zur Eintragung ins Handelsregister angemeldet wurden, hat sich ein Systemwechsel vollzogen. Soweit der Einbringende die im Zuge einer Umwandlung erhaltenen Kapitalgesellschaftsanteile innerhalb eines Zeitraums von 7 Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt veräußert, ist der Einbringungsgewinn rückwirkend im Wirtschaftsjahr der Einbringung der Einkommensteuer zu unterwerfen. Der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG sowie die Begünstigungen nach § 34 EStG sind hier nicht anzuwenden. Der Einbringungsgewinn vermindert sich um jeweils um ein Siebtel für jedes seit dem Einbringungszeitraum abgelaufene Zeitjahr (§ 22 Abs. 1 Satz 3 UmwStG n. F.). Der Einbringungsgewinn erhöht jedoch die Anschaffungskosten für die erhaltenen Anteile, wodurch sich der Veräußerungsgewinn für die erhaltenen Anteile vermindert. 8.3.1.1.4 Ermittlung des Veräußerungsgewinns Zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns bei im Betriebsvermögen gehaltenen Anteilen wird dem Veräußerungspreis der Buchwert der Anteile gegenübergestellt sowie etwaige Veräußerungskosten. Der Buchwert der Anteile ergibt sich aus den Anschaffungskosten der Anteile abzüglich eventuell vorgenommener Teilwertabschreibungen zuzüglich etwaiger Wertaufholungen. Die Buchwerte der im Vermögen der Kapitalgesellschaft selbst befindlichen Wirtschaftsgüter sind irrelevant. Zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns bei im Privatvermögen gehaltenen Anteilen werden dem Veräußerungspreis die Anschaffungskosten der Anteile gegenübergestellt sowie etwaige Veräußerungskosten. Die Buchwerte der im Vermögen der Kapitalgesellschaft selbst befindlichen Wirtschaftsgüter sind auch hier irrelevant. Zu den Anschaffungskosten der Kapitalgesellschaftsanteile können auch so genannte kapitalersetzende Darlehen oder Finanzplandarlehen gehören, die aus dem Privatvermögen gewährt wurden. Der Veräußerungsgewinn wird im Privatvermögen bei Beteiligungen von mindestens 1% nach § 17 Abs. 3 EStG zur Einkommensteuer nur herangezogen, soweit er den Teil von EUR 9.060,00 übersteigt, der dem veräußerten Anteil an der Kapitalgesellschaft entspricht. Der Freibetrag ermäßigt sich um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn den Teil von EUR 36.100,00 übersteigt, der dem veräußerten Anteil der Kapitalgesellschaft entspricht. Für die Berechnung des Freibetrages ist der nach dem Teileinkünfteverfahren steuerfrei bleibende Teil 128

des Veräußerungsgewinns nicht zu berücksichtigen. Der Freibetrag schmilzt dementsprechend bei einer 100 %-igen Beteiligung ab einem Veräußerungsgewinn vor Anwendung des Teileinkünfteverfahrens von EUR 60.166,66 ab und wird bei einem Veräußerungsgewinn von EUR 75.266,66 und mehr gar nicht gewährt. 8.3.1.1.5 Besteuerungszeitpunkt Die nachträgliche Änderung des Kaufpreises, z. B. aufgrund von Streitigkeiten oder bei Vereinbarung von erfolgsabhängigen Kaufpreisbestandteilen, führt zu einer rückwirkenden Änderung des Kaufpreises und der Besteuerung im Veranlagungszeitraum der Veräußerung. Bei der Vereinbarung einer Ratenzahlung ist der Barwert der Raten im Zeitpunkt der Veräußerung der Besteuerung zu unterwerfen. Die in den Raten enthaltenen Zinsanteile unterliegen im jeweiligen Jahr des Zuflusses als Einkünfte aus Kapitalvermögen der Einkommensteuer (mit 25 % Abgeltungsteuer). Wird eine Beteiligung im Sinne von § 17 EStG gegen eine Leibrente oder gegen Raten mit einer Laufzeit von über 10 Jahren und Versorgungscharakter veräußert, gilt ein Wahlrecht zwischen Sofortversteuerung und nachgelagerter Versteuerung. Für den Tilgungsanteil gilt das Teileinkünfteverfahren, wodurch 60 % des Tilgungsanteils steuerpflichtig werden, sobald die Summe der Tilgungsanteile die Anschaffungskosten der Beteiligung zuzüglich etwaiger Veräußerungskosten überschreitet. Dabei gilt die Maßgabe, dass der Ertragsanteil einer Leibrente als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 1 EStG zu versteuern ist und der Zinsanteil eines in Raten zu zahlenden Kaufpreises als Einkünfte aus Kapitalvermögen (mit 25 % Abgeltungsteuer) zu versteuern ist. 8.3.1.2 Gewerbesteuer

Bei Gewinnen aus der Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen, die im Privatvermögen gehalten werden, fällt grundsätzlich keine Gewerbesteuer an. Auch Gewinne aus der Veräußerung von so genannten einbringungsgeborenen Anteilen im Sinne von § 21 Abs. 1 UmwStG a.F. unterliegen nicht der Gewerbesteuer, es sei denn, die Anteile sind bei der Sacheinlage einer 100 %-igen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft oder im Wege der so genannten verschleierten Sachgründung erworben worden (R 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Satz 17 GewStR). Werden die Anteile an der Kapitalgesellschaft jedoch im Betriebsvermögen einer natürlichen Person gehalten, sind Veräußerungsgewinne grundsätzlich gewerbesteuerpflichtig. Dies gilt auch, wenn die Beteiligung das gesamte Nennkapital der Kapitalgesellschaft umfasst (also trotz der Qualifizierung einer 100 %-igen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als so genannter Teilbetrieb nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG). 129

Eine Ausnahme besteht dann, wenn die Veräußerung der Kapitalgesellschaftsanteile im engen Zusammenhang mit der Aufgabe des gesamten Gewerbebetriebs erfolgt. Da der Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn ist, geht der Veräußerungsgewinn nach dem Teileinkünfteverfahren zu 60 % in den Gewerbeertrag ein. Die anfallende Gewerbesteuer wird unter den sonstigen Voraussetzungen des § 35 EStG ganz oder teilweise auf die Einkommensteuer angerechnet. Die Anrechnung ist jedoch in jedem Falle auf das 3,8-fache des Gewerbesteuermessbetrages begrenzt. Das heißt, dass in Gemeinden mit einem Hebesatz von über 380 % ein Gewerbesteuerüberhang die effektive Steuerbelastung auf den Veräußerungsgewinn erhöht. 8.3.2

Verkäufer: Kapitalgesellschaft

8.3.2.1 Körperschaftsteuer

Veräußert eine Kapitalgesellschaft Anteile an einer anderen Kapitalgesellschaft, bleibt ein Veräußerungsgewinn steuerfrei (§ 8b Abs. 2 KStG). Da allerdings pauschal 5 % des Veräußerungsgewinns als Ausgaben fingiert werden, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen (§ 8b Abs. 3 Satz 1 KStG), bleibt effektiv 95 % des Veräußerungsgewinns steuerfrei. Eine Ausnahme besteht nur insoweit, als die Kapitalgesellschaft auf die gehaltenen Kapitalgesellschaftsanteile in früheren Zeiten voll steuerwirksame Teilwertabschreibungen vorgenommen hat, die noch nicht wertaufgeholt wurden. Diese Wertaufholung ist dann im Veräußerungszeitpunkt mit voller Steuerwirksamkeit nachzuholen. Die Steuerfreiheit gilt jedoch nicht für Anteile, die bei Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten im Sinne des Gesetzes über das Kreditwesen dem Handelsbuch zuzurechnen sind. Gleiches gilt für Anteile, die von Finanzunternehmen im Sinne des Gesetzes über das Kreditwesen mit dem Ziel der kurzfristigen Erzielung eines Eigenhandelserfolges erworben werden (§ 8b Abs. 7 KStG). Nach aktueller Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes können hierunter auch normale Holdingunternehmen fallen, insbesondere wenn die Anteile bereits mit einer unbedingten Veräußerungsabsicht erworben werden. Des Weiteren sind auch Versicherungsunternehmen von der Steuerfreiheit ausgenommen (§ 8b Abs. 8 KStG). Auch soweit eine Kapitalgesellschaft im Rahmen einer Sacheinlage unter ihrem gemeinen Wert Anteile an einer Kapitalgesellschaft erhalten hat und diese Anteile innerhalb eines Zeitraumes von 7 Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt veräußert, ist die Befreiung nach § 8b Abs. 2 KStG nicht anzuwenden.

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Soweit im Rahmen einer Sacheinlage oder eines Anteilstausches Kapitalgesellschaftsanteile unter ihrem gemeinen Wert (Verkehrswert) gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in eine Kapitalgesellschaft eingebracht wurden, und die übernehmende Kapitalgesellschaft diese eingebrachten Anteile innerhalb eines Zeitraumes von 7 Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt veräußert, führt dies zu einer rückwirkenden Besteuerung eines Einbringungsgewinns für die einbringende natürliche Person. Der Freibetrag nach § 16 Abs.4 EStG und die Befreiungen von § 34 EStG (Fünftel-Regelung oder ermäßigter Durchschnittssteuersatz) sind hierbei nicht anzuwenden. Dieser Einbringungsgewinn vermindert sich um jeweils ein Siebtel für jedes seit dem Einbringungszeitpunkt abgelaufene Zeitjahr. Der Einbringungsgewinn erhöht jedoch die Anschaffungskosten für die eingebrachten Anteile. 8.3.2.2 Gewerbesteuer

Der Gewerbeertrag der veräußernden Kapitalgesellschaft ist nach den Vorschriften des Körperschaftsteuergesetzes zu ermitteln. Somit schlagen die körperschaftlichen Regelungen auch auf die Gewerbesteuer durch. 8.3.3

Verkäufer: Personengesellschaft

8.3.3.1 Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer

Wenn eine Personengesellschaft Anteile an Kapitalgesellschaften hält, gehören diese Anteile immer zu ihrem Betriebsvermögen. Somit unterliegt ein Gewinn aus der Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen, soweit er auf natürliche Personen als Gesellschafter der Personengesellschaft entfällt, deren Einkommensteuer unter Anwendung des so genannten Teileinkünfteverfahrens. 60 % des anteiligen Veräußerungsgewinns werden damit der persönlichen Einkommensteuer der jeweiligen Gesellschafter unterworfen. Soweit der Veräußerungsgewinn auf eine Kapitalgesellschaft als Gesellschafter der Personengesellschaft entfällt, greifen die Regelungen des § 8b KStG. Das bedeutet, dass der auf die Kapitalgesellschaft als Gesellschafter entfallende Anteil am Veräußerungsgewinn letztlich zu 95 % steuerfrei bleibt und nur zu 5 % der Körperschaftsteuer unterliegt, soweit nicht besondere Ausnahmevorschriften greifen (vgl. Kapitel 8.3.2.1.). 8.3.3.2 Gewerbesteuer

Die Gewerbesteuer wird im Gegensatz zur Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer direkt bei der Personengesellschaft erhoben. Somit unterliegen Veräußerungsgewinne der Personengesellschaft aus dem Verkauf von Kapitalgesellschaftsanteilen grundsätzlich der Gewerbesteuer. Aber 131

auch bei der Ermittlung des Gewerbeertrags sind die Vorschriften des Teileinkünfteverfahrens bzw. von § 8b KStG anzuwenden (§ 7 Satz 4 GewStG). Insofern schlagen die für die Gesellschafter auf ihren jeweiligen Anteil am Veräußerungsgewinn entfallenden einkommensteuerlichen bzw. körperschaftsteuerlichen Regelungen auf den Gewerbeertrag durch. Die anfallende Gewerbesteuer wird unter den sonstigen Voraussetzungen des § 35 EStG ganz oder teilweise auf die Einkommensteuer der Gesellschafter, die natürliche Personen sind, angerechnet. 8.3.4

Käufer: natürliche Person

8.3.4.1 Einkommensteuer

8.3.4.1.1 Kaufpreis Kauft eine natürliche Person Anteile an einer Kapitalgesellschaft, sind die mit dem Kaufpreis vergüteten stillen Reserven im Vermögen der erworbenen Kapitalgesellschaft steuerlich nicht abschreibungsfähig. Eine Aufteilung des Kaufpreises mit Buchwertaufstockung und darauf folgenden Abschreibungen wie beim Asset Deal ist beim Kauf von Kapitalgesellschaftsanteilen grundsätzlich nicht möglich, unabhängig davon, ob die natürliche Person als Käufer die Kapitalgesellschaftsanteile in ihr Privatvermögen oder in ihr Betriebsvermögen erwirbt. 8.3.4.1.2 Postakquisitorische Wertminderungen Wertminderungen nach dem Kauf (postakquisitorische Wertminderungen) sind bei einem Erwerb ins Privatvermögen gar nicht abzugsfähig. Erst bei einem Wiederverkauf der Kapitalgesellschaftsanteile oder der Liquidation der Kapitalgesellschaft wirken sich die Wertminderungen im Veräußerungsverlust bzw. Liquidationsverlust aus. Für Anteile ab 1 % wirkt sich der Verlust im Rahmen des Teileinkünfteverfahrens mit 60 % aus. Für Anteile unter 1 % schmälert der Verlust die der Abgeltungsteuer (25 %) unterliegenden Einkünfte aus Kapitalvermögen. Zu den postakquisitorischen Wertminderungen können auch so genannte kapitalersetzende Darlehen oder Finanzplandarlehen gehören. Beim Erwerb ins Betriebsvermögen sind postakquisitorische Wertminderungen der erworbenen Kapitalgesellschaftsanteile bereits mit Eintritt einer dauernden Wertminderung abzugsfähig, auch hier im Rahmen des Teileinkünfteverfahrens zu 60 %.

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Zu den postakquisitorischen Wertminderungen können auch der Kapitalgesellschaft gewährte Darlehen gehören. Diese sind bei Ausfall in voller Höhe abzugsfähig. 8.3.4.1.3 Fremdfinanzierungsaufwand Beim Erwerb der Kapitalgesellschaftsanteile ins Privatvermögen sind bei Inanspruchnahme der Abgeltungsteuer (25 %) für die empfangenen Ausschüttungen Fremdfinanzierungszinsen nicht abzugsfähig. Der Steuerpflichtige hat jedoch die Möglichkeit, zu beantragen, dass die Ausschüttungen aus der Kapitalgesellschaft in die Einkommensteuerveranlagung mit einbezogen werden, wenn er unmittelbar oder mittelbar zumindest 25 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist oder zumindest 1 % beteiligt und für die Kapitalgesellschaft beruflich tätig ist (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG). In diesem Falle unterliegen die Ausschüttungen im Rahmen des Teileinkünfteverfahrens mit 60 % dem individuellen Einkommensteuersatz, umgekehrt sind aber auch 60 % der Finanzierungskosten entsprechend abzugsfähig. Beim Erwerb der Kapitalgesellschaftsanteile in das Betriebsvermögen sind die Fremdfinanzierungskosten mangels Anwendbarkeit der Abgeltungsteuer immer im Rahmen des Teileinkünfteverfahrens zu 60 % abzugsfähig (§ 3c Abs. 2 EStG). Dabei sind jedoch die Begrenzungen des § 4 Abs. 4a EStG (Überentnahmen) und § 4h EStG (Zinsschranke) zu beachten. 8.3.4.1.4 Verlustvorträge Bei der Übertragung eines Unternehmens durch Übertragung der Einzelwirtschaftsgüter (Asset Deal) können bestehende Verlustvorträge nicht mit übertragen werden. Bestehende Verlustvorträge einer Kapitalgesellschaft, deren Anteile übertragen werden, bleiben dagegen vom Grundsatz her bestehen, da der Rechtsträger bestehen bleibt. Dies hatte in der Vergangenheit dazu geführt, dass selbst für leere GmbHMäntel, die über steuerliche Verlustvorträge verfügten, Kaufpreise bis zur Höhe der abgezinsten Steuervorteile des Käufers aus der Nutzung der Verlustvorträge bezahlt wurden. Zur Verhinderung dieser so genannten Mantelkäufe wurden Missbrauchsvorschriften erlassen, die die Nutzung von steuerlichen Verlustvorträgen für einen Käufer nur unter sehr restriktiven Bedingungen zulassen. Hier ist zunächst die Vorschrift des § 8 Abs. 4 KStG zu nennen. Danach ist Voraussetzung für den Verlustabzug bei einer Körperschaft, dass sie nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich mit der Körperschaft identisch ist, die den Verlust erlitten hat. Wirtschaftliche Identität liegt insbesondere dann nicht vor, wenn mehr als die Hälfte der Anteile an einer Kapitalgesellschaft übertragen werden und die Kapitalgesellschaft ihren Geschäftsbetrieb mit überwiegend neuem Betriebsvermögen fortführt oder wieder aufnimmt. Die Zuführung neuen Betriebsvermögens ist unschädlich, wenn sie allein der Sanierung des Geschäftsbetriebs 133

dient, der den verbleibenden Verlustvortrag verursacht hat, und die Körperschaft den Geschäftsbetrieb in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang in den folgenden 5 Jahren fortführt. Durch die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe wie „überwiegend neues Betriebsvermögen“ oder „allein der Sanierung dienend“ ist dies eine sehr streitanfällige Regelung, die zu einer umfangreichen Rechtsprechung und Beiträgen im Schrifttum geführt hat. Aus diesem Grunde hat der Gesetzgeber mit § 8c KStG eine Neuregelung geschaffen, die nur noch auf die Höhe der übertragenen Anteile abstellt. Die Regelung des § 8 Abs. 4 KStG ist letztmals anzuwenden, wenn mehr als die Hälfte der Anteile an einer Kapitalgesellschaft innerhalb eines Zeitraums von 5 Jahren übertragen werden, der vor dem 1. Januar 2008 beginnt, und der Verlust der wirtschaftlichen Identität vor dem 1. Januar 2013 eintritt. Die Neuregelung des § 8c KStG, die ab dem 1. Januar 2008 – parallel zur Altregelung nach § 8 Abs. 4 KStG – anzuwenden ist, sieht einen kompletten Untergang des Verlustvortrags vor, wenn innerhalb von 5 Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 50 % des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, Beteiligungsrechte oder der Stimmrechte an einer Körperschaft an einen Erwerber oder diesem nahestehende Personen übertragen werden oder ein vergleichbarer Sachverhalt vorliegt (schädlicher Beteiligungserwerb). Dabei gilt als ein Erwerber auch eine Gruppe von Erwerbern mit gleichgerichteten Interessen. Eine Kapitalerhöhung steht der Übertragung des gezeichneten Kapitals gleich, soweit sie zu einer Veränderung der Beteiligungsquoten am Kapital der Körperschaft führt. Zu einem quotalen Untergang des noch nicht genutzten Verlustvortrags kommt es, wenn innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 25 % an einen Erwerber oder diesem nahestehende Personen übertragen werden. Ausnahmen bestehen für den Kauf durch Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaften. Für einen vorhandenen Zinsvortrag gelten die Regelungen des § 8c KStG entsprechend (§ 8a Abs. 1 Satz 3 KStG). Das heißt, auch ein Vortrag der wegen der Zinsschranke noch nicht genutzten Zinsaufwendungen geht bei entsprechenden Übertragungen ganz oder quotal unter. Im Zuge der Wirtschaftskrise wurde mit dem Bürgerentlastungsgesetz vom 16. Juli 2009 § 8c KStG insoweit ergänzt, dass die Regelungen zum Mantelkauf für Beteiligungserwerbe 2008 und 2009 nicht angewendet werden, wenn der Beteiligungserwerb der Sanierung des Geschäftsbetriebs der Kapitalgesellschaft dient.

134

8.3.4.2 Gewerbesteuer

Kauft eine natürliche Person Anteile an einer Kapitalgesellschaft in ihr Privatvermögen, wirkt sich das gewerbesteuerlich bereits mangels Gewerbesteuerpflicht bei der natürlichen Person gar nicht aus. Erwirbt die natürliche Person die Anteile in ihr Betriebsvermögen, besteht dort grundsätzlich Gewerbesteuerpflicht. Der Kaufpreis für die erworbenen Kapitalgesellschaftsanteile wirkt sich gewerbesteuerlich nicht aus, da eine Buchwertaufstockung und daraus resultierende Abschreibungen grundsätzlich nicht möglich sind. Postakquisitorische Wertminderungen der erworbenen Kapitalgesellschaftsanteile wirken sich jedoch auch bei der Gewerbesteuer im Rahmen des Teileinkünfteverfahrens zu 60 % aus und Darlehensausfälle in voller Höhe, da der Gewerbeertrag der natürlichen Person nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes zu ermitteln ist. Auch die Fremdfinanzierungskosten mindern zu 60 % den Gewerbeertrag, soweit nicht die Begrenzungen des § 4 Abs. 4a EStG (Überentnahmen) oder § 4h EStG (Zinsschranke) greifen. Zusätzlich ist jedoch die gewerbesteuerliche Hinzurechnungsvorschrift zu beachten, nach der ein Viertel der Summe der Fremdfinanzierungszinsen – unter Berücksichtigung des Freibetrags für bestimmte Hinzurechnungen – wieder hinzugerechnet werden muss. Gewerbesteuerliche Verlustvorträge oder Zinsvorträge bei der Kapitalgesellschaft, deren Anteile übertragen werden, bleiben vom Grundsatz her bestehen. Sofern jedoch die körperschaftsteuerlichen Regelungen zum Mantelkauf in § 8 Abs. 4 KStG bzw. § 8c KStG zur Anwendung kommen, gehen die vorhandenen Verlustvorträge und Zinsvorträge auch gewerbesteuerlich ganz oder quotal unter. 8.3.5

Käufer: Kapitalgesellschaft

8.3.5.1 Körperschaftsteuer

Kauft eine Kapitalgesellschaft Anteile an einer Kapitalgesellschaft, sind die mit dem Kaufpreis vergüteten stillen Reserven im Vermögen der erworbenen Kapitalgesellschaft ebenfalls steuerlich nicht abschreibungsfähig. Eine Aufteilung des Kaufpreises mit Buchwertaufstockung und darauf folgenden Abschreibungen wie beim Asset Deal ist beim Kauf von Kapitalgesellschaftsanteilen grundsätzlich nicht möglich. In Umkehrung der Steuerbefreiung für einen Veräußerungsgewinn sind Wertminderungen nach dem Kauf (postakquisitorische Wertminderungen) bei einer Kapitalgesellschaft als Käufer nicht abzugsfähig (§ 8b Abs. 3 Satz 3 KStG). Dies gilt auch für einen bei einem Wiederverkauf entstehenden Veräußerungsverlust. Eine Ausnahme besteht nur für Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsunter135

nehmen sowie Versicherungsunternehmen wie oben beschrieben (Kapitel 8.3.2.1). Die Nichtabzugsfähigkeit von Wertminderungen gilt seit dem Veranlagungszeitraum 2008 auch für Gewinnminderungen im Zusammenhang mit einer Darlehensforderung oder aus der Inanspruchnahme von Sicherheiten, die für ein Darlehen hingegeben wurden, wenn das Darlehen oder die Sicherheit von einem Gesellschafter gewährt wird, der zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Grund- oder Stammkapital der Körperschaft, der das Darlehen gewährt wurde, beteiligt ist oder war. Dies gilt auch für diesem Gesellschafter nahe stehende Personen oder für Gewinnminderungen aus dem Rückgriff eines Dritten auf den Gesellschafter oder eine diesem nahe stehende Person aufgrund eines der Gesellschaft gewährten Darlehens. Wenn jedoch nachgewiesen werden kann, dass auch ein fremder Dritter das Darlehen bei sonst gleichen Umständen gewährt oder noch nicht zurückgefordert hätte, kann ein Darlehensverlust steuermindernd geltend gemacht werden. Hat die Kapitalgesellschaft die erworbenen Kapitalgesellschaftsanteile ganz oder teilweise fremdfinanziert, sind die daraus resultierenden Fremdfinanzierungskosten voll abzugsfähig. Trotz der Steuerfreiheit der aus der erworbenen Kapitalgesellschaft vorgenommenen Ausschüttungen sind die Finanzierungskosten in voller Höhe abzugsfähig, da gemäß § 8 Abs. 5 KStG pauschal 5 % der empfangenen Ausschüttungen als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben gelten. Die Abzugsfähigkeit der Fremdfinanzierungszinsen unterliegt jedoch den Begrenzungen der Zinsschrankenregelung des § 4h EStG, die über § 8a KStG auch für Kapitalgesellschaften gilt. Bestehende Verlustvorträge bei der erworbenen Kapitalgesellschaft bleiben nur bestehen, sofern nicht die Beschränkungen der Mantelkaufregelungen des § 8 Abs. 4 KStG bzw. § 8c KStG greifen. Das gleiche gilt auch für einen bei der erworbenen Kapitalgesellschaft vorhandenen Zinsvortrag. 8.3.5.2 Gewerbesteuer

Die Nichtabzugsfähigkeit der mit dem Kaufpreis vergüteten stillen Reserven im Vermögen der erworbenen Kapitalgesellschaft schlägt auch auf die Gewerbesteuer durch. Das gleiche gilt auch für die Nichtabzugsfähigkeit von postakquisitorischen Wertminderungen. Bei der Körperschaftsteuer abzugsfähige Fremdfinanzierungskosten sind auch bei der Gewerbesteuer grundsätzlich abzugsfähig, wobei hier jedoch bei Überschreiten des Freibetrags ein Viertel der Summe der Fremdfinanzierungszinsen dem Gewerbeertrag wieder hinzuzurechnen ist. Die körperschaftsteuerlichen Regelungen zum Mantelkauf gelten für die gewerbesteuerlichen Verlustvorträge und Zinsvorträge entsprechend. 136

8.3.6

Käufer: Personengesellschaft

8.3.6.1 Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer

Kauft eine Personengesellschaft Anteile an einer Kapitalgesellschaft, sind die mit dem Kaufpreis vergüteten stillen Reserven im Vermögen der erworbenen Kapitalgesellschaft ebenfalls steuerlich nicht abschreibungsfähig. Eine Aufteilung des Kaufpreises mit Buchwertaufstockung und darauf folgenden Abschreibungen wie beim Asset Deal ist beim Kauf von Kapitalgesellschaftsanteilen grundsätzlich nicht möglich. Die Behandlung von Wertminderungen nach dem Kauf (postakquisitorische Wertminderungen) hängt davon ab, wer Gesellschafter der Personengesellschaft ist, da die Personengesellschaft für Zwecke der Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer als transparent gilt. Soweit die Wertminderungen auf natürliche Personen als Gesellschafter der Personengesellschaft entfallen, sind diese mit Eintritt einer dauernden Wertminderung abzugsfähig und zwar im Rahmen des Teileinkünfteverfahrens zu 60 %. Zu den postakquisitorischen Wertminderungen können auch der Kapitalgesellschaft von der Personengesellschaft gewährte Darlehen gehören. Diese sind bei Ausfall in voller Höhe abzugsfähig, soweit sie auf natürliche Personen als Gesellschafter der Personengesellschaft entfallen. Soweit die Wertminderungen anteilig auf Kapitalgesellschaften als Gesellschafter der Personengesellschaft entfallen, sind diese nicht abzugsfähig. Dies gilt seit dem Veranlagungszeitraum 2008 auch für Gewinnminderungen aus Darlehensverlusten und ähnlichen Sachverhalten (vgl. Kapitel 8.3.5.1). Hat die Personengesellschaft den Kauf der Kapitalgesellschaftsanteile ganz oder teilweise mit Fremdmitteln finanziert, sind die Fremdfinanzierungskosten wiederum abhängig von den Gesellschaftern der Personengesellschaft abzugsfähig. Soweit die Fremdfinanzierungskosten auf natürliche Personen als Gesellschafter der Personengesellschaft entfallen, sind diese im Rahmen des Teileinkünfteverfahrens zu 60 % abzugsfähig. Soweit die Fremdfinanzierungszinsen auf Kapitalgesellschaften als Gesellschafter der Personengesellschaft entfallen, sind diese in voller Höhe abzugsfähig. Die Abzugsfähigkeit der Fremdfinanzierungszinsen unterliegt jedoch den Begrenzungen des § 4 Abs. 4a EStG (Überentnahmen) und § 4h EStG bzw. § 8a KStG (Zinsschranke). Wenn in der Kapitalgesellschaft, deren Anteile erworben werden, Verlustvorträge vorhanden sind, bleiben diese vom Grundsatz her bestehen, sofern nicht die Beschränkungen der Mantelkaufregelungen des § 8 Abs. 4 KStG bzw. § 8c KStG greifen. Auch ein Vortrag der wegen der Zinsschranke noch nicht genutzten Zinsaufwendungen geht bei entsprechenden Übertragungen ganz oder quotal unter.

137

8.3.6.2 Gewerbesteuer

Die Nichtabzugsfähigkeit der mit dem Kaufpreis vergüteten stillen Reserven im Vermögen der erworbenen Kapitalgesellschaft schlägt auch auf die Gewerbesteuer durch. Die Gewerbesteuer wird im Gegensatz zur Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer direkt bei der Personengesellschaft erhoben. Die Behandlung von postakquisitorischen Wertminderungen der erworbenen Kapitalgesellschaftsanteile richtet sich jedoch auch bei der Bemessung des Gewerbeertrages nach den einkommensteuerlichen bzw. körperschaftsteuerlichen Vorschriften. Das bedeutet, dass postakquisitorische Wertminderungen, soweit sie auf natürliche Personen als Gesellschafter der Personengesellschaft entfallen, sich zu 60 % auswirken und, soweit sie auf Kapitalgesellschaften als Gesellschafter der Personengesellschaft entfallen, in voller Höhe abzugsfähig sind. Auch die Fremdfinanzierungskosten mindern je nach Gesellschafter anteilig zu 60 % oder voll den Gewerbeertrag, soweit nicht die Begrenzungen des § 4 Abs. 4a EStG (Überentnahmen) oder § 4h bzw. § 8a KStG (Zinsschranke) greifen. Zusätzlich ist jedoch die gewerbesteuerliche Hinzurechnungsvorschrift zu beachten, nach der bei Überschreiten des Freibetrags ein Viertel der Summe der Fremdfinanzierungszinsen wieder hinzugerechnet werden muss. Sofern die Regelungen zum Mantelkauf in § 8 Abs. 4 KStG bzw. § 8c KStG zur Anwendung kommen, gehen die bei der erworbenen Kapitalgesellschaft vorhandenen gewerbesteuerlichen Verlustvorträge und Zinsvorträge ebenfalls ganz oder quotal unter. 8.3.7

Umsatzsteuer

8.3.7.1 Umsatzsteuer aus Verkäufersicht

Der Verkauf von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft ist gemäß § 4 Nr. 8e bzw. Nr. 8f UStG von der Umsatzsteuer befreit. Sofern die Kapitalgesellschaftsanteile in einem Betriebsvermögen im unternehmerischen Bereich gehalten werden oder zumindest in einem so genannten umsatzsteuerlichen Unternehmensvermögen einer natürlichen Person, kann der Verkäufer den steuerfreien Umsatz als steuerpflichtig behandeln, wenn der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird (§ 9 Abs. 1 UStG). Hierbei ist zu beachten, dass das bloße Erwerben, Halten und Veräußern von gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen nicht als unternehmerische Tätigkeit im Sinne des Umsatzsteuerrechts qualifiziert wird. Auch bei Unternehmen, die neben ihrer eigentlichen unternehmerischen Tätigkeit Beteiligungen halten, gehört das Halten dieser Beteiligungen zum so genannten nichtunternehmerischen Bereich. Lediglich bei gewerblichen Wertpapierhändlern, so genannten strategi138

schen Beteiligungen (Förderung der unternehmerischen Tätigkeit, z. B. Sicherung der Einkaufs- oder Absatzkonditionen) oder bei entgeltlichem Erbringen von administrativen, finanziellen, kaufmännischen und technischen Dienstleistungen an die Beteiligungsgesellschaft gehört das Erwerben, Halten und Veräußern einer Beteiligung zum umsatzsteuerlichen Unternehmensvermögen. Das bedeutet, dass eine Option zur Umsatzsteuerpflicht nur möglich ist, wenn der Verkäufer die Beteiligung unternehmerisch hält und der Käufer die Beteiligung für den unternehmerischen Bereich erwirbt. Eine Option kann für den Verkäufer Sinn machen, wenn er wesentliche Kosten im Zusammenhang mit der Veräußerung der Anteile zu tragen hat, z. B. Vermittlungsprovisionen und Beratungshonorare. Bei Umsatzsteuerfreiheit des Verkaufs der Kapitalgesellschaftsanteile sind die in den genannten Rechnungen ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge nicht als Vorsteuer absetzbar (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG), während bei einer Option zur Umsatzsteuerpflicht die Vorsteuerbeträge unter den allgemeinen Voraussetzungen abzugsfähig sind. Hierzu sei noch erwähnt, dass die Leistungen eines Vermittlers von Kapitalgesellschaftsanteilen nach den gleichen Vorschriften von der Umsatzsteuer befreit sind und eine Option zur Umsatzsteuerpflicht möglich ist. 8.3.7.2 Umsatzsteuer aus Käufersicht

Die Option hat für den Käufer des Kapitalgesellschaftsanteils zunächst keinen Nachteil, wenn er unter den allgemeinen Voraussetzungen zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Ein unmittelbarer Vorteil für ihn besteht jedoch auch nicht, da er die Vorsteuer aus den an ihn im Zusammenhang mit dem Kauf der Anteile gestellten Rechnungen für Vermittlung und Beratung bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen ohnehin geltend machen kann. Möglicherweise kann aber der Käufer indirekt über die Bemessung des Kaufpreises am steuerlichen Vorteil für den Verkäufer teilhaben. Rechnet der Käufer mit der Möglichkeit, die erworbenen Anteile innerhalb von fünf Jahren weiterzuveräußern, könnte dies zu einem umsatzsteuerlichen Risiko werden. Wenn die Weiterveräußerung nur umsatzsteuerfrei möglich wäre, würde eine zeitanteilige Korrektur der beim Kauf abzugsfähigen Vorsteuer erfolgen. Insofern kann in diesem Fall ein echter Interessengegensatz zwischen Verkäufer und Käufer bestehen, der in der Regel dazu führen wird, dass der Verkäufer seine Option nicht ausüben wird, weil die Umsatzsteuer auf den Kaufpreis ein viel höheres Volumen erreicht als der mögliche Vorsteuerabzug aus den an den Verkäufer in Rechnung gestellten Vermittlungs- und Beratungsleistungen. Wer letztlich dann den Nachteil des Verkäufers aus der Nichtgeltendmachung der Vorsteuerbeträge aus diesen Rechnungen wirtschaftlich zu tragen hat, hängt von der jeweiligen Verhandlungsposition von Käufer und Verkäufer im Einzelfall ab. 139

8.3.8

Grunderwerbsteuer

Die Übertragung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft kann unter bestimmten Voraussetzungen Grunderwerbsteuer auslösen, wenn die Kapitalgesellschaft inländische Grundstücke hält. Grunderwerbsteuer fällt an, wenn mindestens 95 % der Anteile der Kapitalgesellschaft an einen anderen übertragen werden oder wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % der Anteile der Kapitalgesellschaft in der Hand des Käufers oder in der Hand von herrschenden und abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen oder in der Hand von abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen allein vereinigt werden (§ 1 Abs. 3 GrErwStG). Als abhängig gelten natürliche Personen, soweit sie einzeln oder zusammengeschlossen einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers in Bezug auf die Anteile zu folgen verpflichtet sind, und juristische Personen, die nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert sind. Die Grunderwerbsteuer wird in einem solchen Fall nicht nach der Gegenleistung (soweit diese als Teil des Kaufpreises für die Kapitalgesellschaftsanteile überhaupt ermittelbar wäre), sondern nach dem so genannten Bedarfswert des Bewertungsgesetzes bemessen, der nach den Erfahrungen der Vergangenheit deutlich unter dem Verkehrswert liegt. Die Grunderwerbsteuer beträgt 3,5 % dieses Wertes. Für Berlin gilt seit 1. Januar 2007, für Hamburg seit 1. Januar 2009 ein Steuersatz von 4,5 %. Steuerschuldner sind in diesen Fällen der Käufer sowie abhängige Unternehmen oder Personen, nicht jedoch der Verkäufer (§ 13 Nr. 5 GrErwStG). Möglicherweise kann jedoch der Verkäufer indirekt über die Bemessung des Kaufpreises davon profitieren, wenn es gelingt, die Grunderwerbsteuer für den Käufer der Kapitalgesellschaftsanteile zu vermeiden.

8.4 Kauf- bzw. Verkaufsgegenstand: Personengesellschaftsanteile 8.4.1

Verkäufer: natürliche Person

8.4.1.1 Einkommensteuer

Verkauft eine natürliche Person Anteile an einer Personengesellschaft, hängt die Besteuerung des Veräußerungsgewinns davon ab, ob er seinen gesamten Anteil an dieser Personengesellschaft veräußert oder nicht. Veräußert der Gesellschafter nur einen Teil seines Anteils an der Personengesellschaft, gilt der Veräußerungsgewinn als laufender Gewinn. Veräußert der Gesell140

schafter dagegen seinen kompletten Anteil an der Personengesellschaft, greifen die Vergünstigungen des § 16 Abs. 4 EStG und § 34 EStG. Wenn der Veräußerer das 55. Lebensjahr vollendet hat oder im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist, kann er einen Antrag auf Gewährung eines Freibetrages stellen. Der Freibetrag beträgt EUR 45.000,00 und ermäßigt sich jedoch um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn EUR 136.000,00 übersteigt. Diese Beträge gelten ohne die bei der Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen vorgesehene Quotelung. Darüber hinaus wird die Einkommensteuer für den Veräußerungsgewinn gemäß § 34 Abs. 3 EStG nach einem ermäßigten Steuersatz bemessen. Dieser beträgt 56 % des durchschnittlichen Steuersatzes, der sich ergäbe, wenn die tarifliche Einkommensteuer nach dem gesamten zu versteuernden Einkommen zu bemessen wäre, mindestens jedoch 15 %. Von dieser Ermäßigung wird jedoch nur der Teil des Veräußerungsgewinns umfasst, der den Betrag von insgesamt EUR 5 Mio. nicht übersteigt. Während der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG und der ermäßigte durchschnittliche Steuersatz nach § 34 Abs. 3 EStG nur auf Antrag einmal im Leben in Anspruch genommen werden kann, kann die so genannte Fünftel-Regelung grundsätzlich mehrmals in Anspruch genommen werden. Bei der Fünftel-Regelung wird im Ergebnis die Einkommensteuer für ein Fünftel des Veräußerungsgewinns verfünffacht, woraus eine progressionsmildernde Wirkung resultiert, wenn sich das Fünftel noch innerhalb der Progressionszone des Steuertarifs befindet (vgl. Kapital 8.2.1.1.3). Es sei jedoch nochmals betont, dass die genannten Vergünstigungen nur dann zum Tragen kommen, wenn der ganze Anteil an der Personengesellschaft veräußert wird und nicht nur ein Teil davon. Um früher beliebte Gestaltungen zu verhindern, wurde vor längerem eine weitere Einschränkung gesetzlich verankert. Soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn insoweit als laufender Gewinn. Auch bei der Veräußerung eines Personengesellschaftsanteils kann es zu einer Nachversteuerung nach § 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 EStG kommen (vgl. Kapitel 8.2.1.1.7). Bei einer Personengesellschaft kann die Thesaurierungsbegünstigung der nicht entnommenen Gewinne von jedem Mitunternehmer gesondert beantragt werden. Soweit im Veräußerungszeitpunkt des Personengesellschaftsanteils noch ein nachversteuerungspflichtiger Betrag vorhanden ist, ist dieser mit einer Einkommensteuer von 25 % nachzuversteuern. 8.4.1.2 Gewerbesteuer

Soweit ein Gesellschafter seinen gesamten Anteil an der Personengesellschaft veräußert, gehört der Veräußerungsgewinn nicht zum Gewerbeertrag. Dies gilt 141

auch dann, wenn die natürliche Person die Beteiligung an der Personengesellschaft in einem Betriebsvermögen gehalten hat. Soweit jedoch der Gewinn aus der Veräußerung bei der Einkommensteuer als laufender Gewinn gilt, gehört er auch zum Gewerbeertrag der Personengesellschaft und unterliegt dort der Gewerbesteuer. Die bei der Personengesellschaft entstehende Gewerbesteuer kann bei den Gesellschaftern der Personengesellschaft (allen Mitunternehmern, soweit sie natürliche Personen sind) im Rahmen von § 35 EStG ganz oder teilweise auf die jeweilige Einkommensteuer angerechnet werden. Wenn die Personengesellschaft aus der Umwandlung einer Kapitalgesellschaft entstanden war und nun innerhalb von fünf Jahren veräußert wird, unterliegt der Gewinn aus der Veräußerung des Anteils an der Personengesellschaft der Gewerbesteuer (§ 18 Abs. 3 UmwStG). Dies gilt sogar auch, soweit er auf das Betriebsvermögen entfällt, das bereits vor der Umwandlung in der Personengesellschaft vorhanden war, wenn die Kapitalgesellschaft auf eine bereits bestehende Personengesellschaft umgewandelt wurde. Zudem kann die entstehende Gewerbesteuer nicht nach § 35 EStG auf die Einkommensteuer angerechnet werden. 8.4.2

Verkäufer: Kapitalgesellschaft

8.4.2.1 Körperschaftsteuer

Wenn eine Kapitalgesellschaft Anteile an einer Personengesellschaft verkauft, greifen mögliche Vergünstigungen des Einkommensteuergesetzes naturgemäß nicht, so dass die Frage, ob der gesamte Anteil an der Personengesellschaft oder nur ein Teil davon veräußert wurde, irrelevant ist. Der Veräußerungsgewinn unterliegt in jedem Fall in voller Höhe der Körperschaftsteuer. Hinzu kommt der Solidaritätszuschlag. 8.4.2.2 Gewerbesteuer

Der Gewinn aus der Veräußerung des Anteils an einer Personengesellschaft gehört bei einer Kapitalgesellschaft als Verkäufer zum Gewerbeertrag. Die auf den Veräußerungsgewinn entfallende Gewerbesteuer beträgt 3,5 % multipliziert mit dem jeweiligen Hebesatz der zuständigen Gemeinde. Bei einem Hebesatz von 400 % beträgt also die Gewerbesteuerbelastung 14 % des Veräußerungsgewinns.

142

8.4.3

Verkäufer: Personengesellschaft

8.4.3.1 Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer

Im Falle einer so genannten doppelstöckigen Mitunternehmerschaft veräußert eine Personengesellschaft einen Anteil an einer anderen Personengesellschaft. Für die Besteuerung des Veräußerungsgewinns mit Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer wird dabei auf die jeweiligen Gesellschafter der OberPersonengesellschaft durchgeschaut. Soweit der Veräußerungsgewinn auf natürliche Personen als Gesellschafter der veräußernden Ober-Personengesellschaft entfällt, kommt es darauf an, ob der gesamte Anteil an der Unter-Personengesellschaft veräußert wird oder nicht. Wird der gesamte Anteil veräußert, greifen die Freibetragsregelungen nach § 16 Abs. 4 EStG und die Begünstigungen nach § 34 EStG (Fünftel-Regelung oder ermäßigter Durchschnittsteuersatz). Sofern die Personengesellschaft nur einen Teil ihres Anteils an der Tochterpersonengesellschaft veräußert hat, gilt der Veräußerungsgewinn als laufender Gewinn und unterliegt in voller Höhe der individuellen Einkommensteuer der Gesellschafter. Soweit der Veräußerungsgewinn anteilig auf eine Kapitalgesellschaft als Gesellschafter der veräußernden Ober-Personengesellschaft entfällt, unterliegt der anteilige Gewinn bei der Kapitalgesellschaft in voller Höhe der Körperschaftsteuer. 8.4.3.2 Gewerbesteuer

Der Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf eines Personengesellschaftsanteils durch eine Personengesellschaft (doppelstöckige Mitunternehmerschaft) unterliegt bei der veräußernden Ober-Personengesellschaft immer der Gewerbesteuer, unabhängig davon, ob der gesamte Anteil oder nur ein Teil davon veräußert wird oder wer die Gesellschafter der Ober-Personengesellschaft sind. Eine Befreiung von der Gewerbesteuer kommt nämlich nur in Frage, wenn der Veräußerungsgewinn auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt (§ 7 Satz 2 GewStG). Dies kann bei einer doppelstöckigen Mitunternehmerschaft nicht gegeben sein. Die anfallende Gewerbesteuer kann jedoch bei den an der veräußernden OberPersonengesellschaft beteiligten natürlichen Personen im Rahmen von § 35 EStG ganz oder teilweise auf deren Einkommensteuer angerechnet werden. Die Anrechnung der Gewerbesteuer nach § 35 EStG auf die Einkommensteuer entfällt jedoch, wenn die Personengesellschaft, deren Anteile veräußert worden sind, innerhalb von 5 Jahren aus der Umwandlung einer Kapitalgesellschaft entstanden oder eine Kapitalgesellschaft auf sie übergegangen war (§ 18 Abs. 3 UmwStG).

143

8.4.4

Käufer: natürliche Person

8.4.4.1 Einkommensteuer

Der Kauf von Anteilen an einer Personengesellschaft wird beim Käufer steuerlich wie der Erwerb von Einzelwirtschaftsgütern (Asset Deal) behandelt. Der Käufer hat Anschaffungskosten, die auf die anteilig übernommenen Wirtschaftsgüter der Personengesellschaft zu verteilen sind. Soweit der Kaufpreis über die Summe der anteiligen Buchwerte der Personengesellschaft hinausgeht, führt dieser Mehrbetrag zu einer Buchwertaufstockung. Bei einem Minderbetrag findet eine Buchwertabstockung statt. Sofern der Käufer nicht alle Anteile an der Personengesellschaft erwirbt, findet die anteilige Buchwertauf- bzw. -abstockung regelmäßig außerhalb der Gesamthandsbilanz der Personengesellschaft in einer so genannten Ergänzungsbilanz des Gesellschafters statt. Für die Aufteilung eines Mehrbetrages findet die Stufentheorie des Bundesfinanzhofs Anwendung. Zunächst werden die Buchwerte der bilanzierten aktiven materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter aufgestockt. Danach werden bisher nicht bilanzierte Wirtschaftsgüter, wie selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter, aktiviert. Bei der modifizierten Stufentheorie werden diese beiden Stufen zusammengefasst. In der dritten Stufe wird der Mehrbetrag des Kaufpreises als Geschäfts- oder Firmenwert aktiviert. Beim Erwerb von Anteilen an einer Personengesellschaft kann darüber hinaus ein etwaiger Mehrbetrag bei betrieblicher Veranlassung sofort abzuziehen sein. Eine solche betriebliche Veranlassung wird von der Rechtsprechung bei der Abfindung eines so genannten lästigen Gesellschafters angenommen. Der Mehrbetrag des Kaufpreises führt also beim Käufer des Anteils an der Personengesellschaft zu einer zusätzlichen Aktivierung, die je nach Art der Wirtschaftsgüter zu zusätzlichen Abschreibungen führen kann (vgl. hierzu Kapitel 8.2.4.1.1). Auch nach dem Kauf auftretende Wertminderungen (postakquisitorische Wertminderung) führen bei einer voraussichtlich dauernden Wertminderung zu Teilwertabschreibungen bei den einzelnen Wirtschaftsgütern und entfalten so einkommensteuerliche Wirkung. Wenn der Käufer den Erwerb des Personengesellschaftsanteils ganz oder teilweise fremdfinanziert, werden diese Darlehen in einer so genannten Sonderbilanz des Gesellschafters passiviert. Die daraus entstehenden Finanzierungskosten sind als Sonderbetriebsausgaben des Gesellschafters steuerlich absetzbar, sofern nicht die Abzugsbeschränkung nach § 4 Abs. 4a EStG (Überentnahmen), die bei einer Personengesellschaft personenbezogen anzuwenden ist, oder nach § 4h EStG 144

(Zinsschranke) greift. Sonderbetriebsausgaben werden für die Anwendung der Zinsschranke der Mitunternehmerschaft zugerechnet. Ein eventuell vorhandener Verlustvortrag steht einkommensteuerlich bzw. körperschaftsteuerlich dem ausgeschiedenen Gesellschafter persönlich zu. Ein Übergang auf den Erwerber des Personengesellschaftsanteils ist nicht möglich. Auch wegen der Zinsschranke noch nicht genutzte Zinsaufwendungen (Zinsvortrag) gehen anteilig mit der Quote unter, mit der der ausgeschiedene Gesellschafter an der Gesellschaft beteiligt war (§ 4h Abs. 5 Satz 2 EStG). 8.4.4.2 Gewerbesteuer

Gewerbesteuer wird direkt auf der Ebene der Personengesellschaft erhoben, dazu wird das Ergebnis der Gesamthandsbilanz mit den Ergebnissen aus den Ergänzungs- und Sonderbilanzen der Gesellschafter zusammengerechnet. Insofern wird der Gewerbeertrag der Personengesellschaft um die auf den in der Ergänzungsbilanz des erwerbenden Gesellschafters ausgewiesenen Mehrpreis entfallenden Abschreibungen gemindert. Diese Minderung kommt somit nicht nur dem erwerbenden Gesellschafter, sondern allen Gesellschaftern der Personengesellschaft zu Gute. Dies gilt auch für postakquisitorische Wertminderungen. Bei der Gewinnermittlung abziehbare Fremdfinanzierungszinsen sind auch bei der Gewerbesteuer absetzbar, jedoch mit der Einschränkung, dass ein Viertel der Summe der Fremdfinanzierungszinsen bei Überschreiten des Freibetrags dem Gewinn wieder hinzugerechnet werden muss. Auch hier ergibt sich, dass die dem erwerbenden Gesellschafter als Sonderbetriebsausgaben zuzurechnenden Zinsen die Gewerbesteuer der Personengesellschaft zugunsten aller Gesellschafter vermindern. Ein eventuell bei der Personengesellschaft bestehender gewerbesteuerlicher Verlustvortrag geht anteilig mit der Quote, mit der der ausgeschiedene Gesellschafter im Erhebungszeitraum der Verlustentstehung entsprechend dem sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Gewinnverteilungsschlüssel an dem negativen Gewerbeertrag beteiligt war unter, da für den Gewerbeverlust neben der Unternehmensidentität auch die so genannte Unternehmeridentität gegeben sein muss. Ein Zinsvortrag geht auch gewerbesteuerlich unter. 8.4.5

Käufer: Kapitalgesellschaft

8.4.5.1 Körperschaftsteuer

Auch bei einer Kapitalgesellschaft als Käufer eines Personengesellschaftsanteils wird der Mehrbetrag des Kaufpreises, der über die anteiligen Buchwerte des Verkäufers hinausgeht, in einer Ergänzungsbilanz aktiviert und führt je nach Art der Wirtschaftsgüter zu zusätzlichen Abschreibungen. Diese wirken sich über 145

die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung und der Zurechnung bei der Kapitalgesellschaft dort körperschaftsteuermindernd aus. Auch postakquisitorische Wertminderungen in Form von Teilwertabschreibungen entfalten über diesen Weg körperschaftsteuerliche Wirkung. Wenn die Kapitalgesellschaft den Kauf des Personengesellschaftsanteils ganz oder teilweise fremdfinanziert, sind diese Darlehen in einer Sonderbilanz der Kapitalgesellschaft bei der Personengesellschaft zu passivieren. Die daraus entstehenden Finanzierungskosten sind als Sonderbetriebsausgaben über die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung der Kapitalgesellschaft zurechenbar, soweit nicht die Begrenzungen des § 4 Abs. 4a EStG (Überentnahmen) oder des § 4h EStG (Zinsschranke) greifen. Dem Verkäufer des Personengesellschaftsanteils anteilig zuzurechnende Verlustvorträge oder Zinsvorträge kann auch die Kapitalgesellschaft als Käufer des Personengesellschaftsanteils nicht nutzen. 8.4.5.2 Gewerbesteuer

Da die Personengesellschaft, von der die Kapitalgesellschaft einen Anteil erworben hat, selbst Steuerschuldner der Gewerbesteuer ist, schmälern die auf die anteilig erworbenen Wirtschaftsgüter erfolgenden Abschreibungen den Gewerbeertrag und die Gewerbesteuer der Personengesellschaft. Damit profitieren alle Gesellschafter der Personengesellschaft von den Abschreibungen, obwohl der Kauf des Anteils an der Personengesellschaft durch die Kapitalgesellschaft getätigt wurde. Auch postakquisitorische Wertminderungen entfalten die gleiche gewerbesteuerliche Wirkung. Soweit Fremdfinanzierungszinsen bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung des Gewinns absetzbar sind, sind sie es auch bei der Gewerbesteuer, wobei ein Viertel der Summe der Fremdfinanzierungszinsen bei Überschreiten des Freibetrags wieder hinzugerechnet werden muss. Auch hier kommt die Minderung der Gewerbesteuer allen Gesellschaftern der Personengesellschaft zu Gute, obwohl die Zinsen alleine durch die erwerbende Kapitalgesellschaft getragen werden. Ein dem Verkäufer des Personengesellschaftsanteils anteilig zuzurechnender gewerbesteuerlicher Verlustvortrag oder Zinsvortrag geht unter. 8.4.6

Käufer: Personengesellschaft

8.4.6.1 Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer

Die steuerlichen Folgen beim Erwerb eines Personengesellschaftsanteils durch eine andere Personengesellschaft entsprechen weitgehend den steuerlichen Fol146

gen, die beim Kauf eines Personengesellschaftsanteils durch eine natürliche Person oder eine Kapitalgesellschaft eintreten. Auch für die Personengesellschaft führt der Mehrbetrag des Kaufpreises, der die anteiligen Buchwerte des Verkäufers übersteigt, zu einer zusätzlichen Aktivierung in einer steuerlichen Ergänzungsbilanz, die je nach Art der Wirtschaftsgüter zu zusätzlichen Abschreibungen führen kann. Diese Abschreibungen mindern den Gewinnanteil der erwerbenden Personengesellschaft bei der Personengesellschaft, an der der Anteil erworben wurde. Dieser verminderte Gewinnanteil geht wiederum in die gesonderte und einheitliche Feststellung des Gewinns der erwerbenden Personengesellschaft mit ein und wird den einzelnen Gesellschaftern der erwerbenden Personengesellschaft in Höhe ihres jeweiligen Anteils zugerechnet und schmälert deren Einkommensteuer, soweit die Gesellschafter natürliche Personen sind bzw. deren Körperschaftsteuer, soweit die Gesellschafter Kapitalgesellschaften sind. Auch postakquisitorische Wertminderungen mindern den Gewinnanteil der Ober-Personengesellschaft bei der Unter-Personengesellschaft und schmälern somit letztlich die den Gesellschaftern der Ober-Personengesellschaft zuzurechnenden Gewinnanteile. Auf der Ebene der Ober-Personengesellschaft durch den Kauf entstehende Finanzierungskosten mindern als Sonderbetriebsausgaben den Gewinnanteil der Ober-Personengesellschaft bei der Unter-Personengesellschaft, soweit nicht Abzugsverbote aufgrund von Überentnahmen oder wegen der Zinsschranke greifen, und mindern damit letztlich die den Gesellschaftern der Ober-Personengesellschaft zuzurechnenden Gewinnanteile an der Ober-Personengesellschaft. Ein dem Verkäufer des Personengesellschaftsanteils zuzurechnender Verlustvortrag steht diesem persönlich zu und kann somit nicht von der Personengesellschaft als Käufer des Personengesellschaftsanteils genutzt werden. Ein anteilig dem Verkäufer des Personengesellschaftsanteils zuzurechnender Zinsvortrag geht unter. 8.4.6.2 Gewerbesteuer

Die Gewerbesteuer wird direkt bei der Unter-Personengesellschaft erhoben, und der der Ober-Personengesellschaft zuzurechnende Gewinnanteil an der UnterPersonengesellschaft bleibt bei der Ober-Personengesellschaft folgerichtig von der Gewerbesteuer ausgenommen. Der Gewerbeertrag der Unter-Personengesellschaft wird somit um die auf den in der steuerlichen Ergänzungsbilanz der erwerbenden Personengesellschaft bei der Unter-Personengesellschaft ausgewiesenen Mehrpreis für die anteilig erworbenen Wirtschaftsgüter anfallenden Abschreibungen gemindert. Auch hier betrifft diese Minderung anteilig alle Gesellschafter der Unter-Personengesellschaft, obwohl der Kauf lediglich durch die Ober-Personengesellschaft getätigt wurde. 147

Dies gilt auch für postakquisitorische Wertminderungen, also Teilwertabschreibungen bei dauernder Wertminderung nach dem Kauf der anteiligen Wirtschaftsgüter. Bei der Gewinnermittlung der Unter-Personengesellschaft abziehbare Fremdfinanzierungszinsen sind auch bei der Gewerbesteuer absetzbar, jedoch mit der Einschränkung, dass ein Viertel der Summe der Fremdfinanzierungszinsen bei Überschreiten des Freibetrags dem Gewinn wieder hinzugerechnet werden muss. Auch hier schmälern die alleine von der Ober-Personengesellschaft als Sonderbetriebsausgaben getragenen Fremdfinanzierungszinsen die Gewerbesteuer zugunsten aller Gesellschafter der Unter-Personengesellschaft. Ein anteilig auf den Verkäufer des Anteils des Personengesellschaftsanteils entfallender gewerbesteuerlicher Verlustvortrag oder Zinsvortrag geht gewerbesteuerlich unter. 8.4.7

Umsatzsteuer

8.4.7.1 Umsatzsteuer aus Verkäufersicht

Umsatzsteuerlich gilt der Verkauf von Anteilen an einer Personengesellschaft im Gegensatz zur ertragsteuerlichen Behandlung als Verkauf von Gesellschaftsanteilen. Somit ist der Verkauf von Anteilen an einer Personengesellschaft gemäß § 4 Nr. 8f UStG von der Umsatzsteuer befreit. Sofern die Personengesellschaftsanteile in einem Betriebsvermögen im unternehmerischen Bereich gehalten werden oder zumindest in einem so genannten umsatzsteuerlichen Unternehmensvermögen einer natürlichen Person, kann der Verkäufer den steuerfreien Umsatz als steuerpflichtig behandeln, wenn der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird (§ 9 Abs. 1 UStG). Hierbei ist zu beachten, dass das bloße Erwerben, Halten und Veräußern von gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen nicht als unternehmerische Tätigkeit im Sinne des Umsatzsteuerrechts qualifiziert wird. Auch bei Unternehmen, die neben ihrer eigentlichen unternehmerischen Tätigkeit Beteiligungen halten, gehört das Halten dieser Beteiligungen zum so genannten nichtunternehmerischen Bereich. Lediglich bei gewerblichen Wertpapierhändlern, so genannten strategischen Beteiligungen (Förderung der unternehmerischen Tätigkeit, z. B. Sicherung der Einkaufs- oder Absatzkonditionen) oder bei entgeltlichem Erbringen von administrativen, finanziellen, kaufmännischen und technischen Dienstleistungen an die Beteiligungsgesellschaft gehört das Erwerben, Halten und Veräußern einer Beteiligung zum umsatzsteuerlichen Unternehmensvermögen. Das bedeutet, dass eine Option zur Umsatzsteuerpflicht nur möglich ist, wenn der Verkäufer die Beteiligung unternehmerisch hält und der Käufer die Beteiligung für den unternehmerischen Bereich erwirbt. 148

Eine Option kann für den Verkäufer Sinn machen, wenn er wesentliche Kosten im Zusammenhang mit der Veräußerung der Personengesellschaftsanteile zu tragen hat, z. B. Vermittlungsprovisionen und Beratungshonorare. Bei Umsatzsteuerfreiheit des Verkaufs der Personengesellschaftsanteile sind die in den genannten Rechnungen ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge nicht als Vorsteuer absetzbar, während sie bei einer Option zur Umsatzsteuerpflicht unter den allgemeinen Voraussetzungen abzugsfähig sind. Hierzu sei noch erwähnt, dass die Leistungen eines Vermittlers von Personengesellschaftsanteilen nach den gleichen Vorschriften von der Umsatzsteuer befreit sind und eine Option zur Umsatzsteuerpflicht möglich ist. 8.4.7.2 Umsatzsteuer aus Käufersicht

Die Option hat für den Käufer des Personengesellschaftsanteils zunächst keinen Nachteil, wenn er unter den allgemeinen Voraussetzungen zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Ein unmittelbarer Vorteil für ihn besteht jedoch auch nicht, da er in diesem Fall die Vorsteuer aus den an ihn im Zusammenhang mit dem Kauf der Anteile gestellten Rechnungen für Vermittlung und Beratung bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen ohnehin geltend machen kann. Möglicherweise kann aber der Käufer indirekt über die Bemessung des Kaufpreises am steuerlichen Vorteil für den Verkäufer teilhaben. Rechnet der Käufer mit der Möglichkeit, die erworbenen Anteile innerhalb von 5 Jahren weiterzuveräußern, könnte dies zu einem umsatzsteuerlichen Risiko werden. Wenn die Weiterveräußerung nur umsatzsteuerfrei möglich wäre, würde eine zeitanteilige Korrektur der beim Kauf abzugsfähigen Vorsteuer erfolgen. Insofern kann in diesem Fall ein echter Interessengegensatz zwischen Verkäufer und Käufer bestehen, der in der Regel dazu führen wird, dass der Verkäufer seine Option nicht ausüben wird, weil die Umsatzsteuer auf den Kaufpreis ein viel höheres Volumen erreicht als der mögliche Vorsteuerabzug aus den an den Verkäufer in Rechnung gestellten Vermittlungs- und Beratungsleistungen. Wer letztlich dann den Nachteil des Verkäufers aus der Nichtgeltendmachung der Vorsteuerbeträge aus diesen Rechnungen wirtschaftlich zu tragen hat, hängt von der jeweiligen Verhandlungsposition von Käufer und Verkäufer im Einzelfall ab. 8.4.8

Grunderwerbsteuer

Die Übertragung von Anteilen an einer Personengesellschaft kann unter bestimmten Voraussetzungen Grunderwerbsteuer auslösen, wenn die Personengesellschaft inländische Grundstücke hält.

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Ändert sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft (§ 1 Abs. 2a GrErwStG). Grunderwerbsteuer fällt außerdem an, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % der Anteile der Personengesellschaft in der Hand des Käufers oder in der Hand von herrschenden und abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen oder in der Hand von abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen allein vereinigt werden (§ 1 Abs. 3 GrErwStG). Als abhängig gelten natürliche Personen, soweit sie einzeln oder zusammengeschlossen einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers in Bezug auf die Anteile zu folgen verpflichtet sind, und juristische Personen, die nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert sind. Die Grunderwerbsteuer wird in einem solchen Fall nicht nach der Gegenleistung (soweit diese als Teil des Kaufpreises für die Gesellschaftsanteile überhaupt ermittelbar wäre), sondern nach dem so genannten Bedarfswert des Bewertungsgesetzes bemessen, der nach den Erfahrungen der Vergangenheit deutlich unter dem Verkehrswert liegt. Die Grunderwerbsteuer beträgt 3,5 % dieses Wertes. Für Berlin gilt seit 1. Januar 2007, für Hamburg seit 1. Januar 2009 ein Steuersatz von 4,5 %. Steuerschuldner sind in diesen Fällen der Käufer sowie abhängige Unternehmen und Personen, nicht jedoch der Verkäufer. Möglicherweise kann jedoch der Verkäufer indirekt über die Bemessung des Kaufpreises davon profitieren, wenn es gelingt, die Grunderwerbsteuer für den Käufer zu vermeiden.

8.5 Steuerliche Gestaltungsüberlegungen 8.5.1

Kaufpreisaufteilung beim Asset Deal

Beim Asset Deal führt der Mehrbetrag des Kaufpreises, der die Buchwerte des Verkäufers übersteigt, zu einer Buchwertaufstockung, die je nach Art der erworbenen Wirtschaftsgüter zu zusätzlichen Abschreibungen führen kann. Die Aufteilung des Kaufpreises auf die einzelnen Wirtschaftsgüter wird oftmals bereits im Kaufvertrag vorgenommen. Dabei sind verschiedene Aspekte zu beachten. Der Käufer hat aus steuerlichen Gründen oftmals ein Interesse an möglichst hohen kurzfristigen Abschreibungen, wenn sich dies mit seiner Ergebnisplanung 150

und dem gewünschten Ergebnisausweis gegenüber externen Dritten wie Banken, Mitgesellschaftern oder Öffentlichkeit vereinbaren lässt. Dies bedeutet, dass er bestrebt sein wird, möglichst große Teile des Kaufpreises solchen Wirtschaftsgütern zuzuordnen, die eine schnelle Abschreibung gewährleisten. Dem Verkäufer wird die Aufteilung des Kaufpreises auf die einzelnen Wirtschaftsgüter vom Grundsatz her egal sein, da sich an seiner Besteuerung durch diese Aufteilung nichts ändert. Soweit jedoch für den Verkäufer Probleme mit der Finanzverwaltung entstehen können, weil die Wertdifferenzen zwischen dem Ansatz des Verkäufers und dem Ansatz im Kaufvertrag nicht plausibel sind, wird der Verkäufer sicherlich nicht bereit sein, jegliche Kaufpreisaufteilung im Kaufvertrag mitzugehen. Eine nicht erklärbare Differenz beim Ansatz der Vorräte beispielsweise kann den Verdacht aufkommen lassen, dass der Verkäufer seine Vorräte nicht vollständig bilanziert oder eine zu niedrigere Bewertung vorgenommen hat. Die Vereinbarung einer Kaufpreisaufteilung im Kaufvertrag hat für das Finanzamt des Käufers keine rechtliche Bindungswirkung. Sie hat jedoch bei einer späteren Betriebsprüfung eine gewisse Indizwirkung, da die Kaufpreisaufteilung vom Grundsatz her unter fremden Dritten vereinbart worden ist. Dies gilt zumindest, soweit bei den einzelnen Wirtschaftsgütern und deren Ansatz, beispielsweise wie oben dargestellt, gewisse Interessengegensätze zu vermuten sind. Beim Ansatz des anteiligen Kaufpreises für Maschinen beispielsweise besteht jedoch ein solcher Interessengegensatz in der Regel nicht, wenn der Verkäufer die Maschinen in seinen Büchern mit den ursprünglichen Anschaffungskosten vermindert um planmäßige Abschreibungen ausgewiesen hatte. Wenn diesen Maschinen nunmehr ein hoher Kaufpreisanteil zugeordnet wird, kann dies für den Verkäufer keine Konsequenzen haben, während der hoch angesetzte Kaufpreisanteil für den Käufer zu relativ schnellen höheren Abschreibungen führt. Insofern wird der Verkäufer eventuell bereit sein, Kaufpreisaufteilungen zu akzeptieren, die nicht realistisch sind. Hier wird die Finanzverwaltung naturgemäß ein besonderes Augenmerk darauf legen. Deshalb ist dem Käufer dringend anzuraten, die angesetzten Werte nachvollziehbar herzuleiten und zu dokumentieren, indem beispielsweise Werte von Gutachtern oder Schätzern oder Angebote von Dritten eingeholt werden. 8.5.2

Übertragungszeitpunkt, Überbrückung von Fristen

8.5.2.1 Übertragungszeitpunkt

Für die Übertragung eines Unternehmens kann es für Käufer und Verkäufer oftmals entscheidend sein, wann dieser stattfindet. Eine steuerliche Rückbeziehung ist grundsätzlich nicht möglich, wenngleich in der Praxis teilweise aus Vereinfachungsgründen kurzzeitige Rückbeziehungen 151

von der Finanzverwaltung anerkannt werden, soweit damit nicht eine besondere steuerliche Folge herbeigeführt werden soll. In einem Kaufvertrag den Vollzugszeitpunkt aufzuschieben, ist grundsätzlich möglich, wenn vor dem rechtlichen Übergang nicht bereits ein Übergang des wirtschaftlichen Eigentums stattgefunden hat. Die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums liegt nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs vor, wenn der Käufer bereits eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb der Anteile gerichtete Position hat, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann, die mit den Anteilen verbundenen wesentlichen Rechte, insbesondere das Gewinnbezugsrecht und das Stimmrecht, bereits dem Käufer zustehen und das Risiko einer Wertminderung und die Chance einer Wertsteigerung bereits auf den Käufer übergegangen sind. Ein Verkäufer hat oftmals ein Interesse daran, den Übergang steuerlich auf den Beginn des nächsten Jahres zu verlagern, wenn sich dadurch für ihn beispielsweise mangels anderer Einkünfte im Folgejahr Vorteile bei der Fünftel-Regelung oder dem ermäßigten Durchschnittssteuersatz ergeben. Bei einer Steuersatzerhöhung wird demgegenüber das Interesse darin liegen, den steuerlichen Veräußerungszeitpunkt noch im alten Jahr zu haben. Der Käufer von Kapitalgesellschaftsanteilen möchte wegen der Nutzung des gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs (§ 9 Nr. 2a GewStG), nach dem Ausschüttungen von bestimmten Beteiligungen gewerbesteuerfrei bleiben können, die bereits zu Beginn des Erhebungszeitraums gehalten werden, diese Voraussetzung erfüllen. Bei der Übertragung von Kapitalgesellschaftsanteilen kann der Käufer keine Buchwertaufstockungen vornehmen. Je nach den vorhandenen stillen Reserven und den darauf entfallenden Abschreibungsmöglichkeiten kann dies ein Nachteil für den Käufer sein. Sofern in der Kapitalgesellschaft hohe Gewinnrücklagen vorhanden sind, empfiehlt es sich, diese rechtzeitig vor dem Verkauf an den Verkäufer auszuschütten. Der Verkäufer hat hierdurch keinen Nachteil. Die Ausschüttung wird bei ihm wie die Veräußerung entweder mit dem Teileinkünfteverfahren besteuert oder, wenn der Verkäufer eine Kapitalgesellschaft ist, zu 95 % steuerfrei gelassen. Der Käufer hat insofern nur den um die vorgenommenen Ausschüttungen verminderten Kaufpreis zu bezahlen und verringert dadurch seinen Nachteil aus der fehlenden Möglichkeit zur Buchwertaufstockung. Eine Ausschüttung der Gewinnrücklagen nach dem Kauf an den Käufer wäre demgegenüber nachteilig, wenn der Käufer die Kapitalgesellschaftsanteile in sein Privatvermögen erwirbt, da hier eine ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung bereits grundsätzlich nicht möglich ist, oder wenn der Käufer eine Kapitalgesellschaft ist, bei der eine Teilwertabschreibung gemäß § 8b Abs. 3 KStG ohne Steuerwirkung bleibt. In jedem Fall sind für die Übertragung eine klare Zeitangabe im Kaufvertrag und die tatsächliche Erfüllung anzuraten. 152

8.5.2.2 Überbrückung von Fristen

In der Praxis der steuerlichen Gestaltungsberatung steht als vorderstes Ziel die Minimierung des Saldos der Steuerbelastungen des Verkäufers und der Steuerentlastungen des Käufers. Oftmals scheitert eine steueroptimale Gestaltung daran, dass bestimmte zeitliche Voraussetzungen nicht oder noch nicht gegeben sind. Soweit hier noch Zeiten oder Fristen zu überbrücken sind, stellt sich die Frage, wie dies gelingen kann, ohne den eigentlichen Zweck, die Übertragung des Unternehmens, zu vernachlässigen. Ein prägnantes Beispiel ist die Übertragung eines Betriebs oder Teilbetriebs durch eine natürliche Person oder deren gesamten Anteils an einer Personengesellschaft, wenn der Verkäufer das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Für den Käufer könnte die Übertragung als steuerlicher Asset Deal optimal sein, insbesondere wenn mit dem Kaufpreis hohe stille Reserven vergütet werden, die beim Käufer zu hohen kurzfristigen Abschreibungen führen. Wenn es gelingen könnte, dem Verkäufer die Anwendung des ermäßigten Durchschnittsteuersatzes gemäß § 34 Abs. 3 EStG zu ermöglichen, könnte die optimale steuerliche Struktur für diese Unternehmensübertragung erreicht werden. Die gleiche zeitliche Problematik stellt sich, wenn gewisse Sperrfristen noch nicht abgelaufen sind. Dies betrifft beispielsweise die 5-Jahresfrist nach § 15 Abs. 2 UmwStG. Wenn innerhalb von fünf Jahren nach einer Spaltung Anteile einer an der Spaltung beteiligten Kapitalgesellschaft, die mehr als 20 % der vor Wirksamwerden der Spaltung an der Körperschaft bestehenden Anteile ausmachen, veräußert werden, wird rückwirkend die buchwertneutrale Spaltung versagt. Wie bereits mehrfach angesprochen, unterliegt der Veräußerungsgewinn beim Verkauf eines Betriebs oder Teilbetriebs oder eines gesamten Anteils an einer Personengesellschaft ausnahmsweise der Gewerbesteuer, wenn die Veräußerung innerhalb von 5 Jahren nach der Umwandlung einer Kapitalgesellschaft auf die natürliche Person oder die Personengesellschaft erfolgt. Für die Veräußerung von so genannten einbringungsgeborenen Anteilen an einer Kapitalgesellschaft im Sinne von § 21 UmwStG a.F. gilt eine Sperrfrist von 7 Jahren, innerhalb derer für den Verkäufer die volle Einkommensbesteuerung ohne Anwendung von Begünstigungen statt des Teileinkünfteverfahrens zur Anwendung kommt. Auch nach der Neuregelung in § 22 UmwStG n.F. gilt für Einbringungen eine 7Jahresfrist. Hierbei kommt es jedoch rückwirkend im Zeitpunkt der Einbringung zur Versteuerung eines Einbringungsgewinns, der sich für jedes Jahr um jeweils ein Siebtel vermindert. Der einfachste Weg, um eine bestimmte Zeit zu überbrücken, wäre, den Verkauf zeitlich zu verschieben. Ohne weitere Maßnahmen wird dies jedoch wirtschaftlich nicht gewollt sein.

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Eine Veräußerung zu einem späteren Übertragungsstichtag kann das Sicherungsbedürfnis beider Parteien erfüllen, wenn der Unternehmenskaufvertrag sofort abgeschlossen wird. Dabei ist jedoch darauf zu achten, dass der Verkäufer noch wirtschaftlicher und rechtlicher Eigentümer bleibt, da ansonsten die Finanzverwaltung eine missbräuchliche Gestaltung annehmen wird. Der Käufer wird trotzdem oftmals bestimmte Informations- und (Mit-) Entscheidungsrechte beanspruchen. Dem wird in der Praxis vielfach dadurch entsprochen, dass dem Käufer bereits vorab ein kleiner Teil des Unternehmens übertragen wird. Somit besteht bereits eine Gesellschaft zwischen Verkäufer und Käufer, die dem Käufer zumindest bereits die gesetzlichen Informations- und (Mit-) Entscheidungsrechte bietet. Die Gestaltung des Gesellschaftsvertrags kann dies noch weiter verfeinern. Eine weitere Möglichkeit zur Überbrückung von Fristen kann auch die Beteiligung des Käufers an dem bestehenden Unternehmen durch eine Kapitalerhöhung sein. Sowohl bei Personen- als auch bei Kapitalgesellschaften besteht die Möglichkeit der Kapitalerhöhung. Aus einem Einzelunternehmen wird bei Aufnahme eines weiteren Gesellschafters ebenfalls eine Personengesellschaft. Wenn der spätere Käufer die Kapitalerhöhung alleine erbringt, kann darin noch keine Veräußerung durch den späteren Verkäufer gesehen werden, zumindest wenn keine direkten Zahlungen an den späteren Verkäufer fließen oder der spätere Verkäufer nicht in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Kapitalerhöhung Entnahmen tätigt. In der Praxis wird oftmals auch versucht, mit Hilfe einer Kaufoption (Call) oder Verkaufsoption (Put) eine Lösung zu erreichen. Wenn nur ein Vertragsteil eine Option erhält, dürfte dies von Seiten des Finanzamtes nicht beanstandet werden können, entspricht jedoch kaum dem Sicherungsbedürfnis beider Parteien. Mit der Einräumung von gegenseitigen Optionen, also gleichzeitiger Vereinbarung von Put und Call, begibt man sich auf unsicheren steuerlichen Boden, da es im Einzelfall schwierig ist, sicher zu sagen, wann die Vereinbarungen von der Finanzverwaltung anerkannt werden und wann sie zur Steuerschädlichkeit führen. Die Grundfrage dabei ist, ob sich die Optionsausübung als ein neuer Entschluss darstellt, der auch anders hätte getroffen werden können, oder ob von vorneherein klar ist, dass die Optionen ausgeübt werden. Vor allem wenn die Optionen zu nahe beieinander liegenden Ausübungszeitpunkten und nahe beieinander liegenden Konditionen (insbesondere Kaufpreis) eingeräumt werden, kann dies von der Finanzverwaltung als steuerschädliche Veräußerung gesehen werden, insbesondere wenn weitere Indizien für eine sofortige Veräußerung hinzukommen, wie z. B. die Vorauszahlung des (restlichen) Kaufpreises als zinsloses Darlehen oder die Vereinbarung einer Ausschüttungssperre für den Veräußerer. Eine Verschiebung der Realisierung der Veräußerung kann unter Würdigung aller Gesamtumstände nur gelingen, wenn das wirtschaftliche Eigentum noch nicht übertragen wird. 154

8.5.3

Reinvestitionen

8.5.3.1 § 6b EStG beim Asset Deal

Bei einer Veräußerung von Grund und Boden und Gebäuden im Rahmen eines Asset Deals kann der Verkäufer unter den Voraussetzungen von § 6b EStG die sofortige Besteuerung des Veräußerungsgewinns vermeiden. Der auf den Grund und Boden entfallende Veräußerungsgewinn kann von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten abgezogen werden, die für im Wirtschaftsjahr der Veräußerung oder im vorangegangenen Wirtschaftsjahr angeschafften Grund und Boden oder angeschaffte bzw. hergestellte Gebäude aufgewendet worden sind. Der auf die Veräußerung von Gebäuden entfallende Veräußerungsgewinn kann nur auf entsprechende Gebäude übertragen werden. Da Grund und Boden nicht abschreibbar ist, wird die Versteuerung des auf den veräußerten Grund und Boden entfallenden Gewinns langfristig verschoben, maximal bis zur Veräußerung des reinvestierten Grund und Bodens. Bei der Übertragung der stillen Reserven auf Gebäude mindern sich durch die Kürzungen der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten des reinvestierten Gebäudes die für dieses Gebäude anfallenden Abschreibungen, so dass die Versteuerung erst je nach den anzuwendenden Abschreibungsvorschriften über die Nutzungsdauer des reinvestierten Gebäudes oder bei dessen Veräußerung nachgeholt wird. Soweit eine Reinvestition nicht sofort gelingt, besteht die Möglichkeit, im Wirtschaftsjahr der Veräußerung eine gewinnmindernde Rücklage zu bilden. Diese Rücklage kann auf Reinvestitionen in den folgenden vier Wirtschaftsjahren übertragen werden. Bei neu hergestellten Gebäuden verlängert sich die Frist von vier auf sechs Jahre, wenn mit der Herstellung vor dem Schluss des vierten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahres begonnen worden ist. Sofern keine Reinvestition erfolgt, ist die Rücklage am Schluss des vierten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres gewinnerhöhend aufzulösen. Wird eine Rücklage gewinnerhöhend aufgelöst, ohne dass Reinvestitionen vorgenommen wurden, ist der Gewinn aus der Auflösung der Rücklage für jedes volle Wirtschaftsjahr, in dem die Rücklage bestanden hat, um 6 % des aufgelösten Rücklagenbetrags zu erhöhen. Voraussetzung für die Anwendung von § 6b EStG ist insbesondere, dass die veräußerten Wirtschaftsgüter im Zeitpunkt der Veräußerung mindestens sechs Jahre ununterbrochen zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebstätte gehört haben und auch die Reinvestitionen in das Anlagevermögen einer inländischen Betriebstätte erfolgen. Sofern § 6b EStG in Anspruch genommen wird, schließt dies – auch für den restlichen Veräußerungsgewinn – die Begünstigungen nach § 34 EStG (FünftelRegelung oder ermäßigter Durchschnittssteuersatz) aus. 155

Die Vorteile von § 6b EStG können von natürlichen Personen, Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften geltend gemacht werden, soweit die Veräußerungsgewinne im Rahmen eines Asset Deals auf Grund und Boden und Gebäude entfallen. Bei einer Personengesellschaft gilt die so genannte gesellschafterbezogene Betrachtungsweise. Dadurch ist nicht die Personengesellschaft als solche, sondern sind die daran beteiligten Gesellschafter nach § 6b EStG berechtigt. Daraus folgt, dass sich bei einer Veräußerung eines Unternehmens im Rahmen eines Asset Deals die Übertragungsmöglichkeit im Rahmen des § 6b EStG auf Reinvestitionen zum Einen der Gesellschaft selbst bezieht, zum Anderen auch – entsprechend der Beteiligungsquote des einzelnen Gesellschafters – auf Reinvestitionen im Sonderbetriebsvermögen oder in einem sonstigen Betriebsvermögen der Gesellschafter, und zwar einschließlich Gesamthandsvermögen oder eigenem Sonderbetriebsvermögen bei einer anderen Personengesellschaft. 8.5.3.2 § 6b EStG beim Share Deal

§ 6b Abs. 10 EStG eröffnet eine Möglichkeit zur Übertragung von stillen Reserven bei der Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen. Hiernach können Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften bis zu einem Betrag von EUR 500.000,00 auf die im Wirtschaftsjahr der Veräußerung oder in den folgenden zwei Wirtschaftsjahren angeschafften Anteile an Kapitalgesellschaften oder angeschafften oder hergestellten abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgüter oder auf die im Wirtschaftsjahr der Veräußerung oder in den folgenden vier Wirtschaftsjahren angeschafften oder hergestellten Gebäude übertragen werden. Veräußerungsgewinne bei der Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen im Rahmen eines Share Deals, die in einem Betriebsvermögen einer natürlichen Person oder von einer Personengesellschaft gehalten werden, können bei einer Vorbesitzzeit von sechs Jahren auf die genannten Wirtschaftsgüter übertragen oder in eine Rücklage eingestellt werden, die nach vier Jahren aufzulösen ist. Der Höchstbetrag von EUR 500.000,00 gilt für den in einem Wirtschaftsjahr aus der Veräußerung von Anteilen erzielten Gesamtgewinn vor Anwendung des Teileinkünfteverfahrens. Als Reinvestitionsobjekte sind neu angeschaffte Kapitalgesellschaftsanteile, Gebäude (nicht jedoch der Grund und Boden) sowie abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter möglich. Die Reinvestitionsfrist beträgt für Gebäude vier Jahre und für Kapitalgesellschaftsanteile und abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter zwei Jahre. Bei der Übertragung auf Anteile an Kapitalgesellschaften erfolgt die Übertragung zu 100 %, bei der Übertragung auf Gebäude und abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter erfolgt die Übertragung in Höhe des nicht nach dem Teileinkünfteverfahren steuerfreien Gewinns, also mit 60 %.

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Soweit die Veräußerung der Kapitalgesellschaftsanteile durch eine Personengesellschaft erfolgt, besteht die Möglichkeit der Übertragung von stillen Reserven nur, soweit an der Personengesellschaft keine Kapitalgesellschaften als Gesellschafter beteiligt sind. Aus der gesellschafterbezogenen Betrachtung ergibt sich, dass bei Veräußerungen von Kapitalgesellschaftsanteilen durch eine Personengesellschaft der Höchstbetrag von EUR 500.000,00 nach der Anzahl der Gesellschafter vervielfacht wird. 8.5.4

Umwandlungen

Oftmals besteht die Interessenlage darin, dass der Verkäufer seine Anteile an einer Kapitalgesellschaft veräußern möchte, während der Käufer insbesondere bei Vorhandensein von stillen Reserven, die zu kurzfristigen Abschreibungen führen könnten, einen Asset Deal bevorzugen würde. 8.5.4.1 Umstrukturierung durch den Käufer

Ein Erwerb der Kapitalgesellschaftsanteile und eine folgende Umwandlung in eine Personengesellschaft mit anschließender Aufstockung der Buchwerte (so genanntes Erwerber-Umwandlungsmodell) ist hier im Gegensatz zu früheren Jahren keine zielführende Lösung mehr. Die Differenz zwischen den Anschaffungskosten für die Kapitalgesellschaftsanteile und den steuerlichen Buchwerten, der so genannte Übernahmeverlust, muss nach § 4 Abs. 6 UmwStG außer Ansatz bleiben. Lediglich in den Ausnahmefällen, dass die Anteile an der veräußerten Kapitalgesellschaft solche im Sinne von § 8b Abs. 7 bzw. 8 KStG sind (siehe Kapitel 8.3.2.1) bzw. der Käufer eine natürliche Person ist, kann der Übernahmeverlust bzw. 60 % des Übernahmeverlustes steuerwirksam mit den im Kaufpreis enthaltenen Gewinnrücklagen der Kapitalgesellschaft verrechnet werden. Die in der Literatur entwickelten Ersatzmodelle konnten sich in der Gestaltungspraxis nicht durchsetzen. Lediglich das so genannte Organschaftsmodell kann im Einzelfall vorteilhaft sein. Hierbei werden die Anteile an der Kapitalgesellschaft durch eine Personengesellschaft erworben, an der wiederum natürliche Personen beteiligt sind. Nach der Herstellung einer ertragsteuerlichen Organschaft zwischen den beiden Gesellschaften werden die Einzelwirtschaftsgüter der Kapitalgesellschaft an die Personengesellschaft verkauft, wodurch im Rahmen der Organschaft Einkommensteuer bei den Gesellschaftern entsteht. Die Gewerbesteuer ist im Rahmen von § 35 EStG ganz oder teilweise auf die Einkommensteuer anrechenbar. Die Kapitalgesellschaft führt den aus dem Verkauf entstandenen Gewinn an die Personengesellschaft ab, wodurch es bei der Personengesellschaft zu einer abführungsbedingten Teilwertabschreibung kommt, die zwar gewerbesteuerlich nicht abzugsfähig ist (§ 8 Nr. 10a GewStG), jedoch bei der Ein157

kommensteuer im Rahmen des Teileinkünfteverfahrens zu 60 %. In der Gesamtbetrachtung kommt es zu einer Einkommensteuerbelastung auf 40 % der aufgedeckten stillen Reserven. Dem stehen die künftigen Mehrabschreibungen aus den aufgestockten Buchwerten bei der Personengesellschaft gegenüber. Nur wenn die Buchwertaufstockung zu sehr schnellen Abschreibungen führt, ist der Barwert der Steuerentlastungen höher als die anfängliche Steuerbelastung und damit das Organschaftsmodell vorteilhaft. Transaktionskosten und eine eventuelle Grunderwerbsteuer sind zu berücksichtigen. 8.5.4.2 Umstrukturierung durch den Verkäufer

Die Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft bereits durch den Verkäufer ist grundsätzlich buchwertneutral möglich, führt aber dazu, dass bei einem Verkauf innerhalb von fünf Jahren Gewerbesteuer auf den Veräußerungsgewinn anfällt, sofern kein gewerbesteuerlicher Verlustvortrag besteht und die entstehende Gewerbesteuer nicht nach § 35 EStG auf die Einkommensteuer angerechnet werden kann. Dem Käufer wird zwar auf diese Weise die Buchwertaufstockung mit folgender Abschreibung ermöglicht, der Verkäufer muss jedoch in der Regel den Veräußerungsgewinn in voller Höhe versteuern, so dass dieses so genannte Verkäufer-Umwandlungsmodell nur dann überlegenswert ist, wenn in Ausnahmefällen – Fälle von § 8b Abs. 7 bzw. 8 KStG, Fälle von einbringungsgeborenen Anteilen oder bei einem hohen restlichen Einbringungsgewinn (vgl. Kapitel 8.3) – ohnehin die volle oder fast volle Steuerpflicht für den Verkäufer besteht. In Fallkonstellationen, bei denen der Veräußerungsgewinn aus der Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen beim Verkäufer ohnehin (fast) in voller Höhe steuerpflichtig ist, kann es sich des weiteren anbieten, dass die Kapitalgesellschaft ihr gesamtes Vermögen nach dem Umwandlungssteuergesetz zu gemeinen Werten (Verkehrswerten) auf eine neu zu gründende Tochterkapitalgesellschaft ausgliedert. Anschließend veräußert sie die Anteile an der Tochterkapitalgesellschaft an den Käufer, der somit bei der Tochterkapitalgesellschaft eine hohe Abschreibungsbasis vorfindet. Da der Gewinn aus der Ausgliederung bei der Kapitalgesellschaft körperschaft- und gewerbesteuerpflichtig ist, ist die Ausgliederung nur dann sinnvoll, wenn die Anschaffungskosten des Verkäufers bei der Kapitalgesellschaft nicht wesentlich über den steuerlichen Buchwerten liegen und sich die steuerliche Mehrbelastung beim Verkäufer auch tatsächlich in einem höheren Kaufpreis niederschlägt. Transaktionskosten und eine eventuelle Grunderwerbsteuer sind ebenfalls zu berücksichtigen. Eine Ausgliederung des Vermögens der Kapitalgesellschaft auf eine neu zu gründende Tochterkapitalgesellschaft und die anschließende Veräußerung dieser Anteile kann auch in den Fällen Sinn machen, in denen die Kapitalgesellschaft über steuerliche Verlustvorträge verfügt, die bei einer Veräußerung nach den Regelungen des Mantelkaufs gemäß § 8 Abs. 4 KStG bzw. § 8c KStG untergehen würden. Der Gewinn aus der Ausgliederung könnte dann direkt mit den Verlust158

vorträgen verrechnet werden. Dieses Modell ist jedoch durch die so genannte Mindestbesteuerung deutlich eingeschränkt worden. Im Rahmen der Mindestbesteuerung dürfen nur noch 60 % der über EUR 1 Mio. hinausgehenden Gewinne durch Verlustvorträge kompensiert werden. In Fällen, in denen der Verkäufer als Gesellschafter der zu veräußernden Kapitalgesellschaft selbst Verlustvorträge hat, könnte auch eine Verschmelzung der Kapitalgesellschaft auf den Verkäufer oder die Errichtung einer ertragsteuerlichen Organschaft erwogen werden, bevor die Kapitalgesellschaft ihr Vermögen einzeln an den Käufer veräußert. Wenn der Verkäufer zur Vermeidung der vollen Einkommensteuerpflicht vor dem Verkauf eine Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft vornimmt, war dies in der Vergangenheit in der Regel nicht zielführend, da die Sperrfrist von sieben Jahren dies verhinderte. Nach der Neuregelung im Umwandlungssteuergesetz besteht die Sperrfrist von sieben Jahren noch, jedoch mit dem Unterschied, dass bei der Veräußerung der Gewinn aus der Einbringung rückwirkend im Wirtschaftsjahr der Einbringung zu versteuern ist und sich der Einbringungsgewinn jährlich um ein Siebtel ermäßigt. Dies bedeutet, dass aus Sicht eines Verkäufers eine solche Umwandlung bei einem geplanten Verkauf sinnvoll sein kann, wenn noch eine gewisse Zeit bis zum Verkauf zu erwarten ist, da der voll zu versteuernde Einbringungsgewinn jährlich um ein Siebtel abschmilzt und mögliche Wertsteigerungen zwischen Umwandlungszeitpunkt und Verkauf ebenfalls von der Rückwirkung ausgenommen werden. 8.5.5

Postakquisitorische Wertminderungen und Verlustrisiko

Beim Kauf von Kapitalgesellschaftsanteilen durch eine Kapitalgesellschaft sind postakquisitorische Wertminderungen der Kapitalgesellschaftsanteile bei der Kapitalgesellschaft im Regelfall nicht abzugsfähig. Einen Verlust bei einer Weiterveräußerung der Kapitalgesellschaftsanteile kann die Kapitalgesellschaft ebenfalls nicht geltend machen (§ 8b Abs. 3 Satz 3 KStG). Dem früheren Lösungsansatz, die neu erworbene Kapitalgesellschaft mit Gesellschafterdarlehen zu finanzieren und bei Wertminderungen diese Darlehen mit voller Steuerwirkung abzuschreiben, ist durch die seit dem Veranlagungszeitraum 2008 geltende Neuregelung die Grundlage entzogen worden. Im Regelfall können die Gesellschafterdarlehen nicht mehr steuerwirksam geltend gemacht werden (vgl. Kapitel 8.3.5.1). Insbesondere wenn der Käufer bei der zu erwerbenden Kapitalgesellschaft ein hohes Verlustrisiko eingeht, sollte der Erwerb über eine Personengesellschaft erwogen werden. Die Personengesellschaft kann sowohl voraussichtlich dauernde Wertminderungen bei der Kapitalgesellschaft durch eine Teilwertabschreibung wie auch den Verlust bei einer Weiterveräußerung im Rahmen des Teileinkünfteverfahrens zu 60 % geltend machen. Gesellschafterdarlehen sind in voller Höhe abzugsfähig. Das schlägt auch auf die Gewerbesteuer durch. 159

Der gleiche Effekt tritt ein bei einem Erwerb durch eine natürliche Person in deren Betriebsvermögen. Bei einem Erwerb von Kapitalgesellschaftsanteilen ab 1 % ins Privatvermögen können zwar keine postakquisitorischen Wertminderungen geltend gemacht werden, jedoch können Veräußerungsverluste im Rahmen von § 17 EStG mit 60 % bei der Einkommensteuer geltend gemacht werden. Da im Privatvermögen keine Gewerbesteuer entsteht, kann naturgemäß auch keine gewerbesteuerliche Entlastung erfolgen. Gesellschafterdarlehen können den Veräußerungsverlust erhöhen, soweit kapitalersetzende Darlehen oder Finanzplandarlehen vorliegen, so dass sich diese zumindest mit 60 % auswirken. 8.5.6

Fremdfinanzierungsaufwand

Bei einer Fremdfinanzierung des Unternehmenskaufs wird ein steuerliches Ziel des Käufers regelmäßig die steuerliche Absetzbarkeit der Fremdfinanzierungszinsen sein. 8.5.6.1 Fremdfinanzierungsaufwand beim Asset Deal

Bei einem Kauf von Betrieben und Teilbetrieben sowie Anteilen an Personengesellschaften ist die steuerliche Absetzbarkeit gegeben, sofern nicht die Beschränkungen von § 4 Abs. 4a EStG (Überentnahmen) oder § 4h EStG bzw. § 8a KStG (Zinsschranke) greifen. Die Zinsschranke gilt unabhängig von der Person des Käufers, also gleichermaßen bei natürlichen Personen, Kapitalgesellschaften oder Personengesellschaften. Ein Hauptaugenmerk der steuerlichen Gestaltungspraxis liegt deshalb darin, die Zinsschranke nicht greifen zu lassen. Ein Ansatzpunkt ist hier, die Freigrenze in Höhe von EUR 1 Mio. bzw. EUR 3 Mio. beispielsweise durch Einschaltung von Tochtergesellschaften mehrfach zu nutzen. Auch die Ablösung von Darlehen durch Sale and Lease back von erworbenen Grundstücken oder Maschinen kann die Zinsaufwendungen verringern, da Finanzierungsbestandteile in Miet-, Pachtoder Lizenzzahlungen nicht zu den Zinsaufwendungen im Sinne der Zinsschranke gehören. Wenn der Betrieb (dazu gehört auch eine Personengesellschaft oder eine Kapitalgesellschaft) nicht oder nur anteilig zu einem Konzern gehört, kann durch die Vermeidung einer schädlichen Gesellschafterfremdfinanzierung auch die Anwendung der Zinsschranke vermieden werden. Dafür müssen die Zinsen für Gesellschafterdarlehen bzw. für Darlehen, die von Personen gegeben werden, die Gesellschaftern nahestehen oder Dritten, die auf Gesellschafter oder nahestehende Personen zurückgreifen können, unter die Grenze von 10 % des Zinssaldos gedrückt werden. Soweit der Betrieb zu einem Konzern gehört, kann es zielführend sein, die Zinsaufwendungen im Konzern so zu verteilen, dass die Eigenkapitalquote des Be160

triebs die Eigenkapitalquote des Konzerns um nicht mehr als einen Prozentpunkt unterschreitet (so genannte Escape-Klausel). Die Escape-Klausel kann jedoch nur dann in Anspruch genommen werden, wenn keine schädliche Gesellschafterfinanzierung vorliegt. 8.5.6.2 Fremdfinanzierungsaufwand beim Share Deal

Beim Kauf von Kapitalgesellschaftsanteilen besteht dagegen ein wesentlicher Unterschied in der Person des Käufers. Fremdfinanzierungszinsen können im Betriebsvermögen von natürlichen Personen oder bei Personengesellschaften im Rahmen des Teileinkünfteverfahrens nur zu 60 % abgesetzt werden, während eine Kapitalgesellschaft als Käufer die vollen Finanzierungsaufwendungen absetzen kann. Wenn aus wirtschaftlichen oder anderen steuerlichen Gründen der Kauf über eine neugegründete so genannte Objektkapitalgesellschaft (im Fachjargon oftmals NewCo genannt) vorgenommen wird, die keinen eigenen Geschäftsbetrieb hat, geht die grundsätzliche Möglichkeit des Zinsabzugs ins Leere, da die Ausschüttungen aus der Tochterkapitalgesellschaft ohnehin (zu 95 %) steuerbefreit sind. Die Einrichtung einer steuerlichen Organschaft durch finanzielle Eingliederung und Abschluss eines mindestens 5-jährigen Ergebnisabführungsvertrags kann hier dazu führen, dass die Gewinne der erworbenen Kapitalgesellschaft mit den Fremdfinanzierungszinsen verrechnet werden können. Die gleiche Wirkung kann eine Verschmelzung der erworbenen Kapitalgesellschaft auf die NewCo (Aufwärtsverschmelzung, Upstream-Merger) oder eine Verschmelzung der NewCo auf die erworbene Kapitalgesellschaft (Abwärtsverschmelzung, Downstream-Merger, auch Debt Push Down genannt) haben. 8.5.7

Nebenverträge

Insbesondere in der früheren steuerlichen Gestaltungspraxis wurde vielfach versucht, aus dem eigentlichen Kaufpreis Beträge abzuspalten, z. B. für Wettbewerbsverbote, Abfindungen, Geschäftsführerbezüge oder Beraterhonorare. Im Kern geht es darum, dem Käufer eines Unternehmens sofort steuerwirksame Aufwendungen oder kurzfristige Abschreibungen zu ermöglichen, die der Käufer beim Kaufpreis selbst nicht hat. Beim Erwerb von Kapitalgesellschaftsanteilen ist gar keine Aufstockung der Buchwerte mit anschließender Abschreibung möglich und beim Erwerb von Betrieben oder Teilbetrieben und Personengesellschaftsanteilen führt die grundsätzlich mögliche Buchwertaufstockung je nach Art der übernommenen Wirtschaftsgüter zu mehr oder weniger kurzfristigen Abschreibungen (vgl. Kapitel 8.2.4.1.1). Isoliert aus der Sicht des Verkäufers mag eine solche Verlagerung steuerlich nicht interessant sein, da der Veräußerer solche Bezüge in der Regel voll ver161

steuern muss, während er bei einem Kaufpreis eventuell sogar von Begünstigungen, wie z. B. ermäßigter Durchschnittssteuersatz oder Teileinkünfteverfahren, profitieren kann. Wenn aber in der Gesamtschau von Verkäufer und Käufer der Saldo aus Steuerbelastung des Verkäufers und Steuerentlastung des Käufers durch derartige Gestaltungen vermindert wird, wird der Verkäufer möglicherweise bereit sein, sich darauf einzulassen, wenn er am Nettowert entsprechend partizipiert. Die gesonderte Zuordnung eines Kaufpreisteils zu einem Wettbewerbsverbot ist nur dann möglich, wenn dem Wettbewerbsverbot ausnahmsweise eine selbständige Bedeutung zukommt. Ansonsten ist das Wettbewerbsverbot als firmenwertähnliches Wirtschaftsgut ein Teil des allgemeinen Firmen- und Geschäftswerts. Sofern die Zahlung für ein Wettbewerbsverbot abgespalten werden kann, kann möglicherweise die so genannte Fünftel-Regelung nach § 34 Abs. 1 EStG angewendet werden, wobei eine progressions-mildernde Wirkung bei einem bestimmten Betrag des Kaufpreises in der Regel nicht mehr eintreten wird. Bei einer Abfindung für das Ausscheiden des Verkäufers als Geschäftsführer oder Arbeitnehmer der veräußerten Gesellschaft kann diese nur anerkannt werden, wenn die Beendigung des Anstellungsverhältnisses durch den Arbeitgeber veranlasst wird und ein rechtlicher oder wirtschaftlicher Zwang besteht. Dies sollte sorgfältig dokumentiert werden. Die Abfindung ist für den Verkäufer voll einkommensteuerpflichtig, die ohnehin nur noch geringen Freibeträge von § 3 Nr. 9 EStG sind seit dem Veranlagungszeitraum 2006 ausgelaufen. In der Praxis erhalten die Verkäufer von Unternehmen oftmals noch Geschäftsführer- oder Beraterverträge. Soweit diese angemessen sind und tatsächlich durchgeführt werden, sind sie auch steuerlich anzuerkennen. Sofern es sich jedoch nur um Scheinverträge zur Verschleierung eines höheren Kaufpreises handelt, wird die Finanzverwaltung hierin regelmäßig einen Missbrauch steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten sehen und die gezahlten Beträge bzw. den überhöhten Anteil nicht zum Betriebsausgabenabzug zulassen. Auch hier ist eine sorgfältige Dokumentation anzuraten. Ein weiterer Bereich der Nebenverträge sind vertragliche Vereinbarungen zu Geschäftsbeziehungen. Oftmals wird parallel zum Kaufvertrag oder im Kaufvertrag selbst vereinbart, dass das veräußerte Unternehmen vom Verkäufer bzw. einem Unternehmen in seinem Verbund für eine gewisse Vertragslaufzeit noch Produkte oder Dienstleistungen abzunehmen hat, deren Preis über dem üblichen Marktpreis liegt. Soweit die Finanzverwaltung dies erkennen kann, wird sie hier regelmäßig einen verdeckten Kaufpreisanteil annehmen und den überhöhten Teil der vereinbarten Liefer- bzw. Leistungspreise beim Käufer nicht zum sofortigen Abzug zulassen, sondern dem Kaufpreis zurechnen. Umgekehrt werden oftmals gegen Erhöhung des Kaufpreises für eine bestimmte Vertragslaufzeit noch Abnahme- oder Auslastungsgarantien gegeben, teilweise auch zu höheren Preisen als die üblichen Marktpreise. Hier wird der Käufer re162

gelmäßig ein Interesse daran haben, die garantierten und teilweise überhöhten Einnahmen nicht in voller Höhe sofort versteuern zu müssen, während der höhere Kaufpreis beim Share Deal zunächst gar nicht und beim Asset Deal nur über 15 Jahre abgeschrieben werden kann. Deshalb sollte der Käufer darauf bedacht sein, im Rahmen des steuerlich Anzuerkennenden eine gesonderte Vergütung festzuschreiben und diese über die Laufzeit der Garantie abzuschreiben. 8.5.8

Vermeidung Grunderwerbsteuer

Sofern im Rahmen eines Asset Deals auch inländische Grundstücke, Erbbaurechte oder Gebäude auf fremdem Grund und Boden übertragen werden, liegt hier regelmäßig ein Tatbestand vor, der der Grunderwerbsteuer unterliegt. Die Grunderwerbsteuer beträgt 3,5 % (in Berlin und Hamburg 4,5 %) der Gegenleistung für das erworbene Grundstück. Als Gegenleistung gilt bei einem Kauf grundsätzlich der Kaufpreis. Auch hier kann die zwischen Käufer und Verkäufer vereinbarte Aufteilung des Kaufpreises maßgeblich sein. Im Gegensatz zum Asset Deal fällt bei einem Share Deal Grunderwerbsteuer nur an, wenn bei einer Grundbesitz haltenden Personengesellschaft als Kaufgegenstand innerhalb von fünf Jahren ein unmittelbarer oder mittelbarer Wechsel im Gesellschafterbestand von mindestens 95 % stattfindet oder eine unmittelbare oder mittelbare Anteilsvereinigung von mindestens 95 %. Bei Kapitalgesellschaften als Kaufgegenstand führt eine Übertragung von mindestens 95 % der Anteile oder eine unmittelbare oder mittelbare Anteilsvereinigung von mindestens 95 % zum Entstehen von Grunderwerbsteuer. Ein Zurückbehalten von Anteilen von mehr als 5 % kann folglich die Grunderwerbsteuer komplett vermeiden. Auch eine vor dem Kauf stattfindende Ausgliederung des Grundvermögens auf eine Tochterpersonengesellschaft, an der mit mehr als 5 % ein Dritter beteiligt ist, führt nur zu diesem Prozentsatz zur Grunderwerbsteuer, aber auch zu einer Ertragsteuerbelastung auf die insoweit aufzudeckenden stillen Reserven des Grundstücks, während beim Erwerb der eigentlichen Zielgesellschaft keine Grunderwerbsteuer mehr anfällt. 8.5.9

Kirchensteuer

Die Kirchensteuer kann unter Umständen auf Antrag erlassen werden. Ein Rechtsanspruch auf einen Erlass besteht nicht, doch eine frühzeitige Klärung mit der jeweiligen Kirchensteuerbehörde hat die besten Erfolgsaussichten. Natürlich hat der Verkäufer auch die Möglichkeit, rechtzeitig vor der Veräußerung aus der Kirche auszutreten. Diese Frage entzieht sich jedoch einer steuerlichen Beratung. 163

Auch ein nachträglicher Antrag auf Kirchensteuererlass ist möglich. Die Praxis zeigt, dass oftmals ein Erlass der Hälfte der auf den Veräußerungsgewinn entfallenden Kirchensteuer erreicht werden kann.

8.6 Steuerliche Risiken und vertragliche Steuerklauseln 8.6.1

Steuerliche Haftungstatbestände und Risiken

8.6.1.1 Steuerliche Risiken beim Asset Deal

Zunächst ist hier die Vorschrift des § 75 AO zu nennen: Wird ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen übereignet, so haftet der Erwerber für Steuern, bei denen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründet und Steuerabzugsbeträge, vorausgesetzt, dass die Steuern seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres entstanden sind und bis zum Ablauf von einem Jahr nach Anmeldung des Betriebs durch den Erwerber festgesetzt oder angemeldet werden. Die Haftung beschränkt sich auf den Bestand des übernommenen Vermögens. Bei den Steuern, bei denen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründet, handelt es sich vornehmlich um Umsatzsteuer, Gewerbesteuer, Lohnsteuer und Abzugssteuern z. B. für Steuerausländer und Bauleistungen. Die Haftung nach § 75 AO wird für den Käufer im Rahmen eines Asset Deals relevant, das heißt bei der Übertragung eines Unternehmens durch Übertragung der Einzelwirtschaftsgüter, soweit diese als Betrieb oder Teilbetrieb gelten. Da hierfür regelmäßig alle wesentlichen Betriebsgrundlagen übergehen müssen, entfällt eine Haftung nach § 75 AO, wenn einzelne wesentliche Betriebsgrundlagen, wie z. B. das Betriebsgrundstück, nicht auf den Käufer übergehen, sondern beim Verkäufer verbleiben oder auf einen Dritten übertragen werden. Da dieser Dritte auch eine dem Käufer nahestehende Person sein kann, bestehen in der Gestaltungspraxis durchaus Möglichkeiten, die Haftung des Käufers nach § 75 AO zu vermeiden. Der zweite relevante Haftungstatbestand im Rahmen eines Asset Deals findet sich in § 25 HGB. Wer ein unter Lebenden erworbenes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma fortführt, haftet für alle im Betrieb des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten des früheren Inhabers. Hierzu gehören auch die oben genannten Steuern. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass Käufer und Verkäufer einen Haftungsausschluss vereinbaren. Dazu muss dieser in das Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht werden. Für die bei der Unternehmensübertragung entstehenden Steuern des Verkäufers haftet der Käufer nicht, soweit es sich um personenbezogene Steuern wie die Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer des Verkäufers handelt. 164

Bei der Gewerbesteuer kann es jedoch zu einer Haftung des Käufers kommen. Dies betrifft die Konstellationen, bei denen auf den Veräußerungsgewinn Gewerbesteuer anfällt, wie z. B. bei der Übertragung eines Unternehmens, bei der die übertragenen Einzelwirtschaftsgüter nicht als Betrieb oder Teilbetrieb qualifizieren, oder bei der Veräußerung eines Betriebs oder Teilbetriebs durch eine Personengesellschaft, soweit der Veräußerungsgewinn anteilig auf eine Kapitalgesellschaft entfällt. Der gleiche Effekt tritt auch ein bei der Veräußerung eines Betriebs oder Teilbetriebs durch eine Personengesellschaft oder ein Einzelunternehmen, wenn innerhalb von fünf Jahren vor dem Verkauf eine Umwandlung einer Kapitalgesellschaft auf dieses Einzelunternehmen oder diese Personengesellschaft stattgefunden hat. Soweit beim Unternehmenskauf Umsatzsteuer entsteht, ist diese in der Regel direkt vom Käufer an den Verkäufer zu entrichten. Sofern die Umsatzsteuer zu Unrecht ausgewiesen wurde, weil nicht erkannt wurde, dass eine nicht umsatzsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen vorlag, besteht für den Käufer in Bezug auf die zu Unrecht ausgewiesene Umsatzsteuer kein Vorsteuerabzug. Außerdem besteht für den Käufer das Risiko, dass er die zuviel bezahlte Umsatzsteuer nicht vom Verkäufer zurück erhält. Im umgekehrten Fall, wenn trotz Vorliegens einer umsatzsteuerpflichtigen Übertragung keine Umsatzsteuer berechnet und bezahlt wurde, besteht für den Verkäufer das Risiko, dass er die Umsatzsteuer dem Käufer nicht nachbelasten kann. Auch wenn die korrekte Behandlung nachgeholt wird, kann es trotzdem zu einer Belastung in Form von Zinszahlungen kommen, da die Umsatzsteuer bereits mit ihrem Entstehen fällig wird, der Vorsteuerabzug aber erst bei Vorlage einer ordnungsgemäßen Rechnung möglich ist. Soweit im Rahmen eines Asset Deals Grunderwerbsteuer entsteht, haftet der Verkäufer neben dem Käufer für die anfallende Grunderwerbsteuer. 8.6.1.2 Steuerliche Risiken beim Share Deal

Bei der Übertragung von Gesellschaftsanteilen kommt es letztlich insoweit zu einem Tragen bzw. Mittragen der steuerlichen Risiken durch den Käufer, als der Käufer die Gesellschaft bzw. Anteile der Gesellschaft mit allen in der Gesellschaft vorhandenen Steuerverbindlichkeiten und Risiken übernimmt. Bei der Übertragung von Personengesellschaftsanteilen fällt auf den Veräußerungsgewinn Gewerbesteuer an, wenn nur Teile von Mitunternehmeranteilen veräußert werden oder soweit die veräußerten Personengesellschaftsanteile von einer Kapitalgesellschaft gehalten werden. Steuerschuldner der Gewerbesteuer ist in diesen Fällen jeweils die Personengesellschaft als solche. Dies bedeutet, dass letztlich auch der Käufer die hier anfallende Gewerbesteuer trägt bzw. mitträgt, sofern nicht ausdrücklich anderweitige Vereinbarungen getroffen werden. 165

8.6.1.3 Tax Due Diligence

Im Rahmen der allgemeinen Prüfung des zu erwerbenden Unternehmens (Due Diligence) wird der Käufer regelmäßig auch eine so genannte Tax Due Diligence durchführen, um die steuerlichen Risiken erkennen und bewerten zu können, sofern nicht bereits der Verkäufer eine solche Vendor Due Diligence vorlegen kann. Auch wenn es dem Käufer gelingt, vom Verkäufer eine vollständige Freistellung zu erhalten, ist doch das Wissen um die Dimension der steuerlichen Risiken wertvoll, insbesondere wenn die Freistellungsansprüche gegenüber dem Verkäufer durch Kaufpreiseinbehalte oder Sicherheitsleistungen des Verkäufers abgesichert werden sollen. Wichtige Prüfbereiche dabei sind je nach Art der Transaktion z. B. die Steuerbilanz des Verkäufers bzw. der Gesellschaft, deren Anteile übertragen werden, besondere Risikobereiche bei Kapitalgesellschaften wie verdeckte Gewinnausschüttungen, verdeckte Einlagen, Verlustvorträge, Zinsvorträge oder Gesellschafterfremdfinanzierung, besondere Risikobereiche bei Personengesellschaften wie Ergänzungsbilanzen, Sonderbilanzen, Gewerbesteuer- oder verrechenbare Verluste, Risiken im Zusammenhang mit steuerlichen Organschaften, Risiken aus vorangegangenen Umwandlungen und Umstrukturierungen, besonderen Risiken im Zusammenhang mit internationalen Verrechnungspreisen im Konzernverbund oder Risiken in Steuerarten außerhalb der Ertragsteuern wie Lohnsteuer, Abzugssteuern bei Steuerausländern und Bauleistungen, Grunderwerbsteuer, Umsatzsteuer, Zölle oder Investitionszulagen. 8.6.2

Steuerbezogene Regelungen im Kaufvertrag

8.6.2.1 Notwendigkeit von Steuerklauseln im Kaufvertrag

Angesichts der Fülle von steuerlichen Haftungstatbeständen und Risiken ist es von elementarer Bedeutung, klare Regelungen hinsichtlich der Risikoverteilung zwischen Käufer und Verkäufer zu haben. Da die gesetzlichen Bestimmungen als abschließende Regeln für einen Unternehmenskaufvertrag wenig geeignet sind, werden in der Praxis regelmäßig vertragliche Gewährleistungen vereinbart. Es empfiehlt sich, als rechtlichen Rahmen für die Vereinbarung von Gewährleistungen des Verkäufers die so genannte selbständige Garantie (§ 311 Abs. 1 BGB) mit einer entsprechenden Rechtsfolgenvereinbarung bei Nichteinhaltung zu verwenden. Die steuerlichen Garantien des Verkäufers, die so genannten Steuerklauseln, sind ein wichtiger Bestandteil in jedem Gewährleistungskatalog eines Unternehmenskaufvertrages. Hierbei kann wieder nach Asset Deal und Share Deal unterschieden werden. 166

Unabhängig von der Art der Transaktion sollte bei den Steuerklauseln exakt definiert werden, welche Steuerarten bzw. Abgaben unter den Begriff Steuer fallen sollen. Dies betrifft insbesondere steuerliche Nebenleistungen wie Zuschläge und Zinsen und Beiträge zur Sozialversicherung. 8.6.2.2 Steuerklauseln beim Asset Deal

Bei einem Asset Deal besteht für den Käufer das Risiko einer Haftungsinanspruchnahme durch die Finanzverwaltung nach § 75 AO und § 25 HGB. Hier empfiehlt es sich, eine entsprechende Freistellung des Käufers durch den Verkäufer in den Kaufvertrag aufzunehmen. Aus Sicht des Käufers empfiehlt es sich dringend, diese Freistellung durch einen Kaufpreiseinbehalt oder die Stellung von Sicherheiten abzusichern, da sich die Finanzverwaltung regelmäßig erst dann an den Käufer als Haftungsschuldner wenden wird, wenn die Beitreibung beim Verkäufer erfolglos war. Auch beim Entstehen von Gewerbesteuer auf den Veräußerungsgewinn empfiehlt sich ebenfalls eine Freistellung des Käufers durch den Verkäufer. Hinsichtlich der Umsatzsteuer kann es beim Asset Deal zu einer falschen Beurteilung der Frage kommen, ob eine Geschäftsveräußerung im Ganzen nach § 1 Abs. 1a UStG vorliegt. Hier sollte der Kaufvertrag umfassende Regelungen vorsehen, die Verkäufer und Käufer gegenseitig verpflichten, alles Erforderliche zu veranlassen, damit die Folgen der unzutreffenden umsatzsteuerlichen Behandlung behoben werden können. Dabei sollte auch geregelt werden, wer das Risiko einer Verzinsung der Steueransprüche und eventuelle Verfahrenskosten trägt. Wegen der gemeinschaftlichen Haftung für die Grunderwerbsteuer bei einer Übertragung von Grundstücken im Rahmen eines Asset Deals sollte in den Unternehmenskaufvertrag eine klare Regelung aufgenommen werden, wer die Grunderwerbsteuer zu tragen hat. 8.6.2.3 Steuerklauseln beim Share Deal

Bei der Übertragung von Anteilen an Gesellschaften hat der Käufer das Risiko, dass Steuermehrbelastungen für die Zeit vor der Übertragung auftreten, die möglicherweise erst sehr viel später, z. B. im Rahmen einer Außenprüfung, bekannt werden. Bei der Personengesellschaft betrifft dies im Rahmen der Ertragsteuern nur die Gewerbesteuer, für die die Personengesellschaft selbst Steuerschuldner ist, nicht jedoch die auf die Gewinnanteile der Gesellschaft entfallende Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer, die direkt bei den Gesellschaftern erhoben wird. Gewerbesteuer kann aber nicht nur auf die bis zum Übertragungsstichtag angefallenen Gewinne, sondern auch bei bestimmten, oben beschriebenen Konstellationen auf den Veräußerungsgewinn anfallen, da auch hier die Personengesellschaft selbst zum Steuerschuldner wird. 167

Bei der Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen betrifft das Risiko auf der Ebene der Ertragsteuern nicht nur die Gewerbesteuer der Gesellschaft, sondern auch die Körperschaftsteuer, die hier direkt von der Kapitalgesellschaft zu tragen ist. Da die Personen- bzw. Kapitalgesellschaft auch Steuerschuldner für bis zum Übertragungsstichtag entstandene Umsatzsteuer und Haftungsschuldner für Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge sowie Steuerabzugsbeträge z. B. für Steuerausländer und Bauleistungen ist, bedarf es auch hier entsprechender Regelungen im Unternehmenskaufvertrag. Die genannten Risiken werden regelmäßig dem Verkäufer zugewiesen, da er die historischen, bis zum Übertragungsstichtag anfallenden Steuern wirtschaftlich oder rechtlich verursacht hat oder die auf den Veräußerungsgewinn anfallenden Steuern durch seinen Verkauf ausgelöst hat. Beim Erwerb von Anteilen an Personen- oder Kapitalgesellschaften empfiehlt es sich, in den Unternehmenskaufvertrag Erklärungen des Verkäufers als selbständige Garantieversprechen aufzunehmen. Soweit die Garantien nicht eingehalten werden und es zu Steuernachzahlungen kommt, sollte eine Freistellung durch den Verkäufer erfolgen. Die entsprechende Freistellungserklärung im Kaufvertrag verpflichtet den Verkäufer, die Gesellschaft von den Steuernachzahlungen freizustellen, die den Zeitraum vor dem Übertragungsstichtag betreffen oder den Veräußerungsgewinn des Verkäufers. Da bei der Übertragung von Gesellschaftsanteilen die Möglichkeit der Option zur Umsatzsteuerpflicht für den Verkäufer gegeben ist, sollte auch hier eine klare Regelung in den Unternehmenskaufvertrag aufgenommen werden. Dies vermeidet eventuelle Missverständnisse hinsichtlich des im Kaufvertrag aufgenommenen Kaufpreises und der Möglichkeiten bezüglich der Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs für in Zusammenhang mit der Transaktion erhaltene Rechnungen. Bei Übertragungen von Gesellschaftsanteilen von mehr als 95 % oder entsprechenden Anteilsvereinigungen kann auch die Übertragung von Gesellschaftsanteilen Grunderwerbsteuer auslösen, die nach den steuerlichen Vorschriften vom Käufer oder der Gesellschaft zu tragen ist. Daher muss eine Regelung explizit in den Unternehmenskaufvertrag aufgenommen werden, wenn eine andere Kostentragung gewünscht ist. 8.6.2.4 Beispiele für steuerliche Garantien

Allgemeine steuerliche Garantien, die in keinem Kaufvertrag fehlen sollten, lauten beispielsweise: „Die Gesellschaft/der Verkäufer hat alle steuerlichen Erklärungspflichten ordnungsgemäß erfüllt, insbesondere alle Steuererklärungen, Steueranmeldungen 168

und ähnliche Erklärungen stets fristgerecht bei den zuständigen Finanzbehörden eingereicht.“ „Die den Finanzbehörden eingereichten Unterlagen sind vollständig und richtig, und alle steuerlich relevanten Sachverhalte wurden offengelegt.“ „Sämtliche Steuern sind bei Fälligkeit fristgerecht an die zuständige Finanzbehörde gezahlt worden. Soweit mangels Fälligkeit noch nicht gezahlt wurde, sind in der Steuerbilanz für diese Steuern ausreichende Verbindlichkeiten oder Rückstellungen eingestellt worden. Steuererstattungsansprüche sind in zutreffender Höhe aktiviert.“ Spezielle steuerliche Garantien könnten – sofern im Einzelfall anwendbar – wie folgt lauten: „Die Gesellschaft/der Verkäufer verfügt über die erforderlichen Freistellungsbescheinigungen, soweit Zahlungen frei von Abzugssteuern geleistet wurden.“ „Die von der Gesellschaft/dem Verkäufer in Anspruch genommenen steuerlichen Begünstigungen (z. B. Investitionszulagen, Sonderabschreibungen, steuerfreie Rücklagen) sind im Einklang mit den gesetzlichen Voraussetzungen in Anspruch genommen worden. Bis zum Übertragungsstichtag lagen die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme ununterbrochen vor.“ „Die Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung der Organschaft zwischen Gesellschaften der Gruppe waren erfüllt.“ „Die Gesellschaft hat zum Übertragungsstichtag körperschaftsteuerliche Verlustvorträge in Höhe von EUR x und gewerbesteuerliche Verlustvorträge in Höhe von EUR y.“ „Die Gesellschaft hat zum Übertragungsstichtag einen Bestand des Körperschaftsteuerguthabens nach § 37 KStG in Höhe von EUR x, des Betrags des ehemaligen EK 02 nach § 38 KStG in Höhe von EUR y und des Einlagekontos nach § 27 KStG in Höhe von EUR z.“ „Die bis zum Übertragungsstichtag vorgenommenen Rechtsgeschäfte und Geschäftsvorfälle stehen unter Verrechnungspreisgesichtspunkten im Einklang mit den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften und Verwaltungsanweisungen.“ 8.6.2.5 Rechtsfolgen von Garantieverletzungen

Als Rechtsfolge der Verletzung einer steuerlichen Garantie sollte als Grundregel eine allgemeine Schadensersatzpflicht des Verkäufers vereinbart werden. Der Verkäufer hat also den Käufer bzw. die Gesellschaft so zu stellen, wie wenn die Garantie nicht verletzt worden wäre. Bei der Bemessung des Schadens aus der Verletzung einer steuerlichen Garantie sollten auch die so genannten Umkehreffekte mit berücksichtigt werden. So werden beispielsweise die aufgrund der Erhöhung des Vorratsvermögens durch 169

eine Außenprüfung resultierenden Mehrsteuern in der Regel sehr kurzfristig wieder durch Mindersteuern durch den Verbrauch bzw. Abbau des Vorratsvermögens ausgeglichen, so dass bei gleich bleibenden Steuersätzen lediglich ein Zinsnachteil resultiert. Bei der Bemessung eines Schadens ist auch darauf zu achten, dass der Verkäufer nicht wegen der Verletzung einer steuerlichen Garantie doppelt einstehen muss, wenn er gleichzeitig eine so genannte Bilanz- bzw. Eigenkapitalgarantie verletzt. Mit der Bilanzgarantie garantiert der Verkäufer die Richtigkeit der Bilanzen, mit der Eigenkapitalgarantie garantiert er, dass die Gesellschaft ein bilanzielles Eigenkapital in Höhe eines bestimmten Betrages ausweist. Wenn sich beispielsweise aufgrund einer Außenprüfung die vor dem Übertragungsstichtag angefallenen Steuern erhöhen, führt dies zu einer Erhöhung der Steuerverbindlichkeiten oder -rückstellungen zu Lasten des Eigenkapitals. Soweit dadurch die Bilanzbzw. Eigenkapitalgarantie verletzt wird, könnte der Käufer auch hieraus Ansprüche ableiten. Deshalb sollte das Verhältnis der speziellen steuerlichen Garantien zu der allgemeinen Bilanz- bzw. Eigenkapitalgarantie im Unternehmenskaufvertrag klar geregelt sein. Hinsichtlich der Verjährung der Garantien und der Freistellungen sollte darauf geachtet werden, dass eine Verjährung frühestens mit einem gewissen zeitlichen Abstand nach dem Bekanntwerden des Entstehens der Steuernachzahlungen eintreten kann. Da der Verkäufer in der Regel die Steuernachzahlungen, die für die Zeit bis zum Übertragungsstichtag auftreten oder die auf den Veräußerungsgewinn entfallen, zu tragen hat, sollte im Unternehmenskaufvertrag eine Klausel enthalten sein, die dem Verkäufer zur Wahrung seiner Interessen entsprechende Mitwirkungsmöglichkeiten bei späteren Außenprüfungen einräumt. Umgekehrt werden dem Käufer entsprechende Pflichten zur Information des Verkäufers auferlegt. Auch sollte der Verkäufer die Möglichkeit haben, gegen entsprechende Steuerbescheide außergerichtliche oder gerichtliche Rechtsbehelfe einzulegen, wobei er die Kosten dieser Maßnahmen in der Regel selbst zu tragen hat. Abhängig von der Höhe der vorhandenen Risiken ist es für den Käufer regelmäßig empfehlenswert, die steuerlichen Garantien durch Kaufpreiseinbehalte oder anderweitige Sicherheitenstellungen des Verkäufers abzusichern. Dies wird sicherlich im Einzelfall von der jeweiligen Verhandlungsposition des Käufers abhängen.

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9 Finanzierung des Unternehmenskaufs Bernd Müller 9.1 Einleitung Nahezu täglich hört und liest man in den Medien von mehr oder weniger spektakulären Firmenübernahmen durch internationale Player. Mehr im Stillen denken aber auch viele mittelständische Unternehmer über Beteiligungskäufe nach. Ebenso ziehen viele Existenzgründer, die den Schritt in die Selbständigkeit noch nicht gewagt haben, den Kauf einer bestehenden Firma als Alternative zur „echten“ Gründung in Betracht. Ein Firmenkauf kann für den Gründer eine Menge Vorteile haben: Er kann zum Beispiel auf einen vorhandenen Kundenstamm zurückgreifen und mit einer gewünschten Betriebsgröße starten, die den wirtschaftlichen Erfolg bereits nachgewiesen hat. Doch auch hier müssen die Risiken vorher sorgfältig abgewogen werden. Will ein Unternehmer oder ein Manager als Privatmann ein Unternehmen erwerben, ist dies meist eine strategische Entscheidung von großer Tragweite. Die Verhandlungen über den Kauf einer Firma oder die Übernahme einer Beteiligung sind aufgrund ihrer Komplexität nicht kurzfristig realisierbar. Sie bieten vor allem für den Interessenten eine Fülle von Stolperfallen und erfordern, mehr als bei jeder Neugründung eines Unternehmens, professionelles Know-how. „Wenn die Produktion der Vater des Erfolges ist, dann ist die Finanzierung dessen Mutter“, soll ein namhafter Wirtschaftswissenschaftlicher einmal gesagt haben. So ist die Finanzierung einer Unternehmenstransaktion eine wesentliche Voraussetzung für das Gelingen der Transaktion. Leider haben in der jüngsten Vergangenheit – hervorgerufen insbesondere durch die Finanzmarktkrise – Finanzierungsprobleme zum Scheitern von Transaktionen beigetragen. Lange bevor man konkrete Schritte hinsichtlich des Unternehmenskaufes einleitet, sollte man sich über die finanziellen Möglichkeiten im Klaren sein.

9.2 Investitions- und Finanzplanung Bei der Akquisition eines Unternehmens durch ein anderes Unternehmen handelt es sich um eine Investition mit langfristiger Kapitalbindung. Daher sollte dies so früh wie möglich in der Investitions- und Finanzplanung des Käufers berücksichtigt werden. Dies stellt sich in der Praxis jedoch häufig als problematisch dar, da detaillierte Angaben zu dem geplanten Projekt bei Erstellung der Unternehmensplanung in der Regel nicht bekannt sind. Die Folge ist, dass des Öfteren auf pauschale Ansätze bzgl. des Akquisitionsobjektes in den Investitionsausgaben verzichtet wird. Finanzierungsfragen sollten deshalb bereits bei der Festle171

gung des Akquisitionsobjektes geklärt werden, so dass gezielt in die Verhandlungen eingetreten werden kann. Bei der Erstellung des Finanzierungskonzeptes ist weiter zu berücksichtigen, dass es sich vielfach nicht nur um einen einmaligen Finanzierungsvorgang handelt, sondern dass meist nach Abschluss des Deals ein weiterer Finanzierungsbedarf anfällt, z. B. aufgrund erforderlicher Ersatzinvestitionen. Somit sollte der Käufer stets eine Reserve zur Sicherung der finanziellen Handlungsfähigkeit vorhalten. Typischerweise werden insbesondere im Mittelstand die Kaufpreise für Unternehmen auf der Basis von Ertragswerten (oder auch daraus weiterentwickelten Methoden wie z. B. Discounted-Cashflow-Methode oder EBIT-Methode) ermittelt, da nur so abgeschätzt werden kann, ob sich der Kaufpreis amortisiert, das heißt, aus Erträgen finanziert werden kann. Wichtig ist, dass die in den letzten Jahren erwirtschafteten Erträge bzw. die mit nachhaltiger Sicherheit in Zukunft zu erwirtschaftenden Erträge die Finanzierung des Unternehmenskaufs weitgehend sicherstellen. Ist das Verhältnis von Eigen- zu Fremdfinanzierung ungünstig und bleiben fest eingeplante Finanzierungszusagen aus, so ergeben sich sofort Liquiditätsengpässe, die schnell zu einem Problem für den Unternehmenskäufer werden können. Es soll an dieser Stelle bereits darauf hingewiesen werden, dass die Höhe des für den Käufer möglichen Kaufpreises in entscheidender Weise von dem voraussichtlichen ausschüttbaren Gewinn des Kaufobjektes abhängig ist. 9.2.1

Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung

Bei der Frage der Finanzierung des Kaufpreises ist es von grundlegender Bedeutung, in welcher Form die Kaufpreiszahlung im Kaufvertrag geregelt wurde. In vielen Fällen einigen sich die Vertragsparteien darauf, den Kaufpreis sofort bei Übernahme in voller Höhe zu bezahlen. Häufig wird ein Teil des Kaufpreises z. B. unmittelbar nach Vertragsunterzeichnung bezahlt, der Rest nach Eintritt von bestimmten Kaufpreisbedingungen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, den Kaufpreis dem Verkäufer als zeitlich begrenzte oder auch lebenslange Rente auszuzahlen. Letztere Varianten sind für den Verkäufer mit nur schwer überschaubaren Risiken behaftet, da bei einer negativen Entwicklung des verkauften Unternehmens der Käufer unter Umständen weitere Zahlungen bewusst verzögert oder dieser tatsächlich nicht mehr in der Lage ist, die restlichen Raten zu bezahlen. Die Möglichkeit einer Kaufpreisstundung führt zu einem Liquiditätsnachteil für den Veräußerer. Eine Stundung führt meist zu erheblichen Erschwernissen bei den Vertragsverhandlungen, da sich das Risiko für den Verkäufer erheblich erhöht. Teilweise versuchen Unternehmenskäufer einen Teil des Kaufpreises solange zurückzuhalten, wie die Gewährleistungsfristen laufen. Dies kann entweder durch eine Stundung der Kaufpreiszahlung erfolgen, oder auch durch Zah172

lung des Kaufpreises an einen Treuhänder. In diesen Fällen sind dann die Bedingungen zur Freigabe des Kaufpreises durch den Treuhänder sowie die Verzinsung des Kaufpreises zu regeln. Im Übrigen muss grundsätzlich auch unterschieden werden, ob es sich um den Kauf eines kompletten Unternehmens, das heißt 100 % der Anteile bzw. Wirtschaftsgüter, oder lediglich um den Kauf einer Beteiligung, das heißt Kauf eines Teils eines Unternehmens handelt. Die klassische Transaktionsstruktur sieht vor, dass bei Bezahlung des Kaufpreises die Geschäftsanteile bzw. der erworbene Vertragsgegenstand unmittelbar übertragen werden. Die Höhe des Kaufpreises kann dann typischerweise nur noch über die im Unternehmenskaufvertrag vereinbarten Gewährleistungen beeinflusst werden. Diese Vorgehensweise ist dann jedoch nicht realisierbar, wenn eine Einigung über den Kaufpreis vor der Übertragung der Geschäftsanteile aufgrund latenter und zukünftiger Risiken nicht erzielt werden kann. Somit würde in solchen Fällen bei einer klassischen Transaktionsstruktur der Deal möglicherweise nicht zustande kommen. In solchen Fällen kann eine Lösung die zusätzliche Vereinbarung eines Besserungsscheines (auch Earn-Out-Modell genannt) sein. Dieser ist dadurch gekennzeichnet, dass der Käufer zunächst einen geringeren Kaufpreis zahlt, der später bei Erreichen vorher festgelegter Ziele erhöht wird. Im Falle einer Teilveräußerung wird in der Regel im ersten Schritt eine Mehrheitsbeteiligung zu einem festen Preis veräußert. Der Preis für die restlichen Anteile wird von der Entwicklung des Unternehmens innerhalb eines vorher bestimmten Zeitraumes abhängig gemacht. Um eventuellen Auseinandersetzungen vorzubeugen, ist in solchen Fällen eine sorgfältige Formulierung des Vertrages von großer Bedeutung. Die Variabilität des Kaufpreises bietet dem Käufer Gestaltungsspielräume, wie z. B. bei der Bilanzierung. Somit können derartige Regelungen auch – insbesondere vom Käufer – missbraucht werden. In den Fällen, in denen mit dem Käufer eine Regelung vereinbart wird, dass bei Übernahme des Unternehmens lediglich eine Teilzahlung vorgenommen wird und der Rest in weiteren späteren Teilzahlungen beglichen wird, wird der Verkäufer Wert darauf legen, dass die in der Zukunft liegenden Zahlungen möglichst in irgendeiner Form abgesichert werden. In diesem Fall besteht z. B. die Möglichkeit, diese Zahlung über entsprechende Bankbürgschaften abzusichern. Diese Bankbürgschaften bedürfen jedoch einer entsprechenden Kreditlinie, entweder des Käufers oder des zu finanzierenden Unternehmens.

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9.2.2

Grundsätzliche Finanzierungsmöglichkeiten

Finanzierungsmöglichkeiten

Private Mittel

• Beteiligungen privater Kapitalbeteiligungsgesellschaften • Beteiligungen von Privatpersonen und Unternehmen

• Bankfinanzierung • Gesellschafterdarlehen • …

Öffentliche Mittel

• Beteiligungen öffent- • Öffentlich geförderte Darlehen licher Beteiligungsgesellschaften • … • …

• …

Wichtige Voraussetzung für jeden Unternehmenserwerb ist die frühzeitige Klärung, ob der Kaufpreis seitens des Käufers auch finanzierbar ist. Aus diesem Grund sollte ein Kaufinteressent rechtzeitig seine finanziellen Möglichkeiten klären, da hiervon die Höhe des möglichen Kaufpreises abhängt. Die Finanzierungsmöglichkeiten können in öffentliche Mittel und private Mittel unterschieden werden. Während man unter privaten Mitteln die Finanzierung durch Privatpersonen oder private Institutionen (private Banken, Beteiligungsgesellschaften, Businessangels etc.) versteht, sind öffentliche Mittel die Finanzierungsmöglichkeiten über öffentliche Institutionen (öffentliche Banken, Förderinstitute und sonstige öffentliche Einrichtungen des Bundes und der Länder etc.). Natürlich ist die Finanzierung am leichtesten darstellbar, wenn der Kaufpreis komplett aus eigenen Mitteln des Unternehmenskäufers aufgebracht werden kann. Das heißt, dass das Geld zur Bezahlung des Kaufpreises in bar oder in sonstigen kurzfristig verfügbaren/liquidierbaren Vermögenswerten zur Verfügung steht. Sofern der Käufer des Unternehmens eine Privatperson ist, kann das frei verfügbare Eigenkapital in den meisten Fällen recht einfach ermittelt werden. Als Eigenmittel können kurzfristig realisierbare Vermögenswerte betrachtet werden. Eine weitere Möglichkeit von Eigenmittelfinanzierung für Privatpersonen ist, dass sich Kapitalbeteiligungsgesellschaften mit Eigenmitteln an der Finanzierung des Unternehmens beteiligen.

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Sofern Unternehmen als Unternehmenskäufer auftreten, muss das Thema differenzierter betrachtet werden. Nachfolgend werden die grundsätzlichen Finanzierungsgestaltungen für Unternehmen dargestellt. Hierbei wird in erster Linie zwischen der Innen- und Außenfinanzierung unterschieden.

9.3 Innenfinanzierung Eine Innenfinanzierung liegt dann vor, wenn dem Unternehmen aus dem eigenen Geschäfts- oder Umsatzprozess Finanzmittel zufließen, die weder von den Eigentümern noch von Gläubigern stammen und damit von dem Unternehmen selbst erwirtschaftet werden. Man spricht daher auch von der so genannten Selbstfinanzierung. Hinsichtlich der Innenfinanzierung unterscheidet man wiederum zwischen offener und stiller Selbstfinanzierung. Bei der offenen Selbstfinanzierung handelt es sich im Wesentlichen um die Finanzierung durch Gewinnthesaurierung, d. h. erwirtschaftete Gewinne werden nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet, sondern verbleiben im Unternehmen und können beispielsweise für den Erwerb eines Unternehmens genutzt werden. Bei einer schwierigen Wirtschaftslage sowie hohen Kostenbelastungen ist diese Möglichkeit jedoch begrenzt. Bei der offenen Selbstfinanzierung (Innenfinanzierung) kann weiter in eine echte und eine unechte Selbstfinanzierung unterschieden werden. Die echte Selbstfinanzierung führt im Rahmen der Gewinnthesaurierung zu einer Erhöhung des Eigenkapitals. Dagegen werden im Falle der unechten Selbstfinanzierung über Geschäftsumsätze Finanzierungsmittel freigesetzt, die dem Unternehmen frei zur Verfügung stehen, jedoch nicht zu einer Rücklagenbildung führen. Dies sind unter anderem Finanzierungsmittel aus Abschreibungen, die solange verfügbar sind, bis diese Mittel reinvestiert werden. Das gilt zumindest dann, wenn aus den Abschreibungen nicht entsprechende Tilgungen zu bedienen sind. Somit handelt es sich bei der unechten Selbstfinanzierung um eine Umfinanzierung. Bei der so genannten stillen Selbstfinanzierung setzt das Unternehmen überhöhte (bilanzielle) Abschreibungssätze an, durch die der ansonsten zu versteuernde und ggf. auszuschüttende Gewinn vermindert wird. Das gilt auch für überhöhte Zuführungen zu langfristigen Rückstellungen. Allerdings kann die Bindung dieser Mittel aus stiller Selbstfinanzierung an das Unternehmen nicht dauerhafter Natur sein, da es sich letztlich nur um Steuerstundungen handelt. Die Innenfinanzierung kann auch durch Verkauf von nicht betriebsnotwendigem Vermögen erfolgen. Im Rahmen eines Aktivtausches wird ein nicht mehr für den laufenden Betrieb benötigter Vermögensgegenstand in Liquidität gewandelt, welche beispielsweise für einen Unternehmenserwerb verwendet werden kann. Typisches Beispiel hierfür ist, dass eine mit dem Buchwert bilanzierte Immobilie zum Verkehrswert veräußert wird und somit zusätzliche Liquidität geschaffen 175

wird. Eine Sale-and-Lease-back-Konstellation liegt dann vor, wenn die Immobilie nach dem Verkauf wieder geleast wird. Da in der Praxis in den wenigsten Fällen die ausschließliche Möglichkeit der Innenfinanzierung gegeben ist, wird nachfolgend die Außenfinanzierung dargestellt.

9.4 Außenfinanzierung Unternehmenskäufer sind meist darauf angewiesen, fremde Mittel von außen in Anspruch zu nehmen. Außenfinanzierung kann sowohl als Eigen- als auch als Fremdfinanzierung erfolgen.

9.5 Finanzierung mit Fremdmitteln Trotz steigender Tendenz, Eigenkapital über Dritte, z. B. Beteiligungsgesellschaften zu beschaffen, hat die Fremdfinanzierung des Unternehmenskaufpreises über die Bank in vielen Fällen immer noch eine große Bedeutung. Bei der Fremdfinanzierung werden die Finanzmittel über Finanzierungsinstrumente beschafft, die Kreditverhältnisse aller Art begründen. Die Finanzmittelgeber werden somit zu Gläubigern des Unternehmens. Diese Gläubiger haben regelmäßig Anspruch auf Verzinsung und Rückzahlung des Kapitals. Die Bereitstellung dieser Finanzierungsmittel ist in der Regel befristet. Die Ansprüche von derartigen Gläubigern sind im Insolvenzfall vor den Ansprüchen der Eigenkapitalgeber zu befriedigen. Die für den Unternehmenskauf verwendete Fremdfinanzierung über Banken wird üblicherweise „Akquisitionsdarlehen“ genannt. Neben den Darlehen werden Unternehmen auch Betriebsmittelkredite zur Finanzierung des Umlaufvermögens eingeräumt. Da Eigenkapital vielfach nur begrenzt verfügbar ist, muss in vielen Fällen eine Fremdfinanzierung der Anteile in Betracht gezogen werden. Unter Ertragsaspekten ist aus Sicht des Käufers eine Fremdfinanzierung so lange vorteilhaft, wie die aus der geplanten Akquisition erwarteten Erträge über den Kosten des Fremdkapitals liegen. Die Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital erhöht sich dann mit steigendem Fremdfinanzierungsanteil. Diese Hebelwirkung wird auch als „Leverage-Effekt“ bezeichnet. Die Möglichkeit der Fremdfinanzierung wird jedoch durch die mit einer Akquisition verbundenen Risiken begrenzt. Diese Risiken betreffen insbesondere das allgemeine Unternehmerrisiko, Branchenrisiken und spezielle Risiken, wie bei der Akquisitionen ausländischer Unternehmen. Mit zunehmender Fremdfinan176

zierung wächst somit die Gefährdung für die Eigenkapitalrendite; dies wird auch als Risiko eines negativen „Leverage-Effektes“ bezeichnet. Die Kreditmodalitäten orientieren sich sowohl an der Person des Kreditnehmers, also dem Käufer, als auch an dem zu finanzierenden Unternehmen. Die Höhe der zu vereinbarenden Tilgung richtet sich nach den Planzahlen des gekauften Unternehmens, da in aller Regel die Tilgungszahlungen des Käufers durch Gewinnausschüttungen des Unternehmens gewährleistet werden. Hier muss der Käufer bei Verhandlungen mit dem Kreditinstitut darauf achten, dass die Tilgung in einer realistisch möglichen Höhe vereinbart wird. Banken sind bei Kaufpreisfinanzierungen meist an hohen Tilgungszahlungen interessiert. Im Einzelfall spielen die Bonitätsbeurteilungen durch die Kreditinstitute hierbei eine entscheidende Rolle. Die Höhe des Tilgungssatzes und des Zinssatzes für die Kreditmittel ist im Wesentlichen auch abhängig von der Risikobetrachtung der Banken. Kreditinstitute sind bei so genannten Akquisitionsfinanzierungen (Finanzierung von Unternehmenskäufen) zunehmend vorsichtiger geworden und verlangen höhere Eigenkapitalquoten. Aus diesem Grund werden die Kaufpreise nur finanziert, wenn der Eigenfinanzierungsanteil ausreichend hoch ist. Üblicherweise wird von einem Eigenfinanzierungsanteil von mindestens 30 bis 40 % ausgegangen. Die Kreditinstitute achten verstärkt auf die Kaufpreisbestimmung auf Basis einer realistischen und nicht überhöhten Unternehmensbewertung.

9.6 Besicherung Eine wichtige Frage im Zusammenhang mit der Kreditfinanzierung ist die Besicherung der Kreditmittel. In vielen Fällen tauchen hier nicht unerhebliche rechtliche Probleme auf. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, die Kreditmittel über Vermögenswerte, die in dem Unternehmen selbst vorhanden sind, zu besichern. Allerdings sind die Kapitalerhaltungsvorschriften auch bei der Bestellung von Sicherheiten durch das zu erwerbende Unternehmen zu beachten. Als Sicherheit kommen z. B. Maschinen und sonstige Sachanlagen, die sicherungsübereignet werden können, sowie Immobilien, die mit Grundpfandrechten belastet werden können, in Betracht. Es besteht auch die Möglichkeit, die Forderungen gegenüber Kunden aus Lieferungen und Leistungen an die Bank abzutreten. Problematisch ist hierbei jedoch, dass man sich Möglichkeiten zur Besicherung von künftig eventuell erforderlichen Betriebsmittelkrediten bzw. sonstigen Krediten verbaut. Aus diesem Grund sollte mit der Bank möglichst so verhandelt werden, dass nur so viele Sicherheiten, wie absolut notwendig gestellt werden. Aus Sicht der Banken soll ein Finanzierungskonzept meist so dargestellt werden, dass der Blankokreditanteil in maximal vier Jahren getilgt werden wird. Generell kann die Aussage getroffen werden, dass sich ein hoher Anteil von Eigenkapitalfinanzierung durch das Management oder durch Kapitalbeteiligungsgesellschaften positiv auf die Risikobetrachtung der Banken auswirkt. 177

9.7 Strukturierte Finanzierungen Im Rahmen des Erwerbs von Unternehmen gewinnen immer mehr so genannte „strukturierte Finanzierungen“ der Banken an Bedeutung. Dabei stellt die Bank das Kreditrisiko im Wesentlichen auf die zukünftigen Cashflows ab. Die Sicherheiten eines Unternehmens spielen eine untergeordnete Rolle. Die möglichst genaue Analyse und Planung der Cashflows ist entscheidend für den Erfolg einer solchen Finanzierung. Im Rahmen von strukturierten Finanzierungen werden oftmals so genannte „Financial Covenants“ vereinbart. Hierunter ist die Verpflichtung des Kreditnehmers gegenüber der finanzierenden Bank zur Einhaltung bestimmter Bilanzrelationen und Finanzkennzahlen zur Sicherstellung einer bestimmten Bonität zu verstehen. Im Übrigen werden teilweise noch weitere Verpflichtungen des Kreditnehmers, wie z. B. Kapitalbelassungs-, Thesaurierungs- oder Rangrücktrittserklärung vereinbart.

9.8 Finanzierung mit Eigenmitteln Eine Eigenfinanzierung liegt dann vor, wenn Eigenkapital von außen zugeführt wird. Dies hat den großen Vorteil, dass Eigenkapital nicht mit Zins- und Tilgungsverpflichtungen verbunden ist. Außerdem erleichtert dies oftmals den Zugang zu Fremdkapital von Banken. Die Eigenkapitalzuführung kann entweder durch die bestehenden Gesellschafter erfolgen oder auch durch neue Gesellschafter im Rahmen einer Kapitalerhöhung. Im Rahmen eines Unternehmenskaufes ist zu unterscheiden, ob das Unternehmen, welches ein weiteres Unternehmen erwirbt oder sich daran beteiligt, vor dieser Transaktion im eigenen Unternehmen einen neuen Gesellschafter aufnimmt oder aber die Eigenkapitalzuführung direkt im zu erwerbenden Unternehmen erfolgt. Bei der Aufnahme von neuen/weiteren Gesellschaftern haben Kapitalbeteiligungsgesellschaften/Private Equity Gesellschaften eine große Bedeutung. Das Spektrum der direkten Beteiligungen reicht von offenen über stille Beteiligungen bis hin zu Genussrechtskapital (Näheres hierzu später). Beteiligungskapital – auch Private Equity genannt – ist ein Oberbegriff für die unterschiedlichsten Formen von Eigenkapitalfinanzierungen. Darin ist Venture Capital, Beteiligungs-, Mezzanine- sowie Eigenkapital von Privatpersonen inbegriffen. Bei Eigenkapital von Privatpersonen wird zwischen tätiger und nicht tätiger Beteiligung unterschieden. Die nicht im Unternehmen tätigen Eigenkapitalgeber werden oft auch als „Business Angels“ bezeichnet, wenn sie intelligentes Geld, auch „smart mo-

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ney“ genannt, in das Unternehmen geben und den Unternehmern mit fachlichem Rat zur Seite stehen. Die Vorgehensweise von Kapitalbeteiligungsgesellschaften (KBG) bei Eingehen einer Eigenkapitalbeteiligung kann nachfolgender Darstellung entnommen werden: Vorprüfung • Untersuchung der wirtschaftlichen Situation, des (Zukunfts-)Marktes, des Vertriebs, der Kundenstruktur, der Wettbewerbsposition, des Technologiestandes, des Personals, des Standorts • Auswertung der Unternehmensplanung; Ziel: Ermittlung des Unternehmenswertes aus der Sicht der KBG • Abgabe eines indikativen Beteiligungsangebotes Letter of Intent (LOI) • Kaufpreis • Rahmenbedingungen für die Transaktion • Kostenregelung Due Diligence • Sorgfältige Prüfung (betriebswirtschaftlich, steuerlich, rechtlich, branchenspezifisch) • Einschaltung von externen Spezialisten wie Wirtschaftsprüfern, Rechtsanwälten, Branchenexperten. Vertragshandlungen Vertragsabschluss (Signing/Closing) Eine Eigenkapitalfinanzierung kann auch über eine Emission von Aktien an der Börse erfolgen. Auch wenn diese Möglichkeit durch die Verwerfungen am Kapitalmarkt etwas in den Hintergrund getreten ist, stellt sie nach wie vor auch eine Alternative für den Mittelstand dar, sobald sich das Marktumfeld wieder verbessern wird. Dabei zeichnen Privatpersonen sowie institutionelle Anleger (wie z. B. Versicherungsgesellschaften, Fondsgesellschaften) die emittierten Aktien.

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9.8.1

Mezzanine Kapital

Die so genannte „Mezzanine-Finanzierung“ ist eine relativ neue Erscheinung am Kapitalmarkt, mit der die klassische Unterscheidung zwischen Eigen- und Fremdkapital fließender geworden ist. Der Oberbegriff für verschiedene Finanzierungsarten, die zwischen Eigen- und Fremdkapital einzuordnen sind, ist „hybride Finanzierungen“ (gemischte Finanzierungen) oder „Mezzanine-Finanzierung“. Es handelt sich um eigenkapitalähnliches Kapital – meist mit erhöhter Verzinsung und möglicher Gewinnbeteiligung. Im Insolvenzfall haben sie gegenüber den sonstigen Gläubigern nachrangige Ansprüche. Bei der Finanzierung eines Unternehmenskaufes dient Mezzanine-Kapital dazu, die Lücke zwischen Eigen- und Fremdkapital zu schließen. In der Praxis sind beispielsweise so genannte Nachrangdarlehen und stille Beteiligungen als Mezzanine-Finanzierungen zu sehen. Einige Beteiligungsgesellschaften haben sich auf die Vergabe von MezzanineKapital fokussiert. Hierbei handelt es sich um individuelle MezzanineFinanzierungen, die sich deutlich von den im Markt bisher dominierenden Standard-Mezzanine-Programmen unterscheiden. Die letztgenannten Programme stammen meist von Banken, die über Zweckgesellschaften Gelder eingesammelt haben und in großem Stil in bestimmte Zielunternehmen investiert haben. Diese Programme sind aufgrund der jüngsten Bankenkrise überwiegend abgestürzt. Bei individuellen Mezzanine-Finanzierungen finanzieren jedoch Beteiligungsgesellschaften als „stiller“ Gesellschafter im Rahmen einer stillen Beteiligung oder als Genussrechte. Da eine Nachrangabrede (Rangrücktritt) besteht, bedeutet dies eine Stärkung des Eigenkapitals. Der wesentliche Vorteil für den Unternehmer ist, dass die Geschäftspolitik weiterhin von ihm bestimmt wird und dass keine Sicherheiten erforderlich sind. In einigen Bundesländern besteht die Möglichkeit der zusätzlichen Absicherung durch eine Landesgarantie. Diese Mezzanine-Finanzierungen können auch für den Erwerb von Unternehmen verwendet werden. 9.8.2

Nachrangdarlehen

Solche Darlehen sind üblicherweise wie normales Fremdkapital mit einer festen, laufenden Verzinsung ausgestattet und nach einer bestimmten Frist rückzahlbar. Die Unterscheidung zu Fremdkapital besteht darin, dass ein Rangrücktritt und keine Sicherheitenvereinbarungen bestehen. Der Rangrücktritt bedeutet, dass nachrangige Darlehen im Insolvenzfall erst nach den sonstigen Gläubigern bedient werden. Das Risiko für den Investor ist also größer als beim normalen, vorrangig gesicherten Kredit. Im Unterschied zu Eigenkapitalrechten bestehen keine Mitsprache-, sondern lediglich Kontrollrechte des Darlehensgebers. Üblicherweise werden Nachrangdarlehen von Banken vergeben. Zur Erhöhung des An-

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gebotes von Nachrangdarlehen gibt es seit einigen Jahren bei der KfW Mittelstandsbank die Produktgruppe Unternehmerkapital. Neben der festen Verzinsung während der Vertragslaufzeit, wird teilweise am Ende der Laufzeit noch eine ergebnisabhängige Verzinsung vergütet. Wegen des erhöhten Risikopotenzials werden sie zu einem höheren Preis als „normales“ Fremdkapital angeboten. Eine besondere Konstruktion bei Nachrangdarlehen ist eine erfolgsabhängige Eigenkapitalkomponente, der so genannte „Equity Kicker“. Dies kann in Form von Sondervergütungen oder auch in der Form der Einräumung von Bezugsrechten auf Aktien (beispielsweise im Rahmen eines Börsenganges) oder Gesellschaftsanteile erfolgen. Obwohl die Laufzeit flexibel vereinbart werden kann, wird meist eine Laufzeit von fünf bis zehn Jahren vereinbart. 9.8.3

Stille Beteiligungen

Das Wesentliche an einer stillen Beteiligung ist, dass das Beteiligungsverhältnis zwischen Beteiligungsnehmer und Unternehmen nach außen nicht in Erscheinung tritt und daher als „still“ bezeichnet wird. Ein stiller Gesellschafter wird nicht in der öffentlich einsehbaren Gesellschafterliste eines Unternehmens geführt. Gesetzlich ist die stille Beteiligung in den §§ 230 ff. HGB geregelt. Danach nimmt der Gesellschafter stets am Gewinn des Unternehmens teil. Die Höhe kann jedoch frei vereinbart werden. Die typischen stillen Beteiligungen weisen im Gegensatz zum Nachrangdarlehen meist einen variablen Teil der Verzinsung aus, die vom Gewinn abhängig ist. So kann beispielsweise eine Festverzinsung von 7 % und eine variable Verzinsung in Höhe von 5 % vereinbart werden. Sofern das Unternehmen Gewinne erwirtschaftet, wird neben der Festverzinsung auch die variable Verzinsung fällig. Andernfalls entfällt die gewinnabhängige Verzinsung oder aber sie muss nachbezahlt werden, wenn in späteren Jahren wieder Gewinne erzielt werden. Die Renditevorstellungen bei den Kapitalgebern von stillen Beteiligungen liegen meist zwischen 10 und 16 %, sind somit also etwas höher als bei Nachrangdarlehen angesiedelt. Angesichts des höheren Risikos ist dies aus Sicht des Kapitalgebers verständlich. Zu berücksichtigen ist auch, dass dieses Kapital im Insolvenzfall noch hinter einem Nachrangdarlehen zurückstehen muss. Noch eigenkapitalähnlicher ist die atypisch stille Beteiligung (siehe auch nachfolgend Genussscheine). Neben einer festen Verzinsung wird die variable Verzinsung häufig auch noch an die Unternehmenswertsteigerung geknüpft. Somit liegen auch die Renditevorstellungen der Investoren höher, diese können bei ca. 15 bis 20 % liegen. 181

Im Gegenzug dazu gehen die Kapitalgeber von atypisch stillen Beteiligungen auch ein höheres Risiko ein. Die Rückzahlung kann im Gegensatz zu typisch stillen Beteiligungen auch unter dem Nennwert liegen. Aus diesem Grund verlangen manche Kapitalgeber auch Mitspracherechte und werden somit gleichsam zum Mitunternehmer. 9.8.4

Genussscheine

Hierbei handelt es sich ebenfalls um eine mezzanine Finanzierungsform. Der Genussschein stellt die verbriefte Form eines Genussrechts dar. Die Basis für solche Genussrechte sind schuldrechtliche Verträge zwischen dem jeweiligen Unternehmen und den Genussrechtszeichnern Das fremdkapitalnahe Genussrecht gleicht rechtlich einer stillen Beteiligung. Eigenkapitalähnliche Genussrechte sind hingegen einer atypisch stillen Beteiligung ähnlich, jedoch mit dem Unterschied, dass diese nicht gehandelt werden können. Werden solche Rechte verbrieft, spricht man von Genussscheinen. Dazu zählt z. B. das Recht, am Gewinn und Verlust oder am Liquidationserlös einer Gesellschaft teilzunehmen. Es handelt sich um ein gesetzlich nicht geregeltes Wertpapier, das, je nach individueller Ausgestaltung, eher einer Aktie oder einer Anleihe ähnelt. Ihrem Wesen nach liegen Genussscheine daher zwischen Aktien und festverzinslichen Wertpapieren und zählen somit auch zur Mezzanine-Finanzierung. Die mögliche Beteiligung am Verlust ist ein typisch aktienrechtliches Kennzeichen. Die Fest- bzw. Mindestverzinsungen und der Anspruch auf die Rückzahlung des Nennwertes deuten auf den Anleihecharakter der Genussscheine. Bei sämtlichen Genussscheinen ist aber eine Nachrangigkeit des Genussscheinkapitals gegenüber Forderungen anderer Gläubiger gegeben. Daher ist auch die Rendite meist größer als bei festverzinslichen Wertpapieren. Ein gesellschaftsrechtliches Stimmrecht hat der Inhaber eines Genussscheines jedoch regelmäßig nicht. Bisher werden börsennotierte Genussrechte noch von Kreditinstituten, die sich auch auf diesem Wege Kapital beschaffen, dominiert. Angesichts der Möglichkeit, auch kleine Genussscheintranchen emittieren zu können (auch im einstelligen Millionenbereich) dürfte diese Finanzierungsform künftig für kleinere und mittlere Unternehmen eine wachsende Bedeutung bekommen. Genussscheine eignen sich insbesondere bei der Finanzierung von Unternehmenswachstum, Unternehmensakquisitionen oder langfristigen Investitionen. Zudem wirken sich Genussscheine positiv auf das Rating des Unternehmens aus, was wiederum mögliche zukünftige Kreditaufnahmen erleichtert. Genussscheine können unabhängig von der Rechtsform und der Größe des Unternehmens eingesetzt werden.

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Möglich ist auch die Emission von Genussscheinen am Kapitalmarkt. Dies ist sowohl für bereits börsennotierte Unternehmen als auch für bisher nicht börsennotierte Unternehmen (z. B. auch kleinere Unternehmen) denkbar. Der große Vorteil von Genussscheinen liegt darin, dass sie sehr flexibel in der Ausgestaltung ihrer Bedingungen sind und somit für eine maßgeschneiderte Finanzierung mittelständischer Unternehmen eingesetzt werden können. Wenn jedoch eine große Zahl von Investoren, z. B. über eine Börsennotierung angesprochen werden soll, kann sich dies auch als Nachteil erweisen, da Genussscheine verschiedener Emittenten nur schwer miteinander vergleichbar sind. Somit ist eine Markttransparenz praktisch nicht gegeben. Die Vorteile von Genussscheinen und stillen Beteiligungen lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: •

höhere Liquidität zur Finanzierung von Investitionen, Wachstum und Übernehmen,

• Sicherheiten sind nicht nötig, • keine Veränderung der Stimmrechtsverhältnisse trotz der Erhöhung des wirtschaftlichen Eigenkapitals, • keine Stimm- und Einflussnahmerechte der Kapitalgeber, • Eignung für jede Rechtsform, • flexible vertragliche Ausgestaltung nach den jeweiligen unternehmerischen Interessen (Laufzeiten, Höhe der Gewinn- und Verlustbeteiligung, Informationsrechte etc. ), • gute Planbarkeit wegen langer Laufzeiten, • das Volumen ist nicht beschränkt, • Ausweis der Finanzierungsmittel in der Bilanz als Eigenkapital, • Verbesserung des Ratings bei den Banken durch die Eigenkapitalstärkung, • dadurch erweiterter Finanzierungsspielraum bei der Bank, • größere Unabhängigkeit von den (Haus-)Banken, • Minderung der zu versteuernden Gewinne durch Ausschüttungen an typische stille Teilhaber (Betriebsausgaben) • Möglichkeit der Aussetzung in Verlustjahren von Zahlungen an Anteilseigner und Genussrechtsinhaber. Mezzanine-Finanzierungen lassen sich wie folgt in die Systematik der Finanzierungsmöglichkeiten einordnen: 183

Eigenkapital

Finanzinvestoren

Strategische Investoren

-Venture– Capital -Private Equity -Börsengang

- Strategische Beteiligungen

9.8.5

Mezzanine Finanzierung

Fremdkapital

Klassische Instrumente

- Genussscheine - Stille Beteiligungen - Wandel-/ Optionsanleihen - Nachrangdarlehen

- Darlehen - Anleihen - Factoring - Leasing

Strukturierte Konzepte

- AssetBacked Securities - Strukturierte Darlehen

ABS-Finanzierungen

In den letzten Jahren sind so genannte Asset-Backed-Securities (ABS) verstärkt als Finanzierungsform für mittelständische Unternehmen in den Blickpunkt getreten. Dabei handelt es sich um Wertpapiere oder Schuldscheine, die Zahlungsansprüche gegen eine für die ABS-Transaktion gegründete Zweckgesellschaft zum Gegenstand hat. Die Zahlungsansprüche aus den Wertpapieren werden durch einen Bestand von Assets gedeckt, die auf die Zweckgesellschaft übertragen wurden. Als Assets kommen hierbei theoretisch sämtliche Vermögenswerte eines Unternehmens in Betracht. In der Praxis werden bei mittelständischen Unternehmen jedoch hauptsächlich Handelsforderungen übertragen. Die Zweckgesellschaft erwirbt diese Forderungen mit einem Bonitätsabschlag und einem weiteren Abschlag für die Unsicherheit bezüglich des rechtlichen Bestands der Forderung. Diese so ausgestattete Zweckgesellschaft refinanziert sich am Kapitalmarkt durch die Ausgabe von Wertpapieren. Ein wesentlicher Bestandteil dieses Konzeptes ist, dass die Forderungsabtretung an die Zweckgesellschaft keiner Offenlegung bei den Schuldnern bedarf; somit werden die Forderungen weiterhin vom Unternehmen vereinnahmt. Bisher lohnt sich eine derartige Struktur erst bei Forderungen in der Höhe von mittleren zweistelligen Millionenbeträge. Neueste Entwicklungen zeigen jedoch, dass durch standardisierte Konstruktionen unter Einbeziehung von Forderungen mehrere Unternehmen auch Forderungsverbriefungen von einstelligen Millionbeträge kapitalmarktfähig sein können. Abschließend nachfolgend nochmals zusammenfassend die Übersicht über die wesentlichen Arten der Innen- und Außenfinanzierung:

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Innenfinanzierung

Außenfinanzierung

• Finanzierung aus Abschreibungen

• Eigenkapital

• Finanzierung aus Rückstellungen

• Mezzanine-Kapital

• Finanzierung aus betrieblicher Altersvorsorge

• Fremdkapital

• Selbstfinanzierung (einbehaltene Gewinne)

• Subventionen/ Fördermittel

• Finanzierung durch Kapitalfreisetzung • Mitarbeiterbeteiligung

9.9 Einfluss der Transaktionsart Es ist im Rahmen der Finanzierungsalternativen zu unterscheiden, ob es sich bei dem Unternehmenskauf um einen Share Deal oder um einen Asset Deal handelt.

9.10 Share Deal Bei einem Share Deal handelt es sich um eine Veräußerung eines Unternehmens durch Übertragung seines Rechtsträgers, also z. B. Veräußerung eines von einer GmbH betriebenen Unternehmens durch Abtretung aller oder eines Teils der Geschäftsanteile. Beim Kauf von Anteilen bleiben die rechtlichen Verhältnisse des Unternehmens zu seinen Kunden, Lieferanten und Arbeitnehmern unberührt. Der Zustimmung der Vertragspartner bedarf es nicht. Der Gesellschafterwechsel ist für die rechtlichen Verhältnisse der Gesellschaft unerheblich. Für die einzelnen Rechtsformen von Unternehmen stellt sich die Übertragung wie folgt dar: • AG: Inhaberaktien können formfrei durch Einigung und Übergabe übertragen werden.

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• GmbH: Verkauf und Abtretung von Geschäftsanteilen erfolgen in notarieller Form. • OHG/KG: Übertragung, wenn dies gemäß Gesellschaftsvertrag möglich ist oder alle Gesellschafter damit einverstanden sind; Änderungen sind im Handelsregister zu vermerken. Das Vermögen des Unternehmens kann bei einem Share Deal zur Finanzierung eingesetzt werden. So können z. B. die vom Käufer erworbenen Anteile am Unternehmen zur Besicherung von Krediten dienen. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass ein Pfandrecht an Anteilen hinter den Ansprüchen der sonstigen Gläubiger rangiert. Zum anderen können grundsätzlich auch alle anderen Vermögenswerte des gekauften Unternehmens zur Besicherung der Finanzierung eingesetzt werden.

9.11 Asset Deal Bei einem Asset Deal handelt es sich um eine teilweise oder komplette Übertragung der Wirtschaftsgüter des Unternehmens ohne seinen Rechtsträger. Die einzelnen Wirtschaftsgüter gehen wie folgt auf den Erwerber über: • Grundstücke: sowohl das Verpflichtungsgeschäft als auch die dingliche Übertragung (Auflassung) müssen in notarieller Form erfolgen • Vorräte: Einigung und Übergabe • Rechte: z. B. Forderungen werden abgetreten • Verträge: nur mit Zustimmung des Vertragspartners Grund für die Wahl der Transaktionsart Asset Deal ist im Wesentlichen die Steueroptimierung. Diese gliedert sich in der Regel in vier Schritte. Details zur steuerlichen Thematik werden im separaten Kapitel (Steuerliche Aspekte beim Unternehmenskauf und -verkauf) behandelt. • Buchwertaufstockung • Erhöhung der Abschreibung • Erhöhung Cashflow • Aktivierung Firmenwert

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9.11.1 Gestaltungsbeispiel einer Transaktion durch Asset Deal Der komplette Kauf eines Unternehmens („Target“) durch eine Kapitalgesellschaft („Newco“) im Rahmen eines Asset Deals kann folgendermaßen aussehen: Der Kaufpreis der Assets setzt sich aus den ggf. aufgestockten Aktiva des Targets sowie ggf. einem Firmenwert abzüglich der übernommenen Verbindlichkeiten zusammen. Die erworbenen Vermögensgegenstände werden, soweit steuerlich möglich, im Rahmen einer Buchwertaufstockung höher als in der letzten Bilanz bewertet; dadurch werden eventuell vorhandene stille Reserven aufgedeckt. Der restliche Kaufpreis (Differenz von Kaufpreis und Buchwertaufstockung sowie abzüglich der übernommenen Verbindlichkeiten) wird als Firmenwert in der Bilanz der „Newco“ ausgewiesen. Auf die Bilanz der Newco wirkt sich der Kauf wie nachfolgend beschrieben aus: AKTIVA

PASSIVA

Aktiva (Target – ggf. aufgestockt)

Eigenkapital (Newco)

Firmenwert

Gesellschafterdarlehen (Newco) Mezzanine Darlehen (Newco) Bankfinanzierung (Newco) Rückstellungen (Target) Bankfinanzierung (Target) Verbindlichkeiten aus LuL (Target) etc.

Die steuerliche Optimierung in der beschriebenen Konstellation ist des Weiteren abhängig von der Rechtsform des Targets und der steuerlichen Zusammensetzung des Eigenkapitals. Der Finanzierungsbedarf für eine derartige Transaktion kann sich wie folgt zusammensetzen: Kaufpreis + Transaktionskosten + Investitionen + Umlaufvermögen = Finanzierungsbedarf (100 %) 187

Die oben dargestellten Transaktionskosten betreffen u. a. Beratungskosten für die Begleitung der Transaktion durch M&A-Berater, Rechtsanwälte und Steuerberater. Der Finanzierungsbedarf kann durch folgende Finanzierungsmittel abgedeckt werden: • Stammkapital • Stille Beteiligung • Gesellschafterdarlehen • Mezzaninekapital • Darlehen

9.12 Finanzierung mit öffentlichen Mitteln Unter „öffentlichen Mitteln“ sind die Finanzierungshilfen von Förderinstituten des Bundes sowie der Länder an die gewerbliche Wirtschaft zu verstehen. Einen nur annähernd vollständigen Überblick über alle Möglichkeiten an dieser Stelle zu geben, ist aufgrund der Anzahl sowie der Unübersichtlichkeit unmöglich. Die Fördermittel können für den privaten Käufer des Unternehmens in größerem Umfang nur dann genutzt werden, wenn der Unternehmens- oder Beteiligungskauf gleichzeitig mit dem Weg des Käufers in die Selbständigkeit verbunden ist. Eine Grundbedingung für den Erhalt von öffentlichen Fördermitteln ist, dass eine unternehmerische und tätige Beteiligung (mit Geschäftsführungsbefugnis) erworben wird. Wie bei nahezu allen öffentlichen Fördermitteln gilt auch beim Unternehmenskauf, dass die öffentlichen Fördermittel beantragt werden müssen, bevor mit dem Vorhaben begonnen wurde, das heißt bevor das Unternehmen gekauft wurde. 9.12.1 Ausgewählte Finanzierungshilfen Finanzierungshilfen werden in Form von Darlehen, Zuschüssen, Kapitalbeteiligungen oder auch Gewährung von Bürgschaften gewährt. Im Bereich der Finanzierungshilfen ist maßgeblich, ob das Kaufobjekt als „förderungswürdig“ eingestuft wird. Zum Beispiel werden strukturschwache Branchen oder bestimmte Personengruppen als besonders förderungswürdig eingestuft. Seit vielen Jahren werden generell die Personen gefördert, die sich beispielsweise durch einen Firmenkauf selbständig machen. Hierbei ist es jedoch erforderlich, dass der Antragsteller in der Geschäftsleitung tätig und angemessen am Gewinn und Verlust des Unternehmens beteiligt ist. Der Gesellschaftsanteil muss in der Regel mindestens 10 % betragen. Der Antrag einer derartigen Finanzierung ist grundsätzlich über die Hausbank des Antragsstellers zu stellen. Neben diversen 188

vorzulegenden Unterlagen ist insbesondere eine Stellungnahme einer unabhängigen, fachlich kompetenten Institution vorzulegen. Die Finanzierungsstruktur wird üblicherweise im Rahmen eines konkreten Finanzierungsplanes detailliert mit den Förderinstituten erörtert. Eine teilweise Risikoübernahme durch die Förderinstitute bei fehlenden Sicherheiten ist grundsätzlich möglich. Bei den öffentlich geförderten Darlehen haben die bundesweit geltenden KfWProgramme „ERP-Kapital für Gründung“ sowie „Unternehmerkapital KfW-Kapital für Arbeit und Investitionen“ eine große Bedeutung. Daneben gibt es länderspezifische Förderprogramme der jeweiligen Bundesländer, auf die an dieser Stelle aufgrund der Vielzahl nicht näher eingegangen wird. Bei dem KfW-Programm „ERP-Kapital für Gründung“ handelt es sich um ein personenbezogenes Nachrangdarlehen, das unter anderem für den Erwerb eines Unternehmens verwendet werden kann. Mitfinanziert wird in diesem Fall der Kaufpreis des Unternehmens. In den alten Bundesländern und in Berlin kann der Kaufpreis jedoch nur in dem Umfang berücksichtigt werden, soweit die Zahlung nicht in das Unternehmen (sondern an den Altgesellschafter) fließt. Die eingesetzten eigenen Mittel sollen 15 % der Bemessungsgrundlage (meist „Kaufpreis“) nicht unterschreiten. Bei Investitionen über 1,5 Mio. EUR beläuft sich jedoch die Mindestsumme der eingesetzten eigenen Mitteln auf 5 % des Kaufpreises. Mit dem öffentlich geförderten Darlehen (Nachrangdarlehen) kann die Finanzierung bis auf 40 % des Kaufpreises aufgestockt werden, maximal jedoch 500 TEUR pro Antragsteller. Wichtig ist, dass dieses Programm nur einmal je Antragesteller bewilligt werden kann. Dabei ist das so genannte Subsidiaritätsprinzip zu beachten. Sofern der Antragsteller über höhere Eigenmittel (als 15 % bzw. 5 % des Kaufpreises) verfügt, sind diese auch einzusetzen. Sofern diese beispielsweise sich auf 40 % des Kaufpreises belaufen, besteht kein Anspruch auf ein Nachrangdarlehen. Zu diesem Zweck muss jeder Antragsteller eine Selbstauskunft abgeben. Die Laufzeit des Darlehens beträgt 15 Jahre und wird nach sieben tilgungsfreien Jahren in 16 gleich hohen, halbjährlichen Raten getilgt. In den ersten vier Jahren wird der Zinssatz um eine bestimmte Anzahl von Prozentpunkten verbilligt. Es handelt sich um ein risikogerechtes Zinssystem mit unterschiedlichen Preisklassen. Wesentlich ist, dass die persönliche Haftung des Antragstellers Grundvoraussetzung ist. Das durchleitende Kreditinstitut wird von der Haftung für das Nachrangdarlehen freigestellt; somit erfüllt das Nachrangdarlehen Eigenkapitalfunktion. Sanierungsfälle können im Rahmen dieses Förderprogrammes nicht finanziert werden.

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ERP-Kapital für Gründung kann mit anderen Förderprogrammen kombiniert werden. Das KfW-Programm „Unternehmerkapital für Arbeit und Investitionen“ kann von mittelständischen Unternehmen genutzt werden, die bereits seit mehr als drei Jahren am Markt tätig sind. Wesentliche Fördervoraussetzung ist, dass mit der Investition Arbeitsplätze geschaffen oder gesichert werden. Dabei kommt als förderfähige Investition unter anderem der Erwerb eines bestehenden Unternehmens in Betracht. Sofern der Antragsteller die Fördervoraussetzungen erfüllt, besteht das Finanzierungspakt aus einem klassischen Darlehen („KfW-Unternehmerkredit“) und aus einem Nachrangdarlehen („Nachrangtranche“). Fremdkapital- und Nachrangtranche sind obligatorisch gleich groß. Die Kreditlaufzeit beträgt zehn Jahre. Der Zinssatz wird unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers (Bonität) und der Werthaltigkeit der für den Kredit gestellten Sicherheiten von der Hausbank festgelegt. Die Einordnung erfolgt jedoch in die von der KfW vorgegebenen Bonitätsklassen und Besicherungsklassen. Aufgrund des erhöhten Risikos sind die Zinssätze der Nachrangtranche natürlich höher als die der Fremdkapitaltranche. Nach zwei möglichen tilgungsfreien Anlaufjahren erfolgt die Tilgung der Fremdkapitaltranche in vierteljährlichen Tilgungsraten. Die Tilgung der Nachrangtranche erfolgt in zwölf gleich hohen, vierteljährlichen Raten zum Ende der zehnjährigen Laufzeit. Die Fremdkapitaltranche ist banküblich zu besichern. Für die Nachrangtranche sind vom Unternehmen keine Sicherheiten zu stellen. Das durchleitende Kreditinstitut wird von der Haftung für die Nachrangtranche freigestellt. 9.12.2 Mittelständische Beteiligungsgesellschaften Unter Finanzierungshilfen sind auch die öffentlich geförderten Kapitalbeteiligungsgesellschaften zu nennen. In nahezu allen Bundesländern gibt es so genannte „Mittelständische Beteiligungsgesellschaften“, die Beteiligungsübernahmen in Form von Gewährung von stillen Beteiligungen fördern. Wesentliche Voraussetzungen für die Gewährung einer stillen Beteiligung sind das Vorliegen eines erfolgsversprechenden Übernahmekonzepts sowie die persönliche (Teil-) Garantie des Unternehmenskäufers. Die stillen Beteiligungen haben üblicherweise eine Laufzeit von zehn Jahren. Die Beteiligungsentgelte setzen sich aus einem Festentgelt und einer gewinnabhängigen Komponente zusammen. Die stillen Beteiligungen können zur Mitfinanzierung von Unternehmensübernahmen verwendet werden.

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9.12.3 Bürgschaftsbanken Auch die Einbeziehung von Bürgschaftsbanken ist bei der Finanzierung von Unternehmenskäufen eine denkbare Alternative. Bürgschaftsbanken sind Selbsthilfeeinrichtungen des Mittelstandes. Handwerkskammern, Industrie- und Handelskammern, Banken und Sparkassen sowie in einigen Bundesländern sind auch Versicherungsunternehmen an ihnen beteiligt. Bürgschaftsbanken übernehmen Ausfallbürgschaften für Kredite aller Art und für jeden wirtschaftlich vertretbaren Zweck, so z. B. auch für die Finanzierung von Unternehmenskäufen. Für Unternehmen oder auch Gesellschafter, denen wegen fehlender Absicherung kein oder kein ausreichender Kredit gewährt würde, besteht die Möglichkeit, eine Ausfallbürgschaft zu erhalten. Selbstverständlich muss das Finanzierungsvorhaben betriebswirtschaftlich sinnvoll sein. Die Übernahme von Bürgschaften im Zusammenhang mit Sanierungsunternehmen ist ausgeschlossen. Es ist wichtig zu beachten, dass Bürgschaften der Bürgschaftsbanken lediglich fehlende Sicherheiten auf der Grundlage geordneter betriebswirtschaftlicher Gesamtverhältnisse ersetzen. Bürgschaften ersetzen also keine fehlende Bonität. Ausfallbürgschaften können für Unternehmen bis zu bestimmten Größenordnungen (auch mehrfach) übernommen werden. Für die Kreditinstitute sind diese Ausfallbürgschaften vollwertige Kreditsicherheiten, da diese im Interesse der Mittelstandsförderung von der Bundesrepublik Deutschland und den Bundesländern rückverbürgt sind. Der Antrag wird in der Regel über die finanzierende Hausbank bzw. über eine Beteiligungsgesellschaft gestellt. Wichtig ist, die Hausbank und die Bürgschaftsbank frühzeitig in die Überlegungen und Finanzierungsgespräche einzubinden. Die Bürgschaft darf im Rahmen von Unternehmenskäufen üblicherweise maximal 80 % des zu gewährenden Kredites nicht übersteigen. Eine wesentliche Voraussetzung ist die persönliche Mitverpflichtung der Gesellschafter. Für die Übernahme der Bürgschaft berechnet die Bürgschaftsbank eine einmalige Bearbeitungsgebühr (ca. 1 % der genehmigten Bürgschaftssumme) sowie eine laufende Avalprovision (ca. 0,8 % p. a.). Die Bearbeitungsdauer bis zur Entscheidung der Bürgschaftsanfrage beläuft sich in der Regel auf max. drei bis vier Wochen. Die jeweils zuständige Bürgschaftsbank in den Bundesländern ist aus der Internetseite des Verbandes der Bürgschaftsbanken e. V. (www.vdb-info.de) zu entnehmen.

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9.13 Sonderformen der Finanzierung 9.13.1 Finanzierung über Verkäuferdarlehen In den letzten Jahren konnte man des Öfteren beobachten, dass zur Finanzierung von M&A-Transaktionen so genannte Verkäuferdarlehen eingesetzt wurden. Besonders in konjunkturell schwierigen Zeiten, in denen Fremdkapitalgeber bei der Finanzierung von Transaktionen vorsichtiger sind, wird dieses Instrument häufiger verwendet. Die Grundstruktur eines Verkäuferdarlehens, oder auch Vendor Loan genannt, ist, dass ein Teil des Kaufpreises in ein Darlehen umgewandelt wird, welches erst zu einem späteren Zeitpunkt an den Verkäufer zurückbezahlt wird. Die Tilgung erfolgt dann entweder in mehreren Raten oder in einer Summe am Ende der Laufzeit. Dadurch verschafft sich der Käufer finanziellen Spielraum in der Finanzierung der Transaktion. Der Veräußerer tritt – aus gesellschaftsrechtlicher Sicht – also von der Position des Anteilseigeners in die eines Darlehensgebers. Üblicherweise ist das Verkäuferdarlehen nachrangig im Verhältnis zu den von den Banken für die Transaktion gegebenen Krediten. Das heißt, dass im Insolvenzfall die Banken vorrangig gegenüber dem Darlehensgeber bedient werden. In der Regel wird dieses Darlehen ohne Sicherheit gegeben. Die Laufzeit kann bis zu acht oder sogar zehn Jahren andauern. Durch derartige Regelungen ist das Verkäuferdarlehen für den Veräußerer oftmals sehr riskant mit hohem Ausfallrisiko verbunden. Er hat deshalb ein großes Interesse, dieses Risiko so weit wie möglich zu begrenzen – insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Darlehensgeber keinerlei Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen und somit auf die Geschäftsentwicklung mehr hat. Eine Möglichkeit dazu besteht darin, dass bis zur Tilgung von Verkäuferdarlehen keine oder nur geringe Gewinnausschüttungen vorgenommen werden können. Auch kann beispielsweise geregelt werden, dass anderweitige Gesellschafterdarlehen erst nach der Rückführung des Verkäuferdarlehens getilgt werden dürfen. Außerdem besteht die Möglichkeit, in die Vereinbarung für ein Verkäuferdarlehen eine so genannte Change-of-Control-Klausel aufzunehmen. Dies bedeutet üblicherweise, dass bei einem Gesellschafterwechsel das Verkäuferdarlehen sofort fällig wird. Verkäuferdarlehen sind aufgrund ihres erhöhten Risikos meist mit einem vergleichsweise hohen Zinssatz ausgestattet. In der Praxis sind sogar Zinssätze bis 20 % p. a. zu beobachten. Ein Anreiz für den Käufer kann so gestaltet werden, dass der Zinssatz im Laufe der Zeit steigt. Dadurch wird er bemüht sein, das Darlehen möglichst rasch zu tilgen. Um den Käufer liquiditätsmäßig noch weiter zu entlasten, wird teilweise auch vereinbart, dass sämtliche Zinsen nicht quartalsweise, sondern erst am Laufzeitende bezahlt werden. Der Käufer muss natürlich 192

die teilweise hohen Zinszahlungen in der Gesamtfinanzierungsstruktur der Transaktionen berücksichtigen, da die Zinsen den ausschüttbaren Gewinn und damit auch die Höhe der möglichen Tilgungen für die weiteren Akquisitionsdarlehen vermindern. Letztlich sind die Detailbedingungen eines Verkäuferdarlehens Teil der Kaufpreisverhandlung. Kommt beispielsweise der Verkäufer dem Käufer mit einem eher niedrigen Kaufpreis entgegen (um ihm dadurch die Finanzierung zu vereinfachen), kann der Verkäufer eher auf für ihn gute Bedingungen beim Verkäuferdarlehen drängen (z. B. hoher Zinssatz usw.). Selbstverständlich wird ein Verkäufer eher auf einen Verzicht oder aber auf ein niedriges Verkäuferdarlehen drängen. Gerade in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld kann ein Verkäuferdarlehen jedoch das Scheitern einer Transaktion vermeiden. Wichtig ist dabei, dass in den langfristigen Cashflow-Planungen die Tilgung der Darlehen berücksichtigt wird. Insbesondere bei Leveraged-Buy-out–Transaktionen (LBO) haben Verkäuferdarlehen eine große Bedeutung, da die Rendite für das vom Finanzinvestor eingesetzte Eigenkapital steigt, je höher der Fremdkapitalanteil der Gesamtfinanzierung ist. Sofern einem Verkäufer die Gewährung eines Verkäuferdarlehens zu riskant ist, wäre eine weitere Alternative die Besicherung eines von einem Kreditinstitut ausgereichten Akquisitionsdarlehen durch den Verkäufer. Konkret bedeutet dies, dass durch den Verkäufer eine (Teil-)Besicherung des Bankdarlehens erfolgt. 9.13.2 Owner-Buy-out Eine weitere besondere Finanzierungsalternative eines Unternehmenskaufes ist der Owner-Buy-out. Dabei werden die Anteile im ersten Schritt an einen Investor veräußert und im zweiten Schritt durch die bisherigen Gesellschafter entweder ganz oder teilweise über eine Erwerbergesellschaft zurückerworben. Oftmals erfolgt dies im Rahmen der Nachfolgeregelung. Hintergrund ist, dass bei vielen mittelständischen Familienunternehmen der Großteil des privaten Gesamtvermögens oftmals im Unternehmen gebunden und nicht oder kaum liquidierbar ist. Im Rahmen eines Owner-Buy-out kann die persönliche Vermögenssituation der Gesellschafter neu geordnet bzw. diversifiziert werden. Ein OwnerBuy-out kann auch bei einer notwendigen Auszahlung von einzelnen Erben oder Auszahlungen von Familiengesellschaftern durch Austritt angewandt werden. Sofern lediglich ein Teil der Anteile zurückerworben wird, kann der Altgesellschafter einen Teil des Unternehmenswertes realisieren. Gleichzeit behält sich der Altgesellschafter die Chance an der Unternehmenswertsteigerung, die ggf.

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durch den neuen Eigentümer aufgrund seiner besseren Finanzierungsmöglichkeiten etc. besser erreicht werden kann, zu partizipieren. Insbesondere Finanzinvestoren und die finanzierenden Banken sehen es gerne, wenn sich die Altgesellschafter über die Erwerbergesellschaft wieder am Unternehmen beteiligen. Eine wichtige Frage ist dabei, welcher Unternehmenswert für die Rückbeteiligung zugrunde gelegt wird. Da die Erwerbergesellschaft meist mit den Akquisitionsdarlehen belastet ist, ergibt sich – zumindest in der Anfangsphase – ein geringerer Unternehmenswert im Vergleich zum Unternehmenswert des veräußerten Unternehmens. Außerdem sollte der Gesellschafter, der sich im Rahmen eines Owner-Buy-out an der Erwerbergesellschaft beteiligt auf möglichst optimale Veräußerungsmöglichkeiten seiner Beteiligung achten. Beispielsweise kann vereinbart werden, dass der Finanzinvestor in der Zukunft zu einem bereits heute festgelegten Bewertungsmodus (z. B. EBIT-Multiplikator) erwerben kann und – sofern der Finanzinvestor das gesamte Unternehmen veräußern möchte – dieser gewährleistet, dass der Erwerber auch die Anteile des Altgesellschafters mit übernimmt. Durch die Erwerbergesellschaft können unter Umständen steuerliche Abschreibungseffekte zum Vorteil aller Beteiligten ausgenutzt werden. Die Strukturierung eines Owner-Buy-Outs bedarf einer besonderen M&AExpertise. 9.13.3 LBO (Leveraged Buy-out) Der „Leveraged Buy-out“ (LBO) ist eine besondere Form des fremdfinanzierten Unternehmenskaufes. Ein Leveraged Buy-out ist ein überwiegend durch Fremdkapital finanzierter Kauf eines Unternehmens durch Investoren zusammen mit dem Management des Unternehmens, die in der Regel selbst dem Käuferkreis angehören. Da Eigenkapital aus ökonomischer Sicht am teuersten ist, wird möglichst wenig Eigenkapital eingesetzt. Durch die jüngste Finanzmarktkrise wurden jedoch deutlich die Grenzen dieser Finanzierungsmöglichkeit aufgezeigt. Kleinere und mittlere Transaktionen im zweistelligen Millionbereich, die entweder von einer Bank oder von einem relativ kleinen Konsortium verschiedener Banken, die die Kredite in ihren eigenen Büchern behalten und nicht an den Kapitalmarkt weiterreichen, funktionieren jedoch nach wie vor – sofern es sich um realistische Unternehmenswerte handelt. Da jedoch die Refinanzierungskosten für die Banken erheblich gestiegen sind, achten die Kreditinstitute verstärkt auf das Risiko und die eigene Profitabilität. Die Banken unterscheiden bei Leveraged Buy-outs meist zwischen so genannten Senior Loans und Junior Loans. Senior Loans beschreiben die vorrangig besicherten Kredite der Banken. Junior Loans sind nachrangige Darlehen, die zwischen Eigen- und Fremdkapital angesiedelt sind. In der Regel sind diese mit einem fes-

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ten und hohen Zinssatz sowie zusätzlich einer gewinnabhängigen Komponente ausgestattet. Beim Leveraged Buy-out geht es letztlich darum, die entstehenden Lasten aus der hohen Fremdfinanzierung des Anteilskaufs soweit wie möglich auf das zu erwerbende Unternehmen abzuwälzen. Hierbei sind die Erfordernisse einer hohen Fremdfinanzierung zu beachten. So werden als Sicherheit für das Fremdkapital so weit möglich die Vermögensgegenstände des erworbenen Unternehmens verwendet. Die Rückzahlung und Verzinsung des Fremdkapitals erfolgt durch den Gewinn bzw. Cashflow des Unternehmens (im Wesentlichen in Form von Gewinnausschüttungen). Es ist grundsätzlich auch möglich, dass die Zins- und Tilgungsbelastung durch das erworbene Unternehmen getragen werden und diese Beträge als Forderungen des Unternehmens gegenüber dem Gesellschafter bilanziert werden. Hier bedarf es jedoch einer professionellen Einschätzung der Investoren, da in diesem Segment in der Vergangenheit auch immer wieder unseriöse Finanzinvestoren agierten, die quasi das zu erwerbende Unternehmen zu ihrem eigenen Vorteil ausbeuten. Die Vorgehensweise der so genannten „Heuschrecken“ ist oft dadurch gekennzeichnet, dass nicht nur eine von dem Käufer gegründete neue Gesellschaft mit dem Zielunternehmen verschmolzen wird, sondern dass unmittelbar danach das ausschüttbare Eigenkapital zu Gunsten des Investors ausbezahlt wird und außerdem das Unternehmen mit weiterem Fremdkapital belastet wird. Diese zusätzlichen Belastungen können die Unternehmen insbesondere in schwierigen konjunkturellen Zeiten zwingen, sehr schnell zum Nachteil der Mitarbeiter und sonstigen Geschäftspartnern einschneidende Sanierungsmaßnahmen einzuleiten. Sofern die Gesamtkapitalrendite eines Unternehmens nicht höher ist als die Fremdkapitalverzinsung und das Unternehmen keine ausreichende Liquiditätsausstattung ausweist, wird ein LBO eine nicht zu unterschätzende Problemsituation in einem Unternehmen auslösen. Dennoch dürfen die Vorteile der Nutzung des weiter vorne bereits erwähnten „Leverage-Effektes“ nicht verkannt werden. Unter Ertragsaspekten ist aus Sicht des Käufers eine Fremdfinanzierung solange vorteilhaft, wie die aus der geplanten Akquisition erwarteten Erträge über den Kosten des Fremdkapitals liegen. Die Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital erhöht sich dann mit steigendem Fremdfinanzierungsanteil. Anders ausgedrückt, ist dann die Gesamtkapitalrendite höher als die Zinsen auf das Fremdkapital. Ein weitere Problematik bei einem LBO kann darin liegen, dass, wie bereits weiter oben beschrieben, teilweise große Teile des Vermögens für die Besicherung der LBO-Finanzierung verwendet werden und somit nicht mehr für die Besicherung von eventuell erforderlichen Betriebsmittelfinanzierungen oder sonstigen Finanzierungen zur Verfügung stehen. Neben den dinglichen Sicherheiten werden z. B. Forderungen abgetreten und immaterielle Rechte wie z. B. Lizenzen, Warenzeichen etc. verpfändet. Des Weiteren muss bei LBO’s damit gerechnet werden, dass über längere Zeiträume hinweg keine oder nur sehr eingeschränkte 195

Gewinnausschüttungen möglich sind. Somit kommen für LBO’s typischerweise nur Gesellschaften in Frage, die sich in einer gewissen Reifephase befinden und kein sehr hohes liquiditätsintensives Wachstum mehr haben. Insbesondere bei einem Kauf eines Unternehmens mit der Absicht, dieses Unternehmen in relativ kurzer Zeit nach Schaffung eines erhöhten Unternehmenswertes wieder zu veräußern, ist es aus betriebswirtschaftlicher Sicht am rentabelsten, wenn so wenig wie möglich Eigenkapital eingesetzt wird und der Zeitraum zwischen Kauf und Wiederverkauf des Unternehmens sehr kurz gehalten ist. Dadurch kann unter Umständen eine bessere Eigenkapitalverzinsung für den Investor erreicht werden, als durch eine länger andauernde Ertrags- und der damit verbundenen Wertsteigerung des Unternehmens mit einem erhöhten Eigenkapitaleinsatz. Der reduzierte Einsatz von Eigenkapital zwingt in aller Regel jedoch zu diversen betriebsinternen Maßnahmen, wie z. B. eine Restrukturierung mit dem Ziel der rückläufigen Kapitalbindung durch Erhöhung der Lagerumschlagshäufigkeit bzw. Lagerabbau, Verbesserung oder Einführung eines Liquiditätsmanagements und Verkauf nicht betriebsnotwendiger Wirtschaftsgüter. 9.13.4 LBO – Asset Deal oder Share Deal Durch die Strukturierung eines LBO’s als Asset Deal gehen die Vermögenswerte des Unternehmens direkt in das Eigentum des Käufers und können dann direkt zur Absicherung der ggf. erforderlichen Finanzierung des Anteilskäufers eingesetzt werden. Aus diesem Grund und auch aus steuerlichen Überlegungen wird diese Alternative von den Erwerbern im Rahmen eines LBO bevorzugt. Aus anderen Gründen, insbesondere die rechtlicher und wirtschaftlicher Natur sind (z. B. müssen für die Übertragung von Vertragsverhältnisse keine Zustimmungen eingeholt werden) und steuerlichen Nachteilen für den Veräußerer, wird in der Praxis doch meist der Share Deal bevorzugt. In Verbindung mit den obigen Ausführungen sind die Grundsätze der Kapitalerhaltung und das Verbot der Einlagenrückgewähr (z. B. Problem der Sicherheitenstellung zu Gunsten eines Gesellschafters) zu beachten. Diese Vorschriften differieren allerdings in den verschiedenen Rechtsformen.

9.14 Checklisten für die Unternehmensfinanzierung Im Rahmen eines Unternehmenskaufs sind eine Vielzahl von Punkten zu beachten. Die nachfolgende Checkliste enthält auszugsweise die insbesondere im Zusammenhang mit dem Unternehmenswert (Kaufpreis) sowie der Finanzierung des Unternehmenskaufs wichtigen Punkte, die bzgl. des zu erwerbenden Unternehmens zu prüfen sind.

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Wirtschaftliche Situation – Kosten • Wie hat sich die Kostenstruktur der letzen fünf Jahre verändert (in % vom Jahresumsatz absolut und in Bezug zum Beispiel auf ein Basisjahr)? • Wie haben sich Lagerumschlag, Wareneinsatz etc. verändert? • Welche kalkulatorischen Kosten sind anzusetzen (kalk. Unternehmerlohn, ggf. Mieten etc.)? • Wie kann sich die Kostenstruktur nach der Übernahme verändern? • Wie wurde abgeschrieben und was ist daraus ersichtlich (Neuinvestitionsbedarf)? Gewinne • Wie verlief die Gewinnentwicklung und welche Gewinne sind in der Zukunft zu erwarten? • Wurden außerordentliche Erträge vereinnahmt? Welche davon werden Sie nach dem Kauf realisieren können? • Bei Firmengruppen: Welche Gewinnverschiebungen gibt es durch Verrechnung einzelner Firmen innerhalb einer Firmengruppe? Wirtschaftliche Situation – Vermögen Aktiva (Vermögen oder Mittelverwendung) • Welche Vermögensstände gibt es? • Wie stehen sie zu Buch und wie sind sie aktuell zu bewerten? • Welche Vermögenswerte sind nicht betriebsnotwendig? • Gibt es Verfügungsbeschränkungen an Vermögensgegenständen (Eigentumsvorbehalt, Sicherungsübereignungen)? • In welchem Zustand und auf welchem Niveau befindet sich der Maschinenpark? • Welche Neuinvestitionen werden nach der Übernahme erforderlich? • Welche Vorräte sollen übernommen werden? • Gibt es diese tatsächlich und ist ihr Preis realistisch? • Sind sie noch verkäuflich? • Ist das Lager ausreichend oder muss es nach der Übernahme erweitert werden? 197

• Welche Forderungen gibt es? • Werden diese mitverkauft? • Sind diese einbringlich? Passiva (Kapital oder Mittelherkunft) •

Wie ist das Unternehmen finanziert?

• Wie muss es ggf. umfinanziert werden? • Wurden mögliche „Spielräume“ genutzt (Pauschalwertberichtigungen, Rückstellungen)? • Gibt es Liquiditätsprobleme? • Bestehen langfristige Liquiditätsbelastungen aus Rückstellungen oder sonstigen Verpflichtungen (z. B. Pensionsrückstellungen, die nicht rückgedeckt sind?)

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10 Rechtliche Aspekte beim Unternehmenskauf Stefan Nüsser 10.1 Die Prüfung des Unternehmens – Due Diligence 10.1.1 Überblick Nach einer ersten Interessebekundung und Unterzeichnung einer Vertraulichkeitserklärung erhält der Kaufinteressent weiterführende Informationen zum Zielunternehmen. Dies erfolgt oft in Form eines so genannten „Verkaufsmemorandums“. Es enthält im Idealfall eine Beschreibung des Unternehmens, wichtige Kennzahlen sowie eine Finanz- und Erfolgsplanung. Auf Basis dieser – ungeprüften – Angaben wird der Käufer ein erstes Kaufpreisangebot unterbreiten und die Parteien werden einige Eckpunkte zur Durchführung der Transaktion bestimmen. Diese Eckpunkte werden häufig in einer gemeinsamen „Absichtserklärung“ („Letter of Intent“ bzw. „LOI“) niedergelegt. Der Käufer wird sich mit diesem Angebot jedoch nur für den Fall binden wollen, dass die vom Verkäufer gemachten Angaben tatsächlich zutreffend sind und die Übernahme des Zielunternehmens für ihn auch nicht mit besonderen Risiken verbunden ist. Weiterhin wird er auch feststellen wollen, inwieweit sich der Erwerb in steuerlicher Hinsicht optimieren lässt. Das Management des Käuferunternehmens wird diese Prüfung auch durchführen lassen, um die Einhaltung der kaufmännisch gebotenen Sorgfalt im Rahmen der Transaktion zu dokumentieren. Es beugt damit dem Vorwurf pflichtwidrigen Verhaltens vor, sollten nach Vollzug des Kaufs beim Kaufobjekt Probleme auftreten. Aus diesem Grunde wird der Kaufinteressent sein Angebot unter dem Vorbehalt der zufriedenstellenden Prüfung des Zielunternehmens unterbreiten. Für diese Überprüfung des Kaufobjektes hat sich die Bezeichnung „Due Diligence“ etabliert, dies bedeutet – wörtlich übersetzt – „gebotene Sorgfalt“. Die „Spielregeln“ zur Durchführung der Due Diligence (Zeitraum, Ablauf, etc.) werden in der Regel zwischen den Parteien schriftlich niedergelegt. Dies geschieht im Rahmen des LOI oder durch gesonderte Due Diligence Vereinbarung. Unterlagen werden häufig auch nur nach Unterzeichnung einer weiteren detaillierten Vertraulichkeitsvereinbarung überlassen. Nach Bereitstellung der Informationen und Beantwortung ergänzender Fragen werden die Informationen vom Kaufinteressenten ausgewertet und die Ergebnisse dieser Prüfung in einem schriftlichen Bericht niedergelegt („Due Diligence Bericht“). Dieser wird den die Transaktion finanzierenden Banken oder den Aufsichtsgremien des Käuferunternehmens vorgelegt. Diese machen ihre Investiti-

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onsentscheidung/Finanzierung regelmäßig von einem zufriedenstellenden Ergebnis der Due Diligence abhängig. Teilweise wird auch vom Verkäufer selbst vor Eintritt in konkrete Vertragsverhandlungen eine Due Diligence beauftragt und durchgeführt. Der Verkäufer möchte damit bereits im Vorfeld Probleme erkennen und beseitigen und bereitet gleichzeitig die Unterlagen vor, die dem Käufer zur Verfügung gestellt werden. Im Idealfall bestätigen sich die vom Verkäufer gemachten Angaben vollständig. Sollte dies nicht der Fall sein, so wird der Käufer vom Verkäufer eine Kaufpreisanpassung oder verschiedene „Reparaturmaßnamen“ vor Erwerb verlangen und gegebenenfalls auch eine Freistellung von als besonders relevant erachteten Risiken. Im Interesse beider Parteien sollte möglichst konkret festgehalten werden, welche Informationen dem Käufer übermittelt wurden. Gerade der Verkäufer sollte zur Vermeidung von Haftungsansprüchen des Käufers auf diese Dokumentation besonderen Wert legen. 10.1.2 Motive für die Due Diligence Prüfung Die Durchführung einer Due Diligence erfolgt insbesondere aus folgenden Gründen: • Überprüfung der vom Verkäufer zum Unternehmen gemachten Angaben • Ermittlung des IST-Zustands des Unternehmens • Aufdeckung von Risiken im Unternehmen • Überprüfung der Plausibilität der vom Verkäufer vorgelegten Unternehmensplanung • Ermittlung eventueller Synergieeffekte bei Erwerb des Zielunternehmens • Vorbereitung der steuerlichen Strukturierung der Transaktion • Prüfung der Angemessenheit des Kaufpreises 10.1.3 Gegenstand der Prüfung Umfang und Inhalt einer Due Diligence sind bei keiner Transaktion identisch. Dennoch gibt es eine Grobstruktur für die Prüfung, die auf nahezu jede Transaktion Anwendung findet. Die Due Diligence erstreckt sich in den meisten Fällen zumindest auf das Finanz- und Rechnungswesen, die steuerliche sowie die rechtliche Situation des Unternehmens sowie verschiedene kaufmännische Aspekte (z. B. Kundenstruktur, Lieferanten, Preise und Marktsituation). Sie teilt sich damit in verschiedene Einzelprüfungen auf, für die sich eigene Bezeichnungen entwickelt haben. 200

Nachfolgend sind die wichtigsten Teilprüfungen und Prüfungsgegenstände aufgeführt: • Financial Due Diligence o Überprüfung der Jahresabschlüsse auf Vollständigkeit und Richtigkeit o Überprüfung der laufenden betriebswirtschaftlichen Auswertung o Überprüfung der Planrechnungen (Erfolgs- und Finanzplanung) o Prüfung der Liquiditätssituation/Ermittlung des Cash Flow • Tax Due Diligence o Überprüfung der Richtigkeit der abgegebenen Steuererklärungen o Aufdeckung von Risiken bezüglich steuerlicher Nachveranlagungen (z. B. verdeckte Gewinnausschüttungen, Umsatzsteuernachzahlungen) o Ermittlung etwaigen nach der Transaktion zur Verfügung stehenden Abschreibungspotenzials o Ermittlung der durch die Transaktion eintretenden Besteuerungsfolgen für das Zielunternehmen • Legal Due Diligence o Prüfung der Rechte des Verkäufers an den zu verkaufenden Gesellschaftsanteilen o Feststellung der gesellschaftsrechtlichen Situation (ordnungsgemäße Gründung, Kapitalerhöhungen, Unternehmensverträge) o Prüfung der wichtigsten Verträge mit Kunden, Lieferanten, Versorgern o Feststellung der arbeitsrechtlichen Situation des Zielunternehmens (Arbeitsverträge, weitere den Arbeitnehmern gewährte Leistungen, gerichtliche Auseinandersetzungen, Pensionszusagen) o Inhaberschaft des Unternehmens an wichtigen Vermögensgegenständen, Belastung mit Rechten Dritter (z. B. Inhaberschaft an gewerblichen Schutzrechten, Belastung des Anlage- und Umlaufvermögens mit Pfandrechten oder Sicherungsrechten (z. B. Globalzession, Sicherungsübereignung)

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o Vorliegen der für den Geschäftsbetrieb notwendigen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen, Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen o Prüfung etwaiger Risiken aus Prozessen, Verwaltungsverfahren • Commercial Due Diligence o Analyse der Kunden- und Lieferantenstruktur o Prüfung der Kalkulation, Margenentwicklung o Analyse des Marktes o Analyse des Mitarbeiterbestandes (Organisationsstruktur, Alter, Vergütung, Identifizierung der Schlüsselmitarbeiter) Daneben werden bei Bedarf auch weitere Punkte wie z. B. die Versicherungssituation, technische Fragen oder Umweltfragen in die Prüfung einbezogen. 10.1.4 Vorbereitung Die Durchführung einer Due Diligence Prüfung ist nicht nur auf Seiten des Käufers aufwendig, auch beim Verkäufer werden erhebliche Arbeitskapazitäten gebunden. Neben der Schaffung der „technischen Rahmenbedingungen“ besteht die Hauptarbeit auf Verkäuferseite in der Beschaffung und Zusammenstellung der Prüfungsunterlagen. Die übrigen „Rahmenbedingungen“ (Einrichtung eines Datenraums, Aufstellung der Datenraumregeln) werden häufig durch externe M & A Berater des Verkäufers geschaffen. 10.1.5 Ablauf Der Ablauf der Due Diligence lässt sich in folgende Phasen einteilen: • Zusammenstellung der Unterlagen/Einrichtung eines „Datenraums“ durch Verkäufer • Präsentation des Unternehmens durch Verkäufer • Offenlegung der Informationen/Auswertung der Unterlagen durch Käufer • Einreichung von Fragen und Dokumentenanforderungen durch Käufer • Beantwortung von Fragen/Ergänzung von Unterlagen • Gegebenenfalls gemeinsamer „Expertentermin“ zur Klärung offener Fragen • Erstellung der Due Diligence Berichte durch Prüfungsteams

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Während der Prüfungsphase muss auf Verkäuferseite ständig ein Ansprechpartner für die Prüfungsteams bereitstehen. Neben dem Tagesgeschäft kann der Unternehmer dies oft nicht leisten und bedient sich hierfür ebenfalls eines M & A Beraters oder zumindest seines Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers und/oder Rechtsanwaltes. 10.1.5.1 Bereitstellung von Unterlagen

Gerade, wenn möglicherweise mit mehreren Interessenten verhandelt werden soll, empfiehlt es sich für den Verkäufer, einen Satz Unterlagen selbst zusammenzustellen und den Kaufinteressenten zur Einsicht zur Verfügung zu stellen. Die Unterlagen werden hierbei teilweise dem Kaufinteressenten in elektronischer Form oder als Kopie übermittelt, in Ordnern in einem „Datenraum“ zur Einsicht bereitgestellt oder auf einer zugangsbeschränkten Internetseite („virtueller Datenraum“) zur Verfügung gestellt. Zur Wahrung der Vertraulichkeit ist die Bereitstellung der Unterlagen unter Aufsicht in einem Datenraum (oder virtuell) die vorzugswürdige Variante. Alternativ können die Unterlagen auch erst auf Anforderung durch den Käufer zusammengestellt werden. Über den Gesamtbestand der Unterlagen wird ein Inhaltsverzeichnis erstellt („Datenraumindex“), welches dem Kaufinteressenten bei der Prüfung die Orientierung erleichtert. Der Verkäufer wird auch genau regeln, wann und wie lange Unterlagen eingesehen werden dürfen, ob diese kopiert werden dürfen und wer für etwaige Rückfragen kontaktiert werden darf („Datenraumregeln“). Etwaige Fragen sollten sodann auch immer nur in Bezug auf einzelne Dokumente zugelassen werden. 10.1.5.2 Due Diligence Bericht

Die Ergebnisse der Due Diligence werden in einem Bericht niedergelegt. Dem Bericht ist eine kurze Zusammenfassung der wesentlichen Feststellungen – insbesondere zu etwaigen Risiken – vorangestellt. Diese Berichte der einzelnen Prüfungsteams sind regelmäßig der Bank des Käufers vorzulegen. Auf Basis dieses Berichtes wird sodann auch der Kaufvertrag ausverhandelt. Hierbei werden dem Verkäufer sodann Verpflichtungen zur Beseitigung der in der Due Diligence aufgedeckten Probleme oder zur Übernahme dieses Haftungsrisikos (z. B. durch Freistellungen) auferlegt. 10.1.5.3 Verwertung der Due Diligence Ergebnisse

Im Rahmen des Kaufvertrages wird häufig dokumentiert, welche Informationen dem Käufer während der Due Diligence zur Verfügung gestellt wurden. Der Verkäufer wird versuchen seine Haftung für etwaige Risiken des Zielunternehmens gänzlich auszuschließen, wenn dieses Risiko in den Due Diligence Unterlagen offengelegt wurde. Soweit Haftungsrisiken aufgedeckt wurden, wird der 203

Käufer hier eine Beseitigung dieser Risiken vor Vertragsabschluss, eine Freistellung von diesen Risiken oder eine Kaufpreisreduzierung verlangen. Je weniger Informationen dem Käufer gegeben werden, desto größer wird sein Bedürfnis sein, sich durch umfangreiche und strenge Vereinbarungen zur Verkäuferhaftung abzusichern.

10.2 Rechtliche Fragen des Unternehmenskaufs 10.2.1 Überblick Eine komplexe Transaktion wie der Kauf oder Verkauf einer Beteiligung an einem bzw. eines operativ tätigen Unternehmens berührt eine Vielzahl von Rechtsfragen. Nachfolgend wird ein Überblick über die wesentlichen rechtlichen Aspekte, die im Laufe eines derartigen Projektes zu beachten sind, gegeben. Zu Beginn der Verhandlungen beschränken sich diese Fragen im Wesentlichen auf das Bedürfnis des Verkäufers, die einem Kaufinteressenten zur Prüfung eines Erwerbs zur Verfügung gestellten Informationen und die Eckpunkte der Transaktion geheim zu halten. Zu diesem Zweck wird er – was nachfolgend noch kurz ausgeführt wird – regelmäßig eine Vertraulichkeitsvereinbarung mit dem Kaufinteressenten abschließen. Beide Kaufvertragsparteien haben auch ein Interesse daran, den Verhandlungsstand schriftlich niederzulegen, wenn man einen aus Sicht beider Parteien ausreichenden Grad an Übereinstimmung über die Eckpunkte gefunden hat. Ab diesem Zeitpunkt wird ein Kaufinteressent sodann häufig vom Verkäufer für einen gewissen Zeitraum eine Verhandlungsexklusivität verlangen, da für ihn ab diesem Zeitpunkt durch Beauftragung externer Berater, beispielsweise im Rahmen der Due Diligence, die Transaktionskosten deutlich steigen. Diese Punkte werden im Rahmen einer Absichtserklärung, auch „Letter of Intent“ genannt, festgelegt. Wie bereits im Kapitel Due Diligence dargelegt, ergeben sich bei Unternehmenskauftransaktionen sodann eine Vielzahl von Rechtsfragen im Hinblick auf eine mögliche Haftung des Käufers als Gesellschafter der neuen Gesellschaft bei einem Share Deal sowie bei Erwerb eines Geschäftsbetriebs durch Erwerb der Einzelrechtsgüter (Asset Deal), der Haftung des übernehmenden Unternehmens für steuerliche Pflichten des verkaufenden Unternehmens bzw. im Hinblick auf die übergehenden Arbeitsverhältnisse. Alle bestehenden Rechtsfragen werden üblicherweise im Rahmen eines umfassenden Unternehmenskaufvertrages geregelt. Hier werden in der Regel umfassend die Rechte und Pflichten der jeweiligen Vertragspartei festgelegt. Diese werden nachfolgend noch ausführlich dargestellt. 204

Ziel dieses Werkes ist es, dem nicht transaktionserfahrenen Unternehmer einen Überblick über die wichtigsten Punkte einer Unternehmenstransaktion zu geben, weswegen wir darauf verzichtet haben, hierin tief auf alle relevanten Details, die in der Praxis zu beachten sind, einzugehen. 10.2.2 Vereinbarungen vor Abschluss des Kaufvertrages Zwischen der ersten Kontaktaufnahme zwischen Verkäufer und Kaufinteressenten bis zum Abschluss des Kaufvertrages vergehen regelmäßig mehrere Wochen, wenn nicht sogar Monate. Bereits während dieser Verhandlungsphase besteht in zweierlei Hinsicht das Bedürfnis, Vereinbarungen zu treffen. Der Verkäufer wird den Kaufinteressenten im Rahmen einer Vertraulichkeitsvereinbarung zur vertraulichen Behandlung der ihm im Rahmen der Verhandlungen und der Due Diligence übergebenen Unternehmensunterlagen verpflichten. Beide Parteien werden im Rahmen einer gemeinsamen Absichtserklärung (auch Letter of Intent) die vorläufigen Eckpunkte einer Transaktion festhalten wollen und in diesem Zusammenhang wird der Kaufinteressent vom Verkäufer häufig für einen begrenzten Zeitraum Verhandlungsexklusivität verlangen. Nachfolgend haben wir kurz den typischen Inhalt derartiger Vereinbarungen zusammengestellt. 10.2.3 Vertraulichkeitsvereinbarung Die typische Vertraulichkeitsvereinbarung enthält folgende Verpflichtungen des Kaufinteressenten: • vertrauliche Behandlung der übergebenen oder als besonders vertraulich bezeichneten Informationen; • keine Weitergabe dieser Informationen an Dritte ohne Zustimmung des Verkäufers; • Verwendung nur zum Zwecke der Prüfung des Anteilserwerbs; • ggf. Benennung der Personen, an die Unterlagen weitergegeben werden; • wahlweise Festlegung einer Vertragsstrafe bei Nichtbeachtung der vorgenannten Verpflichtungen Darüber hinaus wird die Vereinbarung häufig mit der wechselseitigen Verpflichtung verknüpft, über die Verhandlungen selbst Stillschweigen zu bewahren. Der Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung vor Übergabe von Unterlagen ist Standard, der konkrete Inhalt hängt jedoch regelmäßig davon ab, wie geheimhaltungsbedürftig die zur Verfügung gestellten Informationen tatsächlich sind.

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10.2.4 Gemeinsame Absichtserklärung/Letter of Intent Nachdem erste Informationen über einige Eckdaten des Unternehmens ausgetauscht wurden, werden Verkäufer und Kaufinteressent im Rahmen erster Gespräche versuchen, die wirtschaftlichen Eckdaten, insbesondere die Frage des Kaufpreises, zu klären. Erst wenn für beide Seiten diesbezüglich grundsätzliche Einigkeit erzielt wurde, ist es sinnvoll, in die nächste Phase der Due Diligence Prüfung und die sich daran anschließende Phase der Vertragsverhandlung einzutreten. Mit Beginn der Due Diligence entstehen auf Seiten des Kaufinteressenten erhebliche Kosten für die diesbezüglich eingeschalteten Berater. Der Verkäufer andererseits wird dem Kaufinteressenten nicht unverbindlich Einsicht in seine vertraulichen Geschäftsunterlagen geben wollen. Vor diesem Hintergrund hat sich eine allgemeine Praxis herausgebildet, vorläufige Verhandlungsergebnisse im Rahmen eines so genannten „Letter of Intent“ festzuhalten. Dieser Letter of Intent enthält einerseits rechtlich unverbindliche Eckpunkte, die nur dazu dienen, den erreichten Verhandlungsstand zu dokumentieren. Er enthält darüber hinaus jedoch bezüglich einzelner Punkte auch rechtlich bindende Erklärungen. Regelmäßig wird durch den Letter of Intent noch keine Verpflichtung zur Durchführung der Transaktion und zum Kauf bzw. Verkauf des Unternehmens begründet. In dem rechtlich unverbindlichen Teil des Letter of Intent werden typischerweise folgende Punkte festgehalten: • einstimmige Absichtserklärung, die Transaktion durchführen zu wollen, nach Klärung der noch offenen Punkte (keine Rechtspflicht zur Durchführung!); • Beschreibung des Kaufobjektes; • Beschreibung der Kaufpreisermittlungsmethode, des vorläufigen Kaufpreises; • Festlegung weiterer Rahmendaten (Zeitpunkt für Durchführung der Transaktion, begleitende Maßnahmen, weitere Verpflichtungen des Verkäufers) In dem rechtlich verbindlichen Teil der Absichtserklärung werden sodann häufig folgende Punkte geregelt: • Einräumung der Möglichkeit zur Durchführung einer Due Diligence Prüfung, Festlegung der diesbezüglichen Regeln und der Dauer der Zurverfügungstellung von Unterlagen; • ggf. nochmalige verschärfte Geheimhaltungsverpflichtung; • ggf. Einräumung von Verhandlungsexklusivität zugunsten des Kaufinteressenten 206

Gerade bei dem letztgenannten Punkt der Verhandlungsexklusivität ist aus Verkäufersicht Vorsicht geboten, der Verkäufer sollte vermeiden, sich zu lange an einen Kaufinteressenten zu binden, damit etwaige weitere Kaufinteressenten nicht das Interesse am Erwerb verlieren und damit die Position des durch Exklusivität begünstigten Kaufinteressenten stärken. Je nach Größe des Unternehmens sollte hier der Zeitpunkt der Exklusivität einen Zeitraum von einem bis drei Monaten nicht überschreiten. 10.2.5 Poolvereinbarungen Gerade beim Verkauf von Familienunternehmen mit verschiedenen Stämmen oder bei Beteiligung von Finanzinvestoren auf Verkäuferseite kann es sich empfehlen, die Verkäuferinteressen im Rahmen einer so genannten „Poolvereinbarung“ vor einer Transaktion zu bündeln. Hier sollte sodann festgelegt werden, wer die Verhandlungen führt und wie die Abstimmung zwischen den einzelnen Gesellschaftern erfolgen soll. Eine rechtsverbindliche Verpflichtung, die Anteile tatsächlich zu verkaufen, wenn bestimmte Mindestanforderungen (z. B. Kaufpreishöhe) erfüllt sind, ist häufig nur schwierig durchzusetzen. Beim Verkauf von Geschäftsanteilen an einer GmbH wäre eine derartige Verpflichtung auch beurkundungsbedürftig, was mit zum Teil erheblichen Kosten verbunden sein kann. Gleichwohl empfiehlt sich eine derartige Regelung, um nicht erst während der Vertragsverhandlungen derartige – häufig zeitraubende – Abstimmungen zwischen den diversen Verkäufern vorzunehmen. 10.2.6 Zwingende Rechtsfragen des Unternehmenskaufs Unabhängig von der konkreten Gestaltung des Kaufvertrags stellen sich für die Kaufvertragsparteien bei jedem Unternehmenskauf die nachfolgenden Rechtsfragen: • Was ist zur Übertragung des Unternehmens auf den Käufer erforderlich? • Welche Haftung übernimmt der Verkäufer für den Zustand des Unternehmens? • Welche Haftungsrisiken sind für den Käufer persönlich mit dem Erwerb des Unternehmens verbunden? 10.2.7 Übertragung des Unternehmens Die Frage, wie das verkaufte Unternehmen wirksam auf den Käufer übertragen wird, ist eher technischer Natur. Gleichwohl soll zum besseren Verständnis des Kaufvertrages hierzu ein kurzer Überblick gegeben werden.

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10.2.7.1 Asset Deal

Wie bereits zu Beginn dieses Buches dargestellt, bestehen grundsätzlich zwei Möglichkeiten zur Übertragung eines Unternehmens. Beim Verkauf eines Einzelunternehmens oder häufig bei Verkauf eines Krisenunternehmens werden die einzelnen Wirtschaftsgüter, die das Unternehmen ausmachen, übertragen (Asset Deal). In anderen Fällen werden die Anteile an dem Rechtsträger des Unternehmens übertragen (Share Deal). Die Übertragung des Unternehmens im Wege des Asset Deal ist die rechtlich umständlichere Variante. Hierbei müssen sämtliche Wirtschaftsgüter, die übertragen werden, genau bezeichnet werden. Dies geschieht regelmäßig unter Hinweis auf Inventarlisten und weitere Beschreibungen. Für die Übertragung von Verträgen bedarf es grundsätzlich der Zustimmung des Vertragspartners, wird diese verweigert, geht der Vertrag nicht auf den Käufer über. Auch bestehende öffentlich-rechtliche Genehmigungen gehen nicht automatisch auf den Käufer über und müssen ggf. neu beantragt werden. Alleine bestehende Arbeitsverhältnisse gehen unter den Voraussetzungen des – nachfolgend noch genauer dargestellten – § 613 a BGB ohne weiteres auf den Käufer über, den Arbeitnehmern steht jedoch ein Recht zum Widerspruch des Übergangs ihrer Arbeitsverhältnisse zu. In diesem Fall verbleiben die Arbeitsverhältnisse beim Verkäufer, der diese sodann ggf. durch Kündigung beenden muss. Gehören zum übertragenden Vermögen des Unternehmens Grundstücke oder Beteiligungen an einer GmbH, so bedarf der Übertragungsvertrag der notariellen Beurkundung. 10.2.7.2 Share Deal

Die stets einfachere Variante der Unternehmensübertragung stellt der so genannte „Share Deal“ dar. Hierbei werden die Gesellschaftsanteile an dem Rechtsträger des Unternehmens auf den Käufer übertragen. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen den Anforderungen an die Übertragung des Eigentums an den Gesellschaftsanteilen einerseits sowie etwaigen darüber hinausgehend bestehenden Registrierungs- und Anzeigepflichten andererseits. Selbst wenn das Eigentum an den Gesellschaftsanteilen auf den Käufer übergegangen sein sollte, kann er möglicherweise seine Rechte aus diesen Gesellschaftsanteilen noch nicht ausüben, da er als Gesellschafter bei der Gesellschaft noch nicht ordnungsgemäß registriert wurde. 10.2.8 Abtretung/Zustimmungserfordernisse Grundsätzlich werden Gesellschaftsanteile durch Abtretung übertragen, soweit die Rechte in einer Urkunde verbrieft sind, kann dies jedoch auch durch Übergabe der Urkunden (z. B. bei einer AG) erfolgen. Handelt es sich um Anteile an einer GmbH oder einer GmbH & Co. KG, bei der gleichzeitig GmbH-Anteile übertragen werden, muss die Abtretung durch notarielle Urkunde (§ 15 GmbHG) erfolgen. Im Übrigen kann die Abtretung jedoch formfrei erfolgen. Im Zusammenhang mit der Übertragung sind sodann noch etwaige bestehende Zustim208

mungserfordernisse von Gesellschaftern oder Vorkaufsrechte zu beachten. Sollte nur ein Gesellschafter seine Anteile verkaufen, muss er dafür Sorge tragen, dass die übrigen Gesellschafter der Übertragung zustimmen und etwaig bestehende Vorkaufsrechte nicht ausüben. Dies sollte er nach Möglichkeit bereits vor Eintritt in intensive Verkaufsverhandlungen sicherstellen. 10.2.9 Registrierungs- und Anzeigepflichten Im Zusammenhang mit der Übertragung von Geschäftsanteilen bestehen diverse „Registrierungs-“ und Anzeigepflichten. Bei Abtretung von Anteilen an einer Kommanditgesellschaft wird der Erwerber als neuer Gesellschafter im Handelsregister eingetragen. Er sollte darauf Wert legen, dass er die Anteile erst mit Eintragung seines Erwerbs „im Wege der Sonderrechtsnachfolge“ erwirbt. Ansonsten haftet der Erwerber unbeschränkt wie ein persönlich haftender Gesellschafter. Bei der Übertragung von Geschäftsanteilen an einer GmbH ist durch die zum 01.11.2008 in Kraft getretene Reform des GmbH-Rechts durch das so genannte MoMiG zum Wechsel der Gesellschafterstellung eine Eintragung des neuen Gesellschafters in der beim Handelsregister geführten Gesellschafterliste notwendig. Darüber hinaus bestehen beim Erwerb von Aktien gegenüber der Gesellschaft nachfolgende Anzeigepflichten: – beim Erwerb von Namensaktien Ö Anzeige bei der Gesellschaft zur Eintragung ins Aktienregister – beim Anteilserwerb an einer AG, durch die der Erwerber seine Beteiligung auf mindestens 25 % des Grundkapitals erhöht Ö Anzeige bei der Gesellschaft und Bekanntmachung in den Gesellschaftsblättern gemäß § 20 AktG Auf etwaige Sonderegelungen für börsennotierte Gesellschaften soll hier nicht eingegangen werden. 10.2.10

Kartellrecht/Fusionskontrolle

Unabhängig von der Rechtsform und der Art der Übertragung besteht für die am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen bzw. den Veräußerer die Verpflichtung, diese bei Überschreitung bestimmter Umsatzerlöse die Transaktion vor Vollzug den zuständigen deutschen oder europäischen Kartellbehörden anzuzeigen und gegebenenfalls genehmigen zu lassen. Neben den europäischen oder deutschen Kartellbehörden sind möglicherweise noch weitere Kartellbehörden zuständig, soweit die Transaktion auch Märkte in deren Ländern betrifft. Nach deutschem Kartellrecht ist eine Übertragung schwebend unwirksam, wenn die notwendige kartellrechtliche Zustimmung nicht erfolgt, zudem können hier 209

erhebliche Bußgelder verhängt werden. Vor diesem Hintergrund wird im Rahmen des Unternehmenskaufs auch die Frage geprüft, ob kartellrechtliche Vorschriften einschlägig sein können, wird dies bejaht, so wird der Vollzug der Transaktion unter den Vorbehalt der Zustimmung der zuständigen Kartellbehörden gestellt. Die Frage des Eingreifens kartellrechtlicher Vorschriften zur Zusammenschlusskontrolle tritt beim Verkauf mittelständischer Unternehmen regelmäßig dann auf, wenn dieses Unternehmen von einem größeren Konzern übernommen wird. Umgekehrt kann die Situation auch dann eintreten, wenn ein größeres Konzernunternehmen Tochtergesellschaften verkauft. Es würde den Rahmen dieses Buches sprengen, hier die einzelnen Schwellenwerte für das Eingreifen dieser Vorschriften darzustellen. Die Prüfung, ob und wie sodann ein Zusammenschluss anzumelden ist, obliegt den rechtlichen Beratern der Kaufvertragsparteien. Zunächst wird hierbei geprüft, ob das vorrangige europäische Kartellrecht einschlägig ist, was jedoch voraussetzt, dass der weltweite Gesamtumsatz aller beteiligten Unternehmen zusammen mehr als 2,5 Mrd. EUR beträgt. Auf die weiteren Einzelheiten und etwaige Ausnahmen soll hier nicht eingegangen werden. Wird bereits dieser Schwellenwert nicht erreicht, so wird in einem zweiten Schritt geprüft, ob denn das deutsche Kartellrecht einschlägig ist. Dies setzt voraus, dass die beteiligten Unternehmen weltweit Umsatzerlöse von mehr als 500 Mio. EUR ausweisen und ein im Inland beteiligtes Unternehmen mehr als 25 Mio. EUR Umsatzerlöse im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr ausweist. Auch hier gibt es jedoch wieder Ausnahmen von der Zusammenschlusskontrolle, für den Fall, dass nur sog. „Bagatellmärkte“ betroffen sind oder aber das betroffene Unternehmen im vergangenen Geschäftsjahr nicht mehr als 10 Mio. EUR Umsatzerlöse ausgewiesen hat und auch nicht konzernabhängig ist. Auf die Darstellung der weiteren Einzelheiten und zur Frage, wie die Umsatzerlöse zu ermitteln sind, soll an dieser Stelle verzichtet werden. 10.2.11

Zustimmung des Ehegatten

Nicht selten stellt das zum Verkauf stehende Unternehmen das wesentliche Vermögen des Verkäufers dar. Sollte er im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, kann die Zustimmung des Ehepartners gem. § 1365 BGB erforderlich sein. Eine derartige Zustimmungspflicht kommt dann in Betracht, wenn das Unternehmen ca. 85 % bis 90 % des Gesamtvermögens des Verkäufers darstellt. 10.2.12

Zwingende Haftung des Verkäufers

Unabhängig von etwaigen abweichenden Regelungen im Innenverhältnis zwischen Verkäufer und Käufer tritt in den nachfolgenden Fällen eine zwingende 210

Haftung des Verkäufers für bereits bestehende Verbindlichkeiten oder noch nicht erfüllte Verpflichtungen des Verkäufers ein: 10.2.13

Share Deal

Soweit bei der GmbH, bei Namensaktien der Aktiengesellschaft oder bei Kommanditisten der Kommanditgesellschaft die Einlage noch nicht vollständig erbracht ist, haften die Erwerber der Geschäftsanteile auch für diese rückständige Einlage. Bei der Kommanditgesellschaft kann in Höhe des Differenzbetrages insoweit sogar die persönliche Haftung des Kommanditisten für Verbindlichkeiten der Kommanditgesellschaft aufleben. Bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer offenen Handelsgesellschaft (OHG) haftet der eintretende Gesellschafter auch für die bereits bestehenden Altverbindlichkeiten der Gesellschaft. Eine weitere Haftung trifft den Gesellschafter einer GmbH oder Aktiengesellschaft, wenn das Stammkapital bzw. das Grundkapital verbotswidrig an die Gesellschafter zurückgezahlt wurde. Für diese Rückzahlung haften sie entsprechend ihrer Beteiligung bis maximal dem Nominalwert des Stammkapitals, wenn vom Empfänger diese Leistung nicht zurückerlangt werden kann. Diese Haftungsrisiken sind regelmäßig Gegenstand der Due Diligence und der Verkäufer wird vertraglich hierfür in eine strenge Haftung genommen und muss den Käufer von etwaigen Ansprüchen diesbezüglich freistellen. 10.2.14

Asset Deal

Wie bereits eingangs erwähnt kann auch beim Asset Deal den Käufer eine – vertraglich nicht ausschließbare – Haftung für Verbindlichkeiten des Verkäufers treffen. Diese Haftung kann folgende Bereiche betreffen: • sämtliche Verbindlichkeiten des Unternehmens bei Firmenfortführung gem. § 25 HGB • Haftung für Betriebssteuern des Unternehmens gem. § 75 AO • Haftung für Umweltschäden nach dem BBodSchG • Haftung für Verbindlichkeiten aus übernommenen Arbeitsverhältnissen gem. § 613 a BGB 10.2.15

Haftung wegen Firmenfortführung

Sollte das erwerbende Unternehmen die Firmenbezeichnung bei Übernahme des Geschäftsbetriebes veräußernden Unternehmens fortführen wollen, so ergibt sich hieraus nach § 25 HGB eine zwingende Haftung für Verbindlichkeiten des veräußernden Unternehmens, es sei denn, die Gläubiger des veräußernden Unternehmens werden ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Haftungsüber211

nahme nicht erfolgt oder ein entsprechender Hinweis wird im Handelsregister eingetragen, worauf unbedingt geachtet werden sollte. 10.2.16

Betriebssteuern

Der Käufer haftet für diejenigen Betriebssteuern, die seit Beginn des letzten Jahres vor der Übertragung der Anteile entstanden sind und bis zum Ablauf von einem Jahr nach Anmeldung des Betriebsübergangs durch den Erwerber von den zuständigen Finanzbehörden festgesetzt oder angemeldet werden. Die Haftung selbst ist beschränkt auf das übernommene Vermögen. Unter Betriebssteuern fallen Gewerbesteuer, Umsatzsteuer, Verbrauchssteuern sowie Steuerabzugsbeträge wie Lohn- und Kapitalertragssteuer. Um hier den Lauf der Verjährungsfrist in Gang zu setzen, sollte der Erwerber unverzüglich nach Übergang diesen auch bei den zuständigen Finanzbehörden anmelden. 10.2.17

Haftung nach dem BBodSchG

Als Erwerber eines Betriebsgrundstücks haftet der Käufer zwingend für etwaige Bodenverunreinigungen gem. § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG. Diese Haftung lässt sich nicht ausschließen, hier kann sich der Käufer nur durch eine vor Erwerb durchzuführende Umweltprüfung zur besseren Risikoeinschätzung und mit einer Freistellungsverpflichtung des Verkäufers schützen. 10.2.18

Übergang der Arbeitsverhältnisse (§ 613a BGB)

Wie nachfolgend dargelegt wird, gehen sämtliche dem Betrieb zuzurechnende Arbeitsverhältnisse durch Übertragung des Geschäftsbetriebs von Gesetzes wegen auf den Erwerber über (§ 613 a BGB). Der Erwerber tritt damit in sämtliche Rechte und Pflichten aus diesen Arbeitsverhältnissen ein und ist auch zum Ausgleich etwaiger rückständiger Zahlungen verpflichtet. Die Eintrittspflicht gilt nicht für die Abführung von Lohnsteuern und Sozialversicherungsbeiträgen, da es sich hierbei um öffentlich-rechtliche Handlungspflichten handelt. Wegen der zwingenden gesetzlichen Haftung müssen im Rahmen der Due Diligence auch die Frage der ordnungsgemäßen Erfüllung der arbeitsvertraglichen Verpflichtungen des Verkäufers als Arbeitgeber intensiv geprüft werden und diesbezüglich entsprechende Verkäufergarantien eingefordert werden. 10.2.19

Zwingende arbeitsrechtliche Vorschriften beim Unternehmenskauf

Anders als beim Share Deal, der die Arbeitsverhältnisse im Unternehmen unberührt lässt, sind beim Asset Deal verschiedene arbeitsrechtliche Besonderheiten zu beachten. Zunächst geht es hier um die Frage, welche Arbeitnehmer und welche Rechte und Pflichten auf den Erwerber eines Unternehmens bzw. Unternehmensteils übergehen und ob sich die Mitarbeiter dem Übergang entziehen 212

könnten (hierzu nachfolgend Ziffer 10.2.23.). Darüber hinaus können Informationspflichten und Teilnahmerechte des Betriebsrates bestehen, sowie die Verpflichtung zur Verhandlung über einen Interessenausgleich und Sozialplan, wenn es zu einer „Betriebsänderung“ kommt. 10.2.20

Übergang von Arbeitsverhältnissen (§ 613a BGB)

Im Fall des Verkaufs eines Unternehmens oder Unternehmensteils sieht das Gesetz zwingend vor, dass der neue Inhaber des Betriebs oder Betriebsteils vollumfänglich in die Rechte und Pflichten aus dem im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen eintritt (§ 613 a Abs. 1 BGB). Für die Zwecke dieses Buches sollen hier nur kurz die Systematik der vorgenannten Vorschrift und deren grundsätzliche Probleme dargestellt werden – es würde den Umfang dieses Buches sprengen, hier sämtliche Details zu der in der Praxis äußerst komplizierten Vorschrift darzulegen. Gerade beim Erwerb nur eines Unternehmensteils besteht hier für beide Vertragsparteien ein Risiko, dass der Übergang von Arbeitsverhältnissen nicht so abläuft, wie es zwischen den Parteien vereinbart wurde. Einerseits können mehr Arbeitnehmer auf den Erwerber übergehen als vorgesehen, wenn sich diese erfolgreich auf den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses berufen können, andererseits können auch Arbeitnehmer dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber widersprechen mit der Folge, dass diese Arbeitsverhältnisse beim Verkäufer verbleiben. Dieser müsste die Mitarbeiter – sofern es sich um einen Betriebsteil handelt – gegebenenfalls in bei ihm verbleibenden Betriebsteilen einsetzen oder aber die Arbeitsverhältnisse sodann nach den gesetzlichen Bestimmungen kündigen. In beiden Situationen entstehen auf Seiten der jeweils betroffenen Kaufvertragspartei zusätzliche Kosten, deren Übernahme im Kaufvertrag bereits geregelt werden sollte. Nachfolgend werden kurz folgende Fragen beantwortet: • Wann liegt ein Betriebsübergang vor? • Welche Verpflichtungen gehen sodann auf den Erwerber über? • Wann kann der Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widersprechen? 10.2.21

Der Betriebsbegriff

§ 613a BGB ist nur einschlägig, wenn tatsächlich ein Betrieb oder ein Teilbetrieb im Sinne der Vorschrift auf einen Erwerber übergeht. Die Rechtsprechung stellt hier darauf ab, ob der Betrieb bzw. der Betriebsteil eine selbständige wirtschaftliche Einheit darstellt, die identitätswahrend übergeht. Bei einem Dienstleistungsunternehmen, das wesentlich durch seine Mitarbeiter geprägt ist, kann bereits die Übernahme eines Großteils der Mitarbeiter den Betriebsübergang auslösen. Entscheidend hierbei ist, dass der Betriebsteil tatsächlich eine vom Gesamt213

betrieb abgrenzbare wirtschaftliche (Teil)Einheit darstellt und mit ihr auch ein dauerhafter Teilzweck verfolgt werden kann. Nicht ausreichend ist die Übertragung bloßer Betriebsfunktionen auf den Erwerber, sollte der Erwerber daher nur eine bloße Aufgabe – z. B. einen Reinigungsauftrag übernehmen und erfüllt er ihn mit eigenen Betriebsmitteln und Mitarbeitern, so greift die vorgenannte Vorschrift nicht ein (so genannte „Funktionsnachfolge“). 10.2.22

Rechtsfolgen des Betriebsübergangs

Vereinfacht gesagt hat der Erwerber die bestehenden Arbeitsverhältnisse zu den Bedingungen zu übernehmen, zu denen sie beim Verkäufer bestanden. Der Erwerber haftet sodann auch für alle offenen Verpflichtungen für die Dauer eines Jahres ab Übergang weiter, mit Ausnahme rückständiger Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer. Besteht beim Erwerber ein System der betrieblichen Altersversorgung, so treten die übernommenen Mitarbeiter nicht mit ihren bisherigen Betriebszugehörigkeiten in diese Altersversorgung ein. Ob der übergehende Arbeitnehmer überhaupt einen Anspruch auf Teilnahme an der betrieblichen Altersversorgung beim Erwerber hat, ist davon abhängig, ob das System auf einer Gesamtzusage beruht (dann ja) oder aber ob nur einzelnen Arbeitnehmern des Erwerbers eine einzelvertragliche Zusage erteilt wurde (dann nein). Eine Besonderheit besteht bezüglich etwaiger Rechte und Pflichten der übergehenden Arbeitnehmer aus Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen. Grundsätzlich bestehen diese Rechte und Pflichten als einzelvertragliche Regeln fort, auch wenn der Erwerber keinen Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen unterliegt. Hier besteht dann eine Veränderungssperre für die Dauer eines Jahres. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Tarifvertrag vor Ablauf der Jahresfrist nicht mehr gilt oder ein anderer Tarifvertrag für diesen Bereich abgeschlossen wird. Bestehen beim Erwerber andere Tarifverträge oder andere Betriebsvereinbarungen, so erlangen diese für den Arbeitnehmer Geltung, wenn auch der Arbeitnehmer tarifgebunden ist, mithin Gewerkschaftsmitglied ist. Auf weitere Einzelheiten soll hier verzichtet werden. 10.2.23

Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers

Vor Übergang des Arbeitsverhältnisses ist jeder betroffene Arbeitnehmer entweder vom Veräußerer oder vom Erwerber über den geplanten Zeitpunkt des Übergangs des Arbeitsverhältnisses, über den Grund für den Übergang und die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs zu unterrichten. Weiterhin ist über weitere in Aussicht genommene Maßnahmen hinsichtlich der betroffenen Arbeitnehmer zu unterrichten. Diese Unterrichtung hat in Textform zu erfolgen, d. h. eine mündliche Unterrichtung ist nicht ausreichend. Jeder Arbeitnehmer ist sodann berechtigt, innerhalb eines Monats nach der Unterrichtung dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses schriftlich zu widersprechen. In 214

diesem Fall verbleibt das Arbeitsverhältnis beim Veräußerer, der es gegebenenfalls aus betriebsbedingten Gründen sodann kündigen kann. Im Falle einer Kündigung wegen Widerspruchs greift das ansonsten bestehende Kündigungsverbot wegen Betriebsübergangs gemäß § 613a Abs. 4 BGB nicht ein. Sollte der Arbeitnehmer nicht oder nicht ordnungsgemäß unterrichtet werden, so greift die vorgenannte Monatsfrist nicht ein und der Arbeitnehmer könnte sich noch zu einem deutlich späteren Zeitpunkt auf sein Widerspruchsrecht berufen. Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich, bereits im Unternehmenskaufvertrag zu regeln, wie die Arbeitnehmer unterrichtet werden. Es sollte zwischen den Parteien vor Vollzug des Kaufs klar geregelt sein, wie die Unterrichtung der Arbeitnehmer erfolgt. In der Praxis werden häufig von den Arbeitnehmern auch schriftliche Erklärungen eingeholt, mit denen diese auf die Geltendmachung ihres Widerspruchsrechts verzichten. 10.2.24

Betriebsverfassungsrechtliche Gesichtspunkte

Die weitere arbeitsrechtliche Verpflichtung des Verkäufers zum Abschluss eines Interessenausgleichs und Sozialplans kann entstehen, wenn eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG vorliegt. Dies ist nur relevant für Betriebe mit mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern und einem Betriebsrat. Sodann greift diese Vorschrift nur ein, wenn nicht der gesamte Betrieb übergeht, sondern nur ein Betriebsteil. In diesem Fall kann eine sog. „Betriebsänderung“ vorliegen. Eine Betriebsänderung kann dann vorliegen, wenn der bisherige Betrieb mit Übergang des Teilbetriebs eingeschränkt oder ein weiterer Teil des Betriebs stillgelegt wird. Hierfür kann bereits ein bloßer Personalabbau ausreichend sein. In diesem Falle ist der Betriebsrat vorab zu informieren. Mit ihm ist über diese Maßnahme zu verhandeln und ein Interessenausgleich und ein Sozialplan herbeizuführen. Werden diese Vorschriften nicht eingehalten, könnte der Betriebsrat die Umsetzung der Betriebsänderung arbeitsgerichtlich durch Erlass einer einstweiligen Verfügung blockieren lassen. Betroffene Arbeitnehmer könnten zusätzlich individualrechtliche Ansprüche auf Nachteilsausgleichung gemäß § 113 BetrVG geltend machen. Wegen der zwingenden gesetzlichen Haftung wird im Rahmen der Due Diligence auch die Frage der ordnungsgemäßen Erfüllung der arbeitsvertraglichen Verpflichtungen des Verkäufers als Arbeitgeber intensiv geprüft werden und diesbezüglich entsprechende Verkäufergarantien eingefordert werden.

10.3 Der Kaufvertrag Der Kaufvertrag ist das zentrale Dokument einer M&A Transaktion. Mit ihm werden die wechselseitigen Rechte und Pflichten der Kaufvertragsparteien umfassend dokumentiert. Hierbei wird häufig auf eine Vielzahl von Vertragsanlagen Bezug genommen. Nachfolgend werden die typischen Eckpunkte eines Unternehmenskaufvertrages kurz dargelegt. Abweichende Regelungen finden sich bei 215

Verträgen mit einem Insolvenzverwalter als Veräußerer des insolventen Unternehmens. In diesem Fall entfallen im Regelfall die meisten der nachfolgend beschriebenen Haftungsregelungen. 10.3.1 Überblick Wie bereits eingangs dargelegt, kann der Vertrag zu seiner Wirksamkeit der notariellen Beurkundung bedürfen, was beispielsweise beim Verkauf von Anteilen an einer GmbH der Fall ist. In diesem Fall ist darauf zu achten, dass auch alle im Zusammenhang mit dem Kaufvertrag abzuschließenden Verträge mit beurkundet werden, um so das Risiko einer Unwirksamkeit dieser Verträge zu vermeiden. Auch die Anlagen zum Kaufvertrag sind sodann zu beurkunden. 10.3.2 Details Es kann an dieser Stelle nur ein Überblick über die Grundstruktur des Unternehmenskaufvertrages und die wesentlichen Regelungen gegeben werden, ohne hier in aller Tiefe sämtliche Vertragsdetails zu erläutern. Grundstruktur Unternehmenskaufvertrag • Präambel o Beschreibung des wirtschaftlichen Hintergrunds • Beschreibung des Kaufgegenstandes • Regelung zu Verkauf und Übertragung des Unternehmens • Etwaige aufschiebende Bedingungen für den Verkauf/für die Übertragung der Anteile • Kaufpreis und Zahlung • Garantien des Verkäufers zum Unternehmen • Haftung des Verkäufers bei Unrichtigkeit der Garantien • Besondere Freistellungsverpflichtungen des Verkäufers • Besondere Handlungspflichten des Verkäufers bis zum Vollzug des Vertrages • Sonstige Nebenpflichten des Verkäufers/Käufers • Wettbewerbsverbot des Verkäufers • Sonstige Regelungen

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10.3.3 Kaufgegenstand und Übertragung Zunächst wird im Kaufvertrag der eigentliche Kaufgegenstand beschrieben. Beim Anteilsverkauf („Share Deal“) erfolgt eine genaue Beschreibung der Gesellschaftsanteile. Beim Asset Deal werden die einzelnen zu übertragenden Vermögensgegenstände und Verträge aufgeführt. Dies geschieht unter Verweis auf die letzten Jahresabschlüsse oder auf Inventarlisten, die zum Übergangsstichtag nochmals aktualisiert werden. Die Übertragung des Unternehmens steht sodann unter verschiedenen aufschiebenden Bedingungen wie z. B. der Kaufpreiszahlung, etwaiger noch einzuholender Genehmigungen oder des Abschlusses bestimmter Verträge. Bei einem nach anglo-amerikanischen Gepflogenheiten abzuwickelnden Unternehmenskauf wird für den Vollzug des Vertrages und den Eintritt der aufschiebenden Bedingungen ein eigener Termin anberaumt, in dem die Parteien sodann die noch fehlenden Erklärungen abgeben oder Handlungen vornehmen („Closing“). Demgegenüber hat die Unterzeichnung des Vertrages („Signing“) eine geringere Bedeutung. Aufgrund der Änderungen des GmbHRechts sind seit November 2008 die beurkundenden Notare verpflichtet, nach Vollzug des Verkaufs eine Gesellschafterliste zum Handelsregister einzureichen. Erst mit dieser Liste wird im Falle des Verkaufs von GmbH – Geschäftsanteilen der Käufer gegenüber der Gesellschaft zum neuen Gesellschafter. Aus diesem Grunde werden jetzt die Kaufvertragsparteien dem Notar regelmäßig den Eintritt der Vollzugsbedingungen bestätigen, damit dieser sodann die Liste einreichen kann. 10.3.4 Kaufpreis und Zahlung Die Klausel, mit der sich die Kaufvertragsparteien bereits im Vorfeld am intensivsten beschäftigt haben, ist die Bestimmung des Kaufpreises und der Zahlungsmodalitäten. Dem vorausgegangen sind Diskussionen zur Ermittlung des Unternehmenswertes. Zu den unterschiedlichen Bewertungsmethoden sei auf das einschlägige Spezialkapitel verwiesen. Die Problematik bei der Kaufpreisbestimmung liegt darin, dass dieser in aller Regel auf Basis von vergangenheitsbezogenen Zahlen und Planzahlen für die Zukunft entwickelt wird. Das Vertrauen in den Eintritt dieser Prognose ist bei Käufer und Verkäufer häufig unterschiedlich ausgeprägt, der Käufer wird daher oft einen Teil des Kaufpreises erst abhängig von den tatsächlich nach Übergang erwirtschafteten Ergebnissen auszahlen wollen („Earn Out“ – Regelung) , der Verkäufer hingegen wird versuchen, sich bereits bei Vertragsunterzeichnung einen möglichst hohen Festkaufpreis zu sichern. Ausgehend von dem zwischen den Parteien festgelegten Basiskaufpreis für das Unternehmen („Equity Value“) werden zum Übergangsstichtag häufig noch Korrekturen vorgenommen, die zu einer Erhöhung oder Ermäßigung des Basiskaufpreises führen können. Hierbei unterstellen die Parteien, dass das Unternehmen frei von jedweder Liquidität („Cash“), aber auch von Zins tragenden Verbindlichkeiten („Debt“) übergehen soll. Der vorhandene Cash-Bestand wirkt dement217

sprechend Kaufpreis erhöhend, der Bestand an Verbindlichkeiten reduziert den Kaufpreis. Zur Vermeidung von Manipulationen oder rein zufälligen Ergebnissen wird diese Kaufpreisanpassungsformel um eine Regelung zum sog. „Nettoumlaufvermögen“ ergänzt („Net Working Capital“ – hierunter versteht man vereinfacht die Differenz zwischen Umlaufvermögen und kurzfristigen Verbindlichkeiten). Hierdurch soll verhindert werden, dass der Verkäufer kurzfristig den Cash-Bestand durch den Verkauf von Forderungen oder das Hinauszögern des Ausgleichs von Lieferantenrechnungen erhöht. Die Parteien legen daher einen Referenzwert für das Nettoumlaufvermögen fest. Unterschreitungen führen sodann ebenfalls zu einer Kaufpreisermäßigung, Überschreitungen können – je nach Verhandlungsgeschick des Verkäufers – sodann auch wieder zur Erhöhung des Kaufpreises führen. Zum Zwecke der Ermittlung dieser Referenzwerte wird eine Stichtagsbilanz aufgestellt. Möchten sich die Parteien derartige nachträgliche Anpassungsmaßnahmen ersparen, so legen sie zur Kaufpreisermittlung einen Zeitpunkt in der Vergangenheit fest und der Verkäufer erhält dann einen festen Betrag, der auf Basis dieser Vergangenheitswerte ermittelt wurde („Locked Box Concept“). Der Käufer wird häufig seine Garantieansprüche gegenüber dem Verkäufer auch wirtschaftlich absichern wollen. Hierzu wird entweder seitens des Verkäufers eine Bankgarantie gestellt oder ein Teil des Kaufpreises wird auf ein Treuhandkonto eingezahlt. Die Höhe des Einbehaltes unterscheidet sich je nach Einzelfall, liegt aber häufig zwischen [5] und [20] % des Kaufpreises. 10.3.5 Garantien des Verkäufers Die Haftung des Verkäufers für die Beschaffenheit des verkauften Unternehmens/Unternehmensteils wird üblicherweise im Rahmen sog. selbständiger Garantieversprechen geregelt. Hierbei lösen sich die Kaufvertragsparteien von den gesetzlichen Vorschriften des Kaufrechts, da diese gesetzlichen Vorschriften in ihrer Anwendung auf den Unternehmenskauf zu Problemen und Rechtsunsicherheiten geführt haben. Durch die Reform des Kaufrechts im Jahre 2002 (Schuldrechtsmodernisierungsgesetz) sind zwar einige Zweifelfragen geklärt worden, gleichwohl hat sich die Vertragspraxis bisher nicht von ihrem System selbständiger Garantieversprechen gelöst. Der Verkäufer garantiert hiermit das Vorliegen/Nichtvorliegen bestimmter Umstände zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung und teilweise auch zum Zeitpunkt des Vollzugs des Vertrages. Seine Haftung ist hierbei unabhängig von einem etwaigen Verschulden, soweit nicht die Garantie nur auf die Kenntnis des Verkäufers von bestimmten Umständen oder ein Kennenmüssen bestimmter Umstände abstellt.

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Der Käufer wird stets versuchen, strenge unabhängige Garantien sowohl auf den Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung als auch auf den Zeitpunkt des Vertragsvollzuges durchzusetzen. Der Verkäufer andererseits wird versuchen, die Garantien nur zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung abzugeben und diese soweit wie möglich von seiner tatsächlichen Kenntnis von Umständen abhängig zu machen. Welche Partei sich hier in welchem Umfang durchsetzt, ist stets von der individuellen Verhandlungssituation der konkreten Transaktion abhängig. Wir haben nachfolgend versucht, die Garantien sowohl für den Share- als auch den Asset Deal gemeinsam darzustellen: spezifische Besonderheiten der jeweiligen Transaktionsart sind besonders gekennzeichnet. 10.3.6 Gesellschaftsrechtliche Verhältnisse (Share Deal) Der Verkäufer hat zunächst zu garantieren, dass das Unternehmen, dessen Anteile er nunmehr verkauft, ordnungsgemäß gegründet wurde, das Kapital ordnungsgemäß aufgebracht wurde und auch keine verbotenen Kapitalrückzahlungen erfolgt sind. Des Weiteren wird er garantieren, dass die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse des Unternehmens sich tatsächlich so darstellen, wie sie dem Käufer dargestellt wurden. Insbesondere hat der Verkäufer hier dafür einzustehen, dass er die Gesellschaftsanteile tatsächlich übertragen kann und diese auch frei von Rechten Dritter wie z. B. Pfandrechten und auch sonstiger Sicherungsrechte sind. 10.3.7 Jahresabschlüsse, Zwischenabschlüsse Da die Ermittlung des Unternehmenswertes regelmäßig auf Basis der Jahresabschlüsse vergangener Geschäftsjahre vorgenommen wird, hat der Verkäufer zu garantieren, dass diese Jahresabschlüsse gemäß den gesetzlichen Bestimmungen aufgestellt wurden und ein tatsächliches Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens zum jeweiligen Bilanzstichtag wiedergeben. Der Käufer muss auch dafür einstehen, dass er seine Ansatzwahlrechte und Bilanzierungsgrundsätze beibehalten hat und hier keine zu seinen Gunsten bestehenden Bewertungswahlrechte verändert hat. Entsprechende Garantien werden auch für einen etwaigen Zwischenabschluss abgegeben. 10.3.8 Eigenkapitalgarantie Beim Share Deal wird der Käufer häufig versuchen, sich zum Vollzugsstichtag ein bestimmtes Eigenkapital des Unternehmens garantieren zu lassen. Auf diesen Stichtag wird sodann ein Zwischenabschluss erstellt und etwaige negative Abweichungen von dem versprochenen Kapital gegenüber dem Verkäufer geltend gemacht. Gelingt es dem Käufer eine entsprechende Eigenkapitalgarantie durchzusetzen, so kann auf eine Vielzahl von Garantien, die bilanzmäßige Wertminderungen vor dem Stichtag betreffen, verzichtet werden.

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10.3.9 Gegenstände des Anlagevermögens/Umlaufvermögens Sowohl beim Share- als auch beim Asset Deal garantiert der Verkäufer, dass die Gegenstände – mit Ausnahme üblicher Eigentumsvorbehalte – im Eigentum des Verkäufers/der Zielgesellschaft stehen und ansonsten nicht mit Rechten Dritter belastet sind. Weiterhin wird garantiert, dass sich die Gegenstände in einem funktionsfähigen Zustand befinden und die Vorräte auch noch verwertbar sind. 10.3.10

Gewerbliche Schutzrechte, Lizenzen

Werden gewerbliche Schutzrechte (Marken, Patente, Lizenzen) in Unternehmen gehalten und/oder genutzt, so garantiert der Verkäufer, dass das Unternehmen Inhaber dieser Reche ist bzw. entsprechende Lizenzen erworben hat und damit auch zur Nutzung berechtigt ist. Weiterhin muss er garantieren, dass Dritte diese Rechte nicht in Frage gestellt haben bzw. Rechte Dritter durch die Nutzung nicht berührt werden. 10.3.11

Verbindlichkeiten

Der Verkäufer garantiert beim Share Deal, dass mit Ausnahme der in der Bilanz, einem Zwischenabschluss oder einer besonderen Anlage aufgeführten, keine weiteren zinstragenden Verbindlichkeiten bestehen und auch im Vergleich zum letzten Jahresabschluss keine wesentlichen Rückstellungen zu bilden sind. 10.3.12

Wesentliche Verträge

Hier verlangt der Käufer vom Verkäufer im Rahmen des Garantiekatalogs auch eine Zusammenstellung aller wesentlichen Verträge mit Kunden und Lieferanten. Diese Verträge werden in Listen aufgeführt und der Verkäufer hat sodann zu garantieren, dass mit Ausnahme der aufgeführten keine weiteren Verträge bestehen und die bestehenden Verträge bisher ordnungsgemäß abgewickelt wurden und hier keine Verzugstatbestände oder Schadensersatzansprüche vorliegen. Wenn derartige Tatbestände gegeben sind, werden diese in Anlagen gesondert aufgeführt und für diese somit die Haftung ausgeschlossen. 10.3.13

Mitarbeiter

Im Hinblick auf den Mitarbeiterbestand des verkauften Unternehmens garantiert der Verkäufer, dass die Kernangaben zum Mitarbeiterbestand richtig und zutreffend sind und nur die in der Anlage aufgeführten Mitarbeiter tatsächlich Mitarbeiter des Unternehmens sind. Er muss weiterhin für die ordnungsgemäße Erfüllung aller Verpflichtungen gegenüber Mitarbeitern bis zum Vollzug des Vertrages einstehen und muss den Bestand der zum heutigen Tage und dem Käufer mitgeteilten Rechte und Pflichten aus den Arbeitsverhältnissen garantieren. Hierzu zählen beispielsweise Rechte von Mitarbeitern aus Arbeitsverträgen, betrieblicher Übung oder Betriebsvereinbarungen. Auch etwaige Arbeitsrechtsstreitigkeiten und Sonderkündigungsschutztatbestände sind hier offen zu legen. 220

10.3.14

Umwelt

Eine häufig sehr streitige Garantie, die gerade bei der Übernahme von Produktionsunternehmen mit eigenen Grundstücken große Bedeutung hat, ist die sog. Umwelt- oder Altlastengarantie. Der Käufer wird hier vom Verkäufer verlangen, dass das übernommene bzw. genutzte Betriebsgrundstück frei von Altlasten und Bodenverunreinigungen jeder Art ist. Gerade bei älteren Grundstücken wird dies der Verkäufer nicht ohne weiteres garantieren wollen. Er wird versuchen, hier nur zu garantieren, dass nach seiner Kenntnis keine Verunreinigungen vorliegen. Sollte in diesem Punkt hundertprozentige Klarheit vor Vertragsabschluss bestehen, bleibt nur die Möglichkeit, entsprechende Bodengutachten einzuholen, die aber auch noch ein Restrisiko einer gewissen Ungenauigkeit bergen. Teilweise wird versucht, das hiermit verbundene Haftungsrisiko auf Verkäuferseite dadurch zu reduzieren, dass etwaige Kosten für eine Sanierung geteilt werden, damit der Käufer hier nicht auf Kosten des Verkäufers eine Totalsanierung des Grundstücks durchführt. Ein weiterer Ansatz zur Reduzierung der Verkäuferhaftung ist eine beschränkte Garantie dahingehend, dass bei Führung des Geschäftsbetriebs ohne bauliche Maßnahmen, die Ausschachtungsarbeiten erforderlich machen, keine Altlastenproblematik auftritt. Wie sich die Parteien hier letztendlich einigen, hängt immer von der jeweiligen Verhandlungsstärke ab. 10.3.15

Behördliche Genehmigungen

Der Käufer möchte sicherstellen, dass das Unternehmen über alle notwendigen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen für den Geschäftsbetrieb verfügt und auch nicht der Entzug derartiger Genehmigungen oder deren Einschränkung droht. Der Verkäufer wird daher eine entsprechende Garantie abgeben müssen. Der Verkäufer garantiert häufig auch, dass durch den Geschäftsbetrieb keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften verletzt werden. 10.3.16

Versicherungen

Eine weitere übliche Garantie des Verkäufers ist das Vorhandensein eines für den Geschäftsbetrieb ausreichenden Versicherungsschutzes zum Zeitpunkt des Stichtages und zum Vollzugszeitpunkt. Diese Garantie beinhaltet einerseits, dass der Versicherungsschutz hinsichtlich der Art der versicherten Risiken aber auch der Versicherungssummen den für den Geschäftsbetrieb üblichen Umfang hat und hier auch alle Prämien gezahlt worden sind. Der Käufer versucht häufig hier noch eine strengere Garantie durchzusetzen, nach der alle Risiken vollumfänglich versichert sind; der Verkäufer wird dies naturgemäß vermeiden wollen. 10.3.17

Rechtsstreitigkeiten

Der Käufer möchte bei Vertragsabschluss auch Kenntnis von allen bestehenden Rechtsstreitigkeiten haben, die einen gewissen Schwellenwert überschreiten bzw. überschreiten können. Die bestehenden Rechtsstreitigkeiten werden daher 221

regelmäßig in einer Anlage dargestellt und der Verkäufer hat sodann zu garantieren, dass mit Ausnahme dieser Rechtsstreitigkeiten keine weiteren anhängig sind oder drohen. 10.3.18

Steuern

Die Garantie zur Erfüllung steuerlicher Verpflichtungen umfasst die ordnungsgemäße Abgabe sämtlicher Steuererklärungen bis zum Übergangsstichtag sowie die rechtzeitige und vollständige Zahlung der festgesetzten Steuern. Darüber hinaus hat der Verkäufer zu erklären, dass die Gesellschaft nicht Subjekt von steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren ist und auch keine finanzgerichtlichen Streitigkeiten vorliegen. Neben der Zahlung fälliger Steuern garantiert der Verkäufer auch die ordnungsgemäße Abführung von einbehaltenen Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen. Diese Garantie wird regelmäßig durch eine separate Freistellungsverpflichtung für noch nicht festgesetzte Steuern, die Zeiträume bis zum Vollzugsstichtag betreffen, ergänzt. 10.3.19

Ordnungsgemäße Fortführung des Unternehmens

Da die Geschäftsvorfälle seit dem letzten Bilanzstichtag möglicherweise nicht im Rahmen einer Zwischenbilanz festgehalten und sodann haftungsmäßig berücksichtigt werden, lässt sich der Käufer vom Verkäufer garantieren, dass dieser seit dem letzten Bilanzstichtag den Geschäftsbetrieb wie bisher fortgeführt hat und auch keine außergewöhnlichen Ereignisse eingetreten sind, die Auswirkungen auf die Finanz- und Ertragskraft des Unternehmens haben könnten. Durch diese Garantie soll der Verkäufer veranlasst werden, etwaige außergewöhnliche Geschäftsvorfälle vor Vertragsunterzeichnung zu offenbaren und diese zum Gegenstand der Verhandlungen zu machen. 10.3.20

Richtigkeit und Vollständigkeit der erteilten Informationen

Abschließend verlangt der Käufer regelmäßig die Garantie, dass die ihm im Rahmen der Vertragsverhandlungen überlassenen Informationen vollständig und richtig sind und ihm keine wesentlichen Informationen, die für seine Kaufentscheidung von Bedeutung sind, verschwiegen worden sind. Gelingt es dem Käufer diese Garantie durchzusetzen, so hat er möglicherweise über die zuvor gegebenen Garantien hinaus weitere Garantieansprüche geschaffen. Der Verkäufer sollte in diesen Fällen darauf hinwirken, dass er diese Garantie nur dahingehend abgibt, dass nach seiner Kenntnis die Informationen richtig und zutreffend sind und dass bei Eingreifen einer spezielleren Garantie diese Vorrang vor dieser allgemeinen Garantie hat. Grundsätzlich ist die Garantie jedoch nicht zu beanstanden, da sie bezüglich des Verschweigens von Umständen eine – ohne entsprechende vertragliche Verpflichtung – bestehende gesetzliche Aufklärungspflicht wiedergibt.

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10.4 Rechtsfolgen bei Unrichtigkeit der Garantien Bei Unrichtigkeit der Garantien hat der Verkäufer regelmäßig das Recht, den Zustand herzustellen, den er garantiert hat; gelingt ihm dies nicht innerhalb einer bestimmten Zeit, so hat er Schadensersatz durch Geldzahlung zu leisten. Diese Zahlungen sind an die Zielgesellschaft und/oder den Erwerber unmittelbar zu leisten. Derartige Garantieansprüche werden im Vertrag jedoch unter bestimmten Voraussetzungen ausgeschlossen oder begrenzt. Ein Ausschluss oder eine Haftungsbeschränkung greifen jedoch dann nicht, wenn der Verkäufer den Käufer vorsätzlich oder arglistig über den Kaufgegenstand getäuscht hat und zum Vertragsabschluss bewogen hat. 10.4.1 Haftungsausschluss Der Kaufvertrag sieht grundsätzlich vor, dass eine Verkäuferhaftung dann entfällt, wenn dieser die Unrichtigkeit der Garantie begründende Umstand bereits in den Jahresabschlüssen der Gesellschaft vollumfänglich berücksichtigt und damit bereits „eingepreist“ ist. Gleiches gilt für den Fall, dass der Schaden durch Zahlungen von Versicherungen oder Dritten ausgeglichen wird. Weiterhin wird der Verkäufer versuchen, seine Haftung für den Fall auszuschließen, dass dem Käufer dieser die Haftung begründende Umstand vor Vertragsabschluss bekannt war oder hätte bekannt sein müssen. Das deutsche Kaufrecht beinhaltet den Grundsatz, dass die Kenntnis des Käufers vom Mangel der Kaufsache vor Vertragsabschluss die Geltendmachung von Ansprüchen ausschließt (§ 442 BGB). Trotz dieser gesetzlichen Grundwertung versucht der Käufer regelmäßig, diesen Haftungsausschluss zu vermeiden. Er befürchtet, dass ihm oder seinen Beratern durch die Due Diligence Umstände bekannt geworden sind, die seine Ansprüche nunmehr ausschließen können. Hier werden die Ergebnisse der Due Diligence und die in diesem Zusammenhang übergebene Informationen relevant. Der Käufer wird versuchen, unabhängig von den Ergebnissen einer Due Diligence sämtliche Haftungsansprüche aufrechterhalten zu wollen. Die Frage, in welchem Umfang hier Kenntnis auf Käuferseite die Haftung begrenzt oder gar ausschließt, ist eines der in den Verhandlungen meist sehr intensiv diskutierten Themen. Schließlich wird auch klargestellt, dass alle sonstigen möglicherweise gesetzlich bestehenden Ansprüche des Käufers wegen des hier abschließend geregelten Haftungssystems ausgeschlossen sein sollen.

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10.4.2 Haftungsbegrenzung Die Haftung wird hierbei in mehrfacher Hinsicht begrenzt: Zunächst wird eine generelle Haftungsobergrenze vereinbart. Die Haftung des Verkäufers sollte nicht den gezahlten Kaufpreis übersteigen, teilweise werden auch für bestimmte Garantien deutlich geringere Haftungsbeträge (z. B. 30 % 50 % des gezahlten Kaufpreises) vereinbart. Für Steuern und die Garantien zum rechtlichen Bestand des Unternehmens und der Freiheit der verkauften Anteile von Rechten Dritter werden diese niedrigeren Haftungsgrenzen normalerweise jedoch nicht vom Käufer akzeptiert. Eine weitere Haftungsbegrenzung erfolgt durch Vereinbarung einer „Aufgriffsschwelle“. Schadenersatzansprüche, die unterhalb eines zu vereinbarenden Betrages liegen, können hiernach nicht geltend gemacht werden. Die Höhe dieser Schwelle lässt sich weder absolut noch prozentual genau festlegen, da dies von der Größe des Zielunternehmens, dem vereinbarten Kaufpreis und der konkreten Verhandlungssituation abhängig ist. Weitere Haftungsschranken ergeben sich bei der Vereinbarung von Freibeträgen oder so genannter „Freigrenzen“. Hierbei greift die Garantiehaftung erst dann, wenn die Summe der die Aufgriffsschwelle übersteigenden Einzelansprüche wiederum einen bestimmten Betrag übersteigt. Wird dieser Betrag erreicht, so haftet im Falle der Freigrenze der Verkäufer sodann für alle bisher geltend gemachten, den Schwellenwert übersteigenden Einzelansprüche, im Falle eines Freibetrages haftet er nur für die den Freibetrag übersteigenden Beträge. Welche Beträge hier vereinbart werden, ist auch wiederum einzelfallabhängig und variiert auch stark nach der jeweiligen Verhandlungsposition des Verkäufers bzw. Käufers. Durch die Vereinbarung großzügiger Freigrenzen/Freibeträge und entsprechender Aufgriffsschwellen lässt sich jedoch die inhaltliche Diskussion über die einzelnen Garantien deutlich entschärfen. 10.4.3 Freistellungsverpflichtungen Neben dem vorgenannten Garantiesystem enthält der Kaufvertrag auch weitere Verkäuferverpflichtungen betreffend diverser unternehmerischer Risiken. Hierbei verpflichtet sich der Verkäufer zur Freistellung des Zielunternehmens/des Käufers von bestimmten Risiken, die im Rahmen der Due Diligence-Prüfung aufgedeckt wurden, beispielsweise besondere Prozessrisiken, Gewährleistungsrisiken oder Risiken aus schwebenden Rechtsstreitigkeiten. Zentrale Bedeutung hat diese Freistellungsverpflichtung auch für den Bereich Steuern. Unabhängig von etwaigen Pflichtwidrigkeiten des Verkäufers wird im Bereich Steuern eine Risikoverteilung vorgenommen, nach der sämtliche steuerlichen Risiken bis zum Vollzugsstichtag vom Verkäufer zu tragen sind und er daher für auch noch nicht festgesetzte und vielleicht sogar unbekannte Steuer224

tatbestände haften soll, wenn diese Tatbestände bis zum Übertragungsstichtag betreffen. 10.4.4 Verjährung von Ansprüchen Zur Verjährung der Ansprüche des Käufers finden sich im Kaufvertrag regelmäßig sehr differenzierte Regelungen. Auch hier gilt wieder der Grundsatz, dass die konkrete Verjährungsfrist stets auch vom Verhandlungsgeschick der jeweiligen Parteien und deren allgemeiner Verhandlungsposition abhängig ist. Dennoch lassen sich bestimmte Grundsätze herausarbeiten: Ansprüche im Zusammenhang mit der Übertragung von Anteilen und der Freiheit des Unternehmens von Rechten Dritter und der Verfügungsmacht des Verkäufers unterliegen regelmäßig einer Verjährung von drei bis zehn Jahren. Für sonstige Garantieansprüche mit Ausnahme von Steuern und bestimmten Freistellungsansprüchen wird üblicherweise eine Verjährung von zwei bis drei Jahren gewählt, teilweise aber auch kürzere Verjährungsfristen. Der Käufer sollte jedoch darauf achten, nach Möglichkeit eine Verjährungsdauer durchzusetzen, die mindestens zwei Bilanzstichtage beinhaltet. Steuerliche Haftungs- und Freistellungsansprüche, die noch von der Festsetzung eines Steuerbescheides abhängig sind, werden einer flexiblen Verjährung unterworfen. Hier ist es durchaus üblich, eine Verjährungsfrist von sechs Monaten nach Bestandskraft eines entsprechenden Steuerbescheides vorzusehen. Bei sonstigen Freistellungsansprüchen wird häufig auch auf den die Freistellung auslösenden Tatbestand als Beginn der Verjährung abgestellt. Teilweise wird hier sodann aber auch eine generelle Verjährungsfrist vorgesehen, mit deren Ablauf überhaupt keine Ansprüche mehr geltend gemacht werden können. 10.4.5 Übergangsregelungen Häufig wird das Unternehmen nicht sofort bei Vertragsunterzeichnung auf den Käufer übertragen. Dies mag an der noch ausstehenden Genehmigung des Kartellamtes bei einer Fusionskontrolle liegen oder aber auch an der Erfüllung diverser offener Bedingungen. In diesem Zeitraum zwischen der Vertragsunterzeichnung und dem Vertragsvollzug werden dem Verkäufer besondere Verpflichtungen auferlegt. Im Grundsatz wird er verpflichtet, das Unternehmen so wie bisher zu führen und keine Maßnahme vorzunehmen, die zu einer grundsätzlichen Änderung des Geschäftsbetriebes führen oder die bestimmte Schwellenwerte überschreiten. Der Käufer wird sich hier Informations- und zum Teil auch Zustimmungsrechte bei wesentlichen Geschäftsmaßnahmen vorbehalten. Bei der Einräumung von Zustimmungsrechten zugunsten des Käufers ist jedoch Vorsicht geboten, wenn die Transaktion der Zustimmung der Kartellbehörden unterliegt. Wird hier ein umfassender Katalog von Zustimmungsvorbehalten aufgestellt, könnte dies bereits 225

als Übergang der unternehmerischen Leitungsmacht angesehen werden, was jedoch den Vorschriften zur Fusionskontrolle widersprechen würde. 10.4.6 Wettbewerbsverbot des Verkäufers Der Käufer erwirbt beim Unternehmenskauf vor allen Dingen die dem Unternehmen inne wohnenden Ertragschancen. Diese sollen nicht dadurch gemindert werden, dass der Verkäufer unmittelbar nach Verkauf und Übertragung des Unternehmens zu diesem in Wettbewerb tritt. Zu diesem Zweck vereinbaren die Parteien regelmäßig ein Wettbewerbsverbot des Verkäufers. Aufgrund der gesetzlichen Vorgaben und des Grundsatzes der Berufsfreiheit sind einem solchen Wettbewerbsverbot jedoch in mehrfacher Hinsicht Grenzen gesetzt. Werden diese Grenzen überschritten, so führt dies – mit Ausnahme der Überschreitung zeitlicher Grenzen – zur Unwirksamkeit des gesamten Verbotes. Aus Sicht des Käufers ist daher bei der Formulierung des Wettbewerbsverbotes Zurückhaltung geboten. Üblicherweise ist der Verkäufer verpflichtet, weder mittelbar noch unmittelbar für eine Dauer von zwei bis drei Jahren im sachlichen und räumlichen Tätigkeitsbereich des Unternehmens zu diesem in Wettbewerb zu treten. Tut er dies doch, schuldet er dem Käufer regelmäßig eine Vertragsstrafe.

10.5 Sonstiges Unter dieser Rubrik werden Fragen der Kostentragung sowie eher technische Fragen der Vertragsabwicklung und einer eventuellen Vorgehensweise bei Auseinandersetzungen geregelt. 10.5.1 Kostentragung Zur Kostentragung wird üblicherweise vereinbart, dass der Käufer die Kosten einer eventuellen Beurkundung trägt. Alle sonstigen Kosten und Berater trägt diejenige Partei, die den Berater beauftragt hat. 10.5.2 Schiedsklausel Weitere Regelungen finden sich für den Fall einer Auseinandersetzung im Zusammenhang mit dem Unternehmenskaufvertrag. Soweit es hier um rein tatsächliche Fragen geht, beispielsweise die Ermittlung eines bestimmten Wertes, verständigt man sich üblicherweise auf einen neutralen Dritten, der hier als Schiedsgutachter diese Frage verbindlich klärt. Ansonsten können Streitigkeiten – abweichend von der gesetzlichen Regelung – auch in einem sog. Schiedsverfahren geregelt werden. Für diesen Fall wird ein „privates“ Gericht auf Grundlage einer vertraglichen Vereinbarung etabliert, die den streitigen Punkt sodann für die Parteien abschließend klärt. Der Vorteil eines derartigen Verfahrens liegt dar226

in, dass dieses nicht öffentlich geführt wird und man hier auch darauf Einfluss nehmen kann, dass das Schiedsgericht mit entsprechend kompetenten Personen besetzt ist. Ohne entsprechende Regelung werden Streitigkeiten vor den ordentlichen Gerichten geklärt. 10.5.3 Rechtswahl Sind an dem Unternehmenskauf Parteien aus verschiedenen Ländern beteiligt oder liegt das Unternehmen im Ausland, so empfiehlt sich auch eine ausdrückliche Regelung zum anwendbaren Recht. Sollte eine solche fehlen, bestimmt sich dieses Recht nach den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen. Dies kann zur Anwendung eines ausländischen Rechtes führen, wobei die Parteien übereinstimmend auch noch nachträglich eine entsprechende Rechtswahl treffen können.

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11 Nachfolgeregelung Andreas Sattler, Bernd Müller Das deutsche Wirtschaftbild ist geprägt von einem stabilen Mittelstandsunternehmertum, dessen volkswirtschaftliche Bedeutung für die Gesamtwirtschaftsleistung Deutschlands immens hoch ist. Das zeigt sich unter anderem dadurch, dass mittelständische Unternehmen rund zwei Drittel aller Erwerbstätigen beschäftigen, die Position des Kunden durch Wettbewerbsmechanismen verbessern, erheblich zum positiven Nettoexport beitragen und ca. die Hälfte des Bruttoinlandsprodukts erwirtschaften. Darüber hinaus verkörpern mittelständische Unternehmen das Bild der Deutschen als „Denker und Tüftler“, das wiederum die Nachfrage nach deutschen Produkten stärkt. Gerade deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, dass dieses Standbein der deutschen Wirtschaft weiterhin erhalten wird. Ein Faktor für den Erhalt des Mittelstandes, der bei weitem nicht der einzige ist, aber eine überaus gravierende Rolle spielt, ist die Nachfolgeregelung. Gelingt es die Nachfolge erfolgreich zu regeln, so bleiben Arbeitsplätze bestehen oder es kommen gar neue hinzu. Jede gelungene Nachfolgeregelung ist ein Stück Standortsicherung regional und trägt zur positiven Wirtschaftsentwicklung Deutschlands bei. Im Kapitel 12.3 findet sich ein Beispiel aus der Praxis, das eine interfamiliäre Nachfolgeregelung beschreibt.

11.1 Gründe für das Scheitern der Nachfolgeregelung In der Realität ist die Anzahl misslungener Unternehmensnachfolgen erschreckend hoch. Wenn sich kein Nachfolger finden lässt, werden im Zuge einer mangelnden Nachfolgereglung jährlich bis zu 6.000 Unternehmen liquidiert. Die Gründe hierfür sind vielfältig und in zwei Kategorien einzuordnen. Unterschieden wird zwischen Gründen, die zum einen vom Unternehmer und zum anderen vom Unternehmensnachfolger ausgehen. Zu den Gründen, die dem Unternehmer zuzuordnen sind, gehören: keine frühzeitige und sorgfältige Planung der Nachfolge, Personenzentriertheit, fehlende zweite Managementebene, keine Nachwuchsförderung, überzogene Kaufpreisvorstellungen, nicht loslassen können und wollen, Einflussnahme, nicht aufgeben wollen, Nichtinanspruchnahme externer Spezialisten. Eine geringe Mitverantwortung tragen sicherlich auch die Medien, die zwar fast täglich über große Käufe und Verkäufe berichten, von mittelständischen Transaktionen dagegen selten. Dementsprechend gering ist das Wissen des Mittelstandes zum Thema Nachfolgeregelung. Trotz aller Aufklärungsmaßnahmen wird die Komplexität solcher Transaktionen nach wie vor stark unterschätzt. Deshalb sind Informations- und Planungsdefizite bei den Unternehmern die wichtigsten Gründe für das Scheitern von Nachfolgeregelungen. 229

Nicht zu unterschätzen ist auch die oft fehlende innere Bereitschaft oder mangelndes Bewusstsein der älteren Unternehmer, sich rechtzeitig mit der Unternehmensnachfolge zu beschäftigen. Diese Passivität bleibt für das Unternehmen nicht ohne Folgen. Zum einen führt eine nicht rechtzeitige Nachfolgeregelung und die damit verbundene Unsicherheit über die Zukunft des Unternehmens zur Fluktuation, d. h. gute Mitarbeiter verlassen das Unternehmen. Zum anderen verschlechtert sich häufig die wirtschaftliche Situation, weil notwendige Veränderungen und Innovationen vom Senior nicht erkannt und deshalb unterlassen werden und somit das Unternehmen für potenzielle Nachfolger unattraktiv wird. Nachfolgendes Beispiel aus der Praxis zeigt, wie ein Nachfolgeprozess aussehen kann und mit welchem Zeitaufwand ein Unternehmer rechnen muss. • 2004: Senior entschließt sich, Unternehmen zu veräußern; dies soll geschehen durch Management-Buy-in nach einer Fremdgeschäftsführung auf Probe. • Ende 2004 wird ein Fremdgeschäftsführer/späterer MBI-Kandidat gesucht und gefunden. • 2005: Fremdgeschäftsführer/MBI-Kandidat wird eingestellt. • 2005: Nach anfänglich gutem Eindruck entpuppt sich Fremdgeschäftsführer/MBI-Kandidat nach Ablauf der Probezeit als nicht geeignet; es kommt zu Streitigkeiten. • Ende 2006: Ein neuer Fremdgeschäftsführer/MBI-Kandidat wird gesucht und gefunden. • 2007: Einstellung des neuen Fremdgeschäftsführers/MBI-Kandidats. • 2008: Einarbeitung des MBI-Kandidaten durch den Senior, die ungefähr ein Jahr dauerte Vorstehendes Beispiel zeigt, dass diese Nachfolgeregelung ca. fünf Jahre gedauert hat. Es wurden dabei einige Fehler gemacht. So wurde z. B. der erste MBIKandidat nicht mit der erforderlichen Sorgfalt ausgesucht und man musste einen neuen finden. Je nachdem, ob die Nachfolge durch MBO/MBI, Verkauf an einen Wettbewerber o. Ä. geregelt werden soll, sollte man unter Vorsichtsgesichtspunkten einen Zeitraum von zwei bis fünf Jahren einplanen. Auf der anderen Seite gibt es Gründe für das Scheitern der Nachfolge, die dem Nachfolger zuzuschreiben sind: Entweder fehlt es den „neuen Herren“ an Führungserfahrung, weshalb die Mitarbeiter früher oder später auf Konfrontationskurs gehen, oder die neuen Manager bringen keine Branchenerfahrung mit und

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schaffen, weil sie von einem größeren Unternehmen kommen, die Umstellung auf den Mittelstand nicht. Dieses Schicksal muss kein Unternehmen erleiden, besonders deshalb nicht, weil die Praxis zeigt, dass es genügend Nachfolger und Kaufinteressenten gibt. Trotzdem reduziert eine falsch angepackte Übergabe die Chance, einen geeigneten Nachfolger zu finden drastisch. Oft bereitet vor allem die Suche nach einem Nachfolger große Schwierigkeiten, hauptsächlich deshalb, weil diese nicht systematisch und rechtzeitig, sondern eher zufallsbedingt angegangen wird. Deshalb nützt auch die Tatsache nichts, dass die Anzahl der qualifizierten Nachfolger die Anzahl der für eine Nachfolgeregelung qualifizierten Unternehmen um ein Mehrfaches übertrifft. Das Problem liegt eher darin, dass zum passenden Zeitpunkt nicht der passende Nachfolger vorhanden ist, obwohl es eine Vielzahl von Möglichkeiten gibt diesen zu finden. Als Informationsquellen bzw. Anlaufstelle dienen Datenbanken wie nexxt-change-, DIHT-Börse, Inserate, Banken, Industriemakler und M&A-Gesellschaften. Manchmal scheitert die Nachfolge aus einem relativ simplen Grund und zwar deshalb, weil ein passender Nachfolger und Veräußerer nicht zueinander finden. Das liegt daran, dass es bis heute nicht den „Markt“ gibt, an dem sich Anbieter und Nachfrager treffen können. Wie die Suche optimal gestaltet werden kann und was dabei zu beachten ist, wird in den Kapiteln „Unternehmenskauf“ und „Unternehmensverkauf“ an gegebener Stelle genauer beschrieben.

11.2 Arten der Nachfolgeregelung Die Praxis hat viele Beispiele für eine gelungene Unternehmensnachfolge hervorgebracht, wenn unter Berücksichtigung individueller Gegebenheiten das passende Konzept gewählt wird. An dieser Stelle werden jetzt die verschiedenen Möglichkeiten vorgestellt, mit denen sich eine Unternehmensnachfolge regeln lässt. Es gibt Unternehmer, die sich mit der Frage nach einem geeigneten Nachfolger überhaupt nicht beschäftigen. In den meisten Fällen geschieht das in familiengeführten Betrieben. Für die Eigentümer steht fest, dass der Generationenwechsel innerhalb der Familie vollzogen wird und das Unternehmen somit in den Händen der Familie bleibt. Das ist einerseits eine vertretbare Wertvorstellung, denn es heißt nicht umsonst „Blut ist dicker als Wasser“. Bei einer familieninternen Nachfolge erhofft sich mancher Unternehmer, dass sein Betrieb zum einen so erhalten bleibt wie er ist und zum anderen in seinem Sinne weitergeführt wird. Doch darauf kann er sich nicht verlassen, denn das, was der Unternehmer möchte, ist nur eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite stehen die Kinder, die womöglich eine ganz andere Vorstellung davon haben, womit sie ihr Geld verdienen bzw. wie sie sich beruflich verwirklichen wollen. Sie zu zwingen, hilft genau so wenig, wie darauf zu hoffen, dass sie ihre Meinung revidieren und die Nachfolge doch antreten. Auch wenn es dem Unternehmer schwer fällt, muss er 231

die Wünsche seiner Kinder akzeptieren. Sonst läuft er Gefahr, zu viel Zeit darin zu investieren, die Kinder von seiner Sache zu überzeugen und letzten Endes misslingt die Nachfolge, weil parallel keine Überlegungen gemacht werden, welche Strategie noch geeignet ist, um die Nachfolge zu regeln. In Fällen, bei denen gesundheitliche Schwächen den Unternehmer dazu zwingen, vorzeitig auszuscheiden, bleibt dann keine Zeit mehr, sich nach anderen Möglichkeiten umzuschauen. In anderen Familien herrscht dieses Problem nicht vor. Ganz im Gegenteil sind sich alle Parteien darüber einig, dass der Sohn oder die Tochter die Nachfolge antreten. In dieser Harmonie wird nicht selten darüber hinweggesehen, dass der Sohn oder die Tochter dafür nicht geeignet sind. Ihnen fehlt entweder die schulische bzw. berufliche Ausbildung oder die Erfahrung als Führungsperson, in manchen Fällen beides. Das Scheitern der unvorbereiteten Nachfolger lässt sich leicht vorhersehen und birgt für den Eigentümer die im Kapitel „Unternehmensverkauf“ genannten Risiken. Natürlich müssen auch die Nachfolger aus den eigenen Reihen bestimmte Kriterien erfüllen. Anhand des Anforderungsprofils im Kapitel „Management-Buy-in und Management-Buy-out“ dem die Manager gerecht werden müssen, sollten auch die eigenen Kinder überprüft werden, ob sie sich als Nachfolger eignen. Nach einer entsprechenden schulischen Laufbahn empfiehlt es sich erst außerhalb des familiären Betriebs die ersten Erfahrungen zu sammeln. Andererseits besteht die Gefahr, dass die für eine Führungspersönlichkeit notwendigen Eigenschaften, wie z. B. Durchsetzungsvermögen, Entscheidungsfreude und Selbstbewusstsein unter den Fittichen des Familienbetriebs nicht erworben werden. Erst nach einer eigenständigen beruflichen Laufbahn sollte der spätere Nachfolger in das Familienunternehmen integriert werden. Dabei sollte er die wichtigsten Stationen im Unternehmen durchlaufen. Dazu gehören beispielweise Produktion, Vertrieb, Marketing und Verwaltung. Auf diese Weise lernt der Sohn oder die Tochter das Unternehmen von Grund auf kennen und macht sich mit den jeweils verantwortlichen Mitarbeitern bekannt. Im nächsten Integrationsschritt übernimmt er oder sie wichtige Führungspositionen in der dritten oder zweiten Führungsebene. Dadurch wächst der spätere Nachfolger Schritt für Schritt zu einem Unternehmer und entwickelt eine eigene Führungspersönlichkeit. Diese Methode ermöglicht zu gegebener Zeit einen nahtlosen Übergang und sichert somit nachhaltig den Unternehmenserfolg. Leider kann nicht jeder Unternehmer auf beschriebene Art seine Nachfolge regeln und muss daher auf Alternativen zurückgreifen. Neben dem Verkauf seines Unternehmens an Wettbewerber, andere Unternehmen oder Finanzinvestoren gibt es noch andere Käuferzielgruppen und Möglichkeiten, den Ausstieg aus dem Unternehmertum zu gestalten. In den folgenden Beiträgen liegt das Hauptaugenmerk auf den zwei Alternativen, der „Aktiengesellschaft“ und dem „Management-Buy-in/Management-Buy-out“. Diese Konzepte haben sich in der Praxis bewährt und sind gängige Verfahren um eine Unternehmensnachfolge zu regeln.

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Kapitel 12.6 zeigt in einem Praxisfall eine weitere Form der Nachfolgeregelung auf. Dabei wird der Generationenwechsel mit einer AG-Umwandlung kombiniert, um z. B. eine gerechte Erbregelung zu gewährleisten.

11.3 Die Aktiengesellschaft als Form der Nachfolgeregelung und des Verkaufs Ein im deutschen Mittelstand bisher oft ungelöstes Problem wird durch eine AGUmwandlung nebst Herstellung der Handelbarkeit der Anteile deutlich vereinfacht – nämlich die Frage der Unternehmensnachfolge, insbesondere in Familienbetrieben. Für diese typisch traditionell strukturierten Betriebe kann mit diesem Schritt die Trennung von Unternehmensführung und Kapitalgebern (Aktionären) eingeleitet werden. Das Problem, dass ausscheidenden Familiengesellschaftern Kapitalanteile von anderen Familienmitgliedern abgekauft werden müssten, entfällt, da nach dem Listing aller Aktien an der Börse oder außerbörslich Verkäufe wie auch Käufe durchgeführt werden können. Außerdem ist die strategische Flexibilität solcher Unternehmen größer als bei anderen Gesellschaftsformen, denn bei erfolgreicher Unternehmensentwicklung steht Aktiengesellschaften der Kapitalmarkt als Finanzierungsquelle offen. Kooperationen, strategische Allianzen sowie Unternehmensakquisitionen können über Kapitalverflechtungen leichter durchgeführt werden. Schließlich ist mit der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft zwingend die Einrichtung eines Aufsichtsrates verbunden. Diese gesetzliche Vorgabe ist jedoch bei genauerer Betrachtung gerade kein Nachteil, sondern generiert einige gewichtige Vorteile für das Unternehmen. So wird durch die Aufsichtsräte ein deutlicher Zusatznutzen durch das Einbringen von externem Know-how eingebracht. Logische und wirtschaftliche Erwägungen gebieten es, einen Aufsichtsrat mit profundem kaufmännischem Wissen aus der unternehmenseigenen Branche zu rekrutieren. Ein weiterer sollte über ein solides juristisches Fachwissen verfügen. Ein drittes Aufsichtsratsmitglied kann schließlich als Kontaktbringer zu potenziellen Kunden dienen. So besetzt wird der vor allem wegen der Zusatzkosten gefürchtete Aufsichtsrat zu einer wertvollen Stütze des Unternehmens. 11.3.1 Voraussetzungen Die Notierung einer Aktiengesellschaft z. B. in einem deutschen Börsensegment steht somit am Ende eines Reifeprozesses der Gesellschaft. Obwohl sich aus einem Listing im Einstiegssegment, dem Freiverkehr, keine weiteren, direkten Verpflichtungen ergeben, die über die aktienrechtlichen Bestimmungen hinaus ergeben, setzt die Frankfurter Wertpapierbörse (FWB) einige Anforderungen zur Notizaufnahme, die der Emittent zu erfüllen hat.

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Zum einen muss eine Plausibilitätsprüfung der Unterlagen stattfinden, die u. a. die Geschäftsplanung umfassen. Neben der Erstellung und Einreichung eines Unternehmensexposés muss auch das Grundkapital in einer Globalurkunde verbrieft werden, die wiederum bei der Clearstream Banking AG eingeliefert werden muss. Ebenfalls muss der Deutsche Börse AG die Zahl- und Hinterlegungsstelle des Emittenten genannt werden. Wichtige Informationen sind nicht nur auf der obligatorischen Unternehmenshomepage zu veröffentlichen, sondern in wichtigen Fällen auch der Börse oder dem mandatierten Skontroführer direkt mitzuteilen. Des Weiteren muss ein Streubesitz von mindestens 10 % vorliegen, der sich auf mindestens 30 Aktionäre verteilt. Problematisch dürfte die Frage nach einem Wertpapierverkaufsprospekt sein. Per Definition ist ein solcher im Falle eines öffentlichen Angebotes zu erstellen, doch ist die Frage, was ein öffentliches Angebot ist, nicht hinreichend geklärt. Viele Banken fordern daher selbst bei einer reinen Notierung die Erstellung eines solchen Prospektes, um eigenen Haftungsrisiken aus dem Weg zu gehen. Für diesen Fall sind mindestens drei testierte Jahrsabschlüsse erforderlich. Des Weiteren fordern sie, falls erforderlich eine Kapitalerhöhung des Grundkapitals auf mindestens EUR 250.000, um bei einer Aufteilung in 1-EUR-Aktien ein ausreichendes Handelsvolumen zu ermöglichen. Auch an den Vorstand richten sich einige Verpflichtungen bzw. Anforderungen. Ein Mitglied sollte als Ansprechpartner für den Kapitalmarkt ausgewiesen sein. Typischerweise fällt der Bereich Kapitalmarkt in das Ressort des Vorstandssprechers bzw. -vorsitzenden. Gerade bei Börsenneulingen ist es wichtig, dass der Verantwortliche eine professionelle Schulung, z. B. in Workshops oder Seminaren, erfährt. Dieses Coaching könnte auch durch ein Aufsichtsratmitglied erfolgen. Im Folgenden wird nun ein Maßnahmenplan aufgestellt, um den Anforderungen einer Notizaufnahme zu genügen: • Erstellung einer Unternehmensplanung • Erarbeitung von rechtlichen Rahmenbedingungen (Schaffung von Namens- oder Inhaberaktien, evtl. Satzungsänderungen, evtl. Kapitalerhöhungsbeschluss, Anmeldungen) • Erarbeitung der steuerlichen Wirkungen • Definition der banktechnischen Begleitungen (Beantragung der Wertpapierkennnummer, Girosammelverwahrung, Stellung des Einbeziehungsantrages, Vereinbarung mit einem Skontroführer) • Anpassung sämtlicher Versicherungen im Hinblick auf die Börsennotiz (insbesondere D&O-Versicherung)

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• Erwerb und Vertiefung von Kapitalmarktkenntnissen im Vorstand und im Aufsichtsrat • Erstellung eines Marketing-/Investor Relations-/Public Relations-Maßnahmenplans 11.3.2 Jump Start für die Börsennotiz Offensichtlich ist die Erlangung der Börsenreife ein Prozess, der einiges an Zeit und Wissen erfordert. Bezüglich des Wissens, das als essentiell und nachhaltig bezeichnet werden kann, gibt es keine „Schnell-lern“-Version. Im Hinblick auf sämtliche Aspekte bildet die Expertise von Verantwortlichen sicherlich einen der wichtigsten Faktoren für eine erfolgreiche Unternehmensentwicklung. Neben den beiden gewöhnlichen Wegen eines Unternehmens, seine Aktien an einem Börsenplatz handelbar zu machen – erstens im Zuge einer Erstnotiz mit Kapitalerhöhung und zweitens mit einem einfachen Listing ohne Kapitalaufnahme durch das Unternehmen – existiert auch ein dritter Zugang zu den Kapitalmärkten, der eines so genannten „Cold IPO“. Dabei handelt es sich um die Fusion zweier Unternehmen, wobei meist das eine, kleinere über eine Börsennotiz verfügt, das größere jedoch nicht. Um diesen Umstand zu ändern, jedoch um nicht den Prozess einer direkten Börsenotierung durchlaufen zu müssen, gibt es eben jene Möglichkeit eines Mergers. Ungewöhnlich hierbei ist im Vergleich zu einem „gewöhnlichen“ Merger, dass das kleinere Unternehmen offiziell das größere eingliedert und nicht umgekehrt. Hierbei bringt das nicht börsennotierte Unternehmen seine Geschäftstätigkeit oft mit sämtlichen Bilanzpositionen ein, wofür die Gesellschafter Anteilsscheine an der börsennotierten Aktiengesellschaft erhalten. Dabei gibt es verschiedene Arten von börsennotierten Unternehmen, die sich für einen derartigen Merger eignen. In der Regel werden hierbei Aktiengesellschaften ohne operativen Geschäftsbetrieb verwendet. Sie bestehen idealer Weise nur noch aus der Börsennotiz und einem Kassenbestand und werden auch „Börsenmäntel“ genannt. Solch eine Konstellation lässt sich auf verschiedene Wege herbeiführen. Eine natürliche Entstehungsart ist, wenn ein solcher Börsenmantel aus einer insolventen, börsennotierten Aktiengesellschaft hervorgeht. Nach erfolgreicher Beendigung des Insolvenzplanes wird der Fortbestand der Gesellschaft gewährleistet. Da etwaige Altlasten im Zuge des Insolvenzverfahrens für gewöhnlich beseitigt wurden, wären die Neueigentümer nach einem Merger unbelastet. Jedoch besteht bei dieser Möglichkeit ein Nachteil, nämlich der der langen Verfahrensdauer. Zwischen Insolvenzantrag, Bestätigung eines Insolvenzplanes durch die Gläubiger und die Gerichte, sowie der übertragenden Sanierung können Jahre vergehen. Dabei besteht oftmals eine Schwierigkeit im Kauf der Anteilsscheine über die Börse von den vielen Kleinaktionären, die nur ungern einen 235

Verlust realisieren. Zu einer erfolgreichen Neuausrichtung benötigt ein Investor jedoch eine satzungsändernde Mehrheit. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, einen Mantel durch die simple Aufgabe des operativen Geschäfts zu erhalten. Nach dem Recht des Aktiengesetzes kann die Hauptversammlung mit entsprechender Mehrheit für die Einstellung der Geschäftstätigkeit stimmen. Dabei werden zum einen sämtliche Aktiva liquidiert und zum anderen sämtliche Verbindlichkeiten bezahlt. Somit sollte ein Mantel in Reinform existieren, der als Gesellschaft mit Börsennotiz und Cashbestand definiert wird. Eine weitere Möglichkeit ist die Gründung eines „synthetischen Mantels“. Hierbei handelt es sich um eine börsennotierte Aktiengesellschaft, die einzig dem Zweck dient, einer anderen Gesellschaft einen vereinfachten Börsengang zu ermöglichen. Gerade im Hinblick auf den Faktor Zeit ergeben sich bei einem Börsenmantel erhebliche Vorteile. Bei einem solchen Unterfangen ist die Börsenreife formal gesehen bereits gegeben, da der Börsenmantel an der Börse handelbar ist. Somit wird sowohl von aktienrechtlicher als auch von börsenrechtlicher Seite allen Ansprüchen entsprochen. Vergleichbar mit dem Maßnahmenkatalog für ein direktes Listing, werden hier nun die Maßnahmen für eine Börsennotierung via Manteltransaktion aufgestellt, die sich in einigen Punkten decken, in anderen aber auch unterscheiden. • Erstellung einer Unternehmensplanung • Erarbeitung der rechtlichen Rahmenbedingungen inkl. des Kaufs des börsennotierten AG-Mantels (Kapitalerhöhung, evtl. Satzungsänderung) • Erarbeitung der steuerlichen Wirkung • Bewertung des einzubringenden Unternehmens • Erwerb des Mantels durch die Anteilseigner des einzubringenden Unternehmens • Einbringung des Unternehmens • Anpassung sämtlicher Versicherungen (insbesondere D&O-Versicherung) • Erwerb und Vertiefung von Kapitalmarktkenntnissen im Vorstand und im Aufsichtsrat • Erstellung eines Marketing-/Investor Relations-/Public Relations-Maßnahmeplans

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11.4 Management-Buy-in und Management-Buy-out An erster Stelle soll klargestellt werden, wofür die beiden Begriffe ManagementBuy-in (MBI) und Management-Buy-out (MBO) stehen. Vom MBI spricht man, wenn Unternehmensanteile an externe Führungskräfte verkauft werden. Ist der Käufer bereits vor dem Kauf in der Leitung des Unternehmens tätig, so spricht man von einem MBO. Der MBO sowie der MBI wurden seit einigen Jahren mehr und mehr zu einer Möglichkeit der Nachfolgelösung bei Familienunternehmen. Die in Großbritannien und den USA bereits seit vielen Jahren gebräuchlichen Formen des Unternehmenskaufes werden auch immer mehr in Deutschland angewendet. In der Praxis zeigt es sich jedoch, dass vor allem in Familienunternehmen diese Formen der Nachfolgelösung immer noch relativ unbekannt sind. Mit dem MBI/MBO lassen sich verschiedene Interessen unter einen Hut bringen. Für den Unternehmer stellt er eine geeignete Form der Nachfolgeregelung dar und bietet gleichzeitig Managern, die den Schritt in die Selbständigkeit wagen, einige Vorteile gegenüber einem Anfang von Null an. Durch einen Unternehmenskauf kann der Manager mit der gewünschten Betriebsgröße, einer aufgebauten Organisation, etabliertem Vertrieb und eingespielten Mitarbeitern starten und auf einen vorhandenen Kundenstamm zurückgreifen. Zudem hat sich das Unternehmen am Markt bereits etabliert und Reputation erworben. Daher ist es nicht verwunderlich, dass viele Führungskräfte darüber nachdenken, ein mittelständisches Unternehmen zu einem meist günstigen Preis zu übernehmen oder Anteile daran zu erwerben. In punkto Selbstentfaltungsmöglichkeiten als Unternehmer sowie eventuell auch Verdienstmöglichkeiten eröffnen sich für das Management neue Perspektiven. Ihr Vorhaben wird dadurch bestärkt, dass Unternehmenskäufe durch qualifizierte Führungskräfte in Deutschland wie „echte“ Existenzgründungen finanziell gefördert werden. Mit begrenztem Eigenkapital lassen sich so mit Hilfe öffentlicher Mittel stattliche Summen finanzieren. Das wiederum liegt besonders im Interesse des verkaufenden Unternehmers. Ein MBO ist oft ein Mittel zur Unternehmenswertsteigerung. In vielen Fällen konnte der Umsatz und Gewinn in Unternehmen seit der Realisierung eines MBO’s gesteigert werden. So ist es nicht verwunderlich, dass auch Finanzinvestoren sich an der Finanzierung von Unternehmenskäufen im Rahmen von MBOLösungen beteiligen. Finanzinvestoren, die in mittelständige Unternehmen investieren wollen, benötigen qualifizierte Geschäftsführer für diese Betriebe und suchen solche, die bereit sind, sich mit eigenem Geld zu beteiligen. Denn es liegt klar auf der Hand, dass Geschäftsführer, die ihr privates Kapital in ein Unternehmen investiert haben, die „besseren“ Geschäftsführer sein müssen. Durch ihre Investition werden sie zu Unternehmer, zumindest Mit-Unternehmern, die „mit leiden“, wenn das Un237

ternehmen nicht erfolgreich ist. In manchen Fällen beteiligt sich der MBO/MBIKandidat auf Basis eines verminderten Kaufpreises im Vergleich zu den Finanzinvestoren. Für den nachfolgesuchenden Unternehmer ergeben sich gleich zwei Vorteile. Zum einen wird der übernehmende Manager von finanzstarken Investoren unterstützt, d. h. der verkaufende Unternehmer kann einen guten Kaufpreis heraushandeln, der auch tatsächlich bezahlt wird. Zum anderen findet durch die Finanzinvestoren eine Selektion der geeigneten oder ungeeigneten Kandidaten statt. Dies ist für Finanzinvestoren von wesentlicher Bedeutung, da sie das größte Risiko tragen. Ein MBI/MBO kann oft nicht mit dem Eigenkapital eines Nachfolgerkandidaten gestemmt werden. Oft können sie – gerade bei etwas größeren mittelständischen Unternehmen – nur eine Minderheitsbeteiligung finanzieren und die restlichen Anteile werden von Finanzinvestoren übernommen. Oft sind Finanzinvestoren nur dann an einer Finanzierung interessiert, wenn sich ihnen die Möglichkeit bietet, die Mehrheit der Anteile zu übernehmen. Doch damit sich Finanzinvestoren einschalten, muss auch das zum Verkauf stehende Unternehmen einige Voraussetzungen erfüllen. Ein entscheidendes Kriterium ist das Wachstumspotenzial des Unternehmens. Verhindert die Unternehmensstruktur oder die Marktsituation, dass das Unternehmen in absehbarer Zukunft expandieren kann, werden Finanzinvestoren von einer Beteiligung absehen. Das ist insofern ein wichtiger Faktor, wenn man bedenkt, dass die Zeitspanne für die Exitstrategie eines Finanzinvestors tendenziell immer geringer wird. So wird oftmals bereits nach wenigen Jahren an den Weiterverkauf gedacht. Bis dahin muss der Unternehmerwert gestiegen sein, damit sich die Investition für den Finanzinvestor gelohnt hat. Das bedeutet jedoch in den meisten Fällen nicht, dass der Standort des Unternehmens gefährdet ist. Entweder veräußert der Finanzinvestor das Unternehmen dann an einen weiteren Finanzinvestor oder aber an einen strategischen Investor. Der zweite Einflussfaktor ist die Ausrichtung der Unternehmensstrategie. Sie muss wachstumsorientiert und zukunftssicher sein und sich vor allem mit den Interessen der Investoren decken. Verfügt das Unternehmen über die beschriebenen Eigenschaften und erfüllt der MBO/MBI-Kandidat die nachfolgenden Voraussetzungen, steht einer erfolgreichen Finanzierung mit Hilfe eines Investors nichts im Wege, die zudem noch einige Vorteile mit sich bringt. So kann das Netzwerk eines Finanzinvestors für die Erreichung der Unternehmensziele (Unternehmenswachstum und Wertsteigerung) oft sehr nützlich sein. Außerdem muss der Eigenkapitalzufluss durch Investoren weder verzinst noch direkt zurückgezahlt werden. Das Kapitel 11.4 „Management-Buy-in und Management-Buy-out“ ist zum Teil dem Buch „Unternehmenskauf und Anteilserwerb durch Management-Buy-Out/Buy-In“ (u. a. Andreas Sattler, Peter Jursch) entnommen, expert verlag 2006. 238

11.4.1 Persönliche Voraussetzungen für den MBI/MBO Um ein Unternehmen erfolgreich führen zu können, muss ein MBO/MBIKandidat persönlich und fachlich ausreichend qualifiziert sein. Diese Qualifikationsmerkmale werden z. B. auch geprüft, wenn mit öffentlichen Mitteln finanziert wird. Die fachliche Qualifikation umfasst bei typischen mittelständischen Unternehmen, bei denen nur ein Geschäftsführer das Unternehmen führt, meist sowohl die technische als auch die kaufmännische Qualifikation Bei MBI/MBO-Kandidaten muss die kaufmännische Kompetenz in vielen Fällen noch erworben werden. Dies kann durch einen gezielten Schritt im beruflichen Werdegang geschehen, z. B. in die kaufmännische Leitung eines Unternehmens, so dass die gewünschten Fähigkeiten trainiert werden können. Die kaufmännische Qualifikation kann auch durch Seminare und andere Weiterbildungsmaßnahmen erlangt werden. Ideal ist eine sowohl theoretische als auch praktische Weiterbildung, z. B. eine Tätigkeit in der kaufmännischen Führung eines Unternehmens, ergänzt durch theoretische Zusatzqualifikation in Form von Seminaren und Lehrgängen. Die persönliche oder soziale Qualifikation beschreibt die Fähigkeit, Mitarbeiter zu führen und zu motivieren sowie die Fähigkeit, die eigenen Produkte vermarkten zu können. Meist sind erfolgreiche Unternehmer auch überzeugende Verkäufer ihres Produktes. Um persönliche Qualifikation zu erlangen, können z. B. Rhetorik- und Verkaufstrainings besucht werden, die die Grundlagen für Überzeugung in freier Rede legen und mit der Überzeugungskraft auch die Begeisterungsfähigkeit stärken. Die persönliche Qualifikation umfasst insbesondere auch die Fähigkeit, unternehmerische Entscheidungen herbeizuführen. Neben den genannten Kompetenzen sollte ein Geschäftsführer über Grundlagenwissen aus dem Steuer- und Handelsrecht verfügen. Dazu zählen vor allem die Vorschriften des GmbH-Gesetzes und des Handelsgesetzbuches. Doch auch das Aktiengesetz sollte in Grundzügen bekannt sein. Hilfreich ist die Mitgliedschaft in Organisationen, die nicht nur Standesinteressen vertreten, sondern ihren Mitgliedern konkrete Hilfestellung leisten. Auch die Finanzierung des MBI/MBO muss im Vorfeld geplant werden. Die wenigsten Kandidaten können die Finanzierung aus dem eigenen Vermögen bestreiten, so dass öffentliche oder private Finanzhilfen in Betracht gezogen werden müssen. Bereits während der ersten Gespräche sollte der MBO/MBI-Kandidat einen qualifizierten Finanzierungsplan vorweisen können. Davon profitieren beide Seiten. Der MBO/MBI-Kandidat verdeutlicht damit die Ernsthaftigkeit seines Kaufinteresses und der verkaufende Unternehmer hat eine gewisse finanzielle Sicherheit. Zuvor muss der MBO/MBI-Kandidat ein Bewerbungsprofil von sich erstellen. Im Hinblick auf Finanzinvestoren wie Kapitalbeteiligungsgesellschaften, Business Angels o. Ä. müssen Bewerbungsunterlagen mit tabellarischem Lebenslauf, Zeugnissen und einer gesonderten Zusammenstellung besonderer Kenntnisse 239

und Erfahrungen zusammengestellt werden. Auch die Nennung privater Hobbies bzw. besonderer Interessengebiete kann hilfreich sein, wenn diese zum gesuchten Unternehmensprofil passen. So kann ein nachweisbares Faible für ansprechendes Design den Einstieg in ein designorientiertes Unternehmen ermöglichen, auch wenn der bisherige Berufsweg eher technisch orientiert war. Wie hoch letztendlich die Anforderungen an einen MBI/MBO-Kandidaten sind, muss im Einzelfall betrachtet werden. Manche Investoren verlangen eine mindestens zwei- bis dreijährige erfolgreiche Geschäftsführung, für andere ist der MBI eine schlüssige Weiterentwicklung einer Person, die bisher in der zweiten Hierarchieebene tätig war. 11.4.2 Verhandlungstaktik für den MBO/MBI-Kandidaten Dennoch scheitern viele MBOs im Laufe der Verhandlungen: Nahezu die Hälfte aller MBOs platzen nach Unterzeichnung des Letter of Intent. Oft stellen sich die Verhandlungen mit den Alteigentümern als größte Herausforderung heraus. Ein MBI bzw. MBO verlangt vom Käufer große Sensibilität und Einfühlungsvermögen dem Verkäufer gegenüber. Die meisten Mittelständler haben ihr Unternehmen selbst aufgebaut. Er liegt ihnen also sehr am Herzen, so dass selbst bei sonst eher rational agierenden Unternehmern Emotionen plötzlich eine große Rolle spielen können. Hinzu kommt mangelnde Erfahrung, was Unternehmensverkäufe angeht. Für die meisten Unternehmer ist es der erste und gleichzeitig letzte Verkauf. Um die Verhandlungen nicht schon an einem frühen Punkt scheitern zu lassen, lohnt es sich also, behutsam vorzugehen. Dazu gehört, nicht direkt beim ersten Gespräch intimes Zahlenmaterial oder Betriebsbesichtigungen zu fordern. Dies sollte erst nach einem angemessenen Zeitraum des Kennenlernens und in mehreren Schritten erfolgen, im Zuge des wachsenden gegenseitigen Vertrauens. Früher oder später müssen Fragen gestellt werden, die entweder tatsächlich kritisch sind oder zumindest vom Verkäufer so verstanden werden könnten. Gerade ältere Unternehmer reagieren auf Kritik von „unerfahrenen“ Neueinsteigern oft empfindlich. Auch Fragen, die der MBI-Kandidat als völlig sachlich und neutral empfindet, können das Klima nachhaltig schädigen. In diesem Zusammenhang ist es sinnvoll, sich die Arbeit mit einem oder mehreren Beratern zu teilen. Diesen sollte es dann überlassen werden, die eher unangenehmen Fragen zu stellen. Denn während Berater und Verkäufer keine wohlwollende Beziehung zueinander aufbauen müssen, ist der Käufer gerade in der Einarbeitungsphase sehr wohl auf die effiziente Zusammenarbeit mit dem Verkäufer angewiesen. Eine weitere Verhandlungstugend des Käufers ist Geduld. Unternehmern, die ihr Lebenswerk verkaufen wollen, wird oft erst in einem fortgeschrittenen Verhandlungsstadium bewusst, dass sie bald keine Unternehmer mehr sein werden. Viele Unternehmer zögern dann, weiter zu verhandeln. Ist diese Phase überwunden, geht es möglicherweise zügig und glatt weiter. In einigen Fällen hatten Unternehmer den Verhandlungspartnern schon abgesagt, um einige Tage später ihre 240

Meinung zu revidieren. Die Verhandlungen wurden wieder aufgenommen und der Verkauf kam zustande. Ist nach langem Suchen endlich ein Unternehmen gefunden, das genau passt, so sollte man ein ausgeprägtes Interesse nicht zu deutlich zeigen. Versierte Verkäufer könnten die Situation ausnutzen und zusätzlich durch fingierte oder echte Mitbewerber Druck aufbauen. Die Erfahrung zeigt, dass sich Käufer in dieser Situation leicht auf Kaufpreise und Bedingungen einlassen, die für sie ungünstig oder schlimmstenfalls nicht erfüllbar sind. Die besondere Situation eines MBO’s soll nachfolgend noch verdeutlicht werden: Der MBO-Kandidat, der sich am Unternehmen beteiligen möchte, in dem er bereits seit längerem angestellt ist, befindet sich in einer bestimmten Art von „Interessenskonflikt“. Insbesondere dann, wenn er bereits intensiv in die betriebswirtschaftlichen Gegebenheiten des Unternehmens involviert ist und beispielsweise als kaufmännischer Leiter oder sogar als kaufmännischer Geschäftsführer fungierte. Er hat also in der Vergangenheit maßgeblich die Entwicklung des Unternehmens geprägt und damit auch wesentlich zur Unternehmenswertsteigerung beigetragen. Nun ist er jedoch naturgemäß interessiert, einen möglichst geringen Kaufpreis für die Anteile zu bezahlen. Um dieses Ziel zu erreichen, könnte er beispielsweise eher geneigt sein, in den Jahresabschlüsse anhand der möglichen Bilanzierungsspielräume die Gewinne niedrig auszuweisen. Gegenüber dem „Alteigentümer“ und evtl. auch gegenüber Banken sollte er jedoch evtl. möglichst hohe Gewinne ausweisen. Dieses und viele andere hier nicht erwähnte Beispiele zeigen, dass der MBO-Kandidat und der Veräußerer in solchen Situationen besonders sensibel und vertrauensvoll miteinander umgehen müssen, um die Transaktion nicht scheitern zu lassen. Oft kann es sinnvoll sein, dass der MBO-Kandidat, der eine solche Transaktion erstmalig durchführt, sich einen eigenen versierten Berater zur Seite nimmt. Dieser Berater sollte dann nur ihn und nicht den Veräußerer beraten, da er ansonsten selbst in einen Interessenskonflikt gerät. 11.4.3 Unternehmenswert und -preis Als Schnelltest für die Angemessenheit des Kaufpreises kann die Überlegung dienen, in welchem Zeitraum der Kaufpreis durch die Unternehmensgewinne zurück erwirtschaftet (amortisiert) werden kann. Ein angemessener Zeitraum liegt, je nach Branche, zwischen vier und maximal zehn, eher nur sieben Jahren. Ist es nicht möglich, den Kaufpreis innerhalb dieses Zeitraums zu amortisieren, so sollte man vom Kauf Abstand nehmen. Der Unternehmerlohn bzw. das Geschäftsführergehalt, das der Käufer in Zukunft erhalten wird, darf zumindest kalkulatorisch nicht dazu dienen, den Kaufpreis zu amortisieren. Das muss allein aus den Gewinnen des Unternehmens möglich sein. Wie eine detaillierte und tiefgreifende Unternehmensbewertung aussieht, wird im entsprechenden Kapitel „Unternehmensbewertung“ beschrieben. 241

11.4.4 Strukturierung Auch bei MBO-Konzepten spielen steuerliche Überlegungen eine wesentliche Rolle. Aus steuerlichen und finanzierungstechnischen Betrachtungen kann eine MBO-Konzeption folgendermaßen aussehen: Die Erwerber, z. B. das MBO-Team, u. U. mit den beteiligten Investoren, gründen eine Kapitalgesellschaft. Diese neue Gesellschaft wird durch Finanzmittel (Eigenkapital des MBO-Teams und der Investoren, Fremdkapital von Banken, evtl. Hinzuziehung öffentlicher Mittel u. Ä.) so ausgestattet, dass diese neue Kapitalgesellschaft die einzelnen Vermögensgegenstände im Rahmen eines Asset Deals aus dem zu erwerbenden Unternehmen herauskaufen kann. Die neue Kapitalgesellschaft übernimmt dabei auch alle oder teilweise die Verbindlichkeiten des zu erwerbenden Unternehmens. Das zu erwerbende Unternehmen verbleibt somit als leerer GmbH-Mantel mit außerordentlichen Erträgen in Höhe des Kaufpreises für die Vermögensgegenstände abzüglich der Buchwerte zuzüglich eines eventuellen Firmenwertes. Der steuerliche Effekt aus dieser Vorgehensweise ist, dass die neue Kapitalgesellschaft die auf diese Weise erworbenen Einzelwirtschaftsgüter nach einer entsprechenden Buchwertaufstockung1 abschreiben kann. Ein übriggebliebener Restbetrag ist als Firmenwert abzuschreiben. Aus steuerlicher Sicht werden möglichst große Teile des Kaufpreises als Kaufpreis für die Vermögensgegenstände deklariert, da diese deutlich schneller als der Firmenwert abgeschrieben werden können. Die erhöhten Abschreibungen aufgrund der Buchwertaufstockung vermindern zwar den ausgewiesenen Ertrag, schlagen sich jedoch über die Verminderung der Steuerlast in einer Erhöhung des Cashflows nieder. Dadurch stehen höhere Beträge für den Kapitaldienst des Fremdkapitals zur Verfügung. Diese Vorgehensweise ist in vielen Fällen eine Notwendigkeit, da der „alte“ Cashflow – auf Basis der alten Buchwerte – häufig sogar unzureichend ist, um auch nur den Finanzbedarf für Wiederbeschaffung und Investition zu decken. Wenn der Cashflow schon nicht für die Reinvestition ausreicht, so reicht er erst recht nicht für die Tilgung der aus dem Kauf der Assets resultierenden Fremdfinanzierung. Über diese Strukturierung wird eines der Hauptinteressen des Unternehmenskäufers, nämlich den Cashflow des gekauften Unternehmens verwenden zu können, erfüllt. In allen Fällen des Erwerbs einer Kapitalgesellschaft und des Einsatzes des Vermögens dieser Kapitalgesellschaft im Rahmen der Finanzierung des Kaufpreises für die Anteile ist darauf zu achten, dass keine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt. Zur verdeckten Gewinnausschüttung kommt es, wenn Gewinnbestand1

Unter Buchwertaufstockung versteht man die Erhöhung der bisherigen Buchwerte des betroffenen Unternehmens auf ihre steuerlichen Teilwerte (Marktwerte), so weit diese im Rahmen des Kaufpreises tatsächlich bezahlt werden.

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teile den Gesellschaftern oder diesen nahe stehenden Personen von der Gesellschaft nicht tatsächlich als Gewinn ausbezahlt werden, sondern in einer anderen Form zufließen. Bei einem MBO in einem Sanierungsfall werden aus wirtschaftlicher und betriebswirtschaftlicher Sicht oftmals erhebliche Abschläge vom Kaufpreis gefordert; so kann es sein, dass sogar negative Kaufpreise, z. B. zur Abdeckung eines Sozialplans oder anderen Sanierungskosten, vereinbart werden. In einem solchen Fall würde dies vom Grundsatz bei einem Verkauf von Einzelwirtschaftsgüter zu einer Reduzierung der Buchwerte und dadurch auch zu einer Reduzierung der künftigen Abschreibungsbasis führen. Dies kann evtl. dadurch vermieden werden, dass z. B. von dem Veräußerer noch vor dem Anteilsverkauf eine Kapitalerhöhung bzw. Kapitaleinlage durchgeführt wird. Bei MBO/MBI-Konzepten im Zusammenhang mit Firmengruppen ist zu beachten, dass das MBO/MBI-Team, je nach Firmenkonstellation, entweder an allen Gesellschaften der Firmengruppe oder an einer Holding der Firmengruppe beteiligt werden, da ansonsten die Gefahr von Dissonanzen aufgrund der Definition beispielweise von Verrechnungspreisen innerhalb der Firmengruppe permanent gegeben ist. Obwohl dem Management selbst das zu kaufende Unternehmen am besten bekannt ist, sind von dem Veräußerer, wie beim Unternehmenskauf üblich, ebenso Gewährleistungen zu übernehmen. Dieses Erfordernis besteht besonders deshalb, da ein MBO oft nicht allein aus Eigenmitteln, sondern auch durch andere Kapitalgeber finanziert ist. Die weiteren Kapitalgeber, wie z. B. Banken, Investoren usw. benötigen die typischen Gewährleistungen wegen der üblicherweise niedrigen Eigenkapitalbasis der Finanzierung. Im Übrigen kann die Gewährleistung, z. B. für die Richtigkeit des maßgeblichen Jahresabschlusses, nicht durch das Management übernommen werden. Es ist immer zu berücksichtigen, dass der Kaufpreis für das Unternehmen an den Veräußerer geht und somit dieser auch die Gewährleistung abgeben muss. Trotzdem wird die Gewährleistung im Rahmen eines MBO’s anders aussehen als bei einem klassischen Unternehmenskauf. 11.4.5 Finanzierungsmöglichkeiten für den MBO/MBI-Kandidaten Eine weitere, oft problematische Sache im Zusammenhang mit der Durchführung eines MBO/MBI, ist die Finanzierung des Deals, insbesondere dann, wenn er größtenteils fremdfinanziert ist. Der Grund hierfür ist, dass Mittel, die zum Abbau der Verbindlichkeiten eingesetzt werden müssen, die aus dem MBO/MBI resultieren, vom Management besser für Investitionen bzw. zum Ausbau der Geschäftstätigkeiten eingesetzt werden sollten. Ein wesentlicher Erfolgsgarant eines MBO/MBI besteht darin, dass sowohl Eigenkapital und Liquidität im Rahmen eines MBO im Unternehmen verbleibt, so dass 243

das Unternehmen nicht in Liquiditätsschwierigkeiten gerät. Hierzu sollten beispielsweise auch die zukünftigen Zahlungsverpflichtungen aus den Pensionsverpflichtungen möglichst genau abgeschätzt werden. Bevor konkrete Schritte in Richtung Unternehmenskauf einleiten werden, sollte sich der MBO/MBI-Kandidat über die finanziellen Möglichkeiten Gedanken machen. Die meisten MBO/MBI-Kandidaten bringen den Kaufpreis nicht komplett aus eigenen Mitteln auf. Viele Kapitalgeber machen ihre Hilfe jedoch davon abhängig, dass der MBO/MBI-Kandidat einen bestimmten Anteil an Eigenmitteln einbringt. Die aus der Fremdfinanzierung eventuell entstehende persönliche Verschuldung des übernehmenden Managements wird von vielen als belastend gesehen. 11.4.5.1 Öffentliche Mittel

Unter öffentlichen Mitteln werden die Finanzierungsmöglichkeiten über öffentliche Institutionen verstanden. Dazu zählen u. a. öffentliche Banken, Förderinstitute sowie sonstige öffentliche Einrichtungen des Bundes und der Länder. Die Finanzierung über öffentliche Mittel kann generell über Eigenmittel oder über Fremdmittel geschehen. Zu den Eigenmitteln zählen z. B. (stille) Beteiligungen öffentlicher Gesellschaften, zu den Fremdmitteln öffentliche Darlehen und zinsgünstige Kredite. Weitere Fördermöglichkeiten sind Zuschüsse und steuerliche Begünstigungen sowie öffentliche Bürgschaften. Vor der Beantragung öffentlicher Mittel sollte geprüft werden, ob der MBO/MBIKandidat die folgenden Bedingungen erfüllen: • Oft ist es für die Zusage der Förderung ausschlaggebend, dass das Kaufobjekt oder der Käufer als „förderungswürdig“ eingestuft wird. So werden z. B. bestimmte Branchen oder Personengruppen besonders gefördert. Dazu gehören z. B. Käufer, die mit dem Kauf in die Selbständigkeit gehen. Mit dem Kauf der Unternehmensanteile muss also eine unternehmerische (beispielsweise mindestens 10 % der Anteile) und tätige Beteiligung (Geschäftsführungs- oder Leitungsfunktion) erworben werden, ebenso muss der Käufer am Gewinn und Verlust des Unternehmens beteiligt sein. Eine entsprechende Vorbildung des Antragstellers wird dabei vorausgesetzt. • Der Unternehmenskauf darf nicht schon vor Einreichung des Förderantrages abgeschlossen werden. Nachfinanzierungen oder Umschuldungen werden in der Regel nicht oder nur vermindert gefördert. • Voraussetzung für eine öffentliche Förderung ist ferner, dass sich der Antragsteller in angemessenem Umfang mit Eigenmitteln an der Finanzierung beteiligt. Wie hoch diese Beteiligung sein muss, hängt von der jeweiligen Gestaltung des Förderprogramms ab. Die Gesamtfinanzierung des Unternehmenskaufs muss insgesamt gesichert sein. 244

• Öffentliche Kredite müssen in der Regel banküblich abgesichert werden, was, falls nicht anders möglich, z. B. durch Bürgschaften des jeweiligen Bundeslandes geschehen kann. Einige Programme sehen auch eine Haftungsfreistellung vor, verteuern sich jedoch etwas, sofern diese in Anspruch genommen wird. Die Zinssätze können je nach Bonität des Antragstellers, also des MBI- oder MBO-Managers, sowie der Besicherung schwanken. Nach Erhalt der Zusage muss der MBO/MBI-Kandidat die öffentlichen Mittel unverzüglich für den festgelegten Zweck verwenden. Eine Zweckentfremdung der Mittel ist strafbar. Die Anträge auf öffentliche Förderung kann der MBO/MBI-Kandidat üblicherweise über Kreditinstitute einreichen. Dort sind entsprechende Formulare erhältlich bzw. können diese auch vom Internet herunter geladen werden. Ein Rechtsanspruch auf die Bereitstellung öffentlicher Kredite, Zuschüsse und Bürgschaften besteht in der Regel nicht. Man sollte also darauf gefasst sein, dass eine öffentliche Förderung nicht gewährt wird. Eine wichtige Rolle bei den öffentlich geförderten Darlehen spielen jedoch die einschlägigen Programme der KfW Bankengruppe. Zu dieser Gruppe gehört unter anderem die KfW-Mittelstandsbank, die verschiedene Förderprogramme für Gründer und Manager, die ein Unternehmen übernehmen wollen, bereithält. Ein spezialisiertes Programm ist z. B. das Programm „ERP-Kapital für Gründung“. Nähere Informationen sind im Kapital „Finanzierung des Unternehmenskaufs“ oder im Internet zu finden unter www.kfw-mittelstandsbank.de. Eine Beispielrechnung für die Finanzierung über öffentliche Mittel kann wie folgt aussehen: Erworben werden sollen GmbH-Anteile im Wert von 2 Mio. EUR. Die Finanzierung kann sich wie folgt aufteilen: Eigenkapital (15 %)

300.000 EUR

ERP-Kapital für Gründung (KfW)

500.000 EUR

Mittelstandskredit Gründung und Wachstum GuW (L-Bank)

600.000 EUR

KfW-Unternehmerkredit

600.000 EUR

Gesamtfinanzierung

2.000.000 EUR

Neben öffentlichen Darlehen kann die Finanzierung auch über Eigenkapital bzw. eigenkapitalähnlichen Mitteln aus öffentlichen Beteiligungsgesellschaften 245

gewährleistet werden. Mittelständische Beteiligungsgesellschaften (MBG) finden sich in den meisten Bundesländern, z. B. die MBG Baden-Württemberg GmbH oder die BayBG – Bayrische Beteiligungsgesellschaft. Für die Beteiligung einer MBG an einem Kaufprojekt müssen bestimmte Kriterien erfüllt werden. Beispielhaft werden hier die wesentlichen Kriterien der MBG Baden-Württemberg erläutert: • Typische stille Beteiligungen. Möglich sind Beteiligungen bis 1 Mio. EUR, die maximale Höhe der Beteiligung kann jedoch nicht das wirtschaftliche Eigenkapital des Unternehmers übersteigen. • Umschuldungen, Nachfinanzierungen und reine Betriebsmittelfinanzierungen sind nicht möglich. • Vor der Beteiligung muss ein schlüssiges Unternehmenskonzept vorgelegt werden. • Voraussetzung ist meist auch eine persönliche (Teil-) Garantie des geschäftsführenden Gesellschafters. • Üblicherweise beträgt die Laufzeit 10 Jahre, gegen Aufschlag ist eine vorzeitige Rückzahlung jedoch möglich. Das Beteiligungsentgelt setzt sich aus einem Festentgelt zzgl. eines gewinnabhängigen Entgelts zusammen. • Darüber hinaus fällt eine Beratungsgebühr an. 11.4.5.2 Fremdkapital

Da Eigenkapital meist nur begrenzt vorhanden ist, muss die Finanzierung in vielen Fällen über Fremdkapital gewährleistet werden. Das macht höchstens so lange Sinn, wie die anfallenden Kosten (Zinsen, Bearbeitungsgebühren etc.) die Erträge aus dem geplanten Unternehmenskauf nicht übersteigen. Sind die Erträge höher als die Kosten, dann steigt die Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital mit steigendem Anteil der Fremdfinanzierung. Diese Wirkung wird auch als „Leverage-Effekt“ des Fremdkapitals bezeichnet. Die Erträge aus einem Unternehmenskauf sind jedoch immer mit Risiko behaftet, sei es durch das allgemeine Unternehmerrisiko, das Branchenrisiko oder die Entwicklung der allgemeinen Wirtschaftslage. Unabhängig davon, ob tatsächlich Erträge anfallen, müssen die Zahlungen für das Fremdkapital geleistet werden. Ein erhöhter Fremdkapitalanteil stellt damit nicht nur die Chance auf den „Leverage-Effekt“, sondern auch ein Risiko für die Eigenkapitalrendite dar. Bei der Fremdfinanzierung sollten Sie ferner darauf achten, dass die Zins- und Tilgungszahlungen nicht für Investitionen in das Unternehmen zur Verfügung stehen. Die Ausgestaltung der Zins- und Tilgungszahlungen orientiert sich sowohl am Kreditnehmer (also dem Unternehmenskäufer) als auch an dem zu finanzierenden Unternehmen. Da die Tilgungszahlungen in der Regel aus Gewinnausschüt246

tungen geleistet werden, richtet sich die Gestaltung der Tilgung meist nach den Planzahlen des Unternehmens. Sie sollten hierbei darauf achten, dass die Höhe der Tilgungszahlung realistisch ist. Die Bank wird wahrscheinlich auf hohe Tilgungszahlungen drängen, diese müssen jedoch aus den Unternehmensgewinnen gedeckt sein. Die Höhe des Zinses richtet sich nach der Einschätzung des Risikos durch die Banken. Ein hoher Eigenkapitalanteil wirkt sich meist positiv auf die Risikoeinschätzung aus und hilft so, den Zins zu senken. Ein wichtiger Aspekt bei der Kreditvergabe ist die Besicherung. Kredite können ggf. über Vermögenswerte des Unternehmens besichert werden. Hier kommen z. B. Maschinen und sonstige Sachanlagen oder Immobilien in Betracht. Eine weitere Möglichkeit ist die Abtretung von Forderungen gegenüber Kunden an die Bank. Bei der Finanzierung von z. B. GmbH-Anteilskäufen ist jedoch zu beachten, dass die Stammkapitalerhaltungsregeln und andere gesetzliche Vorschriften nicht verletzt werden. Eine andere Alternative für Sicherheiten können z. B. die Anteile am Unternehmen selbst sein. Man sollte jedoch darauf achten, der Bank nur so viel Besicherung wie nötig zur Verfügung zu stellen. Auch in Zukunft kann das Unternehmen Kredite benötigen, für die dann ggf. keine ausreichenden Sicherheiten mehr vorhanden sind. 11.4.5.3 Privates Beteiligungskapital

Die Finanzierung von MBO- bzw. MBI-Modellen kann mit oder ohne Einschaltung von Finanzinvestoren (z. B. Kapitalbeteiligungsgesellschaften) erfolgen. Dies hängt im Wesentlichen auch davon ab, ob die Altgesellschafter bereit sind, neben dem Verkauf von Anteilen an das MBO/MBI-Team auch noch Anteile an Finanzinvestoren abzugeben. Sofern das Unternehmen auf einen Mittelzufluss angewiesen ist, wird meist ein Konzept mit der Beteiligung eines Finanzinvestors im Rahmen einer Kapitalerhöhung in Frage kommen, da MBO- bzw. MBIKandidaten in den wenigsten Fällen zusätzlich zum Anteilskauf von den Altgesellschaftern neue Finanzmittel, z. B. für eine Kapitalerhöhung, in die Gesellschaft einbringen können. MBO/MBI-Kandidaten erhalten im Vergleich zu Finanzinvestoren (oder auch strategischen Käufern) üblicherweise einen Abschlag auf ihren zu zahlenden anteiligen Unternehmenswert. Ein finanzieller Vorteil kann auch so gestaltet werden, dass der MBO/MBI-Kandidat bestimmte finanzielle Zusicherungen für den Fall der Weiterveräußerung der Beteiligung durch den Finanzinvestor erhält. Vor der Einschaltung einer Kapitalbeteiligungsgesellschaft bzw. eines Finanzinvestors sollte man jedoch klären, ob der Alteigentümer bereit ist, Anteile an eine solche Gesellschaft zu verkaufen. Kapitalbeteiligungsgesellschaften (KBG) gehen meist wie folgt vor: 247

• Zunächst findet eine Vorprüfung durch die KBG statt. Dabei werden Unternehmensfaktoren wie die wirtschaftliche Situation, der (Zukunfts-) Markt, die Kundenstruktur, die Wettbewerbsposition, der Technologiestand, die Personalstruktur und der Standort geprüft. Ferner wird die Unternehmensplanung ausgewertet, um den Unternehmenswert aus Sicht der KBG ermitteln zu können. • In einem Letter of Intent werden der Unternehmenswert, die Rahmenbedingungen der Transaktion und die Regelung der Kosten festgehalten. • Anschließend erfolgt eine sorgfältige Prüfung („Due Diligence“). Diese erstreckt sich u. a. auf die betriebswirtschaftlichen, steuerlichen, rechtlichen und branchenspezifischen Aspekte des Unternehmens. Meist werden externe Spezialisten wie Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte, Steuerberater und Branchenexperten hinzu gezogen. • Es folgen die Vertragsverhandlungen und dann der Vertragsabschluss. Eine ähnliche Vorgehensweise haben professionelle private Investoren und auch so genannte „Business Angels“. Private Investoren mit viel Geld arbeiten oft ganz ähnlich wie Beteiligungsgesellschaften und stellen wie selbige ein Portfolio von Unternehmensbeteiligungen zusammen. Allen gemeinsam ist, dass sie sich über einen oft gesondert abgeschlossenen Beteiligungsvertrag oder entsprechende Regelungen, z. B. im GmbH-Gesellschaftsvertrag, Rechte sichern, die ihnen wichtig sind. Oft machen sie bestimmte Arten von Geschäften von ihrer Zustimmung abhängig, so z. B. Kauf und Verkauf von Vermögensgegenständen ab einer bestimmten Größenordnung, Einstellung und Kündigung von Personal über bestimmtem Jahresgehalt etc. Wie die Finanzierung eines Management-Buy-out oder eines Management-Buyin mit Hilfe von solchem Beteiligungskapital aussehen kann, zeigt sich nachfolgend. Erworben werden sollen die Vermögensgegenstände einer GmbH & Co. KG im Wert von 10 Mio. EUR. Es kann wie folgt finanziert werden:

Eigenkapital MBO/MBI

150.000 EUR

Eigenkapital Investor

450.000 EUR

Stammkapital Kauf-GmbH

600.000 EUR

Stille Beteiligung Investor

3.000.000 EUR

Darlehen

6.400.000 EUR

Kaufpreis

10.000.000 EUR

248

11.4.6 Unternehmensübergabe Wenn alle Hürden genommen und die Verträge unterschrieben sind, naht der erste Tag als Inhaber. Nehmen wir an, die Mitarbeiter wissen noch nicht, dass sie in Kürze einen neuen Chef bekommen. Trotzdem sollte man davon ausgehen, dass sich zumindest Gerüchte in der Belegschaft herumgesprochen haben. Gerade langjährige Mitarbeiter zeigen für Veränderungen im Unternehmen oft ein besonderes Gespür. Sei es, dass der Altinhaber in letzter Zeit des Öfteren außer Haus war, oder dass ihn das Reinigungspersonal nach Feierabend bei einem Rundgang mit Betriebsfremden gesehen hat. Die Einführung in das Unternehmen sollte sorgfältig geplant werden. Zusammen mit dem Altinhaber kann eine Betriebsversammlung oder ein Meeting vorbereitet werden, das z. B. zum Ende eines Arbeitstages stattfinden kann. Alle Mitarbeiter sollten dazu eingeladen werden. Um das Ambiente feierlich zu gestalten, sollte auch das leibliche Wohl nicht zu kurz kommen. Auf dieses Ereignis sollte der übernehmende Manager gut vorbereitet sein, denn es bietet sich keine zweite Chance für den ersten Eindruck. Zunächst wird der Veräußerer den Grund für die Zusammenkunft nennen und einige einleitende Worte finden. Dann hat der übernehmende Manager Gelegenheit, sich kurz vorzustellen und etwas über seinen beruflichen Werdegang zu erzählen. Er sollte jedoch auch etwas über sein Privatleben einfließen lassen (z. B. Familie, Kinder etc.), um die kurze Ansprache persönlicher zu gestalten und eine erste Vertrauensbasis zu schaffen. Die Mitarbeiter werden auch daran interessiert sein, wie der übernehmende Manager plant, den Betrieb in Zukunft zu führen, ob Änderungen anstehen oder ob alles beim Alten bleibt. Oft wird ein Inhaberwechsel mit dem Abbau von Arbeitsplätzen verknüpft, was bei den Mitarbeitern Befürchtungen auslösen kann. Schon zu diesem Zeitpunkt einen autoritären Führungsstil zu demonstrieren, könnte das Geschäftsführerleben zumindest kurz- bis mittelfristig stark erschweren. Ohne motivierte Mitarbeiter hat kein Unternehmen am Markt Erfolg. Andererseits bietet sich die Gelegenheit, Profil zu zeigen und darzustellen, wie sich der übernehmende Manager die Zukunft des Unternehmens vorstellt. Er sollte deutlich machen, worauf es ihm dabei besonders ankommt. Das Meeting sollte harmonisch ausklingen und nicht zu lange andauern. Der übernehmende Manager wird recht schnell feststellen, mit welchem Mitarbeiter er eine gute Arbeitsbasis finden kann und bei wem das schwieriger oder gar unmöglich ist. Der Versuch, mit allen Mitarbeitern gut auszukommen, ist wichtig. Die Erfahrung zeigt, dass fähige Mitarbeiter engagiert mit einem neuen Geschäftsführer zusammen arbeiten, wenn sie sehen, dass dieser kompetent und aktiv ist und somit ihre Unterstützung verdient. Manche Mitarbeiter sind sogar erfreut über den frischen Unternehmergeist, den ein neuer Geschäftsführer einbringt. Gerade in der Anfangszeit ist das Informationsbedürfnis der Mitarbeiter 249

besonders groß. Der übernehmende Manager sollte das durch offene und klare Kommunikation berücksichtigen. Er sollte zeigen, dass ihm grundsätzlich an harmonischer Zusammenarbeit gelegen ist. Je nachdem, wie viel Erfahrung der übernehmende Manager in das neue Tätigkeitsfeld einbringt, wird er auf die Einarbeitung durch den Altinhaber angewiesen sein. In der Regel wird der zeitliche Umfang der Beratertätigkeit dann immer weiter abnehmen. Um zu vermeiden, dass es zu Konflikten zwischen Alt- und Neuinhaber kommt, sollte es im Ermessen des Nachfolgers stehen, ob und wann der Vorgänger zur Verfügung steht. Das kann z. B. im Rahmen eines Beratungsvertrages geregelt werden. Ist der bisherige Geschäftsführer zu oft und zu lange im Unternehmen, können Spannungen zwischen dem übernehmenden Manager, ihm und den Mitarbeitern entstehen. Das kann dazu führen, dass sich der übernehmende Manager in den ersten Monaten mehr um die Betriebsatmosphäre kümmert, als um die Dinge, die dem Unternehmen wirklich dienen. Er sollte insbesondere vermeiden, mit seinem Vorgänger parallel und womöglich im gleichen Arbeitsbereich die Geschäfte zu führen. Vielmehr sollten die Kompetenzen klar abgegrenzt werden.

11.5 Spin-off Ein MBO kann jedoch beispielweise auch in einem Konzern durchgeführt werden. Typischerweise kommt dies dann vor, wenn der Konzern sich von einem unwirtschaftlichen Bereich trennen will oder der Konzern sich zu stark diversifiziert hat. Gerade in jüngster Vergangenheit ist zu beobachten, dass sich Konzerne oftmals verstärkt auf ihre Kernbereiche konzentrieren und die aus Konzernsicht nicht geeigneten Geschäftsfelder abstoßen. In diesen Fällen spricht man von so genannten Spin-offs. Es kann dann z. B. sinnvoll sein, Neuentwicklungen als Spin-off auszulagern, wenn das Unternehmen eine Betriebsgröße oder Unternehmensstruktur hat, die angesichts der mangelnden Flexibilität für die Entwicklung der Forschungsabteilung nicht förderlich wäre. Durch einen Spin-off können Freiräume für hochmotivierte Mitarbeiter geschaffen werden, die ansonsten eventuell das Unternehmen verlassen hätten. Oftmals können technische Entwicklungen durch ein größeres Engagement des Managements und der Mitarbeiter schneller realisiert werden. In manchen Fällen weisen Neuentwicklungen in jungen Unternehmen schneller einen positiven Return of Investment aus, als in großen Unternehmen. Eine finanzielle Beteiligung an der Neugründung sichert Einflussmöglichkeiten und eröffnet die Chance, dass sich der Wert der Beteiligung bei einem Erfolg des Spin-offs steigern lässt. Ein Spin-off kann in vielen Fällen auch von dem ausgliedernden Unternehmen imageträchtig genutzt werden. Gerade Unternehmen, die in der öffentlichen

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Meinung als schwerfällig gelten, können – wie die Vergangenheit gezeigt hat – ihr Image in Richtung Dynamik und Fortschritt aufpolieren. Sofern es sich um technologieorientierte Spin-offs handelt, besteht oft die Möglichkeit, staatliche oder auch andere Fördermittel in Anspruch zu nehmen. Auch bei der Strukturierung eines Spin-offs sind spezifische Dinge zu beachten: Bei einem Spin-off ist der Veräußerer regelmäßig ein Unternehmen, das voll steuerpflichtig ist. Im Regelfall ist ein solcher Veräußerer z. B. bei der Zuordnung von Kaufpreisteilen flexibler als ein privater Unternehmensverkäufer. So kann beispielsweise ein solcher Veräußerer vor einem Anteilsverkauf noch Ausschüttungen an sich vornehmen und auf diese Weise eine Reduzierung des Kaufpreises erreichen. Bei einem Spin-off werden oft Aufträge erteilt, Auslastungen gewährleistet, Schutzrechte lizenziert oder auch Zulieferungen versprochen. Durch entsprechende Preisgestaltungen können sich für die „Spin-off-Gesellschaft“ dadurch Erlöse mindern oder Aufwendungen erhöhen. Ein großer Vorteil von MBOs und MBIs ist, dass die Strukturen im Unternehmen weitestgehend erhalten werden und die Transaktion diskret durchgeführt werden kann. Im Vergleich dazu enthält ein Verkauf innerhalb der Branche immer die Gefahr, dass Wettbewerber einen weitgehenden Einblick in die Geschäftszahlen und sonstigen Informationen erhalten und letztlich oftmals dennoch vom Kauf zurücktreten. Außerdem werden meist der Standort und die sonstigen langjährigen Beziehungen des Unternehmens nicht in Frage gestellt.

11.6 Kann ein Beirat oder Aufsichtsrat bei einer Nachfolgeregelung oder einem Unternehmensverkauf dienlich sein? Die Frage kann mit einem uneingeschränkten „Ja“ beantwortet werden, wenn der Beirat richtig strukturiert und eingearbeitet ist. Zunächst sind Begrifflichkeiten und Funktionen zu klären. Während ein Beirat in seiner Reinform den Unternehmern, den Geschäftsführern und den Gesellschaftern nur mit Rat zur Verfügung steht, hat ein Aufsichtsrat eine zusätzliche Funktion, nämlich die des „Aufsicht Führens“. Gerade in langfristig angelegten Nachfolgeregelungen kann diese Tätigkeit eines Aufsichtsrats (oder Beirats, dem diese Aufgabe mitübertragen wird) genutzt werden, um einem Nachfolgemanagement „auf die Finger“ zu schauen. Gerade, wenn der Senior oder die Senioren im Unternehmen nicht mehr oder nur noch sporadisch präsent sind und das neue Management sich weitgehend selbst überlassen ist und man das neue Management nicht wirklich gut kennt, kommt der Aufsicht große Bedeutung zu. 251

Ein Beirat ist in den meisten mittelständischen Unternehmen ein freiwilliges Organ. Erst ab 500 Mitarbeitern ist ein Aufsichtsrat zwingend vorgeschrieben. Diese Vorgaben gelten für GmbH und GmbH & Co. KG gleichermaßen. Eine AG erfordert unabhängig von ihrer Größe immer einen Aufsichtsrat. Beiräte und Aufsichtsräte können verschiedenartig zusammengesetzt sein und auch entsprechend verschiedene Bezeichnungen tragen. Manchmal spricht man von einem Familienrat, einem Verwaltungsrat, Gesellschafterausschüssen oder von anderen Begriffen. Die Gründe für einen Beirat sind mannigfaltig. Ein Beirat kann gerade in Familiengesellschaften für Interessenausgleich sorgen, wenn er entsprechend kompetent und von objektiv handelnden und neutralen Personen in der Regel von außerhalb des Unternehmens besetzt ist. Auch bei einer großen Anzahl von Gesellschaftern kann ein Beirat dadurch sinnvoll sein, dass die Willensbildung effektiver erfolgt, als dies in einer Gesellschafterversammlung der Fall wäre. In diesem Fall übertragen die Gesellschafter diverse Aufgaben auf den Beirat. Gerade bei Nachfolgeregelungen, manchmal im Zusammenhang mit Unternehmensverkäufen oder Beteiligungsübertragungen, spielt der Beirat als Coach für die Nachfolger eine wichtige Rolle. Er betätigt sich oft geplant oder ungeplant als Schiedsrichter und überbrückt Generationsunterschiede zwischen den Senioren und dem jungen Management. Gerade in der Zeit, in der das alte Management, evtl. auch lediglich ein einziger geschäftsführender Gesellschafter, die Nachfolge zu lösen hat, ist der Beirat ein wichtiger Begleiter, der eine zweite Meinung bzw. eine Sicht von außen einbringt. Manches Unternehmen wurde durch einen eingearbeiteten Beirat oder Aufsichtsrat gerettet, als der einzige Geschäftsführer unerwartet einen schweren Autounfall hatte oder an den Folgen einer Herzattacke verstarb. Insofern ist ein Beirat oder Aufsichtsrat immer eine gute Vorsorge für besondere Ereignisse, wenn einige Regeln beachtet werden, auf die später noch eingegangen wird. Oft sind Beirats- oder Aufsichtsratgremien, die eingearbeitet sind, das Unternehmen lange kennen und immer im Sinne des Unternehmens denken und handeln, fallweise hinzugezogenen Beratern überlegen. Berater, die im Einzelfall eingeschaltet werden, haben in der Regel nicht den Überblick, wie ein seit Jahren eingearbeiteter Beirat oder Aufsichtsrat. Als Gründe gegen einen Beirat werden oft die Kosten, der zusätzliche Zeitaufwand für den Geschäftsführer sowie zusätzliche Verwaltung und unproduktive Aufgaben genannt. Manche Geschäftsführer bzw. Unternehmer mögen sich auch einem solchen Gremium nicht „öffnen“ – sei es, weil sie etwas zu verschleiern haben, oder weil sie die Folgen der Zusammenarbeit mit einem Aufsichtsrat oder Beirat für ihre eigene Tätigkeit nicht einschätzen können. Meistens sind allerdings die Bedenken unbegründet, zumindest dann, wenn der Beirat sorgfältig ausgewählt wurde und man Wert darauf legte, dass ein ergebnisorientiertes und harmonisches Zusammenarbeiten voraussichtlicht gegeben sein wird. 252

Grundsätzlich sollte ein Beirat oder Aufsichtsrat zumindest auf lange Sicht mehr „bringen“ als er kostet. Ein paar wenige wertvolle Kontakte über einen längeren Zeitraum oder auch das Abwenden von gravierenden Fehlentscheidungen führen schnell dazu, dass ein Beirat sich bezahlt macht. Selbst skeptische Geschäftsführer und Vorstände wissen oft nach längerer Zusammenarbeit mit Beiräten und Aufsichtsräten, die Vorteile eines solchen Gremiums zu schätzen und akzeptieren die notwendigen Vorbereitungszeiten für Beirats- oder Aufsichtsratsitzungen. Gerade wenn ein Beirat oder Aufsichtsrat eingesetzt wird, um eine unternehmerische Nachfolge zu regeln oder ein Unternehmensverkauf oder Teilverkauf anzugehen ist, so sollte dieses in der Regel im mittelständischen Unternehmen dreiköpfige Gremium entsprechend besetzt sein. Zumindest ein Beirat bzw. Aufsichtsrat sollte sich mit Nachfolgeregelungen und Unternehmensübertragungen intensiv befasst und Erfahrungen gesammelt haben. Auch die anderen Mitglieder sollten über unternehmerischen Weitblick und Erfahrungen verfügen, die in diesem Prozess dienlich sind. Kandidaten für einen Beirat oder Aufsichtsrat sollten zusätzlich nicht für Wettbewerbsunternehmen arbeiten, nicht hauptsächlich wegen der Vergütung tätig sein, ähnliche „Werte“ haben wie die anderen Mitglieder und auch die Geschäftsführer, im Einzelfall wichtige Kontakte haben und genügend Zeit, Energie und Motivation für diese Tätigkeit mitbringen. Zumindest ein Beirat oder Aufsichtrat sollte fundierte Kenntnisse im Gesellschaftsrecht haben und schon einige Erfahrungen in anderen Beirats- oder Aufsichtsratgremien gesammelt haben. Als wenig sinnvoll hat sich herausgestellt, Personen in einen Beirat zu nehmen, die man sowieso laufend um sich hat, so z. B. den vertrauten Steuerberater, Vertreter der Hausbank und Hausjurist. Es gilt der Grundsatz, dass man Personen aufnimmt, die einen „Zusatznutzen“ bieten. Die Findung von geeigneten Beiräten oder Aufsichtsräten ist in der Praxis oft einfacher, als viele Unternehmer befürchten. Grundsätzlich sollte man nicht unter Druck und innerhalb kurzer Zeit von wenigen Wochen oder gar Tagen ein dreiköpfiges Gremium zusammenstellen müssen. Dieser Prozess sollte zumindest über wenige Monate angegangen werden. Hilfreich ist es oft, wenn diejenigen, die für das Suchen der Beiräte und Aufsichträte verantwortlich sind, durch geeignete Maßnahmen täglich an die Suche eines solchen Mitglieds denken und ihre geschäftlichen Kontakte über Wochen auf eine Eignung der kontaktierten Personen als Beiräte oder Aufsichtsräte überprüfen. Oft ergibt sich so nach Wochen eine ansehnliche Liste von Personen, über die man diskutieren kann. Darüber hinaus gibt es nach Kenntnis des Autors zwei oder drei Datenbanken mit Profilen für (potenzielle) Beiräte und Aufsichträte. Eine solche Datenbank mit 253

über 300 Profilen wird von der Sattler & Partner AG (siehe www.sattlerundpartner.de) betrieben, eine andere von der Deutschen Agentur für Aufsichtsräte, Gesellschaft für Vermittlung und Beratung von Aufsichts- und Beiräten mbH (siehe www.aufsichtsrats-agentur.de). Auch die Vergütung eines Beiratsgremiums liegt im Mittelstand meist unter den Befürchtungen der Unternehmer. Beiräte und Aufsichtsräte werden in der Regel ähnlich vergütet wie vergleichbare Fachleute, die ihre Leistungen in Zeiteinheiten bzw. zu Tagewerksätzen o. Ä. als Dienstleisterunternehmen anbieten. So wird beispielsweise ein Hochschulprofessor in der Regel mit einem Sitzungsgeld zufrieden sein (Beiratssitzung von der Dauer von einem Tag), das ungefähr sonstiger, gutachterlicher Tätigkeit entspricht. Auf diese Weise kosten dreiköpfige Gremien im Mittelstand oft ca. 15 bis 25 TEUR pro Jahr. Bei größeren Untenehmen und umfangreicheren Tätigkeiten werden die Summen schnell deutlich höher. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor bei der Einsetzung eines Beirats oder Aufsichtsrats ist die Ernsthaftigkeit, mit der dieser betrieben wird. So manches Mal, von gerade älteren Unternehmern eingesetztes Gremium, wurde vom gleichen Unternehmer nach kurzer Zeit wieder aufgelöst, weil er den Rat und das kritische Hinterfragen mancher Aktionen als lästig empfand. Ein freiwilliger Beirat kann ohne Festlegung in der Satzung als „Beraterkreis“ vom Geschäftsführer eingesetzt und als Beirat bezeichnet werden. Mehr Ernsthaftigkeit scheint gegeben, wenn dieser Beirat zumindest durch Gesellschafterbeschluss berufen ist und sich in einer Beiratsordnung Regeln finden, wer Beiratsmitglied sein kann, wie oft ein Beirat tagt, welches seine Aufgaben sind etc. Eine höhere Stufe der Ernsthaftigkeit ist gegeben, wenn die Satzung bzw. der Gesellschaftsvertrag die Bildung eines Beirats vorsieht, ggf. ohne Selbstregelungen aufzustellen. Diese können wiederum in einer gesonderten Beiratsordnung zu finden sein. Sind Einzelheiten in der Satzung nicht geregelt, so kommen ggf. nach § 52 GmbHG diverse aktienrechtliche Vorschriften zur Bildung eines Aufsichtsrats für diesen Beirat zur Anwendung. Hilfreich erscheint es, sich in der Orientierungsphase diverse Beiratsordnungen zu beschaffen. Man gewinnt schnell einen Eindruck, welcher Organisationsgrad für ein solches Gremium mit welchen Rechten und Pflichten am besten zum Unternehmen passt. Sucht man Anhaltspunkte für Mindestinhalte einer Beiratssitzung und fragt man sich, wie häufig Beiratssitzungen stattfinden sollten, so findet man im Aktiengesetz bewährte Regelungen, die man anwenden kann. Demnach muss eine Sitzung pro Halbjahr stattfinden, besser wären zwei Sitzungen. Dies bedeutet, dass man mindestens zwei Sitzungen pro Jahr haben wird, eine im ersten und eine im zweiten Halbjahr. Je nach Komplexität der Aufgabenstellungen kann dies in der jeweiligen Situation richtig oder falsch sein. In der akuten Phasen einer Nachfol254

geregelung oder einer Unternehmensverkaufs oder Teilverkaufs werden mit Sicherheit mehr Sitzungen vonnöten sein. Auch die Minimuminhalte für solche Beiratssitzungen finden sich im Aktiengesetz. In der ersten Beiratssitzung im Geschäftsjahr steht in der Regel die Besprechung oder auch Prüfung des Vorjahresabschlusses auf der Tagesordnung – nebst weiteren obligatorischen Tagesordnungspunkten wie Umsatz und Lage der Gesellschaft, aktuelle Gegebenheiten etc. Im zweiten Halbjahr, gegen Ende des Jahres, steht die Unternehmensplanung für das Folgejahr auf der Agenda. Gerade die schwierige Phase der Nachfolgeregelung oder des Unternehmensoder Beteiligungsverkaufs kann mit einem Beirat oder Aufsichtsrat erfolgreich gemeistert werden, wenn vorstehende Regelungen beachtet werden und die richtigen Personen an Bord sitzen, die die Interessen des Unternehmens über ihre eigenen stellen. Ein ca. 70-jähriger Unternehmer, vor ein paar Jahren ausgeschieden aus dem operativen Geschäft, sagte kürzlich: „Ich glaube, meine größte unternehmerische Leistung war meine eigene Nachfolgeregelung zu schaffen und die Richtigen dazu zu holen, die mir halfen, diesen Prozess erfolgreich zu meistern.“ Im Kapitel 12 „Praxisbeispiele“: 12.1 findet sich zum Thema noch ein Praxisfall.

11.7 Kurztest zur Nachfolgereglung Bei Nachfolgeregelungen ist es wichtig, sich bereits einige Zeit vor dem geplanten Ausscheiden Gedanken zu machen, welche Regelungen zu treffen sind. Dieser Kurztest zur Unternehmensnachfolge enthält wesentliche Kernthemen und Aspekte, welche bei Nachfolgefragen zu beachten sind. Der Test sieht einfach aus, aber es stecken in ihm einige Jahrzehnte Erfahrung. Er eignet sich für Unternehmer, die aus Altersgründen oder sonstigen privaten Gründen Ihre Nachfolge im Unternehmen in absehbarer Zeit regeln wollen und wenn der Unternehmer über einen längeren Zeitraum hinweg selbstständig ein Unternehmen geführt hat oder maßgeblich daran beteiligt ist. Falls man mehr als drei Fragen mit „Nein“ beantwortet, sollte man sich Fragen, ob es nicht notwendig ist, erfahrene Berater für die Nachfolgeregelung hinzu zuziehen. Anderenfalls könnten Schwierigkeiten beim Generationenwechsel auftreten.

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Ja Meine Altersvorsorge reicht für ein angemessenes Leben nach meinem Ausscheiden aus meiner unternehmerischen Tätigkeit aus. Ich bin körperlich willens und in der Lage, mittelfristig mit der derzeitigen, physischen Beanspruchung zu leben. Ich kenne die wichtigsten Kriterien für den richtigen Zeitpunkt des Ausscheidens aus meiner unternehmerischen Tätigkeit (z. B. Ausscheiden bei noch guter Fitness/Gesundheit, Wert des Unternehmens, positive Konjunktur, noch nicht zu alt) und bin mir sicher, entsprechend zu handeln (d. h. zum richtigen Zeitpunkt zu verkaufen, auszuscheiden, los zu lassen). Meine(n) Nachfolger baue ich rechtzeitig auf/habe ich rechtzeitig aufgebaut. Den Marktwert meines Unternehmens kenne ich – und kannte ich – ich weiß, was dafür zu erzielen ist – in guten wie in schlechten Zeiten.

Teilweise Nein

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Mit Unternehmensverkäufen kenne ich mich aus.

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Worauf es bei der Suche, Auswahl und Beurteilung eines Nachfolgers ankommt, weiß ich. Wenn man Mitgesellschafter (einen oder mehrere) hat, ist es wichtig, den Gesellschaftsvertrag und die gesetzlichen Regelungen zu kennen. Falls ein Mitgesellschafter andere Interessen hätte als ich (z. B. nicht zur gleichen Zeit verkaufen wollte wie ich), wüsste ich, wie das zu regeln ist. Auch wüsste ich, was geschieht, wenn er verstirbt oder ich versterbe. Den Wert seiner bzw. meiner Beteiligung würde ich auch in diesen Fällen kennen. Bei der Regelung meiner Nachfolge schalte ich einen Begleiter/Berater ein, der mit diesen Dingen Erfahrung hat und so etwas laufend macht. Für den Fall, dass mir etwas passiert, habe ich vorgesorgt. Mein(e) (Ehe-) Partner(in) weiß, was dann zu tun ist. Gleiches gilt für meine Kollegen, Mitgesellschafter, Mitarbeiter, Beirat, Aufsichtsrat etc. Ich habe einen Notfallplan! Mir ist klar, dass die Nachfolgeregelung eine große, unternehmerische Herausforderung ist – oft die größte und letzte für einen Unternehmer. Ich kenne die Auswirkungen der konjunkturellen Situation auf meinen Unternehmenswert.

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12 Praxisbeispiele 12.1 Nachfolgeregelung und Unternehmensverkauf mit Hilfe eines Beirats (Andreas Sattler) Ein Unternehmer, Gesellschafter Geschäftsführer eines mittelständischen Elektronik- und Steuerungstechnikbetriebs, kam auf den Autor zu. Er denke daran seine Nachfolge einzuleiten und seinen Anteil am Unternehmen zu veräußern. Der Unternehmer war mit ca. zwei Dritteln am Unternehmen beteiligt. Der Autor schlug vor, zunächst eine Unternehmensbewertung durchzuführen, damit man wisse, worüber man rede. Der Unternehmer willigte ein. Die Unternehmensbewertung wurde durchgeführt und auch mit den anderen Gesellschaftern besprochen. Sie waren ebenfalls aufgrund ihres Alters daran interessiert, ihre Anteile zu veräußern. Im Anschlussgespräch über die Bewertung des Unternehmens wies der Autor bzw. Berater darauf hin, dass die Preisfindung aufgrund der großen Abhängigkeit des Unternehmens von einem Kunden besonders schwierig sei. Die komplette Organisation des Betriebes mit ca. 150 Mitarbeitern war auf diesen einen Kunden ausgerichtet. Der Unternehmer öffnete sich zusätzlich dem Autor in diesem Gespräch, er sei bereits vor einigen Jahren an einem Krebsleiden erkrankt und es ginge ihm wechselhaft. Aufgrund der gesundheitlichen Situation lege er Wert auf einen schnellen Verkauf. Der Auftrag zum Verkauf des Unternehmens wurde erteilt. Potenzielle Käufer wurden sofort angesprochen. Bereits nach kurzer Zeit verstarb, zumindest für den Autor bzw. Berater unerwartet, einer der vier Gesellschafter, was etwas Unruhe in den Verkaufsprozess brachte. Gerade in dieser Phase zeigten sich Schwierigkeiten mit dem Großkunden, der begann, auf extreme Preisnachlässe zu pochen. Die Preisnachlässe mussten gewährt werden, was das EBIT bzw. den Gewinn des Unternehmens stark trübte und zu einer deutlich verminderten Bewertung in den Kaufverhandlungen führte. Zusätzlich stellt sich in dieser Phase heraus, dass sich der Gesundheitszustand des Hauptgesellschafter Geschäftsführers rapide verschlechterte. Er bat den Autor zu einem persönlichen Gespräch und zog ihn in das Vertrauen. Er bat ihn mit einem Kollegen für diese wichtige Phase ein Beiratsgremium zu installieren und bei der Nachfolgeregelung nach Kräften zu helfen. Der Autor und sein Kollege willigten ein. Aufgrund der bekannt schlechten, gesundheitlichen Situation entstand zunehmend Unruhe bei den Mitarbeitern. In Abstimmung mit dem Geschäftsführer beriefen er und der Autor eine Betriebs-

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versammlung ein, informierten die Mitarbeiter umfassend und beantworteten alle Fragen. Wer denn in Zukunft das Unternehmen führen würde, wollten die Mitarbeiter wissen. Es war klar, dass der Altgesellschafter Geschäftsführer nicht mehr in der Lage sein würde, in den nächsten Wochen das Unternehmen zu führen. Mit Hochdruck suchten der Autor und sein Kollege, d. h. die eingesetzten Beiräte, einen Fremdgeschäftsführer. Da das Unternehmen auch verkauft werden sollte, wurde dieser bereits den potenziellen Käufern vorgestellt. Es stellten sich schnell zwei ernste und solvente Käufer heraus. Mit dem am geeignetst erscheinenden Investor wurde schließlich die Transaktion vollzogen und die drei Gesellschafter verkauften ihre Anteile. Noch am Tage der Vertragsunterzeichnung führten der Gesellschafter Geschäftsführer und die Beiräte nebst Investor eine Betriebsversammlung durch. Die Mitarbeiter wurden informiert, dass das Unternehmen heute an einen solventen Investor verkauft worden sei. Man müsse keine Angst um den Verlust von Arbeitsplätzen haben. Es würden eher Kapazitäten auf- als abgebaut. Auch der neue Geschäftsführer wurde vorgestellt. Es zeigten sich die Früchte der vertrauensbildenden Maßnahmen. Die Betriebsversammlung verlief harmonisch. Dem scheidenden Gesellschafter Geschäftsführer und den Beiräten wurde Glauben geschenkt und damit auch dem neuen Investor und dem neuen Geschäftsführer. Es wurde kommuniziert, dass der Beirat weiter im Amt bleibt, um zusätzlich die Kontinuität abzusichern. Dieser Auftritt war der letzte des scheidenden Gesellschafter Geschäftsführers. In der kurz darauf folgenden Weihnachtsfeier konnte er aus gesundheitlichen Gründen schon nicht mehr teilnehmen. Wenige Tage darauf verstarb er. Der Beirat blieb ein paar Monate im Amt. Es zeigte sich, dass man den „richtigen“ Geschäftsführer gesucht und gefunden hatte. Die große Sorgfalt bei der Auswahl des Geschäftsführers und auch des Investors hatten sich ausgezahlt. Es liegt auf der Hand, dass diese Nachfolgeregelung und der Unternehmensverkauf ohne einen Beirat nicht geglückt wären. Gerade in solchen Sondersituationen kann ein Beirat segensreich wirken und letztlich mithelfen, das Unternehmen, die Arbeitsplätze und damit auch den Wert des Unternehmens für die Gesellschafter zu erhalten

12.2 Durchführung eines Verkaufs von 90 % einer Maschinenbaukapitalgesellschaft (Bernd Müller) Eine Unternehmensberatung hat Gesellschafter eines Anlagenbauers bei der Durchführung des Verkaufs von 90 % der Anteile an eine Erwerbergesellschaft einer Private-Equity-Gesellschaft beraten.

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Der Anlagenbauer fertigt Industrieöfen, vor allem für die Aluminium- und Zink verarbeitende Industrie. Er beschäftigt ca. 30 Mitarbeiter und erwartete im Jahr 2006 einen Umsatz in Höhe von 10 Mio. EUR. Das Unternehmen arbeitet überdurchschnittlich rentabel. Die Bewertung des Unternehmens war nicht Gegenstand des Auftrages. Zunächst wurde ein ausführliches Informationsmemorandum/Verkaufsexposé für das Unternehmen erstellt. Darin erhalten waren die für einen potenziellen Kaufinteressenten wichtigen Erstinformationen. Wesentliche Inhalte waren die SWOT-Analyse, die Darstellung der Finanzzahlen samt Planung sowie grundsätzliche Ausführungen zur angedachten Dealstruktur. Bei der Erstellung des Verkaufsexposés setzte man sich ausführlich auch mit bewertungsrelevanten Fragestellungen auseinander. Angesichts der branchenbezogenen Markteinschätzungen des Unternehmensberaters hatte man sich im Zuge der Freigabe des Exposés durch den Mandanten auf eine (interne) Kaufpreisvorstellung geeinigt. Des Weiteren wurde nun die Verkaufsstrategie festgelegt. Grundsätzlich in Frage kamen sowohl strategische Investoren als auch Finanzinvestoren. Direkte Wettbewerber sollten aus Vertraulichkeitsgründen nicht angesprochen werden. Da es eine große Zahl von Industrieofenbauer in den unterschiedlichsten Segmenten gibt, konnten auch strategische Kaufinteressenten angesprochen werden, die nicht direkt in dem von der zu verkaufenden Gesellschaft abgedeckten Bereich tätig waren. Im Rahmen des Searches erfolgte die Erstellung einer so genannten Long List (Liste aller potenziellen Kaufinteressenten). Der Search erfolgte zum einen über den jahrelang aufgebauten Datenbestand an eigenen Interessenten, über internationale M&A-Netzwerke, über M&A-Kollegen sowie über Unternehmensdatenbanken. Danach wurde in Absprache mit den Mandanten eine Short List erstellt, die die Kontaktdaten aller potenziellen Kaufinteressenten enthält, die angesprochen werden. Die Ansprache erfolgte – wie in derartigen Transaktionen üblich – anhand eines anonymisierten Kurzprofils und/oder persönlichem telefonischem Kontakt. Positiven Einfluss dabei hatten die langjährigen guten Beziehungen des Unternehmensberaters, insbesondere zu mehreren Finanzinvestoren. Nach Durchführung von diversen Erstgesprächen konzentrierten sich die Gespräche auf wenige Kaufinteressenten. Mit einem Kaufinteressenten konnte recht schnell bereits ein Letter of Intent (LOI), also eine Absichtserklärung abgeschlossen werden. Im weiteren Verlauf wurde im Oktober 2005 eine Due Diligence durch diesen Kaufinteressenten durchgeführt. Leider mussten die weiteren Verhandlungen mit diesem Kaufinteressenten aus Gründen, die ausschließlich beim Käufer begründet waren und mit denen wir völlig unerwartet konfrontiert wurden, abgebrochen werden. In dieser schwierigen Situation erwies es sich als äußerst positiv, dass der Berater das Interesse von mehreren Kaufinteressenten parallel vorangetrieben hatte, sodass unmittelbar nach Ablauf des Exklusivitätszeitraumes ein weiterer LOI verhandelt werden konnte. Erschwerend in dieser Phase der Transaktion kam hinzu, 259

dass durch die erstmalige Prüfung des Jahresabschlusses des Mandanten ergebnisverändernde Tatbestände bekannt wurden, die nur durch relativ aufwendige Gespräche erklärt werden konnten. In der Schlussphase der Transaktion wurde dann mit zwei Finanzinvestoren nahezu parallel eine Due Diligence durchgeführt. Um zu vermeiden, dass das operative Geschäft leidet und zur Gewährleistung einer einheitlichen Informationsweitergabe, hat Sattler & Partner die Arbeiten im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Durchführung der Due Diligence weitestgehend übernommen. Mit dem Finanzinvestor, der letztlich das Unternehmen gekauft hat, wurde vereinbart, dass die Exklusivität erst bei Vorlage eines verbindlichen Kaufpreisangebotes beginnt. Im Laufe dieser vierwöchigen Exklusivität konnte der Vertrag verhandelt werden. Am letzten Tag der Exklusivität wurde der Vertrag notariell geschlossen. Vorangegangen waren eine Menge von zum Teil kritischen Punkten, die hier nur beispielhaft erwähnt werden können: Haftungsbegrenzung der Verkäufer im Vertrag, Gespräche mit führenden Mitarbeitern vor dem Signing, Gespräche mit wichtigen Kunden vor dem Signing, komplexe Transaktionsstruktur durch Beteiligung des Veräußerers an der Erwerbergesellschaft des Finanzinvestors aus betriebswirtschaftlicher, juristischer und steuerlicher Sicht, Besonderheiten durch Transaktionsfinanzierung der Bank. Zum Teil musste der M&A-Berater auch in die Verhandlungen der Juristen moderierend mitwirken. Eine Besonderheit in dieser Transaktion war, dass die komplette Managementebene gleichzeitig aus dem Unternehmen ausscheiden sollte. Obwohl für die meisten Bereiche eine funktionierende zweite Managementebene bestand, war dies für viele Kaufinteressenten ein kritischer Punkt. Deshalb hatte der M&ABerater bereits frühzeitig im Rahmen seiner über viele Jahre aufgebauten Datenbank von MBI-Kandidaten nach gemeinsamer Erstellung eines Anforderungsprofils einen passenden MBI-Kandidat gesucht. Wie sich erst deutlich später herausstellte, war dies ein wesentlicher Faktor zum Gelingen der Transaktion. Ein aus der Sphäre des M&A-Beraters kommender MBI-Kandidat, der angesichts seiner bisherigen Erfahrungen genau "passte", wurde letztlich alleiniger Geschäftsführer und hat im Rahmen der Transaktionen Gesellschaftsanteile erworben. Im Mai 2006 konnte das Signing vollzogen werden. Aufgrund zahlreicher und zum Teil komplexer Closing-Bedingungen wurde das Closing dann circa vier Wochen später vollzogen. Gerade in der Schlussphase der Transaktion hatte sich die hervorragende Kooperation mit einer Anwaltskanzlei sowie dem steuerlichen Berater des Verkäufers als wesentlicher Erfolgsfaktor herausgestellt. Der dortige Steuerberater hatte die Vertragsverhandlungen in Kooperation mit dem M&ABerater, dem Käufer sowie deren Anwälten erfolgreich begleitet. Wesentlich war, dass alle Berater auf der Verkäuferseite ihre umfangreichen Erfahrungen und Kontakte in diese Transaktion einbringen konnten. Des Weiteren war es von großer Bedeutung, dass wir mit dem Finanzinvestor einen verlässlichen, entscheidungsfreudigen und professionellen Käufer gefunden hatten. Der Ansatz 260

des Investors war, sich langfristig an Unternehmen zu beteiligen und in einer Zeit von ca. fünf bis sieben Jahren den Unternehmenswert nachhaltig zu steigern. Es war von höchster Bedeutung, dass zu jeder Zeit mehrere Kaufinteressenten vorhanden waren, soweit möglich auch parallel verhandelt wurde und die Veräußerer das operative Geschäft während eines Verkaufsprozesses nicht vernachlässigten.

12.3 Interfamiliäre Nachfolgeregelung (Andreas Sattler) "Der Vater erstellt‘s, der Sohn erhält‘s und dem Enkel zerfällt‘s". Während in Großunternehmen Geschäftsführer und Vorstände nur für bestimmte Zeit ihren Posten innehaben, gilt bei den meisten Mittelständlern bei der Nachfolgefrage noch immer die Erbregelung. Dennoch ist der obige landläufige Ausspruch kein Gesetz. Der Traum, einen Nachfolger aus den eigenen Reihen zu stellen, erfüllt sich jährlich in etwa 32.000 Fällen, doch immer häufiger schlagen die Junioren andere Berufswege ein. Sorgfältige Vorbereitung und Planung der Übergabe, sowie ein kluges Vermitteln zwischen den Generationen ist oftmals der Schlüssel für die Erfüllung des Nachfolgetraums. Bei einer Nachfolgeregelung spielt eine Vielzahl von Faktoren eine Rolle. In der Beratungspraxis stellt sich häufig heraus, dass sowohl "Senior" als auch "Junior" durch ihre eigene Sichtweise teilweise sich überoder unterfordern und ein externer erfahrener Berater gerne als neutraler Gesprächspartner hinzugezogen wird. Beispielhaft hierfür begleitete ein M&A-Berater den Generationswechsel eines Bauabdichtungsunternehmens. Das in den 60er Jahren gegründete Einzelunternehmen wurde später in eine GmbH umgewandelt. Viel Arbeit, Fleiß und unternehmerisches Geschick waren notwendig, um in der Bauabdichtung, einem Spezialsegment der Baubranche, sich einen Namen zu schaffen. Heute beschäftigt die Firma über 100 Mitarbeiter, die Brücken, Schwimmbäder, Großküchen und Dächer abdichten. Das Unternehmen hat sich aufgrund konsequenter Mitarbeiterschulungen und Flexibilität auch in konjunkturell schwierigen Zeiten behaupten können. Nun befassen sich der Geschäftsführer und seine Ehefrau, alleinige Gesellschafterin, auf Anregung der Steuerberaterin mit dem Thema Unternehmensnachfolge. Die bereits erwachsenen Kinder, ein jüngerer Sohn und eine Tochter, haben studiert. Durch eine Unternehmensbewertung wurde eine gerechte Erbregelung gefunden, so dass der Tochter die Geschäftsführung angeboten werden konnte. Diese konnte aber aufgrund innerer Zweifel und Bedenken nicht sofort zusagen. Um dennoch die Zukunft des Bauabdichtungsunternehmens sicherzustellen, wurde der langjährige Betriebsleiter mit einem kleinen Anteil am Unternehmen beteiligt. Die Tochter gründete ihr eigenes Bauphysik-Büro und übernahm erst einmal Aufträge für 261

den väterlichen Betrieb. Nach reiflicher Überlegung wandte sie sich an einen M&A-Berater und schilderte ihm in einem Gespräch ihre Situation bezüglich der gewünschten Unternehmensnachfolge, der Situation im Unternehmen und mit den Mitarbeitern sowie ihrer eigenen Vorstellungen von einer Geschäftsführerin. Der M&A-Berater erstellte für sie ein so genanntes Curriculum, in dem definiert wurde, was ein Geschäftsführer des Bauabdichtungsunternehmens beherrschen, wissen und beachten sollte. Selbstverständlich wurde auch der Senior, der als jahrelanger Geschäftsführer auf seine Erfahrung bauen konnte, in die Erstellung dieses "Lehrplans für eine Geschäftsführerin" einbezogen. Das Curriculum wurde, ähnlich wie in anderen Unternehmensnachfolgen, in verschiedene Themenkomplexe kategorisiert: • Führungs- und Sozialkompetenz, Organisation Die innerbetrieblichen Abläufe, die Aufgabenabgrenzung zu den bisherigen Führungskräften bis hin zur vollen Akzeptanz als Geschäftsführerin werden anhand von aktuellen oder simulierten Situationen analysiert und besprochen. Die bereits in Kursen erlernten Kommunikations-, Führungsund Motivationstechniken werden aufgefrischt. • Rechnungswesen und Bilanzen, Controlling Das vorhandene Zahlenmaterial wird durchgesprochen und auf den Informationsbedarf der zukünftigen Geschäftsführerin angepasst. Betriebswirtschaftliche Auswertungen (BWA), Gewinn und Verlustrechnung sowie Bilanzen werden analysiert und anhand von Kennzahlen ein Mindestcontrolling generiert. Statistiken werden zu einer Geschäftsführungsgrundlage komprimiert. Eine Unternehmens- und Liquiditätsplanung wird erstellt. • Technische Fachkompetenz, "Abdichtung" Die Material- und Produktkenntnisse werden durch Messebesuche, Sammeln und Lesen von Fachartikeln und Zeitschriften vertieft. Ein regelmäßiger fachlicher Informationsaustausch mit den Bauleitern und die Bearbeitung von Reklamationen wird angestrebt. Die Vor- und Nachkalkulation werden besprochen. • Marketing, Vertrieb, Akquisition Schlüsselkunden werden in persönlichen Gesprächen kennen gelernt. Unterschiedliche Bauvorhaben werden von Zeit zu Zeit bearbeitet, um die Produktsegmente zu beobachten. Wettbewerbsanalysen geben Aufschluss über Strategien und Marktanteile des Wettbewerbs.

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• Materialbeschaffung, Einkauf Wichtige Lieferanten werden besucht. Darüber hinaus werden alternative Bezugsquellen sichergestellt um Abhängigkeiten zu vermeiden. Mitarbeiter werden je nach Erfordernis von den Lieferanten geschult. • Personalwesen Auf der Grundlage einer Personalbewertung werden Prämien bezahlt. Führen von Mitarbeitergesprächen und Arbeitsvertragswesen gehören ebenfalls zum Paket. • Pflichten und Haftung eines GmbH-Geschäftsführers Für alle Themenkomplexe wurde ein Ziel definiert. Dabei wurde zwischen dem Übergabezeitpunkt der Geschäftsführung sowie der eigenen Einschätzung der Tochter die bestmögliche Lösung gefunden. Inzwischen sind die Tochter und auch ihr Vater von der Richtigkeit der Entscheidung überzeugt und freuen sich auf die vollständige Übernahme der Gesellschaft durch die Tochter. Der M&A-Berater fungiert als Coach, der zu unterschiedlichsten Themen angesprochen werden kann.

12.4 Cross-Boarder-Transaktionen: China – Deutschland (Hui Zhao) Ein deutscher Schleifmaschinenhersteller hat vor einigen Jahren in China eine Ausschreibung an einen chinesischen Schleifmaschinenhersteller verloren. Der damalige Sieger aus der wunderschönen Stadt Hangzhou, die in der Nähe von Shanghai liegt, war lange Jahre Marktführer in seiner Heimat. Beachtenswert dabei ist, dass China als der größte Werkzeugmaschinenmarkt der Welt angesehen wird. Der Schock von damals endete heute in einer erfolgreichen Zusammenarbeit. Nach langwierigen Verhandlungen ist das chinesische Unternehmen heute mit 60 % an dem deutschen Unternehmen beteiligt. Erst durch die Beteiligung ist es dem deutschen Schleifmaschinenhersteller gelungen, fast 20 % des Jahresumsatzes in China zu realisieren. Zuvor scheiterten jegliche Versuche, auf dem chinesischen Markt im Alleingang Fuß zu fassen. Für viele stellt sich die Frage, warum sich chinesische Unternehmen überhaupt für den deutschen Markt interessieren. Wenn die Chinesen an Beteiligungen und Übernahmen in Deutschland denken, ist der Verkauf deutscher Produkte in China sicher nicht die Priorität. Die entscheidenden Gründe für diese Investitionen liegen woanders. Nachdem China nach fast 30 Jahren einen Wandel der Reformpolitik durchführen konnte, erlebt die chinesische Wirtschaft kontinuierlich zweistellige Zuwachsraten. Selbst in Zeiten der Weltwirtschaftskrise ist zu erwarten, dass China weiterhin eine Zuwachsrate von 7 bis 8 % erzielen wird. Heute 263

gehört China zu den größten Wirtschaftsnationen, Handelsnationen und Investitionszielländern dieser Welt. Mit fast 2 Billionen USD (Stand Ende 2008) verfügt China auch über die größten Devisenreserven der Welt. Die chinesische Regierung motiviert, chinesische Unternehmen ins Ausland zu gehen und dort zu investieren. Möglich wurde dies auf Grund der positiven Entwicklung, die viele chinesische Unternehmen in den letzten Jahrzehnten durchgemacht haben. Sie haben sich vor allem in der Maschinenbau-, Automobilzulieferer- und ITBranche etabliert und dort hohe Gewinne erwirtschaftet. Diese Unternehmen sind zwar sehr reich, verfügen aber im Vergleich zu europäischen Unternehmen nur über „low-end“-Technologie. Der „high-end“-Markt befindet sich fest in den Händen der Europäer, Japaner und Koreaner. Um den Abstand zu den Konkurrenten zu verringern, ist es notwendig, Zugang zu deren Technologien, Knowhow, Warenzeichen zu schaffen. Am schnellsten und sichersten schafft man es durch Übernahmen von Unternehmen im Ausland, die über solche Technologien verfügen. Diese Technologien kommen in Deutschland vermehrt in mittelständischen Unternehmen zum Einsatz. Manche davon haben Nachfolgeprobleme oder Finanzierungshemmnisse, die unter anderem durch zu hohe Produktionskosten entstehen. Andere Unternehmen haben einfach den Zugang zum chinesischen Markt verpasst (z. B. bei Textilmaschinen). Daraus ergibt sich die Möglichkeit, dass chinesische Investoren mit deutschen Unternehmen zusammenarbeiten. Chinesen erhalten Zugang zu den Technologien, bekannten Marken, internationalen Vertriebsstrukturen und Erfahrungen. Die Deutschen bekommen eine Finanzierungshilfe und erhalten gleichzeitig Zugang zum chinesischen Markt. Der oben beschriebe Fall ist ein lebhaftes Beispiel dafür, dass es bei M&ATransaktionen nicht nur Gewinner und Verlierer gibt, sondern dass beide Gewinner sein können. Der deutsche Schleifmaschinenhersteller war ein traditionelles Familienunternehmen, dessen technologisches Know-how im Bereich Schleifmaschinen, weltweit gesehen, auf dem höchsten Stand ist. Als Mittelständler fiel es dem Unternehmen schwer, den weiten chinesischen und asiatischen Markt auf eigene Faust zu erschließen. Es fehlte an Finanzierungsmitteln, Personal und vor allem Marktkenntnis. Der chinesische Schleifmaschinenhersteller hält dagegen über 40 % Marktanteil in China und verfügte über ein gutes Vertriebsnetz und After-Sale Servicestationen. Dem Unternehmen fehlte es jedoch an Technologien und internationalen Erfahrungen. Man plante daher, in den High-End Bereich der Produktion einzusteigen. Mit der Beteiligung konnten nun beide Parteien Vorteile aus der Zusammenarbeit ziehen. Die verbesserte Produktion der chinesischen Maschinen und der Vertrieb von deutschen Maschinen in China sind natürlichen Folgen dieser Zusammenarbeit. Dennoch gibt es einige Dinge zu beachten. Denn ein gutes Businessmodell allein macht die Zusammenarbeit zwischen einem deutschen und einem chinesi264

schen Unternehmen noch nicht zum Erfolg. Für eine erfolgreiche Zusammenarbeit müssen die Menschen aus unterschiedlichen Kulturen miteinander kommunizieren und einander verstehen können. Die Unterschiede zwischen Deutschen und Chinesen sind bekanntlich sehr groß. Sie haben unterschiedliche Sprachen und Denkweisen, verschiedene Gewohnheiten, Weltanschauungen und eine andere Geschichte. Wenn zwei so unterschiedliche Kulturen unvorbereitet aufeinander prallen, dann ist das Scheitern schon vorprogrammiert. Um dies zu vermeiden, muss man ganz offen sein, aufeinander zugehen, bereit sein, das Fremde des Menschen gegenüber zu akzeptieren und zumindest eine gemeinsame Fremdsprache sprechen. Nicht zuletzt sind Berater, die in beiden Kulturen gelebt haben und die beide Seiten gut kennen, essentiell für den Erfolg. Bei den beiden Schleifmaschinenherstellern haben die Manager beider Seiten sehr gut Englisch gesprochen. Daher gab es eine solide Basis für die Kommunikation. Darüber hinaus haben sich alle sehr bemüht, die andere Seite zu verstehen. Auch die Mitarbeiter auf der Abteilungsleitungsebene haben durch gute Englischkenntnisse und Fachkenntnisse die Kommunikation gefördert, was für die Synergieeffekte von essentieller Bedeutung war. Trotz allem gab es am Anfang der Zusammenarbeit Missverständnisse auf kultureller Ebene, die zwar banal waren, aber dennoch die Zusammenarbeit hätten gefährden können. In Deutschland denkt man sehr negativ über chinesische Investitionen, insbesondere über solche, die mit Übernahmen oder Beteiligungen zu tun haben. Dem liegen einige Vorurteile zugrunde. Ein sehr populäres Vorurteil lautet, dass Chinesen die deutsche Technologie nur kopieren und als weitreichende Folge verlieren die deutschen Mitarbeiter ihre Arbeit. Natürlich wollen die Chinesen etwas von Deutschland. Dafür werden auch Millionen von Euros bezahlt. Allerdings stimmt es nicht, dass die Chinesen die Technologie kopieren und dann das deutsche Unternehmen schließen wollen. Man muss sich vor Augen halten, dass die Technologie vor allem in den Köpfen der Menschen, in den Händen der Ingenieure und Techniker existiert und lebt. Die Skizzen kann man nach China mitnehmen, aber die Fähigkeiten, mit den Technologien umzugehen und zu produzieren, die lässt sich nicht so einfach nach China versetzen. Es nützt dem chinesischen Investor wenig, wenn er ein paar Datenträger mit nach China nimmt, aber nicht weiß, was er damit anfangen kann. Darüber hinaus muss die Technologie sich weiter entwickeln, dafür können nur die Ingenieure in Deutschland sorgen. Der chinesische Unternehmer, der einige Millionen Euro investiert hat, interessiert sich nicht nur für den technologischen Vorsprung im Augenblick, sondern auch für ihre Weiterentwicklung in der Zukunft. Nur so kann er auch in zehn oder 20 Jahren die bessere Technologie vorweisen als die Konkurrenz. In unserem Fall hat der Verkaufserfolg von Maschinen des deutschen Schleifmaschinenherstellers in China dazu geführt, dass das Unternehmen mehr Aufträge 265

erhalten hat. Dies schaffte wiederum mehr Arbeitsplätze in Deutschland. Gleichzeitig kann die Produktion von Standardmaschinen, die beim deutschen Schleifmaschinenhersteller nicht mehr rentabel realisiert werden kann, nach China verlagert werden. Dort kann der Chinese solche Maschinen mit den gleichen Qualitätsstandards wesentlich günstiger produzieren. Langfristig plant der chinesische Schleifmaschinenhersteller den Standort in Deutschland zum R&D Center und Dreh- und Angelpunkt für den internationalen Vertrieb der ganzen Gruppe auszubauen. Wie die Deutschen vor 20 Jahren nach China gegangen sind, kommen die Chinesen nun mehr und mehr nach Deutschland. Es ist vor allem eine rein wirtschaftliche Entscheidung eines Unternehmens, die im Vordergrund steht. Nur ausnahmsweise sind manche Übernahmen, die durch Staatsunternehmen getätigt werden, politisch motiviert. Der einzige Unterschied zu einem Privatunternehmen liegt darin, dass bei Staatsunternehmen meistens der hohe Beamte die Marschrichtung bestimmt und nicht der Manager. Aber solange solche Übernahmen dem deutschen Recht entsprechen, gibt es auch keinen Grund, warum diese keine Akzeptanz verdienen. Diese Besonderheit gehört eben zu einem Staatsunternehmen, auch in anderen Ländern. Die zahlreichen deutschen Wirtschaftsvertreter in China, die sich um chinesische Investitionen bemühen, dürfen offiziell immer noch nicht für Übernahmen werben, sondern nur für GmbH-Gründungen. Ob die Nutzung von Steuergeldern in diesem Bereich effizient ist, ist sehr fraglich. Neugründungen schaffen sicherlich auch Arbeitsplätze, aber die Sicherung von bestehenden Arbeitsplätzen, die durch M&A realisiert wird, sollte auch nicht außer Acht gelassen werden. Insofern wäre es wünschenswert, dass die deutsche Politik und die Medien sich in Zukunft in positiver Weise auf chinesische Investition in Deutschland einstellen. Es hilft dem deutschen Arbeitsmarkt wenig, wenn die Chinesen ihr Geld nicht in Deutschland investieren, sondern nach Italien oder Frankreich bringen. Im zweiten Schritt würden die Produkte dann von Italien oder Frankreich doch wieder auf den deutschen Markt gelangen.

12.5 Trends in Internationalen M&A-Transaktionen: Das Fallbeispiel China (Thomas Reichenbach) Cross-Border-Transaktionen werden mit der Globalisierung und der daraus folgenden immer stärkeren Vernetzung der Volkswirtschaften weiterhin zunehmen. Aus einem Sonderfall wird ein weitverbreitetes Phänomen werden. Die Akteure sind dabei interessanterweise nicht mehr nur die transnationalen Konzerne, sondern auch der Mittelstand. Insbesondere verschiebt der Aufstieg schnell wachsender Volkswirtschaften wie China, Indien, Russland und Brasilien die Gewichte im Außenhandel und bei 266

Direktinvestionen. Die letzten beiden Jahrzehnte zeigen China als die große Gewinnernation der Weltwirtschaft. China ist bereits die drittgrößte einzelne Volkswirtschaft (nach den USA und Japan) und hat Deutschland als Exportweltmeister 2009 abgelöst, nachdem 2008 Deutschland noch mit knappem Abstand führte. China erholt sich schneller als der Rest der Welt von den Folgen der globalen Rezession. Das gute Ergebnis des 2. Quartals 2009 mit 7,9 % führte zu einem Wirtschaftswachstum im ersten Halbjahr von 7,1 %, was angesichts sinkender Exporte und gefallener ausländischer Direktinvestitionen (Rückgang im 1. Halbjahr 2009 um 18 %) als großer Erfolg bewertet werden darf – auch im internationalen Vergleich. Der Shanghaier Aktienindex stieg von 1740 Zählern im Januar 2009 auf 3440 Ende Juli 2009, weltweit eine Rekorderholung, die mit der Ausnahme von Brasilien alle internationalen Börsen in den Schatten stellt. Der Außenhandelsüberschuss Chinas ließ die Devisenvorräte auch in der Krise weiterhin ansteigen. Die Devisenreserven erreichten im 1. Quartal 2009 die historische Rekordhöhe von 2,1 Billionen USD. Die Regierung ermuntert daher die Wirtschaft zum Unternehmens- und Technologiekauf im Ausland, um schneller zu einem Gleichgewicht bei der Devisenbilanz zu kommen, da der diesbezügliche politische Druck auf China weiter wächst (vor allem seitens der USA). Der Aufstieg der schnell wachsenden Wirtschaftsnationen schuf eine große Zahl an potenten Unternehmen, die zunehmend über die Finanzmittel verfügen, um sich im Ausland einzukaufen. Unabhängig von staatlichen Förderanreizen orientieren viele chinesische und indische Unternehmen ihre Wachstumsstrategie um. Im ureigensten Interesse suchen die Unternehmen im Ausland zu beschaffen, was ihnen schmerzlich fehlt: Moderne Technologien, internationale Vertriebsnetze, Innovationsfähigkeit und starke Handelsmarken. Aus der Sicht eines chinesischen Unternehmens macht es einfach mehr Sinn, sich ein R&D-Center in Europa zu kaufen als zwanzig Jahre lang teure Investitionen in den Aufbau einer eigenen Entwicklungsabteilung zu pumpen. Werden deutsche mittelständische Unternehmen also in den nächsten Jahren in großem Umfang von asiatischen Investoren aufgekauft? Wandern Schlüsseltechnologien für wenig Geld somit nach Asien und gefährden Arbeitsplätze in Deutschland? Kommen nach der Wirtschaftskrise nun die asiatischen „Heuschrecken“? Der Beitrag geht am Beispiel China auf diese Fragen ein. Sieht man sich nüchtern die Statistiken an, lassen sich obige Fragen sofort mit einem klaren Nein beantworten. M&A Transaktionen spielen sich bisher immer noch vorwiegend innerhalb des chinesischen Binnenmarktes ab (s. Tabelle 1). Von wenigen strategischen Finanzbeteiligungen abgesehen (2008 beteiligte sich der private Versicherungskonzern Ping’an an Yunnan Baiyao Pharmaceutical) fanden dabei die Übernah267

men zur Marktbereinigung und Restrukturierung zwischen Unternehmen der gleichen Branche statt. Der Anteil an Cross-Border-Transaktionen ist vergleichsweise gering und ging im ersten Halbjahr 2009 im Vergleich zur Vorjahresperiode krisenbedingt sogar um 26 % zurück. M&A Deals chinesischer Unternehmen im Ausland erreichten 2008 52 Mrd. USD, ein 20 % Anteil an der Gesamtsumme chinesischer M&A Deals (s. Tabelle 2). Davon entfielen allein 11 Mrd. USD auf die Top 10-Deals. Die Tabelle 2 zeigt allerdings ein signifikantes Ansteigen des Auslandsengagements seit 2006. Chinas M&A Markt 300 250

778

470

50

16,95

62,19

33,8

30,86

2002

2003

3000 2500 2000

128,06

1265

1042

3500

165,54

1847

150

4000

252,02

2418

200

100

3799

3334

1500

70,87

1000 500

0

0 2001

2004

Turnover in 1 Mrd. USD

2005

2006

2007

2008

Zahl der Transaktionen

Quelle: Global M&A Research Center, China Mergers Acquisitions Yearbook 2009, Beijing 2009, S. 32.

Chinas M&A Transaktionen im Ausland (ohne Hong Kong & Macao) 600 500 400 300 200 100 0

20,6 13,5 8,8

7,9

4,8

6,1

14,9

26,6

14,95

37,88

2001

2002

2003

2004

16,6

15,8

208,71

269,79

519,63

25 20 15 10

95,94

5 0

Turnover in 100 Mio. USD

2005

2006

2007

2008

Anteil am M&A Markt Chinas in%

Quelle: Global M&A Research Center, China Mergers Acquisitions Yearbook 2009, Beijing 2009, S. 33.

Die Akteure sind zwar zu 75 % Privatunternehmen, aber die großen Deals, die durch die Presse gingen, wurden bisher allesamt von den großen staatlichen Aktiengesellschaften durchgeführt. Deren Anteil am Transaktionsvolumen lag 2008 nach Angaben des chinesischen privaten M&A Verbandes bei 50 % (M&A Year268

book 2009). Die Top 10-Liste 2008 zeigt ein Transaktionsvolumen von durchschnittlich über 300 Mio. USD pro Übernahme, das leisten derzeit nur die staatlichen Aktiengesellschaften, die direkt der Zentralregierung unterstehen. Die kleineren M&A Deals unter 50 Mio. USD werden dagegen von Privatunternehmen dominiert. Der Rückgang der Auslandsinvestionen lässt darauf schließen, dass die globale Wirtschaftskrise zwar die Motivation beflügelt, aber Probleme im eigenen Markt halten chinesische Unternehmen offenbar derzeit vielfach davon ab, die günstigen Preise für Unternehmensanteile in wichtigen Zielmärkten wie USA und Europa für M&A zu nutzen. Bedingt durch die notwendigen Anti-Krisen-Aktivitäten der chinesischen Unternehmen in ihren Heimatmärkten und der eingetretenen Finanzierungsknappheit haben viele Unternehmen ihre Auslandsvorhaben aufschieben müssen. Dazu hat auch die Besonderheit beigetragen, dass chinesische Firmen bisher stets mit Eigenkapital sowie in begrenztem Umfang mit M&ABankkrediten die Übernahmen in Cash finanziert haben und nicht durch Aktientausch oder Kapitalaufnahme an der Börse. Bei verringerter Liquidität in Zeiten von Wirtschaftskrisen wirkt sich dies automatisch auf die Finanzierungsvorhaben von Auslandszukäufen aus. Politische Förderung und Lenkung chinesischer Auslandsinvestitionen Chinas Regierung fördert erst seit kurzem das strategische Auslandsengagement der chinesischen Wirtschaft. In den letzten drei Jahren wurden die gesetzlichen Grundlagen für Auslandsinvestitionen und Devisentransfer neu überarbeitet. Der 17.Parteitag forderte 2007 ein Gleichgewicht zwischen Zufluss von Auslandskapital und Auslandsinvestitionen chinesischer Unternehmen. Auf Förderung darf aber nur hoffen, wer sich an die klaren Zielvorgaben der Regierung hält. Ziele Der Zielkatalog setzt die Sicherung der natürlichen Rohstoffe auf Platz 1. Die Exploration und Ausbeutung von Erzen, Erdöl und Gas hat beim Zukauf im Ausland Priorität. China ist von den internationalen Märkten in eine Position einer “Werkbank der Welt” gedrängt worden, um die globalen Konsumenten mit großen Güterströmen zu billigen Preisen bedienen zu können. Um diese Waren herstellen zu können, verschlingt China enorme Mengen an natürlichen Resourcen und schädigt die Umwelt. Wo immer China Rohstoffe kauft, explodieren die Preise auf dem Weltmarkt. Kein lohnendes Geschäft: Rohstoffe überteuert einkaufen und Massenware billig auf dem Weltmarkt verschleudern. Daher sucht China den direkten Zugang zur Ausbeutung von Rohstoffen. Moderne Technologien stehen auf Rang 2 der Prioritätenliste. Besonders gefragt sind Technologien, die China bei der beschlossenen Umstrukturierung der Volkswirtschaft helfen können. China will weg von der resourcenverschwendenden und umweltbelastenden Massenproduktion von low tech-Produkten und 269

hin zu umweltschonenden Produktionstechnologien und der Erzeugung hochwertiger Industriegüter. Energieeinsparung, Umweltschutztechnologien, alternative Energien, neue Mobilitätskonzepte mit Schienenverkehr und Elektroantrieben im Individualverkehr, neue Werkstoffe, etc. sind nur ein Auszug aus dem Förderschwerpunkt des Umbauprogramms. Europa ist daher als Technologielieferant von besonderer strategischer Bedeutung für China. Instrumente Zur Förderung von M&A-Aktivitäten im Ausland hat die Regierung Bürokratie im Genehmigungsverfahren abgebaut und die Prozesse beschleunigt. Vorher hatten chinesische Betriebe immer den Wettbewerbsnachteil, dass sie kaum verbindliche Kaufangebote abgeben konnten und die Finanzierungsnachweise Monate dauerten – in der Zeit ging das Objekt oft an einen anderen Bieter. Zur leichteren Finanzierung der Auslandskäufe wurde durch eine neue Bestimmung der Bankenregulierungsbehörde seit 9. Dezember 2008 der Weg frei für M&A Kredite, Anträge sind nun über die Geschäftsbanken und die im Außenhandel zur Förderbank bestimmte Import&Export Bank China möglich. 840 Mio. RMB sind von Januar bis Ende Mai 2009 für M&A-Projekte im Ausland ausgeschüttet worden. Im gleichen Zeitraum 42 Mrd. RMB Kredite für M&A Deals im Binnenmarkt (nach Angaben von Präsident Cai der Bankenaufsichtsbehörde Chinas am 12.Juni 2009). Zudem trat am 16.März 2009 die neue Richtlinie des Handelsministeriums zum Verfahren bei Auslandsinvestitionen in Kraft, wodurch nun bis zu 85 % aller M&A-Vorhaben (unter 100 Mio. USD) allein von den Provinzbehörden lokal beschieden werden können. Steuerung Der Staat fördert zwar, kontrolliert und interagiert aber auch. Aktivitäten, die außerhalb des Zielkatalogs der Regierung liegen, werden nicht gefördert, sondern mitunter sogar behindert oder untersagt. Da jede Transaktion in China genehmigungspflichtig ist, sitzt die Regierung am längeren Hebel. Was nicht ins Prioritätenmuster passt, wird abgewiesen, so wie im Juni 2009 der Kaufantrag des privaten westchinesischen Mischkonzerns Tengzhong für die GM-Tochter Hummer. Wenig erstaunlich ist daher, dass die Politikvorgaben auch das unternehmerische Handeln weitgehend steuern. Ein Blick auf die Branchen, in denen die M&A Transaktionen durchgeführt werden, zeigt dies sehr deutlich: Es dominieren Übernahmen zur Sicherung von natürlichen Rohstoffen (Erze, Erdöl, Gas) sowie technologieorientierte Zukäufe in strategischen Schlüsselindustrien. 40% aller Transaktionen erfolgten im ersten Halbjahr 2009 in Australien in Rohstoffprojekte. Andere Zielländer für die Sicherung von Rohstoffquellen sind Südamerika und immer stärker auch Afrika. 270

Europa und Deutschland sind aus chinesischer Sicht als Technologielieferant interessant, es ist bislang jedoch noch zu keinem größeren Engagement chinesischer Unternehmen gekommen. Die eingangs gestellte Frage, ob es zu einem Ausverkauf des deutschen Mittelstands kommt, ist daher umzudrehen: Warum geht das chinesische Auslandsinvestment bisher so auffällig an Deutschland vorbei? In 2008 war unter den 30 volumenmäßig größten M&A-Transaktionen chinesischer Firmen im Ausland kein Unternehmen in Deutschland dabei! (ein Erklärungsversuch findet sich im Ausblick.) Der Staat spielt im M&A Bereich eine stark lenkende Rolle. Da dies in allen Wirtschaftsbereichen in China der Fall ist, wäre es auch verwunderlich, wenn ausgerechnet der M&A-Bereich davon nicht betroffen wäre. Für deutsche Unternehmen, die an Chinesen verkaufen oder in China zukaufen wollen, sollte daher das Förder- und Risikopotenzial staatlicher Intervention ganz oben auf der Checkliste der Projektplanung stehen. Viele am grünen Tisch besprochene Vorhaben kommen nicht von der Stelle, weil chinesische Unternehmer versäumt haben, die Vorab-Genehmigungen bei den zuständigen chinesischen Behörden einzusammeln. Der Staat sitzt unsichtbar immer mit am Tisch. Die Stunde der Private Equity Fonds Banken finanzieren in der Krise vorsichtiger. Vor allem dem Mittelstand bricht die klassische Unternehmensfinanzierung weg. Die Krise bereitet damit das Feld für den Auftritt von Private Equity (PE) und Venture Capital (VC) in China. Das Wachstumspotenzial in diesem Markt ist in China so groß, weil der PE-Sektor deutlich unterentwickelt geblieben ist. Für ausländische Fonds, die über großen Erfahrungsvorteil und besseres Management als der Inlandswettbewerb verfügen, eröffnen sich enorme Chancen. Es ist die historische Stunde für PE in China. Die Branche boomt. Chinas Politik öffnet sich langsam für den Zugang ausländischer Investoren auf dem in RMB notierten PE-Fond-Markt. Die Zugangsbeschränkungen sind mit dem geforderten Mindeststammkapital von 10 Mio. Euro noch relativ hoch (mindestens eine Mio. Euro müssen als Einlage sofort eingebracht werden, der Rest innerhalb von drei Jahren, Stand 30.Juli 2009), aber die ersten deutschen Fonds (z. B. der Deutsch-China-Fonds der Deutschen Bank) betreten in Gestalt von Joint Ventures die Bühne und werden an Zahl nach den erwarteten Erleichterungen der Kapitalanforderungen schnell zunehmen. Allein am neuen Finanzmarkt der Stadt Tianjin wurden bereits 120 auslandsinvestierte Fondsgesellschaften gegründet, die als RMB notierte Fonds RMB-Einlagen aufnehmen und ebenfalls in RMB Portfolio-Projekte in China finanzieren. Der Zugang von ausländischen Fonds, die im Ausland mobilisiertes Kapital direkt in China in Devisen investieren wollen, ist derzeit noch nicht möglich.

271

Disteln und Dornen Eigene Beobachtungen über eine Dekade hinweg zeigen, dass sich zwar das Interesse chinesischer Firmen nach Unternehmenszukäufen in Europa und insbesondere Deutschland beträchtlich erhöht hat, aber die Praxis zeigt auch, dass sich chinesische Firmen immer noch sehr schwer tun, ein solches Vorhaben umzusetzen. Nach Angaben des webbasierten Nachrichtendienstes Sina (www.sina.com.cn, 24.07.2009) scheitern 70 % der chinesischen M&A-Projekte im Ausland. Im Kleinen wie im Großen. Spektakulär wurde die Absage an den größten chinesischen Aluminiumhersteller Chinalco, der im Juni 2009 mit dem Angebot an Rio Tinto scheiterte (geplanter Dealumfang 12 Mrd. USD). Im Kleinen: Die beiden rivalisierenden chinesischen Industrienähmaschinen-Hersteller New Jack Group und Xi’an Typical AG scheiterten im April 2009 an der Übernahme der insolventen Pfaff AG in Kaiserslautern nach mehrmonatigen Verhandlungen. Die Gründe für das häufige Scheitern liegen sicher nicht an einem Mangel an Kapital, sondern in erster Linie an der mangelnden Erfahrung und Steuerungskapazität des Managements. Chinesische Unternehmen haben aufgrund der schnellen Kapitalisierung aus den starken Wachstumsjahren oft genug Mittel, um in Europa größere Unternehmen zu kaufen als ihr eigenes Mutterunternehmen in China. Es fehlt aber die Kapazität, ein solches Unternehmen auch zu managen. Den Herausforderungen für Restrukturierung und Integration des Neuerwerbs auf internationaler Ebene sind die allein in China aufgebauten Managementeliten nicht gewachsen. Oft finden sich in Vorständen und Aufsichträten nur mit Mühe Personen mit einigen Englischkenntnissen. Der Zukauf in Europa ist meist der erste internationale Auftritt überhaupt. Es fehlt an Erfahrungen mit internationalen Partnern und Projekten. Viele chinesische Firmenchefs verhandeln daher mit einem deutschen Zielunternehmen so wie zuhause mit einem Zulieferer aus dem Nachbarkreis – und scheitern natürlich. Ein gutes Beispiel stellt die Automobilbranche dar, denn dort stand wegen der Krise weltweit nahezu alles, was Rang und Namen hatte, in der einen oder anderen Form zu günstigen Preisen zum Verkauf. Die chinesische Automobilindustrie hatte ein natürliches starkes Interesse, aber die anvisierten Ziele wie Volvo oder Opel waren ein zu großer Bissen, an dem sich die im internationalen Vergleich eher kleinen chinesischen Hersteller mit großer Wahrscheinlichkeit verschluckt hätten. Schon den vergleichsweise kleinen Zukauf von MG Rover für 60 Mio. Pfund im Jahr 2005 hat Nanjing Automotive nicht verdauen können und wurde zwei Jahre später von SAIC geschluckt. Vielleicht ist es ein Glück, dass der Tengzhong-Konzern, der noch nie ein Auto gebaut hat, Hummer nicht kaufen durfte! Ein Problem größer als das Fehlen international erfahrenden Managementpersonals ist der kulturelle Faktor, der oft unterbewertet wird, aber reihenweise Deals platzen lässt, die aus strategischer und rationaler Sicht eigentlich als sehr sinn272

voll eingestuft werden müssten. Chinesische Verhandlungsdelegationen kommen mit der deutschen Mentalität, Verhandlungsgewohnheiten, der Bindung an schriftliche Verträge und Vereinbarungen, der deutschen betrieblichen Mitbestimmung und vielen anderen Elementen historisch gewachsener deutscher Unternehmenskultur nicht zu Rande. Sie scheitern oft schon im Vorfeld an diesen für sie ungewohnten Hürden. Ausblick Zweifellos werden in Zukunft immer mehr chinesische Unternehmen in Europa Unternehmensbeteiligungen eingehen oder Unternehmen kaufen. Aufgrund der geringen Erfahrung werden viele Unternehmen die gleichen Anfangsfehler machen und scheitern. Viele Investitionen werden mit Verlusten enden. Aber wer laufen lernen will, fällt eben auch hin, es ist ein normaler Lernprozess und im Lauf der Zeit wird die Lernkurve steigen. Das Engagement chinesischer Unternehmen in Europa wird sich mittelfristig qualitativ verbessern. An Deutschland ziehen die Investoren aus China bisher vorbei. Deutschland kann nur dann auf zunehmende Investitionen durch chinesische Unternehmen hoffen, wenn sich die politischen Rahmenbedingungen, die Haltung der Verbände und Gewerkschaften sowie die Medienresonanz positiv auf die Investoren einstellen. Der deutsche Mittelstand hat fraglos viele interessante Betriebe für strategische internationale Partnerschaften zu bieten, aber die Hürden sind für chinesische Unternehmen offensichtlich noch zu hoch. Der wichtigste Grund ist jedoch die Unsicherheit bei den chinesischen Unternehmern selbst. Man hat Geld in den Taschen, aber das Abenteuer Europa gilt als nicht beherrschbar. Deutsche Unternehmer, die an einen Verkauf ihres Unternehmens an einen chinesischen Investor denken, sollten mehr Augenmerk auf das Managementpersonal ihres potenziellen Partners legen als auf Finanzdaten und Vertriebsstrukturen. Fehlt die Managementkapazität, sollte der Deal besser abgesagt werden. Und: Die meisten Sorgen bereitet nicht der Kauf selbst, sondern die post mergerIntegration und Restrukturierung nach dem Kauf. Dies gilt zumindest in China als der wichtigste Hemmschuh für ein Engagement in Europa. Wer hier Bedenken entkräften und gangbare Lösungen konzipieren kann, rückt der erfolgreichen Transaktion einen riesigen Schritt näher. Cross-Border-Transaktionen bleiben daher ein komplexes Geschäft, das die Einbindung von Spezialisten erfordert, auch wenn es alltäglicher werden wird. Auch die Dienstleistungsbranche um das M&A-Geschäft wie Anwälte, Consultants, Wirtschaftsprüfer und Banker müssen sich auf die neue Klientel in besonderer Weise einstellen und vorbereiten: mit chinesischen Mitarbeitern und soziokultureller Flexibilität und Einfühlungsvermögen. Insbesondere der extrem kritische und erfolgsbestimmende kulturelle Faktor muss viel stärker als bisher Berücksichtigung finden. Mittelstandsunternehmen sind daher gut beraten, ausschließlich solche Berater auszuwählen, die über umfassende China-Erfahrung 273

und Projekterfahrung verfügen. Sonst ist das Risiko sehr hoch, dass ein mögliches Projekt schon in der Sondierungsphase scheitert.

12.6 Nachfolgeregelung und AG-Umwandlung (Andreas Sattler) Der Geschäftsführer eines Metall verarbeitenden Unternehmens, das auf die Herstellung von Armaturen spezialisiert ist, war etwa 60 Jahre alt und befasste sich mit seiner Nachfolgeregelung. Sein Sohn, 33 Jahre alt, war bereits seit fünf Jahren im Betrieb tätig und sollte nun in die Geschäftsleitung mit aufgenommen werden. Die beiden Töchter sollten zwar nicht in den Betrieb mit einsteigen, aber finanziell auch nicht leer ausgehen. Außerdem war an eine Vereinfachung der Konstellation der Unternehmensgruppe gedacht: Neben der Betriebsgesellschaft gab es noch eine Verwaltungsgesellschaft sowie diverse Sonderbetriebsvermögen der GmbH und der Gesellschafter. Sofern keine gravierenden Steuernachteile dadurch entstehen, sollte diese Konstellation vereinfacht werden. Bei der Durchführung eines Workshops durch einen Unternehmensberater wurden im März die Problemstellungen herausgearbeitet und die Vor- und Nachteile einer Umwandlung in eine AG als möglicher Lösungsansatz durchgesprochen. In den darauffolgenden Wochen wurden die Vorschläge im Familienkreis diskutiert. Bei einem zweiten Workshop waren neben der fünfköpfigen Familie zwei Unternehmensberater anwesend. An diesem Tag stellten sie die weitere Vorgehensweise vor. Dabei wurde allen Beteiligten klar, dass der Zeitrahmen für die Umsetzung sehr eng bemessen war. Für die Einbringungen und Verschmelzung der GmbH mit der KG gelten nämlich u. a. das Umwandlungsgesetz und das Umwandlungssteuergesetz. Diese gesetzlichen Vorgaben aber machten es notwendig, dass die Umwandlung in die AG bis spätestens in einem Monat abgeschlossen sein musste. So mussten bei diesem Termin wichtige Punkte festgelegt werden. Das Ehepaar wollte zusammen rund 51 Prozent der Aktien halten und die restlichen Aktien sollten unter den Kindern aufgeteilt werden. In diesem Zusammenhang wurde auch die Nachfolge geregelt: ihr Sohn sollte in der neu gegründeten AG die Position des Vorstandes besetzen, während der Vater als Aufsichtsratsvorsitzender fungieren sollte. Schon im Vorfeld dieser Besprechung war den Unternehmensberatern klar geworden, dass eine derart komplexe Transaktion, die darüber hinaus mitten in der Ferienzeit vonstatten gehen musste, nur mit vollem Einsatz aller Beteiligten gelingen konnte. Sofort nach dem Workshop begann der Steuerberater mit der Gründungsprüfung. Die sehr komplexe Rechtsberatung in diesem Fall übernahm ein M&A-fachkundiger Rechtsanwalt. Das Vertragswerk umfasste letztendlich an die 70 Seiten. Der Notartermin für die notwendigen Beurkundungen wurde festgelegt und gleich mit einem Notar vereinbart.

274

Die verschiedenen Beteiligten bearbeiteten in der Augusthitze der folgenden vier Wochen diesen sehr komplexen Fall. Neu erkannte Problemstellungen mussten sogleich besprochen und gegebenenfalls mit anderen Beteiligten abgesprochen werden. Nur dem enormen Einsatz aller Beteiligten ist es zu verdanken, dass diese Transaktion tatsächlich fristgerecht vor dem Notar abgeschlossen werden konnte. Das Unternehmen hatte schließlich die gewünschte Rechtsform, um die unternehmerischen Ziele der Zukunft zu verwirklichen.

12.7 Ein Automobilzulieferer gliedert seine Abteilung „Rüstungszulieferung“ aus! (Peter Gericke) Unternehmenssituation: Zwei Gesellschafter halten 100 % der Beteiligungsgesellschaft. Die Beteiligungsgesellschaft hält 90 % der Anteile des Automobilzulieferers. 10 % hält der Zulieferer selbst. Der Automobilzulieferer hat aus historischen Gründen eine Abteilung, die Produkte für die Rüstungsindustrie herstellt. Der Automobilzulieferer möchte sich von der Abteilung „Rüstung“ trennen und einen adäquaten Kaufpreis erzielen. Es gibt vier Möglichkeiten die Abteilung „Rüstung“ zu veräußern: • Asset Deal • Aufspaltung • Abspaltung • Ausgliederung Asset Deal: Der Automobilzulieferer verkauft seine Assets der Abteilung „Rüstung“. Diese Assets (Produkte, Entwicklungen, Markenrechte, etc.) werden beim Käufer aktiviert. Eventuelle Verbindlichkeiten der Abteilung „Rüstung“ werden beim Käufer passiviert. Alle Mitarbeiter der Abteilung „Rüstung“ gehen nach § 613 a auf den Käufer über. Die geschlossenen Verträge wie Liefer-, Kooperationsverträge etc. gehen nicht automatisch auf den Käufer über. Käufer können im Kaufvertrag eine aufschiebende Bedingung bezüglich dem Übertrag aller Verträge auf den Käufer verlangen. Damit würde ein Kaufvertrag im Nachhinein aufgelöst werden können, falls es dem Verkäufer/Käufer nicht gelingt, alle Verträge umzuschreiben. Ein kritischer Punkt könnte hier ein langfristiger Entwicklungsvertrag sein, den die Abteilung „Rüstung“ mit einem externen Zulieferer der Rüstungsindustrie geschlossen hat. Dieser Vertrag trägt ein Drittel des Zukunftspotenzials der Abteilung „Rüstung“. Der Verkaufserlös führt beim Automobilzulieferer zu einem außerordentlichen Ertrag und kann gegen einen möglichen Verlust des Automobil275

zulieferers gebucht werden. Allerdings würde sich dieser Vorteil aufheben, wenn der Automobilzulieferer in Zukunft wieder Gewinn erzielt und der Verlustvortrag in Höhe des Veräußerungsgewinns fehlt. Die Steuerlast wird also lediglich in die Zukunft verschoben. Die Auswirkungen des Asset Deals auf das Rating des Automobilzulieferers bleiben zu prüfen. Als Risiken des Asset Deals verbleiben alle möglichen Altlasten aus der Vergangenheit beim Automobilzulieferer zurück (z. B. Produkthaftung etc.). Für den Käufer ist der Asset Deal sehr gut, da er den kompletten Kaufpreis abschreiben kann. Aufspaltung: Die Aufspaltung erfolgt nach dem Umwandlungsgesetz als Gesamtrechtsnachfolge. Der Automobilzulieferer „geht unter“. Es entstehen zwei neue Gesellschaften: • Der Automobilzulieferer neu • Die Rüstungsfirma Da der Automobilzulieferer mit weltweit 1.600 Mitarbeitern wesentlich größer ist als die Abteilung „Rüstung“ mit 100 Mitarbeitern, ist die Aufspaltung unrealistisch. Dieser Weg könnte interessant sein für Unternehmen, die nahezu hälftig aufspalten wollen. Abspaltung: Die Abspaltung erfolgt nach dem Umwandlungsgesetz als Gesamtrechtsnachfolge wie die Aufspaltung. Aus dem Automobilzulieferer, der weiterhin bestehen bleibt, wird die Rüstungsfirma als GmbH oder z. B. AG abgespalten. Eigentümer der Rüstungsfirma ist die Beteiligungsgesellschaft. Alle Verträge (Kunden-, Lieferanten-, Kooperationsverträge) der Rüstungsfirma gehen beim Verkauf jetzt ohne Zustimmung des Vertragspartners auf den Käufer der Rüstungsfirma über; es sei denn, man hätte in den Verträgen so genannte „Change of Control-Klauseln“ vereinbart. In diesem Falle könnte der Vertragspartner den Vertragsübergang auf den Käufer verweigern. Der Anteilsverkauf der Rüstungsfirma wäre normalerweise weitgehend steuerfrei („Kapitalgesellschaft verkauft Kapitalgesellschaft“). Im vorliegenden Fall gilt jedoch eine Haltefrist von fünf Jahren, da bei einer Abspaltung innerhalb der nächsten fünf Jahre nicht mehr als 20 % der Anteile veräußert werden dürfen. Zu beachten ist, dass die Abspaltung nicht länger als acht Monate nach dem letzten Bilanzstichtag erfolgen darf, ansonsten muss der Automobilzulieferer eine Zwischenbilanz erstellen. Der Käufer kann den Kaufpreis nicht abschreiben. Ausgliederung: Der Automobilzulieferer gliedert die Abteilung „Rüstung“ in eine neu zu gründende Gesellschaft (GmbH/AG) aus. Dies erfolgt ähnlich wie die Abspaltung in 276

der Gesamtrechtsnachfolge. Der Eigentümer der Rüstungsfirma ist in diesem Fall der Automobilzulieferer. Für die Gesellschafter gilt es zu prüfen, ob der Verkaufserlös besser in der Beteiligungsgesellschaft oder in den Automobilzulieferer eingehen soll. Die sonstigen Auswirkungen der Ausgliederung sind ähnlich der Abspaltung. Grundsätzlich ist bei jeder Gesamtrechtsnachfolge (Aufspaltung, Abspaltung, Ausgliederung) die Rüstungsfirma als Share Deal, aber auch als Asset Deal, zu veräußern. Vor- und Nachteile der Veräußerungsvarianten: Es gilt den Vorteil der Gesamtrechtsnachfolge den Vor- und Nachteilen der Einzelrechtsnachfolge (Asset Deal) gegenüberzustellen und zu bewerten. Hinsichtlich so genannter „Altlasten“ (wie Produkthaftung der Vergangenheit) verbleiben sie beim Asset Deal beim Automobilzulieferer; in der Gesamtrechtsnachfolge werden Sie fünf Jahre lang nach Verkauf von Käufer und Verkäufer getragen und danach ausschließlich vom Käufer. Häufig wird in Kaufverträgen eine Haftungsfreistellung für den Käufer vereinbart. Der Asset Deal ist schnell und kostengünstig und unter Verkaufsgesichtspunkten zu bevorzugen. Aufspaltung, Abspaltung und Ausgliederung dauern mindestens zwei Monate und sind in den Kosten nicht unerheblich; der Verkäufer hat hier jedoch die Wahl, entweder einen Share Deal oder Asset Deal durchzuführen. Bei der Spaltung einer Kapitalgesellschaft und einem anschließendem Asset Deal verbleibt ein GmbH- oder AG-Mantel beim Verkäufer zurück. Fazit: Asset Deal: Vorteile:

Ein schneller und kostengünstiger Deal mit guten Verkaufschancen und optimalem Verkaufspreis, der besonders für den Käufer geeignet ist.

Nachteile:

Die Verträge gehen nicht automatisch auf den Käufer über, was sich aber in der Praxis meist gut handhaben lässt. Die „Altlasten“ verbleiben beim Verkäufer.

Aufspaltung, Abspaltung, Ausgliederung: Vorteile:

In der Gesamtrechtsnachfolge gehen Verträge automatisch auf den Käufer über. Der Verkäufer behält sich die Optionen Asset Deal oder Share Deal offen.

Nachteile:

Risiken der Altlasten bleiben wegen Haftungsfreistellung (wird Käufer wahrscheinlich aushandeln) beim Verkäufer.

277

Im vorliegenden Fall des Automobilzulieferers könnte der „Königsweg“ eine Abspaltung oder Ausgliederung der Abteilung „Rüstung“ sein. Anschließend würde ein Asset Deal einen optimalen Kaufpreis sichern und dem Automobilzulieferer bzw. der Beteiligungsgesellschaft verbleibt eine Mantel GmbH mit den Risiken der „Altlasten“ der Rüstungsabteilung. Nach fünf Jahren haftet die Beteiligungsgesellschaft bzw. der Automobilzulieferer nicht mehr für diese „Altlasten“.

12.8 AG-Umwandlung bei einem Systemlieferanten in der Automatisierungstechnik ( Wolfgang Lindner) Bei einem Systemlieferanten in der Automatisierungstechnik handelt es sich um ein stark wachsendes Unternehmen mit jährlichen Zuwachsraten von rund 30 Prozent. Das Unternehmen entwickelt und verkauft individuelle Lösungen der Automatisierungstechnik für Produktionsprozesse. Mit den angebotenen Produkten und Leistungen ist das Unternehmen in der Lage, nahezu sämtliche produzierenden Unternehmen zu beliefern. Der Fokus liegt allerdings in der Automobil- beziehungsweise Automobilzulieferer-Industrie. Das starke Wachstum dieses Unternehmens konnte nur durch den Bau zusätzlicher Gebäude, Neuanschaffungen im Bereich der Maschinen und Anlagen sowie durch die Aufstockung an Vorräten realisiert werden. Die Forderungen stiegen ebenfalls proportional zum Umsatz. Entsprechend stieg auch die Bilanzsumme. Das Wachstum kostete viel Liquidität, die das Unternehmen bisher aus eigener Kraft bereit stellen konnte. Anderseits war aber auch erkennbar, dass bei weiterem Wachstum die Finanzierung des Unternehmens neben der Finanzierung durch Banken auf eine breitere Basis gestellt werden musste. Der Steuerberater des Unternehmens erkannte die Situation und nahm deshalb Kontakt zu einem Unternehmensberater, der auf M&A spezialisiert ist auf, von dem er wusste, dass dieser auf dem Geschäftsfeld Corporate Finance beratend tätig ist. In einem ersten Treffen wurden verschiedene mittelfristige Lösungsmöglichkeiten diskutiert. Am Schluss waren alle Workshop-Teilnehmer der Meinung, dass die Umwandlung der GmbH in eine AG die beste Lösung sei, um zukünftig das Unternehmen mit Eigenkapital versorgen zu können. In einem ersten Schritt ist an ein Private Placement und in späteren Schritten an eine außerbörsliche und börsliche Emission gedacht. Folgende weitere Gründe für eine Umwandlung in eine AG waren ausschlaggebend: • Professionalisierung des Managements • Rechtzeitiges Einüben der Rechtsform einer AG • Sicherung der Nachfolgeregelung und schrittweise gesteuerte Veräußerung von Anteilen • Mitarbeiterbeteiligung 278

Vor der Umwandlung der GmbH in eine AG wurde in einem ersten Schritt eine Unternehmensbewertung durchgeführt. Zum einen wollte die Geschäftsführung eine Vorstellung über den Wert des Unternehmens bekommen, zum anderen sollten Schwachstellen aufgedeckt werden, deren Beseitigung dann das Unternehmen noch erfolgreicher macht. Danach wurde die Umwandlung der GmbH in eine AG in Angriff genommen, die hierzu notwendigen Beschlüsse gefasst und Satzungen und Vorstandsverträge ausgearbeitet. Hierzu mussten entsprechende Entscheidungen getroffen werden, wie beispielsweise Namensaktie, Stückaktie und so weiter. Parallel dazu wurden Überlegungen zum Aufsichtsrat angestellt. Der Geschäftsführer hat sehr schnell die Chance eines qualifizierten, das Unternehmen weiterbringenden und coachenden Aufsichtsrats erkannt. Der Aufsichtsrat wurde besetzt mit einem qualifizierten Finanzexperten, einem kreativen Unternehmer der New Economy und dem Vorstand der Unternehmensberatung. Nach der Umwandlung wurden zunächst die Mitarbeiter über die Entscheidung und deren Grundüberlegungen informiert. Weitere Schritte, so etwa auch Private Placement, wurden eingeleitet, die das Unternehmen für die Zukunft rüsten und den Erfolg sicherstellen sollen.

279

13 Checklisten für Verträge (Stefan Nüsser) 13.1 Vertraulichkeitsvereinbarung – Checkliste/Grundstruktur 1) Präambel -

Darlegung des Hintergrundes der Vereinbarung

2) Definition vertrauliche Informationen -

-

Art der Informationen (Dokumente, mündliche Informationen, Disketten etc.) Gegenstand der Informationen (Bezug auf Geschäftsabschluss, Geschäftsdaten, Personal etc.)

-

Besondere Kennzeichnung als vertraulich

-

Ausschluss bereits allgemein bekannter Informationen

3) Verwendung der vertraulichen Informationen -

genaue Definition des Verwendungszwecks (z. B. Prüfung der Transaktion)

-

Verbot zweckwidriger Verwendung

-

Verpflichtung zur streng vertraulichen Behandlung

-

-

nur Weitergabe an Mitarbeiter, Dritte, die sich auch dieser Verpflichtung unterwerfen ggf. Vernichtung der Informationen

4) Austausch von Informationen, Kommunikation -

-

genaue Benennung derjenigen Personen, die zum Erhalt vertraulicher Informationen angesprochen werden dürfen ggf. Übergabe von Listen, wer vertrauliche Informationen im Unternehmen erhalten hat

5) Abwerbungsverbot -

Verpflichtung des Interessenten, innerhalb einer bestimmten Frist keine Mitarbeiter des Zielunternehmens abzuwerben

281

6) Sonstiges -

-

Klarstellung, dass durch Übergabe der Informationen keine Nutzungsrechte begründet werden ggf. Verpflichtung, die andere Vertragspartei von Schäden freizustellen, die durch unberechtigte Offenlegung vertraulicher Informationen entstehen

13.2 Letter of Intent – Checkliste/Grundstruktur 1) Präambel -

Beschreibung des wirtschaftlichen Hintergrunds

2) Beschreibung der beabsichtigten Transaktion -

Art der Transaktion

-

Beteiligte

-

Beschreibung des Kaufgegenstands

3) Beschreibung des erreichten Verhandlungsstandes -

Kaufpreis und Kaufpreisformel (unter Vorbehalt zufriedenstellender Due Diligence)

-

Zahlungsmodalitäten (z. B. auch Einbehalte)

-

Haftung des Verkäufers (übliche Garantien, Haftungshöchstgrenze)

-

Rahmenbedingungen (z. B. Verbleib des Verkäufers als Geschäftsführer für bestimmte Zeit nach Verkauf, Übertragung/Neuvermietung von Betriebsgrundstücken)

4) Erklärung zur Fortführung der Verhandlungen 5) Festlegung der weiteren Vorgehensweise -

Festlegung der weiteren Verhandlungen und Due Diligence

-

Aufstellung eines Zeitplans

6) Einräumung von Verhandlungsexclusivität -

282

Interessent erhält ggf. für bestimmten Zeitraum Verhandlungsexclusivität

7) Regelung zur Kostentragung bei Abbruch der Vertragsverhandlungen/ Verletzung der Exclusivität -

-

Verpflichtung des Verkäufers bei Abbruch der Verhandlungen trotz Einhaltung der obigen Eckdaten einen festen Anteil der Kosten des Interessenten (z. B. für die Due Diligence) zu tragen oder auch Zahlung eines Fixbetrages („Break Up Fee“) Zahlungsverpflichtung des Verkäufers bei Verletzung der Exclusivitätsverpflichtung

8) Due Diligence Vereinbarung -

Teilweise auch in gesondertem Dokument

-

Festlegung, wie Unterlagen zur Verfügung gestellt werden

-

Zeitraum für Due Diligence

-

Benennung der zentralen Ansprechpartner auf beiden Seiten

-

-

Datenraumregeln (z. B. hinsichtlich Stellung weiterer Fragen, Kopieren von Unterlagen, Zugang zum Datenraum) Ggfls. verschärfte Vertraulichkeitsvereinbarung (bei sensiblen Unterlagen Vertragsstrafe oder nur Weitergabe an zur Berufsverschwiegenheit Verpflichtete (Steuerberater, WP oder Rechtsanwalt))

9) Sonstiges -

-

Erklärung, welche Teile der Vereinbarung rechtsverbindlich sind (i. d. R Vertraulichkeit, Exklusivität, Break Up Fee und Due Diligence Vereinbarung) Salvatorische Klausel, Gerichtsstandvereinbarung (soweit möglich)

13.3 Kaufvertrag – Checkliste/Grundstruktur 1) Präambel -

Beschreibung der wirtschaftlichen Zielsetzung und des Hintergrundes

2) Verkauf und Übertragung des Unternehmens -

Verpflichtung zum Kauf/Verkauf

-

Übertragungserklärung für Kaufgegenstand 283

-

Beschreibung Geschäftsanteile/Aktien (share deal)

-

Beschreibung Vermögenswerte (asset deal)

-

Übergangsstichtag (Angabe mit Datum und Uhrzeit)

-

Aufschiebende Bedingungen für Übertragung (z. B. Kaufpreiszahlung)

3) Kaufpreis/Zahlung -

Festkaufpreis

-

Kaufpreisformel (z. B. cash debt free)

-

Zuordnung des Kaufpreises beim asset deal

-

Zusätzlicher Kaufpreis in Zukunft („earn out“)

-

Zahlungsmodalitäten

-

Kaufpreiseinbehalte („escrow accounts“)

-

Verzinsung, Sicherheiten, etc.

-

Umsatzsteuer (Regelungen für den Fall, dass ein Verkauf (asset deal) umsatzsteuerpflichtig ist)

4) Garantien/Beschaffenheitsvereinbarungen -

Festlegung der Haftung mehrerer Verkäufer

-

Festlegung des relevanten Zeitpunkts für Haftung (Vertragsunterzeichnung und/oder Vollzug)

a) Gesellschaftsrechtliche Verhältnisse (share deal) -

ordnungsgemäße Gründung der Gesellschaft

-

Kapitaleinzahlung und -erhaltung

-

aktuelle Fassung Gesellschaftsverträge

-

keine Konzernverträge

b) Inhaberschaft der Gesellschaftsanteile / Freiheit von Rechten Dritter (share deal) c) Vermögenssituation der Gesellschaft -

Anlagevermögen -- Eigentumsverhältnisse/Freiheit von Rechten Dritter -- Zustand/Wartung -- Umfang (Inventarliste)

284

-- Bestand von Rechten (z. B. Patente) -

Umlaufvermögen -- (wie Anlagevermögen, zusätzlich Verwertbarkeit), s.o. -- Bestand und Einbringlichkeit von Forderungen

-

Bestand Verbindlichkeiten

d) Bilanzgarantien -

ordnungsgemäße Aufstellung/Bilanzkontinuität

-

Wiedergabe der tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse

-

i.d.R. vergangene drei Jahresabschlüsse u. Stichtagsbilanz

e) gegebenenfalls Eigenkapitalgarantie (Stichtag für Garantie) f) Bestand wesentlicher Verträge -

Aufzählung der wichtigsten Verträge des Unternehmens (Vollständigkeit + Richtigkeit, Erfassung in Listen oder Beifügung) -- mit Kunden -- mit Lieferanten -- Versorgungsverträge -- Miet-/Leasingverträge -- Darlehensverträge, etc. -- Management

-

Ordnungsgemäße Erfüllung/Wirksamkeit der Verträge

-

keine Kündbarkeit anlässlich Verkauf („change of control“)

g) Personal -

Mitarbeiterbestand, Eckdaten der Beschäftigungsverhältnisse außerhalb der Verträge gemachte Zusagen (Betriebsvereinbarung, betriebl. Übung)

-

betriebliche Altersversorgung

-

Betriebsrat

-

Rechtsstreitigkeiten

h) Umwelt -

Freiheit von Belastungen gem. BBodSchG

-

keine verbotenen Emissionen bei Betrieb 285

i) Steuern -

Bezahlung aller bis Stichtag fälligen Steuern

-

ansonsten Bildung ausreichender Rückstellungen

-

ordnungsgemäße Anmeldung der Steuern

-

-

Teilnahmerecht für Verkäufer an Betriebsprüfung, wenn Zeitraum vor Übergabe betroffen gegebenenfalls Ausgleichsklauseln bei nachträglichen Steuerrückerstattungen/Steuerforderungen

j) behördliche Genehmigungen/Geschäftsbetrieb -

-

-

Vorliegen der zum Geschäftsbetrieb notwendigen behördlichen Genehmigungen keine Verletzung behördlicher/gesetzlicher Vorschriften durch den Geschäftsbetrieb Entziehung droht nicht

k) Rechtsstreitigkeiten -

keine Rechtsstreitigkeiten mit Ausnahme der in Anlage aufgeführten

-

keine drohenden Rechtsstreitigkeiten

l) Versicherungen -

ausreichende Versicherung der geschäftstypischen Risiken

-

Zahlung aller fälligen Prämien

m) Ordnungsgemäße Fortführung des Unternehmens seit letzter Bilanz bis zum Verkauf, ordnungsgemäße Geschäftsführung, Fortführung des Geschäfts bis Übergabe nach ordnungsgemäßen kaufmännischen Grundsätzen, n) Richtigkeit und Vollständigkeit der übergebenen Informationen -

Übergebene Information ist richtig und vollständig, keine für Transaktion bedeutende Information wurde verschwiegen

5) Rechtsfolgen bei Unrichtigkeit der Garantien -

Nacherfüllung und Schadensersatz

-

Fristen für Nacherfüllung

-

Ausschluss sonstiger gesetzlicher Ansprüche

-

gesamtschuldnerische Haftung des Verkäufers/Teilschuld

286

-

Haftungsfreibeträge/-freigrenzen

-

Haftungsbeschränkung

-

Ausschluss der Haftung bei Kenntnis des Käufers (häufig streitig)

6) Kenntnis -

Festlegung der Kenntnisträger auf Verkäuferseite und z.T. auf Käuferseite

7) Freistellungsansprüche -

Freistellung wegen Altlasten

-

Freistellung wegen bereits identifizierter Risiken

-

Freistellung wegen vor Vollzugsstichtag entstandener Steuern

-

Freistellung ohne Anrechnung auf Haftungshöchstgrenzen

8) Verjährung von Haftungsansprüchen gestaffelte Verjährung -

bezüglich Eigentum an Anteilen u. Rückzahlung

→ 5-10 Jahre

-

ansonsten

→ 2-3 Jahre

-

für Steuer/ 6/12 Monate nach Bestandskraft des Steuerbescheids

9) Weitere Verpflichtungen -

-

-

Ordnungsgemäße Fortführung des Geschäftsbetriebs durch Verkäufer zwischen Unterzeichnung und Vollzug des Kaufvertrags Abschluss bestimmter Verträge durch Verkäufer (z. B. Geschäftsführerdienstvertrag, Lizenzverträge etc.) Freistellung des Verkäufers durch Käufer von Haftung aus Bürgschaften für Gesellschaft

10) Aufschiebende Bedingungen/Vollzugsvoraussetzungen -

Zustimmungsvorbehalte

-

Ehepartner – § 1365 BGB

-

Hauptversammlung § 119 AktG

-

sonstiger Gremienvorbehalt (Aufsichtsgremien)

-

Gesellschafter/Gesellschaft bei Vinkulierung

-

Kartellamt 287

11) Wettbewerbsverbot → Wettbewerbsverbot: -

örtlich

-

sachlich

-

zeitlich

-

Vertragsstraferegelung

-

Verbot, Mitarbeiter abzuwerben

-

ggf. auch (nur) Kundenschutzlisten

12) sonstiges -

Vertraulichkeit /Mitteilung

-

Kostentragung

-

Aufhebung von Vorvereinbarungen

-

Schriftformklausel

-

Vertragssprache/anwendbares Recht

-

Gerichtsstand/ Schiedsklausel

-

salvatorische Klausel

288

Stichwortverzeichnis Abfindung 144, 162 ABS 184 Abschreibungsvolumen 26 ABS-Finanzierungen 184 Absichtserklärung 36, 57, 87, 199, 204, 205, 206, 259 ABS-Transaktion 184 Abzugsbeschränkung 144 Akquisition 77, 90, 171, 176, 195, 262 Akquisitionsdarlehen 176, 193, 194 Anschaffungskosten 117, 118, 119, 128, 129, 131, 144, 151, 157, 158 Anzeigepflichten 208, 209 Asset Deal 23, 25, 26, 27, 36, 68, 87, 91, 107, 109, 115, 120, 123, 125, 132, 133, 135, 137, 144, 150, 153, 155, 156, 157, 160, 163, 164, 165, 167, 185, 186, 187, 196, 204, 207, 211, 212, 216, 219, 242, 269, 270, 271 Asset-Backed-Securities 184 atypisch stille Beteiligung 181 Aufgriffsschwelle 224 Auktionsverfahren 89 Ausgliederung 158, 163, 269, 270, 271 Außenfinanzierung 175, 176, 185 Avalprovision 191 Basic Due Diligence 58 Bedarfswert 126, 140, 150 Besicherung 177, 186, 193, 195, 245, 247 Bestimmtheitsgrundsatz 107 Betriebsänderung 213, 215 Betriebsbegriff 213 Betriebsvermögen 115, 117, 126, 127, 128, 129, 131, 132, 133, 134, 135, 138, 142, 148, 156, 160, 161 Beurkundung 25, 26, 208, 216, 226 Bilanzanalyse 51, 53, 54 Bonität 178, 190, 191, 245 Börsennotiz 234, 235, 236 Branchenholding 64 Break Up Fee 283 Break-up-Fee 66 Buchwertaufstockung 26, 117, 118, 132, 135, 137, 144, 150, 152, 158, 161, 186, 187, 242 Bürgschaft 191 Bürgschaftsbanken 191 Business Angels 64, 178, 239, 248 Businessangels 174 Call 154 Cashflow 93, 100, 186, 193, 195, 242 Change-of-Control-Klausel 25, 192 China 85, 89, 263, 264, 265, 266, 272, 273, 274, 275, 276, 277, 278, 279, 295 Closing 58, 91, 179, 217, 260 Cold IPO 235 Commercial Due Diligence 58, 202 Corporate Identity 43 Cross Boarder 88

Cross-Boarder-Deals 22 Cross-Boarder-Transaktion 85, 89, 263 Curriculum 71, 262 Datenraum 89, 91, 203, 283 Datenraumindex 203 Deal 18, 19, 20, 25, 26, 68, 80, 86, 109, 173, 208, 270, 271, 279 Deal Design 68 Dealbreakers 19 Debt 161, 217 Discounted-Cashflow-Methode 172 doppelstöckige Mitunternehmerschaft 143 Due Diligence 25, 26, 36, 57, 58, 59, 67, 68, 79, 89, 90, 166, 179, 199, 200, 202, 203, 204, 205, 206, 211, 212, 215, 223, 224, 248, 259, 260, 282, 283 Due Diligence-Prüfung 57, 58, 224 Durchführungsphase 60 Durchschnittssteuersatz 112, 113, 116, 131, 152, 155, 162 Earn-Out-Modell 173 EBIT 65, 77, 86, 93, 94, 101, 102, 103, 104, 106, 172, 194, 257 EBITDA 120, 121 EBIT-Methode 77, 86, 102, 172 EBIT-Multiplikator 101, 102, 194 EBIT-Verfahren 93, 94, 101, 103 Eigenkapital 21, 31, 36, 63, 69, 72, 118, 170, 174, 176, 178, 183, 185, 187, 193, 194, 195, 196, 219, 237, 238, 242, 243, 245, 246, 248, 267, 274 Eigenkapitalgarantie 170, 219, 285 Eigenmittelfinanzierung 174 Einbringungsgewinn 128, 131, 158, 159 Einkommensteuer 98, 110, 111, 112, 113, 114, 115, 116, 117, 121, 122, 123, 126, 128, 129, 130, 131, 132, 137, 140, 141, 142, 143, 144, 146, 147, 157, 158, 160, 164 Equity Kicker 181 Equity Value 217 Erfolgshonorar 37, 74 Ergänzungsbilanz 144, 145, 147 ERP-Kapital 189, 190, 245 Ertragswertformel 95, 100 Ertragswertmethode 86, 100, 101 Ertragswertverfahren 93, 94, 96, 100, 101 Escape-Klausel 120, 121, 161 Existenzgründungsbörsen 34 Family Offices 64 Financial Covenants 178 Financial Due Diligence 58, 201 Finanzierungskosten 119, 121, 123, 133, 136, 144, 146, 147 Finanzinvestor 108, 193, 194, 238, 247, 260 Firmenfortführung 211 Firmenwert 118, 119, 144, 186, 187, 242 Fluktuation 39, 46, 47, 230

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Freibetrag 110, 113, 121, 128, 131, 141, 224 Freigrenze 160, 224 Freistellung 166, 167, 168, 200, 203, 224, 225, 287 Freistellungsverpflichtungen 216, 224 Fremdfinanzierung 31, 90, 108, 160, 172, 176, 195, 242, 244, 246 Fremdfinanzierungsaufwand 119, 133, 160, 161 Fremdfinanzierungszinsen 121, 122, 123, 133, 135, 136, 137, 138, 145, 146, 148, 160, 161 Fremdgeschäftsführermodell 63 Fremdkapital 41, 122, 178, 180, 181, 185, 190, 194, 195, 242, 246 Fünftel-Regel 111, 112, 113, 116, 131, 141, 143, 152, 155, 162 Fünftel-Regelung 111, 112, 113, 116, 131, 141, 143, 152, 155, 162 Funktionsnachfolge 214 Fusionen 15, 85 Fusionskontrolle 209, 225, 226 Garantie 163, 166, 170, 190, 218, 220, 221, 222, 223, 246, 285 Genussschein 181, 182, 183 Genussscheine 181, 182, 183 Gesamthandelsbilanz 144 Gesellschafterdarlehen 52, 100, 101, 102, 159, 160, 187, 188, 192 Gesellschafterfremdfinanzierung 122, 160, 166 Gewerbebetrieb 110, 115, 117, 120, 121, 127 Gewerbeertrag 115, 116, 117, 120, 122, 123, 130, 131, 132, 135, 136, 138, 141, 142, 145, 146, 147 Gewerbesteuer 95, 98, 115, 116, 117, 120, 121, 122, 123, 125, 129, 130, 131, 132, 134, 135, 136, 138, 141, 142, 143, 145, 146, 147, 148, 153, 157, 158, 159, 160, 164, 165, 166, 167, 168, 212 Gewinnermittlung 123, 145, 148 Grunderwerbsteuer 26, 108, 125, 126, 140, 149, 150, 158, 163, 165, 166, 167, 168 Haftung 36, 74, 164, 165, 167, 189, 190, 203, 204, 207, 210, 211, 212, 215, 216, 218, 220, 223, 224, 263, 282, 284, 286, 287, 293 Haftungsausschluss 164, 223 Haftungsbegrenzung 224, 260 Hardfacts 36 Hebesatz 115, 116, 130, 142 Heuschrecken 23, 195, 273 Informationsmemorandum 68, 259 Initialphase 54 Innenfinanzierung 175, 176, 185 Integrationsphase 17, 18 Jump Start 235 Junior Loan 194 Kapitalbeteiligungsgesellschaft 247 Kapitalbeteiligungsgesellschaften 31, 64, 66, 70, 72, 174, 177, 178, 179, 190, 239, 247 Kapitalerhöhung 21, 134, 154, 178, 234, 235, 236, 243, 247 Kapitalisierungszinsfuß 94, 95, 96, 98, 99 Kartellrecht 209, 210

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Kaufpreisaufteilung 150, 151 Kaufvertrag 58, 69, 91, 109, 125, 126, 150, 151, 152, 162, 166, 167, 168, 169, 172, 203, 213, 215, 216, 223, 224, 225, 269, 283 KBG 179, 247, 248 KfW-Programm 189, 190 Königsweg 23, 271 Konzern 120, 121, 122, 160, 210, 250, 278 Körperschaftsteuer 95, 98, 115, 116, 121, 122, 123, 125, 130, 131, 135, 136, 137, 138, 142, 143, 145, 146, 147, 164, 167, 168 Kosten-Nutzen-Kalkül 72, 76 Kostentragung 168, 226, 283, 288 Legal Due Diligence 58, 201 Leverage-Effekt 176, 177, 195, 246 Leverage-Effektes 177, 195 Leverage-Faktor 31 Lizenzzahlungen 160 Locked Box Concept 218 Long List 67, 259 M&A-Berater 5, 34, 35, 36, 37, 38, 72, 74, 75, 77, 101, 188, 260, 261, 262, 263 M&A-Boutique 36 M&A-Business 39, 69 M&A-Fachleute 101 M&A-Geschäft 19, 279, 294 M&A-Mandant 65 M&A-Markt 29, 40, 41, 85 M&A-Professionals 65 Marketing Due Diligence 59 MBG 246 MBI 40, 63, 64, 65, 71, 230, 236, 237, 238, 239, 240, 243, 244, 245, 247, 248, 260 MBI-Kandidat 63, 64, 65, 230, 237, 238, 239, 240, 243, 244, 245, 247, 260 MBO 40, 62, 63, 64, 65, 71, 230, 236, 237, 238, 239, 240, 241, 242, 243, 244, 245, 247, 248, 250 MBO-Kandidat 64, 65, 239, 240, 241 Mehrbetrag 117, 118, 121, 122, 144, 145, 147, 150 Merger 161, 235 Mergers & Acquisitions 5, 15 Mezzanine Kapital 180 Mezzanine-Finanzierung 180, 182, 184 Mid-Caps 85 Mitarbeiterbeteiligungsmodell 63 Mittelständische Beteiligungsgesellschaften 190, 246 Multiples 101 Multiplikator 94, 101, 102, 103 Multiplikatorenverfahren 94 Nachfolgeregelung 15, 21, 33, 63, 65, 73, 74, 76, 77, 81, 193, 229, 230, 231, 232, 233, 237, 251, 255, 256, 257, 258, 261, 267, 268, 293 Nachrangdarlehen 180, 181, 189, 190 Nebenverträge 161, 162 Net Working Capital 217 Nettofinanzverschuldung 101, 102, 103 Nettoumlaufvermögen 217 Newco 187 NewCo 27, 161 Ober-Personengesellschaft 143, 147, 148

Objektkapitalgesellschaft 161 offenen Selbstfinanzierung 175 Öffentliche Mittel 244 Organisational Due Diligence 59 Organschaft 157, 159, 161, 169 Owner-Buy-out 193, 194 Poolvereinbarung 207 Poolvereinbarungen 207 Post Merger 86 Post Merger Integration 86 postakquisitorische Wertminderung 120, 121, 122, 123, 132, 135, 137, 138, 144, 145, 146, 147, 148, 159 postakquisitorische Wertminderungen 120, 121, 122, 123, 132, 135, 137, 138, 145, 146, 147, 148, 159 Postakquisitorische Wertminderungen 119, 132, 135, 159 Post-Merger-Management 68 Private Equity 64, 67, 75, 178, 276 Private Equity Gesellschaften 64, 67, 178 Private-Equity-Gesellschaft 258 Privates Beteiligungskapital 247 Progressionszone 111, 141 Prüfphase 55 Prüfungsphase 202 Put 154 Rahmenbedingungen 22, 179, 202, 234, 236, 248, 278, 282 Rangrücktritt 180 Rechtswahl 227 Reinvestition 155, 242 Reinvestitionen 155, 156 Retainer 34, 35, 37, 74 Return on Investment 100 Rückbeziehung 151 Rücklage 155, 156 Sanierungsfälle 189 Schachtelprivilegs 152 Schadensersatzpflicht 170 Schiedsklausel 226, 288 Schuldrechtsmodernisierungsgesetz 218 Seed-Phase 64 Selbstfinanzierung 175, 185 Senior Loan 194 Share Deal 23, 25, 26, 27, 68, 87, 90, 107, 109, 156, 161, 163, 165, 167, 185, 186, 196, 204, 207, 208, 211, 212, 216, 219, 220, 271 Short List 67, 259 Signing 68, 91, 179, 217, 260 smart money 179 Softfacts 36 Sonderbetriebsausgaben 144, 145, 146, 147, 148 Sonderbilanz 144, 146, 166 Sperrfrist 127, 153, 159 Spin-off 250, 251 Start-up-Phase 64 Steuerbilanz 166, 169 Steuerklauseln 164, 166, 167 Steuersatz 112, 114, 125, 127, 140, 141, 150 Steuerschuldner 126, 140, 146, 150, 165, 167, 168

Stille Beteiligungen 181 Strukturierung 68, 194, 196, 200, 242, 251, 294 Stufentheorie 117, 118, 144 Stuttgarter Verfahren 94 Subsidiaritätsprinzip 189 Substanzwert 104 Substanzwertverfahren 94, 104, 105 SWOT-Analyse 259 Synergiekäufer 64 Target 187 Tax Due Diligence 58, 166, 201 Technical Due Diligence 59 Teilbetrieb 109, 110, 115, 117, 122, 125, 129, 164, 165, 213 Teileinkünfteverfahren 127, 128, 129, 130, 152, 156, 162 Thesaurierungsbegünstigung 114, 116, 141 Tochterkapitalgesellschaft 158, 161 Transaktion 5, 18, 19, 20, 23, 25, 30, 31, 34, 35, 36, 37, 43, 44, 47, 50, 66, 67, 68, 69, 70, 73, 74, 75, 78, 79, 81, 82, 83, 86, 87, 88, 90, 166, 167, 168, 171, 178, 179, 187, 188, 192, 193, 199, 200, 201, 204, 205, 206, 207, 209, 210, 215, 218, 225, 241, 248, 251, 258, 259, 260, 268, 276, 279, 281, 282, 286 Transaktionsablauf 67 Transaktionsdauer 17 Transaktionsmanagement 16 Transaktionsphase 17 Transaktionsprozess 17, 77 Transaktionsvolumina 35 Transaktionswert 15, 74 Überentnahmen 119, 123, 133, 135, 137, 138, 144, 146, 147, 160 Übergabephase 60 Übergang 27, 145, 152, 212, 213, 214, 215, 217, 226, 232 Übergangsregelungen 225 Übertragung 25, 68, 107, 108, 109, 110, 115, 117, 120, 122, 125, 133, 134, 140, 149, 150, 151, 152, 153, 155, 156, 157, 163, 164, 165, 167, 168, 173, 185, 186, 196, 207, 208, 209, 212, 214, 216, 217, 225, 226, 282, 283, 284 Umsatzsteuer 26, 108, 123, 125, 138, 139, 148, 149, 164, 165, 166, 167, 168, 212, 284 Umsatzverfahren 93, 103 Umwandlung 99, 107, 115, 117, 127, 128, 142, 143, 153, 157, 158, 159, 165, 232, 233, 266, 267, 268 Unterentnahmen 119 Unternehmensanalyse 51 Unternehmensbörse 33 Unternehmensexposé 68 Unternehmenskauf 5, 15, 17, 18, 29, 35, 36, 37, 54, 55, 56, 60, 65, 71, 72, 79, 93, 94, 107, 165, 176, 185, 186, 188, 199, 207, 212, 217, 218, 226, 227, 231, 237, 238, 243, 244, 246, 293 Unternehmenstransaktion 36, 171, 204 Unternehmensverkauf 33, 40, 61, 67, 72, 73, 75, 76, 82, 83, 93, 231, 232, 251, 253, 257, 258 Unternehmensvermögen 138, 139, 148 Unternehmenswert 18, 59, 76, 77, 78, 100, 102, 103, 105, 194, 196, 241, 247, 248, 256, 261

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Unternehmenswertsteigerung 31, 181, 193, 237, 241 Unter-Personengesellschaft 143, 147, 148 Vendors Due Diligence 79 Veräußerer 19, 26, 27, 38, 57, 67, 69, 70, 77, 81, 89, 90, 114, 115, 124, 141, 154, 161, 172, 192, 196, 209, 214, 215, 231, 241, 243, 249, 251, 261 Veräußerung 62, 78, 109, 110, 112, 113, 114, 115, 116, 125, 126, 127, 129, 130, 131, 139, 141, 142, 149, 152, 153, 154, 155, 156, 157, 158, 159, 163, 165, 168, 185, 267 Veräußerungsgewinn 31, 108, 110, 111, 112, 115, 116, 117, 126, 127, 128, 130, 131, 132, 135, 140, 141, 142, 143, 153, 155, 158, 164, 165, 167, 168, 170 Veräußerungsverlust 132, 135, 160 Veräußerungszeitpunkt 114, 130, 141, 152 Verbindlichkeiten 26, 36, 101, 118, 119, 164, 169, 187, 210, 211, 217, 218, 220, 236, 242, 243, 269, 285 Verhandlungsphase 59, 60, 205 Verjährung 170, 225, 287 Verkäuferdarlehen 77, 192, 193 Verkäufer-Umwandlungsmodell 158 Verkaufsexposé 259 Verkehrswert 77, 126, 131, 140, 150, 175

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Verlustvortrag 120, 121, 122, 123, 134, 145, 146, 147, 148, 158, 269 Verlustvorträge 120, 122, 123, 133, 135, 136, 137, 138, 146, 158, 159, 166, 169 Verschmelzung 15, 159, 161, 268 Vertraulichkeitserklärung 62, 67, 80, 90, 199 Vertraulichkeitsvereinbarung 199, 204, 205, 281 virtueller Datenraum 203 Vollzugszeitpunkt 152, 221 Weiterveräußerung 139, 149, 159, 247 Wesentlichkeitsgrenze 127 Wettbewerbsverbot 162, 216, 226, 288 Widerspruchsrecht 27, 214, 215 Win-Win-Situation 16, 18 Working Capital 101 Zeitvergütung 35 Zinsaufwendungen 120, 121, 122, 134, 137, 145, 160 Zinsschranke 120, 121, 122, 123, 133, 134, 135, 137, 138, 145, 146, 147, 160 Zurückbehalten 163 Zweckgesellschaft 184

Autorenverzeichnis Andreas Sattler ist Diplom-Wirtschaftsingenieur und gründete 1983 Sattler & Partner. Als Vorstand der heutigen Sattler & Partner AG, Stuttgart/Schorndorf (www.sattlerundpartner.de), die bundesweit und international (www.dealflowpartners.com) für mittelständische Unternehmen tätig ist, hat er sich auf die Beratungsschwerpunkte Nachfolgeregelung, Unternehmenskauf und -verkauf, Unternehmensplanung und Kapitalbeschaffung spezialisiert. Als Abrundung nimmt er seit 1992 seine Handelsrichtertätigkeit beim Landgericht Stuttgart sowie diverse Beirats- und Aufsichtsratstätigkeiten wahr. Während seiner Tätigkeit als Unternehmensberater hat er mehr als 20 Bücher (mit) verfasst, über 100 Zeitschriftenartikel veröffentlicht sowie diverse Radiound Fernsehinterviews gegeben. Besonders erwähnt seien die Bücher „Die kleine AG“, „Haftung und Aufsichtsrat einer AG“ und sein neuestes Werk „Unternehmenskauf und Anteilserwerb durch Management-Buy-out/-Buy-in“. Dr. Hans-Joachim Broll ist Diplom-Ökonom und gründete 1990 nach Promotion und Bestellung zum Steuerberater die Sozietät Dr. Broll & Partner (www.bskp.de), heute: Dr. Broll Dr. Seid Kaufmann & Partner, eine deutschlandweit tätige Partnerschaftsgesellschaft von Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern und Rechtsanwälten mit Niederlassungen unter anderem in Stuttgart, Dresden und Frankfurt/Main. Dr. Broll ist Verfasser mehrerer Bücher und Veröffentlichungen und immer wieder als Referent und Dozent für verschiedene Industrie- und Handelskammern und Kreditinstitute sowie die Filmakademie Baden-Württemberg tätig. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen in der steuerlichen Gestaltungsberatung bei Unternehmenskauf und -verkauf, Unternehmensnachfolge und Umstrukturierungen sowie im Internationalen Steuerrecht. Stefan Nüsser ist Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei HECKER WERNER HIMMELREICH Rechtsanwälte Partnerschaft (www.hwhlaw.de). Nach einer Ausbildung zum Bankkaufmann und Ausbildungsstation in London, Paris und Hongkong ist er seit 1998 als Rechtsanwalt zugelassen. Er berät insbesondere Unternehmen und Unternehmer bei der rechtlichen Gestaltung von Unternehmenskäufen und verkäufen sowie in allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Fragen. Neben seiner anwaltlichen Tätigkeit hält er zu diesem Thema regelmäßig Vorträge im Rahmen von Fachseminaren für Steuerberater und Unternehmen und hat hierzu auch ein Fachbuch publiziert.

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Bernd Müller sein Know-how als Bankfachwirt und Firmenkundenberater bei mittelgroßen sowie großen Banken setzt er seit 2001 als Partner der Sattler & Partner AG erfolgreich im M&A-Geschäft ein. Seine Spezialgebiete sind die Unternehmensfinanzierung sowie die Kapitalbeschaffung beim Kauf eines Unternehmens oder einer Beteiligung. Fundierte Kenntnisse und Kontakte hinsichtlich der Einbeziehung von Fördermitteln und Strukturierung von Mitarbeiterbeteiligungen runden sein Spektrum ab. Bernd Müller hat zu diesen Themen mehrere Fachbeiträge sowie Bücher veröffentlicht und gibt sein Wissen in bundesweiten Seminaren und Tagungen als Referent weiter. Er ist Beirat eines Elektronikunternehmens. Markus Amberger ist seit Herbst 2008 Student der Betriebswirtschaftslehre an der Universität Mannheim. Die Mitarbeit an diesem Buch erfolgte im Rahmen seines Praktikums bei der Sattler & Partner AG. Rüdiger Seng ist Diplom-Ingenieur und leitete als Geschäftsführer zwölf Jahre ein Familienunternehmen mit 200 Beschäftigten. Als Partner der Sattler & Partner AG berät er seit 1999 Unternehmer bei ihren anstehenden Transaktionen im Rahmen von Unternehmenskäufen und -verkäufen sowie Nachfolgeregelungen. Zu diesen Themen, wie auch Unternehmensbewertung und Rechten und Pflichten von GmbH-Geschäftführern ist er bundesweit als Referent bei namhaften Bildungsträgern und Tagungen vertreten. Rüdiger Seng ist Autor von „das Chefbuch“, einem Buch für Unternehmer und Geschäftsführer zwischen Kapital, Business und Familie. Wolfgang Lindner ist Diplom-Wirtschaftsingenieur und seit 1999 Vorstand und Partner der Sattler & Partner AG. Zuvor konnte er in leitenden Funktionen bei nationalen und internationalen Unternehmen und durch die Projektleitung einer Vielzahl von Beratungsprojekten umfassende Kenntnisse über betriebswirtschaftliche Zusammenhänge, Restrukturierungen und den Kauf und Verkauf von Unternehmen erwerben. Bei Sattler & Partner hat er sich auf die Beratungsschwerpunkte Nachfolgeregelung, Unternehmenskauf und -verkauf, Unternehmensplanung und Effizienzsteigerung in Unternehmen spezialisiert. Zu diesen Themen ist er bundesweit als Referent bei namhaften Bildungsträgern und Tagungen vertreten. Als Abrundung nimmt er diverse Aufsichtsratstätigkeiten wahr.

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Thomas Reichenbach erwarb einen Masterabschluss an der Uni Nürnberg als Betriebssoziologe sowie für Arbeitgeber-Arbeitnehmer Beziehungen, und gründete 1992 sein eigenes Beratungsunternehmen in Deutschland. 1998 verlagerte er Büro und Wohnsitz nach Shanghai. Seit 2008 ist er Mehrheitsgesellschafter der EurAsia M&A Gateway (Shanghai) Co., Ltd., China, (www.eurasia-merger.com), wo er in enger Zusammenarbeit mit der Sattler & Partner AG sowohl Projekte ausländischer Direktinvestoren als auch M&A-Projekte in China und Deutschland betreut. Herr Reichenbach spricht fließend chinesisch (Studium an der Universität in Beijing). In zahlreichen Veröffentlichungen hat er als Autor Aspekte der Wirtschaftsreformen Chinas beleuchtet. Hui Zhao Rechtsanwalt und studierter Germanist, leitet seit Mitte 2007 den „China-Desk“ der internationalen Rechtsanwaltskanzlei Noerr in dem Büro in Frankfurt am Main. Neben M&A berät er chinesische Mandanten bei Börsengängen auf der deutschen Börse sowie Handelsstreitigkeiten vor Gerichten und internationalen Schiedsgerichten. Er hat zahlreiche chinesische Staats- und Privatunternehmen bei Investitionen und M&A Transaktionen in Deutschland juristisch beraten. Regelmäßig verfasst er Artikel für verschiedene Fachzeitschriften der Wirtschaftspresse. Zu seinen Veröffentlichungen zählen auch Investitionsführer für chinesische Unternehmen in Deutschland und für deutsche Investoren in China. Peter Gericke studierte Physik und gründete in 2006 die M&A-Gesellschaft Gericke GmbH in München, deren Schwerpunkt in den Branchen Spedition und Logistik liegt. Zuvor arbeitete er in verschiedenen Führungspositionen für Unternehmen im technologischen Bereich, zuletzt als Vorstandsvorsitzender eines Unternehmens in München. Seit 2008 ist Peter Gericke Partner der Sattler & Partner Alliance M&A and Corporate Finance, wickelt M&A-Projekte auch in Kooperation mit Sattler & Partner ab und ist mit dem Ausbau der Alliance betraut.

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