Theutonum Nova Metropolis: Studien zur Geschichte des Erzbistums Magdeburg in ottonischer Zeit 9783412328238, 3412143995, 9783412143992

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Theutonum Nova Metropolis: Studien zur Geschichte des Erzbistums Magdeburg in ottonischer Zeit
 9783412328238, 3412143995, 9783412143992

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Helmut Beumann Theutonum nova metropolis

Quellen und Forschungen zur Geschichte Sachsen-Anhalts Herausgegeben von der Historischen Kommission für Sachsen-Anhalt Band 1

Helmut Beumann

Theutonum nova metropolis Studien zur Geschichte des Erzbistums Magdeburg in ottonischer Zeit

Herausgegeben von

Jutta Krimm-Beumann Mit einem Geleitwort von

Ernst Schubert

2000

Böhlau Verlag Köln Weimar Wien

Gedruckt mit Unterstützung der Historischen Kommission für Sachsen-Anhalt

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Beuman, Helmut: Theutonum nova metropolis : Studien zur Geschichte des Erzbistums Magdeburg in ottonischer Zeit / Helmut Beumann. Hrsg. von Jutta Krimm-Beumann. Mit einem Geleitw. von Ernst Schubert. Köln ; Weimar ; Wien : Böhlau, 2000 (Quellen und Forschungen zur Geschichte Sachsen-Anhalts ; Bd. 1) ISBN 3-412-14399-5 © 2000 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln Ursulaplatz 1, D-50668 Köln Tel. (0221) 91 39 00, Fax (0221) 91 39 011 [email protected] Alle Rechte vorbehalten Satz: Peter Kniesche, Tönisvorst Druck: MVR-Druck GmbH, Brühl Bindung: Verlagsbuchbinderei Freitag GmbH & Co K G , Kassel Gedruckt auf säurefreiem, chlorfrei gebleichtem Papier. Printed in Germany ISBN 3-412-14399-5

Inhalt Geleitwort von Ernst Schubert Vorwort von Jutta Krimm-Beumann

VII XI

Abkürzungen

XIII

Quellen und Regestenwerke

XIV

Verzeichnis der mehrfach zitierten Literatur

XVI

Einleitung Der Magdeburger Entwurf einer Papsturkunde Bisherige Ergebnisse und neue Fragen (UBEM 130 = Z P U U +412)

1

1. Das Mainzer Krönungsprivileg (ZPUU 237)

7

2. Formulartransfer in der Papstkanzlei

23

3. Der Kaiser interveniert Fulda - Trier - Mainz [a) Ein verlorenes Palliumprivileg für Hatto II. von Mainz?] [b) Die Antwort Johannes' XII. auf den Beschwerdebrief Wilhelms von Mainz von 955 (ZPUU 137)] c) Beobachtungen zu Wilhelms Diktat [d) Vereinbarkeit der Trierer „Primatsprivilegien" von 969, 973 und 975 mit der Mainzer Präeminenz von 975] [e) Ein verlorenes Palliumprivileg für Wilhelm von Mainz von 962?]

81

4. [Rangstreitigkeiten auf dem Missionsfeld Passau - Salzburg - Hamburg - Magdeburg] [a) Die Fälschungen Pilgrims von Passau und die Salzburger Gegenfälschung]

88

29 47 57

69

VI

Inhalt

[b) Das Palliumprivileg Agapits II. für Adaldag von Hamburg (ZPUU 114)] 5. Zurück zum Magdeburger Entwurf einer Papsturkunde (UBEM 130 = Z P U U +412) a) Diplomatische Kriterien für die Entstehungszeit b) Wiederherstellung oder Neugründung des Bistums Merseburg c) Quod Deo promisit in anxiis Thietmar und die Halberstädter Bischofschronik

111

120 138 154

6. UBEM 130: Entwurf einer Fälschung

166

7. Das Magdeburger Primatsprivileg (UBEM 63 AB = Z P U U +191)

170

8. Die Magdeburger Aequalitas von 981 (UBEM 95 = Z P U U 270)

177

9. Der Magdeburger Primat und das Privileg für Giselher von 981

183

10. Inthronisationsbestimmung

192

11. Walthards gefälschtes Palliumprivileg [von 1012 und Humfrieds Schutzprivileg von 1026/27]

198

12. Inter cardinales episcopos Romanae sedis consortium

203

13. Kirchenpolitische Intentionen Primatsprivileg - Exordium - Entwurf UBEM 130

210

14. In civitatibus, in quibus olim barbarici ritus maxima viguit superstitio Der Magdeburger Entwurf einer Papsturkunde (UBEM 130) und das Exordium civitatis et archiepiscopatus

217

Register

229

Geleitwort Helmut Beumann, der in seinen letzten Lebensjahren mit großer Intensität an den hier vorgelegten Studien gearbeitet hat, wurde am 23. Oktober 1912 in Braunschweig geboren und wuchs zunächst in Bernburg und dann in Köln auf, kehrte aber in die „Heimatstadt" Bernburg zurück und legte dort auf dem Karls-Gymnasium 1931 die Reifeprüfung ab. Die reiche Kulturlandschaft des Harzvorlandes und des Harzes nannte er seine eigentliche Heimat, und sie hat ihn geprägt.' Dem Sohn eines Regierungsbaumeisters und Enkel des Direktors einer Zuckerfabrik lag, wie er selbst erzählte, der Berufsweg zum Ingenieur nahe. Er hat ihn nicht beschritten, nachdem ihn Adolf Diestelkamp damals noch Archivar in Magdeburg - für die Ausbildung und Tätigkeit des Archivars gewonnen hatte. Beumann hat offenbar selbst schnell gespürt, daß diese Tätigkeit, vor allem die Geschichtsforschung, den Vorstellungen, die er selbst von einem künftigen Berufsleben hatte, besonders gut entsprach. Die allgemeine Freude am Technischen, das sei hier beiläufig bemerkt, hat er sich aber zeitlebens bewahrt. Als zwanzigjähriger Student schrieb er seine erste wissenschaftliche Studie: Die mittelalterlichen Grabplatten in der Klosterkirche zu Nienburg, Sie erschien im Bernburger Heimatkalender und läßt schon deutlich seine Sorgfalt nicht nur bezüglich der eigentlichen Forschung, sondern auch hinsichtlich der mit Bedacht gewählten Formulierungen erkennen - ein lesenswertes kleines Werk, in dem die historischen und die kunsthistorischen Details gleichermaßen Berücksichtigung fanden.2 Im Gespräch hat Beumann sich selbst gerne dieses in jungen Jahren in der Heimat geschriebenen Erstlings erinnert, und wer die zahllosen anderen wissenschaftlichen Bearbeitungen von Grabsteinen und Epitaphen, unter anderem in dem Gesamtunternehmen der Akademien Die Deutschen Inschriften, zum Vergleich heranzieht, kann die Publikation des jungen Beumann aus dem Jahre 1933(!) nur bewundern. Er hat schon 1

2

Zum Folgenden vgl. die umfassend unterrichtende ausgezeichnete Würdigung durch Jürgen Petersohn: Helmut Beumann ( 1 9 1 2 - 1 9 9 5 ) . Mit zwei Anhängen: I. Bibliographie Helmut Beumann, bearbeitet von Jörg Schwarz, II. Verzeichnis der bei Helmut Beumann angefertigten Dissertationen, bearbeitet von Martin Früh (= VortrrForsch Sonderbd. 43), 1997. Die mittelalterlichen Grabplatten in der Klosterkirche zu Nienburg, in: Heimat-Kalender für die Alt-Bernburger Lande (Bernburger Kalender) 1933, S. 8 5 - 9 1 .

Vili

Geleitwort

diese - offenbar selbst gestellte - Aufgabe mustergültig bewältigt und damals bereits begonnen, die Denkmäler unter umfassenderen Gesichtspunkten zu ordnen. Seine sehr zahlreichen Mittelalter-Forschungen im größeren Zusammenhang mit dem Bistum Halberstadt und dem Erzbistum Magdeburg hier auch nur anzumerken, würde viel zu weit führen. Es muß genügen darauf hinzuweisen, daß die mittelalterliche Geschichte dieser Region ihn zeitlebens besonders beschäftigt hat. Helmut Beumann, 1944 in Marburg habilitiert und nach einer 1956 übernommenen Professur an der Universität Bonn 1964 wieder nach Marburg zurückgekehrt, fand dort in Walter Schlesinger (1908-1984), der sein Manuskript der Kirchengeschichte Sachsens noch im sächsischen Glauchau geschrieben hatte und 1951 aus der DDR nach Marburg emigriert war, einen ihn in vielem ergänzenden und gleichgesinnten, wissenschaftlichen Gesprächspartner und Freund. Die beiden großen deutschen Mediävisten, Beumann „als führender Vertreter der politischen Ideengeschichte des frühen und hohen Mittelalters" 3 und Schlesinger als der bahnbrechende Erforscher besonders der Landes- und Verfassungsgeschichte, führte nicht zuletzt die innere und wissenschaftliche Verbindung mit der Geschichte des mitteldeutschen Raumes zueinander. Ihre gemeinsamen wissenschaftlichen und wissenschaftsorganisatorischen Planungen und Leistungen, die Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen immer vorsorglich einbezogen, wenn sie nicht direkt davon angeregt waren, haben die Wissenschaft vom Mittelalter in Deutschland entscheidend geprägt. Die Liebe zur Heimat und die sicherlich auch daraus gespeiste Vorliebe für ihre Erforschung haben Beumann dann auch veranlaßt, unmittelbar nach der „Wende" die Neugründung der traditionsreichen Historischen Kommission für Sachsen-Anhalt als eine besonders wichtige Aufgabe zu bedenken und auf seine Weise zielstrebig zu planen. Beiläufig angemerkt: Er war vermutlich auch deshalb ein so glänzender Wissenschaftsorganisator, weil er sich selbst nach außen hin und auch bei der Durchführung möglichst zurückhielt. Als er beschlossen hatte, die Historische Kommission für SachsenAnhalt wieder ins Leben zu rufen, sprach er mit Kollegen vor allem aus Sachsen-Anhalt, von denen er glaubte, sie seien für diese Aufgabe geeignet. Dann machte er Vorschläge, äußerte Wünsche und ließ nicht mehr davon ab, immer wieder an diese „Pflicht" zu erinnern. Für den Außenstehenden schien am Ende alles abgelaufen, als sei es von einem unsichtbaren Lenker gesteuert worden. Beumann schien nur Ratschläge gegeben zu haben, aber im Grunde war er derjenige, der genau wußte, was 3

Wie Anm. 1, S. 20.

Geleitwort

IX

zu geschehen hatte, und der in unterhaltsamen Gesprächen Notwendigkeiten erklärte, die nicht nur einleuchteten, sondern zum Handeln anregten, aufriefen und überzeugten. - Im leisen und sehr zurückhaltenden Gespräch erreichte er mehr als andere mit lauten Gebärden. In den konstituierenden Sitzungen war er, der Initiator der Neugründung, zwar immer präsent, aber er gab nun nur dann noch Ratschläge, wenn sein Konzept, das ihm eine gute Kenntnis der Tradition vorgegeben hatte, berührt wurde. Als man schließlich daran ging, eine neue Satzung zu erarbeiten, haben Helmut Beumann - und neben ihm vor allem Roderich Schmidt - erheblich dazu beigetragen, daß sie, weitgehend der alten folgend und auf deren Grundlage formuliert, schnell und auf Dauer praktikabel zustande kam. Auch die Tatsache, daß die Historische Kommission für SachsenAnhalt traditionsgemäß vor allem für die Geschichte und die Kunstgeschichte des Landes zuständig, also interdisziplinär zusammengesetzt ist und arbeitet, entsprach Beumanns wissenschaftlichen Vorstellungen und Wünschen, wie übrigens ebenso das Festhalten an der im Vergleich mit anderen Kommissionen geringen Mitgliederzahl. Als der erste neue Band des Jahrbuchs Sachsen und Anhalt, Band 18 der Gesamtreihe, 1994 vorlag, war für Helmut Beumann sein gestecktes Ziel erreicht. Durch Zufall, durch die Reihenfolge des Alphabets bedingt, wurde das Jahrbuch eröffnet mit seiner umfangreichen Studie Zu den Pontifikalinsignien und zum Amtsverständnis der Bischöfe von Halberstadt im hohen Mittelalter. Im Nachhinein kann man sich nur freuen, daß Helmut Beumann in dem Bande die erste Stelle einnimmt. Daß sein N a m e nun auch über dem ersten Bande der neuen Reihe der Historischen Kommission, der Reihe Quellen und Forschungen zur Geschichte Sachsen-Anhalts steht, hätte ihn, der am 14. August 1995 in Marburg gestorben ist, ganz gewiß besonders gefreut und ehrt erneut sein Andenken. Die Historische Kommission für Sachsen-Anhalt hat Helmut Beumann viel zu danken. Ernst Schubert

Vorwort Die folgenden „diplomatischen und historiographischen Studien zur Geschichte des Erzbistums Magdeburg in ottonischer Zeit" fanden sich mit diesem Titel 1995 im Nachlaß Helmut Beumanns. Er wollte damit offenbar jene „Diskussion über die Entstehungsweise und -zeit der ostsächsischen Geschichtsschreibung, der Gesta archiepiscoporum Magdeburgensium, der Magdeburger Annalen sowie der Gesta episcoporum Halberstadensium" wiederaufnehmen, die zwischen den beiden Weltkriegen geführt und „mit einer Serie von Arbeiten Bernhard Schmeidlers aus den Jahren 1938-40 abgerissen war"; eine „kritische Prüfung" der bislang „diskussionslos allgemein akzeptierten" Thesen Schmeidlers schien geraten - so hatte Beumann es in seinem Vorwort zur Habilitationsschrift Kurt-Ulrich Jäschkes über die älteste Halberstädter Bischofschronik 1970 formuliert, und dieser Plan hatte ihn über seine Einzeluntersuchungen zu diesem Themenkomplex hinweg auch seitdem begleitet. Jäschkes Arbeit, als Band 62/1 der Mitteldeutschen Forschungen erschienen, sollte zugleich eine eigene Serie von „Untersuchungen mitteldeutscher Geschichtsquellen des hohen Mittelalters" eröffnen, die Beumann herausgab. Das Titelblatt der jetzt vorgelegten Studien, das dem Manuskript beilag, knüpft hier an und zählt die Arbeit als Band II der „Untersuchungen". Damit sollte die 1970 angekündigte „entsprechende Prüfung der Magdeburger Historiographie hinsichtlich der Zeitstellung und geschichtlichen Hintergründe ihrer ersten Anfänge" Jäschkes Werk über die Geschichtsschreibung des Halberstädter Bistums an die Seite gestellt werden. Die neuerlichen Studien Beumanns greifen sowohl methodisch als auch inhaltlich die Thematik der 1955 zusammen mit Walter Schlesinger veröffentlichten Urkundenstudien zur deutschen Ostpolitik auf. Leo Santifallers Analyse des „Krönungsprivilegs" Erzbischof Willigis' von Mainz von 975, dessen Edition durch Harald Zimmermann und nicht zuletzt Beobachtungen von Thomas Zotz zum Katalog der Palliumtage offenbarten verblüffende Übereinstimmungen mit dem damals erschlossenen verlorenen Palliumprivileg für Erzbischof Waithard von Magdeburg aus dem Jahr 1012. Die Untersuchungen von Thomas Zotz „zum Beziehungsgefüge und zu Rangfragen der Reichskirchen im Spiegel der päpstlichen Privilegierung des 10. und 11. Jahrhunderts" und Mogens Rathsacks rechtshistorische Analyse der Fuldaer Fälschungen von 751 bis ca. 1158 mochten auch zu einer umfassenden Überprüfung der eige-

XII

Vorwort

nen späteren Veröffentlichungen zur ottonischen Ostpolitik herausgefordert haben. Mehrfach angekündigt, zuletzt in einem Vortrag über Magdeburg und die Ostpolitik der Ottonen anläßlich einer Tagung zum vierzigjährigen Bestehen der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1989, blieb diese leider unvollendet. Doch die Vorarbeiten waren bereits so weit gediehen, daß es wünschenswert schien, das ca. 250 Seiten umfassende Typoskript für eine Veröffentlichung aufzubereiten. Es bestand aus einer Sammlung von teilweise zusammenhängenden Kapitelfolgen und einzelnen längeren und kürzeren Textbausteinen, die noch zusammenzufügen waren. Ihre Reihenfolge war nicht in allen Fällen schon vorgegeben. Einige ließen sich nur in bereits gebildete Kapitel einfügen. Auch waren manche Probleme, wie etwa das umstrittene Deperditum für Wilhelm von Mainz von 962, in immer wieder neuem Zugriff erörtert worden. Da dabei Wiederholungen nicht ohne erhebliche Eingriffe in den Text und Verlust von alternativen Lösungsvorschlägen hätten beseitigt werden können, wurden sie in Kauf genommen; auch war ja diese vielfache Annäherung an den Gegenstand charakteristisch für Beumanns Interpretationsweg. So hatte die Bearbeitung die authentischen Texte so wenig wie möglich zu verändern und auch den stellenweise fragmentarischen Charakter zu erhalten. Zur Veranschaulichung der zum Teil schwierigen Filiationsverhältnisse von Urkundenformularen wurden vier Stemmata eingefügt. Notwendige Korrekturen und Ergänzungen sind durch eckige Klammern gekennzeichnet. Das Ziel Beumanns, die Summe unter eine frühe und nie aus den Augen verlorene Fragestellung zu ziehen, bleibt auch in dieser an manchen Stellen offenen Form erkennbar. Von Beumann noch nicht berücksichtigte Neuerscheinungen wurden nur bis zum Erscheinungsjahr 1995 miteinbezogen. Für freundliche Hinweise darauf, Mithilfe beim Lesen der Korrekturen und die Empfehlung einer posthumen Herausgabe des Werkes danke ich Professor Rudolf Schieffer. Die Professoren Ernst Schubert und Matthias Werner haben freundlicherweise die Drucklegung vermittelt. Besonderer Dank gebührt schließlich der Historischen Kommission für Sachsen-Anhalt für die Aufnahme der Arbeit in ihre Schriftenreihe. Jutta Krimm-Beumann

Abkürzungen BA BG BMik BO BZ

BÖHMER-APPELT BÖHMER-GRAFF BÖHMER-MLKOLETZKY BÖHMER-OTTENTHAL BÖHMER-ZIMMERMANN

D, D D

Diplom, Diplome (dazu Abkürzung des Herrschernamens und Nummer der Königs- und Kaiserurkunden in den Diplomata der Monumenta Germaniae Histórica)

GP

Germania Pontificia

HlNSCHIUS

Decretales Pseudo-Isidorianae

JK JE JL

JAFFÉ-KALTENBRUNNER A JAFFÉ-EWALD l JAFFÉ-L0WENFELD J

LexMA

Lexikon des Mittelalters

MlGNE PL

MlGNE Patrología Latina

UBEM

Urkundenbuch des Erzstifts Magdeburg

UBHH

Urkundenbuch des Hochstifts Halberstadt

U B Hersfeld

Urkundenbuch der Reichsabtei Hersfeld

U B Merseburg

Urkundenbuch des Hochstifts Merseburg

ZPUU

ZIMMERMANN Papsturkunden

I f I *

Regesta Imperii

Regesta Pontificum Romanorum

Weitere Abkürzungen bei Quellen- und Literaturangaben entsprechen den Allgemeinen Abkürzungen und dem Verzeichnis der Sigel von DAHLMANN/WAITZ, Quellenkunde der deutschen Geschichte 1 (L01969) S. 27-79.

Q u e l l e n und Regestenwerke A d a m von Bremen, Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum, hg. von Bernhard SCHMEIDLER ( M G H SS rer. Germ. [2], 1917). Annales Magdeburgenses, hg. von Georg Heinrich PERTZ ( M G H SS 16, 1859) S. 1 0 5 - 196. Annalista Saxo, hg. von G e o r g WAITZ ( M G H SS 6,1844). BÖHMER, Johann Friedrich, Regesta Imperii 2.1 Die Regesten des Kaiserreichs unter Heinrich I. und O t t o I. 919— 973, neubarb. von Emil von O T T E N T H A L (1883), Neudr. mit Ergänzungen von H a n s Heinrich K A M I N S K Y (1967) 2.2 Die Regesten des Kaiserreichs unter O t t o II. 955 (973)-983, neubearb. von Hanns Leo MlKOLETZKY (1950). 2.4 Die Regesten des Kaiserreichs unter Heinrich II. 1002-1024., neubearb. von Theodor GRAFF (1971). 2.5 Papstregesten 911-1024, bearb. von Harald Z I M M E R M A N N (1969). 3,1 Die Regesten des Kaiserreichs unter Konrad II., neubearb. von Heinrich APPELT (1951). Chronica episcoporum ecclesiae Merseburgensis, hg. von Roger WlLMANS ( M G H SS 10, 1852) S. 157-212. Continuatio Reginonis, in: Reginonis Chronicon, hg. von Friedrich KURZE ( M G H SS rer. Germ., 1890). Decretales Pseudo-Isidorianae et Capitula Angilramni, hg. von Paul H I N S C H I U S (1863). Die Briefe des heiligen Bonifatius und Lullus, hg. von Michael TANGL ( M G H Epp. sei. 1,1910). Die Konzilien Deutschlands und Reichsitaliens 916-1001, Teil 1, 916— 960, bearb. von Ernst Dieter HEHL ( M G H Conc. 6, 1987). Germania Pontificia 1. Provincia Salisburgensis et episcopatus Tridentinus, bearb. von Albert BRACKMANN (1914). 4. Provincia Maguntinensis 4. S. Bonifacius, Archidioecesis Maguntinensis, abbatia Fuldensis, bearb. von Hermann JAKOBS (1978). 6. Provincia Hamaburgensis-Bremensis, bearb. von Wolfgang SEEGRÜN und Theodor SCHIEFFER (1981). 10. Provincia Treverensis 1. Archidioecesis Treverensis, bearb. von Egon Boshof (1992).

Q u e l l e n und R e g e s t e n w e r k e

XV

Gesta archiepiscoporum Magdeburgensium , hg. von Wilhelm SCHUM ( M G H SS 14,1883) S. 361-486. Gesta episcoporum Halberstadensium, hg. von Ludwig W E I L A N D ( M G H SS 2 3 , 1 8 7 4 ) S. 73-123. JAFFFI, Philipp (Hg.), Bibliotheca rerum Germanicarum 3. Monumenta Moguntina (1866). 5. Monumenta Bambergensia (1869). Lampert von Hersfeld, Annalen, hg. von Oswald H O L D E R - E G G E R ( M G H S S r e r . Germ., 3 1894). Les Annales de Flodoard, hg. von Philipp LAUER, 1905 (Collection de textes). Liber diurnus Romanorum pontificum, hg. von H a n s FOERSTER (1958). Mainzer Urkundenbuch 1. Die Urkunden bis zum T o d e Erzbischof Adalberts I. (1137), bearb. von Manfred S U M M I N G (1932). Papsturkunden 896-1046, bearb. von Harald Z I M M E R M A N N (DenkschrrAkad.Wien 174, 177 2 1988-1989). Patrologiae cursus completus, hg. von J. P. MlGNE, Series Latina. Regino von Prüm, Chronicon cum continuatione Treverensi, hg. von Friedrich KURZE ( M G H SS rer. Germ., 1890). Ruotger, Vita Brunonis, hg. von Irene OTT ( M G H SS rer. Germ. N S 10, 1951). Sigebert, Vita Deoderici, hg. von Georg Heinrich PERTZ ( M G H SS 4, 1841). Thietmar von Merseburg, Chronik, hg. von Robert H O L T Z M A N N ( M G H SS rer. Germ. N S 9,1935). Urkundenbuch der Reichsabtei Hersfeld 1 , 1 , bearb. von H a n s WEIRICH (Veröff. der Historischen Kommission für Hessen und Waldeck 19, 1, 1936). Urkundenbuch des Erzstifts Magdeburg 1, bearb. von Friedrich I S R A E L und Walter M Ö L L E N B E R G (Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und des Freistaates Anhalt, N . R . 18, 1937). Urkundenbuch des Hochstifts Halberstadt 1, hg. von Gustav S C H M I D T (Publikationen a.d. k. Preußischen Staatsarchiven 17,1883). Urkundenbuch des Hochstifts Merseburg 1., hg. von Paul KEHR (Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und angrenzender Gebiete 36, 1899). Widukind von Corvey, Rerum gestarum Saxonicarum libri tres, hg. von Paul HIRSCH und Hans-Eberhard LOHMANN ( M G H SS rer. Germ., 1935).

V e r z e i c h n i s der m e h r f a c h g e n a n n t e n L i t e r a t u r ALTHOFF, Gerd, Widukind von Corvey. Kronzeuge und Herausforderung, in: Frühmittelalterliche Studien 27 (1993) S. 253-272. --, Magdeburg - Halberstadt - Merseburg. Bischöfliche Repräsentation und Interessenvertretung in ottonischer Zeit, in: (VortrrForsch 46, 1998) S. 267-293. BEUMANN, Helmut, Die Bedeutung Lotharingiens für die ottonische Missionspolitik im Osten, in: RhVjbll 33 (1969) S. 14-46, Neudr. in: Ders., Wissenschaft vom Mittelalter (1972) S. 377-409. —, Das päpstliche Schisma von 1130, Lothar III. und die Metropolitanrechte von Magdeburg und Hamburg-Bremen in Polen und Dänemark, in: Deutsche Ostsiedlung in Mittelalter und Neuzeit - Studien zum Deutschtum im Osten 8 (1971) S. 20-41, Neudr. in: Ders., Wissenschaft vom Mittelalter (1972) S. 479-500. —, Wissenschaft vom Mittelalter. Ausgewählte Aufsätze (1972). —, Das Kaisertum Ottos des Großen. Ein Rückblick nach tausend Jahren, in: HZ 195 (1962) S. 529-573; wieder abgedruckt mit Exkurs „Kaisersigna und Papsturkunden im 10. Jahrhundert" in: Das Kaisertum Ottos des Großen. Zwei Vorträge von Helmut BEUMANN und Heinrich BÜTTNER (VortrrForsch Sonderbd. 1, 1963) S. 6-54; Neudr. in: Ders., Wissenschaft vom Mittelalter (1972) S. 411-458. —, Die Gründung des Bistums Oldenburg und die Missionspolitik Ottos des Großen, in: Aus Reichsgeschichte und Nordischer Geschichte. Festschr. Karl Jordan (Kieler Historische Studien 16, 1972) S. 54-69, Neudr. in: Ders., Ausgewählte Aufsätze (1987) S. 177-192. --, Laurentius und Mauritius. Zu den missionspolitischen Folgen des Ungarnsieges Ottos des Großen, in: Festschr. Walter Schlesinger, hg. von Helmut BEUMANN (1974) S. 238-275, Neudr. in: Ders., Ausgewählte Aufsätze (1987) S. 139-176. —, Die Bedeutung des Kaisertums für die Entstehung der deutschen Nation im Spiegel der Bezeichnungen von Reich und Herrscher, in: Aspekte der Nationenbildung im Mittelalter. Ergebnisse der Marburger Rundgespräche 1972-1975, hg. von Helmut BEUMANN und Werner SCHRÖDER (Nationes. Historische und philologische Untersuchungen zur Entstehung der europäischen Nationen im Mittelalter, 1978) S. 317-365, Neudr. in: Ders., Ausgewählte Aufsätze (1987) S. 66-114.

Verzeichnis der mehrfach genannten Literatur

XVII

—, Ausgewählte Aufsätze aus den Jahren 1966-1986, hg. von Jürgen PETERSOHN u n d R o d e r i c h SCHMIDT ( 1 9 8 7 ) .

—, Die Ottonen (Urban TB 384, 1987, 2., verbesserte und erweiterte Aufl. 1991, 3. ergänzte Aufl. 1994, 4. unveränderte Aufl. 1995). —,Das Rationale der Bischöfe von Halberstadt und seine Folgen, in: Gedenkschrift Reinhold Olesch, hg. von Hans ROTHE, Roderich SCHMIDT, Dieter STELLMACHER (Mitteldeutsche Forsch. 100, 1990) S. 39-70. —, Magdeburg und die Ostpolitik der Ottonen, in: Die historische Wirkung der östlichen Regionen des Reiches, hg. von Hans ROTHE (Studien zum Deutschtum im Osten 24, 1992) S. 9-29. —, Entschädigungen von Halberstadt und Mainz bei der Gründung des Erzbistums Magdeburg, in: Ex ipsis Rerum Documentis. Beiträge zur Mediävistik. Festschr. Harald Zimmermann (1991) S. 383-398. —, Die Auctoritas des Papstes und der Apostelfürsten in Urkunden der Bischöfe von Halberstadt. Vom Wandel des bischöflichen Amtsverständnisses in der späten Salierzeit, in: Die Salier und das Reich Bd. 2: Die Reichskirche in der Salierzeit, hg. von Stefan WEINFURTER (1991) S. 333-353. B E U M A N N , Helmut und SCHLESINGER, Walter, Urkundenstudien zur deutschen Ostpolitik unter Otto III., in: ArchDipl 1 (1955) S. 132— 250 (danach zitiert), Neudr. in: Walter SCHLESINGER, Mitteldeutsche Beiträge zur Verfassungsgeschichte des Mittelalters (1961) S. 306412. BOSHOF, Egon, Das Erzstift Trier und seine Stellung zu Königtum und Papsttum im ausgehenden 10. Jahrhundert. Der Pontifikat des Theoderich (Studien und Vorarbeiten zur Germania Pontificia 4, 1972). —, Köln, Mainz, Trier - Die Auseinandersetzung um die Spitzenstellung im deutschen Episkopat in ottonisch-salischer Zeit, in: Jb. d. Kölnischen Geschichtsvereins 49 (1978) S. 19-48. —, Ottonen und frühe Salierzeit, in: Rheinische Geschichte 1, 3, hg. von Franz PETRI und Georg D R O E G E (1983) S. 1-119. --, Die Regesten der Bischöfe von Passau 731-1206 (1992). BOYE, Martin, Quellenkatalog der Synoden Deutschlands und Reichsitaliens von 922-1059, in: N A 48 (1930) S. 45-96. BRESSLAU, Harry, Handbuch der Urkundenlehre für Deutschland und Italien, 2 Bde. ( 2 1912/15, Nachdr. 1960). BRÜHL, Carlrichard, Deutschland und Frankreich. Die Geburt zweier Völker (1990). BÜTTNER, Heinrich, Erzbischof Willigis von Mainz und das Papsttum bei der Bistumserrichtung in Böhmen und Mähren, in: RhVjbll 30 (1965) S. 1-22.

XVIII

Verzeichnis der mehrfach genannten Literatur

Die Mainzer Erzbischöfe Friedrich und Wilhelm und das Papsttum des 10. Jahrhunderts, in: Festschr. Johannes Bärmann 1 (Geschichtliche Landeskunde, Veröff. d. Instituts für Geschichtliche Landeskunde a.d. Univ. Mainz 3, 1966) S. 1-26,. Neudr. in: Ders., Zur frühmittelalterlichen Reichsgeschichte an Rhein, Main und Neckar, hg. von Alois GERLICH (1975) S. 275-300. —, Die christliche Kirche ostwärts der Elbe bis zum Tode Ottos I., in: Festschr. Friedrich von Zahn 1 (Mitteldeutsche Forsch. 50/1, 1968) S. 145-181. CLAUDE, Dietrich, Geschichte des Erzbistums Magdeburg bis in das 12. Jahrhundert 1-2 (Mitteldeutsche Forsch. 67/I-II, 1972/75). EHLERS, Joachim, Otto II. und Kloster Memleben, in: SachsAnh 18 ( 1 9 9 4 ) S. 5 1 - 8 2 .

ENGELS, Odilo, Die Gründung der Kirchenprovinz Magdeburg und die Ravennater „Synode" von 968, in: Annuarium Historiae Conciliorum 7 (1975) S. 136-158. E W I G , Eugen, Kaiserliche und apostolische Tradition im mittelalterlichen Trier, in: TrierZGKunst 24-26 (1956/58) S. 147-186,. Neudr. in: Ders., Spätantikes und fränkisches Gallien 2 (Beihefte der Francia 3 , 2 , 1 9 7 9 ) S. 51-90. FICHTENAU, Heinrich, Arenga. Spätantike und Mittelalter im Spiegel von Urkundenformeln (MIÖG Erg. Bd. 18, 1957). —, Das Urkundenwesen in Österreich vom 8. bis zum frühen 13. Jahrhundert (1971). —, Zu den Urkundenfälschungen Pilgrims von Passau, in: MittObösterrLdArchiv 8 (1964) S. 81-100, Neudr. in: Ders., Beiträge zur Mediävistik 2 (1977) S. 157-179. FLECKENSTEIN, Josef, Die Hof kapeile der deutschen Könige, 1-2 (Schrr. der M G H 16, 1966). FRIED, Johannes, Otto III. und Boleslaw Chrobry. Das Widmungsbild des Aachener Evangeliars, der „Akt von Gnesen" und das frühe polnische und ungarische Königtum. Eine Bildanalyse und ihre historischen Folgen (FrankfHistAbhh 30, 1989). FÜRST, Carl Gerold, Cardinalis. Prolegomena zur einer Rechtsgeschichte des römischen Kardinalskollegiums (1967). FUHRMANN, Horst, Studien zur Geschichte mittelalterlicher Patriarchate, in: ZRG KA 39 (1953) S. 112-176 (I); 40 (1954) S. 1-84 (II); 41 (1955) S. 95-183 (III). —, Die Synoden von Ingelheim, in: Ingelheim am Rhein, hg. von Johanne AUTENRIETH ( 1 9 6 4 ) S. 1 4 7 - 1 7 3 , Teil-Neudr. in: O t t o der Große, hg. von Harald ZIMMERMANN (Wege der Forschung 4 5 0 , 1 9 7 6 ) S. 4 6 - 5 5 .

Verzeichnis der mehrfach genannten Literatur

XIX

— Einfluß und Verbreitung der pseudoisidorischen Fälschungen von ihrem Auftauchen bis in die neuere Zeit, 1-3 (Schrr. der M G H 24/1III, 1972-1974). GEORGES, Karl Ernst, Ausführliches lateinisch-deutsches Handwörterbuch ("1962). GÖRICH, Knut, Der Gandersheimer Streit zur Zeit Ottos III. Ein Konflikt um die Metropolitanrechte des Erzbischofs Willigis von Mainz, in: ZRG KA 79 (1993) S. 56-94. HACKE, Curt Bogislav Graf von, Die Palliumverleihungen bis 1143 (1898). HARTMANN, Wilfried, Discipulus non est super magistrum (Matth. 10,24). Zur Rolle der Laien und der niederen Kleriker im Investiturstreit, in: Papsttum, Kirche und Recht im Mittelalter. Festschr. Horst Fuhrmann, hg. von Hubert MORDEK (1991) S. 187-200. HAUCK, Albert, Kirchengeschichte Deutschlands, 3 ( s 1953). HEHL, Ernst-Dieter, Erzbischof Ruotbert von Trier und der Reimser Streit, in: Deus qui mutat tempora. Festschr. Alfons Becker (1987) S. 55-68. --, Lucia/Lucina - Zur Echtheit von JL 3848. Oder: Wann wurde Ulrich von Augsburg heilig?, in: DA 51 (1995) S. 195-211. --, Der widerspenstige Bischof. Bischöfliche Zustimmung und bischöflicher Protest in der ottonischen Reichskirche, in: Herrschaftsrepräsentation im ottonischen Sachsen (VortrrForsch 46, 1998) S. 295344. HlNSCHIUS, Paul, Decretales Pseudo-Isidorianae et Capitula Angilramni (1863). HIRSCH, Siegfried, Jahrbücher des deutschen Reiches unter Heinrich II., 3, hg. von Harry BRESSLAU (1875, Nachdr. 1975). HOFFMANN, Erich, Beiträge zum 100. Geburtstag von Kayserling (1980). HOFFMANN, Hartmut, Buchkunst und Königtum im ottonischen und frühsalischen Reich (Schrr. der M G H 30,1-II, 1986). —, Eigendiktate in den Urkunden Ottos III. und Heinrichs II., in: DA 44 (1988) S. 390—423. - , Grafschaften in Bischofshand, in: DA 46 (1990) S. 375-480. —, Mönchskönig und rex idiota. Studien zur Kirchenpolitik Heinrichs II. und Konrads II. ( M G H Studien und Texte 8, 1993). HOFMANN, Johann Baptist B. / A. SZANTYR, Lateinische Syntax und Stilistik (Handbuch der Altertumswissenschaft Abt. 2, Teil 2, Bd. 1, 1965). HOLTZMANN, Robert, Die Aufhebung und Wiederherstellung des Bistums Merseburg, in: SachsAnh 2 (1926) S. 35-75 (danach zitiert),

XX

Verzeichnis der mehrfach genannten Literatur

Nachdr. in: Ders., Aufsätze zur deutschen Geschichte im Mittelelberaum 1, hg. von A. TIMM (1962) S. 86-126. JAKOBS, Hermann, Eugen III. und die Anfänge europäischer Stadtsiegel nebst Anmerkungen zum Bande IV der Germania Pontificia (Studien und Vorarbeiten zur GP 7, 1980). JÄSCHKE, Kurt-Ulrich, Die älteste Halberstädter Bischofschronik (Mitteldeutsche Forsch. 62/1,1970). KEHR, Paul Fridolin, Das Erzbistum Magdeburg und die erste Organisation der christlichen Kirche in Polen (AbhhAkad.Berlin 1920 Nr. 1). KEMPF, Friedrich, Primatiale und episkopal-synodale Struktur der Kirche vor der gregorianischen Reform, in: Archivum Historiae Pontificiae 16(1978) S. 27-66. KESSEL, Eberhard, Die Magdeburger Geschichtsschreibung im Mittelalter bis zum Ausgang des 12. Jahrhunderts, in: SachsAnh 7 (1931) S. 109-184. —, Thietmar und die Magdeburger Geschichtsschreibung, in: SachsAnh 9(1933) S. 52-85. KLEWITZ, Hans-Walter, Die Entstehung des Kardinalkollegiums, in: ZRG KA 25 (1936) S. 115-221, Neudr. in Ders., Reformpapsttum und Kardinalkolleg (1957) S. 9-134. KÖPKE, Rudolf und DÜMMLER, Ernst, Kaiser Otto der Große (1876, Nachdr. 1962). KORTÜM, Hans-Henning, Zur päpstlichen Urkundensprache im frühen Mittelalter. Die päpstlichen Privilegien 896-1046 (Beiträge zur Geschichte und Quellenkunde des Mittelalters 17, 1994). KURZE, Friedrich, Die älteste Magdeburger Bistumschronik, in: MIÖG Ergbd. 3 (1890/94) S. 397-450. LA PLANTE, Michael F., A Deperditum for Mainz in 962 ?, in: ArchDipl 25 (1979) S. 21-36. LEHR, Waldemar, Piligrim, Bischof von Passau und die Lorscher Fälschungen (1909); darin S. 30ff. „Der Text der gefälschten Bullen nebst dem Briefe Piligrims". LOTTER, Friedrich, Der Brief des Priesters Gerhard an den Erzbischof Friedrich von Mainz. Ein kanonistisches Gutachten aus frühottonischer Zeit (VortrrForsch Sonderband 17, 1975). LÜBKE, C., Regesten zur Geschichte der Slawen an Elbe und Oder (vom Jahr 900 an), 1-5 (1984-1988). MAURER, Helmut, Rechtlicher Anspruch und geistliche Würde der Abtei Reichenau unter Kaiser Otto III., in: Ders. (Hg.), Die Abtei Reichenau. Neue Beiträge zur Geschichte und Kultur des Inselklosters (1974) S. 255-276.

Verzeichnis der mehrfach genannten Literatur

XXI

MÖLLENBERG, Walter, Der Liber privilegiorum s. Mauricii Magdeburgensis, in: Kritische Beiträge zur Geschichte des Mittelalters. Festschr. Robert Holtzmann (HistStud 238,1933) S. 93-102. NlERMEYER, Jan Frederik, Mediae latinitatis lexicon minus (1984). P O L H E I M , Karl, Die lateinische Reimprosa (1925, 2. unveränderte Aufl. 1963). QüITER, Eduard, Untersuchungen zur Entstehungsgeschichte der Kirchenprovinz Magdeburg. Ein Beitrag zur Geschichte des kirchlichen Verfassungsrechtes im zehnten Jahrhundert (1969). RATHSACK, Mogens, Die Fuldaer Fälschungen. Eine rechtshistorische Analyse der päpstlichen Privilegien des Klosters Fulda von 751 bis ca. 1158. Aus dem Dänischen übers, von P. K. MOGENSEN, wissenschaftlich betreut von Harald ZIMMERMANN (Päpste und Papsttum 24/I-II, 1989). REULING, Ulrich, Die Kur in Deutschland und Frankreich (Veröff. des MPI für Geschichte 64, 1979). S A U E R L A N D , Heinrich Volbert, Trierer Geschichtsquellen des 11. Jahrhunderts (1889). S A N T I F A L L E R , Leo, Liber Diurnus. Studien und Forschungen, hg. von Harald Z I M M E R M A N N (Päpste und Papsttum 10, 1976). SCHLESINGER, Walter, Kirchengeschichte Sachsens im Mittelalter 1 (Mitteldeutsche Forsch. 27/1, 1962). —, Zur Geschichte der Magdeburger Königspfalz, in: Ausgewählte Aufsätze von Walter Schlesinger, hg. von Hans P A T Z E und Fred S C H W I N D (VortrrForsch 34, 1987) S. 315-345; zuerst in: BllfdtLG 104 (1968) S. 1-31. S C H M E I D L E R , Bernhard, Die wahre Zusammensetzung und Entstehungszeit der Gesta archiepiscoporum Magdeburgensium bis 1142, in: SachsAnh 14 (1938) S. 40-81. S T A A B , Franz, Die Mainzer Kirche. Konzeption und Verwirklichung in der Bonifatius- und Theonesttradition, in: Die Salier und das Reich 2. Die Reichskirche in der Salierzeit, hg. von Stefan W E I N F U R T E R ( 2 1992)S. 31-77. S T E N G E L , Edmund Ernst, Die Immunität in Deutschland bis zum Ende des 11. Jahrhunderts 1 (einziger Teil): Diplomatik der deutschen Immunitäts-Privilegien vom 9. bis zum Ende des 11. Jahrhunderts (1910, Nachdr. 1964). —, Primat und Archicancellariat der Abtei Fulda, ein Kapitel bonifatianischer Tradition, in: Ders., Abhandlungen und Untersuchungen zur Hesssischen Geschichte (VeröffHistKommHessWaldeck 26, 1960) S. 312-336. S T U T Z , Ulrich, Der Erzbischof von Mainz und die deutsche Königswahl. Ein Beitrag zur deutschen Rechts- und Verfassungsgeschichte (1910).

XXII

Verzeichnis der mehrfach genannten Literatur

THOMAS, Heinz, Studien zur Trierer Geschichtsschreibung des 11. Jahrhunderts, insbesondere zu den Gesta Treverorum (RheinArch 68, 1968). —, Erzbischof Siegfried I. von Mainz und die Tradition seiner Kirche. Ein Beitrag zur Wahl Rudolfs von Rheinfelden, in: D A 26 (1970) S. 368-399. WENSKUS, Reinhard, Studien zur historisch-politischen Gedankenwelt Bruns von Querfurt (Mitteldeutsche Forsch. 5, 1956). WOLF, Gunther, Das politische Erbe der Kaiserin Theophanu - oder: Ottos III. Konzeption eines „Europäischen Staatensystems", in: Kaiserin Theophanu, Prinzessin aus der Fremde - des Westreichs Große Kaiserin, hg. von Gunther WOLF (1991) S. 106-140. WOLTER, Hans, Das Privileg Leos I X . für die Kölner Kirche vom 7. Mai 1052 (JL 4271), in: Egon BOSHOF/H. WOLTER, Rechtsgeschichtlichdiplomatische Studien zu frühmittelalterlichen Papsturkunden (Studien und Vorarbeiten zur G P 6 , 1 9 7 6 ) S. 101-151. ZlBERMAYR, Ignaz, Noricum, Baiern und Osterreich. Lorch als Hauptstadt und die Einführung des Christentums ( 2 1956). ZIMMERMANN, Harald, Ottonische Studien, in: M I Ö G Erg.Bd. X X . Heft 1 (1962) S. 122-190, Neudr. in Ders., Im Bann des Mittelalters. Ausgewählte Beiträge zur Kirchen- und Rechtsgeschichte. Festg. zu seinem 60. Geburtstag, hg. von Immo EBERL und Hans-Henning KORTÜM (1986) S. 1-69. ZOTZ, Thomas, Pallium et alia quaedam archiepiscopatus insignia. Zum Beziehungsgefüge und zu Rangfragen der Reichskirchen im Spiegel der päpstlichen Privilegierung des 10. und 11. Jahrhunderts, in: Festschr. Berent Schwineköper, hg. von Helmut MAURER und Hans PATZE (1982) S. 155-186.

Einleitung Der Magdeburger Entwurf einer Papsturkunde Bisherige Ergebnisse und neue Fragen (UBEM 130 = ZPUU +412) Der Liber privilegiorum s. Mauricii ist das älteste Kopialbuch des Magdeburger Domstifts . Seine Entstehungszeit, nach der Schrift bisher um 1100 angenommen, läßt sich nach dem Kolophon fol. 52v: Hugo abbas et uenz näher eingrenzen. Ein Abt dieses Namens, wie sein Vorgänger Hildebold aus Hirsau gekommen, leitete 1 1 1 3 - 1 1 1 9 das Kloster Berge bei Magdeburg 4 . Demnach könnte der Liber s. Mauricii dort, vielleicht im Auftrage des Erzstifts, entstanden sein. In seinem ersten, die Papsturkunden umfassenden Teil enthält der Liber s. Mauricii an dritter Stelle5 einen Text (UBEM 130 6 ), der in der Form einer Papsturkunde die Gründungsgeschichte des Erzbistums Magdeburg erzählt, so daß die Narratio den bei weitem größten Raum 1

LHA Magdeburg, Cop. I a.

2

MÖLLENBERG S. 95; K u r z b e s c h r e i b u n g auch U B E M S. VIII f.

3

Fol. 52v von einer wohl gleichzeitigen, in der Handschrift aber sonst nicht mit Sicherheit identifizierbaren Hand. CLAUDE 2 S. 300ff. Hildebold, von Erzbischof Hartwig 1099 berufen, hat im Kloster Berge die Hirsauer Reform eingeführt. Claude weist S. 301 auf Indizien dafür hin, daß sich Berge an der unter Erzbischof Adelgot (11071119) eingeleiteten Erschließung der ostelbischen Gebiete beteiligen wollte. Dazu würde ein Interesse des Klosters an den im Kopialbuch gesammelten Urkunden passen. Vielleicht werden im Kolophon die beiden Schreiber genannt, die nach MÖLLENBERG (S. 95) daran mitgewirkt haben. Der Name Venz[el,-eslaus] kommt weder im UBEM noch im Urkundenbuch des Klosters Berge vor (hg. von Hans HOLSTEIN, Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und angrenzender Gebiete Bd. 9, 1879). Eine Ventizlaua wird im Merseburger Necrolog zum 6. November verzeichnet: Die Totenbücher von Merseburg, Magdeburg und Lüneburg, hg. von Gerd ALTHOFF und Joachim WOLLASCH (MGH Libri mem., NS 2, 1983) S.24, w 43 u. Taf. 15; nach LUDAT, An Elbe und Oder S. 64 mit Anm. 398, wahrscheinlich eine Angehörige der Hevellerdynastie; LÜBKE, Reg. 332a. Der Wenzelskult ist in Könnern (Diözese Magdeburg) und in Halberstadt für das 10. Jh. belegt. CLAUDE 2 S. 468f. Fol. 2r-3v. ZPUU+412.

4

5 6

2

Einleitung

einnimmt: ein Stück Historiographie in urkundlicher Form, das deshalb zum Vergleich mit dem Exordium der Gesta archiepiscoporum einlädt7. Protokoll, Eschatokoll und Datierung fehlen, doch hat eine Hand des 15. Jahrhunderts die Intitulatio Iohannes episcopus servus servorum Dei nachgetragen. Die Arenga hebt die besondere Verpflichtung des PetrusNachfolgers für Kirchen hervor, die eigens dem Schutz der römischen Kirche unterstehen. Es folgt der Bericht über die Gründung des Magdeburger Erzbistums, auf dessen Einzelheiten später einzugehen sein wird8. Hier ist der Katalog der angeblich von Otto dem Großen begründeten Magdeburger Suffraganbistümer hervorzuheben, in dem nach Zeitz, Meißen, Merseburg, Brandenburg und Havelberg auch, an letzter Stelle, Posen aufgeführt wird. Im späteren Verlauf werden die Bischöfe namhaft gemacht, die Adalbert, der auf Veranlassung des Kaisers von Johannes XIII. ordiniert worden sei, konsekriert habe. Hier erscheint Jordan von Posen sogar an erster Stelle, während die Reihenfolge der übrigen Bistümer beibehalten worden ist. Der Papstschutz der Magdeburger Kirche wird noch zweimal erwähnt. Der Kaiser habe den Papst angewiesen (precepit), Adalbert zu ordinieren ea videlicet ratione, ut idem archiepiscopHs cum suis successoribus et cum loco sibi commisso mundiburdio sancti Petri suique vicarii perpetuo subiectus potestatem haberet supradictarum civitatum episcopos ordinäre, itidem suis successoribus vicissitudine exigente manibus suffraganeorum consecrandis. Der Erzbischof soll also als ein solcher, der wie seine Nachfolger und seine Kirche den Papstschutz genießt, über die Amtsgewalt verfügen, die Bischöfe der genannten civitates, also auch die von Posen, zu ordinieren. Die syntaktische Verknüpfung suggeriert eine Ausdehnung des Papstschutzes auf die Metropolitangewalt. Mit den Worten Unde oportet, ut nos ... loco nostro mundiburdio subiecto prevideamus erkennt schließlich der Aussteller selbst in unmittelbarem Anschluß an die Narratio den Papstschutz der Magdeburger Kirche an. Sieht man von diesem Text ab, so fehlt für das 10. Jahrhundert, also die Zeit vor der Errichtung des polnischen Erzbistums Gnesen im Jahre 1000, jeder urkundliche Nachweis für eine Zugehörigkeit Posens zur Magdeburger Kirchenprovinz; eine solche läßt sich, wie Paul Kehr gezeigt hat, bis 981, dem Jahr der letzten erhaltenen Magdeburger Papsturkunden des 10. Jahrhunderts, wegen der wiederholten Bistumskataloge sogar ausschließen'. Auf Thietmars Chronik und die Magdeburger 7 8 9

Dazu unten S. 217-228. Unten S. 217ff. KEHR, Erzbistum Magdeburg S. 14ff.; BEUMANN/SCHLESINGER, Urkundenstudien S. 163.

Einleitung

3

Geschichtsschreibung, in denen Posen wie in U 130 als Magdeburger Suffraganbistum seit 968 in Anspruch genommen wird, ist später einzugehen10. Im urkundlichen Text 130 werden zwar auch Grafschaften für das Erzstift reklamiert", doch liegt offensichtlich der größere Nachdruck auf dem Posen-Thema und dem Papstschutz. Dieser würde, auf die Metropolitanrechte bezogen, den Magdeburger Anspruch auf das polnische Bistum sichern. Die Romverbundenheit Magdeburgs wird durch weitere, ebenfalls auf Johannes XIII. zurückgeführte Prärogativen ergänzt: Adalbert und seine Nachfolger seien allein von einem Papstlegaten zu inthronisieren, führen außer dem Pallium das Vortragekreuz und sollen zwölf Kardinalpriester und sieben Kardinaldiakone ordinieren, ein Vorrecht, das auch in den umstrittenen Privilegien Johannes' XIII. für Adalbert von 96812 und Benedikts VII. für Giselher von 981" begegnet. Das gleiche gilt von der Ranggleichheit ( a e q u a l i t a s ) des Magdeburger Metropoliten mit denen von Trier, Köln und Mainz. Ohne Vorgang ist das consortium des Magdeburger Erzbischofs mit den Kardinalbischöfen des römischen Stuhls. Paul Kehr14 hat UBEM 130 als Magdeburg er Fälschung einer Papsturkunde beurteilt, für die ältere Urkunden des Magdeburger Bestandes herangezogen worden seien, als deren jüngste das Palliumprivileg Benedikts VIII. von 1012 August 27 (oder 28) für Erzbischof Waithard 15 zu gelten habe. Eine erneute, gemeinsam mit Walter Schlesinger angestellte Untersuchung bestätigte die Auffassung Möllenbergs vom Charakter des Textes als eines Magdeburger Entwurfs , führte jedoch für das zwischen diesem und dem Palliumprivileg Walthards herrschende Verhältnis zu einer Umkehrung der von Kehr angenommenen Filiation. In den korrespondierenden Teilen erwies sich der Entwurf nicht als Ableitung, sondern als Vorlage. Walthards Privileg von 1012 entfällt daher als Terminus post quem für dessen Entstehung 17 . Im Entwurf 130 erscheint Bischof Hildeward von Halberstadt mit dem Prädikat venerabilis. In der Annahme, dies sei nur bei lebenden Personen üblich gewesen, hatte schon Paul Simson 996, Hildewards To10 Unten S. 2 1 8 f f . [zur Magdeburger Geschichtsschreibung. Die Zeugnisse Thietmars sind dort nicht erneut behandelt, vgl. dafür BEUMANN/SCHLESINGER, Urkundenstudien S. 205f. und 219]. 11 Dazu unten S. 198ff. 12 UBEM 63 = ZPUU+191. 13 UBEM 95 = Z P U U 270. 14 KEHR, Erzbistum Magdeburg S. 53ff. 15 UBEM 131 = Z P U U 472. 1 6 BEUMANN/SCHLESINGER, U r k u n d e n s t u d i e n S. 1 7 0 f . 1 7 BEUMANN/SCHLESINGER, a a O . S. 1 7 1 f f .

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Einleitung

desjahr, als untere Zeitgrenze geltend gemacht 18 . Dem Einwand von Kehr, es handele sich um eine bloße Entlehnung aus der Notitia über die Ravennater Synode von 967 und die 968 erreichte Einigung über die Magdeburger Diözesangrenze gegen Halberstadt", ist zwar widersprochen worden 20 , doch hat sich inzwischen gezeigt, daß venerabilis sehr wohl auch Verstorbenen als Prädikat beigelegt worden ist21. Die weiteren für eine Einordnung zu 995 angeführten Gründe, nämlich der mögliche Zusammenhang mit dem Schenkungsakt Mieszkos I. von ca. 990 und dem Diplom Ottos III. für Meißen von 995 2, dürften für sich allein genommen nicht ausreichen, da das polnische Thema in der Zeit Heinrichs II. aktuell geblieben ist. Der „Entwurf" bedarf also erneut einer eingehenden Untersuchung. Nachdem sich herausgestellt hatte, daß wir es bei Walthards Palliumprivileg von 1012 August 27 in seiner überlieferten Fassung 23 mit einer Fälschung zu tun haben, für die der Entwurf 130 benutzt worden ist, ohne daß dieser als Vorlage für ein Palliumprivileg konzipiert worden war, erschien es möglich, mit Hilfe des schon im Oktober des gleichen Jahres ausgestellten Palliumprivilegs Erzbischof Geros24 einen hypothetischen Text zu rekonstruieren, der als ursprünglicher Wortlaut von Walthards Privileg infrage kommt 25 . Der rekonstruierte Text erwies sich überwiegend als Kompilation aus den Formeln 45, 46 und 47 des Liber Diurnus, ergänzt um die Palliumtage und das Vortragekreuz, das nach U 95 bereits Giselher 981 gewährt worden war. Bei der Rekonstruktion von U *131, wie Walthards echtes Privileg hinfort bezeichnet werden soll, war übersehen worden, daß das eigentümliche Mischformular nach LD, die Kombination von Elementen der Palliumformulare 45, 46 und 47, wortgetreu im berühmten Mainzer „Krönungsprivileg" „ von 975, dem Palliumprivileg des Erzbischofs Willigis von Mainz, und nur dort nachzuweisen ist 2 '. Die Übereinstimmun-

18 Paul SLMSON, Zu den ältesten Magdeburger Geschichtsquellen, in: N A 19 (1894) S. 345ff. 19 UBEM 61; KEHR, Erzbistum Magdeburg S. 56. 2 0 BEUMANN/SCHLESINGER, U r k u n d e n s t u d i e n S. 1 7 1 f .

21 K.-U. JÄSCHKE, Studien zu Quellen und Geschichte des Osnabrücker Zehntstreites unter Heinrich IV., in: ArchDipl 9/10 (1963/64) S . 2 1 3 Anm. 537; ders., Bischofschronik S. 194 Anm. 950. 22 D O III. 186; BEUMANN/SCHLESINGER, Urkundenstudien S. 132ff. 23 UBEM 131 = Z P U U 472. 24 U B E M 133 = Z P U U 473. 2 5 BEUMANN/SCHLESINGER, U r k u n d e n s t u d i e n S. 1 9 3 f . 2 6 Z P U U 2 3 7 ; G P 4 S. 7 9 N r . 7 7 ; v . H A C K E S. 7 5 , 7 7 f f . ; SANTIFALLER, L i b e r

Diurnus S. 108 und 115; BEUMANN, Lotharingien S. 33 Anm. 107.

Einleitung

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gen gehen über das ohnehin singulare Mischformular nach dem LD noch hinaus und betreffen sogar mit geringen Abweichungen den Katalog der Palliumtage 7 . Der Sachverhalt ist in seinem vollen Umfang erst auf Grund der Rekonstruktion von U "'131 augenscheinlich geworden, die ihrerseits durch die textliche Ubereinstimmung mit Willigis 975 gestützt wird. Doch damit sind nicht alle Fragen geklärt, die durch das Ergebnis des Textvergleichs aufgeworfen werden. Unter welchen Umständen konnte das Mainzer Privileg von 975 unmittelbare Diktatvorlage des Magdeburger Gegenstücks von 1012 werden? Ist dies überhaupt die allein mögliche Filiation der beiden Texte, wenn man bedenkt, daß die Übereinstimmung mit einem jüngeren Text Zweifel an der Echtheit des angeblich älteren erwecken kann? Solche Zweifel am Mainzer „Krönungsprivileg" wären von erheblicher allgemeiner Tragweite, wie nicht näher ausgeführt werden muß, aber auch von beträchtlichen Konsequenzen für die spezielle, vieldiskutierte Frage nach der wechselseitigen Verträglichkeit der Primatsprivilegien von 968 für Magdeburg 28 , 969, 973 und 975 für Trier", 969 für Fulda30 und deren Verhältnis zur Mainzer „Präeminenz,, von 975. Vollends Mogens Rathsack, der in dieser Frage den jüngsten Forschungsstand repräsentiert, hat das Willigisprivileg zum Maßstab bei der Echtheitsprüfung der Primatsprivilegien des 10. Jahrhunderts und der Magdeburger Bestimmungen über die Gleichrangigkeit ( a e q u a l i t a s ) der Elbmetropole genommen und alle mit Mainz unverträglichen Texte verworfen 3 '. Nachdem bereits zuvor ein hinreichender Fälschungsverdacht gegenüber dem Magdeburger Primat von 968 begründet werden konnte32, wäre die angenommene Unvereinbarkeit der Trierer Privilegien behoben, wenn Mainz 975 als Ableitung von Magdeburg 1012 aus der Konkurrenz ausschiede. Nicht nur dieses Problem verdient eine eingehende Erörterung. Zur Diskussion steht der gerade im 10. Jahrhundert aktuelle Rangstreit der Reichsmetropoliten, in den es eingebettet ist. Seinem rheinischen Schauplatz" steht ein missionspolitischer gegenüber, im Südosten die Rivalität von Passau mit Salzburg, die in Pilgrims Fälschungen ihren Niederschlag 27 28 29 30

ZOTZS. 168ff. UBEM 63 = Z P U U +191. Z P U U + 1 9 5 . +222. +235. Z P U U 199.

31

RATHSACK 1 S. 2 7 6 u . ö .

32 BEUMANN, Lotharingien S. 32ff., 43, 46; ders., Laurentius und Mauritius S. 250; ZOTZ S. 165ff.; für die Echtheit ist neuerdings JAKOBS, Anmerkungen S. 39ff. eingetreten. 33 BOSHOF, Köln, Mainz, Trier.

6

Einleitung

gefunden hat, während jenseits von Elbe und Saale die Gründung des Erzbistums Magdeburg nicht nur Mainz berührte, sondern auch das Interesse von Hamburg, dem schließlich mit der Gründung des Bistums Oldenburg (wohl 972) entsprochen worden ist \ Die Spitzenstellung von Mainz zeigt sich auch darin, daß es als einzige der rheinischen Metropolen zunächst mit seinen Suffraganbistümern Brandenburg und Havelberg, dann mit Prag und Olmütz in Fragen der Slawenmission involviert war. Damit sind die Rahmenbedingungen für ein enges Beziehungsnetz skizziert, das eine isolierte Betrachtung auch der einschlägigen Privilegien nicht erlaubt. U m am Ende die auf den Akt von Gnesen im Jahre 1000 zu beziehenden Magdeburger Texte einordnen und beurteilen zu können, bedarf es auch in diplomatischer Hinsicht einer Berücksichtigung des weiteren reichskirchlichen Horizontes, insbesondere der für Rang und Funktion maßgebenden Privilegien der Reichsmetropoliten 35 . Die Kommunikation innerhalb dieses Kreises, ja darüberhinaus innerhalb des Reichsepiskopats und der sonstigen Reichsprälaten darf beileibe nicht unterschätzt werden. Bezeichnend sind Privilegierungen mit einer aequalitas zu genannten Kirchen, deren Privilegierung als bekannt vorausgesetzt wird. So sollte Erzbischof Adalbert von Magdeburg das Pallium „wie der Mainzer und der Trierer Erzbischof" gebrauchen . Alle den Rang bestimmenden Daten kamen allein schon bei der Sitzordnung von Synoden oder sonstigen Zusammenkünften zu öffentlicher Gel37

tung .

34 BEUMANN, Bistum Oldenburg. 35 Vgl. den Ansatz von ZOTZ. 36 U B E M 62 = Z P U U 190; vgl. auch Giselhers aequalitas mit Mainz, Trier und Köln, U B E M 95 = Z P U U 270. 37 Ich danke Herrn Kollegen Karl-Heinz Spieß, Greifswald, für das Manuskript seines instruktiven Vortrages über „Rangdenken und Rangstreit im Mittelalter".

1. D a s M a i n z e r K r ö n u n g s p r i v i l e g ( Z P U U 237) Mogens Rathsack hat jüngst darauf aufmerksam gemacht 38 , daß in den Editionen des Palliumprivilegs von 975, worin Willigis von Mainz zugleich das Recht verliehen worden ist, den König zu krönen, bisher vier W o r t e in den Apparat verwiesen worden sind, die, in der ältesten Handschrift der nur kopial überlieferten Urkunde nachträglich getilgt, in den T e x t gehören". D i e Krönungs- oder Präeminenzformel 4 0 hat demnach (unter Hervorhebung der Ergänzung) folgendermaßen zu lauten: servata dumtaxat privilegiorum tuorum integritate, quo in tota Germania et Gallia post summi culmen pontificii in omnibus ecclesiasticis negotiis, id est in rege consecrando et synodo habenda ceteris omnibus tarn archiepiscopis quam et episcopis apostolica auctoritate disponente ac firmiter iubente, sicut iustum et rectum esse videtur, premineas. Die Textergänzung verändert den Sinn des Ganzen. Sollte nach bisheriger Lesart Willigis mit apostolischer Autorität nächst dem Papst die „Präeminenz,, vor allen übrigen Erzbischöfen und Bischöfen in allen kirchlichen Geschäften, nämlich bei der Königsweihe und bei Synoden genießen, so erscheint er nunmehr als derjenige, der dabei „mit apostolischer Autorität anordnend und nachdrücklich befehlend" zu handeln befugt ist. Zu apostolica auctoritate disponente ac firmiter iubente (im Sinne von disponens ac... iubens) paßt das folgende sicut iustum et rectum esse videtur weit besser, als wenn man es auf premineas zu beziehen hätte. D i e ablativische Konstruktion kann nicht als Ablativus absolutus ver38

RATHSACK 1 S . 2 4 8 f . u n d 2 8 8 .

39 Die Worte disponente et firmiter iubente gehören zum ursprünglichen, sehr sauber und kalligraphisch ausgeführten Text des Kopialbuchs aus dem 13. Jahrhundert und sind von einem späteren Korrektor mit grober Feder gestrichen worden. In gleicher Manier hat offenbar dieselbe Hand ecclesiasticorum negotiorum zu ecclesiasticis negotiis verbessert. Die vier gestrichenen Worte fehlen nach freundlicher Auskunft des Staatsarchvis Würzburg in der gesamten sonstigen handschriftlichen Überlieferung. Im Apparat der Editionen sind die Lesarten osticium und osticii zu streichen, officium und officii (so richtig im Text) ist ebenso zu lesen wie z.B. efficaciter. 40 „Präeminenz (statt Primat) nach einem Vorschlag von EWIG, Tradition S. 178.

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standen werden, als ob die apostolische Autorität als Subjektbegriff die Präeminenz anordne und bekräftigend befehle. Denn apostolica auctoritate wird in Papsturkunden, soweit ich sehe, regelmäßig (wenn nicht ausnahmslos) als instrumentaler Ablativ gebraucht. D e r Papst verfügt, beschließt oder gewährt mit apostolischer Autorität (apostolica auctoritate), diese selbst begegnet nicht als handelndes Subjekt. So kann nur gemeint sein, Willigis solle in allen kirchlichen Angelegenheiten, bei der Königskrönung und bei der Abhaltung von Synoden, mit apostolischer Autorität anordnen und nachdrücklich befehlen, wie es gerecht und rechtens ist, und darin vor allen Erzbischöfen und Bischöfen den Vorrang genießen 41 . Im Vikariatsprivileg Agapits II. von 955 für Wilhelm von Mainz heißt es zur Korrektionsgewalt u.a. apostolica auctoritate ... corrigere et ad viam veritatis reducere non omittatis, ferner Synodum etiam vobis ... constituere, ubi placeat, concedimus partibus Germanie Gallieque...*2. Wie Willigis sollte bereits Wilhelm die ihm erteilten Vorrechte „mit apostolischer Autorität" ausüben. Rathsack dürfte somit das Richtige getroffen haben, wenn er die Tilgung der Partizipien im ältesten Uberlieferungsträger des Privilegs rückgängig macht und die Präeminenzformel als Umschreibung des Mainzer Vikariats deutet. Dies wird übrigens durch den im Februar 998 von Gregor V. an Willigis gerichteten Brief bestätigt, dessen Inscriptio mit den Worten vicario nostro dem Erzbischof die schon seinen Vorgängern Friedrich und Wilhelm unter Berufung auf Bonifatius verliehene Funktion und Vollmacht wie selbstverständlich zuerkennt, ferner durch die Selbstbezeichnung in der Unterschriftenliste der Akte des Frankfurter Konzils vom 1. N o v e m b e r 1007, w o Willigis vice Romanae aecclesiae den Vorsitz geführt hat43. Während die „Präeminenz", als Primat verstanden, in einem Palliumprivileg als irregulär erscheinen konnte, weil das Pallium nur ad personam, der Primat ad sedem galt 44 , erscheint der Vikariat in dieser Hinsicht kompatibel. Er ist schon vorher den Mainzer Erzbischöfen jeweils persönlich verliehen worden, freilich stets in besonderen Privilegien 45 , nicht als Nebenrecht des Palliumgebrauchs. Al41 Vgl. die Strafandrohung im Vikariatsprivileg Agapits II. für Wilhelm von Mainz, ZPUU 133: aeterno vinculo anathematis apostolica maiestate circumalligato, cuipotestas data est ligandi atque solvendi, mancipetur... 42 ZPUU 133. 43 ZPUU 341; M G H Const. 1 Nr. 29 S. 60. 44 THOMAS, Erzbischof Siegfried I. von Mainz S. 377. 45 Leo VII. für Erzbischof Friedrich, 937, ZPUU 79; Marinus II. für dens., Deperditum, 946, BZ 186; Agapit II. für Erzbischof Wilhelm, 955, ZPUU 133. Zu angeblichen dem Bonifatius erteilten Vikariatsprivilegien, auf die sich Erzbischof Friedrich berufen hatte, vgl. ZPUU 79 Anm. 4.

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lerdings ist das Palliumprivileg des Willigis das erste im Text erhaltene Mainzer Privileg dieser Art seit dem des Bonifatius . Ohne Vorgang ist die Nennung des Krönungsrechts, vollends als Nebenrechts der Palliumverleihung, also wie diese zunächst nur als Gunsterweis ad personam, nicht ad sedem47. Die Einschränkung konnte allenfalls durch die vorausgehende servata-Khusel (nach L D 46) unschädlich gemacht werden; denn als Neuverleihungen erscheinen die Präeminenzformel und ihre Einzelbestimmungen danach nicht, die Geltungsdauer bleibt unbestimmt. Weit eher als Pseudoisidors „Primat" kommt für die Präeminenzformel Leos I. Brief an Anastasius von Thessalonike 4 * als kanonische Grundlage in Betracht. Dort wird im Kap. 10 zur unanimitas und concordia sacerdotum über die hierarchische Rangordnung (discretio potestatis) ausgeführt: Quibus etsi dignitas communis non est, tarnen ordo generalis est, quoniam et inter beatissimos apostolos in similitudine honoris fuit quaedam discretio potestatis, et quum omnium par esset electio, um tarnen datum est, ut ceteris praeemineret. De qua forma episcoporum quoque est orta distinctio et magna ordinatione provisum est, ne omnes sibi omnia vindicarent, sed essent in singulis provinciis singuli, quorum inter fratres haberetur prima sententia: et rursum quidam in maioribus urbibus constituti sollicitudinem susciperent ampliorem, per quos ad unam patris sedem universalis ecclesiae cura conßueret et nihil usquam a suo capite dissideret". Schon hier ist anzumerken, daß dieser Text auch eine Grundlage für das Mainzer Erststimmrecht bei der Kur geboten haben kann. In Wipos Bericht über die Wahl Konrads II. zu Kamba (1024) 50 heißt es: Archiepiscopus Moguntinensis (sc. Aribo), cuius sententia ante alios accipienda fuit, ... laudavit et elegit maioris aetatis Chuononem .... Hanc sententiam cae46 Gregor III. für Bonifatius, J E 2239; GP 4 S. 13 Nr. 24; Bonifatius, Briefe S. 49ff. Nr. 28. Weitere Palliumverleihungen sind in Mainz vor Willigis nur als Deperdita nachgewiesen (GP 4 S. 64 Nr. 31; S. 70 Nr. 48). 47 Dies betont STUTZ, Erzbischof von Mainz S. 23. 48 J K 411; MLGNE P L 67 Sp. 2 9 3 C - D ; Collectio Hispana, MLGNE P L 84 Sp. 771; daraus in die Sammlung Pseudoisidors aufgenommen, HLNSCHIUS S. 618ff.; Friedrich MAASSEN, Geschichte der Quellen und der Literatur des canonischen Rechts im Abendlande 1. Die Rechtssammlungen bis zur Mitte des 9. Jahrhunderts (1870, Neudr. 1956) S. 259; Hubert MORDEK, Kirchenrecht und Reform im Frankenreich (Beiträge zur Geschichte und Quellenkunde des Mittelalters, hg. v. H. Fuhrmann, 1, 1975) S. 516. 49 Zitiert nach HINSCHIUS S. 620B. Für diesen Hinweis habe ich Ernst-Dieter Hehl zu danken. 50 Wipo, Gesta Chuonradi, hg. von Harry BRESSLAU ( M G H SS rer. Germ., 3 1915) c . 2 S . 18, 36ff.

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teri archiepiscopi et reliqui sacrorum ordinum viri indubitanter sequebantur. Ein kirchliches Vorbild für Kur und Erststimmrecht {prima vox), nämlich das der Bischofswahl, hat bereits Ulrich Reuling vermutet . Aribo (1021-31) hat ein (verlorenes) Palliumprivileg erhalten, doch ist ihm der Gebrauch des Palliums von Benedikt VIII. wegen des Dissenses anläßlich des Hammersteiner Ehehandels in der Frage der Appellationen an den Papst Ende 1023 untersagt worden, während gleichzeitig Pilgrim von Köln begünstigt wurde, auch durch ein Palliumprivileg mit zusätzlichen Rechten52. Für die Kombination von Pallium und Krönungsrecht gibt es im 10. Jahrhundert nur eine einzige Parallele, nämlich das Privileg Silvesters II. von 999 für Erzbischof Arnulf von Reims". Diesem wird zum Ende des Reimser Schismas die Wiederausübung seines Amtes und damit zugleich der Gebrauch des Palliums und die Weihe der Könige erlaubt. Um ein Palliumprivileg handelt es sich also nicht. Arnulf hatte das Pallium bereits 990 von Johannes XV. erhalten54. Für die vorgeschlagene Deutung der Präeminenzformel als der Umschreibung einer Bestätigung des Vikariats spricht schließlich das Privileg Johannes' X I X . für Erzbischof Bardo von Mainz vom Januar 103255. Wie bei Willigis, dessen Privileg als Vorurkunde angesehen wird56, handelt es sich primär um eine Palliumverleihung, die allerdings nicht nach dem „Mischformular" der Vorurkunde, sondern unter alleiniger, ausgiebiger und unabhängiger Heranziehung von LD 45 stilisiert worden ist. Auch hier erscheinen Nebenrechte, nämlich Vortragekreuz und Reitornat, beides an Mainz erstmals verliehen, sodann ein reduzierter, nämlich auf die Kirchenprovinz und auf Fälle besonderer Eilbedürftigkeit eingeschränkter Vikariat57:

51 REULING S. 53ff. mit weiteren Belegen. 52 B Z 1266. 1267; G P 4 S. 87 N r . * 1 0 3 ; S. REICKE, Der Hammersteiner Ehe-

handel im Lichte der mittelalterlichen Herrschaftsordnung, in: RhVjbll. 38 (1974) S. 221; BOSHOF, Köln, Mainz, Trier S. 36f. 53 ZPUU 366, vom Editor trotz früherer Anfechtungen als echt angesehen, vgl. die Vorbem. In den Palliumprivilegien für Canterbury (960) und Aquileja (963), ZPUU 149. 161, sind die einschlägigen Passagen interpoliert. Vgl. LA P L A N T E , S. 3 4 .

54 55 56 57

BZ 684. Ein Privileg ist nicht überliefert. Z P U U 595. AaO. Vorbemerkung; GP 4 S. 89 Nr. 110. Wörtlich wiederholt im Palliumprivileg Leos IX. für Liutpold von 1052 Oktober 18, J L 4281; GP 4 S. 90 Nr. 114; Mainzer U B 1, 293 S. 183ff. Dazu BOSHOF, Köln, Mainz, Trier S. 43.

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Crucern ante vos portandam fraternitati vestre concedimus et in stationibus festivis super equum equitandi licentiam damus. Et si quid in ecclesia vestra vel suffraganeorum vestrorum acciderit, quod iudicium apostolicum vel apostolici legati presentiam competenter expetat et tanta necessitas vos urget, expectore nulla ratione valeatis, nostra vice terminare vos apostólica auctoritate iudicamus, servata tarnen in hac et in suprascriptis ea mensura, qua antecessores vestros usos esse per privilegia sanctissimorum antecessorum nostrorum cognoveritis. Hier werden nicht nur die Worte apostolica auctoritate disponente ac firmiter iubente der Präeminenzformel sinngemäß wiedergegeben, sondern auch, wenngleich nicht vorangestellt, sondern angeschlossen, in sinngleicher Variante die Klausel servata ... mensura (statt servata ... integritate). Sie weist auch deshalb auf Willigis 975 hin, weil allein hier ein Element des Mischformulars (aus L D 46) durchscheint, nach dessen Funktion zu fragen war. Mit Recht ist servata bei Bardo 1032 nicht für eine Benutzung des L D in Anspruch genommen worden, allerdings auch nicht als die Entlehnung aus Willigis 975**, um die es sich handeln dürfte, zumal da die W e n d u n g in Verbindung mit dem Vikariat erscheint, der hier wie dort in einem Palliumprivileg bestätigt wird. Die Liste der Palliumtage weicht jedoch in der Reihenfolge und der stilistischen Fassung erheblich ab. Die Palliumtage sind vermehrt worden 5 ', doch fehlen Laurentius und Mauritius, die bei Willigis unter denjenigen an vorderster Stelle genannt worden waren, deren Festtage auf Bitten Kaiser Ottos hinzugefügt worden seien. Die spezifisch ottonischen Heiligen haben nach einem letzten H ö h e p u n k t unter Heinrich II. in nachottonischer Zeit an Interesse eingebüßt. Laurentius fehlt auch bei den Magdeburger Palliumtagen seit Waithard 1012. Bestätigt die Nachurkunde von 1032, daß die Präeminenzformel von 975 auf den Vikariat zu beziehen ist, so ist auch deren ergänzte Fassung damit nicht ausgeschöpft. Die im Rahmen des Mischformulars eigens aus L D 46 genommene servata-YLlzusel läßt den Vikariat zutreffend als einen Bestandteil der Mainzer Privilegien erscheinen, deren integritas gewahrt bleiben soll. Dabei wird das Krönungsrecht neben der Leitung von Reichssynoden als Element der ecclesiastica negotia aufgeführt, bei deren Wahrnehmung Willigis als päpstlicher Vikar in Germanien und Gallien, wie seine Vorgänger, nächst dem Papst den Vorrang gegenüber allen Erzbischöfen und Bischöfen genießen soll. Gewiß konnte die Königsweihe und -krönung als ecclesiaticum negotium gelten, aber doch si58 In Z P U U 595 nicht durch Petit-Druck gekennzeichnet, der f ü r Entlehnungen aus V U U und L D gebraucht wird. 59 ZOTZS. 172f.

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cherlich nicht ohne weiteres, wie allenfalls die Leitung von Reichssynoden, als ein Reservat des apostolischen Vikars, als eine vom Papst nur delegierte Funktion60. Hier vermochte nur ein Kunstgriff zu helfen, der Umweg über die „Präeminenz,,, den aus dem Vikariat abgeleiteten Vorrang im Reichsepiskopat. Die Bestätigung des Vikariats, der den Vorgängern Friedrich 937 von Leo VII. und 946 von Marinus II. (Deperditum)", Wilhelm von Agapit II. 955 verliehen worden war, ist gewiß der sachlich unanfechtbare Kern der Präeminenzformel, auf den auch die Fortgeltung der in der servata-Formel erwähnten Privilegien bezogen werden kann. Der Vikariat war allerdings nicht nur, wie das Pallium, jeweils allein der Person, nicht der Sedes verliehen worden, er ist auch, wie das Deperditum des Marinus zeigt, beim Papstwechsel erneuert worden, während bei Willigis von der Fortgeltung seiner (tuorum) Privilegien die Rede ist. Der Vikariat bezog sich bei Friedrich allein auf die Korrektionsgewalt, bei Wilhelm außerdem auf die Abhaltung von Synoden. Beide Befugnisse erhält auch Willigis, wenn die Worte apostolica auctoritate disponente ac firmiter iubente auch auf die Korrektionsgewalt zu beziehen sind. Das Krönungsrecht entbehrt dagegen eines entsprechenden Rückhaltes. Gestützt wird es auf die extensive Auslegung der ecclesiastica negotia und auf die Präeminenz, die Spitzenstellung im Reichsepiskopat. Offensichtlich zielt die kunstvolle Fassung der Formel auf diesen Punkt, und die geschickte Kontamination der drei Formeln des LD erlaubte es, die Neuerung als eine bloße Konsequenz einer gegebenen Privilegienlage erscheinen zu lassen. Aber sollte vielleicht die integritas privilegiorum nicht allein auf Urkunden bezogen werden, sondern auf die Gewohnheit, einen historisch gewachsenen Anspruch? In seinem Widmungsbrief zu „De synodalibus causis" war Hatto I. von Mainz von Regino von Prüm totius Germatiiae primas genannt worden und war im Jahre 900 bei der Königserhebung Ludwigs des Kindes als „Königsmacher" hervorgetreten''4. Er dürfte

60 „An die Stelle des eigenen trat jetzt das abgeleitete R e c h t " . STUTZ, Erzbischof von Mainz S. 23. 61 Z P U U 79 und B Z 186; G P 4 S. 73 N r . 58 und * 5 9 ; [siehe hierzu unten S. 49ff.]. 62 Z P U U 133; G P 4 S. 75 N r . 65. 63 H g . v. F . KURZE in seiner Ausgabe von Reginos Chronik S. X I X . 64 Ausdrücklich bezeugt wird Hattos Mitwirkung in seinem Brief an einen ungenannten Papst, G P 4 S. 71 N r . 54; JAKOBS, Anmerkungen S. 35ff.; BEUMANN, Die Einheit des ostfränkischen Reichs und der Kaisergedanke bei der Königserhebung Ludwigs des Kindes, in: ArchDipl 2 3 ( 1 9 7 7 ) S. 1 4 2 - 1 6 3 , Neudr. in: Ders., Ausgewählte Aufsätze S. 4 4 - 6 5 ; neue Zweifel an der E c h t heit begründet BOSHOF, Das Schreiben bayerischer Bischöfe an einen Papst

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auch 911 in Forchheim, bei der Erhebung Konrads I., dessen Königsweihe bezeugt ist65, eine maßgebende Rolle, vermutlich auch als Coronator, gespielt haben. Sein Nachfolger Heriger hat 919 in Fritzlar nach Widukinds Bericht dem dort erhobenen Heinrich I. die Krönung angeboten, hier auf dem Boden seiner Erzdiözese. Forchheim lag innerhalb der Mainzer Kirchenprovinz. Anders in Aachen, wo 936 der Trierer Ruotbert das apostolische Alter seiner Kirche, Wichfried von Köln seine lokale Zuständigkeit als Metropolit geltend machten. Zwar ist Hildebert von Mainz bei der Krönung Ottos des Großen die Hauptrolle zugefallen, doch mußte er eine Mitwirkung des Kölners zulassen, Wilhelm von Mainz 961 bei der Krönung Ottos II. obendrein auch die des Trierers Heinrich". Bei der Aachener Krönung Ottos III. haben 983 Erzbischof Johannes von Ravenna und Willigis von Mainz zusammengewirkt' 7 . N u r diese werden genannt. Beim Thronstreit nach dem Tod Ottos III. war es Willigis, der dem Liudolfinger Heinrich II. die rettende Hand reichte und ihn in seiner Kathedrale krönte. Aachen, inzwischen der „rechte" Krönungsort, war versperrt, denn dort war der Thronrivale Hermann von Schwaben unter der Führung Heriberts von Köln anerkannt worden. Johannes Fried hat Widukinds Erzählung von dem Auftritt Herigers von Mainz bei der Königserhebung Heinrichs I. zu Fritzlar, sein Salbungsangebot und dessen höfliche Zurückweisung unter den Voraussetzungen „oraler Uberlieferung" und retrospektiver Projektion aus der Perspektive des Autors zu deuten gesucht . „Der Erzbischof, nicht der König war demnach der „Geschädigte"; jenem wurden Schranken gewiesen, nicht diesem. Zu einer programmatischen Geste war gestaltet, was es zur Zeit der Niederschrift zu erklären galt: daß König Heinrich kein exklusives Salbungsrecht des Mainzer Erzbischofs begründet hat-

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Johannes eine Fälschung Pilgrims? in: Papstgeschichte und Landesgeschichte. Festschr. Hermann Jakobs zum 65. Geburtstag ( 1 9 9 5 ) S. 3 7 - 6 7 . Die K ö nigserhebung zu Forchheim mit Krönung bezeugt Regino von Prüm, C h r o nik zu 9 0 0 S. 147f. BRÜHLS.404. Ruotger, Vita Brunonis c. 41 S. 4 3 : . . . unxeruntque Ottonem ...Bruno archiepiscopus, Wilhelmus et Heinricus ceterique sacerdotes Domini regem in Aquisgrani palatii. Die Nennung Bruns an erster Stelle kann als Reverenz des Biographen gewertet werden. Dazu BEUMANN, Die Ottonen ( 4 1 9 9 5 ) S. 122f. Widukind I 2 6 S. 39; Johannes FRIED, Die Kunst der Aktualisierung in der oralen Gesellschaft. Die Königserhebung Heinrichs I. als Exempel, in: G W U 4 4 (1993) S. 499f.; [die folgenden beiden Absätze über „Widukind und das Mainzer Krönungsrecht" lagen im Entwurf unter diesem Titel als vereinzeltes Textelement vor.]

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te." Für Widukind war allerdings bereits Herigers Vorgänger Hatto, über den er finstere Intrigen zu berichten weiß", nicht anders als Heriger in Fritzlar summus pontifex. Ebenso und auch pontifex maximus wird 936 bei Ottos des Großen Aachener Krönung Hildebert bezeichnet, von dem es weiter heißt, er habe summi pontificatus Mogontiacae sedis fastigium verdient 70 , sowie die Nachfolger Friedrich und Wilhelm, aber auch Brun von Köln, quem, summi pontificis ac ducis magni officium vidimus gerentem \ Vom Trierer ist nur als Treverensis die Rede", von Hamburg nur als urbs, wohin der summus pontifex Friedrich von Mainz verbannt wird". Salzburg bleibt ganz unerwähnt. An der Spitze des Reichsepiskopats stehen demnach die Mainzer Metropoliten und von den Kölnern nur Brun, nicht schon Wichfried, der immerhin O t t o den Großen gemeinsam mit Hildebert gesalbt und gekrönt hat74. Das Recht dazu hat Widukind mit seiner Schilderung der Fritzlarer Szene kaum absprechen wollen, doch konnte er, der mindestens über Quedlinburg mit Wilhelm in Verbindung gestanden haben dürfte, von den Mainzer Krönungsordines und Wilhelms erschließbarem Krönungsprivileg gewußt haben. Der Erzkapellanat, den Wilhelm sich mit Brun bis zu dessen Tod (965) noch hatte teilen müssen, hatte beide Metropoliten herausgehoben, danach war alles zugunsten von Mainz entschieden, seit 962 bereits die Frage des Krönungsrechts als eines Vorrechts des Papstvikars im Rahmen der negotia ecclesiastica. An die Begründung eines solchen Krönungsrechts durch einen König war danach nicht zu denken. Es galt in Mainz als ein genuines Vorrecht auf Grund der Bonifatius-Tradition. Die Rivalität von Mainz und Köln bei der Königskrönung war Teil eines allgemeineren Ringens um die Spitzenstellung im Reichsepiskopat75. Diese hat Willigis von Mainz als Erzkapellan und als Erzkanzler für Deutschland, bald auch als Erzkanzler für Italien sowie, nach seinem Privileg von 975, als päpstlicher Vikar für Deutschland und Inhaber des Krönungsrechts noch innegehabt. Seinen Nachfolgern ist der Vikariat für Germanien und Gallien versagt geblieben7'1. Zwar wurde Mainz 1024 nochmals, für Konrad II., zum Krönungsort, doch hat Aribos Weige69 70 71 72 73 74

Widukind I 21 S. 80ff. II 1 S. 64,7 und 65,15ff.; vgl. auch II 25 S. 78,13. I 31 S. 43f.; magnus pontifex III 59 S. 136,11. II 1 S. 65,24. II 25 S. 87,13ff. II 1 S. 66,19: Salbung und Krönung Ottos I. ab ipsis pontificibus Hildeberhto et Wichfrido. Nach Thietmar II 1 S. 38 auch cum...auxilio Treverensis. 75 BOSHOF, Köln, Mainz, Trier. 76 THOMAS, Erzbischof Siegfried I. von Mainz S. 381.

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rung, auch die Königin zu krönen, dem Kölner Rivalen Pilgrim, der in die Bresche sprang, unbeabsichtigten Vorteil gebracht. Das Krönungsrecht ist 1028, bei der Krönung Heinrichs III., an Pilgrim als den für den Krönungsort Aachen zuständigen Metropoliten übergegangen und bei Köln verblieben. Vollends der Hammersteiner Ehehandel, bei dem Aribo vom Papst desavouiert wurde und den Entzug des Palliums hinnehmen mußte", hat die Stellung von Mainz erschüttert. Den Erzkapellanat, das vornehmste Hofamt, hat Heinrich III. abgeschafft und dem Mainzer nur die Würde des Erzkanzlers belassen . Erzkanzler von Italien wurde Pilgrim 1031, nachdem er bereits seit 1024 das Ehrenamt des päpstlichen Bibliothekars innehatte. Einen Höhepunkt bildete 1052 das Privileg Leos IX. für Hermann von Köln 7 ', das diesem die Würde des päpstlichen Erzkanzlers, die Exemtion vom Trierer Primat in der eigenen Kirchenprovinz, Vortragekreuz und Reitornat, Kardinalkleriker für die Kathedrale und das Krönungsrecht innerhalb seiner Provinz verbriefte. Widerstrebend mußte Liutpold von Mainz 1054 in die Krönung Heinrichs IV. zu Aachen durch Hermann II. von Köln einwilligen* 0 . Mainz hat den Kampf um das Krönungsrecht nicht aufgegeben. U m 1060/62 vertrat unter Erzbischof Siegfried der Magister Gozwin in seiner Passio s. Albani Primat und Vikariat der Mainzer Kirche. Er führte beides auf Papstprivilegien des Bonifatius zurück, der in dieser Funktion Pippin gesalbt habe", so daß zugleich das Krönungsrecht reklamiert wurde. In Mainz konnte an die Präeminenzformel des Willigis-Privilegs von 975 besonders dann angeknüpft werden, wenn es bereits damals in einer Fassung vorlag, in der die den Vikariat betreffenden Worte disponente ac firmiter iubente getilgt waren*2. Denn nach diesem Eingriff 77 G P 4 S . 87 Nr. +103 78 FLECKENSTEIN, Hofkapelle 2 S. 239ff. 79 WOLTER, Privileg Leos IX. S. lOlff. (mit Edition S. 113ff.); THOMAS, Erzbischof Siegfried I. von Mainz S. 382ff.; BOSHOF, Köln, Mainz, Trier S. 41ff. G P 7 Provincia Coloniensis Teil 1 Archidiocesis Coloniensis, bearb. von Theodor Schieffer (1986) S. 57 Nr. 147. 80 Lampert von Hersfeld, Annalen S. 66; THOMAS, Erzbischof Siegfried I. von Mainz S. 371f.; BOSHOF, Köln, Mainz, Trier S. 42f.; WOLTER, Privileg Leos IX. S. 142f.; Johann Friedrich BÖHMER, Regesta imperii 3, 1 Die Regesten des Kaiserreichs unter Heinrich IV. 1056 (1052)—1106, 1. Lieferung bearb. von Tilmann STRUVE (1984) 18. 81 THOMAS, Studien S. 41 ff.; ders., Erzbischof Siegfried I. von Mainz S. 385ff.; BOSHOF, Köln, Mainz, Trier S. 43f. 82 Eine solche Fassung ist als Vorlage des Korrektors der ältesten Handschrift zu postulieren. [Die folgenden Sätze bis zum Abschnittsende waren Schluß eines isolierten Abschnitts über Gozwin und die Trierer Historiographie; hierzu auch unten S. lOOf.

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mußte apostolica auctoritate unmittelbar mit dem Verbum finitum premineas verbunden werden, so daß die Präeminenz das Hauptgewicht erhielt. Schwerlich dürfte hinter dem Texteingriff eine andere Absicht gestanden haben, als gerade diese Deutung nahezulegen, so daß er gut in die Zeit Siegfrieds I. paßt. Denn damals scheint ein Mainzer Primat zum ersten Mal - von Gozwin - postuliert worden zu sein . Ein Mainzer Synodalprotokoll von 1071, das wohl nur für den internen Gebrauch bestimmt gewesen ist, knüpft in der Eingangsdatierung daran an und nennt Siegfried Primas der Mainzer Kirche und apostolischen Legaten, der er nicht war, die Mainzer Kirche metropolim orientalis Franciae, principalem vero pontificii sedem tocius Germaniae et Galliae Cisalpinae \ Von all dem findet sich in dem offiziellen Bericht Siegfrieds an Papst Alexander II. immerhin noch seine Selbstbezeichnung als specialis filius et ex antiqua traditione apostolicae sedis legatus. Mit der „alten Tradition" sind offensichtlich die Vikariatsprivilegien des 10. Jahrhunderts gemeint*5. So jedenfalls dürfte es Bonizo von Sutri verstanden haben, der Siegfried von Mainz mit den Worten zitiert, mit denen dieser das Ansinnen päpstlicher Legaten, ein deutsches Nationalkonzil zu berufen, drei Jahre nach der Mainzer Synode zurückgewiesen haben soll: ... ex antiquis privilegiis Maguntino concessum esse episcopo in Germanie partibus vicem habere Romani pontificis Lampert von Hersfeld berichtet über die Krönung Heinrichs IV. durch den Kölner 1054, darin habe Liutpold von Mainz nur widerwillig eingewilligt, ad quem propter primatum Moguntinae sedis consecratio regis et caetera negociorum regni dispositio potissimum pertinebat". Mit der Kombination von consecratio und negotia klingt Lamperts Formulierung deutlich an die Präeminenzformel von 975 an, wenn auch der Vikariat begreiflicherweise fehlt und demzufolge aus den ecclesiastica negotia solche des Reichs geworden sind. Selbst dispositio kann als ein Echo von disponente ac firmiter iubente aufgefaßt werden. Heinz Thomas hat einleuchtend dargelegt, daß Lampert hier bereits die von Siegfried geleitete Forchheimer Wahl Rudolfs von Rheinfelden im Jahre 1077 im Auge gehabt haben dürfte8*. Denn zu 1073 heißt es bei ihm vom Mainzer Erzbischof: cui potissimum propter primatum Moguntinae sedis eligendi et consecrandi regis auctori83 THOMAS, Erzbischof Siegfried I. von Mainz S. 394. 84 A a O . S. 388ff; G P 4 S. 99 Nr. 148. Udalrici Babenbergensis Codex, Monumenta Bambergensia, hg. von Philipp JAFFÉ (Bibliotheca rerum Germanicarum 5,1869) N r . 37 (E 123) S. 70. 8 5 JAFFÉ a a O . N r . 3 8 ( E 1 2 4 ) S . 8 1 ; THOMAS, a a O . S . 3 9 0 f . ; G P 4 S . 9 9 N r . 1 4 9 .

86 M G H Ldl 1 S. 602, 5; THOMAS, Erzbischof Siegfried I. von Mainz S. 391. 87 Lampert, Annalen zu 1054 S. 66; THOMAS aaO. S. 392ff. 88 Thomas, aaO. S. 393ff.; zur Forchheimer Wahl: REULING S. 104ff.

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tas deferebatur™. Wie Ulrich Reuling näher begründet hat, zielt die eligendi auctoritas auf das Mainzer Erststimmrecht bei der Kur, das Aribo 1024 bei der Wahl Konrads II. zum ersten Mal geübt hatte". Dieses Wahlvorrecht wird z u m ersten Mal in der Uberlieferung bei Lampert aus dem Primat abgeleitet, und zwar offensichtlich in Anknüpfung an die caetera negotiorum regni dispositio, die bei ihm zu 1054 mit dem Primat verbunden erscheint". In Forchheim hat sich Siegfried 1077 am Ziel aller dieser Wünsche gesehen. Erreicht hat er dies nach seinem Wechsel in das Lager der Gegner Heinrichs IV. Für diesen Schritt hat es gewiß mehrere Motive gegeben, doch könnte die Rückgewinnung der Spitzenstellung im Reich dazugehört haben' 2 . D i e Mainzer Präeminenzformel mußte, als Rechtsgrundlage des Krönungsrechts, lange Zeit nach dem Verlust des Vikariats, einer Deutung zugänglich gemacht werden, die dem Primat, also einer nicht vom Papst verliehenen, vielmehr der Sedes anhaftenden Qualität, entsprach. Daß die Streichung der Worte disponente ac firmiter iubente den Sinn in dieser Richtung verändern konnte, zeigt die moderne Forschung, insoweit sie selbst durch die Verkürzung in eben diese Richtung gelenkt worden ist. Wenn die Ableitung des Mainzer Krönungsrechts aus dem Primat erst unter Siegfried zu belegen ist, so ergibt sich die Frage nach der Stellung des Willigis-Privilegs in dem geschilderten historischen Rahmen. Die Benutzung im Privileg Bardos von 1032 bedeutet einen Terminus ante quem für die Verknüpfung der servata-Formel aus L D 46 mit dem Vikariat, verbürgt aber nicht den überlieferten Text der Präeminenzformel, der auch ohne die Worte id est in rege consecrando et synodo habenda, als bloße Bestätigung des Vikariats, bestehen könnte. Seine isolierte Stellung in der Mainzer Überlieferung kann das Willigis-Privileg ohnehin bedenklich erscheinen lassen, falls sie sich nicht aus einer besonderen Situation erklären läßt, und die bis in die Einzelheiten gehenden Übereinstimmungen mit dem Magdeburger Walthard-Privileg von 1012 vermag es obendrein zu belasten. Die kuriale Provenienz des Formulars ist freilich nicht zu bezweifeln, doch gibt eine stilistische Eigentümlichkeit auf den ersten Blick zu denken. Man vergleiche:

89 L a m p e r t , A n n a l e n S. 168f.; THOMAS, E r z b i s c h o f Siegfried I. von S. 394f.; R e u l i n g S. 117ff. 90 A a O . S. 118f. 91 L a m p e r t , A n n a l e n S. 66; REULING S. 121. 92 S o THOMAS, E r z b i s c h o f Siegfried I. v o n M a i n z S. 3 9 6 f f .

Mainz

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Das Mainzer Krönungsprivileg LD 45: Sancta trinitas fraternitatem uestram gratiae suae protectione circumdet atque ita in timoris sui uia nos dirigat, ut post uitae huius amaritudines ad aeternam simul peruemre dulcedinem mereamur. Adalbert 968 (UBEM 62): Sancta trinitas fraternitatem vestram gratie protectione circumdet atque ita in timoris sui via nos dirigat, ut post huius amaritudinem ad eternam simul pervenire mereamur dulcedinem. Willigis 975 (ZPUU 237): Sancta trinitas fraternitatem protectione circumdet et ita in timoris sui via nos pariter vite tristiciam ad eternam simul perducat letitiam.

sue vite

vestram gratie sue dirigat, utpost huius

Waithard 1012 (UBEM 131+): Sancta trinitas fraternitatem tuam custodiat et ita in timoris sui via nos pariter dirigat, ut post huius vite tristiciam ad eternam perducat simul leticiam. Gero 1012 (UBEM 133): Sancta trinitas fraternitatem tuam gratie sue protectione circumdet et ita in timoris sui via nos pariter dirigat, ut post huius vite tristiciam ad eternam simul perducat leticiam. Bei Adalbert 968 wird gegenüber L D 45 bei sonst nahezu wörtlicher Ubereinstimmung allein durch Umstellung der beiden letzten Worte der Reim amaritudinem - dulcedinem hergestellt, und z w a r unter Opferung der Klausel (cursus velox) dulcedinem mereamur, also mit voller A b sicht. Anstelle dieser Reimwörter bieten Willigis 975, Waithard 1012 und Gero 1012 tristiciam - letitiam und fügen, auch darin übereinstimmend, pariter ein. Während Gero 1012 die Fassung von Willigis 975 unverändert übernommen hat, wurde bei Waithard 1012 gratie sue protectione circumdet durch custodiat ersetzt . Eine Durchsicht der Papsturkunden-Edition Zimmermanns (896-1046) hat keinen weiteren Beleg für diese kürzere Fassung der Segensformel ergeben. Schwerlich dürfte der Fälscher von seiner echten Vorlage ( U '""131) darin ohne Not abgewichen sein, zumal da in Magdeburg mit Adalbert 968 eine authentische Fassung vorlag. Eher wäre die „Unregelmäßigkeit" der Papstkanzlei zuzutrauen. Im Palliumprivileg Benedikts VIII. für Poppo von Trier von 1016", das allerdings nur geringe Spuren einer Anlehnung an L D 45 erkennen läßt, lautet der Segenswunsch immerhin: Omnipotens

93 In der Rekonstruktion von UBEM =": 131 (BEUMANN/SCHLESINGER, Urkundenstudien S. 194) ist hier gegen den Text der Fälschung 131 die mit LD 45 übereinstimmende Fassung von Gero 1012 zugrundegelegt worden, damals noch ohne Berücksichtigung der Ubereinstimmung des Formulars mit Willigis 975. 94 ZPUU 500.

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Dominus fraternitatem tuam, dilectissime frater, hic et in futuro custodiat. So dürfte im Falle Geros noch im gleichen Jahr für dessen Palliumprivileg an dieser Stelle der Wortlaut von L D 45 gegen die Vorurkunde U *131 wiederhergestellt worden sein, die als solche nicht nur an dem auch hier benutzten Mischformular einwandfrei zu erkennen ist, sondern auch an der Inscriptio und, sogar in der Segensformel selbst, an der Rezeption des Reimpaares tristiciam - leticiam. Einfacher ließe sich diese Sequenz von Varianten mit der Annahme erklären, die Privilegien für Waithard und Gero seien in Rom unabhängig voneinander auf der Grundlage von Willigis 975 stilisiert worden. Doch von dieser Erklärung wird das schon 968 in Adalberts Magdeburger Privileg erscheinende Reimpaar nicht erfaßt. Dort fehlt allerdings noch das bei Willigis, Waithard und Gero in die Segensformel eingefügte und diese drei Texte enger verbindende pariter, das bei der Durchsicht anderwärts nirgends anzutreffen war. Der Prosareim ist das auffälligste Phänomen. Der Segenswunsch des in den Palliumprivilegien bei weitem am häufigsten gebrauchten Formulars LD 45 wird in der Regel wortgetreu oder mit unerheblichen Varianten übernommen' 5 . Vereinzelt wird am Schluß der Cursus velox durch die Wortfolge dulcedinem pervenire mereamur mißachtet". Der Reim amaritudinem - beatitudinem scheint außer bei der hier behandelten Gruppe nur in den Privilegien Johannes' XV. von 989 und Benedikts IX. von 1044 für Hamburg vorzukommen. Die Echtheit des einen ist umstritten, das andere gilt als Fälschung des 12. Jahrhunderts' 7 . Darauf ist in anderem Zusammenhang zurückzukommen . Prosareim bei deutlicher Formularverwandtschaft ist aber auch in den Inskriptionen anzutreffen. Willigis 975: ...dilectissimo nobis in Christo fratri debitaque cum dilectione nominando Wilgiso, venerabili ac dignissimo sancte Maguntine sedis archiepiscopo apostolicam salutem. Waithard 1012: ...dilectissimo nobis fratri debitaque cum dilectione nominando Waltardo, qui et Dodico, sancte Magdeburgensis ecclesie arcbiepiscopo, dilectissimam salutem et apostolicam benedictionem.

95 ZPUU 145 Trier 957; 149 Canterbury 960; 207 Vieh 971; 283 Benevent 983; 547 Magdeburg 1024; 595 Mainz 1032; 606 Besançon. 96 ZPUU 32 Hamburg 911; 153 Trier 962; 161 Aquileja 963; 566 Salzburg 1026; 34 Vercelli 912: amaritudines....perveniamus dulcedinem. 97 ZPUU 301. +617. Vgl. die Vorbemerkungen. 98 Unten S. 37 und 114.

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Gero 1012: ...dilectissimo nobis in Christo fratri debitaque cum dilectione nominando Geroni, venerabili ac dignissimo sancte Magdaburgensis ecclesie archiepiscopo, dilectissimam salutem et apostolicam benedictionem. Mit den Sequenzen der Reimworte dilectissimo - nominando - dignissimo (fehlt bei Waithard) - archiepiscopo ist es nicht einmal getan. Hinzukommen Formen des Wortbeharrungsstils" in Verbindung mit Alliteration: dilectissimo - debitaque - dilectione - dignissimo (Willigis) — dilectissimam (Waithard, Gero). Ein Diplom Ottos I. ausgerechnet für die Hamburger Kirche wird von Karl Polheim wegen seiner konsequent durchgereimten Arenga eigens hervorgehoben100. Auch sonst ist der Prosareim den ottonischen Diplomen nicht fremd, und wenn er auch überwiegend einsilbig bleibt, so ergeben sich hin und wieder wie von selbst auch zweisilbige Reimformen101. Im DO III. von 997 Oktober 27, verfaßt und geschrieben von Heribert B, heißt es in der Arenga: Quanto imperiali dignitate cunctis videmur gradibus preeminere (!), ...pollere ...elaborare ... accipere ...102. In literarischen Texten war der Prosareim im ottonischen Sachsen seit Hrotsvit in Übung'03, eine Hochburg bildete die Magdeburger Domschule104. „In strenger Reimprosa"' 05 verfaßte deren Zögling Brun von Querfurt 1004 seine Vita Adalberti '. Der, wie noch gezeigt werden soll, um 1000 entstandene älteste Teil der Magdeburger Bistumschronik107, das Exordium civitatis et arcbiepiscopatus, und der Entwurf einer Papsturkunde (UBEM 130) zeigen das gleiche Stilmerkmal, das Exordium obendrein den Wortbeharrungsstil (Figura etymologica, Traductio)'08. Doch an eine Magdeburger Herkunft der dort schon 968 erscheinenden gereimten Segensformel ist beim Willigis-Privileg nicht zu denken, solange es als echte Diktatvorlage des ursprünglichen Walthard-Privilegs von 1012 zu gelten hat. Als starkes Indiz dafür fällt ins Gewicht, daß in diesem und in dem aus ihm abgeleiteten Gero-Privileg die zu LD 46 gehörige servata-Klausel fehlt, um die ein Fälscher des Mainzer Textes 99

POLHEIM S . X I V .

100 DO I. 11, 937 Juni 30; POLHEIM S. 97. AaO. S. 123f. viele Belege aus Hamburg-Bremer Urkunden der Zeit Erzbischof Adalberos (1123-1148). 101 POLHEIM S. 90 und 97ff. 102 Zitiert von dems. S. 98. 103 AaO. S. lff. 104 KESSEL, Magdeburger Geschichtsschreibung S. 126ff. 105

POLHEIM S. 4 0 2 .

106 Zu Brun von Querfurt grundlegend in: LexMA 2 Sp. 755f. 107 Unten S. 217ff. 108 Dazu unten S. 225f.

WENSKUS,

Studien; Friedrich

LOTTER

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1012 oder später das Formular der Magdeburger Vorlage korrekt nach LD 46 ergänzt haben müßte, um die Präeminenzformel anschließen zu können. Demgegenüber kann gezeigt werden, daß die servata-YAzuseX für den Konzipienten der sachliche Grund für die Bildung des auffälligen Mischformulars gewesen ist, um der daran angeschlossenen Präeminenzformel den erforderlichen Sinn einer Bestätigung des Vikariats als eines herkömmlichen Mainzer Privilegs zu geben. Innerhalb des aus LD 45, 46 und 47 gebildeten Mischformulars fehlt servata ... integritate, wie gesagt, in den Magdeburger Vergleichstexten der UU 131 und 133. Wenn das Mainzer Privileg die Vorlage für U "131 gewesen ist, so ist in dieser mit der Präeminenzformel zugleich auch die ihr vorausgehende salvatorische Klausel ausgelassen, also als bloße Uberleitung zu jener aufgefaßt worden. Im Liber Diurnus meint die Klausel allerdings nicht beliebige Privilegien des Empfängers, sondern allein die uneingeschränkte Fortgeltung der bisherigen Palliumprivilegien hinsichtlich des Palliumgebrauchs. Dieser Sinn ergibt sich aus der entsprechenden Formel von LD 45: Palleum autem fratemitati tuae ex more ad missamm sollemnia celebranda transmisimus, quod tibi non aliter ecclesiae tuae priuilegiis in suo statu manentibus uti concedimus quam decessores prodecessoresque tuos usos esse incognitum non habes. Die Privilegien, deren Fortgeltung hier garantiert wird, beziehen sich allein auf den Gebrauch des Palliums. Nichts anderes meint auch das Palliumformular LD 46 an der entsprechenden Stelle. Auch hier gehört die Klausel zur Definition des Palliumgebrauchs, und so fährt das Willigis-Privileg nach der eingeschobenen Präeminenzformel mit dem Katalog der Palliumtage (Etenim decemimus, ut in natali Domini... illud indui debeas) fort. Die Präeminenzformel wird mit einem adverbialen quo eingeleitet (quo ... premineas), in stilistisch auffälliger Anknüpfung an das vorhergehende quo ita eo uti memineris ... Der Liber Diurnus hat an dieser Stelle quo ita uti memineris ( LD 46), also quo als Objekt zu uti, bezogen auf das Pallium, „das du so gedenken mögest zu gebrauchen". Die Einfügung von eo war notwendig, um den aus LD 47 genommenen ersten Teil der Satzperiode ( P a l l i i . . usum ... concessimus) mit Worten aus LD 46 fortzuführen, die sich auf die Ubersendung des Palliums beziehen (Pallium ... transmisimus, quo ita uti memineris ...). Der Objektwechsel ist beim Ubergang von LD 47 zu 46 deutlich betont worden: Pallii ... usum ... concessimus atque illud tibi transmittimus, quo ita eo uti memineris, so daß quo die gleiche adverbiale Funktion erhält wie am Eingang der Präeminenzformel: „Auf daß du es so zu gebrauchen gedenkst, wie es unsere Vorgänger deinen Vorgängern gewährt haben". Die Magdeburger Ableitungen, UU 131 und 133, haben ebenfalls quo ita eo uti (U 131 quo eo ita uti), was, als redaktionelle Folge der Einfügung der

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Präeminenzformel, die Priorität des Mainzer Textes als dessen Relikt besonders deutlich verrät, verzichten jedoch auf die anschließende servataKlausel, haben diese also unmittelbar auf die Präeminenzformel bezogen und mit ihr zusammen weggelassen. So wird es deutlich, weshalb an dieser Stelle L D 46 zugrundegelegt wurde. Denn nur dieses Formular konnte es erlauben, die servata-Klausel auf die Präeminenz zu beziehen, nicht als eine Neuverleihung, sondern als Bestätigung schon bestehender Prärogativen. Die Priorität liegt beim Mainzer, nicht beim späteren Magdeburger Text. [Die bisher zugrunde gelegte Filiation der Urkunden 1 0 ' muß demnach folgendermaßen abgewandelt werden:]

Bleibt zunächst die Frage, auf welchem Wege das Mainzer Mischformular zur Vorlage des Magdeburger Walthard-Privilegs werden konnte, ferner eine Erklärung für die auffällige Art, in der eine Neuverleihung des Vikariats im Mainzer Text auf kunstvolle Weise peinlichst vermieden worden ist, während er doch zuvor stets ad personam verliehen worden war. Doch dies sind weitere Kapitel.

109 BEUMANN/SCHLESINGER, U r k u n d e n s t u d i e n S. 199.

2. F o r m u l a r t r a n s f e r in der P a p s t k a n z l e i Das Mainzer Palliumformular von 975 verändert als nachgewiesene Vorlage für Walthards Privileg (U 131), als die es neben dem Entwurf 130 unzweifelhaft zu gelten hat, das Urteil über die Genesis des Textes" 0 . Festzuhalten bleibt an der Grundlage eines echten Palliumprivilegs für Waithard, an dessen hypothetischer Rekonstruktion" 1 beim Vergleich mit der Mainzer Vorlage nur wenig zu ändern ist. Für die relative Zeitstellung der Texte sind die Formeln über das Magdeburger Vortragekreuz lehrreich: U 95 crucis labarum

pre se f erat

U 130 crticis signaculum

ante se

ferant

U 131 Vexillum

crucis ante te gestari

facias

U 133 Vexillum

crucis ante te gestare

facias

Nicht 133, das Privileg Geros, ist, wie ich früher angenommen habe, vom Interpolator des Walthard-Privilegs benutzt worden, vielmehr war das Vortragekreuz neben dem Pallium Walthards einziges Pontifikale, das bereits Giselher seit 981 hatte führen dürfen, und daran hat sich bei Gero, in seiner Nachurkunde zu Walthards echtem Privileg, nichts geändert1 . Nahezu wortgleich begegnet die aus Bardos Privileg zitierte Passage bereits am 5. Juni 1026 im Palliumprivileg J o h a n n e s ' X I X . für Erzbischof Thietmar II. von Salzburg (1025-1041)" 3 . Mit super nachum equitandi (statt s. equum e.) bietet der Salzburger Text sogar die bessere Lesart. Der auf die Kirchenprovinz und auf Notfälle beschränkte Vikariat hat in Salzburg zwar eine eigene Vorgeschichte, die mit Pilgrims Fälschungen zusammenhängt. Darauf ist an anderer Stelle einzugehen" 4 . Doch die auch hier am Schluß gebrauchte servata-Formel nach L D 46

110

A n g e s i c h t s dieses B e f u n d e s sind meine D a r l e g u n g e n in: BEUMANN/SCHLESINGER, U r k u n d e n s t u d i e n S. 188ff. zu m o d i f i z i e r e n . Vgl. auch bereits o b e n S. 18f. zu den S e g e n s w ü n s c h e n . 111 BEUMANN in: BEUMANN/SCHLESINGER, U r k u n d e n s t u d i e n S. 193f. 112 [ D a s Kapitel bricht an dieser Stelle ab. D i e f o l g e n d e n isolierten A u s f ü h r u n gen ü b e r das Privileg B a r d o s v o m 5. J u n i 1026 ( Z P U U 566) w u r d e n hier angefügt], 113 114

Z P U U 566. Vgl. S. 8 8 - 1 1 9 .

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bei sonstiger Benutzung von LD 45 sowie die Kombination von Pallium und Vikariat verweisen auf Mainz. Inscriptio und Arenga des Salzburger Privilegs stimmen wörtlich mit dem Palliumprivileg Benedikts VIII. [vom 7. März 1024] für Erzbischof Humfried von Magdeburg überein. Die Arenga ist zudem in Papsturkunden von 896 bis 1046 kein weiteres Mal belegt" 6 . Zu vergleichen sind auch Magdeburg 1024:... crucem ante vos portare licentiam damus. Salzburg 1026: Donamus et crucem ante vos portandi licentiam Mainz 1032: Crucem ante vosportandam fraternitati vestre concedimus... Salzburg geht hier enger mit Magdeburg als mit Mainz zusammen. Solche Textberührungen von Urkunden verschiedener Empfänger lassen sich am ehesten durch eine verlorenes Glied erklären, das im Geschäftsgang der kurialen Kanzlei vermittelnd gewirkt hat. Es darf vorausgesetzt werden, daß unter den Vorgängern Bardos nicht nur Willigis ein Palliumprivileg erhalten hat. Aribo (1021-1031), sein unmittelbarer Vorgänger, hat sich brieflich selbst darüber beklagt, daß ihm im Verlauf des Hammersteiner Eheprozesses von Benedikt VIII. der Gebrauch des Palliums untersagt worden sei (1023 nach Juni-1024 vor Februar)" 7 . In seinem Brief an die Kaiserin Kunigunde vom Mai 1024 heißt es: Et ubi mihi honor pallii, quamvis iniuste, est interdictus, ibi pallii sui (Pilgrims von Köln) honor non solum est melioratus, sed, ut aiunt, quoddammodo deauratusm. Dies war die Antwort des Papstes auf den Beschluß der von Aribo am 12. August 1023 geleiteten Synode von Seligenstadt, die beschlossen hatte, ut ntillus Romam eat, nisi cum licentia episcopi vel eius vicariinachdem die Gräfin Irmingard von Hammerstein gegen die vom Mainzer Provinzialkonzil zu Pfingsten 1023 verfügte Scheidung ihrer Ehe an den Papst appelliert hatte und deshalb gebannt worden war. Ulrich Stutz und neuerdings Hermann Jakobs haben darauf hingewiesen, daß Pilgrims pallii honor quodammodo deauratus auf das Krönungsrecht bezogen werden kann'21. Belegt ist es erst für Pilgrims Nach-

115 UBEM 139 = ZPUU 547. 116 ZPUU Bd. 3 S. 1207. 117 GP 4 S. 87 Nr. »103; vgl. auch BZ 1266. 118 JAFFFI, Bibl. 3 S. 361 N r . 24.

119 MGH Const. 1 Nr. 437 c. 16 S. 638; BZ 1266; GP 4 S. 87 Nr. *103. 120 BOYE, Quellenkatalog S. 76.

121 STUTZ, Erzbischof von Mainz S. 30f.; GP 4 S. 87 Nr. "103.

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folger durch das Privileg Leos IX. vom 7. Mai 1052'22, doch ist es für Mainz bereits 1032 im Privileg für Bardo nicht erneuert worden. Ein besonderer Gunsterweis Benedikts VIII. für Pilgrim ist immerhin durch seine Nennung als Bibliothekar des hl. Stuhls in den Privilegien vom 8. Februar 1024 für Fulda123 und ausgerechnet in unserem Palliumprivileg für Humfried vom 7. März 1024 bezeugt . Als Zeitpunkt und Gelegenheit ergibt sich aus den Umständen die Anwesenheit Pilgrims in Rom zu Weihnachten 1023, wohin er wohl im Auftrage des Kaisers gereist war125. Dort hatte kurz zuvor 12 ' Benedikt VIII. im Hammersteiner Prozeß und in der Frage der Appellationen gegen Aribo entschieden und diesem den Gebrauch des Palliums untersagt. Da lag es nahe, den Konflikt mit dem Mainzer durch Gewinnung des Kölners zu kompensieren, und es stellt sich die Frage, ob die Würde des päpstlichen Bibliothekars dafür allein schon hätte genügen können. Heinrich II. beging das gleiche Weihnachtsfest in Bamberg, wo die Wiederbesetzung von zwei Erzbistümern und fünf Bistümern anstand, darunter Magdeburgs nach dem Tode Geros am 22. Oktober und Salzburgs, wo am 5. Dezember Hartwig verschieden war 1 7. Als dessen Nachfolger ist Gunther, der Vorgänger Thietmars II., am 26. Januar 1024 geweiht worden. Ein Papstprivileg Gunthers ist nicht überliefert, doch kommt die Diktatberührung von Thietmars Privileg mit Humfrieds vom 7. März 1024 als Indiz für ein verlorenes Salzburger Palliumprivileg Benedikts VIII. für Gunther in Betracht, das als Vorurkunde dem des Nachfolgers gedient und dessen Vikariatsformel bereits enthalten haben könnte. Gerade Salzburg und nicht auch Magdeburg mit einem Provinzialvikariat auszuzeichnen, wurde durch die sogenannte „Gegenfälschung" Friedrichs von Salzburg auf Benedikt VI. von 973/74 nahegelegt, die eine dahingehende ekklesiologische Theorie darbot, um den Fälschungen Pilgrims von Passau entgegenzuwirken' 2 *. Doch ist beim Salzburger Vikariat zwischen Anlaß der Verleihung und Herkunft der Formel zu unterscheiden, an deren Mainzer Prove122 JL 4271; Druck: WOLTER in: Stud. u. Vorarb. z. G P 6 S. 113f.; BOSHOF, Köln-Mainz-Trier S. 41f. 123 Z P U U 546. 124 Dazu ausführlich HLRSCH/BRESSLAU, Jahrbücher 3 S. 278ff.; BRESSLAU, Urkundenlehre 1 S. 219ff; D. LÜCK, Die Kölner Erzbischöfe Hermann II. und A n n o II. als Erzkanzler der Römischen Kirche, in: ArchDipl 16 (1970) S. 13. 125

HIRSCH/BRESSLAU a a O . A n m . 2 .

126 Zum Zeitpunkt vgl. aaO. S. 279 Anm. 3. 127 A a O . S . 2 8 1 f . ; B G 2054a. 128 Dazu unten S. 89ff.

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nienz, wie gezeigt werden konnte, wegen der servata-Formel festzuhalten ist. Sollte Mainz 1032 ausgerechnet nach einem früheren Salzburger Muster mit dem eingeschränkten Vikariat ausgestattet worden sein? In seiner Klage über Pilgrims „gewissermaßen vergoldeten honor pallii" bezeugt Aribo zunächst nur, daß der Kölner ein neues, verbessertes (rnelioratus) Palliumprivileg erhalten hat. Die Rolle, die Aribo im September 1024 bei der Erhebung Konrads II. zunächst in Kamba, wo er das Erststimmrecht übte , sodann in Mainz als Coronator spielte, besagt über die Privilegienlage wenig. Benedikt VIII. war bereits am 9. April 1024 verstorben, und sein Nachfolger, Johannes XIX., war alsbald, bereits vor dem 29. April, inthronisiert worden . Keine Quelle verrät uns, ob einer dieser Päpste die Untersagung des Palliumgebrauchs rückgängig gemacht hat. Aribo dürfte vielmehr, zumal da er seine Suffragane hinter sich wußte , das Verbot ignoriert haben, und wenn Pilgrim damals bereits über das Krönungsrecht verfügte, würde dies, worauf Stutz hingewiesen hat132, sehr gut erklären, weshalb er Konrad seine Stimme vorenthalten hat. Bekanntlich ist er, als Aribo sich weigerte, die Königin zu krönen, eingesprungen' und hat 1028 Heinrich III. in Aachen gekrönt 14 , also in der Sedenzzeit Aribos und bevor Bardos Palliumprivileg das Erlöschen des Mainzer Krönungsrechts sicher bezeugt. Das zu 975 überlieferte Mainzer „Krönungsprivileg,, befand sich im Geschäftsgang der Papstkanzlei, als Benedikt VIII. nach dem Tode Taginos dessen Nachfolger Waithard am 27. August 1012 das Pallium mit einem Privileg erteilte, das mutatis mutandis dem singulären WilligisFormular getreulich gefolgt ist135. Auf Willigis, der am 23. Februar 1011 gestorben ist, war am 1. April 1011 Erchanbald gefolgt. Nichts spricht dagegen, daß sein Pallium und das Magdeburger um die gleiche Zeit in Rom erbeten und erteilt worden sind. Wenn aber das Mainzer Privileg von 975 für Magdeburg als Vorlage herangezogen worden ist, dann doch wohl erst recht für Mainz, und wenn Aribo in seinem Brief an Meinhard von Würzburg mitteilt, apostolicus mihi interdixit omatus primos dignitatis meae, und gegenüber der Kaiserin von der Untersagung seines ho129 Vgl. oben S. 17f. 130 Klaus-Jürgen HERRMANN, Das Tuskulanerpapsttum ( 1 0 1 2 - 1 0 4 6 ) : Benedikt VIII., Johannes XIX., Benedikt IX. (Päpste und Papsttum 4, 1973) S. 135f.; Z P U U 558, Vorbem. 131

132 133

134 135

V g l . d a s S c h r e i b e n d e r B i s c h ö f e , JAFFFI, B i b l . 3 S. 3 6 3 ; HIRSCH/BRESSLAU,

Jahrbücher 3 S. 280 Anm. 2. STUTZ, Erzbischof von Mainz S. 31. B A 4a. BA 117a. Vgl. oben S . 4 f . und 17ff.

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nor pallii"1' spricht, so läßt sich dies eher auf das Willigis-Formular mit Vikariat, Präeminenz und Krönungsrecht als auf ein Palliumprivileg ohne solche Nebenrechte beziehen. Wohl aber ist mit einem Schreiben Benedikts VIII. von 1024 an Aribo zu rechnen, auf das sich Aribo in seinen Briefen bezieht. Von einem Entzug des Palliums als solchem ist, genau genommen, keine Rede. Dies wäre auf eine Amtsenthebung hinausgelaufen. Im Brief der Bischöfe wird von amittere particulam dignitatis und perdere aliquantulum dignitatis gesprochen. Hatte es 975 bei Willigis, und ebenso 1026 in Salzburg, hier unmittelbar an die Vikariatsformel anschließend, getreu nach LD 45 cuius (des Palliums) indumenti honor gelautet, so heißt es bei Bardo 1032, an gleicher Stelle wie in Salzburg: Quarum dignitatum honor. Dies bezieht sich auf Pallium, Vortragekreuz, Reitornat und Provinzialvikariat zugleich, eine redaktionelle Folgerichtigkeit 137 , die 975 in Mainz und 1026 in Salzburg noch zu vermissen ist. Die Formulierung ist den Worten Aribos ( o r n a t u s primos dignitatis, honor pallii) zur Seite zu stellen1 . Das sieht so aus, als habe sich Aribo 1024 auf einen Text bezogen, der die entsprechenden Formulierungen des Bardo-Privilegs enthielt. Auf 1024 weisen auch, wie gezeigt, die Textberührungen des Salzburger Privilegs von 1026, in dem der Provinzialvikariat zuerst erscheint, mit dem Magdeburger von 1024 hin. Der Plural ornatus primos dignitatis deutet an, daß Aribo den Verlust mehrerer Insignien zu beklagen hat, aber nicht aller, sondern nur der ersten, vorzüglichsten. Metaphorische Bedeutung ist nicht auszuschließen, so daß an das Pallium, den Vikariat, das Krönungsrecht und die Präeminenz zu denken wäre. Vortragekreuz und Reitomat begegnen 975 in Trier 1 , das Vortragekreuz allein 981 und 1024 (Humfried) in Magdeburg 140 .

136

Z u s a m m e n s t e l l u n g der Zeugnisse bei HIRSCH/BRESSLAU, J a h r b ü c h e r 3 S. 2 8 1 A n m . 2. 137 A u c h w e i t e r h i n w e i s t die E r m a h n u n g V a r i a n t e n g e g e n ü b e r L D 4 5 auf, die in die gleiche R i c h t u n g gehen: censura discipline sic Mere L D 4 5 ; mensura discipline sic utere M a i n z 1032 (vgl. servata ... ea mensura, a a O . , V i k a r i a t s f o r m e l ) ; ista sunt pallei L D 4 5 ; is ta sunt pallii et predictarum virtutum M a i n z 1032 (vgl. NlERMEYER, L e x i c o n minus, s.v. virtus, Z i f f . 9: c o m p é tence, droit, faculté). 1 3 8 V g l . auch M a i n z 1 0 3 2 , A r e n g a : pallium scilicet... dignitatis et sanctitatis in-

signe.

139 140

Z P U U + 2 3 5 , d a z u unten S. 6 8 f . U B E M 95 = Z P U U 270; U B E M 139 = Z P U U 547.

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Formulartransfer in der Papstkanzlei

Mainz

[Gestrichelte Linien = Diktatverwandtschaft, * = Deperditum]

3. D e r K a i s e r i n t e r v e n i e r t Fulda - Trier - Mainz [a) Ein verlorenes Palliumprivileg für Hatto II. von Mainz ?] Die Formel, mit der Johannes XIII. am 8. N o v e m b e r 969 dem Abt Werner von Fulda prima tum sedendi und die Würde eines archimandrita verlieh' 4 ', lautet: Adicientes autem pro magno amore prefati piissimi et christianissimi domni Ottonis imperatoris augusti specialiter constituimus, ut idem Uuldensis abbas ante alios abbates Gallie seu Germanie primatum sedendi in omni loco, quo conveniant, obtineat necnon et archimandrita consultior et honorahilior nostra apostolica auctoritate permaneat. Eine entsprechende Interventionsformel bietet, nicht zwar für Vikariat/ Präeminenz, sondern für eine Erweiterung der Palliumtage das Mainzer Willigis-Privileg von 975 ( Z P U U 237): ...adiicientes etiam pro amore dilectissimi filii nostri, domini Ottonis, piissimi imperatoris augusti, ut in celebritate beatorum martyrum Laurentii atque Mauritii, Victoris, Albani et sanctorum martyrum Sergii et Bachi specialiter eo vestiaris. Diese Bestimmung begegnet 962 in Privilegien für Salzburg und Trier: Johannes XII. für Erzbischof Friedrich von Salzburg, 962 Februar 7 ( Z P U U 152): ...nunc vero propter petitionem Ottonis serenissimi atque invictissimi imperatoris donamus licentiam, videlicet in festivitate sancii Lavrentii, in festivitate sancti Mavritii, in festivitate sancti Rvdberti et in natalicii tui die. Johannes XII. für Erzbischof Heinrich I. von Trier, 962 Februar 12 ( Z P U U 153): Item pro amore Ottonis piissimi regis , spiritualis filii nostri, concedimus vobis utendi pallium in sancti Laurentii et in sancti Mauritii et in omnibus festivitatibus, quibus in vestro episcopio celebrantur.

141 ZPUU 199; GP 4 S. 371 Nr. 50. 142 In der Datierung erscheint der Kaisertitel.

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Der Kaiser interveniert

Johannes XIII. f ü r Erzbischof Dietrich von Trier, Herbst 965 ( Z P U U 196): Verum etiam pro inestimabili amore dilectissimi filii nostri, domni Ottonis, Semper benedicti imperatoris, insuper largimur (sc. palleum uti) in natale beatissimi Laurentii, quo idem gloriosus augustus dimicando suorum hostium meruit victor existere, beatique Mauridi solempnitate, quam ipse propensius cum regni suifidelibus fertur excolere ("mit Homoioteleuton existere - excolere). Sieht man von Rathsack ab, der die Fuldaer Primatsformel von 969 als Interpolation ansieht , gilt diese als eine Reaktion auf den wenige Monate älteren Trierer Primat144. Aus der Trierer Primatsformel von 969 ( Z P U U +195) können folgende Wendungen herangezogen werden: ... pri mum ínter alios pontífices locum obtineat et... sedendi, sententiam edicendi et sinodale iudicium canonice promulgandi primatum habeat. Dabei ist allerdings zu beachten, daß primum locum (Trier) und in omni loco, quo conveniant (Fulda) nur das Wort, nicht dessen Bedeutung gemeinsam haben. Wie in Trier steht auch in Fulda Gallia vor Germania, in Wilhelms Brief von 955 an Papst Agapit sowohl in dieser als auch in umgekehrter Folge; in den Mainzer Privilegien von 955 und 975 steht Germania voran. Schließlich wird der Primat wie in Trier so auch in Fulda ad sedem verliehen146. Edmund E. Stengel hat als Motiv für die Gewährung des Fuldaer Primats den Gegensatz der Abtei zum Mainzer Metropoliten bezeichnet, der im Konflikt zwischen Abt Hadamar und Erzbischof Wilhelm neu belebt worden war'47. Mit scharfem Tadel hat Wilhelm den Abt, der als Gesandter Ottos des Großen nach der Ungarnschlacht erfolgreich wegen der Gründung eines Magdeburger Erzbistums verhandelt hatte, in seinem an Papst Agapit gerichteten Protestschreiben bedacht, weil er sich als Papstvikar für Germanien und Gallien übergangen sah: me dico, qui prius, Germaniae Galliaeque alter iuxta christianitatem a vobis, si quid corrigendi esset, corrigere debuerim, ego a nemine nisi a vobis pulsan*1. Stengel hat auch das Ehrenprädikat archimandrita dafür herangezogen: Wie der archiepiscopus 143 RATHSACK 1 S. 333ff.; vgl. dagegen Hermann JAKOBS, Zu neuen Thesen über die Fuldaer Papsturkunden, in: DA 37 (1981) S. 794; [ders., Zu den Fuldaer Papsturkunden des Frühmittelalters, in: BllfdtLG 128 (1992) S. 63], 144 So mit ausführlicher Begründung LA PLANTE S. 30ff. 145 JAFFFI, Bibl. 3 N r . 18 S. 347 und 349.

146 Die Übereinstimmung in der Sache und die Diktatberührung wird hier von La Plante als besonders schwerwiegend angesehen, doch folgt der Fuldaer Text nicht dem Trierer, sondern der VU vom 18. Mai 901, ZPUU 16. 147 STENGEL, Primat S. 316ff. 148 JAFFFI, Bibl. 3 Nr. 18 S. 349; BEUMANN, Laurentius und Mauritius S. 243ff; GP 4 S. 75f. Nr. 66.

Der Kaiser interveniert

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von Mainz sollte auch der Abt von Fulda der Erste unter seinesgleichen sein. Dem ist hinzuzufügen, daß Ruotger in seiner frühestens nach Weihnachten 967 begonnenen und vor dem 18. Juli 969 vollendeten Vita Brunonis, in einem Zeitrahmen also, der dem Fuldaer Primatsprivileg unmittelbar vorausgeht, Wilhelm von Mainz den Titel arckimandrita beigelegt hat14'. Der Titel könnte auch schon damals in Rom nicht unbekannt gewesen sein, wohin Abt Odo von Cluny um 936 vom Papst Leo VII. und dem Fürsten Alberich, dem Vater Papst Johannes' XII., berufen worden war, um für die monastische Reform zu wirken. Bei Hugo von Farfa ( 9 7 3 1039) heißt es dazu von Alberich: eum archimandritam constituit super cuncta monasteria Rome adiacentia . Der Titel entspricht hier seinem Gebrauch im griechischen Klosterwesen 1 '. So konnte auch der Kurie das Ehrenprädikat für den Fuldaer Abt passend erscheinen. Gelegenheit zur Intervention bot 969 der Aufenthalt Ottos des Großen in Rom, wo er am 26. Mai das Synodaldekret Johannes' X I I I . über die Erhebung Benevents zum Erzbistum mit seiner Signumzeile hat unterfertigen lassen'". Harald Zimmermann hat dazu freilich angemerkt, daß „sonst stets die Gleichzeitigkeit von Intervention und Beurkundung vorausgesetzt wird"153. Otto der Große befand sich jedenfalls im November 969 fern von Rom. Er urkundete am 9. November in Lucca, auf dem Wege von Siena (4. Oktober) nach Pavia (16. Dezember) . Da, wie wir sehen werden , das Magdeburger „Primatsprivileg" von 968 ( U B E M 63) als Fälschung ausscheidet und für Mainz der Begriff „Primat,, vor dem 11. Jahrhundert nicht belegt ist, läßt sich der Fuldaer primatus sedendi nur an den Trierer vom 22. Januar 969156

149 c. 37 S. 38. Zur Entstehungszeit siehe Ott aaO. S. X . Thietmar bezeichnet Chronik III 12 S. 110 Erzbischof Adalbert von Magdeburg als archimandrita. In gleicher Bedeutung auch bei Brun von Querfurt, Vita s. Adalberti, hg. von Georg Heinrich Pertz ( M G H SS 4, 1841) c. 9 S. 598; NIERMEYER S. 57 s.v. bietet einen Beleg bei Alcuin, Epist., hg. von Ernst Dümmler ( M G H Epp. 4, 1895) Nr. 94 S. 139, für die Bedeutung „Papst". 150 H u g o von Farfa, Destructio monasterii Farfensis, hg. von U g o BALZANI, Fonti per la storia d'Italia 33(1930) S. 39, 28; Ernst SACKUR, Die Cluniacenser 1 (1892, Neudr. 1965) S. 100 mit Anm. 4; B Z 125; H . ZIMMERMANN, Parteiungen und Papstwahlen in Rom zur Zeit Ottos des Großen, in: Ders. (Hrsg.), Kaiser O t t o der Große ( W d F 450, 1976) S. 378. Zu H u g o von Farfa: Herbert ZLELLNSKL in: LexMA 5, Sp. 170f. 151 Jan REZAK in: LexMA 1, Sp. 897. 152 B O 495; B Z 459; Z P U U 197. 153 B Z 458. 154 B O 5 0 2 - 5 0 5 . 155 Unten S. 170ff. 156 Z P U U +169. Zur Echtheit der Trierer „Primatsprivilegien" siehe unten S. 6 9 - 8 1 .

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D e r Kaiser interveniert

anschließen. Man wird in diesem Fall zwischen Intervention und Ausstellung ein zeitliches Intervall (wie zwischen Handlung und Beurkundung) anzunehmen haben. Mit dem Zeitverhältnis von Intervention und Beurkundung sieht es bei Willigis 975 weit schlechter aus. O t t o II., der 975 der kaiserliche Intervenient gewesen sein müßte, ist überhaupt erst im N o v e m b e r 980 zu seinem einzigen R o m z u g aufgebrochen 157 . Zwar ist nicht ausdrücklich von einer Intervention oder petitio (wie in Salzburg 962) die Rede; der Papst gewährt die zusätzlichen Palliumtage, wie schon in Trier 962 und 965, pro amore Ottonis, und so auch den Fuldaer Primat 969. D o c h 962 weilte O t t o der Große am 12. Februar ebenso in R o m wie schon am 7. Februar, dem T a g des Salzburger Privilegs. Eine Intervention ist in jedem Fall vorauszusetzen, auch wenn die Papstkanzlei Wert darauf legen konnte, die Verfügung als Gnadenerweis auch für den Kaiser oder doch jedenfalls als spontan erscheinen zu lassen. Mit Mainz 975 berührt sich keine der Interventionsformeln so eng wie die Fuldaer, die ebenfalls im Itinerar des Kaisers keinen Rückhalt findet. Auf anderem Wege ist bereits Thomas Z o t z zu dem Schluß gekommen, es handele sich bei Willigis um die Wiederholung eines älteren Mainzer Palliumprivilegs. Denn im Palliumprivileg Adalberts von Magdeburg von 968' 5 * soll dieser das Pallium wie die Erzbischöfe von Mainz und Trier gebrauchen, und in der Tat ähnelt die Magdeburger Liste der Palliumtage denen von Mainz und Trier, auch in einigen stilistischen Merkmalen 5 '. Die ausdrückliche Berufung auf das Mainzer und Trierer Vorbild macht U 62 z u m terminus ante quem des undatierten Trierer Palliumprivilegs für Dietrich von Trier"' 0 , das gewöhnlich bei dessen Primatsprivileg von 969 eingeordnet wird, nun aber näher an den Ordinationstag herangerückt werden kann. D a mit dem in U 62 genannten Mainzer Erzbischof nur Wilhelms Nachfolger, der Mitte des Jahres 968 erhobene Hatto II., gemeint sein kann, postuliert Zotz, daß dessen verlorenes Palliumprivileg 975 für Willigis einschließlich der Präeminenzformel mit Krönungsrecht wiederholt worden sei. Damit wird mein eigener Vorschlag 1 6 ', bereits Wilhelm habe 962 wie Salzburg und Trier ein neues Palliumprivileg erhalten, das bei Willigis als Vorurkunde gedient habe, abgewandelt. Immerhin habe Hatto der Erhebung Magdeburgs zur Metropole im Oktober 968 in Ravenna zugestimmt und in die Ent157 B U 831a. Ihm schreibt JAKOBS, Anmerkungen S. 43 Anm. 40, die Intervention zu. 158 U B E M 62 = Z P U U 190. 159 ZOTZS. 160ff. 160 [ Z P U U 196; G P 10 S. 45 N r . 68], 161 BEUMANN, Lotharingien S. 32ff.

Der Kaiser interveniert

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lassung der wendischen Bistümer aus seiner Kirchenprovinz eingewilligt. An diesen Ravennater Entschließungen hat Johannes XIII. allerdings nicht teilgenommen' 62 . Die nächste Gelegenheit zur Intervention bot die Unterzeichnung des Privilegs über die Erhebung Benevents zum Erzbistum am 26. Mai 969 1 ", zu der, wie erwähnt 164 , die Intervention für Fulda eingeordnet worden ist. Der damit nahegelegten Gleichzeitigkeit der Interventionen für Fulda und Mainz entspricht das hohe Maß an Diktatverwandtschaft der Interventionsformel. Doch das Fuldaer Privileg ist, wie gerade deshalb zu erwarten wäre, nicht im gleichen Geschäftsgang hergestellt worden, sondern erst am 8. November. A m 2. März 968 war Wilhelm von Mainz gestorben, bald danach, am 14. März, die Königin Mathilde. Die Todesnachrichten dürften Anfang Mai in Apulien beim Kaiser eingetroffen sein . Dieser entsandte den Hersfelder Abt Egilulf, der ihn begleitet hatte, um in Mainz die Wahl des Fuldaer Abtes Hatto zum Nachfolger Wilhelms und in Fulda die Wahl Werinhers zum Nachfolger Hattos zu bewirken 166 . Bei den Ravennater Verhandlungen willigte Hatto gegenüber dem Kaiser urkundlich als Erzbischof der Mainzer Kirche in die Gründung des Erzbistums Magdeburg ein167. Er dürfte bereits im Sommer gewählt worden sein, wurde aber erst am 28. November geweiht 168 . Der Kaiser dürfte ihn in Ravenna zugleich mit Hildeward von Halberstadt nach der Einigung in der Magdeburger Frage investiert und zum Erzkapellan ernannt haben, als der er seit den am 2. Oktober zu Ravenna für die Magdeburger Kirche ausgestellten Diplomen genannt wird . Geht man vom Weihedatum aus, so erscheint der 26. Mai 969 für die Erteilung des Palliums nicht übermäßig fern, und der für diesen Tag belegte Aufenthalt des Kaisers in Rom wäre ohnehin die einzige Gelegenheit zu seiner Intervention zugunsten Hattos gewesen, da dieser, als der Kaiser das nächste Mal, an

162 BZ 446; ENGELS, Gründung S. 1 3 6 - 1 5 8 . 163 Z P U U 1 9 7 . 164 O b e n S . 31 Anm. 152. 165 B O 469a. 166 K Ö P K E / D ü M M L E R , Kaiser O t t o d. Gr. S. 4 4 3 ; F L E C K E N S T E I N , Hofkapelle 2 S. 27. 167 Mainzer UB 1, 210; UBEM 59. 168 H A U C K , K G 3 S. 981. Das Datum ergibt sich aus der Amtsdauer von einem Jahr und 8 Wochen. Hatto starb bereits am 18. Januar 970. 169 Zu Hildeward vgl. BEUMANN, Entschädigungen S. 385f. 170 D D O I. 361 ff.; UBEM 54ff.; B R E S S L A U , Urkundenlehre 1 S. 439; F L E C K E N STEIN, Hofkapelle 1 S. 27.

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Der Kaiser interveniert

Weihnachten 970'", die ewige Stadt besuchte, schon nicht mehr unter den Lebenden weilte. Für einen Entstehungszusammenhang des Fuldaer Privilegs mit dem vermuteten Palliumprivileg Hattos II. könnten auch die Vorgänge sprechen, die den Anlaß gebildet hätten. Für die kaiserlichen Interventionen ließen sich plausible Motive nennen: der Dank Ottos des Großen für die großen Verdienste der Fuldaer um die Missionspolitik. Hadamar war bereits 947/48 als Ottos Gesandter nach Rom gereist, wo es neben anderen Geschäften um die Gründung der dänischen und wendischen Missionsbistümer ging; er hatte vor allem 955, nach dem Ungarnsieg, die Zustimmung Agapits II. zu Ottos erstem Magdeburger Plan eingeholt und damit den Protest Wilhelms von Mainz ausgelöst. Sein Nachfolger Hatto ist dem König beim Romzug 961 vorausgereist, um am Ort die nötigen Vorbereitungen zu treffen. Auch diesmal stand die Magdeburger Frage und namentlich die Auseinandersetzung mit dem Einspruch auf der Tagesordnung, mit dem Wilhelm das Projekt jahrelang aufgehalten hatte. Begreiflich, daß der Kaiser nach dem Tod seines eigenwilligen Sohnes auf dem wichtigen Mainzer Stuhl einen bewährten Vertrauensmann wissen wollte. Seine Bestellung zum alleinigen Erzkapellan für Deutschland, als der Wilhelm erst seit Oktober 965, dem Tode Bruns von Köln, fungiert hatte, festigte die Verbindung des Amts mit der Mainzer Kirche172. So scheinen somit die historischen Rahmenbedingungen die Annahme eines Palliumprivilegs für Hatto II. zu stützen. Ein Seitenblick auf das vom Kaiser in Rom am 26. Mai 969 mitsignierte Palliumprivileg für Erzbischof Landulf von Benevent selbst ( Z P U U 197), das die Begegnung von Kaiser und Papst zu diesem Zeitpunkt belegt, darf bei der Prüfung der von Zotz angeregten Hypothese nicht fehlen. Eine evidente Diktatverwandtschaft von der Art, wie sie die Interventionsformeln von Fulda und Mainz verbindet, ist hier nicht auszumachen. Das Bistum wird zum Metropolitansitz erhöht und das Pallium gewährt ortatu siquidem benigno ipsius prefati domini Ottonis, clementissimi imperatoris augusti. Die Liste der Palliumtage, die für das neugegründete Erzbistum zum ersten Mal festzulegen war, beginnt wie in Trier 965-969, Magdeburg 968 und Mainz 975 mit Weihnachten 173 , es folgt wie dort Epiphanie, sodann zunächst Purificatio (2. Februar) und Annunciatio Marie (25. März), bevor es mit Ostern, Himmelfahrt und Pfingsten wie in den Vergleichsstücken weitergeht. Johannes d. T. schließt sich wie in Trier an, gefolgt von Peter und Paul (29. Juni) wie in 171

B O 527b.

172

F L E C K E N S T E I N , H o f k a p e l l e 1 S. 2 7 .

173 Belege für den Beginn mit Ostern bei ZOTZ S. 160 Anm. 28.

D e r Kaiser interveniert

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Magdeburg und Mainz. Benevent hat ferner Mariae Himmelfahrt (15. August) und Mariae Geburt (8. September), auch wie üblich den Ordinationstag und die Weihe der Suffragane. Sieht man von der größeren Zahl chronologisch richtig eingeordneter Marienfeste ab, so bewegt sich die Liste im gleichen Rahmen. Es folgt die Übertragung des honor archiepiscopatus und das Verzeichnis der Suffraganbistümer, dann aber, als handele es sich wie 962 in Salzburg und Trier bereits um ein zweites, ergänztes Palliumprivileg des gleichen Empfängers: Adicimus etiam, ut utaris palleo in festivitatibus beati Michaelis archangeli et translatione corporis beati Bartolomei apostoli. Der Besitz des Michael-Heiligtums auf dem Monte Gargano wird anschließend bestätigt, die in der Kathedrale ruhenden Gebeine des Apostels Bartholomäus waren im Eingang des Privilegs hervorgehoben worden. In Trier 962 und Mainz 975 schließt die Ergänzung der Palliumtage mit Intervention unmittelbar an den Festkatalog an. In Salzburg werden 962 die neuen Palliumtage im Rahmen einer allgemeinen Besitzbestätigung auf Bitten Kaiser Ottos gewährt. Im Magdeburger Privileg für Adalbert von 968 (UBEM 62), mit dem wie in Benevent die Erhebung zum Erzbistum beurkundet und das Pallium zum ersten Male erteilt wird, erscheint der Laurentiustag an chronologisch richtiger Stelle im Katalog der Palliumtage. Mauritius wird in diesem Zusammenhang nicht eigens genannt, sollte aber wohl zu den Festtagen der Heiligen, qui Magadaburg requiescunt, gehören, die nach Mariae Himmelfahrt (15. August) genannt werden. Da der Mauritius-Tag am 22. September begangen wurde, wäre auch in diesem Fall die Position chronologisch richtig. Vorher war gesagt worden, der Papst gewähre das Pallium pro amore beatorum Mauricii et Innocentii martirum et eorum sanctorum, qui Magadaburg requiescunt, et predicti spiritualis filii nostri Ottonis imperatoris augusti peticione. Da Magdeburg Reliquien der beiden Heiligen besaß, des Innocentius seit 937, des Mauritius seit 960, sind deren Festtage auch ohne namentliche Nennung als Palliumtage erfaßt. Der Magdeburger Liste geht überdies voraus, Adalbert solle das Pallium gebrauchen wie der Mainzer Erzbischof (Hatto) und der Trierer (Dietrich), preterea statutis bis diebus. Gelten demnach außer den für Magdeburg namentlich aufgeführten auch die Mainzer und Trierer Palliumtage, soweit sie in der Magdeburger Liste fehlen? Aber der Grundbestand der Festkataloge stimmt, wie gezeigt, bei den drei Kirchen überein, eine bloße Ergänzung {preterea) dürfte in Magdeburg nicht gemeint sein. Die letzten Endes aus L D 45 stammende, den Festkatalog einleitende preterea-Formel scheint ohne Rücksicht auf die vorher eingeschobene Gleichstellung mit Mainz und Trier gebraucht worden zu sein. Denn diese Gleichstellung ist ein erstes Echo auf die Aufhebung des Magdeburger Minderstatus im Ravennater Dekret Johannes' XIII.

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Der Kaiser interveniert

von 967 (UBEM 52) und Ausdruck der 981 (U 95) nachdrücklicher bestätigten aequalitas"4. In Benevent 969 (ZPUU 197) fällt die sogar zweimal ausgeführte Bestimmung auf, die Nachfolger des ersten Erzbischofs sollten sowohl die Konsekration als auch honorem pallei jeweils vom Papst empfangen. In Magdeburg wird dies nur für das Pallium festgelegt; ut unusquisque, qui pro tempore fuerint, ab apostolica sede secttndum morem illud recipiant. Damit wurde noch nicht die persönliche Einholung des Palliums in Rom gefordert, wohl aber dessen Empfang für die Erzbischöfe als obligatorisch eingeschärft 175 . Der Gedanke an eine Konsekration des Erzbischofs zwar nicht durch den Papst selbst, wohl aber durch seinen Legaten begegnet uns später auch in Magdeburg 176 . Man kann nicht ausschließen, daß Benevent 969 dabei als ein Präzedenzfall eingewirkt hat, da dieses vom Kaiser signierte Privileg als Ergebnis einer römischen Synode die Aufmerksamkeit erregen konnte. Die getrennt vom Beneventaner Festkatalog eingetragene Ergänzung um die Feste St. Michael und Translatio Bartholomaei läßt sich jedenfalls aus der Redaktion von Magdeburg 968 nicht ableiten. Zwar fehlt hier, anders als bei Laurentius und Mauritius bei den redaktionell vergleichbaren Ergänzungen der Privilegien für deutsche Empfänger, die besondere kaiserliche Intervention, nicht aber eine solche für die Hauptsache. Johannes XIII. erteilt das Pallium ortatu siquidem benigno ipsius prefati domini Ottonis clementissimi imperatoris augusti und mit Zustimmung der Konzilsväter, quibus pariter amore fuerunt Beneuentanam cathedram velle exaltare. Auf die Interventionen pro amore in Fulda, Mainz und Trier ist oben hingewiesen worden . Als Vorbilder für die Beneventaner Formel kommen wegen des Eingangsverbs Adicimus am ehesten die Fassungen von Fulda 969 und Mainz 975 in Betracht, also die beiden Texte, die aus anderen Gründen mit der römischen Synode vom Mai 969 in Verbindung gebracht werden könnten. Die Vermutung erscheint erlaubt, die Kaiserkanzlei habe, wie sie die Signierung von Papstdekreten selbst besorgte , der Papstkanzlei auch den Text der Interventionsformeln zur Verfügung gestellt. Dafür spricht namentlich die „erzählende" Fassung von Trier 965-96-9 mit ihrem Hinweis auf den Ungarnsieg und den besonderen Rang des Mauritiusfestes, 1 7 4 [Hierzu ausführlicher unten S. 4 0 und S. 1 7 7 - 1 9 1 . ] 175 v. HACKE S. 1 1 2 . Verleihung nur bei persönlicher Anwesenheit in R o m ist erst seit Nikolaus II. und Alexander II. gefordert worden, aaO. S. 130f.; G P 4 S . 92 Nr. 123. 176 Siehe unten S. 1 9 2 - 1 9 7 . 1 7 7 Oben S. 29f. 178 BEUMANN, Kaisertum in: VortrrForsch 1 S. 52ff., Neudr. S. 4 5 6 f f .

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Der Kaiser interveniert dazu als f o r m a l e s I n d i z der P r o s a r e i m existere Zufall

zugeschrieben

werden

kann 179 .

- excolere,

(Selbst

die

der nicht dem

Mainzer

Präemi-

n e n z f o r m e l läßt E i n f l ü s s e v o n dieser Seite v e r m u t e n . Z u premineas

sind

zu stellen D O II. 148 v o n 9 7 7 M ä r z 2 3 ( s u p e r e m i n e r e ) , D O I I I . 2 6 2 v o n 9 8 7 O k t o b e r 2 7 (preeminere), (supereminere)m).

auch bereits F o r m u l a e Imperiales N r . 17

S o b e t r a c h t e t , k ö n n t e die F u l d a e r I n t e r v e n t i o n

mit

P r i m a t s f o r m e l bereits w ä h r e n d der r ö m i s c h e n M a i s y n o d e v o n 9 6 9 in den G e s c h ä f t s g a n g der Papstkanzlei gegeben w o r d e n sein und d o r t auf das Privileg f ü r B e n e v e n t eingewirkt haben, w ä h r e n d für F u l d a erst am 8. N o v e m b e r g e u r k u n d e t w o r d e n ist. E i n den T e x t v o n M a i n z 9 7 5 v o r w e g n e h m e n d e s Palliumprivileg für H a t t o II. w ü r d e zu diesen R a h m e n b e d i n g u n g e n und I n d i z i e n passen. D i e verbalen A n k l ä n g e d e c k e n z w a r nur die I n t e r v e n t i o n s f o r m e l n , nicht auch P r ä e m i n e n z und K r ö n u n g s r e c h t v o n M a i n z . D a j e d o c h der F u l d a e r P r i m a t einen M e t r o p o l i t a n p r i m a t in Gallia und G e r m a n i a v o r aussetzt, hätte eine e n t s p r e c h e n d e Privilegierung H a t t o s v o n M a i n z ihren w o h l b e g r ü n d e t e n Platz bei der r ö m i s c h e n S y n o d e v o m M a i 9 6 9 . D a s M a g d e b u r g e r „ P r i m a t s p r i v i l e g " v o n 9 6 8 ( U 6 3 ) , das sich o h n e h i n als F ä l s c h u n g erweisen wird, w ä r e kein solches f ü r G e r m a n i a und Gallia, s o n d e r n nur f ü r G e r m a n i a . I n H a m b u r g b e g e g n e n die F e s t t a g e des L a u r e n t i u s und M a u r i t i u s im Privileg J o h a n n e s ' X V . für E r z b i s c h o f L i e v i z o ( L i b e n t i u s ) v o m 8. N o v e m b e r 9 8 9 " " ebenfalls als eigens, allerdings auf B i t t e n des E m p f ä n g e r s u n d nicht des Kaisers, in einer A p p e n d i x h i n z u g e f ü g t e Palliumtage ( I n -

super addimus

pro voto vestre dignissime petitionis

ü b e r den usus pallii

L D , u n d z w a r in f o l g e n d e r F a s s u n g : Sancta

stram diu conservare perpetuam

perducat

...). Der Abschnitt

folgt allein im S c h l u ß s e g e n dem F o r m u l a r V 4 5 des trinitas

fraternitatem

dignetur atque post huius seculi amaritudinem beatitudinem.

ve-

ad

A u ß e r in M a i n z 9 7 5 und in M a g d e -

b u r g 1 0 1 2 ( U B E M * 1 3 1 und 1 3 3 ) erscheint die F o r m e l , soweit ich sehe, n u r hier mit d e m P r o s a r e i m . E i n b e s o n d e r e s Palliumprivileg L i e v i z o s , der 9 8 8 auf Adaldag gefolgt war, ist nicht überliefert, w ä h r e n d w i r für Adaldag i m m e r h i n das nach L D V 45 f o r m u l i e r t e F r a g m e n t eines solc h e n besitzen, das L e o V I I . dem im F r ü h j a h r 9 3 7 e r n a n n t e n E r z b i s c h o f ausgestellt h a b e n dürfte' 8 2 .

179 Belege für Prosareim in ottonischen Diplomen bei POLHEIM S. 97ff. 180 M G H Formulae S. 298, zitiert von H. FICHTENAU, Arenga. Spätantike und Mittelalter im Spiegel von Urkundenformeln (MIÖG Erg.-Bd. 18, 1957) S. 81. 181 Z P U U 301; GP 6 S. 50 Nr. 61. 182 Z P U U 76; GP 6 S. 45 Nr. 46.

38

D e r Kaiser interveniert

Hamburg

Mainz

Salzburg

Trier

[Gestrichelten Linien = Diktatverwandtschaft, * = Deperditum]

Adaldag hat im Februar 962 der Kaiserkrönung O t t o s des Großen beigewohnt und das Ottonianum an der Spitze der Zeugen unterzeichnet' . D i e zusätzlichen Palliumtage der Sieghelfer des Kaisers und der gereimte Schlußsegen verbinden das Privileg von 989 mit Willigis 975. Als gemeinsame Wurzel dieser Übereinstimmungen k o m m e n sehr wohl verlorene Papstprivilegien für Mainz und H a m b u r g aus den Tagen der K r ö nungssynode von 962 in Frage. Denn es wäre schwer zu erklären, weshalb Adaldag, der unter den Reichsmetropoliten dem ottonischen H o f besonders nahegestanden hat184, trotz seiner Anwesenheit übergangen worden wäre, während mindestens für Salzburg und Trier die Palliumtage entsprechend ergänzt worden sind. Einen dominierenden Einfluß des Kaiserhofes auf die in jenen T a g e n ausgestellten Papsturkunden läßt vor allem der Inhalt des Dekrets über

183 D O I. 235; GP 6 S. 48 Nr. 52. 184

FLECKENSTEIN, H o f k a p e l l e 2 S. 56.

39

Der Kaiser interveniert die E r h e b u n g M a g d e b u r g s zur M e t r o p o l e erkennen 1 8 3 . Sein

Kontext

schließt ebenfalls mit einem in vergleichbarer W e i s e gereimten Schlußse-

gen: Omnipotens itaque Deus serenissimo inperatori Ottoni suoque nato regi equivoco, spiritualibus filiis nostris, longevam tribuat vitam, quatinus in hoc seculo tranquille viventes, in futuro inmarcescibilis glorie percipiant palmam S c h w e r l i c h ist dieser R e i m o h n e A b s i c h t z u s t a n d e g e k o m m e n . D e n n sein zweites G l i e d vernachlässigt ebenso wie die Vergleichsfälle

die

M ö g l i c h k e i t , durch U m s t e l l u n g der beiden letzten W o r t e den C u r s u s tardus palmam

percipiant

zu gewinnen. D e r C u r s u s L e o n i n u s , in der

Papstkanzlei n o c h nicht wieder z u r verbindlichen N o r m geworden, w a r gleichwohl im 10. J a h r h u n d e r t nicht gänzlich ausgestorben und gerade in liturgischen F o r m e l n wie dieser eher zu erwarten. T h o m a s Z o t z hat das H a m b u r g e r Privileg v o n 9 8 9 wegen der dort

gewährten Palliumtage beatorum martyrum Laurencii et Mauricii sociorumque

eorundem

an das M a g d e b u r g e r v o n 968 187 anschließen wollen,

weil nur d o r t „die anderen Mitglieder der T h e b ä i s c h e n L e g i o n " im F e s t tagskatalog genannt werden 1 8 8 . In M a g d e b u r g erscheint 9 6 8 in der Liste der Palliumtage j e d o c h ausdrücklich nur Laurentius, und z w a r g e m ä ß dem O r d o des K i r c h e n j a h r e s an der zeitlich richtigen Stelle 18 '. Z u v o r heißt es allerdings, der Papst gewähre das Pallium pro

amore

Mavricii et Innocentii martirum et eorum sanctorum, qui requiescunt.

beatorum

Magadaburg

Tatsächlich besaß die M a g d e b u r g e r K i r c h e Reliquien dieser

beiden T h e b ä e r , des I n n o c e n t i u s seit 9 3 7 , des Mauritius seit 9 6 0 " ° , d o c h ist v o n weiteren G e f ä h r t e n gerade hier nicht die R e d e 1 " . In der Liste der Heiligenfeste heißt es am S c h l u ß abermals et eorum gadaburg

requiescunt,

sanctorum,

qui

Ma-

w o r i n der Sache nach und nach der Festfolge z u -

treffend Mauritius und Innocentius eingeschlossen waren, w e n n es auch überraschen m u ß , gerade diese beiden - anders als in der pro

amore-

F o r m e l , die sie v o r h e r gebührend genannt hatte, - zu den nur s u m m a risch und namentlich nicht aufgeführten H e i l i g e n rechnen zu sollen. W i e Z o t z selbst ausführt, erscheinen Laurentius-Mauritius in H a m b u r g 9 8 9

185 Dies b e t o n t nachdrücklich E. E. STENGEL, A b h a n d l u n g e n u n d U n t e r s u c h u n g e n z u r Geschichte des Kaisergedankens im Mittelalter (1965) S. 87ff. 186 U B H H 2 8 = Z P U U 154. 187 U B E M 62 = Z P U U 190. 188 ZOTZ S. 163. 189 Ders. S. 162. 190 U B E M 1 = D O I. 14; CLAUDE 1 S. 39. 191 D i e socii w e r d e n allerdings schon im G r ü n d u n g s p r i v i l e g des Moritzklosters 937 ( U B E M 1 = D O I. 14) genannt.

40

Der Kaiser interveniert

wie zuvor in Salzburg und Trier 962, Trier 965/66 192 und Mainz 975 immer noch als Appendix und nicht, wie in Magdeburg 968, in das K i r chenjahr integriert. Einen ebenfalls versteckten Hinweis auf die beiden heiligen Sieghelfer enthält jedoch die den Magdeburger Palliumtagen vorausgeschickte Bestimmung, Adalbert solle das Insigne gebrauchen wie der Mainzer und der Trierer Erzbischof (eo te sicut archiepiscopum Magontiensem et

Treuerensem

uti concedimus preterea

statutis bis diebus ...). Nach dem

Trierer Privileg von 962 wurden damit beide Sieghelfer erfaßt, auch der anschließend genannte Laurentius, eine Redundanz, die sich daraus ergeben haben mag, daß Mauritius und Innocentius vorher, in der pro amore-Formel, bereits hervorgehoben worden waren. D e r Festtag beider wie der übrigen Thebäer war der gleiche (22. September), die Nennung der socii vervollständigte lediglich die Bezeichnung des Festtages und kann im Laufe der Uberlieferung jederzeit hinzugetreten sein. Die Gleichstellung mit Mainz und Trier knüpft inhaltlich an das Ravennater Dekret des gleichen Papstes von 967 an, demzufolge Magdeburg den übrigen M e tropolitankirchen gleichrangig sein sollte" 3 , und steht auf einer Linie mit dem Privileg Benedikts V I I . von 981 September, worin die Aequalitas von Magdeburg, Mainz, Trier und Köln mit der Formulierung sitque ... equalis per omnia festgelegt worden ist" 4 . Die gleiche Formel erscheint schon im April desselben Jahres in Benedikts Privileg für Memleben . D o c h bereits 975, als Benedikt V I I . den Trierer Primat am 18. Januar bestätigte, erweiterte er die Trierer Vorrechte und verglich dabei Trier mit Ravenna. Beide Kirchen, hinsichtlich ihres apostolischen Ursprungs equales, sollten nun auch in omni honore equales sein" 6 . D a sicut uti... preterea statutis bis diebus eindeutig auf die Palliumtage zu beziehen ist, hat Thomas Zotz die Festkataloge verglichen" 7 . D e m nach dürften für Magdeburg 968 Palliumprivilegien für Mainz (nach dem Muster von Willigis 9 7 5 ) und Trier (Dietrich 965/66) das Vorbild gebildet haben. Ubereinstimmend beginnen die Listen mit Weihnachten (jeweils natalis domini), nennen bis Pfingsten die gleichen Tage und stellen die Festbezeichnungen Epiphanie, Ostern, Himmelfahrt und Pfingsten in den Genitiv, ohne daß diese von einem regierenden Substantiv (wie in festivitate o ä.) abhängig wären. D a 968 außer Dietrich

192 193 194 195 196 197

So nach ZoTZ S. 160 die zeitliche Einordnung von ZPUU 196. UBEM 52 = ZPUU 177. UBEM 95 = ZPUU 270. ZPUU 265. ZPUU+235. ZOTZS. 159ff.

Der Kaiser interveniert

41

nur Hatto II. von Mainz gemeint sein konnte, der Mitte des Jahres 968 erhoben worden war, schlägt Zotz [wie bereits gesagt] vor, statt für Wilhelm 962 für Hatto ein verlorenes Palliumprivileg anzunehmen, das 975 für Willigis wiederholt worden sei. Dieser habe bereits als Abt von Fulda, wie sein Vorgänger Hadamar, Ottos Missions- und Kaiserpolitik unterstützt und 968 in Ravenna der Errichtung des Erzbistums Magdeburg zugestimmt 1 9 . Eine entsprechende Zustimmung Wilhelms hatte 962 in der Tat noch nicht vorgelegen, doch sie zu erlangen, mußte das Bestreben des Kaisers gerade damals sein, und sie ist nach seiner Rückkehr aus Italien 965/66 tatsächlich erreicht worden' . N u r bei Wilhelm läßt sich mit Bestimmtheit sagen, daß er einer Bestätigung seines Vikariats bedurfte, die der Willigis-Text enthält, dessen kunstvoller Aufbau, wie dargelegt, der Situation von 962 vorzüglich entspricht. Damals, bei der römischen Krönungssynode, vermochte der Kaiser f ü r die Erweiterung der Palliumtage unmittelbar zu intervenieren, während der Papst im O k t o b e r 968 in Ravenna nicht zugegen war . Die nächste Gelegenheit hätte sich am 26. Mai 969 ergeben, als O t t o der Große an der römischen Synode teilnahm, bei der die Kirche von Benevent zum Erzbistum erhoben wurde"1. Vergleicht man die möglichen Motivhintergründe, so fällt ein solcher bei Wilhelm stärker ins Gewicht als bei Hatto, so gewiß dieser für seine Treue mit der Mainzer Metropolitanwürde belohnt worden ist. Auf ihn, der im Magdeburger Privileg von 968 wegen seiner Zustimmung zur Errichtung des Erzbistums ausdrücklich genannt wird, ist der Rekurs auf den Mainzer Palliumgebrauch gewiß zu beziehen, und man darf Zotz folgen, wenn er für H a t t o ein Palliumprivileg postuliert, das f ü r Willigis 975 nur wiederholt worden ist. D a ß dabei ein ebenfalls verlorenes Privileg Wilhelms von 962 als Vorlage gedient hat, wird durch diese Schlußfolgerungen allerdings nicht ausgeschlossen, vielmehr bleiben alle Argumente, die auf Wilhelm hinweisen, in Kraft. Im kaiserlichen Inthronisationsmandat von 968 heißt es von Adalbert, O t t o habe ihn zum Empfang des Palliums nach Rom entsandt 2 2. Ist

198 U B E M 5 9 . 199 BEUMANN, Entschädigungen S. 383f. 200 Die Formel pro amore ... imperatoris (statt propter petitionem wie bei Friedrich von Salzburg 962) ist kein Indiz für eine Fernintervention oder gar für einen spontanen Gunsterweis. Sie begegnet bei dem in Anwesenheit des Kaisers ausgestellten Privileg für Trier von 962 ( Z P U U 153), bei dem an einer unmittelbaren Intervention auch wegen der Salzburger Parallele nicht zu zweifeln ist. 201 BZ 458, 459. 202 D O I. 366 = U B E M 67: ... quem et Romam pro pallio a domno papa suscipiendo direximus. Adalbert erscheint mit dem Titel archiepiscopus in den in

Der Kaiser interveniert

42

H a t t o wie Adalbert und vielleicht an dessen Seite zu dem

gleichen

Z w e c k dorthin gegangen? D a f ü r könnte die R o m e r f a h r u n g des vormaligen Fuldaer A b t e s sprechen, der dem K ö n i g v o r dem 10. D e z e m b e r 961 als „ Q u a r t i e r m e i s t e r " vorausgeeilt war 2 0 3 und nunmehr in R o m als der für M a g d e b u r g zuständige Metropolit seine Z u s t i m m u n g z u r G r ü n d u n g des neuen E r z b i s t u m s persönlich hätte abgeben können. D o c h gerade dies ist nach dem Privileg, das Adalbert d o r t erhalten hat, auszuschließen. D e n n darin erklärt Johannes X I I I . , H a t t o v o n Mainz, H i l d e w a r d v o n Halberstadt et comprovinciales

episcopi hätten, wie er per

consenta-

neas et petitorias litteras ab ipsis propriis manibus roboratas erfahren habe, die in seiner G e g e n w a r t v o r dem G r a b des hl. Petrus verlesen w o r den

seien,

angeordnet

(ordinaverunt),

es

solle

in

Magdeburg

ein

E r z b i s t u m errichtet werden 2 0 4 . H a t t o s K o n s e n s ist im vollen T e x t und mit den v o m Papst erwähnten Unterschriften überliefert 2 0 5 . Hildewards Z u s t i m m u n g und das mit ihm geschlossene Tauschgeschäft zugunsten der M a g d e b u r g e r Kirche w a r zu Ravenna im O k t o b e r 9 6 8 coram

archie-

piscopo Ravennate et episcopis comprovincialibus erreicht und von der Reichskanzlei in der erwähnten N o t i t i a beurkundet worden 2 0 6 . E i n e n schriftlichen Konsens hat H i l d e w a r d offenbar verweigert 2 0 7 , und z w a r

203 204 205 206 207

Ravenna für die erzbischöfliche Kirche von Magdeburg ausgestellten D D O II. 18 u. 19 (= U B E M 57 u. 58) vom 3. Oktober 968 als Intervenient BMik 594 u. 595; die sogenannte Ravennater Narratio führt ihn in der Fassung der Annales Magdeburg. S. 150 unter den Unterzeichnern als Adalbertus Rugorum episcopus auf, wo in den Magdeburger Kopialbüchern Adalbertus Lunensis episcopus (seit 963 Bischof von Luni) erscheint ( U B E M 62 mit N o t e cccc). Dazu B O 474; KÖPKE/DÜMMLER, Kaiser O t t o d.Gr. S. 447; CLAUDE 1 S. 114f. Rex Hattonem Fuldensem abbatem ad constmenda sibi babitacula Romain premisit. Cont. Reg. zu 961 S. 171; Z P U U 150; B O 307e. U B E M 62 = Z P U U 190. U B E M 59. U B E M 61; vgl. dazu ausführlich ENGELS, Gründung S. 137ff. [hierzu und zum folgenden auch HEHL, Der widerspenstige Bischof, S. 298ff.] ENGELS, aaO. S. 143ff.; BEUMANN, Entschädigungen S. 388f.; Thietmars Bericht (Chron. II 20 S. 62f.), Hildeward habe auch an Merseburg einen Teil seiner Diözese abgetreten, könnte allenfalls als mündliche Erklärung gedeutet werden. Seine Grenzbeschreibung dürfte zutreffen (vgl. R. HOLTZMANN in der Thietmar-Ausg. S. 62 Anm. 4), doch besagt dies nicht, Hildeward habe dieser Bildung der Merseburger Diözese auf Kosten der Halberstädter zugestimmt. Zu Thietmars Tendenz: ENGELS, Gründung S. 151 f£. Die in den Magdeburger Gesta c. 7 S. 380 und gleichlautend in Annales Magdeburg. S. 149, 53 enthaltene Nachricht, Hildeward habe tarn ex arcbiepiscopi consenSH quam omnium, qui aderant consulto ... synodali decreto sancto Mauricio Magdeburg sanctoque Laurentio Merseburg abgetreten, was der Kaiser erbe-

Der Kaiser interveniert

43

hauptsächlich wegen des Bistums Merseburg, dessen Ausstattung in der Notitia unberücksichtigt geblieben ist und auch bleiben konnte, da es sich bei ihr darum handelte, Adalbert ein Dokument an die Hand zu geben, das dem Papst erlaubte, ihm das Pallium zu erteilen, so daß nur der Magdeburger Aspekt berücksichtigt werden mußte 208 . Odilo Engels hat dazu beobachtet, daß in Hattos Urkunde, w o Hildewards Unterschrift fehlt, der Mainzer seinen Konsens zur Errichtung des Magdeburger Erzstuhles mit den W o r t e n permittimus et consentimus zum Ausdruck bringt, während es zum Merseburger Suffraganbistum archiepiscopali nostra auctoritate censemus et instituimus heißt209. In der Merseburger, nicht der Magdeburger Frage ist demnach eine Einigung des Kaisers mit Hildeward gescheitert, in jener mußte Hildewards Konsens durch die zwingende Anordnung seines Metropoliten ersetzt werden: ein gewiß anfechtbares, von Johannes XIII. jedoch wohlwollend geduldetes Verfahren, zumal da Hildeward auf einen kanonischen Widerspruch verzichtet hat - wohl auf Grund eines bei den Ravennater Verhandlungen erzielten Stillhalteabkommens - , so daß der Papst in dieser Sache nicht tätig zu werden brauchte. Adalbert hat, wie deutliche Textberührungen mit seinem Palliumprivileg zeigen210, in Rom die Notitia vorgelegt und ten habe, beruht nicht auf Thietmar, sondern steht in einem Kontext, der mit Ausnahme der Worte über Merseburg den Text der Ravennater Notitia wiederholt und die Kenntnis von Hattos Konsensurkunde verrät (ex archiepiscopi consensu). ENGELS S. 145 mit A n m . 56.

208 ENGELS, Gründung S. 146f. Der im Synodaldekret Benedikts VII. von 981 (UBEM 92 = ZPUU 269) erwähnte, bei der römischen Synode verlesene Brief Hildewards betrifft während der Sedenzzeit Adalberts entstandene Streitigkeiten über die Abgrenzung der Halberstädter und Magdeburger (nicht der Merseburger, wie versehentlich bei B E U M A N N , Entschädigungen S. 389) Diözesen. Hildeward hat darin Grenzkorrekturen gefordert, die von Benedikt VII. abgelehnt worden sind, nicht dagegen eine Annullierung der Halberstädter Abtretungen an Magdeburg, für die Halberstadt durch Zehnten im Hassegau entschädigt worden war (ENGELS, Gründung S. 144 mit Anm. 33). 209

ENGELS, a a O . S . 1 4 3 .

210 In den genannten Editionen durch Kleindruck gekennzeichnet. Auch die comprovinciales episcopi, die in Adalberts Palliumprivileg neben Hatto und Hildeward zitiert werden, stammen aus der Ravennater Notitia. ENGELS, Gründung S. 146 mit Anm. 39. Im Palliumprivileg erscheinen die comprovinciales eher als Mainzer Suffragane (BÜTTNER, Kirche S. 178), von denen allerdings nur einer [Hattos Konsensurkunde unterzeichnet hat] (ENGELS), in der Notitia als solche von Ravenna (die Verhandlung fand statt coram ar-cbiepiscopo Rauennate et episcopis comprovincialibus. Sie könnte - in elliptischer Weise - auch das Privileg Johannes' XIII. gemeint haben, da in ihm für diese Aussage auf die consentaneas et petitorias litteras ab ipsis pro-

44

Der Kaiser interveniert

außerdem Hattos Konsensurkunde. Beide trugen Hattos Unterschrift, diejenige Hildewards beglaubigte wenigstens in der Notitia seinen Konsens zur Gründung des Erzbistums. Der Papst scheint gleichwohl in diesem Punkte Bedenken gehabt zu haben. Denn nach c.10 der Gesta archiepiscoporum211 ist Adalbert von Rom mit zwei Papstlegaten, dem Bischof (von Silva Candida) Wido, Bibliothekar der römischen Kirche (963-975, Datar von U 62!) und dem Kardinal Benedikt (Bischof von Porto), beide als Teilnehmer der Ravennater Synode von 967 bezeugt2'2, zum Kaiser zurückgeschickt worden213, und zwar mit dem Auftrag, gemeinsam mit Bischof Hildeward den neuen Erzbischof zu inthronisieren . Die Beteiligung Hildewards sollte offenbar dessen Konsens bekräftigen, den dieser nicht in schriftlicher Form erteilt hatte. Dem entspricht Taginos Investitur mit dem Stab Arnulfs von Halberstadt im Jahre 1004 bei der Wiederherstellung des Merseburger Bistums215. Doch zurück zu Hattos vermutetem Palliumprivileg. Daß er ebenso wie Adalbert und Hildeward in Ravenna vom Kaiser investiert worden ist, nachdem die Bedingungen dafür notdürftig ausgehandelt worden waren, liegt auf der Hand. Für Hildeward wird dies durch Thietmar ausdrücklich bezeugt . Hatto war im Sommer 968 ernannt worden, am 28. November 968 hat er die Weihe empfangen217. So stellt sich die Frage, ob Hatto wie Adalbert nach Rom reisen sollte, um gleich diesem sein Pallium persönlich einzuholen218. Doch dies mußte die Situation entschieden verbieten. Denn wäre Hatto an Adalberts Seite in Rom erschienen, hätte er die Ravennater Dokumente mündlich erläutern und erklä-

priis manibus roboratas verwiesen wird. U m einen bloßen Hoftag des Kaisers (so ENGELS und auch noch zustimmend BEUMANN, Entschädigungen S. 3 8 6 A n m . 2 8 ) hat es sich im Oktober 9 6 8 zu Ravenna wohl doch nicht gehandelt, eher um eine erweiterte Ravennater Provinzialsynode, die allerdings gleichzeitig mit einem Hoftag getagt haben könnte, bei dem der Kaiser die entscheidenden Verhandlungen mit H a t t o und Hildeward geführt haben dürfte. Zu petitorias litteras (päpstliche Umdeutung der Dokumente) ENGELS S. 146. Die Unterschiede der kaiserlichen und päpstlichen Auffassung behandelt ausführlich CLAUDE 1 S. 89ff. 211 M G H S S 1 4 S . 382, 1. 2 1 2 B Z 413. 2 1 3 B O 485a. 2 1 4 ... qui illum cum Hildewardo Halverstadensi episcopo sedi sue inthronizarent. Die Nachricht ist absolut glaubwürdig, vgl. unten S. 219f. 215 216 217 218

Thietmar V 41 S. 268. A a O . II 21 S. 62f. HAUCK, K G 3 S. 981. In Adalberts Palliumprivileg heißt es ausdrücklich: pallium ipsi... circa teponimus.

tibi...

damus,

D e r Kaiser interveniert

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ren müssen, weshalb Hildeward nicht ebenfalls erschienen sei und nicht einmal eine Konsensurkunde von dessen Seite vorgelegt werden könne. Diesen ebenfalls nach Rom reisen zu lassen, mußte in den Augen des Kaisers die Gefahr beschwören, daß der Halberstädter das Ravennater Stillhalteabkommen brach. Die Nachricht der Gesta über die Inthronisationslegaten setzt ebenfalls eine Anwesenheit Hildewards in Rom nicht voraus. Der zuverlässigste Anwalt der kaiserlichen Sache konnte in Rom nur Adalbert selbst sein, da nur er im eigenen Interesse bestrebt sein mußte, den in Ravenna mühsam ausgehandelten Kompromiß vor dem Papst so zu erläutern, daß dieser mögliche kanonische Bedenken beiseiteschieben konnte. Adalbert ist demnach von Rom zunächst zum Kaiser zurückgekehrt, begleitet von den beiden Legaten, deren auch der Kaiser in seinem Inthronisationsmandat gedenkt, das bei dieser Gelegenheit Adalbert mit auf den Weg gegeben worden sein dürfte. Anders als Adalbert hat somit Hatto sein Pallium nicht persönlich eingeholt, so daß der Text des Mainzer Privilegs von 975, wo von dessen Ubersendung gesprochen wird, in diesem Punkte, wie schon für Wilhelm, auch für ihn gepaßt hätte. Doch nicht nur dies. In bemerkenswerter Weise hatte der Mainzer Metropolit in seiner Konsensurkunde unter extensiver Auslegung seiner erzbischöflichen auctoritas das Merseburger kanonische Defizit zu decken gesucht. Da konnten der Vikariat und die erweiterten Kompetenzen, die das Palliumprivileg seines Vorgängers Wilhelm bot, in hohem Maße erwünscht erscheinen. Dieses dürfte er ohnehin in Ravenna als den nächstliegenden Vorgang für sein eigenes Palliumgesuch vorsorglich bei sich geführt und, nachdem sich seine eigene Romreise verboten hatte, mit der erforderlichen schriftlichen petitio durch Adalbert oder einen eigenen Boten nach Rom expediert haben. Diese Aspekte stützen sogar auf den ersten Blick den Vorschlag von Zotz, anstelle eines Deperditums für Wilhelm von 962 allein ein solches für Hatto von 968 anzunehmen. Für Hatto paßt jedoch nicht die Bestätigung des bereits innegehabten Vikariats, und die ungewöhnliche K o m bination von Pallium und Vikariat im gleichen Privileg ließe sich, anders als bei Wilhelm, bei Hatto, der noch nicht einmal konsekriert war, ebensowenig wie bei Willigis vom Ursprung her erklären. Etwas anderes war die wörtliche Wiederholung einer Vorurkunde, wofür es hinreichend viele Beispiele gibt. Ein Palliumprivileg Hattos von 968 in der erst 975 bei Willigis greifbaren Fassung käme auch als plausibler Hintergrund für den primatus sedendi in Betracht, den Johannes X I I I . Hattos Fuldaer Nachfolger Werner am 8. November 969 verliehen hat 2 ". Schließlich involvierte die Präeminenz des Papstvikars ebenfalls einen primatus sedendi, 219

W i e o b e n S. 2 9 A n m . 141.

46

Der Kaiser interveniert

wenn ihm als solchem der Vorrang vor allen Bischöfen und Erzbischöfen im Reich gebühren sollte. Die Fuldaer Formulierung verweist freilich unmittelbarer auf das Trierer Primatsprivileg des gleichen Papstes vom 22. Januar 969 mit seiner differenzierten Regelung des primatus sedendi . Die kaiserliche Intervention, die in Trier gänzlich fehlt, kennzeichnet den Fuldaer Primat eher als eine Antwort des Kaisers auf das Trierer Privileg, zumal da der Begriff primatus in ihm aus der dortigen lokalen, von Pseudoisidor beeinflußten Tradition abzuleiten ist. Fragt man nach einer widerspruchsfreien Lösung des Problems, so ist auf den Vorschlag zurückzukommen, schon Wilhelm von Mainz habe bei der Krönungssynode Ottos des Großen im Februar 962 ein Privileg erhalten, das als Vorlage für Willigis 975 infrage kommt 221 . Diese H y p o these ist entweder, wegen der damit verbundenen Primatsfrage, mit Zurückhaltung aufgenommen 222 oder gänzlich zurückgewiesen worden 223 . Rathsack hat inzwischen den Text der Präeminenzformel von 975 ergänzt und damit als deren Kern die Bestätigung des Vikariats herausgeschält. Auf diesem Hintergrund stimmt er der Hypothese eines entsprechenden Deperditums von 962 für Wilhelm zu, der „kraft seines Amtes als Papstvikar selbstverständlich ein Recht haben sollte, an den besonderen ottonischen Festtagen das Pallium zu tragen." 225 . Der diplomatische Anhaltspunkt für diese Annahme ist die Intervention des Kaisers zugunsten seiner Sieghelfer bei der Ungarnschlacht analog zu Salzburg und Trier. Brun von Köln bedurfte einer solchen Ergänzung nicht, da ihm sein Palliumprivileg von 955 die Palliumtage ins eigene Ermessen gestellt hatte. Eine Übergehung von Mainz wäre jedoch schwer zu erklären. Wenn es sich bei Willigis 975 um die Nachurkunde zu einem Privileg Wilhelms von 962 handelt, erforderte die Übernahme der Interventionsformel die Anwesenheit des Intervenienten beim Aussteller nicht. So könnte auch bei Willigis Otto der Große gemeint sein. U m die Diktatverwandtschaft der Interventionsformeln von Fulda 969 und Willigis 975 zu erklären, genügte freilich zunächst die Annahme eines erneuerten 220 Z P U U + 1 9 5 . 221 BEUMANN, Lotharingien S. 38f.; ders., Laurentius und Mauritius S. 255ff. und oben S. 41 f. 222 THOMAS, Erzbischof Siegfried I. von Mainz, akzeptiert die Annahme eines entsprechenden Deperditums für Wilhelm von 962 und wendet sich S. 375ff. nur (wie sich inzwischen gezeigt hat, mit Recht) gegen meine Deutung der Präeminenz als Primat; ähnlich BOSHOF, Erzstift Trier S. 67ff. 223

S o v o n L A PLANTE u n d v o n JAKOBS, A n m e r k u n g e n S. 4 2 f . m i t A n m . 4 0

sowie G P 4 S. 76 Nr. 68. 224 Siehe oben S. 7ff. 225

RATHSACK L S. 2 8 8 f .

Der Kaiser interveniert

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und um die Festtage der ottonischen Siegheiligen ergänzten Palliumprivilegs für Wilhelm von 962. Seine Erweiterung um die Präeminenzformel mit Krönungsrecht folgt daraus nicht ohne weiteres. Um auch dies zu begründen, muß weiter ausgeholt werden. Zunächst ist durch Rathsacks Textergänzung eine neue Lage entstanden. Wenn es sich bei der Präeminenzformel um die Bestätigung des Vikariats handelt, aus dem die Befugnis der Konsekration des Königs und der Vorrang im Reichsepiskopat lediglich abgeleitet wurden, so hätte eine solche Privilegierung Wilhelms 962 kaum überraschen können. Sein Vorgänger Friedrich war sowohl von Leo VII. als auch von Marinus II. als Papstvikar bestellt worden. Wilhelm hatte sein Vikariatsprivileg von Agapit II. erhalten22'. Eine erneute Bestallung oder die Bestätigung der Funktion nach dem Wechsel auf dem römischen Stuhl wäre nur natürlich gewesen. Dies um so mehr, als Wilhelm in seinem Beschwerdebrief an Agapit von 955227 seinen Vikariat an vier Stellen hervorhebt und dessen Übergehung nicht nur in der Magdeburger Frage beanstandet. Als Abhilfe forderte er ein Reichskonzil, loco quo vobis placeat, mihi carissimum Mogontiae, bei dem entweder unter seinem eigenen Vorsitz, dem Bruns von Köln oder Ruotberts von Trier die Mißstände behandelt werden sollten22*.

[b) Die Antwort Papst Johannes' X I I . auf den Beschwerdebrief Erzbischof Wilhelms von Mainz von 955] (ZPUU137) Wilhelms Brief ist erst nach dem Tode Agapits 22 ' von dessen Nachfolger Johannes XII. 230 beantwortet worden231. Auf Wilhelms Vorschlag, der Papst möge eine Reichssynode zur Behandlung der Beschwerdepunkte einberufen, wird nicht eingegangen, ebensowenig auf seine Ubergehung als des zuständigen Papstvikars. Die angeprangerten Mißstände werden allerdings nicht beschwichtigt, sondern bedauert. Die Frage der Bistumsgründungen, die Agapit in einem von Hadamar überbrachten, ver-

226 Z P U U 1 3 3 227 jAFFfi, Bibl. 3 S. 347ff.; QuiTER S. 188ff. 228 [Es folgt eine kurze Charakteristik der Antwort Johannes' XII., die sich durch die folgende, hier eingefügte ausführliche Analyse von Z P U U 137 erübrigt.] 229 955 Anfang Dezember. B Z 253. 230 955 Dezember 16 erhoben. B Z 254. 231 B Z 258; Z P U U 137.

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Der Kaiser interveniert

lorenen Privileg dem König freigestellt hatte252, wird ebenfalls nicht berührt. Bedenkt man, wie nachdrücklich Wilhelm gerade auch dies mit abermaliger Berufung auf seinen Vikariat beanstandet hatte, fällt bei J o hannes X I I . auf, daß er nicht diesen, sondern den päpstlichen Primat hervorhebt: Totius namque Christianitatis post Deum caput effecti non aliquo privilegio humano, sed voce ipsius Domini beato Petro apostolo, sicut bene nostis, dicentis: Tu es Petrus usw. (Mt. 16,18). Als Inhaber dieses höchsten Amtes will er una vobiscum den Übeln entgegenwirken. Inzwischen möge der Adressat den gesetzlosen Verwüstern der Kirche mit aller Kraft widerstehen und sie auf den Weg des Friedens und des Rechts zurückführen. Quos vero in malis actibus permanere cognoscitis et minime reflecti iussionibus vestris voluerint, ad hanc nostram apostolicam sedem, sicut antiqua consuetudo fuit, dirígete et cum eis vestros crédulos fideles, qui nobis illorum causas et omnia, quae in Galliarum atque Germanie partibus aguntur, fideliter atque ordinabiliter intímate ... Der Herausgeber vermutet, der Papst beziehe sich mit den Worten sicut antiqua consuetudo fuit auf den Vorbehalt der causae maiores bei Innocentius I. oder Pseudoisidors falschem Pelagius . Dies würde dann ebenfalls für Wilhelms Vikariatsprivileg von 955 zu gelten haben, wo mit weniger Worten das gleiche Verfahren vorgesehen worden war" 4 . Es steht jedenfalls in deutlichem Gegensatz zu Wilhelms Vorschlag. Sein Vikariat wird mit dieser Anknüpfung, aber auch mit dem Hinweis auf seine Zuständigkeit in „Gallien und Germanien" 235 stillschweigend und ohne Erwähnung von Agapits Privileg als fortgeltend vorausgesetzt, nicht aber ausdrücklich bestätigt. Mit dem Hinweis auf die antiqua consuetudo wird das Vikariatsprivileg von 955, auf das sich Wilhelm in sei232 BZ 248; nach Wilhelms Worten (Jaffé, Bibl. 3 S. 349): ferens apostólicas aepistolas, habentes: apostólica maiestate licitum fore regí, episcopia ita ordinäre, quo sibi placeat. ZIMMERMANN, BZ 258, wertet die Antwort Johannes' XII., der sich damit „auf die Seite des Erzbischofs stellte", als einen „Wechsel der päpstlichen Politik ..., die vorläufig Ottos des Großen Pläne zum Scheitern brachte." 233 Innozenz I. JK 286, ebenfalls bei Ps.-Isidor überliefert: Dort auch die Wendung sicut vetus consuetudo exigit (HlNSCHIUS S. 5 3 0 ) ; PseudoPelagius aaO. S. 724. 234 ZPUU 133: Si quis vero, quod absit, vobis vicario apostolici velit aliquo contradicere, vos apostolicam sedem appellartdo sciat, nisi ante nos terminetur tempore a vobis constituto, illum apostolica benedictione privari et anathematis vinculo religan. 235 So die Reihenfolge der Namen, abweichend von den Mainzer Vikariatsprivilegien. In Wilhelms Brief von 955 erscheinen die Namen zunächst in dieser, dann in umgekehrter Reihenfolge [siehe oben Anm. 145]. In Trier steht Gallia stets an erster Stelle.

49

Der Kaiser interveniert

nem Brief ausdrücklich berufen und aus dem er sogar wörtlich zitiert hatte, mit Fleiß umgangen. Es fehlt bei Johannes X I I . auch die Anrede vicario

nostro,

die G r e g o r V . 997 in seinem Brief an E r z b i s c h o f Willigis 23 ''

zu gebrauchen nicht versäumt hat. Als Papstvikar in der Germania hatte Friedrich von M a i n z 93 7237, wie schon Bonifatius 2 5 8 , allein über das Korrektionsrecht

gegenüber

der

Geistlichkeit einschließlich der Bischöfe verfügt. Agapit will einem ihm überbrachten Brief Wilhelms (vestris litteris

entnommen

intimantibus)

haben, dem E r z b i s c h o f Friedrich sei von Papst Marinus gewährt w o r -

den, ut in partibus totius Germanie Gallieque provisor sancte Moguntine sedis vicarius missusque apostolicus teneretur, und zwar so, daß er vom Pfad des Rechts abirrende Männer, cuiuscumque

essent persone

ad se

vo-

care, ubi loci vellet monere, corrigere synodumque constituere, ubi vellet potestatem apostolici haberet (ZPUU 133). Die Worte cuiuscumque essent persone

erscheinen hier, in der Narratio, als pauschale Zusammen-

fassung des Katalogs von „Bischöfen, Priestern, D i a k o n e n und M ö n c h e n " der Vorurkunde 2 3 ', von O b j e k t e n der C o r r e c t i o , wie sie schon bei L e o V I I . genannt worden waren und auch von Agapit im D e k r e t seines Privilegs wiederholt werden, hier allerdings unter Hinzufügung von eti-

am cuiuscumque persone homines, „Menschen jedweden Standes (Ranges)"

, so daß nunmehr Laien als eingeschlossen verstanden werden

konnten. A u c h die Ausdehnung des Zuständigkeitsbereichs auf die G a l lia sowie die Befugnis, in Germanien und Gallien synodum ubi placeat,

...

constituere,

macht sich Agapit zu eigen. N e u war, worauf noch näher

einzugehen sein wird

, die Schlußformel, die der Mainzer Kirche die

Unverletzlichkeit ihres honor

garantiert. M i t diesen Erweiterungen und

Ergänzungen sind offensichtlich jeweils M a i n z e r W ü n s c h e berücksichtigt worden. D i e Hinzufügung der Gallia durch Marinus II. paßt zum Reimser

Bistumsstreit,

in dessen weiterem

Verlauf die

Erzbischöfe

Friedrich von M a i n z und R u o t b e r t von T r i e r im September 946 den 940 vertriebenen 242 E r z b i s c h o f Artold in Reims nach E r o b e r u n g der Stadt durch die Streitmacht O t t o s des G r o ß e n restituiert haben 243 und Fried-

236 Z P U U 341. 237 Z P U U 79. 238

LOTTER, Brief S. 67.

239 BZ 186; GP 4 S. 73f. Nr. :;"59. 240

Vgl. NIERMEYER s.v. persona, Ziff. 1 2 - 1 3 .

241 Unten S. 54ff.u.61f. 242 B O 89a; ZIMMERMANN, Studien S. 127 (Neudr. S. 6). 243 So BZ 186, Kommentar. Marinus II. war im Mai 946 gestorben, Agapit II. sogleich danach erhoben worden (BZ 187. 188). Der Feldzug von 946 und Artolds Restituierung erlauben eine Datierung des Deperditums Marinus' II.

50

Der Kaiser interveniert

rieh von Mainz während der Jahre 947/48 dem Trierer Erzbischof Ruotbert eine päpstliche Legationsvollmacht überbracht hat244. Man hat sich zu fragen, weshalb in Agapits Privileg für Wilhelm von den Mainzer Vikariatsprivilegien des 10. Jahrhunderts allein das verlorene des Marinus genannt wird, nicht aber das Privileg Leos VII. von 937, das in einem der Karlsruher Handschrift der Bonifatius-Briefe beigebundenen Ternio Mainzer Provenienz "5, der auch Wilhelms Agapit, seinen Brief von 955 und das Antwortschreiben Johannes' XII. enthält, überliefert und demnach zu Wilhelms Zeit am Ort verfügbar gewesen ist. Wie wir von Agapit über das Deperditum des Marinus erfahren, gingen in diesem die gewährten Vorrechte über das Leoninum erheblich hinaus. Außerdem hatte Leo dem Erzbischof Friedrich den Vikariat ausdrücklich nur für dessen Lebzeiten verliehen. Auch die Position der unmittelbar an die Inscriptio anschließenden Worte diebus vite tue tantummodo fällt auf. Sie begegnen an dieser Stelle sonst bezeichnenderweise in Palliumprivilegien"' und sind bei Agapit durch die Salutatio totius caritatis exhibitionem in Christo ersetzt worden. So könnte es auch schon bei Marinus gelautet haben: ein weiterer Grund für Wilhelm, 955 nur Marinus, nicht auch Leo zu erwähnen. Denn die Berufung auf die Bonifatius-Tradition, der Leo VII., nicht ohne Zweifel zu äußern, mit einem Privileg adpersonam entsprochen hatte, zielte auf einen Mainzer Vikariat ad sedern". So scheint es, bereits Friedrich sei es gelungen, bei Leos Nachfolger Marinus ein auch in dieser Hinsicht besseres Privileg zu erwirken. Doch damit sind nicht alle Schwierigkeiten behoben. Denn mit diesen Annahmen verträgt sich das Fehlen des „besseren" Marinus-Privilegs im Karlsruher Ternio ebensowenig wie die Aufnahme des „schlechteren" Leoninum in dieses

daher kaum, doch kann der während seiner gesamten Sedenzzeit (942 Ende O k t . - 9 4 6 Anf. Mai) schwelende, die Interessen des Reichs berührende, in den westfränkischen Thronkonflikt involvierte Reimser Bistumsstreit den Anlaß dazu gegeben haben, den Mainzer Vikariat auf die Gallia auszudehnen. Vgl. B O 110a. 115b; ZIMMERMANN, Studien S. 131 ff. (Neudr. S. 1 Off.); BRÜHL S. 4 8 3 m i t A n m . 1 5 4 .

244 BOSHOF, Erzstift Trier S. 66f.; HEHL, Erzbischof Ruotbert S. 57ff. Dazu ausführlicher unten S. 51. 245 Dazu unten S. 64ff. 246 Intitulatio und Inscriptio stimmen mit Ausnahme der Namen nahezu wörtlich mit Z P U U +70, dem falschen Palliumprivileg Leos VII. für Gerhard von (Lorch-)Passau, überein und sind dort aus den Salzburger Palliumurkunden Gregors IV. und Nikolaus' I. von 837 und 840 entlehnt w o r d e n . LEHR S. 3 4 f .

2 4 7 Dazu unten S. 61ff.

Der Kaiser interveniert

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Dossier über die Mainzer Vikariatsansprüche. Dies bleibt also noch zu •• _

248

erörtern . Egon Boshof hat glauben wollen, daß die Erweiterung der Mainzer Vikariatsrechte eher Papst Agapit II. als Marinus zuzuschreiben und auf die Initiative Wilhelms zurückzuführen sei. Denn was w i r über das Deperditum des Marinus erfahren, stamme nach den Worten Agapits nicht unmittelbar aus dieser Vorurkunde selbst, sondern allein aus einem Brief Wilhelms, mit dem dieser sein Vikariatsprivileg erbeten hat 24 '. Boshof erörtert diese Frage im Hinblick auf die umstrittene Nachricht Flodoards" 0 , Ruotbert von Trier habe mandatum legationis apostolicae ... deferente Frederico praesule Mogonciacensi zur Behandlung des Reimser Streites erhalten, die auf das Königstreffen am Chiers im August 947 bezogen wird. Heinrich Büttner hatte, Friedrichs Vikariat für Germania und Gallia auf Grund der Marinus-Urkunde voraussetzend, die Annahme eines päpstlichen Legationsmandats verworfen, vielmehr einen A u f trag des auch für die Gallia zuständigen Mainzer Papstvikars postuliert251. Dem folgt Hermann Jakobs in Auseinandersetzung mit Boshof, dessen Zweifel an einem Mainzer Vikariat in Gallien für 946 (Marinus) die Frage unerklärt ließen, „warum der Papst dann überhaupt Mainz eingeschaltet haben soll" . Wie Ernst-Dieter Hehl mittlerweile hat zeigen können, ist an einem Legationsmandat Agapits für Ruotbert festzuhalten 2 ". Zur Frage nach der Einschaltung des Mainzers ist zu bedenken, daß dieser selbst, wäre er bereits für die Gallia zuständig gewesen, anstelle Ruotberts hätte tätig werden können, am Ende auch ohne Papstmandat, und es ist dieser Aspekt, der Boshof an Friedrichs Vikariat für die Gallia hat zweifeln lassen. Friedrich wäre demnach nicht zuständigkeitshalber, sondern nur als Briefträger eingeschaltet worden 254 . Darüberhinaus ist zu fragen, ob nicht auch einige der in Wilhelms Beschwerdebrief angeführten Vorgänge zu den Erweiterungen der Mainzer Vikariatsrechte Anlaß gegeben haben könnten. Die Zeitgrenzen des undatierten Agapit sind Wilhelms Erhebung z u m Erzbischof am 17. Dezember 954 und sein zwischen dem 10. August und 1. November 248 249 250 251 252 253 254

Unten S . 6 7 f f . BOSHOF, Erzstift Trier S. 62f. Flodoard, Annales S. 108; BZ 2 1 2 . BÜTTNER, Mainzer Erzbischöfe S. 4ff. JAKOBS, Anmerkungen S. 38f. HEHL, Erzbischof Ruotbert S. 57ff. Nach JAKOBS, Anmerkungen S. 39, „ließe sich diese Frage noch als rein ,postalisches' Problem abtun". Doch Agapit hätte sich „Ende 9 4 7 mit seinem Hulderweis f ü r Hugo von Vermandois in Widerspruch zu seinem Synodalauftrag gesetzt". Dazu jedoch HEHL, Erzbischof Ruotbert S. 59 A n m . 17.

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Der Kaiser intervenier:

955 geschriebener Brief255. Zu Wilhelms Klagepunkten gehört die unkanonische Absetzung und Blendung Erzbischof Herolds von Salzburg, die er selbst auf den 1. März 955 datiert256, und die Vertreibung Rathers aus Lüttich bereits im Jahre 954 2 ". Beide Vorgänge, auf jeden Fall Rathers Vertreibung aus Lüttich, könnten bereits Wilhelms Eingabe zur Erteilung seines Vikariatsprivilegs beeinflußt haben. Rather hatte sich gegen die Grafen Reginar und Rudolf nicht durchsetzen können, so daß ihn Brun von Köln, der ihn favorisiert hatte, fallen lassen mußte258. Für Herolds Sturz und Blendung war Herzog Heinrich von Bayern, Ottos des Großen Bruder, verantwortlich gewesen . Schließlich lassen sich

Wilhelms Worte Dux comesque episcopi, episcopus ducis comitisque sibi operam vindicat auch auf Brun von Köln beziehen, den der König nach den Worten Ruotgers als occidenti tutorem et provisorem, et, ut ita dicam, archiducem eingesetzt hatte . Dem arcbidux entspricht bei Widukind magnus dux, und über den Dukat hinausgehende Vollmachten dürften damit angedeutet worden sein 2 ". Die übrigen ebenfalls zeitgenössischen Zeugnisse belegen, worauf es hier ankommt, die Amterverbindung von Erzbischof und dux2". Dux comesque episcopi operam vindicat zielt auf Wilhelms Oheim Heinrich im Falle Herolds und auf die lothringischen Grafen im Falle Rathers, die umgekehrte Vermengung der Aufgaben auf Brun von Köln, den rheinischen Rivalen Wilhelms um die Spitzenstellung im Reichsepiskopat, der seit 954 als alleiniger Erzkapellan fungierte. Hatten seit 945 die drei rheinischen Metropoliten und 255 256 257 258 259 260

261

B 0 240n. Z P U U 133, Vorbemerkung. B O 240b. KÖPKE/DÜMMLER, Kaiser O t t o d. Gr. S. 233; B O 238a. BOSHOF, Ottonen S. 18. B O 240b. Ruotger, Vita Brunonis c. 20 S. 19, 12f. Vgl. Widukind I 31 S. 43: Brunonem, quem pontificis summi ac ducis magni vidimus officium gereutem', Flodoard, Annales zu 953 S. 137: cui etiam rex Otho regnum Lothariense committit; Cont. Reg. zu 953 S. 167: Brun frater regis ... totius Lothariensis regni ducatum et regimen cum episcopatu suscepit; Thietmar, Chronik II 23 S. 64f.: ... imperator fratri suimet, domno Brunoni, ... mortuo Agripinae sedis provisore Wigfrido, episcopatum eiusdem ducatumque regni insuper daret Liutharii. H e i n r i c h SPRÖMBERG in: W i l h e l m WATTENBACH - R o b e r t HOLTZMANN,

Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter. Die Zeit der Sachsen und Salier, Neuausgabe besorgt von F.-J. SCHMALE, 1. Teil: Das Zeitalter des Ottonischen Staates ( 9 0 0 - 1 0 5 0 ) (1967, Neudr. 1978) S. 84f.; ders., Die lothringische Politik Ottos d. Gr., in: Rhein. Vjbll. 11 (1941) passim; OTT in der Ausgabe S. 19 Anm. 6; BEUMANN, Lotharingien S. 38 Anm. 126; ders., Ottonen S. 73f. 262

So a u c h BOSHOF, Ottonen S. 16.

Der Kaiser interveniert

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Herold von Salzburg den Titel gleichzeitig geführt, so war es der Aufstand Liudolfs (953/54), der einen Wandel beschleunigte. Salzburg büßte das Amt mit Herold ein, Mainz mit Friedrich, Wilhelms Vorgänger. Der Gewinner war Brun gewesen, der schon 951, damals als Kanzler Leiter der Hofkanzlei, Erzkapellan geworden war und 952 Ruotbert von Trier aus diesem Amt verdrängte. Wilhelm von Mainz begegnet erst am 29. Februar 956 als Erzkapellan und wurde nach dem Tode Bruns (965) alleiniger Inhaber dieser Würde263. Insofern sich Wilhelms Gravamina auf diese Fälle beziehen, konnte Johannes XII. in seiner Antwort formal getrost davon ausgehen, daß der Mainzer Papstvikar, vollends nach der Ausdehnung der Korrektionsgewalt auf „Menschen jedweden Standes", auf das im Privileg von 955 festgelegte Verfahren verwiesen werden konnte. Gerade diese Erweiterung der Vikariatsvollmachten könnte von Wilhelm im Hinblick auf die zu seiner Zeit gegebenen Beschwerdefälle erbeten worden sein. Sogar die in seinem Brief geforderte Einberufung einer Reichssynode lag bereits in der Mainzer Zuständigkeit. Nur der unmittelbare Anlaß des Beschwerdebriefes war ein Vorgang, der im Vikariatsprivileg von 955 noch nicht hatte berücksichtigt werden können: das Ergebnis von Hadamars römischer Legation, zu der dieser erst nach der Ungarnschlacht (10. August 955) aufgebrochen war. Darauf geht Wilhelm ein, wo er die Sorgen der Mainzer Kirchenprovinz behandelt. Ihre Schädigung werde unter dem Vorwand der Mission betrieben, eine conventio Christi ad Belial (2. Cor. 6,15). Nur hier zitiert Wilhelm wörtlich eine Passage seines Privilegs, nicht die Vikariatsformel, sondern die als besonderes Privilegium angefügte Sanctio, die obendrein den honor seiner Kirche sichern sollte2". „Die Mönche des Magdeburger Klosters,,, so fährt er fort, seien eodem privilegio, also in gleicher Weise, a vobis vestrisque antecessoribus unterstützt ( a d m i n i c u l a t i ) worden. Gemeint sind das von Otto dem Großen erwirkte, verlorene Papstschutzprivileg, mit dem das Moritzkloster Romano mundiburdio vor dem 23. April 941, also wohl von Stephan VIII. (939-942)265, unterstellt worden war, sowie Deperdita Marinus' II. und Agapits II. für das Moritzkloster, mit denen der Papstschutz bestätigt

263 FLECK.ENSTEIN, Hofkapelle 2 S. 20ff.; BOSHOF, Erzstift Trier S. 66f.; ders., Köln, Mainz, Trier S. 26f. 264 Dazu unten S. 57ff. 265 D O I. 37 = UBEM 5. Danach nochmals in D O I. 79 = UBEM 13. Als Aussteller des Schutzprivilegs läßt sich auch Leo VII. (936-939) nicht ausschließen, doch wird der Papstschutz im nächstfrüheren Magdeburger D 21 (UBEM 4) von 939 Juni 7 noch nicht erwähnt. So auch BZ 155.

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Der Kaiser interveniert

worden ist26'. Die Worte eodem privilegio zeigen auch, daß Wilhelm der Sanctio seines eigenen Privilegs die gleiche Bedeutung beigemessen wissen wollte, wenn auch ein eindeutiger Terminus wie defensio, tutela, tuitio oder mundiburdium Romanum267 darin fehlt und die dem honor des „Mainzer Stuhls" geltende, nur defensive Bestimmung vergleichsweise unbestimmt erscheint. Sie betraf nicht ausdrücklich auch den Kirchenbesitz und konnte ebensowohl auf die Mainzer Kirche im engeren Sinne wie auf die Kirchenprovinz und die Metropolitangewalt bezogen werden, doch ist im Kontext von Privileg und Brief vornehmlich an den Vikariat zu denken. Denn diesen hatte Wilhelms Vorgänger Friedrich 937 mit Berufung auf Bonifatius erbeten, so daß diese Würde als ständiges Element des Mainzer honor erscheinen konnte und wohl auch sollte. Ihre Verleihung ist jedoch nicht nur beim Mainzer, sondern sogar beim päpstlichen Amtswechsel, von Marinus für Friedrich, wiederholt worden, also insofern als personenbezogen behandelt worden. Da Marinus sein durch Agapit bezeugtes Vikariatsprivileg schwerlich sua sponte erteilt haben dürfte, ist zu fragen, in welcher Absicht Friedrich als der immerhin auf Lebenszeit bestellte Papstvikar vom Nachfolger Leos VII. eine erneute Beurkundung seines Amtes erbeten haben könnte. Denn mit der Bitte um bloße Wiederholung des Leoninum hätte er den schon darin unerfüllt gebliebenen Mainzer Anspruch auf einen ständigen, den Bonifatius-Vikariat, vollends preisgegeben, indem die Personenbezogenheit nun auch noch auf den Aussteller erstreckt worden wäre. Einen vernünftigen Sinn ergäbe es, wenn Friedrich beim neuen Papst eine Besserung nachgesucht hätte. U m eine solche hätte es sich in mancher Hinsicht gehandelt, wenn man von der Narratio Agapits über Wilhelms Eingabe ausgeht. In ihr ist allerdings weder von einem persönlichen noch einem ständigen Vikariat die Rede. Auf diesen springenden Punkt läßt sich allein Agapits „besonderes Privileg", die eigens für Wilhelm hinzugefügte Garantie des Mainzer honor beziehen. Johannes XII. hat in seiner Antwort auf Wilhelms Protestnote 2 ' 8 dessen Zuständigkeit für Gallien und Germanien (hier in dieser Reihenfolge) und damit die Fortgeltung von Agapits Privileg wie selbstverständlich vorausgesetzt. Mit Wilhelms Deutung der Sanktionierung des Mainzer honor als Papstschutz ( e o d e m privilegio) wurde allerdings Neuland betre-

266 BZ 167 und 189. Daß es sich nur um Papstschutzprivilegien gehandelt haben kann, wird im Kommentar zu BZ 155 betont. 267 Zur Terminologie: STENGEL, Immunität S. 374. 268 Z P U U 1 3 7 .

Der Kaiser interveniert

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ten, da der P a p s t s c h u t z z u v o r allein K l ö s t e r n und Stiften gewährt w o r J

26?

den w a r

.

D a s dezidierte V e t o , mit d e m sich W i l h e l m alsdann gegen die M i n d e rung seines Stuhls und eine T r a n s l a t i o der H a l b e r s t ä d t e r K i r c h e w e n d e t , wird u n m i t t e l b a r an das Zitat der den honor

seiner K i r c h e b e t r e f f e n d e n

S a n c t i o u n d an den H i n w e i s auf den P a p s t s c h u t z des M a g d e b u r g e r K l o sters angeschlossen. D e m folgt die scharfe I n v e k t i v e gegen H a d a m a r , den falschen P r o p h e t e n und W o l f im Schafspelz, der sich gebrüstet habe, „Pallien,, so viele er w o l l e z u m Preis v o n hundert P f u n d e r w o r b e n zu h a b e n . W i r wissen v o m Pallium B r u n s v o n K ö l n , das H a d a m a r bei dieser G e l e g e n h e i t eingeholt hat, und das A u s n a h m e c h a r a k t e r hatte, da es dem K ö l n e r den P a l l i u m g e b r a u c h ins eigene E r m e s s e n stellte 2 7 0 . M a g s c h o n dies v o n W i l h e l m als eine unbillige Z u r ü c k s e t z u n g e m p f u n d e n w o r d e n sein, so erklärt dieser Einzelfall nicht den Plural tot pallia,

quot

velit,

auch nicht den - v o n W i l h e l m p o l e m i s c h als Bestechungsgeld 2 7 1 v e r d ä c h tigten - h o h e n Preis, und am wenigsten die W i e d e r a u f n a h m e des T h e m a s am B r i e f s c h l u ß mit den W o r t e n et sint tot pallia quot episcopi.

Sieht man

v o n den p o l e m i s c h e n Ü b e r t r e i b u n g e n ab, dürfte es sich a u ß e r d e m u m das R a t i o n a l e gehandelt haben, das Agapit II. dem B i s c h o f B e r n h a r d v o n H a l b e r s t a d t mit einem D e k r e t hat z u k o m m e n lassen, w o r i n ihm dessen G e b r a u c h bei M e ß f e i e r n an F e s t t a g e n erlaubt w o r d e n war 2 7 2 . D i e s e B e s t i m m u n g stellt e b e n s o wie die V e r l e i h u n g d u r c h P a p s t d e k r e t ungeachtet der V e r s c h i e d e n h e i t nach H e r k u n f t , G e s t a l t und k o s t b a r e m D e k o r , der z u d e m v o n H a d a m a r genannten h o h e n Preis paßt, eine A n a l o g i e z u m e r z b i s c h ö f l i c h e n Pallium dar, ja eine V o r s t u f e dessen, und dies k ö n n t e , als es B i s c h o f B e r n h a r d für den ersten M a g d e b u r g e r Plan z u g e w i n n e n galt, durchaus beabsichtigt gewesen sein. I n W i l h e l m s B r i e f steht das P a l l i e n - M o t i v im u n m i t t e l b a r e n K o n t e x t seines E i n s p r u c h s gegen den M a g d e b u r g e r Plan als einer M i n d e r u n g des honor

seiner K i r c h e , e b e n s o

wie seine E n t r ü s t u n g ü b e r die d e m K ö n i g d u r c h Privileg gewährte L i z e n z z u r G r ü n d u n g v o n B i s t ü m e r n . D e n n a u c h dabei k a n n es sich den U m s t ä n d e n und dem T e x t z u s a m m e n h a n g nach nur u m ein erstes P a p s t 269 Das Bamberger Romanum mundiburdium von 1007 ( Z P U U 435) gilt als Erstbeleg eines Papstschutzes für eine Bischofskirche. Zum Aufkommen der spezifischen Schutzformeln in den Papsturkunden unter dem Einfluß der Königsdiplome im 10. Jahrhundert vgl. STENGEL, Immunität S. 374f. 270 BZ 248. 271 Nochmals am Schluß des Briefes: sin alioque plus valeat intercessio pecuniae Hadamari. Der Papst wird indirekt der Korruption beschuldigt. CLAUDE 1 S. 68. 272 B Z 190; K. HONSELMANN, Das Rationale der Bischöfe (1975) S. 26f.; BEUMANN, Rationale S. 44ff; ders., Pontifikalinsignien S.25ff.

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Der Kaiser interveniert

dekret zur Errichtung eines Erzbistums in Magdeburg gehandelt haben, das, wie Wilhelm mitteilt, die Verlegung der Halberstädter Sedes nach dort vorsah und damit die Umwandlung des Bistums in eine Erzdiözese sowie die Erhebung seines Bischofs zum Metropoliten, dessen kanonisch erforderliche Zustimmung mit dieser Exspektanz gewonnen werden sollte. Allein Wilhelm informiert uns über diese erste Stufe des Projekts, eine Kunde, für die er sich selbst auf das von Hadamar mitgeführte päpstliche Dokument gestützt haben dürfte, dessen Inhalt er extensiv als prinzipielle, nicht als eine vom Papst von Fall zu Fall dem König zu gewährende Lizenz zu Bistumsgründungen deutet . Sein mit einer Demissionsdrohung verbundenes, den Brief beschließendes et sint tot pallia quot episcopi hebt dessen aktuelles und zentrales Gravamen nochmals hervor. Der Brief gipfelt am Ende in der erwähnten Rücktrittsdrohung. Sollte Wilhelm von dem Konzil, zu dem der Papst den König, ihn selbst als Papstvikar sowie Brun von Köln und Ruotbert von Trier brieflich auffordern soll (die Entsendung eines päpstlichen Legaten wie bei der Ingelheimer Synode von 948 wird bezeichnenderweise nicht vorgeschlagen), desavouiert werden (si nostris non sim necessarius), wolle er den Papst aufsuchen (vos adiens) und von ihm einen Missionsauftrag erbitten. Dabei hat er berücksichtigt, daß die Entlassung aus seinem kirchlichen Amt die Wahl eines strengeren, höhere religiöse Anforderungen stellenden Lebens, einer vita artior, voraussetzte274. Wenn er jedoch hinzufügt, sed id, non me presule fidem subiectionemque vobis prebente, so zitiert er abermals sein Vikariatsprivileg, worin Agapit II. ihm bestätigt hatte, wie alle seine Vorgänger (zur Erteilung des Palliums) fidem subiectionemque gelobt zu haben. Missionserzbischof will er nicht werden , wie später die vom Papst geweihten Gaudentius und Brun von Querfurt277.

273 274 275

276 277

Zu dieser Grundsatzfrage vgl. FRIED, O t t o III. S. 96 mit Anm. 20. BÜTTNER, Kirche S. 162; ders., Mainzer Erzbischöfe S. 18f. (Neudr. S. 292f.). Daß Agapit, falls er Wilhelm nach dessen Rücktritt mit einer Missionsaufgabe betrauen wollte, ihn notwendigerweise zum Erzbischof von Magdeburg hätte bestimmen müssen, wie BÜTTNER, Mainzer Erzbischöfe S. 19 (Neudr. S. 293), annimmt, mag als eine bloß hypothetische Frage dahingestellt bleiben. Agapit hat nicht mehr reagieren können, und Johannes X I I . ist in seiner Antwort auf die Magdeburger Frage nicht eingegangen. B Z 894. 902. B Z 966.

D e r K a i s e r interveniert

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c) Beobachtungen zu Wilhelms Diktat In einer eingehenden Untersuchung „Zur päpstlichen Urkundensprache im frühen Mittelalter" hat Hans-Henning Kortüm an den päpstlichen Privilegien aus den Jahren 896-1046 einen erheblichen Einfluß der Empfänger auf das Diktat nachgewiesen . Man erkennt ihn am besten bei Privilegien für spanische und französische Empfänger an ihren Romanismen, die der Papstkanzlei selbst nicht eigentümlich gewesen sind. Kriterien dieser Art fehlen naturgemäß bei deutschen Empfängern, deren Latein nicht von einem romanischen Sprachsubstrat beeinflußt werden konnte. Doch das Fehlen solcher Indizien besagt nicht, daß der Einfluß der Empfänger auf das Diktat - auf Grund von Petitionen oder gar Entwürfen - geringer gewesen sei. Der Magdeburger Entwurf einer Papsturkunde, von dem hier ausgegangen worden ist 2 ", und der uns weiter beschäftigen wird, zeigt, w i e weit ein Empfänger in dieser Richtung glaubte gehen zu können. W i r können jedenfalls in der ottonischen Zeit in größerem Umfang als bisher schon ohnehin mit der Aufnahme von Textelementen in die Ausfertigungen päpstlicher U r k u n d e n rechnen, die von Empfängerseite produziert worden waren. Die besondere Sanktionierung des Mainzer bonor, mit der Agapits Vikariatsprivileg für Wilhelm von Mainz von 955 schließt, hat uns ber e i t s beschäftigt 2 8 0 .- Sande etiam Moguntine sedi Privilegium conscribimus, ut, si quis eam, cuiusque sit persone, aliquo bonore huc habito velit depredari, ipse depredetur et, nisi resipiscat, aeterno vinculo anathematis apostolica maiestate circumalligato, cui potestas data est ligandi atque solvendi, mancipetur...

In seinem an Agapit gerichteten Beschwerdebrief von 955 hat W i l helm nicht nur diese Formel im Wortlaut zitiert; danach, in seinem eigenen Text, w o er von Hadamar, dessen „Pallien,, und dem mitgebrachten Papstprivileg spricht, begegnet apostolica maiestate gleich zweimal kurz hintereinander, zunächst als Anrede (quod absonum a vestra apostolica maiestate posse fieri videtur), d a n n a l s V a r i a n t e z u apostolica auctoritate (apostolica maiestate licitum fore regi)m. Es h a n d e l t s i c h u m e i n e R a r i t ä t .

In Zimmermanns Papsturkunden findet sich die apostolische Majestät 278 Herrn Kollegen Kortüm habe ich dafür zu danken, daß er mir das Manuskript seines Buches vor dessen Veröffentlichung zugänglich gemacht hat [Hans Henning KORTÜM, Zur päpstlichen Urkundensprache im frühen Mittelalter (Beiträge zur Geschichte und Quellenkunde des Mittelalters 17, 1995)]. 279 UBEM 130 = Z P U U + 4 1 2 . 280 ZPUU 133. Vgl. oben S. 53ff. 281 Siehe oben Anm. 227

58

Der Kaiser interveniert

nur noch im Privileg Johannes' X V . von 992 für den Bischof von Porto282. H a t Wilhelm lediglich den Begriff aus der von ihm selbst zitierten Sanctio Agapits II. übernommen? Seine alsbaldige Verwendung in je verschiedener Funktion und seine extreme Seltenheit im päpstlichen Formular sprechen eher für Mainzer Provenienz. Eine stilistische Eigenart der Sanctio weist vollends in diese Richtung, nämlich die charakteristische F o r m des Ablativus absolutus: aeterno vinculo anathematis apostolica maiestate circumalligato, cui potestas data est ligandi atque solvendi, mancipetur... D e r Subjektablativ ( a e t e r n o vinculo) dient gleichzeitig als Instrumentalis, auf den das Verbum finitum des Hauptsatzes ( m a n c i p e t u r ) zu beziehen ist, während der Relativsatz {cui ... data est) an apostolica maiestate nachklappend anschließt. Solche ablativischen Konstruktionen sind in Wilhelms eigenem Brief von 955 das wohl auffälligste Stilmerkmal, wie folgende Stellen zeigen: ...illo exteromm evitato, internorum tali ingmente periculo, ut... obliviscerer. Sed, si hac oblitus fuero, quae me pallei vicariciique Galliae partium Germaniaeque aecclesiamque sancti Martini herum prius data dote, cui minister assum, ditavit, obliviscatur me dextera mea 83 (auch hier ein nachklappender Relativsatz; pallei vicariciique: Genitiv abhängig von dote); Barbarorum .. gentibus ..ita imprimentibus, preliante,... subicerent... redigerent;

ut, nisi bello actae, Deo scilicet

Fratrum vero ...ineffabili et nunquam sine lacrimis dicenda crassante dia illa, in qua ... insidiatus est, ac... insidiatur; sed id, non me presule fidem subiectionemque

vobis

discor-

prebente.

Identität des Subjektablativs mit dem Subjekt des Hauptsatzes, der G e brauch des Ablativus absolutus anstelle des Participium coniunctum, ja als eines Nebensatzes, kommen seit dem Spätlatein immer häufiger vor 284 . Die für Wilhelms Brief charakteristische Häufung solcher Ablativkonstruktionen spricht entschieden für eine Mainzer Provenienz der Sanctio des Vikariatsprivilegs von 955, so daß auch deren apostolische Majestät bereits auf Wilhelms oder seines Sekretärs K o n t o gehen dürfte. Das besondere Mainzer Interesse an dieser durchaus ungewöhnlichen

282 Z P U U 3 1 2 . 283 mit Akkusativ (statt Genitiv, vgl. vestrae sanctitatis oblivionem); 118, 16: Non obliviscar sermones tuos. 284

HOFMANN/SZANTYR S. 1 3 7 f f .

vgl. Psalm

D e r Kaiser interveniert

59

Ergänzung, das vorausgesetzt werden kann, paßt gut zur Herkunft aus einer Mainzer Vorlage. Diese scheint sogar den ganzen, ebenfalls im Karlsruher Ternio und ohne Eschatokoll überlieferten Text des Privilegs enthalten zu haben, da stilistische Berührungen mit Wilhelms Brief nicht auf die Sanctio beschränkt sind. Von Leos VII. Text hebt sich Agapit 955 in mancher Hinsicht mit Stilmerkmalen ab, die uns bereits in Wilhelms Brief aufgefallen sind und deshalb dem Deperditum des Marinus schwerlich angehört haben dürften: Bei Leo VII. ( Z P U U 79) folgt auf die Grußformel die Arenga Fraternitatis amore constringimur et apostolice sedis moderamine convenimur, ut consultis fratrum, prout Dominus dederit, respondeamus eosque apostolice sedis auctoritatis instruamus. Bei Agapit ( Z P U U 133) wird der Gedanke mit Hilfe des Participium coniunctum knapper gefaßt und syntaktisch in die Narratio integriert: Paternitatis amore acti fideque antiquorum circumcincti ea vobis sancteque Mogontine aecclesiae, cuipraeestis denegare ignoramus, propter quae vestros nuntios ad sanctam sedem principis apostolorum et ad nostram apostolicam dignitatem missos cognoscimus et quae nostri antecessores vestris antecessoribus denegare ignorarunt. Brief Wilhelms an ensprechender Stelle: Postquam dignati fuistis, vestram liquere paternitatem apud nos, quantas afflictionum perpessi sumus, vos ignorare haud dubitamus; presertim, illo exterorum evitato, intemorum tali ingruentepericulo ... Agapit: Seimus vero vestris litteris intimantibus, saneto Bonifacio collatum (sc. esse, accusativus cum infinitivo) Leo VII.: ... quatenus vice nostra sceleratos et prave vite homines babeatis potestatem corripere et ad viam veritatis vestris exhortationibus revocare ... Agapit: ... ita ut, si quos invenisset viros a recto tramite iusticie deviantes, cuiuscumque essent persone ad se vocare, ubi loci vellet monere, corrigere synodumque constituere, ubi vellet, potestatem apostolici baberet. Zur Anapher vgl. in Wilhelms Brief z.B. ... quae conventio Christi sit ad Belial, quid predae ad elemosinam, maledictionis ad benedictionem. Agapit: fassi sunt, fatemini; Wilhelm: data dote... ditavit (Traductio).

quid

285 Zur Frage der Vorurkunde vgl. oben S. 49f. sowie unten S.67f.; Harald ZIMMERMANN schwankt, siehe B Z 186; Z P U U 133 Anm. 4: „Vorlage ist

jedoch 79".

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Der Kaiser interveniert

Unter dem Gesichtspunkt dieser Mainzer Diktatmerkmale lohnt ein Blick auf die Präeminenzformel des Willigis-Privilegs von 975 ( Z P U U 237): ... servata dumtaxat privilegiorum tuorum integritate, quo in tota Germania et Gallia post summi cnlmen pontificis in omnibus ecclesiasticis negotiis, id est in rege consecrando et synodo habenda ceteris omnibus tarn archiepiscopis quam et episcopis apostolica auctoritate disponente ac firmiter iubente, sicut iustum et rectum esse videtur, premineas. Schon die Paarformel iustum et rectum ist dem Empfänger eher als dem Aussteller zuzutrauen 286 . Der Ablativus absolutus mit Gerundiv, bereits im Spätlatein oft anzutreffen und das fehlende Partizip Futur Passiv ersetzend 287 , ist auch in Wilhelms Brief vertreten ( n u m q u a m sine lacrimis dicenda crassante discordia)m. Durch die von Mogens Rathsack zwingend nachgewiesene Textergänzung disponente ac firmiter iubente tritt ein weiterer Ablativus absolutus hinzu. E r steht anstelle des Participium coniunctum bei Unterdrückung des Subjektbegriffs, der mit dem übergeordneten Finalsatz ( q u o ... premineas) identisch ist289. Der Ablativ apostolica auctoritate wird in Papsturkunden, soweit ich sehe, regelmäßig (wenn nicht ausnahmslos) instrumental gebraucht, nicht als Begriffssubjekt eines Ablativus absolutus. Der Mainzer soll (als Papstvikar) mit

286 Gerhard DLLCHER, Paarformeln in der Rechtssprache des frühen Mittelalters (1961); R. MATZINGER-PFISTER, Paarformel, Synonymik und zweisprachiges Wortpaar. Zur mehrgliedrigen Ausdrucksweise der mittelalterlichen Urkundensprache (Rechtshist. Arbeiten 9, 1972) S. 43f. Bei ZPUU ist diese Paarformel nur noch in den U U 426 (Empfängerdiktat) und +526 (Fulda, Interpolation/Fälschung) belegt. Zu fränkischen Rechtswörtern wie per rectum (per directum) vgl. Ruth SCHMIDT-WLEGAND, Fremdeinflüsse auf die deutsche Rechtssprache, in: Sprachliche Interferenz, Festschr. Werner BETZ (1977) S. 240; dies., Die volkssprachlichen Wörter der Leges barbarorum als Ausdruck sprachlicher Interferenz, in: Frühmittelalterliche Studien 13 (1979) S. 69; dies., Eid und Gelöbnis, Formel und Formular im mittelalterlichen Recht, in: Recht und Schrift im Mittelalter, hg. v. P. CLASSEN (VortrrForsch 23, 1977) S. 68. 287

HOFMANN/SZANTYR S. 1 3 9 .

288 Vgl. den „vulgär beeinflußten" (KORTÜM [wie Anm. 278] S. 310 mit Anm. 386) Abtwahlpassus im Privileg Sergius' III. 904 Februar 22, ZPUU 21:... pro eligendum et constituendum sibimet abbatem ac etiam de rebus ómnibus eidem monasterio addictis, prout voluerint, faciendis, firmissimam haberent potestatem. K.ORTÜM schreibt die Vulgarismen allerdings, da dem St. Galler Scriptorium nicht zuzutrauen, der päpstlichen Kanzlei zu und wertet sie (gegen RATHSACK S. 572ff.) als Echtheitskriterium. 289

HOFMANN/SZANTYR S. 1 4 1 .

Der Kaiser interveniert

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apostolischer A u t o r i t ä t disponieren und befehlen. Die Ü b e r e i n s t i m m u n g im G e b r a u c h des Ablativs mit Wilhelms Brief und der Sanctio seines V i kariatsprivilegs v o n 9 5 5 erscheint eklatant. B e i m Diktatvergleich haben syntaktische Kriterien ein besonders starkes G e w i c h t

. So dürfte die

P r ä e m i n e n z f o r m e l aus einer Mainzer V o r l a g e nicht erst 9 7 5 , sondern schon in Wilhelms Zeit in ein Palliumprivileg für M a i n z gelangt sein. N e b e n dem Empfängerdiktat ist allerdings eine sachliche Einflußn a h m e v o n kaiserlicher Seite anzunehmen. D a z u gehört die E r g ä n z u n g der Palliumtage u m Laurentius und Mauritius auf Intervention des K a i sers und die P r ä e m i n e n z des Mainzers in rege consecrando,

ein V o r r e c h t ,

an dessen Verbriefung durch den Papst o h n e Z u s t i m m u n g oder eher Initiative des Kaisers kaum gedacht werden kann. Ein solches Z u s a m m e n treffen v o n Empfängerdiktat und inhaltlicher E i n w i r k u n g des Kaisers paßt gut z u r K r ö n u n g s s y n o d e v o n 9 6 2 , bei der wegen Wilhelms B e s c h w e r d e in Sachen Magdeburgs eine Mainzer Delegation zugegen gewesen sein dürfte 2 ". Inhaltliche E r w ä g u n g e n ergänzen die Diktatbestimmung. D e m v o n Agapit garantierten honor

der Mainzer Kirche entspricht, wie sich ge-

zeigt hat 2 ' 2 , in Wilhelms Brief die pia constitutio

sancti Bonifacii,

der A n -

spruch auf den Bonifatius-Vikariat 2 ". G e g e n ü b e r L e o s V I I . diebus tue tantummodo

vite

w a r dies ein dem Aussteller abgerungener E r f o l g des

Empfängers 2 ' 4 . 290 Vgl. die grundsätzlichen Bemerkungen zum Stilvergleich bei Siegmund HELLMANN, Ausgewählte Abhandlungen zur Historiographie und Geistesgeschichte des Mittelalters, hg. von H. BEUMANN (1961) S. 247. Danach ist „besondere Aufmerksamkeit ... den Konstruktionen zuzuwenden, die Nebensätze vertreten: dem Participium coniunctum, dem Ablativus absolutus, dem Akkusativ cum Infinitiv ...". 291 BEUMANN, Laurentius und Mauritius S. 247ff. 292 O b e n S . 53f. 293 Zum Auseinanderklaffen von Mainzer Bonifatiustradition und päpstlicher Privilegierung vgl. bereits STAAB, Mainzer Kirche S. 48, demzufolge nicht nur „nach Auffassung Erzbischof Wilhelms auch Agapit II. versucht (hat), sich von den Fesseln zu lösen, die ihm das ständige Vikariat des Bonifatiusnachfolgers anlegte". Johannes X I I I . habe sogar in seinem Privileg für Adalbert von Magdeburg „den Versuch (gemacht), dort eine Art zweiten Bonifatius zu etablieren". Die Berufung auf Bonifatius gehört in diesem Privileg allerdings zu einer noch auf Wilhelm zurückgehenden Begründung für die Kandidatur Adalberts in seiner Intervention beim Kaiser zu dessen Gunsten. Dazu unten S. 116f. 294 Wenig später hat Agapit II. der Halberstädter Kirche, nicht deren Bischof Bernhard ad personam das oben (S. 55) erwähnte, von diesem in celebratione missarum sollempnibus diebus zu tragendes Rationale verliehen, auf das Wilhelm in seinem Beschwerdebrief anspielt. Beumann, Rationale S. 44ff.

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Im Willigis-Formular wird diese Linie konsequent fortgeführt, indem die Definition des die Präeminenz begründenden Vikariats mit den Worten servata dumtaxat privilegiorum tuorum integritate eingeleitet wird. Zum honor der Mainzer Kirche, den Agapit bestätigt hatte, gehört nun auch das Mainzer Vorrecht bei der Königsweihe. Dem Spannungsverhältnis von „Bonifatius-Vikariat" 2 ' 5 und Verleihung des Amtes ad personam soll nunmehr durch die Anerkennung der privilegiorum integritas im ebenfalls ad personam erteilten Palliumprivileg genüge getan werden2". Die von seiner Begründung her sich aufdrängende Radizierung des Vikariats auf die Tradition der Kirche, die der wohl bezeichnenderweise nicht wiederaufgenommene Begriff ihres honor in sich schloß, erscheint hier deutlich schwächer ausgeprägt, die pauschale Bestätigung der Privilegien war kein gleichwertiger Ersatz. Doch die servata-Formel hatte den Vorzug, die Autorität des Liber Diurnus, dem sie entstammt, auf ihrer Seite zu haben. Ihre Heranziehung in dem kunstvollen und singulären Mosaik aus LD 45, 46 und 47 und damit auch dessen Entstehung wird durch diese Zusammenhänge weiter aufgehellt"7. Der römische Stuhl - allein an die Person des jeweiligen Papstes sollte nicht gedacht werden - war offenbar nicht geneigt, über diese Linie hinauszugehen, und selbst die unter Agapit akzeptierte honor-Formel hat sich trotz oder wegen ihrer kanonischen Unbestimmtheit nicht behauptet. Wilhelms Gravamina konnten zwar in der Sache nicht übergangen werden, doch dürfte der Ton des Briefes, die den Papst treffende scharfe, bis zum Vorwurf der Bestechlichkeit gehende Invektive, seinen Absender der Kurie nicht gerade empfohlen haben. Mit den auffälligen stilistischen Parallelen gehen somit inhaltliche Hand in Hand, in denen ein von Wilhelm ausgelöster Diskurs über den 295 STAAB, Mainzer Kirche S. 44 mit Anm. 48. 296 Johannes XIII. verleiht 968 Oktober 18 dem Erzbischof Adalbert von Magdeburg das Pallium mit folgender Maßgabe: Et ita tuis in posterum suc-

cessoribus... concedimtts et confirmamus, ita tarnen, ut unusquisque, quipro tempore fnerint, ab apostolica sede secundum morem illud recipiant. UBEM 62 = Z P U U 190. Im Synodaldekret des gleichen Papstes über die Erhebung Benevents zum Erzbistum von 969 Mai 26, ZPUU 197, sind wie bei Z P U U 190 Erhebung zum Metropolitansitz und Palliumverleihung an Erzbischof Landulf kombiniert. Es enthält die gleiche Bestimmung, verbunden mit der (sich aus der bisherigen Stellung Benevents ergebenden) Auflage, auch die Konsekration vom Papst zu empfangen. Erkennbar auch in diesen Fällen die Einsicht in das oben beschriebene Dilemma, hier zwischen dem längst üblichen exklusiven Anspruch der Inhaber einer Metropolitankirche auf das Pallium und dem der Päpste auf dessen jeweilige Verleihung ad personam. Zu Trier vgl. unten S. 69ff. 297 Dazu bereits oben S. 7ff.

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Mainzer Vikariat seinen Niederschlag gefunden hat. Der Magdeburger Plan des Kaisers, Anlaß und hauptsächliches Gravamen in Wilhelms Brief, ist in Rom nach der Kaiserkrönung verhandelt worden. Auf das Ergebnis, Johannes' XII. Dekret vom 12. Februar 9622'8, hat Wilhelms Beschwerde erkennbaren Einfluß gehabt" 9 . Am gleichen Tage erhielt Erzbischof Heinrich von Trier eine „unübliche Zweitausfertigung" 300 seines Palliumprivilegs mit einer Vermehrung der Palliumtage um Laurentius und Mauritius , und zwar ebenso auf Grund kaiserlicher Intervention, wie sie bereits am 7. Februar Friedrich von Salzburg in einem Privileg gewährt worden war. Mit der Affäre des Salzburger Exbischofs Herold ist darin ein weiteres Gravamen Wilhelms berührt worden302. Für sich allein genommen, mag die Vermehrung der Palliumtage um die Festtage derselben Sieghelfer303 im Mainzer Privileg von 975 die Annahme einer gleichlautenden Vorurkunde von 962 nicht notwendig zu erfordern304, doch läßt sich nicht verkennen, daß sie sich mit den übrigen Kriterien für ein solches Deperditum gut verträgt, ja diese verstärkt. Die auch hier angegebene Intervention Kaiser Ottos paßt besser zu Ottos d.Gr. Anwesenheit in Rom als zu Otto II., der 975 allenfalls aus der Ferne interveniert haben könnte. Die Interventionsformel des Trierer

Palliumprivilegs ( I t e m pro amore Ottonis piissimi regis

, spiritualis filii no-

stri) ähnelt der des Willigis-Formulars in beachtlichem Maße ( a d i i c i e n t e s

etiam pro amore dilectissimi filii nostri, domini Ottonis, piissimi

impera-

toris augusti). Zu den weiteren zusätzlich gewährten Festtagen gehören in Salzburg der des Titelpatrons Rupert, in Mainz die der hll. Viktor, 298 299 300 301 302 303

UBEM 28 = Z P U U 154. BEUMANN, Laurentius und Mauritius S. 247ff. (Neudr. S. 148ff.). Vorbemerkung zu Z P U U 153. Z P U U 153. Z P U U 152. Mauritius als Sieghelfer Ottos d. Gr.: BEUMANN, Kaisertum S. 557ff. (Neudr. S. 439ff.). Franz STAAB hat darauf hingewiesen (in: Geschichtliche Landeskunde 21, 1980, S. 287), daß „in Mainz der hl. Laurentius bereits im 9. Jahrhundert mit Vigil und Oktav gefeiert wurde und dem hl. Mauritius seit Hatto I. ( 8 9 1 - 9 1 3 ) sogar ein eigenes Stift geweiht war" (seit Liutbert, 863-889: ders., Mainzer Kirche S. 50). Dieser lokale Kulthintergrund spricht e fortiori für eine Berücksichtigung von Mainz bei der Palliumaktion von 962. 304 So JAKOBS Anmerkungen S. 42 Anm. 40; ders. in: G P 4 S. 76f. Nr. 68. 305 Der Königstitel spricht für eine vor der Kaiserkrönung (Febr. 2) erfolgte Intervention. Das Privileg ist übersandt worden (transmisimus), und zwar auf Grund eines (von einem Trierer Boten) vorgelegten Glaubensbekenntnisses, dessen Kürze, ebenfalls mit Worten des LD 45, getadelt wird (ZPUU 153. Vorbem.). In der Datierung erscheint der Kaisertitel.

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Alban sowie Sergius und Bacchus. Die Frage der Präsenz des Kaisers stellt sich aber nicht weniger wegen des Mainzer Vorrangs bei der K ö nigsweihe: eine Erweiterung der Befugnisse des Papstvikars, die eher im Einvernehmen mit dem Kaiser als an diesem vorbei in den Text aufgenommen worden sein dürfte. Sie betraf eine Frage, die 961 bei der K r ö nung O t t o s II., nicht aber 975 aktuell gewesen ist. A u c h ist unter Wilhelm, nicht unter Willigis in Mainz an Krönungsordines gearbeitet 1

306

worden . Z u den Agenden der im Februar 962 auf die Kaiserkrönung folgenden, von Papst und Kaiser im Petersdom geleiteten Synode gehörte von Wilhelms Gravamina nicht nur die Magdeburger Frage, sondern auch, wie schon erwähnt, die unkanonische Absetzung Herolds von Salzburg. Auf die Rechtsgrundlagen der Absetzung wurde nicht eingegangen, das Ergebnis des von Wilhelm beanstandeten Verfahrens mit einer Abmahnung an Herold als gültig vorausgesetzt. Auch die von Wilhelm 955 als unkanonisch beanstandete Vertreibung Rathers aus Lüttich dürfte auf der Tagesordnung gestanden haben 508 . Wilhelms Brief hat also der Synode vorgelegen, und schon dies spricht für die Anwesenheit eines Mainzer Vertreters, nachdem Wilhelm selbst am R o m z u g nicht teilgenommen hatte, sondern zurückgeblieben war, um für den minderjährigen O t t o II. die Reichsgeschäfte zu führen . Schwerlich dürfte Wilhelm diese Aufgabe übernommen haben, ohne daß die Vertretung seiner Interessen in R o m sichergestellt worden wäre. Wilhelms Brief ist allein in der Karlsruher Handschrift der BonifatiusBriefe als einer der sogenannten Epistolae Moguntinae überliefert 1 . Er findet sich dort in der bereits erwähnten " letzten, 16. Lage des K o d e x (fol. l l l r - 1 1 6 v ) , einem „Ternio von ganz anderem, auch im Format etwas verschiedenem Pergament", der „mit den Bonifatius-Briefen und der ursprünglichen Anlage der H s . nichts zu schaffen" hat312. D i e erste Seite (fol. l l l r ) und die beiden letzten (116r und 116v) sind leer gelassen worden. A n erster Stelle ist das Mainzer Vikariatsprivileg Leos VII. von 937 ( Z P U U 79) eingetragen (fol. l l l v - 1 1 2 v ) , es folgen Agapits II. Vika306 Das Pontificale Romano-Germanicum, um 960 im Mainzer Kloster St. Alban entstanden, enthält Ordines für die Krönung von Königen und Kaisern. Hans H. ANTON, in: LexMA 6 Sp. 1439ff. 307 BZ 298. 308 B Z 299; QuiTER S. 190 Anm. 8. 309 BEUMANN, Lotharingien S. 38 Anm. 126.

310 Karlsruhe, Landesbibliothek, Rastatt 22, fol. 114r-115v; TANGL in: M G H Epp. sei. 1 S. XIHff.; GP 4 S. 75f. Nr. 66; HOFFMANN, Buchkunst 1 S. 240. 311 oben S. 50. 312 T A N G L (wie A n m . 3 1 0 ) S. I X .

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riatsprivileg von 955 (fol. 112v-113v; 2 P U U 133), die Antwort Johannes X I I . auf Wilhelms Beschwerdebrief von 955 (fol. 113v-114r; Z P U U 137) und schließlich Wilhelms Brief selbst (fol. 114r-115v). A u s diesem als dem jüngsten Text des Ternio ergibt sich 955 als Terminus post quem für seine Entstehung, als untere Zeitgrenze aus der Schrift der drei einander ablösenden Hände, bei denen man nach H o f f m a n n „eine Vorform der Gebrauchsschrift der Willigisschule erkennen kann" 313 , etwa 975. Für die Zeit vor Willigis spricht aber auch, daß in diesem Dossier über den Mainzer Vikariat, um den es sich offensichtlich handelt, dessen Privileg von 975 fehlt 314 . Franz Staab hält es für wahrscheinlich, daß der Ternio in Mainz der Handschrift beigebunden worden ist, bevor sie nach Fulda und dann nach St. Emmeram gelangt ist315. Dokumentiert wird der Stand der oben geschilderten Entwicklung bis zu Wilhelms Brief. Der Ternio enthält Unterlagen, die ein Mainzer Vertreter bei den römischen Verhandlungen von 962 benötigte, um Standpunkt und Interesse seines Metropoliten begründet vertreten zu können. Alle Merkmale, die äußere Beschaffenheit, die Schrift und der Inhalt legen die Annahme nahe, daß er zu diesem Zweck hergestellt worden ist. Gegen den Einwand, das gleiche Dossier hätte ebensogut 975 zur Erlangung des Privilegs für Willigis zusammengestellt sein können, fällt die sehr begrenzte Aktualität von Wilhelms Brief ins Gewicht. Die Gravamina waren bald erledigt. Rather wurde im März 962 in Verona restituiert, 965 ist Wilhelm für den Magdeburger Plan gewonnen worden und hat fortan für die Magdeburger Kirche interveniert 316 . Mit dem T o d e Bruns von Köln am 19. O k t o ber des gleichen Jahres war eine weiterer Stein des Anstoßes (episcopus ducis ... sibi operam vindicat) aus dem Wege geräumt, da dessen Doppelfunktion nicht fortgesetzt worden ist. Die Verurteilung und Absetzung Herolds von Salzburg hat Johannes X I I I . 967 abschließend bestätigt 317 . Stützt somit der Ternio die ohnehin naheliegende Annahme, daß Wilhelm 962 seine Sache bei der römischen Synode durch eine Legation hat vertreten lassen, so stellt sich die Frage, wie die in Wilhelms Brief beobachteten Diktatelemente in ein damals für ihn erteiltes Palliumprivi313 314

HOFFMANN, B u c h k u n s t S. 2 4 0 mit näherer p a l ä o g r a p h i s c h e r B e g r ü n d u n g . A u f diese k o d i k o l o g i s c h e n Sachverhalte hat mich E r n s t - D i e t e r H E H L , der Bearbeiter der „ K o n z i l i e n D e u t s c h l a n d s u n d Reichsitaliens 9 1 6 - 1 0 0 1 " ( M G H C o n c . 6) a u f m e r k s a m gemacht. Ich d a n k e ihm a u c h an dieser Stelle f ü r den G e w i n n , den ich bei a u s g e d e h n t e n G e s p r ä c h e n aus seinem b e s o n deren S a c h v e r s t a n d f ü r die hier vorgelegten Studien ziehen k o n n t e . 3 1 5 STAAB, M a i n z e r K i r c h e S. 47f. mit A n m . 63. 316 BEUMANN, L a u r e n t i u s u n d M a u r i t i u s S. 2 5 7 f . ( N e u d r . S. 158f.); ders., M a g d e b u r g S. 24 mit A n m . 22. 3 1 7 Z P U U 179.

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leg gelangt sein mögen, dessen Fassung im Willigis-Privileg von 975 erhalten geblieben ist. Es handelt sich um stilistische Merkmale, nicht um phraseologische Parallelen, die Agapits Privileg von 955 und den Brief nicht mit dem Willigis-Formular als Ganzem, sondern allein mit der Präeminenzformel verbinden, ohne daß diese aus jenen unmittelbar abgeleitet werden könnte. Wenn Wilhelm seinen Brief selbst verfaßt hat, was nicht zu beweisen, aber angesichts des ungewöhnlich persönlichen Engagements und der Emotionalität sehr wahrscheinlich ist, so wäre er auch als Verfasser seines eigenen Vikariatsprivilegs und der Präeminenzformel in Anspruch zu nehmen, die von der kurialen Kanzlei als Textvorgaben des Petenten rezipiert worden sind. Agapit hatte bestätigt, Wilhelms Wahlanzeige und Glaubensbekenntnis erhalten zu haben318, eine Voraussetzung für die Verleihung des Palliums, so daß mit dem Deperditum eines entsprechenden, von dem gleichen Boten eingeholten Privilegs zu rechnen ist. Hat Wilhelm 955 für Vikariat und Pallium getrennte Privilegien erhalten, so vereinigt das Willigis-Formular beides in einem, eine die Befugnisse erweiternde Bestätigung des Vikariats, eingefügt in ein zweites Palliumprivileg nach dem Beispiel des Trierer Privilegs für Erzbischof Heinrich vom 12. Februar 962 (ZPUU 153). Das gleiche Datum trägt das Synodaldekret über die Errichtung des Erzbistums Magdeburg, bei dessen Textgestaltung ohnehin mit Empfängerdiktat zu rechnen ist , in diesem besonderen Fall einer Mitwirkung der kaiserlichen Kanzlei. Hier weist der Schlußsegen einen in Papsturkunden seltenen Prosareim (longevam tribuat vitam - glorie percipiant palmam) auf. Das Willigis-Formular reimt bei der Segensformel, abweichend von L D 45, tristitiam - letitiam, worin ihm, wie bereits gezeigt worden ist320, die Magdeburger Palliumprivilegien für Waithard und Gero gefolgt sind. Dem Palliumformular L D 45 folgt auch 968 das Privileg für Erzbischof Adalbert von Magdeburg (ZPUU 190), wo den Schlußsegen der Prosareim amaritudinem - dulcedinem schmückt. Adalbert soll das Pallium wie die Erzbischöfe von Mainz und Trier gebrauchen. Mit dem Trierer Usus kann nur das um die Festtage von Laurentius und Mauritius erweiterte Palliumprivileg von 962 gemeint sein. Diese für Magdeburg besonders wichtigen Palliumtage kann Wilhelms verlorenes Privileg von Anfang 955 noch nicht enthalten haben, wohl aber eine Neuverleihung von 962 nach dem Willigis-Formular. Wie bei diesem handelt es sich auch bei Adalbert, diplomatisch gesehen, um ein Palliumprivileg, hier nach L D 45, mit integrierten weitergehenden Bestim318 Z P U U 133 mit A n m . 6. 319 BEUMANN, Laurentius und Mauritius S. 248ff.; Z P U U 154, Vorbem. 320 o b e n S . 17ff.

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mungen, nämlich über die Errichtung des Erzbistums und Adalberts Approbation. Statt beides auf besondere Privilegien zu verteilen, hat Adalbert noch im gleichen Monat wenn nicht gar am gleichen Tage ein weiteres Privileg über seine Ordinationsgewalt und die künftige Weihe seiner Nachfolger erhalten, in dem der Schlußsegen, dem Palliumformular (!) 46 des L D entnommen, den dort fehlenden Prosareim circumagat concedat erhalten hat321. N a c h diesen Befunden stellt sich die Frage nach dem Deperditum eines Vikariatsprivilegs des Papstes Marinus für Friedrich von Mainz erneut. Wilhelm hatte sich in seinem Brief an Agapit sowie im Textentwurf für das erbetene Vikariatsprivileg auf dieses anstelle des in den Ternio aufgenommenen Leoninum von 937 bezogen, während das Privileg des Marinus im Ternio fehlt. Sein Inhalt wird im Ternio allein durch Agapits Privileg mitgeteilt, das seinerseits mit der besonderen Privilegierung des Mainzer honor und wahrscheinlich auch mit der Erweiterung der Korrektionsgewalt darüber hinausging. Die Zuordnung des Dossiers zu den römischen Verhandlungen von 962 wird vom Fehlen des Marinus-Textes nicht berührt, wohl aber das Urteil über dieses Deperditum. Denn Wilhelm muß Gründe gehabt haben, sich 955 auf Marinus, 962 aber statt dessen auf Leo VII. zu stützen. Nichts spricht dafür, er habe 955 in R o m außer dem in seinem Privileg zitierten Brief das darin genannte Marinus-Privileg vorlegen lassen . In dem Wilhelms Stil verratenden Text beruft sich Agapit allein auf das, was er dem Brief des Petenten hat entnehmen können (Seimus vero vestris litteris intimantibus). D a s auffällige Fehlen eines Marinus-Privilegs im Karlsruher Ternio könnte seinen Grund darin haben, daß es ein solches überhaupt nicht gab, es sich vielmehr um eine Fiktion gehandelt hat, wobei auf Vertrauensseligkeit der Kurie gesetzt worden wäre. Ein anderes Motiv, es zwar zu erwähnen, aber seinen Text zu unterdrücken, wäre seine an den Mainzer Ansprüchen gemessen mindere Qualität, wenn es sich etwa nur um eine wörtliche Wiederholung des Leoninum von 937 gehandelt hätte. Wie bereits ausgeführt" 5 , hatte jedoch Friedrich von Mainz als auf Lebenszeit bestellter Papstvikar keinerlei Anlaß, vom neuen Papst eine solche Wiederholung zu erbitten, eher allen Grund, den Präzedenzfall zu vermeiden, der die Geltungsdauer über die eines Palliumprivilegs hinaus hätte beschränkt erscheinen lassen. Erbeten haben könnte Friedrich von Marinus immerhin ein „besseres" Privileg, vielleicht, wie später Wilhelm, auf Grund einer eigenen Textvorlage. D o c h was könnte darin über 321 ZPUU192. 3 2 2 B O S H O F , Erzstift Trier S. 6 2 . 323 oben S. 54.

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Leo hinausgegangen sein? Gegen die Gallia spricht, wie gezeigt, Agapits Legationsauftrag für Ruotbert von Trier, und die Erstreckung der Korrektionsgewalt auf cuiuscumque persone homines erscheint bei Agapit eher als eine durchsichtige Manipulation Wilhelms: Die Formel dient, wie wir sahen, in der Narratio als Zusammenfassung der schon bei Leo aufgeführten Liste (Bischöfe, Priester, Diakone und Mönche), ist aber im Dekret an sie angehängt worden, als handele es sich um eine weitere, bereits von Marinus anerkannte Gruppe, nämlich um Laien. Zwar könnte die fragliche Formel, für sich allein genommen, wie sie in der Narratio steht, Geistliche und Laien umfassen und insofern die Liste des Dekrets vollständig abdecken. Doch dort bedeutet sie dies gerade nicht. Da auch der Mainzer honor, bei Agapit als besonderes Privileg angefügt, für die Vorurkunde nicht zu belegen ist, bliebe für Marinus allein der Verzicht auf die Bindung an die Person, die stillschweigende Duldung eines ständigen Vikariats. Schließlich läßt sich nicht ausschließen, daß Wilhelms Brief den Inhalt eines Mainzer Entwurfs wiedergegeben hat, den Friedrich (wie später Wilhelms selbst) in Rom zur Erlangung eines besseren Privilegs hat vorlegen lassen, und nicht die Ausfertigung des Marinus, falls eine solche überhaupt erlangt worden ist. Weiterhelfen kann in diesen Fragen die Trierer Parallele. Dort hat Erzbischof Dietrich nacheinander den Primat/Vikariat zunächst 969 von Johannes XIII., sodann 973 von Benedikt VI. alsbald nach dessen Erhebung und 975 von Benedikt VII., ebenfalls unmittelbar nach dessen Amtsantritt und erst diesmal mit einer Erweiterung der Vorrechte (Reitornat, Vortragekreuz und Kardinalpriester) beurkunden lassen324. Dietrich ist, nachweisbar seit 961, bis zu seiner Erhebung zum Trierer Erzbischof am 5. März 965, also unter Erzbischof Wilhelm, Dompropst in Mainz gewesen325. Nichts liegt näher, als daß er sich in seiner Privilegienpraxis am Mainzer Vorbild orientiert hat. Der Mainzer Berufung auf Bonifatius entsprach in Trier der Rekurs auf die apostolische Tradition und den Primat in der Gallia. Beide Argumente zielten auf eine Privilegierung ad sedem. Der Primat/Vikariat ist schon 969 Tbeoderico et per eum cunctis successoribus suis verliehen worden. Benedikt VI. hat die Vorurkunde von 969, von einer materiell unerheblichen Abweichung abgesehen32'', wörtlich wiederholt, eine Verbesserung ist erst bei Benedikt VII. erreicht worden. Wenn sie schon, zwar vergeblich, bei dessen

324 Z P U U +195. +222. +235. Zur Echtheitsfrage BOSHOF, Erzstift Trier S. 49ff., [GP 10 S. 45 Nr. 69, S. 47 Nr. 71, S. 48 Nr. 73] sowie unten S. 71ff. 325 BOSHOF, Erzstift Trier S. 8f. 326 Z P U U +222, Narratio: Romam suum dirigente legatarium. +195. +235: Theoderico... veniente Romam.

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Vorgänger erbeten worden wäre, allerdings diesmal nicht persönlich, sondern nur durch Boten , wäre die Wiederbeurkundung durch den neuen Papst für die gleiche Person plausibel. Sollte Dietrich dabei der Mainzer Privilegienpraxis gefolgt sein, so wäre die Parallele ohne ein Marinus-Privileg unvollkommen. Freilich könnte es Friedrich von Mainz bei Marinus ähnlich oder wenig besser ergangen sein als Dietrich bei Benedikt V I . Es ist ferner zu fragen, ob und inwieweit das Mainzer Vorbild für Dietrich von Trier nicht auch in der Sache selbst richtungweisend gewesen sein dürfte, so daß von seiner Privilegienpolitik ein Licht auf diejenige Wilhelms fiele. D o c h dies bedarf einer eigenen Untersuchung .

[d) Vereinbarkeit der Trierer „Primatsprivilegien" von 969, 973 und 975 mit der Mainzer Präeminenz von 975] Eine Predigt des gelehrten Trierer Mönchs Remigius, eines Korrespondenten Gerberts von Aurillac"' und späteren Abts von Mettlach, scheint ein E c h o der Mainzer Präeminenzformel zu enthalten" 0 : Ecce, sicut domina mundi Roma sacris meritis beati Petri apostoli sortita est omnium sanctarum ecclesiarum primatum, sie etiam tu (sc. Eucharius) catholico iure specialiter premines cunctis Galliae civitatibus per eundem dominum apostolicae gratiae radiis illustratum. Tuum namque est, quotienscunque in hac provincia concilium initur universale 31 principaliter disponere, salvis sanetae Romanae sedis privilegiis, si qua oborta fuerint incommoda, iusta auetoritate ac sacra lege discutere, summae gratiae concordiam accumulare, cum metropolitanis iurgia provida dispensatione compescere. Beim Vergleich fällt die Kombination der von Petrus vorbehaltlich der Privilegien des römischen Stuhls (Willigis: post summi culmen pontificis) verliehenen Präeminenz mit der Dispositionsgewalt beim allgemei-

327 unten Anm. 349 und BOSHOF, Erzstift Trier S. 74. 328 Unten S . 7 4 f f . 329 Die Briefsammlung Gerberts von Reims, bearb. v. Fritz WEIGLE (MGH Briefe der deutschen Kaiserzeit 2, 1966) Nr. 134. 148. 152. 162. (169?). Die Identität des Adressaten dieser Briefe aus den Jahren 988-990, eines Trierer Mönches Remigius, wird vom Herausgeber offen gelassen. Hans-Walter HERRMANN, Mettlach, in: LexMA 6, Sp. 585, erwähnt „Briefwechsel mit Gerbert v. Aurillac"; Thomas, Studien S. 158f. 330 Hinweis bei RATHSACK 1 S. 280; Text bei SAUERLAND S. 108. 3 3 1 So die H s . , v o n SAUERLAND m i t a n d e r e r K o m m a s e t z u n g z u initur, universa k o r r i g i e r t .

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nen Konzil ins Gewicht. Die verbale Übereinstimmung mit

apostolica

auctoritate disponente ac firmiter iubente, sicut iustum et rectum esse videtur, premineas (Willigis) erscheint beachtlich, vor allem aber die Analogie von römischem Primat und Trierer Präeminenz (premines). Die Vorbehaltsklausel (salvis ... privilegiis), hier auf den römischen Stuhl bezogen, erinnert an die Mainzer servata-Formel. In den Trierer Privilegien von 969, 973 und 9 7 5 3 " heißt es übereinstimmend für den Fall der A n - bzw. Abwesenheit eines päpstlichen Legaten: Treuerensis presulpost

eundem apostolicum legatum primum inter alios pontifices locum obtineat et, si missus Romane ecclesie defuerit, similiter post imperatorem sive regem sedendi, sententiam edicendi et sinodale iudicium canonice promulgandi primatum habeat utpote in Ulis partibus vicarius nostre sedis apostolice merito constitutus. Offensichtlich steht der Text des Remigius der Mainzer Formel näher als der Trierer, an die bei dem dort beheimateten Autor zunächst hätte gedacht werden können. D a ß er den Trierer Primat im Auge hat, kann nicht überraschen, auch wenn er das W o r t nur für die römische Kirche gebraucht. A b e r ihm geht es um die Rückdatierung des Trierer Primats/Vikariats seiner Gegenwart in die apostolische Gründungszeit. D e r hl. Petrus selbst hatte den hl. Eucha-

rius als post se secundum presidem in Germania, atque Gallia eingesetzt, sicut Christus eum elegit et caeteris omnibus princeps principem super principes principaliter promovif". Diese bereits zitierte Stilfigur (Traductio) variiert das Grundwort princeps. N i c h t der Aspekt einer Stellvertretung, eines Vikariats, worum es sich der Sache nach eher hätte handeln müssen, sondern die Spitzenstellung wird betont, und dem entspricht die

sonstige Terminologie: presidem,

primatum,

premines,

principaliter

dis-

ponere. Ein Zeitgenosse des Remigius und M ö n c h von St. Eucharius, Theoderich, führt in seiner Predigt über den Bischof Valerius von Trier

aus: Scitote etiam, quia per eum (sc. Valerium) huius urbis sedes cunctis catbolicae et apostolicae (!) sedibus in Gallia praesidet. Quoniam sicut beatus Petrus apostolus per evangelistam Marcum discipulum suum decoravit sibi sedem Alexandriae acper beatum Apollinarem Ravennae, ita et baec civitas principaliter ab ipso principe apostolorum convaluit in hac primum provincia ipso honore ac auctoritate ...33\ Die Hervorhebungen kennzeichnen die bereits bei Remigius beobachtete Stilfigur. Wichtiger ist der Vergleich mit Ravenna; denn hier verrät Theoderich die Kenntnis 332 Z P U U +195, +222 und +235. 333

334

SAUERLAND S. 1 0 8 ; RATHSACK 1 S. 2 9 9 A n m . 2 8 8 .

SAUERLAND S. 109; RATHSACK 1 S. 2 2 9 mit H i n w e i s auf die Textabhängig-

keit von der oben (Anm. 330) zitierten Eucharius-Predigt des Remigius. Über Theoderich vgl. THOMAS, Studien S. 158ff.; ders., Der Mönch Theoderich von Trier und die Vita Deicoli, in: Rhein. Vjbll. 31 (1966/67) S. 42-63.

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des Trierer Primatsprivilegs von 975, des letzten seiner Art. Darin wird der Primat, ebenfalls mit Berufung auf die Einsetzung von Eucharius und Apollinaris durch Petrus, ergänzt um die Äqualitas von Trier und Ravenna. Es darf freilich nicht übersehen werden, daß die Primatsformel der Trierer Privilegien mit den Worten utpote vicarius constitutus den Vikariat dem Primat nicht nur gleichstellt, sondern diesen aus jenem ableitet. Auch Willigis sollte, insofern er als Vikar handelte, gegenüber allen Erzbischöfen und Bischöfen „hervorragen". Für Mogens Rathsack sind die inhaltlichen und verbalen Berührungen dieser und weiterer hagiographischer Texte mit den Trierer Primatsprivilegien Belege für deren Fälschung, indem er jenen ohne stichhaltige Begründung die Priorität zuspricht. Dabei wird nicht erst versucht zu erklären, welches Motiv eine Fälscherwerkstatt für die Herstellung zweier gleichlautender Falsa auf Johannes X I I I . und Benedikt VII. und eines dritten, um weitere Ehrenrechte erweiterten Falsum, alle drei für den gleichen Empfänger, Dietrich I. von Trier (965-977), gehabt haben könnte. Diese Sequenz der Trierer Privilegien läßt sich bei Annahme ihrer Echtheit zwanglos erklären. Wie Erzbischof Friedrich von Mainz beim Papstwechsel sein Vikariatsprivileg von Marinus hat erneuern lassen, so dürfte sich Dietrich von Trier in der gleichen Sache an Benedikt VI. gewandt haben. 969 hatte er bei der Romfahrt das Privileg Johannes' X I I I . persönlich eingeholt" 5 . Sein Palliumprivileg ist ohne Datierung überliefert und wird allein wegen des im Primatsprivileg bezeugten Rombesuchs in dessen Nähe gerückt336. Das Pallium ist jedoch übersandt, nicht persönlich eingeholt worden337, so daß ein der Ordination näherliegender und deshalb wahrscheinlicherer Zeitpunkt infrage kommt, nach Harald Zimmermann der Herbst 965 3 . Auf den Trierer Überbringer der schriftlichen Bitte um Erteilung des Palliums lassen sich die Worte des P r i m a t s p r i v i l e g s v o n 9 6 9 sicut eciam

pridem

audiendo,

immo

et

legendo

compertum habuimus ohne Schwierigkeit beziehen. Benedikt VI. hat 973 dies wiederholt, jedoch vorausgeschickt Romam suum dirigente legatarium

ad sanctorum

apostolorum

limina

audivimus.

D a s Privileg von 975

ist hier zum Text von 969 zurückgekehrt, hat also den Zusatz von 973 nicht wiederholt, so daß eine erneute Romreise Dietrichs für 975 anzunehmen wäre. Eine solche wird durch Eberwin von Trier in seiner Vita

3 3 5 Z P U U 195: veniente Romam oratum [ G P 10 S. 4 5 N r . 69.] 3 3 6 Z P U U 196 ( R o m , E n d e Januar 969). 337 Palleum ... transmisimus. Darauf hat ZOTZ S. 161 aufmerksam gemacht. 3 3 8 Z P U U 196 Vorbem.; ZOTZ schlägt S. 161 E n d e 9 6 5 / Anfang 966 vor. [Datierung nach wie vor umstritten G P 10 S. 4 5 N r . 68.]

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s. Magnerici ausdrücklich bezeugt 339 . Verdächtig wäre 975 die Beibehaltung des Zusatzes von 973 über die Gesandtschaft gewesen, seine Auslassung paßt zur Situation. Eine persönliche Einholung des dritten Primatsprivilegs beim Aussteller des zweiten paßt aber auch zu den beträchtlich erweiterten Ehrenrechten, die dieses Privileg von seinen Vorgängern unterscheidet. Auf sie ist in einem anderen Zusammenhang einzugehen 4 . Hier ist festzuhalten, daß die genaue Unterscheidung der Romfahrten Dietrichs von der Einholung des zweiten Privilegs durch eine Gesandtschaft einer Fälscherwerkstatt ebensowenig zuzutrauen sind wie die Fälschung dreier Privilegien in der gleichen Hauptsache, die ohne erkennbaren Grund auf zwei Päpste in zeitlich dichter Folge verteilt worden wären. Rathsacks Haupteinwand gegen die Trierer Primatsprivilegien ist, wie bereits gesagt, das Willigisprivileg von 975. Die Mainzer Erzbischöfe seien von 937 bis 1011 Inhaber des Vikariats gewesen ; ein Trierer Vikariat und Primat sei damit nicht zu vereinbaren. Vorausgesetzt wird dabei, daß Wilhelms Nachfolger Hatto II. (968-970) und Ruotbert (970975) apostolische Vikare gewesen sind. Entsprechende Privilegien sind nicht überliefert, doch die Bezeichnung Hattos auf seinem Grabstein als summus pontifex342

u n d die salva-¥orme\,

m i t der die G e l t u n g bisheriger

Privilegien vorbehalten wird, stützten diese Annahme. Nach den erhaltenen Urkunden ist das erste Trierer Primatsprivileg am 22. Januar 969 ergangen, ein gutes Jahr nach dem Tode Wilhelms, das letzte am 18. Januar 975. Willigis erhielt den Vikariat mit Präeminenz und Krönungsrecht im März 975. Eine Uberschneidung ergäbe sich insofern nicht, und wenn man von der Unvereinbarkeit ausgeht, so bedeutet das Mainzer Privileg die unausgesprochene Außerkraftsetzung des Trierers. Johannes XIII. hätte demnach nach dem Tode Wilhelms von Mainz (968 März 2) den Vikariat für Germanien und Gallien nicht dessen Nachfolger Hatto II.,

339 SAUERLAND S. 52, zitiert bei BOSHOF, Erzstift Trier S. 147 Anm. 182. Die Vita ist um 1000 entstanden, die Nachricht bezieht sich auf die persönliche Einholung des Benediktprivilegs ZPUU +233 von 975 Jan. 18 für das Trierer Martinskloster, das von BOSHOF (S. 137ff.) als interpoliert, von RATHSACK (2 S. 583ff.) als Fälschung Eberwins angesehen wird. In ihm heißt es von Dietrich, wie im Primatsprivileg vom gleichen Tag, veniente Romain causa orationis ad beatorum apostolorum limina, eodem narrante comperimus. [GP 10 S. 48 Nr. 73.] 340 Siehe unten S. 181ff. 341

R A T H S A C K 1 S. 2 8 9 f .

342 Regesten zur Geschichte der Mainzer Erzbischöfe, bearb. von Johann Friedrich

BÖHMER

und

Cornelius

N r . 5 2 ; R A T H S A C K 1 S. 2 8 9 .

WILL

1

(1877)

S. 1 1 6

N r . 8; S. 1 1 3

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sondern dem bereits seit 965 amtierenden Dietrich von Trier verliehen, ferner am 8. November 969 dem Abt Werner von Fulda, Hattos dortigem Nachfolger, den Primat {primatum sedendi) unter allen Äbten in Gallien und Germanien sowie die Würde eines archimandrita^. Doch nicht einmal dieser Lösungsvorschlag läßt sich halten, von der Fälschungstheorie Rathsacks ganz zu schweigen. Denn Leo IX. hat 1049 dem Erzbischof Eberhard von Trier unter weitgehend wörtlicher Anlehnung an das Privileg von 975 den Primat, jetzt allerdings eindeutig in der Gallia Belgica, bestätigt und sich dabei nicht nur auf die vorhandenen Primatsprivilegien berufen, sondern auch auf ein solches Benedikts VII. für Erzbischof Egbert (977-993) 344 . Dazu paßt die wohl zur Ingelheimer Synode von 980 zu stellende Nachricht der nicht genau datierbaren Translatio s. Celsi, in der es von Egbert heißt: qui inter omnes illos primatum tenuitw. Zu den bezeugten Teilnehmern gehörte auch Willigis34'. Ohne Zweifel hat er den Vorsitz geführt, und die Meldung der Translatio besagt allein, daß der Autor Egberts Privileg gekannt hat. Die Frage der Vereinbarkeit des Mainzer Vikariats mit dem Trierer Primat/Vikariat hat uns weiter zu beschäftigen. Nicht mit Wilhelms angenommenem Palliumprivileg von 962, wohl aber mit einem solchen Hattos von 968 kollidiert auf den ersten Blick das Trierer Primatsprivileg von 969 4 . Der Trierer soll, falls ein Papstlegat wegen kirchlicher Angelegenheiten oder zur Abhaltung einer Synode in Gallium Germaniamve entsandt sei, nach dem Papstlegaten unter allen Bischöfen primum locum innehaben, falls kein Papstlegat zugegen ist, den post imperatorem sive regem sedendi, sententiam edicendi et sinodale iu dicium canonice promulgandi primatum genießen, „nämlich (utpote) 348 als in jenen Gegenden" (in Ulis partibus) eingesetzter Papstvikar. So besteht hier, vom Krönungsrecht abgesehen, kein substantieller Unterschied zum Mainzer Vikariat, dessen Inhaber nach dem für Willigis überlieferten Text Synoden leiten sollte apostolica auctoritate disponente

343 Z P U U 1 9 9 . 344 J L 4 1 5 8 . EWIG, T r a d i t i o n S. 181 A n m . 172. 3 4 5 FUHRMANN, S y n o d e n v o n Ingelheim S. 173 A n m . 15. 346 FUHRMANN, a a O . S. 167. 347 Z P U U + 1 9 5 . [ G P 10 S. 4 5 N r . 69.] 348 FUHRMANN, S t u d i e n II S. 107 übersetzt „ w i e ein in jenen Teilen eingesetzter V i k a r meint aber auch, die U r k u n d e J o h a n n e s ' X I I I . g e b e „sich in der F o r m als Vikariatsprivileg a u s " (S. 106). G e m e i n t ist nicht, Dietrich solle als I n h a b e r des Primats außer d e m E h r e n v o r r a n g v o r den ü b r i g e n Prälaten die genannten B e f u g n i s s e haben, „ w i e " sie auch e i n e m P a p s t v i k a r eignen ( o h n e selbst ein solcher z u sein). D i e s hätte eindeutiger mit tamquam o d e r sicut a u s g e d r ü c k t w e r d e n k ö n n e n . Z u utpote: GEORGES, H a n d w ö r t e r b u c h s.v.

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ac firmiter iubente, sicut iustum et rectum esse videtur. Mit utpote vicarius wird dies für Trier obendrein zweifelsfrei klargestellt. Das Privileg ist 97334