Umweltqualitätsziele im Gewässerschutzrecht: Eine europa-, verfassungs- und verwaltungsrechtliche Untersuchung zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie am Beispiel des Freistaates Sachsen [1 ed.] 9783428524471, 9783428124473

Umweltqualitätsziele beschreiben einen bestimmten sachlich, räumlich und zeitlich angestrebten Zustand der Umwelt bzw. b

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Umweltqualitätsziele im Gewässerschutzrecht: Eine europa-, verfassungs- und verwaltungsrechtliche Untersuchung zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie am Beispiel des Freistaates Sachsen [1 ed.]
 9783428524471, 9783428124473

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Schriften zum Umweltrecht Band 158

Umweltqualitätsziele im Gewässerschutzrecht Eine europa-, verfassungs- und verwaltungsrechtliche Untersuchung zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie am Beispiel des Freistaates Sachsen

Von Juliane Albrecht

Duncker & Humblot · Berlin

JULIANE ALBRECHT

Umweltqualitätsziele im Gewässerschutzrecht

Schriften zum Umweltrecht Herausgegeben von Prof. Dr. Michael Kloepfer, Berlin

Band 158

Umweltqualitätsziele im Gewässerschutzrecht Eine europa-, verfassungs- und verwaltungsrechtliche Untersuchung zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie am Beispiel des Freistaates Sachsen

Von

Juliane Albrecht

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Technischen Universität Dresden hat diese Arbeit im Jahre 2006 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2007 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0935-4247 ISBN 978-3-428-12447-3 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Untersuchung wurde im Wintersemester 2006/2007 von der Juristischen Fakultät der Technischen Universität Dresden als Dissertation angenommen. Die Arbeit befindet sich auf dem Stand vom Frühjahr 2006. Die zwischenzeitlich in Kraft getretene Föderalismusreform konnte im Rahmen der Veröffentlichung noch Berücksichtigung finden. Mein besonders herzlicher Dank gilt an erster Stelle meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Dieter Wyduckel, der mir an seinem Lehrstuhl bereits im Studium und später als wissenschaftliche Mitarbeiterin eine akademische Heimat bot und mich auf vielfältige Weise förderte. Er hat das Entstehen der Arbeit nicht nur angeregt, sondern bis zu ihrer Fertigstellung und Veröffentlichung intensiv begleitet und unterstützt. Mein herzlicher Dank gilt weiterhin Herrn Professor Dr. Martin Schulte für die Erstellung des Zweitgutachtens. Ebenso möchte ich mich bei Herrn Professor Dr. Hartmut Bauer bedanken, der das auswärtige Gutachten erstattet hat. Gleichfalls gedankt sei Herrn Professor Dr. Michael Kloepfer für die Aufnahme der Arbeit in die „Schriften zum Umweltrecht“. Mein besonderer Dank gilt auch der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, die mir durch die Gewährung eines Promotionsstipendiums nicht nur die erforderliche finanzielle Unabhängigkeit zur Erstellung der Arbeit, sondern auf ihren Stipendiatenseminaren und Sommerakademien auch die Möglichkeit zum interdisziplinären Erfahrungsaustausch bot. Bedanken möchte ich mich des Weiteren bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft sowie des Sächsischen Landesamtes für Umwelt und Geologie, die mir für Fragen über die praktische Umsetzung des Gewässerschutzrechts in Sachsen bereitwillig zur Verfügung standen und diesbezügliche Informationen und Dokumente zur Verfügung stellten. Gern denke ich an die Zeit zurück, die ich gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen an der Dresdner Juristischen Fakultät verbracht habe. Ihnen danke ich für viele interessante Gespräche und Diskussionen. Für regen Gedankenaustausch möchte ich mich auch bei meinen neuen Kolleginnen und Kollegen am Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung Dresden (IÖR) bedanken, die mir in der Endphase der Promotion zur Seite standen.

6

Vorwort

Sehr dankbar bin ich für die Unterstützung, die mir aus meinem privaten Umfeld zuteil wurde. Hier möchte ich zunächst meinem Freund Dr. Ansgar Werner danken, der die Arbeit mit Interesse und Zuspruch begleitete und mir in technischen Fragen eine wertvolle Hilfe war. Gedankt sei des Weiteren Herrn Dr. Gottfried Herrmann für seine mühevolle Arbeit des Korrekturlesens. Darüber hinaus gilt mein Dank allen Freunden und Bekannten, die an der Entstehung der Arbeit Anteil nahmen. Vor allem aber möchte ich mich bei meinen Eltern bedanken, die mich stets und in jeglicher Hinsicht unterstützt haben, so dass ich mich ganz auf die Dissertation konzentrieren konnte. Ihnen sei diese Arbeit gewidmet. Dresden, im Frühjahr 2007

Juliane Albrecht

Inhaltsübersicht §1

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

Erster Teil Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

38

§2

Terminologisch-begriffliche Klärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

§3

Einordnung von Umweltqualitätszielen in die Kategorien von Zielen und Instrumenten zur Erreichung einer angestrebten Umweltqualität . . . . . . . . .

49

Umweltqualitätsziele als Gegenstand rechtlicher und politischer Erörterung: Entstehung und Entwicklung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59

Umweltqualitätsziele in ihrer Bedeutung für eine nachhaltige und strategische Umweltplanung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76

Die Verrechtlichung von Umweltqualitätszielen als Strategie für einen nachhaltigen Gewässerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88

§4 §5 §6 §7

Rechtsbegriff und Rechtsnatur von Umweltqualitätszielen. . . . . . . . . . . . . . . 103

§8

Europarechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114

§9

Verfassungsrechtliche Vorgaben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 Zweiter Teil Umweltqualitätszielorientierung im Gewässerschutzrecht auf Bundes-, Landes- und europäischer Ebene – eine Bestandsaufnahme

162

§ 10 Das System des bundesdeutschen und sächsischen Gewässerschutzrechts vor Inkrafttreten der WRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 § 11 Die Berücksichtigung von Umweltqualitätszielen im Rahmen der Gestattung von Gewässereinwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 § 12 Die Funktion des Planungsinstrumentariums des WHG a. F. im Hinblick auf eine Qualitätsorientierung des Gewässerschutzrechts . . . . . . . . . . . . . . . . 237 § 13 Die europarechtlichen Qualitätsziele und ihre Umsetzung vor Inkrafttreten der WRRL. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 § 14 Sonstige Zielvorgaben und ihre Bedeutung im Verwaltungsvollzug . . . . . . 304

8

Inhaltsübersicht Dritter Teil Möglichkeiten und Perspektiven des qualitätszielorientierten Regelungsansatzes der europäischen Wasserrahmenrichtlinie und seiner Umsetzung am Beispiel des Freistaates Sachsen

322

§ 15 Entstehungsgeschichte, Regelungsgehalt und territorialer Bezugsrahmen der Wasserrahmenrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 § 16 Die Umweltziele des Art. 4 WRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 § 17 Das planungsrechtliche Instrumentarium zur Erreichung der Ziele des Art. 4 WRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391 § 18 Die rechtliche Umsetzung des qualitätsorientierten Regelungsansatzes der Wasserrahmenrichtlinie auf Bundesebene sowie am Beispiel des Freistaates Sachsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408 § 19 Die verwaltungsorganisatorische Umsetzung des qualitätsorientierten Regelungsansatzes im föderalen System der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere im Freistaat Sachsen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446 § 20 Die Auswirkungen der qualitätsorientierten Vorgaben der WRRL auf die Gestattung von Gewässerbenutzungen, die Gewässerunterhaltung, den Gewässerausbau und die wasserrechtliche Anlagengenehmigung . . . . . . . . . 461 § 21 Die Integration der Umweltqualitätsziele des Art. 4 WRRL in andere Regelungsbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 478 § 22 Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 508 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 518 Sachwortregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 562

Inhaltsverzeichnis §1

Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gegenstand der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Interdisziplinärer und integrativer Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Konditionale und finale Steuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Emissions- und Immissionsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Umweltqualitätsziele des Art. 4 WRRL als „neuer Systemansatz“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Stand der Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25 25 28 29 29 30 30 31 32 35

Erster Teil Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

38

§2

Terminologisch-begriffliche Klärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Umwelt und Umweltqualität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Begriff des Umweltqualitätsziels. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Sachliche Dimension von Umweltqualitätszielen. . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Räumlicher Bezug von Umweltqualitätszielen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zeitliche Komponente von Umweltqualitätszielen. . . . . . . . . . . . . . . . III. Umweltqualitätsziele und Umweltqualitätsorientierung . . . . . . . . . . . . . . IV. Umweltqualitätszielkonzepte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38 38 43 43 45 46 47 48

§3

Einordnung von Umweltqualitätszielen in die Kategorien von Zielen und Instrumenten zur Erreichung einer angestrebten Umweltqualität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Umwelthandlungsziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Umweltstandards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Umweltqualitätsstandards. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Emissionsstandards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Umweltqualitätskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Umweltindikatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49 50 52 52 53 56 58

Umweltqualitätsziele als Gegenstand rechtlicher und politischer Erörterung: Entstehung und Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Anfänge der Umweltzieldebatte in den 70er und 80er Jahren . . . .

59 60

§4

10

Inhaltsverzeichnis 1. Umweltqualitätsziele auf nationaler Ebene. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Umweltqualitätsziele auf europäischer Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Intensivierung der Umweltzieldebatte durch die internationale Initiative im „sustainable development“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Weg zu einer deutschen Nachhaltigkeitsstrategie . . . . . . . . . . . . . 2. Die Strategie nachhaltiger Entwicklung auf europäischer Ebene . . . 3. Zielorientierung im V. und VI. Umweltaktionsprogramm der EG . . III. Die Entwicklung der Umweltqualitätszieldiskussion in den einzelnen Wissenschaftsdisziplinen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Raumwissenschaften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Umweltwissenschaften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Wirtschaftswissenschaften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Politikwissenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Rechtswissenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

§5

§6

§7

Umweltqualitätsziele in ihrer Bedeutung für eine nachhaltige und strategische Umweltplanung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das Leitbild nachhaltiger Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Drei-Säulen-Modell radikal-integrativer Nachhaltigkeit . . . . . . . 2. Das engere, spezifisch umwelt- und ressourcenbezogene Verständnis der Nachhaltigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Nachhaltigkeit als Leitbild moderner Umweltpolitik . . . . . . . . . . . . . . II. Umweltplanung als Strategie zur Umsetzung des Leitbildes nachhaltiger Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Funktion von Umweltqualitätszielen im Rahmen strategischer Umweltplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

60 62 64 65 68 68 70 70 71 73 74 75 76 77 77 78 81 83 86

Die Verrechtlichung von Umweltqualitätszielen als Strategie für einen nachhaltigen Gewässerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ausdifferenzierung und Operationalisierung von Umweltqualitätszielen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das Erfordernis rechtlicher Steuerung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Umweltqualitätsziele im Spannungsfeld zwischen Emissions- und Immissionsorientierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Umweltqualitätsziele und Emissionsorientierung . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Umweltqualitätsziele und Immissionsorientierung . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kombinationslösungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Umweltqualitätsziele als finaler Regelungsansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Die Outputorientiertheit von Umweltqualitätszielen . . . . . . . . . . . . . . . . .

91 91 93 95 97 101

Rechtsbegriff und Rechtsnatur von Umweltqualitätszielen . . . . . . . . . . . . I. Die Verankerung von Umweltqualitätszielen im Rechtssystem. . . . . . . . II. Umweltqualitätsziele als Rechtsbegriff? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsbegriffliche Bestandsaufnahme im deutschen Umweltrecht . . 2. Der Qualitätszielbegriff im europäischen Umweltrecht. . . . . . . . . . . .

103 103 105 105 106

88 88 90

Inhaltsverzeichnis III. Entwicklungslinien der begrifflichen Verwendung von Umweltqualitätszielen im europäischen Gewässerschutzrecht . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Rechtsbegrifflichkeit der Qualitätsrichtlinien der 70er Jahre . . 2. „Umweltziele“ und „Umweltqualitätsnormen“ in der WRRL. . . . . . 3. Zusammenfassung und Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zur Rechtsnatur von Umweltqualitätszielen am Beispiel des Art. 4 WRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . §8

§9

Europarechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ziele der gemeinschaftlichen Umweltpolitik gem. Art. 174 I EGV . . . II. Handlungsgrundsätze gemeinschaftlicher Umweltpolitik, Art. 174 II EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsnatur und Justiziabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ziel eines hohen Schutzniveaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorsorge- und Vorbeugegrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ursprungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Verursacherprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der europarechtliche Nachhaltigkeitsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Gemeinschaftsrechtliche Grundrechte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Leben und körperliche Unversehrtheit der Immissionsbetroffenen 2. Eigentum der Immissionsbetroffenen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Eigentum und Beruf der Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Allgemeiner Gleichheitssatz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Verwirklichung des Binnenmarktes, Art. 14 I EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Das Subsidiaritätsprinzip gem. Art. 5 II EGV als Kompetenzausübungsschranke? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfassungsrechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Staatszielbestimmung Umweltschutz des Art. 20a GG . . . . . . . . . . 1. Vorsorgeprinzip. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Nachhaltigkeitsprinzip. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verursacherprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die umweltbezogenen Vorgaben der Art. 1 S. 2 und 10 SächsVerf . . III. Grundrechte des Grundgesetzes und der Sächsischen Verfassung . . . . . 1. Leben und körperliche Unversehrtheit der Immissionsbetroffenen, Art. 2 II 1 GG, 16 I 1 SächsVerf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Eigentum der Immissionsbetroffenen, Art. 14 I GG, 31 I SächsVerf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Eigentums- und Berufsfreiheit der Emittenten, Art. 12 I und 14 I GG, Art. 28 I und 31 I SächsVerf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Allgemeiner Gleichheitssatz, Art. 3 I GG, 13 I SächsVerf . . . . . . . .

11

107 107 109 110 111 114 114 117 118 119 120 123 125 126 127 129 131 132 134 136 137 141 141 143 146 148 150 152 152 156 158 160

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Inhaltsverzeichnis Zweiter Teil Umweltqualitätszielorientierung im Gewässerschutzrecht auf Bundes-, Landes- und europäischer Ebene – eine Bestandsaufnahme

§ 10 Das System des bundesdeutschen und sächsischen Gewässerschutzrechts vor Inkrafttreten der WRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das deutsche Gewässerschutzrecht im Spannungsfeld von Bundesund Landeskompetenzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Gewässerbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Oberirdische Gewässer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Küstengewässer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Grundwasser. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Landesrechtliche Ausnahmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der Bewirtschaftungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bewirtschaftungsanforderungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Nachhaltigkeit der Bewirtschaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Integrative Gewässerbewirtschaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Das wasserrechtliche Bewirtschaftungsregime als öffentlich-rechtliche Benutzungsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Beeinträchtigungen der Gewässerqualität und ihre rechtsinstrumentelle Steuerung durch das WHG und das SächsWG . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gewässerbenutzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Benutzungstatbestände. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Erlaubnis- bzw. bewilligungspflichtige Benutzungstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Genehmigungsfreie Gewässerbenutzungen . . . . . . . . . . . . . . . cc) Sonstige Gewässerbenutzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Rechtsinstitute der Erlaubnis und Bewilligung . . . . . . . . . . . . aa) Die wasserrechtliche Erlaubnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die wasserrechtliche Bewilligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Benutzungsbedingungen, Auflagen und nachträgliche Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Widerruf und Rücknahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Ausgleichsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gewässerunterhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gewässerausbau. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Errichtung und Unterhaltung von Anlagen an, in, unter und über oberirdischen Gewässern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 11 Die Berücksichtigung von Umweltqualitätszielen im Rahmen der Gestattung von Gewässereinwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 I. Der kombinierte Ansatz aus immissions- und emissionsbezogenen Anforderungen an die wasserrechtliche Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . 198

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1. Immissions- bzw. qualitätsbezogene Anforderungen. . . . . . . . . . . . . . a) Das „Wohl der Allgemeinheit“ gem. § 6 I WHG als zentrales Einfallstor für die Berücksichtigung qualitätsbezogener Anforderungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Struktur des Wohls der Allgemeinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Das bewirtschaftungsrechtliche Zwei-Stufen-Modell . . . . . . bb) Die Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit als zwingender tatbestandlicher Versagungsgrund. . . . . . . . . . . . cc) Das Bewirtschaftungsermessen auf der Rechtsfolgenseite . c) Zur Konkretisierung des Wohls der Allgemeinheit . . . . . . . . . . . . aa) Das Erfordernis wasserrechtlichen Bezuges . . . . . . . . . . . . . . bb) Abstrakt-generelle Qualitätsstandards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Wasserrechtliche Planung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Raum-, bau- und landschaftsplanerische Vorgaben. . . . . . . . ee) Schutzgebietsfestsetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Gebietsschutz gem. § 6 II WHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Mindestwasserführung gem. § 42a SächsWG. . . . . . . . . . . . . . . . . f) Der Besorgnisgrundsatz des § 34 I WHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Emissionsbezogene Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Entstehungsgeschichte des emissionsorientierten Ansatzes in § 7a WHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die „Normalanforderungen“ der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Das Konzept der Bundesregierung zur verbindlichen Festschreibung der Gewässergüteklasse II . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Grundsätze für Gewässergüteregelungen des sog. „Mainzer Papiers“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Technikniveau des § 7a WHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der kombinierte Ansatz zwischen Anspruch und Wirklichkeit . . . . II. Qualitätsbezogene Anforderungen an die Gewässerunterhaltung. . . . . . III. Die Berücksichtigung von Qualitätszielen beim Gewässerausbau. . . . . IV. Qualitätsorientierung im Rahmen der Errichtung und Unterhaltung von Anlagen in, an, unter und über oberirdischen Gewässern . . . . . . . .

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§ 12 Die Funktion des Planungsinstrumentariums des WHG a. F. im Hinblick auf eine Qualitätsorientierung des Gewässerschutzrechts . . . I. Wasserrechtliche Planung als Instrument zur Gewässerqualitätsorientierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Wasserwirtschaftliche Rahmenpläne, § 36 WHG a. F. . . . . . . . . . . . . . . . 1. Inhaltliche Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Qualitätsorientierung wasserwirtschaftlicher Rahmenpläne . . . . . . . . 3. Verwaltungsvollzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Bewirtschaftungspläne, § 36b WHG a. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Inhaltliche Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

199 199 200 203 204 205 205 207 208 211 213 215 216 218 219 220 220 223 224 226 229 231 233 236 237 238 240 240 241 242 243 244

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Inhaltsverzeichnis 2. Bewirtschaftungsplanung und Qualitätsorientierung. . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Bewirtschaftungsplan im Verwaltungsvollzug . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Informelle Bewirtschaftungsplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Reinhalteordnungen, § 27 WHG a. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Inhaltliche Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Qualitätsorientierung von Reinhalteordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Reinhalteordnungen im Verwaltungsvollzug . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Abwasserbeseitigungspläne, § 18a III WHG a. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Inhaltliche Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Qualitätsorientierung von Abwasserbeseitigungsplänen . . . . . . . . . . . 3. Die Abwasserbeseitigungspläne im Verwaltungsvollzug . . . . . . . . . . . VI. Pläne der öffentlichen Wasserversorgung, § 8 SächsWG a. F. . . . . . . . . 1. Inhaltliche Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Qualitätsorientierung der Pläne öffentlicher Wasserversorgung . . . . 3. Vollzug der Pläne öffentlicher Wasserversorgung. . . . . . . . . . . . . . . . .

§ 13 Die europarechtlichen Qualitätsziele und ihre Umsetzung vor Inkrafttreten der WRRL. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die nutzungsbezogenen Gewässerqualitätsrichtlinien der 70er Jahre: Die Rohwasser-, Bade-, Fisch- und Muschelgewässerrichtlinie . . . . . . . 1. Inhaltliche Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Durchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtssetzungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtliche Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Normvollzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Gewässerschutzrichtlinie 76/464/EWG und ihre Tochterrichtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der parallele Ansatz der Gewässerschutzrichtlinie. . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Tochterrichtlinien gem. Art. 6 I Gewässerschutzrichtlinie . . . . . 3. Die Durchführung der Gewässerschutzrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Kommunalabwasser-Richtlinie und die IVU-Richtlinie . . . . . . . . . . 1. Die Leitlinien des Frankfurter Ministerseminars als konzeptionelle Grundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Regelungsansatz der Kommunalabwasser-Richtlinie . . . . . . . . . . 3. Das Verhältnis von Emissionsgrenzwerten und Qualitätszielen in der IVU-Richtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Entstehungsgeschichte der IVU-Richtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vom parallelen zum kombinierten Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zur Umsetzung des kombinierten Ansatzes in deutsches Recht IV. Indirekter Grundwasserschutz durch stoff- und produktbezogene Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundwasserschutz durch die Nitratrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Qualitätsorientierte Vorgaben der Pflanzenschutzmittelrichtlinie . . . 3. Die grundwasserbezogenen Qualitätsziele der Biozid-Richtlinie . . .

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Inhaltsverzeichnis § 14 Sonstige Zielvorgaben und ihre Bedeutung im Verwaltungsvollzug . . . I. Nationale Zielvorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die LAWA-Zielvorgabe der biologischen Gewässergüteklasse II . . 2. Das Zielvorgaben-Konzept des Bund-Länder-Arbeitskreises „Qualitätsziele“ zum Schutz vor bestimmten gefährlichen Stoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gewässergüteanforderungen der Länder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Zieldiskussion im Bereich des Grundwasserschutzes . . . . . . . . . a) Das Qualitätsziel des anthropogen nahezu unbelasteten Zustands im vorsorgenden Grundwasserschutz . . . . . . . . . . . . . . . b) Grundwasserqualitätsziele im Rahmen von Sanierungsentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Internationale Zielvorgaben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zielvorgaben der IKSR. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zielvorgaben der IKSE. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Dritter Teil Möglichkeiten und Perspektiven des qualitätszielorientierten Regelungsansatzes der europäischen Wasserrahmenrichtlinie und seiner Umsetzung am Beispiel des Freistaates Sachsen § 15 Entstehungsgeschichte, Regelungsgehalt und territorialer Bezugsrahmen der Wasserrahmenrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Entstehungsprozess der WRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. „Flickenteppich“ der bestehenden Richtlinien und Reformbestrebungen auf dem Gebiet des Gewässerschutzrechts . . . . . . . . . . 2. Das Rechtssetzungsverfahren bis zum Inkrafttreten der WRRL. . . . II. Anwendungsbereich und Regelungsauftrag, Art. 1 WRRL. . . . . . . . . . . 1. Anwendungsbereich der WRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Hauptziele des Art. 1 WRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Übergangsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Bewirtschaftung nach Flussgebietseinheiten gem. Art. 3 WRRL 1. Einzugsgebiete und Flussgebietseinheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Koordination innerhalb der Flussgebietseinheiten . . . . . . . . . . . . 3. Auswirkungen auf die bundesstaatliche Verwaltungsstruktur . . . . . . a) Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern gem. Art. 30, 83 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schaffung einer verfassungswidrigen Mischverwaltung?. . . . . . . c) Zwischenländerkooperation und Demokratieprinzip . . . . . . . . . . . aa) Art des kooperativ betreuten Gegenstandes . . . . . . . . . . . . . . bb) Intensität der Bindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Vereinbarkeit mit den Kompetenzgrundsätzen des Europarechts . . .

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§ 16 Die Umweltziele des Art. 4 WRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Umweltziele für Oberflächengewässer, Art. 4 I a) WRRL . . . . . . . 1. Das Verschlechterungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Ziel des guten Gewässerzustands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Guter ökologischer Zustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gutes ökologisches Potenzial. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Künstliche und erheblich veränderte Wasserkörper. . . . . . . . bb) Umweltqualitätsziel eines „guten ökologischen Potenzials“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Spielräume bei der Ausweisung erheblich veränderter Gewässer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Guter chemischer Zustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Umweltziele für den Schutz des Grundwassers, Art. 4 I b) WRRL 1. Verschlechterungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Guter Grundwasserzustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Guter mengenmäßiger Zustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Guter chemischer Zustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Trendumkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Umweltziele für Schutzgebiete, Art. 4 I c) WRRL . . . . . . . . . . . . . . IV. Ausnahmeregelungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zeitliche Ausnahmen, Art. 4 IV WRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausnahmen aus Machbarkeits- und Kostengründen, Art. 4 V WRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ausnahmen bei vorübergehenden Verschlechterungen des Gewässerzustands, Art. 4 VI WRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ausnahmen auf Grund veränderter Umstände, Art. 4 VII WRRL . . 5. Allgemeine Grundsätze bei Ausnahmeregelungen, Art. 4 VIII und IX WRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Bewertung der Ausnahmetatbestände. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zur rechtlichen Tragweite der Umweltziele des Art. 4 WRRL . . . . . . . VI. Der kombinierte Ansatz gem. Art. 10 WRRL. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Emissionsorientierte Mindestanforderungen, Art. 10 II WRRL. . . . . a) Integration der bestehenden Einleitungsregelungen . . . . . . . . . . . . b) Emissionsnormen für prioritäre Stoffe, Art. 16 WRRL. . . . . . . . . c) Emissionsorientierte Anforderungen für weitere Stoffe?. . . . . . . . 2. Die geltenden Umweltqualitätsziele und ihr Verhältnis zu den Emissionsnormen, Art. 10 III WRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bewertung des kombinierten Ansatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Kombinierter Ansatz für das Grundwasser? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

346 346 346 347 348 352 352 355 358 361 363 363 364 365 365 369 372 373 373 375 376 377 377 378 380 382 382 383 383 385 386 387 390

§ 17 Das planungsrechtliche Instrumentarium zur Erreichung der Ziele des Art. 4 WRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391 I. Das Maßnahmenprogramm, Art. 11 WRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391 1. Grundlegende Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392

Inhaltsverzeichnis a) Maßnahmen zur Umsetzung europarechtlicher Wasserschutzvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kostendeckungsprinzip, effiziente und nachhaltige Wassernutzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Wassermengenbezogene Maßnahmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Maßnahmen gegen Einleitungen aus Punktquellen, diffusen Quellen und sonstige nachteilige Auswirkungen auf den Gewässerzustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Spezifische Maßnahmen zum Grundwasserschutz. . . . . . . . . . . . . f) Maßnahmen zur Vorsorge gegen Störfälle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ergänzende Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verschlechterungs- und Verlagerungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Bewirtschaftungsplan, Art. 13 WRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beschreibung des Ist-Zustands der Gewässer . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Liste der Umweltziele. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zusammenfassung der wirtschaftlichen Analyse des Wasserverbrauchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammenfassung der Maßnahmenprogramme . . . . . . . . . . . . . . . e) Zusammenfassung der Maßnahmen zur Öffentlichkeitsbeteiligung, Informationszugang, Liste der zuständigen Behörden . . 2. Detailliertere Programme und Bewirtschaftungspläne . . . . . . . . . . . . 3. Nationale und internationale Bewirtschaftungspläne. . . . . . . . . . . . . . 4. Öffentlichkeitsbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Funktion und Verhältnis von Maßnahmeprogramm und Bewirtschaftungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 18 Die rechtliche Umsetzung des qualitätsorientierten Regelungsansatzes der Wasserrahmenrichtlinie auf Bundesebene sowie am Beispiel des Freistaates Sachsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verfassungs- und europarechtliche Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Bewirtschaftungsziele, §§ 25a bis 25d, 33a, 32c WHG. . . . . . . . . . 1. Oberflächengewässer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ökologischer Zustand bzw. ökologisches Potenzial . . . . . . . . . . . b) Chemischer Zustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Grundwasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ausnahmeregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Kombinierter Ansatz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Das neue Planungsinstrumentarium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Maßnahmeprogramm, § 36 WHG n. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bewirtschaftungsplan, § 36b WHG n. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Maßnahmenprogramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bewirtschaftungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

392 393 394

394 395 395 396 397 398 398 398 399 400 401 402 402 403 404 406

408 409 411 412 414 417 418 420 421 424 424 428 430 432 436

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Inhaltsverzeichnis 4. Planungsermessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Öffentlichkeitsbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Aufhebung des Planungsinstrumentariums alten Rechts . . . . . . . . . . . 7. Detailliertere Programme und Teilbewirtschaftungspläne. . . . . . . . . . V. Der qualitätsorientierte Ansatz im System des deutschen Gewässerschutzrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

§ 19 Die verwaltungsorganisatorische Umsetzung des qualitätsorientierten Regelungsansatzes im föderalen System der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere im Freistaat Sachsen . . . . . I. Rechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verwaltungsorganisatorische Umsetzung am Beispiel der Flussgebietseinheit Elbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Internationale Koordinierungsgruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Nationale Koordinierung durch die Flussgebietsgemeinschaft Elbe a) Die Organe der Flussgebietsgemeinschaft Elbe . . . . . . . . . . . . . . . b) Koordinierung innerhalb der Flussgebietseinheit . . . . . . . . . . . . . . 3. Phasen des Koordinierungsprozesses innerhalb der Flussgebietseinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Durchführung der Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erstellung des Monitoringprogramms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erarbeitung des Bewirtschaftungsplans und Abstimmung der Maßnahmenprogramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verfassungs- und europarechtliche Bewertung der geschaffenen Verwaltungsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 20 Die Auswirkungen der qualitätsorientierten Vorgaben der WRRL auf die Gestattung von Gewässerbenutzungen, die Gewässerunterhaltung, den Gewässerausbau und die wasserrechtliche Anlagengenehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Wasserrechtliche Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Auslegung des § 6 I WHG im Rahmen der Genehmigungserteilung a) Konkretisierung des Wohls der Allgemeinheit durch die Bewirtschaftungsziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Einfluss des Maßnahmenprogramms als weitere Konkretisierungsstufe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Konsequenzen für das Gestattungsbewirtschaftungsermessen . . . d) Auswirkungen auf die wasserrechtliche Genehmigungspraxis. . . 2. Einschränkung der Gestattungsfreiheit von Gewässerbenutzungen . . 3. Konsequenzen für Auflagen, Benutzungsbedingungen und nachträgliche Revisionsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gewässerunterhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einfluss der Bewirtschaftungsziele. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bedeutung der Maßnahmenprogramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Auswirkungen auf die Unterhaltung von Bundeswasserstraßen . .

437 439 441 442 443

446 446 449 449 450 451 454 455 455 457 458 459

461 461 462 462 463 465 467 468 469 471 471 473 474

Inhaltsverzeichnis

19

III. Gewässerausbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einfluss der Bewirtschaftungsziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bedeutung der Maßnahmenprogramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Auswirkungen auf den Ausbau von Bundeswasserstraßen . . . . . IV. Anlagengenehmigung gem. § 91 SächsWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

475 475 476 477 477

§ 21 Die Integration der Umweltqualitätsziele des Art. 4 WRRL in andere Regelungsbereiche. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Naturschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gewässerbezogene Bestimmungen des Naturschutzrechts . . . . . . . . . 2. Überschneidungsbereiche von WRRL und Naturschutz . . . . . . . . . . . a) Biologische Qualitätskomponenten für Oberflächengewässer. . . b) Grundwasserabhängige Landökosysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Umweltziele in Schutzgebieten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Bedeutung der Umweltziele für den Schutz von Flussauen . . . II. Hochwasserschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtliche Regelungen des Hochwasserschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Überschneidungsbereiche von WRRL und Hochwasserschutz . . . . . a) Gemeinsame Zielrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zielkonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Landwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verursacherbeitrag und mögliche Abhilfemaßnahmen . . . . . . . . . . . . 2. Instrumente zur Implementierung der Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . 3. Integration der Maßnahmen in die Gemeinsame Agrarpolitik der EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Raumplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Raumordnungsklauseln der §§ 36 I 2 und 36b II 2 WHG n. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beachtenspflicht für die Ziele der Raumordnung . . . . . . . . . . . . . b) Berücksichtigungspflicht für die Grundsätze der Raumordnung c) Sonderstellung der Bewirtschaftungsziele im Rahmen raumplanerischer Zielfestlegung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Möglichkeiten und Grenzen der Raumplanung bei der Umsetzung der WRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

478 479 480 481 481 482 483 485 488 488 491 491 492 493 493 495 498 501 502 502 503 504 505

§ 22 Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 508 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 518 Sachwortregister. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 562

Abkürzungsverzeichnis a. A. a. a. O. ABl. Abs. AbwAG AcP Acta hydrochim. hydrobiol. a. E. a. F. AGA Alt. ANL AöR ARL Art. Aufl. Bd. BDI BImSchG BImSchV BLAK „QZ“ BMU BNatSchG BSeuchG BT-Drs. Buchst. BUND BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE BvL dass.

andere Ansicht am angeführten Ort Amtsblatt Absatz Abwasserabgabengesetz Archiv für die civilistische Praxis Acta hydrochimica et hydrobiologica am Ende alte Fassung Allgemeine Güteanforderungen Alternative Bayerische Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege Archiv des öffentlichen Rechts Akademie für Raumforschung und Landesplanung Artikel Auflage Band Bund Deutscher Industrie Bundes-Immissionsschutzgesetz Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes Bund-Länder-Arbeitskreis „Qualitätsziele“ Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Bundesnaturschutzgesetz Bundesseuchengesetz Bundestags-Drucksache Buchstabe Bund für Umwelt und Naturschutz Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Beschlussvorlage dasselbe

Abkürzungsverzeichnis ders. d. h. dies. DÖV DVBl. ebda. EGMR EGV et al. etc. EUDUR EuGH EuGRZ EuR EUV EUVV e.V. EWGV f., ff. FFH FGG Fn. GAP gem. GewArch. GG ggf. GMBl. gwf HbdStR HdUR h. M. Hrsg. hrsg. Hs. ICG-WFD i. e. S. IKSE IKSEV IKSR ILM

21

derselbe das heißt dieselbe(n) Die öffentliche Verwaltung Deutsches Verwaltungsblatt ebenda Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft et alii et cetera Handbuch zum europäischen und deutschen Umweltrecht Europäischer Gerichtshof Europäische Grundrechte Zeitschrift Europarecht Vertrag über die Europäische Union Europäischer Verfassungsvertrag eingetragener Verein Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft folgende Fauna Flora Habitat Flussgebietsgemeinschaft Fußnote Gemeinsame Agrarpolitik gemäß Gewerbearchiv Grundgesetz Gegebenenfalls Gemeinsames Ministerialblatt Gas- und Wasserfach (Zeitschrift) Handbuch des Staatsrechts Handwörterbuch des Umweltrechts herrschende Meinung Herausgeber herausgegeben Halbsatz International Coordination Group-Water Framework Directive im engeren Sinne Internationale Kommission zum Schutz der Elbe Vereinbarung über die IKSE Internationale Kommission zum Schutz des Rheins International Legal Materials

22 IRWE

Abkürzungsverzeichnis

Institut für das Recht der Wasser- und Entsorgungswirtschaft an der Universität Bonn i. S. im Sinne i. Ü. Im Übrigen i. V. m. in Verbindung mit IVU Integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung Jura Juristische Ausbildung JuS Juristische Schulung KA Korrespondenz Abwasser KOM Kommissionsdokument KritV Kritische Vierteljahreszeitschrift LABO Länderarbeitsgemeinschaft Boden LAWA Länderarbeitsgemeinschaft Wasser LEP Landesentwicklungsplan LfUG Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie LKV Landes- und Kommunalverwaltung LMBG Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz LT-Drs. Landtagsdrucksache m. w. N. mit weiteren Nachweisen NJW Neue Juristische Wochenschrift NNA Alfred Toepfer Akademie für Naturschutz Nr. Nummer NRW Nordrhein-Westfalen NuR Natur und Recht NVwZ Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht o. g. oben genannt OVG Oberverwaltungsgericht PflSchG Pflanzenschutzgesetz RdWWi Recht der Wasserwirtschaft Rn. Randnummer ROG Raumordnungsgesetz Rs. Rechtssache S. Seite, Satz s. siehe SächsBadegewV Sächsische Badegewässerverordnung SächsFischG Sächsisches Fischereigesetz SächsFischGewV Sächsische Fischgewässerverordnung SächsGewVVO Sächsische Gewässerverschmutzungsverringerungsverordnung SächsGVBl. Sächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt SächsLPlG Sächsisches Landesplanungsgesetz SächsNatSchG Sächsisches Naturschutzgesetz

Abkürzungsverzeichnis SächsSchAVO SächsTWGewV SächsVBl. SächsWG SächsWRRLVO Slg. SMI SMU SMUL s. o. sog. Sp. Spstr. SRU StWuStP s. u. SUP TOP TrinkwV Tz. u. a. UBA UGB UGB-KomE UPR UTR u. U. UVP UVPG UVPVwV v. v. a. VBlBW Verw. VerwArch vgl. Vorbem. VVDStRL VV FGG Elbe

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Sächsische Schutz- und Ausgleichsverordnung Sächsische Trinkwassergewinnungsverordnung Sächsische Verwaltungsblätter Sächsisches Wassergesetz Sächsische Wasserrahmenrichtlinienverordnung Sammlung (der Rechtsprechung des EuGH) Sächsisches Staatsministerium des Innern Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landesentwicklung Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft siehe oben sogenannt Spalte Spiegelstrich Rat von Sachverständigen für Umweltfragen Staatswissenschaft und Staatspraxis siehe unten Strategische Umweltprüfung Tagesordnungspunkt Trinkwasserverordnung Teilziffer unter anderem Umweltbundesamt Umweltgesetzbuch Kommissionsentwurf für ein Umweltgesetzbuch Umwelt- und Planungsrecht Umwelt- und Technikrecht unter Umständen Umweltverträglichkeitsprüfung Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung UVP-Verwaltungsvorschrift von vor allem Verwaltungsblätter Baden-Württemberg Die Verwaltung (Zeitschrift für Verwaltungswissenschaft) Verwaltungsarchiv vergleiche Vorbemerkung Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Verwaltungsvereinbarung über die Gründung einer Flussgebietsgemeinschaft für den deutschen Teil des Elbeinzugsgebietes Elbe

24 WasserZuVO WaStrG WFD WHG WiVerw WRRL WuA WuB wwt awt

Abkürzungsverzeichnis

ZAU z. B. ZfW Ziff. zit. ZRP z. T. ZUR z. Z.

Wasserzuständigkeitsverordnung Bundeswasserstraßengesetz Water Framework Directive Wasserhaushaltsgesetz Wirtschaft und Verwaltung Wasserrahmenrichtlinie Wasser und Abfall Wasser und Boden Wasserwirtschaft Wassertechnik mit Abwassertechnik (Zeitschrift) Zeitschrift für angewandte Umweltforschung Zum Beispiel Zeitschrift für Wasserrecht Ziffer zitiert Zeitschrift für Rechtspolitik zum Teil Zeitschrift für Umweltrecht zur Zeit

μg/l

Mikrogramm pro Liter

§ 1 Einleitung I. Gegenstand der Arbeit Die Auseinandersetzung mit umweltbezogenen Zielen ist schon seit geraumer Zeit Gegenstand politischer und fachlicher Diskussion. So hat die Bundesregierung bereits im Jahr 1986 in ihren „Leitlinien Umweltvorsorge“ nicht ohne Grund betont, dass die Festlegung von Emissionswerten allein nicht ausreicht, um Mensch und Umwelt wirksam zu schützen, sondern durch konkrete Umweltqualitätsziele ergänzt werden muss1. Auch der Sachverständigenrat für Umweltfragen stellt seit Mitte der 80er Jahre in verschiedenen Umweltgutachten die Notwendigkeit einer stärkeren Orientierung an Umweltqualitätszielen hinsichtlich aller Funktionen der Umwelt heraus2. Daraus hat sich eine Umweltqualitätszieldiskussion entwickelt, die im Zusammenhang mit dem Leitbild nachhaltiger Entwicklung und qualitätsbezogenen Vorgaben des Europarechts erheblichen Einfluss auf Umweltschutz und Umweltrecht genommen hat. In der Tat lässt sich die zunehmende Diskussion über Umweltqualitätsziele maßgeblich mit den Defiziten des emissions- und störungsquellenorientierten Umweltrechts erklären3. Zwar wurden mit den hiermit verbundenen einzelstoffbezogenen Grenzwertfestlegungen4 vor allem im Bereich der sichtbaren Umweltschäden nicht unerhebliche Verbesserungen erzielt, jedoch konnten diese nicht verhindern, dass die Lebensgrundlagen von Natur und Mensch in den letzten Jahrzehnten in wichtigen Bereichen erheblich bedroht worden sind. Dies ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass bei dem bisherigen Einsatz von Emissionsgrenzwerten Erfolge für den Zustand der Umwelt eher das Produkt einer Vielzahl lokaler, nicht aufeinander abgestimmter Handlungen und ihrer Wechselwirkungen als das Ergebnis einer vorausschauenden Pla1

Bundesregierung, Leitlinien Umweltvorsorge, S. 8. SRU, Umweltgutachten 1987 (Kurzfassung), Tz. 17; ders., Umweltgutachten 1994, Tz. 137; ders., Umweltgutachten 1998, Tz. 59 ff. 3 Köck, in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, 1997, S. 120; ders., ZUR 1997, S. 82 f.; Volkmann, DVBl. 1999, S. 583 f.; BMU (Hrsg.), UGB-KomE, 1998, S. 469. 4 Diese sind mit einem immer komplexer werdenden, stoffbezogenen gesetzlichen Regelwerk und einer aufwendigen Umwelttechnik verbunden, in der produktbezogene „end of pipe“-Maßnahmen dominieren; Bunke/Eberle/Grießhammer, Umweltziele statt Last-Minute-Umweltschutz, 1995, S. 9. 2

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§ 1 Einleitung

nung waren5. Zum Problem wird dieser Mangel an Koordination vor allem deshalb, weil sich verschiedene Umweltbelastungen in einem bestimmten Raum so summieren können, dass die Gefahrenschwelle für den Menschen oder andere ökologische Schutzgüter überschritten wird. Ein ausschließlich auf Emissionsgrenzwerten basierendes Konzept vermag in diesem Fall nur dafür zu sorgen, dass sich jeder einzelne Emittent an die vorgegebenen Grenzwerte hält, aber aus sich heraus keine ausreichende Gewähr dafür zu bieten, dass die vielen Einzelbelastungen insgesamt zu einer nicht mehr tragbaren Belastung führen6. Die beschriebenen Defizite des emissionsseitig ausgerichteten Umweltschutzes machen sich in verschiedenen Umweltbereichen, vor allem aber im Gewässerschutz bemerkbar. Wasser stellt eine erneuerbare, zugleich jedoch begrenzte Ressource dar, der bei falschem Verhalten irreversible Schädigungen zugefügt werden können. Wie kein anderer Stoff ist dieses Medium in die vielfachen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und natürlichen Zusammenhänge eingebunden7. Vor allem aber ist Wasser Lebensvoraussetzung für alle Lebewesen als einzelne Individuen, ebenso wie es auch die Ökosysteme und Biotope insgesamt prägt. Dabei kommt ihm nicht nur in der natürlichen Umwelt, sondern auch in Bezug auf dessen Nutzung durch den Menschen ein multifunktionaler Charakter zu8. Zugleich haben die vielfältigen Nutzungen wie Wasserentnahme, Abwassereinleitungen, Fischerei, Schifffahrt, Energiegewinnung und Badebetrieb die Wasserbeschaffenheit und -struktur an vielen Stellen nachteilig verändert. Wenn auch drastische, offensichtliche Schäden an den Gewässern – wie z. B. das Auftreten von Fischsterben – stark abgenommen haben und die Schadstoffbelastung der meisten Fließgewässer in Deutschland durch die Anwendung des Standes der Technik bei der Abwasserreinigung und -vermeidung deutlich reduziert werden konnte, kann das Ergebnis nicht zufrieden stellen9. Denn die Gewässer werden nicht nur über kommunale und industrielle punktförmige Einleitungen, sondern auch über diffuse Einträge, wie z. B. Abschwemmungen aus der Landwirtschaft und atmosphärische Einträge erheblich belastet, bei deren Bekämpfung in der Bundesrepublik Deutschland noch ein erheblicher Nachholbedarf besteht10. So waren beispielsweise im Zeitraum von 5

Volkmann, DVBl. 1999, S. 583. BMU (Hrsg.), UGB-KomE, 1998, S. 469; Appel, DVBl. 1995, S. 402 f. 7 Kahlenborn/Kraemer, Nachhaltige Wasserwirtschaft in Deutschland, 1999, S. 1 f. 8 Kahlenborn/Kraemer, Nachhaltige Wasserwirtschaft in Deutschland, 1999, S. 2. 9 Claussen et al., Umweltqualitäts- und Umwelthandlungsziele im Gewässerschutz, 1996, S. 4; Schudoma, Umweltqualitätsziele für gefährliche Stoffe in Gewässern, 2000, S. 2. 10 Knopp, in: Erbguth (Hrsg.), Änderungsbedarf im Wasserrecht, 2003, S. 31; Irmer, ebda., S. 55. 6

§ 1 Einleitung

27

1993 bis 1997 gebietsabhängig zwischen 42 und 85% der Stickstoffeinträge in die Gewässer Deutschlands auf diffuse Stoffeinträge aus agrarischer Landnutzung zurückzuführen11. In Abhängigkeit vom Grad der Industrialisierung und Urbanisierung besteht zudem das Problem einer Addition der Restfrachten von Einleitern mit Einträgen über Produkte und andere diffuse Quellen zu einer erheblichen Gewässerbelastung12. Auch Stoffeinträge durch grenzüberschreitende Gewässer, die nicht allein national bewertet werden können, sind als Ursache für Gewässerverschmutzungen zu nennen13. Schließlich bestehen an vielen Gewässern nachteilige Veränderungen im Bereich der Gewässerstruktur, wogegen der emissionsorientierte Umweltschutz ebenfalls keine Handhabe bietet. Als ein Ausweg aus dieser Situation wird die Orientierung an verbindlichen Umweltqualitätszielen, d. h. bestimmten vorgegebenen, sachlich, räumlich und ggf. zeitlich definierten Qualitäten von Ressourcen, Potenzialen oder Funktionen der Umwelt gesehen, bei deren drohender Überschreitung weitere Nutzungen verhindert oder vorhandene Nutzungen eingeschränkt werden müssen14. Allerdings fragt sich, ob und inwieweit die auf ein bestimmtes Niveau der Gewässergüte ausgerichteten Umweltqualitätsziele tatsächlich geeignet sind, den bestehenden Defiziten im Gewässerschutz zu begegnen. Diese Frage ist insofern von großem Gewicht, als Art. 4 der im Jahr 2000 in Kraft getretenen europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)15 verbindliche „Umweltziele“ mitsamt dem zur Zielerreichung dienenden bewirtschaftungsrechtlichen Instrumentarium normiert. Gegenstand der vorliegenden Arbeit wird es deshalb sein, das Konzept der Umweltqualitätsziele einschließlich seiner Umsetzung zu analysieren und beispielhaft auf seine Leistungsfähigkeit im Gewässerschutz zu untersuchen. Den hierbei auftretenden Problemen soll aus europa-, verfassungs- und verwaltungsrechtlicher Sicht nachgegangen werden. Da sich die Umsetzung der Ziele des Art. 4 WRRL wegen der gem. Art. 75 I Nr. 4 GG a. F. bestehenden Rahmenkompetenz in Deutschland in der Hand zweier verschiedener Hoheitsträger – nämlich der des Bundes und der Länder – befindet, kommt es dabei nicht nur auf die bundes-, sondern auch auf die landes11 Quast et al., in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 181. 12 Schudoma, Umweltqualitätsziele für gefährliche Stoffe in Gewässern, 2000, S. 2. 13 Claussen et al., Umweltqualitäts- und Umwelthandlungsziele im Gewässerschutz, 1996, S. 9. 14 Volkmann, DVBl. 1999, S. 583; BMU (Hrsg.), UGB-KomE, 1998, S. 469. 15 Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik, ABl. 2000, L 327, S. 1 ff.

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gesetzliche Ebene an. Die sich auf Länderebene stellenden Rechtsfragen sollen beispielhaft für das Gewässerschutzrecht im Freistaat Sachsen untersucht werden. Darüber hinaus ist aber auch ein Ertrag für die anderen Bundesländer angestrebt. In Bezug auf Sachsen ergeben sich allerdings zwei Besonderheiten: Zum einen besteht hier angesichts des internationalen Charakters der Elbe in ganz besonderem Maße das Problem grenzüberschreitenden Stoffeintrages. Zum anderen stellen sich nicht zuletzt infolge der Flutkatastrophe aus dem Jahre 2002 Fragen im Überschneidungsbereich von Hochwasser- und Gewässerschutz, die ebenfalls besonderer Aufmerksamkeit bedürfen. Aus der bereits angesprochenen Multifunktionalität des Wassers und dem damit zusammenhängenden engen Beziehungsgeflecht der Vielzahl von Nutzungen ergibt sich zugleich, dass die Umweltziele der WRRL auf verschiedene Politikbereiche ausstrahlen und von diesen ihrerseits beeinflusst werden. In dem hierdurch entstehenden Spannungsfeld von Recht, Politik und Wirtschaft werden in besonderem Maße die Abwägungsspielräume, die den Ländern, insbesondere dem Freistaat Sachsen, bei der Festlegung und Umsetzung der Umweltziele gem. Art. 4 WRRL zustehen, auszuloten sein. Diese Fragen sind insofern von ganz besonderer Aktualität, als der Umsetzungsprozess noch in vollem Gange ist. Angesichts der gesetzten Fristen konnten die rechtliche Umsetzung, d. h. der Erlass der notwendigen Rechtsvorschriften, sowie die Bestandsaufnahme der Gewässer zwar inzwischen weitgehend abgeschlossen werden. Die Durchführung des Gewässermonitorings, die Aufstellung und Umsetzung der Bewirtschaftungspläne und Maßnahmeprogramme, die Information und Anhörung der Öffentlichkeit sowie die Erreichung der Ziele gem. Art. 4 WRRL selbst, die für das Jahr 2015 avisiert ist, werden indes noch viele Jahre in Anspruch nehmen und eine ganze Reihe auch von weiteren rechtlichen Fragen aufwerfen. Die Umsetzung der Ziele der Wasserrahmenrichtlinie ist demnach als ein durchaus offener Prozess anzusehen, der bislang ohne Beispiel ist und über lange Zeit intensiver juristischen Begleitung bedarf.

II. Zielsetzung Ziel der Arbeit ist es nach all dem, aus europa-, verfassungs- und verwaltungsrechtlicher Sicht einen Beitrag zur Optimierung des Gewässerschutzes zu leisten. Dabei ergeben sich mehrere Teilziele. Erstens sollen Begriff und Funktion von Umweltqualitätszielen aus rechtlicher Sicht geklärt werden. Zweitens ist der Frage nachzugehen, welche Neuerungen der qualitätszielorientierte Ansatz des Art. 4 WRRL im System des europäischen Gewässerschutzes enthält. Drittens wird zu analysieren sein, inwieweit sich der ganz-

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heitliche, an Gewässereinzugsgebieten ausgerichtete Systemansatz der WRRL in das föderal organisierte Gewässerschutzrecht der Bundesrepublik Deutschland umsetzen lässt. Viertens ist auszuloten, wie sich der qualitätsorientierte Ansatz der WRRL auf andere Politikbereiche auswirkt und inwieweit deren Belange im Rahmen der Umsetzung Berücksichtigung finden. Daraus sollen fünftens die Chancen und Möglichkeiten der Ausrichtung des Umweltrechts an Umweltqualitätszielen für einen nachhaltigen Gewässerschutz abgeleitet werden.

III. Methode 1. Interdisziplinärer und integrativer Ansatz Angesichts der Vielzahl der beteiligten Disziplinen lässt sich eine auf Umweltqualitätsziele im Gewässerschutzrecht bezogene Untersuchung nur mehrperspektivisch durchführen16. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der hier zu untersuchende Problemkreis die Interaktion von Mensch und Umwelt im politischen, wirtschaftlichen und ökologischen Kontext betrifft, die Gegenstand verschiedener Wissenschaftsbereiche ist. So liefern beispielsweise die Wirtschaftswissenschaften die Grundlage für Kosten-Nutzen-Erwägungen, die nicht von ungefähr in der WRRL angesprochen und im Rahmen von Abwägungsentscheidungen zu berücksichtigen sind. Zugleich sind die Umweltziele der WRRL – insbesondere was die nähere Bestimmung der ökologischen Belastungsgrenzen betrifft – aber auch Gegenstand der Natur- und Umweltwissenschaften, die als Grundlage für ihre Formulierung dienen und zugleich für ihre Handhabung bedeutsam sind17. In diesem Kontext ist es Aufgabe des Juristen, die beteiligten unterschiedlichen Disziplinen im Auge zu behalten, um sie auf ihren Beitrag zur rechtlichen Bestimmung der Umweltqualitätsziele zu befragen. Dies gilt umso mehr, als die Erreichung der Ziele auf Grund des bestehenden engen Beziehungs- und Wirkungsgefüges zwischen Wasser, Boden, Luft und Lebewesen auch von den gewässerübergreifenden Auswirkungen anderer, nicht unmittelbar gewässerbezogener Tätigkeiten wie beispielsweise dem Naturschutz und der 16 Hierzu Schulte, in: Aarnio/Paulsen/Weinberger/v. Wright/Wyduckel (Hrsg.), Rechtsnorm und Rechtswirklichkeit, 1993, S. 325 f.; ders., in: Atienza/Pattaro/ Schulte/Topornin/Wyduckel (Hrsg.), Theorie des Rechts und der Gesellschaft, 2003, S. 768. 17 Die hier gewonnenen Erkenntnisse haben nicht nur Auswirkungen auf die Konkretisierung und Quantifizierung der Umweltqualitätsziele, sondern auch auf die Festlegung von räumlichen und zeitlichen Bedingungen sowie deren Mess- und Berechnungsverfahren; Breuer, in: ders. (Hrsg.), Regelungsmaß und Steuerungskraft des Umweltrechts, 2000, S. 34 f.

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landwirtschaftlichen Nutzung abhängig ist. Insofern erfordert die Umsetzung der WRRL nicht nur einen interdisziplinären, sondern zugleich auch einen ganzheitlich-integrativen Untersuchungsansatz, der sich nicht auf monokausale Regelungen beschränkt, sondern an zahlreichen, sehr unterschiedlichen Belastungsursachen ansetzt, um das Ziel eines nachhaltigen Gewässerschutzes zu erreichen. 2. Konditionale und finale Steuerung Aus rechtlicher Perspektive ist für die vorliegende Themenstellung bedeutsam, dass umweltqualitätszielbezogene Normen – und so auch die Vorgaben der europäischen Wasserrahmenrichtlinie – von der herkömmlichen konditionalen Normstruktur des deutschen Umweltrechts abweichen. So sind die meisten in Deutschland geltenden – vor allem emissionsorientierten – Verwaltungsrechtsnormen nach dem Wenn-Dann-Schema aufgebaut, enthalten also einen Tatbestand, der eine Rechtsfolge auslöst, sofern die Voraussetzungen des Tatbestandes vorliegen (Konditionalprogramme). Sie stehen im Gegensatz zu einem auf die Erreichung und Einhaltung von Umweltqualitätszielen ausgerichteten Umweltrecht, das final, d. h. zielorientiert programmiert ist18. Zwar könnte die Bezeichnung Wasserrahmenrichtlinie die Vorstellung erwecken, die Richtlinie enthalte – ähnlich wie das deutsche Gewässerschutzrecht – einen normativen Systemrahmen mit ordnungsrechtlichen, konditionalen Voraussetzungen für Gewässerbenutzungen, andere gewässerrelevante Handlungen und Anlagen sowie für behördliche Kontrollen, Gestattungen und Eingriffe. Tatsächlich zielt die Richtlinie aber auf ein europaweites, final ausgerichtetes Wasserwirtschaftssystem19, das die genaue Festlegung und die Erreichung der Ziele im Wesentlichen der Exekutive in den Mitgliedstaaten überlässt. Zwar werden der Verwaltung bestimmte Instrumente (z. B. Pläne und Programme) an die Hand gegeben, mit deren Hilfe die angestrebten Ziele zu erreichen sind. Diese eröffnen aber deutlich größere Spielräume als eine abstrakt generelle Vorwegprogrammierung nach dem Wenn-Dann-Schema. Diese Spielräume gilt es im Einzelnen auszuloten. 3. Emissions- und Immissionsprinzip Umweltqualitätsziele können auch im Gewässerschutzrecht nicht ohne Bezug zu den beiden Regelungsstrategien verstanden werden, wie sie im 18 Breuer, in: IRWE/Umweltministerium NRW (Hrsg.), Umweltschutz im Widerstreit differierender Konzepte, 2000, S. 53 ff. 19 Breuer, in: Kloepfer (Hrsg.), Umweltföderalismus, 2002, S. 425.

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Immissions- und Emissionsprinzip ihren Ausdruck gefunden haben. Eine an Immissionen orientierte Regelungsmethode macht den Umfang der erforderlichen Emissionsbegrenzungsmaßnahmen davon abhängig, dass die Erreichung eines vorab bestimmten immissionsseitigen Zielzustandes in Bezug auf die Umweltqualität gewährleistet ist, weswegen sie auch als qualitätsorientiert bezeichnet wird. Sie steht im Gegensatz zum emissionsorientierten Konzept quellenbezogener Schadstoffminimierung, das die erforderlichen Emissionsbegrenzungsmaßnahmen unabhängig von der Erreichung eines bestimmten Zielzustandes der Umwelt festlegt. Die Funktion von Umweltqualitätszielen ist im Rahmen der immissionsbezogenen Regelungsstrategie vor allem darin zu sehen, dass die erforderlichen Emissionsbegrenzungsmaßnahmen von dem angestrebten Reinheits- oder Verschmutzungsgrad des betroffenen Umweltmediums abhängig gemacht werden. Damit scheint mit dem Qualitätszielansatz eine gewisse „Output-Orientiertheit“20 verbunden, die durchaus auf eine Optimierung des Umweltschutzes hindeutet. Die Umsetzung der Umweltziele des Art. 4 WRRL stellt nun insofern eine Herausforderung dar, als das deutsche Gewässerschutzrecht bislang durch das Emissionsprinzip beherrscht wurde21. Im Rahmen der Arbeit wird deshalb zentrales Augenmerk darauf zu legen sein, wie der zielbezogene Ansatz in das bestehende Gewässerschutzrecht transformiert und integriert werden kann. 4. Die Umweltqualitätsziele des Art. 4 WRRL als „neuer Systemansatz“ Die finale und immissionsbezogene Ausgestaltung des Art. 4 WRRL ist Teil eines größeren Zusammenhangs, der als „neuer Systemansatz“ des europäischen Umweltrechts bezeichnet wird22. Dieser wird geprägt durch verbindliche Zielvorgaben, eine ganzheitliche, integrierte Betrachtungsweise, die Offenheit gegenüber Einzelbetrachtungen und Ermessenstatbeständen, das Absehen von gebundenen Ansprüchen sowie ein hohes Maß an Verfahrensorientiertheit23. An das deutsche Verwaltungsrecht, das durch eine über20

Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 66; Faßbender, NVwZ 2001, S. 241/249. 21 Danach hängt beispielweise die in der Praxis äußerst relevante Erlaubniserteilung für das Einleiten von Abwasser in erster Linie davon ab, ob bestimmte emissionsbezogene Mindestanforderungen an die Gewässerbeschaffenheit des Abwassers eingehalten sind. 22 Wahl, in: Gesellschaft für Umweltrecht (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, 2001, S. 245; Hentschel, Die europäische Wasserrahmenrichtlinie, 2005, S. 1 ff. 23 Wahl, in: Gesellschaft für Umweltrecht (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, 2001, S. 245 f.; Berendes, in: Bohne (Hrsg.), Ansätze zur Kodifikation des Umweltrechts in der Europäischen Union, 2005, S. 19 f.

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wiegend konditionale Normstruktur mit rechtlicher Bindung des Verwaltungsverfahrens und grundsätzlicher Letztentscheidung der Gerichte, eine starke Kontrollverantwortung der Verwaltungsbehörden mit den klassischen Instrumenten der Eröffnungs- und Befolgungskontrolle, die Orientierung an Emissionsgrenzwerten und eine traditionellen Scheu vor zu weitgehenden Ermessens- und Beurteilungsspielräumen charakterisiert ist, werden damit eine ausdrückliche Zielbezogenheit, finale (Norm-)Strukturen, ein zumindest partielles Ausweichen auf weichere Standards und teilweise erhebliche Umsetzungsspielräume herangetragen24. Die Frage, wie der „neue Systemansatz“ in das bestehende deutsche Gewässerschutzrecht eingefügt werden kann, stellt deshalb eine zentrale Aufgabe der vorliegenden Arbeit dar. Insoweit wird es maßgeblich darauf ankommen, sowohl die Umsetzung der Ziele des Art. 4 WRRL als auch ihre rechtsinstrumentelle Steuerung dogmatisch aufzufangen und aufzuarbeiten.

IV. Stand der Forschung Das Thema Umweltqualitätsziele wird in verschiedenen Disziplinen jeweils in unterschiedlichen Kontexten behandelt25. Auch im Bereich der Rechtswissenschaft sind inzwischen eine Reihe von Veröffentlichungen zu diesem Problemkreis erschienen26. Dabei besteht unter Juristen – soweit sie sich dem Thema in einem allgemeineren Zugriff nähern – weitgehende Einigkeit darüber, dass es sich bei der Orientierung an Umweltqualitätszielen um ein in der Entwicklung begriffenes Konzept handelt und die hierüber geführte Debatte noch am Anfang steht27. So stellt Eckard Rehbinder in seinem Referat auf der 20. Fachtagung der Gesellschaft für Umweltrecht fest, dass die Akzentverlagerung hin zu Umweltqualitäts- und Umwelthandlungszielen gegenwärtig noch mehr Fragen offen lasse, als sie Antworten bereithalte28. Christian Calliess spricht von einem variantenreichen Thema, das „beileibe noch nicht ausgelotet“ sei29. Uwe Volkmann prognostiziert in einer Zwischenbilanz, dass „noch einiges zu tun bleibe“, bevor das „anspruchsvolle Programm“ der Formulierung von Umweltqualitätszielen und 24

Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, 2005, S. 512. Vgl. etwa für die Politikwissenschaft Sandhövel, in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, 1997, S. 25 ff. und Jänicke/Jörgens (Hrsg.), Umweltplanung im internationalen Vergleich, 2000. Im Bereich der Umweltgeowissenschaften wurde u. a. von der Gesellschaft für UmweltGeowissenschaften der Band „Umweltqualitätsziele“ herausgegeben. 26 Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, 1997. 27 Sanden, Umweltrecht, 1999, S. 100. 28 Rehbinder, NuR 1997, S. 328. 29 Calliess, Rechtsstaat und Umweltstaat, 2001, S. 238, Fn. 430. 25

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ihrer Übersetzung in vollziehbare Handlungsanweisungen realisiert werden könne30. Die Haltung ist insoweit eher vorsichtig skeptisch31 und hat sich auch begrifflich-terminologisch noch nicht zu einer verbindlichen Annäherung verdichtet32. Was die funktionale Seite anbelangt, so beschäftigen sich die hierzu erschienenen Publikationen mit dem Thema aus zwei verschiedenen Perspektiven. Zum einen werden Umweltqualitätsziele als Strategie zur Umsetzung des Konzepts nachhaltiger Entwicklung betrachtet – so in der erst jüngst erschienenen Habilitationsschrift von Ivo Appel33, die den qualitätsorientierten Regelungsansatz der WRRL als Referenzmodell für die Ausprägung des Nachhaltigkeitsgrundsatzes im Umweltrecht versteht34. Zum anderen betrachtet man Umweltqualitätsziele im Verhältnis zum Konzept der Emissionsgrenzwerte, d. h. in ihrer Funktion als spezifische Regelungsmethode des Umweltrechts. Während Astrid Epiney dieses Verhältnis unter allgemein-umweltrechtlichem Aspekt erörtert35, Ivo Appel und Rainer Wahl die Problematik unter dem Blickwinkel des Vorsorgeprinzips behandeln36, geht Lutz Meinken das Thema am Beispiel des Anlagengenehmigungsrechts an37. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit werden beide Perspektiven eine Rolle spielen. Im Zentrum der Betrachtung steht allerdings die Frage, welche konkreten Auswirkungen Umweltqualitätsziele auf das deutsche Gewässerschutzrecht haben und welche Neuerungen die Umsetzung von Art. 4 WRRL insoweit mit sich bringt. Hierbei geht es um die spezifischen Rechtsprobleme der Umsetzung von Umweltqualitätszielen und ihre dogmatische Aufarbeitung. Diese Fragen wurden im Schrifttum bisher nur vereinzelt thematisiert. Zwar sind Umweltqualitätsziele auf europäischer Ebene im Zusammenhang mit den sog. Qualitäts- bzw. Immissionsrichtlinien bereits vor Inkrafttreten der WRRL behandelt worden38. Diese Richtlinien 30 Dabei sieht er sich noch nicht einmal zu einer eindeutigen Aussage imstande, ob sich die Anstrengung überhaupt lohnt; Volkmann, DVBl. 1999, S. 588. 31 So warnt Kahl vor einer Überbewertung der Leistungsfähigkeit des qualitätsorientierten Ansatzes; ders., in: Bauer/Czybulka/Kahl/Voßkuhle (Hrsg.), Umwelt, Wirtschaft und Recht, 2002, S. 145. 32 Volkmann, DVBl. 1999, S. 580; Rehbinder, NuR 1997, S. 313/314 f. Köck, ZUR 1997, S. 79 f. 33 Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, 2005. 34 Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, 2005, S. 454 ff.; hierzu schon ders., ZUR 2001, S. 132. 35 Epiney, in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, 1997, S. 79 ff. 36 Appel, DVBl. 1995, S. 399 ff.; Wahl/Appel, in: Wahl (Hrsg.), Prävention und Vorsorge, 1995, S. 192 ff. 37 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 107 ff.; S. 163 ff.; S. 195 ff.

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verfolgen allerdings – im Gegensatz zum ökologisch ausgerichteten Qualitätszielansatz der WRRL – nur einzelne, sektorale Nutzungsziele. Damit blieben die Auswirkungen auf das Gewässerschutzrecht gering, ebenso wie sie auch im Schrifttum nur eine begrenzte Beachtung fanden. Mit dem Inkrafttreten der WRRL sind inzwischen zwar eine Reihe von Publikationen erschienen, die u. a. auch auf die in Art. 4 WRRL als „Umweltziele“ bezeichneten Umweltqualitätsziele eingehen39. Die mit der Umsetzung der Ziele in das deutsche Gewässerschutzrecht zusammenhängenden rechtlichen Fragen sind im Schrifttum allerdings erst allmählich in den Blick gekommen40. Soweit dies der Fall ist, werden die Erfolgsaussichten äußerst kontrovers diskutiert. So begrüßt Rüdiger Breuer zwar die Ausrichtung des Gewässerschutzes an Umweltqualitätszielen41, betrachtet aber das Aufeinandertreffen der unterschiedlichen Systemansätze mit Skepsis und macht die Gefahr einer Verdrängung der bewährten Emissionsgrenzwerte sowie einer damit verbundenen Absenkung des Schutzniveaus geltend42. Rainer Wahl empfindet demgegenüber das deutsche Umweltrecht in seiner dogmatischen Struktur nicht in der Weise über jeden Zweifel erhaben, dass die Neuerungen auf der Basis anderer Rechtsordnungen im Zuge der Europäisierung nicht durchaus auch als positiv und begrüßenswert erscheinen könnten43. Ivo Appel schließlich begreift den zielbezogenen und ganzheitlichen Ansatz der WRRL durchaus als „Chance für die deutsche Wasserwirtschaft“, räumt aber ein, dass die Mitgliedstaaten eine hohe Anpassungsleistung erbringen müssten, wobei der Erfolg im Sinne eines gleichbleibenden oder verbesserten Zustands der Gewässerqualität nicht ohne weiteres garantiert sei44. Dabei schätzt man die Spielräume, die den Bundesländern bei der Festlegung und Umsetzung der Umweltziele gem. Art. 4 WRRL zustehen, sehr unterschiedlich ein45. Meist steht das Spannungsverhältnis zwischen dem an Gewässergebieten orientierten Ansatz der WRRL und dem 38 Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 26; Veh/Knopp, Gewässerschutz nach EG-Recht, 1995, S. 13 f.; Epiney, Umweltrecht in der Europäischen Union, 2005, S. 266 ff.; Breuer, WiVerw 1990, S. 89 ff.; ders., DVBl. 1997, S. 1212. 39 Schmalholz, ZfW 2001, S. 71 ff.; Ruchay, ZUR 2001, S. 117 f. 40 Knopp, ZfW 2003, S. 1 ff.; ders., ZUR 2001, S. 372 ff.; Breuer, in: Kloepfer (Hrsg.), Umweltföderalismus, 2002, S. 403 ff. Ausführlich zu den Auswirkungen des Art. 4 WRRL auf das wasserrechtliche Bewirtschaftungsermessen nunmehr Hasche, Das neue Bewirtschaftungsermessen im Wasserrecht, 2005, S. 103 ff. 41 Breuer, in: ders. (Hrsg.), Regelungsmaß und Steuerungskraft des Umweltrechts, 2000, S. 54. 42 Breuer, NuR 2000, S. 541/548 f. 43 Wahl, in: Gesellschaft für Umweltrecht (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, 2001, S. 257. 44 Appel, ZUR 2001, S. 137.

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föderalen System der Bundesrepublik Deutschland im Vordergrund der Betrachtung46. Über die rechtliche Umsetzung der WRRL im Freistaat Sachsen ist bislang – soweit ersichtlich – einschlägige Literatur so gut wie nicht vorhanden. Es besteht also Anlass, der Bedeutung der Umweltqualitätsziele im Gewässerschutzrecht nachzugehen und so eine bestehende Lücke im Schrifttum zu schließen.

V. Gang der Untersuchung Die Arbeit widmet sich der gestellten Problematik in drei großen Problemkreisen. Der erste Teil befasst sich aus rechtlicher Perspektive mit Begriff, Einordnung und Funktion von Umweltqualitätszielen. Im zweiten Teil geht es im Wege einer Bestandsaufnahme um die Klärung der Frage, ob und inwieweit Umweltqualitätsziele auf Europa-, Bundes- und Landesebene im Gewässerschutzrecht bisher praktisch geworden sind, um daraus Anknüpfungspunkte und Vorgaben für die Umsetzung künftiger Umweltqualitätsziele in diesem Bereich zu gewinnen. Der dritte Teil schließlich nimmt den qualitätsorientierten Regelungsansatz des Art. 4 WRRL und seine Umsetzung im föderalen System der Bundesrepublik Deutschland in den Blick. Im ersten Teil wird zunächst eine eingehende begriffliche Klärung dessen erfolgen, was mit Umweltqualitätszielen einschließlich ihrer Genese gemeint ist. In diesem Rahmen kommen die Rolle und das Verständnis von Umweltqualitätszielen in den verschiedenen Disziplinen und ihre Einordnung in das rechtliche Spektrum zur Sprache. Besonderes Augenmerk wird dabei auf den engen Zusammenhang von Umweltqualitätszielen mit dem Grundsatz der Nachhaltigkeit und dem Konzept einer strategischen Umweltplanung gelegt. Im Mittelpunkt des ersten Teils steht sodann die Frage nach der Verrechtlichung von Umweltqualitätszielen als Strategie für einen nachhaltigen Gewässerschutz. In diesem Rahmen sind Begriff und Funktion von Umweltqualitätszielen aus rechtlicher Sicht zu untersuchen, wobei zum einen insbesondere auf die Besonderheiten finaler Normprogrammierung, zum anderen auf die Rolle von Umweltqualitätszielen im Spannungsfeld zwischen dem Immissions- und dem Emissionsprinzip einzugehen sein wird. Einen weiteren Schwerpunkt des ersten Teils bildet die Frage, welche verfassungs- und europarechtlichen Rahmenbedingungen für eine Ausrich45

Von einem großen Umsetzungsspielraum geht beispielsweise Schmalholz, ZfW 2001, S. 79, 81, 84, 86 aus. Skeptisch insoweit Breuer, in: Kloepfer (Hrsg.), Umweltföderalismus, 2002, S. 438. 46 s. zu diesem Problemkreis Kloepfer (Hrsg.), Umweltföderalismus, 2002, und darin insbesondere Breuer, der in der WRRL ein „Trojanisches Pferd“ im föderalistischen Staatsaufbau der Bundesrepublik Deutschland erblickt, S. 438 f.

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tung des Umweltrechts an Umweltqualitätszielen bestehen. Dabei sind die einschlägigen Bestimmungen des deutschen und sächsischen Verfassungsrechts sowie des europäischen Primärrechts zum einen daraufhin zu untersuchen, ob sie die Festlegung qualitätsorientierter Anforderungen positiv gebieten, zum anderen aber auch daraufhin, ob sie diesen entgegenstehen. Im zweiten Teil ist zunächst im Wege einer Bestandsaufnahme zu klären, in welchem Umfang Umweltqualitätsziele bereits im bisherigen Gewässerschutzrecht ihren Niederschlag gefunden haben. Diese Frage wird auf den unterschiedlichen Ebenen in Europa, Bund, Land und unter Einschluss der internationalen Implikationen erfolgen. Zu diesem Zweck ist der Blick zunächst auf den rechtsnormativen Rahmen des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) und des Sächsischen Wassergesetzes (SächsWG) zu lenken, um auszuloten, durch welche Gewässereinwirkungen die Qualität der Gewässer beeinträchtigt wird und inwieweit diesen im Rahmen der wasserrechtlichen Gestattungen bisher entgegengewirkt werden konnte. In diesem Kontext stellt sich auch die Frage, welche Impulse insoweit von dem alten Planungsinstrumentarium des WHG sowie des SächsWG ausgingen. Auf der Ebene des europäischen Sekundärrechts wirft vor allem der Bestand einer nicht unerheblichen Anzahl von qualitätszielorientierten Gewässerschutzrichtlinien die Frage auf, inwieweit diese bisher in Deutschland umgesetzt wurden und damit zu einer Qualitätsorientierung beigetragen haben. Schließlich wird der Frage nachgegangen, welche Rolle die rechtlich zunächst unverbindlichen Zielvorgaben nationaler und internationaler Gremien wie der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA)47 und der Internationalen Kommission zum Schutz der Elbe (IKSE) spielten und inwieweit diese mit den bisherigen nationalstaatlichen Maßnahmen koordiniert wurden. Der dritte Teil ist zentral der WRRL, ihrer Genese, ihrem rechtlichem Gehalt sowie ihrer Umsetzung gewidmet. Hier wird zunächst die Auseinandersetzung um die Einführung der Qualitätsziele im Rechtssetzungsverfahren beleuchtet, um sodann die Umweltziele des Art. 4 WRRL eingehend zu analysieren. Dabei sind auch die diesbezüglichen Ausnahmeregelungen besonders in den Blick zu nehmen. Weiterhin wird zu prüfen sein, wie das neue planungsrechtliche Instrumentarium der WRRL zur Umsetzung der Ziele ausgestaltet ist und welche Leistungsfähigkeit es aufweist. Sodann ist 47 Die Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) wurde im Jahre 1956 als „Zusammenschluss der für die Wasserwirtschaft und das Wasserrecht zuständigen Ministerien der Länder“ gebildet. Ziel der LAWA ist es, auftauchende Fragestellungen gemeinsam zu erörtern, Lösungen zu erarbeiten und Empfehlungen zur Umsetzung zu initiieren. Dabei werden auch aktuelle Fragen im nationalen, supranationalen und internationalen Bereich aufgenommen, auf breiter Basis diskutiert und die Ergebnisse bei den entsprechenden Organisationen eingebracht; http://www.lawa.de/ lawaroot/LAWA/index.html.

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die rechtliche Umsetzung des qualitätsorientierten Regelungsansatzes der WRRL auf Bundesebene und im Freistaat Sachsen zu untersuchen. Dabei kommt der Umsetzung des flusseinzugsgebietsbezogenen Ansatzes im föderalen System der Bundesrepublik Deutschland besonderes Augenmerk zu. Anschließend wird gefragt, welche rechtspraktischen Auswirkungen der qualitätsorientierte Regelungsansatz der WRRL auf die Gestattung von Gewässereinwirkungen sowie andere Regelungsbereiche wie etwa den Naturschutz und den Hochwasserschutz besitzt. Die Arbeit schließt mit der Zusammenfassung der Ergebnisse und einem Ausblick auf die zukünftige Bedeutung von Umweltqualitätszielen im Gewässerschutzrecht.

Erster Teil

Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion § 2 Terminologisch-begriffliche Klärung Um Leistungsfähigkeit, Probleme und Grenzen der Verwendung von Umweltqualitätszielen in Wissenschaft und Praxis näher beleuchten zu können, ist zunächst zu klären, was sich hinter diesem Terminus verbirgt. Umweltqualitätsziele sind Teil eines ganzen Bündels von Direktiven, Zwecken und Begriffen, die unter der aktuellen Debatte über die Qualitätsorientierung des Umweltrechts firmieren. Gleichbedeutend oder in ähnlichem Zusammenhang ist beispielsweise auch von Umweltzielen, Umweltqualitätskriterien, Umwelthandlungszielen, Umweltstandards, Umweltqualitätsstandards, Reduktionszielen, Umweltqualitätsnormen, Umweltindikatoren und anderem die Rede. Dabei werden die Begriffe in den verschiedenen Fachdisziplinen in sehr unterschiedlicher Weise benutzt. Für eine systematische Diskussion ist eine Präzisierung und Vereinheitlichung der Begrifflichkeiten jedoch unumgänglich. Um Licht in das bestehende „begriffliche und definitorische Dunkel“1 zu bringen, wird deshalb zunächst eine detaillierte terminologische Analyse des im Rahmen der vorliegenden Arbeit zentralen Begriffs des Umweltqualitätsziels erfolgen. Dabei erscheint es auch notwendig, die verschiedenen Blickwinkel der beteiligten Disziplinen aufzugreifen, um der interdisziplinären Natur des Forschungsgegenstandes gerecht zu werden.

I. Umwelt und Umweltqualität Zunächst stellt sich die Frage, was unter einem Umweltqualitätsziel aus nichtjuristischer Sicht zu verstehen ist. Da dieses zusammengesetzte Wort in den einschlägigen Lexika nicht auftaucht, ist es zu zunächst in seine Be1 So Sandhövel, in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, 1997, S. 30, der an dieser Stelle auch von einer „babylonischen Sprach- und Sinnverwirrung der verschiedenen Zielebenen“ spricht. Diese Ansicht teilen Fürst et al., Umweltqualitätsziele für die ökologische Planung, 1992, S. 8, die eine „unglaubliche Vielfalt und unterschiedliche Definitionen einzelner Begriffe“ vor sich sehen, ebenso wie der SRU, der sich in seinem Umweltgutachten 1998, Tz. 65 mit einem „fast undurchdringliches Begriffsdickicht“ konfrontiert sieht.

§ 2 Terminologisch-begriffliche Klärung

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standteile „Umweltqualität“ und „Ziel“ zu zerlegen. Umweltqualitätsziele sind demnach als Zielsetzungen für eine bestimmte Umweltqualität zu beschreiben. Unter „Umwelt“ versteht man die auf ein Lebewesen einwirkende, seine Lebensbedingungen beeinflussende Umgebung, wobei insoweit nicht nur die natürliche, sondern auch die soziale, kulturelle, technische und geistige Umwelt einbezogen ist2. Das Wort „Qualität“ wird mit „Beschaffenheit“, „Güte“, „Brauchbarkeit“, „Wertstufe“3 beschrieben oder auch als „Gesamtheit der charakteristischen Eigenschaften (einer Sache, Person)“ bezeichnet4. Im Bereich von Umweltschutz und -politik wird unter dem Begriff „Umwelt“ der Komplex der Beziehungen einer Lebenseinheit zu ihrer spezifischen Umgebung verstanden5. Umwelt ist demnach stets auf Lebewesen oder – allgemeiner gesagt – biologische Systeme bezogen und kann nicht unabhängig von diesen verwendet werden6. Dabei richtet sich der heute gängige Umweltbegriff – bewusst oder unbewusst – stets auf die Umwelt des Menschen aus. Da jedoch fast alle anderen Lebewesen die menschliche Umwelt, wenn auch in unterschiedlicher Weise, mitgestalten, müssen auch die Umwelten dieser Lebewesen berücksichtigt werden. „Umwelt“ ist demnach die Vereinigungsmasse vieler „Umwelten“7. Nicht erfasst ist dabei jedoch die soziale, psychische, intellektuelle, kulturelle usw. Dimension der Umwelt8. Fügt man den so verstandenen Begriff der Umwelt mit dem der Qualität zusammen, so stellt sich die Frage, was unter „Umweltqualität“ zu verstehen ist. Hierfür lassen sich den allgemeinen Nachschlagewerken die Umschreibungen „Qualität der Umwelt hinsichtlich ihrer bisherigen Schädigung“9 bzw. „(vom Grade der Schädigung bestimmte) Beschaffenheit der natürlichen Umwelt“10 entnehmen. Im Bereich der Ökologie wird als Um2

Duden, Bd. 7, 1995, S. 3538; Wahrig, Bd. 6, 1984, S. 378. Wahrig, Bd. 5, 1983, S. 254. 4 Duden, Bd. 6, 1994, S. 2670. 5 SRU, Umweltgutachten 1987, Tz. 5. 6 SRU, Umweltgutachten 1987, Tz. 5. 7 SRU, Umweltgutachten 1987, Tz. 12. 8 SRU, Umweltgutachten 1987 (Kurzfassung), Tz. 6. Diese Definition von Umwelt geht einher mit der bisherigen praktischen Umweltpolitik, die sich stets auf relativ klar abgrenzbare Umweltsektoren wie die von anthropogenen Eingriffen betroffenen Umweltbereiche Luft, Wasser, Boden (auch als Umweltmedien bezeichnet), die Pflanzen- und Tierwelt, Landschaften sowie die anthropogenen Eingriffe selbst, so z. B. Lärm, Abfall und radioaktive Strahlung bezogen hat. Die rein sektoral ausgerichtete Umweltpolitik führte allerdings häufig zur Verschiebung von Problemlösungen zwischen den Umweltsektoren, so dass heute mehr und mehr ein integratives, sektorenübergreifendes Umweltschutzkonzept favorisiert wird. 9 Wahrig, Bd. 5, 1983, S. 379. 10 Duden, Bd. 7, 1995, S. 3538. 3

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

weltqualität die Gesamtheit der Strukturen und Funktionen eines Ökosystems bezeichnet, wobei sowohl die „natürlichen“ biologischen und nicht biologischen Bedingungen als auch die anthropogenen Einwirkungen Berücksichtigung finden (sog. ökologischer Ist-Zustand)11. Es handelt sich dabei jeweils um eine neutrale Bezeichnung für den qualitativen Zustand der Umwelt. Das jeweilige Qualitätsniveau wird erst durch zusätzliche Angaben (z. B. hoch, niedrig) bestimmt12. Im Bereich von Umweltpolitik und Umweltrecht geht der Begriff der Umweltqualität auf den Ende der 60er Jahre in die amerikanische Umweltpolitik eingeführten Terminus Environmental Quality zurück. In den jährlichen Berichten des 1969 einberufenen Council of Environmental Quality13 wird Umweltqualität als eine Bilanzierung aller auf die Umwelt einwirkenden Faktoren und anthropogenen Aktivitäten verstanden. Ähnliche Berichte werden seit dem Ende der 70er bzw. Anfang der 80er Jahre auch in Deutschland veröffentlicht, beispielsweise als „Umweltqualitätsbericht“ ab 1979 im Mehrjahresrhythmus in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz oder ab 1984 auf Bundesebene als „Daten zur Umwelt“ durch das Umweltbundesamt14. Allerdings ist in der umweltpolitischen Debatte weniger eine neutrale Zustandsbeschreibung von Umweltqualität sondern vielmehr die Festlegung eines bestimmten Grades an Schutzwürdigkeit von Interesse. Im Mittelpunkt der Diskussion steht damit die eher normativ zu beantwortende Frage nach einem angemessenen Umweltqualitätsniveau15. In diesem Zusammenhang ist unter Umweltqualität die Gesamtheit von Anforderungen zu verstehen, denen zu einem gegebenen jetzigen oder späteren Zeitpunkt eine Umwelt oder ein Teil einer bestimmten Umwelt nach Güte und Menge genügen muss16. Im Hinblick auf den normativen Gehalt von Umweltqualitätszielen stellt sich allerdings die Frage, welcher Grad an Umweltqualität als anstrebenswert festzulegen ist. Die genannten Umweltqualitätsberichte und -bilanzen können außerhalb des Status quo für einzelne Umweltsektoren bestenfalls eine vergleichende Gegenüberstellung zu den Ergebnissen vorhergehender Erhebungszeiträume inklusive der Wertung als Verbesserung oder Verschlechterung liefern17. Die Beschreibung oder Definition eines ge11

UBA, Ziele für die Umweltqualität, 2000, S. 7. Runden et al., Umweltqualitätsziele für die ökologische Planung (Hauptphase), 1997, S. 9. 13 Rat für Umweltqualität. 14 SRU, Umweltgutachten 1987, Tz. 74. 15 Vgl. Summerer, in: Kimminich/v. Lersner/Storm (Hrsg.), HdUR, 1994, Sp. 2325, 2327. 16 Storm, Umweltrecht, 2002, S. 23; Summer, in: Kimminich/v. Lersner/Storm (Hrsg.), HdUR, 1994, Sp. 2327 f.; Volkmann, DVBl. 1999, S. 580. 17 Kieslich/Neumeyer, Räumliche Umweltziele, 2000, S. 10. 12

§ 2 Terminologisch-begriffliche Klärung

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wünschten Zustands von Umweltqualität wird dagegen nicht geleistet und kann auch nicht geleistet werden18. Fraglich ist, ob sich ein akzeptables, dem Menschen angemessenes Niveau von Umweltqualität überhaupt im Wege einer wissenschaftlichen Ableitung festlegen lässt. In diesem Zusammenhang richtet man hohe Erwartungen an die Naturwissenschaften, insbesondere die Ökologie, welche sich mit den Beziehungen zwischen Lebewesen und ihrer Umwelt befasst19. Auf Grund der durch sie gewonnenen Erkenntnisse über die Funktionsfähigkeit von Ökosystemen und die Grenzen ihrer Belastbarkeit werden zugleich auch Aussagen über ein bestimmtes anzustrebendes Niveau von Umweltqualität erwartet. Dieser Erwartung steht jedoch der Umstand entgegen, dass die Ökologie zwar Zustände, Prozesse und Bedingungszusammenhänge beschreibt, jedoch aus sich heraus keinen objektiven Maßstab dafür bietet, wessen Perspektive bei deren Bewertung der Vorrang zuzuerkennen ist20. Als empirische Wissenschaft hat sie deskriptiven Charakter21; jede Verbindung ihrer Aussagen mit werthaften Vorstellungen ist ihr von Grund aus entgegengesetzt. Wollte man nur auf Grund von Sachaussagen eine SollensForderung in Bezug auf ein bestimmtes Niveau von Umweltqualität ableiten, so beginge man einen naturalistischen Fehlschluss22. Denn zwar kann die Ökologie das deskriptive Element aus dem Begriff der Umweltqualität herauspräparieren, d. h. ökologische Systeme und deren Vernetzung be18

SRU, Umweltgutachten 1987, Tz. 74, Kieslich/Neumeyer, Räumliche Umweltziele, 2000, S. 10. 19 Die Ökologie hat sich aus einer biologischen Subdisziplin zu einer umfassenden Forschungsaufgabe entwickelt. Da unter den Begriff der Umwelt nicht nur biotische, sondern auch abiotische Phänomenbereiche fallen, schließt die Ökologie zahlreiche andere Wissenschaften – etwa die Chemie, Physik, Geologie, Geographie, Hydrologie, Meteorologie – ein und macht sie unter dem Aspekt der ökologischen Wechselwirkung zu einem Teil ihres Forschungsbereiches. Insofern erfüllt die Ökologie die Funktion einer Brücke zwischen den verschiedenen Fachdisziplinen und verfügt wissenschaftstheoretisch gesehen über eine spezifische Bündelungskompetenz im Hinblick auf umweltpolitisch relevantes Grundlagenwissen. Vgl. hierzu ausführlich SRU, Umweltgutachten 1994, Tz. 84 ff. 20 SRU, Umweltgutachten 1994, Tz. 91, Jessel, in: ANL (Hrsg.), Leitbilder – Umweltqualitätsziele – Umweltstandards, 1994, S. 8; Neumeyer/Kieslich, Räumliche Umweltziele, 2000, S. 12; Summerer, in: Kimminich/v. Lersner/Storm (Hrsg.), HdUR, 1994, Sp. 2327. Selbst die Begriffe Gleichgewicht, Stabilität oder Artenvielfalt sind keine ökologischen Zielvorstellungen per se, SRU, ebda., Tz. 97. 21 Halbritter, in: ANL (Hrsg.), Leitbilder – Umweltqualitätsziele – Umweltstandards, 1994, S. 28. 22 SRU, Umweltgutachten 1994, Tz. 92; Lehnes/Härtling, in: Gesellschaft für UmweltGeowissenschaften (Hrsg.), Umweltqualitätsziele, 1997, S. 15; Halbritter, in: ANL (Hrsg.), Leitbilder – Umweltqualitätsziele – Umweltstandards, 1994, S. 28; Jessel, ebda., S. 8.

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

schreiben. Damit hat sie jedoch noch keine Aussage über deren Qualität und Schutzwürdigkeit getroffen23. Die Wahrnehmung, ob ein Lebensraum ökologisch intakt ist, hängt vielmehr auch von den ganz subjektiven Bedürfnissen und Interessen desjenigen ab, der diesen Lebensraum als seine Umwelt betrachten und nutzen will. Maßgebend für die Bewertung eines bestimmten Umweltqualitätsniveaus sind somit letztlich die gesellschaftlich konsensfähigen Vorstellungen über den zu erhaltenden bzw. anzustrebenden Zustand der Umwelt24. Das soll nicht heißen, dass objektive Maßstäbe i. S. der Ökologie keinerlei Relevanz für die inhaltliche Bestimmung umweltverträglichen Handelns hätten. Die Kenntnis von Wirkungszusammenhängen, Grundstrukturen und Belastungsgrenzen der die menschliche Existenz tragenden ökologischen Systeme ist als Basiswissen unverzichtbare Grundlage eines festzulegenden Niveaus von Umweltqualität25. Als alleiniger Bewertungsmaßstab für eine anzustrebende Umweltqualität können derartige Erkenntnisse jedoch nicht herangezogen werden. Es besteht deshalb Einigkeit darüber, dass der Begriff der Umweltqualität sowohl subjektive als auch objektive Elemente vereint26. Der Maßstab zur Beurteilung der Umweltqualität ist kontrovers, was einerseits damit zusammenhängt, dass er von subjektiven Bewertungen und individuellen Wertvorstellungen abhängt. Denkbar ist es z. B., dass Menschen den Erhalt des geschichtlich Gewachsenen höher bewerten als eine zehnprozentige Verbesserung der Gewässerqualität. Ebenso wenig naturwissenschaftlich entschieden werden kann etwa die Frage, wie die auf geschädigten Waldstandorten aufkeimenden Birkenwälder im Vergleich zu den abgestorbenen Tannen- und Fichtenbeständen einzustufen sind27. Zum anderen ist der Beurteilungsmaßstab aber auch vom jeweiligen Stand der Ursachenund Wirkungsforschung abhängig28. Hinzu kommt, dass die von der Bevölkerung bzw. einzelnen Gruppen gewünschte Umweltqualität sich ständig 23 Summerer, in: Kimminich/v. Lersner/Storm (Hrsg.), HdUR, 1994, Sp. 2325 f. Eine Auskunft darüber, welche Umweltqualität anzustreben ist, kann deshalb aus der Ökologie allein nicht gewonnen werden. 24 Hain, in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, 1997, S. 50. 25 SRU, Umweltgutachten 1994, Tz. 93. 26 Summerer, in: Kimminich/v. Lersner/Storm (Hrsg.), HdUR, 1994, Sp. 2325 f.; SRU, Umweltgutachten 1987, Tz. 74 ff.; Kieslich/Neumeyer, Räumliche Umweltziele, 2000, S. 10; Marzelli, in ANL (Hrsg.), Leitbilder – Umweltqualitätsziele – Umweltqualitätsstandards, 1994, S. 11; UBA, Ziele für die Umweltqualität, 2000, S. 7; Martin (Hrsg.), Lexikon der Geowissenschaften, Bd. 5, 2002, S. 278; Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, 2005, S. 354 f. 27 Hain, in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, 1997, S. 50. 28 SRU, Umweltgutachten 1987, Tz. 80.

§ 2 Terminologisch-begriffliche Klärung

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verändert, da sie sowohl vom Meinungsbild der Medien als auch von den Ergebnissen der Ursachen- und Wirkungsforschung beeinflusst wird29. Umweltqualität ist deshalb ein dynamischer Begriff, der selbst einem permanenten Wandel unterworfen und stets neu zu bestimmen ist30.

II. Der Begriff des Umweltqualitätsziels Für die nun folgende Klärung des Umweltqualitätszielbegriffs ergibt sich bereits aus den Ausführungen zur „Umweltqualität“, dass es sich hierbei um eine Thematik handelt, die – mehr oder weniger stark – durch gesellschaftliche Werthaltungen beeinflusst wird. Mit dem Wortbestandteil „Ziel“ ist etwas verbunden, „das man erreichen will, worauf das menschliche Handeln gerichtet ist und woran es sich orientiert“31. Demnach charakterisieren Umweltqualitätsziele einen bestimmten angestrebten Zustand der Umwelt bzw. bestimmter Schutzgüter32. Es handelt sich dabei um Vorgaben hinsichtlich der Güte der Umwelt33, die in der Regel sachlich und räumlich, teilweise auch zeitlich näher bestimmt sind34. 1. Sachliche Dimension von Umweltqualitätszielen Sachlich beziehen sich Umweltqualitätsziele entweder auf ein Umweltmedium (z. B. Luft, Wasser und Boden) oder direkt auf Schutzobjekte (Menschen, Tiere, Pflanzen, Klima, Naturhaushalt)35. Sie sind stets nur auf bestimmte Ausschnitte der Umwelt bezogen36, nicht jedoch auf die Umwelt in ihrer Gesamtheit. Dies hängt damit zusammen, dass keine Messgrößen zur Verfügung stehen, welche die Qualitäten der einzelnen Umweltmedien in einem Gesamtindikator festlegen37. Somit wurden Umweltqualitätsziele 29

SRU, Umweltgutachten 1987, Tz. 79. SRU, Umweltgutachten 1987, Tz. 79; Neumeyer/Kieslich, Räumliche Umweltziele, 2000, S. 10; Martin (Hrsg.), Lexikon der Geowissenschaften, Bd. 5, 2002, S. 278. 31 Wahrig, Band 5, 1983, S. 836; Duden, Bd. 8, 1995, S. 4015. 32 Vgl. Lehnes/Härtling, in: Gesellschaft für UmweltGeowissenschaften (Hrsg.), Umweltqualitätsziele, 1997, S. 15. 33 Martin (Hrsg.), Lexikon der Geowissenschaften, Bd. 5, 2002, S. 278. 34 SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 72; Neumeyer/Kieslich, Räumliche Umweltziele, 2000, S. 31; UBA (Hrsg.), Formulierung regionaler Umweltqualitätsziele, 2001, Anhang, S. 7. 35 Kieslich/Neumeyer, Räumliche Umweltziele, 2000, S. 31. 36 Köck, ZUR 1997, S. 80. 37 SRU, Umweltgutachten 1987, Tz. 75; Enquete-Kommission, Die Industriegesellschaft gestalten, 1994, S. 57; Köck, ZUR 1997, S. 80; Kieslich/Neumeyer, Räumliche Umweltziele, 2000, S. 32. 30

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

bisher vor allem schutzgut- und medienbezogen festgelegt und verfolgt, z. B. in Bewirtschaftungsplänen für Gewässer und in Luftreinhalteplänen38. Jedoch wird bei der Zielformulierung mehr und mehr angestrebt, auch schutzgutübergreifenden Aspekten Rechnung zu tragen39. So werden Umweltqualitätsziele vermehrt auch zum Schutz vor strukturellen Belastungen formuliert40. Zudem wird die Funktionalität des Naturhaushaltes stärker in die Betrachtung mit einbezogen41. Umweltqualitätsziele sind dabei an Rezeptoren oder Betroffenen, nicht jedoch an Verursachern orientiert42. Soweit sie die jeweiligen Umweltmedien vor stofflichen Belastungen schützen sollen, weisen sie zugleich eine Immissionsorientierung auf43. Umweltqualitätsziele lassen sich demnach unterscheiden in solche, die sich auf den Grad der Beeinträchtigung von zu schützenden Umweltmedien beziehen (Nutzung der Umwelt als Aufnahmemedium durch Emissionen, Stoffeinleitungen und -aufbringungen sowie Abfälle) und in solche, die auf die sonstige Inanspruchnahme der Umwelt gerichtet sind44. Als Beispiele für die schutzgut- oder medienbezogenen Umweltqualitätsziele sind das Erreichen einer bestimmten Gewässergüteklasse bei Fließgewässern, das Einhalten einer definierten Lärmbelästigung in Wohngebieten oder eine maximale Ozonbelastung der Luft zu nennen45. Neuerdings ist aber auch eine Klassifikation nach bestimmten Problembereichen wie z. B. Eutrophierung oder Versauerung bzw. eine Kombination beider Ansätze anzutreffen46. Die 38

SRU, Umweltgutachten 1987, Tz. 76. SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 72. 40 SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 72. 41 SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 72; UBA (Hrsg.), Formulierung regionaler Umweltqualitätsziele, 2001, Anhang, S. 7. 42 Fürst et al., Umweltqualitätsziele für die ökologische Planung, 1992, S. 9; Kieslich/Neumeyer, Räumliche Umweltziele, 2000, S. 32. 43 Fürst et al., Umweltqualitätsziele für die ökologische Planung, 1992, S. 9; Kieslich/Neumeyer, Räumliche Umweltziele, 2000, S. 32; Uppenbrink/Knauer, in: ARL (Hrsg.), Wechselseitige Beeinflussung von Umweltvorsorge und Raumordnung, 1987, S. 55. 44 Dem Schutz vor übermäßigen Stoffeinträgen in die Umwelt dienen auch stoffbzw. anlagenbezogene Ziele, die als Verbot oder Verpflichtung zur Verringerung der Freisetzung von umweltbelastenden oder -gefährdenden Stoffen zu beschreiben sind (CO2-Minderung, Verbot von Asbest, Einbau von Katalysatoren in Anlagen etc.). Obwohl sie mittelbar auch auf den Schutz bzw. die Belastungsminderung von Umweltmedien bzw. Naturraumpotentialen abzielen, stellen sie auf Grund ihrer emissions- und verursacherorientierten Ausrichtung keine Umweltqualitätsziele dar, sondern sind je nach ihrer näheren Ausgestaltung vielmehr als Umwelthandlungsziele oder Emissionsstandards (dazu sogleich unten § 3 I. und II.) einzustufen. 45 Kieslich/Neumeyer, Räumliche Umweltziele, 2000, S. 44 f. 46 Kieslich/Neumeyer, Räumliche Umweltziele, 2000, S. 44 f.; SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 127. 39

§ 2 Terminologisch-begriffliche Klärung

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auf die sonstige Inanspruchnahme der Umwelt gerichteten Umweltqualitätsziele sind noch einmal in potenzialbezogene und flächenbezogene Ziele zu unterscheiden47. Die Kategorie der potenzialbezogenen Umweltqualitätsziele ist auf den Schutz bzw. Erhalt der Leistungen des Naturhaushalts ausgerichtet. Derartige naturraumpotenzialbezogene Umweltqualitätsziele liegen bislang nur relativ wenige vor, anzuführen wäre hier der Schutz bestimmter Biotope nach § 30 BNatSchG, der einen bestimmten „natürlichen“ Umweltzustand als schützenswert festlegt48. Flächenbezogene Umweltqualitätsziele hingegen legen die anzustrebende Gestalt bzw. Nutzung oder die anzustrebende Funktion eines Raumes fest. Beispiele hierfür sind etwa der Erhalt von Grünflächen und Pufferzonen um vorhandene Naturschutzgebiete, die Erhöhung des Grünvolumens sowie der Ausschluss weiterer Flächenversiegelung49. 2. Räumlicher Bezug von Umweltqualitätszielen Die räumliche Dimension von Umweltqualitätszielen kann verschiedene Ausdehnungen haben. Ein entsprechender Raumbezug ist erforderlich, weil Umweltqualitätsziele ansonsten nicht vollziehbar wären. Entscheidend für die räumliche Konkretisierung ist dabei der Wirkungsbereich von umweltbelastenden Eingriffen50. In der Praxis findet allerdings zumeist noch keine Differenzierung nach den Spezifika der einzelnen Räume statt. In der jüngeren Diskussion über Umweltqualitätsziele wird deshalb ein entsprechendes räumlich abgestimmtes Vorgehen gefordert51. Die WRRL ist diesem Anliegen bereits gefolgt, indem sich die Umweltziele des Art. 4 auf bestimmte, näher definierte „Wasserkörper“ beziehen.

47 In die Gruppe der sonstigen Inanspruchnahme der Umwelt im Sinne der zweiten Gruppe fällt schließlich noch die Ressourcenentnahme (Wasserentnahmen aus dem Naturkreislauf, Holzeinschlag, Abbau von Bodenschätzen usw.), für die sich jedoch auf Grund ihres Verursacher- und Nutzungsbezuges keine Umweltqualitätsziele, sondern nur Umwelthandlungsziele formulieren lassen; SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 66; Köck, ZUR 1997, S. 80. 48 Kieslich/Neumeyer, Räumliche Umweltziele, 2000, S. 45; Gregor, Umweltqualitätsziele, Umweltqualitätskriterien- und -standards, 1994, S. 8; Peters, in: ANL (Hrsg.), Leitbilder – Umweltqualitätsziele – Umweltstandards, 1994, S. 156. 49 Kieslich/Neumeyer, Räumliche Umweltziele, 2000, S. 95, 100. 50 SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 93. 51 SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 72; Kieslich/Neumeyer, Räumliche Umweltziele, 2000, S. 31.

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

3. Zeitliche Komponente von Umweltqualitätszielen Obwohl dem Zielbegriff eine zeitliche Dimension immanent ist, stand ein entsprechender Zeitbezug von Umweltqualitätszielen bisher eher im Hintergrund52. Ein näher bestimmter zeitlicher Rahmen ist aber notwendig, um eine Bindung der Entscheidungsträger zu erreichen. Denn ohne zeitliche Vorgabe besteht die Gefahr, dass die Umsetzung der Umweltqualitätsziele hinausgeschoben oder nur halbherzig verfolgt wird bzw. letztlich unterbleibt. Zudem ist ein zeitlicher Horizont auch für die spätere Erfolgskontrolle sinnvoll53. Die neuere Diskussion um Umweltqualitätsziele versucht deshalb, dem Manko eines fehlenden zeitlichen Bezugs Rechnung zu tragen, indem sie die Zeitdimension stärker in das öffentliche Bewusstsein hebt, um damit Umweltpolitik und Umweltrecht zu entsprechenden Reaktionen zu veranlassen54. Bestes Beispiel hierfür ist die WRRL, die in ihrem Art. 4 für die Erreichung der Umweltqualitätsziele einen strikten, verbindlichen Zeitplan aufstellt. Eng mit der zeitlichen Dimension ist auch das Problem der Langzeitrisiken und -belastungen verknüpft. In der neueren Debatte besteht deshalb weitgehend Einigkeit darüber, dass Umweltqualitätsziele benannt werden müssen, die an der Regenerationsrate von Ressourcen bzw. ihrer Substitution, insbesondere an der ökologischen Tragekapazität und am Schutz der menschlichen Gesundheit orientiert sind55. Dies setzt u. a. auch voraus, dass das Zeitmaß anthropogener Einträge bzw. Eingriffe in die Umwelt in ausgewogenem Verhältnis zum Zeitmaß der für das Reaktionsvermögen der Umwelt relevanten natürlichen Prozesse stehen muss56. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Umweltqualitätsziele einen bestimmten, sachlich, räumlich und zeitlich angestrebten Zustand der Umwelt bzw. bestimmter Schutzgüter auf globaler, regionaler oder lokaler Ebene beschreiben. Sie enthalten sowohl naturwissenschaftliche als auch gesellschaftlich-ethische Elemente und werden objekt- oder medienbezogen für Mensch- und/oder Umwelt bestimmt57. Dabei können Umweltqualitäts52 Kieslich/Neumeyer, Räumliche Umweltziele, 2000, S. 31; Köck, ZUR 1997, S. 81; SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 72. 53 UVP-Förderverein (Hrsg.), Aufstellung kommunaler Umweltqualitätsziele, 1995, S. 15. 54 Köck, ZUR 1997, S. 81; SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 72; UBA (Hrsg.), Formulierung regionaler Umweltqualitätsziele, Anhang, 2001, S. 7. 55 SRU, Umweltgutachten 1994, Tz. 137. 56 Enquete-Kommission, Die Industriegesellschaft gestalten, 1994, S. 32; Köck, ZUR 1997, S. 82. 57 SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 65; Fürst et al., Umweltqualitätsziele für die ökologische Planung, 1992, S. 9 f.; UBA, Nachhaltiges Deutschland, 1997, S. 32 f.; Gregor, Umweltqualitätsziele, Umweltqualitätskriterien und -standards, 1994, S. 9; Kieslich/Neumeyer, Räumliche Umweltziele, 2000, S. 31 f.; Hain, in: Hill/Hof

§ 2 Terminologisch-begriffliche Klärung

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ziele sowohl positiv i. S. eines erwünschten Zustands als auch negativ i. S. eines zu verhindernden Zustands, qualitativ i. S. einer bestimmten zu erreichenden Güte oder quantitativ i. S. von bestimmten Mindest- oder Höchstmengen an Ressourcen oder Schadstoffen festgelegt werden58. Sofern die im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit stehenden Ziele für die Gewässerqualität dem Schutz des Mediums Wasser als solchen dienen, handelt es sich um medienbezogene Umweltqualitätsziele, die sowohl qualitative als auch quantitative Aspekte umfassen. Mit der Einbeziehung ökologischer und gewässerstruktureller Aspekte rücken daneben aber auch potenzialbezogene Gewässerqualitätsziele in das Zentrum der Betrachtung.

III. Umweltqualitätsziele und Umweltqualitätsorientierung Die Festlegung bestimmter Umweltqualitätsziele wird oft auch als Qualitätsorientierung bezeichnet59. Verallgemeinernd lässt sich sagen, dass es bei der Umweltqualitätsorientierung darum geht, in einer breitangelegten Strategie die verschiedenen ökologischen Schutzgüter zu identifizieren, ihre jeweiligen Gefährdungsgrade zu ermitteln und ihre erwünschten Gütezustände festzulegen, um daraus eine Grundlage für umweltpolitische Aktivitäten zu gewinnen und/oder einzelne Ge- und Verbote abzuleiten60. Umfang und Intensität zulässiger Einwirkung auf die Umwelt werden dabei vom jeweiligen Schutzgut her definiert61. Aus dieser Perspektive heraus soll zum einen die Gesamtheit möglicher Umwelteinwirkungen und der Umgang mit ihnen betrachtet werden, zum anderen wird statt des an der jeweiligen Störungsquelle technisch Machbaren verstärkt das für die Umwelt in ihrer Gesamtheit oder in ihren einzelnen Teilen Gewollte ins Auge gefasst62. Demnach ist der Begriff der Qualitätsorientierung gegenüber dem des Umweltqualitätsziels umfassender zu verstehen, weil er eine Gesamtstrategie beschreibt, deren Schwerpunkt freilich in der Ableitung und Festlegung bestimmter Umweltqualitätsziele liegt.

(Hrsg.), Wirkungsforschung zum Recht II, 2000, S. 213; Enquete-Kommission, Konzept Nachhaltigkeit (Zwischenbericht), 1997, S. 21; Rehbinder, NuR 1997, S. 314; Berendt, Die Bedeutung von Zweck- und Zielbestimmungen, 2001, S. 25; Volkmann, DVBl 1999, S. 580; Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 26; Reichert, Der nachhaltige Schutz grenzübergreifender Gewässer, 2005, S. 259. 58 Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, 2005, S. 350 f. 59 Volkmann, DVBl. 1999, S. 579; SRU, Umweltgutachten 1994, Tz. 133. 60 Vgl. SRU, Umweltgutachten 1994, Tz. 133. 61 Volkmann, DVBl. 1999, S. 580. 62 Volkmann, DVBl. 1999, S. 581.

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

IV. Umweltqualitätszielkonzepte Im Zusammenhang mit Umweltqualitätszielen ist auch häufig von sog. Umweltqualitätszielkonzepten die Rede. Hierbei handelt es sich um logisch aufeinander bezogene und hierarchisch aufgebaute Zielsysteme, die Umweltziele – abgestuft nach ihrem Konkretisierungsgrad – für einen abgegrenzten Raum, der verwaltungsräumlich, naturräumlich oder thematisch definiert sein kann, auf verschiedenen Ebenen zusammenfassen. Hierbei werden Umweltqualitätsziele nach oben mit abstrakten Leitbildern63 bzw. Leitlinien64 sowie nach unten mit konkreten Umweltstandards hierarchischsystematisch verknüpft65. Die zusätzliche Berücksichtigung von Umwelthandlungszielen trägt zur Operationalisierung der Umweltqualitätszielkonzepte bei66. Ergänzt werden entsprechende Konzepte schließlich durch Umweltindikatoren, die eine wichtige Informationsbasis über das Ausmaß und den jeweiligen Stand des Erreichens der Umweltziele darstellen67 sowie durch Umweltqualitätskriterien, welche die naturwissenschaftliche Basis für die Ziele liefern. Entsprechende Umweltqualitätszielkonzepte wurden in ihren Grundzügen zunächst nur im Hinblick auf Planungen für die Sicherung und Entwicklung der Leistungsfähigkeit von Ökosystemen entwickelt68, später vom Sachverständigenrat für Umweltfragen aber verallgemeinert und systematisiert69. Ihre Funktion besteht darin, ein definiertes Qualitätsniveau der Umwelt unter weitestmöglicher Berücksichtigung ihrer Belastbarkeit zu sichern70. Hierdurch können Maßstäbe für die Nutzung des Naturkapitals entwickelt werden, die mit dem Ziel einer dauerhaft umweltgerechten Entwicklung im Einklang stehen. Im Gegensatz zu den bisher in Deutschland verfolgten Emissionsstrategien richten sich Umweltqualitätszielkonzepte dabei an der Belastungsfähigkeit von Rezeptoren aus. Letztere stellt das für einen ökosystemaren Ansatz entscheidende Schutzkriterium dar, da die Widerstandsfähigkeit und die Aufnahmekapazität von Rezeptoren, also von 63 In der Regel handelt es sich hier um das Leitbild nachhaltiger Entwicklung, vgl. hierzu unten § 5 I. 64 Im Hinblick auf das Leitbild nachhaltiger Entwicklung handelt es sich hierbei etwa um die sog. Managementregeln der Nachhaltigkeit, hierzu später in § 5 I. 2. 65 UVP-Förderverein (Hrsg.), Aufstellung kommunaler Umweltqualitätsziele, 1995, S. 5. 66 SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 10; Kieslich/Neumeyer, Räumliche Umweltziele, 2000, S. 40. 67 Kieslich/Neumeyer, Räumliche Umweltziele, 2000, S. 38 f. 68 Fürst et al., Umweltqualitätsziele für die ökologische Planung, 1992. 69 SRU, Umweltgutachten 1994, Tz. 181 ff.; ders., Umweltgutachten 1998, Tz. 9 ff. 70 Niederstadt, Ökosystemschutz durch Regelungen des öffentlichen Umweltrechts, 1998, S. 77.

§ 3 Einordnung von Umweltqualitätszielen

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Tieren, Pflanzen und Ökosystemen das Schädigungsausmaß sowie den Schädigungszeitpunkt und damit auch den nötigen Schutzumfang bestimmen71. Durch die richtige Ausgestaltung und Umsetzung der in Umweltqualitätszielkonzepten verwandten Parameter kann deshalb maßgeblicher Einfluss auf die Erhaltung der Funktionsfähigkeit der ökologischen Systeme ausgeübt werden72.

§ 3 Einordnung von Umweltqualitätszielen in die Kategorien von Zielen und Instrumenten zur Erreichung einer angestrebten Umweltqualität Während im Hinblick auf die soeben behandelten Umweltqualitätszielkonzepte weitgehend Einigkeit darüber besteht, dass es sich bei Leitbildern und Leitlinien um übergeordnete, sehr allgemein formulierte Zielvorstellungen der Umweltpolitik handelt, welche die höchste Abstraktionsebene auf dem jeweiligen Maßstab darstellen73, herrschen über die Begrifflichkeit der Kategorien Umwelthandlungsziele, Umweltstandards, Umweltindikatoren und Umweltqualitätskriterien teilweise Unklarheiten, die nicht zuletzt eine Abgrenzung zum Umweltqualitätszielbegriff erschweren74. Zwar hat die intensivere Diskussion Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre75 für die wichtigsten der im Zusammenhang mit der Umweltqualitätsziel-Problematik verwendeten Begriffe bereits vielfach zitierte Definitionen hervorgebracht76. Allerdings haben die einzelnen Disziplinen diese Begriffe mit ihren jeweils disziplineigenen Inhalten besetzt, so dass es trotz gleicher Definitionen teil71 Niederstadt, Ökosystemschutz durch Regelungen des öffentlichen Umweltrechts, 1998, S. 77. 72 SRU, Umweltgutachten 1994, Tz. 129. 73 UVP-Förderverein (Hrsg.), Aufstellung kommunaler Umweltqualitätsziele, 1995, S. 5. 74 Berendt, Die Bedeutung von Zweck- und Zielbestimmungen, 2001, S. 26; Sandhövel, in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, 1997, S. 30 („babylonische Sprach- und Sinnverwirrung“); Reichert, Der nachhaltige Schutz grenzübergreifender Gewässer, 2005, S. 259, Fn. 472 („noch nicht vollkommen gefestigte Terminologie“). 75 Dazu ausführlicher unten in § 4. 76 So enthalten vor allem das im Auftrag des Umweltbundesamtes durchgeführte Forschungsvorhaben „Umweltqualitätsziele für die ökologische Planung“ (Fürst et al., Umweltqualitätsziele für die ökologische Planung, 1992, S. 8 ff.), die durch das Umweltbundesamt selbst vorgenommene Bestandsaufnahme (Gregor, Umweltqualitätsziele, Umweltqualitätskriterien und -standards, 1994, S. 8 ff.) sowie das Anforderungsprofil des UVP-Fördervereins zur Aufstellung kommunaler Umweltqualitätsziele (UVP-Förderverein, Aufstellung kommunaler Umweltqualitätsziele, 1995, S. 5 ff.) Vorschläge für eine Systematisierung der Begrifflichkeit.

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

weise zu Abweichungen kommt. Um für die folgenden Untersuchungen eine einheitliche Begrifflichkeit verwenden zu können, sind die wichtigsten und häufiger verwendeten Termini daher wenigstens in groben Zügen zu klären und mit dem Umweltqualitätszielbegriff in Beziehung zu setzen. Vorab ist dabei klarzustellen, dass der Begriff des Umweltziels nach überwiegender Auffassung keine eigene Kategorie bildet, sondern als Sammelbegriff für Zielformulierungen zur Beschreibung anzustrebender Umweltzustände verstanden wird77.

I. Umwelthandlungsziele Die bloße Festlegung von Umweltqualitätszielen ist für sich genommen insofern unzureichend, als es zu ihrer Verwirklichung weiterer Maßnahmen bedarf78. In diesem Zusammenhang geben Umwelthandlungsziele an, mit welchen Schritten die Umweltqualitätsziele im Einzelnen erreicht werden sollen79. Es handelt sich dabei um verhaltensbezogene, quantifizierbare und messbare oder anderweitig überprüfbare Ziele, die sich an verschiedenen Belastungsfaktoren orientieren und Vorgaben für notwendige Entlastungen enthalten80. Auf Grund ihrer Ausrichtung auf die Belastungsfaktoren sind sie im Gegensatz zu den immissions- oder schutzgutorientierten Umweltqualitätszielen emissions- bzw. verursacherorientiert81. Als Beispiele für Umwelthandlungsziele sind sog. Reduktionsziele wie beispielsweise die Re77

Kieslich/Neumeyer, Räumliche Umweltziele, 2000, S. 25; Rehbinder, NuR 1997, 314; Lübbe-Wolff, in: Renner/Hinterberger (Hrsg.), Zukunftsfähigkeit und Neoliberalismus, 1998, S. 402. Von diesem Begriffsverständnis weicht allerdings die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages ab, die Umweltziele als übergreifende Ziele für einen umweltpolitischen Problembereich oder für ein Umweltmedium begreift, welche sich an übergeordneten Leitbildern orientieren und aus grundlegenden Regeln, beispielsweise den Managementregeln der Nachhaltigkeit, unmittelbar abgeleitet sowie durch Umweltqualitätsziele konkretisiert werden; Enquete-Kommission, Konzept Nachhaltigkeit (Zwischenbericht), 1997, S. 38. Diese Definition erscheint aber schon deshalb nicht überzeugend, weil unklar ist, worin der Unterschied zwischen Umweltzielen und Umweltqualitätszielen überhaupt bestehen soll; kritisch auch Rehbinder, NuR 1997, S. 314 und Jakubowski/Tegner/Kotte, Strategien umweltpolitischer Zielfindung, 1997, S. 4. 78 Reichert, Der nachhaltige Schutz grenzübergreifender Gewässer, 2005, S. 261. 79 Rehbinder, NuR 1997, S. 314; Berendt, Die Bedeutung von Zweck- und Zielbestimmungen, 2001, S. 25; Claussen et al., Umweltqualitätsziele und Umwelthandlungsziele im Gewässerschutz, 1996, S. 8, 50 ff. 80 Berendt, Die Bedeutung von Zweck- und Zielbestimmungen, 2001, S. 25; Kieslich/Neumeyer, Räumliche Umweltziele, 2000, S. 33; Rehbinder NuR 1997, S. 315. 81 Kieslich/Neumeyer, Räumliche Umweltziele, 2000, S. 33; Hain, in: Barth/ Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, 1997, S. 50; Claussen et al., Umweltqualitäts- und Umwelthandlungsziele im Gewässerschutz, 1996, S. 8.

§ 3 Einordnung von Umweltqualitätszielen

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duktion der CO2-Emissionen in den Industrieländern bis zum Jahre 2050 um 80% gegenüber dem Basisjahr 1999 zu nennen, die den angestrebten Grad der Belastungsverringerung bezogen auf die Freisetzung von Schadstoffen ausdrücken82. Im Gewässerschutz sind Umwelthandlungsziele vor allem in Gestalt von schadstoffbezogenen Emissionsreduktionszielen wesentlicher Bestandteil von Maßnahmeprogrammen, die in den vergangenen Jahren zu Verbesserungen der Umweltqualität geführt haben (z. B. Aktionsprogramm der Rheinanliegerstaaten)83. Die Vorgabe eines quantitativen Minderungsziels unter Nennung des Zeithorizontes (Angabe des Bezugsjahres sowie des Zieljahres) ermöglicht die Aufstellung von Stufenplänen zur Erreichung des Ziels und eine Überprüfung des Erfolgs der Maßnahmen84. Dabei formuliert man parallel zu eher langfristig angelegten Umwelthandlungszielen oft kurz- und mittelfristige Zwischenziele in Richtung auf den angestrebten und durch Umweltqualitätsziele beschriebenen Zustand. Diese werden – soweit möglich – als solche kenntlich gemacht und zu der insgesamt erforderlichen Belastungsminderung in Beziehung gesetzt85. Darüber hinaus sind Umwelthandlungsziele aber auch pauschale Mittel zur endgültigen Erreichung von Qualitätszielen. Besondere Bedeutung besitzen sie, wenn Umweltqualitätskriterien nicht formuliert werden können; in diesem Fall stellt das Umwelthandlungsziel praktisch die Operationalisierung des Umweltqualitätsziels dar86. Umwelthandlungsziele können aber auch, falls Umweltqualitätsziele nicht festgesetzt worden sind, unabhängig hiervon aufgestellt werden87.

82

Hain, in: Hill/Hof (Hrsg.), Wirkungsforschung zum Recht II, 2000, S. 214; SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 67. 83 Hierzu Reichert, Der nachhaltige Schutz grenzübergreifender Gewässer, 2005, S. 261, der als Beispiel das im Aktionsprogramm Rhein von 1987 verankerte Umwelthandlungsziel nennt, die Einleitung von 45 Stoffen zwischen 1985 und 1995 um mindestens 50% zu reduzieren. s. hierzu auch unten § 14 II. 1. 84 Bunke/Eberle/Grießhammer, Umweltziele statt Last-Minute-Umweltschutz, 1995, S. 12. 85 Beispiel: Das Ziel „25-prozentige CO -Emissionsminderung bis 2005“ ist ein 2 Zwischenziel auf dem Weg zu einer langfristigen Senkung der CO2-Emissionen orientiert an dem Umwelthandlungsziel „Reduktion der CO2-Emissionen bis 2050 um 80% gegenüber dem Basisjahr 1990“, s. dazu Hain, in: Hill/Hof (Hrsg.), Wirkungsforschung zum Recht II, 2000, S. 214; UBA, Ziele für die Umweltqualität, 2000, S. 8 f. 86 Rehbinder, NuR 1997, S. 315. 87 SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 67.

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

II. Umweltstandards Umweltstandards werden in schutzgutbezogene Umweltqualitäts- und verhaltensbezogene Emissionsstandards unterschieden88: 1. Umweltqualitätsstandards Umweltqualitätsstandards haben die Funktion, allgemein gefasstere schutzgutsbezogene Vorgaben, also insbesondere Umweltqualitätsziele näher zu konkretisieren und zu operationalisieren89. Es handelt sich dabei um konkrete Bewertungsmaßstäbe zur Festlegung von Schutzwürdigkeit, Belastung und angestrebter Qualität eines Schutzgutes, die auf Grund eindeutiger Kriterien und Messvorschriften bestimmbar sind90. Sie werden für unterschiedliche Schutzobjekte (z. B. Mensch, Tier, Pflanze, Wasser), Dimensionen (z. B. zeitlich, räumlich) sowie Schutzziele (z. B. Vorsorge, Gefahrenabwehr) bestimmt91 und dienen zur Reduktion der Komplexität von Umweltqualität92. Soweit ein entsprechender Zielbezug besteht, handelt es sich bei den Umweltqualitätsstandards selbst um konkretisierte und operationalisierte Umweltqualitätsziele. Im Zusammenhang mit quantifizierten schutzgutbezogenen Anforderungen wird oft auch der Begriff der sog. Immissionsstandards verwendet93. Diese bestimmen stoffliche, quantitative oder ansonsten genau spezifizierte Maximalbelastungen für die Verschmutzung der Umwelt am Ort der Einwirkungen auf ein Schutzobjekt (immittere = hineinsenden)94. Dabei lassen sich Umweltqualitätsstandards von Immissionsstandards strenggenommen dadurch unterscheiden, dass sie den Bezugspunkt für den höchstzulässigen Schadstoffgehalt nicht im Bereich des Einwirkens auf ein Schutzobjekt, sondern in der stofflichen Zusammensetzung des Schutzgutes selbst sehen95. Ob es sich um einen Umweltqualitäts- oder einen Immis88 Mayntz, Die Verwaltung 1990, S. 138; Neumann/Pastowski, in: Jarass/Neumann, Umweltschutz und Europäische Gemeinschaften, 1994, S. 115. 89 SRU, Umweltgutachten 1987, Tz. 91; Lehnes/Härtling, in: Gesellschaft für UmweltGeowissenschaften (Hrsg.), Umweltqualitätsziele, 1997, S. 13; Scholles, in: Cremer (Hrsg.), Jenseits der marktregulierten Selbststeuerung, 1997, S. 241. 90 Scholles, in: Cremer (Hrsg.), Jenseits der marktregulierten Selbststeuerung, 1997, S. 241, Runden et al., Umweltqualitätsziele für die ökologische Planung (Hauptphase), 1997, S. 10. 91 SRU, Umweltgutachten 1996, Tz. 727. 92 SRU, Umweltgutachten 1987, Tz. 82. 93 Schröder in: Janich/Thieme/Psarros (Hrsg.), Chemische Grenzwerte, S. 124 ff. 94 Buchholz, Integrative Grenzwerte im Umweltrecht, 2001, S. 28; vgl. zu luftbezogenen Immissionsgrenzwerten Hansmann, in: Franßen/Redeker/Schlichter/Wilke (Hrsg.), Bürger – Richter – Staat, 1991, S. 285 ff.; Hain, in: Hill/Hof (Hrsg.), Wirkungsforschung zum Recht II, 2000, S. 215; SRU, Umweltgutachten 1996, Tz. 727.

§ 3 Einordnung von Umweltqualitätszielen

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sionsstandard handelt, hängt somit letztlich davon ab, für welche Messstelle der maßgebliche Wert gilt. Dies ist vor allem dann von Bedeutung, wenn sich die an der Quelle austretenden Schadstoffe mit solchen anderer Verursacher oder auch mit nicht schädlichen, den Schadstoffgehalt „verdünnenden“ Stoffen vermischen96. So wird in vielen Fällen ein bestimmter, an der Quelle gemessener Schadstoffgehalt noch toleriert werden können, während ein gleich hoher Wert an der Stelle des Einwirkungsbereiches auf das Schutzgut unerträglich wäre97. Sowohl Immissions- als auch Umweltqualitätsstandards ist jedoch gemeinsam, dass sie allein schutzgutbezogen ausgerichtet sind und keinerlei Quellenbezug aufweisen. Dies dürfte auch der Grund dafür sein, dass beide Begriffe meist gleichgesetzt werden98, wobei im Europarecht meist von Qualitätsstandards die Rede ist, während im deutschen Recht der Begriff der Immissionsstandards vorgezogen wird99. 2. Emissionsstandards Im Gegensatz zu den Umweltqualitäts- bzw. Immissionsstandards, die einen Rezeptorbezug aufweisen, legen Emissionsstandards zahlenmäßige Maximalbelastungen beim Verlassen einer Quelle fest (emittere = aussenden)100. Bei den Quellen handelt es sich um technische Prozesse im Bereich von Konsumtion und Produktion, bei deren Nutzung Emissionen als nicht weiter verwendbare Kuppel- oder Abfallprodukte entstehen101. Emissionsstandards setzen damit am Beginn des Belastungspfades an, d. h. dort, wo Umweltbelastungen ihren Ausgang nehmen102. Im Gegensatz zu den Umweltqualitätsstandards sind sie nicht zustands-, sondern handlungsbezogen. Während Umweltqualitätsstandards den zu erreichenden Umweltzustand i. S. der Umweltqualitätsziele näher konkretisieren, handelt es sich bei Emissionsstandards um Umweltverhaltensstandards, die an die einzelnen Akteure gerichtete konkrete Handlungsanweisungen enthalten103. Eine wichtige Rolle spie95

So Buchholz, Integrative Grenzwerte im Umweltrecht, 2001, S. 26 ff. Kloepfer, Umweltrecht, 2004, S. 1239; ausführlich hierzu Bleninger et al., KAWasser, Abwasser, S. 246 ff. 97 Kloepfer, Umweltrecht, 2004, S. 1239. 98 So beispielsweise bei Bleninger et al., KA-Wasser, Abwasser, S. 246. 99 Buchholz, Integrative Grenzwerte im Umweltrecht, 2001, S. 28. 100 Bleninger et al., KA-Abwasser, Abfall 2004, S. 246. 101 Neumann/Pastowski, in: Jarass/Neumann, Umweltschutz und Europäische Gemeinschaften, 1994, S. 113 f. 102 Mayntz, Die Verwaltung 1990, S. 138; Neumann/Pastowski, in: Jarass/Neumann, Umweltschutz und Europäische Gemeinschaften, 1994, S. 113. 103 Peters, in ANL (Hrsg.), Leitbilder – Umweltqualitätsziele – Umweltstandards, 1994, S. 157 f. 96

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

len sie bei der Konkretisierung allgemein gefasster Umwelthandlungsziele, wo sie – bezogen auf bestimmte Belastungsquellen – sicherzustellen versuchen, dass diese Quellen einen angemessenen Beitrag zur Erreichung des Umwelthandlungsziels leisten104. Emissionsstandards können somit auch als konkretisierte Umwelthandlungsziele verstanden werden. Gleichzeitig dienen sie der Umsetzung von Umweltqualitäts- und Immissionsstandards, die bezogen auf ihre Umsetzung nicht operational sind. Diese müssen aus der durch Umweltqualitätsstandards konkretisierten, politisch gewünschten Umweltqualität abgeleitet werden. In diesem Rahmen bewältigen sie die Implementation der übergeordneten politischen Zielvariablen mit Hilfe der Durchsetzung operationaler Teilziele und nehmen im Prozess der politischen Bewältigung negativer Technikfolgen die unterste Stufe ein105. Ebenso wie Umweltqualitätsziele vereinen Umweltstandards in ihren quantifizierten Vorgaben nicht nur naturwissenschaftlich-technisches Fachwissen, sondern enthalten gleichzeitig eine wertende Entscheidung, in der letztlich ein politischer Kompromiss zwischen Staat, Wirtschaft und Ökologie zum Ausdruck kommt106. In der Regel werden sie in zahlenmäßig107 fixierten Grenz- und Richtwerten ausgedrückt108. Grenzwerte sind messbare quantitative Daten (in erster Linie für zulässige Schadstoffkonzentrationen), 104

Rehbinder, NuR 1997, S. 315. Neumann/Pastowski, in: Jarass/Neumann, Umweltschutz und Europäische Gemeinschaften, 1994, S. 114. 106 So fließen in die Festsetzung des naturwissenschaftlich oder technischen Wertes nicht nur die Toxizität eines Gefahrstoffs, sondern auch Kostenbelastungen für den produzierenden Industriezweig, seine internationale Wettbewerbssituation und Nutzungsinteressen der Verbraucher ein; Wolf, Umweltrecht, 2002, S. 79; Feldhaus, UPR 1982, S. 143; Murswiek, Die staatliche Verantwortung für die Risiken der Technik, 1985, S. 372 f.; Jarass, in: Kimminich/v. Lersner/Storm (Hrsg.), HdUR, 1994, Sp. 2416; Hüttermann, Funktionen der Grenzwerte im Umweltrecht, 1993, S. 87; SRU, Umweltgutachten 1996, Tz. 727. 107 Das Vorliegen eines Zahlen- oder Messwertes ist bei der Bestimmung des Grenzwertbegriffs das kleinste unstreitig gemeinsame Element, Hüttermann, Funktionen der Grenzwerte im Umweltrecht, 1993, S. 90 Fn. 380; Hansmann, in: Franßen/Redeker/Schlichter/Wilke (Hrsg.), Bürger – Richter – Staat, 1991, S. 287. 108 Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, 2000, S. 125 f.; Jarass, in: Kimminich/v. Lersner/Storm (Hrsg.), HdUR, 1994, Sp. 2413; Gethmann, in: Janich/ Thieme/Psarros (Hrsg.), Chemische Grenzwerte, S. 25; Feldhaus, UPR 1982, S. 138; Hüttermann, Funktionen der Grenzwerte im Umweltrecht, 1993, S. 46; Wolf, Umweltrecht, 2002, S. 78; Storm, Umweltrecht, 2002, S. 71; Kloepfer, Umweltrecht, 2004, S. 27. Andere verstehen den Begriff des Umweltstandards dagegen in einem weiteren Sinne, indem sie darunter auch den zu konkretisierenden unbestimmten Rechtsbegriff selbst subsumieren; Mayntz, Die Verwaltung 1990, S. 139 f.; Neumann/Pastowski, in: Jarass/Neumann, Umweltschutz und Europäische Gemeinschaften, 1994, S. 118; Rittstieg, Die Konkretisierung technischer Standards im Anlagenrecht, 1982, S. 13. 105

§ 3 Einordnung von Umweltqualitätszielen

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die ein erhöhtes Maß an rechtlicher Verbindlichkeit gegenüber dem Normadressaten aufweisen und deren Nichteinhalten rechtliche Konsequenzen nach sich zieht109. Unter Richtwerten sind empfohlene Werte zu verstehen, die bei der medien- und schutzgutbezogenen Beurteilung von Umweltbelastungen durch die Behörden als Maßstäbe dienen. Sie haben je nach Ausgestaltung einen unterschiedlichen Geltungsanspruch. Danach bestimmt sich, ob der betreffende Richtwert in der Regel maßgeblich ist oder nur ein Indiz, einen groben Anhalt oder gar nur eine bloße Hilfe für die Beurteilung bildet110. Da sie sonst nur wenig aussagekräftig wären, umfassen Umweltstandards häufig nicht nur den quantifizierten Grenz- oder Richtwert, sondern auch das Messverfahren zur Kontrolle seiner Einhaltung111. Im Bereich des Umweltrechts kommt den Umweltstandards vor allem im Rahmen der Auslegung von unbestimmten Rechtsbegriffen wie z. B. „schädliche Umwelteinwirkungen“, „Stand der Technik“, „allgemein anerkannte Regeln der Technik“ große Bedeutung zu112. Die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe ist zwar keine Besonderheit des Umweltrechts, häufiger jedoch als in anderen Rechtsgebieten verweisen diese Begriffe auf komplexe naturwissenschaftliche Sachverhalte, deren Feststellung, Deutung und Bewertung allein auf Grund der „Lebenserfahrung“ oft nicht möglich ist113. Um diese Kluft zu überbrücken, gibt die Rechtssetzung einerseits den Normadressaten und andererseits den für den Vollzug des Umweltrechts spezifisch Verantwortlichen (sowohl auf Seiten der Verwaltung als auch auf 109

Hüttermann, Funktionen der Grenzwerte im Umweltrecht, 1993, S. 87; Mayntz, Die Verwaltung 1990, S. 140; SRU, Umweltgutachten 1996, Tz. 728; Wolf, Umweltrecht, 2002, S. 78. Teilweise wird der Grenzwertbegriff allerdings in einem weiteren Sinne verwendet, wonach nur solche quantitativ messbaren Daten nicht erfasst sein sollen, die in jeder Hinsicht bloßen Empfehlungscharakter tragen und deren Missachtung daher völlig folgenlos bleibt; Hendler, DÖV 1998, S. 481. Dagegen aber zutreffend Buchholz, Integrative Grenzwerte im Umweltrecht, 2001, S. 10, der darauf verweist, dass der Wortteil „Grenz-“ gerade den Artunterschied zwischen Grenz-, Richt- und Zielwerten bezeichnet. 110 SRU, Umweltgutachten 1996, Tz. 728, Rehbinder, NuR 1997, S. 319. 111 Ein und derselbe Grenzwert kann ganz unterschiedliche Bedeutung haben, je nachdem, welche Mess- und Analysegeräte eingesetzt werden, wie repräsentativ die Messverfahren sind und wie sachgerecht die Auswertung der Ergebnisse vorgenommen wird; Jarass, in: Kimminich/v. Lersner/Storm (Hrsg.), HdUR, 1994, Sp. 2413 f.; Wolf, Umweltrecht, 2002, S. 78; Feldhaus, UPR 1982, S. 141 f. Schroeder, in: Janich/Thieme/Psarros (Hrsg.), Chemische Grenzwerte, S. 122.; Wolf, Umweltrecht, 2002, S. 78. 112 Jarass, in: Kimminich/v. Lersner/Storm (Hrsg.), HdUR, 1994, Sp. 2413. 113 Denn im Hinblick auf die Umweltqualität kommt es vor allem auf die Beurteilung der Wirkungen von Umwelteinflüssen auf Mensch, Tier, Wasser, Pflanze und Boden an, bei denen naturwissenschaftliche und ökologische Zusammenhänge im Vordergrund stehen; Feldhaus, UPR 1982, S. 137; Jarass, in: Kimminich/v. Lersner/Storm (Hrsg.), HdUR, 1994, Sp. 2413.

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

Seiten der Wirtschaft sind dies zumeist Techniker, Ingenieure und Naturwissenschaftler) den spezifischen Sachverhalten adäquate Maßstäbe, d. h. präzise definierte Größen in Form von Umweltstandards zur Hand114, welche die unbestimmten Rechtsbegriffe in quantifizierte115 Größen umsetzen116. Da sachverständige Aussagen voneinander abweichen können und bei vielen Rechtsvorschriften unsicher ist, welches Maß an Zielerreichung verlangt wird, müssen beim Setzen von Umweltstandards kognitive Unsicherheit und evaluativer Dissens bewältigt werden117.

III. Umweltqualitätskriterien Umweltqualitätskriterien sind die naturwissenschaftliche Basis für die Formulierung von Umweltqualitätszielen. Sie beziehen sich auf ein definiertes Schutzniveau für Mensch und Umwelt und bilden somit einen weitgehend objektivierbaren Maßstab zur Beurteilung von Umweltbelastungen118. So 114

Kloepfer, Umweltrecht, 2004, S. 27; Feldhaus, UPR 1982, S. 137. Quantifizierbarkeit bedeutet, dass der Umweltstandard in einem bestimmten Parameter, einem ökologischen Rezeptor oder Indikator eine definierte Bezugsgröße haben muss, mit deren Hilfe Messverfahren praktikabel werden; Wolf, Umweltrecht, 2002, S. 63. 116 Jarass, in: Kimminich/v. Lersner/Storm (Hrsg.), HdUR, 1994, Sp. 2413. Umweltstandards können in völlig unterschiedlichen Rechtsformen ergehen, was insbesondere ihren Stellenwert für die Gerichte beeinflusst (vgl. hierzu ausführlich Jarass, in: Kimminich/v. Lersner/Storm (Hrsg.), HdUR, 1994, Sp. 2417 ff.). Eine Möglichkeit besteht darin, sie als gesetzliche, d. h. extern wirksame Rechtsvorschriften zu erlassen, die auch Dritte und die Gerichte ohne jede Einschränkung binden. Eine zweite Art bilden die administrativen Umweltstandards, die in Form von Verwaltungsvorschriften ergehen und trotz ihres internen Rechtscharakters weitreichende externe Bindungswirkung entfalten. Schließlich gibt es Umweltstandards, die von privaten Einrichtungen festgelegt werden und für die Gerichte immerhin eine Indizwirkung entfalten bzw. den Status gesetzlicher oder administrativer Umweltstandards erhalten, soweit ein Gesetz oder eine Verwaltungsvorschrift wirksam auf sie verweist. Dabei haben administrative und private Umweltstandards den Vorteil, dass ihre Anpassung nicht jeweils den vielfach zeitraubenden Weg parlamentarischer Verabschiedung nehmen muss; Neumann/Pastowski, in: Jarass/Neumann, Umweltschutz und europäische Gemeinschaften, 1994, S. 118. Bei der außerparlamentarischen Konkretisierung unbestimmt gehaltener Rechtsbegriffe durch Sachverständigenausschüsse können sich allerdings Probleme hinsichtlich der demokratischen Transparenz und Legitimation ergeben. Eingehend hierzu Hoppe/Beckmann/ Kauch, Umweltrecht, 2000, S. 128; Jarass, in: Kimminich/v. Lersner/Storm (Hrsg.), HdUR, 1994, Sp. 2417 ff., jeweils m. w. N. Zu dem Problemkreis auf europäischer Ebene vgl. Neumann/Pastowski, in: Jarass/Neumann, Umweltschutz und europäische Gemeinschaften, 1994, S. 118 ff. 117 Mayntz, Die Verwaltung 1990, S. 141. 118 Gregor, Umweltqualitätsziele, Umweltqualitätskriterien und -standards, 1994, S. 45. 115

§ 3 Einordnung von Umweltqualitätszielen

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werden beispielsweise in Bezug auf den Zustand eines Fließgewässers biologische, hydromorphologische und chemisch-physikalische Qualitätskriterien unterschieden119. Während in biologischer Hinsicht auf die Zusammensetzung und Abundanz der Gewässerfauna und -flora abgestellt werden kann, lassen sich die hydromorphologischen Eigenschaften eines Flusses u. a. an Hand seiner Durchgängigkeit, der Struktur des Flussbetts und der Uferzonen bestimmen120. Chemisch-physikalische Qualitätskriterien beziehen sich vor allem auf bestimmte Schadstoffkonzentrationen, berücksichtigen aber auch den Sauerstoffhaushalt, den Eutrophierungsgrad, den Versauerungszustand (pH-Wert), den Sauerstoffgehalt und die Temperaturverhältnisse. Die Festlegung der einzelnen Belastungsgrenzen erfolgt über Schwellenwerte121, d. h. naturwissenschaftliche Parameter, die ein bestimmtes Verhältnis zwischen einer Ursache und einer Wirkung angeben122. Als Beispiele für solche Schwellenwerte sind die sog. „critical levels“ und „critical loads“ zu nennen, die im Hinblick auf einen gewählten Fremdstoff den Umschlagpunkt in Form seiner höchsten Dosis angeben, bei der die Messbarkeit einer Reaktion auf diesen Stoff unter ansonsten konstanten Bedingungen gerade nicht mehr eintritt123. Während unter „critical levels“ die Konzentrationen zu verstehen sind, bei deren Überschreitung nach bisherigem Wissen unmittelbare schädliche Auswirkungen auf bestimmte Rezeptoren wie den Menschen oder Pflanzen und Tiere auftreten können, handelt es sich bei „critical loads“ um Depositionsraten, bei deren Unterschreitung keine schädigenden Wirkungen an spezifizierten sensitiven Elementen (Rezeptoren) nachweisbar sind124. Werden die kritischen Konzentrationen und kritischen Eintragsraten125 mit 119

Reichert, Der nachhaltige Schutz grenzübergreifender Gewässer, 2005, S. 260. s. hierzu ausführlich unten § 16 I. 2. 121 Gregor in: Nagel/Gregor (Hrsg.), Ökologische Belastungsgrenzen, 1999, S. 4. 122 Gethmann, in: Janich/Thieme/Psarros (Hrsg.), Chemische Grenzwerte, S. 26. 123 Hain, in: Hill/Hof (Hrsg.), Wirkungsforschung zum Recht II, 2000, S. 214; Gethmann, in: Janich/Thieme/Psarros (Hrsg.), Chemische Grenzwerte, S. 26; Hüttermann, Funktionen der Grenzwerte im Umweltrecht, 1993, S. 45. 124 SRU, Umweltgutachten 1994, Tz. 183; Nagel/Gregor, in: dies. (Hrsg.), Ökologische Belastungsgrenzen, 1999, S. 31. Der bereits Ende der 60er Jahre in Kanada entwickelte Critical-load-Ansatz wurde von der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa Mitte der 80er Jahre am Beispiel der Umweltschäden durch Luftverunreinigungen übernommen und weiterentwickelt; SRU, Umweltgutachten 1994, Tz. 183. Auch außerhalb der Luftreinhaltepolitik wird das Critical-load-Konzept inzwischen zur Bewertung von Belastungssituationen genutzt; national ist es zu einer wichtigen Grundlage bei der Formulierung von Umweltqualitätszielen geworden; Gregor, in: Nagel/Gregor (Hrsg.), Ökologische Belastungsgrenzen, 1999, S. 255, zur „Philosophie“ des Critical-load-Konzepts ebda., S. 5 ff. 125 Der SRU empfiehlt, die Begriffe „critical levels“ mit „kritische Konzentrationen“ und „critical loads“ mit „kritische Eintragsraten“ gleichzusetzen; ders., Umweltgutachten 1994, Tz. 183 (Schaukasten). 120

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

den tatsächlichen Stoffkonzentrationen und -einträgen verglichen, so lassen sich Abweichungen berechnen, die als Grundlage für die entsprechenden umweltpolitischen und -rechtlichen Maßnahmen dienen126. Im Zuge ihrer Umsetzung können Umweltqualitätskriterien damit in mehr oder weniger verbindliche Umweltqualitätsstandards übergehen oder aber im Wege eines Rückkoppelungseffektes als naturwissenschaftliche Orientierungsgrößen zur Neuformulierung von Umweltqualitätszielen führen127.

IV. Umweltindikatoren Eine wichtige Rolle bei der Operationalisierung von Umweltqualitätszielen und der Analyse der bestehenden Umweltsituation spielen sog. Umweltindikatoren128. Umweltindikatoren dienen der Abbildung und Kennzeichnung von komplexen Umweltsachverhalten129. Mit ihrer Hilfe lassen sich Abweichungen des Ist-Zustands der Umweltsituation von den vorgegebenen Soll-Werten der Umweltqualitätsziele bzw. -standards beurteilen130. Es kann sich dabei um einfache Parameter (z. B. den pH-Wert von Fließgewässern als Indikator für Versauerung) oder komplexe Größen (zum Beispiel das Abfallaufkommen pro Kopf der Bevölkerung als Indikator für Konsummuster) handeln131. Die in den Indikatoren enthaltenen Verdichtungsprozesse sollen eine zusammenfassende Beurteilung des Zustands und der Entwicklung der Umweltqualität erleichtern132. Gleichzeitig erlauben es Umwelt126 Vgl. zu den einzelnen Schritten im Rahmen der Umsetzung des „Critical-loadKonzepts“ Gregor, in: Nagel/Gregor (Hrsg.), Ökologische Belastungsgrenzen, 1999, S. 10 f. 127 Gregor, Umweltqualitätsziele, Umweltqualitätskriterien und -standards, 1994, S. 9; ders. in: Nagel/Gregor (Hrsg.), Ökologische Belastungsgrenzen, 1999, S. 4; Reichert, Der nachhaltige Schutz grenzübergreifender Gewässer, 2005, S. 260. 128 Niederstadt, Ökosystemschutz durch Regelungen des öffentlichen Umweltrechts, 1998, S. 90. Indikatoren werden in den verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen in Abhängigkeit von der Art und Qualität der Daten unterschiedlich definiert. Vom Grundsatz her handelt es sich hierbei um Kenngrößen, die zur Abbildung eines bestimmten, nicht direkt messbaren und oftmals komplexen Sachverhalts (Indikandum) festgelegt werden; Walz et al., Grundlagen für ein nationales Umweltindikatorensystem, 1997, S. 6. Dabei hängt es vom Verwendungszweck ab, ob eine Größe als Indikator dient und wie sie gestaltet sein muss; SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 143. 129 Walz et al., Grundlagen für ein nationales Umweltindikatorensystem, 1997, S. 6. 130 Niederstadt, Ökosystemschutz durch Regelungen des öffentlichen Umweltrechts, 1998, S. 90. Zu weiteren Funktionen von Umweltstandards ebda. 131 UBA (Hrsg.), Formulierung regionaler Umweltqualitätsziele, 2001, S. 2; Bunke/Eberle/Grießhammer, Umweltziele statt Last-Minute Umweltschutz, 1995, S. 11. Weitere Beispiele finden sich bei Lübbe, ZUR 1996, S. 61.

§ 4 Entstehung und Entwicklung von Umweltqualitätszielen

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indikatoren auch, einzelne Stoffe in Bezug auf ihren Beitrag zu einem Umweltproblemfeld (z. B. Versauerung oder Eutrophierung von Ökosystemen) zu charakterisieren133. Der Rat von Sachverständigen für Umweltfragen hat Anforderungen für Umweltindikatorensysteme entwickelt, die den Zustand der Umwelt im Hinblick auf Umweltqualitätsziele beschreiben134. Derartige Umweltindikatoren müssen aufzeigen, ob anthropogene Beeinträchtigungen die Ökosystemgefüge in ihren natürlichen Strukturen und Funktionen derart stören, dass eine hinreichende Kompensation der Störungen nicht mehr gewährleistet ist135. Für einige Umweltproblemfelder liegen bereits wissenschaftlich gut begründete Leitindikatoren vor, beispielsweise verhält sich das Versauerungspotenzial relativ zu Schwefeldioxid und das Eutrophierungspotenzial136 relativ zu Phosphat. Für viele Problemfelder sind Leitindikatoren jedoch noch nicht ausreichend entwickelt137.

§ 4 Umweltqualitätsziele als Gegenstand rechtlicher und politischer Erörterung: Entstehung und Entwicklung Nach der vorangegangenen terminologisch-begrifflichen Klärung soll nun untersucht werden, wie die Umweltqualitätszieldebatte entstehungs- und entwicklungsgeschichtlich in den größeren umweltpolitischen und umweltrechtlichen Zusammenhang eingebunden ist. Im Hinblick auf die gewählte 132 SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 143; Kieslich/Neumeyer, Räumliche Umweltziele, 2000, S. 38; Lübbe, ZUR 1996, S. 61. 133 Bunke/Eberle/Grießhammer, Umweltziele statt Last-Minute Umweltschutz, 1995, S. 11. 134 SRU, Umweltgutachten 1994, Tz. 154 ff. Eine der ersten internationalen Initiativen zur Bildung von Umweltindikatorensystemen ging von der Organization for Economic Cooperation and Development (OECD) aus, die den sog. „pressure-stateresponse-Ansatz“ als Modellrahmen für die Indikatorentypenbildung entwickelt hat (s. dazu im Einzelnen sowie zu Modifikationen und anderen Ansätzen SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 154 ff., 189 ff.). Danach werden Belastungsindikatoren (pressure), Zustandsindikatoren (state) und Maßnahmeindikatoren (response) unterschieden. Für diesen Ansatz hat sich weitgehend ein internationaler und nationaler Konsens herausgebildet; s. zum Ganzen Hain, Bedeutung von Umweltqualitätszielen im Verwaltungshandeln, in: Hill/Hof (Hrsg.), Wirkungsforschung zum Recht II, 2000, S. 215; UBA (Hrsg.), Ziele für die Umweltqualität, 2000, S. 10; SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 154 ff. 135 Niederstadt, Ökosystemschutz durch Regelungen des öffentlichen Umweltrechts, 1998, S. 90. 136 Eutrophierung bezeichnet die Gewässeranreicherung mit Pflanzennährstoffen (Überdüngung). 137 SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 152; Niederstadt, Ökosystemschutz durch Regelungen des öffentlichen Umweltrechts, 1998, S. 91.

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

Themenstellung ist hierbei besonderes Augenmerk auf die Entwicklung von Umweltqualitätszielen im Bereich des Gewässerschutzes zu legen.

I. Die Anfänge der Umweltzieldebatte in den 70er und 80er Jahren 1. Umweltqualitätsziele auf nationaler Ebene Das Aufstellen von und die Auseinandersetzung mit umweltbezogenen Zielen ist nichts wirklich Neues138. Obwohl Umweltqualitätsziele erst seit den neunziger Jahren im Brennpunkt der nationalen und internationalen umweltpolitischen Diskussion stehen, geht der Grundgedanke, dass sich umweltpolitische Maßnahmen an Zielvorstellungen orientieren, bereits auf die Anfänge einer eigenständigen139 deutschen Umweltpolitik Anfang der 70er Jahre zurück, als sich aus der wachsenden Erkenntnis einer Begrenztheit aller Umweltgüter und dem Bewusstwerden einer zunehmenden Verunreinigung oder sonstigen Veränderung der natürlichen Beschaffenheit von Boden, Wasser und Luft und des Nachlassens ihrer Erneuerungsfähigkeit auf Grund menschlicher Eingriffe die Sorge um die natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen zu einem politischen Problem entwickelten140. So wurden Zielvorstellungen zur Erhaltung und Verbesserung der Umweltqualität bereits im ersten Umweltprogramm der Bundesregierung von 1971141, mit dem die damalige sozialliberale Koalition den entscheidenden Anstoß für die moderne Umweltpolitik in der Bundesrepublik Deutschland gab142, formuliert. Die in diesem Zeitraum aufgeführten Zielvorstellungen waren allerdings nicht das Ergebnis logischer Ableitungen aus einem theoretischen 138 Runden et al., Umweltqualitätsziele für die ökologische Planung (Hauptphase), 1997, S. 13. 139 Wiggering/Sandhövel, in Jänicke/Jörgens (Hrsg.), Umweltplanung im internationalen Vergleich, 2000, S. 183; Köck, ZUR 1997, S. 80; SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 59. 140 Storm, Umweltrecht, 2002, S. 15; Kloepfer, Umweltrecht, 2004, S. 94 ff. 141 BT-Drs. 6/2710, hier hatte die Bundesregierung sogar gewisse quantifizierte Zielvorstellungen entwickelt: so sollten die Kohlenmonoxidemissionen auf der Basis von 1969 bis zum Jahre 1980 um 90% reduziert werden, und für alle Gewässer strebte man die Erreichung der Gewässergüteklasse II an, vgl. S. 45 und 37. Derartige explizite quantifizierte Umweltziele haben dann aber in der nationalen Umweltpolitik nur eine geringe Rolle gespielt. So enthalten zwar auch der Umweltbericht ’76 (Bundesregierung, Umweltbericht 1976) der Bericht Umwelt ’85 (Bundesregierung, Umweltbericht 1985) und die Leitlinien Umweltvorsorge von 1986 (Bundesregierung, Leitlinien Umweltvorsorge) Umweltziele, allerdings ohne irgendwelche quantifizierbaren Angaben zu machen; Rehbinder NuR 1997, S. 313. 142 Kloepfer, Umweltrecht, 2004, S. 94 f.

§ 4 Entstehung und Entwicklung von Umweltqualitätszielen

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Handlungsmodell, sondern praxisorientierte Grundaussagen der Umweltpolitik für einzelne Umweltbereiche143. Bis auf wenige konkretere, inhaltliche Zielvorstellungen handelte es sich dabei um übergeordnete, nicht weiter präzisierte Zielbeschreibungen144. Die Formulierung eines umfassenden umweltpolitischen Zielsystems schied zum damaligen Zeitpunkt aufgrund des unzureichenden Kenntnisstandes über die Wechselwirkungen zwischen den Umweltmedien und des damit einhergehenden, nicht zu deckenden Informationsdefizits für die praktische Umweltpolitik aus145. An den im ersten Umweltprogramm der Bundesregierung für die einzelnen Umweltbereiche festgelegten Qualitätszielen wurde bei der Fortschreibung des Programms durch den Umweltbericht von 1976146 festgehalten, und sie wurden 1982 der Sache nach abermals bekräftigt147. Die Formulierung weiterer derartiger Ziele unterblieb jedoch im Wesentlichen148, wobei allerdings von der Bewertung des Erfolgs staatlicher Maßnahmen durch die Bundesregierung immerhin ex post auf implizite Ziele geschlossen werden kann149. Einen neuen Akzent erhielt die Diskussion um Umweltqualitätsziele Mitte der achtziger Jahre durch die Erkenntnis, dass eine akzeptable Umweltqualität nicht allein durch Emissionsgrenzwerte erreicht werden kann150. Diese Einschätzung beruhte vor allem auf der Erkenntnis, dass die in erster Linie auf Gefahrenabwehr ausgerichteten und stark durch technische Machbarkeit und wirtschaftliche Zumutbarkeit geprägten Emissionsgrenzwerte allein zum Schutz von Mensch und Umwelt nicht ausreichen. Aus Wissenschaft und Praxis wurde daher die Forderung erhoben, das Instrumentarium der Umweltpolitik durch die Entwicklung und Festlegung von vorsorgeorientierten Umweltqualitätszielen zu verbessern151. Die Bundesregierung hat dieser Forderung in ihren bereits eingangs erwähnten „Leitlinien zur Umweltvorsorge“ von 1986152 Rechnung getragen, in denen sie ausführt, dass Emissionsgrenzwerte durch konkrete Umweltqualitätsziele 143

SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 60. SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 60. 145 SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 60; vgl. Hartkopf/Bohne, Umweltpolitik 1, 1983, S. 89. 146 Bundesregierung, Umweltbericht 1976, Tz. 12. 147 Bundesregierung, Fortentwicklung der Umweltpolitik, S. 1; Hartkopf/Bohne, Umweltpolitik 1, 1983, S. 85; SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 60. 148 Rehbinder, NuR 1997, S. 313; SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 60. 149 Als Beispiel wird in diesem Zusammenhang etwa auf die Großfeuerungsanlagenverordnung hingewiesen; Rehbinder, NuR 1997, S. 313, seinerseits unter Verweis auf Hartkopf, NuR 1984, 128 ff. 150 SRU, Umweltgutachten 1987, Tz. 83; UBA (Hrsg.), Formulierung regionaler Umweltqualitätsziele, 2001, S. 7. 151 SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 61. 152 Bundesregierung, Leitlinien Umweltvorsorge. 144

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

ergänzt werden müssen153. Ein weiterer Anstoß in diese Richtung kam nur wenig später aus dem Umweltgutachten 1987 des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen. Der Rat stellte zwar fest, dass die Forderung nach sektor- und stoffübergreifenden Umweltqualitätszielen, welche die gewünschte Beschaffenheit der Umwelt wiedergeben, unerfüllbar sei, weil es keinen Gesamtindikator, sondern nur Indikatorensysteme geben könne154. Als Ausweg schlug er aber die Erstellung von Schutzwürdigkeits- und Gefährdungsprofilen vor, um an Hand derer die jeweiligen Ziele und Standards zu formulieren155. 2. Umweltqualitätsziele auf europäischer Ebene Auf europäischer Ebene haben Umweltqualitätsziele schon seit den 70er Jahren eine große Rolle gespielt156, wo sie bereits im ersten Umweltaktionsprogramm von 1973157 – hier sogar unter ausdrücklicher Verwendung des Begriffs „Qualitätsziele“ – erwähnt wurden158. Dieser Umstand ist insofern von besonderer Bedeutung, als die Aktionsprogramme der EG die konzeptionelle Grundlage für die Aktivitäten der Gemeinschaft im Bereich des Umweltschutzes enthalten159 und die Ziele und Prioritäten der gemeinschaftlichen Umweltpolitik festlegen160. So sah bereits das I. Umweltaktionsprogramm eine zentrale Aufgabe darin, Qualitätsziele zu erarbeiten und diese als Qualitätsstandards zu normieren161. Dabei legte es einen besonderen Schwerpunkt auf den Bereich des Gewässerschutzes. Die Qualitätsnormen sollten nicht unmittelbar an bestimmte Verursacher- bzw. Emit153

Bundesregierung, Leitlinien Umweltvorsorge, S. 8. SRU, Umweltgutachten 1987, Tz. 75. 155 SRU, Umweltgutachten 1987, Tz. 94 ff. 156 SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 105. 157 ABl. 1973, C 112, S. 1 ff. 158 ABl. 1973, C 112, S. 8 ff. und 12 ff. 159 Bisher wurden insgesamt sechs Umweltaktionsprogramme verabschiedet. Den Anfang machte das I. Aktionsprogramm vom 22.11.1973 (ABl. 1973, C 112, S. 1 ff.), das bis 1976 galt. Ihm folgten fünf weitere: Das II. für den Zeitraum von 1977 bis 1981 (ABl. 1977, C 139, S. 1 ff.), das III. für den Zeitraum von 1982 bis 1986 (ABl. 1983, C 46, S. 1 ff.), das IV. für den Zeitraum von 1987 bis 1992 (ABl. 1987, C 328, S. 1 ff.), das V. für den Zeitraum von 1993 bis 2000 (ABl. 1993, C 138, S. 1 ff.) sowie das VI., welches derzeit läuft und den Zeitraum von 2001 bis 2010 (ABl. 2002, C 242, S. 1 ff.) abdeckt. 160 Umweltaktionsprogramme umschreiben in allgemeiner Form die für einen bestimmten Zeitraum geplanten Maßnahmen, stellen einen globalen Zusammenhang her und leiten ggf. neue Entwicklungen und Orientierungen ein; Epiney, Umweltrecht in der Europäischen Union, 2005, S. 23 ff. 161 Vgl. ABl. 1973, C 112, S. 8 ff. und 12 ff.; Meinken, Immissions- versus Emissionsorientierung, 2001, S. 107. 154

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tentengruppen, sondern primär an die Mitgliedstaaten gerichtet sein, die durch die Schaffung geeigneter Rechtsvorschriften für deren Einhaltung zu sorgen hatten162. Für das Umweltmedium Wasser wurde bei der Festlegung der auf einzelne Parameter gestützten Qualitätsziele nach der Nutzung und dessen Funktion unterschieden sowie die Erarbeitung einer gemeinsamen Methodik zur Festlegung der für die Einhaltung der Qualitätsziele notwendigen Maßnahmen angestrebt163. Die grundlegende Konzeption des I. Umweltaktionsprogramms fand seine Bestätigung durch das II. Umweltaktionsprogramm von 1977164. Die in den beiden Aktionsprogrammen vorgesehenen gewässerschutzrechtlichen Qualitätsziele wurden im Wesentlichen durch vier Richtlinien verwirklicht: Die sog. Rohwasserrichtlinie165, die Badegewässerrichtlinie166, die Fischgewässerrichtlinie167 sowie die Muschelgewässerrichtlinie168. Im III. Umweltaktionsprogramm von 1983 legte man fest, dass die Kommission die im Rahmen der beiden ersten Programme eingeleiteten Maßnahmen fortführen und die genannten Qualitätsrichtlinien durchführen sollte169. Von Qualitätszielen war der Sache nach im Zusammenhang mit der Liste II der Richtlinie zur Festlegung von Emissionsnormen und Qualitätszielen für gefährliche Stoffe (sog. Gewässerschutzrichtlinie170) die Rede. Hierauf nahm auch das IV. Umweltaktionsprogramm von 1987 Bezug, wonach die Kommission beabsichtigte, Qualitätsziele für einige Stoffe dieser Liste vorzuschlagen, sofern sich dies im Lichte der gewonnen einzelstaatlichen Erfahrung als notwendig erwies171. Dies ist jedoch bis heute nicht geschehen. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die Umweltaktionsprogramme bereits seit Beginn der 70er Jahre zu einer Etablierung von Qualitätszielen auf 162

Meinken, Immissions- versus Emissionsorientierung, 2001, S. 107 f. ABl. 1973, C 112, S. 16 ff. 164 Vgl. ABl. 1977, C 139, S. 5 ff.; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 107. 165 Richtlinie 75/440/EWG des Rates vom 16. Juni 1975 über die Qualitätsanforderungen an Oberflächengewässer für die Trinkwassergewinnung in den Mitgliedstaaten, ABl. 1975, L 194, S. 34. 166 Richtlinie 76/169/EWG des Rates vom 8. Dezember 1975 über die Qualität der Badegewässer, ABl. 1976, L 31, S. 1. 167 Richtlinie 78/659/EWG des Rates vom 18. Juli 1978 über die Qualität von Süßwasser, das schutz- oder verbesserungsbedürftig ist, um das Leben von Fischen zu erhalten, ABl. 1978, L 222, S. 1. 168 Richtlinie 79/923/EWG des Rates vom 23. Oktober 1979 über die Qualitätsanforderungen an Muschelgewässer, ABl. 1979, L 281, S. 47. 169 ABl. 1983, C 46, S. 9; vgl. insoweit auch die Ausführungen im IV. Umweltaktionsprogramm, ABl. 1987, C 328, S. 23. 170 ABl. 1976, L 129, S. 23 ff. 171 ABl. 1987, C 328, S. 23 f. 163

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

europäischer Ebene beigetragen haben. Allerdings war die Wirksamkeit der genannten vier Aktionsprogramme von vorn herein dadurch eingeschränkt, dass ihnen und damit auch den darin enthaltenen Zielen keine rechtliche Verbindlichkeit zukam172. Vielmehr waren sie von der Kommission lediglich als Arbeitsprogramme erstellt worden, die vom Rat und den im Rat vereinigten Vertretern der Mitgliedstaaten zwar gebilligt wurden, letztlich jedoch lediglich unverbindliche politische Absichtserklärungen darstellten173. Immerhin sind auf Grund dieser Aktionsprogramme eine Reihe von Qualitäts-Richtlinien ergangen, die in den Mitgliedstaaten – zumindest in weiten Teilen – auch umgesetzt worden sind.

II. Die Intensivierung der Umweltzieldebatte durch die internationale Initiative im „sustainable development“ Einen wesentlichen Anstoß erhielt die Entwicklung von Umweltqualitätszielen durch die Intensivierung der Debatte auf internationaler Ebene. Der im Jahre 1987 von der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung verfasste sog. Brundtland-Bericht174 vermittelte die Erkenntnis, dass eine ökonomische und soziale Entwicklung, die auf inter-175 und intragenerative176 Gerechtigkeit ausgerichtet ist, nicht von den Umweltbedingungen abstrahiert werden darf, sondern eine dauerhafte Sicherung der Umweltfunktionen gewährleisten muss177. In diesem Zusammenhang wird in dem Bericht gefordert, Kriterien für Normen der Umweltqualität sowie Richtlinien für die dauerhafte Nutzung und Verwaltung der natürlichen Ressourcen zu entwickeln178. Die Niederlande waren einer der ersten Staaten, die, angeregt durch das Erscheinen des Brundtland-Berichts, diese Idee des „sustainable development“ aufgriffen und Umweltqualitätsziele in einem 1989 veröffentlichten nationalen Umweltpolitikplan festlegten179. 172 EuGH, Rs. C-142/95 P (Assoziazione agricoltori et al./Kommission et al.), Slg. 1996, S. I-6669, Rn. 32; Epiney, Umweltrecht in der Europäischen Union, 2005, S. 23; Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 86; Krämer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR I, 2003, S. 455. 173 Molkenbur, DVBl. 1990, S. 677; Beyer, JuS 1990, S. 963; Caspari, Umweltpolitik, 1995, S. 65; Epiney, Umweltrecht in der Europäischen Union, 2005, S. 24; Kahl, Umweltprinzip und Gemeinschaftsrecht, 1993, S. 60 f.; Schmitz, Die Europäische Union als Umweltunion, 1996, S. 34. 174 In Deutschland ist dieser Bericht unter dem Titel „Unsere gemeinsame Zukunft“, hrsg. von Hauff, im Jahre 1987 publiziert worden. 175 Zukunftsbezug: nachfolgende Generationen. 176 Dritte-Welt-Bezug. 177 Hauff (Hrsg.), Unsere gemeinsame Zukunft, 1987, S. 70 ff., 169 ff.; Köck, ZUR 1997, S. 79, Fn. 1; SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 62. 178 Hauff (Hrsg.), Unsere gemeinsame Zukunft, 1987, S. 314.

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Den stärksten Impuls für die Diskussion um Umweltqualitätsziele gab jedoch die Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung im Jahre 1992 in Rio de Janeiro, die „sustainable development“ zur wegweisenden Programmatik für die Bewältigung der gemeinsamen Zukunft der Menschheit erhob180. Das aus der Konferenz hervorgegangene Aktionsprogramm „Agenda 21“ fordert die Integration von Umwelt- und Entwicklungszielen in die politische Entscheidungsfindung und formuliert für wesentliche Bereiche der Umwelt- und Entwicklungspolitik Handlungsaufträge an alle Staaten181. Die Forderung nach einer nachhaltigen Entwicklung fand seither immer stärker Eingang in die nationale wie auch europäische Umweltpolitik und wird mit der Festlegung konkreter Umweltqualitätsziele verbunden182. Angestoßen durch entsprechende Aktivitäten in vielen europäischen und außereuropäischen Staaten183 haben Mitte der 90er Jahre auch in Deutschland gesellschaftliche und politische Akteure eigene Entwürfe für eine Nachhaltigkeitsstrategie und darin enthaltene Umweltqualitäts- und Handlungsziele vorgelegt. 1. Der Weg zu einer deutschen Nachhaltigkeitsstrategie Als Vorreiter kann das bereits erwähnte Gutachten des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen (SRU) aus dem Jahre 1994 gelten, das zur Operationalisierung des Nachhaltigkeitsgrundsatzes die Festlegung von Umweltqualitätszielen und -standards sowie ein Indikatorensystem fordert. Als 179

SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 62. Vgl. die Erklärung von Rio zu Umwelt und Entwicklung, BMU (Hrsg.), RioKonferenz. Dokumente I, S. 41 ff.; SRU, Umweltgutachten 1994, Tz. 1 ff. 181 BMU (Hrsg.), Rio-Konferenz, Dokumente II, vgl. insbesondere Teil 1, Kap. 8 der Agenda 21, S. 58 ff. Das Aktionsprogramm der Agenda 21 hat selbst eine Fülle von Umweltzielen für einzelne Umweltbereiche (Schutz der Erdatmosphäre, Verhütung des Abbaus der Ozonschicht, grenzüberschreitende Luftverunreinigung, Bodenressourcen; Entwaldung, empfindliche Ökosysteme, Landwirtschaft, biologische Vielfalt, Schutz der Meere und Küsten sowie Schutz der Süßwasserressourcen, toxische Chemikalien und Abfall; vgl. Teil 2, Kap. 9–22 der Agenda 21) hervorgebracht und mit entsprechenden Maßnahmen und Instrumenten für die Umsetzung versehen. Die hier aufgestellten Ziele sind allerdings nur allgemein gehaltene umweltpolitische Absichtserklärungen; ausschlaggebend für die nationalen und europäischen Entscheidungsträger sind deshalb vor allem die anlässlich der UN-Konferenz und anderer Konferenzen zustandegekommenen Konventionen und die darin enthaltenen umweltpolitischen Ziele. Wirkung auf nationaler Ebene haben vor allen Dingen das Montrealer Protokoll mit seinen fortlaufenden Verschärfungen und die Klimarahmenkonvention gezeigt; SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 104. 182 Kahl, in: Bauer/Czybulka/Kahl/Voßkuhle (Hrsg.), Umwelt, Wirtschaft und Recht, 2002, S. 142 f. 183 Vgl. hierzu Jänicke/Jörgens/Koll, in: Jänicke/Jörgens (Hrsg.), Umweltplanung im internationalen Vergleich, 2000, S. 221 ff.; Menzel, ZRP 2001, S. 222. 180

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

Zielebereiche werden Ressourcenschonung, Gesundheitsschutz sowie die Einhaltung der Tragekapazität der natürlichen Umwelt genannt. In seinem 1998er Gutachten empfiehlt der Sachverständigenrat eine stärkere Systematisierung der Grundlagen der umweltpolitischen Zielfindung in Deutschland und macht gleichzeitig modellhafte Verfahrensvorschläge zur Ableitung, Festlegung und Umsetzung von Umweltqualitäts- und Umwelthandlungszielen184. Das Umweltbundesamt stellte im Jahre 1997 ebenfalls ein Konzept nachhaltiger Entwicklung vor185, welches teilweise quantifizierte und mit einem Zeithorizont versehene Umweltqualitäts- und Umwelthandlungsziele enthält. Die Studie konzentriert sich auf Schlüsselbereiche für eine nachhaltige Entwicklung wie Energie, Mobilität, Nahrungsmittelproduktion, Stoffströme sowie Konsum. Um diese Themenbereiche auf ihre Nachhaltigkeit zu prüfen, ihre möglichen Entwicklungen in der Zukunft zu beschreiben und Gestaltungsspielräume aufzuzeigen, arbeitet die Studie mit drei verschiedenen Szenarien186, die allgemein auf das Jahr 2010 bezogen sind. Wesentliche Anstöße gingen auch von der durch den Deutschen Bundestag mit dem Auftrag eingesetzten Enquete-Kommission, Ziele und Rahmenbedingungen einer nachhaltigen zukunftsverträglichen Entwicklung zu erarbeiten, aus. Diese erstellte ein Modell eines planerisch- instrumentellen Verfahrens der Zielfindung mit Umweltqualitäts- und Handlungszielen sowie Maßnahmen zu deren Umsetzung187. Die ökologischen Zielsetzungen sollen in einem nationalen Umweltplan zusammengefasst werden, der gleichzeitig als Baustein einer gesamten Nachhaltigkeitsstrategie mit ebenfalls zu formulierenden ökonomischen und sozialen Zielsetzungen fungiert188. Als erstrebenswert wird außerdem die Verknüpfung des planerischen Zielfindungsmodells mit einem auf eine diskursiv-partizipative Entwicklung von Zielvorstellungen und deren kooperative Umsetzung angesehenen Ansatz, wie er beispielsweise im Rahmen der lokalen Agenda 21 praktiziert wird, angesehen189. 184

SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 1 ff. UBA, Nachhaltiges Deutschland, 1997. Die im Jahr 2002 vorgelegte zweite Zukunftsstudie „Nachhaltige Entwicklung in Deutschland“ vertieft die Themenbereiche der ersten Studie und erweitert sie um einige Handlungsfelder. 186 1. Status quo-Szenario (Fortschreibung der gegenwärtigen Trends); 2. Effizienz-Szenario (Verbesserung der technischen Effizienz); 3. Struktur- und Bewusstseinswandel-Szenario (Annahme umweltbelastender Verhaltensänderungen über die Verbesserung der technischen Effizienz hinaus). 187 Enquete-Kommission, Konzept Nachhaltigkeit (Abschlussbericht), 1998, S. 78 ff. 188 Enquete-Kommission, Konzept Nachhaltigkeit (Abschlussbericht), 1998, S. 82 f. 189 Enquete-Kommission, Konzept Nachhaltigkeit (Abschlussbericht), 1998, S. 85 f. 185

§ 4 Entstehung und Entwicklung von Umweltqualitätszielen

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Im Anschluss an diese Aktivitäten stellte im Frühjahr 1998 auch die Bundesregierung der Öffentlichkeit den Entwurf eines umweltpolitischen Schwerpunkteprogramms190 mit Vorschlägen für quantifizierte Umweltqualitäts- und Umwelthandlungsziele im Hinblick auf sechs prioritäre Themenbereiche191vor, der allerdings in der 13. Legislaturperiode weder im Kabinett noch im Bundestag diskutiert wurde192. Die im Herbst 1998 gebildete neue Bundesregierung beschloss die Einsetzung eines Staatssekretärsausschusses für Nachhaltige Entwicklung (Green Cabinet) und eines Rates für Nachhaltige Entwicklung193. Der Staatssekretärsausschuss, dem die Verantwortung für die Formulierung der Nachhaltigkeitsstrategie zukommt, legte daraufhin unter dem Titel „Perspektiven für Deutschland“ einen Entwurf für eine deutsche Nachhaltigkeitsstrategie vor194, deren Endfassung im April 2002 beschlossen wurde. Die Strategie formuliert neben grundsätzlichen Ausführungen zum Leitbild der nachhaltigen Entwicklung zehn konkrete „Managementregeln“. Zudem werden 21 Einzelziele, wie beispielsweise Ressourcenschonung, Klimaschutz, Abbau der Staatsverschuldung, wirtschaftlicher Wohlstand und Bekämpfung der Kriminalität aufgestellt. Diese Ziele sind zumeist quantifiziert und werden gleichzeitig als Indikatoren in dem Sinne verstanden, dass der jeweilige Grad der Zielerreichung Aufschluss darüber geben soll, wo sich Deutschland auf dem Wege zu einer nachhaltigen Gesellschaft befindet. Im letzten Teil schließlich werden im Bereich der oben genannten Themenfelder konkrete Maßnahmen aufgezeigt. Die Bewertung der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie – soweit eine solche zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt schon möglich ist – fällt allerdings zwiespältig aus. Obwohl die Strategie einige ehrgeizige Reduktionsziele (z. B. Halbierung der Energie- und Rohstoffintensität bis 2020) enthält, fehlen weitgehend Qualitätsziele für den Umweltzustand, dessen langfristige Veränderungen eigentlich im Vordergrund stehen sollten. So findet der Zustand der Gewässer beispielsweise keinerlei Berücksichtigung. Problematisch ist auch die unzureichende Unterscheidung zwischen Zielen und Indikatoren. Bei einigen der ausgewählten „Indikatoren“ handelt es sich nicht um solche im eigentlichen Sinne, d. h. Größen, mit denen nicht oder schwer 190

BMU (Hrsg.), Entwurf eines umweltpolitischen Schwerpunktprogramms. Es handelt sich dabei um die Themenbereiche Schutz des Klimas und der Ozonschicht, Schutz des Naturhaushalts, Schonung der Ressourcen, Schutz der menschlichen Gesundheit sowie Verwirklichung einer umweltschonenden Mobilität. 192 SRU, Umweltgutachten 2000, Tz. 37. 193 Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, 2003, S. 74. 194 Bundesregierung, Perspektiven für Deutschland. Unsere Strategie für eine nachhaltige Entwicklung, einzusehen unter http://www.dialog-nachhaltigkeit.de/ downloads/Perspektiven_komplett.pdf. 191

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

messbare Sachverhalte auf einfache Weise erfasst werden können, sondern um mehr oder weniger willkürlich gesetzte Teilziele195. Zudem steht die Verknüpfung der Umweltfrage mit einer Reihe anderer Reformthemen wie Staatsverschuldung und Kriminalität einer homogenen Zielstruktur für eine nachhaltige Entwicklung entgegen196. 2. Die Strategie nachhaltiger Entwicklung auf europäischer Ebene Seit der Konferenz von Rio steht Umweltplanung auch auf europäischer Ebene im Zeichen nachhaltiger Entwicklung. Die EU-Politik für eine nachhaltige Entwicklung ist als Folge dieser Entwicklung durch mehrere Strategien bzw. Strategieentwürfe gekennzeichnet, die größtenteils nebeneinander herlaufen und deren Rolle und Verhältnis zueinander nicht vollständig geklärt sind. Neben dem IV. und dem V. Umweltaktionsprogramm sind folgende drei weitere Entwicklungen maßgebend: Erstens die Strategie nachhaltiger Entwicklung, wie sie in ihren Grundzügen auf dem Europäischen Rat in Göteborg beschlossen wurde, zweitens der sog. „Cardiff-Prozess“, der die Erarbeitung von Sektorstrategien für die Einbeziehung der Umweltdimension vorsieht und drittens die sog. „Lissabon-Strategie“ für Beschäftigung, Wirtschaftsreform und sozialen Zusammenhalt, welche die ökonomische und soziale Dimension der EU-Nachhaltigkeitsstrategie darstellt. Alle diese Strategien sind jedoch noch in der Entwicklung begriffen, so dass hierüber zur Zeit keine abschließende Bewertung möglich ist. 3. Zielorientierung im V. und VI. Umweltaktionsprogramm der EG Der Nachhaltigkeitsgipfel von Rio stellte auch die Umweltaktionsprogramme der EG auf eine neue konzeptionelle Grundlage197. So wurden im V. Umweltaktionsprogramm „Für eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung“198 im Gegensatz zu früheren Aktionsprogrammen die Umweltziele der Gemeinschaft nicht mehr für einzelne Umweltmedien, sondern für bestimmte Themenfelder wie Klimaveränderung, Versauerung und Wasserwirtschaft festgelegt199. Dabei sind für die verschiedenen ausgewählten Hauptthemen zum einen übergeordnete langfristige Zielsetzungen („objectives“) angegeben, die als Leitlinien für eine nachhaltige Entwicklung fungieren sollen und auf Grund des begrenzten Erkenntnisstandes sowie des Feh195 196 197 198 199

SRU, Umweltgutachten 2002, Tz. 280. Ausführlich hierzu unten § 5 I. 2. Frenz/Unnerstall, Nachhaltige Entwicklung im Europarecht, 1999, S. 170 f. ABl. 1993, C 138, S. 1 ff. SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 105.

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lens von Parametern qualitativer Natur sind200. Zum anderen werden aber auch konkretere Zielvorgaben („targets“) definiert, deren Erreichung mittelfristig, d. h. bis zum Jahre 2000 anzustreben war und die nicht nur qualitativer, sondern teilweise auch quantitativer Natur sind. Hierbei handelt es sich um schadstoff- und produktbezogene Reduktionsziele, Grenzwertvorgaben oder nichtstoffliche Ziele201. Im Bereich des Gewässerschutzes fordert das Programm als grundsätzliche Zielvorgaben die Vermeidung einer andauernden Überbeanspruchung des Grund- und Oberflächenwassers zur Gewinnung von Trinkwasser sowie von Wasser für gewerbliche und andere Zwecke, die Verhütung jeglicher Art von Verschmutzungen des Grundwassers durch diffuse Quellen sowie die Erhöhung der ökologischen Qualität der Oberflächengewässer202. Als konkrete rechtliche Regelung ist im V. Umweltaktionsprogramm jedoch lediglich eine Richtlinie über die ökologische Qualität von Gewässern vorgesehen203. Auf Grundlage des Berichts über das fünfte Umweltaktionsprogramm entwickelte die Kommission einen Entwurf für das VI. Aktionsprogramm204, der nach Anrufung des Vermittlungssausschusses schließlich im Sommer 2002 beschlossen wurde205. Zentral für das Programm ist die Prioritätenfestlegung auf die folgenden vier thematischen Bereiche: Klimawandel (Art. 5), Naturschutz und Biodiversität (Art. 6), Umwelt, Gesundheit und Lebensqualität (Art. 7) sowie natürliche Ressourcen und Abfall (Art. 8). Für diese Schwerpunktbereiche werden jeweils allgemeine Zielvorgaben (objectives) formuliert, die in von der Kommission vorzulegenden „thematischen Strategien“ zu konkretisieren sind. Diese Vorgehensweise ist nicht unproblematisch, weil dadurch weitere Konkretisierungen von Zielen und Maßnahmen auf die fernere Zukunft verschoben werden206. Die wenigen quantitativen Ziele betreffen vor allem den Klimaschutz und stellen überdies Verweise auf bestehende Beschlusslagen (Kyoto-Ziele) dar207. Im Bereich des Gewässerschutzes sind dagegen ausschließlich qualitative Ziele festgelegt. Diese betreffen die Gewährleistung einer nachhaltigen Nutzung 200

SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 105. SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 106. 202 ABl. 1993, C 138, S. 53 f. 203 ABl. 1993, C 138, S. 54. Vgl. insoweit auch den Vorschlag für eine Richtlinie über die ökologische Qualität von Gewässern, KOM(93), 680 endg., ABl. 1994, C 222, S. 6 ff. Im Zuge einer grundsätzlichen Neuorientierung in der gemeinschaftlichen Gewässerschutzpolitik im Jahre 1995 nahm man von einer solchen Richtlinie jedoch zugunsten der Neuordnung des bisherigen Gewässerschutzrechts durch die zukünftige WRRL Abstand; s. hierzu unten § 15 I. 1. 204 KOM(2001) 31 endg., ABl. 2001, C 154 E, S. 218 ff. 205 ABl. 2002, L 242, S. 1 ff. 206 SRU, Umweltgutachten 2002, Tz. 254. 207 SRU, Umweltgutachten 2002, Tz. 252. 201

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von Wasser und eine gute Wasserqualität i. S. der inzwischen verabschiedeten WRRL208. Nimmt man eine Bewertung der Festlegung von Umweltzielen in diesem Programm vor, so kommt man wohl nicht umhin, insgesamt einen Rückschritt gegenüber dem V. Umweltaktionsprogramm festzustellen209. Auf den Bereich des Gewässerschutzes trifft dies allerdings nur eingeschränkt zu, weil durch die vorherige Verabschiedung der WRRL zu dieser Zeit bereits – zumindest teilweise – präzisierte Ziele vorlagen.

III. Die Entwicklung der Umweltqualitätszieldiskussion in den einzelnen Wissenschaftsdisziplinen Umweltqualitätsziele sind nicht nur Gegenstand von Strategien, Programmen und Verträgen der gesellschaftlich und politisch Handelnden, sondern im Laufe der Jahre mit unterschiedlichen Akzenten mehr und mehr zum Gegenstand wissenschaftlicher Betrachtung verschiedener Fachdisziplinen geworden. Auch hier steht die Beschäftigung mit Umweltqualitätszielen in engem Zusammenhang mit der Entwicklung des Leitbildes nachhaltiger Entwicklung. 1. Raumwissenschaften Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Umweltqualitätszielen erfolgte als erstes auf dem Gebiet der ökologischen Planung210. So hat die Akademie für Raumforschung und Landesplanung (ARL) bereits Ende der 80er Jahre einen Arbeitskreis „Wechselseitige Beeinflussung der Grundsätze, Ziele und Erkenntnisse von Raumordnung und Umweltschutz“ einberufen, der sich u. a. mit den Funktionen, Möglichkeiten und Grenzen von Umweltqualitätszielen befasste211. Aufbauend auf dieser Arbeit wurde im Auftrag des Umweltbundesamtes das Gutachten „Umweltqualitätsziele für die ökologische Planung“212 erarbeitet, welches die Entstehung, Verwendung und Validität von Umweltqualitätszielen und -standards für Gewässer, 208

ABl. 2002, L 242, S. 11 f. Der SRU sieht im VI. Umweltaktionsprogramm – entgegen der darin enthaltenen formellen Bekundung – sogar eine tendenzielle Abkehr vom Ansatz der zielorientierten Umweltpolitik und die Rückkehr zu einem ergebnisoffenen Inkrementalismus; Umweltgutachten 2002, Tz. 254 m. w. N. 210 Hierbei handelt es sich um räumliche Planung, welche auf die Sicherung und Entwicklung der Leistungsfähigkeit von Ökosystemen abzielt; Fürst et al., Umweltqualitätsziele für die ökologische Planung, 1992, S. 7. 211 ARL (Hrsg.), Wechselseitige Beeinflussung von Umweltvorsorge und Raumordnung, 1987, vgl. insbesondere den Beitrag von Uppenbrink/Knauer, S. 45 ff. 212 Fürst et al., Umweltqualitätsziele für die ökologische Planung, 1992. 209

§ 4 Entstehung und Entwicklung von Umweltqualitätszielen

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Boden sowie Arten und Biotope diskutiert. Dabei zeigte sich, dass speziell auf regionaler Ebene die größten Defizite bei in der Praxis anwendbaren – weil regional hinreichend ausdifferenzierten – Umweltqualitätszielen bestehen. Zur Schließung dieser Lücke wurde eine Methodik für die Erstellung regionaler Umweltqualitätsziele und -standards sowie deren Umsetzung durch kommunalpolitische Instrumentarien konzipiert213. Im Anschluss hieran fand die Entwicklung und Erprobung eines Umsetzungsmodells insbesondere für kommunale Umweltqualitätsziele am Beispiel von neun Gemeinden des Landkreises Osnabrück statt214. Dieses Instrumentarium wird als Möglichkeit angesehen, regionalisierte Umweltqualitätsziele aus bundesund landesweiten Umweltqualitätszielen so umzusetzen, dass eine Auseinandersetzung mit konkurrierenden Umweltqualitätszielen systematisch geführt wird und keine Verlagerung von Umweltproblemen in einer Region von einem Umweltmedium in das andere stattfindet. Die wissenschaftliche Forschung zum Thema kommunaler Umweltplanung wurde durch Arbeiten der Arbeitsgemeinschaft Umweltqualitätsziele des UVP-Fördervereins weitergeführt. So erstellte diese ein Kriterienprofil für die kommunale Ebene, welches bereits bei der Bewertung von kommunalen Umweltqualitätszielen Anwendung findet215. 2. Umweltwissenschaften Da die Bestimmung der ökologischen Belastungsgrenzen maßgeblich als Grundlage für die Formulierung von Umweltqualitätszielen dient, sind letztere seit geraumer Zeit auch Gegenstand der Umweltwissenschaften, insbesondere der Ökologie216. Um die Belastbarkeit der Umwelt einschätzen zu können, nimmt diese eine Analyse der Wirkungs- und Belastungsgrenzen von Ökosystemen (wie z. B. Oberflächengewässern, Grundwässern) gegenüber qualitativ und quantitativ unterschiedlichen Beeinträchtigungen vor217. Bei einer solchen Analyse des Umweltzustandes müssen aus ökologischer Sicht die Auswirkungen der durch menschliche Aktivitäten veränderten abiotischen und biotischen Komponenten im Rahmen des gesamten Ökosystems und Ökosystemgefüges erfasst werden218. Durch die Aufstellung von 213 Schwenckendiek/Schemel/Hoppenstedt, Umweltqualitätsziele für die ökologische Planung (Vorstudie), 1992. 214 Runden et al., Umweltqualitätsziele für die ökologische Planung (Hauptphase), 1997. 215 UVP-Förderverein (Hrsg.), Aufstellung kommunaler Umweltqualitätsziele, 1995. 216 SRU, Umweltgutachten 1994, Tz. 143. 217 Hain, in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, 1997, S. 59.

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

Umweltindikatoren, die das Leitbild dauerhaft umweltgerechter Entwicklung im Hinblick auf die Umweltqualitätsziele operationalisieren, kann auf der Grundlage einer Situationsanalyse eine Überprüfung seiner Umsetzung erfolgen. Dabei ist man sich darin einig, dass der Zustand der Umwelt keinesfalls durch nur einen, hoch aggregierten Umweltindikator zu beschreiben ist, der die Qualitäten von Wasser, Boden, Luft und Landschaft in einer einzigen Größe anzeigt. Vielmehr kann die Beurteilung der Situation einzelner Umweltmedien oder ganzer Ökosysteme allenfalls durch ein Bündel von Indikatoren gelingen, das einer systematischen Auswahl nach fachlich anerkannten Gesichtspunkten unterliegt219. In der Ökologie beschäftigt man sich deshalb beispielsweise mit der Aufstellung von Indikatorensystemen, die eine zeitlich, räumlich und auch sachlich problemadäquate Bezugsebene für die Aggregation der anthropogenen Umweltbelastungen enthalten220. Mit der wissenschaftlichen Ableitung von Umweltqualitätszielen, die an der Tragfähigkeit von Ökosystemen orientiert sind, befassten sich vor allem verschiedene Fachbereiche im Umweltbundesamt221. Wesentliche Grundlagen hierzu entstanden bereits im Jahre 1994 durch die bestandsaufnehmende Studie „Umweltqualitätsziele, Umweltqualitätskriterien und -standards“222. Diese bezieht sich vor allem auf wirkungsseitig abgesicherte Umweltqualitätsziele und beinhaltet darüber hinaus Erläuterungen zum methodischen Vorgehen bei deren Konkretisierung. Im Jahre 1996 ist eine Veröffentlichung über Umweltqualitätsziele und Umwelthandlungsziele im Gewässerschutz223 erschienen, die Definitionen, Inhalte und Funktionen von Umweltqualitäts- und Umwelthandlungszielen im Gewässerschutz enthält und die vorhandenen Ziele dargestellt. Die im Jahre 2000 vorgelegte Studie „Ziele für die Umweltqualität“224 stellt die Bedeutung der naturwissenschaftlichen Grundlagen und die methodischen (medialen und medienübergreifenden) Ansätze für die Formulierung von Umweltqualitätszielen in den Vordergrund.

218

SRU, Umweltgutachten 1994, Tz. 155. SRU, Umweltgutachten 1994, Tz. 145. 220 Vgl. hierzu Walz et al., Grundlagen für ein nationales Umweltindikatorensystem, 1997. 221 Näher hierzu SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 113. 222 Gregor, Umweltqualitätsziele, Umweltqualitätskriterien und -standards, 1994. 223 Claussen et al., Umweltqualitäts- und Umwelthandlungsziele im Gewässerschutz, 1996. 224 UBA, Ziele für die Umweltqualität, 2000. 219

§ 4 Entstehung und Entwicklung von Umweltqualitätszielen

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3. Wirtschaftswissenschaften Die Festlegung verbindlicher Umweltziele rückte auch in das Blickfeld der Wirtschaftswissenschaften, da derartige Ziele zugleich die Basis für umweltökonomische Instrumente bilden225. Jedwede Ökonomisierung der Umweltpolitik ist auf einen regulativen Rahmen angewiesen, der den Sollzustand der Umwelt festlegt (Zielorientierung)226. Es handelt sich dabei um gebietsbezogene wie quellenbezogene Mengenbegrenzungen der Ressourcennutzung (Ausbeutung von Rohstoffquellen, etwa Grundwasserentnahmen) sowie um Nutzungsbegrenzungen im Sinne des Gebrauchs der Umwelt als Aufnahmemedium (Abluft, Abwasser). Die hinsichtlich der erstrebten Mengen- und Nutzungsbegrenzungen aufzustellenden Qualitätsund Mengenziele werden dabei als Orientierungspunkte im Rahmen ökonomischer Instrumente wie der Berechnung von Abgabesätzen und den Ausgaben handelbarer Emissionsrechte (Zertifikate227) gefordert. Während es in diesem Zusammenhang lediglich auf das „ob“, nicht aber auf das „wie“ der Festlegung von Umweltzielen ankommt, hat nicht zuletzt die notwendige Konkretisierung des Leitbildes nachhaltiger Entwicklung dazu geführt, dass sich auch Ökonomen inzwischen an der Ableitung und Formulierung von Umweltqualitätszielen beteiligen228. Denn die sich aus den kognitiven Begrenzungen zwangsläufig ergebenden Bewertungserfordernisse lassen Raum für unterschiedliche normative Sichtweisen und somit auch für ökonomische Überlegungen229. Dabei trägt die Ökonomie zu den qualitätszielbezogenen Bewertungs- und Entscheidungsvorgängen bisher insbesondere durch entscheidungstheoretische Ansätze, insbesondere Kosten-Nutzen-Analysen bei230.

225 Köck, in: Roßnagel/Neuser (Hrsg.), Reformperspektiven im Umweltrecht, 1996, S. 158 m. w. N. 226 Dies ist die Reaktion auf den durch Baumol und Oates eingeführten sog. „Standard-Preis-Ansatz“, wonach der Grad an Umweltinanspruchnahme einer politischen Grundentscheidung bedarf; Köck, in: Roßnagel/Neuser (Hrsg.), Reformperspektiven im Umweltrecht, 1996, S. 153. 227 Im deutschsprachigem Raum ist das Zertifikatsmodell von Bonus initiiert worden, s. etwa ders., in: Wegehenkel (Hrsg.), Marktwirtschaft und Umwelt, 1981, S. 54 ff. 228 Jakubowski/Tegner/Kotte, Strategien umweltpolitischer Zielfindung, 1997. 229 Köck, in: Roßnagel/Neuser (Hrsg.), Reformperspektiven im Umweltrecht, 1996, S. 160. 230 Jakubowski/Tegner/Kotte, Strategien umweltpolitischer Zielfindung, 1997, S. 28 ff.; Köck, in: Roßnagel/Neuser (Hrsg.), Reformperspektiven im Umweltrecht, 1996, S. 160.

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

4. Politikwissenschaften Im Bereich der Politikwissenschaften werden Umweltqualitätsziele seit Beginn der 90er Jahre verstärkt im Zusammenhang mit der Forderung nach einer strategischen Umweltplanung diskutiert, so etwa in der beim Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie in Auftrag gegebenen Studie „Zukunftsfähiges Deutschland“231. Diese setzt sich u. a. mit der Zielfestlegung als gesellschaftlichem Prozess auseinander und stellt eine Auswahl kurzund langfristiger Ziele bezogen auf einzelne Bereiche wie Treibhauseffekt, Gewässerbelastung, Energieverbrauch und Flächeninanspruchnahme für vorher festgelegte Indikatoren auf232. Ziele werden hier als Möglichkeit zur Überprüfung des Konsensbildungsprozesses über nachhaltige Entwicklung gesehen, da auf dieser Basis konkretes Handeln gefordert werden kann233. Aus politikwissenschaftlicher Sicht wurde das Thema Umweltqualitätsziele aber auch von der durch das Freiburger Öko-Institut im Jahre 1995 veröffentlichten Studie „Umweltziele statt Last-Minute-Umweltschutz“234 behandelt, in der die von verschiedenen nationalen und internationalen Institutionen aufgestellten Zielsetzungen dokumentiert und systematisiert werden, um den methodischen umweltpolitischen Zielfestlegungsprozess zu skizzieren. Die im Auftrag der Enquete-Kommission235 erstellte Studie „Nationale Umweltpläne in ausgewählten Industrienationen“ beschäftigte sich u. a. mit der Genauigkeit und Relevanz von Umweltzielen als Unterscheidungs- und Bewertungskriterium im Hinblick auf die einzelnen Umweltpläne236. Ge231

BUND/Misereor (Hrsg.), Zukunftsfähiges Deutschland, 1996. BUND/Misereor (Hrsg.), Zukunftsfähiges Deutschland, 1996, S. 53 ff. 233 BUND/Misereor (Hrsg.), Zukunftsfähiges Deutschland, 1996, S. 54. Der Schwerpunkt der Studie liegt allerdings in der qualitativen Beschreibung notwendiger Maßnahmen und Instrumente. Dafür werden acht Leitbilder mit qualitativem Charakter entwickelt, die durch die Ergänzung sog. Wendeszenarien eine empirische Grundierung erhalten. Die Ableitung der Reduktionsziele erfolgt durch die Gegenüberstellung von übergeordneten Umweltzielen und tatsächlicher Belastung, differenziert nach Grunddaseinsfunktionen und in Teilen nach Wirtschaftssektoren. Dadurch werden Ansatzpunkte für Maßnahmen und potentielle Akteure identifiziert; BUND/Misereor (Hrsg.), Zukunftsfähiges Deutschland, 1996, S. 149 ff., 287 ff. 234 Bunke/Eberle/Grießhammer: Umweltziele statt Last-Minute-Umweltschutz, 1995. 235 Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“ des 13. Deutschen Bundestages. 236 Jänicke/Carius/Jörgens (Hrsg.), Nationale Umweltpläne in ausgewählten Industrienationen, 1997, S. 7 ff. Der Vergleich internationaler Umweltpläne stand auch im Mittelpunkt der im Jahre 1998 stattfindenden Fachtagung der Forschungsstelle für Umweltpolitik der FU Berlin, vgl. hierzu den von Jänicke/Jörgens herausgegebenen Tagungsband „Umweltplanung im internationalen Vergleich“. 232

§ 4 Entstehung und Entwicklung von Umweltqualitätszielen

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genstand politikwissenschaftlicher Diskussion ist schließlich nicht zuletzt auch der Grad der Institutionalisierung von Umweltplanung237. 5. Rechtswissenschaften Die Umweltqualitätszieldebatte hat Mitte/Ende der neunziger Jahre auch das Interesse der Umweltjuristen geweckt, die nun begannen, die Bedeutung des Themas für das regulative Umweltrecht zu untersuchen. So widmete die Gesellschaft für Umweltrecht ihre 20. Jahrestagung im Jahre 1996 wesentlich dem Thema „Festlegung von Umweltzielen – Begründung, Begrenzung, instrumentelle Umsetzung -“238 und der Verein für Umweltrecht veranstaltete seine 4. Jahrestagung im Jahre 1997 unter dem Titel „Qualitätsorientierung im Umweltrecht – Umweltqualitätsziele für einen nachhaltigen Umweltschutz239. Die zu diesem Themenkreis erschienenen juristischen Beiträge behandeln dabei vereinzelt rechtliche Fragestellungen im Hinblick auf die Erstellung eines nationalen Umweltpolitikplans240, wie er im Bereich der Politikwissenschaft diskutiert wird, vor allem aber Rechtsfragen des – in erster Linie europäisch geprägten und im Zentrum der vorliegenden Arbeit stehenden – qualitätsorientierten Umweltrechts241. Hierbei geht es vor allem darum, die Auswirkungen, Chancen, aber auch Probleme der Verrechtlichung von Umweltqualitätszielen aus juristischer Sicht zu beurteilen und zu bewerten. Im Gegensatz zur Ökologie, zu den Wirtschaftswissenschaften, teilweise auch zur Politikwissenschaft und zur Raumplanung steht hier nicht die Frage nach dem Inhalt der Umweltqualitätsziele, sondern nach deren Eignung und Bedeutung als Regelungsstrategie des Umweltrechts im Vordergrund. Auf diesen Fokus ist auch die vorliegende Arbeit gerichtet. Bemerkenswert ist, dass die juristische Umweltqualitätszieldebatte – v. a. anfangs – auch mit der Diskussion über Alternativen zum regulativen Umweltrecht in Zusammenhang gebracht wurde. So sah man Umweltqualitätsziele nicht allein als der administrativen Implementierung bedürftige Ziele staatlicher Umweltpolitik, sondern auch als „Signal- und Orientierungs237 Sandhövel, in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, 1997, S. 37 ff., 43; zur Frage der Institutionalisierung vgl. auch die von der Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“ des 13. Deutschen Bundestages in Auftrag gegebene Studie von Minsch et al., Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit, 1998. 238 Gesellschaft für Umweltrecht (Hrsg.), Dokumentation zur 20. wissenschaftlichen Fachtagung, 1997. 239 Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, 1997. 240 Z. B. Köck, in: Barth/Köck, Qualitätsorientierung im Umweltrecht, 1997, S. 115 ff. 241 Epiney, in: Barth/Köck, Qualitätsorientierung im Umweltrecht, 1997, S. 77 ff.

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

werte für Selbstregulierung in Wirtschaft und Gesellschaft“242. Umweltqualitätsziele fungieren aus dieser Perspektive als ein Instrument des informalen und/oder kooperativen Umweltschutzes243. Dem ist zuzugeben, dass sich die Ausrichtung des Umweltrechts an Umweltqualitätszielen in der Tat gut mit dem Ruf nach dem schlanken Staat vereinbaren lässt244. Denn für den Fall, dass eine Verständigung der Akteure des Umweltschutzes über Umweltqualitätsziele gelingt, so erweitern sich damit auch die Möglichkeiten für kooperative Lösungen zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren245. Jedoch darf an dieser Stelle nicht das Missverständnis aufkommen, dass es bei der Umweltqualitätszieldiskussion primär darum ginge, durch staatliches Aushandeln von Selbstverpflichtungsabkommen mit einzelnen Wirtschaftsbranchen die Fortschreibung und Weiterentwicklung des regulativen Umweltrechts zu ersetzen und mit dem „schlanken Staat“ gleichzeitig auch das „schlanke Umweltrecht“ durchzusetzen246. Das Konzept der Umweltziele dient in erster Linie der Verwirklichung eines nachhaltigen Umweltschutzes und soll nicht die klassische umweltordnungsrechtliche Steuerung in Frage stellen247. Inwieweit die verstärkte Orientierung an Umweltqualitätszielen dann zugleich zu einer Deregulierung, d. h. zur Verlagerung staatlicher Zuständigkeiten und Verfahren auf Umweltschutzaktivitäten Privater führt, ist eine andere Frage, die derzeit noch nicht beantwortet werden kann248.

§ 5 Umweltqualitätsziele in ihrer Bedeutung für eine nachhaltige und strategische Umweltplanung Wie die Entstehungsgeschichte zeigt, hat die Diskussion über umweltpolitische Zielsetzungen durch die Forderungen nach einer Konkretisierung des Leitbildes nachhaltiger Entwicklung sowie die damit einhergehende strategische Umweltplanung besonderen Auftrieb erlangt249. Es stellt sich somit die Frage, welche Funktion Umweltqualitätszielen im Verhältnis zum Leitbild nachhaltiger Entwicklung zukommt. 242

Rehbinder, NuR 1997, S. 316. Zur typologischen Ausdifferenzierung informalen Verwaltungshandelns im Umweltrecht Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, 1995, S. 38 ff. 244 Volkmann, DVBl. 1999, S. 583. 245 Schmalholz, in: Wiggering/Müller (Hrsg.), Umweltziele und Indikatoren, 2004, S. 64 f. 246 Köck, ZUR 1997, S. 80. 247 Köck, ZUR 1997, S. 80. 248 Wolf, Umweltrecht, 2002, S. 92. 249 Wiggering/Sandhövel, in: Jänicke/Jörgens (Hrsg.), Umweltplanung im internationalen Vergleich, 2000, S. 183; SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 1. 243

§ 5 Bedeutung von Umweltqualitätszielen für die Umweltplanung

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I. Das Leitbild nachhaltiger Entwicklung Die aus der Forstwirtschaft entstammende250 Idee der Nachhaltigkeit ist erstmals durch den Brundtland-Bericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung von 1987 politisch wirksam geworden und wurde durch die Verabschiedung der Rio-Deklaration251 und des dazugehörigen Aktionsprogramms Agenda 21252 auf der Konferenz der Vereinigten Nationen für Umwelt und Entwicklung von 1992 in Rio de Janeiro weltweit zu einem Leitbild der Umwelt- und Entwicklungspolitik erklärt. Zwar befindet sich in der Rio-Deklaration keine ausdrückliche Definition des Begriffs „sustainable development“, gleichwohl enthält sie in 27 Grundsätzen die Leitlinien dieses Konzepts, das darauf abzielt, wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soziale Verantwortung und Umweltschutz – gerade auch mit Blick auf die zukünftigen Generationen – zusammenzuführen253. Die Agenda 21 konkretisiert die Grundsätze der Rio-Deklaration und fordert alle Staaten auf, ihre Probleme entsprechend ihrer Gegebenheiten, Möglichkeiten und Prioritäten im Sinne der politischen Zielbestimmung der nachhaltigen Entwicklung anzugehen254. Wenn auch eine völkerrechtliche Verpflichtung zur Umsetzung der Agenda nicht besteht255, so ist der Nachhaltigkeitsgrundsatz dennoch zu einer verbindlich gewordenen umfassenden politischen Zielbestimmung der internationalen Staatengemeinschaft geworden und hat in Deutschland seine begriffliche Übertragung als nachhaltige Entwicklung erfahren256. 1. Das Drei-Säulen-Modell radikal-integrativer Nachhaltigkeit Die internationalen Vorgaben stehen für Verteilungsgerechtigkeit und eine ganzheitliche, vernetzende Betrachtung. Die vorhandenen Umweltgüter, aber auch die gleichrangigen ökonomischen und sozialen Chancen sind so 250 Das Konzept der Nachhaltigkeit kennzeichnet im Bereich der Forstwirtschaft die Verpflichtung auf eine Waldbewirtschaftung, bei der die Holzernte die Regenerationsfähigkeit des Waldes nicht überschreitet, so dass ein dauerhafter Schwund des Waldbestandes vermieden wird; Wiggering/Rennings, in: Dörhöfer/Thein/Wiggering (Hrsg.), Umweltqualitätsziele, natürliche Variabilität, Grenzwerte, 1995, S. 3. 251 Deutsche Fassung abgedruckt in: BMU (Hrsg.), Rio-Konferenz. Dokumente I, S. 39 ff. 252 Deutsche Fassung abgedruckt in: BMU (Hrsg.), Rio-Konferenz. Dokumente II. 253 Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, 2000, S. 21; Ketteler, NuR 2002, S. 513. 254 Kap. 8. 3 der Agenda 21, BMU (Hrsg.), Rio-Konferenz, Dokumente II. S. 58. 255 Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, 2000, S. 21; Ketteler, NuR 2002, S. 514. 256 SRU, Umweltgutachten 1994, Tz. 1 ff.; Enquete-Kommission, Konzept Nachhaltigkeit (Abschlussbericht), 1998.

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

zu verteilen, dass jede Seite den ihren Bedürfnissen entsprechenden fairen Anteil erhält und dass ökonomische, soziale und ökologische Entwicklungen nicht isoliert, sondern als zwar konfliktträchtige, aber immer wieder neu herzustellende Einheit angesehen werden (sog. „Drei-Säulen-Modell“)257. Ein solches Begriffsverständnis bedeutet ein Dreifaches: Es geht um einen innerstaatlichen Ausgleich zwischen den Industrieländern und den Entwicklungsländern, einen intergenerativen Ausgleich zwischen den Lebenden und den Noch-Nicht-Geborenen sowie einen interindividuellen Ausgleich zwischen den einzelnen Mitgliedern einer Gesellschaft258. Das Drei-Säulen-Modell einer Harmonisierung ökologischer, ökonomischer und sozialer Ziele ist auf der politischen Ebene klar dominant. Ebenso wie die Bundesregierung diese Zieltrias in ihrer Nachhaltigkeitsstrategie verfolgt, hat sich auch die EG in ihrer Göteborger Nachhaltigkeitsstrategie und im IV. Umweltaktionsprogramm von der Vorstellung ökologisch-ökonomischsozialer Zielkonvergenz leiten lassen. Gleiches gilt für die Unabhängige Sachverständigenkommission zur Schaffung eines Umweltgesetzbuches259 sowie für die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages260, die alle in wesentlichen Belangen in der dargestellten Charakterisierung des Leitbildes nachhaltiger Entwicklung übereinstimmen261. 2. Das engere, spezifisch umwelt- und ressourcenbezogene Verständnis der Nachhaltigkeit Dem Drei-Säulen-Modell des „radikalen Integrationspostulats“262 ökologischer, ökonomischer wie auch sozialer Belange wird ein engeres, spezifisch umweltpolitisches Verständnis von Nachhaltigkeit i. S. der dauerhaft-umweltgerechter Nutzung der natürlichen Lebensgrundlagen gegenübergestellt. Hierbei handelt es sich um einen Teilbereich der weiterreichenden – mehrdimensionalen – Nachhaltigkeit, die deren ökologisch berücksichtigungsfähi257

Rehbinder, NVwZ 2002, S. 657; Kahl, in: Bauer/Czybulka/Kahl/Voßkuhle (Hrsg.), Umwelt, Wirtschaft und Recht, 2002, S. 122 f.; andere sprechen insoweit von einem „magischen Dreieck“, innerhalb dessen die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit gleichberechtigt gegeneinander abgewogen werden müssen; Menzel, ZRP 2001, S. 223. 258 Zilleßen, Aus Politik und Zeitgeschichte B 50/98, S. 4; Sparwasser/Engel/ Voßkuhle, Umweltrecht, 2003, S. 73. 259 BMU (Hrsg.), UGB-KomE, 1998, S. 448. 260 Enquete-Kommission (Hrsg.), Konzept Nachhaltigkeit (Abschlussbericht), 1998, S. 32 ff. 261 Ketteler, NuR 2002, S. 516. 262 So Rehbinder, in: Gesellschaft für Umweltrecht (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, 2001, S. 731; Kahl, in: Bauer/Czybulka/Kahl/Voßkuhle (Hrsg.), Umwelt, Wirtschaft und Recht, 2002, S. 122.

§ 5 Bedeutung von Umweltqualitätszielen für die Umweltplanung

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gen Aspekt i. S. eines integrierenden Ökosystemschutzes ausfüllt263. Ein solches spezifisch umwelt- und ressourcenbezogenes Nachhaltigkeitsverständnis wird durch die sog. „Managementregeln“264 zur Regeneration und Substitution von Ressourcen sowie zur Anpassungsfähigkeit von Ökosystemen konkretisiert. Nach diesen Leitlinien soll die Abbaurate natürlicher Ressourcen nicht größer sein als ihre Regenerationsphase, der Stoffeintrag darf die natürliche Aufnahme- bzw. Anpassungsfähigkeit der Umwelt nicht überschreiten und nicht erneuerbaren Ressourcen sollen sparsam verwendet bzw. dürfen nur verbraucht werden, wenn Substitute verfügbar sind265. Obwohl das Drei-Säulen-Modell als gesamtpolitisches Denkmodell durchaus sinnvoll ist, weil es als Impulsgeber für eine neue Grundlagenreflexion über die Zukunft der Gesellschaft dient266, die gegenläufigen Metaziele in einer globalen Lösungsformel verbindet und bestehenden Interdependenzen Rechnung trägt267, spricht zumindest im Bereich der deutschen und europäischen Umweltpolitik vieles für die verstärkte Betonung dieser engeren, spezifisch umweltpolitischen Nachhaltigkeit268. Denn die Gleichrangigkeit ökologischer, ökonomischer wie auch sozialer Belange wurde in der Rio-Deklaration primär im Hinblick auf die Interessen der Entwicklungsländer aufgenommen269. Anders gesagt, das Ziel der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen sollte nicht zum Hindernis für die ökonomische 263

Erbguth, DVBl. 1999, S. 1084. SRU, Umweltgutachten 1994, Tz. 136; BMU (Hrsg.), Entwurf eines umweltpolitischen Schwerpunkteprogramms, 1998, S. 9; Murswiek, NuR 2002, S. 643 f.; Ketteler, NuR 2002, S. 515; Zilleßen, Aus Politik und Zeitgeschichte B 50/98, S. 3. 265 Bezogen auf eine nachhaltige Wasserwirtschaft bedeutet dies beispielsweise, einen langfristigen Schutz von Wasser als zentrales Element von Lebensräumen zu gewährleisten, das Wasser in seinen verschiedenen Facetten als Ressource für die jetzige wie für nachfolgende Generationen zu sichern sowie Optionen für eine dauerhaft naturverträgliche, wirtschaftliche und soziale Entwicklung zu erschließen. Kahlenborn/Kraemer, Nachhaltige Wasserwirtschaft in Deutschland, 1999, S. 27. 266 SRU, Umweltgutachten 1996, Tz. 1. 267 Kahl, in: Bauer/Czybulka/Kahl/Voßkuhle (Hrsg.), Umwelt, Wirtschaft und Recht, 2002, S. 124. 268 SRU, Umweltgutachten 2002, Tz. 280; Epiney, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, 2005, Art. 20a, Rn. 100; Rehbinder, in: Gesellschaft für Umweltrecht (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, 2001, S. 731; Murswiek, NuR 2002, S. 643; Kahl, in: Bauer/Czybulka/Kahl/Voßkuhle (Hrsg.), Umwelt, Wirtschaft und Recht, 2002, S. 122 ff.; Ekardt, Zukunft in Freiheit, 2004, S. 110 ff.; Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, 2005, S. 340 ff. Auch Erbguth, der grundsätzlich ökologische, ökonomische und soziale Aspekte als gleichberechtigte Ansprüche des Gestaltungsauftrags nachhaltiger Entwicklung ansieht, spricht sich im Rahmen der Umweltpolitik für ein rein umwelt- und ressourcenbezogenes Verständnis aus; DVBl. 1999, S. 1084. 269 Rehbinder, in: Gesellschaft für Umweltrecht (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, 2001, S. 724. 264

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

Entwicklung dieser Länder und für die Bekämpfung der dort vorhandenen Armut werden270. Die Industriestaaten zeichnen sich hingegen durch eine im Großen und Ganzen angemessene wirtschaftliche und soziale Entwicklung, aber einen übermäßigen Umwelt- und Ressourcenverbrauch aus271. Ihre wirtschaftliche Entwicklung ist in erster Linie dem Markt überlassen und sie verfügen bereits über eine – zumindest grundsätzlich ausreichende – Sozialpolitik. Ökonomische und soziale Nachhaltigkeitsziele müssen deshalb zunächst im Rahmen der Wirtschafts-, Struktur- und Sozialpolitik verfolgt werden272. Dies bedeutet nicht, dass eine effektive Verwirklichung umweltpolitischer Belange unter Einbeziehung der Interessen künftiger Generationen keine Implikationen für zahlreiche andere Bereiche, so insbesondere auch die Wirtschafts- und Sozialpolitik entfaltete273. Es gilt nur zu verhindern, dass ein integrativ im reziproken Sinne des „Alles-mit-AllemVersöhnens“ verstandener Nachhaltigkeitsbegriff die Gefahr einer nicht zu bewältigenden Hyperkomplexität mit sich bringt274 und die Nachhaltigkeitsformel jegliche Kontur sowie politiksteuernde Aussagekraft verliert275. Dass eine solche Gefahr besteht, zeigt sich an der oben skizzierten Nachhaltigkeitsstrategie der damaligen Bundesregierung aus dem Jahre 2002276. So hat beispielsweise das dort aufgeführte Ziel einer Verringerung der Kriminalität – so wichtig dessen Verwirklichung auch ist – nur sehr entfernt etwas mit Generationengerechtigkeit oder sonstigen Aspekten der Nachhal270 Murswiek, NuR 2002, S. 643; Epiney, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, 2005, Art. 20a, Rn. 100 m. w. N. Die Armutsbekämpfung wird als Voraussetzung dafür angesehen, dass die Naturgüter erhalten werden; Grundsatz 5 der Rio-Deklaration; BMU (Hrsg.), Rio-Konferenz, Dokumente I. In den Entwicklungsstaaten kann man deshalb sogar von einem Vorrang des Entwicklungsaspektes ausgehen; Rehbinder, in: Gesellschaft für Umweltrecht (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, 2001, S. 731. 271 Epiney, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, 2005, Art. 20a, Rn. 100; Rehbinder, in: Gesellschaft für Umweltrecht (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, 2001, S. 731. 272 Rehbinder, in: Gesellschaft für Umweltrecht (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, 2001, S. 732; Kahl, in: Bauer/Czybulka/Kahl/Voßkuhle (Hrsg.), Umwelt, Wirtschaft und Recht, 2002, S. 125. 273 Epiney, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, 2005, Art. 20a, Fn. 218. Ausführlich hierzu auch Ekardt, Zukunft in Freiheit, 2004, S. 111 ff. 274 Kahl, in: Bauer/Czybulka/Kahl/Voßkuhle (Hrsg.), Umwelt, Wirtschaft und Recht, 2002, S. 126. 275 Epiney, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, 2005, Art. 20a, Rn. 101; Murswiek, NuR 2002, S. 642; Kahl, in: Bauer/Czybulka/Kahl/ Voßkuhle (Hrsg.), Umwelt, Wirtschaft und Recht, 2002, S. 125; Kahlenborn/Kraemer, Nachhaltige Wasserwirtschaft in Deutschland, 1999, S. 16. 276 s. hierzu oben § 4 II. 1.

§ 5 Bedeutung von Umweltqualitätszielen für die Umweltplanung

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tigkeit zu tun277. Gleiches gilt für solche Ziele wie Arbeitsplatzbeschaffung oder Frauenförderung, denn ein langfristiger Interessenausgleich kann schon begrifflich nur solche Belange betreffen, bei denen heutige Menschen die Lebensbedingungen künftiger Menschen erheblich oder vielleicht sogar irreversibel beeinflussen278. Die Abbildung der gesamten Breite ökologischer, ökonomischer und sozialer Zielsetzungen hat somit eher den Charakter einer allgemeinen Zukunftsprogrammatik279, als einer homogenen Zielstruktur für eine nachhaltige Entwicklung. Nicht zuletzt dies trägt zur Konturenlosigkeit und begrifflichen Auflösung des ohnehin mit einer geringen semantischen Attraktivität besetzten Begriffes der Nachhaltigkeit bei. Durch die inzwischen zu verzeichnende Verwendung des Begriffs in den verschiedensten Zusammenhängen wächst die Gefahr, dass man zwar das Gleiche sagt, aber nicht das Gleiche meint280. Einem vorrangig ökologischen Verständnis von Nachhaltigkeit, freilich unter Berücksichtigung sozialer und ökonomischer Belange, ist deshalb der Vorzug zu geben281. 3. Nachhaltigkeit als Leitbild moderner Umweltpolitik Jenseits aller inhaltlichen Diskussionen zum Begriff „Nachhaltigkeit“ besteht Einigkeit darüber, dass es sich hierbei um ein Leitbild moderner Umweltpolitik handelt282. Leitbilder sind nicht quantifiziert283 und zeichnen 277 278 279 280

SRU, Umweltgutachten 2002, Tz. 276. Ekardt, Zukunft in Freiheit, 2004, S. 112. SRU, Umweltgutachten 2002, Tz. 280. Kahlenborn/Kraemer, Nachhaltige Wasserwirtschaft in Deutschland, 1999,

S. 16. 281 In diesem Sinne auch SRU, Umweltgutachten 2002, Tz. 280. Ein solches Nachhaltigkeitsverständnis steht im Übrigen auch im Einklang mit den internationalen Vorgaben. So sind in der Rio-Deklaration die ökonomische und die soziale Entwicklung neben der Erhaltung der natürlichen Ressourcen zwar ausdrücklich als Ziele genannt und in den Kontext der nachhaltigen Entwicklung gestellt; vgl. insbesondere Prinzip 3: Recht auf Entwicklung, Prinzip 4: Umweltschutz als integraler Bestandteil des Entwicklungsprozesses und Prinzip 5: Beseitigung der Armut als Voraussetzung nachhaltiger Entwicklung der Rio-Deklaration, BMU (Hrsg.), RioKonferenz, Dokumente I. Damit werden sie aber nicht zu neben der Erhaltung der natürlichen Ressourcen stehenden gleichberechtigten Zielen. Vielmehr ist die Ausgestaltung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung nach der Rio-Deklaration und der Agenda 21 jedem Staat selbst überlassen. Durch ein verstärkt umwelt- und ressourcenbezogenes Verständnis des Nachhaltigkeitsgedankens wird der Rio-Grundsatz lediglich den nationalen Erfordernissen angepasst; Rehbinder, in: Gesellschaft für Umweltrecht (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, 2001, S. 725. 282 SRU, Umweltgutachten 1996, Tz. 1 ff.; UBA, Ziele für die Umweltqualität, 2000, S. 7; Jakubowski/Tegner/Kotte, Strategien umweltpolitischer Zielfindung, 1997, S. 4. 283 Kieslich/Neumeyer, Räumliche Umweltziele, 2000, S. 30.

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

sich durch einen hohen Abstraktionsgrad aus, auf dem sich ein allgemeiner, letztlich jedoch unverbindlicher Konsens bilden lässt284. Sie können als Vorstellungen über eine erstrebenswerte Gestaltung der Gesellschaft oder eines ihrer Teilbereiche definiert werden285. Es handelt sich dabei um in hohem Maße verinnerlichte, bildhafte Vorstellungen, die inhaltlich ganz unterschiedliche Lebensbereiche ansprechen können und sich durch erhebliche Prägekräfte auszeichnen, welche sich auf die beiden, prinzipiell einem inhärenten Widerspruch unterliegenden Dimensionen Machbarkeit und Wünschbarkeit beziehen286. Für die Gesellschaft und das Individuum haben Leitbilder Orientierungs-, Koordinierungs- und Motivierungsfunktion. Insbesondere die enge Verflechtung dieser Funktionen stellt die Leitbildern innewohnende Fähigkeit dar, handlungsanleitend zu wirken287. Auch für das Leitbild nachhaltiger Entwicklung ist charakteristisch, dass es die Ansichten und Interessen einer Vielzahl von Menschen auf einen Punkt hin konzentriert und gemeinsames Handeln fördert288, was sich aus der beschriebenen 284 Jakubowski/Tegner/Kotte, Strategien umweltpolitischer Zielfindung, 1997, S. 4. Lehnes/Härtling, in: Gesellschaft für UmweltGeowissenschaften (Hrsg.), Umweltqualitätsziele, 1997, S. 13 gehen hingegen davon aus, dass Leitbilder auch dann in den gesellschaftlichen Diskurs eingebracht werden können, wenn noch nicht absehbar ist, ob sie konsens- und mehrheitsfähig sind. 285 Bleischwitz, in: Renner/Hinterberger (Hrsg.), Zukunftsfähigkeit und Neoliberalismus, 1998, S. 279. Im Bereich der ökologischen Planung spricht man von Leitbildern auch in Bezug auf einen ganz bestimmten, in seiner Größe oder seinem administrativen Bezug festgelegten Raum (z. B. „durchgängiger Freiraum im gesamten Stadtgebiet Dortmund“) bzw. im Zusammenhang mit einem in bildlicher, plastischer Form auf kleinere, präziser lokalisierbare Räume bezogenen Landschaftsausschnitt (regionale oder lokale Leitbilder mit Modellcharakter für ein bestimmtes Moor oder eine bestimmte Flusslandschaft, sog. „Landschaftliches Leitbild“); UBA, Formulierung regionaler Umweltqualitätsziele, 2001, S. 9; Marzelli, in: ANL (Hrsg.), Leitbilder – Umweltqualitätsziele – Umweltstandards, 1994, S. 12; Heidt/Schulz/Leberecht, ebda., S. 146; Kieslich/Neumeyer, Räumliche Umweltziele, 2000, S. 87; Surburg, in: Dörhöfer/Thein/Wiggering, Umweltqualitätsziele, natürliche Variabilität, Grenzwerte, 1995, S. 26. 286 Kahlenborn/Kraemer, Nachhaltige Wasserwirtschaft in Deutschland, 1999, S. 15. 287 Bleischwitz, in: Renner/Hinterberger (Hrsg.), Zukunftsfähigkeit und Neoliberalismus, 1998, S. 279; Kahlenborn/Kraemer, Nachhaltige Wasserwirtschaft in Deutschland, 1999, S. 15. Wissenschaftshistorisch wurde die Analyse des LeitbildBegriffs von der deutschsprachigen Soziologie begonnen, vgl. Dierkes/Hoffmann/ Marz, Leitbild und Technik. 288 Kahlenborn/Kraemer, Nachhaltige Wasserwirtschaft in Deutschland, 1999, S. 15. Im Bereich des Gewässerschutzes (insbesondere der Gewässermorphologie) wird der Begriff Leitbild dagegen in einem anderen, sehr speziellen Sinne verstanden: „Danach definiert das Leitbild den Zustand eines Gewässers an Hand des heutigen Naturpotentials des Gewässerökosystems auf der Grundlage des Kenntnisstandes über dessen natürliche Funktionen. Es handelt sich dabei um das aus rein fachlicher Sicht maximal mögliche Sanierungsziel, ohne Rücksicht auf sozio-öko-

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Vielzahl an „Nachhaltigkeits-Aktivitäten“ der jeweils Handelnden ablesen lässt. Die weite Verbreitung und der allgemeine Gültigkeitsanspruch des Leitbildes haben allerdings auch dazu beigetragen, dass dessen Inhalt verschwommen ist289. Um dieser Tatsache entgegenzuwirken, bedarf es auf allen Ebenen der Umsetzung und Transformation des Leitbildes in handhabbare Größen290. Nicht zuletzt in der allmählichen Konkretisierung und Fokussierung der gemeinsamen Interessen und Ansichten besteht ein entscheidender Beitrag dessen, was Leitbilder für die Gesellschaft leisten291.

II. Umweltplanung als Strategie zur Umsetzung des Leitbildes nachhaltiger Entwicklung Auf politischer Ebene ist die Konkretisierung der umwelt- und ressourcenbezogenen Dimension nachhaltiger Entwicklung in vielen Ländern – wie bereits im vorigen Kapitel angesprochen – durch eine sog. strategische Umweltplanung, insbesondere durch Nachhaltigkeitsziele in Form von Umweltqualitäts- und Umwelthandlungszielen, erfolgt292. Eine solche Vorgehensweise entspricht zugleich den Vorgaben des Kapitels 8. 7 der Agenda 21, welches einen Auftrag an die Unterzeichnerstaaten zur Erarbeitung nationaler Nachhaltigkeitsstrategien, die eine wirtschaftlich leistungsfähige, sozial gerechte und ökologisch verträgliche Entwicklung zum Ziel haben, enthält293. Zwar wird dort nicht ausgeführt, was im einzelnen unter einer „nationalen Strategie nachhaltiger Entwicklung“ zu verstehen ist; Einigkeit besteht aber jedenfalls darüber, dass es sich hierbei um einen neuen, strategischen Ansatz langfristiger Umweltpolitik und Umweltplanung handelt294, nomische Beschränkungen (Beschluss der 6. Sitzung der LAWA-Arbeitsgemeinschaft „Oberirdische Gewässer und Küstengewässer“, zit. nach Kahlenborn/Kraemer, ebda., Fn. 8). 289 s. hierzu oben § 5 I. 2. 290 Bückmann/Rogall, UPR 2001, S. 121. 291 Kahlenborn/Kraemer, Nachhaltige Wasserwirtschaft in Deutschland, 1999, S. 16. 292 Rehbinder, in: Gesellschaft für Umweltrecht (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, 2001, S. 733; Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, 2005, S. 449. Neben der Zielstrategie werden auch sog. Projekt- und Prozessstrategien verfolgt. Die Projektstrategie manifestiert sich in vielen Einzelvorhaben in begrenzten gesellschaftlichen Teilbereichen (z. B. Forschungsprojekten), während die prozessuale Strategie eine Mobilisierung der vorhandenen gesellschaftlicher Kräfte wie beispielsweise im Rahmen der Lokalen Agenda 21 anstrebt, s. hierzu Menzel, ZRP 2001, S. 224. 293 Kap. 8. 7 der Agenda 21, BMU (Hrsg.), Umweltpolitik. Rio-Konferenz. Dokumente II. 294 Jänicke, in: Jänicke/Jörgens (Hrsg.), S. 1.

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

der medien- und sektorübergreifend langfristige Ziele und Prioritäten einer wirtschafts- und sozialverträglichen Umweltpolitik festlegt und durch Merkmale wie konsensuale Zielbildung und Partizipation, intersektorale Integration und Verursacherorientierung in seinen Grundvoraussetzungen umrissen werden kann295. In der Folge des Rio-Prozesses haben sich in den einzelnen Ländern eine Vielzahl solcher, ganz unterschiedlicher Pläne und Programme herausgebildet. Diese Umweltplanungen erfüllen in Industrieländern einerseits und Entwicklungs- und Schwellenländern andererseits ganz unterschiedliche Funktionen. Zielen die Strategien in den Industrieländern in erster Linie auf die Integration von Umweltbelangen in die Entscheidungsprozesse anderer wesentlicher Politikbereiche ab, so steht bei den Plänen der Entwicklungs- und Schwellenländer die Stärkung umweltpolitischer Kapazitäten durch die Schaffung eigenständiger Umweltverwaltungen und -institutionen im Vordergrund296. Die nationalen Nachhaltigkeitsstrategien sind im Hinblick auf die institutionelle Ausgestaltung relativ offen und haben empirisch sehr unterschiedliche Varianten. Diese differieren beispielsweise vom bloßen Programm eines Ministeriums bis hin zum detaillierten Planungskonzept297. So vielfältig, wie die einzelnen nationalen Planungsvarianten inhaltlich ausgestaltet sind, unterscheiden sie sich auch in ihren offiziellen Bezeichnungen, die von „Umweltplan“, „Umweltaktionsplan“ bis zur „Strategie nachhaltiger Entwicklung“ reichen298. Allen diesen Planungen ist jedoch gemeinsam, dass sie im Grundsatz eine Variante der Politikplanung im Sinne der organisierten und kontrollierten Umsetzung rationaler Handlungsentwürfe im Zeitverlauf darstellen299. Bei dieser außerhalb des Gesetzesrechts und im Vorfeld der Gesetzgebung stattfindenden sog. staatsleitenden Zielplanung handelt es sich im Gegensatz zur verwaltungsrechtlichen Planung nicht um verwaltende Gesetzesbeachtung und Gesetzesausführung, sondern um die Erarbeitung der grundsätz295 SRU, Umweltgutachten 2000, Tz. 2; Sandhövel, in: Barth/Köck, Qualitätsorientierung im Umweltrecht, 1997, S. 37; Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, 2005, S. 449. 296 SRU, Umweltgutachten 2000, Tz. 2, Sandhövel, in: Barth/Köck, Qualitätsorientierung im Umweltrecht, 1997, S. 37. 297 Jänicke/Carius/Jörgens, Nationale Umweltpläne in ausgewählten Industrieländern, 1997, S. 5. 298 Z. B. „National Strategy for Sustainable Development/Strategie nachhaltiger Entwicklung“ (Australien, Schweiz), „Green Plan, Plan Vert“ (Kanada, Frankreich), „Environmental Policy Plan, Plano Nacional da Politica do Ambiente“ (Niederlande, Portugal), „Action Plan for Environment and Development“ (Dänemark), vgl. hierzu die Übersicht bei Jänicke/Carius/Jörgens, Nationale Umweltpläne in ausgewählten Industrieländern, 1997, S. 5. 299 SRU, Umweltgutachten 2000, Tz. 2.

§ 5 Bedeutung von Umweltqualitätszielen für die Umweltplanung

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lichen Zielbestimmungen für den Staat, um die Vorgabe von Richtlinien für das Handeln der Verwaltung und die vorausschauende Konzeption der Politik300. Die wichtigsten Verfahrensschritte bei der Erstellung einer solchen ziel- und ergebnisorientierten Umweltplanung hat der SRU in seinem Umweltgutachten von 2000 folgendermaßen zusammengefasst: Am Beginn sollen sinnvollerweise ein formeller Auftakt durch Parlamentsbeschluss sowie eine umfassende Situationsanalyse und Problemdarstellung stehen301. Hieran schließt eine offene, diskursive und konsensuale Formulierung von Umweltqualitätszielen an, welche den angestrebten Umweltzustand sowie damit vereinbare maximale Belastungen sachlich, räumlich und zeitlich definieren. Die Umweltqualitätsziele sind sodann durch Umwelthandlungsziele zu konkretisieren, welche möglichst quantifiziert, verbunden mit konkreten Fristen und bezogen auf verschiedene Belastungsfaktoren Gesamtvorgaben oder Teilschritte für notwendige Entlastungen enthalten. Abgerundet wird der sich synergetisch in das sog. New Public Management (Management by objectives) einfügende302 Prozess durch die Phasen der Umsetzung der Umwelthandlungsziele, des Monitoring sowie der Evaluation, wozu konkrete Indikatoren bzw. ganze Indikatorensysteme303 entwickelt werden müssen, die eine handlungsorientierte Erfassung und Bewertung des Umweltzustandes und der Umweltbelastungen erlauben304. 300 Hoppe, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HbdStR III, 1996, S. 658; Stern, Staatsrecht II, 1980, S. 709. 301 Kahl, in: Bauer/Czybulka/Kahl/Voßkuhle (Hrsg.), Umwelt, Wirtschaft und Recht, 2002, S. 143. 302 Unter dem Begriff des New Public Management ist in den Industrieländern seit ein paar Jahren eine breite Reformtendenz hin zu ziel- und ergebnisorientierten Ansätzen der Politik zu beobachten; vgl. Naschold/Bogumil, Modernisierung des Staates; Damkowski/Precht, Public Management. Sie betrifft nicht nur die Umweltpolitik, ist dort aber ein häufig bevorzugtes Anwendungsfeld des Reformkonzeptes; Bauer, in: Bauer/Huber/Sommermann (Hrsg.), Demokratie in Europa, 2005, S. 14 f. Ausgangspunkt dieses Ansatzes ist die Vorstellung, dass konkrete, an den Verwaltungsapparat (aber auch weitere Akteure) adressierte, ausgehandelte Zielvorgaben der Politik die Ergebniskontrolle erleichtern, die Motivation der Beteiligten verbessern und die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Sektors erhöhen können; Damkowski/Precht, Public Management, S. 169 ff. Management by objectives ist ein Schlüsselbegriff dieses neuen Steuerungsmodells; Damkowski/Precht, Public Management, S. 169 ff.; SRU, Umweltgutachten 2000, Tz. 20 ff.; Kahl, in: Bauer/Czybulka/Kahl/Voßkuhle (Hrsg.), Umwelt, Wirtschaft und Recht, 2002, S. 143; Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, 2005, S. 492 ff. 303 Lübbe, ZUR 1996, S. 61. Umweltindikatorensysteme sollen – im Unterschied zu den vorhandenen Einzelindikatoren – die komplexe Aufgabenvielfalt auf einem höheren Aggregationsniveau reduzieren und einen repräsentativen, politisch handhabbaren Überblick über die Umweltsituation geben; SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 145; Walz et al., Grundlagen für ein nationales Umweltindikatorensystem, 1997, S. 7.

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

III. Die Funktion von Umweltqualitätszielen im Rahmen strategischer Umweltplanung Ein zentrales Element der Nachhaltigkeitsplanung besteht nach all dem in der Formulierung langfristiger Umweltqualitätsziele und deren Operationalisierung in mittel- bis langfristigen Handlungszielen305. Hierbei handelt es sich um eine abstrakte Form von Umweltzielen auf der allgemeinen Ebene der Politikplanung, die den im Hinblick auf einzelne Umweltmedien konkretisierten Umweltqualitätszielen vorgelagert sind306. Diese werden aus dem Leitbild der dauerhaft umweltgerechten Entwicklung als Zwischenschritt für die Setzung von Umweltstandards und zur Implementierung von Instrumenten abgeleitet. Umweltqualitätsziele nehmen eine Schlüsselrolle in diesem Ableitungsverfahren ein, weil sie die Legitimierung durch wissenschaftlichen Sachverstand und konsensualen gesellschaftlichen Zielfindungsprozess zusammenführen können307. Das auf bestimmte Gütezustände und ökologische Belastbarkeiten ausgerichtete Schutzkonzept der Umweltqualitätsziele fungiert insoweit als „Kleinbearbeitung“ des zunächst hochabstrakten Leitbildes nachhaltiger Entwicklung308. Gleichzeitig haben Umweltqualitätsziele dabei auch die Funktion, den Zeithorizont der politischen Aufmerksamkeit über das tagespolitische Geschehen hinaus in Richtung langfristiger Strategien zu erweitern und zur sachlichen wie zeitlichen Prioritätensetzung in der umweltpolitischen Entscheidungsfindung beizutragen. Dies ist umso wichtiger, als die Umsetzung einer nachhaltigen Umweltpolitik nicht nur durch technische Innovationen erreicht werden kann, sondern auch auf die Veränderung umweltrelevanter Verhaltensmuster angewiesen ist309. Umweltqualitätsziele können hier ein 304 Menzel, ZRP 2001, S. 224; Kahl, in: Bauer/Czybulka/Kahl/Voßkuhle (Hrsg.). Umwelt, Wirtschaft und Recht, 2002, S. 143; SRU, Umweltgutachten 2000, Tz. 65 ff. In der Agenda 21 wird in Kapitel 40.6 („Informationen für den Entscheidungsprozess“) u. a. die Entwicklung von Indikatoren für eine nachhaltige Entwicklung gefordert; BMU (Hrsg.), Rio-Konferenz, Dokumente II, S. 282. Im Unterschied zu „reinen“ Umweltindikatoren sind diese sog. Nachhaltigkeitsindikatoren weiter gefasst; letztere sollen auch die sozialen, wirtschaftlichen und politisch-institutionellen Aspekte einer nachhaltigen Entwicklung berücksichtigen; SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 147. 305 Jänicke/Jörgens/Koll, in: Jänicke/Jörgens (Hrsg.), Umweltplanung im internationalen Vergleich, 2000, S. 225; Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, 2005, S. 348 ff. 306 Calliess, Rechtsstaat und Umweltstaat, 2001, S. 240. 307 Sandhövel, in: Gawel (Hrsg.), Institutionelle Probleme der Umweltpolitik, 1996, S. 77. 308 Volkmann, DVBl. 1999, S. 583. 309 SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 71.

§ 5 Bedeutung von Umweltqualitätszielen für die Umweltplanung

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Signal für notwendige Verhaltensänderungen geben und durch eine breit angelegte Diskussion zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Akteuren Potenziale für deren Erreichung sichtbar werden lassen310. Hierdurch bieten sie eher die Chance auf einen gesellschaftlichen Konsens als eine Vielzahl von Einzeldiskussionen über spezielle Maßnahmen311. Nicht zu unterschätzen ist dabei auch die Bedeutsamkeit des durch die Aufstellung der Umweltqualitätsziele angestoßenen gesellschaftlichen und politischen Lernprozesses312. Umweltqualitätsziele dienen damit nicht nur der Konkretisierung und Operationalisierung des Leitbildes nachhaltiger Entwicklung, sondern korrespondieren auch mit dem Wunsch nach mehr Rationalität in der Umweltpolitik313. So werden beispielsweise von der Industrie eindeutige umweltpolitische Zielvorgaben gefordert, da sie die notwendige Richtungs- und Planungssicherheit für Innovationsprozesse geben314. Auf diese Weise können Umweltqualitätsziele das Innovationsrisiko für technische Neuerungen reduzieren und Innovationsrichtungen bestimmen, weil sie eine verlässliche, vorhersehbare und damit mittel- bis langfristig kalkulierbare unternehmerische Handlungsgrundlage darstellen315. Dabei müssen die Herausforderungen für die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen klar und deutlich erkennbar sein. Im Gegensatz zu dem unverbindlichen Konsens über das Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung führt die Debatte um Umweltqualitätsziele bestehende Konflikte stärker vor Augen und vergrößert die Chance, diese zu überwinden316. Insgesamt gesehen trägt das Leitbild nachhaltiger Entwicklung in seiner ökologischen Ausprägung damit zu einer stärker qualitätszielorientierten Umweltpolitik mit besonderer Betonung planerischer Elemente bei317. Bei aller Berücksichtigung der mit den Umweltqualitätszielen verbundenen Chancen bleiben gleichzeitig aber auch die Unzulänglichkeiten jeder Pla310

Rehbinder, NuR 1997, S. 316; SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 71. SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 69. 312 Carius/Sandhövel, Aus Politik und Zeitgeschichte, B 50/98, S. 12; EnqueteKommission, Konzept Nachhaltigkeit (Zwischenbericht), 1997, S. 29; Volkmann, DVBl. 1999, S. 583. 313 Calliess, Rechtsstaat und Umweltstaat, 2001, S. 240; Rehbinder, NuR 1997, S. 316. Ohne derartige Zielsetzungen sind instrumentenspezifische Aktivitäten bezugslos und entbehren nicht einer gewissen Beliebigkeit; Sandhövel, in: Gawel (Hrsg.), Institutionelle Probleme der Umweltpolitik, 1996, S. 73. 314 Bunke/Eberle/Grießhammer, Umweltziele statt Last Minute-Umweltschutz, 1995, S. 9. 315 Calliess, Rechtsstaat und Umweltstaat, 2001, S. 240. 316 UBA (Hrsg.), Ziele für die Umweltqualität, 2000, S. 18. 317 Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, 2003, S. 76; Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, 2005, S. 386 ff. 311

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

nung zu bewältigen318. Diese bestehen darin, dass Planung im Hinblick auf das erforderliche Wissen sehr voraussetzungsvoll und mit Fehleinschätzungen belastet ist, über lange Zeit sachliche und personelle Ressourcen bindet und tendenziell an Implementationsdefiziten leidet319. Dies kann dazu führen, dass Planungsziele zum Teil nicht oder zumindest nicht im gewünschten Maße erreicht und unbedachte Nebenfolgen ausgelöst werden320. Um angesichts der nur begrenzt vorhersehbaren Zukunft komplexe Problemlagen effektiv und kontrolliert anzugehen, erfordert ein solches Planungskonzept neben der Setzung von Zielen deshalb auch die Übernahme politischer Verantwortung für Entscheidungen unter Unsicherheitsbedingungen, die Einrichtung eines effektiven Monitorings mit gutem Informationsfluss und die Fähigkeit, auf neue Entwicklung durch Anpassung der Maßnahmen oder Ziele zu reagieren321.

§ 6 Die Verrechtlichung von Umweltqualitätszielen als Strategie für einen nachhaltigen Gewässerschutz Die zur Operationalisierung des Nachhaltigkeitskonzepts erforderlichen Zielstrategien erfassen vielfältige Interdependenzen und müssen vom Völker- über das Europarecht bis ins nationale Recht hineinwirken322. Im Folgenden wird daher zu untersuchen sein, welche Voraussetzungen und Rahmenbedingungen erfüllt sein müssen, damit Umweltqualitätsziele ihrer Funktion, zu einem nachhaltigen Gewässerschutz beizutragen, gerecht werden können.

I. Ausdifferenzierung und Operationalisierung von Umweltqualitätszielen Eine Ressourcenbewirtschaftung, die Nutzungs- und Bewahrungsaspekte berücksichtigt, lässt sich in den meisten Fällen nur abstrakt und konzeptge318 Nach dem Abklingen einer gewissen Planungseuphorie, wie sie rückblickend in den 60er und 70er Jahren herrschte und in der Konzeption einer umfassenden staatlichen Aufgaben- und Gesellschaftsplanung gipfelte, ist inzwischen eine rechtsstaatliche Ernüchterung eingetreten; Hoppe, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HbdStR III, 1996, S. 655; Schulte, in: Erbguth/Oebbecke/Rengeling/Schulte (Hrsg.), Planung, 2000, S. 153. 319 Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, 2003, S. 76. 320 Schulte, in: Erbguth/Oebbecke/Rengeling/Schulte (Hrsg.), Planung, 2000, S. 160. 321 SRU, Umweltgutachten 1998, Tz. 6; Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, 2005, S. 376. 322 Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, 2005, S. 388.

§ 6 Verrechtlichung von Umweltqualitätszielen

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bunden formulieren. Die Qualitätsziele für das langfristig zu sichernde Ressourcenniveau erweisen sich daher auf den höheren (Makro-)Ebenen als vergleichsweise abstrakte Bezugsgrößen323. Damit derartige Zielsetzungen handhabbar werden können, müssen die hochstufigen Ziele zunächst „heruntergebrochen“, d. h. konkretere und sachhaltigere Ziele bestimmt werden, die Orientierungspunkte für immer konkretere Verwaltungsprogramme bieten können324. Art. 4 WRRL, der das aus Kapitel 18 der Agenda 21 übernommene Ziel eines nachhaltigen Gewässerschutzes zunächst in Form allgemeiner Ziele („guter Zustand“, „gutes ökologisches Potenzial“) für die einzelnen Gewässerarten präzisiert und durch Vorgabe konkreterer Ziele und Indikatoren für die Gewässerqualität in Anhang V der WRRL stufenweise konkretisiert, ist hierfür jüngstes Beispiel325. Allerdings kann kein Emittent oder anderweitig an der Verursachung von Emissionen Beteiligter einem solchen Umweltqualitätsziel – und sei es noch so konkret formuliert – entnehmen, welcher Beitrag zur Verminderung der Emissionen gerade von ihm erwartet wird. Zudem würden für keinen Emittenten oder indirekt an der Erzeugung der Emissionen Beteiligten die für sein bisheriges Verhalten bestimmenden Anreizstrukturen in irgendeiner Weise geändert326. Um den weiten Weg von den übergeordneten Zielen zu den konkreten Handlungsanforderungen zurückzulegen, müssen deshalb zugleich Sollensanforderungen an die Administration und deren einzelne Handlungssubjekte adressiert werden327. Letztere sind dann aufgefordert, ihre Maßnahmen, Programme und Steuerungsleistungen als Mittel zur Zielverwirklichung einzusetzen328. Als typische Instrumente, um diese Aufgabe wahrzunehmen, erweisen sich Aktions- und Maßnahmenprogramme, die Vorgaben über (mögliche) Wege der Zielerreichung treffen und je nach Ebene und Planungspraxis mehr oder weniger verdichtet sind329. An Hand dieser Instrumente ist abzuleiten, welches individuelle (Einzel-)Verhalten einen Beitrag zur Zielerreichung leisten kann bzw. soll.

323

Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, 2005, S. 387. Wahl, Rechtsfragen der Landesplanung und Landesentwicklung, 1978, S. 56; Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, 2005, S. 387. 325 Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, 2005, S. 388. 326 Lübbe-Wolff, in: Renner/Hinterberger (Hrsg.), Zukunftsfähigkeit und Neoliberalismus, 1998, S. 400; Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, 2005, S. 394 ff. 327 Wahl, Rechtsfragen der Landesplanung und Landesentwicklung, 1978, S. 56. 328 Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, 2005, S. 388. 329 Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, 2005, S. 393. 324

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

II. Das Erfordernis rechtlicher Steuerung Recht ist als Steuerungsinstrument für die Umsetzung umweltpolitischer Ziele unentbehrlich330. Das soll nicht heißen, dass etwa Wertebewusstsein oder Moral im oben beschriebenen Sinn keine umweltpolitisch entscheidenden Größen wären. In einer demokratischen Gesellschaft hängt es sogar entscheidend von herrschenden Moral- und Wertvorstellungen ab, was überhaupt in die Form des Rechts gegossen werden kann. Auch die effektive Durchsetzbarkeit einmal gesetzten Rechts ist wesentlich davon abhängig, ob es zur herrschenden Moral und zu den herrschenden Wertvorstellungen in einem Verhältnis wechselseitiger Stabilisierung oder in einem Verhältnis des Konflikts steht331. Dennoch kann nicht ernsthaft erwartet werden, dass die in Produktion und Konsumtion erforderlichen Verhaltensänderungen – oder auch nur ein wesentlicher Teil davon – allein durch Bewusstseins- und Wertewandel und eine damit einhergehende verbesserte Umweltmoral bewirkt werden könnten332. Insofern ist die Verrechtlichung von Umweltqualitätszielen ein folgerichtiger Schritt zur Erreichung eines nachhaltigen Umwelt- und insbesondere Gewässerschutzes. Allerdings ist es nicht allein damit getan, die Zielvorstellungen, wenn sie rechtlich steuerungswirksam werden sollen, in Gesetzesform zu gießen333. Denn mit der bloßen gesetzlichen Zielvorgabe „verpflichtet“ das Rechtssystem zunächst einmal nur sich selbst334. Die gesetzliche Zielfestlegung hätte hier also gar keine unmittelbar umweltrelevante, sondern eine für Gesetze ganz untypische – zunächst einmal innerhalb der politischen Sphäre verbleibende – primär wiederum an den Gesetzgeber gerichtete Steuerungsfunktion. Einer solchen Selbstbindung des Gesetzgebers käme damit zwar eine kommunikative und politische335, nicht aber eine spezifisch juristische Funktion zu: Die gesetzliche Zielfestlegung informiert, setzt ein Signal und löst Diskurse aus. Dabei setzt sie die politisch Verantwortlichen aber genau nur so viel oder so wenig unter Druck, wie die jeweilige Perspektive auszulösen vermag336. Umweltqua330 Lübbe-Wolff, in: Renner/Hinterberger (Hrsg.), Zukunftsfähigkeit und Neoliberalismus, 1998, S. 397; UBA (Hrsg.), Ziele für die Umweltqualität, 2000, S. 20. 331 Lübbe-Wolff, in: Renner/Hinterberger (Hrsg.), Zukunftsfähigkeit und Neoliberalismus, 1998, S. 397. 332 Lübbe-Wolff, in: Renner/Hinterberger (Hrsg.), Zukunftsfähigkeit und Neoliberalismus, 1998, S. 397. 333 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 187. 334 Lübbe-Wolff, in: Renner/Hinterberger (Hrsg.), Zukunftsfähigkeit und Neoliberalismus, 1998, S. 400 f. 335 Vgl. hierzu Wahl/Appel, in: Wahl (Hrsg.), in: Prävention und Vorsorge, 1995, S. 190 f. 336 Dementsprechend ist nicht ohne weiteres feststellbar, dass eine Zielfestlegung in Gesetzesform im Verhältnis zur Festlegung desselben Ziels in anderer Form –

§ 6 Verrechtlichung von Umweltqualitätszielen

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litätsziele können ihre Steuerungsfunktion deshalb nur erfüllen, wenn aus ihnen individuell spezifizierte, rechtlich verbindliche Handlungsvorgaben abgeleitet werden337. Zu diesem Zweck sind weitere Rechtsakte erforderlich, die festlegen, was die Zielbestimmung als solche noch offen lässt, nämlich welche Emittenten bzw. Emittentengruppen mit welchen Instrumenten zu welchen Reduktionsleistungen angehalten werden338.

III. Umweltqualitätsziele im Spannungsfeld zwischen Emissions- und Immissionsorientierung Die erforderliche Festlegung individuell spezifizierter Handlungsvorgaben kann nach zwei unterschiedlichen Systemansätzen, nämlich dem Emissionsund dem Immissionsprinzip, erfolgen339. Mit diesen gilt es, das Konzept der Umweltqualitätsziele in Beziehung zu setzen. 1. Umweltqualitätsziele und Emissionsorientierung Das Prinzip der Emissionsorientierung340 erhellt sich aus dem Begriff der Emission. Dieser beschreibt Freisetzungen von umweltschädlichen Stoffen aus bestimmten Quellen in Boden, Wasser oder Luft341. Emissionsorientieetwa wie in umweltpolitischen Leitlinien der Regierung oder in einem nicht rechtsverbindlichen Umweltplan – prinzipiell die besseren Umsetzungschancen hätten; Lübbe-Wolff, in: Renner/Hinterberger (Hrsg.), Zukunftsfähigkeit und Neoliberalismus, 1998, S. 401. 337 SRU, Umweltgutachten 1994, Tz. 133. 338 Lübbe-Wolff, in: Renner/Hinterberger (Hrsg.), Zukunftsfähigkeit und Neoliberalismus, 1998, S. 401. 339 Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, 2005, S. 190 f. 340 Das Konzept der Emissionsorientierung wird auch als „Minimierungskonzept“, vgl. Köck, ZUR 1997, S. 82, oder Emissionsgrenzwertkonzept, BMU (Hrsg.), UGB-KomE, 1998, S. 469 bezeichnet. Gebräuchlich ist auch der Begriff des Emissionsprinzips; vgl. Volkmann, DVBl. 1999, S. 580. Diese Bezeichnung ist jedoch nicht i. S. eines echten Rechtsprinzips, sondern lediglich als politische Handlungsmaxime zu verstehen. Unmittelbare Rechtsverbindlichkeit kommt dem Emissionsprinzip nur dort zu, wo seine Geltung gesetzlich fixiert ist, vgl. hierzu Kloepfer, Umweltrecht, 2004, S. 171. 341 In einem engeren Sinn ist die Begriffsdefinition des § 3 III BImSchG zu verstehen, die vor allem auf Veränderungen der Luft bezogen ist. Emissionen werden jedoch auch in anderen Umweltbereichen als dem Immissionsschutzrecht geregelt, nämlich überall dort, wo es um das Aussenden von Stoffen und anderen Erscheinungen in die Umwelt geht (Sundermann-Rosenow, in: Kimminich/v. Lersner/Storm (Hrsg.), HdUR, 1994, Sp. 483). Vgl. in diesem Sinne auch die weite Definition in § 2 Nr. 6 UGB-KomE (BMU (Hrsg.), UGB-KomE, 1998, S. 109), die als Emissionen in die Umwelt austretende Stoffe, insbesondere solche, die zu Verunreinigungen

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

rung bedeutet demnach, dass Umweltbeeinträchtigungen an ihrer Quelle gemessen und mit den technisch verfügbaren Mitteln an dieser Stelle bekämpft oder zumindest verringert werden342. Schadstoffbegrenzungspflichten gelten damit generell und unabhängig davon, ob die Reduktion der Emissionen im Einzelfall zur Erreichung eines immissionsseitig definierten Zielzustandes erforderlich ist343. Ziel dieser Strategie ist es, die Umweltbelastung durch anthropogene Aktivitäten i. S. eines Minimierungsgebotes344 so gering wie möglich zu halten345. Den Ausgangspunkt der Festlegung von Emissionsbegrenzungen bilden dabei in aller Regel technische Vermeidungspotenziale, deren Realisierung allgemein als wirtschaftlich vertretbar angesehen wird346. Als Kriterium für den Umfang der erforderlichen Emissionsbegrenzungen an der Schadstoffquelle werden abstrakte Technikniveaus gewählt, wie beispielsweise „Stand der Technik“ oder „beste verfügbare Techniken“. Denkbar ist aber auch, stattdessen die Einhaltung eines allgemein einzuhaltenden Emissionsstandards unmittelbar festzulegen oder den Einsatz einer ganz bestimmten Rückhaltetechnik allgemeinverbindlich festzuschreiben347. Der Vorteil des Emissionsprinzips besteht zum einen darin, dass einzelne Gebiete sich ihrer Umweltbelastungen nicht auf Kosten anderer Regionen entledigen können und ferner, dass – losgelöst vom Zustand des jeweiligen Umweltmediums – die Belastung der Umwelt mit Schadstoffen und damit die für die Umwelt im ganzen bestehenden Risiken gemindert werden348. Die Auswirkungen der abstrakten Emissionsbegrenzungen auf die Umweltqualität werden allerdings nicht explizit erfasst349. Auf die Frage beispielsweise, wie viel Abwasser in ein bestimmtes Gewässer insgesamt eingeführt werden darf, gibt das Emissionskonzept keine Antwort, da es nicht beim Gewässer selbst ansetzt, sondern sich auf die Wasserzufuhr jedes einzelnen Einleiters konzentriert350. Die strikte und alleinige Anwendung des Emisdes Bodens und des Wassers sowie zu Luftverunreinigungen führen können, und andere Erscheinungen wie Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme und Strahlen am Ort ihres Austritts oder ihrer Verursachung bezeichnet. Der weite Emissionsbegriff ist damit durch den Quellenbezug gekennzeichnet, nicht notwendig ist dagegen der Austritt aus einer Anlage i. S. von § 3 V BImSchG; Buchholz, Integrative Grenzwerte im Umweltrecht, 2001, S. 28. 342 Volkmann, DVBl. 1999, S. 580; Reichert, Der nachhaltige Schutz grenzübergreifender Gewässer, 2005, S. 239 f. 343 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 23. 344 Kloepfer, Umweltrecht, 2004, S. 180. 345 SRU, Umweltgutachten 1994, Tz. 133. 346 SRU, Umweltgutachten 1994, Tz. 133. 347 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 24. 348 Baisch, Bewirtschaftung im Wasserrecht, 1996, S. 92 f. 349 SRU, Umweltgutachten 1994, Tz. 133.

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sionskonzepts kann somit zwar erfolgreich sicherstellen, dass den Gewässern die geringstmögliche Abwasserbelastung je Einleitung zugemutet wird; sie wird aber nicht verhindern, dass sich bei Zunahme der jeweiligen Abwassereinleitungen – insbesondere in Ballungsgebieten – der Gewässerzustand eines bestimmten Gewässers oder Gewässerteils dennoch verschlechtern kann351. 2. Umweltqualitätsziele und Immissionsorientierung Umweltqualitätszielorientierte Regelungsstrategien orientieren sich bei der Festlegung individuell spezifizierter Handlungsvorgaben demgegenüber am Stoffinput und damit an den auf die Lebewesen und Ökosysteme einwirkenden Stoffkonzentrationen, die letztlich den für eine Schädigung maßgeblichen Faktor darstellen352. Für die im Rahmen dieser Strategien relevante Beurteilung sind nicht die Emissionen, sondern die Immissionen353, d. h. die auf bestimmte Schutzgüter wie den Menschen, die Tiere und Pflanzen, das Wasser und den Boden einwirkenden Umweltbelastungen, das maßgebliche Kriterium354. Die Umweltbeeinträchtigungen werden am Ort der Einwirkung gemessen und etwaige Reaktionen davon abhängig gemacht, welchen Schaden und welche Risiken sie dort verursachen355. Eine solche Vorgehensweise setzt die vorherige oder gleichzeitige Festlegung von Umweltqualitätszielen bzw. Umweltstandards voraus, die den angestrebten Reinheits- oder Verschmutzungsgrad eines bestimmten Umweltmediums beschreiben356. Denn auf der alleinigen Basis von Emissionsdaten 350

Baisch, Bewirtschaftung im Wasserrecht, 1996, S. 93. Salzwedel, RdWWi 22 (1979), S. 59. 352 SRU, Umweltgutachten 1994, Tz. 133. 353 Vgl. § 3 II BImSchG, wo der Immissionsbegriff in einem engeren Verständnis nur auf den Bereich der Luft bezogen ist. Er kann aber darüber hinaus aber auch überall dort herangezogen und verwendet werden, wo der Sache nach Ähnliches geregelt wird, ohne dass der Begriff der Immission im Gesetz selbst Verwendung findet; Knebel, in: Kimminich/v. Lersner/Storm (Hrsg.), HdUR, 1994, Sp. 990. Vgl. zu diesem weiten Verständnis auch die Begriffsdefinition aus § 2 Nr. 7 UGB-KomE (BMU (Hrsg.), UGB-KomE, 1998, S. 110), wonach unter Immissionen die durch Emissionen hervorgerufenen Einwirkungen auf die Umwelt und den Menschen zu verstehen sind. 354 Niederstadt, Ökosystemschutz durch Regelungen des öffentlichen Umweltrechts, 1998, S. 78. 355 Eine unmittelbare Wirkung zwischen Immissionen und den Auswirkungen auf die Rezeptoren lässt sich meist nachweisen; Niederstadt, Ökosystemschutz durch Regelungen des öffentlichen Umweltrechts, 1998, S. 78. 356 Reichert, Der nachhaltige Schutz grenzübergreifender Gewässer, 2005, S. 259; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 24 f.; Baisch, Bewirtschaftung im Wasserrecht, 1996, S. 93. 351

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

ist die Ermittlung eines solchen Wirkungszusammenhangs wegen der weiträumigen unkontrollierten Verteilung der Emissionen hingegen in der Regel nicht möglich357. Die Festlegung von Umweltqualitätszielen bzw. -standards erfolgt dabei – soweit sie sich auf stoffliche Einwirkungen bezieht – im Wesentlichen in vier Schritten: Zunächst müssen Schutzobjekte ausgewählt und die gewünschten Zustände dieser Schutzobjekte im Zeitablauf bzw. die als tragbar angesehenen Veränderungen festgelegt werden. Danach sind die für die Schutzobjekte grundsätzlich als gefährdend angesehenen Stoffe zu ermitteln. Für die ausgewählten Stoffe werden dann unter Zuhilfenahme von Dosis-Wirkungs-Beziehungen, Expositionsanalysen und KostenWirksamkeitsanalysen die zulässigen Immissionsgrenzwerte bestimmt. Aus diesen leitet man unter Berücksichtigung der Ausbreitungs- und Umwandlungsprozesse individuelle Emissionsbegrenzungen oder kollektive Grenzwerte für die Emittenten ab358. Der Umfang der erforderlichen Maßnahmen zur Reduktion der Umweltbelastung wird im Rahmen des Immissionsprinzips allein davon abhängig gemacht, dass die Erreichung eines vorab bestimmten immissionsseitigen Zielzustandes gewährleistet ist. Immissionsorientierung zielt insoweit auf die Verringerung einer feststellbaren Gesamtbelastung unabhängig davon ab, von welchen Anlagen oder Faktoren sie im Einzelnen hervorgerufen wird359. So spielt es beispielsweise keine Rolle, wie viele Abwassereinleiter das Gewässer belasten360. Werden im Gewässer oder Gewässerteil die Qualitätsziele überschritten, dann können selbst bei bestmöglicher Ausreinigung keine weiteren Abwassereinleitungen mehr zugelassen werden361. Dabei soll mit der Charakterisierung als „immissions-“ bzw. „qualitätsorientiert“ keine Aussage darüber verbunden sein, mit welchem Typus von Verhaltensstandard362 die Anforderungen gegenüber dem jeweiligen Emittenten geltend gemacht werden. Dass ein Regelungsansatz als „immissionsorientiert“ eingestuft wird, heißt also insbesondere nicht, dass die Verhaltensvorgaben an den Emittenten ausschließlich, d. h. unter Verzicht auf emissionsbegrenzende Anordnungen als Immissionsstandards formuliert werden, mit der Folge, dass es dem Emittenten überlassen bleibt, auf welche Weise das Qualitätsziel eingehalten werden soll363. Auch im Rahmen rein immissionsorientierter Regelungsansätze können im Genehmigungsbescheid Anordnun357 Niederstadt, Ökosystemschutz durch Regelungen des öffentlichen Umweltrechts, 1998, S. 78. 358 SRU, Umweltgutachten 1994, Tz. 133. 359 Volkmann, DVBl. 1999, S. 580 f. 360 Baisch, Bewirtschaftung im Wasserecht, 1996, S. 93. 361 Salzwedel, RdWWi 22 (1979), S. 59. 362 Zur Abgrenzung zwischen Ziel- und Verhaltensnormen vgl. Sommermann, Staatsziele und Staatszielbestimmungen, 2001, S. 359 m. w. N.

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gen zur Emissionsbegrenzung getroffen werden; es handelt sich dabei jedoch nur um Verhaltensstandards an den Emittenten mit ausschließlich instrumentellem Charakter364. Diese individuellen Emissionsbegrenzungspflichten sind das Ergebnis einer einzelfallbezogenen Berechnung, in deren Rahmen allein ausschlaggebend ist, welches Quantum an Emissionstätigkeit voraussichtlich die Einhaltung des Qualitätsziels gewährleisten wird365. 3. Kombinationslösungen Wie bereits angedeutet, weisen sowohl der Emissionsansatz als auch das Immissionskonzept bei isolierter Anwendung Schwächen auf366: So hat eine lediglich emissionsseitige Kontrolle Probleme mit der Struktur summativer Umweltschäden, da sie der Kumulation je für sich allein zulässiger Emissionen nicht wirksam zu begegnen vermag (z. B. in Ballungsgebieten, wo es auch bei Anwendung hoher technischer Standards zu Überbelastungen bis hin zur völligen Verödung ganzer Gewässerstrecken kommen kann)367. Auch die Berücksichtigung spezifischer ökologischer Empfindlichkeiten sowie die Sanierung besonders belasteter Gewässer (etwa durch Altlasten) kann durch die Festlegung von Emissionsgrenzwerten nur begrenzt gewährleistet werden. Gleiches gilt für die Bekämpfung diffuser Verschmutzungen aus der Landwirtschaft oder aus der Luft368. Dem Emissions363 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 25. Ein etwas anderes Begriffsverständnis legt wohl Zeitler, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, § 36b WHG, Rn. 2b (Stand: März 2002) zu Grunde, der davon ausgeht, dass das Immissionskonzept es praktisch den Einleitern überlässt, die festgesetzten Immissionswerte durch entsprechende Ausreinigungsmaßnahmen zu erhalten. 364 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 24. 365 Die Unterscheidung zwischen Emissions- und Immissionsorientierung ist also nicht deckungsgleich mit der Unterscheidung zwischen Emissions- und Immissionsgrenzwerten (es sei denn man versteht unter Emissionsstandards ausschließlich abstrakt-generelle Vorgaben; vgl. Jarass, NJW 1987, S. 1125). Dies bedeutet, dass aus dem Einsatz von Emissionsgrenzwerten nicht zwingend auf das Vorliegen einer emissionsorientierten Strategie geschlossen werden kann. 366 Caspar, DÖV 2001, S. 533; Breuer, UPR 2004, S. 203; Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, 2005, S. 193; Reichert, Der nachhaltige Schutz grenzübergreifender Gewässer, 2005, S. 263. 367 Wahl/Appel, in: Wahl (Hrsg.), Prävention und Vorsorge, 1995, S. 191; Appel, ZUR 2001, S. 134; Reichert, Der nachhaltige Schutz grenzübergreifender Gewässer, 2005, S. 263; Unnerstall, in: Brinktrine (Hrsg.), Alte und neue Streitfragen, 2000, S. 206; Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 82. 368 Appel, DVBl. 1995, S. 404; ders., ZUR 2001, S. 137; Wahl/Appel, in: Wahl (Hrsg.), Prävention und Vorsorge, 1995, S. 147; Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 82.

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

ansatz fehlt es dabei vor allem an Flexibilität, den unterschiedlichen Belastungssituationen Rechnung zu tragen369. Genau hier setzen aber Umweltqualitätsziele an, indem sie die Menge des zulässigen Schadstoffeintrags von den jeweiligen konkreten Belastungssituationen abhängig machen370. Im nichtstofflichen Bereich, d. h. beispielsweise dem der Gewässerbiologie und Gewässermorphologie, erweisen sich Umweltqualitätsziele sogar als das einzig mögliche Handlungsinstrument, um ökologische Anforderungen durchzusetzen371. Andererseits weisen aber auch immissionsseitige Konzepte Schwächen auf, indem sie dazu führen können, dass bisher unbelastete Umweltgüter bis an die Grenze des Erlaubten mit Schadstoffen „aufgefüllt“ werden372. Auch bleibt der Immissions- bzw. Qualitätsansatz vom oft unsicheren Wissen über die Belastungsgrenzen für die Schutzgüter abhängig373. Den genannten Defiziten eines rein immissions- bzw. qualitätsorientierten Ansatzes auf der einen und eines rein emissionsorientierten Ansatzes auf der anderen Seite kann aus der Sicht des Qualitätszielkonzepts allerdings durch eine kombinierte Anwendung von Umweltqualitätszielen und Emissionsgrenzwerten begegnet werden374. In der Gesetzgebungspraxis sind daher beide Konzepte fast durchgängig nicht in ihrer reinen Form, sondern nebeneinander oder als Bestandteile von Kombinationslösungen zu finden375. Im Hinblick darauf hat die – in erster Linie auf europäischer Ebene – geführte Diskussion in der Zwischenzeit eine Vielfalt unterschiedlicher Modelle zur gleichzeitigen Anwendung von Umweltqualitätszielen und Emissionsgrenzwerten hervorgebracht, die so unterschiedliche Namen, wie 369 Reichert, Der nachhaltige Schutz grenzübergreifender Gewässer, S. 263; Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 82. 370 Claussen et al., Umweltqualitäts- und Umwelthandlungsziele im Gewässerschutz, 1996, S. 9; Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 78. 371 Claussen et al., Umweltqualitäts- und Umwelthandlungsziele im Gewässerschutz, 1996, S. 10; Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 78. 372 Dies hängt damit zusammen, dass Umweltqualitätsziele im Wesentlichen an der Tragekapazität des jeweiligen Ökosystems orientiert sind, welches bis zu einem bestimmten Grade belastende Eingriffe wie erhöhte Stoffeinträge tolerieren bzw. kompensieren kann und damit bei isolierter Anwendung des immissionsorientierten Ansatzes Anstrengungen zur Vermeidung oder Reduzierung von Stoffeinträgen oder anderen Belastungsfaktoren erst ab den von den Ökosystemen nicht mehr tolerierbaren Belastungsniveau erforderlich sind; vgl. Appel, ZUR 2001, S. 134; Caspar, DÖV 2001, S. 533. 373 Caspar, DÖV 2001, S. 533. 374 Calliess, Rechtsstaat und Umweltstaat, 2001, S. 238; Breuer, UPR 2004, S. 203; Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, 2005, 193 f.; Reichert, Der nachhaltige Schutz grenzübergreifender Gewässer, 2005, S. 264 f. 375 Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, 2005, S. 193 f.; Meinken, in: Gawel/Lübbe-Wolff (Hrsg.), Effizientes Umweltordnungsrecht, 2000, S. 39.

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z. B. paralleles Konzept376, kombinierter Ansatz377, Alternativkonzept, Additionskonzept, Kooperationskonzept oder Ressourcenkonzept378 erhalten haben. Die einzelnen Modelle unterscheiden sich dabei nicht nur in ihren Bezeichnungen, sondern auch in der Art und Weise, wie die Umweltqualitätsziele mit den Emissionsgrenzwerten verknüpft sind. Bei entsprechender Ausgestaltung kann eine entsprechende Kombination von Umweltqualitätszielen und Emissionsgrenzwerten soweit gehen, dass die Verletzung von Umweltqualitätszielen unmittelbar die Pflicht begründet, Emissionsstandards zu verschärfen oder erforderlichenfalls die Einleitung von Schadstoffen in Gewässer sogar völlig zu verbieten379. Oftmals ist allerdings nicht klar, nach welchen Kriterien das Zusammenwirken von Umweltqualitätszielen und Emissionsgrenzwerten erfolgen soll. Hinzu kommt, dass die meisten europarechtlichen Ansätze nicht definieren, ob die qualitäts- oder emissionsbezogenen Vorgaben an die Emittenten oder an die Mitgliedstaaten gerichtet sein sollen; beides ist jedoch z. B. bei EG-Richtlinien wegen ihres Umsetzungserfordernisses zu unterscheiden380. Diese Fragen bedürfen weiterer Erörterung und werden daher im weiteren Verlauf der Arbeit noch vertieft381.

IV. Umweltqualitätsziele als finaler Regelungsansatz Aus rechtlicher Sicht wäre die Einordnung von Umweltqualitätszielen unvollständig, ohne sie nicht auch in Bezug zur grundsätzlichen Unterscheidung zwischen konditionaler und finaler Rechtssetzung zu setzen382. Konditionale Rechtssetzung bedeutet, dass die Normen nach dem Wenn-DannSchema aufgebaut sind, d. h. einen Tatbestand enthalten, der eine Rechts376

Mentzinis, Die Durchführbarkeit des europäischen Umweltrechts, 2000, S. 266. Mentzinis, Die Durchführbarkeit des europäischen Umweltrechts, 2000, S. 266. 378 Die letztgenannten vier Unterscheidungen entstammen einer Systematisierung von Epiney, in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, 1997, S. 86 ff. 379 Reichert, Der nachhaltige Schutz grenzübergreifender Gewässer, 2005, S. 265. 380 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 28. 381 s. hierzu unten § 11 I., § 13, § 16 VI., § 19 III., V. 382 Zur grundsätzlichen Unterscheidung zwischen konditionaler und finaler Rechtssetzung vgl. beispielsweise Zippelius, Juristische Methodenlehre, 1999, S. 28 f.; Sommermann, Staatsziele und Staatszielbestimmungen, 2001, S. 357 ff.; Koch, in: Erbguth/Oebbecke/Rengeling/Schulte (Hrsg.), Abwägung im Recht, 1996, S. 15 f. sowie Di Fabio, in: Erbguth/Oebbecke/Rengeling/Schulte (Hrsg.), Planung, 2000, S. 82 ff. (mit einem Plädoyer für eine stärkere Konditionalisierung im Planungsrecht); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2004, S. 132. Mayntz spricht insoweit von einem in der Verwaltungsrechtswissenschaft eingebürgerten Begriffspaar; dies., Soziologie der öffentlichen Verwaltung, 1985, S. 56. 377

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

folge auslöst, sofern die Voraussetzungen des Tatbestandes vorliegen383. Diese konditionale Normstruktur ist nicht nur im Zivil- und im Strafrecht selbstverständliche Basis der Gesetzgebung und Gesetzesanwendung, sondern charakterisiert auch die meisten (umwelt-)verwaltungsrechtlichen Gesetze384. Der Tatbestand der Norm enthält die Voraussetzungen eines subjektiven Rechts, einer behördlichen Befugnis, Entscheidung oder normativen Verpflichtung. Der entscheidungsbedürftige Einzelfall ist demgemäß von der Verwaltung unter die Rechtsbegriffe des Tatbestandes zu subsumieren und unterliegt grundsätzlich vollständiger richterlicher Kontrolle385. Allenfalls soweit ein gesetzlicher Tatbestand unbestimmte Rechtsbegriffe umfasst, ist in bestimmten Situationen infolge des der Verwaltung zugestandenen Beurteilungsspielraums eine Ausnahme vom Grundsatz der vollständigen gerichtlichen Kontrolle und Letztentscheidung möglich386. Ein auf die Erreichung und Einhaltung von Umweltqualitätszielen ausgerichtetes Umweltrecht weist demgegenüber eine finale Normstruktur auf387. Gemeint sind damit Normen, die es einem Staatsorgan ohne Bindung an spezifische Tatbestandsvoraussetzungen auferlegen, bestimmte Zwecke zu erfüllen388. Hier werden verbindliche Ziele festgelegt und Instrumente sowie Verfahren genannt, mit deren Hilfe die angestrebten Ziele erreicht werden sollen389. In Deutschland ist eine finale Rechtsetzung in erster Linie im Planungsrecht anzutreffen390. Insbesondere das Bauplanungsrecht mit seinen Planziel-, Planmittel- und Planverfahrensbestimmungen stellt den Inbegriff finaler Rechtssetzung dar391. Da die finale Rechts383 Mayntz, Soziologie der öffentlichen Verwaltung, 1985, S. 56; Breuer, AöR 127 (2002), S. 525. 384 Breuer, in: IRWE/Umweltministerium NRW (Hrsg.), Umweltschutz im Widerstreit differierender Konzepte, S. 53; Breuer, AöR 127 (2002), S. 525. 385 Mayntz, Soziologie der öffentlichen Verwaltung, 1985, S. 57; Ipsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2001, S. 140 ff.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2004, S. 156 ff. 386 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2004, S. 142 ff.; Ipsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2001, S. 143 ff. 387 Breuer, NuR 2000, S. 545; ders., UPR 2004, S. 204; ders., in: IRWE/Umweltministerium NRW (Hrsg.), Umweltschutz im Widerstreit differierender Konzepte, 2000, S. 53 f.; Appel, ZUR 2001, S. 129; Reinhardt, DVBl. 2001, S. 147; Wahl, in: Gesellschaft für Umweltrecht (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, 2001, S. 245 f. 388 Zippelius, Juristische Methodenlehre, 1999, S. 28. 389 Hoppe, DVBl. 1974, S. 643. 390 Mayntz, Soziologie der öffentlichen Verwaltung, 1985, S. 56; Breuer, AöR 127 (2002), S. 526; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, § 1, Rn. 181; Hoppe, DVBl. 1974, S. 643 f.; Sommermann, Staatsziele und Staatszielbestimmungen, 2001, S. 357 f. 391 Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, 2004, S. 41 f.

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setzung keine Subsumtion unter rechtsbegriffliche Tatbestandsmerkmale, sondern eine abgewogene Verwirklichung gesetzlich umschriebener, potentiell konfligierender Ziele, Leitgedanken und Belange fordert, beschränkt sich die Rechtskontrolle hier notwendigerweise auf Abwägungsfehler392, also auf eventuelle Zielverfehlungen und Missgestaltungen393. Die Unterscheidung zwischen finaler und konditionaler Rechtssetzung entstammt verwaltungswissenschaftlichen Überlegungen, insbesondere den entscheidungstheoretischen Analysen von Programmierungszusammenhängen und -formen, die im deutschen Sprachraum durch Niklas Luhmann bekannt gemacht worden sind394. Diese Überlegungen gehen – bezogen auf die öffentliche Verwaltung – der Frage nach, wie das faktische Verhalten von Verwaltungsstellen gesteuert ist, d. h. wodurch die zunächst bestehende Vielzahl von Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt wird. Als sachliche Strukturierung des Entscheidungsverhaltens rückt der Begriff des Programms in den Mittelpunkt, wobei Normen als Programme faktischen Verhaltens, öffentlich-rechtliche Normen demgemäß als Entscheidungsprämissen (unter anderem) von Verwaltungsstellen verstanden werden395. Dabei werden mit den Konditional- und den Zweckprogrammen zwei grundlegende Programmformen unterschieden396. Während Konditionalprogramme nach dem Wenn-Dann-Schema ablaufen, sind Zweckprogramme dadurch gekennzeichnet, dass sie an in der Zukunft liegenden Zielen ansetzen und Maßnahmen als Verwirklichungsschritte und Mittel an diesen Zielen ausrichten397. Die herkömmlichen Normen des deutschen Rechts mit 392 Hierzu ausführlich Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, 2004, S. 291 ff. 393 Breuer, in: IRWE/Umweltministerium NRW (Hrsg.), Umweltschutz im Widerstreit differierender Konzepte, 2000, S. 54 f. 394 Luhmann, VerwArch 1964, S. 7 ff., ders., Recht und Automation in der öffentlichen Verwaltung, 1997, S. 36; ders., in: Das Recht der Gesellschaft, 1993, S. 195 ff., auch wenn hier die Relevanz von Zweckprogrammen für das Rechtssystem unklar bleibt, vgl. S. 200. Eindeutig insoweit Teubner, Ironie des Staates, S. 177 f., der Zweckprogramme durch die Rechtsentwicklung als Einrichtungen des Rechts fest etabliert sieht. 395 Die regulativen Entscheidungsprämissen organisatorischer, verfahrensmäßiger oder inhaltlicher Art bilden das feststehende Gerüst eines Verwaltungssystems. Sie nehmen die strengere Form von Entscheidungsprogrammen an, wenn sie zu Bedingungen zusammengefasst werden, bei deren Erfüllung die Entscheidung als „richtig“ gilt; Luhmann, Politische Planung, 1971, S. 165. Zum Programmbegriff auch Oberndorfer, Die Verwaltung 1972, S. 261 f. 396 Willke, Ironie des Staates, 1996, S. 177 f.; König, Die Verwaltung, S. 141; Oberndorfer, Die Verwaltung 1972, S. 261. 397 Wahl, Rechtsfragen der Landesplanung und Landesentwicklung, 1978, S. 35; Lange, VerwArch 1991, S. 1 ff. Luhmann, VerwArch 1964, S. 7 ff., ders., Recht und Automation in der öffentlichen Verwaltung, 1997, S. 38 ff.

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ihrer Tatbestands-Rechtsfolgen-Verknüpfung können somit als Anwendungsfall der Konditionalprogramme charakterisiert werden398. Ein an Qualitätszielen ausgerichtetes (Umwelt-)Recht findet hingegen seine Entsprechung im Zweckprogramm als der alternativen, final ausgerichteten Programmform399. Die Charakterisierung von Rechtsnormen als Konditional- und Zweckprogramme dient zum einen als Reflexion über ihre Struktur und Funktion im Rechtssetzungs- und Rechtsanwendungsprozess. Über den Programmbegriff und die Unterscheidung der beiden Programmformen wird darüber hinaus aber auch ein Vergleich innerhalb eines handlungs- und entscheidungstheoretischen Rahmens möglich, der auf Unterschiede im Rahmen der faktischen Entscheidungsprozesse und in der Art der Steuerung des Verwaltungshandelns zielt400. Als wesentliches Ergebnis dieses Vergleichs erweisen sich Unterschiede in der Intensität der Problemverarbeitung und der inhaltlichen Determination des Entscheidungsverhaltens der vom Programm betroffenen Entscheidungsträger401. Während das Konditionalprogramm für ein regelungsbedürftiges Problem sowohl die Mittel der Problemlösung (im Dann-Teil) als auch die Bedingungen der Problemlösung (im Wenn-Teil) formuliert, nennt das Zweck-Programm typischerweise nur Zwecke und Ziele402. Durch diese Zwecksetzung grenzt es zwar das Problem ein, ohne jedoch im Einzelnen die Schritte zur Lösung, die Mittel zur Erreichung der Ziele programmiert zu haben403. Den Weg zu diesen Zielen, den rechten Zeitpunkt der Ansteuerung und die zwischengeschalteten Zweck-Mittel-Relationen muss die Verwaltung selbst herausfinden. Ihr Weg ist hier gepflastert mit eigenen Wertentscheidungen, für die der Gesetzgeber allenfalls lockere Determinanten zur Verfügung stellt404. Das auf die Ziel- und Zwecksetzung folgende Stadium der Auswahl und Kombination von Mitteln zur Ziel- und Zweckerreichung ist deshalb regelmäßig von er398 Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, 2004, S. 41; Breuer, in: IRWE/Umweltministerium NRW (Hrsg.), Umweltschutz im Widerstreit differierender Konzepte, 2000, S. 53, Lange, VerwArch 1991, S. 1 ff.; Wahl, Rechtsfragen der Landesplanung und Landesentwicklung, 1978, S. 48. 399 Appel, ZUR 2001, S. 129; Reinhardt, DVBl. 2001, S. 147; Breuer, NuR 2000, S. 549. 400 Wahl, Rechtsfragen der Landesplanung und Landesentwicklung, 1978, S. 35. 401 Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, § 1, Rn. 181. 402 König, VerwArch 1974, S. 144 f.; Mayntz, Soziologie der öffentlichen Verwaltung, 1985, S. 56 f. 403 Mayntz, Soziologie der öffentlichen Verwaltung, 1985, S. 56 f.; Wahl, Rechtsfragen der Landesplanung und Landesentwicklung, 1978, S. 35 f. 404 Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, § 1, Rn. 181.

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heblichen Entscheidungsspielräumen gekennzeichnet; die Situation ist allein durch die Zweck- und Zielfixierung noch nicht bis zur Entscheidungsreife rationalisiert405.

V. Die Outputorientiertheit von Umweltqualitätszielen Die Struktur und Funktionsweise von Umweltqualitätszielen wird aber auch durch die systemtheoretische Unterscheidung zwischen Input- und Outputsteuerung erhellt406. Diesem Grundverhältnis der Steuerung entspricht formal und programmierungstechnisch die finale Struktur der Rechtssetzung, während für die konditionale Rechtssetzung die Inputorientiertheit kennzeichnend ist407. Für die tatbestandliche Normierung von Verhalten ist – wie Luhmann gezeigt hat408 – systemtheoretisch die Inputorientierung kennzeichnend, so wie andererseits die Zweckprogramme in dieser Hinsicht die grundsätzliche Alternative der Output-Orientierung repräsentieren409. Dabei kann die Programmdefinition an zwei und nur an zwei Punkten ansetzen, eben deshalb, weil Programme entweder nur den Eingang (input) oder den Ausgang (output) eines Systems zum Bezugspunkt nehmen können410. Unter Inputsteuerung wird Systemsteuerung durch direkte Verhaltensregelung verstanden, bei welcher der Staat sich agnostisch, d. h. unwissend gegenüber konkreten Zielen verhält411. Sie wird am gedanklichen Anfang der Handlungszusammenhänge, d. h. von dem Wirkungen auslösenden Verhalten gesteuert und nicht von den zu bewirkenden Leistungen, dem Output, her gelenkt. Die Input-Steuerung sondert negativ bewertetes Verhalten durch Verbote aus, bestimmt durch Erlaubnisse die Voraussetzungen, unter denen ein ansonsten nicht geregeltes Verhalten zugelassen ist und sorgt durch Gebote dafür, dass gewisse Handlungen und Leistungen stattfinden412. Die 405 Schmidt, AöR 1971, S. 333; Wahl, Rechtsfragen der Landesplanung und Landesentwicklung, 1978, S. 36. 406 Grundlegend hierzu Luhmann, Rechtssystem und Rechtsdogmatik, 1974, S. 25 ff. sowie ders., Zweckbegriff und Systemrationalität, 1991, S. 248 ff., der an der grundsätzlichen Unterscheidung zwischen Input- und Outputorientierung auch unter den Bedingungen einer Theorie autopoietischer Systeme festhält; ders., Soziale Systeme, 1984, S. 275 ff. 407 Luhmann, Soziale Systeme, 1984, S. 278; ders., Recht und Automation in der öffentlichen Verwaltung, 1997, S. 44 Fn. 28; Wahl, Rechtsfragen der Landesplanung und Landesentwicklung, 1978, S. 49. 408 Luhmann, Zweckbegriff und Systemrationalität, 1991, S. 249. 409 Wahl, Rechtsfragen der Landesplanung und Landesentwicklung, 1978, S. 49. 410 Luhmann, VerwArch 1964, S. 7. 411 Baisch, Bewirtschaftung im Wasserrecht, 1996, S. 95. 412 Wahl, Rechtsfragen der Landesplanung und Landesentwicklung, 1978, S. 48.

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

Folgen dieser staatlichen Regelungen sind ermöglichte und nicht gezielt gesteuerte Wirkungen; eine komplexe Prozesssteuerung im Hinblick auf ein bestimmtes Ziel liegt seitens des Staates gerade nicht vor413. Mit den Worten von Luhmann erfüllt das staatliche System im Fall der Inputsteuerung seine Funktion primär durch sorgfältige Aufnahme und Verarbeitung eingegebener Informationen. Dabei besteht allerdings eine relative Indifferenz gegen die Folgen, die es damit auslöst414. Ein an Umweltqualitätszielen ausgerichtetes Umweltrecht entspricht dagegen dem Modell der Outputsteuerung. Die staatliche Steuerung ist systematisiert und auf ein Output, d. h. von vornherein bestimmte Ziele fixiert. Diese Ziele werden ausformuliert und – zusammen mit fragmentarischen Vorgaben über mögliche Wege der Zielerreichung – als Sollensanforderungen an die Administration und deren einzelne Handlungssubjekte adressiert. Diese haben ihre Maßnahmen, Programme und Steuerungsleistungen als Mittel zur Zielverwirklichung einzusetzen415. Auch hier wird eine direkte Verhaltenssteuerung der einzelnen Handlungen eingesetzt, doch im Unterschied zum Modell der Inputsteuerung sind diese Regelungen nicht abstrakt-generell (quasi ziellos) vorwegprogrammiert, sondern werden zielorientiert zum Erreichen eines bestimmten Outputs eingesetzt416. Da eine vollkommene Outputsteuerung im Sinne einer totalen staatlichen Zielsteuerung aufgrund der Unvollständigkeit des erforderlichen Wissens über die genauen Wirkungszusammenhänge jedoch nicht möglich ist, bleibt das Modell der Outputsteuerung grundsätzlich auf die Makrosteuerung417 ausgerichtet und lässt den Behörden für die Mikrosteuerung in der Regel Gestaltungsund Handlungsspielräume418. Diese Gestaltungs- und Handlungsspielräume werden im Rahmen der Umsetzung des Art. 4 WRRL im Einzelnen auszuloten sein.

413

Baisch, Bewirtschaftung im Wasserrecht, 1996, S. 95. Luhmann, Rechtssystem und Rechtsdogmatik, 1974, S. 26. 415 Wahl, Rechtsfragen der Landesplanung und Landesentwicklung, 1978, S. 56; ähnlich Steinberg, Der Staat 1976, S. 190 f. 416 Das Resultat einer solchen Systemsteuerung sind gezielte Wirkungen (im Gegensatz zu den Folgen der Inputsteuerung, die ermöglichte Wirkungen sind). 417 Die Makroebene zielt auf Handlungszusammenhänge im gesamtgesellschaftlichen System, während die Mikroebene auf die Ebene der Handlungen einzelner Personen abstellt; Wahl, Rechtsfragen der Landesplanung und Landesentwicklung, 1978, S. 50 Fn. 12. 418 Mayntz, Soziologie der öffentlichen Verwaltung, 1985, S. 56 f.; Wahl, Rechtsfragen der Landesplanung und Landesentwicklung, 1978, S. 57; Baisch, Bewirtschaftung im Wasserrecht, 1996, S. 96. 414

§ 7 Rechtsbegriff und Rechtsnatur von Umweltqualitätszielen

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§ 7 Rechtsbegriff und Rechtsnatur von Umweltqualitätszielen Im Folgenden ist der Frage nachzugehen, wie der Umweltqualitätszielbegriff in die Kategorien des Rechts einzuordnen ist. Die Herkunft der Umweltqualitätsziele aus dem planerischen, politischen und umweltwissenschaftlichen Bereich ist nur ein Grund dafür, dass deren rechtlicher Gehalt bis jetzt weitgehend ungeklärt ist. Auch die inhomogene Verwendung von Umweltqualitätszielen im juristischen Schrifttum hat zu dieser Situation beigetragen. Es wird deshalb im Einzelnen zu klären sein, inwieweit Umweltqualitätsziele bereits der Sache nach im Rechtssystem verankert sind, wie sie rechtlich bezeichnet werden und welche Rechtsnatur ihnen zukommt.

I. Die Verankerung von Umweltqualitätszielen im Rechtssystem In den verschiedenen Bereichen des Umweltrechts haben sich eine Reihe ganz unterschiedlicher umweltbezogener Ziele niederschlagen, die der Sache nach Umweltqualitätsziele darstellen419. Man denke nur an die umweltbezogenen Ziele der Raumordnung und Landesplanung (§ 3 Nr. 2 ROG; § 1 IV BauGB), die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege (§ 1 I BNatSchG), den gesetzlichen Biotopschutz nach § 20c BNatSchG oder die Schonungsgebote bezüglich Boden, Wasser und Wald im Bau- und Raumordnungsrecht (§ 1 V 2 und 3 BauGB, § 2 I Nr. 8 ROG)420. Hierbei handelt es sich um sog. Leitvorschriften, die grundsätzlich keine quantifizierten, sondern lediglich qualitative Festlegungen enthalten421. Quantitativ geregelte Umweltqualitätsziele stellen demgegenüber die Maßnahmen-, Prüf- und Vorsorgewerte der BBodSchV422, die Qualitätsstandards für die Schwermetallbelastung von Böden in der Klärschlammverordnung423 und in der EG-Klärschlammrichtlinie424 sowie die Orientierungswerte für die Be419 UBA (Hrsg.), Ziele für die Umweltqualität, 2000, S. 20. Eine Zusammenstellung über Qualitätsstandards in den einzelnen Umweltbereichen befindet sich bei Niederstadt, Ökosystemschutz durch Regelungen des öffentlichen Umweltrechts, 1998, S. 139 ff. 420 Rehbinder, NuR 1997, S. 320; Berendt, Die Bedeutung von Zweck- und Zielbestimmungen, 2001, S. 26. 421 Berendt, Die Bedeutung von Zweck- und Zielbestimmungen, 2001, S. 26. 422 s. Anhang 2 der auf Grund von § 8 II BBodSchG erlassenen Bundesbodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) vom 12. Juli 1999, BGBl. I, S. 1554. 423 s. § 4 VIII–XII der Klärschlammverordnung (AbfKlärV) vom 15. April 1992, BGBl. I, S. 912.

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

wertung der Auswirkungen auf Fließgewässer und die stoffliche Bodenbzw. Luftbeschaffenheit in der UVP-Verwaltungsvorschrift (UVPVwV)425 dar426. Gleiches gilt im Hinblick auf die Grenz- und Zielwerte bzw. Alarmschwellen der Luftbelastung, die in den EG-Richtlinien über Grenzwerte für Schwefeldioxid und Stickoxid, Schwefel und Blei in der Luft427, über Grenzwerte für Benzol und Kohlenmonoxid in der Luft428 sowie über den Ozongehalt der Luft429 festgelegt sind430. Im Bereich des deutschen Luftreinhalterechts sind entsprechende quantifizierte Umweltqualitätsziele (Qualitätsgrenzwerte) in der TA Luft431 sowie in der 22. BImSchV432 enthalten433. Aber auch und vor allem im Bereich des europäischen Gewässerschutzrechts sind quantifizierte Umweltqualitätsziele zu finden434. Man denke insoweit nur an die Qualitätsgrenzwerte der Fisch-, Muschel-, Badegewässer- oder Rohwasserrichtlinie sowie die Tochterrichtlinien zur sog. 424 Richtlinie 86/278/EWG des Rates vom 12. Juni 1986 über den Schutz der Umwelt und insbesondere der Böden bei der Verwendung von Klärschlamm in der Landwirtschaft, ABl. 1986, L 181, S. 6. 425 Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Ausführung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 18. September 1995, GMBl., S. 671, Anhang 1. 426 Rehbinder, NuR 1997, S. 320. 427 Richtlinie 1999/30/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. April 1999 über Grenzwerte für Schwefeldioxid und Stickoxide, Partikel und Blei in der Luft, ABl. 1999, L 163, S. 41. 428 Richtlinie 2000/69/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2000 über Grenzwerte für Benzol und Kohlenmonoxid in der Luft, ABl. 2000, L 313, S. 12. 429 Richtlinie 2002/3/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2002 über den Ozongehalt der Luft, ABl. 2002, L 67, S. 14. 430 Hierbei handelt es sich um Tochterrichtlinien der als auch „Luftqualitätsrahmenrichtlinie“ bezeichneten Richtlinie 96/62/EG des Rates über die Beurteilung und Kontrolle der Luft vom 27. September 1996, ABl. 1996, L 296, S. 55; ausführlich hierzu Engelhardt, Die Umsetzung der IVU-Richtlinie in Deutschland, 2002, S. 104 f. 431 Erste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft – TA Luft) vom 24.2.1986, GMBl., S. 95, in der Fassung vom 24. Juli 2002, GMBl., S. 511. 432 Zweiundzwanzigste Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über Immissionswerte für Schadstoffe in der Luft – 22. BImSchV) vom 26.10.1993, BGBl. I, S. 1819, in der Fassung vom 11.9.2002, BGBl. I, S. 3626. 433 Diese wurden inzwischen an die verschärften qualitätszielorientierten Anforderungen der Luftqualitätsrahmenrichtlinie und ihrer Tochterrichtlinien angepasst. Zum Luftqualitätsrecht der EG ausführlich Jarass, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 84 ff. 434 Im europäischen Recht spielen Umweltqualitätsstandards bisher eine deutlich größere Rolle als im deutschen Recht; Niederstadt, Ökosystemschutz durch Regelungen des öffentlichen Umweltrechts, 1998, S. 139.

§ 7 Rechtsbegriff und Rechtsnatur von Umweltqualitätszielen

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Gewässerschutzrichtlinie435, die jeweils maximale Konzentrationswerte für bestimmte Schadstoffvorkommen in den Gewässern festlegen. Aktuelles Beispiel für die Festlegung von Umweltqualitätszielen ist Art. 4 WRRL, der die grundsätzliche Erreichung eines guten Zustands für alle Oberflächengewässer und das Grundwasser im Bereich der EG festschreibt.

II. Umweltqualitätsziele als Rechtsbegriff? 1. Rechtsbegriffliche Bestandsaufnahme im deutschen Umweltrecht Hinsichtlich der rechtsbegrifflichen Verwendung von Umweltqualitätszielen bestehen erhebliche Unklarheiten. Im deutschen Umweltrecht taucht der Begriff des Umweltqualitätsziels – zumindest in dieser Form – in keiner Gesetzesnorm auf. Stattdessen werden die Umweltqualitätsziele in den einzelnen Rechtsakten durch eine Reihe ganz unterschiedlicher Bezeichnungen umschrieben. So wird z. B. das allgemein gefasste Qualitätsziel des Naturschutzes und der Landschaftspflege des § 1 I BNatSchG dadurch ausgedrückt, dass Natur und Landschaft „so zu schützen sind, dass die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts, die Nutzungsfähigkeit der Naturgüter, die Pflanzen- und Tierwelt sowie die Vielfalt, Eigenart und Schönheit von Natur- und Landschaft als Lebensgrundlagen des Menschen nachhaltig gesichert sind“ (§ 1 I BNatSchG). Das Umweltqualitätsziel des Schutzes bestimmter vorhandener Biotope findet seinen Ausdruck darin, dass „Maßnahmen, die zu ihrer Zerstörung führen können, unzulässig sind“. Im Gewässerschutzrecht ist von „Merkmalen“ die Rede, „die das Wasser in seinem Verlauf aufweisen soll“ (§ 36b III Nr. 2 WHG a. F.). Die gleiche Formulierung wählt der Professoren-Entwurf für ein UGB-AT in § 24 II Nr. 4 ProfE UGB-AT436. Angesichts dieser uneinheitlichen Formulierungen durch den Gesetzgeber vermag es kaum zu verwundern, dass der Begriff des Umweltqualitätsziels im deutschen Umweltrecht als Rechtsbegriff (noch) nicht existiert und auch im Schrifttum eher verschwommen gebraucht wird. Zudem wird eine Systematisierung dadurch erschwert, dass die einzelnen in Bezug genommenen Umweltqualitätsziele ganz verschiedenen Kategorien wie beispielsweise den Zielen der Raumordnung, den Leitnormen des Naturschutzrechts, den Optimierungsgeboten des Planungsrechts, den Festsetzungen in Umweltfach- und Bauleitplänen sowie den gesetzlichen Grenz- und Richtwerten für bestimmte Schadstoffkonzentrationen zuzuordnen sind, die im Hinblick auf Inhalt und Art der Bindungswirkung sowie des Adressaten der 435 436

s. zu den Tochterrichtlinien ausführlich unten § 13 II. 2. Kloepfer/Rehbinder/Schmidt-Aßmann, Professoren-Entwurf UGB-AT, 1991.

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

Bindung (behörden- oder bürgerwirksam) vielfache Unterschiede aufweisen437. Hinzu kommt, dass einige Autoren zur Begriffsklärung auf Literatur aus dem Bereich der Natur- und Umweltwissenschaften zurückgreifen, ohne den jeweils disziplineigenen Verwendungszusammenhang näher zu beleuchten438. Die genannten Begriffe stimmen aber vor allem hinsichtlich ihres Konkretisierungsgrades nur teilweise mit der ursprünglichen – auch nicht immer einheitlichen439 – Verwendung in ihren Herkunftsdisziplinen überein. Somit bleibt an dieser Stelle nicht viel mehr als eine Zusammenstellung der verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten440. 2. Der Qualitätszielbegriff im europäischen Umweltrecht Im europäischen Umweltrecht hat der Begriff des „Qualitätsziels“ als Rechtsbegriff dagegen schon eine lange Tradition. So wird er bereits im ersten Umweltaktionsprogramm der EG aus dem Jahre 1973441 definiert, wonach Qualitätsziele („objectives“) die Gesamtheit der Anforderungen darstellen, denen ein Umweltmedium oder ein Teil eines Umweltmediums zu einem gegebenen Zeitpunkt – jetzt oder später – genügen soll442. Diese werden – so heißt es weiter – auf bestimmte Parametergruppen für ein Umweltmedium oder einen Teil eines Umweltmediums – ausgedrückt in Werten der jeweiligen Schadstoffkonzentration oder Belastungsintensität – gestützt443. Der Begriff des Qualitätsziels taucht darüber hinaus auch in den Gewässerschutzrichtlinien der 70er Jahre auf, wobei dessen Verwendung hier teilweise nicht eindeutig ist (dazu sogleich unter III.). Auch im Luftqualitätsrecht findet der Begriff Erwähnung444. Jedoch scheint das europäische Umweltrecht nunmehr eine andere Terminologie zu verfolgen, denn in der WRRL spricht man nicht mehr von „Qualitätszielen“, sondern vielmehr von „Umweltzielen“ und „Umweltqualitätsnormen“. Grund genug, die europäische Begrifflichkeit näher zu untersuchen.

437

Rehbinder, NuR 1997, S. 318. So geschehen bei Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 26. 439 Lehnes/Härtling, in: Gesellschaft für UmweltGeowissenschaften (Hrsg.), Umweltqualitätsziele, 1997, S. 13 f.; s. hierzu auch oben. 440 So auch Volkmann, DVBl. 1999, S. 580. 441 ABl. 1973, C 112, S. 15. 442 ABl. 1973, C 112, S. 15. 443 ABl. 1973, C 112, S. 15. 444 Vgl. beispielsweise Art. 1 der Richtlinie des Rates über die Beurteilung und Kontrolle der Luftqualität, ABl. 1996, L 296, S. 55 ff. 438

§ 7 Rechtsbegriff und Rechtsnatur von Umweltqualitätszielen

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III. Entwicklungslinien der begrifflichen Verwendung von Umweltqualitätszielen im europäischen Gewässerschutzrecht Im Hinblick auf die rechtliche Bedeutung der einzelnen Umweltqualitätsziele auf europäischer Ebene stellt sich vor allem die Frage, was sich unter den verschiedenen Bezeichnungen der Sache nach verbirgt, d. h., ob es sich dabei der Spezifizierung nach um allgemeinere Ziele oder Qualitätsstandards – d. h. vornehmlich Grenz- und Richtwerte – handelt445. Im Bereich des Gewässerschutzrechts ist dabei zwischen der Rechtsbegrifflichkeit der in den 70er Jahren ergangenen Qualitätsrichtlinien einerseits sowie der WRRL andererseits zu unterscheiden. 1. Die Rechtsbegrifflichkeit der Qualitätsrichtlinien der 70er Jahre Die sog. Rohwasserrichtlinie446 schreibt in ihren Erwägungsgründen unter Bezugnahme auf das erste Umweltaktionsprogramm die Erarbeitung von „Qualitätszielen zur Festlegung von Anforderungen, denen ein Umweltmedium genügen muss“, vor. In Anhang II der Richtlinie sind unter der Überschrift „Qualitäten von zur Trinkwassergewinnung bestimmten Oberflächenwasser“ „I-“ und „G-Werte“ (Imperatives und Guides) für eine Reihe von Parametern festgelegt447. Bei ersteren handelt es sich um Grenzwerte, während letztere sog. Leitwerte448 darstellen. Die Leitwerte beschreiben die Einhaltung eines sog. „Null-Effekt-Niveaus“, bei dem keinerlei feststellbare Wirkung beim Menschen oder anderen Lebewesen hervorgerufen werden soll449. Sie sind längerfristig anzustreben450 und dienen den Mitgliedstaaten zur Orientierung bei der Festlegung von strengeren Werten, etwa in besonderen Schongebieten451. Die weniger weitgehenden Imperativwerte sind hin445 Köck, in: Barth/Köck, Qualitätsorientierung im Umweltrecht, 1997, S. 131; Möbs, in: Behrens/Koch (Hrsg.), Umweltschutz in der Europäischen Gemeinschaft, 1991, S. 118. 446 ABl. 1975, L 194, S. 34 ff. 447 Z. B. 150 bzw. 250 mg/l für Sulfate. 448 Delwing, Umsetzungsprobleme des EG-Wasserrechts, 1995, S. 44, bezeichnet diese Leitwerte als Richtwerte. 449 I. Umweltaktionsprogramm, ABl. 1973, C 112, S. 15; Delwing, Umsetzungsprobleme des EG-Wasserrechts, 1995, S. 44. 450 Epiney, in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, 1997, S. 87. 451 Schulz, Medienübergreifendes Industrieanlagenzulassungsrecht, 1997, S. 194; Koch, DVBl. 1992, S. 125; Fürst et al., Umweltqualitätsziele für die ökologische

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

gegen wie die Grenzwerte unbedingt einzuhalten, um ein Basisschutzniveau zu gewährleisten, damit der Mensch oder ein anderes Schutzobjekt nicht einer unzumutbaren Gefahr ausgesetzt werden. Offen bleibt allerdings, ob es sich bei den I- und G-Werten um „Qualitätsziele“ i. S. der Erwägungsgründe handelt, oder ob die Qualitätsziele allgemeinere Ziele im Vorfeld der Grenzwertfestlegung darstellen. Gleiches gilt im Hinblick auf die Fisch-452, die Muschelgewässer-453 und die Badegewässerrichtlinie454, die – wie die Rohwasserrichtlinie – für die einzelnen Parameter jeweils G- und I-Werte festlegen455, auf den Begriff des Qualitätsziels jedoch wiederum lediglich in den Erwägungsgründen Bezug nehmen456. Anhaltspunkte für eine inhaltliche Konkretisierung des Qualitätszielbegriffs ergeben sich allerdings aus der sog. Gewässerschutzrichtlinie457, nach deren Art. 6 II „Qualitätsziele“ für die in der Liste I des Anhangs genannten Stoffe festzulegen sind. Zwar legt die Liste I selbst keine Anforderungen für die höchstzulässige Konzentration der einzelnen Stoffe im Gewässer fest, sondern umfasst lediglich bestimmte Stofffamilien und Stoffgruppen. Allerdings enthalten die auf Grund dieser Richtlinie ergangenen sog. Tochterrichtlinien konkrete „Qualitätsziele“ für einige der aufgeführten Stoffe und verstehen diese im Sinne von Qualitätsgrenzwerten. So verweist Art. 2 c) der Cadmiumrichtlinie458 unter dem Begriff „Qualitätsziel“ auf den Anhang II, wo beispielsweise gem. Nr. 1.1. die Gesamtcadmiumkonzentration in den oberirdischen Binnengewässern 5 μg/l nicht überschreiten darf. Dem gleichen Verständnis folgt die Quecksilberrichtlinie für den Industriezweig Alkalichloridelektrolyse459, wonach gem. Planung, 1992, S. 22 sehen in den Leitwerten hingegen verbindlich festgelegte Standards auf EG-Ebene, die ein Verschlechterungsverbot markieren. 452 ABl. 1978, L 222, S. 1 ff. 453 ABl. 1979, L 281, S. 47 ff. 454 ABl. 1976, L 31, S. 1 ff. 455 So sind beispielsweise im Anhang der Badegewässerrichtlinie für eine Reihe von mikrobiologischen und physikalisch-chemischen Parametern Grenzwerte (Gund I-Werte) für die jeweils zulässigen Höchstkonzentrationen in den Badegewässern festgelegt. 456 Dabei scheint die Badegewässerrichtlinie den Begriff der „Qualitätsziele“ nicht i. S. von Qualitätsgrenzwerten zu verstehen, weil es weiter heißt, dass die Mitgliedstaaten zur Erreichung dieser „Qualitätsziele“ Grenzwerte festlegen müssen, die bestimmten Parametern entsprechen. 457 Richtlinie 76/464/EWG des Rates betreffend die Verschmutzung infolge der Ableitung bestimmter gefährlicher Stoffe in die Gewässer der Gemeinschaft, ABl. 1976, L 129, S. 23 ff. 458 Richtlinie 83/514/EWG des Rates betreffend Grenzwerte und Qualitätsziele für Cadmiumableitungen, ABl. 1983, L 191, S. 1 ff. 459 Richtlinie 82/176/EWG des Rates betreffend Grenzwerte und Qualitätsziele für Quecksilberableitungen aus dem Industriezweig Alkalichloridelektrolyse, ABl. 1982, L 81, S. 29 ff.

§ 7 Rechtsbegriff und Rechtsnatur von Umweltqualitätszielen

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Art. 2 c) unter „Qualitätsziele“ die in Anhang II genannten Qualitätsgrenzwerte fallen460. Gleiches gilt schließlich für die Hexachlorcyclohexanrichtlinie461, die in ihrem Anhang II unter der Überschrift „Qualitätsziele“ entsprechende Grenzwertfestlegungen vornimmt sowie für die Richtlinie über die Ableitung gefährlicher Stoffe i. S. der Liste I der Richtlinie 76/464/EWG462, die in ihrem Anhang II Teil B unter dem Stichwort „Qualitätsziele“ ebenfalls Qualitätsgrenzwerte enthält. 2. „Umweltziele“ und „Umweltqualitätsnormen“ in der WRRL Die WRRL legt dagegen eine neue Terminologie für die einzelnen Zielkategorien zugrunde. Zum einen wird in Art. 2 Nr. 34 WRRL der Rechtsbegriff der sog. „Umweltziele“ („environmental objectives“) eingeführt, der auf die in Art. 4 WRRL festgelegten Ziele verweist. Art. 4 WRRL normiert u. a. das Ziel eines „guten Zustands“ der Oberflächengewässer und des Grundwassers, wobei es sich dabei um eine abstrakt formulierte Zielkategorie handelt. Daneben taucht in Art. 2 Nr. 35 WRRL auch der Rechtsbegriff der „Umweltqualitätsnorm“ („environmental quality standard“) auf, der als die „Konzentration eines bestimmten Schadstoffs oder einer bestimmten Schadstoffgruppe, die in Wasser Sedimenten oder Biota aus Gründen des Gesundheits- und Umweltschutzes nicht überschritten werden darf“ definiert wird463. Von dem Begriff des Qualitätsziels ist nur noch insofern die Rede, als beispielsweise in Anhang IX der WRRL festgelegt ist, dass die „Qualitätsziele“ der obengenannten Tochterrichtlinien der Gewässerschutzrichtlinie (76/464/EWG) als „Qualitätsnormen“ im Sinne der WRRL gelten. Daraus geht hervor, dass mit den Begriffen „Qualitätsziel“ und „Qualitätsnorm“ ein und dasselbe gemeint ist. Da unter der Bezeichnung „Qualitätsziel“ i. S. der Tochterrichtlinien zur Gewässerschutzrichtlinie der Sache nach Qualitätsgrenzwerte verstanden werden, muss dies somit auch für die Qualitätsnormen i. S. der WRRL gelten. Der bundesdeutsche Gesetzgeber 460

Dort ist beispielsweise festgelegt, dass die Gesamtquecksilberkonzentration in den oberirdischen Binnengewässern, die von Ableitung betroffen sind, 1 μg/l (als arithmetisches Mittel der Ergebnisse eines Jahres) nicht überschreiten darf. 461 Richtlinie 84/491/EWG des Rates betreffend Grenzwerte und Qualitätsziele für Ableitungen von Hexachlorcyclohexan, ABl. 1984, L 274, S. 11 ff. 462 Richtlinie 86/280/EWG des Rates betreffend Grenzwerte und Qualitätsziele für die Ableitung bestimmter gefährlicher Stoffe im Sinne der Liste I im Anhang der Richtlinie 76/464/EWG, ABl. 1986, L 181, S. 16 ff. 463 Von dieser Definition weicht allerdings die Legaldefinition des Art. 2 Nr. 7 IVU-Richtlinie ab, die unter einer „Umweltqualitätsnorm“ die Gesamtheit von Anforderungen versteht, die zu einem gegebenen Zeitpunkt in einer gegebenen Umwelt oder einem bestimmten Teil davon nach den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft erfüllt werden müssen.

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

hat sich freilich nicht an die neue Terminologie gehalten, sondern die „Umweltziele“ des Art. 4 WRRL im Rahmen der Umsetzung der WRRL in den §§ 25a bis d, 32c, 33a WHG als „Bewirtschaftungsziele“ bezeichnet. In der von der LAWA erstellten Musterverordnung zur Umsetzung der Anhänge II und V der WRRL wird der Terminus „Umweltqualitätsnorm“ für die gem. Anhang V der Richtlinie durch die Mitgliedstaaten festzulegenden Qualitätsgrenzwerte dagegen übernommen464. Die darauf basierende Sächsische Wasserrahmenrichtlinienverordnung (SächsWRRLVO)465 ist der Begriffsdefinition der WRRL in ihrem § 2 S. 1 Nr. 4 ebenfalls gefolgt. 3. Zusammenfassung und Bewertung Nochmals bezugnehmend auf die Ausgangsfrage nach der rechtsbegrifflichen Verwendung von Umweltqualitätszielen im Europarecht ergibt sich somit ein uneinheitliches Bild. Die vorgenommene Bestandsaufnahme offenbart, dass die „Qualitätsziele“ der älteren europäischen Richtlinien – wenn dies auch nicht aus allen Richtlinien eindeutig hervorgeht – konkrete Umweltstandards in Form von Qualitätsgrenzwerten darstellen466. Dies entspricht auch einem weit verbreiteten Verständnis in der Literatur, wonach unter dem Umweltqualitätszielbegriff rechtssätzlich festgelegte verbindliche quantifizierte Umweltqualitäts- bzw. Immissionsstandards verstanden werden467 und deckt sich im Übrigen auch mit der Begründung zum Entwurf eines Umweltgesetzbuches, wo Grenz- und Richtwerte der Umweltqualität ausdrücklich als „Umweltqualitätsziele“ bezeichnet werden468. Der Begriff „Qualitätsziele“ ist allerdings in der WRRL aufgegeben und durch den der „Umweltqualitätsnormen“ ersetzt worden. Zusätzlich zu den „Umweltqualitätsnormen“ hat der europäische Gesetzgeber – auf einer abstrakteren Ebene – mit den „Umweltzielen“ i. S. von Art. 4 WRRL eine allgemeinere Zielkategorie („guter Zustand der Oberflächengewässer“, guter Zustand des Grundwassers“) eingeführt, die durch die Umweltqualitätsnormen näher bestimmt werden soll. Die Regelungstechnik der WRRL zur Festlegung eines bestimmten zu erreichenden Umweltschutzes erfolgt damit in zwei Stufen. Zunächst werden im Gesetz abstrakte Zielfestlegungen in bezug auf ein zu erreichendes Umweltqualitätsniveau mittels unbestimmter Rechtsbegriffe festgelegt. Diese finden dann in einem zweiten Schritt ihre Konkretisierung durch ausdifferenzierte Qualitätsmerkmale und Festlegungen, die – soweit 464

s. hierzu ausführlich unten § 18. SächsGVBl. vom 30. Dezember 2004, S. 610. 466 So auch Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 107. 467 Vgl. insoweit Rehbinder, NuR 1997, S. 318 f.; Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 26. 468 BMU (Hrsg.), UGB-KomE, 1998, S. 469. 465

§ 7 Rechtsbegriff und Rechtsnatur von Umweltqualitätszielen

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dies vom Gegenstand her möglich ist (z. B. für die chemisch-physikalische Beschaffenheit) – durch Umweltqualitätsnormen, also Qualitätsstandards präzisiert werden469. Diese dienen in doppelter Weise der Vereinfachung: Zum einen konkretisieren sie die in den unbestimmten Rechtsbegriffen festgeschriebenen Umweltqualitätsziele durch eindeutige (d. h. vor allem zahlenmäßig fixierte und messbare), operationable Vorgaben470. Zum anderen liefern sie generelle Standards, die nicht nach allen denkbaren Situationen, Einflüssen, etc. differenzieren (Standardisierung)471. Insoweit erinnert die vorgefundene Regelungstechnik an die des störungsquellenbezogenen Umweltschutzes, wo die Konkretisierung der als unbestimmte Rechtsbegriffe abstrakt gefassten Umweltstandards (z. B. Stand der Technik) ebenfalls durch konkrete Umweltstandards erfolgt, hier allerdings nicht durch Qualitäts-, sondern durch Emissionsgrenzwerte.

IV. Zur Rechtsnatur von Umweltqualitätszielen am Beispiel des Art. 4 WRRL Für die Interpretation rechtlich verankerter Umweltqualitätsziele kommt es aber nicht nur auf deren rechtsbegriffliche und regelungstechnische Verwendung an, sondern auch auf die Rechtsnatur der jeweiligen Norm. Wie im Rahmen der vorstehenden Analyse der rechtsbegrifflichen Verwendung gilt dabei, dass die einzelnen in Bezug genommenen Umweltqualitätsziele ganz verschiedenen Kategorien angehören, die sich im Hinblick auf Inhalt und Art der Bindungswirkung sowie des Adressaten der Bindung z. T. erheblich unterscheiden. Mit Blick auf die gegebene Themenstellung soll sich die Untersuchung der Rechtsnatur daher auf die Rechtsnatur der Umweltziele des Art. 4 WRRL (bzw. der §§ 25a bis d, 32c, 33a WHG) beschränken. Auf Grund seiner finalen Programmierung erinnert Art. 4 WRRL zunächst an die Ziele des Bauplanungsrechts (vgl. § 1 V und § 1a II BauGB), bei denen es sich ebenfalls – als Ausnahme von den herkömmlichen, konditional programmierten Normen des Verwaltungsrechts – um Finalprogramme handelt472. Die Unterscheidung zwischen konditional und final programmierten Rechtsnormen wird dabei von der Grundüberlegung her als nicht allzu weit entfernt liegend von der auf Robert Alexy zurückgehenden Differenzierung zwischen Rechtsregeln und Rechtsprinzipien473 angese469

Appel, ZUR 2001, S. 130; vgl. hierzu im Einzelnen Teil III. Jarass, in: Kimminich/v. Lersner/Storm (Hrsg.), HdUR, 1994, Sp. 2414. 471 Jarass, in: Kimminich/v. Lersner/Storm (Hrsg.), HdUR, 1994, Sp. 2414. 472 s. hierzu oben § 6 IV. 473 Begriffsprägend Dworkin, Taking Rights Seriously, 1977, S. 22 ff., der rechtstheoretisch zwischen „rules“ und „principles“ unterscheidet. Darauf aufbauend hat 470

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

hen474. Ausgangspunkt für die von Alexy getroffene Unterscheidung ist die Beobachtung, dass verschiedene Arten von Rechtsgeboten existieren, die sich nach dem von ihnen zugestandenen Freiheitsgrad des Rechtsunterworfenen unterscheiden lassen. So gibt es Rechtsgebote, die auf grundsätzlich unbedingte Befolgung gerichtet sind. Dies schließt nicht aus, dass sich Geltungseinschränkungen auf Grund gleichrangigen oder höherrangigen Rechts ergeben475. Diese regelmäßig konditional formulierten Normen werden Rechtsregeln genannt und den Rechtsprinzipien idealtypisch gegenübergestellt476. Bei letzteren handelt es sich um Normen, die gebieten, dass etwas in einem – relativ zu den rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten – möglichst hohen Maße realisiert wird. Es handelt sich demnach um Optimierungsgebote, die dadurch charakterisiert sind, dass sie in unterschiedlichen Graden erfüllt werden können und dass das gebotene Maß ihrer Erfüllung nicht nur von den tatsächlichen, sondern auch von den rechtlichen Möglichkeiten abhängt. Der Bereich der rechtlichen Möglichkeiten wird dabei durch gegenläufige Prinzipien und Regeln bestimmt477. Diese von Alexy auf den Bereich der Grundrechte angewandten Erkenntnisse lassen sich auch für die Bestimmung der Rechtsnatur von Umweltqualitätszielen fruchtbar machen. Blickt man insofern zunächst noch einmal auf die ebenfalls final programmierten Ziele des Planungsrechts, wonach beispielsweise die Belange des Naturschutzes, des örtlichen Gewerbes und die sich Alexy, Theorie der Grundrechte, 1994, S. 71 ff., mit der Unterscheidung von „Regeln“ und „Prinzipien“ auseinandergesetzt. 474 Sommermann, Staatsziele und Staatszielbestimmungen, 2001, S. 359; Di Fabio, in: Erbguth/Oebbecke/Rengeling/Schulte (Hrsg.), Planung, 2000, S. 82 f. 475 Di Fabio, in: Erbguth/Oebbecke/Rengeling/Schulte (Hrsg.), Planung, 2000, S. 83. 476 Nach Alexy haben sowohl Regeln als auch Prinzipien Normcharakter, weil beide sagen, was gesollt ist. Es handelt sich somit um eine Unterscheidung zwischen zwei Arten von Normen. Diese Unterscheidung soll eine qualitative und keine dem Grade nach sein. Jede Norm ist also entweder eine Regel oder ein Prinzip; Alexy, Theorie der Grundrechte, 1994, S. 72, 76 f.; ders., in: Schilcher/Koller/Funk (Hrsg.), Regeln, Prinzipien und Elemente im System des Rechts, 2000, S. 32. Etwas später relativiert Alexy freilich in die entsprechende „Alles-oder-Nichts-Weise“ und betont bezugnehmend auf die auf Grund von Prinzipien in Regeln eingefügten Ausnahmeklauseln die Notwendigkeit eines differenzierten Modells; ders., Theorie der Grundrechte, 1994, S. 88 f. In diesem Sinne auch Koch, der geltend macht, dass auch im Rahmen von Rechtsregeln Prinzipienelemente vorkämen, im Gegensatz zu der von Alexy vertretenen Trennungsthese (vgl. Alexy, in: Alexy/Koch/Kuhlen/Rüßmann (Hrsg.), Elemente einer juristischen Begründungslehre, 2003, S. 219) allerdings davon ausgeht, dass eine strikte Unterscheidung von Rechtsregeln und Prinzipien überhaupt nicht möglich sei; Koch, in: Erbguth/Oebbecke/Rengeling/Schulte (Hrsg.), Abwägung im Recht, 1996, S. 18. 477 Alexy, Theorie der Grundrechte, 1994, S. 75 ff.; ders., in: Alexy/Koch/Kuhlen/Rüßmann (Hrsg.), Elemente einer juristischen Begründungslehre, 2003, S. 224.

§ 7 Rechtsbegriff und Rechtsnatur von Umweltqualitätszielen

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allgemeinen Belange der Wirtschaft bei einem bestimmten Projekt möglichst weit in Einklang zu bringen sind478, so handelt es sich hiernach unzweifelhaft um Rechtsprinzipien, die im Gegensatz zum konditional ausgerichteten Verwaltungsrecht einer vom Gesetz geforderten allgemeinen Abwägung im Rahmen der Berücksichtigungsgebote unterliegen479. Im Hinblick auf die Rechtsnatur des Art. 4 WRRL ist demgegenüber festzustellen, dass dieser – im Gegensatz zum finalen „Normpotpourri“ des Art. 1 V BauGB480 – nicht verschiedene gleichrangige, teilweise einander gegenläufige Zielsetzungen, sondern jeweils nur „eindimensionale“ Ziele enthält (guter Zustand für die Oberflächengewässer sowie das Grundwasser). Diese Ziele beanspruchen als Mindestanforderung (eine darüber hinausgehende sehr gute Gewässerqualität ist selbstverständlich zulässig481) grundsätzlich strikte Geltung482, sind der Abwägung also nicht ohne weiteres zugänglich. Damit ist die Norm nicht als Rechtsprinzip, sondern als Rechtsregel einzustufen. Betrachtet man Art. 4 WRRL allerdings näher, so fällt auf, dass dieser mit zahlreichen Ausnahmetatbeständen versehen ist483. Letztere stehen zwar grundsätzlich der Einstufung als Regel nicht entgegen, sind vorliegend jedoch durch unbestimmt gefasste Tatbestandsmerkmale (z. B. „unverhältnismäßig teuer“) sowie die Einräumung von Ermessen („kann“) so weit gefasst, dass sie den zuständigen Behörden bei ihrer Anwendung z. T. ganz erhebliche Spielräume eröffnen484. Letztere deuten wiederum auf einen Prinzipien- und Abwägungscharakter des Art. 4 WRRL hin. Allerdings ist die Unterscheidung zwischen Rechtsregeln und Rechtsprinzipien wie gesagt eine idealtypische485, d. h. die Einstufung einer Norm als Regel schließt es nicht aus, ihr gleichzeitig auch Prinzipienelemente zuzuerkennen486. Obwohl Art. 4 WRRL dem Grundsatz 478 Streng genommen muss allerdings gesagt werden, dass § 1 V BauGB das eigentliche Ziel der Planung im Sinne eines Bauprojekts nicht enthält, sondern es durch die genannten Berücksichtigungsgebote lediglich relativiert; Di Fabio, in: Erbguth/Oebbecke/Rengeling/Schulte (Hrsg.), Planung, 2000, S. 82. 479 Di Fabio, in: Erbguth/Oebbecke/Rengeling/Schulte (Hrsg.), Planung, 2000, S. 84. 480 So Di Fabio, in: Erbguth/Oebbecke/Rengeling/Schulte (Hrsg.), Planung, 2000, S. 87. 481 Die in Art. 4 I WRRL festgelegte Qualitätsstufe des guten Zustands der Gewässer ist beispielsweise auf die Oberflächengewässer bezogen der Zustand, der sich in einem „zumindest“ guten ökologischen und chemischen Zustand befindet; Art. 2 Nr. 18 WRRL. Das Erreichen eines sehr guten Zustands ist damit nicht ausgeschlossen; Hasche, Das neue Bewirtschaftungsermessen im Wasserrecht, 2005, S. 144. 482 s. u. § 16 V. 483 Hierzu ausführlich unten § 16 IV. 484 Ausführlich hierzu Hasche, ZfW 2004, S. 158 ff. sowie unten § 16 IV. 485 Sommermann, Staatsziele und Staatszielbestimmungen, 2001, S. 361. 486 Sog. „Regel/Prinzipien-Modell“, Alexy, Theorie der Grundrechte, 1994, S. 117 ff.

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

nach also als Regel einzustufen ist, trägt er i. S. einer Kombination von Regel- und Prinzipienelementen gleichzeitig auch Prinzipiencharakter, welcher die Norm der Abwägung und Optimierung zugänglich macht.

§ 8 Europarechtliche Vorgaben Die Festlegung rechtsverbindlicher Umweltziele, darauf bezogener Umweltstandards und entsprechender Umsetzungsmaßnahmen ist nicht in das Belieben der Politik gestellt, sondern unterliegt verfassungs- und europarechtlichen Vorgaben, die über bloße Kompetenzregeln weit hinausgehen487. Vor diesem Hintergrund stellt sich zunächst die Frage, ob eine Orientierung des Umweltrechts an Qualitätszielen bereits durch die Normen des europäischen Primärrechts, d. h. des EUV und des EGV bzw. zukünftig möglicherweise des Vertrages über eine Verfassung für Europa (EUVV)488 als höherrangiges Recht vorgezeichnet ist489. Die betreffenden Rechtsquellen sind demnach daraufhin zu untersuchen, ob sie die rechtliche Festlegung umweltqualitätszielorientierter Anforderungen positiv gebieten, zum anderen aber auch daraufhin, ob und inwieweit sie diese zulassen. Vorgaben des europäischen Sekundärrechts, die sich für den nationalen Normgeber ebenfalls als höherrangiges Recht darstellen, bleiben hierbei zunächst insoweit ausgeklammert, als sie noch ausführlich Gegenstand der Teile 2 und 3 sein werden.

I. Ziele der gemeinschaftlichen Umweltpolitik gem. Art. 174 I EGV Eine Verpflichtung des europäischen Primärrechts zur Orientierung an Umweltqualitätszielen lässt sich möglicherweise bereits aus Art. 174 I EGV 487

Köck, ZUR 1997, S. 85. Der Europäische Verfassungsvertrag wurde von den Staats- und Regierungschefs der 25 EU-Mitgliedstaaten und der drei Kandidatenländer am 18. Juni 2004 einstimmig angenommen und am 29. Oktober 2004 unterzeichnet. Er soll den EUV und den EGV ablösen und der Europäischen Union eine einheitliche Struktur und Rechtspersönlichkeit geben. Bevor der EUVV allerdings in Kraft treten kann, muss er von allen 25 EU-Mitgliedstaaten, teilweise durch eine Volksabstimmung, ratifiziert werden. Dieser Prozess hat v. a. durch die Ablehnung des Vertrages bei Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden einen schweren „Dämpfer“ erhalten. Ob der EUVV in der vorliegenden Form in Kraft treten kann, ist daher fraglich. Zum Vertragstext sowie weiteren Informationen s. http://europa.eu.int/ constitution/index_de.htm. 489 Hierzu bereits Volkmann, DVBl. 1999, S. 582; Köck, ZUR 1997, S. 85; UBA (Hrsg.), Ziele für die Umweltqualität, 2000, S. 24; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 213. 488

§ 8 Europarechtliche Vorgaben

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(Art. II-233 I EUVV) herleiten, der die Ziele und Aufgaben der gemeinschaftlichen Umweltpolitik nennt. Sie reichen ganz allgemein von der Erhaltung und dem Schutz der Umwelt und der Verbesserung ihrer Qualität (1. Spstr.) über den Gesundheitsschutz (2. Spstr.) und die umsichtige und rationelle Verwendung der natürlichen Ressourcen (3. Spstr.) bis hin zur Förderung von Maßnahmen auf internationaler Ebene zur Bewältigung globaler Umweltprobleme (4. Spstr.). Auch wenn der Wortlaut des Art. 174 I EGV lediglich davon spricht, dass die Umweltpolitik der Gemeinschaft zur Verwirklichung dieser Ziele „beiträgt“, besteht in der Literatur weitgehend Einigkeit darüber, dass es sich hierbei zwar auch, aber eben nicht nur um Gesetzgebungsaufträge handelt, sondern zugleich um rechtlich verbindliche Zielvorgaben490. Dabei ist man sich allerdings auch dahingehend einig, dass dem Gesetzgeber zur Erfüllung dieser Ziele ein sehr weiter Gestaltungsspielraum zusteht491. Fraglich ist nun, ob sich aus den ersten drei Zielsetzungen (die Förderung von internationalen Maßnahmen i. S. von Art. 174 I 4. Spstr. EGV ist hier kaum einschlägig, da sie ersichtlich auf kein bestimmtes Instrumentarium ausgerichtet ist) eine Vorfestlegung auf die Orientierung des Umweltrechts an Qualitätszielen entnehmen lässt. So scheint die Zielsetzung des Art. 174 I 1. Spstr. EGV „Erhaltung und Schutz der Umwelt sowie Verbesserung ihrer Qualität“, die sogar Eingang in die Grundrechte-Charta des Europäischen Verfassungsvertrages gefunden hat492, nach ihrem Wortlaut 490 Die Wahl des Verbes „beitragen“ dürfte wohl damit zusammenhängen, dass die Gleichrangigkeit der Ziele und ihr Beitragscharakter betont werden sollten (in dem Sinne, dass eine gemeinschaftliche Umweltpolitik eben nicht allein alle Umweltprobleme lösen kann, sondern hierzu nur – neben der Tätigkeit etwa der Mitgliedstaaten und der Staatengemeinschaft – einen Beitrag leisten kann); Epiney, Umweltrecht in der Europäischen Union, 2005, S. 96; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 265; Breier/Vygen, in: Lenz/Borchardt (Hrsg.), EU- und EG-Vertrag, 2003, Art. 174 EGV, Rn. 3. Grabitz/Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der EU, 2003, Art. 130r EGV, Rn. 9 gehen auf Grund der sehr allgemeinen Fassung des Art. 130r I EGV a. F. (Art. 174 I EGV n. F.) dagegen davon aus, dass dieser nur in geringem Umfang Ziele, im Wesentlichen aber Aufgaben der Umweltpolitik der Gemeinschaft enthalte. Indes spricht dies nicht gegen den Zielcharakter, denn Festlegungen eines bestimmten Zustandes können auch sehr allgemein sein; Frenz, Europäisches Umweltrecht, 1997, S. 4 f. 491 Schröder, in: Rengeling (Hrsg.). EUDUR I, 2003, S. 207; Grabitz/Nettesheim, in: Grabitz/Hilf (Hrsg.), Das Recht der EU, 2003, Art. 130r EGV, Rn. 12. 492 Art. 97 EUVV (Umweltschutz): „Ein hohes Umweltschutzniveau und die Verbesserung der Umweltqualität müssen in die Politik der Union einbezogen und nach dem Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung sichergestellt werden“. Es handelt sich bei dieser Bestimmung nicht um ein Grundrecht, sondern um eine Zielbestimmung in Form eines Grundsatzes; Jarass, EU-Grundrechte, 2005, S. 382; bezüglich der Aufnahme in die Grundrechte-Charta daher kritisch Streinz, in: ders. (Hrsg.), EUV/EGV, 2003, GR-Charta Art. 37, Rn. 2.

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

zunächst auf die Erforderlichkeit einer Orientierung an Qualitätszielen hinzudeuten. Jedoch bezweckt diese Formulierung in erster Linie einen offensiv-dynamischen Umweltschutz, der die Umwelt nicht nur in ihrem gegenwärtigen Zustand schützen, sondern auch verlorengegangene Umweltqualität wiederherstellen will493, enthält aber keinerlei Anknüpfungspunkte für die Wahl eines bestimmten Instrumentariums, da sie sowohl im Hinblick auf das Schutzgut als auch das Schutzniveau in hohem Maße unbestimmt ist494. Letzteres gilt auch für die Zielbestimmung des Art. 174 I 3. Spstr. EGV, die eine „umsichtige und rationelle Verwendung der Ressourcen“ fordert. Anders verhält es sich dagegen bei dem Ziel „Schutz der menschlichen Gesundheit“, das vergleichsweise klar umrissen und zudem auch umfassender als nur ein Beitrag zur kollektiven Volks- bzw. zur öffentlichen Gesundheit ist, weil schon Gefährdungen des einzelnen Menschen die Umweltpolitik auf den Plan rufen495. Allerdings steht dem Gesetzgeber zur Erreichung dieses Ziels ein breiter Gestaltungsspielraum zu, der sich nur in Ausnahmefällen so verdichtet, dass allein eine ganz bestimmte Maßnahme gem. Art. 174 I 2. Spstr. EGV geboten erscheint. Da die Schutzpflicht des Art. 174 I 2. Spstr. EGV dem Staat auferlegt, zu verhindern, dass die Bevölkerung einer bestimmten Immissionsbelastung ausgesetzt wird, liegt es zunächst nahe, aus der Schutzpflicht eine Pflicht zur Emissionskontrolle nach Maßgabe immissionsorientierter Anforderungen zu folgern, die zugleich auch die Festlegung von Umweltqualitätszielen implizieren würde. Eine entsprechende Verpflichtung ergibt sich allerdings nur dann, wenn der Schutz der Gesundheit vor umweltvermittelten Schäden nicht auch durch alternative Instrumente effektiv gewährleistet werden kann. Hier ist vor allem an solche Maßnahmen wie die Normierung von Maßnahmen des passiven Umweltschutzes, der Schutzgewährung durch ökonomische Instrumente oder die Festlegung emissionsorientierter Anforderungen zu denken496. Die Effektivität der genannten Maßnahmen hängt dabei auch und insbesondere vom jeweiligen Umweltmedium ab. Im Bereich des Gewässerschutzes beispielsweise sind bereits Maßnahmen des passiven Umweltschutzes, d. h. solche, die auf der Seite der zu schützenden Rechtsgüter ansetzen, um zu verhindern, dass die Bevölkerung den Immissionen ausgesetzt werden, zu einem effektiven Gesundheitsschutz geeignet. So ist etwa durch Verbote, in verschmutzten Gewässern zu baden oder bestimmte Gewässer für die Trinkwassergewinnung zu nutzen, durchaus ein wirksamer Gesund493

Kahl, in: Streinz (Hrsg.), EUV/EGV, 2003, Art. 174, Rn. 49. Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 266. 495 Calliess, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/EGV, 2002, Art. 174 EGV, Rn. 9; Schröder, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR I, 2003, S. 208. 496 Ausführlich hierzu Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 226 ff. 494

§ 8 Europarechtliche Vorgaben

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heitsschutz möglich. Schutzmaßnahmen dieser Art mögen zwar umweltpolitisch unbefriedigend sein, zur Erfüllung des primärrechtlichen Ziels aus Art. 174 I 2. Spstr. EGV reichen sie jedoch aus. Im Bereich der Luftreinhaltung hingegen vermögen Maßnahmen des passiven Umweltschutzes die Gesundheit nicht ohne weiteres zu schützen. Denn es ist praktisch unmöglich, eine Bevölkerung, der grundrechtlich Freizügigkeit gewährt ist, von Luftverunreinigungen freizuhalten. Vielmehr ist der einzelne den Immissionen hier gewissermaßen unentrinnbar ausgesetzt497. Dies bedeutet im Ergebnis, dass die Erforderlichkeit der Ausrichtung des Umweltrechts an Umweltqualitätszielen in der Tat vom jeweiligen Umweltmedium abhängt. Im Bereich des Gewässerschutzes gilt, dass der Gesetzgeber die Verpflichtung zum Schutz der Grundrechtsträger vor Gesundheitsgefahren durch ein an Qualitätszielen ausgerichtetes Umweltrecht zwar erfüllen kann; eine primärrechtliche Verpflichtung auf gerade dieses Regelungsmodell sich aus der Bestimmung des Art. 174 I 2. Spstr. EGV jedoch nicht herleiten lässt. Die Luftreinhaltung betreffend legt die primärrechtliche Verpflichtung zum Schutz der Gesundheit eine Orientierung an Qualitätszielen dagegen nahe498. Diese Frage bedarf im Hinblick auf die gegebene Themenstellung jedoch keiner weiteren Erörterung.

II. Handlungsgrundsätze gemeinschaftlicher Umweltpolitik, Art. 174 II EGV Die zentrale primärrechtliche Norm im Hinblick auf die inhaltliche Ausgestaltung des gemeinschaftsrechtlichen Umweltrechts ist Art. 174 II EGV (Art. II-233 II EUVV). Danach zielt die Umweltpolitik der Gemeinschaft auf ein hohes Schutzniveau (Art. 174 II 1 EGV) und beruht zudem auf den Grundsätzen der Vorsorge und Vorbeugung, dem Ursprungsgrundsatz sowie dem Verursacherprinzip (Art. 174 II 2 EGV). Während Art. 174 II 1 EGV also die im Rahmen der gemeinschaftlichen Umweltpolitik anzustrebenden Ziele, d. h. letztlich ihr „Endresultat“ formuliert, umschreibt Art. 174 II 2 EGV den Weg, also die einzusetzenden Mittel, zur Verwirklichung dieser Zielvorgaben499.

497

Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 226. Meinken, der sich eingehend mit dieser Frage befasst, bejaht im Ergebnis eine Verpflichtung zur Kontrolle industrieller Luftverunreinigungen nach Maßgabe immissionsorientierter, auf den Schutz vor Gesundheitsgefahren bezogener Anforderungen; Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 226 ff., 233. 499 Epiney, Umweltrecht in der Europäischen Union, 2005, S. 97 f. 498

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

1. Rechtsnatur und Justiziabilität Ob die genannten europarechtlichen Grundsätze Weichenstellungen zugunsten oder zulasten eines qualitätsorientierten Umweltrechts enthalten, hängt maßgeblich auch von der Rechtsnatur und der Justiziabilität dieser Vorgaben ab. Insoweit besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass diese Handlungsgrundsätze zwar einerseits rechtsverbindlich sind, andererseits aber lediglich den Charakter von Rechtsprinzipien, d. h. von ausnahmefähigen und der Abwägung mit anderen Prinzipien und Rechtspositionen bedürftigen Optimierungsgeboten innehaben500. Das gemeinschaftliche Sekundärrecht ist also am Maßstab dieser Handlungsgrundsätze zu messen und muss ihnen – wenn auch unter Berücksichtigung der ggf. vorzunehmenden Abwägung – entsprechen. Bei der Abwägung wird dem Gemeinschaftsgesetzgeber allerdings ein nicht unerheblicher Beurteilungsspielraum eingeräumt501. So hat der EuGH entschieden, dass sich die gerichtliche Nachprüfung zwangsläufig auf die Frage beschränken müsse, ob der Rat beim Erlass des jeweiligen Rechtsaktes die Anwendungsvoraussetzungen des Art. 130r EGV a. F. offensichtlich falsch beurteilt hat502. In einer weiteren Entscheidung hat der Gerichtshof die Justiziabilität der Handlungsgrundsätze des Art. 174 II EGV mit Blick auf die vertikale Gewaltenteilung sogar noch weiter einschränkt503: Danach soll ein Verstoß gegen das Ursprungs- und das Verursacherprinzip jedenfalls dann nicht vorliegen, wenn die Vorschriften des betroffenen Rechtsaktes so flexibel sind, dass die Mitgliedstaaten die Prinzipien des Art. 174 II EGV im Rahmen ihrer Umsetzungsaktivitäten ausreichend berücksichtigen können504. Somit sind die Handlungsgrundsätze des Art. 174 II EGV nur sehr eingeschränkt justiziabel. Im Ergebnis wird die gerichtliche Rüge die Verletzung eines der 500 Calliess, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EGV/EUV, 2002, Art. 174 EGV, Rn. 46; Frenz, Europäisches Umweltrecht, 1997, S. 45 f.; Epiney, Umweltrecht in der Europäischen Union, 2005, S. 114; Grabitz/Nettesheim, in: Grabitz/Hilf (Hrsg.), Das Recht der EU, 2003, Art. 130r EGV, Rn. 31; Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 72 f.; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 267 f. Nicht ganz überzeugend insoweit Krämer, in: v. der Groeben/Schwarze (Hrsg.), EUV und EGV, 2003, Art. 174 EGV, Rn. 36, der die Handlungsgrundsätze ohne nähere Begründung nur als „Orientierungsrahmen“ für die Organe der Gemeinschaft ansieht, ohne dass ihnen jedoch ein rechtlich zwingender Charakter beigemessen werden könne. 501 Epiney, Umweltrecht in der Europäischen Union, 2005, S. 115. 502 EuGH, Rs. C-341/95 (Bettati/Safety Hi-Tech Srl), Slg. 1998, S. I-4355, Rn. 35. 503 EuGH, Rs. C-293/97 (The Queen/Secretary of State for the Environment), Slg. 1999, S. I-2603, Rn. 42 ff. 504 Kritisch hierzu Epiney, NVwZ 2000, S. 38; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 268.

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Grundsätze des Art. 174 II EGV allenfalls in extremen Fällen systematischer und für die Mitgliedstaaten unentrinnbarer Prinzipienwidrigkeit Erfolg haben505. Allein dies dürfte die Herleitung der Erforderlichkeit eines qualitätsorientierten Umweltrechts aus den einzelnen Handlungsgrundsätzen des Art. 174 II EGV schwierig machen. 2. Ziel eines hohen Schutzniveaus Gem. Art. 174 II 1 EGV zielt die europäische Umweltpolitik unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Gegebenheiten in den Regionen der Gemeinschaft auf ein hohes Schutzniveau ab. Die Vorschrift korrespondiert mit Art. 2 EGV, in dem ebenfalls ein hohes Maß an Umweltschutz und an Verbesserung der Umweltqualität festgelegt wurde506. Entsprechend den in Art. 174 II 1 EGV genannten Elementen verlangt ein hohes Schutzniveau, die bestehende Umwelt in weitgehendem Umfang zu erhalten und zugleich präventiv für sie zu sorgen sowie die Umweltqualität deutlich zu verbessern507. Vereinzelte Stimmen in der Literatur wollen daraus eine Vorfestlegung des europäischen Gesetzgebers auf eine Kontrolle von Emissionen nach dem Stand der Technik508 bzw. nach der Beachtung von Wissenschaft und Technik ableiten509. Im Umkehrschluss könnte hierin eine Weichenstellung zu Ungunsten des Umweltqualitätszielkonzepts gesehen werden. Dagegen spricht jedoch, dass zwischen der abstrakten primärrechtlichen Forderung nach einem hohen Schutzniveau und der genannten – vergleichsweise konkreten – Forderung an die Politikgestaltung keinerlei zwingende Verbindung besteht510. Hinzu kommt, dass Art. 174 II 1 EGV nach der Rechtsprechung des EuGH nur ein hohes, nicht aber das in technischer Hinsicht höchstmögliche Schutzniveau fordert511, so dass nicht einmal ein Rückschluss auf die Erforderlichkeit der effektivsten Methode der Zielerreichung 505 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 268. In diesem Sinne auch Krämer, in: v. der Groeben/Schwarze (Hrsg.), EU-Vertrag und EG-Vertrag, 2003, Art. 174, Rn. 37; Lübbe-Wolff, NVwZ 1998, S. 780. 506 Frenz, Europäisches Umweltrecht, 1997, S. 41. 507 Frenz, Europäisches Umweltrecht, 1997, S. 42. 508 Breuer, WuB 1995, S. 11. 509 Grabitz/Nettesheim, in: Grabitz/Hilf (Hrsg.), Das Recht der EU, 2003, Art. 130r EGV, Rn. 68. 510 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 269. 511 EuGH, C-284/95 (Safety Hi-Tech Srl/S & T Srl), Slg. 1998, S. I-4301, Rn. 49. Andernfalls würde die in Art. 176 EGV vorgesehene Öffnung für verstärkte nationale Schutzmaßnahmen ihren Sinn verlieren, Breier/Vygen, in: Lenz/Borchardt (Hrsg.), EU- und EG-Vertrag, Art. 174 EGV, Rn. 13; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 269; Krämer, in: v. der Groeben/Schwarze (Hrsg.), EU-Vertrag und EG-Vertrag, 2003, Art. 174 EGV, Rn. 17.

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

gezogen werden kann. Vielmehr benennt die Schutzniveauklausel nur das Ziel, sieht selbst jedoch keinerlei Maßnahmen zur Zielerreichung vor, sondern überlässt dies den in Art. 174 II 2 EGV enthaltenen Grundsätzen und Prinzipien, die im Folgenden zu prüfen sind. 3. Vorsorge- und Vorbeugegrundsatz Vorgaben hinsichtlich der Ausrichtung des Gewässerschutzrechts an Umweltqualitätszielen könnten sich zunächst aus dem gem. Art. 174 II 2 EGV ausdrücklich primärrechtlich verankerten Vorsorge- und Vorbeugegrundsatz512 ergeben513. Leitgedanke ist hierbei, dass Umweltbelastungen an erster Stelle mit präventiven Mitteln zu bekämpfen sind, um dadurch bereits das Entstehen von Umweltschäden zu verhindern514. Das genaue Verhältnis von Vorsorge und Vorbeugung wird allerdings nicht einheitlich beurteilt. Nach der einen Auffassung sind beide Begriffe dahingehend zu unterscheiden, dass Vorsorge im Vergleich zur Vorbeugung geringere Anforderungen an das Vorliegen einer Gefährdungslage und den Kausalitätsnachweis stellt515. Sofern also hinreichend wahrscheinliche, drohende oder konkrete Umweltbeeinträchtigungen vermieden werden sollen, wird das Vorbeugeprinzip als Sockel des (ihn in Richtung auf Risikovorsorge erweiternden) Vorsorgeprinzips verstanden516. Nach anderer Ansicht decken sich beide Begriffe inhaltlich bzw. der Vorsorgebegriff wird lediglich als eine Verdeutlichung und Verstärkung des im Begriff der Vorbeugung bereits enthaltenen Akzents der Vermeidung von Umweltbelastungen durch präventive Maßnahmen verstanden517. Letztlich dürfte eine Trennung beider Begriffe nicht nur kaum handhabbar, sondern angesichts ihrer Gleichstellung in Art. 174 II 2 EGV auch nicht erforderlich sein. Denn jenseits dieser Frage ist man sich inhaltlich jedenfalls weitgehend darin einig, dass der Normgehalt des Vorsorge- und Vorbeugeprinzips das Gebot der Prävention unter Unsicher512

Vom Standpunkt des hier verfolgten Erkenntnisinteresses können Grundsatz und Prinzip synonym verstanden werden. 513 In diesem Sinne Delwing, Umsetzungsprobleme des EG-Wasserrechts, 1995, S. 39. 514 Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 75. 515 Das Vorbeugeprinzip wird danach ausschließlich auf Gefahrenabwehr bezogen. 516 Schröder, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR I, 2003, S. 216 f.; Epiney, Umweltrecht in der Europäischen Union, 2005, S. 102 f. 517 Krämer, in: v. der Groeben/Schwarze (Hrsg.), EU-Vertrag und EG-Vertrag, 2003, Art. 174 EGV, Rn. 39; Lübbe-Wolff, NVwZ 1998, S. 778; Breier/Vygen, in: Lenz/Borchardt (Hrsg.), EU- und EG-Vertrag, 2003, Art. 174 EGV, Rn. 14; Grabitz/Nettesheim, in: Grabitz/Hilf (Hrsg.), Das Recht der EU, 2003, Art. 130r, Rn. 37; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 270; Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 75.

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heitsbedingungen enthält518. Daneben wird ihm nach verbreiteter Auffassung auch die Einhaltung von Freiräumen bzw. die Nichtausschöpfung kritischer Belastungsgrenzen zugeschrieben519. Legt man das soeben Gesagte zu Grunde, so sind Umweltqualitätsziele geradezu Ausdruck eines – insbesondere ressourcen- und raumbezogenen – Vorsorgeverständnisses, weil sie die zu bewahrenden Umweltgüter als ganze erfassen und in der Lage sind, alle bekannten Ursachen- und Problemzusammenhänge zu berücksichtigen520. Andererseits wird jedoch auch die Besorgnis geäußert, dass eine stärkere Ausrichtung des Umwelt- und insbesondere des Gewässerschutzrechts an Umweltqualitätszielen die Aufgabe von Vorsorge mit sich bringen könnte, da hierdurch die Gefahr bestehe, dass Ökosysteme bis an die Grenze des Erlaubten mit Schadstoffen aufgefüllt werden521. Nicht zuletzt aus diesem Grund assoziiert man mit dem Vorsorgeprinzip zumeist die Anwendung von Emissionsnormen522. Denn die hiermit verbundene, von den vorhandenen Gefährdungszuständen losgelöste allgemeine Verringerung von Schadstoffeinträgen kann bei einer engen Fassung der Anforderungen an den Stand der Technik zu einer gleichmäßigen und umfassenden Absenkung des Belastungsniveaus des jeweiligen Umweltmediums führen523. Zudem lässt sich Langzeiteffekten und komplexen Fernwirkungen der Freisetzung von Schadstoffen mit Hilfe von Emissionsstandards effektiv begegnen524. 518 Calliess, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/EGV, 2002, Art. 174 EGV, Rn. 27 ff.; Epiney, Umweltrecht in der Europäischen Union, 2005, S. 101 ff.; Breier/Vygen, in: Lenz/Borchardt (Hrsg.), EU- und EG-Vertrag, 2003, Art. 174 EGV, Rn. 14; Grabitz/Nettesheim, in: Grabitz/Hilf (Hrsg.), Das Recht der EU, 2003, Art. 130r, Rn. 40 ff. 519 Grabitz/Nettesheim, in: Grabitz/Hilf (Hrsg.), Das Recht der EU, 2003, Art. 130r, Rn. 39; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 271; Frenz, Europäisches Umweltrecht, 1997, S. 48; Lübbe-Wolff, NVwZ 1998, S. 779; Zöttl, Integrierter Umweltschutz, 1998, S. 46 f. 520 Wahl/Appel, in: Wahl (Hrsg.), Prävention und Vorsorge, 1995, S. 80. 521 Claussen et al., Umweltqualitäts- und Umwelthandlungsziele im Gewässerschutz, 1996, S. 5; Rehbinder, NuR 1997, S. 316 f.; Köck, ZUR 1997, S. 80 f.; Sellner/Schnutenhaus, NVwZ 1993, S. 828, 831 f.; s. hierzu auch oben § 6 III. 3. 522 Breier/Vygen, in: Lenz/Borchardt (Hrsg.), EU- und EG-Vertrag, 2003, Art. 174 EGV, Rn. 14; Grabitz/Nettesheim, in: Grabitz/Hilf (Hrsg.), Das Recht der EU, 2003, Art. 130r, Rn. 37. 523 Wahl/Appel, in: Wahl (Hrsg.), Prävention und Vorsorge, 1995, S. 147; Breuer, UPR 2004, S. 202. 524 Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 131; Ruchay, NVwZ 1988, S. 500. So kommt beispielsweise im Gewässerschutzrecht die strikte, einheitliche und gewässerunabhängige Emissionsbegrenzung der Gesamtheit der unterhalb des Einleitungspunktes gelegenen Gewässer zugute, Breuer, in: Koch/Lagoni (Hrsg.), Meeresumweltschutz für Nord- und Ostsee, 1996, S. 227.

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

Jedoch ist es auch bei der Festlegung von Umweltqualitätszielen, die nach Maßgabe vorläufiger wissenschaftlicher Bewertung festgelegt werden, durchaus üblich, „Sicherheitsabstände“ einzukalkulieren, um damit der Gefahr von Schäden etwa durch Langzeitwirkungen oder synergetische Effekte unterhalb dieser Grenze vorzubeugen525. So sollen beispielsweise die in Anhang II der Richtlinie über Grenz- und Leitwerte für Schwefeldioxid und Schwebestaub526 vorgesehenen Leitwerte gem. Art. 2 II ausdrücklich der „langfristigen Vorsorge für Gesundheit und Umweltschutz“ dienen. Zudem lässt sich aus dem Umstand, dass Vorsorge primär mit einer Verpflichtung zur Emissionsbegrenzung nach dem Stand der Technik assoziiert wird, nicht zwingend schließen, dass Vorsorge ausschließlich dies bedeutet. Hinzu kommt, dass nicht ersichtlich ist, aus welchem Grunde der Vorsorgegrundsatz stets und für alle Stoffe eine Minimierung verlangen sollte. In welchem Ausmaß der Gesamteintrag an Schadstoffen zu reduzieren ist, richtet sich vielmehr auch nach dem jeweiligen Akkumulationspotenzial und den bislang eingetragenen Mengen527. Abgesehen davon ist die Anwendung des Emissionsansatzes allein gar nicht in der Lage, das Vorsorgeprinzip vollständig zu verwirklichen. Denn Vorsorge fordert auch die Erhaltung von Freiräumen zugunsten von – nicht zuletzt besonders immissionsempfindlichen528 – Schutzgütern und Nutzungen zukünftiger Generationen, die im Rahmen des Emissionsprinzips keine spezielle Berücksichtigung finden können529. Letztlich verkörpern Qualitäts- und Emissionsansatz zwei nebeneinanderstehende Vorsorgeverständnisse, die – isoliert angewandt – jeweils Stärken und Schwächen aufweisen und ihre größten Wirkungen für einen vorsorgenden Umweltschutz im Wege einer wechselseitigen Kombination erreichen530. Darüber hinaus lässt sich Vorsorge aber auch durch andere, z. B. ökonomische Instrumente betreiben, über deren Einsatz der Gesetzgeber auf Grund seines breiten Gestaltungsspielraums zu entscheiden hat531. Dies gilt in besonderem Maße im Hinblick auf die sicherheitsrechtliche Komponente 525

Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 271. Richtlinie 80/779/EWG des Rates vom 15. Juli 1980 über Grenzwerte und Leitwerte der Luftqualität für Schwefeldioxid und Schwebestaub, ABl. 1980, L 229, S. 30 ff. 527 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 273 f. 528 Feldhaus, DVBl. 1980, S. 135. 529 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 272. 530 Calliess, Rechtsstaat und Umweltstaat, 2001, S. 238; Breuer, UPR 2004, S. 203; Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, 2005, S. 193 f.; Reichert, Der nachhaltige Schutz grenzübergreifender Gewässer, 2005, S. 264 f. 531 Vgl. insoweit Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 229 und Epiney, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, 2005, Art. 20a, Rn. 75. 526

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des Vorsorgeprinzips, die Prävention unter Unsicherheitsbedingungen fordert532. Eine generelle Vorfestlegung auf ein bestimmtes Instrumentarium zur Umsetzung des Vorsorgeprinzips kann aus Art. 174 II S. 2 EGV somit weder im Hinblick auf dessen sicherheitsrechtliche noch dessen ressourcenbzw. raumbezogene Dimension entnommen werden. 4. Ursprungsgrundsatz Die Umweltpolitik der Gemeinschaft beruht gem. Art. 174 II 2 EGV zudem auf dem Grundsatz, Umweltbeeinträchtigungen mit Vorrang an ihrem Ursprung zu bekämpfen. Ob bzw. welche Folgerungen man hieraus für oder gegen einen umweltqualitätszielorientierten Regelungsansatz entnehmen kann hängt davon ab, welche Forderung der Ursprungsgrundsatz an die schadstoffeintragsbezogene Umweltpolitik der Gemeinschaft stellt. Gem. Art. 174 II 2 EGV wird eine Bekämpfung der Umweltbeeinträchtigung an der Stelle verlangt, an der sie auftritt533, mithin an der Quelle534. Unter Umweltbeeinträchtigungen werden nach h. M. schädliche Immissionslagen bzw. die aus ihnen resultierenden Schäden verstanden. Unabhängig davon, ob man den Ursprungsbegriff kausal, geographisch oder zeitlich interpretiert535, wird man als deren Ursprung die Freisetzung von Emissionen identifizieren müssen. Das Ursprungsprinzip trifft für den stoffeintragsbezogenen Umweltschutz somit die Aussage, dass immissionsbedingte Schäden mit Vorrang durch eine Begrenzung von Emissionen bekämpft werden müssen536. Darin könnte ein Konflikt zwischen dem Ur532 Lübbe-Wolff, NVwZ 1998, S. 785; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 271. 533 Grabitz/Nettesheim, in: Grabitz/Hilf (Hrsg.), Das Recht der EU, 2003, Art. 130r, Rn. 43. 534 Frenz, Europäisches Umweltrecht, 1997, S. 50. 535 Für ein zeitliches und örtliches Verständnis Epiney, Umweltrecht in der Europäischen Union, 2005, S. 105 f., wonach der Umweltbelastung zu einem frühest möglichen Zeitpunkt nach ihrer Entstehung und so nah wie möglich an ihrer Quelle zu begegnen ist. Ein rein geographisches Verständnis legen Frenz, Europäisches Umweltrecht, 1997, S. 51; Schröder, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR I, 2003, S. 217 und Burgi, NuR 1995, S. 13 zu Grunde. Der Sache nach auch für ein kausales Verständnis sprechen sich Kahl, Umweltprinzip und Gemeinschaftsrecht, 1993, S. 22: „Bekämpfung an der Wurzel“ sowie Frenz, Europäisches Umweltrecht, 1997, S. 53 f. aus. 536 Breier/Vygen, in: Lenz/Borchardt (Hrsg.), EU- und EG-Vertrag, 2003, Art. 174 EGV, Rn. 15; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 276; Grabitz/Nettesheim, in: Grabitz/Hilf (Hrsg.), Das Recht der EU, 2003, Art. 130r, Rn. 43; Zöttl, Integrierter Umweltschutz, 1998, S. 40 f.; a. A. Krämer, in: v. der Groeben/Schwarze (Hrsg.), EU-Vertrag und EG-Vertrag, 2003, Art. 174 EGV, Rn. 48 f., der die Frage, ob die Gemeinschaft Emissionsnormen oder Umweltquali-

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

sprungsgrundsatz und der Ausrichtung des Umweltrechts an Qualitätszielen liegen. Denn diese Vorgehensweise setzt gerade nicht an der Emissionsquelle, sondern an der jeweiligen Qualität des Aufnahmemediums an. Jedoch ist mit dem Qualitätszielansatz nicht zwingend verbunden, dass auf eine Begrenzung von Emissionen verzichtet wird. Denn auch eine immissionsorientierte Strategie verlangt vom Emittenten regelmäßig die Begrenzung der Emissionstätigkeit; nur richtet sich der Umfang der erforderlichen Emissionsbegrenzungsmaßnahmen hier nach einem anderen Maßstab, nämlich nach der Qualität des jeweiligen Aufnahmemediums537. Ein Verstoß gegen den Ursprungsgrundsatz des Art. 174 II 2 EGV lässt sich somit nur dann begründen, wenn die Festlegung der einzelnen Qualitätsziele derart erfolgt, dass sie im Ergebnis nicht zu einer Begrenzung, sondern lediglich zu einer Verteilung der Emissionen – beispielsweise durch Schadstoffferntransport – führt. Gleiches gilt für den Fall, dass die Erreichung des Umweltqualitätsziels allein durch Freihaltung des Schutzgutes von Immissionen erreicht wird538. Zur Illustration kann an dieser Stelle wiederum das Beispiel angeführt werden, dass die Gesundheitsgefährdung Badender durch verschmutztes Wasser nicht durch Maßnahmen am Ursprung (Begrenzung der Abwassereinleitung), sondern durch Maßnahmen am Schutzobjekt (Badeverbote) bekämpft wird. Letztlich liegt der Verstoß hier aber nicht in der Ausrichtung des Umweltrechts an Qualitätszielen als solcher, sondern in der konkreten Anwendung. Hinzu kommt, dass Umweltbeeinträchtigungen gem. Art. 174 II 2 EGV nur „mit Vorrang“ am Ursprung zu bekämpfen sind, d. h. der Gemeinschaft damit grundsätzlich die Möglichkeit eingeräumt wird, eine entstehungsfernere Bekämpfung der Umweltbeeinträchtigungen vorzunehmen539. Auch aus dieser Relativierung wird man letztlich entnehmen müssen, dass sich eine Verletzung des Ursprungsgrundsatzes nicht auf Grund der Anwendung des Qualitätszielansatzes als solchem, sondern nur bei einem völligen Verzicht auf Emissionsbegrenzung an der Quelle begründen lässt540.

tätsziele erarbeitet, von vorn herein nicht als eine rechtliche, sondern als eine politische ansieht. 537 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 277. 538 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 277. 539 Schröder, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR I, 2003, S. 218; Frenz, Europäisches Umweltrecht, 1997, S. 54 f.; im Ergebnis auch Krämer, in: v. der Groeben/ Schwarze (Hrsg.), EU-Vertrag und EG-Vertrag, 2003, Art. 174 EGV, Rn. 47. 540 So im Ergebnis auch Epiney, in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, 1997, S. 107, 109.

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5. Verursacherprinzip Europäisch-primärrechtliche Vorgaben im Hinblick auf Umweltqualitätsziele könnten sich des Weiteren aus dem in Art. 174 II 2 EGV verankerten Verursacherprinzip ergeben. Dieses wird als reines Kostenzurechnungsprinzip verstanden („the polluter should pay“)541, d. h. die Kosten für die Vermeidung, Beseitigung und für den Ausgleich von Umweltbeeinträchtigungen sollen grundsätzlich denjenigen treffen, der sie verursacht hat542. Einer Ausrichtung des Umweltrechts an Qualitätszielen könnte das Verursacherprinzip insofern entgegenstehen, als hierdurch zunächst keine Vorkehrungen gegen die weiträumige Verteilung und Summierung von Emissionen getroffen werden. Auf diese Weise werden Schäden in Kauf genommen, für deren Kosten der Emittent nicht unmittelbar aufkommen muss. Dies führt beispielsweise dazu, dass zur Einhaltung der nutzungsbezogenen Qualitätsziele für Bade-, Fisch- und Muschelgewässer nicht der Emittent, sondern der Nutzer verantwortlich ist543. Fraglich ist dennoch, ob der Qualitätszielansatz zugleich gegen Art. 174 II 2 EGV verstößt. Hiergegen spricht zum einen, dass mit der Ausrichtung des Umweltrechts an Qualitätszielen nicht zwingend ein Verzicht auf die Normierung von Emissionsgrenzwerten oder anderen Instrumenten, die zu einer Kostenbelastung des Verursachers führen (etwa Abgabenlösungen), verbunden ist544. Zum anderen ist aber auch die Verbindlichkeit des Verursacherprinzips – wie dessen Bezeichnung schon sagt – nur eine prinzipielle. Konkrete Anforderungen an rechtliche Regelungen zum Schutz beispielsweise der Gewässer können diesem nur in begrenztem Maße entnommen werden545. Denn nicht jede umweltrechtliche Regelung kann sich direkt an einen Verursacher richten. Dies gilt auch für Umweltqualitätsziele, die mit ihren Vorgaben wichtige ökologische Funktionen erfüllen, auch wenn sie sich nicht unmittelbar an konkrete Nutzer oder Verschmutzer richten. Vielmehr ist das „Ob“ und „Wie“ der Verwirklichung des Verursacherprinzips – wie auch der anderen Prinzipien des Art. 174 II 2 EGV – in hohem Maße das Ergebnis einer konkretisierenden und abwägenden gesetzgeberischen Gestaltungsbefugnis546. 541 Calliess, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/EGV, 2002, Art. 174 EGV, Rn. 35; Schröder, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR I, 2003, S. 218; Breier/Vygen, in: Lenz/ Borchardt (Hrsg.), EU- und EG-Vertrag, 2003, Art. 174 EGV, Rn. 16; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 278; Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 84. 542 So die Empfehlung 75/436/EWG des Rates über die Kostenzurechnung und die Intervention der öffentlichen Hand bei Umweltschutzmaßnahmen vom 3.3.1975, ABl. 1975, L 194, S. 1. 543 Delwing, Umsetzungsprobleme des EG-Wasserrechts, 1995, S. 39. 544 s. o. § 8 II. 4. 545 Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 84.

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

III. Der europarechtliche Nachhaltigkeitsgrundsatz Primärrechtliche Weichenstellungen zugunsten des Umweltqualitätszielkonzeptes könnten sich jedoch aus dem im Europarecht verankerten Nachhaltigkeitsgrundsatz547 ergeben. Dieser ist in seiner mehrdimensionalen Form im EUV insofern rezipiert, als die Herbeiführung einer ausgewogenen und nachhaltigen Entwicklung gem. Art. 2 1. Spstr. EUV gleichberechtigt neben der Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts und eines hohen Beschäftigungsniveaus als Ziel der Union festgeschrieben ist. Dieser Formulierung ist immanent, dass wirtschaftlicher und sozialer Fortschritt mit dem Umweltschutz einhergehen und letzterer deren integrativer Bestandteil ist548. Im Übrigen folgt die Einbettung des Umweltschutzes in die wirtschaftliche und soziale Entwicklung auch aus der 7. Erwägung der Präambel, die als Leitgedanke des Europäischen Vertragswerks auch die Auslegung des Art. 2 EUV entscheidend beeinflusst549. Im EGV ist der Nachhaltigkeitsgrundsatz in Art. 2 verankert, der u. a. eine „nachhaltige Entwicklung des Wirtschaftslebens“ vorsieht550. Dass Art. 2 EGV auf das Wirtschaftsleben bezogen ist, bedeutet dabei nicht gleichzeitig eine einseitige Verengung auf die Ökonomie551. Indem Art. 6 EGV ausspricht, dass die Erfordernisse des Umweltschutzes insbesondere zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung bei allen sektoralen Gemeinschaftspolitiken und -maßnahmen einbezogen werden, wird das EG-vertragliche Nachhaltigkeitsverständnis vielmehr im Hinblick auf den Umwelt- und Ressourcenschutz akzentuiert552. Ein solches Nachhhaltigkeitsverständnis deckt sich auch mit 546

Schröder, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR I, 2003, S. 220. Wie im Rahmen des Vorsorge- bzw. Vorbeugegrundsatzes, des Ursprungsgrundsatzes sowie des Verursacherprinzips i. S. von Art. 174 II EGV gilt auch für den Nachhaltigkeitsgrundsatz, dass die Bezeichnungen Grundsatz und Prinzip vom hier verfolgten Erkenntnisinteresse als gleichbedeutend betrachtet werden. 548 Frenz/Unnerstall, Nachhaltige Entwicklung im Europarecht, 1999, S. 174. 549 Frenz, Europäisches Umweltrecht, 1997, S. 2 f. 550 Frenz/Unnerstall, Nachhaltige Entwicklung im Europarecht, 1999, S. 175. Im Gegensatz zu der systematisch auf die Umweltpolitik bezogenen Vorschrift des Art. 174 EGV ist in dieser Aufgabenbestimmung die nachhaltige Entwicklung ausdrücklich festgeschrieben. 551 Frenz/Unnerstall, Nachhaltige Entwicklung im Europarecht, 1999, S. 176; Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, 2005, S. 287 f.; anders Schröder, NuR 1998, S. 2. 552 Rehbinder, in: Gesellschaft für Umweltrecht (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, 2001, S. 732. Die speziell umweltbezogenen Bestimmungen des Art. 174 I und II EGV sind im Hinblick auf Art. 2 EGV ebenfalls im Sinne des Nachhaltigkeitsgedanken zu verstehen; Murswiek, NuR 2002, S. 644 sowie ausführlich zur Auswirkung des Nachhaltigkeitsgrundsatzes auf die einzelnen Aspekte des Art. 174 EGV Frenz/ Unnerstall, Nachhaltige Entwicklung im Europarecht, 1999, S. 182 ff. 547

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der Formulierung in Art. I-3 EUVV, wonach die Union auf die nachhaltige Entwicklung Europas auf der Grundlage eines ausgewogenen Wirtschaftswachstums und von Preisstabilität, eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft sowie ein hohes Maß an Umweltschutz und die Verbesserung der Umweltqualität hinwirkt. Fraglich ist allerdings, ob die Ausrichtung des Gewässerschutzrechts an Qualitätszielen zwingend aus dem Nachhaltigkeitsprinzip abzuleiten ist. Für eine verfassungsrechtliche Verankerung der Umweltqualitätszielkonzeption im europäischen Primärrecht könnte sprechen, dass ein generationenübergreifender Umweltschutz denknotwendig die Festlegung eines zu erhaltenden bzw. zu erreichenden Umweltschutzniveaus und damit einen bestimmten Zielzustand voraussetzt. Nicht umsonst besteht eine der wesentlichen Funktionen von Umweltqualitätszielen darin, das Leitbild nachhaltiger Entwicklung zu konkretisieren und zu operationalisieren. Daraus wird man aber wohl nicht herleiten können, dass die Verrechtlichung derartiger Ziele die einzig mögliche Strategie ist, einen nachhaltigen Umweltschutz zu erreichen. Denn Nachhaltigkeit kann auf sehr verschiedene Weise bewirkt werden. Ähnlich wie im Rahmen des Vorsorgeprinzips kann beispielsweise eine emissionsbezogene Minimierungsstrategie ebenfalls dazu beitragen, die Umwelt langfristig vor Schädigungen zu schützen. Zudem lässt sich der Nachhaltigkeitsgedanke auch durch die finanzielle und ideelle Förderung vieler großer und kleiner Einzelprojekte (z. B. im Bereich von Forschung und Entwicklung) manifestieren553. Eine weitere Möglichkeit zur Verwirklichung von Nachhaltigkeit ist die Beteiligung gesellschaftlicher Kräfte an der lokalen Politik, wie dies im Rahmen der kommunalen bzw. lokalen Agenda 21 der Fall ist554. Daraus wird ersichtlich, dass die Festlegung von Umweltqualitätszielen zwar ein erfolgversprechendes, nicht aber allein oder zwingend vorgegebenes Modell zur Umsetzung von Nachhaltigkeit darstellt. Eine europäisch-primärrechtliche Vorfestlegung auf die Orientierung an Umweltqualitätszielen kann daraus jedenfalls nicht entnommen werden.

IV. Gemeinschaftsrechtliche Grundrechte Primärrechtliche Weichenstellungen im Hinblick auf die Umweltqualitätszielkonzeption könnten sich aber möglicherweise aus den gemeinschaftsrechtlichen Grundrechten ergeben. Dem Entstehungsprozess der Europäi553

Näher hierzu Menzel, ZRP 2001, S. 224. Hierbei handelt es sich um einen Aktionsplan für eine nachhaltige Stadt- bzw. Gemeindeentwicklung UBA/BMU (Hrsg.), Aktionshandbuch Nachhaltige Wasserwirtschaft und Lokale Agenda 21, 2001, S. 7. Indem das Verwaltungspersonal mit interessierten Bürgern in einen Dialog tritt, kann die Anregung politischen Bürgerengagements jenseits von Parteiorientierung erreicht werden; Menzel, ZRP 2001, S. 224. 554

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

schen Gemeinschaften entsprechend, die als internationale Organisationen ins Leben gerufen wurden, sind im EUV bzw. EGV bisher noch keine Grundrechte ausdrücklich verankert555. Insbesondere stellt auch die Grundrechte-Charta, die sich als integraler Bestandteil des Europäischen Verfassungsvertrages (EUVV) mit diesem derzeit im Ratifizierungsverfahren befindet, bislang noch kein geltendes Recht dar556. Auch die Grundfreiheiten kommen grundsätzlich nicht als Grundrechtssurrogate in Betracht, da ihre Zielrichtung eine andere als die der Grundrechte ist557. Art. 6 II EUV verweist allerdings auf die Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten sowie die EMRK und verpflichtet die Union zur Achtung der Grundrechte und Grundfreiheiten. Auch kann die Grundrechte-Charta bereits jetzt als Rechtserkenntnisquelle für die Grundrechte aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen herangezogen werden558. In umweltrelevanten Fällen können die betreffenden Grundrechte dabei in zwei Richtungen wirken: Zum einen bieten sie den potenziellen „Opfern“ Schutz vor Umweltbeeinträchtigungen oder -belastungen durch die öffentliche Gewalt oder durch private Dritte, zum anderen schützen sie aber auch potenzielle „Störer“ vor Eingriffen in Grundrechte, die die öffentliche Gewalt aus Gründen des Umweltschutzes vornimmt (sog. Umweltschutzeingriffe)559. Der Schutz vor Umweltbeeinträchtigungen wird, soweit er umweltbelastende Tätigkeiten privater Dritter oder ausländischer Staaten betrifft, vorwiegend als Ausfluss der grundrechtlichen Schutzpflicht begriffen, während sich der private Dritte gegenüber solchen Schutzeingriffen ohne weiteres auf sein Grundrecht als Abwehrrecht berufen kann. Unter diesen Aspekten gilt es zu prüfen, ob sich für den Gemeinschaftsgesetzgeber aus der Schutz- und der Abwehrdimension einzelner Grundrechte Vorgaben für oder gegen die Orientierung an Umweltqualitätszielen ergeben. Darüber hinaus ist auch der allgemeine Gleichheitssatz auf entsprechende Weichenstellungen im Hinblick auf Umweltqualitätsziele zu befragen.

555 Eine – hier nicht einschlägige – Ausnahme stellt Art. 141 EGV mit dem Verbot der Zahlung unterschiedlichen Entgelts für Männer und Frauen dar; Hobe, Europarecht, 2002, S. 131. 556 Jarass, EU-Grundrechte, 2005, S. 13. 557 Die Grundfreiheiten weisen als gegen die Mitgliedstaaten gerichtete Verbote der Einschränkung des freien grenzüberschreitenden Wirtschaftens einen anderen Zielbereich auf als die Grundrechte, die klassischerweise als gegen die Hoheitsgewalt gerichtete Abwehrrechte alle Träger hoheitlicher Gewalt auf die ausschließlich verhältnismäßige Einschränkung individueller Freiheit verpflichten; Hobe, Europarecht, 2002, S. 131. 558 Weber, DVBl. 2003, S. 222; Jarass, EU-Grundrechte, 2005, S. 14. 559 Szczekalla, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR I, 2003, S. 364.

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1. Leben und körperliche Unversehrtheit der Immissionsbetroffenen Positive Vorgaben für die Normierung von Umweltqualitätszielen könnten sich zunächst aus dem gemeinschaftsrechtlichen Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit derer ergeben, die von Umwelt- und insbesondere von Gewässerverschmutzungen betroffen sind. Insofern sind vor allem die verschiedenen Gruppen der Gewässernutzer, beispielsweise der Trinkwasserkonsumenten, Fischereibetreiber oder auch der Badenden zu nennen. Das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit ist vom EuGH als Abwehrrecht gegenüber dem Staat anerkannt560 und hat inwischen auch ausdrückliche Verankerung in Art. II-62 und 63 EUVV gefunden561. Da die meisten Umweltverschmutzungen jedoch nicht auf staatliche, sondern auf private Emissionstätigkeit zurückzuführen sind, lässt sich eine positive Verpflichtung zur Normierung von Umweltqualitätszielen hieraus nicht ohne Weiteres herleiten562. In Betracht kommt eine Verpflichtung zur Normierung von Umweltqualitätszielen allerdings im Hinblick auf grundrechtliche Schutzpflichten, wobei nicht ganz unumstritten ist, ob diese Rechtsfigur, die zuerst durch die Rechtsprechung des BVerfG entwickelt worden ist563, zum europäischen Mindeststandard gehört. Der EuGH hat das Bestehen einer Schutzpflicht bisher nur in einem einzigen Fall angenommen; dort ging es allerdings nicht um eine solche des Gemeinschaftsgesetzgebers selbst, sondern der Mitgliedstaaten564. Zudem war Ge560 Vgl. EuGH, Rs. C-377/98 (Niederlande/Parlament und Rat), Slg. 2001, S. I-7079, Rn. 78; hinsichtlich des Ersatzes von Schäden aus Dienstunfällen EuGH, Rs. C-257/98 (Lucaccioni/Kommission), Slg. 1999, S. I-5251 ff.; Rs. C-76/95 (Kommission/Royale belge SA), Slg. 1996, S. I-5501 ff.; Jarass, EU-Grundrechte, 2005, S. 126; Schorkopf, in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 2005, S. 413 f. m. w. N. 561 Art. 62 I: „Jeder Mensch hat das Recht auf Leben.“; Art. 63 I: „Jeder Mensch hat das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit.“ Ausführlich hierzu Jarass, EU-Grundrechte, 2005, S. 120 ff. 562 Die Abgrenzung der „klassischen“ Abwehr- von der „moderneren“ Schutzfunktion ist ausgesprochen schwierig; ausführlich hierzu Jarass, EU-Grundrechte, 2005, S. 87; Szczekalla, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR I, 2003, S. 355 ff.; Uerpmann-Wittzack, in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 2005, S. 69 f. Eine mit der von einigen Stimmen im deutschen Rechtskreis auf der Grundlage der sog. Mitverantwortungsrechtsprechung des BVerfG entwickelten Dogmatik vergleichbare Lösung, welche die Reichweite der Abwehrfunktion der Grundrechte auf alle Beeinträchtigungen ausdehnt, die staatlicherseits nicht verboten und daher vom Betroffenen zu dulden sind (s. hierzu ausführlich unten § 9 III. 1.), wird auf europäischer Ebene nicht vertreten; Szczekalla, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR I, 2003, S. 356 f. 563 Das BVerfG leitet die grundrechtlichen Schutzpflichten aus der objektiv-rechtlichen Funktion der Grundrechte ab; ausführlich hierzu unten § 9 III. 1.

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

genstand des Schutzes nicht ein gemeinschaftsgrundrechtlich verbürgtes Individualrechtsgut, sondern eine der Grundfreiheiten des EGV565. Es mehren sich allerdings die Stimmen im Schrifttum, die die Voraussetzungen für die Annahme eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes im Hinblick auf die Existenz grundrechtlicher Schutzpflichten gem. Art. 6 II EUV unter Verweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte566 und die verfassungsrechtlichen Gewährleistungen in vielen EUMitgliedstaaten567 als gegeben ansehen568. In der Tat wird man die Geltung entsprechender Schutzpflichten insbesondere im Hinblick auf die Rechtsprechung des EGMR zu Art. 8 EMRK (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens), der nicht nur zum Schutz vor (Lärm-)Immmissionen in Anspruch genommen wird, sondern bereits als „umweltrechtliche Generalklausel gemeineuropäischen Umweltschutzes“ gilt569, mittlerweile kaum noch bestreiten können570. Letztlich bedarf diese Frage hier jedoch keiner abschließenden Entscheidung, weil auch bei Bestehen solcher Schutzpflichten die Folgen, die daraus abzuleiten sein könnten, nicht anders ausfallen würden als im Rahmen des gemeinschaftsrechtlichen Ziels zum Schutz der Gesundheit gem. Art. 174 I 2. Spstr. EGV571. Dazu wurde 564 EuGH, Rs. C-265/95 (Kommission/Frankreich), DVBl. 1998, S. 228. In diesem Urteil wurde die französische Regierung vom EuGH als verpflichtet angesehen, gegen Fernfahrerstreiks einzuschreiten, die den grenzüberschreitenden Warenverkehr behinderten. 565 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 285. 566 Vgl. nur EGMR, Urteil vom 9. Dezember 1994 (Lopez Ostra/Spanien), EuGRZ 1995, S. 530, Rn. 51 ff.; Urteil vom 8. Juli 2003 (Hatton u. a./Vereinigtes Königreich), Rn. 96 ff., einzusehen unter http://cmiskp.echr.coe.int/tkp197/portal. asp?sessionId=6792244&skin=hudoc-en&action=request. Weitere Nachweise bei Szczekalla, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR I, 2003, S. 351, Fn. 183. 567 Grundrechtliche Schutzpflichten spielen in den nationalen Verfassungsordnungen eine zunehmende Rolle; Jarass, EU-Grundrechte, 2005, S. 51; Szczekalla, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR I, 2003, S. 351 m. w. N. („Siegeszug durch ganz Europa“); Jaeckel, Schutzpflichten im deutschen und europäischen Recht, 2001; Suerbaum, EuR 2003, S. 390 ff. 568 Jarass, EU-Grundrechte, 2005, S. 51; Uerpmann-Wittzack, in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 2005, S. 71 f.; Szczekalla, DVBl. 1998, S. 221; ders./Rengeling, Grundrechte in der Europäischen Union, 2004, S. 222 ff. m. w. N.; a. A. unter Verweis auf die angeblich fehlende Anerkennung in den meisten EU-Mitgliedstaaten Zöttl, Integrierter Umweltschutz, 1998, S. 51. 569 Szczekalla, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR I, 2003, S. 370; etwas abgeschwächt Uerpmann-Wittzack, in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 2005, S. 65, der Art. 8 I EMRK immerhin „Elemente eines Grundrechts auf Umweltschutz“ zuschreibt. 570 Szczekalla sieht in der Rechtsfigur der grundrechtlichen Schutzpflichten mittlerweile ein „europäisches Gemeingut“; ders., in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR I, 2003, S. 350.

§ 8 Europarechtliche Vorgaben

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jedoch bereits festgestellt572, dass – jedenfalls im Bereich des Gewässerschutzes – keine rechtliche Verpflichtung zur Orientierung an Umweltqualitätszielen besteht. Gleichwohl ist damit aber nicht gesagt, dass eine Normierung von Umweltqualitätszielen zum Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit der Immissionsbetroffenen unzulässig wäre. 2. Eigentum der Immissionsbetroffenen Denkbar wäre allerdings, dass unter dem Gesichtspunkt grundrechtlicher Schutzpflichten aus dem Eigentumsgrundrecht der Immissionsbetroffenen primärrechtliche Weichenstellungen für die Orientierung an Umweltqualitätszielen folgen. Die Verankerung des Eigentums als Grundrecht im Gemeinschaftsrecht ist vom EuGH bejaht worden573 und hat nicht zuletzt nunmehr auch in Art. II-77 EUVV574 ihren positiv-rechtlichen Niederschlag gefunden. Da sich grundrechtliche Schutzpflichten prinzipell auch auf das Eigentum beziehen können, scheint es zumindest denkbar, dass der europäische Gesetzgeber seiner Pflicht zum Schutz der in privater Hand befindlichen Gewässer vor Umweltschäden575 – einschließlich der darin lebenden Pflanzen und Tiere – nur durch die Orientierung an Umweltqualitätszielen gerecht werden kann. Voraussetzung hierfür wäre allerdings, dass das Wasser überhaupt im Eigentum Privater stehen kann, was im Hinblick auf die Rechtsprechung des BVerfG in der sog. Nassauskiesungsentscheidung576 fraglich erscheint. Letztlich kann diese Frage jedoch dahinstehen, da eine staatliche Verpflichtung zum Schutz der Gewässer aus dem europäischen Eigentumsgrundrecht aus folgenden anderen Gründen kaum abzuleiten sein dürfte: So wird der Schutzbereich des Eigentums überhaupt erst durch den mitgliedstaatlichen Gesetzgeber genauer bestimmt, der Inhalt und Schranken des Eigentums durch einfaches Gesetz definiert577. Dabei unterliegt der Gesetzgeber zwar gewissen Schranken, insbesondere darf die Beeinträchti571 Art. 174 I 2. Spstr. EGV schützt neben der öffentlichen auch die individuelle Gesundheit; Kahl, in: Streinz (Hrsg.), EUV/EGV, 2003, Art. 174 Rn. 50; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 285. 572 s. hierzu oben § 8 I. 573 EuGH, Rs. C-44/79 (Hauer/Rheinland Pfalz), Slg. 1979, S. I-3727, Rn. 17 ff. 574 „Jede Person hat das Recht, ihr rechtmäßig erworbenes Eigentum zu besitzen, zu nutzen und darüber zu verfügen.“ 575 Ausführlich hierzu Steinberg, NJW 1996, S. 1987. 576 s. hierzu unten § 9 III. 2. 577 Wie im deutschen Verfassungsrecht zeichnet sich das Eigentumsrecht daher auch auf europäischer Ebene durch einen sog. normgeprägten Schutzbereich aus; Calliess, in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 2005, S. 463.

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

gung der Eigentumsstellung nur in verhältnismäßiger Weise erfolgen578. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung ist aber auch zu berücksichtigen, ob und in welchem Umfang der Gesetzgeber etwaige, für sich genommen unzumutbare Eigentumsbeeinträchtigungen durch eine Entschädigungsregelung aufgefangen und damit im Ergebnis zumutbar gemacht hat579. Soweit dies nicht der Fall ist, ergeben sich aus dem Eigentumsschutz im Hinblick auf eine Umweltqualitätszielorientierung ebenfalls keine justiziablen Weichenstellungen, da den staatlichen Organen insoweit wiederum ein sehr weiter Gestaltungsspielraum zukommt (vgl. insoweit die Argumentation zu Art. 174 I 2.Spstr. EGV sowie zu den Schutzpflichten aus dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit). 3. Eigentum und Beruf der Emittenten Die Erörterung des europäisch-primärrechtlichen Rahmens für Umweltqualitätsziele wäre unvollständig, ohne nicht auch die Seite der Emittenten mit einzubeziehen, deren Verhalten ebenfalls durch die gemeinschaftlichen Grundrechte – in erster Linie solcher wirtschaftlicher Art – geschützt ist. Als betroffene Grundrechte des Emittenten kommen dabei zum einen wiederum das Eigentumsrecht (diesmal allerdings in seiner abwehrrechtlichen Dimension580), zum anderen aber auch die Berufsfreiheit in Betracht, die der EuGH in seiner Rechtsprechung ebenfalls als gemeinschaftsrechtliches Grundrecht anerkennt581 und die sich nunmehr ausdrücklich auch in Art. II-75 I EUVV (Berufswahl- und Berufsausübungsfreiheit)582 sowie in Art. II-75 II EUVV (unternehmerische Freiheit)583 wiederfindet584. Zwar sind die genannten Grundrechte der Emittenten durch die bloße Festlegung von Umweltqualitätszielen noch nicht betroffen, da letztere nicht an sie, sondern zunächst einmal an die staatlichen Organe gerichtet sind. Allerdings wird die Umsetzung der Umweltqualitätsziele u. a. auch durch die 578 Calliess, in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 2005, S. 466 m. w. N. 579 Vgl. zur Berücksichtigung von Entschädigungsregelungen im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Calliess, in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 2005, S. 473 m. w. N. 580 Insofern lässt sich von einer Ambivalenz des Eigentumsgrundrechts sprechen. 581 EuGH, Rs. C-243/85 (Strafsache gegen Keller), Slg. 1986, S. I-2897, Rn. 8 ff. 582 „Jede Person hat das Recht, zu arbeiten und einen frei gewählten oder angenommenen Beruf auszuüben.“ 583 „Die unternehmerische Freiheit wird nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten anerkannt.“ 584 Ruffert, in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 2005, S. 449 f.

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Auferlegung von Emissionsbegrenzungspflichten an einzelne Emittenten erfolgen, wodurch diese in den genannten Grundrechten verletzt sein können585. Ein diesbezüglicher Eingriff in das Eigentumsrecht ließe sich auf Grund seines normgeprägten Schutzbereichs wohl in erster Linie unter dem Gesichtspunkt des Bestandsschutzes bejahen586, während sich eine Verletzung der Berufsfreiheit auf Grund einer Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit ergeben kann. Ebenso wie im deutschen Verfassungsrecht gelten die Grundrechte allerdings nicht schrankenlos; Eingriffe in den Schutzbereich können durch gemeinwohlbezogene Ziele der Gemeinschaft gerechtfertigt sein587. Dabei werden die Grundrechtsschranken nach ständiger Rechtsprechung des EuGH wiederum durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz begrenzt588. Während sich dieser im Rahmen des Eigentumsgrundrechts vor allem in den rechtsstaatlichen Anforderungen des Vertrauensschutzes wiederfinden wird, erfolgt im Rahmen der Berufsfreiheit eine Abwägung mit den in Frage stehenden Belangen des Gemeinwohls589. Der gemeinsame Bezugspunkt des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes lässt dabei kaum unterschiedliche Ergebnisse im Hinblick auf die Eigentums- und die Berufsfreiheit erwarten. Denn da das Auferlegen von Emissionsbegrenzungspflichten grundsätzlich nicht die Berufswahl betrifft, sondern lediglich 585 Der EuGH differenziert in seiner Rechtsprechung nicht immer präzise zwischen Eigentumsschutz und Schutz der Berufsfreiheit; vgl. EuGH, Rs. C-63/93 (Duff u. a./Minister for Agriculture and Food, Irland u. a.), Slg. 1996, S. I-569, Rn. 30; Rs. C-84/95 (Bosphorus/Minister for Transport u. a.), Slg. 1996, S. I-3953, Rn. 22; Rs. C-248/95 und C-249/95 (SAM Schifffahrt und Stapf/Deutschland); Slg. 1997, S. I-4475, Rn. 72. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass Berufsfreiheit und Eigentumsgewährleistung zueinander in Idealkonkurrenz stehen. Der Schutzbereich der Eigentumsgarantie ist – gegebenenfalls neben dem der Berufsfreiheit – eröffnet, wenn es um die Nutzung der Produktionsstätte bzw. Produktionsmittel geht. Allein die Berufsfreiheit steht im Raum, wenn Pflichten oder Verbote handlungs-, nicht substanzbezogener Art normiert werden; Ruffert, in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 2005, S. 451. 586 Vgl. insoweit Trute, Vorsorgestrukturen und Luftreinhalteplanung, 1989, S. 247. 587 EuGH, Rs. C-4/73 (J. Nold, Kohlen- und Baustoffgroßhandlung/Kommission), Slg. 1974, S. I-491, Rn. 14. 588 EuGH, Rs. C-44/79 (Hauer/Rheinland Pfalz), Slg. 1979, S. I-3727, Rn. 23; Ruffert, in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 2005, S. 459; Rs. C-84/95 (Bosphorus/Minister for Transport u. a.), Slg. 1996, S. I-3953, Rn. 19 ff.; Calliess, ebda., S. 476. Allgemein für eine Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Rahmen der Grundrechtsprüfung Pernice, in: Grabitz/Hilf (Hrsg.), Kommentar zur EU, 2003, Art. 164 EGV, Rn. 65. 589 Eine Ausfüllung des Gemeinwohlerfordernisses erfolgt an Hand von eindeutig normierten Gemeinschaftszielen oder anderen gemeinschaftsrechtlichen Normen; Ruffert, in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 2005, S. 458.

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

eine Berufsausübungsregelung darstellt und damit von geringerer Eingriffsintensität ist, sind beide Grundrechte letztlich mit einem einfachen Gesetzesvorbehalt versehen und lassen sich durch vernünftige Erwägungen des Allgemeinwohls rechtfertigen590. Solche Gründe des Allgemeinwohls liegen bei der Einhaltung der immissionsbezogenen Umweltqualitätsziele in dem grundrechtlich sowie in Art. 174 EGV angestrebten Schutz der menschlichen Gesundheit, anderer Organismen oder der ökologischen Funktionen der Umweltmedien selbst. Im Hinblick auf dieses Schutzziel auferlegte Emissionsbegrenzungspflichten werden deshalb in der Regel geeignet und erforderlich sein. Ob dem Verbot der Verhältnismäßigkeit genügt wird, ist eine Frage der konkreten Ausgestaltung, wobei die Sozialbindung des Eigentums i. S. von Art. 77 I 3 EUVV591 dem Eigentumsgebrauch nicht zuletzt im Hinblick auf den Umweltschutz Grenzen setzt. Letztlich hängt die Vereinbarkeit von Umweltqualitätszielen mit dem europäischen Primärrecht somit davon ab, inwieweit es gelingt, die Interessen des Umweltschutzes sowie der Immissionsbetroffenen auf der einen mit den Interessen der Emittenten auf der anderen Seite im Wege praktischer Konkordanz in Einklang zu bringen. 4. Allgemeiner Gleichheitssatz Primärrechtliche Vorgaben für oder gegen Umweltqualitätsziele könnten sich auch aus dem europarechtlichen Gleichheitssatz ergeben. Der allgemeine Gleichheitssatz wird vom EuGH in ständiger Rechtsprechung als gemeinschaftsrechtliches Grundrecht anerkannt592 und ist mittlerweile auch in Art. 80 EUVV593 verankert594. Seine Relevanz für die Frage, ob bzw. welche Vorgaben das europäische Primärrecht für oder gegen die Ausrichtung des Gewässerschutzrechts an Umweltqualitätszielen trifft, lässt sich erst auf den zweiten Blick erkennen. Umweltqualitätsziele sind unter dem 590 Innerhalb der Verhältnismäßigkeitsprüfung kann die geringere Eingriffsschwere von Ausübungsregelungen – im Vergleich zu Berufswahleinschränkungen – berücksichtigt werden, ohne dass man die Drei-Stufen-Theorie des BVerfG (hierzu unten § 9 III. 3.) dem Gemeinschaftsrecht überstülpen müsste; Ruffert, in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 2005, S. 459. 591 Calliess, in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 2005, S. 470. 592 Vgl. zuerst EuGH, Rs. C-117/67 (Ruckdeschel et al./Hauptzollamt HamburgSt. Annen) und 16/77 (Diamalt AG/Hauptzollamt Itzehoe), Slg. 1977, S. I-1753, Rn. 7; ausführliche Nachweise bei Kingreen, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EGV/ EUV, 2002, Art. 6 EUV, Rn. 170. 593 „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“. 594 Jarass, EU-Grundrechte, 2005, S. 285; Kingreen, in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 2005, S. 482.

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Gesichtspunkt der Gleichbehandlung insofern problematisch, als deren Normierung zur Folge hat, dass die Anforderungen an die einzelnen Emittenten nach Maßgabe der jeweiligen Immissionsverhältnisse variieren. So ist in Regionen mit starkem Industrievorkommen und/oder ungünstigen Ausbreitungen die Vorbelastung und infolgedessen auch der von den Emittenten zu fordernde Reinigungsaufwand höher als in schwach vorbelasteten Regionen bzw. an Standorten mit günstigen Ausbreitungsbedingungen. Mit der Höhe der Anforderungen im Einzelfall variieren auch die standortspezifischen Produktionskosten, so dass umweltqualitätszielorientierte Anforderungsprofile tendenziell ungleiche Wettbewerbsbedingungen schaffen und zu einer Ungleichbehandlung der Emittenten führen595. Der allgemeine Gleichheitssatz besagt, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich behandelt werden dürfen, wenn diese Differenzierung nicht objektiv gerechtfertigt ist596. Eine in Rede stehende Ungleichbehandlung der Emittenten ist mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz somit nur dann vereinbar, wenn diese auf einem sachlichem Grund beruht und verhältnismäßig ist597. An dem Vorliegen eines sachlichen Grundes dürfte kein Zweifel bestehen, denn die Differenzierung nach den Anforderungen der Umgebung dient dem primärrechtlich in Art. 174 EGV verankerten Ziel des Umweltschutzes, darüber hinaus aber insbesondere auch der Gewährleistung des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit598. Die Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz setzt allerdings zusätzlich voraus, dass die individuelle Auferlegung der Emissionsbegrenzungspflichten an Hand von Umweltqualitätszielen zum Zwecke des Umweltschutzes geeignet, erforderlich und angemessen ist. Während das Kriterium der Geeignetheit unproblematisch erfüllt sein dürfte, findet die Erforderlichkeit für die Erreichung der jeweiligen immissionsseitigen Ziele ihre Grenze dort, wo die Anordnung darauf abgestimmter Emissionsbegrenzungspflichten nicht nur zur Erreichung lokaler Ziele, sondern auch zur Verhinderung von Schäden erfolgt, die Folge einer weiträumigen Summation von Schadstoffen sind. Denn die Differenzierung nach immissionsbezogenen Gesichtspunkten darf nicht dazu führen, dass Emittenten in schwach vorbelasteten Gebieten gegenüber Emittenten in un595

Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 248; Wiedemann, Erfordernis einheitlicher Regelung, 1971, S. 58. 596 EuGH, Rs. C-117/67 (Ruckdeschel et al./Hauptzollamt Hamburg-St. Annen) und 16/77 (Diamalt AG/Hauptzollamt Itzehoe), Slg. 1977, S. I-1753, Rn. 7. 597 Vgl. EuGH, Rs. 245/81 (Edeka/Deutschland), Slg. 1982, S. I-2745 Rn. 13; Rs. 273/97 (Sirdar/The Army Board), Slg. 1999, S. I-7403 Rn. 26; Jarass, EUGrundrechte, 2005, S. 289 f.; Quasdorf, Dogmatik der Grundrechte der Europäischen Union, 2001, S. 222; unter ausdrücklicher Anlehnung an die Rechtsprechung des BVerfG zur „neuen Formel“ Kischel, EuGRZ 1997, S. 5 f. Zurückhaltend dagegen Kingreen, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/EGV, 2002, Art. 6 EUV, Rn. 182. 598 Vgl. zum Schutz der menschlichen Gesundheit auch Art. 174 I 2. Spstr. EGV.

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günstigen Immissionslagen im Hinblick auf ihr fernwirksames Emissionspotenzial privilegiert werden599. Ob im Einzelfall dem Gebot der Verhältnismäßigkeit genügt wird, ist wiederum eine Frage der Abwägung zwischen den Zielen des Art. 174 EGV und den Grundrechten der Immissionsbetroffenen einerseits sowie den Grundrechten der Emittenten andererseits.

V. Verwirklichung des Binnenmarktes, Art. 14 I EGV Gegen eine Orientierung an Umweltqualitätszielen könnte schließlich die in Art. 14 I EGV (Art. III-130 EUVV) normierte Verpflichtung zur Verwirklichung des Binnenmarktes sprechen600. Nach dieser Norm ist die Gemeinschaft verpflichtet, schrittweise die zur Verwirklichung des Binnenmarktes erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Der Begriff des Binnenmarktes umfasst nach der ganz überwiegenden, auch vom EuGH geteilten Auffassung, nicht nur die Abschaffung von Binnengrenzen und die Verwirklichung der vier Grundfreiheiten, sondern auch die Beseitigung von Wettbewerbsverfälschungen601. Soweit national unterschiedliche produktionsbezogene Vorschriften – etwa in Form materieller Genehmigungsanforderungen für Industrieanlagen – zu Wettbewerbsverfälschungen führen, ist die Gemeinschaft daher verpflichtet, für Abhilfe zu sorgen602. Bedenken gegen den Qualitätszielansatz könnten sich nun insofern ergeben, als danach die Anforderungen an die einzelnen Emittenten nach Maßgabe der jeweiligen Immissionsverhältnisse variieren. Dies wirkt sich auch auf den Reinigungsaufwand aus und führt zu unterschiedlichen standortspezifischen Produktionskosten. Damit schaffen umweltqualitätszielorientierte Anforderungsprofile tendenziell ungleiche Wettbewerbsbedingungen603 und stehen daher möglicherweise der Verwirklichung eines einheitlichen Binnenmarktes entgegen604. Jedoch ist 599

Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 250. Epiney, in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, 1997, S. 107 f.; Neumann/Pastowski, in: Jarass/Neumann, Umweltschutz und Europäische Gemeinschaften, 1994, S. 149 ff. Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 288. 601 EuGH, Rs. C-300/89 (Kommission/Rat), Slg. 1991, S. I-2867, Rn. 14; Kahl, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EGV/EUV, 2002, Art. 14 EGV, Rn. 20; Hobe, Europarecht, 2000, S. 123; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 288; Epiney, in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, 1997, S. 107 f. 602 Kahl, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/EGV, 2002, Art. 14 EGV, Rn. 18; Leible, in: Streinz (Hrsg.), EUV/EGV, 2003, Art. 14 EGV, Rn. 25. 603 Neumann/Pastowski, in: Jarass/Neumann, Umweltschutz durch Europäische Gemeinschaften, 1994, S. 145. 604 So Epiney, in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, 1997, S. 107 ff. 600

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zu vergegenwärtigen, dass Art. 14 I EGV nicht generell gleiche Wettbewerbsbedingungen, sondern lediglich die Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen, d. h. von sachlich ungerechtfertigten Ungleichbehandlungen verlangt605. Art. 14 EGV fordert insofern nicht mehr als der allgemeine Gleichheitssatz. Wie bereits oben ausgeführt, ist eine Gleichbehandlung danach nur insoweit erforderlich, als Emissionsreduktionspflichten zur Bekämpfung der weiträumigen Verschmutzung erforderlich sind. Soweit die Anwendung von Umweltqualitätszielen lediglich zu Verschärfungen auf Grund besonderer lokaler Belastungslagen führt, sind diese mit Art. 14 EGV ebenso vereinbar wie anforderungsentschärfende Klauseln für diejenigen Ausnahmefälle, in denen sich Emissionen nur lokal auswirken606. Dem entspricht im Übrigen auch Art. 174 III 2. Spstr. EGV, wonach weitergehende Differenzierungen nach Maßgabe der Umweltbedingungen in den einzelnen Regionen der Gemeinschaft in das Ermessen des Gemeinschaftsgebers gestellt sind607.

VI. Das Subsidiaritätsprinzip gem. Art. 5 II EGV als Kompetenzausübungsschranke? Abschließend bleibt noch zu prüfen, ob die Vertragswerke möglicherweise Vorgaben im Hinblick auf die Gesetzgebungskompetenz der Gemeinschaft zum Erlass von Umweltqualitätszielen enthalten. Einigkeit besteht darüber, dass immissionsbezogene Regelungen – so auch Umweltqualitätsziele – regelmäßig auf Art. 175 EGV gestützt werden können, da sie am Schutz der menschlichen Gesundheit und/oder der natürlichen Umwelt ausgerichtet sind und in erster Linie umweltpolitische Zielsetzungen verfolgen608. Fraglich ist jedoch, ob der Subsidiaritätsgrundsatz des Art. 5 II EGV (Art. I-11 III EUVV) als Kompetenzausübungsschranke609 dem Gemeinschaftsgesetzgeber insofern Grenzen setzt, als die Normierung von Umweltqualitätszielen den Mitgliedsstaaten vorbehalten sein soll. Dahinter steht der Gedanke, dass auf der Grundlage gemeinsamer Aufgaben- und Zielbezogenheit die jeweils kleinere Einheit grundsätzlich Vorrang genießt610. 605

Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 289. Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 289; im Hinblick auf die „escape-clause“ der Gewässerschutzrahmenrichtlinie 76/464/EWG, a. A. Epiney, in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, 1997, S. 108. 607 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 289. 608 Epiney, Umweltrecht in der Europäischen Union, 2005, S. 77. 609 Wyduckel, in: Blickle/Hüglin/Wyduckel (Hrsg.), Subsidiarität als rechtliches und politisches Ordnungsprinzip, 2002, S. 553. 610 Wyduckel, in: Blickle/Hüglin/Wyduckel (Hrsg.), Subsidiarität als rechtliches und politisches Ordnungsprinzip, 2002, S. 549. 606

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

Art. 5 II EGV konkretisiert den Subsidiaritätsgrundsatz für die Zulässigkeit gemeinschaftlicher Tätigkeit i. S. zweier kumulativ geltender Voraussetzungen: Zum einen dürfen die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen durch die Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können, zum anderen müssen sie angesichts ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen besser auf Gemeinschaftsebene verwirklicht werden können. Im Umweltbereich handelt es sich bei den insoweit maßgeblichen Zielsetzungen insbesondere um die des Art. 174 I EGV; zudem ist aber auch die Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen zu nennen (Art. 5 II EGV)611. Dass die Mitgliedstaaten diese Ziele durch eigene Maßnahmen nicht erreichen „können“ bedeutet, dass die nicht ausreichende Zielverwirklichung auf strukturellen Defiziten, d. h. auf dem begrenzten Zugriff nationalstaatlicher Regelung beruht612. Davon ist jedenfalls dort auszugehen, wo die zu bekämpfenden Umweltbelastungen transnationalen bzw. überregionalen Charakter haben613. Daneben kommen im Umweltbereich aber auch sämtliche Problemgestaltungen in Betracht, die sich direkt oder indirekt auf die Wettbewerbsbedingungen und damit den Binnenmarkt auswirken614. Denn hier besteht bei nationaler Regulierung die Gefahr des Umweltdumpings, das nicht nur die Verfehlung der umweltpolitischen Zielsetzungen der Gemeinschaft, sondern auch Wettbewerbsverzerrungen zur Folge hat615. Die zweite Voraussetzung des Art. 5 II EGV, dass die Ziele „wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden können“ setzt voraus, dass für die Gemeinschaft nicht ähnliche oder andere Schwierigkeiten auftauchen, die eine bessere Bewältigung der Probleme verhindern616. Zudem wird teilweise gefordert, dass die Effektivitätsüberlegenheit gemeinschaftlicher Regulierung „deutlich“ sein muss; nur geringfügige oder marginale Vorteile gemeinschaftlichen Tätigwerdens sollen insoweit nicht ausreichen617. Hinsichtlich der Frage, ob das Subsidiaritäts611

Epiney, Umweltrecht in der Europäischen Union, 2005, S. 90. Steinberg, StWuStP 1995, S. 294; Jarass, EuGRZ 1994, S. 210 f. 613 Jarass, EuGRZ 1994, S. 215; Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 104, der dem Kriterium der Transnationalität bzw. Überregionalität in Bezug auf Umweltqualitätsregelungen allerdings nur eine eingeschränkte Brauchbarkeit attestiert, da Qualitätsstandards in vielen Fällen beispielsweise sowohl für grenzüberschreitende Flüsse und Seen als auch für nicht grenzüberschreitende Gewässer gelten, S. 105. 614 Dies ist unstreitig; vgl. Calliess, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), 2002, EUV/ EGV, Art. 5 EGV, Rn. 36; Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 104 f. 615 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 257. 616 Calliess, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/EGV, 2002, Art. 5 EGV, Rn. 42 ff. m. w. N. 617 Jarass, EuGRZ 1994, S. 211. 612

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prinzip danach eine gemeinschaftliche Festlegung von Umweltqualitätszielen zulässt, zeigt sich die Literatur vielfach skeptisch: Regelungen dieser Art hätten für die Errichtung und Gewährleistung des Binnenmarktes keine Bedeutung; die Mitgliedstaaten seien regelmäßig selbst in der Lage, die insoweit notwendigen Vorschriften zu erlassen. Es sei daher Sache des jeweiligen Mitgliedsstaates, in eigener Regie und Verantwortung darüber zu entscheiden, welche Umweltgüte er anstreben wolle618. Der Hintergrund für diese Skepsis dürfte in der – für sich durchaus zutreffenden – Annahme begründet liegen, dass sich mit Immissionswerten zunächst nur regional begrenzte Zielsetzungen verfolgen lassen, da sie in aller Regel nur eine Kontrolle der direkten Auswirkungen des Schadstoffeintrags im lokalen Umfeld der Anlage erlauben619. Gleichwohl schützt eine mitgliedstaatliche Regulierung nicht unbedingt davor, dass Ziele des EGV verfehlt werden. Denn auch lokale Belastungslagen können grenzüberschreitender Natur sein. Gerade im Bereich des Gewässerschutzes wird dies in Anbetracht grenzüberschreitender Flüsse sowie Küstengewässer und Meeresbuchten, in denen sich Abwassereinleitungen aus mehreren Mitgliedsstaaten sammeln, besonders deutlich620. In einem Gebiet wie Europa, das sich durch dichte Besiedelung und eine kleinflächige Unterteilung in Nationalstaaten auszeichnet, sind solche transnationalen, gleichwohl aber lokalen Belastungsgebiete keine Seltenheit. Eine Lösung auf mitgliedsstaatlicher Ebene ist hier aussichtslos, da die nationalen Immissionswerte für den jeweils anderen Mitgliedsstaat nicht verbindlich sind621. Gemeinschaftliche Umweltqualitätsziele schaffen dagegen eine für alle beteiligten Staaten gleichermaßen verbindliche Rechtsgrundlage622. Zudem kann die Kommission beim Vollzug entsprechender Regelungen eine Koordinationsfunktion übernehmen und damit Effektivitätsüberlegenheit gemeinschaftlicher Regelung begründen623. Fraglich ist allerdings, ob der Subsidiaritätsgrundsatz einer Normierung immissionsorientierter Anforderungen dort entgegensteht, wo es um die Vermeidung lokaler, nicht aber grenzüberschreitender Belastungssituationen 618 So Jarass, EuGRZ 1994, S. 215; Jarass/Schreiber, in: Jarass/Neumann, Leistungen und Grenzen des EG-Umweltschutzes, 1994, S. 149 f.; Steinberg, StWuStP 1995, S. 299. 619 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 258. 620 Kahl, AöR 1993, S. 438 f.; Epiney, in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, 1997, S. 104; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 258. Fälle dieser Art erkennt auch Steinberg, StWuStP 1995, S. 299 an. 621 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 258, Epiney, in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, 1997, S. 104. 622 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 258. 623 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 258.

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

geht. Obwohl hier prinzipiell die Möglichkeit besteht, dass die Mitgliedstaaten eine der jeweiligen Belastungssituation angepasste Regelung selbst treffen, existiert die Gefahr von strukturellen Effektivitätsdefiziten, die einer ausreichenden Zielverwirklichung entgegenstehen können. Der Grund hierfür ist darin zu sehen, dass Umweltqualitätsziele wettbewerbsrelevante Auswirkungen haben, da sie mittelbar die Höhe der Anforderungen an die Emittenten eines Standortes steuern624. Dies kann bei dezentraler Regelung dazu führen, dass die Mitgliedstaaten sich unterbieten oder sogar gänzlich auf die Normierung immissionsorientierter Anforderungen verzichten, um auf diese Weise Standortpolitik zu betreiben625. In diesem Fall werden die Ziele des Art. 174 I und II EGV, insbesondere der Schutz der menschlichen Gesundheit, in erheblichem Maße gefährdet626. Mit dem Argument der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen können im Hinblick auf Art. 5 II EGV deshalb nicht nur EG-Luftqualitätsrichtlinien, sondern auch Gewässerqualitätsrichtlinien grundsätzlich gerechtfertigt werden – auch sofern sie nur lokale Problemlagen betreffen627. Dies dürfte auch für die unter Subsidiaritätsgesichtspunkten vielfach kritisierte628 Badegewässerrichtlinie gelten, da sie zumindest mittelbar zu einer Angleichung der Infrastrukturkosten der Badeorte und damit zur Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen in der Tourismusbranche beiträgt629. Welches Ausmaß Wettbewerbsauswirkungen letztlich haben müssen, um eine Zuständigkeit der Gemeinschaft begründen zu können, ist eine Frage des Einzelfalls630. Allgemein wird man jedoch 624

Pernice, Die Verwaltung 1989, S. 22. Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 259. In diesem Sinne auch Epiney, Umweltrecht in der Europäischen Union, 2005, S. 91, Fn. 219, die die Voraussetzungen für ein gemeinschaftliches Tätigwerden unter dem Gesichtspunkt des Subsidiaritätsprinzips dann als erfüllt ansieht, wenn die gemeinschaftlichen Normen im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit Rückwirkungen entfalten oder die Mitgliedstaaten de facto keine ausreichenden Standards aufstellen (wollen). 626 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 259. 627 Kahl, AöR 1993, S. 438 f.; Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 106 ff.; sinngemäß auch Pernice, Die Verwaltung 1989, S. 22. 628 Für eine Unvereinbarkeit der Richtlinie mit dem Subsidiaritätsprinzip plädieren Jarass/Schreiber, in: Jarass/Neumann, Leistungen und Grenzen des EG-Umweltschutzes, 1994, S. 150; Steinberg, StWuStP 1995, S. 300. Zweifelnd äußert sich Epiney, Umweltrecht in der Europäischen Union, 2005, S. 92 Fn. 221, die jedoch betont, dass die Richtlinie unter dem Gesichtspunkt des aquis communautaire gem. Art. B EUV aufrecht zu erhalten sei. 629 Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 106 f.; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 259. So auch die Kommission in ihrem einführenden Memorandum zur geplanten Novelle der Badegewässerrichtlinie, KOM(94) 36 endg., ABl. 1994, C 112, S. 3 ff. 630 Epiney, Umweltrecht in der Europäischen Union, 2005, S. 93. 625

§ 9 Verfassungsrechtliche Vorgaben

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sagen können, dass es sich – soweit es um den Schutz von Rechtsgütern geht, die in ganz Europa unter identischen Bedingungen als gefährdet gelten müssen (z. B. Gesundheit) – bereits aus einer vorhandenen tatsächlichen, nicht nur geringfügigen Differenz der mitgliedstaatlichen Einzelfallregelung zumindest auch auf strukturelle Ursachen schließen lässt631. Insofern kommt den zuständigen Gesetzgebungsorganen aber ein nicht unerheblicher Beurteilungsspielraum zu632, zumal die Voraussetzungen des Subsidiaritätsgrundsatzes eine (teilweise sogar hypothetische) Einschätzung der Wirksamkeit der Regulierungsmaßnahmen erfordern.

§ 9 Verfassungsrechtliche Vorgaben Auch die Vorgaben des deutschen und sächsischen Verfassungsrechts sind daraufhin zu untersuchen, ob und inwieweit sie mit der Festlegung von Umweltqualitätszielen vereinbar sind. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob eine Orientierung – insbesondere des bundesdeutschen und sächsischen Gewässerschutzrechts – an Qualitätszielen bereits verfassungsrechtlich positiv oder negativ vorgegeben ist633. Entsprechende Anforderungen könnte das Grundgesetz zunächst in Art. 20a enthalten, der den Gesetzgeber auf den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen verpflichtet; für den sächsischen Gesetzgeber ist darüber hinaus die Parallelbestimmung des Art. 10 I SächsVerf. heranzuziehen. Verfassungsrechtliche Weichenstellungen könnten, was Umweltqualitätsziele angeht, aber auch aus grundrechtlichen Schutzpflichten für bestimmte Individual- oder Allgemeingüter, der grundrechtlichen Abwehrdimension sowie dem allgemeinen Gleichheitssatz herzuleiten sein.

I. Die Staatszielbestimmung Umweltschutz des Art. 20a GG Verfassungsrechtliche Vorgaben im Hinblick auf eine entsprechende Verrechtlichung von Umweltqualitätszielen könnten sich zunächst aus Art. 20a GG ergeben. Danach schützt der Staat auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung. Mit den natürlichen Lebensgrundlagen i. S. von Art. 20a GG ist die natürliche Umwelt des Menschen 631

Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 260. Epiney, Umweltrecht in der Europäischen Union, 2005, S. 93. 633 Hierzu bereits Volkmann, DVBl. 1999, S. 582; Köck, ZUR 1997, S. 85; UBA (Hrsg.), Ziele für die Umweltqualität, 2000, S. 24; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 213. 632

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

gemeint. Diese umfasst neben den Medien Boden und Atmosphäre auch das Wasser mit allen darin lebenden Tieren, Pflanzen und Mikroorganismen634. Geschützt wird zugleich das Wirkungsgefüge zwischen den genannten Naturgütern, insbesondere die ökologischen Bedingungs- und Wirkungszusammenhänge in den Biotopen sowie die ökosystemaren Funktionen der Landschaft als Lebensraum635. Da der Begriff der natürlichen Lebensgrundlagen nur den Artenschutz, nicht aber auch den Tierschutz abgedeckt, wurde dieser vom Gesetzgeber durch die Hinzufügung der Worte „und die Tiere“ ebenfalls in den Verfassungsrang erhoben636. Der Streit, ob die natürliche Umwelt um ihrer selbst willen zu schützen ist (sog. ökozentrischer Ansatz)637 oder nur in ihrer Funktion für den Menschen (sog. anthropozentrischer Ansatz)638 ist dabei für die Auslegung des Art. 20a GG praktisch bedeutungslos639. Denn insbesondere dadurch, dass der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen ausdrücklich auf künftige Generationen erstreckt wird, können auch aus anthropozentrischer Sicht von dem Schutzbereich des Art. 20a GG nicht von vornherein solche Tieroder Pflanzenarten bzw. deren natürliche Lebensgrundlagen ausgenommen werden, deren Bedeutung als Lebensgrundlage des Menschen derzeit nicht ohne weiteres erkennbar ist640. Verfassungsnormtheoretisch handelt es sich bei Art. 20a GG um eine Staatszielbestimmung, welche die Staatsgewalt auf die Verfolgung eines bestimmten Ziels rechtsverbindlich verpflichtet, ohne dem Bürger subjektive Rechte zu gewähren641. Das Staatsziel ist als Optimierungsgebot zu verste634 Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 2002, Art. 20a, Rn. 2; Ekardt, SächVBl. 1998, S. 51; Laskowski/Ziehm, in: Koch (Hrsg.), Umweltrecht, 2002, S. 217. 635 Sommermann, in: v. Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 2001, Art. 20a, Rn. 20; Murswiek, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, 2003, Art. 20a, Rn. 30; Wolf, KritV 1997, S. 285; Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 2002, Art. 20a, Rn. 2. 636 Murswiek, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, 2003, Art. 20a, Rn. 31b. 637 Für eine ökozentrische Ausrichtung des Art. 20a GG: Murswiek, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, 2003, Art. 20a, Rn. 22 ff.; Kuhlmann, NuR 1995, S. 2; Wolf, KritV 1997, S. 291 f.; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 235 f.; Ekardt, SächsVBl. 1998, S. 52. 638 Eine anthropozentrische Ausrichtung des Art. 20a GG nehmen an: Scholz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, 2005, Art. 20a, Rn. 38 ff.; Kloepfer, DVBl. 1996, S. 73/77; Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, 1998, Art. 20a, Rn. 25 ff.; Epiney, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, 2005, Art. 20a, Rn. 24 ff.; Bernsdorff, NuR 1997, S. 331. 639 Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, 1998, Art. 20a, Rn. 27; Sommermann, in: v. Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 2001, Art. 20a, Rn. 19; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 235; Bernsdorff, NuR 1997, S. 331; Ekardt, SächsVBl. 1998, S. 52. 640 Sommermann, in: v. Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 2001, Art. 20a, Rn. 19.

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hen, d. h. die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere sind so gut zu schützen, wie dies rechtlich und faktisch möglich ist, ohne die Verwirklichung anderer öffentlicher Ziele unmöglich zu machen642. Aus Art. 20a GG folgen objektive Gesetzgebungspflichten für den Bund und die Länder, geeignete Vorschriften zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und der Tiere zu erlassen643. Dem Gesetzgeber steht allerdings sowohl in Bezug auf die Konkretisierung des unbestimmt formulierten Zieles als auch der Wahl der zur Umsetzung erforderlichen Mittel ein weiter Gestaltungsspielraum zu, im Rahmen dessen die Verwirklichung des Staatsziels nicht justiziabel ist644. Zur Beantwortung der Frage, welche verfassungsrechtlichen Weichenstellungen für oder gegen die Ausrichtung des Gewässerschutzrechts an Umweltqualitätszielen bestehen, gilt es deshalb, die Grenzen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums auszuloten. Ausgehend vom Optimierungsgebot und den Anforderungen einer gewissen Effektivität können auch in Verbindung mit den schon bislang in Umweltrecht und -politik gesammelten Erfahrungen Rahmenbedingungen formuliert werden, die der Gesetzgeber bei der Ausfüllung seines Gestaltungsspielraums zu beachten hat645. Als Konkretisierungen der Schutzverpflichtung des Art. 20a GG werden umweltrechtliche Teilprinzipien wie das Vorsorge-, das Nachhaltigkeits- und das Verursacherprinzip genannt, die im Folgenden auf ihre Verankerung in Art. 20a GG und ggf. daraus folgende Konsequenzen für oder gegen einen umweltqualitätszielorientierten Ansatz des Umwelt- und Gewässerschutzrechts zu untersuchen sind. 1. Vorsorgeprinzip Das Vorsorgeprinzip wird nicht nur als „Kerngehalt umweltrechtlicher Kodifikation“646, sondern auf Grund der Staatszielbestimmung Umweltschutz auch als von Verfassungs wegen geboten angesehen647. Damit 641 Sommermann, in: v. Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 2001, Art. 20a, Rn. 10. 642 Murswiek, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, 2003, Art. 20a, Rn. 53. 643 Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 2002, Art. 20a, Rn. 12; Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, 1998, Art. 20a, Rn. 57. 644 Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, 1998, Art. 20a, Rn. 58; Murswiek, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, 2003, Art. 20a, Rn. 17; Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 2002, Art. 20a, Rn. 12; Kloepfer, in: Dolzer/Vogel/Graßhof (Hrsg.), Bonner Kommentar, 2005, Art. 20a, Rn. 38 f. 645 Epiney, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, 2005, Art. 20a, Rn. 72. 646 Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, 1998, Art. 20a, Rn. 57. 647 Kloepfer, in: Dolzer/Vogel/Graßhof (Hrsg.), Bonner Kommentar, 2005, Art. 20a, Rn. 48; Sommermann, in: v. Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar,

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

kommt der Schutzauftrag des Art. 20a GG nicht erst dann zum Tragen, wenn eine Gefährdung der natürlichen Lebensgrundlagen erwiesen oder wahrscheinlich ist, sondern schon dann, wenn ein diesbezügliches Risiko besteht, also über das Ausmaß der Gefährdung keine genauen Erkenntnisse vorliegen, diese aber jedenfalls nicht ausgeschlossen werden kann648. Die Begründung liegt darin, dass Kausalketten häufig nur schwer nachzuvollziehen und die Gefährdungspotenziale der Nutzungsmethoden für die natürlichen Lebensgrundlagen häufig kaum abzusehen sind649. Treten die möglichen Schäden tatsächlich ein, so sind sie häufig in gewissem Maß irreversibel. Ein effektiver Schutz der Interessen künftiger Generationen setzt deshalb die Beachtung des Vorsorgeprinzips i. S. eines Optimierungsauftrages650 als Teil des Schutzauftrags des Art. 20a GG zwingend voraus651. Dem deutschen Vorsorgeprinzip werden üblicherweise zwei einander nicht ausschließende Aussagen bzw. Erklärungsansätze beigemessen652. Vorsorge bedeutet danach zunächst, dass die Aufgabe des Umweltrechts sich nicht in der Beseitigung eingetretener Schäden und in der Abwehr konkreter Gefahren erschöpft. Es soll vielmehr bereits das Entstehen von Umweltbelastungen unterhalb der Gefahrenschwelle verhindert bzw. einschränkt werden653. Auf eine Kurzformel gebracht handelt es sich bei dieser an das Gefahrenmodell angelehnten, „sicherheitsrechtlichen“ Interpretation des Vorsorgeprinzips um Risiko- bzw. Gefahrenvorsorge654. Daneben wird das Vorsorgeprinzip aber auch bewirtschaftungsrechtlich im Sinne einer res2001, Art. 20a, Rn. 11; Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, 1998, Art. 20a, Rn. 57 f.; Jarass, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 2002, Art. 20a, Rn. 5 ff.; Epiney, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, 2005, Art. 20a, Rn. 73 ff.; Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, 2000, S. 93; Schröder, DVBl. 1994, S. 836; zweifelnd Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 240; Scholz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, 2005, Art. 20a, Rn. 11; Ekardt, SächsVBl. 1998, S. 52 f. 648 Epiney, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, 2005, Art. 20a, Rn. 69. 649 Sommermann, in: v. Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 2001, Art. 20a, Rn. 11, 13. Epiney, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, 2005, Art. 20a, Rn. 69. 650 Ausführlich hierzu Rehbinder, in: Gesellschaft für Umweltrecht (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, 2001, S. 722 ff. m. w. N. Allgemein zum rechtstheoretischen Stellenwert von Prinzipien Alexy, Theorie der Grundrechte, 1994, S. 71 ff. 651 Epiney, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, 2005, Art. 20a, Rn. 73 m. w. N. 652 v. Lersner, in: Kimminich/v. Lersner/Storm (Hrsg.), HdUR, 1994, Sp. 2705; Trute, Vorsorgestrukturen und Luftreinhalteplanung, 1989, S. 30; Grabitz, WiVerw 1984, S. 233 ff. 653 Wahl/Appel, in: Wahl (Hrsg.), Prävention und Vorsorge, 1995, S. 74. 654 Kloepfer, Umweltrecht, 2004, S. 177.

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sourcen- bzw. raumbezogenen Vorsorge interpretiert. Diese Argumentation verbindet sich mit der zu § 5 I Nr. 2 BImSchG entwickelten FreiraumThese, mit deren Hilfe der Schutz von Freiräumen sowohl für zukünftige emissionsintensive als auch für immissionsempfindliche Nutzungen hergeleitet wird655. Im Gegensatz zu dem von der Gefahrenvorsorge angestrebtem Schutz der öffentlichen Sicherheit und anderen, den erfassten Risiken entsprechenden Besorgnispotenzialen sind Schutzgut des ressourcenökonomischen Ansatzes auch Freiräume bisher nicht oder wenig belasteter Ökosysteme. Zwar mögen im Einzelfall die Gründe des einen oder anderen Interpretationsansatzes überwiegen, dennoch sind oft beide für die Anwendung des Vorsorgeprinzips bestimmend, so dass inzwischen auch häufig von einem sog. „multifinalen“656 bzw. „multifunktionalen“657 Gebot der Vorsorge die Rede ist. Wie im Rahmen des Art. 174 II 2 EGV wird dem Vorsorgeprinzip demnach auch in Art. 20a GG sowohl eine sicherheitsrechtliche als auch eine freiraumbezogene Dimension zugewiesen658. Damit ist die Frage, ob aus dem Verfassungsrecht eine Weichenstellung zugunsten oder zulasten von Umweltqualitätszielen hergeleitet werden kann, grundsätzlich wie im europäischen Recht zu beantworten. Zwar wird im deutschen Umweltrecht wie im Europarecht ebenfalls die Festlegung von an der technischen Vermeidbarkeit ausgerichteten Emissionsgrenzwerten als die klassische Ausprägung des Vorsorgegrundsatzes begriffen659. Diese Interpretation stützt man vor 655

Feldhaus, DVBl. 1980, S. 135 ff.; Sellner, NJW 1980, S. 1257; BVerwGE 69, S. 37/42 f. (Heidelberger Fernheizkraftwerk). Diesen Gedanken verallgemeinernd Trute, Vorsorgestrukturen und Luftreinhalteplanung, 1989, S. 112 ff. Die Begründung für diese These wird – unter Berufung auf die Gesetzesmaterialien zum BImSchG (Amtliche Begründung zum BImSchG, BT-Drs. VII/179, S. 32) übereinstimmend in der Notwendigkeit gesehen, angesichts von wachsender Industrialisierung, steigendem Wohlstand und zunehmender Bevölkerungszahl künftige Lebensräume zu erhalten und zugleich die Möglichkeit zukünftiger industrieller Tätigkeit dadurch offen zu halten, dass die Grenzen der Belastbarkeit im jeweiligen Zeitpunkt (noch) nicht ausgeschöpft, sondern für zukünftige Nutzungen in Reserve gehalten werden; Wahl/Appel, in: Wahl (Hrsg.), Prävention und Vorsorge, 1995, S. 78; v. Lersner, in: Kimminich/v. Lersner/Storm (Hrsg.), HdUR, 1994, Sp. 2704. 656 v. Lersner, in: Kimminich/v. Lersner/Storm (Hrsg.), HdUR, 1994, Sp. 2705; Grabitz, WiVerw 1984, S. 234. 657 BVerwGE 69, S. 37/42 f.; Marburger, Gutachten C für den 56. Deutschen Juristentag, 1986, S. 59; Kloepfer, Umweltrecht, 2004, S. 182; Wahl/Appel, in: Wahl (Hrsg.), Prävention und Vorsorge, 1995, S. 82; Rehbinder, in: Gesellschaft für Umweltrecht (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, 2001, S. 741; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 49. 658 s. hierzu oben § 8 II. 3. 659 Vgl. Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 81; Kloepfer, Umweltrecht, 2004, S. 180; Schmidt/Müller, JuS 1985, S. 695; OVG Lüneburg, GewArch. 1980, S. 203/204 ff.; Breuer, Der Staat 1981, S. 413 f.;

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allem auf § 5 I Nr. 2 BImSchG und § 7a WHG, wonach Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen zur Emissionsbegrenzung getroffen werden soll660. Wie bereits oben dargelegt, lässt sich Vorsorge aber auch und gerade durch die Anwendung von Umweltqualitätszielen bewirken661. Darüber hinaus kann dem Vorsorgeprinzip auch durch andere, z. B. ökonomische Instrumente entsprochen werden, über deren Einsatz der Gesetzgeber auf Grund seines breiten Gestaltungsspielraums zu entscheiden hat662. Eine generelle Vorfestlegung auf ein bestimmtes Instrumentarium zur Umsetzung des Vorsorgeprinzips ist aus Art. 20a GG somit weder im Hinblick auf dessen sicherheitsrechtliche noch dessen ressourcen- bzw. raumbezogene Dimension zu entnehmen. 2. Nachhaltigkeitsprinzip Möglicherweise lässt sich eine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Ausrichtung des Umweltrechts an Umweltqualitätszielen aus Art. 20a GG aber unter dem Gesichtspunkt des Nachhaltigkeitsprinzips entnehmen. Denn Nachhaltigkeit ist nicht nur Leitbild moderner Umweltplanung auf politischer Ebene und Grundsatz des europäischen Primärrechts, sondern wird zugleich auch als ein Prinzip des deutschen Umwelt-663 und Verfassungsrechts664 eingestuft, im Hinblick auf letzteres abgeleitet aus der Formulierung des Art. 20a GG „auch in Verantwortung für die künftigen Generatioders., in: Koch/Lagoni (Hrsg.), Meeresumweltschutz für Nord- und Ostsee, 1996, S. 227; Wahl/Appel, in: Wahl (Hrsg.), Prävention und Vorsorge, 1995, S. 147. 660 Beide Normen werden mittlerweile als Ausdruck eines einheitlichen Vorsorgeprinzips ausgewiesen; vgl. Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 54; Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 341; BVerwG, NVwZ 1991, S. 996/997. 661 s. hierzu oben § 8 II. 3. 662 Vgl. insoweit Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 229 und Epiney, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, 2005, Art. 20a, Rn. 75. 663 Rehbinder, in: Gesellschaft für Umweltrecht (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, 2001, S. 737 ff.; Erbguth, DVBl. 1999, S. 1085; Murswiek, NuR 2002, S. 647; Epiney, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, 2005, Art. 20a, Rn. 101. 664 Epiney, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, 2005, Art. 20a, Rn. 102; Murswiek, NuR 2002, S. 644 f., ders., in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, 2003, Art. 20a GG, Rn. 32, 37; Erbguth, DVBl. 1999, S. 1084 f.; Jarass, in: ders./Pieroth, Grundgesetz, Art. 20a GG, Rn. 4, 7; Sommermann, in: v. Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 2001, Art. 20a GG, Rn. 17 f.; Kahl, in: Bauer/Czybulka/Kahl/Voßkuhle (Hrsg.), Umwelt, Wirtschaft und Recht, 2002, S. 119; Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, 1998, Art. 20a GG,

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nen“. Die beschriebene Einstufung gilt dabei unabhängig davon, ob man den Nachhaltigkeitsgrundsatz als eigenständiges Prinzip ansieht665 oder ihn mit einer anderen Meinung als „ressourcenspezifische Ausprägung des Vorsorgeprinzips“666 bzw. „(unselbständiges) Nebenprinzip“667 desselben begreift. Als Prinzip des Umweltrechts ist der Nachhaltigkeitsgrundsatz in zahlreichen Gesetzeswerken verankert (vgl. § 17 I, II 1 BBodSchG; §§ 1 I; 2 I Nr. 3 BNatSchG; § 1 II 1 ROG, § 1 V 1 BauGB)668, so auch im Gewässerschutzrecht, wo er sich aus den §§ 1a I, II, 5 I Nr. 3 sowie § 36b I WHG a. F. entnehmen lässt669 und im Zuge der Umsetzung der WRRL noch verstärkt wurde670. Im Hinblick auf den Regelungsgehalt des Nachhaltigkeitsprinzips ist man sich weitgehend darin einig, dass seiner Bedeutung – wie es sich auch in den genannten Normen des Umweltrechts widerspiegelt – nur über eine Beschränkung auf umwelt- und ressourcenbezogene Belange Rechnung getragen werden kann671. Dem entspricht i. Ü. auch die verfassungsrechtliche Verankerung des Nachhaltigkeitsprinzips im Kontext der Umwelt-Staatszielbestimmung des Art. 20a GG672. Rn. 31 ff.; Ekardt, SächsVBl. 1998, S. 52 f.; zurückhaltend Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, 1998, S. 113. 665 Erbguth, DVBl. 1999, S. 1085; Kahl, in: Bauer/Czybulka/Kahl/Voßkuhle (Hrsg.), Umwelt, Wirtschaft und Recht, 2002, S. 135 f. (Emanzipationsthese). Von einer eigenständigen Bedeutung des Nachhaltigkeitsprinzips geht auch der Entwurf der Unabhängigen Sachverständigenkommission zum Umweltgesetzbuch aus, indem dessen § 4 neben dem in § 5 geregelten Vorsorgeprinzip ausdrücklich „Leitlinien einer dauerhaften umweltgerechten Entwicklung“ normiert; BMU (Hrsg.), UGBKomE, 1998, S. 453 f. 666 So v. Bubnoff, Der Schutz der künftigen Generationen im deutschen Umweltrecht, 2001, S. 90; Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, 1998, S. 112; Kloepfer, Umweltrecht, 2004, S. 183; Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, 2003, S. 76. 667 Schröder, WiVerw. 1995, S. 75. 668 Rehbinder, in: Gesellschaft für Umweltrecht (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, 2001, S. 726. 669 Schröder, WiVerw 1995, S. 71; Kahl, in: Bauer/Czybulka/Kahl/Voßkuhle (Hrsg.), Umwelt, Wirtschaft und Recht, 2002, S. 120. 670 Vgl. hierzu auch Beaucamp, in: Erbguth (Hrsg.), Änderungsbedarf im Wasserrecht, 2003, S. 15. 671 Epiney, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, 2005, Art. 20a, Rn. 102; Kahl, in: Bauer/Czybulka/Kahl/Voßkuhle (Hrsg.), Umwelt, Wirtschaft und Recht, 2002, S. 125 ff.; Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, 2005, S. 348, Fn. 452. 672 In seiner mehrdimensionalen Ausprägung ist der Grundsatz nachhaltiger Entwicklung dagegen nicht explizit im Grundgesetz verankert, es sei denn er wird dem Grunde nach am Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 I, 3, 28 I GG festgemacht; so Erbguth, DVBl. 1999, S. 1086 ff. Ein solches Gebot zur reziproken ökologisch-ökonomisch-sozialen Integration als „konstituierendes Element der Rechtsstaatlichkeit“ – genauer als Gebot der Güterabwägung mit dem Ziel eines möglichst schonendem

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

Die Frage allerdings, ob aus der verfassungsrechtlichen Verankerung der umwelt- und ressourcenbezogenen Variante des Nachhaltigkeitsprinzips in Art. 20a GG zwingend ein Auftrag zur Orientierung an Umweltqualitätszielen folgt, ist wie auch im Rahmen des europäischen Primärrechts zu verneinen. Denn auch hier gilt, dass dem Nachhaltigkeitsgedanken keinerlei Vorgaben für ein bestimmtes Instrumentarium entnommen werden können, mittels dessen seine Durchsetzung erfolgen muss. Vielmehr stehen auch dem deutschen Gesetzgeber eine ganze Reihe von Instrumenten zur Seite, durch deren Anwendung eine nachhaltige Entwicklung erreicht werden kann. Neben der Orientierung an Umweltqualitätszielen seien hier nur die Normierung verbindlicher Emissionsgrenzwerte, der Einsatz ökonomischer Instrumente oder auch die Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen für spezielle Nachhaltigkeitsprojekte genannt. Da das Nachhaltigkeitsprinzip eine gewisse Offenheit aufweist, ist der dem Gesetzgeber in Art. 20a GG eingeräumte Gestaltungsspielraum weit zu ziehen673. Die Festlegung von Umweltqualitätszielen stellt somit zwar ein erfolgversprechendes, nicht aber ein allein oder zwingend vorgegebenes Modell zur Umsetzung von Nachhaltigkeit dar. Eine verfassungsrechtliche Vorfestlegung auf die Orientierung an Umweltqualitätszielen kann daraus somit nicht entnommen werden. 3. Verursacherprinzip Im Hinblick auf die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 20a GG stellt sich schließlich die Frage, ob die Orientierung an Umweltqualitätszielen unter dem Gesichtspunkt des Verursacherprinzips überhaupt zugelassen ist. Nach diesem Prinzip trägt der Verursacher die sachliche und finanzielle Verantwortung für den Umweltschutz, d. h. die Kosten der Vermeidung oder Beseitigung einer Umweltbelastung sind demjenigen aufzuerlegen, der für ihre Entstehung verantwortlich ist674. Wie im Rahmen von Art. 174 II 2 EGV ist die Ausrichtung des Umweltrechts an Qualitätszielen im Hinblick Ausgleichs nach allen Seiten – ist aber letztlich selbstverständlich und bedarf keiner gesonderten Etikettierung; vgl. Kahl, in: Bauer/Czybulka/Kahl/Voßkuhle (Hrsg.), Umwelt, Wirtschaft und Recht, 2002, S. 125. 673 Epiney, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, 2005, Art. 20a, Rn. 121. 674 Das Verursacherprinzip ist einerseits ein Zurechnungsmodell für die materielle Verantwortlichkeit, zum anderen aber auch ein Regelungsmodell für die Kostenbelastung Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, 2000, S. 44 ff.; Breuer, in: SchmidtAßmann (Hrsg.), Umweltschutzrecht, 1999, S. 471. Es gilt nicht ausschließlich, sondern wird durch das Gemeinlastprinzip begrenzt, wonach die Kosten des Umweltschutzes der Allgemeinheit auferlegt werden. Das Gemeinlastprinzip kann jedoch nur dann Geltung beanspruchen, wenn der Verursacher nicht feststellbar ist oder wenn akute Notstände beseitigt werden müssen und dies anderweitig nicht rasch ge-

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auf das Verursacherprinzip insofern problematisch, als dieses zunächst keine Vorkehrungen gegen die weiträumige Verteilung und Summierung von Emissionen trifft und auf diese Weise Schäden in Kauf genommen werden, für deren Kosten der Emittent nicht unmittelbar aufkommen muss. Wie im Europarecht gilt jedoch auch hier, dass mit der Ausrichtung des Umweltrechts an Qualitätszielen nicht zwingend ein Verzicht auf die Normierung von anderen Instrumenten, die zu einer Kostenbelastung des Verursachers führen (etwa Emissionsgrenzwerten oder Abgabenlösungen), verbunden ist675. Zudem ist zweifelhaft, ob das Verursacherprinzip überhaupt verfassungsrechtlich in Art. 20a GG verankert ist. Wegen des engen Zusammenhangs mit dem Vorsorgeprinzip wird dies zwar von einigen676 mit der Begründung bejaht, dass Urheber von Umweltbelastungen durch die Inpflichtnahme zur Kostentragung dazu veranlasst würden, Umweltbeeinträchtigungen zu verringern oder sogar zu vermeiden677. Gegen diese Argumentation spricht jedoch, dass das Verursacherprinzip weniger als Operationalisierung des Vorsorgeprinzips, sondern vielmehr als seine rechtsstaatliche Begrenzung relevant ist, die einer beliebigen Ausdehnung der Prävention auf bestimmte Adressaten entgegensteht678. Zudem stellt das Verursacherprinzip lediglich ein Muster für eine Zurechnungsregel dar, dessen spezifisch instrumentelle Ausrichtung nicht dem Wesen einer Staatszielbestimmung wie der des Art. 20a GG entspricht679. So sind zur Erreichung des Staatsziels Umweltschutz verschiedene Formen der Zurechnung, insbesondere der Kostenzurechnung denkbar, die vom Gesetzgeber normiert werden können680. Aus Art. 20a GG lässt sich somit weder etwas für noch gegen das Verursacherprinzip herleiten681.

nug erreicht werden kann; Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, 2000, S. 45; s. auch Bundesregierung, Leitlinien Umweltvorsorge, S. 13. 675 s. o. § 8 II. 5. 676 Murswiek, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, 2003, Art. 20a, Rn. 35; Epiney, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, 2005, Art. 20a, Rn. 74; Ekardt, SächsVBl. 1998, S. 53 f. 677 Epiney, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, 2005, Art. 20a, Rn. 74. 678 Wolf, KritV 1997, S. 295. 679 Wolf, KritV 1997, S. 295. 680 Dies gilt insbesondere für Fälle summierter Immissionen sowie synergetischeund Langzeitwirkungen; Kloepfer, DVBl. 1996, S. 77. 681 In diesem Sinne die überwiegende Auffassung: Bernsdorff, NuR 1997, S. 333; Wolf, KritV 1997, S. 295; Kloepfer, DVBl. 1996, S. 77; Scholz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, 2005, Art. 20a, Rn. 35, Fn. 87; Schink, DÖV 1997, S. 226; Degenhart, Staatsrecht I, 2005, S. 197; Sommermann, in: v. Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 2001, Art. 20a GG, Rn. 13.

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

II. Die umweltbezogenen Vorgaben der Art. 1 S. 2 und 10 SächsVerf Für den Freistaat Sachsen könnte sich eine Verpflichtung zur Übernahme der Qualitätszielkonzeption aus der Umweltschutzverpflichtung des Art. 1 S. 2 SächsVerf sowie aus Art. 10 I SächsVerf ergeben. Gem. Art. 1 S. 2 SächsVerf ist der Freistaat Sachsen ein demokratischer, dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und der Natur verpflichteter sozialer Rechtsstaat und erklärt damit den Umweltschutz zum Fundamentalprinzip682. Er findet seine nähere Ausformung durch Art. 10 SächsVerf, wonach der Schutz der Umwelt als Lebensgrundlage, auch in Verantwortung für kommende Generationen, Pflicht des Landes und Verpflichtung aller im Land ist (Art. 10 I 1 SächsVerf)683. Hierin ist ebenso wie in Art. 20a GG zunächst eine allgemein gehaltene Staatszielbestimmung zu sehen (vgl. insoweit auch Art. 13 SächsVerf, der explizit die Pflicht des Landes festlegt, nach seinen Kräften die in der Verfassung niedergelegten Staatsziele anzustreben und sein Handeln danach auszurichten)684. Die Vorschrift geht allerdings über die Grenzen eines Staatsziels hinaus, indem Normadressat nicht nur das Land, sondern grundsätzlich auch jeder Einzelne ist685. Dabei gelten Art. 1 S. 2 sowie 10 SächsVerf aber nur insoweit, wie die umweltrelevanten Gesetzgebungskompetenzen des Bundes der landesspezifischen Gesetzgebung im Umweltbereich einen Spielraum lassen686. Art. 10 I 2 SächsVerf konkretisiert den Begriff der Umwelt als Lebensgrundlage, indem das Land „insbesondere den Boden, die Luft und das Wasser, Tiere und Pflanzen sowie die Landschaft als Ganzes einschließlich ihrer gewachsenen Siedlungsräume“ zu schützen hat. Letztere Formulierung deutet darauf hin, dass der Schutzauftrag des Art. 10 I 1 SächsVerf auch die vom Menschen kultivierte Umwelt mit einbezieht687 und dieser damit über den Schutz der natürlichen Umwelt i. S. von Art. 20a GG hinausgeht. 682 Kunzmann/Haas/Baumann-Hasske, Die Verfassung des Freistaates Sachsen, 1997, Art. 1, Rn. 6. 683 Kunzmann/Haas/Baumann-Hasske, Die Verfassung des Freistaates Sachsen, 1997, Art. 1, Rn. 6. 684 Degenhart, in: Stober (Hrsg.), Handbuch des Sächsischen Staats- und Verwaltungsrechts, 1996, S. 58. 685 Kunzmann/Haas/Baumann-Hasske, Die Verfassung des Freistaates Sachsen, 1997, Art. 10, Rn. 3, 6. Unmittelbare, aktuelle und vollzugsfähige Rechtspflichten werden hierdurch jedoch nicht begründet. Sie bedürfen der Vermittlung durch den Gesetzgeber und die vollziehende Verwaltung, der Begründung also durch Gesetz; Degenhart, in: Degenhart/Meissner (Hrsg.), Handbuch der Verfassung des Freistaates Sachsen, 1997, S. 174. 686 Ausführlich hierzu Rincke, Staatszielbestimmungen der Verfassung des Freistaates Sachsen, 1997, S. 124 ff.

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Art. 10 I 3 SächsVerf verpflichtet schließlich das Land, auf den sparsamen Gebrauch und die Rückgewinnung von Rohstoffen und die sparsame Nutzung von Energie und Wasser hinzuwirken. Im Gegensatz zu Art. 20a GG ist Art. 10 SächsVerf somit stärker programmatisch geprägt und trifft detailliertere Aussagen zu Inhalt und Umfang der Schutzverpflichtung688. Im Hinblick auf die Ausgangsfrage, ob eine Orientierung an Umweltqualitätszielen für den sächsischen Gesetzgeber bereits aus Art. 10 I SächsVerf herzuleiten ist, ergibt sich auf Grund des weitgehend identischen Regelungsgehalts allerdings keine abweichende Beurteilung zu Art. 20a GG. Denn soweit Art. 10 I 1 und 2 SächsVerf über die grundgesetzliche Staatszielbestimmung hinausgeht, indem er eine Art „Drittwirkung“689 begründet und in den Schutzbereich die kultivierte Umwelt mit einbezieht, lässt sich keine verpflichtende Orientierung an der Umweltqualitätszielkonzeption herleiten. Aber auch die in Art. 10 I 3 SächsVerf begründete Verpflichtung, auf einen sparsamen Gebrauch von natürlichen Ressourcen hinzuwirken, enthält keine Vorfestlegung auf bestimmte Umweltqualitätsziele. Denn dieser Bestimmung kann durch ganz unterschiedliche Instrumente wie beispielsweise die Schaffung ökonomischer Anreize oder ein entsprechendes ordnungsrechtliches Instrumentarium, was Vorgaben für den sparsamen Gebrauch der natürlichen Ressourcen enthält, prinzipiell ebenso genügt werden690. Eine Vorfestlegung auf einen an Qualitätszielen ausgerichteten Umweltschutz lässt sich schließlich auch nicht aus der ebenfalls als Staatszielbestimmung691 ausgestalteten Bestimmung des Art. 10 III SächsVerf entnehmen, wonach das Land das Recht auf Genuss der Naturschönheiten und Erholung in freier Natur anerkennt und der Allgemeinheit in diesem Rahmen den Zugang ermöglicht. Zwar setzt dieses Recht eine bestehende zufriedenstellende Umweltqualität voraus. Mit welchem Instrumentarium diese allerdings erreicht werden soll, geht aus Art. 10 III SächsVerf ebenso wenig hervor wie aus Art. 10 I und II SächsVerf.

687 Kunzmann/Haas/Baumann-Hasske, Die Verfassung des Freistaates Sachsen, 1997, Art. 10, Rn. 9; Degenhart, in: Degenhart/Meissner (Hrsg.), Handbuch der Verfassung des Freistaates Sachsen, 1997, S. 170 f. 688 Bernsdorff, NuR 1997, S. 329. 689 Degenhart, in: Stober (Hrsg.), Handbuch des Sächsischen Staats- und Verwaltungsrechts, 1996, S. 59. 690 Vgl. hierzu auch die Vorschläge von Degenhart, Handbuch der Verfassung des Freistaates Sachsen, S. 173. 691 SächsVerfGH, LKV 1997, S. 251 f.

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

III. Grundrechte des Grundgesetzes und der Sächsischen Verfassung Anforderungen an die Ausgestaltung des einfachen Rechts durch den Gesetzgeber enthalten das Grundgesetz und die Sächsische Verfassung des Weiteren durch die Grundrechte. Für die Normierung von Umweltqualitätszielen lassen sich dabei in erster Linie die Schutzgüter Leben und Gesundheit (Art. 2 II 1 GG, Art. 16 I 1 SächsVerf) sowie das Eigentum (Art. 14 I GG, Art. 31 I SächsVerf) der Immissionsbetroffenen ins Feld führen. Zu untersuchen ist aber auch, ob die Eigentums- und Berufsfreiheit der Emittenten sowie die Anwendung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 I GG, 13 I SächsVerf) den Handlungsspielraum des Gesetzgebers zur Anwendung von Umweltqualitätszielen im bundesdeutschen und sächsischen Umwelt- und insbesondere Gewässerschutzrecht einschränken. Dabei ergeben sich erhebliche Parallelen zu den Grundrechten des europäischen Gemeinschaftsrechts, allerdings ist insoweit auch darauf zu achten, dass Besonderheiten im Hinblick auf die vor allem durch das BVerfG ausdifferenzierte – an vielen Stellen allerdings bereits auf europäischer Ebene rezipierte – deutsche Grundrechtsdogmatik bestehen können. 1. Leben und körperliche Unversehrtheit der Immissionsbetroffenen, Art. 2 II 1 GG, 16 I 1 SächsVerf Zu untersuchen ist zunächst, ob die in Art. 2 II 1 GG sowie Art. 16 I 1 SächsVerf verbürgten Grundrechte auf Leben und körperlichen Unversehrtheit derer, die von schädlichen Umwelteinwirkungen, insbesondere von Gewässerverschmutzungen, betroffen sind, den bundesdeutschen und sächsischen Gesetzgeber zu einer Normierung von Umweltqualitätszielen verpflichten. Wie im Europarecht sind auch hier vor allem die verschiedenen Gruppen der Gewässernutzer, beispielsweise der Trinkwasserkonsumenten, der Fischereibetreiber oder auch der Badenden als Grundrechtsträger zu nennen. Weichenstellungen für den Gesetzgeber zugunsten von Umweltqualitätszielen lassen sich möglicherweise bereits aus der Abwehrdimension der genannten Grundrechte begründen, indem die private Emissionstätigkeit der die Gewässer schädigender Anlagenbetreiber dem Staat zugerechnet wird, so dass sich die Schädigung als staatlicher Eingriff in die Grundrechte des Immissionsbetroffenen darstellt. Dies hätte zur Folge, dass die Verfassungsmäßigkeit der – als staatlicher Eingriff geltenden – privaten Emissionstätigkeit nicht nur an der wenig justiziablen grundrechtlichen Schutzpflicht692, 692

s. hierzu sogleich unten.

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sondern auch an den vergleichsweise strengen Maßstäben für staatliche Eingriffe zu messen wäre. Die Grundlage für eine solche – in dieser Deutlichkeit auf europäischer Ebene nicht vorhandene – Argumentation, bildet die sog. „Mitverantwortungsrechtsprechung“, die das BVerfG für das Atomrecht entwickelt hat. So heißt es etwa in der Mühlheim-Kärlich-Entscheidung, der Staat übernehme mit der Genehmigung eines Kernkraftwerkes eine Mitverantwortung für die davon ausgehenden Gefährdungen, so dass es geboten erscheine, bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung der Genehmigungsvoraussetzungen nicht weniger strenge Maßstäbe anzulegen als bei der Prüfung staatlicher Eingriffsgesetze693. Diese Rechtsprechung ist in der Literatur insbesondere durch Dietrich Murswiek694 und Jürgen Schwabe695 zum Anlass genommen worden, die Unterscheidung zwischen hoheitlichen und privaten Beeinträchtigungen grundrechtlich geschützter Güter aufzugeben, da auch letztere auf staatlicher Rechtsetzungs- und Durchsetzungsmacht beruhten und daher den ersteren gleichzusetzen seien. Jede Duldung privater Emissionstätigkeit müsse dem Staat als Eingriff zugerechnet werden, da dieser dem Immissionsbetroffenen insofern eine Duldungspflicht auferlege, als er auf die Normierung von Emissionsbegrenzungspflichten verzichte696. Dem Staat private Emissionen zuzurechnen, würde allerdings bedeuten, dass der Begriff des Eingriffs durch diese Konstruktion jegliche Konturen verliert697. Zudem kann der Rückschluss vom Fehlen eines Eingriffsverbotes für Private auf eine hiermit korrespondierende Duldungspflicht des Betroffenen keinesfalls als zwingend angesehen werden698. Dies gilt auch insofern, als die private Emissionstätigkeit auf einer ausdrücklichen staatlichen Genehmigung beruht. Denn hiermit verleiht der Staat dem Emittenten keine Eingriffsrechte zu Lasten Dritter, die dieser nicht auf Grund der grundrechtlichen Gewährleistungsgehalte ohnehin bereits inne gehabt hätte. Wie das BVerfG selbst in einer späteren Entscheidung ausführt699, ist die private Emissionstätigkeit daher – vorher wie nachher – Teil des privaten, nicht des staatlichen Verantwortungsbereichs, so dass die Emissionstätigkeit dem ge693

BVerfGE 53, S. 30/58. Murswiek, Die staatliche Verantwortung für die Risiken der Technik, 1985, S. 89 ff.; ders., WiVerw 1986, S. 181 ff. 695 Schwabe, Probleme der Grundrechtsdogmatik, 1977, S. 213. 696 Murswiek, WiVerw 1986, S. 182; Schwabe, Probleme der Grundrechtsdogmatik, 1977, S. 214 f. 697 Hermes, Das Grundrecht auf Schutz von Leben und Gesundheit, 1987, S. 95. 698 Alexy, Theorie der Grundrechte, 1994, S. 418 f.; Isensee, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HbdStR V, 2000, S. 207 ff.; Lübbe-Wolff, Die Grundrechte als Eingriffsabwehrrechte, 1988, S. 186 ff.; Stern, Staatsrecht III/1, 1988, S. 730 ff.; Hermes, Das Grundrecht auf Schutz von Leben und Gesundheit, 1987, S. 95; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 242. 699 BVerfG, NuR 1998, S. 597/599 (Waldschäden). 694

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

nehmigenden Staat nicht als eigene zugerechnet werden kann700. Dies gilt auch für den Bereich des Gewässerschutzrechts, obwohl das Medium Wasser – im Gegensatz zur Luft – einer öffentlich-rechtlichen Benutzungsordnung unterliegt701. Zwar erhält die Einleitungsgenehmigung rechtserweiternden Charakter, indem § 1a III Nr. 1 WHG statuiert, dass das Grundeigentum nicht zu einer Gewässernutzung berechtigt, die einer wasserrechtlichen Erlaubnis oder Bewilligung (§ 2 I i. V. m. § 3 IV WHG) bedarf. Dennoch stellt sich der Anlagenbetrieb und die mit ihm verbundene Emissionstätigkeit auch hier als Ausübung grundrechtlich gewährter Freiheit (Art. 12, Art. 2 I GG) dar. Denn die Beschränkung, die diese Vorschrift vornimmt, hat nicht zur Folge, dass der mit Wassereinleitungen verbundene Betrieb von Anlagen nicht mehr dem Bereich grundrechtlich geschützter Freiheit insgesamt angehörte; ihre Funktion bezieht sich vielmehr lediglich auf die Einschränkung des Eigentumsrechts702. Die für den besonderen Fall der Kernenergie entwickelte703 Mitverantwortungsrechtsprechung des BVerfG kann somit nicht dahingehend interpretiert werden, dass dem Staat jede private Emissionstätigkeit als Eingriff zuzurechnen wäre. Eine Verpflichtung des deutschen und sächsischen Gesetzgebers zur Normierung von Umweltqualitätszielen kann sich jedoch auch aus der Schutzdimension der Grundrechte auf Leben und körperliche Unversehrtheit ergeben. So enthält Art. 2 II GG nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht nur ein Recht auf Abwehr staatlicher Eingriffe, sondern auch eine Verpflichtung des Staates, sich schützend und fördernd vor Leben und Gesundheit zu stellen. Diese Rechtsprechung, die sich inzwischen auch auf europäischer Ebene Bahn gebrochen hat704 und vollumfänglich auf den zu Art. 2 II SächsVerf wortidentischen Art. 16 I 1 SächsVerf zu übertragen ist705, hat das Gericht zum ersten Mal an Hand der Abtreibungsproblematik entwickelt706 und in späteren Entscheidungen auf umweltvermittelte Gesundheitsbeeinträchtigungen und -gefährdungen über700 In diesem Sinne auch Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 242; ähnlich Hermes, Das Grundrecht auf Schutz von Leben und Gesundheit, 1987, S. 86. 701 Ausführlich hierzu unten § 10 IV. 702 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 243. 703 Der Bereich der Kernenergie nimmt gegenüber anderen Formen der Emissionstätigkeit insofern eine Sonderstellung ein, als hier in der Tat von einer gewissen Grundsatzentscheidung des Staates für die Ausnutzung der Kernkraft und damit auch von der staatlichen Akzeptanz der damit verbundenen Risiken ausgegangen werden kann; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 242. 704 s. hierzu oben § 8 IV. 1. 705 Kunzmann/Haas/Baumann-Hasske, Die Verfassung des Freistaates Sachsen, 1997, Art. 16, Rn. 2. 706 BVerfGE 39, S. 1 ff.

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tragen707. Der Tatbestand, dessen Erfüllung die Schutzpflicht auslöst, setzt eine drohende rechtswidrige Beeinträchtigung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit durch einen privaten Dritten voraus708. Ob, wann und mit welchem Inhalt der Gesetzgeber im konkreten Einzelfall allerdings tätig werden muss, hängt von der Art, der Nähe und dem Ausmaß möglicher Gefahren, der Art und dem Rang des verfassungsrechtlich geschützten Rechtsguts sowie von den bereits vorhandenen gesetzlichen Regelungen ab709. Ausgangspunkt hierfür ist der Grundsatz, dass der Gesetzgeber insoweit über einen weiten Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum verfügt. Dies wird damit begründet, dass es sich bei der Ausfüllung grundrechtlicher Schutzpflichten um eine höchst komplexe Frage handelt, die nach dem Gewaltenteilungsgrundsatz und dem Demokratieprinzip primär in die Verantwortung des vom Volk unmittelbar legitimierten Gesetzgebers gehört710. Es besteht jedoch Einigkeit darüber, dass sich Einschränkungen des gesetzgeberischen Spielraums unter dem Gesichtspunkt der Effektivität ergeben. Die Frage, wie dieser Effektivitätsmaßstab näher zu begründen ist, wird in der Rechtsprechung des BVerfG allerdings nicht einheitlich beantwortet. In einer Reihe früherer Urteile, die den Umweltbereich betreffen, hatte das BVerfG die verfassungsgerichtliche Kontrolle auf eine reine Evidenzkontrolle beschränkt. Ein justiziabler Verstoß gegen die Schutzpflichten sollte nur dann bestehen, wenn „die staatlichen Organe gänzlich untätig geblieben sind oder wenn offensichtlich ist, dass die getroffenen Maßnahmen völlig ungeeignet oder unzulänglich sind“711. In seinem zweiten Urteil zum Schwangerschaftsabbruch stellte das BVerfG bezugnehmend auf Isensee712 hingegen einen strengeren Prüfungsmaßstab auf, wonach der Gesetzgeber das Untermaßverbot zu beachten habe713. Notwendig sei ein „angemessener Schutz“; „entscheidend sei, dass er als solcher wirksam ist“714. Später hat das BVerfG jedoch beide Maßstäbe nebeneinander angewandt und sogar den einen an Hand des anderen präzisiert715. Nach beiden Ansätzen wird 707

BVerfGE 49, S. 89 ff. (Kalkar I); BVerfGE 53, S. 30 ff. (Mühlheim-Kärlich); BVerfGE 56, S. 54 ff. (Flughafen Düsseldorf); BVerfG, NJW 1983, S. 2931 f. (Pseudo-Krupp); BVerfG, NuR 1998, S. 597 ff. (Waldschäden); BVerfG, NuR 1996, S. 507 ff. (Ozon). 708 Isensee, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HbdStR V, 2000, S. 189 f. 709 BVerfGE 49, S. 89/142; aufgenommen in BVerfGE 56, S. 54/78. 710 BVerfG, NJW 1998, S. 3264/3265; so schon BVerfGE 56, S. 54/81. 711 BVerfGE 77, S. 170/215; 381/405; ähnlich BVerfGE 79, S. 174/202; BVerfG, NJW 1983, S. 2931/2932. 712 Isensee, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HbdStR V, 2000, S. 232 f.; seinerseits unter Verweis auf Canaris, AcP 1984, S. 228. 713 BVerfGE 88, S. 203/254. 714 BVerfGE 88, S. 203/254. 715 So geschehen in BVerfG, NJW 1996, S. 651.

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

im Ergebnis jedenfalls ein Mindestmaß an Effektivität gefordert716. Dies bedeutet, dass sich der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers unter dem Gesichtspunkt der Effektivität so verengen kann, dass der Schutzpflicht allein durch die Anwendung eines ganz bestimmten Maßnahmetyps genüge getan werden kann717. Eine umweltqualitätszielorientierte Regelungsstrategie wäre somit verfassungsrechtlich dann, aber auch nur dann vorgegeben, wenn das geforderte Mindestmaß an Effektivität zum Schutz der Grundrechte aus Art. 2 II GG allein durch diesen Maßnahmetyp zu erreichen ist. Dies ist jedoch nicht der Fall, da – wie bereits dargelegt718 – im Bereich des Gewässerschutzes auch passive Maßnahmen wie Badeverbote, die Schutzgewährung durch ökonomische Instrumente oder die Festlegung emissionsorientierter Anforderungen zum Schutz der Gesundheit ausreichen können. Damit ergibt sich aus den grundrechtlichen Schutzpflichten aus Art. 2 II 1 GG, 16 I 1 SächsVerf – wie auf europäischer Ebene – keine zwingende Verpflichtung zur Orientierung an Umweltqualitätszielen. 2. Eigentum der Immissionsbetroffenen, Art. 14 I GG, 31 I SächsVerf Verfassungsrechtliche Weichenstellungen für die Übernahme der Umweltqualitätszielkonzeption im Gewässerschutzrecht könnten sich aber möglicherweise aus der gem. Art. 14 I GG bzw. Art. 31 I SächsVerf bestehenden staatlichen Schutzpflicht für das Eigentum ergeben. So erscheint es möglich, dass der Staat seiner Pflicht zum Schutz der in privater Hand befindlichen Gewässer vor Umweltschäden719 – einschließlich der darin lebenden Pflanzen und Tiere – nur durch die Orientierung an Umweltqualitätszielen gerecht werden kann. Wenngleich mit der h. M.720 davon auszugehen ist, dass sich eine verfassungsrechtliche Schutzpflicht aus Art. 14 GG prinzipiell ableiten lässt, dürfte diese für die hier zu untersuchende Fragestellung jedoch – wie auch im Europarecht – kaum in Stellung zu bringen sein. Denn die Eröffnung des Schutzbereiches des Art. 14 GG setzt voraus, dass 716 Hermes, Das Grundrecht auf Schutz von Leben und Gesundheit, 1987, S. 261; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 226. 717 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 226. So für den Einsatz des Strafrechts für den Schutz des ungeborenen Lebens BVerfGE 39, S. 1/56 f. 718 s. hierzu oben § 8 I. 719 Ausführlich hierzu Steinberg, NJW 1996, S. 1987. 720 Isensee, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HbdStR V, 2000, S. 188; Wieland, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, 2004, Art. 14, Rn. 176; Steinberg, NJW 1996, S. 1988; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 233 f.; zurückhaltend Dietlein, Grundrechtliche Schutzpflichten, 1992, S. 78 f.; ihm folgend Erichsen, Jura 1997, S. 86 f.

§ 9 Verfassungsrechtliche Vorgaben

157

das zu schützende Gewässer im Eigentum Privater steht. Das WHG erwähnt das Gewässereigentum zwar an verschiedenen Stellen (z. B. §§ 24 I, 29 I 1), überlässt es aber den Ländern, seinen Inhalt näher zu bestimmen (vgl. insoweit auch § 65 EGBGB). Der Freistaat Sachsen hat von seiner Regelungsbefugnis durch die Vorschrift des § 24 I 1 SächsWG Gebrauch gemacht, wonach sich das Eigentum an oberirdischen Gewässern auf das Gewässerbett beschränkt. Das in einem oberirdischen Gewässer vorhandene – auch als fließende Welle bezeichnete – Wasser fällt damit nicht unter das Eigentum721. Diese Regelung entspricht der Rechtslage in den meisten Bundesländern722 und auch der Auffassung des BVerfG723. Die gleiche Rechtslage besteht für das Grundwasser, an dem es ebenfalls kein Eigentum, sondern allenfalls eine ausschließliche Verfügungsbefugnis gibt724. Das Wasser auf oder unter einem Grundstück gehört somit nicht zum Inhalt des Eigentums i. S. von Art. 14 GG, sondern ist durch das WHG vom Grundeigentum und von den Rechten an ihm abgekoppelt725. Ein aus den grundrechtlichen Schutzpflichten des Art. 14 GG hergeleiteter Gewässerschutz ist somit allenfalls insofern denkbar, als Gewässerschäden durch Beeinträchtigungen am Gewässerbett, d. h. der Vertiefung der Erdoberfläche, die der Ansammlung oder dem Fortleiten des Wassers dient726, hervorgerufen werden. Aber auch insofern dürfte eine staatliche Verpflichtung zum Schutz der Gewässer aus dem Eigentumsgrundrecht kaum abzuleiten sein, weil das Schutzobjekt im Falle des Art. 14 GG überhaupt erst durch den Gesetzgeber definiert wird, indem dieser Inhalt und Schranken des Eigentums durch einfaches Gesetz zu bestimmen hat. Dabei unterliegt der Gesetzgeber zwar bestimmten Schranken, insbesondere darf 721

Zeppernick/Habel, Das sächsische Wasserrecht, 2000, § 25, Rn. 2. Vgl. § 1 IV BbgWG, § 4 I und II ThürWG und §§ 4 I, 6 I BadWttbgWG; anders Art. 4 I BayWG. 723 In der sog. Nassauskiesungsentscheidung geht das BVerfG davon aus, dass das WHG das gesamte unterirdische Wasser zur Sicherung einer funktionsfähigen Wasserbewirtschaftung einer vom Grundstückseigentum getrennten öffentlich-rechtlichen Benutzungsordnung unterstellt hat (BVerfGE 58, S. 300, 4. Leitsatz). Insoweit ist zwar ausdrücklich nur vom Grundwasser die Rede, die breit angelegte Argumentation des BVerfG wird aber allgemein so verstanden, dass für das Oberflächenwasser und das Wasser der Küstengewässer nichts anderes gilt; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 1a, Rn. 28; Bracher, NuR 1988, S. 19; Kirchhof, NwVZ 1987, S. 1034; Salzwedel, ZfW 1983, S. 14. Dies rechtfertigen auch die engen hydrogeologischen und wasserwirtschaftlichen Zusammenhänge zwischen dem Grundwasser und dem oberirdischen Wasser (s. insoweit BGH, ZfW 1979, S. 33/39). 724 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, Einl., Rn. 44. 725 BVerfGE 58, S. 300/332 f. gegen den BGH im Vorlagebeschluss ZfW 1979, S. 33 ff. 726 BVerwG, ZfW 1976, S. 282/285; Zeppernick/Habel, Das sächsische Wasserrecht, 2000, § 26, Rn. 2. 722

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

die Beeinträchtigung der Eigentumsstellung nur in verhältnismäßiger Weise erfolgen727. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung ist aber auch zu berücksichtigen, ob und in welchem Umfang der Gesetzgeber etwaige, für sich genommen unzumutbare Eigentumsbeeinträchtigungen durch eine Entschädigungsregelung aufgefangen und damit im Ergebnis zumutbar gemacht hat. Obwohl das BVerfG nach neuester Rechtsprechung verlangt, dass „in erster Linie“ Vorkehrungen getroffen werden, die eine unverhältnismäßige Belastung des Eigentümers real vermeiden728, hat der Gesetzgeber damit – im Gegensatz zu Art. 2 II GG729 – prinzipiell die Möglichkeit, der Primärpflicht zum Schutz vor rechtsgutsverletzenden Umweltschädigungen durch eine Sekundärfolgenregelung auszuweichen730. Soweit ihm dies nicht möglich ist – etwa weil ein realer Eigentumsschutz mit verhältnismäßigem Aufwand erreicht werden kann – ergeben sich aus dem Eigentumsschutz im Hinblick auf eine Umweltqualitätszielorientierung ebenfalls keine justiziable Weichenstellungen, da den staatlichen Organen insoweit wiederum ein sehr weiter Gestaltungsspielraum zukommt731. Damit stellt sich die Rechtslage auch hier im Ergebnis wie im Europarecht dar732. 3. Eigentums- und Berufsfreiheit der Emittenten, Art. 12 I und 14 I GG, Art. 28 I und 31 I SächsVerf Da die Umsetzung von Umweltqualitätszielen u. a. auch durch die Auferlegung von Emissionsbegrenzungspflichten an einzelne Emittenten erfolgt, stellt sich die Frage, ob Umweltqualitätsziele mit den Freiheitsgrundrechten der Emittenten vereinbar sind. Wie im Europarecht kommen auf verfassungsrechtlicher Ebene als betroffene Grundrechte des Emittenten sowohl das Eigentumsrecht (Art. 14 I GG und 31 I SächsVerf) als auch die Berufsfreiheit (Art. 12 I GG bzw. Art. 28 I SächsVerf) in Betracht733. Auch hier ließe sich ein Eingriff in das Eigentumsgrundrecht in erster Linie unter 727

Wieland, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, 2004, Art. 14, Rn. 126 f. BVerfGE 100, S. 226/244 f.; Papier, DVBl. 2000, S. 1403. 729 Vgl. Hermes, Das Grundrecht auf Schutz von Leben und Gesundheit, 1987, S. 263. 730 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 234. 731 Vgl. insoweit die Argumentation oben zu Art. 2 II 1 GG (§ 9 III. 1.). 732 s. hierzu oben § 8 IV. 2. 733 BVerfGE 8, S. 71/79 ff.; 21, S. 150/154 f.; 50, S. 290/339 ff. Eine klare Abgrenzung beider Schutzbereiche ist auch im deutschen Verfassungsrecht nur schwer möglich. Oft wird ein Verhalten beide Schutzbereiche betreffen, ohne dass sich die durch ein Verhältnis der Spezialität lösen ließe; BVerfGE 50, 361 f., 365; Scholz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, 2005, Art. 12, Rn. 138, spricht von Idealkonkurrenz beider Schutzbereiche. Ausführlich hierzu auch Trute, Vorsorgestrukturen und Luftreinhalteplanung, 1989, S. 266. 728

§ 9 Verfassungsrechtliche Vorgaben

159

dem Gesichtspunkt des Bestandsschutzes bejahen734, während ein Eingriff in die Berufsfreiheit im Hinblick auf die Berufsausübung zu besorgen ist735. Wie im Europarecht müssen sich dabei beide Eingriffe am Maßstab des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes messen lassen, wobei sich dieser beim Eigentumsrecht vor allem in den rechtsstaatlichen Anforderungen des Vertrauensschutzes wiederfinden wird, während er im Rahmen der Berufsfreiheit eine Konkretisierung über die Drei-Stufen-Theorie des BVerfG erfährt736. Der gemeinsame Bezugspunkt des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes lässt allerdings kaum unterschiedliche Ergebnisse im Hinblick auf Art. 12 und Art. 14 GG erwarten. Denn da die Auferlegung von Emissionsbegrenzungspflichten i. S. der Drei-Stufen-Theorie grundsätzlich keine Berufswahl, sondern lediglich eine Berufsausübungsregelung darstellt, sind beide Grundrechte letztlich mit einem einfachen Gesetzesvorbehalt versehen, so dass im Rahmen der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung ein legitimer Eingriffszweck ausreicht737. Was die Rechtfertigung des in der Normierung von umweltqualitätsorientierten Anforderungen liegenden Eingriffs in die genannten Grundrechte angeht, gelten damit die Ausführungen zu den europäischen Grundrechten entsprechend. Wie dort liegt in dem durch Umweltqualitätsziele angestrebten Schutz der menschlichen Gesundheit, anderer Organismen sowie der ökologischen Funktionen der Umweltmedien auch im Verfassungsrecht ein klares Schutzziel vor, das in Art. 2 II 1 GG und Art. 16 I 1 SächsVerf sowie Art. 20a GG und Art. 10 SächsVerf seinen Niederschlag findet. Ob dem Verbot der Verhältnismäßigkeit genügt wird, ist dann wiederum eine Frage der konkreten Ausgestaltung, wobei die Sozialbindung des Eigentums i. S. von Art. 14 II 2 GG bzw. Art. 31 II SächsVerf dem Eigentumsgebrauch nicht zuletzt im Hinblick auf den Umweltschutz Grenzen setzt738. Für das sächsische Eigentumsgrundrecht ist die Sozialpflichtigkeit des Eigentums sogar durch eine spezifische Umweltpflichtigkeit konkretisiert, indem in Art. 31 II 2 a. E. SächsVerf die Schonung der natürlichen Lebensgrundlagen explizit gefordert wird739. Ob die insoweit festgelegten Umweltqualitätsziele erforderlich und in Anbetracht der Rechtspositionen, in die eingegriffen wird, angemessen sind, ist auch 734 Vgl. insoweit Trute, Vorsorgestrukturen und Luftreinhalteplanung, 1989, S. 247. 735 Ausführlich hierzu Trute, Vorsorgestrukturen und Luftreinhalteplanung, 1989, S. 266 ff. 736 BVerfGE 7, S. 377/400 ff.; 405 ff.; 13, S. 97/104 f.; 19, S. 330/336 f.; 30, S. 292/315 f.; 46, S. 120/138. 737 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 244. 738 Wieland, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, 2004, Art. 14, Rn. 75; Kloepfer, Umweltrecht, 2004, S. 135 ff. 739 Degenhart, in: Degenhart/Meissner (Hrsg.), Handbuch der Verfassung des Freistaates Sachsen, 1997, S. 219.

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1. Teil: Umweltqualitätsziele: Begriff, Einordnung und Funktion

hier eine Frage praktischer Konkordanz im Einzelfall. Prinzipielle Hindernisse sind insofern jedenfalls nicht ersichtlich740. 4. Allgemeiner Gleichheitssatz, Art. 3 I GG, 13 I SächsVerf Die Ausrichtung des Gewässerschutzrechts an Umweltqualitätszielen könnte schließlich dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 I GG bzw. dem wortidentischen Art. 13 I SächsVerf entgegenstehen, da umweltqualitätszielorientierte Anforderungsprofile tendenziell ungleiche Wettbewerbsbedingungen schaffen und zu einer Ungleichbehandlung der Emittenten führen können741. Es stellt sich somit wie im Europarecht die Frage, ob Umweltqualitätsziele mit dem allgemeinen Gleichheitssatz – insbesondere unter dem Aspekt der Wettbewerbsgleichheit742 – zu vereinbaren sind. Der Gleichheitssatz fordert sowohl Rechtsanwendungs- als auch Rechtssetzungsgleichheit (Art. 1 III GG). In beiden Fällen darf wesentlich Gleiches nicht willkürlich ungleich und wesentlich Ungleiches nicht willkürlich gleich behandelt werden, es sei denn, es läge ein sachlicher Grund vor743. Eine Differenzierung der Anforderungsprofile an die Emittenten nach Maßgabe der Erreichung von Umweltqualitätszielen müsste demnach zunächst einen sachlichen Grund darstellen. Hieran dürfte kein Zweifel bestehen, denn die Differenzierung nach den Anforderungen der Umgebung dient dem verfassungsrechtlich in Art. 20a GG bzw. Art. 10 I SächsVerf verankerten Ziel des Umweltschutzes, darüber hinaus aber auch der Gewährleistung des Grundrechts auf Gesundheit (Art. 2 II 1 GG, Art. 16 I 1 SächsVerf). Dem entspricht auch die Nassauskiesungsentscheidung des BVerfG, in der das Gericht darüber zu befinden hatte, ob die Versagung einer Gewässerbenutzung aus Gründen der immissionsseitigen Folgen, d. h. Gefährdung der öffentlichen Wasserversorgung gem. § 6 WHG, zu rechtfertigen sei. Das BVerfG begnügte sich insoweit mit der Feststellung, die darin liegende Ungleichbehandlung mit Gewässerbenutzungen anderer Standorte sei „offensichtlich nicht willkürlich“ im Sinne des Gleichheitssatzes; ein solches Vorhaben unterscheide sich grundlegend von einer Benutzung, bei der entsprechende Nachteile für die Allgemeinheit nicht zu erwarten seien744. Fraglich ist allerdings, ob die Ungleichbehandlung von Emittenten verschiedener Standorte darüber hinaus – wie auch im Europarecht – am 740

Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 287. Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 248; Wiedemann, Erfordernis einheitlicher Regelung, 1971, S. 58. 742 BVerfGE 43, 58/70; Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 2002, Art. 3, Rn. 6. 743 BVerfGE 1, 14/52; 71, 39/53. 744 BVerfGE 58, S. 300/346; in diesem Sinne auch Trute, Vorsorgestrukturen und Luftreinhalteplanung, 1989, S. 244 ff. 741

§ 9 Verfassungsrechtliche Vorgaben

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Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu messen ist. Dies ist nach der „neuen Formel“ des BVerfG dann der Fall, wenn dadurch zugleich die Ungleichbehandlung verschiedener Personengruppen (nicht nur verschiedener Sachverhalte) in Rede steht oder die Ungleichbehandlung Auswirkungen auf ein anderes Grundrecht hat (mit Ausnahme von Art. 2 I GG, da dieses Grundrecht auf Grund seiner Unbestimmtheit jedenfalls keine ausgeprägte Wertentscheidung enthält745). Nur wenn diese Voraussetzungen vorliegen, verschärfen sich die Anforderungen an die verfassungsrechtliche Rechtfertigung, indem sie eine Verhältnismäßigkeitsprüfung erfordern und damit über ein bloßes Willkürverbot hinausgehen746. Obwohl auf Grund qualitätsorientierter Anforderungsprofile keine personenbezogene, sondern lediglich eine sachverhaltsbezogene Ungleichbehandlung in Rede steht, ist nach der neuen Formel des BVerfG eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen, weil hierdurch zugleich Auswirkungen auf die Freiheitsgrundrechte der Eigentums- wie vor allem der Berufsfreiheit zu besorgen sind. Die Vereinbarkeit mit Art. 3 I GG setzt deshalb voraus, dass die individuelle Auferlegung der Emissionsbegrenzungspflichten an Hand von Umweltqualitätszielen zum Zwecke des Umweltschutzes geeignet, erforderlich und verhältnismäßig i. e. S. ist. Damit erfolgt die Rechtfertigung wie im Rahmen des allgemeinen Gleichheitssatzes auf europäischer Ebene, so dass insoweit auf die obigen Ausführungen verwiesen werden kann747. Demzufolge findet die Orientierung an Umweltqualitätszielen ihre Grenze dort, wo die Anordnung darauf abgestimmter Emissionsbegrenzungspflichten nicht zur Erreichung lokaler Ziele, sondern auch zur Verhinderung von Schäden erfolgt, die Folge einer weiträumigen Summation von Schadstoffen sind, da ansonsten Emittenten in schwach vorbelasteten Gebieten gegenüber Emittenten in ungünstigen Immissionslagen im Hinblick auf ihr fernwirksames Emissionspotenzial privilegiert würden. Ob dem Verbot der Verhältnismäßigkeit i. e. S. genügt wird, ist dann wiederum eine Frage der konkreten Ausgestaltung im Einzelfall; auch hier gilt aber, dass Art. 20a GG den geschützten Umweltmedien ein zusätzliches verfassungsrechtliches Gewicht verleiht.

745 746 747

Jarass, NJW 1997, S. 2547. BVerfGE 88, S. 87/96; 91, S. 346/362 f.; Jarass, NJW 1997, S. 2545 ff. s. § 8 IV. 4.

Zweiter Teil

Umweltqualitätszielorientierung im Gewässerschutzrecht auf Bundes-, Landes- und europäischer Ebene – eine Bestandsaufnahme Wie bereits im ersten Teil ausgeführt, ist die Festlegung von Qualitätszielen für Gewässer keineswegs neu. Umweltqualitätsziele finden sich in vielen europäischen und außereuropäischen Staaten in unterschiedlicher Ausgestaltung und mit verschiedenen Graden rechtlicher Verbindlichkeit1. Auch im deutschen Gewässerschutzrecht gelten qualitätsorientierte, planerische Aspekte und konzeptuelles, ressourcenökonomisches Denken bereits vor Inkrafttreten der WRRL als verankert2. Will man die Möglichkeiten und Grenzen des in Art. 4 WRRL verfolgten Umweltqualitätszielansatzes auf das deutsche Gewässerschutzrecht erfassen, so muss man sich deshalb zunächst das vor seiner Umsetzung bestehende wasserrechtliche Normengeflecht vergegenwärtigen. Insofern soll die vorzunehmende Bestandsaufnahme nicht nur eine vergleichende Analyse der diesbezüglichen alten und neuen Rechtslage ermöglichen, sondern auch bei der Umsetzung der Ziele und des neuen Planungsinstrumentariums der WRRL helfen, Funktionsund Anwendungsprobleme des deutschen Wasserrechts zu entschärfen, die bislang zu verzeichnen waren. Dabei ist auch die europäische Ebene im Blick zu behalten. Denn bereits vor Inkrafttreten der WRRL war von einer europarechtlichen Durchdringung des deutschen Gewässerschutzrechts auszugehen, die durch das Inkrafttreten der WRRL nunmehr auf eine neue Stufe gestellt wird3. Darüber hinaus sind auch zwischenstaatliche Vereinbarungen und Verträge einzubeziehen, soweit von ihnen Impulse im Hinblick auf eine Qualitätsorientierung des nationalen Gewässerschutzrechts ausgegangen sind.

1

s. hierzu oben § 4 I., II.; § 5 II., III. sowie § 7 I. Appel, ZUR 2001, S. 130; ders./Wahl, in: Wahl (Hrsg.), Prävention und Vorsorge, 1995, S. 149. 3 Breuer, in: Erbguth (Hrsg.), Europäisierung des nationalen Umweltrechts, 2001, S. 87. 2

§ 10 Das bundesdeutsche und sächsische Gewässerschutzrecht

163

§ 10 Das System des bundesdeutschen und sächsischen Gewässerschutzrechts vor Inkrafttreten der WRRL I. Das deutsche Gewässerschutzrecht im Spannungsfeld von Bundes- und Landeskompetenzen Will man sich das System des deutschen Gewässerschutzrechts vor Inkrafttreten der WRRL vergegenwärtigen, so muss man sowohl die Ebene des Bundes als auch die der Länder im Blick haben. Dies hängt damit zusammen, dass der Gewässerschutz in den Bereich des „Wasserhaushalts“ gem. Art. 75 Nr. 4 GG a. F. fällt, der mit dem ebenfalls häufig verwendeten Begriff der Wasserwirtschaft gleichzusetzen ist4. Unter die Begriffe des Wasserhaushalts und der Wasserwirtschaft fallen nach der Definition des BVerfG5 die rechtlichen Regeln „für die haushälterische Bewirtschaftung des in der Natur vorhandenen Wassers nach Menge und Güte“. Gem. Art. 75 Nr. 4 WHG a. F. stand dem Bund für den Bereich des Wasserhaushalts bis zum Inkrafttreten der Föderalismusreform6 zum 1. 9. 2006 nur eine Rahmenkompetenz zu, von der er mit dem Erlass des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) vom 17.7.19577 Gebrauch gemacht hat. Die Ausfüllung des bundesrechtlichen Rahmens war nach Art. 70 GG Sache der Länder, die auch für den Vollzug des WHG und der Landeswassergesetze zuständig sind (Art. 80, 30 GG). Im Zuge der Neuordnung der Gesetzgebungskompetenzen im Rahmen der Föderalismusreform wurde Art. 75 GG a. F. aufgehoben und damit die Rahmenkompetenz gänzlich abgeschafft8. Die Mehrheit der Materien der Rahmengesetzgebung wurden in die konkurrierende Gesetzgebung überführt, so auch der Bereich des Wasserhaushalts (Art. 74 Nr. 32 GG n. F.). Gleichzeitig – und insofern im Gegenzug zu der mit der Erweiterung der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnisse einhergehenden Ausdehnung der Regelungskompetenzen des Bundesgesetzgebers – wird den Ländern die Befugnis eingeräumt, von einigen auf der Grund4 BVerfGE 15, S. 1/15; Brandl, Die Kompetenz des Bundes zur Umsetzung europäischer Richtlinien, 2002, S. 42; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 1. Obwohl der Begriff des Gewässerschutzrechts stärker den Aspekt der Wassergütewirtschaft und derjenige des Wasserhaushaltsrechts den Aspekt der Wassermengenwirtschaft zu akzentuieren scheint, sind beide nicht voneinander zu trennen; Kloepfer, Umweltrecht, 2004, S. 1101. 5 BVerfGE 15, S. 1/15. 6 Ziel der Föderalismusreform ist die Stärkung der Gesetzgebungskompetenzen der Länder, die Entflechtung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern sowie die Neuordnung der Finanzverfassung. 7 BGBl. I, S. 1110. 8 Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006, BGBl. I, S. 2034.

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

lage der konkurrierenden Gesetzgebungskomptenz ergangenen Regelungen abweichende Regelungen zu treffen (Art. 72 III 1 GG n. F.). Diese sog. Abweichungsklausel gilt gem. Art. 72 III 1 Nr. 5 GG n. F. auch für den Bereich des Wasserhaushalts. Lediglich die stoff- und anlagenbezogenen Regelungen des Wasserhaushaltsrechts sind Abweichungen nicht zugänglich (sog. abweichungsfeste Kerne). Aufgrund der Übergangsregelung des Art. 125b I GG gilt das bisherige Rahmenrecht – so auch das WHG – zunächst weiter. Bestehende Regelungsaufträge aus den rahmenrechtlichen Bestimmungen sind nach Art. 125b I 2 GG von den Ländern weiterhin auszuführen. Auch dürfen die Länder u. a. im Bereich des Wasserhaushalts bis zum 31.12.2009 von ihren Abweichungsrechten keinen Gebrauch machen, sofern und soweit der Bund vor diesem Zeitpunkt keine neuen Regelungen erlässt (Art. 125b I 3, II GG). Dieses Moratorium soll die Verabschiedung eines Umweltgesetzbuchs auf Bundesebene ermöglichen9. Damit steht das deutsche Wasserrecht nach wie vor in besonderem Maße im Spannungsfeld von Bundes- und Landeskompetenzen, welche die Grundlage für die Gesetze sowie für die Verwaltungszuständigkeiten des Bundes und der Länder im Hinblick auf die Gewässer bilden10. Da die Rechtslage im Hinblick auf die gegebene Themenstellung am Beispiel des Freistaates Sachsen zu untersuchen ist, rückt neben dem WHG das Sächsische Wassergesetz (SächsWG) vom 23.2.199311 in den Blick, das die Rahmenkompetenz des Bundes auf sächsischem Gebiet ausfüllt. Bei der hier vorzunehmenden Darstellung der vor der Umsetzung der WRRL bestehenden Rechtslage ist zu beachten, dass sowohl das WHG als auch das SächsWG mittlerweile an die Vorgaben der WRRL angepasst wurden. Geänderte oder ganz aufgehobene Regelungen werden daher im Folgenden mit dem Zusatz a. F. gekennzeichnet.

II. Der Gewässerbegriff Der sachliche Geltungsbereich der wasserwirtschaftsrechtlichen Benutzungsordnung wird durch den Gewässerbegriff des § 1 WHG und ergänzende Bestimmungen der Landeswassergesetze bestimmt12. Nach § 1 I WHG gibt es drei Kategorien von Gewässern: oberirdische Gewässer, Küstengewässer und das Grundwasser.

9

BT-Drs. 16/813, S. 21. Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 1; BVerfGE 21, S. 312/320 f. 11 SächsGVBl., S. 201. 12 Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 807. 10

§ 10 Das bundesdeutsche und sächsische Gewässerschutzrecht

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1. Oberirdische Gewässer Nach der Legaldefinition des § 1 I Nr. 1 WHG umfassen die oberirdischen Gewässer das ständig oder zeitweilig in Betten fließende oder stehende oder aus Quellen13 wild abfließende Wasser. Daraus gibt sich die Einteilung in die beiden Untergruppen des in Betten gefassten und des aus Quellen „wild“, nämlich ohne Bett abfließenden Wassers14. Das nicht aus Quellen, sondern aus Niederschlägen oder durch Schneeschmelze wild abfließende Wasser unterliegt als solches nicht dem WHG. Es tritt erst mit dem Übergang in gefasste oberirdische Gewässer, in Küstengewässer oder in das Grundwasser unter die wasserwirtschaftsrechtliche Benutzungsordnung. Hiervon abweichend haben die meisten Landeswassergesetze das „nicht aus Quellen wild abfließende Wasser“ einbezogen, so auch der Freistaat Sachsen, § 1 I Nr. 2 SächsWG. Hiermit wird das Niederschlagswasser erfasst15. Die wichtigste Rolle spielen unter den oberirdischen Gewässern naturgemäß diejenigen, die in Betten gefasst sind. Sie haben, entsprechend ihrer abgestuften wasserwirtschaftlichen Bedeutung, durch die Landeswassergesetze eine Einteilung in zwei oder drei Ordnungen erfahren16. Im Freistaat Sachsen hat man sich gem. § 24 I SächsWG für eine Einteilung in Gewässer erster Ordnung (Nr. 1)17 und in Gewässer 2. Ordnung (Nr. 2) entschieden. Nach der Gewässerordnung richten sich vor allem die Eigentumsverhältnisse und die Unterhaltungspflichten wie Unterhaltungs- und Ausbaulast (§§ 70, 79 SächsWG). Die (zivilrechtlichen) Eigentumsverhältnisse an oberirdischen Gewässern – genauer am Gewässerbett18 – werden im Freistaat Sachsen durch § 25 SächsWG geregelt, soweit es sich hierbei nicht um im Eigentum des Bundes stehende Bundeswasserstraßen handelt (Art. 89 I GG)19. Gem. § 25 I SächsWG bleibt das Eigentum an oberirdi13 Quelle ist gem. § 2 V SächsWG der natürliche, an einer bestimmten, örtlich begrenzten Stelle nicht nur vorübergehend erfolgende Austritt von Grundwasser. 14 Vgl. insoweit die ausführliche Legaldefinition des § 2 II SächsWG, wonach wild abfließendes Wasser das auf einem Grundstück entspringende oder sich natürlich sammelnde Wasser ist, das außerhalb eines Bettes, dem natürlichen Gefälle folgend, abfließt. 15 Auf Grund seiner faktischen Eigentümlichkeiten führt dies allerdings kaum zu wesentlichen praktischen Konsequenzen; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 92. 16 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 92. 17 Der sächsische Gesetzgeber hat die Gewässer erster Ordnung in der Anlage 1 zu § 24 I SächsWG enumerativ ausgewiesen. 18 Das in einem oberirdischen Gewässer vorhandene Wasser – fließende Welle – fällt nicht unter das Eigentum, s. o. § 8 III. 2. 19 Die Bundeswasserstraße Elbe steht somit im Eigentum des Bundes; Zeppernick/Habel, Das sächsische Wasserrecht, 2000, § 25, Rn. 4.

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

schen Gewässern, das bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bestand, aufrechterhalten20 und gehört damit zu einem großen Teil den Eigentümern der Ufergrundstücke21. Da dieser Umstand allerdings zu Konfliktsituationen mit den wasserwirtschaftlichen bzw. gewässerökologischen Aufgaben des Staates führen kann, wurde – in Anlehnung an das BauGB – gem. § 25 II SächsWG ein Vorkaufsrecht für den Freistaat im Hinblick auf Gewässer erster Ordnung und für die Gemeinden im Hinblick auf die Gewässer zweiter Ordnung geschaffen22. Abgesehen von der Einteilung in Gewässerordnungen, unterscheiden das WHG und die meisten Landeswassergesetze fließende und stehende Gewässer sowie natürliche und künstliche Gewässer. Die fließenden Gewässer (z. B. Ströme, Flüsse, Bäche, Kanäle, Gräben23) werden gem. § 2 I SächsWG in natürliche und künstliche unterteilt – je nachdem, ob sie in natürlichen oder in künstlichen Betten fließen. Stehende Gewässer sind dagegen oberirdische Wasseransammlungen, die keine Fließbewegung erkennen lassen (z. B. Seen, Teiche, Weiher)24. Nicht unterschieden wird im SächsWG zwischen einem natürlichen stehenden Gewässer mit einem natürlichen Gewässerbett und einem künstlichen stehenden Gewässer, das durch menschliche Eingriffe entstanden ist (z. B. Baggersee)25. Ausdrücklich festgestellt ist dagegen die Gewässereigenschaft für sog. „Tagebaurestgewässer“ (§ 3 III 2 SächsWG), die beim Braunkohlenabbau auf Grund von Wasseransammlungen entstehen26.

20 Diese Regelung war gesetzgeberisch unabdingbar, da auf Grundlage der Eigentumsverhältnisse an oberirdischen Gewässern auf Grund der Vorschriften des Wassergesetzes des Königreichs Sachsen vom 12.3.1909 lediglich das Gewässerbett der Elbe, der Freiburger, der Zwickauer und der Vereinigten Mulde sowie der Weißen Elster im zivilrechtlichen Eigentum des Freistaates standen (vgl. § 5 III des Wassergesetzes von 1909, GVBl. für das Königreich Sachsen, S. 227). Eine „Legalenteignung“ mit Inkrafttreten des SächsWG wäre politisch nicht vertretbar gewesen; Zeppernick/Habel, Das sächsische Wasserrecht, 2000, § 25, Rn. 6. 21 Diese Regelung unterscheidet sich von der Rechtslage in den meisten anderen Bundesländern, wo die praktische Regel des Landeseigentums an den Gewässern erster Ordnung besteht; vgl. insoweit Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 92. 22 Zeppernick/Habel, Das sächsische Wasserrecht, 2000, § 25, Rn. 7. 23 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 1, Rn. 8. 24 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 1, Rn. 8. Dabei kann der Zufluss unterirdisch oder oberirdisch erfolgen, vgl. § 2 III WHG. 25 Zeppernick/Habel, Das sächsische Wasserrecht, 2000, § 2, Rn. 11. 26 Zeppernick/Habel, Das sächsische Wasserrecht, 2000, § 2, Rn. 11.

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2. Küstengewässer Die Küstengewässer sind durch das 3. Änderungsgesetz zum WHG vom 15.8.196727 in den Geltungsbereich des Wasserwirtschaftsrechts einbezogen worden. Nach der Definition des § 1 I Nr. 1a WHG ist unter Küstengewässern „das Meer zwischen der Küstenlinie bei mittlerem Hochwasser oder der seewärtigen Begrenzung der oberirdischen Gewässer und der seewärtigen Begrenzung des Küstenmeeres“ zu verstehen. Die Binnenabgrenzung gegenüber dem Land durch die Küstenlinie bereitet schon aus natürlichen Gründen keine nennenswerten Schwierigkeiten28. Wo die Küstenlinie durch Binnengewässer unterbrochen wird, die in das Meer münden, bildet deren seewärtige Begrenzung die (landseitige) Grenze der Küstengewässer29. Die seewärtige Grenze der oberirdischen Gewässer wird nicht wie die Küstenlinie bei mittlerem Hochwasserstand durch natürliche Merkmale, sondern durch willkürliche Linien bestimmt. Sie ergibt sich für die Binnenwasserstraßen des Bundes, die dem allgemeinen Verkehr dienen (Art. 74 Nr. 21 GG), aus der Anlage zu § 1 I Nr. 1 WaStrG30. Für die übrigen oberirdischen Gewässer wird sie durch die Länder bestimmt (§ 1 III WHG). Die als äußere Grenze der Küstengewässer bestimmte „seewärtige Abgrenzung des Küstenmeeres“ deckt sich mit der Hoheitsgrenze Deutschlands31. Sie ist in Nord- und Ostsee die seewärtige Grenze einer durch Bekanntmachung der Bundesregierung vom 11. 11 199432 näher umschriebenen, von grundsätzlich drei auf zwölf Seemeilen erweiterten Zone und entspricht Art. 3 des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10.12.198233, das den Staaten in einer Zone von bis zu zwölf Seemeilen in vollem Umfang gebietshoheitliche Ansprüche mit nur geringen Einschränkungen gewährt34. Da die vorliegende Arbeit sich allerdings in erster Linie mit Gewässerqualitätszielen im Freistaat Sachsen beschäftigt, der über keine Küstengewässer verfügt, und sich die Problemlagen in Binnen- und Meeres27

BGBl. I, S. 909. Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 116. 29 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 1, Rn. 35. Als „Küstenlinie bei mittlerem Hochwasser“ ist im Tidegebiet der Nordsee die Linie, die bei einer Flut nicht überschritten wird, anzusehen (Linie des mittleren Tidehochwassers); Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 1 WHG, Rn. 11c. An der Ostsee ist es die Linie des Mittelwasserstandes; ebda. 30 BGBl. 1968 II, S. 188. 31 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 1, Rn. 36; Kloepfer, Umweltrecht, 2004, S. 1121. 32 BGBl. I, S. 3428. 33 Transformiert in der Bundesrepublik durch Gesetz v. 2.9.1994, BGBl. II, S. 1798. 34 Czybulka, NuR 1999, S. 562; Erbguth, NuR 1999, S. 493. 28

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gewässern z. T. erheblich unterscheiden, wird diese Gewässerart im Folgenden nur am Rande behandelt werden. 3. Grundwasser Der Begriff des Grundwassers umfasst nach der mit dem 7. Änderungsgesetz zum WHG vom 18. Juni 200235 eingeführten Legaldefinition des § 1 Nr. 2 WHG das unterirdische Wasser in der Sättigungszone, das in unmittelbarer Berührung mit dem Boden oder dem Untergrund steht36. Diese Definition, die im Wortlaut nicht nur Art. 2 Nr. 2 WRRL, sondern auch Art. 1 IIa der Grundwasserrichtlinie 80/68/EWG37 sowie Art. 2a der Nitratrichtlinie 91/676/EWG entspricht, stimmt weitgehend mit der durch das Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG) vom 17.3.199838 getroffenen Abgrenzung des Grundwassers vom Boden39 überein40 Danach liegt die tatsächliche Grenze der Regelungsbereiche beider Materien und somit auch die Grenze des rechtlichen Grundwasserbegriffs nunmehr im Übergangsbereich zwischen gesättigter und ungesättigter Zone (sog. Kapillarraum)41. Das im Boden befindliche Wasser wird erst mit Eintreffen in der gesättigten Zone zu Grundwasser i. S. des § 1 Nr. 2 WHG, was gleichzeitig zur Folge hat, 35

BGBl. I, S. 1914. Zum Rechtszustand vor Inkrafttreten des BBodSchG, wonach unter den Grundwasserbegriff grundsätzlich das gesamte unterirdische Wasser subsumiert wurde: BVerfGE 58, S. 303; BVerwG, ZfW 1969, S. 116; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 117; Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, 2000, S. 430 f.; Czychowski, WHG, 1998, § 1, Rn. 39. Ausdrücklich wurde es dabei als unerheblich angesehen, welchen Kräfteeinwirkungen dieses Wasser unterliegt, so dass auch das im Kapillarraum durch Kapillarkräfte gehobene und gehaltene Wasser unter den Grundwasserbegriff subsumiert wurde; vgl. Czychowski, WHG, 1998, § 1, Rn. 40. Der ursprüngliche Grundwasserbegriff wurde somit durch das BBodSchG eingeschränkt; Hipp/Rech/Turian, Das Bundes-Bodenschutzgesetz, 2000, S. 13 ff.; Henke, Funktionaler Bodenschutz, 2003, S. 310; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 1, Rn. 39. 37 Richtlinie des Rates vom 17.12.1979 über den Schutz des Grundwassers gegen die Verschmutzung durch bestimmte gefährliche Stoffe, ABl. 1980, L 20, S. 43 ff.; geändert durch die Richtlinie 91/692/EWG des Rates vom 23.12.1991, ABl. 1991, L 377, S. 48. 38 BGBl. I, S. 502. 39 Gem. § 2 I BBodSchG ist Boden die obere Schicht der Erdkruste, soweit sie Träger der in Abs. 2 genannten Bodenfunktionen ist, einschließlich der flüssigen Bestandteile (Bodenlösung) und der gasförmigen Bestandteile (Bodenluft) ohne Grundwasser und Gewässerbetten. Zur schwierigen Abgrenzung zwischen Grundwasser und Bodenlösung vgl. Henke, Funktionaler Bodenschutz, 2003, S. 300 ff. 40 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, Art. 1, Rn. 39. 41 s. hierzu näher Henke, Funktionaler Bodenschutz, 2003, S. 304; Rech/Henke, LKV 2000, S. 369 ff.; Peine, UPR 1999, S. 362. 36

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dass es nach § 2 I BBodSchG nicht mehr unter die bodenschutzrechtlichen Regelungen fällt42. Das Begriffsverständnis des § 1 Nr. 2 WHG entspricht auch sinngemäß der Definition in der DIN 4049 Teil 1 Nr. 4.2, wonach unter Grundwasser das unterirdische Wasser zu verstehen ist, das die Hohlräume der Erdrinde zusammenhängend ausfüllt und dessen Bewegung ausschließlich oder nahezu ausschließlich von der Schwerkraft und den durch die Bewegung selbst ausgelösten Reibungskräften bestimmt wird43. Mit anderen Worten ist Grundwasser demnach das gesamte sowohl horizontal fließende als auch vertikal den Boden durchsickernde unterirdische Wasser, soweit es an den natürlichen Gewässerfunktionen teilnimmt und der wasserwirtschaftlichen Lenkung zugänglich ist44. 4. Landesrechtliche Ausnahmen Gem. § 1 II WHG können die Länder kleine Gewässer von wasserwirtschaftlich untergeordneter Bedeutung sowie Quellen, die zu Heilquellen erklärt worden sind, von den Bestimmungen dieses Gesetzes ausnehmen. Der sächsische Landesgesetzgeber hat von dieser Möglichkeit durch § 1 II 1 SächsWG für Gräben, die ausschließlich ein Grundstück eines einzigen Eigentümers bewässern oder entwässern (Nr. 1), Straßenentwässerungsgräben als Bestandteile von Straßen (Nr. 2) sowie Grundstücke, die zur Fischzucht oder Fischhaltung oder zu anderen nicht wasserwirtschaftlichen Zwecken mit Wasser bespannt werden und mit einem Gewässer nicht oder nur künstlich verbunden sind, Gebrauch gemacht.

III. Der Bewirtschaftungsgrundsatz Die Erfolgsaussichten der Verankerung von Umweltqualitätszielen im Gewässerschutzrecht hängen maßgeblich davon ab, wie diese in den bestehenden Rahmen des deutschen Wasserrechts eingefügt werden können. Insofern wird teilweise die These vertreten, die Orientierung an Umweltqualitätszielen sei durch die Bewirtschaftungskonzeption des WHG bereits gesetzlich angelegt45. Verwiesen wird in diesem Zusammenhang auf das in § 6 WHG 42 Dies ergibt sich zwar nicht aus dem BBodSchG selbst, jedoch aus dessen Begründung zum BBodSchG, Bundesregierung, Gesetzentwurf BBodSchG, BT-Drs. 13/6701, S. 28. 43 Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 1 WHG, Rn. 12; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, Art. 1, Rn. 39. 44 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 1, Rn. 39; Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltschutzrecht, 2003, S. 530; Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, 2000, S. 431; vgl. auch § 2 IV SächsWG.

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

verankerte Bewirtschaftungsermessen, das planungsrechtliche Instrumentarium, insbesondere die Bewirtschaftungspläne gem. § 36b WHG a. F. (hierzu ausführlich unten in den §§ 11 und 12) sowie das Bewirtschaftungsgebot gem. § 1a I 1 und 2 WHG. Letzteres überspannt das gesamte Wasserrecht und wird in den Sätzen 2 a. E. und 3 i. S. eines nachhaltigen und integrierten Gewässerschutzes akzentuiert. Bei diesen Leitnormen handelt es sich um Grundgedanken der gesamten wasserwirtschaftsrechtlichen Ordnung, die zugleich ausdrückliche – wenngleich äußerst konkretisierungsbedürftige – Verpflichtungen im Interesse des Gewässerschutzes enthalten46. 1. Bewirtschaftungsanforderungen Nach § 1a I 1 WHG sind die Gewässer als Bestandteil des Naturhaushalts und als Lebensraum für Tiere und Pflanzen zu sichern. Sie sind so zu bewirtschaften, dass sie dem Wohl der Allgemeinheit und im Einklang mit ihm auch dem Nutzen einzelner dienen und dass jede vermeidbare Beeinträchtigung ihrer ökologischen Funktionen unterbleibt (§ 1a I 2 WHG). Die Sicherung der Gewässer ist dabei notwendige Voraussetzung und zugleich auch Inhalt der Bewirtschaftung, die schon begrifflich auf die Erhaltung des zu bewirtschaftenden Gutes angewiesen ist47. Sicherung und Bewirtschaftung der Gewässer sind untrennbar miteinander verbunden und nur der Klarheit wegen in Abs. 1 getrennt voneinander erwähnt48. Mit der Bestimmung des § 3 I SächsWG, wonach die Lebensgrundlage Wasser nach dem Grundsatz der Vorsorge zu schützen, insbesondere in seinen natürlichen Eigenschaften zu erhalten und zu sichern ist sowie die Erhaltung und die Wiederherstellung der ökologischen Funktionen der Gewässer vorrangig zu berücksichtigen sind, hat der Gesetzgeber darüber hinaus wasserwirtschaftliche Grundsätze normiert, die im Rahmen der Bewirtschaftung der Gewässer zu berücksichtigen sind49. Fraglich ist allerdings, ob das Bewirtschaftungsgebot damit zugleich zu einer Qualitätsorientierung des Gewässerschutzrechts beiträgt. Der Umstand, dass die in den §§ 25a I, 25b I, 32c, 33a WHG n. F. umgesetzten Umweltziele des Art. 4 WRRL als sog. „Bewirtschaftungsziele“ bezeichnet werden50, scheint in diese Richtung hinzudeu45 Spillecke, in: IRWE/Umweltministerium NRW (Hrsg.), Umweltschutz im Widerstreit differierender Konzepte, 2000, S. 227; Appel, ZUR 2001, S. 131. 46 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 1a Rn. 1. Es handelt sich hierbei um nach Art. 75 II GG ausnahmsweise zulässiges Bundesrecht; ebda. 47 Das geschützte Gut soll be-, nicht aber abgewirtschaftet werden; Reinhardt, in: Marburger/Reinhardt/Schröder (Hrsg.), Die Bewältigung von Langzeitrisiken im Umwelt- und Technikrecht, 1998, S. 94. 48 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 1a, Rn. 2. 49 Zeppernick/Habel, Das sächsische Wasserrecht, 2000, § 3, Rn. 1.

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ten. Bevor allerdings das Verhältnis des Bewirtschaftungsgrundsatzes und der Umweltqualitätszielkonzeption im Einzelnen beleuchtet werden kann, ist zunächst dessen Inhalt näher zu bestimmen. Der Inhalt des Bewirtschaftungsgebotes erhellt aus der besonderen Situation im Bereich der Gewässernutzung, wo vielfältige und teilweise miteinander konkurrierende Nutzungsinteressen aufeinanderstoßen. Der Wasserhaushalt muss als Bestandteil von Natur und Landschaft, als Grundlage für die öffentliche Wasserversorgung, die Gesundheit der Bevölkerung, die Gestaltung von Freizeit und Erholung, die gewerbliche Wirtschaft, die Land- und Forstwirtschaft sowie das Wohnungs- und Siedlungswesen so geordnet werden, dass Wasser stets in geeigneter Güte, in der benötigten Menge und am richtigen Ort für die jeweiligen Bedürfnisse zur Verfügung steht51. Eine solche Bewirtschaftung52 der Gewässer bedient sich vornehmlich des klassischen Instrumentariums verwaltungsrechtlicher Ge- und Verbote, die in einem nicht geringen Maße Bewirtschaftungselemente enthalten53. Dazu gehört aber auch, das Wasserdargebot und seine vielfältigen Nutzungen unter gesamtheitlicher und vorausschauender Betrachtung zu steuern und zu begrenzen sowie für zukünftige Nutzungsinteressen über den gegenwärtigen Bedarf hinaus planend vorzusorgen54. Dies geschieht durch Ermittlung des nutzbaren Wasserschatzes nach Menge und Güte sowie seiner gegenwärtigen und künftigen Inanspruchnahme, durch die Festlegung von Prioritäten für die derzeitigen und künftig an das Wasser gestellten Ansprüche sowie durch die Entscheidung über Maßnahmen zur Sicherung des qualitativen und quantitativen Wasserdargebots55. In dieser Ausprägung stimmt der Bewirtschaftungsbegriff zugleich mit der ressourcenbezogenen Variante des Vorsorgeprinzips überein56. Im Gegensatz zum Vorsorgegrundsatz umfasst das Bewirtschaftungsgebot allerdings nicht nur die auf die kommenden Risiken und Entwicklungen gerichtete Gewässervorsorge, sondern hat auch die Sanierung der in der Vergangenheit bereits verschmutzten und belasteten Gewässer zum Gegenstand57. 50

Ausführlich hierzu unten § 18 II. Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, 2000, S. 432; Czychowski/Rheinhardt, WHG, 2003, § 1a, Rn. 3. 52 Allgemein wird unter Bewirtschaftung im umweltrechtlichen Sinne die staatlich kontrollierte Zuteilung von Nutzungsrechten an einem Umweltgut an interessierte Nutzungswillige verstanden; Baisch, Bewirtschaftung im Wasserrecht, 1996, S. 28. 53 Baisch, Bewirtschaftung im Wasserrecht, 1996, S. 29; s. hierzu auch unten § 10 V. 54 BVerwG, ZfW 1988, S. 344/346. 55 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, Art. 1a, Rn. 3; Pieroth/Bromm, NuR 1992, S. 372: Ermittlung, Pflege und Sicherung des vorhandenen Wasserschatzes. 56 Baisch, Bewirtschaftung im Wasserrecht, 1996, S. 52. 51

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

Neben der Reichweite des wasserrechtlichen Bewirtschaftungsgrundsatzes stellt sich die Frage, inwieweit dieser zugleich Weichenstellungen im Hinblick auf eine Qualitätsorientierung des Gewässerschutzrechts enthält. In diesem Zusammenhang kommt der besonderen Betonung der ökologischen Belange im Rahmen des Bewirtschaftungsgebots besondere Bedeutung zu. § 1a I 1 und 2 WHG stellen bewusst die Sicherung der ökologischen Gewässerfunktionen in den Vordergrund und nicht – wie dies noch in der Fassung vor dem 6. WHG-Änderungsgesetz der Fall war – die Ausnutzung natürlicher Ressourcen zugunsten des Menschen58. Wasserwirtschaftliches Handeln kann sich deshalb nicht darauf beschränken, die Gewässer im Hinblick auf die klassischen wasserwirtschaftlichen Nutzungen durch den Menschen im Blick zu behalten, sondern muss diese vor allem auch wegen ihrer Funktionen in der übrigen Umwelt, insbesondere für den Naturhaushalt und den Naturkreislauf als funktionsfähige Ökosysteme erhalten59. Diese Notwendigkeit ergibt sich im Übrigen auch aus § 3 I SächsWG, der davon spricht, dass die Lebensgrundlage Wasser in seinen natürlichen Eigenschaften zu erhalten und zu sichern ist sowie Erhaltung und Wiederherstellung der ökologischen Funktionen der Gewässer vorrangig zu berücksichtigen sind. Eine solche ökologische Ausrichtung der Bewirtschaftung setzt die Orientierung an bestimmten Umweltqualitätszielen voraus. Diese legen fest, welcher Grad an Gewässerqualität unter Abwägung aller an das Wasser gestellten Ansprüche – insbesondere der ökologischen Gewässerfunktionen – im Rahmen der Bewirtschaftung anzustreben ist. Sie fungieren somit als ein Instrument der Gewässerbewirtschaftung, an dem die konkrete Steuerung von Einzelmaßnahmen – etwa die Entscheidung für oder gegen bestimmte Maßnahmen der Gewässersanierung – orientiert werden kann60. Da sich die Bewirtschaftung der Gewässer nach dem WHG fortan an den ökologisch ausgerichteten Zielen des Art. 4 WRRL auszurichten hat, ist deren in den §§ 25a I, 25b I, 32c, 33a WHG gewählte Bezeichnung als „Bewirtschaftungsziele“ durch den deutschen Gesetzgeber durchaus folgerichtig. Der Bewirtschaftungsgrundsatz des § 1a 1 und 2 WHG wird mit der Umsetzung des Art. 4 WRRL im Rahmen des 7. WHG-Änderungsgesetzes somit durch die Bewirtschaftungsziele der §§ 25a I, 25b I, 32c, 33a WHG konkretisiert61.

57 58 59 60 61

Baisch, Bewirtschaftung im Wasserrecht, 1996, S. 53. Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 1a, Rn. 1. BT-Drs. 10/3973, S. 9; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 1a, Rn. 2. Baisch, Bewirtschaftung im Wasserrecht, 1996, S. 57. Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 1a, Rn. 1.

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2. Nachhaltigkeit der Bewirtschaftung Gem. § 1a I 2 a. E. WHG soll die soeben beschriebene Gewässerbewirtschaftung in der Weise geschehen, dass „damit insgesamt eine nachhaltige Entwicklung gewährleistet wird“. Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung fand der Sache nach bereits vor der Umsetzung der WRRL Ausdruck im WHG62 und wurde auf Grund des in Art. 1b) WRRL als Ziel der Richtlinie formulierten langfristigen Schutzes der vorhandenen Ressourcen ausdrücklich in § 1a I 2 a. E. WHG und § 3 IV SächsWG aufgenommen63. Mit dem Begriff der nachhaltigen Entwicklung und seinem Verhältnis zu einem qualitätszielorientiertem Umweltschutz fand bereits im ersten Teil eine ausführliche Auseinandersetzung statt (s. oben § 4 II. sowie § 5). Übertragen auf den Bereich des Gewässerschutzes bedeutet nachhaltige Entwicklung eine Bewirtschaftung des gesamten Wasserkreislaufs unter drei wesentlichen Zielsetzungen, nämlich erstens des langfristigen Schutzes von Wasser als Lebensraum bzw. als zentrales Element von Lebensräumen, zweitens der Sicherung des Wassers in seinen verschiedenen Facetten als Ressource für die jetzige wie für nachfolgende Generationen sowie drittens der Erschließung von Optionen für eine dauerhaft naturverträgliche, wirtschaftliche und soziale Entwicklung64. Ein solches Verständnis eines nachhaltigen Gewässerschutzes unterscheidet sich der Sache nach nicht von den in § 1a I 1 und 2 WHG geregelten materiellen Anforderungen an die Gewässerbewirtschaftung65. Denn diese zwingen ebenfalls zu Sicherung, Erhaltung sowie ressourcenschonendem Umgang und erschöpfen damit den gesamten Umfang dessen, was gemeinhin für nachhaltig gehalten wird66. Wie sich im Übrigen schon aus dem Wortlaut des § 1a I 2 a. E. WHG „damit insgesamt“ ergibt, entspricht das in § 1a I 2 WHG verankerte Bewirtschaftungsgebot somit vollumfänglich den Voraussetzungen nachhaltiger Entwicklung67. Im Hinblick auf das Verhältnis des Nachhaltigkeitsgrundsatzes 62

Beaucamp, in: Erbguth (Hrsg.), Änderungsbedarf im Wasserrecht, 2003, S. 13 m. w. N. 63 Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 1a WHG, Rn. 7d. 64 Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 1a WHG, Rn. 7d; Kotulla, NVwZ 2002, S. 1410; Knopp, ZUR 2001, S. 370 f. Ausführlich zu diesem Themenkreis Kahlenborn/Kraemer, Nachhaltige Wasserwirtschaft in Deutschland, 1999. 65 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 1a, Rn. 11a. 66 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 1a, Rn. 11a; Kotulla, NVwZ 2002, S. 1410. 67 Die ausdrückliche Aufnahme des Nachhaltigkeitsgrundsatzes hat somit lediglich deklaratorische Bedeutung Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 1a WHG, Rn. 7d; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 1a,

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

zu einem qualitätszielorientierten Gewässerschutzrecht gilt demnach das im Rahmen des Bewirtschaftungsgebotes Gesagte entsprechend. 3. Integrative Gewässerbewirtschaftung Gem. § 1a I 3 WHG sind bei der Bewirtschaftung insbesondere mögliche Verlagerungen von nachteiligen Auswirkungen von einem Schutzgut auf ein anderes zu berücksichtigen. Diese Forderung nach einer integrativen bzw. gesamthaften68 oder auch medienübergreifenden69 Bewirtschaftung verleiht dem integrativen Ansatz der IVU-Richtlinie70 ausdrücklich den Rang eines allgemeinen wasserrechtlichen Grundsatzes71 und beinhaltet einen Perspektivenwechsel weg von der Regulierung der einzelnen Umweltmedien oder sonstiger Umweltbestandteile unter Berücksichtigung einzelner Belastungsfaktoren hin zur Regulierung einer belastenden Quelle oder eines belasteten Schutzgutes unter allen Umweltaspekten. Er bildet damit den Gegensatz zum (traditionellen) sektoralen, medienbezogenen Ansatz, der sich nur auf den Schutz von Teilen der Umwelt erstreckt72. Kernpunkt eines integrierten Rn. 11a; BT-Drs. 14/7755, S. 15. In diesem Sinne auch Hasche, Das neue Bewirtschaftungsermessen im Wasserrecht, 2005, S. 264. 68 Buchholz, Integrative Grenzwerte im Umweltrecht, 2001, S. 68. 69 Schulz, Medienübergreifendes Industrieanlagenzulassungsrecht, 1997, S. 22. 70 Richtlinie 96/61/EG des Rates vom 24.9.1996, ABl. 1996, L 257, S. 26. Zum integrierten Umweltschutz allgemein Volkmann, VerwArch 1998, S. 363 ff.; Röckinghausen, Integrierter Umweltschutz im EG-Recht, 1998; Di Fabio, in: Gesellschaft für Umweltrecht (Hrsg.), Dokumentation zur 21. wissenschaftlichen Fachtagung, 1998, S. 27 ff.; Haigh, ebda., S. 57 ff.; Masing, DVBl. 1998, S. 549 ff.; Koch/Jankowski, NVwZ 1998, S. 57 ff.; Steinberg, NuR 1999, S. 193. Vgl. insoweit auch die Ausführungen zur IVU-Richtlinie unten § 13 III. 3. 71 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 1a, Rn. 1; Knopp, in: Sieder/Zeitler/ Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 1a WHG, Rn. 7e. Die Vorschrift wurde durch Art. 7 Nr. 1 des Gesetzes zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien vom 17.7.2001 (BGBl. I, S. 1950) eingefügt. 72 Der sektorale Ansatz kann sich entweder auf den Schutz einzelner Umweltmedien wie Luft, Wasser und Boden (medialer Umweltschutz) oder von Tieren und Pflanzen (vitaler Umweltschutz) beziehen, er kann aber auch dem Schutz vor gefährlichen Stoffen und Abfällen (kausaler Umweltschutz) dienen; Buchholz, Integrative Grenzwerte im Umweltrecht, 2001, S. 68; zum sektoralen Ansatz ausführlich Breuer in: Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 1999, S. 485 ff. Besonders im Hinblick auf den sektoralen Umweltschutz besteht das Problem, dass die isolierte Betrachtung der einzelnen Umweltbereiche Luft, Wasser und Boden zu insgesamt überflüssigen und schädlichen Belastungsverschiebungen von einem Medium zum anderen führt; Buchholz, Integrative Grenzwerte im Umweltrecht, 2001, S. 72 f., Epiney, in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, 1997, S. 83.

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gesamthaften Umweltschutzes ist die gemeinsame Betrachtung der drei Umweltmedien Luft, Wasser und Boden unter Einbeziehung der Flora und Fauna. Diese werden einerseits nicht nur als eigenständige und von einander unabhängige Schutzgüter betrachtet, sondern auch als Teile eines übergreifenden Schutzgutes der Umwelt als Ganzes. Zudem werden sie auch als Belastungspfade für das Schutzgut Umwelt einer gemeinsamen, übergreifenden Regelung unterworfen73. Betrachtet man das Verhältnis von integriertem Umweltschutz und einem an Umweltqualitätszielen ausgerichteten Bewirtschaftungsgebot, so fällt zunächst auf, dass beide Strategien je auf ihre Art Varianten eines ganzheitlichen und über bloße Einzelbeobachtungen hinausweisenden Zugriffs verkörpern74. Im Hinblick auf das Verhältnis dieser beiden Ansätze zueinander ist von Bedeutung, ob bzw. welche Verbindung hinsichtlich beider Strategien bestehen. Gegen eine solche Verbindung könnte sprechen, dass Umweltqualitätsziele – sollen sie messbar sein – immer im Hinblick auf ein bestimmtes Medium oder Schutzobjekt gelten und damit nicht zugleich medienübergreifend, also integrativ sein können75. Andererseits kann das jeweilige Medium bzw. Schutzgut auf verschiedenen Wegen belastet werden. Bezogen auf den qualitätsorientierten Umweltschutz führt die Anwendung des integrativen Ansatzes dazu, dass sämtliche auf das Schutzgut einwirkenden Belastungen in die Betrachtung einbezogen werden. Eine solche schutzgutbezogene bzw. immissionsseitige Integration76 berücksichtigt alle Gefährdungen für ein bestimmtes Medium oder Schutzobjekt. Hierdurch können Folgen von Belastungen einzelner Umweltmedien für andere Umweltmedien oder Flora und Fauna in die Betrachtung miteinbezogen werden, die bei einer separaten Regelung einzelner Umweltmedien nicht oder nur schwer fassbar sind77. Integrative Gewässerbewirtschaftungsziele müssen somit gem. § 1a I WHG immer auch die unterschiedlichen Belastungspfade im Blick haben.

73

Buchholz, Integrative Grenzwerte im Umweltrecht, 2001, S. 68. Volkmann, DVBl. 1999, S. 583. Integrativer Umweltschutz und Umweltqualitätsorientierung werden hier als „Komplementärstrategie“ bezeichnet. 75 Di Fabio, in: Gesellschaft für Umweltrecht (Hrsg.), Dokumentation zur 21. wissenschaftlichen Fachtagung, 1998, S. 47. 76 Buchholz, Integrative Grenzwerte im Umweltrecht, 2001, S. 70. 77 So kann eine Umweltbelastung eine ganze Kette von Wirkungen in unterschiedlichen Medien auslösen, wobei wiederum Rückkopplungen und Vernetzungen auftreten können; Buchholz, Integrative Grenzwerte im Umweltrecht, 2001, S. 71. 74

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IV. Das wasserrechtliche Bewirtschaftungsregime als öffentlich-rechtliche Benutzungsordnung Eine wichtige grundsätzliche Richtungsentscheidung – die nicht zuletzt auch Relevanz für die Erfolgsaussichten einer Durchsetzung qualitätsorientierten Umweltschutzes besitzt – trifft die Vorschrift des § 1a IV WHG, die das Verhältnis zwischen dem privaten Grundeigentum und der Nutzung des darauf oder darunter befindlichen Wasservorkommens regelt. Danach berechtigt das Grundeigentum weder zu einer Gewässerbenutzung, die nach diesem Gesetz oder nach den Landeswassergesetzen einer Erlaubnis oder Bewilligung bedarf (Nr. 1) noch zum Ausbau eines oberirdischen Gewässers (Nr. 2). Dieser Grundsatz der eigentumsrechtlichen Sozialbindung entspricht der Tradition des Wasserrechts78. Seine Positivierung durch das 4. Änderungsgesetz zum WHG aus dem Jahre 197679 erklärt sich vor allem aus der Kontroverse darüber, inwieweit die sog. Nassauskiesung, nämlich der Kiesabbau unter Aufschluss des Grundwassers, dem Eigentümer entschädigungsfrei verboten werden kann. Der Gesetzgeber wollte damit den 1976 noch offenen, mittlerweile vom BVerfG80 entschiedenen Streit um die Zulässigkeit entschädigungsloser Verbote des Kiesabbaus beenden, indem die Vorschrift auf den Ausschluss etwaiger Entschädigungen zielt. Zwar konnte der Gesetzgeber die aufgetretene Kontroverse durch § 1a IV WHG (§ 1a III WHG a. F.) nicht letztverbindlich entscheiden, da es hierbei um die verfassungsrechtliche Abgrenzung zwischen entschädigungsfreier Eigentumsbindung nach Art. 14 I 2, II GG und entschädigungspflichtigen, der Junktimklausel des Art. 14 III 2 WHG unterliegenden Enteignungstatbeständen ging81. Als gebietsspezifische Formulierung der Sozialpflichtigkeit des Eigentums ist die Vorschrift gleichwohl angebracht, da die Eigentumsgewährleistung nach Art. 14 I GG nicht nur einem Schrankenvorbehalt, sondern einem Inhaltsbestimmungsvorbehalt unterliegt, wonach der Gesetzgeber ein besonderes Mandat zur Verfassungskonkretisierung besitzt82. Wie das BVerfG in seiner Nassauskiesungsentscheidung für das Grundwasser ausführlich dargelegt hat, steht es im Ergebnis mit Art. 14 GG im Einklang, dass das WHG das unterirdische Wasser zur Sicherung einer 78

Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 135. BGBl. I, S. 1109. 80 BVerfGE 58, S. 300 ff. (sog. Nassauskiesungsentscheidung). Zur Einordnung dieser z. T. als Eigentumswende eingeschätzten Entscheidung aus der Sicht der allgemeinen verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie vgl. Battis, NVwZ 1982, S. 585 ff.; Baur, NJW 1982, S. 1734 ff.; Leisner, DVBl. 1983, S. 61 ff.; Ossenbühl, NJW 1983, S. 1 ff. 81 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 135 f. 82 Kloepfer, Umweltrecht, 2004, S. 1127. 79

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funktionsfähigen Wasserbewirtschaftung – insbesondere der öffentlichen Wasserversorgung – einer vom Grundstückseigentum getrennten öffentlichrechtlichen Benutzungsordnung unterstellt hat83. Die gesteigerte Sozialpflichtigkeit des Grundeigentums im Hinblick auf den Gewässerschutz erklärt sich aus der überragenden Bedeutung des Wasserhaushalts für die Allgemeinheit84 wie auch aus der Knappheitsproblematik, der das BVerfG auch sonst in seiner Eigentumsrechtsprechung zum Grundeigentum besondere Bedeutung beimisst85. Das BVerfG stellt dies zwar ausdrücklich nur für das Grundwasser fest, seine breit angelegte Argumentation wird aber allgemein so verstanden, dass für das Oberflächenwasser und das Wasser der Küstengewässer nichts anderes gilt86. Dieses Verständnis rechtfertigen auch die engen hydrogeologischen und wasserwirtschaftlichen Zusammenhänge zwischen dem Grundwasser und dem oberirdischen Wasser87. Beim oberirdischen Wasser war die Nutzung durch das Wasserrecht schon seit jeher in besonderem Maße eingeschränkt. Gilt für das Grundwasser eine vom Grundeigentum getrennte öffentlich-rechtliche Benutzungsordnung, so muss dies erst recht (arg. a maiore ad minus) für die Oberflächen- und die Küstengewässer zutreffen. Dies ergibt sich nicht zuletzt auch aus ihrer geringen Beherrschbarkeit und aus dem Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen im WHG und in den Landeswassergesetzen, die keinen Unterschied zwischen den verschiedenen Gewässern vorsehen (z. B. §§ 1a IV, 2 I WHG)88. Insgesamt entspricht die Ausklammerung der Gewässer aus dem Eigentumsbegriff der Zielsetzung des WHG und des SächsWG, eine geordnete Bewirtschaftung des ober- und unterirdischen Wassers nach Menge und Beschaffenheit herbeizuführen89 und trägt damit dazu bei, die in diesem Rahmen aufgestellten Umweltqualitätsziele umzusetzen.

V. Beeinträchtigungen der Gewässerqualität und ihre rechtsinstrumentelle Steuerung durch das WHG und das SächsWG Will man die Möglichkeiten und Grenzen der Anwendung von Umweltqualitätszielen im Gewässerschutzrecht ausloten, so muss man sich vergegenwärtigen, durch welche Handlungen der Gewässerzustand beeinträch83

BVerfGE 58, S. 300/301 (4. Leitsatz). BVerfGE 10, S. 89/113; 58, S. 300/341. 85 Vgl. insbesondere BVerfGE 21, 73/82 f. 86 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 1a, Rn. 28; Bracher, NuR 1988, S. 19; Kirchhof, NwVZ 1987, S. 1034; Salzwedel, ZfW 1983, S. 14. 87 s. insoweit BGH, ZfW 1979, S. 33/39. 88 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 1a, Rn. 28. 89 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 1a, Rn. 30. 84

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tigt wird und mit welchem Instrumentarium diese Beeinträchtigungen i. S. der Einhaltung bzw. Erreichung von Qualitätszielen gesteuert werden können. Eine negative Veränderung des Gewässerzustands tritt vor allem durch Gewässerbenutzungen ein, kann aber auch auf die Gewässerunterhaltung, den Gewässerausbau oder die Errichtung von Anlagen an, in über und unter Gewässern zurückzuführen sein. Je nach Art der Gewässerbeeinträchtigung erfolgt die Steuerung über verschiedene rechtliche Instrumente, die im Einzelnen zu beleuchten sind. Nicht dagegen thematisiert wird die Zulassung von Abwasseranlagen (§ 18b WHG, §§ 66, 67 SächsWG), Abwasserbehandlungsanlagen (§ 18c WHG, §§ 66, 67 SächsWG) und Anlagen der öffentlichen Wasserversorgung (§§ 66, 67 SächsWG), da hier Vorgänge geregelt werden, die sich im Vorfeld der Gewässerbenutzung abspielen90 und somit nur indirekte Auswirkungen auf die Gewässerqualität haben. 1. Gewässerbenutzungen a) Benutzungstatbestände Zunächst ist die Beeinflussung der Gewässerqualität durch sog. Gewässerbenutzungen zu beleuchten. In diesem Rahmen sind erlaubnis- bzw. bewilligungspflichtige Benutzungstatbestände, genehmigungsfreie sowie sonstige Gewässerbenutzungen zu unterscheiden. aa) Erlaubnis- bzw. bewilligungspflichtige Benutzungstatbestände Erlaubnis- und bewilligungspflichtig sind zunächst die in § 3 WHG geregelten Einzeltatbestände der Gewässerbenutzungen. Diese werden in die Kategorien der echten (Abs. 1) und der unechten Benutzungen (Abs. 2) unterteilt91. Echte Gewässerbenutzungen nach § 3 I WHG sind beabsichtigte Inanspruchnahmen eines Gewässers, insbesondere durch Entnehmen, Ableiten, Aufstauen und Absenken (§ 3 I Nr. 1, 2 WHG) sowie durch Einbringen92 und Einleiten93 von Stoffen (§ 3 I Nr. 4, 4a, 5 WHG). Den wichtigsten Benutzungstatbestand in der Praxis stellt dabei das Einleiten von Abwasser dar. Die Entnahme fester Stoffe94 erfüllt nur dann einen Benut90

Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 18a, Rn. 1. Kloepfer, Umweltrecht, 2004, S. 1131; Wolf, Umweltrecht, 2002, S. 337. 92 Das Einbringen bezieht sich auf feste Stoffe. Nach § 26 I WHG dürfen feste Stoffe überhaupt nicht in ein Gewässer eingebracht werden, um sich ihrer zu entledigen (Abfall). 93 Bezieht sich auf flüssige Stoffe. 94 Z. B. Steine, Kies, Sand, Schlamm, Eis. 91

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zungstatbestand, wenn hierdurch der Zustand des Gewässers verändert oder auf den Wasserabfluss eingewirkt wird (§ 3 I Nr. 3 WHG)95. Das Zutagefördern und Zutageleiten von Grundwasser ist ebenfalls eine echte Gewässerbenutzung (§ 3 I Nr. 6 WHG). Als unechte Gewässerbenutzungen gelten Einwirkungen, durch welche Grundwasser als Folge der Errichtung und Nutzung bestimmter Anlagen aufgestaut, abgesenkt oder umgeleitet wird (§ 3 II Nr. 1 WHG) oder durch welche dauernd oder in einem nicht nur unerheblichen Ausmaß schädliche Veränderungen der physikalischen, chemischen oder biologischen Beschaffenheit des Wassers herbeigeführt werden können (§ 3 II Nr. 2 WHG). Die Fiktionsregelungen in § 3 II WHG sind erforderlich, weil es in den genannten Fällen an einer unmittelbaren und zweckgerichteten Benutzung des Gewässers fehlt. Während Abs. 2 Nr. 1 nur anlagenbedingte Einwirkungen auf das Grundwasser umfasst, gilt Abs. 2 Nr. 2 WHG für alle Gewässer ohne Rücksicht auf die Verwendung von Anlagen. Letzterer Norm kommt insofern besondere Bedeutung zu, als sie als Auffangtatbestand96 verstanden wird und immer dann Anwendung findet, wenn keine der übrigen in § 3 WHG genannten Benutzungsarten in Betracht kommt97. Bezweckt wird mit dieser Regelung, schon im Voraus zu prüfen, ob sich aus einem Vorhaben Gefahren für den Wasserhaushalt ergeben können98. Dies führt zu einer Vorverlagerung der behördlichen Prüfung und erweitert den Kreis der erlaubnisbedürftigen Benutzungen nicht unbeträchtlich99. § 3 WHG enthält als Rahmenvorschrift keine abschließende Aufzählung von erlaubnis- und bewilligungspflichtigen Benutzungstatbeständen, sondern gibt einen einheitlichen Mindeststandard vor, den das Landesrecht zwar über-, aber nicht unterschreiten darf100. Dementsprechend befinden sich in einigen Landeswassergesetzen noch weitere gestattungspflichtige Gewässerbenutzungen, die den Katalog des § 3 I und II WHG erweitern; so auch in § 11 I SächsWG. Danach gelten die Bestimmungen des WHG sowie des SächsWG über die Benutzungen der Gewässer auch für das Errichten und Betreiben von Hafen-, Lade- und Löschplätzen (Nr. 1) sowie von Fähren 95 Im Übrigen handelt es sich um eine private Eigentümernutzung; Wolf, Umweltrecht, 2002, S. 337. 96 Reinhardt, DVBl. 1991, 1062; ders., NuR 1999, S. 136; Salzwedel/Nacke, NVwZ 1985, S. 711 f. 97 Laskowski/Ziehm, in: Koch (Hrsg.), Umweltrecht, 2002, S. 225; Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 3 WHG, Rn. 29. 98 BGH, ZfW 1983, S. 25/27 und 1983, S. 29/32; VGH Baden-Württemberg, ZfW 1992, S. 355/358. 99 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 3, Rn. 67. 100 Laskowski/Ziehm, in: Koch (Hrsg.), Umweltrecht, 2002, S. 225; Czychowski/ Reinhardt, WHG, 2003, § 3, Rn. 92; Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 3 WHG, Rn. 4.

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(Nr. 2) und das Versickern, Verregnen und Verrieseln oder sonstiges Aufbringen von Abwasser und anderen Stoffen, welche die Eigenschaften von Wasser nachteilig verändern können, mit Ausnahme der landwirtschaftlichen Düngung, wenn dabei eine Beeinträchtigung der Gewässer nicht zu besorgen ist (Nr. 3 S. 1)101. Letzteres trifft in der Regel dann zu, wenn die Düngung im Rahmen der ordnungsgemäßen Landwirtschaft nach den Regeln der guten fachlichen Praxis102 erfolgt, § 11 I Nr. 3 S. 2 SächsWG. Der Benutzungstatbestand des § 11 I Nr. 3 SächsWG ist insofern bedeutsam, als er klarstellt, dass grundsätzlich auch Maßnahmen der Landwirtschaft wie die Düngung mit Fäkalien, Jauche oder chemischen Mitteln sowie das Versprühen von Pflanzenschutz- oder Unkrautvertilgungsmitteln erlaubnispflichtig sein können. Eine entsprechende Subsumtion unter den Auffangtatbestand des § 3 II Nr. 2 WHG erweist sich hingegen als schwierig103. Derartige Maßnahmen sollen den Tatbestand erst ab einer gewissen Relevanzoder Übermaßschwelle erfüllen104. Dafür muss eine schädliche Veränderung des Gewässers zu erwarten sein; entfernte Möglichkeiten reichen hierfür nicht aus105. Die Schwierigkeiten, die Schwelle für die Erlaubnispflicht im jeweiligen Fall zu bestimmen, haben in der Praxis dazu geführt, die Norm auf landwirtschaftliche Bewirtschaftungsmaßnahmen kaum anzuwenden106. Jedoch soll das Vorliegen eines erlaubnispflichtigen Gewässernutzungstatbestandes auch nach § 11 I Nr. 3 S. 2 SächsWG zu verneinen sein, wenn die Düngung im Rahmen der ordnungsgemäßen Landwirtschaft nach den Regeln der guten fachlichen Praxis erfolgt. Damit sind die Anforderungen der Düngeverordnung107 angesprochen, die den Einsatz von Düngemitteln reglementieren und von den Landwirten im Rahmen der guten fachlichen Praxis einzuhalten sind108. Ist dies der Fall, kann im Allgemeinen davon 101 § 11 II Nr. 3 SächsWG in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG vom 9. August 2004, SächsGVBl., S. 374. Mit der Formulierung „Regeln der guten fachlichen Praxis“ wurde die Norm an die Vorgaben der Düngeverordnung angepasst; Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, LT-Drs. 3/9974, S. 17. 102 Zum Begriff der guten fachlichen Praxis s. u. § 21 III. 2. 103 Vgl. hierzu Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 184. Die fraglichen Maßnahmen der Landwirtschaft stellen auch kein Ablagern von Stoffen i. S. des § 34 II WHG dar, da sie nicht auf eine Entledigung, sondern auf eine Zuführung in den Boden oder in den Pflanzenaufwuchs gerichtet sind; Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 908 ff. 104 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 197 f. 105 Salzwedel, NuR 1983, S. 44; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 3 Rn. 71. 106 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 3 Rn. 74. 107 Verordnung über die Grundsätze der guten fachlichen Praxis beim Düngen (Düngeverordnung) vom 26. Januar 1996, BGBl. I, S. 118. 108 Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, LT-Drs. 3/9974, S. 17.

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ausgegangen werden, dass kein erlaubnispflichtiger Benutzungstatbestand vorliegt, es sei denn, dass konkrete Umstände entgegenstehen109 bb) Genehmigungsfreie Gewässerbenutzungen Bestimmte Gewässerbenutzungen werden demgegenüber durch das WHG und die landesgesetzlichen Ausfüllungsvorschriften ausdrücklich von der Erlaubnis- und Bewilligungspflicht ausgenommen. In diesem Bereich kann somit keine Steuerung durch Umweltqualitätsziele erfolgen. Zu den genehmigungsfreien Gewässerbenutzungen zählen neben den Benutzungen auf Grund von alten Rechten und Befugnissen nach den §§ 15 ff. WHG bei oberirdischen Gewässern der Gemeingebrauch, der Eigentümer- und Anliegergebrauch sowie die Benutzung zu Zwecken der Fischerei (§§ 23–25 WHG). Ähnliche Ausnahmetatbestände gelten auch für einzelne Benutzungen der Küstengewässer (§§ 32a ff. WHG) und des Grundwassers (§§ 33 ff. WHG). Auf Grund des Gemeingebrauchs darf nach § 23 I WHG jedermann oberirdische Gewässer in einem Umfang benutzen, wie dies nach Landesrecht gestattet ist, soweit nicht Rechte anderer entgegenstehen und soweit Befugnisse oder der Eigentümer- bzw. Anliegergebrauch anderer dadurch nicht beeinträchtigt werden. Die Landeswassergesetze schränken den Gemeingebrauch fast alle ausschließlich auf traditionelle, heute minder bedeutsame Benutzungen ein (z. B. Baden, Waschen, Schöpfen mit Handgefäßen, Viehtränken, Schwemmen und das Fahren mit kleinen Wasserfahrzeugen ohne eigene Triebkraft; vgl. § 34 I SächsWG). Eine Erlaubnis oder Bewilligung ist des Weiteren nicht erforderlich, soweit die Benutzung eines oberirdischen Gewässers vom Eigentümer-, Anlieger- oder Hinterlieger-Gebrauch gedeckt ist. Der Eigentümer-Gebrauch umfasst nach § 24 I 1 WHG die Benutzung eines oberirdischen Gewässers durch den Eigentümer oder den durch ihn Berechtigten110 für den eigenen Bedarf, wenn dadurch andere nicht berechtigt werden, keine nachteilige Veränderung der Eigenschaft des Wassers, keine wesentliche Verminderung der Wasserführung und keine anderweitige Veränderung des Wasserhaushalts zu erwarten sind111. Nach 109 Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, LT-Drs. 3/9974, S. 17. 110 Nießbraucher, Pächter oder Mieter. 111 Von der Möglichkeit, den Eigentümergebrauch auszuschließen, soweit er bisher nicht zugelassen war (§ 14 I 2 WHG), hat nur das SaarlWG in § 25 I Gebrauch gemacht. Durch die Eröffnung des Anlieger-Gebrauchs entsteht hier jedoch praktisch keine Lücke; Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 813, Fn. 225.

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§ 24 II WHG können die Länder bestimmen, dass auch die Anlieger112 sowie Hinterlieger113 oberirdische Gewässer ohne Erlaubnis oder Bewilligung nach Maßgabe des zulässigen Eigentümergebrauchs benutzen dürfen. Der Freistaat Sachsen hat diese Ermächtigung sowohl im Hinblick auf den Anlieger- als auch den Hinterliegergebrauch genutzt (§ 35 SächsWG). Weitere Ausnahmen von der Erlaubnis- oder Bewilligungspflicht betreffen alte Rechte, alte Befugnisse und andere alte Benutzungen, die aus der Zeit früheren Rechts überkommen sind. Das WHG hat sie aus Praktikabilitätserwägungen sowie aus Gründen des eigentumsrechtlich gebotenen Bestandsschutzes weithin aufrechterhalten (§§ 15–17 WHG)114. Der Freistaat Sachsen hat allerdings von der ihm gem. § 16 II 1 WHG i. V. m. § 105a SächsWG eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Inhaber alter Rechte und Befugnisse öffentlich aufzufordern115, diese binnen einer Frist von drei Jahren nach der öffentlichen Aufforderung zur Eintragung in das Wasserbuch anzumelden. Alte Rechte und Befugnisse, die bis zum Ablauf dieser Frist weder bekannt gemacht, noch angemeldet worden sind, erlöschen zehn Jahre nach der öffentlichen Aufforderung116. Erlaubnis- und bewilligungsfrei sind ferner einige Benutzungen der Küstengewässer (§ 32a WHG) und des Grundwassers (§ 33 WHG) wie das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten oder Ableiten von Grundwasser für Zwecke des Haushalts, des landwirtschaftlichen Hofbetriebs oder einer geringfügigen und vorübergehenden Nutzung117 sowie für den Zweck der gewöhnlichen landwirtschaftlichen Bodenentwässerung (§ 33 I Nrn. 1 und 2 WHG). cc) Sonstige Gewässerbenutzungen Neben den soeben beschriebenen Gewässerbenutzungen gibt es sog. sonstige Gewässerbenutzungen, die weder nach § 2 WHG einer Erlaubnis oder Bewilligung bedürfen, noch nach den Vorschriften des WHG oder des SächsWG genehmigungsfrei sind. Hierbei handelt es sich beispielsweise um 112 Eigentümer der an oberirdische Gewässer angrenzenden Grundstücke und die zur Nutzung dieser Grundstücke Berechtigten. 113 Eigentümer der an Anliegergrundstücke angrenzenden Grundstücke und die zur Nutzung dieser Grundstücke Berechtigten. 114 Sander/Rosenzweig, Wasserrecht. Abwasserrecht, 1999, S. 40. Näher zum Ganzen Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 222 ff. 115 Bekanntmachung des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft. Öffentliche Aufforderung zur Anmeldung alter Rechte und Befugnisse nach § 105a des Sächsischen Wassergesetzes in Verbindung mit § 16 II Wasserhaushaltsgesetz vom 16. November 2001; SächsABl., S. 1327. 116 Ziffer I der Bekanntmachung. 117 Z. B. Probebohrungen.

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Benutzungen von Gewässern mit Motorbooten – etwa im Rahmen von Bauarbeiten oder des Erholungsbetriebes – oder auch die Ausübung des Tauchsports mit technischen Hilfsmitteln118. Diese Benutzungen bedürfen einer (einfachen) Genehmigung gem. § 46a SächsWG durch die zuständige Wasserbehörde119. b) Die Rechtsinstitute der Erlaubnis und Bewilligung Die rechtliche Steuerung der genannten Benutzungen erfolgt – soweit kein Ausnahmetatbestand und keine sonstige Gewässerbenutzung vorliegt – durch die wasserrechtliche Genehmigung in der Gestalt von Erlaubnis oder Bewilligung (§ 2 I WHG). Hierbei handelt es sich um repressive Verbote mit rechts- oder befugnisverleihendem Befreiungsvorbehalt120. Danach macht erst die Befreiung die Benutzung formell und materiell zulässig121. Erlaubnis und Bewilligung beziehen sich dabei auf die Sondernutzung als solche, d. h. auf die funktionelle Einwirkungsmöglichkeit auf den Wasserhaushalt122. Es kommt deshalb grundsätzlich nicht darauf an, ob eine solche Benutzung nur mittels besonderer Anlagen ausgeübt werden kann oder nicht. Beide Rechtsinstitute haben – soweit Normen des WHG betroffen sind – keine Genehmigung der Anlage zum Inhalt123. Über die Zulässigkeit letzterer wird vielmehr – abgesehen vom Sonderfall des § 3 II Nr. 1 WHG – durch einen gesonderten Verwaltungsakt entschieden124. Andererseits erübrigt sich auch die wasserrechtliche Erlaubnis oder Bewilligung nicht durch die Genehmigung der Anlage. Für die immissionschutzrechtliche Genehmigung folgt dies bereits aus der beschränkten Konzentrationswirkung gem. § 13 BImSchG; für die übrigen anlagenbezogenen Genehmigungen und Erlaubnisse aus allgemeinen Grundsätzen125. 118

Zeppernick/Habel, Das sächsische Wasserrecht, 2000, § 46a. Zeppernick/Habel, Das sächsische Wasserrecht, 2000, § 46a. 120 BVerfGE 58, S. 346; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 2, Rn. 3; Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme, Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 2 WHG, Rn. 2a. A. A. Baisch, Bewirtschaftung im Wasserrecht, 1996, S. 240 ff., der die wasserrechtliche Genehmigung als einen eigenständigen dogmatischen Ansatz begreift. Für ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, 2005, Art. 14, Rn. 431. 121 BVerwG, ZfW 1978, S. 371/373 f. 122 Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 3 WHG, Rn. 2; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 151. 123 Kaster, NuR 1996, S. 109; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 3, Rn. 8; Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 3 WHG, Rn. 2; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 151. 124 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 151. 125 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 151 f. 119

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Die Erteilung einer Erlaubnis oder Bewilligung ist kein rechtlich gebundener, sondern ein im Ermessen der Wasserbehörde stehender Verwaltungsakt126. Erlaubnis und Bewilligung unterscheiden sich grundsätzlich nicht nach dem Gegenstand und dem Umfang der ermöglichten Gewässerbenutzung, sondern durch die Art der gewährten Rechtsstellung127. Die Bewilligung gewährt eine stärkere Rechtsposition als die Erlaubnis und kommt nur in seltenen Fällen in Betracht128. Erlaubnis und Bewilligung haben gem. § 7 II und § 8 VI WHG dingliche Wirkung („Sachkonzession“)129, d. h. das Recht zur Gewässerbenutzung geht grundsätzlich mit der Anlage oder, wenn sie für ein Grundstück erteilt wurde, mit diesem auf den Rechtsnachfolger über130. Für die Erlaubnis gibt es im WHG nur eine knappe, auf die Ausfüllung durch die Landeswassergesetze angelegte Regelung (§ 7 WHG). Die Bewilligung wird dagegen wesentlich eingehender behandelt. Dies trifft nicht nur auf § 8 WHG zu, sondern auch auf die Verfahrensvorschrift des § 9 WHG sowie die materielle Einzelheiten festlegenden §§ 10 bis 12 WHG131. aa) Die wasserrechtliche Erlaubnis Die Erlaubnis gewährt als unmittelbar geltendes Recht132 die widerrufliche Befugnis, ein Gewässer zu einem bestimmten Zweck in einer nach Art und Maß bestimmten Weise zu benutzen; sie kann befristet werden, § 7 I 1 WHG. Aus § 2 i. V. m. § 8 II WHG ergibt sich, dass die Erlaubnis der Regelfall der wasserrechtlichen Befugnis sein soll133. Sie kann für alle Arten von Benutzungen (§ 3 WHG) erteilt werden; dabei ist gleichgültig, ob die beabsichtigte Benutzung von wesentlichem Einfluss auf den Wasserhaushalt oder wasserwirtschaftlich unbedeutend ist und ob statt der Erlaubnis nach den gesetzlichen Vorschriften auch eine Bewilligung beantragt werden könnte134. Die Erlaubnis entfaltet keine privatrechtsgestaltende 126

Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 814. Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 810. 128 BVerwGE 41, S. 58/60 f.; BVerwG, DÖV 1971, S. 426; OVG Münster, ZfW 1976, S. 243/250; Kloepfer, Umweltrecht, 2004, S. 1140 f.; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 8, Rn. 23 ff.; Laskowski/Ziehm, in: Koch (Hrsg.), Umweltrecht, 2002, S. 226. 129 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 8, Rn. 83; Kloepfer, Umweltrecht, 2004, S. 1141. 130 Laskowski/Ziehm, in: Koch (Hrsg.), Umweltrecht, 2002, S. 226, dazu näher Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 7, Rn. 22, § 8, Rn. 83 ff. 131 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 7, Rn. 1. 132 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 7, Rn. 1. 133 BVerwG, ZfW 1973, S. 99/101; Kloepfer, Umweltrecht, 2004, S. 1140; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 7, Rn. 1. 127

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Wirkung135. Ein besonderes Verfahren zum Schutz der Interessen Dritter ist im WHG nicht vorgesehen. Nach der Rechtsprechung des BVerwG zum Nachbarschutz im Wasserrecht (Gebot der Rücksichtnahme gem. §§ 1a I, 4 I 2, 18, 31 II WHG) sind aber auch bei der Erlaubniserteilung die individuellen Interessen Dritter zu berücksichtigen, vorausgesetzt, diese sind – ebenso wie im Baurecht – in einem individualisierbaren und qualifizierten Sinne betroffen136. In vielen Landeswassergesetzen137 ist allerdings die sog. gehobene Erlaubnis eingeführt worden, wonach Drittbelange durch bestimmte Verfahrensregelungen frühzeitig Berücksichtung finden138. Das SächsWG hat es dagegen weitgehend bei der Regelung des § 7 WHG belassen. Lediglich in verfahrensrechtlicher Hinsicht bestimmt § 13 SächsWG, dass ein förmliches Verfahren nach Maßgabe der für die Bewilligung geltenden Vorschriften (§ 14 I SächsWG) vor der Erteilung einer Erlaubnis stattfindet, wenn die betreffende Benutzung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf oder die zuständige Behörde ein förmliches Verfahren für geboten hält, weil das Vorhaben wasserwirtschaftlich bedeutsam ist und Einwendungen zu erwarten sind139. bb) Die wasserrechtliche Bewilligung Die Bewilligung gewährt ein subjektiv öffentliches Recht140, ein Gewässer in einer nach Art und Maß bestimmten Weise zu benutzen, § 8 I WHG. Sie kommt allerdings nur dann in Betracht, wenn einem Unternehmen die Durchführung seines Vorhabens ohne eine gesicherte Rechtsstellung nicht zugemutet werden kann (§ 8 II 1 Nr. 1) und die Benutzung einem bestimmten Zweck dient, der nach einem bestimmten Plan verfolgt wird (§ 8 II 1 134 BVerwG, ZfW 1973, S. 99/100 f.; OVG Münster, ZfW 1975, S. 117/121; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 7 Rn. 1. 135 Laskowski/Ziehm, in: Koch (Hrsg.), Umweltrecht, 2002, S. 227. 136 BVerwGE 78, S. 40/42 ff. mit Anmerkung Bauer, JuS 1990, S. 24 ff. 137 Art. 16 BayWG, § 30 BbgWG, § 11 BremWG, § 20 HessWG, § 9 MeckVorpWG, § 11 NdsWG, § 25a NordrhWestfWG, § 27 RhPfWG, § 15 SaarlWG, § 12 SachsAnhWG, § 20 ThürWG. 138 Darüber hinaus gewährt die gehobene Erlaubnis den Gewässerbenutzern eine gesicherte Rechtsposition, sofern die Benutzung im öffentlichen Interesse liegt oder die Durchführung des betreffenden Vorhabens ohne gesicherte Rechtsposition unzumutbar erscheint. Ansprüche Dritter auf Unterlassung der Benutzung werden durch die gehobene Erlaubnis ausgeschlossen und bleiben auf Schadensersatz oder die Herstellung von Schutzeinrichtungen beschränkt, Laskowski/Ziehm, in: Koch (Hrsg.), Umweltrecht, 2002, S. 227. 139 Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 810. 140 BGH, ZfW 1984, S. 269/271; Tettinger, ZfW 1991, S. 7; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 8, Rn. 2; Laskowski/Ziehm, in: Koch (Hrsg.), Umweltrecht, 2002, S. 229.

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Nr. 2). Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Bewilligung richten sich somit nicht nach wasserwirtschaftlichen Gesichtspunkten (Auswirkungen auf den Wasserhaushalt oder Dritte), sondern stellen in erster Linie auf die Verhältnisse beim Unternehmer ab141. Ob die Durchführung eines Vorhabens ohne die (relativ) stärkere Rechtsposition der Bewilligung nicht zugemutet werden kann, ist im einzelnen Fall nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beim Unternehmer zu entscheiden (Bedürfnis nach Bestandsbzw. Investitionsschutz)142. Die Zumutbarkeit entfällt nur dann, wenn der Unternehmer ohne eine gesicherte Rechtsstellung ein Risiko eingeht, das ihn bei vernünftiger Würdigung seiner wirtschaftlichen Lage dazu bestimmen müsste, von der Durchführung seines Vorhabens abzusehen143. Die zweite zusätzliche Voraussetzung für die Bewilligung, wonach die Benutzung einem bestimmten Zweck dienen muss, der nach einem bestimmten Plan verfolgt wird, dient dazu, der Behörde eine zuverlässige Grundlage zur Beurteilung des Unternehmens und seiner Bedeutung für den Wasserhaushalt zu verschaffen. Der vorzulegende Plan – gemeint ist damit die technische Planung des konkreten Vorhabens – soll verhindern, dass eine Bewilligung ohne voraussehbaren Bedarf gleichsam auf Vorrat oder in spekulativer Absicht beantragt wird144. Ausgeschlossen ist gem. § 8 II 2 WHG allerdings die Erteilung der Bewilligung für das Einbringen und Einleiten von Stoffen in ein Gewässer sowie für Benutzungen i. S. des § 3 II Nr. 2 WHG. Diese Benutzungen sollen auf die schwächere Rechtsposition der Erlaubnis beschränkt werden, um die Reinhaltung und Sanierung der Gewässer zu erleichtern145. Eine Ausnahme hiervon gilt jedoch gem. § 8 II 3 WHG für Wasserkraftwerke, da es sich hierbei um eine relativ umweltfreundliche Form der Energiegewinnung handelt und das entnommene Flusswasser faktisch unverändert wieder eingeleitet wird146. Um künftige Verfügungen über den Wasserschatz nicht zu stark einzuengen, bestimmt das WHG, dass Bewilligungen nur befristet erteilt werden dürfen, § 8 V WHG147. Die Länge der Frist ist von der Bewilligungsbehörde nach der Art der Gewässerbenutzung und dem Umfang der dafür benötigten Aufwendun141

Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 8, Rn. 23. BVerwGE 20, S. 219/225; OVG Münster, ZfW 1976, S. 243/250; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 306; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 8, Rn. 25. 143 OVG Münster, ZfW 1968, S. 195/197; VG Freiburg, ZfW 1996, S. 340/341; Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, 2000, S. 439. 144 Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, 2000, S. 439; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 8, Rn. 38. 145 Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, 2000, S. 440. 146 BT-Drs. 10/5727, S. 32. 147 Laskowski/Ziehm, in: Koch (Hrsg.), Umweltrecht, 2002, S. 229. 142

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gen zu bestimmen148. Sie darf im Regelfall höchstens 30 Jahre betragen (vgl. § 8 V WHG)149, nur in besonderen Fällen kann eine noch längere Frist zugelassen sein150. Bei Vorhaben, die einer Umweltverträglichkeitsprüfung151 unterliegen, muss das Verfahren dem UVPG entsprechen. Die nähere Ausgestaltung des Bewilligungsverfahrens regeln die Landeswassergesetze. Gem. § 14 SächsWG gelten insoweit die Vorschriften des VwVfG über das förmliche Verfahren (§§ 63 bis 71 VwVfG); zudem ist eine entsprechende Anwendung des im Planfeststellungsverfahren stattfindenden Anhörungsverfahrens (§ 73 VwVfG) vorgesehen152. Da die Bewilligung ein Recht zur Gewässerbenutzung gewährt, muss bei ihrer Erteilung nicht nur auf das Wohl der Allgemeinheit, sondern auch auf Rechte anderer Rücksicht genommen werden153. Unter „Rechte(n) anderer“ sind u. a. Bewilligungen und alte Rechte zur Gewässerbenutzung zu verstehen, nicht jedoch Erlaubnisse, Gemeingebrauch und alte Befugnisse154. Gem. § 8 III WHG hat die Behörde dafür zu sorgen, dass nachteilige Einwirkungen auf Rechte anderer durch geeignete Auflagen verhütet oder ausgeglichen werden. Ist dies nicht möglich, so darf die Bewilligung nicht erteilt werden, es sei denn, dass Gründe des Allgemeinwohls hierfür sprechen. Die Betroffenen sind dann zu entschädigen, § 8 III 2 a. E. WHG. Auf Grund einer entsprechenden Ermächtigung gem. § 8 IV WHG haben die Länder darüber hinaus bestimmt, dass gegenüber einer beantragten Bewilligung bestimmte Einwendungen auch dann zu berücksichtigen sind, wenn sie sich nicht auf die Beeinträchtigung eines Rechts i. S. von § 8 III WHG stützen lassen155. § 15 I SächsWG beispielsweise nennt in diesem Zusammenhang die Veränderung von Wasserstand und -abfluss, die Verunreinigung oder sonstige nachteilige Beeinflussung des Wassers, die Beein148

Sander/Rosenzweig, Wasserrecht. Abwasserrecht, 1999, S. 34. Breuer spricht von der „grundsätzlichen zeitlichen Höchstgrenze“, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 334. 150 Mit Beispielen Sander/Rosenzweig, Wasserrecht. Abwasserrecht, 1999, S. 34; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 8, Rn. 78. 151 Die UVP ist ein unselbständiger Teil verwaltungsbehördlicher Verfahren, die der Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben dienen, § 2 I UVPG. 152 Vgl. hierzu im Einzelnen Zeppernick/Habel, Das sächsische Wasserrecht, 2000, § 14, Rn. 1 ff. 153 Sander/Rosenzweig, Wasserrecht. Abwasserrecht, 1999, S. 34. 154 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 8, Rn. 44 m. w. N. Da die Bewilligung kein Recht auf Zufluss von Wasser bestimmter Menge und Beschaffenheit gewährt, kann ihr Inhaber gegen die praktisch wichtigsten Beeinträchtigungen (Entzug und Verunreinigung des Wassers) allerdings keine Einwendungen gem. § 8 III WHG erheben. Zu weiteren Kategorien der betroffenen Rechte i. S. von § 8 III WHG s. ebda., Rn. 45 ff. 155 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 8, Rn. 55. 149

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trächtigung von Wassergewinnungsanlagen, die nachteilige Einwirkung auf die bisherige Grundstücksnutzung sowie die Erschwerung der auferlegten Gewässerunterhaltung. Ist die Bewilligung erteilt, so sind Ansprüche des Betroffenen (§ 8 III und IV WHG) gegen den Inhaber der Bewilligung nach Maßgabe des § 11 WHG ausgeschlossen (privatrechtsgestaltende Wirkung)156. Die einschneidenden Rechtsfolgen der Bewilligung setzen voraus, dass vor ihrer Erteilung ein Ausgleich zwischen der beabsichtigten Gewässernutzung und den ihr entgegenstehenden Rechten und schutzwürdigen Belangen Dritter sichergestellt ist157. Erforderlich ist deshalb gem. § 9 WHG ein Bewilligungsverfahren, in dem entgegenstehende Belange Dritter sowie beteiligter Behörden geltend zu machen sind (vgl. § 8 III, IV WHG). Zum Schutz durch die Bewilligung nachteilig Betroffener ermöglicht § 10 WHG nachträgliche Entscheidungen zu Lasten des Gewässerbenutzers, soweit seine Einwendungen während des Bewilligungsverfahrens gem. § 9 WHG nicht entschieden werden konnten (§ 10 I WHG) oder nachteilige Wirkungen für ihn im Bewilligungsverfahren nicht vorherzusehen waren. Falls nachträgliche Anordnungen nicht ausreichen, ist er zu entschädigen158. cc) Benutzungsbedingungen, Auflagen und nachträgliche Anforderungen Um Gewässerbeeinträchtigungen zu vermeiden, besteht die Möglichkeit, Erlaubnis und Bewilligung nur unter besonderen Benutzungsbedingungen oder Auflagen nach den §§ 4 WHG, 12 SächsWG zu erteilen. Diese können gem. § 5 WHG, der die Anordnung nachträglicher Anforderungen ermöglicht, auch später von der Behörde angeordnet werden. Benutzungsbedingungen bestimmen den Inhalt der Erlaubnis oder Bewilligung näher und sind daher keine „echten“ Nebenbestimmungen i. S. des § 36 II Nr. 2 VwVfG159. Sie präzisieren Art, Umfang und Modalitäten der beabsichtigten Gewässernutzung (z. B. höchstzulässige Menge des entnehmbaren oder einleitbaren Wassers, Art und Menge der zulässigen bzw. unzulässigen Bestandteile des einleitbaren Abwassers, Staffelung der Wasserentnahme)160 und sind als integraler Bestandteil der Genehmigung nicht isoliert angreif156

Laskowski/Ziehm, in: Koch (Hrsg.), Umweltrecht, 2002, S. 230. Sander/Rosenzweig, Wasserrecht. Abwasserrecht, 1999, S. 35. 158 Kloepfer, Umweltrecht, 2004, S. 1153. 159 Kloepfer, Umweltrecht, 2004, S. 1150; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 320; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 4, Rn. 4; Hoppe/ Beckmann/Kauch, Umweltrecht, 2000, S. 449. 160 Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, 2000, S. 449 f.; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 4, Rn. 6; Laskowski/Ziehm, in: Koch (Hrsg.), Umweltrecht, 2002, S. 228. 157

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bar161. Bei mangelnder Erfüllung der Benutzungsbedingungen wird die betreffende Gewässerbenutzung ohne die erforderliche wasserrechtliche Genehmigung ausgeübt162. Den Begriff der Auflagen i. S. von § 4 I 1 WHG gebraucht das Gesetz dagegen i. S. des allgemeinen verwaltungsrechtlichen Sprachgebrauchs (§ 36 II Nr. 4 VwVfG)163. Auflagen weisen zwar eine Verbindung mit der Erlaubnis oder der Bewilligung auf, sind jedoch im Unterschied zu den Benutzungsbedingungen selbständig164. Sie betreffen nicht die Benutzung selbst, sondern schreiben dem Unternehmer ein zusätzliches Tun, Dulden oder Unterlassen vor, um eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit i. S. von § 6 WHG oder nachteilige Wirkungen für andere zu verhüten oder auszugleichen (§ 4 I 2 WHG). Sie sind selbständig anfechtbar, es sei denn, es handelt sich dabei um sog. modifizierende Auflagen, die den Gegenstand der Erlaubnis selbst abändern und von dieser nicht getrennt werden können165. Die Auflagen können sich beispielsweise auf die technisch einwandfreie Gestaltung, den Betrieb und die Unterhaltung von Benutzungsanlagen, auf die Erhaltung der Erholungseignung der Gewässerlandschaft, auf Bau, Betrieb und Unterhaltung von Einrichtungen zur Hochwasserentlastung etc. beziehen166. Für den Schutz der Gewässerqualität ist die Anordnung solcher Maßnahmen von besonderer Relevanz, soweit sie zum Ausgleich einer auf die Benutzung zurückzuführenden Beeinträchtigung der physikalischen, chemischen oder biologischen Beschaffenheit des Wassers erforderlich sind, § 4 II Nr. 2a WHG. Damit kann einer Gewässerbeeinträchtigung entgegengewirkt werden, die von der Benutzung adäquat verursacht wird167. Gem. § 5 I 1 WHG stehen Erlaubnis und Bewilligung unter dem Vorbehalt nachträglicher Anforderungen zu Lasten des Inhabers. Der Gewässerbenutzer kann sich dementsprechend auch nach Erteilung der wasserrechtlichen Genehmigung seiner Rechtstellung nicht sicher sein168. Nach161 Kloepfer, Umweltrecht, 2004, S. 1150; Laskowski/Ziehm, in: Koch (Hrsg.), Umweltrecht, 2002, S. 228. 162 BVerwGE 29, S. 261/265; 36, S. 145/154; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 4, Rn. 5. 163 So statt aller Kloepfer, Umweltrecht, 2004, S. 1150. 164 Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, 2000, S. 450. 165 Ihre rechtliche Einordnung ist streitig, vgl. dazu BVerwGE 36, S. 154; Rumpel, NVwZ 1988, S. 502 ff.; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 4, Rn. 14 ff. m. w. N. 166 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 4, Rn. 12 mit weiteren Beispielen. 167 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 4, Rn. 91. 168 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 5, Rn. 1; Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, 2000, S. 451.

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trägliche Anforderungen ändern bzw. beschränken die gestattete Gewässerbenutzung in Form von Benutzungsbedingungen oder Auflagen aus Gründen des Allgemeinwohls169. Sie kommen in Betracht, wenn dies tatsächliche Veränderungen (z. B. Verschlechterungen des Gewässerzustands) oder Änderungen rechtlicher Art (z. B. strengere rechtliche Pflichten auf Grund geänderter oder neuer nationaler und supranationaler Bestimmungen) erfordern170. Sie sind nur in dem durch § 5 WHG abschließend vorgegebenen Umfang zulässig und stehen im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Damit kann auf eine nachträgliche Verschlechterung der Gewässerqualität flexibel reagiert und die Einhaltung von Umweltqualitätszielen sichergestellt werden. dd) Widerruf und Rücknahme Ein weiteres Instrument zum Schutz der Gewässerqualität besteht in der Möglichkeit des Widerrufs der Erlaubnis, der kraft Gesetzes möglich ist, § 7 I WHG. Da hier der Widerruf rechtmäßiger Erlaubnisse gemeint ist, stimmt der Gesetzeswortlaut mit dem neueren Sprachgebrauch im Verwaltungsrecht überein171. Für die Rücknahme, d. h. für die Aufhebung einer rechtswidrigen Erlaubnis, gilt § 48 VwVfG172, da das WHG eine entsprechende Spezialvorschrift nicht vorsieht173. Der Widerruf gem. § 7 I WHG bedarf eines sachlichen Grundes und kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die Fortsetzung der erlaubten Nutzung das Wohl der Allgemeinheit beeinträchtigen würde174. Widerrufsgründe sind im WHG nicht und in den Landeswassergesetzen nur beispielhaft geregelt175, wobei das SächsWG gar keine entsprechende Regelung enthält. Jedenfalls ist eine erhebliche Beeinträchtigung des Allgemeinwohls auch bei einer Beeinträchtigung der Gewässerqualität möglich176. Der Widerruf einer Erlaubnis ist grundsätzlich ohne Entschädigung zulässig177, unterliegt jedoch – insbesondere im Hin169

Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, 2000, S. 451. Laskowski/Ziehm, in: Koch (Hrsg.), Umweltrecht, 2002, S. 229; Czychowski/ Reinhardt, WHG, 2003, § 5, Rn. 1. 171 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 7, Rn. 3 m. w. N. 172 In Sachsen gilt gem. § 1 SächsVwVfG das VwVfG des Bundes. 173 Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, 2000, S. 452; Laskowski/Ziehm, in: Koch (Hrsg.), Umweltrecht, 2002, S. 229. 174 Dieser Widerrufsgrund ergibt sich bereits aus dem Zusammenhang der §§ 6 und 7 WHG und ist in einigen Wassergesetzen positiviert worden; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 465; Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, 2000, S. 452; Laskowski/Ziehm, in: Koch (Hrsg.), Umweltrecht, 2002, S. 229. 175 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 465; Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, 2000, S. 452. 176 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 12, Rn. 3. 170

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blick auf die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie und den von diesem Grundrecht umfassten Bestands- und Investitionsschutz178 – Einschränkungen. Zu prüfen ist demnach, ob der Erlaubnisinhaber im konkreten Einzelfall darauf vertrauen durfte, dass ein Widerruf seiner Erlaubnis nicht ergeht179. Zulässig soll der Widerruf der Erlaubnis jedenfalls dann sein, wenn einer der für die Bewilligung geltenden Widerrufstatbestände des § 12 II WHG erfüllt ist180. Um den Vertrauensschutz des Erlaubnisinhabers von vornherein einzuschränken, sind die Wasserbehörden allerdings zunehmend dazu übergegangen, die Erlaubnis gem. § 7 I 2. Hs. WHG zu befristen181. Da die Bewilligung eine gesicherte Rechtsposition verschafft, kommt ein Widerruf gem. § 12 WHG grundsätzlich nur gegen Entschädigung in Betracht, etwa dann, wenn die uneingeschränkte Fortsetzung der Benutzung eine erhebliche Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zur Folge hätte182. Liegen diese Voraussetzungen vor, steht die Frage nach dem (teilweisen oder vollständigen)183 Widerruf im pflichtgemäßen Ermessen der Wasserbehörde184. Die Entschädigungspflicht entfällt lediglich in den Fällen des § 12 II WHG, d. h. der Nichtausnutzung (Nr. 1), Zweckänderung (Nr. 2) und des Verstoßes gegen die Bewilligung (Nr. 3)185, soweit nicht schon nach § 5 I WHG nachträgliche Anordnungen ohne Entschädigung zulässig sind. Bei den in § 12 II WHG geregelten Tatbeständen handelt es sich um Widerrufsgründe, die in der Sphäre des Betroffenen angesiedelt sind186. Dabei kann es sich sowohl um eine Überdehnung der Benutzung als auch um die Nichterfüllung von Benutzungsbedingungen und Auflagen 177 Breuer, in: Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 1999, S. 562; Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, 2000, S. 452. 178 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 467; Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 7 WHG, Rn. 14. 179 Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, 2000, S. 452. 180 Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 7 WHG, Rn. 14; Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, 2000, S. 452. 181 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 468; Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, 2000, S. 453. 182 Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, 2000, S. 453; Laskowski/Ziehm, in: Koch (Hrsg.), Umweltrecht, 2002, S. 230. 183 Die Wasserbehörde darf die Bewilligung nicht ganz widerrufen, wenn mit einem sachgerechten Teilwiderruf den Belangen des Allgemeinwohls Rechnung getragen werden kann. 184 Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, 2000, S. 453. 185 Der entschädigungslose Widerruf der Bewilligung gem. § 13 II Nr. 3 WHG hat allerdings eine vorherige mit der „Androhung des Widerrufs verbundene Warnung“ zur Voraussetzung. 186 In diesen Fällen ist das Vertrauen des Unternehmers in den Bestand der Erlaubnis nicht schutzwürdig; Laskowski/Ziehm, in: Koch (Hrsg.), Umweltrecht, 2002, S. 230.

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handeln187. Die Rücknahme einer rechtswidrigen Bewilligung richtet sich wiederum nach § 48 VwVfG. ee) Ausgleichsverfahren Soweit das Wasser nach Menge und Beschaffenheit nicht für alle Benutzungen ausreicht oder sich diese gegenseitig beeinträchtigen und das Wohl der Allgemeinheit es erfordert, können in einem Ausgleichsverfahren gem. § 18 I 1 WHG Art, Maß und Zeiten der Ausübung von Erlaubnissen und Bewilligungen wie auch von alten Rechten und Befugnissen auf Antrag eines Beteiligten oder von Amts wegen geregelt bzw. beschränkt werden. Zudem ist in diesem Verfahren auch die Festsetzung von Ausgleichszahlungen möglich, § 18 I 2 WHG. Aufgabe und Zweck dieses Ausgleichs bestehen darin, miteinander konkurrierende Gewässerbenutzungen so aufeinander abzustimmen, dass das vorhandene Wasser gerecht verteilt wird188. Damit wird der Erhaltung der Gewässerqualität in besonderer Weise Rechnung getragen. Die Besonderheit dieses Verfahrens gem. § 18 WHG besteht darin, dass gleichzeitig mehrere Wasserbenutzer von der behördlichen Beschränkung betroffen werden können189. Obwohl dem Ausgleichsverfahren bei seiner Einführung eine erhebliche wasserwirtschaftliche Bedeutung beigemessen wurde, spielte es in der Verwaltungspraxis bisher nur eine geringe Rolle190. Der Grund hierfür dürfte darin liegen, dass sich das Ziel des Ausgleichs, nämlich die Erhaltung der Gewässerqualität, auch auf anderem Wege erreichen lässt, etwa durch teilweisen Widerruf der Erlaubnis oder Bewilligung, eines alten Rechts oder einer alten Befugnis (§§ 12 I, 15 IV WHG) oder durch nachträgliche Entscheidungen nach den §§ 5 oder 10 WHG191, wobei der Wasserbehörde insoweit ein Wahlrecht zukommt192. 2. Gewässerunterhaltung Eine Veränderung des Gewässerzustandes kann auch durch die Gewässerunterhaltung erfolgen, die durch die §§ 28 ff. WHG rahmenrechtlich gere187

Kloepfer, Umweltrecht, 2004, S. 1152. BGH, ZfW 1997, S. 27/31; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 18, Rn. 1. 189 Baisch, Bewirtschaftungsplanung im Wasserrecht, 1996, S. 186. 190 Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 18 WHG, Rn. 1; Kloepfer, Umweltrecht, 2004, S. 1153; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 18, Rn. 1; Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, 2000, S. 453; Baisch, Bewirtschaftungsplanung im Wasserrecht, S. 185. 191 BGH, ZfW 1997, S. 27/31; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 18, Rn. 1. 192 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 18, Rn. 1; Baisch, Bewirtschaftungsplanung im Wasserrecht, 1996, S. 185. 188

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gelt ist193. Nach der Legaldefinition des § 28 I 1 WHG a. F. beinhaltet diese sog. wasserwirtschaftliche Unterhaltung die Erhaltung eines ordnungsgemäßen Zustandes für den Wasserabfluss und an den schiffbaren Gewässern auch die Erhaltung der Schiffbarkeit194. Da es sich hierbei nicht um eine Gewässerbenutzung i. S. von § 3 III 2 WHG handelt, bedürfen die der Unterhaltung dienenden Maßnahmen – abgesehen von der Verwendung chemischer Mittel – keiner besonderen wasserrechtlichen Zulassung195. Für im Verkehrsinteresse liegende196 Unterhaltungsmaßnahmen an Bundeswasserstraßen197 treffen die §§ 7 ff. WaStrG198 hingegen eine eigenständige Unterhaltungsregelung. Diese auch als wasserwegerechtliche Unterhaltung bezeichnete Gewässerunterhaltung fordert für entsprechende Maßnahmen die Erhaltung eines ordnungsgemäßen Zustands für den Wasserabfluss und die Erhaltung der Schiffbarkeit, § 8 I 1 WaStrG. Die wasserwirtschaftliche Unterhaltungsregelung wird allerdings durch die entsprechenden Vorschriften des WaStrG nicht verdrängt, sondern bleibt daneben auf Unterhaltungsmaßnahmen im Wasserwirtschaftsinteresse anwendbar199. Die Gewässerreinhaltung demgegenüber ist grundsätzlich weder Aufgabe der Gewässerunterhaltung nach dem WHG noch der nach dem WaStrG, sondern fällt in den Bereich der bereits oben behandelten Gewässerbewirtschaftung. Während die wasserwegerechtliche Unterhaltung gem. § 7 WaStrG der Bundesschifffahrtsverwaltung obliegt, ergibt sich die Zuständigkeit für die wasserwirtschaftliche Unterhaltungspflicht (Unterhaltungslast) aus § 29 WHG und den konkretisierenden Bestimmungen der Landeswassergesetze. § 70 SächsWG bestimmt als Träger der Unterhaltungslast für Gewässer erster Ordnung den Freistaat Sachsen und für Gewässer zweiter Ordnung grundsätzlich die Gemeinden, soweit sie nicht zu den satzungsmäßigen Aufgaben von Wasser- und Bodenverbänden gehört. Gem. § 71 SächsWG kann 193

BVerwGE 44, S. 235/237; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 28, Rn. 2. Die Vorschriften über die Gewässerunterhaltung gelten nur für oberirdische Gewässer, einen Unterschied zwischen fließenden und stehenden Gewässern macht das WHG nicht; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 28, Rn. 4. 195 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 28, Rn. 2. 196 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 674. 197 Zum Begriff der Bundeswasserstraße s. § 1 I Nr. 1 WaStrG. 198 Bundeswasserstraßengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. November 1998 (BGBl. I, S. 3294). 199 Das Nebeneinander der beiden Regelungen beruht auf dem Dualismus der verfassungsrechtlichen Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenzen hinsichtlich der Bundeswasserstraßen (Art. 74 I Nr. 21, 75 I 2 Nr. 4 und Art. 30, 89 GG). Auf welchen Kompetenztitel und welche einfachgesetzliche Regelung Unterhaltungsmaßnahmen an Bundeswasserstraßen zu stützen sind, richtet sich nach dem ausschlaggebenden Zweck der jeweiligen Maßnahme; ausführlich hierzu Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 674. 194

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die Unterhaltungslast aber auch auf Dritte übertragen werden. Über die Rechtsnatur der Unterhaltungslast enthält das WHG keine Bestimmungen. Die Landeswassergesetze bezeichnen sie – in Übereinstimmung mit dem früheren Wasserrecht – als öffentlich-rechtliche Verpflichtung200; Dritte haben daher gegen den Träger der Unterhaltungslast grundsätzlich keinen Anspruch auf deren Erfüllung, vgl. § 68 I SächsWG201. Obwohl die Gewässerunterhaltung auf die Erhaltung eines ordnungsgemäßen Gewässerzustands abzielt, kann sich diese negativ auf vorhandene Ökosysteme auswirken, da entsprechende Maßnahmen primär hydraulische Zwecke verfolgen202. Für den Freistaat Sachsen bestand eine solche Gefahr der Beeinträchtigung gewässerökologischer Funktionen – zumindest von der gesetzlichen Ausgestaltung her – allerdings nur in eingeschränktem Maße, da dieser von der den Ländern gem. § 28 I 3 WHG a. F. eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, das Gewässer und seine Ufer auch in anderer wasserwirtschaftlicher Hinsicht in ordnungsgemäßem Zustand zu erhalten. So umfasst die Gewässerunterhaltung gem. § 69 I 1 SächsWG beispielsweise auch die Verpflichtung zur regelmäßigen Reinigung von Gewässerbett und Ufer, die Pflege und Gestaltung der Gewässerrandstreifen203, die Erhaltung bzw. Wiederherstellung der ökologischen und landeskulturellen Funktion der Gewässer sowie die Entfernung fester Stoffe aus dem Gewässer oder von seinen Ufern. 3. Gewässerausbau Erhebliche Auswirkungen auf die Gewässerqualität hat der Ausbau eines Gewässers gem. § 31 WHG, der grundsätzlich dazu führt, dass das vorhandene Gewässersystem durch Schaffung eines neuen Dauerzustands verändert wird. Als Ausbau definiert § 31 II 1 WHG die Herstellung, Beseitigung oder wesentliche Umgestaltung eines Gewässers oder seiner Ufer. Hierunter fallen auch die Errichtung, wesentliche Änderung und die Beseitigung von Talsperren, Wasserspeichern und Rückhaltebecken i. S. der §§ 84 ff. SächsWG204. Deich- und Dammbauten, die den Hochwasserfluss beeinflussen, sind dem gleichgestellt (§ 31 I 2 WHG). Der Gewässerausbau unterscheidet sich damit von der Gewässerunterhaltung, die auf die Erhal200

Vgl. insoweit auch BVerwGE 44, S. 235/237. Czychowski, WHG, 1998, § 28, Rn. 54 f. 202 Czychowski, WHG, 1998, § 28, Rn. 25. 203 Vgl. hierzu auch § 50 SächsWG. 204 Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft über die Anforderungen an Planung, Bau, Betrieb und Unterhaltung von Talsperren, Wasserspeichern und Rückhaltebecken (VwV Stauanlage) vom 9. Januar 2002, Nr. B 1., S. 178 f.; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 31, Rn. 20. 201

§ 10 Das bundesdeutsche und sächsische Gewässerschutzrecht

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tung eines ordnungsgemäßen Gewässerzustands abzielt205. Die durch den Ausbau ausgehenden negativen Beeinträchtigungen betreffen in erster Linie die Gewässerstruktur. Hierbei handelt es sich um alle räumlichen und materiellen Differenzierungen des Gewässerbettes und seines Umfeldes, soweit sie hydraulisch, gewässermorphologisch und hydrobiologisch wirksam und für die ökologischen Funktionen des Gewässers und der Aue von Bedeutung sind206. Entsprechende Beeinträchtigungen treten im Rahmen des Gewässerausbaus insofern auf, als Maßnahmen wie Flussbegradigungen, Sohlenvertiefungen, Gewässerverbau und Stauhaltungen beispielsweise die Dynamik der Wasserführung verändern, die Durchgängigkeit des Fließgewässers unterbrechen (Wehre, Staustufen), die Einheit von Fluss und Aue zerstören und die natürliche Vielgestaltigkeit der Lebensräume vereinheitlichen207. Dies kann zu nachteiligen Auswirkungen auf die aquatischen Lebensgemeinschaften in den Uferbereichen – etwa durch eine Verarmung des ursprünglichen Artenbestandes oder eine Verschiebung des Artenspektrums im Fluss – führen208. Im Unterschied zu der ohne weiteres zulässigen Gewässerunterhaltung erfolgt die rechtsinstrumentelle Steuerung des eingriffsintensiveren Gewässerausbaus im Regelfall durch die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens (§ 31 II 1 WHG). Die Planfeststellungspflicht besteht allerdings nicht, wenn ein Gewässer nur für einen begrenzten Zeitraum entsteht und dadurch keine erhebliche nachteilige Veränderung des Wasserhaushalts verursacht wird, § 31 II 3 WHG. Das Planfeststellungsverfahren für einen Gewässerausbau, der nach dem UVPG prüfpflichtig ist, muss den Anforderungen dieses Gesetzes entsprechen, § 31 II 4 WHG. Für einen nicht UVP-pflichtigen Gewässerausbau kann anstelle eines Planfeststellungsbeschlusses eine Plangenehmigung erteilt werden, § 31 III WHG. Die Planfeststellung richtet sich innerhalb des bundesgesetzlichen Rahmens in formeller und materieller Hinsicht, insbesondere auch in den inhaltlichen Voraussetzungen der das 205 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 31, Rn. 2. Auch wenn § 3 III WHG Ausbauten aus dem Benutzungstatbestand ausnimmt, ist in Einzelfällen (insbesondere beim Kiesabbau) streitig, ob es sich um eine grundsätzlich planfeststellungspflichtige Ausbaumaßnahme oder um eine genehmigungspflichtige Gewässerbenutzung handelt; Kloepfer, Umweltrecht, 2004, S. 1172. Inzwischen hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass das Freilegen von Grundwasser bei der Kiesgewinnung (sog. Nassauskiesung) keine bloße Gewässernutzung, sondern einen planfeststellungspflichtigen Gewässerausbau darstellt; Czychowski, WHG, § 31, Rn. 4a m. w. N. 206 LAWA (Hrsg.), Gewässerstrukturgütekartierung in der Bundesrepublik Deutschland, 2000, S. 3. 207 SRU, Umweltgutachten 2000, Tz. 573; UBA, Ziele für die Umweltqualität, 2000, S. 56. 208 SRU, Umweltgutachten 2000, Tz. 573; UBA, Ziele für die Umweltqualität, 2000, S. 56.

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

Verfahren abschließenden Entscheidung und ihrer rechtlichen Wirkungen, nach Landesrecht209. Das SächsWG enthält entsprechende Ausfüllungsvorschriften in den §§ 78–83 sowie in § 128. Die allgemeinen Vorschriften zum Planfeststellungsverfahren gelten nach dem VwVfG des jeweiligen Landes subsidiär; im Freistaat Sachsen sind insoweit die §§ 73–78 VwVfG anzuwenden (§ 1 SächsVwVfG)210. Der Ausbau und Neubau von Bundeswasserstraßen hat hingegen in den §§ 12–21 WaStrG eine geschlossene und vollständige Regelung gefunden. Dies gilt vor allem für das Verfahren, den Inhalt und die Rechtswirkungen der wasserwegerechtlichen Ausbauplanfeststellung (§§ 14–21 WaStrG). Unter den Gewässerausbau nach WaStrG fallen allerdings nur Maßnahmen zur wesentlichen Umgestaltung einer Bundeswasserstraße, eines oder beider Ufer, die über die Unterhaltung hinausgehen und die Bundeswasserstraße als Verkehrsweg betreffen (§ 12 II 1 WaStrG). Stromregulierungsmaßnahmen, die den planungsrechtlichen Bestand einer Wasserstraße nicht wesentlich ändern, sind indessen kein planfeststellungspflichtiger Ausbau gem. §§ 12 II, 14 I 1 WaStrG, sondern Unterhaltung gem. § 8 I 1 WaStrG211. 4. Errichtung und Unterhaltung von Anlagen an, in, unter und über oberirdischen Gewässern Eine nachteilige Veränderung des Zustands oberirdischer Gewässer – etwa durch eine Veränderung der Abfluss- und Strömungsverhältnisse – kann auch infolge der Errichtung, Beseitigung oder wesentlichen Änderung von Anlagen im Gewässerbereich hervorgerufen werden. Diesem Umstand trägt die Vorschrift des § 91 I SächsWG Rechnung, wonach die Errichtung, Beseitigung oder wesentliche Änderung von Anlagen in, an, unter und über oberirdischen Gewässern und im Uferbereich der wasserrechtlichen Genehmigung bedürfen. Der Anlagenbegriff i. S. des § 91 SächsWG ist im weitesten Sinne zu verstehen; er umfasst jede ortsfeste oder bewegliche Einrichtung im Bereich eines oberirdischen Gewässers und im Uferbereich, die geeignet ist, auf den Zustand eines Gewässers oder auf den Wasserabfluss einzuwirken212. Darunter fallen zum einen bauliche Anlagen i. S. des § 2 SächsBO, zum anderen beispielsweise aber auch Anlagen, die während der Durchführung von Bauarbeiten errichtet, beseitigt oder verändert werden213. 209

BVerwGE 85, S. 348/349 f.; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 31, Rn. 56. Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, 2003, S. 574. 211 BVerwG, NVwZ 2002, S. 470. 212 VGH Baden-Württemberg, ZfW 1994, S. 410/411; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 2, Rn. 21. 213 Zeppernick/Habel, Das sächsische Wasserrecht, 2000, § 91, Rn. 5. 210

§ 11 Die Berücksichtigung von Gewässereinwirkungen

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Durch die Genehmigungspflicht für entsprechende Anlagen wird die Aufsicht im Rahmen von Gewässerbenutzungsanlagen (etwa Wasserkraftanlagen) sinnvoll ergänzt, da nur dadurch sichergestellt werden kann, dass sich die mit den Anlagen verbundenen zivilisatorischen Eingriffe im Bereich oberirdischer Gewässer nicht nachteilig auswirken können214. Sie dient aber auch zum Schutz der Gewässer vor den Auswirkungen solcher Anlagen, bei denen nicht der Benutzungszweck, d. h. die Ausnutzung der natürlichen Eigenschaften des Gewässers im Vordergrund steht, sondern wo das Gewässer lediglich als Baugrund betrachtet wird, ohne dass es auf die wasserwirtschaftliche Eignung ankäme (z. B. bei den Pfeilern einer Brücke)215. Die wasserrechtliche Genehmigung kann unter Bedingungen und Auflagen sowie für eine bestimmte angemessene Frist erteilt werden (§ 91 II 1 SächsWG) und schließt die Baugenehmigung mit ein (§ 91 VII SächsWG i. V. m. § 67 VI SächsWG216). Sie hat eine öffentlich-rechtliche Zulassung des Vorhabens zum Inhalt und stellt weder ein Recht noch eine Befugnis dar, sondern ist ein begünstigender Verwaltungsakt217. Da eine Beeinträchtigung des Gewässerzustandes nicht nur durch die Errichtung entsprechender Anlagen, sondern auch durch deren Betrieb hervorgerufen werden, schreibt § 92 I 1 SächsWG vor, dass Wasserbenutzungsanlagen und sonstige Anlagen in, an, unter oder über oberirdischen Gewässern von ihren Eigentümern und Besitzern so zu unterhalten, zu sichern und zu betreiben sind, dass der Zustand des Gewässers nicht beeinträchtigt wird. Dadurch wird die Berücksichtigung wasserwirtschaftlicher Belange sichergestellt218.

§ 11 Die Berücksichtigung von Umweltqualitätszielen im Rahmen der Gestattung von Gewässereinwirkungen Im Folgenden ist zu untersuchen, welche materiellen Anforderungen der bundesdeutsche und sächsische Gesetzgeber an die Gestattung der beschriebenen Gewässereinwirkungen gestellt haben, um auf einen Schutz der Gewässerqualität hinzuwirken. Dabei ist besonderes Augenmerk auf die Frage zu legen, ob und inwieweit bereits vor der Umsetzung der WRRL qualitätsorientierte, am konkreten Gewässerzustand ausgerichtete Vorgaben und Ziele existierten, die im Rahmen der Anwendung des beschriebenen Instrumentariums Berücksichtigung fanden. 214

Zeppernick/Habel, Das sächsische Wasserrecht, 2000, § 91, Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, Rn. 7. 216 Baurechtliche Vorschriften sind jedoch einzuhalten. 217 Zeppernick/Habel, Das sächsische Wasserrecht, 2000, § 46, 218 Zeppernick/Habel, Das sächsische Wasserrecht, 2000, § 92, 215

Rn. 1. 2004, § 3 WHG,

Rn. 6. Rn. 1.

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

I. Der kombinierte Ansatz aus immissions- und emissionsbezogenen Anforderungen an die wasserrechtliche Genehmigung Die Frage nach immissions- bzw. qualitätsorientierten Vorgaben stellt sich zunächst im Rahmen der wasserrechtlichen Genehmigungsentscheidung, d. h. der Erteilung der Erlaubnis bzw. Bewilligung. Hierfür sind die materiellen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Erteilung einer wasserrechtlichen Genehmigung zu untersuchen. 1. Immissions- bzw. qualitätsbezogene Anforderungen Die Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis bzw. Bewilligung richtet sich in materieller Hinsicht nach § 6 WHG, der in verhältnismäßig abstrakter Weise einen zwingenden Versagungsgrund für die wasserrechtliche Genehmigungserteilung enthält219. Nach dessen Abs. 1 ist die Genehmigung zu versagen, soweit von der beabsichtigten Benutzung eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere eine Gefährdung der öffentlichen Wasserversorgung, zu erwarten ist, die nicht durch Auflagen oder durch Maßnahmen einer Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 4 II Nr. 3) verhütet oder ausgeglichen wird. Die Zulässigkeit des konkret beantragten individuellen Verschmutzungsbeitrages ist somit danach zu beurteilen, ob die durch ihn herbeigeführte immissionsseitige Belastung dem „Wohl der Allgemeinheit“ entgegensteht220. Seit seinem Inkrafttreten im Jahre 1957 enthält § 6 WHG – anknüpfend an die bisherigen Regelungen der damaligen Landeswassergesetze221 – demnach die zentrale materielle Entscheidung des WHG über die bundesrechtliche Strukturierung des öffentlich-rechtlichen Bewirtschaftungssystems für die Gewässer zur Erreichung der von ihm verfolgten Ziele222. Seine Voraussetzungen gelten für alle wasserrechtlichen Genehmigungen i. S. von § 2 WHG, unabhängig vom jeweiligen Genehmigungstatbestand, der Art der Gewässerbenutzung und des betroffenen Gewässers (beispielsweise Oberflächen- oder Grundwasser)223. 219

Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 283. Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 34. 221 Danach war die für das Allgemeinwohl unerlässliche Qualität des betroffenen Gewässers durch eine Abwägung der im Einzelfall berührten Belange zu ermitteln; Salzwedel, RdWWi 23 (1988), S. 12. 222 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 6, Rn. 2; BVerwG, ZfW 1974, S. 296/300. 223 Baisch, Bewirtschaftung im Wasserrecht, 1996, S. 51. 220

§ 11 Die Berücksichtigung von Gewässereinwirkungen

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a) Das „Wohl der Allgemeinheit“ gem. § 6 I WHG als zentrales Einfallstor für die Berücksichtigung qualitätsbezogener Anforderungen Ob und inwieweit im Rahmen der wasserrechtlichen Genehmigung qualitätsbezogene Anforderungen zu berücksichtigen sind, hängt von der Auslegung des Tatbestandsmerkmals „Wohl der Allgemeinheit“ ab. Der Begriff taucht im WHG zwar an verschiedenen Stellen auf, ist aber an keiner Stelle näher definiert. Was unter dem „Wohl der Allgemeinheit“ zu verstehen ist, wird vielmehr seitens der Exekutive im Rahmen der Gewässerbewirtschaftung durch Bewirtschaftungsziele festgelegt224. Diese enthalten nicht zuletzt bestimmte Gütemerkmale, die für ein gesundes Gewässer in jedem Fall erforderlich sind225. Die Behörde ist demgemäß im Rahmen einer immissions- und situationsbezogenen Betrachtung des Einzelfalls berechtigt, angesichts der nach Raum und Zeit konkretisierten Umstände und Kenntnisse beantragte Erlaubnisse und Bewilligungen aus den dargelegten Gründen einer punktuellen Vorsorge und Ressourcenpflege zu versagen226. Insofern enthält § 6 WHG eine inhaltlich sicher extrem unbestimmte Aussage, aber eben einen (abstrakten) Gewässerqualitätsstandard227. Für die Genehmigungspraxis bedeutet dies im Grundsatz, dass sich die Wasserbehörde an Gewässerqualitätszielen zu orientieren hat und davon die jeweiligen Emissionsgrenzwerte für die einzelne Abwassereinleitung ableiten muss228. Der Begriff des „Wohls der Allgemeinheit“ gilt dabei als zentrales Einfallstor für die Berücksichtigung gewässerqualitätsbezogener Anforderungen im Rahmen von § 6 WHG und wird als spezielle Ausprägung des immissionsorientierten, auf konkrete Güteziele ausgerichteten Gewässerschutzes angesehen229. b) Die Struktur des Wohls der Allgemeinheit Die Entscheidung über einen Erlaubnis- oder Bewilligungsantrag hängt maßgeblich davon ab, ob und inwieweit von der beabsichtigten Benutzung eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit i. S. von § 6 I WHG zu erwarten ist. Insofern stellt sich die Frage, ob diese Voraussetzung einer Er224

Salzwedel, RdWWi 23 (1988), S. 12. Knopp, in: Erbguth (Hrsg.), Änderungsbedarf im Wasserrecht, 2003, S. 48. 226 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 290 f.; Knopp, in: Bruha/Koch (Hrsg.), Integrierte Gewässerpolitik in Europa, 2001, S. 246 f. 227 Salzwedel, RdWWi 22 (1979), S. 60. 228 Ruchay, NVwZ 1988, S. 500. 229 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 6, Rn. 2; Salzwedel, RdWWi 22 (1979), S. 58 ff.; Knopp, in: Bruha/Koch (Hrsg.), Integrierte Gewässerpolitik in Europa, 2001, S. 247; ders., in: Erbguth (Hrsg.), Änderungsbedarf im Wasserrecht, 2003, S. 48. 225

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

messensentscheidung der Wasserbehörde unterliegt230 oder als unbestimmter Rechtsbegriff bindend und justiziabel ist231. aa) Das bewirtschaftungsrechtliche Zwei-Stufen-Modell Durchgesetzt hat sich ein differenzierendes Verständnis, welches auf Jürgen Salzwedel zurückgeht232 und – wie noch zu zeigen sein wird – später von Rüdiger Breuer fortentwickelt worden ist233. Danach ist eine zweistufige Einzelfallprüfung geboten, die sich erstens auf die rechtsbegrifflich-tatbestandliche Voraussetzung, dass von der beabsichtigten Benutzung keine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu erwarten sein darf, und zweitens auf die gemeinwohlbezogene Opportunität der Benutzung im Rahmen der öffentlichen Bewirtschaftung der Gewässer erstreckt234. § 6 WHG stellt somit die behördliche Entscheidung weder in das reine Ermessen noch unter eine durchgehende Rechtsbindung, sondern kombiniert eine partielle Rechtsbindung mit einer begrenzten Ermessensfreiheit235. Die Einstufung des § 6 I WHG als Ermessensentscheidung folgt aus seiner Beschränkung auf den negativen Versagungsgrund und aus dessen fehlender positiver Determination. Dies ergibt sich aus der einseitig negativ bindenden Formulierung des § 6 WHG („sind zu versagen“), wonach nur geklärt ist, wann eine Genehmigung zu versagen, nicht jedoch, wann sie zu erteilen ist236. Da auf die Erteilung der Erlaubnis oder Bewilligung kein Rechtsanspruch besteht237, ist die Behörde unter bestimmten Voraussetzungen, z. B. bei entgegenstehenden wirtschaftlichen Gründen oder bei Ge230 So Külz, in: Beiträge zum Recht der Wasserwirtschaft und zum Energierecht, Festschrift für Paul Gieseke, 1958, S. 201 ff. 231 So die h. M.; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 6, Rn. 17; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 276 mit zahlreichen weiteren Nachweisen. 232 Salzwedel, RdWWi 15 (1967), S. 48 ff. 233 Zum sog. Drei-Stufen-Modell Breuers s. u. c) cc). 234 Salzwedel spricht davon, dass der Begriff des Wohls der Allgemeinheit „nach außen hin“ (d. h. soweit er Eingriffsziele ausschließt) unbestimmter Rechtsbegriff sei und „nach innen hin“ (als Leitsatz für die Handhabung des damit abgesteckten Fächers von politischen Handlungsmöglichkeiten) einen Ermessensspielraum umschreibe; RdWWi 15 (1967), S. 48 ff. 235 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 276; Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, 2005, Art. 14, Rn. 430; Baisch, Bewirtschaftungsplanung im Wasserrecht, 1996, S. 153; Henseler, Das Recht der Abwasserbeseitigung, 1983, S. 142; Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 6 WHG, Rn. 3 m. w. N. 236 Kloepfer, Umweltrecht, 2004, S. 1143. 237 So die ganz h. M., s. nur BVerfGE 93, S. 319/339 und 58, S. 300/347; Kloepfer, Umweltrecht, 2004, S. 1143; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 6, Rn. 28 m. w. N.

§ 11 Die Berücksichtigung von Gewässereinwirkungen

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meinwohlunverträglichkeit somit nicht verpflichtet, eine Erlaubnis oder Bewilligung zu erteilen238. Sie hat vielmehr für die Zulassung und Ausgestaltung der Benutzung ein weites Zuteilungs- bzw. Bewirtschaftungsermessen239. Dieses Ermessen wird abweichend vom allgemeinen, d. h. nicht näher spezifizierten polizei- und ordnungsrechtlichen Opportunitätsermessen in erster Linie durch den Bewirtschaftungsauftrag des § 1a I 2 WHG und seine gesetzlichen bzw. planerischen Konkretisierungen bestimmt. Auf der anderen Seite sind aber auch die subjektiven öffentlichen Rechtspositionen des Antragstellers in die Bewirtschaftungsentscheidung mit einzubeziehen; diesem steht ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung zu240. In der Sache ist die wasserrechtliche Ermessensregelung vom Bewirtschaftungszweck des WHG nicht nur gerechtfertigt, sondern nach in der vom BVerfG in der Nassauskiesungsentscheidung geltend gemachten Auffassung sogar geboten. Denn eine etwa in Anlehnung an § 6 BImSchG ausgestaltete Konstruktion als präventive Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt würde angesichts des knappen Gutes Wasser, das wie kaum ein anderes für die Allgemeinheit von lebenswichtiger Bedeutung ist, nicht ausreichen, eine geordnete Wasserwirtschaft zu gewährleisten241. Der tatsächliche Bewirtschaftungsakt, nämlich die Zuteilung der Nutzung als das Charakteristikum der wasserrechtlichen Einzelfallentscheidung, erfolgt somit auf der Rechtsfolgenseite als Ermessensfrage242. Der Inhalt des § 6 I WHG kann jedoch auch nicht als totaler Ermessensakt verstanden werden, da die begriffliche Umschreibung des Versagungsgrundes mit einer bestimmten Rechtsfolge, d. h. der obligatorischen Ablehnung der beantragten Erlaubnis oder Bewilligung verbunden wird243. Ist beispielsweise eine Gefährdung der öffentlichen Wasserversorgung zu erwarten und durch Auflagen oder Benutzungsbedingungen nicht abwendbar, so muss die beantragte Erlaubnis oder Bewilligung versagt werden244. Auf 238

BVerfGE 58, S. 328; BGH, ZfW 1975, S. 45/46. Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 6, Rn. 28; Kloepfer, Umweltrecht, 2004, S. 1143; BVerwG, ZfW 1988, S. 344/346: planerischer Gestaltungsfreiraum; s. auch BVerwGE 78, S. 40/44 und BVerwGE 81, S. 347/348 ff.; Waechter, VerwArch 1997, S. 308: Ermessenskontrolle im planerischen Sinne. 240 Kloepfer, Umweltrecht, 2004, S. 1143; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 6, Rn. 28. 241 BVerfGE 58, S. 300/347. Dasselbe gilt für eine faktische Ausschaltung des Bewirtschaftungsermessens durch eine zu starre rechtliche Einschränkung der behördlichen Entscheidungsspanne; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 6, Rn. 3. 242 Baisch, Bewirtschaftungsplanung im Wasserrecht, 1996, S. 153. 243 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 276 f. 244 Insoweit wird die Einzelfallentscheidung gesetzlich terminiert, ohne dass ein Ermessensspielraum verbleibt; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 281. 239

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

Grund der entscheidenden Bedeutung, die dem Wohl der Allgemeinheit für das Schicksal des einzelnen Erlaubnis- oder Bewilligungsantrages zukommt, besteht insoweit kein Beurteilungsspielraum245. Dadurch wird ein Minimalschutz der Gewässer mit rechtsbegrifflicher Strenge gewährleistet, der aus der Sicht des Betroffenen mit dem Vorteil verwaltungsgerichtlicher Kontrolle korrespondiert246. Der Ermessensspielraum der Wasserbehörde setzt erst ein, wenn die rechtsbegrifflichen Voraussetzungen für den unabdingbaren Minimalschutz der Gewässer erfüllt sind, nämlich eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit von der beabsichtigten Nutzung nicht zu erwarten ist. Der Wasserbehörde ist somit die Zweckmäßigkeitsentscheidung über eine Optimierung des Gewässerschutzes anvertraut247. Verwaltungsrechtsdogmatisch handelt es sich bei § 6 WHG um einen Mischtatbestand248 bzw. eine Koppelungsvorschrift249.

245

Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 6, Rn. 17; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 281; Reinhardt, NuR 1999, S. 137. 246 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 277. 247 Salzwedel, RdWWi 15 (1967), S. 51 ff.; Breuer, in: Gesellschaft für Rechtspolitik Trier, Bitburger Gespräche 1983, S. 72 f., 80 ff. Allerdings ist bisweilen eine totale Verrechtlichung der wasserbehördlichen Entscheidung mit der Begründung befürwortet worden, ohne eine zu erwartende Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit sei die Versagung der beantragten Erlaubnis oder Bewilligung schlechthin nicht aus einem öffentlichen Interesse heraus zu rechtfertigen; so Wick, ZfW 1963, S. 286 ff.; im Hinblick auf die Erlaubnis auch Dellian, DVBl. 1969, S. 303 ff. Diese Auffassung übersieht jedoch, dass die Umstände der wasserwirtschaftlichen Situation, insbesondere die vorhandene Reserve und die mögliche Regeneration der Wasservorkommen sowie der zukünftige Bedarf in einer sich fortwährend wandelnden Umwelt oft nicht sicher beurteilt werden können. Auch wenn eine beabsichtigte Benutzung nicht in verifizierbarer Weise auf eine zu erwartende Beeinträchtigung des Allgemeinwohls schließen lässt, kann die Unwägbarkeit der Situation die Versagung der wasserrechtlichen Genehmigung sachgerecht und angemessen erscheinen lassen; BVerwG, ZfW 1965, S. 98/106 mit zustimmender Anmerkung von Wiedemann, S. 112; auch OVG Münster, ZfW 1974, S. 235/245 ff.; Czychowski, in: Bachof/Heigl/Redeker (Hrsg.), Verwaltungsrecht zwischen Freiheit, Teilhabe und Bindung, 1978, S. 130. In rechtlicher Hinsicht bietet die fehlende positive Determination der Verwaltungsentscheidung in § 6 WHG der Wasserbehörde den erforderlichen Ansatz, derartige Erwägungen einer optimierenden Bewirtschaftungspolitik im Rahmen des Ermessens zu praktizieren; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 278. 248 Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 6 WHG, Rn. 3. 249 Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, 2005, Art. 14, Rn. 430. Allgemein hierzu Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2004, S. 153 f.

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bb) Die Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit als zwingender tatbestandlicher Versagungsgrund § 6 I WHG enthält zunächst in verhältnismäßig abstrakter Weise einen zwingenden Versagungsgrund, soweit etwa von einer beabsichtigten Gewässerbenutzung eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit ausgeht (Negativanordnung250). Mit diesem zwingenden Versagungsgrund ist die erste Stufe des bewirtschaftungsrechtlichen Zweistufen-Modells angesprochen. Auf dieser Stufe hat die Wasserbehörde zu prüfen, ob die Zulassung der beantragten Gewässerbenutzung nicht bereits von vornherein deshalb ausscheiden muss, weil sie mit den Schutzbedürfnissen, die sich aus Gesichtspunkten des Allgemeinwohls ergeben, schlechterdings nicht in Einklang zu bringen ist251. Soweit dies der Fall ist, muss die Wasserbehörde den Antrag ablehnen; sie hat diesbezüglich keinerlei Entscheidungsspielraum252. Die Entscheidung darüber, unter welchen Voraussetzungen die wasserrechtliche Genehmigung zwingend zu versagen ist, wird durch § 6 WHG allerdings wenig vorstrukturiert. Insbesondere den zentralen unbestimmten Rechtsbegriff des „Wohls der Allgemeinheit“ definiert das WHG an keiner Stelle. § 6 WHG nennt insoweit lediglich ein wichtiges, seinen Aussagegehalt verdeutlichendes Beispiel für eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, wonach eine solche jedenfalls dann vorliegt, wenn eine Gefährdung der öffentlichen Wasserversorgung zu erwarten ist253. Im Hinblick auf die geltenden Grundsätze der Gefahrenabwehr ist es allerdings erforderlich, dass von der beabsichtigten Benutzung eine Beeinträchtigung der Wassergewinnung in qualitativer und quantitativer Hinsicht ausgehen wird254. Die Ablehnung einer Erlaubnis etwa für eine beabsichtigte Abwassereinleitung wegen einer zu erwartenden Gefährdung der öffentlichen Wasserversorgung setzt eine Gefahrenprognose dahingehend voraus, dass die Verwirklichung der beantragten Gewässerbenutzung eine – wenn auch nur geringe – Wahrscheinlichkeit für eine Beeinträchtigung der Wasseraufbereitung in sich birgt255. Als wasserrechtliche Besonderheit er250 Külz, in: Beiträge zum Recht der Wasserwirtschaft und zum Energierecht, Festschrift für Paul Gieseke, 1958, S. 210. 251 Viertel, Vorsorge im Wasserrecht, 1995, S. 283. 252 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 277; Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 6 WHG, Rn. 2; Salzwedel, RdWWi 15 (1967), S. 52 f. 253 BVerwGE 85, S. 348/351; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 6, Rn. 20. 254 Es reicht dabei nicht aus, dass eine derartige Gefährdung der öffentlichen Wasserversorgung nur theoretisch möglich erscheint; die Möglichkeit einer Beeinträchtigung muss vielmehr hinreichend konkret dargetan sein; Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 284. 255 Vgl. hierzu VGH Mannheim, NVwZ-RR 1992, S. 126/127.

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scheint dabei allerdings, dass die Schutzgüter, auf die sich die Gefahrenprognose bezieht, nicht von vornherein und abschließend feststehen, sondern vielmehr in Abhängigkeit von den im Einzelfall bestehenden Bewirtschaftungsvorgaben variieren können256. cc) Das Bewirtschaftungsermessen auf der Rechtsfolgenseite Erst wenn entsprechende zwingende tatbestandliche Versagungsgründe nicht vorliegen, d. h. die Voraussetzungen der Gefährdung der öffentlichen Wasserversorgung oder einer anderweitigen Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit nicht dargetan sind, ist die Zulassungsentscheidung in das pflichtgemäße Ermessen der Wasserbehörde gestellt257. Eine abstrakte Abgrenzung, wann eine Gewässerbenutzung wegen einer Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zwingend zu versagen ist und dementsprechend die zweite Stufe des wasserbehördlichen Bewirtschaftungsermessens in Kraft tritt, erweist sich allerdings als äußerst schwierig258. Einigkeit dürfte jedenfalls darüber bestehen, dass nicht jeder Allgemeinwohlbelang im Falle seiner Betroffenheit die Annahme einer Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit und damit das Eingreifen des absoluten Genehmigungsverbots gem. § 6 WHG begründen kann, da in diesem Fall das Bewirtschaftungsermessen völlig ausgehöhlt würde259. Andererseits ist es aber auch wenig überzeugend, einen zwingenden Versagungsgrund nur unter der abstrakten und generell geltenden Voraussetzung zu bejahen, dass besonders hochwertige Gemeinwohlbelange gefährdet sind260, da § 6 WHG selbst den Begriff des Wohls der Allgemeinheit völlig ohne tatbestandliche Einschränkungen verwendet261. Angesichts dieser eindeutigen Entscheidung muss es daher grundsätzlich bei der einzelfallbezogenen Abwägung der widerstreitenden Belange bleiben262. Zwingend zu versagen ist die wasserrechtliche Geneh256

Viertel, Vorsorge im Wasserrecht, 1995, S. 285. Breuer, in: Der Staat 20, S. 406. 258 Einen entsprechenden Versuch unternimmt aber Henseler, Das Recht der Abwasserbeseitigung, 1983, S. 142 ff. 259 Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 286. 260 So aber Henseler, Das Recht der Abwasserbeseitigung, 1983, S. 144, der unter Rückgriff auf die Rechtsfigur der Ermessensreduzierung auf Null zum dem Ergebnis gelangt, dass – ebenso wie beim polizeilichen Ermessen, dass nur dann ausgeschaltet sei, wenn Art und Ausmaß der Gefährdung öffentlicher Interessen eine behördliche Duldung der Gefährdungshandlung als schlechterdings unvertretbar erscheinen lasse – eine Beschneidung des wasserbehördlichen Bewirtschaftungsermessens lediglich dann gerechtfertigt sei, wenn öffentliche Interessen von hohem Stellenwert akut gefährdet seien. 261 BVerwGE 81, S. 347/348; Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 6 WHG, Rn. 6 ff. 257

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migung jedenfalls immer dann, wenn dies für die Sicherung der unverzichtbaren Bestandteile der für das betreffende Gewässer bestehenden bewirtschaftungsplanerischen Vorgaben erforderlich ist263. Soweit dieser Kernbereich der jeweiligen Gewässerbewirtschaftung nicht betroffen ist, greift das wasserbehördliche Bewirtschaftungsermessen264. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn die Wahrscheinlichkeit einer Gefährdung hochwertiger Gemeinwohlbelange nicht hinreichend konkret ist oder wenn die Wasserbehörde Präzedenzfälle vermeiden will, die für die Zukunft Gefährdungen dieser Belange befürchten lassen265. Gleiches gilt, wenn die Genehmigungserteilung mit der Begründung abgelehnt wird, durch die Zulassung der beabsichtigten Nutzung würden allgemeine Bewirtschaftungsziele oder eine über den Einzelfall hinausgehende, auf eine zukunftsorientierte Erhaltung der Gewässergüte zielende Bewirtschaftungskonzeption relativiert266. c) Zur Konkretisierung des Wohls der Allgemeinheit Im Folgenden ist zu klären, wie der Begriff des Wohls der Allgemeinheit von den Wasserbehörden inhaltlich zu konkretisieren ist. Diese Frage betrifft sowohl die Stufe der zwingenden tatbestandlichen Versagungsgründe als auch die Stufe des behördlichen Bewirtschaftungsermessens267. aa) Das Erfordernis wasserrechtlichen Bezuges Im Hinblick auf die Konkretisierung des Wohls der Allgemeinheit ist zunächst dem – streitigen – Problem nachzugehen, ob die Ablehnung der wasserrechtlichen Genehmigung lediglich auf (immissionsbezogene) Gesichtspunkte mit unmittelbarem wasserrechtlichem Bezug oder auch auf außerhalb der unmittelbaren wasserrechtlichen Zielsetzung liegende Allgemeinwohlbelange gestützt werden kann268. Wie auch die Gesetzesbegründung269 verstand die h. M. das Allgemeinwohl lange Zeit als umfassenden 262

Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 286. Vgl. Salzwedel, RdWWi 15 (1967), S. 52 f.; ders., RdWWi 23 (1988), S. 14. 264 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 277. 265 Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 287. 266 Vgl. BVerfGE 58, 300/347; Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 287; in diesem Sinne auch Breuer, in: Der Staat 20, S. 406. 267 Vgl. Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 287. 268 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 6, Rn. 9; Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 287 ff.; Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 6 WHG, Rn. 7; Baisch, Bewirtschaftungsplanung im Wasserrecht, 1996, 153 ff. m. w. N. 269 BT-Drs. 2/2072, S. 23. 263

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(medienübergreifenden) Gesamtbegriff, der alle wasserwirtschaftlichen Gesichtspunkte einschließt, die von einer Benutzung berührt werden können, sich jedoch auch auf andere Belange erstreckt und eine komplexe Abwägung und Ausgleichung der unterschiedlichen Interessen voraussetzt270. Durch eine Entscheidung des BVerwG271 wurde dieses weite Begriffsverständnis jedoch zurückgenommen und auf rein wasserwirtschaftliche Gesichtspunkte reduziert. Eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit unter anderen rechtlichen Gesichtspunkten, sollte sich demnach ausschließlich aus den für diese Gesichtpunkte einschlägigen Regelungsbereichen ergeben272. Die Rechtsprechung des BVerwG war von Anfang an nicht unumstritten273, große Teile des Schrifttums sind ihr allerdings – wenn auch mit unterschiedlichen Begründungen und Einschränkungen – gefolgt274. Später hat das BVerwG seine Auffassung dahingehend relativiert, dass sich Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung nicht in der Sicherung des Wasserhaushalts erschöpfen, jedoch ausdrücklich offengelassen, ob sie auch Belange erfasst, die außerhalb der wasserrechtlichen Zielsetzung liegen275. Der Auffassung des BVerwG ist zunächst darin beizupflichten, dass die Wasserbehörden nicht zur allumfassenden Durchsetzung beliebiger Gemeinwohlbelange aus Anlass einer wasserrechtlichen Bewirtschaftungsentscheidung ermächtigt werden sollen276. Auf der anderen Seite dürfte nach der ausdrücklichen Verankerung des integrierten Umweltschutzes in § 1a I WHG sowie der expliziten Verzahnung des Gewässerschutzes mit den Belangen des Naturschutzrechts (§ 6 II WHG) inzwischen kaum noch bestritten werden, dass die Entscheidung der Wasserbehörde nicht auf eine rein wasserwirtschaftliche Bewertung beschränkt bleiben kann, sondern dass auch andere, mit den Fragen des Wasserhaushalts verbundene Belange berücksichtigt werden müssen277. Hierfür spricht auch § 3 II Nr. 6 SächsWG, 270 VGH Baden-Württemberg, ZfW 1976, S. 218/225; OVG Münster, ZfW 1973, S. 56/57. 271 BVerwGE 55, S. 220/229 (Kiesweiher). Das BVerfG hat dieser Auslegung mit Hinweis auf den Zweck des § 6 WHG, der in der Ordnung des Wasserhaushalts, nicht dagegen im Schutz von Arbeitsplätzen oder der Verhinderung unerwünschter Bauvorhaben bestehe, zugestimmt; BverfGE 58, S. 300/348. 272 BVerwGE 55, S. 220/229. 273 Wolf, Umweltrecht, 2002, S. 344; Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, 2003, S. 537. 274 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 293; Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 288; Büllesbach, DÖV 1992, S. 479 ff. 275 BVerwGE 81, S. 347/351. 276 Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 289. 277 Soweit die ökologischen Funktionen des Gewässers durch die Gewässerbenutzung berührt werden, kann bzw. muss die Wasserbehörde ihre Entscheidung demnach auch auf naturschützerische Gesichtspunkte stützen; Czychowski/Reinhardt,

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wonach das Wohl der Allgemeinheit bei der Gewässerbewirtschaftung u. a. verlangt, dass die Bedeutung der Gewässer und ihrer Uferbereiche als Lebensstätte für Pflanzen und Tiere und ihre Bedeutung für das Bild der Landschaft berücksichtigt werden. Demgegenüber muss der wasserrechtlichen Gemeinwohlklausel des § 6 WHG ein fachübergreifender Schutzbereich grundsätzlich dann abgesprochen werden, wenn nicht-wasserwirtschaftliche Belange in Rede stehen, für die ein bestimmtes eigenes fachbehördliches Zulassungs- oder Anzeigeverfahren vorgeschrieben ist278. Denn eine extensive Auslegung der Allgemeinwohlklausel zur Durchsetzung beliebiger Gemeinwohlbelange hätte zur Folge, dass mit der wasserbehördlichen Entscheidung materiespezifische rechtliche Regelungen und Zuständigkeitsbereiche anderer Rechtsbereiche überspielt werden könnten279. Dies verstieße nicht nur gegen die verwaltungsrechtlich vorgesehene Kompetenzverteilung, sondern auch gegen den Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung, da der Umgehung fachgesetzlicher Besonderheiten und Beschränkungen praktisch keine Grenzen gesetzt wären280. bb) Abstrakt-generelle Qualitätsstandards Soweit vorhanden, muss die Behörde zur Konkretisierung des Wohls der Allgemeinheit auf einzelfallübergreifende Zielvorgaben zurückgreifen, die bei der Genehmigungserteilung zu berücksichtigen sind281. Dabei geht es zunächst um abstrakt-generell entwickelte Zielvorgaben, welche die bewirtschaftungsrechtliche Genehmigungsentscheidung einzelfallübergreifend vorprägen und konkretisieren. Solche Zielvorgaben ergeben sich vor allem aus EG-Richtlinien, Konzeptionen der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) sowie Vereinbarungen im Rahmen internationaler Flussgebietsgemeinschaften wie der Internationalen Kommission zum Schutz des WHG, 2003, Art. 6, Rn. 10; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 294 ff.; Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 291; OVG Greifswald, ZfW 1996, S. 450/453. Für die Einbeziehung naturschutzrechtlicher Maßstäbe auch Büllesbach, DÖV 1992, S. 483 f. 278 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 299; Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 6 WHG, Rn. 7b; Czychowski/ Reinhardt, WHG, 2003, § 6, Rn. 13; BVerwGE 81, S. 347/351; VGH Baden-Württemberg, ZfW 1973, S. 180/183. 279 Insoweit ist auf die Grundsätze der Kompetenzabgrenzung bei parallelen Gestattungsverfahren zu verweisen, die insbesondere beim Zusammentreffen der wasserrechtlichen Erlaubnis oder Bewilligung mit einer Anlagengenehmigung durchzuführen sind. 280 Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 290; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 299. 281 Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, 2000, S. 447.

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Rheins oder der Elbe (IKSR bzw. IKSE)282. Hierbei handelt es sich um parameterspezifische Festlegungen im Hinblick auf eine bestimmte Mindestqualität, der jedes nach seiner Zweckbestimmung erfasste Gewässer zu genügen hat283. Allerdings sind diese Zielvorgaben mit sehr unterschiedlicher rechtlicher Verbindlichkeit ausgestattet. Während die EG-Richtlinien neben unverbindlichen Leitwerten, um deren Einhaltung sich die Mitgliedstaaten lediglich bemühen sollen, vorrangig zwingend einzuhaltende Qualitätsgrenzwerte enthalten, sind die Vorgaben der LAWA und internationaler Flussgebietsorganisationen durchweg als rechtlich unverbindliche Orientierungs- bzw. Richtwerte einzustufen284. Soweit es sich bei den europäischen Zielvorgaben um verbindliche Grenzwerte handelt und nachgewiesen werden kann, dass eine beantragte Gewässerbenutzung eine Überschreitung dieser Grenzwerte zur Folge haben würde, stellen sie zwingende tatbestandliche Versagungsgründe im Rahmen des Wohls der Allgemeinheit dar285. Handelt es sich hingegen lediglich um (unverbindliche) Leit-, Orientierungs- bzw. Richtwerte, sind die Vorgaben nur als Entscheidungshilfen im Rahmen des behördlichen Bewirtschaftungsermessens auf der Rechtsfolgenseite zu berücksichtigen286. In diesem Rahmen bieten sie Orientierung, um eine an erreichbaren Gewässerqualitäten ausgerichtete, prognostische Konkretisierung von zukunftsbezogenen, vorsorgeorientierten Bewirtschaftungsvorstellungen zu gewährleisten287. cc) Wasserrechtliche Planung Die Vereinbarkeit einer Gewässerbenutzung mit dem Wohl der Allgemeinheit ist auch unter Heranziehung der Festlegungen wasserwirtschaftlicher Planungen zu beurteilen288. Dies hängt damit zusammen, dass der Rechtsbegriff des Wohls der Allgemeinheit planungsoffen ist, d. h. durch wasserwirtschaftliche Planungsakte konkretisiert und angehoben werden kann289. Im Hinblick auf die Rechtslage vor Inkrafttreten der WRRL sind 282 Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 305 ff.; Hoppe/Beckmann/ Kauch, Umweltrecht, 2000, S. 447; Henseler, Das Recht der Abwasserbeseitigung, 1983, S. 144 ff. 283 Henseler, Das Recht der Abwasserbeseitigung, 1983, S. 145. 284 Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 309 f. Ausführlich hierzu unten §§ 13 und 14. 285 Henseler, Das Recht der Abwasserbeseitigung, 1983, S. 145. 286 Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 310; Henseler, Das Recht der Abwasserbeseitigung, 1983, S. 145 f. 287 Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 310. 288 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 289. 289 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 289; Hasche, ZfW 2004, S. 149.

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in diesem Zusammenhang die mehrheitlich mit der 4. WHG-Novelle eingeführten und im Rahmen der 7. WHG-Novelle inzwischen durch neue Instrumente ersetzten wasserrechtlichen Pläne alten Rechts wie die wasserrechtlichen Rahmenpläne, die Bewirtschaftungspläne, die Reinhalteordnungen sowie die Abwasserbeseitigungspläne zu nennen, die mehr oder weniger detaillierte Bewirtschaftungsvorgaben enthielten und über einzelfallbezogene Betrachtungen der Wasserbehörden hinausgingen290. Zudem konnte eine Konkretisierung des Wohls der Allgemeinheit aber auch auf Grund eigener, sog. informeller Bewirtschaftungskonzepte291 der Wasserbehörden erfolgen, die der Einzelfallentscheidung vorgeschaltet waren und eine – auch als wasserwirtschaftliches Planungsermessen charakterisierte – abwägende planerische Ausübung des behördlichen Bewirtschaftungsermessens darstellten292. Im Gegensatz zur Situation im Immissionsschutzrecht, wo sich die Annahme einer Befugnis zur abwägenden Risikosteuerung wegen der Gebundenheit der immissionsschutzrechtlichen Anlagengenehmigung als äußerst problematisch erweist293, stieß eine solche informelle Bewirtschaftungsplanung nicht auf Schwierigkeiten, da die Wasserbehörden auf Grund des vorgenannten Bewirtschaftungsermessens im Rahmen der Einzelfallentscheidung ohne weiteres in der Lage waren, eine wasserwirtschaftliche Vorsorge und Ressourcenpflege nach planerischen und gestalterischen Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten zu betreiben294. Das durch die 4. WHG-Novelle eingeführte planungsrechtliche Instrumentarium hat Rüdiger Breuer zum Anlass genommen, das anerkannte Zweistufen-Modell zwischen dem zwingenden rechtsbegrifflichen Minimalschutz und der im Wege des Bewirtschaftungsermessens zu verfolgenden Optimierung des Gewässerschutzes i. S. eines dreistufigen Modells weiterzuentwickeln295. Danach steht auf der Tatbestandsseite der Einzelfallprüfung erstens der schlichte rechtsbegriffliche Minimalstandard des Gewässer290 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 289 f.; ders., in: Der Staat 20, S. 406; Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, 2000, S. 447; Czychowski, WHG, 1998, § 6, Rn. 27; Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 298; vgl. hierzu auch BVerwG, NVwZ 1988, S. 535/536. 291 Allgemein zur informellen Bewirtschaftungsplanung Salzwedel, RdWWi 23 (1988), S. 13 ff.; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 66 ff.; Graf, Vollzugsprobleme im Gewässerschutz, 2002, S. 253 f.; Wahl/Appel, in: Wahl (Hrsg.), Prävention und Vorsorge, 1995, S. 184, Fn. 537. 292 Vgl. Salzwedel, RdWWi 22 (1979), S. 57, 66; Henseler, Das Recht der Abwasserbeseitigung, 1983, S. 150; Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 300. 293 Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 300. 294 BVerwG, NVwZ 1988. S. 535/536; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 301 f.; Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 300. 295 Breuer, in: Gesellschaft für Rechtspolitik Trier, Bitburger Gespräche 1983, S. 80 ff.; ders., Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 288 f.

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schutzes, der in ergänzenden Spezialvorschriften des WHG zum Teil verschärft wird296. Zweiter (zusätzlich aufgenommener) Prüfungspunkt im tatbestandlichen Bereich ist der „rechtlich gebotene, planerisch ausgefüllte Leitstandard“, worunter der durch wasserwirtschaftliche Planungsakte konkretisierte und angehobene Rechtsbegriff des Wohls der Allgemeinheit zu verstehen ist297. An dieser Stelle ist die Vereinbarkeit einer Gewässerbenutzung mit dem Wohl der Allgemeinheit unter Heranziehung der Festlegungen wasserwirtschaftlicher Planungsakte zu prüfen, da § 6 I WHG jedenfalls grundsätzlich deren Einhaltung erfordert und umgekehrt ein Verstoß gegen einen solchen Planungsakt regelmäßig eine Beeinträchtigung des rechtsbegrifflich postulierten Wohls der Allgemeinheit erwarten lässt298. Drittens bleibt die Wasserbehörde – jenseits des rechtlich gebotenen, planerisch ausgefüllten Leitstandards – im Rahmen des Bewirtschaftungsermessens auf der Rechtsfolgenseite zu einer weitergehenden einzelfallbezogenen Optimierung des Gewässerschutzes befugt299. Die Einstufung des planerischen Leitstandards als tatbestandlichen Versagungsgrund setzt allerdings voraus, dass die in den wasserrechtlichen Planungsinstrumenten festgelegten Bewirtschaftungsziele in jedem Fall einzuhalten sind. Denn wie bereits dargelegt300, verlangt § 6 I WHG die Versagung der wasserrechtlichen Genehmigung nur für den Fall einer Unvereinbarkeit der beantragten Gewässerbenutzung mit zwingenden Vor296 Das gilt z. B. für das positive Erfordernis der Rechtfertigung einer drittbelastenden Bewilligung aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit (§ 8 III WHG) sowie für die strengere Eingriffsvoraussetzungen einer „erheblichen“ Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit (§§ 12 I, 15 IV WHG); Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 288 f.; Baisch, Bewirtschaftungsplanung im Wasserrecht, 1996, S. 152. 297 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 289. 298 Breuer, in: Gesellschaft für Rechtspolitik Trier, Bitburger Gespräche 1983, S. 82 f.; ders., Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 289; Baisch, Bewirtschaftung im Wasserrecht, 1996, S. 126; Czychowski, WHG, 1998, § 6, Rn. 27 ff.; a. A. Henseler, Das Recht der Abwasserbeseitigung, 1983, S. 146 f., der davon ausgeht, dass der Bewirtschaftungsplan nicht nur für verwaltungsexterne Dritte, sondern grundsätzlich auch für andere Behörden unverbindlich ist. Hiergegen spricht jedoch bereits der Wortlaut des § 36b V 2 WHG a. F., wonach die Bewirtschaftungspläne nach Landesrecht „auch für andere (als den nachgeordneten) Behörden für verbindlich erklärt werden“. Bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs „Wohl der Allgemeinheit“ nimmt die Wasserbehörde somit zwar keine Abwägung im klassischen Sinne vor, sie muss allerdings auf einen wertenden Ausgleich der widerstreitenden Belange achten; Baisch, Bewirtschaftungsplanung im Wasserrecht, 1996, S. 152. 299 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 290; Baisch, Bewirtschaftungsplanung im Wasserrecht, 1996, S. 152 f. Dies entspricht der zweiten Stufe von Salzwedels Zweistufenmodell. 300 Vgl. oben § 11 I. 1. b).

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gaben, die einen wasserrechtlichen Mindestschutz der Gewässer sichern. Jenseits dieser Fälle können in den wasserrechtlichen Plänen aber auch weniger essentielle Bewirtschaftungsvorgaben enthalten sein, deren Umsetzung im wasserbehördlichen Bewirtschaftungsermessen steht301. In diese Kategorie fallen auch die von den Genehmigungsbehörden im Rahmen informeller Bewirtschaftungskonzeptionen selbst entwickelten Zielvorgaben302. Dies führt dazu, dass die planungssichernde Funktion der Allgemeinwohlklausel in zwei Unteraspekte zerfällt: die Sicherung zwingender planerischer Bewirtschaftungsziele, deren Beeinträchtigung notwendigerweise zur Versagung der wasserrechtlichen Genehmigung führt und die Berücksichtigung nicht essentieller planerischer Vorgaben im Rahmen des Bewirtschaftungsermessens303. dd) Raum-, bau- und landschaftsplanerische Vorgaben Das „Wohl der Allgemeinheit“ i. S. von § 6 I WHG ist anerkanntermaßen auch offen für die Aufnahme bewirtschaftungsrechtlich relevanter, örtlicher oder regionaler Besonderheiten, die sich aus anderen als wasserwirtschaftlichen Planungsentscheidungen ergeben304. Auch wenn es sich hierbei nicht um wasserwirtschaftliche Planungen i. e. S. handelt, sind diese im Rahmen der Genehmigungsentscheidung insoweit anzuwenden, als an ihrer Entstehung Wasserbehörden zumindest mitgewirkt haben305. Je nach Intensität des wasserrechtlichen Bezuges, der Ausformulierung greifbarer Anforderungen im Hinblick auf Gewässerfunktionen und deren Verbindlichkeit können sich hieraus partielle Vorentscheidungen über den Inhalt der Gemeinwohlbelange ergeben, die im Rahmen des Bewirtschaftungsermessens zu berücksichtigen sind oder sogar zwingend zur Versagung der Erlaubnis führen müssen306. Dass diese Planungen teilweise für den einzelnen nicht verbindlich sind, ist dabei unerheblich, da die Wasserbehörde auch durch solche Programme bereits zu Erwägungen legitimiert sein kann, die den darin verfolgten Zielen dienen307. Inwieweit bei der konkreten Entscheidung von 301

Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 299. Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 299. 303 Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 299. 304 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 6, Rn. 40 ff.; VGH Mannheim, ZfW 1997, S. 33; Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 6 WHG, Rn. 16; Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 312; Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, 2000, S. 447; Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen durch räumliche Planung, 1986, S. 217 ff., S. 298 ff.; Breuer, in: Der Staat 20, S. 406. 305 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 6, Rn. 41. 306 Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 312; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 6, Rn. 41. 302

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den Planungszielen abgewichen werden kann, ist dabei nach der jeweiligen Rechtsnatur und Bindungswirkung der Pläne zu beurteilen308. Als planerische Vorgaben für eine gewässerabhängige Konkretisierung des Allgemeinwohls kommen entsprechende Festsetzungen auf prinzipiell allen Ebenen raumbezogener Planung in Betracht309. Größere räumliche Zusammenhänge erfassen dabei zunächst Planungen, mit denen überregional oder landesweit Ziele der Raumordnung und Landesplanung i. S. von § 4 I ROG festgesetzt werden. Hierbei handelt es sich um hochstufige Planungen für das Gebiet einzelner Bundesländer wie den Landesentwicklungsplan sowie die Regionalpläne für einzelne Teilgebiete (vgl. §§ 2 ff. SächsLPlG310). Als Besonderheit mit starken wasserwirtschaftlichem Bezug sind in diesem Zusammenhang auch die in einigen Bundesländern wie Sachsen für dort vorkommende Vorhaben der Braunkohlegewinnung im Tagebaubetrieb aufzustellenden Braunkohlepläne zu nennen, die ebenfalls Ziele der Raumordnung und Landesplanung festlegen (vgl. § 4 IV SächsLPlG). Dabei erhellt bereits § 1 I 2 Nr. 2 ROG, der als Leitvorstellung der Raumordnung u. a. den Schutz und die Entwicklung der natürlichen Lebensgrundlagen aufführt, dass sowohl Landesentwicklungspläne als auch Regionalpläne durchaus geeignet sind, Zielvorgaben im Hinblick auf ökologische und nutzungsbezogene Gewässerfunktionen aufzunehmen und damit für die wasserrechtliche Bewirtschaftungsentscheidung verbindlich festzulegen311. Gleiches gilt für den Bereich der übergeordneten naturschutzrechtlichen Planung, nämlich die Landschaftsprogramme und Landschaftsrahmenpläne gem. §§ 15, 16 BNatSchG, allerdings in erster Linie im Hinblick auf ökologische Schutzziele312. Auch hier kommen gewässerschützerische Festsetzungen, beispielsweise durch Verbote bestimmter Handlungen in Bezug auf die in den Naturund Landschaftsschutz einbezogenen Gewässer in Betracht313. Grundsätz307 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 6, Rn. 41; vgl. insoweit auch BVerwGE 18, S. 247/253 und 26, S. 287/291 im Hinblick auf die Flächennutzungsplanung. 308 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 6, Rn. 41. 309 Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 313. 310 Gesetz zur Raumordnung und Landesplanung des Freistaates Sachsen vom 14. Dezember 2001, SächsGVBl., S. 716. 311 Vgl. hierzu insbesondere Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen durch räumliche Planung, 1986, S. 298 ff., 305 ff. (Festsetzungen für natürliche Gewässerfunktionen) sowie Schmidt-Aßmann, DÖV 1986, S. 991 (Schutz von Grundwasservorkommen) sowie allgemein Rehbinder, NuR 1997, S. 320. 312 Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 315. 313 Hierzu eingehend Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen durch räumliche Planung, 1986, S. 220 f., 224 ff. Ergänzt wird die naturschutzrechtliche Planung durch lokal begrenzte, gebietsbezogene Anforderungen der Festsetzungen insbesondere für Naturschutz- und Landschaftsschutzgebiete; Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 315.

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lich ebenso, allerdings in erster Linie auf die Nutzungsfunktionen des betreffenden Gewässers bezogen, können wasserbezogene Aussagen in Bauleitplänen zur Konkretisierung des Wohls der Allgemeinheit herangezogen werden. Auf Grund ihres engen örtlichen Bezuges sind derartige Festlegungen vor allem im Rahmen der einzelfallbezogenen Betrachtung – etwa einer beabsichtigten Abwassereinleitung – von Bedeutung314. ee) Schutzgebietsfestsetzungen Schließlich können auch bestimmte Schutzgebietsfestsetzungen wie etwa Wasserschutzgebiete (§§ 19 WHG, 48, 130 SächsWG), Heilquellenschutzgebiete (§§ 46, 130 SächsWG), Überschwemmungsgebiete (§§ 32 WHG a. F. bzw. 31b WHG n. F.315, 100, 130 SächsWG) sowie Gewässerrandstreifen (§ 50 II bis V, 130 SächsWG) für die Konkretisierung des Wohls der Allgemeinheit Bedeutung erlangen316. So sieht § 19 II Nr. 1 WHG zum Schutz von Wasserschutzgebieten317 die Möglichkeit von Handlungsverboten oder -beschränkungen vor, um Gewässer im Interesse der Wasserversorgung vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen (§ 19 I Nr. 1 WHG), das Grundwasser anzureichern (§ 19 I Nr. 2 WHG) oder das schädliche Abfließen von Niederschlagswasser sowie das Abschwemmen und den Eintrag von Bodenbestandteilen, Dünge- oder Pflanzenbehandlungsmitteln in Gewässer zu verhüten (§ 19 I Nr. 3 WHG). Daraus können Rückschlüsse auf die im Rahmen des Wohls der Allgemeinheit zu berücksichtigenden Schutzziele gezogen werden, welche die Zweckerreichung des Wasserschutzgebietes auch tatsächlich sicherstellen318. Im Hinblick auf den Schutz natürlicher Gewässerfunktionen werden sich entsprechende Vorgaben in der Praxis allerdings nur mittelbar ableiten lassen, da hier Wasserschutzgebiete aus Gründen der öffentlichen Wasserversorgung gem. § 19 I Nr. 1 WHG dominieren, die – im Gegensatz zu entsprechenden Gebietsfestsetzungen gem. 314 Insbesondere im Hinblick auf die zu erwartende Entwicklung in der unmittelbaren Umgebung der Einleitestelle und die sich daraus in Zukunft möglicherweise entwickelnden Gefährdungspotentiale; Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 316. 315 Vgl. Gesetz zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes vom 3. Mai 2005, BGBl. I, S. 2224. 316 Vgl. insoweit Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 6, Rn. 40; Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 316. 317 Nach der Begründung zum WHG sind Wasserschutzgebiete Zonen, in denen Handlungen zu unterlassen sind, die sich auf die Menge und Beschaffenheit des Wassers nachteilig auswirken können; BT-Drs. 2/2072, S. 30. 318 Ausführlich hierzu Petry/Scheidt/Unnerstall, in: Möltgen/Petry (Hrsg.), Interdisziplinäre Methoden des Flussgebietsmanagements, 2004, S. 172 f.; vgl. auch Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 316.

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

§ 19 I Nr. 2 und 3 WHG – den Schutz der Gewässer selbst nur indirekt bezwecken319. Eine den Trinkwasserschutzgebieten vergleichbare Problemlage ergibt sich für Heilquellenschutzgebiete, die gem. § 46 III 2 SächsWG entsprechend den §§ 19 II bis IV WHG und 48 SächsWG festzusetzen sind. Auch hier dürften die für die Konkretisierung des Wohls der Allgemeinheit relevanten Ziele lediglich nutzungsbezogen oder aus einem faktischen Mitschutz der Gewässerqualität abzuleiten sein. Ebenfalls zu den nutzungsbezogenen Schutzgebietsfestsetzungen, die im Rahmen des Wohls der Allgemeinheit Bedeutung erlangen können, zählen Überschwemmungsgebiete gem. §§ 32 WHG a. F. bzw. 31b WHG n. F. und 100 SächsWG, deren Zweck in der Sicherung eines unschädlichen Wasserabflusses besteht, um hochwasserbedingte Gefahren für Menschen und Sachgüter zu vermeiden320. Damit können zwar keine direkten gewässerökologischen Ziele verfolgt werden321, allerdings kann der Schutz vor Hochwassergefahren auch zum Erhalt und zur Verbesserung der ökologischen Funktionsfähigkeit der Gewässer und ihrer Überflutungsflächen führen. Ebenfalls zur näheren Konkretisierung des Wohls der Allgemeinheit i. S. eines qualitätsorientierten Gewässerschutzes trägt schließlich die Festsetzung sog. Gewässerrandstreifen bei, die der Erhaltung und Verbesserung der ökologischen Funktionen der Gewässer und dem Schutz vor diffusen Stoffeinträgen dient (vgl. § 50 III SächsWG). Wie im Bereich der Wasserschutzgebiete sieht § 50 III SächsWG insoweit die Möglichkeit von Handlungsverboten und -beschränkungen vor, aus denen Rückschlüsse auf im Rahmen des Wohls der Allgemeinheit zu berücksichtigende Qualitätsanforderungen gezogen werden können. Hierbei handelt es sich beispielsweise um das Verbot des Umbruchs von Grünland in Ackerland, der Verwendung von Pflanzendünger und Pflanzenschutzmitteln sowie des Umgangs mit wassergefährdenden Stoffen322. Diese Verbote tragen direkt zur Aufrechterhaltung bzw. Verbesserung der Gewässerqualität bei und akzentuieren damit zugleich das Wohl der Allgemeinheit.

319 Ausführlich hierzu Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen durch räumliche Planung, 1986, S. 159 ff., 165. Dieser spricht allerdings insoweit von einem nicht zu unterschätzenden „faktischen Mitschutz als rechtliche Reflexwirkung auch für die natürlichen Funktionen des Wassers“; ebda., S. 165. 320 Kotulla, WHG, § 32, Rn. 2; Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen durch räumliche Planung, 1986, S. 169. 321 Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen durch räumliche Planung, 1986, S. 169. 322 Näher zu diesen und weiteren Verboten Zeppernick/Habel, Das sächsische Wasserrecht, 2000, § 50, Rn. 10.

§ 11 Die Berücksichtigung von Gewässereinwirkungen

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d) Gebietsschutz gem. § 6 II WHG Die Erteilung der wasserrechtlichen Genehmigung kann nicht nur aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit i. S. von § 6 I WHG verweigert werden, sondern auch aus den qualitätsbezogenen, auf den Gebietsschutz abzielenden Vorgaben des § 6 II 1 WHG. Dieser führt abschließend drei Schutzgebiete auf, deren Beeinträchtigung durch eine Gewässerbenutzung gesetzlich als zwingender Versagungsgrund vorgegeben wird und damit das „Wohls der Allgemeinheit“ aus naturschutzrechtlicher Sicht konkretisiert323. Bei den betreffenden Schutzgebieten handelt es sich um Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung324, um Europäische Vogelschutzgebiete325 sowie um Konzertierungsgebiete nach § 10 I Nr. 7 BNatSchG326. Erlaubnis und Bewilligung sind danach zu versagen, wenn von der beabsichtigten Benutzung eine erhebliche Beeinträchtigung für eines der drei Schutzgebiete in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck erheblichen Bestandteilen zu erwarten ist. Ausnahmen gelten allerdings im Hinblick auf § 34 III und IV BNatSchG, der die Ausnahmeregelungen des Art. 6 IV FFH-Richtlinie in das Bundesnaturschutzrecht transformiert (§ 6 II 2 WHG). Insgesamt werden die in § 6 I WHG vorgegebenen tatbestandlichen Voraussetzungen damit in zweifacher Hinsicht modifiziert: Zum einen wird in Übereinstimmung mit Art. 6 III FFH-Richtlinie eine erhebliche Beeinträchtigung gefordert, zum anderen sind nur solche Beeinträchtigungen Grund für die Versagung der Erlaubnis oder Bewilligung, die das Schutz323

Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 6, Rn. 53. Gebiete von gemeinschaftsrechtlicher Bedeutung sind nach § 10 I Nr. 5 BNatSchG die in die Liste nach Art. 4 II Unterabs. 3 der FFH-Richtlinie (Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen, ABl. 1992, L 206, S. 7) eingetragenen Gebiete, auch wenn sie noch nicht zu Schutzgebieten i. S. des BNatSchG erklärt worden sind. 325 § 10 I Nr. 6 BNatSchG definiert Europäische Vogelschutzgebiete als Gebiete i. S. von Art. 4 I und II der Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 79/409/EWG des Rates über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten vom 2. April 1979, ABl. 1979, L 223, S. 9). 326 Gem. Art. 4 I FFH-Richtlinie legt jeder Mitgliedstaat an Hand richtlinienrechtlich im Einzelnen vorgegebener Kriterien (Anhang III FFH-Richtlinie) eine Liste gem. Anhang I und II schützenswerter Gebiete vor. Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Kommission und Mitgliedstaat über die Nichtaufnahme eines Gebiets in diese Liste findet gem. Art. 5 FFH-Richtlinie zwischen beiden ein bilaterales Konzertierungsverfahren statt, in dem eine diesbezügliche Klärung – gegebenenfalls durch eine abschließende Entscheidung des Rates – erfolgt. Um Konzertierungsgebiete handelt es sich dabei um diesem Verfahren unterliegende Gebiete von der Einleitung des Verfahrens durch die Kommission bis zur Beschlussfassung des Rates; § 10 I Nr. 7 BNatSchG. 324

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

gebiet in dessen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen berühren327. e) Mindestwasserführung gem. § 42a SächsWG Qualitätsbezogene Versagungsgründe im Hinblick auf die Erteilung einer wasserrechtlichen Genehmigung finden sich schließlich auch im Landesrecht. Während § 17 SächsWG (§ 17 Nr. 1 SächsWG a. F.)328, wonach die Erlaubnis oder Bewilligung über § 6 WHG hinaus auch dann zu versagen oder zu beschränken sind, wenn wesentliche Gründe der Wasserwirtschaft entgegenstehen, strenggenommen über gar keinen eigenen Anwendungsbereich verfügt, da diese Gründe immer auch dem Wohl der Allgemeinheit i. S. von § 6 WHG entgegenstehen dürften, ist in der Praxis § 42a S. 1 SächsWG von Bedeutung. Danach dürfen Benutzungen oberirdischer Gewässer, die mit dem Aufstau, einer Entnahme oder Ausleitung von Wasser verbunden sind, nur dann zugelassen werden, wenn gewährleistet ist, dass die für die ökologische Funktionsfähigkeit des Gewässers erforderliche Abflussmenge (Mindestwasserführung) erhalten bleibt. Die Vorschrift dient dazu, die Austrocknung von größeren Bachabschnitten zu verhindern329 und wird vor allem im Rahmen der Wasserkraftnutzung durch sog. Ausleitungskraftwerke relevant330. Diese entziehen dem natürlichen Wasserlauf über ein Stauwehr Wasser, leiten es über einen Triebwerkskanal auf die Turbine und geben es dem natürlichen Wasserlauf unterhalb des Stauwehres zurück331. Damit ist notwendigerweise verbunden, dass im natürlichen Wasserlauf unterhalb der Stauanlage nur eine Restmenge an Wasser verbleiben kann332, oberhalb der Stauanlage das Gewässer einen anderen Charakter hat 327

Hierzu im Einzelnen Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 6, Rn. 57 f. Gem. § 17 Nr. 2 WHG a. F., der mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Sächsischen Wassergesetzes inzwischen aus Gründen der Deregulierung aufgehoben worden ist, war die Erlaubnis oder Bewilligung über § 6 WHG hinaus auch dann zu versagen oder zu beschränken, wenn die Mitbenutzung vorhandener Einrichtungen zweckmäßig und dem Antragsteller zumutbar ist. Hierbei handelt es sich allerdings um eine kommunalrechtliche und -wirtschaftliche, nicht hingegen eine umweltqualitätsbezogene Regelung, die im Hinblick auf die gegebene Themenstellung nicht von Relevanz ist. 329 Zeppernick/Habel, Das sächsische Wasserrecht, 2000, § 42a. 330 Zeppernick/Habel, Das sächsische Wasserrecht, 2000, § 42a. 331 SMUL, Ressource Wasser, 2000, S. 17. 332 Zu den physikalischen Folgen einer solchen Niedrigwasserführung gehören u. a. die Temperaturerhöhung, das Absinken der Fließgeschwindigkeit und die Sauerstoffsättigung. Da diese Gewässereigenschaften für die Lebensbedingungen der Fische ausschlaggebend sind, kann ihre Änderung weitreichende Folgen haben; ausführlich hierzu Fröhlich, ZfW 2005, S. 136 ff. 328

§ 11 Die Berücksichtigung von Gewässereinwirkungen

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und die Durchwanderbarkeit des Flusses für Fische auf Grund des Stauwehres nicht gewährleistet ist333. Die Mindestwassermenge im Wildbett geht der energetischen Nutzung einerseits verloren, andererseits stellt die über die Turbine abgeführte Wassermenge immer einen Eingriff in das natürliche Geschehen des Wildbettes dar. Dieser Konflikt zwischen Ökologie und Ökonomie ist im Einzelfall durch die Festlegung einer ökologisch begründeten Mindestwasserführung i. S. von § 42a SächsWG zu lösen. Die Mindestwasserführung wird unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse durch die zuständige Wasserbehörde in der Zulassungsentscheidung unter Beachtung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere der Bedeutung des Gewässers und seiner Uferbereiche als Lebensstätte für Pflanzen und Tiere sowie seiner Bedeutung für das Bild der Landschaft festgelegt, § 42a S. 2 SächsWG. Die im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigenden Einzelheiten sind in den Nrn. 4 und 5 der Verwaltungsvorschrift des SMUL zur Ermittlung und Festsetzung von Mindestwasserabflüssen bei Wasserkraftanlagen in sächsischen Fließgewässern334 enthalten. Danach ist der festzulegende Mindestwasserabfluss in Abhängigkeit vom langjährigen mittleren niedrigsten Jahreswasserabfluss (MNQ335) festzusetzen336. Zu berücksichtigen ist auch die Vorschrift des § 39 III SächsFischG, wonach einem Fischwasser nicht so viel Wasser entzogen werden darf, dass hierdurch das Gewässer als Lebensraum nachhaltig geschädigt wird337. Zur Sicherung der Durchwanderbarkeit des Flusses für Fische kann die Behörde deshalb gem. § 4 II Nr. 2a WHG zusätzlich die Errichtung geeigneter Fischwegeanlagen vorschreiben338.

333

SMUL, Ressource Wasser, 2000, S. 17; Fröhlich, ZfW 2005, S. 145. Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft zur Ermittlung und Festsetzung von Mindestwasserabflüssen bei Wasserkraftanlagen in sächsischen Fließgewässern (VwV Mindestwasserabfluss Wasserkraftanlagen) vom 15. Januar 2003, SächsABl. 2003, S. 156. Diese setzt gem. Nr. 8 den Runderlass zu Wasserkraftanlagen vom 5.2.1996 (nicht veröffentlicht) sowie Nr. 3 Spstr. 1 und 2 des Vorläufigen Erlasses des SMUL zum Vollzug und zur Überwachung von Wasserkraftanlagen in Sachsen vom 27. September 1999 (ebenfalls unveröffentlicht) außer Kraft. 335 Gemessen in Kubikmeter oder Liter pro Sekunde (m3 /s oder l/s), vgl. DIN 4049 Teil 3 Nr. 2.5.5. 336 Im Einzelfall hängt die genaue Festsetzung gem. Nr. 5 a bis d – insbesondere aus Gründen des Vertrauensschutzes – aber etwa auch davon ab, ob es sich bei der Wasserkraftanlage um eine Neuanlage, einen ganz oder teilweise von der Wasserkraftnutzung abhängigen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb oder einen denkmalgeschützten Anlagenbetrieb handelt. 337 Vgl. hierzu auch Nr. 2 Verwaltungsvorschrift Mindestwasserabfluss Wasserkraftanlagen. 338 Ausführlich zu dieser Problematik Fröhlich, ZfW 2005, S. 148 f. 334

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

f) Der Besorgnisgrundsatz des § 34 I WHG Immissionsbezogene Anforderungen an die wasserrechtliche Genehmigung stellt schließlich auch der Besorgnisgrundsatz des § 34 I WHG, der den Schutz des Allgemeinwohls im Hinblick auf das Grundwasser verstärkt339. Dieser gilt für alle Grundwasservorkommen gleichermaßen, nicht etwa nur für den für die Wasserversorgung vorgesehenen Teil340. Eine Erlaubnis für das Einleiten von Stoffen in das Grundwasser ist gem. § 34 I WHG nur unter verschärften, über die Anforderungen des § 6 WHG hinausgehenden Vorschriften zulässig341. Sie darf lediglich dann erteilt werden, wenn eine schädliche Verunreinigung des Grundwassers oder eine sonstige nachteilige Veränderung seiner Eigenschaften nicht zu besorgen ist. Der Begriff der schädlichen Verunreinigung bezieht sich auf alle physikalischen, chemischen und biologischen Wassereigenschaften342. Eine nachteilige Veränderung des Gewässerzustands ist zu besorgen, wenn die Möglichkeit eines entsprechenden Schadenseintritts nach den gegebenen Umständen und im Rahmen einer sachlich vertretbaren, auf konkreten Feststellungen beruhende Prognose nicht von der Hand zu weisen ist. Dabei ist von einer konkreten, auf den zu entscheidenden Einzelfall abgestellten Betrachtungsweise auszugehen343. Eine Erlaubnis für eine Einleitung in das Grundwasser ist somit schon dann zu versagen, wenn ein Schutzgut von hohem Wert oder hoher Schutzwürdigkeit auch nur der entfernten Möglichkeit eines Schadens ausgesetzt würde344. Während den Wasserbehörden bei Entscheidungen über Benutzungen im Rahmen des § 6 WHG ein Bewirtschaftungsermessen zugestanden wird, hat die zuständige Behörde bei der Anwendung des § 34 I WHG keinen eigenen Entscheidungsspielraum345. Dieses im Vergleich zu den Oberflächengewässern erhöhte Schutzniveau ergibt sich zum einen aus der besonderen Bedeutung des Grundwassers für die Trinkwasserversorgung und seiner spezifischen Funktion als Ökosystem, zum anderen aber auch aus seiner geringeren Regenerierbarkeit und den Schwierigkeiten der Überwachung346. 339

Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 34, Rn. 2. OVG Münster, ZfW 1963, S. 375; Delfs, Grundwasser, 2004, S. 61; Kotulla, Rechtliche Instrumente des Grundwasserschutzes, 1999, S. 283; Ginzky, ZUR 2005, S. 291. 341 Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 923. 342 Kotulla, Rechtliche Instrumente des Grundwasserschutzes, 1999, S. 283; ders., WHG, § 34, Rn. 8; Delfs, Grundwasser, 2004, S. 59. 343 BVerwG, DÖV 1981, S. 104/105; Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 923. 344 VGH Baden-Württemberg, VBlBW 1981, S. 52. 345 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 34, Rn. 3; Delfs, Grundwasser, 2004, S. 58. 340

§ 11 Die Berücksichtigung von Gewässereinwirkungen

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Der Besorgnisgrundsatz ist der wichtigste Maßstab für den Schutz der Grundwasserqualität347 und stellt gegenüber § 6 WHG die speziellere Vorschrift dar348. Eingriffe in die Grundwassermenge werden von § 34 I WHG hingegen nicht erfasst349. Der Besorgnisgrundsatz ist als immissionsbezogen einzustufen, weil die Bewertungsgrundlage für die Frage, ob eine Handlung mit diesem Grundsatz vereinbar ist, im Zustand des Grundwassers besteht350. Da er jedoch auf eine Veränderung gegenüber dem – jeweiligen – Zustand des Grundwassers vor der Einwirkung abstellt, handelt es sich nur um eine relative Immissionsvorgabe. In seiner Funktion ist der Besorgnisgrundsatz von vornherein auf die Verhinderung von Verschlechterungen beschränkt, kann also nicht als Maßgabe für eine aktive Verbesserung des Zustands des Grundwassers herangezogen werden351. Er gebietet dementsprechend auch nicht, dass Grundwasser bestimmten Qualitätsvorgaben wie etwa denen der Trinkwasserverordnung352 genügen muss. Eine Überschreitung entsprechender Grenzwerte wird aber regelmäßig auch eine nachteilige Veränderung des Grundwassers indizieren353. 2. Emissionsbezogene Anforderungen Die wasserrechtliche Genehmigung wird nicht nur von der immissionsbezogenen Regelung des § 6 WHG geprägt, sondern stellt gem. § 7a WHG für den Bereich der Abwasserbeseitigung auch zwingend einzuhaltende emissionsbezogene Anforderungen auf. Danach darf eine Erlaubnis für das Einleiten von Abwasser nur dann erteilt werden, wenn die Schadstofffracht des Abwassers so gering gehalten wird, wie dies bei Einhaltung der jeweils in Betracht kommenden Verfahren nach dem Stand der Technik möglich ist. § 7a I 1 WHG bildet im Wasserrecht das klassische Bild einer emissionsorientierten Betrachtungsweise, die in einer generalisierenden Form, 346 Rech, in: Kramer/Brauweiler (Hrsg.), Gewässerschutz- und Hochwasserschutzrecht, 2000, S. 119. 347 Delfs, Grundwasser, 2004, S. 58. 348 Insoweit gelten für oberirdische und für das Grundwasser unterschiedliche Schutzmaßstäbe. In anderen Bereichen, etwa wenn ein schädliches Ansteigen des Grundwasserspiegels droht, bleibt es auch für das Grundwasser bei der Anwendung von § 6 WHG; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 34, Rn. 3; Delfs, Grundwasser, 2004, S. 58. 349 Delfs, Grundwasser, 2004, S. 59. 350 Kotulla, Rechtliche Instrumente des Grundwasserschutzes, 1999, S. 282; ders., WHG, § 34, Rn. 4; Delfs, Grundwasser, 2004, S. 59. 351 Delfs, Grundwasser, 2004, S. 59. 352 Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trinkwasserverordnung – TrinkwV 2001) vom 21. Mai 2001, BGBl. I, S. 959. 353 Delfs, Grundwasser, 2004, S. 59.

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

gewässerunabhängig und „lediglich“ schadstoffbezogen an der Verschmutzungsquelle ansetzt und somit – ohne auf den Zustand des einzelnen Gewässers zu blicken – pro Abwassereinleiter eine bestimmte Menge an zulässiger Schadstofffracht festsetzt354. a) Die Entstehungsgeschichte des emissionsorientierten Ansatzes in § 7a WHG Die Beachtung strikter, einheitlicher und gewässerunabhängiger Emissionsgrenzwerte wurde im deutschen Gewässerschutzrecht erstmals mit der Einfügung des § 7a WHG durch die vierte Novelle zum WHG vom 26. 4. 1976355 geregelt, wodurch dem bis dahin grundsätzlich immissionsorientierten Bewirtschaftungsrecht der Wasserbehörden gleichsam ein eigenständiges emissionsorientiertes Abwasserrecht „untergeschoben“ wurde356. Gleichwohl begann die Herausbildung emissionsorientierter Maßstäbe im deutschen Gewässerschutzrecht nicht erst 1976, sondern bereits zehn Jahre früher mit den von der LAWA 1966 herausgegebenen „Normalanforderungen für Abwasserreinigungsverfahren“357. aa) Die „Normalanforderungen“ der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser Die Motivation für die Erarbeitung dieses informellen Regelwerks über die sog. Normalanforderungen bestand zunächst nicht in der Schaffung eines einheitlichen inhaltlichen Maßstabs für die Beurteilung von Abwassereinleitungen, sondern sollte den Behörden lediglich eine Hilfestellung für die Erstellung quantifizierter Einleitungsbescheide geben358. Denn bis dahin entsprach es verbreiteter wasserbehördlicher Vollzugspraxis, den Einleitern vorzuschreiben, Abwässer „so zu reinigen, dass sie sich im Vorfluter nicht mehr schädlich auswirken können“ – ein Gebot, das sich als wenig praktikabel erwiesen hatte359. Dem wollten die „Normalanforderungen“ abhelfen, indem sie für die meisten Industriebranchen Emissionswerte (sog. Leis354 Baisch, Bewirtschaftungsplanung im Wasserrecht, 1996, S. 93 f.; 169; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 402 f. m. w. N. in Fn. 1375. 355 BGBl. I 1976, S. 1109. 356 Salzwedel, in: Gesellschaft für Umweltrecht, Dokumentation zur 5. wissenschaftlichen Fachtagung, 1982, S. 52 ff. 357 Diesen folgten in der zweiten Auflage die von der LAWA im Jahre 1970 herausgegebenen „Normalwerte“ für Abwasserreinigungsverfahren. 358 Zur Motivation und zur Entstehungsgeschichte vgl. Husmann, RdWWi 17 (1971), S. 71 ff. 359 Husmann, RdWWi 17 (1971), S. 71 ff.; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 40.

§ 11 Die Berücksichtigung von Gewässereinwirkungen

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tungskennzahlen360) im Hinblick auf die anfallenden Abwasserinhaltsstoffe angaben, die mit dem jeweils eingesetzten Klärverfahren erreichbar waren361. Eine Aussage dergestalt, dass bestimmte, an Reinigungstechniken orientierte Mindestreinigungsanforderungen stets und unabhängig vom Belastungszustand des aufnehmenden Gewässers zu erfüllen sind, enthielt das Regelwerk allerdings nicht362. Ganz im Gegenteil betonte das einführende Kapitel über die „Grundsätze für die Anwendung der Normalanforderungen für ein Abwasserreinigungsverfahren“, dass mit der Angabe der Werte keine Vorwegnahme behördlicher Auflagen bezweckt war. Die Anforderungen an den Grad der Reinigung häuslicher und industrieller Abwässer bei der Einleitung in ein Gewässer sollten vielmehr von den Wasserbehörden ausdrücklich entsprechend den jeweiligen örtlichen Verhältnissen festgelegt werden, da nur bei einer umfassenden Bewertung von Wasserzuführung, Selbstreinigungsvermögen, Beschaffenheit sowie Art und Maß der Nutzung des Gewässers beurteilt werden könne, welchen Reinheitsgrad Abwasser aufweisen müsse und in welcher Menge das behandelte Abwasser eingeleitet werden dürfe363. Das Regelwerk setzte damit – voll und ganz der Rechtslage entsprechend – einen immissionsorientierten, einzelfallbezogenen Maßstab als selbstverständlich voraus und wollte diesen nicht verändern364. Um Verwechslungen zwischen den Qualitätsanforderungen an die Einleitung in ein Gewässer und den (Emissions-)Werten für die verschiedenen Abwasserreinigungsverfahren zu vermeiden, wurde der Titel der zweiten Auflage des Regelwerkes365 von „Normalanforderungen“ in „Normalwerte“ abgeändert366. Auch die Länder, welche die Normalanforderungen teilweise durch Verwaltungsvorschriften behördenverbindlich gemacht hatten, wiesen ausdrücklich darauf hin, dass die Anwendung des Regelwerks die Wasserbehörden nicht von der Notwendigkeit enthebe, die Festlegung von Einleitungswerten einzelfallbezogen und an der jeweiligen Immissionssituation zu orientieren367.

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Vgl. Husmann, RdWWi 17 (1971), S. 80. Da es in der Regel mehrere Verfahren mit sehr unterschiedlicher Leistungsfähigkeit gab, sah das Regelwerk für jeden Abwasserherkunftsbereich mehrere Emissionswerte vor. 362 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 40. 363 LAWA, Normalwerte für Abwasserreinigungsverfahren, S. 7; Husmann, RdWWi 17 (1971), S. 79. 364 So ausdrücklich der Vorsitzende des LAWA-Ausschusses „Normalanforderungen für Abwasserreinigungsverfahren“ Husmann; ders., RdWWi 17 (1971), S. 79 f.; in diesem Sinne auch Malek/Hulsch, gwf-Wasser/Abwasser 1976, S. 344. 365 LAWA, Normalwerte für Abwasserreinigungsverfahren, 1970. 366 Husmann, RdWWi 17 (1971), S. 83. 367 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 41. 361

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

Gleichwohl haben die Normalanforderungen in der wasserbehördlichen Praxis zu einer Veränderung der materiellen Maßstäbe geführt368. Denn entgegen der Intention des für die Erstellung verantwortlich zeichnenden Gremiums sind sie nicht bloß als Hilfestellung für die Erstellung quantifizierter Einleitungsbescheide, sondern – ohne dass das WHG hierfür eine ausreichende Rechtsgrundlage hergegeben hätte – ganz überwiegend als Grundlage für eine Verwaltungspraxis einheitlicher, gewässerunabhängiger Einleitungsstandards verstanden worden369. Die entsprechenden Leistungskennzahlen aus den Normalanforderungen dienten dabei als Emissionswerte für die Einleitungsbescheide, wobei praktisch ein Agreement zwischen der Wasserbehörde und den Abwassereinleitern dahingehend bestand, die erzielbaren Emissionsgrenzwerte entsprechend den jeweils eingesetzten Abwasserreinigungsverfahren festzulegen370. Der Grund hierfür ist im Wesentlichen darin zu sehen, dass man die Vollzugswiderstände scheute, die sich bei einer einzelfallbezogenen Differenzierung der Anforderungen stellten371. Diese Erfahrungen schlugen sich dann auch deutlich in der Haltung nieder, welche die Länder in der Reformdebatte im Vorfeld der vierten WHG-Novelle einnahmen. Hatten sie die Einführung emissionsorientierter Mindeststandards im Rahmen der dritten WHG-Novelle noch vehement mit dem Argument abgelehnt, dass diese teilweise zu hart seien, teilweise aber auch nicht ausreichten372, prognostizierten sie nun, dass Erfolg auf Dauer nur einem Gebot der Abwasserreinigung nach dem Stand der Technik beschieden sein werde373. Eine nähere Begründung für diesen Kurswechsel sucht man in den Gesetzesmaterialien vergebens, die Sachverständigenanhörung im Rahmen der vierten WHG-Novelle deutet allerdings darauf hin, dass hierfür vor allem Gründe der Vollzugsvereinfachung verantwortlich gewesen sein dürften. Durchgesetzt hatte sich die Erkenntnis, dass eine Genehmigungspraxis, die in jedem Einzelfall eine mit den Erfordernissen des jeweiligen Gewässers begründete Entscheidung darüber zu treffen hat, welche Abwassereinleitung noch mit dem in § 6 WHG für maßgeblich erklärten „Wohl der Allgemeinheit“ vereinbar ist, notwendigerweise zu erheblichen Schwierigkeiten im Vollzug führen müsste374. Hierin sah man zugleich die Ursache 368

Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 41. Malek/Hulsch, gwf-Wasser/Abwasser 1976, S. 344; Husmann, RdWWi 17 (1971), S. 79 ff.; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 41; Rincke, in: Presse- und Informationszentrum des Deutschen Bundestages (Hrsg.), Umweltschutz (I), 1971, S. 105; Salzwedel, ebda., S. 97. 370 Ruchay, NVwZ 1988, S. 500. 371 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 41. 372 BR-Drs. 387/65, S. 1 f. und Czychowski, ZfW 1966, S. 33. 373 BT-Drs. 6/3765, S. 12 und – im Wesentlichen unverändert eingebracht – BTDrs. 7/888, S. 25. Zur Kritik an der Widersprüchlichkeit der Länderposition vgl. Riegel, Umwelt 1976, S. 44. 369

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dafür, dass sich der Gewässerzustand seit Inkrafttreten des WHG insgesamt nicht verbessert, sondern sogar verschlechtert hatte375. Zudem zeigte sich, dass der Verzicht auf einheitliche Mindestanforderungen in der Praxis zumindest im Bereich der industriellen Einleiter zu einem Wettbewerb der Gemeinden in der Großzügigkeit abwassertechnischer Auflagen und damit zu Wettbewerbsverzerrungen geführt hatte376. Dem sollte der Ausbau der Normalanforderungen zu einem Gebot der Abwasserreinigung nach dem Stand der Technik abhelfen377. bb) Das Konzept der Bundesregierung zur verbindlichen Festschreibung der Gewässergüteklasse II Die Bundesländer sperrten sich damit gleichzeitig auch gegen das damals von der Bundesregierung – im Hinblick auf die gegebene Themenstellung höchst bedeutsame – Konzept, die Gewässergüteklasse II bundesweit verbindlich festzuschreiben und bundeseinheitliche Maßstäbe für die Umsetzung dieses Qualitätsziels in individuelle Einleitungsanforderungen aufzustellen. Nach den §§ 26c i. V. m. 26a und 26b WHG des entsprechenden Bundestagsentwurfs sollten die Emissionsstandards – im Gegensatz zu § 7a WHG – nicht als allgemeine Mindestemissionswerte, sondern als Immissionsstandards in Bezug auf die Güteklassen I und II (nicht oder nur unerheblich verunreinigte Gewässer) festgesetzt werden378. Damit enthielt § 26a ein allgemeines Verschlechterungsverbot für die beiden obersten (von insgesamt vier379) Güteklassen, welches gem. § 26a I 2 allerdings im Interesse einer gesicherten öffentlichen Wasserversorgung durchbrochen werden konnte. Dies hätte zur Folge gehabt, dass für den Bereich qualitativ guter 374

Salzwedel, in: Presse- und Informationszentrum des Deutschen Bundestages (Hrsg.), Umweltschutz (I), 1971, S. 96 f.; Rincke, ebda., S. 105; ebenso die Begründung des Entwurfs für eine Reinhaltungsnovelle in der vierten Legislaturperiode, vgl. BT-Drs. 4/3140, S. 4. 375 Wallner, in: Presse- und Informationszentrum des Deutschen Bundestages (Hrsg.), Umweltschutz (I), 1971, S. 14. 376 Rincke, in: Presse- und Informationszentrum des Deutschen Bundestages (Hrsg.), Umweltschutz (I), 1971, S. 105; Wiedemann, Erfordernis einheitlicher Regelung, 1971, S. 58. 377 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 42. 378 Vgl. die §§ 26a – 26c des Bundestagsentwurfes eines vierten Gesetzes zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes, BT-Drs. 7/888, S. 6 f., S. 19 f.; Riegel, Umwelt 1976, S. 43 f. Die Merkmale, die den mindestens zu erhaltenden Zustand eines Gewässers oder Gewässerteils nach der Güteklasse II kennzeichnen, und die technisch naturwissenschaftlichen Verfahren, nach denen dieser Zustand festzustellen ist, waren laut § 26a II des Gesetzesentwurfes durch allgemeine Verwaltungsvorschriften (Art. 84 II GG ) zu bestimmen. 379 BT-Drs. 7/888, S. 19.

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

Gewässer grundsätzlich hohe Anforderungen an das Einleiten von Stoffen zu stellen gewesen wären, wohingegen die unterschiedslosen, keine Ausnahme ermöglichenden Mindestanforderungen des § 7a WHG stets relativ niedrig sein müssen, um unwirtschaftliche Übermaßeffekte zu vermeiden380. Neben den Beschränkungen an das Einleiten von Stoffen sah § 26b zudem ein allgemeines Sanierungsgebot für erheblich verunreinigtes Gewässer (§ 26b I 1) und ein spezielles Sanierungsgebot für solche Gewässer oder Gewässerteile vor, die für die öffentliche Wasserversorgung aktuell oder potentiell in Frage kommen (§ 26b I 2). Die Anforderungen hätten sich demzufolge nach dem jeweiligen Nutzungszweck gerichtet, wobei insoweit nach der öffentlichen Wasserversorgung (Satz 2) und den sonstigen Nutzungsarten i. S. von Satz 1 (z. B. Baden, Schwimmen, Fischerei) zu unterscheiden war. Soweit es mangels anspruchsvoller Nutzung zum Wohle der Allgemeinheit hingegen nicht erforderlich gewesen wäre, hätte die Festlegung von Einleitungsstandards unter Umständen gar nicht oder nur in minimaler Höhe erfolgen müssen381. cc) Die Grundsätze für Gewässergüteregelungen des sog. „Mainzer Papiers“ Die Länder waren allerdings der Meinung, eine bundeseinheitliche Mindestgüteregelung werde den natürlichen Verschiedenheiten der Gewässer nicht gerecht. Zudem vertraten sie die Ansicht, dass die in den §§ 26a – 26c des Regierungsentwurfs enthaltenen Verordnungsermächtigungen bzw. Ermächtigungen für Verwaltungsvorschriften der Bundesregierung mit dem Wesen des Rahmenrechts nicht vereinbar seien382. Da auch die Bundesregierung Zweifel daran hegte, ob die von ihr angestrebte Regelung noch auf der Grundlage der Rahmenkompetenz des Art. 75 Nr. 4 GG verwirklicht werden konnte383, eine entsprechende Grundgesetzänderung hin zu einer konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit384 jedoch die Mitwirkung des Bundesrates erfordert hätte, zeichnete sich ab, dass sie ihre Konzeption nicht würde durchsetzen können385. Hinzu kam, dass die inzwischen ins380

Riegel, Umwelt 1976, S. 43. BT-Drs. 7/888, S. 19; Riegel, Umwelt 1976, S. 19. 382 BT-Drs. 7/888, S. 25 und BT-Drs. 6/3765, S. 12. Vgl. insoweit auch Lillinger, RdWWi 20 (1977), S. 10. 383 Ausführlich hierzu Brandl, Die Kompetenz des Bundes zur Umsetzung europäischer Richtlinien, 2002, S. 62. 384 Vgl. hierzu den von der Bundesregierung im Deutschen Bundestag eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 20. Oktober 1970, BT-Drs. 6/1298 sowie den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 74 Nr. 24 – Wasserhaushalt –) vom 2. März 1973, BR-Drs. 209/73. 385 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 43. 381

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besondere auf supranationaler Ebene entfachte – in der Gegenüberstellung von „Emissions-“ und Immissionskonzept geführte – Kontroverse über die künftige Ausrichtung des europäischen Gewässerschutzes (hierzu ausführlich unten § 13 II. 1.) Bund und Länder zu einer Einigung auf eindeutige Grundsätze für Gewässerschutzregelungen zwangen, wollten sie diese Debatte wirksam beeinflussen386. Die Einigung, die schließlich zwischen der Bundesregierung und Vertretern der Länder auf einem informellen Treffen im März 1975 in Mainz erzielt wurde, war dann auch maßgeblich von den Vorstellungen der Länder geprägt. Das Resultat dieser Einigung, die als „Mainzer Papier“ bekannt gewordenen „Grundsätze für Gewässergüteregelungen im nationalen Bereich und bei internationalen und supranationalen Tätigkeiten“387, sah dementsprechend die Festsetzung einheitlicher, am Stand der Abwassertechnik ausgerichteter Emissionsgrenzwerte auf der Grundlage der von der LAWA herausgegebenen Normalwerte für Abwasserreinigungsverfahren als zentrale Maßnahme der Gewässerreinhaltung an. Diese Werte sollten verschärft werden, wenn sie nicht ausreichten, den angestrebten Gewässergütezustand herzustellen. Soweit wasserwirtschaftlich geboten, sollten im Rahmen von Bewirtschaftungsplänen dezentral verbindliche Qualitätsgrenzwerte festgelegt werden. Entsprechend diesen Grundsätzen wollte man auch auf supra- und internationaler Ebene verfahren: Während die Festlegung von Emissionsgrenzwerten vorangetrieben werden sollte, waren einheitlich geltende Qualitätswerte für alle Gewässer oder für solche mit bestimmten Nutzungen zu verhindern388. Diese Grundsätze wurden – soweit sie sich auf die nationale Politik bezogen – im Rahmen der kurze Zeit später beschlossenen vierten Novelle zum WHG in vollem Umfang verwirklicht389. § 7a WHG führte mit dem damaligen Mindeststandard der „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ emissionsorientierte Mindestanforderungen ein; mit § 36b WHG a. F. wurde dagegen nur eine begrenzte Pflicht zur Aufstellung von Bewirtschaftungsplänen und damit auch zur Festlegung von Qualitätsgrenzwerten aufgenommen390. Die Orientierung an immissionsseitigen Erfordernissen, die § 6 WHG immerhin zwingend vorsah, geriet auf diese Weise in den Hintergrund und wurde nach 386 Lillinger, RdWWi 20 (1977), S. 10 f.; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 43. 387 Abgedruckt bei Lillinger, RdWWi 20 (1977), S. 11 f.; vgl. hierzu auch Kromarek, Vergleichende Untersuchung über die Umsetzung der EG-Richtlinien Abfall und Wasser, 1987, S. 77. 388 Mainzer Papier, abgedruckt bei Lillinger, RdWWi 20 (1977), S. 12. 389 Lillinger, RdWWi 20 (1977), S. 12; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 43; Vergleichende Untersuchung über die Umsetzung der EGRichtlinien Abfall und Wasser, 1987, S. 77. 390 s. hierzu ausführlich unten § 12 III.

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und nach durch eine im Wesentlichen emissionsorientierte Betrachtungsweise ersetzt391. b) Das Technikniveau des § 7a WHG Obwohl spätere Novellierungen das mit der 4. WHG-Novelle im Jahre 1976 eingeführte Regulierungsmodell dem Grundsatz nach unangetastet ließen, hat sich das auf der Seite der emissionsorientierten Anforderungen gem. § 7a WHG maßgebliche Technikniveau mehrmals verändert. Während die ursprüngliche Fassung des § 7a WHG in Satz 1 die Minimierung des Abwassers nach Menge und Schädlichkeit nach den „allgemein anerkannten Regeln der Technik“392 festschrieb und die Bundesregierung zur Bestimmung der anzuwendenden allgemeinen Regeln der Technik – gestützt auf § 7a I 3 WHG a. F. – zahlreiche, jeweils für einen bestimmten Produktionszweig geltende und hierfür spezielle Anforderungen an das Einleiten in Gewässer aufstellende allgemeine Verwaltungsvorschriften erließ393, hat die fünfte Novelle zum WHG vom 25.7.1986394 diese Anforderungen verschärft und abgestuft. Abwasser mit gefährlichen Inhaltsstoffen aus bestimmten Herkunftsbereichen unterlag hiernach dem fortschrittsgebundenen Stand der Technik analog § 3 IV BImSchG. Dieser galt allerdings nicht gesetzesunmittelbar, sondern vollzog sich in zwei untergesetzlichen Konkretisierungsstufen (§ 7a I 1, 3 und 4 WHG 1986)395. Auf der ersten Stufe hat die Bundesregierung die sog. Abwasserherkunftsverordnung vom 3.7.1987396 und auf der zweiten Stufe die sog. Abwasserverwaltungsvorschriften der „zweiten Generation“, vor allem die Rahmenabwasserverwal391 Ruchay, NVwZ 1988, S. 500; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 41. 392 Unter allgemeinen Regeln der Technik sind Prinzipien und Lösungen zu verstehen, die in der Praxis erprobt und bewährt sind und sich mithin bei der Mehrheit der auf dem fraglichen technischen Gebiet tätigen Praktiker durchgesetzt haben; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 386 m. w. N. 393 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 407. Die vierte WHG-Novelle enthielt insofern einen Kompromiss, als die emissionsorientierten Mindestanforderungen des § 7a WHG zentral durch eine Verwaltungsvorschrift des Bundes konkretisiert wurden; die ursprünglichen Vorstellungen der Länder hatten hier noch eine dezentrale Konkretisierung vorgesehen; vg. BT-Drs. 6/3765, S. 12. Dieser Kompromiss war allerdings in der Logik der Grundsätze des Mainzer Papiers nur folgerichtig, wollte man doch gemeinsam sogar für international einheitliche Emissionsgrenzwerte eintreten; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 43. 394 BGBl. I 1986, S. 1165. 395 Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 818. 396 BGBl. I 1987, S. 1578; zuletzt geändert durch Verordnung vom 27.5.1991, BGBl. I, S. 1197.

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tungsvorschrift vom 8.9.1989397 erlassen. Während die auf Abwassereinleitungen in oberirdische Gewässer bezogene Abwasserherkunftsverordnung bestimmte Herkunftsbereiche wassergefährdender Stoffe benennt, haben die branchenbezogenen Abwasserverwaltungsvorschriften neben Einzelparametern für bestimmte Stoffe Gruppen- und Summenparameter eingeführt und entsprechende Emissionsgrenzwerte festgelegt398. Bei letzteren handelte es sich einerseits um konventionelle Normalwerte als Konkretisierung der „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ und zum anderen um verschärfte „Stand-der-Technik-Werte“399. Durch das sechste Änderungsgesetz zum WHG vom 11.11.1996400 ist das in § 7a WHG vorgeschriebene Technikniveau erneut geändert worden, diesmal vor allem auf Grund europarechtlicher Anforderungen. So hatte der EuGH mehrfach das deutsche System der Umsetzung von EG-Richtlinien, nämlich in einem allgemeinen Gesetz und ergänzenden Verwaltungsvorschriften verworfen, da letztere nicht die von ihm geforderte Rechtsnormqualität aufwiesen401. Der formellrechtlichen Forderung des EuGH nachkommend bestimmt § 7a I 3 WHG n. F., dass die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Anforderungen festlegt, die dem Stand der Technik entsprechen. Mit der Einführung von § 6a WHG hat der Gesetzgeber hierfür gleichzeitig eine bundesgesetzliche Rechtsgrundlage geschaffen402. Mit dem neuen Einheitsniveau des Standes der Technik wurde gleichzeitig die Differenzierung zwischen den konventionellen, den allgemeinen Regeln der Technik entsprechenden Normalwerten für übliches Abwasser und den fortschrittsgebundenen, nach dem Stand der Technik analog § 3 VI BImSchG festzulegenden Anforderungen an die Einleitung gefährlicher Abwasserinhaltsstoffe aufgegeben403. Damit ist das Anforderungsniveau des § 7a WHG an die dem deutschen Stand der Technik ähnlichen „besten verfügbaren Techniken“ des Europarechts angegli397 GMBl. S. 518; in der Form vom 25.11.1992, GMBl. 1994, S. 498; zuletzt geändert durch VwV vom 15.4.1996, GMBl. 1996, S. 463. 398 Zu den Vorteilen dieses kombinierten Stoff- und Branchenansatzes s. Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 818 f. 399 Näher dazu Breuer, KA 1996, S. 1003 ff.; ders., in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 818. 400 BGBl. I 1996, S. 1690. 401 Vgl. hierzu das Urteil des EuGH vom 7.11.1996, wonach Verwaltungsvorschriften nicht ausreichen, die Tochterrichtlinien zur Gewässerschutzrichtlinie 76/464/EWG hinreichend in deutsches Recht umzusetzen; EuGH, Rs. C-262/95 (Kommission/Deutschland), Slg. 1996, S. I-5729, Rn. 14 ff. Ausführlich zu diesem Problemkreis Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 782 f. m. w. N. sowie unten § 13 I. 2. b). 402 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 6a, Rn. 3. 403 Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 820.

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chen worden404. Während der in § 7a V WHG erstmalig eingeführten Legaldefinition des Standes der Technik in der sechsten Novelle zum WHG allerdings noch die entsprechende deutsche Definition405 zu Grunde gelegt wurde406, ist diese Vorschrift im Rahmen der Umsetzung der IVU-Richtlinie durch das sog. Artikelgesetz vom 27.7.2001407 nochmals geändert und an die Fassung des § 2 Nr. 11 IVU-Richtlinie angepasst worden408. Gestützt auf § 7a I 3, 4 und II WHG n. F. ist am 21.3.1997 die Verordnung über Anforderungen an das Einleiten von Abwasser in Gewässer und zur Anpassung der Anlage des Abwasserabgabengesetzes in Kraft getreten409. Diese enthält als Art. 1 die „Verordnung über Anforderungen an das Einleiten von Abwasser in Gewässer“ (Abwasserverordnung – AbwV), die – der Rechtsprechung des EuGH folgend – die zu § 7a WHG a. F. erlassenen Abwasserverwaltungsvorschriften ablöst, deren Regelungsansätze und -inhalte aber im Wesentlichen beibehält410. Demgemäß bestimmt die AbwV die Anforderungen, die bei der Erteilung einer Einleitungserlaubnis aus den in den Anhängen bestimmten Herkunftsbereichen mindestens festzusetzen sind (§ 1 I AbwV), wobei in ihrer Erstfassung lediglich vier Anhänge enthalten waren411. Die in der Rahmen-Abwasserverwaltungsvorschrift und einer Reihe älterer Abwasserverwaltungsvorschriften festgelegten Mindest404 Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 821. Insofern musste der deutsche Gesetzgeber bereits die materiellrechtlichen Vorwirkungen IVU-Richtlinie berücksichtigen; ders., ebda., S. 819. 405 Der Stand der Technik sollte demnach dem Entwicklungsstand technisch und wirtschaftlich durchführbarer Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen, die als beste verfügbare Techniken zur Begrenzung von Emissionen praktisch geeignet sind, entsprechen. 406 Der deutsche Gesetzgeber hatte es bei der 6. Novelle noch vermieden, die Definition der „besten verfügbaren Techniken“ aus § 2 Nr. 11 der IVU- Richtlinie in das WHG zu übernehmen; vgl. Knopp, NJW 1997, S. 418 ff.; Lübbe-Wolff, ZUR 1997, S. 62 ff. 407 BGBl. I, S. 1950. 408 Danach ist der neue wasserrechtliche Stand der Technik der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. 409 Ursprüngliche Fassung vom 21.3.1997, BGBl. I 1997, S. 566; Fassung der Bekanntmachung vom 20.9.2001, BGBl. I 2001, S. 2440. Gleichzeitig ist die Abwasserherkunftsverordnung vom 3. 7 1987 außer Kraft getreten; Art. 3 der Verordnung über Anforderungen an das Einleiten von Abwasser in Gewässer und zur Anpassung der Anlage des Abwasserabgabengesetzes vom 21. März 1997, BGBl. I, 582. 410 Dies gilt insbesondere für den kombinierten Stoff- und Branchenansatz; Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 823.

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anforderungen sollten gem. § 7 S. 1 AbwV so lange fortgelten, bis entsprechende Anforderungen in der Abwasserverordnung festgelegt, d. h. deren branchenbezogene Anhänge vervollständigt sind. Seither ist die AbwV in rascher Folge mehrfach geändert worden und verfügt inzwischen über insgesamt 45 Anhänge. Entsprechend hat sich die Zahl der gem. § 7 S. 1 AbwV vorläufig noch fortgeltenden, die numerischen Lücken ausfüllenden Abwasserverwaltungsvorschriften auf wenige Relikte reduziert412 3. Der kombinierte Ansatz zwischen Anspruch und Wirklichkeit Mit Blick auf das Verhältnis der immissions- und emissionsbezogenen Voraussetzungen der wasserrechtlichen Genehmigungsentscheidung gilt, dass die auf Grund von § 7a WHG ergangenen Emissionsbegrenzungen Mindestanforderungen an das Einleiten von Abwasser darstellen413. Weitergehende Anforderungen nach anderen Rechtsvorschriften bleiben gem. § 7a I 2 WHG sowie § 1 III AbwV ausdrücklich unberührt414. Diese können sich beispielsweise aus § 6 WHG oder den gesteigerten gewässerbezogenen Anforderungen des planungsrechtlichen Instrumentariums ergeben (vgl. oben § 11 I. 1.). Der Sache nach handelt es sich bei den materiellen Anforderungen an die wasserrechtliche Genehmigung somit um einen kom411 Anhang 1 für häusliches und kommunales Abwasser, Anhang 40 für Metallbearbeitung und Metallverarbeitung, Anhang 42 für Alkalichloridelektrolyse und Anhang 48 für die Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe. Damit hat der deutsche Verordnungsgeber die Richtlinie 91/271/EWG über die Behandlung von kommunalem Abwasser (ABl. 1991, L 135, S. 40) sowie die eingangs erwähnten Folgerichtlinien zur Gewässerschutzrichtlinie 76/464/EWG für die 17 europarechtlich an Emissionsgrenzwerte gebundenen Stoffe normativ umgesetzt, wie der EuGH es verlangt hatte; ausführlich hierzu unten § 13 II. 412 Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 825. 413 Vgl. statt vieler: Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 7a, Rn. 1a, 17; Salzwedel, ZfW 1978, S. 284 ff.; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 406. Dies gilt auch im Hinblick auf § 7a WHG n. F., wonach nicht mehr das Anforderungsniveau der „allgemein anerkannten Regeln der Technik“, sondern das des „Standes der Technik“ gem. § 7a V WHG vorgeschrieben ist, da auch hier prinzipiell schärfere Anforderungen möglich sind; Dahme, in: Sieder/Zeitler/Dahme/ Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 7a WHG, Rn. 15; Sander/Rosenzweig, Wasserrecht. Abwasserrecht, 1999, S. 84. 414 Rech, in: Kramer/Brauweiler (Hrsg.), Gewässerschutz- und Hochwasserschutzrecht, 2000, S. 119. Streng genommen hätte es der Regelung des § 7a I 2 WHG gar nicht bedurft, denn § 7a I 1 WHG enthält schon seinem Wortlaut nach nur eine der Voraussetzungen, unter denen eine Erlaubnis erteilt werden „darf“, nicht erteilt werden „muss“; Dahme, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 7a WHG, Rn. 13; Reinhardt/Czychowski, WHG, 1998, § 7a, Rn. 17. Knopp, in: Bruha/ Koch (Hrsg.), Integrierte Gewässerpolitik in Europa, 2001, S. 247 spricht deshalb von einer „Klarstellung“.

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binierten Ansatz, d. h. ein Zusammenspiel von emissions- und immissionsbezogenen Anforderungen415. Neben der emissionsorientierten Betrachtungsweise mit den Mindestanforderungen an die Abwassereinleitungen nach § 7a WHG gewissermaßen als Grundlast, ist demnach zusätzlich die immissionsbezogene Betrachtungsweise notwendig, um zu gewährleisten, dass ein Gewässer durch Einleitungen nicht bis zur Grenze der Belastungsfähigkeit in Anspruch genommen wird416. Ein solcher kombinierter Ansatz ist notwendig, da § 7a WHG ausschließlich Menge und Schädlichkeit eines einzelnen Einleiters regelt, nicht aber verhindern kann, dass Abwassereinleitungen insgesamt die für ein Gewässer kritische Grenze erreichen. Insbesondere bietet § 7a WHG keine Möglichkeit, die Zahl der Einleiter und damit die Gesamtbelastung des Gewässers zu begrenzen417. Auch bleibt der Gewässerzustand des jeweiligen Vorfluters von dieser Vorschrift unberücksichtigt418. Deshalb kommen im Rahmen der Erteilung der wasserrechtlichen Genehmigung über § 7a WHG hinausgehende Anforderungen, etwa zusätzliche Parameter und Grenzwerte, die nur bei Anwendung fortschrittlichster Technologien419 erreicht werden können, in Betracht, wenn sie aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit, beispielsweise von bestimmten nutzungsorientierten oder ökologischen Belangen her für das benutzte Gewässer erforderlich sind420. Strengere Anforderungen können aber auch im Hinblick auf die Nutzungserfordernisse und die besondere Schutzbedürftigkeit eines Gewässers, z. B. für die Trinkwasserversorgung oder zum Baden und Fischen angelegt werden421. Gleiches gilt im Hinblick auf die Bewahrung der natürlichen Funktionsfähigkeit des Gewässers, insbesondere bei Einleitungen in ein stehendes bzw. gestautes oder ein fließendes oberirdisches Gewässer mit einem verhältnismäßig geringen Niedrigwasserzufluss422. Dazu müssen jedoch die Kausalzusammenhänge zwischen der Einleitung und der Gewässerbelastung ermittelt werden (Immissionsbetrachtung)423. 415

Breuer, ZfW 2005, S. 22; Unnerstall, in: Brinktrine (Hrsg.), Alte und neue Streitfragen, 2000, S. 208. 416 Knopp, in: Bruha/Koch (Hrsg.), Integrierte Gewässerpolitik in Europa, 2001, S. 248. 417 Czychowski/Reinhart, WHG, 1998, § 7a, Rn. 17. 418 Sander/Rosenzweig, Wasserrecht. Abwasserrecht, 1999, S. 83. 419 Z. B. weitergehende Reinigungsstufen oder Maßnahmen, etwa Beschränkung der Schadstofffracht. 420 Breuer, KA 1996, S. 1005; Lübbe-Wolff, DÖV 1987, S. 901; Salzwedel, RdWWi 22 (1979), S. 60; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 7a, Rn. 17. 421 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 285. 422 Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen durch räumliche Planung, 1986, S. 154. 423 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 7a, Rn. 17.

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Dies bedeutet, dass eine beantragte Einleitungserlaubnis grundsätzlich auch dann versagt oder durch restriktive Nebenbestimmungen eingeschränkt werden kann, wenn sämtliche einschlägigen Emissionsstandards eingehalten sind424. Allerdings haben die strikten gewässerunabhängigen Emissionsstandards im Rahmen abwasserrechtlicher Einleitungsgenehmigungen in der Praxis dazu geführt, dass der behördliche Ermessensspielraum faktisch erheblich relativiert worden ist425. Hielt nämlich der Abwassereinleiter die im Prinzip ausschließlich aus Emissionsstandards bestehenden gesetzlichen Mindestanforderungen ein, musste die Behörde nachweisen, dass durch das Abwasser die Gesundheit des Menschen oder die biologische Funktion des Gewässers trotz Anwendung des Standes der Technik gestört wird426. Ohne konkrete Qualitätsziele und Maßstäbe ließ sich ein solcher Nachweis jedoch nur schwer erbringen427. Dass eine Erlaubnis zur Einleitung von Abwässern aus Rücksichtnahme auf die Gewässerqualität oder zu ihrer Verbesserung ganz verweigert wurde oder über den Stand der Technik hinausgehende Emissionsanforderungen gestellt wurden, war im Vollzugsalltag nur selten der Fall428. Obwohl § 6 WHG von der Regelung des § 7a WHG ausdrücklich unberührt bleibt, kam der immissionsrechtlich geprägten Allgemeinwohlregelung des § 6 WHG im Bereich der Abwassereinleitungen seit der Einführung entsprechender Mindestanforderungen i. S. von § 7a WHG deshalb in der Praxis nur mehr eine ergänzende Funktion zu429.

II. Qualitätsbezogene Anforderungen an die Gewässerunterhaltung Wenn auch die Gewässerunterhaltungspflicht in erster Linie wasserwirtschaftliche und wasserwegerechtliche Ziele verfolgt, mussten auch bereits vor der Umsetzung der WRRL qualitätsorientierte Maßstäbe des Umwelt424 Die Regelung des § 7a WHG hat mit dem Bewirtschaftungsermessen der Wasserbehörden grundsätzlich nichts zu tun, Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 404; Baisch, Bewirtschaftung im Wasserrecht, 1996, S. 170; Sander/Rosenzweig, Wasserrecht. Abwasserrecht, 1999, S. 84. 425 Baisch, Bewirtschaftung im Wasserrecht, 1996, S. 170; Knopp, in: Bruha/ Koch (Hrsg.), Integrierte Gewässerpolitik, 2001, S. 248. Zweifelhaft erscheint allerdings die Aussage, dass der wasserrechtliche Bewirtschaftungsaspekt bei Einzelfallentscheidungen über Abwassereinleitungen völlig belanglos werde. So aber wohl Salzwedel, in: v. Münch (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 1988, S. 746. 426 SRU, Umweltgutachten 2004, Tz. 323. 427 SRU, Umweltgutachten 2004, Tz. 323. 428 Graf, Vollzugsprobleme im Gewässerschutz, 2002, S. 184 f., 282. 429 Baisch, Bewirtschaftung im Wasserrecht, 1996, S. 97; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 7a, Rn. 1c; Hentschel, Die europäische Wasserrahmenrichtlinie, 2005, S. 3.

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

und Gewässerschutzes Berücksichtigung finden. So verpflichtete § 28 I 2 WHG a. F. die Träger der Unterhaltungslast, bei der Unterhaltung den Belangen des Naturhaushalts Rechnung zu tragen sowie Bild und Erholungswert der Gewässerlandschaft zu berücksichtigen. Hierbei handelt es sich um qualitätsorientierte Belange, die dem Natur- und Landschaftsschutzrecht zuzuordnen sind und grundsätzlich außerhalb der vom WHG geschützten Güter stehen430. Den Belangen des Naturhaushalts Rechnung zu tragen bedeutet, das komplexe Wirkungsgefüge aller natürlichen Faktoren wie Boden, Wasser, Luft, Klima, Pflanzen- und Tierwelt bei pflichtgemäßer Abwägung zu beachten431. Unter dem Bild der Gewässerlandschaft432 ist die äußerlich erkennbare, d. h. mit dem Auge wahrnehmbare Erscheinung und Wirkung des Gewässers in seiner Umgebung zu verstehen, die entscheidend durch die Art und Gestaltung des Gewässers sowie seiner Ufer und die angrenzende Umgebung mit ihrer Geländebeschaffenheit und ihrem Tier- und Pflanzenleben geprägt wird433. Der Erholungswert einer Gewässerlandschaft setzt die Eignung der Landschaft voraus, die Bedürfnisse der Naherholung, Ferienerholung und der sonstigen Freizeitgestaltung (§ 2 I Nr. 11 BNatSchG) zu erfüllen434. Die Anforderung des „Berücksichtigens“ räumt dem Unterhaltungsträger einen Spielraum ein, die Bedeutung der verschiedenen, von der Gewässerunterhaltung berührten öffentlichen und privaten Interessen zu würdigen und erst nach einer Abwägung zu entscheiden, in welcher Weise und in welchem Ausmaß Bild und Erholungswert der Gewässerlandschaft zu berücksichtigen sind435. Daraus wird deutlich, dass die Gewässerunterhaltung nicht nur auf hydraulische Ziele ausgerichtet sein durfte, sondern auch den Anforderungen der Ökologie und der Landschaftspflege Rechnung tragen musste436. Wie dies im Einzelnen zu geschehen hatte, ergibt sich in erster Linie aus den Vorschriften des Naturschutz- und Landschaftspflegerechts, da es nach Aufgabe, Ziel und Systematik des Umweltrechts vor allem Sache der Naturschutzbehörden ist, ökologische Zielvorstellungen zu entwickeln437. Insbesondere die Belange des Naturhaushalts fanden häufig in konkretisierten Zielvorstellungen, Programmen und Planungen seiner Träger Ausdruck438. Sie konnten es beispielsweise erforderlich machen, die biologische Wirk430 431 432 433 434 435 436 437 438

BVerwGE 55, S. 220/229. Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 28, Rn. Z. B. Fluss-, Auen, Seen-, Moorlandschaft. Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 28, Rn. Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 28, Rn. Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 28, Rn. Leismann/Vogel, ZfW 1997, S. 220. Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 28, Rn. Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 28, Rn.

16 f. 19. 20. 21. 48. 17.

§ 11 Die Berücksichtigung von Gewässereinwirkungen

233

samkeit des Gewässers zu fördern, das Selbstreinigungsvermögen zu steigern, die fischbiologischen Gegebenheiten zu verbessern oder das Biotopgefüge zu stärken439. Bei der Beräumung des Gewässerbettes oder bei Schutzmaßnahmen am Ufer sollte der natürliche Charakter des Gewässers erhalten bleiben. Ergänzend zu den Anforderungen des § 28 I 2 WHG a. F. schrieb § 69 I Nrn. 2 und 3 SächsWG a. F. die Verpflichtung auf standortgerechten Bewuchs, eine naturnahe Bauweise, die natürliche Gestaltung und Pflege der Gewässerrandstreifen sowie die Erhaltung und Wiederherstellung der ökologischen und landeskulturellen Funktion der Gewässer fest. Nähere Vorgaben für die ökologische Gewässerreinhaltung ergaben sich zudem aus den sächsischen Richtlinien für die naturnahe Gestaltung der Fließgewässer440, die den Wasserbehörden als fachliche Empfehlung auf dem Gebiet der Gewässerökologie an die Hand gegeben worden sind. Diese waren darauf gerichtet, die Fließgewässer in ihren ökomorphologischen Strukturen zu verbessern und trugen demzufolge zu einer Qualitätsorientierung des Gewässerschutzrechts bei441. Der Gedanke der Qualitätsorientierung war also auch der bisherigen Gewässerunterhaltung nicht fremd. Gleichwohl waren die gesetzlichen Vorgaben – insbesondere des WHG – sehr allgemein gehalten, während dessen die konkreteren sächsischen Richtlinien für die naturnahe Gestaltung der Fließgewässer lediglich Empfehlungscharakter hatten. Zudem durften der ordnungsgemäße Zustand für den Wasserabfluss und die Schiffbarkeit durch die qualitätsbezogenen Vorgaben nicht beeinträchtigt werden442. Insgesamt standen im Rahmen der Gewässerunterhaltung hydraulische Erwägungen im Vordergrund.

III. Die Berücksichtigung von Qualitätszielen beim Gewässerausbau Zu prüfen ist weiterhin, ob und inwieweit Qualitätsziele vor der Umsetzung der WRRL bereits auch im Rahmen des Gewässerausbaus, d. h. im Rahmen des beim Gewässerausbau grundsätzlich durchzuführenden Planfeststellungsverfahrens Berücksichtigung fanden. Für die inhaltliche Entscheidung im Rahmen der Planfeststellung bzw. der Plangenehmigung enthält der ebenfalls mit dem 6. WHG-Änderungsgesetz eingefügte § 31 I WHG ein anspruchsvolles materielles Programm, das darauf ausgerichtet ist, die Gewässer in ihren ökomorphologischen Strukturen zu verbessern443. Da439

Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 28, Rn. 17. SMU, Richtlinien für die naturnahe Gestaltung der Fließgewässer, 1995. 441 Spillecke, in: IRWE/Umweltministerium NRW (Hrsg.), Umweltschutz im Widerstreit differierender Konzepte, 2000, S. 227. 442 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 28, Rn. 17. 440

234

2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

nach sollen Gewässer, die sich im natürlichen oder naturnahen Zustand befinden, in diesem Zustand erhalten bleiben, und nicht naturnah ausgebaute natürliche Gewässer sollen soweit wie möglich wieder in einen naturnahen Zustand zurückgeführt werden, wenn überwiegende Gründe des Allgemeinwohls nicht entgegenstehen. Mit dieser Vorschrift, die in § 78 I und II SächsWG inhaltsgleich wiederholt wird, wollte der Gesetzgeber vor allem erreichen, dass natürliche Rückhalteflächen für die Aufnahme des Hochwassers zur Verfügung stehen. Die Vorschriften der §§ 31 I WHG, 78 I und II SächsWG zielen nach Sinn und Zweck aber nicht nur auf den Hochwasserschutz, sondern enthalten eine allgemeine Aussage im Interesse der Einhaltung und Wiederherstellung der oberirdischen Gewässer als eines ökologischen Systems444. Dieses Naturerhaltungs- und Renaturierungsgebot wird durch den – ebenfalls im Rahmen des 6. WHG-Änderungsgesetzes eingefügten § 31 V WHG – konkretisiert445. Danach sind beim Gewässerausbau natürliche Rückhalteflächen zu erhalten, das natürliche Abflussverhalten nicht wesentlich zu verändern, naturraumtypische Lebensgemeinschaften zu bewahren und sonstige erhebliche nachteilige Veränderungen des natürlichen oder naturnahen Zustandes des Gewässers zu vermeiden oder – soweit dies nicht möglich ist – auszugleichen. Hierbei handelt es sich um final ausgerichtete, optimierende Qualitätsanforderungen, die allerdings im Rahmen des der Planungsbehörde zustehenden Planungsermessens überwunden werden können und somit nur begrenzt justiziabel sind446. Detailliertere qualitätsbezogene Anforderungen an den Gewässerausbau ergaben sich – wie auch für die Gewässerunterhaltung – aus den Richtlinien für die naturnahe Gestaltung der Fließgewässer in Sachsen, die allerdings von den Wasserbehörden lediglich als fachliche Empfehlung im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen waren. Mit § 31 V 3 WHG, wonach der Planfeststellungsbeschluss bzw. die Plangenehmigung zu versagen sind, soweit von dem Ausbau eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere eine erhebliche und dauerhafte, nicht ausgleichbare Erhöhung der Hochwassergefahr oder eine Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen, vor allem in Auwäldern, zu erwarten ist, hatte sich der Gewässerausbau an einer weiteren umweltqualitätsbezogenen Vorschrift auszurichten. Im Gegensatz zu den der Abwägung unterliegenden Vorgaben des § 31 V 1 WHG handelt es sich hierbei um einen 443 Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 877; Spillecke, in: IRWE/Umweltministerium NRW (Hrsg.), Umweltschutz im Widerstreit differierender Konzepte, 2000, S. 227. 444 Zeitler, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 31 WHG, Rn. 35. 445 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 31, Rn. 48. 446 Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 877.

§ 11 Die Berücksichtigung von Gewässereinwirkungen

235

sog. Planungsleitsatz447, der allerdings nur dann zum Zuge kommt, wenn die Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit nicht durch Auflagen verhütet oder ausgeglichen werden kann (vgl. § 80 I SächsWG). Wie bei der Genehmigungsentscheidung für Gewässerbenutzungen kommen Umweltqualitätsziele somit auch hier über den Begriff des Allgemeinwohls zur Anwendung448, wobei es sich bei diesen allerdings weniger um stoffbezogene Ziele, sondern vielmehr um gewässerstrukturelle Qualitätsanforderungen handeln wird. Wegen der Konzentrationswirkung des § 75 I VwVfG dürfen dem Gewässerausbauvorhaben auch keine sonstigen zwingenden öffentlichen Belange aus anderen materiell-rechtlichen Normen des öffentlichen Rechts entgegenstehen. Damit können auch Umweltqualitätsziele aus anderen Regelungsbereichen – etwa des Naturschutzrechts – im Rahmen der Entscheidung über den Gewässerausbau Anwendung finden. Schließlich hatten Umweltqualitätsziele auch insofern Einfluss auf das Planfeststellungsverfahren für den Gewässerausbau, als es sich hierbei um ein UVP-pflichtiges Vorhaben handelt, das den Anforderungen des UVPGesetzes entsprechen muss, § 31 II 4 WHG. Die danach durchzuführende Umweltverträglichkeitsprüfung soll sicherstellen, dass bei bestimmten Vorhaben die Auswirkungen auf die Umwelt zur wirksamen Umweltvorsorge nach einheitlichen Grundsätzen frühzeitig und umfassend ermittelt, beschrieben und bewertet werden und das Ergebnis so früh wie möglich bei allen behördlichen Entscheidungen über die Zulässigkeit berücksichtigt wird, § 1 UVPG. Zwar schreibt sie damit in erster Linie die Beachtung spezieller Verfahrensregeln vor und verzichtet auf die Vorgabe materieller Umwelt(qualitäts)standards449. Der Maßstab für die Bewertung der Umweltauswirkungen i. S. von §§ 1, 2 I 1 und 12 UVPG bemisst sich allerdings nach der UVPVwV, die insoweit auf die in anderen Vorschriften bestehenden Grenzwerte und Umweltstandards sowie die für einzelne Umweltmedien in Anhang I festgelegten (nicht rechtsverbindlichen) Umweltqualitätsziele als Orientierungshilfen verweist (Ziffer 0.6.1.2)450. Damit hatten die in der UVPVwV in Bezug genommenen Umweltqualitätsziele zumindest mittelbaren Einfluss auf die Planfeststellung gem. § 31 WHG.

447 Dieser Begriff geht auf die – nicht unumstrittene – Terminologie des BVerwG zurück; vgl. hierzu Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 31, Rn. 92 m. w. N. 448 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 31, Rn. 62. 449 Vgl. Kloepfer, Umweltrecht, 2004, S. 347 ff. 450 Wolf, Umweltrecht, 2002, S. 206.

236

2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

IV. Qualitätsorientierung im Rahmen der Errichtung und Unterhaltung von Anlagen in, an, unter und über oberirdischen Gewässern Die Frage nach dem Einfluss qualitätsbezogener Anforderungen stellt sich schließlich auch im Hinblick auf die Erteilung der wasserrechtlichen Anlagengenehmigung gem. § 91 SächsWG. Ein „Einfallstor“ für die Berücksichtigung von Qualitätszielen bei der Errichtung, Beseitigung oder wesentlichen Änderung entsprechender Anlagen in, an, unter und über oberirdischen Gewässern ergibt sich hier aus § 91 III SächsWG, wonach die Genehmigung zu versagen ist, wenn von dem beabsichtigten Unternehmen eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit oder erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen für andere Grundstücke, Bauten oder sonstige Anlagen zu erwarten sind, die durch Bedingungen oder Auflagen weder verhütet noch ausgeglichen werden können. Im Bereich des Wohls der Allgemeinheit sind damit – wie im Rahmen des § 6 WHG – in erster Linie wasserwirtschaftliche Belange451 und demzufolge auch gewässerqualitätsbezogene Aspekte zu berücksichtigen. Beim Bau und Betrieb von Wasserkraftanlagen ist gem. § 91a WHG darüber hinaus aber auch auf die Belange der Fischerei, des Natur- und Bodenschutzes, der Landschaftspflege und der Erholungsvorsorge besonders Rücksicht zu nehmen, so dass auch Qualitätsziele aus diesen Bereichen mit in die Entscheidung einfließen können. Von besonderer Relevanz sind hier vor allem die Belange der Fischerei, die im Freistaat Sachsen durch das Sächsische Fischereigesetz definiert werden und den Schutz, die Erhaltung und Fortentwicklung der im Wasser lebenden Tier- und Pflanzenwelt erfordern, § 1 I SächsFischG452. Dieses abstrakte Umweltqualitätsziel wird durch § 41 I SächsFischG, wonach die Errichtung von Stauanlagen die Gewährleistung des Fischwechsels durch geeignete Fischwege voraussetzt, konkretisiert. In der wasserrechtlichen Praxis ist deshalb die Anordnung von Fischaufstiegshilfen bei der Berücksichtigung fischereibezogener Interessen von entscheidender Bedeutung453. Die Unterhaltung von Wasserbenutzungs- und sonstigen Anlagen in, an, unter und über oberirdischen Gewässern hat gem. § 92 I 1 SächsWG so zu erfolgen, dass der Zustand und die Unterhaltung der Gewässer nicht beeinträchtigt werden. Der Begriff „Zustand des Gewässers“ erstreckt sich dabei nicht nur auf einen ordnungsgemäßen Wasserabfluss, sondern auch auf alle anderen wasserwirtschaftlichen Belange wie die Gewässerqualität454. Nä451

s. hierzu oben § 11 I. 1. c) aa). Zeppernick/Habel, Das sächsische Wasserrecht, 2000, § 91a, Rn. 4. 453 SMUL, Ressource Wasser, 2000, S. 19; Zeppernick/Habel, Das sächsische Wasserrecht, 2000, § 91a, Rn. 4. 454 Zeppernick/Habel, Das sächsische Wasserrecht, 2000, § 92, Rn. 4. 452

§ 12 Qualitätsorientierung durch das Planungsinstrumentarium des WHG a. F. 237

here Anforderungen an die Gewässerqualität gehen aus § 92 SächsWG jedoch nicht hervor.

§ 12 Die Funktion des Planungsinstrumentariums des WHG a. F. im Hinblick auf eine Qualitätsorientierung des Gewässerschutzrechts Die Vorschriften über die Gestattung von Gewässereinwirkungen bieten zwar – vor allem durch den Begriff des Allgemeinwohls und das daran geknüpfte Bewirtschaftungsermessen – „Einfallstore“ für die Berücksichtigung von Umweltqualitätszielen, enthalten selbst jedoch nur wenige konkrete Vorgaben im Hinblick auf die zu erreichende Umweltqualität. Die Festlegung entsprechender Gewässerqualitätsziele sollte vielmehr durch das im WHG a. F. geregelte planungsrechtliche Instrumentarium – insbesondere die Bewirtschaftungspläne gem. § 36b WHG a. F. – erfolgen, die neben dem Bewirtschaftungsgrundsatz des § 1a WHG und der Allgemeinwohlklausel des § 6 WHG als Beispiel des bereits vor Inkrafttreten der WRRL bestehenden Qualitäts- bzw. Immissionsbezuges des deutschen Gewässerschutzrechts angesehen werden455. In der Tat enthielten das WHG a. F. und die jeweiligen Wassergesetze der Länder ein vielfältiges Planungsinstrumentarium, das sowohl die generelle und großräumige Gewässerbewirtschaftung als auch die spezifisch örtliche Problembewältigung umfasste456. Dessen idealtypische Reihenfolge beginnt auf der obersten Planungsstufe mit dem wasserwirtschaftlichen Rahmenplan (§ 36 WHG a. F) und wird von den bereits erwähnten und überwiegend gewässergütewirtschaftlich orientierten Bewirtschaftungsplänen (§ 36b WHG a. F.) auf der mittleren Stufe sowie den Nutzungsregelungen der Reinhalteordnungen (§ 27 WHG a. F.) auf der untersten Stufe gefolgt457. Ergänzend treten die auf die wasserwirtschaftliche Teilaufgabe der Abwasserbeseitigung gerichteten Abwasserbeseitigungspläne (§ 18a III WHG a. F.)458 sowie die im Freistaat Sachsen geregelten Pläne der öffentlichen Wasserversorgung (§ 8 SächsWG) hinzu, wel455

Appel, ZUR 2001, S. 131; Reinhardt, ZfW 1999, S. 302 f.; allgemein zur Bedeutung von Planung für den Umweltschutz Steiger, ZRP 1971, S. 133 ff. 456 Peters, UPR 1988, S. 325; Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 31; Baisch, Bewirtschaftung im Wasserrecht, 1996, S. 88; Kloepfer, Umweltrecht, 2. Aufl., 1998, S. 873. 457 Salzwedel, ZfW 1979, S. 27; ebenfalls in dieser Reihenfolge Hentschel, Die europäische Wasserrahmenrichtlinie, 2005, S. 11 ff. A. A. Erbguth, Rechtssystematische Grundlagen des Umweltrechts, S. 129. 458 Baisch, Bewirtschaftung im Wasserrecht, 1996, S. 90; Peters, UPR 1988, S. 331; Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen durch räumliche Planung, 1986, S. 320 ff.

238

2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

che die im Rahmen der Trinkwasserversorgung zu ergreifenden Maßnahmen festlegen459.

I. Wasserrechtliche Planung als Instrument zur Gewässerqualitätsorientierung Als Planungsinstrumente sind die wasserrechtlichen Pläne auf den Vollzug durch administrative Einzelentscheidungen angelegt460 und zielen somit vornehmlich auf die Erlaubnis- und Bewilligungspraxis. Dabei steuern sie die Ausübung des nach § 6 WHG eröffneten wasserbehördlichen Bewirtschaftungsermessens durch eine idealiter umfassende und überzeugende Darstellung vernünftiger und zielstrebiger Ermessensausübung461. Sie dienen dazu, alle relevanten Belange gleichsam trichterförmig zu erfassen, einer (auch) überörtlichen Perspektive zu unterwerfen und dann auf die Einzelfallentscheidung hin zu verdichten462. Damit wird der Blick vom Medium und den in ihrer vollen Komplexität einwirkenden Faktoren allmählich auf die Ebene konkreter Entscheidungen verengt. Umgekehrt wird die punktuelle Entscheidung des Einzelfalls durch Anknüpfung an die planerischen Vorgaben für eine breitere Perspektive geöffnet, die über die Flexibilität des Bewirtschaftungsermessens dann auch in die Einzelfallentscheidung einfließen kann. Entscheidend für die Ausgestaltung dieses Modells ist die Kombination aus klaren Zielvorgaben, die einen festen und grundsätzlich nicht verfügbaren konzeptuellen Rahmen bilden, mit der nötigen Flexibilität bei der Einzelfallentscheidung, die erst die Einhaltung der Zielvorgaben ermöglicht463. Daraus ergibt sich der sachliche Zusammenhang zwischen den stoffbezogenen Emissionsbegrenzungen und den immissions-, d. h. gewässerbezogenen Bewirtschaftungsinstrumenten464. 459

Neben diesen durch das WHG a. F. sowie das SächsWG geregelten Plänen sind in der Planungspraxis auf Landes- und Kommunalebene zahlreiche Fach-, Sonder- und Generalpläne entwickelt worden, welche u. a. die Lösung örtlich oder regional begrenzter Problemstellungen – etwa der Wasserversorgung oder Abwasserbeseitigung – zum Gegenstand haben. Hinzu kommen neuere fachplanerische Entwicklungen wie Aktionsprogramme, Zielplanungen und fachorientierte Pläne, die vor allem ökologische Zielsetzungen verfolgen (vgl. hierzu Hoffmeister, Die Bedeutung wasserwirtschaftlicher Rahmen- und Bewirtschaftungspläne, 1992, S. 182 ff.; SRU, Sondergutachten „Flächendeckend wirksamer Grundwasserschutz, Tz. 302). Da entsprechende Planungen im Freistaat Sachsen nicht durchgeführt wurden, soll hierauf jedoch nicht näher eingegangen werden. 460 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2. Aufl., 1987, S. 253. 461 Reinhardt, ZfW 1999, S. 302. 462 Wahl/Appel, in: Wahl (Hrsg.), Prävention und Vorsorge, 1995, S. 189. 463 Wahl/Appel, in: Wahl (Hrsg.), Prävention und Vorsorge, 1995, S. 189. 464 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2. Aufl., 1987, S. 253.

§ 12 Qualitätsorientierung durch das Planungsinstrumentarium des WHG a. F. 239

Bei den wasserrechtlichen Planungsinstrumenten handelt es sich um einen Teil der Umweltfachplanung, nicht der räumlichen Gesamtplanung, da sie speziell das Ziel des Umweltschutzes in Gestalt des Gewässerschutzes verfolgen465. Die Pläne stellen immissionsorientierte Instrumente mit finaler Programmierung dar466 und dienen dem Schutz bestimmter Gewässer, Gewässerteile oder Gewässersysteme. Systemtheoretisch gesprochen handelt es sich hierbei um eine Outputsteuerung, d. h. Systemsteuerung durch Zielorientierung467. Die rechtlichen Voraussetzungen der Pläne sowie ihre Regelungsinhalte sind auf den vorhandenen bzw. angestrebten Zustand der betreffenden Gewässer ausgerichtet468. Die Pläne stellen somit Instrumente qualitätsorientierten Gewässerschutzes dar, die sich nicht nur bereits im Ansatz von den stoffbezogenen, gewässerunabhängigen Emissionsbegrenzungen unterscheiden, sondern – entsprechend ihrer medialen Zielsetzung – neben Abwassereinleitungen auch andere Benutzungen und Belastungen der Gewässer sowie Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung des Gewässerzustands erfassen469. Gleichwohl liegt der Schwerpunkt auf der Reinhaltung der Gewässer sowie der Bewirtschaftung verunreinigter oder besonders schutzbedürftiger Gewässer. Zwar sind die erwähnten Planungstypen des WHG a. F. und des SächsWG a. F. (abgesehen von § 8 SächsWG) im Rahmen der Umsetzung der WRRL in deutsches Recht außer Kraft getreten und durch die neuen Maßnahmen- und Bewirtschaftungspläne ersetzt worden. Um die mit dem Inkrafttreten der WRRL herbeigeführten Neuerungen zutreffend erfassen und einschätzen zu können, ist es aber dennoch angebracht, zunächst das alte Planungsinstrumentarium inhaltlich zu beleuchten und auf seine Leistungsfähigkeit im Hinblick auf ein qualitätsorientiertes Umweltrecht zu befragen. Da es Anzeichen dafür gibt, dass die genannten Planungsinstrumente in der Rechtspraxis nur in Ansätzen, keineswegs flächendeckend und alles andere als konsequent entwickelt waren (hierzu sogleich), kann diese Frage nicht ohne Rücksicht auf ihre praktische Bedeutung beantwortet werden, so dass auch der Verwaltungsvollzug unter besonderer Berücksichtigung der Lage im Freistaat Sachsen zu untersuchen ist.

465

Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 13; Baisch, Bewirtschaftungsplanung im Wasserrecht, 1996, S. 99 m. w. N. 466 Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 18. 467 Baisch, Bewirtschaftungsplanung im Wasserrecht, 1996, S. 98. 468 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2. Aufl., 1987, S. 252. 469 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2. Aufl., 1987, S. 252 f.

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

II. Wasserwirtschaftliche Rahmenpläne, § 36 WHG a. F. Auf der obersten Planungsebene sah § 36 WHG a. F. wasserwirtschaftliche Rahmenpläne mit ehrgeiziger Zielsetzung, jedoch in der schwachen Rechtsform einer verwaltungsinternen Anweisung470 vor. Gem. § 5 II 2 SächsWG a. F. waren diese Pläne als „Richtlinien“ bei der behördlichen Entscheidung zu berücksichtigen. Der Rahmenplan war zwar im WHG selbst nicht definiert, eine allgemein anerkannte Definition findet sich jedoch in der auf § 36 III WHG a. F. gestützten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift, wonach es sich hierbei um die Darstellung der wasserwirtschaftlichen Zusammenhänge und Abhängigkeiten in einem Planungsraum handelt471. Sein Zweck, die Sicherung der für die Entwicklung der Lebensund Wirtschaftsverhältnisse notwendigen wasserwirtschaftlichen Voraussetzungen, wurde dagegen unmittelbar in § 36 I 1 WHG a. F. festgestellt472. 1. Inhaltliche Ausgestaltung Inhaltlich hatten Wasserrahmenpläne den nutzbaren Wasserschatz, die Erfordernisse des Hochwasserschutzes sowie die Reinhaltung der Gewässer zu berücksichtigen sowie die Erfordernisse der Raumordnung miteinander in Einklang zu bringen; § 36 II WHG. Demgemäß zeichnete sich der Rahmenplan neben seinem vorbereitenden Charakter durch einen großräumigen Zuschnitt, die umfassende Berücksichtigung aller wasserwirtschaftlich relevanten Tatsachen und Lebensbedürfnisse sowie die wechselseitige Integration mit der Raumordnung aus473. Er orientierte sich auf Grund seiner Zielrichtung nicht an Verwaltungsgrenzen, sondern an hydrologischen Gesichtspunkten474. Der räumliche Geltungsbereich von Wasserrahmenplänen wurde somit von Flussgebieten, die durch oberirdische Wasserscheiden voneinander abgegrenzt sind, bestimmt475. Der Wasserrahmenplan beinhal470 BT-Drs. 2/2072, S. 36; Zeitler, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, § 36 WHG, Rn. 6 (Stand: März 2002); Czychowski, WHG, 1998, § 36, Rn. 3 ff.; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 432. 471 Abschnitt I Nr. 1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift „Richtlinien für die Aufstellung von wasserwirtschaftlichen Rahmenplänen“ vom 30.5.1984; GMBl., S. 239. 472 Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 19; Czychowski, WHG, 1998, § 36, Rn. 2. 473 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2. Aufl., 1987, S. 254; Zeitler, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, § 36 WHG, Rn. 4 (Stand: März 2002). 474 Ebenso sind aber auch städtebaulich-wirtschaftliche und soziologische Gesichtspunkte bei der Planbereichsfestlegung zu beachten; Zeitler, in: Sieder/Zeitler/ Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, § 36 WHG, Rn. 8 (Stand: März 2002).

§ 12 Qualitätsorientierung durch das Planungsinstrumentarium des WHG a. F. 241

tete die Darstellung des Planungsraumes476, die Angabe des Wasserbedarfs477, die Darstellung des Wasserdargebots478 sowie des vorhandenen und künftigen Hochwasserschutzes, Angaben zur Reinhaltung und Gewässergüte479 sowie die Wasserbilanz480. Die (Soll-)Verpflichtung zur Aufstellung der Wasserrahmenpläne war gem. § 36 I 1 WHG a. F. an die Länder gerichtet, wobei die behördliche Zuständigkeit in den Bundesländern unterschiedlich ausgestaltet war. Im Freistaat Sachsen lag die entsprechende Kompetenz bei der obersten Wasserbehörde, d. h. dem SMUL, §§ 5 I, 118 I Nr. 1 SächsWG. 2. Qualitätsorientierung wasserwirtschaftlicher Rahmenpläne Im Hinblick auf die gegebene Themenstellung stellt sich die Frage, inwieweit der Wasserrahmenplan prinzipiell zu einer Qualitätsorientierung des Wasserrechts geeignet war. Zwar enthielt er u. a. auch Angaben zur Reinhaltung und Gewässergüte (Ist-Zustand der Gewässer, Stand der Abwasserbeseitigung)481, im Unterschied zum Bewirtschaftungsplan gem. § 36b WHG a. F. traf er jedoch keine verbindlichen Aussagen darüber, welche Möglichkeiten einzelne Gewässer für Wasserentnahmen und für Belastungen mit Abwasser bieten, welcher Nutzung die Gewässer dienen und welche Güteklassen oder sonstigen Merkmale ein Gewässer aufweisen soll482. Er wies somit weder Ziel- noch Maßnahmeorientierung auf483. Auch war sein Einfluss auf die wasserbehördliche Entscheidung wegen des hohen Abstraktionsgrades und mangels konkreter Vorgaben für bestimmte Maßnahmen und Ziele eher gering484. Dennoch vermochte er einen nicht ganz unerheblichen Beitrag zur Qualitätsorientierung im Vorfeld der Gewässerbewirtschaftung zu leisten. Denn durch die Berücksichtigung sämtlicher wasserwirtschaftlicher Belange lieferte er eine wichtige Informations475

Abschnitt I Nr. 3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 36 WHG a. F. Beschreibung des Raumes und Angabe der Raumnutzer. 477 Wassergewinnung, jetziger und prognostizierter Wasserbedarf, Stand der öffentlichen Wasserversorgung, Wasserkraftnutzung. 478 Bestehend aus Niederschlag, Oberflächenwasser und Grundwasser. 479 Ist-Zustand der Gewässergüte, Stand der Abwasserbeseitigung. 480 Gegenüberstellung von Wasserbedarf und Wasserdargebot sowie Aufzeigen von Möglichkeiten der Bedarfsdeckung. Zum Ganzen Baisch, Bewirtschaftung im Wasserrecht, 1996, S. 109 f. 481 Vgl. hierzu im Einzelnen Baisch, Bewirtschaftungsplanung im Wasserrecht, 1996, S. 110. 482 Czychowski, WHG, 1998, § 36, Rn. 1; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2. Aufl., 1987, S. 254; Malek/Hulsch, gwf-Wasser/Abwasser 1976, S. 344. 483 Baisch, Bewirtschaftung im Wasserrecht, 1996, S. 110. 484 Baisch, Bewirtschaftung im Wasserrecht, 1996, S. 114. 476

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

grundlage sowie eine umfassende Gesamtschau des Untersuchungsgebietes aus wasserwirtschaftlichen Blickrichtung485. Die enge Verzahnung zwischen der wasserwirtschaftlichen Fachplanung und der Raumplanung trug im Übrigen zu einer Koordinierung der verschiedenen Planungen bei486. Einen weiteren Schritt in Richtung Qualitätsorientierung gingen Wasserrahmenpläne insoweit, als sie verschiedene Maßnahmealternativen zur Reinhaltung der Gewässer zum Inhalt hatten und damit eine qualitätsorientierte Gewässerbewirtschaftung vorbereiteten487. Zugleich wirkten sie auf die nachgeordneten Bewirtschaftungs- und Abwasserbeseitigungspläne ein (hierzu sogleich § 11 III. und V.), die sich zumindest faktisch an den Vorschlägen und Untersuchungsergebnissen der wasserwirtschaftlichen Rahmenplanung orientierten488. 3. Verwaltungsvollzug In der Praxis haben wasserwirtschaftliche Rahmenpläne allerdings nicht die ihnen zugedachte Bedeutung erlangt489. Generell wurde von diesem Instrument nur zögerlich Gebrauch gemacht490. Lediglich in Niedersachsen existierte eine flächendeckende Rahmenplanung491. Alle anderen Bundesländer beschränkten sich – sofern sie dieses Instrument überhaupt einsetzten – auf Teilgebiete492. Bis zum Jahre 1990 waren nur für 50% der Fläche der alten Bundesländer Rahmenpläne wenigstens im Entwurfsstadium erstellt493. Diese Angabe hat sich auch in den letzten Jahren nicht merklich 485 Neumann/Schultz-Wildelau/Schilling, in: Schenkel/Storm (Hrsg.), Umwelt, 1990, S. 260; Schmidt-Aßmann, DÖV 1990, S. 172; Zeitler, in: Sieder/Zeitler/ Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, § 36 WHG, Rn. 4 (Stand: März 2002); Czychowski, WHG, 1998, § 36, Rn. 1. 486 Baisch, Bewirtschaftungsplanung im Wasserrecht, 1996, S. 112. 487 Baisch, Bewirtschaftungsplanung im Wasserrecht, 1996, S. 112. 488 Czychowski, WHG, 1998, § 36, Rn. 1; Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen durch räumliche Planung, 1986, S. 319; Holst et al., Planungsverfahren für Umweltfachpläne, 1991, S. 116 ff.; Baisch, Bewirtschaftungsplanung im Wasserrecht, 1996, S. 113. A. A. Erbguth, Rechtssystematische Grundfragen des Umweltrechts, S. 129, der davon ausgeht, dass Wasserrahmen- und Bewirtschaftungspläne auf Grund der unterschiedlichen Zielrichtungen selbständig nebeneinander stehen. 489 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 432. 490 Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 20. 491 Hentschel, Die europäische Wasserrahmenrichtlinie, 2005, S. 13. 492 s. hierzu Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, Anhang VII, S. 95 ff. 493 Hoffmeister, Die Bedeutung wasserwirtschaftlicher Rahmen- und Bewirtschaftungspläne, 1992, S. 176 ff.; Hentschel, Die europäische Wasserrahmenrichtlinie, 2005, S. 13; vgl. hierzu auch die Zusammenstellung fertiggestellter Rahmenpläne bei Neumann/Schultz-Wildelau/Schilling, in: Schenkel/Storm (Hrsg.), Umwelt, 1990, S. 258 f., wonach sogar nur knapp 40% der Fläche des Bundesgebietes mit

§ 12 Qualitätsorientierung durch das Planungsinstrumentarium des WHG a. F. 243

erhöht. Die meisten Pläne stammen aus den 70er und 80er Jahren, allein Niedersachsen und Bayern zeigten in den letzten Jahren noch entsprechende Aktivitäten494. Im Freistaat Sachsen wurden – ebenso wie in den anderen neuen Bundesländern – gar keine wasserwirtschaftlichen Rahmenpläne aufgestellt495. Als überwiegende Gründe für die eher geringe praktische Bedeutung der wasserwirtschaftlichen Rahmenplanung wurden ihre personal-, kosten- und zeitintensive Erarbeitung sowie ein hoher Fortschreibungsaufwand genannt496. Auf Grund der großen Komplexität und Weite mit der einhergehenden schwachen Verbindlichkeit schätzte man die Pläne als wenig praktikabel ein497. In den neuen Bundesländern mussten die personellen Kapazitäten nach der Wiedervereinigung zudem vorrangig für die Anpassung der Verwaltung an die neuen wasserrechtlichen Vorschriften eingesetzt werden498. Hinzu kam, dass Erfahrungen mit der Planungspraxis aus DDRZeiten zu einer generellen Planungsskepsis geführt hatten499. Die Ausgestaltung des § 36 WHG als Soll-Vorschrift dürfte die Aufstellung von wasserwirtschaftlichen Rahmenplänen ebenfalls nicht befördert haben500.

III. Bewirtschaftungspläne, § 36b WHG a. F. Während sich die wasserwirtschaftliche Rahmenplanung hauptsächlich mit wassermengenwirtschaftlichen Zusammenhängen beschäftigte, sollte der Bewirtschaftungsplan gem. § 36b WHG a. F. – auf der mittleren Planungsebene – vornehmlich Fragen der Gewässergüte regeln501. Nach dieser Vorschrift, die mit dem 4. Änderungsgesetz zum WHG vom 26.4.1976502 eingeführt wurde, waren die Länder verpflichtet, zur Bewirtschaftung der Gewässer Pläne aufzustellen, die nicht nur den Nutzungserfordernissen, wasserwirtschaftlichen Rahmenplänen bedeckt sind; unter Verweis hierauf auch BMU (Hrsg.), UGB-KomE, 1998, S. 1062. 494 Eine Aufstellung der einzelnen Pläne befindet sich bei Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 95 ff. 495 Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 21. 496 Schmidt/Aßmann, DÖV 1986, S. 988 und DÖV 1990, S. 172; Czychowski, WHG, 1998, § 36, Rn. 1; Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen durch räumliche Planung, 1986, S. 112; Graf, Vollzugsprobleme im Gewässerschutz, 2002, S. 185; Hentschel, Die europäische Wasserrahmenrichtlinie, 2005, S. 27 f. 497 SRU, Sondergutachten „Flächendeckend wirksamer Grundwasserschutz“, Tz. 308 f. 498 Auskunft des SMUL vom 15.4.2004. 499 Auskunft des SMUL vom 15.4.2004. 500 Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 21. 501 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 64. 502 BGBl. I, S. 1109.

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

sondern nach der fünften WHG-Novelle vom 25.7.1986503 auch dem Schutz der Gewässer als Bestandteil des Naturhaushalts und der Schonung der Grundwasservorräte Rechnung tragen (§ 36b I 1 WHG a. F.). Mit diesen Zielen sollte eine stärkere Beachtung ökologischer Belange sichergestellt und eine bessere Güte- und Mengenbewirtschaftung erreicht werden504. Indem § 36b WHG a. F. auf den Gewässerbegriff des WHG Bezug nimmt, galten die Regelungen der Bewirtschaftungsplanung sowohl für oberirdische Gewässer als auch für Küstengewässer sowie das Grundwasser505. Der Freistaat Sachsen nahm auf § 36b WHG durch die Regelungen der §§ 6 und 7 SächsWG Bezug, wobei er insoweit zwischen den Bewirtschaftungsplänen für oberirdische Gewässer sowie für das Grundwasser unterschied. Die Zuständigkeit für die Aufstellung der Bewirtschaftungspläne lag gem. § 1 Nr. 1 der Sächsischen Wasserzuständigkeitsverordnung506 bei der höheren Wasserbehörde, d. h. bei den Regierungspräsidien (§ 118 I Nr. 2 SächsWG); für die Festlegung der oberirdischen Gewässer oder Gewässerteile, für die ein Bewirtschaftungsplan aufzustellen ist, war hingegen das SMUL zuständig (§§ 6 I 1, 118 I Nr. 1 SächsWG). 1. Inhaltliche Ausgestaltung Inhaltlich mussten die Bewirtschaftungspläne gem. § 36b III WHG a. F. für die oberirdischen Gewässer bzw. Gewässerteile unter Berücksichtigung der natürlichen Gegebenheiten eine Reihe gesetzlich vorgeschriebener Mindestfestlegungen treffen. Diese erstreckten sich auf die Nutzungen, denen das Gewässer dienen sollte (Nr. 1), die Merkmale, die das Gewässer in seinem Verlauf aufweisen sollte (Nr. 2), die erforderlichen Maßnahmen, damit die festgelegten Merkmale erreicht oder erhalten werden konnten einschließlich der einzuhaltenden Fristen (Nr. 3) sowie sonstige wasserwirtschaftliche Maßnahmen (Nr. 4). Dieser Katalog war allerdings nicht abschließend, so dass weitere Planinhalte – wie beispielsweise der Ist-Zustand eines Gewässers – festgelegt werden konnten507. Nähere Angaben im Hin503

BGBl. I, S. 1165. Wahl/Appel, in: Wahl (Hrsg.), Prävention und Vorsorge, 1995, S. 184 f. 505 Zeitler, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, § 36b WHG, Rn. 12 (Stand: März 2002). 506 Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft und des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales, Gesundheit, Jugend und Familie über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Wasserrechts und der Wasserwirtschaft (WasserZuVO) vom 7. Januar 2000, SächsGVBl., S. 16. 507 Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 859; Czychowski, WHG, 1998, § 36b, Rn. 24; Holst et al., Planungsverfahren für Umweltfachpläne, 1991, S. 132. 504

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blick auf den Mindestinhalt von Bewirtschaftungsplänen ergaben sich aus der auf § 36b VII WHG a. F. gestützten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über den Mindestinhalt von Bewirtschaftungsplänen vom 19.9.1978508, die Grundsätze über die Kennzeichnung der Merkmale für die Beschaffenheit des Wassers enthielt und festlegte, welche Werte in die Bewirtschaftungspläne zwingend aufzunehmen sowie auf welche Weise diese Merkmale zu ermitteln waren (Nr. 1). Zu den unbedingt aufzunehmenden Angaben gehörten Gewässergüteklasse, Sauerstoffgehalt, Temperatur, biochemischer und chemischer Sauerstoffbedarf (Nr. 4.1), ferner die Kenngrößen Gesamtphosphor (gelöst) und Nitrat für stehende Gewässer (Nr. 4.2) sowie zusätzliche nutzungsbezogene Merkmale, soweit in EG- oder anderen Rechtsvorschriften einschlägige Grenzwerte vorgegeben waren und ein konkretes Sanierungs- oder Bewirtschaftungsbedürfnis bestand (Nr. 4.3). Die Kennzeichnung der Gewässergüte von fließenden Gewässern erfolgte durch sieben verschiedene Güteklassen (Nr. 2.1); stehende Gewässer waren an Hand von vier sog. Trophiestufen zu charakterisieren (Nr. 2.2). Grundsätzlich wiesen die Bewirtschaftungspläne danach folgende Einteilung auf: Allgemeine Einführung zu Ziel und Zweck, Bestandsaufnahme des Planungsgebietes, Hauptnutzungsarten mit erforderlichen Gütemerkmalen, Soll-IstVergleich, Festlegung einer Bewirtschaftungsstrategie, Darstellung und Begründung der Maßnahmen sowie ein Zeit- und Kostenplan509. § 6 I 2 SächsWG a. F. sah zudem die Möglichkeit ergänzender Regelungen vor, soweit sie landesspezifischen Erfordernissen Rechnung trugen. Bewirtschaftungspläne für das Grundwasser konnten hingegen nur nach § 36b I WHG aufgestellt werden, der keinen Mindestinhalt wie für oberirdische Gewässer vorschrieb. Es sprach jedoch nichts dagegen, diese Pläne entsprechend am Festsetzungskatalog des § 36b III WHG a. F. auszurichten510. Die Bewirtschaftungspläne gem. § 36b WHG a. F. entfalteten keine unmittelbaren Rechtswirkungen gegenüber dem Bürger, sondern übten nur eine verwaltungsinterne Bindungswirkung aus511. Demgemäß mussten sie durch wasserrechtliche Einzelentscheidungen, insbesondere durch nachträgliche Anordnungen (§ 5 WHG), den Widerruf von Erlaubnissen (§ 7 I WHG) bzw. Bewilligungen (§ 12 WHG), den Widerruf von alten Rechten 508

GMBl. 1978, S. 466. Hoffmeister, Die Bedeutung wasserwirtschaftlicher Rahmen- und Bewirtschaftungspläne, 1992, S. 122; Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 22. 510 Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen durch räumliche Planung, 1986, S. 148; Czychowski, WHG, § 36b, Rn. 9. 511 Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 860; Czychowski, WHG, § 36b, Rn. 32; Zeitler, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, § 36b WHG, Rn. 10 (Stand: März 2002); Henseler, das Recht der Abwasserbeseitigung, 1983, S. 146 f. 509

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

und Befugnissen (§ 15 WHG), Ausgleichsverfahren (§ 18 WHG), den Erlass von Reinhalteordnungen (§ 27 WHG) oder sonstige im Bewirtschaftungsplan festgelegte Maßnahmen durchgesetzt werden, § 36b V 1 WHG a. F. Der Rechtsnatur nach waren die Bewirtschaftungspläne somit – ebenso wie die wasserwirtschaftlichen Rahmenpläne – Verwaltungsvorschriften512. § 36b V 2 WHG ermächtigte die Länder jedoch, die Bewirtschaftungspläne auch gegenüber anderen Behörden als denen für verbindlich zu erklären, die an den Plan als nachgeordnete Behörden ohnehin gebunden waren513. So bestimmten die §§ 6 III 2 bzw. 7 III SächsWG a. F., dass die Bewirtschaftungspläne auch als fachliche Entwicklungspläne i. S. des § 1 III Nr. 3 SächsLPlG a. F.514 aufgestellt werden konnten und somit für alle öffentlichen Planungsträger verbindlich waren515. Umgekehrt waren die Ziele der Raumordnung und Landesplanung aber auch bei der Aufstellung der Bewirtschaftungspläne zu beachten, § 36b I 1 WHG a. F. Die Aufstellung von Bewirtschaftungsplänen stand im Ermessen der Planungsbehörden, wobei dieses Ermessen allerdings für oberirdische Gewässer oder Gewässerteile516 gem. § 36b II WHG a. F. dahingehend eingeschränkt wurde, dass unter den Voraussetzungen von Nr. 1 und Nr. 2 stets ein Bewirtschaftungsplan aufzustellen war, auch wenn die Ordnung des Wasserhaushaltes dies im Einzelfall nicht erforderte517. Waren Bewirtschaftungspläne nicht aufgestellt, obwohl gem. § 36b II WHG a. F. eine entsprechende Verpflichtung hierzu bestand, erlaubte § 36b VI 1 WHG a. F. das Einleiten von schädlichen Stoffen nur dann, wenn dies überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit erforderten518. § 36b II Nr. 1 WHG 512

Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 860. Czychowski, WHG, § 36b, Rn. 33. 514 Gesetz zur Raumordnung und Landesplanung des Freistaates Sachsen (Landesplanungsgesetz) vom 24. Juni 1992; SächsGVBl. S. 259. 515 Eine Rechtswirkung gegenüber jedermann tritt durch die Verbindlicherklärung jedoch nicht ein; Zeppernick/Habel, Das sächsische Wasserrecht, 2000, § 6, Rn. 1, 8. 516 Im Gegensatz zu § 36b I WHG galt Abs. 2 nicht für das Grundwasser und Küstengewässer; Salzwedel, ZfW 1979, S. 25. 517 BT-Drs. 7/4546, S. 9; Peters, UPR 1988, S. 326 („Planungsgebot“); Czychowski, WHG, 1998, § 36b, Rn. 14. 518 Hierdurch sollte ein indirekter Zwang zur Aufstellung von Bewirtschaftungsplänen begründet werden; Riegel, NJW 1976, S. 785 f. Eine verbreitete Ansicht (vgl. Czychowski, WHG, 1998, § 36b, Rn. 37; Henseler, Das Recht der Abwasserbeseitigung, 1983, S. 152 ff.) wollte § 36b VI 1 WHG a. F. in allen Fällen anwenden, in denen kein Bewirtschaftungsplan existierte. Richtigerweise galt § 36b VI 1 WHG jedoch nur in den Fällen, in denen nach § 36b II WHG a. F. für ein Gewässer oder für einen Gewässerteil ein Bewirtschaftungsplan aufgestellt werden musste, denn nur hier war der indirekte Zwang zur Aufstellung eines solchen Plans sachgerecht und konsequent; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 435; Salzwedel, RdWWi 22 (1979), S. 66 f. 513

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a. F. nannte als Voraussetzung für ein solches eingeschränktes Planungsermessen, dass die oberirdischen Gewässer oder Gewässerteile Nutzungen dienen, die eine zu erhaltende oder künftige öffentliche Wasserversorgung beeinträchtigen können. Insoweit ging es um den Nutzungs- und Interessenausgleich im Hinblick auf oberirdische Problemgewässer, die besonders empfindlich waren, besonders anspruchsvollen Nutzungen dienten oder besonderen Belastungen durch Wasserentnahmen, Abwassereinleitungen oder sonstige Benutzungen ausgesetzt waren519. Zum anderen waren Bewirtschaftungspläne für oberirdische Gewässer oder Gewässerteile gem. § 36b II Nr. 2 WHG a. F. zwingend auch dann aufzustellen, wenn dies zur Erfüllung bindender Beschlüsse der EG oder zwischenstaatlicher Vereinbarungen mit immissions- oder gewässerbezogenem Inhalt erforderlich war520. 2. Bewirtschaftungsplanung und Qualitätsorientierung Der Bewirtschaftungsplan gem. § 36b WHG wurde als das zentrale Element zur Festlegung und Konkretisierung gewässerspezifischer Güteziele angesehen521. Bildeten seinen materiellen Kern doch die Festlegung der Nutzungen, denen das Gewässer künftig dienen sollte sowie die Festlegung darauf abgestimmter Qualitätsziele (§ 36b III Nr. 1 und 2 WHG). Der Gewässerzustand stand somit über weite Strecken im Mittelpunkt der Bewirtschaftungspläne, die eine Vielzahl an Qualitätszielen für bisweilen ganz unterschiedliche Gewässer enthielten522. Auch die Maßnahmen, die zur Erreichung der Immissionswerte führen sollten, hatte der Bewirtschaftungsplan vorzustrukturieren (§ 36b III Nr. 3 WHG). Die Aufstellung von Bewirtschaftungsplänen bot damit die Möglichkeit, immissionsbezogene Anforderungen im wasserbehördlichen Vollzug durch gewässerspezifische, verbindliche Immissionswerte zur Geltung zu bringen523. Das Instrument der Bewirtschaftungsplanung stellte zugleich eines von ganz wenigen im Umweltschutz vorhandenen Mitteln zur räumlichen Differenzierung von Umweltqualitätszielen und zu einer Regionalisierung des Umweltschutz519 Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 859; Czychowski, WHG, 1998, § 36b, Rn. 6; Salzwedel, ZfW 1979, S. 27; Zeitler, in: Sieder/Zeitler/Dahme/ Knopp, WHG. AbwAG, § 36b WHG, Rn. 2c (Stand: März 2002). 520 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 433. Während es sich bei den zwischenstaatlichen Vereinbarungen um völkerrechtliche Verträge i. S. des Art. 59 II GG handelte, waren mit „bindenden Beschlüssen der EG“ in erster Linie Richtlinien i. S. von Art. 249 III EGV (Art. 189 III EGV a. F.) gemeint. 521 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 64; Wahl/Appel, in: Wahl (Hrsg.), Prävention und Vorsorge, 1995, S. 184 f. 522 Baisch, Bewirtschaftung im Wasserrecht, 1996, S. 121, 124. 523 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 64; Baisch, Bewirtschaftung im Wasserrecht, 1996, S. 124.

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

rechts dar524. Die Durchsetzung der in den Bewirtschaftungsplänen verankerten Qualitätsziele erfolgte in erster Linie durch eine Begrenzung des behördlichen Entscheidungsspielraums bei der Erteilung der wasserrechtlichen Einzelgenehmigung i. S. einer „partiellen Vorentscheidung“ im Rahmen des Wohls der Allgemeinheit gem. § 6 WHG525. Qualitätsziele fungierten insofern als „rechtliche gebundene, planerische Leitstandards“, die mittels des „planerischen Einfallstors“ des Wohls der Allgemeinheit eine indirekte Außenwirkung gegenüber den Gewässerbenutzern und den Benutzungsinteressierten entfalteten526. 3. Der Bewirtschaftungsplan im Verwaltungsvollzug Auch bei der Aufstellung von Bewirtschaftungsplänen haben die Länder Zurückhaltung walten lassen. Abgesehen von dem Bewirtschaftungsplan für die Leine, der allerdings schon vor Inkrafttreten des § 36b WHG im Rahmen eines Pilotprojektes aufgestellt wurde527, existierte bis 1984 kein einziger Bewirtschaftungsplan528. Als Grund für diese Zurückhaltung wurde wiederum angeführt, dass die Planaufstellung zeitaufwändig sowie personalund kostenträchtig sei und damit einen Verwaltungsaufwand erforderte, der nach Einschätzung vieler Praktiker außer Verhältnis zum Verbesserungserfolg stand529. Erschwerend kam hinzu, dass die Halbwertszeit der verwertbaren Aussagen durch die tatsächliche Fortentwicklung im Gegensatz zu den wasserwirtschaftlichen Rahmenplänen sehr kurz war, wodurch die Inhalte der Pläne rapide an Aktualität und Nutzen verloren, so dass die Behörden auch noch zur aufwändigen fortlaufenden Anpassung verpflichtet waren, § 36b IV WHG a. F.530. Zudem hat man in einigen Bundesländern keinen Bedarf für die Aufstellung von Bewirtschaftungsplänen gesehen, weil die Fläche des Landes zu gering war531 oder die Gewässerqualität oh524 Appel, ZUR 2001, S. 131; Wahl/Appel, in: Wahl (Hrsg.), Prävention und Vorsorge, 1995, S. 185; Baisch, Bewirtschaftung im Wasserrecht, 1996, S. 121. 525 Büllesbach, DÖV 1992, S. 482; Baisch, Bewirtschaftung im Wasserrecht, 1996, S. 125. 526 s. o. § 11 I. 1. c) cc). 527 Dazu Malek/Hulsch, gwf-Wasser/Abwasser 1976, S. 346 ff. 528 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 64. 529 Bickel, in: Winter (Hrsg.) Grenzwerte, 1986, S. 161; Holst et al., Planungsverfahren für Umweltfachpläne, 1991, S. 146; Graf, Vollzugsprobleme im Gewässerschutz, 2002, S. 185; Breuer, UPR 2004, S. 203; Hentschel, Die europäische Wasserrahmenrichtlinie, 2005, S. 27 f. 530 Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 23; Czychowski, WHG, 1998, § 36b, Rn. 2. 531 So z. B. das Saarland, vgl. Holst et al., Planungsverfahren für Umweltfachpläne, 1991, S. 145.

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nehin für gut eingeschätzt wurde532. Schließlich war man nicht zuletzt der Meinung, dass bereits die Durchsetzung der Mindestanforderungen nach § 7a WHG in der Regel eine zufriedenstellende Gewässerqualität gewährleisten würde533. Die vor der vierten WHG-Novelle geäußerte Befürchtung der Bundesregierung, dass eine zentrale, de facto im politischen Ermessen der Bundesländer stehende Güteregelung leer laufen würde534, erwies sich damit zumindest in der Anfangszeit als begründet. Dieses Bild schien sich zwar seit der zweiten Hälfte der 80er Jahre etwas zu wandeln, als vor allem in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hessen zunehmend Bewirtschaftungspläne aufgestellt worden sind und andere Bundesländer wie die Stadtstaaten Hamburg und Berlin nachzogen535. In den südlichen Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg sowie im Saarland und in Rheinland-Pfalz wurden allerdings keine Pläne aufgestellt536. Auch in den neuen Bundesländern kam die Bewirtschaftungsplanung nicht in Gang537. Zwar hatte der Freistaat Sachsen ein äußerst umfangreiches Programm zur Aufstellung von Bewirtschaftungsplänen erarbeitet, das zur Umsetzung von EG-Recht dienen sollte. Diese Pläne kamen jedoch über das Entwurfsstadium nicht hinaus, da sie sich bereits im Vorfeld als zu aufwändig für den Vollzug erwiesen und durch weniger umfangreiche – aber ebenfalls EG-taugliche – Maßnahmeprogramme ersetzt wurden538. Insgesamt war der flächenmäßige Anteil an Gewässern bzw. Gewässereinzugsgebieten, für die in Deutschland ein Bewirtschaftungsplan erlassen wurde, sehr gering539. Die Wasserbehörden waren daher im Erlaubnisverfahren nur ausnahmsweise an quantifizierte, durch Bewirtschaftungsplanung verbindlich festgelegte Qualitätsziele gebunden.

532 So v. a. die südlichen Länder, vgl. Holst et al., Planungsverfahren für Umweltfachpläne, 1991, S. 146 und Cembrowicz, gwf-Wasser/Abwasser 1989, S. 195. 533 So Ruchay, NVwZ 1988, S. 500. Teilweise wurde die Vorstellung, dass Gewässerschutzmaßnahmen sich zumindest auch an immissionsseitigen Zielen zu orientieren haben, sogar gänzlich abgelehnt bzw. die angestrebte Gewässerqualität in Abhängigkeit vom Voranschreiten der Vermeidungs- und Aufbereitungstechnik definiert; vgl. die Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf der Oberflächengewässerrichtlinie, BR-Drs. 119/74, S. 1. 534 So Riegel, Umwelt 1/1976, S. 43. 535 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 65 f.; vgl. insoweit auch die Aufstellung bei Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, Anhang VII, S. 95 ff. 536 Cembrowicz, gwf-Wasser/Abwasser 1989, S. 195. 537 Hentschel, Die europäische Wasserrahmenrichtlinie, 2005, S. 16 f. 538 Ausführlich hierzu unten § 13 I 2. c). 539 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 66.

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

4. Informelle Bewirtschaftungsplanung Ein weiterer Grund für die deutliche Zurückhaltung der Länder, vom bisherigen wasserrechtlichen Instrumentarium Gebrauch zu machen, bestand schließlich darin, dass der Erlass solcher Pläne keine zwingende Voraussetzung dafür war, immissionsseitig begründete, gegenüber den Emissionsgrenzwerten des § 7a WHG weitergehende Anforderungen an den Einleiter zu stellen540. Vielmehr konnten die Wasserbehörden im Rahmen ihres Planungsermessens – den Bewirtschaftungsplänen inhaltlich weitgehend entsprechende – informelle Bewirtschaftungskonzeptionen erstellen [s. oben § 11 I. 1. c) cc)]. In diesen trafen sie auf der Grundlage von § 1a I 2 i. V. m. § 6 WHG intern Entscheidungen darüber, welchen Hauptnutzungsarten ein Gewässer(-abschnitt) gegenwärtig und künftig dienen soll, auf welche Parameter es insoweit ankommt, welche quantifizierten immissionsseitigen Zielvorgaben danach einzuhalten sind und auf welche Weise diese Ziele in einleitungsbezogene Anforderungen zu übersetzen sind541. Dabei bedurfte die Versagung bestimmter Gewässerbenutzungen auch im Rahmen informeller Bewirtschaftungskonzepte eines konkreten Bezuges zu den Bestimmungen des WHG542. Soweit also die beantragte Genehmigung abgelehnt wurde oder im wasserrechtlichen Bescheid über die zunächst nicht weiter rechtfertigungsbedürftigen Mindestanforderungen nach § 7a WHG hinausgehende Anforderungen enthalten waren, musste sich dies aus spezifischen, für das betreffende Gewässer oder den betreffenden Gewässerteil vorgegeben Bewirtschaftungszielen ableiten lassen543. Dabei handelt es sich einerseits um nutzungsbezogene Anforderungen – etwa im Interesse der öffentlichen Wasserversorgung, der Fischerei oder der Inanspruchnahme als Badegewässer – oder Zielvorstellungen, die mit dem angestrebten pflanzlichen oder tierischen Leben im Gewässer, an den Ufern oder in der weiteren Auenlandschaft zusammenhängen544. Dadurch konnten sowohl zusätzliche Parameter bedeutsam werden als auch bei ohnehin maßgeblichen Parametern weiter verbesserte Werte geboten erscheinen545. Da die Bewirtschaftungspläne nach § 36b WHG a. F. in der Praxis nur eine geringe Rolle spielten, übertraf die praktische Bedeutung informeller Bewirtschaftungskonzeptionen diejenige der formellen Bewirtschaftungspla540 Graf, Vollzugsprobleme im Gewässerschutz, 2002, S. 253; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 66. 541 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 66. 542 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 280 ff.; Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 300. 543 Salzwedel, RdWWi 23 (1988), S. 13. 544 Salzwedel, RdWWi 23 (1988), S. 13. 545 Salzwedel, RdWWi 23 (1988), S. 13.

§ 12 Qualitätsorientierung durch das Planungsinstrumentarium des WHG a. F. 251

nung erheblich. Als Grund hierfür wird hauptsächlich die Vermeidung des mit der formellen Bewirtschaftungsplanung verbundenen Verwaltungsaufwandes genannt546. Allerdings ist zu bezweifeln, ob informelle Bewirtschaftungskonzeptionen tatsächlich in der Lage sind, den qualitätszielorientierten Anforderungen in einer der formellen Bewirtschaftungsplanung gleich kommenden Weise Geltung zu verschaffen547. So dürfte sich der Umstand, dass die behördlichen Qualitätsziele nicht verbindlich und damit für ökonomischen Gegendruck in höherem Maße empfänglich sind als Zielvorgaben, die in einem formellen Bewirtschaftungsplan festgeschrieben wurden, eher nachteilig auf den Vollzug auswirken. Auch sind informelle behördliche Qualitätsvorgaben nicht in dem Maße Gegenstand einer umfassend abgestimmten, gewässerspezifischen Gesamtlösung, wie dies bei den im Rahmen formeller Planung aufgestellten Güteanforderungen der Fall ist. Auf Grund dessen wird ihnen in der Praxis gegenüber letzteren ein geringeres Gewicht beigemessen548. Es handelt sich somit um die schwächste Form der rechtlichen Ausgestaltung von Qualitätszielen, die in der Praxis des wasserrechtlichen Vollzugs vorrangig zum Einsatz gekommen ist549.

IV. Reinhalteordnungen, § 27 WHG a. F. Ein weiteres Instrument des bisherigen qualitäts- bzw. immissionsbezogenen Umweltschutzes stellten die sog. Reinhalteordnungen dar, die im System der wasserrechtlichen Planung unterhalb von wasserwirtschaftlichen Rahmenplänen und Bewirtschaftungsplänen anzusiedeln sind550. Dies ergibt sich aus § 36b V 1 WHG a. F., wonach Reinhalteordnungen ausdrücklich als Mittel zur Durchführung von Bewirtschaftungsplänen genannt wurden.

546 Salzwedel, RdWWi 23 (1988), S. 13; Cembrowicz, gwf-Wasser/Abwasser 1989, S. 196; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 67 f.; BMU (Hrsg.), UGB-KomE, 1998, S. 1061 f., 1062; Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 31. 547 Nach Salzwedel, RdWWi 23 (1988), S. 13 laufen formelle und informelle Bewirtschaftungskonzeptionen „auf das Gleiche hinaus“. Zweifelnd allerdings Praml, NuR 1986, S. 67 und Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 68. 548 Cembrowicz, gwf-Wasser/Abwasser 1989, S. 193, 195 f.; Meinken, Emissionsversus Immissionsorientierung, 2001, S. 67. 549 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 67. 550 Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 24.

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

1. Inhaltliche Ausgestaltung Der Inhalt von Reinhalteordnungen bestand gem. § 27 I 2 WHG a. F. insbesondere darin, das Zuführen bestimmter Stoffe zu verbieten (Nr. 1), Mindestanforderungen an das Zuführen von Stoffen aufzustellen (Nr. 2) sowie die Abwehr sonstiger nachteiliger Einwirkungen auf die Beschaffenheit des Wassers zu regeln (Nr. 3). Die Aufzählung war allerdings nicht abschließend („insbesondere“), so dass im Interesse der Reinhaltung auch weitere, zur Verbesserung des Gewässerzustands geeignete Beschränkungen – z. B. die Regelung eines bestimmten Mindestwasserabflusses oder Anforderungen an die Wasserentnahme – als Regelungsinhalt von Reinhalteordnungen in Betracht kamen551. Reinhalteordnungen konnten gem. § 27 I 1 WHG a. F. durch die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen durch Rechtsverordnung für oberirdische Gewässer oder Gewässerteile aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit – vor allem wenn stark verunreinigte Gewässer zu sanieren oder saubere Gewässer in diesem Zustand zu erhalten waren552 – erlassen werden553. Allerdings vermochte das Wohl der Allgemeinheit554 die Aufstellung einer Reinhalteordnung nur bei erheblicher Veränderung der Wasserbeschaffenheit oder zur Erhaltung einer bestimmten ausgeübten Wassernutzung, z. B. als Badegewässer, zu rechtfertigen555. Eine flächendeckende Bewirtschaftung durch Reinhaltepläne war im Bundesgebiet somit schon aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht möglich556. Der Erlass von Reinhalteordnungen stand dabei im Ermessen der Behörde und setzte weder einen Bewirtschaftungsplan noch eine sonstige wasserrechtliche Planung voraus. Er konnte aber dazu dienen, Festlegungen 551 Zeitler, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, § 27 WHG, Rn. 10 (Stand: März 2002). 552 BT-Drs. 7/888, S. 20; 7/1088, S. 16. 553 Die Vorschrift über Reinhalteordnungen war bereits im WHG vom 27.7.1957 enthalten, wonach Reinhalteverordnungen für solche oberirdischen Gewässer erlassen werden konnten, die in ihrer physikalischen, chemischen oder biologischen Beschaffenheit durch das Zuführen von Stoffen – allein oder in Verbindung mit Wasserentnahmen oder anderen Maßnahmen – in erheblichem Maße schädlich verändert werden oder für die eine solche Veränderung zu erwarten ist. Mit dem 4. Änderungsgesetz zum WHG wurde die Vorschrift dahingehend geändert, dass die Möglichkeit zu deren Erlass schon dann gegeben sein sollte, wenn dies aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit erforderlich war. 554 Der Begriff des Wohls der Allgemeinheit war hier in demselben umfassenden Sinne wie in § 6 WHG zu verstehen; Czychowski, WHG, 1998, § 27, Rn. 3. 555 Czychowski, WHG, 1998, § 27, Rn. 3a und 3b; Zeitler, in: Sieder/Zeitler/ Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, § 27 WHG, Rn. 4 (Stand: März 2002); Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 25; BT-Drs. 7/888, S. 20; 7/1088; S. 16 und 7/4546, S. 8. 556 Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 25.

§ 12 Qualitätsorientierung durch das Planungsinstrumentarium des WHG a. F. 253

in Bewirtschaftungsplänen durchzusetzen (vgl. § 36b V 1 WHG a. F.)557. Trotz dieses gesetzlich angelegten Hierarchieverhältnisses hatten Reinhalteordnungen im Wesentlichen die gleichen Aufgaben wie Bewirtschaftungspläne (Steuerung des Schadstoffeintrages in die Gewässer, Wahrung der Gewässergüte), so dass es zwischen beiden im Gegenstandsbereich zu Überschneidungen kam558. Im Gegensatz zu Bewirtschaftungsplänen enthielten Reinhalteordnungen allerdings für jedermann verbindliche Gebote und Verbote, da sie als Rechtsverordnungen zu erlassen waren559. Bestehende Rechte und Pflichten mussten jedoch gem. § 27 II WHG a. F. angepasst werden, so dass die unmittelbare verbindliche Wirkung der Reinhalteordnung insofern eingeschränkt war560. 2. Qualitätsorientierung von Reinhalteordnungen Obwohl Reinhalteordnungen die Reinhaltung der Gewässer im Hinblick auf Emissionen im Auge hatten561, handelte es sich hierbei um ein qualitäts- bzw. immissionsorientiertes Instrument des Gewässerschutzes562. Denn § 27 WHG wollte es ermöglichen, Entscheidungen über die Schädlichkeit einer Benutzung und die hiergegen gerichteten Maßnahmen nicht lediglich an Hand der einzelnen Einträge, sondern vielmehr auf Grund einer gesamtheitlichen und vorausschauenden Betrachtung der mit der Reinhaltung oberirdischer Gewässer zusammenhängenden Fragen zu treffen563. Damit wurde der Erkenntnis Rechnung getragen, dass auch kleine, im Einzelnen unschäd557 Zeitler, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, § 27 WHG, Rn. 4 (Stand: März 2002); Salzwedel, RdWWi 22 (1979), S. 65. 558 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2. Aufl., 1987, S. 262; Kloepfer, Umweltrecht, 2. Aufl., 1998, S. 876; Czychowski, WHG, 1998, § 27, Rn. 1; § 36b, Rn. 3. 559 Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 25; Kloepfer, Umweltrecht, 2. Aufl., 1998, S. 876; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2. Aufl., 1987, S. 262; Czychowski, WHG, 1998, § 27, Rn. 4. Streitig war, ob die Länder Reinhalteordnungen auch durch behördeninterne Verwaltungsvorschriften erlassen durften; dafür Czychowski, WHG, 1998, § 27, Rn. 5; Zeitler, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, § 27 WHG, Rn. 7 (Stand: März 2002). 560 Der Gemeingebrauch (§ 23 WHG) und der Eigentümergebrauch (§ 24 WHG) wurden durch die Festsetzungen der Reinhalteordnung hingegen unmittelbar betroffen; Zeitler, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, § 27 WHG, Rn. 7 (Stand: März 2002); Czychowski, WHG, 1998, § 27, Rn. 8; Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 25. 561 Czychowski, WHG, 1998, § 36b WHG, Rn. 3. 562 Kloepfer, Umweltrecht, 2. Aufl., 1998, S. 836. 563 Czychowski, WHG, 1998, § 27, Rn. 1; Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 24; Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen durch räumliche Planung, 1986, S. 165 f.

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

liche Benutzungen auf Grund ihrer Summationswirkung große Schäden verursachen konnten564. Um derartige Schäden zu vermeiden, sollte die kleinräumige und häufig ad hoc erfolgende immissionsseitige Betrachtung im Rahmen des § 6 WHG durch eine konzeptgebundene und großräumigere, aber gleichwohl noch auf bestimmte Gewässer(-abschnitte) bezogene Gütebetrachtung ersetzt werden565. § 27 WHG a. F. war dementsprechend als Empfehlung an die Länder verstanden worden, gewässerspezifische Qualitätsziele festzulegen und die zur Erreichung des jeweiligen Ziels erforderlichen Anforderungen an die Abwassereinleitung in diesem Rahmen verbindlich vorzuschreiben566. 3. Die Reinhalteordnungen im Verwaltungsvollzug Die Länder sind der Forderung zum Erlass von Reinhaltevorschriften kaum gefolgt567. Anfangs hatte man zwar noch eine LAWA-Arbeitsgruppe „Reinhalteordnungen“ gebildet, die Richtlinien zur Aufstellung von Reinhalteordnungen, eine Musterreinhalteordnung sowie ein konkretes Beispiel erarbeitete568. Ganz überwiegend wurde die Erstellung immissionsbezogener Reinhalteordnungen von Gewässerschutzpraktikern auch für eine theoretisch sinnvolle und notwendige Maßnahme gehalten569. Dennoch hat das Instrument in der Praxis kaum eine Rolle gespielt570. Die wenigen ergangenen Reinhalteordnungen lassen sich an einer Hand abzählen. Zu nennen sind lediglich die Berliner Reinhalteordnung vom 13.1.1995571, die dem in § 27 WHG a. F. angelegten Profil allerdings nur wenig entspricht572 sowie 564 Thews, gwf-Wasser/Abwasser 1971, S. 101; Czychowski, WHG, 1998, § 27, Rn. 1. 565 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 35. 566 Vgl. insoweit die Stellungnahmen im Rahmen der Sachverständigenanhörung vor der 4. WHG-Novelle von Böhnke, Rincke, Hammel, dokumentiert in Presseund Informationszentrum des Deutschen Bundestages (Hrsg.), Umweltschutz (I), 1971, S. 103 ff. 567 Kumpf, in: Forschungs- und Entwicklungsinstitut für Industrie- und Siedlungswasserwirtschaft, Grundlagen und Grenzen der Gewässerreinhaltung, 1967, S. 47; in diesem Sinne auch Hammel, in: Presse- und Informationszentrum des Deutschen Bundestages (Hrsg.), Umweltschutz (I), 1971, S. 111 und Wiedemann, ebda., S. 121. 568 Vgl. Hammel, ebda., S. 111. 569 Kumpf, in: Forschungs- und Entwicklungsinstitut für Industrie- und Siedlungswasserwirtschaft, Grundlagen und Grenzen der Gewässerreinhaltung, 1967, S. 49 f. 570 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 432; Czychowski, WHG, 1998, § 27, Rn. 1; Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 26; Zeitler, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, § 27 WHG, Rn. 4a (Stand: März 2002). 571 GVBl. 1995, S. 22, dazu Darkow wwt 2/1996, S. 14. 572 So sind die Anforderungen an das Einleiten von Abwasser nur sehr vage gefasst; vgl. Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 35, Fn. 25.

§ 12 Qualitätsorientierung durch das Planungsinstrumentarium des WHG a. F. 255

drei weitere Verordnungen über die Behandlung von kommunalem Abwasser aus Berlin, Baden-Württemberg und Bayern, die jedoch die Umsetzung der Richtlinie 91/271/EWG573 bezweckten und § 27 WHG nur zusätzlich als Rechtsgrundlage herangezogen haben574. Als Grund für diese Zurückhaltung ist immer wieder genannt worden, dass der Verwaltungsaufwand für die Erstellung und Durchsetzung von Reinhalteverordnungen im Vergleich mit der damit gewonnenen Verwaltungsvereinfachung zu hoch sei. Denn die Aufstellung von Reinhalteverordnungen verlange eine aufwendige Ermittlung der jeweiligen geologischen, meteorologischen, topographischen und hydrologischen Verhältnisse, der Nutzungen im betroffenen Gebiet, der vorhandenen Verschmutzungsquellen sowie der tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten der Reduktion von Belastungen und schließlich konfliktträchtige Abstimmungen mit benachbarten Gebietskörperschaften575. Dieser Aufwand sei mit der gegebenen sachlichen und personellen Ausstattung nicht zu leisten und zahle sich angesichts der Tatsache, dass Reinhalteordnungen unter Umständen schon im Zeitpunkt ihres Inkrafttretens veraltet seien, auch nicht aus576. Zudem besitzen Reinhalteordnungen faktisch kaum einen eigenen Anwendungsbereich, weil die umfassenderen Bewirtschaftungspläne deren Aufgaben im Wesentlichen miterfüllen können577. Die geringe Bedeutung spiegelt sich auch im UGB-KomE wieder, der das Instrument der Reinhalteplanung weder bei der Darstellung der (damals) geltenden Rechtslage noch eine entsprechende Regelung im UGB-Entwurf selbst vorsieht578.

V. Abwasserbeseitigungspläne, § 18a III WHG a. F. Als weiteres planungsrechtliches – allerdings auf den Teilbereich der Abwasserbeseitigung begrenztes – Instrument galt der Abwasserbeseitigungsplan, der durch das vierte Änderungsgesetz zusammen mit dem Bewirt573

Richtlinie 91/271/EWG des Rates vom 21.5.1991 über die Behandlung von kommunalem Abwasser und den Schutz oberirdischer Gewässer vor schädlichen Auswirkungen; ABl. 1991, L 135, S. 40 ff. 574 Czychowski, WHG, 1998, § 27, Rn. 1; Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 26. 575 s. zu diesem Aspekt Schaal, in: Forschungs- und Entwicklungsinstitut für Industrie- und Siedlungswasserwirtschaft, Grundlagen und Grenzen der Gewässerreinhaltung, 1967, S. 26. 576 Hammel, in: Presse- und Informationszentrum des Deutschen Bundestages (Hrsg.), Umweltschutz (I), 1971, S. 112 ff.; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 35 f.; Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 26. 577 Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 26 f.; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 65. 578 Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 26.

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

schaftungsplan in das WHG eingeführt wurde579. Mit diesem Instrument sollte den Wasserbehörden ein Instrument vorbereitender Fachplanung zur Verfügung gestellt werden, das zur großräumigen Koordinierung und Steuerung der im Interesse einer geordneten Abwasserbeseitigung notwendigen Maßnahmen dienen sollte580. 1. Inhaltliche Ausgestaltung In den Abwasserbeseitigungsplänen waren nach dem gesetzlichen Inhaltskatalog des § 18a III 2 WHG a. F. insbesondere die Standorte für bedeutsame Anlagen der Behandlung von Abwasser, ihr Einzugsbereich, Grundzüge für die Abwasserbehandlung sowie die jeweiligen Träger der Maßnahmen festzulegen. Zu den Grundzügen der Abwasserbehandlung zählten u. a. die Angabe bestimmter Klärsysteme581 sowie die wesentlichsten Behandlungsvorrichtungen und -stufen582. Nicht erfasst wurden hierdurch jedoch Anforderungen an die Beschaffenheit und Menge des einzuleitenden Abwassers; diese waren ausschließlich Sache des wasserrechtlichen Einzelbescheides583. Nach dem Wortlaut („insbesondere“) und dem Zweck des § 18a III 2 WHG a. F. konnten die Länder weitere Festlegungen vorschreiben, wovon der Freistaat Sachsen durch § 9 II 1, 2 SächsWG a. F. Gebrauch gemacht hatte. Danach waren in den Abwasserbeseitigungsplänen auch überörtliche Zu- und Ableitungssammler sowie Gewässerabschnitte für eine Einleitung des behandelten Abwassers (sog. Vorfluter)584 auszuweisen585. Nach § 18a III 1 WHG a. F. stellten die Länder Abwasserbeseitigungspläne fachlich und räumlich nach überörtlichen Gesichtspunkten auf586. Insofern berücksichtigten die Pläne nicht nur Belange der Wasserwirtschaft, sondern trugen auch den Erfordernissen der Raumordnung und Landespla579 Holst et al., Planungsverfahren für Umweltfachpläne, 1991, S. 151 f.; Czychowski, WHG, 1998, § 18a, Rn. 26. 580 Vgl. Henseler, Das Recht der Abwasserbeseitigung, 1983, S. 258 f.; Baisch, Bewirtschaftung im Wasserrecht, 1996, S. 115; Schmidt-Aßmann, DÖV 1990, S. 173. 581 Z. B. mechanische, biologische, chemische und sonstige weitergehende Verfahren. Im Zusammenhang mit den weitergehenden Reinigungsverfahren können bestimmte Grundoperationen der Reinigungstechnik wie Sedimentation, Flotation, Fällung, Adsorption, Oxidation, Reduktion, Ionenaustausch etc. gefordert werden. 582 Z. B. Rechen, Sandfang, Vor- und Nachklärbecken, Tropfkörper, Belebungsanlagen, Schlammbehandlung; Czychowski, WHG, 1998, § 18a, Rn. 31. 583 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 381; Czychowski, WHG, 1998, § 18a, Rn. 31. 584 Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 27. 585 Näher hierzu Zeppernick/Habel, Das sächsische Wasserrecht, 2000, § 9, Rn. 4.

§ 12 Qualitätsorientierung durch das Planungsinstrumentarium des WHG a. F. 257

nung sowie der Strukturpolitik Rechnung587. In räumlicher Hinsicht implizierte die Überörtlichkeit nach unten den Ausschluss eines lediglich kommunalen Planbereiches, nach oben war die Abgrenzung jedoch offen588. Dies führte zu einer großen Heterogenität in der Regelung seines räumlichen Bezugs in den Ländern589. Abwasserbeseitigungspläne dienten zur Umsetzung der in den Bewirtschaftungsplänen festgelegten Vorgaben für den anzustrebenden Gütezustand des Gewässers und der sich daraus ergebenden Begrenzung der Belastungsquoten für die einzelnen Gewässerabschnitte durch konkrete Pflichten an die Körperschaften, Wassererzeuger und Dritte590, mussten zugleich aber auch die Vorgaben der Reinhalteordnungen beachten591. Was die Rechtswirkungen betrifft, so übten sie nach dem WHG lediglich eine verwaltungsinterne Bindungswirkung aus, die sich vor allem bei der Erlaubnis von Abwassereinleitungen sowie der Genehmigung von Abwasseranlagen niederschlug592. Anders war die Rechtslage, soweit die Länder von der ihnen gem. § 18a III 3 WHG eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht hatten, Abwasserbeseitigungspläne für verbindlich zu erklären. Die Landeswassergesetze regelten insofern verschiedene Verfahren der Verbindlicherklärung593; Sachsen hatte sich für das gleiche Verfahren wie bei den Bewirtschaftungsplänen entschieden, § 9 IV SächsWG a. F. (s. oben § 12 II. 1.). 2. Qualitätsorientierung von Abwasserbeseitigungsplänen Der Charakter der Abwasserbeseitigungspläne mutet – im Gegensatz zu dem anderer wasserrechtlicher Planungen – zunächst rein emissionsorientiert an, weil er bestimmte Anforderungen an die technische Durchführung 586

Dahme, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, AbwAG, § 18a WHG, Rn. 23 (Stand: März 2002); Czychowski, WHG, 1998, § 18a, Rn. 27; Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 27. 587 Czychowski, WHG, 1998, § 18a, Rn. 26; Baisch, Bewirtschaftung im Wasserrecht, 1996, S. 113; Dahme, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, § 18a WHG, Rn. 21 (Stand: März 2002); Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 27. 588 Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 27. 589 Näher hierzu Holst et al., Planungsverfahren für Umweltfachpläne, 1991, S. 154 ff. 590 Nisipeanu, Abwasserrecht, 1991, S. 89; Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 320; Czychowski, WHG, 1998, § 18a, Rn. 26. 591 So ausdrücklich § 9 III SächsWG a. F.; ferner Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 382; Salzwedel, ZfW 1977, S. 152; Czychowski, WHG, 1998, § 18a, Rn. 26; Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, 28. 592 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 383; Czychowski, WHG, 1998, § 18a, Rn. 37. 593 Vgl. hierzu im Einzelnen Czychowski, WHG, 1998, § 18a, Rn. 38.

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

der Abwasserbeseitigung stellt594. Dies gilt vor allem im Hinblick auf die Vorgabe bestimmter Klärsysteme sowie der wesentlichen Behandlungsvorrichtungen und -stufen. Allerdings geht der Inhalt der Abwasserbeseitigungspläne über die Regelung technischer Anforderungen der Abwasserbeseitigung deutlich hinaus, beispielsweise indem einzelne Standorte für Abwasserbeseitigungsanlagen ausgewählt oder bestimmte Gewässerabschnitte als Vorfluter ausgewiesen werden. Vor allem aber wurden die einzelnen Vorgaben im Hinblick auf die Gesamtsituation des Gewässers, in das eingeleitet werden soll, seine gesamtwasserwirtschaftliche Bedeutung und andere wichtige Rahmenbedingungen getroffen595. Daraus wird ersichtlich, dass Abwasserbeseitigungspläne durchaus gewässerqualitätsorientierte Züge aufweisen, wenn dies auch in geringerem Umfang als bei den anderen wasserrechtlichen Planungsinstrumenten der Fall ist. Sie liefern ein Beispiel dafür, wie emissions- und qualitätsorientierte Anforderungen bereits in der Planung verknüpft werden können. 3. Die Abwasserbeseitigungspläne im Verwaltungsvollzug Die praktische Bedeutung der Abwasserbeseitigungspläne hat sich allerdings insgesamt als eher gering erwiesen. Entsprechende Pläne existierten im Wesentlichen nur im Saarland und in Hamburg, teilweise auch in Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Allenfalls in dicht besiedelten Räumen erlangten Abwasserbeseitigungspläne eine gewisse Bedeutung596, da hier den einzelnen kommunalen Grenzen ohnehin eine geringere Bedeutung zukam597. Im Freistaat Sachsen wurde kein einziger Abwasserbeseitigungsplan erstellt598. Den hauptsächlichen Grund für diesen Befund sah man – ähnlich wie bei den anderen planungsrechtlichen Instrumenten – in dem hierfür erforderlichen hohen personellen, finanziellen und zeitlichen Aufwand. Dies galt vor allem auch im Hinblick auf die Fortschreibung der Pläne zur Gewährleistung einer gewissen Aktualität599. Hinzu kam, dass man in Sachsen besonders darauf bedacht war, die kommunale Selbstverwaltung zu stärken; die staatliche Lenkung durch Abwasserbeseitigungspläne wurde hierbei als hinderlich empfunden600. Für eine entsprechende 594

Holst et al., Planungsverfahren für Umweltfachpläne, 1991, S. 151. Czychowski, WHG, 1998, § 18a, Rn. 26; Holst et al., Planungsverfahren für Umweltfachpläne, 1991, S. 152. 596 Vgl. die Zusammenstellungen der Planungsstände in den einzelnen Bundesländern bei Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 30 sowie bei Holst et al., Planungsverfahren für Umweltfachpläne, 1991, S. 155 ff. 597 Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 30. 598 Auskunft des SMUL vom 15.4.2004. 599 Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 30. 595

§ 12 Qualitätsorientierung durch das Planungsinstrumentarium des WHG a. F. 259

Steuerung der Abwasserbeseitigung sah man die kommunalen Abwasserbeseitigungskonzepte (vgl. § 63 II 2 SächsWG) als ausreichend an601. Auch die streitige Frage, ob die Länder überhaupt zur Aufstellung derartiger Pläne verpflichtet waren602, dürfte die Abwasserbeseitigungsplanung nicht befördert haben. Insgesamt ist der Aufwand für die Ausarbeitung von Abwasserbeseitigungsplänen lediglich in Ausnahmefällen bei größeren Problemen mit der Abwasserbeseitigung oder dem Standort von Kläranlagen als erforderlich angesehen worden603.

VI. Pläne der öffentlichen Wasserversorgung, § 8 SächsWG a. F. Einen weiteren Planungstyp, der nicht im WHG, sondern nur im SächsWG vorgesehen ist, stellen die Pläne der öffentlichen Wasserversorgung gem. § 8 SächsWG dar. Diese dienen der Versorgung der Bevölkerung, gewerblicher und sonstiger Einrichtungen in den Kommunen mit Trinkwasser604. 1. Inhaltliche Ausgestaltung Grundlage für die Pläne der öffentlichen Wasserversorgung bilden die mit den Staatlichen Umweltfachämtern und den Regierungspräsidien abgestimmten Versorgungskonzeptionen der Träger der öffentlichen Wasserversorgung (Gemeinden, Zweckverbände)605. Diese enthalten für ihren Zuständigkeitsbereich Aussagen zu Planungsraum und Planungszeit, vorhandenen Wasserangeboten, Wasserbedarf und Anschlussgrad, technischen Versorgungsunternehmen, sowie Anlagen und Kapazitäten, Wasserbedarfsdeckungsbilanz, Trinkwasserschutzgebieten und Trinkwasserbeschaffenheit, 600

Auskunft des SMUL vom 15.4.2004. Auskunft des SMUL vom 15.4.2004. 602 Breuer, der für eine Verpflichtung zur Aufstellung von Abwasserbeseitigungsplänen eintrat, begründete dies mit Wortlaut sowie dem Lenkungszweck des Gesetzes; ders., Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 381; Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen durch räumliche Planung, 1986, S. 152. Dagegen gingen Czychowski, WHG, 1998, § 18a, Rn. 35; Holst et al., Planungsverfahren für Umweltfachpläne, 1991, S. 152; Kloepfer, Umweltrecht, 2. Aufl., 1998, S. 875 Fn. 379 und Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 319, Fn. 1308 von einer entsprechenden Ermessensentscheidung aus. 603 Czychowski, WHG, 1998, § 18a, Rn. 26. 604 SMUL (Hrsg.), Grundsatzplan öffentliche Wasserversorgung des Freistaates Sachsen 2002, S. 6 unter Verweis auf die DIN 4046. 605 LfUG, Methodische Grundlagen zur Erarbeitung von Versorgungskonzeptionen, 2000, S. 4. 601

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

Maßnahmen der Wasserversorgung sowie ökonomischen Belangen der Wasserversorgung einschließlich der Preisentwicklung606. Die Versorgungskonzeptionen werden regelmäßig den Entwicklungen angepasst und entsprechend auf dem Laufenden gehalten607. Auf dieser Grundlage vollzieht sich die Aufstellung der Pläne öffentlicher Wasserversorgung in zwei Stufen: § 8 I SächsWG sieht zunächst die Aufstellung eines Grundsatzplanes vor, der den aktuellen Stand und die konzeptionelle Entwicklung der öffentlichen Wasserversorgung darstellt und unter Berücksichtigung dieses Gesamtüberblicks Grundsätze für die Entwicklung der öffentlichen Wasserversorgung nach überörtlichen und regionalen Gesichtspunkten festlegt608. Ein entsprechender „Grundsatzplan öffentliche Wasserversorgung des Freistaates Sachsen“ wurde im Jahre 1998 veröffentlicht und liegt derzeit in der Fassung von Dezember 2002609 vor. Er enthält die Basis für die statistische Auswertung der Entwicklung der öffentlichen Wasserversorgung in den zurückliegenden Jahren und schafft eine Vorausschau auf die Trinkwasserversorgung bis zum Jahre 2010610. Als Zielvorgabe ist die Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser auf dem Niveau der Trinkwasserverordnung zu sozialverträglichen Preisen festgelegt611. Zudem soll die Trinkwasserversorgung im Freistaat Sachsen bis 2010 das Niveau der Altbundesländer erreichen, weitgehend durch einfache naturnahe Verfahren der Wasserbehandlung erfolgen und wirtschaftlich realisierbar sein. Zur Umsetzung der Zielvorgaben sieht der Grundsatzplan verschiedene Maßnahmen vor, beispielsweise die Aufstellung von Sanierungsplänen für alle Anlagen, bei denen das Trinkwasser noch nicht den Anforderungen der TrinkwV entspricht. Für die auf Dauer zu erhaltenden Wassergewinnungsanlagen sind gem. § 19 WHG bzw. § 48 SächsWG Wasserschutzgebiete festzusetzen, die einen ausreichenden Schutzstatus sichern. In den Gebieten, in denen leistungsfähige und bei Notsituationen sichere Versorgungsstrukturen noch 606

LfUG, Methodische Grundlagen zur Erarbeitung von Versorgungskonzeptionen, 2000, S. 15. 607 LfUG, Methodische Grundlagen zur Erarbeitung von Versorgungskonzeptionen, 2000, S. 5. 608 LfUG, Methodische Grundlagen zur Erarbeitung von Versorgungskonzeptionen, 2000, S. 4. 609 SMUL (Hrsg.), Grundsatzplan öffentliche Wasserversorgung des Freistaates Sachsen 2002. Eine turnusmäßige Fortschreibung ist im Zeitraum etwa aller drei Jahre beabsichtigt; LfUG, Methodische Grundlagen zur Erarbeitung von Versorgungskonzeptionen, 2000, S. 5. 610 SMUL (Hrsg.), Grundsatzplan öffentliche Wasserversorgung des Freistaates Sachsen 2002, S. 6. 611 SMUL (Hrsg.), Grundsatzplan öffentliche Wasserversorgung des Freistaates Sachsen 2002, S. 8 f.

§ 12 Qualitätsorientierung durch das Planungsinstrumentarium des WHG a. F. 261

nicht existieren, sollen Anstrengungen unternommen werden, diese – in erster Linie durch Investitionsmaßnahmen – zu erreichen612. Ausgehend von diesem Grundsatzplan und unter Berücksichtigung der Wasserversorgungskonzeptionen der Träger der öffentlichen Wasserversorgung werden von den Regierungspräsidien als zuständigen höheren Wasserbehörden die eigentlichen Pläne der öffentlichen Wasserversorgung aufgestellt (§ 8 II 1 SächsWG). Diese sollen für die Versorgungsgebiete der öffentlichen Wasserversorgung die Wasserversorgungsbilanzen und die Maßnahmen zur Sicherung der Trinkwasserversorgung ausweisen (§ 8 II 2 SächsWG)613. Mit den Plänen der öffentlichen Wasserversorgung besteht die Möglichkeit, die regionalen Belange zur Entwicklung der öffentlichen Wasserversorgung in den einzelnen Regierungsbezirken detaillierter als im Grundsatzplan umzusetzen und zu entwickeln. 2. Qualitätsorientierung der Pläne öffentlicher Wasserversorgung Die Pläne der öffentlichen Wasserversorgung dienen zunächst der Trinkwasserversorgung. Allerdings soll die Trinkwasseraufbereitung ausdrücklich durch einfache, naturnahe Verfahren der Wasserbehandlung erfolgen614 und setzt damit den Schutz des zur Verfügung stehenden Rohwassers voraus. Dieser Schutz soll in erster Linie durch Trinkwasserschutzgebiete (§§ 48 I, 130 SächsWG), erfolgen. Für Oberflächengewässer aus Trinkwassertalsperren können die Pläne auch Maßnahmen in den Einzugsgebieten, an den Staubauwerken sowie an den Entnahmeanlagen vorsehen, um eine Verbesserung der Rohwasserqualität zu erreichen. Innerhalb des Prozesses der Bereitstellung eines hochwertigen Trinkwassers ist die Stufe Rohwasser somit das wichtigste Stellglied615. Soweit die Pläne der öffentlichen Wasserversorgung den Schutz des zur Trinkwasseraufbereitung genutzten Rohwassers im Auge haben, tragen sie zugleich zu einer Qualitätsverbesserung des Gewässerzustands bei. Allerdings steht und fällt der Schutz des zur Trinkwassergewinnung genutzten Rohwassers mit dem in den Plänen festgestellten Trinkwasserbedarf, da diese nutzungsbezogen ausgestaltet sind und nicht den Schutz der Gewässer als solche bezwecken. So sind seit dem Jahre 1990 auf Grund eines extremen Rückgangs des Wasserverbrauchs, einer 612 SMUL (Hrsg.), Grundsatzplan öffentliche Wasserversorgung des Freistaates Sachsen 2002, S. 9 f. 613 Für die Verbindlicherklärung gilt das zu § 6 III SächsWG Gesagte entsprechend (§ 8 III SächsWG). 614 SMUL (Hrsg.), Grundsatzplan öffentliche Wasserversorgung des Freistaates Sachsen 2002, S. 9. 615 SMUL (Hrsg.), Grundsatzplan öffentliche Wasserversorgung des Freistaates Sachsen 2002, S. 14.

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

umfassenden Beurteilung der Schutzwürdigkeit von Wassergewinnungsanlagen und nach Prüfung betriebswirtschaftlicher Gesichtspunkte eine Vielzahl entsprechender Anlagen stillgelegt und damit auch die dazugehörigen Trinkwasserschutzgebiete aufgehoben worden616. Dieser Trend hat sich durch das Inkrafttreten der neuen Sächsischen Schutz- und Ausgleichsverordnung (SächsSchAVO) vom 2. Januar 2002617 noch verstärkt, da zur Zahlung entsprechender Ausgleichsleistungen nun nicht mehr der Freistaat Sachsen, sondern gem. § 48 VII SächsWG der Begünstigte, d. h. in der Regel der Betreiber der Trinkwassergewinnungsanlage, herangezogen wird. Dies hat zur Folge, dass jetzt auch die Trinkwasserschutzgebiete für bereits stillgelegte und in Reserve gehaltene Wassergewinnungsanlagen schnellstmöglich aufgehoben werden618, was insgesamt zu einer Verringerung des Gewässerschutzes führt. 3. Vollzug der Pläne öffentlicher Wasserversorgung Die nach dem Grundsatzplan zweite Stufe der Planung, die Aufstellung der eigentlichen Pläne der öffentlichen Wasserversorgung gem. § 8 II 1 SächsWG, ist nur im Regierungsbezirk Chemnitz realisiert worden. In den Regierungsbezirken Dresden und Leipzig liegen hingegen keine entsprechenden Pläne vor. Die Planung und Entwicklung erfolgten hier auf der Basis der auf den jeweiligen Regierungsbezirk bezogenen Ausführungen des Grundsatzplanes öffentlicher Wasserversorgung, die quasi in den Status eines Plans der öffentlichen Wasserversorgung gehoben wurden619. Grundlage der Planung und Abrechnung der Entwicklung der öffentlichen Wasserversorgung bildet bei den zuständigen Behörden eine einheitliche Datenbankanwendung620, wobei die Eingabe der Primärdaten inzwischen teilweise auf die für die Wasserversorgungskonzepte zuständigen Gemeinden und Zweckverbände übertragen worden ist621. Den von den Regierungspräsidien gem. § 8 II 1 SächsWG aufzustellenden Plänen der öffent616 Die Anzahl der Wasserschutzgebiete hat sich seit 1990 um etwa zwei Drittel und die Fläche der Wasserschutzgebiete um ein reichliches Drittel reduziert; http://www.umwelt.sachsen.de/de/wu/umwelt/lfug/lfug-internet/wasser_hwz.html. 617 Sächsische Verordnung über Schutzbestimmungen und Ausgleichsleistungen für erhöhte Aufwendungen der Land- und Forstwirtschaft in Wasserschutzgebieten vom 2. Januar 2002 (SächsSchAVO), SächsGVBl, S. 21. 618 SMUL (Hrsg.), Grundsatzplan öffentliche Wasserversorgung des Freistaates Sachsen 2002, S. 24. 619 Auskunft des LfUG vom 27.5.2004. 620 „Planung/Abrechnung öffentliche Wasserversorgung“, sog. WAVE. Näher hierzu LfUG, Methodische Grundlagen zur Erarbeitung von Versorgungskonzeptionen, 2000, S. 4. 621 Auskunft des LfUG vom 27.5.2004.

§ 12 Qualitätsorientierung durch das Planungsinstrumentarium des WHG a. F. 263

lichen Wasserversorgung als zweiter Planungsstufe kam vor diesem Hintergrund kaum noch Bedeutung zu; sie wurden überwiegend als entbehrlich angesehen622. Demzufolge hob man die entsprechenden Vorschriften des § 8 II und III SächsWG mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des SächsWG vom 9. August 2004623 aus Gründen der Deregulierung auf624. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich die Erwartungen an die wasserwirtschaftliche Planung, der eine wichtige Rolle bei der ökologisch ausgerichteten Bewirtschaftung der Gewässer zugedacht war625, in der Praxis allenfalls ansatzweise erfüllt haben. Angesichts der Größe des Bundesgebietes und der im Vergleich hierzu geringen Zahl von aufgestellten Plänen tritt ein Vollzugsdefizit in diesem Bereich deutlich hervor626. Dies gilt im besonderen Maße für den Freistaat Sachsen, wo – abgesehen von den Aktivitäten im Bereich der öffentlichen Wasserversorgung – überhaupt keine entsprechenden Pläne aufgestellt worden sind. Die Wasserwirtschaftsverwaltungen der Bundesländer haben sich mit diesem Erfahrungsbefund abgefunden und ihre Bemühungen um den Gewässerschutz – neben der Orientierung an informellen Bewirtschaftungskonzepten – in erster Linie auf strikte, einheitliche und gewässerunabhängige Anforderungen, insbesondere stoffbezogene Emissionsbegrenzungen, und deren gleichmäßigen Vollzug durch gebundene Einzelfallentscheidungen gegenüber den Verschmutzern und anderen Boden- und Gewässernutzern konzentriert627. Obwohl das Gewässerschutzrecht nach dem WHG a. F. und dem SächsWG a. F. durch das wasserrechtliche Planungsinstrumentarium der Sache nach einen starken Qualitätsbezug aufwies, führte das Vollzugsdefizit in der Praxis dazu, dass der Qualitätsansatz im Bereich der Einzelfallentscheidung bei Abwassereinleitungen durch den in § 7a WHG verankerten Emissionsansatz derart 622

Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, LT-Drs. 3/9974, S. 16. 623 SächsGVBl., S. 374. 624 Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, LT-Drs. 3/9974, S. 16. 625 Vgl. Czychowski, WHG, 1998, § 36b, Rn. 2; Schmidt-Aßmann, DÖV 1990, S. 172; BMU (Hrsg.), UGB-KomE, 1998, S. 1062. 626 Baisch, Bewirtschaftung im Wasserrecht, 1996, S. 108; Hofmann/Kollmann, in: v. Lersner/Berendes, Handbuch des Deutschen Wasserrechts, 2005, C 10 E, § 36, Rn. 3. Gerade Planungen auf kommunaler Ebene, wie z. B. die Abwasserbeseitigungskonzepte der Städte und Gemeinden, haben sich den Erfordernissen der Praxis besser angeboten, als das eher auf überörtliche Gesichtspunkte abzielende Planungsinstrumentarium des WHG; Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 31. Allgemein zum Vollzugsdefizit im Wasserrecht bereits in den 70er Jahren Winter, Das Vollzugsdefizit im Wasserrecht, 1975. 627 Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 857; Appel, ZUR 2001, S. 131; Baisch, Bewirtschaftung im Wasserrecht, 1996, S. 168 ff.; Sparwasser/ Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, 2003, S. 545 ff.

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

relativiert worden war, dass ihm allenfalls noch eine ergänzende Funktion zukam628. Gesetzlicher Anspruch und Vollzugspraxis gingen somit weit auseinander.

§ 13 Die europarechtlichen Qualitätsziele und ihre Umsetzung vor Inkrafttreten der WRRL Während Qualitätsziele im Rahmen wasserrechtlicher Planungsinstrumente nur in relativ geringem Umfang festlegt worden waren, fanden diese vor allem durch die Umsetzung europäischer Richtlinien Eingang in das deutsche Gewässerschutzrecht.

I. Die nutzungsbezogenen Gewässerqualitätsrichtlinien der 70er Jahre: Die Rohwasser-, Bade-, Fisch- und Muschelgewässerrichtlinie Ausgangspunkt für eine Europäisierung des deutschen Gewässerschutzrechts waren die gezielten Aktivitäten der EG in den bereits erwähnten ersten beiden Umweltaktionsprogrammen, welche die zentrale Aufgabe darin sahen, Qualitätsziele zu erarbeiten und diese als Qualitätsstandards zu normieren (s. oben § 4 I. 2.). Diese Qualitätsnormen – gemeint waren Qualitätsgrenzwerte – waren allerdings nicht unmittelbar an bestimmte Verursacherbzw. Emittentengruppen, sondern primär an die Mitgliedstaaten gerichtet629. Auf dem Gebiet des Gewässerschutzes hat die Gemeinschaft zur Durchführung dieses Konzepts vier Richtlinien erlassen, deren inhaltliche Ausgestaltung und Durchführung Gegenstand nachfolgender Untersuchung sein wird: die Richtlinie 75/440/EWG über die Qualitätsanforderungen an Oberflächengewässer für die Trinkwassergewinnung (sog. Rohwasserrichtlinie), die Richtlinie 76/160/EWG über die Qualität der Badegewässer, die Richtlinie 78/659/EWG über die Qualität der Fischgewässer sowie die Richtlinie 79/923/EWG über die Qualität der Muschelgewässer. Die ebenfalls in diesem Zeitraum von der EG verabschiedete Richtlinie 80/778/EWG über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (sog. Trinkwasserrichtlinie)630, die durch die Richtlinie 98/83/EG631 den neuen Erkenntnissen an628

Appel, ZUR 2001, S. 131. Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 107 f.; Epiney, in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, 1997, S. 87. 630 ABl. 1980, L 229, S. 11. Die Richtlinie 80/778/EWG ist durch die auf § 11 I BSeuchG und § 10 I LMBG gestützte Verordnung über Trinkwasser und über Wasser für Lebensmittelbetriebe (Trinkwasserordnung – TrinkwV) vom 22.5.1986, BGBl. I 1986, S. 760, welche die Trinkwasserverordnung vom 31.1.1975, BGBl. I, S. 453 novelliert, in deutsches Recht umgesetzt worden. 629

§ 13 Die europarechtlichen Qualitätsziele und ihre Umsetzung

265

gepasst632 wurde, soll hier hingegen nicht Gegenstand der Betrachtung sein. Zwar weist sie ebenfalls eine starke Qualitätsorientierung auf, indem sie in ihrem Anhang I quasi als „harten Kern“ Qualitätsstandards für einzelne Trinkwasserparameter enthält633. Jedoch dient sie dem Gewässerschutz allenfalls mittelbar, da sich ihr Geltungsbereich nur auf das isolierte, für den menschlichen Gebrauch verwendete Wasser unabhängig von dessen Herkunft (Art. 1, 2 Trinkwasserrichtlinie) erstreckt634. Wie die durch die Qualitätsziele geforderte konkrete Verwendungstauglichkeit im Einzelnen erzielt wird – ob von vornherein durch Anstreben eines verwendungsfähigen Rohwassers oder erst durch spätere Aufbereitungsmaßnahmen – lässt die Richtlinie offen635. So können notwendige Maßnahmen auch ausschließlich in Verbesserungen der Aufbereitungstechnik bestehen, ohne die Ursachen der Verschmutzung zu bekämpfen636. Der Schutz der zur Trinkwasserversorgung genutzten Gewässer als solchen fällt vielmehr in den Anwendungsbereich der Rohwasserrichtlinie. 1. Inhaltliche Ausgestaltung Sowohl die Rohwasser- als auch die Bade-, Fisch- und Muschelgewässerrichtlinie sind weitgehend parallel konzipiert und folgen demselben Regelungsmuster, indem sie qualitative Mindestanforderungen in Form von Qualitätsgrenzwerten definieren, denen ein Gewässer genügen muss, wenn es der von der jeweiligen Richtlinie definierten Nutzung dient oder dienen soll637. Die Richtlinien zielen dabei im Einzelnen – je nach ihrem Gegenstand – auf die Überwachung des zur Trinkwassergewinnung bestimmten Oberflächenwassers und dessen Aufbereitung zum Schutz der Volksgesundheit (Rohwasserrichtlinie), die Herabsetzung der Verunreinigung der Badegewässer sowie deren Bewahrung vor weiterer Qualitätsminderung (Bade631 Richtlinie 98/83/EG des Rates vom 3. November 1998 über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch; ABl. 1998, L 330, S. 32. Die Trinkwasserrichtlinie 98/83/EG wurde durch die neue Trinkwasserverordnung vom 21.5.2001 (BGBl. I, S. 959) in deutsches Recht umgesetzt. 632 Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 957. 633 Vgl. hierzu ausführlich Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 945 f., 949 ff. 634 Linden, Gewässerschutz und landwirtschaftliche Bodennutzung, 1993, S. 33 f.; Breuer, WiVerw 1990, S. 91 f.; Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 149. 635 Auch die TrinkwV enthält keine Aufforderung zum Schutz ihrer zur Trinkwassergewinnung genutzten Gewässer; Linden, Gewässerschutz und landwirtschaftliche Bodennutzung, 1993, S. 33 f. 636 Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 149. 637 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 109.

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

gewässerrichtlinie), die Erhaltung von aus wasserwirtschaftlicher Sicht wünschenswerten Fischarten (Fischgewässerrichtlinie) sowie die Gewährleistung von Lebens- und Wachstumsmöglichkeiten für Muscheln, um auf diese Weise zur Qualität der von Menschen verzehrten Muschelerzeugnissen beizutragen (Muschelgewässerrichtlinie)638. Zur Erreichung dieses jeweiligen Zwecks legen die Richtlinien den Mitgliedstaaten im Wesentlichen fünf zentrale Pflichten auf639: Erstens obliegt den Mitgliedstaaten eine Kennzeichnungs- bzw. Ausweisungspflicht im Hinblick auf diejenigen Gewässer, die der jeweils erfassten Nutzung dienen oder dienen sollen, wobei der Kommission eine entsprechende Liste zu übermitteln ist640. Für die erfassten Gewässer sind zweitens Qualitätsgrenzwerte festzulegen, die mindestens den in ihren jeweiligen Anhängen I festgelegten Mindestwerten entsprechen müssen641. Strengere Anforderungen werden von den Richtlinien jedoch ausdrücklich zugelassen, indem die Anhänge I jeweils neben den genannten Mindestwerten (unverbindliche) Leitwerte angeben, deren Erreichen von den Mitgliedstaaten als längerfristiges Ziel angestrebt werden soll. Die dritte Verpflichtung an die Mitgliedstaaten betrifft die Pflicht, die Einhaltung der jeweils festgelegten Qualitätsgrenzwerte innerhalb einer bestimmten Frist zu gewährleisten642. Dabei unterscheiden sich die Richtlinien allerdings in den Vorgaben, auf welche Weise sie die Einhaltung der Qualitätsgrenzwerte gewährleisten sollen: Während sich die Badegewässer- und die Rohwasserrichtlinie darauf beschränken, den Mitgliedstaaten das Ergreifen der „notwendigen Maßnahmen“ aufzuerlegen643, gehen die Vorgaben der Fisch- und Muschelgewässerrichtlinie insofern weiter, als sie die Mitgliedstaaten zur Erstellung spezifischer Programme verpflichten644. Auch die Folgen für den Fall der Nichteinhaltung der Qualitätsgrenzwerte sind nicht einheitlich geregelt. So sind die Mitgliedstaaten im Falle der Badegewässer638

Veh/Knopp, Gewässerschutz nach EG-Recht, 1995, S. 35, 36, 41, 43. Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 109. 640 Vgl. die jeweiligen Art. 4 der Fisch- und der Muschelgewässerrichtlinie sowie die Art. 2, 3 der Oberflächengewässerrichtlinie; letztere verlangt von den Mitgliedstaaten ein – wenn auch formlose Einteilung der Gewässer nach den jeweils zur Anwendung kommenden Standardaufbereitungsverfahren für die Trinkwasseraufbereitung (vgl. EuGH, NVwZ 1992, S. 459). Die Badegewässerrichtlinie schreibt statt dessen eine Subsumtion der Mitgliedstaaten unter die (unscharfe) Definition des Badegewässerbegriffs (Art. 2) vor, deren Ergebnis der Kommission in Form einer entsprechenden Liste mitzuteilen ist. 641 Vgl. Art. 3 der jeweiligen Richtlinien. Zu den formellen Anforderungen der Grenzwertsetzung s. EuGH, NJW 1992, S. 459 f. 642 s. jeweils Art. 4 der Badegewässer- und der Oberflächengewässerrichtlinie sowie jeweils Art. 5 der Fisch- und der Muschelgewässerrichtlinie. 643 Vgl. jeweils Art. 5 der Badegewässer- sowie der Oberflächengewässerrichtlinie. 644 Vgl. jeweils Art. 5 der Fisch- sowie der Muschelgewässerrichtlinie. 639

§ 13 Die europarechtlichen Qualitätsziele und ihre Umsetzung

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und der Rohwasserrichtlinie verpflichtet, Sanierungsprogramme zu erstellen645, während die Fisch- und die Muschelgewässerrichtlinie lediglich vorschreiben, die „geeigneten Maßnahmen“ zu ergreifen646. Ein Nutzungsverbot für den Fall der Grenzwertüberschreitung sehen die Richtlinien – mit Ausnahme der Rohwasserrichtlinie647 – nicht vor648. Im Bereich der Überwachung trifft die Mitgliedstaaten viertens die Pflicht, Probenahmen und Analysen nach den jeweiligen in den Richtlinien enthaltenen Vorgaben durchzuführen. Fünftens schließlich haben die Mitgliedstaaten der Kommission über die Durchführung der Richtlinien regelmäßig Bericht zu erstatten649. 2. Durchführung Um unmittelbare Rechtswirkung zu erlangen, müssen die verpflichtenden Normen der Richtlinien grundsätzlich650 in deutsches Recht umgesetzt werden651. Dabei ist die Richtlinie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet ist, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Formen und Mittel, Art. 249 III EGV (Art. 189 III a. F.). Nach der Rechtsprechung des EuGH hat allerdings jeder Mitgliedstaat den ihm eingeräumten Umsetzungsspielraum in einer Weise auszufüllen, die den Erfordernissen der Eindeutigkeit und Bestimmtheit des Rechtszustandes, auf den die Richtlinie abzielt, voll gerecht wird652. Hier645

Vgl. Art. 4 III der Badegewässer- sowie Art. 4 II 2 der Rohwasserrichtlinie. Jeweils Art. 7 III der Fisch- und der Muschelgewässerrichtlinie. 647 Den Mitgliedstaaten wird es gem. Art. 4 III dieser Richtlinie untersagt, Oberflächengewässer für die Trinkwassergewinnung zu nutzen, wenn es nicht mindestens der Qualität A3 entspricht. Allerdings lässt die Richtlinie in Art. 4 III 2 weitreichende Ausnahmen von diesem Verbot zu. 648 Für die Badegewässerrichtlinie wird dies sogar ausdrücklich durch die Kommission bestätigt; KOM (94) 36 endg., S. 10. 649 Diese Pflichten wurden durch die Richtlinie 91/692/EG des Rates vom 23. Dezember 1991 zur Vereinheitlichung und zweckmäßigen Gestaltung der Berichte über die Durchführung bestimmter Umweltschutzrichtlinien (ABl. 1991, L 377, S. 48) neu geregelt. 650 Wenn die innerstaatliche Umsetzung der Richtlinie entgegen der Pflicht des betreffenden Mitgliedsstaates allerdings nicht, nicht fristgerecht oder nicht korrekt erfolgt, so können EG-Richtlinien nach der Rechtsprechung des EuGH – entgegen ihrer prinzipiellen Konzeption – nach Ablauf der Umsetzungsfristen eine unmittelbare Rechtswirkung für den Bürger und die Behörden entfalten; grundlegend hierzu EuGH, Rs. C-9/70 (Grad/Finanzamt Traunstein), Rs. C-20/70 (Transports Lesage und Cie/Hauptzollamt Freiburg), Rs. 23/70 (Haselhorst/Finanzamt Düsseldorf), Slg. 1970, S. 825, 861, 881 (Leberpfennig); dazu ausführlich Grabitz, EuR 1971, S. 1 ff. 651 BVerwGE 74, S. 241/248. 652 EuGH, DVBl. 1981, S. 137/138. 646

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

bei haben die Mitgliedstaaten diejenigen Formen und Mittel zu wählen, die für die Gewährleistung der praktischen Wirksamkeit („effet utile“) der Richtlinie am besten geeignet sind653. Wie allerdings die inhaltliche Ausgestaltung der genannten EG-Richtlinien zeigt, beschränken sich diese nicht nur auf rahmensetzende Ziele, sondern weisen eine hohe Regelungsintensität auf, indem sie detaillierte Regelungen der Lebenssachverhalte und Verwaltungsmaßnahmen auf einem bestimmten Sachgebiet treffen654. Der EuGH hat diese Rechtsentwicklung stets mitgetragen, was wohl mit der praktischen Unmöglichkeit zu begründen ist, Ziele einer Regelung i. S. der anzustrebenden rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen klar von den Mitteln und Formen i. S. vorgeschriebener Anforderungen, Maßnahmen und Zwischenschritte zu trennen655. Dieser Umstand hat allerdings wesentlich dazu beigetragen, dass die Durchführung656 der – gerade auch qualitätsbezogenen – Gewässerschutzrichtlinien in Deutschland Schwierigkeiten bereitete657. Diese Schwierigkeiten traten auf zwei grundsätzlich zu unterscheidenden Stufen auf, nämlich der Stufe der normativen Umsetzung, welche die Richtlinie in staatliches Recht überträgt, und der des anschließenden Normvollzuges, d. h. der Anwendung des so geschaffenen staatlichen Rechts auf konkrete Fälle658. a) Rechtssetzungsverfahren Die Schwierigkeiten bei der Durchführung der Richtlinien zeichneten sich schon im Rechtssetzungsverfahren ab, indem die im Bundesrat vertretenen Länder den geplanten Erlass der Qualitätsrichtlinien fast durchgehend ablehnten. Abgesehen davon, dass sie den Erlass der Rohwasser- und der Fischgewässerrichtlinie schon als kompetenzwidrig ansahen659, machten sie 653

EuGH, Rs. C-300/81 (Kommission/Italien), Slg. 1983, S. I-449, Rn. 10 und Rs. C-79/83 (Harz/Deutsche Tradax GmbH), Slg. 1984, S. I-1921, Rn. 18. 654 Breuer, WiVerw 1990, S. 95 m. w. N. 655 Breuer, WiVerw 1990, S. 95 f. 656 Vgl. zum Oberbegriff der „Durchführung“ von Gemeinschaftsrecht, der dessen „Ausführung“ (i. S. des Erlasses von Rechtsnormen) und die „Anwendung“ (als administrative Konkretisierung im Einzelfall) umfasst, bereits Zuleeg, Das Recht der Europäischen Gemeinschaften im innerstaatlichen Bereich, 1969, S. 47 f. 657 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, Einl., Rn. 62; ausführlich zu diesem Thema Breuer, WiVerw 1990, S. 79 ff. 658 Breuer, WiVerw 1990. S. 97. Die zweite Stufe deckt sich mit dem von Rengeling herausgearbeiteten „indirekten Vollzug des Gemeinschaftsrechts“ durch nationale Verwaltungsorgane, wobei es sich um die Anwendung des auf Grund von Gemeinschaftsrecht (insbesondere von Richtlinien) ergangenen nationalen Durchführungsrechts handelt; Rengeling, Rechtsgrundsätze beim Verwaltungsvollzug des Europäischen Gemeinschaftsrechts, 1977, S. 7 f., 10 f., auch S. 29 ff.

§ 13 Die europarechtlichen Qualitätsziele und ihre Umsetzung

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gegen das auf Gemeinschaftsebene verfolgte qualitätsorientierte Konzept ähnliche Einwände geltend, wie sie schon im Rahmen des Mainzer Papiers geäußert worden waren [s. oben § 11 I. 2. a) cc)]. Qualitätsziele, so hieß es, stellten kein geeignetes Instrument zur Gewässersanierung dar, zumindest wenn sie – wie hier – an einzelnen Nutzungen ausgerichtet seien und nicht die konkreten Verhältnisse des jeweiligen Gewässers berücksichtigten. Eine wirksame Gewässerreinhaltung könne vielmehr nur dadurch erreicht werden, dass jeder Abwassereinleiter zur Einhaltung verbindlicher, am jeweiligen Stand der Abwassertechnik ausgerichteten Emissionsgrenzwerte verpflichtet werde660. Gerade dem stehe aber die Festlegung von Qualitätszielen auf supranationaler Ebene entgegen661. Neben diesen – eher auf prinzipieller Ebene – liegenden Einwänden, wurde außerdem geltend gemacht, dass die in den Richtlinien verankerten Qualitätsziele nur mit unverhältnismäßigem technischen und finanziellen Aufwand erreichbar seien662. Die Ablehnung der qualitätsorientierten Regelungen gründete sich demnach – im Gegensatz zur späteren deutschen Position – nicht auf die Gefahr des Umweltdumping, sondern vielmehr darauf, dass die resultierenden Umweltschutzanforderungen zu hoch seien und damit unerwünschte Einschnitte in die wirtschaftliche Entwicklung nach sich ziehen würden663. Trotz der von Bundesrat und Bundesländern geäußerten Bedenken erteilte die Bundesregierung aber letztlich ihre Zustimmung zum Erlass der Qualitätsrichtlinien, um „guten europäischen Willen“ zu beweisen, wie es später hieß664. b) Rechtliche Umsetzung Die rechtliche Umsetzung der Qualitätsrichtlinien durch die Länder, welche durch die §§ 2, 3, 6, 7 und 36b WHG sowie die auf die einzelnen EGRichtlinien verweisende und zusammen mit diesen in Ministerialblättern 659

BR-Drs. 119/74, S. 1 zur Oberflächengewässerrichtlinie und BR-Drs. 539/76, S. 1 zur Fischgewässerrichtlinie. 660 BR-Drs. 142/75, S. 2 zur Badegewässerrichtlinie. 661 So die LAWA in ihrer Stellungnahme zur Rohwasserrichtlinie, dokumentiert bei Kromarek, Vergleichende Untersuchung über die Umsetzung der EG-Richtlinien Abfall und Wasser, 1987, S. 23. Diese Bedenken waren allerdings insofern unbegründet, als es den Mitgliedstaaten unbenommen ist, ergänzend strengere Anforderungen zu stellen; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 110, Fn. 394. 662 So die Stellungnahmen des Bundesrates zur Fischgewässerrichtlinie, BR-Drs. 539/76, S. 2 und zur Muschelgewässerrichtlinie, BR-Drs. 698/76, S. 2. 663 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 111. 664 Dieses Zitat findet sich wörtlich bei Kromarek, Vergleichende Untersuchung über die Umsetzung der EG-Richtlinien Abfall und Wasser, 1987, S. 69.

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

veröffentlichte Verwaltungsvorschriften erfolgte665, erwies sich allerdings – wie im Rahmen der Abwasserverwaltungsvorschriften [s. oben § 11 I. 2. b)] – bereits in formeller Hinsicht als problematisch und führte im Fall der Rohwasserrichtlinie sowie der Fisch- und Muschelgewässerrichtlinie zu entsprechenden Verurteilungen durch den EuGH666. Obwohl die Umsetzung einer Richtlinie in innerstaatliches Recht nicht notwendigerweise verlange, dass die Richtlinienbestimmung förmlich und wortgetreu in einer ausdrücklichen besonderen Gesetzesvorschrift wiedergegeben werden, so müsse doch die vollständige Anwendung der Richtlinie in hinreichend bestimmter und klarer Weise gewährleistet sein667. Damit sollen die durch die Richtlinie Begünstigten – soweit ihnen entsprechende Ansprüche zukommen – in die Lage versetzt werden, von ihren Rechten Kenntnis zu erlangen und diese gegebenenfalls vor den nationalen Gerichten geltend zu machen. Da die betreffenden nutzungsbezogenen Qualitätsrichtlinien zumindest auch den Schutz der Volksgesundheit bezwecken, welche durch die mangelnde Befolgung der durch diese Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen gefährdet werden könne, müssten die Betroffenen deshalb die Möglichkeit haben, sich auf zwingende Vorschriften zu berufen, um ihre Rechte geltend machen zu können668. Zudem müssten die einzuhaltenden Werte auch deshalb in einer rechtsverbindlichen Vorschrift festgelegt werden, damit die durch die jeweilige Richtlinie Verpflichteten – etwa die Betreiber der Oberflächenwasserentnahmestellen – genau wissen, welchen Verpflichtungen sie unterliegen669. Die Vorschriften des WHG könnten keine Rechtsgrundlage für eine solche Wirkung bieten, da sie lediglich vorsehen, dass die jeweilige Gewässerbenutzung grundsätzlich erlaubnispflichtig ist und dass Bewirtschaftungspläne aufzustellen sind, deren Bindungswirkung nicht näher bestimmt ist670. Den von der Bundesrepublik Deutschland angeführten Verwaltungsvorschriften und Runderlassen fehle es insoweit an der erforderlichen Außenwirkung671. Diese Rechtsprechung hat im deutschen Schrifttum 665

Vgl. im Hinblick auf einzelne Verwaltungsvorschriften die Aufzählung bei Breuer, WiVerw 1990, S. 105 in Fn. 144; Kromarek, Vergleichende Untersuchung über die Umsetzung der EG-Richtlinien Abfall und Wasser, 1987, S. 25, 61. 666 EuGH, Rs. C-58/89 (Kommission/Deutschland), Slg. 1991, S. I-4983 (Rohwasserrichtlinie); EuGH, Rs. C-298/95 (Kommission/Deutschland), Slg. 1996, S. I-6747 (Fisch- und Muschelgewässerrichtlinie). 667 EuGH, Rs. C-58/89 (Kommission/Deutschland), Slg. 1991, S. I-4983, Rn. 13 unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung zur Grundwasserrichtlinie in Rs. C-131/88 (Kommission/Deutschland), Slg. 1991, S. I-825, Rn. 6. 668 EuGH, Rs. C 58/89 (Kommission/Deutschland), Slg. 1991, S. I-4983, Rn. 14; Rs. C-298/95 (Kommission/Deutschland), Slg. 1996, S. I-6747, Rn. 16. 669 EuGH, Rs. C-58/89 (Kommission/Deutschland), Slg. 1991, S. I-4983, Rn. 14. 670 EuGH, Rs. C-58/89 (Kommission/Deutschland), Slg. 1991, S. I-4983, Rn. 15. Dies räumt auch Breuer, WiVerw 1990, S. 104 f. ein.

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viel Kritik erfahren, wurde aber letztlich akzeptiert. Die Bundesländer begannen daraufhin mit dem Erlass außenverbindlicher Rechtsverordnungen, die sie auf die inzwischen parallel zu § 6a WHG ergangenen landesgesetzlichen Verordnungsermächtigungen stützten (vgl. § 4 SächsWG)672. Auch im Freistaat Sachsen, wo die nutzungsbezogenen Qualitätsrichtlinien nach Ablauf der auf Grund der Richtlinie 90/566/EWG673 geltenden Übergangsregelungen und -fristen ebenfalls umzusetzen waren, wurden die entsprechende Sächsische Trinkwassergewinnungsverordnung vom 22. April 1997674, die Sächsische Badegewässerverordnung vom 5. Juni 1997675 sowie die Sächsische Fischgewässerverordnung vom 3. Juli 1997676 erlassen. Die Muschelgewässerrichtlinie wurde hier wegen des fehlenden sachlichen Anwendungsbereichs nicht umgesetzt. c) Normvollzug Abgesehen von den soeben beschriebenen formalrechtlichen Umsetzungsproblemen bereitete aber auch die praktische Anwendung der Qualitätsrichtlinien Schwierigkeiten, was nicht zuletzt darauf zurückzuführen sein dürfte, dass sich die Qualitätsrichtlinien aus deutscher Sicht als eine Art „Integrationsopfer“677 darstellten. So umgingen die Länder die materiellen Richtlinienanforderungen vielfach dadurch, dass sie die Ausweisung von entspre671 EuGH, Rs. C-58/89 (Kommission/Deutschland), Slg. 1991, S. I-4983, Rn. 15; Rs. C-298/95 (Kommission/Deutschland), NVwZ 1997, S. 369/370 f. zur Fischund Muschelgewässerrichtlinie. 672 Vgl. hierzu Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 6a, Rn. 30 ff. 673 Richtlinie über die in Deutschland geltenden Übergangsmaßnahmen für bestimmte Gemeinschaftsvorschriften über den Umweltschutz, ABl. L 353, S. 59; vgl. hierzu im Einzelnen Veh/Knopp, Gewässerschutz nach EG-Recht, 1995, S. 17 ff. 674 Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landesentwicklung über die Qualitätsanforderungen an Oberflächengewässer für die Trinkwassergewinnung in Umsetzung der Richtlinien 75/440/EWG und 79/869/EWG (Trinkwassergewinnungsverordnung – SächsTWGewV) vom 22. April 1997, SächsGVBl., S. 400 ff.; s. hierzu auch Rech, in: Kramer/Brauweiler (Hrsg.), Gewässerschutz- und Hochwasserschutzrecht, 2000, S. 124 f. 675 Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landesentwicklung zur Umsetzung der Richtlinie 76/160/EWG über die Qualität der Badegewässer (Sächsische Badegewässer-Verordnung – SächsBadegewV) vom 5. Juni 1997, SächsGVBl., S. 464 ff. 676 Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landesentwicklung zur Umsetzung der Richtlinie 78/659/EWG über die Qualität von Süßwasser, das schutz- oder verbesserungsbedürftig ist, um das Leben von Fischen zu erhalten (Sächsische Fischgewässerverordnung – SächsFischGewV) vom 3. Juli 1997, SächsGVBl., S. 494 ff. 677 So Breuer, WiVerw 1990, S. 94.

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chenden Gewässern entweder – wie im Falle der Fisch- und der Muschelgewässerrichtlinie – vollständig verweigerten678 oder aber – wie bei der Badegewässerrichtlinie – nur solche Gewässer auswiesen, die den immissionsseitigen Anforderungen ohnehin genügten und im Übrigen offiziell Nutzungsverbote aussprachen679. Aber auch dort, wo Gewässer den Richtlinienanforderungen entsprechend ausgewiesen wurden, unterblieben oftmals die nach den Richtlinien erforderliche Festlegung von Immissionswerten bzw. die zu ihrer Gewährleistung vorgesehenen Maßnahmen680, so geschehen bei den Immissionswerten und Sanierungsplänen der Oberflächengewässerrichtlinie681 sowie den in der Fisch- und in der Muschelgewässerrichtlinie vorgesehenen Programmen682. Schließlich wurden die Anforderungen auch vielfach durch Verschleierungsmaßnahmen bei Kontrollen und Messungen sowie durch eine entsprechend allgemeine Berichtspraxis umgangen; bestes Beispiel hierfür ist die Badegewässerrichtlinie. Dementsprechend hatten die von der Kommission eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren vor dem EuGH regelmäßig Erfolg683. Allerdings boten die Qualitätsrichtlinien für die auffällige Unlust684 der Bundesländer zur Durchführung der Richtlinien ihrerseits auch denkbar geeignete Angriffspunkte685. Dies gilt insbesondere für die – in ihrem Ausmaß unklare und umstrittene686 – Pflicht zur Kennzeichnung bzw. Ausweisung von Gewässern entsprechender Nutzung, deren Erfüllung die entscheidende Voraussetzung für die Pflicht zur Anwendung der Qualitätsgrenzwerte der Richtlinien auf ein Gewässer ist687. Gerade dieses Erfordernis bot hinreichend Raum für Umsetzungs- und Anwendungswiderstand, da es einen aktiven Willen zur Zielerreichung voraussetzte, der 678 Vgl. hierzu Kromarek, Vergleichende Untersuchung über die Umsetzung der EG-Richtlinien Abfall und Wasser, 1987, S. 69, 73; Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 148. 679 Vgl. Kromarek, Vergleichende Untersuchung über die Umsetzung der EGRichtlinien Abfall und Wasser, 1987, S. 64 f.; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 111. 680 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 111. 681 EuGH, Rs. C-58/89 (Kommission/Deutschland), NVwZ 1992, S. 459. 682 EuGH, Rs. C-298/95 (Kommission/Deutschland), NVwZ 1997, S. 369 ff. 683 EuGH, Rs. C-198/97 (Kommission/Deutschland), Slg. 1999, S. I-3255 (Badegewässerrichtlinie); Rs. C-298/95 (Kommission/Deutschland), Slg. 1996, S. I-6746 (Fisch- und Muschelgewässerrichtlinie); Rs. C-58/89 (Kommission/Deutschland), S. I-4983 (Rohwasserrichtlinie). 684 Breuer, WiVerw 1990, S. 95. 685 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 111. 686 Breuer, WiVerw 1990, S. 105 f. 687 Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 147 ff.; Breuer, EUDUR II/1, 2003, S. 785; Krämer, Defizite im Vollzug des EG- Umweltrechts und ihre Ursachen, in: Lübbe-Wolff (Hrsg.), Der Vollzug des europäischen Umweltrechts, 1996, S. 27.

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in den Bundesländern – zumindest in den ersten eineinhalb Jahrzehnten seit Erlass der Qualitätsrichtlinien – nur schwach ausgeprägt war688 Im Freistaat Sachsen, der ebenso wie die anderen Länder auf dem Gebiet der ehemaligen DDR zwar von den Urteilen des EuGH nicht unmittelbar betroffen war689, für den die hier aufgestellten Anforderungen aber letztlich ebenfalls wegweisend waren, wollte man die in der SächsTWGewV, der SächsBadegewV sowie der SächsFischGewV aufgestellten Qualitätsziele zunächst durch Bewirtschaftungspläne i. S. von § 36b WHG a. F., § 6 SächsWG a. F. umsetzen (vgl. die jeweiligen §§ 6 SächsBadegewV, SächsTWGewV sowie SächsFischGewV). Da sich die Aufstellung der – von ihrem Charakter her relativ umfangreichen Bewirtschaftungspläne – jedoch in der Praxis als zu aufwändig erwies690, wurden die entsprechenden Vorschriften der einzelnen Verordnungen dahingehend geändert, dass die Einhaltung der Qualitätsziele lediglich durch (weniger umfangreiche) „Programme“, d. h. bloße Maßnahmenprogramme erfolgen soll691. Der Vollzug der SächsBadegewV, der SächsTWGewV sowie der SächsFischGewV gestaltet sich in der Praxis derart, dass zunächst die Ausweisung der entsprechenden sächsischen Bade-, Oberflächen- und Fischgewässer erfolgte, die in den Regelungsbereich der jeweiligen Verordnung fallen. Während die Ausweisung der zur Trinkwassergewinnung genutzten Oberflächengewässer in der SächsTWGewV selbst vorgenommen wird, werden die relevanten Fisch- und Badegewässer gesondert ausgewiesen692. Stellt man für einzelne Gewässer im Rahmen der Messprogramme Grenzwertüberschreitungen im Hinblick auf die geforderte Gewässerqualität fest, so ist zunächst zu analysieren, worin die Ursachen hierfür liegen. Auf dieser Grundlage erfolgt dann die Festlegung entsprechender Maßnahmeprogramme zur Ursachenbekämpfung, die für die einzelnen Gewässerarten ganz unterschiedlich ausfallen und als Untergliederung der im 3-Jahresrhythmus der Kommission vorzulegenden Berichte über den Vollzug der Richtlinien enthalten sind. Im Bereich der Grenzwertüberschreitungen bei Oberflächengewässern für die Trinkwassergewinnung – im Freistaat Sachsen handelt es sich hierbei in 688

Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 115. Die Vertragsverletzungsverfahren wurden noch vor der Wiedervereinigung eingeleitet. 690 Telefonische Auskunft des SMUL vom 15.4.2004. 691 Art. 1 bis 3 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft zur Änderung wasserrechtlicher Verordnungen vom 23. November 2001, SächsGVBl., S. 736. 692 Vgl. Bekanntmachung des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landesentwicklung zu § 2 Abs. 2 der SächsFischGewV vom 3. Juli 1997, SächsABl. 1997, S. 861 und Bekanntmachung des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft und des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales zur SächsBadegewV vom 14. Mai 2002; SächsABl., S. 738. 689

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erster Linie um Trinkwassertalsperren693 – werden als Maßnahmen vor allem solche der Abwassertechnik und der umweltgerechten Landbewirtschaftung, des Waldumbaus, der Sicherung vor wassergefährdenden Stoffen aus dem Straßenverkehr sowie landschaftspflegerische Begleitmaßnahmen genannt. Auch die Überarbeitung von Wasserschutzgebieten ist in dem Maßnahmekatalog enthalten694. Zur Einhaltung der Badegewässerqualitätsziele gab es intensive Bemühungen um den Aufbau einer ordnungsgemäßen abwassertechnischen Infrastruktur695. Flankiert wurden die Maßnahmen durch die Ausweisung von Gewässerrandstreifen, die Umsetzung des Programms „Umweltgerechte Landwirtschaft“ sowie die Schutzbestimmungen nach der Sächsischen Schutz- und Ausgleichsverordnung (SächsSchAVO), wodurch die diffusen Einträge von Stoffen sowohl aus dem landwirtschaftlichen Bereich aber auch aus bebauten Gebieten vermindert werden sollen696. Im Bereich der SächsFischGewV wurden sämtliche Vorgaben entsprechend der Einstufung der Gewässer eingehalten. Ungeachtet dessen soll eine weitere Verbesserung der Gewässerqualität im Sinne des Vorsorgeprinzips durch Maßnahmen wie die Erhöhung des Abwasseranschlussgrades, die Ertüchtigung des Kanalnetzes, den Bau von Regenwasserüberlaufbecken, die Optimierung des Betriebs kommunaler Kläranlagen sowie die Verringerung diffuser Nährstoffeinträge aus der Landwirtschaft erfolgen697.

II. Die Gewässerschutzrichtlinie 76/464/EWG und ihre Tochterrichtlinien Qualitätsziele sind nicht nur in den soeben beschriebenen nutzungsbezogenen Qualitätsrichtlinien, sondern auch in der im Mai 1976 beschlossenen – grundsätzlich als emissionsorientiert eingestuften698 – Gewässerschutz693 Obwohl das Territorium des Freistaates Sachsen auf Grund seiner geographischen Lage über ein relativ dichtes Netz von Fließgewässern verfügt, erfolgt eine Wasserentnahme zur Trinkwasserversorgung nur noch in Einzelfällen. Neben den Trinkwassertalsperren dient vor allem das Grundwasser zur Entnahme des für die Trinkwasseraufbereitung erforderlichen Rohwassers; SMUL (Hrsg.), Grundsatzplan öffentliche Wasserversorgung des Freistaates Sachsen 2002, S. 14 f. 694 Vgl. hierzu im Ganzen beispielsweise Landestalsperrenverwaltung des Freistaates Sachsen, Jahresbericht 1998 über die Eigenüberwachung der Stauanlagen der Landestalsperrenverwaltung, 1999, S. 63 ff. 695 Vgl. hierzu im Einzelnen SMUL (Hrsg.), Sächsische Badegewässer. Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung, 2003, Anhang 2. 696 So wird z. B. die Verwendung von Düngemitteln, der Umfang mit wassergefährdenden Stoffen und das Errichten von baulichen Anlagen reglementiert; s. zum Ganzen SMUL (Hrsg.), Sächsische Badegewässer. Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung, 2003. 697 Auskunft des SMUL vom 23.6.2004.

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richtlinie enthalten. Diese stellt den Ausgangspunkt und das Herzstück des bisherigen europäischen Gewässerschutzrechts dar699. Der Anwendungsbereich der Richtlinie erstreckt sich sowohl auf Binnen- als auch auf Küstengewässer. Ableitungen in das ursprünglich auch von der Richtlinie erfasste Grundwasser sind heute allein der Grundwasserrichtlinie unterworfen700. Gem. ihrem Art. 2 zielt die Gewässerschutzrichtlinie darauf, die Gewässerverschmutzung durch die in Liste I701 des Anhangs bestimmten, auf Grund ihrer Toxizität, Langlebigkeit und Bioakkumulation als besonders gefährlich eingestuften Stoffe702 zu verhindern (sog. Null-Emission)703 und durch die in Liste II704 des Anhangs genannten – nicht ganz so gefährlichen705 – Stoffe zu verringern. 1. Der parallele Ansatz der Gewässerschutzrichtlinie Zur Erreichung des in Art. 2 genannten Zwecks sieht die Gewässerschutzrichtlinie in Art. 6 I für die einzelnen gefährlichen Stoffe aus der Liste I die Festlegung von Emissionsgrenzwerten durch den Rat vor, welche die Mitgliedstaaten bei der Genehmigung von Einleitungen als Mindestwerte zu berücksichtigen haben. Nach Art. 6 III der Richtlinie, der sog. „escape-clause“ gelten diese Grundsätze jedoch nicht in den Fällen, in denen ein Mitgliedstaat der Kommission in einem näher festgelegten Überwachungsverfahren nachweisen kann, dass in dem gesamten geographischen Gebiet, das gegebenenfalls von den Ableitungen betroffen ist, den gem. Art. 6 II vom Rat festzulegenden Qualitätszielen oder strengeren Qualitätszielen der Gemeinschaft zur Zeit und auch künftig ständig entsprochen wird. Diese Regelung, die später die Bezeichnung paralleler Ansatz erhielt, 698

Breuer, WiVerw 1990, S. 86. Epiney, Umweltrecht in der Europäischen Union, 2005, S. 271. 700 Vgl. Art. 21 III der Grundwasserrichtlinie (80/68/EWG), ABl. 1980, L 20, S. 43 ff. 701 Die Liste I wird oft auch als „schwarze Liste“ bezeichnet; Delwing, Umsetzungsprobleme des EG-Wasserrechts, 1995, S. 52; Frenz, Europäisches Umweltrecht, 1997, S. 81. 702 Vgl. zu einzelnen Beispielen Delwing, Umsetzungsprobleme des EG-Wasserrechts, 1995, S. 52. 703 Delwing, Umsetzungsprobleme des EG-Wasserrechts, 1995, S. 50. 704 Die Liste II wird auch als sog. „graue Liste“ bezeichnet; Delwing, Umsetzungsprobleme des EG-Wasserrechts, 1995, S. 53. 705 Hierbei handelt es sich um acht sonstige schädliche Stofffamilien und Stoffgruppen, die zwar gewässerschädlich sind, deren schädliche Auswirkungen jedoch auf eine bestimmte Zone beschränkt sind und von den Merkmalen des aufnehmenden Gewässers und jeweils vorhandenen Qualitätsvorgaben abhängen können; näher hierzu Delwing, Umsetzungsprobleme des EG-Wasserrechts, 1995, S. 53 f. 699

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ermöglicht es den Mitgliedstaaten, zwischen den konkurrierenden Ansätzen zu wählen706. Sie stellt eine ausschließlich auf Großbritannien zugeschnittene Sonderregel dar, das sich strikt gegen die Normierung einheitlicher Emissionsgrenzwerte gegen Stoffe aus der Liste I gewehrt hatte. Der Grund für diese Haltung besteht darin, dass sich Einleitungen infolge der inselbedingten kurzen Wasserläufe hier kaum zu einer gravierenden Verschmutzung akkumulieren können und man mit den immissionsbedingten Qualitätszielen deshalb gute Erfahrungen gemacht hatte707. So kam es, dass ein entsprechender Vorschlag der Kommission zur Normierung einheitlicher Emissionsgrenzwerte zwar breiteste Unterstützung der kontinentaleuropäischen Staaten, vor allem auch der Bundesrepublik Deutschland, gefunden hatte, deren Experten sich mittlerweile im „Mainzer Papier“ auf eine emissionsorientierte Strategie verständigt hatten708, jedoch auf Grund des britischen Widerstandes an der für die Annahme des Vorschlags erforderlichen Einstimmigkeit im Rat scheiterte. Die Briten wandten sich vor allem gegen das von den Kontinentaleuropäern vorgetragene Argument, einheitliche Emissionsgrenzwerte seien zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen erforderlich709. Zwar wurde nicht bestritten, dass der Standort Großbritannien mit seinen kurzen, schnell fließenden Flüssen und einer langen Küstenlinie besonders günstige Verdünnungs- und Verteilungsbedingungen für Abwassereinleitungen aufwies. Jedoch seien diese – von den Briten selbst als „assimilative capacity“, „self-purifying capacity“ oder „pollution-absorbing capacity of the waters“ eingestuften – geographischen Besonderheiten ein natürlicher Lagevorteil, der sich zwar als wettbewerbsrelevanter, nicht aber als wettbewerbsverzerrender Faktor darstelle. Nicht etwa das Bestehen, sondern vielmehr die Einebnung dieser Standortvorteile sei wettbewerbsverzerrend, da durch die Insellage Großbritanniens gleichzeitig Vorteile kontinen706

Dabei ist allerdings bis heute streitig, ob die Wahl des Qualitätszielansatzes nach Art. 6 III bedeutet, dass die Qualitätsziele ausnahmslos und im gesamten Hoheitsgebiet als Mindestanforderung gelten, oder ob es möglich sein sollte, die Qualitätsziele nur in Teilen des Hoheitsgebietes zur Anwendung zu bringen – etwa dort, wo sie eingehalten werden können – in anderen, hoch vorbelasteten Regionen aber die nach Maßgabe der „besten verfügbaren technischen Hilfsmittel“ festgelegten Emissionsgrenzwerte vorzuschreiben, mit der Folge, dass die (hier nicht eingesetzten) Qualitätsziele überschritten werden; ausführlich zum Streitstand Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 121 f. 707 Bungarten, Umweltpolitik in Westeuropa, 1978, S. 207; Epiney, Umweltrecht in der Europäischen Union, 2005, S. 273. 708 Kromarek, Vergleichende Untersuchung über die Umsetzung der EG-Richtlinien Abfall und Wasser, 1987, S. 77; s. zum Mainzer Papier auch die Ausführungen unter § 11 I. 2. a) cc). 709 Ausführlich zur wettbewerbsrechtlichen Dimension dieses Prinzipienstreits zwischen Emissions- und Immissionsorientierung auch Unnerstall, in: Brinktrine (Hrsg.), Alte und neue Streitfragen, 2000, S. 212 ff.

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taleuropäischer Staaten ausgeglichen würden, die ihrerseits auf Grund ihrer Lage von billigen Transportmöglichkeiten – beispielsweise entlang des Rheins – und ihrer zentralen Lage innerhalb des europäischen Wirtschaftsraumes profitierten710. Zudem führe die Festlegung technikbezogener, einheitlicher Emissionsgrenzwerte zu einer Verschwendung von Ressourcen, da den Emittenten zum einen hohe Reinigungskosten auch dort auferlegt würden, wo dies – etwa auf Grund günstiger Ausbreitungsbedingungen – zur Einhaltung bestimmter Immissionswerte gar nicht erforderlich sei. Zum anderen nehme man dort, wo eine hohe Emittentendichte bestehe, die Überschreitung der Verschmutzungsgrenze in Kauf711. Die in Art. 6 III der Gewässerschutzrichtlinie geregelte „escape-clause“ kann somit letztlich nicht als Kompromissregel, sondern vielmehr nur als Kapitulation vor dem sich als unerreichbar darstellenden Ziel der Harmonisierung der materiellen Genehmigungsanforderungen verstanden werden712. Im Hinblick auf die weniger gefährlichen Stoffe im Sinne der Liste II statuiert Art. 7 demgegenüber einen rein qualitätsorientierten Ansatz. Danach haben die Mitgliedstaaten zur Verringerung der Verschmutzung durch die betreffenden Stoffe Programme aufzustellen, zu deren Durchführung sie insbesondere die in den Abs. 2 und 3 erwähnten Mittel anwenden. In diesen Programmen müssen Qualitätsziele für die betroffenen Stoffe festgelegt werden, wobei dies durch die Mitgliedsstaaten selbst erfolgt, solange keine entsprechenden gemeinschaftlichen Vorgaben existieren, vgl. Art. 7 III. Jede Gewässerableitung, die einen der Stoffe aus der Liste II enthalten kann, bedarf einer vorherigen Genehmigung durch die zuständige Behörde des betreffenden Mitgliedsstaates, in der die jeweiligen Emissionsnormen festgesetzt werden. Die Genehmigung ist nach den festgelegten Qualitätszielen auszurichten, Art. 7 II 2. Warum damit der bei allen Mitgliedsstaaten mit Ausnahme Großbritanniens vorhandene Wille zur Normierung einheitlicher, technikorientierter Emissionsgrenzwerte bei den Stoffen dieser Liste nicht zur Geltung kam, bleibt allerdings unklar. Nicht zu Unrecht wurde bemerkt, dass die Verhandlungsstrategie der kontinentaleuropäischen Mitgliedsstaaten insoweit inkonsistent war713.

710 So der damalige britische Umweltminister Denis Howell in er am 16.10.1975 vor dem Umweltministerrat gehalten hat, zitiert Umweltpolitik in Westeuropa, 1998, S. 206. 711 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 712 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 713 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S.

seiner Rede, die nach Bungarten, 118 f. 120 f. 122.

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2. Die Tochterrichtlinien gem. Art. 6 I Gewässerschutzrichtlinie Nach ihrem Art. 2, letzter Hs. stellt die Gewässerschutzrichtlinie allerdings nur einen ersten Schritt zur Erreichung der von ihr verfolgten Ziele dar. Aufgrund ihres Rahmencharakters714 ist der Vollzug der einzelnen Bestimmungen vielmehr vom Erlass präzisierender Ausführungsbestimmungen abhängig. Dies gilt insbesondere für die in der Richtlinie anvisierte Kontrolle von Stoffen der Listen I und II, die jeweils im Anhang der Gewässerschutzrichtlinie aufgeführt sind. Die Liste I umfasst danach einzelne Stoffe von Stofffamilien oder Gruppen besonderer Gefährlichkeit, ist aber insgesamt sehr unbestimmt gefasst715. Zur näheren Konkretisierung hat die Kommission deshalb unter der Bezeichnung „Liste von Stoffen, die gegebenenfalls in die Liste I der Richtlinie des Rates 76/464/EWG aufzunehmen sind“ eine Auswahlliste mit insgesamt 129 Stoffen erstellt, die nach den Kriterien des Anhangs der Gewässerschutzrichtlinie zuzuordnen und prioritär regelungsbedürftig sind716. Der Rat hat diese Liste bestätigt717, sie wurde später auf insgesamt 132 Stoffe erweitert718. Allerdings wurde die Auswahlliste von der Kommission nicht als endgültig und erschöpfend angesehen; die dort aufgeführten Stoffe sollten weiter untersucht werden719. Die ebenfalls im Anhang der Gewässerschutzrichtlinie enthaltene Liste II umfasst demgegenüber diejenigen Stoffe aus der in Liste I aufgeführten Stofffamilien und Stoffgruppen, für welche die in Art. 6 Gewässerschutzrichtlinie vorgesehenen (Emissions-)Grenzwerte nicht festgelegt werden (1. Spstr.) sowie bestimmte – näher aufgeführte – Stofffamilien und Stoffkategorien, die für die Gewässer schädlich sind, wobei die schädlichen Auswirkungen jedoch auf eine bestimmte Zone beschränkt sein können und von den Merkmalen des aufnehmenden Gewässers und der Lokalisierung abhängen (2. Spstr.). Während die materiellen Anforderungen für Stoffe der Liste II durch die Mitgliedstaaten selbst festgelegt werden (vgl. Art. 7 I Gewässerschutzrichtlinie), gilt der in Art. 6 I mit dem Begriff der „besten verfügbaren tech714 Delwing, Umsetzungsprobleme des EG-Wasserrechts, 1995, S. 51; Epiney, Umweltrecht in der Europäischen Union, 2005, S. 272; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 123. 715 Scherer, in: Hessisches Ministerium für Umwelt (Hrsg.), Europas Wasser, 2000, S. 66. 716 Mitteilung der Kommission an den Rat über die gefährlichen Stoffe im Sinne der Liste I der Richtlinie des Rates 76/464/EWG, ABl. 1982, C 176, S. 3. 717 Entschließung des Rates vom 7. Februar 1983 zur Bekämpfung der Gewässerverschmutzung, ABl. 1983, C 46, S. 17. 718 Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 781. 719 Scherer, in: Hessisches Ministerium für Umwelt (Hrsg.), Europas Wasser, 2000, S. 66.

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nischen Hilfsmittel“ umschriebene materielle Ableitebegrenzungsmaßstab für die Mitgliedstaaten allerdings erst nach Präzisierung durch Erlass entsprechender Tochterrichtlinien für die Stoffe der Liste I. Diese müssen die jeweiligen Emissionsgrenzwerte bzw. – für den Fall des Gebrauchmachens von der „escape-clause“ – entsprechende Qualitätsziele enthalten720. Bis dahin sollen die Stoffe der Liste I als Stoffe der Liste II gelten und dementsprechend auch „nur“ den für diese geltenden Bestimmungen des Art. 7 der Gewässerschutzrichtlinie unterliegen721. Bei den Verhandlungen im Rahmen der einzelnen Tochterrichtlinien haben sich allerdings die Konflikte, wie sie bereits beim Zustandekommen der Gewässerschutzrichtlinie aufgetreten waren, fortgesetzt. Die kontinentaleuropäischen Mitgliedstaaten und die Kommission drängten darauf, möglichst anspruchsvolle Qualitätsziele anzusetzen. Hiermit sollte erreicht werden, dass die daraus folgenden Anforderungen an die Emissionsbegrenzung streng ausfielen und der britischen Industrie aus der Ausnutzung der „escape-clause“ des Art. 6 III keine allzu großen Vorteile erwachsen722. Auf Grund dieses Konflikts wurde der Prozess der Grenzwertsetzung erheblich verzögert; bis zum Jahr 1990 kamen ganze sieben Tochterrichtlinien zustande723, die für insgesamt nur 17 Stoffe Emissionsgrenzwerte und Qualitätsziele festlegten – angesichts der 132 Stoffe umfassenden Liste der Kommission eine verschwindend geringe Zahl. Nicht zuletzt auf Drängen des Europäischen Parlaments und des Frankfurter EG-Ministerseminars über die zukünftige Wasserpolitik der Gemeinschaft724 unterbreitete die Kommission daraufhin im Jahre 1990 einen Vorschlag zur Reform der Gewässerschutzrichtlinie725, der das ins Stocken geratene Verfahren zum Erlass der Tochterrichtlinien u. a. durch die Ablösung des bisherigen Einstimmigkeitserfordernisses durch eine Entscheidung mit einfacher Mehrheit beschleunigen sollte. Die zur Annahme des Vorschlags 720

Delwing, Umsetzungsprobleme des EG-Wasserrechts, 1995, S. 51. Vgl. den Anhang der Gewässerschutzrichtlinie, 1. Spiegelstrich unter der Überschrift „Liste II der Stofffamilien und Stoffgruppen“ sowie EuGH, Rs. C-184/97 v. 11.11.1999 (Kommission/Deutschland), ZfW 2000, S. 171. 722 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 123. 723 Im Einzelnen handelt es sich dabei um folgende Tochterrichtlinien: Richtlinie 82/176/EWG betreffend Quecksilber aus Anlagen der Alkalichloridelektrolyse, Richtlinie 83/513/EWG betreffend Cadmium, Richtlinie 84/156/EWG betreffend Quecksilber mit Ausnahme der Anlagen des Industriezweigs Alkalichloridelektrolyse, Richtlinie 84/491/EWG betreffend Hexachlorcyclohexan, die Tetrachlorkohlenstoff und eine Reihe weiterer Schadstoffe betreffende Richtlinie 86/280/EWG, die insgesamt sieben Stoffe betreffende Richtlinie 88/347/EWG sowie die vier weitere Stoffe betreffende Richtlinie 90/415/EWG. 724 Näher hierzu unten § 13 III. 1. 725 KOM(90) 9 endg. Vgl. hierzu im Einzelnen Delwing, Umsetzungsprobleme des EG-Wasserrechts, 1995, S. 82 ff. 721

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erforderliche Einstimmigkeit scheiterte jedoch am Veto der britischen Delegation, die befürchtete, dass die Mitgliedstaaten auf diese Weise über die Maßen strenge Qualitätsziele festlegen könnten, von denen Großbritannien letztlich allein betroffen wäre726. Der Prozess der Grenzwertfestsetzung für Stoffe der Liste I ist seitdem vollständig zum Erliegen gekommen727. 3. Die Durchführung der Gewässerschutzrichtlinie Da die Gewässerschutzrichtlinie den Mitgliedstaaten in Art. 6 III für die Substanzen der Liste I freistellte, ob sie Emissionsnormen oder Qualitätsziele verwenden wollten, konnte sich die Bundesrepublik Deutschland für die Anwendung der Emissionsgrenzwerte entscheiden728. Wegen ihrer „strukturellen Kongruenz“ mit den Anforderungen an das Einleiten von Abwasser wurden die emissionsorientierten Vorgaben entsprechend wohlwollend aufgenommen729 und überwiegend in die brachenorientierten Abwasserverordnungen nach § 7a WHG eingebunden730. Demgegenüber bereitete die Umsetzung der qualitätsbezogenen Anforderungen des Art. 7 der Gewässerschutzrichtlinie Schwierigkeiten. Die Umsetzung liegt, da der Erlass von Folge- und Tochterrichtlinien für die Stoffe der Liste II nicht zwingend vorgeschrieben ist, primär in den Händen der Mitgliedstaaten, die spezielle Programme zur Verringerung der Gewässerverschmutzung durch Stoffe der Liste II aufzustellen haben. Weder das WHG noch die Landeswassergesetze sahen allerdings entsprechende Programme vor731. Da sich die nähere Aus726

Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 125. Damit galt das Regelungskonzept der Gewässerschutzrichtlinie als gescheitert; Breuer, in Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 781; in diesem Sinne auch Krämer, in: Lübbe-Wolff (Hrsg.), Der Vollzug des europäischen Umweltrechts, 1996, S. 21; ders., in: Koch/Lagoni (Hrsg.), Meeresumweltschutz für Nord- und Ostsee, 1996, S. 162 ff., Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 125. 728 Niederstadt, Ökosystemschutz durch Regelungen des öffentlichen Rechts, 1998, S. 145. 729 Auf Bundesebene wurde stets betont, das WHG stimme in rechtlicher Hinsicht mit der Richtlinie überein, indem es u. a. Erlaubnisse für Einleitungen vorschreibt, die Stoffe aus den Listen I und II enthält; Kromarek, Vergleichende Untersuchung über die Umsetzung der EG-Richtlinien Abfall und Wasser, 1987, S. 78. 730 Scherer, in: Hessisches Ministerium für Umwelt (Hrsg.), Europas Wasser, 2000, S. 68. Auf Grund der Auffassung des EuGH, Rs. C-226/95 (Kommission/ Deutschland), Slg. 1996, S. I-5729, dass die Abwasserverwaltungsvorschriften zur Umsetzung von EG-Recht formell untauglich sind, wurden diese im Zuge der 6. Novelle zum WHG vom 11.11.1996 (BGBl. I, S. 1690) in die Form von Rechtsverordnungen überführt; vgl. oben § 11 I. 2. b). 731 Kromarek, Vergleichende Untersuchung über die Umsetzung der EG-Richtlinien Abfall und Wasser, 1987, S. 78. 727

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gestaltung des von der Gewässerschutzrichtlinie gewährten Rahmens mangels Aufstellung entsprechender Programme in den übrigen Mitgliedstaaten ebenfalls als defizitär erwies732, legte die Kommission im Jahre 1986 gem. Art. 7 VII einen Richtlinienvorschlag zur Harmonisierung der (nicht existenten) mitgliedstaatlichen Programme zur Verringerung der Verschmutzung durch Chrom vor733, weitere Richtlinienvorschläge sollten folgen734. Die Hoffnung, auf diesem Weg Fortschritte erzielen zu können, haben sich jedoch nicht erfüllt. Schon der Vorschlag der Kommission für eine Chrom betreffende Richtlinie wurde vom Rat nicht angenommen735. Diese Entwicklung führte schließlich dazu, dass die Kommission ihr Vorhaben, die Regelung für Stoffe der Liste II – entgegen der ursprünglichen Intention der Rahmenrichtlinie – mit Hilfe von Tochterrichtlinien durchzusetzen, aufgegeben hat736. Ende 1988 leitete sie gegen die Bundesrepublik Deutschland – wie auch gegen die übrigen damaligen Mitgliedstaaten – Vertragsverletzungsverfahren gem. Art. 169 EGV a. F. wegen Nichtumsetzung der Verpflichtungen aus Art. 7 der Gewässerschutzrichtlinie ein737. Diese Verfahren haben in allen bislang durch den EuGH ausgeurteilten Fällen zu einer antragsgemäßen Verurteilung der betroffenen Mitgliedstaaten geführt, so auch in der Rechtssache gegen Deutschland738. Die von der Bundesregierung eingewandte Durchführung von Gewässerschutzmaßnahmen wie die Aufstellung von Parametern und Bewirtschaftungsplänen sowie der Erlass entsprechender Verwaltungsvorschriften erfüllten nach Auffassung des EuGH nicht die Anforderungen der Programme i. S. von Art. 7739. Auch das durch die Festset732 Vgl. insoweit die Zusammenstellung bei Mentzinis, Die Durchführbarkeit des europäischen Umweltrechts, 2000, S. 136 ff. und S. 164 f. 733 Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Qualitätsziele von Gewässern für Chrom, ABl. 1985, C 351, S. 33. 734 Mentzinis, Die Durchführbarkeit des europäischen Umweltrechts, 2000, S. 165; Johnson/Corcelle, Environmental Policy, 1995, S. 53; s. auch die Ausführungen der Kommission im IV. Umweltaktionsprogramm, ABl. 1987, C 328, S. 24 unter 4.2.4. 735 Krämer, Focus on Environmental Law, 1997, S. 268. 736 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 125 f. 737 Krämer, in: Lübbe-Wolff (Hrsg.), Der Vollzug des europäischen Umweltrechts, 1996, S. 21; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 126, Mentzinis, Die Durchführbarkeit des europäischen Umweltrechts, 2000, S. 137. 738 EuGH, Rs. C-184/97 (Kommission/Deutschland), Slg. 1999, S. I-7837; Rs. C-207/97, (Kommission/Belgien), Slg. 1999, S. I-275; Rs. C-214/96 (Kommission/ Spanien), Slg. 1998, S. I-7661; Rs. C-285/96 (Kommission/Italien), Slg. 1998, S. I-5935; Rs. C-232/95 und C-233/95 (Kommission/Griechenland), Slg. 1998, S. I-3343; Rs. C-206/96 (Kommission/Luxemburg), Slg. 1998, S. I-3401. 739 EuGH, Rs. C-184/97 v. 11.11.1999 (Kommission/Deutschland), ZfW 2000, S. 171.

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

zung von Emissionsgrenzwerten geprägte deutsche Gewässerschutzsystem sollte nach EuGH-Rechtsprechung nicht von der Festlegung entsprechender Qualitätsziele i. S. von Art. 7 befreien. Wenn Art. 6 II der Richtlinie dem Rat aufgebe, Qualitätsziele für die Stoffe aus der Liste I festzusetzen, so gelte gem. Art. 7 III dieselbe Pflicht für die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Stoffe aus der Liste II740. Der Grund für die deutsche Niederlage vor dem EuGH dürfte allerdings wiederum durch die vage Festlegung der in Art. 7 der Gewässerschutzrichtlinie normierten Bedingungen begünstigt worden sein. So besteht ein wesentliches Problem bereits darin, dass auf Gemeinschaftsebene weder die Liste I noch die Liste II abschließend definiert ist. Erschwerend kommt hinzu, dass Stoffe der Liste I, für die der Rat nach Art. 6 WRRL keine Grenzwerte festlegt, als Stoffe der Liste II anzusehen sind. Damit bestand von Anfang an eine unklare Zuständigkeitsabgrenzung zwischen den Aufgaben der EG nach Art. 6 und denen der Mitgliedstaaten nach Art. 7741. Zu berücksichtigen ist auch, dass erst Anfang der 90er Jahre erkennbar war, dass die Kommission die Bearbeitung von Tochterrichtlinien für ausgewählte gefährliche Stoffe nicht mehr fortführt742. Zudem schreibt Art. 7 nicht vor, dass die Qualitätsziele für alle Gewässer festgelegt werden müssen und enthält keine klaren Angaben über die Form der nationalen Gewässerverschmutzungsverringerungsprogramme743. Dies wurde im Übrigen auch als Ursache dafür angesehen, dass die Kommission mit der Einleitung von Vertragsverletzungsverfahren so lange gezögert hatte744. Letztlich kam die Bundesrepublik dem EuGH-Urteil aber nach, indem in den Ländern auf Grund von Art. 7 der Gewässerschutzrichtlinie entsprechende Verordnungen zur Verschmutzungsverringerung erlassen wurden. Im Freistaat Sachsen ist im Jahre 1999 die sog. Gewässerverschmutzungsverringerungsverordnung (SächsGewVVO)745 ergangen, die in der Anlage zu § 2 Qualitätsgrenzwerte für insgesamt 99 Stoffe746 zur Umset740 EuGH, Rs. C-184/97 v. 11.11.1999 (Kommission/Deutschland), ZfW 2000, S. 171/173. 741 Scherer, in: Hessisches Ministerium für Umwelt (Hrsg.), Europas Wasser, 2000, S. 68. 742 Scherer, in: Hessisches Ministerium für Umwelt (Hrsg.), Europas Wasser, 2000, S. 68. 743 Mentzinis, Die Durchführbarkeit des europäischen Umweltrechts, 2000, S. 165. 744 Mentzinis, Die Durchführbarkeit des europäischen Umweltrechts, 2000, S. 165. 745 Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft zur Umsetzung von Art. 7 der Richtlinie des Rates 76/464/EWG betreffend die Verschmutzung infolge der Ableitung bestimmter gefährlicher Stoffe in die Gewässer der Gemeinschaft vom 1. Juni 2001, SächsGVBl., S. 202 ff. 746 Nicht enthalten sind in diesen 99 Stoffen die in den Tochterrichtlinien enthaltenen Stoffe der Liste I, da die Liste-II-Stoffe nur diejenigen aus der in Liste I auf-

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zung von Art. 7 der Gewässerschutzrichtlinie festlegt und gem. § 3 entsprechende Programme zur Verringerung der Verschmutzung durch diese Stoffe vorsieht. Die Grundsätze der Programme legt gem. § 3 I 1 SächsGewVVO die oberste Wasserbehörde, d. h. das SMUL fest, was durch das sog. Vorläufige747 Sächsische Programm zur Verringerung der Gewässerverschmutzung durch bestimmte gefährliche Stoffe nach § 3 SächsGewVVO und Art. 7 der Richtlinie 76/464/EWG (Grundsätze der Programme) vom 10. Januar 2002 geschehen ist. Danach hat die zuständige oberste Wasserbehörde zunächst zu prüfen, ob bereits geplante oder veranlasste Maßnahmen (z. B. zur Umsetzung von § 7a WHG oder zur Verringerung diffuser Einträge) zukünftig zu einer Einhaltung der Qualitätsziele führen werden748. Ist dies nicht der Fall, kann zusätzlich zu weiteren Gewässeruntersuchungen eine auf den bestimmten Stoff ausgerichtete Vorgehensweise erarbeitet werden, ggf. mit einer Beschreibung dessen Anwendungs- und Herkunftsgebietes. Bei punktuellen Einleitungen sollen die in Frage kommenden Einleitungen auf die bestimmten Stoffe untersucht und ein entsprechender Überwachungswert festgelegt werden. Bei flächenhaften Einträgen ist z. B. in Kooperation mit den landwirtschaftlichen Dienststellen ein auf den Stoff ausgerichtetes Messkonzept zu entwickeln und auf ein Abstellen der Ursachen hinzuwirken749. Die Programme selbst werden gem. § 3 I 1 SächsGewVVO, § 1 Nr. 36 WasserZuVO von den höheren Wasserbehörden, d. h. von den Regierungspräsidien Dresden, Leipzig und Chemnitz aufgestellt. Dies ist inzwischen für eine Reihe von Teileinzugsgebieten, in denen entsprechende Überschreitungen der Qualitätsziele gemessen wurden, geschehen750. Ziel dieser Programme ist es, die in der Anlage zu § 2 SächsGewVVO festgelegten Qualitätsziele einzuhalten oder in angemessenen Fristen zu erreichen.

geführten Stofffamilien und Stoffgruppen umfassen können, für die noch keine der in Art. 6 Gewässerschutzrichtlinie vorgesehenen Grenzwerte (Emissionsgrenzwerte) festgelegt wurden (vgl. Liste II, 1. Spstr. im Anhang der Gewässerschutzrichtlinie). 747 Das Programm wurde als vorläufig bezeichnet, da zum damaligen Zeitpunkt des Berichts an die EU die vollständigen Messergebnisse für 2001 noch nicht vorlagen und somit noch nicht endgültig über die erforderlichen Maßnahmen entschieden werden konnte; Auskunft des SMUL vom 27.5.2003. 748 SMUL, Vorläufiges Sächsisches Programm zur Verringerung der Gewässerverschmutzung durch bestimmte gefährliche Stoffe nach § 3 SächsGewVVO und Art. 7 der Richtlinie 76/464/EWG vom 10. Januar 2002, S. 7. 749 SMUL, Vorläufiges Sächsisches Programm zur Verringerung der Gewässerverschmutzung durch bestimmte gefährliche Stoffe nach § 3 SächsGewVVO und Art. 7 der Richtlinie 76/464/EWG vom 10. Januar 2002, S. 7. 750 Dies betrifft beispielsweise die Teileinzugsgebiete der Elbe, Schwarzen Elster sowie der Freiberger Mulde.

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

III. Die Kommunalabwasser-Richtlinie und die IVU-Richtlinie Ein weiterer qualitätsorientierter Einfluss auf das deutsche Gewässerschutzrecht ergibt sich auch aus der Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser vom 21. Mai 1991751 sowie aus der im Jahre 1996 in Kraft getretenen Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (sog. IVU-Richtlinie)752. 1. Die Leitlinien des Frankfurter Ministerseminars als konzeptionelle Grundlage Konzeptioneller Anknüpfungspunkt für das Verhältnis von Qualitätszielen und Emissionsnormen in der Richtlinie über kommunale Abwässer sowie in der IVU-Richtlinie sind die im Jahre 1988 aufgestellten Leitlinien des sog. „Frankfurter Ministerseminars“, eines informellen Treffens der EG-Umweltminister sowie hochrangiger Beamter der Mitgliedstaaten aus dem Bereich des Gewässerschutzes. Ziel dieses Seminars war es, unter den Beteiligten soweit wie möglich Einigkeit über die strittigen Punkte herzustellen, die einer Fortentwicklung des europäischen Gewässerschutzrechts seit einiger Zeit im Wege standen753. Die hier verabschiedeten Ergebnisse sind nicht zuletzt deswegen als „Meilenstein“ in der Entwicklung der europäischen Gewässerschutzpolitik bezeichnet worden, weil man sich in dem – insbesondere im Hinblick auf die Gewässerschutzrichtlinie offen zu Tage getretenen – Streit um die Emissions- oder Qualitätsorientierung künftigen EG-Rechts auf die Umrisse eines Kompromisses einigen konnte754. Diese kamen in zwei Leitlinien zum Ausdruck, wonach Emissionswerte und Qualitätsziele erstens künftig nicht mehr alternativ, sondern kombiniert angewandt werden sollten sowie ungeachtet dessen in zukünftigen Richtlinien zweitens die Möglichkeit geschaffen werden sollte, für verschiedene Regionen auf der Basis einheitlicher Kriterien unterschiedliche Maßnahmen zu treffen755. Mit der ersten Leitlinie kommt damit der grundsätzliche Wille zum Ausdruck, dass der in der Gewässerschutzrichtlinie enthaltene „parallele“ Ansatz, der den Mitgliedstaaten die Wahl zwischen einem rein emis751

ABl. 1991, L 135, S. 40. Richtlinie 96/61/EG des Rates vom 24. September 1996 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung, ABl. 1996, L 257, S. 26. 753 Knopp, ZfW 1999, S. 257. 754 Ausführlich hierzu Möbs, in: Behrens/Koch (Hrsg.), Umweltschutz in der Europäischen Gemeinschaft, 1991, S. 124. 755 s. Möbs, in: Behrens/Koch (Hrsg.), Umweltschutz in der Europäischen Gemeinschaft, 1991, S. 125. 752

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sions- und einem rein immissionsorientierten Modell gab, künftig durch eine einheitliche Verpflichtung auf einen zumindest im Grundsatz kumulativen Ansatz, wonach Emissionsgrenzwerte und Qualitätsziele kombiniert, d. h. gleichzeitig angewendet werden, ersetzt werden soll. Was den im kumulativen Modell enthaltenen Einsatz emissionsorientierter Mindestanforderungen anbelangt, so wird dieser durch die in der zweiten Leitlinie enthaltene Aussage allerdings erheblich eingeschränkt. Denn damit ist nicht nur gemeint, dass die Anforderungen an die Emissionsbegrenzung dort zu verschärfen sind, wo dies zur Einhaltung eines Qualitätsziels erforderlich ist, sondern auch, dass sie in bestimmten, „auf der Basis einheitlicher Kriterien“ zu identifizierenden Regionen abgeschwächt werden können756. Das Modell, das den Leitlinien des Frankfurter Ministerseminars vorschwebte, verbindet Qualitätsziele dementsprechend nicht mit einheitlichen, sondern mit regional differenzierten Mindestanforderungen757. Je stärker auf immissionsbezogene Kriterien wie Vorbelastung, Verdünnungs- und Verteilungsbedingungen oder Immissionsempfindlichkeit Bezug genommen wird, desto mehr nähert sich das Regulierungsmodell einem rein immissionsorientierten Vorgehen an758. Sowohl im Hinblick auf die angesprochene Ausfüllung der Kriterien, nach denen die angesprochene Differenzierung der Kriterien erfolgen soll, als auch auf den Konkretisierungsgrad enthalten die Leitlinien des Frankfurter Ministerseminars erhebliche Ausgestaltungsspielräume. Im Ergebnis handelt es sich somit allenfalls um eine Einigung auf einen groben Rahmen, der auch weiterhin Gelegenheit bietet und gerade dazu einlädt, den Konflikt fortzuführen, zu dessen Beseitigung man ursprünglich angetreten war759. 2. Der Regelungsansatz der Kommunalabwasser-Richtlinie Ein erstes Beispiel für die Ausfüllung des Rahmens, den man sich mit der Einigung auf die Leitlinien des Frankfurter Ministerseminars nunmehr auferlegt hatte, bietet die Richtlinie über die Behandlung kommunaler Abwässer. Diese richtet sich gegen die zunehmende Eutrophierung der Gewässer der Gemeinschaft, d. h. die Anreicherung des Wassers mit Nährstoffen, die zu einem vermehrten Wachstum von Algen und höheren Formen des pflanzlichen Lebens und damit zu einer unerwünschten Beeinträchtigung des biologischen Gleichgewichts und der Qualität des betroffenen Gewäs756

Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. Delwing, Umsetzungsprobleme des EG-Wasserrechts, 1995, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 141. 758 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 759 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 757

141. S. 91; Meinken, 141. 142.

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

sers führt760. Die Richtlinie scheint auf den ersten Blick nicht dem in den Leitlinien des Frankfurter Ministerseminars vereinbarten kombinierten Ansatz zu entsprechen, da sie keinerlei Qualitätsziele normiert, sondern sich auf die Festlegung technikbezogener Mindestanforderungen beschränkt761. Allerdings konnte man hinsichtlich der immissionsseitigen Höchstgrenzen auf bereits erlassene Richtlinien verweisen. So sieht Anhang I B Ziff. 4 der Kommunalabwasser-Richtlinie vor, dass strengere Anforderungen als die in der Richtlinie festgelegten anzuwenden sind, falls dies erforderlich ist, um sicherzustellen, dass die Gewässer den Bestimmungen anderer einschlägiger Richtlinien entsprechen. Zudem sind die emissionsorientierten Mindestanforderungen, die an die Reinigungsleistung von Kläranlagen zu stellen sind, an ein dreistufiges Modell regionaler Differenzierung geknüpft: Grundsätzlich – d. h. in nicht näher qualifizierten „normalen“ Gebieten – gilt als Mindestanforderung, dass kommunale Abwässer vor der Wiedereinleitung in Gewässer einer Zweitbehandlung oder einer gleichwertigen Behandlung zu unterziehen sind. Eine Konkretisierung dieser Angaben erfolgt durch Emissionsgrenzwerte bzw. Angaben über die prozentuale Mindestverringerung, vgl. Art. 4 III i. V. m. Anhang I B Ziff. 2. Dieser Standard muss in „empfindlichen Gebieten“ jedoch verschärft und kann in „weniger empfindlichen Gebieten“ aufgeweicht werden. Was die Verschärfung des Standards anbelangt, so sind die Mitgliedstaaten zunächst verpflichtet, „empfindliche Gebiete“ auszuweisen. Die Kriterien des Anhangs II A der Richtlinie, nach denen die Ausweisung zu erfolgen hat, betreffen sämtlich die besonderen Immissionsverhältnisse im Gewässer, d. h. Vorbelastung, Verdünnungs- und Verteilungsbedingungen, sowie Erfordernisse für besondere Nutzungen. Einleitungen in Gebiete dieser Art setzen gem. Art. 5 III i. V. m. Anhang I B Ziff. 3 der Richtlinie voraus, dass die Abwässer vor der Einleitung einer gegenüber der Zweitbehandlung weitergehenden Behandlung unterzogen werden, die insbesondere eine Verringerung der Phosphor- und Stickstofffracht einschließt. Auch die Anwendung eines gegenüber der Regelanforderung der Zweitbehandlung abgeschwächten Standards setzt eine vorherige Gebietsausweisung durch die Mitgliedstaaten voraus, wozu diese – im Gegensatz zur Situation bei den empfindlichen Gebieten – allerdings nicht verpflichtet sind762. Die Ausweisung entsprechender „weniger empfindlicher Gebiete“ erfolgt dabei ebenfalls nach ausschließlich immissionsbezogenen Kriterien; insoweit kommen allerdings nur Meeresgewässer763 in Betracht, die nicht unter Eutrophierung oder Sauerstoffmangel leiden oder 760

Vgl. Art. 2 Nr. 11 der Kommunalabwasser-Richtlinie. Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 142. 762 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 143. 763 Insbesondere offene Buchten, Ästuare und andere Küstengewässer mit einem guten Wasseraustausch. 761

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bei denen nicht damit zu rechnen ist, dass es in ihnen durch die Einleitung von kommunalem Abwasser zu Eutrophierung oder Sauerstoffmangel kommt (Anhang II B der Richtlinie). Die Ausweisung setzt gem. Art. 6 II voraus, dass der betreffende Mitgliedstaat gegenüber der Kommission an Hand umfassender Studien nachweist, dass die Umwelt durch dieses Abwasser nicht geschädigt wird. Ist diese Voraussetzung erfüllt, kann auf die Zweitbehandlung der kommunalen Abwässer verzichtet werden; das Erfordernis einer Erstbehandlung, d. h. einer mechanischen Reinigung bleibt aber gleichwohl – ohne dass es insoweit auf die Erforderlichkeit für die Einhaltung der Qualitätsziele ankäme – als Mindestanforderung bestehen764. Anders als die nachfolgend thematisierte IVU-Richtlinie füllt die Richtlinie über kommunale Abwässer den Rahmen regionaler Differenzierung damit nicht in der Weise aus, dass die Mindestanforderungen einzelfallweise von der jeweiligen Genehmigungsbehörde im Rahmen des Genehmigungsverfahrens bestimmt werden, sondern dadurch, dass sie die Anforderungen abstrakt-generell für vorab definierte Gebietskategorien festlegt. Der Grad der Differenzierung ist daher ein vergleichsweise geringer765. Während Großbritannien diesen Ansatz emissionsorientierter, aber nach Immissionsgesichtspunkten regional differenzierender Mindestanforderungen als gutes Beispiel i. S. des Subsidiaritätsgrundsatzes begrüßte766, konnte die deutsche Delegation diesem nur insoweit vorbehaltlos zustimmen, als er als Regelanforderung eine Zweitbehandlung sowie immissionsbezogene Verschärfungen für „empfindliche Gebiete“ vorsah767. Die Ausnahmeregelung für „weniger empfindliche Gebiete“ wurde dagegen nur unter erheblichen Bedenken auf dem Kompromisswege mitgetragen768: Zum einen gebe es keine solchen Gebiete, da alle Gewässer gleich schützenswert seien, zum anderen trügen alle Einleitungen zur Eutrophierung der Küstengewässer bei, so dass eine weitergehende Abwasserbehandlung mit Nährstoffreduzierung überall zum Standard werden sollte769. Dementsprechend wurde im Rahmen 764

Art. 6 II der Richtlinie. Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 143. 766 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 144. 767 Möbs, in: Behrens/Koch (Hrsg.), Umweltschutz in der Europäischen Gemeinschaft, 1991, S. 122. 768 Die Motivation für diesen Kompromiss rührte aus der längerfristigen Wirkung, die man sich durch die Richtlinie versprach. Denn durch Berichte über den Gewässerstand, die Verpflichtung, die Unbedenklichkeit geringerer Verpflichtungen nachzuweisen, die regelmäßige Information der Bevölkerung und vergleichende Berichte der Kommission sollte Druck in Richtung einer anspruchsvollen Abwasserbehandlung ausgeübt werden; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 144. 769 Möbs, in: Behrens/Koch (Hrsg.), Umweltschutz in der Europäischen Gemeinschaft, 1991, S. 122. 765

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

der Umsetzung der Richtlinie in Deutschland, die in den einzelnen Bundesländern schließlich770 durch entsprechende Verordnungen771 erfolgte, auf eine Ausweisung „weniger empfindlicher Gebiete“ verzichtet – im Gegensatz zu Großbritannien, wo man von dieser Option in großem Umfang Gebrauch machte772. 3. Das Verhältnis von Emissionsgrenzwerten und Qualitätszielen in der IVU-Richtlinie Eine weitere Regelung zum Verhältnis von Emissionsgrenzwerten und Umweltqualitätszielen mit Bezug zum Wasserrecht enthält die bereits erwähnte IVU-Richtlinie, die ein medienübergreifendes und integratives Konzept vorsieht, durch das ein Schutz der „Umwelt insgesamt“773 erreicht werden soll774. Darin wird eine Vermeidung bzw. Verminderung von Beeinträchtigungen aller Umweltmedien (Luft, Wasser, Boden) angestrebt775, wobei sich der Regelungsgehalt der Richtlinie auf Fragen der Schadstoffeinbringung in die Umwelt konzentriert776. Die von der IVU-Richtlinie vorgegebene integrierte, alle Auswirkungen auf die Umwelt berücksichtigende Beurteilung777 wird dabei als interne Integration bezeichnet, die von der externen Integration, d. h. der Einbeziehung der Erfordernisse des Umweltschutzes in andere Politikfelder gem. Art. 6 EGV zu unterscheiden ist778. 770 Dem war eine Verurteilung durch den EuGH wegen nicht fristgemäßer Umsetzung vorausgegangen; EuGH, Rs. C-297/95 (Kommission/Deutschland), Slg. 1996, S. I-6739. 771 Vgl. hierzu die Verordnung des Sächsischen Staatsministerium für Umwelt und Landesentwicklung zur Umsetzung der Richtlinie 91/271/EWG über die Behandlung von kommunalem Abwasser (Sächsische Kommunalabwasserverordnung – SächsKomAbwVO), SächsGVBl. vom 31. Mai 1996, S. 180, zuletzt geändert durch Verordnung vom 20. Juli 2000. 772 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 144. 773 So Art. 9 I der IVU-Richtlinie. 774 Epiney, in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, 1997, S. 93. 775 Erwägungsgrund (8) der IVU-Richtlinie. 776 Zusätzlich erwähnt Art. 3 unter den Grundpflichten der Betreiber allerdings auch die effiziente Nutzung der Energie, womit ebenfalls ein Aspekt der Ressourcenverwertung einbezogen wird. 777 Buchholz, Integrative Grenzwerte im Umweltrecht, 2001, S. 100. 778 s. zu dieser Unterscheidung Haigh, in: Gesellschaft für Umweltrecht (Hrsg.), Dokumentation zur 21. wissenschaftlichen Fachtagung, 1998, S. 57; Buchholz, Integrative Grenzwerte im Umweltrecht, 2001, S. 67; Wasielewski, in: Oldiges (Hrsg.), Immissionsschutz zwischen Integrationskonzept und Verfahrensbeschleunigung, 1999, S. 16; Zöttl, NuR 1997, S. 158. Di Fabio, in: Gesellschaft für Umweltrecht (Hrsg.), Dokumentation zur 21. wissenschaftlichen Fachtagung, 1998, S. 35 f.

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Die grundsätzliche Notwendigkeit einer solchen übermedialen Betrachtung der einzelnen Umweltmedien resultiert aus den Unzulänglichkeiten des sektoralen Umweltschutzes, die insbesondere in der nicht ausreichenden Berücksichtigung natürlicher Schadstoffferntransporte und aktiver Belastungsverschiebungen zwischen den einzelnen Umweltmedien durch Maßnahmen des technischen Umweltschutzes bestehen779. Das Kernelement der Richtlinienkonzeption besteht in der Einführung eines Genehmigungsverfahrens für den Betrieb industrieller Großanlagen, von dem auch die Abwassereinleitungen aus diesen Anlagen780 umfasst sind781. Die materiellen Mindestanforderungen für die Genehmigungserteilung ergeben sich aus der für das vorliegende Thema zentralen Frage der Einhaltung von Emissionsgrenzwerten und Umweltqualitätszielen gem. Art. 9 und 10 der IVU-Richtlinie. Die nähere – relativ komplizierte – Ausgestaltung des Verhältnisses von Umweltqualitätszielen und Emissionsnormen erhellt der Hintergrund ihrer Entstehung:

spricht insofern von monothematischer gegenüber multithematischer Integration; Röckinghausen, Integrierter Umweltschutz im EG-Recht, 1998, S. 39 f., formuliert den Unterschied als Umweltschutz durch Integration einerseits und Integration des Umweltschutzes andererseits. 779 Vgl. insoweit den Erwägungsgrund (7) der IVU-Richtlinie; Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 131; Wolf, Umweltrecht, 2002, S. 390. So gilt es beispielsweise zu verhindern, dass Maximalanforderungen an die Wasserreinhaltung zur Folge haben, dass andererseits übermäßig viel Energie verbraucht wird. 780 Allerdings gelten für Abwassereinleitungen die genehmigungs- und emissionsbezogenen Vorschriften der Gewässerschutzrichtlinie 76/464/EWG (Art. 3 und 5, Art. 6 III, Art. 7 II) sowie die ergänzenden, das Genehmigungssystem betreffenden Bestimmungen der sog. Tochterrichtlinien so lange fort, bis die Behörden die gem. Art. 5 der IVU-Richtlinie erforderlichen Genehmigungsauflagen für bestehende Anlagen nach den neuen Vorschriften der Richtlinie erlassen haben (Art. 20 I IVU-Richtlinie). Dies muss spätestens 8 Jahre nach Beginn der Anwendung der IVU-Richtlinie erfolgt sein; Art. 5 I IVU-Richtlinie. Für neue Anlagen sind die Vorschriften der IVU-Richtlinie hingegen sofort nach deren Umsetzung in den Mitgliedstaaten anwendbar (Art. 20 II IVU-Richtlinie). 781 Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 789; Epiney, in: Barth/ Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, 1997, S. 93. Die Richtlinie dient gleichzeitig dazu, die nach Medien getrennten Genehmigungsregimes der Industrieanlagenrichtlinie (Richtlinie 84/360/EWG des Rates vom 28. Juni 1984 zur Bekämpfung der Luftverunreinigung durch Industrieanlagen, ABl. 1984, L 188, S. 20) sowie der Gewässerschutzrichtlinie durch ein einheitliches, medienübergreifend ansetzendes Konzept zu ersetzen; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 145.

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

a) Die Entstehungsgeschichte der IVU-Richtlinie Obwohl es zwischenzeitlich schien, als hätte man mit den Leitlinien des Frankfurter Ministerseminars eine neue Kompromissformel gefunden, mit der sowohl Großbritannien als auch die anderen, eher auf emissionsorientierte Regulierung bedachten Mitgliedstaaten wie die Bundesrepublik Deutschland ohne Gesichtsverlust hätten leben können782, hat die Entstehungsgeschichte der IVU-Richtlinie gezeigt, dass derartige Hoffnungen verfrüht waren783. Indem die Begründung des stark von britischen Vorstellungen geprägten Kommissionsentwurfes sowohl die Anwendung bester verfügbarer Techniken als auch von Qualitätsnormen vorschreibt, wird zunächst die Vermutung nahegelegt, dass die Richtlinie im Grundsatz das Modell einer Kombination von technikbezogenen Emissionsgrenzwerten und Qualitätszielen i. S. eines kumulativen Ansatzes verfolgt784. Dieser Ausgangspunkt findet sich auch in den einschlägigen Bestimmungen des Kommissionsentwurfs wieder, wonach die in der Genehmigung festzulegenden, grundsätzlich auf die „besten verfügbaren Techniken“ zu stützenden Emissionsgrenzwerte i. S. von Art. 8 II mit zusätzlichen Maßnahmen kumulativ verknüpft werden müssen, sofern eine Umweltqualitätsnorm strengere Bindungen erfordert als durch die Anwendung der besten verfügbaren Techniken zu erreichen sind, Art. 9 II. Der emissionsorientierte Ansatz wurde jedoch durch Art. 9 III des Kommissionsentwurfes wieder in Frage gestellt. Danach kann die zuständige Behörde mehr Emissionen erlauben, als sich aus der Anwendung der besten verfügbaren Techniken ergeben, wenn die Umweltqualitätsnormen auch durch geringere Anforderungen an die Emissionsbegrenzung eingehalten werden, sofern sich nur eine „vernachlässigbare Erhöhung der Verschmutzung ergibt“ und „kein Beitrag zur grenzüberschreitenden und/oder globalen Verschmutzung“ geleistet wird. Zudem ging die Entwurfsbegründung davon aus, dass Emissionsgrenzwerte am besten auf lokaler Ebene unter Berücksichtigung der dortigen Umweltbedingungen festgelegt werden können785. Damit wurde nicht nur eine zwar 782 Delwing, Umsetzungsprobleme des EG-Wasserrechts, 1995, S. 91. Insbesondere in den Stellungnahmen, die die zwischenzeitlich ergangene, emissionsorientierte Richtlinie über die Behandlung kommunaler Abwässer als vorläufigen Höhepunkt europäischer Rechtssetzung auf dem Gebiet des Anlagengenehmigungsrechts feierten, kam die Hoffnung zum Ausdruck, dass es in Zukunft leichter sein würde, europäische Regelungen auf dem Sektor des Anlagengenehmigungsrechts zu treffen; vgl. insoweit Delwing, Umsetzungsprobleme des EG-Wasserrechts, 1995, S. 91 sowie Möbs, in: Behrens/Koch (Hrsg.), Umweltschutz in der Europäischen Gemeinschaft, 1991, S. 126. 783 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 145. Vgl. hierzu auch Koch/Jankowski, ZUR 1998, S. 58. 784 s. KOM(93) 423 endg., S. 6. Hervorhebung im Original.

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regional differenzierte, gleichwohl aber abstrakt generelle Festlegung von Emissionsgrenzwerten, sondern als Regelfall eine einzelfallorientierte Standardsetzung auf unterster Ebene vorgesehen786. Quasi in sein Gegenteil verkehrte sich der technikbasierte emissionsorientierte Maßstab schließlich durch die Regelung des Art. 9 I, demzufolge die Mitgliedstaaten sicherzustellen hatten, dass die Emissionsgrenzwerte „mit dem Ziel festgelegt werden, die Umweltqualitätsnormen nicht zu verletzen“. Im Ergebnis kam dem Maßstab der besten verfügbaren Techniken damit nur eine marginale und im Vollzug kaum überprüfbare selbständige Bedeutung zu787. Nicht umsonst bezeichnete die Kommission diese äußerst schwache Verknüpfung von Emissionsgrenzwerten und Umweltqualitätsnormen in der Begründung zu ihrem Gesetzesentwurf als „paralleles Konzept“788 und griff damit eine Formulierung auf, die bereits für die vielfach kritisierte „escape-clause“ des Art. 6 III der Gewässerschutzrichtlinie geprägt worden war789. Das beschriebene Verhältnis von Qualitätszielen und Emissionsgrenzwerten sowie die damit einhergehende Abkehr von der Perspektive gemeinschaftsweit einheitlicher Emissionsgrenzwerte stieß in Deutschland auf schärfste Ablehnung790. Im Zentrum der von der deutschen Delegation im Ministerrat, dem Umweltausschuss des Bundestages791, den Industrie- und Umweltverbänden792 bis hin zur deutschen Rechtswissenschaft793 einheitlich vorgetragenen Kritik stand der Vorwurf eines Verstoßes gegen das Vorsorgeprinzip, weil durch das beschriebene Regelungsmodell Anreize geschaffen würden, bislang unbelastete Gebiete bis an die Grenze der Qualitätsnormen mit Emissionen aufzufüllen794. Hinzu kam die von der deutschen Industrie geäußerte Befürchtung, dass die Regelung ein „Umwelt785

s. KOM(93) 423 endg., S. 14. Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 147. 787 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 146. 788 KOM(93) 423 endg., S. 20. 789 Zöttl, Integrierter Umweltschutz in der neuesten Rechtsentwicklung, 1998, S. 250; Schulz, Medienübergreifendes Industrieanlagenzulassungsrecht, 1997, S. 190. 790 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 148. Die Idee des mit dem Kommissionsvorschlag zur IVU-Richtlinie verfolgten integrierten Umweltschutzkonzepts wurde dagegen von deutscher Seite ganz überwiegend begrüßt. 791 BT-Drs. 12/6952, S. 3 f. 792 Vgl. hierzu die bei Héretier/Mingers/Knill/Becka, Die Veränderung von Staatlichkeit in Europa, 1994, S. 282 ff. dokumentierten Stellungnahmen des Bundes Deutscher Industrie (BDI). 793 s. etwa Sellner/Schnutenhaus, NVwZ 1993, S. 832; Appel, DVBl. 1995, S. 402; Dolde, NVwZ 1997, S. 315; Breuer, WuB 1995, S. 11. 794 Wahl/Appel, in: Wahl (Hrsg.), Prävention und Vorsorge, 1995, S. 194; Appel, DVBl. 1995, S. 402; Koch/Jankowski, ZUR 1998, S. 58; Dolde, NVwZ 1997, S. 315; Breuer, DVBl. 1997, S. 1221. 786

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

dumping“ ermöglichen könnte und zu Wettbewerbsverzerrungen führen würde795. Während das Europäische Parlament796 diese Argumente unterstützte und sich für die Normierung europaweit einheitlicher Emissionsgrenzwerte einsetzte, fand die deutsche Delegation auf der Ebene des Ministerrates wenig Unterstützung für ihre Position797. Hintergrund für diese Haltung waren nicht zuletzt Deregulierungsbestrebungen in der Industrie, denen sich die meisten Mitgliedstaaten in zunehmendem Maße ausgesetzt sahen798. Gleichwohl konnte sich Deutschland bei den Ratsverhandlungen in einigen wichtigen Punkten durchsetzen. So machte es seine Zustimmung zur IVU-Richtlinie von der Streichung der in Art. 9 III vorgesehenen Ausnahmebestimmung abhängig, die eine Abweichung von den besten verfügbaren Techniken für den Fall erlaubte, dass die Qualitätsnormen eingehalten werden. Auch Art. 9 I des Kommissionsentwurfes, der die Festlegung von Emissionsgrenzwerten dem alleinigen Ziel der Nichtverletzung der Qualitätsnormen unterstellte, entfiel. Zudem konnte die deutsche Delegation mit Art. 18 IVU-Richtlinie eine Bestimmung durchsetzen, welche die zukünftige Festlegung gemeinschaftsweiter Emissionsgrenzwerte regelt. Freilich soll eine entsprechende Verpflichtung für den Rat nur dann bestehen, wenn sich „insbesondere auf Grund eines Informationsaustausches gem. Art. 16 herausgestellt hat, dass die Gemeinschaft tätig werden muss“ (Art. 18 I IVU-Richtlinie). Damit wird die IVU-Richtlinie faktisch auf mitgliedstaatliche Maßnahmen zur Emissionsbegrenzung beschränkt799. b) Vom parallelen zum kombinierten Ansatz Das Verhältnis von Qualitätszielen und Emissionsgrenzwerten stellt sich nach dem im Rahmen der Ratsverhandlungen gefundenen Kompromiss folgendermaßen dar: Für bestimmte, besonders umweltschädliche Stoffe, die im Anhang III800 aufgeführt sind, muss die Genehmigung Emissionsgrenz795

Héretier/Mingers/Knill/Becka, Die Veränderung von Staatlichkeit in Europa, 1994, S. 285; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 148. 796 ABl. 1995, C 18, S. 83. 797 s. dazu die Dokumentation bei Héretier/Mingers/Knill/Becka, Die Veränderung von Staatlichkeit in Europa, 1994, S. 282 ff. 798 s. dazu den Bericht der Gruppe unabhängiger Experten für die Vereinfachung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften, KOM(95) 288 endg., S. 2, 65 ff., der sich aus Deregulierungsgründen für eine immissionsorientierte Regulierungsstrategie einsetzte, sowie Héretier/Mingers/Knill/Becka, Die Veränderung von Staatlichkeit in Europa, 1994, S. 282 ff. 799 Caspar, DÖV 2001, S. 530. 800 Diese Liste ist nicht erschöpfend, die Mitgliedstaaten können durchaus noch für weitere Stoffe Emissionsgrenzwerte festlegen; Epiney, in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, 1997, S. 94.

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werte festlegen, welche die zulässigen Emissionen der Anlage in Luft, Wasser oder Boden bestimmen. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um generell-abstrakte Werte, sondern um konkret-individuelle Bestimmungen, welche für jede einzelne Anlage durch die zuständige mitgliedstaatliche Behörde festgelegt werden. Allerdings müssen sich die Grenzwerte auf die beste verfügbare Technik stützen und zumindest den auf Gemeinschaftsebene bereits festgelegten Emissionsgrenzwerten entsprechen, Art. 9 IV 1. Hs., Art. 18 II 1 IVU-Richtlinie. Gleichzeitig kommen gem. Art. 10 IVU-Richtlinie (gemeinschaftsrechtliche801) Umweltqualitätsziele zur Anwendung, wonach „zusätzliche Auflagen“ in der Genehmigung vorzusehen sind, falls die Emissionsgrenzwerte die Einhaltung der Umweltqualitätsziele trotz des Rückgriffs auf die beste verfügbare Technik nicht zu gewährleisten vermögen. Als mögliche zusätzliche Auflagen sind in der Begründung der Kommission zu Art. 9 II etwa eine Einschränkung der Produktion oder der Zahl der in dem betreffenden Gebiet betriebenen Anlagen genannt802. Denkbar ist aber auch eine Verschärfung der Emissionsgrenzwerte gegenüber dem auf der Grundlage der besten verfügbaren Technik anwendbaren Maßstab803. Nicht gefordert wird allerdings, dass diese zusätzlichen Auflagen die Einhaltung der Umweltqualitätsziele tatsächlich sicherstellen müssen, da gem. Art. 10 auch „andere Maßnahmen“, d. h. solche, die außerhalb der IVU-Richtlinie geregelt sind, zur Einhaltung der Umweltqualitätsnormen ergriffen werden können804. Wird jedoch auch durch diese anderen Maßnahmen nicht gewährleistet, dass die Umweltqualitätsnormen eingehalten werden, ist die Genehmigung zu versagen805. Die Anforderungen der IVU-Richtlinie erscheinen nach all dem hinsichtlich der Verwirklichung eines kumulativen Ansatzes zunächst durchaus überzeugend und sowohl in Bezug auf das Ziel der Einhaltung von Umweltqualitätsnormen als auch im Hinblick auf eine vorsorgende Emissions801 Unter Umweltqualitätsnorm i. S. der IVU-Richtlinie sind nur die durch das Gemeinschaftsrecht gestellten Anforderungen an die Umweltqualität zu verstehen, Art. 2 Nr. 7 IVU-Richtlinie. 802 Vgl. die Begründung des Richtlinienvorschlages der Kommission, abgedruckt in BR-Drs. 803/93, S. 5. 803 Insbesondere also technische Maßnahmen, die nach der Definition des Art. 2 Nr. 11 IVU-Richtlinie aus Kosten-Nutzen-Erwägungen eigentlich unverhältnismäßig wären; Engelhardt, Die Umsetzung der IVU-Richtlinie in Deutschland, 2002, S. 108; Mentzinis, Die Durchführbarkeit des europäischen Umweltrechts, 2000, S. 267 f.; Zöttl, Integrierter Umweltschutz in der neuesten Rechtsentwicklung, 1998, S. 247. 804 Epiney, in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, 1997, S. 96; Engelhardt, Die Umsetzung der IVU-Richtlinie in Deutschland, 2002, S. 109. Eher für eine Ablehnung der Genehmigung plädierend allerdings Koch/Jankowski, in: ZUR 1998, S. 58. 805 Engelhardt, Die Umsetzung der IVU-Richtlinie in Deutschland, 2002, S. 109.

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begrenzung angemessen. Dennoch birgt die Tatsache, dass die Emissionsgrenzwerte in Zukunft nicht mehr auf Gemeinschaftsebene, sondern individuell-konkret durch die Mitgliedstaaten festgelegt werden können, die Gefahr in sich, dass deren Schutzniveau erheblich relativiert wird806. Denn die sog. Berücksichtigungsklausel des Art. 9 IV 1 2. Hs. IVU-Richtlinie modifiziert die im vorangehenden Halbsatz normierte Pflicht der Mitgliedstaaten, Emissionsbegrenzungen auf die „besten verfügbaren Techniken“ zu stützen dahingehend, dass hierbei die „technische Beschaffenheit der betreffenden Anlage, ihr geographischer Standort und die örtlichen Umweltbedingungen zu berücksichtigen sind“. Insoweit besteht Einigkeit darüber, dass die in dieser Klausel enthaltene Bezugnahme auf die „örtlichen Umweltbedingungen“807 erneut die Möglichkeit eröffnet, in Fällen günstiger Immissionsverhältnisse auf eine Emissionsbegrenzung nach Maßgabe der besten verfügbaren Techniken zu verzichten808. Immerhin wird die Möglichkeit zur Abweichung von den besten verfügbaren Techniken durch Art. 9 IV 2 IVU-Richtlinie, wonach die Genehmigungsauflagen in jedem Fall Vorkehrungen zur weitestgehenden Verminderung der weiträumigen oder grenzüberschreitenden Umweltverschmutzung vorsehen und ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt sicherstellen müssen, eingeschränkt. Hierin ist die Absicht des Gemeinschaftsgesetzgebers zu erkennen, die Be806 Keinen zwingenden Anknüpfungspunkt für diese Befürchtung bietet allerdings der Begriff der besten verfügbaren Technik, worunter nach der Legaldefinition des Art. 2 Nr. 11 IVU-Richtlinie nur diejenige Technik zu verstehen ist, deren Anwendung unter Berücksichtigung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses in dem jeweiligen industriellen Sektor wirtschaftlich und technisch vertretbar ist. Denn den hierauf basierenden Befürchtungen, dass damit einer übermäßigen Berücksichtigung wirtschaftlicher Kosten Tür und Tor geöffnet werde (Epiney, in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, 1997, S. 97), kann entgegengehalten werden, dass sich die genannten Gesichtspunkte ausdrücklich auf den „betreffenden industriellen Sektor“ und damit gerade nicht auf den jeweiligen Einzelfall beziehen; Lübbe-Wolff, NVwZ 1998, S. 781. 807 Zur Auslegung der einzelnen in Art. 9 IV 1 2. Hs. enthaltenen Ausnahmekriterien Lübbe-Wolff, NVwZ 1998, S. 782 f. 808 Lübbe-Wolff, NVwZ 1998, S. 781; Koch/Jankowski, ZUR 1998, S. 58. In der Literatur (Steinberg/Kloepfer, DVBl. 1997, S. 979; Pallemaerts, European Environmental Law Review 1996, S. 176) ist sogar die Auffassung vertreten worden, dass die Berücksichtigungsklausel der in Kraft getretenen Richtlinienfassung inhaltlich auf nichts anderes hinauslaufe als die Fassung des Kommissionsentwurfes. Diese Auffassung ist jedoch nach der Entstehungsgeschichte der fraglichen Bestimmungen nicht haltbar, denn die einschlägigen Änderungen des Richtlinientextes sind als Reaktion auf Widerstände gegenüber der weitgehenden Relativierung der emissionsorientierten technikbasierten Vorschlagsfassung erfolgt. Welches Entgegenkommen allerdings genau in der neuen Regelung liegen soll, bleibt letztlich im Ungewissen; Lübbe-Wolff, NVwZ 1998, S. 781; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 149 f.

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rücksichtigungsklausel durch Sicherungen, Beweislastregeln und verfahrensrechtliche Kompensationen zu umhegen809. Dies bedeutet insofern eine Entwicklung in Richtung eines kombinierten Ansatzes810, als die Behörde nunmehr die Argumentationslast für die in Art. 9 IV IVU-Richtlinie normierten Voraussetzungen trägt, will sie von den besten verfügbaren Techniken abweichen811. Andererseits sind die in der endgültigen Richtlinienfassung enthaltenen tatbestandlichen Voraussetzungen der Berücksichtigungsklausel relativ unspezifiziert und mit einem weiten Auslegungs- und Ermessensspielraum versehen, der von der Kommission de facto nur sehr schwer nachprüfbar sein dürfte812. Im Hinblick auf eine Harmonisierung und Fortentwicklung qualitätsorientierter Anforderungen gehen von der IVU-Richtlinie keine besonderen Impulse aus. Umweltqualitätsnormen i. S. des Art. 10 sind nach der Legaldefinition des Art. 2 Nr. 7 IVU-Richtlinie nur solche, die auf europäischer Ebene festgelegt sind; eine Bindung an etwa bestehende mitgliedstaatliche Immissionswerte, wie sie beispielsweise die Industrieanlagen-Richtlinie813 noch vorsah, enthält die IVU-Richtlinie nicht814. Dies gilt selbst dann, wenn deren Festsetzung auf einer gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtung beruht, wie etwa im Falle des Art. 7 II der Gewässerschutzrichtlinie. Auch für die zukünftige Festlegung gemeinschaftlicher Qualitätsziele zeigt die IVU-Richtlinie keine Perspektiven auf, zumal Art. 18 nur Emissionsgrenzwerte betrifft815. Diese Tatsache mag ihre Erklärung allerdings darin finden, dass die Kommission parallel zu den Arbeiten an der IVU-Richtlinie an einem – später in die Pläne zur WRRL integrierten – Vorschlag für eine Richtlinie über die ökologische Qualität der Gewässer816 sowie an der etwa zeitgleich mit der IVU-Richtlinie verabschiedeten Richtlinie 96/62/EG über die Beurteilung und Kontrolle der Luftqualität817 arbeitete, deren beider 809 Zöttl, Integrierter Umweltschutz in der neuesten Rechtsentwicklung, 1998, S. 251. 810 Epiney spricht insoweit von einem Kooperationskonzept; dies., in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, 1997, S. 92. 811 Zöttl, Integrierter Umweltschutz in der neuesten Rechtsentwicklung, 1998, S. 251. 812 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 150; Epiney, in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, 1997, S. 95; Zöttl, Integrierter Umweltschutz in der neuesten Rechtsentwicklung, 1998, S. 251. 813 s. Art. 4 Nr. 4 der Industrieanlagenrichtlinie, der die Berücksichtigung „aller“ Luftqualitätsgrenzwerte verlangt. Dazu, dass diese Formulierung auch nationale Immissionswerte umfasst, vgl. Pallemaerts, European Environmental Law Review 1996, S. 176. 814 Zöttl, NuR 1997, S. 166. 815 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 153. 816 KOM(93) 680 endg.; näher hierzu unten § 15 I. 1.

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Ziel in der Schaffung eines Rahmens für die Fortentwicklung der Immissionsrichtlinien im Gewässerschutz bzw. in der Luftreinhaltung bestand818. Im Gegensatz zu den nutzungsbezogenen Qualitätszielen der Muschel-, Fisch-, Bade- und Rohwasserrichtlinie sowie den stoffbezogenen Qualitätszielen der Tochterrichtlinien zur Gewässerschutzrichtlinie bringt die IVURichtlinie somit keine neuen Qualitätsziele hervor. Ihr Verdienst liegt jedoch darin, dass sie den parallelen Ansatz der Gewässerschutzrichtlinie in Richtung eines kombinierten Ansatzes von Qualitätszielen und Emissionsgrenzwerten fortentwickelt hat. Allerdings bestehen sowohl im Hinblick auf die Art des Rückgriffs auf Emissionsnormen als auch auf die den Umweltqualitätszielen zukommende Rolle Zweifel, ob das beschriebene Modell tatsächlich ein angemessenes Schutzniveau der Umwelt sicherzustellen vermag819. c) Zur Umsetzung des kombinierten Ansatzes in deutsches Recht Im Hinblick auf die Umsetzung der IVU-Richtlinie in deutsches Recht sind zwei verschiedene Umsetzungsmodelle diskutiert worden. Die sog. „große Lösung“, die sich zunächst durchaus unabhängig von der konkreten IVU-Richtlinie im Rahmen des Entwurfes für ein Umweltgesetzbuch herausgebildet hatte, sah für alle umweltrelevanten Industrievorhaben eine Vorhabengenehmigung vor, mit der einheitlich und medienübergreifend Errichtungs- und Betriebsbedingungen festgelegt werden sollten. Diese wurde zugleich mit dem Anforderungsprofil der UVP- sowie der IVU-Richtlinie in einem einheitlichen Verfahren verschmolzen, wobei eine sog. Integrationsklausel820 sicherstellen sollte, dass die Umwelt in ihrer Gesamtheit berücksichtigt wird. Im Hinblick auf die Berücksichtigung qualitätsbezogener Kriterien war eine Öffnungsklausel821 vorgesehen, wonach von der Einhaltung einzelner (Emissions-)grenzwerte zur Vorsorge gegen Risiken abgesehen werden konnte, wenn daraus Vorteile für die Umwelt in ihrer Gesamtheit erwachsen. Eine solche Klausel, die auch in der Literatur vielfach diskutiert 817 818 819

ABl. 1996, L 296, S. 55; s. dazu Hansmann, NuR 1999, S. 10 ff. Meinken, Immissions- versus Emissionsorientierung, 2001, S. 153. Epiney, in: Barth/Köck (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht, 1997,

S. 97. 820

Hierbei handelt es sich um § 83 II UGB-KomE; BMU (Hrsg.), UGB-KomE, 1998, S. 138. Danach sind die für das Vorhaben geltenden Grundpflichten und Anforderungen an die Zulässigkeit von Eingriffen in Natur und Landschaft so zu erfüllen, dass unter Berücksichtigung aller Belastungspfade und der Wechselwirkungen zwischen den Umweltgütern die Maßnahmen getroffen werden, die die Umwelt in ihrer Gesamtheit möglichst wenig beeinträchtigen. 821 Diese geht auf § 34 III UGB-KomE zurück; BMU (Hrsg.), UGB-KomE, 1998, S. 139.

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wurde822, ist allerdings im Laufe des Verfahrens vom BMU wieder fallengelassen worden823, bevor das Vorhaben zur Schaffung eines Umweltgesetzbuches im Jahre 1999 ganz von der Tagesordnung genommen wurde, vorgeblich unter Hinweis auf verfassungsrechtliche Bedenken an der Gesetzgebungskompetenz des Bundes für eine umfassende, medienübergreifende Vorhabengenehmigung im Hinblick auf die bloße bundesrechtliche Rahmenkompetenz im Bereich des Wasser- und Naturschutzrechts824. Demgegenüber hat sich die sog. „kleine Lösung“ von vornherein nur auf die zwingenden Umsetzungserfordernisse der IVU-Richtlinie beschränkt825 und fand ihre Umsetzung durch den Erlass des Gesetzes zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz vom 27. Juli 2001 (sog. Artikelgesetz)826. Davon ausgehend, dass sowohl die formelle als auch die materielle Integrationsforderung der IVU-Richtlinie der Sache nach bereits durch die Anforderungen des BImSchG sowie des WHG verwirklicht sind, wurde der Integrationsgedanke durch das Artikelgesetz lediglich begrifflich nachvollzogen und zugleich die integrative Ausrichtung des untergesetzlichen Regelwerks – beispielsweise der TA Luft und der AbwV – als Fiktion unterstellt827. Art. 10 IVU-Richtlinie, der den kombinierten Ansatz von Emissions- und Umweltqualitätsnormen regelt, setzte man nicht explizit um, wohl deshalb, weil seine Anforderung der kumulativen Geltung von Emissions- und Immissionsgrenzwerten im geltenden deutschen Umweltrecht bereits insofern als erfüllt angesehen wurde, als hier zur Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe wie den der „schädlichen Umwelteinwirkungen“ i. S. des § 5 I Nr. 1 BImSchG oder den des „Allgemeinwohls“ i. S. von § 6 I WHG auch (europäische) Umweltqualitätsnormen Anwendung finden, die neben den Emis822

Ekardt, SächsVBl. 2000, S. 234 f.; Wahl, NVwZ 2000, S. 507 m. w. N. Wasielewski, in: Gesellschaft für Umweltrecht (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, 2001, S. 219 f. Vgl. ausführlich zum Gesetzgebungsverfahren ders., NVwZ 2000, S. 17 ff. 824 Zweifelnd insoweit allerdings Ekardt, SächsVBl. 2000, S. 234 m. w. N. 825 Wasielewski, in: Gesellschaft für Umweltrecht (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, 2001, S. 220. 826 BGBl. I, S. 1950 ff. 827 Wasielewski, in: Gesellschaft für Umweltrecht (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, 2001, S. 220. Kritisch hierzu Engelhardt, Die Umsetzung der IVU-Richtlinie in Deutschland, 2002, S. 123 ff. m. w. N., die davon ausgeht, dass die Genehmigungsbehörden die Europarechtskonformität der anzuwendenden Emissionsgrenzwerte im Hinblick auf ihre integrative Ausrichtung in jedem Einzelfall zu überprüfen haben. Für den Bereich des Abwasserrechts ist nach Hasche, Das neue Bewirtschaftungsermessen im Wasserrecht, 2005, S. 291, die Verpflichtung zur Festlegung integrativer Grenzwerte durch die Neufassung der §§ 7a V WHG sowie 3 II AbwV, wonach die Beachtung aller drei Umweltmedien vorgeschrieben ist, erfüllt. 823

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sionsgrenzwerten gelten828. Auf die Berücksichtigungsklausel des Art. 9 IV 1 2. Hs. IVU-Richtlinie wird in dem Artikelgesetz ebenfalls nicht Bezug genommen829. Offensichtlich hat sich der deutsche Gesetzgeber damit der (nicht unumstrittenen) Auffassung angeschlossen, die in allgemein bindenden Vorschriften festgesetzten Emissionsgrenzwerte stellten eine zusätzliche strengere Regelung i. S. des Art. 176 EGV dar, so dass eine Umsetzung individueller immissionsseitiger Gesichtspunkte i. S. von Art. 9 IV 1 2. Hs. IVU-Richtlinie nicht notwendig sei. Die Begründung hierfür liegt darin, dass mit einer auf Art. 175 EGV n. F. (Art. 130s a. F.) beruhenden Richtlinie gem. Art. 176 EGV n. F. (Art. 130t EGV a. F.) keine strengeren nationalen Vorschriften verhindert werden können. Da die Berücksichtigungsklausel des Art 9 IV 1 2. Hs. der IVU-Richtlinie nach h. M. anforderungsentschärfende Bedeutung hat830, die Mitgliedstaaten aber nach Art. 176 n. F. zu schärferen als den nach der IVU-Richtlinie gebotenen Anforderungen berechtigt bleiben, sieht man entgegen dem Eindruck, den die imperative Formulierung („sind . . . zu berücksichtigen“) vermittelt, keine Verpflichtung, die mit der Klausel eröffneten Möglichkeiten zu nutzen. Im Hinblick auf das in ihr verfolgte Modell einer Kombination von Emissionsgrenzwerten und Umweltqualitätszielen übte die IVU-Richtlinie demnach einen denkbar geringen Anpassungsdruck aus831. Dies hat seinen Grund nicht zuletzt darin, dass die deutsche Delegation mit der Einfügung des Art. 9 VIII, der eine Normierung der materiellen Anforderungen durch abstrakt-generelle Regelungen erlaubt, Vorkehrungen für eine Minimierung der Anpassungszwänge getroffen hat832. Angesichts der beschriebenen pri828 Ausführlich hierzu Engelhardt, Die Umsetzung der IVU-Richtlinie in Deutschland, 2002, S. 110 ff. Vgl. hierzu auch unten § 11 I. und oben § 18 III. 829 Engelhardt, Die Umsetzung der IVU-Richtlinie in Deutschland, 2002, S. 125. 830 Die Auffassung, abstrakte Emissionsgrenzwerte würden regelmäßig strenger ausfallen als individuell festgesetzte Emissionsgrenzwerte, wird damit begründet, dass letztere von Antragsteller, Behörden und Öffentlichkeit ausgehandelt würden. Maßgebend sei dabei nicht der Schutz der Umwelt, sondern vielmehr die Durchsetzungskraft der beteiligten Interessengruppen sowie konjunkturellen oder regionalen Gegebenheiten, Meinken, Immissions- versus Emissionsorientierung, 2001, S. 154; Lübbe-Wolff, NVwZ 1998, S. 782; Kracht/Wasielewski, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR I, 2003, S. 1185; Dolde, NVwZ 1997, S. 315 Fn. 21; Schulz, Medienübergreifendes Industrieanlagenzulassungsrecht, 1997, S. 190 f. A. A. Engelhardt, Die Umsetzung der IVU-Richtlinie in Deutschland, 2002, S. 121; Buchholz, Integrative Grenzwerte im Umweltrecht, 2001, S. 203 f. 831 Meinken, Immissions- versus Emissionsorientierung, 2001, S. 154. 832 Meinken, Immissions- versus Emissionsorientierung, 2001, S. 154. Die Regelungen des Art. 9 VIII sowie Art. 18 IVU-Richtlinie sind im Hinblick auf die eine Berücksichtigung lokaler Gegebenheiten bei der Festlegung der Emissionsgrenzwerten vorschreibende Berücksichtigungsklausel des Art. 9 IV 1 2. Hs. IVU-Richtlinie allerdings als systemfremd empfunden worden, da örtliche Umweltbedingungen bei

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märrechtlichen Ausgangslage ist es allerdings ohnehin fraglich, ob die britische Einflussnahme auf den Richtlinienentwurf überhaupt den Zweck verfolgte, diejenigen Staaten, die – wie die Bundesrepublik Deutschland – in erster Linie mit einem Konzept einheitlicher Emissionsgrenzwerte operieren, zur Aufnahme einer solchen Ausnahmeklausel zu bewegen. Aus britischer Perspektive ging es nämlich weniger um den Export des eigenen, an der regionalen Umweltqualität ausgerichteten Modells integrativen Umweltschutzes als vielmehr um den Schutz dieses Modells vor dem Import eines an abstrakt-generellen Emissionsgrenzwerten ausgerichteten, als systemfremd empfundenen Umweltrechts833.

IV. Indirekter Grundwasserschutz durch stoff- und produktbezogene Normen Im Gegensatz zu weiten Teilen des europäischen Oberflächengewässerschutzes war der europäische Grundwasserschutz im Wesentlichen emissionsorientiert ausgestaltet. Er erfolgte in erster Linie durch die Grundwasserrichtlinie 80/68/EWG834, die in rechtssystematischer Hinsicht – anders etwa als die Gewässerschutzrichtlinie und ihre Tochterrichtlinien – keine bestimmten Qualitätsziele oder Emissionsstandards festlegt835, sondern von den Mitgliedstaaten vielmehr generell die Aufstellung einer Nutzungs- und Überwachungsordnung mit rechtsbegrifflichen Verbots-, Genehmigungsund Eingriffstatbeständen fordert836. Um eine Verschmutzung des Grundwassers durch die gefährlichen, in den Listen I und II des Anhangs aufder Festlegung abstrakt-genereller Emissionsgrenzwerte ausscheiden; vgl. Röckinghausen, Integrierter Umweltschutz im EG-Recht, 1998, S. 120; Dolde, NVwZ 1997, S. 318. Daran wird zugleich der Kompromisscharakter dieser Vorschriften deutlich. 833 Dies geht aus einer Rede hervor, die der damalige britische Außenminister Clappison nach der Annahme des gemeinsamen Standpunktes vor dem House of Commons Standing Committee hielt. Dort hieß es im Hinblick auf den britisch geprägten Richtlinienvorschlag wörtlich: „We have made it more difficult for the Commission to attempt to impose the rigid emission limits that are favoured by some of our European partners at European level.“ (abgedruckt bei Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 155). Mit dem Gesetzesvorhaben wollte sich Großbritannien damit gleichzeitig aus der Isolation herausbewegen, in die man sich in der Vergangenheit mit der Veto-Haltung gegenüber deutsch geprägten und gemeinhin als fortschrittlich geltenden Initiativen zunehmend gedrängt sah; Héretier/Mingers/Knill/Becka, Die Veränderung von Staatlichkeit in Europa, 1994, S. 239 ff. 834 ABl. 1980, L 20, S. 43 ff.; geändert durch die Richtlinie 91/692/EWG des Rates vom 23.12.1991, ABl. 1991, L 377, S. 48. 835 Ginzky, ZUR 2005, S. 293. 836 Ausführlich hierzu Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 914 ff.

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

geführten Stoffe zu verhüten, verfolgt die Grundwasserrichtlinie einen emissionsorientierten Ansatz, wonach die Mitgliedstaaten jegliche direkte Ableitung von Stoffen aus der Liste I gem. Art. 3 a) i. S. einer Null-Emission zu verbieten und die Ableitung von Stoffen aus der Liste II in das Grundwasser gem. Art. 3 b) zu begrenzen haben837. Zur Grundwasserrichtlinie sind allerdings ergänzende qualitätsbezogene Teilregelungen hinzugetreten, die den europäischen Grundwasserschutz auf bestimmten, sachlich beschränkten Problemfeldern indirekt zu stärken versuchen838. Hierbei handelt es sich um spezielle Vorgaben der Nitrat-, Pflanzenschutzmittel- und Biozid-Richtlinie für die Grundwasserqualität. 1. Grundwasserschutz durch die Nitratrichtlinie In den beschriebenen Zusammenhang mittelbaren Grundwasserschutzes fällt zunächst die Richtlinie 91/676/EWG des Rates vom 12.12.1991 zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen (sog. Nitratrichtlinie)839, da sie nicht nur darauf abzielt, die durch Nitrat verursachten Gewässerverunreinigungen zu verringern (Art. 1), sondern den Mitgliedsstaaten in Art. 3 und 5 zugleich vorschreibt, ihre Gewässer flächendeckend auf Verunreinigungen durch Nitrat zu untersuchen und Aktionsprogramme für gefährdete Gebiete aufzustellen, die u. a. bestimmte Höchstmengen des Austrags von Düngemitteln festzulegen haben840. Die Binnengewässer, insbesondere solche, die für die Trinkwasserversorgung genutzt werden oder vorgesehen sind, und das Grundwasser gelten dabei dann als „verunreinigt“, wenn eine Nitratkonzentration von 50 mg/l oder mehr oder die Gefahr einer solchen Konzentration vorliegt841. Die Umsetzung der Art. 3 und 5 der Nitratrichtlinie erfolgte in Deutschland durch die Düngeverordnung842. Insofern wurde das gesamte Gebiet der 837 Die Grundwasserrichtlinie ist in Deutschland durch die Verordnung zur Umsetzung der Richtlinie 80/68/EWG des Rates vom 17. Dezember 1979 über den Schutz des Grundwassers gegen Verschmutzung durch bestimmte gefährliche Stoffe vom 18. März 1997, BGBl. I, S. 542, umgesetzt worden. 838 Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 914. 839 ABl. 1991, L 375, S. 1 ff. 840 Die Aufstellung von Aktionsprogrammen für „gefährliche Gebiete“ wird als Kernstück der Nitratrichtlinie bezeichnet; Ziehm, Europäisches Grund- und Trinkwasserschutzrecht, 1998, S. 164. 841 Der Wert von 50 mg/l ergibt sich für die Binnengewässer aus Anhang I A 1. der Nitratrichtlinie i. V. m. Anhang II der Richtlinie 75/440/EWG (Rohwasserrichtlinie), für das Grundwasser ist dieser Wert direkt in Anhang I A 2. der Nitratrichtlinie festgeschrieben. 842 Vgl. hierzu auch Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 919, 935.

§ 13 Die europarechtlichen Qualitätsziele und ihre Umsetzung

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Bundesrepublik Deutschland als gefährdetes Gebiet i. S. der Nitratrichtlinie eingestuft und die Düngeverordnung als einheitliches Aktionsprogramm für ganz Deutschland angesehen843. Die Verordnung enthält die Grundsätze der Düngemittelanwendung im Rahmen guter fachlicher Praxis, wonach die Düngemittel zeitlich und mengenmäßig so auszubringen sind, dass die Nährstoffe von den Pflanzen optimal ausgenutzt werden können und damit Nährstoffverluste bei der Bewirtschaftung sowie damit verbundene Einträge in die Gewässer weitgehend vermieden werden (§ 2 Düngeverordnung). Dadurch soll erreicht werden, dass die Nitratkonzentration von 50 mg/l im Grundwasser nicht überschritten wird. Obwohl es sich bei der Nitratrichtlinie im Wesentlichen um eine Emissionsrichtlinie handelt844, ist mit dieser Nitratkonzentration zugleich eine Orientierung vorgegeben, wann von einer Grundwasserverunreinigung und damit von einem schlechten Grundwasserzustand auszugehen ist. Als Grenzwert i. S. einer einzuhaltenden Qualitätsnorm ist dieser Wert allerdings nicht zu verstehen845. 2. Qualitätsorientierte Vorgaben der Pflanzenschutzmittelrichtlinie Von den durch die Landwirtschaft verursachten Belastungen stellt neben der Nitrat- auch die Pestizid-Belastung ein gravierendes Grundwasserschutzproblem dar, dem man lange Zeit kaum Beachtung geschenkt hatte846. Zwar war die Zulassung und Anwendung von Pflanzenschutzmitteln bereits mit der Richtlinie 79/117/EWG vom 21.12.1978847 in der Weise geregelt, dass bestimmte gefährliche Pflanzenschutzmittelwirkstoffe, die in der Negativliste aufgeführt sind, nicht in den Verkehr gebracht und angewendet werden dürfen. Ein gemeinschaftsweites Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel gibt es jedoch erst auf Grund der Richtlinie 91/414/EWG über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln vom 15. Juli 1991 (Pflanzenschutzmittelrichtlinie)848. Hierbei handelt es sich zwar vorrangig um eine Binnenmarktrichtlinie, welche die Verwirklichung 843 Vgl. hierzu Art. 5 II Nitratrichtlinie sowie den Bericht der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über die Durchführung der Richtlinie des Rates 91/676/EWG zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen, KOM(97) 473 endg., S. 13 und Ziehm, Europäisches Grund- und Trinkwasserschutzrecht, 1998, S. 170. 844 Kotulla, Rechtliche Instrumente des Grundwasserschutzes, 1999, S. 81. 845 Ginzky, ZUR 2005, S. 293. 846 Flinspach, in: Schmülling (Hrsg.), Grundwasserschutz, 1992, S. 21. 847 Richtlinie 79/117/EWG des Rates vom 21.12.1978 über das Verbot des Inverkehrbringens und der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, die bestimmte Wirkstoffe enthalten, ABl. 1979, L 33, S. 36, mehrfach geändert. 848 Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln, ABl. 1991, L 230, S. 1.

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

einer gemeinsamen Agrarpolitik betrifft, gem. Art. 4 I b) wird als Zulassungsvoraussetzung aber auch gefordert, dass das Pflanzenschutzmittel keine direkten oder indirekten schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier (z. B. über das Trinkwasser) und auf das Grundwasser hat sowie unter Beachtung von Verbleib und Ausbreitung des Pestizids in der Umwelt, insbesondere unter der Berücksichtigung der Kontamination von Wasser (einschließlich des Grund- und Trinkwassers) keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt zu besorgen sind. Wann solche schädlichen und unannehmbaren Auswirkungen vorliegen, ist von den Mitgliedstaaten auf der Grundlage sog. einheitlicher Grundsätze des Anhangs VI der Richtlinie 91/414/EWG zu beurteilen, die zunächst in Gestalt der Durchführungsrichtlinie 94/43/EG vom 27.7.1994849 festgelegt wurden. Im Hinblick auf die den Gewässerschutz betreffenden Kriterien ergab sich danach, dass ein Pflanzenschutzmittel nur dann zulassungsfähig sein soll, wenn die „zu erwartende oder bereits ermittelte Konzentration des Wirkstoffs oder seiner Metaboliten, Abbau- oder Reaktionsprodukte in dem zur Trinkwassergewinnung bestimmten Grundwasser den Grenzwert der Trinkwasserrichtlinie nicht überschreitet“850. Diese Beschränkung auf das zur Trinkwassergewinnung herangezogene Grundwasser stand allerdings im Widerspruch zur Pflanzenschutzmittelrichtlinie 91/414/EWG, nach deren Art. 4 I b) sämtliche Grundwasservorkommen vor schädlichen Auswirkungen durch Pestizide zu schützen sind. Auf Grund dieser und weiterer Unstimmigkeiten851 wurde die Richtlinie 94/43/EG in einem vom Europäischen Parlament angestrengten Verfahren für nichtig erklärt852 und später durch die Richtlinie 97/57/EG des Rates vom 22. September 1997 zur Festlegung des Anhangs VI der Richtlinie 91/414/EWG über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln853 ersetzt. Nach diesem Anhang darf eine Zulassung nur dann erteilt werden, wenn die Konzentration des Wirkstoffes oder seiner Metaboliten, Abbau- oder Reaktionsprodukte im Grundwasser, die nach bestimmungsgemäßer Anwendung des Pflanzenschutzmittels zu erwarten ist, den niedrigeren der beiden folgenden Grenzwerte nicht übersteigt: entweder die Höchstkonzentration der Trinkwasserrichtlinie (d. h. grundsätzlich 0,10 μg/l für die Einzelsubstanz und 0,50 μg/l in der Summe, vgl. Anhang I Teil B Nr. 20 und 21 Trinkwasserrichtlinie) oder die von der 849 Richtlinie 94/43/EG zur Festlegung des Anhangs VI der Richtlinie 91/414/EWG über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln, ABl. 1994, L 227, S. 31. 850 Abschnitt C Ziffer 2.5.1.2. a) des Anhangs der Richtlinie 94/43/EG. 851 Vgl. hierzu ausführlich Ziehm, Europäisches Grund- und Trinkwasserschutzrecht, 1998, S. 176. 852 EuGH, ZUR 1996, S. 200 ff. 853 ABl. 1997, L 265, S. 87.

§ 13 Die europarechtlichen Qualitätsziele und ihre Umsetzung

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Kommission bei der Aufnahme des Wirkstoffs in Anhang I festgelegte Höchstkonzentration oder – wenn keine solche Höchstkonzentration festgelegt wurde – die Konzentration, die einem Zehntel des ADI-Wertes (Allowed Daily Intake) entspricht, welcher bei der Aufnahme des Wirkstoffs in Anhang I festgelegt wurde (Anhang VI C. Spezielle Grundsätze Nr. 2.5.1.2)854. Diese Qualitätsziele sind in Deutschland durch § 1a IV Pflanzenschutzmittelverordnung855 umgesetzt worden, der für die Erteilung von Zulassungen für Pflanzenschutzmittel, soweit chemische Zubereitungen betroffen sind, auf die in Anhang VI der Richtlinie 91/414/EWG festgelegten einheitlichen Grundsätze verweist. Die genannten Grundwasserqualitätsgrenzwerte sind somit zwar unmittelbar nur im Rahmen des Zulassungsverfahrens anwendbar, tragen hierdurch mittelbar aber auch zum Schutz des gesamten Grundwassers bei856. 3. Die grundwasserbezogenen Qualitätsziele der Biozid-Richtlinie Ein indirekter Grundwasserschutz ergibt sich auch im Rahmen des Zulassungsverfahrens für Biozid-Produkte. So darf gem. Nr. 82 des Anhangs VI der Richtlinie 98/8/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten (BiozidRichtlinie)857 ein Mitgliedsstaat ein Biozid-Produkt nicht zulassen, wenn bei bestimmungsgemäßer Anwendung die voraussichtliche Konzentration des Wirkstoffs oder bedenklichen Stoffs oder einschlägiger Stoffwechsel-, Abbau- oder Reaktionsprodukte im Grundwasser den niedrigeren Wert der folgenden Konzentrationen übersteigt: entweder die höchstzulässige Konzentration gemäß der Richtlinie 80/778/EWG (Trinkwasserrichtlinie) oder die Höchstkonzentration, die im Anschluss an das Verfahren zur Aufnahme des Wirkstoffs in die Anhänge I, IA oder IB der Richtlinie auf Grund der insbesondere toxikologischen Daten festgelegt wird, außer wenn wissenschaftlich nachgewiesen wird, dass die niedrigere Konzentration unter relevanten Feldbedingungen nicht überschritten wird. Die Umsetzung dieser indirekten Grundwasserziele ist in Deutschland durch § 12j II 4 Chemikaliengesetz858 erfolgt, wonach bei der Bewertung, ob die Zulassungsvoraus854 Diese Grenzwerte gelten aber nicht, wenn wissenschaftlich nachgewiesen wurde, dass unter einschlägigen Feldbedingungen die niedrigste Konzentration nicht überschritten wird. 855 Verordnung über Pflanzenschutzmittel und Pflanzenschutzgeräte (Pflanzenschutzmittelverordnung) vom 17. August 1998, BGBl. I, S. 2161. 856 Ziehm, Europäisches Grund- und Trinkwasserschutzrecht, 1998, S. 175 f. 857 ABl. 1998, L 123, S. 1 ff. 858 Bekanntmachung der Neufassung des Gesetzes zum Schutz vor gefährlichen Stoffen (Chemikaliengesetz – ChemG) vom 20. Juni 2002, BGBl. I, S. 2090. Die

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

setzungen für das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten gegeben sind, die in Anhang VI der Biozid-Richtlinie in der jüngsten im Amtsblatt der EG veröffentlichten Fassung festgelegten Grundsätze eingehalten werden müssen. Wie die Nitrat- und Pflanzenschutzmittelqualitätsgrenzwerte sind sie damit ein indirektes Instrument stofflichen Grundwasserschutzes.

§ 14 Sonstige Zielvorgaben und ihre Bedeutung im Verwaltungsvollzug Neben den Rechtssetzungsorganen der EG waren auch andere – nationale wie internationale – Gremien damit befasst, Gewässerqualitätsziele aufzustellen. Diese wurden den Wasserbehörden in unterschiedlicher Form zur Berücksichtigung im Rahmen ihrer Bewirtschaftungskonzeptionen an die Hand gegeben.

I. Nationale Zielvorgaben Auf nationaler Ebene gingen die Vorschläge für bestimmte Gewässerqualitätsziele in erster Linie von der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) aus und wurden den Behörden in vielen Bundesländern in Form von Güteanforderungen, Gütezielen, Prüfwerten oder Planungsrichtwerten zur Anwendung im wasserrechtlichen Vollzug empfohlen859. 1. Die LAWA-Zielvorgabe der biologischen Gewässergüteklasse II Als wichtigstes Gewässergüteziel, das auf nationaler Ebene entwickelt wurde, kann die bereits verschiedentlich angesprochene biologische Gewässergüteklasse II gelten. Diese entstammt einer Klassifikation der LAWA, die seit 1975 im fünfjährigen Turnus eine sog. Gewässergütekarte herausgibt, in der die biologische Güte der Fließgewässer enthalten ist860. Die Gewässergüteklasse II gilt politisch allgemein als anstrebenswert861 und hat bereits an mehreren Stellen Eingang in die Rechtsordnung gefunden. Änderung des ChemG erfolgte auf Grund des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 98/8/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten (Biozidgesetz) vom 20. Juni 2002, BGBl. I, S. 2076. 859 LAWA (Hrsg.), Chemische Gewässergüteklassifikation, 1998, S. 14; vgl. insoweit auch die Zusammenstellung der in den einzelnen Bundesländern zur Anwendung kommenden Zielvorgaben, S. 14 ff. 860 LAWA (Hrsg.), Gewässergüteatlas der Bundesrepublik Deutschland, 2000, S. 7. 861 LAWA (Hrsg.), Gewässergüteatlas der Bundesrepublik Deutschland, 2000, S. 3, 19.

§ 14 Sonstige Zielvorgaben und ihre Bedeutung im Verwaltungsvollzug

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So wurde sie im Freistaat Sachsen beispielsweise als Sanierungsziel im Landesentwicklungsplan von 1994862 genannt und taucht auch in der UVPVwV863 als Bezugsgröße auf. Die biologische Gewässergüteklassifizierung erfasst dabei vor allem die Belastung mit organischen, unter Sauerstoffverbrauch leicht biologisch abbaubaren Wasserinhaltsstoffen. Als Bewertungsgrundlage dient der sog. Saprobienindex864, der das Auftreten oder Fehlen von Organismen bzw. Organismenkombinationen charakterisiert865. Als Bioindikatoren (Leitorganismen) im Rahmen des Saprobienindex fungieren wirbellose Tiere mit unterschiedlichen ökologischen Ansprüchen, die den Boden des Gewässers bewohnen. Anhand des Vorkommens oder Fehlens dieser Arten erfolgt die Einteilung in eine Gewässergüteklasse866. Neben den biologischen Befunden werden zur Bewertung der Wassergüte der Fließgewässer aber auch physiographische Merkmale, beispielsweise die Art und Beschaffenheit des Gewässerbettes herangezogen, die in Verbindung mit den biologischen Befunden wichtige Hinweise auf den Grad der sauerstoffzehrenden Abwasserbelastung geben867. Die Klassifizierung erfolgt bundesweit nach einem einheitlichen Verfahren in sieben Stufen: Güteklasse I (unbelastet bis sehr gering belastet)868, Güteklasse I-II (gering be862 Vgl. SMU (Hrsg.), Landesentwicklungsplan Sachsen 1994, Z 39, Nr. 3.1.1. Dieser ist inzwischen gem. der Verordnung der Sächsischen Staatsregierung über den Landesentwicklungsplan (LEP 2003) vom 16. Dezember 2003, SächsGVBl., S. 915 durch den neuen, vom SMI herausgegebenen Landesentwicklungsplan 2003 ersetzt worden. Der LEP 2003 nimmt nunmehr auf die Ziele der WRRL Bezug (Nr. 4.3). 863 Diese bezieht sich – unter der Maßgabe, dass keine sonstigen Bestimmungen oder Bewirtschaftungsanordnungen vorhanden sind – im Hinblick auf die Bewertung der Umweltauswirkungen eines Vorhabens für den Saprobienindex, BSB5, NH4-N und die O2 Minima auf die Kriterien der LAWA-Gewässergütekarte 1990 für die Gewässergüteklasse II bzw. II-III (Nr. 1.2.2 des Anhangs 1). 864 Saprobien sind in Gewässern lebende Organismen, die organische Stoffe enthalten; Niederstadt, Ökosystemschutz durch Regelungen des öffentlichen Umweltrechts, 1998, S. 89, Fn. 325. 865 Die Belastung mit schwer oder nicht abbaubaren Stoffen wie Salzen, Schwermetallen, versauernd wirkenden Stoffen, organischen Schadstoffen sowie radioaktiven Stoffen wird mit diesem Verfahren hingegen nicht äquivalent abgebildet. Auch die Belastung mit Nährstoffen, d. h. eutrophierenden Stoffen wie Phosphor- und Stickstoffverbindungen spiegelt sich nicht direkt in der Gewässergütekarte wieder, sondern beeinflusst die Einstufung nur als Sekundärbelastung; LfUG, Gewässergütebericht 2000, S. 7. 866 Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, 2003, S. 510. 867 Begleitend zu den biologischen Untersuchungen treten auch chemisch-physikalische Messungen hinzu. Soweit diese eine organische Belastung indizieren, gehen sie in Verbindung mit der biologischen Bewertung als unterstützende Zusatzinformationen in die endgültige Gütebewertung mit ein; LfUG, Gewässergütebericht 2000, S. 9.

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

lastet)869; Güteklasse II (mäßig belastet)870; Güteklasse II-III (kritisch belastet)871; Gewässergüteklasse III (stark verschmutzt)872; Gewässergüteklasse III–IV (sehr stark verschmutzt)873 sowie Güteklasse IV (übermäßig verschmutzt)874. Bei der ersten gesamtdeutschen Gewässergütekarte 1990 musste zur Beschreibung der streckenweise besorgniserregenden Gewässerqualität im Elbeeinzugsgebiet eine zusätzliche achte Stufe im Anschluss an die Gewässergüteklasse IV eingeführt und mit der Bezeichnung „ökologisch zerstört“ ausgewiesen werden875. Durch die Veränderung von Produktionsprofilen, die Schließung verschmutzungsintensiver Industriebetriebe sowie den Neubau von Kläranlagen hat sich die Qualität des Elbwassers seitdem allerdings deutlich verbessert, so dass hierfür keine Notwendigkeit mehr besteht876. 868 Gewässerabschnitte mit reinem, stets annähernd sauerstoffgesättigtem und nährstoffarmen Wasser; geringer Bakteriengehalt; mäßig dicht besiedelt, vorwiegend von Algen, Moosen, Strudelwürmern und Insektenlarven; sofern sommerkühl; Laichgewässer für Salmoniden. 869 Gewässerabschnitte mit geringer anorganischer oder organischer Nährstoffzufuhr ohne nennenswerte Stoffzehrung, dicht oder meist in großer Artenvielfalt besiedelt; sofern sommerkühl, Salmonidengewässer. 870 Gewässerabschnitte mit mäßiger Verunreinigung und guter Sauerstoffversorgung; sehr große Artenvielfalt und Individuendichte von Algen, Schnecken, Kleinkrebsen, Insektenlarven; Wasserpflanzenbestände decken größere Flächen; ertragreiche Fischgewässer. 871 Gewässerabschnitte, deren Belastung mit organischen sauerstoffzehrenden Stoffen einen kritischen Zustand bewirkt; Fischsterben infolge Sauerstoffmangels möglich; Rückgang der Artenzahl bei Makroorganismen; gewisse Arten neigen zu Massenentwicklung; Algen bilden häufig größere flächendeckende Bestände. Meist noch ertragreiche Fischgewässer. 872 Gewässerabschnitte mit starker organischer, sauerstoffzehrender Verschmutzung und meist niedrigerem Sauerstoffgehalt; örtlich Faulschlammablagerungen; flächendeckende Kolonien von fadenförmigen Abwasserbakterien und festsitzenden Wimperntieren übertreffen das Vorkommen von Algen und höheren Pflanzen, nur wenige gegen Sauerstoffmangel unempfindliche tierische Makroorganismen wie Schwämme, Egel, Wasserasseln kommen bisweilen massenhaft vor; geringe Fischereierträge; mit periodischem Fischsterben ist zu rechnen. 873 Gewässerabschnitte mit weitgehend eingeschränkten Lebensbedingungen durch sehr starke Verschmutzung mit organisch sauerstoffzehrenden Stoffen, oft durch toxische Einflüsse verstärkt; zeitweilig totaler Sauerstoffschwund; Trübung durch Abwasserschwebstoffe; ausgedehnte Faulschlammablagerungen, durch rote Zuckermückenlarven oder Schlammröhrenwürmer dicht besiedelt; Rückgang fadenförmiger Abwasserbakterien; Fische nicht auf Dauer und dann nur örtlich begrenzt anzutreffen. 874 Gewässerabschnitt mit übermäßiger Verschmutzung durch organische sauerstoffzehrende Abwässer; Fäulnisprozesse herrschen vor; Sauerstoff über lange Zeit in sehr niedrigen Konzentrationen vorhanden oder gänzlich fehlend; Besiedlung vorwiegend durch Bakterien, Geißeltierchen und freilebende Wimpertierchen; Fische fehlen; bei starker toxischer Belastung biologische Verödung. 875 Irmer, in: Brickwedde (Hrsg.), Wasser im 21. Jahrhundert, 2001, S. 101.

§ 14 Sonstige Zielvorgaben und ihre Bedeutung im Verwaltungsvollzug

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2. Das Zielvorgaben-Konzept des Bund-Länder-Arbeitskreises „Qualitätsziele“ zum Schutz vor bestimmten gefährlichen Stoffen Zusätzlich zur biologischen Gewässergüteklasse II führte die LAWA auch chemische Zielvorgaben ein. Zu diesem Zweck setzte sie zusammen mit dem BMU Ende 1986 einen Bund-Länder-Arbeitskreis „Gefährliche Stoffe – Qualitätsziele für oberirdische Gewässer“ (BLAK „QZ“)877 ein, der in den folgenden Jahren eine „Konzeption zur Ableitung von Zielvorgaben zum Schutz oberirdischer Binnengewässer vor gefährlichen Stoffen“ erarbeitete878 Diese wurde im Mai 1993 von der Umweltministerkonferenz zunächst unter dem Vorbehalt der weiteren Erprobung879 verabschiedet. Die Zielvorgaben wurden getrennt für bestimmte Schutzgüter bzw. Nutzungsarten wie beispielsweise „aquatische Lebensgemeinschaften“, „Schwebstoffe und Sedimente“, „Trinkwasserversorgung“ sowie „Berufs- und Sportfischerei“ abgeleitet und begründet. Zur Ableitung der jeweiligen Zielvorgaben wurden dabei für jedes Schutzgut bestimmte Grundsätze aufgestellt880. Für das Schutzgut „aquatische Lebensgemeinschaften“ beispiels876 Die Elbe weist nun von der deutsch/tschechischen Grenze bis zur Mündung in die Nordsee die Gewässergüteklasse II–III auf, gehört aber immer noch zu den am stärksten belasteten Hauptflüssen in Europa; Irmer, in: Brickwedde (Hrsg.), Wasser im 21. Jahrhundert, 2001, S. 101. 877 Die Arbeiten des BLAK „QZ“ wurden ab August 2003 durch den LAWA-Arbeitskreis „Zielvorgaben“ fortgeführt. Dieser wurde zum Ende des Jahres 1999 im Zuge der Neuorganisation der LAWA-Gremien aufgelöst und durch den LAWA-Unterausschuss „EU-Qualitätskriterien“ (LAWA-UA „EUQ“) ersetzt, der die Arbeiten des Arbeitskreises Zielvorgaben fortführen, abschließen und neue Aufgaben im Zusammenhang mit der Umsetzung der WRRL übernehmen soll; LAWA (Hrsg.), Zielvorgaben zum Schutz oberirdischer Binnengewässer (Bd. III). Teil III: Erprobung für Wirkstoffe in Herbiziden und Insektiziden in Oberflächengewässern für das Schutzgut „Aquatische Lebensgemeinschaften“, 2003, S. 3. 878 LAWA (Hrsg.), Zielvorgaben zum Schutz oberirdischer Binnengewässer (Bd. I), Teil 1: Konzeption zur Ableitung von Zielvorgaben zum Schutz oberirdischer Binnengewässer vor gefährlichen Stoffen, 1997. 879 Die Erprobung erfolgt in drei Stufen. In der 1. Stufe werden die Immissionsdaten an den LAWA-Messstellen für die verschiedenen Schutzgüter mit den jeweiligen Zielvorgaben verglichen. Bei einer Überschreitung der Zielvorgaben erfolgt durch die jeweils betroffenen Bundesländer in der Stufe 2 eine Recherche der Ursachen einschließlich einer Prüfung, durch welche Maßnahmen und in welchen Zeiträumen mit der Einhaltung der Zielvorgabe gerechnet werden kann. Die Stufe 3 sieht weiterhin eine freiwillige Ausdehnung der Erprobung auf Messstellen vor, die keine LAWA-Messstellen sind; LAWA (Hrsg.), Zielvorgaben zum Schutz oberirdischer Binnengewässer (Bd. III), Teil II, 1998, S. 48. 880 LAWA (Hrsg.), Zielvorgaben zum Schutz oberirdischer Binnengewässer (Bd. I), Teil 1: Konzeption zur Ableitung von Zielvorgaben zum Schutz oberirdischer Binnengewässer vor gefährlichen Stoffen, 1997, S. 14 ff.

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weise lieferten stoffbezogene ökotoxikologische Untersuchungen an Vertretern von vier zentralen Trophiestufen der Gewässerbiozönose (Bakterien, Grünalgen, Kleinkrebse, Fische) die Grundlage881. Für die „Berufsfischerei“ leitete man Zielvorgaben auf der Basis der geltenden Höchstmengen für Nahrungsmittel aus dem aquatischen Bereich unter Berücksichtigung von Biokonzentrationsfaktoren ab. Als Zielvorgaben für „Schwebstoffe und Sedimente“ wurden in Ermangelung von Grenzwerten für die Verwendung von Sedimenten die geltenden Bodengrenzwerte der Klärschlammverordnung übernommen882. Für die „Trinkwasserversorgung“ schließlich legte man die rechtlich verbindlichen Qualitätsziele der bereits oben behandelten Rohwasserrichtlinie als Zielvorgaben zu Grunde, währenddessen die Ableitung der Zielvorgaben bei Stoffen, für die diese keine hinreichenden Vorgaben enthält (z. B. Pestizide), auf der Grundlage der in der EG-Trinkwasserrichtlinie (80/778/EWG) festgeschriebenen Grenzwerte erfolgen sollte. Auf der Grundlage dieser Konzeption wurden vom Umweltbundesamt für 28 gefährliche organische Stoffe (Industriechemikalien)883 und 7 Schwermetalle884 fachlich begründete Zielvorgaben für alle relevanten Schutzgüter abgeleitet885. Für Wirkstoffe in Bioziden und Pflanzenbehandlungsmitteln wurden Zielvorgaben bisher zunächst nur für die Schutzgüter „Trinkwasserversorgung“886 sowie „aquatische Lebensgemeinschaften“887 abgeleitet und 881 Für die Ableitung der Zielvorgaben werden Daten aus allgemein anerkannten Testverfahren verwendet, deren Ergebnisse eine Aussage über diejenige Konzentration zulassen, die bei längerfristiger Exposition ohne beobachtbare Wirkung bleibt. 882 Die Bezugnahme auf diese Zielvorgaben erfolgte vor dem Hintergrund, dass gefährliche Stoffe, die von Schwebstoffen und Sedimenten zu hohen Prozentsätzen gebunden werden, zu erheblichen Problemen bei der Ablagerung von Baggergut auf landwirtschaftlich genutzten Flächen führen kann. 883 Gottschalk, Zielvorgaben für gefährliche Stoffe in Oberflächengewässern, 1994. 884 Schudoma, Ableitung von Zielvorgaben zum Schutz oberirdischer Binnengewässer für die Schwermetalle Blei, Cadmium, Chrom, Kupfer, Nickel, Quecksilber und Zink, 1994. 885 LAWA (Hrsg.), Zielvorgaben zum Schutz oberirdischer Binnengewässer (Bd. I). Teil I: Konzeption zur Ableitung von Zielvorgaben zum Schutz oberirdischer Binnengewässer vor gefährlichen Stoffen, Teil II: Erprobung der Zielvorgaben von 28 gefährlichen Stoffen, 1997; LAWA (Hrsg.), Zielvorgaben zum Schutz oberirdischer Binnengewässer; Bd. II: Ableitung und Erprobung von Zielvorgaben zum Schutz oberirdischer Binnengewässer für die Schwermetalle Blei, Cadmium, Chrom, Kupfer, Nickel, Quecksilber und Zink, 1998. 886 LAWA (Hrsg.), Zielvorgaben zum Schutz oberirdischer Binnengewässer (Bd. III). Teil II: Erprobung der Zielvorgaben für Wirkstoffe in Bioziden und Pflanzenbehandlungsmitteln für trinkwasserrelevante oberirdische Binnengewässer, 1998. 887 LAWA (Hrsg.), Zielvorgaben zum Schutz oberirdischer Binnengewässer (Bd. III). Teil III: Erprobung für Wirkstoffe in Herbiziden und Insektiziden in Oberflächengewässern für das Schutzgut „Aquatische Lebensgemeinschaften“, 2003;

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erprobt. Hierbei handelt es sich um Konzentrationsangaben für gefährliche Stoffe in Wasser, Schwebstoffen oder Sedimenten. Die Einhaltung der Zielvorgaben gewährleistet nach dem aktuellen Stand wissenschaftlicher Erkenntnis, dass keine Gefährdung der betrachteten Schutzgüter erfolgt. Bei festgestellter Überschreitung der Zielvorgaben können nach entsprechender Ursachenforschung Prioritäten für zukünftige Maßnahmen fachlich begründet definiert werden. Ferner trägt der beschriebene Zielvorgabenansatz zur Prioritätssetzung im Rahmen der Fortschreibung des Standes der Technik sowie der Verbesserung von Analyseverfahren bei und liefert eine Grundlage zur Gewässerzustandsbeschreibung888. Da sich die durch den BundLänder-Arbeitskreis „Qualitätsziele“ erstellte Konzeption als Verfahren zur Ableitung von Zielvorgaben bewährt hatte, wurde die Anwendung aller nach diesem Verfahren bisher abgeleiteten und erprobten Zielvorgaben im wasserwirtschaftlichen Vollzug empfohlen889. Die Zielvorgaben sind als fachlich begründete Orientierungswerte für den Vollzug konzipiert, die – bei aller Rücksicht auf regionale Besonderheiten – die Grundlage für einen einheitlichen wasserwirtschaftlichen Vollzug in den Bundesländern bilden sollen890. Rechtliche Verbindlichkeit kommt ihnen jedoch nicht zu; vielmehr haben sie lediglich Empfehlungscharakter für die vollziehenden Behörden891. Sie sollen – insbesondere bei Sanierungen und zur Vorsorge – ergänzend zum Emissionsprinzip angewandt werden, gelten aber nicht als Grundlage für verringerte Anforderungen an die Einleitung von Stoffen (Verschlechterungsverbot)892. Entsprechend ihrer fehlenden Rechtsverbindlichkeit haben sie im Verwaltungsvollzug nur eine eingeschränkte Bedeutung erlangt. Die Behörden scheuten sich davor, für den Kussatz et al., Zielvorgaben für Pflanzenschutzmittelwirkstoffe zum Schutz oberirdischer Binnengewässer, 1999. 888 LAWA (Hrsg.), Zielvorgaben zum Schutz oberirdischer Binnengewässer (Bd. I). Teil II: Erprobung der Zielvorgaben von 28 gefährlichen Stoffen, 1997, S. 50. 889 LAWA (Hrsg.), Zielvorgaben zum Schutz oberirdischer Binnengewässer (Bd. III). Teil III: Erprobung für Wirkstoffe in Herbiziden und Insektiziden in Oberflächengewässern für das Schutzgut „Aquatische Lebensgemeinschaften“, 2003, S. 3. 890 LAWA (Hrsg.), Zielvorgaben zum Schutz oberirdischer Gewässer (Bd. I), 1997, S. 11. 891 Appel, ZUR 2001, S. 132; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 67 f.; Graf, Vollzugsprobleme im Gewässerschutz, 2002, S. 70 f.; LAWA (Hrsg.), Zielvorgaben zum Schutz oberirdischer Binnengewässer (Bd. I). Teil I: Konzeption zur Ableitung von Zielvorgaben zum Schutz oberirdischer Binnengewässer vor gefährlichen Stoffen, 1997, S. 11. 892 LAWA (Hrsg.), Zielvorgaben zum Schutz oberirdischer Binnengewässer (Bd. III). Teil III: Erprobung für Wirkstoffe in Herbiziden und Insektiziden in Oberflächengewässern für das Schutzgut „Aquatische Lebensgemeinschaften“, 2003, S. 3; Appel, ZUR 2001, S. 132.

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

Bürger nachteilige Entscheidungen auf sie zu stützen, da man befürchtete, sie vor Gericht nicht durchsetzen zu können. Stattdessen wurden die Zielvorgaben primär als Quelle der Erkenntnis über den jeweiligen Gewässerzustand benutzt. Bedeutung erlangten sie allerdings im konzeptionellen Bereich wenn es galt, bestimmte Prioritäten im Bereich des Gewässerschutzes festzulegen. So haben die Zielvorgaben in der Vergangenheit beispielsweise bei der Festlegung von Sanierungsmaßnahmen, etwa als Rechtfertigungsgrund für die Bereitstellung von Mitteln für spezielle Kläranlagenprogramme eine Rolle gespielt893. 3. Gewässergüteanforderungen der Länder Auf Länderebene hat – soweit ersichtlich – allein Nordrhein-Westfalen einzelfallübergreifende Gewässergüteanforderungen geschaffen894. Hierbei handelt es sich um die im Erlasswege eingeführten „Allgemeinen Güteanforderungen für Fließgewässer“ (AGA), die den Wasserbehörden als Entscheidungshilfe im wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren dienen sollen895. Die AGA verfolgen dabei einen grundsätzlich zweistufigen Ansatz, indem sie zunächst allgemeine, sich an der Zielvorgabe Gewässergüteklasse II orientierende wasserwirtschaftliche Güteanforderungen enthalten, die in einem zweiten Schritt – je nach den für das betreffende Gewässer in Rechnung zu stellenden Nutzungsinteressen – modifiziert werden896. Für die Nutzungsarten „Trinkwassergewinnung“, „Baden“ und „Fischgewässer“ wird insoweit auf die bereits oben behandelten EG-Richtlinien verwiesen, für direkt entnommenes „Beregnungswasser für Freilandkulturen“ auf von der Landwirtschaftskammer Rheinland entwickelte Güteanforderungen, für die Nutzungsart „Erholung und Freizeit“ gelten demgegenüber die AGA selbst897. Dabei wird ausdrücklich klargestellt, dass die festgelegten Qualitätswerte allein nicht genügen, einen ökologisch befriedigenden Zustand herzustellen, sondern die Ausbildung von Lebensgemeinschaften und die Selbstreinigung des Gewässers außer von der Wasserqualität auch von weiteren Rahmenbedingungen wie der Lichtexposition, Beschaffenheit des Gewässerbettes, Gestaltung des Uferbereiches und der Längsentwicklung des Gewässers abhängig sind. Verwiesen wird insofern auf die Anforderungen der Richtlinie für 893

Auskunft des SMUL vom 27.5.2004. Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 310. 895 NW MBl. 1991, S. 863 ff. Die „Allgemeinen Güteanforderungen“ lösten die 1984 vom Landesamt für Wasser und Abfall Nordrhein-Westfalens herausgegebenen „Weitergehenden Anforderungen an Abwassereinleitungen in Fließgewässer“ ab; ausführlich hierzu Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 310 f. 896 Viertel, Vorsorge im Abwasserrecht, 1995, S. 311. 897 Vgl. insoweit AGA, NW MBl. 1991, S. 869. 894

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naturnahen Ausbau und Unterhaltung der Fließgewässer in Nordrhein-Westfalen898. Die AGA stellen zwar nur Orientierungswerte dar, wurden aber von den Behörden als Verwaltungsvorschrift im Rahmen der Genehmigung von Abwassereinleitungen angewandt und haben damit auch in der Praxis Wirkung entfaltet899. 4. Die Zieldiskussion im Bereich des Grundwasserschutzes Im Unterschied zur Bewirtschaftung von Oberflächengewässern sind Umweltqualitätsziele im Grundwasserschutz erst ansatzweise entwickelt900. Dieser Befund erklärt sich aus der hinter dem Besorgnisgrundsatz des Art. 34 I WHG901 stehenden Grundwasserphilosophie. Danach gilt das Grundwasser als ein überragend wichtiges Gut, das es vor jeder noch so geringen Beeinträchtigung zu schützen gilt902. Verunreinigungen des Grundwassers sind (wenn überhaupt) nur in sehr langen Zeiträumen und mit erheblichem technischen und finanziellem Aufwand zu beseitigen903. Da die Auswirkungen von Stoffeinträgen häufig schwerwiegender als bei Oberflächengewässern sind, soll jeder Stoffeintrag möglichst vermieden werden904. Zugleich war man sich darüber einig, dass das Qualitätsziel des anthropogen möglichst unbelasteten Grundwasserzustands auf Grund unzureichender Kenntnisse über Ursache-Wirkungszusammenhänge im Landschaftswasserhaushalt nur flächendeckend umgesetzt werden kann905. Die Begründung hierfür liegt darin, dass sich punktuelle, linienförmige und flächenhafte Stoffeinträge über das Grundwasser oft großflächig und unkontrolliert verteilen. Zudem sind die zwischen den verschiedenen Grundwasservorkommen vielfach bestehenden großräumigen hydraulischen Zusammenhänge häufig nur unzureichend bekannt906.

898

AGA, NW MBl. 1991, S. 865. Auskunft des Staatlichen Umweltfachamtes Herten vom 3.2.2005. 900 UBA, Ziele für die Umweltqualität, 2000, S. 43. 901 s. hierzu oben § 11 I. 1. f). 902 Ginzky, ZUR 2005, S. 291; Ginzky/Kirschbaum/Six, WuA 11/2004, S. 45. 903 LAWA (Hrsg.), Nationale Gewässerschutzkonzeption, 1996, S. 14. 904 SRU, Sondergutachten „Flächendeckend wirksamer Umweltschutz“, Tz. 4 (Kurzfassung); Bernhardt, gwf-Wasser/Abwasser 1992, S. 579; UBA, Ziele für die Umweltqualität, 2000, S. 58. 905 Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 932 f.; SRU, Sondergutachten „Flächendeckend wirksamer Grundwasserschutz“, Tz. 226; LAWA (Hrsg.), Nationale Gewässerschutzkonzeption, 1996, S. 14. 906 SRU, Sondergutachten „Flächendeckend wirksamer Grundwasserschutz“, Tz. 228; Ziehm, Europäisches Grund- und Trinkwasserschutzrecht, 1998, S. 178. 899

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

a) Das Qualitätsziel des anthropogen nahezu unbelasteten Zustands im vorsorgenden Grundwasserschutz Dieser Grundsatzentscheidung folgend war es im Grunde tabu, über hinnehmbare Grundwasserbelastungen nachzudenken907. Die Bedenken gründeten vor allem auf der Befürchtung, dass durch eine Bewirtschaftung an Hand quantitativ festgelegter Qualitätsziele eine Schädigung des Grundwassers akzeptiert bzw. toleriert würde908. So wurde die Gefahr gesehen, dass derartige Qualitätsziele als „Auffüllstandards“, d. h. als Obergrenze, bis zu deren Erreichen auf Vorsorgemaßnahmen verzichtet werden kann, missverstanden werden könnten909. Zudem war man der Meinung, dass Ziele, die sich nicht an der natürlichen Beschaffenheit orientieren, zur Sanktionierung von gegenwärtigen Verschmutzungen statt zu einer Sanierung führen910. Auf Grund der geschilderten Umstände wurde auch die Einteilung des Grundwassers in bestimmte Grundwassergüteklassen oder Grundwasserbeschaffenheitsklassen abgelehnt911. Dementsprechend legte man im Bereich des vorsorgenden Grundwasserschutzes keine bestimmten Schadstoffkonzentrationen fest, sondern strebte allgemein die Erhaltung der „natürlichen Grundwasserbeschaffenheit“912 bzw. ein „antropogen unbelastetes Grundwasser“913 an914. Da das Grundwasser – zumindest in den oberflä907

Ginzky, ZUR 2005, S. 291. Bernhardt, gwf-Wasser/Abwasser 1992, S. 577; LAWA (Hrsg.), Nationale Gewässerschutzkonzeption, 1996, S. 14; Markard, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 152. 909 UBA, Ziele für die Umweltqualität, 2000, S. 58. 910 LAWA (Hrsg.), Deutsche Anforderungen an einen fortschrittlichen (zukunftsweisenden) Grundwasserschutz in der EG, 1994, S. 1; Bernhardt, gwf-Wasser/Abwasser 1992, S. 577; Markard, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 152; UBA, Ziele für die Umweltqualität, 2000, S. 58. 911 Bernhardt, gwf-Wasser/Abwasser 1992, S. 577; Flinspach, in: Schmülling (Hrsg.), Grundwasserschutz, 1992, S. 25 f.; Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 933. Vielmehr wurden nur Belastungsstufen zur qualitativen Beurteilung des Grundwassers definiert, die sich an der Beschaffenheit des anthropogen unbelasteten Grundwassers in der jeweiligen Grundwasserregion orientieren. Sie umfassen: Belastungsstufe 0 (unbelastetes Grundwasser, Sanierung nicht notwendig), Belastungsstufe 1 (die Belastung ist nicht eindeutig, zur Identifizierung und Aufklärung der Belastung sind weitere Untersuchungen durchzuführen), Belastungsstufe 2 (die anthropogene Belastung ist eindeutig nachgewiesen, Beseitigung der Belastung, ggf. Sanierung notwendig), Bernhardt, gwf-Wasser/Abwasser 1992, S. 578. 912 LAWA (Hrsg.), Deutsche Anforderungen an einen fortschrittlichen (zukunftsweisenden) Grundwasserschutz in der EG, 1994, S. 1; Markard, in: v. Keitz/ Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 152. 913 Meyer/Jörrissen/Socher, Grundwasserschutz und Wasserversorgung, S. 18. 914 Daraus folgt, dass man auch die Festlegung von auf die jeweilige Art der Nutzung des Grundwassers abzustimmende Parameterkonzentrationen (beispielsweise 908

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chennahen Grundwasserleitern – auf Grund langanhaltender und vielfältiger Bewirtschaftungseinflüsse allerdings nahezu überall anthropogen beeinflusst ist915, wurde die Zielsetzung i. S. der Erhaltung eines „anthropogen möglichst unbelasteten“916 bzw. „nur geringfügig bzw. unbedeutend belasteten“917 Grundwassers relativiert. b) Grundwasserqualitätsziele im Rahmen von Sanierungsentscheidungen Das hinter dem Besorgnisgrundsatz stehende Prinzip der Nullemission wurde zwar postuliert, in der Praxis aber nicht ausreichend vollzogen918. Auf Grund von diffusen Einträgen, z. B. aus der Landwirtschaft oder durch Luftverunreinigungen, bzw. auf Grund punktueller Stoffeinträge, z. B. aus Altlasten, erreichten viele Grundwasservorkommen nicht das Ziel des „anthropogen nur unbedeutend belasteten Zustands“ und lösten damit entsprechenden Handlungsbedarf aus919. Während diffuse Belastungen vor allem durch die EG-Richtlinien für Nitrat und Pestizide bekämpft werden sollten, wurde bei der Sanierung von Grundwasserschäden, die durch punktuelle Schadstoffeinträge hervorgerufen wurden (vgl. § 97 SächsWG920) – im Gegensatz zur Situation im Vorsorgebereich – eine zahlenmäßige Konkretisierung dessen, was als Grundwasserschaden anzusehen ist, als erforderlich angesehen921. Hierfür hat die LAWA im Jahre 1994 „Empfehlungen für die Erkundung, Bewertung und Behandlung von Grundwasserschäden“922 heder TrinkwV bzw. der EG-Trinkwasserrichtlinie) ablehnte; trafen sie doch keine Aussage darüber, was im Hinblick auf das Qualitätsziel eines „anthropogen möglichst unbelasteten“ Grundwasserzustands unnatürlich oder ökologisch bedenklich ist; Bernhardt, gwf-Wasser/Abwasser 1992, S. 577 f. 915 Markard, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 152. 916 SRU, Sondergutachten „Flächendeckend wirksamer Grundwasserschutz“, Tz. 226; LAWA, Deutsche Anforderungen an einen fortschrittlichen (zukunftsweisenden) Grundwasserschutz in der EG, 1994, S. 1. 917 Jedlitschka, in: Dohmann (Hrsg.), 32. Essener Tagung, 1999, S. 9/7; UBA, Ziele für die Umweltqualität, 2000, S. 59. 918 Ginzky, ZUR 2005, S. 292. 919 Ginzky, ZUR 2005, S. 292, 294. 920 Bis zur 7. Novelle des WHG im Jahre 2002 (hierzu ausführlich in Teil III) war im WHG nur der vorsorgende Grundwasserschutz verankert. Regelungen zum nachsorgenden Grundwasserschutz, insbesondere eine Ermächtigung zur Anordnung von (nachträglichen) Sanierungsmaßnahmen, fanden sich nur in den Landeswassergesetzen. Diese waren allerdings relativ allgemein gehalten, regelten beispielsweise nicht die Verantwortlichkeiten und Voraussetzungen für Untersuchungen und stellten daher die zuständigen Behörden im konkreten Vollzug vor Probleme; Ginzky, ZUR 2005, S. 292. 921 UBA, Ziele für die Umweltqualität, 2000, S. 59; Ginzky, ZUR 2005, S. 292.

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rausgegeben, die u. a. sog. Prüf- und Maßnahmenschwellenwerte für den wasserrechtlichen Vollzug beinhalten. Die Funktion der Prüfwerte besteht darin, diejenige Belastung zu definieren, die hinnehmbar ist und keine Sanierung erfordert, während bei einer Überschreitung der Maßnahmenwerte entsprechender Sicherungs- oder Sanierungsbedarf besteht923. Entsprechende Prüf- und Maßnahmenschwellenwerte wurden für eine Reihe (insbesondere altlasten-) relevanter Stoffe und Verbindungen (Schwermetalle, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe und Pestizide) entwickelt und mangels anderer verfügbarer Kriterien an den Trinkwassergrenzwerten orientiert924. Letztlich waren die Empfehlungen der LAWA auf Grund ihrer fehlenden Rechtsverbindlichkeit allerdings nur bedingt geeignet, einen einheitlichen Vollzug in den Ländern herzustellen925. In Sachsen wurden sie den Behörden immerhin als Fachempfehlung zur Entscheidung an die Hand gegeben926. Die Anforderungen des 1998 neu in Kraft getretenen BBodSchG, machten eine einheitliche Festlegung von „Geringfügigkeitsschwellen (Prüfwerten) zur Beurteilung von Grundwasserschäden“ durch die LAWA erforderlich, die zur Beurteilung des Pfades Boden-Grundwasser dienen sollten927. Ein entsprechender Entwurf einer LAWA-ad-hoc-Arbeitsgruppe wurde allerdings nicht verabschiedet, da die gefundenen Grenzwerte nicht Konsens waren928. Bis die Geringfügigkeitsschwellen fachlich fundiert abgeleitet werden konnten, sollten deshalb nach einem Beschluss der 114. LAWAVollversammlung zunächst die in Anhang II der inzwischen in Kraft getretenen Bundesbodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) festgelegten Prüfwerte, die sich auf das Sickerwasser im Übergangsbereich von der gesättigten zur ungesättigten Bodenzone beziehen929, auch im Grundwasserbereich heranzuziehen sein930. Im Freistaat Sachsen wurde daraufhin im 922

LAWA, Empfehlungen für die Erkundung, Bewertung und Behandlung von Grundwasserschäden, 1994. 923 LAWA, Empfehlungen für die Erkundung, Bewertung und Behandlung von Grundwasserschäden, 1994, S. 8; UBA, Ziele für die Umweltqualität, 2000, S. 59. 924 Die Maßnahmenschwellenwerte liegen beim Doppelten bis Vierfachen des Trinkwassergrenzwertes, UBA, Ziele für die Umweltqualität, 2000, S. 59. 925 Ginzky, ZUR 2005, S. 292; UBA, Ziele für die Umweltqualität, 2000, S. 59. 926 Auskunft des SMUL vom 11.8.2004. 927 UBA, Ziele für die Umweltqualität, 2000, S. 59. Außerdem verweist § 4 III 3 BBodSchG hinsichtlich der Anforderungen an die Gewässersanierung auf die wasserrechtlichen Maßstäbe, die es für die Nachsorge nur in den LAWA-Empfehlungen von 1994 gab. 928 Ginzky, ZUR 2005, S. 293. 929 UBA, Ziele für die Umweltqualität, 2000, S. 60. 930 TOP 4.1 der Niederschrift zur 114. LAWA-Vollversammlung (unveröffentlicht).

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Jahr 2000 ein vorläufiger Rahmenerlass „Altlasten/Grundwasserbewertungen und Festsetzung vorläufiger Sanierungszielwerte am Ende der Detailuntersuchung“931 verabschiedet, der den Behörden als Vollzugshilfe bis zur Einigung auf eine einheitliche Strategie für den nachsorgenden Gewässerschutz an die Hand gegeben wurde. In Tabelle 1 des Anhangs dieses Erlasses sind die Prüfwerte der BBodSchV als Geringfügigkeitsschwellen für das Grundwasser enthalten. In einem im Jahre 2000 veröffentlichten Bericht zur „Harmonisierung der den Boden betreffenden Werteregelungen“ stellte eine von der 24. Amtschefkonferenz eingesetzte Arbeitsgruppe fest, dass die Prüfwerte für den Wirkungspfad Boden-Grundwasser nach Anhang 2 Nr. 3.1 BBodSchV nicht in allen Fällen mit den aktuellen Erkenntnissen der LAWA in diesem Bereich übereinstimmen932. Die LAWA wurde daraufhin beauftragt, eine aktualisierte Liste933 der Geringfügigkeitsschwellenwerte für die Beurteilung eines Grundwasserschadens zu erstellen, die bei einer Fortschreibung der BBodSchV zu berücksichtigen ist934. Diesem Auftrag kam die LAWA mit ihrer Veröffentlichung zur „Ableitung von Geringfügigkeitsschwellen für das Grundwasser“ aus dem Jahre 2004 nach935. Die darin enthaltenen Geringfügigkeitsschwellen bilden u. a. die Basis für die zur Zeit noch in Bearbeitung befindlichen „Grundsätze des nachsorgenden Grundwasserschutzes bei punktuellen Schadstoffquellen“ von LAWA und LABO als Anwendungsregeln dieser Werte im Nachsorgebereich936. Hierdurch sollen zu931

http://www.umwelt.sachsen.de/lfug/salfaweb/salfaweb-nt/. LAWA (Hrsg.), Ableitung von Geringfügigkeitsschwellen für das Grundwasser, 2004, S. 5. 933 Ein LAWA- ad-hoc-Arbeitskreis hatte bereits am 21.12.1998 einen Bericht über „Geringfügigkeitsschwellen (Prüfwerte) zur Beurteilung von Grundwasserschäden und ihre Begründung“ vorgelegt, der seinerzeit allerdings nicht verabschiedet wurde; LAWA (Hrsg.), Ableitung von Geringfügigkeitsschwellen für das Grundwasser, 2004, S. 5. 934 Dieser Vorschlag wurde u. a. wie folgt begründet: „Die Ableitungsmaßstäbe für Prüfwerte zur Beurteilung des Wirkungspfades Boden-Grundwasser ergeben sich aus dem Wasserrecht. Dabei wird davon ausgegangen, dass es im Wasser- und im Bodenschutzrecht keine unterschiedlichen Beurteilungsmaßstäbe hinsichtlich der Gefahren für das Grundwasser durch Schadstoffeinträge aus dem Sickerwasser des Bodens geben kann. Um Inkonsistenzen bei der Ableitung und Begründung der Werte untereinander, bei der Beurteilung von Grundwasserschäden, bei der Gefährdungsabschätzung für das Schutzgut und bei der Beurteilung von Bewertungsmaßnahmen zu vermeiden, sollen die Prüfwerte für den Wirkungspfad Boden Grundwasser mit der LAWA-Liste [des Entwurfs über Geringfügigkeitsschwellen zur Beurteilung von Grundwasserschäden aus dem Jahre 1998] harmonisiert werden.“; nachzulesen bei LAWA (Hrsg.), Ableitung von Geringfügigkeitsschwellen für das Grundwasser, 2004, S. 6. 935 LAWA (Hrsg.), Ableitung von Geringfügigkeitsschwellen für das Grundwasser, 2004. 932

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gleich die obengenannten „Empfehlungen für die Erkundung, Bewertung und Behandlung von Grundwasserschäden“ aus dem Jahre 1994 an die derzeitige Rechtslage (Bodenschutzgesetzgebung) und den aktuellen Stand des Wissens (Geringfügigkeitsschwellenwerte) angepasst werden937.

II. Internationale Zielvorgaben Schließlich haben auch die großen internationalen Kommissionen im Bereich des Süßwasserschutzes938 durch die Aufstellung spezifischer Gewässergütezielvorgaben zu einer Qualitätsorientierung des Gewässerschutzrechts beigetragen939. Zu nennen sind hier insbesondere die Internationale Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR)940, die Internationale Kommission zum Schutz der Elbe (IKSE)941, die Internationale Kommission zum Schutz der Oder (IKSO)942, die Internationale Kommission zum Schutz der Donau (IKSD)943 und die Internationalen Kommissionen zum Schutz der Mosel und Saar (IKSMS)944. Alle diese Kommissionen sehen in ihren Ver936 Börner, Gefahrenabwehr bei Grundwasserverunreinigungen und Grundwassergefährdungen, 2004, S. 5/1; Böhme, WuA 1-2/2005, S. 42; Ginzky, ZUR 2005, S. 295. 937 Börner, Gefahrenabwehr bei Grundwasserverunreinigungen und Grundwassergefährdungen, 2004, S. 5/1. 938 Ausführlich hierzu Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 69 ff. 939 Appel, ZUR 2001, S. 132 f.; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 67. 940 Am 12.4.1999 wurde das (neue) Übereinkommen zum Schutz des Rheins unterzeichnet (BGBl. 2001 II, S. 849). Dieses Abkommen löst die bisherigen Vereinbarung über die Internationale Kommission zum Schutz des Rheins gegen Verunreinigung (mit Zusatzprotokoll) vom 29.4.1963 (BGBl. 1965 II, S. 1433 ff.), die Zusatzvereinbarung vom 3.12.1976 über den Beitritt der EWG als Vertragspartner (BGBl. II, S. 87) sowie das Abkommen des Rheins gegen chemische Verunreinigung vom gleichen Tag (BGBl. 1978 II, S. 369) ab. Das Abkommen entwickelt die Grundlagen der Zusammenarbeit – auch mit Blick auf die WRRL – fort und ist einer ökologischen gesamtheitlichen Betrachtung des Rheins verpflichtet; Schulz, ZfW 1999, S. 318 ff.; Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 70; Appel, ZUR 2001, S. 132, Fn. 43. 941 Vereinbarung über die Internationale Kommission zum Schutz der Elbe vom 8.10.1990 (BGBl. 1992 II, S. 943 ff.). 942 Vertrag über die Internationale Kommission zum Schutz der Oder gegen Verunreinigung vom 11.4.1996 (BGBl. 1997 II, S. 1708 ff.), in Kraft getreten am 28.4.1999. 943 Übereinkommen über die Zusammenarbeit zum Schutz und zur verträglichen Nutzung der Donau vom 29.6.1994 (BGBl. 1996 II, S. 875 ff.). 944 Protokoll über die Errichtung einer Internationalen Kommission zum Schutz der Mosel gegen Verunreinigung (BGBl. 1962 II, S. 1102), in Kraft getreten am

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trägen in der Regel die Festlegung entsprechender Qualitätsziele vor945. Während die IKSO und die IKSD noch weitgehend in den Anfängen stecken, haben die IKSR (seit den 80er Jahren), die für die Teileinzugsgebiete des Rheins Mosel und Saar zuständige IKSMS sowie die IKSE (seit den 90er Jahren) bereits Zielvorgaben für prioritäre Stoffe im Rahmen ihrer jeweiligen Einzugsgebiete beschlossen946. 1. Zielvorgaben der IKSR Dabei hat sich insbesondere die IKSR als Vorreiter erwiesen947, indem sie für die Bewertung des Zustands des Rheins ein System von Zielvorgaben entwickelt hat, das sich an vier schützenswerten Gütern orientiert: den aquatischen Lebensgemeinschaften, der Trinkwasserversorgung, der Qualität der Schwebstoffe und Sedimente sowie der Fischerei948. In Anlehnung an die „Konzeption zur Ableitung von Zielvorgaben zum Schutz oberirdischer Binnengewässer vor gefährlichen Stoffen“ des Bund-LänderArbeitskreises „Qualitätsziele“ und parallel zur Ausarbeitung von Zielvorgaben in Deutschland durch das Umweltbundesamt hat auch die IKSR in mehreren Phasen für insgesamt 65 prioritäre Stoffe bzw. Stoffgruppen Zielvorgaben für die physikalisch-chemische Wasserbeschaffenheit festgelegt949. Diese von der ständigen Arbeitsgruppe „Gewässerqualität“ der IKSR auf der Grundlage zahlreicher Beurteilungskriterien abgeleiteten Zielvorgaben sind maßgebender Bezugspunkt für die Festlegung von Maßnahmen in den sog. Aktionsprogrammen, die sich an den Zielvorgaben ausrichten und die Emissionen aus punktförmigen und/oder diffusen Quellen reduzieren sollen. Auf Grund der Größe der Stromeinzugsgebiete und deren linienhaften Problemen dienen Aktionsprogramme dazu, die Aktivitäten zur Verbesserung der Gewässergüte zu koordinieren und regelmäßig fortzuschreiben950. Derzeit aktuell ist das am 29.1.2001 verabschiedete Programm „Rhein 2020 – Programm zur nachhaltigen Entwicklung des 1. Juli 1962 sowie Protokoll über die Errichtung einer Internationalen Kommission zum Schutz der Saar gegen Verunreinigung (BGBl. 1962 II, S. 1106), in Kraft getreten ebenfalls am 1. Juli 1962. Bei beiden Flüssen handelt es sich um Teileinzugsgebiete des Rheins. 945 s. hierzu sogleich § 14 II. 1. und 2. 946 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 67. 947 Dem Rhein wird Modellcharakter für die Sanierung anderer grenzüberschreitender Gewässer zugeschrieben; Schulz, ZfW 1999, S. 319. 948 Reichert, Der nachhaltige Schutz grenzübergreifender Gewässer, 2005, S. 262 f. 949 Auskunft des Sekretariats der IKSR vom 7.4.2004. 950 Appel, ZUR 2001, S. 133.

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Rheins“951, das sich an das Aktionsprogramm Rhein (1987–2000)952 anschließt. Im Hinblick auf die Verbesserung der Gewässerqualität ist darin die dauerhafte Einhaltung der Zielvorgaben für alle für den Rhein relevanten Stoffe im Wasser, in Schwebstoffen, im Sediment und in Lebewesen als Zielvorgabe genannt953. Als entsprechende Maßnahmen sind u. a. die Fortsetzung der Reduzierung der Einleitungen der Stoffe unter Anwendung des Standes der Technik und der besten Umweltpraxis sowie eine Aktualisierung der Liste dieser Stoffe und der Zielvorgaben entsprechend dem Wissensstand unter Einbeziehung der Qualitätsziele der prioritären und prioritär gefährlichen Stoffe der WRRL festgeschrieben954. In Bezug auf die Verbesserung des Ökosystems werden die Wiederherstellung des Biotopverbundes in Kombination mit den Anforderungen der FFH- und der Vogelschutzrichtlinie sowie die ökologische Durchgängigkeit des Rheins vom Bodensee bis zur Nordsee einschließlich der im Wanderfischprogramm enthaltenen Nebenflüsse als Zielvorgaben formuliert und mit einem entsprechenden Maßnahmenkataloge unterlegt955. 2. Zielvorgaben der IKSE Da dem Rhein zunehmend Modellcharakter für die Sanierung grenzüberschreitender Gewässer zukam, wurde die IKSR zum Vorbild für die Gründung weiterer internationaler Flussgebietskommissionen in Europa956. Mit Blick auf die gegebene Themenstellung sind vor allem die Aktivitäten der IKSE von Interesse, da ein großer Teil der Elbe auf dem Territorium des Freistaates Sachsen liegt. Mit der Gründung der IKSE verfolgten die Vertragsparteien957 das Ziel, eine weitere Verunreinigung der Elbe zu verhin951 Rhein-Ministerkonferenz, Rhein 2020 – Programm zur nachhaltigen Entwicklung des Rheins, 2001. 952 IKSR, Aktionsprogramm „Rhein“, 1987. 953 Rhein-Ministerkonferenz, Rhein 2020 – Programm zur nachhaltigen Entwicklung des Rheins, 2001, S. 16. Da das Aktionsprogramm „Rhein“ auch Auswirkungen auf die Mosel und die Saar hat, wurde von der IKSMS ein Aktionsprogramm Mosel und Saar verabschiedet (www.iksms-cipms.org/). Eine der Zielsetzungen besteht darin, dass auch die Mosel und Saar als Teileinzugsgebiete des Rheins die Anforderungen, die an den Rhein gestellt werden, erfüllen sollen. Dazu sind bestimmte Qualitätsziele vorgesehen, die einerseits die Einhaltung der Zielvorgaben des Rheins zum Gegenstand haben, andererseits aber auch spezifische Ziele für Saar und Mosel aufstellen (vgl. hierzu im Einzelnen unter www.iksms-cipms.org/index.htm). 954 Rhein-Ministerkonferenz, Rhein 2020 – Programm zur nachhaltigen Entwicklung des Rheins, 2001, S. 17. 955 Rhein-Ministerkonferenz, Rhein 2020 – Programm zur nachhaltigen Entwicklung des Rheins, 2001, S. 12 f. 956 Schulz, ZfW 1999, S. 319.

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dern, ihren derzeitigen Zustand zu verbessern sowie die Belastung der Nordsee durch die Elbe nachhaltig zu verringern958. Im Einzelnen nennt Art. 1 II der Vereinbarung über die IKSE (IKSEV)959 als Ziele die Ermöglichung von Nutzungen, vor allem die Gewinnung von Trinkwasser und die landwirtschaftliche Verwendung des Wassers, das Erreichen eines möglichst naturnahen Ökosystems mit einer gesunden Artenvielfalt sowie die nachhaltige Verringerung der Nordseebelastung aus dem Elbegebiet. Diese Ziele sollen gem. Art. 1 III 1 IKSEV durch von der Kommission beschlossene Arbeitsprogramme mit Zeitplänen (die sog. „Aktionsprogramme“) erreicht werden. Der Inhalt dieser Programme erfährt eine Konkretisierung durch den recht umfassenden und spezifischen Aufgabenkatalog in Art. 2 IKSEV, der im Wesentlichen die Erarbeitung von Bestandsaufnahmen sowie die Aufstellung bestimmter Programme und Maßnahmen vorsieht960. So ist beispielsweise in Art. 2 I c) IKSEV geregelt, dass die Kommission konkrete Qualitätsziele unter Berücksichtigung der Ansprüche an die Gewässernutzung, der besonderen Bedingungen zum Schutz der Nordsee und der natürlichen aquatischen Lebensgemeinschaften vorschlagen soll. Nachdem die IKSE im Jahre 1991 zur schnellen Minderung der größten Verschmutzungsquellen ein „Erstes Aktionsprogramm (Sofortprogramm) zur Reduzierung der Schadstofffrachten in der Elbe und ihrem Einzugsgebiet“ verabschiedet hatte, wurde auf der 2. Elbe-Ministerkonferenz 1995 ein langfristiges „Aktionsprogramm Elbe“ verabschiedet, das für den Zeitraum von 1996–2010 gilt und zeitlich abgestufte, allgemeine Umweltqualitätsziele enthält. Danach sollte in einem ersten Schritt bis zum Jahr 2000 erreicht werden, dass das Uferfiltrat des Elbwassers mit einfachen Aufbereitungsverfahren zur Trinkwasserversorgung verwendet werden kann, die Qualität des Elbwassers die Berufsfischerei ermöglicht und das Elbwasser für die landwirtschaftliche Bewässerung genutzt werden kann. In einem zweiten Schritt sollen bis zum Jahre 2010 auch die feinen Sedimente wieder landwirtschaftlich verwertbar sein und die aquatischen Lebensgemeinschaften möglichst einer naturnahen Artenvielfalt entsprechen961. Zur Erreichung dieser Ziele sieht das Aktionsprogramm Elbe in Punkt 2 u. a. vor, dass zur Bewertung der Wasserbeschaffenheit von 27 prioritären Stoffen allgemein anerkannte und erprobte Zielvorgaben herangezogen werden sollen, die auf bestimmte 957 Vertragsparteien der Vereinbarung über die IKSE sind die Bundesrepublik Deutschland, die Tschechische Republik sowie die Europäische Gemeinschaft. 958 Präambel der Vereinbarung über die IKSE; ausführlich hierzu Schulz, NuR 1993, S. 482 f. 959 BGBl. 1992 II, S. 943 ff. 960 Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 80 f. 961 IKSE, Aktionsprogramm Elbe, 1995, S. 6 f.

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2. Teil: Qualitätsorientierung im bisherigen Gewässerschutzrecht

zu schützende Güter oder Nutzungen wie aquatische Lebensgemeinschaften, Berufsfischerei, Trinkwasserversorgung, landwirtschaftliche Bewässerung und Schwebstoffe/Sedimente bezogen sind962. Zur Erarbeitung der Zielvorgaben bildete man drei Gruppen, nämlich erstens einheitliche Zielvorgaben für die Nutzungsarten Trinkwasserversorgung, Berufsfischerei und landwirtschaftliche Bewässerung963, zweitens Zielvorgaben für das Schutzgut aquatische Lebensgemeinschaften und drittens Zielvorgaben für die landschaftliche Verwertung von Sedimenten. Für diese drei Gruppen wurden auf der 10. Hauptversammlung der IKSE im Oktober 1997 jeweils Zielvorgaben für die im Aktionsprogramm benannten 27 prioritären Stoffe beschlossen964. Diese werden seitdem regelmäßigen Ist-/Sollvergleichen unterzogen965. Die stofflichen Zielvorgaben der IKSR sowie der IKSE weisen dabei erhebliche Parallelen zu den LAWA-Zielvorgaben auf. So betreffen diese ebenfalls in erster Linie die physikalisch-chemische Wasserbeschaffenheit und allenfalls mittelbar auch den ökologischen Zustand. Zudem kommt auch ihnen weder rechtliche Verbindlichkeit zu, noch sind sie an bestimmte Zeithorizonte gebunden966. Vielmehr handelt es sich lediglich um Orientierungswerte, die zur Beurteilung des Maßes der Annäherung des aktuellen an den anzustrebenden Zustand dienen und von den Regierungen der jeweiligen Unterzeichnerstaaten in Eigenverantwortlichkeit umgesetzt werden967. Im Bereich der Genehmigungspraxis haben sie so gut wie keine Bedeutung erlangt. Etwas anderes gilt allerdings wiederum im konzeptionellen Bereich, wo sie den Belangen des Gewässerschutzes zu entsprechenden Prioritäten verhelfen konnten968. Als Ergebnis der Bestandsaufnahme des zweiten Teils bleibt nach all dem festzuhalten, dass qualitätsorientierte, planerische Aspekte und konzeptuelles, ressourcenökonomisches Denken im deutschen Wasserrecht bereits vor Inkrafttreten der WRRL verankert waren. Rahmen- und Wasserbewirtschaftungspläne, gepaart mit behördlichem Bewirtschaftungsermessen bei der Einzelfallentscheidung, stellten ein Instrumentarium dar, das von den 962

IKSE, Aktionsprogramm Elbe, 1995, S. 6. Dabei wird die Zielvorgabe im Allgemeinen durch die jeweils empfindlichste Nutzungsart bestimmt. 964 Beschlussprotokoll über die 10. Tagung der IKSE am 21.10 und 22.10.1997 in Hamburg, Anlage 5 (unveröffentlicht). 965 Vgl. hierzu die folgenden Berichte über die Erfüllung des „Aktionsprogramms Elbe“: Erster Bericht (1998), S. 36 f.; Zweiter Bericht (2000), S. 37 f.; Dritter Bericht (2003), S. 38 ff. 966 Beschlussprotokoll über die 10. Tagung der IKSE am 21.10. und 22.10.1997 in Hamburg, Anlage 5 (unveröffentlicht). 967 Appel, ZUR 2001, S. 133. 968 Auskunft des SMUL vom 27.5.2004. 963

§ 14 Sonstige Zielvorgaben und ihre Bedeutung im Verwaltungsvollzug

321

theoretischen Vorgaben her eine umfassende qualitätsorientierte Bewirtschaftung und Haushaltung einzelner Gewässer ermöglichte969. Auch die Europäische Gemeinschaft und die internationalen Flussgebietsgemeinschaften arbeiteten mit Qualitäts- und Zielvorgaben. Die Qualitätsziele der EG griffen jedoch nur punktuell und ließen ein schlüssiges Gesamtkonzept vermissen. Zudem verlief die Umsetzung der Zielvorgaben in den Mitgliedstaaten schleppend. Den qualitätsorientierten Vorgaben internationaler Gremien sowie der LAWA fehlte es bereits an Rechtsverbindlichkeit. Dies führte dazu, dass die Wasserbehörden sie ihren Entscheidungen nur in geringem Umfang zugrunde legten.

969 Appel, ZUR 2001, S. 130 f.; ders./Wahl, in: Wahl (Hrsg.), Prävention und Vorsorge, 1995, S. 149.

Dritter Teil

Möglichkeiten und Perspektiven des qualitätszielorientierten Regelungsansatzes der europäischen Wasserrahmenrichtlinie und seiner Umsetzung am Beispiel des Freistaates Sachsen Obwohl qualitätsorientierte Ansätze bereits vor Inkrafttreten der EG-Wasserrahmenrichtlinie im deutschen Gewässerschutzrecht vorhanden waren, ergeben sich aus der WRRL neue Anforderungen. Die Richtlinie sieht vor, dass für oberirdische Gewässer einschließlich Übergangs- und Küstengewässer sowie für das Grundwasser innerhalb einer definierten Frist ein guter Zustand zu erreichen ist. Gegenstand des nun folgenden, dritten und letzten Teils der Arbeit wird es deshalb sein, Entstehungsgeschichte und Regelungsgehalt der WRRL nachzuzeichnen, die neuen Umweltqualitätsziele des Art. 4 WRRL einer ausführlichen Betrachtung und Bewertung zu unterziehen sowie das neue planungsrechtliche Instrumentarium zur Durchsetzung des finalen Regelungsansatzes der Richtlinie zu analysieren. Im Folgenden geht es darum, die Implementation des qualitätsorientierten Ansatzes der WRRL im bundesdeutschen und sächsischen Recht zu untersuchen. Hierzu sind zunächst die rechtsnormative und organisatorische Umsetzung im föderalen System der Bundesrepublik Deutschland in den Blick zu nehmen, um sodann die Auswirkungen des Art. 4 WRRL auf das System des Wasserrechts und die Wechselwirkungen mit anderen Regelungsbereichen zu prüfen. Schließlich sollen die Möglichkeiten und Perspektiven, aber auch Grenzen des qualitätszielorientierten Ansatzes der WRRL im Hinblick auf einen nachhaltigen Gewässerschutz aufgezeigt werden.

§ 15 Entstehungsgeschichte, Regelungsgehalt, territorialer Bezugsrahmen

323

§ 15 Entstehungsgeschichte, Regelungsgehalt und territorialer Bezugsrahmen der Wasserrahmenrichtlinie I. Entstehungsprozess der WRRL 1. „Flickenteppich“ der bestehenden Richtlinien und Reformbestrebungen auf dem Gebiet des Gewässerschutzrechts Ausgangspunkt für den Wunsch zur Schaffung einer Rahmenrichtlinie für das europäische Gewässerschutzrecht war die weit verbreitete Meinung, dass das europäische Gewässerschutzrecht ein stimmiges Gesamtkonzept vermissen lässt1. Ursache hierfür war, dass die Gewässerschutzrichtlinien der 70er Jahre einschließlich ihrer Tochterrichtlinien (sog. Richtlinien der ersten Generation) und die im Anschluss an das Frankfurter Ministerseminar in den 90er Jahren ergangenen Nitrat-, Kommunalabwasser- und IVURichtlinien (sog. Richtlinien der zweiten Generation) auf Grund ihres unterschiedlichen Hintergrundes aus teilweise inkonsistenten oder sogar widersprüchlichen Teilregelungen bestanden2 und auch im Vollzug zu Überschneidungen führten3. Der vorgefundene europäische Richtlinienbestand galt insgesamt als inhaltlich zersplittert und wurde mit einem „Flickenteppich“ verglichen4. Insgesamt bestanden über 30 Richtlinien, die den Wasserbereich direkt oder indirekt betrafen5. Hinzu kam, dass der Prozess der Verabschiedung wichtiger Durchführungsrichtlinien zu den zentralen gemeinschaftlichen Richtlinien 76/464/EWG (Gewässerschutzrichtlinie) und 80/68/EWG (Grundwasserrichtlinie) weitgehend zum Erliegen gekommen war6. Andererseits brachte die Öffnung des Binnenmarktes eine zunehmende Gefährdung der Ressource Wasser und der Gewässer als Lebens1 Holzwarth/Bosenius, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 28 f.; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 155. 2 Breuer, in: Erbguth (Hrsg.), Europäisierung des nationalen Umweltrechts, 2001, S. 88; Barth, WuB 1997, S. 7. 3 Knopp, ZfW 1999, S. 257. 4 Diese bildhafte Bezeichnung geht auf Rüdiger Breuer zurück; ders., WuB 1995, S. 10; ferner ders. in: ders., Regelungsmaß und Steuerungskraft des Umweltrechts, 2000, S. 94 und findet breite Zustimmung; vgl. Barth, WuB 1997, S. 7; Caspar, DÖV 2001, S. 529; Hentschel, Die europäische Wasserrahmenrichtlinie, 2005, S. 36; Berendes, in: Bohne (Hrsg.), Ansätze zur Kodifikation des Umweltrechts in der Europäischen Union, 2005, S. 11. 5 Barth, WuB 1997, S. 7. 6 Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 23 f.

324 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

raum für Tiere und Pflanzen mit sich, der ein wirkungsvoller Gewässerschutz entgegengesetzt werden musste7. Zwar hatte die Kommission Anfang bis Mitte der 90er Jahre mehrere Initiativen zur Änderung geltender Richtlinien bzw. zum Erlass neuer Richtlinien ergriffen8, diese ließen jedoch keine einheitliche konzeptionelle Abstimmung erkennen und verdunkelten das Gesamtkonzept des europäischen Gewässerschutzes auf Grund ihrer Heterogenität sowie fehlenden Koordinierung eher noch anstatt es zu klären9. So wurde etwa auf Grund einer Entschließung des Rates10 der Entwurf eines Grundwasseraktionsprogramms vorgelegt, der in unbestimmten Beschreibungen sowie Aktionsabsichten verharrte und offen ließ, ob und wie die als unzulänglich empfundene Grundwasserrichtlinie 80/63/EWG geändert werden sollte11. Hinzu kam ein von der Kommission im Jahre 1994 vorgelegter, ausschließlich für Oberflächengewässer geltender Vorschlag für eine Richtlinie über die ökologische Qualität von Gewässern12, der in seinem Art. 5 zwar die Festlegung von erreichbaren Zielen im Hinblick auf eine gute Gewässerqualität durch die Mitgliedsstaaten vorsah, jedoch allgemeingültige materielle Kriterien für eine gute ökologische Gewässerqualität vermissen ließ und damit auch für die in Art. 5 ff. und 14 der Richtlinie statuierten Programm- und Berichtspflichten nicht als Grundlage dienen konnte13. Neben diesem – auch als „Ökologierichtlinie“ bezeichneten – Richtlinienvorschlag gab es einzelne Kommissionsentwürfe für die Überarbeitung der Badegewässerrichtlinie14 und der Trinkwasserrichtlinie15, eine zunächst eingeleitete, aber später zurückgestellte Reform der grundlegenden Gewässerschutzrichtlinie 76/464/EWG16 und die nach jahrelanger Bearbeitung schließlich im 7

Barth, WuB 1997, S. 7. Breuer, WuB 1995, S. 11; ders., in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 791; Knopp, ZfW 1999, S. 257; Holzwarth/Bosenius, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 29. 9 Breuer, WuB 1995, S. 11; ders., in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 791; Knopp, ZfW 1999, S. 257. 10 Entschließung des Rates vom 25.2.1992; ABl. 1992, C 59, S. 2. 11 Breuer, WuB 1995, S. 11. 12 KOM(93) 680 endg.; von der Kommission vorgelegt am 8.7.1994, ABl. 1994, C 222, S. 6. 13 Breuer, WuB 1995, S. 12; vgl. aber Irmer, in: LAWA (Hrsg.), EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2001, S. 66, wonach bereits eine weitreichende Konkretisierung des Ziels einer guten Gewässerqualität erreicht werden konnte. 14 ABl. 1994, C 112, S. 3. 15 ABl. 1995, C 131, S. 5. 16 Ein Vorentwurf einer Änderungsrichtlinie zur Richtlinie 76/464/EWG ist von der Generaldirektion XI der EG-Kommission am 15.7.1994 vorgelegt worden, vgl. Breuer, WuB 1995, S. 14 Fn. 22. 8

§ 15 Entstehungsgeschichte, Regelungsgehalt, territorialer Bezugsrahmen

325

Jahre 1996 verabschiedete IVU-Richtlinie. Aus deutscher Sicht war es vor allem Letztere, die auf eine baldige Neukonzeption der Wasserpolitik drängte, da sie für die in ihrem Anhang I aufgeführten Anlagen Festlegungen zu den Mindestanforderungen an Abwassereinleitungen enthielt, die zu neuen Überschneidungen mit den bestehenden Wasserrichtlinien in diesem Bereich führten. Forciert wurde eine Neukonzeption aus deutscher Sicht auch deswegen, weil zu diesem Zeitpunkt die nicht unerheblichen Kosten der Umsetzung der Kommunalabwasser- und der Nitratrichtlinie deutlich wurden17. 2. Das Rechtssetzungsverfahren bis zum Inkrafttreten der WRRL Auch der Umweltministerrat kam auf einem informellen Treffen am 21. und 22. Oktober 1995 in Sevilla zu der Überzeugung, dass der bisherige Bestand an Richtlinien vielfach durch Überschneidungen, Lücken und Inkohärenzen geprägt sei. Er forderte daher die Kommission auf, ein Konzept für eine umfassende Reform des europäischen Gewässerschutzrechts zu entwickeln sowie einen entsprechenden Vorschlag für eine Rahmenrichtlinie vorzulegen18. Die Forderung war von dem Willen getragen, den kritisierten „Flickenteppich“ des europäischen Gewässerschutzes i. S. einer Gesamtkonzeption zu überwinden19. Die Richtlinie sollte bei der Koordinierung von Planung und Bewirtschaftung soweit wie möglich von Flusseinzugsgebieten ausgehen und das Konzept der Emissionsgrenzwerte mit dem der Qualitätsziele kombinieren20. Dieser Aufforderung folgte die Kommission mit einer „Mitteilung über die Wasserpolitik der Europäischen Union“ vom 21.2.199621, in der sie Ziele für eine nachhaltige Wasserpolitik in Europa entwickelte22. Zu deren Verwirklichung kündigte die Kommission an, die Vorlage eines Vorschlags für eine Rahmenrichtlinie im Bereich der Wasser17

Knopp, ZfW 1999, S. 258. Schlussfolgerungen des Rates zur Gewässerschutzpolitik der Europäischen Gemeinschaft vom 18.12.1995, abgedruckt in: Umwelt 1996, S. 150 f.; hierauf geht auch der aus deutscher Sicht von Breuer und Faßbender erarbeitete Vorschlag für eine „Richtlinie des Rates über den Rahmen für den Schutz und die Bewirtschaftung für die Gewässer der Gemeinschaft (Wasserrahmenrichtlinie)“ zurück, vorgelegt im Mai 1996, veröffentlicht in: Breuer (Hrsg.), Regelungsmaß und Steuerungskraft des Umweltrechts, 2000, S. 113 ff. mit einführenden Bemerkungen von Breuer, ebda., S. 93 ff. Zum deutschen Beitrag zur Entstehung der WRRL auch ausführlich Knopp, ZfW 1999, S. 257 ff. 19 Irmer, in: LAWA (Hrsg.), EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2001, S. 66; Knopp, ZfW 1999, S. 259. 20 Vgl. Umwelt 1996, S. 151, Schlussfolgerungen 6 und 7 a. E. 21 KOM(96) 59 endg. 22 Blöch, in: Correia/Kraemer (Hrsg.), Eurowater, Bd. 2, 1997, S. 49. 18

326 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

politik zu prüfen23. Diese Vorgehensweise fand sowohl die Zustimmung des Europäischen Parlaments24 als auch die des Rates25, woraufhin die Kommission im Februar 1997 einen auf Art. 130s I EGV a. F. gestützten Vorschlag für eine Richtlinie zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (WRRL)26 vorlegte. Angesichts der namentlich von deutscher Seite vorgetragenen Kritik27 legte die Kommission im November 1997 einen ersten Änderungsvorschlag28 vor, der u. a. das Verhältnis zwischen Emissionsgrenzwerten und Qualitätszielen im Sinne der deutschen Position einer stärkeren Berücksichtigung des Emissionsprinzips akzentuierte29. Hintergrund für diese Änderung war die Vorstellung der Kommission, die Behandlung von Abwassereinleitungen kleinerer und mittlerer Anlagen in einer sog. „kleinen“ IVURichtlinie zu regeln. Da ein entsprechendes Vorhaben inzwischen am Widerstand im Rat gescheitert war, bezog die Kommission diesen Regelungskomplex nunmehr mit in die Wasserrahmenrichtlinie ein30. Im Februar 1998 unterbreitete die Kommission einen zweiten Ergänzungsvorschlag, der – wiederum auf deutsche Forderungen – nach einer Konkretisierung der materiellen Anforderungen zum Monitoring und zur Bewertung von Oberflächengewässern, Küstengewässern und des Grundwassers zurückging31. In dem nunmehr überarbeiteten Anhang V wurde erstmalig das in Art. 4 WRRL genannte Ziel einer guten Gewässerqualität näher definiert32. 23

KOM(96) 59 endg., S. 17 ff. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18.11.1996 zur Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament betreffend die Wasserpolitik der Europäischen Union, ABl. 1996, C 347, S. 80/83. 25 Vgl. Begründung des Kommissionsvorschlages, KOM(97) 49 endg., S. 4. 26 ABl. 1997, C 184, S. 20, vgl. hierzu Barth, WuB 1997, S. 7 ff. 27 Die im Bundesrat vertretenen Länder kritisierten, dass das Verhältnis von Emissionsgrenzwerten und Qualitätszielen im Kommissionsvorschlag unklar bleibe und die Vorgabe von einheitlichen Emissionsstandards fehle; Knopp, ZfW 1999, S. 265. 28 Geänderter Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik, ABl. 1998, C 16, S. 14. 29 Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 792. 30 Holzwarth/Bosenius, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 30; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 156; Knopp, ZfW 1999, S. 264 f. 31 Knopp, ZfW 1999, S. 265. 32 Geänderter Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen im Bereich der Wasserpolitik, ABl. 1998, C 108, S. 94; vgl. hierzu auch Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 792; Holzwarth/Bosenius, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 30. 24

§ 15 Entstehungsgeschichte, Regelungsgehalt, territorialer Bezugsrahmen

327

Parallel zu den Aktivitäten der Kommission hatte der Umweltrat im Jahre 1997 in Ratsarbeitsgruppen, die aus Experten der Mitgliedstaaten bestanden, zunächst unter niederländischem und später unter luxemburgischem Vorsitz mit den Verhandlungen zur Wasserrahmenrichtlinie begonnen. Die darauf folgende britische Präsidentschaft setzte diese Arbeit zügig fort und konnte in der Orientierungssaussprache am 16./17. Juni 1998 einen Vorschlag der Wasserrahmenrichtlinie mit sämtlichen Anhängen als „politische Einigung“ (political agreement)33 annehmen34. Obwohl man wegen des raschen Verhandlungsverlaufs zunächst glaubte, die Richtlinie noch im Jahre 1998 verabschieden zu können35, verzögerte sich das weitere Verfahren wegen der noch ausstehenden, im Rahmen des einschlägigen Kooperationsverfahrens (Art. 251 II EGV) erforderlichen Stellungnahme des Europäischen Parlaments zur Wasserrahmenrichtlinie. Das Parlament sah in der vorzeitigen politischen Einigung vom 16./17.6.1998 eine Missachtung seiner zu erwartenden Stellungnahme (zu diesem Zeitpunkt lagen bereits 122 Änderungsanträge des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherschutz vor) und stellte daraufhin die erste Lesung zurück36. Um dennoch eine zügige Verabschiedung der Richtlinie zu ermöglichen und den Konflikt zu entschärfen, leitete der Präsident des Umweltrates im Vorgriff auf das im Rahmen des Amsterdamer Vertrages37 zum 1.5.1999 bei Rechtsakten im Umweltbereich eingeführte Mitentscheidungsverfahren (Art. 251 EGV) informelle Konsultationen mit dem Europäischen Parlament ein, die zu Kompromisstexten über eine Reihe offener Fragen führten38. Die Änderungen wurden vom Europäischen Parlament in seine am 11.2.1999 in erster Lesung abgegebene Stellungnahme aufgenommen. Sie betrafen Regelungen über die Feuchtgebiete, die Überwachung der Meeresgewässer, die endokrine Funktionen beeinträchtigenden Chemikalien, die öffentliche Anhörung und Berichterstattung sowie einen besonderen Antrag des Rates auf Ausnahmen vom Verbot einer direkten Einleitung von Schadstoffen in das Grundwasser39. Darüber hinaus beschloss das Parlament zahlreiche Änderungsanträge40. Da der Rat nicht bereit war, diese sämtlich zu übernehmen, 33 Ratsdokument 9710/98 – ENV 300PRO-COOP104 vom 26.6.1998. Eine solche politische Einigung ist zwar rechtlich bedeutungslos, in der Folge wich aber die Verhandlungslinie des Rates hiervon kaum mehr ab; Lell/Rechenberg, ZUR 2001, S. 122. 34 Knopp, ZfW 1999, S. 265. 35 Vgl. hierzu die damalige Einschätzung von Bosenius, NVwZ 1998, S. 1042. 36 Lell/Rechenberg, ZUR 2001, S. 122; Knopp, ZfW 1999, S. 266; Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 792. 37 Amsterdamer Vertrag vom 2.10.1997, ABl. 1997, C 340, S. 1; BGBl. 1998 II, S. 387. 38 Bosenius, WuA 9/2000, S. 9 f.; Knopp, ZfW 1999, S. 266. 39 Knopp, ZfW 1999, S. 266.

328 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

musste das Verfahren nach dem zwischenzeitlich in Kraft getretenen Amsterdamer Vertrag fortgeführt werden. Entsprechend dem in Art. 251 EGV geregelten Mitentscheidungsverfahren, hatte der Rat nun in einem „Gemeinsamen Standpunkt“ zu beschließen, welche Änderungen übernommen werden sollten und welche nicht. Dies geschah mit Beschluss vom 22. Oktober 199941. Am 15. März 2000 erfolgte dann die zweite Lesung des Europäischen Parlaments über den Entwurf der WRRL, wobei von ursprünglich 250 im Umweltausschuss vorgeschlagenen Änderungsanträgen ca. 80 ausgewählt und angenommen wurden42. Da der Rat abermals nicht gewillt war, alle geforderten Änderungen zu übernehmen, wurde im Mai 2000 gem. Art. 251 III EGV ein Vermittlungsausschuss einberufen43. Dieser beschloss Ende Juni 2000 einen gemeinsamen Entwurf44, der von Parlament und Rat gebilligt wurde45. Mit der Veröffentlichung im Amtsblatt ist die Richtlinie schließlich am 22.12.200046 in Kraft getreten (Art. 25 WRRL)47.

II. Anwendungsbereich und Regelungsauftrag, Art. 1 WRRL Die Entstehungsgeschichte der WRRL erhellt zugleich auch ihr zentrales Anliegen: Ziel ist die Schaffung eines gemeinschaftlichen Ordnungsrahmens für den Schutz aller Oberflächengewässer einschließlich der Küstenund Übergangsgewässer sowie des Grundwassers (Art 1 I WRRL). 1. Anwendungsbereich der WRRL Entsprechend dem umfassenden Regelungsansatz der WRRL erstreckt sich ihr Anwendungsbereich auf sämtliche Gewässerarten mit Ausnahme 40

Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 792. ABl. 1999, C 343, S. 1. 42 Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (9085/3/1999 – C5-0209/1999 – 1997/0067(COD)), A5-0027/2000. 43 Vgl. BMU, Umwelt 1999, S. 196; Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 161; Bosenius, WuA 9/2000, S. 10. 44 Dok. vom 30.06.00, Nr. PE-CONS, 3639/00, ENV 221, CODEC 513, 1997/0067(COD) C5-0347/00; einzusehen unter: http://www.umweltbundesamt.de/ wasser/themen/reswfd.pdf. 45 Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 793. Ausführlich zum Ergebnis des Vermittlungsverfahrens Bosenius, WuA 9/2000, S. 8 ff. 46 ABl. 2000, L 327, S. 1. 47 http://www.umweltbundesamt.de/wasser/themen/wrrl_chronologie1.htm. 41

§ 15 Entstehungsgeschichte, Regelungsgehalt, territorialer Bezugsrahmen

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der Meeresgewässer. Geschützt werden zunächst die Oberflächengewässer, worunter nach der Legaldefinition des Art. 2 Nr. 1 WRRL die Binnengewässer mit Ausnahme des Grundwassers sowie die Übergangs- und Küstengewässer zu fassen sind48. Dieser Begriff entspricht weitgehend der Definition der oberirdischen Gewässer i. S. von § 1 I Nr. 1 WHG, geht aber insofern darüber hinaus, als er auch die Küstengewässer mit umfasst49. Bei Binnengewässern handelt es sich gem. Art. 2 Nr. 3 WRRL um alle an der Erdoberfläche stehenden oder fließenden Gewässer sowie alles Grundwasser auf der landwärtigen Seite der Basislinie, von der aus die Breite der Hoheitsgewässer gemessen wird. Übergangsgewässer sind die Oberflächengewässer in der Nähe von Flussmündungen, die auf Grund ihrer Nähe zu den Küstengewässern einen gewissen Salzgehalt aufweisen, aber im wesentlichen von Süßwasserströmungen beeinflusst werden, Art. 2 Nr. 6 WRRL. Küstengewässer schließlich werden durch Art. 2 Nr. 7 WRRL als Oberflächengewässer auf der landwärtigen Seite der Basislinie, von der aus die Breite der Hoheitsgewässer gemessen wird, definiert. Die WRRL legt somit einen räumlich erheblich engeren Begriff des Küstengewässers zu Grunde als § 1 I Nr. 1a WHG, der insoweit auf die Zwölfmeilenzone abstellt50. Ebenfalls von der Richtlinie umfasst ist schließlich das Grundwasser, das durch Art 2 Nr. 2 WRRL als das gesamte unterirdische Wasser in der Sättigungszone, das in unmittelbarer Berührung mit dem Boden oder dem Untergrund steht, definiert wird und damit dem Grundwasserbegriff des WHG entspricht (s. oben § 10 II. 3.). Nicht erfasst von der WRRL sind die Meeresgewässer außerhalb der Küstengewässer (also jenseits von einer Seemeile) bzw. außerhalb der Hoheitsgewässer für den chemischen Zustand (vgl. Art. 2 Nr. 1 WRRL)51. Nach einer früheren Fassung des Kommissionsvorschlages sollte der Schutz für die nicht erfassten Meeresgewässer noch durch die Einbeziehung der in anderen Rechtsvorschriften der Gemeinschaft enthaltenen Schutzbestimmungen sowie der Seerechtskonvention der Vereinten Nationen verwirklicht werden, freilich ohne dadurch neue Verpflichtungen einzugehen52. Das Europäische Parlament hatte in einem Änderungsvorschlag sogar noch weitergehend die Verpflichtung zur schrittweisen Einstellung der Ableitungen, Emissionen und Freisetzungen von gefährlichen Stoffen in diese Gewässer 48 Im Hinblick auf den chemischen Zustand sind ausnahmsweise auch die Hoheitsgewässer eingeschlossen, Art. 2 Nr. 1 WRRL a. E. 49 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 1, Rn. 8. 50 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 1, Rn. 36a. 51 Krämer, in: Bruha/Koch (Hrsg.), Integrierte Gewässerpolitik in Europa, 2001, S. 46; Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 24, Fn. 14. 52 ABl. 1998, C 16, S. 14.

330 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

auf einen Stand nahe Null bis zum Jahre 2020 gefordert. Der Rat – dessen Auffassung sich die Kommission in ihrem letzten Änderungsvorschlag anschloss – befürchtete aber offensichtlich, dass durch die Einbeziehung des Meeresschutzes in die WRRL der Gemeinschaft schrittweise eine ausschließliche Außenkompetenz im Rahmen der Meeresschutzabkommen zuwachsen könnte53. Demgemäß ist der Schutz der Meeresgewässer durch die einschlägigen Meeresschutzabkommen nur als ein den Hauptzielsetzungen der Richtlinie (hierzu sogleich) nachgeordneter Zweck in die Richtlinie aufgenommen worden, der mittelbar durch den Schutz der übrigen Gewässer bewirkt werden soll (vgl. Art. 1 Spstr. 3 und 4 WRRL)54. 2. Hauptziele des Art. 1 WRRL Die insgesamt fünf Hauptziele der WRRL sind in Art. 1a)–e) WRRL geregelt. Genannt werden zunächst die Vermeidung einer weiteren Verschlechterung sowie Schutz und Verbesserung des Zustands der aquatischen Ökosysteme und der von ihnen abhängenden Landökosysteme und Feuchtgebiete im Hinblick auf deren Wasserhaushalt (Art. 1a) WRRL) sowie die Förderung einer nachhaltigen Wassernutzung auf der Grundlage eines langfristigen Schutzes der vorhandenen Ressourcen (Art. 1b) WRRL). Gleichzeitig strebt die WRRL auch einen stärkeren Schutz und eine Verbesserung der aquatischen Umwelt an, was u. a. durch spezifische Maßnahmen zur schrittweisen Reduzierung von Einleitungen, Emissionen und zur Eliminierung von prioritären Stoffen bewirkt werden soll, Art. 1c) WRRL. Im Hinblick auf das Grundwasser bezweckt die Richtlinie gem. Art. 1d) WRRL die Sicherstellung einer schrittweisen Reduzierung der bestehenden sowie die Verhinderung weiterer Verschmutzung. Erweitert werden diese Zielsetzungen schließlich um die Minderung der Auswirkungen von Dürren und Überschwemmungen (Art 1e) WRRL). Insgesamt soll der von der WRRL aufgestellte Rahmen dazu dienen, die Ressource Wasser – einschließlich ihrer Ökosysteme – zu erhalten bzw. ihren Zustand zu verbessern. Dabei geht es einerseits um den Schutz der Gewässer vor weiterer Verschmutzung, d. h. den Erhalt bzw. die Verbesserung ihres qualitativen Zustands (vgl. Art 1a), c), d), e) WRRL), andererseits aber auch um den Schutz der vorhandenen Wasserressourcen in quantitativer Hinsicht (Art 1b), e) WRRL). Die WRRL zielt somit auf die immer wieder geforderte Gesamtbetrachtung von qualitativen und quantitativen Aspekten55. 53

Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 163. Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 162. 55 Vgl. die Entschließung des Europäischen Parlaments, ABl. 1996, C 347, S. 80/82. 54

§ 15 Entstehungsgeschichte, Regelungsgehalt, territorialer Bezugsrahmen

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Die Bewertung der Gewässerqualität erfolgt nach einem integrierten56 Konzept, d. h. Gewässerchemie, Gewässerbiologie und Gewässerstruktur werden in ihrer Gesamtheit betrachtet und bewertet. Dies stellt eine Abkehr von der in den bisherigen Gewässerschutzrichtlinien vorherrschenden Fixierung auf den chemischen Gewässerzustand dar und geht mit der Hinwendung zu einer Gesamtbetrachtung der Gewässerqualität einher57. Zugleich wird damit der in dem Kommissionsvorschlag für eine Ökologierichtlinie verfolgte Ansatz weiterentwickelt58. Konzeptionell geht die Richtlinie davon aus, dass die beschriebenen Zielsetzungen über die Formulierung allgemeiner Grundsätze und die Definition eines Handlungsrahmens, innerhalb dessen sich die mitgliedstaatlichen Maßnahmen zu bewegen haben, erreicht werden sollen59. Im Hinblick auf den vorgegebenen Handlungsrahmen kann dabei zwischen vier verschiedenen Arten von Instrumenten unterschieden werden60: Erstens legt die WRRL grundlegende Anforderungen an Qualität und Erhaltung der Gewässer und damit an den geforderten guten Gewässerzustand fest. Zweitens haben die Mitgliedstaaten die zur Verwirklichung dieser Ziele notwendigen Maßnahmen zu treffen, was auch eine Bestandsaufnahme des aktuellen Gewässerzustands mit einschließt. Im Übrigen obliegt den Mitgliedstaaten drittens die Aufstellung verschiedener Programme und Pläne, deren Inhalt durch die WRRL grundsätzlich vorgegeben ist und viertens schreibt die Richtlinie eine Öffentlichkeitsbeteiligung vor. Dieses Instrumentarium soll die mit der WRRL angestrebte integrierte Bewirtschaftung der Wasserkörper und den Schutz ihres ökologischen Zustandes unter Berücksichtigung der Güte und Menge sowie der hierzwischen bestehenden Wechselwirkungen gewährleisten61. 3. Übergangsbestimmungen Im Hinblick auf die umrissene „umfassende“ Zielsetzung und die Koordinationsfunktion der Richtlinie ist in Art. 22 WRRL sieben bzw. dreizehn 56 Die Bezeichnung integrativ wird hier also in anderem Zusammenhang verwendet als in der IVU-Richtlinie. Vgl. zu den verschiedenen Dimensionen integrierter Gewässerpolitik Krämer, in: Bruha/Koch (Hrsg.), Integrierte Gewässerpolitik in Europa, 2001, S. 42 ff. 57 Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S.162. 58 Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S.162. Zum Kommissionsvorschlag für eine Ökologierichtlinie s. o. § 15 I. 1. 59 Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 24; Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 161 f. 60 Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 25. 61 Blöch, in: Correia/Kraemer (Hrsg.); Eurowater, Bd. 2, 1997, S. 49.

332 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie die Aufhebung einer Reihe bestehender wasserrechtlicher Instrumente vorgesehen. Dies geschieht in zwei Schritten, um einen nahtlosen Übergang von den bisher geltenden Richtlinien zur WRRL zu erreichen62. So tritt die Rohwasserrichtlinie gem. Art. 22 I 1. Spstr. WRRL nach sieben Jahren, d. h. am 23.12.2007 außer Kraft, während die Fisch- und die Muschelgewässer-, die Grundwasser- sowie die Gewässerschutzrichtlinie 76/464/EWG63 erst nach 13 Jahren, also mit Wirkung zum 23.12.2013, aufgehoben werden (Art. 22 II Spstr. 1 bis 4 WRRL). Für die Richtlinie 76/464/EWG gelten gem. Art. 22 III a) und b) WRRL allerdings in zweifacher Hinsicht Übergangsbestimmungen: Zum einen ersetzt eine gem. Art. 16 WRRL von der Kommission vorzulegende Liste prioritärer Stoffe die in der Mitteilung der Kommission an den Rat vom 22. Juni 1982 enthaltene Liste der 129 prioritären Stoffe (es handelt sich dabei um die Liste I der Gewässerschutzrichtlinie; s. oben § 13 II. 2.). Zum anderen können die Mitgliedstaaten im Rahmen der Aufstellung und Durchführung ihrer Programme zur Gewässerverschmutzungsverringerung gem. Art. 7 der Richtlinie 76/464/EWG64 die in der WRRL vorgesehenen Grundsätze für die Feststellung von Verschmutzungsproblemen und der sie verursachenden Stoffe, die Festlegung von Qualitätsnormen und die Verabschiedung von Maßnahmen anwenden. Obwohl Art. 7 also weiterhin, d. h. 13 Jahre bis zur Aufhebung der Richtlinie 76/464/EWG gilt, können sich die Mitgliedstaaten nun fachlich auf die Kriterien der WRRL stützen65. Daneben bleiben aber auch eine ganze Reihe von Richtlinien mit Bezug zum Wasserrecht bestehen66. Dies gilt für die primär dem Schutz der menschlichen Gesundheit dienende Badegewässer-67 und Trinkwasserrichtlinie, die Tochterrichtlinien der Gewässerschutzrichtlinie 76/464/EWG, die Kommunalabwasserrichtlinie, die Nitratrichtlinie sowie die IVU- und UVP68-Richtlinie. 62

Ruchay, ZUR 2001, S. 119. Mit Ausnahme des Art. 6 der Richtlinie, der bereits mit Inkrafttreten der WRRL außer Kraft getreten ist, vgl. Art. 22 II Spstr. 4 WRRL. 64 s. hierzu oben § 13 II. 3. 65 Scherer, in: Hessisches Ministerium für Umwelt (Hrsg.), Europas Wasser, 2000, S. 72. 66 Ruchay, ZUR 2001, S. 120. 67 Die Badegewässerrichtlinie befindet sich z. Z. in Überarbeitung. Mit dem von der Kommission im Oktober 2002 vorgelegten Richtlinienvorschlag KOM(2002) 581 soll die Richtlinie an den wissenschaftlich technischen Fortschritt sowie an die Erfahrungen in der Vergangenheit angepasst werden. Dazu gehört, dass neben der reinen Qualitätsüberwachung ein qualitativer Bewirtschaftungsansatz vorgeschlagen wird. Damit soll u. a. auch eine Verzahnung mit den Umweltzielen der WRRL stattfinden, die durch bestimmte Einzelziele für Badegebiete als spezielle Schutzkategorie i. S. von Anhang IV der WRRL ergänzt werden. Zum Stand des Rechtssetzungsverfahrens s. unter: http://europa.eu.int/prelex/detail_dossier_real.cfm?CL=de&Dos Id=177231. 63

§ 15 Entstehungsgeschichte, Regelungsgehalt, territorialer Bezugsrahmen

333

III. Die Bewirtschaftung nach Flussgebietseinheiten gem. Art. 3 WRRL Der qualitäts- und ressourcenspezifische Ansatz der WRRL spiegelt sich gem. Art. 3 auch in ihrem territorialen Bezugsrahmen wider. Da die Anforderungen des Ressourcenschutzes im Gewässerschutzrecht die Erfassung des gesamten Einzugsgebiets eines Gewässers erfordern, werden danach auch die Zielfestlegungen sowie sämtliche der in der Richtlinie vorgesehenen Instrumente nicht auf bestimmte lokale, regionale oder auch nationale Grenzen bezogen, sondern müssen – je nach Gewässerverlauf – nötigenfalls regionen-, bundesland- und staatsgrenzenüberschreitend erstellt werden69. 1. Einzugsgebiete und Flussgebietseinheiten Ausgangspunkt der sich aus der WRRL ergebenden Verpflichtungen ist die Einteilung des Territoriums in sog. „Einzugsgebiete“ und deren Zuordnung zu sog. „Flussgebietseinheiten“ i. S. von Art. 3 WRRL. Unter einem Einzugsgebiet ist gem. Art. 2 Nr. 13 WRRL ein Gebiet zu verstehen, aus welchem über Ströme, Flüsse und möglicherweise Seen der gesamte Oberflächenwasserabfluss an einer einzigen Flussmündung, einem Ästuar oder Delta ins Meer gelangt. Bei einer Flussgebietseinheit handelt es sich demgegenüber um ein gem. Art. 3 I WRRL als Haupteinheit für die Bewirtschaftung von Einzugsgebieten festgelegtes Land- oder Meeresgebiet, das aus einem oder mehreren benachbarten Einzugsgebieten und den ihnen zugeordneten Grundwässern und Küstengewässern besteht, Art. 2 Nr. 15 WRRL. Gem. Art. 3 I 1 WRRL bestimmen die Mitgliedstaaten die einzelnen Einzugsgebiete innerhalb ihres jeweiligen Hoheitsgebiets und ordnen sie für die Zwecke dieser Richtlinie jeweils einer größeren Flussgebietseinheit zu. Kleine Einzugsgebiete können dabei gegebenenfalls mit größeren Einzugsgebieten zusammengelegt werden oder mit benachbarten kleinen Einzugsgebieten eine Flussgebietseinheit bilden, Art. 3 I 2 WRRL. Grundwässer, die nicht in vollem Umfang in einem einzigen Einzugsgebiet liegen, werden genau bestimmt und der am nächsten gelegenen oder am besten geeigneten Flussgebietseinheit zugeordnet; gleiches gilt im Hinblick auf die Küstengewässer, Art. 3 I 3, 4 WRRL. Mit dem so geregelten flussgebietsbezogenen Ansatz soll eine Koordinierung der Maßnahmen für Oberflä68 Richtlinie 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABl. 1985, L 175, S. 40. 69 Appel, Staatliche Zukunfts- und Entwicklungsvorsorge, 2005, S. 398; Epiney/ Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 25 f.; SRU, Umweltgutachten 2004, Tz. 377.

334 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

chengewässer und Grundwasser ein und desselben ökologischen, hydrologischen und hydrogeologischen Systems gewährleistet werden70. Maßnahmen im Bereich des Gewässerschutzes sind demnach nicht mehr an administrativen oder politischen Grenzen, sondern an natürlichen Gegebenheiten zu orientieren71. Dies ist aus ökologischer Sicht sinnvoll, da hierdurch eine umfassende Berücksichtigung des Zustands der Gewässer und seiner Nutzungsarten im gesamten Flussverlauf – von der Quelle bis zur Mündung – ermöglicht wird72. Gleichzeitig wird die Position der Unterlieger eines Flusses gestärkt, weil die Oberlieger für die im Laufe des Flusses immer größer werdenden Schadstofffrachten nunmehr leichter zur Verantwortung gezogen werden können73. 2. Die Koordination innerhalb der Flussgebietseinheiten Die Organisation der Flussgebietsbewirtschaftung überträgt Art. 3 II WRRL den Mitgliedstaaten, von denen er den Abschluss „geeigneter Verwaltungsvereinbarungen“, einschließlich der Bestimmung der geeigneten zuständigen Behörde“ verlangt. Damit wird der übergreifende, den gesamten Gewässerzustand umfassende und auf das Einzugsgebiet bezogene Ansatz der WRRL auch institutionell eingefordert74. Für den Fall, dass sich ein Einzugsgebiet auf das Hoheitsgebiet mehrerer Mitgliedstaaten erstreckt, sieht Art. 3 III 1 WRRL seine Zuweisung zu einer internationalen Flussgebietseinheit vor. Auf Antrag der betroffenen Mitgliedstaaten wird die Kommission tätig, um die Zuordnung zu derartigen internationalen Flussgebietseinheiten zu erleichtern, Art. 3 III 2 WRRL. Die Mitgliedstaaten sind gem. Art. 3 III 3 WRRL verpflichtet, geeignete Verwaltungsvereinbarungen einschließlich der Bestimmung der geeigneten zuständigen Behörde zu treffen, damit die Richtlinie in jeder Flussgebietseinheit ihres Hoheitsgebietes angewandt wird. Ebenso wie auf nationaler (vgl. Art. 3 II WRRL) gilt auch auf internationaler Ebene, dass auf bereits bestehende internationale Stellen zurückgegriffen werden kann, Art. 3 VI WRRL. Anstatt organisatorisch-institutioneller Vorgaben enthält der verabschiedete Richtlinientext dabei eine weitgehende Verpflichtung zur Koordination innerhalb der Flussgebietseinheit75. So haben die Mitgliedstaaten gem. Art. 3 IV 1 70

SRU, Umweltgutachten 2004, Tz. 377. Markard/Irmer/Rechenberg, wwt awt 1999, S. 33 f.; Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 27. 72 Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 164; Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 27. 73 SRU, Umweltgutachten 2004, Tz. 377. 74 Appel, ZUR 2001, S. 135. 71

§ 15 Entstehungsgeschichte, Regelungsgehalt, territorialer Bezugsrahmen

335

WRRL dafür zu sorgen, dass die Anforderungen der WRRL zur Erreichung der Ziele des Art. 4 und insbesondere alle Maßnahmenprogramme für die gesamte Flussgebietseinheit koordiniert werden. Im Falle internationaler Flussgebietseinheiten sorgen die betroffenen Mitgliedstaaten gemeinsam für diese Koordinierung und können zu diesem Zweck bestehende Strukturen nutzen, die auf internationale Übereinkommen zurückgehen, Art. 3 IV 2 WRRL. Wenn eine Flussgebietseinheit über das Gebiet der Gemeinschaft hinausgeht, haben sich die Mitgliedstaaten gem. Art. 3 V 1 WRRL um eine entsprechende Koordinierung mit den Nicht-Mitgliedstaaten zu „bemühen“. Während die Koordinierung zwischen den EU-Mitgliedstaaten somit zwingend stattzufinden hat, wird im Hinblick auf Drittstaaten lediglich gefordert, eine entsprechende Koordinierung anzustreben76. 3. Auswirkungen auf die bundesstaatliche Verwaltungsstruktur Während das sachliche Anliegen, die Aufgaben und Ziele der Wasserwirtschaftsverwaltung auf Flusseinzugsgebiete zu beziehen, weitgehend unbestritten ist77, sind aus verfassungsrechtlicher Sicht gegen Art. 3 II WRRL teilweise erhebliche Bedenken geäußert worden78. So sieht man in der Verpflichtung zum Abschluss „geeigneter Verwaltungsvereinbarungen“ einschließlich der Bestimmung entsprechender „zuständiger Behörden“ einen Eingriff in die gewachsenen mitgliedstaatlichen Verwaltungsstrukturen79. Indem die Flussgebietseinheiten naturgemäß weder die Grenzen der deutschen Bundesländer noch die vorgefundenen Behördenbezirke der Staatsund Kommunalverwaltungen berücksichtigen, liege auf Grund der institutionellen Vorgaben ein Eingriff in den föderalen Staatsaufbau der Bundesrepublik Deutschland vor80. Betroffen sei damit die vertikale Gewaltenteilung, die in einem untrennbaren, funktionalen Zusammenhang mit der Eigenverantwortlichkeit der Länder und mit dem Demokratieprinzip stehe81. Zudem biete die in Art. 3 WRRL vorgeschriebene Organisation und Koordination 75 Stratenwerth, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 325. 76 Stratenwerth, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 325. 77 Appel, ZUR 2001, S. 135; Seidel/Rechenberg, ZUR 2004, S. 218. 78 Breuer, NVwZ 1998, S. 1001 ff.; ders., NuR 2000, S. 545 f.; ders., in: Kloepfer (Hrsg.), Umweltföderalismus, 2002, S. 426 ff.; Reinhardt, ZUR 2001, S. 126 ff.; ders., DVBl. 2001, S. 153. 79 Reinhardt, DVBl. 2001, S. 153. 80 Reinhardt, ZUR 2001, S. 128; mit entsprechenden Bedenken auch Knopp, in: Erbguth (Hrsg.), Änderungsbedarf im Wasserrecht, 2003, S. 28. 81 Breuer, in: Kloepfer (Hrsg.), Umweltföderalismus, 2002, S. 428.

336 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

der Verwaltung ein breites Einfallstor für Verwaltungsverbünde und Mischverwaltungen82. a) Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern gem. Art. 30, 83 GG In der Tat liegt die grundgesetzliche Kompetenz für den Gesetzesvollzug grundsätzlich bei den Ländern, die durch die Verpflichtung zum Abschluss „geeigneter Verwaltungsvereinbarungen“ gem. Art. 3 WRRL in ihrer Verwaltungsautonomie gefährdet sein könnten. Der eigenverantwortliche Gesetzesvollzug durch die Länder erstreckt sich dabei grundsätzlich sowohl auf Bundes- als auch auf Landesgesetze (Art. 30, 83 GG)83 und entspricht dem föderalistischen Ideal der Landesverwaltung, wonach die Eigenstaatlichkeit der Länder maßgeblich aus der Gestaltungskraft ihrer vollziehenden Gewalt lebt84. Die in Art. 3 WRRL geregelten organisatorischen Vorgaben führen jedoch nicht zwangsläufig zu einem Eingriff in die grundgesetzlich vorgegebenen Verwaltungskompetenzen der Länder. Nach Art. 3 II WRRL wird den Mitgliedstaaten lediglich der Abschluss „geeigneter Verwaltungsvereinbarungen“ auferlegt, nicht jedoch die Schaffung bestimmter Behörden bzw. einer bestimmten Behördenstruktur gefordert85. Dies gilt umso mehr, als mit der in Art. 3 II WRRL erwähnten, für den Verwaltungsvollzug in der jeweiligen Flussgebietseinheit „zuständigen Behörde“ nach der Definitionsnorm des Art. 2 Nr. 16 WRRL nicht nur eine bestimmte Behörde, sondern auch mehrere Behörden, d. h. auch solche mehrerer Bundesländer gemeint sein können (hierbei kann es sich gem. Art. 3 VI WRRL sogar um bereits bestehende Behörden handeln)86. Maßgeblich für die Geeignetheit der Behörden ist allein, dass die Vorgaben der WRRL der Sache nach in den Flussgebietseinheiten koordiniert und die geforderten Umweltziele erreicht werden, nicht aber, in welcher Form dies geschieht87. Die WRRL enthält zwar eine materielle, nicht aber eine formelle Koordinationsverpflichtung88. Ein Eingriff in 82

Breuer, in: Kloepfer (Hrsg.), Umweltföderalismus, 2002, S. 428. Ossenbühl, DVBl. 1989, S. 1232. 84 Breuer, in: Kloepfer (Hrsg.), Umweltföderalismus, 2002, S. 409, 424. 85 Holzwarth/Jekel, KA 2001, S. 180; Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 165. 86 Seidel/Rechenberg, ZUR 2004, S. 218; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 1b, Rn. 2. 87 Epiney, in: Kloepfer (Hrsg.), Umweltföderalismus, 2002, S. 185; Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 165; Hagenguth, in: LAWA (Hrsg.), EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2001, S. 124. 88 Epiney, in: Kloepfer (Hrsg.), Umweltföderalismus, 2002, S. 185; Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 165; Seidel/Rechenberg, ZUR 2004, S. 217. 83

§ 15 Entstehungsgeschichte, Regelungsgehalt, territorialer Bezugsrahmen

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die grundgesetzliche Kompetenzverteilung gem. Art. 30, 83 GG ist somit auch bei extensiver Auslegung des Begriffs der „geeigneten Verwaltungsvereinbarungen“ nicht gegeben89. Auch die Entstehungsgeschichte des § 3 II WRRL spricht im Übrigen eher dafür, dass die geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken im Laufe des Rechtssetzungsverfahrens erkannt und bereinigt wurden90. Hierzu muss man wissen, dass die Norm ihre jetzige Form erst in einem relativ späten Verfahrensstadium erhalten hat91. So war in der ersten Entwurfsfassung nicht von „geeigneten Verwaltungsvereinbarungen“, sondern von der Errichtung besonderer „Flussgebietsbehörden“ (sog. River Basin Authorities) die Rede, die über eine wasserwirtschaftliche Kompetenzkonzentration92 verfügt hätten. Diese Behörden folgten dem britischen Organisationsmodell der National River Authorities, die später in die zentrale Environment Agency integriert worden sind93. Dieses Modell kam zwar zentralistischen Staaten wie Großbritannien und Frankreich entgegen, verursachte aber auf Seiten bundesstaatlich geprägter Mitgliedstaaten wie der Bundesrepublik Deutschland zu Recht erhebliche Einwände. Letztere führten im Laufe der Verhandlungen zu einer flexibleren und erheblich abgeschwächten Textfassung, die sich im Sinne einer sukzessiven Minderung des Eingriffs in die mitgliedstaatliche Verwaltungsautonomie über die Begriffe „geeignete Verwaltungsstrukturen“, „geeignete Verwaltungsvorschriften“, „geeignete Verwaltungsmaßnahmen“ bis hin zu der jetzigen Fassung der „geeigneten Verwaltungsvereinbarungen“ entwickelte94. Damit hat die für föderativ ausgerichtete 89

So im Ergebnis die h. M.: Epiney, in: Kloepfer (Hrsg.), Umweltföderalismus, 2002, S. 184 ff.; Knopp, ZfW 1999, S. 268; Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 165 f.; Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 65 f.; Hagenguth, in: LAWA (Hrsg.), EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2001, S. 124; Holzwarth/Jekel, KA 2001, S. 180; Unnerstall, in: Brinktrine (Hrsg.), Alte und neue Streitfragen, 2000, S. 195 ff. 90 Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 66. 91 Gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 22. Oktober 1999, ABl. 1999, C 343, S. 1. 92 Breuer, in: Kloepfer (Hrsg.), Umweltföderalismus, 2002, S. 427. 93 Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 164; Breuer, in: Kloepfer (Hrsg.), Umweltföderalismus, 2002, S. 432; s. zum System der Gewässerbewirtschaftung ausführlich Zabel/Rees, in: Correia/Kraemer (Hrsg.), Eurowater, Bd. 1, 1997, S. 597 ff.; 685 ff. Eine der Richtlinie vergleichbare Verwaltungsstruktur findet sich i. Ü. auch in Frankreich, wo die Flussgebietseinheiten durch sog. Agences de l’eau (Flussgebietsagenturen) bewirtschaftet werden; vgl. hierzu ausführlich Barraqué/Berlang/Cambon, in: Correia/Kraemer (Hrsg.), Eurowater, Bd. 1, 1997, S. 190 ff. 94 Vgl. hierzu die ausführlichen Nachweise bei Breuer, NVwZ 1998, S. 1003 ff. und die Ausführungen von Reinhardt, ZUR 2001, S. 126.

338 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

Mitgliedsstaaten am wenigsten belastende Regelung schließlich Eingang in die endgültige Gesetzesfassung gefunden. b) Schaffung einer verfassungswidrigen Mischverwaltung? Die Forderung des § 3 II WRRL nach dem Abschluss geeigneter Verwaltungsvereinbarungen zieht auch nicht zwangsläufig die Schaffung einer verfassungswidrigen Form von Mischverwaltung nach sich95. Zwar kann der Topos der Mischverwaltung nach einem weiten Begriffsverständnis nicht nur auf die administrative Kooperation im Bund-Länder-Verhältnis, sondern auch auf die hier in Rede stehende Zusammenarbeit zwischen einzelnen Bundesländern bezogen werden96. Selbst wenn man danach das Vorliegen einer Mischverwaltung bejahen wollte, folgt daraus aber noch nicht zwingend seine Verfassungswidrigkeit. Denn nach einer Entscheidung des BVerfG aus dem Jahre 198397 und mittlerweile auch weit verbreiteter Ansicht im Schrifttum98 ist eine verwaltungsorganisatorische Erscheinungsform nicht bereits deshalb verfassungswidrig, weil sie als „Mischverwaltung“ einzuordnen ist, sondern nur dann, wenn ihr zwingende Kompetenzbzw. Organisationsnormen oder sonstige Vorschriften des Verfassungsrechts entgegenstehen99. Der Topos „Mischverwaltung“ hat somit allenfalls deskriptive, nicht aber verfassungsrechtliche Argumentationskraft100. Die Verfassungsmäßigkeit der in Art. 3 II WRRL geforderten Verwaltungsvereinbarungen wäre nach all dem nur dann zu verneinen, wenn sie dem grundgesetzlichen Kompetenzgefüge oder sonstigen Vorschriften des 95

So aber Breuer, NVwZ 1998, S. 1009 f. Für eine weite Begriffsverwendung Hebeler, in: Bauschke et al. (Hrsg.), Pluralität des Rechts, 2003, S. 38 m. w. N., der unter „Mischverwaltung“ alle administrativen Verschränkungen beliebiger selbständiger Verwaltungseinheiten (und damit nicht nur von Bund und Land) fasst. In diesem Sinne auch Lerche, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, 2005, Art. 83, Rn. 85 m. w. N. 97 BVerfGE 63, S. 1/38. 98 Hebeler, in: Bauschke et al. (Hrsg.), Pluralität des Rechts, 2003, S. 52 ff.; Degenhart, Staatsrecht I, 2005, S. 173; Loeser, Die Mischverwaltung, 1974, S. 63; Lerche, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, 2005, Art. 83, Rn. 85 m. w. N. 99 Nach der früheren h. M. war „Mischverwaltung“ hingegen als „eine Verwaltungsorganisation, bei der eine Bundesbehörde einer Landesbehörde übergeordnet ist, oder bei der ein Zusammenwirken zwischen Bund und Ländern durch Zustimmungserfordernisse erfolgt“ per definitionem verfassungswidrig; so die Umschreibung der h. M. in BVerfGE 11, S. 105/124. Die Unzulässigkeit von Mischverwaltung stützte sich auf die These, dass das Grundgesetz die Trennung der Verwaltungsräume von Bund und Ländern und den „numerus clausus“ der in Art. 83 ff. umschriebenen Verwaltungstypen vorgebe; vgl. die Darstellung der überkommenen Lehre bei Ronellenfitsch, Die Mischverwaltung im Bundesstaat, 1975, S. 48 ff. 100 Hebeler, in: Bauschke et al. (Hrsg.), Pluralität des Rechts, 2003, S. 43. 96

§ 15 Entstehungsgeschichte, Regelungsgehalt, territorialer Bezugsrahmen

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Verfassungsrechts widersprechen würde. In diesem Zusammenhang kommt es auf zwei Aspekte an: Zum einen, ob durch die ausgehandelte Kooperation der Länder in die Rechte des Bundes eingegriffen wird und zum anderen, ob die Länder hierdurch ihre Eigenständigkeit preisgeben101. Ein Eingreifen in die Rechte des Bundes durch den Abschluss von Verwaltungsvereinbarungen zur Erfüllung der in der WRRL vorgesehenen Aufgaben ist hier schon deshalb nicht zu besorgen, weil diese Aufgaben im länderstaatlichen Verantwortungsbereich verbleiben, auch wenn ihr Wirkungsbereich über das des einzelnen Landes hinausreicht. Zwar ist die – auch als „dritte Ebene“ bezeichnete102 – Kooperation zwischen den Bundesländern häufig als Gegengewicht gegen den wachsenden Einfluss des Bundes gewertet worden103, dagegen ist aber so lange nichts einzuwenden, wie sich die Bundesländer innerhalb ihrer grundgesetzlich zugewiesenen Zuständigkeiten halten104. Diese Form der Zusammenarbeit ist Ausdruck eines „kooperativen Föderalismus“105 und steht der bundesstaatlichen Zweigliedrigkeit nicht entgegen106. Die verfassungsrechtlichen Probleme der geforderten Verwaltungsvereinbarungen liegen somit nicht im Verhältnis zwischen Bund und Ländern, sondern allenfalls im Verhältnis der Länder zueinander. Insoweit könnte zum einen die innere demokratische Verfassung der Länder betroffen sein, zum anderen aber auch ihre Staatlichkeit als Ganzes. Da die bloße Verpflichtung zum Abschluss geeigneter Verwaltungsvereinbarungen i. S. des Art. 3 II WRRL die Eigenstaatlichkeit der Länder als Ganzes nicht berührt, kann es insoweit nur darauf ankommen, inwieweit die beeinträchtigte Selbständigkeit durch laufende Kooperation bereits vorher in Mitleidenschaft gezogen war. Denn wo Kooperation schon im großen Stil betrieben wird, kann ein zusätzlicher Fall das „Fass zum Überlaufen bringen“, selbst wenn dieser Fall für sich genommen eher harmlos erscheint107. Insoweit ist allerdings festzustellen, dass die Zusammenarbeit zwischen den Bundesländern 101

Vgl. Ronellenfitsch, Die Mischverwaltung im Bundesstaat, 1975, S. 181. Ossenbühl, DVBl. 1989, S. 1234; Rudolf, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HbdStR IV, 2000, S. 1129. 103 Pfeiffer, NJW 1962, S. 566. Ossenbühl, DVBl. 1989, S. 1234, spricht insoweit von einer Bühne für höchst unterschiedliche und farbenprächtigen Darbietungen der Kommunikation und Kooperation zwischen den Bundesländern. 104 Ronellenfitsch, Die Mischverwaltung im Bundesstaat, 1975, S. 181 f. 105 Bauer, in: Kloepfer (Hrsg.), Umweltföderalismus, 2002, S. 40. 106 Vgl. hierzu Lerche, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, 2005, Art. 83, Rn. 122; Ossenbühl, DVBl. 1989, S. 1234 f.; Isensee, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HbdStR IV, 1999, S. 617; Degenhart, Staatsrecht I, 2005, S. 173. 107 Wollte man diesen Kumulationseffekt außer Acht lassen, wäre zu befürchten, dass die Eigenstaatlichkeit der Länder Stück für Stück für Stück ausgehöhlt werden könnte; Kisker, Kooperation im Bundesstaat, 1971, S. 145 f. 102

340 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

bis heute zwar beträchtliche Ausmaße angenommen hat108, die von Art. 3 II WRRL geforderten „geeigneten Verwaltungsvereinbarungen“ die Zwischenländerkooperation aber nicht so auszuweiten vermögen, dass die Eigenstaatlichkeit der Länder ernsthaft gefährdet wäre109. Problematischer könnte allerdings die Vereinbarkeit dieser Verwaltungsvereinbarungen mit der inneren demokratischen Verfassung der Länder sein: c) Zwischenländerkooperation und Demokratieprinzip Die Gefahr für die demokratische Verfassung der von der Notwendigkeit des Abschlusses von Verwaltungsvereinbarungen gem. Art. 3 II WRRL betroffenen Bundesländer gründet sich darauf, dass die angesprochene Zwischenländerkooperation im Rahmen der Flussgebietsverwaltung die in Art. 20 I und 28 I GG festgeschriebene demokratische Ordnung einschränken könnte110. Hierfür ist entscheidend, dass die demokratische Legitimation und Verantwortung jedes Organs sowie jedes Amtswalters innerhalb der jeweiligen Gebietskörperschaft – hier also des vertraglich bindenden Bundeslandes – gesondert gewährleistet sein muss111. Die Legitimation verschaffen und die Verantwortung einfordern kann aber jeweils nur die Gesamtheit der Bürger oder ein seinerseits legitimiertes Repräsentationsorgan innerhalb der betreffenden Gebietskörperschaft112. Die in Art. 3 II WRRL geforderten Verwaltungsvereinbarungen innerhalb einer grenzüberschreitenden Flussgebietseinheit sind nun insofern problematisch, als damit auch Außenstehende, d. h. Mitglieder fremder Bundesländer an etwaigen Kreationsbzw. Bestellungsakten oder auch an Sachentscheidungen im Rahmen der in aller Regel grenzüberschreitenden Flussgebietsverwaltung mitwirken. Dieser Umstand bedeutet eine Durchbrechung des demokratischen Legitimationsund Verantwortungszusammenhangs113. Hinzu kommt, dass die Aushandlung entsprechender Verträge üblicherweise durch die Verwaltung erfolgt, was zu einer Verschiebung der internen Machtbalance vom Parlament zur Exekutive und damit ebenfalls zu einem Verlust an demokratischer Legitimation führt114. Bei den beschriebenen Gefahren für die demokratische 108

Vgl. hierzu nur Bauer, in: Kloepfer (Hrsg.), Umweltföderalismus, 2002, S. 40. Vgl. hierzu auch Ronellenfitsch, Die Mischverwaltung im Bundesstaat, 1975, S. 182. 110 Ossenbühl, DVBl. 1989, S. 1235. 111 Breuer, in: Kloepfer (Hrsg.), Umweltföderalismus, 2002, S. 429; allgemein zu den Anforderungen des Demokratieprinzips an die fortschreitende Europäisierung Bauer, in: Bauer/Huber/Sommermann (Hrsg.), Demokratie in Europa, 2005, S. 9 f. 112 Kisker, Kooperation im Bundesstaat, 1971, S. 143. 113 Breuer, in: Kloepfer (Hrsg.), Umweltföderalismus, 2002, S. 429. 109

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Ordnung handelt es sich letztlich um die Konsequenzen der Aufgabe von Landesselbständigkeit. Verfassungsrechtliche Einwendungen der beschriebenen Art ruft diese jedoch erst dann hervor, wenn sie zur „Selbstpreisgabe“ wird115. Für die Beantwortung der Frage, wann eine noch zulässige oder gar wünschenswerte Zwischenländerkooperation in eine verfassungswidrige Selbstpreisgabe umschlägt, kommt es im Wesentlichen auf zwei Faktoren an, die sich in ihrer Wirkung gegenseitig verstärken oder aber auch abschwächen können: Zum einen auf die Art des kooperativ betreuten Gegenstandes und zum anderen auf die Intensität der Bindung in Bezug auf diesen Gegenstand116. aa) Art des kooperativ betreuten Gegenstandes Im Hinblick auf die Art des kooperativ betreuten Gegenstandes kann von einer verfassungsrechtlich relevanten Beeinträchtigung der hier zur Diskussion stehenden Schutzgüter nur dort die Rede sein, wo die Länderkooperation der Koordination politischer Entscheidungen gilt. Bei Kooperation in rein technischen Fragen – etwa im Bereich der Statistik oder der Datenverarbeitung – sowie bei sehr engmaschig gefassten, d. h. keine Ermessensspielräume eröffnenden Rechtsnormen besteht die Gefahr einer Selbstpreisgabe in der Regel nicht117. Aber auch bei Aufgaben, deren Erfüllung politische Entscheidungen fordert, wird man wiederum hinsichtlich des Gewichts differenzieren müssen. Dabei sind sowohl qualitative als auch quantitative Gesichtspunkte zu berücksichtigen118. Im vorliegenden Fall bestimmt sich die Art des kooperativ betreuten Gegenstandes nach dem Inhalt der gem. Art. 3 II WRRL abzuschließenden Verwaltungsvereinbarungen. Letztere sollen sicherstellen, dass die Richtlinie innerhalb jeder Flussgebietseinheit durch die mitgliedstaatlichen Behörden angewandt werden kann119. Die 114 Die Entscheidungsergebnisse werden durch administrative Gremien ausgehandelt und faktisch festgelegt. Die Landesparlamente geraten auf diese Weise in die Rolle von „staatsnotariellen Ratifikationsämtern“, da sie zu den vorgelegten Verhandlungsergebnissen nur ja oder nein, meist aber nur ja sagen können; Kisker, Kooperation im Bundesstaat, 1971, S. 143; Ossenbühl, DVBl. 1989, S. 1235. 115 Kisker, Kooperation im Bundesstaat, 1971, S. 143; Schneider, in: VVDStRL 19, 1961, S. 22; Ronellenfitsch, Die Mischverwaltung im Bundesstaat, 1975, S. 182; Rudolf, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HbdStR IV, 1999, S. 1130. 116 Kisker, Kooperation im Bundesstaat, 1971, S. 144. 117 Dabei soll nicht verkannt werden, dass der Übergang von einer rein technischen zu politischen Fragestellung oft fließend sein wird; vgl. Kisker, Kooperation im Bundesstaat, 1971, S. 144 f. 118 Kisker, Kooperation im Bundesstaat, 1971, S. 145; in diesem Sinne auch Isensee, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HbdStR IV, 1999, S. 618. 119 Epiney, in: Kloepfer (Hrsg.), Umweltföderalismus, 2002, S. 185.

342 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

Flusseinzugsgebiete wiederum stellen die Hauptbezugspunkte der in der WRRL aufgestellten Verpflichtungen dar, die den Mitgliedstaaten auf der Basis der flächendeckend zu erfüllenden Umweltziele gem. Art. 4 obliegen120. Hierzu gehört zunächst die Ermittlung des Ist-Zustands der Flussgebietseinheit, welche neben der Analyse der Merkmale der Flussgebietseinheit, der Überprüfung der Umweltauswirkungen menschlicher Tätigkeiten und einer wirtschaftliche Analyse der Wassernutzung gem. Art. 5 WRRL auch die Erstellung eines Verzeichnisses der auszuweisenden Schutzgebiete gem. Art. 6 und 7 WRRL sowie die Gewinnung eines Überblicks über den Gewässerzustand auf Grund von Überwachungsprogrammen gem. Art. 8 WRRL umfasst121. Des Weiteren besteht Koordinierungsbedarf im Hinblick auf die Bestimmung des Soll-Zustands, der durch die Konkretisierung der Umweltziele nach der in den Anhängen II und V der WRRL vorgeschriebenen Kategorisierung und Typisierung erfolgt sowie im Hinblick auf die Aufstellung des Maßnahmenprogramms (Art. 11 WRRL) und des Bewirtschaftungsplans (Art. 13 WRRL)122. Hinzu kommt die Koordination der Durchführung und Auswertung der mehrstufigen Öffentlichkeitsbeteiligung (Art. 14 WRRL) und eine weitreichende Berichtspflicht der Mitgliedstaaten an die EG-Kommission über die durchgeführten Maßnahmen (Art. 15 WRRL). Ob sich aus dieser im Rahmen der Flussgebietseinheiten zu koordinierenden Aufgaben auf eine Preisgabe von Landesselbständigkeit schließen lässt, hängt davon ab, ob die zu regelnde Materie rein technischer oder aber politischer Natur ist und – im letzteren Fall – welche qualitativen und quantitativen Ausmaße sie annimmt. Wie sich aus der Auflistung der den Flussgebietseinheiten zugewiesenen Aufgaben ergibt, umfasst das Spektrum neben eher technischen Fragestellungen wie Analyse-, Systematisierungsund Berichtspflichten123 auch eine nicht unbeträchtliche Anzahl an Entscheidungen, die Gegenstand politischer Erwägungen sind, wie dies beispielsweise bei der Festlegung konkreter Maßnahmen zur Reduzierung von Gewässerverschmutzungen, die mit erheblichen Kosten verbunden sein können, der Fall ist. Unter qualitativem Aspekt fällt ins Gewicht, dass diese Festlegungen auf der planerischen Ebene getroffen werden124, die der Verwaltung auf Grund ihrer finalen Programmierung bereits per se breite 120

Breuer, in: Kloepfer (Hrsg.), Umweltföderalismus, 2002, S. 426. Hagenguth, in: LAWA (Hrsg.), EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2001, S. 120. 122 Hagenguth, in: LAWA (Hrsg.), EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2001, S. 120. 123 Dabei soll nicht verkannt werden, dass die Frage, welche Gegenstände überwacht, systematisiert und übermittelt werden sollen von der WRRL nicht immer konkret beantwortet wird und damit durchaus auch politische Erwägungen zulässt. 124 Epiney, in: Kloepfer (Hrsg.), Umweltföderalismus, 2002, S. 185. 121

§ 15 Entstehungsgeschichte, Regelungsgehalt, territorialer Bezugsrahmen

343

Möglichkeiten für politische Erwägungen einräumt125. Damit bietet der Gegenstand, wie er im Rahmen der geforderten „Verwaltungsvereinbarungen“ zu koordinieren ist, als solcher durchaus Angriffsflächen für eine Preisgabe von Landesselbständigkeit und eine damit verbundene Gefährdung demokratischer Legitimation. bb) Intensität der Bindung Allerdings kann von einer Gefährdung demokratischer Legitimation nur dann die Rede sein, wenn die Intensität der Bindung in den Verwaltungsvereinbarungen für die betroffenen Bundesländer zu einer solchen Einbuße an Selbstbestimmung führt, dass sie sich in rechtlich verbindlicher Form majorisieren lassen müssen und dies nicht durch besonders wichtige Gründe gerechtfertigt werden kann126. Dabei reichen die Formen denkbarer Kooperation von lockerem oder institutionalisiertem Informations- und Erfahrungsaustausch und bloßem konkreten Sich-Aufeinander-Einstellen über gemeinsam beschickte koordinierende Räte und Konferenzen mit Beschlüssen faktisch unterschiedlicher Verbindlichkeitsgrade und formalisierte oder nicht formalisierte Absprachen bis hin zu ausgefeilten Verwaltungsabkommen oder gar Staatsverträgen, jeweils mit oder ohne Schaffung gemeinsamer Institutionen127. Im verfassungsrechtlich unbedenklichsten Fall verzichten die Partner dabei auf rechtlich verpflichtende Absprachen und begnügen sich mit übereinstimmenden Absichtserklärungen oder Gentlemen Agreements. Kooperation in derart lockerer Form wird auch, wenn sie Gegenstände von erheblichem Gewicht betrifft, nicht so bald in den Bereich des verfassungsrechtlich Bedenklichen führen128. Bei der Wahl von Formen rechtsverbindlicher Kooperation kann hingegen schon Zusammenarbeit, die einen politisch weit weniger gewichtigen Gegenstand betrifft, Bedenken im Hinblick auf Art. 20 I und 28 I GG auslösen129. In diesen Bereich gehört auch die Frage, ob eine entsprechende Verwaltungskooperation durch Einstimmigkeits- oder Mehrheitsbeschlüsse angestrebt wird130. Für grundlegende Kooperationsakte dürfte dabei ein Abrücken vom Einstimmigkeitsprinzip im Hinblick auf die Gewährleistung demokratischer Legitimation nur ausnahmsweise und bei Rechtfertigung durch Gründe, die 125

Breuer, in: Kloepfer (Hrsg.), Umweltföderalismus, 2002, S. 425. Vgl. hierzu Isensee, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HbdStR IV, 1999, S. 618. 127 Ausführlich hierzu Rudolf, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HbdStR IV, 1999, S. 1104; ferner Lerche, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, 2005, Art. 83, Rn. 108; Schneider, in: VVDStRL 19, 1961, S. 8 ff. 128 Kisker, Kooperation im Bundesstaat, 1971, S. 145. 129 Kisker, Kooperation im Bundesstaat, 1971, S. 145. 130 Vgl. Isensee, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HbdStR IV, 1999, S. 618. 126

344 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

in der Aufgabenmaterie und ihren rechtlichen wie faktischen Anforderungen liegen, zulässig sein131. Im Hinblick auf die in Art. 3 II WRRL vorgeschriebenen „geeigneten Verwaltungsvereinbarungen“ kommt es also darauf an, mit welcher Intensität sich die Mitgliedstaaten hierdurch binden sollen. Die hier verwandte Formulierung ist im untechnischen Sinne zu verstehen, enthält also keinen Vorgriff auf die formelle Ausgestaltung der geforderten Verwaltungskooperation, sondern überlässt die Festlegung der angemessenen Organisationsform den Mitgliedstaaten132. Zwar dürften rein informelle Arbeitskreise oder Absprachen zwischen den Bundesländern über die administrative Zusammenarbeit aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen mangels verbindlicher Wirkung nicht ausreichen133; die Regelung des Art. 3 II WRRL überlässt den Mitgliedstaaten aber auch unter dieser Voraussetzung ausreichenden Spielraum, ihre Selbstbestimmung zu bewahren134. Hierdurch kann gleichzeitig die Tatsache kompensiert werden, dass es sich bei der in den Verwaltungsvereinbarungen zu regelnden Materie teilweise um Gegenstände mit nicht unerheblichem politischen Gewicht handelt. Inwieweit die demokratische Legitimation letztlich gewährleistet ist, hängt allerdings von der konkreten Ausgestaltung der Verwaltungsvereinbarung im Einzelfall ab. Dabei wird ein Konflikt mit dem Demokratieprinzip umso weniger zu besorgen sein, je konsultativer und konsensualer die nähere Ausgestaltung erfolgt135. Aus rechtlicher Sicht lässt Art. 3 II WRRL jedenfalls genügend Spielraum, nicht nur den Koordinierungsanforderungen der Richtlinie, sondern auch der föderalistischen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland gerecht zu werden136. 131

Lerche, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, 2005, Art. 83, Rn. 113; Isensee, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HbdStR IV, 1999, S. 618; Breuer spricht sich unter Berufung auf Scheuner (DÖV 1962, S. 648) sogar für eine zwingende Geltung des Einstimmigkeitsprinzips aus; ders., in: Kloepfer (Hrsg.), Umweltföderalismus, 2002, S. 429. 132 Hagenguth, in: LAWA (Hrsg.), EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2001, S. 124. 133 Zu den europarechtlichen Anforderungen der Richtlinienumsetzung Reinhardt, ZUR 2001, S. 127 f.; auf ihn verweisend Breuer, in: Kloepfer (Hrsg.), Umweltföderalismus, 2002, S. 429, Fn. 127. 134 Nach Appel, ZUR 2001, S. 135 bewegt sich die Verpflichtung des § 3 II WRRL auf der untersten Stufe dessen, was für die Funktionsfähigkeit des Gesamtkonzepts von den Mitgliedstaaten gefordert werden muss. 135 In diesem Sinne auch Breuer, in: Kloepfer (Hrsg.), Umweltföderalismus, 2002, S. 429. 136 Holzwarth/Jekel, KA 2001, S. 180; Epiney, in: Kloepfer (Hrsg.), Umweltföderalismus, 2002, S. 186; Appel, ZUR 2001, S. 135; Stratenwerth, in: v. Keitz/ Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 324; in diesem Sinne auch Schneider, in: VVDStRL 19, 1961, S. 29, der die Zusammenarbeit zwischen den Bundesländern – im Gegensatz zu Bund-Länder-Kooperationen verfassungsrechtlich als „vergleichsweise harmlose Erscheinung“ bezeichnet.

§ 15 Entstehungsgeschichte, Regelungsgehalt, territorialer Bezugsrahmen

345

4. Vereinbarkeit mit den Kompetenzgrundsätzen des Europarechts Die Vorgaben des § 3 II WRRL zum Abschluss „geeigneter Verwaltungsvereinbarungen“ sowie zur Bestimmung entsprechender „zuständiger Behörden“ verstoßen schließlich auch nicht – wie gelegentlich geltend gemacht137 – gegen die europarechtlichen Prinzipien der begrenzten Einzelermächtigung und der institutionellen Autonomie der Mitgliedstaaten. Das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung ist in Art. 5 I EGV (Art. 3b EGV a. F.) verankert, wonach die Gemeinschaft innerhalb der Grenzen der ihr in diesem Vertrag zugewiesenen Befugnisse und gesetzten Ziele tätig wird138. Es besagt, dass die Europäische Gemeinschaft Rechtsakte nur erlassen darf, wenn und soweit Vertragsbestimmungen zur Regelung der einzelnen Materien solche Akte vorsehen139. Anders ausgedrückt: Es gibt keine Generalermächtigung zum Erlass von Rechtsakten der Gemeinschaft140. Dem zweiten einschlägigen, aus der Gesamtanlage des EG-Vertrages herzuleitenden Prinzip der institutionellen Autonomie der Mitgliedstaaten ist zu entnehmen, dass es beim mitgliedstaatlichen Vollzug von Gemeinschaftsrecht Sache der Mitgliedstaaten bleibt, die zuständigen Behörden einzurichten und institutionell auszugestalten141. Sowohl von der Entstehung als auch von der Systematik her enthält das europäische Primärrecht damit eine Strukturentscheidung für eine weitgehende „Kompetenzlosigkeit der EG für die Durchführung von EG-Recht“, gegen den Aufbau einer umfassenden EG-Eigenverwaltung und für den mitgliedstaatlichen Vollzug des Gemeinschaftsrechts142. Die Verpflichtungen zum Abschluss „geeigneter Verwaltungsvereinbarungen“ sowie zur Bestimmung entsprechender „zuständiger Behörden“ würden aber nur dann gegen die genannten Prinzipien verstoßen, wenn diese die Errichtung bestimmter Behörden zwingend vorschreiben würden. Dies ist jedoch nicht der Fall: Art. 3 WRRL besagt lediglich, dass 137

Breuer, NVwZ 1998, S. 1006 ff.; ders., NuR 2000, S. 546; Knopp, in: Erbguth (Hrsg.), Änderungsbedarf im Wasserrecht, 2003, S. 28 f. 138 Langguth, in: Lenz/Borchardt (Hrsg.), EU- und EG-Vertrag, 2003, Art. 5 EGV, Rn. 10. 139 Kraußer, Das Prinzip der begrenzten Ermächtigung im Gemeinschaftsrecht als Strukturprinzip des EWG-Vertrages, 1991, S. 16 ff.; Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, 1972, S. 425; Oppermann, Europarecht, 1999, S. 197; Schweitzer/Hummer, Europarecht, 1996, S. 98. 140 Breuer, NVwZ 1998, S. 1006. 141 Rengeling, in: VVdStRL 53, 1994, S. 231; Oppermann, Europarecht, 1999, S. 239, 241; Schweitzer/Hummer, Europarecht, 1996, S. 127, 130; Breuer, NVwZ 1998, S. 1006. 142 v. Danwitz, Verwaltungsrechtliches System und Europäische Integration, 1996, S. 193.

346 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

die Vorgaben der WRRL der Sache nach in den Flussgebietseinheiten koordiniert werden, nicht aber, in welcher Form dies geschehen soll143.

§ 16 Die Umweltziele des Art. 4 WRRL Im Folgenden soll der Blick auf die in Art. 4 WRRL festgelegten Umweltziele als solche gerichtet werden, die zugleich als „Herzstück“144, „Kernelement“145 oder auch „Dreh- und Angelpunkt“146 der Richtlinie bezeichnet werden. Diese schreiben die Erreichung bzw. Erhaltung eines guten Zustands aller Gewässer gemeinschaftsweit innerhalb von spätestens 15 Jahren nach Inkrafttreten der Richtlinie fest. Dabei formuliert Art. 4 WRRL für die drei Kategorien Oberflächengewässer, Grundwasser und Schutzgebiete (s. oben § 15 II. 1.) unterschiedlich weitreichende Ziele und Verpflichtungen:

I. Die Umweltziele für Oberflächengewässer, Art. 4 I a) WRRL Für Oberflächengewässer schreibt Art. 4 WRRL als Umweltqualitätsziele zum einen ein allgemeines Verschlechterungsverbot und zum anderen die Erreichung eines guten Zustands bis zum Jahr 2015 fest. 1. Das Verschlechterungsverbot Art. 4 I a) i) WRRL spricht in Bezug auf Oberflächengewässer davon, dass eine Verschlechterung des Zustands aller Oberflächengewässer zu verhindern ist. Wann von einer Verschlechterung auszugehen ist, legt die WRRL allerdings nicht ausdrücklich fest147. Jedoch werden in der Richtlinie die einzelnen Qualitätszustände der Gewässer (sehr gut, gut, mäßig, unbefriedigend, schlecht) definiert148. „Verschlechterung“ kann sich damit nur auf die Qualitätskategorien (und ihre jeweiligen Kriterien) beziehen, die 143

Hierzu bereits oben § 15 III. 3. a). Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 41. 145 Seidel, UPR 1998, S. 432; Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 29. 146 Breuer, UPR 2004, S. 204. 147 Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 30. 148 Rechenberg/Seidel, WuA 10/2002, S. 48; ausführlicher hierzu unten § 16 I. 2. a). 144

§ 16 Die Umweltziele des Art. 4 WRRL

347

die WRRL selbst vorsieht149. Dies führt dazu, dass eine „Verschlechterung“ nicht schon bei jeder Veränderung, die eine größere Distanz zu einem durch Abwesenheit anthropogener Einflüsse gekennzeichneten Referenzzustand verursacht, vorliegt, sondern nur bei der Herabstufung in eine schlechtere Qualitätskategorie150. Eine solche Auslegung widerspricht auch nicht dem Schutzzweck der WRRL, da angesichts des in fünf Zustandsklassen unterteilten Systems der Oberflächengewässer schon geringfügige Veränderungen häufig zu einer Änderung der Zustandsklasse führen werden151. Für die Einhaltung des Verschlechterungsverbotes ist in Art. 4 I a) i) WRRL – im Gegensatz zu den Umweltzielen des Art. 4 I a) ii) und iii) WRRL – keinerlei Frist gesetzt. Das Verschlechterungsverbot gilt deshalb bereits mit Inkrafttreten des im Rahmen der Umsetzung erforderlichen nationalen Gesetzes. Ab diesem Zeitpunkt sind alle Maßnahmen zu treffen und durchzuführen, die zur Verhinderung einer Verschlechterung des Gewässerzustandes notwendig sind. 2. Das Ziel des guten Gewässerzustands Gem. Art. 4 I a) ii) WRRL haben die Mitgliedstaaten alle Oberflächenwasserkörper, d. h. einheitliche und bedeutende Abschnitte eines Oberflächengewässers152, zu schützen, zu verbessern und zu sanieren, mit dem Ziel, spätestens 15 Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie einen guten Zustand zu erreichen. Der Grundgedanke des „guten Zustandes“ ist dabei der, dass ein Gewässer zwar genutzt werden darf, aber nur insoweit, als seine ökologischen Funktionen nicht wesentlich beeinträchtigt werden153. Unter „gutem Zustand eines Oberflächengewässers“ ist nach Art. 2 Nr. 18 WRRL ein zumindest „guter“ ökologischer und chemischer Zustand zu verstehen. Bei einem Oberflächengewässerkörper handelt es sich um einen einheitlichen und bedeutenden Abschnitt eines Oberflächengewässers, z. B. einen See, ein Speicherbecken, einen Strom, Fluss oder Kanal bzw. einen Teil eines Stroms, Flusses oder Kanals, Art. 2 Nr. 10 WRRL. Der Gesamtstatus des Oberflächengewässerkörpers bestimmt sich dabei aus dem jeweils schlechteren Wert beider Zustände, d. h. der gute Status ist dann gegeben, wenn der ökologische Zustand und der chemische Zustand mindestens gut sind154. Zur Qualitätseinstufung der Gewässer in den jeweiligen Zustand ist 149

Unnerstall, NuR 2003, S. 672. Unnerstall, NuR 2003, S. 672. 151 Rechenberg/Seidel, WuA 10/2002, S. 49. 152 Vgl. Art. 2 Nr. 10 WRRL. 153 Markard/Irmer/Rechenberg, wwt awt 8/1999, S. 34. 154 Irmer/v. Keitz, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 122. 150

348 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

ein komplexes Verfahren vorgesehen, das in dem mit Abstand umfangreichsten Anhang V der WRRL155 im Zusammenspiel mit den für die verschiedenen Gewässertypen detaillierte Beschreibungen des guten Gewässerzustands enthaltenden Definitionen des Art. 2 WRRL geregelt ist156. a) Guter ökologischer Zustand Als Teilziel ist in Art. 4 I a) ii) WRRL zunächst die Erreichung eines guten ökologischen Zustands formuliert. Bei dem „ökologischen Zustand“ handelt es sich nach der Legaldefinition des Art. 2 Nr. 21 WRRL um die Qualität von Struktur und Funktionsfähigkeit aquatischer, in Verbindung mit Oberflächengewässern stehender Ökosysteme. Unter einem „guten ökologischen Zustand“ ist gem. Art. 2 Nr. 22 WRRL der Zustand eines entsprechenden Oberflächenwasserkörpers gemäß der Einstufung nach Anhang V der WRRL zu verstehen. Nach dessen Nr. 1.1 hängt die Einstufung als guter ökologischer Zustand von der typenspezifischen Einordnung der einzelnen Gewässerarten gem. Anhang II der WRRL ab. Eine solche Einordnung ist erforderlich, weil die Oberflächengewässer in Europa sowohl in ihrer Form, ihrem Abflussverhalten als auch in der Zusammensetzung ihrer Lebensgemeinschaften sehr unterschiedlich sind. So leben beispielsweise an energiereichen Wildbächen im Hochgebirge völlig andere Tiere und Pflanzen als an langsam fließenden Strömen im Tiefland. Zwischen diesen beiden Extremen gibt es eine Vielfalt unterschiedlichster Gewässererscheinungen mit variierenden Lebensgemeinschaften, die im Wesentlichen von den Hauptfaktoren Klima, Relief (z. B. Höhenlage, Talform) und Substrat (Gestein, Verwitterungsprodukte) abhängen157. Die für den guten ökologischen Zustand relevanten Faktoren der Struktur und Funktionsfähigkeit von Gewässerökosystemen unterscheiden sich somit von Gewässer zu Gewässer, so dass auch die Reaktionen auf die Einwirkungen des Menschen variieren158. Da die WRRL aber nachvollziehbare und vergleichbare Bewertungen erfordert, können nicht für jedes Gewässer individuelle Kriterien und Grenzwerte zur Einstufung des ökologischen Zustands erarbeitet werden. Es ist daher erforderlich, die komplexen naturräumlichen Gegebenheiten im 155

Dieser Anhang wird auf Grund seiner Komplexität auch als „Biologiebuch“ bezeichnet; Berendes, in: Bohne (Hrsg.), Ansätze zur Kodifikation des Umweltrechts in der Europäischen Union, 2005, S. 13. 156 Caspar, DÖV 2001, S. 532; Makard/Irmer/Rechenberg, wwt awt 8/1999, S. 34. 157 LfUG, Europäische Wasserrahmenrichtlinie (Informationsblatt Nr. 2), 2004, S. 4. 158 LfUG, Europäische Wasserrahmenrichtlinie (Informationsblatt Nr. 2), 2004, S. 4.

§ 16 Die Umweltziele des Art. 4 WRRL

349

Wege der Typisierung für die Zwecke der Gewässerbewertung nach der WRRL zu vereinfachen. Eine solche Vorgehensweise ist möglich, weil alle Gewässer bzw. Gewässerabschnitte – ungeachtet ihrer Einzigartigkeit – auf regionaler Ebene über charakteristische gemeinsame Merkmale verfügen159. Gem. Anhang II Nr. 1.1 i) WRRL sind die Gewässer für die typenspezifische Einordnung zunächst den Kategorien Fließgewässer (ab einer Einzugsgebietsgröße von 10 qkm), Seen (ab einer Größe von 0,5 qkm), Übergangsgewässer sowie Küstengewässer oder den Kategorien künstliche bzw. erheblich veränderte Oberflächenwasserkörper zuzuordnen160. Anschließend sind die betreffenden Oberflächenwasserkörper gem. Anhang II Nr. 1.1 ii) WRRL innerhalb der Flussgebietseinheit in ihrer Kategorie nach Typen zu unterscheiden, die im anthropogen unbelasteten Zustand eine jeweils charakteristische Lebensgemeinschaft besitzen, wobei für jeden Gewässertyp eine zoologische und botanische Referenzartenliste zu erstellen ist161. Die Gewässertypen sollen die Empfindlichkeit der naturraumtypischen Lebensgemeinschaften gegenüber anthropogenen Einflüssen differenzieren und repräsentieren162. Anschließend erfolgt die Festlegung der typspezifischen Anforderungen gem. Anhang V der WRRL. Dort wird in Nr. 1.1 im Hinblick auf die Einstufung des ökologischen Zustands innerhalb der unterschiedlichen Kategorien von Oberflächengewässern jeweils zwischen drei Qualitätskomponenten differenziert: den biologischen, den hydromorphologischen und den chemisch- und physikalisch-chemischen Bedingungen: Die biologischen Elemente sind durch die Merkmalsgruppen aquatische Flora, Wirbellosenfauna und Fischfauna konkretisiert (vgl. Anhang V Nr. 1.1 WRRL). Maßgeblich sind insoweit die Artenzusammensetzung und -häufigkeit, bei der Fischfauna auch die Altersstruktur (außer bei Übergangsgewässern) und beim Phytoplankton163 die Biomasse (außer bei Flüssen)164. Die in Nr. 1.2 Anhang V WRRL benannten allgemeinen Definitio159

LfUG, Europäische Wasserrahmenrichtlinie (Informationsblatt Nr. 2), 2004,

S. 4. 160 Irmer/v. Keitz, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 112. 161 Irmer/v. Keitz, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 113. 162 Für die Einstufung der Gewässer in Typen können gem. 1.2 des Anhangs II der WRRL alternativ zwei Verfahren genutzt werden, die sich hauptsächlich entweder an Ökoregionen, Höhenlage Einzugsgebietsgröße und Geologie (System A) oder an Höhenlage, geographischer Lage, Einzugsgebietsgröße und Geologie sowie optional z. B. bei Flüssen an Strömungsenergie, Gewässerbreite/-tiefe/-gefälle, morphologischen Strukturen, chemischen Charakteristika, Klima und Niederschlag (System B) orientieren; s. zum Ganzen Irmer/v. Keitz, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 113.

350 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

nen für die biologischen Merkmalsgruppen beinhalten Beschreibungen für ein 5-Klassensystem mit der Abstufung „sehr gut“ (keine oder nur geringfügige Abweichungen vom natürlichen Zustand; Referenzzustand165), „gut“ (geringe Abweichungen vom natürlichen Zustand; Ziel) und „mäßig“ (mäßige Abweichungen vom natürlichen Zustand) mit zusätzlicher Kennzeichnung der beiden unteren Klassen als „unbefriedigend“ und „schlecht“ (Gewässer, deren Zustand schlechter als mäßig ist)166. Um die allgemeinen Vorgaben der Richtlinie umzusetzen, müssen biologische Untersuchungsverfahren für die Gewässertypen in den Flusseinzugsgebieten entwickelt werden, um am Maßstab der natürlichen Referenz die biologische Güte der Gewässer charakterisieren zu können167. Wie für die biologischen Merkmalsgruppen sind in der WRRL auch für hydromorphologische Bedingungen wie „Wasserhaushalt“, „Durchgängigkeit“ und „Morphologie“ Einstufungen für bestimmte Messgrößen vorgesehen, allerdings nur in den sehr guten Status. Die restlichen Kenngrößen werden durch die biologischen Merkmale charakterisiert, d. h. der gute hydromorphologische Status ist dann gegeben, wenn die Biologie zumindest eine gute Qualität aufweist168. Die Hydromorphologie dient somit nur der Auswahl anthropogen unbelasteter Referenzgewässer und wirkt damit für die Bestimmung des ökologischen Status lediglich unterstützend169. Für die chemisch-physikalischen Merkmalsgruppen („allgemeine physikalisch-chemische Messgrößen“, „synthetische Schadstoffe“ und „nichtsynthetische Schadstoffe) sind in Nr. 1.2 Anhang V WRRL ebenfalls Qualitätseinstufungen vorgesehen, allerdings nur in den sehr guten und guten Zustand (in den schlechteren Klassen bestimmt wiederum die Biologie)170. Allerdings wird die ökologische Gewässerqualität hier zusätzlich durch eigene Umweltqualitätsstandards für das Schutzgut „aquatische Lebensgemeinschaften“ definiert, die von den Mitgliedstaaten nach dem Verfahren gem. Nr. 1.2.6 Anhang V WRRL festzulegen sind171. Es handelt sich dabei um Stoffe, die in Flusseinzugsgebieten von Bedeu163

Pflanzlicher Teil der im Wasser treibenden und lebenden Organismen (Plankton); SMUL (Hrsg.), Bericht zur Bestandsaufnahme in Sachsen, 2005, S. 61. 164 Irmer, Acta hydrochim. hydrobiol. 28 (2000), S. 10. 165 Die Referenzbedingungen bilden die Grundlage für die Formulierung der meisten Qualitätsanforderungen der WRRL. Sie beschreiben einen Zustand, an dem die bestehenden Gewässer zu messen sind, Schmalholz, ZfW 2001, S. 80 Fn. 48. 166 Irmer, Acta hydrochim. hydrobiol. 28 (2000), S. 10. 167 Markard/Irmer/Rechenberg, wwt awt 2/2000, S. 46. 168 Markard/Irmer/Rechenberg, wwt awt 2/2000, S. 46. 169 Irmer, Acta hydrochim. hydrobiol. 28 (2000), S. 10; ders., in: LAWA (Hrsg.), EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2001, S. 70. 170 Markard/Irmer/Rechenberg, wwt awt 2/2000, S. 46. 171 Irmer/v. Keitz, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 129 f.; Markard/Irmer/Rechenberg, wwt awt 2/2000, S. 46.

§ 16 Die Umweltziele des Art. 4 WRRL

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tung sind172 und nicht bereits als sog. prioritäre Stoffe in Anhang X der WRRL geregelt sind173. Falls Umweltqualitätsnormen nicht eingehalten werden, ist der ökologische Zustand höchstens mäßig, selbst wenn die biologischen Indikatoren eine höhere Qualität anzeigen174. Zusammenfassend lässt sich somit feststellen, dass im Teil Ökologie diejenigen Referenzbedingungen als Bezugspunkt für die Einstufung der Gewässer gelten, die einen anthropogen weitgehend unbeeinflussten Gewässerzustand charakterisieren (sehr gute Gewässerqualität). Die entsprechenden Standorte, welche die Referenzbedingungen in den einzelnen Gewässertypen repräsentieren, sind dabei nach hydromorphologischen und physikalisch-chemischen Merkmalen auszuwählen175. Die Festlegung der ökologischen Qualität orientiert sich dann in erster Linie an der Gewässerbiologie, da diese die Zusammensetzung der aquatischen Lebensgemeinschaft des jeweiligen Gewässertyps über alle Einflussfaktoren integriert176. Diese spezifische Methode der Standardsetzung bedeutet für die Europäische Gemeinschaft Neuland. Die in Anhang V WRRL durchgeführte Konkretisierung des „guten ökologischen Zustands“ macht sich dabei einen Ansatz zu eigen, der Qualitätsziele als Zustände definiert, die in einem bestimmten Umfang vom anthropogen unbelasteten Zustand abweichen. Eine Folge dieses Konzepts besteht zunächst darin, dass die gemeinschaftlichen Qualitätsanforderungen nicht mehr nur nutzungsbezogen für einzelne Gewässer, sondern nach ökologischen Gesichtspunkten und flächendeckend gelten177. Die Ausweisung von Gewässern, die einer bestimmten Nutzung dienen, entfällt also. Zum anderen hat das Konzept aber auch Folgen für die Ebene, auf der die Quantifizierung der Anforderungen erfolgt: Maßgeblich ist die Abweichung vom unbelasteten Zustand des jeweiligen Gewässers, so dass die Konkretisierung des guten ökologischen Zustands nur für jedes Gewässer gesondert, und damit nicht auf Gemeinschaftsebene, sondern lediglich dezentral erfolgen kann. Im Unterschied zu ihren bisherigen Immissionsrichtlinien verzichtet die Gemeinschaft daher auf eine Quantifizierung der Güteanforderungen zugunsten einer Normierung der dafür he172 Entsprechende Stoffe sind insbesondere in Anhang VIII der WRRL aufgelistet (vgl. Art. 2 Nr. 31 WRRL). 173 Markard/Irmer/Rechenberg, wwt awt 2/2000, S. 46; Irmer, Acta hydrochim. hydrobiol. 28 (2000), S. 11. 174 Irmer/v. Keitz, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 130; BMU (Hrsg.), Die Wasserrahmenrichtlinie, 2004, S. 65. 175 Irmer/Blondzik, in: Bruha/Koch (Hrsg.), Integrierte Gewässerpolitik in Europa, 2001, S. 33. 176 Irmer/v. Keitz, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 122. 177 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 164.

352 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

ranzuziehenden Kriterien und überlässt die Standardsetzung i. e. S. den Mitgliedstaaten178. Es kann nicht Gegenstand einer juristischen Arbeit sein, im Einzelnen auf die in Anhang V aufgeführten naturwissenschaftlich bestimmten Kriterien eingehen179. Immerhin lässt sich feststellen, dass die dort aufgeführten Kriterien die zunächst sehr vagen Begriffe des sehr guten, guten oder befriedigendenden Gewässerzustands zu konkretisieren vermögen180. Allerdings werden keine genauen Grenzwerte genannt, so dass die Begriffsbestimmungen an Hand der vorgegebenen Terminologie letztlich unscharf bleiben und den mitgliedsstaatlichen Behörden einen nicht unerheblichen Einschätzungsspielraum belassen181. Es ist somit nicht auszuschließen, dass eine nachträgliche Überprüfung der Umsetzung der Richtlinie im Hinblick auf die Erreichung des guten Zustands der Gewässer größere Schwierigkeiten bereitet182. Inwieweit das komplexe Verfahren zur Ermittlung der Gewässergüte tatsächlich zu einer Harmonisierung des europäischen Gewässerzustandes führen wird, bleibt deshalb abzuwarten183. b) Gutes ökologisches Potenzial Für künstliche oder erheblich veränderte Wasserkörper gilt gem. Art. 4 I a) iii) WRRL nicht das Qualitätsziel eines „guten Zustands“, sondern dasjenige eines guten ökologischen Potenzials. Diese Gewässer nehmen somit eine Sonderstellung hinsichtlich der zu erreichenden Wassergüte ein. aa) Künstliche und erheblich veränderte Wasserkörper Künstliche Gewässerkörper sind gem. Art. 2 Nr. 8 WRRL von Menschenhand geschaffene Oberflächenwasserkörper. Voraussetzung hierfür ist, dass sich an dieser Stelle vorher noch kein Wasserkörper befunden hat184. 178

Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 164. Ausführlich hierzu Irmer/v. Keitz, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 109 ff. 180 Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 32 f. 181 Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 33; Caspar, DÖV 2001, S. 532. 182 Caspar, DÖV 2001, S. 532; Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 33; Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 165. 183 Caspar, DÖV 2001, S. 532. 184 Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 25b WHG, Rn. 23. 179

§ 16 Die Umweltziele des Art. 4 WRRL

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Zu den künstlichen Gewässerkörpern zählen demnach zum einen für bestimmte Nutzungen errichtete Oberflächenwasserkörper (z. B. Kanäle für die Schifffahrt oder Wasserkraftnutzung sowie Hafenbecken und Talsperren), zum anderen aber auch durch bestimmte Nutzungen entstandene Gewässer (z. B. Baggerseen, Tagebaurestseen)185. Dabei darf ein künstlicher Wasserkörper weder durch die direkte physikalische Veränderung noch durch eine Verlegung oder Begradigung eines bestehenden Wasserkörpers entstanden sein186. Falls dies der Fall war, kann der betreffende Wasserkörper aber ggf. als erheblich veränderter Wasserkörper eingestuft werden. Bei erheblich veränderten Gewässerkörpern handelt es sich nach der Legaldefinition des Art. 2 Nr. 9 WRRL um Oberflächenwasserkörper, die durch physikalische Veränderungen durch den Menschen in ihrem Wesen erheblich verändert wurden, „entsprechend der Ausweisung durch den Mitgliedstaat gem. Anhang II“. Insofern ist wohl allerdings bei der Endfassung der Richtlinie übersehen worden, dass die Ausweisungskriterien der Nr. 1.6 des Anhangs II WRRL gestrichen und stattdessen in Art. 4 WRRL aufgenommen wurden187. Die in Art. 2 Nr. 9 WRRL nach wie vor bestehende Verweisung auf Anhang II WRRL kann sich deshalb nur auf Art. 4 III WRRL beziehen188. Gem. Art. 4 III WRRL können die Mitgliedstaaten einen Oberflächenwasserkörper als künstlich oder erheblich verändert einstufen (die Voraussetzung gesonderter Ausweisung gilt somit auch für künstliche Gewässer), wenn die zum Erreichen eines guten ökologischen Zustands erforderlichen Änderungen der hydromorphologischen Merkmale dieses Körpers signifikante negative Auswirkungen auf die Umwelt im weiteren Sinne [III a) i)], die Schifffahrt, einschließlich der Hafenanlagen, oder die Freizeitnutzung [III a) ii)], die Tätigkeiten, zu deren Zweck das Wasser gespeichert wird, wie die Trinkwassererzeugung, Stromerzeugung oder Bewässerung [III a) iii)], die Wasserregulierung, den Schutz vor Überflutungen, die Landentwässerung [III a) iv)] oder andere ebenso wichtige Entwicklungstätigkeiten des Menschen [III a) v)] hätten. Das Kriterium der signifikanten negativen Auswirkungen konnte dabei erst auf nachdrückliches Drängen des Europäischen Parlaments im Vermittlungsverfahren durchgesetzt werden; nach den bisherigen Entwürfen zur WRRL war die entsprechende Ausweisung eines Gewässers nahezu unbegrenzt möglich189. Im Gegensatz zur bloßen „nach185 Binder, in: Dohmann (Hrsg.), 33. Essener Tagung, 2000, S. 5/4; Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 25b WHG, Rn. 23; Irmer, in: Erbguth (Hrsg.), Änderungsbedarf im Wasserrecht, 2003, S. 61. 186 Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 25b WHG, Rn. 23. 187 Schmalholz, ZfW 2001, S. 76 Fn. 37. 188 Schmalholz, ZfW 2001, S. 76.

354 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

teiligen Veränderung“, die bereits vorliegt, wenn sich die angesprochenen Eigenschaften im Vergleich zur vorherigen Situation – auch nur graduell im geringsten Ausmaß – verschlechtern, ist mit dem Signifikanz-Kriterium nun eine gewisse Intensität190 bzw. Bedeutsamkeit191 der Veränderungen verbunden. Setzt man Signifikanz allerdings schon unterhalb der Erheblichkeitsschwelle an192, so ist im Ergebnis zweifelhaft, inwieweit hierdurch der Ausweisung eines Wasserkörpers nach Art. 4 III a) WRRL tatsächlich Grenzen gezogen werden193. Diese Zweifel treffen auch im Hinblick auf die – ebenfalls im Rahmen des Vermittlungsverfahrens verschärfte – Generalklausel des Art. 4 III a) v) WRRL zu, wonach die Änderungen der hydromorphologischen Merkmale zur Erreichung eines guten Zustands der Oberflächengewässer nunmehr signifikant negative Auswirkungen auf „andere ebenso wichtige nachhaltige194 Entwicklungstätigkeiten des Menschen“ haben müssen. Denn wenn diese anderen Entwicklungstätigkeiten nur ebenso wichtig zu sein brauchen wie beispielsweise die in Art. 4 III a) ii) WRRL aufgeführte Freizeitnutzung, so können die Anforderungen für die Abweichung vom Umweltziel des guten Zustands i. S. von Art. 4 III a) ii) WRRL nicht allzu hoch gesteckt sein195. Zusätzlich knüpft Art. 4 III b) WRRL eine entsprechende Einstufung an die kumulativ196 geltende Bedingung, dass die nutzbringenden Ziele, denen die künstlichen oder veränderten Merkmale des Wasserkörpers dienen, nicht 189

Danach stand die Ausweisung im eigenen Ermessen der Mitgliedstaaten, für das auf Grund der Interpretationsweite und Unbestimmtheit der Tatbestandsmerkmale in Anhang II Nr. 1.6 sowie der damaligen tautologischen Zirkeldefinition des Art. 2. Nr. 9 WRRL („Ein erheblich veränderter Wasserkörper ist ein Oberflächenwasserkörper, der durch physikalische Veränderungen durch den Menschen in seinem Wesen erheblich verändert wurde und von den Mitgliedstaaten entsprechend Anhang II ausgewiesen ist“) keine ausreichende Ermessensbindung vorgesehen war. Die Mitgliedstaaten hätten danach faktisch alle durch Ausbaumaßnahmen in ihrer Gestalt veränderten Fließgewässer, d. h. sämtliche Flussläufe in Kulturlandschaften, der Kategorie „erheblich verändert“ zuordnen können; vgl. zum Ganzen Schmalholz, ZfW 2001, S. 76. 190 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 25b, Rn. 10. 191 Kotulla, WHG, 2003, § 25b, Rn. 15. 192 So BT-Drs. 14/7755, S. 18. 193 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 25b, Rn. 10; Knopp, in: Sieder/Zeitler/ Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 25b WHG, Rn. 12; Schmalholz, ZfW 2001, S. 77. 194 Der Begriff der Nachhaltigkeit ist hier nicht i. S. eines übergreifenden Konzepts (s. o. § 4 II. und § 5), sondern lediglich als Ausschluss von Bagatellfällen zu verstehen; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 25b, Rn. 16. 195 Schmalholz, ZfW 2001, S. 77. 196 Vgl. Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 25b WHG, Rn. 11.

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aus Gründen der technischen Durchführbarkeit oder auf Grund unverhältnismäßiger Kosten in sinnvoller Weise durch andere Mittel, die eine wesentlich bessere Umweltoption darstellen, erreicht werden können. Die Einstufung als künstliches oder erheblich verändertes Gewässer ist damit gegenüber vergleichbaren Maßnahmen grundsätzlich subsidiär. Notwendig ist deshalb eine vergleichende Betrachtung der Frage, ob die in Art. 4 III a) WRRL genannten Ziele nicht durch andere, gleich effektive und technisch durchführbare, aber wesentlich weniger intensiv auf die Umwelt einwirkende und damit mit dem Ziel eines guten ökologischen Zustands zu vereinbarende Maßnahmen erreicht werden können197. Im Ergebnis wird damit eine zweistufige Einordnung vorgegeben: Nur Gewässer, die zunächst auf Grund ihrer tatsächlichen Eigenschaften die begrifflichen Anforderungen des Art. 2 Nr. 8 und 9 WRRL erfüllen, kommen sodann für eine Einstufung nach den weiteren Voraussetzungen des Art. 4 III WRRL überhaupt in Frage198. Das bedeutet, dass in der gesetzlichen Regelungssystematik ein von Menschenhand geschaffener und damit ohne weiteres unter Art. 2 Nr. 8 WRRL zu subsumierender Kanal durchaus unter die Umweltziele des Art. 4 a) ii) WRRL (guter ökologischer Zustand) fallen kann, wenn er nicht entsprechend als künstlich eingestuft wurde199. bb) Umweltqualitätsziel eines „guten ökologischen Potenzials“ Bei dem für künstliche oder als stark verändert ausgewiesene Wasserkörper zu erreichenden Umweltqualitätsziel handelt es sich gem. Art. 4 I a) iii) WRRL um das eines „guten ökologischen Potenzials“. Im Gegensatz zum guten ökologischen Zustand bezeichnet das gute ökologische Potenzial nur eine bestimmte Entwicklungsfähigkeit des Gewässers200. Ökologisch nachteilige Verhältnisse, die als nicht umkehrbar eingeschätzt werden, können bei der Ermittlung der Referenzbedingungen Berücksichtigung finden. Das Vorliegen eines guten ökologischen Potenzials bemisst sich entsprechend der Einstufung nach den einschlägigen Bestimmungen des Anhangs V, Art. 2 Nr. 23 WRRL201. In Nr. 1.2.5 des Anhangs V der WRRL erfolgt eine Kennzeichnung der künstlichen und erheblich veränderten Gewässer durch das „höchste“ (Klasse 1), das „gute“ (Klasse 2) und das „mäßige“ ökologische Potenzial (Klasse 3). Wie sich aus der Tabelle Nr. 1.2.5 des Anhangs V der WRRL ergibt, weicht das Umweltqualitätsziel eines „guten ökologischen Potenzials“ geringfügig von dem Zustand des „höchsten öko197 198 199 200 201

Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 25b, Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 25b, Vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 25b, Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 25b,

Rn. 17. Rn. 7. 25b, Rn. 7. Rn. 3. Rn. 3.

356 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

logischen Potenzials“ ab, der als Referenzzustand für die künstlichen und erheblich veränderten Gewässer gilt202. Das höchste ökologische Potenzial wird in Nr. 1.2.5 des Anhangs V der WRRL wiederum nach hydromorphologischen, physikalisch-chemischen und biologischen Festlegungen bestimmt. Die Hydromorphologie ist im Rahmen des höchsten ökologischen Potenzials so beschaffen, dass nach Durchführung aller Verbesserungsmaßnahmen eine bestmögliche ökologische Durchgängigkeit im Hinblick auf Wanderungen der Fauna und geeignete Laich- und Aufzuchthabitate sichergestellt sind. Die physikalisch-chemischen Kenngrößen entsprechen dabei „vollständig oder nahezu vollständig“ den Referenzbedingungen des Gewässertyps, der am ehesten mit dem künstlichen oder erheblich veränderten Gewässer vergleichbar ist. Die biologischen Komponenten stimmen ebenfalls „soweit wie möglich“ mit dem Referenzzustand eines natürlichen Gewässers überein, allerdings unter Berücksichtigung der erfolgten hydromorphologischen Veränderungen, die zur Ausweisung als künstlich oder erheblich verändert geführt haben. Bei der Wahl des Referenzgewässers ist also derjenige Gewässertyp zu berücksichtigen, der dem veränderten Gewässer am nächsten kommt203. Ein zu einer Talsperre aufgestautes Fließgewässer beispielsweise, das als erheblich verändert ausgewiesen wurde, wäre demnach mit den Merkmalen eines Sees zu beschreiben und ökologisch zu klassifizieren204. Für die ausweisende Behörde bedeutet dies, dass der Typ und die biozönotischen Charakteristika sowie die Verbesserungsmaßnahmen für jedes als erheblich veränderte Gewässer sowohl im Rahmen der biologischen als auch der hydromorphologischen Qualitätskomponenten unter Berücksichtigung der bestehenden Nutzungen individuell erarbeitet werden müssen205. Lediglich im Rahmen der physikalisch-chemischen Qualitätskomponenten ist allein die Abwesenheit störender Einflüsse für die Qualifizierung des höchsten ökologischen Potenzials maßgeblich. Die Bewertung des „ökologischen Potenzials“ künstlicher oder erheblich veränderter Wasserkörper orientiert sich damit am Sanierungspotenzial und nicht, wie beim Umweltqualitätsziel des „guten Zustands“, am Natürlichkeitsgrad des Gewässers206. Daher kann das „gute ökologische 202 Das gute ökologische Potenzial der hydromorphologischen und chemisch-physikalischen Kenngrößen wird wie bei den natürlichen bzw. nicht erheblich beeinflussten Oberflächengewässern durch die biologischen Merkmale charakterisiert. 203 Irmer/v. Keitz, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 78. 204 Irmer/v. Keitz, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 78. 205 Binder, in: Dohmann (Hrsg.), 33. Essener Tagung, 2000, S. 5/13; Irmer/ v. Keitz, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 78.

§ 16 Die Umweltziele des Art. 4 WRRL

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Potenzial“ erheblich von der Einstufung des „guten ökologischen Zustands“ natürlicher Oberflächengewässer nach unten abweichen207. Während künstliche und natürliche Wasserkörper relativ einfach zu unterscheiden sind, fällt es im Einzelfall schwer, aus der Gruppe der natürlichen Gewässer oder Gewässerabschnitte solche zu identifizieren, die als „erheblich verändert“ ausgewiesen werden müssen. Da die für die Ausweisungsentscheidung in der WRRL formulierten Vorgaben weit interpretierbar sind, kann sowohl die Ausweisung dieser Gewässer als auch die Bestimmung des höchsten ökologischen Potenzials als Referenz auf Grund fehlender Regelungen uneinheitlich erfolgen208. Die damit einhergehende Flexibilität der Mitgliedstaaten bei der Ausweisung oberirdischer Gewässer kann dazu führen, dass in Europa unterschiedliche ökologische Schutzniveaus formuliert werden209. Um dennoch für eine gewisse Vergleichbarkeit zu sorgen, wurde auf europäischer Ebene durch eine sog. CIS (Common Implementation Strategy) – Arbeitsgruppe, eine Leitlinie zur Identifizierung und Ausweisung von erheblich veränderten und künstlichen Gewässern“ erarbeitet210. Danach werden – mit Ausnahme der künstlichen Gewässer – zunächst alle Gewässer als natürlich eingestuft und bewertet, d. h. ihre Referenz ist grundsätzlich der sehr gute ökologische Zustand211. In einem zweiten Schritt erfolgt dann die vorläufige Identifizierung erheblich veränderter Gewässer, die bis zum Jahr 2004 abgeschlossen sein musste212. Dabei ist zunächst festzustellen, ob die Hydromorphologie des Gewässers erheblich verändert ist, um geringfügig veränderte Gewässer aus der weiteren Betrachtung auszuschließen. Sodann muss geprüft werden, ob diese erheblichen Veränderungen tatsächlich „signifikant“ sind und das Erreichen des guten ökologi206 Irmer/v. Keitz, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 77; Schmalholz, ZfW 2001, S. 80. 207 Binder, in: Dohmann (Hrsg.), 33. Essener Tagung, 2000, S. 5/13; Czychowski/ Reinhardt, WHG, 2003, § 25b, Rn. 3; Irmer, in: LAWA (Hrsg.), EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2001, S. 75. 208 Irmer/v. Keitz, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 79. 209 Irmer/v. Keitz, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 79. 210 Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 25b WHG, Rn. 11. Praxisbeispiele für die vorläufige Einstufung sowie für die Ausweisung befinden sich in einer Synthese aus 34 europäischen Fallstudien sowie einer Beispielssammlung (sog. Toolbox). Die wichtigsten sind in der „Arbeitshilfe“ der LAWA zur Umsetzung der WRRL als themenbezogenes Arbeitspapier Nr. 4 enthalten und in das von der Bundesanstalt für Gewässerkunde betriebene Internetportal „WasserBLIcK“ (http://www.wasserblick.net) eingestellt worden. 211 Irmer/v. Keitz, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 80. 212 Irmer, in: Erbguth (Hrsg.), Änderungsbedarf im Wasserrecht, 2003, S. 61.

358 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

schen Zustands gefährden. Nach Implementierung der ökologischen Überwachungsverfahren, d. h. ab dem Jahr 2007, ist festzustellen, wie groß die Abweichung vom guten ökologischen Zustand zur Zeit ist. Fällt diese Bewertung schlechter als gut aus, muss geprüft werden, welche Veränderungen der hydromorphologischen Eigenschaften des Gewässers zur Erreichung des guten ökologischen Zustands erforderlich sind, ob diese erforderlichen Veränderungen signifikante negative Auswirkungen auf die Nutzungen haben und ob die Nutzungen nicht durch andere wesentlich bessere Umweltoptionen i. S. von Art. 4 III b) WRRL erreicht werden können213. Sowohl bei der Beurteilung der Signifikanz der negativen Auswirkungen auf die Umweltnutzung als auch möglicher besserer Umweltoptionen spielen KostenNutzen-Betrachtungen eine wichtige Rolle214. Die endgültige und rechtlich wirksame Ausweisung von Gewässern als „erheblich verändert“, hat bis spätestens 2009 im Rahmen der Erstellung des Bewirtschaftungsplans zu erfolgen215. cc) Spielräume bei der Ausweisung erheblich veränderter Gewässer Die Ausweisung künstlicher Wasserkörper und das damit verbundene schwächere Umweltqualitätsziel eines guten ökologischen Potenzials findet weitgehend Zustimmung, da der gewässertypische natürliche Bezugsmaßstab für die ökologische Bewertung insoweit ungeeignet ist216. Demgegenüber ist die Ausweisungsregelung für erheblich veränderte Wasserkörper zur Aufrechterhaltung bestimmter, mehr oder weniger starker hydromorphologische Eingriffe zu Lasten des ökologischen Zustands bei bestimmten Gewässernutzungen teilweise auf erhebliche Kritik gestoßen, da die Ausweisung nicht auf naturwissenschaftlich-ökologische, sondern vielmehr auf sozioökonomische Gründe gestützt wird217. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Ist-Zustand (erhebliche Veränderung) über die potentiell ökonomischen Folgen einer noch vorzunehmenden Verhaltensänderung (Auswirkun213

LAWA, Arbeitshilfe, 2003, Teil 4, Themenbezogenes Arbeitspapier Nr. 4, S. 6. Irmer/v. Keitz, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 80, unter Verweis auf Interwies/Kraemer, ebda., S. 263 ff. 215 Vgl. LAWA, Arbeitshilfe, 2003, Teil 4, Themenbezogenes Arbeitspapier Nr. 4, S. 6; Irmer/v. Keitz, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 82. 216 Dörr/Schmalholz, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 54; Irmer/v. Keitz, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 76. 217 Schmalholz, ZfW 2001, S. 78. Nach Irmer, in: LAWA (Hrsg.), EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2001, S. 76 können damit negative Effekte auf die Gewässerökologie, wie sie z. B. die Schifffahrt verursacht, „bereits auf der Ebene der Bewertung ausgeblendet werden“. 214

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gen der Zielerreichung des Art. 4 I WRRL auf die wirtschaftliche Gewässernutzung) definiert wird, was zu einer systemwidrigen Verquickung von Ausweisungs- und sozioökonomischen Kriterien führt218. In der Tat wäre es wohl systematisch überzeugender gewesen, eine Ausweisung als „erheblich verändert“ etwa davon abhängig zu machen, dass das Gewässer unter Zugrundelegung streng naturwissenschaftlicher (und damit abwägungsfreier) Kriterien aus gewässerökologischer Sicht (z. B. im Hinblick auf die Gewässermorphologie, die Durchgängigkeit oder den Wasserhaushalt) stark verändert ist219. Denn erst wenn diese Frage bejaht werden kann, ist es überhaupt sinnvoll zu klären, ob das eigentliche, strenge Qualitätsziel des Art. 4 I WRRL realistischerweise noch erreicht werden kann oder ob der Verzicht auf wichtige Nutzungen der Fließgewässer dem Mitgliedstaat ggf. nicht zumutbar ist bzw. die für die Erfüllung des guten Zustands aufzuwendenden Finanzmittel außer Verhältnis zu dem ökologischen Nutzen stehen220. Hinzu kommt, dass es sich auch bei dem Referenzzustand des „höchsten ökologischen Potenzials“ um keine naturwissenschaftlich feststehende Größe, sondern um einen Bezugsrahmen handelt, der extrem variabel und flexibel ausgestaltet ist221. So wird das höchste ökologische Potenzial gem. Nr. 1.2.5 des Anhangs V der WRRL im Hinblick auf die hydromorphologischen Komponenten dahingehend definiert, dass von den Mitgliedstaaten alle Gegenmaßnahmen getroffen worden sind, um die beste Annäherung an die ökologische Durchgängigkeit sicherzustellen. Demzufolge können die Mitgliedstaaten nach eigenem Ermessen festlegen, was sie unter entsprechenden praktikablen „Gegenmaßnahmen“ verstehen möchten und wie hoch sie die Messlatte für die Machbarkeit von Verbesserungsmaßnahmen anlegen, etwa welche finanziellen Mittel sie beispielsweise für funktionsfähige Fischtreppen oder Deichrückverlegungen auszugeben bereit sind222. Über das Niveau des Gewässerschutzes bei stark veränderten Gewässern entscheidet somit nahezu ausschließlich die Haltung des jeweiligen Mitgliedsstaates zum Gewässerschutz, wodurch die Gefahr einer allzu großzügigen Ausweisung erheblich veränderter Wasserkörper besteht223. Um die Be218

Schmalholz, ZfW 2001, S. 78. So der Vorschlag von Schmalholz, ZfW 2001, S. 78. 220 Schmalholz, ZfW 2001, S. 78. 221 v. Keitz, in: Dohmann (Hrsg.), 33. Essener Tagung, 2000, S. 3/3; Barth, in: Dohmann (Hrsg.), 32. Essener Tagung, 1999, S. 7/4 f.; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 25b, Rn. 3; Schmalholz, ZfW 2001, S. 80. 222 Barth, in: Dohmann (Hrsg.), 32. Essener Tagung, 1999, S. 7/5; Schmalholz, ZfW 2001, S. 80. 223 Barth, in: Dohmann (Hrsg.), 32. Essener Tagung, 1999, S. 7/4; Dörr/Schmalholz, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 55. 219

360 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

mühungen zur Schaffung eines EU-einheitlichen Niveaus im Gewässerschutz nicht zu gefährden, ist deshalb von den Ausweisungsregelungen des Art. 4 III WRRL nur restriktiv Gebrauch zu machen224. Dies gilt auch dann, wenn man unter Hinweis auf die Tatsache, dass oberirdische Gewässer heute kaum mehr in einem wirklichen Naturzustand anzutreffen sind, natürliche und künstliche bzw. erheblich veränderte Gewässerkörper nicht in einem Regel-Ausnahme-Verhältnis sieht225, sondern als zwei selbständig nebeneinander stehende Gewässerkategorien begreift226. Denn es wäre wohl kaum mit Sinn und Zweck der WRRL vereinbar, nahezu alle Gewässer als erheblich verändert auszuweisen, da auf diese Weise die nach Art. 4 I WRRL grundsätzlich maßgeblichen227, strengen Umweltziele letztlich unterlaufen bzw. umgangen würden228. Für eine restriktive Auslegung spricht auch, dass die jetzige Fassung des Art. 4 III WRRL erst auf Drängen des Europäischen Parlaments zustande gekommen ist, um die äußerst weit gefassten Voraussetzungen für die Einstufung als erheblich verändertes Gewässer einzuschränken229. Vorrangig sollte deshalb immer versucht werden, Verbesserungen zunächst über eine schrittweise Anhebung des Gewässerschutzniveaus zu erzielen und hierfür ggf. Umsetzungsfristen zu verlängern230. 224 Dörr/Schmalholz, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 55. 225 So Rechenberg/Seidel, WuA 9/2002, S. 37 f.; Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 33; Kotulla, WHG, 2003, § 25b, Rn. 2; Schmalholz, ZfW 2001, S. 76; Dörr/Schmalholz, in: v. Keitz/ Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 54; Irmer, in: LAWA (Hrsg.), EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2001, S. 76; Binder, in: Dohmann (Hrsg.), 33. Essener Tagung, 2000, S. 5/7. 226 So Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, Art. 25b Rn. 2; Reinhardt, NuR 2004, S. 85 f.; ihm folgend Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 25a WHG, Rn. 7; anders noch ders., ZfW 2003, S. 7; Hasche, ZfW 2004, S. 156 f.; Piens, WuA 1-2/2004, S. 48; Ginzky, ZUR 2005, S. 516 f. 227 Bei dem Ziel des guten Zustands handelt es sich um das Leitbild der WRRL für Oberflächengewässer. Dies ergibt sich u. a. aus dem 26. Erwägungsgrund der WRRL, wonach die Mitgliedstaaten bestrebt sein sollen, einen zumindest „guten Zustand“ ihrer Oberflächengewässer zu erreichen sowie aus dem 31. Erwägungsgrund, der die Mitgliedstaaten nur „gegebenenfalls“ ermächtigt, bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen weniger strenge Umweltziele auszuweisen; Rechenberg/Seidel, WuA 9/2002, S. 38. 228 Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 33. 229 Den Mitgliedstaaten sollte eine entsprechende Ausweisung nur noch unter bestimmten und eng begrenzten Voraussetzungen möglich sein; Rechenberg/Seidel, WuA 9/2002, S. 36. 230 Dörr/Schmalholz, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 55.

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c) Guter chemischer Zustand Ergänzend zum guten ökologischen Zustand bzw. zum guten ökologischen Potenzial setzt Art. 4 I a) ii) i. V. m. Art. 2 Nr. 18 WRRL auch einen guten chemischen Zustand des betreffenden Oberflächenwasserkörpers voraus. Dies gilt sowohl für natürliche als auch für künstliche bzw. erheblich veränderte Gewässer231. Unter einem „guten chemischen Zustand“ ist nach der Legaldefinition des Art. 2 Nr. 24 WRRL derjenige Zustand zu verstehen, den ein Oberflächenwasserkörper erreicht hat, in dem kein Schadstoff in einer höheren Konzentration als den Umweltqualitätsnormen vorkommt, die in Anhang IX und gem. Art. 16 VII WRRL oder in anderen einschlägigen Rechtsvorschriften der Gemeinschaft auf Gemeinschaftsebene festgelegt sind. Anhang IX der WRRL nimmt dabei explizit auf die „Qualitätsziele“ der dort genannten Tochterrichtlinien zur Richtlinie 76/464/EWG Bezug, namentlich die Richtlinien über Quecksilberableitungen (82/176/EWG)232 und Cadmiumableitungen (83/513/EWG)233, die Quecksilberrichtlinie (84/156/EWG)234, die Richtlinie über Ableitungen von Hexachlorcyclohexan (84/491/EWG)235 und die Richtlinie über die Ableitung bestimmter gefährlicher Stoffe (86/280/EWG)236. Das Merkmal des chemischen Zustands beschreibt somit die qualitativen Eigenschaften des Wasserdargebots an Hand der einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Grenzwerte237. Bei den in Art. 2 Nr. 24 WRRL erwähnten Umweltqualitätsnormen i. S. des Art. 16 VII WRRL handelt es sich um solche für die Konzentration der prioritären Stoffe in Oberflächenwasser, Sedimenten oder Biota. Prioritäre Stoffe sind gem. Art. 2 Nr. 30 WRRL solche, die nach Art. 16 II WRRL bestimmt werden und in Anhang X aufgeführt sind238. Zu diesen Stoffen gehören auch die prioritären gefährlichen Stoffe239, die nach Art. 16 III und VI WRRL definiert werden240. Mit Entscheidung Nr. 2455/2001/EG 231

Barth, in: Dohmann (Hrsg.), 32. Essener Tagung, 1999, S. 7/2. ABl. 1982, L 81, S. 29. 233 ABl. 1983, L 291, S. 1. 234 ABl. 1984, L 74, S. 49. 235 ABl. 1984, L 274, S. 11. 236 ABl. 1986, L 181, S. 16. 237 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 25a, Rn. 7. 238 Der Begriff der prioritären Stoffe ist ein Kunstwort des Gemeinschaftsrechts, dessen Inhalt sich nicht isoliert erschließt, sondern erst kraft expliziter dezisionärer Ausfüllung die beabsichtigte Form gewinnt; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 25a, Rn. 18. 239 Unter gefährlichen Stoffen sind gem. Art. 2 Nr. 29 WRRL Stoffe oder Gruppen von Stoffen zu verstehen, die toxisch, persistent und bioakkumulierbar sind, und sonstige Stoffe oder Gruppen von Stoffen, die in ähnlichem Maße Anlass zu Besorgnis geben. 232

362 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2001241 wurde auf Vorschlag der EU-Kommission eine entsprechende Liste von insgesamt 33 prioritären bzw. prioritären gefährlichen Stoffen festgelegt, die gem. Art. 16 XI WRRL zugleich als Anhang X der WRRL fungiert. Diese tritt gem. Art. 2 der Entscheidung an die Stelle der Liste, die in der Mitteilung der Kommission an den Rat vom 22. Juni 1982 über die gefährlichen Stoffe im Sinne der Liste I der Richtlinie 76/464/EWG242 enthalten ist. Die hierin enthaltenen prioritären bzw. prioritären gefährlichen Stoffe ersetzen damit die Stoffe der Liste I der Gewässerschutzrichtlinie 76/464/EWG und dienen dem Schutz sowohl der aquatischen Lebensgemeinschaften als auch der menschlichen Gesundheit243. Für diese Stoffe muss die Kommission innerhalb von zwei Jahren nach Aufnahme in die Liste Qualitätsnormen unterbreiten, worüber wiederum der Rat und das Europäische Parlament entscheiden, Art. 16 VIII WRRL. Obwohl die Zwei-Jahresfrist inzwischen abgelaufen ist, hat die Kommission bis jetzt noch keinen entsprechenden Vorschlag vorgelegt. Sobald man sich jedoch auf einheitliche Qualitätsnormen geeinigt hat, sind die Mitgliedstaaten gem. Nr. 1.4.3 des Anhangs V WRRL aufgefordert, die chemische Qualität ihrer Gewässer an Hand dieser Standards festzustellen und in Form einer Karte darzustellen244. Wenn sechs Jahre nach Inkrafttreten der WRRL und danach jeweils fünf Jahre nach Aufnahme eines Stoffes in die Prioritätenliste über die Umweltqualitätsnormen hinsichtlich der einzelnen Stoffe auf Gemeinschaftsebene keine Übereinstimmung herzustellen ist, müssen die Mitgliedstaaten eigene Standards festlegen, Art. 16 VIII WRRL. Neben den Umweltqualitätsnormen der Tochterrichtlinien zur Gewässerschutzrichtlinie 76/464/EWG (Anhang IX WRRL) und den noch festzulegenden Umweltqualitätsnormen für die prioritären Stoffe (Anhang X WRRL) wird der chemische Zustand schließlich auch durch andere ebenfalls einschlägige Rechtsvorschriften i. S. von Art. 2 Nr. 24 WRRL bestimmt. Hier wird der in der Nitratrichtlinie für Binnengewässer festgelegte Nitrat-Wert von 50 mg/l genannt245, wobei dieser allerdings genau genommen nicht i. S. einer strikt einzuhaltenden Qualitätsnorm zu verstehen ist246. 240

Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 25a, Rn. 18. ABl. 2001, L 331, S. 1 ff. 242 ABl. 1982, C 176, S. 3. 243 Irmer, in: Hessisches Ministerium für Umwelt (Hrsg.), Europas Wasser, 2000, S. 35; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 25a, Rn. 7. 244 Für den chemischen Status erfolgt eine einfache Einstufung und Kartendarstellung mit punktförmigen Farbmarkierungen an den betreffenden Messstellen (blau für die Einstufung des chemischen Zustands als gut, rot für die Einstufung des chemischen Zustands als nicht gut), vgl. Nr. 1.4.3 des Anhangs V der WRRL. 245 Irmer/v. Keitz, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 138. 241

§ 16 Die Umweltziele des Art. 4 WRRL

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II. Die Umweltziele für den Schutz des Grundwassers, Art. 4 I b) WRRL Ebenso wie für die Oberflächengewässer legt die WRRL auch bestimmte Umweltziele für das Grundwasser fest. Zunächst haben die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen durchzuführen, um eine Verschlechterung des Zustands aller Grundwasserkörper, d. h. jeweils abgegrenzter Grundwasservolumina innerhalb eines oder mehrerer Grundwasserleiter247, zu verhindern, Art. 4 I b) i) WRRL (Verschlechterungsverbot). Sodann legt Art. 4 I a) ii) WRRL den Mitgliedstaaten den Schutz, die Verbesserung und die Sanierung aller Grundwasserkörper sowie die Gewährleistung eines Gleichgewichts zwischen Grundwasserentnahme und -neubildung auf, mit dem Ziel, spätestens 15 Jahre nach Inkrafttreten der WRRL einen guten Zustand des Grundwassers zu erreichen. Dabei beschränkt sich die Einstufung – anders als bei den Oberflächengewässern – auf die Kategorien „gut“ und „schlecht“ (vgl. Anhang V Nr. 2.2.4). Schließlich enthält Art. 4 I b) iii) WRRL das Ziel der sog. Trendumkehr, wonach die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen durchzuführen haben, um alle signifikanten und anhaltenden Trends einer Steigerung der Konzentrationen von Schadstoffen auf Grund der Auswirkungen menschlicher Tätigkeiten umzukehren und so die Verschmutzung des Grundwassers schrittweise zu reduzieren. Die genannten Anforderungen an das Grundwasser sollen im Folgenden näher untersucht werden. 1. Verschlechterungsverbot Nach dem Verschlechterungsverbot des Art. 4 I b) i) WRRL ist eine nachteilige Veränderung des Grundwasserzustands zu vermeiden. Das Verbot der nachteiligen Veränderung entspricht dabei seiner Struktur nach der entsprechenden Regelung für die oberirdischen Gewässer, ist inhaltlich jedoch auf den guten mengenmäßigen und chemischen Zustand des Grundwassers bezogen248. Eine Verschlechterung liegt somit – parallel zur Argumentation im Bereich der Oberflächengewässer (vgl. oben § 16 I. 1.) – nur bei Absinken des Qualitätsniveaus von einem besseren in einen schlechteren Zustands vor249. Eine andere Auslegung ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass Grundwasser nur in die Kategorien „gut“ und „schlecht“ unterschieden wird, womit die Qualitätsstufe „guter Zustand“ – im Gegensatz 246

s. hierzu bereits oben § 13 IV. 1. Vgl. Art. 2 Nr. 12 WRRL. 248 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 33a, Rn. 6. 249 Seidel/Rechenberg, ZUR 2004, S. 215; Rechenberg/Seidel, WuA 10/2002, S. 48 ff.; a. A. Jedlitschka, WuA 11-12/2002, S. 49 f. 247

364 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

zum Oberflächengewässerbereich, wo schon geringfügige Verschlechterungen häufig zu einer Änderung der Zustandsklasse führen – eine sehr große Bandbreite von Werten umfasst250. Denn zur Kompensation für die fehlende Differenziertheit der Güteklassen wurde im Zuge des Rechtssetzungsverfahrens in die WRRL die Verpflichtung, alle signifikanten und anhaltenden Trends einer Steigerung der Schadstoffkonzentrationen umzukehren, aufgenommen. Wenn nun aber Art. 4 I b) i) WRRL bereits ein umfassendes Verschlechterungsverbot i. S. des status quo251 enthielte, bedürfte es dieser Verpflichtung zur Trendumkehr nicht mehr, da jeder signifikante und anhaltende Trend einer Steigerung der Konzentration von Schadstoffen immer zu einer Verschlechterung der Grundwasserqualität führt, die nach dieser Auslegung generell verboten sein müsste252. Die Regelung zur Trendumkehr hat deshalb nur dann Sinn, wenn man das Verschlechterungsverbot so versteht, dass der gute Zustand nicht beseitigt werden darf253. Da wie im Rahmen der Oberflächengewässer auch im Bereich des Grundwassers keine Frist für die Einhaltung des Verschlechterungsverbotes vorgesehen ist, gilt dieses ebenfalls bereits mit Inkrafttreten des entsprechenden nationalen Umsetzungsgesetzes254. 2. Guter Grundwasserzustand Gem. Art. 4 I b) ii) WRRL haben die Mitgliedstaaten weiterhin alle Grundwasserkörper zu schützen, zu verbessern und zu sanieren und ein Gleichgewicht zwischen Grundwasserentnahme und -neubildung zu gewährleisten, um spätestens 15 Jahre nach Inkrafttreten der WRRL einen guten Grundwasserzustand zu erreichen. Unter einem guten Zustand des Grundwassers versteht man nach der Legaldefinition des Art. 2 Nr. 20 den Zustand eines Grundwasserkörpers, der sich in einem zumindest guten mengenmäßigen und chemischen Zustand befindet. Nur wenn beide Zustände 250

Rechenberg/Seidel, WuA 10/2002, S. 49. Aus Sicht des Gewässerschutzes wäre eine Regelung i. S. der Erhaltung des Status quo freilich wünschenswert. Entsprechend wird im 21. Änderungsantrag im Rahmen des Berichts des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung (A6-0061/2005), sog. Klaß-Bericht, gefordert, dass „Verschlechterung“ jede geringfügige anthropogen bedingte und andauernde Zunahme von Schadstoffkonzentrationen gegenüber dem Status quo im Grundwasser ist. Zum Kommissionsvorschlag für eine Grundwasser-Tochterrichtlinie s. ausführlich unten § 16 II. 2. b). 252 Rechenberg/Seidel, WuA 10/2002, S. 49. 253 So auch Unnerstall, NuR 2003, S. 672; Kotulla, WHG, 2003, § 33a, Rn. 5. Hierfür sprechen neben den systematischen Erwägungen auch historische Argumente, vgl. Rechenberg/Seidel, WuA 10/2002, S. 48 f. 254 s. o. § 16 I. 1. 251

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mindestens den Anforderungen „gut“ genügen, entspricht der Zustand insgesamt den Anforderungen der Richtlinie255. a) Guter mengenmäßiger Zustand Der mengenmäßige Zustand beschreibt die Auswirkungen, die sich aus der Veränderung der Wassermenge innerhalb eines Grundwasserkörpers ergeben und wird gem. Art. 2 Nr. 26 WRRL als Bezeichnung des Ausmaßes, in dem ein Grundwasserkörper durch direkte oder indirekte Entnahme beeinträchtigt wird, definiert256. Hierbei handelt es sich um eine quantitative Beschreibung der Gewässerqualität. Ob das Grundwasser einen „guten mengenmäßigen Zustand“ aufweist, beurteilt sich gem. Art. 2 Nr. 28 WRRL nach den abschließenden257 Kriterien der Tabelle 2.1.2. des Anhangs V WRRL, wonach als Parameter für die Einstufung des Grundwassers der Grundwasserspiegel dient. Für den guten mengenmäßigen Zustand gilt, dass die Entnahme die Regenerationsrate – etwa durch die Versickerung von Niederschlägen oder die Versickerung aus Flüssen und Seen258 – nicht übersteigen darf (Entnahme gleich Neubildung). Grundwasserentnahmen oder Absenkungen dürfen nur so erfolgen, dass sie nicht zu einem Verfehlen der ökologischen Qualitätsziele gem. Art. 4 WRRL für in Verbindung stehende Oberflächengewässer, zu einer signifikanten Verringerung der Qualität dieser Gewässer, zu einer signifikanten Schädigung von unmittelbar mit dem Wasserkörper zusammenhängenden Landökosystemen sowie zu einer Änderung der Grundwasserfließrichtung führen, wodurch Salzwasser und sonstige Schadstoffe zuströmen können259. b) Guter chemischer Zustand Der chemische Zustand des Grundwassers ist gem. Art. 2 Nr. 25 WRRL als „gut“ einzustufen, wenn der Grundwasserkörper alle in Tabelle 2.3.2. des Anhangs V WRRL aufgeführten Bedingungen erfüllt. Danach muss die chemische Beschaffenheit des Grundwasserkörpers so beschaffen sein, dass die Schadstoffkonzentrationen keine Anzeichen für ein Eindringen von Salz- oder anderen Intrusionen erkennen lassen (1. Spstr.), die nach anderen einschlägigen Rechtsvorschriften der Gemeinschaft gem. Art. 17 geltenden 255

Markard, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 152. 256 BMU (Hrsg.), Die Wasserrahmenrichtlinie, 2004, S. 84. 257 BMU (Hrsg.), Die Wasserrahmenrichtlinie, 2004, S. 87. 258 BMU (Hrsg.), Die Wasserrahmenrichtlinie, 2004, S. 84. 259 Ausführlich hierzu BMU (Hrsg.), Die Wasserrahmenrichtlinie, 2004, S. 84 f.

366 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

Qualitätsnormen nicht überschreiten (2. Spstr.), und nicht derart hoch sind, dass die in Art. 4 spezifizierten Umweltziele für in Verbindung stehende Oberflächengewässer nicht erreicht, die ökologische oder chemische Qualität derartiger Gewässer signifikant verringert oder die Landökosysteme, die unmittelbar von dem Grundwasserkörper abhängen, signifikant geschädigt werden (3. Spstr.). Im Gegensatz zu den detaillierten Vorgaben des Anhangs V für den Qualitätszustand von Oberflächengewässern enthält die WRRL allerdings keine konkreten Kriterien, durch die eine solche Veränderung des Grundwassers beurteilt werden könnte260. Dies hängt damit zusammen, dass die WRRL hinsichtlich der Anforderungen an das Grundwasser – im Gegensatz zur Situation im Bereich der Oberflächengewässer, wo im Rahmen der seinerzeit geplanten Ökologierichtlinie bereits seit einigen Jahren zahlreiche Expertendiskussionen stattgefunden hatten – noch auf keinen entsprechenden Vorlauf zurückgreifen konnte261. Deutschland hatte zwar versucht, i. S. der von ihm vertretenen Grundwasserphilosophie262 als Zielbestimmung den Terminus „anthropogen nur unbedeutend belastet“ zu implementieren, die Mehrheit der Mitgliedstaaten favorisierte jedoch quantifizierte Vorgaben für den Grundwasserschutz263. Auch im Rahmen der Festlegung von Parametern zur Beurteilung der guten chemischen Grundwasserqualität kam es auf Grund unterschiedlicher Haltungen und Konzeptionen der Mitgliedstaaten zu intensiven Diskussionen264. Als Kompromiss für den gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 22. Oktober 1999 war lediglich zu erreichen, diejenigen Grundwassergrenzwerte zu übernehmen, die bereits in anderem Zusammenhang in EG-Vorschriften (Nitrat-, Pflanzenschutzmittel- und Biozid-Richtlinie)265 festgelegt sind266. Das Europaparlament übte zwar mit Beschluss vom 16. Februar 260

BMU (Hrsg.), Die Wasserrahmenrichtlinie, 2004, S. 85. Markard, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 157. 262 Ausführlich hierzu oben § 14 I. 4. a). 263 Markard, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 152. 264 Während einige Mitgliedstaaten Werte favorisierten, die sich an der Hintergrundbelastung, d. h. der geogen bedingten Schadstoffkonzentration orientieren, forderten andere die Festlegung nutzungsabhängiger Güteklassen oder die Orientierung an Trinkwassergrenzwerten; Markard, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 153, 157; Böhme, in: Grüne Liga (Hrsg.), Die EG-Wasserrahmenrichtlinie, Bd. 2, 2004, S. 12. 265 Ausführlich hierzu oben § 13 IV. 266 Jedlitschka, in: LAWA (Hrsg.), EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2001, S. 96; Markard, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 154, 157; Seidel/Rechenberg, ZUR 2004, S. 214. Allerdings galten die Grenzwerte dieser Richtlinien bisher nur mittelbar. 261

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2000 Kritik an den unzureichenden Grundwasserschutzanforderungen; dessen Versuch, die umweltrelevanten Grenzwerte der Trinkwasserrichtlinie (93/83/EG) als Grundwasserqualitätsnormen festzuschreiben, war jedoch ebenfalls nicht mehrheitsfähig267. Da sich u. a. deswegen die Verabschiedung der Richtlinie zu verzögern drohte, schlug die Kommission vor, die noch offenen Punkte in einer Tochterrichtlinie zu regeln268. Durch Art. 17 WRRL, der schließlich die Verabschiedung der WRRL ermöglichte, verpflichtete sich die Kommission, innerhalb von zwei Jahren eine Strategie zur Verhinderung und Begrenzung der Grundwasserverschmutzung vorzulegen, welche auch die Festlegung von Kriterien für die Beurteilung des guten chemischen Zustands (Anhang V Nr. 2.3.2 und 2.4.5 WRRL) umfasst, Art. 17 I 2, II 2 a) WRRL. In Anbetracht der bekannten Schwierigkeiten bei der Konsensfindung enthält Art. 17 IV WRRL eine Auffangklausel, die besagt, dass die Mitgliedstaaten selbst geeignete Kriterien aufstellen müssen, wenn es ihnen nicht gelingt, sich innerhalb von fünf Jahren auf EGweit gemeinsame Kriterien zu einigen. Im September 2003 legte die Kommission mit neunmonatiger Verspätung einen Entwurf für eine entsprechende Richtlinie zum Schutz des Grundwassers vor269, die ab 2013 auch die bisherige Grundwasserrichtlinie (80/68/EWG) aus dem Jahre 1980 ersetzen soll (Art. 22 II WRRL). Allerdings stellt dieser Entwurf, dem eine über zweijährige Diskussion in einem sog. Expert Advisory Forum vorausgegangen war, nur eine Minimalvariante dar270. Als einzige EU-weit gültige Qualitätsnormen werden darin die bereits (mittelbar) geltenden Grenzwerte für Nitrat (50 mg/l) sowie die Einzelparameter für Pestizide (0,1 g/l jeweils für Pflanzenschutzmittel und Biozide) übernommen. Auf weitere einheitliche Qualitätsnormen zu den chemischen Parametern konnte man sich hingegen nicht einigen. Stattdessen werden die Mitgliedstaaten in Art. 4 der Grundwasser-Tochterrichtlinie aufgefordert, gemäß dem Verfahren nach Anhang II und unter Berücksichti267 Es schienen nicht alle Parameter gleichermaßen geeignet, da eine Reihe von Werten nicht die Anforderungen des Grundwasserschutzes widerspiegeln, sondern anderen Zwecken dienen (Hygiene, technische Aufbereitung, Rohrmaterialien); Markard, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 158. 268 Markard, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 160. 269 Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung vom 19.9.2003, KOM(2003), 550 endg. 270 Schäfer, in: Grüne Liga (Hrsg.), Die EG-Wasserrahmenrichtlinie, Bd. 2, 2004, S. 15. In diesem Sinne auch Hasche, Das neue Bewirtschaftungsermessen im Wasserrecht, 2005, S. 133, der die Anforderungen des Entwurfs der Grundwasser-Tochterrichtlinie als „enttäuschend“ bezeichnet.

368 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

gung der wirtschaftlichen und sozialen Kosten bis zum 22. Dezember 2005 selbst sog. „Schwellenwerte“271 festzulegen. Diese sind für diejenigen Stoffe zu bestimmen, die das Erreichen des guten chemischen Zustands der Grundwasserkörper im Anschluss an die in Art. 5 WRRL geforderte Analyse der Belastungen und Auswirkungen gefährden272. Die Festlegung weiterer Schadstoffschwellenwerte hängt damit im Wesentlichen von dem Beurteilungsverfahren nach Anhang II ab, das allerdings nur mit sehr groben Vorgaben wie etwa der Verpflichtung zur Befassung mit bestimmten Informationen ausgestattet ist und sich in materieller Hinsicht im Wesentlichen darauf beschränkt, dass die bereits erwähnten – selbst konkretisierungsbedürftigen – Voraussetzungen i. S. des Anhangs V Nr. 2.3.2 WRRL eingehalten werden273. Mit Ausnahme der Stoffe Nitrat und Pestizide können die Mitgliedstaaten damit die Grenzwerte für die Beurteilung des chemischen Zustands weitgehend nach eigenen Vorstellungen erlassen274. Insofern sind die Vorgaben des Entwurfs der Grundwasser-Tochterrichtlinie nicht weit entfernt von der Auffangklausel des Art. 17 IV WRRL, die besagt, dass die Mitgliedstaaten im Falle einer Nichteinigung auf EG-weit gemeinsame Kriterien selbst geeignete Kriterien aufstellen müssen. Hinzu kommt, dass die Mitgliedstaaten auch die wirtschaftlichen und sozialen Kosten etwaiger Schutz- und Sanierungsmaßnahmen berücksichtigen dürfen. So entsteht die Gefahr, dass der Begriff des guten chemischen Zustands ad absurdum geführt wird275. Von einem einheitlichen Grundwasserschutz in ganz Europa kann unter diesen Vorzeichen jedenfalls kaum die Rede 271 „Schwellenwert“ ist nach Art. 2 Nr. 1 der Grundwasser-Tochterrichtlinie eine Konzentrationsgrenze für einen Schadstoff im Grundwasser, bei dessen Überschreitung der Zustand des/der betreffenden Grundwasserkörper(s) als schlechter chemischer Zustand einzustufen ist. Der Unterschied zwischen den Schwellenwerten und den Umweltqualitätsnormen liegt somit nur darin, dass erstere nicht europaweit, sondern lediglich innerhalb der Mitgliedstaaten gelten. 272 Eine Mindestliste dieser Stoffe umfasst gem. Art. 4 i. V. m. Anhang III des Entwurfs zur Grundwasser-Tochterrichtlinie die Stoffe Ammonium, Arsen, Cadmium, Chlorid, Blei, Quecksilber, Sulfat, Trichlorethylen und Tetrachlorethylen. Die Stoffe stellen allerdings nur einen kleinen Ausschnitt des Spektrums der Schadstoffe dar, die bereits im Grundwasser nachgewiesen werden konnten; SRU, Umweltgutachten 2004, Tz. 439. 273 Vgl. insoweit Anhang II f) des Entwurfs der Grundwasser-Tochterrichtlinie sowie Hasche, Das neue Bewirtschaftungsermessen im Wasserrecht, 2005, S. 134 und Ginzky/Kirschbaum/Six, WuA 11/2004, S. 48. Das Fehlen einer Methode zur Ableitung der Werte wird auch durch das BMU (Hrsg.), Die Wasserrahmenrichtlinie, 2004, S. 87, kritisiert. 274 SRU, Umweltgutachten 2004, Tz. 439. 275 Schäfer, in: Grüne Liga (Hrsg.), Die EG-Wasserrahmenrichtlinie, Bd. 2, 2004, S. 15; BMU, Die Wasserrahmenrichtlinie, 2004, S. 87. Die Ableitung von Qualitätszielen muss nach fachlichen Kriterien erfolgen, die wirtschaftlichen und sozialen Kosten sind bei der Festlegung von Maßnahmen zu berücksichtigen.

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sein276. Es bleibt zu hoffen, dass sich im Rahmen des weiteren Rechtssetzungsverfahrens noch positive Änderungen ergeben277. 3. Trendumkehr Art. 4 I b) ii) WRRL verpflichtet schließlich die Mitgliedstaaten, die erforderlichen Maßnahmen durchzuführen, um alle signifikanten anhaltenden Trends einer Steigerung der Konzentration von Schadstoffen auf Grund der Auswirkungen menschlicher Tätigkeiten umzukehren. Hierbei handelt es sich um einen neuartigen Ansatz des Grundwasserschutzes, der Schadstoffanstiege im Grundwasser verhindern soll und deutlich über das Ziel des guten chemischen Zustands hinausgeht278. Er trägt der Tatsache Rechnung, dass das Grundwasser – wenn es erst einmal durch Schadstoffe verunreinigt worden ist – häufig nicht mehr in angemessener Zeit und mit vertretbarem finanziellen Aufwand saniert werden kann279. Die Trendumkehr wurde von der Kommission im März 1998 in das Verfahren zur WRRL eingebracht, nachdem sich die nationalen Experten kritisch über die unzureichende Verankerung des Vorsorge- und Verschlechterungsverbots geäußert hatten280. 276

In diesem Sinne kritisch auch SRU, Umweltgutachten 2004, Tz. 440. Bislang hat sich diese Hoffnung allerdings nicht bestätigt. So hat das Europäische Parlament nach ausgiebigen Beratungen im Umwelt- sowie im Agrar- und Industrieausschuss am 28. April 2005 in erster Lesung rund 80 Änderungsaufträge des Richtlinienentwurfs beschlossen; vgl. Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung (KOM(2003)0550 – C5-0447/2003 – 2003/0210(COD)). Vorschläge zur Einführung EU-weit einheitlicher Schadstoffgrenzwerte, die u. a. auch von deutschen Parlamentariern eingebracht worden waren, konnten sich in dieser Abstimmung nicht durchsetzen. Der EU-Umweltministerrat hat daraufhin nach kontroversen Diskussionen mit qualifizierter Mehrheit ebenfalls umfassende Änderungen am Entwurf der Richtlinie beschlossen; vgl. Proposal for a Directive of the European Parliament an of the Council on the protection of groundwater against pollution. Political agreement. Brussels. 1. July 2005. Deutschland, Italien, Ungarn und Schweden stimmten allerdings dagegen. Grund für diese Ablehnung war u. a. die Umwandlung des Nitrat-Grenzwertes in einen bloßen Aktionswert i. S. von Art. 5 Nitrat-Richtlinie, da hierdurch der Grenzwert von 50 mg/l und der Zeithorizont von 2015 für die Einhaltung des guten Gewässerzustands in Bezug auf landwirtschaftliche Nitrat-Einträge in Frage gestellt werden. Das Europäische Parlament, das sich in erster Linie gegen eine solche Aufweichung des Nitrat-Grenzwertes ausgesprochen hat, wird die Richtlinie voraussichtlich in der ersten Hälfte des Jahres 2006 in zweiter Lesung behandeln. Vgl. hierzu die Darstellung des BMU unter http://www.bmu.de/gewaesserschutz/doc/ 5911.php sowie auf der Homepage der Grünen Liga unter http://www.wrrl-info.de/ site.php4?navione=grundwasser&navitwo=&content=grundwasser. 278 BMU (Hrsg.), Die Wasserrahmenrichtlinie, 2004, S. 86; Böhme, in: Grüne Liga (Hrsg.), Die EG-Wasserrahmenrichtlinie, Bd. 2, 2004, S. 14. 279 BMU (Hrsg.), Die Wasserrahmenrichtlinie, 2004, S. 86. 277

370 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

Ihr Ausgangspunkt ist dabei nicht – wie der „gute chemische Grundwasserzustand“ – an die Kriterien der Tabelle Nr. 2.3.2 des Anhangs V WRRL gebunden, sondern separat, also als zusätzliche Maßnahme zur Verhinderung der Verschlechterung der Grundwasserqualität zu verstehen281. Bewegen sich also ansteigende Konzentrationen noch unterhalb der festgelegten Umweltqualitätsnormen, wird laut Definition dadurch der gute Zustand nicht verfehlt282. Damit ist allerdings nicht die Frage beantwortet, wo der Ausgangspunkt für einen anhaltenden und signifikanten Trend einer Steigerung von Schadstoffen liegt283. Diese Frage war während der Verhandlungen zur Wasserrahmenrichtlinie sehr streitig284. Es wurde die Besorgnis geäußert, dass ohne weitere Kriterien bereits minimale Erhöhungen von Schadstoffkonzentrationen Maßnahmen zur Trendumkehr erforderlich machten, obwohl diese Konzentrationen ohne Relevanz seien285. Diskutiert wurde daraufhin als Ausgangspunkt 50% oder 70% der jeweiligen Umweltqualitätsnorm, obwohl für die meisten Stoffe solche Werte (noch) gar nicht zur Verfügung standen286. Dies bedeutete, dass die Trendumkehr nur auf diejenigen Stoffe beschränkt wurde, für die bereits Qualitätsnormen bestehen (Nitrat, Pflanzenschutzmittel, Biozide)287. Da sich viele Mitgliedstaaten nicht in der Lage sahen, die Tragweite einer möglichen Festlegung weiterer 280 Markard, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 154. 281 Dies ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass die Trendumkehr in einem eigenen Absatz des Art. 4 WRRL aufgeführt ist; Markard, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 154; Seidel/Rechenberg, ZUR 2004, S. 215. 282 Dies steht in Übereinstimmung mit den Angaben zur Erstellung der Karten des chemischen Zustands des Grundwasserkörpers in Nr. 2.4.5. des Anhangs V der WRRL: Die Farbkennungen der Grundwasserkörper für den guten/schlechten Zustand (grün/rot) sind bei steigendem Trend lediglich mit einem schwarzen Punkt zu kennzeichnen, Markard, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 154. 283 Schadstoff ist nach der Legaldefinition des Art. 2 Nr. 31 WRRL jeder Stoff, der zu einer Verschmutzung führen kann, insbesondere Stoffe des Anhangs V der WRRL. 284 Instruktiv hierzu Böhme, in: Grüne Liga (Hrsg.), Die EG-Wasserrahmenrichtlinie, Bd. 2, 2004, S. 14. 285 Streitig ist beispielsweise, was passiert, wenn der Nitratwert von 10 mg/l auf 15 mg/l steigt: Dieser Wert ist zwar nicht schädlich, wenn aber innerhalb von fünf Jahren ein Anstieg um 5mg/l zu verzeichnet werden muss, zeigt dies, dass die Entwicklung negativ ist und somit Handlungsbedarf besteht; Böhme, in: Grüne Liga (Hrsg.), Die EG-Wasserrahmenrichtlinie, Bd. 2, S. 14. 286 Markard, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 158. 287 Markard, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 158.

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als der oben genannten Umweltqualitätsnormen und der Trendberechnung im Grundwasser für ihr Land abzusehen, trug diese Problematik ebenfalls zu der bereits oben beschriebenen Blockadesituation im Rechtssetzungsverfahren bei. Daraufhin schlug die Kommission vor, auch die Fragen der Trendumkehr in der gem. Art. 17 WRRL zu erlassenden Tochterrichtlinie zu regeln288. Wegen der bekannten Schwierigkeiten bei der Konsensfindung enthält Art. 17 IV WRRL eine Auffangklausel, die besagt, dass die Mitgliedstaaten selbst geeignete Kriterien aufstellen müssen, wenn es ihnen nicht gelingt, sich innerhalb von fünf Jahren auf EG-weit gemeinsame Kriterien zu einigen. Soweit national keine strengeren Kriterien aufgestellt werden, soll der Ausgangspunkt für die geforderte Trendumkehr bei höchstens 75% des Niveaus der Qualitätsnormen liegen, die in bestehenden, auf das Grundwasser anwendbaren Rechtsvorschriften der Gemeinschaft festgelegt sind, Art. 17 V WRRL. Entsprechende Kriterien für die Ermittlung signifikanter und anhaltender steigender Trends sowie für die Festlegung der gem. Nr. 2.4.4. des Anhangs V WRRL anzusetzenden Ausgangspunkte für die Trendumkehr (Art. 17 II b) WRRL) sind in Art. 5 des bereits erwähnten Vorschlags für eine Grundwasser-Tochterrichtlinie enthalten, der insoweit auf die in Anhang IV festgelegten technischen Spezifikationen verweist. Ab welcher Annäherung an den Schwellenwert Trends umzukehren sind, bleibt letztlich wiederum den Mitgliedstaaten überlassen. Als Ausgangspunkt für die Trendumkehr wird im Einklang mit Art. 17 IV WRRL ein Wert von maximal 75% des Werts der in Anhang I der Grundwasser-Tochterrichtlinie festgelegten Qualitätsnormen und/oder der in Art. 4 derselben Richtlinie festgelegten Schwellenwerte empfohlen. Diese Regelungen stellen allerdings kaum einen Fortschritt im Hinblick auf einheitliche Grundwasserstandards in Europa dar, da – abgesehen von den Werten für Nitrat und Pestizide – keine europaweit gültigen Qualitätsnormen existieren und die in der Grundwasser-Tochterrichtlinie vorgesehenen Schwellenwerte ebenfalls nicht gemeinschaftlich festgelegt werden. Gleiches gilt für die Empfehlung von maximal 75% als Ausgangspunkt für die Trendumkehr bezüglich der Auffangklausel des Art. 17 V WRRL. Damit gehen nicht nur die Regelungen zur Festlegung einheitlicher Umweltqualitätsnormen, sondern auch zur Trendumkehr im Ergebnis kaum über die Vorgaben der WRRL hinaus. Zu hoffen bleibt wiederum, dass sich im Laufe des weiteren Gesetzgebungsverfahrens noch Verbesserungen ergeben.

288 Markard, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 160.

372 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

III. Die Umweltziele für Schutzgebiete, Art. 4 I c) WRRL Für die Umweltqualität von Schutzgebieten legt Art. 4 I c) WRRL fest, dass die Mitgliedstaaten spätestens 15 Jahre nach Inkrafttreten der WRRL alle Normen und Ziele nach der WRRL erfüllen müssen, sofern die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften, auf deren Grundlage die einzelnen Schutzgebiete ausgewiesen wurden, keine anderweitigen Bestimmungen enthalten. Bei den hier genannten „Normen und Zielen“ („standards and objectives“) handelt es sich um die Umweltziele („objectives“) für Oberflächengewässer und das Grundwasser gem. Art. 4 I a) und b) WRRL289. Ist ein bestimmter Wasserkörper von mehr als einem der in Art. 4 I WRRL genannten Ziele betroffen, so gilt gem. Art. 4 II WRRL das weiterreichende Ziel. Daraus ergibt sich, dass die Umweltziele für Oberflächengewässer und das Grundwasser auch in den geschützten Feuchtgebieten gelten, soweit das für die jeweiligen Gebiete statuierte Schutzregime keine strengeren Vorgaben enthält290. Ebenso wie die Ziele sind im Rahmen der Schutzgebiete aber auch die jeweiligen Ausnahmeregelungen gem. Art. 4 ff. WRRL anwendbar291. Hiergegen könnte zwar sprechen, dass sich in Art. 4 I c) – im Gegensatz zu Art. 4 I a) und b) – WRRL kein ausdrücklicher Verweis auf die genannten Ausnahmebestimmungen befindet. Andererseits nehmen die Abs. 4 ff. in Art. 4 WRRL auf Abs. 1 insgesamt Bezug, so dass die Einschränkungen auch für Abs. 1 c) gelten müssen. Es ist auch kein Grund dafür ersichtlich, die Ausnahmeregelungen nicht in den noch anderweitig geschützten Feuchtgebieten anzuwenden, denn aus Art. 4 II WRRL geht hervor, dass diese dem jeweils weitergehenden Schutzregime unterliegen, das Schutzniveau durch die Geltung der WRRL also insgesamt nicht abgesenkt werden kann. Um welche Schutzgebiete es sich im Rahmen von Art. 4 I c) WRRL im Einzelnen handelt, ergibt sich aus Art. 6 i. V. m. Anhang IV der WRRL. So verlangt Art. 6 I WRRL von den Mitgliedstaaten die Erstellung eines oder mehrerer Verzeichnisse aller Gebiete innerhalb der einzelnen Flussgebietseinheiten, für die gemäß den spezifischen gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften zum Schutz der Oberflächengewässer und des Grundwassers oder zur Erhaltung von unmittelbar vom Wasser abhängigen Lebensräumen und Arten ein besonderer Schutzbedarf festgestellt wurde. Die in die jeweiligen Verzeichnisse aufzunehmenden Schutzgebiete werden durch Art. 6 II WRRL konkretisiert, der insoweit auf die gem. Art. 7 I WRRL ermittelten Wasserkörper und die unter Anhang IV fallenden Schutzgebiete verweist. 289 Unnerstall, NuR 2003, S. 671; Hentschel, Die europäische Wasserrahmenrichtlinie, 2005, S. 52. 290 Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 25c WHG, Rn. 9. 291 A. A. Unnerstall, NuR 2003, S. 671.

§ 16 Die Umweltziele des Art. 4 WRRL

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Während Art. 7 I WRRL die Gewässerkörper für die Entnahme von Trinkwasser umfasst, sind im Anhang IV der WRRL eine Reihe weiterer Schutzgebietstypen enthalten. Im Einzelnen handelt es sich hierbei um Trinkwasserschutzgebiete i. S. von Art. 7 III WRRL, um Gebiete, die zum Schutz wirtschaftlich bedeutender aquatischer Arten ausgewiesen wurden, um Erholungsgewässer, insbesondere solche nach der Badegewässerrichtlinie, um nährstoffsensible Gebiete, einschließlich derer, die im Rahmen der Nitratrichtlinie als gefährdete Gebiete und der Kommunalabwasserrichtlinie als empfindliche Gebiete ausgewiesen wurden, sowie um Gebiete, die für den Schutz von Lebensräumen oder Arten ausgewiesen wurden, sofern die Erhaltung oder Verbesserung des Wasserzustands ein wichtiger Faktor für diesen Schutz ist. Letztere schließen auch die Natura-2000-Standorte ein, die im Rahmen der FFH-Richtlinie (92/43/EWG) sowie der Vogelschutzrichtlinie (79/409/EWG) ausgewiesen wurden.

IV. Ausnahmeregelungen Nach alldem verfolgt die WRRL mit ihrem Art. 4 die Ziele eines anspruchsvollen und einheitlichen Gewässerschutzes in Europa. Die erstrebte Einheitlichkeit äußert sich dabei vor allem darin, dass bei Oberflächengewässern lediglich nach den regional unterschiedlichen Gewässertypen unterschieden wird und beim Grundwasser sogar auf jegliche Differenzierung verzichtet wird292. Dennoch muss die Gemeinschaft den durchaus vorhandenen unterschiedlichen Gegebenheiten hinsichtlich der hydrologischen, meteorologischen, ökonomischen, ökologischen sowie tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort Rechnung tragen. Dies ist in der WRRL zum einen durch den bereits behandelten typenspezifischen Ansatz für die Einteilung der Oberflächengewässer sowie die Möglichkeit zur Ausweisung künstlicher oder erheblich veränderter Gewässer geschehen. Zum anderen können die Mitgliedstaaten gem. Art. 4 III bis IX WRRL aber auch von den europaweit einheitlichen und prinzipiell strengen Zielen der Richtlinie abweichen, wie im Folgenden näher zu zeigen ist. 1. Zeitliche Ausnahmen, Art. 4 IV WRRL Art. 4 IV WRRL ermöglicht es den Mitgliedstaaten, die in Art. 4 I WRRL festgelegten Fristen zum Zweck der stufenweisen Umsetzung der Ziele für die Wasserkörper unter den kumulativen Bedingungen des Art. 4 IV a) bis d) WRRL zu verlängern. Die Fristabweichung wird dabei an 292 Dörr/Schmalholz, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 53.

374 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

bestimmte einschränkende Voraussetzungen gebunden, die ein abgestuftes System von Erlaubnistatbeständen bilden293. Abs. 4 S. 1 macht eine Verlängerung zunächst davon abhängig, dass sich der Zustand des beeinträchtigten Wasserkörpers trotz der aufgeschobenen Zielerreichung nicht weiter verschlechtert. Sodann müssen die Mitgliedstaaten nach vernünftiger Einschätzung zu dem Schluss gelangen, dass sich aus Gründen der technischen Durchführbarkeit, unverhältnismäßig hoher Kosten294 oder der natürlichen Gegebenheiten nicht alle erforderlichen Verbesserungen des Gewässerzustands innerhalb der in Abs. 1 vorgegebenen Frist erreichen lassen, Art. 4 IV a) WRRL. Des Weiteren müssen die Verlängerung der Frist und die entsprechenden Gründe in dem gem. Art. 13 WRRL aufzustellenden Bewirtschaftungsplan im Einzelnen dargelegt und erläutert werden, Art. 4 IV b) WRRL. Dabei dürfen die Verlängerungen der Frist und die entsprechenden Gründe den Zeitraum zweier weiterer Aktualisierungen des Bewirtschaftungsplans grundsätzlich nicht überschreiten, Art. 4 IV c) WRRL. Da die zweimalige Aktualisierungsfrist gem. Art. 13 VII WRRL insgesamt zwölf Jahre beträgt, kann die Frist zur Zielerreichung somit bis zum Jahr 2027 verlängert werden. Ausnahmsweise ist aber auch eine zeitlich nicht weiter limitierte Anzahl an Verlängerungen über jeweils sechs Jahre zulässig, sofern die natürlichen Gegebenheiten (z. B. geogen bedingte Hintergrundbelastungen) eine rechtzeitige Verbesserung des Zustands nicht zulassen oder die Zielerreichung sogar unmöglich machen, Art. 4 IV c) WRRL. Schließlich muss der Bewirtschaftungsplan für das Einzugsgebiet eine Zusammenfassung derjenigen Maßnahmen nach Art. 11 WRRL enthalten, die als erforderlich angesehen werden, um die Wasserkörper bis zum Ablauf der verlängerten Frist schrittweise in den geforderten Zustand zu überführen, Art. 4 IV d) WRRL. Ebenfalls aufgenommen werden müssen die Gründe für jede signifikante Verzögerung bei der Umsetzung dieser Maßnahmen und der voraussichtliche Zeitplan zur Durchführung der Maßnahmen295. Die Verlängerung und die hierfür bestehenden Gründe sind dabei zwar in den Bewirtschaftungsplan aufzunehmen, müssen der Kommission aber lediglich mitgeteilt werden (vgl. Art. 15 WRRL). Den Mitgliedstaaten wird somit die Möglichkeit zugestanden, sich die Frist selbst einseitig, d. h. ohne vorherige Genehmigung durch die Kommission, zu verlängern. Dies ändert allerdings nichts daran, dass die in Art. 4 IV WRRL formulierten Voraussetzungen zwingender Natur sind und ihre Nichtbeachtung gegebenenfalls in einem Verfahren vor dem EuGH geltend gemacht und von die293

Schmalholz, ZfW 2001, S. 82. Zur Interpretation dieses Begriffs Ginzky, ZUR 2005, S. 518 f. 295 Diese Maßnahmen sind in den aktualisierten Fassungen des Bewirtschaftungsplans zu überprüfen und müssen eine Zusammenfassung aller etwaigen zusätzlichen Maßnahmen enthalten, Art. 4 IV d) a. E. WRRL. 294

§ 16 Die Umweltziele des Art. 4 WRRL

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sem überprüft werden können296. Da die Richtlinie bei den Fristverlängerungsgründen gem. Art. 4 IV WRRL auf eine Reihe unbestimmter Rechtsbegriffe zugreift („vernünftiger Einschätzung nach“, „unverhältnismäßig hohe Kosten“), deren Auslegung nicht unerhebliche Ermessens- und Entscheidungsspielräume der Mitgliedstaaten begründet, ist die Schwelle für die Berufung auf Abs. 4 im Verhältnis zu den übrigen Ausnahmeregelungen vergleichsweise niedrig gehängt297. Daher wird sich die Fristverlängerung in der Praxis voraussichtlich mit Abstand zur wichtigsten Ausnahmebestimmung entwickeln298. 2. Ausnahmen aus Machbarkeits- und Kostengründen, Art. 4 V WRRL Eine weitere Ausnahmeregelung besteht gem. Art. 4 V WRRL für Wasserkörper, die auf Grund menschlicher Tätigkeiten wie stoffliche Belastungen, Wasserentnahmen, Abflussregulierungen oder morphologische Veränderungen (vgl. hierzu Art. 5 I i. V. m. Nr. 1.4 des Anhangs II der WRRL) so beeinträchtigt oder deren natürliche Gegebenheiten so beschaffen sind, dass das Erreichen dieser Ziele in der Praxis nicht möglich ist oder unverhältnismäßig teuer wäre. Hier können die Mitgliedstaaten weniger strenge Umweltziele als die des Art. 4 I WRRL verwirklichen, wenn die in Art. 4 V a) bis d) WRRL – kumulativ zu verstehenden – Voraussetzungen vorliegen: Zunächst dürfen die den menschlichen Tätigkeiten dienenden ökologischen und sozioökonomischen Erfordernisse nicht durch andere Mittel erreicht werden, die eine wesentlich bessere und nicht mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbundene Umweltoption darstellen, Art. 4 V a) WRRL. Weiterhin müssen die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Oberflächengewässer – unter Berücksichtigung der unvermeidbaren negativen Auswirkungen, die infolge der Art des Eingriffs nach vernünftigem Ermessen nicht vermieden werden können – dafür Sorge tragen, dass der im Einzelfall bestmögliche ökologische und chemische Zustand erreicht wird. Beim Grundwasser ist entsprechend die geringstmögliche Veränderung des guten Grundwasserzustandes sicherzustellen, Art. 4 V b) WRRL299. Zudem darf 296

Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 36. 297 Dies gilt zumindest so lange, wie die Umsetzungsfristen nicht mehr als zweimal verlängert werden sollen; Dörr/Schmalholz, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 56. 298 Dörr/Schmalholz, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 56. 299 Die Regelung eröffnet damit insbesondere im Bereich der Altlastensanierung durchaus weitreichende Spielräume einer Relativierung der Gewässerbewirtschaf-

376 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

gem. Art. 4 V c) WRRL keine weitere Verschlechterung des Zustands des betreffenden Wasserkörpers eintreten; das allgemeine Verschlechterungsverbot gilt also auch und gerade bei der Festlegung weniger strenger Ziele300. Wie bei den Fristverlängerungen sind auch die weniger strengen Umweltziele und die Gründe hierfür im Einzelnen im Bewirtschaftungsplan darzulegen und alle sechs Jahre zu überprüfen (Art. 4 V d) WRRL). 3. Ausnahmen bei vorübergehenden Verschlechterungen des Gewässerzustands, Art. 4 VI WRRL Ebenfalls keinen Verstoß gegen die Umweltziele des Art. 4 I WRRL stellt eine vorübergehende Verschlechterung des Zustands von Wasserkörpern dar, wenn sie auf natürlichen oder durch höhere Gewalt bedingten Umständen beruht, die außergewöhnlich sind bzw. nach vernünftiger Einschätzung nicht vorhersehbar waren – insbesondere Überschwemmungen und Dürren – oder durch Umstände bedingt ist, die durch nicht vorhersehbare Unfälle entstanden sind. Voraussetzung für diese Ausnahmeregelung sind allerdings die in Art. 4 VI a) bis e) WRRL kumulativ geregelten Bedingungen. Danach sind von den Mitgliedstaaten zunächst alle praktikablen Vorkehrungen zu treffen, um eine weitere Verschlechterung des Zustands zu verhindern und die Verwirklichung der Umweltziele des Art. 4 WRRL in anderen, nicht von diesen Umständen betroffenen Wasserkörpern nicht zu gefährden. Die Voraussetzungen für das Vorliegen solcher Umstände sind in den Bewirtschaftungsplänen festzulegen und die hierfür maßgeblichen Indikatoren zu benennen. Die von den Mitgliedstaaten zu ergreifenden Maßnahmen müssen in dem Maßnahmenprogramm aufgeführt werden und dürfen nicht die Wiederherstellung des Wasserkörpers nach dem Ende der außergewöhnlichen Umstände gefährden. Darüber hinaus ist eine jährliche Überprüfung der als außergewöhnlich oder unvorhersehbar einzuschätzenden Umstände vorzunehmen, wobei alle praktikablen Maßnahmen ergriffen werden müssen, um den ursprünglichen Zustand des Wasserkörpers wiederherzustellen. Zudem hat in dem jeweils nächsten aktualisierten Bewirtschaftungsplan eine zusammenfassende Darlegung der Auswirkungen der Umstände und der von den Mitgliedstaaten getroffenen bzw. noch zu treffenden Maßnahmen zu erfolgen. Die Ausnahme ist zu dokumentieren und öffentlich zu verteidigen301. tung aus Verhältnismäßigkeitsgründen; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 34, Rn. 22. 300 Dörr/Schmalholz, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 58. 301 Dörr/Schmalholz, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 59.

§ 16 Die Umweltziele des Art. 4 WRRL

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4. Ausnahmen auf Grund veränderter Umstände, Art. 4 VII WRRL Nach der Ausnahmeregelung des Art. 4 VII 1. Alt. WRRL verstoßen die Mitgliedstaaten schließlich auch nicht gegen die WRRL, wenn das Nichterreichen eines guten Gewässerzustands, eines guten ökologischen Zustands oder gegebenenfalls eines guten ökologischen Potenzials oder das Nichtverhindern einer Verschlechterung des Zustands eines Oberflächen- oder Grundwasserkörpers die Folge von neuen Änderungen der physischen Eigenschaften eines Grundwasserkörpers oder von Änderungen des Pegels von Grundwasserkörpern ist. Gleiches gilt, wenn das Nichtverhindern einer Verschlechterung von einem sehr gutem zu einem guten Zustand eines Oberflächenwasserkörpers die Folge einer neuen nachhaltigen Entwicklungstätigkeit des Menschen darstellt, Art. 4 VII 2. Alt. WRRL. Diese Ausnahmebestimmungen tragen dem Umstand Rechnung, dass gewisse Änderungen der Umstände eine Verschlechterung des Zustands der Gewässer zur Folge haben können, ohne dass dies vernünftigerweise zu verhindern oder ökologisch notwendigerweise negativ zu bewerten ist302. Allerdings stellt Art. 4 VII a) bis d) WRRL hierfür eine Reihe von zusätzlichen, kumulativ zu verstehenden Bedingungen auf: So müssen erstens alle praktikablen Vorkehrungen getroffen werden, um die negativen Auswirkungen auf den Zustand des Wasserkörpers zu mindern, zweitens müssen die Gründe für die Änderungen in den gem. Art. 13 WRRL aufzustellenden Bewirtschaftungsplänen im Einzelnen dargelegt und alle sechs Jahre überprüft werden, drittens müssen die Gründe für die Änderungen von übergeordnetem öffentlichen Interesse sein und/oder den Nutzen der Umweltziele des Art. 4 I WRRL für die menschliche Gesundheit, die Erhaltung der Sicherheit des Menschen oder die nachhaltige Entwicklung überwiegen und viertens schließlich dürfen die nutzbringenden Ziele, denen die Änderungen des Wasserkörpers dienen sollen, aus Gründen der technischen Durchführbarkeit oder auf Grund unverhältnismäßiger Kosten nicht durch andere Mittel, die eine wesentlich bessere Umweltoption darstellen, erreicht werden303. 5. Allgemeine Grundsätze bei Ausnahmeregelungen, Art. 4 VIII und IX WRRL Bei sämtlichen Ausnahmen haben die Mitgliedstaaten die in Art. 4 VIII und IX WRRL geregelten Voraussetzungen zu beachten, die ergänzend zu 302

Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 39. 303 Ausführlich zu den Voraussetzungen solcher anderen Lösungsoptionen Ginzky, ZUR 2005, S. 519 f.

378 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

den oben dargestellten Ausnahmebestimmungen – quasi als Rückausnahmen – gelten304. Danach muss ein Mitgliedstaat, der Art. 4 III bis VII WRRL zur Anwendung bringt, Rücksicht auf die anderen Wasserkörper innerhalb derselben Flussgebietseinheit nehmen. Das bedeutet, er hat dafür Sorge zu tragen, dass die Verwirklichung der Ziele in anderen Gewässern nicht wegen der Inanspruchnahme einer Ausnahmebestimmung dauerhaft ausgeschlossen oder gefährdet wird. Zusätzlich muss die Zielverwirklichung auch mit den sonstigen gemeinschaftsrechtlichen Umweltschutzvorschriften vereinbar sein, Art. 4 VIII WRRL. Darüber hinaus muss sichergestellt werden, dass trotz des Gebrauchmachens von den Ausnahmebestimmungen zumindest das gleiche Schutzniveau gewährleistet wird, das sich aus der Anwendung der bestehenden gemeinschaftsrechtlichen Rechtsvorschriften ergibt, Art. 4 IX WRRL. Mit diesen Regelungen will die Richtlinie sicherstellen, dass bei einem Abweichen von den eigentlichen Umweltzielen zumindest gewisse ökologische Mindestanforderungen eingehalten werden. Sie sind damit ein notwendiges Korrektiv für die teilweise sehr weitreichenden und interpretationsoffenen Ausnahmeregelungen der Abs. 3 bis 7305. 6. Bewertung der Ausnahmetatbestände Schon die Untersuchung der einzelnen Tatbestände des Art. 4 WRRL zeigt einen erheblichen Auslegungsspielraum für die Mitgliedstaaten. Indes macht erst die Gesamtschau der Ausnahmen das Ausmaß deutlich, in welchem den Mitgliedstaaten ein Abweichen von den strengen Zielen der Richtlinie gestattet wird306. So erlaubt die Richtlinie ein vorübergehendes Abweichen von den Umweltzielen des Art. 4 I WRRL durch die Bestimmung des Abs. 6 und ein entsprechendes dauerhaftes Abweichen im Falle des Abs. 2 i. V. m. Abs. 3 („erheblich veränderte Gewässer“) sowie der Abs. 5 und 7. Da Art. 4 IV bis VII WRRL jeweils ein Abweichen von den Zielen „des Abs. 1“ bzw. „den Zielen dieser Richtlinie“ ermöglichen, erlauben sämtliche Ausnahmebestimmungen nicht nur Ausnahmen von dem strengeren Umweltziel des „guten Zustands“ , sondern auch von dem ggf. erheblich schwächeren eines „guten ökologischen Potenzials“307. Dabei sind die zahlreichen Ausnahmebestimmungen vom Grundsatz her durchaus sinnvoll und angemessen. Denn angesichts der starken Siedlungsdichte und 304 Dörr/Schmalholz, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 61. 305 Dörr/Schmalholz, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 61. 306 Schmalholz, ZfW 2001, S. 86; Epiney, Umweltrecht in der Europäischen Union, 2005, S. 291. 307 Ginzky, ZUR 2005, S. 517; Schmalholz, ZfW 2001, S. 86.

§ 16 Die Umweltziele des Art. 4 WRRL

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Industrialisierung sowie der Beeinträchtigung der Gewässer durch den technischen Hochwasserschutz, den Schiffsverkehr, Wasserkraftanlagen und zahlreiche andere konkurrierende mengen- oder gütewirtschaftliche Nutzungsansprüche wäre der gem. Art. 4 WRRL anzustrebende Zustand des anthropogen nur geringfügig beeinflussten Gewässers bei zahlreichen Gewässerkörpern unrealistisch308. Gleiches gilt etwa im Hinblick auf die Einhaltung der Umweltziele bei altlastenbedingten Grundwasserverunreinigungen, die häufig nicht innerhalb der gebotenen 15 Jahre verwirklicht werden können309. Als problematisch einzustufen ist allerdings die Breite der Abweichungsmöglichkeiten von den Umweltqualitätszielen – insbesondere im Zusammenspiel mit anderen Ausnahmebestimmungen310 – sowie ihre auf die Verwendung zahlreicher unbestimmter Rechtsbegriffe zurückzuführende Konturenlosigkeit, die den Mitgliedstaaten zahlreiche Auslegungsspielräume eröffnet311. Die Fülle von Abweichungsmöglichkeiten, die einen erst im gemeinsamen Standpunkt des Rates bzw. später im Vermittlungsverfahren erzielten normativen Kompromiss darstellen, ist letztlich Ausdruck der politischen Uneinigkeit über die Erreichbarkeit der ambitionierten Ziele des Art. 4 WRRL312. Angesichts der inhaltlichen Unbestimmtheit und Weite der Ausnahmeregelungen können Zweifel aufkommen, ob die Richtlinie überhaupt geeignet ist, die zwischen den Staaten im Gewässerschutz bestehenden Unterschiede einzuebnen. Schließlich handelt es sich bei den Umweltqualitätszielen des Art. 4 WRRL um den zentralen Bezugspunkt der WRRL. Wird diese Vorschrift nicht konsequent angewendet, hat der gesamte Flussgebiets- und Bewirtschaftungsansatz keinen Sinn, sondern wird auf einen inhaltsleeren Formalismus reduziert313. Allerdings bildet die Tatsache, dass Entscheidungen über Ausnahmeregelungen – zumindest wenn sie sich grenzüberschreitend auswirken – nur in Übereinstimmung mit anderen Ländern oder Staaten innerhalb der Flussgebietseinheit getroffen werden können, ein gewisses Korrektiv314. Auch die in der WRRL vorgesehene 308 Salzwedel, in: IRWE/Umweltministerium NRW (Hrsg.), Konkretisierung von Umweltanforderungen, 1998, S. 83 ff.; Schmalholz, ZfW 2001, S. 75. 309 Schmalholz, ZfW 2001, S. 75. 310 Zur grundsätzlichen Zulässigkeit der Kombination von Ausnahmebestimmungen Ginzky, ZUR 2005, S. 517. 311 Dörr/Schmalholz, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 64; Brandl, Die Kompetenz des Bundes zur Umsetzung europäischer Richtlinien, 2002, S. 274 f. 312 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, Art. 25c, Rn. 3; ausführlich zu den Einzelheiten des Rechtssetzungsverfahrens Dörr/Schmalholz, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 53 f. 313 Schmalholz, ZfW 2001, S. 86. 314 Dörr/Schmalholz, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 73 f.

380 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

Öffentlichkeitsbeteiligung und die Dokumentationspflichten gegenüber der Kommission können dazu beitragen, allzu gravierende Abweichungen von den Zielsetzungen der Richtlinie zu vermeiden315.

V. Zur rechtlichen Tragweite der Umweltziele des Art. 4 WRRL Wie sich aus Art. 249 III EGV ergibt, sind die in Art. 4 WRRL formulierten Umweltziele rechtlich verbindlich und müssen durch die Mitgliedstaaten umgesetzt werden316. Streitig ist allerdings ihr Regelungsgehalt317. Ausgangspunkt hierfür ist der Wortlaut des Art. 4 WRRL, der in den verschiedenen Absätzen jeweils parallel formuliert, dass die Mitgliedstaaten die Gewässerkörper schützen, verbessern und sanieren, mit dem Ziel, spätestens 15 Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie den jeweils maßgeblichen Zustand der Gewässer zu erreichen. Darauf bezugnehmend wird teilweise geltend gemacht, dass die Mitgliedstaaten sich nur zu bemühen hätten, die in dieser Bestimmung formulierten Umweltqualitätsziele zu erreichen, eine Erfolgs- oder Ergebnisverpflichtung hingegen nicht bestehe318. Dies ergebe sich auch daraus, dass die WRRL insoweit nur auf die zur Verwirklichung der Umweltziele zu erstellenden Maßnahmenprogramme abstelle319. Die Nichterreichung der Umweltziele des Art. 4 WRRL innerhalb der festgelegten Fristen sei deshalb noch kein gerichtlich nachprüfbarer Verstoß gegen die WRRL320. Hiergegen spricht jedoch, dass die Umweltziele das materielle Herzstück der WRRL darstellen. Im Falle fehlender Erfolgsverbindlichkeit erschöpfte sich die rechtliche Tragweite ihrer Festschreibung letztlich in einer Art Absichtserklärung321. Dies wäre kaum mit dem Sinn und Zweck der WRRL vereinbar, den Rahmen für eine wirksame und kohärente Gewässerpolitik innerhalb der Gemeinschaft zu setzen322. Auch ergeben die 315 Dörr/Schmalholz, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 74. 316 Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 40; Hentschel, Die europäische Wasserrahmenrichtlinie, 2005, S. 54 f.; Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 174. 317 Vgl. hierzu Hentschel, Die europäische Wasserrahmenrichtlinie, 2005, S. 55 ff.; Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 41 f.; Knopp, ZUR 2001, S. 373; Kotulla, WHG, 2003, § 25a, Rn. 30; Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 174. 318 Knopp, ZUR 2001, S. 373; ihm folgend Kotulla, WHG, 2003, § 25a, Rn. 30. 319 Knopp, ZUR 2001, S. 373. 320 Kotulla, WHG, 2003, § 25a, Rn. 30. 321 Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 41.

§ 16 Die Umweltziele des Art. 4 WRRL

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ausdifferenzierten Ausnahmetatbestände der Art. 4 VIII und IX WRRL aus rechtssystematischer Sicht nur dann einen Sinn, wenn die Erreichung der Umweltziele für die Mitgliedstaaten verbindlich ist323, diese also grundsätzlich zwingend einzuhalten sind324. Zuzugeben ist jedoch, dass es angesichts der komplexen gewässerökologischen Zusammenhänge in der Tat schwierig erscheint, die Mitgliedstaaten im Hinblick auf das Erreichen der Umweltziele stets und in absoluter Form für jedes Gewässer einer Erfolgshaftung zu unterwerfen325. Diesem Umstand kann jedoch dadurch Rechnung getragen werden, dass die Verpflichtungen aus Art. 4 WRRL jedenfalls dann als erfüllt angesehen werden können, wenn alle Maßnahmen ergriffen worden sind, die auf der Grundlage einer normalen, vernünftigerweise zu erwartenden Entwicklung zur Zielerreichung notwendig sind. Die nationalen Schutz-, Verbesserungs- und Sanierungsmaßnahmen sind also mit anderen Worten so auszugestalten, dass die Umweltziele des Art. 4 WRRL bei normalem Lauf der Dinge (d. h. aus der Ex-ante-Perspektive) erreicht werden können326. Diese Auslegung steht nicht nur mit dem Wortlaut des Art. 4 WRRL, sondern auch mit den Ausnahmetatbeständen gem. Art. 4 VIII und IX WRRL im Einklang. Denn diese betreffen lediglich die Bereiche, bei denen die Zielverwirklichung schon von vornherein aussichtslos ist (vgl. Art. 4 V WRRL) oder auf Grund geänderter Umstände nicht (mehr) gewährleistet werden kann (vgl. Art. 4 VII WRRL)327, nicht hingegen die Möglichkeit, dass bestimmte Maßnahmen trotz berechtigter Erfolgsaussichten aus der Ex-ante-Perspektive auf Grund komplexer, nicht vorhersehbarer Ursachen im Ergebnis nicht greifen. 322

Vgl. den 17. Erwägungsgrund der WRRL sowie Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 42 und Reichert, Der nachhaltige Schutz grenzübergreifender Gewässer, 2005, S. 303 f. 323 Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 41 f.; Reichert, Der nachhaltige Schutz grenzübergreifender Gewässer, 2005, S. 304. Dies räumt auch Hentschel, Die europäische Wasserrahmenrichtlinie, 2005, S. 55 f., ein. 324 So im Ergebnis auch Appel, ZUR 2001, S. 133; Breuer, UPR 2004, S. 204 sowie Europäisches Parlament, Bericht über den vom Vermittlungsausschuss gebilligten gemeinsamen Entwurf einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (C5-0347/2000 – 1997/0067(COD)). 325 So aber Reichert, Der nachhaltige Schutz grenzübergreifender Gewässer, 2005, S. 303 f. 326 Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 42; in diesem Sinne, jedoch in einer etwas abgeschwächten Form Hentschel, Die europäische Wasserrahmenrichtlinie, 2005, S. 57 ff., der von einer „Erfolgsorientiertheit“ der Umweltziele spricht. 327 Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 42.

382 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

VI. Der kombinierte Ansatz gem. Art. 10 WRRL Die Umweltqualitätsziele des Art. 4 WRRL stellen zwar das Herzstück der Richtlinie dar, dennoch gelten daneben auch eine Reihe von Emissionsnormen (weiter). Damit stellt sich die Frage nach dem Verhältnis der betreffenden Emissionsgrenzwerte zu den Zielen des Art. 4 WRRL. Die zentrale Regelung enthält der mit „Kombinierter Ansatz für Punktquellen und diffuse Quellen“ überschriebene Art. 10 WRRL. Nach dessen Abs. 1 haben die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass alle in Abs. 2 genannten Einleitungen in Oberflächengewässer (Art. 10 WRRL gilt also nicht für das Grundwasser) entsprechend dem in diesem Artikel festgelegten kombinierten Ansatz begrenzt werden. Demnach sollen nicht sämtliche Abwassereinleitungen einer entsprechenden Kontrolle unterliegen, sondern nur die von Art. 10 II WRRL erfassten328. 1. Emissionsorientierte Mindestanforderungen, Art. 10 II WRRL Gem. Art. 10 II WRRL sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass die Emissionsbegrenzung auf der Grundlage der besten verfügbaren Techniken (Buchst. a) oder die einschlägigen Emissionsgrenzwerte (Buchst. b) oder bei diffusen Auswirkungen die Begrenzungen, die ggf. die beste verfügbare Umweltpraxis einschließen (Buchst. c), spätestens zwölf Jahre nach Inkrafttreten dieser Richtlinie festgelegt und/oder durchgeführt werden, sofern in den betreffenden Rechtsvorschriften nicht etwas anderes vorgesehen ist (generalisierte Emissionsbetrachtung329). Maßgeblich hierfür sind die IVURichtlinie, die Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser, die landwirtschaftsbezogene Nitratrichtlinie, die künftig nach Art. 16 der WRRL erlassenen Richtlinien, die im Anhang IX der WRRL angeführten Einzelrichtlinien und die „sonstigen einschlägigen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts“. Der Geltungsbereich und die Gestalt der nach Maßgabe des kombinierten Ansatzes einzuhaltenden emissionsorientierten Mindestanforderungen ergibt sich damit aus der Bezugnahme auf bestehende und noch zu erlassende Rechtsakte der Gemeinschaft außerhalb der WRRL330.

328

Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 157. Brandl, Die Kompetenz des Bundes zur Umsetzung europäischer Richtlinien, 2002, S. 233. 330 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 158; BMU (Hrsg.), Die Wasserrahmenrichtlinie, 2004, S. 56 f. 329

§ 16 Die Umweltziele des Art. 4 WRRL

383

a) Integration der bestehenden Einleitungsregelungen Art. 10 II WRRL bezieht die nach Maßgabe dieser und anderer einschlägiger Richtlinien einzuhaltenden emissionsorientierten Anforderungen per Verweisung mit in die Regelung über den kombinierten Ansatz ein und integriert sie damit formal331. Die bereits existierenden – teilweise schwer erkämpften – Emissionsregelungen, namentlich die IVU-Richtlinie, die Richtlinie über die Behandlung kommunaler Abwässer und die Tochterrichtlinien zur Richtlinie 76/464/EWG bleiben also unverändert bestehen. Neu ist nur, dass die Emissionsgrenzwerte der Tochterrichtlinien zur Richtlinie 76/464/EWG nunmehr gemeinschaftsweit, d. h. ohne Ausnahmeklausel, gelten sollen332. Dies folgt aus Art. 22 II 4. Spstr. WRRL, wonach Art. 6 der Richtlinie 76/464/EWG – und damit auch die sog. „escapeclause“ des Art. 6 III – nicht erst nach 13 Jahren, sondern bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der WRRL aufgehoben wird. Allerdings will Art. 10 II WRRL den Mitgliedstaaten (d. h. de facto Großbritannien)333 insoweit eine Frist von 12 Jahren ab Inkrafttreten der WRRL einräumen. Die in der IVU- und der Kommunalabwasser-Richtlinie enthaltenen Ausnahmeklauseln für günstige Immissionsverhältnisse gelten demgegenüber fort334. Der kombinierte Ansatz des Art. 10 WRRL ist daher nicht uneingeschränkt kumulativ zu verstehen, sondern kombiniert die Qualitätsziele mit regional, u. U. nach Maßgabe der Immissionsverhältnisse differenzierten Mindestanforderungen, ohne dass die näheren Modalitäten der Differenzierung feststünden335. b) Emissionsnormen für prioritäre Stoffe, Art. 16 WRRL Eine Perspektive für die Erweiterung gemeinschaftsrechtlich normierter emissionsorientierter Anforderungen über das nach den bisherigen Richtlinien vorhandene Maß hinaus enthält die WRRL allerdings insofern, als Art. 16 Modalitäten festlegt, nach denen die Gemeinschaft künftig „Strategien gegen die Wasserverschmutzung“ ergreifen soll. Mit dieser Regelung wird der Rahmen der Gewässerschutzrichtlinie 76/464/EWG über die Ableitung gefährlicher Stoffe übernommen, allerdings in nicht unerheblicher Weise modifiziert. Dies gilt zum einen dahingehend, dass nicht mehr die Liste der 132 Stoffe, welche die Kommission einst mit Zustimmung des 331

Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 158. Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 65. 333 s. hierzu oben § 13 II. 1. 334 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 159. 335 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 159 f. 332

384 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

Rates als Stoffe der Liste I festgelegt hatte, sondern die bereits erwähnte – auch im Rahmen des chemischen Zustands relevante – Liste von 33 prioritären Stoffen maßgeblich ist336. Zum anderen hat die WRRL auch die materiellen Kriterien verändert, nach denen sich künftig die Ausgestaltung der Grenzwertregelungen zu richten hat. Die Richtlinie 76/464/EWG sah in ihrem Art. 6 I noch die Festlegung von Emissionsgrenzwerten vor, die an den „besten verfügbaren technischen Mitteln“ zu orientieren waren. Art. 16 IV 2 WRRL, der die materiellen Vorgaben für die von der Kommission zu erarbeitenden Grenzwertvorschläge enthält, legt demgegenüber fest, dass das angemessene Niveau der Emissionsgrenzwerte „unter dem Gesichtspunkt der Kostenwirksamkeit und Verhältnismäßigkeit“ festzulegen ist. Die Option „gemeinschaftsweiter einheitlicher Emissionsgrenzwerte für Verfahrenseinschränkungen“ muss dabei von der Kommission lediglich „berücksichtigt“ werden (Art. 16 VI 2 WRRL a. E.); die Bezugnahme auf ein bestimmtes Technikniveau wie noch in der Richtlinie 76/464/EWG ist damit entfallen337. Angesichts der komplizierten Regelungsstruktur des Art. 16 WRRL stellt die Norm einen Kompromiss innerhalb der Gemeinschaft dar. Für einheitliche Emissionsgrenzwerte ist im Rechtssetzungsverfahren neben der deutschen Ratsdelegation vor allem das Europäische Parlament eingetreten, das in seinen Änderungsanträgen vorsah, das künftige Gemeinschaftsrecht explizit auf „EU-weite einheitliche Emissionsstandards“ festzulegen338. Ähnlich, wenn auch weniger deutlich, lauteten die Vorschläge der Kommission339. Dem wollte der Rat indes nicht folgen; in der Begründung des Gemeinsamen Standpunktes heißt es dazu nur, die von der Kommission zu unterbreitenden Vorschläge könnten einheitliche Emissionsnormen für die gesamte EU umfassen, falls die Kommission dies für angebracht halte340. Im Vermittlungsverfahren einigte man sich schließlich auf den o. g. Wortlaut, womit den Vorstellungen des Parlaments allerdings nur in geringem Umfang Rechnung getragen wurde. Die geforderte Politikoption gemeinschaftsweit einheitlicher Emissionsgrenzwerte findet zwar nunmehr im Richtlinientext Erwähnung; da sie aber nur zu „berücksichtigen“ ist, sollte damit gerade keine verbindliche Vorgabe für die Gestaltung künftiger Tochterrichtlinien geschaffen werden341. Obwohl die in Art. 16 VIII WRRL fest336

s. o. § 16 I. 2. c). Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 160 f. 338 s. die Änderungsanträge des Parlaments aus der ersten Lesung, ABl. 1999, C 150, S. 398 (dort Art. 3a I 2), und S. 410 (Art. 21 V 2). 339 Vgl. insoweit KOM(97) 614, S. 15 (Art. 21 V 4) und KOM(99) 271, S. 40 (Art. 21 V 2). 340 ABl. 1999, C 343, S. 71. 341 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 161. 337

§ 16 Die Umweltziele des Art. 4 WRRL

385

gelegte Zweijahresfrist für die Unterbreitung von Vorschlägen für die Emissionsbegrenzung von Punktquellen ab Aufnahme der betreffenden Stoffe in die Liste prioritärer Stoffe bereits zu Beginn des Jahres 2003 verstrichen war, ist die Kommission bisher noch nicht tätig geworden. Kommt eine Einigung über entsprechende Emissionsgrenzwerte für diese Stoffe nicht innerhalb von sechs Jahren nach Inkrafttreten der WRRL zustande, verpflichtet Art. 16 VIII 2 WRRL die Mitgliedstaaten, selbst in diesem Sinne tätig zu werden. Für Substanzen, die später in die Liste prioritärer Stoffe aufgenommen werden, gilt diese Pflicht mit einer Frist von 5 Jahren nach Aufnahme in die Liste, Art. 16 VIII 3 WRRL. Dies bedeutet im Ergebnis, dass künftige Emissionsbegrenzungen des Gemeinschaftsrechts zwar angestrebt werden, letztlich aber nicht gewährleistet sind342. Hinzu kommt, dass die Begrenzungsmaßnahmen auch hier nicht nach Maßgabe der „besten verfügbaren Techniken“ festzulegen sind, sondern nur „u. a. unter Erwägung aller technischen Möglichkeiten zu ihrer Verminderung“. Auch hier fehlt die Verpflichtung auf ein bestimmtes Umweltschutzniveau343. c) Emissionsorientierte Anforderungen für weitere Stoffe? Zu den Streitpunkten im Gesetzgebungsverfahren der WRRL gehörte schließlich die Frage, ob und inwieweit mit der WRRL auch für andere – nicht auf der Liste prioritärer Stoffe stehende – Substanzen Emissionsregelungen geschaffen werden sollten. Am weitesten gingen insoweit die Vorstellungen des Europäischen Parlaments, das eine generelle Verpflichtung der Mitgliedstaaten einführen wollte, Schadstoffeinleitungen nach den besten verfügbaren Techniken zu begrenzen344. Diese Ansicht entsprach auch den deutschen Vorstellungen, wonach zunächst von den Mitgliedstaaten – unabhängig von der konkreten Gewässerqualität – Emissionsgrenzwerte nach den besten verfügbaren Techniken festzulegen sind und zusätzlich an Hand von Qualitätszielen zu prüfen ist, ob die Anforderungen ggf. verschärft werden müssen345. Die Kommission hingegen, die anfangs noch einen ähnlichen Ansatz wie das Europäische Parlament vertreten hatte, verfolgte später ein eingeschränktes Modell, wonach emissionsorientierte Mindestanforderungen nur dann einzuhalten sind, wenn dies die bestehenden oder noch zu erlassenden Emissionsrichtlinien außerhalb der 342

Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 807. Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 162. 344 Vgl. insoweit die Änderungsanträge Nr. 25 und 39 aus erster Lesung, ABl. 1999, C 150, S. 394 und 398. 345 s. hierzu BMU/LAWA (Hrsg.), Elemente einer Richtlinie des Rates für den Schutz und die Bewirtschaftung der Gewässer der Gemeinschaft, 1997, S. 12 (Nr. 2.2, Abs. I und IV); Knopp, ZfW 1999, S. 259 f. 343

386 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

WRRL anordnen346. Diesem Konzept folgten schließlich der gemeinsame Standpunkt und die Richtlinienfassung. Eine Perspektive für die Erweiterung des Bestands emissionsorientierter Mindestanforderungen über die Stoffe der Prioritätsliste hinaus eröffnet die WRRL allenfalls insoweit, als die (Rahmen-)Vorgaben für die Festlegung von Einleitungsvorschriften für prioritäre Stoffe auch für andere Schadstoffe oder Schadstoffgruppen betreffende Grenzwertvorschläge der Kommission herangezogen werden können (Art. 16 IX)347. Ein Auftrag oder gar eine Verpflichtung der Kommission, Einleitungsregelungen auch für diese übrigen Schadstoffe vorzuschlagen, wird damit allerdings nicht begründet. Auch vermag die Bezugnahme auf die Rahmenvorschriften für prioritäre Stoffe nicht zu gewährleisten, dass es sich hierbei um Emissionsgrenzwerte nach einem einheitlichen Technikniveau handelt348. 2. Die geltenden Umweltqualitätsziele und ihr Verhältnis zu den Emissionsnormen, Art. 10 III WRRL Ähnlich wie Art. 10 IVU-Richtlinie sieht auch Art. 10 III WRRL vor, dass die Emissionsbegrenzungen zu verschärfen sind, wenn dies zur Einhaltung der einschlägigen Qualitätsziele erforderlich ist (situative Immissionsbetrachtung349). Als maßgebliche Qualitätsziele führt Art. 10 III WRRL zunächst die diejenigen der WRRL selbst an (gemeint ist also Art. 4), zum anderen wird aber auch auf Qualitätsziele der in Anhang IX aufgeführten Richtlinien sowie diejenigen, die in anderen gemeinschaftlichen Richtlinien festgelegt wurden, Bezug genommen. Mit den in Anhang IX der WRRL aufgeführten Tochterrichtlinien zur Gewässerschutzrichtlinie 76/464/EWG sind die Richtlinien über Quecksilberableitungen (82/176/EWG) und Cadmiumableitungen (83/513/EWG), die Quecksilberrichtlinie (84/156/EWG), die Richtlinie über die Ableitungen von Hexachlorcyclohexan (84/491/ EWG) sowie die Richtlinie über die Ableitung bestimmter gefährlicher Stoffe (86/280/EWG) gemeint. Hierbei handelt es sich um die Qualitätsziele, die ursprünglich für die Zwecke der „escape-clause“ des Art. 6 III 346

Vgl. KOM(1999) 271, S. 30 f. (Art. 12a I und II); jetzt Art. 10 I und II. Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 163. 348 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 163. 349 Brandl, Die Kompetenz des Bundes zur Umsetzung europäischer Richtlinien, 2002, S. 233. Während Art. 2 Nr. 40 WRRL festlegt, dass Emissionsgrenzwerte für Stoffe normalerweise an dem Punkt gelten, an dem die Emissionen die Anlage verlassen, enthält die WRRL allerdings weder Vorgaben zur räumlichen Gültigkeit der Umweltqualitätsnormen (hinsichtlich der Entfernung zum Einleitungspunkt) noch Anweisungen an die nationalen Behörden, solche Vorgaben zu entwickeln; eingehend zu dieser auf Grund der Mischvorgänge im Gewässer schwierigen Problematik Bleninger et al., KA-Wasser, Abwasser 2004, S. 246. 347

§ 16 Die Umweltziele des Art. 4 WRRL

387

der Gewässerschutzrichtlinie 76/464/EWG entwickelt worden waren und nunmehr gemeinschaftsweit als eigenständige Anforderungen im Rahmen des kombinierten Ansatzes gelten. Dabei wird ihre Einhaltung gleichzeitig auch über das Teilziel des guten chemischen Zustands i. S. von Art. 2 Nr. 24 i. V. m. Anhang IX WRRL gefordert. Bei der Einbeziehung weiterer gemeinschaftlicher Qualitätszielrichtlinien gem. Art. 10 III WRRL handelt es sich schließlich – parallel zur Vorgehensweise bei den emissionsorientierten Anforderungen – um eine Integration des bisherigen Regelwerkes, soweit es durch die WRRL nicht ersetzt wird350. Hier ist zunächst die Badegewässerrichtlinie zu nennen, die auch in Zukunft weiter bestehen bleiben wird. Zum anderen sind auch diejenigen Qualitätsziele anzuführen, die künftig nach den Rahmenvorgaben des Art. 16 VII WRRL für die Stoffe der bereits erwähnten Prioritätsliste festgelegt werden müssen, für die ein Vorschlag der Kommission aber noch aussteht351. Zudem kann die Kommission in entsprechender Anwendung der Rahmenvorgaben über die Maßnahmen für prioritäre Stoffe der Prioritätsliste auch Qualitätsziele für Stoffe vorschlagen, die nicht auf dieser Liste stehen (Art. 16 IX WRRL). Allerdings gibt es keine Anzeichen dafür, dass dies in nennenswertem Umfang geschehen wird352. 3. Bewertung des kombinierten Ansatzes Versucht man eine – zum jetzigen Zeitpunkt notwendigerweise vorläufige – Bewertung des kombinierten Ansatzes der WRRL, so ist zunächst festzustellen, dass die gleichzeitige Verbindlichkeit von Emissionsgrenzwerten und Umweltqualitätsnormen in allen Mitgliedstaaten insgesamt eine dem Gewässerschutz dienliche und deshalb begrüßenswerte Modifikation gegenüber der Gewässerschutzrichtlinie 76/464/EWG darstellt, nach deren „parallelem Ansatz“ den Mitgliedstaaten letztlich ein Wahlrecht zwischen der Festlegung von Emissionsgrenzwerten und Umweltqualitätszielen zustand353. Entscheidend für die Effizienz des kombinierten Ansatzes ist aller350

Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 166. Ebenso wie bei den Emissionsgrenzwerten sind die Mitgliedstaaten auch hier verpflichtet, den Rahmenvorgaben der Richtlinie entsprechende Qualitätsziele festzulegen, wenn innerhalb einer Frist von sechs Jahren nach Inkrafttreten der WRRL keine gemeinschaftliche Regelung zustande kommt (Art.16 VIII 2 WRRL). In diesem Fall wäre allerdings die Chance, gemeinschaftsweit Qualitätsziele und Emissionskontrollen im Rahmen eines kombinierten Ansatzes für bestimmte Stoffe festzulegen, vertan; Caspar, DÖV 2001, S. 534. 352 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 166. 353 Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 176; Appel, ZUR 2001, S. 137; Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 65; Caspar, DÖV 2001, S. 533. 351

388 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

dings das Niveau der Konkretisierung durch angemessene Emissionsgrenzwerte und Umweltqualitätsnormen354. Was die qualitätsorientierten Anforderungen angeht, sieht die WRRL die Formulierung weitreichender ökologischer Zielvorstellungen i. S. von Art. 4 WRRL vor, denen von fachlicher Seite erhebliche Chancen für einen nachhaltigen Gewässerschutz eingeräumt werden355. Diese gelten generell und hängen nicht mehr – wie dies bei den Qualitätszielen der nutzungsbezogenen Immissionsrichtlinien der 70er Jahre der Fall war – von einer mitgliedstaatlichen Ausweisungsentscheidung ab. Es liegt allerdings in der spezifischen Methode der Standardsetzung begründet, dass man zur Konkretisierung der einzelnen Zielvorstellungen weniger mit konkreten Grenzwerten arbeiten kann, sondern die Festlegung der ökologischen Qualitätsziele den Mitgliedstaaten überlassen musste. Hinzu kommt, dass das Erfordernis der Gewährleistung eines „guten Gewässerzustands“ unter dem Vorbehalt zahlreicher, teilweise sehr allgemein gehaltener Ausnahmetatbestände steht356. Im Hinblick auf die Kontrolle gefährlicher Stoffe stellt die WRRL allerdings einen Fortschritt dar, weil die Qualitätsziele der Tochterrichtlinien zur Richtlinie 76/464/EWG nunmehr gemeinschaftsweit gelten. Was die Einführung bzw. Harmonisierung emissionsorientierter Anforderungen anbelangt, beschränken sich die Effekte der WRRL darauf, dass die Emissionsgrenzwerte der 76/464/EWG-Tochterrichtlinien nunmehr in allen Mitgliedstaaten gelten – wegen der Aufhebung des Art. 6 III der Richtlinie 76/464/EWG (escape-clause) mithin auch in Großbritannien357. Die bisherigen, mit der Richtlinie 76/464/EWG verbundenen Pläne zur Regulierung von Einleitungen gefährlicher Stoffe werden dabei sogar heruntergeschraubt, indem die WRRL die Anzahl der gemeinschaftlich zu regelnden Stoffe vermindert hat; vgl. oben § 16 I. 2. c)358. Im Hinblick auf den Anlagenbetrieb sind Emissionsbegrenzungen – abgesehen von den wenigen Tochterrichtlinien der Gewässerschutzrichtlinie 76/464/EWG – derzeit nur im Rahmen der IVU-Richtlinie für größere Anlagen vorgesehen. Aber auch insoweit handelt es sich nicht um gemeinschaftsweite Vorgaben, da die IVU-Richtlinie die gemeinschaftsrechtliche Emissionsbegrenzung grundsätzlich zurückgestellt und den Mitgliedstaaten überlassen hat; vgl. oben § 13 354

Appel, ZUR 2001, S. 135. Schmalholz, ZfW 2001, S. 74. 356 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S, 165. 357 Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 166; Appel, ZUR 2001, S. 134. 358 Immerhin vermag dieser Umstand möglicherweise dazu beitragen, den zum Erliegen gekommenen Rechtssetzungsprozess des Erlasses entsprechender Grenzwerte wiederzubeleben; so Meinken, Emissions- versus Immissionsorientierung, 2001, S. 166. 355

§ 16 Die Umweltziele des Art. 4 WRRL

389

III. 3. a)359. Dies führt zu dem systemwidrigen Ergebnis, dass für Großanlagen i. S. der IVU-Richtlinie lediglich mitgliedstaatliche Emissionsgrenzwerte gelten, während für kleinere Anlagen die WRRL anzuwenden ist, die gem. Art. 16 WRRL prinzipiell gemeinschaftsweite Emissionsgrenzwerte vorsieht360. Zudem bleibt offen, wie über die punktförmigen, bereits der Emissionsbegrenzung nach dem Stand der Technik unterliegenden Quellen hinaus auch diffuse Quellen erfasst und mit Blick auf die Zielvorgaben reduziert werden können. Hier sieht die Richtlinie bisher keine Strategie vor, die über die Nitrat- und Pflanzenschutzmittelrichtlinie hinausgeht und namentlich die Landwirtschaft durch ein Konzept der besten Umweltpraxis stärker in die Pflicht nimmt361. Insgesamt ist der grundsätzlich sehr zu begrüßende kombinierte Ansatz der WRRL damit insoweit zu relativieren, als die von der WRRL festgelegten Umweltziele recht unbestimmt sind und von der Richtlinie selbst kaum konkrete Umweltqualitätsnormen bzw. Emissionsgrenzwerte ausgehen, sondern weitgehend auf solche anderer, bereits bestehender Richtlinien verwiesen wird362. Eine Zukunftsperspektive bietet allerdings der Verweis des Art. 10 II WRRL auf die „Strategien gegen die Wasserverschmutzung“ gem. Art. 16 WRRL363, welche die Festlegung gemeinschaftlicher Standards vorsehen. Entscheidend für die Wirksamkeit des kombinierten Ansatzes wird deshalb sein, inwieweit es gelingt, diese Strategien durch anspruchsvolle Emissionsgrenzwerte und Umweltqualitätsnormen auszugestalten364. Der Umstand, dass die EG dazu erst noch Tochterrichtlinien erlassen muss, erinnert an die Probleme der Gewässerschutzrichtlinie 76/464/EWG, im Rahmen derer die Mitgliedstaaten kaum entsprechende Aktivitäten gezeigt haben365. Möglicherweise können die den Gemeinschaftsorganen in Art. 16 WRRL aufgegebenen Fristen diesen Prozess jedoch forcieren. Der rechtliche Rahmen für eine Kombination von Emissionsgrenzwerten und Umweltqualitätsnormen ist mit Art. 10 WRRL jedenfalls gegeben366. 359

Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 806. Caspar, DÖV 2001, S. 533 Fn. 36. 361 Appel, ZUR 2001, S. 137; in diesem Sinne auch Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 806; Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 177. 362 Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 63; Knopp, in: Erbguth (Hrsg.), Änderungsbedarf im Wasserrecht, 2003, S. 49. 363 Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 806. 364 Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 177; Appel, ZUR 2001, S. 135. 365 Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 65. 366 Appel, ZUR 2001, S. 135. 360

390 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

4. Kombinierter Ansatz für das Grundwasser? Die Regelung des kombinierten Ansatzes gem. Art. 10 WRRL gilt ausdrücklich nur für Oberflächengewässer, nicht hingegen für das Grundwasser. Dies lässt sich für direkte Grundwassereinleitungen, d. h. solche ohne Boden- oder Untergrundpassage367, damit erklären, dass gem. Art. 11 III j) WRRL insoweit ein generelles Einleitungsverbot besteht, womit für einen kombinierten Ansatz kein Raum besteht („Null-Emission“). Indirekte Einleitungen, d. h. solche nach Boden- oder Untergrundpassage, sind in der WRRL hingegen nicht geregelt368. Um den Grundwasserschutz nach Aufhebung der Grundwasserrichtlinie 80/86/EWG369, deren Art. 4 und 5 auch indirekte Einleitungen erfassen, nicht aufzuweichen, sieht Art. 6 des Entwurfs zur Grundwasser-Tochterrichtlinie ein Konzept vor, wonach diese, soweit es sich um Stoffe der Punkte 1 bis 6 des Anhangs VIII der WRRL handelt, verhindert (Abs. 1) und, soweit es sich um Stoffe der Punkte 7 bis 12 des Anhangs VIII der WRRL handelt, begrenzt werden sollen (Abs. 2)370. Während so für die Stoffe 1 bis 6 des Anhangs VIII der WRRL im Ergebnis ebenfalls eine Null-Emission gefordert wird, kommt eine Kombination von Emissions- und Qualitätsgrenzwerten im Rahmen der geforderten Emissionsbegrenzung i. S. des Art. 6 II des Entwurfs der Grundwasser-Tochterrichtlinie grundsätzlich in Betracht. Allerdings sollen danach indirekte Einleitungen der in den Punkten 7 bis 12 des Anhangs VIII der WRRL genannten Stoffe bis zur Grenze der Gefährdung des guten chemischen Zustands genehmigungsfähig sein; Kriterien für eine abstraktgenerelle Emissionsbegrenzung sind im Entwurf der Grundwasser-Tochterrichtlinie nicht vorgesehen. Damit werden die Qualitätsgrenzwerte nicht mit Emissionsstandards kombiniert, so dass für diese Stoffe die Gefahr des „Auffüllens“ bis an die Grenze des gerade noch zulässigen Schadstoffgehalts besteht371. Um dies zu vermeiden wird gefordert, bei den durch Art. 6 des Entwurfs der Grundwasser-Tochterrichtlinie vorgeschriebenen Maßnahmen die besten Umweltpraktiken und die beste verfügbare Technik zu berücksichtigen372. Sollte sich diese Forderung im weiteren Rechts367 Vgl. zur Unterscheidung zwischen direkter und indirekter Grundwassereinleitung die Definitionen in Art. 1 II b) und c) der Grundwasserrichtlinie. 368 Ziffer 6 der Begründung des Kommissionsvorschlages zur Grundwasser-Tochterrichtlinie. 369 Die Aufhebung ist für das Jahr 2013 vorgesehen, vgl. Art. 22 II WRRL. 370 „Prevent and limit“. 371 BMU (Hrsg.), Die Wasserrahmenrichtlinie, 2004, S. 88. 372 Vgl. insoweit den 47. Änderungsantrag im Rahmen des Berichts des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung (A6-0061/2005), sog. Klaß-Bericht.

§ 17 Das planungsrechtliche Instrumentarium der WRRL

391

setzungsverfahren durchsetzen, ließe sich von einem kombinierten Ansatz sprechen.

§ 17 Das planungsrechtliche Instrumentarium zur Erreichung der Ziele des Art. 4 WRRL Um den gem. Art. 4 WRRL geforderten guten Zustand der Oberflächengewässer und des Grundwassers zu erreichen, postuliert die WRRL nicht nur eine Gewässerbewirtschaftung nach Flussgebietseinheiten, sondern stellt hierfür auch ein spezifisches planungsrechtliches Instrumentarium zur Verfügung. Es handelt sich dabei um sog. Maßnahmenprogramme (Art. 11 WRRL) und Bewirtschaftungspläne (Art. 13 WRRL), denen im Rahmen der zukünftigen Gewässerbewirtschaftung eine Schlüsselrolle zukommen wird373.

I. Das Maßnahmenprogramm, Art. 11 WRRL Art. 11 WRRL verpflichtet die Mitgliedstaaten, für jede auf dem jeweiligen Hoheitsgebiet liegende Flussgebietseinheit ein Maßnahmenprogramm aufzustellen. Wie bereits aus der Bezeichnung Maßnahmenprogramm hervorgeht, sind darin die für die Zielerreichung notwendigen konkreten Maßnahmen festzulegen374. Sie sind die eigentliche rechtsverbindliche Basis, auf der der Vollzug der flussgebietsbezogenen Gewässerbewirtschaftung in den Mitgliedstaaten stattfinden soll und stellen somit das zentrale Instrument der WRRL dar, um das Ziel eines guten Gewässerzustands zu erreichen375. Im Zusammenhang mit den Bewirtschaftungsplänen bilden sie die Grundlage für ein kohärentes Gesamtkonzept der Gewässerbewirtschaftung nach Flusseinzugsgebieten376. Die Maßnahmeprogramme sind gem. Art. 11 VII WRRL spätestens neun Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie aufzustellen; die entsprechenden Maßnahmen müssen spätestens drei weitere Jahre später in die Praxis umgesetzt sein. Die Fristen enden somit am 22. Dezember 2009 bzw. 2012 (vgl. Art. 11 VII i. V. m. Art. 25 WRRL)377. Jedes Maßnah373

Breuer, UPR 2004, S. 205. Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 32. 375 Kotulla, NVwZ 2002, S. 1415; Breuer, UPR 2004, S. 205. 376 Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 32. 377 Daraus ergibt sich, dass die Maßnahmen innerhalb von nur drei Jahren – das Umweltziel des guten Zustands ist bis zum Ende 2015 zu erreichen – greifen müssen. Angesichts der langsamen Abbauprozesse von Schadstoffen in den Gewässern dürfte fraglich sein, ob die Fristen des Art. 11 VII WRRL nicht hätten kürzer gewählt werden sollen; Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 182; Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 50. 374

392 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

menprogramm enthält gem. Art. 11 II WRRL grundlegende und gegebenenfalls auch ergänzende Maßnahmen, deren Festlegung und Einhaltung vom EuGH überprüft werden können378. 1. Grundlegende Maßnahmen Die grundlegenden Maßnahmen werden in Art. 11 III WRRL definiert, der die Palette der zu erfüllenden Mindestanforderungen in einem Katalog von Unterabschnitten gem. Art. 11 III a) – l) WRRL erfasst. Sie sind auf jeden Fall durchzuführen, auch wenn die betroffenen Gewässer bereits in einem guten Zustand sind. Auf diese Weise soll bei ökologisch intakten Gewässern verhindert werden, dass sich deren Qualität verschlechtert379. a) Maßnahmen zur Umsetzung europarechtlicher Wasserschutzvorschriften Entsprechend dem Zweck der WRRL, einen Ordnungsrahmen für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik zu schaffen380, gehören zu den grundlegenden Maßnahmen insbesondere solche, die zur Umsetzung bestehender Wasserschutzvorschriften erforderlich sind381. So verweist Art. 11 III a) WRRL ausdrücklich auch auf Maßnahmen des kombinierten Ansatzes gem. Art. 10 WRRL sowie der in Anhang VI Teil A aufgeführten Rechtsakte. Im Hinblick auf Art. 10 WRRL sind dabei die materiellen Anforderungen der IVU-Richtlinie, der Kommunalabwasserrichtlinie, der Nitratrichtlinie, der in Ausfüllung des Art. 16 WRRL zu erlassenden Richtlinien zur Bekämpfung der Wasserverschmutzung sowie die in Anhang IX aufgeführten (ehemaligen) Tochterrichtlinien der Gewässerschutzrichtlinie 76/464/EWG382 maßgebend. Die in Anhang VI Teil A enthaltene Liste umfasst 11 Richtlinien, nämlich die Badegewässerrichtlinie, die Vogelschutz-Richtlinie, die Trinkwasserrichtlinie, die „Sevesorichtlinie-II“383, die UVP-Richtlinie, die Klärschlammrichtlinie, die Kommunalabwasserrichtlinie, die Pflanzenschutzmittelrichtlinie, die Nitratrichtlinie, die FFH-Richtlinie sowie die IVU-Richtlinie. Dass die IVU-, Kommunal378 Eine unzureichende Erstellung oder Anwendung des Maßnahmenprogramms würde eine Vertragsverletzung darstellen; Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 50. 379 Rechenberg/Markard/Irmer, wwt awt 1/2000, S. 41. 380 Vgl. den 18. Erwägungsgrund der WRRL. 381 Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 32. 382 s. hierzu oben § 13 II. 2. 383 Richtlinie 96/82/EG des Rates vom 9. Dezember 1996 zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen, ABl. 1997, L 10, S. 13.

§ 17 Das planungsrechtliche Instrumentarium der WRRL

393

abwasser- und Nitratrichtlinie durch die differenzierte Verweisungstechnik der WRRL doppelt erscheinen, ist hierbei im Ergebnis ohne Bedeutung384. Dies gilt auch für die in Art. 11 d) und k) WRRL jeweils eigenständig in Bezug genommenen Rechtsakte, nämlich die Trinkwasserrichtlinie und das im Rahmen von Art. 16 WRRL zu erlassende Sekundärrecht: So schreibt Art. 11 III d) WRRL Maßnahmen zur Erreichung der Anforderungen nach Art. 7 WRRL, einschließlich der Maßnahmen zum Schutz der Wasserqualität vor, um den bei der Gewinnung von Trinkwasser erforderlichen Umfang der Aufbereitung zu verringern. Im Ergebnis werden die Mitgliedstaaten damit zur Identifizierung der für die Trinkwassergewinnung genutzten oder künftig zu nutzenden Wasserkörper, zum Schutz dieser Wasserkörper und zur Einhaltung der Anforderungen an das Trinkwasser nach der Richtlinie 80/778/EWG385 verpflichtet, deren Maßnahmen zugleich Gegenstand von Anhang VI Teil A der WRRL sind386. Diesbezügliche Überschneidungen bestehen auch insofern, als Art. 11 III k) WRRL Maßnahmen zur Beseitigung der Verschmutzung von Oberflächengewässern durch prioritäre Stoffe i. S. von Art. 16 II WRRL sowie andere Stoffe vorsieht, die sonst das Erreichen der Umweltziele des Art. 4 WRRL verhindern würden. Maßgebend ist hier wiederum das im Rahmen von Art. 16 WRRL zu erlassende Sekundärrecht387. b) Kostendeckungsprinzip, effiziente und nachhaltige Wassernutzung Als weitere grundlegende Maßnahmen sieht Art. 11 III b) WRRL solche vor, die als geeignet für die Ziele des Art. 9 WRRL, d. h. für die Deckung der Kosten für Wasserdienstleistungen gelten. Die materiellen Anforderungen an die in das Programm aufzunehmenden Maßnahmen werden allerdings nicht näher spezifiziert388. In unmittelbarem sachlichen Kontext zu der vorgenannten Kategorie soll die sparsame und schonende Inanspruchnahme des Wasserdargebots gefördert werden, um nicht die Umweltziele des Art. 4 WRRL zu gefährden, Art. 11 III c) WRRL. Dadurch will man die Ressource Wasser möglichst lange erhalten389.

384

Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36, Rn. 14. In der durch die Richtlinie 98/83/EG geänderten Fassung. 386 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36, Rn. 17; Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 46. 387 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36, Rn. 24. 388 Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 46. 389 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36, Rn. 16. 385

394 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

c) Wassermengenbezogene Maßnahmen Nach Art. 11 III e) WRRL haben die Mitgliedstaaten Begrenzungen der Entnahme von Oberflächen- und Grundwasser sowie der Aufstauung von Oberflächensüßwasser, einschließlich eines oder mehrerer Register der Wasserentnahmen und einer Vorschrift über die vorherige Genehmigung der Entnahme und der Aufstauung vorzusehen. Diese Begrenzungen müssen regelmäßig überprüft und ggf. aktualisiert werden. Entnahmen und Aufstauungen, die keine signifikanten Auswirkungen auf den Wasserzustand haben, können von diesen Begrenzungen freigestellt werden. Zum Schutz vor künstlichen Anreicherungen oder Auffüllungen von Grundwasserkörpern fordert Art. 11 III f) WRRL ebenfalls Begrenzungen, einschließlich einer vorherigen Genehmigung. Dabei kann das verwendete Wasser sowohl aus Oberflächengewässern als auch aus dem Grundwasser stammen, sofern die Nutzung der Quelle nicht die Nutzung der Umweltziele gefährdet, die für die Quelle oder den angereicherten oder vergrößerten Grundwasserkörper festgesetzt wurden. Die Begrenzungen sind regelmäßig zu überprüfen und gegebenenfalls zu aktualisieren. d) Maßnahmen gegen Einleitungen aus Punktquellen, diffusen Quellen und sonstige nachteilige Auswirkungen auf den Gewässerzustand Nach Art. 11 III g) WRRL haben die Mitgliedstaaten bei Einleitungen aus Punktquellen, die Gewässerverschmutzungen verursachen können, das Erfordernis einer vorherigen Regelung, etwa ein Einleitungsverbot von Schadstoffen, eine vorherige Genehmigung oder eine Registrierung nach allgemein verbindlichen Regeln sowie die Emissionsbegrenzungen für die betreffenden Schadstoffe, einschließlich der Emissionsstandards nach den Art. 10 und 16 WRRL vorzusehen. Hiermit ist in erster Linie die Einleitung von Abwasser angesprochen390. Im Hinblick auf Verschmutzungen aus diffusen Quellen werden die Mitgliedstaaten gem. Art. 11 III h) WRRL ebenfalls verpflichtet, diese durch geeignete Maßnahmen zu verhindern oder zu begrenzen. Wie auch bei Punktquellen können derartige Begrenzungen in Form einer vorherigen Regelung391, einer Genehmigungspflicht oder einer Registrierung nach allgemeinverbindlichen Regelungen erfolgen, sofern ein solches Erfordernis nicht anderweitig im Gemeinschaftsrecht vorgesehen ist. Präzise Vorgaben über die genau zu treffenden Maßnahmen können diesen Bestimmungen allerdings nicht entnommen werden392. Es wird ledig390 391

Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36, Rn. 20. Etwa einem Einleitungsverbot für Schadstoffe.

§ 17 Das planungsrechtliche Instrumentarium der WRRL

395

lich vorgeschrieben, dass Emissionen zu begrenzen sind. Wie dies genau geschehen soll bleibt aber offen393. Jedenfalls sind die Begrenzungen sowohl bei Punktquellen als auch bei diffusen Quellen regelmäßig zu überprüfen und ggf. zu aktualisieren. Schließlich enthält Art. 11 III i) WRRL noch einen Auffangtatbestand in dem Sinn, dass bei allen sonstigen nach Art 5 i. V. m. Anhang II WRRL ermittelten signifikanten nachteiligen Auswirkungen auf den Wasserzustand geeignete Maßnahmen festzulegen sind394. Hierbei handelt es sich insbesondere um solche Maßnahmen, die sicherstellen, dass die hydromorphologischen Bedingungen der Wasserkörper dem anzustrebenden guten ökologischen Zustand bzw. Potenzial nicht entgegenstehen. e) Spezifische Maßnahmen zum Grundwasserschutz Als eine weitere grundsätzliche Maßnahme sieht Art. 11 III j) WRRL ein Verbot direkter Einleitungen von Schadstoffen in das Grundwasser vor. Zugleich enthält die Norm allerdings differenzierte und hier nicht im Einzelnen wörtlich wiederzugebende Ausnahmekonstellationen, in denen von dem Einleiteverbot abgewichen werden kann. Diese relativ präzise umschriebenen Ausnahmen betreffen bestimmte begrenzte Einleitungen bei spezifischen Nutzungsarten, wie z. B. dem Bergbau oder der Förderung von Erdgas, sowie bei Hoch- und Tiefbauarbeiten395 und weisen eine strukturelle Parallelität mit den entsprechenden Vorschriften der Grundwasserrichtlinie auf. Die Ausnahmen dürfen aber nur dann erteilt werden, wenn sie die Erreichung der Umweltziele für den betreffenden Grundwasserkörper nicht gefährden, Art. 11 III j) a. E. WRRL. f) Maßnahmen zur Vorsorge gegen Störfälle Art. 11 III l) WRRL schreibt schließlich „alle erforderlichen Maßnahmen“ vor, um Freisetzungen von signifikanten Mengen an Schadstoffen aus technischen Anlagen zu verhindern und den Folgen unerwarteter Verschmutzungen (etwa durch Überschwemmungen) vorzubeugen bzw. diese zu mindern. 392

Bei Punktquellen ist insoweit nur von „vorherigen Regelungen die Rede“ (die anderen Aufzählungen erfolgen nur beispielhaft), bei diffusen Quellen wird nur ganz allgemein auf „Maßnahmen zur Verhinderung oder Begrenzung der Einleitung von Schadstoffen“ Bezug genommen. 393 Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 47. 394 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36, Rn. 22. 395 Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 47 f.

396 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

Als Instrumente sind Systeme zur frühzeitigen Entdeckung derartiger Vorkommnisse oder zur Frühwarnung und, im Falle von nach vernünftiger Einschätzung nicht vorhersehbaren Unfällen, Maßnahmen zur Verringerung des Risikos für die aquatischen Ökosysteme vorgesehen. Im Wesentlichen geht es in dieser Regelung um die obligatorische Ergänzung der Maßnahmenprogramme durch eine „Feuerwehrklausel“, die sicherstellen soll, dass die ordentliche Gewässerbewirtschaftung soweit wie möglich vor außerordentlichen Rückschlägen bewahrt wird396. 2. Ergänzende Maßnahmen Als ergänzende Maßnahmen definiert Art. 11 IV 1 WRRL die Maßnahmen, die von den Mitgliedstaaten zusätzlich zu den grundlegenden Maßnahmen geplant und ergriffen werden, um die gem. Art. 4 WRRL festgelegten Ziele zu erreichen. Gem. Art. 11 IV 3 WRRL können ergänzende Maßnahmen aber auch angewandt werden, um für einen zusätzlichen Schutz der unter die WRRL fallenden Gewässer zu sorgen397. Art. 11 IV 3 WRRL ist dabei Ausdruck der primärrechtlichen Berechtigung jedes Mitgliedstaats nach Art. 176 EGV, verstärkte Schutzmaßnahmen beizubehalten oder zu ergreifen398. Was im Einzelnen unter den sog. ergänzenden Maßnahmen zu verstehen ist, ergibt sich aus Anhang VI Teil B WRRL, der eine – allerdings ausdrücklich als „nichterschöpfend“ bezeichnete – Liste solcher Maßnahmen enthält, Art. 11 IV 2 WRRL. Genannt werden hier rechtliche, administrative, wirtschaftliche oder steuerliche Instrumente, die Aushandlung von Umweltübereinkommen, Emissionsbegrenzungen, Verhaltenskodizes für die gute Praxis, die Neuschaffung und Wiederherstellung von Feuchtgebieten, Entnahmebegrenzungen, Maßnahmen zur Begrenzung der Nachfrage399, Maßnahmen zur Verbesserung der Effizienz und zur Förderung der Wiederverwendung400, Bauvorhaben, Entsalzungsanlagen, Sanierungsvorhaben, künstliche Anreicherungen von Grundwasserleitern, Fortbildungsmaßnahmen, Forschungs-, Entwicklungs- und Demonstrationsvorhaben sowie andere relevante Maßnahmen. Diese umfassende und doch nicht abschließende Aufzählung zeigt eindrucksvoll das breite Spektrum, das die programmatisch gelenkte Bewirt396

Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36, Rn. 25. Dies gilt gem. Art. 11 IV 3 a. E. WRRL auch im Hinblick auf die Durchführung der in Art. 1 genannten internationalen Übereinkommen. 398 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36, Rn. 32. 399 U. a. Förderung einer angepassten landwirtschaftlichen Produktion, z. B. Anbau von Früchten mit niedrigem Wasserbedarf in Dürregebieten. 400 U. a. Förderung von Technologien mit hohem Wassernutzungsgrad in der Industrie und wassersparende Bewässerungstechniken. 397

§ 17 Das planungsrechtliche Instrumentarium der WRRL

397

schaftung zu nutzen in der Lage sein will401. Während ein Großteil der Liste konkrete Maßnahmen der Gewässerbewirtschaftung benennt, enthalten andere Aspekte allerdings auch Randerscheinungen, deren Aufnahme in die Programme Bedenken begegnet. Beispielsweise führt die Auffangklausel der „anderen relevanten Maßnahmen“, die etwa auch die Öffentlichkeitsarbeit umschließen soll402 zu einer Preisgabe klarer normativer Dezision und birgt die Gefahr der Konturenverwischung in sich403. Immerhin findet eine gewisse Begrenzung dadurch statt, dass entsprechende Maßnahmen nur dann in das Maßnahmenprogramm aufgenommen werden können, soweit dies notwendig ist, um die in Art. 4 WRRL festgelegten Ziele zu erreichen oder für einen zusätzlichen Schutz der Gewässer bzw. eine Verbesserung ihres Zustands zu sorgen; Art. 11 IV 1 WRRL. Demnach muss ein konkreter, finaler Bezug zwischen Maßnahme und Bewirtschaftungsziel herzustellen sein. Auch wenn damit kein absoluter und strenger Erforderlichkeitsmaßstab i. S. der rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeit festgeschrieben wird, so steht das Merkmal doch der uneingeschränkten Aufnahme jedweder Maßnahme in das Programm entgegen404. 3. Verschlechterungs- und Verlagerungsverbot Das bereits in Art. 4 WRRL erwähnte Verschlechterungsverbot wird in Art. 11 VI WRRL nochmals aufgegriffen. So sind gem. Art. 11 VI 1 WRRL von den Mitgliedstaaten bei der Durchführung der grundlegenden und ergänzenden Maßnahmen alle geeigneten Vorkehrungen zu treffen, damit die Meeresgewässer nicht zusätzlich verschmutzt werden. Da letztere nicht zu den von der WRRL geschützten Gewässern gehören405, wird der Anwendungsbereich des Verschlechterungsverbotes mithin im Hinblick auf Art. 4 WRRL erweitert406. Darüber hinaus darf die Durchführung entsprechender Maßnahmen unter keinen Umständen direkt oder indirekt zu einer erhöhten Verschmutzung der Oberflächengewässer führen. Diese Anforderung gilt nur dann nicht, wenn hierdurch eine stärkere Verschmutzung der Umwelt insgesamt bewirkt würde, Art. 11 VI 2 und 3 WRRL. Der Begriff der „Umwelt insgesamt“ und die Voraussetzungen, unter denen eine Verschlechterung des Gewässerzustandes anzunehmen ist, werden allerdings nicht näher beschrie401

Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36, Rn. 30. BT-Drs. 14/7755, S. 20. 403 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36, Rn. 30. 404 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36, Rn. 31. 405 Umkehrschluss aus den Definitionen „Küstengewässer“ und Flussgebietseinheit gem. Art. 2 Nrn. 7 und 15 WRRL; Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 33. 406 Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 49. 402

398 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

ben, so dass die genaue Tragweite dieser Verpflichtung vage bleibt407. Immerhin kommt durch die Bezugnahme auf die Meeresgewässer zum Ausdruck, dass sich die Einhaltung der Verpflichtungen der WRRL nicht negativ auf die Meereswasserqualität auswirken soll, etwa indem bislang in das Süßwasser erfolgte Einleitungen in Meeresgewässer „umgeleitet“ werden oder indem das Meer als Senke für besonders persistente oder akkumulative Stoffe genutzt wird. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass die Ziele in den Fließgewässern zwar eingehalten, in Meeresgewässern jedoch ökologische Schäden in Kauf genommen werden408.

II. Der Bewirtschaftungsplan, Art. 13 WRRL Nach Art. 13 WRRL haben die Mitgliedstaaten für die Erstellung sog. Bewirtschaftungspläne zu sorgen. Diese enthalten alle relevanten Informationen über die betreffende Flussgebietseinheit. Neben den Maßnahmenprogrammen handelt es sich bei den Bewirtschaftungsplänen um das zweite wesentliche Element des neuen planungsrechtlichen Instrumentariums der WRRL409. Die Bewirtschaftungspläne sind gem. Art. 13 VI WRRL spätestens neun Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie, d. h. spätestens bis zum 22.12.2009 aufzustellen und zu veröffentlichen, sowie spätestens 15 Jahre nach Inkrafttreten der WRRL, d. h. bis zum 22.12.2015 erstmals und hiernach aller sechs Jahre zu überprüfen und zu aktualisieren; Art. 13 VII WRRL. 1. Inhalt Inhalt und Aufbau des Bewirtschaftungsplans werden durch Art. 13 IV i. V. m. Anhang VII WRRL bestimmt. Hier erfolgt eine zusammenfassende Darstellung aller grundlegenden Informationen für das jeweilige Einzugsgebiet410. Teil A des Anhangs VII zählt 11 Hauptpunkte auf, die sich wie folgt zusammenfassen lassen: a) Beschreibung des Ist-Zustands der Gewässer Die in Nr. 1 Teil A Anhang VII WRRL vorgesehene Beschreibung der Gewässermerkmale in der Flussgebietseinheit richtet sich im Einzelnen 407 Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 49. 408 Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 49. 409 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36b, Rn. 1. 410 Caspar, DÖV 2001, S. 532; Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 34.

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nach den in Art. 5 und Anhang II WRRL niedergelegten Anforderungen und formuliert den tatsächlichen Zustand der Gewässer als Grundlage der Bewirtschaftungsanstrengungen (Ist-Zustand)411. Hierin sind mit Blick auf die Oberflächengewässer und Küstengewässer zunächst die Kartierung der Lage und Grenzen der Wasserkörper, der Ökoregionen und Oberflächenwasserkörpertypen im Einzugsgebiet eingeschlossen; mit Blick auf das Grundwasser betrifft dies die Kartierung der Lage und Grenzen der Wasserkörper. Nach Nr. 2 Teil A Anhang VII WRRL beinhaltet die Analyse des Ist-Zustands weiterhin eine Zusammenfassung der signifikanten Belastungen und anthropogenen Einwirkungen auf den Zustand der Oberflächengewässer und des Grundwassers, d. h. eine Einschätzung der Verschmutzung durch Punktquellen und diffuse Quellen, eine zusammenfassende Darstellung der Landnutzung, eine Einschätzung der Belastungen für den mengenmäßigen Zustand sowie eine Analyse sonstiger anthropogener Einwirkungen. Ein weiterer Aspekt des Bewirtschaftungsplans besteht gem. Nr. 3 Teil A Anhang VII WRRL in der Ermittlung und Kartierung der Schutzgebiete gem. Art. 6 und Anhang IV. Ferner sind gem. Nr. 4 Teil A Anhang VII WRRL eine Karte der Überwachungsnetze sowie eine Darstellung der Ergebnisse der Überwachungsprogramme in den Plan aufzunehmen412. b) Liste der Umweltziele Der Inhalt der Bewirtschaftungspläne umfasst nicht nur den Ist-Zustand der Gewässer, sondern auch deren Soll-Zustand. In diesem Rahmen sieht Nr. 5 Teil A Anhang VII WRRL die Wiedergabe einer Liste mit den für die einzelnen Gewässer gem. Art. 4 WRRL zu erreichenden Umweltzielen vor413. Neben der Präzisierung des guten chemischen Gewässerzustands sind hier für jede Gewässerart der jeweils maßgebliche gute ökologische Zustand (oberirdische Gewässer und Küstengewässer), das gute ökologische Potenzial (künstliche oder erheblich veränderte oberirdische Gewässer) oder der gute mengenmäßige Zustand (Grundwasser) darzulegen. Gleiches gilt für die Fälle, in denen die Ausnahmen der Art. 4 IV, V, VI und VII WRRL in Anspruch genommen werden sowie die diesbezüglichen Gründe.

411

Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36b, Rn. 11. Ausführlich zu den Anforderungen an die Gewässerüberwachung BMU (Hrsg.), Die Wasserrahmenrichtlinie, 2004, S. 101 ff. 413 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36b, Rn. 15. 412

400 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

c) Zusammenfassung der wirtschaftlichen Analyse des Wasserverbrauchs Nach Nr. 6 Teil A Anhang VII WRRL ist auch die wirtschaftliche Analyse des Wasserverbrauchs in den Bewirtschaftungsplan aufzunehmen. Gemeinschaftsrechtlicher Anlass hierfür ist Art. 5 I i. V. m. Anhang III WRRL, der neben Art. 9 WRRL auf die Erreichung einer ökonomischen Dimension der Gewässerbewirtschaftung hinzuwirken sucht und interdisziplinäre Fragen im Grenzbereich von Wasser- und Volkswirtschaft aufwirft414. Entsprechenden ökonomischen Erwägungen werden im Hinblick auf die Erreichung der Umweltziele des Art. 4 WRRL durch die Richtlinie besondere Bedeutung zugeschrieben. Die komprimierte Darstellung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen soll dabei die insoweit erforderlichen Entscheidungskompetenzen verdeutlichen415. Aus fachlicher Sicht ist die wirtschaftliche Analyse des Wasserverbrauchs als ökonomische Bestandsaufnahme zu verstehen, die die Basis für die Bewertung wichtiger Wasserbewirtschaftungsfragen legt416. Ausgehend von einem „baseline scenario“ (Ausgangsszenario) sollen die dynamischen Entwicklungen jedes Einzugsgebietes untersucht werden, um die wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Gewässerzustand prognostizieren zu können417. Dabei muss die wirtschaftliche Analyse gem. Anhang III WRRL genügend Informationen mit ausreichender Detailliertheit enthalten, um einerseits den Grundsatz der Deckung der Kosten der Wasserdienstleistungen i. S. von Art. 9 WRRL418 zu verwirklichen und andererseits die kosteneffizientesten Maßnahmenkombinationen der Wassernutzung auf der Grundlage von Schätzungen ihrer potentiellen Kosten beurteilen zu können. Die wirtschaftliche Analyse der Wasserdienst414 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36b, Rn. 16; LfUG, Europäische Wasserrahmenrichtlinie (Informationsblatt Nr. 2), 2004, S. 10. Ausführlich hierzu BMU (Hrsg.), Die Wasserrahmenrichtlinie, 2004, S. 89 ff. 415 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36b, Rn. 16. 416 BMU (Hrsg.), Die Wasserrahmenrichtlinie, 2004, S. 93. 417 Das betrifft z. B. Prognosen über die sich verändernde Nachfrage nach Wasser. Als Kenngrößen sollen dabei sozioökonomische Variablen (z. B. Bevölkerungsentwicklung), politische und rechtliche Veränderungen anderer Sektoren (z. B. Agrarpolitik, Implementierung von anderen EG-Richtlinien und von Naturschutzmaßnahmen), Auswirkungen von Stadt- und Regionalplanungen sowie sonstige Einflüsse (z. B. Klimaveränderungen) und ihre Auswirkungen auf die Wassernutzungen zusammengeführt werden; BMU (Hrsg.), Die Wasserrahmenrichtlinie, 2004, S. 93. 418 Danach haben die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass bis 2010 kostendeckende Wasserpreise unter Einbeziehung von Umwelt- und Ressourcenkosten eingeführt werden. An den Kosten, die dem Wasserdienstleister entstehen, sollen nach dem Verursacherprinzip mindestens die Hauptnutzergruppen Industrie, Landwirtschaft und Haushalte mit beteiligt werden; BMU (Hrsg.), Die Wasserrahmenrichtlinie, 2004, S. 94.

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leistungen stellt damit ein verbindendes Element dar, um die Voraussetzungen und Grundlagen für die ökonomischen Bewertungen und Prognosen zu schaffen419. d) Zusammenfassung der Maßnahmenprogramme Auch das Maßnahmenprogramm nach Art. 11 WRRL ist lediglich als Zusammenfassung und nicht im Detail aufzunehmen. Die Formulierung der Eingangsformel des Art. 4 I WRRL, der von „in den Bewirtschaftungsplänen festgelegten Maßnahmenprogrammen“ spricht, ist insofern missverständlich, weil der Bewirtschaftungsplan gerade nicht die Maßnahmenprogramme festlegt, sondern nur eine Zusammenfassung derer enthält420. Das Maßnahmenprogramm selbst ist somit nicht Bestandteil des Bewirtschaftungsplans; vielmehr stehen beide planungsrechtlichen Instrumente eigenständig nebeneinander421. Für die Erstellung der Zusammenfassung fordert Nr. 7 Teil A Anhang VII WRRL im Einzelnen die Zusammenfassung der Maßnahmen zur Umsetzung gemeinschaftlicher Wasserschutzvorschriften, den Bericht über die praktischen Schritte und Maßnahmen zur Anwendung des Kostendeckungsprinzips (Art. 9 WRRL), die Zusammenfassung der Maßnahmen in Bezug auf zur Trinkwassergewinnung genutzte Gewässer (Art. 7 WRRL), die Zusammenfassung der angeordneten Begrenzungen für die Entnahme oder Aufstauung von Wasser, die Zusammenfassung der angeordneten Begrenzungen für Einleitungen über Punktquellen und weitere Tätigkeiten i. S. von Art. 11 III g) und i) WRRL, die Angabe gem. Art 11 III j) WRRL genehmigter Direkteinleitungen in das Grundwasser, die Zusammenfassung der Maßnahmen zur Bekämpfung prioritärer Stoffe i. S. von Art. 16 WRRL, die Zusammenfassung der Maßnahmen zur Verhinderung oder Verringerung der Folgen unbeabsichtigter Verschmutzungen, die Zusammenfassung der gem. Art. 11 V WRRL ergriffenen Maßnahmen für solche Wasserkörper, die die Ziele des Art. 4 WRRL nicht erreichen dürften, die Einzelheiten der ergänzenden Maßnahmen gem. Art. 11 IV WRRL sowie der Maßnahmen zur Vermeidung einer Zunahme der Verschmutzung der Meeresgewässer gem. Art. 11 VI WRRL. Die Zusammenfassung des Maßnahmenprogramms bildet in Ansehung ihrer zentralen Bedeutung für die planerische Bewirtschaftung das Kernstück des Bewirtschaftungsplans422. 419

BMU (Hrsg.), Die Wasserrahmenrichtlinie, 2004, S. 90. Faßbender, NVwZ 2001, S. 248; Kotulla, NVwZ 2002, S. 1415. 421 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36, Rn. 11; Kotulla, WHG, 2003, § 36, Rn. 24; Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 862; undeutlich allerdings Reinhardt, ZfW 1999, S. 305; ders./Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36, Rn. 11, der das Maßnahmenprogramm zugleich als „wesentlich notwendigen Bestandteil des Bewirtschaftungsplans“ sieht. 420

402 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

e) Zusammenfassung der Maßnahmen zur Öffentlichkeitsbeteiligung, Informationszugang, Liste der zuständigen Behörden Nach Nr. 9 Teil A Anhang VII WRRL enthält der Bewirtschaftungsplan eine Zusammenfassung der Maßnahmen zur Information und Anhörung der Öffentlichkeit einschließlich deren Ergebnisse und der durch sie bewirkten Planänderungen. Damit kann die Europäische Kommission an Hand des ihr vorzulegenden Plans kontrollieren, ob die Information und Anhörung der Öffentlichkeit ordnungsgemäß erfolgt sind423. Auch die Anlaufstellen und das Verfahren für die Beschaffung der Hintergrunddokumente und -informationen gem. Art. 14 I WRRL, insbesondere Einzelheiten der aktuellen Überwachungsdaten, die gem. Art. 8 und Anhang V WRRL erhoben worden sind, müssen im Bewirtschaftungsplan aufgeführt werden, Nr. 11 Teil A Anhang VII WRRL. Dahinter steht der Gedanke, dass die differenzierte Zuständigkeitsverteilung und Beteiligung mehrerer weiterer öffentlicher oder privater Stellen nicht zu einem praktisch schwer überwindlichem Hindernis für das Zusammentragen der gewünschten Informationen aus zahlreichen verschiedenen Quellen führen soll424. Falls der Zugang zu den Hintergrunddokumenten nicht oder nicht ausreichend umgesetzt wird, kann die Europäische Kommission – wie bei anderen Fällen fehlender oder unzureichender Umsetzung auch – gegen den betreffenden Mitgliedstaat mit einem Vertragsverletzungsverfahren vor dem EuGH vorgehen425. Gem. Nr. 10 Teil A Anhang VII i. V. m. Anhang I WRRL ist in den Bewirtschaftungsplan schließlich auch eine Liste der zuständigen Behörden aufzunehmen. Die hierdurch gewährleistete erleichterte Identifizierung der jeweils zuständigen Behörden ist im Hinblick auf die durch die Richtlinie eröffnete Verteilung der Vollzugsaufgaben auf mehrere Behörden (vgl. Art. 2 Nr. 16 WRRL) für die Kontrolle sowohl durch die Kommission (Art. 3 VIII WRRL) als auch die Öffentlichkeit von essentiellem Gewicht426. 2. Detailliertere Programme und Bewirtschaftungspläne Gem. Art. 13 V WRRL wird den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eingeräumt, die Bewirtschaftungspläne für die Einzugsgebiete durch detailliertere Programme und Bewirtschaftungspläne für bestimmte Teilgebiete, Sektoren, 422

Knopp, ZfW 2003, S. 10. Jekel, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 349. 424 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36b, Rn. 20. 425 Jekel, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 349. 426 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36b, Rn. 19. 423

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Problembereiche oder Gewässertypen zu ergänzen, die sich mit besonderen Aspekten der Wasserwirtschaft befassen. So kann es beispielsweise sinnvoll sein, wegen einer bestimmten Schadstoffbelastung für einzelne Teile einer Flussgebietseinheit eigene Maßnahmenprogramme aufzustellen, um dadurch eine differenziertere wasserwirtschaftliche Behandlung zu erreichen427. Die Aufnahme der entsprechenden Zusammenfassungen in den Bewirtschaftungsplan ist durch Nr. 8 Teil A Anhang VII WRRL veranlasst. 3. Nationale und internationale Bewirtschaftungspläne Die Forderung nach der Aufstellung von Bewirtschaftungsplänen wird getrennt für nationale (Art. 13 I WRRL) und internationale Flussgebietseinheiten erhoben (Art. 13 II und III WRRL), wobei die internationalen Flussgebietseinheiten noch einmal dahingehend unterschieden werden, ob ihr räumlicher Bereich vollständig im Gemeinschaftsgebiet liegt (Abs. II) oder sich über die Grenzen der EG hinaus erstreckt (Abs. III). Die bereits in Art. 3 WRRL geregelte Koordinierungsverpflichtung wird somit in Art. 13 WRRL konkret auf die Erarbeitung der Bewirtschaftungspläne bezogen428. Liegt eine internationale Flussgebietseinheit vollständig im Gemeinschaftsgebiet, so haben die Mitgliedstaaten gem. Art. 13 II 1 WRRL für eine Koordinierung bei der Erstellung eines einzigen internationalen Bewirtschaftungsplans für die Einzugsgebiete zu sorgen. Kommt ein solcher internationaler Bewirtschaftungsplan für die Einzugsgebiete nicht zustande, so erstellen die Mitgliedstaaten zum Erreichen der in Art. 4 WRRL festgelegten Umweltziele Bewirtschaftungspläne zumindest für die in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet liegenden Teile der internationalen Flussgebietseinheit, Art. 13 II 2 WRRL. Daraus geht hervor, dass grundsätzlich ein internationaler Bewirtschaftungsplan zu erstellen ist und den Mitgliedstaaten die Pflicht obliegt, sich hierfür entsprechend zu verwenden. Eine unbedingte, quasi gesamtschuldnerische (Ergebnis-)Pflicht zur Abfassung eines solchen gemeinsamen und einzigen Plans kann daraus jedoch nicht entnommen werden429. Erstreckt sich eine internationale Flussgebietseinheit über die Grenzen der EG hinaus, so haben sich die Mitgliedstaaten darum zu bemühen, dass ein einziger Bewirtschaftungsplan für die Einzugsgebiete erstellt wird; Art. 13 III WRRL. Diese „Bemühungspflicht“ geht in ihrer Intensität weniger weit als die Koordinationspflicht mit anderen Mitgliedstaaten i. S. von § 13 II WRRL430. Im Falle des Fehlschlagens sind die Mitgliedstaaten 427

BT-Drs. 14/7755, S. 21. Stratenwerth, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 325. 429 Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 52 f. 428

404 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

allerdings auch hier verpflichtet, zumindest für den in ihrem Hoheitsgebiet befindlichen Teil der internationalen Flussgebietseinheit einen Bewirtschaftungsplan zu verfassen, Art. 13 III a. E. WRRL. Damit soll es den Mitgliedstaaten ermöglicht werden, den Verpflichtungen der Richtlinie auch dann nachzukommen, wenn die Koordinierung scheitert. Eine solche „Notlösung“ dürfte aber nur bei ausreichender Begründung von der Europäischen Kommission hingenommen werden431. Auch wird ein Mitgliedstaat deutlich machen müssen, dass die Verantwortung für das Scheitern der Koordinierung nicht bei ihm selbst liegt432. 4. Öffentlichkeitsbeteiligung In der WRRL ist eine Förderung der aktiven Beteiligung aller interessierten Stellen bei der Richtlinienumsetzung durch die Mitgliedstaaten vorgesehen, die sich gem. Art. 14 I 1 2. Hs. WRRL insbesondere auf die Aufstellung, Überprüfung und Aktualisierung der Bewirtschaftungspläne für die Einzugsgebiete erstreckt. In Art. 14 I 2 WRRL ist geregelt, dass die Information und Anhörung der Öffentlichkeit einschließlich der Nutzer zum Bewirtschaftungsplan in drei Stufen erfolgen soll433: Spätestens drei Jahre vor Beginn des Zeitraums, auf den sich der Bewirtschaftungsplan bezieht, also Ende 2006, sind der Zeitplan und das Arbeitsprogramm für die Aufstellung des Bewirtschaftungsplans einschließlich der geplanten Anhörungsmaßnahmen zu veröffentlichen, Art. 14 I 2 a) WRRL. Bis spätestens zwei Jahre vor Beginn dieses Zeitraums, d. h. bis Ende 2007 muss die Öffentlichkeit einen vorläufigen Überblick über die wichtigsten Wasserbewirtschaftungsfragen im Einzugsgebiet erhalten, Art. 14 I 2 b) WRRL. Bis spätestens ein Jahr vorher, also bis Ende 2008, ist der Entwurf des Bewirtschaftungsplans zu veröffentlichen, Art. 14 I 2 b) WRRL. Dabei muss der Öffentlichkeit gem. Art. 14 II WRRL für jede Stufe eine Frist für schriftliche Stellungnahmen von mindestens sechs Monaten eingeräumt werden. Die Zeiträume für die Berücksichtigung der Stellungnahmen und die entsprechende Überarbeitung der Stellungnahmen sind dabei äußerst kurz bemessen. Bei der dritten Stufe besteht das Problem, dass die Stellungnahmen erst ein halbes Jahr vor Fertigstellung des Bewirtschaftungsplans Ende 2009 vorliegen müssen. So430 Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 53. 431 Stratenwerth, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 325. 432 Stratenwerth, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 325. 433 Jekel, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 348; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36b, Rn. 18.

§ 17 Das planungsrechtliche Instrumentarium der WRRL

405

mit steht die Anpassung des Entwurfs eines Bewirtschaftungsplans unter einem enormen Zeitdruck434. In Art. 14 I 3 WRRL wird auf Antrag auch ein Anspruch auf den Zugang zu Hintergrunddokumenten und -informationen gewährt, die bei der Erstellung des Bewirtschaftungsplans herangezogen wurden. Dieser Anspruch entspricht dem durch § 3 II Umweltinformationsgesetz (UIG) ohnehin gewährten Zugang zu Umweltinformationen435. Die Bedeutung der in Art. 14 I und II WRRL vorgeschriebenen Öffentlichkeitsbeteiligung, die gem. Abs. III auch für die aktualisierten Bewirtschaftungspläne für die Einzugsgebiete gilt, hängt davon ab, welche Personengruppen unter den Begriff der „Öffentlichkeit“ bzw. den der „interessierten Stellen“ fallen. Da die WRRL diese Begriffe selbst nicht definiert, sind zunächst andere Richtlinien auf entsprechende Definitionen zu untersuchen. Ebenfalls mit Plänen und Programmen sowie der Anhörung der Öffentlichkeit zu deren Auswirkungen befasst sich die SUP-Richtlinie436, die in ihrem Art. 2 d) „Öffentlichkeit“ als eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen und, in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder der innerstaatliche Praxis, deren Vereinigungen, Organisationen oder Gruppen beschreibt. Diese Definition, die im Übrigen mit derjenigen in Art. 2 Nr. 4 der Aarhus-Konvention437 identisch ist, fordert eine breite Einbindung der Öffentlichkeit438. Dies wird zugleich durch Art. 14 I 2 WRRL unterstrichen, der von der „Öffentlichkeit, einschließlich den Nutzern“ spricht und damit deutlich macht, dass nicht nur die möglicherweise vom Bewirtschaftungsplan und Maßnahmenprogramm Betroffenen, sondern alle in einer Flussgebietseinheit Ansässigen die Möglichkeit zur Stellungnahme haben sollten439. Fraglich ist, ob diese Interpretation 434 Jekel, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 358. 435 Jekel, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 355; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36b, Rn. 20. 436 Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme, ABl. 2001, L 197, S. 30. 437 Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten v. 25.6.1998, ILM 38 (1999), S. 517. 438 Jekel, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 352. 439 Jekel, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 352. In Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung wird zunehmend auch der Begriff „Stakeholder“ benutzt. Ein Stakeholder ist jede Person, Gruppe oder Organisation mit einem Interesse an dem jeweiligen Thema, entweder weil sie davon selbst betroffen oder Entscheidungsträger sind oder auf andere Weise Einfluss nehmen können; Jekel, in: Bohne (Hrsg.), Ansätze zur Kodifikation des Umweltrechts in der Europäischen Union, 2005, S. 39.

406 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

auch auf die aktive Beteiligung „aller interessierten Stellen“ i. S. von Art. 14 I 1 WRRL zutrifft oder ob die Richtlinie damit etwas anderes als die Öffentlichkeit meint, z. B. ob sie hier vorrangig auf spezifische Gruppen von Gewässernutzern, etwa aus Landwirtschaft bzw. Industrie oder auch auf andere Behörden abstellt. Im Gegensatz zum Begriff der „Öffentlichkeit“ wird der Terminus „interessierte Stellen“ nicht in anderen Umweltrichtlinien definiert. Da Art. 14 I 1 WRRL allerdings die aktive Beteiligung aller interessierten Stellen bei der Aufstellung, Überprüfung und Aktualisierung des Bewirtschaftungsplans fordert und dies mit den Ausführungen in Satz 2 präzisiert, in dem von der „Öffentlichkeit, einschließlich den Nutzern“ die Rede ist, dürfte zwischen beiden Begriffen kein Unterschied bestehen440. Die Öffentlichkeitsbeteiligung ist somit insgesamt breit angelegt.

III. Funktion und Verhältnis von Maßnahmeprogramm und Bewirtschaftungsplan Obwohl die Erfahrungen mit dem planungsrechtlichen Instrumentarium des WHG a. F. nicht besonders erfolgreich waren (s. oben § 12), verlangt die WRRL einen Wandel441. Mit der Verpflichtung zur Aufstellung von Maßnahmeprogrammen und Bewirtschaftungsplänen schreibt die WRRL den Mitgliedstaaten den Weg zur Verwirklichung der Umweltziele des Art. 4 WRRL vor442. Aus der Sicht des bisherigen Planungsinstrumentariums des WHG fällt das Augenmerk dabei zunächst auf den neuen Bewirtschaftungsplan, der gegenüber seinem deutschen Vorläufer zwar begriffsidentisch, inhaltlich jedoch verschieden ist443. Im Hinblick auf sein Verhältnis zum Maßnahmenprogramm scheint bisweilen die Vorstellung zu herrschen, die durchzuführenden Maßnahmen seien aus dem Bewirtschaftungsplan abzuleiten444. Aus der formellen und materiellen Abfolge des Maßnahmenprogramms und des Bewirtschaftungsplans ergibt sich jedoch, dass die Erstellung des Bewirtschaftungsplans die vorherige Festlegung des Maßnahmenprogramms voraussetzt. Denn andernfalls wäre es nicht möglich, in den Bewirtschaftungsplan die vorgeschriebene „Zusammenfassung“ des Maßnahmenpro440 Jekel, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 352; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36b, Rn. 18. 441 Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 861; Schmalholz, ZfW 2001, S. 96; Appel, ZUR 2001, S. 131 f., 135; Reinhardt, in: Bruha/Koch (Hrsg.), Integrierte Gewässerpolitik in Europa, 2001, S. 216 ff. 442 Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 861. 443 Reinhardt, ZfW 1999, S. 301 sowie unten § 18 IV. 6. 444 So offenbar Kotulla, NVwZ 2002, S. 1415; Holtmeier, ZfW 1999, S. 70; Hofmann/Kollmann, in: v. Lersner/Berendes, Handbuch des Deutschen Wasserrechts, 2005, C 10 E, § 36, Rn. 4.

§ 17 Das planungsrechtliche Instrumentarium der WRRL

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gramms einschließlich der Angaben, wie die Ziele gem. Art. 4 WRRL zu erreichen sind (vgl. Nr. 7 Teil A Anhang VII WRRL), aufzunehmen445. Durch die Inkorporation der Maßnahmen zur Erreichung der materiellen Umweltziele des Art. 4 WRRL in das Maßnahmeprogramm kommt diesem im Verhältnis zum Bewirtschaftungsplan vorrangige Bedeutung zu446. Die Auflistung der notwendigen Zusammenfassungen im Anhang VII der Richtlinie macht zugleich deutlich, dass der Bewirtschaftungsplan primär dokumentarischen Charakter besitzt447. Daraus resultiert die Hauptfunktion des Bewirtschaftungsplans als Kontrollinstrument der Öffentlichkeit, der Kommission (die Bewirtschaftungspläne sind gem. Art. 15 I WRRL der Kommission zu übermitteln) und der an der Flussgebietsbewirtschaftung Beteiligten im Hinblick auf die Gewässerbewirtschaftung der Flusseinzugsgebiete448. Er soll die zu bewältigenden Aufgaben darstellen und die Verantwortlichkeiten transparent machen, um somit die Bereitschaft zur Zusammenarbeit über Länder- und Staatsgrenzen hinweg zu erhöhen449. Dabei fungieren die Bewirtschaftungspläne für die Einzugsgebiete nach Art. 13 WRRL als Bindeglied zur Handlungsebene der nachgeordneten Verwaltungsbehörden, der öffentlichen und privaten Unternehmen und Verbände sowie der betroffenen und interessierten Bürger. Hierauf deuten nicht zuletzt die in Anhang VII der WRRL aufgeführten und in die Bewirtschaftungspläne zwingend aufzunehmenden umfassenden Daten und Informationen zum Gewässerzustand, zu den maßgeblichen Umweltzielen des Art. 4 WRRL, zur Zusammenfassung des Maßnahmenprogramms etc. hin450. Die Bewirtschaftungspläne wirken dabei im finalen Steuerungssystem der WRRL in den Verwaltungsvollzug hinein und vermitteln den öffentlichen und privaten Akteuren des Verwaltungsalltags, was die Mitgliedstaaten zur Verwirklichung der Umweltziele gem. Art. 4 WRRL sowie zur Umsetzung der verschiedenen EG-Richtlinien des Gewässerschutzes durch Gesetz, Verordnung oder nationale Exekutivplanung „programmiert“ haben. Sie stehen zwischen der wasserwirtschaftlichen Makrosteuerung in Gestalt der Maßnahmenprogramme und den gewässerbezogenen Verwaltungsmaßnahmen451. Maßnahmepro445

Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 863. Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36, Rn. 11. 447 Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 35; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36, Rn. 11; Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 52; Unnerstall, in: Brinktrine (Hrsg.), Alte und neue Streitfragen, 2000, S. 194. 448 Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 35. 449 LAWA, Arbeitshilfe, 2003, Teil 3, I. 1.; Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 35. 450 Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 862. 451 Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 863. 446

408 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

gramme und Bewirtschaftungspläne i. S. der Art. 11 und 13 WRRL liegen somit inhaltlich wie funktional auf verschiedenen Ebenen452.

§ 18 Die rechtliche Umsetzung des qualitätsorientierten Regelungsansatzes der Wasserrahmenrichtlinie auf Bundesebene sowie am Beispiel des Freistaates Sachsen Im Folgenden ist die rechtliche Umsetzung des qualitätsorientierten Regelungsansatzes auf Bundesebene und im Freistaat Sachsen zu erörtern. Ausgangspunkt hierfür ist Art. 24 I 1 WRRL, wonach die Mitgliedstaaten binnen drei Jahren nach Inkrafttreten der WRRL, d. h. bis zum 22.12.2003, die erforderlichen „Rechts- und Verwaltungsvorschriften“ zu erlassen hatten. Die Mitgliedstaaten waren damit jeweils in ihrer Gesamtheit verpflichtet, ihr nationales Recht bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist mit den durch die Richtlinie vorgegebenen Zielen in Einklang zu bringen, soweit dies noch nicht der Fall war453. Da der Bund nach altem Recht lediglich Rahmenvorschriften erlassen durfte (Art. 75 I Nr. 4 GG a. F.), hatte eine Ausfüllung des bundesrechtlichen Rahmens durch die Länder zu erfolgen, wobei in allen 16 Bundesländern auf Grund des einheitlichen Umsetzungserfordernisses Kohärenz in Bezug auf die Zielvorgaben, Handlungsinstrumente und Verfahrensvorschriften sicherzustellen war454. Mit der im Sommer 2002 in Kraft getretenen 7. Novelle zum WHG455 war die WRRL zunächst hinsichtlich der bundesgesetzlich zu treffenden Regelungen umgesetzt worden. Entsprechend den Vorgaben der WRRL enthält § 42 WHG n. F. eine Anpassungspflicht des Landesrechts bis zum 22. Dezember 2003. Während etwa Bayern und Schleswig Holstein ihre Landeswassergesetze bereits im Sommer 2003 geändert haben, sind die meisten anderen Landeswassergesetze sowie die zur weiteren Ausfüllung des WHG erforderlichen Länderverordnungen nicht fristgemäß ergangen – so auch das Zweite Gesetz zur Änderung des SächsWG vom 9. August 2004456 und die Sächsische Wasserrahmenrichtlinienverordnung (SächsWRRLVO) vom 7. Dezember 2004457. Nachdem Ende 2004 noch immer nicht in allen Bundesländern 452

Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 864. Gellermann, Beeinflussung des bundesdeutschen Rechts durch Richtlinien der EG, 1994, S. 15 ff. 454 SRU, Umweltgutachten 2004, Tz. 386. 455 Siebtes Gesetz zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes vom 18. Juni 2002, BGBl. I, S. 1914. 456 SächsGVBl., S. 374, in Kraft getreten zum 31. August 2004. 457 Verordnung des SMUL zur Bestandsaufnahme, Einstufung und Überwachung der Gewässer, 2004, SächsGVBl. S. 610. Diese ist als Art. 1 der Verordnung des 453

§ 18 Die rechtliche Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie

409

die erforderlichen Landesgesetze erlassen worden waren, sah sich die Kommission zur Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen die Bundesrepublik Deutschland veranlasst458, das mit einer Verurteilung Deutschlands wegen nicht fristgemäßer Umsetzung der WRRL endete459.

I. Verfassungs- und europarechtliche Anforderungen Im Hinblick auf die inhaltliche Transformation des qualitätsorientierten Regelungsansatzes der WRRL im föderalen Staat der Bundesrepublik Deutschland kam es zum einen darauf an, die europarechtlichen Vorgaben vollständig und in verbindlicher Form im nationalen Recht zu verankern. Bei der Umsetzung europarechtlicher Richtlinienbestimmungen mit spezifischem materiellen und/oder schutzgutbezogenen Inhalt verlangt der EuGH dabei eine ausdrückliche und allgemeinverbindliche Wiedergabe im nationalen Recht460. Zum anderen war aber auch zu prüfen, inwiefern die verfassungsrechtlichen Vorgaben der Rahmengesetzgebung gem. Art. 75, Art. 72 II GG a. F. bei der Umsetzung der WRRL, soweit diese durch Bundesrecht erfolgt ist, Beachtung gefunden haben. Nach der am 15.11.1994 in Kraft getretenen Änderung des Art. 72 II GG461 besaß der Bund das Recht zur Gesetzgebung nur noch dann, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich machten462. Bei der Umsetzung der WRRL durch das WHG war dabei in erster Linie auf die Wahrung der Rechtseinheit abzustellen463. Das gesamtstaatliche Interesse war hierbei dann zu bejahen, SMUL zur weiteren Umsetzung von Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik am 30. Dezember 2004 in Kraft getreten. 458 Holzwarth, ZUR 2005, S. 511. 459 EuGH, Rs. C-67/05 (Kommission/Deutschland), ABl. 2006, C 36, S. 17. 460 Vgl. hierzu EuGH, Rs. C-131/88 (Kommission/Deutschland), Slg. 1991, S. I-825, Rn. 8 ff. (Grundwasserrichtlinie); Rs. C-58/89 (Kommission/Deutschland), Slg. 1991, S. I-4983, Rn. 13 ff. (Rohwasserrichtlinie) sowie ausführlich zum Ganzen Faßbender, NVwZ 2001, S. 244 f. und oben § 13 I. 2. b) und Brandl, Die Kompetenz des Bundes zur Umsetzung europäischer Richtlinien, 2002, S. 124 ff. 461 Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 15.11.1994, BGBl. I, S. 3146. 462 Ursprünglich verlangte Art. 72 II GG nur, dass „ein Bedürfnis nach bundesgesetzlicher Regelung besteht, weil . . . die Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit, insbesondere die Wahrung der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse über das Gebiet eines Landes hinaus sie erfordert“. Diese sog. Bedürfnisklausel blieb jedoch in der Praxis weitgehend wirkungslos und führte zu erheblichen Kompetenzeinbußen der Landesgesetzgeber; Maurer, Staatsrecht I, 2005, S. 560. 463 Brandl, Die Kompetenz des Bundes zur Umsetzung europäischer Richtlinien, 2002, S. 15.

410 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

wenn die Gesetzesvielfalt auf der Länderebene eine Rechtszersplitterung mit problematischen Folgen herbeiführt, die im Interesse sowohl des Bundes als auch der Länder nicht hingenommen werden kann464. Bei der Umsetzung von EG-Richtlinien ergab sich ein solches gesamtstaatliches Interesse an einer einheitlichen Umsetzung daraus, dass die Bundesrepublik Deutschland als Rechtssubjekt der Gemeinschaft für eine ordnungsgemäße Umsetzung der europäischen Rechtsakte, d. h. für die korrekte Erfüllung der Pflichten aus Art. 10, 249 III EGV einstehen muss und somit bei Nichterfüllung dieser Verpflichtung haftbar gemacht werden kann, vgl. Art. 226, 228 EGV465. Im Übrigen löste die WRRL auf Grund ihrer inhaltlichen Unterschiede zum bestehenden deutschen Gewässerschutzrecht einen nicht unerheblichen Änderungsbedarf aus, der ein einheitliches Grundkonzept für die Länder erforderlich machte466. Die Erforderlichkeitsklausel des Art. 72 II GG a. F. erwies sich somit bei der Umsetzung der WRRL durch das WHG nicht als unüberwindbare Hürde. Als weitere Voraussetzung musste ein entsprechendes Tätigwerden des Bundes aber auch den Anforderungen des Art. 75 II GG a. F. entsprechen, wonach Rahmenvorschriften nur in Ausnahmefällen in Einzelheiten gehende oder unmittelbar geltende Regelungen enthalten durften467. Das Vorliegen eines Ausnahmefalls war dabei unter Berücksichtigung des konkreten Normzwecks an Hand quantitativer und qualitativer Kriterien zu bestimmen468. In quantitativer Hinsicht durften detaillierte Vollregelungen – bezogen auf das zu beurteilende Gesetz als Ganzes – nicht dominieren, um nicht das in Art. 75 II GG a. F. statuierte RegelAusnahme-Verhältnis schon deshalb zu verletzen469. Darüber hinaus durften ins Einzelne gehende Regelungen und Vorschriften mit Außenwirkung auch qualitativ nicht den Rahmencharakter des Gesetzes durchbrechen470. Ein Ausnahmefall sollte nur dann vorliegen, wenn die Rahmenvorschriften ohne die in Einzelheiten gehenden oder unmittelbar geltenden Regelungen nicht 464

BVerfGE 106, S. 62/145 (Altenpflege). Brandl, Die Kompetenz des Bundes zur Umsetzung europäischer Richtlinien, 2002, S. 15. 466 Ausführlich hierzu Brandl, Die Kompetenz des Bundes zur Umsetzung europäischer Richtlinien, 2002, S. 15 f. 467 Brandl, Die Kompetenz des Bundes zur Umsetzung europäischer Richtlinien, 2002, S. 26 ff., S. 100 f. 468 BVerfG, NJW 2004, S. 2803/2805 (Juniorprofessur); Stettner, in: Dreier, Grundgesetz, 1998, Art. 75, Rn. 10; Reichert, NVwZ 1998, S. 20; Gramm, DÖV 1999, S. 543; Rozek, in: v. Mangoldt/Klein/Stark, Bonner Grundgesetz, 2005, Art. 75, Rn. 75; Knopp, ZUR 2001, S. 369. 469 BVerfG, NJW 2004, S. 2803/2805; Stettner, in: Dreier, Grundgesetz, 1998, Art. 75, Rn. 10. 470 BVerfG, NJW 2004, S. 2803/2805; Stettner, in: Dreier, Grundgesetz, 1998, Art. 75, Rn. 10. 465

§ 18 Die rechtliche Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie

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erlassen werden konnten, diese also schlechthin unerlässlich waren471. Im Ergebnis war damit von einer insgesamt restriktiven Auslegung des Art. 75 GG a. F. auszugehen472.

II. Die Bewirtschaftungsziele, §§ 25a bis 25d, 33a, 32c WHG Da die Umweltziele des Art. 4 WRRL zwar keine individuell einklagbaren Rechtspositionen473, so doch aber zwingende Schutzerfordernisse enthalten, bedurften sie aus europarechtlicher Sicht der Umsetzung durch Rechtssatz474, ebenso wie die Anforderungen des Anhangs V der WRRL, der die Zielvorgaben verbindlich konkretisiert und überhaupt erst vollzugsfähig macht475. Dieser Anforderung entsprechend finden sich die Umweltziele des Art. 4 WRRL in den Bewirtschaftungszielen für die Oberflächengewässer (§§ 25a bis 25d WHG), die Küstengewässer (§ 32c WHG) und das Grundwasser (§ 33a WHG) rahmenrechtlich wieder. Sie transformieren den qualitätsbezogenen Ansatz der WRRL in das deutsche Recht und stellen – trotz ihrer Abstraktionshöhe – zugleich eine Konkretisierung des allgemeinen Bewirtschaftungsgrundsatzes des § 1a WHG dar. Die Vorgaben der §§ 25a bis 25d WHG sowie des § 33a WHG n. F. werden im Freistaat Sachsen durch § 7b SächsWG n. F. ausgefüllt, der die Bewirtschaftungsziele für die Oberflächengewässer und das Grundwasser in Verbindung mit der SächsWRRLVO konkretisiert. Als Frist, bis zu der die Ziele zu erreichen sind, hat der sächsische Gesetzgeber den 22. Dezember 2015 festgelegt (§ 25c I WHG bzw. § 33a IV 3 WHG i. V. m. § 7b I SächsWG)476. Einer landesrechtlichen Ausfüllung der bundesrechtlichen Rahmenvorschrift des § 32c WHG bedurfte es in Sachsen hingegen wegen fehlender Küstengewässer nicht. 471 BVerfG, NJW 2004, S. 2803/2805; Brandl, Die Kompetenz des Bundes zur Umsetzung europäischer Richtlinien, 2002, S. 77. In diesem Sinne auch Rozek, in: v. Mangoldt/Klein/Stark, Bonner Grundgesetz, 2005, Art. 75, Rn. 76. 472 Ein großer Teil des heute geltenden Wasserhaushaltsgesetzes ist nur durch die Übergangsregelungen des Art. 125a GG geschützt; Ruchay, ZUR 2001, S. 115. 473 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 25a, Rn. 4; Faßbender, NVwZ 2001, S. 246 f.; Knopp, ZUR 2001, S. 373; Salzwedel, in: IRWE/Umweltministerium NRW (Hrsg.), Konkretisierung von Umweltanforderungen, 1998, S. 86 ff.; Seidel, Gewässerschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2000, S. 174; offengelassen bei Ginzky, ZUR 2005, S. 297. 474 Faßbender, NVwZ 2001, S. 245; Brandl, Die Kompetenz des Bundes zur Umsetzung europäischer Richtlinien, 2002, S. 219 ff., 235. 475 Faßbender, NVwZ 2001, S. 245; Brandl, Die Kompetenz des Bundes zur Umsetzung europäischer Richtlinien, 2002, S. 219 ff., 235. 476 Der sächsische Landesgesetzgeber sah insoweit keinen Anlass, die in Art. 4 I WRRL vorgesehene Frist zu verkürzen; Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, LT-Drs. 3/9974, S. 15.

412 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

1. Oberflächengewässer Die Umsetzung der für die oberirdischen Gewässer zu erhaltenden und zu erreichenden Gewässerqualitätsziele des Art. 4 I a i) und ii) WRRL ist durch die unmittelbar geltende Regelung des § 25a I WHG erfolgt477. Danach sind oberirdische Gewässer – soweit sie nicht als künstlich oder erheblich verändert eingestuft werden – so zu bewirtschaften, dass eine nachteilige Veränderung ihres ökologischen und chemischen Zustands vermieden (Nr. 1) und ein guter ökologischer und chemischer Zustand erhalten oder erreicht wird (Nr. 2). Damit gilt zunächst ein allgemeines Verschlechterungsverbot. Gewässer, die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der WRRL bereits in dem angestrebten Zustand befinden oder diesen im Laufe der Bewirtschaftung erreicht haben, sollen auf diesem Niveau gehalten (sog. Erhaltungsgebot) und im übrigen durch Bewirtschaftung zu diesem Zustand hingeführt werden (sog. Verbesserungsgebot)478. Was die verfassungskompetenzrechtlichen Voraussetzungen anbelangt, begegnet die Vorschrift – trotz der gebotenen restriktiven Auslegung des Art. 75 GG a. F. – keinen Bedenken. Denn sie ist mit ihrem Anliegen der Fixierung von Grundzügen einheitlicher Mindestqualitätsstandards für eine bundesländerübergreifende Flussgebietsbewirtschaftung nicht nur zur Wahrung der Rechtseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich (Art. 75 I i. V. m. Art. 72 II GG a. F.)479, sondern erfüllt auch in quantitativer und qualitativer Hinsicht die Anforderungen eines nach § 75 II GG a. F. geregelten Ausnahmefalls: Zum einen ist § 25a I WHG allgemein gehalten und muss durch den Landesgesetzgeber erst noch im Einzelnen konkretisiert werden, wie sich aus den entsprechenden Regelungsaufträgen an die Länder in den Abs. 2 und 3 ergibt. Dies gilt insbesondere für die Beschreibung, Festlegung und Einstufung, Darstellung in Karten und die Überwachung des Zustands der Gewässer gem. § 25a II WHG480. Auch die zur Erreichung der Verminderung der Verschmutzung oberirdischer Gewässer – vor allem durch prioritäre Stoffe – gem. Art. 4 I a) iv) WRRL notwendige Durchführung von Maßnahmen ist nach § 25a III WHG dem Landesrecht vorbehalten. Zum anderen genügt § 25a I WHG den quantitativen Voraussetzungen an einen Ausnahmefall, weil er auch im Zusammenhang mit den anderen unmittelbar geltenden Vorschriften den Charakter des WHG als Rahmengesetz nicht ändert481. Die Umweltziele des Art. 4 I a iii) WRRL für erheblich veränderte und künstliche Gewässer werden durch die relativierten Bewirtschaftungsanfor477 478 479 480 481

BT-Drs. 14/7755, S. 17. Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 25a, Rn. 4 ff. s. hierzu oben § 18 I. sowie Kotulla, WHG, 2003, § 25a, Rn. 4. Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 25a, Rn. 10. BR-Drs. 704/01, S. 37; Kotulla, WHG, 2003, § 25a, Rn. 4.

§ 18 Die rechtliche Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie

413

derungen des § 25b I 1 WHG umgesetzt, der unter Beibehaltung des Verschlechterungsverbotes (Nr. 1) und des Ziels eines guten chemischen Zustands das Postulat eines guten ökologischen Potenzials (Nr. 2) festlegt. § 25b II WHG beschreibt dabei in Anlehnung an Art. 4 III WRRL die Voraussetzungen, die über die Begriffsbestimmungen (vgl. die Definitionen in Abs. 4) hinaus erfüllt sein müssen, um ein oberirdisches Gewässer als künstlich oder erheblich verändert einzustufen. Im Gegensatz zu Art. 4 III WRRL, der die Einstufung von Oberflächenwasserkörpern (nach Art. 2 Nr. 10 WRRL ein einheitlicher oder bedeutender Abschnitt eines Oberflächengewässers) zulässt, spricht § 25b II WHG von dem weiteren Begriff der oberirdischen Gewässer. Nach dem neu in das WHG eingefügten § 1 I 2 gelten die Vorschriften des WHG jedoch auch für Teile von Gewässern, so dass gem. § 25b WHG auch einzelne Gewässerabschnitte als künstlich oder erheblich verändert eingestuft werden können482. Damit wird dem Begriff des „Wasserkörpers“ i. S. der WRRL sinngemäß Rechnung getragen483. § 25b III WHG stellt die relativierte Bewirtschaftung in Umsetzung von Art. 4 VIII WRRL schließlich in den Kontext der gesamten Flussgebietseinheit, um sicherzustellen, dass sich die verminderten Bewirtschaftungsanforderungen nicht nachteilig auf andere Oberflächenwasserkörper der zugehörigen Flussgebietseinheit auswirken484. Ebenso wie der strukturell vergleichbare § 25a I WHG ist § 25b I 1 WHG in seiner Gesamtheit eine präzisierende Fortschreibung des mit § 1a I WHG den staatlichen Stellen zugewiesenen Bewirtschaftungsauftrages und enthält gleichfalls unmittelbar geltendes Recht485. Demgegenüber verweist § 25b I 2 WHG auf eine entsprechende Geltung des § 25a II und III WHG, der dem Landesrecht eine weitere inhaltliche Ausfüllung vorbehält. Die Regelung des § 25b III WHG sowie die Begriffsdefinitionen des § 25b IV WHG stellen wiederum unmittelbar geltendes Recht dar, die als Ausnahmetatbestände i. S. von Art 75 II GG a. F. verfassungsrechtlich ebenso wenig zu beanstanden sind wie § 25a I und § 25b I 1 WHG. Insoweit kann auf die Begründung zu § 25a I WHG verwiesen werden (s. oben § 18 II. 1.)486. Der materielle Anforderungsmaßstab der §§ 25a und 25b WHG wird somit zwar zum zentralen Grundsatz des wasserhaushaltsgesetzlichen Bewirtschaftungssystems im zweiten Teil des WHG487, enthält allerdings – ebenso 482

Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 25b, Rn. 8. Kotulla, WHG, 2003, § 1, Rn. 24; Janssen, in: Roch (Hrsg.), Flusslandschaften an Elbe und Rhein, 2003, S. 173. 484 BR-Drs. 704/01, S. 38 f. Auf diese Weise können für Teile eines Gewässers unterschiedliche Bewirtschaftungsziele i. S. der §§ 25a ff. festgelegt werden; Kotulla, WHG, 2003, § 1, Rn. 24. 485 BT-Drs. 14/7755, S. 18; Kotulla, WHG, 2003, § 25b, Rn. 3. 486 BR-Drs. 704/01, S. 39. 483

414 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

wie Art. 4 I a) WRRL – selbst keine Präzisierung des guten ökologischen und chemischen Zustands bzw. ökologischen Potenzials, sondern verweist insoweit auf die Vorschriften des Landesrechts (vgl. §§ 25a II, 25b I 2 WHG). Entscheidend für die Umsetzung der Umweltziele des Art. 4 I a) WRRL ist somit die auf Landesebene zu bewirkende Konkretisierung der materiellen Vorgaben durch Anhang V der WRRL, der nach den Anforderungen des Europarechts ebenfalls der Umsetzung durch Rechtssatz bedurfte488. Diese ist im Freistaat Sachsen durch die bereits erwähnte SächsWRRLVO erfolgt (vgl. § 7b I Nr. 1 und 2 SächsWG n. F.). Die WRRLVO beruht auf einer von der LAWA erlassenen Musterverordnung, die der bundesweit möglichst einheitlichen Umsetzung der Anforderungen aus den Anhängen II und V dient und die Grundlage für eine 1:1-Umsetzung der WRRL durch Erlass gleichwertiger Rechtsverordnungen in allen 16 Bundesländern darstellt489. Dadurch sollte bei der Gewässerbewirtschaftung in den 10 festgelegten – in der Regel grenzüberschreitenden – Flussgebietseinheiten (vgl. § 1b WHG) eine effektive Koordination und Kooperation zwischen den betroffenen Ländern und die geforderte Kohärenz im gesamten Bundesgebiet gewährleistet werden490. a) Ökologischer Zustand bzw. ökologisches Potenzial Für die Ermittlung des ökologischen Zustands des jeweiligen Oberflächenwasserkörpers legt § 5 I SächsWRRLVO fest, dass sich dieser nach den in der Anlage 3 für die einzelnen Gewässerkategorien aufgeführten biologischen, hydromorphologischen und physikalisch-chemischen Qualitätskomponenten richtet. Die Einstufung des guten biologischen Zustands erfolgt nach den Bestimmungen in Anlage 4 Nr. 1 in die Klassen sehr gut, gut, mäßig, unbefriedigend oder schlecht. Damit wird die in Anhang V Nr. 1.1 WRRL geforderte Einstufung des ökologischen Zustands nach den dort genannten Kriterien umgesetzt491. Nr. 1 der Anlage 4 verweist für die einzelnen Gewässerkategorien wiederum auf die Vorgaben der Tabellen in Anhang V Nr. 1.2 WRRL mit der Maßgabe, dass es sich bei den im Rahmen der Qualitätskomponenten „spezifische synthetische Schadstoffe“ und „spezifische nicht synthetische Schadstoffe“ genannten Umweltqualitätsnor487

Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 25a, Rn. 1. s. o. § 13 I. 2. b). 489 Nach Durchführung einer formellen bundesweiten Anhörung der maßgeblichen Verbände und Interessengruppen wurde die Musterverordnung im März 2003 von der Umweltministerkonferenz gebilligt und den Ländern als Grundlage zur Umsetzung der Anhänge II und V der WRRL empfohlen; Horn, WuA 4/2004, S. 37. 490 Horn, WuA 4/2004, S. 37. 491 SMUL, Begründung zur SächsWRRLVO, S. 10. 488

§ 18 Die rechtliche Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie

415

men um die nach Nr. 2 der Anlage 4 genannten handelt, welche die in Anhang V Nr. 1.2.6 WRRL enthaltenen Anforderungen präzisieren. Maßgebend für die Einstufung des ökologischen Zustands ist gem. § 8 I i. V. m. Nr. 1a) der Anlage 7 die jeweils schlechteste Bewertung der biologischen Qualitätskomponenten. Werden eine oder mehrere physikalisch-chemische Umweltqualitätsnormen nicht eingehalten, so ist der ökologische Zustand höchstens mäßig. Bei künstlichen oder erheblich veränderten Gewässern ist an Stelle des ökologischen Zustands das ökologische Potenzial nach Anlage 4 Nr. 1 in die Klassen gut und besser (höchstes oder gutes ökologisches Potenzial), mäßig, unbefriedigend oder schlecht einzustufen, § 5 II WRRL. Dabei sind die entsprechenden Wasserkörper an Hand der Qualitätskomponenten zu erfassen, die für diejenige der Gewässerkategorien gelten, die dem betreffenden künstlichen oder erheblich veränderten Gewässer am ähnlichsten ist; Nr. 4 der Anlage 3 SächsWRRLVO. Maßgebend für die Einstufung des ökologischen Potenzials ist – entsprechend dem ökologischen Zustand – die schlechteste Bewertung der biologischen Qualitätskomponenten; § 8 I i. V. m. Nr. 1b) der Anlage 7 SächsWRRLVO. Im Hinblick auf die physikalisch-chemischen Qualitätskomponenten werden in der Tabelle zu Nr. 2 der Anlage 4 folgende vier Kategorien von Stoffen bzw. Stoffgruppen erfasst (sog. „eco-Liste“): Erstens handelt es sich um solche der Liste I der Gewässerschutzrichtlinie 76/464/EWG, für die gem. Urteil des EuGH vom 11.11.1999 (s. oben § 13 II. 3.) durch die SächsGewVVO Qualitätsziele festgelegt sind. Der Rückgriff auf die SächsGewVVO erklärt sich daraus, dass Art. 22 VI WRRL die Festlegung von Qualitätsnormen fordert, die zumindest dem Anforderungsniveau der Richtlinie 76/464/EWG entsprechen. Die Umweltqualitätsnormen wurden daher (mit Ausnahme des Stoffes Phosphorsäuretributylester492) 1:1 aus der SächsGewVVO übernommen. Die dort festgelegten Qualitätsziele sind bereits auf Grund des durch die WRRL vorgesehenen Verfahrens abgeleitet493. Von den 99 Stoffen der SächsGewVVO waren in Nr. 2 der Anlage 4 der SächsWRRLVO allerdings nur 94 zu berücksichtigen, da 5 Stoffe in die Liste der prioritären Stoffe in Anhang X WRRL aufgenommen wurden und damit zur Einstufung des chemischen Zustands heranzuziehen sind (Nr. 1.4.3 492 Phosphorsäuretributylester wurde bei der Umsetzung der Richtlinie 76/464/ EWG in den Landesverordnungen unzutreffend als Pestizid eingestuft. Dieser Stoff wird aber ausschließlich aus industriellen Abwasserbehandlungsanlagen in die Gewässer eingeleitet. Eine entsprechende Evaluierung der Wirkungswerte zur Ökohumantoxizität hat ergeben, dass als Qualitätsnorm nicht 0,1 μ/l, sondern 10 μ/l festzulegen ist. In der Tabelle in Nr. 2 der Anlage 4 der SächsWRRLV wurde daher der korrigierte Wert übernommen; SMUL, Begründung zur SächsWRRLVO, S. 21. 493 SMUL, Begründung zur SächsWRRLVO, S. 21.

416 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

Anhang V WRRL, s. Tabelle in Anlage 5 der SächsWRRLVO). Zweitens sind in der Tabelle 2 der Anlage 4 SächsWRRLVO aber auch Stoffe bzw. Stoffgruppen der Liste I der Gewässerschutzrichtlinie 76/464/EWG enthalten, für die durch die SächsGewVVO keine Qualitätsziele festgelegt worden sind. Dabei handelt es sich prinzipiell um 33 zusätzliche Stoffe bzw. Stoffgruppen (Liste I-Stoffe: insgesamt 132, abzüglich der oben genannten 99 durch die SächsGewVVO bereits erfassten Stoffe), von denen allerdings für 23 entweder bereits EU-weit geltende Umweltqualitätsnormen bestehen oder diese Stoffe in die Liste der prioritären Stoffe nach Anhang X WRRL aufgenommen worden sind, so dass sie nicht zur Einstufung des ökologischen Zustands heranzuziehen sind. Für die Tabelle in Anlage 4 Nr. 2 verbleiben somit 10 Stoffnummern. Diese Stoffe waren zwingend in die Verordnung aufzunehmen, da für sie bereits zur Umsetzung der Richtlinie 76/464/EWG Qualitätsziele festzulegen gewesen wären. Diese Verpflichtung ergibt sich – wie bei den oben genannten 99 Stoffen – aus Art. 7 der Richtlinie 76/464/EWG i. V. m. deren Liste II (1. Spstr.), da danach auch Stoffe der Liste I, für welche die in Art. 6 festgelegten Grenzwerte nicht festgelegt wurden, als Stoffe der Liste II gelten. Da diese verbleibenden Stoffe der Liste I aber nicht von der Verurteilung der Bundesrepublik Deutschland durch das EuGH-Urteil vom 11.11.1999494 erfasst waren, ist eine Aufnahme in die Qualitätsziel-Verordnungen der Länder, so auch der SächsGewVVO unterblieben. Die Europäische Kommission hat jedoch deutlich gemacht, dass sie zur vollständigen Umsetzung der Richtlinie 76/464/EWG eine Festlegung von Qualitätszielen auch für die durch die Verurteilung nicht betroffenen Stoffe der Liste I erwartet, die im Rahmen der WRRL erfolgen kann495. Drittens umfasst die in Nr. 2 der Anlage 4 zur SächsWRRLVO enthaltene Tabelle auch noch 15 Stoffe bzw. Stoffgruppen der Liste II der Richtlinie 76/464/EWG, soweit sie in den in der Bundesrepublik Deutschland liegenden Einzugsgebieten in signifikanten Mengen eingeleitet werden. Diese mussten ebenfalls in die „eco-Liste“ aufgenommen werden, da auch hier die Festlegung von Umweltqualitätsnormen zur vollständigen Umsetzung der Richtlinie 76/464/EWG erforderlich ist496. Viertens schließlich wurde in Nr. 2 der Anlage 4 zusätzlich der Stoff Zyanid aufgenommen, der zwar nicht in signifikanten Mengen i. S. der Liste II der Richtlinie 76/464/EWG eingeleitet wird, aber einen der in Anhang VIII WRRL genannten Stoffe darstellt und aus diesem Grund ebenfalls umgesetzt werden muss. Die in Nr. 2 Anlage 4 SächsWRRLVO enthaltene Tabelle ist allerdings nicht abschließend, sondern wird durch die Aufnahme weiterer Umweltqualitätsnormen für Schadstoffe i. S. der Liste VIII der WRRL fort494 495 496

EuGH, Rs. C-184/97 (Kommission/Deutschland), Slg. 1999, S. I-7827. SMUL, Begründung zur SächsWRRLVO, S. 21. SMUL, Begründung zur SächsWRRLVO, S. 21.

§ 18 Die rechtliche Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie

417

geschrieben. Die Erarbeitung entsprechender Umweltqualitätsnormen findet derzeit auf LAWA-Ebene statt497. b) Chemischer Zustand Im Hinblick auf den chemischen Zustand der Oberflächenwasserkörper legt § 6 SächsWRRLVO fest, dass dieser dann als gut einzustufen ist, wenn die Oberflächenwasserkörper alle in Anlage 5 aufgeführten Qualitätsnormen erfüllen; ansonsten gilt der chemische Zustand als schlecht498. Die Tabelle in Anlage 5 der SächsWRRLVO (sog. „chem-Liste“) setzt Nr. 1.4.3 des Anhangs V WRRL um, in dem die Einstufung in den guten und nicht guten chemischen Zustand geregelt ist499. Entsprechend den Vorgaben der WRRL enthält dieser erstens alle 1:1 übernommenen Qualitätsnormen der in Anhang IX WRRL genannten Tochterrichtlinien zur Richtlinie 76/464/EWG. Hierbei handelt es sich um die insgesamt 17 Qualitätsziele der Richtlinien über Quecksilber- und Cadmiumableitungen, der Quecksilberrichtlinie, der Richtlinie über Ableitungen von Hexachlorcyclohexan sowie der Richtlinie über die Ableitung bestimmter gefährlicher Stoffe. Zweitens wären in die „chem-Liste“ der Sache nach auch Qualitätsziele für diejenigen Stoffe bzw. Stoffgruppen aufzunehmen gewesen, die durch die Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2001 nach Art. 16 II und III WRRL als prioritäre Stoffe festgelegt und der WRRL nunmehr als Anhang X angefügt worden sind500. Entsprechende Umweltqualitätsnormen i. S. von Art. 16 VII und VIII WRRL sind allerdings bis jetzt noch nicht ergangen (s. oben § 16 I. 2. c). Sobald der Entscheidungsprozess gem. Art. 16 VII und VIII WRRL abgeschlossen ist, muss die Tabelle in Anlage 5 der SächsWRRLVO deshalb um die prioritären Stoffe und deren Umweltqualitätsnormen ergänzt werden501. Für fünf der in der Liste enthaltenen prioritären Stoffe502 existieren allerdings bereits im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie 76/464/EWG auf nationaler Ebene durch die Qualitätszielverordnungen der Länder (in Sachsen durch die SächsGewVVO) festgelegte Werte, deren Einhaltung überprüft und nachgewiesen werden muss. Da man es als sinnvoll ansah, diese Werte für die Einstufung des chemischen Zustands der Oberflächenwasserkörper bereits vor der Einigung auf EU-weite Qualitätsnormen anzuwenden, fanden 497

Auskunft des SMUL vom 12. Februar 2005. Vgl. insoweit auch Nr. 2 der Anlage 7 zur SächsWRRLVO. 499 SMUL, Begründung zur SächsWRRLVO, S. 22. 500 SMUL, Begründung zur SächsWRRLVO, S. 23. 501 SMUL, Begründung zur SächsWRRLVO, S. 23. 502 Es handelt sich dabei um die Stoffe Anthrazen, Benzol, Dichlormethan, Naphthalin sowie Benzo[ghi]perylen; SMUL, Begründung zur SächsWRRLVO, S. 23. 498

418 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

sie einstweilen – bis zur Übernahme der EU-einheitlichen Qualitätsnormen – Aufnahme in die Tabelle der Anlage 5 SächsWRRLVO503. Über die Qualitätsziele der Tochterrichtlinien zur Gewässerschutzrichtlinie 76/464/EWG und die Umweltqualitätsnormen für die genannten prioritären Stoffe hinaus wurde drittens schließlich auch der EU-weit festgelegte Wert für Nitrat als eine „in einer anderen, einschlägigen EG-Vorschrift“ i. S. von Nr. 1.4.3 Anhang V WRRL festgelegte Umweltqualitätsnorm in der „chem-Liste“ festgeschrieben504. Damit liegt eine erschöpfende Umsetzung der Umweltziele des Art. 4 i. V. m. Anhang V WRRL vor, die auch den strengen Anforderungen des EuGH gerecht werden dürfte. 2. Grundwasser Die Bewirtschaftungsziele für das Grundwasser gem. Art. 4 I b) WRRL werden – entsprechend den europarechtlichen Vorgaben – durch § 33a WHG umgesetzt. Gem. § 33a I WHG ist das Grundwasser so zu bewirtschaften, dass eine nachteilige Veränderung seines mengenmäßigen und chemischen Zustands vermieden wird (Nr. 1), alle signifikanten und anhaltenden Trends steigender Schadstoffkonzentrationen auf Grund der Auswirkungen menschlicher Tätigkeiten umgekehrt werden (Nr. 2), ein Gleichgewicht zwischen Grundwasserentnahme und Grundwasserneubildung gewährleistet (Nr. 3) und ein guter mengenmäßiger und chemischer Zustand erhalten oder erreicht wird (Nr. 4). § 33 a I WHG ist unmittelbar geltendes Recht505 und vor dem Hintergrund des Art. 75 GG a. F. verfassungsrechtlich ebenso unbedenklich wie der vergleichbare § 25a I WHG, weshalb auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann (s. oben § 18 II. 1.). Für die Erreichung des guten Grundwasserzustands sieht § 7b I Nr. 3 WHG in Umsetzung der Fristbestimmung des § 25c I WHG grundsätzlich einen Zeitraum bis zum 22. Dezember 2015 vor. Bis auf das drittgenannte Ziel handelt es sich bei § 33a I WHG um direkte Qualitätsziele für den Grundwasserzustand. Die in Nr. 3 eigens herausgestellte Gewährleistung eines Gleichgewichts zwischen Grundwasserentnahme und Grundwasserneubildung ist hingegen kein eigenständiges Qualitätsziel, sondern Mittel zur Erreichung eines zustandsbezogenen Ziels, nämlich des guten mengenmäßigen Zustands506. Dies wird auch daraus deutlich, dass die Zielsetzung des guten Grundwasserzustands in 503

SMUL, Begründung zur SächsWRRLVO, S. 23. Die Werte aus der EG-Fischgewässerrichtlinie wurden hier hingegen nicht übernommen, da diese bereits durch die Überwachung der biologischen Qualitätskomponenten im Rahmen des ökologischen Zustands abgedeckt sind; SMUL, Begründung zur SächsWRRLVO, S. 23. 505 BT-Drs. 14/7755, S. 20. 506 Delfs, Grundwasser, 2004, S. 54. 504

§ 18 Die rechtliche Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie

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Art. 4 I b) ii) WRRL ausdrücklich mit dem Gleichgewichtsgebot verwoben ist. Da zudem der gute mengenmäßige Grundwasserzustand nach Nr. 2.1.2 Anhang V WRRL seinerseits bereits auf das gleichgewichtige Verhältnis von Entnahme und natürlicher Regeneration abstellt [s. oben § 16 II. a)], dürfte die Bedeutung des § 33a I Nr. 3 WHG letztlich eher bekräftigend und klarstellend als im praktischen Vollzug eigenständig sein507. Korrespondierend mit § 25a II WHG beauftragt § 33a II WHG die Länder mit der Beschreibung, Festlegung und Einstufung, Darstellung in Karten und Überwachung des Grundwasserzustands unter Bezugnahme auf die einschlägigen Vorgaben der Anhänge II und V WRRL. Die dort genannten Rahmenbedingungen für die Grundwasserbewirtschaftung werden – entsprechend den europarechtlichen Anforderungen – durch Rechtssatz, nämlich in den §§ 9 ff. SächsWRRLVO geregelt (vgl. § 7b I SächsWG). Gem. § 10 I SächsWRRLVO ist der mengenmäßige Zustand nach Anlage 9, der die entsprechenden Anforderungen zur Einstufung aus Anhang V Nr. 2.1 WRRL übernimmt, als gut oder schlecht einzustufen, wobei in der Anlage klargestellt wird, dass bei Nichterfüllung einer der Anforderungen in Nr. 2 Anlage 9 der mengenmäßige Zustand als schlecht einzustufen ist508. Der chemische Zustand der Grundwasserkörper ist gem. § 11 I SächsWRRLVO nach Anlage 11 als gut oder schlecht einzustufen. Darin werden die in Anhang V Nr. 2.3 WRRL festgelegten Anforderungen an die Einstufung des chemischen Grundwasserzustands übernommen, wobei die „nach anderen einschlägigen Rechtsvorschriften der Gemeinschaft gem. Art. 17 WRRL geregelten Qualitätsnormen“ (vgl. Anhang V Nr. 2.3 WRRL) i. S. der Werte von 50 mg/l für Nitrat und von jeweils 0,1 μg/l für Pflanzenschutzmittel und Biozide konkretisiert werden. Damit hat bereits eine Übernahme der Umweltqualitätsnormen stattgefunden, wie sie im Kommissionsentwurf der Tochterrichtlinie zu Art. 17 WRRL geregelt sind. Im Gegensatz zur Rechtslage vor Inkrafttreten der WRRL gelten die Werte für Pflanzenschutzmittel und Biozide nun nicht mehr nur mittelbar im Rahmen des Verfahrens für deren Zulassung, sondern werden unmittelbar auf das Grundwasser bezogen. Die weitere Konkretisierung des chemischen Zustands und der Trendumkehr hängt davon ab, auf welche Vorgaben man sich in der Grundwasser-Tochterrichtlinie einigt. Hier bleibt abzuwarten, ob sich noch ein Konsens über weitere Qualitätsnormen für bestimmte Schadstoffe erzielen lässt oder ob die Festlegung weiterer „Schwellenwerte“ endgültig den Mitgliedstaaten überlassen bleibt509. 507

Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 33a, Rn. 10. In Nr. 1 und 2a der Anlage 9 wird klargestellt, dass das maßgebliche Kriterium für die Einstufung des mengenmäßigen Zustands die Entwicklung des Grundwasserstandes ist. Grundwasserstand ist der fachlich genauere Begriff als der in der WRRL genannte Grundwasserspiegel; SMUL, Begründung zur WRRLVO, S. 28. 508

420 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

3. Ausnahmeregelungen Die in Art. 4 IV WRRL enthaltene Möglichkeit zu Fristverlängerungen wird für Oberflächengewässer durch § 25c WHG umgesetzt, der die im Richtlinientext enthaltenen Ausnahmetatbestände im Wesentlichen übernimmt und die Umsetzung der Fristenregelung den Ländern überträgt510. Entsprechendes gilt im Hinblick auf die zeitlichen Ausnahmetatbestände für Küstengewässer und das Grundwasser (vgl. §§ 32c S. 1, 33a IV 3 WHG). § 7b II Nr. 2 SächsWG weist die Befugnis zur Zulassung entsprechender Ausnahmen der obersten Wasserbehörde, d. h. dem SMUL, zu. Zugleich wird – in Übernahme der Befristungsdauer des Art. 4 IV c) WRRL – festgelegt, dass die Frist um höchstens zwei mal sechs Jahre verlängert werden kann. Weitere Verlängerungen sind nur möglich, wenn sich die Ziele auf Grund der natürlichen Gegebenheiten nicht innerhalb des verlängerten Zeitraums erreichen lassen. Dabei kann die Fristverlängerung entweder im Einzelfall oder im Bewirtschaftungsplan erfolgen511. § 25c III WHG stellt in Umsetzung von Art. 4 I c) WRRL schließlich klar, dass die Fristen nach § 25c I und II WHG auch für Gewässer in Schutzgebieten i. S. von Art. 6 I i. V. m. Anhang IV WRRL gelten, soweit nicht sonstige Vorschriften des Gemeinschaftsrechts Abweichendes vorsehen (Subsidiarität)512. Die Vorschrift ist von Bedeutung für in geschützten Gebieten gelegene Gewässer, für deren Entwicklung mehrere verschiedene gemeinschaftsrechtliche Fristen angeordnet sind513. Die in Art. 4 V bis VIII WRRL geregelten Ausnahmetatbestände von den Umweltzielen des Art. 4 I WRRL werden durch § 25d WHG (Oberflächengewässer), § 32c S. 1 WHG (Küstengewässer) sowie § 33a IV WHG (Grundwasser) bundesrechtlich unmittelbar umgesetzt. § 7b II Nr. 1 Sächs509 In diesem Rahmen wurde in Deutschland zunächst die Übertragung der Geringfügigkeitsschwellenwerte der LAWA [s. hierzu oben § 14 I. 4. b)] auf die WRRL diskutiert, inzwischen aber wieder verworfen, da diese nur zur Beurteilung von lokalen Einträgen, nicht aber etwa von diffusen Einträgen aus der Landwirtschaft geeignet sind. Die Erkenntnisse aus der Ableitung dieser Geringfügigkeitsschwellenwerte sollen jedoch bei der Qualitätszieldiskussion auf europäischer Ebene genutzt werden; Böhme, WuA 1-2/2005, S. 42; Markard, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 163. Ausführlich zu diesem Problemkreis Ginzky/Kirschbaum/Six, WuA 11/2004, S. 47 f. 510 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 25c, Rn. 3. 511 Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, LT-Drs. 3/9974, S. 16. 512 Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 25c, Rn. 10; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 25d, Rn. 9; Kotulla, WHG, 2003, § 25c, Rn. 18. 513 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 25d, Rn. 9.

§ 18 Die rechtliche Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie

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WG beschränkt sich dementsprechend darauf, die Zuständigkeit für die Ausnahmeerteilung der obersten Wasserbehörde zu übertragen. Dabei entspricht § 25d WHG im Wesentlichen seiner richtlinienrechtlichen Vorlage i. S. von Art. 4 V bis VIII WRRL. Für Küstengewässer gilt die Regelung des § 25d WRRL entsprechend (§ 32c S. 1 WHG), für Grundwasser trifft dies ohne Einschränkungen nur auf § 25d II und IV WHG zu (vgl. § 33a IV 1 WHG). Sind die Ziele nach § 33a I WHG nicht erreichbar, weil der Grundwasserzustand oder die physischen Eigenschaften von oberirdischen Gewässern verändert werden, ist dies in entsprechender Anwendung der in § 25d III Nr. 1 bis 3 WHG genannten Voraussetzungen zulässig; § 33a IV 2 WHG. Für die in § 33a I Nr. 3 und 4 WHG festgelegten Ziele gilt darüber hinaus § 25d I Nr. 4 WHG entsprechend mit der Maßgabe, dass nach § 25d I Nr. 4 WHG anstatt des bestmöglichen ökologischen Zustands die geringstmöglichen Veränderungen des guten Zustands des Grundwassers zu erreichen sind. Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist die unmittelbare Geltung von § 25d WHG im Hinblick auf Art. 75 GG a. F. ebenso wenig zu beanstanden wie diejenige des § 25a I WHG, da die dort verankerten Bewirtschaftungsziele und die in § 25d geregelten Ausnahmen eine sachliche Einheit bilden514. Damit bleibt festzuhalten, dass die Umweltziele des Art. 4 sowie des Anhangs V WRRL durch die Bewirtschaftungsziele der §§ 25a bis d, 32c, 33a sowie die Bestimmungen der SächsWRRLVO – teilweise sogar unter wörtlicher Übernahme des Richtlinientextes – erschöpfend und den Voraussetzungen der Art. 75 I 1 Nr. 4, II, 72 II GG a. F. gemäß umgesetzt worden sind. Insofern ist sowohl nach den gemeinschaftsrechtlichen als auch nach den verfassungsrechtlichen Anforderungen von einer ordnungsgemäßen Umsetzung auszugehen.

III. Kombinierter Ansatz Im Hinblick auf die Umsetzung des qualitätsorientierten Regelungskonzepts der WRRL stellt sich die Frage, welche rechtliche Ausformung der in Art. 10 WRRL geregelte kombinierte Ansatz für Punktquellen und diffuse Quellen im WHG sowie im SächsWG erfahren hat. Dabei ergibt sich, dass dieser weder im Rahmen der 7. WHG-Novelle noch des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG ausdrücklich erwähnt wird. Eine explizite Umsetzung wäre allerdings auch nicht erforderlich, wenn der kombinierte Ansatz bereits vor der Geltung der WRRL der Sache nach im deutschen Recht verankert war. Um dies beurteilen zu können, ist es deshalb zunächst noch einmal erforderlich, sich dessen Regelungsgehalt zu vergegenwärtigen. 514

Kotulla, WHG, 2003, § 25d, Rn. 2.

422 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

Art. 10 II WRRL besagt, dass Emissionsbegrenzungen auf der Grundlage der dort aufgeführten gemeinschaftlichen Vorschriften von den Mitgliedstaaten spätestens zwölf Jahre nach Inkrafttreten der WRRL festzulegen und/oder durchzuführen sind, sofern in den betreffenden Richtlinien nicht etwas anderes vorgesehen ist. Daraus geht hervor, dass die bereits bestehenden Vorschriften – namentlich die IVU-Richtlinie sowie die Richtlinie über kommunale Abwässer – unverändert bestehen bleiben und durchgeführt werden müssen, was sich i. Ü. bereits aus den Richtlinien selbst ergibt (s. oben § 13 III.). Damit findet lediglich eine formale Integration in die WRRL statt, woraus sich für den deutschen Gesetzgeber keinerlei Handlungspflichten ergeben515. Was die noch festzulegenden Emissionsgrenzwerte anbelangt, so handelt es sich um solche i. S. von Art. 16 VI WRRL, auf die sich die Mitgliedstaaten entweder auf Grund eines Kommissionsvorschlages einigen oder die sie – falls eine entsprechende Einigung nicht zustande kommt – gem. Art. 16 VIII WRRL selbst festlegen. Diese an die Mitgliedstaaten gerichtete Verpflichtung ergibt sich jedoch aus der Richtlinie selbst und bedarf keiner Festschreibung im deutschen Gewässerschutzrecht. Etwas anderes gilt für die Emissionsgrenzwerte selbst, die der Umsetzung durch Rechtssatz bedürfen, wenn sie denn festgelegt worden sind516. Eine Verpflichtung zur ausdrücklichen Umsetzung des kombinierten Ansatzes in deutsches Recht könnte aber insofern bestehen, als die Emissionsanforderungen gem. Art. 10 III WRRL für den Fall zu verschärfen sind, dass zur Erreichung eines Umweltqualitätsziels strengere Emissionsgrenzwerte erforderlich sind als diejenigen, die sich aus den bestehenden Vorschriften ergeben. Hierbei handelt es sich um ein materielles Prüfungserfordernis, das grundsätzlich der Umsetzung in nationales Recht bedarf517. Eine entsprechende Gesetzesänderung wäre nur dann nicht erforderlich, wenn dieser Grundsatz bereits vor der Umsetzung der WRRL im deutschen Wasserrecht verankert war. Für Gewässerbenutzungen ergibt sich der kombinierte Ansatz aus § 6 I WHG, der trotz Einhaltung der gem. § 7a WHG geregelten Emissionsgrenzwerte schon vor Inkrafttreten der WRRL verschärfte Anforderungen für die Genehmigung der Gewässerbenutzung durch Punktquellen zuließ, wenn es das Wohl der Allgemeinheit in Gestalt der konkreten Gewässerqualität erforderte (s. oben § 11 I.). Im Hinblick auf die Bewirtschaftungsziele der §§ 25a bis d und 33a WHG wird dies in § 11 III SächsWG n. F. nochmals ausdrücklich klargestellt518. Dass die qualitäts515

In diesem Sinne auch Faßbender, NVwZ 2001, S. 246. Faßbender, NVwZ 2001, S. 246 unter Verweis auf EuGH, Rs. C-262/95 (Kommission/Deutschland), Slg. 1996, S. I-5729, Rn. 14 ff. 517 Faßbender, NVwZ 2001, S. 246; Brandl, Die Kompetenz des Bundes zur Umsetzung europäischer Richtlinien, 2002, S. 234. 516

§ 18 Die rechtliche Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie

423

orientierte Ausrichtung angesichts der Dominanz der emissionsorientierten Anforderungen i. S. von § 7a WHG in der Praxis der Genehmigung von Abwassereinleitungen vor der Umsetzung der WRRL nicht recht zum Zuge kam, vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern, zumal dem beschriebenen Defizit durch die Festlegung der Bewirtschaftungsziele in den §§ 25a bis d, 32c und 33a WHG n. F. gerade begegnet werden soll. Die geforderte Kombination qualitäts- und emissionsbezogener Anforderungen stellt daher kein Novum im System des deutschen Gewässerschutzrechts dar, wenngleich sie durch die verbindlichen Ziele des Art. 4 WRRL entscheidend verstärkt wird519. Während allerdings Stoffeinträge aus Punktquellen regelmäßig Gewässerbenutzungen i. S. der §§ 3 WHG, 11 I SächsWG darstellen dürften, ist dies für diffuse Stoffeinträge i. S. von Art. 10 II c) WRRL nicht ohne Weiteres zu bejahen520. Insoweit ist der Umsetzungspflicht nur dann genügt, wenn es sich hierbei ebenfalls um erlaubnispflichtige Gewässerbenutzungen handelt, deren Genehmigungsfähigkeit am Maßstab des § 6 I WHG zu messen ist. Gem. § 11 I Nr. 3 SächsWG liegt in der Regel keine erlaubnispflichtige Gewässerbenutzung vor, sofern sich entsprechende Emissionen im Rahmen der (von der Nitratrichtlinie geforderten und durch die Düngeverordnung umgesetzten) guten fachlichen Praxis bewegen. Umgekehrt bedeutet dies, dass über die Anforderungen der Nitratrichtlinie hinausgehende Emissionsbegrenzungspflichten zur Einhaltung der Gewässerqualitätsziele grundsätzlich nicht auf § 6 I WHG gestützt werden können. Zwar gibt es für den Fall, dass eine Beeinträchtigung der Gewässerqualität zu besorgen ist, die Möglichkeit, einen Benutzungstatbestand und damit die Erlaubnispflicht sowohl im Wege der Auslegung des § 3 II Nr. 2 WHG als auch des § 11 I Nr. 3 SächsWG zu bejahen, um die verpflichtenden europarechtlichen Gewässerqualitätsziele i. S. von Art. 10 III WRRL einhalten zu können521. Sehr fraglich ist allerdings, ob eine solche Auslegungsoption den strengen Anforderungen des EuGH an die Umsetzung eines materiellen Prüfungserfordernisses gerecht wird. So hat der EuGH beispielsweise in seinem 518 Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, LT-Drs. 3/9974, S. 17. 519 Breuer, ZfW 2005, S. 22; Hasche, Das neue Bewirtschaftungsermessen im Wasserrecht, 2005, S. 132; Caspar, DÖV 2001, S. 538. Knopp geht sogar davon aus, dass Art. 10 WRRL mit dem kombinierten Ansatz für Punktquellen und diffuse Quellen die Vorstellungen des in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Gewässerschutzrechts aufgreift, ders. in: Bruha/Koch (Hrsg.), Integrierte Gewässerpolitik in Europa, 2001, S. 250. 520 Knopp, in: Bruha/Koch (Hrsg.), Integrierte Gewässerpolitik in Europa, 2001, S. 248. 521 Im Hinblick auf § 3 II Nr. 2 WHG ausdrücklich Knopp, in: Bruha/Koch (Hrsg.), Integrierte Gewässerpolitik in Europa, 2001, S. 248.

424 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

Urteil zur Grundwasserrichtlinie unmissverständlich deutlich gemacht, dass die Mitgliedstaaten einen eindeutigen gesetzlichen Rahmen auf dem betreffenden Gebiet schaffen müssen, um die volle Anwendung der Richtlinien in rechtlicher und nicht nur in tatsächlicher Hinsicht zu gewährleisten522. Da es sich bei der Vorschrift des § 10 III WRRL um ein wichtiges materielles Prüfungserfordernis handelt, wäre demnach wohl eine ausdrückliche Umsetzung im nationalen Gewässerschutzrecht angezeigt gewesen523.

IV. Das neue Planungsinstrumentarium Im Hinblick auf die Transformation des qualitätsorientierten Regelungsansatzes in das deutsche und sächsische Gewässerschutzrecht ist schließlich die ordnungsgemäße Umsetzung der gemeinschaftsrechtlich vorgeschriebenen Instrumente des Maßnahmenprogramms sowie des Bewirtschaftungsplans gem. Art. 11 bzw. 13 WRRL zu prüfen. Diese werden durch § 36 sowie 36b WHG n. F. bundesrechtlich eingeführt und im Freistaat Sachsen durch die §§ 5 II 1 sowie 6, 6a, 6b, 7 und 7a SächsWG n. F. landesrechtlich weiter ausgefüllt. 1. Maßnahmeprogramm, § 36 WHG n. F. Mit § 36 WHG n. F. wird in Umsetzung wesentlicher Teile von Art. 11 WRRL zunächst das Instrument des Maßnahmenprogramms in das deutsche Wasserrecht implementiert. Struktur und Inhalt der richtlinienrechtlichen Regelung werden dabei auffallend genau nachvollzogen524. Abs. 1 enthält in Form eines Regelungsauftrages die grundsätzliche Verpflichtung an die Länder, für jede Flussgebietseinheit ein Maßnahmenprogramm zur Erreichung der Bewirtschaftungsziele der §§ 25a I, 25b I, 32c und 33a WHG n. F. aufzustellen. Die in Anlehnung an Art. 11 II WRRL ebenfalls als eigenständiger Absatz gefasste Regelung des § 36 II WHG n. F. benennt mit den grundlegenden und den ergänzenden Maßnahmen die beiden Grundkategorien der in das Maßnahmenprogramm aufzunehmenden Einzelmaßnahmen, die in Abs. 3 und 4 im Sinne des Richtlinienrechts näher konkretisiert werden. § 36 WHG n. F. enthält sich dabei allerdings einer ausführlicheren Wiedergabe des Richtlinientextes und verweist in den Abs. 3 und 4 stattdessen nur auf die entsprechenden gemeinschaftlichen Regelungen 522

EuGH, Rs. C-131/88 (Kommission/Deutschland), Slg. 1991, S. I-825, Rn. 8,

19. 523

Zu diesem Ergebnis gelangt auch Faßbender, NVwZ 2001, S. 246. Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36, Rn. 4; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 442. 524

§ 18 Die rechtliche Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie

425

des Art. 11 III und IV WRRL. Zur Gewährleistung eines umfassenden Schutzes der hiernach getroffenen Festlegungen werden die Maßnahmenprogramme ausdrücklich in den Kreis der durch eine Veränderungssperre zu sichernden Planungen i. S. von § 36a WHG n. F. aufgenommen. § 36 V WHG n. F. behandelt des Weiteren Korrekturpflichten, insbesondere auch die Aufnahme zusätzlicher Maßnahmen bei Nichterreichen der Bewirtschaftungsziele, während Abs. 6 den Kontext zum Konzept des integrierten Umweltschutzes herstellt. Danach dürfen grundlegende Maßnahmen nicht zu einer zusätzlichen Gewässerverschmutzung führen, es sei denn, die Durchführung der hiernach in Betracht kommenden Maßnahmen würde sich nachteilig auf die Umwelt insgesamt auswirken. Die Fristen für die Aufstellung der Programme und Durchführung der Maßnahmen werden nach § 36 VII WHG n. F. durch Landesrecht bestimmt. § 36 WHG n. F. beschränkt sich damit im Wesentlichen auf die Erteilung von Regelungsaufträgen an die Länder, wobei allerdings auch differenzierte Vorgaben gemacht werden, die der Rahmenausfüllung gem. Art. 75 I Nr. 4, II, 72 II GG a. F. wenig Raum lassen (vgl. insofern die Festlegung grundlegender und ergänzender Maßnahmen gem. § 36 II–IV WHG n. F.)525. Selbst wenn man den Rahmencharakter dieser Regelungen verneinen wollte, so muss man sie zumindest als zulässige Ausnahmen gem. Art. 75 II GG a. F. ansehen, da auch Detailregelungen innerhalb eines Rahmengesetzes jedenfalls dann unproblematisch sind, wenn die jeweilige Kompetenzmaterie nur durch entsprechende Normen gesteuert werden kann526. Da die Maßnahmenprogramme die Flussgebiete unabhängig von den Ländergrenzen erfassen sollen, erweist sich die Vorgabe bundeseinheitlicher Maßnahmen zur Wahrung der Rechtseinheit als notwendig, da die Landesgesetzgebung dies nicht in ähnlichem Umfang sicherzustellen vermag527. Letztlich ist die bundesrechtliche Normierung entsprechender Detailregelungen notwendige Folge der Pflicht zur Transformation im Einzelnen genau vorgegebener verfahrensrechtlicher Anforderungen nach der WRRL528. Auch quantitativ gesehen bleiben die Regelungen des WHG zur wasserwirtschaftlichen Planung deutlich im Ausnahmebereich, zumal die 7. WHG-Novelle die bisherigen Planungsinstrumente Abwasserbeseitigungsplan, Reinhalteordnung, wasserwirtschaftlicher Rahmenplan und Bewirtschaftungsplan alter Art aufgehoben hat529. 525

Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36, Rn. 2. Rozek, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, 2005, Art. 75 II, Rn. 77. 527 Beaucamp, UPR 2001, S. 426. So im Ergebnis auch BT-Drs. 14/7755, S. 21; Knopp, ZUR 2001, S. 375. 528 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36, Rn. 2. 529 BT-Drs. 14/7755, S. 21; ausführlich hierzu unten § 18 IV. 6. 526

426 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

Die landesrechtliche Ausfüllung des § 36 WHG n. F. erfolgt durch § 7 SächsWG n. F., der die Regelungen für die Aufstellung der Maßnahmenprogramme trifft, soweit dies auf Landesebene möglich ist530. Gem. § 7 I 1 SächsWG n. F. erarbeiten die technischen Fachbehörden dazu unter Beteiligung der betroffenen Behörden Beiträge für den im Geltungsbereich des SächsWG liegenden Teil der Flussgebietseinheit und stimmen diese mit den zuständigen Behörden der benachbarten in der Flussgebietseinheit liegenden Länder ab. Die oberste Wasserbehörde, d. h. das SMUL, legt die Grundsätze für die Beiträge fest, koordiniert diese Zusammenarbeit und führt die Abstimmung mit den an der Flussgebietseinheit beteiligten Ländern herbei; § 7 I 2 SächsWG n. F. In diesen Grundsätzen kann auch geregelt werden, wie die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange, der betroffenen Körperschaften, der Unterhaltungs- und Ausbaupflichtigen etc. im Hinblick auf die optionale Verbindlicherklärung durch Rechtsverordnung (hierzu sogleich) erfolgen soll531. Außerdem ist die oberste Wasserbehörde beim sächsischen Teil des Maßnahmenprogramms auch für die Koordinierung der Zusammenarbeit der zuständigen Behörden sowie die endgültige Abstimmung innerhalb der Flussgebietseinheit zuständig. Dadurch soll sichergestellt werden, dass für den Freistaat Sachsen ein einheitliches und ausgewogenes Konzept zur Umsetzung der WRRL verfolgt wird532. Die Maßnahmeprogramme sind gem. § 7 II 1 SächsWG n. F. bis zum 22. Dezember 2009 aufzustellen, wobei diese Frist durch Art. 11 VII WRRL bereits vorgegeben ist. Die Teile der von den Ländern beschlossenen Maßnahmenprogramme, die den Freistaat Sachsen betreffen, werden von der obersten Wasserbehörde, d. h. wiederum durch das SMUL, für verbindlich erklärt. Damit werden die entsprechenden Festlegungen für die nachgeordneten Behörden sowie andere Behörden im Freistaat bindend und sind bei ihren Entscheidungen und der Ausübung des Bewirtschaftungsermessens zu beachten533. Für den Fall, dass aus von sächsischen Behörden nicht zu vertretenden Gründen innerhalb der vorgegebenen Fristen kein gemeinsames Maßnahmenprogramm aufgestellt wird, regelt § 7 III SächsWG n. F., dass die oberste Wasserbehörde für die Übergangszeit bis zum Beschluss des gemeinsamen Maßnahmenprogramms ein sog. vorläufiges Maßnahmenprogramm für den sächsischen Teil der betreffenden Flussgebietseinheit er530 Begründung zum LT-Drs. 3/9974, S. 12. 531 Begründung zum LT-Drs. 3/9974, S. 13. 532 Begründung zum LT-Drs. 3/9974, S. 13. 533 Begründung zum LT-Drs. 3/9974, S. 14.

Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG,

§ 18 Die rechtliche Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie

427

stellt. Diese Regelung dient neben der Vermeidung von Zwangsgeldforderungen dazu, dass mit der Umsetzung der Maßnahmen rechtzeitig begonnen werden kann, um die Bewirtschaftungsziele fristgemäß erreichen zu können534. Mit den ausführlichen Regelungen der §§ 36b WHG n. F. sowie 7 SächsWG n. F. wird zugleich den Anforderungen des EuGH entsprochen, die Verpflichtung zur Aufstellung der Maßnahmenprogramme angesichts ihres materiellen Gehalts sowie der zentralen Rolle für die Verwirklichung der Umweltziele des Art. 4 WRRL durch Rechtssatz umzusetzen535. Des Weiteren sieht § 7a II SächsWG die Möglichkeit vor, dass die oberste Wasserbehörde zusätzlich zu den in den Maßnahmenprogrammen i. S. von § 7 SächsWG festgelegten Maßnahmen durch Rechtsverordnung weitere Maßnahmen festlegen kann, soweit es das Wohl der Allgemeinheit im Hinblick auf die nutzungsbezogene Gewässerbewirtschaftung (etwa im Interesse der Landwirtschaft oder zur Bergbausanierung536) oder den Hochwasserschutz erfordert. Hierbei handelt es sich um Maßnahmen, die nicht direkt auf die Umsetzung der WRRL gerichtet sind537. Dabei steht die Regelung des § 7a II SächsWG weder im Widerspruch zur WRRL noch zum WHG, da es den Ländern durchaus möglich ist, eigene Maßnahmenpläne aufzustellen, so lange und soweit dadurch keine inhaltlichen Inkompatibilitäten zur flussgebietsbezogenen Bewirtschaftungsplanung entstehen (vgl. insoweit § 7a II a. E. SächsWG)538. Um dies zu gewährleisten, sind gem. § 36b IV 2 WHG n. F. und Nr. 8 Anlage 5 SächsWG ein Verzeichnis dieser weiteren Maßnahmen sowie eine Zusammenfassung ihrer Inhalte in den jeweiligen Bewirtschaftungsplan aufzunehmen.

534 Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, LT-Drs. 3/9974, S. 14. 535 Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 51; Faßbender, NVwZ 2001, S. 248; Brandl, Die Kompetenz des Bundes zur Umsetzung europäischer Richtlinien, 2002, S. 299 ff.; Hentschel, Die europäische Wasserrahmenrichtlinie, 2005, S. 178 f., der auf Grund der erforderlichen Zusammenfassung des Maßnahmenprogramms im Bewirtschaftungsplan zudem Informationrechte des Bürgers im Hinblick auf den Bewirtschaftungsplan tangiert sieht und auch aus diesem Grund eine rechtsförmliche Umsetzungsverpflichtung bejaht. 536 Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, LT-Drs. 3/9974, S. 15. 537 Vgl. Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, LT-Drs. 3/9974, S. 15. 538 Kotulla, WHG, 2003, § 36b, Rn. 27.

428 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

2. Bewirtschaftungsplan, § 36b WHG n. F. Art. 13 WRRL wird durch § 36b WHG n. F. umgesetzt und enthält den Regelungsauftrag an die Länder, für jede Flussgebietseinheit einen Bewirtschaftungsplan aufzustellen (Abs. 1). § 36b II und III WHG n. F. legen den obligatorischen Inhalt des Plans fest, wobei der wesentliche, sich aus Art. 13 IV i. V. m. Anhang VII WRRL ergebende Inhalt in Abs. 2 beschrieben wird539, während Abs. 3 die nach Gemeinschaftsrecht ebenfalls obligatorische Konkretisierung der Bewirtschaftungsziele einschließlich der Ausnahmetatbestände (vgl. §§ 25a–d, 33a, 32c WHG) benennt540. Abs. 4 sieht in Umsetzung des Art. 13 V WRRL die Möglichkeit zur Ergänzung des Bewirtschaftungsplans durch detailliertere Programme und Bewirtschaftungspläne für Teileinzugsgebiete vor541 § 36b V WHG n. F. verpflichtet die Länder schließlich zur Festlegung der Fristen für die Veröffentlichung, Überprüfung und Aktualisierung sowie zur rechtlichen Ausgestaltung der Information und Anhörung der Öffentlichkeit im Planungsverfahren. Wie im Falle des Maßnahmenprogramms enthält auch der Auftrag zur Regelung der Bewirtschaftungspläne im Landeswasserrecht eine Reihe von Detailregelungen, die im Wesentlichen aus dem Text der Richtlinie übernommen worden sind (vgl. § 36b II bis IV WHG n. F.). Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit nach Maßgabe des Art. 75 II GG a. F. wird daher auf die entsprechenden Erläuterungen im Rahmen des Maßnahmenprogramms verwiesen (s. oben § 18 IV 1.). Der Regelungsauftrag des § 36b WHG zur Aufstellung eines Bewirtschaftungsplans für die jeweilige Flussgebietseinheit wird im Freistaat Sachsen durch § 6 SächsWG n. F. umgesetzt. Danach erarbeiten die zuständigen technischen Fachbehörden unter Beteiligung der betroffenen Behörden für die Erstellung des Entwurfs für den Bewirtschaftungsplan Beiträge für den im Geltungsbereich des SächsWG liegenden Teil der Flussgebietseinheit und stimmen diese mit den zuständigen Behörden der benachbarten, in der Flussgebietseinheit liegenden Länder ab (Abs. 1). Die Zuständigkeit der technischen Fachbehörden i. S. von § 118 II SächsWG ergibt sich daraus, dass es sich bei dem Bewirtschaftungsplan in erster Linie um eine Zu539

BT-Drs. 14/7755, S. 21; Knopp, ZUR 2001, S. 375. „Kerninhalt“. Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36b, Rn. 2. Dabei ist angesichts des dokumentarischen Charakters des Bewirtschaftungsplans davon auszugehen, dass diese Aspekte durch den Plan nur deklaratorisch, nicht aber konstitutiv festgelegt werden (vgl. Anhang VII Nr. 5 WRRL: „Liste“ der Umweltziele; a. A. Hentschel, Die europäische Wasserrahmenrichtlinie, 2005, S. 72 ff.). Die eigentliche Konkretisierung der Bewirtschaftungsziele und Ausnahmetatbestände erfolgt bereits im Vorfeld der Planfestlegung durch jeweils dingliche adressatenlose Allgemeinverfügungen i. S. von § 35 S. 2 VwVfG; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 25b, Rn. 19. 541 Hierzu ausführlich unten § 18 IV. 7. 540

§ 18 Die rechtliche Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie

429

sammenfassung und Dokumentation einer Vielzahl von Informationen, Zustands- und Maßnahmenbeschreibungen handelt542. Die von den technischen Fachbehörden erarbeiteten Beiträge sind – soweit erforderlich – mit den Dienststellen der benachbarten Länder der Flussgebietseinheit auf Arbeitsebene abzustimmen; vgl. § 6 I a. E. SächsWG n. F. Die Grundsätze für die Beiträge zum Bewirtschaftungsplan werden gem. § 6b II 1 SächsWG n. F. von der obersten Wasserbehörde festgelegt, die zugleich die Zusammenarbeit nach Abs. 1 koordiniert und die Abstimmung des Bewirtschaftungsplans mit den an der Flussgebietseinheit beteiligten Ländern und Staaten herbeiführt. Dies ist erforderlich, um sicherzustellen, dass für den Freistaat Sachsen ein einheitliches Konzept zur Umsetzung der WRRL verfolgt wird543. Die in Umsetzung des § 1b II Nr. 3 WRRL ergangene Regelung des § 6 II 2 SächsWG n. F., wonach sich die oberste Wasserbehörde bei Nicht-EU-Staaten um die Erstellung eines gemeinsamen internationalen Bewirtschaftungsplan bemüht, ist mit dem Beitritt der Tschechischen Republik und der Republik Polen zur EU zum 1. Mai 2004 obsolet geworden544. Die inhaltlichen Vorgaben des § 36b II und III WHG n. F. für den Bewirtschaftungsplan werden durch § 6 III i. V. m. den in Anlage 5 SächsWG n. F. genannten Informationen und Angaben ausgefüllt, die 1:1 aus dem Anhang VII der WRRL übernommen wurden545. In § 6 IV SächsWG ist geregelt, dass der von den betroffenen Ländern und Staaten beschlossene Bewirtschaftungsplan, soweit er sich auf sächsische Gebiete der Flussgebietseinheit bezieht, von der obersten Wasserbehörde für verbindlich erklärt und spätestens bis zum 22. Dezember 2009 (vgl. Art. 13 VII WRRL) im Sächsischen Amtsblatt veröffentlicht wird. Mit der Verbindlicherklärung müssen nicht nur die Wasserbehörden sowie die technischen Fachbehörden, sondern auch die anderen Behörden im Freistaat Sachsen die Festlegungen und Angaben des Bewirtschaftungsplans bei ihren Entscheidungen, insbesondere bei der Ausübung ihres Bewirtschaftungsermessens, beachten546. Gem. § 6 V SächsWG n. F. sind die Bewirtschaftungspläne erstmals bis zum 22. Dezember 2015 und anschließend alle sechs Jahre zu überprüfen und – soweit erforderlich – zu aktualisieren. Kommt innerhalb der durch oder auf 542 Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, LT-Drs. 3/9974, S. 8. 543 Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, LT-Drs. 3/9974, S. 9. 544 Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, LT-Drs. 3/9974, S. 9. 545 Abweichungen erfolgen nur in Anpassung an die deutsche Rechtsterminologie; Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, LT-Drs. 3/9974, S. 9. 546 Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, LT-Drs. 3/9974, S. 10.

430 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

Grund des SächsWG vorgegebenen Fristen kein gemeinsamer Bewirtschaftungsplan zustande, so erstellt die oberste sächsische Wasserbehörde nach den Beiträgen nach Abs. 1 S. 1 einen vorläufigen Bewirtschaftungsplan für das sächsische Teileinzugsgebiet der Flussgebietseinheit, für den die Vorschriften über den Bewirtschaftungsplan entsprechend gelten, § 6 VI SächsWG n. F. Die Vorschrift stellt eine Auffangregelung für den Fall dar, dass aus von sächsischen Behörden nicht zu vertretenden Gründen innerhalb der durch die WRRL vorgegebenen Fristen kein gemeinsamer Bewirtschaftungsplan aufgestellt wird547. Damit soll – entsprechend dem Rechtsgedanken des Art. 13 II 2 WRRL und parallel zur Möglichkeit der Erstellung eines vorläufigen Maßnahmenprogramms – die Gefahr einer Inanspruchnahme des Freistaates Sachsen für eventuell verhängte Zwangsgeldforderungen der EU wegen mangelhafter Umsetzung der WRRL verhindert werden548. Gleichzeitig wird mit den ausführlichen Regelungen der §§ 36b WHG n. F., 6 SächsWG n. F. auch der Rechtsprechung des EuGH entsprochen, die im Hinblick auf die Umsetzung von Regelungen, die ihrerseits Rechte und Pflichten des Einzelnen begründen, eine Umsetzung durch Rechtssatz fordert549. Dass dies hier der Fall ist, ergibt sich bereits aus der Verpflichtung des Art. 14 WRRL, im Rahmen der Planaufstellung eine Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen550. Ansonsten bestünde die Gefahr, dass die Mitgliedstaaten die Beteiligungsrechte umgehen könnten, indem sie erst gar keine Bewirtschaftungspläne aufstellen551. 3. Rechtsnatur Mit der Aufnahme der Verpflichtung zur Erstellung von Maßnahmenund Bewirtschaftungsplänen in das WHG und das SächsWG ist allerdings noch nicht die Frage beantwortet, welche Rechtsform bzw. Rechtsnatur die neuen planungsrechtlichen Instrumente selbst aufweisen müssen. Das WHG n. F. gibt hierzu keine Auskunft und auch die Bezeichnung des Bewirtschaftungsplans als „Plan“, dessen Inhalt als vorausschauendes Setzen von Zielen und gedankliches Vorwegnehmen der zu ihrer Verwirklichung erforderlichen 547 Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, LT-Drs. 3/9974, S. 10. 548 Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, LT-Drs. 3/9974, S. 10. 549 s. o. § 13 I. 2. b) sowie Brandl, Die Kompetenz des Bundes zur Umsetzung europäischer Richtlinien, 2002, S. 232 f. 550 Hentschel, Die europäische Wasserrahmenrichtlinie, 2005, S. 174 f.; in diesem Sinne auch Faßbender, NVwZ 2001, S. 248; Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 52. 551 Hentschel, Die europäische Wasserrahmenrichtlinie, 2005, S. 175.

§ 18 Die rechtliche Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie

431

Verhaltensweisen charakterisiert wird552, lässt keinerlei Rückschlüsse über die Rechtsnatur zu553. Der sächsische Gesetzgeber hat sich in § 7a I SächsWG n. F. mit dem Problem zumindest befasst, die Frage mit der überaus vagen Formulierung, wonach die oberste Wasserbehörde den sächsischen Teil des Bewirtschaftungsplans und des Maßnahmenprogramms, „soweit erforderlich“, ganz oder in Teilen als Rechtsverordnung erlassen kann, letztlich aber offengelassen554. Die angesprochene Erforderlichkeit wird nach der Begründung zum Gesetzentwurf dann als gegeben gesehen, wenn Festlegungen des Maßnahmenprogramms – etwa bestimmte Anforderungen an die Gewässerunterhaltung, den Betrieb von Anlagen etc. – „Drittwirkung entfalten“555 bzw. der Bewirtschaftungsplan Festlegungen enthält, die „Dritten gegenüber durchgesetzt werden müssen“556. Aus welchen (rechtlichen) Gründen der Erlass der Pläne als Rechtsverordnung – im Gegensatz zu lediglich behördenverbindlichen verwaltungsinternen Plänen – erforderlich ist, wird aber nicht gesagt. Dabei dürfte die Zurückhaltung des Gesetzgebers wohl darin begründet liegen, dass die Frage nach der erforderlichen Rechtsform für die Maßnahmenprogramme und Bewirtschaftungspläne im Schrifttum hoch umstritten ist557 und man sich deshalb alle Gestaltungs552 Hasche, ZfW 2004, S. 150; Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 36 WHG, Rn. 5a. Die planende Funktion des Bewirtschaftungsplans liegt letztlich in der Konkretisierung der in Art. 4 WRRL selbst vorgegebenen Umweltziele für Oberflächengewässer, Grundwasser und Schutzgebiete auf die Gegebenheiten der Flussgebietseinheit; Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 35. Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36b, Rn. 3, 7 bezweifeln dagegen, ob der Bewirtschaftungsplan auf Grund fehlender originärer Gestaltungskraft überhaupt als Plan bezeichnet werden kann. Gegen die Einstufung als Plan spricht jedenfalls nicht, dass die Zielfestlegung durch die §§ 25a, 25b, 32c, 33a WHG gesetzlich vorgegeben ist, da es im Rahmen der Planung durchaus Zielvorgaben und Rahmensetzungen des Gesetzgebers geben kann, welche die planende Verwaltung auf Grund der Bindung an Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes zu beachten hat; Di Fabio, in: Erbguth/Oebbecke/Rengeling/Schulte (Hrsg.), Planung, 2000, S. 76. 553 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36, Rn. 6. Der Begriff „Plan“ stellt eine Sammelbezeichnung für sehr unterschiedliche Entscheidungen dar, die jeweils nach ihrer Eigenart und den für sie maßgeblichen Rechtsvorschriften zu beurteilen sind. Es ist deshalb für jeden Plan gesondert zu prüfen, wie er rechtlich zu qualifizieren ist; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2004, S. 426 f., 429; allgemein zum Planungsbegriff auch Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 2, S. 259. 554 Zur uneinheitlichen Rechtslage in den einzelnen Bundesländern vgl. Hasche, Das neue Bewirtschaftungsermessen im Wasserrecht, 2005, S. 301 ff. 555 Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, LT-Drs. 3/9974, S. 14. 556 Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, LT-Drs. 3/9974, S. 10. 557 s. hierzu Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36, Rn. 6 ff., § 36b, Rn. 6; Knopp, ZfW 2003, S. 10 f.; ders., in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 36 WHG, Rn. 11, § 36b WHG, Rn. 5; Kotulla, WHG, 2003, § 36, Rn. 24;

432 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

möglichkeiten offen halten wollte. Dies gilt umso mehr, als die Pläne erst bis Ende des Jahres 2009 aufgestellt werden müssen und derzeit noch niemand in der Lage ist, deren Inhalt und insbesondere Detaillierungsgrad mit Sicherheit vorherzusagen558. Dennoch soll im Folgenden der Versuch unternommen werden, die für und wider die Aufstellung von Maßnahmen- und Bewirtschaftungsplänen als Rechtsverordnung vorgebrachten europa- und verfassungsrechtlichen Argumente aufzuarbeiten und die künftige Entscheidung über die Rechtsnatur des zu erlassenden Planungsinstrumentariums – soweit dies zum jetzigen Zeitpunkt möglich ist – vorzustrukturieren. Dabei ist zwischen den jeweiligen Erfordernissen im Hinblick auf Inhalt und Funktion der Maßnahmenprogramme einerseits und der Bewirtschaftungspläne andererseits zu differenzieren. a) Maßnahmenprogramm Die WRRL selbst gibt keine Auskunft darüber, ob und inwieweit für Maßnahmenprogramme eine bestimmte Rechtsnatur vorgegeben ist559. Zwar wird die Erforderlichkeit der Aufstellung von Maßnahmenprogrammen als Rechtsverordnung gelegentlich unter Hinweis auf den Wortlaut des Art. 11 I 2 WRRL, der die Möglichkeit des Verweisens von Maßnahmen auf Rechtsvorschriften vorsieht, verneint560. Aus dieser Vorschrift lässt sich aber nicht zwingend herleiten, dass die Maßnahmenprogramme nicht auch selbst normativen Charakter aufweisen können oder gar müssen, da auch eine Rechtsnorm auf andere Rechtsnormen verweisen kann561. Auch aus Gründen effektiven Rechtsschutzes i. S. von Art. 19 IV GG ist es nicht erforderlich, die Maßnahmenprogramme mit Rechtsnormqualität auszustatten, um sie vor ihrer Anwendung im konkreten Fall einer verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle gem. § 47 VwGO unterziehen zu können. Denn § 36b, Rn. 41; ders., NVwZ 2002, S. 1415; Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 50 f., 52; Faßbender; NVwZ 2001, S. 247 f.; Beaucamp, UPR 2001, S. 425 (nur für den Bewirtschaftungsplan); Appel, ZUR 2001, S. 136; Caspar, DÖV 2001, S. 536 f.; Spillecke, in: Dohmann (Hrsg.), 32. Essener Tagung, 1999, S. 5/7; Holtmeier, ZfW 1999, S. 73; Seidel/Rechenberg, ZUR 2004, S. 219 f.; Hentschel, Die europäische Wasserrahmenrichtlinie, 2005, S. 179 f. 558 Vgl. hierzu Hasche, Das neue Bewirtschaftungsermessen im Wasserrecht, 2005, S. 300. 559 Caspar, DÖV 2001, S. 536; Knopp, in: Erbguth (Hrsg.), Änderungsbedarf im Wasserrecht, 2003, S. 31. 560 Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 36 WHG, Rn. 11; Faßbender, NVwZ 2001, S. 247; Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 50. 561 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36, Rn. 6; Hentschel, Die europäische Wasserrahmenrichtlinie, 2005, S. 179.

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selbst wenn sie bereits relativ konkret ausgestaltet sein sollten, wird nicht davon auszugehen sein, dass sie in dem Maße selbstvollziehend sind, dass sie keiner weiteren Umsetzung durch Verwaltungsakt mehr bedürfen. Da eine Rechtmäßigkeitsprüfung der Maßnahmen inzident im Rahmen der Klage gegen den vollziehenden Einzelakt erfolgen kann562, gibt es gegen das Fehlen einer Möglichkeit zur prinzipalen Normenkontrolle wegen der fehlenden Außenverbindlichkeit der Maßnahmenprogramme unter dem Blickwinkel von Art. 19 IV GG grundsätzlich nichts einzuwenden563. Die Frage nach der erforderlichen Rechtsform der Maßnahmenprogramme ist vielmehr auf Grundlage des Art. 249 III EGV nach Maßgabe der Rechtsprechung des EuGH zu beurteilen564. Dieser hat zwar bisher noch nicht ausdrücklich dazu Stellung genommen, ob die in einer Richtlinie vorgesehenen Pläne oder Programme einer Umsetzung durch Rechtssatz bedürfen565, jedoch bereits mehrfach deutlich werden lassen, dass europarechtliche Vorgaben mit materiellen Schutzerfordernissen, insbesondere solche mit Rechten und Pflichten gegenüber Dritten, mit hinreichender Effektivität allein durch Rechtsnormen, d. h. Gesetze oder Rechtsverordnungen umgesetzt werden können566. Die Beantwortung der Frage, welche Rechtnatur die Maßnahmenprogramme haben müssen, hängt deshalb entscheidend von der inhaltlichen Ausgestaltung, d. h. der Frage, ob die darin vorgeschriebenen Maßnahmen bestimmte Rechte bzw. Pflichten des Einzelnen konstituieren, ab567. Dabei ist es gleichgültig, ob es sich um grundlegende Maßnahmen i. S. von Art. 11 III WRRL oder um ergänzende Maßnahmen i. S. von Art. 11 IV WRRL handelt. Denn obwohl letztere nur fakultativ sind, dienen sie in gleicher Weise – wenn auch nur nach Maßgabe der selbständigen Einschätzung des Mitgliedstaats – der Erreichung der Umweltziele des Art. 4 WRRL wie die grundlegenden Maßnahmen568. Betrachtet man zunächst die einzelnen in Art. 11 III WRRL geregelten grundlegenden Maßnahmen, so lassen sich diese unterscheiden in solche, 562 Knopp, NVwZ 2003, S. 279, ders., in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 36 WHG, Rn. 11. 563 BVerwG, JZ 1996, S. 904/905; Huber, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Bonner Grundgesetz, 2005, Art. 19 Abs. 4, Rn. 465; zweifelnd Hentschel, Die europäische Wasserrahmenrichtlinie, 2005, S. 182. 564 Hentschel, Die europäische Wasserrahmenrichtlinie, 2005, S. 109 ff.; in diesem Sinne auch Hasche, Das neue Bewirtschaftungsermessen im Wasserrecht, 2005, S. 299. 565 Faßbender, NVwZ 2001, S. 244. 566 s. o. § 13 I. 2. b). 567 Hasche, Das neue Bewirtschaftungsermessen im Wasserrecht, 2005, S. 299; Hentschel, Die europäische Wasserrahmenrichtlinie, 2005, S. 164 ff. 568 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36, Rn. 7.

434 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

die Genehmigungstatbestände für bestimmte Gewässerbenutzungen fordern (Art. 11 III e), f), g), h), i), j) WRRL) und sonstige, die weitergehende Maßnahmen enthalten (Art. 11 III a) bis d), k), l) WRRL)569. Erstere sind bereits durch (außenverbindliche) Benutzungstatbestände und Genehmigungserfordernisse im WHG sowie in der Grundwasserverordnung570 geregelt, so dass es unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH nicht erforderlich ist, die Maßnahmenprogramme zusätzlich in die Form einer Rechtsnorm zu kleiden571. Die sonstigen Maßnahmen des Art. 11 III WRRL sind relativ weit gefasst [vgl. insbesondere b) und c)], so dass nicht genau beurteilt werden kann, ob dadurch konstitutiv Rechte und Pflichten des Einzelnen begründet werden oder ob sie nur deklaratorisch Maßnahmen wiedergeben, die bereits im Bundes- oder Landeswasserrecht geregelt sind572. Was die in Art. 11 IV i. V. m. Anhang VI Teil B WRRL geregelten ergänzenden Maßnahmen anbelangt, so sind diese noch sehr viel offener und weiter formuliert, als die grundlegenden Maßnahmen. So umfasst Teil B Anhang VI WRRL neben einem umfangreichen Katalog von Gewässerbewirtschaftungsmaßnahmen auch andere Aspekte wie beispielsweise Fortbildung und Forschung und gipfelt in der Auffangklausel der „anderen relevanten Maßnahmen“. Angesichts einer solchen Weite kann hier nicht jede in Betracht kommende Maßnahme im Einzelnen vollumfänglich beurteilt werden. Gleichwohl erscheint es – angesichts der Größe des den Maßnahmenprogrammen zugrunde liegenden Maßstabs573– immerhin möglich, dass bestimmte Maß569 Faßbender, NVwZ 2001, S. 247; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36, Rn. 8. 570 Verordnung zur Umsetzung der Richtlinie 80/68/EWG des Rates vom 17. Dezember 1979 über den Schutz des Grundwassers gegen Verschmutzung durch bestimmte gefährliche Stoffe vom 18. März 1997, BGBl. I, S. 542. 571 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36, Rn. 8 sowie 18 bis 23; Hasche, Das neue Bewirtschaftungsermessen im Wasserrecht, 2005, S. 300; Seidel/Rechenberg, ZUR 2004, S. 219 f.; a. A. Hentschel, Die europäische Wasserrahmenrichtlinie, 2005, S. 179 f. 572 Soweit die Maßnahmen auf die Umsetzung anderer gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften Bezug nehmen [§ 11 III a) und d)] ist zu berücksichtigen, dass diese teilweise bereits im nationalen Recht außenverbindlich verankert sind. Gleiches gilt im Hinblick auf die Katastrophen- und Notfallregelungen gem. Art. 11 III l) WRRL. 573 Hierauf deutet zum einen Art. 11 III a) WRRL hin, der in erster Linie Maßnahmen zur Umsetzung der fortgeltenden EG-Richtlinien des Gewässerschutzes nennt und damit auf die normative oder in sonstiger Weise staatsleitende Handlungsebene verweist. Gleiches gilt für Art. 11 I 2 WRRL, wonach die Programme auch Maßnahmen enthalten können, die sich auf nationale Rechtsvorschriften stützen. Auch die ergänzende Bestimmung des Art. 11 I 3 WRRL, derzufolge die Mitgliedstaaten gegebenenfalls Maßnahmen ergreifen können, die für alle Flussgebietseinheiten und/oder für alle in ihrem Hoheitsgebiet liegenden Teile internationaler Flussgebietseinheiten gelten, spricht eher dafür, dass es für die Erstellung des Maß-

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nahmen – etwa zur Vorbeugung bei Überschwemmungen574 oder zur Bekämpfung diffuser Einträge in die Gewässer575 (vgl. Art. 11 III l) und h) WRRL) – konkrete Pflichten des Einzelnen begründen können576. Sollte dies der Fall sein, so würden die entsprechenden Maßnahmen einer Umsetzung durch Rechtssatz bedürfen577. Die Schaffung einer rechtsverbindlichen Ermächtigungsgrundlage wäre dann im Übrigen auch aus verfassungsrechtlicher Sicht angezeigt, da den Bürger belastende Regelungen dem Gesetzesvorbehalt unterliegen (Art. 20 III GG)578. Nach der Wesentlichkeitsrechtsprechung des BVerfG, wonach der Gesetzgeber in grundlegenden normativen Bereichen – zu Mal wenn Grundrechte betroffen sind – alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen muss579, ist dabei auch zu prüfen, ob die Maßnahmen in Grundrechte des Bürgers eingreifen und deshalb nicht nur in einer Rechtsverordnung, sondern vielmehr durch formelles Gesetz geregelt werden müssen (Parlamentsvorbehalt). Geht man hingegen davon aus, dass es sich bei den Maßnahmenprogrammen um nicht mehr als eine gesamthafte Darstellung sowie Koordination bereits gesetzlich prinzipiell vorgesehener bzw. den Einzelnen nicht unmittelbar belastender Maßnahmen handelt, ist eine Verabschiedung als Rechtsverordnung hingegen nicht erforderlich580. Für diesen Fall lässt sich die nahmeprogramms ausreichend ist, wenn die Mitgliedstaaten die normative Umsetzung der betreffenden EG-Richtlinien vornehmen und nachweisen; Breuer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 862 f.; abweichend hiervon Hentschel, Die europäische Wasserrahmenrichtlinie, 2005, S. 99 ff. 574 Denkbar sind hier beispielsweise Verpflichtungen zu Rückbauten von Uferanlagen oder Wehren, um einen guten Zustand hinsichtlich der Gewässermorphologie zu erreichen. 575 Als Maßnahmen kommen insoweit konkrete Beschränkungen der landwirtschaftlichen Produktion auf bestimmten Flächen (z. B. durch Begrenzungen des Düngemittel- und Pflanzenschutzmitteleinsatzes), die über die fachgesetzlichen Vorgaben der „guten landwirtschaftlichen Praxis“ hinausgehen, in Betracht. 576 Seidel/Rechenberg, ZUR 2004, S. 220. Hasche, Das neue Bewirtschaftungsermessen im Wasserrecht, 2005, S. 300. Hentschel, Die europäische Wasserrahmenrichtlinie, 2005, S. 101, geht davon aus, dass die Maßnahmen so „konkret-individuell“ wie möglich sein sollen, um die Erreichung der Ziele für alle Gewässer sicherzustellen und sieht somit „Pflichten des Einzelnen“ unproblematisch begründet, ebda., S. 179 f. 577 So Hentschel, Die europäische Wasserrahmenrichtlinie, 2005, S. 179 f. 578 Hasche, Das neue Bewirtschaftungsermessen im Wasserrecht, 2005, S. 300. Ausführlich zum Gesetzesvorbehalt Degenhart, Staatsrecht I, 2005, S. 100 ff. 579 BVerfGE 49, 89/126; 61, 260/275; 88, 103/116. 580 Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 36 WHG, Rn. 11; Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 50 f.; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36, Rn. 8; Caspar, DÖV 2001, S. 536 f. A. A. aber Kotulla, WHG, 2003, § 36, Rn. 25 mit der Begründung, dass Maßnahmenprogramme zur Erreichung der mit ihnen verfolgten Ziele

436 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

Rechtsprechung des EuGH nicht dahingehend verstehen, dass ein richtlinienrechtliches Programm stets und ausschließlich durch ein Gesetz im materiellen Sinne hinreichend effektiv in mitgliedstaatliches Recht übertragen werden muss581. Zu fordern ist nur, dass es – idealerweise ausdrücklich als Maßnahmeprogramme bezeichnete – Instrumente zur Verwirklichung des Art. 11 WRRL im nationalen Recht geben muss, die für einen effektiven Transport der letztlich maßgeblichen jeweiligen Maßnahmen zur Erreichung der Umweltziele des Art. 4 WRRL sorgen582. Dem trägt aber der Regelungsauftrag des § 36 WHG n. F. einschließlich seiner landesrechtlichen Ausfüllung durch § 7 SächsWG n. F. hinreichend Rechnung583. b) Bewirtschaftungsplan Im Gegensatz zum Maßnahmenprogramm wird im Bewirtschaftungsplan materiell nichts geregelt, sondern lediglich zusammengefasst und berichtet. Damit entbehrt er grundsätzlich der konkreten rechtlichen Gestaltung, so dass es hierfür nicht des Erlasses als Rechtsnorm bedarf584. Zwar wird gelegentlich geltend gemacht, dass der Bewirtschaftungsplan neben einem dokumentarischen Teil über die naturwissenschaftlich-technischen Daten der Flussgebietseinheit auch einen „gestaltenden Teil“ mit den Bewirtschaftungszielen und den hierfür gewährten Ausnahmen enthalte und deshalb in die Rechtsform einer Verordnung zu kleiden sei585. Hiergegen spricht jezwingende Regelungen treffen, deren weit reichende materiell-rechtliche Vorgaben nicht im verwaltungsinternen Raum verbleiben dürften. Inwieweit die dort geregelten Maßnahmen aber tatsächlich bereits eine unmittelbare Rechtsverletzung des Einzelnen zu begründen vermögen, wird nicht näher dargelegt. Der Ansicht, dass das Maßnahmenprogramm der Form eines Rechtssatzes bedarf, ist offenbar auch Appel, ZUR 2001, S. 136, der aber nicht hinreichend zwischen dem Grundsatz des Erlasses des Plans, seiner Ausarbeitung selbst und den Maßnahmen, die im Plan aufzuführen sind und auf die verwiesen werden kann, differenziert; Knopp, in: Sieder/Zeitler/ Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 36 WHG, Rn. 11. 581 Caspar, DÖV 2001, S. 536 f. 582 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36, Rn. 8; Seidel/Rechenberg, ZUR 2004, S. 219. 583 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36, Rn. 8. 584 BT-Drs. 14/7755, S. 21; Knopp, ZUR 2001, S. 375; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36b, Rn. 6; Faßbender, NVwZ 2001, S. 248; Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 52; Hasche, Das neue Bewirtschaftungsermessen im Wasserrecht, 2005, S. 305; Caspar, DÖV 2001, S. 536; Hofmann/Kollmann, in: v. Lersner/Berendes, Handbuch des Deutschen Wasserrechts, 2005, C 10 E, § 36b, Rn. 5. 585 Beaucamp, UPR 2001, S. 425. Von der Unterteilung in einen dokumentarischen und einen gestaltenden Teil geht auch Knopp aus; ders., in: Sieder/Zeitler/ Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 36b WHG, Rn. 2, 5, 22.

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doch, dass die Bewirtschaftungsziele und ihre Ausnahmetatbestände bereits gesetzlich vorgegeben sind und in die Bewirtschaftungspläne nur in Form einer Liste586, d. h. deklaratorisch zu Informations- und Berichtszwecken aufgenommen werden [s. oben § 17 II. 1. b)]. Aus den gleichen Gründen lässt sich die Erforderlichkeit einer Rechtsverordnung auch nicht mit dem Argument begründen, dass die WRRL den Unionsbürgern ein Recht auf einen guten Gewässerzustand einräumen wolle und nach der Rechtsprechung des EuGH Verwaltungsvorschriften nicht ausreichten, um die Bürger von ihren Rechten in Kenntnis zu setzen587. Zwar ist zutreffend, dass die Umweltziele des Art. 4 WRRL zwingende – wenn auch keine subjektiv einklagbaren588 – Schutzerfordernisse eröffnen, an deren Umsetzung der EuGH sehr hohe Anforderungen stellt. Diesen Anforderungen ist der Gesetzgeber jedoch bereits durch die gesetzliche Verankerung der Ziele in den §§ 25a bis 25d, 32c sowie 33a WHG n. F. bzw. durch die entsprechenden Konkretisierungen in der SächsWRRLVO nachgekommen. Einer weiteren rechtsförmlichen Auflistung in den Bewirtschaftungsplänen bedarf es daher nicht. 4. Planungsermessen Wie bereits mehrfach angesprochen, bringt der qualitätsorientierte Ansatz der WRRL sowohl im Hinblick auf die Formulierung der Ziele als auch der zur Zielerreichung erforderlichen Mittel trotz aller Vorgaben z. T. erhebliche Spielräume für die Exekutive mit sich. Dies betrifft nicht nur die Freiheit der Planungsbehörde, strengere Umweltziele als die in Art. 4 I WRRL geforderten zu bestimmen589, sondern vor allem auch Spielräume bei der Festlegung der Ausnahmen von den Zielen590 sowie bei der Auswahl der zur Zielerreichung erforderlichen Maßnahmen591. Bei der Ausfüllung dieser Spielräume verfügen die Planungsbehörden über ein sog. Planungsermessen, das dem Gestattungsbewirtschaftungsermessen der für die Erteilung einer Erlaubnis oder Bewilligung zuständigen Genehmigungsbehörden vorgelagert ist592. Zwar unterliegt das Umweltziel des guten Gewässerzustands 586

Vgl. insoweit die Formulierung in Anhang VII, Teil A, Nr. 5. Beaucamp, UPR 2001, S. 425. 588 s. o. § 18 II. 589 Dies ergibt sich daraus, dass es sich bei den Zielen des Art. 4 WRRL lediglich um Mindestanforderungen handelt; s. o. § 7 IV. sowie Hasche, Das neue Bewirtschaftungsermessen im Wasserrecht, 2005, S. 143 f. 590 Sowohl § 25b als auch § 25d WHG sind als Kann-Vorschrift ausgestaltet; s. o. § 18 II. 1. und 3. 591 Im Gegensatz zum rein dokumentarischen und informatorischen Bewirtschaftungsplan werden hier die Mittel zur Zielerreichung konstitutiv festlegt. 587

438 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

gem. §§ 25a, 32c, 33a WHG n. F. selbst nicht der Abwägung; die Gewährung von Ausnahmen eröffnet aber wiederum Abwägungsspielräume (§§ 25b–25d WHG), die nicht zuletzt von der Effizienz der zu ergreifenden Maßnahmen abhängen, so dass die Festlegung der Ziele und der zu ihrer Erreichung erforderlichen Maßnahmen im Zusammenhang zu sehen sind593. Während ein Großteil der grundlegenden Maßnahmen i. S. von Art. 11 III WRRL durch die Bezugnahme auf andere EG-Richtlinien oder sonstige Vorschriften der WRRL bereits so konkret vorgegeben594 bzw. durch gesetzgeberische Festlegungen des deutschen wasserrechtlichen Bewirtschaftungssystems mit entsprechenden Genehmigungsvorbehalten und Verboten weitgehend ausgeschöpft worden sind595, so dass der Planungsbehörde in der Sache nur ein begrenzter Spielraum bleibt, unterliegt der Bereich der Festlegung von ergänzenden Maßnahmen i. S. von Art. 11 IV WRRL vollständig ihrem planerischen Bewirtschaftungsermessen596. In diesem Rahmen kann sie sowohl die Wahl der Art und auch die Ausgestaltung der einzelnen Maßnahmen im Rahmen ihres Ermessens festlegen. Der Inhalt der festzulegenden Maßnahmen richtet sich danach, was zur Erreichung des jeweils geltenden Bewirtschaftungsziels notwendig ist. Inhaltlicher Maßstab hierfür sind die Anforderungen des konkreten Bewirtschaftungsziels597. 592 Ausführlich hierzu Hasche, Das neue Bewirtschaftungsermessen im Wasserrecht, 2005, S. 238 ff.; Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 36 WHG, Rn. 5a. 593 Nach Hasche, ZfW 2004, S. 149 werden die Ziele, denen die Planung dient, „zwar nicht zwingend, aber letztlich doch im Maßnahmenprogramm im Rahmen eines Ermessens auf der Planungsebene festgelegt, das zum planerischen Bewirtschaftungsermessen zu rechnen ist“. 594 Vgl. Art. 11 III a) und d) WRRL. Bei anderen Maßnahmen haben die Planungsbehörden immerhin bei der konkreten Ausgestaltung im Detail gewisse Spielräume, so etwa bei solchen zur Begrenzung der Entnahme von Oberflächensüßwasser und Grundwasser, zur Begrenzung von künstlichen Anreicherungen oder Auffüllungen von Grundwasserkörpern, bei Einleitungen über Punktquellen sowie im Hinblick auf die Einleitung von Schadstoffen in das Grundwasser (Art. 11 III e), f), g) und j) WRRL). Es gibt unter den grundlegenden Maßnahmen aber auch solche, deren konkrete Inhalte wie auch die Art der zu ergreifenden Maßnahmen offen sind. Dies betrifft beispielweise Maßnahmen für eine effiziente und nachhaltige Wassernutzung, solche bei diffusen Quellen sowie allen anderen nach Art. 5 und Anhang II WRRL ermittelten signifikanten nachteiligen Auswirkungen (vgl. Art. 11 III c, h und i WRRL); Hasche, ZfW 2004, S. 162 f. 595 Dies gilt vor allem für die Maßnahmen mit vorgegebenem Inhalt und solche mit kleineren Spielräumen. Aber auch Maßnahmen wie die nach Art 11 III h) und i) geregelten, die der Sache nach größere Spielräume eröffnen, hat der deutsche Gesetzgeber bereits unmittelbar durch Gesetz oder Verordnung geregelt; Hasche, ZfW 2004, S. 163; Faßbender, NVwZ 2001, S. 247; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36, Rn. 8. 596 Hasche, ZfW 2004, S. 164. 597 Hasche, ZfW 2004, S. 164.

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5. Öffentlichkeitsbeteiligung Neben den inhaltlichen Vorgaben für das planungsrechtliche Instrumentarium ist auch die in Art. 14 WRRL im Rahmen der Aufstellung und Aktualisierung von Bewirtschaftungsplänen vorgesehene Öffentlichkeitsbeteiligung förmlich in deutsches Recht umgesetzt worden. Während § 36b V WHG n. F. nur einen entsprechenden Regelungsauftrag an die Länder enthält, sind die Einzelheiten in § 6a SächsWG n. F. geregelt. In § 6a II S. 1 werden die von Art. 14 I 2 WRRL für die Information und Anhörung der Öffentlichkeit bei der Planaufstellung vorgeschriebenen Maßnahmen und Fristen übernommen. Die Veröffentlichung der Unterlagen dient dabei gleichzeitig auch der Anhörung und Beteiligung der betroffenen Behörden und Träger öffentlicher Belange598. § 6a II 2 SächsWG n. F. legt in Umsetzung von Art. 14 I 2 WRRL fest, dass Form, Ort und Zeitraum der Veröffentlichung der Informationen im Sächsischen Amtsblatt erfolgen muss599. Der von Art. 14 I 3 WRRL geforderte Zugang zu Hintergrundinformationen wird durch § 6a II 3 SächsWG gewährleistet. Innerhalb von sechs Monaten nach Veröffentlichung der entsprechenden Unterlagen (vgl. § 6a I 1 Nr. 1 bis 3 SächsWG n. F.) kann hierzu schriftlich oder zur Niederschrift bei der zuständigen Wasserbehörde Stellung genommen werden; § 6a III SächsWG n. F600. § 6a IV SächsWG legt schließlich fest, dass die Abs. 2 und 3 auch für die Aktualisierung von Bewirtschaftungsplänen gelten und setzt damit § 36b V WHG n. F. bzw. Art. 14 III WRRL um. Mit der wortgetreuen Übernahme der Regelungen zur Öffentlichkeitsbeteiligung aus Art. 14 WRRL in das SächsWG wird nicht zuletzt den strengen Anforderungen des EuGH nachgekommen, der bei der gemeinschaftsrechtlichen Begründung von Rechten und Pflichten für den Einzelnen eine rechtsförmliche Umsetzung in nationales Recht verlangt601. Allerdings ist der Sinn der Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen der Bewirtschaftungspläne auf Grund 598

Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, LT-Drs. 3/9974, S. 11. 599 Die Veröffentlichung selbst muss nicht im Amtsblatt erfolgen, sondern kann angesichts des Umfangs der zu veröffentlichenden Unterlagen beispielsweise auch im Internet erfolgen. Allerdings muss gewährleistet sein, dass jedermann im Rahmen des Zumutbaren die Möglichkeit der Kenntnisnahme hat; Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, LT-Drs. 3/9974, S. 11. 600 Zu beachten ist, dass es sich bei diesem 1:1 aus Art. 14 II WRRL in deutsches Recht übernommenen Verfahren nicht um ein förmliches Beteiligungsverfahren i. S. des VwVfG handelt; Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, LT-Drs. 3/9974, S. 11. 601 Faßbender, NVwZ 2001, S. 246 unter Verweis auf EuGH, Rs. C-131/88 (Kommission/Deutschland), Slg. 1991, S. I-825, Rn. 61 ff. (Grundwasserrichtlinie); Epiney/Felder, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 54.

440 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

deren lediglich deklaratorischen Inhalts bezweifelt worden. Vielmehr sei es allein sachgerecht, die Öffentlichkeit bei den Maßnahmenprogrammen zu beteiligen, weil die national zuständigen Stellen hier und nicht im Rahmen der Bewirtschaftungspläne entscheiden müssten, wie sie die in Art. 11 WRRL geforderten Maßnahmen konkret auf die Umweltziele des Art. 4 WRRL ausrichten wollen602. Während die gegen die Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen der Bewirtschaftungspläne vorgebrachten Bedenken angesichts deren informatorischer Funktion für die Bevölkerung nicht recht zu überzeugen vermögen, ist es in der Tat schwer einzusehen, warum die Öffentlichkeit im Rahmen der – freilich im Bewirtschaftungsplan als Zusammenfassung enthaltenen – Maßnahmenprogramme nach dem Willen der WRRL außen vor bleiben soll, da diese ja die eigentlichen für den Bürger belastenden Regelungen enthalten. Allerdings wird dieses Manko dadurch ausgeglichen, dass die Maßnahmenprogramme alle Voraussetzungen der Art. 2a, 3 I, II a, b und V sowie des Anhangs II SUP-Richtlinie603 erfüllen und gem. deren Art. 6 ebenfalls der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden müssen604. Die SUP-Richtlinie umfasst dabei sämtliche Pläne und Programme, die den Rahmen für zukünftige, einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfende Projekte schaffen, um von ihnen ausgehende Umweltauswirkungen nicht erst im Stadium der Genehmigung, sondern schon vorab im Planungsprozess zu berücksichtigen605.

602

Faßbender, NVwZ 2001, S. 248. Zur Umsetzung der SUP-Richtlinie in deutsches Recht vgl. Gesetz zur Einführung einer Strategischen Umweltprüfung und zur Umsetzung der Richtlinie 2001/42/EG (SUPG) vom 25. Juni 2005, BGBl. I, S. 1746. 604 Jekel, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 347; Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 36 WHG, Rn. 12; ders., NVwZ 2003, S. 279; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36, Rn. 5; Seidel/Rechenberg, ZUR 2004, S. 219. Der Bewirtschaftungsplan fällt auf Grund seines rein deklaratorischen Charakters hingegen nicht unter die SUPRichtlinie; Reinhardt, NuR 2005, S. 502; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36b, Rn. 3; Hofmann/Kollmann, in: v. Lersner/Berendes, Handbuch des deutschen Wasserrechts, 2005, C 10 E, § 36b, Rn. 13; Knopp, NVwZ 2003, S. 279; einschränkend neuerdings ders., in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 36b WHG, Rn. 4, wonach die Richtlinie nur auf den Teil des Maßnahmenprogramms keine Anwendung findet, in dem keine Maßnahmen aufgenommen sind; anders allerdings ebda., § 36 WHG, Rn. 12; offengelassen von Seidel/Rechenberg, ZUR 2004, S. 219. Nach § 3 Ia des jüngst an die Vorgaben der SUP-Richtlinie angepassten UVPG fallen lediglich die Maßnahmenprogramme, nicht aber die Bewirtschaftungspläne in den Anwendungsbereich des Gesetzes. 605 Jekel, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 347 f. 603

§ 18 Die rechtliche Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie

441

6. Aufhebung des Planungsinstrumentariums alten Rechts Während es sich bei dem Maßnahmenprogramm i. S. von Art. 11 WRRL um ein gänzlich neues Instrument des WHG handelt, besitzt der Bewirtschaftungsplan i. S. des Art. 13 WRRL mit den „Bewirtschaftungsplänen“ gem. § 36b WHG a. F. – zumindest dem Namen nach – ein Vorgängerinstrument. Trotz begrenzter inhaltlicher Parallelen (Ist-Zustand, Soll-Zustand, Maßnahmenteil)606 und einer ähnlichen Anpassungsverpflichtung überwiegen allerdings die Unterschiede zwischen diesen beiden Regelungen607. So ist der Bewirtschaftungsplan neuen Typs im Gegensatz zum alten Recht nicht nur kleinräumig, sondern nunmehr flächendeckend für alle Gewässer aufzustellen608. Er stellt nicht mehr nur ein lediglich instrumentelles Angebot an die Länder dar, sondern statuiert eine zwingende Verpflichtung zur Planaufstellung, die notfalls sogar seitens der Kommission vor dem EuGH durchgesetzt werden kann609. Anders als das bisherige Recht sieht § 36b WHG n. F. sowohl bei der Aufstellung als auch bei der Überprüfung und Aktualisierung der Bewirtschaftungspläne eine Beteiligung der Öffentlichkeit vor. Neu ist schließlich auch die Aufnahme von Informationen zu Überwachungsnetzen und -ergebnissen, zu Schutzgebieten, die mit dem Flussgebiet in Beziehung stehen und eine Zusammenfassung der wirtschaftlichen Analyse des Wasserverbrauchs610. Der bis zur 7. WHG-Novelle in § 36b WHG a. F. geregelte Bewirtschaftungsplan alter Art ist deshalb vom Bundesgesetzgeber aufgegeben worden und hat dem inhaltlich in weiten Teilen andersartigen Instrument des § 36b WHG n. F. Platz gemacht611. Gleichzeitig sind auch die übrigen wasserrechtlichen Planungsinstrumente des WHG a. F. – die Abwasserbeseitigungspläne (§ 18a III WHG a. F.), die Reinhalteordnungen (§ 27 WHG a. F.) sowie die wasserwirtschaftlichen Rahmenpläne (§ 36 WHG a. F.) – ersatzlos abgeschafft worden. Die Entwurfsbegründung führt dazu aus, dass auf sektorale Pläne verzichtet werden könne, weil eine umfassende wasserwirtschaftliche Planung errichtet werde612. In der Tat erscheint ein Nebeneinanderfortbestehen der bisherigen und der neuen Planungsinstrumente aus Deregulierungsgründen nicht sinnvoll und kann zudem 606

Ausführlich hierzu Beaucamp, UPR 2001, S. 423 f. Breuer, UPR 2004, S. 206; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36b, Rn. 1; Beaucamp, UPR 2001, S. 424 ff.; Appel, ZuR 2001, S. 136; Holtmeier, ZfW 1999, S. 71 f.; Hofmann/Kollmann, in: v. Lersner/Berendes, Handbuch des Deutschen Wasserrechts, 2005, C 10 E, § 36, Rn. 2. Knopp, ZUR 2001, S. 375, bezeichnet den Bewirtschaftungsplan neuen Rechts als „umfassender“. 608 Holtmeier, ZfW 1999, S. 72; Beaucamp, UPR 2001, S. 424. 609 Beaucamp, UPR 2001, S. 425. 610 Beaucamp, UPR 2001, S. 424. 611 Reinhardt, ZfW 1999, S. 301. 612 BT-Drs. 14/7755, S. 12; ebenso Knopp, ZUR 2001, S. 375. 607

442 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

zu Unsicherheiten im Verwaltungsvollzug führen613. Dies gilt umso mehr, als mit dem neuen Instrumentarium alle Bereiche der Gewässerbenutzung abgedeckt werden können, um eine integrative Bewirtschaftung der Gewässer zu erreichen614. Obwohl die Länder durch die wasserhaushaltsgesetzliche Aufhebung des alten Planungsinstrumentariums strenggenommen nicht gezwungen waren, die Streichungen nachzuvollziehen615, hat sich auch der Freistaat Sachsen dafür entschieden, die entsprechenden Regelungen des WHG a. F. aufzuheben – freilich war von diesen Instrumenten in der Vergangenheit ohnehin nicht Gebrauch gemacht worden616. Angesichts des bereits beschriebenen Vollzugsdefizits dürften die durch die Aufhebung des alten Planungsinstrumentariums auf das deutsche Wasserrecht entstehenden Auswirkungen deshalb gering sein617. 7. Detailliertere Programme und Teilbewirtschaftungspläne Die neu eingeführten Maßnahmen- und Bewirtschaftungspläne stellen allerdings auch nach Aufhebung des alten wasserrechtlichen Instrumentariums keinen numerus clausus wasserrechtlicher Planungsinstrumentarien dar. Wie sich aus § 36b IV 1 WHG n. F. in Umsetzung von Art. 13 V i. V. m. Anhang VII Teil A WRRL ergibt, kann der Bewirtschaftungsplan auf Landesebene durch detailliertere Programme und Bewirtschaftungspläne für Teileinzugsgebiete und für bestimmte Sektoren und Aspekte der Gewässerbewirtschaftung sowie Gewässertypen ergänzt werden. Dadurch werden zwar keine konkreten Plan- und Programmarten durch den Bundesgesetzgeber zur landesrechtlichen Regelung festgelegt, doch wird mit § 36b IV WHG n. F. immerhin dokumentiert, dass sich der in den §§ 36, 36b WHG n. F. widerspiegelnde Rahmen des wasserwirtschaftlichen Planungsinstrumentariums keineswegs in der großräumig und gesamtheitlich ausgerichteten Bewirtschaftungsplanung und dem damit verzahnten Maßnahmenprogramm erschöpfen muss. Vielmehr ist auch die Schaffung einer Reihe anderer – rechtlich selbständiger – fachlicher Komplementärplanungen auf Landesebene zugelassen618. Dabei enthält sich § 36b IV WHG n. F. einer eigenständigen Ausfül613

Knopp, ZUR 2001, S. 375. Knopp, ZfW 2003, S. 10; ders., ZUR 2001, S. 375. 615 Kotulla, WHG, 2003, § 36b, Rn. 26; Knopp, ZUR 2001, S. 375; Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, LT-Drs. 3/9974, S. 15. 616 Vgl. Nr. 5, 6, 7, 10, 11 der Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG. 617 Knopp, ZfW 2003, S. 10, s. hierzu auch oben § 12. 618 Kotulla, WHG, 2003, § 36b, Rn. 25; Hofmann/Kollmann, in: v. Lersner/ Berendes, Handbuch des Deutschen Wasserrechts, 2005, § 36b, Rn. 8. 614

§ 18 Die rechtliche Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie

443

lung der gemeinschaftsrechtlichen Option, sondern überlässt diese den zuständigen Ländern619. Der Nutzen entsprechender Pläne und Programme besteht darin, bestimmte räumliche, typenbezogene und sektorale Aspekte der Gewässerbewirtschaftung umfassend konzeptionell wie inhaltlich hoch „aufgelöst“, getrennt oder kombiniert, herauszuheben620. Die Programme und Pläne sind gem. § 36b IV 2 WHG n. F. in zusammengefasster Form in den Bewirtschaftungsplan für die Flussgebietseinheit aufzunehmen. Damit verlieren sie zwar nicht ihre Bedeutung als eigenständige Handlungsinstrumente, werden aber – ebenso wie die Maßnahmenprogramme – zum Bestandteil des jeweiligen Bewirtschaftungsplans621. Der sächsische Gesetzgeber hat von dem ihm durch § 36b IV WHG n. F. eingeräumten Spielraum durch § 6b I SächsWG dahingehend Gebrauch gemacht, dass die zuständige Wasserbehörde – ergänzend zum Bewirtschaftungsplan – Teilbewirtschaftungspläne i. S. von § 36b IV WHG n. F. nach von der obersten Wasserbehörde, d. h. dem SMUL, festgelegten Grundsätzen festlegen kann622. Die Regelung solcher Teilbewirtschaftungspläne wird damit begründet, dass bei Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG noch nicht absehbar war, wie detailliert die Aussagen des Bewirtschaftungsplans sein werden623. In Betracht kommen derartige Fachpläne etwa für Braunkohlengebiete, die auf Grund ihres großräumigen Wasserhaushalts besonderer Bewirtschaftung bedürfen624.

V. Der qualitätsorientierte Ansatz im System des deutschen Gewässerschutzrechts Bewertet man die rechtliche Umsetzung des qualitätsorientierten Ansatzes im Bund und im Freistaat Sachsen, so ist durch die – an vielen Stellen sogar weitgehend wortgetreu – erfolgte Transformation (sog. 1:1-Umsetzung)625 davon auszugehen, dass den europarechtlichen Anforderungen an 619

Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36b, Rn. 25. Kotulla, WHG, 2003, § 36b, Rn. 28. 621 Kotulla, WHG, 2003, § 36b, Rn. 29. 622 Bei der Aufstellung dieser Pläne sind diejenigen Träger öffentlicher Belange und Verbände, deren Aufgabenbereich oder Interessen von den Plänen berührt werden, § 6b II SächsWG n. F. 623 Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, LT-Drs. 3/9974, S. 11 f. 624 Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, LT-Drs. 3/9974, S. 12. 625 Knopp, in: Erbguth (Hrsg.), Änderungsbedarf im Wasserrecht, 2003, S. 44; Berendes, in: Bohne (Hrsg.), Ansätze zur Kodifikation des Umweltrechts in der Europäischen Union, 2005, S. 20; Ruchay, ZUR 2001, S. 117. 620

444 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

die Umsetzung von Sekundärrecht weitgehend genügt worden ist. Bedenken bestehen lediglich im Bereich des kombinierten Ansatzes gem. Art. 10 WRRL bei Schadstoffeinträgen aus diffusen Quellen, dessen Geltung sich hier nur durch nähere Auslegung des WHG und des SächsWG ergibt (s. oben § 18 III.). Aus verfassungskompetenzrechtlicher Perspektive wirft die Umsetzung – trotz der restriktiven Auslegung des Art. 75 GG a. F. – ebenfalls keine Probleme auf, da der Rahmengesetzgeber sich mit den Vorgaben im WHG am unteren Rand dessen gehalten hat, was auf Bundesebene geregelt werden musste und die wesentlichen inhaltlichen Vorgaben den Ländern überlassen hat626. Verwaltungsrechtlich ist jedoch fraglich, welche Änderungen die qualitätsorientierten Anforderungen für das deutsche Gewässerschutzrecht mit sich bringen und ob sie zu dem gelegentlich befürchteten „Systembruch“627 führen. Während das bisherige deutsche Wasserrecht bei der Bewirtschaftung der Oberflächengewässer die Einhaltung der Emissionsstandards forderte, die Festlegung des anzustrebenden Qualitätszustands aber weitgehend der freien Einschätzung durch die verantwortlichen Behörden und Stellen überließ, gibt die WRRL nunmehr den guten ökologischen Zustand allgemeinverbindlich vor und führt ein neues planungsrechtliches Instrumentarium ein, von dem die Behörden zwingend Gebrauch machen müssen628. Verglichen mit der früheren Rechtslage, wo – abgesehen von einigen europarechtlich begründeten, nutzungs- und sektoral ausgerichteten Umweltzielen – allenfalls behördenverbindliche Vorgaben existierten, ergeben sich die Umweltqualitätsziele nunmehr mit unmittelbarer rechtlicher Verbindlichkeit aus dem Gesetz629. Dadurch wird die deutsche Wasserwirtschaft verpflichtet, das bislang unverbindliche Arbeiten mit Zielvorgaben flächendeckend umzusetzen, auf ökologische Gesichtspunkte auszuweiten und mit Verbindlichkeit auszustatten630. Allerdings ist – entgegen gelegentlich geltend gemachter Befürchtungen631 – weder mit der Einführung der neuen „Bewirtschaftungsziele“, 626

Berendes, in: Bohne (Hrsg.), Ansätze zur Kodifikation des Umweltrechts in der Europäischen Union, 2005, S. 21; Breuer, ZfW 2005, S. 15, führt diesen Befund nicht allein auf die verfassungsrechtliche Ausdünnung der Bundesrahmengesetzgebungskompetenz, sondern auch auf die Unsicherheit des Gesetzgebers angesichts des neuen, fremd anmutenden Planungsinstrumentariums der WRRL zurück. 627 In diesem Sinne Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 57 ff.; 435 ff.; ders., in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR II/1, 2003, S. 791 ff., 842 ff.; auch Reinhardt, DVBl. 2001, S. 145 ff. 628 Holtmeier, ZfW 1999, S. 70; Appel, ZUR 2001, S. 133. 629 Appel, ZUR 2001, S. 133. 630 Appel, ZUR 2001, S. 133; Holtmeier, ZfW 1999, S. 70. 631 Breuer, UPR 2004, S. 203; ders., Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 57 ff., 435 ff.; Reinhardt, in: Bruha/Koch (Hrsg.), Integrierte Gewässerpolitik in Europa, 2001, S. 206 ff.

§ 18 Die rechtliche Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie

445

noch mit der Umsetzung des kombinierten Ansatzes und des neuen Planungsinstrumentariums ein Bruch mit den Strukturen des bisherigen deutschen Gewässerschutzrechts verbunden. Denn strukturprägend wirken weniger einzelne quantifizierte Vorgaben, sondern vielmehr die gesetzliche Grundentscheidung, die Gewässerbewirtschaftung nicht nur an der Einhaltung von Emissionsgrenzwerten (§ 7a WHG), sondern auch am Gewässerzustand auszurichten (vgl. §§ 1a I, 6 WHG). Dass die qualitätsorientierte Komponente dieses kombinierten Gewässerschutzrechts bisher eher schwach ausgeprägt war, indem in der wasserrechtlichen Genehmigungspraxis die Orientierung an Emissionsgrenzwerten dominierte, lag nicht im System des bisherigen WHG und der Länderwassergesetze, sondern vielmehr in der unzureichenden Konkretisierung des qualitätsorientierten Ansatzes durch verbindliche Umweltqualitätsziele sowie in den erheblichen Vollzugsdefiziten im Bereich des wasserrechtlichen Planungsinstrumentariums begründet. Mit der Beseitigung dieser Defizite durch die Einführung der neuen, verbindlichen Bewirtschaftungsziele gem. §§ 25a, 32c, 33a WHG und die rechtsverbindliche Ausgestaltung des wasserrechtlichen Planungsinstrumentariums n. F. wird die bisher vernachlässigte immissionsbezogene Säule des kombinierten Ansatzes zwar erheblich gestärkt, nicht aber neu eingeführt. Da die gleichzeitige Orientierung an Emissionsgrenzwerten gem. § 7a WHG sowie der Besorgnisgrundsatz des § 34 I WHG nach wie vor bestehen bleiben, kann von einem Systembruch oder gar Umsturz deshalb nicht die Rede sein632. Vielmehr hat sich der kombinierte Ansatz mit der Aufwertung der qualitätsorientierten Komponente zu einem insgesamt stimmigen Konzept weiterentwickelt633. Dies ist zu begrüßen, da das kombinierte Konzept aus emissions- und qualitätsorientierten Anforderungen von seiner konzeptionellen Grundausrichtung her die geeignete Basis für einen effektiven, vorsorgenden und nachhaltigen Gewässerschutz darstellt634.

632 In diesem Sinne auch Appel, ZUR 2001, S. 134; Caspar, DÖV 2001, S. 538; Kloepfer, Umweltrecht, 2004, S. 1108 f.; Spillecke, in: IRWE/Umweltministerium NRW (Hrsg.), Umweltschutz im Widerstreit differierender Konzepte, 2000, S. 229; Unnerstall, in: Brinktrine (Hrsg.), Alte und neue Streitfragen, 2000, S. 211, 219. 633 Appel, ZUR 2001, S. 134. 634 Ausführlich hierzu bereits oben § 6 III. 3. sowie § 8 II. 3.

446 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

§ 19 Die verwaltungsorganisatorische Umsetzung des qualitätsorientierten Regelungsansatzes im föderalen System der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere im Freistaat Sachsen Der qualitätsorientierte Regelungsansatz erfordert nicht nur eine Umsetzung seiner materiellen Vorgaben, sondern auch eine organisatorische Anpassung der Verwaltungsstrukturen im föderalen System der Bundesrepublik Deutschland635. Zu untersuchen ist deshalb, wie die durch Art. 3 WRRL geregelte Gewässerbewirtschaftung nach Flussgebietseinheiten und die Verpflichtung zur Koordination der grenzüberschreitenden Gewässerbewirtschaftung als territoriale und administrative Basis des finalen Regimes der WRRL im Bund und im Freistaat Sachsen umgesetzt worden sind bzw. noch umzusetzen sein werden. Hier stellt sich zum einen die Frage, ob die Umsetzung des Art. 3 WRRL den europarechtlichen Anforderungen gerecht wird, zum anderen aber auch, ob sie den verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen der Bundesrepublik Deutschland entspricht. Insofern war nicht nur die Wahrung der Rahmengesetzgebungskompetenz des Art. 75 GG a. F. zu prüfen, sondern auch, ob die rechtliche und verwaltungsorganisatorische Umsetzung des flusseinzugsgebietsbezogenen Ansatzes im Einklang mit der Kompetenzverteilung der Art. 30, 83 ff. GG stehen.

I. Rechtliche Vorgaben Die bundesrechtliche Umsetzung des Art. 3 WRRL ist durch § 1b WHG n. F. erfolgt. Dessen Abs. 1 listet für den Geltungsbereich des WHG insgesamt zehn Flussgebietseinheiten (Donau, Rhein, Maas, Ems, Weser, Elbe, Eider, Oder, Schlei/Trave und Warnow/Peene) auf, deren konkreter Zuschnitt sich überwiegend unmittelbar aus den hydrologisch orientierten Vorgaben der WRRL und des § 1 IV Nr. 3 WHG ergibt636. Zugleich verpflichtet § 1b I WHG die Länder, die in ihren Territorien gelegenen Einzugsgebiete (§ 1 IV Nr. 1 WHG) einer Flussgebietseinheit zuzuordnen. Die Verpflichtung gilt nicht nur für die Oberflächengewässer, sondern wird durch die – ebenfalls unmittelbar geltende Norm des § 1b III WHG – auch auf die Küstengewässer und das Grundwasser erstreckt. Das bisherige, überwiegend an einzelnen fachlichen Kriterien ausgerichtete und insbesondere den föderalen Gesetzgebungs- und Verwaltungsstrukturen der Bundesrepu635

Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 58. § 1b WHG besitzt insoweit lediglich deklaratorischen Charakter; BT-Drs. 14/7755, S. 16; Berendes, in: Bohne (Hrsg.), Ansätze zur Kodifikation des Umweltrechts in der Europäischen Union, 2005, S. 15. 636

§ 19 Die verwaltungsorganisatorische Umsetzung der WRRL

447

blik Deutschland verpflichtete Bewirtschaftungskonzept des WHG weicht somit einem ganzheitlichen, von hydrologischen Vorfindlichkeiten bestimmten Ansatz637. Dabei erfüllt § 1b I, III WHG die Anforderungen eines gem. Art. 75 II GG a. F. gerechtfertigten Ausnahmefalls sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht und ist damit – auch im Hinblick auf den im Rahmen des Abs. 2 verbleibenden landesrechtlichen Spielraum – kompetenzrechtlich unbedenklich638. Der Freistaat Sachsen, der Anteile an den Flussgebietseinheiten Elbe und Oder hat639 ist der Verpflichtung zur Bewirtschaftung nach Flussgebietseinheiten durch § 5 I 1 Nr. 1 und 2 SächsWG n. F. nachgekommen, wonach beiden Flussgebietseinheiten die in ihrem jeweiligen Einzugsgebiet liegenden sächsischen oberirdischen Gewässer einschließlich des Grundwassers für die Gewässerbewirtschaftung zugeordnet werden. Die Zuordnung des Grundwassers erfolgt dabei zunächst entsprechend der Einzugsgebiete der oberirdischen Gewässer; § 5 I 2 SächsWG n. F. bestimmt allerdings, dass durch Rechtsverordnung der obersten Wasserbehörde eine hiervon abweichende Regelung getroffen werden kann. In Anlage 4 wird dem Gesetz eine Karte beigefügt, welche die Lage der Flussgebietseinheiten in Sachsen verdeutlicht. Die Regelungen des Art. 3 II bis V WRRL über die Koordinierung innerhalb der Flussgebietseinheit werden durch § 1b II Nr. 1 bis 3 WHG umgesetzt, der auf der Basis einer räumlichen Betrachtung die drei theoretisch denkbaren und zugleich praktisch relevanten Konfliktbereiche einander überschneidender Vollzugskompetenzen für den Gewässerschutz abschließend aufzählt und die Koordinierung im Wesentlichen in die Hände der nicht nur sachnäheren640, sondern insbesondere auch grundgesetzlich zuständigen Länder legt641. Behandelt wird im Einzelnen die Koordinierung der Bewirtschaftung durch die Länder mit anderen Ländern (Nr. 1), mit Behörden anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Nr. 2) und mit Behörden sonstiger fremder Staaten (Nr. 3). Abs. 2 Nr. 4 bezieht sodann den Bund in je nach dessen Kompetenz unterschiedlichem Ausmaß in die Koordinierungstätigkeit nach den Nrn. 1 bis 3 ein. So werden zum einen eigene Kompetenzen des Bundes – etwa für das Wasserstraßenrecht (Art. 89 GG) und die auswärtigen Beziehungen (Art. 32 I GG) – durch die Begründung einer Einvernehmenspflicht gewahrt und zum anderen dessen allgemeine Verantwortlichkeit für sonstige gesamtstaatliche Belange mit ei637

BT-Drs. 14/7755, S. 16; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 1b, Rn. 2. BT-Drs. 14/7755, S. 16; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 1b, Rn. 1. 639 Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, LT-Drs. 3/9974, S. 7. 640 So BT-Drs. 14/7755, S. 16. 641 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 1b, Rn. 5. 638

448 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

nem Benehmensrecht berücksichtigt642. Ziel der durch Landesrecht zu organisierenden Koordinierung ist die Verwirklichung der Bewirtschaftungsziele für oberirdische Gewässer gem. §§ 25a bis d WHG sowie derjenigen für die Küstengewässer (§ 32c WHG) und das Grundwasser (§ 33a WHG); vgl. § 1b III WHG643. Die durch § 1b II WHG dem Landesrecht übertragene Koordinierung der Bewirtschaftung innerhalb der Flussgebietseinheiten wird durch § 5 II SächsWG n. F. dahingehend umgesetzt, dass für jede Flussgebietseinheit ein gemeinsamer Bewirtschaftungsplan und ein gemeinsames Maßnahmenprogramm nach § 36 WHG aufgestellt werden müssen (S. 1). § 5 II 2 SächsWG n. F. regelt, dass die Aufstellung mit den betroffenen Ländern und Staaten nach Maßgabe der Vorschriften des WHG und des SächsWG sowie der dazu abgeschlossenen Vereinbarungen nach den Grundsätzen der Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit644 abzustimmen ist und dient damit der landesrechtlichen Ausfüllung des § 1b II Nr. 1 bis 3 WHG645. Ob die vorgeschriebenen Vereinbarungen in der Form von Staatsverträgen oder Verwaltungsabkommen abgeschlossen werden sollen, wird dabei offengelassen646. § 5 II 3 SächsWG n. F. legt in Ausfüllung von § 1b II Nr. 4 WHG fest, dass die Vereinbarungen ggf. im Benehmen mit den betroffenen zuständigen Bundesbehörden und – soweit auch Verwaltungskompetenzen des Bundes oder gesamtstaatliche Belange bei der Pflege der Beziehungen zu auswärtigen Staaten berührt sind – im Einvernehmen mit diesen erfolgt. § 5 II 4 SächsWG n. F. enthält schließlich die Ermächtigung der obersten Wasserbehörde, die zur Regelung der Zusammenarbeit in den Flussgebietseinheiten erforderlichen Verwaltungsabkommen abzuschließen. Damit werden die detaillierten gemeinschaftlichen Vorgaben des Art. 3 WRRL vollständig umgesetzt647. Insbesondere fordert § 3 II WRRL nicht die Schaffung einer eigenen Flussgebietsbehörde, sondern lässt insoweit eine Zusammenarbeit verschiedener Verwaltungsbehörden durch Verwaltungsvereinbarungen zu648. 642

Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 1b, Rn. 5; Stratenwerth, in: v. Keitz/ Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 335. 643 Stratenwerth, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 326; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 1b, Rn. 5. 644 Vgl. hierzu §§ 16 ROG, 20 SächsLPlG. 645 Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, LT-Drs. 3/9974, S. 7. 646 Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, LT-Drs. 3/9974, S. 8. 647 Faßbender geht davon aus, dass die Verpflichtungen des Art. 3 WRRL aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht gar nicht durch einen rechtsförmlichen Akt hätten geregelt werden müssen, sondern die Durchführung der entsprechenden Maßnahmen auch durch Verwaltungsvorschriften hätte sichergestellt werden können; NVwZ 2001, S. 244.

§ 19 Die verwaltungsorganisatorische Umsetzung der WRRL

449

Die Vorschriften der §§ 1b WHG, 5 II SächsWG n. F. geben dabei nur den Rahmen für die Koordinierung vor; die konkrete Ausgestaltung wird den Verwaltungsvereinbarungen überlassen, die ebenfalls mit den europarechtlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben vereinbar sein müssen. Da sich die Fläche Sachsens zu 95, 5% mit der des Flusseinzugsgebietes der Elbe überschneidet649, soll die verwaltungsorganisatorische Umsetzung der WRRL am Beispiel der Elbe dargestellt und untersucht werden.

II. Verwaltungsorganisatorische Umsetzung am Beispiel der Flussgebietseinheit Elbe Das Einzugsgebiet der Elbe erstreckt sich über die Territorien der Tschechischen Republik, der Republik Polen, der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland, so dass es sich hierbei um eine internationale Flussgebietseinheit handelt. In Deutschland liegen insgesamt zehn Bundesländer im Einzugsgebiet der Elbe. Neben dem Freistaat Sachsen sind dies Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Hamburg, Schleswig-Holstein, Berlin, sowie die Freistaaten Thüringen und Bayern650. Um eine abgestimmte Umsetzung der WRRL zu gewährleisten, sind die genannten Staaten und Bundesländer verpflichtet, für geeignete Verwaltungsvereinbarungen i. S. von Art. 3 II WRRL einschließlich der Bestimmung der geeigneten zuständigen Behörde zu sorgen (vgl. § 5 II 4 SächsWG n. F.). Entsprechend der räumlichen Ausdehnung der Elbe hat eine Abstimmung somit nicht nur auf nationaler, sondern auch auf internationaler Ebene zu erfolgen. 1. Internationale Koordinierungsgruppe Die vier im Einzugsgebiet der Elbe liegenden Staaten Deutschland, Tschechien, Polen und Österreich haben bei einem Treffen am 24.10. und 25.10.2000 anlässlich der 13. Tagung der IKSE beschlossen, zum Zwecke der Umsetzung des Art. 3 IV und V der WRRL eine internationale Koordinierungsgruppe „EU-Wasserrahmenrichtlinie im Einzugsgebiet der Elbe“ (ICG-WFD) und zur Unterstützung der Aufgaben der ICG-WFD eine Arbeitsgruppe „Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie im Einzugsgebiet der Elbe“ (WFD) einzurichten651. Die Koordinierungsgruppe ICG WFD be648 649

s. o. § 15 III. 3. a). LfUG, Europäische Wasserrahmenrichtlinie (Informationsblatt Nr. 1), 2004,

S. 8. 650 BMU, Bericht der Bundesrepublik Deutschland gem. Art. 3 Abs. 8 und Anhang I WRRL, Anlage 8, S. 2.

450 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

steht aus den Delegationsleitern der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik in der IKSE sowie Vertretern der Bundesrepublik Österreich und der Republik Polen. An den Beratungen der ICG WFD nehmen weiterhin Vertreter der EU sowie der Präsident der IKSE teil. Die Arbeitsgruppe WFD ist eine aus Vertretern der Staaten im Einzugsgebiet der Elbe zusammengesetzte Arbeitsgruppe, in der auch die Einrichtungen vertreten sein können, die in den Teileinzugsgebieten Koordinierungsfunktionen wahrnehmen652. Auf der 14. Tagung der IKSE am 23. und 24.10.2001 verständigte sich die internationale Koordinierungsgruppe bei der Zusammenarbeit im Bereich grenzüberschreitender Teileinzugsgebiete auf folgende zwei Prinzipien: Erstens wird die fachliche Bearbeitung von grenzüberschreitenden Teileinzugsgebieten federführend durch die Fachdienststellen des Staates erfolgen, in dem die Gewässer in die Elbe münden und zweitens werden die in den jeweiligen benachbarten Staaten für die Teileinzugsgebiete zuständigen Fachdienststellen an der fachlichen Bearbeitung dieser Teileinzugsgebiete unmittelbar mitwirken. Ziel der Zusammenarbeit soll es sein, diese Teileinzugsgebiete gemeinsam grenzüberschreitend zu bearbeiten653. Darüber hinaus besteht zwischen den Ländern Konsens, die IKSE als Plattform für die erforderliche Koordinierung der gesamten Flussgebietseinheit nach Art. 3 IV und V WRRL zu nutzen654. 2. Nationale Koordinierung durch die Flussgebietsgemeinschaft Elbe Für den deutschen Teil der Flussgebietseinheit Elbe erfolgt die Koordinierung und Abstimmung auf Basis einer zwischen allen Bundesländern und der Bundesrepublik Deutschland im nationalen Flusseinzugsgebiet Elbe abgeschlossenen „Verwaltungsvereinbarung über die Gründung einer Flussgebietsgemeinschaft für den deutschen Teil des Einzugsgebietes Elbe“ (VV 651 Vgl. Beschlussprotokoll über die 13. Tagung der IKSE am 23.10. und 25.10. 2000 in Berlin, Beschluss 13/5/11 zur EU-Wasserrahmenrichtlinie (unveröffentlicht). 652 Vgl. Beschlussprotokoll über die 13. Tagung der IKSE am 23.10. und 25.10. 2000 in Berlin, Beschluss 13/5/11 zur EU-Wasserrahmenrichtlinie (unveröffentlicht). 653 Vgl. Beschlussprotokoll über die 14. Tagung der IKSE am 23.10. und 24.10.2001 in Prag, Beschluss 14/5/9 zur EU-WRRL (unveröffentlicht). 654 Beschluss der Beratung der internationalen Koordinierungsgruppe „EU-Wasserrahmenrichtlinie im Einzugsgebiet der Elbe“ (ICG WFD) anlässlich der 15. Tagung der IKSE am 21. und 22.10.2002 in Spindlermühle (unveröffentlicht). Die IKSE selbst war von ihren Statuten her nicht in der Lage, das internationale Flussgebiet der Elbe zu „managen“, da weder Polen noch Österreich dort Mitglied sind; Knopp, in: Erbguth (Hrsg.), Änderungsbedarf im Wasserrecht, 2003, S. 38.

§ 19 Die verwaltungsorganisatorische Umsetzung der WRRL

451

FGG Elbe)655. Diese nimmt, neben den im Sinne von Art. 3 III 3 WRRL zuständigen Behörden der Länder, die Aufgabe einer national zuständigen Stelle für die Koordinierung und Abstimmung i. S. der o. g. Verwaltungsvereinbarung wahr656. Zur Erfüllung dieser Aufgaben hat die FGG Elbe in Magdeburg eine Geschäftsstelle eingerichtet und sich eine Geschäftsordnung gegeben657. Der Vorsitz der FGG Elbe und seiner Organe liegt grundsätzlich für jeweils drei Jahre bei einem Land, soweit die Elbe-Ministerkonferenz oder die Geschäftsordnung nichts anderes bestimmen; § 4 I VV FGG Elbe. a) Die Organe der Flussgebietsgemeinschaft Elbe Gem. § 3 I VV FGG Elbe besteht die Flussgebietsgemeinschaft Elbe aus den Organen Elbe-Ministerkonferenz, Elbe-Rat und Koordinierungsrat. Die Organe der FGG Elbe fassen ihre Beschlüsse einstimmig; jedes Land verfügt über eine Stimme; § 5 I und II VV FGG Elbe. Dem Bund steht in den Fällen eine Stimme zu, in denen die Verwaltungskompetenzen des Bundes im Bereich des Wasserhaushaltes oder gesamtstaatlicher Belange bei der Pflege der Beziehungen zu auswärtigen Staaten berührt sind; § 5 III VV FGG Elbe. Die Elbe-Ministerkonferenz setzt sich aus den für die Wasserwirtschaft bzw. den Wasserhaushalt zuständigen Ministern und Senatoren der Vertragspartner bzw. den von diesen benannten Vertretern zusammen; Art. 6 I VV FGG Elbe. Sie beschließt insbesondere über das grundsätzliche Vorgehen zur Umsetzung der WRRL im deutschen Teil der Flussgebietseinheit Elbe, über Maßnahmenprogramme bzw. den Bewirtschaftungsplan, vorbehaltlich einer erforderlichen Zustimmung der verfassungsrechtlichen Organe der Vertragspartner sowie die Vertretung der FGG Elbe in der internationalen Flussgebietseinheit Elbe, soweit nicht Beschlüsse über ein Maßnahmenprogramm oder einen Bewirtschaftungsplan getroffen werden658. Des 655 www.fgg-elbe.de/dl/verwaltungsvereinbarung_fgg_elbe.pdf. Grundlage hierfür ist der Beschluss der 56. Umweltministerkonferenz vom 17./18. Mai 2001, wonach für die Umsetzung der WRRL in den Flussgebietseinheiten die Errichtung neuer Verwaltungseinheiten mit eigenständigen hoheitlichen Befugnissen oder gar der Befugnis zu Rechtsetzungsakten abzulehnen ist; Knopp, in: Bohne (Hrsg.), Ansätze zur Kodifikation des Umweltrechts in der Europäischen Union, 2005, S. 24 f. 656 BMU, Bericht der Bundesrepublik Deutschland gem. Art. 3 Abs. 8 und Anhang I WRRL, Anlage 8, S. 6 f. 657 Geschäftsordnung der Flussgebietsgemeinschaft für den deutschen Teil des Einzugsgebietes Elbe (FGG Elbe) und ihrer Geschäftsstelle (gem. §§ 3 II und 10 II der Verwaltungsvereinbarung über die Gründung einer Flussgebietsgemeinschaft für den deutschen Teil des Elbeinzugsgebietes (VV) vom 3. März 2004; einzusehen unter http://www.fgg-elbe.de/dl/geschaeftsordnung_fgg_elbe.pdf. 658 Über die Vertretung ist dann im Einzelfall zu entscheiden.

452 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

weiteren ist die Elbe-Ministerkonferenz zuständig für die Freigabe des nationalen Beitrags zum Maßnahmenprogramm bzw. Bewirtschaftungsplan zur Koordinierung auf internationaler Ebene sowie des Entwurfs des Bewirtschaftungsplans für die Flussgebietseinheit Elbe, den deutschen Beitrag für den Bericht über die Beschreibungen der Umweltziele, für Vorgänge, über die der Elbe-Rat keine Entscheidung treffen konnte sowie für die Geschäftsordnung; § 6 II VV FGG Elbe. Der Elberat besteht aus den für die Wasserwirtschaft bzw. den Wasserhaushalt zuständigen Abteilungsleitern der Ministerien und Senatsverwaltungen der Vertragspartner, § 7 I VV FGG Elbe. Er beschließt insbesondere über die allgemeinen Vorgaben für die Erstellung des Bewirtschaftungsplans und die erforderlichen Abstimmungen, um die festgelegten Bewirtschaftungsziele für die Flussgebietseinheit Elbe zu erreichen (soweit nicht die Elbe-Ministerkonferenz nach § 6 zuständig ist) und benennt die Vertreter der FGG Elbe innerhalb der internationalen Gremien zur Koordinierung der Aufgaben zur Umsetzung der WRRL in der internationalen Flussgebietseinheit Elbe, insbesondere die internationale Koordinierungsgruppe (ICGWFD) und die Arbeitsgruppe WFD. Des Weiteren entscheidet er über Vorgänge, über die der Koordinierungsrat keine Entscheidungen treffen kann, sowie über die Organisation und Arbeitsweise der FGG Elbe; Art. 7 II VV FGG Elbe. Als drittes Organ hat die FGG Elbe den Koordinierungsrat geschaffen, in dem alle Vertragspartner mit mindestens einem Mitglied vertreten sind; § 9 I VV FGG Elbe. Dessen Aufgaben erschließen sich vor dem Hintergrund, dass das deutsche Gebiet der Flussgebietseinheit Elbe angesichts seiner Größe und Komplexität zur Erleichterung der fachlichen Bearbeitung in einzelne Koordinierungsräume untergliedert worden ist659. Im deutschen Einzugsgebiet handelt sich dabei um die Koordinierungsräume Mulde-Elbe-Schwarze Elster, Saale, Mittelelbe-Elde, Havel und Tideelbe sowie die auf deutscher Seite liegenden Einzugsgebiete der Eger und Moldau; § 8 I 1 VV FGG Elbe. Auf tschechischer Seite existieren ebenfalls fünf Koordinierungsräume, so dass die Flussgebietseinheit Elbe aus insgesamt zehn Koordinierungsräumen besteht660. Die Abgrenzung erfolgte nach hydrologischen Kriterien und nicht nach Länder- und Dienstbezirksgrenzen661. Die Koordinierungsräume umfassen ein oder mehrere Teilein659

Menzel, in: Sachsenlandkurier 2004, S. 256. SMUL (Hrsg.), Bericht über die Umsetzung der Anhänge II, III und IV der Richtlinie 2000/60/EG für den Koordinierungsraum Mulde-Elbe-Schwarze Elster (B-Bericht), 2004, S. 1. 661 LfUG, Europäische Wasserrahmenrichtlinie (Informationsblatt Nr. 1), 2004, S. 8. 660

§ 19 Die verwaltungsorganisatorische Umsetzung der WRRL

453

zugsgebiete (auch als Bearbeitungsgebiete bezeichnet), die z. T. nochmals in Betrachtungsräume aufgegliedert wurden662. Jeder Koordinierungsraum wird federführend durch ein Land bearbeitet; § 8 I 3 VV FGG Elbe. Innerhalb der Koordinierungsräume stimmen die beteiligten Länder die Tätigkeiten gem. Abs. 2, d. h. die Erhebung und Aggregierung der Daten sowie die Vorbereitung für die Aufstellung der Programme, Pläne und Karten, einvernehmlich ab, § 8 I 4 VV FGG Elbe. Das federführende Land benennt für den Koordinierungsraum eine zuständige Stelle, der die Koordination dieses Abstimmungsprozesses unterliegt, § 8 I 5 VV FGG Elbe. Zu den Aufgaben des Koordinierungsrates gehört es insbesondere, über die flussgebietsspezifische Konkretisierung der europa- und bundesweit festgelegten Vorgaben zu beschließen und die Einhaltung dieser Vorgaben zu überwachen sowie einen Abgleich und die Abstimmung der Arbeitsergebnisse zu den von der WRRL und den nationalen Umsetzungsvorschriften geforderten Analysen und Bestandsaufnahmen (Ist-Zustand), Zielbestimmungen (Soll-Zustand) sowie zum Maßnahmenprogramm und zum Bewirtschaftungsplan einschließlich der Vorbereitung der Berichterstattung an die Kommission vorzunehmen. Zudem gehört es zu seinem Aufgabenbereich, die Koordinierung in der internationalen Flussgebietseinheit Elbe zu unterstützen, andere zuständige Behörden und interessierte Stellen einzubeziehen sowie gemeinsame Strategien für die Information der Öffentlichkeit zu entwickeln, § 9 II VV FGG Elbe. Sachsen hat die Leitung des Koordinierungsraumes Mulde-Elbe-Schwarze Elster (MES) übernommen, zu dem auch Gebiete von Brandenburg, Sachsen-Anhalt und der Tschechischen Republik gehören663. Der Koordinierungsraum MES ist wiederum in insgesamt vier Bearbeitungsgebiete (Elbeschlauch I, Elbeschlauch II, Schwarze Elster, Mulde) aufgeteilt664. Diese sind als lokale Arbeitseinheiten erforderlich, um die Planungen und Maßnahmen mit dem notwendigen Ortsbezug erstellen zu können665. Soweit die sich aus der Umsetzung der WRRL ergebenden Aufgaben spezielle Fragen im Bereich der Grenzgewässer aufwerfen, werden diese auf internationaler Ebene durch die jeweiligen Grenzgewässerkommissionen, die auf der Grundlage bilateraler Verträge zwischen den Staaten im 662

SMUL (Hrsg.), Bericht über die Umsetzung der Anhänge II, III und IV der Richtlinie 2000/60/EG für den Koordinierungsraum Mulde-Elbe-Schwarze Elster (B-Bericht), 2004, S. 6. 663 Vereinbarung zur Zusammenarbeit im Koordinierungsraum Mulde-ElbeSchwarze Elster vom 24.1.2002 (unveröffentlicht). 664 Darüber hinaus hat der Freistaat Sachsen auch Anteile an den Bearbeitungsgebieten Weiße Elster, Obere Spree und Lausitzer Neiße; LfUG, Europäische Wasserrahmenrichtlinie (Informationsblatt Nr. 1), 2004, S. 9. 665 Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 70.

454 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

Einzugsgebiet der Elbe abgeschlossen wurden666, erörtert667. Aus der Sicht des Freistaates Sachsen betrifft dies die deutsch-tschechische668 sowie die deutsch-polnische669 Grenzgewässerkommission, deren Strukturen für die praktische Koordinierung in den sächsisch-tschechischen und sächsisch-polnischen Grenzgebieten genutzt werden können. b) Koordinierung innerhalb der Flussgebietseinheit Innerhalb der einzelnen Ebenen hat eine Koordination zu erfolgen, deren Ziel darin besteht, einen Bewirtschaftungsplan einschließlich des Maßnahmenprogramms zu erarbeiten, in denen verbindliche Vorgaben für alle wasserwirtschaftlichen Maßnahmen und Entscheidungen innerhalb der Flussgebietseinheit enthalten sind670. Um dies zu erreichen, sind die fachlichen Qualitätszielvorstellungen im Vorfeld der Planaufstellung aufeinander abzustimmen. Dies soll dadurch gewährleistet werden, dass die zuständigen Länderbehörden die auf der Ebene der Bearbeitungsgebiete erhobenen, bereitgestellten und ausgewerteten Ergebnisse von unten nach oben einer koordinierenden Stelle zuleiten und vermitteln (sog. „Bottom-Up“-Ansatz)671. Damit ist zugleich eine stetige Verallgemeinerung der Aussagen auf Grund des größer werdenden Maßstabs der Betrachtungsweise verbunden672. Nach Zusammenführung und Auswertung der einzelnen Bewirtschaftungsaussagen werden Vorstellungen, die zu anderen Bewirtschaftungsaussagen in Widerspruch stehen oder die eines der Qualitätsziele für die Flussgebietseinheit in Frage stellen können, Schritt für Schritt abgearbeitet und angepasst, um auf diese Weise ein koordiniertes Gesamtergebnis zu erhalten673. Gegenläufig hierzu verhält sich die Vermittlung von Vorgaben, Strategien 666

Ausführlich hierzu Epiney, Überprüfung internationaler wasserwirtschaftlicher Übereinkommen, 2002, S. 97 ff. 667 IKSE, Bericht 2005, S. 3. 668 Vgl. Art. 4 des Vertrages über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wasserwirtschaft an den Grenzgewässern, BGBl. 1997 II, S. 925. 669 Vgl. Art. 10 des Vertrages über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wasserwirtschaft an den Grenzgewässern, BGBl. 1994 II, S. 60. 670 Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 72; Spillecke, WuA 4/2000, S. 32. 671 LAWA, Handlungskonzept zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie, 2001, S. 10; Knopp, in: Bohne (Hrsg.), Ansätze zur Kodifikation des Umweltrechts in der Europäischen Union, 2005, S. 25. 672 Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 71. 673 LAWA, Handlungskonzept zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie, 2001, S. 10; Spillecke, WuA 4/2000, S. 32; Stratenwerth, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 342; Knopp, in: Bohne (Hrsg.), Ansätze zur Kodifikation des Umweltrechts in der Europäischen Union, 2005, S. 25 f.

§ 19 Die verwaltungsorganisatorische Umsetzung der WRRL

455

und Strukturen, die – entsprechend der jeweiligen Ebene – von oben nach unten herunterzubrechen sind (sog. „Top-down“-Ansatz)674. Die einzelnen Koordinierungsstellen nehmen dabei eine Vermittlerrolle zu den für die Umsetzung zuständigen Behörden wahr675. Eine solche Vorgehensweise entspricht dem Gegenstromprinzip, wie es aus dem Bereich der Raumplanung bekannt ist676. 3. Phasen des Koordinierungsprozesses innerhalb der Flussgebietseinheit Inhaltlich lässt sich der im Rahmen der Umsetzung der WRRL erforderliche Koordinierungsprozess grob in drei Phasen mit einzelnen Arbeitsschritten einteilen. a) Durchführung der Bestandsaufnahme In der ersten Koordinierungsphase, die bis Ende 2004 abgeschlossen sein musste, stand neben der Festlegung der internationalen Flussgebietseinheit selbst sowie der Klärung organisatorischer und technischer Fragen innerhalb der Flussgebietseinheit677 die Bestandsaufnahme gem. Art. 5 I WRRL im Vordergrund. Die Bestandsaufnahme ist die Eröffnungsbilanz der WRRL und zugleich die Grundlage für ihre weitere Umsetzung678. Sie 674

LfUG, Europäische Wasserrahmenrichtlinie (Informationsblatt Nr. 1), 2004, S. 72; Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 72; Stratenwerth, in: v. Keitz/ Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 342; LAWA, Handlungskonzept zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie, 2001, S. 10. 675 Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 72. 676 Spillecke, WuA 4/2000, S. 32; Ell, Wasserrechtliche Planung, 2003, S. 72; Knopp, in: Bohne (Hrsg.), Ansätze zur Kodifikation des Umweltrechts in der Europäischen Union, 2005, S. 25. Nach dem Gegenstromprinzip soll sich die Ordnung der Einzelräume in die Ordnung des Gesamtraumes einfügen und der Gesamtraum die Gegebenheiten und Erfordernisse seiner Einzelräume berücksichtigen, § 1 III ROG. Die grobmaschigen Aussagen auf Landesebene werden danach unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beeinflussung von örtlicher, regionaler und überregionaler Planung sachlich vertieft und erfahren eine räumlich-regionale Differenzierung und Ausformung; Erbguth/Schoeneberg, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht, 1992, S. 119. 677 Hierzu zählt die Verständigung über das Organisationsmodell für die Koordinierung, den Aufbau der Berichte an die Kommission sowie des Bewirtschaftungsplans, die Datenformate und Schnittstellen, den Detaillierungsgrad der Darstellung sowie die erforderlichen Karten und zu verwendenden Maßstäbe; Stratenwerth, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 339. 678 Dehnert, in: Grüne Liga (Hrsg.), EG-Wasserrahmenrichtlinie und Hochwasserschutz, 2005, S. 10, 12.

456 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

dient dazu, die Belastungen für die Wasserkörper infolge menschlicher Tätigkeiten festzustellen und die Auswirkungen auf die Gewässer zu beurteilen679. Im Kern geht es dabei um die Frage, welche Wasserkörper die Umweltziele des Art. 4 WRRL ohne weiteres Zutun nicht erreichen werden680. Insoweit musste jeder Mitgliedstaat für jede Flussgebietseinheit oder für den in sein Hoheitsgebiet fallenden Teil einer internationalen Flussgebietseinheit entsprechend den technischen Spezifikationen gem. Anhang II und III der WRRL eine Analyse ihrer Merkmale, eine Überprüfung der Auswirkungen menschlicher Tätigkeiten auf den Zustand der Oberflächengewässer und des Grundwassers sowie eine wirtschaftliche Analyse der Wassernutzung durchführen; Art. 5 I WRRL. Letztere umfasst eine Beschreibung der wirtschaftlichen Bedeutung der Wassernutzungen681, eine Analyse der Wasserdienstleistungen und deren Kostendeckung, ein „Baseline-Szenario“ zur wirtschaftlichen Entwicklung bis 2015, erste Überlegungen zur Kosteneffizienz von Maßnahmen sowie Informationen zu weiteren erforderlichen Maßnahmen682. Im Hinblick auf die Koordinierung lag der Schwerpunkt der ersten Phase in der Verständigung auf die wesentlichen Vorgaben für die Bestandsaufnahme, um eine vergleichbare Vorgehensweise in den verschiedenen Bearbeitungsgebieten sicherzustellen. Hiervon umfasst sind insbesondere wechselseitige Informationen über die verwendete Typologie sowie über die Verfahren zur Bestimmung der Referenzbedingungen einschließlich einer Abstimmung an den Schnittstellen innerhalb grenzüberschreitender Bearbeitungsgebiete sowie zwischen den Bearbeitungsgebieten683. Hinzu kommt die Verständigung auf Kriterien für die Ermittlung von Belastungen, die Bewertung der Auswirkungen auf die Gewässer sowie über die Inhalte der wirtschaftlichen Analyse. Nachdem die eigentlichen Arbeiten für die Bestandsaufnahme in den Bearbeitungsgebieten durchgeführt werden, mussten diese im Rahmen des Koordinationsprozesses innerhalb der Flussgebietseinheit zusammengeführt und gem. Art. 15 II WRRL an die Kommission in Berichtsform vorgelegt werden684. 679

LfUG, Europäische Wasserrahmenrichtlinie (Informationsblatt Nr. 1), 2004,

S. 5. 680

BMU (Hrsg.), Die Wasserrahmenrichtlinie, 2004, S. 12. Unter Wassernutzung werden nach Art. 2 Nr. 39 WRRL Wasserdienstleistungen und jede Handlung verstanden, die signifikante Auswirkungen auf den Wasserzustand haben. 682 LAWA, Arbeitshilfe, 2003, Teil 3, II. 1.4. 683 Stratenwerth, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S 340. 684 Der entsprechende „Bericht 2005“ ist für die Flussgebietseinheit Elbe am 3. März 2005 auf der Elbministerkonferenz in Dresden verabschiedet worden. Dieser besteht aus einem zusammenfassenden, internationalen Teil (A-Bericht), der von 681

§ 19 Die verwaltungsorganisatorische Umsetzung der WRRL

457

b) Erstellung des Monitoringprogramms Die derzeit laufende, zweite Koordinierungsphase betrifft die Aufstellung von Überwachungsprogrammen für jedes Einzugsgebiet entsprechend den Ergebnissen der Bestandsaufnahme bis spätestens Ende 2006 gem. Art. 8 i. V. m. Anhang V Nr. 1.3 und 2.4 WRRL. Die Überwachungsprogramme dienen dazu, die Einhaltung der Umweltziele zu überprüfen sowie langfristige Entwicklungen zu beobachten685. Sie bilden gemeinsam mit der ständig fortzuschreibenden Analyse der gewässerwirksamen Belastungen die Grundlage für die konkrete Maßnahmenplanung686. Zu unterscheiden ist dabei zwischen einer allgemeinen, sog. überblicksweisen Überwachung zur Ergänzung und Überprüfung der bisherigen Daten, einer speziellen operativen Überwachung für diejenigen Wasserkörper, bei denen das Risiko einer Nichterreichung der Bewirtschaftungsziele besteht und der sog. Überwachung zu Ermittlungszwecken, die nur im Bereich der Oberflächengewässer vorgesehen ist und Sonderuntersuchungen – etwa auf Grund von Belastungen unbekannter Herkunft, umfasst687. Bei der Aufstellung entsprechender Überwachungsprogramme ergibt sich Koordinierungsbedarf bei der Auswahl der Messstellen für die überblicksweise Überwachung einschließlich der für die Überwachung der jeweiligen Qualitätskomponenten kennzeichnenden Parameter, bei der Auswahl der Messstellen und zu überwachenden Qualitätskomponenten für die operative Überwachung sowie bei Entscheidungen über die Durchführung von Überwachungen zu Ermittlungszwecken. Ein großräumiger Koordinierungsbedarf dürfte insbesondere bei der Auswahl von Überwachungsstellen zur Beurteilung der Auswirkungen von Belastungen aus diffusen Quellen im Rahmen der operativen Überwachung sowie bei der Festlegung von Messstellen für die überblicksweise Überwachung bestehen688. Die Koordinierung bezüglich der sonstigen operativen Überwachung sowie der Überwachung zu Ermittlungszwecken wird demgegenüber vorrangig innerhalb der Bearbeitungsgebiete sowie an deren Schnittstellen erfolgen689.

verschiedenen Arbeitsgruppen der IKSE erstellt wurde und die wesentlichen Ergebnisse der sog. B-Berichte, welche die Daten der Bestandsaufnahme für die einzelnen Koordinierungsräume enthalten, zusammenfasst. 685 Ausführlich hierzu BMU (Hrsg.), Die Wasserrahmenrichtlinie, 2004, S. 101 ff. 686 Frotscher-Hoof, Monitoring – Planung und Umsetzung, 2005, S. 1. 687 Vgl. Nr. 1.3 und 2.4 des Anhangs V der WRRL. 688 Stratenwerth, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 340. 689 Stratenwerth, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 340.

458 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

c) Erarbeitung des Bewirtschaftungsplans und Abstimmung der Maßnahmenprogramme In der dritten Phase des Koordinierungsprozesses sind die Erarbeitung des Bewirtschaftungsplans und die Maßnahmenprogramme aus den einzelnen Koordinierungsräumen auf der Ebene der Flussgebietseinheit abzustimmen. Dieser Prozess hat für beide Planungsinstrumente mit einem Zeithorizont bis 2009 zu erfolgen. Bei der Erstellung des Bewirtschaftungsplans zeichnet sich ebenso wie im Rahmen der Bestandsaufnahme ein modularer Aufbau ab, der einen übergeordneten Teil, in dem die für die gesamte Flussgebietseinheit relevanten Informationen, Belastungsfaktoren und Maßnahmen dargestellt werden sollen, mit Teilplänen für die einzelnen Koordinierungsräume verbindet690. Übergeordneter Teil und Teilpläne müssen dabei so miteinander verzahnt werden, dass das erforderliche kohärente Gesamtkonzept für die Bewirtschaftung der gesamten Flussgebietseinheit erkennbar wird. Ferner ist eine Verständigung über das Vorgehen bei der Information der Öffentlichkeit und deren Beteiligung an der Erstellung der Maßnahmenprogramme und des Bewirtschaftungsplans zu erreichen. In Sachsen ist für die Abstimmung auf der Gesamtflussgebietsebene das SMUL zuständig (§ 6 II SächsWG n. F.). Auch der Abstimmung der Maßnahmenprogramme kommt besondere Bedeutung zu. Deren Erarbeitung wird zwar zunächst innerhalb der Bearbeitungsgebiete und Koordinierungsräume erfolgen691. Häufig werden aber Maßnahmen innerhalb einzelner Bearbeitungsgebiete nicht ausreichen oder von den Maßnahmen selbst Auswirkungen auf benachbarte Gebiete innerhalb der Flussgebietseinheit ausgehen, so dass eine Abstimmung an den Grenzbereichen vorgenommen werden muss. Darüber hinaus wird es Problemfelder geben, die sinnvoll überhaupt nur durch auf Gesamtflussgebietsebene abgestimmte Maßnahmen bearbeitet werden können. Innerhalb der Flussgebietseinheit wird deshalb eine Gesamtbeurteilung vorzunehmen sein, inwieweit die auf den verschiedenen Ebenen vorgesehenen und koordinierten Maßnahmenprogramme in ihrem Zusammenwirken die Realisierung der Umweltziele des Art. 4 WRRL gewährleisten. In engem Zusammenhang damit steht die Frage der Inanspruchnahme der Ausnahmetatbestände gem. Art. 4 IV bis VIII WRRL sowie die Ausweisung grenzüberschreitender Wasserkörper als erheblich verändert692. Ebenso wie beim Bewirtschaftungsplan 690 Stratenwerth, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 340 f. 691 Stratenwerth, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 341. 692 Stratenwerth, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 341.

§ 19 Die verwaltungsorganisatorische Umsetzung der WRRL

459

ist auch hier das SMUL für die Abstimmung der sächsischen Beiträge innerhalb der Flussgebietsgemeinschaft zuständig (§ 7 I 2 SächsWG n. F.).

III. Verfassungs- und europarechtliche Bewertung der geschaffenen Verwaltungsstruktur Was die rechtliche Bewertung der geschaffenen Verwaltungsstruktur anbelangt, so ist aus europarechtlicher Perspektive zunächst davon auszugehen, dass die aus Art. 3 WRRL resultierende Verpflichtung, das Bundesgebiet in Einzugsgebiete aufzuteilen und diese Einzugsgebiete wiederum einer Flussgebietseinheit sowie einer geeigneten zuständigen Behörde zuzuordnen, durch die genannten Regelungen erfüllt worden ist. Diese hätten nach der Rechtsprechung des EuGH strenggenommen gar nicht der Form des Rechtssatzes bedurft, da es sich hierbei um keine „eigenständige Verpflichtung“ der Mitgliedstaaten handelt, die durch förmlichen Akt durchzuführen wäre693. Dementsprechend reicht es zur Erfüllung der gemeinschaftsrechtlichen Umsetzungsverpflichtung auch aus, dass die Länder die Durchführung der genannten Maßnahmen durch Verwaltungsvorschriften sicherstellen und die Bundesregierung die entsprechenden, in Bezug auf die zuständigen Behörden in Anhang I näher spezifizierten Informationen tatsächlich an die Kommission übermittelt694. Eine andere Frage ist freilich die, ob das beschriebene, in Art. 3 II WRRL angelegte Organisationssystem auch mit den verfassungsrechtlichen Kompetenzgrundsätzen des föderalen Systems der Bundesrepublik Deutschland vereinbar ist. Zwar hat die obige, abstrakte Prüfung des Art. 3 II WRRL ergeben, dass dieser insoweit genügend Spielraum lässt (s. oben § 15 III.). Im Hinblick auf die geäußerte Kritik ist aber zu prüfen, ob auch die konkrete Ausgestaltung der Verwaltungsorganisation im Rahmen der Flussgebietsgemeinschaft Elbe verfassungsrechtlich unbedenklich ist. Insofern kommt es maßgeblich darauf an, ob die geschaffene länder- und staatenübergreifende Verwaltungsstruktur mit den oben beschriebenen Anforderungen des Demokratieprinzips übereinstimmt oder ob im Hinblick auf die Intensität der Bindung die Gefahr einer Preisgabe von Landesselbständigkeit besteht695. Betrachtet man die Verwaltungsorganisation innerhalb der 693 So hat die Kommission im Urteil zur Rohwasser-Richtlinie ausgeführt, dass die Einteilung der Gewässer in drei Kategorien gem. Art. 2 der Richtlinie in einem förmlichen Akt hätte erfolgen müssen. Dem vermochte der EuGH nicht zu folgen, weil die Einteilung der Gewässer keine eigenständige Verpflichtung der Mitgliedstaaten begründe; EuGH, Rs. C-58/89 (Kommission/Deutschland), Slg. 1991, S. I-4983, Rn. 8. 694 Faßbender, NVwZ 2001, S. 244. 695 Hierzu ausführlicher oben § 15 III. 3. c).

460 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

Flussgebietsgemeinschaft Elbe, so ist festzustellen, dass es sich bei den von Art. 3 II WRRL geforderten „Verwaltungsvereinbarungen“ um Verwaltungsabkommen, d. h. öffentlich-rechtliche Vereinbarungen im Bereich der Verwaltung handelt696. Die hier getroffenen Vereinbarungen haben zwar für die vertragsschließenden Bundesländer Bindungswirkung, sind aber im Hinblick auf das Zustandekommen der in diesem Rahmen zu treffenden Beschlüsse betont konsensual ausgestaltet. Dies gilt vor allem im Hinblick auf die generelle Vereinbarung des Einstimmigkeitsprinzips in § 5 I VV FGG Elbe, wodurch keine Entscheidungen gegen den Willen einzelner Bundesländer getroffen werden können. Zudem werden die politisch brisanten und damit hinsichtlich des Demokratieprinzips problematischen Beschlüsse über das Maßnahmenprogramm und den Bewirtschaftungsplan unter den Vorbehalt einer erforderlichen Zustimmung der verfassungsrechtlichen Organe der vertragsschließenden Bundesländer gestellt. Damit bleibt die demokratische Legitimation der Entscheidungen innerhalb der einzelnen Bundesländer gewahrt. Da die Vertragspartner weder dem Mehrheitsprinzip noch bindenden Beschlüssen einer Schiedsstelle unterworfen sind und innerhalb der Flussgebietsgemeinschaft auch keine Regelungen mit direkter Drittwirkung getroffen werden, ist mit der vorliegenden Verwaltungsvereinbarung für die Bundesländer auch keine Aufgabe von Hoheitsgewalt verbunden. Insofern bedurfte die Zusammenarbeit nicht der Form eines Staatsvertrages, für dessen Zustandekommen die Mitwirkung der Volksvertretung der beteiligten Bundesländer erforderlich ist697. Vielmehr war ein Verwaltungsabkommen ausreichend, da lediglich eine interne Selbstbindung der Länder herbeigeführt werden soll698. Abzuwarten bleibt freilich, ob diese konsensual ausgestalteten Verwaltungsstrukturen bei der vermutlich politisch brisanten Festlegung des Maßnahmenprogramms und der Ausnahmen von den Bewirtschaftungszielen geeignet sein werden, zwischen den Bundesländern innerhalb der vorgegebenen Fristen zu einer Einigung zu kommen699. Um den europarechtlichen Erfordernissen an die Umsetzung des Art. 3 WRRL zu genügen, kann es ggf. erforderlich sein, das Einstimmigkeitsprinzip für 696

Schneider, in: VVDStRL 19, 1961, S. 9. Schneider, in: VVDStRL 19, 1961, S. 8 f.; Hagenguth, WuA 6/2001, S. 20. Ausführlich zur Definition des Staatsvertrages Schneider, in: VVDStRL 19, 1961, S. 8 f.; Maurer, Staatsrecht I, 2005, S. 330. 698 Knopp, in: Erbguth (Hrsg.), Änderungsbedarf im Wasserrecht, 2003, S. 41; ders., in: Bohne (Hrsg.), Ansätze zu einer Kodifikation des Umweltrechts in der Europäischen Union, 2005, S. 25; Hagenguth, in: LAWA (Hrsg.), EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2001, S. 123. 699 Es stellt sich beispielsweise die Frage, ob der Gewässeroberlieger vom Unterlieger verlangen kann, für einen Wasserkörper weniger strenge Bewirtschaftungsziele festzulegen, damit auf seinem Landesgebiet eine bestimmte Nutzung unverändert fortgesetzt werden kann; Seidel/Rechenberg, ZUR 2004, S. 218. 697

§ 20 Auswirkungen der qualitätsorientierten Vorgaben der WRRL

461

den Fall, dass eine Einigung nicht zustande kommt, mit einem Schiedsverfahren zu kombinieren oder Streitfälle mit einfacher oder qualifizierter Mehrheit zu entscheiden700. Insoweit muss allerdings darauf geachtet werden, dass die Änderung der Verwaltungskooperation nicht zu einem Mangel an demokratischer Legitimation innerhalb der Bundesländer führt.

§ 20 Die Auswirkungen der qualitätsorientierten Vorgaben der WRRL auf die Gestattung von Gewässerbenutzungen, die Gewässerunterhaltung, den Gewässerausbau und die wasserrechtliche Anlagengenehmigung Gewässer werden einerseits durch Gewässerbenutzungen belastet, zum anderen können Schädigungen – insbesondere was die ökologische Qualität anbelangt – aber auch auf die Gewässerunterhaltung, den Gewässerausbau oder die Errichtung bzw. Beseitigung von Anlagen in, an, unter und über Gewässern, zurückzuführen sein. Will man die Frage nach der Leistungsfähigkeit des qualitätsorientierten Regelungsansatzes gem. Art. 4 WRRL im Hinblick auf einen nachhaltigen Gewässerschutz beantworten, so ist deshalb auch zu prüfen, inwieweit sich die Ziele auf das bestehende System der wasserrechtlichen Gestattungen auswirken. Gleichzeitig wird zu fragen sein, ob und welche Verbesserungen sich für den Gewässerschutz gegenüber der früheren Rechtslage ergeben.

I. Wasserrechtliche Genehmigung Die neuen Bewirtschaftungsziele sind zu einem nicht unerheblichen Teil im Rahmen von Gewässerbenutzungen und den hierzu grundsätzlich erforderlichen Genehmigungsentscheidungen anzuwenden und umzusetzen. Dies wird für den Freistaat Sachsen in § 11 III 1 SächsWG n. F. ausdrücklich klargestellt, wonach sich die Erlaubnisse oder Bewilligungen an den (unmittelbar geltenden) Bewirtschaftungszielen der §§ 25a bis 25d und § 33a WHG auszurichten haben und der fristgemäßen Erreichung dieser Ziele nicht entgegenstehen dürfen. Dabei müssen sie den im jeweiligen Maßnahmenprogramm nach § 36 WHG gestellten Anforderungen entsprechen (§ 11 III 2 SächsWG n. F.), um die Erreichung des Bewirtschaftungsziels „guter Zustand“ zu gewährleisten. 700 Hagenguth, in: LAWA (Hrsg.), EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2001, S. 123. Da die Länder mit der Einführung eines schiedsgerichtlichen Verfahrens Hoheitsrechte übertragen würden, wären hierfür Staatsverträge zwischen den jeweils beteiligten Bundesländern erforderlich; Seidel/Rechenberg, ZUR 2004, S. 218.

462 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

1. Auslegung des § 6 I WHG im Rahmen der Genehmigungserteilung Aus rechtsdogmatischer Sicht hat das mit dem 7. Änderungsgesetz in Bundesrecht umgesetzte Bewirtschaftungssystem der WRRL zum einen eine Konkretisierung des allgemeinen Bewirtschaftungsgrundsatzes des § 1a WHG701, zum anderen aber auch eine zusätzliche Präzisierung des Gemeinwohlbegriffs i. S. von § 6 WHG bewirkt. Die für oberirdische Gewässer, Küstengewässer und das Grundwasser in den verschiedenen Flussgebietseinheiten, Einzugsgebieten und Teileinzugsgebieten bundesrechtlich differenziert vorgegebenen und landesrechtlich in Umsetzung der Anhänge II und V näher spezifizierten Bewirtschaftungsziele sowie das zur Umsetzung der Ziele vorgesehene planungsrechtliche Instrumentarium füllen den unbestimmten Rechtsbegriff des Wohls der Allgemeinheit aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht aus, ohne ihn dabei allerdings zugleich auch innerstaatlich zu erschöpfen702. Im Folgenden ist deshalb auszuloten, wie sich die neuen europarechtlichen Vorgaben rechtsdogmatisch auf die Entscheidung über die wasserrechtliche Erlaubnis bzw. Bewilligung auswirken. a) Konkretisierung des Wohls der Allgemeinheit durch die Bewirtschaftungsziele Bei der dogmatischen Einordnung des Bewirtschaftungsziels „guter Gewässerzustand“ ist zunächst zu prüfen, ob es sich hierbei um einen zwingenden tatbestandlichen Versagungsgrund oder um eine lediglich im Rahmen des planerischen Bewirtschaftungsermessen zu berücksichtige Zielvorgabe handelt. Nach dem Wortlaut des § 25a I WHG wird mit der Erreichung bzw. Einhaltung eines guten Zustands ein feststehendes Ziel festgelegt, dass keinen Raum für eine Ausübung des Planungsermessens nach unten eröffnet („Oberirdische Gewässer sind [. . .] sind so zu bewirtschaften, dass . . .“). Diese zunächst nicht operationable abstrakt-generelle Zielvorgabe wird durch eine ganze Reihe im Landesrecht – in Sachsen durch die SächsWRRLVO – geregelter Qualitätskomponenten konkretisiert. Auch wenn die hier aufgeführten normativen Abgrenzungskriterien – etwa zur Einstufung in die Gewässergüteklassen – einiges offen lassen703, ist der sich daraus erge701

Knopp, ZUR 2001, S. 372. Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 6, Rn. 19. 703 So ist bei den biologischen und hydromorphologischen Qualitätskomponenten eine Einordnung in die Gewässergüteklassen nach der normativen Definition nicht eindeutig möglich. Beispielsweise wird die Gewässergüteklasse „mäßiger Zustand“ an zentraler Stelle wiederum unter Zuhilfenahme des Begriffs „mäßig“ konkretisiert und erläutert. Auch die Begriffe „geringe Abweichungen“ bzw. „vollständige oder 702

§ 20 Auswirkungen der qualitätsorientierten Vorgaben der WRRL

463

bende Spielraum nicht dem planerischen Bewirtschaftungsermessen zuzurechnen; vielmehr stellen die erwähnten Bezeichnungen unbestimmte Rechtsbegriffe dar, die durch Auslegung konkretisiert werden können704. Bei den Bewirtschaftungszielen der §§ 25a bis 25d und § 33a WHG handelt es sich deshalb um gesetzliche Zielvorgaben, die im Rahmen der Gewässerbenutzung zwingend einzuhalten sind und bei ihrer Nichteinhaltung einen tatbestandlichen Versagungsgrund i. S. von § 6 I WHG darstellen. Eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit liegt somit grundsätzlich (d. h. wenn keine Ausnahmetatbestände einschlägig sind) bereits dann vor, wenn z. B. die Benutzung eines oberirdischen Gewässers eine nachteilige Veränderung seines ökologischen oder chemischen Zustands bewirken oder der Erreichung eines guten ökologischen oder chemischen Zustands zuwiderlaufen würde, § 25a I WHG. Entsprechendes gilt für die Bewirtschaftungsziele für künstliche oder erheblich veränderte oberirdische Gewässer (§ 25b WHG), Küstengewässer (§ 32c WHG) und das Grundwasser (§ 33a WHG). Bewegt sich eine beabsichtigte Nutzung im Rahmen der einschlägigen Bewirtschaftungsziele, so kann sie gleichwohl mit dem Wohl der Allgemeinheit im Übrigen konfligieren705. b) Der Einfluss des Maßnahmenprogramms als weitere Konkretisierungsstufe Der Umstand, dass die neuen Bewirtschaftungsziele das Wohl der Allgemeinheit i. S. von § 6 I WHG in Form von tatbestandlichen Versagungsvoraussetzungen konkretisieren, führt zu der Frage, welche rechtliche Bedeutung dem neuen planungsrechtlichen Instrumentarium für die wasserbehördliche Entscheidung über Erlaubnis- und Bewilligungsanträge zukommt. Hierfür ist zu klären, inwieweit daraus verbindliche Vorgaben im Hinblick auf die Erteilung oder Versagung der beantragten Erlaubnis oder Bewilligung hervorgehen. Auffälligerweise hat der Bundesgesetzgeber § 36b V WHG a. F. aufgehoben, demzufolge die Bewirtschaftungspläne insbesondere durch zusätzliche Anforderungen (§ 5 WHG), den Widerruf von Erlaubnissen (§ 7 I WHG), Bewilligungen (§ 12 WHG) oder alten Rechten und Befugnissen (§ 15 WHG), Ausgleichsverfahren (§ 18 WHG), den Erlass von Reinhalteordnungen (§ 27 WHG a. F.) oder „sonstige im Bewirtschaftungsplan festgelegte Maßnahmen“ durchzusetzen sind706. Ebenso ist nahezu vollständige Entsprechung der Bedingungen ohne störende Einflüsse“ sind aus sich heraus nicht eindeutig und bezeichnen keine klare und eindeutige Grenze zwischen den Gewässergüteklassen; Hasche, ZfW 2004, S. 154. 704 Hasche, ZfW 2004, S. 155. 705 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 6, Rn. 19. 706 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 447.

464 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

§ 36b VI WHG a. F. entfallen, der Erlaubnisse für das Einleiten von Stoffen an restriktive Voraussetzungen band, soweit für ein oberirdisches Gewässer oder einen Gewässerteil ein (vorgeschriebener) Bewirtschaftungsplan nicht aufgestellt war707. Das geänderte WHG enthält sich somit Vorgaben über die rechtliche Bedeutung der Maßnahmenprogramme und Bewirtschaftungspläne neuen Typs für die wasserrechtliche Genehmigungsentscheidung und überlässt die Beantwortung dieser Fragen dem Landesgesetzgeber. § 11 III 2 SächsWG n. F. legt insofern fest, dass Erlaubnisse und Bewilligungen den im Maßnahmenprogramm nach § 36 WHG gestellten Anforderungen „entsprechen“ müssen. Dass nur auf die Maßnahmenprogramme, nicht aber auf die Bewirtschaftungspläne abgestellt wird, dürfte darauf zurückzuführen sein, dass letztere auf Grund ihres informatorischen und dokumentarischen Charakters nicht als Instrumente der wasserwirtschaftlichen Mikrosteuerung im strikten Rechtssinne fungieren und die gewässerbezogenen Einzelfallentscheidungen somit weder rechtsförmlich binden noch lenken708. Anders verhält es sich bei den Maßnahmenprogrammen, welche aus den Zielvorgaben der §§ 25a und b sowie 32c und 33a WHG n. F. bestimmte Handlungsanweisungen ableiten und damit das Bindeglied zwischen den Bewirtschaftungszielen und der konkreten Einzelfallentscheidung darstellen. Diese Maßnahmen sind für die Genehmigungsbehörden verbindlich (s. oben § 17 I.), so dass es sich bei deren Nicht-im-Einklang-Stehen mit den Erlaubnissen oder Bewilligungen ebenfalls um zwingende tatbestandliche Versagungsgründe handelt. Insofern verlaufen die Vorgaben der Maßnahmenprogramme parallel zu denen der Bewirtschaftungsziele, nur dass es sich bei letzteren um Handlungsanweisungen und damit eine weitere Operationalisierungsebene handelt, die den Entscheidungsspielraum der Genehmigungsbehörde zusätzlich einschränkt. Wie weitgehend die Maßnahmenprogramme die Entscheidung über die wasserrechtliche Genehmigung letztlich determinieren, hängt allerdings davon ab, wie konkret und präzise diese gefasst sind. Diese Frage lässt sich derzeit nur schwer abschätzen, da die Maßnahmenprogramme erst im Jahre 2009 erlassen werden sollen und weder von Seiten des Gesetzgebers noch der Verwaltung bereits konkrete Aussagen hierzu vorliegen709. Betrachtet man die große Maßstäblichkeit der Einzugsgebiete, so liegt die Vermutung nahe, dass die Maßnahmenprogramme eine gröber ansetzende Steuerung mit sich bringen, die erst noch in mehreren Stufen bis zur Vollzugsebene zu konkretisieren und spezifizie707

Vgl. oben § 12 III. 1. Vgl. insoweit Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 444 sowie oben § 17 III. 709 s. o. § 18 IV. 3. 708

§ 20 Auswirkungen der qualitätsorientierten Vorgaben der WRRL

465

ren ist710. Die Maßnahmenprogramme dürften deshalb in der Regel nicht geeignet sein, eine bestimmte Entscheidung über einen Erlaubnis- oder Genehmigungsantrag vorzugeben711. Vielmehr ist es wahrscheinlich, dass die vorgegebenen Maßnahmen eher abstrakt gefasst werden, so dass offen bleibt, mit welchen genauen Einzelfallentscheidungen die Bewirtschaftungsziele durchgesetzt werden sollen712. Zu bedenken ist aber, dass sich konkretere Vorgaben auch aus detaillierteren Programmen i. S. von § 36b IV WHG n. F. i. V. m. § 6b I SächsWG ergeben können, soweit auf Landesebene von diesem Instrumentarium Gebrauch gemacht wird. Bis zum Inkrafttreten der Maßnahmenprogramme haben die Genehmigungsbehörden im Rahmen der Genehmigungserteilung jedenfalls einen weiten Ermessensspielraum, zu Mal die Bewirtschaftungsziele ihrerseits erst noch zu konkretisieren sind713. c) Konsequenzen für das Gestattungsbewirtschaftungsermessen Betrachtet man die Auswirkungen der Bewirtschaftungsziele und der Maßnahmenprogramme auf das Bewirtschaftungsermessen der Genehmigungsbehörde im konkreten Einzelfall, so unterliegt dieses auf Grund seiner nicht veränderten rechtlichen Einbindung in § 6 WHG zunächst denselben inhaltlichen Kriterien wie bisher714. Der Spielraum, in dem sich das Gestattungsbewirtschaftungsermessen bewegt, wird durch die Bewirtschaftungsziele und die Festlegungen des Maßnahmenprogramms nach unten allerdings in erheblichem Maße eingeschränkt715. Grund hierfür ist, dass Komponenten wie die Festlegung von Qualitätszielen und allgemeinen Bewirtschaftungskonzeptionen für das jeweilige Gewässer, die im Zusammenhang mit dem bisherigen Gestattungsbewirtschaftungsermessen standen, nun auf die planerische Ebene der Zielfestlegung und Erstellung der Maßnahmenprogramme vorverlagert worden sind716. Raum für Ermessenserwägungen der 710

Graf, Vollzugsprobleme im Gewässerschutz, 2002, S. 254; s. hierzu auch oben § 17 III sowie § 18 IV 3. a) und 7. 711 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 448. 712 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 448. 713 Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, LT-Drs. 3/9974, S. 18. 714 Hasche, ZfW 2004, S. 168; Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 36 WHG, Rn. 5a. 715 Salzwedel, in: Hansmann/Paetow/Rebentisch (Hrsg.), Umweltrecht und Richterliche Praxis, 2003, S. 105; ders., in: Erbguth (Hrsg.), Änderungsbedarf im Wasserrecht, 2003, S. 20; Hasche, ZfW 2004, S. 168, 174; Holtmeier, ZfW 1999, S. 70; Seidel/Rechenberg, ZUR 2004, S. 213; Hentschel, Die europäische Wasserrahmenrichtlinie, 2005, S. 97 f.; Berendes, in: Bohne (Hrsg.), Ansätze zur Kodifikation des Umweltrechts in der Europäischen Union, 2005, S. 21.

466 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

Genehmigungsbehörde ist somit nur noch dort, wo die Grenzen wasserwirtschaftlicher Planung erreicht sind. Dies führt im Ergebnis dazu, dass die beantragte Gewässerbenutzung bereits auf tatbestandlicher Ebene versagt werden muss, wenn diese nicht mit den Bewirtschaftungszielen bzw. den Vorgaben des Maßnahmenprogramms übereinstimmt717. Erst wenn die Prüfung ergibt, dass die Ziele und Maßnahmen dem Vorhaben nicht entgegenstehen und auch sonstige zwingende Versagungsgründe nicht vorliegen, ist das Gestattungsbewirtschaftungsermessen überhaupt erst eröffnet718. Allerdings vermögen die Bewirtschaftungsziele und Vorgaben der Maßnahmenprogramme das Bewirtschaftungsermessen der Genehmigungsbehörden im konkreten Einzelfall nur dann in erheblichem Maße einzuschränken, wenn deren Determinierung so weitgehend ist, dass nur noch eine Entscheidung in eine bestimmte Richtung möglich ist719. Andernfalls fällt der Blick zwangsläufig zurück auf das Bewirtschaftungsermessen der Genehmigungsbehörden, das von nun an allerdings nicht mehr auf die Erstellung großräumigerer Bewirtschaftungskonzeptionen, sondern verstärkt auf die lokalen Besonderheiten des zu entscheidenden Einzelfalls ausgerichtet sein wird720. Hierbei handelt es sich um eine selektive und optionale Entscheidung darüber, welche Gewässerbenutzungen zur Erreichung der Bewirtschaftungsziele und Erfüllung der Maßnahmeprogramme verhindert oder beendet und welche anderen Benutzungen zugelassen oder aufrechterhalten werden sollen721. In dem finalen Kontext aktivieren die Maßnahmeprogramme damit einerseits das wasserbehördliche Bewirtschaftungsermessen, steigern zugleich aber auch den Begründungsaufwand bei den Einzelentscheidungen im Erlaubnis- und Bewilligungsverfahren. Dies gilt sowohl für Versagungsentscheidungen mit Blick auf die Belange des Antragstellers als auch für die Erteilung von Erlaubnissen und Bewilligungen im Hinblick auf den weiträumigen und langfristigen Gewässerschutz sowie die Belange der Allgemeinheit und der Drittbetroffenen722. Da bereits jetzt abzusehen ist, dass damit die rechtmäßige, d. h. transparente, plausible und konsistente Aus716 Hasche, ZfW 2004, S. 174; Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 36 WHG, Rn. 5a. 717 Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 36 WHG, Rn. 5a. 718 Hasche, ZfW 2004, S. 169. 719 Dies aber ist auf Grund der voraussichtlich eher gröberen Maßstäblichkeit der Maßnahmenprogramme sowie der lokalen Besonderheiten und Unterschiede im Hinblick auf die wasserwirtschaftlichen Gegebenheiten zu bezweifeln; Hasche, ZfW 2004, S. 169, sowie oben § 18 IV 3. a). 720 Hasche, ZfW 2004, S. 174. 721 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 448 f. 722 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 449.

§ 20 Auswirkungen der qualitätsorientierten Vorgaben der WRRL

467

übung des behördlichen Bewirtschaftungsermessens sowohl im Rahmen des Genehmigungsverfahrens als letztlich auch im anschließenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren von entscheidender Bedeutung sein wird, ist den Wasserbehörden zu raten, innerhalb ihres Ermessensspielraums Bewirtschaftungsstrategien zu entwickeln, die ein Höchstmaß an Rationalität für die Einzelfallentscheidung gewähren und zugleich an die langfristigen Zielsetzungen der WRRL rückgebunden sind723. d) Auswirkungen auf die wasserrechtliche Genehmigungspraxis Stellt man die Frage, welche Auswirkungen die neuen Bewirtschaftungsziele der §§ 25a, 32c und 33a WHG auf die künftige wasserrechtliche Genehmigungspraxis haben werden, so spricht viel dafür, dass diese im Rahmen der Konkretisierung des Wohls der Allgemeinheit i. S. von § 6 WHG zu einer verstärkten Beachtung der Belange des Gewässerschutzes führen werden724. Die Gewässerqualität konnte zwar auch bisher im Rahmen des Wohls der Allgemeinheit Berücksichtigung finden; tatsächlich war dieser Begriff in der Praxis jedoch schwer zu handhaben725. Der kombinierte Ansatz des deutschen Gewässerschutzrechts in Form von speziellen, emissionsbezogenen Anforderungen nach § 7a WHG einerseits und gewässer- und immissionsbezogenen Maßstäben nach § 6 WHG andererseits war deshalb weitgehend theoretischer Natur geblieben. Nach der neuen Rechtslage ist hingegen notwendig darauf abzustellen, ob die beantragte wasserrechtliche Erlaubnis der verbindlichen wasserwirtschaftlichen Zielsetzung widersprechen würde726. Maßstab hierfür sind die Qualitätsnormen für die einzelnen biologischen, hydromorphologischen und physikalisch-chemischen Kenngrößen. Durch die Vorgabe derartiger Qualitätsziele wird der mit der WRRL verfolgte finale Ansatz quantifizierbar und damit einer Überprüfung zugänglich727. Die Anforderungen an Einleitungen werden sich in der zukünftigen Genehmigungspraxis nicht mehr vorrangig auf die Emissionsgrenzwerte der Abwasserverordnung beschränken können728. Zudem wird der Handlungsdruck auf die Gewässerschutzbehörden durch die Handlungsvorgaben der Maßnahmenprogramme erheblich verstärkt729. Mit der zwin723

Vgl. hierzu Graf, Vollzugsprobleme im Gewässerschutz, 2002, S. 254; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2004, S. 449. 724 Graf, Vollzugsprobleme im Gewässerschutz, 2002, S. 186, S. 266 ff.; Salzwedel, in: Erbguth (Hrsg.), Änderungsbedarf im Wasserrecht, 2003, S. 19 f. 725 s. o. § 11 I. 3. 726 Appel, ZUR 2001, S. 133; SRU, Umweltgutachten 2004, Tz. 323. 727 SRU, Umweltgutachten 2004, Tz. 323. 728 SRU, Umweltgutachten 2004, Tz. 323. 729 Graf, Vollzugsprobleme im Gewässerschutz, 2002, S. 269.

468 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

genden Ausrichtung des WHG an den Gewässerqualitätszielen erlangt das Allgemeinwohl als substantielles Kriterium der Gewässerbewirtschaftung maßgebliches Gewicht. Da die Bedeutung emissionsrechtlicher Mindestanforderungen unangetastet bleibt, ist hiermit insgesamt eine Steigerung des Schutzniveaus verbunden730. 2. Einschränkung der Gestattungsfreiheit von Gewässerbenutzungen Der qualitätsorientierte Regelungsansatz der WRRL hat nicht nur Auswirkungen auf die Voraussetzungen für die Erteilung der wasserrechtlichen Genehmigung, sondern erweitert auch deren Anwendungsbereich. So wird § 25 WHG, wonach die Länder bestimmen können, dass für das Einbringen von Stoffen in oberirdische Gewässer zu Zwecken der Fischerei eine Erlaubnis oder Bewilligung nicht erforderlich ist, durch den Halbsatz „wenn dadurch keine signifikanten nachteiligen Auswirkungen auf den Zustand des Gewässers zu erwarten sind“, eingeschränkt. Diese Ergänzung trägt insbesondere Art. 11 III g) und i) WRRL Rechnung, der für gewässerverschmutzende Einleitungen aus Punktquellen sowie sonstige signifikante nachteilige Auswirkungen eine Genehmigungspflicht vorsieht und damit zur Gewährleistung der Umweltziele des Art. 4 WRRL beiträgt731. Die Einbringung von Stoffen für die Fischerei fällt dabei entweder unter den Begriff der Punktquelle oder ist als sonstige signifikante nachteilige Auswirkung zu verstehen732. Zwar enthalten Art. 11 III g) und i) WRRL keine Ausnahmemöglichkeiten von der Erlaubnispflicht, wie sie § 25 WHG n. F. grundsätzlich immer noch vorsieht, jedoch ist hier der übergreifende Ansatz der WRRL zugrunde zu legen, dass nur signifikante Gewässerbelastungen für die Bewirtschaftung ausschlaggebend sind733. Umgekehrt wird damit die Erlaubnisfreiheit möglich, soweit derartige Auswirkungen nicht zu erwarten sind734. Der Gesetzgeber hat den Begriff „signifikant“ als neuen unbestimmten Rechtsbegriff unmittelbar dem Richtlinientext entlehnt. Der Begriff unterscheidet sich von dem sonst im WHG verwendeten Begriff der „Erheblichkeit“ insofern, als es für seine Bestimmung auf quantitative Faktoren nicht ankommt und er damit bereits vor der Erheblichkeitsschwelle ansetzt735. Damit stehen selbst geringfügige nachteilige Stoffeinträge in ein 730

SRU, Umweltgutachten 2004, Tz. 323. Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 25, Rn. 5. 732 BT-Drs. 14/7755, S. 17; Knopp, ZUR 2001, S. 376. 733 BT-Drs. 14/7755, S. 17; Knopp, ZUR 2001, S. 376 f. 734 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 25, Rn. 5. 735 BT-Drs. 14/7755, S. 17; Knopp, ZUR 2001, S. 377; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 25, Rn. 5. 731

§ 20 Auswirkungen der qualitätsorientierten Vorgaben der WRRL

469

Gewässer der Erlaubnisfreiheit entgegen, wenn begründet vermutet werden kann, dass sie negative Auswirkungen auf den ökologischen Zustand des Gewässers haben736. Hinweise dafür können sich daraus ergeben, dass für solche Belastungen bereits gemeinschaftliche Anforderungen – etwa aus der Kommunalabwasser-, der Nitrat- oder der IVU-Richtlinie – vorliegen737. Die weitere Konkretisierung des Begriffs ist Aufgabe der Länder im Rahmen der Umsetzung der Anhänge II und V der WRRL sowie laufender fachlicher Untersuchungen738. Im gleichen Sinne wie § 25 WHG musste auch § 33 I WHG ergänzt werden, der eine Ausnahme von der Bewilligungspflicht für das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten oder Ableiten von Grundwasser für den Haushalt, für den landwirtschaftlichen Hofbetrieb, für das Tränken des Viehs außerhalb des Hofbetriebs oder in geringen Mengen zu einem vorübergehenden Zweck (Nr. 1) sowie zum Zweck der gewöhnlichen Bodenentwässerung landwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzter Grundstücke (Nr. 2) vorsieht. Die insoweit gewährte Erlaubnisfreiheit wird nun durch Satz 2 aufgehoben, wenn von solchen Benutzungen signifikante nachteilige Auswirkungen auf den Zustand der Gewässer zu erwarten sind. Hintergrund für diese Regelung ist Art. 11 III e) WRRL, der u. a. eine Vorabgenehmigung für das Entnehmen von Grundwasser vorsieht739. Im Hinblick auf die Interpretation des Begriffs „signifikant“ kann auf die Ausführungen zu § 25 WHG n. F. verwiesen werden740. 3. Konsequenzen für Auflagen, Benutzungsbedingungen und nachträgliche Revisionsmöglichkeiten Die qualitätsorientierten Vorgaben der WRRL beeinflussen die Erteilung wasserrechtlicher Genehmigungen auch insofern, als sie gem. § 4 I, II Nr. 2a WHG im Rahmen von Auflagen und Nutzungsbedingungen zu berücksichtigen sind741. Bereits vor Umsetzung der WRRL konnten die hier genannten Maßnahmen, d. h. solche, die zum Ausgleich einer auf die Benutzung zurückzuführenden Beeinträchtigung der physikalischen, chemischen oder biologischen Beschaffenheit des Wassers erforderlich sind, angeordnet 736 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 25, Rn. 5; Borchardt/Mohaupt, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 93. 737 Borchardt/Mohaupt, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 93. 738 BT-Drs. 14/7755, S. 17; Knopp, ZUR 2001, S. 377. 739 BT-Drs. 14/7755, S. 20. 740 Knopp, ZUR 2001, S. 377. 741 VGH München, NuR 2005, S. 185/186; Fröhlich, ZfW 2005, S. 143 ff.

470 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

werden742. Im Zuge der 7. WHG-Novelle wurden die Worte „physikalischen, chemischen oder biologischen Beschaffenheit des Wassers“ nunmehr durch die Formulierung des „ökologischen und chemischen Zustands eines oberirdischen Gewässers oder Küstengewässers sowie des mengenmäßigen und chemischen Zustands des Grundwassers“ ersetzt und damit auf die Umweltziele der WRRL abgestimmt743. Durch die Regelung des § 5 I WHG744, insbesondere die Ergänzung des § 5 I 1 Nr. 1a WHG um den Vorbehalt nachträglicher Maßnahmen für die Umsetzung des Maßnahmenprogramms nach § 36 WHG n. F., wird zudem die Möglichkeit eröffnet, bereits bestehende wasserrechtliche Erlaubnisse und Bewilligungen dem zur Erreichung des guten Gewässerzustands vorgegebenen neuen Instrumentarium anzupassen745. Denn die Vorschrift ist nicht nur auf tatsächliche Veränderungen des Gewässerzustands, sondern auch auf Änderungen rechtlicher Art, z. B. strengere rechtliche Pflichten auf Grund geänderter oder neuer nationaler und supranationaler Bestimmungen anwendbar746. Zwar steht die Entscheidung über die Anordnung nachträglicher Anforderungen grundsätzlich im Ermessen der Behörde747, jedoch können die neuen Bewirtschaftungsziele zu einer Ermesseneinschränkung führen, um die supranationalen Voraussetzungen bis zum Jahre 2015 erfüllen zu können. Im Übrigen ist eine Anpassung bestehender Genehmigungen an die qualitätsorientierten Vorgaben der WRRL auch durch die zahlreichen weiteren Revisionsmöglichkeiten, die das WHG einräumt, wie beispielsweise den Widerruf von Erlaubnissen (§ 7 I WHG), Bewilligungen (§ 12 WHG) oder alten Rechten und Befugnissen (§ 15 WHG) sowie die Durchführung von Ausgleichsverfahren (§ 18 WHG) möglich748. Die Befugnisse der Behörde, in dieser Weise auf bereits bestandskräftige Genehmigungen einzuwirken, sind im Wasserrecht nicht unerheblich749.

742

s. hierzu oben § 11 I. 1. e). Fröhlich, ZfW 2005, S. 144. 744 Dieser gilt gem. § 5 II WHG für alte Rechte und Befugnisse (§ 15 WHG) entsprechend. 745 BT-Drs. 14/7755, S. 16; Knopp, NVwZ 2003, S. 278; Fröhlich, ZfW 2005, S. 150. 746 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 5, Rn. 1. 747 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 5, Rn. 3. 748 Vgl. insoweit Wahl/Appel, in: Wahl (Hrsg.), Prävention und Vorsorge, 1995, S. 187 f. 749 Sendler, WiVerw 1993, S. 296 ff.; Wahl/Appel, in: Wahl (Hrsg.), Prävention und Vorsorge, 1995, S. 188. 743

§ 20 Auswirkungen der qualitätsorientierten Vorgaben der WRRL

471

II. Gewässerunterhaltung Das umfassende Bewirtschaftungskonzept der WRRL beschränkt sich nicht nur auf die Benutzung, sondern bezieht sich auch auf die Unterhaltung der Gewässer750. So ist § 28 WHG über die Gewässerunterhaltung durch die 7. WHG-Novelle in weiten Teilen neu gefasst und an die Bewirtschaftungsziele des Art. 4 WRRL angepasst worden. 1. Einfluss der Bewirtschaftungsziele Die Neuregelung des § 28 I WHG definiert die Gewässerunterhaltung zunächst als Pflege und Entwicklung eines Gewässers (Satz 1), die sich an den Bewirtschaftungszielen der §§ 25a bis d WHG ausrichten muss und diese Ziele nicht gefährden darf (Satz 2). Dabei sind Pflege und Entwicklung des Gewässers nicht Zwecke oder Ziele der Unterhaltung, sondern bezeichnen Mittel, Wege und Instrumente für die Erreichung der vorgenannten Ziele751. Während die Pflege in Übereinstimmung mit dem klassischen Unterhaltungsbegriff die Erhaltung eines bestimmten Gewässerzustandes beschreibt, streben Maßnahmen der Entwicklung die Hinführung auf einen positiven Zustand bzw. eine Verbesserung an. Damit wird klargestellt, dass nicht nur statuserhaltende, sondern auch zustandsverändernde bzw. -verbessernde ökologische Weiterentwicklungen eines Gewässers zur Gewässerunterhaltung gehören, wobei die Grenze zum Gewässerausbau nicht überschritten werden darf752. Die materiellen Vorgaben, insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung, sind in den Bewirtschaftungszielen für oberirdische Gewässer gem. §§ 25a bis d WHG enthalten. Grund für die Beachtung der Bewirtschaftungsziele ist die Tatsache, dass die Unterhaltung – neben der Benutzung und dem Ausbau des Gewässers – ein nicht zu vernachlässigender Teil der Gewässerbewirtschaftung ist753. § 28 I 2 WHG verweist dabei nicht pauschal auf die Bewirtschaftungsziele, sondern nimmt differenziert auf die verschiedenen Regelungen der §§ 25a bis d WHG Bezug. Die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Unterhaltungsmaßnahme richtet sich somit danach, ob das betreffende Gewässer i. S. des § 25b WHG als künstlich oder erheblich verändert eingestuft wurde oder ob die allgemeinen Anforderungen des § 25a WHG gelten. Ferner sind etwaige 750

BT-Drs. 14/7755, S. 19; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 28, Rn. 12. Schwendner, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 28 WHG, Rn. 8c. 752 Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, LT-Drs. 3/9974, S. 38. 753 Schwendner, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 28 WHG, Rn. 9. 751

472 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

Fristverlängerungen (§ 25c WHG) und Ausnahmen (§ 25d WHG) mit in die Bewertung einzubeziehen754. Dabei ist nach § 28 I 2 WHG zunächst zu gewährleisten, dass die Unterhaltung die Erreichung der Bewirtschaftungsziele nicht gefährdet755. Darüber hinaus muss sich jede Maßnahme an den für das betreffende Gewässer jeweils einschlägigen Zielen ausrichten756. Dies bedeutet nicht nur eine allgemeine Pflicht, den wasserwirtschaftlichen Anforderungen Rechnung zu tragen oder sie zu berücksichtigen, sondern begründet konkrete Voraussetzungen für die wasserrechtliche Zulässigkeit einzelner Unterhaltungsmaßnahmen. Der Träger der Unterhaltungslast ist damit an die materiellen Vorgaben der Bewirtschaftung gebunden757. Die Erreichung der Bewirtschaftungsziele ist so – insbesondere im Hinblick auf den guten ökologischen Zustand eines Fließgewässers mit den hydromorphologischen Qualitätskomponenten wie Menge und Dynamik des Wasserabflusses, Laufentwicklung, Variationen von Breite und Tiefe, Struktur und Bedingungen der Uferbereiche – gerade auch durch Maßnahmen der Gewässerunterhaltung beeinflussbar758. Während die staatlichen Behörden bisher kaum auf derartige Maßnahmen drangen, wird es künftig zu ihren Pflichtaufgaben gehören, entsprechende Anstrengungen auf hydromorphologischem Gebiet zu unternehmen759. Die in der Neufassung des § 28 WHG enthaltene Ermächtigung der Länder, die Gewässerunterhaltung auch in anderer wasserwirtschaftlicher Hinsicht zu definieren, eröffnet die Möglichkeit, in den Landeswassergesetzen Aussagen zur ökologischen Pflege und Entwicklung der Gewässer zu treffen. In Sachsen waren Gewässerpflege- und Entwicklungsmaßnahmen in die Gewässerunterhaltung allerdings bereits nach dem bisherigen SächsWG einbezogen, da der Landesgesetzgeber von der Ermächtigung des § 28 I 3 WHG a. F. (§ 28 I 6 WHG n. F.) in sehr weitreichendem Maße Gebrauch gemacht und den Umfang der Unterhaltung auf den Erhalt bzw. die Wiederherstellung der ökologischen Funktion der Gewässer (§ 69 I 1 Nr. 3 SächsWG a. F.) sowie auf die Ufer und Gewässerrandstreifen (§ 69 I 1 Nr. 2 SächsWG a. F.) erweitert hat760. Insofern waren im Katalog des 754

BT-Drs. 14/7755, S. 19; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, Art. 28, Rn. 14b. Erforderlich ist dabei eine durch die Unterhaltungsmaßnahme hervorgerufene konkrete Gefahr; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 28, Rn. 14a. 756 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 28, Rn. 14a. 757 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 28, Rn. 14a. 758 Schwendner, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 28 WHG, Rn. 8d. 759 Salzwedel, in: Hansmann/Paetow/Rebentisch (Hrsg.), Umweltrecht und richterliche Praxis, 2003, S. 106. 760 Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, LT-Drs. 3/9974, S. 39. 755

§ 20 Auswirkungen der qualitätsorientierten Vorgaben der WRRL

473

§ 69 I 1 SächsWG, um die Vorgaben der WRRL zu erfüllen, nur einige – meist klarstellende – Ergänzungen vorzunehmen. Dies betrifft Nr. 1, wonach das Gewässerbett nicht nur für einen ordnungsgemäßen Wasserabfluss, sondern auch für den guten Zustand des Gewässers zu erhalten, zu räumen und zu reinigen ist und den neu hinzugefügten Nr. 9, welcher die Unterhaltungsverpflichtung auch auf die Umsetzung von Maßnahmen aus einem verbindlichen Maßnahmenprogramm erstreckt761. In § 69 I 1 Nr. 2 SächsWG wird zudem die Verpflichtung zum Erhalt bzw. zur Wiederherstellung der ökologischen Funktion der Gewässer sowie der Ufer und Gewässerrandstreifen von der Bewirtschaftung der Gewässerrandstreifen gem. § 50 II 2 SächsWG abgegrenzt. Mit der Neufassung des § 69 I 2 SächsWG, wonach Unterhaltungsmaßnahmen auf das wasserwirtschaftlich Erforderliche zu beschränken sind und den Belangen des Naturhaushalts Rechnung zu tragen ist, wird klargestellt, dass unter den Begriff der „Unterhaltung“ nur die Maßnahmen fallen, die aus wasserwirtschaftlicher Sicht gerade zu diesem Zweck erforderlich sind. Eine solche Regelung war zur Abgrenzung der Unterhaltungsmaßnahmen vom naturschutzrechtlichen Eingriff oder Verbotstatbeständen nach Schutzgebietsverordnungen erforderlich762. Insbesondere bei Maßnahmen, mit denen eine jahrelang unterbliebene Unterhaltung nachgeholt werden soll, wird diese Abgrenzung von dem Unterhaltungspflichtigen selbst nur schwer zu beurteilen sein. Deshalb regelt § 69 I 3 SächsWG n. F., dass entsprechende Maßnahmen vorher der zuständigen unteren Wasserbehörde anzuzeigen sind, um dieser die Möglichkeit zur Prüfung des Sachverhalts und ggf. zu einem Einschreiten zu geben763. 2. Bedeutung der Maßnahmenprogramme Die Unterhaltung des Gewässers muss nach § 28 I 3 WHG n. F. zudem den im Maßnahmenprogramm nach § 36 WHG n. F. gestellten Anforderungen entsprechen. Auch hier besteht eine rechtliche Bindung und nicht lediglich eine Beachtenspflicht764. Maßnahmen aus dem Maßnahmenprogramm, welche die Gewässerunterhaltung betreffen oder sich direkt oder indirekt darauf auswirken, setzen die Bewirtschaftungsziele um und konkretisieren damit gleichzeitig die Gewässerunterhaltungspflicht. Dadurch können sich neue und/oder geänderte Aufgaben für die Unterhaltungsverpflichteten er761 Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, LT-Drs. 3/9974, S. 39. 762 Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, LT-Drs. 3/9974, S. 39. 763 Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, LT-Drs. 3/9974, S. 39. 764 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 28, Rn. 14.

474 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

geben765. § 36 WHG n. F. enthält im Rahmen sowohl der grundlegenden Maßnahmen (§ 36 III WHG i. V. m. Art. 11 III WRRL) als auch und vor allem der ergänzenden Maßnahmen (§ 36 IV WHG i. V. m. Art. 11 IV WRRL) zahlreiche Möglichkeiten der planerischen Steuerung der Unterhaltung eines Gewässers. So dient etwa Art. 11 III c) WRRL der Sicherung und Erhaltung der Wassernutzung („Förderung einer effizienten und nachhaltigen Wassernutzung“) und schließt damit auch Maßnahmen der Unterhaltung mit ein. Die offene Formulierung des Art. 11 IV WRRL eröffnet sodann ein breites, allerdings durch die Gewässerschutzbezogenheit der Bewirtschaftung begrenztes Spektrum denkbarer Anordnungen766. Die in § 28 I 4 2. Hs. WHG genannten ethisch-sozialen Belange wie die Berücksichtigung des Bildes und des Erholungswertes der Gewässerlandschaft dürfen daher nicht über die §§ 36, 28 I 3 WHG zu rechtsverbindlichen Unterhaltungspflichten ausgedehnt werden767. Im Einzelfall ist die Rechtmäßigkeit einer bestimmten Unterhaltungsmaßnahme am Maßstab des jeweiligen Programms zu beurteilen. Soweit jedoch das Maßnahmenprogramm konkrete Unterhaltungsmaßnahmen vorsieht, ist der Träger der Unterhaltungslast verpflichtet, diese durchzuführen768. 3. Auswirkungen auf die Unterhaltung von Bundeswasserstraßen Die qualitätsorientierten Vorgaben der WRRL wirken sich nicht nur auf die Unterhaltungsverpflichtung der Landesbehörden, sondern auch auf die Gewässerunterhaltung an Bundeswasserstraßen aus. So wurde § 8 I WaStrG dahingehend erweitert, dass entsprechende Unterhaltungsmaßnahmen die nach den §§ 25a bis 25d WHG maßgebenden Bewirtschaftungsziele berücksichtigen müssen. Die Ergänzung des WaStrG war erforderlich, um für alle Gewässer und alle auf die Gewässer unmittelbar einwirkenden Maßnahmen eine Umsetzung der WRRL in deutsches Recht sicherzustellen769. Die Verpflichtung, den Belangen des Naturhaushalts Rechnung zu tragen, wie dies bereits vor der Umsetzung der WRRL in § 8 I 2 WaStrG bestimmt war, reichte insofern nicht aus770. Wirksamer wäre allerdings eine strikte Bindung an die Bewirtschaftungsziele des WHG gewesen, nicht lediglich eine 765 Schwendner, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 28 WHG, Rn. 10. 766 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 28, Rn. 14. 767 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 28, Rn. 14. 768 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 28, Rn. 14. Zum Problem der Kostentragung ausführlich Salzwedel, in: Hansmann/Paetow/Rebentisch (Hrsg.), Umweltrecht und richterliche Praxis, 2003, S. 108 ff. 769 BT-Drs. 14/7755, S. 29. 770 BT-Drs. 14/7755, S. 29.

§ 20 Auswirkungen der qualitätsorientierten Vorgaben der WRRL

475

Berücksichtigungspflicht771. Die Ergänzung des WaStrG verändert dabei nicht die Zuständigkeiten der Verwaltung der Bundeswasserstraßen, berücksichtigt aber, dass alle mit Maßnahmen am Gewässer befassten Hoheitsträger und Stellen bei deren Durchführung an die neuen Bewirtschaftungsziele gebunden sind772. Diese werden entsprechend zu diskutieren haben, wie die ökologischen Anforderungen der WRRL mit den Anforderungen der Schifffahrt in Übereinstimmung gebracht werden können. Die zur Zeit praktizierte einseitige Ausrichtung auf die Nutzung der Gewässer als Transportwege wird daher einer differenzierteren Betrachtung weichen müssen773.

III. Gewässerausbau Die Bewirtschaftungsziele der §§ 25a bis d WHG liefern nicht nur materielle Vorgaben für die Gewässerbenutzung und die Gewässerunterhaltung, sondern haben auch Auswirkungen auf den Gewässerausbau. Rechtlich hat die 7. Novelle zum WHG den Umweltzielen des Art. 4 WRRL – parallel zu § 28 I 2 und 3 WHG n. F. – durch Anfügen der Sätze 3 und 4 in § 31 I WHG Rechnung getragen. 1. Einfluss der Bewirtschaftungsziele § 31 I 3 WHG n. F. regelt für den gesamten Anwendungsbereich des § 31 WHG, dass sich Ausbaumaßnahmen an den Bewirtschaftungszielen der §§ 25a bis d WHG ausrichten774 müssen und die Erreichung dieser Ziele nicht gefährden dürfen775. Dies bedeutet, dass der Gewässerausbau den Bewirtschaftungszielen Rechnung tragen muss, er voll in sie einzupassen ist776. Dies wird noch durch § 31 I 3 2. Hs. WHG bestätigt und bekräf771

Seidel/Rechenberg, ZUR 2004, S. 214. Die Gesetzgebungskompetenz für die Ergänzung des WaStrG ergibt sich für den Bund aus Art. 75 I 1 Nr. 4 GG i. V. m. Art. 72 und 75 II GG; BT-Drs. 14/7755, S. 29. 773 v. Keitz/Kraemer, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 228. 774 Mit dem „Ausrichten“ wird ein neuer Begriff in das WHG eingeführt. Damit wurde die ursprüngliche Fassung des Gesetzesentwurfs, wonach die §§ 25a bis d WHG lediglich „berücksichtigt“ werden mussten, verschärft; Zeitler, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp (Hrsg.), WHG. AbwAG, 2004, § 31 WHG, Rn. 37e. Die Anforderung des „Ausrichtens“ und nicht des „Entsprechens“ (wie in § 31 I 4 WHG n. F.) ist wohl darauf zurückzuführen, dass die Bewirtschaftungsziele keine auf den jeweiligen konkreten Gewässerausbau abgestellten Vorgaben enthalten oder enthalten können; Fröhlich, ZfW 2005, S. 141. 775 Zeitler, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp (Hrsg.), WHG. AbwAG, 2004, § 31 WHG, Rn. 37e; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 31, Rn. 13. 772

476 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

tigt, wonach Ausbaumaßnahmen die Erreichung dieser Ziele nicht gefährden dürfen. Das heißt, der Gewässerausbau darf nicht nur nicht den Zielen widersprechen, sondern auch nicht zu Unsicherheiten führen, ob durch ihn ein Ziel nicht erreicht wird777. Die konkretisierten Bewirtschaftungsziele sind je nach der Art des auszubauenden Gewässers (§ 25a oder § 25b WHG) als zwingende Vorgaben in die Entscheidung über die Planfeststellung einzustellen. Ausbauten, die den Zielen nicht genügen, sind nur ausnahmsweise und unter den Voraussetzungen des § 25d WHG planfeststellungs- oder plangenehmigungsfähig778. So dürfen z. B. Ausbaumaßnahmen, welche die von der WRRL geforderte Gewässerdurchgängigkeit verhindern, nur noch in begründeten Ausnahmefällen erfolgen779. Auch die Neufassung des § 31 I WHG bleibt dabei eine unmittelbar geltende Vorschrift780. 2. Bedeutung der Maßnahmenprogramme § 31 I 4 WHG n. F. schreibt nunmehr vor, dass Gewässerausbaumaßnahmen den im Maßnahmeprogramm nach § 36 WHG n. F. an den Gewässerausbau gestellten Anforderungen entsprechen müssen. Das bedeutet, dass der Gewässerausbau den konkreten Anforderungen des Maßnahmeprogramms nicht nur nicht widersprechen darf, sondern die entsprechenden Vorgaben vielmehr in die Gewässerausbaumaßnahmen zu übernehmen und mit dem Gewässerausbau zu verwirklichen sind781. Dies muss in den dem Gewässerausbau zu Grunde liegenden Unterlagen (Pläne und sonstige Beilagen, Begründungen) nachgewiesen werden782. Die Ausrichtung des Gewässerausbaus an den Maßnahmenprogrammen wird zudem auch durch § 80 II 1 SächsWG n. F. vorgeschrieben, wonach die Planfeststellung oder Plangenehmigung zu versagen ist, wenn der beabsichtigte Ausbau die Umsetzung von im Maßnahmenprogramm verbindlich festgelegten Maßnahmen erschwert und die nachteiligen Wirkungen nicht durch Auflagen verhütet oder ausgeglichen werden können.

776

Zeitler, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp (Hrsg.), WHG. WHG, Rn. 37e. 777 Zeitler, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp (Hrsg.), WHG. WHG, Rn. 37e. 778 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 31, Rn. 13. 779 BT-Drs. 14/7755, S. 19. 780 BT-Drs. 14/7755, S. 19. 781 Zeitler, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp (Hrsg.), WHG. WHG, Rn. 37h. 782 Zeitler, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp (Hrsg.), WHG. WHG, Rn. 37h.

AbwAG, 2004, § 31 AbwAG, 2004, § 31

AbwAG, 2004, § 31 AbwAG, 2004, § 31

§ 20 Auswirkungen der qualitätsorientierten Vorgaben der WRRL

477

3. Auswirkungen auf den Ausbau von Bundeswasserstraßen Ebenso wie im Rahmen der Gewässerunterhaltung war es auch für die im Verkehrsinteresse liegenden Maßnahmen des Gewässerausbaus an Bundeswasserstraßen erforderlich, diese an den qualitätsorientierten Vorgaben der WRRL auszurichten783. Dementsprechend wurde § 12 VII WaStrG dahingehend ergänzt, dass Ausbaumaßnahmen die nach den §§ 25a bis d WHG maßgebenden Bewirtschaftungsziele berücksichtigen müssen. In größerem Umfang noch als im Rahmen der Unterhaltung von Bundeswasserstraßen erfordern die Ziele der WRRL im Bereich des Gewässerausbaus ein Umdenken. Dies gilt insbesondere für Maßnahmen wie die Stabilisierung und Verbesserung der Fahrrinne durch den Bau von Staustufen und die Laufbegradigung an Fließgewässern, mit denen zahlreiche negative Auswirkungen auf den Naturhaushalt verbunden sind784. Hier wird künftig eine größere Zurückhaltung geboten sein, soll das Erreichen der Bewirtschaftungsziele nicht gefährdet werden. Allerdings wäre auch insofern eine strikte Bindung an die Ziele anstatt einer bloßen Berücksichtigungspflicht angezeigt gewesen785.

IV. Anlagengenehmigung gem. § 91 SächsWG Die neuen Bewirtschaftungsziele wirken sich schließlich auch auf die Genehmigungserteilung für Anlagen in, an, unter und über oberirdischen Gewässern sowie solchen im Uferbereich i. S. von § 91 SächsWG aus. Dies ergibt sich aus dem neu eingefügten § 91 Ia SächsWG, wonach sich die wasserrechtliche Genehmigung an den §§ 25a bis 25d und 33a WHG ausrichten muss, der fristgerechten Erreichung dieser Ziele nicht entgegenstehen darf und den im jeweiligen Maßnahmenprogramm nach § 36 WHG gestellten Anforderungen entsprechen muss. Auch die Unterhaltung der Anlagen hat gem. § 92 I 1 SächsWG n. F. so zu erfolgen, dass die Erreichung der Bewirtschaftungsziele nach den §§ 25a und b WHG n. F. nicht gefährdet wird. Erhebliche Bedeutung kommt den neuen Bestimmungen dabei im Hinblick auf Wehranlagen im Bereich der Wasserkraftnutzung zu, deren Einfluss auf die natürliche Gewässerentwicklung insbesondere durch eine verminderte Substratumlagerung und die Unterbrechung der Durchgängigkeit des Gewässers für Wanderfischarten gekennzeichnet ist786. Eine wichtige Neuerung ergibt 783 Die bisherige Fassung des § 12 VII WaStrG reichte hierfür nicht aus; BT-Drs. 14/7755, S. 29. 784 Ausführlich hierzu v. Keitz/Kraemer, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 222 ff. 785 Seidel/Rechenberg, ZUR 2004, S. 214; s. hierzu auch oben § 20 II. 3.

478 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

sich insoweit aus § 91b SächsWG n. F., der zur Erreichung des Bewirtschaftungsziels eines guten ökologischen Zustands die Durchgängigkeit der Fließgewässer festschreibt (vgl. insofern Art. 4 I a) ii) i. V. m. Anhang V Nr. 1.2.1 WRRL). Danach hat derjenige, der eine Stauanlage oder sonstige Anlage im Gewässer errichtet oder wesentlich ändert, durch geeignete Einrichtungen oder Maßnahmen die Durchgängigkeit des Gewässers zu erhalten oder wiederherzustellen, wenn die Bewirtschaftungsziele der §§ 25a und 25b WHG dies erfordern (Satz 1). Bei bestehenden Anlagen, die die ökologische Durchgängigkeit des Gewässers verhindern, können die erforderlichen Maßnahmen auch nachträglich angeordnet werden (Satz 2). Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass Stauanlagen zu den in der Praxis häufigsten Hindernissen für aquatische Arten, insbesondere den Fischaufstieg, gehören787. Zur Unterstützung von Maßnahmen zur Erreichung der Durchgängigkeit der Fließgewässer hat der Freistaat Sachsen ein sog. „Programm zur Wiederherstellung der Durchgängigkeit sächsischer Fließgewässer (Gewässerdurchgängigkeitsprogramm Sachsen)“788 aufgelegt, das u. a. auch der Umsetzung der diesbezüglichen Ziele der WRRL dient789.

§ 21 Die Integration der Umweltqualitätsziele des Art. 4 WRRL in andere Regelungsbereiche Wurde in § 20 erörtert, welchen Einfluss die Ziele des Art. 4 WRRL auf die Tatbestandsvoraussetzungen für die Erteilung wasserrechtlicher (Anlagen-)Genehmigungen, die Gewässerunterhaltung und den Gewässerausbau haben, um einen guten Gewässerzustand zu erreichen bzw. zu erhalten, so ist in weiterer Analyse der Belastungsursachen auch dem gravierenden Einfluss der Flächennutzung auf die Wasserqualität nachzugehen790. Die Bewirtschaftung muss daher das gesamte Einzugsgebiet im Blick haben und versuchen, auch die in der Fläche liegenden Ursachen ökologischer, chemisch-physikalischer, mengenmäßiger und morphologischer Defizite zu minimieren791. Allerdings stehen diese Flächennutzungen regelmäßig im Ein786 v. Keitz/Kraemer, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 229. 787 Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SächsWG, LT-Drs. 3/9974, S. 46. 788 An diesem Programm werden nicht nur Eigentümer, öffentliche Träger der Unterhaltungslast und Nutzer betroffener wasserbaulicher Anlagen, sondern auch interessierte Naturschutz-, Angler- und Sportverbände beteiligt; Dehnert, in: Grüne Liga (Hrsg.), EG-Wasserrahmenrichtlinie und Hochwasserschutz, 2005, S. 11. 789 Menzel, in: Sachsenlandkurier 2004, S. 257. 790 Vgl. oben § 17 II. 1. a). 791 Hurck, KA – Wasser, Abfall 2004, S. 478.

§ 21 Integration des Art. 4 WRRL in andere Regelungsbereiche

479

klang mit den jeweiligen fachgesetzlichen Anforderungen und basieren häufig auf genehmigten Plänen. Daher hat die Wasserwirtschaft auf Grund ihres begrenzten Zuständigkeitsbereiches nur beschränkte Möglichkeiten, diese Belastungen zu minimieren. Sie ist deshalb auf die Zusammenarbeit mit den Nutzern in der Fläche angewiesen792. Eine solches Vorgehen empfiehlt sich auch deshalb, weil entsprechende – direkt bei den Belastungen in der Fläche ansetzende – Maßnahmen häufig ungleich effektiver und kostengünstiger sind als beispielsweise solche im Bereich der Abwasserreinigung und des Gewässerausbaus, die in erster Linie nur auf Symptombekämpfung abzielen793. Die Umsetzung der WRRL erfordert daher eine integrierte Gewässerbewirtschaftung, die nicht zuletzt auch eine stärkere Zusammenarbeit mit anderen Politikbereichen voraussetzt794. Hierbei handelt es sich vor allem um flächenbezogene Tätigkeitsfelder wie den Naturschutz, die Landwirtschaft und die Raumplanung, die mit den Zielen der WRRL abzustimmen und zu verzahnen sind795. Zudem ergeben sich Überschneidungsbereiche mit dem Hochwasserschutz, der zwar im Zuständigkeitsbereich der Wasserbehörden liegt, aber ebenfalls sehr starke Wechselwirkungen mit der Flächennutzung im Einzugsgebiet aufweist. Es soll deshalb im Folgenden untersucht werden, welche Schnittstellen die genannten Regelungsbereiche mit den Umweltqualitätszielen der WRRL aufweisen und wie diese in die einzelnen Tätigkeitsfelder integriert werden können. Hierbei handelt es sich um Fragen der sog. externen Integration, d. h. der Einbeziehung der Erfordernisse des Umweltschutzes in andere Politikfelder796, wie sie in Art. 6 EGV gefordert ist.

I. Naturschutz Auch wenn die WRRL keine Naturschutzrichtlinie ist, bestehen auf Grund ihres ökologischen Ansatzes bereits auf den ersten Blick zahlreiche Berührungspunkte zum Naturschutz797. Dieser zielt auf die Sicherung der 792 Stratenwerth, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 338; Hurck, KA – Wasser, Abfall 2004, S. 478, 480; Finke, in: Moss (Hrsg.), Das Flussgebiet als Handlungsraum, 2003, S. 325. 793 Hurck, KA – Wasser, Abfall 2004, S. 478. 794 In diesem Sinne Knopp, in: Bohne (Hrsg.), Ansätze zu einer Kodifikation des Umweltrechts in der Europäischen Union, 2005, S. 29. Vgl. zu den Dimensionen integrierter Gewässerschutzpolitik Krämer, in: Bruha/Koch (Hrsg.), Integrierte Gewässerpolitik in Europa, 2001, S. 42 ff. 795 In diesem Sinne auch Graf, Vollzugsprobleme im Gewässerschutz, 2002, S. 270. 796 Zur Unterscheidung zwischen interner und externer Integration s. bereits oben § 13 III. 3. 797 Hurck, KA – Wasser, Abfall 2004, S. 480.

480 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

Schutzgüter Wasser, Boden, Luft, der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes, wild lebender Pflanzen und Tiere und ihrer Lebensräume sowie der Eigenart, Vielfalt und Schönheit von Natur und Landschaft (vgl. § 1 I BNatSchG)798. Will man die Möglichkeiten zur Integration der Umweltziele des Art. 4 WRRL im Bereich des Naturschutzes genauer beurteilen, muss zunächst untersucht werden, welchen Überschneidungsbereich beide Regelungsgegenstände aufweisen. Anschließend ist zu prüfen, inwieweit sich die Ziele von WRRL und Naturschutz verstärken bzw. ergänzen, um Ansatzpunkte für ein gemeinsames Handeln aufzuzeigen. 1. Gewässerbezogene Bestimmungen des Naturschutzrechts Der gewässerbezogene Naturschutz ist in Deutschland durch Gesetze bereits seit langem institutionalisiert799. So legt § 2 I Nr. 4 BNatSchG fest, dass natürliche und naturnahe Gewässer sowie deren Uferzonen und natürliche Rückhalteflächen zu erhalten, zu entwickeln und wiederherzustellen sind. Änderungen des Grundwasserspiegels, die zu einer Zerstörung oder nachhaltigen Beeinträchtigung schutzwürdiger Biotope führen können, sind zu vermeiden und unvermeidbare Beeinträchtigungen auszugleichen. Zudem hat der Ausbau von Gewässern so naturnah wie möglich zu erfolgen800. Gewässer und Gewässerrandzonen müssen gem. § 31 BNatSchG als Lebensstätten und Lebensräume für heimische Tier- und Pflanzenarten erhalten bleiben und so weiter entwickelt werden, dass sie ihre großräumige Vernetzungsfunktion auf Dauer erfüllen können (vgl. insoweit § 34 I SächsWG, der die Voraussetzungen für Schutzstreifen an Gewässern regelt). Schließlich werden gem. §§ 30 BNatSchG, 26 SächsNatSchG auch spezielle Feuchtgebietsbiotope wie beispielsweise sumpfige und moorige Flächen, Verlandungszonen und Altarme von Gewässern geschützt (s. auch § 1 Nr. 4 SächsNatSchG). Der Gewässerschutz stellt somit ein wichtiges Feld des Naturschutzrechts dar. Im Mittelpunkt steht dabei allerdings nicht das Medium Wasser als solches, sondern seine Funktion als Teil des Naturhaushalts, der durch das ökologische Wirkungsgefüge der Naturfaktoren untereinander, ihre Abhängigkeiten und ihre Selbstregulierungsmechanismen gebildet wird801. Die funktionellen Einheiten, in denen die genannten Wechselwirkungen bestehen, werden als Ökosysteme bezeichnet802. Gewässerschutz durch Naturschutzrecht bedeutet somit Schutz der Gewässer als Ökosysteme. 798 799 800 801 802

Mader, in: NNA (Hrsg.), Wasserrahmenrichtlinie und Naturschutz, 2002, S. 9. Kastens, in: Moss (Hrsg.), Das Flussgebiet als Handlungsraum, 2003, S. 289. Vgl. insoweit auch die Präzisierungen in § 1 Nr. 3 SächsNatSchG. Louis, BNatSchG, Erster Teil, 2000, § 1, Rn. 9. OVG Münster, NuR 1985, S. 288.

§ 21 Integration des Art. 4 WRRL in andere Regelungsbereiche

481

2. Überschneidungsbereiche von WRRL und Naturschutz Begreift man den gewässerbezogenen Naturschutz als Ökosystemschutz, liegt der gemeinsame Überschneidungsbereich zwischen WRRL und Naturschutzrecht auf der Hand: So wird nach dem die gesamte Richtlinie prägenden803 ökosystemaren Ansatz des Art. 1a WRRL die Vermeidung einer weiteren Verschlechterung sowie der Schutz und die Verbesserung des Zustands der aquatischen Ökosysteme und der direkt von ihnen abhängenden Landökosysteme und Feuchtgebiete im Hinblick auf deren Wasserhaushalt als allgemeines Ziel genannt. Die Gewässer werden somit in ihrer gesamten Ausdehnung als Lebensräume für Tiere und Pflanzen betrachtet, wie es auch das Naturschutzrecht fordert804. Dies macht beide Regelungsbereiche bei der Durchsetzung ihrer gemeinsamen Grundanliegen zu „Verwandten ersten Grades“, ja zu „Verbündeten“805. In detaillierter Form findet sich der ökosystemare Ansatz im Wesentlichen an drei Stellen der WRRL wieder: Erstens in den biologischen Qualitätskomponenten zur Einstufung des guten Zustands gem. Art. 4 I i. V. m. Anhang II und V WRRL, zweitens in den in Anhang II und V der WRRL aufgeführten grundwasserabhängigen Landökosystemen sowie drittens in den in Art. 4 I c) WRRL genannten Schutzgebieten. a) Biologische Qualitätskomponenten für Oberflächengewässer Zunächst und an wichtigster Stelle schlägt sich der ökosystemare Ansatz der WRRL bei der Einstufung und Konkretisierung des in Art. 4 I WRRL geforderten guten ökologischen Zustands der Oberflächengewässer nieder. Für diese Einstufung sind neben chemischen und hydromorphologischen Kriterien in erster Linie biologische Qualitätskomponenten bestimmend. Bezug genommen wird insoweit auf die im Wasser lebende Flora und Fauna, d. h. Phytoplankton806, Makrophyten807, Phytobenthos808, Makrozoobenthos809 sowie die Fischfauna (vgl. Anhang V Nr. 1.2 WRRL). Die jeweili803

Jekel, in: NNA (Hrsg.), Wasserrahmenrichtlinie und Naturschutz, 2002, S. 31. Jekel, in: NNA (Hrsg.), Wasserrahmenrichtlinie und Naturschutz, 2002, S. 31. 805 Finke, in: NNA (Hrsg.), Wasserrahmenrichtlinie und Naturschutz, 2002, S. 136. 806 Pflanzlicher Teil der im Wasser treibenden und schwebenden Organismen (Plankton); SMUL (Hrsg.), Bericht zur Bestandsaufnahme in Sachsen, 2004, S. 61. 807 Alle mit bloßem Auge erkennbaren pflanzlichen (Wasser-)Organismen; SMUL (Hrsg.), Bericht zur Bestandsaufnahme in Sachsen, 2004, S. 61. 808 Pflanzliche Organismen der Gewässerböden; SMUL (Hrsg.), Bericht zur Bestandsaufnahme in Sachsen, 2004, S. 61. 809 Alle mit bloßem Auge erkennbaren wirbellosen Wassertiere, die sich vorrangig auf der Gewässersohle aufhalten; SMUL (Hrsg.), Bericht zur Bestandsaufnahme in Sachsen, 2004, S. 61. 804

482 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

gen Referenzbedingungen für den guten ökologischen Zustand variieren dabei zwischen den verschiedenen Gewässertypen, die an Hand geographischer und ökologischer Kriterien sog. Ökoregionen festzulegen sind (Anhang II WRRL). Bezogen auf das Verhältnis von WRRL und Naturschutz bedeutet dies, dass erstere durch die Zielbestimmung des Art. 4 I WRRL generell zur Verbesserung des Naturschutzes beiträgt, da die angestrebte gute ökologische Gewässerqualität zugleich auch positive Auswirkungen auf die Gewässer in ihrer Funktion als Lebensraum für Tiere und Pflanzen hat810. Umgekehrt können aber auch Naturschutzmaßnahmen ihren Beitrag zur Erreichung eines guten ökologischen Zustands leisten. Als Beispiel sei hier nur das sächsische Programm „Elbelachs 2000“811 genannt, das nicht nur der Wiedereinbürgerung des Lachses in der Elbe dient, sondern auch den Zielen der WRRL zu Gute kommt. Denn die Präsenz des Lachses ist gleichzeitig die Grundlage für die Existenz weiterer Tierarten, darunter auch Fische und Wirbellose, die unter die biologischen Qualitätskomponeneten der WRRL fallen. Generell gilt jedoch, dass mit den Zielen der WRRL kein direkter Schutz außerhalb der Gewässer lebender Tiere und Pflanzen, also z. B. von Amphibien, Säugetieren wie Otter oder Biber und von Vogelarten verbunden ist812. Hier können sich jedoch Gewässer- und Naturschutz einschließlich der ihnen zur Verfügung stehenden Instrumente ergänzen813. Es kann aber auch vorkommen, dass durch Renaturierung oder allgemeine ökologische Verbesserungen einzelne im Bestand gefährdete Tier- und Pflanzenarten ihren Lebensraum verlieren, die sich in einem für den Gewässertyp atypischen Sekundärbiotop entwickelt haben814. Dies kann zu Konflikten zwischen den Zielen der WRRL und dem Naturschutz führen, die von Wasserwirtschaft und Naturschutz unter Abwägung der verschiedenen Interessen im Einzelfall gemeinsam zu lösen sind. b) Grundwasserabhängige Landökosysteme Eine weitere Schnittstelle zwischen WRRL und Naturschutz existiert im Bereich der Umweltziele für das Grundwasser gem. Art. 4 I b) WRRL. So wird in Anhang V Nr. 2.1.2 WRRL festgelegt, dass der mengenmäßige Zustand eines Grundwasserkörpers nur dann als gut einzustufen ist, wenn der 810

Kastens, in: Moss (Hrsg.), Das Flussgebiet als Handlungsraum, 2003, S. 292. Nähere Informationen zum Programm „Elbelachs 2000“ befinden sich unter http://www.landwirtschaft.sachsen.de/de/wu/Landwirtschaft/lfl/inhalt/ 3982_3990.htm. 812 Lutosch/Petry/Scholz, in: dies. (Hrsg.), Relevanz der EU-Wasserrahmenrichtlinie für den Naturschutz in Flussauen, 2002, S. 12. 813 Jekel, in: NNA (Hrsg.), Wasserrahmenrichtlinie und Naturschutz, 2002, S. 31. 814 Wulf, in: Grüne Liga (Hrsg.), EG-Wasserrahmenrichtlinie, Bd. 1, 2003, S. 42. 811

§ 21 Integration des Art. 4 WRRL in andere Regelungsbereiche

483

Grundwasserspiegel keinen anthropogenen Veränderungen unterliegt, die zu einer signifikanten Schädigung von Landökosystemen führen würden, die unmittelbar von dem Grundwasserkörper abhängen815. Zudem erfüllt der chemische Zustand eines Grundwasserkörpers nach Anhang V Nr. 2.3.2 nur dann den guten Zustand, wenn die Schadstoffkonzentrationen nicht derart hoch sind, dass dadurch mit dem Grundwasser in Verbindung stehende Oberflächengewässer oder Landökosysteme geschädigt werden. Eine signifikante Verschlechterung der abhängigen Landökosysteme stellt also zugleich eine Verschlechterung des Zustands der Grundwasserkörper dar, die nach Art. 4 I b) i) WRRL grundsätzlich zu vermeiden ist816. Damit wird die Unterschutzstellung von Feuchtgebietbiotopen i. S. von § 30 BNatSchG unterstützt, der Schutz aber auch auf andere Vegetationsarten ausgeweitet, wenn Grundwasserabsenkungen diese von der Versorgung abschneiden können817. Falls ein Grundwasserkörper eine signifikante Schädigung eines Landökosystems bewirkt, müssen Gewässer- und Naturschutz deshalb zusammenarbeiten818. Damit kann sowohl eine Verbesserung des Zustands für das Grundwasser als auch für das aus Naturschutzsicht schützenswerte Ökosystem erreicht werden819. c) Die Umweltziele in Schutzgebieten Die Umweltziele der WRRL für Oberflächengewässer und für das Grundwasser sind schließlich insofern in das Naturschutzrecht integriert, als diese gem. Art. 4 I c) WRRL auch in den nach EG-Recht auszuweisenden, wasserabhängigen Schutzgebieten einzuhalten bzw. zu erreichen sind820. Im 815 Ein Landökosystem ist dann grundwasserabhängig, wenn der Grundwasserspiegel langfristig über dem Grenzflurabstand liegt. Der Grenzflurabstand seinerseits wird bestimmt durch die vegetationsabhängige maximale Durchwurzelungstiefe und die bodenabhängige Mächtigkeit des Kapillarraums. Ausführlich hierzu Unnerstall, NuR 2003, S. 668 f.; Schäfer, in: Grüne Liga (Hrsg.), Die EG-Wasserrahmenrichtlinie, Bd. 2, 2004, 10. 816 Unnerstall, NuR 2003, S. 668; Kastens, in: Moss (Hrsg.), Das Flussgebiet als Handlungsraum, 2003, S. 294. 817 Markard, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 153. 818 Ausführlich hierzu Kastens, in: Moss (Hrsg.), Das Flussgebiet als Handlungsraum, 2003, S. 289 ff. 819 Jekel, in: NNA (Hrsg.), Wasserrahmenrichtlinie und Naturschutz, 2002, S. 32. 820 Lediglich nach nationalem Recht ausgewiesene wasserabhängige Schutzgebiete, d. h. Naturschutzgebiete, Nationalparke, Biosphärenreservate und Landschaftsschutzgebiete (Louis, BNatSchG, 1. Teil, 2000, Einführung in das Naturschutzrecht, S. 85), sind hingegen nicht Gegenstand von Art. 6 und Anhang VI der WRRL; Jekel, in: NNA (Hrsg.), Wasserrahmenrichtlinie und Naturschutz, 2002, S. 32; Janssen, in: Roch (Hrsg.), Flusslandschaften an Elbe und Rhein, 2003, S. 170; a. A. Un-

484 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

Hinblick auf die für den Naturschutz maßgeblichen Schutzgebiete ist insbesondere Anhang IV Nr. 1 v) zu nennen, der ausdrücklich auf die sog. Natura 2000-Standorte hinweist. Hierunter sind die FFH- und Vogelschutzgebiete zu verstehen, die von den Mitgliedstaaten gem. Art. 3 I FFH-Richtlinie i. S. eines kohärenten europäischen ökologischen Netzes auszuweisen sind. Bei den relevanten Vogelschutzgebieten handelt es sich gem. Art. 4 Vogelschutzrichtlinie um die in Anhang I genannten Vogelarten sowie um bestimmte Gebiete für regelmäßig auftretende Zugvogelarten, während dessen sich die FFH-Schutzgebiete gem. Art. 4 FFH-Richtlinie entweder auf Lebensraumtypen von gemeinschaftlichem Interesse nach Anhang I oder auf schützenswerte wild lebende Arten gem. Anhang II der Richtlinie beziehen821. Im aquatischen Bereich zählen dazu beispielsweise verschiedene Habitate der Stillgewässer sowie der Fließgewässer mit Unterwasservegetation822. Für deren Schutz ist die Erhaltung und Verbesserung des Gewässerzustands ein wichtiger Faktor823. Dabei ergeben sich aus der WRRL Möglichkeiten, die Umsetzung von Naturschutzzielen in den betreffenden Natura 2000-Gebieten zusätzlich zu unterstützen824. So werden in Anhang VI Teil A als Grundlage für Maßnahmen, die in die Maßnahmenprogramme aufzunehmen sind, ausdrücklich die Vogelschutz- und die FFH-Richtlinie aufgeführt. Zudem sind als fakultative Maßnahmen die Neuschaffung und Wiederherstellung von Feuchtgebieten genannt (Teil B).

nerstall, NuR 2003, S. 670. Diese Gebiete werden deshalb nach Auffassung der LAWA bei der Erarbeitung des ersten Bewirtschaftungsplans bis Ende 2009 noch keine Berücksichtigung finden. Allerdings verbietet die WRRL die Einbeziehung derartiger Schutzgebiete in die Bewirtschaftungspläne auch nicht. Soweit entsprechender Bedarf besteht, kann eine Einbeziehung deshalb durch die nach Ende 2009 zu überarbeitenden Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme erfolgen; Jekel, in: NNA (Hrsg.), Wasserrahmenrichtlinie und Naturschutz, 2002, S. 32. 821 Unnerstall, NuR 2003, S. 670; Louis, BNatSchG, 1. Teil, 2000, Einführung in das Naturschutzrecht, S. 83 f. 822 Friedrich, in: Grüne Liga (Hrsg.), Die EG-Wasserrahmenrichtlinie, Bd. 1, 2003, S. 39. 823 Jekel, in: NNA (Hrsg.), Wasserrahmenrichtlinie und Naturschutz, 2002, S. 32. 824 Kastens, in: Moss (Hrsg.), Das Flussgebiet als Handlungsraum, 2003, S. 294 f. Diese Unterstützung kann insbesondere dadurch erfolgen, dass für Schutzgebiete eine ausreichende Qualität und Verfügbarkeit der Wasserressourcen sichergestellt sowie Genehmigungen für Wasserentnahmen sowie die Einleitung von Abwasser in Gewässer auf ihre Übereinstimmung mit dem Schutzregime der FFH- und Vogelschutzrichtlinie zu überprüfen sind; Jessel, in: NNA (Hrsg.), Wasserrahmenrichtlinie und Naturschutz, 2002, S. 16; Jekel, ebda., S. 32.

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485

3. Die Bedeutung der Umweltziele für den Schutz von Flussauen Für die Integration der Umweltziele der WRRL in den Bereich des Naturschutzes ist von besonderem Interesse, ob und inwieweit diese zugleich den Schutz der sich in der Schnittstelle zwischen Wasser- und Landökosystemen befindlichen Flussauen bewirken825. Der Begriff der Flussaue ist gesetzlich nicht definiert; der Sache nach handelt es sich hierbei um den tiefsten, ebenen Teil des Talbodens, der durch Überschwemmungen und Trockenphasen gekennzeichnet, aber auch maßgeblich von zeitweise hoch anstehenden Grundwasserständen charakterisiert ist826. Flussauen bilden auf Grund ihrer reichhaltigen Struktur und Dynamik ein Mosaik einer Vielzahl von Lebensräumen und verfügen über eine hohe Artendiversität827. Sie selbst sind nicht mehr Teil des Flusses828. Da aber der Wasserkörper natürlicherweise einer Dynamik unterliegt, kommt es zwischen dem Fluss und den angrenzenden Auen zu zahlreichen Wechselwirkungen829. In der WRRL tauchen Flussauen zwar nicht direkt auf, könnten aber in weiten Teilen unter den dort genannten – ebenfalls nicht definierten – Begriff der Feuchtgebiete fallen. Feuchtgebiete sind vielgestaltige, hydrologisch komplexe Ökosysteme, die sich meist in einem von Land- bis vorwiegend Wasserlebensräumen reichenden Gewässerspektrum entwickeln. Zu ihren allgemeinen Merkmalen zählen vernässte Böden, Mikroorganismen sowie eine hydro- und hygrophile Flora und Fauna, die den durch periodische oder anhaltende Überflutung und/oder Vernässung geprägten Prozessen angepasst ist830. Diese Kriterien treffen regelmäßig auch auf Flussauen zu. 825

Ausführlich hierzu Lutosch/Petry/Scholz, in: dies. (Hrsg.): Relevanz der EUWasserrahmenrichtlinie für den Naturschutz in Flussauen, 2002, S. 10; Kastens, in: Moss (Hrsg.), Das Flussgebiet als Handlungsraum, 2003, S. 297 ff. Hierbei handelt es sich traditionell um einen Gegenstand des Naturschutzes; Unnerstall, NuR 2003, S. 667. 826 Vgl. Im Einzelnen Lutosch/Petry/Scholz, in: dies. (Hrsg.): Relevanz der EUWasserrahmenrichtlinie für den Naturschutz in Flussauen, 2002, S. 13 und Unnerstall, NuR 2003, S. 667. 827 Mader, in: NNA (Hrsg.), Wasserrahmenrichtlinie und Naturschutz, 2002, S. 10. 828 Lutosch/Petry/Scholz, in: dies. (Hrsg.): Relevanz der EU-Wasserrahmenrichtlinie für den Naturschutz in Flussauen, 2002, S. 10; Unnerstall, NuR 2003, S. 667. 829 Rast, in: Grüne Liga (Hrsg.), Die EG-Wasserrahmenrichtlinie, Bd. 1, 2003, S. 52; Kastens, in: Moss (Hrsg.), Das Flussgebiet als Handlungsraum, 2003, S. 292 („untrennbare Einheit“). 830 Wasserdirektoren, Übergreifender Leitfaden Feuchtgebiete, 2003, S. 11. Feuchtgebiete umfassen eine große Bandbreite von Biotoptypen, die von Feuchtgebieten als Teil eines Oberflächengewässers (wie etwa die Röhrichtgürtel an Seen) bis hin zu Biotoptypen auf Standorten mit einem Grundwasserflurabstand von mitunter bis zu fünf Metern reichen; Schäfer, in Grüne Liga (Hrsg.), Die EG-Wasserrahmenrichtlinie, Bd. 2, 2004, S. 8.

486 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

Der Schutz von Feuchtgebieten ist sowohl Teil der allgemeinen Ziele als auch der Erwägungsgründe der WRRL. So benennt Art. 1a WRRL als Ziel der Richtlinie u. a. den Schutz und die Verbesserung des Zustandes aquatischer Ökosysteme und der direkt von ihnen abhängenden Landökosysteme und Feuchtgebiete im Hinblick auf deren Wasserhaushalt. Auch findet sich in Erwägungsgrund 8 der WRRL der Hinweis, dass die große Bedeutung der Feuchtgebiete für den Schutz der Wasserressourcen anerkannt wird. Gleiches gilt für den 23. Erwägungsgrund der WRRL, in dem die Notwendigkeit allgemeiner Grundsätze u. a. für den Schutz der Feuchtgebiete hervorgehoben wird. Wenngleich die Richtlinie somit den Schutz von Feuchtgebieten prinzipiell umfasst, ist doch eine verbindliche und fristgerechte Umsetzung von Maßnahmen nur für die in Art. 4 WRRL beschriebenen Umweltziele für Oberflächengewässer und für das Grundwasser vorgesehen831. Ein indirekter Schutz der Flussauen ergibt sich jedoch aus der Konkretisierung des guten Grundwasserzustandes nach Anhang V Nr. 2.1.2 und 2.3.2 WRRL, wonach der Grundwasserspiegel keinen anthropogenen Veränderungen unterliegen und keine Schadstoffkonzentrationen aufweisen darf, die zu einer signifikanten Schädigung von unmittelbar vom Grundwasserkörper abhängenden Landökosystemen führen832. Da es sich bei den Flussauen in Abgrenzung von den aquatischen Ökosystemen um Landökosysteme handelt, müssen entsprechende Schädigungen an ihnen durch eine Verbesserung des Grundwasserzustandes behoben werden833. Ein Schutz von Flussauen ist somit indirekt über die Erreichung des guten chemischen und mengenmäßigen Zustands möglich. Gleiches gilt im Hinblick auf das Verschlechterungsverbot834. Ein weiterer Ansatzpunkt für den Schutz von Auen könnte die Bestimmung über die biologischen Komponenten der ökologischen Qualität von Oberflächengewässern sein. Dahinter steht die Überlegung, dass die biologische Qualität eines Oberflächengewässers, d. h. die Artenzusammensetzung und Abundanzen835 von Flora und Fauna, u. a. auch von den angrenzenden Auen abhängig sind, wie sich an einer Reihe von Beispielen belegen lässt836. Die Bedeutung der Auen für die biologische Qualität von Flüssen 831 Ausführlich zur diesbezüglich relevanten räumlichen Abgrenzung von aquatischen Ökosystemen und Landökosystemen Unnerstall, NuR 2003, S. 668. 832 Zum Kriterium der Grundwasserabhängigkeit ausführlich Unnerstall, NuR 2003, S. 668 f. 833 Kastens, in: Moss (Hrsg.), Das Flussgebiet als Handlungsraum, 2003, S. 294. 834 Lutosch/Petry/Scholz, in: dies. (Hrsg.): Relevanz der EU-Wasserrahmenrichtlinie für den Naturschutz in Flussauen, 2002, S. 11. 835 Individuendichte in Bezug auf eine Flächen- oder Volumeneinheit. 836 Für viele Tiere, die zur Indikation des guten ökologischen Zustands herangezogen werden, ist ein intaktes Umfeld nötig. Fehlt dieses, so können diese Arten

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ergibt sich dabei in erster Linie aus ihrer Lebensraumfunktion für Fische wie beispielsweise Aal, Blei oder Hecht, deren Abundanz sich bei Fehlen einer natürlichen Überflutungsdynamik erheblich verringert837. Indem Anhang V Nr. 1.2 WRRL fordert, dass die Werte für die biologischen Qualitätskomponenten denen entsprechen müssen, die normalerweise bei Abwesenheit störender Einflüsse mit dem betreffenden Typ einhergehen und keine oder nur geringfügige Abweichungen zeigen, kann die Herstellung eines guten Oberflächengewässerzustands bzw. dessen Bewahrung u. U. auch Verbesserungen der angrenzenden Aue erfordern838. Dementsprechend gehören zu den ergänzenden Maßnahmen nach Anhang IV, Teil B der WRRL auch die Neuschaffung und Wiederherstellung von Feuchtgebieten und damit auch Flussauen839. Dies ändert aber nichts daran, dass sich der biologische Zustand einer umgebenden Flussaue nur funktionell auf den biologischen Zustand des Gewässers beziehen lässt, d. h. ein guter Zustand der Aue nicht aus eigenem Recht zu erreichen ist840. Im Hinblick auf die Auswirkungen der Umweltziele des Art. 4 WRRL auf den Naturschutz in Flussauen bleibt damit festzuhalten, dass sich die Ziele unmittelbar nur auf die Qualität des Gewässerkörpers beziehen. Die Flussauen spielen somit in erster Linie hinsichtlich ihrer Wirkungen auf den Gewässerkörper eine Rolle – nicht umgekehrt841. Eine gute Zusammenarbeit zwischen Wasserwirtschaft und Naturschutz bietet jedoch in der gesamten Flussaue ein erhebliches Potenzial an Synergieeffekten, da der Schutz und die Entwicklung von Flussauen im Sinne des Naturschutzes eine große Bedeutung für die Erreichung des guten ökologischen Zustands der Gewässerkörper haben842.

nicht dauerhaft in den entsprechenden Abundanzen bestehen; Podraza, in: Lutosch/ Petry/Scholz (Hrsg.), Relevanz der EU-Wasserrahmenrichtlinie für den Naturschutz in Flussauen, 2002, S. 67 mit Beispielen. 837 Krug/Ehlert, in: Grüne Liga (Hrsg.), Die EG-Wasserrahmenrichtlinie, Bd. 1, 2003, S. 56; Schäfer, in: Grüne Liga (Hrsg.), Die EG-Wasserrahmenrichtlinie, Bd. 2, 2004, S. 9. 838 Schäfer, in: Grüne Liga (Hrsg.), Die EG-Wasserrahmenrichtlinie, Bd. 2, 2004, S. 9; Unnerstall, NuR 2003, S. 670. 839 Horlitz, in: NNA (Hrsg.), Wasserrahmenrichtlinie und Naturschutz, 2002, S. 35. 840 Unnerstall, NuR 2003, S. 670. In diesem Sinne auch Wasserdirektoren, Übergreifender Leitfaden Feuchtgebiete, 2003, S. 12. 841 Horlitz, in: NNA (Hrsg.), Wasserrahmenrichtlinie und Naturschutz, 2002, S. 37. 842 Horlitz, in: NNA (Hrsg.), Wasserrahmenrichtlinie und Naturschutz, 2002, S. 37.

488 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

II. Hochwasserschutz Auf Grund der erheblichen Überschneidungen von gewässerqualitäts- und hochwasserbezogenen Maßnahmen im Einzugsgebiet der Flüsse müssen die Regelungen der WRRL auch in den Bereich des Hochwasserschutzes integriert werden, um ein einheitliches Vorgehen beider Bereiche zu ermöglichen und Synergien zu nutzen843. Dennoch wurde die Notwendigkeit für EU-Regelungen im Hinblick auf eine Mengenbewirtschaftung der Oberflächengewässer während der Vorbereitungsphase der WRRL nicht gesehen844. Dies hatte zur Folge, dass die gesetzlichen Planungen zur WRRL und zum Hochwasserschutz weitgehend parallel verlaufen sind845. Entsprechend wird der Hochwasserschutz in der WRRL direkt kaum behandelt, worin sicherlich ein Schwachpunkt der Richtlinie besteht846. Von dem Thema ist nur insofern die Rede, als die WRRL gem. Art. 1e auch einen Beitrag zur Minderung der Auswirkungen von Überschwemmungen und Dürren leisten soll. Dabei geht es allerdings nicht primär um eine ökologisch ausgerichtete Hochwasserretention, sondern in erster Linie um die Reduzierung der Folgen von Überschwemmungen847. Ansonsten taucht der Begriff der Überschwemmung nur als Entschuldigungsbegründung dafür auf, dass die Umweltziele der Richtlinie (vorübergehend) nicht erreicht werden können (vgl. Art. 4 III a) iv), VI WRRL)848. Dennoch ist eine Reihe von Regelungen der WRRL für den Hochwasserschutz von Bedeutung849. Um diesen Überschneidungsbereich zu bestimmen, ist es zunächst erforderlich, die Regelungen des Hochwasserschutzes in Bund und Ländern näher zu bestimmen. 1. Rechtliche Regelungen des Hochwasserschutzes Regelungen zum Hochwasserschutz sind sowohl im WHG als auch in den Wassergesetzen der Länder enthalten. So wird bereits in § 1a II WHG bestimmt, dass eine Vergrößerung und Beschleunigung des Wasserabflusses zu vermeiden ist. In § 31 V WHG wird der Gewässerausbau im Sinne des 843

Janssen, in: Roch (Hrsg.), Flusslandschaften an Elbe und Rhein, 2003, S. 183. Malek, in: Grüne Liga (Hrsg.), EG-Wasserrahmenrichtlinie und Hochwasserschutz, 2005, S. 17. 845 Malek, in: Grüne Liga (Hrsg.), EG-Wasserrahmenrichtlinie und Hochwasserschutz, 2005, S. 17. 846 Greiving, RaumPlanung 107 (2003), S. 58; in diesem Sinne auch Janssen, in: Roch (Hrsg.), Flusslandschaften an Elbe und Rhein, 2003, S. 183. 847 Geiler, in: Grüne Liga (Hrsg.), Die EG-Wasserrahmenrichtlinie, Bd. 1, 2003, S. 54. 848 Geiler, in: Grüne Liga (Hrsg.), Die EG-Wasserrahmenrichtlinie, Bd. 1, 2003, S. 54. 849 Janssen, in: Roch (Hrsg.), Flusslandschaften an Elbe und Rhein, 2003, S. 168. 844

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489

Hochwasserschutzes u. a. dahingehend reglementiert, dass natürliche Rückhalteflächen zu erhalten und das natürliche Abflussverhalten nicht wesentlich zu verändern sind. Eine weitere Präzisierung ergibt sich aus der bundesrechtlichen Verpflichtung zur Ausweisung von Überschwemmungsgebieten und zum Erlass darauf bezogener, dem Hochwasserschutz dienender Vorschriften, soweit dies zum Erhalt und zur Verbesserung der ökologischen Strukturen der Gewässer und ihrer Überflutungsflächen, zur Verhinderung erosionsfördernder Eingriffe, zum Erhalt oder zur Rückgewinnung natürlicher Rückhalteflächen oder zur Regelung des Hochwasserabflusses erforderlich ist (§ 32 WHG, vgl. insoweit auch § 100 SächsWG). Weitere bundesweit geltende Vorschriften zum Hochwasserschutz sind in einem neuen Hochwasserschutzgesetz des Bundes vom 3. Mai 2005850 geregelt, das als Folge der katastrophalen Überflutungen in den letzten Jahren ergangen ist. Hierin ist u. a. festgelegt, dass die Länder innerhalb der nächsten vier Jahre Pläne für einen abgestimmten Hochwasserschutz entlang der Flüsse aufstellen müssen851. Die wesentlichen Inhalte dieses Gesetzes und teilweise auch darüber hinausgehende Aspekte sind bereits Teil der sächsischen Hochwasserschutzstrategie, die durch den im Rahmen des Zweiten Änderungsgesetzes zum SächsWG von 2004 – parallel zur Umsetzung der WRRL – neu zusammengefassten achten Teil des SächsWG Eingang in das sächsische Gewässerschutzrecht gefunden hat (§§ 99 ff. SächsWG n. F.)852. Hervorzuheben ist dabei § 99 I SächsWG, wonach oberirdische Gewässer so zu bewirtschaften sind, dass Hochwasser so weit wie möglich in der Fläche zurückgehalten wird. Zudem sind durch die zuständigen Behörden bei Planungen und bei der Ausführung bestimmter Vorhaben im Interesse des Hochwasserschutzes Möglichkeiten zur Erhaltung, Verbesserung und Wiederherstellung des natürlichen Rückhaltevermögens zu berücksichtigen; § 99 II 1 SächsWG. Hierzu gehören insbesondere die Gewährleistung und Verbesserung der Leistungsfähigkeit von Retentionsflächen und Überschwemmungsgebieten, die Vermeidung oder der Rückbau von Bodenversiegelungen, die Versickerung von Niederschlagswasser, die Renaturierung von Gewässern und sonstige Maßnahmen, die geeignet sind, den Abfluss des Niederschlagswassers zu vermindern; § 99 II 2 SächsWG. Als neue Instrumente sieht das SächsWG 850 Gesetz zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes vom 3. Mai 2005, BGBl. I, S. 2224. 851 Diese Pläne müssen gem. § 31d I 2 WHG n. F. auf ein sog. 100-jährliches Hochwasser, d. h. ein Ereignis, das statistisch einmal in 100 Jahren zu erwarten ist, ausgelegt sein. Bemerkenswert ist auch, dass im Hinblick auf die Hochwasserschutzmaßnahmen – entsprechend dem Konzept des Art. 3 WRRL – gem. § 32 WHG n. F. eine Zusammenarbeit innerhalb von Flussgebietseinheiten vorgesehen ist. 852 Dallhammer, Sachsenlandkurier 2004, S. 259.

490 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

n. F. u. a. die Aufstellung eines sachsenweiten Hochwasserschutzaktionsplans mit landesweiten Grundsätzen und Zielen sowie konkreten Planungen für landesweit bedeutsame Maßnahmen (§ 99a), die Erstellung flussgebietsbezogener Hochwasserschutzkonzepte (§ 99b) sowie die Festlegung von Hochwasserentstehungsgebieten, in denen das natürliche Wasserversickerungs- und Wasserrückhaltevermögen zu erhalten und zu verbessern ist (§ 100b), vor. Hinzu kommen weitere Instrumente wie Eigenvorsorge, etwa durch Bauvorsorge, um Schadenspotenziale zu vermeiden (s. § 99 III), flächenbezogene Vorsorge, deren Kernelement die bereits erwähnte Ausweisung von Überschwemmungsgebieten ist (§ 100), der technische Hochwasserschutz (§§ 99 IV i. V. m. 100c bis g) sowie die operative Hochwasserabwehr durch Aufklären, Warnen und Bekämpfen (vgl. § 99b VIII 2)853. Die beschriebenen bundes- und landesrechtlichen Regelungen decken sich weitgehend mit den „Leitlinien für einen zukunftsweisenden Hochwasserschutz“854, die von der LAWA im Jahre 1995 veröffentlicht und auf der Grundlage der Erfahrungen der Hochwasserereignisse an Oder und Elbe um „Instrumente und Handlungsempfehlungen zur Umsetzung der Leitlinien für einen zukunftsweisenden Hochwasserschutz“855 ergänzt worden sind856. Sie entsprechen darüber hinaus weitgehend den Vorgaben des Hochwasseraktionsplan der IKSE für das Flussgebiet Elbe aus dem Jahre 2003857, der zwar ebenfalls nicht rechtlich, auf Grund der Billigung der dort vertretenen politischen Entscheidungsträger zumindest jedoch politisch verbindlich ist858. Nachdem die Europäische Kommission im Juni 2004 eine Mitteilung über Hochwasserrisikomanagement859 veröffentlicht hatte, legte sie Anfang 853 854

Vgl. hierzu im Einzelnen Dallhammer, Sachsenlandkurier 2004, S. 259 f. LAWA (Hrsg.), Leitlinien für einen zukunftsweisenden Hochwasserschutz,

1995. 855 LAWA (Hrsg.), Instrumente und Handlungsempfehlungen zur Umsetzung der Leitlinien für einen zukunftsweisenden Hochwasserschutz, 2004. 856 Die darin verfolgte – allerdings nicht rechtsverbindliche – Hochwasserschutzstrategie bildet drei Säulen, nämlich das Hochwasserflächenmanagement (Flächenvorsorge für hochwassergefährdete Gebiete sowie natürliche Wasserrückhaltung), den technischen Hochwasserschutz und die Hochwasservorsorge (Bauvorsorge durch angepasste Bauweise und Anlagenausrichtung, Verhaltensvorsorge durch rechtzeitige Hochwasserwarnung, Alarm- und Einsatzplanung sowie Risikovorsorge in Form von Versicherungen und eigenen Rücklagen); ausführlich hierzu Böhme-Korn, in: Grüne Liga (Hrsg.), EG-Wasserrahmenrichtlinie und Hochwasserschutz, 2005, S. 20 f. 857 IKSE, Aktionsplan Hochwasserschutz Elbe, 2003. 858 Näher hierzu Malek, in: Grüne Liga (Hrsg.), EG-Wasserrahmenrichtlinie und Hochwasserschutz, 2005, S. 17. 859 Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen vom 12.7.2004: Risikomanagement. Vermeidungs-, Schutz- und Minderungsmaßnahmen, KOM(2004) 472 endg.

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2006 einen Vorschlag für eine EG-Richtlinie über die Bewertung und Bekämpfung von Hochwasser860 vor, der den Mitgliedstaaten neben einer vorausschauenden Bewertung des Hochwasserrisikos (Art. 4 ff.) die Erstellung von Hochwasserrisikokarten (Art. 7 f.) sowie von sog. Hochwasserrisikomanagementplänen (Art. 9 ff.) auferlegt. Letztere sollen gem. Art. 13 II des Richtlinienvorschlages ab dem Jahr 2015 mit den Bewirtschaftungsplänen nach der WRRL abgestimmt werden. 2. Überschneidungsbereiche von WRRL und Hochwasserschutz Fragt man angesichts der bundes- und landesrechtlichen Regelungen zum Hochwasserschutz nach deren Überschneidungsbereich mit der WRRL, so lässt sich in weiten Bereichen eine gemeinsame Zielrichtung ausmachen. Es kann diesbezüglich aber auch zu Interessenkonflikten kommen. a) Gemeinsame Zielrichtung Am augenscheinlichsten sind die positiven Auswirkungen der WRRL auf die natürliche Wasserrückhaltung, d. h. den Erhalt und die Wiederherstellung von Retentionsräumen in den Gewässerauen, die Gewässerrenaturierung, die naturnahe Gewässerunterhaltung sowie die Berücksichtigung des Aspekts der Wasserrückhaltung bei der Flächennutzung. Denn diese Formen des Hochwasserschutzes werden zugleich durch die ökologischen Anforderungen der WRRL gestärkt861. So ist die Gewässerrenaturierung mit der Reaktivierung von Altarmen und Seitengewässern zur Erreichung eines guten ökologischen Zustands unmittelbar von den Umweltzielen der WRRL umfasst. Gleiches gilt für die durch den Hochwasserschutz geforderte naturnahe Gewässerunterhaltung. Auch der Rückbau von Querbauwerken zur Gewährleistung der Durchgängigkeit i. S. der WRRL kann im Einzelfall Vorteile für den Hochwasserschutz bringen, sofern dadurch Abflusshindernisse beseitigt werden (vgl. Anhang V Nr. 1.2.1 WRRL). Positive Auswirkungen der WRRL auf den Hochwasserschutz ergeben sich darüber hinaus aus dem durch die Richtlinie zumindest mittelbar bewirkten Schutz von Flussauen (s. oben § 21 I. 3.), da diese dem Gewässer Retentionsräume geben und durch Wasserrückhaltung das Entstehen von Hochwassern abschwächen können. Umgekehrt kommen die Regelungen zum Hochwasser860 Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bewertung und Bekämpfung von Hochwasser, KOM(2006) 15 endg. 861 Umgekehrt können auch Maßnahmen des Hochwasserschutzes den ökologischen Anforderungen der WRRL zu Gute kommen; vgl. Dallhammer, in: Köck (Hrsg.), Rechtliche Aspekte des vorbeugenden Hochwasserschutzes, 2005, S. 85.

492 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

schutz auch den Zielen der WRRL zu Gute, indem sie beispielsweise Gefahren, die durch die Abschwemmung von Schadstoffen durch Überflutungen von Landflächen für die chemische Gewässerqualität ausgehen862, vorbeugen. Dies gilt etwa für das Verbot zur Aufbringung oder Ablagerung von wassergefährdenden Stoffen auf den Boden oder der Umwandlung von Grünland in Ackerland in Überschwemmungsgebieten gem. § 100 II Nr. 5 bzw. 8 SächsWG n. F863. Es empfiehlt sich deshalb, Maßnahmen der natürlichen Wasserrückhaltung auch in den Maßnahmenprogrammen zu verankern und die Hochwasserschutzpläne in die Bewirtschaftungsplanung zu integrieren864. b) Zielkonflikte Neben den positiven Auswirkungen der WRRL auf den Hochwasserschutz sind aber auch Zielkonflikte zwischen beiden Regelungsmaterien auszumachen865. Dies betrifft vor allem den technischen Hochwasserschutz, der mit dem Gewässerausbau, d. h. dem Bau von Deichen und Dämmen sowie von Stauanlagen mit Wasserrückhalteraum verbunden ist. Entsprechende Hochwasserschutzmaßnahmen werden häufig dazu führen, dass sich die bisherige ökologische Situation der Gewässer verschlechtert866. So haben beispielsweise Hochwasserrückhaltebecken zur Folge, dass die ökologische Durchgängigkeit für die Fauna nicht gegeben, der natürliche Geschiebetransport unterbrochen und die Selbstreinigungskraft des Flusses gestört sind867. Dadurch wird die Erreichung der Umweltziele des Art. 4 WRRL gefährdet. Zwar können mit solchen Hochwasserschutzmaßnahmen versehene Gewässer gem. Art. 4 III a) iv) WRRL grundsätzlich als „erheblich verändert“ ausgewiesen werden, womit nicht mehr der gute ökologische Zustand, sondern nur noch das gute ökologische Potenzial erreicht werden muss. Damit sind gewisse Abweichungen bei den hydromorphologischen Qualitätskomponenten Wasserhaushalt, Durchgängigkeit des Flusses und Hydromorphologie nach unten zugelassen. Allerdings setzt auch das gute ökologische Potenzial voraus, dass das jeweilige Sanierungspotenzial im Hinblick auf die ökologische Gewässerqualität ausgeschöpft wird (vgl. An862

Hierzu Reincke, WuA 10/2002, S. 16 ff. Vgl. insoweit auch v. Keitz/Kraemer, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 252. 864 Seidel/Rechenberg, ZUR 2004, S. 218 Fn. 51. 865 Rast, in: Grüne Liga (Hrsg.), Die EG-Wasserrahmenrichtlinie, Bd. 1, 2003, S. 52. 866 Rast, in: Grüne Liga (Hrsg.), Die EG-Wasserrahmenrichtlinie, Bd. 1, 2003, S. 52. 867 Gunkel, in: Grüne Liga (Hrsg.), EG-Wasserrahmenrichtlinie und Hochwasserschutz, 2005, S. 22. 863

§ 21 Integration des Art. 4 WRRL in andere Regelungsbereiche

493

hang V Nr. 1.2.5 WRRL). Insoweit ist in jedem Einzelfall zu prüfen, inwieweit der technische Hochwasserschutz – etwa durch die Errichtung von Fischtreppen – nach ökologischen Kriterien ausgestaltet werden kann868. Auch ist zu fragen, ob bestimmte Nutzungsbeschränkungen der Flussauen oder andere Maßnahmen der Flächenvorsorge bzw. der natürlichen Wasserrückhaltung kostengünstiger und praktikabler sind als technische Hochwasserschutzmaßnahmen (vgl. Art. 4 III b) WRRL).

III. Landwirtschaft Die Landwirtschaft trägt durch Stoffeinträge bei der Bodennutzung sowohl im Bereich der Oberflächengewässer als auch des Grundwassers in erheblichem Umfang zur Gefährdung der Schutzziele des Art. 4 WRRL bei. So können dem Verursacherbereich Landwirtschaft etwa 66% der Stickstoffeinträge und 56% der Phosphoreinträge in die Gewässer zugeordnet werden869. Zwar sieht das Landwirtschaftsrecht – etwa die Düngeverordnung – keine ausdrücklichen Bindungsklauseln an die Ziele der WRRL vor870; dennoch wird der integrierte Ansatz der WRRL auch und vor allem im Bereich der Landwirtschaft Maßnahmen erfordern, um die Erreichung der Ziele nicht zu gefährden871. 1. Verursacherbeitrag und mögliche Abhilfemaßnahmen Potentiell geeignet zur Minderung der Stoffeinträge in die Gewässer aus diffusen Quellen sind alle Maßnahmen, die auf eine Zurücknahme der entsprechenden Problemursachen gerichtet sind872. Als treibende Kräfte für den Stoffaustrag auf der Fläche und den weiteren Transit bis hin zum Eintrag in die Gewässer wirken in erster Linie die hydrologischen Prozesse der Abflussbildung und des Landschaftsabflusses873. Die Stoffverfrachtung von 868 Zu entsprechenden Lösungsansätzen Gunkel, in: Grüne Liga (Hrsg.), EG-Wasserrahmenrichtlinie und Hochwasserschutz, 2005, S. 23. 869 Böhm et al., Kostenwirksamkeitsanalyse von nachhaltigen Maßnahmen im Gewässerschutz, 2002, S. 112, 120. Zur Bedeutung diffuser Einträge auch Knopp, in: Bruha/Koch (Hrsg.), Integrierte Gewässerpolitik in Europa, 2001, S. 254 und Finke, in: Moss (Hrsg.), Das Flussgebiet als Handlungsraum, 2003, S. 330. 870 Für die Einführung solcher Bindungsklauseln Seidel/Rechenberg, ZUR 2004, S. 214. 871 Jessel, in: NNA (Hrsg.), Wasserrahmenrichtlinie und Naturschutz, 2002, S. 17. 872 Quast et al., in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 195. 873 Quast et al., in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 181.

494 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

der Fläche in die Gewässer erfolgt entweder in gelöster Form oder als Partikeltransport bei Abschwemmungen und Erosion874. Quelle entsprechender diffuser Stoffausträge aus der Landnutzung sind durch Abbauprozesse mobilisierte Stoffüberschüsse auf der Fläche, die entweder aus Dünger- und Wirkstoffapplikationen oder aber aus der Mobilisierung von Stoffen des Bodenpools infolge von Bewirtschaftungsmaßnahmen herrühren875. Erfahrungsgemäß weisen dabei Flächen mit starkem Oberflächenabfluss, erosionsgefährdete Flächen und gedränte Flächen sowie generell gewässernahe Flächen ein besonders hohes Verschmutzungspotenzial für die Oberflächengewässer im Einzugsgebiet auf876. Die Ziele der WRRL wird man deshalb nur durch Umsetzung eines Maßnahmenbündels erreichen. Am wichtigsten erscheint dabei die Verringerung von Nährstoffüberschüssen durch eine zeitlich und mengenmäßig an den Pflanzenbedarf angepasste Düngung877. In erster Linie sind eine weitere Beschränkung der Ausbringung flüssiger Wirtschafts- und Sekundärrohstoffdünger in dem Zeitraum nach der Hauptfruchternte bis zum Ende der Vegetationszeit und die Einführung einer ganzjährigen Bodenbedeckung durch Zwischenfrucht- und Mulchsaat erforderlich, um Stoffausträge in das Sickerwasser (Nitrat) sowie Stoffabschwemmungen und -abtragungen (Phosphor) in Oberflächengewässer zu drosseln878. Darüber hinaus können aber auch die konsequente Einführung neuer Technologien (z. B. precision agriculture) in die landwirtschaftliche Praxis zur Verminderung von Nährstoffausträgen sowie eine standortangepasste Begrenzung der Stickstoffüberschüsse zweckmäßig sein, um eine Verminderung der Aus- und Abtragungsdisposition von allen landwirtschaftlichen Nutzflächen zu erreichen879. In den besonders austragssensiblen gewässernahen Bereichen lassen sich durch Nutzungsänderung oder -auflassung oder auch durch die Anlage von Gehölzstreifen in unmittelbarer Gewässernähe deutliche Minderungseffekte bei diffusen Stoffeinträgen in Gewässer erzielen880. Gleiches gilt im Hinblick auf Maßnahmen wie Was874

Knopp, in: Bruha/Koch (Hrsg.), Integrierte Gewässerpolitik, 2001, S. 255. Quast et al., in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 181. 876 Quast et al., in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 181; Knopp, in: Bruha/Koch (Hrsg.), Integrierte Gewässerpolitik, 2001, S. 255. 877 Auskunft des SMUL vom 22.3.2005. 878 LAWA (Hrsg.), Anforderungen an eine nachhaltige Landwirtschaft, 2002, S. 5; Quast et al., in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 197; Knopp, in: Bruha/Koch (Hrsg.), Integrierte Gewässerpolitik in Europa, 2001, S. 255. 879 LAWA (Hrsg.), Anforderungen an eine nachhaltige Landwirtschaft, 2002, S. 5 f.; Quast et al., in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 195. 875

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495

serrückhalt und Wiedervernässung in den entwässerten und als Grünland genutzten Niedermoorgebieten881. Bei für den Hochwasserschutz sensiblen oder zur Erosion neigenden Flächen kann eine Umwandlung in Grünland oder Wald angezeigt sein882. Aus dieser – nicht abschließenden – Aufzählung wird deutlich, dass das Maßnahmespektrum zur Bekämpfung diffuser Gewässerverschmutzungen aus landwirtschaftlichen Quellen außerordentlich breit ist und damit im Rahmen der grundlegenden und ergänzenden Maßnahmen i. S. des Art. 11 III und IV WRRL weite Handlungsspielräume für die Verwaltung eröffnet. 2. Instrumente zur Implementierung der Maßnahmen Die beschriebenen Maßnahmen machen deutlich, dass aufgrund der begrenzten Messbarkeit diffuser Emissionsquellen in der Landwirtschaft oft nicht an der tatsächlichen Emission angesetzt werden kann. Stattdessen müssen Stellvertretergrößen gefunden werden, z. B. der Einsatz von Düngeund Pflanzenschutzmitteln, die Viehbesatzdichte, die Art der Bodenbearbeitung und die Fruchtfolge. Diese weisen einen hohen Zusammenhang mit dem Umweltproblem auf und sind ausreichend mess- und kontrollierbar883. Soll hingegen konkret an die Art der Flächennutzung – wie etwa bei Flächenstilllegungen, der Umwandlung von Ackerbau in Grünland und der Schaffung von Gewässerrandstreifen – angeknüpft werden, muss keine Stellvertretergröße festgelegt werden884. Die von der WRRL zur Erreichung der Umweltziele geforderten Restriktionen für die landwirtschaftliche Praxis lassen sich dabei durch sehr verschiedene Instrumente durchsetzen. Zu nennen sind zunächst ordnungsrechtliche Maßnahmen wie die flächendeckend geltenden Umweltstandards der „guten fachlichen Praxis“885. Hierbei handelt es sich um auf die Landnutzung bezogene Vorschriften in der Umwelt880 Quast et al., in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 197; LAWA (Hrsg.), Anforderungen an eine nachhaltige Landwirtschaft, 2002, S. 6; Knopp, in: Bruha/Koch (Hrsg.), Integrierte Gewässerpolitik in Europa, 2001, S. 254 f. 881 LAWA (Hrsg.), Anforderungen an eine nachhaltige Landwirtschaft, 2002, S. 6; Quast et al., in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 200. 882 LAWA (Hrsg.), Anforderungen an eine nachhaltige Landwirtschaft, 2002, S. 6. 883 Osterburg, in: NNA (Hrsg.), Wasserrahmenrichtlinie und Naturschutz, 2002, S. 113 f. 884 Osterburg, in: NNA (Hrsg.), Wasserrahmenrichtlinie und Naturschutz, 2002, S. 114. 885 Quast et al., in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 204; Osterburg, in: NNA (Hrsg.), Wasserrahmenrichtlinie und Naturschutz, 2002, S. 115.

496 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

gesetzgebung und in landwirtschaftlichen Fachgesetzen bzw. Verordnungen (vgl. § 17 II BBodSchG, 5 IV BNatSchG, § 2a PflSchG, § 1a DüngemittelG, § 2 Düngeverordnung)886. Diese Standards gelten in der Regel einheitlich und ohne standörtliche Differenzierung im Rahmen der Bundesländer887. Lediglich innerhalb von Schutzgebieten gibt es oft darüber hinausgehende Auflagen, die ab einem bestimmten Niveau mit einer Ausgleichszahlung verbunden sein müssen (vgl. § 19 IV WHG)888. Abgesehen von hoheitlichen Maßnahmen können die Umweltziele der WRRL aber auch durch den Einsatz kooperativer Instrumente mit in der Regel freiwilliger Teilnahme der Landwirte – etwa im Rahmen von flächendeckend angebotenen landwirtschaftlichen Extensivierungsprogrammen oder des vornehmlich im Rahmen von Schutzgebieten angewandten Vertragsnatur- und Vertragswasserschutzes – sowie durch gezielte Beratung und Aufklärung erreicht werden889. Im Freistaat Sachsen ist in diesem Zusammenhang beispielsweise das Programm „umweltgerechte Landwirtschaft“890 zu nennen, das u. a. zur Verringerung der Belastung von Grund- und Oberflächengewässern mit Pflanzennährstoffen und Pflanzenschutzmittelrückständen dient. Dabei gehen Agrarumweltmaßnahmen, die mit entsprechenden finanziellen Zahlungen verbunden sind, im Allgemeinen über das durch Gesetz oder Verordnungen definierte Umweltschutzniveau hinaus und stellen somit eine freiwillige, zusätzliche Beschränkung der Flächennutzung dar891. Insofern werden den Landwirten bei der herkömmlichen Agrarproduktion als monofunk886

Der Begriff der guten fachlichen Praxis hat sich in den vergangenen anderthalb Jahrzehnten in verschiedenen Stufen entwickelt, um auf den diagnostizierten Interessenkonflikt zwischen Umwelt- und Agrarpolitik rational und sachangemessen reagieren zu können und beschreibt die Form der nunmehr zulässigen agrarischen Bodennutzung (Müller, NuR 2002, S. 531). Eine Konkretisierung erfährt der Begriff durch die oben im Text genannten nationalen Vorschriften des Umwelt- und Landwirtschaftsrechts, zum anderen aber auch durch Art. 28 der EG-Durchführungsverordnung Nr. 1750/1999 der Kommission vom 23.7.1999 (ABl. 1999, L 214, S. 31) zur Verordnung Nr. 1257/1999 des Rates vom 17.5.1999 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raumes durch den europäischen Ausrichtungs- und Garantiefond für die Landwirtschaft (EAGFL), der als gute fachliche Praxis den gewöhnlichen Standard der Bewirtschaftung, die ein verantwortungsvoller Landwirt in der betreffenden Region anwenden würde, definiert. Näher zu den einzelnen Vorschriften der guten fachlichen Praxis Kloepfer, Umweltrecht, 2004, S. 1679 ff.; Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, 2003, S. 297. 887 Müller, NuR 2002, S. 531. 888 Osterburg, in: NNA (Hrsg.), Wasserrahmenrichtlinie und Naturschutz, 2002, S. 115. 889 Osterburg, in: NNA (Hrsg.), Wasserrahmenrichtlinie und Naturschutz, 2002, S. 115. Müller, NuR 2002, S. 531 spricht insoweit von einer Maßnahmentrias aus ordnungsrechtlichen, Beratungs- und ökonomischen Instrumenten. 890 „Umweltgerechte Landwirtschaft im Freistaat Sachsen (UL)“, einzusehen unter http://www.gkb-ev.de/foerderprogramme/F%F6rderprogramm-Sachsen-01.pdf.

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tionale Landschaftsnutzung gezielt Handlungsrestriktionen im Interesse des Schutzes von Oberflächengewässern und des Grundwassers auferlegt bzw. finanzielle Anreize gesetzt892. Für Flächen, die der landwirtschaftlichen Nutzung dauerhaft entzogen werden sollen, stellt der Flächenkauf oder -tausch eine Alternative zu zeitlich befristeten Agrarumweltmaßnahmen mit jährlichen Zahlungen dar893. Ein wichtiges agrarpolitisches Instrument zur Umsetzung der WRRL stellt schließlich die Beratung der Landwirte dar, welche auch flankierend zu anderen Maßnahmen eingesetzt werden kann894. Insgesamt spielen Kooperationen zwischen der Wasser- und der Landwirtschaft bei der Bekämpfung von Immissionen aus landwirtschaftlicher Nutzung eine große Rolle, weil hierdurch das gegenseitige Problemverständnis sowie Eigeninitiative und Akzeptanz der Maßnahmen auf Seiten der Land891 Was als freiwillige Agrarumweltmaßnahme i. S. der ökonomischen Steuerungsinstrumente förderfähig ist, hängt deshalb von der Festlegung gesetzlicher Umweltanforderungen ab; Osterburg, in: NNA (Hrsg.), Wasserrahmenrichtlinie und Naturschutz, 2002, S. 115. 892 Als Wunschvorstellung für die Zukunft wären aber auch Maßnahmen denkbar, die direkt auf die Verbesserung der Qualität der Oberflächengewässer und des Grundwassers im Rahmen einer multifunktionalen Landschaftsnutzung ausgerichtet sind; vgl. insofern Quast et al., in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EUWasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 205. Insofern wäre bei der Flächennutzung das Ziel der Agrarproduktion nicht mehr prioritär, sondern stünde dem Ziel einer verbesserten Qualität der Oberflächengewässer und des Grundwassers gleichberechtigt gegenüber. Die Landwirtschaft würde somit nicht mehr für die aus Nutzungseinschränkungen bei der Agrarproduktion resultierenden finanziellen Einbußen kompensiert, sondern für die Erbringung ökologischer Leistungen ergebnisorientiert honoriert (Entwicklung vom Landwirt zum „Wasserwirt“); Jessel, in: NNA (Hrsg.), Wasserrahmenrichtlinie und Naturschutz, 2002, S. 17. Entscheidend für die Honorierungshöhe wären danach nicht die in der landwirtschaftlichen Produktion anfallenden Erlöseinbußen oder Kostensteigerungen, sondern die monetär bewertete gesellschaftliche Wertschätzung für die produzierte ökologische Leistung; Quast et al., in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 205. Allerdings sind derartige Maßnahmen nicht mit den Vorschriften der EU für die Gewährung staatlicher Beihilfen im Agrarsektor vereinbar. Denn nach Art. 24 der für den Zeitraum von 2000 bis 2006 geltenden Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 vom 17. Mai 1999 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums (hierzu sogleich), sind bei der Bemessung der Höhe der Beihilfe neben der Notwendigkeit von begrenzten Anreizen ausschließlich der Einkommensverlust und die zusätzlichen Kosten infolge der eingegangenen Verpflichtung entscheidend. Nach Art. 37 des Entwurfs der für den Zeitraum von 2007 bis 2013 geltenden sog. ELER-VO (hierzu ebenfalls sogleich) entfällt die Anreizkomponente sogar ganz, so dass die Beihilfe ausschließlich die Mindereinträge und Mehrkosten in Folge der eingegangenen Verpflichtung kompensieren darf. 893 Osterburg, in: NNA (Hrsg.), Wasserrahmenrichtlinie und Naturschutz, 2002, S. 115. 894 Müller, NuR 2002, S. 537; Osterburg, in: NNA (Hrsg.), Wasserrahmenrichtlinie und Naturschutz, 2002, S. 115.

498 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

wirte gefördert werden können895. Dabei kommt auch der Information und Anhörung der Öffentlichkeit besondere Bedeutung zu896. 3. Integration der Maßnahmen in die Gemeinsame Agrarpolitik der EU Für eine kohärente und wirksame Implementierung agrarumweltpolitischer Maßnahmen zur Umsetzung der WRRL müssen diese an den Rahmenbedingungen im Agrarsektor ausgerichtet werden und wenn möglich in Maßnahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU integriert werden897. Denn die Agrarpolitik kann nicht über den Weg der EU-Gewässerschutzpolitik revolutioniert werden, vielmehr muss das notwendige Umdenken aus der Agrarpolitik selbst kommen898. Unter der jüngsten EU-Agrarreform, der sog. „Agenda 2000“, die für den Planungszeitraum 2000 bis 2006 beschlossen wurde, soll in der Markt- und Preispolitik eine stärkere Marktorientierung Platz greifen, wobei als Ausgleich an Flächen oder Tiere gebundene Direktzahlungen gewährt werden. Gleichzeitig sollen Umweltziele stärkere Berücksichtigung finden und die Maßnahmen zur Förderung und Entwicklung des ländlichen Raums ausgebaut werden. Zu unterscheiden sind zwei unterschiedliche Bereiche der GAP. Die sog. 1. Säule umfasst die Markt- und Preispolitik; sie wird innerhalb der EU weitgehend einheitlich umgesetzt und durch die EU finanziert. In der Verordnung (EG) 1259/99899 ist festgeschrieben, dass Umweltziele in die Agrarpolitik zu integrieren sind. Dies kann entweder durch Beihilfen für (freiwillige) Umweltschutzverpflichtungen in der Landwirtschaft, allgemeine Umweltauflagen („gute fachliche Praxis“) oder durch spezifische Umweltauflagen als Voraussetzungen für Direktzahlungen in der 1. Säule („Cross Compliance“) geschehen.900. Werden die Bewirtschaftungsstandards 895 In diesem Sinne auch Holzwarth, in: NNA (Hrsg.), Wasserrahmenrichtlinie und Naturschutz, 2002, S. 8. 896 Knopp, in: Bruha/Koch (Hrsg.), Integrierte Gewässerpolitik in Europa, 2001, S. 256. 897 Osterburg, in: NNA (Hrsg.), Wasserrahmenrichtlinie und Naturschutz, 2002, S. 116; LAWA (Hrsg.), Anforderungen an eine nachhaltige Landwirtschaft, 2002, S. 8. Zum Verhältnis von WRRL und EU-Agrarpolitik hat die EU Kommission ein Arbeitspapier mit dem Titel „The Water Framework Directive (WFD) and tools within the Common Agricultural Policy (CAP) to support its implementation“ vorgelegt. 898 Holzwarth, in: NNA (Hrsg.), Wasserrahmenrichtlinie und Naturschutz, 2002, S. 8. 899 Verordnung (EG) Nr. 1259/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 zur Festlegung von Gemeinschaftsregeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik, ABl. 1999, L 160, S. 113. 900 Art. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1259/1999, ABl. 1999, L 160, S. 113.

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nicht eingehalten, so kann es zur Kürzung oder Streichung der staatlichen Zuwendungen kommen. Des Weiteren werden den Mitgliedstaaten Optionen für eine Umschichtung von Finanzmitteln von der 1. in die sog. 2. Säule eröffnet („Modulation“). Zur 2. Säule der GAP gehören unterschiedliche, von der EU kofinanzierte Förderungsmaßnahmen, die in der Verordnung (EG) 1257/1999 zur Förderungen der Entwicklung des ländlichen Raums901 zusammengefasst wurden. Agrarmaßnahmen und Vertragsnaturschutz sind danach ebenso förderfähig wie umweltbezogene Projekte, wasserbauliche Maßnahmen, Flurneuordnung, einzelbetriebliche Investitionsförderung, Vermarktung oder Ausgleichzahlungen in Schutzgebieten nach FFH- und Vogelschutzrichtlinie. Die Programmierung und Umsetzung erfolgt in der 2. Säule auf der Ebene der Mitgliedstaaten und Regionen, denen ein großer Spielraum für die Ausgestaltung der Maßnahmen und die Schwerpunktsetzung zwischen den unterschiedlichen Maßnahmen eröffnet wird902. Nach den Beschlüssen des EU-Agrarministerrats vom 26. Juni 2003903 wird die Cross Compliance für Regelungen zur Erhaltung landwirtschaftlicher Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand, für solche zur Erhaltung von Dauergrünland sowie für 19 Einzelvorschriften einschlägiger, schon bestehender EU-Regelungen aus den Bereichen Umwelt, Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanze, Kennzeichnung sowie Registrierung von Tieren, Meldung von Krankheiten sowie Tierschutz verbindlich vorgeschrieben904. Die für die vorliegende Themenstellung relevanten Umweltvorschriften betreffen die Vogelschutz-, die Grundwasser-, die Klärschlamm-, die Nitrat- sowie die FFH-Richtlinie, von deren Einhaltung die Direktzahlungen an die Landwirte ebenso wie von der Einhaltung der Regelungen zur Erhaltung der Flächen in einem guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand ab dem 1.1.2005 in allen Mitgliedstaaten verbindlich abhängen905. Zwar ist die WRRL in diesem Kreis von Richt901 Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 des Rates vom 17. Mai 1999, ABl. 1999, L 160, S. 80. 902 Osterburg, in: NNA (Hrsg.), Wasserrahmenrichtlinie und Naturschutz, 2002, S. 117. 903 Hierbei handelt es sich um eine grundlegende Reform der GAP, welche die Stützungsmechanismen des Agrarsektors grundlegend verändert hat. Ausführlich hierzu unter http://europa.eu.int/comm/agriculture/capreform/index_de.htm. 904 Art. 3 bis 5 i. V. m. Anhang III und IV der Verordnung 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe, ABl. 2003, L 270, S. 1. 905 Vgl. Art. 156 II d) sowie Anhang III Teil A der Verordnung 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe, ABl. 2003, L 270, S. 1. Die übrigen Ein-

500 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

linien nicht aufgeführt, jedoch kommt die Einhaltung der hier genannten Vorschriften zum Gewässer- und Naturschutz zumindest indirekt auch ihren Zielen zu Gute906. Darüber hinaus enthält Art. 5 i. V. m. Anhang IV noch weitere Standards, die zur Erhaltung der Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand dienen und speziell die Vermeidung von Bodenerosion, die Erhaltung des Anteils der organischen Substanz im Boden, die Erhaltung der Bodenstruktur sowie die Instandhaltung der Flächen betreffen. Diese Forderungen gehen über die Regelungen der ohnehin verbindlichen EG-Richtlinien noch hinaus. Zudem wurde auf dem EU-Agrarrat beschlossen, dass die Mitgliedstaaten ab dem Jahre 2005 zwingend verpflichtet sind, Finanzmittel von der 1. in die zweite Säule der GAP umzuschichten (Modulation). Im Hinblick darauf legt Art. 10 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 fest, dass alle einem Betriebsinhaber in einem Kalenderjahr zu gewährenden Direktzahlungen ab 2005 bis 2012 jedes Jahr um 3% bzw. 4% und ab 2007 um 5% gekürzt werden, wobei die dadurch eingesparten Beträge als zusätzliche Gemeinschaftsförderung für Maßnahmen im Rahmen der Programmplanung für die ländliche Entwicklung, d. h. der zweiten Säule der GAP, zur Verfügung stehen. Die Finanzierung der Programme zur Förderung der Entwicklung des ländlichen Raumes, die sowohl flächenbezogene Fördermaßnahmen als auch investitionsfördernde Maßnahmen enthalten, erfolgt dabei aus dem Europäischen Landwirtschaftsfond für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). Die genauen Voraussetzungen für die Zahlungen, die in der sog. ELER-VO907 enthalten sind, sehen ab dem Jahre 2007 u. a. auch Entschädigungsleistungen für Nachteile der Landwirte vor, die aus Restriktionen im Zusammenhang mit der WRRL erwachsen908. Damit lässt sich festhalten, dass die GAP bereits eine ganze Reihe von Instrumentarien zur Verfügung stellt, um die Umweltziele der WRRL zu erreichen909. Wenn diese Instrumente in geeigneter Weise in die Landwirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten integriert werden, kann die Implementierung der WRRL hierdurch in erheblichem Maße befördert werden.

zelvorschriften sind als Voraussetzung für entsprechende Direktzahlungen gem. Anhang III Teil B und C ab dem 1.1.2006 bzw. dem 1.1.2007 verbindlich einzuhalten. 906 European Commission, Working Document, 2003, S. 19 f. 907 Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Rates vom 20. September 2005 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER), ABl. 2005, L 277, S. 1. Diese Verordnung soll ab dem Jahr 2007 gelten, Art. 99 ELER-VO. 908 Art. 36 a) iii) ELER-VO. 909 Ebenso European Commission, Working Document, 2003, S. 21.

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IV. Raumplanung Während der Naturschutz und der natürliche Hochwasserschutz weitgehend mit den Zielen der WRRL übereinstimmen, bringen andere Nutzungsansprüche wie die Landwirtschaft, die Forstwirtschaft, der Siedlungsbau, der Bergbau, der Verkehr, etc. zwangsläufig erhebliche räumliche Nutzungskonflikte mit sich910. Besonders deutlich wird dies, wenn es etwa um die Durchsetzung flächennutzungsrelevanter gewässerschützender Maßnahmen wie die Anlage von Gewässerrandstreifen zur Vermeidung diffuser Stoffeinträge, die Ausweisung von Flächen mit dem Verbot des Einsatzes von Pflanzenschutz- und Düngemitteln oder die Sicherung von Flussauenbereichen vor weiterer Bebauung geht, denen eine Reihe anderer Flächennutzungsansprüche gegenüberstehen911. Da die Umsetzung der WRRL „mit fast allem anderen im Raum zusammenhängt“912, haben diese Nutzungskonflikte zugleich negative Auswirkungen auf die Erreichung des guten Gewässerzustands913. Indem die WRRL an der Fläche von Flusseinzugsgebieten als Funktionsräumen ansetzt, wird ihre Umsetzung daher nicht nur Auswirkungen auf die wasserwirtschaftliche, sondern auch auf die räumliche Planung bzw. Raumordnung haben müssen914. Deren Aufgabe besteht gerade darin, die Ansprüche an den Raum überörtlich und überfachlich mit dem Ziel einer nachhaltigen Raumentwicklung untereinander abzuwägen und zu koordinieren (vgl. § 1 II 1 ROG). Es ist deshalb zu prüfen, inwieweit die Ziele der WRRL in die Landesraumordnungspläne (§§ 8 ROG, 3 SächsLPlG) und Regionalpläne (§§ 9 ROG, 4 SächsLPlG)915 integriert und mit diesen verzahnt werden können, um Nutzungskonflikte von vornherein zu minimieren und damit die Umsetzung der WRRL zu fördern916. 910

Näher hierzu Finke, in NNA (Hrsg.), Wasserrahmenrichtlinie und Naturschutz, 2002, S. 138; v. Keitz/Kraemer, in: v. Keitz/Schmalholz (Hrsg.), Handbuch der EUWasserrahmenrichtlinie, 2002, S. 245 ff.; Greiving, RaumPlanung 107 (2003), S. 58. 911 Finke, ARL-Nachrichten 2/2003, S. 2; Greiving, RaumPlanung 107 (2003), S. 58. 912 Finke, in: NNA (Hrsg.), Wasserrahmenrichtlinie und Naturschutz, 2002, S. 136. 913 Hurck, KA – Abwasser, Abfall 2004, S. 478. 914 Jessel, in NNA (Hrsg.), Wasserrahmenrichtlinie und Naturschutz, 2002, S. 15. 915 Im sog. Landesentwicklungsplan sind gem. § 3 I 2 SächsLPlG die Ziele und Grundsätze der Raumordnung für die räumliche Ordnung und Entwicklung des Freistaates Sachsen auf der Grundlage einer Bewertung des Zustands von Natur und Landschaft sowie der Raumentwicklung festzulegen. Gleiches gilt für die Regionalpläne, allerdings lediglich bezogen auf die Teilräume des Freistaates Sachsen (Planungsregionen). In diesen werden die Grundsätze der Raumordnung nach § 2 ROG sowie die Ziele und Grundsätze des Landesentwicklungsplans auf der Grundlage einer Bewertung des Zustands von Natur und Landschaft sowie der Raumentwicklung räumlich und sachlich ausgeformt; § 4 II 2 SächsLPlG.

502 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

1. Die Raumordnungsklauseln der §§ 36 I 2 und 36b II 2 WHG n. F. Grundlage für die Beantwortung der Frage nach dem Beitrag der Raumplanung zur Umsetzung der Ziele des Art. 4 WRRL ist deren Verhältnis zur wasserwirtschaftlichen Fachplanung, wie es in den Raumordnungsklauseln der §§ 36 I 2 und 36b II 2 WHG n. F. geregelt ist. Danach sind die Ziele der Raumordnung bei der Aufstellung der Maßnahmenprogramme und Bewirtschaftungspläne zu beachten sowie deren Grundsätze und sonstige Erfordernisse zu berücksichtigen. Hierdurch sollen die Ziele der wasserwirtschaftlichen Fachplanung – unter grundsätzlicher Übernahme der sich bereits aus § 4 ROG ergebenden Bindungswirkungen – mit den Festlegungen der übergreifenden Raumplanung verzahnt werden917. Nach dem Sprachgebrauch des ROG bilden die Erfordernisse der Raumordnung den Oberbegriff, innerhalb dessen zwischen den grundsätzlich verbindlichen Zielen der Raumordnung (§ 3 Nr. 2 ROG) und den lediglich berücksichtigungspflichtigen Grundsätzen (§ 3 Nr. 3 ROG) und sonstigen Erfordernissen der Raumordnung (§ 3 Nr. 4 ROG) zu unterscheiden ist918. a) Beachtenspflicht für die Ziele der Raumordnung Gefordert wird – in Entsprechung der allgemeinen Regelung des § 4 I ROG919 – zunächst, die Ziele der Raumordnung zu beachten. Ziele der Raumordnung sind gem. § 3 Nr. 2 ROG verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten und bestimmbaren, vom zuständigen Planungsträger abschließend abgewogenen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums. Sie sind das letztverbindliche Ergebnis einer landesplanerischen Abwägung und damit einer weiteren Abwägung nicht mehr zugänglich920. Die Maßnahmenprogramme können also die Raumplanungsziele für den von ihnen fachlich abgedeckten Bereich weiter konkretisieren, nicht aber durch weitere raumplanerische Abwägung modifizieren oder gar im Interesse des Gewässerschutzes überwinden921. Dabei führt die Bindungswirkung i. S. von § 4 I und III ROG dazu, dass mit den Zielen der Raumordnung nicht kompatible Maßnahmen entweder angepasst (d. h. ergänzt bzw. geändert) oder aufgehoben werden müssen 916 Knopp, NVwZ 2003, S. 279; Hurck, KA – Abwasser, Abfall 2004, S. 478, 480; Seidel/Rechenberg, ZUR 2004, S. 213 f. 917 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36, Rn. 9; Knopp, NVwZ 2003, S. 279. 918 Dolderer, NVwZ 1998, S. 346. 919 Danach haben öffentliche Stellen bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen die Ziele der Raumordnung zu beachten. 920 Schulte, NVwZ 1999, S. 942. 921 Allgemein BVerwGE 90, S. 327/334 f.

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(vgl. § 12 ROG)922. Abweichungen von den Zielen der Raumordnung sind nur im Rahmen eines eigens im Hinblick darauf durchzuführenden Zielabweichungsverfahrens möglich, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden (§ 11 I ROG)923. b) Berücksichtigungspflicht für die Grundsätze der Raumordnung Im Gegensatz dazu sind – wiederum im Einklang mit der Begriffswelt des Raumordnungsrechts – die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung – zu berücksichtigen. Grundsätze der Raumordnung sind nach § 3 Nr. 3 ROG allgemeine Aussagen zu Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen. Im Einzelnen werden die Grundsätze in § 2 II ROG näher ausgeführt924. Wasserwirtschaftlich von Belang sind nach dem ROG insbesondere das Gebot der Verbesserung der Umweltbedingungen (§ 2 II Nr. 7) sowie das Gebot, Natur und Landschaft einschließlich der Gewässer und des Waldes zu schützen, zu pflegen und zu entwickeln (§ 2 II Nr. 8 S. 1). Die Naturgüter, insbesondere Wasser und Boden, sind schonend in Anspruch zu nehmen; Grundwasservorkommen sind zu schützen (§ 2 II Nr. 8 S. 3 ROG). Bei der Sicherung und Entwicklung der ökologischen Funktionen sind auch die jeweiligen Wechselwirkungen zu berücksichtigen (§ 2 II Nr. 8 S. 5 ROG). Für den vorbeugenden Hochwasserschutz im Binnenland ist vor allem durch Sicherung oder Rückgewinnung von Auen, Rückhalteflächen und überschwemmungsgefährdeten Bereichen zu sorgen (§ 2 II Nr. 8 S. 6 ROG). Der in diesen Grundsätzen zum Ausdruck gebrachte integrierte Ansatz eines Umweltschutzes durch Raumplanung korrespondiert im Wesentlichen mit den Zielvorstellungen der WRRL925. Unter sonstigen Erfordernissen der Raumordnung versteht § 3 Nr. 4 ROG in Aufstellung befindliche Ziele der Raumordnung, Ergebnisse förmlicher landesplanerischer Verfahren wie des Raumordnungsverfahrens und landesplanerischer Stellungnahmen. Im Gegensatz zur Pflicht der Beachtung der Raumordnungsziele ordnet § 36 I 2 in Übereinstimmung mit § 4 II ROG lediglich eine Berücksichtigungspflicht an. Dies bedeutet, dass die Belange in die planerische Abwägung bei der Formulierung der Maßnahmenprogramme aufzunehmen sind, im Einzelfall aber anderen, vom Planungsträger als überwiegend angesehenen Abwägungsbelangen, zu weichen haben926. 922

Kotulla, WHG, 2003, § 36, Rn. 7. Vgl. Petry/Scheidt/Unnerstall, in: Möltgen/Petry (Hrsg.), Interdisziplinäre Methoden des Flussgebietsmanagements, 2004, S. 175. 924 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36, Rn. 10. 925 Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36, Rn. 10. 923

504 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

c) Sonderstellung der Bewirtschaftungsziele im Rahmen raumplanerischer Zielfestlegung Im Rahmen der Beachtens- und Berücksichtigungspflicht gem. §§ 36 I 2 und 36b II 2 WHG n. F. darf aber nicht außer acht gelassen werden, dass sich die Anforderungen der wasserwirtschaftlichen Fachplanung, wie sie sich im Maßnahmenprogramm für die Flusseinheit niederschlagen, an den zwingenden Vorgaben der §§ 25a I, 25b I, 32c und 33a I WHG auszurichten haben927. Insofern können die Raumordnungsklauseln für die Wasserwirtschaft dann zum Problem werden, wenn in den Raumordnungsplänen Ziele und Grundsätze enthalten sind, die der Einhaltung/Erreichung der Ziele des Art. 4 WRRL entgegenstehen928. Dies würde zu einem Widerspruch mit den Maßnahmenprogrammen führen, die dann an die Vorgaben der Raumplanung angepasst werden müssten. Vor allem die Beachtenspflicht für die Ziele der Raumordnung könnte zur Folge haben, dass Maßnahmen nicht durchgeführt werden können, die zur Verwirklichung der Bewirtschaftungsziele erforderlich sind929. Dadurch wäre die Einhaltung der europarechtlich verbindlichen Ziele des Art. 4 WRRL gefährdet und Deutschland müsste mit entsprechenden Sanktionen der EG rechnen. Um dies zu vermeiden, ist der Wasserwirtschaft zu raten, ihre aus den Umweltzielen des Art. 4 WRRL resultierenden raumwirksamen Forderungen den Raumordnungsbehörden möglichst schnell zu melden, damit die bestehenden Raumordnungspläne noch rechtzeitig vor Erarbeitung der neuen Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme dahingehend überprüft werden können, ob sie den Zielen der WRRL entsprechen bzw. inwieweit sich ein Anpassungsbedarf ergibt930. Sollte Letzteres der Fall sein, wird der Abwägungs926 Kotulla, WHG, 2003, § 36, Rn. 8; Czychowski/Reinhardt, WHG, 2003, § 36, Rn. 10. 927 Knopp, NVwZ 2003, S. 279; ders., in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 36 WHG, Rn. 9. 928 Z. B. bei der Bebauung von Auenlandschaften, bei Grundwasserabsenkungen durch große Bauvorhaben und bei der landwirtschaftlichen Nutzung von Gewässerrandstreifen; Seidel/Rechenberg, ZUR 2004, S. 214. 929 Dieses Konfliktpotential wird auch nicht durch § 7 III ROG ausgeräumt, wonach Darstellungen in Fachplänen, u. a. denen des Wasserrechts, unter bestimmten Voraussetzungen als Festlegungen in die Raumordnungspläne aufgenommen werden sollen. Denn diese Aufnahme erfolgt nur auf Grund einer Abwägung nach § 7 VII ROG. Es ist somit nicht zwingend, dass die Maßnahmenprogramme Eingang in die Raumordnungspläne finden; Seidel/Rechenberg, ZUR 2004, S. 214. 930 Finke, in: Moss (Hrsg.), Das Flussgebiet als Handlungsraum, 2003, S. 337; ders., ARL-Nachrichten 2/2003, S. 3.; Greiving, RaumPlanung 107 (2003), S. 59. Damit ergibt sich für die Wasserwirtschaftsverwaltung das Erfordernis, sich nicht nur mit der naturräumlichen Ausstattung des jeweiligen Flusseinzugsgebietes zu befassen, sondern mit der gesamten Palette der räumlichen Nutzung, insbesondere mit

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spielraum der Raumplanungsbehörden zugunsten der europarechtlich verbindlichen Ziele des Art. 4 WRRL dahingehend eingeschränkt, dass Ziele der Raumordnung den europarechtlichen Vorgaben der WRRL nicht widersprechen dürfen931. Das raumplanerische Ermessen setzt deshalb erst dann richtig ein, wenn es um die Entscheidung geht, ob bei entsprechenden Anhaltspunkten im Einzelfall Ausnahmen von den Umweltzielen im überwiegenden öffentlichen Interesse zulässig sind932. Diese müssen bei einer gegenüber der europäischen Kommission erforderlichen Begründung im Maßnahmenprogramm ihren Niederschlag finden933. 2. Möglichkeiten und Grenzen der Raumplanung bei der Umsetzung der WRRL Im Folgenden soll untersucht werden, inwieweit die Raumplanung in der Lage ist, die Umweltziele des Art. 4 WRRL zu verwirklichen und welche Möglichkeiten das raumordnerische Planungsinstrumentarium hierzu eröffnet. Als räumlich koordinierende Gesamtplanung hat die Regionalplanung die Belange der natürlichen Umwelt wahrzunehmen und – soweit möglich – mit den übrigen, z. T. konkurrierenden oder konfligierenden räumlichen Nutzungsansprüchen im Rahmen eines Gesamtkonzeptes zum Ausgleich zu bringen934. Generell ist deshalb davon auszugehen, dass eine die Gesamtheit aller Ansprüche an den Raum koordinierende Raumplanung der Durchsetzung wasserwirtschaftlicher Ziele und dazu erforderlicher Maßnahmen dann wird dienen können, wenn sie sich unter dem Aspekt gewässerökologischer Implikationen mit den vorhandenen bzw. geplanten räumlichen Nutzungsmustern ebenso wie mit den stofflichen Einträgen bzw. Belastungen im gesamten Flusseinzugsgebiet befasst935. Neben der Integration raumbedeutsamer Festlegungen der Maßnahmen- und Bewirtschaftungspläne in die Raumordnungspläne gem. § 7 III ROG936 kann die Regionalplanung ihren Beitrag zum Gewässerschutz vor allem durch die räumliche solchen Nutzungen und Nutzungsabsichten, aus denen sich ein Konflikt zu den eigenen Zielen ergeben kann; Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 36 WHG, Rn. 10. 931 Finke, in: Moss (Hrsg.), Das Flussgebiet als Handlungsraum, 2003, S. 334. 932 Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG. AbwAG, 2004, § 36 WHG, Rn. 10. 933 Knopp, NVwZ 2003, S. 279. 934 Erbguth/Schoeneberg, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht, 1992, S. 160. 935 Finke, ARL-Nachrichten 2/2003, S. 2. 936 Dies betrifft gem. § 7 III ROG allerdings nur Festlegungen, die zur Aufnahme in die Raumordnungspläne geeignet und zur Koordinierung von Raumansprüchen erforderlich sind sowie durch Ziele und Grundsätze der Raumordnung gesichert werden können.

506 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

Zuordnung und die Nutzungsbestimmung von Flächen wie die Bestimmung von Freiräumen i. S. von § 7 II Nr. 2 ROG sowie von Vorranggebieten und Vorbehaltsgebieten i. S. von § 7 IV Nr. 1, 2 ROG leisten937. Während den in Vorbehaltsgebieten festgelegten raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen bei der Abwägung mit konkurrierenden raumbedeutsamen Nutzungen immerhin ein besonderes Gewicht beigemessen werden soll, können in Vorranggebieten vorgesehene raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen andere – entgegenstehende – Nutzungen sogar ausschließen. So können die Ziele der WRRL etwa in der Weise durchgesetzt werden, dass besonders sensible bzw. gewässerschutzrelevante Bereiche mit einem Ziel der Raumordnung belegt werden, welches einen Verstoß gegen die Aussagen des Bewirtschaftungsplanes verbietet, z. B. als Vorranggebiet zum Schutz oder zur Entwicklung eines wertvollen Grundwasser- oder Oberflächengewässervorkommens938. Dadurch können sowohl Landesraumordnungs- als auch Regionalpläne das Verschlechterungsverbot der WRRL durchsetzen sowie raumbedeutsamen Entwicklungsmaßnahmen der Maßnahmenprogramme einen Vorrang gegenüber konkurrierenden Raumansprüchen sicherstellen helfen939. Die Raumplanung ist jedoch vom Grundsatz her nicht in der Lage, mit ihren Instrumenten die tatsächliche Realisierung des in den Maßnahmenprogrammen Festgelegten i. S. einer Verbesserung über das Bestehende hinaus zu gewährleisten940. So kann beispielsweise die Anlage von Gewässerrandstreifen an den Fließgewässern zur Vermeidung von Stoffeinträgen zur Förderung von Gewässerentwicklungsmaßnahmen nicht durch raumordnerische Pläne durchgesetzt werden941. Vielmehr muss hier die Wasserwirtschaft – etwa durch gesetzliche Vorgaben oder Gewässerrandstreifenprogramme – selbst tätig werden942. Fragt man abschließend nach der Leistungsfähigkeit des qualitätsorientierten Regelungskonzepts im Hinblick auf einen nachhaltigen Gewässerschutz, so lässt sich feststellen, dass der zielbezogene und ganzheitliche Ansatz der WRRL, der über die Regelung von Einzelparametern hinausgreift und auf eine an Einzugsgebieten und Ökosystemen ausgerichtete Bewertung 937 Zu letzterem Aspekt vgl. Petry/Scheidt/Unnerstall, in: Möltgen/Petry (Hrsg.), Interdisziplinäre Methoden des Flussgebietsmanagements, 2004, S. 175. 938 Finke, ARL-Nachrichten 2/2003, S. 2; Hurck, KA – Wasser, Abfall 2004, S. 480. 939 Finke, ARL-Nachrichten 2/2003, S. 2; Greiving, RaumPlanung 107 (2003), S. 59; Hurck, KA – Wasser, Abfall 2004, S. 480. 940 Finke, ARL-Nachrichten 2/2003, S. 2; Greiving, RaumPlanung 107 (2003), S. 59. 941 Finke, ARL-Nachrichten 2/2003, S. 2; Hurck, KA – Wasser, Abfall 2004, S. 480. 942 Hurck, KA – Wasser, Abfall 2004, S. 480.

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und Berücksichtigung geographischer und klimatischer Gegebenheiten bezogen ist, auf einen langfristigen Schutz der Gewässer als natürliche Lebensgrundlage zielt943. Die damit verbundene finale Steuerung des Verwaltungshandelns, die Vorgabe auf verschiedenen Ebenen sukzessiv konkretisierter Umweltqualitätsziele, die Verpflichtung zur Aufstellung langfristig angelegter Maßnahmenprogramme und Bewirtschaftungspläne sowie die regelmäßig erfolgenden Erfolgskontrollen können als folgerichtige Ausprägungen des Nachhaltigkeitsprinzips verstanden werden944. Die WRRL stellt damit ein Beispiel dafür dar, wie das Konzept der Nachhaltigkeit rechtlich konkretisiert sowie Ebene für Ebene verdichtet werden kann und bietet die Grundlage für eine rationalere, transparentere sowie für die Öffentlichkeit und die nationalen Rechtsanwender nachvollziehbare Umweltpolitik945. Im Gegensatz zur früheren Rechtslage können sich Gesetzgeber und Exekutive somit nicht mehr auf die „Fixierung von Maßnahmen mit unterschiedlich interpretierbaren und ex post kaum nachvollziehbaren Wirkungen“946 zurückziehen, sondern müssen ein ungleich größeres politisches Risiko in Kauf nehmen, dass Zielverfehlungen und Politikversagen festgestellt und geeignete Abhilfemaßnahmen eingefordert werden947. Indem die europarechtliche Inpflichtnahme die Mitgliedstaaten, die gegenüber der Gemeinschaft für die Erreichung der Umweltqualitätsziele innerhalb der vorgegebenen Fristen einzustehen haben948, einer Erfolgshaftung unterwirft, wird die Leistungsfähigkeit des qualitätsorientierten Regelungsansatzes der WRRL noch gesteigert949. Inwieweit das mit der WRRL verfolgte Konzept aber tatsächlich zu einer Erhöhung des Gewässerschutzniveaus führen wird, hängt von seiner konkreten Umsetzung in der Praxis ab950. Mit der erst für Ende 2009 vorgesehenen Einigung auf flusseinzugsgebietsweite Maßnahmenprogramme steht die eigentliche Nagelprobe des qualitätszielorientierten Regelungsansatzes insofern noch bevor. Bei der Umsetzung der WRRL handelt es sich demnach um eine Generationenaufgabe, so dass eine abschließende Beurteilung derzeit noch nicht möglich ist. 943

Appel, ZUR 2001, S. 137. Appel, ZUR 2001, S. 137; Knopp, in: Erbguth (Hrsg.), Änderungsbedarf im Wasserrecht, 2003, S. 48. 945 Appel, ZUR 2001, S. 137; Schmalholz, ZfW 2001, S. 74. 946 Cansier, NVwZ 1994, S. 646. 947 Wahl/Appel, in: Wahl (Hrsg.), Prävention und Vorsorge, 1995, S. 190 f. 948 Hierzu oben § 16 V. 949 Breuer, UPR 2004, S. 204 sieht in dieser Erfolgshaftung allerdings weniger ein ökologisches Ideal, sondern vielmehr einen Kontrollhebel der Kommission, den sie gegenüber den Mitgliedstaaten relativ leicht nutzen kann. 950 Berendes, in: Bohne (Hrsg.), Ansätze zur Kodifikation des Umweltrechts in der Europäischen Union, 2005, S. 19. 944

508 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

§ 22 Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick I. Die Untersuchung des Begriffs, der Einordnung sowie Funktion von Umweltqualitätszielen einschließlich der verfassungs- und europarechtlichen Rahmenbedingungen im ersten Teil der Arbeit hat Folgendes ergeben: 1. Nach der zunächst erforderlichen begrifflichen Klärung bezeichnen Umweltqualitätsziele einen bestimmten sachlich, räumlich und zeitlich angestrebten Zustand der Umwelt bzw. bestimmter Schutzgüter, enthalten sowohl naturwissenschaftliche als auch gesellschaftlich-ethische Elemente und werden objekt- oder medienbezogen für Mensch und/oder Umwelt bestimmt. Sie fügen sich in ein Bündel aus Direktiven und Begriffen ein, die in der aktuellen Debatte über die Qualitätsorientierung des Umweltrechts erörtert werden und idealtypisch Teil umfassender Umweltqualitätszielkonzepte sind, welche die Umweltqualitätsziele mit Leitbildern, Leitlinien, Umwelthandlungszielen, Umweltstandards, Umweltqualitätskriterien und Umweltindikatoren hierarchisch-systematisch verknüpfen (§§ 2 und 3). 2. Umweltqualitätsziele sind nicht nur Gegenstand rechtlicher, sondern auch politischer Erörterung. Entstehungs- und entwicklungsgeschichtlich sind sie bereits seit den 70er Jahren in der nationalen und vor allem europäischen Diskussion nachweisbar, werden mit der Entwicklung um den Begriff des „sustainable development“ auch auf internationaler Ebene diskutiert und erhalten mit ihrer vertieften Behandlung in den Rechts-, Politik-, Wirtschafts- Umwelt- und Raumwissenschaften einen zusätzlichen Entwicklungsschub. Besondere Bedeutung erlangten Umweltqualitätsziele auf politischer Ebene als zentrale Elemente einer sog. strategischen Umweltplanung, die am Leitbild nachhaltiger Entwicklung ausgerichtet ist und die Erarbeitung der wesentlichen Zielbestimmungen für den Staat zum Inhalt hat. Das auf die ökologische Belastbarkeit hin ausgerichtete Schutzkonzept der Umweltqualitätsziele fungiert insofern als Kleinbearbeitung des zunächst hochabstrakten Leitbildes nachhaltiger Entwicklung (§§ 4 und 5). 3. Umweltqualitätsziele haben längst Eingang in die Rechtsordnung gefunden. Angestoßen wurde dieser Verrechtlichungsprozess maßgeblich durch das Europarecht, das – insbesondere anknüpfend an angelsächsische Traditionen – ein hohes Maß an Qualitätsorientierung aufweist und auch das deutsche Recht überformt. Jüngstes Beispiel hierfür sind die Gewässerqualitätsziele des Art. 4 WRRL, die in allen Mitgliedstaaten umgesetzt und jeweils in die nationale Rechtsordnung integriert werden müssen. Dabei reicht es für einen nachhaltigen Umweltschutz allein nicht aus, die Zielvorstellungen in Gesetzesform zu bringen, es kommt vielmehr auch darauf an, die Ziele „herunterzubrechen“ und in rechtlich steuerungswirksamer Weise zu instrumentieren (§ 6).

§ 22 Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick

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4. Eine umweltqualitätsorientierte Regelungsstrategie orientiert sich am Stoffinput und damit an den auf die Lebewesen und Ökosysteme einwirkenden Schadstoffkonzentrationen, die letztlich den für eine Schädigung maßgeblichen Faktor darstellen. Für die im Rahmen qualitätsorientierter Strategien relevante Beurteilung sind deshalb nicht in erster Linie die Emissionen, d. h. die Freisetzungen von umweltschädlichen Stoffen aus bestimmten Quellen, sondern die Immissionen, d. h. die auf bestimmte Schutzgüter einwirkenden Umweltbelastungen das maßgebliche Kriterium. Umweltbeeinträchtigungen werden danach am Ort der Einwirkung gemessen und etwaige Reaktionen davon abhängig gemacht, welchen Schaden und welche Risiken sie dort verursachen. Umweltqualitätsziele haben in diesem Zusammenhang die Funktion, den angestrebten Reinheits- oder Verschmutzungsgrad des gefährdeten Umweltmediums zu bestimmen. Rein umweltqualitätszielorientierte Regelungsstrategien weisen allerdings im Hinblick auf die Möglichkeit des Auffüllens bisher unbelasteter Gebiete mit Schadstoffen sowie Wissensunsicherheiten über die Belastungsgrenzen der jeweiligen Schutzgüter auch Schwächen auf. Den damit verbundenen Defiziten kann jedoch wirksam durch eine Verknüpfung von Umweltqualitätszielen mit Emissionsgrenzwerten i. S. eines kombinierten Ansatzes, der hier zugrunde gelegt ist, begegnet werden (§ 6). 5. Ein auf die Erreichung von Umweltqualitätszielen ausgerichtetes Umweltrecht impliziert eine finale Normstruktur, die es der Exekutive ohne Bindung an spezifische Tatbestandsvoraussetzungen auferlegt, bestimmte Zwecke zu erfüllen. Hieraus ergeben sich im Hinblick auf die Intensität der Problemverarbeitung und die inhaltliche Determination des Verhaltens der Entscheidungsträger Unterschiede zu konditional programmierten Normen. Während das Konditionalprogramm für ein regelungsbedürftiges Problem sowohl die Mittel als auch die Bedingungen der Problemlösung formuliert, nennt das Finalprogramm typischerweise nur Zwecke und Ziele. Das auf die Ziel- und Zwecksetzung folgende Stadium weist deshalb regelmäßig erhebliche Entscheidungsspielräume der Exekutive auf (§ 6). 6. Umweltqualitätsziele werden rechtsbegrifflich uneinheitlich verwendet. Im europäischen Umweltrecht wird die Bezeichnung „Qualitätsziele“ – meist in der Bedeutung von Qualitätsgrenzwerten – als Rechtsbegriff gebraucht, im deutschen Umweltweltrecht ist der Terminus hingegen – abgesehen von wenigen EG-Umsetzungsgesetzen – in dieser Form nicht geläufig. Mit dem Inkrafttreten der WRRL ist insofern eine neue Begrifflichkeit eingeführt worden, als man nicht mehr von „Qualitätszielen“, sondern von „Umweltzielen“ und „Umweltqualitätsnormen“ spricht. Während der Terminus „Umweltqualitätsnorm“ i. S. von Qualitätsgrenzwert verstanden wird und inzwischen auch vom deutschen Gesetzgeber übernommen worden ist,

510 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

wurde mit den „Umweltzielen“ i. S. von Art. 4 WRRL eine neue Zielkategorie auf einer allgemeineren Ebene eingeführt, die im WHG n. F. mit dem Begriff „Bewirtschaftungsziele“ bezeichnet ist. Der Rechtsnatur nach sind die als Mindestgüteanforderungen verstandenen Ziele der WRRL – im Gegensatz etwa zu den Zielen des Bauplanungsrechts – als Regeln einzustufen, zugleich enthalten sie aber auch Prinzipienelemente (§ 7). 7. Die europäisch-primärrechtlichen sowie verfassungsrechtlichen Vorgaben stehen einer Verrechtlichung von Umweltqualitätszielen im Gewässerschutzrecht durch das Sekundärrecht und das nationale Verwaltungsrecht nicht entgegen, lassen freilich auch andere Regelungsstrategien hinsichtlich einer Optimierung der Umweltqualität zu, über die der Gesetzgeber im Rahmen seines breiten Gestaltungsspielraums zu entscheiden hat. So hat die Untersuchung ergeben, dass weder aus Art. 174 EGV und Art. 20a GG bzw. Art. 10 SächsVerf noch aus den gemeinschaftsrechtlichen und verfassungsrechtlichen Grundrechten ganz bestimmte Vorgaben für oder gegen die Normierung von Umweltqualitätszielen hergeleitet werden können. Gleiches gilt für die Verpflichtung zur Verwirklichung des gemeinsamen Binnenmarktes gem. Art. 14 I EGV und den Subsidiaritätsgrundsatz des Art. 5 II EGV. In diesem Sinne steht die Normierung von Umweltqualitätszielen mit den genannten Normen des Europa- und Verfassungsrechts im Einklang, wenn sie auch nicht eindimensional hieraus abzuleiten ist (§§ 8 und 9). II. Die im vorstehenden Zusammenhang notwendige Untersuchung, ob und inwieweit eine Orientierung an Umweltqualitätszielen bereits vor Inkrafttreten der WRRL im bundesdeutschen und sächsischen Gewässerschutzrecht zu verzeichnen war und rechtliche Wirkung entfaltete, hat im zweiten Teil Folgendes ergeben: 1. Das Instrumentarium des WHG und des SächsWG bot bereits vor der Umsetzung der WRRL Raum für die Orientierung an Qualitätszielen. Im Rahmen der Genehmigung von Gewässerbenutzungen konnten qualitätsorientierte Vorgaben im Rahmen der Allgemeinwohlklausel des § 6 WHG einschließlich des darin verankerten Bewirtschaftungsermessens durchaus berücksichtigt werden. Durch zahlreiche Revisionsmöglichkeiten bestand zudem die Möglichkeit, auch nach Genehmigungserteilung auf Veränderungen des Gewässerzustands zu reagieren. Der im Bereich des Grundwasserschutzes geltende Besorgnisgrundsatz des § 34 I WHG weist hingegen nur einen relativen Qualitätsbezug auf, da und insofern jegliche Verschlechterung des Grundwasserzustands zu vermeiden war. Im Rahmen der Gewässerunterhaltung ergab sich eine Verpflichtung zur Berücksichtigung qualitätsorientierter Vorgaben aus § 28 I 2 WHG a. F. sowie § 69 I SächsWG. Für die inhaltliche Abwägung bei der Planfeststellung für den Gewässerbau waren quali-

§ 22 Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick

511

tätsbezogene Maßstäbe bereits in § 31 I, V WHG a. F. enthalten. Zudem diente im Rahmen der wasserrechtlichen Anlagengenehmigung gem. § 91 SächsWG die darin verankerte Allgemeinwohlklausel als Einfallstor für die Berücksichtigung qualitätsbezogener Anforderungen (§§ 10 und 11). 2. Die genannten Vorschriften des WHG und des SächsWG boten somit zahlreiche Anknüpfungspunkte für die Berücksichtigung qualitätsorientierter Vorgaben, enthielten jedoch selbst kaum konkrete bzw. justiziable Qualitätsziele. Wann im Rahmen der Erteilung wasserrechtlicher Genehmigungen eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit vorlag, konnte nicht aus § 6 WHG selbst entnommen werden, sondern bedurfte der weiteren Konkretisierung. Hinzu kam, dass die Allgemeinwohlklausel in der Praxis durch die Emissionsanforderungen des § 7a WHG erheblich relativiert wurde. Im Hinblick auf eine qualitätsorientierte Gewässerunterhaltung existierten zwar eine Reihe von Vorgaben, diese waren allerdings entweder sehr allgemein gehalten oder aber nicht rechtsverbindlich. Was den Gewässerausbau anbelangt, so bestanden im Rahmen des Naturerhaltungs- und Renaturierungsgebotes gem. § 31 I und V WHG eine Reihe gesetzlicher Qualitätsanforderungen, die jedoch im Rahmen des behördlichen Planungsermessens überwunden werden konnten. Die qualitätsorientierten Anforderungen an die wasserrechtliche Anlagengenehmigung beschränkten sich wiederum auf die abstrakt gefasste Allgemeinwohlklausel (§ 11). 3. Zur Festlegung konkreter, auf die einzelnen Gewässer abgestimmter Umweltqualitätsziele sahen das WHG und das SächsWG mit den wasserwirtschaftlichen Rahmenplänen, den Bewirtschaftungsplänen, den Reinhalteordnungen, den Abwasserbeseitigungsplänen sowie den Plänen der öffentlichen Wasserversorgung ein umfangreiches planungsrechtliches Instrumentarium vor, das sowohl die generelle und großräumige Gewässerbewirtschaftung als auch die spezifische Problembewältigung auf örtlicher Ebene umfasste. Hierbei handelte es sich um Instrumente qualitätsorientierten Umweltschutzes, die – entsprechend ihrer medialen Zielsetzung – neben Abwassereinleitungen auch andere Benutzungen und Belastungen der Gewässer sowie Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung des Gewässerzustands umfassten. Allerdings waren die genannten Planungsinstrumente in der Rechtspraxis nur in Ansätzen, keinesfalls flächendeckend und alles andere als konsequent entwickelt. Im Freistaat Sachsen sind so gut wie keine entsprechenden Pläne aufgestellt worden, so dass in diesem Bereich ein erhebliches Vollzugsdefizit bestand (§ 12). 4. Konkrete stoffliche Umweltqualitätsziele haben vor der Umsetzung der WRRL in erster Linie durch die Umsetzung der europäischen Qualitätsrichtlinien der 70er Jahre Eingang in das deutsche Recht gefunden. Die entsprechenden Qualitätsziele galten jedoch lediglich im Hinblick auf aus-

512 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

gewählte Nutzungsansprüche und wurden in den Mitgliedstaaten nur schleppend umgesetzt. Die Gewässerschutzrichtlinie 76/464/EWG bezog sich zwar auf sämtliche Oberflächengewässer, überließ allerdings die eigentliche Zielfestlegung den – nur in sehr geringer Zahl ergangenen – Tochterrichtlinien bzw. den Mitgliedstaaten selbst und räumte überdies ein Wahlrecht zwischen der Einhaltung von Emissionsgrenzwerten und Qualitätszielen ein. Die Kommunalabwasser- und die IVU-Richtlinie enthalten selbst weder spezielle Qualitätsziele, noch schreiben sie deren Festlegung vor, sondern beziehen sich auf bereits bestehende Zielvorgaben. Immerhin haben diese Richtlinien das Verhältnis der Qualitätsziele zu den Emissionsgrenzwerten i. S. des anzustrebenden kombinierten Ansatzes fortentwickelt. Im Bereich des Grundwasserschutzes galten Qualitätsziele nur mittelbar. Hierbei handelt es sich um die Zielvorgaben der Nitrat-, der Pflanzenschutzmittel- und der Biozid-Richtlinie (§ 13). 5. Neben den europarechtlichen Qualitätszielen haben auch Zielvorgaben anderer – nationaler wie internationaler – Institutionen Einfluss auf das deutsche Gewässerschutzrecht genommen. Auf nationaler Ebene gehören zu diesen Qualitätszielen die auf dem Saprobienindex basierende biologische Gewässergüteklasse II der LAWA, das Zielvorgaben-Konzept des BLAK „Qualitätsziele“ zum Schutz vor bestimmten gefährlichen Stoffen sowie die AGA in Nordrhein-Westfalen. Auf internationaler Ebene sind physikalischchemische Zielvorgaben im Bereich der internationalen Flussgebietsorganisationen wie der IKSR und der IKSE zu finden. Die genannten Qualitätsziele weisen allerdings keine Rechtsverbindlichkeit auf, sondern stellen für die Behörden Orientierungswerte mit bloßem Empfehlungscharakter dar. Immerhin konnten sie den Belangen des Gewässerschutzes im politischkonzeptionellen Bereich zu entsprechenden Prioritäten verhelfen. Für das Grundwasser wurden stoffliche Qualitätsziele – zumindest im Vorsorgebereich – abgelehnt, weil nach der in Deutschland vertretenen Grundwasserphilosophie jeglicher Eintrag von Schadstoffen in das Grundwasser zu vermeiden ist (§ 14). III. Für die Möglichkeiten und Perspektiven des qualitätsorientierten Regelungsansatzes der WRRL und seiner Umsetzung in deutsches und sächsisches Recht gilt, wie im dritten Teil dargelegt, Folgendes: 1. Der qualitätsorientierte Regelungsansatz der WRRL stellt einen wichtigen Schritt zur Überwindung des „Flickenteppichs“ der bisherigen europäischen Gewässerschutzrichtlinien dar. Zentrales Anliegen der WRRL ist die Schaffung eines gemeinschaftlichen Ordnungsrahmens für den Schutz aller Oberflächengewässer sowie des Grundwassers (Art. 1 I WRRL). Territorialer Bezugspunkt der sich aus der WRRL ergebenden Verpflichtungen ist die Bewirtschaftung nach Flussgebietseinheiten (Art. 3 WRRL). Die Or-

§ 22 Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick

513

ganisation der Flussgebietsbewirtschaftung überträgt Art. 3 II WRRL den Mitgliedstaaten, von denen er den Abschluss geeigneter Verwaltungsvereinbarungen einschließlich der Bestimmung der geeigneten zuständigen Behörden verlangt. Diese Verpflichtung ist, wie gezeigt, sowohl mit dem föderalen Staatsaufbau der Bundesrepublik Deutschland als auch mit den europarechtlichen Kompetenzgrundsätzen der begrenzten Einzelermächtigung und der institutionellen Autonomie der Mitgliedstaaten vereinbar (§ 15). 2. Kernelement der WRRL sind die Umweltziele des Art. 4 I, die die Erreichung bzw. Erhaltung eines guten Zustands aller Gewässer gemeinschaftsweit innerhalb von spätestens 15 Jahren nach Inkrafttreten der WRRL verbindlich festschreiben. Für Oberflächengewässer setzt der gute Zustand einen guten ökologischen und einen guten chemischen Zustand voraus. Für künstliche oder erheblich veränderte Wasserkörper gilt nicht der gute ökologische Zustand, sondern das abgeschwächte Qualitätsziel des guten ökologischen Potenzials. Der gute Zustand des Grundwassers ist erreicht, wenn ein guter mengenmäßiger und ein guter chemischer Zustand vorliegen. Von den grundsätzlichen Zielen des Art. 4 WRRL werden in den Abs. IV bis VII verschiedene Ausnahmen zugelassen. Die Regelungen unterscheiden zwischen Ausnahmen, die zu einem späteren Erreichen des Schutzziels berechtigen und solchen, die das Schutzziel selbst absenken können. Sowohl die Festlegung der Umweltziele als auch der Ausnahmen hängen von zahlreichen unbestimmten Rechtsbegriffen ab, durch deren Zusammentreffen den Mitgliedstaaten im Ergebnis erhebliche Spielräume bei der Umsetzung der WRRL eröffnet werden (§ 16). 3. Zur Erhaltung bzw. Verbesserung der Gewässerqualität legt Art. 10 WRRL eine Kombination aus Umweltqualitätsnormen und Emissionsgrenzwerten zu Grunde, die jeweils gleichermaßen verbindlich sind. Zunächst sollen danach die Einträge durch Emissionsgrenzwerte i. S. des Standes der Technik soweit wie möglich reduziert werden. Falls die Überprüfung ergibt, dass die in der WRRL oder in anderen Richtlinien festgelegten Qualitätsziele trotz Einhaltung des Standes der Technik nicht erreicht werden, sind gem. Art. 10 III WRRL strengere Emissionsgrenzwerte festzulegen. Ein kombinierter Ansatz dieser Art ist von seiner konzeptionellen Grundausrichtung her als geeignete Basis für einen vorsorgenden und nachhaltigen Gewässerschutz zu erachten. Entscheidend für dessen Effizienz ist allerdings das Niveau der Konkretisierung durch entsprechende Emissionsgrenzwerte und Umweltqualitätsnormen. Insoweit gehen von der WRRL – abgesehen von den ihrerseits konkretisierungsbedürftigen Umweltzielen des Art. 4 – bisher nur geringe Impulse aus (§ 16). 4. Als Planungsinstrumente zur Erreichung des guten Gewässerzustands sieht die WRRL Maßnahmenprogramme und Bewirtschaftungspläne vor.

514 3. Teil: Qualitätsorientierter Regelungsansatz der Wasserrahmenrichtlinie

Die von den Mitgliedstaaten gem. Art. 11 WRRL aufzustellenden Maßnahmenprogramme legen in erster Linie die Einhaltung des geltenden EG-Umweltrechts sowie die staatliche Aufsicht über Wasserentnahmen, Aufstauungen und Einleitungen fest (sog. grundlegende Maßnahmen). Sofern der gute Gewässerzustand allein dadurch nicht erreicht wird, müssen die Mitgliedstaaten zusätzliche, sog. ergänzende Maßnahmen ergreifen, die praktisch alle denkbaren umweltpolitischen Instrumente umfassen können. Zusätzlich zu den Maßnahmenprogrammen müssen die Mitgliedstaaten für die in ihrem Hoheitsgebiet liegenden Flusseinzugsgebiete gem. Art. 13 WRRL sog. Bewirtschaftungspläne erstellen, die dazu dienen, die Maßnahmen zwischen den verschiedenen beteiligten Verwaltungseinheiten zu koordinieren und für die Flussgebietseinheiten einheitliche, stimmige Konzepte zu schaffen. Während es sich bei den Maßnahmenprogrammen um eine Form der Exekutivplanung handelt, dienen die Bewirtschaftungspläne zur Kommunikation der wesentlichen Inhalte aller wasserwirtschaftlichen Aktivitäten gegenüber der Kommission und der Öffentlichkeit (§ 17). 5. Die rechtliche Umsetzung des qualitätsorientierten Regelungsansatzes der WRRL erfolgt in der Bundesrepublik Deutschland auf Grund der gem. Art. 75 I Nr. 4 GG bestehenden Rahmenkompetenz sowohl durch den Bund als auch durch die Länder. Die rahmenrechtlichen Regelungen des Bundes sind durch das Siebte Gesetz zur Änderung des WHG in Kraft getreten. Die Ausfüllung dieses Rahmens hat im Freistaat Sachsen, dessen Gewässerschutzrecht beispielhaft im Vordergrund der vorliegenden Arbeit steht, durch das Zweite Gesetz zur Änderung des SächsWG sowie durch die SächsWRRLVO stattgefunden. Die Transformation des qualitätsorientierten Regelungsansatzes in deutsches Recht unterliegt keinen verfassungskompetenzrechtlichen Bedenken. Auch den europarechtlichen Anforderungen an die Umsetzung von Sekundärrecht ist weitgehend genügt worden, Zweifel bestehen allerdings hinsichtlich der Umsetzung des Art. 10 III WRRL für diffuse Quellen. Aus spezifisch verwaltungsrechtlicher Sicht besteht für das deutsche Gewässerschutzrecht durchaus erheblicher Anpassungsbedarf. Gleichwohl bedeuten weder die Einführung der Bewirtschaftungsziele, noch die Umsetzung des kombinierten Ansatzes aus Umweltqualitätszielen und Emissionsgrenzwerten sowie des neuen Planungsinstrumentariums einen Systembruch, wie im Einzelnen nachgewiesen wurde. Vielmehr können die neuen Regelungen dazu dienen, Vollzugsdefizite im Bereich des bereits vor Inkrafttreten der WRRL im WHG und im SächsWG angelegten immissionsbezogenen Ansatzes zu beseitigen und damit auf einen nachhaltigen Gewässerschutz hinzuwirken (§ 18). 6. Der qualitätsorientierte Regelungsansatz der WRRL erfordert auf Grund seiner flusseinzugsgebietsbezogenen Ausrichtung eine organisatori-

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sche Anpassung der Verwaltungsstrukturen der Bundesrepublik Deutschland. Wie am Beispiel der internationalen Flussgebietseinheit Elbe deutlich wird, kann die gem. Art. 3 WRRL geforderte Koordinierung durch die Gründung einer Flussgebietsgemeinschaft und den Abschluss von Verwaltungsabkommen erfolgen. Koordinierungsbedarf besteht im Rahmen der Bestandsaufnahme, der Gewässerüberwachung sowie der Erarbeitung der Maßnahmenprogramme und Bewirtschaftungspläne. Die Abstimmungsprozesse unterliegen einem festen Zeitplan und erfolgen nach dem Gegenstromprinzip. Vor allem auf Grund der konsensualen Ausgestaltung ist die konkrete Umsetzung des flussgebietsbezogenen Ansatzes innerhalb der Flussgebietsgemeinschaft Elbe im Hinblick auf die Kompetenzverteilung gem. Art. 30, 83 ff. GG verfassungsrechtlich unbedenklich (§ 19). 7. Die qualitätsorientierten Vorgaben der WRRL haben Einfluss auf die Gestattung von Gewässereinwirkungen. Die neuen Bewirtschaftungsziele bewirken dabei sowohl eine Konkretisierung des Bewirtschaftungsgrundsatzes des § 1a WHG als auch eine Präzisierung des Gemeinwohlbegriffs i. S. von § 6 WHG. Sie werden in den Maßnahmenprogrammen in operationale Handlungsanweisungen übersetzt, die den Entscheidungsspielraum der Wasserbehörden zusätzlich einschränken. Das Gestattungsbewirtschaftungsermessen der Genehmigungsbehörden wird sich daher in Zukunft verstärkt auf die lokalen Besonderheiten des zu entscheidenden Einzelfalls ausrichten müssen. Da die Verbindlichkeit der emissionsrechtlichen Mindestanforderungen gem. § 7a WHG unangetastet bleibt, ist mit der Umsetzung der neuen Bewirtschaftungsziele insgesamt eine Steigerung des Schutzniveaus verbunden. Dies gilt auch im Hinblick auf die Gewässerunterhaltung, den Gewässerausbau und die wasserrechtliche Anlagengenehmigung, die gem. § 28 I WHG n. F., § 31 I WHG n. F. sowie § 91 Ia SächsWG nunmehr zwingend an den neuen Bewirtschaftungszielen auszurichten sind (§ 20). 8. Die Bewirtschaftungsziele werden nicht allein durch Maßnahmen des Gewässerschutzes zu erreichen sein, sondern erfordern auch die Einbeziehung anderer Rechts- und Politikbereiche. Auf Grund des ökosystemaren Ansatzes der WRRL besteht ein breiter Überschneidungsbereich mit dem Naturschutzrecht. Um Synergieeffekte zu erzielen, gilt es deshalb, Maßnahmen beider Regelungsbereiche aufeinander abzustimmen. Obwohl die qualitätsbezogenen Regelungen der WRRL auch Schnittstellen mit dem Hochwasserschutz aufweisen, ist dieser nur indirekt Gegenstand der WRRL. Gleichwohl bestehen zahlreiche Möglichkeiten, die gemeinsame Zielrichtung im Bereich der natürlichen Wasserrückhaltung zu nutzen und Interessenkonflikte mit dem technischen Hochwasserschutz durch qualitätsbezogene Maßnahmen zu entschärfen. Die Landwirtschaft trägt durch Stoffeinträge sowohl im Bereich der Oberflächengewässer als auch des Grundwas-

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sers in erheblichem Umfang zur Gefährdung der Bewirtschaftungsziele bei. Hier bieten die Instrumente der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU Möglichkeiten, diesem Befund entgegenzuwirken. Schließlich gilt es, die Ziele der WRRL auch mit den Erfordernissen der Raumplanung abzustimmen. Die Raumordnungs- und Regionalpläne können im Hinblick auf die Erreichung der Bewirtschaftungsziele eine Sicherungsfunktion gegenüber anderen Ansprüchen an den Raum übernehmen (§ 21). IV. Als Ergebnis lässt sich nach allem festhalten, dass die WRRL den beachtlichen Versuch darstellt, den Rahmen für eine zielorientierte, langfristig gewährleistete und damit nachhaltige Entwicklung der Gewässer der Gemeinschaft zu schaffen. Es ist aber auch deutlich geworden, dass die europäische Einigung auf den anspruchsvollen Regelungsansatz der WRRL zum Teil nur durch sehr weitreichende Zugeständnisse erkauft werden konnte. Diese liegen vor allem in dem unscharfen und damit nur schwer zu kontrollierenden System von Ausnahmenregelungen vom Ziel des guten Gewässerzustands sowie in der Vertagung der Entscheidungen über wichtige Umweltqualitätsnormen und Emissionsgrenzwerte auf spätere Rechtsakte, die bis heute weitgehend auf sich warten lassen. Ob der hiermit gezahlte Preis aus Sicht des Gewässerschutzes zu hoch gewesen ist, wird sich erst im Laufe der kommenden Jahre erweisen. Der Erfolg der WRRL wird dabei nicht nur von den rechtlichen Rahmenbedingungen, sondern auch und vor allem von dem politischen Gestaltungswillen der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung und beim Vollzug der Richtlinie abhängen. Während man sich in der Vergangenheit in Deutschland häufig gegen die Umsetzung europäischer, insbesondere auch qualitätszielorientierter Gewässerschutzrichtlinien gewehrt hatte, ist mit dem Inkrafttreten der WRRL erfreulicherweise ein Umdenken zu verzeichnen. Angesichts der mit der Gewässersanierung verbundenen erheblichen Kosten wird es zugleich aber auch erforderlich sein, beim Bürger Akzeptanz dafür zu schaffen, dass Gewässerschutz und Gewässersanierung nicht schon dann aufhören, wenn das Wasser in Seen und Flüssen äußerlich sauber ist, sondern erst dann, wenn die Gewässer wieder intakte Lebensräume für Tiere und Pflanzen bieten. Dies gilt umso mehr, als die Ende 2004 abgeschlossene Bestandsaufnahme im Hinblick auf die aktuelle Gewässersituation erheblichen Handlungsbedarf ergeben hat. Danach werden beispielsweise in Sachsen etwa die Hälfte aller Oberflächengewässer und des Grundwassers die Ziele der WRRL nicht ohne weiteres Zutun erreichen951. Die Hauptursachen für diesen voraussichtlichen Grad an Zielverfehlung liegen bei den Oberflächengewässern in den Defiziten der Fischfauna, deren limitierender Faktor vor allem in der durch wasserbauliche Maßnahmen veränderter Gewässerstruktur besteht, während die Zielver951

SMUL (Hrsg.), Bericht zur Bestandsaufnahme in Sachsen, 2004, S. 45 f.

§ 22 Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick

517

fehlung im Bereich der Grundwasserkörper zu einem großen Teil auf Schadstoffeinträge aus diffusen Quellen zurückzuführen ist. Allerdings sind diese Probleme nicht wirklich neu, sondern wurden von den Ländern bereits vor der Umsetzung der WRRL als Handlungsschwerpunkte betrachtet. In Sachsen sei insofern nur auf das u. a. zur Bekämpfung diffuser Schadstoffeinträge aus der Landwirtschaft aufgelegte Programm „umweltgerechte Landwirtschaft“, das der Wiedereinbürgerung des Lachses in der Elbe dienende Programm „Elbelachs 2000“ sowie das sog. „Gewässerdurchgängigkeitsprogramm“ verwiesen. Trotz der beschriebenen Neubewertung und -ausrichtung der deutschen Wasserwirtschaft durch den qualitätsorientierten Regelungsansatz kann somit an vielen Stellen an bereits bestehende Strukturen und Konzepte angeknüpft werden. Auch deshalb sollte die WRRL bei aller Kritik im Detail und Unsicherheiten über die Möglichkeiten einer effektiven Umsetzung nicht als Fremdkörper im System des deutschen Wasserrechts, sondern als „Rückenwind aus Brüssel“952 für die Durchsetzung einer nachhaltigen Gewässerbewirtschaftung verstanden werden. Bietet sie doch nicht zuletzt die Chance, bisherige Versäumnisse bei der Bewirtschaftungsplanung nachzuholen und die einzelnen Maßnahmen innerhalb der gesamten Flussgebietseinheit besser aufeinander abzustimmen.

952

So Barth, in: Dohmann (Hrsg.), 32. Essener Tagung, 1999, S. 7/10.

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Sachwortregister Abwasser siehe Einleiten von Abwasser Abwasserbeseitigungspläne 209, 237, 255 ff., 441 Abwasserverordnung 226, 228 f., 280 Abwasserverwaltungsvorschriften 226 ff. Abweichungsgesetzgebung 164 Agenda 21 65 f., 77, 83, 89, 127 Aktionsprogramme – der EG siehe Umweltaktionsprogramme – der IKSE 319 f. – der IKSR 317 f. – gem. Nitratrichtlinie 300 allgemein anerkannte Regeln der Technik 55, 225 ff. Allgemeine Güteanforderungen für Fließgewässer (AGA) 310 f. alte Rechte und Befugnisse 182, 187 Altlasten 313 ff., 379 Anlagen – Abwasserbehandlungsanlagen 178, 256 – Anlagen an, in, unter und über oberirdischen Gewässern 178, 196 f., 236, 477 – Anlagen der öffentlichen Wasserversorgung 178 – bauliche Anlagen 196 – Industrieanlagen 289, 388 – Wassergewinnungsanlagen 260, 262 Anliegergebrauch 182 aquatische Lebensgemeinschaften 195, 307 ff., 320, 350 f., 362 Auen siehe Flussauen Auflagen siehe wasserrechtliche Genehmigung

Ausbau siehe Gewässerausbau Ausgleichsverfahren 192, 463, 470 Badegewässerrichtlinie 63, 108, 140, 264 ff., 324, 332, 373, 387, 392 Bearbeitungsgebiete 453, 456 ff. Benutzungen siehe Gewässerbenutzungen Berufsfreiheit – europarechtliche 132 ff. – verfassungsrechtliche 158 ff. Besorgnisgrundsatz 218 f., 311, 313, 445 Bestandsaufnahme siehe WRRL beste verfügbare Technik 92, 293, 390 Bewilligung siehe wasserrechtliche Genehmigung Bewirtschaftungsermessen 170, 199 ff., 208 ff., 218, 238, 426, 429, 465, 467 – Drei-Stufen-Modell 209 ff. – Gestattungsermessen 210, 437, 465 f. – Planungsermessen 209, 247, 250, 437 f., 462 – Zwei-Stufen-Modell 200 ff. Bewirtschaftungsgrundsatz 169 ff. Bewirtschaftungspläne – informelle 209, 250 f. – nach WHG a. F. 170, 209, 225, 237, 243 ff., 257, 270, 273, 281, 441 – nach WHG n. F. 428 ff., 439 ff., 502 – nach WRRL 342, 358, 408, 420, 448, 451 ff., 458, 464, 491 – Rechtsnatur 436 f. – Teilbewirtschaftungspläne 402, 442 ff.

Sachwortregister Bewirtschaftungsziele 110, 170, 172, 199, 205, 210, 250, 411 ff., 424, 428, 436, 444 f., 448, 457, 461 ff., 504 Binnengewässer 329 Binnenmarkt 136 ff., 323 Biomasse 349 Biozid-Richtlinie 300, 303 f., 366 Braunkohlepläne 212 Bundesbodenschutz- und Altlastenverordnung 103, 314 f. Bundesbodenschutzgesetz 168, 314 Bundeswasserstraßen 165, 193, 196, 474, 477 Bund-Länder-Arbeitskreis Qualitätsziele 307, 309, 317 Cadmiumrichtlinie 108, 361, 386, 417 Chemikaliengesetz 303 chemischer Zustand siehe WRRL Chem-Liste 317 f. Common Implementation Strategy 357 Cross Compliance 498 f. Demokratieprinzip 155, 339 ff., 459 diffuse Quellen 26, 95, 214, 313, 317, 382, 389, 394 f., 399, 423, 435, 444, 457, 493 f., 501, 514, 517 Düngeverordnung 180, 300 f., 423, 493, 496 Durchgängigkeit siehe Gewässerdurchgängigkeit Dürren 330, 376, 488 Eco-Liste 415 f. Eigentümer-Gebrauch 181 Eigentumsfreiheit – europarechtlich 131 ff. – verfassungsrechtlich 156 ff. Einleiten von Abwasser 92, 94, 178, 199, 219 ff., 254, 256, 263, 269, 276, 280, 289, 325 f., 382, 394, 423 Einzugsgebiete siehe WRRL Elbelachs 2000 482, 517

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Emission 91 Emissionsgrenzwerte siehe Emissionsstandards Emissionsprinzip 31, 91 ff., 95 ff., 122, 326 Emissionsstandards siehe Umweltstandards erheblich veränderte Wasserkörper siehe WRRL Erlaubnis siehe wasserrechtliche Genehmigung Erosion 489, 494 f., 500 Eutrophierung 44, 57, 59, 285 ff. Feuchtgebiete 327, 330, 372, 396, 480 f., 483 ff. FFH-Richtlinie 215, 373, 392, 484, 499 finale Rechtssetzung 30 f., 97 ff., 111 ff., 234, 239, 342, 407, 467 Fischerei 26, 181, 224, 236, 307 f., 317, 319, 468 Fischfauna 349, 481, 516 Fischgewässerrichtlinie 63, 108, 264 ff., 332 Flächennutzung 478 f., 495 f., 501 Fließgewässer 166, 349 Flussauen 485 ff., 491, 493, 501, 503 Flussgebietsbehörde 337, 448 Flussgebietseinheiten 433 ff. – bundesstaatliche Verwaltungsstruktur 335 ff. – Flussgebietseinheit Elbe 448 ff. – geeignete Verwaltungsvereinbarungen 334 ff., 449 – Koordinierung 334 f., 447 f. – nationale und internationale Flussgebietseinheiten 334 f. Flussgebietsgemeinschaft Elbe 451 ff. Föderalismusreform 163 Frankfurter Ministerseminar 279, 284 f., 290 Freiraum-These 145 Freizeitnutzung 353

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Sachwortregister

Gegenstromprinzip 455 gehobene Erlaubnis siehe wasserrechtliche Genehmigung Gemeingebrauch 181, 187 Gemeinsame Agrarpolitik der EU 498 ff. Geringfügigkeitsschwellen 315 Gewässerausbau 178, 194 ff., 233 ff., 475 ff., 488, 492 Gewässerbenutzungen – echte und unechte 178 f. – erlaubnis- und bewilligungspflichtige 178 ff. – genehmigungsfreie 181 f. – sonstige 182 f. Gewässerbiologie 96, 331, 351 Gewässerchemie 331 Gewässerdefinitionen 164 ff., 328 f. Gewässerdurchgängigkeit 57, 195, 318, 350, 356, 359, 476 ff., 491 f. Gewässereigentum 157 Gewässergütekarten 304, 306 Gewässergüteklassen 44, 223, 245, 304 ff., 310, 462 Gewässerlandschaft 189, 232, 474 Gewässermorphologie 57, 96, 350, 353 ff., 375, 467, 472, 478, 492 Gewässerökosysteme siehe Ökosysteme Gewässerordnungen 165 Gewässerpflege und -entwicklung 471 f. Gewässerrandstreifen 194, 213 f., 233, 274, 472 f., 495, 501, 506 Gewässerrenaturierung 234, 482, 489 ff. Gewässersanierung 95, 171 f., 186, 224, 245, 260, 267, 269, 304, 309 f., 313 ff., 356, 363, 396 Gewässerschutzrichtlinie 76/464/EWG 108, 223 f., 274 ff., 295, 332, 361 f., 383 f., 386 ff., 392, 415 f. Gewässerstruktur 27, 47, 195, 235, 331, 516

Gewässertypen 348, 350 f., 373, 403, 442, 482 Gewässerunterhaltung 192 ff., 231 ff., 471 ff., 491 Gleichheitssatz – europarechtlich 134 ff. – verfassungsrechtlich 160 f. Grenzgewässerkommissionen 453 f. Grenzwerte 54, 110 Grundfreiheiten 128, 130 Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit – europarechtlich 129 ff. – verfassungsrechtlich 152 ff. Grundrechte – europäische 127 ff. – verfassungsrechtliche 152 ff. Grundwasserdefinition 168, 329 Grundwassereinleitungen 300, 390 Grundwasserentnahme 73, 363 ff., 418 Grundwasserleiter 313, 396 Grundwasserneubildung 362 ff., 418 Grundwasserrichtlinie 80/68/EWG 168, 275, 299 f., 323 f., 332, 367, 390, 395, 424, 499 Grundwasserspiegel 365, 480, 483, 486 Grundwasser-Tochterrichtlinie 367 ff., 390, 419 gute fachliche Praxis 180, 423, 495, 498 guter chemischer Zustand siehe WRRL guter mengenmäßiger Zustand siehe WRRL guter ökologischer Zustand siehe WRRL gutes ökologisches Potenzial siehe WRRL Hafenanlagen 353 Handlungsgrundsätze gemeinschaftlicher Umweltpolitik 117 ff. Hexachlorcyclohexanrichtlinie 109, 361, 386, 417 Hinterliegergebrauch 182

Sachwortregister

565

Hochwasserschutz 28, 240, 379, 427, 479, 488 ff. Hydromorphologie siehe Gewässermorphologie

LAWA 36, 207, 220 ff., 304, 313 ff., 414, 417, 490 LAWA Normalanforderungen 223 Leitwerte 107, 122, 208, 266

IKSE 318 ff., 449 f., 490 IKSR 316 ff. Immission 93 Immissionsgrenzwerte siehe Immissionsstandards Immissionsprinzip 31, 44, 93 ff., 199, 225, 445 Immissionsstandards siehe Umweltstandards institutionelle Autonomie der Mitgliedstaaten 345 Integration – externe 84, 288, 478 ff. – interne 174 f., 288, 296 f. Interdisziplinarität 29, 70 f. IVU-Richtlinie 174, 228, 284, 288 ff., 325 f., 332, 382 f., 388 f., 392, 422, 469

Mainzer Papier 224 f., 269, 276 Makrophyten 481 Makrozoobenthos 481 Maßnahmenprogramme – ergänzende Maßnahmen 396 f. – grundlegende Maßnahmen 392 ff. – nach WHG 424 ff., 463 ff. – nach WRRL 391 ff., 458 – Rechtsnatur 430 ff. – vorläufiges Maßnahmenprogramm 426 Meeresgewässer 168, 286, 328 ff., 397 f., 401 mengenmäßiger Zustand siehe WRRL Mindestwasserführung 216 f. Mischverwaltung 338 f. Modulation 499 f. Monitoring siehe Überwachung Muschelgewässerrichtlinie 63, 108, 264 ff., 332

Klärschlammrichtlinie 103, 392, 499 Klärschlammverordnung 103, 308 Kombinierter Ansatz 95 ff. – nach IVU-Richtlinie 292 ff. – nach WHG 229 ff., 421 ff. – nach WRRL 382 ff. Kommunalabwasserrichtlinie 285 ff., 332, 373, 383, 392, 469 konditionale Rechtssetzung 30, 32, 97 ff., 111 konkurrierende Gesetzgebung 163, 224 Konzentrationswirkung 183, 235 künstliche Wasserkörper siehe WRRL Küstengewässer 167, 329, 349, 420 f., 463 Landesentwicklungsplan 212, 305 Landnutzung 27, 399, 494 f. Landwirtschaft 30, 180, 274, 283, 300 f., 313, 319, 389, 427, 479, 493 ff.

Nachhaltigkeit – als Leitbild 77 ff. – Drei-Säulen-Modell 77 ff. – nachhaltige Gewässerbewirtschaftung 173 – umwelt- und ressourcenbezogene Nachhaltigkeit 78 ff. Nachhaltigkeitsgrundsatz – europarechtlich 126 f. – verfassungsrechtlich 146 ff. Nachhaltigkeitsstrategien 65 ff., 78, 83 f. nachträgliche Anforderungen siehe wasserrechtliche Genehmigung Nassauskiesungsentscheidung 131, 160, 176, 201 Natura 2000 484

566

Sachwortregister

Naturschutz 29, 45, 103, 112, 206, 212, 215, 232, 473, 479 ff. Niederschlagswasser 165, 213, 489 Nitrat 245, 367 f., 370 f., 418 f., 494 Nitratrichtlinie 168, 300 f., 313, 325, 332, 362, 366, 373, 382, 389, 392 f., 423, 469, 499, 512 Normalanforderungen für Abwasserreinigungsverfahren 220 ff. Null-Effekt-Niveau 107 Null-Emission 275, 300, 390 Oberflächengewässer 329 siehe auch oberirdische Gewässer oberirdische Gewässer 165 Öffentlichkeitsbeteiligung siehe WRRL öffentlich-rechtliche Benutzungsordnung 176 f. Ökologie 39, 41 f., 54, 71 f., 217, 232 f., 351 Ökologierichtlinie 324, 331, 366 ökologischer Zustand siehe WRRL ökologisches Potenzial siehe WRRL Ökoregionen 399, 482 Ökosysteme 26, 40 f., 48 f., 59, 71 f., 79, 93, 121, 145, 172, 218, 318 f., 480 f. – Gewässerökosysteme 330, 348, 396, 481, 485 f. – Landökosysteme 330, 365 f., 481 ff. Optimierungsgebote 105, 112, 118, 142 f. passiver Umweltschutz 116, 156 Pestizide 301 f., 308, 313 f., 367 f., 371 Pflanzenschutzmittelrichtlinie 301 ff., 366, 389, 392 Pflege und Entwicklung siehe Gewässerpflege und -entwicklung Phosphor 245, 286, 493 f. Phytobenthos 481 Phytoplankton 349, 481

Pläne der öffentlichen Wasserversorgung 259 ff. Planungsermessen siehe Bewirtschaftungsermessen Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung 345 prioritäre Stoffe – gem. IKSE 319 f. – gem. IKSR 317 f. – gem. WRRL 330, 332, 351, 361 f., 383 f., 401, 415 ff. – prioritäre gefährliche Stoffe 361 Punktquellen 317, 382, 394 f., 399, 401, 421 ff., 468 Qualitätsorientierung siehe Umweltqualitätsorientierung Qualitätsziele siehe Umweltqualitätsziele Quecksilberrichtlinie 108, 361, 386, 417 Querbauwerke 195, 216, 477, 491 Rahmengesetzgebung 27, 163 f., 224, 297, 408 ff., 425, 444, 447 Raumordnungsklauseln 502 ff. Raumplanung 242, 479, 501 ff. Rechtsprinzipien 111 ff., 118 Rechtsregeln 111 ff. Reduktionsziele 50, 67, 69 Regenerationsrate 46, 365 Reinhalteordnungen 209, 237, 441, 463 Richtlinie über die Ableitung gefährlicher Stoffe 109, 361, 386, 417 Richtwerte 54, 110, 208, 304 Rio-Deklaration 77 Rohwasserrichtlinie 63, 107, 264 ff., 308, 332 Rückhalteflächen 234, 480, 489, 503 SächsGewVVO 282 SächsSchAVO 262, 274 SächsWG 164, 408

Sachwortregister SächsWRRLVO 110, 408 Sanierung siehe Gewässersanierung Saprobienindex 305 Sauerstoff 57, 245, 286, 305 Schifffahrt 26, 353, 475 Schutzgebiete – FFH-Gebiete 484 – Heilquellenschutzgebiete 213 f. – Konzertierungsgebiete 215 – Trinkwasserschutzgebiete 213 f., 259 ff., 373 – Vogelschutzgebiete 215, 484 Schwellenwerte 57, 313 ff., 368, 371, 419 Schwermetalle 103, 308, 314 Sedimente 109, 307 ff., 317 ff., 361 Seen 166, 333, 349, 353, 365 Staatsverträge 343, 448, 460 Staatszielbestimmung Umweltschutz – Grundgesetz 141 ff., 160 – Sächsische Verfassung 150 f., 160 Stand der Technik 55, 92, 111, 119, 122, 219, 223, 226 f., 231, 389 stehende Gewässer 166, 245 Stickstoff 27, 286, 493 f. Strategien gegen die Wasserverschmutzung siehe WRRL Subsidiaritätsprinzip 137 ff., 287 Summationswirkung 95, 135, 161, 254 SUP-Richtlinie 405, 440 Tagebaurestgewässer 166, 353 Talsperren 194, 261, 274, 353, 356 Trendumkehr siehe WRRL Trinkwasserrichtlinie 264, 302 ff., 308, 324, 332, 367, 392–393 Trinkwasserschutzgebiete siehe Schutzgebiete Trophiestufen 245, 308 Überflutungen siehe Überschwemmungen Übergangsgewässer 329, 349

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Überschwemmungen 330, 353, 376, 395, 435, 485, 488 f., 492 Überschwemmungsgebiete 213 f., 489 f., 492 Überwachung siehe WRRL Umwelt 39 Umweltaktionsprogramme der EG 62 ff., 68 ff., 78, 106 Umweltgesetzbuch 78, 110, 164, 255, 296 f. Umwelthandlungsziele 48, 50 f., 54, 85 Umweltindikatoren 48, 58 f., 72 Umweltmoral 90 Umweltplanung 68, 70, 74 ff. Umweltpolitik 40, 49, 60 ff., 76 ff., 114 ff., 507 Umweltpolitikpläne 64, 84 Umweltqualität 39 ff. Umweltqualitätskriterien 48, 56 ff. Umweltqualitätsniveau 40, 42, 110 Umweltqualitätsnormen – IVU-Richtlinie 290 ff. – WRRL 109 ff., 351, 361 f., 369 ff., 387 ff., 414 ff. Umweltqualitätsorientierung 47 Umweltqualitätsstandards siehe Umweltstandards Umweltqualitätsziele – Begriff 43 ff. – Operationalisierung 48, 89 – Outputorientiertheit 101 f. – Politikwissenschaften 74 f. – Raumwissenschaften 70 f. – Rechtsbegriff 105 ff. – Rechtsnatur 111 ff. – Rechtswissenschaften 75 f. – Umweltwissenschaften 71 f. – Verrechtlichung 88 ff. – Wirtschaftswissenschaften 73 Umweltqualitätszielkonzepte 48 f. Umweltstandards 52 ff. – abstrakte und konkrete 110 f.

568

Sachwortregister

– Emissionsstandards 53 f., 92, 95 ff., 121, 219 ff., 275 ff., 290 ff., 382 ff., 394, 422, 444 f., 467 – Immissionsstandards 52 f., 94, 110, 223 siehe auch Umweltqualitätsstandards – Umweltqualitätsstandards 52 f., 58, 111, 346 ff. siehe auch Umweltqualitätsnormen – Umweltverhaltensstandards 53 Umweltverträglichkeitsprüfung 104, 185, 187, 195, 235, 305, 440 Umweltziele 346 ff. siehe auch Bewirtschaftungsziele – Ausnahmetatbestände 373 ff. – Grundwasser 363 ff. – Oberflächengewässer 346 ff. – Schutzgebiete 372 f. Unterhaltung siehe Gewässerunterhaltung Ursprungsgrundsatz 123 f. UVP-Richtlinie 296 f., 332, 392 Veränderungssperre 425 Verschlechterungsverbot siehe WRRL Vertragsverletzungsverfahren 272, 281 f., 402, 409 Verursacherprinzip – europarechtlich 117 f., 125 – verfassungsrechtlich 143, 148 f. Verwaltungsabkommen 448, 460 Vogelschutzrichtlinie 318, 373, 392, 484, 499 Vorfluter 220, 230, 256, 258 Vorsorgeprinzip – europarechtlich 120 ff., 291 – verfassungsrechtlich 143 ff. Wasserhaushalt 163 Wasserkraftnutzung 186, 197, 216 f., 236, 353, 379, 477 wasserrechtliche Genehmigung 183 ff., 198 ff., 461 ff., 470 – Auflagen 189, 198, 469 – Benutzungsbedingungen 189

– – – – –

Bewilligung 185 ff., 191 f. Erlaubnis 180, 184 f., 187, 190, 218 gehobene Erlaubnis 185 Genehmigungspraxis 231, 467 f. nachträgliche Anforderungen 190, 470 – von Anlagen 236 f., 477 f. – Widerruf und Rücknahme 190 ff., 463, 470 wasserrechtliche Planung 208 ff., 237 ff., 391 ff., 424 ff., 458 f. Wasserstraßen siehe Bundeswasserstraßen Wasserwirtschaft 163 wasserwirtschaftliche Rahmenpläne 209, 240 ff., 441 Wehre siehe Querbauwerke WHG 163 – 3. Novelle 167 – 4. Novelle 176, 209, 220, 222, 225, 243 – 5. Novelle 226, 244 – 6. Novelle 227, 233 f. – 7. Novelle 168, 172, 408, 425, 441, 462, 470 f., 475 Wohl der Allgemeinheit 170, 189 ff., 198 ff., 222, 230, 234, 236, 246, 248, 252, 422, 427, 462 f., 467 WRRL – Anwendungsbereich 328 ff. – Ausnahmetatbestände siehe Umweltziele – Bestandsaufnahme 453, 455 f., 516 – Bewirtschaftungspläne siehe ebda. – Einzugsgebiete 333 f. – Entstehung 323 ff. – Erfolgshaftung 380 f. – erheblich veränderte Wasserkörper 349, 352 ff., 373, 378, 412, 415, 463 – Flussgebietseinheiten siehe ebda. – Grundwasserkörper 363 – guter chemischer Zustand der Oberflächengewässer 361 f. – guter chemischer Zustand des Grundwassers 365 ff., 419

Sachwortregister – guter mengenmäßiger Zustand 365 – guter ökologischer Zustand 348 ff., 358, 378, 412, 414 ff., 469, 472, 478, 481 f., 491 – guter Zustand der Oberflächengewässer 347 ff., 412 ff. – guter Zustand des Grundwassers 364 ff., 418 f. – gutes ökologisches Potenzial 352 ff., 378, 413, 415 – Hauptziele 330 f. – Kombinierter Ansatz siehe ebda. – Kostendeckung für Wasserdienstleistungen 393, 456 – künstliche Wasserkörper 166, 349, 352 ff., 373, 412, 415, 463 – Maßnahmenprogramme siehe ebda. – Oberflächenwasserkörper 347, 413 – Öffentlichkeitsbeteiligung 404 ff. – rechtliche Umsetzung 408 ff.

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– Strategien gegen die Wasserverschmutzung 383, 389 – Trendumkehr 363, 369 ff., 418 – Übergangsbestimmungen 331 f. – Überwachung 457 – Umsetzungsfrist 408 – Umweltqualitätsnormen siehe ebda. – Umweltziele siehe ebda. – Verschlechterungsverbot 347, 363 f., 376, 397, 412, 486, 506 – verwaltungsorganisatorische Umsetzung 446 ff. – wirtschaftliche Analyse der Wassernutzung 342, 400, 456 Ziel eines hohen Schutzniveaus 119 f. Ziele gemeinschaftlicher Umweltpolitik 114 ff.