Toleranzmanagement im Maschinen- und Fahrzeugbau: Form- u. Lagetoleranzen - Tolerierungsprinzipien - Tolerierungsverknüpfungen - Maßketten - Oberflächen 9783486598735

Haben die Konstrukteure früher mit Worten auf der Zeichnung vermerkt, was zur Herstellung relevant war, so müssen heute

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Toleranzmanagement im Maschinen- und Fahrzeugbau: Form- u. Lagetoleranzen - Tolerierungsprinzipien - Tolerierungsverknüpfungen - Maßketten - Oberflächen
 9783486598735

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Toleranzmanagement im Maschinen- und Fahrzeugbau Form- und Lagetoleranzen – Tolerierungsprinzipien – Tolerierungsverknüpfungen – Maßketten – Oberflächen von Bernd Klein

Oldenbourg Verlag München Wien

Prof. Dr.-Ing. Bernd Klein, Universität Kassel, FB 15, FG Leichtbau-Konstruktion. Internet: http://www.uni-kassel.de/fb15/lbk Bildnachweis Umschlag: Koordinatenmessgerät PRISMO navigator aus dem Hause Carl Zeiss, ausgerüstet dem aktiven Scanningsensor VAST gold. Photo: Carl Zeiss Industrielle Messtechnik GmbH

mit

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

© 2006 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Telefon: (089) 45051-0 www.oldenbourg.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Lektorat: Stephanie Schumacher-Gebler Herstellung: Anna Grosser Umschlagkonzeption: Kraxenberger Kommunikationshaus, München Gedruckt auf säure- und chlorfreiem Papier Gesamtherstellung: Grafik + Druck, München ISBN 3-486-57850-2 ISBN 978-3-486-57850-8

„Nicht, weil die Dinge schwierig sind, wagen wir sie nicht, sondern, weil wir sie nicht wagen, sind sie schwierig.“

Vorwort Die deutsche Maschinen- und Fahrzeugindustrie ist he ute dem Zwan g ausgesetzt, Produkte hoher Qualität zu günstigen Kosten herz ustellen, um sich am W eltmarkt behaupten zu können. Externe Ferti gungsstätten versprechen hier eine Entlast ung, was sich jedoch manchmal als Trugschluss erweist. Die Gründe sind meist darin z u suchen, dass das notwendi ge Fertigungs-know-how n ur lückenhaft übertra gen wird. Oft sind die mit gelieferten technischen Zeichnungen unvollständig, mehrdeutig oder sinnwidrig. Die Konsequenz ist eine nicht spezifikationsgerechte Fertigung mit viel Nach- und Anpassarbeit, wodurch jede Kalkulation hinfällig wird. Wie lässt sich dies vermeiden ? Durch einde utige Zeichn ungen. Hierz u gehören: die V ereinbarung des z ugrunde lie genden Tolerierungsgrundsatzes, die An gabe von All gemeintoleranzen, eine richti ge Vermassung, die Einschränk ung von Geometrieabweich ungen d urch Form- und Lagetoleranzen sowie deren Lehrung und eine Maßkettensimulation, um die Montage zu gewährleisten. Ziel ist also eine vollständi ge Produktspezifizierung (GPS) von Geometrie und Oberfläche mit modernen CAD-Techniken und eine zweckgerechte Prüfung aller funktionalen Anforderungen mit CAQ-unterstützten Messtechnologien. Viele Entwickler, Konstrukteure und Fertigungsplaner haben mittlerweile die Bede utung der geometrischen Produktbeschreibung inklusive der erforderlichen Tolerierung für die Funktionalität und Prozesssicherheit erkannt und sind daher bemüht, das Normenwerk richti g anzuwenden. Für diese Ziel gruppe ist a uch das vorliegende B uch verfaßt worden, welches in vielen Seminaren erprobt worden ist. Keine Theorie kann aber so vielfälti g sein, wie die Praxis sie benötigt. Insofern wird immer noch die ein oder andere kleine Lücke bleiben. Damit ist der Leser gefordert, sich aktiv mit dem Thema a useinanderzusetzen. Für konstr uktive Hinweise zum Inhalt bin ich daher dankbar. Calden (bei Kassel)

B. Klein

Inhalt Vorwort

V

1

Allgemeines 1 1.1 Einleitung..................................................................................................... 1 1.2 Übersicht über die verwendeten Normen .................................................... 2

2

Grundlagen

3

Entstehung von Form- und Lageabweichungen

4

Grundbegriffe der Zeichnungstolerierung 15 4.1 Maß- und Geometrietoleranzzone ............................................................. 15 4.1.1 4.1.2 4.1.3

4.2

11

Maßtoleranzen ..........................................................................................15 Ideales Maß...............................................................................................17 Geometrietoleranzzone .............................................................................17

Minimum-Bedingung................................................................................. 19 4.2.1 4.2.2

5

7

Erklärung ..................................................................................................19 Beispiele zur Anwendung der Minimum-Bedingung ...............................20

Zeichnungseintragung 23 5.1 Angabe von Maßen in einer Zeichnung..................................................... 23 5.2 Beschreibung der Angaben am tolerierten Element .................................. 24 5.3 Beschreibung der Toleranzzone................................................................. 25 5.3.1 5.3.2 5.3.3 5.3.4

5.4

Form und Lage der Toleranzzone .............................................................25 Gemeinsame Toleranzzone .......................................................................28 Ausdehnung der Toleranzzone..................................................................29 Projizierte und flexible Toleranzzone .......................................................30

Zeichnungseintragung von Bezügen.......................................................... 33 5.4.1 5.4.2 5.4.3 5.4.4 5.4.5 5.4.6

Mehrere Bezugselemente..........................................................................34 Bezug aus mehreren Bezugsflächen .........................................................35 Bezugsstellenangabe .................................................................................36 Bezug über Formelementgruppen.............................................................37 Zylindrische Bezugselemente ...................................................................38 Lageelemente von Bezügen ......................................................................40

VIII

6

Inhalt

Bildung von Bezügen 41 6.1 Grundlagen ................................................................................................ 41 6.2 Bezugselemente ......................................................................................... 42 6.2.1 6.2.2 6.2.3

6.3 7

Bildung von Bezugssystemen.................................................................... 44

Form- und Lagetoleranzen 49 7.1 Bedeutung .................................................................................................. 49 7.2 Angabe der Toleranzzonen von Form- und Lagetoleranzen nach ISO 1101.................................................................. 49 7.3 Übersicht.................................................................................................... 49 7.4 Formtoleranzen .......................................................................................... 51 7.4.1 7.4.2 7.4.3 7.4.4

7.5 7.6

Geradheit .................................................................................................. 51 Ebenheit .................................................................................................... 54 Rundheit.................................................................................................... 56 Zylinderform............................................................................................. 58

Profiltoleranzen.......................................................................................... 60 7.5.1 7.5.2

Linienprofil............................................................................................... 61 Flächenprofil............................................................................................. 62

Lagetoleranzen........................................................................................... 65 7.6.1 7.6.2 7.6.3 7.6.4 7.6.5

8

Gerade Bezugskante ................................................................................. 42 Achsen und Mittelebenen als Bezüge....................................................... 43 Gemeinsame Bezugsachse aus zwei Elementen....................................... 44

Richtungstoleranzen ................................................................................. 65 Ortstoleranzen........................................................................................... 71 Lauftoleranzen .......................................................................................... 79 Gewinde.................................................................................................... 83 Freiformgeometrien .................................................................................. 84

Allgemeintoleranzen 85 8.1 Notwendigkeit und Begründung................................................................ 85 8.2 Allgemeintoleranzen nach DIN ISO 2768................................................. 90 8.2.1 8.2.2 8.2.3 8.2.4

8.3

Fertigungsverfahren und Werkstoffe ........................................................ 90 Zeichnungseintragung .............................................................................. 90 Maß- und Winkeltoleranzen ..................................................................... 91 Form- und Lagetoleranzen........................................................................ 92

Bearbeitungszugaben ................................................................................. 94 8.3.1 8.3.2 8.3.3

Maßtoleranzen und Bearbeitungszugaben für Gussteile .......................... 94 Maß-, Formtoleranzen und Bearbeitungszugaben für Schmiedeteile ...... 98 Allgemeintoleranzen für Schweißkonstruktionen .................................. 100

Inhalt

9

IX

Tolerierungsprinzipien 103 9.1 Funktionsbeschreibungen ........................................................................ 103 9.1.1 9.1.2 9.1.3 9.1.4 9.1.5 9.1.6

9.2 9.3

Maximum-Material-Zustand (MMC) .....................................................104 Maximum-Material-Maß (MMS) ...........................................................104 Minimum-Material-Zustand (LMC) .......................................................104 Minimum-Material-Maß (LMS) .............................................................104 Material-Bedingungen ............................................................................104 Wirksames Maximum-Material-Virtual-Maß (MMVS) .........................105

Der Taylor’sche Prüfgrundsatz ................................................................ 105 Grenzgestalt von Bauteilen...................................................................... 107 9.3.1 9.3.2 9.3.3

Auswirkung auf Funktion .......................................................................107 Formen typischer Grenzgestalten ...........................................................108 Die Hüllbedingung bei der Ermittlung von Grenzgestalten ...................110

10 Tolerierungsgrundsätze 113 10.1 Unabhängigkeitsprinzip (DIN ISO 8015)................................................ 113 10.1.1 Auswirkung der Tolerierung nach dem Unabhängigkeitsprinzip ...........114

10.2 Hüllprinzip (DIN 7167) ........................................................................... 116 10.2.1 10.2.2 10.2.3 10.2.4 10.2.5 10.2.6

Bedeutung ...............................................................................................116 Auslegung des Hüllprinzips....................................................................117 Einschränkungen des Hüllprinzips .........................................................118 Überprüfung der Hüllbedingung.............................................................120 Aufhebung der Hüllbedingung ...............................................................121 Definition des Hüllprinzips durch ISO 286 T1.......................................125

10.3 Maximum-Material-Bedingung ............................................................... 126 10.3.1 10.3.2 10.3.3 10.3.4 10.3.5

Beschreibung der Maximum-Material-Bedingung .................................126 Eingrenzung der Anwendung .................................................................130 Prüfung der Maximum-Material-Bedingung ..........................................135 Tolerierung mit dem Toleranzwert „0“ ...................................................137 Festlegung von Prüflehren ......................................................................138

10.4 Minimum-Material-Bedingung................................................................ 141 10.4.1 Anwendung .............................................................................................144

10.5 Reziprozitätsbedingung ........................................................................... 144 10.6 Passungsfunktionalität ............................................................................. 147 11 Toleranzverknüpfung durch Maßketten 151 11.1 Entstehung von Maßketten ...................................................................... 151 11.2 Bedeutung des Schließmaßes und der Schließtoleranz............................ 151 11.2.1 Vorgehen bei der Untersuchung von Toleranzketten ..............................152

X

Inhalt

11.3 Berechnung von Toleranzketten .............................................................. 152 11.3.1 11.3.2 11.3.3 11.3.4 11.3.5

Worst Case .............................................................................................. 152 Arithmetische Berechnung ..................................................................... 153 Vorgehensweise ...................................................................................... 154 Bestimmung der Extremwerte von Kreisquerschnitten.......................... 158 Maßkette mit „ebenen“ Maßen............................................................... 159

11.4 Form- und Lagetoleranzen in Maßketten................................................. 160 11.5 Statistische Tolerierung............................................................................ 164 11.5.1 Erweiterter Ansatz .................................................................................. 164 11.5.2 Mathematische Grundlagen.................................................................... 165

11.6 Untersuchung der Prozessfähigkeit ......................................................... 176 11.6.1 11.6.2 11.6.3 11.6.4 11.6.5 11.6.6

Relative Prozessstreubreite .................................................................... 177 Prozessfähigkeit ..................................................................................... 177 Prozessfähigkeitsindex .......................................................................... 177 Beurteilung der Prozessfähigkeit............................................................ 178 Interpretation der Fähigkeitskenngrößen................................................ 179 Überprüfung auf Prozessfähigkeit .......................................................... 181

12 Vorgehensweise bei Festlegung und Interpretation der Formund Lagetolerierung 183 12.1 Festlegung von Form- und Lagetoleranzen ............................................. 183 12.2 Interpretation von Toleranzen.................................................................. 190 12.3 Toleranzen und Kosten ............................................................................ 196 12.3.1 Kostenfunktion ....................................................................................... 196 12.3.2 Kostensprünge ........................................................................................ 198 12.3.3 Vorgehensweise zur Ermittlung von Kostensprüngen............................ 199

13 Temperaturproblematik bei Toleranzen 203 13.1 Ausdehnungsgesetz.................................................................................. 203 13.2 Temperaturabhängigkeit von Passmaßen................................................. 204 13.3 Simulation an einer Spielpassung ............................................................ 205 13.4 Grenztemperatur ...................................................................................... 208 14 Anforderungen an die Oberflächenbeschaffenheit 209 14.1 Technische Oberflächen........................................................................... 209 14.2 Herstellbare Oberflächenrauheiten ...........................................................211 14.3 Symbolik für die Oberflächenbeschaffenheit .......................................... 213 14.3.1 14.3.2 14.3.3 14.3.4 14.3.5

Oberflächencharakterisierung................................................................. 216 Filter und Übertragungscharakteristik .................................................... 218 Definition der Oberflächenkenngrößen .................................................. 220 Zeichnungsangaben für Oberflächen...................................................... 224 Zeichnungsangaben für Oberflächenrillen ............................................. 225

Inhalt

XI

15 Unterschiede zwischen DIN ISO und ASME 227 15.1 ASME-Standard....................................................................................... 227 15.2 Symbole und Zeichen .............................................................................. 228 15.2.1 Maßeintragung ........................................................................................228 15.2.2 Unterschied zwischen Millimeter- und Inch-Bemaßung in ASME........229 15.2.3 Eintragung von Toleranzen .....................................................................230

15.3 Besonderheiten der Maßangabe in ASME............................................... 230 15.3.1 15.3.2 15.3.3 15.3.4 15.3.5

Radientolerierung....................................................................................230 Begrenzende Toleranzangaben ...............................................................231 Darstellung von Bohrungen und Senkungen ..........................................232 Kennzeichnung statistischer Toleranzen.................................................233 Tolerierung einer Tangentenebene ..........................................................234

15.4 Tolerierungsprinzipien ............................................................................. 235 15.4.1 Bedeutung ...............................................................................................235

15.5 Definition der Materialprinzipien in ASME ............................................ 236 15.5.1 Struktur der Toleranzprinzipien ..............................................................237 15.5.2 Unterschiede in der Begriffsdefinition....................................................238 15.5.3 Anwendung einer Materialbedingung ....................................................238

15.6 Form- und Lagetoleranzen....................................................................... 239 15.6.1 15.6.2 15.6.3 15.6.4

Ebenheitstolerierung bzw. Koplanarität..................................................239 Profil- und Positionstolerierung..............................................................240 Mehrfachtoleranzrahmen ........................................................................241 Profiltoleranzen.......................................................................................244

16 Geometrische Produktspezifikation/GPS 249 16.1 Konzeption............................................................................................... 249 16.2 Normenkette............................................................................................. 251 17 F+L-Erfahrungswerte

253

18 Übungen zur Zeichnungseintragung 255 18.1 Form- und Lagetoleranzen in Zeichnungen............................................. 255 18.2 Eintragung von Formtoleranzen .............................................................. 255 18.3 Eintragung von Profiltoleranzen.............................................................. 258 18.4 Eintragung von Lagetoleranzen ............................................................... 260 18.4.1 Richtungstoleranzen................................................................................260 18.4.2 Ortstoleranzen.........................................................................................264

18.5 Oberflächensymbole in technischen Zeichnungen .................................. 266

XII

Inhalt

19 Normgerechte Anwendungsbeispiele

273

20 Fallbeispiele

291

21 Im Text verwendete Zeichen, Abkürzungen und Indizes

303

A Literaturverzeichnis 307 A.1 Fachbücher und Dissertationen................................................................ 307 A.2 Aufsätze ................................................................................................... 308 A.3 Regelwerke .............................................................................................. 310 Stichwortverzeichnis

311

1

Allgemeines

1.1

Einleitung

Das Prinzip der A ustauschbarkeit von Ba uteilen ist eines der Gr undlagen der ind ustriellen Fertigung. Erst dieses macht es mö glich, Einzelteile von Erze ugnissen örtlich und zeitlich getrennt z u ferti gen. N ur so können die V orteile einer Arbeitsteil ung wirtschaftlich genutzt werden. Um die Austauschbarkeit eines Bauteils zu sichern, müssen seine Eigenschaften und Spezifikationen [TRU 97] eindeutig festgelegt sein. In den USA organisierte Ely Whitney bereits um 1800 die Fertigung von 10.000 Musketen in einem Los nach einer arbeitsteili gen Methode. Hierz u entwickelte er vereinfachte W erkzeugmaschinen und ben utzte Ge genlehren z ur Prüfung von Einzelteilen. Die Prüfung des Spiels zwischen Schla gbolzen und Bohr ung erfol gte mit La gen von Papier. Ließ sich eine Lage Papier dazwischenschieben, handelte es sich noch um ein Gutteil, bei zwei Lagen Papier lag ein A usschussteil vor. Diese Prüfung war ei ne Art Grenzlehr ung, die a us der französischen Waffenproduktion (Le Blanc 1785) übernommen wurde. Der amerikanische Nähmaschinenhersteller Wheeler & W ilson produzierte um 1860 bereits 50.000 Nähmaschinen pro Jahr und garantierte seinen Kunden einen einwandfreien Teile-Service per Post, weshalb a uch er reprod uzierbare Verhältnisse schaf fen m usste. Dies w urde durch eine beachtliche Fertigungsgenauigkeit und zusätzliche Kompensationsteile erreicht. In Europa herrschte zu dieser Zeit noch die handwerkliche Tradition vor, welche vom Prinzip der Einmaligkeit oder vollständigen Austauschbarkeit von Ba uteilen ausging. So zählte beispielsweise die Pariser W erkzeugmaschinenfabrik Panhard et Levassor z u den führenden Automobilmanufakturen der Welt, die im Jahr e 1890 bereits schon eini ge hundert Autos im Jahr herstellte. Basis war die von Gottlieb Daimler erworbene Lizenz z um Bau von Hochgeschwindigkeits-Benzinmotoren, um die her um Karosserieba uer ein ansprechendes Kleid schneiderten. Die Herstellung war so organisiert, dass selbstständige Zulieferanten Teile beistellten, die in der Fabrik von a usgebildeten Handwerkern an gepasst w urden, da keinerlei Maßsystem existierte. Ratlos war man insbesondere gegenüber dem Phänomen der schleichenden Maßwanderung, die aus dem Fehlen von Lehren bzw . Vorrichtungen resultierte und jede Teilebevorratung unmöglich machte.

2

1 Allgemeines

Henry Ford [WOM 97] hat diese Schwächen de r Man ufakturen erkannt, als er 1903 seine Autofabrik konzipierte. Sein T-Modell war die zwanzi gste Konstruktion, denn Ford ließ sich von der Einsicht leiten, dass eine vollständige und passgenaue Austauschbarkeit sowie eine einfache Montage sichergestellt werden muss. Dazu galt es, ein verbindliches Maß- und Lehrensystem zu schaffen , welches erst in V erbindung mit der Fließbandprod uktion 1913 eine konkurrenzlos günstige Fertigung ermöglichte. Die Firma Daimler Benz sah sich zu dieser Zeit noch in der Tradition der Handwerksbetriebe und organisierte die Fertigung unter der Zielvorgabe so gut wie möglich. Damit war zwar ein hoher Qualitätsanspruch verbunden, machte die Autoproduktion aber vergleichsweise teuer. Dies alles bildet den Hintergrund für die Einführung einer Normung, deren Aufgabe es bevorzugt war, einen hohen Ferti gungsstand zu ermöglichen. Hiermit war verb unden, dass innerhalb der DIN-Normen ein Maß- und Passungssystem (1917) geschaffen w urde, welches verbindliche Re geln und Vorgaben definierte. Das DIN-Normensystem wird he ute immer mehr durch ISO-Normen ergänzt. Bezüglich der Bauteilfertigung ist heute die ganze Breite an zulässigen Maß-, Geometrie- und Oberflächenabweichungen festgeschrieben. Damit sind die Voraussetzungen geschaffen worden für die W eiterentwicklung der Ferti gungstechnologie (DNC), für bessere Q ualitätsfähigkeit (SPC) und die Adaption ne uartiger Montagetechniken (DFMA1). Eine besonders zentrale Bedeutung hat in diesem Umfeld die Form- und Lagetolerierung, die z ukünftig in das System der Geometrischen Produktspezifizierung (GPS-Norm) aufgehen wird. Intention des Buches ist es, den praktisch täti gen Konstrukteuren die notwendigen Hilfen für die Erstell ung richtiger Zeichn ungen [JOR 91b] geben z u wollen. Es ist insofern selbstredend, dass damit auch die Wirtschaftlichkeit, Qualitätsfähigkeit und die schnelle Realisierung angesprochen sind.

1.2

Übersicht über die verwendeten Normen

Zur Problematik Tolerierung und Toleranzen existieren mehr als 40 DIN-, DIN EN ISO- und VDI/VDE-Normen bzw. Richtlinien (siehe auch Tabelle 1.1). Die Anzahl der Normen unterstreicht in diesem Fall die Bedeutung dieses Themas für die Industrie, kann aber auch zu einer gewissen Unsicherheit in der Anwend ung führen. Um einen roten Faden entwickeln z u können, wird hier n ur a uf die maß geblichen Kernnormen ein gegangen. Inhaltlich sind dies die folgenden Normen: • • •

1

DIN ISO 129 DIN ISO 286 DIN 7167

Maße und Toleranzen; Toleranzen und Passungen; Zusammenhang zwischen Maß-, Form- und Parallelitätstoleranz;

Anm.: DFMA® (Design for Manufacture and Assembly) ist von denProfessoren Boothroyd und Dewhurst (USA) entwickelt worden, um Montagen zu vereinfachen und insgesamt kostengünstiger zu gestalten. Heute wird DFMA von vielen Unternehmen auf der ganzen Welt eingesetzt.

1.2 Übersicht über die verwendeten Normen • • • • • • • • • •

DIN ISO 8015 DIN EN ISO 14660 DIN ISO 1101 DIN ISO 2768, T 1/T 2 DIN EN ISO 2692 DIN ISO 5458 DIN ISO 5459 DIN 2257, T 1/T 2 DIN 7186 DIN EN ISO 1302

• •

DIN V 32950 ISO/TS 17450

3

Unabhängigkeitsprinzip; Geometrieelemente; Form- und Lagetoleranzen; Allgemeintoleranzen für Länge, Winkel für Form und Lage; Maximum-Material-Bedingung, Minimum-Material-Bedingung; Positionstolerierung; Bezüge und Bezugssysteme; Längenprüftechnik; Statistische Tolerierung (zurückgezogen); Angabe der Oberflächenbeschaffenheit in der technischen Produktdokumentation; Geometrische Produktspezifikation (GPS); Allgemeine Begriffe – Modell der geometrischen Spezifikation und Prüfung.

Die in diesen Normen fest gelegten Prinzipien werden in den nachfol genden Kapiteln näher behandelt und in einen anwendungsgerechten Zusammenhang gebracht. Zum Verständnis der Ausgangssituation soll noch einiges Historisches ergänzt werden: Mit den steti g gewachsenen Qualitäts- und Zuverlässigkeitsanforderungen an Produkte sind auch die Ansprüche an die Ferti gung höher geworden. Bis in die 1960er Jahre hat man es gemeinhin als a usreichend an gesehen, n ur Maßabweich ungen d urch T oleranzen (d.h. Abmaße) einz uschränken. In den USA hatte man z u diesem Zeitp unkt jedoch schon die Erkenntnis gewonnen, dass eine weitere Steigerung der Ausführungsqualität industriell hergestellter Produkte nur durch eine eindeutige Begrenzung von Geometrieabweichungen (USASI Y 14.5-1966 und ANSI Y 14.5-1973) möglich sein wird. Eine ähnliche Entwickl ung gab es in den 70er Jahren a uch in R ussland. Im Jahre 1976 entstand hier als GPS-Norm die SEV 301, die bis he ute in vielen osteuropäischen Staaten angewandt wird. (Die SEV 301 interpretiert die F+L-Toleranzen teilweise anders als die ISO 1101, weshalb hier Vorsicht geboten ist.) Die Internationale Organisation für Normung (ISO) hat in den 70er Jahren an gefangen, ISONormen für Passungssysteme (ISO 286) sowie Z usammenhänge für Maß-, Form- und Lagetoleranzen (ISO 8015) zu schaffen. Das Deutsche Institut für Normung (DIN) fing etwa zum gleichen Zeitpunkt an, nationale S tandards für Maß- und Geometrietoleranzen (DIN 7182 in 1971 bzw. DIN 7184 in 1972) festz ulegen. Neben dem T olerierungsgrundsatz Unabhängigkeit V DIN 2300 w urde insbesondere der nationale T olerierungsgrundsatz Hüllbedingung DIN 7167 eingeführt. Diese Norm ist vom Ansatz her zwar sinnvoll, stiftet jedoch im Zusammenwirken mit der ISO 1101 in der Praxis vielfältige Unklarheiten bzw. führt zu Fehlinterpretationen in der Qualitätssicherung.

4

1 Allgemeines

Neben De utschland haben noch die USA den nationalen T olerierungsgrundsatz Hüllbedingung in der ASME Y 14.5M-1994 (Dimensioning and Tolerancing, ca. 233 Seiten) festgeschrieben. Die ASME-Norm ung steht insofe rn parallel z ur ISO-Norm ung, wobei z urzeit eher nicht davon auszugehen ist, dass hier eine Angleichung erfolgen wird. Die Unterschiede in der Symbolik und in der Interpretation sind teils groß, sodass es insbesondere für Unternehmen mit USA-Geschäft wichtig ist, diese Norm zu kennen. Derzeit ist das DIN- und ISO-Normenwerk bezü glich der Form- und La getolerierung, den Oberflächeneigenschaften sowie deren Messtechniken im Umbr uch be griffen. Man hat mehr und mehr erkannt, dass im Z usammenwirken mit CAD, DNC und CAQ eine inte grativere Betrachtungsweise notwendi g ist. Das hierfür entwickelte Konzept fließt derzeit unter dem Begriff Geometrische Produktspezifikation (GPS) in das Normenwerk ein. Erste Normen bzw . Normentwürfe mit dieser Ausrichtung sind bereits erschienen (z.B. EN ISO 1302:2002 Angabe der Oberflächenbeschaffenheit, DIN EN ISO 2692:2002/E für F+L und Maximum-/MinimumBedingung, EN ISO 5436 Oberflächenbeschaffenheit, DIN EN ISO 12781/E Ebenheit). Diese Ausführungen belegen noch einmal die Bedeutung der Normung bei der Erstellung von Fertigungsunterlagen, da hiermit auch die Strategie zur Globalisierung bzw. weltweiter Fertigungsverbünde angesprochen ist. Zeichnungen sind die Sprache der T echniker und verschlüsseln Knowhow, sie sollten daher verständlich und bezüglich der internationalen Standards korrekt sein. Aktuelle Informationen z ur Norm ung können he ute recht einfach unter www.DIN.de und www.beuth.de abgerufen werden, sodass sich, wie in der T abelle 1.1 gezeigt, jeweils ne uste Standards berücksichtigen lassen.

Grundlagen

Form- und Lagetoleranzen

Allgemeintoleranzen

Normblatt

Jahr

Inhalt

DIN ISO 286 T 1 + 2 DIN 7172 T 1, 2, 3 DIN V 32950 DIN EN ISO 14660 T 1, 2 ISO/TS 17450 T 1, 2

1990 1991 1997 1999 2001

Toleranzen und Passungen, komplett Toleranzen > 3.150 ... 10.000mm Nennmaß Geometrische Produktspezifikation Geometrieelemente Allgemeine Begriffe

DIN ISO 1101

1985

Form- und Lagetoleranzen

DIN ISO 1101 E

1995

Neuentwurf: Form- und Lagetoleranzen

DIN ISO 8015

1986 Unabhängigkeitsprinzip

DIN 7167

1987

DIN ISO 5459

1982 Bezüge und Bezugssystem

DIN ISO 1660

1988

Profiltoleranzen

DIN ISO 5458

1999

Positionstolerierung

DIN ISO 2768 T 1

1991

Allgemeintoleranzen: Länge und Winkel

DIN ISO 2768 T 2

1991

Allgemeintoleranzen: Form und Lage

Hüllprinzip ohne Zeichnungseintragung

DIN 7168 T 1 + 2

1991

für Neukonstruktionen ersetzt durch ISO

DIN 1680 T 1 + 2

1980

Gussrohteile: Allgemeintoleranzen

1.2 Übersicht über die verwendeten Normen

5

Normblatt

Jahr

Inhalt

DIN 1683 T 1

1998

Gussrohteile aus Stahlguss

DIN 1684 T 1

1998

Gussrohteile aus Temperguss

DIN 1685 T 1

1998

Gussrohteile aus GGG

DIN 1686 T 1

1998

Gussrohteile aus GGL

DIN ISO 8062

1998

Gussstücke Maßtol. und Bearbeitungszugaben

DIN 1687 T 1

1998

Schwermetall: Sand- und Kokillenguss, nicht für Neukonstruktionen

DIN 1687 T 3

1980

Schwermetall: Sand- und Kokillenguss

DIN 1687 T 4

1986

Schwermetall: Druckguss

DIN 1688 T 1

1998

Leichtmetall: Sand- und Kokillenguss, nicht für Neukonstruktionen

DIN 1688 T 3

1980 Leichtmetall: Sand- und Kokillenguss

DIN 1688 T 4

1986

DIN 16901

1982 Kunststoffformteile

DIN 7526

1969 Schmiedestücke aus Stahl

DIN 7526 Beibl.

1971

DIN 7523 T 2

1986 Bearb.-zugabe usw. für Schmiedestücke

Leichtmetall: Druckguss

Beispiele für Gesenkschmiedestücke

DIN 7526

1969

DIN 7526 Beibl.

1969 Freiform-Schmiedestücke aus Stahl, Beispiele

Freiform-Schmiedestücke aus Stahl

DIN 6930 T 2

1989

DIN 6784

1982 Werkstückkanten

DIN 2310 T 4

1987

Autogenes Brennschneiden

Stanzteile aus Stahl

DIN 2310 T 30

1998

Autogenes Brennschneiden

DIN EN ISO 13920

1996

Schweißkonstruktionen

DIN ISO 3302 T 2

1999 Gummi

DIN 40680

1983

Toleranzverknüpfung

DIN ISO 2692

1990 Technische Zeichnungen, F+L-Tolerierung, Maximum-Material-Prinzip

DIN 7186 T 1

1974

Oberfläche

DIN EN ISO 1302

2002 Angabe der Oberflächenbeschaffenheit

Keramik

Statistische Tolerierung (sei 1985 ruhend)

DIN EN ISO 4287

1998

VDA 2005

2002 Angabe der Oberflächenbeschaffenheit

Oberflächenbeschaffenheit/Tastschnitt

Tabelle 1.1: Übersicht über die aktuellen Normen zur Tolerierung nach http://www.beuth.de

2

Grundlagen

Werkstücke müssen in ihrer Geometrie funktions-, fertigungs- und prüfgerecht festgelegt werden. Dies kann in Form einer technischen Zeichn ung auf Papier oder als rechnerinternes Daten- bzw. CAD-Modell [DIE 00] erfol gen. Hierbei ist es wichti g, dass die Zeichn ung als Spezifikationsmodell (siehe DIN EN ISO 14660) • •

vollständig (alle wesentlichen Eigenschaften müssen festgelegt werden) und eindeutig (es dürfen keine unterschiedlichen Auslegungen möglich sein)

ist. Generell ist festz ustellen, dass die von der Konstr uktion gewünschte ideale W erkstückgeometrie aufgrund von unvermeidbaren Fertigungsungenauigkeiten in der Herstellung (physikalische V erkörperung) nicht z u realisieren ist. Die Größe der Annehmbarkeit solcher fertigungs- und materialbedingter Abweichungen wird im Wesentlichen durch die geforderte Funktions- und Montagefähigkeit [FEL 88] bestimmt. Das heißt, für jedes W erkstück muss festgelegt werden, wie weit es von der Soll-Geometrie abweichen darf, ohne dass die Montage- und F unktionsfähigkeit beeinfl usst wird. Hierbei sind die T oleranzen jeweils so klein wie nötig und so groß wie möglich zu wählen , da die Weite von Toleranzfeldern bzw. der ITQualitäten erheblich zu den entstehenden Herstellkosten [EHR 00] beiträgt. Diesbezüglich ist auch die Prüfbarkeit und Messmittelfähigkeit1 zu berücksichtigen. Leitregel 2.1: Kostenwirksamkeit von Toleranzen Mangelnde T oleranzkenntnisse und T olerierungsmöglichkeiten bewirken meist eine Flucht ins Genaue [PFE 02]. Durch die Halbier ung eines T oleranzfeldes werden die Herstell ungskosten einer mechanischen Bearbeitung in der Regel vervierfacht! (Aussage von Mannesmann/Rexroth in der Fertigung von ABS-Ventilen) Es lie gt demnach im V erantwortungsbereich des Konstr ukteurs, alle Maße und Geometrieabweichungen sinnvoll festzulegen und zu tolerieren. Hierbei reicht es nicht aus, Toleranzen aus ähnlichen Konstruktionen zu übernehmen oder alte Erfahrungswerte zu verwenden, da so in der Regel die Toleranzen im Hinblick a uf die zu erfüllende Funktion zu klein gewählt werden und dadurch erhebliche Mehrkosten [GUB 99] in der Fertigung und Qualitätssicherung entstehen. 1

Anm.: Die Automobilindustrie fordert, dass ein Messmittel 15-20 % eines Toleranzfeldes sicher und reproduzierbar messen können muss.

8

2 Grundlagen

Häufig sind a uch Normen, die sich mit den T olerierungsprinzipien beschäfti gen, in den Betrieben n ur unzureichend bekannt oder sie werden nicht konseq uent an gewandt. Hinz u kommt noch, dass der Konstr ukteur oft keine direkten Inform ationen über die A uswirkung von Geometrieabweichungen auf das Funktionsmaß einer Baugruppe hat. Auch beziehen sich die an gewandten Toleranzrechnungsprogramme hä ufig nur a uf Maßtoleranzabhän gigkeiten, nicht aber auf Form- und Lageabweichungen. Form- und Lageabweichungen haben insbesondere bei sehr kleinen Maßen einen erheblichen Einfl uss auf die Funktionsfähigkeit von Bauteilen. Deshalb ist es unbedingt erforderlich, auch die Form- und Lageabweichungen bei der Ermittlung von Funktionsmaßen zu berücksichtigen. Im Allgemeinen werden die Ferti gungstoleranzen [BÖT 98] in dr ei Bereiche ein geteilt, und zwar in • Maßtoleranzen, • Form-, Profil- und Lagetoleranzen und • Oberflächenbeschaffenheit bzw. Rauheitstoleranzen1. Bei der Anwend ung dieser T oleranzen sind fol gende, in diesem Man beschriebene Tolerierungsgrundsätze zu beachten: • das Hüll- oder das Unabhängigkeitsprinzip, • die Minimum-Bedingung, • die Maximum-Material-Bedingung, • die Minimum-Material-Bedingung, • die Reziprozitätsbedingung2 sowie • die arithmetische oder die statistische Toleranzketten-Berechnung.

uskript genauer

Bei der Festsetz ung von T oleranzen bereitet die Maßtolerier ung die geringsten Schwieri gkeiten [JOR 91a]. Oft stellen sich aber Unsicherheiten bei der V ergabe von Form- und Lagetoleranzen ein, da hier meist die elementaren Kenntnisse über die W irkung des Hülloder Unabhängigkeitsprinzips bzw. die Maxim um- oder Minim um-Material-Bedingung fehlen. Diese Lücken können jedoch mit der akt uellen Norm ung, insbesondere der Geometrischen Produktspezifizierung (GPS), geschlossen werden. Hiermit lassen sich alle technischen Anforderungen abdecken. Die Erfahrung lehrt, dass der in die Geometriebeschreib ung investierte A ufwand sich d urch geringere Herstell-, Monta ge- und Änder ungskosten schnell amortisiert. Um kosten günstig und damit wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen einfach alle Toleranzen besser mit der ind ustriellen Realität [MOL 00] ab gestimmt werden. In eini gen Projekten konnte nach gewiesen werden, dass sich d urch eine T oleranzoptimierung 5–7% an z usätzlichem Kostensenk ungspotenzial ergibt.

1

Anm.: Die Rauheitstoleranzen gehören zur technologischen Beschreibung nach ISO 1302 bzw. ISO 4287. In diesem Buch werden sie im Kapitel 14 nur kurz angesprochen.

2

Anm.: Siehe hierzu DIN EN ISO 2692 : 2002/E

2 Grundlagen Leitregel 2.2: Bedingungen für eine funktionsgerechte Geometriebeschreibung Funktionserfüllung: Das ungenaue Bauteil muss seine vor gegebene Funktion während der gesamten Gebrauchsdauer erfüllen können. Montierbarkeit: Das ungenaue Ba uteil m uss sich entweder unbedingt (d.h. gleiche Teile sind beliebig austauschbar) oder bedingt (d.h. gleiche Teile werden zusortiert und sind nur gemeinsam austauschbar) montieren lassen. Herstellbarkeit: Das Ba uteil m uss sich prozessfähi g und kosten günstig innerhalb der festgelegten Toleranzen fertigen lassen. Mess- und Prüfbarkeit: Das Ba uteil muss sich mö glichst einfach und sicher prüfen bzw. messen lassen. Dabei müssen die wesentlichen Merkmale für die Funktions- und Montagefähigkeit erfasst werden.

9

3

Entstehung von Form- und Lageabweichungen

Der Konstrukteur gibt die ideale Geometrie eines Werkstücks in einer technischen Zeichnung o. Ä. vor. Eine absol ut genaue Ferti gung ist aber in der Praxis weder im Hinblick a uf die Nennmaße, noch auf die Form und Lage der Geometrieelemente bzw. der Oberflächengestalt möglich. Diese Abweichungen werden durch verschiedene Einflüsse hervorgerufen: • Maßabweichungen sind gewöhnlich auf die Bedienung einer Maschine zurückzuführen. • Form- und Lageabweichungen können in der Regel nicht direkt beeinflusst werden. Bei der Entsteh ung dieser Abweich ungen spielen die frei gesetzten Ei genspannungen im Werkstück, die an gewandte Einspann ung während der Bearbeit ung, die verwandte W erkzeughalterung, die Zerspankräfte, die Schnitt geschwindigkeit, der Verschleiß des Werkzeugs und die Maschinenschwin gungen eine bede utende Rolle. Nachfol gend sind eini ge Beispiele für die Ursachen von Geometrieabweich ungen dar gestellt. Da hierd urch die F unktionalität eingeschränkt wird, sollten alle Abweichungen eingegrenzt werden. Einspannung des Werkstückes Eine Welle wird zwischen Spitzen gespannt.

Abb. 3.1:

⇒ Resultierende Formabweichung Infolge der auf die Welle wirkenden Schnittkraft F des Drehmeißels biegt sich diese elastisch durch.

Formabweichung durch Durchbiegung bei beidseitiger Einspannung (nach [DIN 01])

12

3 Entstehung von Form- und Lageabweichungen

Einspannung des Werkstückes Eine Welle wird einseitig eingespannt.

⇒ Resultierende Formabweichung Infolge der auf die Welle wirkenden Schnittkraft F des Drehmeißels biegt sich diese elastisch durch.

Abb. 3.2:

Formabweichung durch Biegung bei einseitiger Einspannung (nach [DIN 01])

Einspannung des Werkstückes Eine Welle wird im Futter gespannt und elastisch verformt.

Abb. 3.3:

⇒ Resultierende Formabweichung Infolge der punktuellen Spannkräfte entstehen Rundheitsabweichungen in der ausgedrehten Bohrung.

Formabweichung durch Spannkräfte (nach [DIN 01])

Die in Abbildung 3.3 entstehende Formabweichung soll hier besonders herausgestellt werden, da ihr Nachweis in der Praxis eini ge Probleme bir gt. Diese Abweich ung nennt man ein Gleichdick. (Ein Gleichdick wird geometrisch konstruiert, indem man von den Ecken eines gleichseitigen Dreiecks einen Kreis mit dem Radi us der Seitenlän ge des Dreiecks schlä gt, siehe Abbild ung 3.4.) Gleichdickformen [DIN 01] können bei der Innenund A ußenbearbeitung runder Bauteile (Wellen oder Bohrungen) entstehen.

3 Entstehung von Form- und Lageabweichungen

Abb. 3.4:

13

Vergleich eines Gleichdicks mit einem Kreis gleichen Durchmessers

Dieses Gleichdick besitzt bei der Zweip unktmessung an jeder S telle denselben Durchmesser a wie ein idealer Kreis und es verhält sich beim V ergleich mit einer Rolle wie ein idealer Zylinder. So wird bei der Zweip unktmessung oder dem Vergleich mit einer Rolle eine Kreisform vom Durchmesser a vorgetäuscht. Bei der oft üblichen Überprüfung eines Durchmessers mit einem Messschieber kann diese Abweich ung auch nicht erfasst werden. R undheit verlangt somit nicht n ur gleiche D urchmesser, sondern a uch eine fixe Mittelp unktlage [ABE 90b] des umschreibenden Kreises. Den Vergleich eines Gleichdicks mit einem Zylinder gleichen Durchmessers zeigt die Abbildung 3.5.

Abb. 3.5:

Vergleich eines Gleichdicks mit einer Rolle des Durchmessers a bei Zweipunktmessung

Das Gleichdick mit dem fiktiven D urchmesser a passt a uch nicht d urch eine Bohr ung des Durchmessers a, sondern n ur in 1,1547 ⋅ a. Der Nachweis einer gleichdickförmigen Abweichung erfolgt oft durch die Prüfung mit einem flachen V-Prisma. Ein 60°-Prisma wie in Abbildung 3.6 ist für den Nachweis aber ungeeignet, da bei diesem Prismentyp die axialen Ausschläge zu klein sind, weil die Anla gepunkte wechseln. Ein exakter R undheitsnachweis kann nur mit einem Formmessgerät erfolgen.

14

Abb. 3.6:

3 Entstehung von Form- und Lageabweichungen

Nachweis einer Gleichdickform mit einem V-Prisma

Zusammenfassend kann fest gestellt werden, dass die Ursachen für Form- und La geabweichungen in einer Vielzahl von Einzelpunkten [DIN 01] lie gen, die größtenteils auf stochastische Effekte zurückzuführen sind. Leitregel 3.1: Entstehung von Form- und Lageabweichungen Form- und Lagetoleranzen sind Zufallsabweichungen. Die Ursachen liegen in: • • • • • • •

Eigenspannungen im Teil, Einspannung eines Teils, Werkzeughalterung, Werkzeugverschleiß, Zerspankräfte, Schnittgeschwindigkeit und in Maschinenschwingungen.

Ein Maschinenbediener kann diese Abweich ungen somit nicht beeinfl ussen, sondern n ur überwachen [KLE 02], da sie sich im Fertigungsprozess ergeben.

4

Grundbegriffe der Zeichnungstolerierung

4.1

Maß- und Geometrietoleranzzone

Die Form- und Lagetolerierung wird gemeinhin als kompliziert empfunden und bereitet oftmals in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten. Um den Unterschied zur herkömmlichen Maßtolerierung besser erkennen z u können, soll z unächst die Spezifizier ung dieses Toleranzsystems zur Maßtolerierung [DUB 05] kurz erläutert werden.

4.1.1

Maßtoleranzen

Im ISO-Normenwerk ist fest gelegt, dass dur ch eine Maßtoleranz nur die mittels Zweipunktmessung ermittelten örtlichen Istmaße eines Geometrieelementes begrenzt werden, nicht aber seine Formabweichungen. Eine Maßtoleranz wird somit durch Grenzabmaße (z. B. +0,2/ –0,1) oder Toleranzkurzzeichen (z.B. H7 oder h7) an gegeben. Damit sind jedoch keine Einschränkungen für Form und Lage bestimmt. Dies ist unter anderem die Erkenntnis des folgenden Beispiels in Abbildung 4.1. Beispiel: Interpretation von Maßtoleranzen Das Maß für den D urchmesser des Wellenzapfens ist mit ∅ 20 +0,3/–0,1 angegeben. Daraus ergeben sich die folgenden Grenzmaße: N

Nennmaß

20,0

Go

Größtmaß

20,3

Gu

Kleinstmaß

19,9

Ao

oberes Abmaß

+0,3

Au

unteres Abmaß

–0,1

T

Toleranz (Ao–Au)

+0,4

T

(Go–Gu)

+0,4

16

4 Grundbegriffe der Zeichnungstolerierung

Das gemessene Ist-Maß muss also im T oleranzfeld minus der Mess unsicherheit (siehe DIN EN ISO 14253), d.h., zwischen 19,9+u und 20,3–u liegen, wenn die Zeichnungsangabe eingehalten werden soll (die Meßunsicherheit ist entsprechend GUM abzuschätzen). Über die R undheit, Zylindrizität oder Rechtw inkligkeit des Zapfens sind keine An gaben gemacht worden. Das D urchmesserzeichen am Maß be grenzt nicht die R undheit, sondern ist nur ein zeichnerisches Symbol (s. ISO 129-1). Weiterhin ist noch ein rechtecki g umrahmtes Maß eingeführt worden, welches in seiner W irkung noch zu definieren ist.

Abb. 4.1:

Maßtolerierte Bolzen-Zeichnung mit Sicherungsstift

Alle auftretenden Geometrieabweichungen lassen sich somit nur eingrenzen durch: • • •

die Hüllbedingung (DIN 7167 bzw. E in ISO 8015), die Symbole nach ISO 1101 und durch Allgemeintoleranzen (nach ISO 2768, T.2).

Diese Möglichkeiten werden nachfolgend noch abgeklärt.

4.1 Maß- und Geometrietoleranzzone

4.1.2

17

Ideales Maß

Das theoretisch genaue Maß dient zur Angabe der geometrisch idealen (theoretisch genauen) Lage der Toleranzzone1 für Nei gungs-, Positions- oder Profiltoleranzen (siehe ISO 1 101, S. 15). Das Maß wird rechteckig umrahmt. Wie ein Nennmaß unterliegt es keinerlei Abweichungen, auch nicht den möglicherweise angegebenen Allgemeintoleranzen. Oftmals werden in Zeichnungen ideale Maße als Stufenmaße (siehe DIN 7170) mit dem Toleranzwert Null benutzt. Diese Anwendung ist durch die Definition aber nicht gedeckt, sondern es sollte immer dar um gehen, mit einem idealen Maß die La ge einer Toleranzzone eindeutig festzulegen. Bei dem in der vorheri gen Abbild ung 4.1 gezeigten Bolzen hat beispielsweise der Lochabstand L=10mm die F unktion des geometrisch idealen Maßes (als solches le gt es die Lage der Toleranzzone und nicht der Bohrungsmitte fest).

4.1.3

Geometrietoleranzzone

Die Form- und Lagetolerierung nach DIN ISO 1 101 hat die Festle gung von T oleranzzonen zum Prinzip. Abbild ung 4.2 zei gt den V ergleich zwischen geometrisch idealer Form, Toleranzzone und Ist- Profil für ein Linienprofil. Mittels einer T oleranzzone sollen die IstSoll-Abweichungen eingegrenzt werden.

Abb. 4.2:

Vergleich zwischen geometrisch idealer Form, Toleranzzone und Ist-Profil am Werkstück

Eine Geometrieabweichung fällt stetes unhängig von einer Maßabweich ung an. Je nach dem verwandten Tolerierungsprinzip (DIN 7167 oder ISO 8015) lie gt die Geometrieabweich ung innerhalb oder a ußerhalb der Maßabweich ung. Eine exakte Maßkontrolle ist daher n ur unter Berücksichtigung der Maß- und Toleranzangaben mit dem Tolerierungsprinzip möglich.

1

Anm.: Siehe hierzu besonders ISO 5458 (Positionstolerierung).

18

4 Grundbegriffe der Zeichnungstolerierung Leitregel 4.1: Toleranzzone von Geometrieelementen Das gekennzeichnete Geometrieelement muss sich innerhalb der Toleranzzone befinden. Als Toleranzzone kann ein Abstand, eine Fläche oder ein Ra um dienen. Be grenzt wird die T oleranzzone d urch zwei Grenzlinien bzw . Grenzebenen oder Grenzkreise, die der idealen Form des Geometrieelementes entsprechen. Im vorstehenden Beispiel muss die gesamte Profillinie (in einer festzulegenden Anzahl von Schnitten über die Dicke) innerhalb der Toleranzzone liegen.

Die in der GPS-Normung festgelegten Toleranzzonen sind in Abbildung 4.3 dargestellt. Raum zwischen zwei parallelen Geraden

Raum zwischen zwei parallelen Ebenen

Raum innerhalb eines Zylinders

Raum innerhalb eines Quaders

Flächen zwischen zwei konzentrischen Kreisen

Raum zwischen zwei koaxialen Zylindern

Abb. 4.3:

Darstellung der Toleranzzonen nach ISO 1101

Die Angabe einer Geometrietoleranz soll also dafür sor gen, dass das Geometrieelement von der gedachten Idealform nur innerhalb dieser Toleranzzone abweicht. In der Praxis heißt das, dass, z.B. eine Blechkante, die als Anschla g dient, hinreichend gerade sein m uss oder, dass ein Wälzlagersitz hinreichend kreiszylindrisch sein muss. Es gibt zwei grundsätzlich unterschiedliche Ansätze bei der Betrachtung von Maßen und ihrer Auswirkung auf die geometrische Form eines Bauteils: 1. Nach dem Unabhängigkeitsprinzip DIN ISO 8015 (siehe Kapitel 11.6) sagt eine Maßtoleranz eines Geometrieelementes nichts über eventuelle Geometrieabweichungen aus.

4.2 Minimum-Bedingung

19

Das heißt, das Ba uteil kann zwar maßlich in Ordnung, aber trotzdem nicht f unktionsfähig sein, da zu große Abweichungen von der idealen geometrischen Form vorliegen. So sei z.B. bei der W elle in Abbild ung 4.4 d urchaus an jeder beliebi gen S telle die Durchmessertoleranz ein gehalten worden, die F unktionsfähigkeit könnte aber a ufgrund der starken Formabweich ung ein geschränkt bzw . nicht mehr gegeben sein, da hier a uch das Gegenstück zu berücksichtigen ist.

Abb. 4.4:

Welle mit nicht eingeschränkter Geradheitsabweichung und möglichem Hüllmaß

2. Beim Hüllprinzip nach DIN 7167 (siehe Kapitel 10.2) dürfen Form- und Parallelitätsabweichungen den Betrag der Maßtoleranz zwar err eichen, aber nicht überschreiten. Sollte die von der Hülle ∅ 22mm umschlossene Abweich ung für eine Gewährleist ung der Funktionsfähigkeit zu groß sein, so m uss zusätzlich zur Maßtoleranz eine en gere Formtoleranz gewählt werden. (Mit Hülle sei das Maß des formidealen Gegenstückes bezeichnet.) Das Prinzip der Formeinschränk ung findet z.B. bei W ellenlagerungen Anwend ung. Würde der Wellenzapfen beispielsweise nicht mit einer Toleranz für Zylindrizität versehen, so könnte er auch innerhalb der Maßtoleranz ke gel- oder gleichdickförmig sein. Dies würde an einzelnen Stellen in einem Wälzla gerring beim Überrollen z u einer erhöhten Pressung führen, was eine de utliche Red uktion der Lebensda uer bewirken würde. Die tatsächlich vorhandene Formabweichung eines Ba uteils vom geometrisch idealen Maß wird messtechnisch mittels der Minimum-Bedingung (Tschebyschew-Kriterium) festgestellt.

4.2

Minimum-Bedingung

4.2.1

Erklärung

Die Minim um-Bedingung (nicht z u verwechseln mit der Minim um-Material-Bedingung) dient der Ermittl ung der tatsächlich vorhandenen Formabweich ung eines Ba uteils vom geometrisch idealen Maß mithilfe von zweck gerechten Messverfahren (z.B. ein Formmess gerät oder eine 3-D-Koordinatenmessmaschine). Das Messprinzip ist in der ISO 1 101 an verschiedenen Beispielen erläutert.

20

4 Grundbegriffe der Zeichnungstolerierung Leitregel 4.2: Minimum-Bedingung für die Formabweichung Die tatsächlich vorhandene Formabweich ung er gibt sich, indem Grenzflächen bzw. Grenzlinien so an das tolerierte Geometrieelement herangeschoben werden, dass sie es einschließen und ihr Abstand z ueinander ein Minimum wird. Dieser Abstand stellt die Formabweichung f dar. Damit ist die Grenzbedingung Formabweichung f < Toleranzzone t zu überprüfen.

4.2.2

Beispiele zur Anwendung der Minimum-Bedingung

Alle an Geometrieelementen an gegebenen T oleranzzonen müssen d urch geeignete Messungen gemäß der Minimum-Bedingung auf Einhaltung überprüft werden. Leitregel 4.3: Grenzflächen, Grenzlinien, Grenzabweichung Grenzflächen bzw. Grenzlinien: Geradheit ⇒ zwei parallele Geraden mit minimalem Abstand bzw. der Raum innerhalb eines Zylinders Ebenheit ⇒ zwei parallele Ebenen Rundheit ⇒ zwei konzentrische Kreise Zylindrizität ⇒ zwei koaxiale Kreiszylinder Grenzabweichung: Bei Formtoleranzen entspricht die Toleranz t der Grenzabweichung, d.h. der größten z ulässigen Abweich ung. Das Formelement ist gut, wenn die Formabweichung f kleiner oder gleich der Grenzabweichung (f ≤ t) ist. Geradheit und Ebenheit Zur Bestimm ung der Geradheitsabweich ung werden zwei parallele Geraden so an die Istkontur1 eines Geometrieelementes heran geführt, dass sie diese einschließen und ihr Abstand zueinander minimal wird. Muss stattdessen die Ebenheit einer Fläche bestimmt werden, so verwendet man parallele Ebenen (siehe DIN ISO 1101), die die Fläche tangieren. Der Abstand der Flächen zueinander stellt die tatsächliche Ebenheitsabweichung dar.

1

Anm.: Die Istkontur muss nicht als geschlossener Kurvenzug vorliegen, sondern nach ISO 1101 genügt auch eine aus Einzelpunkten bestehende Istlinie.

4.2 Minimum-Bedingung

21

Beispiel: Prüfung auf Einhaltung der Toleranzzone

Abb. 4.5:

Ausrichtung der Bezugslinien zur Bestimmung der Geradheit nach der Minimum-Bedingung

In diesem Beispiel soll die Geradheit einer einzelnen Kante ermittelt werden. Deshalb werden mögliche Ausrichtungen durch die Parallelen A 1 und A 2, B 1 und B2 sowie C 1 und C 2 dargestellt. Den zahlenmäßigen Wert der Geradheitsabweichung kann man n ur mit einer Messmaschine bestimmen. Ein Haarlineal ist daz u ungeeignet, da hier n ur Werte > 3μm abgeschätzt werden können. Aus geeigneter Messung ergeben sich beispielsweise die folgenden Abstände: Ausrichtung der Linien Abstand

A1 – A2

B1 – B2

C1 – C2

f1

f2

f3

Die Verhältnisse dieser Abstände bestimmen sich aus Abbildung 4.5 zu f1 < f 3 < f2 , d. h., die Toleranzabweichung von der Geradheit wird durch den minimalen Abstand aus allen möglichen Abständen gegeben. Die korrekte A usrichtung der Geraden z ur Bestimmung des minimalen Abstandes f ist also A 1–A2 und bestimmt somit die Größe der Abweich ung. Als Bedingung ist somit zu überprüfen, ob f 1 < tG . In diesem Fall wäre die Anforderung erfüllt. Rundheit und Zylindrizität Zur Bestimm ung der R undheitsabweichung werden zwei konzentrische Kreise so um die Kontur gelegt, dass sie diese einschließen und ihr Abstand zueinander minimal wird. Soll die Zylindrizität eines Körpers bestimmt werden, benutzt man konzentrische Zylinder.

22

4 Grundbegriffe der Zeichnungstolerierung

Die Anwend ung der Minim um-Bedingung auf Kreisq uerschnitte mit R undheitsabweichung wird in DIN ISO 6318 beschrieben. Ihre Bezeichnung ist Kreise kleinster Ringzone oder MZC (engl.: minimum zone circles). Beispiel: Prüfung auf Einhaltung der Toleranzzone In Abbildung 4.6 wird die Rundheitsabweichung eines Gleichdicks bestimmt, welche in einer Drehoperation entstanden ist. Die konzentrischen Kreise sind A1 und A2 sowie B1 und B2.

Abb. 4.6:

Bestimmung der Rundheitsabweichung nach der Minimum-Bedingung

Daraus ergibt sich für die Abstände der konzentrischen Kreise: konzentrisches Kreispaar Abstand

A1 – A2

B1 – B2

f1

f2

Aus der Zeichnung kann man nun entnehmen, dass bei der Anordn ung der Kreise A 1 und A2 der Abstand f zwischen den Kreisen minimal ist: f1 < f2 . Der Abstand f 1 entspricht also der R undheitsabweichung und kennzeichnet so die Größe der Toleranzzone. Die zu überprüfende Bedingung ist somit: f1 < tR. Quintessenz: Da in jeder Produktion ungewollt Gleichdickformen auftreten, kann aus runden Halbzeugen meist kein absolut kreisrundes Teil mehr gefertigt werden. Insofern ist es wichtig, die noch zu akzeptierende Unrundheit maßlich anzugeben.

5

Zeichnungseintragung

Im W eiteren soll exemplarisch die Eintra gung von Maßen und T oleranzen in technische Zeichnungen beschrieben werden. Die Zeichnungseintragung der Maße und die Nomenklatur erfolgt nach DIN ISO 129-1. Die Zeichn ungseintragung von Geometrietoleranzen wird im Wesentlichen in DIN ISO 1101 festgelegt. Die Form, Ausführung und Größe grafischer Symbole erfolgt nach DIN ISO 7083.

5.1

Angabe von Maßen in einer Zeichnung

Anhand des in Abbild ung 5.1 gezeigten fiktiven Bauteils sollen die verschiedenen Maßarten in einer Fertigungszeichnung mit einer positionstolerierten Bohrung gezeigt werden.

Abb. 5.1:





Angabe von Maßen in einer Fertigungszeichnung

Ideale Maße werden in einem rechtecki gen Rahmen an gegeben und unterliegen keiner Abweichung. Sie le gen den idealen Ort der T oleranzzone fest. In der Zeichn ung ist dies der Abstand der Bohr ungsachse von der Bez ugskante a us. Ist kein Bez ug gegeben, so muss dieser gebildet werden. Der Bezug wird für die Positionstolerierung benötigt. Prüfmaße werden nach DIN 406, T .1, d urch einen ab gerundeten Rahmen (a uch Blase oder Zeppelin) markiert. Sie bezeichnen ein Maß, das bei der Q ualitätssicherung besonders zu überwachen (z.B. SPC) ist. Bei dem Bauteil soll demnach besonders auf die Passungsfähigkeit der Bohrung mit einem Gegenstück geachtet werden.

24 •

• •

5 Zeichnungseintragung Freimaße werden nicht besonders gekennzeichnet. Diese Maße unterliegen den an gegebenen Allgemeintoleranzen (i.d.R. ISO 2768, T.1). Dies ist bei dem Bauteil der angegebene Abstand der beiden Seitenflächen von 20mm in der T oleranzklasse m mit genau +0,2mm. Stufenmaß (nach E DIN 7170) ist der Abstand zwischen einer Referenzfläche und dem berührend zugeordneten Geometrieelement (d.h., es wird vom Ursprung aus gemessen). Toleranzzone der Position ist in diesem Fall ein 0,05mm breiter Bereich um das ideale Maß. Für eine nähere Beschreib ung der Positionstolerierung siehe Kapitel 7.6.2.1 bzw . auch DIN EN ISO 5458.

5.2

Beschreibung der Angaben am tolerierten Element

Die An gaben z u den T oleranzen des Geometrieelementes findet man im T oleranzrahmen. Dieser Rahmen ist rechtecki g. Er hat mindestens zwei, höchstens fünf Felder . Der Toleranzrahmen wird in der Zeichn ung wie Schrift behandelt. Er soll also von rechts bzw . von unten lesbar sein. Er kann zwar gedreht werden, steht aber wegen der besseren Lesbarkeit am besten waagerecht. Z usätzlich können T exte an gefügt werden. Der T oleranzrahmen wird mit dem tolerierten Element mittels einer Hinweislinie mit Hinweispfeil verbunden.

Abb. 5.2:

Toleranzangaben am tolerierten Element und verschiedene Stellungen des Hinweispfeils

5.3 Beschreibung der Toleranzzone

25

Es gelten die folgenden Vereinbarungen: • Im ersten Feld steht das Symbol der Toleranzart. • Im zweiten Feld wird der T oleranzwert (in mm) ein getragen. Andere Einheiten sind hier nicht vorgesehen (also auch keine Winkelgrade). (Sollten ausländische Zeichnungen aber mit Inch bemaßt sein, so findet man u.U. hier auch Angaben in Inch.) • Weitere Felder enthalten bei den Lagetoleranzen Kennbuchstaben für Bezüge. Es sind drei Bezüge möglich. • Der T oleranzpfeil wird in ISO 101 1 a uch als Hinweis- oder Bez ugspfeil bezeichnet. Dieser darf beliebig aus dem Toleranzrahmen austreten, in seiner Richtung muss aber die Toleranzzone gemessen werden. • Wenn für ein Geometrieelement mehrere Toleranzeigenschaften festgelegt werden sollen, so dürfen Toleranzrahmen auch mehrfach untereinander gesetzt werden.

5.3

Beschreibung der Toleranzzone

5.3.1

Form und Lage der Toleranzzone

Gemäß Norm ist der Hinweispfeil direkt a uf die Konturlinie oder eine Maßhilfslinie des Elements zu setzen, wenn sich die Toleranzzone auf die Linie oder Fläche bezieht. Der Hinweispfeil darf auch auf einer Bezugslinie liegen, die zur tolerierten Fläche zeigt. Der Hinweispfeil und die Hinweislinie können a uch an der V erlängerung einer Maßlinie angetragen werden, wenn sich die T oleranz a uf die Achse oder Mittelfläche des bemaßten Elementes bezieht. Leitregel 5.1: Zeichnungseintragung von realen und abgeleiteten Geometrieelementen Reales Geometrieelement: Bei der T olerierung eines realen Geometrieelementes steht der Toleranzpfeil mindestens 4mm vom Maßpfeil entfernt (Abbildung 5.3 a). Reale Geometrieelemente sind Kanten und Flächen. Abgeleitetes Geometrieelement: W enn ein ab geleitetes Geometrieelement toleriert wird, steht der Toleranzpfeil unmittelbar auf dem Maßpfeil (d.h. in der Verlängerung des Maßpfeils). Er kann auch mit dem Maßpfeil zusammenfallen (Abbildung 5.3 b). Abgeleitete Geometrieelemente sind Achsen, Symmetrieebenen o.Ä.

26

Abb. 5.3:

5 Zeichnungseintragung

Die Stellung des Hinweispfeils erzeugt unterschiedliche Bedeutung

Die Norm lässt zwar z u, den Hinweispfeil direkt a uf eine Achse oder Mittellinie z u setzen, dies sollte aber a us Gründen der Einde utigkeit vermieden werden (siehe Abbild ung 5.4). Diese Darstellung ist im Neuentwurf zu ISO 1101 E von 1995 auch nicht mehr zulässig.

Abb. 5.4:

Angabe mit unklarem Bezug unter den Geometrieelementen

Im vorstehenden Beispiel führt die Einschränkung der Koaxialitätsabweichung jedoch zu keiner Funktionsverbesserung, da der eindeutige Bezug fehlt. Mit der Stellung des Toleranzpfeils ist also regelmäßig eine Funktionsanforderung verbunden, welches an den folgenden Beispielen noch deutlicher werden wird.

Abb. 5.5:

Gestalt der Toleranzzonen und Angabe des Toleranzmaßes

5.3 Beschreibung der Toleranzzone

27

Form der T oleranzzone: Wie a us Abbild ung 5.5 z u sehen ist, bede utet die An gabe des Toleranzmaßes mit ∅ eine kreiszylindrische Toleranzzone. Die Angabe der Toleranz ohne ∅ ergibt eine ebenflächi g be grenzte T oleranzzone. Fallweise erstreckt sich die T oleranzzone über die ganze Länge bzw. Breite eines Körpers. Lage der Toleranzzone: Die Toleranzzone liegt immer rechtwinkli g zum Toleranzpfeil und ist auch so nachzuweisen. Zeichnungsvereinfachung: Sollen für ein Geometrieelement mehrere T oleranzangaben gelten, zeichnet man den Toleranzrahmen im Block und verbindet Block und Element mit einem gemeinsamen Toleranzpfeil. Die Eintragung soll von oben nach unten erfolgen. Soll die gleiche Toleranzangabe für mehrere Geometrieelemente gelten, so können von einem Toleranzrahmen a us mehrere T oleranzpfeile a usgehen oder die Bez ugslinien können verzweigt werden. Man kann auch die Toleranzpfeile mit einem Querstrich abbrechen und durch einen Großbuchstaben kennzeichnen, wie in Abbildung 5.6 dargestellt.

Abb. 5.6:

Möglichkeiten der Zuweisung einer Toleranz

Im Fall a) werden an die Fläche unabhängige Forderungen bezüglich der Ebenheit der Fläche in sich und der Parallelität zu der gegenüberliegenden Bezugsfläche A gestellt. Hiermit wird also die ganze Körperausdehnung erfasst. Im Fall b) wird durch die beiden Hinweispfeile eine Ebenheitsforderung an zwei getrennt zu bearbeitenden Flächen gestellt. Gleiches gilt für Fall c), wobei jetzt zur Vereinfachung eine indirekte Zuordnung über Buchstaben gewählt worden ist. Wenn Buchstaben für die Z uordnung oder den Bez ug herangezogen werden, kann es mö glicherweise einen Konflikt zu Schnitten geben. Zweckmäßig ist es dann, für Schnitte eine abgesetzte Buchstabenfolge, z.B. X, Y, Z zu wählen.

28

5.3.2

5 Zeichnungseintragung

Gemeinsame Toleranzzone

Es besteht a uch die Mö glichkeit, mehreren einzelnen Geometrieelementen eine gemeinsame Toleranzzone z uzuweisen. Dann m uss über dem T oleranzrahmen GTZ oder Gemeinsame Toleranzzone stehen. Der Neuentwurf zu ISO 1101 sieht hingegen vor: CZ = engl: Common Zone im Toleranzrahmen zu vermerken. Dies ist eine harte Forderung, die aber üblicherweise bei in einer Aufspannung zu bearbeitenden Flächen sinnvoll ist. Beispiel: Angabe von Toleranzzonen Der in Abbild ung 5.7 gezeigte A uspuffkrümmer soll an die Dichtfläche eines Motors geschraubt werden. Um die Dichtheit zu gewährleisten, müssen die Oberflächen der Flansche möglichst eine gemeinsame glatte Ebene bilden. Diese Forderung kann mit der Gemeinsamen Toleranzzone (GTZ bzw. CZ) erzwungen werden.

Abb. 5.7:

Zeichnungseintragung von Toleranzzonen an einem Auspuffkrümmer

5.3 Beschreibung der Toleranzzone

29

In der Praxis sind die Eintragungen oft nicht eindeutig, wodurch Folgeprobleme in der Funktion oder im Zusammenbau entstehen können.

5.3.3

Ausdehnung der Toleranzzone

Eine Toleranzzone gilt immer nur für ein Geometrieelement und erstreckt sich über die ganze Ausdehnung des Geometrieelementes. Die Ausdehnung kann aber durch zusätzliche Angaben eingeschränkt werden. Diese maßliche Einschränkung ist dann im Toleranzrahmen zu vereinbaren und gegebenenfalls am Geometrieelement zu vermerken.

Abb. 5.8:

Einschränkung der Ausdehnung der Toleranzzone

In Abbildung 5.8 ist die Möglichkeit der Einschränkung der Toleranzzone gezeigt: a) Die Geradheitsabweichung des S tabes darf a uf einer Län ge von 100mm n ur um 0,1mm abweichen, dies gilt an beliebigen Stellen des Stabes. b) Wie a), z usätzlich beträgt jedoch die z ulässige Gesamtgeradheitstoleranz über die ganze Länge des Stabes 0,3mm. Die An gaben in a) und b) sind n ur sinnvoll, wenn bestimmte F unktionsabschnitte benöti gt werden und die Länge des bemaßten Elementes wesentlich län ger ist als der separat z u tolerierende Bereich. c) Die Ebenheitstoleranz gilt nur im bemaßten F unktionsbereich, aber über die ganze Tiefe des W erkstückes. In der Zeichn ungsebene ist dies d urch eine a ußen lie gende strichpunktierte Linie zu kennzeichnen.

30

5.3.4

5 Zeichnungseintragung

Projizierte und flexible Toleranzzone

Die Toleranzzone kann a uch nach a ußerhalb des Werkstücks verschoben werden. Dies kann durch eine Paarung mit anderen T eilen nöti g werden. Gleichfalls sind a uch veränderliche Toleranzzonen möglich, wenn das Teil selbst sehr elastisch ist. Beispiel: Angabe projizierte Toleranzzone In eine Bohrung wird ein Mitnehmerbolzen eingefügt, der in ein anderes Teil greifen soll. Die Lage der Achse der Bohr ung ist deshalb für die F unktion des Werkstückes nicht so wichti g, wesentlich ist die Position, an der sich später der Bolzen befindet. Deshalb m uss in diesem Fall die Position des Bolzens toleriert werden.

Abb. 5.9:

Projizierte Toleranzzone bei einem Zentrierstift nach DIN ISO 10578

5.3 Beschreibung der Toleranzzone

31

Die Projizierung der Toleranzzone wird durch das mit dem Kreis markierte P gekennzeichnet und zwar hinter dem Toleranzwert im Toleranzrahmen und vor dem Maß, das die Projizierung festlegt. Projizierte Toleranzen werden n ur bei Ortstoleranzen und n ur bei ab geleiteten Geometrieelementen (insbesondere Achsen) angewendet. (Zu Positionstolerierung siehe Kapitel 7.6.2) Die Angabe der Toleranzzone über P ist a uch messtechnisch sinnvoll, da sich die Schiefstellung über einen spielfrei sitzenden Lehrdorn gut prüfen lässt. In der Technik können auch Bauteile zum Einsatz kommen, die bew usst elastisch ausgeführt worden sind. Hierz u zählt der klassische Fall des ovalen Wälzlagerrings für ein typisches nicht-formstabiles Teil. Darüber hina us können dies a uch dünnwandige Metallteile oder elastische Teile aus Gummi bzw. Kunststoff sein. Nachdem in der ASME-Normung diese non-rigid parts (NR) definiert wurden, hat man auch die internationale Norm entsprechend erweitert und die Z usatzangabe free state durch das Symbol F eingeführt. Laut Norm ist ein nicht-formstabiles Teil in der Zeichnung bzw. in der Nähe des Schriftfeldes durch den Hinweis ISO 10579 – NR zu kennzeichnen. Weiterhin müssen a uch in der Zeichn ung die Einspannbedin gungen (siehe Abbildung 5.10) eindeutig beschrieben sein. Eine nicht vorhandene Formstabilität für ein T eil schließt nach der Norm ein, dass sich ein Teil im freien Zustand bis zu einem Ausmaß ve rformen kann, sodass es außer halb der in der Zeichnung eingetragenen Maßtoleranzen und/oder Form- und Lagetoleranzen liegt. Die obere Grenze für eine derarti ge Toleranz wird d urch ein F gekennzeichnet, wobei als zulässige Kraftwirkung nur der Schwerkrafteinfl uss auftreten darf. Alle nicht mit einem F gekennzeichneten T oleranzen sind unter F unktionsbedingungen (d.h. im ein gebauten Zustand) zu prüfen. Beispiele: Flexible Toleranzen bei Gummi- oder Kunststoffbauteilen In der ISO-Norm werden die folgenden Beispiele in Abbildung 5.10 zur Behandlung flexibler Toleranzen gegeben. Die in der Re gel größeren F+L-T oleranzen, die im freien Z ustand zugelassen sind, erhalten das Symbol F . Ansonsten sind die ein getragenen Toleranzen im eingebauten bzw. eingespannten Zustand einzuhalten. Insbesondere wird im zweiten Beispiel die Kennzeichnung transparent: • Im eingespannten Zustand werden relativ en ge F+L-Toleranzen gefordert, da es sich um eine rotierende Spindeltrommel handelt, die verschra ubt eine gewisse Ei gensteifigkeit aufweist. Die S tahlteile werden z udem mechanisch bearbeitet, infol ge dessen sind die kleineren Toleranzen nicht unrealistisch. • Im ustand Z vor dem Einbau werden hingegen für eine Abnahmeprüfung größere Toleranzen zugelassen; diese resultieren aus dem Werkstoffverhalten und der Auslegung der Elastomerelemente. Erfahr ungsgemäß kann die F unktion des Ba uteils gewährleistet werden, wenn diese Toleranzen maximal eingehalten werden.

32 •

5 Zeichnungseintragung Die Prüfung der T oleranzen ist entweder unter Schwerkrafteinfl uss oder gemäß der anzugebenden Einspannbedingung vorzunehmen. Dies bedin gt, dass die Einspannbedingungen immer auf der Zeichnung zu spezifizieren sind.

Zeichnungseintragung

Erklärung Die zusätzlich mit F gekennzeichnete Form- und Lagetoleranz ist im freien Zustand einzuhalten. Die Lauftoleranz gilt nach den in der Anmerkung angegebenen Bedingungen.

ISO 10579-NR Einspannbedingung: Die Bezugsfläche A ist mit 12 Schrauben M 6x15 befestigt und mit einem Drehmoment von 10 bis 15 Nm fest anzuschrauben. Das Bezugselement B ist an der entsprechenden MaximumMaterial-Grenze einzuspannen. Die zusätzlich mit F gekennzeichneten Form- und Lagetoleranzen sind im freiem Zustand einzuhalten. Die anderen Formund Lagetoleranzen gelten unter den in der Anmerkung angegebenen Bedingungen.

ISO 10579-NR Einspannbedingung: Die Bezugsfläche A ist mit 20 Schrauben M 10x20 befestigt und mit einem Drehmoment von 19 bis 20Nm fest anzuziehen. Das Bezugselement B ist an der entsprechenden Maximum-MaterialGrenze aufzunehmen. Abb. 5.10:

Kennzeichnung flexibler Toleranzzonen nach DIN ISO 10579

5.4 Zeichnungseintragung von Bezügen

5.4

33

Zeichnungseintragung von Bezügen

Das Bezugselement wird durch ein Bezugsdreieck markiert. Das Bezugsdreieck kann sowohl ausgefüllt als a uch nur als Umriss (siehe Abbild ung 5.11 e) a usgeführt werden. A uf diesem Bezugsdreieck steht ein Bez ugsbuchstabe im q uadratischen Rahmen. Die für Geometrieelemente geltenden Regeln können sinngemäß auch auf Bezugselemente übertragen werden. Hierzu gehört insbesondere die Ein grenzung von Ferti gungsabweichungen d urch Geometrietoleranzen.

Abb. 5.11:

Kennzeichnung eines Bezugselementes nach ISO 5459 (bei e) als sichtbare oder unsichtbare Stirnfläche)

Für Bezüge gilt ebenso wie für Geometrieelemente (siehe Abbildung 5.3 auf S. 19): • •

Steht das Bezugsdreieck auf dem Maßpfeil, so ist das Bezugselement ein abgeleitetes, d.h. eine Achse oder Mittelebene ist Bezug. Bei realen Bez ugselementen steht das Bez ugsdreieck mindestens 4mm vom Maßpfeil entfernt.

Es ist zwar zulässig, das Bezugsdreieck direkt auf eine Achse oder Mittelebene zu setzen, dies ist aber im Neuentwurf der ISO 1101 nicht mehr vorgesehen und deshalb (auch aus Gründen der Interpretierbarkeit) zu vermeiden.

34

5 Zeichnungseintragung

Die Problematik des Bez uges ist a uch überlagert von der Referenzbild ung (siehe DIN E 7170 bzw. ISO 16570 für Referenzflächen und ISO 129 für Ursprungssymbole), welche für Stufen-1, Abstands- und Winkelmaße außerhalb der ISO 1101 einzuführen ist. Referenzen werden weiter benötigt, um von Kanten ausgehende Lochbilder zu vermaßen.

5.4.1

Mehrere Bezugselemente

Soll ein einzelner Bez ug aus mehreren gleichberechtigten Elementen (so genannter gemeinsamer Bezug) gebildet werden, so ist für jedes Element ein Bez ugsdreieck mit ei genem Buchstaben zu verwenden. Eine Eintragung GTZ, CZ o.Ä. wie bei den Toleranzen ist seitens der Normung nicht vereinbart.

Beispiel: Lauftolerierung eines Lagersitzes

Abb. 5.12:

1

Gemeinsame Bezugsbildung zur Lauftolerierung eines Nabensitzes (Aufnahme zwischen den Spitzen ist angedeutet.)

Anm.: Ein Stufenmaß ist definiert als Abstand zwischen einer Bezugsfläche und einem gegenüberliegenden Punkt auf einer Fläche.

5.4 Zeichnungseintragung von Bezügen

35

Wird der Bez ug z.B. a us den B uchstaben A und B gebildet, heißt er gemeinsamer Bezug A-B. Dies ist z.B. bei Nabensitzen notwendi g, die eine be stimmte A usrichtung zu den La gerstellen benötigen. Der in Abbild ung 5.12 verlan gte gemeinsame Bez ug kann ent weder d urch umschließende Aufnahmen mithilfe von Prüfprismen oder zwischen zwei koaxialen Spitzen dargestellt bzw. ausgeführt werden. Nach Norm sind beide Möglichkeiten zulässig. Die Angabe in Version b) ist zwar erlaubt, aber unbrauchbar, da man aus dieser Angabe nicht entnehmen kann, wo die Welle zur Messung des Rundlaufs gelagert werden soll. Es ist somit nicht klar erkennbar, wie der Bezug zu bilden ist. Die An gabe in Version a) gibt hin gegen einde utig an, dass für die W elle z ur Mess ung des Rundlaufs [ABE 90a] ein gemeinsamer Bez ug aus den La gersitzen z u bilden ist. Beim angegebenen einfachen Lauf ist je Messung nur eine Umdrehung der Welle erforderlich, welche recht gut über die Spitzen eingeleitet werden kann. Wird hingegen der Gesamtlauf gefordert, so m uss eine permanente Rotation ein geleitet werden, welche besser über die Lagerspritzen erfolgen kann.

5.4.2

Bezug aus mehreren Bezugsflächen

Wenn eine Bez ugsebene aus mehreren einzelnen Flächen zu bilden ist, gibt es verschiedene Möglichkeiten der Zeichnungseintragung, und zwar über: a) Einzelne Kennbuchstaben für jede Einzelfläche: Im T oleranzrahmen bede utet dies oft einen gemeinsamen Bezug. b) Kennbuchstabe auf einer Maßhilfslinie : Dies kann z u Unklarheiten führen und ist deshalb nur sinnvoll, wenn die Sit uation völlig eindeutig ist. Das Bez ugsdreieck muss z.B. wie in Abbildung 5.13 zwischen den beiden Bezugselementen stehen. Klarheit schafft die Angabe der Anzahl der Bezugsflächen. c) Bemaßte Einzelflächen mit dicker S trichpunktlinie und Einzelb uchstaben: Dies entspricht dem Vorgehen für ein geschränkte Toleranzzonen (siehe daz u auch Kapitel 5.3.3 ). Angewendet wird dies, wenn die Flächen durch Bearbeitung entstehen. d) Bezugsstellenangaben: Die An gabe von einzelnen Bez ugsstellen wird nachfol gend beschrieben; dies kommt vor allem bei Gussteilen vor. Eine Kurzübersicht über die vorstehenden Festlegungen gibt Abbildung 5.13.

Abb. 5.13:

Möglichkeiten zur Angabe von Bezugsflächen bei spanender Bearbeitung an Bauteilen

36

5 Zeichnungseintragung

Die Bezüge gelten immer über die ganze Ausdehnung (hier Tiefenausdehnung) eines Formelementes, insofern handelt es sich ei gentlich um Bez ugsflächen. Bei der Prüfung darf das Bezugselement nie mit dem tolerierten Element vertauscht werden.

5.4.3

Bezugsstellenangabe

Bei ur- oder umgeformten Bauteilen können die Bezüge teils beträchtlich von ihrer idealen Form abweichen, deshalb kann die Festle gung einer Gesamtfläche als Bez ug zu erheblichen Abweichungen und mangelnder Reproduzierbarkeit führen. Sinnvoll ist daher eine Be grenzung auf Bezugsstellen (siehe ISO 5459). Gewöhnlich ist dies bei Schmiede-, Guss- oder großen Blechumformteilen notwendig, die unbearbeitete Flächen haben. Leitregel 5.2: Bezugsstellenangabe / 3-2-1-Regel Bezugsstellen auf einer Bezugsfläche: Wenn die Bezugsflächen an einem Bauteil im Vergleich zu den sonstigen Geometrietoleranzen relativ große Formabweichungen aufweisen und diese nicht eingeengt werden sollen, so können Bezugsstellen (nach ISO 5459) angegeben werden. Somit müssen festgelegt werden: • am primären Bezugselement = 3 Bezugsstellen, • am sekundären Bezugselement = 2 Bezugsstellen, • am tertiären Bezugselement = 1 Bezugsstelle. Es gibt drei Arten von Bezugsstellen: a) flächige Bezugsstellen: Eingezeichnet mit einer schraffierten Fläche, die von einer Zweipunkt-Strichlinie umrandet ist. Beispiel: Auf der Stirnfläche eines volumenhaften Teils. b) linienförmige Bezugsstellen: Dar gestellt d urch eine schmale V olllinie zwischen zwei Kreuzen. Beispiel: An einer gewölbten Fläche. c) punktförmige Bezugsstellen: Gekennzeichnet als Kreuz. Beispiel: Punkt auf der Oberfläche einer Halbkugel. In Zeichn ungen werden Bez ugsquellen d urch einen kreisförmi gen Rahmen hervor gehoben, der eine waa gerechte Teilungslinie hat. Fest gelegt ist: In der unteren Hälfte hat der Bez ugsbuchstabe zu stehen und in der oberen Hälfte sind An gaben zur Größe der Bez ugsstelle zu machen. Falls der Platz für die Bez ugsstellenangabe nicht reicht, können a uch An gaben außerhalb des Feldes gemacht werden.

5.4 Zeichnungseintragung von Bezügen

Abb. 5.14:

5.4.4

37

Verschiedene Möglichkeiten für Bezugsstellenangaben (Anm.: Bei a) und b) ist das Ursprungssymbol bei der Bemaßung benutzt worden (s. ISO 129).)

Bezug über Formelementgruppen

Für den Anschluss von weiteren Bauteilen kann es notwendig sein, dass eine bestimmte Ausrichtung an einem Ba uteil hergestellt werden m uss. Dies kann a ußer über Kanten a uch über die Achse eines Formelements bzw . die Achsen a usgewählter Formelemente erfol gen. Beispielsweise ist in folgender Abbildung 5.15 ein Schließblech eines Schlosses gezeigt. Als notwendiger weiterer Bez ug wird hier eine Loch gruppe a usgewählt, die wieder um Bez ug für eine andere Lochgruppe ist.

Abb. 5.15:

3-D-Bezug an einem Bauteil unter Einbezug einer Formelementgruppe

38

5 Zeichnungseintragung

Mit den drei rechtwinkligen Bezügen und dem Ausrichtbezug ist dann eine eindeutige räumliche Positionierung für die f unktionelle Wirkung der Verriegelung des Ba uteils gegeben. Die Funktionsprüfung ist mit einer einfachen festen Lehre möglich.

5.4.5

Zylindrische Bezugselemente

In der Praxis müssen Bezü ge oft über zylindr ische Geometrieelemente gebildet werden. Die ISO 5459 sa gt über diesen wichti gen Fall nichts a us, demgegenüber geht die amerikanische ASME Y14.5M auf diesen Sonderfall ausführlich ein. Da diese Interpretation sehr praktikabel ist, soll sie hier auch übernommen werden. Bei zylindrischen Geometrieelementen sollte die Bez ugsbildung über die Mittelebenen erfolgen und nicht über die Mittellinien (welches in der Praxis oft gemacht wird). Die Mittelebenen sind zwei theoretische Ebenen, die sich auf der Bezugsachse rechtwinklig schneiden. Der Bez ug einer Zylinderfläche ist somit die Achse des geometrisch genauen Ge genstücks des Bezugselementes und wird über die Achse eines Zylinders in der Ferti gungsvorrichtung simuliert. Diese Achse ist auch Fixpunkt für die Messungen. Ein Beispiel hierfür gibt Abbildung 5.16. Es handelt sich um eine Mitnehmerscheibe für eine Kupplung, die später exakt z u einer anderen Mitnehmerscheibe a usgerichtet werden m uss. Maßgebend dafür ist die Rechtwinkli gkeit der vier Bohr ungen z u den S tirnflächen bzw. z ur Mittelachse. Falls diese Ausrichtung nicht gegeben ist, entstehen im Lauf unnötige Geräusche.

Abb. 5.16:

Bauteil mit zylindrischem Bezugselement

5.4 Zeichnungseintragung von Bezügen

39

Der gewählte primäre Bez ug A sor gt für eine ebene A uflage auf einer Messfläche, während das sekundäre Bezugselement B zylindrisch ist und daher mit zwei theoretischen Ebenen verbunden ist, womit eine Drei-Ebenen-Beziehung (siehe Abbildung 5.17) aufgebaut wird. Messtechnisch lässt sich dies über eine Koordinatenmessmaschine recht einfach abbilden.

Abb. 5.17:

Bezugsebenen am Bauteil nach [ASM 98]

In der Zeichn ung repräsentieren die senkrecht a ufeinander stehenden Mittellinien diese Bezugsebenen. Der Schnitt dieser Ebenen fällt mit der Bez ugsachse z usammen. Die Bezugsachse ist der Ursprung für alle bezogenen Maße, während die Bezugsebenen die Messrichtung festlegen.

Abb. 5.18:

Bauteil mit Ausrichtung der Bezüge

40

5 Zeichnungseintragung

Im vorliegenden Fall sind die zwei Ebenen des Bezugssystems in Umfangsrichtung nicht festgelegt, da die La ge der Loch gruppe um die Bez ugsachse keinen Einfl uss a uf die F unktionalität hat. Insofern reichen die angegebenen Bezüge aus. Falls für die Funktion des Werkstücks eine bestimmte Ausrichtung erforderlich ist, muss noch ein tertiärer Bezug festgelegt werden. Ein Beispiel hierfür gibt Abbildung 5.18. Durch die Einführung eines Bezuges durch C liegt jetzt das räumliche Bezugssystem eindeutig über die Nutmitte fest. Die Bezüge A und B sind wie vorher zu interpretieren.

5.4.6

Lageelemente von Bezügen

Bisher ist in der ISO 1 101 auch die Kennzeichnung von Bezügen enthalten. Mit der Ne ufassung der ISO 5459 wird der Gesamtkomplex Bezü ge ne u geordnet und z usammengefasst. Wegen neuer Messmöglichkeiten liegt der Schwerpunkt auf der Präzisierung der Angaben.

Abb. 5.19:

Vereinbarung von Lageelementen bei Bezügen

Neu ist insbesondere die Charakterisierung von Oberflächen durch Lageelemente. Diese sind theoretisch exakte Geometrieelemente, ( Punkt, Gerade/Achse, Ebene etc.) von denen die Richtung und/oder der Ort fest gelegt werden können. Mit einer Bez ugsangabe wird somit auch das oder die La geelemente der Bez ugsfläche fest gelegt. Beispielsweise ist eine ebene Oberfläche durch das Lageelement Ebene oder eine zylindrische Oberfläche durch das Lageelement Gerade bestimmt. Darüber hina us gibt es Geometrien, die d urch mehrere La geelemente (Punkt, Gerade, Ebene) charakterisiert sind. Bei einem Kegel besteht der Bezug aus zwei Lageelementen (Gerade/Achse und Scheitelpunkt). Werden beide Lageelemente für den Bezug benöti gt, so erfol gt die Bez ugsangabe in bekannter W eise. W ird hin gegen n ur ein Lageelement benötigt, so sind ergänzende Angaben wie in obi ger Abbildung 5.19 zu vereinbaren.

6

Bildung von Bezügen

6.1

Grundlagen

Zu jeder La getoleranz gehören mindestens zwei Geometrieelemente: das tolerierte Element und das Bezugselement. Eine Lageeingrenzung hat daher relativ zu einem Bezug zu erfolgen. Bezüge müssen unter funktionalen Gesichtspunkten [DIE 01] gebildet werden. Die Grundlage zur Bildung von Bezügen ist die DIN ISO 5459 1. Als Beispiel dient hier ein Bauteil, bei dem die Parallelität der Deckflächen funktionswichtig ist. Parallelität muss stets zu einem anderen Geometrieelement erfüllt werden, z.B. einer gegenüberliegenden Fläche.

Abb. 6.1:

Bezugsangabe und Bezugsbildung

In Abbild ung 6.1 ist dies eine ideale gerade Linie, die hier d urch ein hinreichend genaues Lineal (Hilfsbezug) verkörpert wird. Zur Bildung von Bezügen ist die Minimum-Bedingung zu benutzen, die hier fordert, dass der größte Abstand zwischen dem Bezugselement und dem Hilfsbezugselement den kleinstmöglichen W ert einnimmt. Sollte das Bez ugselement nicht a ufliegen, so m uss das Ba uteil mit geeigneten Auflagern unterlegt werden.

1

Anm.: Mit der Bewährung der DIN ISO 5459 ist die Erkenntnis gewachsen, dass bei so genannten Stufenmaßen eigentlich auch Bezüge gebildet werden müssen, um formgenaue Bauteile zu erhalten. In der DIN 7170 ist daher erstmals eine Bezugsbildung (Ursprungssymbol nach ISO 129) für Maße eingeführt worden.

42

6 Bildung von Bezügen Leitregel 6.1: Bezug und Bezugselement Bezugselement: Das Bez ugselement wird gekennzeichnet durch das Bez ugsdreieck. Es ist ein reales Formelement, d.h., es hat a uch Formabweichungen, die aus der Bearbeitung resultieren und die gegebenenfalls eingeschränkt werden müssen. Bezug: Ist stets ein theoretisch genaues, geometrisches Element (meist Achse, Linie oder Ebene), auf das ein anderes toleriertes Element bezogen wird. Bezüge ergeben sich regelmäßig aus der Funktion des Bauteils und den Fertigungsmöglichkeiten. Es werden in der Praxis nur ganz wenige Fälle vorkommen, wo ohne Bezü ge gearbeitet werden kann. Die Anforder ungen an den Bezug definieren sich meist über die Fertigungsgenauigkeit.

6.2

Bezugselemente

6.2.1

Gerade Bezugskante

Bei der Bez ugsbildung ist die Krümm ung von Kanten bzw . Flächen die hä ufigste Formabweichung. Es treten zwei Arten der Krümmung auf: • •

konkav: Ist das Bez ugselement konkav verformt, dann er gibt das an den Ecken berührende Hilfsbezugselement direkt Richtung und Ort des Bezugs an. konvex: Ist das Bez ugselement konvex, dann er gibt sich die Bez ugsrichtung durch Abstützung des Bez ugselements. Die Abstütz ung muss so erfol gen, das die beiden Abstände h zum Hilfsbezugselement gleich groß werden. Messtechnisch ist hier wieder die Minim umbedingung (Minim um-Wackel-Bedingung1 für das W erkstück) z u realisieren.

An einer konvexen Krümm ung kann man prak tisch nur schlecht einen einwandfreien Bez ug bilden, da für eine waa gerechte A usrichtung des Ba uteils eine Abstütz ung notwendi g ist (Abbildung 6.2 b + c). Deshalb sollte man konvexe Bez ugskanten mö glichst vermeiden. Gemäß DIN ISO 1 101 kann man konvexe Form abweichungen dad urch a usschließen, dass man nicht konvex an den Toleranzrahmen schreibt.

1

Anm.: Mit der Neufassung der ISO 5459 wird die Minimum-Wackel-Bedingung durch das mathematische Konzept der konvexen Hüllen präzisiert.

6.2 Bezugselemente

Abb. 6.2:

43

Gerade Kante als Bezugselement - konvexe und konkave Formabweichung

Weiterhin ist noch hera uszustellen, dass die al s Bezug gekennzeichneten Geometrieelemente immer über Hilfsbezugselemente (Messplatte, Dorn, Hülse) ab gebildet werden. Dies ist notwendig, weil Bezugselemente selbst ja a uch nur real sind und Abweichungen [HEN 99] a ufweisen, die funktional oft eingeschränkt werden müssen, d.h., a uch für Bezüge können F+LToleranzen festgelegt werden.

6.2.2

Achsen und Mittelebenen als Bezüge

Als Bezug für eine Bohrung ist die Achse des kleinsten einbeschriebenen Zylinders zu nehmen, wobei die Bewe gungsmöglichkeit in beliebi ger Richt ung überall gleich groß sein m uss. Entsprechend ist bei einer Welle die Achse des kleinsten umschreibenden Zylinders zu nehmen.

Abb. 6.3:

Verkörperung der Bezugsachse über einen Dorn bzw. einen Ring

44

6 Bildung von Bezügen

Bezüge sind dann wie folgt zu bilden: • • • •

Achse einer Bohrung: Die Bezugsachse wird aus der Achse eines spiel- und zwangsfrei in der Bohr ung sitzenden (hinreichend idealen) Lehrdorns gebildet. Dies ist z.B. ein sich aufdehnender Dorn (bzw. bei M ein fester Dorn). Achse eines Wellenzapfens: Die Bez ugsachse ist die Achse eines spiel- und zwangsfrei sitzenden Lehrrings. Dies ist z.B. ein Messfutter oder ein fester Ring. Kegelflächen: Analo g zu Bohr ung und Zapfen ist der Prüfkegel ein anlie gendes Nachbarbauteil mit Nennkegelwinkel in hinreichend genauer Gestalt. Parallelebenen: Bei Innenflächen kann z.B. eine N ut das Bez ugselement sein bzw . bei Außenflächen kann dies auch ein Keil sein.

Der Bezug wird also mittels eines messtechnischen Ideals (Lineal, Messtisch) gebildet.

6.2.3

Gemeinsame Bezugsachse aus zwei Elementen

Dies sind zwei Lagersitze in einem Gehäuse oder auf einer Welle, wie beispielsweise: • •

zwei Bohrungen: Hier er gibt sich die Bez ugsachse a us zwei koaxialen, spielzwangsfrei sitzenden Dornflächen (z.B. Dehnelemente). zwei W ellenzapfen: Hier er gibt sich die Bez ugsachse a us zwei koaxialen, spielzwangsfrei sitzenden Hüllflächen. Dies ist fertigungstechnisch kaum zu realisieren.

und und

Die Notwendigkeit eines gemeinsamen Bezugs besteht immer dann, wenn man den Rundlauf oder den so genannten Schlag begrenzen will.

6.3

Bildung von Bezugssystemen

In der Automobilindustrie werden zur Qualitätssicherung ausschließlich 3-D-Messmaschinen eingesetzt. Messtisch und Messarm bilden zusammen mit Anschlägen ein räumliches Bezugssystem. Um ein starres nicht flächi ges Werkstück im Ra um1 zu fixieren, benöti gt man sechs Punkte (3-2-1-Regel/Bezugsstellen). Die ersten drei spannen die Primärebene auf. Die nächsten zwei Punkte bilden die Sekundärebene, die senkrecht auf der Primärebene steht. Durch den letzten Punkt wird die Tertiärebene aufgespannt, die zu den beiden anderen Ebenen (siehe Abbildung 6.4) senkrecht steht. Ein Werkstück ist somit über sechs Punkte bzw. Bezugsquellen eindeutig ausgerichtet.

1

Anm.: Die ASME-Norm verlangt für alle Bauteile die 3-2-1-Regel, während ISO 5459 für Richtungstoleranzen nur ein oder zwei Bezüge bzw. für Lagetoleranzen drei senkrechte Ausrichtungsebenen fordert.

6.3 Bildung von Bezugssystemen

Abb. 6.4:

45

Das nach der 3-2-1-Regel aufgespannte senkrechte Bezugssystem

Die einzelnen Bezugsstellen sollen so weit wie mö glich voneinander entfernt liegen, um beispielsweise große Karosserieteile auszurichten. Leitregel 6.2: Eintragung von Bezügen und Bezugssystemen Eintragung von gemeinsamen Bezügen A und B mit gleicher Rangordnung: A-B Eintragung eines rechtwinkligen Bezugsystems aus den Bezü gen A, B und C mit unterschiedlicher Rangordnung: A

B

C

oder

A-B

C

D

Eintragung von gleichrangigen Bezügen A und B, die in einer Ebene liegen: AB In Abbildung 6.5 und 6.6 ist die Positionierung eines Blechteils prinziphaft dargestellt. Die unterschiedlichen Bezugsangaben führen auch zu unterschiedlichen Abweichungen, was von der F unktion her z ulässig sein m uss. Für den Nachweis der z ulässigen Abweich ungen muss sich die Qualitätssicherung an der Bezugsangabe und der Reihenfolge der Bezüge orientieren. Die wesentlichen Unterschiede in den An gaben sind der Interpretation von Abbild ung 6.5, u.zw. a) zu b) und c) zu entnehmen. Handelt es sich insebesondere um ein dünnes Blechteil, so ist die Angabe in Abbildung 6.6 zu empfehlen.

46

Abb. 6.5:

6 Bildung von Bezügen

Festlegung der Position einer Bohrung durch Bezüge a) mit zwei unabhängigen Bezügen b) und c) mit einem rechtwinkligen Bezugssystem in der Ebene (grau eingefärbte Flächen heben den Toleranzzylinder hervor)

6.3 Bildung von Bezugssystemen

Abb. 6.6:

Positionstolerierung und Ausrichtung eines dünnen Blechteils in einem vollständigen räumlichen Bezugssystem (drei senkrecht aufeinander stehende Ebenen)

47

7

Form- und Lagetoleranzen

7.1

Bedeutung

Um Vorhersagen über die F unktions- und Monta gefähigkeit einer Ba ugruppe anstellen z u können, bedarf es der Kenntnis der Maß-, Form- und Lagetoleranzen. Nachfolgend werden die möglichen Toleranzzonen der Form- und Lageabweichungen sowie deren Bede utung an tolerierten Geometrieelementen nach DIN ISO 1 101 an eini gen Beispielen erlä utert. Über Kapitel 8 (Allgemeintoleranzen, u.a. für F+L-Toleranzen) besteht auch ein Zusammenhang zu einer möglichen Größenordnung.

7.2

Angabe der Toleranzzonen von Form- und Lagetoleranzen nach ISO 1101

Mit der Angabe der Form- und Lagetoleranz wird gleichzeitig eine Toleranzzone vorgegeben, innerhalb derer jeder Punkt des tolerierten Elementes lie gen muss. Tolerierte Elemente sind Flächen, Achsen, Punkte oder Mittelebenen. Die wichtigsten Toleranzzonen sind: • die Fläche zwischen zwei parallelen Geraden, • der aum R zwischen zwei parallelen Ebenen, • der aum R innerhalb eines Zylinders, • der aum R innerhalb eines Quaders, • die Fläche zwischen zwei konzentrischen Kreisen und • der aum R zwischen zwei koaxialen Zylindern. Eine a usführliche Beschreib ung der Geometrietoleranzzonen ist schon in Kapitel 4.1.3 gegeben worden.

7.3

Übersicht

Tabelle 7.1 gibt einen Überblick über die genormten T oleranzarten. Z u einer sinnvollen Angabe der Form- und Lagetoleranzen muss die werkstattübliche Gena uigkeit bekannt sein.

50

7 Form- und Lagetoleranzen

Die werkstattübliche Genauigkeit von Form und Lage ist abhängig von der Ungenauigkeit der Fertigungseinrichtungen und von den Ungenauigkeiten des Ausrichters beim Umspannen des Werkstückes. Sie entspricht im Maschinenba u erfahrungsgemäß ISO 2768-H bzw., wenn die Allgemeintoleranzen für Maße eingeschlossen sind, ISO 2768-mH (siehe Kapitel 8.2).

Art Gruppe

Profiltoleranzen

Formtoleranzen

flach

rund

Profiltoleranzen

Lagetoleranzen

Richtungstoleranzen

Ortstoleranzen

Lauftoleranzen

Symbol Bezeichnung

Tole- Abwei- Toleranzzone/ ranz chung Bezug

Tolerierte Geometrieelemente

Geradheit

tG

fG

geradlinig

Ebenheit

tE

fE

zwischen zwei Ebenen

Rundheit

tK

fK

nur reale

Zylindrizität

tZ

fZ

zwischen zwei Kreisen zwischen zwei Zylindern

Profil einer beliebigen Linie Profil einer beliebigen Fläche

t LP

f LP

mittig (+/–) zum idealen Profil

meist reale

t FP

f FP

Parallelität

tP

fP

Rechtwinkligkeit

tR

fR

Neigung

tN

fN

Position

t PS

f PS

Koaxialität/ Konzentrizität Symmetrie

t KO f KO tS

fS

Lauf Rund-, Plan-, allgem. Lauf Gesamtlauf Rund-, Planlauf

tL

fL

alle, d.h. sowohl reale als auch abgeleitete

Nur Richtung alle festgelegt. Flachform implizit enthalten. (geradlinig) symmetrisch (+/–) alle zum idealen Ort. Richtung u. nur Achsen Flachform implizit enthalten. meist abge(geradlinig) leitete: Symmetrieebenen, Achsen immer Rotations- nur reale achse als Bezug

t LG f LP

Tabelle 7.1: Übersicht über die 14 Toleranzarten zur Geometriebeschreibung nach ISO 1101 beziehungsweise identisch zu ASME Y 14.5M-1994

7.4 Formtoleranzen

51

In den folgenden Abschnitten werden die einzelnen Toleranzarten erläutert und es werden die häufigsten Anwend ungsfälle an gegeben. W eiter werden Leitre geln a ufgestellt, welche die Anwendung der Tolerierungsfälle beschreiben und einige Prüfverfahren angesprochen. Da die vollständige Angabe aller Prüfvarianten den Rahmen sprengen würde, wird zur Vertiefung dieses Themenbereiches auf die Literatur zur Fertigungsmesstechnik (z.B. [ABE 90] und [PFE 01]) verwiesen.

7.4

Formtoleranzen

Formtoleranzen beziehen sich n ur auf ein einzelnes Geometrieelement und benötigen daher keinen Bezug. Über Formtoleranzen werden nur einfache Geometrieelemente toleriert, die aus Geraden, Ebenen, Kreiszylindern und gegebenenfalls Kreisq uerschnitten bestehen. Formtoleranzen charakterisieren im All gemeinen n ur Abweich ungen von nicht rotierenden Ba uteilen. Für rotierende Teile müssen Lauftoleranzen herangezogen werden. Eine Formabweichung ist als der Abstand zwischen zwei parallelen idealen Linien oder Flächen definiert, die das Geometrieelement soeben einschließen und so a usgerichtet sind, dass ihr Abstand ein Minim um wird (mathematisch definiert als Tschebyschew-Kriterium siehe auch Kapitel 4.1.2).

7.4.1

Geradheit

Die wichtigsten Anwendungen der Geradheitstoleranz sind die Tolerierungen von realen Kanten, Linien und Achsen als ab geleitete Elemente. Die Geradheitstoleranz soll dafür sor gen, dass eine Linie oder Kante hinreichend gerade ist.

tG

Die tolerierte Gerade (Kante, Achse, Mittellinie, Linie einer Fläche) m uss zwischen zwei parallelen geraden Linien oder zwei parallelen Ebenen mit dem Abstand tG bzw. innerhalb eines Zylinders vom Durchmesser ∅ tG liegen.

Zeichnungseintrag und Toleranzzone Die in die Ebene projizierte Toleranzzone wird durch zwei parallele gerade Linien mit einem Abstand zueinander begrenzt.

Das Beispiel in Abbild ung 7.1 zei gt eine Mantellinie mit einer Geradheitsforder ung. Der Abstand zwischen beiden Geraden darf maximal 0,1mm betra gen und von der Mantellinie voll ausgenutzt werden. Wenn die Geradheit einer Profillinie gefordert wird, so ist diese am Umfan g mehrfach nachzuweisen, d.h. für eine festz ulegende Anzahl von entsprechenden Kanten (bzw . auch Schnitten bei k ubischen Körpern). Der Normenkommentar z u Prüfverfahren [ABE 90b] verlan gt mindestens zwei Messungen am Umfang, versetzt um 90°.

52

7 Form- und Lagetoleranzen

Beispiel: Geradheit einer Kante

Abb. 7.1:

Eintragung und Interpretation der Geradheitstoleranz einer Kante

Beispiel: Geradheit einer Achse

Abb. 7.2:

Eintragung und Interpretation der Geradheitstoleranz einer Achse

Im Beispiel m uss die La ge der Ist-Achse des Ba uteils (siehe Abbild ung 7.2) innerhalb eines Zylinders mit dem D urchmesser t G = 0,1mm lie gen und darf darin eine beliebi ge Form a ufweisen. Der Nachweis erfol gt über die Mess ung der Mantellinien an mindestens drei Positionen.

7.4 Formtoleranzen

53

Regeln für die Anwendung Leitregel 7.1: Geradheitstoleranz Form: Die Geradheitstoleranz lässt sich sowohl a uf reale Geometrieelemente wie Kanten oder Mantellinien als auch auf abgeleitete Geometrieelemente wie Achsen oder Mittellinien anwenden. W erden reale Geometrieelemente toleriert, so befindet sich die T oleranzzone in der Re gel zwischen zwei Geraden vom Abstand t G. Die Geradheitsforder ung ist aber schwächer als die Ebenheitsforderung. Achsen: W ird die Achse eines Kreiszylinders oder eines Rotationskörpers toleriert, so ist die Toleranzzone in der Regel zylinderförmig. Mantellinien und Achsen: Die Achse eines Kreiszylinders kann nie krummer werden als die krummste Mantellinie. Prüfverfahren Tolerierte Geometrieelemente müssen auf Übereinstimmung mit den Vorgaben geprüft werden. 1. Einfaches Prüfen durch Vergleichen mit einem Geradheitsnormal: Das Geradheitslineal (DIN 874) wird so a uf den Prüfgegenstand gelegt, dass der Abstand zwischen dem Geradheitsnormal und der z u prüfenden Profillinie so klein wie mö glich ist. Dieser Abstand ist dann die Geradheitsabweichung der Profillinie. Man kann den Abstand d urch die Breite eines Lichtspaltes nur abschätzen ; der kleinste gut sichtbare Lichtspalt entspricht einer Abweichung von ca. 2µm. 2. Exaktes Prüfen mit Messuhr: Das Bauteil wird mit einer Profillinie parallel zur Prüfplatte ausgerichtet (dies ist eine Forder ung des Abbe’schen Messprinzips ). Dann wird die erforderliche Anzahl von Messwerten (6 bis 10) entlan g dieser Profillinie mit einer Mess uhr aufgenommen. Die Geradheitsabweichung fG ist die Differenz zwischen dem größten und kleinsten Messwert auf der Messlinie: fG = ymax – ymin ≤ tG. 3. Digitale Oberflächenmessung . He ute bieten moderne Koordinatenmessmaschinen die Möglichkeit, beliebige Oberflächen di gital abzutasten. Für dieses Abtastverfahren ist im GPS-Konzept die Norm ISO 12780 geschaffen worden. 4. Abbe’scher Messgrundsatz. Nach dem Abbe’schen Prinzip soll die zu messende Strecke am Prüfstand und die V ergleichsstrecke am Messa ufbau fl uchtend an geordnet sein. Bei Versatz oder Kipp ungen in Messbewe gungen entstehen Fehler, deren Größenordn ung oft nicht vernachlässigt werden darf.

54

7 Form- und Lagetoleranzen

Beispiel: Exaktes Prüfen

Abb. 7.3:

Geradheitstoleranz: Prüfen mit Messuhr

Gemäß Normenkommentar: Die Prüfung ist an der geforderten Anzahl von Profillinien durchzuführen, mindestens jedoch zweimal am Umfan g, versetzt um 90°. Die La ge und Anzahl der Messlinien muss also vereinbart werden. Die gestrichelte Linie über der Mess uhr hebt hervor , dass über die Messstrecke n ur Einzelwerte aufgenommen werden zu brauchen. Es wird keine kontinuierliche Messung verlangt. Bei der Überprüf ung der Geradheit von Mantellinien von Zylindern, Ke geln, usw. ist dieses Verfahren an mehreren Profillinien am Umfan g zu wiederholen. Die ermittelte Geradheitsabweichung fG ist mit der Toleranz tG zu vergleichen. Die Messung von abgeleiteten Merkmalen (Geradheit einer Mittellinie) muss über reale Geometrieelemente erfolgen, da diese gewöhnlich nicht direkt gemessen werden können.

7.4.2

Ebenheit

Der Normalfall der Ebenheitstolerierung ist die Ebenheit einer realen Fläche in sich. Sie kann aber auch auf abgeleitete Ebenen (z. B. Mittelebenen) angewendet werden.

tE

Alle Punkte einer Fläche (reale oder Mittelebene) müssen zwischen zwei parallelen Ebenen mit dem Abstand tE liegen.

Die Toleranz ist ein gehalten, wenn die Ebenheitsabweich ungen f E ≤ tE messtechnisch nachgewiesen ist.

7.4 Formtoleranzen

55

Zeichnungseintrag und Toleranzzone Die Toleranzzone wird begrenzt durch zwei parallele Ebenen vom Abstand t E. Entsprechend der Geradheit ist die Ebenheitsabweich ung der größte Abstand zwischen einer anlie genden Ebene und der realen Fläche. Dieser Abstand ist allerdin gs gegenüber der Geradheit messtechnisch schwerer zu bestimmen. Beispiel: Ebenheit einer Fläche Im folgenden Beispiel (Abbild ung 7.4) m uss die Istfläche zwischen zwei parallelen Ebenen mit dem Abstand t E = 0,1mm lie gen. D urch die An gabe ist jedoch nicht verlangt , dass die obere Ebene parallel zur unteren Ebene liegt. Es ist auch noch nicht festgelegt, ob tE innerhalb oder außerhalb der Maßtoleranz liegt (siehe hierzu Kapitel 10).

Abb. 7.4:

Eintragung und Interpretation der Ebenheitstoleranz einer Deckfläche

Die Ebenheitsforder ung kann a uch an mehrere Flächen (siehe hierz u Beispiele in Kapitel 5.3.2) gestellt werden. Hierbei ist zu vereinbaren, ob • •

die Forderung für jede Einzelfläche mit tE gelten soll oder die Forderung auf alle Einzelflächen mit eingeschlossenem tE auszudehnen ist. In diesem Fall muss dies mit einer Wortangabe GTZ oder CZ kenntlich gemacht werden.

Nach der DIN EN ISO 1302 ist es ne uerdings möglich, eine Oberflächenan gabe1 direkt mit einer geometrischen Toleranz zu verknüpfen. Eine derartige Erweiterung des Symbols ist vorstehend für die Rauheit gezeigt.

1

Anm.: Rz = größte Höhe des Rauheitsprofils in μm (Ra ist als Mittelwert für eine Charakterisierung meist ungeeignet).

56

7 Form- und Lagetoleranzen

Regeln für die Anwendung Leitregel 7.2: Ebenheit Form: Die Ebenheit kann a uf reale und abgeleitete Flächen angewendet werden. Abgeleitete Flächen sind Mittelebenen. Die Anwend ung auf Mittelebenen ist selten, kann aber , z.B. bei der Anwendung des Maximum-Material-Prinzips (siehe Kapitel 10.3), genutzt werden. Eingeschlossene Geradheit: Die Ebenheitstoleranz umfasst die Geradheit aller Linien in der Ebene, senkrecht z ur T oleranzzone gemessen. Da die Bestimmung der Ebenheitsabweich ung messtechnisch schwieri g ist, wird empfohlen, die Ebenheit d urch die An gabe einer oder zweier Geradheitstoleranzen zu ersetzen. Prüfverfahren Die Ebenheitstoleranz lässt sich mit einem Ebenheitsnormal ( Planglasplatte, Prüfplatte in Kombination mit einem Län genmessgerät) oder d urch zusammengesetzte Linearmessungen (wie bei der Geradheitsmessung) überprüfen.

Heute wird jedoch überwiegend digital gemessen. In der prEN ISO 12781:1999 ist die theoretisch erforderliche Anzahl von Abtastp unkten sowie die Erfass ungsstrategie zur Gewinnung und Auswertung von Messpunkten dargestellt.

7.4.3

Rundheit

Der häufigste Anwendungsfall für die Rundheit ist die Angabe der Rundheitstoleranz von Wellenzapfen oder Lagern. Es bedeutet, dass jeder beliebige Querschnitt kreisförmig sein muss. Die Messung muss also an hinreichend vielen Stellen über die Länge durchgeführt werden.

tK

Die Umfan gslinie jedes einzelnen Q uerschnitts m uss zwischen zwei konzentrischen Kreisen mit dem radialen Abstand t K liegen. Die Durchmesser der Kreise selbst sind beliebig.

Zeichnungseintrag und Toleranzzone Die Toleranzzone der betrachteten Q uerschnittsebene wird bei V ollkreisen durch zwei konzentrische Kreise vom radialen Abstand t K begrenzt. Diese Forder ung kann a uch analog auf Kreisbögen übertragen werden. Wenn die Abweichung fK ≤ tK in jedem ausgewerteten Rundheitsprofil die Vorgabe nicht überschreitet, ist die R undheitstoleranz eingehalten. Die Größe der Kreisdurchmesser ist für die Einhaltung der Rundheit nicht entscheidend.

In diesen Beispielen (Abbild ung 7.5) m uss die Umfan gslinie eines jeden Q uerschnittes bzw. Kreisbogens zwischen zwei in derselben Ebene lie genden konzentrischen Kreisen vom Abstand tK ≤ 0,1mm liegen. Die Rundheit muss an zu vereinbarenden Stellen über der Länge (d.h. in Radialschnitten) nachgewiesen werden. Bei ISO 8015 kann die Rundheit von Wellen-

7.4 Formtoleranzen

57

abschnitten auch über die Hüllbedin gung E erzeugt werden, wenn eine Passung mit einer Bohrung, einer Nabe oder einem Lager hergestellt werden muss. Beispiel: Rundheit eines Zylinderquerschnittes

Beispiel: Rundheit eines Kreisbogens

Abb. 7.5:

Eintragung und Interpretation der Rundheit eines Zylinderquerschnittes bzw. eines Kreisbogens

Aus f unktionellen Gründen kann eine sektionale R undheitsforderung auch an Kreisbö gen gestellt werden. Die Istkont ur des Kreisbogens muss dann innerhalb der Kreisse gmentfläche verlaufen; es wird aber keine Forderung an den Übergang (z.B. tangential) in das Werkstück gestellt. Regeln für die Anwendung Leitregel 7.3: Rundheit Form: Die R undheitstoleranz kann n ur a uf reale Geometrieelemente an gewendet werden; der Toleranzpfeil darf daher nie auf dem Maßpfeil stehen. Formabweichungen: Andere Formabweichungen wie z.B. die Durchbiegung, Balligkeit oder Kegligkeit eines Zylinders werden durch die Rundheitstoleranz bzw. -prüfung nicht erfasst. Die R undheitstoleranz kann aber a uch auf Kegel bzw. Kegelschnitte angewendet werden. Anwendung: Da bei der R undheitstolerierung jeder Q uerschnitt einzeln a uf Rundheit geprüft wird, sind die D urchmesser der Kreise beliebi g. Deshalb wird eine Balli gkeit, Durchbiegung oder Ke gligkeit nicht erfasst. Daher kann die Rundheitstolerierung auch auf Kegel angewendet werden.

58

7 Form- und Lagetoleranzen

Prüfverfahren 1. Über Formmessung durch Vergleich mit Kreisquerschnitten. 2. Durch Aufbauten mit Messuhr (siehe Abbildung 7.6):

Das Bauteil muss gemäß dem Abbe 'schen Grundsatz (DIN 2257) koaxial z ur Messrichtung ausgerichtet werden. Während einer ganzen Umdreh ung des Messtellers werden die radialen Abweich ungen in einer festgelegten Anzahl von Schnitten aufgenommen. Meist erfolgt dies an drei Querschnitten über die Länge des Bauteils.

Abb. 7.6:

Rundheitsmessung mit Messuhr

Die Messverfahren für Rundheitsmessungen sind u.a. in der DIN 6318 erläutert. Die Messung erfolgt: • nach der Minimum-Bedingung, • nach der Methode der Bestimmung des größten einbeschriebenen Kreises, • nach der Methode der Bestimmung des größten umschriebenen Kreises oder • nach der Methode der Bestimmung eines ausgleichenden Kreises.

7.4.4

Zylinderform

Die Zylinderformtoleranz erweitert die R undheitstoleranz um die Dimension der Län ge. Die Einschränkung der Zylinderform ist meist bei Achsen und W ellen (z.B. Nabensitze) z ur Sicherstellung der Funktion notwendig. Wie bei der Rundheit kann die Zylinderform auch nur auf reale Geometrieelemente angewendet werden.

7.4 Formtoleranzen

tZ

59

Die gesamte Zylindermantelfläche m uss zwischen zwei koaxialen Zylindern mit dem radialen Abstand t Z lie gen. Die Zylinderradien werden d urch die T oleranzangabe nicht festgelegt.

Zeichnungseintrag und Toleranzzone Die Zylinderformtoleranz oder Zylindrizität be grenzt die Abweich ungen von der Zylinderform (einschließlich Geradheit der Mantellinien, R undheit der Q uerschnitte und Parallelität der Mantellinien). Beispiel: Zylindrizität einer Zylindermantelfläche In diesem Beispiel m uss die Zylindermantelfläche zwischen zwei koaxialen Zylindern vom Abstand t Z = 0,1mm liegen. Die Zylinderformtoleranz umfasst somit die fol genden drei Einzeltoleranzen:

0,1 0,2 0,1

Geradheitsabweichung der Mantellinie Parallelitätsabweichung von zwei gegenüberliegenden Mantellinien (= 2 x Toleranz-Wert) Rundheit in achsensenkrechten Schnitten

Insofern kann sie als eine komplexe Gesamttoleranz angesehen werden.

Abb. 7.7:

Eintragung und Interpretation der Zylindrizität einer Mantelfläche

Funktional begrenzt also die Zylindrizität bestimmte Geometrieformen, u.zw.: konisch, konvex, konkav, verwunden und gekrümmt.

60

7 Form- und Lagetoleranzen

Regeln für die Anwendung Leitregel 7.4: Zylinderform Form: Die T oleranz der Zylinderform kann n ur a uf reale Geometrie elemente angewendet werden. Der Toleranzpfeil darf daher nie auf dem Maßpfeil stehen. Eingeschlossene Toleranzarten: Die Zylinderformtoleranz enthält: • Rundheit aller Querschnitte (Grenzabweichung tZ) über die Längsachse, • Geradheit aller Mantellinien und der Achse (Grenzabweichung tZ), • Parallelität der Mantellinien (Grenzabweichung 2 ⋅ tZ). Prüfverfahren In der Praxis beschränkt man sich bei der Messung einer eventuell vorhandenen Abweichung von der Zylinderformtoleranz a uf den Nachweis, dass keine Ke gelform, Tonnenform usw. vorliegt. In einem einfachen Verfahren wird der Prüfling auf einer drehbaren Messplatte a usgerichtet und mit einem vertikal geführten Taster der radiale A usschlag gemessen. Für den Nachweis der Zylindrizität ist die Messung an mindestens drei Stellen über der Länge zu wiederholen. Sollte aus Funktionsgründen eine vollständige Erfassung der Zylinderformtoleranz notwendig sein, m uss an vier um jeweils 90° versetzten Mantellinien z usätzlich die Abweichung von der Geradheit (bzw . Parallelität) und in mindestens drei Messebenen die Abweichung von der Rundheit gemessen werden.

Recht einfach lässt sich die Zylinderform mit einer di gitalen Messmaschine bestimmen. Das Messprinzip ist in der ISO 12180 beschrieben und zielt a uf die vollständi ge Erfass ung des Oberflächenprofils. Als Messcharakteristik wird die Vogelkäfig-Methode (d.h. ein Gitterraster) vorgeschlagen.

7.5

Profiltoleranzen

Wird ein Bauteil mit einer Profiltoleranz versehen, so wird die besondere geometrische Form eines Werkstücks toleriert. Man unterscheidet zwischen Linien- und Flächenprofil. Die Ideale oder Nenngestalt muss dabei durch theoretisch genaue Maße festgelegt werden. Diese Nenngestalt kann z um Beispiel ein im Rechner fest gelegtes Profil oder ein geschlossener Linienzug auf einer K urvenscheibe sein. Meist ha ndelt es sich um geometrisch einde utig beschreibbare Kurven. Diese Nenngestalt kann sich auch auf bestimmte Bezugselemente beziehen. Dann liegt keine reine Form-, sondern eine La getolerierung vor . A us diesem Gr unde gehören die Profiltoleranzen nicht zu den Formtoleranzen, sondern bilden eine eigene Gruppe. Eventuell m uss so gar geprüft werden, ob für die A usrichtung einer K urve noch ein Bez ug benötigt wird.

7.5 Profiltoleranzen

7.5.1

61

Linienprofil

Ergänzend zu Standardgeometrien besteht auch die Möglichkeit, beliebige Linien bzw. Linienverläufe zu tolerieren. Jede einzelne Profillinie m uss zwischen zwei äq uidistanten Grenzlinien vom

t LP Abstand + t /2 von der theoretisch genauen Profillinie liegen. LP

Zeichnungseintrag und Toleranzzone Die Toleranzzone wird dadurch gebildet, dass man Kreise vom Durchmesser tLP auf die geometrisch ideale Form le gt, die wieder um d urch zwei äq uidistante Linien (siehe ISO 1660) begrenzt werden. Zwischen diesen Linien lie gt die Toleranzzone1 bzw. dazwischen muss die Ist-Linie verlaufen. Beispiel: Linientolerierung als Formtolerierung

Abb. 7.8:

Linientolerierung mit Angabe für Kurve und Alternative umlaufend für ganze Kontur

Setzt man im obi gen Beispiel Kreise vom D urchmesser 0,09mm a uf die geometrisch ideale Linienform (Abbildung 7.8 b), so m uss das Profil in jedem z ur Zeichnungsebene parallelen Schnitt zwischen zwei Linien lie gen, die diese Kreise umhüllen. Die Mittelp unkte dieser Kreise liegen auf der theoretisch genauen Solllinie. Die Toleranzzone fällt also symmetrisch zur theoretisch genauen Linie. Als Ausnahme kann jedoch eine asymmetrische Aufteilung der Toleranzzone vereinbart werden. Dies muss dann in der Zeichnung gekennzeichnet sein, z.B. 2/3 = ˆ 0,06mm und 1/3 =ˆ 0,03mm. Das Profil wird im obi gen Fall d urch die beiden Radien R55, die als theoretisch ideale oder genaue Maße angegeben werden müssen, beschrieben. 1

Anm.: Die E DIN ISO 1101 lässt für Profile auch das Symbol rundherum zu, welches durch einen Vollkreis auf der Hinweislinie zu fordern ist. Die angegebene Toleranz gilt dann für die ganze umlaufende Kontur.

62

7 Form- und Lagetoleranzen

Regeln für die Anwendung Leitregel 7.5: Linienprofil Profil: Linienprofile werden meist n ur für reale Geometrieelemente an gewandt, die Anwendung auf z.B. eine rä umlich gebogene Rohrachse ist jedoch auch vorstellbar. Bezüge: Linienprofile können sowohl als reine Formtoleranzen ohne Bezü ge als auch als Lagetoleranzen mit Bezügen auftreten. Toleranzen und Grenzabweichungen: Die Toleranzzone liegt normalerweise mittig zum idealen Profil. Die größte z ulässige Abweich ung beträ gt somit ± 0,5 ⋅ tLP. Es besteht jedoch a uch die Mö glichkeit, die T oleranzzone anders aufzuteilen. Schnitte: Die Forder ung gilt für jeden beliebi gen Schnitt rechtwinkli g zur Werkstückachse und über die ganze Dicke. Prüfverfahren Die Prüfung kann erfolgen: 1. Mittels einer Profilschablone bzw. einem Profilprojektor. Die Forderung ist hierbei, dass der maximale Abstand zwischen der Schablone und dem Istprofil innerhalb der Toleranzzone liegt. 2. Analog zur Geradheitsprüf ung durch Vergleichen mit einem Profilnormal, wobei mit einem Abtastsystem eine gleichmäßig verteilte Anzahl von Punkten über die Län ge angefahren wird. 3. Mit einer Messmaschine, die eine Koordinatenmess ung durchführt und die Koordinaten mit einem einpro grammierten Profil ver gleicht. Das im Rechner gespeicherte Profil bezeichnet man auch als virtuelles Profil.

Die ermittelte Profilabweichung ist dann mit dem Toleranzwert zu vergleichen.

7.5.2

Flächenprofil

Das Flächenprofil ist die 2-D-Ausdehnung des Linienprofils, z.B. für Steuerkurven. Die gesamte Fläche muss zwischen zwei äquidistanten Flächen im Abstand ± tFP/2

t FP von der theoretisch genauen Fläche liegen.

Die Flächenprofiltoleranz erstreckt sich somit über die ganze A usdehnung des W erkstücks, d.h., sie gilt nicht nur in Schnitten.

7.5 Profiltoleranzen

63

Zeichnungseintragung und Toleranzzone Die Toleranzzone der Flächenform wird begrenzt durch zwei tangierende Flächen, die Kugeln vom Durchmesser tFP einhüllen, deren Mitten auf einer Fläche von geometrisch idealer Form liegen. Diese Forderung kann auch umlaufend gestellt werden. Beispiel: Flächenprofil einer gekrümmten Oberfläche

Abb. 7.9:

Flächenprofil oder Flächenformtoleranz einer gekrümmten Oberfläche bzw. umlaufend

In dem betrachteten Beispiel (Abbild ung 7.9) m uss also die markierte Deckfläche zwischen zwei Flächen liegen, deren Abstand durch zwei Kugeln vom Durchmesser tFP = 0,08 gegeben ist. Das Flächenprofil muss stets auch als die Toleranz zu einem idealen Maß angegeben werden. Die normgemäße Definition verwendet deshalb Kugeln, weil das Flächenprofil, insbesondere für allseitig gekrümmte Flächen, anwendbar ist und sich die Tangenten an Kugeloberflächen dem gut anpassen können. Als typischen Anwendungsfall zeigt Abbildung 7.10 den Zeichn ungseintrag der Flächenprofiltolerierung einer K ugeloberfläche. Der Abr undungsradius ist hier als theoretisch ideales Maß angegeben und kennzeichnet die Lage der Toleranzzone, und zwar unter Berücksichtigung eines Bezuges.

64

7 Form- und Lagetoleranzen

In der Skizze ist die K ugelform durch den vorangestellten Buchstaben S (= Sphäre) gekennzeichnet, da aus der Ansicht die kugelige Form nicht deutlich wird. Ist der Kugeldurchmesser zu bemaßen, so erfolgt dies mit S ∅, ansonsten wird der Radius mit SR angegeben.

Abb. 7.10:

Flächenprofiltolerierung der Kugeloberfläche eines Steuerstiftes mit Bezug (S = sphärisch, SR = Kugelradius, S ∅ = Kugeldurchmesser)

Regeln für die Anwendung Leitregel 7.6: Flächenprofil Profil: Flächenprofile werden in der Re gel n ur für reale Geometrieelemente angewendet. Bezüge: Flächenprofile können sowohl als reine Formtoleranzen ohne Bezüge als auch als Lagetoleranzen mit Bezügen auftreten. Toleranzen und Gr enzabweichungen: Die T oleranzzone lie gt mitti g zum idealen Profil. Die größte zulässige Abweichung beträgt somit ± 0,5 ⋅ tFP. Prüfverfahren Die Profilformtoleranz kann optisch mittels einer Profilschablone (mit k urvengeführtem Messstift nach DIN 2269) oder der Abtast ung über ein Formnormal sowie d urch eine Koordinatenmessung mithilfe einer 3-D-Messmaschine (mit höhenverstellbarer A uflage) erfolgen. Der Re gelfall wird he ute aber a us Gründen der Gena uigkeit die di gitale Koordinatenmessung sein. Die Mess ung ist sowohl über die Profillänge als a uch in mindestens drei Querschnitten über die Dicke durchzuführen.

7.6 Lagetoleranzen

7.6

65

Lagetoleranzen

Wird ein Ba uteil mit einer La getoleranz versehen, so wird der Ort eines Ba uteils relativ z u einem Bezug festgelegt. Deshalb gehört zu einer Lagetolerierung neben dem zu tolerierenden Geometrieelement immer a uch mindestens ein Bez ug. Dieser Bez ug ist ein reales Element und deshalb ebenfalls mit Form- und Maßabweichungen behaftet. Zu den Lagetoleranzen zählen die Gruppen • Richtungstoleranzen, • Ortstoleranzen und • Lauftoleranzen, die in weitere Einzeltoleranzen untergliedert werden.

7.6.1

Richtungstoleranzen

Richtungstoleranzen begrenzen die Richtungsabweichung eines Geometrieelementes von seiner Nennlage relativ zu einem Bezug. Als Richtungstoleranzen bezeichnet man Toleranzangaben für • Neigung, • Parallelität und • Rechtwinkligkeit. Die Parallelität und die Rechtwinkligkeit können als Sonderfälle der Neigung angesehen werden. Bei der Bewertung der Richtungsabweichung [TRU 97] müssen die Formabweichungen des Bezugselementes eliminiert werden. Daz u müssen die wirklichen Bez ugselemente durch Referenzelemente ersetzt werden. Anstelle von Ebenen, Achsen oder Symmetrieebenen der wirklichen Bezü ge werden also Referenzbezü ge heran gezogen. Nachfol gend sollen diese Auswirkungen auf ein Geometrieelement beschreiben werden. Leitregel 7.7: Richtungstoleranzen Richtung: Richtungstoleranzen be grenzen die La ge. Sie können sowohl a uf reale als a uch a uf ab geleitete Geometrieelemente an gewendet werden und benötigen einen Bezug. Toleranzzone: Da eine Richt ung nur für eine Gerade oder Ebene vorstellbar ist, fol gt dara us: Die Toleranzzone von Richtung en ist immer geradlinig. Sie liegt zwischen zwei Ebenen, zwei Geraden oder innerhalb eines Zylinders. Eingeschlossene Formtoleranzen: Jede Richt ungstoleranz enthält implizit auch eine Geradheitstoleranz. W ird eine Fläche toleriert, ist a uch eine Ebenheitstoleranz eingeschlossen.

66

7 Form- und Lagetoleranzen

Neigung

Die tolerierte Fläche bzw . Achse m uss zwischen zwei parallelen Ebenen vom

t N Abstand ± t /2 bzw. in einem Toleranzzylinder ∅ t liegen, die zu einem Bezug N N um einen theoretisch genauen Winkel geneigt ist.

Zeichnungseintrag und Toleranzzone Die Toleranzzone wird be grenzt durch zwei parallele Linien oder Ebenen vom Abstand t N, die zum Bezug im vorgeschriebenen Winkel geneigt sind. Beispiel: Schräge an einem Zylinder

Abb. 7.11:

Eintragung und Interpretation einer Neigungstolerierung

Der Zeichnungseintrag in Abbildung 7.11 bedeutet, dass die tolerierte Fläche zwischen zwei parallelen Ebenen vom Abstand t N = 0,05mm lie gen m uss, die z ur Bez ugslinie A um den theoretisch genauen Winkel von 50° geneigt sind. Die Toleranzzone liegt hierbei immer symmetrisch zur angezogenen Linie, wodurch die Richtung und die Form festgelegt sind (anders ist es bei 50° ± 2°, d.h., es gibt keine Lagebegrenzung des Scheitels). Diese Vereinbarung gilt auch für Projektionen (d.h. Linie und Bezug liegen in verschiedenen Ebenen). Zum Bezug sei noch angemerkt, dass dieser eigentlich von der Mantellinie (siehe Anmerkung in der Abbildung) abzugreifen ist, a uch wenn in der Darstellung die Mittellinie des Geometrieelements angegeben ist. Weiter muss natürlich auch der Anfangspunkt der Abschrägung vermaßt werden.

7.6 Lagetoleranzen

67

Regeln für die Anwendung Leitregel 7.8: Neigung Lage: Die Neigungstoleranz bezieht sich auf eine gerade Linie oder Ebene. Toleranzzone: Die Begrenzung erfolgt durch geneigte parallele, gerade Linien oder Ebenen mit einem theoretisch genauen Winkel zu einem Bezug. Anmerkung: Es besteht ein Unterschied zwischen Nei gungs1- und Winkeltolerierung (nach DIN 406, T.12). Prüfverfahren 1. Direktes Prüfverfahren durch Neigungsmessung (nach DIN 877). 2. Indirektes Prüfverfahren durch Messung von Abständen.

Das Bauteil wird mit seinem Bez ugselement unter einem festen Winkel a auf der Prüfplatte so ausgerichtet, dass die Messstrecke parallel is t. Dann wird das Ba uteil d urch Drehen um eine Achse senkrecht z um Bezug so a usgerichtet, dass der Abstand zwischen dem tolerier ten Element und der Prüfplatte minimal ist. Dara ufhin wird die so genannte Abweichungsspanne an einer ausreichenden Anzahl von Messpunkten bestimmt. Die Abweichungsspanne ist die Differenz zwischen größtem und kleinstem Messwert einer Messreihe. Die so ermittelte Abstandsspanne entspricht der Neigungsabweichung, die mit dem Toleranzwert zu vergleichen ist.

Zum Vergleich: Zeichnung

Abb. 7.12:

1

Prüfverfahren für die Neigung

Anm.: In der DIN 406, T.1 ist ebenfalls die Neigung (Symbol Kanten eingeführt worden.

) für die Kennzeichnung von abgeknickten

68

7 Form- und Lagetoleranzen

Parallelität

tP

Die tolerierte Linie, Fläche bzw . Achse m uss zwischen zwei z um Bez ug (oder Bezugssystem) parallelen Ebenen im Abstand t P bzw. in einem T oleranzzylinder mit ∅ tP in der festgelegten Richtung verlaufen.

Zeichnungseintrag und Toleranzzone Eine übergroße Parallelitätsabweichung ist oft für mechanische F unktionsanforderungen von Bauteilen in Systemen schädlich. Deshalb werden gewöhnlich La ufflächen, Distanzstücke und Befesti gungslöcher mit einer Parallelitätstoleranz versehen. Die Parallelitätstoleranz benötigt als La geabweichung einen Bez ug. Dieser kann entweder in einer geraden Linie, Ebene oder einem Bezugssystem (gerade Linie und Ebene oder zwei Ebenen) bestehen. Beispiel: Parallele Flächen

Abb. 7.13:

Parallelität einer Ebene – Zeichnungseintrag und Toleranzzone

Die Toleranzangabe gemäß Abbildung 7.13 könnte so gedeutet werden, dass die an gezogene Mantellinie der tolerierten Fläche zwischen zwei geraden Linien vom Abstand t P = 0,1mm liegen muss, die zur Bezugsfläche A parallel sind. Diese Definition ist aber in der ISO-Norm auf die Fläche erweitert worden. T atsächlich fordert die Parallelität immer, dass die an gezogene Istfläche zwischen zwei parallelen Ebenen verlä uft, die sich über das ganze Formelement erstrecken. Insofern ist die Forderung viel härter, als wenn wie bisher nur von parallelen Schnitten über die Dicke gesprochen wird. Die Bezugsfläche ist insofern auch als Bezugsebene zu interpretieren, auf der das Bauteil aufliegt. Als Hilfsbezugselement kann daher nur eine Messtischplatte herangezogen werden. Nachfolgend wird er gänzend gezeigt, dass Parallelität a uch sinnvoll a uf Mittellinien, und zwar bevorzugt auf Bohrungsachsen, angewandt werden kann. Unter Heranziehen von zwei Bezügen kann somit eine definierte Ausrichtung hergestellt werden.

7.6 Lagetoleranzen

Abb. 7.14:

69

Parallelität zweier Achsen – Zeichnungseintrag und Toleranzzone am realen Werkstück

Ein Zeichnungseintrag der Parallelitätstoleranz gemäß obiger Abbildung 7.14 bedeutet, dass die Achse der tolerierten Bohrung innerhalb eines Kreiszylinders vom D urchmesser tP = ∅ 0,1mm liegen muss, dessen Achse parallel z ur Bezugsachse und senkrecht z um Bezug ist. Vorstehend ist der Achsabstand toleriert, in der Praxis wird vielfach ein idealer Abstand genommen, dies ist aber durch die ISO 5458 nicht gedeckt. Regeln für die Anwendung Leitregel 7.9: Parallelität Lage: Die Parallelitätstoleranz soll die Lageabweichung von zwei Geometrieelementen zueinander begrenzen. Notwendig zur Tolerierung: Ein Bezugsformelement und ein toleriertes Element mit einer Toleranzzone. Prüfverfahren Entsprechend der V ielfältigkeit der Parallelitätsangaben existieren a uch eine V ielzahl von Messaufbauten. Meist haben diese eine große Ähnlichkeit z ur Geradheitsmess ung (Kapitel 7.4.1.3). Gewöhnlich kann Parallelität unter N utzung einer Messreferenz über Prüfplatten, Prüfstifte (DIN 2269), Messständer und Messuhren nachgewiesen werden.

Bei der Messung der Parallelität muss – wie auch bei allen anderen Lageabweichungen – Folgendes beachtet werden: Bei der Messung auf Umschlag erhält man in der Regel unterschiedliche Er gebnisse. Messung auf Umschlag bedeutet, dass bei der Mess ung Bez ug und lagetoleriertes Element vertauscht werden. Im Falle der Parallelität heißt dies, A uflagefläche ist das z u tolerierende Element, gemessen wird am Bez ug. Diese unterschiedlichen Er gebnisse entstehen, da a uch das Bez ugselement ein reales Element ist und dessen Maß- und Formabweichungen deshalb mit in die Messung eingehen.

70

7 Form- und Lagetoleranzen

Rechtwinkligkeit

tR

Die tolerierte Linie/Fläche bzw . Achse m uss zwischen zwei parallelen, z ur Bezugsfläche rechtwinkligen Linien/Ebenen vom Abstand tR bzw. in einem rechtwinkligen Zylinder mit ∅ tR verlaufen.

Zeichnungseintragung und Toleranzzone Die Toleranzzone wird in dem gezeigten Fall in der Messebene d urch zwei parallele, gerade Linien vom Abstand tR begrenzt, die zum Bezug senkrecht sind. Alle Formabweichungen gilt es hierbei zu eliminieren. Beispiel: Rechtwinkligkeit der Mantellinien eines angedrehten Zapfens

Abb. 7.15:

Eintragung und Interpretation der Rechtwinkligkeitstoleranz an einer Mantellinie

In diesem Beispiel (Abbildung 7.15) muss jede beliebige Mantellinie der tolerierten zylindrischen Fläche zwischen zwei parallelen, geraden Linien vom Abstand t R = 0,1mm lie gen, die auf der Bezugsfläche senkrecht stehen. Die Rechtwinkligkeit muss am Umfang an mindestens zwei Stellen nachgewiesen werden. Meist wird die Rechtwinkligkeitsforderung auf Flächen angewandt, z.B. im rechten Winkel zu einer Bezugsfläche. Oft reicht aber z ur eindeutigen Ausrichtung der Toleranzzone ein Bezug nicht aus, insofern muss dann eine weitere Bezugsebene herangezogen werden.

7.6 Lagetoleranzen

7.6.2

71

Ortstoleranzen

Ortstoleranzen legen den Nennort eines Formelementes relativ zu einem oder mehreren Bezügen fest. Man unterscheidet die folgenden Ortstoleranzen: • Position, • Konzentrizität und Koaxialität sowie • Symmetrie. Diese können auf Linien, Achsen, Punkte und Symmetrieflächen angewandt werden. Bei der Positionstolerierung wird der Nennort d urch theoretische Maße (siehe ISO 5458) bestimmt, bei der Koaxialitäts- bzw . Konzentrizitätstolerier ung ist der Nennort die Achse bzw. der Mittelpunkt des Bezugselementes und bei der Symmetrie ist der Nennort die Mittelebene oder -linie des Bezugselementes. Leitregel 7.10: Ortstoleranzen Ort: Bei allen Ortstoleranzen ist die Toleranzzone ortsgebunden, d.h., sie liegt symmetrisch zur Nennposition (idealer Ort). Sie ist geradlinig begrenzt durch zwei Ebenen, Geraden oder lie gt innerhalb des Zylinders wie bei den Richtungstoleranzen. Eingeschlossene Abweichungen: Jede Ortstoleranz schränkt am tolerierenden Element ein:  Grenzabweichung = t/2 • Ort • Richtung  Grenzabweichung t • Form  Grenzabweichung t

Die Angabe einer Richtungs- bzw. Formtoleranz für ein Element, das bereits d urch eine Ortstoleranz begrenzt ist, ist also nur sinnvoll, wenn die Ortstoleranz größer ist als die Richtungsbzw. Formtoleranz. Position Die Positionstoleranz gehört zu den wichtigsten und vielfältigsten Lagetoleranzen. Es werden sowohl reale als a uch ab geleitete Formelemente toleriert. Hä ufiger Anwend ungsfall ist die Tolerierung von Achsen, Bohrungen und Punkten (Kugelmittelpunkt, z.B. bei Gelenken). Die Toleranzzone ist dann geradlinig, zylinderförmig oder kugelig begrenzt und liegt symmetrisch zur Nennposition. Innerhalb von Maßketten habe n Positionstoleranzen immer dann Vorteile, wenn es ungünstige Toleranzadditionen zu verhindern gilt. Bei der alten Plus/Minus-Tolerierung pflanzen sich hingegen die Abweichungen additiv fort.

Die Kanten, Flächen oder Schnittp unkte (sich kre uzender Achsen) müssen zwiPS oder ∅tPS am theoretisch genauen Ort in einer zum Bezug festgelegten Richtung liegen.

t PS schen zwei parallelen Ebenen vom Abstand t

72

7 Form- und Lagetoleranzen

Zeichnungseintrag und Toleranzzone Mit einer Positionstoleranz sollen die Abweich ungen eines Geometrieelementes von seinem theoretisch genauen Ort be grenzt werden. Dies bedin gt die Maßan gabe mit theoretisch genauen Maßen, die zu einem Bezug oder mehreren Bezügen in Beziehung stehen.

Eine sehr hä ufige Anwendung von Positionstoleranzen (s. ISO 5458) ist die Festle gung von Bohrungen oder Lochbildern. Hier wird die ideale La ge einer Bohr ung fixiert und die Toleranz in die Positionsabweichung gelegt. Gewöhnlich wird dann dem Toleranzwert tPS das ∅Zeichen vorangestellt, um eine zylindrische Toleranzzone zu vereinbaren. Beispiel: Positionstolerierung einer Bohrung

Abb. 7.16:

Eintragung und Interpretation der Positionstolerierung einer Bohrung

Im Beispiel von Abbild ung 7.16 muss die Achse der tolerierten Bohr ung innerhalb eines Zylinders1 vom Durchmesser tPS = ∅ 0,02mm liegen, dessen Achse sich bezogen auf die Flächen A und B am theoretisch genauen Ort befindet. Ist dem T oleranzwert kein ∅-Zeichen vorangestellt, so liegt die Toleranzzone zwischen zwei parallelen Ebenen vom Abstand t PS in Richtung des Toleranzpfeils. Der Vorteil der Positionstolerierung ist darin z u sehen, dass bei einer kettenförmi gen Aneinanderreihung von Geometrieelementen (z.B. mehrere Bohr ungen) keine T oleranzaddition auftritt. Bei der alten Tolerierung mit Maßen und Abmaßen trat dies regelmäßig ein.

1

Anm.: Durch die kreisförmige Toleranzzone können gegenüber einer quadratischen Toleranzzone die Anzahl der Gutteile um 57 % erhöht werden:

7.6 Lagetoleranzen

73

Beispiel: Positionstolerierung der Kante einer Aussparung

Abb. 7.17:

Positionstolerierung einer festen Werkstückkante – Zeichnungseintrag und Toleranzzone

Die Positionstolerierung kann natürlich auch auf Werkstückkanten1 angewendet werden, wie das Beispiel in Abbild ung 7.17 zei gt. Bei dem Ba uteil m uss dann die Ist-Kante der A ussparung innerhalb zweier parallelen Ebenen (über die gesamte Dicke) lie gen, die jeweils 0,03mm vom geometrisch idealen Ort entfernt lie gen. Der Abstand der Ebenen z ueinander beträgt tPS = 0,06mm. Wie zuvor schon erwähnt, ist eine Positionierungstolerierung in eine Richt ung bei sich wiederholenden Geometrieelementen oder Markier ungen (Skalen, Markierungen etc.) besonders wirksam, weil Toleranzadditionen ausgeschlossen werden. Positionstolerierung von Lochbildern Die wohl hä ufigste Anwend ung der Positionstolerierung findet man bei Lochbildern. Hier sind mehrere V ersionen von fixierten Löchern oder Loch gruppen bis z ur schwimmenden Tolerierung möglich. Häufig liegt der Fall vor, in einem Lochbild mehrere Löcher in einer bestimmten Anordn ung zu tolerieren, die zu einem Gegenstück passen müssen. In diesem Fall benötigt man neben der Positionstoleranz entsprechend ausgerichtete Bezüge. Wenn in einem anderen Fall Bolzen mit kleinem Spiel in gegenüberliegende Bohrungen hineinpassen müssen, das Ge genstück aber relativ z u den Bez ugskanten eine größere Abweichung erlaubt, so müssen die Löcher im Verhältnis zueinander wesentlich genauer liegen, als im Bezug auf die Kanten. Hier legt man das Lochbild mit theoretischen Maßen fest und gibt eine Positionstolerierung mit Angabe der betroffenen Löcher, aber ohne Bezüge an. Dies nennt man eine schwimmende Tolerierung.

1

Anm.: Wenn Linien nicht gerade sein sollen oder Flächen nicht in einer Ebene liegen sollen, so ist es richtiger, die Profiltolerierung nach ISO 1660 anzuwenden.

74

7 Form- und Lagetoleranzen

Die folgende Abbildung 7.18 zeigt einige Möglichkeiten der Tolerierung von Lochbildern:

.

Abb. 7.18:

Tolerierung von Lochbildern

7.6 Lagetoleranzen

75

a) Positionstolerierung mit fixiertem Lochbild Die Position des Lochbildes zu den Bezügen A, B und C ist eindeutig und vollständig festgelegt. Die Abweichung jedes Loches von dieser Position darf 0,1mm betragen. b) Schwimmende Tolerierung Legt die Position der Löcher z ueinander fest. Die Abweich ung1 der Position der Löcher zueinander darf 0,05mm betra gen. Hierbei ist n ur eine Festlegung für die Anordn ung der Löcher untereinander getroffen worden. Die A usrichtung der T oleranzzonen lie gt nicht fest. Auf diese Weise kann nicht zwingend vorausgesetzt werden, dass die Toleranzzonen senkrecht zur Grundfläche stehen, es ist also auch ein Kippen möglich. c) Schwimmende Tolerierung mit Primärbezug Um a uszuschließen, dass die Löcher gemeinsam gekippt werden dürfen (wie bei b)), behält man den Primärbezug bei. Dadurch stehen die Löcher exakt senkrecht auf dem Primärbezug, lassen sich aber insgesamt um 0,05mm verschieben und verdrehen. d) Schwimmende Tolerierung und Festlegung der Position der Bohrung zu den Kanten In der Regel wird auch die Position eines schwimmenden Lochbildes relativ z u den Kanten durch ideale Maße festgelegt. Diese Festlegung erfolgt meistens mit größeren Toleranzen als zur Auflagefläche. Resümee: Wertet man die Fälle aus, so ist im Fall a) ein vollständi ges Bezugssystem verwandt worden; die Toleranzzylinder stehen senkrecht a uf dem Bez ug C und sind über die Bezü ge A und B eindeutig fixiert. Die Problematik des Falls b) ist, dass die Toleranzzylinder nicht eindeutig bestimmt sind und die Lage im Wesentlichen durch die Allgemeintoleranzen der Abstandsmaße beeinflusst wird. Im Fall c) ist eine a usgerichtete schwimmende Tolerierung der Löcher verwandt worden und eine feste Bezieh ung der Löcher untereinander her gestellt worden. In bestimmten Anwendungen kann dies sinnvoll sein. Im letzten Fall d) ist eine besonders sichere Lösung gewählt worden, wobei unterschiedliche Forderungen an die Ausrichtung und Position der Toleranzzylinder gestellt wurden. Die Toleranzzylinder können auch durch eine Rechtwinkligkeitstoleranz ausgerichtet werden.

1

Anm.: In den Fällen b) und c) der Abbildung 7.18 sind zur Lageabstimmung tolerierte Abstandsmaße heranzogen worden. Dies ist zwar eine vielfach noch übliche Praxis, die aber nach der ISO 5458 nicht mehr angewendet werden soll.

76

7 Form- und Lagetoleranzen

Leitregel 7.11: Positionstolerierung von Lochbildern Nennposition: Die ideale Position des tolerierten Elementes relativ z u den Bezü gen kann durch theoretisch ideale (abweich ungsfreie) Maße in einem Rahmen an gegeben werden. Die Positionstolerierung erfasst dann die Abweichungen. Schwimmende Tolerierung: Die schwimmende Tolerierung eines Lochbildes erfordert • die Kennzeichnung der zum Lochbild gehörenden Löcher, • die Positionstoleranz der Löcher, • die theoretischen Maße zwischen den Löchern und • in der Regel keinen Bezug außer den Bezügen in der Hauptlagerfläche. Lochbilder mit theoretischen Maßen: Wird eine Gestalt wie ein Lochbild mit theoretischen Maßen fest gelegt, dann gelten Achsenkreuze und gleichmäßige Kreisteilungen als geometrisch exakt. Prüfverfahren Die Prüfung erfolgt durch • die Messung von Positionskoordinaten und Abständen gemäß

f PS = •

(x M − x theo )2 + (y M − y theo )2

t ≤ PS , 2

wobei xM und yM die Messkoordinaten des Geometrieelementes bezeichnen, oder nach dem Maximum-Material-Prinzip (Kapitel 10.3.3) durch den Vergleich mit einer Prüflehre. Da es sich hier meist um Bohrungen handelt, müssen sich die Prüfstifte der Lehre in die Bohrungen einführen lassen. Der Prüfstift muss in der Lehre die theoretische Position einnehmen, und sein D urchmesser muss gleich dem Kleinstmaß der Bohr ung minus Positionstoleranz sein.

Konzentrizität bzw. Koaxialität Koaxialität bzw . Konzentrizität oder a uch Konzentrizitätstoleranz sind Sonderformen der Positionstoleranz. Koaxialität bezieht sich a uf die Achsen von rotationssymmetrischen Formelementen. Diese Formelemente müssen also z umindest teilweise einen Kreisq uerschnitt haben. Dies sind insbesondere Kreise und Kegel. Konzentrisch sind genau genommen n ur Kreise in einer Ebene. Daher ist Koaxialität der Oberbegriff. Dieser Unterschied ist in der Praxis aber zu vernachlässigen.

7.6 Lagetoleranzen

77

Die tolerierte Kreismitte oder Achse m uss innerhalb eines T oleranzkreises bzw.

t KO Toleranzzylinders von ∅ t lie gen, der konzentrisch oder koaxial z u einem KO Bezug liegt.

Zeichnungseintrag und Toleranzzone Über die Koaxialität 1 soll die Abweich ung (d.h. der V ersatz) von hintereinander lie genden Außen- oder Innenzylinder begrenzt werden. Die Toleranzzone der Koaxialität wird d urch einen T oleranzzylinder vom D urchmesser t KO festgelegt, dessen Achse mit der Bezugsachse fluchtet. Beispiel: Koaxialität

Abb. 7.19:

Eintragung und Interpretation der Koaxialitätstoleranz

Die Achse des tolerierten Zylinders in Abbildung 7.19 muss innerhalb eines zur Bezugsachse A koaxialen Zylinders vom D urchmesser t KO = 0,08mm liegen. Früher w urde die Koaxialitätsabweichung auch als Schla g oder Fl uchtabweichung (= 2 ⋅ tKO)) bezeichnet, weil sie bei der Rotation von Ba uteilen deutlich sichtbar war. Hieraus folgt die Anwendung dieser Lagetoleranz auf Achsen oder W ellen mit einer en tsprechenden Funktion. Für rotierende W ellen wird später besonders der „Gesamtlauf“ empfohlen.

1

Anm.: Der Begriff Konzentrizität bezieht sich stets auf die Mittelpunkte von Kreisflächen; der Begriff Koaxialität bezieht sich hingegen auf Achsen von räumlichen Geometrieelementen.

78

7 Form- und Lagetoleranzen

Regeln für die Anwendung Leitregel 7.12: Koaxialitätstoleranz Lage: Bei der Koaxialität sind Bez ugselement und toleriertes Element immer Achsen, d.h., Bez ugsdreieck und T oleranzpfeil stehen immer a uf den entsprechenden Maßpfeilen. Toleranzzone und Gr enzabweichung: Die Toleranzzone ist immer kreiszylindrisch. Dies wird d urch das ∅-Zeichen im Toleranzrahmen ausgedrückt. Sie liegt koaxial zur Bezugsachse. Die Grenzabweichung ist gleich der halben Koaxialitätstoleranz. Prüfverfahren Die Prüfung der Koaxialität erfolgt durch Messung der radialen Abweichungen bezogen auf einen gemeinsamen Mittelpunkt, und zwar 1. durch Messen von Koordinaten oder Abständen, 2. durch Prüfung mit einer Lehre nach dem Maximum-Material-Prinzip oder 3. durch Prüfung mit einem R undtisch mit anzei gendem Län genmessgerät oder di gitaler Auswertung mittels Rechner. Vorgehensweise: 1. Das Bauteil wird mit seinem Bezugszylinder koaxial zur Achse der Messeinrichtung ausgerichtet. 2. Dann wird das Ba uteil einmal um seine Achse gedreht. Dabei werden am tolerierten Zylinder die größte und die kleinste radiale Abweichung ermittelt. 3. Die Koaxialitätsabweichung bestimmt man nun zu: f ko =

R max − R min 2

Diese Abweichung vergleicht man nun mit der Toleranz tKO/2. Die Prüfung ist an einer ausreichenden Anzahl von Messquerschnitten zu wiederholen. Diese Art der Prüfung ist aber n ur sinnvoll, wenn die R undheitsabweichung der Querschnitte nicht zu groß ist. Symmetrie Symmetrie ist ebenfalls eine Sonderform der Positionstoleranz. Symmetrie bedeutet in diesem Fall Spiegelsymmetrie um die Mittellinie.

tS

Die Mittelfläche des tolerierten Geometri eelements m uss zwischen zwei parallelen Ebenen vom Abstand tS liegen, die zum Bezug symmetrisch sind.

7.6 Lagetoleranzen

79

Zeichnungseintrag und Toleranzzone Über die Symmetrietoleranz (früher A ußermittigkeit) können zwei Geometrieelemente über ihre Mittellinie oder -ebene zueinander ausgerichtet werden. Die Toleranzzone wird durch zwei zur Bezugsachse oder Bezugsebene symmetrisch liegende Ebenen vom Abstand tS begrenzt. Beispiel: Symmetrie der Mittelebene einer Nut

Abb. 7.20:

Eintragung und Interpretation der Symmetrie der Mittelebene einer Nut

In diesem Beispiel (Abbild ung 7.20) muss die Mittelebene der N ut zwischen zwei parallelen Ebenen vom Abstand t S = 0,08mm lie gen. Die Ebenen lie gen parallel z ur Mittelebene des Bezugselementes A. Dies ließe sich auch durch eine Positionstoleranz ausdrücken. Prüfverfahren Bei der Symmetrieprüf ung werden Mittelebenen-Abstände geprüft. Dies kann p unktweise durch Koordinatenvergleich erfolgen, was aber den Nachteil hat, dass die Formabweichungen eingehen. Bei Anwend ung des Maxim um-Material-Prinzips ist a uch die Prüfung mit einer Funktionslehre möglich, wobei alle Formabweichungen eliminiert werden können.

7.6.3

Lauftoleranzen

Lauftoleranzen (Rundlauf, Planlauf, Gesamtlauf) sind dynamische Toleranzen; sie begrenzen die Abweichung der Lage eines Elementes bezüglich eines festen Punktes während einer vollen Umdrehung.

80

7 Form- und Lagetoleranzen

Rundlauf

tL

Die La uftoleranz einer Umfan gslinie od er S tirnfläche darf während einer vollständigen Umdrehung um einen Bezug die Größe tL nicht überschreiten.

Zeichnungseintragung und Toleranzzone Ein Rundlauf wird in der Regel von rotierenden Teilen verlangt. Die Toleranzzone des Rundlaufs wird in der z ur Achse senkrechten Messebene d urch zwei konzentrische Kreise vom Abstand tL begrenzt, deren gemeinsame Mitte auf der Bezugsachse liegt. Beispiel: Rundlauf einer Welle

Abb. 7.21:

Eintragung und Interpretation der Rundlauftoleranz

In diesem Beispiel (Abbild ung 7.21) m uss di e Umfan gslinie in einer z ur vereinbarenden Anzahl von Querschnitten der tolerierten zylindrischen Fläche zwischen zwei konzentrischen Kreisen vom Abstand tL = 0,1mm liegen, deren gemeinsame Mitte auf der aus A und B gebildeten Bezugsachse liegt. (Die Norm verlangt keine kontinuierliche Messung, sondern nur den Nachweis an hinreichend vielen Stellen bei einer vollen Umdrehung). Als Folge dieses Messprinzips wird gleichzeitig die Rundheit, Koaxialität und Geradheit der Achse erfasst. Prüfverfahren Die Prüfung erfol gt d urch Messen der Abweich ungen bei einer vollen Umdreh ung um die Bezugsachse. Da das W erkstück bei der Mess ung zu drehen ist, bieten sich fol gende Verfahren an: 1. Das Werkstück wird mit seinen Bez ugselementen parallel z ur Prüfplatte in zwei a usgerichtete Prüfprismen gelegt und gegen axiale Verschiebung gesichert.

7.6 Lagetoleranzen

81

2. Es wird mit seiner Bezugsachse zwischen zwei koaxiale Spitzen aufgenommen. 3. Es wird mit seinen Bezugselementen in zwei koaxiale Spannfutter gespannt (nicht bei den Aufbauten dargestellt). Die Rundlaufabweichung fL ist dann die Dif ferenz zwischen kleinster und größter Anzeige der Messuhr während einer Umdrehung auf der Zylinderfläche. Diese Abweichung vergleicht man dann mit der T oleranz. Die Mess ung ist an einer a usreichenden Anzahl von Messq uerschnitten durchzuführen.

Abb. 7.22:

Prüfverfahren für Rundlauf in zwei alternativen Aufbauten

Mit der R undlauftoleranz wird die S umme a us R undheits- und Koaxialitätsabweich ung gemessen. Gesamtlauf

Die Lauftoleranz einer Umfangslinie oder Stirnfläche darf bei mehrmali ger Dre-

t LG hung um einen Bezug die Größe t nicht überschreiten LG

Fallweise wird somit ein Hohl- oder Vollzylinder erfaßt, in der die Abweichung liegen muß.

82

7 Form- und Lagetoleranzen

Zeichnungseintragung und Toleranzzone Bei dieser T oleranzart ist zwischen Gesamtr undlauf und Gesamtplanla uf z u unterscheiden. Als beispielhafter Fall wird hier die Gesamtplanla uftoleranz auf der S tirnfläche einer Welle angewandt. Die T oleranzzone wird d urch zwei Ebenen mit dem Abstand t LG be grenzt, die somit der dynamischen Rechtwinkligkeitstoleranz entspricht. Beispiel: Gesamtplanlauf

Abb. 7.23:

Eintragung und Interpretation der Gesamtplanlauftoleranz

In dem Beispiel (Abbild ung 7.23) m uss die tolerierte Fläche zwischen zwei parallelen Ebenen vom Abstand t LG = 0,1mm lie gen, die senkrecht z ur Bez ugsachse A verla ufen. Der Gesamtlauf ist bei mehrmaliger Drehung um die Bez ugsachse und bei axialer Verschiebung des Messgerätes nachzuweisen, wodurch gleichzeitig auch die Ebenheits- und Rechtwinkligkeitsabweichung erfasst werden. Außer bei Stirnflächen kann der Gesamtlauf auch für Mantellinien am Umfang gefordert werden. In diesem Fall wird gleichzeitig die Zylindrizität und Koaxialität des Formelementes geprüft. Prüfverfahren Im Gegensatz zum einfachen Lauf muss das Messprinzip für den Gesamtla uf die Kontinuität der Messung bei gleichzeitiger Bewegung um die Bezugsachse realisieren. Bei dem im Messaufbau dar gestellten Ba uteil m uss dieser in seinem Bez ugselement drehbar a ufgenommen werden. Bei der Rotation des Ba uteils m uss dann bei gleichzeitiger radialer Z ustellung der Messuhr der axiale Ausschlag erfasst werden. Die Gesamtplanlaufabweichung fLG ist die Differenz zwischen größter und kleinster Anzeige an allen Messpositionen. Damit ist gleichzeitig die Ebenheit und Rechtwinkligkeit zur Bezugsachse bestimmt worden.

7.6 Lagetoleranzen

Abb. 7.24:

7.6.4

83

Prüfung des Gesamtplanlaufs

Gewinde

Ein Sonderfall stellt nach ISO 1101 das Gewinde dar. Ohne besondere Angabe beziehen sich Lagetoleranzen und Bezugsangaben von Gewinden stets a uf den Flankendurchmesser. Sind andere Festlegungen gewünscht, so sind sie nach Abbildung 7.25 zu vereinbaren.

Abb. 7.25:

Positionstoleranz und Bezug am Gewinde

Der Flankend urchmesser ist nach Norm der Dur chmesser eines imaginär en Zylinders, der koaxial zum Gewinde liegt . Die Flankenmitte halbiert den Abstand zwischen Gewinderille und Gewindekopf. Sollen die T oleranzen und Bezüge für andere D urchmesser gelten, so ist dies folgendermaßen zu vereinbaren: • MD (engl.: mayor diameter) für Außendurchmesser, • LD (engl.: least diameter) für Innendurchmesser, • PD (engl.: pitch diameter) für Flanken- oder Teilkreisdurchmesser; Diese Angaben sind auch für Keilwellen und Verzahnungen zu benutzen.

84

7.6.5

7 Form- und Lagetoleranzen

Freiformgeometrien

Viele Ba uteile werden he ute mittels Freiform geometrien (mathematisch nichtbeschreibbare Kurven) durch CAD-Programme beschrieben. Diese müssen später werkzeugtechnisch hergestellt und am Bauteil geprüft werden können. W ie bei jeder anderen Ferti gung wird dies n ur mit Abweich ungen mö glich sein. Je nach Anwend ungsfall sollten daher Linien- oder Flächenprofiltoleranzen vergeben werden. A uch hierfür ist natürlich die Symbolik nach ISO 1101 geeignet. In Abbild ung 7.26 ist ein Se gment einer Fr eiformkurve gezeigt, deren Abweich ung aus funktionellen Gründen be grenzt werden soll. Die Nachweisp unkte sind a uf einen N ullpunkt bezogen.

Abb. 7.26:

Profiltoleranz einer Freiformkurve nach ISO 1660 (Die Koordinatenbemaßung ist bewusst nach zwei Prinzipien durchgeführt worden.)

Forderung ist hiernach, dass das Istprofil des Ba uteils in der an gegebenen veränderlichen Toleranzzone liegt und letztlich tangential übergeht. Die Prüfung erfolgt in der Praxis mittels 3-D-Koordinaten-Messmaschinen, die jetzt gemäß der Vorgabe von Sollp unkten einde utige Gut/Schlecht-Entscheidungen treffen können.

8

Allgemeintoleranzen

8.1

Notwendigkeit und Begründung

Eine komplexere Zeichnung wird sehr unübersichtlich, wenn alle Maße direkt mit ihren T oleranzen sowie Form und Lageabweichungen in diese eingetragen werden. Um eine bessere Übersicht zu erhalten und die sich dara us ergebenden Vorteile für Konstr uktion, QS, Einkä ufer und Zulieferer zu nutzen, sind Allgemeintoleranzen für Längen- und Winkelmaße sowie Form- und Lagetoleranzen hauptsächlich für spanend gefertigte Werkstücke1 festgelegt worden. Neben der Schaf fung von größerer Übersichtlichkeit in der Zeichn ung haben All gemeintoleranzen im Wesentlichen zwei Aufgaben: • die ingrenzung E der maßlichen und geometrischen Ei genschaften von Elementen, die keine Einzeltoleranzen haben (sonst wäre die Tolerierung nicht vollständig), und • die Sicherung der werkstattüblichen Gena uigkeit. Dies ist das Maß an Gena uigkeit, das von der Ferti gung erwartet wird. Die An gabe einer All gemeintoleranzklasse beschreibt auch die Anforderungen, die an die Genauigkeit der Maschinen gestellt werden. In der Praxis ist es oft noch üblich, die Allgemeintoleranzen mit Freimaßtoleranzen DIN 7168 mittel zu kennzeichnen. Dies ist jedoch nicht mehr zeitgemäß. Als Norm ist hierfür seit 1989 die DIN ISO 2768 heranzuziehen. Diese ISO-Norm ersetzt bei Ne ukonstruktionen die DIN 7168. Die V erwendung der alten DIN 7168 ist nur noch bei bestehenden Zeichnungen zulässig. Anstatt Freimaßtoleranzen heißt es nunmehr Allgemeintoleranzen und -m statt früher mittel. Eine weitere Ein grenzung der Form- und La getoleranzen (über einen zweiten B uchstaben) fehlte in der alten Norm. Deshalb ist eine Zeichn ung mit dieser alten An gabe ei gentlich unvollständig toleriert. Die Anwendung der All gemeintoleranz nach ISO 2768 ist grundsätzlich unabhängig davon, ob der Tolerierungsgrundsatz Unabhängigkeit nach ISO 8015 angewendet wird oder nicht. 1

Anm.: Weiterhin existieren Allgemeintoleranzen für die Guss-, Press-, Schmiede-, Stanz- und Schweißverfahren.

86

8 Allgemeintoleranzen

Bei der alten DIN 7168 ist dies nicht der Fall. Sollte diese Norm trotz allem noch verwendet werden, ist unbedingt auf die Angabe des Tolerierungsgrundsatzes zu achten, da diese Norm eigentlich für das Hüllprinzip in DIN 7167 erstellt worden ist. Bezüglich der Bede utung von All gemeintoleranzen können die in der fol genden Leitre gel getroffenen Aussagen zusammengefasst werden: Leitregel 8.1: Bedeutung von Allgemeintoleranzen Zweck: Maße und Geometrieabweichungen zu kennzeichnen, die n ur mit der üblichen Werkstattgenauigkeit ein gehalten werden bra uchen. Herstellkosten durch niedrigere Anforderungen zu senken. Verfahrensabhängigkeit: All gemeintoleranzen sind ferti gungsabhängig. Es gibt unterschiedliche All gemeintoleranznormen für verschiedene Ferti gungsverfahren und Prozesse. Vollständigkeit: Auf jeder Zeichnung müssen vollständige Angaben über Allgemeintoleranzen für Maß, Form und Lage gemacht werden. Da bei den Allgemeintoleranzen evtl. Lücken in Bez ug auf einzelne Ferti gungsverfahren bestehen, müssen diese unbedingt geschlossen werden. Tolerierungsgrundsatz: Sowohl beim Hüll- als a uch beim Unabhängigkeitsprinzip sind Allgemeintoleranzangaben nötig.

Selbst d urch die Hüllbedin gung sind Formabweich ungen n ur bedin gt ein gegrenzt. Es gilt vielmehr: • Eine explizite Hülle kann a uch über die All gemeintoleranzen für die Form eines Geometrieelementes gebildet werden. Daz u müssen die entsprechenden All gemeintoleranzen funktional übertragen werden. • Die Hüllbedingung erlaubt Formabweichungen nur bis zur vollen Größe der Maßtoleranz. Diese kann manchmal viel schlechter als die werkstattübliche Genauigkeit sein. Darüber hina us gibt es a uch Normen für All gemeintoleranzen, die generell das Unabhängigkeitsprinzip ISO 8015 festle gen. Es sind dies z.B. die Normen DIN 2300 (Thermoschneiden) und DIN ISO 13920 (Schweißkonstr uktionen). Sollten solche Normen verwendet werden, so ist ISO 8015 generell aufgrund der Forder ungen aus DIN ISO 286 in der Zeichnung einzutragen, auch wenn in den heran gezogenen Normen behauptet wird, dies sei unnötig. Die später erschienene Norm DIN ISO 286 hat hier das größere Gewicht, obwohl diese Interpretation sich streng genommen nur auf Grenzmaße und Passungen bezieht.

8.1 Notwendigkeit und Begründung

87

Leitregel 8.2: Allgemeintoleranzen für Längenmaße

Nur wo auch Län genmaße ein getragen sind, gelten a uch die All gemeintoleranzen für Längenmaße. Es ist nicht z ulässig, Maße zu halbieren oder a us anderen Maßen z u berechnen und die dafür entsprechende All gemeintoleranz heranzuziehen. Wichtig ist: Ein geklammerte Hilfsm aße, Un gefährmaße und insbesondere theoretische Maße sind nicht von einer All gemeintolerierung betroffen. Man bezeichnet diese Maße als nicht tolerierte Maße. Analog gelten diese A ussagen auch für W inkelmaße. Im Unterschied z u den Län genmaßen sind hier aber a uch nicht eingetragene rechte Winkel, Kreisteilungen und Vielecke betroffen. Die Winkelabweichungen werden in der DIN ISO 2768 in Abhän gigkeit von der Län ge in Winkelgraden angegeben. Allgemeintoleranzen erweisen sich in der Praxis meist als sehr kosten günstig, da ab einem bestimmten Toleranzwert faktisch kein Kosten gewinn mehr z u erzielen ist. In der Norm ist diese Tendenz bereits berücksichtigt. Leitregel 8.3: Allgemeintoleranzen für einzelne Winkel

Winkeltoleranzen gelten insbesondere für nicht eingetragene Winkel (z.B. 90°Ecken). Hierdurch wird die Richt ung, aber nicht die Formabweich ung eingeschränkt. Viele Anwengunden erlauben oft geringfügige Toleranzüberschreitungen ohne die F unktion zu beeinträchti gen. Meist werden dann in Ba ugruppen Kompensationsef fekte wirksam. In diesem Sinne dürfen a uch in A usnahmefällen die an gegebenen All gemeintoleranzen überschritten werden. Leitregel 8.4: Verbindlichkeit von Allgemeintoleranzen

Ein Werkstück ist nicht zurückzuweisen, wenn zwar die All gemeintoleranzen überschritten werden, aber seine Funktion nicht beeinträchtigt wird (siehe DIN ISO 2768 und Beanstandungsparagraf 459 BGB).

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8 Allgemeintoleranzen Leitregel 8.5: Überschneidung von Normen für Allgemeintoleranzen

Sollten in einer Zeichnung mehrere Allgemeintoleranzen angegeben sein, dann gelten sie jeweils nur für solche Maße, die mit den entsprechenden Fertigungsverfahren erzeugt werden, für die die Norm fest gelegt ist. Sollte ein einzelnes Maß von zwei Normen ein gegrenzt werden, so gilt im Zweifelsfall die Norm mit den größeren Toleranzwerten. Allgemeintoleranznormen, die gemeinsam auftreten können, sind z.B.: • DIN 6930 (Stanzen) • DIN EN ISO 13920 (Schweißen) • DIN ISO 2768 (Spanen) Bei einem G ussteil, welches eine rohe, unbearbeitete Fläche und eine spanend bearbeitete Fläche hat (z.B. Gehäusedeckel), kann dies der Fall sein. Ist zwischen roher und bearbeiteter Fläche ein Maß an gegeben, so gelten für dieses Maß die All gemeintoleranzen für G ussteile DIN 1686 und die für gespante Flächen DIN ISO 2768. Dieses Maß unterliegt dann nach Festlegung in ISO 2768 der größeren Toleranz. Im Re gelfall ist dies die All gemeintoleranz für Gussteile. Die folgende Tabelle 8.1 gibt einen Überblick über die Normen für Allgemeintoleranzen für die verschiedenen Fertigungsverfahren. In der Spalte vorhandene Toleranzen wird der Gelt ungsbereich der verschiedenen Normen kurz umrissen. Die meisten dieser Normen kön nen sowohl für den T olerierungsgrundsatz Unabhängigkeitsprinzip als a uch für das Hüllprinzip verwendet werden. Sollten Normen eines der beiden Prinzipien vorschreiben oder V orschriften machen, die diesen Prinzipien ähneln, so ist dies in der Spalte enthält Tolerierungsgrundsatz aufgeführt. Sollte eine spezielle Norm in Bez ug auf Allgemeintoleranzen nicht vollständig sein, so kann man die Lücken auf die folgende Art schließen: • Übertragung der Werte der ISO 2768, oder • man verwendet eine ei gene Werksnorm für die üblicherweise ein gesetzten Ferti gungsverfahren. Man le gt also für die fehlenden T oleranzen eigene Grenzwerte a us Erfahrung fest. Einige verfahrensspezifische Allgemeintoleranzen decken auch die maßgeblichen Form- und Lagetoleranzen ab. Diese speziellen T oleranzen berücksichti gen hierbei die Besonderheiten des jeweiligen Fertigungsverfahrens. In der Regel sind die einhaltbaren All gemeintoleranzen beim Schmieden, Schweißen oder Stanzen einfach gröber als bei einer spanenden Fertigung.

8.1 Notwendigkeit und Begründung Fertigungsverfahren Metallguss

Norm

Maß, FS, BZ

ISO 8062

Maß, FS, FV

DIN 16901

Keramik

DIN 40680

Gummi

DIN 3302-2

Strangpressen Al

DIN 7526

Maß,

,

Maß Maß, R; FV, BZ (nur tiefe Löcher) Maß, FV,

DIN 7527

Maß, BZ,

DIN 17606

Maß,

DIN EN 755-9 DIN EN 12020-1/2 DIN ISO 13920

Thermoschneiden

DIN 2310

Stanzen

DIN 6930 DIN ISO 2768

Abkürzungen in der Tabelle: BZ: Bearbeitungszugabe F+L: Form- und Lagetoleranzen

enthält Tolerierungsgrundsatz weitergehende Festlegung als Hüllprinzip

Maß

DIN EN 586-3

Schweißen

spanende Fertigung

vorhandene Toleranzen

DIN 1680 DIN 1688

Kunststoffspritzguss

Gesenkschmieden St Gesenkschmieden Al Freiformschmieden St Freiformschmieden Al

89

entspricht in etwa dem Hüllprinzip

Maß, R (über Wanddicke) Maß, R

entspricht in etwa dem (über Wanddicke) Hüllprinzip Unabhängigkeitsprinzip Maß, W; vorgeschrieben Unabhängigkeitsprinzip (im Profil) Maß; vorgeschrieben Maß, R, W (nur für Profile) Alle

FS: Formschräge R: Radienmaße

Tabelle 8.1: Allgemeintoleranzen für verschiedene Fertigungsverfahren

FV: Formversatz W: Winkelmaße

90

8.2

8 Allgemeintoleranzen

Allgemeintoleranzen nach DIN ISO 2768

Da sehr viele Endbearbeitungen spanend erfolgen, werden hier besonders die Anforderungen der Norm DIN ISO 2768 beschrieben. Diese Norm basiert auf der DIN 7168 und ersetzt diese für Ne ukonstruktionen (für Maße zwischen 4m und 20m kann noch DIN 7168 verwendet werden, da DIN ISO 2768 hier keine Angaben macht). Die ISO 2768 besteht aus zwei Teilen: • Teil 1 enthält Angaben zu Maß- und Winkeltoleranzen, • Teil 2 beschreibt die Allgemeintoleranzen zu Form und Lage und ist vom Grundsatz her für metallische Werkstoffe (St, Al, Mg, Ti) angelegt worden, wobei eine Wertübertragung auf nichtmetallische Werkstoffe zulässig ist.

8.2.1

Fertigungsverfahren und Werkstoffe

Die ISO 2768 ist vor allem für spanend gefertigte Geometrieelemente erstellt und dafür vorgesehen. Das heißt, sie gilt auch für Teile, die zunächst gefügt werden und deren Endbearbeitung danach spanend durchgeführt wird. Sie gilt aber nicht für Teile, deren Lage und Form sich erst aus dem Zusammenbau ergibt (z.B. ein eingepresster Bolzen). Teil 1 dieser Norm kann a uch a uf umgeformte Elemente an gewendet werden, wenn keine eigenen Allgemeintoleranzen existieren. Die Norm ist ebenso für Teile gültig, die mit anderen Verfahren gefertigt wurden. Existiert also keine Norm, die ein bestimmtes Ferti gungsverfahren beschreibt, oder ist eine vorhandene Norm nicht vollständi g, so kann a uf ISO 2768 zurückgegriffen werden. Diese Erweiter ungen gelten aber n ur für T eil 1. Teil 2 bietet diese Möglichkeit zur Schließung von Lücken in anderen Normen nicht.

8.2.2

Zeichnungseintragung

Die Allgemeintoleranzen sind im oder neben dem Schriftfeld einzutragen.

Abb. 8.1:

Eintragung von Allgemeintoleranzen

8.2 Allgemeintoleranzen nach DIN ISO 2768

91

Es reicht a us, wenn man statt DIN ISO nur ISO einträ gt, dies ist z udem noch international interpretierbar. Solan ge keine Unklarheiten bestehen, kann a uch das W ort Allgemeintoleranzen weggelassen werden. Wenn keine anderen All gemeintoleranznormen an gegeben werden, sollten immer beide Kennbuchstaben erscheinen. Fehlt der zweite B uchstabe, so ist die Zeichn ung unvollständig. Die An gabe des T olerierungsgrundsatzes erfol gt a uf fol gende Weise (die An gabe der T oleranzklassen ist hier willkürlich gewählt): Unabhängigkeitsprinzip:

Allgemeintoleranzen ISO 2768 – mH Tolerierung ISO 8015

Hüllprinzip:

Allgemeintoleranzen ISO 2768 – mH – E Tolerierung DIN 7167

Für das Unabhängigkeitsprinzip gibt es keine andere Möglichkeit der Kennzeichnung. Für die Kennzeichnung des Hüllprinzips ist die an gegebene Bezeichn ung zu empfehlen. Das zusätzlich an gehängte -E gibt an, dass a uch die nach ISO 2768 ein geschränkten Formelemente dem Hüllprinzip unterliegen. Dies wäre ei gentlich in De utschland nicht nöti g; aus Gründen der Einde utigkeit und größtmöglicher Klarheit sollte dies aber gegenüber externen Fertigungsstätten (insbesondere im Ausland) hervorgehoben werden.

8.2.3

Maß- und Winkeltoleranzen

ISO 2768, T.1, enthält Toleranzen für Längen- und Winkelmaße sowie für gebrochene Kanten (Rundungsradien und Faserhöhen): • Längenmaße sind die Gr undlage jeder technischen Zeichn ung, sie sind damit a uch die Grundlage jeder Norm für Allgemeintoleranzen. • Winkelmaße gehören ei gentlich z u den La getoleranzen (Nei gung), sind aber anders definiert und stehen deshalb in Teil 1 der Norm. • Gebrochene Kanten (angefasst oder gerundet) werden hier nicht näher behandelt. In der DIN 7168 zählten z u diesem Bereich a uch Radien, unter ISO 2768 jedoch fallen Radien unter den Bereich Längenmaße. Die ISO 2768, T.1, verwendet vier Toleranzklassen. Sie werden klassifiziert mit den kleinen Buchstaben: fein engl.: fine • f= mittel engl.: middle • m= • c= grob engl.: coarse • v= sehr grob engl.: very coarse Die Zahlenwerte können der entsprechenden Norm entnommen werden.

92

8 Allgemeintoleranzen

Die Toleranzen in ISO 2768 sind gegenüber DIN 7168 nur in den groben Klassen geringfügig vergrößert. Die ISO 2768 gilt bis Längen von 4.000mm, die DIN 7168 jedoch bis 20.000mm. Zwischen 4m und 20m kann deshalb noch DI N 7168 verwendet werden. Die W inkeltoleranzen haben sich zwischen ISO 2768 und DIN 7168 nur in der Klasse c geändert.

8.2.4

Form- und Lagetoleranzen

In der Praxis benötigt man nicht alle vierzehn der in der ISO 1 101 festgelegten F+L-Toleranzen, um bestimmte geometrische Eigenschaften zu erzielen. Einige Toleranzarten sind durch andere und auch durch Allgemeintoleranzen indirekt begrenzt, wie Tabelle 8.2 ausweist. Tolerierte Eigenschaften

Begrenzungen Toleranzarten

eingeschlossene Toleranzen

Geradheit

Zylindrizität

Rundheit, Geradheit und Parallelität sowie gegebenenfalls Hüllbedingung

Rundheit Parallelität Ebenheit

Linienprofil Flächenprofil

Ebenheit

Rechtwinkligkeit

Neigung

Winkeltoleranzen

Symmetrie

Position

teilweise durch Maßtoleranzen

Koaxialität

Lauf

Lauf

Rundheit, Geradheit Parallelität (bei Gesamtlauf) bzw. Rechtwinkligkeit (bei Planlauf)

Gesamtlauf

Tabelle 8.2: Durch Allgemeintoleranzen (ISO 2768, T.2) direkt und indirekt begrenzte Geometrieabweichungen nach [JOR 04]

Für Form- und Lagetoleranzen sind drei Toleranzklassen festgelegt, diese werden mit Großbuchstaben bezeichnet. Diese grenzen ein: • feine bis mittlere Toleranzen durch H, • mittlere bis grobe Toleranzen durch K, • grobe bis sehr grobe Toleranzen durch L. Die Zahlenwerte für die einzelnen Form- und La getoleranzen entnehme man dem entsprechenden Normenblatt.

8.2 Allgemeintoleranzen nach DIN ISO 2768

93

Des Weiteren gibt die Norm eini ge Regeln zur Festlegung und Auswahl der ein grenzenden F+L-Toleranzen an: •

• • • •

• • •





Geradheit: Sämtliche nicht tolerierten Geraden eines W erkstückes werden d urch die angegebene Geradheitstoleranz be grenzt. Es sind dies Mantellinien, Kanten, Dia gonallinien, Achsen usw. Laut Norm sollte die Geradheitsabweich ung etwa die gleiche Größe wie die Ebenheitsabweichung haben. Ebenheit: Der Nennmaßbereich für Ebenen wird von der größten Seitenlän ge oder bei Kreisflächen vom größten Durchmesser begrenzt. Die Norm deckt hierbei den Bereich. Rundheit: Die R undheit wird d urch die Maßtoleranz des D urchmessers und d urch die einfache Rundlauftoleranz ein gegrenzt. Dabei ist der kleinere W ert der La uftoleranz entscheidend. Zylinderform: Abweichungen von der Zylinderform sind in der Norm nicht festgelegt. Bezüge bei Lagetoleranzen: Als Bezugselement dient oft das längere der beteiligten Elemente, das zu tolerierende ist aber das kürzere. Der Nennmaßbereich richtet sich also nach dem kürzeren Element. Sind beide Elemente gleich lang, kann jedes als Bez ugselement dienen. Ausnahmen sind bei der Lagetoleranz Lauf die Lagerstellen, wenn sie als Bezug gekennzeichnet sind. Parallelität: Die Parallelitätstoleranz ist der größere Wert aus der Maßtoleranz zwischen beiden Elementen oder deren Geradheits- bzw . Ebenheitstoleranz, je nachdem, welcher der beiden Werte der größere ist. Rechtwinkligkeit: Bei der Rechtwinkli gkeitsbestimmung ist stets der län gere der den rechten W inkel bildenden beiden Schenkel als Bez ugselement heranz uziehen. Die Abweichungen gelten somit für den kürzeren Winkelschenkel. Symmetrie: Sie gilt zwischen zwei symmetrisch liegenden Geometrieelementen, wenn – mindestens eins der Elemente eine Mittelebene hat oder – beide Elemente Achsen haben, die sich rechtwinklig schneiden. Das längere der beiden Geometrieelemente gilt als Bezugselement. Haben beide Elemente die gleiche Achse, so fällt die Tolerierung unter den Bereich Lauf. Lauf: Die Allgemeintoleranzen gelten für Rundlauf, Planlauf und Lauf in beliebiger Richtung zwischen beliebigen Flächen, die koaxial und rotationssymmetrisch sind. Lagerstellen sind Bez ugselemente, wenn sie als solche gekennzeichnet sind. Ansonsten gilt die Aussage über Bezüge bei Lagetoleranzen. Koaxialität: Allgemeintoleranzen für die Koaxialität sind nicht fest gelegt. Im Extremfall darf die Koaxialitätsabweichung so groß wie die Rundlaufabweichung sein.

Die Bedeutung von Allgemeintoleranzen wird oft unterschätzt. Sie sind in der Praxis aber ein wichtiges Element, um gegebenenfalls d urch T oleranzerweiterung zu kosten günstigeren Lösungen zu kommen.

94

8.3

8 Allgemeintoleranzen

Bearbeitungszugaben

Bauteile, die z unächst als Rohteile vorlie gen und deren Ferti gkontur spanend hera usgearbeitet werden soll, müssen mit Bearbeit ungszugaben und Toleranzen festgelegt werden. Dies ist bei Ur- und Umformverfahren sowie vereinzelt auch bei Schweißgruppen erforderlich. Die festzulegenden Wertebereiche sind im Wesentlichen abhängig vom Fertigungsverfahren, dem Werkstoff und der notwendi gen Reprod uzierbarkeit für Serienlös ungen. A uf eini ge Aspekte der F unktions- und Qualitätsfähigkeit von Rohteilen soll deshalb noch kurz eingegangen werden.

8.3.1

Maßtoleranzen und Bearbeitungszugaben für Gussteile

Gussteile sind meist Monta ge- oder Monta gebasisteile, die alleine oder im V erbund gewisse Funktionen zu erfüllen haben. N ur die weni gsten Maße werden somit frei sein, weshalb für die Funktionsmaße bestimmte Toleranzen einzuhalten sind. Im Normfall ist für die Bearbeitung eines Gussteils nur ein Toleranzgrad anzunehmen. Dieser ist von der Art des Gussteils (Werkstoff, Fertigungsverfahren), den Gesamtabmessungen nach der spanenden Bearbeit ung und der z u erreichenden Prozessfähigkeit abhän gig. Das größte Maß eines Geometrieelements im Roh gusszustand sollte das Ferti gmaß pl us die geforderte Bearbeitungszugabe plus die gesamte Gusstoleranz und eine event uell auftretende Lagetoleranz möglichst nicht überschreiten, da ansonsten unnötiger Fertigungsaufwand durch Abtragen entsteht. Gegebenenfalls müssen auch Formschrägen berücksichtigt werden. Die Maßbeziehungen für eine z u bearbeitende Außenkontur nach ISO 8062 zei gt Abbildung 8.2. Das Rohteil-Nennmaß bestimmt sich somit zu ∅R = ∅F + 2 RMA + 2

CT + (t L ) . 4

(8-1)

Im Besonderen ist ein Rotationsteil dargestellt, bei dem ein Bund zu bearbeiten ist. Das Nennmaß ∅R am Roh gussteil wird um die V erarbeitungstoleranz + CT/2 stre uen. Im Extremfall kann a uch das Kleinstmaß ∅ Ru auftreten. Selbst in diesem Fall m uss für die Ferti gbearbeitung noch eine ausreichende Bearbeitungszugabe (RMA) vorhanden sein. Falls es sich nicht um ein Rotationsteil handelt, bra uchen natürlich in Gleich ung (8-1) die Bearbeitungszugabe und die Toleranz nur einmal berücksichtigt werden. Leitregel 8.6: Sichern eines Fertigteilmaßes

Das größte Rohgussmaß ergibt sich aus Fertigmaß zuzüglich Bearbeitungszugabe plus Gusstoleranz plus Lagetoleranz des Geometrieelementes.

8.3 Bearbeitungszugaben

R= F= Abb. 8.2:

95

Nennmaß des Rohgussteils Maß nach der Fertigbearbeitung

RMA = Bearbeitungszugabe CT = Gusstoleranz

Maßbeziehungen an einer rotationssymmetrischen Außenkontur

Entsprechend gibt Abbildung 8.3 die Maßbezieh ungen für eine z u bearbeitende Innenkontur wieder.

Abb. 8.3:

Maßbeziehungen an einer Innenkontur

Für das Rohteil-Nennmaß ist dann hier einzuhalten: ∅R = ∅F − 2 RMA − 2

CT − tL . 4

(8-2)

96

8 Allgemeintoleranzen

Weiter sei dara uf hin gewiesen, dass die Kenn zeichnung von mechanisch z u bearbeitenden Flächen gemäß den Symbolen nach ISO 1302 zu erfolgen hat. Die Norm ISO 8062 verlan gt a ußerdem, dass die All gemeintoleranzen und die Bearbeitungszugaben a uf der Zeichn ung zu vermerken sind, weil diese die Modellerstell ung betreffen. Für das Rohgussteil bestehen die folgenden Möglichkeiten der Angabe: a) Angabe der Norm und des Gusstoleranzgrades, wie folgt: Allgemeintoleranz ISO 8062 – CT 10 b) Werden zusätzliche Einschränkungen des Versatzes gefordert, dann wie folgt: Allgemeintoleranz ISO 8062 – CT 10 – maximaler Versatz: 1,5 c) Natürlich ist es auch zugelassen, zu Nennmaßen individuelle Toleranzen festzulegen und damit die Allgemeintoleranzen abzuändern, z.B. in +4

90 ± 2 oder 150 − 3 .

Für den G usstoleranzgrad sind in der Norm 16 Güteklassen und 16 Nennmaßklassen von 1-10.000mm angegeben. In der nachfol genden Auflistung (Tabelle 8.3 ) ist eine A uswahl aus dem Hauptmaßbereich wiedergegeben. Nennmaß des Gussrohrteiles

Gusstoleranzklassen CT

von

bis

7

8

9

10

11

12

13

14

100

160

1,2

1,8

2,5

3,6

5

7

10

12

160

250

1,4

2

2,8

4

5,6

8

11

14

250

400

1,6

2,2

3,2

4,4

6,2

9

12

16

400

630

1,8

2,6

3,6

5

7

10

14

18

630

1.000

2

2,8

4

6

8

11

16

20

1.000

1.600

2,2

3,2

4,6

7

9

13

18

23

1.600

2.500

2,6

3,8

5,4

8

10

15

21

26

Tabelle 8.3: Gusstoleranzgrade in Abhängigkeit vom Nennmaß nach DIN ISO 8062

Diese Klassifizier ung ist in T abelle 8.4 um eini ge Praxiserfahrungen a us der Ferti gung mit unterschiedlichen Werkstoffen verdichtet worden.

8.3 Bearbeitungszugaben Fertigungsverfahren

97 Material- bzw. Legierung Stahl und Grauguss

Kupfer- und ZinkLegierungen

LeichtmetallLegierungen

Sandformen, händisch eingeformt

11–14

10–13

9–12

Sandformen, maschinell eingeformt

8–12

8–10

7–9

Tabelle 8.4: Zuordnung von Toleranzgraden zu Gussteilen

Ergänzend z u den vorstehenden Zeichn ungsangaben müssen a uch noch die Bearbeit ungszugaben (RMA = Req uired Material Allowance) vereinbart werden. Die An gaben in der Zeichnung sind somit zu erweitern, z.B. zu d) ISO 8062 – CT 10 – RMA 6 (H) Dies bede utet: Bearbeit ungszugabe ist 6mm mit Grad H für ein G sungsbereich von 400–630mm zur Allgemeintoleranz CT 10.

ussteil im Abmes-

Für erforderliche Bearbeitungszugaben macht die Norm auch ausführliche Angaben in 10 Kategorien und 13 Maßbereichen. Hiervon sei wieder nur ein kurzer Auszug in Tabelle 8.5 gegeben. größtes Maß

Toleranzgrad der Bearbeitungszugaben RMA

von

bis

C

D

E

F

G

H

J

K

63

100

0,2

0,3

0,4

0,5

0,5

0,7

1

1,4

100

160

0,5

0,8

1,1

1,5

2,2

3

4

6

160

250

0,7

1

1,4

2

2,8

4

5,5

8

250

400

0,9

1,3

1,8

2,5

3,5

5

7

10

400

630

1,1

1,5

2,2

3

4

6

9

12

630

1.000

1,2

1,8

2,5

3,5

5

7

10

14

1.000

1.600

1,4

2

2,8

4

5,5

8

11

16

1.600

2.500

1,6

2,2

3,2

4,5

6

9

13

18

Tabelle 8.5: Erforderliche Bearbeitungszugaben für Gussteile

Die ausgeführten RMA-Kategorien lassen sich auch wieder nach Erfahrungswerten verschiedenen Fertigungsverfahren und Werkstoffen zuordnen. In der umseitigen Tabelle 8.6 ist hiervon wieder nur einen Auszug gegeben.

98

8 Allgemeintoleranzen

Material- bzw. Legierung Fertigungsverfahren

Stahl Grauguss

Sandformen, händisch eingeformt

G–K

Sandformen, maschinell eingeformt

KupferLegierungen

ZinkLegierungen

LeichtmetallLegierungen

F–H

F–H

F–H

F–H

F–H

E–G

E–G

E–G

E–G

dauerhafte Metallform, Niederdruck



D–F

D–F

D–F

D–F

Druckguss





B–D

B–D

B–D

Präzisionsguss

E

E

E



E

Tabelle 8.6: Abhängigkeit der RMA-Werte vom Fertigungsverfahren und dem Werkstoff

8.3.2

Maß-, Formtoleranzen und Bearbeitungszugaben für Schmiedeteile

Schmiedeteile werden ein gesetzt, wenn besondere Anforder ungen an den Kraftfl ussverlauf bestehen. Das Spektrum reicht somit von kompakten T eilen (Klauen, Zahnrädern) zu mittelgroßen Teilen (Fahrwerkskomponenten) bis z u Großteilen (Schiffsantriebe). Der Ungenauigkeitsgrad ist von der Schmiedetechnik abhän gig und beim Freiformschmieden nat urgemäß größer als beim Gesenkschmieden. Je nach Einsatzzweck sind Ganzbearbeit ungen oder n ur die Bearbeitung von Funktionsflächen notwendig. Freiformgeschmiedete Teile sind gewöhnlich Kleinserienteile. Eine größere Un genauigkeit wird dann d urch vermehrte Bearbeit ung ausgeglichen. Derartige Teile sind nach den Ferti gmaßen zu bestellen, wobei eine bestimmte Schmied güte vereinbart werden muss. Tabelle 8.7 gibt eine Übersicht über Normen für Freiformschmiedeteile.

Freiformschmieden Norm

Schmiedeteil

DIN 7527, Bl. 1

Scheiben

DIN 7527, Bl. 2

Lochscheiben

DIN 7527, Bl. 3

Ringe

DIN 7527, Bl. 4

Buchsen

DIN 7527, Bl. 5

gerollte und geschweißte Ringe

DIN 7527, Bl. 6

Stäbe

Tabelle 8.7: Normen über Abweichungen und Bearbeitungszugaben von Freiformschmiedeteilen

8.3 Bearbeitungszugaben

99

Zu den Schmiede güten F (übliche Gena uigkeit) und E (höhere Anforder ungen) weisen die Normen Tabellen über Bearbeit ungszugaben a us, welche den entsprechenden Ferti gmaßen zugeschlagen werden müssen. Gesenkschmiedeteile werden normalerweise für die Großserie hergestellt. Hiermit ist das Ziel eines hohen Endfertigungsgrades verbunden, welches geringe Bearbeitungszugaben und enge Toleranzen erfordert. D urch Norm ung (siehe T abelle 8.8) sind die notwendi gen verfahrensspezifischen Toleranzen festgelegt worden.

Gesenkschmieden Norm

Werkstoff/Verfahren/Geometrie

DIN EN 10243-1

Stahl/Warmverarbeitung in Hämmern und Senkrecht-Pressen

DIN EN 10243-2

Stahl/Warmverarbeitung in Waagerecht-Stauchmaschinen

DIN 7523, T. 2

Stahl/Gesenkschmieden/Bearbeitungszugaben, Schrägen, Rundungen, Kehlen, Dicken, Breiten

DIN 586-3

Aluminium/Schmiedestücke/Grenzabmaße und Formtoleranzen

Tabelle 8.8: Normen über Maß- und Geometrieabweichungen für Gesenkschmiedeteile

Mit der DIN EN 10243 ist die geläufigste Schmiedetechnologie abgedeckt. Die Norm geht insbesondere a uf verfahrensbedin gte Abweich ungen ein und le gt vier Gr uppen von T oleranzen fest: •

Gruppe 1:

• • •

Gruppe 2: Gruppe 3: andere Toleranzarten:

Längen-, Breiten- und Höhenmaße; Versatz; Gratansatz/ Anschnitttiefe; Lochmaße. Dickenmaße; Auswerfermarken. Durchbiegung und Ebenheit; Mittenabstände. Hohlkehlen und Kantenrundungen; Abgratnasen; Oberflächenbeschaffenheit; Gesenkschrägen; Fluchtabweichungen bei Sacklöchern; Verformung gescherter Enden und Toleranzen für die nicht umgeformten Bereiche.

Die Allgemeintoleranz bei Schmiedeteilen soll laut Norm immer 2/3 zu 1/3 aufgeteilt werden. Die 2/3-Toleranz wird sodann als Plustoleranz und die 1/3-Toleranz als Minustoleranz angegeben. Es ergibt sich so das Größt- und Kleinstmaß. Als Normalfall ist weiter der T olerierungsgrundsatz Hüllprinzip (DIN 7167) vereinbart. Die auftretenden Formabweichungen Unrundheit, Abweichungen vom Kreiszylinder, Abweichungen von der Ebenen sowie andere Abweich ungen von einem vor geschriebenen Umriss liegen somit innerhalb der Maßabweichungen, was auch in den Tabellen berücksichtigt wurde. Falls ein anderer Z usammenhang gewünscht wird, wie nach ISO 8015 ( Unabhängigkeitsprinzip), so muss dies auf der Zeichnung vermerkt werden.

100

8 Allgemeintoleranzen

Der Problemkreis der Bearbeitungszugaben für Gesenkschmiedeteile ist in der DIN 7523, T.1, geregelt worden. Die an gegebenen Z uschlaggrößen sind a uf Flächen bezo gen und sollen sicherstellen, dass d urch eine a usreichende Mindestspanabnahme hochwerti ge F unktionsflächen bzw. -maße hergestellt werden können. Leitregel 8.7: Toleranzkosten von Schmiedeteilen

Allgemeintoleranzen für Güte F führen regelmäßig zu kostengünstigen Teilen. Wird Schmiedgüte E gewählt, so liegen die Herstellkosten fast immer deutlich höher. Neben S tahl werden für gewichtsoptimierte Inte gralbauteile z unehmend Al uminium bzw . Aluminiumlegierungen als Schmiedeteile ein gesetzt. Diese werden üblicherweise im W armformverfahren als Freiform- oder Gesenkschmiedeteile her gestellt. Für die A usführungsqualität sind in der EN 586-1 Technische Lieferbedingungen fest gelegt. Hierz u ergänzend spezifiziert die Norm EN 586-3 Grenzabmaße und Formtoleranzen für form- und nichtformgebundene Maße ohne allseiti ge Bearbeit ung. Da bei Schmiedeteilen hä ufig prozessbedingter Verzug und Verdrallung auftreten, definiert die Norm noch besondere Grenzen für die Geradheit und Ebenheit, die zusätzlich zu den Maßabweichungen (siehe ISO 8015) zu berücksichtigen sind. Die ein grenzenden Grenzabmaße und Formtoleranzen können d urch andere Zeichnungseintragungen erweitert oder enger begrenzt werden. Hierdurch wird möglicherweise die Güteklasse verändert, was wiederum Einfluss auf die Herstellkosten hat.

8.3.3

Allgemeintoleranzen für Schweißkonstruktionen

Die Schweißtechnik ist ein dif ferenzielles Verfahren, welches im Maschinenba u bei der Einzel- und Kleinserienfertigung bzw. im Fahrze ugbau auch für die Großserienferti gung eingesetzt wird. Zweck ist es hierbei, Halbze uge sowie Um- und Urformteile z u Ba ugruppen z u verbinden. Charakteristisch ist, dass die Ausgangsteile oft großen Maßstreuungen (DIN-Gütegrade) unterliegen, von der Baugruppe aber eine gute Maßhaltigkeit verlangt wird. In der Norm DIN EN ISO 13920 sind die Maß- und Winkeltoleranzen sowie die meist notwendigen Form- und Lagetoleranzen festgelegt. Demgemäß existieren Tabellen für • Maßtoleranzen (Nennmaßbereich 2mm bis über 20m), • Winkeltoleranzen (Nennmaßbereich bis über 1m) und • Geradheits-, Ebenheits- und Parallelitätstoleranzen. Für die Maß- und Winkeltoleranzen sind vier Klassen A, B, C und D geschaffen worden, die eine Staffelung der Toleranzen von fein bis sehr grob vereinbaren. Entsprechend sind für die F+L-Toleranzen die Klassen E, F, G und H festgelegt worden. Da als Endkontrolle bei Schweißbaugruppen gewöhnlich F unktionsmaße überprüft werden müssen, wird in der Norm die Festlegung eines Bezugspunktes verlangt. Der Bezugspunkt ist

8.3 Bearbeitungszugaben

101

vor allem notwendi g, um Winkelabweichungen z u kontrollieren und ist normalerweise mit dem kürzeren Winkelschenkel zu bilden. Für das Zusammenwirken zwischen Maß- und F+L-Toleranzen ist als Tolerierungsprinzip die ISO 8015 vereinbart. Besonders an gesprochen sind die Geradheit, Parallelität und Ebenheit, weil diese oftmals an Baugruppen eingerichtet werden müssen. Der Nachweis auf Einhaltung der Geometrieabweichungen ist stets durch einfache Lehrung zu erbringen.

9

Tolerierungsprinzipien

9.1

Funktionsbeschreibungen

Die zuvor ein geführten Geometrietoleranzen müssen nicht n ur mit der Maßtolerier ung harmonieren, sondern a uch Funktionsanforderungen, wie beispielsweise die Passungsfähigkeit, gewährleisten können [BOH 98]. Mit diesem Ziel sollen im W eiteren eini ge Grundbegriffe (siehe Abbildung 9.1) der Tolerierungsprinzipien (siehe ISO 14660) beschrieben und festgelegt werden. 0 ∅ 20 h 9 ⎛⎜ − 0,05 ⎞⎟ ⎝ ⎠

∅ 0,1 M A

Paarungsmaß Minimum Material Maß ∅ 19,95 Maximum Material Maß ∅ 20,00

MaximumMaterialVirtualZustand

örtliches Istmaß

A Rechtwinklig keitstoleranz zone ∅ 0,1

Maximum Material Virtual Maß ∅ 20,1 (= wirksames Maß) Abb. 9.1:

Zustandsdefinitionen an einem Geometrieelement entsprechend ISO 2692

104

9.1.1

9 Tolerierungsprinzipien

Maximum-Material-Zustand (MMC)

Englisch: maximum material condition

Abkürzung: MMC

Der Maximum-Material-Zustand ist nach ISO 2692 der Zustand, in dem das Istmaß des Geometrieelementes überall gleich dem maximalen Grenzmaß ist. Das Material des Geometrieelementes hat dann sein Maximum (MMC). Bei einer Bohrung ist dies das Mindestmaß, bei einer Welle das Höchstmaß. Für eine Bohrung wird dies einsichti g, wenn man sich um die Bohr ung einen Kontrollra um denkt, der bei der kleinsten Bohrung somit maximales Volumen aufweist. Nach ISO 8015 darf das Geometrieelement im Maxim um-Material-Zustand aber noch Formabweichungen aufweisen! Hier ist die Ausdehnung der Hülle maßgebend (siehe dazu auch die Definition von MMVS).

9.1.2

Maximum-Material-Maß (MMS)

Englisch: maximum material size

Abkürzung: MMS

Das Maxim um-Material-Maß ist das Grenzmaß, bei dem ein Maxim um an Material eines Geometrieelementes vorlie gt. Bei einer Bohr ung ist dies immer das Mindestmaß, bei einer Welle immer das Höchstmaß. Das MMS beschreibt den Maximum-Material-Zustand.

9.1.3

Minimum-Material-Zustand (LMC)

Englisch: least material condition

Abkürzung: LMC

Der Minim um-Material-Zustand ist (analo g zum Maxim um-Material-Zustand) der Z ustand, bei dem das Istmaß des Geometrieelementes an jeder Stelle gleich dem minimalen Grenzmaß ist. Das Material des Geometrieelementes hat sein Minimum. Bei einer Bohr ung ist dies das Höchstmaß, bei einer Welle ist dies das Mindestmaß.

9.1.4

Minimum-Material-Maß (LMS)

Englisch: least material size

Abkürzung: LMS

Dies ist das Maß, bei dem das Geometrieelement den Minim um-Material-Zustand bzw. das Minimum-Material-Maß hat.

9.1.5

Material-Bedingungen

Die Materialbedingungen (nach ISO 2692: M , L , R ) haben bei der Ba uteilauslegung die wichtige Aufgabe, die Paarbarkeit, Funktionssicherheit und Wirtschaftlichkeit sicherzustellen.

9.2 Der Taylor’sche Prüfgrundsatz • • •

105

Die Maximum-Material-Bedingung (MMR) wird heran gezogen, um durch erweiterte F+LToleranzen zu einer insgesamt funktions- und paarungsgerechten Auslegung zu gelangen. Die Minim um-Material-Bedingung (LMR) wird heran gezogen, um z.B. die Mindestwandstärke zwischen zwei symmetrisch oder koaxial liegenden Maßelementen zu sichern. Die Reziprozitätsbedin gung (R PR) wird z usätzlich z ur MMR oder LMR heran gezogen, um die Maßtoleranz um die nicht ausgenutzte Geometrietoleranz erweitern zu können.

9.1.6

Wirksames Maximum-Material-Virtual-Maß (MMVS)

Englisch: maximum material virtual size Abkürz

ung: MMVS

Die Maxim um-Material-Virtual-Grenze oder der wirksame Zustand ist das Maß der gedachten Umhüll ung geometrisch idealer Form, das sich a us dem Z usammenwirken von Maximum-Material-Maß und der größten zulässigen Form- und Lagetoleranz beim Fü gen eines Werkstücks ergibt: • Für Wellen: MMVS = MMS + (Form- oder Lagetoleranz) • Für Bohrungen: MMVS = MMS – (Form- oder Lagetoleranz) Entsprechend existiert a uch ein wirksames Minim um-Material-Virtual-Maß (LMVS), welches bei der Reziprozitätsbdingung (RPR, siehe Kapitel 10.3.1) wirksam wird.

9.2

Der Taylor’sche Prüfgrundsatz

Seit Be ginn der ind ustriellen Produktion erfol gt die maßliche Überprüf ung der W erkstückgeometrie durch Lehrung. Sie ist stets eine f unktionsorientierte Prüfung, und es soll so geprüft werden, wie es der spätere Einsatz erfordert. Der hieraus abgeleitete Taylor’sche Prüfgrundsatz entstand somit, bevor Form- und Lagetoleranzen festgelegt wurden. Er basiert a uf der Tatsache, dass das Mindestspiel bei Maximum-Material-Grenzmaßen nur dann vorhanden ist, wenn das Ba uteil keine zusätzlichen Formabweichungen aufweist. Nach T aylor gilt folgender Grundsatz: Die Gutseite einer starren Lehre muss dem idealen Gegenstück eines Geometrieelementes entsprechen, um die Paarungsmöglichkeit des W erkstücks z u prüfen. Die Ausschussseite bra ucht n ur p unktweise das Ge genstück z u prüfen, um örtliche Maßüberschreitungen festzustellen, die die Toleranz überschreiten. Leitregel 9.1: Taylor’scher Prüfgrundsatz: Gutprüfung nach ISO R 1938:1971

Die Gutprüfung wird als Paarungsprüfung mit einer starren Lehre, die über das ganze Geometrieelement geht, d urchgeführt. Die G utseite MMS stellt demnach das formideale Gegenstück zum Geometrieelement mit Maxim umMaterial-Virtual-Maß (MMVS) dar. Die Gutseite einer Taylor’schen Prüflehre verkörpert somit die Hülle. Es ist für die Gutprüfung notwendig, dass die Prüfbedingung an jeder Stelle erfüllt wird.

106

Abb. 9.2:

9 Tolerierungsprinzipien

Starre Lehre nach Taylor für Bohrungen (engl. Patentnr. 6900 von 1905)

Abbildung 9.2 und Abbildung 9.3 zeigen eine Lehre, die z ur Gut- und Ausschussprüfung einer Bohrung nach dem Taylor’schen Prüfgrundsatz dient. Bei der Bohrung wird stets geprüft, ob die Form eingehalten wird. Das ist der Fall, wenn das ideale Ge genstück mit Maxim um-MaterialMaß (MMS) gepaart werden kann. W eiter wird im Zeitp unkt-Messverfahren geprüft, ob das Minimum-Material-Maß (LMS = größte Bohrung) nicht überschritten wird. Leitregel 9.2: Taylor’scher Prüfgrundsatz: Ausschussprüfung nach ISO R 1938

Die Ausschussprüfung ist eine Einzelprüfung im Zweipunktmessverfahren. Es ist für die Ausschussprüfung hinreichend, dass die Gutbedingung an einer Stelle nicht erfüllt wird, d.h., dass die Bohrung zu groß ist.

Abb. 9.3:

Ausschussprüfung nach Tayor als LML-Prüfung

Daraus fol gt die A ussage, dass beliebi ge Geometrieelemente immer nach dem all gemeinen Taylor’schen Prüfgrundsatz zu bewerten sind.

9.3 Grenzgestalt von Bauteilen

107

Leitregel 9.3: Taylor’scher Prüfgrundsatz: Messprinzip

Der Taylor’sche Prüfgrundsatz definiert [TRU 97]: Bei umhüllend zu paarenden Teilen ist auf der Gutseite die Paarbarkeit zu prüfen. Mit der A usschussseite sind sämtliche voneinander unabhängige Istmaße getrennt zu erfassen. Messprinzip: Gut Ausschuss

= die Prüfbedingung ist überall erfüllt. = die Prüfbedingung ist an mindestens einer Stelle nicht erfüllt.

Diese Aussage gilt für starre Lehren und natürlich auch für so genannte Spreizdorne (können auch MMVS prüfen). Im La ufe der Jahre ist der T aylor’sche Prüfgrundsatz von W einhold erweitert worden, und zwar sollen Lehren neben der Form a uch die La ge von Geometrieelementen prüfen können. Wenn beispielsweise eine Bohr ung auch einer Rechtwinkli gkeitsforderung bezü glich einer Werkstückebene genügen muss, muss auch der Prüfdorn senkrecht zu dieser Ebene stehen. In der erweiterten Formulierung ist deshalb zu fordern: Die Gutlehre muss alle Elemente, die bei der Paarung zugleich beteiligt sind, gemeinsam erfassen. Es müssen bei der Lehrung W erkstück und Gutlehr e alle Relativlagen einneh men, die zwischen dem W erkstück und seinem Gegenstück vorkommen können oder dur ch zusätzliche Lagebedingungen vor geschrieben sind [PFE 01].

9.3

Grenzgestalt von Bauteilen

9.3.1

Auswirkung auf Funktion

Die Grenzgestalt eines Bauteils ist diejenige geometrische Gestalt eines Geometrieelementes, die unter Ausnutzung aller Toleranzen eine extreme Auswirkung auf die Dimensionalität hat. Das bede utet: Mit der Grenz gestalt können die geometrischen Verzerrungen eines Ba uteils simuliert werden. Deren Ursache lie gt im Z usammenwirken der systematischen und zufälligen Herstelleinflüsse [DEN 99]. Die Bestimmung der Grenz gestalt ist wichti g zur Überprüfung der F unktionsfähigkeit eines Bauteils, wenn die Form- und Lageabweichungen maximal werden. Als Beispiel diene hier ein Bauteil, dessen Oberfläche a uf Ebenheit toleriert sei, da es als A usgleichslineal in einen Messaufbau zur Neigungsmessung (siehe Kapitel 7.6.1) eingesetzt werden soll.

108

9 Tolerierungsprinzipien

Zeichnung (nicht maßstabsgetreu) 0,02

Grenzgestalten konkav konvex schief Abb. 9.4:

Funktion gewährleistet Funktion nicht gewährleistet

Beispiel für die Bedeutung der Grenzgestalt

Das Bauteil muss für den Einsatzzweck plan geschliffen werden. Je nach Art der Grenzgestalt ist dann das Teil entweder funktionsfähig oder nicht z u verwenden. Ist die Grenz gestalt konkav oder schief, kann das z u messende T eil kippfrei a ufgelegt werden. Ist die Grenzabweichung konvex, kann man das z u messende Teil nicht stabil a uflegen. Die Linealf unktion ist somit nicht gegeben. Bei Ba uteilen treten immer ganz bestimmte Grenz gestalten a uf. Dies fol gt a us dem Zusammenwirken von Maß- und Formabweichungen. In der Praxis können die sich a usbildenden Grenz gestalten n ur sehr a ufwändig erfasst werden. Es ist insofern a uch einsichti g, dass diese extremen Geometrieabweich ungen unmittelbar d urch die T oleranzzone (Art und Größe) bestimmt werden. Meist hat man es dabei mit geraden oder kreisrin gförmigen Toleranzzonen zu tun.

9.3.2

Formen typischer Grenzgestalten

Für geradlinige Toleranzzonen können die in Abbild ung 9.5 skizzierten Grenzabweich ungen für reale Flächen oder Geraden bzw. auch abgeleitete Achsen vorkommen.

Abb. 9.5:

Grenzgestalten bei geradlinigen Toleranzzonen nach [JOR 01]

9.3 Grenzgestalt von Bauteilen

109

Hierzu seien ein paar reale Beispiele gegeben: Grenzabweichung

Bemerkung

Beispiel

wichtig bei Geradheit und Ebenheit;

Mantellinie einer Welle bei der Einspannung in Futter und Spitze.

a)

krumm

b)

unterbei Formtolebrochen ranzen mit gemeinsamer Toleranzzone;

s.o. für Welle mit umlaufender Nut;

c)

schief

wichtig bei Richtungstoleranzen;

Kante eines Quaders, der beim Parallelschleifen durch Verschmutzung nicht plan aufliegt.

d)

insgesamt versetzt

nur bei Ortsund Profiltoleranzen mit Bezügen;

Achsen von Wellenzapfen, die durch exzentrische Einspannung nicht koaxial sind.

e)

wellig

kann auftreten, wenn das Gegenelement nur auf einer schmalen Zone aufliegt;

Beim Ablängen eines dünnwandigen Rohres kann die Schnittkante wellig versetzt sein, wenn das Rohr in den Laufrollen Spiel hat.

Tabelle 9.1: Beispiele für Grenzgestaltformen bei geradlinigen Toleranzzonen nach [JOR 01]

Innerhalb von kreisrin gförmigen T oleranzzonenformen kommen in der Re gel die gleichdickförmigen Grenz gestalten am hä ufigsten vor . Diese gleichdickförmigen Abweich ungen wurden schon in Kapitel 3 kurz angedeutet. Es ist anzustreben, bei jeder Art von Herstell ung bzw. Bearbeitung die Formabweichungen so klein wie möglich zu halten. Bei Kreiszylindern und Parallelflächenpaaren treten regelmäßig die folgenden Grenzgestalten auf: • • • • •

keglige Gestalt konvexe Gestalt konkave Gestalt krumme Gestalt wellige Gestalt

110

Abb. 9.6:

9 Tolerierungsprinzipien

Grenzgestalten bei zylinderförmigen oder parallelflächigen Toleranzzonen [JOR 01]

In Abbildung 9.6 ist links die Zylinderformtoleranz t Z angetragen, rechts alternativ dazu eine Parallelitätstoleranz tP bzw. eine Ebenheitstoleranz tE für den Bezug. Ziel muss es immer sein, die Auswirkungen aller Abweichungen durch eine zweckgerechte Tolerierung einzugrenzen.

9.3.3

Die Hüllbedingung bei der Ermittlung von Grenzgestalten

Die W irkung von Grenz geometrien ist re gelmäßig in Maßkettenrechn ungen z u berücksichtigen. Wie eine Gestalt jedoch ein geht, is t von dem verwandten T olerierungsgrundsatz (Hüllbedingung oder Unabhängigkeitsprinzip) abhängig. Viele Montageprobleme lassen sich auf die nicht berücksichtigten Grenzgeometrien zurückführen. Leitregel 9.4: Grenzgeometrien eines Geometrieelementes mit Hüllbedingung

An der Maximum-Material-Grenze ist das Geometrieelement geometrisch ideal und hat das Grenzmaß MMS, die Achse bzw. Mittelebene liegt exakt mittig. An der Minimum-Material-Grenze sind z usätzlich Formabweich ungen in der Höhe der vollen Maßtoleranz T anzusetzen. Sollte eine Formtoleranz tForm mit t Form < TMaß an gegeben sein, bra ucht die T oleranz n ur in der Höhe von tForm angenommen zu werden. Eine Maßkettenrechnung unter Hüllbedingung bereitet all gemein nur geringe Schwierigkeiten, wenn eine Mini-Max-Betracht ung der z usammengeführten Ba uteile a usreichend ist. In Kapitel 11.5 ist dargelegt, unter welchen Gegebenheiten dies aber nur sinvoll ist. Sollte die Hüllbedin gung nicht gelten, muss man nach der fol genden Leitregel 9.5 entsprechend des Unabhän gigkeitsprinzips vor gehen. Schwieri gkeiten bereiten dann oftmals die F+L-Toleranzen.

9.3 Grenzgestalt von Bauteilen

111

Leitregel 9.5: Grenzgeometrie eines Geometrieelementes bei der Unabhängigkeitsbedingung

Die Grenzabweich ungen aller beteili gten Geometrieelemente (bzw . deren Toleranzen) überlagern sich in der Regel additiv in einer Maßkette. An der Maximum-Material-Grenze ist die größte Ausdehnung des Geometrieelementes z uzüglich event uell vorhandener Formabweich ungen gleich dem wirksamen Grenzmaß (Maximum-Material-Virtual-Maß/MMVS). Bei Toleranzrechnungssimulationen spielt es eine große Rolle, ob die Formtoleranzen innerhalb der Maßtoleranz lie gen oder a ußerhalb. Kommt das Unabhän gigkeitsprinzip z um Tragen, m uss jede Formtoleranz als ei genständiges Maß betrachtet werden. W eiterhin ist z u überprüfen, ob auch die Lageabweichungen in die Maßkette eingehen. Wird hiergegen verstoßen, so sind Monta geprobleme vorbestimmt, die sich später n ur d urch kostena ufwändige Nacharbeit beheben lassen.

10

Tolerierungsgrundsätze

10.1

Unabhängigkeitsprinzip (DIN ISO 8015)

Das Unabhän gigkeitsprinzip ist als T olerierungsgrundsatz in der DIN ISO 8015 genormt. Fehlt a uf einer technischen Zeichn ung der Hinweis a uf den verwendeten T olerierungsgrundsatz, so gilt nach DIN 7167 142in Deutschland automatisch das Hüllprinzip. Leitregel 10.1: Zeichnungseintragung des Tolerierungsprinzips ISO 8015

DIN ISO 8015 re gelt den Z usammenhang zwischen Maßtoleranzen und allen Form- und La getoleranzen. Soll für eine technische Zeichn ung das Unabhängigkeitsprinzip gelten, so m uss sich a uf dieser ein de utlicher Hinweis a uf die Norm befinden: z.B. Tolerierung nach DIN ISO 8015 oder ISO 8015 Neue Zeichnungen sollten nur noch nach ISO 8015 aufgebaut werden. Das Unabhängigkeitsprinzip sagt aus: Jede in einer Zeichnung angegebene Anforderung für Maß-, Form- und Lagetoleranzen muss unabhängig voneinander eingehalten wer den, falls nicht eine besondere Beziehung (siehe ISO 2692) angegeben wird. Wird hingegen eine Beziehung, z.B. ein Toleranzausgleich, gewünscht, so kann dieser über M , L oder eventuell R hergestellt werden. Mittels eines derartigen Kompensationsprinzips kann regelmäßig ein Kostenvorteil erzielt werden. Leitregel 10.2: Toleranzprüfung beim Unabhängigkeitsprinzip

Das Unabhängigkeitsprinzip besagt: Jede angegebene Toleranz ist separat einzuhalten und zu überprüfen. Maßtoleranzen sind hierbei unabhängig von Form- und Lagetoleranzen zu sehen. Für die Bestimm ung eines Maßes reicht eine Zweip unktmessung aus. Eine Form- oder Lagetoleranz muss hingegen immer mit einer Lehre überprüft werden. Die Gutprüfung ist stets eine Paarungsprüfung, die über das ganze Formelement geht. Die Lehre entspricht somit dem formidealen Ge genstück. Das Unabhängigkeitsprinzip sollte n ur a uf Geometrieelemente an gewendet werden, die nicht für eine Passung vorgesehen sind.

114

10 Tolerierungsgrundsätze

Für den Nachweis der Toleranzen gilt: Durch Längenmaßtoleranzen werden nur die örtlichen Istmaße eines Formelementes begrenzt, welches mit einem Zweipunktmessverfahren nachgewiesen werden kann. Formabweichungen sind hingegen mit einer Lehrenmessung (siehe Taylor’scher Prüfgrundsatz) z u prüfen. Die Lehre ist a uf der G ut- und A usschussseite entsprechend abzustimmen.

10.1.1

Auswirkung der Tolerierung nach dem Unabhängigkeitsprinzip

Ebenheit Die folgenden Darstellungen zeigen beispielsweise die A uswirkungen einer unvollständigen Tolerierung auf die zulässige Formabweichung bei der Ebenheit eines Bauteils.

Abb. 10.1:

Unvollständige bzw. vollständige Ebenheitstolerierung nach ISO 8015

Die Tolerierung des Bleches a us Abbildung 10.1 a) ist unvollständig, da keine A ussage über die Ebenheitstoleranz t E getroffen wird. Das Blech darf beliebi g uneben sein, a uch wenn es überall die Dicke des Maximum-Material-Grenzmaßes (MMS = 8mm) aufweist. Die Ebenheit kann hingegen auch durch die An gabe der All gemeintoleranz ISO 2768 – mK, z.B. d urch K, begrenzt werden. Nach ISO 2768, T .2, ist dann die größte Seitenlän ge des W erkstücks (Bereich: 100–300mm; K = 0,4mm) entscheidend. Es ist also a uf die Toleranzklasse und die Längendimension zu achten. In Abbildung 10.1 b) ist die Ebenheitstoleranz mit t E = 0,2 kleiner gewählt worden und darf hier nicht überschritten werden.

10.1 Unabhängigkeitsprinzip (DIN ISO 8015)

115

Rundheit In den fol genden Darstell ungen sollen die A uswirkungen des Unabhän gigkeitsprinzips a uf die Rundheit eines Wellenquerschnittes dargestellt werden.

In Abbildung 10.2 a) ist eine W elle lediglich maßtoleriert. Die D urchmesserangabe ist aber nicht ausreichend für die Rundheit. Nach DIN symbolisiert ein Durchmesserzeichen nur, dass es sich um ein rundes Teil in der Darstellung handelt. Abbildung 10.2 b) zei gt die erla ubte Formabweich ung. Die W elle wäre mit dieser gleichdickförmigen Formabweich ung (d Hüllmaß ≈ 1,1547 ⋅ d ) mit Sicherheit nicht mehr paarungsfähig mit einem Gegenstück, d.h. einer Bohrung in einem Durchmesserbereich zwischen 30,5–31,0mm. Die Angabe einer Rundheitstoleranz wie in Abbildung 10.2 c) schränkt jedoch die zusätzliche Formabweichung ein. Die A uswirkungen auf die hiernach erla ubte Formabweichung zeigt Abbildung 10.2 d in einem Radialschnitt.

Abb. 10.2:

Unvollständige bzw. vollständige Rundheitstolerierung

116

10 Tolerierungsgrundsätze

Nach der ISO 8015 m uss jedes gemessene örtliche (Zweip unkt-)Istmaß der Welle innerhalb der Maßtoleranz (von 30-30,5mm) lie gen; z usätzlich darf noch eine Unr undheit in jedem radialen Schnitt auftreten. D.h., das Maxim um-Material-Maß darf 30,5mm und der radiale Ausschlag maximal 0,6mm bei einer Umdrehung der Welle betragen.

10.2

Hüllprinzip (DIN 7167)

10.2.1

Bedeutung

Enthält eine technische Zeichn ung keine anders la utenden Hinweise oder Festle gungen (z.B. a uf DIN ISO 8015), so gilt in Deutschland automatisch das Hüllprinzip nach DIN 7167. Diese Norm ist als nationaler T olerierungsgrundsatz vereinbart worden und be schreibt den Z usammenhang zwischen Maß-, Form- und Parallelitätstoleranzen . Ziel ist es vor allem, die Passungsfähigkeit herzustellen. Dazu wird gefordert, dass die Hüllbe dingung einzuhalten ist, wonach ein einzelnes Geometrieelement (in DIN 7167: Zylinder oder zwei gegenüberliegende parallele ebene Flächen) die geometrisch ideale Hülle vom Maximum-Material-Maß nicht durchbrechen darf. Leitregel 10.3: Definition der Hülle in DIN 7167 Die Hülle entspricht dem Maximum-Material-Maß (MMS) über der Paarungslänge. Dies ist das Grenzmaß, bei dem das Material des Geometrieelementes seine größte A usdehnung besitzt. Ein Geometrieelement hat n ur eine Hülle. Ein Wellenelement darf n ur innerhalb seiner Hülle bleiben, ein Bohrungselement nur außerhalb.

So wird das Maxim um-Material-Maß (MMS) ein gehalten und die Paarungsfähigkeit gesichert. Zusätzlich muss der Minimum-Material-Zustand (LMC) eingehalten wer den. Dies wird nach dem Zweipunktmessverfahren geprüft. Leitregel 10.4: Geltungsbereich des Hüllprinzips und Zeichnungsangabe Hüllprinzip: Für sämtliche einfache Geometrieelemente – Kreiszylinder und Parallelebenenpaare – gilt die Hüllbedin gung. Die Hüllbedin gung ist identisch mit dem Taylor’schen Prüfgrundsatz (siehe Kapitel 9.2) und stimmt auch mit der Hüllbedingung nach ISO 8015 überein. Zeichnungsangabe: Wenn in einer Zeichnung DIN-Normen für Tolerierungen und Passungen verwendet werden, so gilt das Hüllprinzip, wenn kein anderer Tolerierungsgrundsatz angegeben wurde. Aus Gründen der Eindeutigkeit sollte man jedoch eintragen: Tolerierung nach DIN 7167: Die Festle gung der Zeichn ungseintragung erfolgt a uch a us Gründen der Rechtssicherheit. Sie ist entstanden, da in Deutschland früher generell nach dem Hüllprinzip geprüft wurde.

10.2 Hüllprinzip (DIN 7167)

117

Das Hüllprinzip schränkt eine Fertigung allerdings ein, da jetzt alle Abweichungen eines Formelementes innerhalb der Hülle lie gen müssen . Meist benöti gt eine Ferti gung den halben Toleranzraum für Form- und La geabweichungen, sodass für Maßabweich ungen n ur relativ wenig Spielraum übrig bleibt. In ca. 5–10 % aller Fälle wird tatsächlich eine Hüllbedin gung benötigt.

10.2.2

Auslegung des Hüllprinzips

Die Bedeutung der Hülle für die verschiedenen Geometrieelemente kann man den Beispielen aus der folgenden Tabelle 10.1 entnehmen. Die Beispiele beziehen sich entsprechend dem W ortlaut der Norm a uf Zylinder und gegenüberliegende parallele ebene Flächen . Im fol gerichtigen Sinn werden hierz u auch K ugeln gezählt. Für andere Geometrieelemente als die oben a ufgeführten ist jedoch weder nach ISO 8015 noch nach DIN 7167 eine Hülle definiert. Formelement

Zeichnung Bolzen

Kreiszylinder (Welle)

Kreiszylinder (Bohrung)

∅20 ± 0,1

Klotz

20 ± 0,1

2 Parallelebenen mit Höchstmaß MMS 20,1

20 ± 0,1

Erfasste Abweichungen Geradheit Rundheit Zylinderform

Dorn mit Mindestmaß MMS 19,9

Nut

Parallelebenen (innen)

Hülse mit Höchstmaß MMS 20,1

Bohrung

Parallelebenen (außen)

∅20 ± 0,1

Beispiel für Gestalt und Hülle

Parallelität

Geradheit Ebenheit

2 Parallelebenen mit Mindestmaß MMS 19,9

Parallelität

Tabelle 10.1: Darstellung der Hülle für Geometrieelemente. Maßtoleranz schränkt die Form- und Parallelitätsabweichung ein

118

10.2.3

10 Tolerierungsgrundsätze

Einschränkungen des Hüllprinzips

Im Fol genden sollen eini ge Fälle beschrieben werden, die d urch die Hüllbedin gung [WEC 01] alleine nicht abgedeckt sind. •

Lageabweichungen: La geabweichungen (mit Ausnahme der Parallelitätsabweichung) können grundsätzlich d urch das Hüllprinzip nicht be grenzt werden, wenn nicht ein zusätzlicher Bezug für die Lehre benutzt wird. Die Hülle bezieht sich immer nur auf jeweils ein einzelnes Geometrieelement. Eine Lageabweichung wird aber d urch mindestens zwei Elemente beschrieben. Es sind dies das Bezugselement und das tolerierte Element. Deshalb sind Nei gungs-, Rechtwinkligkeits-, Koaxialitäts-, Symmetrie- und Laufabweichungen unabhängig von den Istmaßen der Geometrieelemente. Dies gilt a uch, wenn die Geometrieelemente den Maxim um-MaterialZustand haben. Die in Abbildung 10.3 gezeigten Lageabweichungen können jedoch immer dann mit einer Hülle geprüft werden, wenn die Lehre a uch den entsprechenden Bez ug mitn utzt (siehe Prüfgrundsatz von Weinhold im Kapitel 9.2).

Abb. 10.3:

Lageabweichungen, die sich mit dem reinen Hüllprinzip schlecht prüfen lassen

Noch einige weitere Anmerkungen zum Hüllprinzip: • • •

Hüllkörper: Da sich die Hüllbedin gung nur auf ein einzelnes Geometrieelement bezieht, folgt auch, dass es keinen geometrisch idealen Hüllkörper gibt , der mehrere Geometrieelemente umfasst und Lageabweichungen begrenzt. Rechtwinkligkeit: Die Überprüf ung der Rechtwinkli gkeitsabweichung von Geometrieelementen über einen einfachen Lehrrin g ist dann mö glich, wenn der Lehrrin g am Bezug aufliegt. In Abbildung 10.3 b) ist dies angedeutet. Symmetrie und Koaxialität: Die Lage einzelner symmetrischer Geometrieelemente relativ zueinander oder zur Mittellinie ist d urch die Eintragung der Maße z u einer Mittellinie nicht festgelegt . Symmetrieabweichungen können a uftreten, unabhängig, ob die Istmaße am Maxim um-Material-Maß (MMS) oder Minim um-Material-Maß (LMS) lie gen. Die Einschränkung dieser Abweich ungen erfordert eine Symmetrie- oder Koaxialitätstolerierung.

10.2 Hüllprinzip (DIN 7167) •

119

Hülle als Begrenzung: Jedes einzelne Geometrieelement hat nur eine einzige Hülle. Diese Hülle hat immer das Maxim um-Material-Grenzmaß des idealen Ge genstücks. Die Hülle begrenzt die größte Ausdehnung des Materials. Es gibt keine zweite Hülle mit Minim umMaterial-Grenzmaß, die im Innern des Materials liegen müsste. Folglich existiert also auch kein Toleranzraum zwischen diesen Hüllen. Würde eine solche Hülle existieren, so müsste ein Bolzen mit LMS exakt kreiszylindrisch sein. Diese Vorstellung ist aber falsch. Je weiter sein Istmaß vom MMS entfernt ist, desto mehr Formabweichung ist erlaubt. Ein solcher Toleranzraum lässt sich nur über die Minimum-Material-Bedingung (siehe Kapitel 10.4) verwirklichen. Leitregel 10.5: Definition einer Hülle

Eine Hülle im Sinne des Hüllprinzips ist n ur dort definiert und wirksam, wo sich zwei direkt bemaßte und tolerierte Funktionskanten oder -flächen eines Geometrieelementes gegenüberliegen. Dies sind Planflächen, Kanten oder Mantellinien, im Grenzfall auch Punkte am Kreisumfang.

∅ ..

∅ ..

Für die folgenden Elemente ist demnach auch keine Hülle definiert [JOR 01]: • Schräg liegende Funktionselemente: Für einen Ke gel ist keine Hülle definiert. Deshalb sind auch die Mantellinien eines Ke gels nicht durch eine am Ke gel vorhandene Maßtoleranz be grenzt. Das gilt a uch für die R undheit der Ke gelquerschnitte. A uch für eine Schrägfläche, die keine parallele Gegenfläche hat, ist keine Hülle definiert.

a) Kegel

b) Schrägfläche

Abb. 10.4:

?

Hülle

?

t

?

Hülle

MMS

Ungleich lange oder versetzte Funktionselemente: Die untere Kante eines Bleches ist länger als die obere. Dann kann die Geradheitsabweichung trotz Einhaltung der Maßtoleranz und der Paarung mit einer Hülle von MMS of fensichtlich größer werden als die Maßtoleranz. Für versetzte Flächen gilt Entsprechendes. Hier ist die Hülle nur im Mittelstück definiert. MMS



Keine Hülle definiert für Kegel und Schrägen

a) ungleich lange Kanten Abb. 10.5:

b) versetzte Blechkanten

Keine Hülle für ungleich lange und versetzte Kanten

120

10 Tolerierungsgrundsätze

?

MMS

?

Nicht gegenüberliegende Funktionselemente: Wenn zwei Flächen zwar parallel sind, sich aber nicht direkt gegenüberliegen, ist das Maß zwischen ihnen ein S tufenmaß. Hier kann keine Hülllehre verwendet werden. Stufenmaße lassen sich nur mit speziellen Hilfsmitteln messen (angelegtes Lineal als Hilfsbezug, siehe DIN 7170).



nicht gegenüberliegende Kanten Abb. 10.6:



Keine Hülle für nicht gegenüberliegende Kanten

Nicht direkt bemaßte Funktionselemente: Wenn zwischen zwei Flächen kein direktes Maß eingetragen ist, existiert weder eine Maßtoleranz noch eine MMS. Also gibt es auch keine Hülle.

Abb. 10.7:

10.2.4

Keine Hülle für nicht direkt bemaßte Kanten

Überprüfung der Hüllbedingung

Alle tolerierten Maße, für die die Hüllbedin gung aus Paarungsgründen (Passungen) vereinbart ist, müssen entsprechend dem Taylor’schen Grundsatz auf Einhaltung der Toleranzen geprüft werden. Leitregel 10.6: Überprüfung der Hüllbedingung

Die Hüllbedingung kann nicht mit einem Zweipunktmessmittel (z.B. Messschieber, Bügelmessschraube) überprüft werden! Ihre Überprüfung ist nur mit einer Paarungslehre oder einer Messmaschine mit Auswerteprogramm möglich. Die rechnerische Nachbildung der Hülle wird auch virtuelle Hülle genannt.

10.2 Hüllprinzip (DIN 7167)

121

Bei der Überprüfung der Hüllbedingung ist auf die Einhaltung des Maximum-Material-Maßes (Paarungsprüfung) und des Minimum-Material-Maßes (Ausschuss) zu achten. Die messtechnische Überprüfung umfasst dann die folgenden Schritte [TRU 97]: 1. Man ermittelt eine Paarungslehre für die Hüllfläche. Dies ist das geometrisch ideale Gegenstück zum Geometrieelement mit MMS, ausgeführt als hinreichend genaue Prüflehre. 2. Man prüft, ob das Geometrieelement mit der Hülle gepaart werden kann. Hierbei ist Spiel 0 gerade noch zulässig. 3. Die Einhaltung der Minimum-Material-Gr enze an jeder S telle wird im Zweipunktmessverfahren überprüft. Dieses Maß darf bei A ußenmaßen nicht über schritten und bei Innenmaßen nicht unterschritten werden. Entsprechend der Auswertung handelt es sich fallweise um ein Gutteil oder ein Ausschussteil. Lageabweichungen lassen sich meist nur aufwändiger bestimmen.

10.2.5

Aufhebung der Hüllbedingung

Die Hüllbedingung kann unter bestimmten Bedingungen aufgehoben werden [SYZ 93], wenn eine übergroße Genauigkeit entsteht. Die Aufhebung erfolgt durch die ISO 1101-Symbolik. In der Norm DIN 7167 steht hierz u der folgende Hinweis: ... die Parallelitäts- und Formabweichungen wer den dur ch die Maßtoleranz begr enzt, wenn für die Geometrieelemente keine erweiternden Formtoleranzen mit der Symbolik nach DIN ISO 1 101 angegeben sind, der en Betrag größer als die Maßtoleranz des Geometrieelements ist. Beispiel nach [JOR 01]: Vereinbarung einer Hülle Ein Schleifer soll eine W elle aus hochfestem S tahl der Län ge 950mm mit ∅ 50h7 ferti gen. Auf diese Welle wird ein Rohr der Län ge 800mm, in das zwei Flansche ein geschweißt sind, geschoben (Körper für eine Walzenbürste). Die Flansche haben den Innendurchmesser 50E9, wodurch eine Spielpassung (0,075 bis 0,137mm) entsteht.

Abb. 10.8:

Vermaßte Zeichnung einer Welle für eine „deutsche Fertigungsstätte“

122

10 Tolerierungsgrundsätze

Der Schleifer beendet beispielsweise die Bearbeitung, wenn der Durchmesser 49,98mm erreicht ist. Nun dürfte die Abweich ung der Geradheit der Welle nur 0,02mm über die Län ge betragen. Dies ist a ufgrund der Elastizität des Materials und der frei gesetzten Ei genspannungen fertigungstechnisch kaum möglich. Da die weitere Monta ge der Walzenbürste aber sehr rob ust ist, ist eine Geradheitsabweich ung von 0,1mm z u vertreten. Die Anfor derungen durch die Hüllbedingung sind hier also zu hoch, weshalb sie aufgehoben werden sollte.

Abb. 10.9:

Welle mit zulässiger Formabweichung nach DIN 7167

Beispiel: Partielle Aufhebung der Hülle bezüglich der Geradheit Bei diesem Beispiel soll die vereinbarte Hülle partiell d urch die An gabe einer größeren Geradheitstolerierung aufgehoben werden. Diese Aufhebung (siehe Abbildung 10.10) gilt nur für das mittlere Geometrieelement, womit die Hülle auf MMVS erweitert wird. Die Lagerzapfen sind hiervon nicht betroffen.

Abb. 10.10: Partielle Aufhebung des Hüllprinzips durch Angabe einer Geradheitstoleranz (Zeichnung der Welle)

Nach dieser Zeichnungsangabe sind die folgenden Ausführungen zulässig: Die Achse der Welle kann also eine Geradheitsabweichung von fG = 0,1mm und eine maximale Formabweichung von f G = 0,1–0,125mm haben. Bei der Formabweich ung der Mantellinie besteht eine Abhän gigkeit vom Istd urchmesser der Welle, während die Geradheitsabweich ung der Achse ein Maximalwert ist.

10.2 Hüllprinzip (DIN 7167)

123

Daraus ergeben sich fol gende Schl ussfolgerungen z ur partiellen A ufhebung der Hüllbedingung in Bezug auf die Geradheit: • Durch die Aufhebung der Geradheit für die Achse wird also auch die Geradheitsforderung für alle Mantellinien aufgehoben.

Abb. 10.11: Zulässige Toleranzen bei partieller Aufhebung des Hüllprinzips



Wenn diese die Hüllbedingung einhalten und auf 0,025mm gerade sein müssten, dürfte auch die Achse keine größere Abweichung haben. Dies ist aber funktionell nicht erforderlich. Die größte Ausdehnung berechnet sich nun aus dem Maximum-Material-Zustand und der größtmöglichen Geradheitsabweichung. Daraus ergibt sich das wirksame Maß: MMVS = MMS + tG.

• •



Im Beispiel ist dies MMVS = 50,00 + 0,10 = 50,10mm. Die Geradheitsabweichung der Achse muss diese Toleranz (im Beispiel 0,1mm) einhalten; einzelne Mantellinien können diesen Wert jedoch überschreiten. Als Folge der z ulässigen Geradheitsabweichung fällt a uch die Zylindrizitätsabweich ung aus der Begrenzung durch die Maßtoleranz, aber die Rundheitsabweichung ist nicht betrof fen. Die Rundheitsabweichung unterliegt weiter der Hüllbedin gung. Kein Q uerschnitt darf also den Hüllkreis (im Beispiel ∅ 50,00mm) durchbrechen. Die R undheitsabweichung darf nicht größer werden als die Maßabweichung (im Beispiel 0,025mm). Die vorstehende Klärung ist immer bei Anwendung der DIN 7167 nötig.

124

10 Tolerierungsgrundsätze Leitregel 10.7: Partielle Aufhebung der Hüllbedingung

Wenn bei Gülti gkeit des Hüllprinzips nach DIN 7167 eine einzeln ein getragene Formtoleranz größer ist, als die daz ugehörige Maßtoleranz desselben Geometrieelementes, dann wird für genau diese Formei genschaft die Hüllbedingung aufgehoben: Diese Formtoleranz darf auch dann ausgenutzt werden, wenn das Formelement Maximum-Material-Zustand hat. Bei allen F+L-Eintra gungen ist somit immer z u prüfen, ob diese V erhältnisse gelten, ansonsten gilt die Hüllbedingung.

MMS = 10

10

-0,1

0,4

MMVS = 10,4

tE = 0,4

Beispiel: Partielle Aufhebung der Hüllbedingung bezüglich der Ebenheit Die Aufhebung der Ebenheit ist analog zur Geradheitstolerierung zu sehen. Das folgende Beispiel in Abbild ung 10.12 zei gt die A uswirkungen der partiellen A ufhebung der Ebenheitstoleranz an einem kleinen Führungsklotz in Übereinstimmung mit der DIN 7167.

a) Tolerierung der Mittelebene – Zeichnungsdarstellung und zulässige Ausführung (gilt auch mit für die beiden Deckflächen)

MMVS = 15,4

MMS = 15

tE = 0,4

15

-0,1

0,4

b) Tolerierung der oberen Fläche – Zeichnungsdarstellung und zulässige Ausführung Abb. 10.12: Partielle Aufhebung der Hüllbedingung für Ebenheit bei einem Führungsklotz nach DIN 7167

Es gibt keine andere Möglichkeit, bei der Tolerierung nach dem Hüllprinzip eine unnötig enge Hüllbedingung aufzuheben. Da diese Schreibweise sehr unübersichtlich ist und a ußerdem eine Fehlerq uelle bir gt, wenn man den Z usammenhang zwischen Form- und Maßtoleranz nicht erkennt, sollte man in solchen Fällen besser das Unabhängigkeitsprinzip verwenden.

10.2 Hüllprinzip (DIN 7167)

125

Hüllbedingung beim Unabhängigkeitsprinzip Das Unabhän gigkeitsprinzip ist nicht a uf die Paarbarkeit von Ba uteilen a usgerichtet. Wenn ein Bauteil eine Passungsfunktion haben soll, um beispielsweise ein Spiel z u gewährleisten, muss die größtmögliche Ausdehnung eines Geometrieelements (MMVS = MMS + tF) ermittelt und das Ge genstück angepasst werden. Dies kann aber einfacher mit der Hüllbedingung sichergestellt werden. Die Hülle hän gt dann n ur noch von der Maßtolerier ung ab. Deshalb wird das z u tolerierende Maß mit E hinter dem Maß gekennzeichnet. Dies m uss bei allen Passflächen des Maßelementes (siehe EN ISO 14660) geschehen, sonst ist die Passfunktion nicht gewährleistet.

10.2.6

Definition des Hüllprinzips durch ISO 286 T1

International wird dieses Prinzip durch die ISO 286 T1 festgelegt. Diese Norm enthält sinngemäß folgende Aussagen: •



Wenn ISO 8015 a uf der Zeichnung steht, gibt es keine Abhän gigkeit zwischen den Maßtoleranzen und den Form- und Lagetoleranzen. Eine Enddimension lie gt daher nicht fest. Soll dennoch die Hüllbedingung unter ISO 8015 angewendet werden, so ist durch E das Maß zu kennzeichnen, hiermit wird eine wechselseiti ge Abhängigkeit zwischen Maß und Form hergestellt. Wenn ISO 8015 nicht auf der Zeichnung genannt ist (insofern also DIN 7167 maßgebend ist), so gilt an allen Kreiszylindern und parallelen Flächen die Hüllbedin gung auch ohne Eintragung von E .

Die Abbildung 10.13 zeigt die unterschiedlichen Zeichnungseintragungen der Hüllbedingung bei einer T olerierung nach ISO 8015 und DIN 7167. Für die Maßeinhalt ung ist somit eine Hülle festgeschrieben.

bei ISO 8015

bei DIN 7167

Abb. 10.13: Festlegung der Hüllbedingung nach den beiden Tolerierungsprinzipien

Die Festle gung einer Hülle ist immer notwendi g, wenn eine Passfunktion z u gewährleisten ist. Mit E wird gefordert: Das betr effende Formelement darf an keiner S telle die geometrisch ideale Hüllfläche mit Maximum-Material-Maß (im Beispiel ∅ 15 mm) über die Paarungslänge durchbrechen. Dies bedingt auch, dass das Werkstück rund und gerade ist. Alle erfassten Istmaße müssen innerhalb der Grenzmaße liegen.

126

10.3

10 Tolerierungsgrundsätze

Maximum-Material-Bedingung

Englisch: maximum material requirement

Abkürzung: MMR

Die Maxim um-Material-Bedingung (MMR) nach der DIN ISO 2692 ist ein sehr wirtschaftlicher Tolerierungsgrundsatz, da hiermit Kompensationen mö glich sind. Prinzipiell ist die Maximum-Material-Bedingung auf Geometrieelemente und Bezüge anwendbar, d.h. a uf Abweichungen, die durch eine Mittellinie, Achse oder Mittelebene begrenzt werden können.

10.3.1

Beschreibung der Maximum-Material-Bedingung

Mit der Maxim um-Material-Bedingung wird eine direkte W echselwirkung zwischen den Maß- sowie den Form- und Lagetoleranzen an einem Werkstück hergestellt. Durch die Maximum-Material-Bedingung ist es gestattet, die mit dem Kompensator M eingetragene Toleranz z u überschreiten, solan ge die T oleranzsumme ein gehalten wird und die Funktion gewahrt bleibt. Die Form- bzw. Lagetoleranz kann also überschritten werden, wenn die Maßabweichung geringer ist . Dies ist in der Re gel bei Spielpassungen der Fall. Bei Passungen mit Übergangsmaß, Übermaß oder, wenn es auf kinematische Genauigkeit ankommt, ist diese Bedin gung in der Re gel unbrauchbar. Hier würde eine V ergrößerung der La getoleranz die F unktion beeinträchti gen, a uch wenn die Maßtoleranz nicht a usgenutzt würde. Ebenso kann die Anwendung auch auf Bezüge (mit Spiel) erfolgen. Eine sinnvolle Anwend ung ist bei Geometrieelementen gegeben, die eine Achse oder Mittelebene haben. Dies sind zylindrische oder prismatische Werkstücke [JOR 01]. Ein Beispiel soll die Anwendung der Maximum-Material-Bedingung erläutern: Ein gespritzter Flachstekker soll in einen entsprechenden Schlitz eines Kontaktschalters passen. Beispiel: p Tolerierung g nach ISO 8015 mit M

Toleranzdiagramm Abb. 10.14: Beispiel für eine Maximum-Material-Bedingung (MMR) an einem dünnen Flachstecker a) Festlegung der Hülle b) Toleranzdiagramm

10.3 Maximum-Material-Bedingung

127

Für den Stecker ergibt sich nun aus der größten Materialdicke MMS = 10mm und der größten Geradheitsabweichung tE = 0,4mm das Grenzpaarungsmaß MMVS = MMS + tG = 10,4mm. Die MMR ist ein sehr wirtschaftliches Prinzip, da es die A ufweitung enger F+L-Toleranzen zulässt. Bei der Ermittlung des wirksamen Grenzmaßes MMVS bleibt dieses aber unbeachtet. Die kleinste Grenz gestalt ist ein völli g ebener S tecker mit LMS = 9,8mm Dicke. Jede Zwischentoleranz kann a us dem dynamischen Toleranzdiagramm abgelesen (nach dem 1. S trahlensatz) werden. In der Anwendung der Maximum-Material-Bedingung sind im Wesentlichen drei Fälle möglich. Diese sind in den nachfolgenden Bildern dargestellt: 1. Das Zeichen M steht hinter der Formtoleranz: Diese darf gegebenenfalls um die nicht ausgenutzte Maßtoleranz überschritten werden. In Abbildung 10.15 bedeutet dies: Wenn der Stecker 9,9mm dick ist und die Ebenheitsabweichung tE = 0,5mm beträgt, so wird das wirksame Grenzmaß von 10,4 trotzdem nicht überschritten. Der Stecker kann seine Funktion erfüllen. Dies ist anschaulich auch gut vorstellbar: Ist der Stecker etwas dünner, kann er auch etwas krummer sein, der Kontakt ist dann trotzdem gewährleistet. Die Sollmaß-Abweich ungen für die S teckerdicke müssen aber ein gehalten werden, denn dort steht kein M . Beispiel: Korrekte Eintragung von M an der Ebenheitstoleranz

Abb. 10.15: Tolerierung einer Ebenheitstoleranz nach der Maximum-Material-Bedingung und deren praktische Auswirkung

2. Das Zeichen M steht bei der Maßtoleranz (findet man gelegentlich in Zeichnungen): In Abbildung 10.16 würde dies bedeuten, dass der Stecker dicker sein darf, wenn er nicht so uneben ist. Dies könnte für die Paarung Stecker und Kontaktfedern zwar erla ubt sein, kann aber z.B. z u Fehlern bei der Produktion führen, weil beispielsweise ein bestimmtes Spritzvolumina dosiert werden muss. Die Ebenheitstoleranz m uss mit t E = 0,4 jedoch ein gehalten werden. Dies ist hier wie in den meisten Fällen sinnwidrig und aus diesem Grunde nicht normgerecht.

128

10 Tolerierungsgrundsätze

Beispiel: Unsinnige Eintragung von M an der Maßtoleranz

Abb. 10.16: Nicht zulässige Eintragung von M an der Maßtoleranz

3. Dieser Fall beschreibt nun einen Toleranzpool: Zusätzlich zum 1. Fall steht hier im Toleranzrahmen ein R . Dies bede utet, die Toleranzsumme von 0,6mm für Maßabweich ung und Ebenheit darf beliebi g aufgeteilt werden, solan ge das wirksame Grenzmaß MMVS eingehalten wird. Dieser Fall wird noch näher im Kapitel 10.4 erläutert. Beispiel: Schaffung eines Toleranzpools mit R

Abb. 10.17: Reziprozitätsbedingung und deren Interpretation als Toleranzpool

Die hier benutzte MMR beschreibt einen wirksamen Grenzzustand. Dieser ist entscheidend für die Paarungs- bzw . Passungsfähigkeit eines Formelementes. Der hiera uf be gründete MMVS-Zustand ergibt sich aus der Summe des Maximum-Material-Grenzmaßes (MMS) und einer Form- oder Lagetoleranz: MMVS = MMS ± t

(Vorzeichen: „+“ für Welle; „–“ für Bohrung)

Die Bezeichnung von MMVS ist im Normenwesen nicht einheitlich. Hier wird es a uch als wirksames Grenzmaß bezeichnet. Die DIN EN ISO 2692 bezeichnet dieses Maß hingegen als wirksamen (Grenz)-Zustand, der das Konstruktionsmaß der Lehre verkörpert.

10.3 Maximum-Material-Bedingung

129

Leitregel 10.8: Wirksame Grenzgeometrie

Der wirksame (Grenz)-Zustand ist die begrenzende Umhüllung der geometrisch idealen Form, die sich a us den T oleranzangaben für das Formelement ergibt. Dies wird durch die gemeinsame Wirkung von MMS und tF+L bewirkt. Das sich ergebende Maß MMVS verkörpert die Prüflehre bzw. das formideale Gegenstück (= Hülle). Im vorstehenden Beispiel stellt dieser wirksame Grenzz ustand einen Schlitz von 10,4mm Höhe dar. Damit kann die Ebenheit durch Lehrung geprüft werden. Die Einhaltung der beiden Grenzmaße Go=10mm und Gu=9,8mm muss aber trotzdem durch Zweipunktmessung geprüft werden. Der Vorteil der MMR ist somit leicht zu erkennen: Die für die Fertigung verfügbaren Toleranzen werden ins gesamt größer. Im Beispiel müsste sonst ein S tecker, der um 0,5mm uneben, aber n ur 9,9mm dick ist, verworfen werden, obwohl er f unktionstüchtig ist. Die Kompensation sorgt somit für mehr Gutteile. Leitregel 10.9: Zweck der Maximum-Material-Bedingung (MMR)

Die MMR kann sinnvoll an gewendet werden, wenn ein Grenzpaar ungsmaß bzw. wirksames Grenzmaß d urch die Summe aus einer Maß- und einer Formund einer Lagetoleranz bestimmt werden soll. In diesem Fall ist also die T oleranzsumme entscheidend. Die MMR kann mit gleicher W irksamkeit innerhalb der DIN 7167 und der ISO 8015 angewandt werden, wenn die Fügbarkeit (und zwar „Fügen ohne Kraft!“) von Bedeutung ist. Der zweite wesentliche Vorteil der MMR ist die Möglichkeit, Form und Lagetoleranzen durch die Verwendung einer starren Prüflehre z u prüfen. Hier m uss dann sinnvollerweise MMR auch am Bezug vereinbart werden. Leitregel 10.10: Prüfung mit starrer Lehre

Bei der konventionellen Prüfung mit starrer Lehre ist immer die MMR vorteilhaft (außer wenn die Lehre allein die Hülle prüft). Falls Geometrieelemente ohne die MMR geprüft werden sollen, ist eine istmaßbezogene Lehr e (z.B. Spreizdorn) notwendig. Die MMR ist somit funktions-, fertigungs - und prüfgerecht. Selbst wenn die mechanische Lehrung durch die Messmaschine ersetzt wird, ist die Paarungsfähigkeit mit dem jeweili gen Grenzzustand – d.h. dem Gegenelement – in jedem Fall gegeben.

130

10.3.2

10 Tolerierungsgrundsätze

Eingrenzung der Anwendung

In einer Vielzahl von Anwendungen kann die MMR zweckgerecht angewendet werden. Hierdurch wird das A usschussrisiko gemindert und die W irtschaftlichkeit der Ferti gung verbessert. Leitregel 10.11: Toleranzüberschreitung bei MMR

Die Maximum-Material-Bedingung gestattet die Überschreitung einer mit M gekennzeichneten Form- oder Lagetoleranz, die mit einem Längenmaß zusammen ein wirksames Grenzmaß MMVS bestimmt. Die Überschreitung ist genau um den Betrag gestattet, um den das Längenmaß von seiner Maximum-Material-Grenze abweicht. Bei der MMR ist es also n ur entscheidend, dass die wirksame Grenz geometrie ein gehalten wird. Der Sinn der MMR ergibt sich dann aus einem einfachen Wenn-Dann-Satz [JOR 01]. Er beginnt mit dem Maß, von dem die Überschreitbarkeit der Form- und Lagetoleranz abhängt: „Wenn diese Maßtoleranz nicht a usgeschöpft wird, dann darf die Form- oder La getoleranz etwas größer sein.“ Für das Beispiel des Steckers folgt also: „Wenn der Stecker etwas dünner ist, dann darf er etwas krummer sein.“

Aus dem Beispiel ergibt sich nun die folgende Konsequenz: Leitregel 10.12: Sinnvolle Anwendung der MMR Toleranzarten: Die MMR wird nur auf abhängige Form- und Lagetoleranzen angewendet. Sollen die Maßtoleranzen mit einbezogen werden, so erfolgt dies über die Reziprozitätsbedingung. Kompensationsfälle: Die MMR wird a usschließlich nur auf abgeleitete Achsen und Mittelebenen angewendet.

Die MMR kann sinnvoll nur für die in der umseitigen Abbildung 10.18 gezeigten abhängigen Geometrietoleranzen herangezogen werden.

10.3 Maximum-Material-Bedingung

131

Bezüge

tol. Element

Formtoleranzen

Achse

x

Lagetoleranzen

x

x

x

x

x

x

x

x

Achse

x

x

x

x

Mittelebene

x

x

x

x

Mittelebene

x

x

x x

x x

Abb. 10.18: Anwendung der Maximum-Material-Bedingung auf abgeleitete Geometrieelemente

Hüllbedingung Für einzelne Geometrieelemente kann innerhalb der ISO 8015 eine Hüllbedin gung E bzw. Passfunktion definiert werden. In diesem Fall m uss sich die Geometrieabweichung innerhalb der Maßtoleranz bewegen:

fF < MMS – LMS. Leitregel 10.13: Ausschlussbedingung für MMR

Die MMR kann auf die Formtoleranz eines einzelnen Geometrieelementes nur an gewendet werden, wenn dort nicht die Hüllbedingung herrscht. Für Formtoleranzen schließen sich Hüllbedingung E und M gegenseitig aus. Bei dem zuvor angeführten Beispiel aus Abbildung 10.14 wäre bei der Hüllbedingung E die Dicke des Steckers auf das vom MMS bestimmte Maß von 10mm be grenzt. Als Anmerkung soll in diesem Zusammenhang hervorgehoben werden: Lageabweichungen unterliegen nie der Hüllbedingung. Diese ist anders definiert als das Hüllprinzip (siehe Parallelitätstoleranzen). Leitregel 10.14: Anwendung der MMR auf Lagetoleranzen

Wird die MMR auf eine Lagetoleranz angewandt, so sollte für das Geometrieelement, von dem die Achse bzw. Mittelebene des Bezuges abgeleitet wird, die Hüllbedingung E vorgeschrieben werden.

132

10 Tolerierungsgrundsätze

Auswirkung der MMR auf die Hülle

Als Beispiel für das Z usammenwirken der Maximum-Material-Bedingung mit der Hülle soll der folgende Fall eines Bolzens dienen.

Abb. 10.19: Rechtwinkligkeitstoleranz mit MMB bei aufgehobener Hüllbedingung

Die An gaben1 in Abbild ung 10.19 nach ISO 1 101 heben die d urch die Maßtoleranzen gebildete Hülle auf, bei gleichzeitiger Wirkung der MMR. Ii

=

Örtliche Istmaße 19,9...20mm MMS = ∅20mm

∅H

=

MMVS

∅t

=

Richtungstoleranzzone 0,2...0,3mm

∅ = 20,2mm

Abb. 10.20: Begrenzung der Rechtwinkligkeitstoleranz durch die Hülle

Über den Zapfen in Abbild ung 10.20 m uss sich somit ein geometrisch idealer Lehrrin g vom Durchmesser MMVS = 20,2mm ( ∅20 + 0,2) schieben lassen, der am Bez ug anliegt. Alle Istmaße müssen in einem Bereich von ∅19,9mm und ∅20,0mm liegen. Daraus kann man schließen, dass die Geradheitsabweich ung der Achse nicht größer sein darf, als die Dif ferenz zwischen den örtlichen Istmaßen und dem wirksamen Maß ∅20,2mm. Da die MMR wirkt, ist die Größe der Richtungstoleranzzone aber abhängig von der augenblicklichen Maßabweichung. Weisen zum Beispiel (siehe Abbildung 10.21 ) alle örtlichen Istmaße einen D urchmesser von 20mm auf, so darf die Rechtwinkligkeitsabweichung der Mantellinien maximal 0,2mm betragen, damit der Zapfen auf jeden Fall noch innerhalb vom ∅ H = MMVS liegt.

1

Anm.: Innerhalb der DIN 7167 können alle ISO-1101-Symbole (einschließlich M )verwendet werden.

10.3 Maximum-Material-Bedingung

133

Abb. 10.21: Interpretation der Rechtwinkligkeitsabweichung mit MMR

Haben hingegen alle örtlichen Istmaße einen D urchmesser von 19,9mm, so darf die Rechtwinkligkeitsabweichung der Mantellinien bzw. der Achse nicht größer als 0,3mm sein, dies ist die erweiternde MMR. Für beide zuvor beschriebenen Grenzfälle ist aber noch nicht geregelt, dass die Querschnitte rund sein müssen, dies würde eine z usätzliche Rundheitstoleranz bedingen. Jede R undheitsabweichung be grenzt nämlich das Spiel im zylindrischen Ge genstück (Bohr ung) in die ein oder andere Richt ung, sodass event uell die F unktion beeinträchtig wird. Dafür müssen dann Vorkehrungen toleranzlicher Art getroffen werden. In der folgenden Abbildung 10.22 ist beispielhaft die Möglichkeit gezeigt, das codierte Formelement d urch die z usätzliche Anforder ung der Hüllbedin gung E nach ISO 8015 a uf die geometrisch ideale Hüllfläche des D urchmessers bei einem Maxim um-Material-Maß von ∅20mm einzugrenzen. Das heißt zwingend, dass die örtlichen Istmaße zwischen 19,9 und 20mm liegen müssen. Die Geradheits- und R undheitsabweichung dürfen z usammen a uch nicht bewirken, dass das Formelement die Hüllbedingung dur chbricht. Parallele Schnitte d urch das Element müssen immer innerhalb einer Hülle vom Durchmesser 20mm liegen.

134

10 Tolerierungsgrundsätze

A1 bis A3= örtliches Istmaß = 19,9 ... 20mm C = Maximum-Material-Maß = ∅ 20mm (Hülle für Rundheit) G = wirksames Maß = ∅ 20,2mm (Hülle für Rechtwinkligkeit) ∅t = Richtungstoleranzzone = 0,2 ... 0,3mm Abb. 10.22: Eingrenzung der Rundheit durch die Hüllbedingung

E

Durch E wird also die Rundheit eingegrenzt, d.h., die Umfan gslinie darf abhängig von den örtlichen Istmaßen einen W ert von 0 (wenn fast alle örtlichen Istmaße ∅ 20mm sind) bzw . 0,1mm (wenn fast alle örtlichen Istmaße ∅ 19,9mm sind) nicht überschreiten. Unabhän gig davon darf die Abweich ung der Rechtwinkli gkeit zwischen 0,2mm (bei örtlichen Istmaßen von ∅ 20mm) und 0,3mm (bei örtlichen Istmaßen von ∅ 19,9mm) betragen. Statistische Tolerierung und Maximum-Material-Bedingung In der DIN 7186 und der ASME Y 14.5 M-1994 wird sehr einsichtig dargestellt, wie sich über das statistische Tolerierungsprinzip alle Toleranzen bei serien gefertigten Bauteilen erweitern lassen. Diesbezü glich wird in vielen Literat urstellen (z.B. a uch [JOR 01]) an gemerkt, dass sich die Maxim um-Material-Bedingung und das Prinzip der statistischen Tolerierung (siehe Kapitel 1 1.5) gegenseitig ausschließen. Diese Beha uptung ist aber nicht ganz richtig. Bei der statistischen Tolerierung können sowohl Einzeltoleranzen wie a uch Toleranzsummen erweitert werden. Dies gilt sowohl für Maß- als auch für Geometrietoleranzen. Insofern bleibt zum Schluss immer noch die Option, eine z usätzliche Kompensationsbedingung M einzuführen.

10.3 Maximum-Material-Bedingung

135

Anwendung auf Passungen Die MMR sollte nur dort angewendet werden, wo die Differenz zwischen MMVS und Istmaß tatsächlich als Versatz genutzt werden kann. Dies ist meistens bei Spielpassungen oder elastischer Verformung der Fall. Bei einem Gewinde ist hin gegen die Anwendung der MMR nicht sinnvoll. Ein Gewinde hat zwar Spiel, wirkt aber d urch die Ke gligkeit seiner Flanken a uch in gewissem Maße zentrierend auf den Achsversatz.

10.3.3

Prüfung der Maximum-Material-Bedingung

Zur Interpretation und messtechnischen Überprüfung diene das Beispiel eines Lochbleches in Abbildung 10.23 mit Positionstolerierung und schwimmendem Lochbild. Bei einer F unktionstolerierung unter A usnutzung der MMR m uss diese a uch sinnentsprechend geprüft werden, d.h., das Werkstück darf die geometrisch ideale Hülle (= Lehrenkontur) nicht durchbrechen. Insofern muss die Lehre die Hülle verkörpern. Für die Auslegung der Prüflehre bedeutet dies im Regelfall: • •

Lehrenmaß am tolerierten Element1 = Max.-Material-Maß + Lagetoleranz Lehrenmaß am Bezugselement = Max.-Material-Maß

Für das gezeigte Beispiel ist M am Bezug nicht notwendig; in anderen Fällen erleichtert es aber die Prüfung. 2x ∅ 30

+0,1

MMVL = ∅ 29,6 (2 x)

0,4 M A

A + – 0,1

20

60

60

+0,5

ISO 2768-m

a) Lochblech

b) Prüflehre

Abb. 10.23: Positionstoleriertes Lochbild und starre Prüflehre

Bei dem angegebenen Lochbild soll der Lochabstand mö glichst einfach mit einer S tecklehre geprüft werden. Dies ist unter anderem auch deshalb möglich, da die Toleranzzylinder senk-

1

Anm.: Außenmaß „+“, Innenmaß „–“.

136

10 Tolerierungsgrundsätze

recht auf „A“ stehen. Zur Prüfung der MMB geht man nun nach den folgenden fünf Schritten (siehe auch [JOR 01]) vor: 1. Überprüfung der Form- und Lagetoleranz Die mit M bezeichnete T oleranz gilt in V erbindung mit der Grenzabweich ung des eingetragenen Toleranzwertes. D.h. für die Bohrung:

• •

Wenn die Bohr ung Maximum-Material-Maß hat, also ∅ 30mm ist, darf der Achsversatz einer Bohrung 0,4mm sein. Ist die Bohrung jedoch 30,1mm, dann darf der Achsversatz größer und zwar 0,5mm sein.

2. Maßtoleranz Das beteiligte Abstandsmaß stre ut somit von 60,50mm bis 59,50mm. Das ideale Mittenmaß ist 60mm. Bei einer zu fertigenden Prüflehre muss diese Streuung über den Achsenabstand (+/ –) der Steckbolzen kompensiert werden. 3. Wirksamer Grenzzustand Zu den tolerierten Geometrieelementen m uss das Ge genstück ermittelt werden. Dies ist vorstellbar als eine ideale Prüflehre m it dem wirksamen Grenzmaß MMVS = MMS–t P. Hier müssen die zwei Prüfbolzen den D urchmesser 29,6mm haben; diese passen im Grenzfall genau durch die beiden Löcher. 4. Grenzgestalt Man überprüft n un das ent gegengesetzte Grenzmaß. Dies ist das Minim um-Material-Grenzmaß (LML). Hilfsweise kann auch ein Wenn-Dann-Satz formuliert werden oder alternativ: „Man ermittelt, wie weit die mit M gekennzeichnete Form- und Lagetoleranz erweitert werden kann, ohne den wirksamen Grenzzustand zu verletzen.“

Abb. 10.24: Grenzgestalt bei MMR-Tolerierung eines Lochbildes

10.3 Maximum-Material-Bedingung

137

5. Kontrolle Die Grenzgestalten müssen auf Zulässigkeit geprüft werden.

Die MMR betrif ft nur die Paarungsfähigkeit an der Maxim um-Material-Grenze. Bei diesem Beispiel ist dies die Innenseite der Löcher , zusätzlich muss der Lochd urchmesser mit einer separaten Lehre mit den Durchmessern 30mm und 30,1mm überprüft werden. Für die starre Prüflehre in Abbild ung 10.23 bede utet dies, dass die S teckbolzen mit ihren Durchmessern die Achsschwankungen kompensieren müssen.

10.3.4

Tolerierung mit dem Toleranzwert „0“

Eine Tolerierung mit dem Toleranzwert t = 0 mm erscheint praktisch unsinnig. Bei der Maximum-Material-Bedingung ist dies aber dennoch in Kombination mit eini gen F+L-Toleranzen sinnvoll anwendbar. Im All gemeinen gilt die Hüllbedin gung nur für ein einzelnes Formelement. Bei eini gen einfachen Geometrieelementen ist es zweckmäßi g, eine erweiterte Hülle über zwei Elemente z u definieren. Dies lässt sich über CZ (gemeinsame Toleranzzone) mit tG = 0mm bei einer Bohr ung sinnvoll anwenden. Die umseitigen Anwendungen zeigen zwei Bohrungssituationen, wo eine Hülle und fallweises Fluchten erforderlich sind.

Abb. 10.25: Anwendung des Toleranzwertes “0„ in Verbindung mit M a) Durchgangsbohrung unterliegt der Hüllbedingung E b) Prüfdorn für Fall a) und c) c) abgesetzte Bohrung (mit unterbrochener Hülle), aber vereinbarte gemeinsame Toleranzzone (CZ)

Für die durchgehende Bohrung wird mit E die Hüllbedingung gefordert. Dies bedeutet, dass die Bohrung keinerlei Abweich ungen haben darf, wenn sie Maxim um-Material aufweist. In der Praxis wird dieser Z ustand z umindest in der Serienferti gung nicht oft vorkommen; die Bohrung wird meist vom MMS abweichen und größer sein. Für die Paarbarkeit ist dies vorteilhaft, denn durch die MMR ist vereinbart: „Wenn die MMR etwas größer ist, dann darf sie etwas krumm oder unrund ausfallen, solange die Hülle nicht unterschritten wird.“

138

10 Tolerierungsgrundsätze

Für eine durchgehende Bohrung verkörpert der Prüfdorn die Hüllbedingung. In vorstehendem Beispiel ist dies ein Dorn mit ∅d von der Größe MMS = 30,0mm. Für die ab gesetzte Bohr ung ist eine Hülle über zwei Formelemente definiert. Mit der Geradheitstoleranz tG = 0 mm ist das wirksame Grenzmaß MMVS = MMS – tG = MMS = 30,0mm. Der Dorn prüft in diesem Fall also die Hülle der einzelnen Bohr ungen und auch das exakte Fluchten der Bohrungen über den wirksamen Grenzz ustand. Das Prinzip der Nulltoleranz ist auch auf Lagetoleranzen (z.B. Position von Lochbildern) anwendbar.

10.3.5

Festlegung von Prüflehren

Die Maxim um-Material-Bedingung wird d urch ei ne Prüflehre verkörpert, die den verfü gbaren Raum für die Werkstückgestalt umschließt und den wirksamen Grenzzustand umfasst. Prüflehren können für Formtoleranzen und für die gemeinsame Prüfung von Form- und Lagetoleranzen (siehe erweiterter Prüfgrundsatz von Weinhold) herangezogen werden. Sie haben dem idealen Gegenstück zu entsprechen. Leitregel 10.15: Prüflehre für MMR

Die Prüflehre verkörpert den wirksamen Grenzz ustand mit MMVS für alle Toleranzarten am tolerierten Element. Bei La getoleranzen verkörpert sie a ußerdem das am Bez ugselement anliegende ideale Ge genelement (Erweiter ung des T aylor’schen Prüfgrundsatzes nach Weinhold). Alle Elemente der Prüflehre stehen in exakten ab gestimmten geometrischen Verhältnissen zueinander. Die Toleranzen der Lehre müssen so gewählt sein, dass keine unzulässigen Werkstücke für gut befunden werden. Die Toleranzen der Prüflehre gehen also von den Werkstücktoleranzen ab; sie müssen deshalb auch mindestens eine Größenordnung enger gewählt werden. Es gibt zwei Möglichkeiten, eine Prüflehre für ein Bezugselement zu bilden. Dies ist von der Art des Bezugselementes abhängig. 1. Der Bezug ist eine gerade Kante, Linie oder eine ebene Fläche. Dann verkörpert die Lehre das anliegende Gegenelement. 2. Der Bezug ist die Achse eines Kreiszylinders. Dann muss die Prüflehre die Bezugsachse korrekt ermitteln. Dies wäre ein aufdehnender Dorn für eine Bohrung bzw. ein sich verengendes Futter für eine Welle. Ist der Dorn konisch und starr, so bleibt die Ermittl ung der Achse unvollständig. Einfacher zu fertigen und zu handhaben ist eine Prüflehre, die an der Bezugsbohrung auch einen starren zylindrischen Dorn hat. Dieser Dorn unterliegt dann der Maximum-Material-Bedingung.

10.3 Maximum-Material-Bedingung

139

Bei einem Bez ugselement mit Maxim um-Material-Bedingung geht das Spiel zwischen Bohrung und Prüfdorn in die Prüfung ein und vergrößert zusätzlich die größte zulässige Abweichung des tolerierten Elementes. V oraussetzung hierfür ist, dass der Bez ug ein ab geleitetes Element ist. Das folgende Beispiel verdeutlicht die Bedeutung der Maximum-Material-Bedingung bei der Bildung von Bezügen und der zweckgerechten Konstruktion von Prüflehren. Beispiel: Vereinfachung durch Lehrenprüfung Die nachfol gend dar gestellte Kolbenstan ge (nach [JOR 01]) soll mit dem Schaft in einen Hydraulikzylinder ein geführt werden. Der Kopf wird über ein Abstreif gummi geführt, er kann deshalb eine größere Abweichung der Koaxialitätstoleranz zum Schaft haben. Da das System in Serie geplant werden soll, gilt es, eine einfache Funktionslehre für eine Prüfung am Arbeitsplatz auszulegen.

Abb. 10.26: Stempel mit MMB für Geometrie und Bezug (vereinfacht dargestellt)

Der Kopf hat einen D urchmesser von 80mm und der Schaft einen D urchmesser von 60mm. Bei der Prüfung ist insbesondere das A ugenmerk auf den z ulässigen Achsversatz der beiden Zylinder zu richten. Eine z u konzipierende Prüflehre [HEN 99] ist zweckmäßi gerweise so a uszulegen, dass sie überall den Maxim um-Material-Zustand (MMS) erfasst und die Koaxialität prüfen kann. Da hier die Toleranz mit M und der Bezug mit M angegeben sind, lässt sich dies mit einer einfachen starren Lehre prüfen. Wäre der Bezug nicht mit der Maxim um-Material-Bedingung gekennzeichnet, so müsste die Prüflehre die Achse des Schaftes genau ermitteln. Sie müsste daher wie ein Spannf utter konstruiert sein. D urch die Tolerierung des Bez uges A mit M darf sich aber der Schaft in der Prüflehre radial verschieben – also Spiel haben – wie nachfolgend gezeigt wird.

140

10 Tolerierungsgrundsätze

Abb. 10.27: Konstruktion der Prüflehre für Bezug mit MMR

Das wirksame Grenzmaß MMVS berechnet sich wieder a us dem Maxim um-Material-Maß des Stempels und der Koaxialitätstoleranz tKO: MMVS= MMS + tKO = 80 + 0,06 = 80,06mm.

Abb. 10.28: Stempel und Kopf mit Minimum-Material-Grenze (LMS)

10.4 Minimum-Material-Bedingung

141

Liegt der Durchmesser des Stempels und des Schaftes auf der Minimum-Material-Grenze, so kann man aus den angegebenen Maßen auch den Achsversatz für diesen Z ustand berechnen. Man bestimmt die größte Koaxialitätstoleranz. Diese berechnet sich a us der Summe der einzelnen Toleranzen: tKOmax = tKO + T1 + T2 = 0,06mm +0,05mm +0,2mm = 0,31mm. Entsprechend folgt für den größten Achsversatz fKOmax = tKOmax / 2 = 0,155. Es konnte somit einsichti g gezeigt werden, dass eine starre Lehre eine einfache Q- Prüfung ermöglicht.

10.4

Minimum-Material-Bedingung

Die Maxim um-Material-Bedingung schränkt die maximale A usdehnung eines Formelementes ein, um seine Passungs- bzw. Paarungsfähigkeit zu sichern. Die Minim um-MaterialBedingung hin gegen hat die A ufgabe, die minimale A usdehnung zu be grenzen. Dies dient z.B. dazu, eine minimale Bearbeitungszugabe oder eine Mindestwanddicke sicherzustellen. Die Minimum-Material-Bedingung wird mit L gekennzeichnet. Nach der ISO-Nomenklatur bedeutet dies: Least Material Requirement. Deshalb wird im Fol genden die MinimumMaterial-Bedingung mit LMR abgekürzt. Auch für die Minimum-Material-Bedingung kann man einen Wenn-Dann-Satz bilden [JOR 01]. Wenn die Bohrung etwas kleiner ist, dann kann seine Position etwas mehr abweichen, und die Wandstärke ist noch gesichert.

Eine sinnvolle Anwend ung ist immer n ur a uf Achsen oder Mittelebenen von Geometrieelementen gegeben. Zum Vergleich mit der MMR: Wenn die Bohrung etwas größer ist, dann kann die Position etwas mehr abweichen, und das Gegenelement passt noch durch.

Die LMR soll also bewirken, dass sich a us dem Material der Minim um-Material-VirtualZustand (LMVS = A usschneidekontur bzw . Mindestwanddicke) a usschneiden lässt. Als Bedingung besteht somit: Die geometrisch ideale Form vom Minimum-Material-Virtual-Maß (= Ausschneidekontur) muss vollständig im Material enthalten sein.

142

10 Tolerierungsgrundsätze

Hiermit ist verbunden: • Ausschneidemaß am tolerierten Element1 = Min.-Material-Maß + Lagetoleranz • Ausschneidemaß am Bezugselement = Min.-Material-Maß Abbildung 10.29 zei gt die Positionstolerierung einer Bohr ung nach der Maxim um-MaterialBedingung und entsprechend nach der Minim um-Material-Bedingung. Die beiden unterschiedlichen Zielsetzungen werden so transparent.

a) Maximum-Material-Bedingung

b) Minimum-Material-Bedingung

Abb. 10.29: Tolerierung nach der MMR und LMR an einem Stanzteil

Zum V erständnis der Sit uation soll der Leser selbst einmal vers uchen, den minimalen Randabstand (Kante bis Loch) s min und smax in Abbildung 10.29 b) zu bestimmen. In diesem Fall m uss die tatsächliche Mindestwanddicke s minaus einer Maßkette berechnet werden. Berücksichtigen Sie, dass in die Maßkette a uch die Formtoleranz t E = 0,4mm der Bezugsfläche A eingeht, da die Position von diesem Bezug aus gemessen wird. Die Form der Bezugsfläche konvex/konkav spielt hierbei keine Rolle. Eine Formabweichung der tolerierten Bohrung ist nicht spezifiziert und daher auch nicht zu berücksichtigen. Die Maßkette zur Bestimmung der kritischen Wandstärke s kann dann jeweils mit den aktuellen Maßen wie folgt aufgestellt werden,2 z.B. smin = –tE + 20 – tPS/2 – d/2. In der Abbildung 10.30 ist die maßliche Situation skizziert worden.

1

Anm.: Außenmaß „–“, Innenmaß „+“.

2

Anm.: Siehe hierzu die Vorzeichenregel für Maßketten auf S. 153, die hier zweckmäßig ist.

10.4 Minimum-Material-Bedingung

143

Abb. 10.30: Situation zur Berechnung der Mindestwandstärke smin

Mit den folgenden Maßgrößen kann man somit die Wandstärke min/max bestimmen: Größe

Maß in [mm]

Anmerkung

tE

0/0,40

minimal/maximal

tPS/2

0,25/0,3

minimal/maximal

d/2

10,05/10,00

LMS/MMS

Abstand Kante/Bohrung

20,00

konstantes Abstandsmaß

Damit ergeben sich die beiden Extremfälle: smin = –0,4 + 20 – 0,25 – 10,05 = 9,3mm (bei LMS), smax = 0 + 20 + 0,3 – 10,00

= 10,3mm (bei tE = 0 und MMS).

Typische Anwendungssituationen für M bzw. L sind: 1. Tolerierung nach der Maximum-Material-Bedingung M Die Bohrung dient als Aufnahme eines Stiftes an einem Gegenelement. 2. Tolerierung nach der Minimum-Material-Bedingung L Die Sicher ung einer Mindestwandstärke, damit bleibt genügend Material a uch nach Begradigung der möglichen Ebenheitsabweichung erhalten.

Mit der Minimum-Material-Bedingung wird bevorzugt bei Stanz-, Schmiede- und Gussteilen gearbeitet.

144

10.4.1

10 Tolerierungsgrundsätze

Anwendung

Die Minimum-Material-Bedingung ist im Gegensatz zur Maximum-Material-Bedingung derzeit noch nicht genormt. Die Normung ist aber vorgesehen im Neuentwurf der ISO 2692. Eine sinnvolle Anwendung (und in der Norm so eingeschränkt) ist immer in Verbindung eines Maßes mit der Ortstoleranz eines abgeleiteten Geometrieelementes gegeben. Leitregel 10.16: Toleranzüberschreitung bei LMR und wirksamer Minimal-Grenzzustand Toleranzüberschreitung bei LMR: Eine Überschreit ung einer mit L gekennzeichneten Ortstoleranz (Position, Konzentrizität/Koaxialität, Symmetrie) ist um den Betrag zulässig, um den das zugehörige Längenmaß von seiner LMS abweicht. Wirksamer Minimal-Grenzzustand LMVS: Dieser Z ustand berechnet sich nach folgender Formel: LMVS = LMS ± t „t“ ist hier die T oleranzzone des der Minim um-Material-Bedingung unterworfenen Formelementes. Achtung! Im Gegensatz zur MMB gilt hier „+“ für Bohrung und „–“ für Welle.

Der wirksame minimale Grenzzustand lässt sich hier nicht als Prüflehre verkörpern [HOI 94], da er im Innern des W erkstoffes lie gt. Er verkörpert eine innere Grenz gestalt im W erkstoff und kann deshalb auch nicht direkt gemessen werden.

10.5

Reziprozitätsbedingung

Die in der prEN ISO 2692:2002 ein geführte Reziprozitätsbedingung ermöglicht die Bild ung eines T oleranzenpools im Z usammenhang mit der Maxim um- und Minim um-MaterialBedingung. Die Abweich ungen a us Form-, La ge- und Maßtoleranzen werden z u einem gemeinsamen Bereich z usammengefasst (siehe a uch Kapitel 10.3.1) und können fallweise beliebig aufgeteilt werden. Z ur Erläuterung wird hier deshalb erneut das Ba uteil aus Abbildung 10.14 verwendet. Das im Toleranzrahmen angegebene R ist neben M und L stets als z usätzlicher Modifikator zu interpretieren.

10.5 Reziprozitätsbedingung

145

Abb. 10.31: Reziprozitätsbedingung

Durch die zusätzliche Reziprozitätsbedingung wird der folgende Zustand vereinbart: • •

Die Ebenheit wird nach der Maximum-Material-Bedingung toleriert. Das Maß kann um die nicht a usgeschöpfte Geometrietoleranz erweitert werden, somit wird das Maximum-Material-Maß vergrößert.

Im obigen Fall M + R kann somit die Toleranzsumme von 0,6mm beliebig zwischen Formund Maßtoleranz aufgeteilt werden. Dieses Tolerierungsprinzip ist in der Neufassung der DIN EN ISO 2692 zu einer GPS-Norm schon vorgesehen. Viele Unternehmen haben R schon in Werknormen festgelegt. Achtung! Reziprozitätsbedingung In eini gen Fällen kann die Reziprozitätsbedingung (en gl.: reciprocy req uirement) sinnvoll an gewandt werden, und zwar dann, wenn die T oleranzsumme funktional unschädlich aufgeteilt werden kann. Eine Maßerweiter ung ist aber nur zur Maximum-Material-Seite zulässig.

Als Beispiel für die Anwend ung der Reziprozitätsbedin gung dient nachfol gend eine rechteckige Platte, die in eine V ertiefung eingesetzt werden soll. Eine solche Platte wird z.B. als Verschleißteil in einem Maschinenschlitten verwendet. Die übliche Zeichn ung für Platte und Vertiefung würde wie in Abbild ung 10.32 dargestellt aussehen: In dieser Zeichn ung sind nur die für die Breite und Höhe der Platte wichti gen Maße ein getragen. Besonders wichti g ist hierbei die Rechtwinkligkeit. Auf den ersten Blick scheinen a uch mit den Schriftfeldan gaben DIN 7167 und ISO 2768-m (Allgemeintoleranzen für Maße und W inkel) die F unktionsanforderungen ab gedeckt. Eine genaue Betrachtung zeigt jedoch, dass die Allgemeintoleranz Winkelabweichungen von +0,5° bzw. + 0,35mm Län genabweichungen z ulässt, wod urch jedoch die Paarbarkeit nicht mehr gewährleistet ist. Dies erfordert somit eine andere Tolerierung.

146

a) Platte

c) Vertiefung

10 Tolerierungsgrundsätze

b) Prüflehre für Platte

d) Prüflehre für Vertiefung

DIN 7167 ISO 2768-m

Abb. 10.32: Unvollständige Tolerierung zur Prüfung mit einer Prüflehre

Um die beliebige Austauschbarkeit herzustellen, kann hier beispielsweise in V erbindung mit einer Rechtwinkligkeitstoleranz1 das Reziprozitätsprinzip sinnvoll angewandt werden. Abbildung 10.33 zeigt diese Festlegung.

Abb. 10.33: Toleranzangabe nach der Reziprozitätsbedingung

Die Prüflehre hat dann das Längenmaß MMVS = 80mm. Es berechnet sich aus der bekannten Beziehung MMVS = MMS + tr = 79,9mm + 0,1mm. Würde hier das R fehlen, so müsste das Län genmaß MMS = 79,9mm exakt ein gehalten werden, dies ist für die Funktion aber unnötig. Der Formenbauer bekommt durch das R nun den Hinweis, dass nur für die gesamte Länge des Formteils ein Hüllmaß von 80mm einzuhalten ist. 1

Anm.: Nach der DIN 7167 liegt die Rechtwinkligkeitstoleranz stets außerhalb der Maßtoleranz und muss demnach zugerechnet werden.

10.6 Passungsfunktionalität

10.6

147

Passungsfunktionalität

Eine Passung beschreibt die Paarbarkeit von mindestens zwei T eilen durch einen definierten Maßunterschied. Je nach F unktion der Teile können Spiel-, Übergangs- oder Presspassungen gewählt werden. Um den Umfan g an Werkzeugen und Messmitteln z u begrenzen, sollte das System Einheitsbohrung verwendet werden, welches sich mittlerweile a uch in großen Teilen der Industrie durchgesetzt hat. Im Z usammenhang mit den beiden T olerierungsgrundsätzen des Hüll- und Unabhän gigkeitsprinzips sollen nachfolgend die Bedingungen für eine Passfunktion herausgearbeitet werden. 1. Fall: Paarbarkeit über Hüllprinzip nach DIN 7167 (Garantieren eines Mindestspiels)

a) Zeichnungsangabe

b) Hüllen nach DIN 7167

Abb. 10.34: Herstellung einer Spielpassung Anmerkung zur Hülle: Eine Welle liegt stets innerhalb der Hülle und eine Bohrung liegt stets außerhalb der Hülle.

148

10 Tolerierungsgrundsätze

Beim Hüllprinzip dürfen die beiden Geometrieelemente ihre geometrisch ideal Hülle mit Maximum-Material-Maß (MMS) nicht d urchbrechen und die Minim um-Material-Grenze (LMS) nicht unterschreiten. Diese Forderung stellt sicher, dass zwischen Welle und Bohrung ein ausreichendes Bewegungsspiel vorliegt. Hierbei ist dara uf zu achten, wie die Größe der Formtoleranz (innerhalb oder a ußerhalb der Hülle) anz usetzen ist. Im vorlie genden Fall liegt sie in der Hülle. 2. Fall: Paarbarkeit beim Unabhängigkeitsprinzip nach ISO 8015

Abb. 10.35: Herstellung einer Spielpassung

10.6 Passungsfunktionalität

149

Beim Unabhän gigkeitsprinzip darf jedes Geometrieelement seine Form- und La getoleranz ausnutzen, unabhängig davon, ob das Geomet rieelement Maxim um-Material-Maß hat oder nicht. Die Hülle wird dann jeweils als Maximum-Material-Virtual-Maß MMVS = MMS + tG gebildet. Im vorliegenden Fall ist die Toleranzabstimmung aber nicht so erfolgt, dass eine Spielpassung immer gewährleistet werden kann. Wie die Kontrolle zeigt, gibt es eine Überschneidung zwischen Welle und Bohrung: a) MMVSW = 29,993 + 0,01 = 30,003 b) MMVSB = 30 – 0,01 = 29,99 Es ist deshalb ein untunlicher Weg, bei alten Zeichn ungen nur den Tolerierungsgrundsatz zu ändern. 3. Fall: Paarbarkeit mit Hüllbedingung beim Unabhängigkeitsprinzip nach ISO 8015 (identisch DIN 7167)

Abb. 10.36: Herstellung einer Spielpassung

Vorstehend ist mit E die Hüllbedingung innerhalb von ISO 8015 an gezogen worden. Diese hat die gleiche Konsequenz wie das Hüllprinzip in der DIN 7167, d.h., die W elle darf selbst mit maximaler Rundheitsabweichung einen Durchmesser von MMS = 29,993mm nicht überschreiten. Damit erfüllt die Hüllbedingung ihren beabsichtigten Zweck, nämlich die Passungsfunktionalität in jedem Fall herzustellen.

11

Toleranzverknüpfung durch Maßketten

11.1

Entstehung von Maßketten

In den meisten Fällen stehen Toleranzen nicht für sich allein, sondern sie hängen in Form von Maßketten zusammen [SCH 95]. Dabei gibt zwei es grundsätzliche Möglichkeiten zur Entstehung von Maßketten [SCH 98]: 1. Zusammenfügen von Bauteilen zu einer Montagebaugruppe Hier sind Maßketten unvermeidlich, da in jedem Fall die geometrischen Eigenschaften der einzelnen Bauteile miteinander verknüpft sind und ein Funktionsmaß bilden. 2. Verknüpfung mehrerer geometrischer Eigenschaften am Einzelteil Auch an Bauteilen sind oft mehrere geometrische Eigenschaften miteinander verknüpft. In diesem Fall sind die Auswirkungen auf die Grenzgestalt bzw. deren Montagewirksamkeit meist sehr unübersichtlich.

In der Anwend ung bedarf die Maßkettenrechn ung einer stren gen Systematik [SCH 93], um Fehler auszuschließen.

11.2

Bedeutung des Schließmaßes und der Schließtoleranz

Alle Einzelmaße ( Mi) zusammengefügter Bauteile, die sich in eine Richt ung erstrecken, bilden eine Maßkette. In dieser Richt ung verbindet das Schließmaß ( Mo) Anfang und Ende der Maßkette. Dieses Schließmaß hat stets eine Toleranz. Sie wird als arithmetische Schließtoleranz ( TA) bzw. statistische Schließtoleranz ( TS) bezeichnet. Diese T oleranz errechnet sich a us den beteili gten Einzeltoleranzen (Ti) und kann nur durch Variationen an den Mis verändert werden. Ob T oleranzen arithmetisch oder statisch kontrolliert werden, hän bzw. montierten Gesamtstückzahl ab.

gt von der her gestellten

152

11 Toleranzverknüpfung durch Maßketten

Leitregel 11.1: Schließmaß einer Baugruppe Definition des Schließmaßes: Bei einer Ba ugruppe ist das Schließmaß M o stets das Maß, das sich beim Zusammenfügen ergibt. Dies ist z.B. ein f unktionelles Spiel oder die Gesamtlänge über mehrere Bauteile. Bestimmung des Schließmaßes: Ein Schließmaß kann ermittelt werden • aus einer arithmetischen Addition aller tolerierten Maße oder • statistisch unter Berücksichtigung des Abweichungsfortpflanzungsgesetzes von Gauß [VDE 73] durch Addition der Varianzen.

11.2.1

Vorgehen bei der Untersuchung von Toleranzketten

In der Praxis unterscheidet man zwei Notwendigkeiten zur Toleranzkettenbehandlung [SCH 92] bzw. der Bestimmung der Schließmaßtoleranz. Diese sind: 1. Die Toleranzanalyse Man berechnet aus den gegebenen Einzeltoleranzen die Schließtoleranz. Dieses Verfahren wird bei der Untersuchung von angegebenen Toleranzen der Bauteile eingesetzt. Es dient zudem als Hilfsmittel für Toleranzrechnungen. 2. Die Toleranzsynthese Zur Sicherung der Funktionsfähigkeit gibt man eine Schließtoleranz vor. Diese wird dann auf die Einzeltoleranzen der Ba uteile aufgeteilt. Dieses Verfahren wird bei der konstr uktiven Ableitung eines Bauteils bzw. einer Baugruppe angewandt.

Es gibt in der Produktentwicklung vielfältige Ansatzpunkte, diese Prinzipien simulativ anzuwenden.

11.3

Berechnung von Toleranzketten

11.3.1

Worst Case

Gewöhnlich wird bei der Überprüfung von Maßketten das so genannte Mini-Max-Prinzip (oder engl.: worst case = ungünstigster Fall) an gewandt. Hierbei wird an genommen, dass einmal Maximalmaße und einmal alle Minimalmaße a ufeinander tref fen, und zwar alle mit direkter Auswirkung auf das Schließmaß. Hiermit werden dann Montierbarkeitsüberprü fungen – hinsichtlich Spiel oder Übermaß – durchgeführt. Der Toleranzberechnung liegt somit eine Addition bzw. Subtraktion der Extremtoleranzen z ugrunde, weshalb hier ver einfacht von der arithmetischen Maß- oder Toleranzkettenberechnung [BOH 98] gesprochen wird.

11.3 Berechnung von Toleranzketten

153

Die Erfahrung zeigt, dass dieser Fall praktisch so gut wie nie vorkommt und daher mit diesem Verfahren meist zu enge Toleranzen festgelegt werden, weshalb realer mit einer statistischen Maß- oder Toleranzkettenberechnung gearbeitet werden sollte. Das statistische Prinzip wird nachfolgend noch dargestellt, weil dies ein wirksamer Ansatzpunkt ist, um Bauteile zu entfeinern und Herstellkosten zu senken. Einführend in die Maßkettentheorie [NUS 98] soll z Ansatz der Toleranzaddition vorgestellt werden.

11.3.2

Arithmetische Berechnung

Die Berechn ung der arithmetischen Schließtoleranz T Zahnrad und einem Loslager gezeigt werden.

Abb. 11.1:

unächst der geläufige arithmetische

A

soll am Beispiel einer W elle mit

Beispiel zur arithmetischen Berechnung von Maßketten

Man findet diese Situation als Rückwärtsgang in PKW-Schaltgetrieben.

154

11 Toleranzverknüpfung durch Maßketten

Als Schließmaß M 0 wird das Spiel zwischen La ger und Sicher ungsring definiert. Um die Funktion zu gewährleisten, muss in diesem Fall gelten: M0 ≥ 0. Ist M 0 < 0, kann der A ufbau so nicht montiert werden, was in einer Serienferti gung dann Nacharbeit oder so gar A usschuss bede utet. Daher sollte bei Serienprod ukten immer eine abgestimmte Maßkettenbetrachtung [MEE 92] durchgeführt werden.

11.3.3

Vorgehensweise

In der Praxis sind viele Toleranzberechnungen fehlerhaft, weil sie nicht systematisch durchgeführt werden. Fehler lassen sich a usschließen, wenn nach einem V orgehensplan gearbeitet wird. Empfohlen seien die folgenden 8 Schritte. 1. Zählrichtung für die Einzelmaße festlegen

Die Festlegung erfolgt entsprechend ihrer Auswirkung auf das Schließmaß M0. 2. Maßplan

Zur Erstellung des Maßplanes zeichnet man die Einzelmaße als aneinander hän gende Pfeile (Vektoren). • Man eginnt b an der Nulllinie und trägt dann fallweise nach Plus oder Minus ab. • Man zeichnet n ur Maße, deren V ektoren parallel z um Vektor des Schließmaßes lie gen, sonst muss man die Maße in Komponenten parallel und orthogonal zum Schließmaß zerlegen; berücksichtigt werden nur die parallelen Anteile (siehe Kapitel 11.3.5). • Um die Zeichn ung übersichtlicher z u gestalten, kann man die Pfeile a uch horizontal versetzt eintragen. Leitregel 11.2: Bestimmung des Vorzeichens von Maßvektoren im Maßplan

Maße, bei denen eine Vergrößerung der Maßabweichung eine Vergrößerung des Schließmaßes bewirkt, werden als positiv angenommen. Die Vektoren dieser Maße zeigen im Maßplan in die positive Zählrichtung. Maße, bei denen eine Vergrößerung der Maßabweichung eine Verkleinerung des Schließmaßes bewirkt, werden als negativ angenommen. Die Vektoren dieser Maße zeigen im Maßplan in die negative Zählrichtung.

11.3 Berechnung von Toleranzketten

155

Beispiel: Systematische Aufstellung einer Maßkette Abbildung 11.2 zei gt die Eintra gung der Nennmaßvektoren und der Zählricht ung im Maßplan. M 0 = − M1 − M 2 − M 3 + M 4 + M 5 − M 6

Abb. 11.2:

Maßplan der Zahnrad-Einbausituation

3. Tabelle der benötigten Maße erstellen

Es ist zweckmäßig, alle benötigten Maße tabellarisch zu erfassen. In der folgenden Tabelle 11.1 ist dies ausgeführt worden. Es werden die vorzeichenbehafteten Maße M i angegeben sowie die entsprechenden Größt- und Kleinstmaße. Auch die Größe der Toleranzfelder sollte bestimmt werden. Maßrichtung Nennmaße Bezeichnung

Nennmaß Größtmaß Kleinstmaß Toleranz

–M1 –M2

N1 N2

Lagerbreite Hülsenbreite

N1/[mm] Goi/[mm] Gui/[mm] 12,0 12,05 11,95 24,0 24,30 23,70

T1/[mm] 0,10 0,60

–M3 +M4

N3 N4

Zahnradbreite Wellenabsatz

37,0 73,5

+M5 –M6

N5 N6

Nutbreite 2,5 Sicherungsring 2,0

37,30 73,70

36,90 73,40

0,40 0,30

2,50 2,15

2,40 2,00

0,10 0,15

Tabelle 11.1: Maße für arithmetische Toleranzberechnung

4. Nennschließmaß N0

Das Nennschließmaß N0 berechnet sich aus den Nennmaßen nach folgender Gleichung:

N 0 = ∑ Ni + − ∑ Ni −

(11-1)

Beispiel: Bei diesem Beispiel besteht die Kette aus den Maßen N1 bis N6. Das Nennschließmaß berechnet man durch Einsetzen der Nennmaße in die vorstehend ermittelte Schließmaßgleichung:

156

11 Toleranzverknüpfung durch Maßketten

N 0 = N 4 + N 5 − N1 − N 2 − N 3 − N 6 = 73,5 + 2,5 − 12,0 − 24,0 − 37,0 − 2,0 = 1,0

Das Nennmaß schließt die Nennmaßkette und kann sowohl positiv als auch negativ sein.

5. Höchstschließmaß PO

Das Höchstschließmaß PO wird folgendermaßen berechnet: PO ist die Summe der positiven Maße an der ober en Grenze minus der Summe der negativen Maße an der untere Grenze:

PO = ∑ G oi + − ∑ G ui −

(11-2)

Man setzt somit: • für positiv gerichtete Maße das Höchstmaß und • für negativ gerichtete Maße das Mindestmaß ein. Beispiel: Die Maße N4 und N5 sind positiv gerichtet. Für diese Maße werden die Höchstmaße Go4 und Go5 berücksichtigt. Die Maße N1, N2, N3 und N6 sind negativ gerichtet. Für diese Maße gehen die Kleinstmaße Gui in die Berechnung ein. Mit den so ermittelten Höchst- und Mindestmaßen berechnet man PO durch Einsetzen der Werte in Gleichung 11-2. P0 = Go4 + Go5 – Gu1 – Gu2 – Gu3 – Gu6

= 73,7 + 2,50 – 11,95 – 23,70 – 36,90 – 2,00 = 1,65mm

6. Mindestschließmaß PO

Das Mindestschließmaß PU berechnet sich folgendermaßen: PU ist die Summe der positiven Maße an der unter e Grenze minus der Summe der negativen Maße an der obere Grenze.

PU = ∑ G ui + − ∑ G oi − Man setzt somit: • für positiv gerichtete Maße das Mindestmaß und • für negativ gerichtete Maße das Höchstmaß ein. Beispiel: PU = Gu4 + Gu5 – Go1 – Go2 – Go3 – Go6

= 73,40 + 2,40 – 12,05 – 24,30 – 37,30 – 2,15 = 0,00mm

(11-3)

11.3 Berechnung von Toleranzketten

157

7. Schließmaß mit Toleranz aus den Schritten 4.) bis 6.) zusammenstellen

Dazu muss man die Abmaße Ta1 und Ta2 berechnen. Diese werden durch folgende Gleichungen bestimmt. •

Oberes bmaß A

a1T:

Ta1 = PO − N 0 •

(11-4)

Unteres Abmaß Ta2:

Ta 2 = PU − N 0

(11-5)

Das Schließmaß wird dann in der folgenden Form dargestellt:

M0 = N0

Ta1 Ta 2

(11-6)

Beispiel:

Ta1 = 1,65 – 1,00 = +0,65 Ta2 = 0,00 – 1,00 = – 1,00 Daraus folgt:

M 0 = 1,0

+0,65 −1,0

In diesem Fall ist das Ba uteil im Grenzfall noch f unktionsfähig, wenn das Schließmaß nicht negativ wird und daher genügend Spiel zur Montage vorhanden ist. 8. Kontrolle

Die Summe der einzelnen Toleranzfelder des Schließmaßes muss gleich der Gesamttoleranz TA = PO − PU

(11-7)

sein. Bevor nach Zeichn ung gefertigt wird, sollte stets eine T oleranz-Kontrollrechnung durchgeführt werden.

158

11 Toleranzverknüpfung durch Maßketten

Beispiel: TA = 1,65mm – 0,0mm = 1,65mm

Die arithmetische Toleranzsumme TA berechnet sich aus

TA = ∑ Ti .

(11-8)

Beispiel: TA = T1 + T2 + T3 + T4 + T5 + T6 = 0,1 + 0,6 + 0,4 + 0,3 + 0,1 + 0,15 = 1,65mm.

11.3.4

Bestimmung der Extremwerte von Kreisquerschnitten

Das Beispiel aus Abbildung 11.1 zeigt, dass zur Berechnung der Maßketten die Extremwerte der Maße benöti gt werden. Bei der Bestimm ung dieser Extremwerte (des Passmaßes bei Welle/Bohrungssysteme) ist für kreisförmi ge Q uerschnitte bei Passungen die nachfol gende wichtige Regel zu beachten. Leitregel 11.3: Grenzwerte in Maßketten bei Passfunktionalität

Kreiszylinder und Parallelebenenpaare haben an der Maxim um-MaterialGrenze MMS bei Gültigkeit der Hüllbedingung die ideale Gestalt. An der Minimum-Material-Grenze LMS dürfen Formabweichungen auftreten, welche die volle Maßtoleranz erreichen. Das folgende Beispiel zeigt die Bedeutung dieser Regel exemplarisch für die Bestimmung der Maßtoleranz des Radius einer Welle, die in einem halb offenen Gleitlager rotiert. Man sieht in Abbild ung 11 .3 den Querschnitt einer Welle mit ∅ 6mm. Das Höchstmaß für den Radius ist r = d/2 = 3mm, wenn die Form der Welle am Maximum-Material-Limit (MMS) ist. Hat der D urchmesser der Welle die Toleranz –0,1mm, ist das Kleinstmaß für den D urchmesser G u = 5,9mm. Da die Hüllbedin gung gilt, kann das Element Formabweich ungen im Bereich von 0,1mm haben. Ist die Welle nun z.B. gleich dickförmig, kann der Radius die volle Toleranzabweichung von 0,1mm aufweisen. Die Toleranz des Radius ist deshalb bei geltender Hüllbedingung nicht halb so groß wie die des Durchmessers.

11.3 Berechnung von Toleranzketten

159

Beispiel: Höchstmaß rmax und Mindestmaß rmin für den halben Zapfendurchmesser

Abb. 11.3:

11.3.5

Bestimmung der maximalen Maße des Radius einer Welle bei Gültigkeit der Hüllbedingung nach DIN 7167

Maßkette mit „ebenen“ Maßen

Eine Maßkettenbetracht ung ist immer dann einfach, wenn alle Maße in eine Richt ung als Kette ausgerichtet sind. Ist dies nicht der Fall, so müssen die Maße in eine V orzugsrichtung der Zeichnungsebene geklappt werden. Ein fiktives Beispiel hierfür ist die Führ ung nach Abbildung 11.4. Der Zapfen lä uft in einer Nut, die Schräge dient als seitliche Führung. In diesem Fall m uss die parallel z um Schließmaß M 0 lie gende Komponente des Maßes a bestimmt werden. Wird dieses Maß zu klein, kann das Bauteil klemmen und es ist somit nicht funktionsfähig. D.h., für die an gestrebte F unktion müssen Maße in einer Ebene bzw . in die Richt ung des Schließmaßes projiziert werden.

Abb. 11.4:

Nicht in Schließmaßrichtung liegendes Einzelmaß

160

11 Toleranzverknüpfung durch Maßketten

Für die Führungskante bedeutet dies, dass die Komponente

a parallel = a ⋅ cos α wirksam ist. Die Maßkette ergibt sich somit zu

M 0 = b − r + a ⋅ cos α .

(11-9)

Sollte der Winkel α ebenfalls mit Maßabweichungen behaftet sein, dann müssen diese in der Maßkette ebenfalls berücksichti gt werden. Es kann dann entsprechend ein weiteres Glied in die Maßkette eingefügt werden.

11.4

Form- und Lagetoleranzen in Maßketten

In Maßketten können zusätzlich zu Maßtoleranzen auch Form- und Lagetoleranzen auftreten. Sie gehen wie die Maßtoleranzen als ei genständige Glieder in die Maßkette ein [BEC 84]. Allerdings treten bei der Betrachtung von Form- und Lagetoleranzen die folgenden Probleme auf: • •

Ihre extreme A uswirkung auf das Schließmaß ist oft schwer z u erkennen. Die Grenzz ustände sind unter Berücksichtigung des Tolerierungsprinzips zu bestimmen. Da F+L-Toleranzen ohne zugehöriges Nennmaß auftreten, muss ein Nullmaß in die Toleranzkette eingefügt werden. Die Grenzabweichungen dieses Nullmaßes müssen gemäß der wirksamen Toleranzzone ermittelt werden.

Als Beispiel z ur Berechnung einer Maßkette mit Form- und Lagetoleranzen dient hier noch einmal die Ba ugruppe a us dem vora usgegangenen Abbild ung 1 1.1, jetzt jedoch mit einer Parallelitätstoleranz am Zahnrad. In die sich a us den V erhältnissen in Abbild ung 1 1.5 er gebenden Maßkette m uss die Parallelitätstoleranz richtungstreu als eigenständiges Maß eingehen. Die zugelassene Formtoleranz von t P soll mit den Bezü gen bewirken, dass das Zahnrad mö glichst rechtwinklig und eben an der Wellenschulter anliegt. Am Zahnrad ist aus Gründen der Qualitätssicherung noch ein zweiter Bez ug eingeführt worden. Nach ISO 1101 bezeichnet MD „anliegend am Aussendurchmesser“ und LD „aufzunehmen am Innendurchmesser“.

11.4 Form- und Lagetoleranzen in Maßketten

Abb. 11.5:

161

Maß- sowie Form- und Lagebeziehungen in einer Maßkette

Zur Analyse des Schließmaßes sollen jetzt die angewandt werden.

unter Kapitel 1 1.3.3 a ufgeführten Schritte

1. Zählrichtungen festlegen 2. Maßkettenbeziehung herstellen

Alle Maße – auch die F+L-Toleranzen – gilt es als unabhängige Einzelmaße in ihrer Wirkrichtung zu erfassen.

Abb. 11.6:

Maßplan für Maßkette mit einer Lagetoleranz

In Abbildung 11.6 ist die Parallelitätstoleranz als Maß M 3p eingetragen. Da eine V ergrößerung der Parallelitätsabweichung eine Vergrößerung des Schließmaßes bewirkt, ist die Richtung positiv und somit der Zahnradbreite entgegenwirkend.

162

11 Toleranzverknüpfung durch Maßketten

3. Maßwirkungen und tabellarische Zusammenstellung

Das wesentliche Funktionselement in der Maßkette ist das Zahnrad, weshalb seinen Maß- und Geometrieabweichungen besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden ist. Zunächst ist das Zahnrad über zwei Bezü ge (A = S tirnseite und B/MD = V erzahnungsaußendurchmesser) a uszurichten. Die linke Stirnseite soll innerhalb von tP = 0,2mm parallel verlaufen. Durch die ISO 8015 ist das Unabhän gigkeitsprinzips festgelegt, d.h., Maß- und Lagetoleranz dürfen das wirksame Maxim um-Material-Maß (MMVS) voll a usnutzen, aber nicht überschreiten. Auch muss jedes angegebene Maß eingehalten werden. Von allen danach möglichen Fällen zeigt Abbildung 11.7 den für die Geometrie ungünstigsten Fall, der sich letztlich aber günstig auswirken wird. Wie auch schon a usgeführt, muss die Parallelitätstoleranz als wirksames Maß definiert werden. Als Einzelmaß ist es somit anzusetzen: +0 , 2

M 3p = 0 − 0 .

Damit sind die beiden Extremfälle zu bilden.

Abb. 11.7:

Auswirkung der Formabweichung

Entsprechend ergibt sich für das Größtmaß G o3p = + 0,2 mm

und für das Kleinstmaß G u3p = 0 mm.

Die Maße M 1 bis M weichung ergänzt.

6

werden a us T abelle 1 1.1 übernommen und um die Parallelitätsab-

11.4 Form- und Lagetoleranzen in Maßketten Richtung

Maß Bezeichnung

163

Nennmaß

Größtmaß

Kleinstmaß

Toleranz

N1/[mm]

Goi/[mm]

Gui/[mm]

T1/[mm]

–M1 –M2

N1 N2

Lagerbreite Hülsenbreite

12,0 24,0

12,05 24,30

11,95 23,70

0,10 0,60

–M3

N3

Zahnradbreite

37,0

37,30

36,90

0,40

+M3p +M4 +M5

N3p N4 N5

Parallelitätstoleranz Wellenabsatz Nutbreite

0 73,5 2,5

0,2 73,70 2,50

0 73,40 2,40

0,2 0,30 0,10

–M6

N6

Sicherungsring

2,0

2,15

2,00

0,15

Tabelle 11.2: Maße der Getriebe-Einbau-Situation

4. Schließmaßgleichung

Die Maßkette ist unter Berücksichtigung aller Maße, einschließlich der F+L-Toleranzen, aufzustellen. Im vorliegenden Fall führt eine Vergrößerung der Parallelitätsabweichung auch zu einer Vergrößerung des Schließmaßes, weshalb M 3p als positives Maß zu berücksichtigen ist. Als Schließmaß ergibt sich somit:

M 0 = + M 3p + M 4 + M 5 − M1 − M 2 − M 3 − M 6 5. Nennschließmaß

Das Nennschließmaß ermittelt man analog mit den zugehörigen Vorzeichen: N0 = + N3p + N4 + N5 – N1 – N2 – N3 – N6 = +0,0 + 73,5 + 2,5 – 12,0 – 24,0 – 37,0 – 2,0 = 1,0 mm. Aus dem Nennmaß lassen sich jedoch keine Rückschlüsse auf die Montierbarkeit ziehen. 6. Höchstschließmaß

Gemäß der Konvention der Höchstschließmaßbildung findet sich: Po = +Go3p + Go4 + Go5 – Gu1 – Gu2 – Gu3 – Gu6

= +0,1 + 73,7 + 2,5 – 11,95 – 23,70 – 36,9 – 2,00 = 1,75mm. Gegenüber der arithmetischen Betrachtung erweitert die Parallelitätstoleranz das Schließmaß.

164

11 Toleranzverknüpfung durch Maßketten

7. Mindestschließmaß

Folgerichtig ist die Konvention für die Mindestschließmaßbild ergibt sich:

ung anz uwenden. Hiernach

PU = +Gu3p + Gu4 + Gu5 – Go1 – Go2 – Go3 – Go6

= 0,0 + 73,4 + 2,40 – 12,05 – 24,3 – 37,30 – 2,15 = 0,0mm. Die Parallelitätsabweichung hat insofern keine Auswirkung. 8. Schließmaß mit Toleranz

Die obere Toleranzgrenze bestimmt sich zu: Ta1= 1,75 – 1,0 = +0,75mm, die untere Toleranzgrenze bestimmt sich zu: Ta2 = 0,0 – 1,0 = – 1,0mm. Daraus folgt für das tolerierte Schließmaß +0,75

M 0 = 1,0 −1,0 .

Anzumerken bleibt, dass im vorliegenden Fall die Montierbarkeit wahrscheinlich gegeben ist. Die Parallelitätsabweichung zeigt hier keine negativen Auswirkungen. Dies muss für die Wirkung anderer F+L-Toleranzen nicht immer so eintreten. In der Vielzahl der Fälle wirken F+LAbweichungen eher schließmaßverkleinernd.

11.5

Statistische Tolerierung

11.5.1

Erweiterter Ansatz

Bei der arithmetischen Tolerierung berechnet man die Schließtoleranz T A einer Maßkette aus den extremen Abmaßen der Elemente der Maßkette. Diese müsste somit dann auftreten, wenn zufällig einmal alle Max-T eile und einmal alle Min-T eile aufeinander treffen. Deshalb ist es höchst unwahrscheinlich, dass diese Schließtoleranz tatsächlich vorkommt. In der Praxis ist die a uftretende zufallsbestimmte Schließtoleranz TW in der Re gel de utlich kleiner als TA. Gibt man eine Schließtoleranz TA vor und teilt danach die Einzeltoleranzen Tai arithmetisch auf, dann sind diese Einzeltoleranzen erfahr ungsgemäß meist z u eng und somit zu te uer in der Ferti gung. Nach Unters uchungen von DaimlerChrysler bewirkt eine Einengung von Schließtoleranzen bei Baugruppen um einen gewissen Faktor eine direkte Kostenerhöhung um denselben Faktor. Daraus ergeben sich folgende Schlussfolgerungen [KLE 02]: • Durch eine statistische T olerierung können die Einzeltoleranzen so ver größert werden, dass die berechnete Schließtoleranz T S so groß wird wie die wahrscheinlich a uftretende Toleranz T W. • Die Toleranz T W kann mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit bei der Ferti gung überschritten werden. Es können also bei der Produktion a uch Z usammenbausituationen auftreten, deren tatsächliche Schließmaßtoleranz größer ist als T W. Daher m uss sicher-

11.5 Statistische Tolerierung

165

gestellt werden, dass eine T oleranzüberschreitung erkannt wird und diese T eile gegebenenfalls aussortiert werden können. Das statistische Tolerierungsprinzip wirkt somit Kosten dämpfend.

11.5.2

Mathematische Grundlagen

Die statistische Tolerierung ist in der DIN 71861) beschrieben und beruht im Wesentlichen auf den folgenden Grundlagen: • • • •

dem Mittelwertsatz, dem Abweichungsfortpflanzungsgesetz, dem Zusammenhang zwischen der Standardabweichung und der Toleranz und dem zentralen Grenzwertsatz der Wahrscheinlichkeitsrechnung.

Diese Bezieh ungen sind für das V erständnis der nachfol genden Problemdiskussion erforderlich und werden hier noch einmal kurz erläutert. Zur Bestimmung der Einhalt ungs- oder Überschreit ungswahrscheinlichkeit der Toleranz T W muss man die V erteilung der Maße bei der Ferti gung einer Serie von W erkstücken kennen. Man misst daher eine bestimmte Mess größe x (z.B. Wellendurchmesser) von gleichen Werkstücken wiederholt nach und kann dann die Verteilung feststellen. Bei in Großserie her gestellten Teilen wird man gewöhnlich die Gauß’sche Normalverteilung finden. Dadurch erhält man aus n Messungen den Mittelwert µ i:

μi =

1 n ∑ xi n i =1

(11-10)

und die Streuung bzw. Standardabweichung

σi =

n 1 2 ∑ ( x i − μi ) . n − 1 i =1

(11-11)

Das gefertigte Ist-Maß kann insofern als eine Zufallsgröße angesehen werden. Für eine Maßkette a us mehreren W erkstücken, die mit unterschiedlichen V erteilungen gefertigt wird, gilt somit, dass das gesamte Nennschließmaß µ ges aus der S ummation der m Einzelmittelwerte gebildet wird [KLE 02]: m

μ ges = ∑ μ i .

(11-12)

i =1

1

Anm.: Die DIN 7186 ist 1974 bzw. 1980 in zwei Teilen erschienen. Wegen zu vieler Einsprüche aus der Praxis ist die Norm 1985 wieder zurückgezogen worden.

166

11 Toleranzverknüpfung durch Maßketten

Die gesamte Streuung σges ergibt sich entsprechend aus der Summation der Einzelstreuungen:

σ ges =

m

2

∑ σi .

i =1

(11-13)

Dies ist auch der Inhalt des Abweichungsfortpflanzungsgesetzes nach Gauß, welches also aussagt, dass in Maßketten nicht die Toleranzen, sondern die Varianzen σi addiert werden. Die Schließmaßtoleranz kann somit als Vielfaches der Gesamtstreuung bestimmt werden: TW ≡ TS = ± u ⋅ σ ges .

(11-14)

Der zentrale Grenzwertsatz sagt weiterhin aus: • •

Treffen mehr als vier Streuungen σi aus unterschiedlichen Verteilungen aufeinander, so ist die Gesamtstreuung σges stets normalverteilt. (Dies gilt natürlich auch bei vier gleichartigen Streuungen.) Bei einer überwachten Ferti gung (z. B. mit S PC) können d urch S tichprobenauswertung alle Verteilungsgesetzmäßigkeiten festgestellt werden.

Zur Bestimm ung dieser V erteilungsgesetzmäßigkeiten [SCH 98] geht man fol gendermaßen vor: • • •

Man teilt die Toleranzspanne der Messgröße in gleiche Intervalle ein. Daraufhin bestimmt man die Anzahl der Messwerte pro Intervall. Es werden viele Messwerte in der Mitte der T oleranzspanne liegen und die Anzahl der Messwerte wird z u den Rändern hin abnehmen. Für den Idealfall (infinitesimal kleine Intervalle) kann man über die Anzahl n der Istmaße pro Messwert I eine Verteilungskurve ermitteln.

Das fol gende Beispiel (siehe Abbild ung 11.8) zei gt die Ermittl ung einer Hä ufigkeitsverteilung einer S tichprobe bei der Ferti gung eines W ellenzapfens. W enn keine a utomatisierte Messrichtung vorhanden ist, kann dieser Weg immer so gegangen werden.

Beispiel:

11.5 Statistische Tolerierung

167

Messwerte von 50 Wellen (Angegeben sind nur die Nachkommastellen)

Nr. 1 2

Wert 48 37

Nr. 9 10

Wert 40 35

Nr. 17 18

Wert 32 40

Nr. 25 26

Wert 46 41

Nr. 33 34

Wert 52 41

Nr. 41 42

Wert 37 43

3 4 5

38 45 43

11 12 13

43 42 51

19 20 21

39 41 40

27 28 29

38 43 35

35 36 37

44 45 42

43 44 45

45 41 39

6 7

41 42

14 15

40 39

22 23

38 41

30 31

42 39

38 39

36 38

46 47

42 44

8

36

16

43

24

43

32

41

40

40

48

40

Ergebnis: angenommen: 48 (weiße Felder) verworfen: 2 (hellgrau eingefärbt) Strichliste

Klassen

Anzahl %

1 2

22,30 22,32

d Pz, Rt > Rz, Wt > Wz. Im Regelfall ist Rt = Rz, es wird dann empfohlen, Rt anzugeben.

222 •



14 Anforderungen an die Oberflächenbeschaffenheit

Mittelwert der Höhe der Profilelemente Zt innerhalb einer Einzelmessstrecke: 1 n Pc, Rc, Wc = ∑ Zt i (mit dem Regelfall n = 5); n i =1

arithmetischer Mittelwert der Beträ ge der Ordinatenwerte Z(x) innerhalb einer Einzelmessstrecke: Pa , Ra , Wa =



(14-4)

1 n 2 ∑ Z (x) ; n i =1

(14-5)

Schiefe des Profils als Quotient aus der gemittelten dritten Potenz der Ordinatenwerte Z(x) und der jeweils dritten Potenz von Pq, Rq oder Wq innerhalb einer Einzelmessstrecke, z.B. für Rsk =



1 n ∑ Z( x ) ; n i =1

quadratischer Mittelwert der Ordinatenwerte Z(x) innerhalb einer Einzelmessstrecke: Pq, Rq, Wq =



(14-3)

⎤ 1 ⎡1 n 3 ⎢ Z (x) ⎥ ; 3 ⎢n ∑ ⎥⎦ Rq ⎣ i =1

(14-6)

Steilheit des Pr ofils als Q uotient a us der gemittelten vierten Potenz der Ordinatenwerte Z(x) und der jeweili gen vierten Potenz von Pq, Rq oder Wq innerhalb einer Einzelmessstrecke, z.B. für Rku =

⎤ 1 ⎡1 n 4 ⎢ Z (x) ⎥ . 4 ⎢n ∑ ⎥⎦ Rq ⎣ i =1

(14-7)

Definition der Waagerechtkenngrößen (Abstandskenngrößen) •

Mittlere Rillenbreite des Profils als Mittelwert der Breite der Profilelemente Xs innerhalb einer Einzelmessstrecke: PSm, RSm, WSm =

Xs1

Xs 2

1 m ∑ Xsi . m i =1

(14-8)

Xs 3

Xs 4

Ln Abb. 14.9: Rillenbreite der Profilelemente

Xs 5

Xs 6

14.3 Symbolik für die Oberflächenbeschaffenheit

223

Definition der Charakteristischen Kurven und abgeleiteten Kennwerte •

Materialanteil des Pr ofils als Q uotient a us der S umme der Materiallän gen aller Profilelemente ML(c) in der gewählten Schnitthöhe c über der gesamten Messstrecke: Pmr (c), Rmr (c), Wmr(c) =



ML(c) ; Ln

(14-9)

Die Materialanteilkurve gibt den Materialanteil des Profils als F unktion der Schnitthöhe an. Diese Kurve resultiert aus der Summenhäufigkeitskurve der Ordinatenwerte Z(x) über die Länge der Messstrecke. c

Ln

0 20 Rmr (c)

40

60

80

100 %

Abb. 14.10: Tragender Materialanteil eines Oberflächenprofils

Zur besseren Orientier ung über alle Kenn größen nach ISO 4287 gibt Tabelle 14.9 noch eine Gesamtübersicht mit entsprechenden Empfehlungen. Kenngrößen

Benennung

Profile allgemein:

Höhe der größten Profilspitze

Rp

Tiefe des größten Profiltales größte Höhendifferenz des Profils mittlere Höhe der Profilelemente

Rv Rz Rc

Gesamthöhe des Profils innerhalb der Messstrecke

Rt

Aperiodische Profile (Schleifen, Erodieren, etc.):

größte Höhendifferenz des Profils arithmetischer Mittelwert der Profilordinaten quadratischer Mittelwert der Profilordinaten

Rz Ra Rq

Schiefe des Profils Steilheit des Profils

Rsk Rku

224

14 Anforderungen an die Oberflächenbeschaffenheit

Kenngrößen

Benennung

Periodische Profile (Drehen, Fräsen, Hobeln, etc.):

mittlere Rillenbreite der Profilelemente quadratischer Mittelwert der Profilordinaten

RSm Rq

quadratischer Mittelwert der Profilsteigung

RΔq

Materialanteilkurve des Profils Höhendifferenz zwischen zwei Schnittlinien

Rmr(c) RSc

Materialanteil

Rmr

Tabelle 14.9: Kenngrößen zur Oberflächenquantifizierung nach ISO 4287

14.3.4

Zeichnungsangaben für Oberflächen

Die vorstehend charakterisierten Kenn größen und Definitionen sollen in der fol genden Tabelle 14.10 an einigen Eintragungsbeispielen interpretiert werden. Leitgedanke für den Konstrukteur muss es sein, die Oberflächenanforderung nicht unnötig zu verschärfen. Wie bei den Toleranzen gilt auch hier, dass die Bearbeitungskosten exponentiell mit einer Verkleinerung der Oberflächenra uheit ansteigen. Dies kann natürlich nicht heißen, gänzlich auf eine Oberflächenspezifizierung zu verzichten. Die ISO 1302 w urde als G PS-Norm extra geschaffen, um Oberflächen spezifizieren z u können. Die Rauheit hat nämlich wesentliche Auswirkungen auf den Verschleiß, die Reibleistung und die Erwärmung, womit gegebenenfalls die Lebensdauer von Bauteilen und Systemen verkürzt wird. Symbol

Erläuterung und Bedeutung

Rz 5

Materialabtragende Bearbeitung ist unzulässig; R-Profil; Regelübertragungscharakteristik; einseitig vorgegebene obere Grenze; größte Rautiefe 5 μm innerhalb einer Einzelmessstrecke; Messstrecke aus 5 Einzelmessstrecken; 16-%-Regel.

Rzmax 6,5

Materialabtragende Bearbeitung ist verlangt; R-Profil; Regelübertragungscharakteristik; einseitig vorgegebene obere Grenze mit größter gemittelter Rautiefe 6,5 μm; Messstrecke aus 5 Einzelmessstrecken; max-Regel.

0,0025 - 0,8 / Ra 2,5

Materialabtragende Bearbeitung ist verlangt, R-Profil; Übertragungscharakteristik: 0,0025-0,8mm (d.h. λs = 0,0025, λc = Lr = 0,8); einseitig vorgegebene obere Grenze; Mittenrauwert: 2,5μm; Messstrecke aus 5 Einzelmessstrecken; 16-%-Regel.

14.3 Symbolik für die Oberflächenbeschaffenheit Symbol

225

Erläuterung und Bedeutung

- 0,8 / Ra3 2,5

Materialabtragende Bearbeitung ist verlangt; R-Profil; Übertragungscharakteristik: Einzelmessstrecke 0,8mm (λs-Regelwert = 0,0025mm); einseitig vorgegebene obere Grenze; Mittenrauwert: 2,5μm; Messstrecke aus 3 Einzelmessstrecken; 16-%-Regel.

0,008 - / Ptmax 20

Materialabtragende Bearbeitung ist verlangt; P-Profil; Übertragungscharakteristik: λs = 0,008mm; kein Langwellenfilter λc; einseitig vorgegebene obere Grenze für Profil-Gesamthöhe: 20μm; Messstrecke gleich Werkstücklänge; max-Regel.

Tabelle 14.10: Eintragungsbeispiele in technischen Zeichnungen für Anforderungen an die Oberfläche

Ergänzend sollen noch einige Vereinbarungen zum Bearbeitungsverfahren erläutert werden. Symbol

Erläuterung und Bedeutung

Bearbeitungszugabe ist 5mm für die gekennzeichnete Oberfläche. 5 gefräst

M

Bearbeitungsangabe für die gekennzeichnete Oberfläche: Materialabtrag durch Fräsen. Alle Bearbeitungsverfahren und mehrfache Richtungen der Oberflächenrillen sind zulässig. Die Oberflächenangabe (Materialabtrag unzulässig) gilt für den gesamten Außenumriss der Ansicht.

Tabelle 14.11: Besondere Vereinbarungen zur Oberflächenbearbeitung

14.3.5

Zeichnungsangaben für Oberflächenrillen

Zum Problemkreis Oberflächen gehören auch die Oberflächenrillen. Rillen entstehen bei der Bearbeitung als Sp uren der W erkzeugbewegung. Bei einer Feinbearbeit ung werden diese weniger ausgeprägt sein, als bei einer Grobbearbeit ung oder einem stark spanenden Abtra g. Da für viele technische F unktionsflächen auch die Rillenstruktur maßgebend ist, können entsprechende Anforderungen ebenfalls mit dem Oberflächensymbol vereinbart werden. gefräst Ra 0,8 Rz1 3,0 Abb. 14.11: Vereinbarung paralleler Rillenstruktur für eine Oberfläche

226

14 Anforderungen an die Oberflächenbeschaffenheit

Zum Zweck der besseren Interpretierbarkeit sind in der fol genden A ufstellung noch eini ge Eintragungsbeispiele wiedergegeben. Gleichzeitig ist die z ugehörige Definition schematisch sichtbar gemacht worden. Symbol

Vereinbarung

Bedeutung/Eintragung

Rillen parallel zur Projektionsebene der Ansicht, auf die das Symbol weist.

Rillen rechtwinklig zur Projektionsebene, auf die das Symbol weist.

Rillen gekreuzt in zwei schrägen Richtungen zur Projektionsebene der Ansicht, auf die das Symbol weist.

M

Rillen in mehrfachen Richtungen zur Projektionsebene der Ansicht, auf die das Symbol weist.

C

Rillen annähernd konzentrisch zur Mitte der Oberfläche, auf die das Symbol weist.

R

Rillen annähernd radial zur Mitte der Oberfläche, auf die das Symbol weist.

P

Nichtrillige Oberfläche darf ungerichtet oder muldig sein.

Tabelle 14.12: Angabe und Vereinbarung von Oberflächenrillen

M

C

R

P

15

Unterschiede zwischen DIN ISO und ASME

15.1

ASME-Standard

Der amerikanische W irtschaftsraum ist einer der größten und leist ungsstärksten der ganzen Welt. Die Amerikaner n utzen Normung, um eindeutige Standards für ihren nationalen Markt zu setzen. Das American National S tandards Institute (ANSI) orientiert sich hierbei weni ger an internationalen Entwickl ungen, sondern le gt vielfach mit ASME-Normen Prinzipien fest, die nur nationalen Erfordernissen genügen. Auf dem Sektor der Maß-, Geometrie- und Oberflächennorm ung sind hiervon diejeni gen deutschen Unternehmen betrof fen, die entweder in den USA oder in De utschland nach USamerikanischen Zeichn ungen ferti gen. A us der unterschiedlichen Interpretation res ultieren meist Missverständnisse, die einen erhöhten Abstimm ungsbedarf erforderlich machen oder im schlimmsten Fall zu einer nicht spezifikationsgerechten Fertigung führen. In beiden Fällen sind dies Aktivitäten, die unnötige Kosten ver ursachen und sich d urch eine bessere Kenntnis beider Normensysteme vermeiden lassen. Die aktuelle amerikanische Norm für den Gesamtkomplex Maße und Toleranzen ist die ASME Y14.5M – 1994 Dimensioning and Tolerancing Die ASME-Norm1 unterscheidet sich in Aufbau und Umfang zum Teil erheblich von den entsprechenden DIN-ISO-Normen und weicht auch in einigen Punkten inhaltlich von diesen ab. Daher soll im Fol genden ein Vergleich der Norm ASME Y14.5M mit den relevanten DINISO-Normen durchgeführt werden. Insbesondere sollen die wesentlichen Unterschiede zwischen ASME Y14.5M und DIN ISO und die Besonderheiten der ASME-Norm bezü glich Maßkonventionen und Form- und Lagetoleranzen diskutiert werden. Man muss dem ASME-System aber konstatieren, dass es sehr vollständi g, exakt und weitreichend ist. In einigen Belangen geht es maßgeblich über das DIN-ISO-System hinaus. 1

Anm.: ASME = American Society of Mechanical Engineers

228

15 Unterschiede zwischen DIN ISO und ASME

15.2

Symbole und Zeichen

15.2.1

Maßeintragung

Bei der Angabe von Maßen gibt es einige Unterschiede zwischen ASME- und DIN-ISO-Normen. Diese betreffen im Wesentlichen die Leserichtung der Maßangaben und die Eintragung von Maßpfeilen. Die Eintra gung von T oleranzen wird im Bereich der DIN-ISO-Normen durch die ne ue Norm DIN ISO 129 E geregelt. Diese soll z ukünftig die alten Normen DIN 406-10, DIN 406-11 und DIN 406-12 ersetzen. V ielen Konstrukteuren in der Praxis sind die damit verbundenen Umstellungen jedoch noch nicht bekannt. Die ISO 129 E sieht bei der Maßeintra gung keine Unterschiede zwischen stei gender Bemaßung sowie Ketten-, Parallel- und Koordinatenbemaß ung vor . In ASME wird für Koordinatenbemaßung ein von den anderen Maßarten unterschiedliches V erfahren an gegeben. In der folgenden Tabelle 15.1 sind die Unterschiede bei der Angabe von Maßen aufgeführt. ISO 129 Maßzahlen

Maßlinien und Maßhilfslinien

ASME Y14.5M

stehen auf der Maßlinie

Die Maßlinie wird für die Maßzahl unterbrochen. (Maßzahl auf Linie ist auch zulässig aber unüblich.)

enden an der Körperkante

Zwischen Linie und Körperkante besteht eine kleine Lücke.

werden nicht unterbrochen, wenn sie sich schneiden

werden unterbrochen, wenn sie sich schneiden

Hauptleserichtung Allgemein

DIN ISO 129 E

Maße sollen immer von unten lesbar sein.

Koordinatenbemaßung

Maße sollen von unten oder von rechts lesbar sein.

Maße sollen von unten oder von rechts lesbar sein.

Tabelle 15.1: Unterschiede in der Maßeintragung

Oberstes Darstell ungsprinzip m uss Vollständigkeit und Einde utigkeit sein. Die Zeichn ung sollte aber im Re gelfall keine Bearbeit ung vorgeben. Falls dies notwendi g sein sollte, sind hierfür Toleranzen heranzuziehen. Die Umsetzung in einer technischen Zeichnung zeigt Abbildung 15.1.

15.2 Symbole und Zeichen

Abb. 15.1:

15.2.2

229

Eintragung von Maßen und Maßpfeilen

Unterschied zwischen Millimeter- und Inch-Bemaßung in ASME

Bedingt d urch die ha uptsächliche Anwend ung im amerikanischen W irtschaftsraum wird in der ASME großen W ert a uf die Unterscheid ung zwischen einer Inch- und Millimeter Bemaßung gelegt. Die ASME-Norm sieht bei Anwend ung der Inch-Bemaß ung die Dezimal-Inch-Bemaß ung vor. Dabei werden die in der Tabelle 15.2 aufgeführten Regeln angewandt. Leitregel 15.1: Unterschiede zwischen Millimeter- und Inch-Bemaßung in ASME Y14.5M

Tabelle 15.2: Unterschiede zwischen Millimeter- und Dezimal-Inch-Bemaßung in ASME Y14.5M

230

15 Unterschiede zwischen DIN ISO und ASME

Wenn in einer Zeichnung Millimeter- und Inch-Maße verwendet werden sollen, dann müssen die Inch-Maße mit den angefügten Buchstaben IN gekennzeichnet werden.

15.2.3

Eintragung von Toleranzen

Sowohl ASME als a uch DIN ISO erla uben bei der T olerierung neben der Eintra gung eines Maßes mit seinen zugehörigen Abmaßen auch das direkte Eintragen der Grenzmaße: • •

Im Bereich der ISO-Normen n utzt man in der Re gel eine Toleranzangabe mit Abmaßen (oder über Toleranzfelder) an der Maßzahl. In der ASME-Norm wird bei der An gabe von Toleranzen die Ein gabe von Grenzmaßen bevorzugt.

Die DIN ISO bietet z um direkten Eintra gen der Grenzmaße n ur eine Mö glichkeit, während die ASME zwei Möglichkeiten bietet. Diese sind in Tabelle 15.3 dargestellt.

Tabelle 15.3: Unterschiede bei der Eintragung von Grenzmaßen

15.3

Besonderheiten der Maßangabe in ASME

15.3.1

Radientolerierung

Die ASME-Norm ermöglicht weiterführende Angaben zur Tolerierung eines Radius durch die Eintragungen CR (engl.: controlled radius). Controlled Radius

Wenn CR für controlled radius (dt.: kontrollierter Radius) angegeben wird, erfolgt zusätzlich zur Maßan gabe die Einschränk ung der Kont ur des Radi us. D urch die Eintra gung CR an einem Radius wird eine T oleranzzone zwischen zwei Bö gen definiert, die tan gierend in die anliegenden Flächen über gehen. Die W erkstückkontur m uss in diesem Fall innerhalb der halbmondförmigen Toleranzzone liegen und eine glatte Kurve ohne Unebenheiten darstellen. Die folgende Tabelle15.4 zeigt die Unterschiede in der Radientolerierung mit R und CR.

15.3 Besonderheiten der Maßangabe in ASME

231

Tabelle 15.4: Tolerierung eines Radius mit R und CR

Wahrer Radius

Nach ASME besteht die Möglichkeit, einen Radius in einer Ansicht zu bemaßen, in der seine wahre Gestalt nicht gezeigt wird. Dies kann z um Beispiel eine Ansicht sein, in der die Darstellung verzerrt ist. In einem solchen Fall wird vor die eigentliche Bemaßung des Radius das Wort TRUE ( dt.: wahr) geschrieben.

Abb. 15.2:

Möglichkeit zur Bemaßung von verzerrten Radien

Die DIN ISO sieht eine solche Mö glichkeit nicht vor. Hier muss theoretisch eine z usätzliche Ansicht gezeichnet werden, in der die wahre Gestalt des Radius sichtbar wird.

15.3.2

Begrenzende Toleranzangaben

Das so genannte ALL-AROUND-Symbol ( dt.: ringsum) zeigt an, dass die T oleranz für alle Oberflächen des Ba uteils gilt. Es besteht a us einem Kreis, der an einer Abzwei gstelle der Leitlinie vom Toleranzrahmen anzuordnen ist. Das so genannte BETWEEN-Symbol ( dt.: zwischen) schränkt eine Toleranz auf einen durch zwei Punkte eingegrenzten Bereich der Oberfläche ein.

232

15 Unterschiede zwischen DIN ISO und ASME

In Abbild ung 15.3 wird die Eintra Flächenprofiltolerierung gezeigt: • •

gung der beiden T oleranzangaben am Beispiel einer

Im Fall a) gilt die eingetragene Flächenprofiltoleranz für das ganze Bauteil. Im Fall b) gilt die Flächenprofiltoleranz nur zwischen den abgesteckten Punkten A und B.

0.5

A

A

A

B

b) Zwischen

a) Ringsum Abb. 15.3:

0.5 A B

Tolerierungsangabe ALL AROUND und BETWEEN

Die Toleranzangabe mit dem Rin gsum- und dem Zwischen-Symbol ist a uch im Ne uentwurf der ISO 129 vorgesehen. Die Definition erfolgt also zukünftig analog zu ASME.

15.3.3

Darstellung von Bohrungen und Senkungen

ASME bietet eini ge Möglichkeiten zur symbolischen Darstell ung von Bohr ungen und Senkungen. Diese vereinfachen die zeichnerische Darstell ung und geben hilfreiche Ferti gungsinformationen. Leitregel 15.2: Bohrungssymbole in ASME Y14.5M Bezeichnung Durchgangsbohrung

Symbol THRU

Sacklochtiefe Kegelsenkung Zylindersenkung

Durchgangsbohrungen, Sacklöcher und Zylindersenkungen

Ist aus der Zeichnung nicht ersichtlich, dass es sich um eine Durchgangsbohrung handelt, so wird vor die Maßzahl das Wort THRU geschrieben (siehe Abbildung 15.4a). Bei Sacklöchern wird zusätzlich zum Durchmesser auch die T iefe der Bohr ung mit an gegeben (siehe Abbildung 15.4b), auch Bohrungen mit Zylindersenkungen können vereinfacht bemaßt werden.

15.3 Besonderheiten der Maßangabe in ASME

Abb. 15.4:

233

Bemaßung von Durchgangsbohrungen und Bohrungen mit Zylindersenkung

Kegelsenkung

Bei Bohrungen mit Ke gelsenkung wird in der Re gel der Bohr ungsdurchmesser, der D urchmesser der Senk ung sowie der ein geschlossene Winkel der Senk ung an gegeben. Dies kann wie in Abbildung 15.5 dargestellt geschehen. Auch hier ist rechts die herkömmliche Methode (die in DIN ISO übliche Methode der Bemaßung) dargestellt.

b) herkömmliche Darstellung

a) vereinfachte Darstellung Abb. 15.5:

15.3.4

Bemaßung von Bohrungen mit Kegelsenkung

Kennzeichnung statistischer Toleranzen

Treten in einer Zeichn ung statistische T oleranzen (siehe a uch DIN 7186) a uf, so sind diese durch ST in einem Sechsecksymbol besonders hervorzuheben. , , Abb. 15.6:

Kennzeichnung von statistischen Toleranzen

Wie in Abbild ung 15.6 dargestellt, kann die An gabe für Maßtoleranzen und für Form- und Lagetoleranzen gesondert erfolgen.

234

15.3.5

15 Unterschiede zwischen DIN ISO und ASME

Tolerierung einer Tangentenebene

Durch Angabe des Symbols T hinter der Maßangabe im Toleranzrahmen einer Lagetoleranz wird nicht das tatsächliche Geometrieelement, sondern das tan gential anliegende ideale Element toleriert. Das Bauteil nach Abbild ung 15.7 dient beispielsweise als Anschla g für eine Bohrschablone. Zur Sicherstellung der Position der Bohr ungen ist die tolerierte Rechtwinkli gkeit genau einzuhalten. Eine Abweichung der Ebenheit der Oberfläche beeinflusst die Lage des zu bearbeitenden Teils hingegen nicht. Das anliegende tangentiale Element wäre in diesem Fall die ebene Seitenfläche einer Platte, deren Ausrichtung nach der Minimum-Bedingung erfolgt (siehe Kapitel 4.2). Die Zeichn ung zeigt die T oleranzangabe und einen mö glichen tatsächlichen Z ustand des Ba uteils. Bei der Schiefstellung des zu bearbeitenden Bauteils darf die Rechtwinkligkeitstoleranz von tR = 0,1 nicht überschritten werden.

Abb. 15.7:

Toleranzangabe einer Tangentenebene und deren Interpretation

Vorstehender Fall tritt sehr hä ufig bei Systemmontagen auf. Eine Vielzahl von Montagetoleranzen führt letztlich zu Funktionsfehlern und bedarf so dann der Nacharbeit.

15.4 Tolerierungsprinzipien

15.4

Tolerierungsprinzipien

15.4.1

Bedeutung

235

Das ANSI1 legt in der ASME einen zu bevorzugenden nationalen Tolerierungsgrundsatz fest. Wie im Kapitel 10 schon a usgeführt, sollte eine Zeichn ung nur einem Tolerierungsgrundsatz unterliegen. Hüllprinzip RULE#1

In der Anwend ung von Hüll- und Unabhän gigkeitsprinzip besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen ISO 8015 und ASME. Während die ISO-Norm dem Unabhän gigkeitsprinzip den Vorrang gibt, wird in der ASME Y14.5M das Hüllprinzip als für eine Zeichn ung geltendes Toleranzprinzip fest gelegt, wenn keine gegenteiligen oder erweiternden An gaben im Schriftfeld gemacht wurden. Es wird in der ASME auch als RULE #1 (dt.: Regel Nr.1) bezeichnet. Seine Festlegung erfolgt in ASME Y14.5M Kapitel 2.7.1: Wenn in einer Zeichnung nichts anderes festgelegt ist, schreiben die Grenzmaße eines Geometrieelementes den Ber eich vor , inner halb dessen Abweichungen der geometrischen Form sowie der Größe erlaubt sind. Diese Regelung gilt für einzelne Maßelemente, d.h. für zylindrische oder sphärische Oberflächen, oder ein Paar von zwei gegenüberliegenden Elementen oder von gegenüberliegenden parallelen Elementen, die mit einem Größenmaß verbunden sind. Unabhängigkeitsprinzip RFS RULE #2

Der Be griff Unabhängigkeitsprinzip wird für Maßtoleranzen nicht explizit a ufgeführt. Das Unabhängigkeitsprinzip auf Maßtoleranzen wird durch eine Zeichnungseintragung oder einen Eintrag am Geometrieelement festgelegt, wie in der folgenden Leitregel 15.3 angegeben. Dem Unabhängigkeitsprinzip entspricht in der ASME-Norm in etwa der Be griff RFS2 (engl.: regardless feature size; dt.: unabhängig von der Größe des Geometrieelementes ). Er wird in ASME Y14.5M, Kapitel 2.8 definiert. Die Anwendung des RFS-Be griffes erfolgt aber in der ASME-Norm n ur in Verbindung mit geometrischen Toleranzen. In der ASME-Norm wird die Anwendung des RFS-Prinzips durch die Regel Nr. 2 angegeben und eingeschränkt: Auf eine geometrische Toleranz ist RFS anzuwenden, wenn kein Materialprinzip angegeben ist. Wirkung von RFS: Die angegebene geometrische Toleranz ist unabhängig vom Istmaß des Geometrieelementes. Die Toleranz ist begrenzt auf den festgelegten Wert, ohne Rücksicht auf das Istmaß. 1

Anm.: ANSI = American National Standards Institute

2

Anm.: RFS wird verwendet, um anzugeben, dass eine geometrische Toleranz oder ein Bezug unabhängig vom Istmaß des Geometrieelements ist. (Text entspricht der Normdefinition).

236

15 Unterschiede zwischen DIN ISO und ASME

Die Toleranzarten Rundlauf, Gesamtlauf, Konzentrizität und Symmetrie können nur auf Basis des RFS- Prinzips angewendet werden. Für diese Toleranzangaben ist eine Einschränkung auf Basis der Maxim um-Material-Bedingung (MMC) oder der Minim um-Material-Bedingung (LMC) nicht möglich. Leitregel 15.3: Tolerierungsprinzipien in ASME Y14.5M

Ohne anders lautende Festlegung in einer Zeichnung gilt das Hüllprinzip. • Das Hüllprinzip wird als RULE #1 bezeichnet. • Das Unabhängigkeitsprinzip entspricht RFS. Das Unabhängigkeitsprinzip wird für Maßtoleranzen festgelegt, und zwar • für die gesamte Zeichnung durch eine Eintragung im Schriftfeld oder • für einzelne Elemente durch eine Eintragung am Geometrieelement. Die Eintragung lautet z.B.: PERFECT FORM AT MMC NOT REQUIRED (bzw. REQD) In diesem Fall darf die Oberfläche eines Geometrieelementes die Umgrenzung der Nennform bei MMC überschreiten. Leitregel 15.4: Verwendung des Begriffes RFS

Der Be griff RFS ( unabhängig vom Istmaß) wird in der ASME-Norm verwendet, um dara uf hinz uweisen, dass die V erwendung von MMC und LMC nicht zulässig ist. (siehe ASME Y14.5M, Kapitel 1.3.22)

15.5

Definition der Materialprinzipien in ASME

Die Definition der Materialprinzipien erfol gt in ASME Y14.5M, Kapitel 1.3. Sie entspricht im Wesentlichen den Festle gungen der ISO-Norm. In der ASME-Norm werden sowohl das Maximum-Material-Prinzip (MMC) als a uch das bisher n ur im Entwurf der ISO-Norm 2692 vorgesehene Minimum-Material-Prinzip (LMC) festgelegt. Maximum- und Minimum-Material-Prinzip werden nur angewendet, wenn eine entsprechende M im L Eintragung oder Toleranzrahmen erfolgt. In einer früheren Fass ung der ASMENorm, der ASME Y14.5M-1984, w urde zur deutlichen Darstellung, dass kein Materialprinzip angewendet wird, die Eintragung S im Toleranzrahmen vorgeschrieben.

15.5 Definition der Materialprinzipien in ASME

15.5.1

237

Struktur der Toleranzprinzipien

Die folgende Übersicht in Abbild ung 15.8 zeigt noch einmal sehr de utlich die Anwendungsparallelen zwischen dem nationalen de utschen Tolerierungsgrundsatz, dem nationalen amerikanischen Tolerierungsgrundsatz und der internationalen ISO-Norm. In der Praxis kann dies natürlich zur Verwirrung führen. Es kann deshalb nicht oft genug herausgestellt werden, dass sich ein Unternehmen a uf einen Tolerierungsgrundsatz festlegen sollte. Bei dieser Festle gung, die erhebliche Konsequenzen für Konstruktion, Fertigung und Montage hat, m uss abgewägt werden, wo die Märkte des Unternehmens sind, wo gefertigt werden soll und wie Reparaturen und Ersatzlieferungen organisiert werden können. Unternehmen, die sich nur im heimischen Markt bewegen, können hierbei ohne weiteres den nationalen Tolerierungsgrundsatz anwenden. Wenn aber starke internationale Verflechtungen bestehen, ist es immer ratsam, sich an den ISO-Normen auszurichten. Eine absol ute A usnahme bildet der amerikanische Markt. Hier ist es unbedingt notwendig, die ASME-Normung zu kennen und umzusetzen. Es gibt eine Vielzahl von Beispielen, wo de utsche Automobilzulieferanten Zeichnungen von General Motors oder Ford übernommen haben und entweder den verlangten Qualitätsstandard nicht erfüllen konnten oder diesen übererfüllt haben.

Abb. 15.8:

Anwendungsbereich der Toleranzprinzipien

238

15.5.2

15 Unterschiede zwischen DIN ISO und ASME

Unterschiede in der Begriffsdefinition

Obwohl die Definitionen der Materialprinzipien der ISO- und der ASME-Norm ähnlich sind, werden teilweise Be griffe mit unterschiedlichen Bedeutungen belegt. Die Definitionen einiger wichtiger Begriffe enthält Tabelle 15.5 (zur Definition der Begriffe siehe auch Kapitel 9.1 und Kapitel 10.3/10.4). Begriff

DIN ISO 2692 ASME Y14.5M

Maximum-Material-Zustand (engl.: Maximum-Material-Condition)

MMC

Maximum-Material-Maß (engl.: Maximum-Material-Size)

MMS

Minimum-Material-Zustand (engl.: Minimum-Material-Condition)

LMC

Minimum-Material-Maß (engl.: Minimum-Material-Size)

LMS

MMC In ASME Y14.5M wird nicht zwischen dem Max.-MaterialZustand und dem Max.-Material-Maß unterschieden.

LMC In ASME Y14.5M wird nicht zwischen dem Min.-MaterialZustand und dem Min.-Material-Maß unterschieden.

Tabelle 15.5: Begriffsdefinition Materialprinzipien

15.5.3

Anwendung einer Materialbedingung

In der ASME wird der Be griff des Maßelementes (en gl.: feat ure of size) definiert. Dieser Begriff ist in der aktuellen ISO-Norm noch nicht vorgesehen. (Im Neuentwurf zur ISO 129 ist dieser Begriff auch eingeführt worden.) Leitregel 15.5: Maßelemente in ASME

Ein Maßelement ist eine zylindrische oder sphärische Oberfläche oder ein Paar von zwei gegenüberliegenden Elementen oder von gegenüberliegenden parallelen Ebenen, die mit einem Größenmaß verbunden sind. Nur auf Maßelemente können • die Hüllbedingung, • die Maximum-Material-Bedingung und • die Minimum-Material-Bedingung angewendet werden. Die Anwendungsmöglichkeiten entsprechen denen der ISO 8015, ISO 2692 für die Tolerierungsprinzipien.

und DIN 7167

15.6 Form- und Lagetoleranzen

15.6

239

Form- und Lagetoleranzen

Die Form- und La getolerierung in der ASME-Norm entspricht im W esentlichen den Prinzipien der DIN ISO 1101. Einige Unterschiede bestehen bei der Verwendung der Ebenheits-, Positions- und Profiltolerierung.

15.6.1

Ebenheitstolerierung bzw. Koplanarität

Mit der Ebenheitstoleranz wird eine T oleranzzone spezifiziert, die d urch zwei parallele Ebenen eingeschlossen ist und in der eine Oberfläche eines Werkstücks liegen muss. Ebenheit kann innerhalb der ASME a uch auf Einheitsbasis an gewendet werden, um abrupte Änderungen in kleinen Bereichen der Oberfläche z u vermeiden. Die An gabe erfolgt wie in Abbildung 15.9 dargestellt.

Abb. 15.9:

Angabe einer Ebenheitstoleranz auf Einheitsbasis und deren Interpretation

Die gesamte Oberfläche des Ba uteils darf eine Ebenheitsabweich ung von t 1 = 0,3 mm a ufweisen. In jedem beliebi gen Quadrat auf der Oberfläche der Platte mit dem Maß 25x25 darf jedoch nur eine Ebenheitsabweich ung von t 2 = 0,1 mm a uftreten. Im unteren Teil ist für ein Linienelement der Ebene die La ge der Toleranzzone für das gesamte Element und die La ge der durch die Einheitsbasis fest gelegten Toleranzzonen skizziert. Die Einheitsabweich ungsbegrenzung kann zwar alleine genutzt werden, was aber bei F unktionsflächen meist nicht sinnvoll ist.

240

15 Unterschiede zwischen DIN ISO und ASME

Anders als in der DIN-ISO-Norm le gt die Eintra gung des T oleranzpfeils nicht die Orientierung der T oleranzzone fest (siehe Kapitel 5.2). W enn unter ASME ein reales Geometrieelement toleriert wird, steht der T oleranzpfeil, wie in Abbild ung 15.9 dar gestellt, schräg zur Oberfläche. Die Eintragung einer Toleranz für abgeleitete Formelemente in ASME entspricht der Eintragung nach DIN ISO (siehe Kapitel 5.3). Eine Besonderheit in ASME (Kapitel 6.4.2) ist die Koplanarität. Koplanarität wird verwendet, wenn zwei oder mehr Oberflächen eines W erkstücks eine gemeinsame Ebene bilden sollen. Diese Forder ung ist identisch mit der ISO 1 101 Common Zone (CZ). Anstatt dieser Angabe wird dann eine nicht unterbrochene Oberfläche (über n SURFACES) verlangt. Sinnvoll läßt sich dies bei Bezugsflächen anwenden. Alle angerissenen Flächen müssen somit über das ganze Bauteil in der angegebenen Toleranz liegen. Leitregel 15.6: Ebenheitstolerierung/Koplanarität

• • • •

15.6.2

Das Toleranzsymbol für Ebenheit wird nur zur Tolerierung eines realen Formelementes verwendet. Wenn eine ab geleitete Ebene, z.B. eine Mittelebene, toleriert werden soll, wird das Symbol für Geradheit für das ab geleitete Formelement an gegeben. Koplanarität ist hingegen eine Ebenheitsforderung für zwei oder mehr Oberflächen eines Werkstücks. Koplanarität wird als Profiltoleranz für so genannte koplanare Oberflächen eingetragen.

Profil- und Positionstolerierung

Im Bereich der Profil- und Positionstolerierung gibt es große Unterschiede zwischen den DIN-ISO-Normen und der ASME-Norm, da die amerikanische Norm das Feld der Positionstolerierung viel ausführlicher als die entsprechende DIN-ISO-Norm behandelt. Entsprechende DIN ISO-Normen sind: Profiltoleranzen

Positionstoleranzen

DIN ISO 1101:1985 Form und Lagetolerierung Kapitel 17.10

DIN EN ISO 5458:1998 Form und Lagetolerierung Positionstolerierung

ASME Y14.5M, Kapitel 6.5

ASME Y14.5M, Kapitel 5.3

Die folgenden Festlegungen gelten sowohl für die DIN ISO-Normen als a uch für die ASMENorm (siehe dazu DIN ISO 5458, Kapitel 3.2 und ASME Y14.5M, Kapitel 5 und 6; zur Darstellung der Positionstolerierung siehe auch weiter vorne im Buch Kapitel 7.6.2).

15.6 Form- und Lagetoleranzen

241

Leitregel 15.7: Regeln für Ortstoleranzen

Zu den Ortstoleranzen zählen: • Die Position, Konzentrizität/Koplanarität und Symmetrie. • Die Festle gung eines Ortes erfol gt d urch theoretisch genaue Maße und Positionstoleranzen. • Die Positionstolerierung wird an gewendet a uf ab geleitete Geometrieelemente wie Achsen, Mittelebenen und Punkte. • Die Toleranzzone ist symmetrisch zum theoretisch genauen Ort.

15.6.3

Mehrfachtoleranzrahmen

Die ASME-Norm unterscheidet zwischen Verbundtoleranzrahmen und Toleranzrahmen mit zwei Einzelse gmenten (siehe Abbild ung 15.10). Diese Mehrfachtoleranzrahmen dienen der T olerierung von Gr uppen von Geometrieelementen. D urch den oberen Abschnitt des Toleranzrahmens wird die Lage der gesamten Gruppe auf ein Bezugssystem eingegrenzt, der untere Teil des Rahmens le gt die Lage der einzelnen Elemente z ueinander fest. Verbundtoleranzrahmen und Toleranzrahmen mit Einzelse gmenten unterscheiden sich in der Festle gung der einzelnen Elemente der Gr uppen im Bez ugssystem. Die DIN EN ISO 5458 bezeichnet Mehrfachtoleranzrahmen als Toleranzkombinationen (siehe ISO 5458, Kapitel 5). Für die Lage der Elemente z ueinander wird ein System der schwimmenden Toleranzzonen FRTZF (en gl.: Feature Relating Tolerance Zone Framework; dt.: geometrieelementeigene oder schwimmende Toleranzzonen, gesprochen FRITZ oder FRITZEFF;) festgelegt. Dieses schwimmende System wird durch das kantenbezogene Bezugssystem PLTZF auf dem Werkstück (engl.: Pattern Locating Tolerance Zone Framework; dt.: System von Ortstoleranzengruppen oder kantenbezogene Toleranzzonen, gesprochen PLAHTZ oder PLATZEFF;) bestimmt. Für abgeleitete Formelemente wird gewöhnlich die Positionstolerierung angewendet, für reale Elemente verwendet man hingegen die Profiltolerierung. Verbundtoleranzrahmen Der V erbundtoleranzrahmen wird bisher n ur in der ASME-Norm ben utzt (siehe ASME Y14.5M, Kapitel 5.4.1 und 6.5.9). D urch Anwend ung dieser T olerierungsmethode können Gruppen von Geometrieelementen (z.B. Bohr ungsgruppen) als eine Gr uppe z u einem Bezugssystem betrachtet werden und gleichzeitig können die Toleranzen der Elemente untereinander festgelegt werden. Z u diesem Verfahren der Toleranzangabe gibt es im Bereich der DIN ISO-Normen keine Entsprechung. Im nachfolgenden Kapitel und in der Abbildung 15.10 wird die Anwendung kurz dargestellt.

242

15 Unterschiede zwischen DIN ISO und ASME Verbundtoleranzrahmen

Toleranzrahmen mit zwei Einzelabschnitten

a) Zeichnungsangabe

Verbundtoleranzrahmen

Toleranzrahmen mit zwei Einzelabschnitten

b) Lage aller Toleranzzonen

Achse des FRTZF parallel zu Bezugsebene B

c) Lage der Toleranzzone einer Bohrungsachse

Abb. 15.10: Verbundtoleranzrahmen/Rahmen mit zwei Einzelabschnitten

Achse des FRTZF parallel zu Bezugsebene B im Abstand 15

15.6 Form- und Lagetoleranzen

243

Toleranzrahmen mit zwei Einzelsegmenten Die Methode des Toleranzrahmens mit zwei Einzelsegmenten wird in der DIN-ISO-Norm zur Positionstolerierung DIN ISO 5458 k urz an geschnitten. A usführlich beschrieben wird ihre Anwendung in der ASME Y14.5M, Kapitel 5.4.1.3. Die fol genden Beispiele sollen die Anwendung kurz darstellen.1 Beispiel: Unterschiede zwischen Mehrfachtoleranzrahmen Am Beispiel einer Gr uppe aus drei Bohrungen soll diese Vorgehensweise kurz erläutert werden. In diesem Fall m uss der Abstand der Bohr ungen zueinander enger toleriert werden als ihre Lage auf dem Bauteil, da später Passstifte eingesetzt werden sollen.

Die Lage des Systems der kantenbezo genen Toleranzzonen (PLTZF), die d urch den oberen Teil des Toleranzrahmens festgelegt werden, ist für beide Mö glichkeiten identisch. Die Toleranzzonen der Bohr ungen werden d urch Zylinder mit dem D urchmesser ∅0,8mm beschrieben. Diese Zylinder stehen senkrecht a uf dem Bez ug A. Die Achse jedes Zylinders wird durch das theoretisch genaue Maß festgelegt. Die Toleranzzone des unteren Teils des Toleranzrahmens beschreibt Zylinder mit dem Durchmesser ∅0,25mm. Die Zylinderachsen liegen in einer Linie. Ihr Abstand wird ebenfalls durch die theoretisch idealen Maße 15mm an gegeben (siehe Abbild ung 15.10a). Die La ge des Systems der schwimmenden Toleranzzonen FRTZF bezogen auf die Bezüge A, B und C wird in der folgenden Tabelle 15.6 näher erläutert.

Toleranzzonen des schwimmenden Bezugssystems FRTZF Verbundtoleranzrahmen

Rahmen mit zwei Einzelabschnitten

Bezug A

Die Zylinder stehen senkrecht auf der Bezugsfläche A.

Bezug B

Die Zylinder sind als Gr uppe parallel Die Zylinder sind als Gr uppe parallel z um zum Bezug B angeordnet. Bezug B angeordnet. Das theoretisch genaue Maß 15 muss Das theoretisch genaue Maß 15 m uss zusätzlich eingehalten werden. nicht eingehalten werden.

Bezug C

Da der Bezug C im unteren Teil nicht aufgeführt wird, sind die Toleranzzylinder des FRTZF im Bez ug auf C frei verschiebbar . Sie müssen jedoch im Rahmen des kantenbezogenen Bezugssystems PLTZF liegen.

Tabelle 15.6: Verbundtoleranzrahmen/Rahmen mit zwei Einzelabschnitten

1

Anm.: Die zurückgezogene DIN ISO 5458–1988 verwendet einen Toleranzrahmen mit zwei Einzelsegmenten, die neue DIN EN ISO 5458–1998 den Verbundtoleranzrahmen. Die Anwendungsvorschriften entsprechen jedoch denen des Toleranzrahmens mit zwei Einzelsegmenten der ASME-Norm.

244

15 Unterschiede zwischen DIN ISO und ASME Leitregel 15.8: Verbundtoleranzrahmen/Toleranzrahmen mit zwei Einzelabschnitten

• •

• • • •

15.6.4

Bei Anwend ung eines Toleranzrahmens mit zwei Einzelabschnitten muss jeder Abschnitt des T oleranzrahmens unabhängig voneinander betrachtet werden. Bei Angabe von Bezügen im unteren Abschnitt des Toleranzrahmens müssen die vom jeweili gen Bezug ausgehenden theoretisch genauen Maße für die La ge der T oleranzzonen des schwimmenden Bez ugssystems FR TZF beachtet werden. Bei Anwendung eines Verbundtoleranzrahmens wird d urch die An gabe von Bezügen im unteren Abschnitt die Mö glichkeit der Verschiebung der Achse als Gruppe relativ zum angegebenen Bezug eingegrenzt. Das schwimmende Bez ugssystem bleibt als Ganzes im Rahmen des kantenbezogenen Bezugssystems frei verschiebbar. Die von den Bezü gen a usgehenden theoretisch idealen Maße z ur Festlegung des PLTZF müssen nicht beachtet werden. Die DIN EN ISO-Normen unterscheidet nicht zwischen V erbundtoleranzrahmen und Rahmen mit zwei Einzelabschnitten. Der V erbundtoleranzrahmen unter DIN EN ISO 5458 wird behandelt wie der T oleranzrahmen mit zwei Einzelabschnitten unter ASME Y14.5M.

Profiltoleranzen

Einseitig festgelegte Profiltoleranzzonen Die Toleranzzonen für Profiltoleranzen können sowohl symmetrisch z um Nennprofil lie gen als auch einseitig oder ungleichmäßig verteilt sein.

Die folgende Abbildung 15.11 zeigt links die Mö glichkeiten zur Eintragung einer Profiltoleranz mit der Angabe der Toleranzzonen und rechts davon ihre Auswirkungen auf die Lage der Toleranzzonen. Interpretation:





Fall a) zei gt die Eintra gung einer Flächenprofiltoleranz, wenn die T oleranzzonen symmetrisch zum Nennprofil lie gen sollen. Dann ist eine Eintra gung der La ge der Toleranzzonen nicht nöti g. Der Toleranzrahmen wird in diesem Fall in herkömmlicher W eise mit dem zu tolerierenden Element verbunden. In Fall b) bis d) werden die Eintra gungen einer Profiltoleranz für ungleichmäßig verteilte Toleranzzone gezeigt. In diesen Fällen wird die La ge der T oleranzzone d urch eine S trich-Zweipunkt-Linie eingezeichnet. Diese Linie verlä uft parallel z um theoretisch genauen Profil. Zwischen dem theoretisch genauen Profil und dieser Linie wird eine Maßlinie gezeichnet, die bis zum Toleranzrahmen verlängert wird.

15.6 Form- und Lagetoleranzen

245

. .

Abb. 15.11: Eintragung von Toleranzzonen bei Profiltoleranzen

, ,

246

15 Unterschiede zwischen DIN ISO und ASME

Verbundtoleranzrahmen für Profiltolerierung Auch bei realen Linien- und Flächenprofiltolerierungen wird bei ASME der Verbundtoleranzrahmen angewendet. Die Angaben sind dann genauso zu interpretieren wie in Kapitel 15.6.3. Gemeinsame Toleranzzone Der in Kapitel 5.3.2 definierte Be griff Gemeinsame Toleranzzone (GTZ) bzw. Common Zone (CZ) existiert in der ASME-Norm nicht. Dort wird der Begriff Coplanarity (dt.: Koplanarität, siehe auch Kapitel 15.6.1) verwendet. Coplanarity meint, dass zwei oder mehr Oberflächen von Geometrieelementen in einer Ebene liegen sollen. Für ebene Flächen muss hier eine Flächenprofiltolerierung, wie in Abbildung 15.12 gezeigt, angegeben werden: • Fall a) zeigt die Angabe einer gemeinsamen Toleranzzone nach ASME Y14.5M. • Fall b) stellt im Vergleich dazu die im Neuentwurf der DIN ISO 1101 vorgesehene Eintragung dar. Beispiel: Darstellung einer gemeinsamen Toleranzzone

Abb. 15.12: Gemeinsame Toleranzzone

Anwendung des Maximum-Material-Prinzips für komplexe Formen In der ISO 2692 ist das Maximum-Material-Prinzip nur für einfache Formen vorgesehen. Die ASME-Norm bietet die Mö glichkeit, dieses Prinzips a uf beliebi g geformte Elemente d urch Kombination einer Profil- mit einer Positionstolerierung und der Angabe BOUNDARY ( dt.: Umgrenzung) anzuwenden (siehe Abbildung 15.13) .

Auf der linken Seite der Abbild ung ist die Tolerierung eines Durchbruches an einem Ba uteil festgelegt. Die rechte Seite zei gt die La ge der T oleranzzonen des D urchbruchs. Für diesen Durchbruch gelten die folgenden Festlegungen: • Das Nennprofil wird durch die theoretisch idealen Maße und Radienangaben festgelegt. • Die Nennla ge des Nennprofils wird d urch die Positionstoleranz im Bez ugssystem ABC festgelegt. • Der Maximum-Material-Zustand des Durchbruchs ist rundum um die halbe Profiltoleranz ±0,5 nach innen verschoben. • Dieser kleinste D urchbruch darf allseiti g um die halbe Profiltoleranz ± 0,2 verschoben werden. Eine Verdrehung ist nicht erlaubt.

15.6 Form- und Lagetoleranzen

247

Abb. 15.13: Erweiterung des Maximum-Material-Prinzips durch Profiltolerierung

Durch die obigen Angaben bleibt der schraffierte Boundary-Bereich immer frei. Er kann mit einer einfachen Funktionslehre geprüft werden.

16

Geometrische Produktspezifikation/GPS

16.1

Konzeption

Die Norm ung hat sich dem technischen Fortschritt anz upassen, der seitens der Ba uteilbeschreibung durch den Einsatz von CAD, DNC und di gitaler Messtechnik gekennzeichnet ist. Gleichfalls haben die erweiterten Mö glichkeiten auch zu höheren Qualitätsansprüchen geführt, deren Festschreibung in den Fertigungsunterlagen erfolgen muss. Hiermit ist eine vollständigere Geometriebeschreibung von Bauteilen verbunden, die Folgendes umfassen sollte: • Größe und Maßtoleranzen, • geometrische Toleranzen sowie • die technologische Oberflächenbeschaffenheit. Ziel ist es, die notwendigen Bauteileigenschaften, die in der • Funktionalität, • Funktionssicherheit und • Austauschbarkeit bestehen, durch eine exaktere Spezifizier ung abzusichern. Die ISO hat deshalb schon in den 90er-Jahren Arbeitskreise gebildet, die sich mit einer Erweiterung der Normung in Ketten, d.h. zusammenhängende Normen für die gleichen geometrischen Eigenschaften (Maß, Form, Lage, Welligkeit und Rauheit), beschäftigen. Das mit den großen Industriestaaten abgestimmte Konzept wird derzeit als G PS-Normung ein geführt. Die Ne uerscheinungen weisen im T extkopf schon auf dieses Konzept hin, wie die folgende Abbildung 16.1 exemplarisch zeigt.

Abb. 16.1:

Kopfleiste einer deutschen und internationalen GPS-Norm

Eine Normenkette besteht a us sechs Ketten gliedern (durchnummeriert von 1 bis 6). Sie wird als Allgemeine GPS-Normenkette für 18 geometrische und technolo gische Ei genschaften sowie als Ergänzende GPS-Normenkette für die T oleranznormen eini ger wichti ger Fertigungsverfahren (derzeit 7) und die Geometrienormen für bestimmte Maschinenelemente (der-

250

16 Geometrische Produktspezifikation/GPS

zeit 3) entwickelt. Die daz u erforderliche Systematik ist in einer (vorlä ufigen) G PS-Matrix (siehe Tabelle 16.1) strukturiert worden, um den Normungsgrad sichtbar zu machen. GPSGrundnormen

Globale GPS-Normen

GPS-Normen oder verwandte Normen, die verschiedene oder alle GPS-Normenketten behandeln und beeinflussen. Allgemeine GPS-Normenketten

1. Normenkette Maß 2. Normenkette Abstand 3. Normenkette Radius 4. Normenkette Winkel 5. Normenkette Form einer Linie (bezugsunabhängig) 6. Normenkette Form einer Linie (bezugsabhängig) 7. Normenkette Form einer Oberfläche (bezugsunabhängig) 8. Normenkette Form einer Oberfläche (bezugsabhängig) 9. Normenkette Richtung 10. Normenkette Lage 11. Normenkette Rundlauf 12. Normenkette Gesamtlauf 13. Normenkette Bezüge 14. Normenkette Oberflächenrauheit 15. Normenkette Oberflächenwelligkeit 16. Normenkette Grundprofil 17. Normenkette Oberflächenfehler 18. Normenkette Kanten Ergänzende GPS-Normenkette A. Toleranznormen für bestimmte Fertigungsverfahren A1. Normenkette Spanen A2. Normenkette Gießen A3. Normenkette Schweißen A4. Normenkette Thermoschneiden A5. Normenkette Kunststoffformen A6. Normenkette metallischer und anorganischer Überzug A7. Normenkette Anstrich B. Geometrienormen für Maschinenelemente B1. Normenkette Gewindeteile B2. Normenkette Zahnräder B3. Normenkette Keilwellen Tabelle 16.1: Übersicht über das GPS-Matrixmodell

16.2 Normenkette

251

Für den zukünftigen Normungsbedarf kann diese Matrix geeignet erweitert werden. Entgegen dem derzeiti gen Normenstand besteht bei dem G PS-Konzept die Zielsetz ung, bei den notwendigen Festlegungen die folgenden drei Grundsätze streng einzuhalten: • Widerspruchsfreiheit, • Vollständigkeit und • Ergänzbarkeit. Von der Umsetzung dieser Vorgaben [GPS 03] können die Anwender sicherlich einen hohen Nutzen in der praktischen Arbeit erwarten. Der Grundsatz der Widerspruchsfreiheit soll zukünftig dafür sorgen, dass die Inhalte besser abgegrenzt, einde utige Be griffe ben utzt und eine einheitliche Nomenklat ur verwandt wird. Eine Normenkette wird damit d urchgängig auf die Ba uteilverkörperung, das physikalische Modell und die messtechnisch zu erfassenden Merkmale übertragbar. Mit dem Gr undsatz der Vollständigkeit soll gewährleistet werden, dass alle Mö glichkeiten erfasst werden können, um ein Bauteil geometrisch und technologisch vollständig zu spezifizieren. Hiermit hängt direkt die Ergänzbarkeit zusammen, die zu berücksichtigen hat, dass Inhalte vervollständigt und erweitert werden müssen. Die Er gänzungen sollten so eintra gbar sein, dass keine Überschneidungen entstehen und sie anderen Anforderungen nicht widersprechen. Zu dem G PS-Vorhaben wird von den nationa len Normenkomitees eine Übersichtsliste geführt, die jederzeit über den S tellenwert und Status einer Norm A uskunft gibt. Alle Normen, die noch nicht als end gültige Fassung herausgegeben sind, werden als Vorhaben (project) aufgeführt. Falls eine Norm in Überarbeitung ist, wird diese mit R gekennzeichnet; falls eine Norm zurückgezogen ist, wird diese mit W markiert.

16.2

Normenkette

Die an gesprochene Normenkette innerhalb der G PS-Normung fol gt in etwa den Phasen der Produktentwicklung und hilft, das Produkt-Know-how zu verschlüsseln, sodass eine standortunabhängige Fertigung möglich wird. Dies wird unterstützt durch eine international abgestimmte Nomenklatur, die alle Normenanwender unabhängig von ihrer Landessprache verstehen. Die sechs Kettenglieder werden dazu folgendermaßen strukturiert [WEC 01]: • Kettenglied 1 enthält die Normen gruppe, die die Zeichnungseintragung von W erkstückeigenschaften regelt. • Kettenglied 2 enthält die Normengruppe, die die Tolerierung von Werkstückeigenschaften regelt. • Kettenglied 3 enthält die Normen gruppe, die sich mit der Definition des Ist-Geometrieelementes (reale Werkstückeigenschaft) befasst. • Kettenglied 4 enthält die Normen gruppe, die sich mit der Ermittlung der Abwei chungen und dem Vergleich der Toleranzgrenzen befasst. • Kettenglied 5 enthält die Normen gruppe, welche die Anforder ungen an die Messeinrichtungen festlegt. • Kettenglied 6 enthält die Normen gruppe, welche die Kalibrieranforderungen und die Kalibrierung festlegt. Für die Messbarkeit geometrischer Eigenschaften einschließlich der Rückführbarkeit und der Angabe von Messunsicherheiten ist dies von besonderer Bedeutung.

252

16 Geometrische Produktspezifikation/GPS

Für die fest gelegten geometrischen und technolo gischen Ei genschaften gibt T abelle 16.2 die Zuordnung in einer Matrix wieder. Zweck dieser Matrix ist, transparent zu machen, was durch die Normung abgedeckt ist bzw. noch abzudecken ist. Derzeit hat man festgestellt, dass das Normenwerk nur knapp 50 % der Anforder ungen regelt, die he utige Technologien unter der Prämisse einer hohen F unktionssicherheit und Qualität fordern. Die G PS-Normung greift damit vor und leistet einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Technik in einem globalen Wirtschaftsumfeld. Kettengliedernummer geometrische Eigenschaften des Elementes

1.

Maß

2.

Abstand

3.

Radius

4.

Winkel (Toleranz in Grad)

5.

Form einer Linie (bezugsunabhängig)

6.

Form einer Linie (bezugsabhängig)

7.

Form einer Oberfläche (bezugsunabhängig)

8.

Form einer Oberfläche (bezugsabhängig)

9.

Richtung

10.

Lage

11.

Rundlauf

12.

Gesamtlauf

13.

Bezüge

14.

Oberflächenrauheit

15.

Oberflächenwelligkeit

16.

Grundprofil

17.

Oberflächenfehler

18.

Kanten

1

2

3

4

5

6

Angaben d. Produktdokumenten -Codierung

Definition d. Toleranzen – Theoretische Definition und Werte

Definitionen der Eigenschaften des Istformelemen tes oder der Kenngrößen

Ermittlung der Abweichungen des Werkstücks – Vergleich mit Toleranzgrenzen

Anforderungen an Messeinrichtungen

Kalibrieranforderungen – Kalibriernormen

Tabelle 16.2: Übersicht über das GPS-Matrixmodell

17

F+L-Erfahrungswerte

Folgende Erfahrungswerte für Form- und Lagetoleranzen können in der la ufenden Fertigung ohne besondere Maßnahmen an genommen werden. Sie sind aber , falls f unktionell erforderlich, in der Zeichnung zu vermerken, da sich das Fertigungsverfahren danach richtet. Die Werte gelten nur bei spanender Fertigung mit einer Einspannung.

254

17 F+L-Erfahrungswerte

18

Übungen zur Zeichnungseintragung

18.1

Form- und Lagetoleranzen in Zeichnungen

In den nachfolgenden skizzierten Beispielen sollen die Bauteile exemplarisch mit den angegebenen Werten toleriert werden. Hierfür ist die Symbolik nach ISO 1 101 zu verwenden. Die Interpretation der einzelnen T oleranzen wird ins gesamt verständlicher , wenn a uch die jeweilige Toleranzzone in die Bauteile einskizziert wird (dies ist natürlich nicht normgerecht). Die La ge der T oleranzzone gibt insofern einen einde utigen Hinweis a uf die akzeptierte Abweichung und den Nachweis über eine Messung. Insgesamt fördert dies das Verständnis zu den Form- und Lagetoleranzen.

18.2

Eintragung von Formtoleranzen

Beispiel 1: Geradheitstoleranz einer Linie

Abb. 18.1:

Tolerierungsfall: Die (Ist-)Achse des Werkstücks soll in einem Quader mit der Geradheitsanforderung tyxtz = 0,05x0,2 liegen.

256

18 Übungen zur Zeichnungseintragung

Abb. 18.2:

Tolerierungsfall: Die (Ist-)Achse der Bohrung soll in einem Toleranzzylinder von tG= 0,05 liegen.

Abb. 18.3:

Tolerierungsfall: Die obere Kante der Schneide soll innerhalb von tG= 0,05 gerade sein.

z

y x Abb. 18.4:

Tolerierungsfall: Die obere Deckfläche soll an der schmalen Seite innerhalb von ty = 0,05 und an der langen Seite innerhalb von tx = 0,1 gerade sein. Dies muss in Schnitten über die Breite und Länge nachgewiesen werden.

18.2 Eintragung von Formtoleranzen

257

Beispiel 2: Ebenheit einer Fläche

Abb. 18.5:

Tolerierungsfall: Die obere Bearbeitungsfläche soll innerhalb von tE = 0,08 eben sein. Dies ist eine Forderung für die Fläche in sich.

Abb. 18.6:

Tolerierungsfall: Im linken Fall soll jede der drei Bearbeitungsflächen mit tE = 0,08 in sich eben sein. Im rechten Fall soll tE als Ebenheitsforderung über die drei t-Flächen insgesamt gelten.

Beispiel 3: Rundheitstoleranz

Abb. 18.7:

Tolerierungsfall: Die Ist-Form jedes Querschnittes des Kegels soll innerhalb tK = 0,1 rund sein.

Beispiel 4: Zylinderformtoleranz

Abb. 18.8:

Tolerierungsfall: Die Ist-Form des rechts angedrehten Zylinders soll in einem Toleranzraum von tZ = 0,1 zylindrisch verlaufen.

258

Abb. 18.9:

18.3

18 Übungen zur Zeichnungseintragung

Alternative: Die Zylinderformtoleranz ist eine zusammengesetzte Toleranz; lösen Sie sie wieder in die entsprechenden Einzeltoleranzen auf. (Weil diese Darstellung zu aufwändig ist, wählt man die Zylinderformtoleranz.)

Eintragung von Profiltoleranzen

Beispiel 1: Linienformtoleranz einer Linie

Abb. 18.10: Tolerierungsfall: Die Ist-Form des Kurvenzuges soll in einer Toleranzzone von tLP = 0,05 zur theoretisch genauen Linien liegen, wobei die Toleranzzone symmetrisch zur genauen Linie liegt.

Beispiel 2: Flächenformtoleranz einer gekrümmten Fläche

Abb. 18.11: Tolerierungsfall: Die Ist-Form der gewölbten Oberfläche soll in einer Toleranzzone von tFP = 0,05 zur theoretisch genauen Oberfläche liegen, wobei die Toleranzzone symmetrisch zur genauen Oberfläche liegt.

18.3 Eintragung von Profiltoleranzen

259

Beispiel 3: Verschiebung der Toleranzzone bei Linienform- und Flächenformtoleranzen

Abb. 18.12: Tolerierungsfall: Die Linienformtoleranz tLP = 0,15 soll aus funktionellen Gründen zu 2/3 nach außen und 1/3 nach innen liegen (Umwandlung in eine asymmetrische Toleranz).

Abb. 18.13: Tolerierungsfall: Die Linienformtoleranz soll aus funktionellen Gründen nur einseitig um tLP = 0,15 nach „Plus“ liegen. Plus ist hierbei nach außen.

260

18 Übungen zur Zeichnungseintragung

18.4

Eintragung von Lagetoleranzen

18.4.1

Richtungstoleranzen

Beispiel 1: Parallelitätstoleranz einer Linie zu einer Bezugsgeraden

∅ 15

H7

Abb. 18.14: Tolerierungsfall: Die Ist-Achse der oberen Bohrung soll in einem zur Bezugsachse parallelen Quader vom Querschnitt tx x ty = 0,2 x 0,1 liegen. Aus funktionellen Gründen kann nur die untere Bohrung Bezug sein.

Abb. 18.15: Tolerierungsfall: Die Ist-Achse der oberen Bohrung soll jetzt in einem zur Bezugsachse parallelen Toleranzzylinder vom Durchmesser tP= 0,05 liegen, welches der Funktion mehr entspricht.

18.4 Eintragung von Lagetoleranzen

261

Beispiel 2: Parallelitätstoleranz einer Linie zu einer Bezugsebene

Abb. 18.16: Tolerierungsfall: Die obere Schneidkante soll in einem Toleranzraum vom Abstand tP = 0,04 liegen. Die untere Auflagefläche liegt auf einem Gegenstück auf und kann als Bezug genommen werden.

Beispiel 3: Parallelitätstoleranz einer Fläche zu einer Bezugsebene

Abb. 18.17: Tolerierungsfall: Die oberen beiden Ist-Flächen sollen in einem gemeinsamen Toleranzraum vom Abstand tP=0,1 liegen. Die untere Aufstandsfläche soll hierbei Bezug sein.

Beispiel 4: Rechtwinkligkeitstoleranz einer Linie zu einer Bezugsgeraden

Abb. 18.18: Tolerierungsfall: Die Ist-Achse der oberen Bohrung soll in einem Toleranzzylinder von ∅ tR= 0,18 rechtwinklig zur unteren Bohrung liegen.

262

18 Übungen zur Zeichnungseintragung

Beispiel 5: Rechtwinkligkeitstoleranz einer Linie zu einer Bezugsebene

Abb. 18.19: Tolerierungsfall: Die Ist-Achse des Zylinders soll in einem zur Anflanschfläche senkrechten Quader vom Querschnitt txxty = 0,1x0,4 liegen.

Abb. 18.20: Tolerierungsfall: Die Ist-Achse der Bohrung soll zur oberen Bezugsebene (Zylinderkopf) rechtwinklig stehen, und zwar in einem Toleranzzylinder mit tR=0,02.

Beispiel 6: Rechtwinkligkeitstoleranz einer Fläche zu einer Bezugsgeraden

Abb. 18.21: Tolerierungsfall: Die Ist-Fläche der Einsenkung soll rechtwinklig zur Bohrungsachse einer Zylinderkopfschraube stehen, und zwar mit einer Toleranz von tR = 0,2.

Beispiel 7: Rechtwinkligkeitstoleranz einer Fläche zu einer Bezugsebene

Abb. 18.22: Tolerierungsfall: Die linke Ist-Fläche soll rechtwinklig zur unteren Bezugsebene im Abstand tR=0,03 stehen und nicht konkav sein.

18.4 Eintragung von Lagetoleranzen

263

Beispiel 8: Neigungstoleranz einer Linie zu eine Bezugsgeraden

Abb. 18.23: Tolerierungsfall: Die Ist-Achse der schrägen Bohrung soll in einem Toleranzraum vom Abstand tN = 0,005 liegen, die im idealen Winkel von 45° zur Bezugsachse geneigt ist.

Beispiel 9: Neigungstoleranz einer Fläche zu zwei Bezugselementen

Abb. 18.24: Tolerierungsfall: Die schräge Ist-Fläche soll in einer Toleranzzone vom Abstand tN = 0,1 liegen, wobei die Toleranzzone im Winkel von 75° zur gemeinsamen Bezugsachse A-B geneigt ist.

Beispiel 10: Neigungstoleranz einer Fläche zu einer Bezugsebene

Abb. 18.25: Tolerierungsfall: Die geneigte Ist-Fläche soll in einer Toleranzzone vom Abstand tN = 0,08 liegen. Die Toleranzzone soll im Winkel von 30° zur Bezugsebene geneigt sein.

264

18.4.2

18 Übungen zur Zeichnungseintragung

Ortstoleranzen

Beispiel 1: Positionstolerierung von Lochbildern

Abb. 18.26: Tolerierungsfall: Nach alter Normenlage wurden Lochbilder durch Abmaße (+/-) festgelegt. Unter Verwendung der neuen Positionstolerierung (ISO 5458) soll der linke Darstellungsfall montagegerechter vermaßt werden.

Abb. 18.27: Tolerierungsfall: Bei dem dargestellten Flansch sind die Umfangslöcher mit der Positionstoleranz tPS=0,1 zu versehen. Weiterhin ist die Darstellung zu vervollständigen.

18.4 Eintragung von Lagetoleranzen

265

Beispiel 2: Koaxialität von Wellenabschnitten

Abb. 18.28: Tolerierungsfall: Bei der gezeigten Welle soll auf dem Mittelabschnitt eine Nabe aufgeschrumpft werden. Die Welle läuft in einem langsam laufenden Getriebe, weswegen hier nur die Koaxialitätsabweichung auf tKO = 0,05 begrenzt werden soll.

Beispiel 3: Symmetrietoleranz von zwei Geometrieelementen

Abb. 18.29: Tolerierungsfall: Ein Bauteil soll mit einer mittigen Nut versehen werden. Die Symmetrietoleranz ist aber auf tS = 0,2 zu begrenzen.

Beispiel 4: Rundlauftoleranz bei rotierenden Teilen

Abb. 18.30: Tolerierungsfall: Die Skizze zeigt eine Spindel zur Fadenaufwicklung. Der Wellenabschnitt mit ∅ 40 wird in einem Gleitlager geführt; das freie Spindelende darf dann nur eine Rundlauftoleranz von tL = 0,08 haben.

266

18 Übungen zur Zeichnungseintragung

Abb. 18.31: Tolerierungsfall: Bei der gezeigten schnell laufenden Welle werden auf dem Mittelabschnitt mehrere Schneidmesser aufgebracht. Für einen sauberen Schnitt darf die Gesamtrundlauftoleranz nur tLG = 0,1 betragen.

Zu allen vorstehenden angewandten Toleranzen findet man erweiterte Mustereintragungen im DIN-Normheft 7, welches die ISO 1101 interpretiert.

18.5

Oberflächensymbole in technischen Zeichnungen

Mit der neuen DIN EN ISO 1302:2002 hat sich a uch die Kennzeichnung von Oberflächen in Zeichnungen geändert. Weiterhin hat es verschiedene Neuerungen bei den Definitionen (siehe ISO 4287) sowie den Re geln und V erfahren für die Be urteilung der Oberflächenbeschaffenheit (siehe ISO 4288) gegeben. Die fol genden Beispiele z ur Charakterisier ung und Eintragung berücksichtigen diese Änderungen. Beispiel 1: Lage und Ausrichtung der Symbole

Abb. 18.32: Eintragung: In Übereinstimmung mit der ISO 129-1 gilt die Regel, dass das Oberflächensymbol zusammen mit den Kenngrößen so einzutragen ist, dass dieses in der Zeichnung von unten oder von rechts lesbar ist. Einige Anbringungsmöglichkeiten zeigt die Bauteilskizze.

18.5 Oberflächensymbole in technischen Zeichnungen

267

Beispiel 2: Bezugs- und Hinweislinie auf Körperkanten

Abb. 18.33: Eintragung: Das grafische Symbol für die Oberflächenanforderungen muss entweder direkt mit der Oberfläche verbunden sein oder kann auch auf einer Bezugs-/Hinweislinie stehen, die in einen Maßpfeil endet.

Regel: Bei den Eintra gungen w urde die Norm-Bedin gung berücksichti gt, dass das Symbol von außerhalb des Materials a uf die Oberfläche z u zeigen hat, und zwar auf die Körperkante oder deren Verlängerung.

Abb. 18.34: Eintragung: Angaben und Verweise auf Kanten bzw. Flächen können auch auf einer Hinweislinie stehen. Diese soll schräg zum Gegenstand gezogen werden und eine Neigung aufweisen, die sich von der Schraffurneigung unterscheidet.

268

18 Übungen zur Zeichnungseintragung

Beispiel 3: Spezifizierung mit Maßangabe

Abb. 18.35: Eintragung: Die Oberflächenangabe darf auch zusammen mit der Maßangabe erfolgen, wenn kein Risiko zur Fehlinterpretation besteht. Dies ist beispielsweise bei Passungen gegeben. In Fällen, wo Fehlinterpretationen möglich sind, ist diese Angabe nicht zu empfehlen.

Beispiel 4: Angabe zusammen mit Geometrietoleranz

Abb. 18.36: Eintragung: Um die Menge an Symbolangaben zu reduzieren, kann das Oberflächensymbol mit dem Toleranzrahmen für Form- und Lagetoleranzen kombiniert werden.

18.5 Oberflächensymbole in technischen Zeichnungen

269

Beispiel 5: Angaben auf Maßhilfslinie

Abb. 18.37: Eintragung: Die Oberflächenanforderung darf auch direkt auf der Maßhilfslinie angebracht werden oder mit dieser durch eine Hinweislinie verbunden werden, wenn diese in einen Pfeil endet.

Beispiel 6: Angaben bei rotationssymmetrischen Bauteilen und kubischen Geometrien

Abb. 18.38: Eintragung: Bei zylindrischen und prismatischen Oberflächen braucht das Symbol nur einmal angegeben werden, wenn das Bauteil mit einer Mittellinie beschrieben ist und dieselbe Anforderung an die Oberflächenbeschaffenheit für den ganzen Zylinder oder alle prismatischen Flächen besteht. Falls jedoch unterschiedliche Anforderungen für die prismatischen Flächen gelten sollen, so muss das Symbol für jede Fläche angegeben sein.

270

18 Übungen zur Zeichnungseintragung

Beispiel 7: Angabe für sich wiederholende Geometrieelemente

Abb. 18.39: Eintragung: Bei wiederkehrenden Geometrieelementen braucht die Oberflächenanforderung nur einmal mit der Maßeintragung vermerkt zu werden.

Beispiel 8: Angabe bei unterschiedlichen Oberflächen

Abb. 18.40: Eintragung: Wenn an ein Bauteil unterschiedliche Oberflächenbeschaffenheiten innerhalb einer Oberfläche gestellt werden, so ist die abweichende Anforderung mit einer Strichpunktlinie zu kennzeichnen und zu vermaßen.

18.5 Oberflächensymbole in technischen Zeichnungen

271

Beispiel 9: Angaben für zusammenwirkende Berührungsflächen

Abb. 18.41: Eintragung: An Berührungsflächen zusammengesetzt-gezeichneter Teile mit gleicher Oberflächenanforderung ist die Symbolik wie gezeigt anzubringen.

Beispiel 10: Angaben für Rundungen und Fasen

Abb. 18.42: Eintragung: Die Oberflächenanforderungen für (Innen-, Außen-)Rundungen werden auf die Maßlinie des Radius gesetzt.

272

18 Übungen zur Zeichnungseintragung

Beispiel 11: Angabe für Mehrzahl an Oberflächen mit gleicher Anforderung

Abb. 18.43: Eintragung: Wenn gleiche Oberflächenanforderungen an die Mehrzahl der Oberflächen eines Bauteils gestellt werden, so kann dies in der Nähe oder im Schriftfeld vereinbart werden.

Abb. 18.44: Zur Gesamtkennzeichnung darf auch eine vereinfachte Angabe in der Zeichnung gemacht werden.

19

Normgerechte Anwendungsbeispiele1

Die nachfol genden T olerierungsbeispiele a us der Praxis sind mit dem Normenkommentar [DIN 01] z ur ISO 1 101 abgestimmt. Die Beispi ele zeigen in der Ha uptsache die Ben utzung der Symbole für Form- und Lagetoleranzen und geben insofern Hinweise für eine zweck gerechte Bemaßung und Tolerierung. Hierbei sind nur die funktionsbestimmenden Maße eingetragen. Zu beachten ist, dass die Beispiele größtenteils a uf den T olerierungsgrundsatz DIN 7167 (Hüllprinzip) zugeschnitten sind. Wenn einzelne Beispiele auf den Tolerierungsgrundsatz ISO 8015 (Unabhän gigkeitsprinzip) übertra gen werden sollen, müssen notwendi ge Passfunktionen über die Eintragung E hergestellt werden.

1

Die folgenden Zeichnungen sind Beispiele aus unterschiedlichen Anwendungen. Für eine Übertragung auf andere Anwendungen kann keine Haftung übernommen werden.

274

19 Normgerechte Anwendungsbeispiele

Anwendungssituation 1: Vermaßung und Tolerierung eines Kugelzapfens

Der gezeichnete Kugelzapfen ist T eil einer Ac hse, welches die V erbindung zwischen Sp urstange und Achsschenkel herstellt und zur Führung des Vorderrades dient. Die für den Ke gel eingetragenen Toleranzen (Geradheit/Rundheit) garantieren einen hohen Kraftschl uss. Durch die An gabe der Flächenform- und La uftoleranz für den K ugelkopf wird eine einwandfreie Radführung gewährleistet.

E

Abb. 19.1:

Vermaßter und tolerierter Kugelzapfen mit den wesentlichen Maßen

Die Kugelform ist durch den Buchstaben S und der Durchmesser als theoretisch genaues Maß (in Verbindung mit Profil- bzw. Lauftoleranz) gekennzeichnet.

19 Normgerechte Anwendungsbeispiele

275

Anwendungssituation 2: Vermaßung und Tolerierung eines Scheibenkolbens

Der Kolben ist Bauelement eines Hydraulikzylinders. Damit der Führungsbolzen den Kolben im Hydra ulikzylinder richti g führen kann, sind für den Kolben R undlauf- und Planlauftoleranzen gegenüber der Mittelachse vo rgeschrieben. Die Passfunktionalität wird über die Hüllbedingung gesichert. E

E Abb. 19.2:

Vermaßter und tolerierter Zylinderkolben mit den wesentlichen Maßen

Anwendungssituation 3: Vermaßung und Tolerierung eines Laufrings

Der abgebildete Laufring eines Radlagers übernimmt als Distanzstück die auftretenden Axialkräfte. Seine ä ußere Zylinderfläche dient gleichzeitig als La uffläche für einen Radialwellendichtring, weshalb hier eine Hülle z u vereinbaren ist. A uf Gr und weiterer Funktionsanforderungen sind Parallelitäts- und Lauftoleranzen notwendig.

Abb. 19.3:

Vermaßter und tolerierter Laufring mit den wesentlichen Maßen

276

19 Normgerechte Anwendungsbeispiele

Anwendungssituation 4: Vermaßung und Tolerierung eines Lagerschildes

Gezeigt ist das Lagerschild eines Getriebemotors. Von der Funktion her muss dieser ein Lager aufnehmen und die W elle nach a ußen am Gehä use führen. Koaxialität der Bohr ungen in Bezug zum Wellendurchgang ist dabei unbedingt erforderlich, ansonsten gibt es eine Schiefstellung der Welle.

Abb. 19.4:

Vermaßter und tolerierter Lagerdeckel mit den wesentlichen Maßen

Erstmals wird hier bei den Beispielen mit M die Maximum-Materialbedingung benutzt. Die Koaxialitätsabweichungen werden in der an gegebenen Größe somit n ur wirksam, wenn der Bezugsdurchmesser sein Maxim um-Material-Maß hat. W eicht der Bez ugsdurchmesser ab – liegt er also am Minim um –, so kann die Koaxialität größer werden, und zwar um die nicht ausgenutzte Maßtoleranz. Gleichfalls wird mit dem Rahmen wieder ein theoretisch ideales Maß eingeführt. Dieses hat laut Norm keine Abweich ungen (auch keine All gemeintoleranz), ist also als festes Sollmaß anzusehen. In Kombination mit den Positionstoleranzen der Bohr ungen liegt somit eine eindeutige Situation vor.

19 Normgerechte Anwendungsbeispiele

277

Anwendungssituation 5: Vermaßung und Tolerierung eines Gewindedeckels

Der nachfolgend dargestellte Gewindedeckel dient als Kupplungsstück für eine Gelenkwelle. Entscheidend sind hierbei die Rechwinkli gkeit der Gewindebohr ung zum Wellenzapfen und die Parallelität der S tirnfläche. Gleichfall s m uss die Anschließbarkeit der zweiten W elle sichergestellt werden. Die La ge der Anschra ubbohrungen soll gleichmäßig auf dem Flansch verteilt (alle 90°) sein und zu dem Gegenstück abgestimmt (Position) sein.

Abb. 19.5:

Vermaßter und tolerierter Gewindeflansch mit den wesentlichen Maßen

278

19 Normgerechte Anwendungsbeispiele

Anwendungssituation 6: Vermaßung und Tolerierung einer Abtriebswelle

Die abgebildete Abtriebswelle treibt ein Sä geblatt für die Profilholzkonfektionierung an. Für einen geraden Schnitt sind daher enge Lauftoleranzen zu den Betriebslagerstellen notwendig. Die Lager- bzw. Bezugsstelle B ist in der A usdehnung begrenzt, weil eben die Passung nicht ganz erforderlich ist. Gleichfalls müssen Passfunktionen mit den Ge genelementen sichergestellt werden, weshalb die wesentlichen Durchmesser mit E begrenzt sind. Mit E wird hierbei die Hüllbedin gung für ein Geometrieelement gesetzt. Es wird hierbei gefordert, dass die geometrisch ideale Hüllfläche mit Maxim um-Material-Maß an keiner Stelle d urchbrochen werden darf. Die Einhalt ung der Hüllbedin gung kann d urch eine G utlehrung mit einer Vollformlehre geprüft werden (entspricht dem Taylor’schen Prüfgrundsatz).

E

E

Abb. 19.6:

Vermaßte und tolerierte Abtriebswelle mit den wesentlichen Maßen

19 Normgerechte Anwendungsbeispiele

279

Anwendungssituation 7: Vermaßung und Tolerierung einer Mitnehmerwelle

Die dargestellte Mitnehmerwelle gehört zum Antrieb einer W alze (Folienkalander). Von der Funktion her m uss die W alze zentriert und plan an geschlossen sein sowie ein R undlauf gewährleistet werden. Der Zentrierbund muss des Weiteren rechtwinklig zur Anschraubfläche stehen. Die erforderliche F unktionalität ist in der zeichnerischen Darstell ung in La uf-, Rechtwinkligkeits- und Ebenheitstoleranzen1 umgesetzt worden. Um die Passung am Bund herzustellen, ist die Hüllbedingung E benutzt worden, womit die Durchmesserausdehnung begrenzt worden ist.

E

Abb. 19.7:

1

Vermaßte und tolerierte Mitnehmerwelle mit den wesentlichen Maßen

Anm.: Im Zusammenhang mit Funktionsflächen stellt die Rechtwinkligkeitsabweichung einen Sonderfall (siehe DIN 7167, S. 2) dar. Die Rechtwinkligkeit darf nämlich außerhalb der Maßtoleranz liegen. Bei dem obigen Beispiel ist dies durch die Hüllbedingung verhindert worden.

280

19 Normgerechte Anwendungsbeispiele

Anwendungssituation 8: Vermaßung und Tolerierung einer Kurbelwelle

Die K urbelwelle eines 4-Zylinder -Motors ist n ur so weit mit Maßen versehen, wie es z um Verständnis der geometrischen Funktionalität erforderlich ist. Wesentlich für einen Kurbel- bzw. Wellenzapfen ist, dass dieser r und und zylindrisch ist. Bei der Rotation sollte weiterhin kein Schlag auftreten, weshalb eine Rundlauftoleranz zu fordern ist. Abweich ungen von der Ideal geometrie führen z ur Schiefstell ung der Pleuelstange und somit zu erhöhtem Verschleiß. Sinnvoll ist es, als Bezüge A und B die Achsen der äußeren Lager zu wählen. Für die La uftoleranzen sind – unter Beachtung der z ulässigen Durchbiegung – in der Mitte größere Zahlenwerte z ugelassen als in der Nähe des Bez ugselements. Für die La gerzapfen selbst wird neben der T oleranz für die Zylinderform a uch eine T oleranz für die R undheit gefordert, weil erfahr ungsgemäß die R undheitsabweichung mit Rücksicht a uf den Schmierfilm nicht in der gleichen Größe wie die Zylinderformabweichung auftreten darf.

Abb. 19.8:

Teilvermaßte und tolerierte Kurbelwelle mit den wesentlichen Maßen

19 Normgerechte Anwendungsbeispiele

281

Anwendungssituation 9: Vermaßung und Tolerierung einer Nockenwelle

Die fol gende Abbild ung zei gt die Nockenwelle eines V erbrennungsmotors für Motorräder . Hinsichtlich der angegebenen Lauftoleranzen ist ein relativ großer Zahlenwert angegeben, der berücksichtigt, dass die Nockenwelle noch gerichtet werden m uss. Hierbei ist die Erfahr ung berücksichtigt worden, dass die verbleibende Abweich ung (D urchbiegung = La ufabweichung) im betriebswarmen Motor nach einigen Betriebsstunden kleiner wird. Die Parallelitätstoleranz 0,06mm für die Nockenbahn soll eine mö glichst ungekürzte Linienberührung zwischen Nocken und S tößel gewährleisten, wod urch der V erschleiß minimiert wird. Ferner wird die Formtoleranz der Nockenbahn d urch das Symbol der Linienform erfasst, wobei die Abweich ung von der Sollk urve mit 0,02mm z ugelassen werden kann. Die enge Linienformtoleranz gilt nur auf der ei gentlichen Funktionsfläche bzw. sie ist se gmentweise noch verschärft; ansonsten ist eine Profilformtoleranz vereinbart. Mit Rücksicht auf die hohe Verschleißbeanspruchung auf der Nockenbahn und auch am Pilzstößel muss die z ulässige Abweichung von der Sollk urve auf 0,01 pro Grad Nockenwinkel eingeschränkt werden. Damit ist erreicht, dass die T oleranz von ins gesamt 0,02 sich ungünstigstenfalls nur über 2° Nockenwinkel auswirken kann. Wie in der Norm ISO 1 101 ausgeführt, tritt im Z usammenhang mit einer Profiltoleranz ein theoretisch genaues Maß (hier ∅ 26mm) auf. Dieses ist auch deshalb nicht toleriert, da es keinen Abweichungen unterliegt.

Abb. 19.9:

Teilvermaßte und tolerierte Nockenwelle mit den wesentlichen Maßen

282

19 Normgerechte Anwendungsbeispiele

Anwendungssituation 10: Vermaßung und Tolerierung eines Ventils und Ventilsitzrings

Bei der T olerierung des dar gestellten Ventils w urde von der Erfahr ung Gebra uch gemacht, dass während der anfänglichen Betriebszeit der Ventilkegel immer zunächst am größten äußeren Durchmesserrand trägt und im Rahmen von Setzerschein ungen, auftretendem Verschleiß und gegebenenfalls auch durch den Effekt des Einschlagens die tragende Breite der Ventilfläche zunimmt. Deshalb mögen die eingetragenen Toleranzen zunächst als grob erscheinen. Außerdem sind für den Ventilkegel – sowohl beim Ventil selbst als auch beim Ventilsitzring – Rundlauf-, Geradheits- und Rundheitstoleranzen aus Funktionsgründen vorgeschrieben. Die gewählten Toleranzwerte sind ab gestimmte Erfahr ungswerte a us dem Motorenba u und hier nur exemplarisch zu sehen. Wichtig ist für die Dichtfunktion, dass alle wesentlichen Toleranzen miteinander abgestimmt sind. Bei dem Ventilsitzring ist weiter ein Presssitz verlangt. Dieser wird durch die Eintragung E am Außendurchmesser erreicht. Die F unktionsmaße müssen ansonsten exakt mit dem V entil übereinstimmen.

E

Abb. 19.10: a) Vermaßtes und toleriertes Ventil

b) Vermaßter und tolerierter Ventilsitz

19 Normgerechte Anwendungsbeispiele

283

Anwendungssituation 11: Vermaßung und Tolerierung einer Abdeckplatte

Die gezeigte Abdeckplatte wird in der Praxis mit verschiedenen Geräten und Instr umenten bestückt. Während die Lage dieser Geräte auf der Abdeckplatte und damit die Lage der Lochgruppen zueinander verhältnismäßig unwichtig ist, werden hin gegen höhere Anforder ungen bezüglich der La ge der Löcher innerhalb jeder Loch gruppe gestellt, um die einwandfreie Montage der Geräte sicherz ustellen. Das wird d urch die ein getragenen Positionstoleranzen gewährleistet.

Abb. 19.11: Vermaßte und tolerierte Abdeckplatte mit den wesentlichen Maßen

Bei den gekennzeichneten Lochbildern sind schwimmende und feste Anordnungen vereinbart worden.

284

19 Normgerechte Anwendungsbeispiele

Anwendungssituation 12: Vermaßung und Tolerierung eines Rotorblechs

Die nachfolgende Abbildung zeigt ein Rotorblech eines Elektromotors. V on diesen Blechen werden mehrere hintereinander z u einem Anker montiert, sodass f unktionell die Koaxialität der Bez ugsbohrung und die T eilesymmetrie ein gehalten werden müssen. Diese F unktionsanforderungen sind mit Koaxialitäts- und Symmetrietoleranzen vereinbart worden. Symmetrie ist stets so z u interpretieren, dass ein Geometrieelement symmetrisch z u einem zweiten Geometrieelement liegen muss.

E E

Abb. 19.12: Vermaßtes und toleriertes Rotorblech mit den wesentlichen Maßen

19 Normgerechte Anwendungsbeispiele

285

Anwendungssituation 13: Vermaßung und Tolerierung einer Steckerleiste

Auf einer Steckerleiste soll die La ge von jeweils 4 Löchern innerhalb einer Gr uppe im Hinblick a uf die Paarung mit einem 4-poli gen S tecker toleriert werden. Die La ge der Lochgruppen zueinander und in Bezug auf die Außenkontur ist von untergeordneter Bedeutung. Für die 4 Löcher innerhalb einer Gr uppe wird eine Positionstoleranz mit zylindrischer T oleranzzone vorgeschrieben; für die Lage der Lochgruppen zueinander wird eine größere Positionstoleranz angegeben und für die Lage des gesamten Lochbildes eine Symmetrietoleranz.

Abb. 19.13: Vermaßte und tolerierte Steckerleiste

Anwendungssituation 14: Vermaßung und Tolerierung einer Schaltscheibe

Die Funktionskanten eines Schaltwerks sind z u tolerieren. Um den Ein griff des Sperrgliedes sicherzustellen, müssen die Kanten stets eine definierte Lage haben.

E

Abb. 19.14: Vermaßte und tolerierte Schaltscheibe (nach [DIN 01])

286

19 Normgerechte Anwendungsbeispiele

Anwendungssituation 15: Vermaßung und Tolerierung einer Anschlussplatte

Gezeigt ist die Anschl ussplatte eines Hydra ulik-Steuerblocks. Hierbei m uss die Rechtwinkligkeit der Stirnkanten und die Position der Kanäle toleriert werden.

Abb. 19.15: Vermaßte und tolerierte Anschlussplatte (nach [DIN 01])

Man erkennt, dass hier n ur das Bohr ungsbild für die F unktion maßgebend ist. In der Zeichnung wurde daher auch eine „schwimmende Tolerierung“ gewählt.

19 Normgerechte Anwendungsbeispiele

287

Anwendungssituation 16: Vermaßung und Tolerierung einer Ausgleichsscheibe

Mit der dar gestellten A usgleichsscheibe müssen axiale Län gendifferenzen von W ellen a usgeglichen werden. Entscheidend ist hierbei die Position der Befestigungsschrauben.

Abb. 19.16: Vermaßte und tolerierte Ausgleichsscheibe (nach [DIN 01])

Die Befestigungselemente liegen über der Positionstoleranz eindeutig fest.

288

19 Normgerechte Anwendungsbeispiele

Anwendungssituation 17: Vermaßung und Tolerierung von Freiformflächen

Im Maschinen- und Fahrzeugbau wird oft mit Freiformflächen (= analytisch nicht einde utig beschreibbare Flächen) gearbeitet. T ypische Anwend ungen sind Profile von T urbinenschaufeln, Gehäusegeometrien bei Turbinen- und Karosseriekomponenten etc. Derartige Geometrien können am einfachsten mit einer Linienformtoleranz beschrieben werden. Hier ist ein Beispiel a us dem Karosserieba u zu sehen, bei dem eine Koordinatenbemaß ung gewählt wurde. Jeder Punkt der Kurve kann mit einem Werkzeug/Messglied angefahren und kontrolliert werden.

Abb. 19.17a: Tolerierte Freiformfläche

Es ergibt sich somit die folgende Toleranzzone, innerhalb der das Istprofil liegen muss.

Abb. 19.17b: Toleranzzone

19 Normgerechte Anwendungsbeispiele

289

Anwendungssituation 18: Vermaßung und Tolerierung eines Kipphebels

Am Beispiel wird gezeigt, dass die Rundheitstoleranz nicht nur für geschlossene Kreise angewendet wird, sondern a uch für beliebi ge Bodenlän gen von Kreisen vor geschrieben werden kann.

Abb. 19.18: Tolerierung von Kreissegmenten (nach [DIN 01])

20

Fallbeispiele

Fallbeispiel 1:

In einer einfachen Ein gangsprüfung soll die Maßhalti gkeit des gezeichneten Bolzens überprüft werden. Aus einer Stichprobe werden die dargestellten Bolzen gezogen. Welche Geometrieabweichungen sind zulässig?

Abb. 20.1:

Prüfsituation bei der Eingangsprüfung von Bolzen

292

20 Fallbeispiele

Fallbeispiel 2:

In einer Vielzahl von Fällen kann es sinnvoll sein, die Maß- und die F+L-Toleranzen miteinander zu verbinden, weil die Bauteile so kostengünstiger hergestellt und geprüft werden können. Im vorlie genden Fall w urde dies a uf ein Hydra ulikelement angewandt. Wir zeigen die Interpretation der Maximum-Material-Bedingung noch einmal, und zwar situationsabhängig: • Situation 1: M nur beim tolerierten Element, • Situation 2: M beim tolerierten Element und beim Bezugselement. Die Wirkung dieser Vereinbarung ist maßlich sichtbar zu machen.

Aussage: Die Koaxialitätstoleranz gilt beim Maximum-Material-Maß. Die Koaxialität kann vergrößert werden, wenn die Bohrung sich zum MinimumMaterial-Maß hinbewegt.

Abb. 20.2a: Situation 1: Geometrieelement mit Maximun-Material-Bedingung

20 Fallbeispiele

Fall 1:

293

Fall 2:

Abb. 20.2b: Situation 2: Geometrieelement und Bezug mit Maximun-Material-Bedingung

294

20 Fallbeispiele

Fallbeispiel 3:

Im Zusammenhang mit der ISO 8015 und der ISO 2692 wird als er gänzendes Kompensationsprinzip die Reziprozitätsbedingung hera usgestellt. Der wirtschaftliche V orteil dieser Bedingung soll an dem folgenden Fügebeispiel einer Kolbenaufnahme diskutiert werden. Situation 1: Ein Konstrukteur hat in einer Fertigungszeichnung gemäß Abbildung 20.3a die dokumentierten Maß- und Geometrieabweichungen festgelegt.

Abb. 20.3a: Paarungsfall mit Maximum-Material-Bedingung

Frage: Ist es nach den Angaben zulässig, dass der Kopf des Kolbens einen ∅ 80mm aufweisen darf, wenn der Bolzenschaft ∅ 50mm bei einer Koaxialitätsabweichung von 0mm hat?

20 Fallbeispiele

295

Situation 2: Die Zeichn ungsangaben sollen bei einer Produktüberarbeitung so an gepasst werden, dass auch der Verbau von Kolbenköpfen mit ∅ 80mm z ulässig ist, da dies ohne Einfl uss auf die Funktion ist. Dies kann d urch die Reziprozitätsbedingung sichergestellt werden. Gemäß dieser Möglichkeit ist der Toleranzrahmen zu vervollständigen.

Abb. 20.3b: Paarungsfall mit Zusammenwirken von zwei Kompensationsprinzipien

296

20 Fallbeispiele

Fallbeispiel 4:

In Seitentürschlössern für Pkws ist ein Crashelement als Z uhaltesperre der Türe ein gebaut (siehe die nachfolgende Situation einer vertaumelten Zuhaltesperre). Der dargestellte Zapfen wird vertaumelt, und zwar so, dass eine axiale Verbindung mit einem Stützblech entsteht, aber beim Vernieten noch etwas Radialspiel bleibt. Im La ufe der Serienbetre uung hat ein Konstrukteur die Bohrung im Blech maßlich etwas vergrößert, sodass bei einem realen Crash das Blech sofort a usgerissen ist. Die Z uhaltung hat sich n ur als wirksam erwiesen, wenn eine Mindestüberdeckung von 0,5mm bleibt. Bestimmen Sie für die dargestellte Situation die jeweilige Mindestüberdeckung! Bohrungsdurchmesser M3: vorher 5,15±0,05, nachher: 5,4±0,05

Abb. 20.4:

Situation einer „vertaumelten“ Zuhaltesperre

20 Fallbeispiele

297

Fallbeispiel 5:

Bei der dar gestellten Führ ungsleiste ist die Position der Löcher entscheidend. Da die Konstruktionszeichnung schon älter ist, w urde die überholte Plus/Minus-Tolerierung angewandt. Heute ist dies nicht mehr anforderungsgerecht, weil hier Toleranzadditionen entstehen. Übersetzen Sie die An gaben in die Positionstolerierung mit der Maxim um-Material-Bedingung für die Bohrungen! Prüfen Sie, ob über das Ursprungssymbol eine zweckgerechte Tolerierung erreicht werden kann! Situation 1: Angabe nach der alten Normung

Situation 2: Übertragung der Vermaßung auf neue Normung

Abb. 20.5:

Führungsleiste

298

20 Fallbeispiele

Fallbeispiel 6:

Nachfolgend ist eine Scheibenk upplung dar gestellt, die von einem Hersteller in Großserie gefertigt wird. Um die Monta ge sicher z u machen, soll die Maßkette arithmetisch und statistisch kontrolliert werden.

Abb. 20.6:

Starre Scheibenkupplung

Maßtabelle: Vorzeichen (+, –) Maße Mi Höchstmaße Poi Mindestmaße Pui

A) Arithmetische Kontrolle

B) Statistische Kontrolle

M1

= 2

M = 3=

M

20 Fallbeispiele

299

Fallbeispiel 7:

Dargestellt ist eine Sit uation in einem Schwenk gelenk eines Roboterarms. Kontrollieren Sie die Montierbarkeit in der Serie, und zwar arithmetisch und statistisch.

Abb. 20.7:

Schwenkgelenk im Roboterarm

Maßtabelle: Vorzeichen (+, –) Maße Mi

M1

Höchstmaße Poi Mindestmaße Pui

A) Arithmetische Kontrolle

B) Statistische Kontrolle

= 2

M = 3

M = 4

M = 5

M = 6= M

300

20 Fallbeispiele

Fallbeispiel 8:

In der Zeichn ung ist eine Kalanderwalzst ufe z um A uswalzen von Blechstreifen dar gestellt, aus denen später Profile geformt werden. Die Qualitätsforderung ist, dass für die Weiterverarbeitung die Blechdicke um nicht mehr als + 0,25mm schwanken darf. Kontrollieren Sie dies für die vorgegebene Auslegung.

Abb. 20.8a: Montagesituation Kalanderwalzstufen

In der Einzelteilzeichnung wird für die Wellen jeweils eine Gesamtla uftoleranz von 0,01mm gefordert. Die Forderung ist hier zweckmäßiger als der einfache Lauf.

Abb. 20.8b: Vermaßte Welle

20 Fallbeispiele

301

Das wirksame Hüllenmaß beträgt somit:

Maßtabelle: Mi

Konstruktionswerte [mm]

+/-

Ni [mm]

Ci [mm]

Ti [mm]

Goi [mm]

Gui [mm]

1

35+0,09 0

-

35

35,045

0,09

35,09

35

+

36

36,30

0,1

36,35

36,25

2

35+0,35 +0,25

3

35+0,09 0

-

35

35,045

0,09

35,09

35

M1G

Gesamtlauftoleranz

-

0

0

0,010

+0,01

0

M3G

Gesamtlauftoleranz

-

0

0

0,010

+0,01

0

M0r1

TSPIEL1 = 0,010

0

0

0

0,010

+0,010

0

TSPIEL2 = 0,005

0

0

0

0,005

+0,005

0

TSPIEL1 = 0,010

0

0

0

0,010

+0,010

0

TSPIEL2 = 0,005

0

0

0

0,005

+0,005

0

M0r2

Zu den Spielen ist anzumerken, dass diese im Walzprozess immer in einer Richtung herausgedrückt werden. Weiterhin ist jeweils noch das La gerspiel in den Schrä gkugellagern (+0,005) und das Spiel zwischen dem La geraußenring und dem La gerbuchsen-Innendurchmesser (+ 0,010) z u berücksichtigen. Stellen Sie z unächst den Maßplan und die Maßket tengleichung auf. Es hat sich hierbei als zweckmäßig erwiesen, die geometrischen Maße von der Spielproblematik zu entkoppeln. Zählrichtung -

+

Maßkette der geometrischen Maße:

Maßkette für die beiden Lagerstellen:

Überlagerung zu einer Maßkette (Geometrie und Spiel):

302

20 Fallbeispiele

Nachdem die Maßkette erstellt ist, bestimmen Sie das tatsächliche Schließmaß. V erwenden Sie hierbei die zuvor tabellierten Einzelmaße: • • • •

Nennschließmaß Größtschließmaß Mindestschließmaß Dickenschwankung des Bleches

Erfüllt somit die Auslegung die Vorgabe?

21

Im Text verwendete Zeichen, Abkürzungen und Indizes

Abkürzungen und Zeichen Allgemein:

Ao

:

oberes Abmaß

Au

:

unteres Abmaß

CZ

:

gemeinsame Toleranzzone (engl.: common zone)

EI

:

unteres Grenzabmaß einer Bohrung

Es

:

oberes Grenzabmaß einer Bohrung

ei

:

unteres Grenzabmaß einer Welle

es

:

oberes Grenzabmaß einer Welle

f

:

Abstand

Go

:

Größtmaß

Gu

:

Kleinstmaß

GTZ

:

gemeinsame Toleranzzone

I

:

Istmaß

i

:

Zählvariable

N

:

Nennmaß

O

:

Oben

T

:

Toleranz

t

:

Toleranzzone

U

:

Unten

304

21 Im Text verwendete Zeichen, Abkürzungen und Indizes

Statistische Tolerierung:

C

:

Mittenmaß

e

:

Toleranzerweiterungsfaktor

M0

:

Schließmaß

Mi

:

Einzelmaße [i =1...n]

n

:

Stichprobenumfang

pa

:

Annahmewahrscheinlichkeit

PO

:

Höchstschließmaß

PU

:

Mindestschließmaß

r

:

Toleranzreduktionsfaktor

TA

:

arithmetische Schließtoleranz (Maßkette)

Ta

:

arithmetische Schließtoleranz (Einzeltoleranz)

Ti

:

Einzeltoleranzen [i =1...n]

Tq

:

quadratische Schließtoleranz

TS

: Schließtoleranz

Ts

:

Schließtoleranz (Einzeltoleranz)

u1–p

:

Standard-Normalvariable

σ

:S

µ

:

(Maßkette)

tandardabweichung Mittelwert

Tolerierungsprinzipien:

LMC

:

Minimum-Material-Zustand (engl.: least material condition)

MMC

:

Maximum-Material-Zustand (engl.: maximum material condition)

LMR

:

Minimum-Material-Bedingung (engl.: least material requirement)

MMR

:

Maximum-Material-Bedingung (engl.: maximum material requirement)

LMS

:

Minimum-Material-Maß (engl.: least material size)

MMS

:

Maximum-Material-Maß (engl.: maximum material size)

MMVS :

Maximum-Material-Virtual-Maß (engl.: maximum material virtual size)

RPS

:

Reziprozitätsbedingung

E

:

Hüllbedingung (bei Tolerierungsprinzip ISO 8015)

L

:

Minimum-Material-Bedingung

M

:

Maximum-Material-Bedingung

P

:

projizierte Toleranzzone

R

:

Reziprozitätsbedingung

21 Im Text verwendete Zeichen, Abkürzungen und Indizes Indizes Bezeichnung einer F+L-Toleranz bzw. Abweichung:

E

:

Ebenheit

FP

:

Flächenprofil

G

:

Geradheit

K

:

Rundheit

KO

:

Konzentrizität

L

:

Lauf

LG

:

Gesamtlauf

LP

:

Linienprofil

N

:

Neigung

P

:

Parallelität

PS

:

Position

R

:

Rechtwinkligkeit

S

:

Symmetrie

Z

:

Zylindrizität

Sonderzeichen:

LD

:

Bezug auf Innendurchmesser

MD

:

Bezug auf Außendurchmesser

PD

:

Bezug auf Flankendurchmesser

Statistische Tolerierung:

0

:

Bezeichnung des Schließmaßes

A

:

arithmetisch (Maßkette)

a

:

arithmetisch (Einzeltoleranz)

i

:

Zählvariable

q

:

quadratisch

S

:

statistisch (Maßkette)

s

:

statistisch (Einzeltoleranz)

305

A

Literaturverzeichnis

A.1

Fachbücher und Dissertationen

[ABE 90a]

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Stichwortverzeichnis A

F

Abweichungsfortpflanzungsgesetz 168 Achsen 53 Allgemeintoleranzen 85 Aufhebung der Hüllbedingung 121 Ausdehnungsgesetz 203

Fertigungsverfahren 90, 211 Fertigungsvorrichtung 38 Flächenprofil 63 Formabweichung 20 Formabweichungen 86 Formelemente 185 Formelementgruppen 37 Formgenauigkeit 188 Formtoleranz 188 Formtoleranzen 51 Freiformgeometrien 84 Freimaß 24 Freimaßtoleranzen 85 Funktionselemente 186

B Begrenzung 119 Berechnung, arithmetische 153 Bezug, gemeinsamer 35 Bezüge 25 Bezugsachse 44 Bezugsbuchstabe 33 Bezugsdreieck 33 Bezugsebenen 39 Bezugselement 33, 41, 42 Bezugsstellen 36 Bezugsstellenangaben 35 Bezugssystem 40, 47

C CAD-Modell 7 Common Zone 28 Cp 177

D Dreiecksverteilung 168

E Ebenheit 54, 114, 124 Ebenheitstoleranz 29 Einspannbedingung 32 Einzelmaße 174 Erweiterungsfaktor 172

G Genauigkeit, werkstattübliche 49 Geometrieelement 18 Geometrieelement, abgeleitetes 25 Geometrieelement, reales 25 Geometrieelemente 43 Geometrieelemente, reale 53, 57, 58 Geometrieelemente, zylindrische 38 Geradheit 56 Geradheitsabweichung 122 Geradheitsmessung 69 Geradheitsnormal 53 Gesamtlauf 81, 82 Gesamtmittelwert 172 Gleichdick 12 GPS-Konzept 251 GPS-Matrix 250 Grenzabweichung 20, 78 Grenzabweichungen 194 Grenzgestalt 107

312 Grenzgestalten 195 Grenzmaße, statistische 174 Grenztemperatur 208 Grenzwerte 158

H Häufigkeitsverteilung 166 Hilfsbezugselement 41, 42 Höchstmaß 156 Hüllbedingung 110, 123, 131 Hülle 19, 104, 116, 117 Hüllkörper 118 Hüllprinzip 19, 91, 113, 116

I Ist-Profil 17

K Kettenglieder 251 Koaxialität 76 Kontaktflächen 209 Kontrolle 157 Konzentrizität 76 Kostenfunktion 196 Kostensprünge 198 Kreisbögen 56 Krümmung 42 Kugeloberfläche 63

L Lageabweichungen 118 Lagetoleranz 131 Lagetoleranzen 65 Längenänderung 203 Längenausdehnungskoeffizient 203 Längenmaße 91 Lauf 93 Lauftoleranzen 65, 79 Lebensdauer 211 Linienprofil 61

M Maß, ideales 24 Maßabweichung 11 Maßkette 142, 160 Maßplan 155

Stichwortverzeichnis Maßtolerierung 15 Maximum-Material-Bedingung 126, 188 Maximum-Material-Grenze 110, 130 Maximum-Material-Maß 104 Maximum-Material-Virtual-Grenze 105 Maximum-Material-Zustand 104 Messfläche 39 Messfutter 44 Messplatte 60 Messuhr 58 Mindestmaß 156 Mindestspiel 205 Minimum-Bedingung 19, 22 Minimum-Material-Bedingung 141, 188 Minimum-Material-Maß 104 Minimum-Material-Zustand 104 Mischreibungsgebiet 210 Mittelebenen 38 Mittelwert 165 MMR 127, 129 MMVL 105 MMVS 128 Modellwerkstück 200 Montagefähigkeit 7

N Neigung 66 Neigungsmessung 67 Nennmaßvektoren 155 Nennschließmaß 155, 163 Nenntemperatur 204 non-rigid parts 31 Normenkette 249 Normteile 175

O Oberflächen 209 Oberflächenrauheit 211 Ortstoleranzen 65, 71

P Paarbarkeit 147 Paarungsfähigkeit 116 Paarungslehre 120 Parallelität 41, 68 Passflächen 210

Stichwortverzeichnis Passfunktion 125 Passungen 135 Passungsfähigkeit 103 Passungsfunktionalität 147 Position 71 Positionstolerierung 73 Presspassungen 204 Prisma 13 Profil, virtuelles 62 Profilschablone 62, 64 Profiltoleranz 60 Prozessfähigkeit 170, 176, 178 Prozessstreubreite 177 Prüfdorn 138 Prüflehre 76, 138, 144 Prüflehre, starre 129 Prüfmaß 23 Prüfplatte 53 Prüfprismen 80 Prüfverfahren 51, 56

R Rangordnung 45 Rautiefe 209 Rechteckverteilung 168 Rechtwinkligkeit 70 Rechtwinkligkeitsforderung 70 Reduktionsfaktor 172 Reziprozitätsbedingung 144, 189 Richtung 66 Richtungstoleranzen 65 Rundheit 56, 115 Rundheitsabweichung 149 Rundtisch 78

S Schlag 77 Schließmaß 154, 208 Schließmaßgleichung 163, 172 Schließtoleranz, arithmetische 168 Schließtoleranz, quadratische 168 Schmiergleitflächen 210 Serienbauteile 171 Soll-Geometrie 7

313 Spannfutter 81 Spielpassung 147, 205 Standardabweichung 172 Streuung 165 Symmetrie 78

T Taylor_sche Prüfgrundsatz 105 Teil, nicht-formstabiles 31 Temperaturabhängigkeit 203 Toleranzanalyse 152 Toleranzart 25, 190 Toleranzfeld 171 Toleranzpotenziale 173 Toleranzspanne 170 Toleranzsynthese 152 Toleranzverknüpfung 151 Toleranzwert 0 137 Toleranzzone 18, 24, 27, 61 Toleranzzone, eingeschränkte 35 Toleranzzone, gemeinsame 28 Toleranzzone, projizierte 30 Tolerierung, schwimmende 73 Tolerierung, statistische 134, 164 Tolerierungsgrundsatz 113, 183 Tolerierungsprinzipien 103 Trapezverteilung 168

U Unabhängigkeitsprinzip 18, 91, 113, 124

V Verteilung 179

W Werksnorm 88 Werkstückgeometrie, ideale 7 Winkelmaße 87, 91 Worst Case 152

Z Zählrichtung 155 Zweipunktmessung 13 Zylinderform 58