Thesaurus proverbiorum medii aevi: Band 11 Sommer - Tröster 9783110864854, 9783110169515

286 18 115MB

German Pages 460 [464] Year 2001

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Thesaurus proverbiorum medii aevi: Band 11 Sommer - Tröster
 9783110864854, 9783110169515

Citation preview

THESAURUS PROVERBIORUM MEDII AEVI Lexikon der Sprichwörter des romanisch-germanischen Mittelalters Begründet von Samuel Singer Herausgegeben vom Kuratorium Singer der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften

Band 11: Sommer — Tröster

w DE

G Walter de Gruyter · Berlin · New York · 2001

Gefördert vom Schweizerischen Nationalfonds Mitarbeiterinnen von Samuel Singer: Marga Noeggerath-Bauer f, Gertrud Strich-Sattler f Kuratorium Singer: Maria Bindschedler, Rolf Eberenz, Peter Glatthard, Siegfried Heinimann f, Ricarda Liver, Eckart Conrad Lutz, Christoph Schäublin, Cecile Vilas Wissenschaftliche Leitung: Ricarda Liver, Gertrud Strich-Sattler f, Werner Ziltener Redaktion: Mathilde Brachna, Eva Delz, Christian Hostettler, Ricarda Liver, Vroni Mumprecht, Hans Ruef, Hans-Ulrich Seifert

@ Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt. Die Deutsche Bibliothek — CIP-Einheitsaufnahme Thesaurus proverbiorum medii aevi = Lexikon der Sprichwörter des romanisch-germanischen Mittelafters / hrsg. vom Kuratorium Singer der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozial Wissenschaften. Begr. von Samuel Singer. [Wiss. Leitung: Ricarda Liver ..,], — Berlin ; New York : de Gruyter Literaturangaben ISBN 3-11-008529-1 Bd. 11, Sommer - Tröster. - 2001 ISBN 3-11-016951-7

© Copyright 2001 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, D-10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Einbandgestaltung: Sigurd Wendland, Berlin, unter Verwendung von Pieter Brueghel d.Ä. „Die niederländischen Sprichwörter", Staatliche Museen zu Berlin Stiftung Preußischer Kulturbesitz und Gemäldegalerie Satz: Arthur Collignon GmbH, Berlin - Druck: Gerike GmbH, Berlin Buchbinderische Verarbeitung: Lüderitz Sc Bauer GmbH, Berlin

SOMMER SOMMER / ete / summer 1. Wechsel zwischen Sommer und Winter 1.1. Allg. (1). - WINTER i, 5-6, 9 l."2. Spez.: Immerwährender Sommer wäre schwer zu ertragen (2—3) 2. Unterschied zwischen Sommer und Winter 2.1. Allg. ~* WINTER 2.1. 2.2. Spez. 2.2.1. Im Winter regnet es, wenn es kann, im Sommer, wenn Gott es will —* REGEN 1.3. 2.2.2. Im Winter Bäckerin, im Sommer Wirtin -* WINTER 2.2.2. 2.2.3. Verschiedenes (4 — 6) 3. Übereinstimmung zwischen Sommer und Winter 3.1. Man trinkt im Sommer und im Winter gerne Wein (7). —· FEUER 300 3.2. Geld ist im Sommer und Winter gleich vie! wert — GELD 301, 304 3.3. Vereinzelt (8) 4. Beziehung zwischen Sommer und Winter 4.1. Im Sommer muss man für den Winter Vorsorgen (9-13). —· WINTER 24, 26—29. Vgl. AMEISE 1-2, 7-8, 10, 16, 22-23, 25, KLEIN 201-202 4.2. Der Winter verzehrt, was der Sommer geerntet hat —' WINTER 4.1. 4.3. Wer im Sommer das Kleid verschleisst, friert im Winter (14—25) 5. Jahresprognosen (26). — JAHR 87. Vgl. SCHWALBE 27, 31, WINTER 56-57

1. Wechsel zwischen Sommer und Winter

1.1. Allg. 1 Fr. L'yver st vient apres l'este Et le doitlx se toitrne en amer Der Winter kommt nach dem Sommer, und das Süsse verwandelt sich in Bitteres G. ALEXIS III, 156,365 (Debat de l'omme mondain) (= SÜSS 6). — WINTER 1,5-6,9 1.2. Spez.: Immerwährender Sommer wäre schwer zu ertragen 2 Dt. Der sumer würde unmaere, Ob er z' allen ziten waere Der Sommer würde ver3 hasst, wenn er zu allen Zeiten wäre FREIDANK 117,6. Ob winters niene waere, So waere des sumers niemen fro Wenn es keinen Winter gäbe, so wäre niemand froh über den Sommer ZWEITES BÜCHLEIN 438. 2. Unterschied zwischen Sommer und Winter

2.1. Allg. -> WINTER 2.1.

2.2. Spez. 2.2.1.-2.2.2. S.Inhaltsübersicht 2.2.3. Verschiedenes 4 It. De insta dauanti, diverno de drio Im Sommer vorn, im Winter hinten 1 NUNEZ 1,305 (el Italiano). 5 Span. Cuchilladas de verano estocadas son de invierno Messerhiebe sommers sind Degenstiche winters NUNEZ 1,260. 6 Dt. In sommer izzet man die kirsen gerne; Zu winter schizet man die kerne Im Sommer isst man die Kirschen gerne, im Winter scheisst man die Kerne SAL. u. MARK. 405.

SOMMER

2

3. bereinstimmung zwischen Sommer und Winter 3.1. Man trinkt im Sommer und Winter gerne Wein 7 Span. En verano por calor, y en invierno por el frto, nunca le falta achaque al vino Im Sommer wegen der W rme und im Winter wegen der K lte, niemals fehlt ihm ein Vorwand f r Wein NUNEZ II, 111. -» FEUER 300

3.2. s. Inhalts bersicht 3.3. Vereinzelt 8 Fr. En este et en tuer dazet (MoRAW.: dabei] coste de aignel, — Non estate placet latus agni, non yemali Tempore, non agnum de parte uolo laterali Im Sommer und im Winter sei Lammrippe verw nscht. — Weder im Sommer noch zur Winterszeit ist Lammseite willkommen. Ich will nicht Lammfleisch vom Seitenst ck ZACHER 173 (= MORAW. 648).

9 W n 12 13

4. Beziehung zwischen Sommer und Winter 4.1. Im Sommer muss man f r den Winter versorgen B i b l. Qui congregat in messe, films sapiens est: qui autem stertit aestate, filius confustonis Wer in der Ernte sammelt, ist ein weiser Sohn; wer aber im Sommer schl ft, ist ein Sohn der Schande VULG., PROV. 10,5. Wer im Sommer samlet, der ist klug, Wer aber in der Erndte schlefft, wird zu sch nden LUTHERBIBEL, SPR. 10,5. It. L'omo mat dorm l'istad e $ta tutor enderno; Mai h sauio lauora e d'tstad e d'inuerno Ein t richter Mann schl ft im Sommer und ist allzeit m ssig; aber der Weise arbeitet sowohl im Sommer wie im Winter PATEG 249. Dt. Die wil der schoene sumer wert, Sol man gewinnen, des man gert Solange der sch ne Sommer w hrt, soli man einbringen, was man begehrt BONER 42,65. Wer jn dem summer samelen kan Das er den wynter mog bestan Den nenn ich wol eyn wysen s n Wer im Sommer einsammelt, damit er den Winter durchstehen kann, den nenne ich wohl einen weisen Sohn BRANT, NARRENSCHIFF 70,13. -» WINTER 24, 26-29. Vgl. AMEISE 1-2, 7-8, 10, 16, 22-23, 25, KLEIN 201202

4.2. s. Inhalts bersicht 4.3. Wer im Sommer das Kleid verschleisst, friert im Winter 14 Gr. Εν θέρει την χλαΐναν κατατρίβεις Im Sommer verschleissest du das Kleid ZENOB. 3,72. 15-19 Mgr. Εν θέρει την χλαΐναν κατατρίβεις PS. DIOGENIAN. 4,51. GREG. CYR 2,46, 20 GREG. &p. LEID. 2,1. GREG. Qn>. MOSQ. 3,18. APOSTOLIOS 7,19. Εν θέρει την χλαΐναν τρίβεις PS. DIOGENIAN. VINDOB, 2,70. 2l. 22 Mlat. Aestate uestem deteris bers, wie 14 ERASM., ADAG. COLL. 27 v, Aestate penulam deteris ERASM., ADAG. CHIL. l, 10,100. 23 Dt. De des somers syne kleider vorslit, de vr st in dem winter. — Alget in octobri, vestes qui deterit aestu Wer im Sommer seine Kleider verschleisst, der friert im Winter. 24.25 — Im Oktober friert, wer seine Kleider im Sommer verschleisst TUNNICIUS 430. Aestate uestem conteris. — Im sommer kleyder zerreissen bers, wie 14. — ... FRANCK 1,99 v. EGENOLFF 336 r.

3

SONNE

5. Jahresprognosen 26 Nord. Algus in estate mes&i calet ede locate. — Kaaldh sommer g0r warmth ladegwlff Kälte im Sommer ist für die Ernte, die schon in der Scheune ist, warm, - Kalter Sommer macht warmen Scheunenboden LALE 33. — JAHR 87. Vgl. SCHWALBE 27, 31, WINTER 56-57 V.M. Anmerkung 1

Dazu steht die Erklärung: Entiende en et caminar D. h. beim Gehen,

SONDERGLEICHEN s. GLEICH

SONNE / soleii / sun Hier auch SONNEN 1. Die Sonne steht nie still (1~4) 2. Die Sonne ist die grösste Lichtquelle 2.1. Die Sonne bringt den Tag (5 — 6). Vgl. unten 13.5. 2.2. Die Sonne ist das hellste Licht und überstrahlt Mond, Sterne und andere Lichter (7—19) 2.3. Die Sonne braucht kein anderes Licht zur Unterstützung (20-41) 2.4. Die Sonne gibt dem Mond sein Licht (42—43) 3. Die Sonne leuchtet allen (unvermindert) 3.1. Die Sonne leuchtet allen gemeinsam (44-49). -> GEMEINSAM 13, 15,17-18. Ähnlich (50) 3.2. Die Sonne leuchtet nach Gottes Willen den Guten und den Bösen (51-62) 3.3. Die Sonne gibt allen Licht und hat immer gleich viel Licht (63-68). Vgl. FACKEL 1., KERZE 1.3,, LICHT 1.1. 4. Die Sonne scheint (ohne Folgen) auf und durch alles 4.1. Die Sonne scheint auf Unreines und bleibt doch rein (69 — 79}

4.2. Die Sonne scheint ins Wasser, ohne es zu trüben (80-81) 4.3. Die Sonne scheint ohne Folgen durch Glas (82-134). Anders (135-138. Vgl. 120) 5. Die Sonne und der Schatten gehören zusammen (139-141) 6. Die Sonne ist eine (unverminderte) Wärmequelle 6.1. Die Sonne wärmt (nur) das, worauf sie scheint (142 — 146) 6.2. Verschiedenes (147-148) 7. Die Sonne bringt zum Schmelzen 7.1. Die Sonne tässt Eis schmelzen -* EIS 6., FRAU 777, FREUDE 222 7.2. Die Sonne lässt den Schnee schmelzen — GLAUBEN 54, RUHM 17, SCHNEE 3., SCHÖN 37, VERGEHEN 8 -9, WEISE 132 8. Die Sonne ist von hoher Bedeutung 8.1. Die Gunst der Sonne ist wichtiger ats die des Mondes —» MOND 18—20 8.2. Die Sonne und ihr Anblick ist gut und erfreulich (149—151). Vgl. unten 13,5. 9. Die Sonne ist schlecht für die Augen 9.1. Die Sonne blendet, wenn man zu sehr in sie schaut (152 — 159) 9.2. Die Sonne schadet kranken Augen -> AUGE 403-404, 407, 409-410 10. Die Sonne nützt den Blinden nichts — BLIND 5.2. 11. Die Sonne wechselt mit anderem Wetter ab

SONNE

4

11.1. Nach Sonnenschein kommt Regen (160-164). — MORGEN (Subst.) 39, WETTER 3. Vgl. KLEID 3,2,1., MORGEN {Subst.) 6,1., TROCKEN 1.-2., UNWETTER 3., WARM 5.3.5.4., WETTER 2.1. 11.2. Nach dem Regen scheint die Sonne (heller und w rmer) — ARBEIT 84, HEUTE 105, MORGEN (Subst.) 32, REGEN 2.1. 11.3. Nach Wolken und Nebel scheint die Sonne (klarer) — NACHT 28, NEBEL 3., WOLKE 27-31, 33-36 11.4. Nach schlechrem Wetter scheint wieder die Sonne — DUNKEL 4, WETTER 8-W 11.5. Nach dem Unwetter scheint wieder die Sonne — DUNKEL 7, UNWETTER 13-16 12. Die Zeit der Sonne muss man n tzen 12.1. Die Zeit der Sonne darf man nicht ungen tzt und tatenlos verstreichen lassen (165— 167} 12.2. Bevor die Sonne untergeht, sollte man sich vers hnen (168—170) 13. Redensarten und Vergleiche 13.1. Nichts unter der Sonne ist von Dauer — DAUER 3, 5, 8, 16, EITEL 3-4, 15 13.2. Nichts Neues geschieht (gibt es) unter der Sonne —· NEU 87-89, 91-92 13.3. An die Sonne kommen -> SPINNEN 27, 33-44 13.4. Nicht an die Sonne kommen — GEWINN 6.2. 13.5. Die aufgehende Sonne anbeten (171 -175). Vgl. oben 2.L, 8.2. 13.6. Eine Wolke oder einen Nebel vor die Sonne ziehen (176— 179) 13.7. An die Sonne legen (180). — EIS 7. 13.8. Heuschrecken sonnen (an der Sonne h ten) — FRAU 696-697, HEUSCHRECKE l 13.9. Nach der Sonne frieren — FRIEREN 5. 13.10. Best ndig wie die Sonne ist der Weise -> WEISE 245, 247, 249 13.11. Am Tag liegen wie der Bauer an der Sonne -* HERR 343, TAG 25 13.12. Jemanden schlagen (stechen), dass die Sonne durch ihn scheint (181—182) 13.13. Verschiedenes (183-185) 14. Verschiedenes (186-198)

1. Die Sonne steht nie still 1 Mi at. Sol in zodiaco currens numquam requiescit: Sic animus requie semper avarus eget Die Sonne, die den Tierkreis abl uft, kommt nie zur Ruhe: So entbehrt der Geizige stets der Ruhe WERNER 2 s. 168 (= GEIZ 195). 2 It, Fermtt et durabili comu lu suit ki tuctu iornu curri et non est mat lassu Best ndig und ausdauernd wie die Sonne, die den ganzen Tag l uft und nie m de ist Vizn E VIRT

78. 3.4 Dt. Wann die Sonn still stat Wenn die Sonne stillsteht FRANCK 1,34v. Sonn still steht EGENOLFF 298 v.

Wann die

2. Die Sonne ist die gr sste Lichtquelle 2.1. Die Sonne bringt den Tag 5 Dr. Flures adorant orientem quam occidentem, — Wo die sonn auffgehet, da wirf es tag Es beten mehr Leute die aufgehende (Sonne) an als die untergehende. — Wo die 6 Sonne aufgeht, da wird es Tag FRANCK II, 84 v. Wo die Sonn aufgeht, da taget es. — Flures adorani solem orientem, quam occidentem EGENOLFF 85 v. Vgl. unten 13.5,

2.2. Die Sonne ist das hellste Licht und berstrahlt Mond, Sterne und andere Lichter1 7 Gr. Et μη ήλιος ην, ένεκα των άλλων άστρων εύφρόνη αν ην Wenn die Sonne nicht w re, w re es trotz der brigen Sterne Nacht HERAKLEIT. 99.

5

SONNE

s Mla t. Lucerna daritatem non habet in sole Der Leuchter hat an der Sonne kein Licht GREG, M., HOM. IN EZECH. l, 10,6 (888 B). 9 Fr. Si cume U soleilz le jur Tolt s estetles Ittr luur So wie die Sonne am Tag den Sternen ihr Licht nimmt MARIE DE FRANCE, PURG. 1577. 10 It. On sol si vede, ch' ogni luminare Dispare — per h gran sprendor ehe rende Man sieht eine Sonne, (die so ist,) dass jedes Licht durch den grossen Glanz, den sie von sich n gibt, verschwindet CHIARO DAVANZATI {» ANTICHE RIME 378,1). Ben e deco colui ehe non discerna, Quanta sia differente lo (Ausg.: le) splendore Del sol dal falso lume di lucerna Der ist wohl blind, der nicht unterscheiden kann, wie sehr sich der Glanz der Sonne vom falschen Licht des Leuchters unterscheidet LORENZO DE* MEDICI 11,7 (Capitoli 1,151). 12 E n g l . This wyt pasep pe wyttes of pe wordle se dep pe zonne pe brytnesse of be mone Diese Weisheit bertrifft die Weisheit der Welt wie die Sonne die Helligkeit des 13 Mondes MICHEL, AYENBITE 81. That as the someres sonne bryght Is fairer, derer, and hath more lyght Than any other planete in heven ... Denn so wie die helle Sommersonne sch ner und heller ist und mehr Licht hat als jeder andere Planet am Himmel 14 CHAUCER, DETHE ov BLAUNCHE 820. For as a sterre in presence off the sunne Lesith fresshnesse and his deer(e) liht ... Denn wie ein Stern in Gegenwart der Sonne seine Frische und sein klares Licht verliert LYDGATE, FALL OF PRINCES 2,995. ί5 Dt. Si gelichet sich der sunnen, Diu den Sternen nimt ir schin, Die da vor so liebte brunnen Sie gleicht der Sonne, die den Sternen, die da zuvor so hell geleuchtet haben, 16 ihren Glanz nimmt BURCHARD v. HOHENFELS 10, l (+MSH 1,206 a). Alsam der sunne gegen den sternen st t Wie die Sonne gegen die Sterne steht WALTHER v. D. VOGEL17 WEIDE 46,15. De sunne schynt klarer dan de mane. — Solares radii devincunt lampada Poebes Die Sonne scheint heller als der Mond. — Die Sonnenstrahlen bertreffen 15 das Licht des Mondes TUNNICIUS 128. Gleich als wen man die Sonne gegen einer kertzen oder wachsliecht setzet Wie wenn man die Sonne neben eine Kerze oder ein 19 Wachslicht steilen w rde LUTHER, WA XXXIII,288,4 (1531), Erat (seil, Ananias) sicut candela gegen der Sonnen Er (Ananias) war wie eine Kerze gegen die Sonne EBD. XXXVII,269,36 (1534).

2,3. Die Sonne braucht kein anderes Licht zur Unterst tzung 2 20 Gr. Ήλίω φως δανείζεις Du borgst der Sonne Licht PLUT., MOR. VII, 463,16. 21 La t. Ut in sole, quod a te dicebatur, lucernam adhibere nihil interest Wie es, was von dir gesagt worden ist, keine Wirkung hat, wenn man bei Sonnenlicht eine Laterne 22 anz ndet Cic., DE FIN. 4,12,29. In rebus vero apertis argumentari tarn sit stulturn quam "m darissimum solem mortale lumen inferre Aber bei offensichtlichen Dingen Beweise anzuf hren kann ebenso t richt sein wie gegen die strahlend helle Sonne ein 23 schw chliches Licht zu halten QUINT., INSTIT. 5,12, 8. Ei sub sole darissimo cum lucer nis et facibus or bis peragrant uastitatem? Und durchschweifen sie unter dem klarsten Sonnenlicht mit Leuchtern und Fackeln die unerrnessliche Weite des Erdkreises? 24 ARNOBIUS, ADV. NATION ES 5,27. U t si in sole positis facem praeferas et accensu luminum claritudinem diet gestias adiuvare Wie wenn du den in der Sonne Stehenden eine Fackel vorantragen w rdest und durch Anz nden der Lichter die Helligkeit des Tages zu unterst tzen begehrtest SYMMACH., EP. 3,48. 25 26 27 28

Mgr. Ήλίφ φως δανίζεις bers, wie 20 APOSTOLIOS 8, 51. M tat. Quasi lychnis contra solis radios pugnaturi Wie um mit Leuchtern gegen die Sonnenstrahlen anzuk mpfen ENNODIUS 46,22, Sol facibus non iuuatur Die Sonne wird von den Fackein nicht unterst tzt EBD. 49,6. Superuacuts ad benefida laborat inpendiis qui solem certat fadbus adiuuare Wer sich mit Fackeln der Sonne beizustehen

SONNE

6

bemuht, arbeitet mit überflüssigem Aufwand darauf hin, Gutes zu tun EBD. 65,6. 29 Nescitis stolidt solem factbus non iuuari? Wisst ihr Toren nicht, dass sich die Sonne 30 nicht mit Fackeln helfen lässt? EBD. 295,22. Quis quaerat noctis lampadam, ubi solis iubar effulgurat? Wer sollte eine Nachtlampe suchen, wo das Licht der Sonne leuchtet? 31 EBD. 366,15. Superuacuis laborat inpendiis, qui solem certat facibus adiuuare Der müht sich mit vergeblichem Aufwand ab, welcher sich bemüht, der Sonne mit Fackeln 32 beizustehen DECRETUM GRATIANI 2,6,1,7. Nee enim praesumo docere Minervam, vel in sole radios ponere Noch masse ich mir nämlich an, die Minerva zu belehren oder 33 Lichtstrahlen auf die Sonne zu richten PETR. CELL., EP. 52 (479 B). Superflua enim sunt impendia lucernae, ubi sol meridianus lucet in virtute sua Denn überflüssig ist der Aufwand des Leuchters, wo die Mittagssonne in ihrem ganzen Glanz leuchtet EBD. 150 34 (594 A). Quasi solem certans facibus admvare Gleichsam im Bemühen, die Sonne mit 35 Fackeln zu unterstützen STEPHAN. TORNAC., EP. 43 (343 C). Sidera splendorem non possunt addere soli Die Sterne können der Sonne keinen Glanz beifügen RAIM. BIT., 36.37 KALILA 499. Soli lumen inferre Der Sonne Licht bringen ERASM., ADAG. COLL. 45 v. 38 ERASM., ADAG. CHIL. 2,5,7. Solem adiuuare facibus Der Sonne mit Fackeln beistehen ERASM., ADAG. CHIL. 4,8,25. 39 Fr. Au der soleil ne fault nulles chandeilles Bei klarem Sonnenlicht braucht es keine Kerzen J. MOLINET 227,56. 40 Dt. Der ist eyn narr, der macht eyn für Das er dem sunnen schyn geh stur Oder wer fackeln zündet an Vnd will der sunnen glast zu stan Der ist ein Narr, welcher ein Feuer macht, um dem Sonnenlicht zu helfen, oder welcher Fackeln anzündet und dem 41 Sonnenlicht beistehen will BRANT, NARRENSCHIFF 28,1. Szo ists als wen ich die helle Sonne mit eyner finstern latern wolt erleuchten und einen fels auff ein röhr gründen So ist es, als ob ich die helle Sonne mit einer finstern Laterne erleuchten und einen Felsen auf ein Rohr gründen wollte LUTHER, WA VI,291,10 (1520). 2.4. Die Sonne gibt dem Mond sein Licht 42 Fr. Si com la lune a son veoir perdu, Quant la clarte del soleil ne retail So wie der Mond seinen Schein verloren hat, wenn er nicht das Licht der Sonne empfängt GAUT. D'ESPINAL 23, 19.3

43 Dt. Der mäne hat niht schines wan von sunnen glast Der Mond hat nur Licht vom Glanz der Sonne COLM. 61,214.

3. Die Sonne leuchtet allen {unvermindert} 3.1. Die Sonne leuchtet allen gemeinsam 44 45 46 47 48

Bibl, So/ illuminans per omnia respexit Die Sonne schaut leuchtend auf alles VULG., SIRACH 42,16. Die Sonne gibt aller Welt liecht LUTHERBIBEL, EBD. La t. Sol omnibus lucet Die Sonne leuchtet allen PETRONIUS 100,1. Fr. Pleüst a Dieu qui abandonne Son soleil a tous en eommun Möchte es doch Gott gefallen, welcher seine Sonne allen gemeinsam überlässt RENAUT, GALERAN 4068. Li solos qu'est et biaz et gens, Est comuns a toutes les gens Die Sonne, welche schön und wundersam ist, gehört allen Leuten gemeinsam THIERRY DE VAUCOULEURS 5793. 49 Dt. Die sunne schmet menlich üf der erden last Die Sonne scheint jedem auf der [Masse der] Erde COLM. 61,213. — GEMEINSAM 13, IS, 17-18 Ähnlich: 50 It. Per tutto come qui si Uefa il sole Überall geht die Sonne auf wie hier ABRAMO E AGAR (*RAPPR. 1,19).

7

SONNE

3.2. Die Sonne leuchtet nach Gottes Willen den Guten und den Bösen4 si Bib l. Qui solem suum oriri facit super bonos et malos, et pluit super justos et injustos Der seine Sonne über den Guten und Bösen aufgehen und es über Gerechte und Un52 gerechte regnen lässt VULG,, MATTH. 5,45. Denn er lesst seine Sonne auff gehen vber die Bosen und vber die Guten, vnd lesst regenen vber Gerechte vnd Vngerecbte LUTHERBIBEL, EBD. 53 La t. Magnum beneficium est pax, sed Dei ueri beneficium e$t, plerumque etiam sicut sot, sicut pluuia uitaeque alia subsidia super ingratos et nequam Friede ist eine grosse Wohltat, aber es ist eine Wohltat des wahren Gottes, die meistens wie die Sonne, wie der Regen und anderes, das der Lebenserhaltung dient, auch den Undankbaren und Schlechten zuteil wird AUGÜSTIN., DE CIVITATE DEI 3,9 (1,118,17). 54 MIat. ... super justos et injustos pluendo, super bonos et malos solem suum oriri faciendo Indem er es über Gerechte und Ungerechte regnen und seine Sonne über den Guten und Bösen aufgehen lässt PAUL. DIAC., HOM. 163 {l364 A). 55 Pro v. Si cum le reis celestials Pluou sus los bös e sus los mals, E sus les mals e sus les bös Espan lo (Ausg.: los} soleilh precios So wie der himmlische König es über die Guten und die Bösen regnen lässt und über die Bösen und über die Guten das kostbare Sonnenlicht ausbreitet MATFRE ERM., BREV. D'AM. 10219. 56 Engl. Se mildheorte Drihten, f}e lief seinen his sunne ofer pä rihtwisen and unrihtwisen gelice, and scent renes and eorölice wcestmes goden and yfelan Der barmherzige Gott, welcher seine Sonne über den Gerechten und Ungerechten gleicherweise scheinen lässt und Regen und Wachstum der Erde Guten und Bösen sendet EARLY HOM. 30,22. 57 He l&teÖ his sunne seinen ofer pa goden, and ofer pa yfeien, and he s&ndeö ren ofer pa rihtwisen and ofer pa synfulle Er iässt seine Sonne über den Guten und den Bösen scheinen, und er sendet Regen über die Gerechten und über die Sündigen EBD. 95,35. 58 And makeb (seil, our Lord) be zonne ssine ope be guode and ope pe kueade, äse he zayb ine his spelle Und er (unser Herr) lässt die Sonne über den Guten und den Bösen scheinen, wie er in seinem Evangelium sagt MICHEL, AYENBITE 188. 59 Nl. Alse die sonne es in eerterike die hare claerheit spaert ander die goede ende die quade ende hare nochtan gheen quaet en gereinen mach Wie es die Sonne auf dem Erdreich ist, die ihr Licht unter die Guten und die Bösen ausbreitet und von ihnen doch keinen Bösen rein machen kann SIDRAC MNL. 141,33. 60 Dt. Er git sinen regen über die rechten und über die unrechten, er heist sein sunne schinen über übel und über gut Er gibt seinen Regen über die Gerechten und über die Ungerechten, er heisst seine Sonne über Bösen und Guten scheinen SCHÖNBACH, FRED. 61 II, 127,10. Dog ein wys man dait bekand, Des namen ik beskreuen fand: De Code wille folgen na, Shal geven, alse ik forsta, Deme guden unde deme kwaden; Wente God mid siner gnaden Lät sine sunne shinen fro unde spaden Deme guden unde deme kwaden Doch ein weiser Mann, dessen Namen ich aufgezeichnet fand, tat kund: „Wer Gott nachfolgen will, soll, wie ich es verstehe, dem Guten und dem Bösen spenden; denn Gott lässt mit seiner Gnade seine Sonne früh und spät dem Guten und dem Bösen 62 scheinen" LAIENDOCTR. 26. Wie der hymelisch vatter vber gutte vnd boße leßt regenen vnd sonne scheynen Wie der himmlische Vater über Gute und Böse regnen und die Sonne scheinen iässt LUTHER, WERKE 11,405,37 (1523).

3.3. Die Sonne gibt allen Licht und hat immer gleich viel Licht 63 Fr. Le solail sä lueur espart Sus ung chacun, a tout entendre, Matz pour ce ne se fait escart Ne si n'en est sä lueur mendre Die Sonne breitet ihr Licht über einen jeden aus, wenn man alles (richtig) versteht, aber deswegen zerteilt sie sich doch nicht, noch ist ihr Licht dadurch geringer REVEILLE QUI DORT 573 (l5. Jh. [·» ROMANIA 34,569]).

SONNE

8

64 Dt. Über alle die werlt scinet er (seil, der sunne} lüter und lieht. Und sceidet sieb doch an stner stete nieht Über die ganze Welt scheint sie (die Sonne) hell und leuchtend, 65 und sie trennt sich doch nicht von ihrer Beständigkeit KAISERCHRON. 9074. Der sunnen schm ist harte wit, Ir lieht si allen dingen git; Desn bat si deste minre nibt, Daz al diu werlt von ir gesibt Das Licht der Sonne ist sehr fern; ihr Licht gibt sie allen Dingen; davon, dass die ganze Welt durch sie sieht, hat sie doch nicht um so weniger (Licht) 66 FREIDANK 14,2. Alse diu sunne aller der werlte ir schm Itket, des hat sie deste minner niht Wie die Sonne der ganzen Welt ihr Licht leiht — sie hat nicht entsprechend weniger 67 davon BERTHOLD 1,26,25. Swie vil uns diu sunne ir liehtes Hhet, so hat sie sm niht deste minner Wieviel uns auch die Sonne von ihrem Licht leiht, so hat sie (doch) davon 68 nicht entsprechend weniger EBD. II, 30,13. Swie vil uns diu sunne alle tage ir liehtes gtt, so bat sie doch deste minner niht Wieviel uns auch die Sonne alle Tage von ihrem Licht gibt, so hat sie doch nicht entsprechend weniger EBD. II, 174,18. Vgl. FACKEL 1., KERZE 1.3., LICHT 1.1.

4, Die Sonne scheint (ohne Folgen) auf und durch alles 4.1. Die Sonne scheint auf Unreines und bleibt doch rein 5 69 Fr. Car de home ne prent (seil, le sacrement) empirement Nient plus qe le solail du femer Ke sur ly fert, e lust si der Denn vom Menschen empfängt es (das Sakrament) nicht mehr Schaden als vom Misthaufen die Sonne, die auf ihn scheint und so hell leuchtet WILLAME DE WADINGTON (?) 2714 Var. 70 It. Fere lo Sol lo fango tutto' e giorna: Vile riman, ne il So! perde calore Die Sonne scheint auf den Dreck den ganzen Tag; dieser bleibt verächtlich, und die Sonne verliert doch nicht ihre Wärme GUIDO GUINIZELLI (*ANTICHE RIME 106,31 [= MONACI 71 302, 31j), Siccome il sole, ehe tocca le sozzure colla luce sua, e st non ne riceve in se nulla svzzura Wie die Sonne, welche den Dreck mit ihrem Licht trifft und davon doch 72 in sich keine Beschmutzung erfährt GIORD. DA RIVALTO 39. Aristotile dixe; Lu sole fere nella lota, ma non se appiccica Aristoteles sagt: „Die Sonne trifft auf den Dreck, 73 aber besudelt sich dabei nicht" FIORE DI VIRTÜ B 452,13. Come vedi il sole ehe va sopra all' acqua e sopra el fango, e non s'imbratta, cost fai tu Wie du es bei der Sonne siehst, die über das Wasser und über den Schlamm geht und sich nicht beschmutzt, so 74 machst du es BERNARDINO II, 101 (Pred. 19). Faro come il sole, ehe passa per lo loto e per ogni bruttura, e non si imbratta Ich werde es machen wie die Sonne, welche durch den Dreck scheint und durch jede Unreinlichkeit und sich doch nicht beschmutzt CHERUBINO DA SIENA 45. 7.i Engl. Pe sunne, bys feyrnes neuer he tynes, t>ogh hyt on pe muk hepe shynes Die Sonne verliert ihre Schönheit doch nie, obschon sie auf den Misthaufen scheint MAN76 NYNG, HANDLYNG SYNNE 2299. Though that hooly writ speke of horrible synne, certes hooly writ may nat been defouled, namoore than the sonne that shyneth on the mixen Obschon die Heilige Schrift von den schrecklichen Sünden spricht, kann doch die Heilige Schrift ebensowenig beschmutzt werden wie die Sonne, welche auf den Mist scheint CHAUCER, PARS. T. 1911. 77 Nl. Alsoe gelijc alse die sonne niet en mach besmet sijn, op wat vulnessen dat sy scijnt Ebenso wie die Sonne nicht beschmutzt werden kann, auf was für Fäulnis sie auch immer scheint SIDRAC MNL. 210,8. 78 Dt. Dem wurme ist sie gemeine Und bltbet sie doch reine. Diu sunne scbtnt den tiuvel an Und scheidet reine doch hin dan Dem Wurm teilt sie sich mit und bleibt doch rein. Die Sonne scheint den Teufel an und scheidet doch rein von hinnen FREIDANK 14,6. 79 Aristoteles spricht auch das: Die sunne scheinet auf das äs Und wirt doch davon sme-

9

SONNE

cken nicht, Und ist auch dannoch alzeit Hecht Aristoteles sagt auch das: „Die Sonne scheint auf das Aas und beginnt doch davon nicht zu stinken und ist auch dann noch stets strahlend hell" VINTLER 6607.

4.2. Die Sonne scheint ins Wasser, ohne es zu trüben 80 Fr. Mais trestout autressi comme li rais du soleil luist parmi la clere aigue, si que U est veus jusques au fons, sans (ou que il ne desoivre mie les ondes de l'aigue ne departtt, anscois remainst autreu clere com ele avoit devant estet. Tout autressi entra li fix Diu dedens le venire de la pucele sans son pucelage maumaitre ne empirier Aber ganz genauso wie der Sonnenstrahl mitten durch das klare Wasser scheint, so dass man ihn bis auf den Grund sieht, ohne dass er die Wellen des Wassers scheidet oder getrennt hat — es bleibt vielmehr klar, wie es vorher gewesen ist —, ganz genauso trat der Sohn Gottes in den Bauch der Jungfrau, ohne ihre Jungfräulichkeit zu beschädigen oder zu verletzen HUCHER, GRAAL II, 149. 81 S p a n . Bien asy commo ei rrayo del sol pasa por medio del agua clara asy que lo vee el omne fasia el fondon, e non se torva nin se turbia ende el agua, ante es clara bien commo ante Genauso wie der Strahl der Sonne mitten durch das klare Wasser dringt, so dass man ihn bis zum Grund sieht, und das Wasser deswegen nicht aufgewühlt und trüb wird, sondern vielmehr ebenso klar ist wie vorher LIBRO DE Jos. ABAR. 1,25,24.

4.3. Die Sonne scheint ohne Folgen durch Glas0 82 M l a t , Ut vitrum non laeditur sole penetrante Wie das Glas nicht beschädigt wird, 83 wenn die Sonne es durchdringt , HYMNEN 1,47,41. Vt salts radius transit innoxius fenestram vitream Wie der Sonnenstrahl das Glasfenster durchdringt, ohne es zu beschädigen BAS L. Hss. A XI. 72 Bl. 45 v (15. Jh.). 84 Fr. Ja n'iert (seil, la vertiere} tant forz ne tant antiere, Que li rats del so/o// n'i past, Sanz ce que de r ten ne la quasi Nie wird es (das Glas) so stark noch so unversehrt sein, dass der Sonnenstrahl es nicht durchdringt, ohne es im geringsten zu beschädigen 85 CRESTIEN, CLIGES 726. Ansi com par mi la vertiere, Ke fors est, et sainne, et antiere, La clärtez del' soloil trespasse, Et se ne I'ampire ne qasse, Enst Dex en li dessandit, Ne il ne eile n'i perdit Ebenso wie das Licht der Sonne mitten durch das Fenster, das stark ist und heil und ganz, hindurchgeht und es nicht beschädigt und zerbricht, so stieg Gott in sie (seil, die Jungfrau Maria) hinab, und weder er noch sie büssten dabei etwas 86 ein HERB,, DOLOP. 12067. Si com li solaus vient et va Et la verriere mal n'en a So wie die Sonne kommt und geht und das Glas keinen Schaden davon hat FANUEL 967. 87. 88 St con U soleil vient et va Et la verriere mal n'en a EBD. 1563. Quant li soulaus revtnt et va Et la verriere mal n'en a, Et U soulaus retrait s'alainne Et la verriere rematnt sainne Wenn die Sonne zurückkommt und geht und das Glas keinen Schaden davon hat und die Sonne ihren Hauch zurückzieht und das Glas ganz bleibt EBD. S. 116. 89 Dune veis tu par mi un veire Ou par mi un entier cristat Sanz corrupcion e sanz mat Le rai del solail trespasser? Sahst du nicht den Sonnenstrahl mitten durch eine Glasscheibe oder durch einen unversehrten Kristall dringen, ohne sie zu zerstören oder zu 90 beschädigen? G. LE CLERC, JOIES N. D. 416. Mais ausi comme li rais du soleil lust parmi la cleire uerriere sans mal metre le tot ensi issi li fiex dien del uentre a la pucele Aber ebenso wie der Sonnenstrahl durch das durchsichtige Glas scheint, ohne das Ganze zu beschädigen, ebenso kam der Sohn Gottes aus dem Leib der Jungfrau GRAAL 91 25, 36. Si comme hom voit le soleil toute jor Qu'en la verriere entre et ist et s'en va, Ne l'enpire So wie man die Sonne immer in das Glas dringen, hinaustreten und weiter92 gehen sieht, ohne dass sie es beschädigt RUTEBEUF II, 150,37. Lors fus aussi com la

SONNE

93

94

95

96 97 98

99

100 101 102 103 104

105 106 107

3OS

10

verriere Par oü U raiz dou soleil passe: Elle n'est pas por ce mainz entiere, Qu'il ne la perce, ne ne quasse Damals warst du so wie das Glas, durch welches der Sonnenstrahl dringt. Es ist deswegen, weil er es durchdringt, nicht weniger unversehrt; denn er durchbohrt es nicht, noch zerbricht er es EBD. II, 160,173. Ausi com It solauz tresper ce la verriere, Qu'ele n'am est mains sene, mains forz ne mains antiere, Ainsi antra an vos, dorne, eil qui Diex iere, Sanz bieder, sanz maumetre Ebenso wie die Sonne das Glas durchdringt, ohne dass dieses dadurch weniger heil, weniger stark oder weniger unversehrt bleibt, so trat in Euch, Herrin, der, welcher Gott war, ohne Euch zu versehren und zu verletzen FRIERE Ä LA VIERGE 61 (·* ROMANIA 39,49). Car tout ausi c'on uoit le soleil qui luit der La verriere passer, luire et estinceler, Porrez veoir Francois par mi vos murs passer Denn ebenso, wie man die Sonne, die hell scheint, das Fenster durchdringen, glänzen und funkeln sieht, werdet ihr sehen können, wie Franzosen mitten durch eure Mauern gehen CUVELIER, Du GUESCLIN 21419. Aussi con le soleil entre par mie le verre, Ne le verre pour cen (lies: ce, Red.) ne ront ne ne äeserre Ebenso wie die Sonne mitten durch die Fensterscheibe tritt und die Scheibe deswegen nicht zerbricht noch auseinandergeht DEBAT DU CLERC 63. Pro v. Si com ses trencamen faire Intral bels rais quan solelha Per la fenestra veirina So wie der schöne Strahl, wenn die Sonne scheint, durch das Glasfenster eintritt, ohne es zu zerbrechen PEIRE DE CORBIAC (+BARTSCH 213,9). It. Sicome U sol ehe manda la sua spera E passa per lo vetro e no lo parte So wie die Sonne, welche ihren Strahl ausschickt und durch das Glas dringt und es nicht zerbricht GIACOMO DA LENTiNi {* ANSTICHE RIME 334, l [= MoNACi 54, IX, 1]). Come lo sole intieramente, Pasa el vedro e non li fa rutura Wie die Sonne das Glas ganz durchdringt und es nicht zerbricht SACRE POESIE POP. 60. Span. Si el sol entra y sale por una v'idriera Sin punto danarla, crebar ni herir Wenn die Sonne durch ein Glas hereinkommt und hinausgeht, ohne es ein bisschen zu beschädigen, zu zerbrechen oder zu verletzen ERLOGEN 1,388, Engl. Alse pe sunne seined purh pe giesne ehpurl. pet gles ne brekeÖ ne chineö, and be sunne schineö per purh Wie die Sonne durch das Glasfenster scheint: Das Glas zerbricht nicht und bekommt keinen Spalt, und die Sonne scheint doch hindurch HOMILIES A 83. Right als pou sets pe sun beme Cats thoru pe glas and cums again, Witvten brest Genauso wie du den Sonnenstrahl durch das Glas gehen und wieder kommen siehst, ohne dass er es beschädigt CURSOR MUNDI 11230. He übt in to pe, $op hit was, As dude pe Sonne porwh pe Glas, And so pow wex wip chylde Er stieg in dich hinab, wahr war es, wie die Sonne durch das Glas, und so wurdest du schwanger VERNON MS. 25,28, Rijt as the brijt sonne-beme comes and goos thurgh the glas Genauso wie der glänzende Sonnenschein durch das Glas kommt und geht EBD. 38 App. 450. Whan that youre beaute clerely splendent In to my herte full wonderly dyde pas Lyke as fayre Pbebus doth sbyne in the glas Als Eure hell leuchtende Schönheit auf ganz wundersame Weise in mein Herz drang, so wie die schöne Sonne in das Glas scheint HAWES, PAS TIME 2334. Nl. Alse die sonne in campt doer tgelas sonder quetsen Wie die Sonne durch das Glas hineinkommt, ohne (es) zu zerbrechen S i DRAG MNL. 47, 32. Ghelijc dat niet en quetst dat glas, Daer die sonne schijnt dore So wie das Glas nicht zerbricht, durch das die Sonne scheint MNL, GEISTL. LIEDER 21,5, Een glas al heel dat schijnt daer door, Ten breket niet van der sonnen Ein Glas, obschon (sie) hell hindurchscheint, zerbricht nicht von der Sonne EBD. 22,5. Dt. Swenen so daz dunket unmugeltch, Der merke daz glas daz dir is gelig. Daz sunnen liet schmet durg mittlen daz glas: Iz is aline und lüter sint alsiz e was Wen das

11

109 110

11l

112

113 114 115

116

117 118

119

120

121

122

123

SONNE

unmöglich dünkt, der beobachte das Glas, das dir gleich ist. Das Sonnenlicht scheint mitten durch das Glas; es ist danach ganz und rein, wie es zuvor war ARNSTEINER MARIENGEBET (+ MSD 38,16). Hie schein dt sunne durch dat glas Undi was doch alse ganz, als iz e was Hier schien die Sonne durch das Glas, und es war doch ebenso unversehrt, wie es zuvor war WERNHER v. NIEDERRHEIN 201. Sam der sunne durch daz glasuenster Derliubtet den tuncbeln sal, Sam taete du die werlte uberal Wie die Sonne durch das Glasfenster hindurch den dunklen Saal erleuchtet, so erleuchtetest (worth: tatest) du die Welt überall HEINR,, LITANEI 220,15. Ane uleckin si magit von ime ginas, Als di sunne schtnit durch dat glas; Du was si mudir undi magit Fleckenlos genas sie seiner als Jungfrau, so wie die Sonne durch das Glas scheint; da war sie Mutter und Jungfrau WILDER MAN, CHRISTL, LEHRE 95. Vnde alse daz glesine fenstir ganz belibit. vnde vnfirscertet. so der svnne drin slehit. vnde widir uz get Und wie das Glasfenster ganz bleibt und unbeschädigt, wenn die Sonne hinein- und hinausgeht WACKERN., PRED. 3,21 (12.Jh,), Der sunnen schtn durch ganzez glas Schein von ir magettuome Der Sonnenstrahl (, der) durch ganzes Glas (dringt,) schien von ihrerJungfraulichkeit RUD, v. EMS, GUT. GERH. 2246. Diu sunne schtnt durch ganzez glas: So gebar si Krist, diu maget was Die Sonne scheint durch ganzes Glas; so gebar sie, die Jungfrau war, Christus FREIDANK 24,10. Also diu sunne schmet durch ganz geworbtez glas, Also gebar diu reine Krist, diu magt und muoter was Wie die Sonne durch ganz fertiges Glas scheint, so gebar die Reine, welche Jungfrau und Mutter war, Christus WALTHER v. D. VOGELWEIDE 4,10. Daz venster, daz da giench hin in, Dar m diu sunne gab ir schm, Daz was ir reine kuscheit, Da durch goteheit sich sneit Als diu sunne durch daz glas, Wende siu maget unde muter was Das Fenster, das da hineinführte, durch das die Sonne ihren Strahl gab, das war ihre reine Keuschheit, wodurch die Gottheit drang wie die Sonne durch das Fenster; denn sie war Jungfrau und Mutter HEINR. v. KROLEWIZ 638. Seht, sam der svnne dvr das glas kan schinen. Svs kam du reine goteheit zvo siner muoter libe Seht, wie die Sonne durch das Glas scheinen kann, so kam die reine Gottheit in den Leib ihrer Mutter! WBKR. RS 91,6. Sit wir sehen, daz ein sunneschm durch ein glas brich et mit stnem liebte unde doch daz glas ganz beltbet Da wir sehen, dass ein Sonnenstrahl durch ein Glas bricht mit seinem Licht und das Glas doch ganz bleibt DAVID v. AUGSBURG 342,26. Von dir quam der mandelKern durch die schalen ganz Als diu liebte sunne glänz Durch daz unverwerte glas Von dir kam der Mandelkern durch die ganz bleibende Schale wie die lichte, helle Sonne durch das unversehrte Glas KÖNR, v. WÜRZBURG, GOLD. SCHM. 432. Din gewalt vil manicvalt Der mähte nach ir kiuschem l'ibe dich gestak, Alsam nach einem glase diu sunne verwet sich. Swä si ganz an allen schranz Durch ez geschtnet, da gelichet sich ir glänz Deine gar mannigfaltige Macht gestaltete dich nach ihrem keuschen Leibe, so wie die Sonne sich dem Glas entsprechend färbt. Wo sie ganz ohne Bruchstelle durch es hindurchgeht, da färbt sich ihr Licht KONR. v. WÜRZBURG, LIED, u, SFR. 1,41 (vgl. unten 135—138), Ihesus der ware godes sun Wart mit voller minne In dich kuninginne Vnde von dir vnz gegeben Des din reinencliches leben In rechter kusche genas Wie kumt die sunne durch ein glas Vnde ein wort durch die want Jesus, der wahre Gottessohn, wurde mit voller Liebe in dich, Königin, und von dir uns gegeben, (er,) dessen dein reines Leben in rechter Keuschheit genas, so wie die Sonne durch ein Glas und ein Wort durch die Wand kommt ALTES PASSIONAL 145,73. Rehte als der sunne durch daz glas Kan dringen, süezer unde baz Dräne äne haz Ze dir Krist der gewaere Ganz wie die Sonne durch das Glas dringen kann, (so und noch) sanfter und leichter drang der wahre Christus gern in dich LOBGESANG 16,10. Wie der schin der sunnen veret durch die cristallen und en holt die doch niht. vnd veret aber wider vnd blibet si

SONNE

124 125 126 127

128 129 130

131

132 133 134

135 136

137

12

doch ganz, michel bilUcber solde der ewigen magt sente marten lichnamen ganz beliben Wie der Schein der Sonne durch den Kristall dringt und ihn nicht durchlöchert und wieder verschwindet und er doch ganz bleibt, (so und noch) viel eher musste der Leib der ewigen Jungfrau Sankt Maria unversehrt bleiben LEYSER, PRED. 27,15. Wie die sunne sentet im schin durch ein ganz glas, vnd nimet in aber wider ane des glases schaden, also ... Wie die Sonne ihr Licht durch ein ganzes Glas sendet und es wieder zurücknimmt, ohne das Glas zu beschädigen, ebenso EBD. 48,38. Sam diu sunne dur daz glas, Uz und in kan er gegangen Wie die Sonne durch das Glas kam er hinaus- und hineingegangen EB. v. SAX 164 (+SCHWEIZER MS 28). Wand als diu sunne durch daz glas Schint, ez hübet unzebrocben, Also bet Maria belochen In ir lip ir kindeltn Denn wie die Sonne durch das Glas scheint — es bleibt dabei ganz unversehrt -, ebenso hat Maria in ihren Leib ihr Kindlein eingeschlossen PHILIPP (BRUDER) 2037. Als die sonne durch daz glas Schinet und dannoch blibet ganz, Der megede bleip der kusche kränz Wie die Sonne durch das Gias scheint und (dieses) dennoch ganz bleibt, (so) blieb der Jungfrau der Kranz der Keuschheit HEINR. v. NEUSTADT, GOTTES ZUKUNFT 1408. Daz diu sunne durch daz glas schtnet und doch daz glas ganz blibet Dass die Sonne durch das Glas scheint und das Glas doch ganz bleibt NIK. v. STRASSBURG 305,29. Und quam in se sam durch das glas de sunne: Susz wart de tochter muter und bleib maget Und er kam in sie wie durch das Glas die Sonne; so wurde die junge Frau Mutter und blieb Jungfrau HANS (BRUDER) 1640. Sint got aen alre leyt confuus Quam in yr meechdeliiches vluus, Recht sam die son deyt in eyn buus, Die durch daz ganz glas tnschimmert Unde glimmert Seitdem sich Gott ohne jede Leitung in ihr jungfräuliches Meer ergossen hat, so wie sich die Sonne in ein Haus giesst, die durch das ganze Glas hineinschimmert und glitzert EBD. 4364, Nu merket, wie diu sunne durch schine ganzes glas, Als swanger wart diu muoter reine, Diu Krist gebar, unde dannoch maget was Nun seht: Als ob die Sonne durch ganzes Glas schiene, so wurde die reine Mutter schwanger, die Christus gebar und dennoch Jungfrau war! SPERVOGELSCHE SPRÜCHE 3,4 (* MSH III, 468 q). Wie scheint! die sunn durch gantzes glas. Also gebar diejunckfraw werd. Den künig von himel auff era Wie die Sonne durch ganzes Glas scheint, so brachte die edle Jungfrau durch ihre Geburt den König vom Himmel auf die Erde KRUG, NEUJAHRSGRUSS 110 (+ GERMANIA 25,108). Wie schint die sunn durch ganzez glas, Also gebar dtn zarter Itp Den wären got Wie die Sonne durch ganzes Glas scheint, so gebar dein zarter Leib den wahren Gott AVE MARIA (Hs. 1465 [+ GERMANIA 22,360]}. Een glas alheel dat schynt daer doer, Ten briet niet van der sonnen Ein Glas, so hell es auch dadurch scheint, zerbricht nicht von der Sonne WERDENER LHS. 1,5. Anders: Eng l. And ho (seil, be sunne} nimeö al swuch hou, alse ho per on uint: ^if bet gles is red; ho schineÖ red Und sie (die Sonne) nimmt jede Farbe so an, wie sie sie vorfindet. Wenn das Glas rot ist, scheint sie rot HOMILIES A 83. Dt. Diu sunne verwet nach dem glase Ir clären und ir liehten glänz: Swä si durch ez schtnet ganz, Ez si gel rot oder blä, Si wirt nach im gestellet sä Und m die varwe sin geleit Die Sonne färbt ihren hellen, lichten Schein nach dem Glas: Wo sie durch es ganz hindurchscheint, es sei gelb, rot oder blau, wird sie alsbald nach ihm gestaltet und in seine Farbe gelegt KONR. v. WÜRZBURG, GOLD. SCHM. 778. So du sunne nimt von dem glas dez glases varw, so vervarwet sieb der schin dar nach: wiss, rot, gel, blaw, grüne, und swaz varwe daz glaz hat, die nimet du sunne an sich, also tet unser herre Jhesus Christus So wie die Sonne vom Glas des Glases Farbe annimmt, so färbt sich der Schein danach. Weiss, rot, gelb, blau, grün und was für eine Farbe das Glas sonst hat, die nimmt die Sonne an. So machte es unser Herr Jesus Christus ST. GEORG. PRED.

13

SONNE

138 243,9. Ie darnach als daz glas ist, also seh met diu sunne dar durch So wie das Glas ist, so scheint die Sonne hindurch BERTHOLD 11,270,9. Vgl. oben 120

5. Die Sonne und der Schatten gehören zusammen 139 It. S' ombra notn fosse il sol no lucienä Wenn kein Schatten wäre, würde die Sonne nicht scheinen MAESTRO RINUCCINO (+ANTICHE RIME 644,5). HO S p a n . En hora chiquita, sol y sombrita In kurzer Zeit Sonne und Schatten NUNEZ 11,112. 141 Dr. Swer in der sunnen glaste get, Swä der sitzet oder stet, B dem wil ie der schate sin: Verwandelt sich der sunnen schin, So vert der schate sän da mite Wer im Sonnenlicht wandelt, bei dem wird stets der Schatten sein, wo er auch sitzt oder geht. Verwandelt sich der Sonnenschein, fährt der Schatten ebenso mit ihm davon HUGO v. TRIMBERG 23285.

6. Die Sonne ist eine (unverminderte) Wärmequelle 7 6.1. Die Sonne wärmt ( n u r ) das, worauf sie scheint 142 Mlat. Quod non prospiciet sol, illud non calefiet Worauf die Sonne nicht sehen wird, 143 das wird nicht warm werden S. OMER 257. Quod non prospitiet sol, non illud calefiet PROV. RUST. 36. 144 Fr. Qui soleis voit, nes chaufe. - Sole calent rostra, frigent a sole remota Wen die Sonne anblickt, dem wärmt sie die Nase.8 — Die Nase wird durch die Sonne warm; 145 wenn sie nicht an der Sonne ist, wird sie kalt 9 ZACHER 74. Et cut solaus ne voit, ne toste Und wen die Sonne nicht anblickt, den röstet sie nicht RENCLUS, MISERERE 136, 3. 146 Que soleyl ne veyt soleyl ne eschauf Wen die Sonne nicht anblickt, den wärmt die Sonne nicht CAMBR. SAMML. (+LEROUX 11,480 [= MORAW, 1775]).

6.2. Verschiedenes 147 M l a t , Quia et sol, licet suae claritatis radios non effundat cum nube tegitur, tarnen caloris sui virtute non priuatur Denn auch die Sonne, mag sie auch die Strahlen ihres Lichtes nicht ausbreiten, wenn sie durch eine Wolke bedeckt wird, wird doch nicht ihrer Wärmekraft beraubt Ivo, ER 128 (139 B). 148 Pro v. Si co·! solelhs nobles per gran clardat On plus es aut gieta mais de color So wie die Sonne, strahlend durch ihr grosses Licht, mehr Wärme ausbreitet, je höher sie ist PEIRE DE COLS D'AORLAC (REVUE DES LANGUES ROMANES 60,289,1 [= APPEL, INEDITA 229,1]).

7. s. Inhaltsübersicht 8. Die Sonne ist von hoher Bedeutung 8.1. s. Inhaltsübersicht

8.2. Die Sonne und ihr Anblick ist gut und erfreulich 10 149.150 B i b l . Oulce lumen, et delectabile est oculis videre solem VULG., ECCLES. 11,7. Es ist das Liecht susse, vnd den äugen lieblich die Sonne zu sehen LUTHERBIBEL, PRED, 11,7. 15 N o r d . Eldr er betstr meö yta sonom Ok solar syn, Heilyndi siti Feuer ist das Beste für die Menschensöhne und die Fähigkeit, die Sonne zu sehen, (dazu) seine Gesundheit HÄVAMÄL 68, l (= GESUND 51). Vgl. unten 13.5.

SONNE

14

9. Die Sonne ist schlecht für die Augen 9.1. Die Sonne blendet, wenn man zu sehr in sie schaut 11 152 Fr. Tant plus on applique son oeil A hault regarder le soleil, Tant plus on vient en obscurte Pour la grant force de darte Je mehr man sein Auge anstrengt, um nach der Sonne zu blicken, um so mehr kommt man in Finsternis wegen der grossen Kraft des 153 Lichtes G. ALEXIS II, 11,73 (Passetemps Alecis). Nient plus c'on puet el solel esgarder Pour ehe que trop en esbloist U rats Ebensowenig wie man in die Sonne schauen kann, weil einen dabei der Strahl zu sehr blendet G. LE VINIER (+ MÄTZNER 11,17). 154 It, fo come quelli ehe mira la spera Del sol, sua lüde non a daritate Ich mache es wie der, welcher die Sonnenkugel anschaut: Ihr Licht hat keine Leuchtkraft mehr CHIARO 155 DAVANZATI (* ANTICHE RIME 357,13).I2 E per aver uom gli oechi nel Sol fissi, Tanto si vede men, quanto piü splende Und wenn man die Augen auf die Sonne geheftet hat, steht man um so weniger, je mehr sie leuchtet PETRARCA 2 Son. 67 (S. 315). 156 Dt. Swer vaste in die sunnen siht, in den brehenden glast, der win eintweder i/o« ougen so boese daz er ez niemer mer überwindet, oder er erblindet gar unde gar Wer fest in die Sonne sieht, in den funkelnden Glanz, der wird entweder an den Augen so krank, dass er es nie mehr überwindet, oder er erblindet ganz und gar BERTHOLD 157 1,52,34. Ez enhät nieman so starkiu ougen, unde wil er ze lange und ze vaste in die sunne und in daz brehende rat der sunnen sehen, er wirf als unmäzen kranc an sinen ougen, daz erz niemer überwindet; oder er wirf gar bunt Es hat niemand so starke Augen, dass er, will er zu lange und zu fest in die Sonne und in das glänzende Sonnenrad sehen, nicht so übermässig krank an seinen Augen wird, dass er es nicht mehr überwin158 det; oder er wird ganz blind EBD. 1,265,24. Daz spricbet sant Gregörius: „Swer ze vaste in daz sunnenlieht siht, dem wer dent diu ougen eintweder vil boese oder ganz blind" Das sagt der heilige Gregor: „Wer zu fest in das Sonnenlicht sieht, dem werden 159 die Augen entweder sehr krank oder ganz blind" EBD. 11,235,3, Da eins sieht in die sunnen, Das wirf von rechter darheit blind Wenn jemand in die Sonne schaut, wird er von der wahren Helligkeit blind HUGO v. MONTFORT 30,62.

9.2.-10. s. Inhaltsübersicht 11. Die Sonne wechselt mit anderem Wetter ab 11.1. Nach Sonnenschein kommt Regen 160 N o r d . Post solare iubar pluuialis sepe fit ymber Post nimbum reuehi solet aura serena diei. — Offthe kommer regen effther soolskijn Oc skyn effther mwln (dart wedher)u Nach dem Sonnenstrahl kommt oft ein Regenschauer. Nach dem Gewölk pflegt dem Tag das heitere Wetter zurückzukehren. — Oft kommt Regen nach dem Sonnenschein und nach der Dunkelheit Licht LÄLE 796 {= DUNKEL 6). 161 Engl. Now shynneth the sonne and [now] god sendith showrez Bald scheint die Sonne, bald sendet Gott Regenschauer GENERYDES B 2988. 162 Dt. Ducke körnet regen na sunnen schine, Als deit ducke na vreuden pyn Oft kommt Regen nach dem Sonnenschein, so wie es oft nach Freude Leid gibt HAGEN, KÖLNER 163 CHRON. 1137. Na sunnenschyn kumt gerne ein rqgen. — Imber adest soli, comitantur gaudta fletum Nach Sonnenschein kommt gerne ein Regen. — Regen folgt der Sonne, 164 Freude begleitet die Tränen TUNNICIUS 826. Sprach allwegen: nach sonnen kommt regen, und nach regen die sonnen Er (seil. Berthold II. v. Zähringen} sprach stets: ... ANSHELM 66. -> MORGEN (Subst.) 19, WETTER 3. Vgl. KLEID 3.2.1., MORGEN (Subst.) 6.1., TROCKEN 1.-2., UNWETTER 3., WARM 5.3.-5.4., WETTER 2.1.

15

SONNE

11.2.-Γ1.5. S.Inhalts bersicht 12, Die Zeit der Sonne muss man n tzen 12.1. Die Zeit der Sonne darf man nicht ungen tzt und tatenlos verstreichen lassen 165 It. Quando U sole si lieva pensa a' fatti tuot e quando $i ripone pensa al tuo mangiare Wenn die Sonne aufgeht, denke an deine Arbeiten, wenn sie untergeht, denke an dein Essen'. ARLOTTO 191,46. 166 Port. Se queres ter boa fama, naom te tome el sol na cama Wenn du einen guten Ruf haben willst, treffe dich die Sonne nicht im Bett an NUNEZ 111,379 (el Portugues). 167 N o r d . Viere splendore quem phebus tunc micat h re. — Man seal nijtthe then sool ther thaa skifn Gebrauche das Licht, in dem die Sonne funkelt, eben zu dieser Zeit! Man soll die Sonne nutzen, die da scheint LALE 1177. 12.2. Bevor die Sonne untergeht, sollte man sich vers hnen 168 B i b l . Sol non ocdaat super iracundiam vestram VULG., EPH. 4,26 (= ZORN 21). 169 Lasset die Sonne nicht vber ewrem Zorn untergehen LUTHERBIBEL, EBD. (= ZORN

22). I/O E n g t . On dan ilche daije de u tebrecst (seil, pais), EIS 7.

SONNE

16

13.8.-13.11. S.Inhaltsübersicht 13.12. Jemanden schlagen (stechen), dass die Sonne durch ihn scheint 18 181 Dt. Er slahes daz diu sunne durch st schine Er schlage sie, dass die Sonne durch sie 182 scheine NEIDH. v. REUENTAL 57,1. Oder ich haw dich mit der plotzen, Daß die sunnen durch dich muß scheinen öder ich steche dich mit dem Messer, dass die Sonne durch dich scheinen wird SACHS XVH,181,16 (1554). 13.13. Verschiedenes 183 It. Passa pensier st come sole in vetro, Anzi piü assai, perö ehe nulla il tene Der Gedanke dringt durch wie die Sonne ins Glas, ja noch viel schneller, da nichts ihn zurückhält PETRARCA 3 Trionfo delte Divinita 34 (S. 412). 184 Dt. Ein solcher Mann ist nicht werth, dass ihn die Sonne überscheine^9 WEIHENST. 185 CHRON. 51. He en mach nicht lyden, dat de sunne in dat water schynt. — Lividulus Phoebum spumosis invidet undis Er kann es nicht ertragen, dass die Sonne ins Wasser scheint, 20 - Der Neidische missgönnt den schäumenden Wellen die Sonne TUNNICIUS 784.

186 187 188 189 190 191 192 193 194 195 196 197 198

14. Verschiedenes Fr. Chaus soleil luist lotng Warme Sonne leuchtet weit PROV. RUR. 117 {= MORAW. 370). Ou soleil luyt, jamais ne faict humide Wo die Sonne leuchtet, wird es nie nass J. MOLINET 190,300. Tousjours voit on le soleil a plain jour Immer sieht man die Sonne bei vollem Tag EBD. 228,80, Span. Sol puesto, obrero suelto Wenn die Sonne untergeht, ist der Arbeiter frei LoPEZ(?}, REFRANES 663. Alia se me ponga el sol do tengo el amor Dort gehe mir die Sonne unter, wo ich meine Liebe habe NUNEZ 1,80. Mas vale rato de sol, que quartsron de xabon Mehr wert ist ein Augenblick Sonne als ein Viertelpfund Seife EBD. II, 343. N o r d . Bjartast skt'nn i heidi sol Am hellsten scheint die Sonne am wolkenlosen Himmel MÄLSHÄTTAKV^DI 27,2. Nl. Maer die clemmen wille op den ray vander sonnen Hy mochte lichte vallen ende breken den hals Aber wer auf den Sonnenstrahl klettern will, könnte leicht hinunterfallen und den Hals brechen SIDRAC MNL. 95,40. Dt, Diu sunne erliuhtet zaller vrtst Swaz oberhalbe der wölken ist Die Sonne erleuchtet jederzeit, was oberhalb der Wolken ist THOM. v, ZIRCLARIA 14049. Stver die sunnen wil er strichen, Der ensol niht sanfte sltchen Wer die Sonne einholen will, soll nicht langsam schleichen FREIDANK 54,14. Di sunn macht tzeitig alle fruht Die Sonne macht alle Früchte reif SUCHENWIRT 41,262. An dem mensche kan ich keynen dang verdynen, das ich em auch dy zonne czuneygete An dem Menschen kann ich keinen Dank verdienen, auch wenn ich ihm die Sonne zuwendete PROV. FRID. 170. De sunne schynt dorch de reteren in dat hüs. — Phoebeus splendor per rimas tecta subintrat Die Sonne scheint durch die Ritzen ins Haus. — Der Sonnenstrahl tritt durch die Ritzen ins Haus TUNNICIUS 514. V.M. Anmerkungen 1 Vgl. SINGER, SPRW. D. MA 111,68; HASSELL S105; ZILTENER 48 ff.; WHITING M 648. S 889. 2

3

4

Vgl. WHITING F430. Vgl. ZILTENER 11 ff.

Vgl. HASSELL S103. S 893.

17 5 6 7 8

9

10 11 12

13 34

15

1€ 17

ls 19

20

SONNTAG Vgl. WHITING S 89t. Vgl. ZILTENER 135 ff. u, W. Ziltener in ROMANICA HELVETICA 83,157 ff. Vgl. ZILTENER 119 ff. Vgl. SINGER, SPRW. D. MA II, 40, wo Singer die Lesung vorschlägt: Qui sotetl ne voit, nes chaufe Wer die Sonne nicht sieht, wärmt sich nicht. Im Anschluss an CAMBR. SAMML. (+ LEROUX II, 480) möchte er allerdings noch lieber lesen: Cm soletz ne voit, soleiz ne cbaufe Wen die Sonne nicht anblickt, den wärmt die Sonne nicht. Da jedoch der lat. Übersetzer nes als ,Nase' aufgefasst hat, sind diese Konjekturen nicht unbedingt nötig. Vgl. aber auch das mlat. Sprw., das sich in einer von T. F. Mustanoja veröffentlichten Liste mlat. und fr. Sprw. in der Festschrift Linkomies, Helsinki 1954, S. 125 findet (Qui soletn non videt non calescit Wer die Sonne nicht sieht, wird nicht warm) und das span. Sprw, bei O'KANE S. 214 (£/ que el sol non nee non h escalienta Den, welcher die Sonne nicht sieht, den erwärmt sie nicht). Wenn man mit der Hs. carent statt caient liest - calent ist eine Konjektur von Zacher -, müsste man übersetzen: Die Nase erhält keine Wärme, sie ist kalt, wenn sie nicht an der Sonne ist. VgL ZILTENER 66 it. Vgl. ZILTENER 62 ff. Weitere Belege gibt A. Menichetti in seiner Ausg. der Rime von Chiaro Davanzati, Bologna 1965, S. 224. Getilgt mit Druck B. Sich dem aufgehenden Gestirn zuwenden, einem huldigen, dessen Macht und Ansehen steigen. Vgl. RÖHRICH II, 964 b. Bedeutet nach WANDER V, 385 s. v. Wolke 64: „Zur Unzeit eine fröhliche Gesellschaft oder einen Freund betrübt machen", Vgl. auch HÖR., CARM, 3,15,6: Et stellis nebulam spargere candidis Und über die glänzenden Sterne einen Nebel ausbreiten. = ERASM., ADAG, CHIL. 4,4,30. Es folgt die Erklärung: der dar ding finster macht, das eben kromm, den tag zur nacht, Das war zur lüg Einer, der klare Dinge dunkel macht, das Gerade krumm, den Tag zur Nacht, die Wahrheit zur Lüge. Sinn: ihn sehr schlagen. Vgl. RÖHRICH II, 964 a. D.h., er ist ein schlechter Kerl, der eigentlich nichts Angenehmes mehr erleben dürfte und dem deshalb selbst Licht und Wärme der Sonne fehlen sollten. Vgl. RÖHRICH II, 963 a. D. h., er gönnt einem ändern nichts, er neidet ihm das Glück, er ist böse, weil ein anderer etwas geniesst, so als ob die Sonne nur für ihn selbst bestimmt wäre. Vgi. RÖHRICH II, 963 a f.

SONNEN s. SONNE SONNENWENDE -* WINTER 40 SONNTAG / dimanche / Sunday 1. Sonntag als festgesetzte Zeit j M l a t . Ergo prius fienf duo sabbata Eher wird es zwei Sonntage geben 1 NIVARD., YSENGR. 1,919. 2 Eng l. For foe pope may, burgh hy$ powere, Turne pe halydays yn pe jere How as he tvyl, at by s owne wyl But pe Sunday shal stonde styl Denn der Papst mag kraft seiner Macht die Feiertage im Jahr ändern, wie er will, nach seinem eigenen Belieben, aber der Sonntag wird fest bleiben MANNYNG, HANDLYNG SYNNE 809,

2. Sonntag als Feiertag und Arbeitspause 3 M l a t . Male Sabbatwn celebrat qui a bonts operibus vacat Schlecht feiert den Sonntag, wer ohne gute Werke ist OTLOH., PROV. 318 C.

SORGE

18

Fr. Une aultre foiz te garderas De ckarroier au dimancbe Ein andermal wirst du dich hüten, am Sonntag mit dem Wagen zu fahren LIVRE DE FORTUNE (1345 [>i\loRAW., ROMANIA 50 506]}. Len doit faire le sault au dimenche Am Sonntag muss man tanzen 2 MORAW, 1454. Nl. Tvaert al quaüc datmen tsondaechs spint. - Quod festis netur nihilari sepe videtur Was man des Sonntags spinnt, gerät alles schlecht. - Was an Festtagen genäht wird, erweist sich oft ats wertlos PROV. COMM. 702 {vgl, FEST 43). Dt. Dat vard al ouel dat me des sondaghes spynt PROV, COMM. MND. 660 (vgl, FEST 43}. - WEBEN 9 V.M. Anmerkungen 1 2

Vgl. SINGER, SPRW. D. M A 1,162. Bei MORAW., ROMANIA 50 506,21 steht die Erklärung: „Le dimanche, ii faut danser (s'amuser)" Am Sonntag muss man tanzen (sich amüsieren).

SORGE / souci / worry Hier auch ACHTEN (auf), BEACHTEN (sich kümmern um, sich kehren an, sich scheren um), BEKÜMMERN (sich), BEKÜMMERT, BESORGEN, BESORGNIS, BESORGT, KEHREN (sich an), KUMMER, KÜMMERN (sich), KUMMERVOLL, SCHAUEN (zu), SEHEN (zu), SORGEN (für), SORGEN (sich) Vgl. LEID, SEHEN 1. Auftreten, Vorkommen und Fehlen von Sorge 1.1. Sorgen lassen die Menschen nie frei (1-6). — JAHR 120, MEINEN 48, MORGEN (Subst.) 1.5., NACKT 33, TOD 563. Vgl. ARBEIT 1.2., LEBEN 1.2.1., LEID 1.6., TOD 1.3.7. Ähnlich (7) 1.2. Sorgen folgen dem Alter — ALT 72, JUNG 105-106, 108, "WEISE 400 1.3. Sorgen begleiten den weisen Mann -> JUNG 108, WEISE 254-256, 258-259, 400 1.4. Sorgen kennt der Narr nicht — NARR 8.2., 846, WEISE 2J4-255 1.5. Vereinzeltes; 2. Hauptsächliche Ursachen von Sorge 2.1. Eigene Person (9). Vgl. LEID 2.2.1. 2.2. Zu grosse Hast — EILE 66, 70, 72 2.3. Hass und Neid —· HASS 5, 7, NEID 72 2.4. Hochmut und Stolz — HOCHMUT 184, 205 2.5. Ehre und Ruhm — ARM (Adj.) 705, EHRE 24, 73, 3.6., NEID 126 2.6. Reichtum, Geld und Gut — ARM (Adj.) 425, GEIZ 196, 231-232, 235, GELD 364, 36937i, 374, 389, GUT (Subst.) 22, J24, HABEN 6.3.2.3., REICH 63, 65-66, 68, 70-74, 77 2.7. Armut und Besitzlosigkeit — ARM (Adj.) 32, HABEN 7.3. 2.8. Bitten müssen -> NARR 1024-1026 2.9. Liebe und Liebschaften — LIEBE 591, 1.6.6.1., 619, 624-625, 650 2.10. Frauen -> FRAU 1182, 1280. Vgl. EHE 50 2.11. Kinder — KIND 247-251 2.12. Todesgewissheit — TOD 56S, WISSEN 183-189

19

SORGE

3. Richtiger und angemessener Gegenstand der Sorge 3.1. Der eigenen Person gelte die Hauptsorge

3.1.1. Man kümmere sich zuerst um sich (, dann erst um andere) (10-11}. —- SCHLECHT 284. Vgl. JEDER I.I., SELBST 2.4. Variiert (12) 3.1.2, Wer sich um sich selbst nicht kümmert, kümmert sich um andere auch nicht (13-14), —* GUT (Adj.) 268, VERNACHLÄSSIGEN 2. Vgi. ANDER 1.2.3., EINIGKEIT 3., FEIND 7.2., FREUND 268, GNADE 10., GUT (Adj.) 3.1., HELFEN 10.5., LIEBE 7.3.1., SCHLECHT 3., SCHONEN 1., TREUE 119, i22, TRÜGEN 167, VERNACHLÄSSIGEN 2-3 3.2. Das Eigene sei Hauptgegenstand unserer Sorge und Beachtung —* EIGEN 37-40, 42-48, JEDER 42-43. Vgl. unten 4.1. 3.3. Unserem Nächsten gelte die gleiche Sorge wie uns selbst (15-16). Vgl. FREUND 5.5., LIEBE 7.2.1., 7.4.1., NACHBAR 3.1., 3J.-3.4,, NAH 7.1. 3.4. Unser Haus und unsere Hausgenossen verdienen unsere besondere Fürsorge (17-23) 3.5. Gesundheit sei ein wichtiger Gegenstand unserer Sorge —* GESUND 65-67, 69-72, 74, 76-77 3.6. Das Irdische bleibe der ausschliessliche Gegenstand unserer Sorge —· HIMMEL 129-132, 138-139, 145-146 4. Unwürdiger und unpassender Gegenstand der Sorge und Beachtung 4.1. Um das Fremde soll man sich nicht kümmern — BRIEF 7-8. Vgl. oben 3.2. 4.2. Um Nahrung und Kleidung soll sich keiner (zu grosse) Sorgen machen (24-30) 4.3. Um das Morgen soll man sich keine Sorgen machen —* MORGEN (Adv.) 40—41, 43-48, 51-54 4.4. Um die Todeszeit soll man sich keine Sorgen machen — TOD 1162-1163, 1168-1169 4.5. Um Träume soll man sich nicht kümmern -* PROPHET 54-55, 57, TRAUM 58-60, 63-65, 67-68, 74, 76, 78-82, 84, 87 4.6. Um die Worte anderer soll man sich nicht kümmern -» WORT 1287-1292, 1294, 1296, 1298-1301, 1303-1304, 1306-1310, 1313-1316 4.7. Um die Tränen und Klagen der Frau soll man sich nicht kümmern —* FRAU 1432, 14221423, 1431, HUND 999-1001, 1004-1007, 1009-1011, 1013. Vgl. FRAU 1386, 1393 4.8. Um das Winken der Frauen (Huren) soll man sich nicht kümmern —· HUND 1002-1008, 1011 4.?. An das Schwören der Kaufleute soll man sich nicht kehren —» HUND 999-i013 4.10. An das Hinken des Hundes soll man sich nicht kehren — HUND 999-1013 4.11. Vereinzeit (31-32) 5. Dauer von Sorge (33) 6. Abhilfe und Heilmittel gegen Sorge

6.1. Allg. (34-36,1 6.2. Spez. (37). — FREUDE 316-323, 325, 328, 333, GOTT 743, 1302, TRINKEN 53, WEIN 31-34,40,44 7. Negative Eigenschaften und Wirkungen von Sorge 7.1. Sorge ist schmerzhaft und drückend (38-42). VgL LEID 7.3., UNGLÜCK 2.2. 7.2. Sorge bringt keinen Vorteil (43—45) 7.3. Sorge bringt (verdoppelt) Schaden (40-47,1. -* SCHADEN 14 7.4. Sorge verzehrt Herz und Leib (48-52. Vgl. 92). -» FREUDE 2S9, HASS 5, SCHABE 2. Vgl. HASS 1.2.3., LEID 7.5., NEID 1.9. 7.5. Sorge nimmt Freude und Ruhe und bringt Mühe und Leid (53—54). —> ALL 204, 106-107, GANS 55. Vgl. ARBEIT 4.2., ARM (Adj.) 2.I., LEID 7.4., UNGLÜCK 2.2, 7.6. Sorge nimmt den Schlaf (SS-56). — ARM (Adj.) 429, REICH 52-53 7.7. Sorge bringt Träume (57—59) 7.8. Sorge macht ratlos und unzurechnungsfähig (60—62) 7.9. Sorge macht frühzeitig alt und grau (63-77). Vgl. ALT 1.4., LEID 7.5., NEID 1.9., ZORN 225 7.10. Sorge macht blasse Wangen und wunde Augen (78-80. Vgl. 92). Vgl. AUGE 4.1., GESICHT 2., UNGLÜCK 2.3.

SORGE

20

7.11. Sorge zerstört die Schönheit — SCHÖN 50, 52 7.12. Sorge verdirbt Speise und Appetit {81 -84}.-+ FURCHT 134 7.13. Zuviel Sorge zerbricht das Glas (85-87) 8. Unangebrachtheit und Nutzlosigkeit von (übertriebener) Sorge (88-97). —» ALL i04-105, FURCHT 105, GESUND 92, VERLIEREN 66 9. Positive Bedeutung und Wirkung von Sorge 9.1. Sorge ist zur Sicherheit und zürn Schutz nötig (98—103) 9.2, Sorge lässt das Himmelreich gewinnen (104-105) 10. Redensarten 10.1, Die Vöglein sorgen lassen (106-123). Vgl. KRÄHE 21. 10.2. Den Hund (Die Raupe) sorgen lassen (124-128) 11. Vereinzelt (129)

1. Auftreten, Vorkommen und Fehlen von Sorge 1.1. Sorgen lassen die Menschen nie frei J La t. Ergo hommum genus in cassum frustraque laborat Semper et in curis consumit inanibus aevom Vergeblich und umsonst müht sich also das Geschlecht der Menschen 2 ab, und immer verbringt es das Leben in eitten Sorgen LUCRET. 5,1430. Neque Decedif aerata triremi et Post equitem sedet atra Cura Und die düstere Sorge weicht nicht vom dreirudrigen Kriegsschiff, und sie sitzt hinter dem Reiter (auf dem Pferd) HÖR,, CARM, 3,1,38. 3 N o r d . Mesticies veterem noua dat sopire dolor em Mas obiebat hen tarn debet acus mea queri. — Ee kommer sorgh oc sly eher annen i gaar dodhe Mijn man dagh tapthe iegh mijn naal Neue Trauer lässt das alte Leid einschlafen. Gestern starb mein Mann, jetzt muss meine Nadel beklagt werden. — Immer kommt eine Sorge und loscht die 4 andere aus. Gestern starb mein Mann, heute verlor ich meine Nade! LÄLE 595. Rursus acus vir her i ruit en dolor it mulier j. — Ee kommer sorgh oc slyck&r andhen. i gaar d0dhe mijn bondhe i dagh tapthe ieg mijn naall (Heute) wiederum ging die Nadel verloren, gestern war es mein Mann: Siehe, da geht (und kommt} der Frau das Leid! — ... EBD. 938 (vgl. ARBEIT 1.1., EIN 1.1., 4.2.1., FEE 7, FREUDE 7.1.1., GLÜCK 9.6., GUNST 5., GUT [Adj.J 4.3.6., GUT [Subst.J 102, KIRSCHE 5, KREUZ 7., LASTER 2., LEID 1.1., MASS [Massigkeit} 3.5., MÜDE 3., RACHE 2.4., SCHADEN 2.3., SCHANDE 17, SCHLAFEN 39, SCHLAGEN 14.2., SCHLECHT 1.2.1., SCHULD 21, SÜNDE 3.1., TRÜGEN 2., TUGEND 2.6., UNGLÜCK 1.4., UNTREUE 73). 5 Dt. Ane sorge niemen mac Geleben einen ganzen tac Ohne Sorge kann niemand einen 6 ganzen Tag leben FREI DANK 58,11. Schade, sorge unde klage wassen alle dage. — Assidue crescunt damnum, cura atque querela Schaden, Sorge und Klage wachsen alle Tage. — Andauernd wachsen Schaden, Sorge und Klage TUNNICIUS 813 (vgl. UNRECHT 2.}. -» JAHR 320, MEINEN 48, MORGEN (Subst.) 1.5., NACKT 33, TOD 563. Vgl. ARBEIT 1.2., LEBEN 1.2.1., LEID 1,6., TOD 1.3.7. Ähnlich: 7 Nord. Nemo diu uiuet cm nulla columpna (lies: calumpnia] liuet, — Hart wil eij lenghe leffwe som eij wil sorgh lidhe Keiner wird lange leben, den kein Ungemach belästigt (wörtl,: scheel ansieht). — Der wird nicht lange leben, weicher nicht Sorge ertragen will LALE 644.

1.2. —1.4. s. Inhaltsübersicht

21

SORGE

1.5. Vereinzelt 8 Fr. Car de ce qu'a l'home n'est rien, Ne H chaut si vait mal ou bien Denn bei dem, was einem nichts bedeutet, kümmert es einen nicht, ob es schlecht oder gut geht THOMAS, TRISTAN 1007.

2. Hauptsächliche Ursachen von Sorge 2.1. Eigene Person 9 It. ho sempremai udito dire, ehe tanto ha l'uomo briga, quant' elli se ne da Ich habe immer sagen hören, dass der Mensch soviel Sorgen hat, wie er sich macht SACCHETTI 126. Vgl. LEID 2.2.1.

2.2.—2.12. s. Inhaltsübersicht 3. Richtiger und angemessener Gegenstand der Sorge 3.1. Der eigenen Person gelte die Hauptsorge 3.1.1. Man kümmere sich zuerst um sich (, dann erst um andere} .

Dt. Sorg für dich, darnach für mich FRANCK H, 120 v. EGENOLFF 126 r. -> SCHLECHT 284. Vgl. JEDER 1.1., SELBST 2.4. Variiert: 12 Dt. Ich sorg für jn nit, ich sorg nur für mich FRANCK II, 109 r.

3.1.2. Wer sich um sich selbst nicht kümmert, kümmert sich um andere auch nicht 13 Fr. A peine penseroit d'autruy Qui ne peut penser de luy Kaum würde der für einen ändern sorgen, der nicht für sich selbst sorgen kann LEROUX 11,229 (15. Jh.). 14 S p a n . Qui a si mismo non enderefa non podria enderec.ar a otri Wer sich um sich selbst nicht kümmern kann, wird auch nicht zu einem ändern schauen können MANUEL, CONDE LUCANOR 254,30. -» GUT (Adj.) 268, VERNACHLÄSSIGEN i. Vgl. ANDER 1.2.3,, EINIGKEIT 3., FEIND 7.2., FREUND 268, GNADE 10., GUT (Adj.) 3.I., HELFEN 10.5., LIEBE 7.3.1., SCHLECHT 3., SCHONEN 1., TREUE 119, 122, TRÜGEN 167, VERNACHLÄSSIGEN 2-3

3.2. s. Inhaltsübersicht 3.3. Unserem Nächsten gelte die gleiche Sorge wie uns selbst 15 M l a t . De proximo cura sicut de te Kümmere dich um den Nächsten wie um dich selbst! HERDRINGER Hs. (14. Jh. I+ZroA 49,197,3]). 16 Fr. Qui pour aultruy procure, Pour soy mesrne labeure Wer für den ändern sorgt, bemüht sich für sich selbst PROV. EN RIMES 1199, Vgl. FREUND 5.5., LIEBE 7.2.1., 7,4.1., NACHBAR 3.1., 3.3.-3.4., NAH 7.1.

3.4. Unser Haus und unsere Hausgenossen verdienen unsere besondere Fürsorge 17 La t.

Familiam cura Sorge für die Hausgenossen! PS. CATO, BREVES SENT. 18.

18 Fr. Se tu es hons qui ait mesniee, Garde qu'el seit si arree(e] Comme a autre preudotnme afiert Et com ta richesce requiert Wenn du ein Mann bist, der Hausgenossen hat, sorge dafür, dass sie so versorgt sind, wie es sich für einen Ehrenmann geziemt

SORGE

22

19 und wie es dein Reichtum verlangt! J. DE PARIS, CATO 107. Aieis eure de vostre mais20 nie Kümmert Euch um Eure Hausgenossen! CATO LOTHR. 17. Cuissenceis de voz mesgniees Sorgt für Eure Hausgenossen! PSEUDO-CATÖ FRG. 15 S. 142, 21 Nord. Reek pin bus ok bju Sorge für dein Haus und deine Leute! HUGSVINNSMÄL 7,6. 22,23 Dt. Du soll din bus beruocben Du soüst für dein Haus sorgen CATO 69. Hefstu gesynde bi dynen dagen, Dar scaltu gude roke up dragen Hast du in deinem Leben Hausgenossen, so sollst du dich gut um sie kümmern STEPHAN, CATO ND, 154.

3.5. —3.6. s. Inhaltsübersicht

24 25 26 27

28

4. Unwürdiger und unpassender Gegenstand der Sorge und Beachtung 4.1. s. Inhaltsübersicht 4.2. Um Nahrung und Kleidung soll sich keiner (zu grosse) Sorgen machen Bibl. Ideo dico vobis, ne solliciti sitis animae vestrae quid manducetis, neque corpori vestro quid induamini VULG., MATTH. 6,25. Darumb sage ich euch, Sorget nicht für ewer Leben, was fr essen und trincken werdet, Auch nicht für ewren Leib, was jr anziehen werdet LUTHERBIBEL, EBD. Ideo dico vobis: Nolite solliciti esse animae vestrae quid manducetis, neque corpori quid induamini VULG., Luc, 12,22. Darumb sage ich euch, Sorget nicht für ewer Leben, was jr essen sollet, Auch nicht für ewern Leib, was fr anthun (anziehen) sollet LUTHERBIBEL, EBD. Engl. We shulde noujt be to busy a-bouten owre lyflode Wir sollten nicht zu besorgt um unsern Lebensunterhalt sein LANGLAND(?), PLOWMAN B 14,33.

29 Dt. Das ist eyn recht glauben wort (Glaubenswort), welches da verwirffet die sorge für hülle und fülle1, was wir anziehen, und wo mit wir uns kleyden AGRICOLA Nr. 409. 30 Das ist ein recht glaubenwort, welchs da verwirf ft die sorg für hull vnd full1, was wir anziehen, vnnd womit wir vns kleyden EGENOLFF 185 v.

4.3.-4.10. s. Inhaltsübersicht 4.11. Vereinzelt 3l. 32 M I a t . Cur ilium curas, qui semper dat tibi curas? Warum kümmerst du dich um den, der dir immer Sorgen bereitet? MARBOD. 1688 B, WERNER 2 c220.

5. Dauer von Sorge 33 E n g l . Ff or oftyn tyme sorwe comyth sone And longe it is or it pace Denn oft kommt eine Sorge schnell, und es geht lange, bis sie wieder geht COVENTRY PLAYS 12,120.2

6. Abhilfe und Heilmittel gegen Sorge 6.1, Aug. 34-36 Dt. Grosser sorg wirt liederlich rath Grosser Sorge wird leicht Abhilfe zuteil FRANCK II, 152 v. II, 172 v, EGENOLFF 199 v.

6.2. Spez. 37 Fr. En soucy sendormir Wenn man in Sorge ist, (soll man) schlafen NUNEZ 11,92 (el Frances). -^ FREUDE 316-323, 325, 328, 333, GOTT 743, 1302, TRINKEN 53, WEIN 31-34,40,44

23

SORGE

7. Negative Eigenschaften und Wirkungen von Sorge 38 39 40 41 42

7.1. Sorge ist schmerzhaft und drückend B i b l . Moeror in corde viri humiliabit illum, et sermone bono laetiftcabitur Traurigkeit im Herzen des Mannes wird ihn niederdrücken, und durch eine gute Rede wird er erfreut werden VULC., PRO v. 12,25 ( = WORT 320). Sorge im hertzen, krencket, Aber ein freundlich wort erfrewet LUTHERBIBEL, SPR. 12,25 (= WORT 321), Nord. Äbyggja bitr sart sem bildr (JONSSON, ARKIV. JONSSON: bildr) Sorge schneidet schmerzhaft wie ein Kampf (Aderlassmesser) PARCEVALS SAGA 18,6 (= JONSSON, ARKIV 5. JONSSON 2). Sartt er sut at bida Schmerzhaft ist es, Kummer zu leiden KALUND 174 {= JONSSON, ARKIV 393, JONSSON 161). EngL Sorg bid swarost byrden Sorge ist die schwerste Bürde SAL. AND SAT. 304. Vgl. LEID 7.3., UNGLÜCK 2.2.

7.2. Sorge bringt keinen Vorteil3 43 N l. Becommert man doet seiden bäte, — Profectum fadunt ramm quos debita stringunt Ein Mann in Sorge erlangt selten Vorteil. — Diejenigen, welche Schulden fesseln, machen keinen Gewinn PROV. COMM. 114. 44. 45 Dt. Bekummerd man dod seidene bathe PROV. COMM. MND. 113. Ein bekümmert man dot seiden bäte. — Anxius et moestus quaerit sibi commoda nunquam ... — Ein ängstlicher und betrübter Mensch sucht sich nie Vorteile TUNNTCIÜS 178,

7.3. Sorge bringt (verdoppelt) Schaden 46 Dt. Diu sorge niht gern äne schaden kumt Sorge kommt nicht gerne ohne Schaden 47 FRAUENLOB, SPR. 267,12. Wer aller weit sorg v ff sich ladt Vnd nit gedenckt syn nutz vnd schad Der lyd sich, ob er ettwan bad Wer die Sorgen der ganzen Welt auf sich lädt und nicht an seinen eigenen Nutzen und Schaden denkt, der schicke sich in Geduld, wenn er bisweilen zu Schaden kommt BRANT, NARRENSCHIFF 24 Motto. -» SCHADEN 14 48 49

50 51 52

7.4. Sorge verzehrt Herz und Leib Lat. Attendant iuvenum vigilatae corpora noctes Curaque Die durchwachten Nächte und die Sorge schwächen die Körper der Jungen OVID., ARS 1,735. Extenuant vigiles corpus miserabile curae Die wachen Sorgen schwächen den elenden Körper OVID., MET. 3,396. Nl. Van stediger sorghe. vor gheit min mot Also nye was van vure dot Von ständiger Sorge wird mein Sinn verzehrt wie neues Wachs vom Feuer MNL. RSPR. {WACKERNAGEL) 147. Dt. Kosf izzet stahel und hen, Also tuot sorge den wtsen Rost frisst Stahl und Eisen. Ebenso macht es die Sorge mit dem Weisen FREIDANK 58,5. Sorge derret sam der rost Sorge trocknet aus wie das Feuer SPERVOGELSCHE SPRÜCHE 26,6 {»MSH 111,468 t). — FREUDE 289, HASS J, SCHABE 2. Vgl. unten 93, HASS 1.2.3., LEID 7.5., NEID 1.9.

7.5. Sorge nimmt Freude und Ruhe und bringt Mühe und Leid 53 Lat. Nee piaddam membris dat cura quietem Noch gibt Sorge den Gliedern angenehme Ruhe VERG., AEN. 4,5. 54 Dt, Leit machet sorge vil liebe wünne Sorge verleider freudenvolle Wonne4 DER v. KÜRENBERG {+ MF 7,19). -» ALL 104, 106-307, GANS 55. Vgl. ARBEIT 4.2., ARM (Adj.) 2.I., LEID 7.4., UNGLÜCK 2.2.

SORGE

24

7.6. Sorge nimmt den Schlaf 55 Span. Duerme con tu enemigo, y non con tu vezino (lies mit SBARBI 1,96 u. CORREAS 338: venino} Schlafe mit deinem Feind, aber nicht mit deinem Kummer! LOPEZ(?), 55a REFRANES 201. Duerme el hombre con su enemigo, y no con $u venino Es schläft der Mensch mit seinem Feind, aber nicht mit seinem Kummer NUNEZ 1,349.5 56 Dt. He mach sachte slapen, de. neine sorge heft, — Dormit in utramvis aurem quem cura relinquit Der kann sanft schlafen, welcher keine Sorge hat. - Der schläft auf beiden Ohren, den die Sorge verlässt TUNNICIUS 211. -> ARM (Adj.) 419, REICH 52-53 7.7. Sorge bringt Träume s? Bib l. Multas curas sequuntur somnia Träume folgen auf viele Sorgen VULG., ECCLES. 58 5,2. Denn wo viel sorgen ist, da körnen Trewme LUTHERBIBEL, PRED. 5,2, 59 Dt. Der weiß mann sagt in kheim (insgeheim): Wo viel sorg sind, da sind viel threum (Träume) SACHS VIII, 639,4 (1558).

7.8. Sorge macht ratlos und unzurechnungsfähig 60 Fr. Cueur pensif ne sfait ou U va Ein Herz in Sorge weiss nicht, wohin es geht G. 61 ALEXIS II, 308,20 (Marryrologue}. Homme en soucy tost se forvoye Ein Mensch in Sorge geht leicht in die Irre EBD. 11,314,105 (Martyrologue). 62 Dt. Groziu sorge, wip, win und gröziu hitze Machent manige Hute wanwitze Grosse Sorge, Frauen, Wein und grosser Zorn machen viele Leute wahnsinnig HUGO v. TRIMBERG 9923. 63 64 65.66 67 68 69 70 71

72 73 74 75 76. 77

7.9. Sorge macht frühzeitig alt und grau Bibl. Ante tempus senectam adducet cogitatus Vor der Zeit wird Sorge das Alter herbeiführen VULG., SIRACH 30,26. Sorge macht alt vor der zeit LUTHERBIBEL, EBD. Mlat. Cura facit canos, quamvis homo nesciat annos Sorge macht grau, auch wenn einer die Jahre (des Alters) noch gar nicht kennt PROV. WRATISLAV, 104. WERNER z c223. Curae cito senescere faciunt Sorgen lassen schnell altern BEBEL, PROV. GERM. 436. Nl. Qnnutte sorghe doet vroech ouden. — Mane fit antiquus qui eure vilis amicus Unnütze Sorge iässt früh altern, — Früh wird alt, wer ein Freund unnützer Sorge ist PROV. COMM. 591. Dt. Sorge machet gräwez bar, Sus altet jugent äne jar Sorge macht graues Haar; so wird die Jugend ohne Jahre alt FREIDANK 58,7. Diu jugent von sorgen altet Die Jugend wird von Sorgen alt SPERVOGELSCHE SPRÜCHE 25,7 (+ MSH III,468 s). Ex variis curis stud toque frequenter inani Intempestivi funduntur tempore cani. — Sorge macht graes har, Sust aldet jugent ane jar Von verschiedenen Sorgen und einem Eifer, der häufig umsonst ist, gibt es Leute, die frühzeitig grau werden. — Übers, wie 69 FREIDANK LAT. (GöRLiTz) 1311. Vnnutthe sorghe maket vro oldend Übers, wie 68 PROV. COMM, MND. 566. Sorge maket einen alt unde grys. — Cura senem canosque facit et gaudia tollit Sorge macht einen alt und grau. — Sorge macht alt und graue Haare und nimmt die Freude TUNNICIUS 856. Wer vi! sorget und trawret, der wir t leichtlich graw Wer sich viele Sorgen macht und viel trauert, wird leicht grau AGRICOLA Nr. 163. Vil sorg vnd iar, machen grawe har FRANCK 1,44 r. Sorgen macht graw har EBD. 1,140 v. Wer vil sorgt vnd trawret, der wirf leichtlich graw. Es geschieht aber das grawen auß dreierlei vrsach, als, die auß weißheit sorgen, die grawen auff dem haupt, die vmb die narung vnd zeitlich gut sorgen, die grawen am hart, die aber für ander leut sorgen, die grawen

25

SORGE

im arß Wer sich viele Sorgen macht und viel trauert, wird leicht grau. Das Grauwerden aber geschieht aus drei Ursachen: Diejenigen, die sich aus Weisheit sorgen, werden am Kopf grau; diejenigen, die sich um die Nahrung und um zeitliches Gut sorgen, werden am Bart grau; diejenigen aber, die sich anderer Leute wegen sorgen, werden am Arsch grau EGENOLFF 81 v. Vgl. ALT 1.4., LEID 7.5., NEID 1.9., ZORN 228 7.10. Sorge macht blasse Wangen und wunde Augen 78 N o r d . Pallida signa genis causat mens saucta penis. — Sorghende hwgb g0r bleeghe kindher Ein von Qualen gepeinigtes Herz bewirkt an den Wangen blasse Flecken. — 79 Sorgenvoller Sinn macht bleiche Wangen LÄLE 751. Pallentes genulas palpebras dat dolor egras, — Sorgh gor bleeghe kindher oc saare oghen Schmerz macht bleiche Wänglein und kranke Augenlider. — Sorge macht bleiche Wangen und wunde Augen EBD. 80 848. Saucia mens laceros cum palpebris dat ocellos. — S0rghefwld how g0r saare eghen oc swidhenne brau Gepeinigtes Herz macht die Augen mit den Lidern wund, — Sorgenvolles Gemüt macht wunde Augen und versengte Wimpern EBD. 1048. Vgl. unten 92, AUGE 4.1., GESICHT 2., UNGLÜCK 2.3.

7.11, s. Inhaltsübersicht 7.12. Sorge verdirbt Speise und Appetit 8l-S3 Ml at. Rodere malo fabam, quam cura perpete rodi; Degenerare cibos cura diurna facit Ich will lieber an einer Bohne nagen als von andauernder Sorge zernagt werden. Langdauernde Sorge lässt die Speise verderben GUALT. ANGL. 12. FLOR. GOTTING. 153. WERNER 2

74.

"

84 Dt. An der spise wil ich erworgen, Die ich ezzen sol mit sorgen An der Speise will ich ersticken, die ich mit Sorgen essen rnuss HUGO v. TRIMBERG 5505. -> FURCHT 134 7.13, Zuviel Sorge zerbricht das Glas 85 La t. Prangere dum metuis, franges crystallina: peccant Securae nimium sollicitaeque manus Wenn du befürchtest, die Kristallbecher zu zerbrechen, wirst du sie zerbrechen. Allzu sorglose und allzu besorgte Hände machen einen Fehler MÄRT. 14,111,1. 86 Dt. Prangere dum metuis, frangis cristatlina, peccant Securae nimium solicitaeque manus. — Zu vil sorg zerbricht das glaß. Marttalis spricht, Wer zuuil forcht er zerbreche das cristallin glaß, der zerbrichts vnd zu vil sorgloß sicher oder sorgfeltig hend, Sünden vnd greiffen fal ... ~ ... zu viele sorglose, sichere oder sorgfältige Hände s und igen 87 und greifen fehl FRANCK i, 5 r. Zuuil sorg, zerbrichts glaß EGENOLFF 279 v.

8. Unangebrachtheit und Nutzlosigkeit von (übertriebener) Sorge 88 La t, Nolumus assiduis animum tabescere curis Wir wollen uns nicht durch beständige 89 Sorgen verzehren lassen OVID., TRIST. 5,1,77. O curas hominum, o quantum est in rebus inane O Sorgen der Menschen, o wieviel Eitles gibt es in der Welt! PERSIOS, SAT. 1,1. 90 Ml at. Nolumus assiduis animum tabescere curis Übers, wie 88 WERNER 2 n 103, 91 Engl. Kepe be fro care, And blesse be fro be mare Bewahre dich vor Sorge und hüte dich vor dem Nachtgespenst! DOUCE (MS, 52) 26, 92 Dt. Zu vil sorg, die ist nyenan für Sie machet manchen bleich vnd dürr Zuviel Sorge nützt gar nichts. Sie macht manchen bleich und mager BRANT, NARRENSCHIFF 24,31

SORGE

26

93 {vgl. oben 7.10.). Switch is ein man sunder sorge. — Ex animo curas remove, cor mandere noli Selig ist ein Mann ohne Sorge. — Vertreibe die Sorgen aus dem Sinn, lass 94 sie nicht das Herz verzehren! TUNNICIUS 179 (vgl. oben 7.4.}. Cor ne edito. - Bekümer dich nit zu fast Du sollst dein Herz nicht verzehren. — Mache dir nicht zu sehr 95 Sorgen! HAUER 129 (= HERZ 241). Miserum est metuendo fiere senem.6 — Der ist arm, den sorgen graw macht Es ist dumm, durch Furcht zum Greis zu werden. - ... 96 FRANCK 1,68 r. Zu vil sorg feit ins kot Zuviel Sorge fällt in den Dreck 7 EBD. 1,101 r. 97 Zuuil sorg feit ins kat7 EGENOLFF 337 v.

-» ALL 104-105, FURCHT 105, GESUND 92, VERLIEREN 66 9. Positive Bedeutung und Wirkung von Sorge 9.1. Sorge ist zur Sicherheit und zum Schutz nötig 98 La t. Animus vereri qui seit, seit aperta (lies mit den Hss. Pa, Bß: tuto} ingredi Wer sich Sorgen machen kann, weiss sicher einherzuschreiten PUBLILIUS a 3. 99 Mlat. Diet etiam solet: Cura conservat arces Man pflegt auch zu sagen: „Sorge bewahrt die Burgen" BEBE L, PROV, GERM. 301. wo Dt. le minner sorge, te groezer vär]t kleiner die Sorge, desto grosser die Gefährdung JOi FRAUENLOB, SPR. 292,4. Es ist (sprechen die Weisen) auch zu sorgen, wenns gleich sicher ist „Man muss sich auch Sorgen machen", sagen die Weisen, „wenn gar keine 102.103 Gefahr besteht" LUTHER, WERKE IV, 208,29 (1531). Animus uereri qui seit, tuto seit ingredi. — Sorg feit nit vmb Übers, wie 98. — Sorge fällt nicht um FRANCK 1,63 v. EGENOLFF 312 r.

9.2. Sorge lässt das Himmelreich gewinnen 104 Dt. Sorge gebet dem Übe heil Ina der sele des hemelrtches deil Sorge verschafft dem Leib Gesundheit und der Seele Zugang zum Himmelreich BERTHOLD v. HOLLE, CRANE los 835. Dat hemmelrike, syt des fr öd, Men in der tyd fordenen mot Mid arbeide unde mid sorgen Das Himmelreich, seid dessen gewiss, muss man in diesem Leben mit Arbeit und Sorge verdienen LAIENDOCTR. 150.

10. Redensarten 10.1. Die Vöglein sorgen lassen8 106 Nl. Die voghelen laet ic sorgen AI teghen desen winter call Die Vögel lasse ich gegen diesen kalten Winter sorgen ANTWERP. LB. 166, 7. 107.108 Dt. Lass vögelli sorgen Lass die Vögelein sorgen! HUGO v. MONTFORT 29,13. Er rennet gar flißlich nach dem gut vnd leßet die fogelin sorgen Er läuft gar fleissig dem Gut nach und lässt die Vöglein sorgen BAUERNFEIND, HIST. LIED (1449 [+ GERMANIA 109 16,442]}. So gat er denn an sin bett Und lat es da vögiün sorgen So geht er denn in i 10 sein Bett und lässt da die Vöglein dafür sorgen NETZ 11853. Nun läßend (lasst) vogel sorgen! MONTIGEL, ÖSTERREICHS BUND MIT DER SCHWEIZ 17,1 (-»LILIENCR., HIST. . 112 VOLKSL. 129). Losz (Lass) voglin sorgen BRANT, NARRENSCHIFF 94,31. Löß foeglin 113.114 sorgen GEILER, NAV. FAT, IX Z. Lond (Lasst) vögelin sorgen EBD. XXII R. Vögelin 5 lassen sorgen MURNER, NARRENB. 65 Überschr. Wittu der erst zur schißlen syn Vnd ivoltst nit helffen brocken yn Vnd meintest, vogelin würd sorgen: Die zyt kumpt, das man nym würdt borgen Wenn du der erste bei der Schüssel sein willst und nicht helfen wolltest, sie zu füllen, und meintest, die Vöglein würden (dafür) sorgen, dann kommt 116 die Zeit, dass man (dir) nicht mehr borgen wird EBD. 65 Motto. Laß nit mer dann 117 vogly sorgen Lass nur die Vöglein sorgen! EBD. 65,57. Was vor vns ist, das ist nit myn, Das hinder vns, noch myn noch dyn. So trinken wir den guten wyn, Laß vogly

27

118-120 121 122 123

SPALTEN

sorgen, ketterlyn! Was vor uns ist, gehört nicht mir; was hinter uns ist, ist weder mein noch dein. So trinken wir den guten Wein. Lass die Vöglein sorgen, Kätterlein! 9 EBD. 65,63. Das uoglin lassen sorgen FRANCK 11,74 f. EGENOLFF 63 r. Laß die voglin sorgen, dann sie haben schmale bein FRANCK II, 86 r. Laß voglin sorgen, die haben schmale beynlin EGENOLFF 86 v. Derhalben die fraw sich von im thete, satzt sich geen Rotweil und ließ vögelin sorgen Deshalb ging die Frau weg und begab sich nach Rottweil und liess die Vöglein sorgen ZIMMER. CHRON. 1,512,34. Die vögel wäll (wollen) wir lassen sorgen SACHS XXI, 321,12 (1568). Vgl. KRÄHE 21.

10.2, Den Hund {Die Raupe) sorgen lassen10 124 25 126 127 128

Dt. Habt ainen guten mat vnd last rüpplein sorgen Seid guten Mutes und )asst das Räuplem sorgen! ALBR. v. EYB, BACH. 39,28. Laß eynen bundt sorgen, der bedarff vieer schuch AGRICOLA Nr. 408. Laß einn hundt sorgen, der darff (braucht) vier schuch FRANCK II, 85 v. Laß einn hund sorgen, der darff vier schuh EGENOLFF 86 v. Laß hundt sorgen, die bedorffen vier schuh Lass Hunde sorgen, die brauchen vier Schuhe! EBD. 185 r.

11. Vereinzelt 129 It. La cura piü grave tutte l'altre scaccia Die schwerste Sorge vertreibt alle anderen BIBBIENA, CALANDRIA 36 (2,2).

V.M.

Anmerkungen 1 2

3 4 5

6 7 8 9 10

Zur reimenden Formet „Hülle und Fülle" ,Kleidung und Nahrung (Überfiuss)' vgl. GRIMM, DWe. IV.2,1896f.; RÖHRICH I,444bf.; WANDER 11,816 s.v. Hülle 3. Vgl. WHITING S 518.

Vgi. WHITING C43. VgL die Anm. der Ausg. zu dieser Steile und die Übersetzungsvorschläge in den Untersuchungen zu Minnesangs Frühling von C. Kraus, 1939, S. 18. D. h., man kann schlafen, wenn man einen Feind hat, nicht aber, wenn man Kummer hat. Nuftez fügt noch hinzu: Giros dicen: duerme con tu enemtgos y no con tu venino Andere sagen: „Schlaf mit deinem Feind, aber nicht mit deinem Kummer!". Entspricht PUBULIUS e!4: Ehen quam miserum est fieri metuendo senem Ach, wie dumm ist es, durch Furcht zürn Greis zu werden! D. h., sie ist umsonst. Sinn: in den Tag hinein leben, sich um nichts kümmern; vgl. GRIMM, DWs. XII. 2,435. Dirnenname, VgL Anm. 8.

SORGEN (für) s. SORGE SORGEN (sich) s. SORGE SORGENFREI s. SICHER SORGLOS(IGKEIT) s. SICHER SOU s. GELD SPÄHEN s. SEHEN SPALTEN / fendre / to split Haare spalten -* HAAR 19.4.

SPAN

28

SPAN / copeau / shaving Hier auch SPLITTER 1. Beim Zimmern und Holzspalten fallen Späne (1—4} 2. Wenn der Zimmermann spazierengeht, fällt kein Span —· ZIMMERMANN l, 3. Gute Zimmerieute machen wertig, schlechte viel Späne —* ZIMMERMANN 3. 4. Dem Holz (Block) entspricht der Span 4.1. Allg. (S) ' 4.2. Spez, 4.2.1, Schlechtes Holz, schlechter Span (6-8} 4.2.2, Grosser Block, grosse Späne (9—10) 5. Wer zu hoch schlägt, ficht oder steigt, dem fallen Späne in die Augen —» HAUPT 123, SCHLAGEN 118,120-139, STEIGEN 48 6. Den Span {im Auge) des ändern sehen und verurteilen, den eigenen nicht beachten, sondern stehenlassen — AUGE 328-331, 343-345, 347-349, 351-352, 355-356, 358, 360, 363365, 367, 390, 394, 398, BALKEN l, 3-4 7. Unter den Spänen das Brot (den Speck) erkennen (11-12)

1. Beim Zimmern und Holzspalten falten Späne 1 M l a t , Desiliunt rari sine fisso robore spani Selten fallen Späne herab, ohne dass Holz gespalten worden ist WERNER 2 d 72. 2 Nl. Daermen tymntert vollen spaender. — Quo carpentatur ibi fragmina quis speculatur Wo man zimmert, fallen Späne. — Wo man zimmert, da sieht man Splitter PROV. COMM. 175. 3-4 Dt, Darme tymmerd dar vallen spöne PROV. COMM. MND, 175. Dar men timmert, dar vallen spqne. — Assttla crebro mit, übt ligna secantur ad aedes ... — Häufig fällt ein Span herab, wo Holz zum Hausbau geschnitten wird TUNNICIUS 1174.

2.—3. s, Inhaltsübersicht 4. Dem Holz (Block) entspricht der Span 4.1. Allg. 5 Port.

acha tira pro. racha Das Scheit gleicht dem Splitter 1 NUNEZ 1,2 (el Galiego).

4.2. Spez. 4.2.1. Schlechtes Holz, schlechter Span 6 Span. De donde quebro esta astilla'i Deste mal madero Von wo ist dieser Splitter 7 abgebrochen? Von diesem schlechten Holz LOPEZ(?), REFRANES 198. De donde quebro esta astilla? de este mal madero NUNEZ 1,287. 8 Port. De ruin madera, nunca boa estela Von schlechtem Holz nie ein guter Splitter NUNEZ 1,292 (ei Gallego).

4.2.2. Grosser Block, grosse Spane 9. w Dt,

Von grossen blocken hawet mann groß spen FRANCK 11,206 v. EGENOLFF 271 v,

5.—6. s. Inhaltsübersicht

29

SPAREN

7. Unter den Spänen das Brot (den Speck) erkennen 11 Dt, Brot under spaenen Erkenne ich äne waenen Brot unter Spänen erkenne ich ge12 wisslich FREIDANK 116,5. Mich dunckst, du pflegest krancker sinn Das du mich für ain küngin nenst, Und speck nit under spenen kenst Du scheinst mir einen kranken Verstand zu haben, dass du mich eine Königin nennst und den Speck nicht unter den Spänen erkennst HERMANN v. SACHSENHEIM, MOERIN 342.

V.M. Anmerkung 1

Einleuchtender wäre die Umkehrung. Vgl, die Erklärung bei Nunez: la astiüa paresce ä la raca u. MORAIS SILVA s.v. racha: Säe a racha a acha Der Splitter gleicht dem Scheit.

SPANIEN / Espagne / Spain 1. Burgen in Spanien bauen -» BURG 40-41, 43-56 2. Hier wie in Spanien muss man Gewinn (genügend Brot) haben 1 l Mlat. Hie et in Hyspaniis ue, cut deest copia pants! Hier und in Spanien, wehe dem, der nicht genug Brot hat! S. OMER 107. — GEWINN 48

H. U. S. Anmerkung 1 Vgl. SINGER, SPRW. D. M A II, 54.

SPANNE s. HAND

SPANNEN / tendre / to tighten Hier auch ÜBERSPANNEN 1. 2. 3. 4.

Lieber spannen als brechen (zerreissen) -> BRECHEN l, 5-9, ZERREISSEN l Die Saite oder Sehne (nicht) zu straff spannen, so dass sie reisst —* SAITE 1. Zu straff (Immer) gespannter Bogen bricht— BOGEN 1-3, S-33, 35-37, Vgl. BOGEN 1.3. Immer (Zu straff) gespannter Bogen wird schlaff und schwach —· BOGEN 34, 38—40, Vgl. BOGEN 1.3.

V.M.

SPAREN / economiser / to save Hier auch ANHÄUFEN, AUFSPAREN, ERSPAREN, SPARER, SPARSAM, ZUSAMMENSCHARREN Vgl. GEIZ, HALTEN, HÜTEN, VERSCHWENDEN

SPAREN

30

1. Sparen heisst Vorsorgen (l-13), Vgl, ARBEIT 2.3.4,, GELD 5.6., GEWINN 10.1., GUT (Subst.) 4.4., HALTEN 1.1.-1.2., VERSCHWENDEN 3.4. 2. 3. 4. 5.

Wer nichts hat, spart viel (14-20) Ein guter Sparer ist soviel wert wie einer, der gut erwirbt (21—25). Vgl. HALTEN 2.1. Sparen ist ein grosser (der grösste} Zoll (26—3l) Niemand ist so sparsam, dass er mit fremdem Gut nicht freigebig wäre (32—36). Vgi. BEUTEL 8.4., EIGEN 5.2.1., 5.2.7., GEBEN 22.1., HAUS 5.2.4., MÖNCH 41, NEHMEN $8 6. Auf jemand, der spart, folgt jemand, der ausgibt (37-65). Vgl. ELTERN 4, GEIZ 5.6.5., KIND 51,PFEIFFE3. 7. Man weiss nicht, für wen man spart (66—71)

8. Der eine spart, doch ein anderer geniesst (72-88), Vgl, BUSCH 6., DRESCHEN 3, HASE 3.2., SÄEN 2.4.1. 9. Was der Sparsame anhäuft, nimmt der Teufel (89-93;. Vgl. GEIZ 5.6.2. 10. Verschiedenes (94-100)

1

2 3 4 5 6

7 8

9 10 11

12

1. Sparen heisst versorgen L a t. Ne tibi quid desit, quod qu^ris, hoc vtere parce, Vtque, quod e$t, serues, semper tibi deesse putato Damit dir nicht etwas fehle, sei sparsam im Gebrauch dessen, was du erwirbst, und damit du behältst, was da ist, glaube immer, es fehle dir! PS. CATO, DIST. 1,24 (vgl GELD 504). Ml at. Parcius uteris quesitis quando frueris, Et rem seruabis semperque deesse putabis Du sollst sparsamer im Gebrauch des Erworbenen sein, wenn du es brauchst, und die Habe bewahren und immer glauben, sie fehle dir CATO NOVUS 47. Fr, Ensi, se fais raison, toudis aras maison So wirst du immer ein Haus haben, wenn du sparst GILLES LI MUISIS 1,183. O« dist: ,Qui fait raison, il a bien et maison' Man sagt: „Wer sparsam ist, hat Gut und Haus" EBD. 11,161. Qui fait raison, H a bien asses et maisons ... hat genug Gut und Häuser EBD. 11,277. Par espargner et tes despens tarder Te pourras tu de povrete garder. Tu doiz doubler touz /ours comment qu'ü aille, Que garnison en la fin ne te faille Durch Sparen und Aufschieben deiner Ausgaben wirst du dich vor Armut bewahren können. Du rnusst immer, soweit es geht, verdoppeln, damit dir am Schiuss der Vorrat nicht fehlt J. LEFEVRE, CATO 181. Qui espargne $i trewe Wer spart, der findet MORAW. 1920. Dt. Wultu bebben neynen brake Vnde leuen mit gemake Vnde sparen din gewannen gut, So seal stan aldus din mot. Dat di immer ... in dime gewinne Darvmme (lies mit Hs. D: Dat dy nummer in deme gewinne Enbreke darvmme} holt mit synne Din gut, so macbstu bebben ere; Entgelt id di, du bist vnmere Willst du keinen Mangel haben und bequem leben und dein gewonnenes Gut sparen, so sollst du folgendermassen eingestellt sein: Damit es dir nie an Gewinn mangle, darum halte dein Gut mit Verstand (fest), so kannst du {davon) Ehre erlangen! Kommt es dir abhanden, so bist du unwert STEPHAN, CATO ND. 676. Spar dem vnfal, Denck an den alten man Spare für das Unglück, denke an das Alter! FRANCK 1,42 v. Zur noturfft spar, zer von dem gwin. Nit geude, das dir nit zerrinn Spare fur die Not, lebe vom Überschuss! Verschwende nicht, damit dir (das Deine) nicht zerrinne! EBD. 1,149 v. Spar was dein handt hat garnet recht, Arbeyt hilfft nicht, sos glück vmbscblegt. Spar so kanstu im vnfal bston, Der schwender muß zletzst betlen gon Spare, was deine Hand rechtmässig verdient hat; Arbeit hilft nichts, wenn das Glück umschlägt! Spare, so kannst du im Unglück bestehen; der Verschwender muss zuletzt betteln gehen! EBD. 1,150 r. Zur notturfft spar, zer vom gewinn, Nit geud, damit dir nicht zerrinn Übers, wie 10 EGENOLFF 360 v.

31

SPAREN

13 Spar was dein band hat gewunnen recht, Arbeit hilfft nit, sos gluck vmbschlegt. Spar so kanstu im fall beston. Dem schwender muß zielst übel gon Übers, wie 11 EBD. 361 r. Vgl. ARBEIT 2.3.4., GELD 5,6., GEWINN 10.1., GUT (Subst.) 4.4., HALTEN 1.1.1.2., VERSCHWENDEN 3.4.

2. Wer nichts hat, spart viel 14 Fr. Por ce dit l'en qu'assez espergne De bien H preudom qui ne Deshalb sagt man, dass der Ehrenmann, der nichts hat, viel Gut spart RUTEBEUF 11,201,822. is Engl. He sparyth muche, that has nouhjt Wer nichts hat, spart viel DOUCE {MS. 52} 124. 16 . Nauwe teerghelt doet wel spaeren, - Expenses fttgere solet omnis qui caret ere Knappes Zehrgeld spart gut. — Ausgaben pflegt jeder zu meiden, der zuwenig Geld hat 17 PROV. COMM. 554. Niet hebben doet veel sparen Nichts haben spart viel ANTWERP. LB. 51,3. 18. 19 Dt. Nowe theergheld deyd wol sparen Übers, wie 16 PROV. COMM. MND. 531, Weinich tergelt maket nouwe teren. - Aere carens sumptus fugit et convivia vitat Wenig Zehrgeld macht sparsam verzehren. - Wer kein Geld hat, geht den Speisen aus dem 20 Weg und meidet Gastereien TUNNICIUS 831. Wenig bargelt macht gnaw zeren Wenig Bargeld macht sparsam verzehren FRANCK II, 184 v.

3. Ein guter Sparer ist soviel wert wie einer, der gut erwirbt 21 Dt. Unde Ouidius. Non minor est virtus quam querere parta tuen ... - Guter sparer ist glich gutem gewinner Daher (sagt) Ovid: „Das Erworbene zu behalten ist keine kleinere Tugend als es zu erwerben". — Ein guter Sparer ist einem guten Gewinner 22 ebenbürtig GEILER, NAV. FAT. XXIIR (vgl. HALTEN 77). No« minor est virtus quam querere parta tuen. — Ein guter sparer ist gleich eim guten gewinner GEILER, BRÖSAM23 LlN 1,22 d {vg!. HALTEN 77}. Dann ein pfenning ist eben so bald erspart als gewunnen, /a mehr würt erspart dann gewunnen Denn ein Pfennig wird ebensoschnell erspart 24 wie gewonnen, ja es wird mehr erspart als gewonnen FRANCK 1,149 v. Ein pfenning 25 ist eben so bald erspart als gewunnen EBD. II, 52 r. Ein pfenning erspart ist auch gewunnen EBD. II, 157 r. Vg. H ALTEN 2. l,

4. Sparen ist ein grosser (der grösste) Zoll1 26 La t. Non intellegunt homines quam magnum vectigal sit parsimonia Die Menschen sehen nicht ein, ein wie grosser Zoil das Sparen ist Cic., PARADOXA 6,3,49. 27, 28 Dt. Sparen ist ein grosser zoll vnnd eintrag {Etrag) FRANCK 1,46 r. Cicero schreibt, O wie gar wissen die menschen nit das sparen ist ein grosser zoll Cicero schreibt: „O 29 wie wissen die Menschen ganz und gar nicht ..." EBD. 1,149v. Sparen ist der großt 30 zoll EBD. 1,153 v. Parsimonia ingens uectigal. — Sparen ist ein grosser Zoll Sparen ist . ein ungeheuer grosser Zoll. — ... EBD. II, 52 r. Sparen ist ein grosser zoll EBD. II, 157 r.

5. Niemand ist so sparsam, dass er mit fremdem Gut nicht freigebig wäre 32-34 M l a t . Nullus tarn parcus, quin prodigus ex alieno Keiner ist so sparsam, dass er mit fremdem Gut nicht freigebig wäre PS. CATO, MONOST. 9. ECBASIS 569. WERNER^ n 301. 35 Quidam de alieno prodigi, de proprio sunt avari Gewisse sind mit fremdem (Gut) freigebig, mit dem eigenen sparsam PETR. BLES., EP. 12 (1,37). 36 Dt. Nemo tarn parcus> qui (lies: quin} sit prodigus alieno. — Es ist nimant als karg in seinem muott Es (lies: Er, Red.) sei mild mit dem fromden guot ... — Keiner ist in

SPAREN

32

seinem Sinn so sparsam, däss er mit fremdem Gut nicht freigebig wäre INNSBRUCK 25. Vgl. BEUTEL 8.4., EIGEN 5.2.1,, 5.2.7., GEBEN 22.1., HAUS 5.2.4., MÖNCH 41, NEHMEN 88

6. Auf jemand, der spart, folgt jemand, der ausgibt 37 Mlat. Parcum et avarum sequitur prodigus Auf einen Sparsamen und Geizigen folgt ein Verschwender BEBEL, PROV. GERM. 413. 3 S NI. Na den goeden houder comt een goet verier er. — Prodigus est natus qui de parco patre natus Nach dem guten Sparer kommt ein guter Verzehrer. - Verschwenderisch ist der Sohn, der von einem sparsamen Vater gezeugt worden ist PROV. COM M. 553. 39 Dt. Daz der sweher besparte, Rilicb erz zezarte Was der Schwiegervater gespart hatte, 40 das verbrauchte er freigebig ULR. v. ZATZIKHOVEN, LANZEL, 1251. Ir kint zernt ez ofte gar rttiche, Daz si ersparnt jemerltche Ihre Kinder brauchen oft gar reichlich, was 41 sie mühevoll ersparen HUGO v. TRIMBERG 16351. Was der karg bin legt, das gibt der 42 milde aus Was der Geizige spart, das gibt der Freigebige aus PRAG 60. Das alte Wort ist nun wahr geworden, es werde nie ein Sparer, der nicht seinen Verzehrer finde Eu43 SAB. v. NASSAU, LOHER 195. Eyn halder hat vir vorthuer; adir: eyn sparer hot vir vorczerer Ein Sparer hat (als Erben) vier, die vertun; oder: Ein Sparer hat vier Verzehrer 44 PROV. FRID. 293. Na deme ghuden holder kumpt en ghud vortherer Übers, wie 38 45 PROV. COMM. MND. 530. Que parcus queres, effundet prodigus h er es. - Was der charge ersparet nu, Das pringt sein nachchumen vnnuczleich czu Was du sparsam sammeln wirst, wird der freigebige Erbe verschwenden. - Was der Sparsame jetzt erspart, 46 das verschleudert sein Nachkomme unnütz Qui VULT ORNARI 11. Na einem sparer kumt ein domer. — Prodigus absumit studiose lecta parenti Nach einem Sparer kommt ein Schlemmer. — Der Verschwender verbraucht, was vom Vater eifrig gesammelt wor47 den ist TUNNICIUS 829, Eyn sparer wil eyn vorczerer haben Ein Sparer will einen 48 Verzehrer haben LUTHER, WA XXXI. 2,357,33 (1527-30). Ein sparer muß ein zerer 49 han SACHS III, 222,19 (1531). Mir feit (fällt) ein altes Sprichwort zu (ein); Ein sparer 50. 51 muß ein zerer han EBD. VII, 126,4 (1531). Eyn sparer will eyn zerer haben. — Tenax requirit prodigum ... - Ein Geiziger verlangt nach einem Verschwender AGRICOLA 52-J5 Nr. 249. ECENOLFF 149 r. Eyn sparer will eynen zerer haben AGRICOLA Nr. 249 56 S. 194,27. Nr. 295. Nr. 507. Nr. 745. Wie ein Sprichwort hat yederman; Ein sparer 57 muß ein zerer han SACHS 111,40,35 (1538?). Der samlet, sparts eim ändern man Wer 58.59 sammelt, spart es für einen ändern [Mann] FRANCK 1,118 v. Eim sparer gehört ein 60. 6l zerer Zu einem Sparer gehört ein Verzehrer EBD. 1,118 v. i, 144 v. Nach einem sparer 62 kompt ein zerer EBD. II, 184 v. EGENOLFF 252 r. Ein sparer muß ein zerer haben SACHS 63 XIV, 232,20 (1552). Wie uns das Sprichwort thut begaben (beschenkt): Ein sparer 64 muß ein zehrer haben EBD. XVII, 405,4 (1563). Auch gehen uf ain sparer ein vertho65 ner Auch gehört zu einem Sparer einer, der vertut ZIMMER. CHRON. 11,387,7. Wie ain alter, erlicher man zu Mösskirch, genannt Conradt Burger, ain Sprüchwort het: „User bast macht man bafensail, was ain karger erspart, wurt aim geuder zu tail" ... Wie ein alter, ehrbarer Mann zu Messkirch, genannt Konrad Burger, mit einem Sprichwort zu sagen pflegte (wörtl.: ein Sprichwort hatte): „Aus Bast macht man Hafenseile2; was ein Geiziger erspart, erhält ein Verschwender" EBD. 11,545,10. Vgl. ELTERN 4, GEIZ 5.6.5., KIND 51, PFEIFE 3.

7> Man weiss nicht, für wen man spart 66 M l a t . Dum cumulans moritur, quis possideat sua, nescit Wenn einer, der anhäuft, stirbt, weiss er nicht, wer sein Gut besitzen wird WERNER 2 d 167. 67 Fr. On ne scet pour qui on amasse Man weiss nicht, für wen man anhäuft J. MIELOT 222.

33

SPAREN

68 N o r d . Opt spanr leiöom, fiats hefir liufom hugat Oft spart man für den Verhassten, 69 was man dem Lieben zugedacht hat 3 HÄVAMÄL 40,4 (= JONSSON, ARKIV 381), Opt bitur pat gramur . sem g&skr sparer Was der Gute spart, verzehrt oft einer, der (ihm) 70 feindlich (gesinnt) ist KÄLUND 63 (= JONSSON, ARKIV 152. JONSSON 60). Ei veit hverium sparer Man weiss nicht, für wen man spart KÄLUND 169 (= JONSSON, ARKIV 381. JONSSON 156). 71 Dt. Der ist eyn narr der samlet gut Vnd hat dar by keyn fryd noch mut Vnd weysz nit wem er solches spart So er zum finstren keller fart Derjenige ist ein Narr, der Gut sammelt und dabei weder Frieden noch Zuversicht hat und nicht weiss, für wen er es spart, wenn er in den finstern Keller fährt BRANT, NARRENSCHIFF 3,1.

8. Der eine spart, doch ein anderer geniesst 72. 73 B i b l . Custoditur iusto substantia peccatoris VULG., PROV, 13,22. Des Sunders gut wird dem Gerechten furgespart (für den Gerechten aufgespart) LUTHER BIBEL, SPR. 74 13,22. Qui coacervat divitias usuris et foenore, Über alt in pauper es congregat eas Wer mit Zinsen und Wucher Reichtümer anhäuft, sammelt sie für einen, der gegen die 75 Armen freigebig ist VULG., PROV. 28,8. Wer sein Gut mehret mit wucher vnd vbersatz, 76 Der samlet es zu nutz der Annen LUTHERBIBEL, SPR. 28,8. Peccatori autem dedit afflictionem, et curam $uperfluam, M addat, et congreget, et tradat ei qui placuit Deo Dem Sünder aber gibt er Trübsal und die übermässige Sorge, anzuhäufen und zu sam77 mein und es dem zu geben, der Gott gefällt VULG., ECCLES. 2,26. Aber dem Sünder gibt er vngluck, Das er samle vnd heuffe (anhäufe), vnd doch dem geben werde, der Gott gefeit (gefällt) LUTHERBIBEL, FRED. 2,26. 78 Mlat, Expendat largus, quod conservat male parcus Der Freigebige mag vertun, was 79 der Sparsame mühsam aufbewahrt PROV. WRATISLAV. 214. Expendit largus, quae conservat male parcus Der Freigebige vertut, was ... WERNER 2 e 151. 80 Fr. Li sages avera en baillie Quanque li aver esparnie Der Weise wird alles zu seiner 81 Verfügung haben, was der Geizige spart PET, PHIL. I l l , Et einsi va le monde et pent, L'un amasse, l'autre despent Und so geht die Welt und (dazu) neigt sie: Der eine häuft an, der andere gibt aus GODEFROY DE PARIS 1987. 82 It. E pero dice: Chi per se raguna, per altri sparpaglia Jedoch man sagt: „Wer für sich spart, verschwendet für andere" SACCHETTI 188. S3 Eng l. Hund eett pat hen man spelat. — Sepe uorat gnarus canis id quod seruat auarus Der Hund frisst, was der arme Mann erspart. — Oft frisst der schlaue Hund, was der Geizige spart FÖRSTER, ENGL. ST, 31 6, 84 N l. Want menich verspaert uut sinen mont Het etet een catte oft oec een hont Denn mancher spart sich von seinem Mund ab, was eine Katze oder auch ein Hund frisst GOEDER LE1KEN REGHEL

167.

85 Dt. Ich sach ie, swaz der karge (Var,: arge] spart, Daz ez dar nach dem muten wart Ich sah es immer; Was der Geizige (Böse) sparte, erhielt hernach der Freigebige FREIDANK 86 87,20. Swaz ir vor gote, vor eren spart, ie fremder man daz noz Was Ihr, statt es für Gott, statt es für die Ehre auszugeben, spart (wörtl.: vor Gott, vor der Ehre spart), das 87 hat (noch) immer ein anderer genossen MARNER 13,70. Sepius esl visum, res quas capulat cor avarum, Quod tandem largus homo fit possessor earum. — Man sach ye, was der karge tor spart, Daz isz darnach dem mildin wart Öfters zeigte es sich, dass die Dinge, die ein geiziges Herz ergreift, zuletzt ein freigebiger Mensch in Besitz nimmt. - Man sah es immer; Was der geizige Tor sparte, erhielt hernach der Freigebige FREI88 DANK LAT, (GöRUTz) 1388. Was die Chargen mügend ersparen Das wirt den milten zuo tail Was die Geizigen sparen können, erhalten die Freigebigen QUODLIBET 6. Vgl. BUSCH 6„ DRESCHEN 3, HASE 3.2., SÄEN 2.4.1.

SPARER

34

9. Was der Sparsame anhäuft, nimmt der Teufel 89 Fr. Kenques amasse avers, tout empörte maufez Was der Geizige anhäuft, nimmt alles der Teufel hinweg PROV. RUR. 393 (= MORAW. 1731). 90 Dt. Condus requirit promum. — Was man lang erscbarrt, das fürt der teuffei auff ein mal hin Der Aufheber verlangt nach einem Ausgeber. — Was man lange zusammen91 scharrt, führt der Teufel in einem Male weg FRANCK 1,75 r. Was mann zu ehrn erspart, das fürt der teuffei sonst hin Was man um der Ehre willen erspart, das führt der Teufel 92. 93 so4 hinweg EBD. 1,79 v. Was man zu ehren erspart, das fürt der teuffei sonst hin EBD. II, 149 r. EGENOLFF 196 r. Vgl. GEIZ 5.6.2.

10. Verschiedenes 94 It. El esparagno, e el primo vadano Esparnis ist der erste Gewinn NUNEZ II, 62 (el Italiano). 95 N o r d . Quam fundo parce mage sint res vasts ab arce. — Biedres cer sparth fraa brcedh (En fraa bondhen Man spart die Dinge besser an der Krone des Gefässes als am Boden. - Besser spart man am Rand als am Boden 5 LÄLE 858. 96 Dt. Den (Var.: Dem) boesen ie ze teile wart, Swaz man vor dem frumen spart Den (Dem) Bösen ist (noch) immer zuteil geworden, was man am Guten gespart hat 6 FREI97 DANK 87,22. Was mit eren wirt erspart, Das wirt verzert mit laster Was in Ehren 98 erspart wird, wird in Schande aufgebraucht HÄTZLERIN 2,42,90. Sparmunde hat hie 99.100 bauß Sparmund 7 führt hier die Wirtschaft FRANCK 1,48v. ... das Sparmunde vnd Vbel leb, dem Wolleb sein hauß abkauft Dass Sparmund und Übelleb 8 dem Wohlleb9 sein Haus abkauft FRANCK 1,149 v. EGENOLFF 360 v (vgl. LEBEN 357-358).

H,R.,rev.V.M. Anmerkungen 1 2

3 4 5 6

7

8 9

Zoll hier i. S. v. ,Einnahmequelle". Zum Trocknen der Häfen aufgespannte Seile, vgl. FISCHER, SCHWAB. WB. III, 1023,

Vgl, SINGER, SPRW. D. M A J, 10. D. h. wohl· von sich aus, ohne dass man ihm helfen muss. Vgt, WANDER IV,653ff. s.v. Sparen 9. 12. 31. 33. 53. 66. 83. D.h., was man dem Guten vorenthalten hat. Vgl. SINGER, SPRW, D. MA 111,49; G. Eitler, Die ethischen Anschauungen in Freidanks Bescheidenheit, Tübingen 1969, 379. ,Einer, der sich das Geld vom Munde abspart', Personifikation des sparsamen Lebens, vgl. GRIMM, DWß. X.l, 1944 f. Anders FRANCK 1,17r: Sparmunde ,einer, der schweigt'. Sparmund und Übelleb: einer, der sich nichts leistet und deshalb in mühsamen Umständen lebt. Einer, der genüsslich lebt.

SPARER s. SPAREN

SPARGEL / asperge / asparagus Schneller, als Spargeln gekocht werden l Lat. Celerius quam asparagi cocuntur Schneller, ais SpargeJn gekocht werden SUETON., AUGUSTUS 87,1.

35 2 Ml a t.

SPÄT Citius quam asparagi coquantur. — Er, dann einer pfennig spricht

3 Schneller, als einer „Pfennig" sagr HAUER 131. ERASM., ADAG. CHIL. 3,7,5.

... —

Citius quam asparagi coquuntur V. M,

SPÄRLICH s. WENIG

SPARREN / chevron / rafter 1.2 Dt, Er hat einen Sparren verloren1 LUTHER 235. Ich mein, der doctor hab eins sparrn Im kopffzu weng oder zu vil Ich meine, der Doktor habe einen Sparren zuwenig oder zuviel im Kopf 1 SACHS XXI, 111,32 (1559). V.M. Anmerkung 1 Sinn: Er ist im Oberstübchen nicht ganz richtig. Vgl. RÖHRICH II, 969 a.

SPARSAM s. SPAREN SPASS(EN) s. SCHERZ

SPÄT / tard / late 1. Spät ist besser als nie (1-22).— EHE 18, LASTER 23, REUE 91-92, SCHEIDEN 46. Vgl. DANK S, ERFAHREN 9, GUT {Subst.} 275-276, RAT 8. Ähnlich (23) 2, Spät ist bisweilen von Vorteil 2.1. Spät ins Bett gehen ist gewinnbringend — AUFSTEHEN 1.2.3, Vgl. AUFSTEHEN 26 2.2. Späte Saat trügt nie — SÄEN 6-9, 11-12 2.3. Späte Früchte bleiben lange gut — FRUCHT 9.1. 2.4. Späte Märkte sind ertragreich —> MARKT 56, 58-59 3. Spät wirkt sich oft nachteilig aus 3.1. Al!g. (24-25) 3.2. Spez. 3.2.1. Spät ausgehen (26-28) 3.2.2. Spät (zum Essen} kommen (29-34). Vgi, AUFSTEHEN 44 3.2.3. Spät ins Gasthaus kommen — GAST 4.2., WIRTSHAUS 19-20, 22-27 3.2.4. Spät verliebt werden — HOLZ 75, LIEBE 2.5.2. 3.2.5. Spät geboren werden — KIND 113, 115 4, Spät bedeutet oft nie 4.1. Spät vergisst, wer richtig liebt — LIEBE 1078, 1084, 1086, 1088, 1145, 1147. Vgl. LIEBE 4.2.2. 4.2. Spät wird gesund, wer an Torheit leidet — NARR 84-SS, 88-89 4.3. Spät wird reich (satt), wer auf fremdes Gut (Essen) lauert —* ESSEN 76, NEHMEN 5.3., SATT 41 -42 4.4. Spat verlernt man, wras man sich froh angewöhnt hat —» GEWOHNHEIT J7, 32, 57, LERNEN 102 4.5. Vereinzelt (35)

SPÄT

36

5, Zu spät heisst oft umsonst 5.1. Zu spät überlegt und bereut, wer schon gehandelt hat -> GEDANKE 104, 126-127, RAT 94, 367, 375-376, REUE 3-7, 16. Vgl. KAMPF 356, 161, TROMPETE 2-3, TUN 324, WISSEN 227, 235, 242, 245 5.2. Zu spät sieht sich vor, wer Schaden erlitten hat - BRENNEN 196, ERTRINKEN 17, STOSSEN l , WUNDE 32 5.3. Zu spät verriegelt den Stall, wer ein Tier verloren hat — RAT 352, SCHLIESSEN 13-14, STALL 6-7, 11-15, 17-18, 20-21, 23-24, 27, 30-31, 33-34, 39, 48, 61 5.4. Zu spät vertreibt die Katze, wer sie beim Naschen ertappt — KATZE 3.7. Vgl. KÄSE 7. 5.5. Zu spät schreit, wer in den Fängen des Wolfes ist -» WOLF 543, 554, 581 5.6. Zu spät schreit der Vogel, der im Netz ist — KRÄHE 12., VOGEL 7.1. 5.7. Zu spät verdeckt den Arsch, wer schon gefurzt hat — ARSCH 1.1.5. Vgl. FURZ 5.1. 5.8. Zu spät kommt jede Arznei, wenn die Krankheit zu lange gedauert hat —· ARZNEI 23, 25, 27,29-31,33,39-40 5.9. Zu spät ist es zu allem, wenn der Tod naht (36-43). — GEDANKE 8., HÄNGEN 2., REUE .94, 96 -98 5.10. Zu spät öffnete Gobaut den Mund (44-46) 6, Vereinzelt {47)

l . Spät ist besser als nie J 1 2 3 4 5 6 7. s

Fr. // vaulroit mieulz tart que jamais Spät wäre besser als nie FROISS. (SPEC. 10) 299,77. Mieulx vault encor tart que jamais Spät ist noch immer besser als nie EUST. DESCH. 1,208, 31. Vows vault il mieulx tart que jamais Für euch ist es besser spät als nie EBD. VIII, 38,41. Gir U vaut mieulx tard que jamais Denn besser ist spät als nie J, REGNIER 1796. // vault mieux tart que jamais Besser ist spät als nie ET. LEGRIS 352. 11 vous vault mieulx tart que jamais Übers, wie 3 Mo R. DES ENF. DE MAI NT. 19. Car il vault mieux sus le tard que james Übers, wie 4 J. MOLINET 204, 28S. C'est sus le tard, si vault mieux que james Es ist zwar spät, aber doch besser als nie EBD. 435,56. 9, 10 Et se vault mieux tart que james Und besser ist spat als nie EBD. 596, 224. Et si vault 11 mieux sus le tard que james EBD. 604, 28. Car il vault mieux tard que fames Übers. 12 wie 4 EBD. 668,293. ll vaut mieux tard que jamais Übers, wie 5 LEROUX 11,320 13. 14 It. £ meglio (CoRNAZANO: Meglio e) tardi ehe non mat Übers, wie 5 GAMBINO 187, CORNAZANO 53. 15 Span. Mas vale tarde que nunca Übers, wie 5 NUNEZ 11,347. 16 Nord. Betra er seint en alldri Übers, wie 5 KÄLUND 157 {- JONSSON, ARKIV 347. JONSSON 142). 17 Eng L Bet than never is late Besser als nie ist spät CHAUCER, YEOMAN'S T. G 1410. 18. 19 Better is late pan neuere Übers, wie 5 ANCR. RECL. 119, 12. Bettur ys late tbann never 20, 2l RYLANDS fo.24. Better is late than neuer DOUCE (MS. 52) 140. Melius est sere quam numquam velle vigere, — Beter tatte to thri than neuer Besser ist spät gedeihen als nie 22 RAWL. ENGL. 55. Better it is, late than newer Übers, wie 5 HILL 104,43. — EHE 18, LASTER 23, REUE 91-92, SCHEIDEN 46. Vgl. DANK 8, ERFAHREN 9, GUT (Subst.) 275-276, RAT 8 Ähnlich: 23 S p a n . Mas vale ana tardio, que vado Besser ist ein spätes Jahr als ein leeres2 NUNEZ 11,352.

2. s. Inhaltsübersicht

37

SPAT

3. Spät wirkt sich oft nachteilig aus 3.1. Allg. 24 N L Luttel te laet veel te laet. — Est tarde monitum (lies: modicum) tarde sepissime muhum Wenig zu spät (ist) viel zu spät. — Ein wenig zu spät ist meistens viel zu spät PROV. COMM. 457. 25 Dt. Luttyk to spade is vele to spade Wenig zu spät ist viel zu spar PROV. COMM. MND. 452. 3.2. Spez. 3.2.1. Spät ausgehen 26 Port. Quem tarde amda, pouco alcanza Wer spat geht, erwirbt wenig NUNEZ III, 256 (e! Portugues). 27.28 Dt. Der zu spat außgeht, kompt zu spat heym FRANCK ü, 171 r. EGENOLFF 217r.

3.2.2. Spät (zum Essen) kommen 29 M l a t . Qui tarde venit ad mensam, suspensus est a cibo Wer spät zum Tisch kommt, wird vom Essen ausgeschlossen SAL. ET MARC. 123 a. 30 It. Chi viert tarde a mensa, e suspeso dal cibo Übers, wie 29 SAL. E MARC. 29. 31 NL Die spade ter maeltijt coemt wort gescort vanden eeten Wer spät zur Mahlzeit kommt, wird vom Essen ausgeschlossen SAL. ENDE MARC. 14. 32. 33 Dt. Langsam sitzt vbel (Wer) spät (kommt,) sitzt schlecht LUTHER 249. Der zu spat kompt, der eß mit den gemalten an der wend Wer zu spät kommt, der esse mit den 34 Gemalten an der Wand FRANCK 1,46 v. Wer spat kompt, der sitz hinder thür Wer spät kommt, der setze sich hinter die Türe EBD. Vgl. AUFSTEHEN 44

3.2.3.—3,2.5. s. Inhaltsübersicht 4. Spät bedeutet oft nie 4.1.—4.4. s. Inhaltsübersicht 4.5. Vereinzelt 35 Nord. Seintt seigizpeim sem alldri seigiz Spät erzählt der, der nie etwas erzählt KÄ. LUND 154 (= JONSSON, ARKIV 345. JONSSON 142).

5. Zu spat heisst oft umsonst 5.1.—5.8. s. Inhaltsübersicht 5.9. Zu spät ist es zu allem, wenn der Tod naht 36 Fr. Sens vient trop tart, puis qu'on redote Die Einsicht kommt zu spät, wenn man schon (den Tod) fürchtet ROB. D'ARRAS, VERS DE LA MORT 36,12. 37 Eng L trenne dead is tzt his dure, wei late be biddeö are Wenn der Tod vor seiner Türe 38 steht, bittet er wohl zu spät um Gnade POEMA MORALE 127. AI to late al to late wan pe deth is at pe yate quod mar col „Viel zu spät, viel zu spät, wenn der Tod vor dem 39 Tor ist", sagte Markolf HENDING 1,39 Var. AI to late, al to late, Wanne pe here ys 40 ate gate ... wenn die Bahre vor dem Tor ist FÖRSTER, ANGLIA 42 220. Panne is to late, panne is te carte atle yate Dann ist es zu spät, wenn der Karren vor dem Tor ist 41 EBD. 150. Certis, now it is to late, For to preye or for to preche; Now pe wayn is at pe yate, And py tunge hath leid pe speche Gewiss, nun ist es zu spät zum Beten oder zum Predigen. Nun ist der Wagen vor dem Tor, und deine Zunge hat die Sprache

SPATEN

38

42 verloren BODY AND SOWLE 369. Alle to late, all' to late. When pe weyne is at pe sate 43 Viel zu spät, viel zu spät, wenn der Wagen vor dem Tor ist RYLANDS fo. 15 v. Alle to late, alle to late, when deth is come to jate ... wenn der Tod vor das Tor gekommen ist DOUCE (MS, 52) 93.3 -* GEDANKE 8., HÄNGEN 2., REUE 94, 96-98

5.10. Zu spät öffnete Gebaut den Mund 44 Fr. A tan bea Gobaut Zu spät öffnete Gebaut den Mund IAC. VITRIAC, SERM. VULG. 45 123. Exemplum de Gobardo de quo dictum est: „A tart bea Gobaut" Das Beispiel 46 von Gobaut, von weichern gesagt worden ist: ... HAUREAU VI,72 (13. Jh.). lacobus de Vetriaco teilte how on a tyme Char Us pe Emperour garte call befor hym his iij sonnys, Gobardus, Lotharius, and Lodouicus; and he helde ane appyll in bis band and bad paim all oppynper mouthes. Andpe if yonger oppynd per mouthis, and pis Gobardus wold nott. And he gaff vnto pe yonger, pe tone a kyngdom, and pe toder a dukedom. And when pis Gobardus saw, be said vnto his fader at he wolde oppyn his mouthe and hafe p arte of pis appyll. And bis ffadur ansswerd hym agayn and sayd: ,J*ou oppynd pi mouthe to late, and perfor I will nowder gyff pe appyll nor land," And hereof come a proverb pat is said in Franche, „A tart bea Gobard, qe eu la tere nout parte" Jakob von Vitry erzählt, wie der Kaiser Karl einmal seine drei Söhne zu sich rufen Hess, nämlich Gobardus, Lothar und Ludwig; und er hielt einen Apfel in seiner Hand und bat sie alle, ihren Mund zu öffnen. Und die zwei jüngeren öffneten ihren Mund, aber Gobardus tat dies nicht. Und er beschenkte die beiden jüngeren, den einen mit einem Königreich und den ändern mit einem Herzogturn. Als dies Gobardus sah, sagte er zu seinem Vater, dass er seinen Mund öffnen und einen Teil dieses Apfels wolle. Aber sein Vater entgegnete ihm und sprach: „Du hast deinen Mund zu spät geöffnet, und deshalb will ich dir weder den Apfel noch Land geben." Und von daher kommt das Sprichwort, das in Frankreich verwendet wird: „Zu spät öffnete Gobaut den Mund, so dass er keinen Anteil am Land erhielt" ALPHAB. OF TALES 413,16. 4 6. Vereinzelt 47 Port, A la vay serodio con temporao, mats non na palla, nen o grao Gleichermassen geht das Späte wie das Frühe, aber nicht das Stroh und nicht das Getreide NUNEZ 1,71 (el Gallego), V.M.

Anmerkungen 1 2

3 4

Vgl. HASSELL T13; WHITING L 89. . h. ein ertragloses. Vgl. zu diesem Sprw. REFRANERO 273: Porque „Mas vale tarde quenunca" Denn besser ist spät als nie. Vgl. WHITING C51. Weitere Verwendungen des Exempels nennt die Anm. zu IAC. VITRIAC., SERM. VULG. 123 (S. 187 f.) u. J. Balte (Hrsg.), Johannes Pauli: Schimpf und Ernst, Berlin 1924, 11,342 zu Kap. 368.

SPATEN ->· SILBER 14-15 SPÄTER s. NACHHER SPAZIERENGEHEN s. GEHEN

39

SPECK

SPECHT / pic / woodpecker 1. Der Specht verrät seine jungen mit der Zunge J Dt. Eyn Specht sin jung mit gschrey verriet Ein Specht verriet seine Jungen mit Ge2 schrei BRANT, NARRENSCHIFF 19 Motto 3. Eyn spacbt verradt mit syner zung Das man syn nast finat, vnd die jung Ein Specht verrät (sich) mit seiner Zunge, so dass man 3 sein Nest und die Jungen findet EBD. 19,23. Mit dem munt verredt der Specht sin junge Mit dem Mund verrät der Specht seine Jungen OBERRHEIN, SPRW. 22.

2. Verschiedenes 4 Mlat. Infelix picas, quern nulla rubigo color at Ein unglücklicher Specht, den kein Rost(rot) färbt WERNER 2 i 90. 5 It. Tanto pigozct el pigozo ehe la brusca ge caze en /'o/o Der Specht klopft so lange, bis ihm der Splitter ins Auge fällt GEREMIA DA MONTAGNONE 15. 6 Span. Estase el pica en la piquera, dice de todos„ todos de ella (lies: el, Red.) Der Specht befindet sich im Flugloch; er spricht über aüe, und alle (sprechen) über ihn 1 NUNEZ II, 127 {vgl. AFFE 59, ELSTER 3., FRAU 565-566). 7 Engl. But men saye in a comyn langage that neuer noo wodewoll dyde brede a sperhawke Aber man sagt in gemeiner Sprache, dass nie ein Specht einen Sperber ausgebrütet hat CAXTON, BLANCHARDYN 173,6 (vgl. EULE 4., FALKE 1., KATZE 4.4., KRÄHE 18., LÖWE 18, WOLF 13.). H. R.f rev. V, M.

Anmerkung 1

Dazu SBARBI 1,86: En la necessidad: ninguno guarda amistad, y ei que haze que puede. cumple lo que dene In der Not hält niemand Freundschaft, und wer tut, was er kann, erfüllt seine Schuldigkeit.

SPECK / lard / bacon 1. 2. 3. 4.

Speck als Lockmittel (1-2). Vgl. unten 11.1.-11.2. Speck braucht man nicht zu spicken (3-S). Vgl. SCHWEIN 20,1. ÄhnÜch (6) Es ist vorbei (nicht nötig), dass man Speck auf Kohlen brät (7—13) Der Speck ist immer am fettesten im Topf anderer Leute (14-16). Vgl. BROT 15.1., EUTER l -4, GEFÄSS 245, HUHN 154, MESSER 5., NACHBAR i33, SÄEN 3., SCHWERT 7,, WASSER 138

5. Nach und nach frisst die Katze den Speck —* KATZE 57-SS 6. So oft geht die Katze zum Speck, bis sie dafür büssen muss ~* KATZE 60—63 7. Man vertreibt die Katze zu spät vom Speck, wenn er gefressen ist —· KATZE 69—71 8. Ihr hofft auf Speckseiten, wo nicht einmal Stangen vorhanden sind (17—20) 9. Das gibt keinen Speck in die Bratwürste (21—22) 10. Dem Kind das Schwein und dem Vater die Speckseite —» KIND 2.43. 11. Redensarten 11.1. Ein Specklein auf die Falle legen (23—28). Vgl. oben 1. 11.2. Jemandem Speck geben (29-30). Vgl. oben 1. 11.3. Den Speck gegessen haben (31-35)

SPECK

40

11.4. Mit einer Wurst nach einer Speckseite werfen —* WURST 3.1. 11.5. Den Speck den Hunden vorwerfen -» HUND 40.8. 12. Verschiedenes (36 -42)

1. Speck als Lockmittel 1 Fr. Au lardon prant on le rat Mit dem Speck fängt man die Ratte MORAW. 180. 2 Dt. Will man Meuse fangen, so mus man Speck auff die Fallen binden LUTHER, WA XLV1,579,20 (1537), Vgl. unten 11.1.-l 1.2.

2. Speck braucht man nicht zu spicken 3 Nl. Men sal gbenen baeck specken. — Pernas lardare nullum decet hoc scio clare Man soli keinen Speck spicken. — Es ziemt sich für niemanden, Hinterschinken zu spicken, das weiss ich sicher PROV. COMM. 496. 4. 5 Dt. Me schal neen speck specken PROV. COMM. MND. 486. Men hovet nein spek mit specke, — No« opus est pingui lardo superaddere lardum Man braucht keinen Speck zum Speck. — Es ist nicht nötig, zu fettem Speck Speck hinzuzufügen TUNNICIUS 1220. Vgi. SCHWEIN 20.1. Ähnlich: 6 Mlat. Quod nimis est crassum non est opus ungere lardo Was zu fett ist, das braucht man nicht mit Speck zu schmieren HUGO SOTOVAGINA 228.

3. Es ist vorbei (nicht nötig), dass man Speck auf Kohlen brät 1 7-9 Dt. Es ist aus, daz man spek auf holen prett Es ist vorbei, dass man Speck auf Kohlen 10 brät PRAG 25. SCHWABACH 58. LUTHER 360. Ys ist aus, das man speck auf kolyn brit 11 PROV. FRID. 285. Ist nicht not speck auff kolen braten, das fett treuff in die assche Es ist nicht nötig, Speck auf Kohlen zu braten; das Fett wurde in die Asche tropfen 12 LUTHER 361. Aber es ist aus, das man speck auf kolen brett2 LUTHER, WA 13 XXX. 2,452,5 (1530). Es heisst, Es ist aus, das man speck auff kolen brat EBD. L, 290,15 (1538).

4. Der Speck ist immer am fettesten im Topf anderer Leute 14 Nl. Tspeck es altoos vetste in ander Heden pot. — Est tua plus massa mea quam pinguedine crassa Der Speck ist immer am fettesten im Topf anderer Leute. — Dein Teig ist von fetterer Beschaffenheit als meiner PROV. COMM. 700 {= GEFÄSS 246). 15 Dt. Dat speck is altyd vettber (fetter) in ander lüde potthe PROV. COMM. MND. 658 16 (= GEFÄSS 247). Dat spek is vettest in ander lüde potte. — Pinguius est lardum vicini semper in olla Der Speck ist am fettesten im Topf anderer Leute. — Der Speck im Topf des Nachbarn ist immer fetter TUNNICIUS 971 (= GEFÄSS 248). Vgl. BROT 15.1., EUTER 1-4, GEFÄSS 245, HUHN 154, MESSER 5-, NACHBAR 133, SÄEN 3., SCHWERT 7., WASSER 138

5. —7. s. Inhaltsübersicht 8. Ihr hofft auf Speckseiten, wo nicht einmal Stangen3 vorhanden sind 17-20 Span. A do pensays que ay tofinos, no ay estacas Wo ihr glaubt, es habe Speckseiten, da hat es nicht einmal Stangen LOPEZ(?), REFRANES 17, NufiEZ 1,23.1,345, HALLER 55,

41

SPECK

9. Das gibt keinen Speck in die Bratwürste 4 21.22 Dt, Es gibt nit speck in die bratwürst FRANCK II, 33 r, EGENOLFF 44 r,

10. s. Inhaltsübersicht 11. Redensarten 11.1. Ein Specklein auf die Falle legen 23 Dt. Eyn speckly vff der fallen Ein Specklein auf der Falle MURNER, SCHELMENZUNFT 24, 25 25 Überschr. Ein specklin vff die fall legen FRANCS 1,48 r. Also muß man ... ein 26.27 specklin auff die fallen legen EBD. II, 68 v. Also fahet man die meuß, Das heyßt ein specklin auff die fallen legen So fängt man die Mäuse, das heisst ... EBD. II, 127r. 28 EGENOLFF 132 r. Legt nach dem Sprichwort allen In ein specklein auff die meußfallen Er legte nach dem Sprichwort ihnen allen ein Specklein auf die Mausefalle SACHS VII, 318,3 (1557). Vgl. oben I.

11.2. Jemandem Speck geben 29 Fr. Bertran nous a donne lart avec no porree Bertrand hat uns Speck zu unserem 30 Gemüse gegeben5 CUVELIER, Du GUESCLIM 4486. Quant quelque bien fin homme ... Guide attraire ung preudomme Pour lui bailiier du lart Wenn irgendein schlauer Mensch einen Ehrenmann anzuziehen glaubt, weit er ihm Speck gibt PROV. EN RIMES 1025. Vgl. oben 1.

11.3. Den Speck gegessen haben 6 31 32 33 34

Fr. Cilz et n'a pas mangle le lart Der hat den Speck nicht gegessen BUST. DESCH. V, 110,29. Vous me direz qui a mangle le lart Ihr werdet mir sagen, wer den Speck gegessen hat EBD, VII, 29,5. Au derrain sfäira on qui menga le lart Am Ende wird man wissen, wer den Speck gegessen hat ET. LEGRIS 74, Tel a souvent mengte le lard Qui dit que ce ont este les chas Oft hat einer den Speck gegessen, der sagt, es seien die 35 Katzen gewesen G. ALEXIS 1,85,211 (Faintes) (vgl. KATZE 14.). A la fin saura-on qui a mange lart Übers, wie 33 LEROUX 11,200 (l5. Jh.).

11.4-11.5. s. Inhaltsübersicht 12. Verschiedenes 36 Mlar. In domibus nihil est peitts7 quam pisaque lardum In den Häusern ist nichts schlimmer als Speck und Erbsen WERNER 2 141. 37 Fr. Bacons mal salez en8 charnier enpire Schlecht gesalzene Speckseite verdirbt in der 38 Fleischkammer VILAIN 235 {= MORAW. 219). C'est d'aise que on pont sur le lart Mit 39 Leichtigkeit legt man Eier auf den Speck9 J. MIELOT 77. // y chiet comme lart es pois Es fügt sich wie der Speck zu den Erbsen EBD. 145. 40 Span. La buena nalga, bien hinca la estaca Die gute Speckseite, gut spiesst die Stange sie auf NUNEZ 11,229. 41 Nord. Feitt flesk feil per t ketil, efpit kant at supa Fetter Speck ist dir in den Kessel gefallen, wenn du (ihn) zu essen verstehst ÖLÄFR E»ORDARSON(?), KNYTLINGA SAGA 103 (»FMS XI, 348 [= GERING 36. JONSSON 46]).

SPEER

42

42 Dt. Spek unde tnos is gude kost. — Brassica cum lardo populo cibus optimus extat Speck und Mus ist gute Kost. — Kohl mit Speck ist für das Volk ein sehr gutes Essen TUNNICIUS 867. E. D. Anmerkungen 1

2 3 4 5 6 7 s 9

Zur Bed. des Sprw, vgl. GRIMM, DWß. X.l,2033: „Es ist vorbei, dasz man so dumm ist, speck auf kohlen, d.h. arn spiesz zu braten oder dasz man es unternehmen kann, speck auf kohlen zu braten, d. h. einen tüchtig mitzunehmen, zu düpieren oder dgl." Vgl. dazu die Anm. in der Ausg. Stangen zum Aufhängen der Speckseiten. Dazu RÖHRICH H, 970 b: „Das gibt keinen Nutzen, keine Verbesserung." D, h., er hat uns durch ein Lockmanöver betrogen. D.h. schuldig sein. Vgl. TOBLER - LOMMATZSCH V,204,48. Es wäre wohl eher mit WALTHER 11737 melius ,besser' an Stelle von peius zu lesen. EM wäre wohl mit dem Hrsg. zu tilgen (vgl. Anm. in der Ausg.). D.h. wohl: Wenn man den Speck hat, sind die Eier leicht zu beschaffen.

SPEER s. GESCHOSS SPEICHEL / salive / saliva Der erste Speichel Mlat. Sed, quia difficile a mentibus hominum aveüitur quod ex antiquo insederit, quia inviti exspuunt quod prima saliva combiberint Sondern weil aus den Gemütern der Menschen mit Mühe herausgerissen wird, was sich seit alters eingenistet hat, da sie nur ungern ausspucken, was sie mit dem ersten Speichel geschluckt haben G. MALM., GEST, REG. § 335. Vnde et saliuam primam dicimus illum primum gustum, quetn pueri tanguatn u nutricibus imbibimus Daher nennen wir auch jenen ersten Schluck, den wir als Kinder gleichsam von den Ammen zu schlucken bekommen, den ersten Speichel ERASM., ADAG. CHIL. 1,6,81. V.M. SPEICHER s. SCHEUNE SPEIEN s. SPUCKEN SPEISE s. ESSEN SPEISEKAMMER -> GARTEN 0, HAHN 25, TISCH 47 SPEISEN s. ESSEN SPENDE(N) s. GEBEN SPENDER s. GEBEN SPERBER s. FALKE SPERLING / moineau / sparrow 1. Ein Sperling in der Hand ist besser als vier (ein Geier, Kranich, Storch, Rebhuhn, eine Gans) in der Luft (auf dem Dach, auf dem Zaun) (1-16), — ESEL 337. Vgl. ESEL 14.5., FALKE 66, FINK 1., FISCH 1.2., GELD 4.6., KRÄHE 157, VOGEL 8., WACHTEL i. Varuert (17-18)

43

SPERLIN'G

2. Wenn der Sperling nisten will, sucht er viele Löcher auf (19-21) 3. Wer den Sperling fürchtet, bestellt kein Hirsefeld (22-24}. VgL SÄEN 1.4.3, 4. Wer den Sperling fürchtet, fürchtet (belästigt) den Weih nicht (25-27) 5. Der einsame Sperling auf dem Dach (28—35) 6. Der Sperling bleibt, die Schwalbe geht wieder weg {die ändern Vögci gehen weg} (36—45) 7. Der Sperling hat für sich ein Haus gefunden (46—48) 8. Jeder Sperling mit seiner Ähre (49-50) 9. Verschiedenes (51-54)

L Ein Sperling in der Hand ist besser als vier (ein Geier, Kranich, Storch, Rebhuhn, eine Gans) in der Luft (auf dem Dach, auf dem Zaun) l -s Ml at. Pius valet in manibus Passer quam sub dubio Grus Ein Sperling in den Händen ist mehr wert als ein Kranich, der ungewiss ist AVIAN. PROS. 338. MSD 27,2,167. 6 NIVARD., YSENGR. 3,812 Var. (14. Jh.). PROV. WRATISLAV. 462. WERNER 2 p 71. P/HS valet in dextra passer quam quattuor extra Ein Sperling in der Rechten ist mehr wert 7 als vier ausserhalb WERNER 2 p 71, Melius est in manibus passer quam sub dubio grus Ein Sperling in den Händen ist besser als ein Kranich, der ungewiss ist LUTHER, WA XX, 160,14 (1526). 8 Dt, Man spricht ,es ist ein Sperling besser in der hand den ein ganß auff dem zäun' Man sagt: „Ein Sperling in der Hand ist besser als eine Gans auf dem Zaun" LUTHER, 9 WA XI, 46,4 (1523). Und spricht (seil, die weit), es sey besser ein Sperling jnn der faust denn nach einem kronch jnn der luff t gaffen Und (die Welt) sagt, ein Sperling in der Faust sei besser, als nach einem Kranich in der Luft zu gaffen EBD. XXXII, 310, 33 10 (1530 — 32). Es ist besser eyn Sperling inn der handt, denn (als) eyn Kranich au ff dem 11 dach AGRICOLA Nr. 84. Ein spatz in der hand, ist besser dann ein storck im lufft Ein 12 Sperling in der Hand ist besser als ein Storch in der Luft FRANCK 1,45 v. Es ist besser n ein spatz in der hand, dann ein Rephun (Rebhuhn) im lufft EBD. l, 78 r. £5 ist besser 14 ein spatz in der handt, dann ein storck im lufft Übers, wie 11 EBD. II, 114 r. Es ist 15 besser ein spatz in der hand, dann ein storck auff dem dach EBD. II, 168 r. £5 ist besser ein Sperling in der handt, dann ein Kranch auff dem tach ... als ein Kranich 16 auf dem Dach EGENOLFF 37 r. Besser ein spatz in der handt, dann ein Storck auff dem tach EBD. 212 v. — ESEL 337. Vgl. ESEL 14.5., FALKE 66, FINK L, FISCH 1.2., GELD 4.6., KRÄHE 157, VOGEL 8., WACHTEL l Variiert:

17 It. Voler difendere la passera e perdere il paone Den Sperling behalten wollen und den Pfau verlieren MAZZEI, LETTERE 1,426 (1401), 18 Dt. Wisser is in der hant Eyn lunig denne eyn scone bliant, Dar seker twiuel ane were, Qflu iummer wordest sin here Ein Sperling in der Hand ist sicherer als schöner Seidenstoff 1 , von dem es bestimmt zweifelhaft wäre, ob du je sein Herr würdest STEPHAN, CATO ND. 684.

2. Wenn der Sperling nisten will, sucht er viele Löcher auf 19 Nl. A/5 die musche nestelen wilt zuect si veel holen. — Nidificans caueas wlt passer viser e multas Wenn der Sperling nisten will, sucht er viele Löcher auf. — Der Sperling, der nistet, will viele Löcher besuchen PROV. COMM. 81.

SPERLING

44

20 Dt. Alze de sparlynghe nestelen wyl so socht se vele hole PROV, COMM. MND. 80. 21 Als de lunink nestelen wil, so socht be vele gette. - Nidificans passer per multa foramina lustrat Wenn der Sperling nisten will, dann suchr et viele Löcher auf. — Der Sperling, der nistet, durchmustert viele Löcher TUNNICIUS 103.

3. Wer den Sperling fürchtet, bestellt kein Hirsefeld 22 Fr. Ki crent moisun, ne fet milhere Wer den Sperling fürchtet, bestellt kein Hirsefeld 2 23. 24 RAWLINSON 77. Qui crient moysson, ne fait myllere EBD. 347. Len ne dott ja lesser pour moyssons a faire milliere Man soll es nicht wegen der Sperlinge unterlassen, ein Hirsefeld zu bestellen MORAW. 1485. Vgl. SÄEN 1.4.3.

4. Wer den Sperling fürchtet, fürchtet (belästigt) den Weih nicht 25 Mlat. Cut passer timor ests non milio timor est Wem der Sperling (Gegenstand der) 26 Furcht ist, dem ist der Weih nicht (Gegenstand der) Furcht WERNER 2 c!59. Passere quando datur timor, baud milvus cumeratur3 Wenn durch den Sperling Furcht einge27 flösst wird, wird der Weih nicht belästigt EBD. p 12. Qui te formidat, passer, milvumne strut dat$? Gibt der, der dich fürchtet, Sperling, den Weih einem Hindernis preis? EBD. q!45.

5. Der einsame Sperling auf dem Dach 28 B i b l . Vigilavi, et factus sum sicut passer solitarius in tecto VULG., PSALM. 101,8. 29 Ich wache, Vnd bin, wie ein einsamer Vogel auff dem dache LUTHERBIBEL, PS. 102,8. 30 Mlat. Sicut passer solitarius in tecto Wie der einsame Sperling auf dem Dach , 31 HYMNEN 761,1. Sicut passer nidificat In tecto solitarius Wie der einsame Sperling auf dem Dach nistet BIRGER GREGORSON (+DREVES 1,439}. 32 It. Passer mai solitario in alcun tetto Non fu quant'io Nie war ein Sperling auf einem 33 Dach so einsam wie ich PETRARCA l Son. 171 (S. 214). La passera pensosa e solitaria Der bekümmerte und einsame Sperling PÜLCI 14,60. 34 Eng l. J wook, and was maad lijk a sparowe that in f>e roofrestifi solitarye Ich wachte und wurde wie ein Sperling, der einsam auf dem Dach bleibt WHEATLEY MS. IV, 601. 35 N l. Ic wacte ende wart als ene mussce die atlene es in den dake Ich wachte und wurde wie ein Sperling, der allein auf dem Dach ist MNL. GEISTL. PROSA 9 (Psalm 102).

6. Der Sperling bleibt, die Schwalbe geht wieder weg (die ändern Vögel gehen weg) 36 Mlat. Subsidet in tecto passer, dum migrat hirundo Der Sperling lässt sich unter dem 37 Dach nieder, während die Schwalbe fortzieht EGBERT., FEC. RAT. 1,66. Passer adest tectis, auibus reliquis procui actis Der Sperling bleibt bei den Dächern, während die 38-40 übrigen Vögel sich weit wegbegeben MSD 27,2,157. Passere sub tecto remanente, recedit hirundo (PROV. WRATISLAV.: yrundo] Während der Sperling unter dem Dach zurückbleibt, geht die Schwalbe wieder weg MSD 27,2,158. PROV. WRATISLAV. 436. 41 WERNER 2 p 13. Mansitat in mundo passer, recedit hirundo Der Sperling bleib: in der Welt, die Schwalbe geht wieder weg WERNER 2 m 10. 42 Nl. Als die zwaluwen wechvlieguen [sie] so bliuen ons die muschen. — Pascere sub tecto remanente recedit hyrundo Wenn die Schwalben wegfliegen, dann bleiben uns die Sperlinge, — Während der Sperling unter dem Dach bleibt, geht die Schwalbe wieder weg PROV. COMM. 29.

45

SPIEGEL

43 Dt. Ouanda andere fogela rüment. sparo ist heime Denn die anderen Vögel gehen 44 weg, der Sperling (aber) bleibt daheim 4 NOTKER, PS. 101, 8 (11,421,28). Alze de swalken vleghen blyuen hyr de lunynghe, — Passere sub tecto remanente recedit hirundo 45 Übers, wie 42 PROV. COMM. MND. 29. Als de swalwe vlücht, so blift de lünink. Avolitante manet argutus hirundme passer Wenn die Schwalbe (weg)fliegt, dann bleibt der Sperling. — Während die Schwalbe wegfliegt, bleibt der zwitschernde Sperling TUNNICIUS 1158.

7. Der Sperling hat für sich ein Haus gefunden 46 B i b l . Etenim passer invenit stbi domum: et turtur nidum sibi Denn der Sperling hat für sich ein Haus gefunden und die Turteltaube ein Nest für sich VULG., PSALM. 83,4. 47 Denn der Vogel hat ein haus funden (gefunden), Vnd die Schwalbe jr nest LUTHERBIBEL, PS. 84,4. 48 Dt. Vuanda der sparo findet imo hüs (Ausg.: bus] . sela findet noh in himele daz hus . dar si fürder inne si . also ieo spare keime ist Denn der Sperling findet für sich ein Haus; meine Seele findet einst im Himmel das Haus, worin sie fortan sein mag, so wie der Sperling immer daheim ist NOTKER, PS. 83,4 (11,347,14).

8. Jeder Sperling mit seiner Ähre 49. SO S p a n . Cada gorrion con SM espigon Jeder Sperling mit seiner Ähre 5 LOPEZ(?), REFRANES 145. NUNEZ 1,195.

9. Verschiedenes 51 Miat. Formidat passer crebris in fustibus actus Der Sperling fürchtet an den Stöcken die häufigen Bewegungen EGBERT., FEC. RAT. l, 105. 52 Span. Que a todo pardal viejo nol toman en todas redes Denn nicht jeden alten Sperling fängt man in allen Netzen ARCIPRESTE 1208 {vgl. AFFE 12 — 13, FUCHS 7.1., 53 KRÄHE 11-, TIER 19, WACHTEL 2-3). A dos pardales en una esptga, nunca hay liga Zwei Sperlinge auf einer Ähre gehen kein Bündnis ein NUNEZ 1,22 (vgl. EIN 5.4.). 54 Port. Paxarinos par day s, todos queren ser yguays Spatzen und Sperlinge wollen alle gleich sein EBD. Ill, 118 (el Portugues).

H. R., rev. V. M.

Anmerkungen 1 2 3

4 5

Müsste man, wie Singer vorschlägt, bliant ev. als bttsünt o.a. (Bussard) lesen? Vgl. auch A. Lasch — C, Borchling, Mittelniederdeutsches Handwörterbuch I, 293 f. s. v. bliant. Vgl. dazu J. Morawski in: ROMANIA 48,494 Anm. 2. Zu atmeratur und strui dat vgl. W. Heraeus, Zu Werners Sammlung lateinischer Sprichwörter des Mittelalters, in: W. Stach — H. Walther (Hrsg.), Studien zur lateinischen Dichtung des Mittelalters. Ehrengabe für Karl Strecker zum 4. September 1931, Dresden 1931, 5,89.

Vgl. dazu SINGER, SPRICHWORTSTUDIEN 136 u. SINGER, SPRW, D, MA 1,61. Dazu Sbarbi 1,86: En ia necesstdad ninguno guarda amistad, y el, que haze lo, que puede, cumple lo, que deue In der Not hält niemand Freundschaft, und der, der das macht, was er kann, erfüllt das, was er muss.

SPIEGEL / miroir / mirror Hier auch SPIEGELGLAS Vgl. GLAS

SPIEGEL

46

1. Im Spiegel ist nicht, was man darin sieht (l —5} 1. Man erkennt sich nicht oder lässt sich täuschen, wenn man in den Spiegel sieht (6—12), Variiert 3. 4. 5. 6. 7.

Man sieht sich in einem ganzen Spiegel einmal, in einem zerbrochenen mehrmals (14—18) Man sieht im Spiegel nur die Gestait, nicht aber das Herz -* WEIN 134, 136, 142-143 Die Frau steht immer vor dem Spiegel —* FRAU 1.11.3. Der Blinde braucht keinen Spiegel — BLIND 5.4. Auge und Gesicht sind der Spiegel des Herzens und der Seele —* AUGE 49, 57, GESICHT 9, 12 8. Die Scham ist der Spiegel der Ehre und Tugend —* SCHAM 26, 41 9. Das Unglück eines Menschen soli dem ändern ein Spiegel sein —· ANDER 75, 137, 139 10. Einen Spiegel gehässig ansehen (19). —RW. D. MA III, §3 u. krh. dazu G. Eifler, Die ethischen Anschauungen in ,Freidanks Bescheidenheit', Tübingen 1969, 176 f.

SPIEGELGLAS s. SPIEGEL SPIEL / jeu / game Hier auch SPIELEN, SPIELER Vgl. SCHERZ, SPOTT, WÜRFEL l. Voraussetzungen richtigen, erfreulichen und erfolgreichen Spielens 1.1. Kennen und Befolgen der Regeln, Zustimmung und Bereitschaft zum Spiel 1.1.1. Wer die Spielregeln nicht kennt und befolgt, spiele nicht (l—S) 1.1.2. Wer zu spielen beginnt, stimme dem Spiel zu ("6—22,1

1.1.3. Wer zu spielen beginnt, muss spielen (23-24) 1.2. Achtgeben und nicht zu schnell spielen 1.2.1. Ein Spiel verlangt Aufmerksamkeit (25—28) 1.2.2. Ein Spiel verlangt Vorsicht und Bedachtsamkeit (29—33) 1.3. Besitz von Geld und Wagemut 1.3.1. Wer kein Geld hat, kann nicht (richtig) spielen (34). — BEUTEL 42. Vgl. unten 7.1. 1.3.2. Wer spielen will, muss einen Einsatz wagen (35—40). Vgl. KEGELN 1-10 1.4. Begrenzte Dauer und richtiges Mass 1.4.1. Man kann nicht immer spielen (41—42) 1.4.2. Das gute Spiel ist massvoll und zeitlich begrenzt (43 — 52). Vgl, unten 6.2. 1.4.3. Übermass verdirbt jedes Spiel -> MASS (Massigkeit) 46, 129, 290, VIEL 4.3.8., WENIG 3.2.5. 1.5. Im richtigen Augenblick aufhören (können} 1.5.1. Spielen ist keine Kunst, aber aufhören zu spielen (53—54) 1.5.2. Spielen ist keine Schande, aber nicht aufhören zu spielen (55 — 59) 1.5.3. Das Spiel werde abgebrochen, wenn es am besten (schönsten) ist (60—75). Vgl. FREUDE 378, SCHERZ 2.3. 1.5.4. Das Spiel werde abgebrochen, solange (wenn) es gut und schön ist (76-91). Vgl. FREUDE 378, SCHERZ 2.3. 1.5.5. Das Spiel werde je nach Erfolgs aussiebten abgebrochen oder weitergeführt (92—95). Vgl. unten 1.6. 1.5.6. Vereinzelt (96)

49

SPIEL

1.6. Ausbleiben von Schaden, Vertust und Trauer Vgl. oben 1.5.5. 1.6.1. Ein Spiel ohne Verlust und mit guten Chancen ist gut und schön (97-100). Ähnlich (101) 1.6.2. Ein Spiel mit Schaden und ohne Gewinn ist nicht gut und lohnend (l 02 —l ÖS) 1.6.3. Ein Spiel, bei dem einer weint und der andere lacht, ist schlecht (ungleich) (106—109) 1.7. Verschiedenes (l 10-112) 2. Spielgefährten und Spielpartner 2.1. Passende und angenehme Spielgefährten 2.1.1. Gleichgestellte— GLEICH 1.3.2.1. 2.1.2. Spieler (113) 2.1.3. Kinder (114-115) 2.1.4. Ertrunkenes Kind (116), Vg!. unten 2.2.4. 2.2. Unpassende und gefährliche Spielpartner 2.2.1. Knechte — KIND 604 2.2.2. Altersmässig Überlegene — HUND 21.7., RIND 339 2.2.3. Höhergestellte, Stärkere und Narren (117-119). — KAMPF 73, NARR 745-746, 753. Vgl. HERR 390 2.2.4. Ertrunkenes Kind (120). Vgl. oben 2.1.4. 2.3. Spielpartner mit gleichen (ungleichen) Chancen 2.3.1. Katze und Affe (121-123) 2.3.2. Katze und Maus -> KATZE 148-149, 152-153, 155-160 3. Bereitschaft, Anlass und Gelegenheit zum Spielen 3.1. Wenn man satt ist, spielt man gerne — BAUCH 104-106, 108-113, 116-117, ESSEN 132. Vgl. KATZE 321, SCHAF 31. 3.2. Wenn der Abt die Würfel hinlegt, spielen die Mönche — ABT 20-22, 24-38 3.3. Wenn der alte Hund es will, dürfen die jungen Hunde spielen —» HUND 21.7.2.3. 4. Beschaffenheit des Spiels (je nach Spieler) 4. L Allg. (124) 4.2. Spez. 4.2.1. Das Spiel eines verhassten Kindes ist nicht schön —» KIND 1.5. 4.2.2. Das Spiel eines Narren ist possenhaft und braucht Weite —* NARR 25. 4.2.3. Vereinzelt (125) 5. Erfolgsaussichten und Ausgang der Spiele 5.1. Das Glück im Spiel ist unbeständig —* GLÜCK J77 5.2. Nicht jedes Spie! endet mit Lachen und einem Sieg (126-127). Vgl. JEDER 2.1. 5.3. Jedes Spiel endet mit dem Sieg des einen und der Niederlage des ändern (128-129) 5.4. Ein scheinbar gewonnenes (gutes) Spiel wird oft verloren (130—133) 5.5. Ein schlechtes (verlorenes) Spiel wird selten gewonnen (134 — 135). Ähnlich (136) 5.6. Verschiedenes (137-146) 6. Bedeutung, Wirkung und Folgen des Spiels 6.1. Enthüllung der Wahrheit und der menschlichen Gesinnung 6.1.1. Im Spiel sagt man oft die Wahrheit -> WAHR 196, 198-200 6.1.2. Im Spiel kommt die wahre Gesinnung zum Vorschein (147-149). Vgl. ERKENNEN 13.2. 6.2. Ermüdung, Übersättigung und Widerwille (150-153). Vgl. oben 1.4.2., LIED 2., SINGEN 5.1., WORT 13.7. Ähnlich (154) 6.3. Schaden, Verlust und Armut 6.3.1. Spielen ist mit Schaden und Verlust verbunden (155-156). —· NACHT 68 63.2. Spielen verzehrt Geld und Reichtum (157-164). — WÜRFEL 33. Vgl. WÜRFEL 3.3. 6.4. Sorge, Not und kurze Freude (165-167). -+ FEIND 95, LIEBE 617. Vgl. WÜRFEL 3,4, 6.5. Torheit, Blindheit und Betrug 6.5.1. Spielen macht viele zu Narren (168 — 172). Vgl. unten 6.5.2, 6.5.2. Spielen blendet und betört viele -> LIEBE 433, WEIN 183 6.5.3. Spielen betrügt viele (173). Vgl. WÜRFEL 4 6.6. Fluchen und Schelten, Zorn und Zank (174-179), Variiert (180)

SPIEL

50

6.7. Verleitung zu Sünde, Arglist und Verbrechen 6.7.1. Spielen bleibt nicht ohne Sünde (181-182) 6.7.2. Spielen lehrt böse Kniffe (183-184} 6.7.3. Spielen macht manchen zum Dieb (185-186). Vgl. unten 7.1., WÜRFEL 32 6.8. Verderben von Sitte, Seele und Leib (187-189}. - FRAU 1240, LÜGEN 226, WÜRFEL 36. Vgl. HURE 122, WÜRFEL 3.5. 6.9. Tod, Hölle und Teufel 1.9.l. Spiele bringen oft den Tod — KATZE 155-160, SCHWACH 3.1. 6.9.2. Spielen führt oft in die Holle (190-191) 6.10. Verschiedenes (l 92 -195) 7. Kennzeichen, Art und Charakter des Spielers 7.1. Ein Spieler ist entweder reich, arbeitsam oder ein Dieb (196-198). Vgl. oben 1.3.1., 6.7.3. 7.2. Ein Spieler ist um so schlimmer, je besser er im Spiel ist (199—201) 7.3. Die Schwüre eines Spielers sind nicht zuverlässig -* EID 6.2., FRAU 149, HURE 54 8. Warnung vor Spiel und Spielern (202-206). - HOCHMUT S, 12. Vgl. HOCHMUT 2, 5-7, 9-11 9. Freude des Zuschauers am riskanten Spiel (207-208) 10. Redensarten und Vergleiche 10.1. Ein gewonnenes Spiel wagen (209-210) 10.2. Ein gewonnenes Spiel aus den Händen (für verloren) geben (211-213} 10.3. Ein verlorenes Spie! (in der Hand) halten und daran festhalten (214-219).-+ FRAU 416, REUE 46 10.4. Ins eigene Spiel sehen (220-221). Vgl. KARTENSPIEL 3 10.5. Hutlüpfen spielen — HUT 23, KRÄTZE 15-16 10.6. Unter dem Hütlein (Mäntelein) spielen — A 3 , HUT 30-36, 38-49, KLEID 309-310 10.7. Mit zwei Schilden (Mänteln) spielen — KLEID 303, SCHILD 9. 10.8. Zum Spiel jemandes werden 10.8.1. Zum Spiel der Narren werden — NARR 1121. Vgl. NARR 727, 749, 75 10.8.2. Zum Spiel der Kinder werden — FLIEGEN 2, 4, 9 10.8.3. Zum Spiel der Affen werden -» ÄFFEN 2. 10.9. Ein Affenspiel sein — GUT (Subst.) 64, TRINKEN 99 10.10. Ein Narrenspiel (Puppenspiel) sein -* WELT 1.1.2.7. 10.11. Ein Würfelspiel sein — LEBEN 11J, RITTER 2.5. 10.12. Kein Kinderspiel sein — KÖNIG ISO, TANZEN 6.2. 10.13. Spielen wie die Katze mit der Maus —· KATZE 24.7. 10.14. Verschiedenes (222-226) 11. Verschiedenes (227- 235)

l, Voraussetzungen richtigen, erfreulichen und erfolgreichen Spielens 1.1. Kennen und Befolgen der Regeln, Zustimmung und Bereitschaft zum Spiel 1.1.1. Wer die Spielregeln nicht kennt und befolgt, spiele nicht M l a t . Ni legem sequeris ludi, quid ludere quaeris? Was willst du spielen, wenn du 2 die Spielregeln nicht befoigst? WERNER 2 n 60. Qui lusus non nouit legem, abstineat Wer das Gesetz des Spiels nicht kennt, stehe davon ab ERASM., ADAG. CHIL. 1,2,76. J Dt. Qui lusus non novit legem, abstineat. — Die nycht en kan des speels recht, die 4, s holde sich dayr äff Übers, wie 2 MURMELLIUS 32. Wer des spils recht nicht weiß, der soll nit spilen FRANCK II, 114 v. EGENOLFF 101 v.

1.1.2. Wer zu spielen beginnt, stimme dein Spiel zu 6 Mlat. Ludis consenti, si ludi tibi menti Wenn dir die Spiele am Herzen liegen, dann 7 stimme den Spielen zu! WERNER 2 166. Ludus ut intratur, ludo favor exhibeatur So-

51

SPIEL

8 bald man ein Spiel beginnt, stimme man dem Spiel zu EBD. 172. No« aeque ludo, si non consentio ludo Ich spiele nicht gleich, wenn ich dem Spiel nicht zustimme EBD. n 108.

9 Fr. Qui en gieit entre, le gieu doit consentir, Et l'on doit bien grever son anemi Wer ins Spiel eintritt, muss dem Spie] zustimmen, und seinem Feind muss man schweren 30 Schaden zufügen GARIN LE LOHERAIN II, 158. Qui en geu entre en geu doit contenir 11 (lies: consentir, Red.) LOH. B 23 e, 2 (*£BERT 97). Qui en jeu est, en jeu doit consen12 tir Wer im Spiel ist, muss dem Spiel zustimmen LOH. B 38 c, 15 (+EBERT 97). Ki en jeu entre, jeu consente. — Ni legem sequeris ludi, quid ludere queris? Ludis consent! st ludi sunt übt menü. Non eque ludo si non consentio ludo. Ludus ut intratur ludo favor exbibeatur Wer ins Spiel eintritt, stimme dem Spiel zu. — Übers, wie . Übers, wie 6. 13 Übers, wie 8. Übers, wie 7 MEYER, Doc. MANUSCR. C176. Qui en ieu entre a ieu consente. — Nunquam lusus ero, ludo dum ludere quero. Si Ittdum ingrediar, letus eum patiar ... — Nie werde ich betrogen sein, wenn ich dem Spiel entsprechend spielen 14-16 will. Wenn ich ein Spiel eingehe, will ich es freudig hinnehmen ZACHER 146. Qui en jeu entre jeu consente Übers, wie 12 MORAW. 1914. NICOLAS DE BIARD 269, LEROUX 17. IS II, 85 (13. Jh.). Qui en jiu entre, en giu se consente PROV. RUR. 23. Ki en gieu entre, en gieu se consente. — Ludo consenti, si ludi sunt tibi menu. Non eque ludo, si non consentio ludo, Ludus ut intratur, ludo favor exbibeatur ... — Wenn dir die Spiele am Herzen liegen, dann stimme dem Spiel zu! Übers, wie 8. Übers, wie 7 RAWLINSON 19 9. Qui en jeu entre, en jeu consente. — Ludus ut intratur, ludo favor exbibeatur ... 20 — Übers, wie 7 HILKA 12. Qi en jeu entre en jeu consente CAMBR. SAMML. (* LEROUX 11,481). 2J Nord. Si ludum queris ludi legem pacieris. - Wtl thw i leegb gaa thaa seal thw leegh oppcs holdbe Wenn du ein Spiel willst, wirst du die Regel des Spiels auf dich nehmen. — Wenn du ins Spiel eintreten willst, musst du das Spiel einhalten LALE 985. 22 Engl. For what man that is entred in a pley, He nedes moot unto the pley assente Denn wer in ein Spiel eingetreten ist, muss dem Spiel unbedingt zustimmen CHAUCER, CLERK'S T. Prol. E l O. 1 1.1.3. Wer zu spielen beginnt, muss spielen 23 Fr, Qui en jeu entre, jouer l'esconvient Wer ins Spiel eintritt, muss spielen ET. LEGRIS 24 628. Qui en jeu est jouer lui eonvient Wer im Spiel ist ... LEROUX II, 85 (15. Jh.). 1.2. Achtgeben und nicht zu schnell spielen 1.2.1. Ein Spiel verlangt Aufmerksamkeit 25.26 Dt. Spiel wil äugen haben2 LUTHER 34. Spiel wil auffsehen (Aufmerksamkeit) ha27.28 ben AGRICOLA Nr. 119. Es heißt, warts spils, Es gilt vffsehens, Vbersehen ist auch verspilt Es heisst: „Passe auf das Spiel auf! Es gilt achtzugeben. Nicht aufpassen heisst auch verspielt" FRANCK 1,100 r. EGENOLFF 336 v.

29 30 31 32 33

1.2.2. Ein Spiel verlangt Vorsteht und Bedachtsarnkeit Dt. £5 heisset, spiel warte des munds Es heisst, das Spiel gebe auf den Mund acht 3 AGRICOLA Nr. 119. Darumb spricht man: Spil wart des munds Daher sagt man: „Spiel, gib auf den Mund acht!" SACHS III, 50,32 (1535?). Schnell spiel vbersihet vil FRANCK 1,89 v. Spiel, wart deß munds, so spricht Hans Sachs „Spiel, gib auf den Mund acht!" spricht Hans Sachs SACHS XVII, 16,21 (1552). £5 heißt, Spil warte des munds Übers, wie 29 EGENOLFF 75 r.

SPIEL

52

1.3. Besitz von Geld und Wagemut 1.3.1. Wer kein Geld hat, kann nicht (richtig) spielen4 34 S p a n . For qm no juega Pedro? porque no tiene dinero Warum spielt Peter nicht? Weil er kein Geld hat NUNEZ III, 177. - BEUTEL 42. Vgl. unten 7.1.

1.3.2. Wer spielen will, muss einen Einsatz wagen 35 M l a t , Qui veiit ludere, debet apponere nummos Wer spielen will, muss Geld einsetzen BEBEL, PROV. GERM. 231. 36 Dt. Ludere si cupias debes apponere nummos Tu patiare tocos cui placuere iod. Eyner der do spilen wil Der muß auffsetzen pfennig vil Wer nicht schympff auffnemen kan Der soll schimpffen an lassen stan Wenn du spielen willst, musst du Geld einsetzen. Wenn dir die Scherze gefallen haben, dann nimm die Scherze auf dich! - Wer spielen will, muss viele Geldstücke einsetzen. Wer einen Scherz nicht ertragen kann, soll auf 37 das Scherzen verzichten FABRI B 8 v. Wer spyelt der müsz vff setzen mitt Wer spielt, 38 der inuss auch einen Einsatz machen BRANT, NARRENSCHIFF 77,86. De wil speien, de sette gelt up! - Ludere deposcens nummos apponere debet Wer spielen will, setze 39. 40 Geld ein. - Übers, wie 35 TUNNICIUS 1294. Wer spilen wil, setz auff .,. mache einen Einsatz FRANCK I, 82 r. EGENOLFF 324 r. Vgl. KEGELN l-10

1.4. Begrenzte Dauer und richtiges Mass 1.4.1. Man kann nicht immer spielen 41 Mlat, Non bene doctus erit, qui semper ludere (Ausg.: luderere) querit Wer immer 42 spielen will, wird nicht wirklich gelehrt sein ASCHL. SCHR. 145 (E. 14. Jh.). Non bene doctus erit, qui semper ludere quaerit WERNER 2 n 119.

1.4.2. Das gute Spiel ist massvoll und zeitlich begrenzt 43 M l a t . No« erit ingratus, si ludus erit moderatus Wenn das Spiel Mass hat, wird es 44 nicht unangenehm sein WERNER 2 n 151. Ludus bonus non sit nimius Das gute Spiel sei nicht ohne Mass BEBEL, PROV. GERM. 255. 45 Fr, Jeu qui trop dure ne vault rien Ein Spiel, das zu lange dauert, ist nichts wert CH. D'ORLEANS Rondeau 58,4. 46 Span. El juego, poco y bueno Das Spiel: Kurz und gut NUNEZ 11,22. 47 Ni. Mate es fallen speie goet Mass ist für alle Spiele gut WILLEM, REINAERT 672. 48 Goets speels mach wel te veel sijn. — Ludus sepe bonus esse potest nimius Des guten Spiels kann auch zuviel sein, — Oft kann das gute Spiei über das Mass hinausgehen PROV, COMM, 370. 49 Dt. Man mac aller bände spil Triben, unz sin wirt ze vil Man kann allerlei Spiele 50 treiben, bis ihrer zuviel wird FREIDANK 117,4. Ludi jocundi si plus nimio repetantur, Tedia multa nimis cernentibus hinc generantur. — Man mag allerhant treibin spil, Unsz doch sein wirt cze vil Wenn erfreuliche Spiele allzuviel wiederholt werden, wird dadurch bei den Zuschauern sehr viel Überdruss hervorgerufen, — ... FREIDANK LAT. 5J (GöRLirz) 1215. Gbud speis mach wol to vele syn Übers, wie 48 PROV. COMM, MND. 52 365. Des guden speis wert ök wol to vele. — lucundus crebro lusus mutatur in iram Des guten Spiels wird wohi auch zuviel, — Oft wandelt sich ein erfreuliches Spiel in Zorn TUNNICIUS 529. Vgl. unten 6.2.

53

SPIEL

1.4.3. s. Inhaltsübersicht 1.5. Im richtigen Augenblick aufhören (können) 1.5.1. Spielen ist keine Kunst, aber aufhören zu spielen 53, $4 Dt.

Spilen ist kein kunst, sonder auffhoren FRANCK II, 81 v. EGENOLFF 83 v.

1.5.2. Spielen ist keine Schande, aber nicht aufhören zu spielen iS La t. Nee lusisse pudet, sed non incidere ludum Und nicht der Umstand, dass man gespielt hat, verletzt das Schamgefühl, sondern dass man das Spiel nicht abbricht HOR.} EP. 1,14,36. 56 Mlat, No« te lusisse pudeat, sed ludum non incidere: et qui lusisti fernere ad vitae frugem regere magistra morum doceat te ratio Du soilst dich nicht darüber schämen, dass du gespielt hast, sondern darüber, dass du das Spiel nicht abbrichst; und wenn du unbesonnen gespielt hast, möge dich die Sittenlehrerin Vernunft zur Besserung deines 57,58 Lebens leiten PETR. BLES., EP. 249 (11,273). Now te lusisse pudeat, Sed ludum non incidere Et que lusisti fernere Ad vite frugem vertere ... und dass du das, was du unbesonnen für das Spiel verwendet hast, nicht zur Besserung des Lebens verwendest 59 CARM. BUR. 33, l, 1. PHIL. DE GREVE (» ANALECTA 21,200,1). Non lusisse pudet, sed non inddere ludum Nicht der Umstand, dass man gespielt hat, verletzt das Schamgefühl, sondern dass man das Spiel nicht abbricht ALBERT. STAD., TROILUS 4,163.

1.5.3. Das Spiel werde abgebrochen, wenn es am besten (schönsten) ist 60 Mlat. Cum fuerit ludu$ optimus, abde pilam Wenn das Spiel am besten steht, dann leg den Ball weg! ALBERT. STAD., TROILUS 4,164. 61 Fr. Mes quant li jeu est tot meillor, Done deit l'en partir par ennor Aber wenn das Spiel am allerbesten ist, muss man in Ehren davon abstehen ROB. DE Ho 2237. 62 Nord. Dum satis est lusum pueri redeamus ad vsum. ~ Naar leeghen cer besth thaa seal man oc äff ladhe Wenn genügend gespielt worden ist, Kinder, wollen wir zu Arbeit zurückkehren. — Wenn das Spiel am besten ist, dann soll man es auch aufgeben LÄLE 63 263. [Pat] [e]r best at gefa upp hvern leik at best geingr Es ist am besten, jedes Spiel abzubrechen, wenn es arn besten geht KALUND 118 (= JONSSON, ARKIV 245. JONSSON 105). 64 Engl. In his proverbe setth the wise, Whan game is best, is best to teue In seinem Sprichwort sagt der Weise: „Wenn das Spiel am besten ist, ist es am besten, es zu lassen" 65 GOWER, CONF. AM. 8,3086*. Leve thy pleye whan it is beste Lass das Spiel, wenn es 66.67 am besten ist! IDLEY, INSTRUCTIONS 1,86. When game is best, It (DoucE [MS. 52]: Hit) is tyme to rest Wenn das Spiel am besten ist, ist es Zeit zu ruhen RYLANDS fo. 10 v. 65 DOUCE (MS. 52) 58. When game is best, is tyme to lete ... ist es Zeit, es zu lassen 69 PROV. WiSD. (RwL.) 50. When' pe game ys best yt ys tyme to rest. - Cum melior iocus est ipsum dimittere prodest Übers, wie 66. — Wenn das Spiel ziemlich gut ist, ist 70 es von Nutzen, es abzubrechen RAWL. ENGL. 40. And leue of to pleie tvhanne pee list best Und höre auf zu spielen, wenn es dir am besten gefällt! BABEES BOOK 34,14.s 71 N l. A/s tspel best es so salment laten, — Optimus est quando ludus non ludere mando Wenn das Spiel am besten ist, soll man es lassen. — Wenn das Spiel am besten ist, gebe ich den Befehl, nicht mehr zu spielen PROV. COMM. 20. 72 Dt. Wenne das spil allerbest ist, so muos man es lassen Wenn das Spiel am allerbesten 73 ist ... MECHTHILD 5. Alze dat spijl up den beste is so schal me eth vartyghen Übers. 74 wie 71 PROV. COMM. MND. 20. Non erit ingratus ludus, si sit moderatus, — So man das spil am besten hatt, So sol man es lazzen. das ist mein radt Übers, wie 43. - Wenn 75 das Spiel am besten steht ... Qui VULT ORNARI 59. Als dat spei up dem besten is, so

SPIEL

54

$al men aflaten. - Dum non ingratus, pulchrum desistere ludo Wenn das Spiel am besten steht, soll man es aufgeben. - Solange das Spiel nicht unangenehm ist, ist es schön, das Spiel aufzugeben TUNNICIUS 42. VgL FREUDE 378, SCHERZ 2.3.

1.5.4. Das Spiel werde abgebrochen, solange (wenn) es gut und schon ist 76 M l a t . Ludus omittatur, dum liquet esse bonum Das Spiel werde aufgegeben, wenn 77 es offensichtlich gut ist NIVARD., YSENGR. 7,220. Dum ludus bonus est ludum dimittere fas est; Ni dimittatur, aliquando forte grauatur Solange das Spiel gut ist, ist es angebracht, das Spiel aufzugeben. Wenn es nicht aufgegeben wird, verschlimmert es 78 sich dann möglicherweise FLOR. GOTTING. 46, Dum ludus est bonus, ludum dimittere prodest Solange das Spiel gut ist, ist es von Nutzen, das Spiel aufzugeben PROV. WRATIS79 LAV. 163. Cum ludus bonus est, ipsum dimittere fas lest} Wenn das Spiel gut ist, ist 80 es angemessen, es aufzugeben WERNER 2 c 187. Dum ludus bonus est, ipsum dimittere fas est Solange das Spiel ... WERNER d 163. 81 Fr. Et tant dis com biaus est U gieus Se doit om de l'estour tourner Und solange das Spiel schön ist, muss man sich vom Wettkampf abwenden GAUT. D'ARRAS, ILLE 2372. 82 Tandiz come li geus est biaus, Doit l'en son euer batre et plessier Pour le jeu fo'fr et lessier Solange das Spiel schon ist, muss man sein Herz bearbeiten und zwingen, das S3 Spiel zu fliehen und aufzugeben VIE DES PERES S. 9. C'on dist que (lies mit Var,: tant com) li gieus est beal, Le doit on laisser par savoir Man sagt: „Solange das Spiel schön 84 ist, muss man es klugerweise lassen" ROB. DE BLOIS, FLOR. ET LIR. 1060. Mes en tant que li geus est biax ... Nous en devrions retorner En nosfre terre droitement Aber solange das Spiel schön ist, sollten wir uns geradeswegs auf unser Gebiet zurückziehen 85 CLARIS 7699. Sire, sachtes k'entreus k'est biaus li geus Le doit laissier ki tant a d'ensi'ent Wisset, Herr, dass der, welcher soviel Einsicht hat, das Spiel aufgeben muss, so86 lange es noch schön ist! J. SIMON (+JEUX-PARTIS 74,41). Tant come le jeu est beau, le doit on lessier. — Dum pulchre ludis, memor esto recedere ludis Solange das Spiel schön ist, muss man es lassen. — Solange du schön spielst, sollst du daran denken, dich 87 von den Spielen zu entfernen HILKA 60. Tant con li geus est biaus, (tant) le doit len 88 lessier MORAW. 2287. // fait mout boin le jeu laissier, Tant c'on se puet relechier Es ist sehr gut, das Spiel abzubrechen, solange man sich daran erfreuen kann SONE DE 89 NAUSAY 13951. Tant cum le jeu est bei l'em deit lesser Übers, wie 86 CAMBR. SAMML. 90 {·» LEROUX 11,483). // fait hon laissier le geu tandis qu'il est bei Es ist gut, das Spiel 91 aufzugeben, solange es schön ist ET. LEGRIS 314. Tant comme le jeu est beau l'en doit lesser Übers, wie 56 LEROUX 11,418 (15. Jh.)/ VgL FREUDE 378, SCHERZ 2.3.

1.5.5. Das Spiel werde je nach Erfolgsaussichten abgebrochen oder weitergeführt 92 Fr, Fox est gut mauves gieu maintient Ein Narr ist, wer an einem schlechten Spiel festhält AFR. Ls. 8,4. 93 Engl. He that beginnetb a game, be ought to see an ende of it to his prouffyte, yf he can Wer ein Spiel beginnt, muss ein Ende davon erkennen im Hinblick auf seinen Gewinn, wenn er kann CAXTON, SONNES OF AYMON 355,6. 94 Dt. Dat he stn spil te unrechte ersit Det breket ere het gewinne Dass der sein Spiel nicht richtig versteht, weicher es abbricht, bevor er es gewinnt HEINR. v. VELDEKE 95 (+MF 58, 9). Der wisz man lat da von Wenn er sin spil verloren sieht Der weise Mann lässt davon ab, wenn er sein Spiel verloren sieht LIEDERSAAL 121,20. Vgl. unten 1.6.

55

SPIEL

1.5.6, Vereinzelt 96 M l a t , Dum satis est lusum, pueri, redeamus ad mum Wenn das Spiel am besten ist, Kinder, wollen wir zur Arbeit zurückkehren WERNER 2 d 185.

1.6. Ausbleiben von Schaden, Verlust und Trauer VgL oben 1.5.5. 1.6.1. Ein Spiel ohne Verlust und mit guten Chancen ist gut und schön 97 Fr. Bons est U jeux ou l'en ne pert Gut ist das Spiel, bei dem man keinen Verlust hat 98 ADAM DE SUEL, CATO 144. Bons est li jeus ou nus ne pert ... bei dem keiner einen 99 Verlust har ADAM (+DITS D'AMOUR l, 154). Eiaus est li geus ou nus hont n'est perdanz ... bei dem keiner ein Verlierer ist CHANSON (-»ROMANIA 45,355,19). 100 Nord. Ludere quisquis auet alea quando fauet. — Goth cer at leeghe naar tcerninghen wil bxre Jeder spielt gerne, wenn der Würfel ihn begünstigt. — Es ist gut zu spielen, wenn der Würfel (zum Sieg} führen will LALE 568. Ähnlich: 10! Fr, L'en dit que le jeu est hon, ou l'en pert une noiz. — Dicitur; Est bonus ictusf in quo perditur una {Hs.: homo] nus Man sagt, dass das Spiel gut ist, in dem man eine NUSS verliert. — Man sagt: „Das ist ein guter Wurf, bei dem man eine NUSS verliert" HILKA 65 (= MORAW. 1448).

1.6.2. Ein Spiel mit Schaden und ohne Gewinn ist nicht gut und lohnend 102 Mlat. Ludus spernatur, si damnum forte $equatur Das Spiel werde verschmäht, wenn etwa Schaden danach folgt WERNER 2 170. 103 Fr. Jeu sanz pru n'est ben asis Ein Spiel ohne Gewinn ist nicht gut angelegt DEBAT 104 ENTRE UNE FiLLE ET SA MERE (> ROMANIA 13,513}. Gieu endommageux (LEROUX: en dommagement) ne vault rien Ein Spiel mit Schaden ist wertlos MORAW. 988 (= MORAW., ROMANIA 50 503. LEROUX II, 83}. 105 Dt. Speien und nicht gewinnen, Helsen und nicht geneten, Dat mochte dem düvel vordreten Spielen und nicht gewinnen, umarmen und nicht geniessen, das könnte den Teufel verdriessen REIMBÜCHLEIN 1820.

1.6.3. Ein Spiel, bei dem einer weint und der andere lacht, ist schlecht (ungleich) 106 Mlat. Malus est ludus, dum alter ridet, alter flet Schlecht ist das Spiel, wenn der eine lacht und der andere weint BEBEL, PROV. GERM, 497. 107 Nord. No« iocus equatur: hie ridet et hie lacrimatur. — Thet &r eif eens iighe leegh at een leer oc een andhen grceaher Das Spiel ist nicht gleichmässig verteilt: Dieser lacht und jener weint. - Das ist nicht ein gleichmässiges Spiel, wenn einer lacht und ein anderer weint LALE 664. 10.8 Nl. Tes quaet spei daer deene lacht ende dander screyt. — Est ludus dum flet malus otto platoque ridet Das ist ein schlechtes Spiel, wo der eine lacht und der andere weint. — Das Spiel ist schlecht, wenn Otto weint und Plato lacht PROV. COMM. 668. 109 Dt. Tys quad spyl dar de ene lachet vnde de ander weend PROV. COMM. MDN. 633.

1.7. Verschiedenes HO M l a t . Fleete truces animos, ut vere ludere possis. Ponite mature bellum, precor, iraque cesset Ändere den trotzigen Sinn, damit du richtig spielen kannst! Legt frühzeitig den Krieg bei, ich bitte euch, und der Zorn soll weichen! CARM. BUR. 213,11.

SPIEL

56

111 Fr. Qui ne chief ne puet joer Wem es nicht zufällt, der kann nicht spielen MORAW. 132 2016. Beneois soit ore It geus Qui st est bien partis iueus Gesegnet sei nun das Spiel, welches so gleichmässig verteilt ist JEHAN, RIGOMER 5131. 2. Spielgefährten und Spielpartner 2.1. Passende und angenehme Spielgefährten 2.1.1. s, Inhaltsübersicht 2.1.2. Spieler 13,3 Fr. // n'est jouer qu'a joueur Man kann nur mit einem Spieler spielen ET. LEGRIS 33l.7 2.1.3. Kinder 334 MIat. Cum puero bonum est ludere; qutbus facile imponere possumus Mit einem Kind ist gut spielen; diese kann man leicht hinters Licht führen BEBEL, PROV. GERM. 287. 335 Dt. Es ist gut mit hindern spilen FRANC 1,84 r.

2.1.4. Ertrunkenes Kind 116 NI. Met enen verdrincten kinde eest goet speien. - Ludo quod absterso damno puero scio merso Mit einem ertrunkenen Kind ist es gut spielen. — Ich weiss, dass ich ohne Schaden spiele, wenn das Kind ertrunken ist PROV. COMM. 527. Vgl. unten 2.2.4. 2.2. Unpassende und gefährliche Spielpartner 2.2.1.—2.2.2. s. Inhaltsübersicht 2.2.3. Höhergestellte, Stärkere und Narren 117 Miat. Ludos stultorunt, dominorum sive luporum Semper vitabis et eis non sociabis Immer sollst du Spiele mit Narren, Herren oder Wölfen meiden und dich nicht zu diesen 118 gesellen WERNER 2 168. Cum dominis, fatuis, insanis ludere noli Spiele nicht mit Her139 ren, Narren und Verrückten! EBD. c 180. Ludi stultomm, dominorum [sive luporum] Non bene luduntur, quia seria saepe sequuntur Spiele mit Narren, Herren oder Wölfen lassen sich nicht gut spielen, weil danach oft der Ernst folgt EBD, 165. — KAMPF 73, NARR 745-746, 753. Vgl. HERR 390 2.2.4. Ertrunkenes Kind 320 Dt. Mit einem vordrunken kinde is quat speien. — Cum puero ludus submerso flebilis obe Mit einem ertrunkenen Kind ist schlecht spielen. - Wehe, das Spiel mit einem ertrunkenen Kind ist bejammernswert! TUNNICIUS 752. Vgl. oben 2.1.4. 2.3. Spielpartner mit gleichen (ungleichen) Chancen 2.3.1. Katze und Affe 123 Fr. C'est ung hon jeu de chat a singe Das ist ein faires Spiel zwischen Katze und Affe 122 J. MIELOT 70, // n'est jeu que de chat a singe Das einzig richtige Spiel ist das zwischen 323 Katze und Affe EBD. 133. C'est beau Jeu que de chat ei singe Das ist ein schönes Spiel zwischen Katze und Affe J. MOLINET 594,168. 2.3.2. — 3 . s. Inhaltsübersicht

57

SPIEL

4. Beschaffenheit des Spiels (je nach Spieler) 4.1. Allg. 124 N o r d . Sva er leikr hverr sem byriadr er (Var.: sem heiman er gerr) Jedes Spiel ist so, wie es begonnen worden ist (wie es von Hause aus vorbereitet worden ist) FOSTBRCEDRA SAGA 110,4 (= JONSSON, ARKiv 245. JONSSON 105), 4.2. Spez, 4,2.1.—4.2.2. s. Inhaltsübersicht 4.2.3, Vereinzeit 125 Fr. De mauveis home malveis gius Von einem schlechten Menschen ein schlechtes Spiel JOHAN, G. MÄR. 4136. 5. Erfolgsaussichten und Ausgang der Spiele 5.1. s. Inhaltsübersicht 5.2. Nicht jedes Spiel endet mit Lachen und einem Sieg 126 Fr. Tons jus ne torne mie a ris Nicht jedes Spiel endet mit Lachen ROB. D1 ARRAS, 127 VERS DE LA MORT 236,5. Car bien saves, e je l'ai sempre o'i, Bon mastre a jeu tote fois ne venqui Denn ihr wisst wohl, und ich habe es immer sagen hören: „Ein guter Meister im Spiel siegte nicht jedesmal" ENTREE o'Esp. 7991. Vgl. JEDER 2.1. 5.3. Jedes Spiel endet mit dem Sieg des einen und der Niederlage des ändern 128 Pro v. Pus que dins e deforas es lo joes entaulatz, Oimais no pot remandre tro /'«s sia matatz Da das Spiel drinnen und draussen aufgestellt ist, kann es nun nicht mehr unterbrochen werden, bis der eine mattgesetzt ist ALBIG. 8311. 129 It. Ad ogni giuoco un solo e vincitore, E l'altro vinto de' restar contento Bei jedem Spiel ist ein einziger Sieger, und der andere muss sich, da er besiegt ist, zufriedengeben LORENZO DE' MEDICI 11,95 (Giov. e Paolo). 130 131

132 .3

5.4. Ein scheinbar gewonnenes {gutes} Spiel wird oft verloren Fr. Teus cuide avoir Le Jett joe, qui puis le pert Manch einer glaubt das Spiel gewonnen zu haben, der es dann verliert CRESTIEN, EREC 5924. Car tels jue au commencement Des eskes bien et betement, Qui puts, quant li jus s'entrelace, Ne set sousciel que il en face Denn manch einer spielt am Anfang gut und schön im Schachspiel, der dann, wenn das Spiel kompliziert wird, überhaupt nicht mehr weiss, was er daraus machen soll FORM. HV 385. Port. Bern joga a da pela, mas perde Gut spielt der mit dem Ball, aber er verliert (doch) NUNEZ 1,161 (ei Portugues). Dt. Ez ist geschehen harte vil Oaz ein gar gewunnen spil Dannoch lihte wart verlorn, Däz gewunnen was erkorn Es ist sehr oft geschehen, dass ein ganz gewonnenes Spiel dennoch leicht verloren wurde, wo man es schon als gewonnen betrachtet hatte RUD. v. EMS, ALEX. 1589.

5.5. Ein schlechtes (verlorenes) Spiel wird selten gewonnen 134 It. Pocht sanno ben giocare un mal giuoco Wenige verstehen es, ein schlechtes Spiel gut zu spielen ARETIN, LETTERE 123 (1,144), 135 Dt. Man gewinnet vil selten Diu verlornen spil Man gewinnt sehr selten die verlorenen Spiele STRICKER, DANIEL 3476.

SPIEL

58

Ähnlich: 136 Fr. lu perdu de ville perdue Verlorenes Spiel durch verlorene Kugel CHEV. AS DEUS ESP. 8054.

5.6. Verschiedenes 137 Fr. G7 est molt sougis Au jeu qui donne le de, Et eil qui premiers a pris Ne se repent, c'est prouve Wer den Würfel gibt8, ist beim Spiel in sehr ungünstiger Lage, und der, welcher ihn zuerst genommen hat, bereut es nicht, das ist erwiesen J. BRETEL (*}EUX138 PARTIS 69,41) (= NEHMEN 28). U fait bien le jeu quand U est beau Er spielt gut, wenn das Spiel gut ist LEROUX II, 85 (l5. Jh.). 139 It. Spesso spesso U buon giuoco si fa con le cattive carte Sehr oft macht man das gute Spiel mit den schlechten Karten ARETIN, CARTE 146, 140 N o r d . Consueuere rudi primordia cedere ludi. - Ee winner daare fßrsthe leegh Die Anfänge des Spiels pflegen dem Tölpel zuzufallen. - Immer gewinnt der Narr das erste Spiel LALE 156. 141 Dt. Wer mit jm selber spyelen kan Dem gwynnt gar seiften yemans an Wer mit sich selber spielen kann, den besiegt ganz selten jemand BRANT, NARRENSCHIFF 77,63. 142 Wer spielt aüeyn durch grossen gwynn Dem gat es sehten noch sym synn Wer allein um des grossen Gewinnes willen spielt, dem geht es selten nach seinem Sinn EBD. 143 77,83. Hefte ich den steyn nit gezogen, so bett ich das spil verloren AGRICOLA 144.145 Nr. 417. Es ist keyn spil, es ist ein vorteyl drauff Es gibt kein Spiel, bei dem kein 146 Vorteil ist FRANCK 1,103 r. EGENOLFF 339 v. Hette ich den steyn nit gezogen, so hette ichs spil verloren EGENOLFF 188 v.

6. Bedeutung, Wirkung und Folgen des Spiels 6.1. Enthüllung der Wahrheit und der menschlichen Gesinnung 6.1.1. s, Inhaltsübersicht 6.1.2. Im Spiel kommt die wahre Gesinnung zum Vorschein 147 Ml at, Ludus, longa via socium probat et domus arta Das Spiel, der lange Weg und das enge Haus lassen den Gefährten erkennen WERNER 2 169. 148 P o r t . Quem te naom ama, en jogo te diffama Wer dich nicht liebt, verleumdet dich im Spiel NUNEZ 111,235 (el Portugues). 149 Dt. Was äkust an dem menschen ist, Das zeiget underwilent spil Was im Menschen an Arglist ist, das zeigt bisweilen das Spiel KONR, v. AMMENHAUSEN 17710. VgL ERKENNEN 13.2.

6.2. Ermüdung, Übersättigung und Widerwille 150 Fr. Car de plus beaulx jeux on se lasse Denn man wird der schönsten Spiele müde ALAIN CHARTIER, BELLE DAME 382. rsj It. Che non e st bei giuoco tropp' usato Che non sie rincrescente all' udttore Denn es gibt kein so schönes Spiel, das dem Zuhörer, wenn es zu sehr betrieben wird, nicht 752 verleidet ANGIOLIERI 83, 5. Ogni bei giuoco, rincresce Jedes schöne Spiel verleidet MERBURY 13. 153 K a t . Car bom es tost de pus bels jochs cansat Denn man wird bald der schönsten Spiele müde OLIVER, MADAMA SENSE MERGE 382. Vgl. oben 1.4.2., LIED 2., SINGEN 5.1., WORT 13.7. Ähnlich: 154 Fr. // n'est si beau jeu qui ne cesse Es gibt kein noch so schönes Spiel, das nicht aufhört CH. D'ORLEANS Ballade 112,26.

59

SPIEL

6.3. Schaden, Verlust und Armut 6.3.1. Spielen ist mit Schaden und Verlust verbunden 155 Dt. Wer spflt der aberschantz, Der muz Verliesen dick Wer wiederholt spielt, muss 156 oft verlieren HERMANN v, SACHSENHEIM, SLEIGERTÜECHLSN 248,6. Es geht keyn spil on schaden ab FRANCK 1,84 v. -* NACHT 68

6.3.2. Spielen verzehrt Geld und Reichtum 157 Fr. A bource de jueur n'a point de loquet Am Beutel des Spielers gibt es keinen Riegel PROV. RUR. 391 (= MORAW. 13). ISS Span, El que pone al juego sus dineros, no ha de hacer cuenta de ellos Wer sein Geld beim Spiel einsetzt, hat nicht mehr damit zu rechnen NUNEZ 11,45. 159 N o r d . Tota reuisit herum vix pensio perdita rerum. — Hoo sith spiller ban faar thet neppelighe alt i geen Das verschwendete und verlorene Vermögen (wörtl.: Die verlorene Verschwendung des Vermögens) kehrt kaum mehr ganz zu seinem Besitzer zurück. — Wer sein Eigentum verspielt, gewinnt dies alles kaum mehr zurück LALE 1084. 160 Dt. Frasshait, chrieg und spil, Uncheusch und weiber ze vil Die wüesten allen reichtumb Gefrässigkeit, Krieg und Spiel, Unkeuschheit und zu viele Frauen, die verderben 16l. 162 jeden Reichtum VINTLER 6246. Es spüen sich ehe zehen arm, dann einer reich Es 163 spielen sich eher zehn arm als einer reich FRANCK II, 160 v. EGENOLFF 207 r. Puelen, drincken und spil Das lert der pewtel vil Liebscharten unterhalten, trinken und spielen, 164 das leert viele Beutel SACHS XXII, 384,12 (1547). Schienten, pueln und spil Frist leglieh geltes vil Schlemmen, Liebschaften unterhalten und spielen frisst täglich viel Geld EBD. XXII, 388» 26 (1547}. -» WÜRFEL 33. Vgl. WÜRFEL 3.3.

6.4. Sorge, Not und kurze Freude 9 165 Fr. Gieux dissolus, quelqu'en sott la platsance, A parfin tournent a desplaisance Zuchtlose Spiele schlagen, welche Freude man auch immer daran hat, am Ende in Missvergnügen um CHRISTINE DE PISAN, PROUV. MOUR. 45. 166 Span. En casa del tahur, poco dura el alegria Im Haus des Spielers ist die Freude von kurzer Dauer NUNEZ II, 115, 167 Dt. Von spile hebt sich gröziu not Vom Spiel entsteht grosse Not FREIDANK 48,24 a. -» FEIND 95, LIEBE 617. Vgl. WÜRFEL 3.4.

6.5. Torheit, Blindheit und Betrug 6.5.1. Spielen macht viele zu Narren 168 Dt. Irriu wtp, zern (Var.: zorn) unde spil Diu machent lumber liute vil Unbeständige Frauen, Schlemmen (Zorn) und Spiel, die machen viel dumme Menschen 10 FREIDANK 169 48,9. Fräz, luoder unde spil Machent tummer liute vilf Und unkiuscbe, diu ouch ir gespil Je was Essen, lockeres Leben und Spiel machen viel dumme Menschen, dazu Unkeuschheit, die stets auch deren Gespielin war HUGO v. TRIMBERG 9433 (= ESSEN 170 J53). Luoder, spil und frouwen bilde Machent vil tummer liute wilde Lockeres Leben, 171 Spiel und Frauenzimmer machen viel dumme Leute verrückt EBD. 10187. Irriu wip, zorn und spil Machent tummer liute vil Unbeständige Frauen, Zorn und Spiel machen 172 viel dumme Menschen EBD. 11285. Luxus edax rerum, seu blandicies mulierum Et ludus multos baec efficiunt tria stultos. — Weib vorsinen und spil Macht tummer toren vil Üppiger Lebensstil, der das Vermögen verzehrt, oder Schmeicheleien der Frauen und

SPIEL

60

das Spielen, diese drei Dinge machen viel Narren. - Frauen, sich zu sehr versenken und Spiel macht viel dumme Narren FREIDANK LAT, (GÖRLITZ) 104. Vgl, unten 6.5.2.

6.5.2. s, Inhaltsübersicht 6.5.3. Spielen betrügt viele 173 M l a t . Ludo falluntur, qui ludos saepe sequuntur Wer oft Spielen nachläuft, wird durch das Spiel betrogen WERNER 2 167. Vgl. WÜRFEL 4

6.6. Fluchen und Scheiten, Zorn und Zank 174 Pro v. Juoc de mas engenra bregas Spiel der Hände erzeugt Streitigkeiten SYDRAC (»RAYNOUARD IV, 140 b). 175 Span. Quten juega y pierde, fuerza es que reniegue Wer spielt und verliert, muss fluchen NUNEZ HI, 317. 176 N o r d . Fustibus effects, ioca ventilat orcea secta. — Trald b&r trtz (lies mit Druck B: Trold her tra] legb Die höllische Schar bewirkt mit Knütteln durchgeführte Spiele. Der Troll bringt Streit ins Spiel LALE 407. 177 Dt. Vo« spile bebt sieb manege ztt fluoch, torn, schelten, sweren, strit Vom Spielen 178 erhebt sich oft Fluch, Zorn, Schelten, Schwören {und} Zank FREIDANK 48,13. Von spile bebet sich manege zit Ftuoch zorn schelten swern stein (Stehlen) strit FREIDANK 179 (PAUL) 55. Da von sprach her Fndanc: „Von spil bebet sich alle zit Pluocben, schelten, swern, zorn, stein, strit" Davon sprach Herr Freidank: „Vom Spielen erhebt sich stets Fluchen, Schelten, Schwören, Zorn, Stehlen (und) Streit" HUGO v. TRIMBERG 11278. Variiert: 180 Dt. Der hau gut fryd, wer spyelet nit Der hat guten Frieden, welcher nicht spielt BRANT, NARRENSCHIFF 77,85.

6.7. Verleitung zu Sünde, Arglist und Verbrechen 6.7.1. Spielen bleibt nicht ohne Sünde 181 Mlat. Per crebrum ludum vitium constat übi nudum Durch häufiges Spielen bleibt dir das Laster unverhutlt WERNER 2 p 41. 182 Dt. Spyl mag gar seltten sin on sünd Das Spiel kann gar selten ohne Sünde bleiben BRANT, NARRENSCHIFF 77,93.

6.7.2. Spielen lehrt böse Kniffe 183 Dt. Spi! tuot genuogen Ituten leit, Ez leret boese kündekeit Das Spiel tut vielen Leuten 184 Leid an; es lehrt schlimme Verschlagenheit FREIDANK 48,21. Spil tuot manigen Hüten leit, Wenne ez lert manic boese kündikeit; Triuwen wont im lützel bl Und wirt selten Schanden fri ... denn es lehrt manche böse List. Wenig Treue wohnt ihm inne, und es wird selten frei von Schande HUGO v. TRIMBERG 11281.

6.7.3. Spielen macht manchen zum Dieb JS.T Dt. Durch wip und spiles liebe Wirt manic man ze diebe Durch Frauen und Liebe 186 zum Spiel wird mancher Mann zum Dieb FREIDANK 48,11. Irriu wip und spiles liebe Macbent manegen man ze diebe Unbeständige Frauen und die Liebe zum Spiel machen manchen Mann zum Dieb CATO 559. VgL unten 7.1., WÜRFEL 32

61

SPIEL

6.8. Verderben von Sitte, Seele und Leib 187 Dt. Sun, beidiu luoder unde spil Sint libes und der sele val. Der äne maze in volgen wil, St macbent breite huobe smal Sohn, beides ist das Verderben von Leib und Seele, lockeres Leben und Spiel. Wenn einer diesen ohne Mass nachgehen will, dann machen 188 sie eine breite Hufe schma! WINSBEKE 45,1. Manigerleie liute Valient leider hiute, Von fräze, von luoder und von spil Mancherlei Leute fallen leider heute durch Schlemmen, lockeren Lebenswandel und Spielen dem Verderben anheim HUGO v. TRIMBERG 189 9410. Spil, boesiu wort und tummiu wip Verliesent manige sele und Up Spiel, böse Worte und durnme Frauen verderben manche Seele und manchen Leib EBD. 11375. -* FRAU 1240, LÜGEN 226, WÜRFEL 36. Vgl. HURE 22, WÜRFEL 3.5.

6.9. Tod, Hölle und Teufel 6.9.1. s. Inhaltsübersicht 6.9.2. Spielen führt oft in die Hölle 390 It. Chi giuoca per attrui, vada a casa del diavolo per se Wer für andere spielt, gehe für sich ins Haus des Teufels ARETIN, CARTE 100. 19l Dt. Schande unde de helle vorwachtet de speiers. — Dedecus omne manet lusores atque barathrum Schande und die Hölle erwartet die Spieler. — Jede Schande und die Hölle erwartet die Spieler TUNNICIUS 857.

6.10. Verschiedenes J92 M l a t . Muliis ludus eris, ludos si ludere quaerts Du wirst vielen zum Spiel, wenn du Spiele zu treiben suchst WERNER 2 m69 (vgl. SCHERZ 1.3., SPOTT 4.3.2.}. 193 Dt. Ir suit wizzen, swer gern spilt, Daz der sich selber ime stilt Ihr sollt wissen, dass 194 der, welcher gerne spielt, sich sich selber stiehlt HUGO v. TRIMBERG 11265. Dann spyel das zündt die leber an Das man württ dürr, vnd durstes voll Denn Spielen entzündet die Leber, so dass man ausgetrocknet und sehr durstig wird BRANT, NARRENSCHJFF 19J 77,10. Das spil lest, mag ich jehen, Ain oft in hintern sehen Das Spiel, kann ich sagen, lässt einen oft in den Hintern sehen SACHS XXIII, 130,2 (1557).

7. Kennzeichen, Art und Charakter des Spielers 7. l. Ein Spieler ist entweder reich, arbeitsam oder ein Dieb 196 M l a t . Lusor est: aut dives, auf multum laborans, aut für Ein Spieler ist entweder reich oder sehr arbeitsam oder ein Dieb BEBEL, PROV. GERM. 125. 197 Dt. Ein speier mot ser ryk syn of deif of vele arbeidende. — Aleo vel dives vel für multumve laborans Ein Spieler muss sehr reich sein oder ein Dieb oder sehr arbeitsam. — Ein Würfelspieler ist entweder reich oder ein Dieb oder sehr arbeitsam TUNNICIUS 198 1150. Ein spiler ist entweder reich, arbeytsam, odder ein dieb FRANCK I, 80 v. Vgl. oben 1.3.1., 6.7.3.

7.2. Ein Spieler ist um so schlimmer, je besser er im Spiel ist 199 La t. Aleetor quanto in arte catior, tanto est nequiorje kundiger der Spieler in seiner Kunst ist, um so schlimmer ist er PUBLILIUS a 33. 200 Mlat. Did solet, quia aleator quanto in arte doctior, tanto nequior Man pflegt zu sagen, dass der Spieler um so schlimmer ist, je geübter er in seiner Kunst ist IOH. SARESB., POLICRAT. 725 D. 201 Dt. Jo beter speier, jo erger schalk. — Quo magis arte potest tanto magis aleo nequam Je besser der Spieler (ist), ein um so ärgerer Spitzbube (ist er). — Je mehr der Spieler mit seiner Kunst vermag, um so schlimmer ist er TUNNICIUS 507.

SPIEL

62

7.3. s. Inhaltsübersicht 8. Warnung vor Spiel und Spielern 202 Mlat. Ludere, currere, tempora perdere vile putato! Spielen, laufen und Zeit verlieren sollst du für verächtlich halten! WERNER 2 163. 203 It. Guardati dal giuoco e da le femine di mondo come dal fuoco Hüte dich vor dem 204 Spiel und vor den Dirnen wie vor dem Feuer! PAOLO DA CERTALDO 247 S. 145, Cbi non sä buono '{proverbio Che si dice: „gioco tuoi" Wer weiss nicht, dass die Redensart gut ist, welche lautet: „Nimm das Spiel weg!" CANTI CARNASC. A 28. 205 S p a n . De hombre jugador, y de lite con tu mayor Vor einem Spieler und vor dem 206 Prozess gegen deinen Vorgesetzten (hüte dich) NUNEZ 1,315. Ni amigo jugador, ni tahur mal bebedor Weder ein Freund, der ein Spieler ist, noch ein Spieler, der ein schlechter Trinker ist EBD. III, 26. — HOCHMUT 8, 12. Vgl. HOCHMUT 2, 5-7, 9-11

9. Freude des Zuschauers am riskanten Spiel 207. 208 Dt. Keim zuseher war ye ein spil zu groß FRANCK 1,7v. Es ist keym zuseher keyn spil zu groß Keinem Zuschauer ist irgendein Spiel zu gross EBD. 1,45 v.

10. Redensarten und Vergleiche 10.1. Ein gewonnenes Spiel wagen 11 209 Dt. Welt ir umb rinder und umb schäf... Gewannen spil wägen? Wollt ihr um Rinder 210 und Schafe ein gewonnenes Spiel wagen? HELBLING 4,345. Zwiu möht sie spil gewunnen Wägen? Wozu könnte sie ein gewonnenes Spiel wagen? EBD. 8,212. 10.2. Ein gewonnenes Spiel aus den Händen (für verloren) geben 2l l It. Not diamo U giuoco vinto per perdu to Wir geben das gewonnene Spiel für verloren SPAGNA 29,16. 212 Dt. Wä saehe du uz benden ie geben gewunnez spil? Wo sähest du jemals (jemanden) 213 ein gewonnenes Spiel aus den Händen geben? ORTNIT 145, 3. Du gabst von deiner hennde Ein vor gewunnen spil Du gabst aus deiner Hand ein zuvor gewonnenes Spiet HELDENB. 46,21 (Ortnit). 214 215 216.217 218 219

10.3. Ein verlorenes Spiel (in der Hand} halten und daran festhalten Prov. Co/ iugaires fai que sec toe perdut ehe (lies mit RAYNOUARD: e-l te] Wie es der Spieler macht, der ein verlorenes Spiel verfolgt und festhält GIR. DE SALAIGNAC(?) (»ARCHIV 36,443 [= RAYNOUARD V,331 a]12}. Dt, Ich swimme an ein ze verrez zil Und halde ein gar verlornez spil Ich schwimme einem zu fernen Ziel zu und halte ein ganz verlorenes Spiel DER v. GLIERS 2,55 (»SCHWEIZER MS 20). Du haltest ein verlornez spil HEINZELIN, ST. JOH. 21, i. Wer helt verlorn spil, Das kornpt im selten eben Wer ein verlorenes Spiel hält, dem kommt das selten zupass HERMANN v, SACHSENHEIM, SPIEGEL 163,32. Si' haltend dik (oft) verlorn spil NETZ 8215. D« halt auch nit verlorne spil Halte du auch nicht verlorene Spiele! FACETUS DEUTSCH 85 S. 236. -» FRAU 416, REUE 46

10.4. Ins eigene Spiel sehen 220.22l Dt. Sihe in dein eygen spil FRANCK II, 120r. EGENOLFF 125 v. Vgl. KARTENSPIEL 3

63

SPIELER

10.5.-10.13. s. Inhaltsübersicht 10.14. Verschiedenes 222 M l a t . In pugno tutum fisus babere iocum Im Vertrauen, ein sicheres Spiel in der Hand zu haben NIVARD., YSENGR. 1,76. 223 Fr. C'est le vieil jeu Das ist das alte Spiel GRINGORE 1,227,

224.225 Dt. Das spiel wil sich machen13 LUTHER 127. Das spiel verderben14 EBD. 379, 226 Das spil hastu {hast du) dir selbs gemischt15 FRANCK I, 31 v. 11. Verschiedenes 227 M t a t . Culpatur ludens si malus Indus eat Der Spieler wird beschuldigt, wenn das Spiel schlecht geht LIDIA 78. 228 Fr. Crent que tal jou comencissant Que achever ne poüssant Er fürchtet, dass sie ein solches Spiel beginnen würden, welches sie nicht vollenden könnten ROM. DE THEBES

229 3477. Qui d'autrui argent joue, s'il a peur grant tort a Wer mit dem Geld eines ändern 230 spielt, hat gar nicht recht, wenn er Angst hat B. DE SEE. 3,1230. Car en la fin sont les beaulx jeux Denn am Ende sind die schönen Spiele G. ALEXIS 1,209,564 (Faulses amours). 231 Span. tu amigo ganale un juego, y bebelo iuego Gewinne von deinem Freund ein 232 Spiel, und dann vertrinke es! NUNEZ 1,139. El que pierde, jugara si el otro quiere Wer verliert, wird spielen, wenn der andere es verlangt EBD. II, 19. 233 Port. Quem iugata co ferro, iugata co demo Wer mit dem Eisen spielt, spielt mit dem Teufel NUNEZ III, 239 {el Gallego). 234 Eng L Garnen is good whiles it wtl last, Ac it farep so wyndes blast Das Spiel ist gut, solange es dauern wird, aber es vergeht wie ein Windhauch ALISAUNDER B 235. 235 Dt. Es ist keyn spil, es ist ein vbersehens draxffEs gibt kein Spiel, in dem man nicht etwas übersieht FRANCK 1,34 r.

V.M. Anmerkungen 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15

Vgl. WHITING P 256. D. h,, ein Spiel verlangt offene Augen; vgl. die Anm. der Ausg. Der Spieler muss im Reden vorsichtig sein; vgl, GRIMM, DWfi. X.l,2303. XIII,2135. Vgl. HASSELL A168. Vgl. WHITING G 26. Vgl. HASSELL J 11, Vgt, HASSELL J 12. D. h. ein Spiel vorschlägt. VgL WHITING G 20. Vgl. SINGER, SPRW. D. MA HI, 15 f. D.h. aufs Spiel setzen. Nach Raynouard von ELIAS DE BARJOLS. D. h., es bestehen gute Aussichten. Das Vorhaben vereiteln; vgl. RÖHRICH II, 974 a, Das hast du dir seihst eingebrockt.

SPIELEN s. SPIEL SPIELER s. SPIEL

SPIELMANN

64

SPIELMANN / Jongleur / minsErel Hier auch POSSENREISSER, SCHAUSPIELER 1. Spielleute sind auf Gewinn aus und leben gerne auf Kosten anderer (l —6). —» FLIEGE 4—5 2. Spielleute sind Lügner und Betrüger (7-9). Vgl. DICHTEN 1. 3. Verschiedenes (10—15)

1. Spielleute sind auf Gewinn aus und leben gerne auf Kosten anderer 1 Mlat. Curris cum scurris, in murris quando ligurris Du läufst mit den Possenreissern, 2 wenn du Töpfe leckst WERNER 2 c233. Histrio post victum, nummum quaerens vel amictum, Non est delictum, si quis sibi porrigat ictum Wenn der Schauspieler nach dem Essen Geld oder Kleid begehrt, ist es keine Übertretung, wenn jemand ihn schlägt EBD. h 25.

J K a t , Per me albarda, y menjare del teu pa Ich werde mich zum Spielmann machen, und ich werde von deinem Brot essen NUNEZ II, 144 (el Catalan). 4 Span. Fizeme albardan, y comime el pan Ich habe mich zum Possenreisser gemacht s und habe das Brot aufgegessen LOPEZ(?}, REFRANES 321. El porfiado albardan, comera de tu pan Der zudringliche Spielmann wird von deinem Brot essen NUNEZ II, 32. 6 Nord. Est mimi motus propter lucra propria totus. ~ Legeren dantzer gerne fore windinghen Die ganze Bewegung des Schauspielers geschieht um des eigenen Gewinnes willen. — Der Spielmann tanzt gerne um des Gewinnes willen LALE 306, -+FLIEGE 4-5

2. Spielleute sind Lügner und Betrüger 7 Mlat. Hoc amisistis, quod tniquis exhibuistis: Qui sua dat mimis, fallitur tue nimis Du hast das verloren, was du Schurken gegeben hast. Wer das Seine Spielleuten gibt, 8 der wird sehr betrogen WERNER^ h 27 (vgl. SCHLECHT 290). Qui sua dat mimi$t fallitur ille nimis EBD. q 140. 9 Fr. „Or sat je bien," fei Morys, „qe jogelers sunt mensungers" „Nun weiss ich wohl", sagt Moris, „dass Spielleute Lügner sind" FOUKE 45,20. Vgl. DICHTEN 1.

3. Verschiedenes 10 Mlat. Scurra pretnit verbis, quem vult, pictorque figuris Der Possenreisser macht mit Worten schlecht, wen er will, und der Maler mit Bildern WERNER 2 s 43. l i Fr. Le jugleur ne trove pyre hostel qe le seon Der Spielmann trifft keine schlimmere Herberge als die seine MORAW., INEDITA 1132. 12 Span. En casa del tanedor, cada quäl es danzador Im Hause des Spielmanns ist jeder 13 Tanzer NUNEZ 11,104 (vgl, PFEIFE 4.). Nunca el fuglar de la tierra tane bien en la fiesta Nie spielt der Spielmann aus der Heimat gut am Fest EBD. III, 84. 14 Dt. Siver einen spilman haben wil, der sol in auch beraten Wer einen Spielmann haben 15 will, der soll auch für ihn sorgen KÜNSSBERG S. 91. Eyn nöchtem spelman unde drttncken pape, De künt nicht gudes lesen efte pypen Ein nüchterner Spielmann und ein betrunkener Pfaffe, die können nichts Gutes lesen oder pfeifen BOTE, KOKER 407, E. D.

SPIERLING -» FISCH 31-32, 235, FISCHEN 75, 77 SPIERLINGSBAUM —· BOGEN 61

65

SPINNE

SPffiSS s. GESCHOSS SPINAT ^ KOHL IS, 20

SPINDEL / fuseau / spindle 1. 2. 3. 4.

Was erforderlich ist, um eine Spindel zu füllen (1-2). Vgl. ANFANG 3.2. Der Bart sollte über der Spindel stehen (3-4). Vgl. ROCKEN 1. Eine Spindel schaut aus dem Sack heraus —* STROH 74-76, 79-80 Verschiedenes (5—9)

1. Was erforderlich ist, um eine Spindel zu füllen 1 Span. Asienta culo y hinchiras huso Setz deinen Hinrern hin, und du wirst eine Spindel füllen! NUNEZ l, 135. 2 Port. Quem faz tudo, naom enche o fuso Wer alles tut, füllt die Spindel nicht NUNEZ 111,233 (e! Portugues). Vgl. ANFANG 3.2. 2. Der Bart sollte über der Spindel stehen 3 Span. Cott mal esta el huso, quando la barua no anda de suso Schlecht steht es mit 4 der Spindel, wenn der Bart 1 nicht darüber steht CELESTINA 94 (4). Guay de huso, quando la barua no anda de suso Wehe der Spindel ...2 LOPEZ(?), REFRANES 343. Vgl. ROCKEN l, 3. s. Inhaltsübersicht

5 6 7.8 9

4. Verschiedenes it. Mal torze fuso Chi non g' e u$o Schlecht dreht die Spindel, wer nicht daran gewohnt ist GEREMIA DA MONTAGNONE 106. Tu hat fatto d'vna lanza vn fuso Du hast aus einer Lanze eine Spindel gemacht MERBURY 21. Span. Rebilar, tortero, que. el huso es de madero Dreh fest, Spindelring, denn die Spindel ist aus Holz!3 LOPEZ(?), REFRANES 635. NUNEZ 111,346. Husada menuda a su dueno ayuda Auch wenig Garn an der Spindel hilft ihrem Besitzer4 NUNEZ 11,204.

V.M. Anmerkungen 1 Wie der vorausgehende Satz im Text zeigt, steht „Bart" metonymisch für ,Mann*; Assi que dondo no ay varon todo bien fallesce Denn wo kein Mann ist, geht alles Gute fehl. 2 Bei SBARBI , 107 heisst es dazu, dass es mit dem Geschäft und der Arbeit der Frau wenig vorwärtsgehe, wenn der Mann fehle. 3 Dazu ist bei SBARBI 1,141 bemerkt, dass schmerzliche Erfahrungen den Leichtsinn austreiben. 4 Bedeutet nach AUTORIDADES s.v. husada, dass andauernde Arbeit den Unterhalt der Familien sichert oder zur Sicherung beiträgt.

SPINNE / araignee / spider Hier auch SPINNENGEWEBE, SPINNENNETZ, SPINNWEBE

SPINNE

66

1. Spinnen saugen Gift aus den Blumen —* GIFT 1.1. 2. Spinnen haben einen hervorragenden Tastsinn —* EBER 1., MENSCH 82 3. Spinnen weben (zum eigenen Verderben aus ihren Eingeweiden) Netze zum Fliegenfang

3.1. Allg. (1-3) 3.2. In Vergleichen 3.2.1. Wie eine Spinne, die (aus ihren Eingeweiden) Netze zum Fliegenfang webt und spannt (4—9) 3.2.2. Wie eine Spinne aus dem Eigenen herausspinnen (10—12) 3.2.3. Wie eine Spinne sich selbst verzehren (13—15) 4. Spinnen weben schwache und zerbrechliche Gewebe

4.1. Allg. (16-19) 4.2, In Vergleichen 4.2.1. Schwach und zerbrechlich wie Spinnengewebe (20—27). —> LEBEN 1.1,2,5. 4.2.2, Spinnengewebe weben (28—34) 5. Spinnengewebe lassen grosse Tiere durch und fangen nur die kleinen 5.1. Allg. ^35-38; 5.2. In Vergleichen: Recht, Gesetz und Gericht gleichen dem Spinnennetz, das nur die Kleinen fängt (39-49). Vgl. ARM (Adj.) 2.3.5., DIEB 2.3., HÄNGEN 7., KLEIN 2.4.2,3., KRÄHE 9., REICH 7.4., RICHTEN 10.2. 6. Kein Spinnengewebe vor dem Maul (wachsen) lassen (50— 51) 7. Verschiedenes (52-53)

L—2. s. Inhaltsübersicht 3. Spinnen weben (zum eigenen Verderben aus ihren Eingeweiden} Netze zum Fliegenfang 3.1. Allg. 1 Mi at. Viscera dispen&at et texit aranea ielas, U t sit pro precio musca labor is ei Die Spinne verwendet ihre Eingeweide und webt daraus Spinnennetze, damit sie als Lohn ihrer Arbeit eine Fliege hat PEREGRINUS 7. 2 It. Che per le mosche al fin sempre e la ragna Denn für die Fliegen ist schliesslich stets das Spinnennetz (da) BELLINCIONI Son. 95 S. 138. 3 Dt. Diu spinne ir webe nach gewinne Rihtet biz si verdirbet dar inne Die Spinne fertigt ihr Gewebe im Hinblick auf den Gewinn an, bis sie selbst darin verdirbt HUGO v. TRIM BERG 16335.

3.2. In Vergleichen1 3.2.1. Wie eine Spinne, die (aus ihren Eingeweiden) Netze zum Fliegenfang webt und spannt 4 M l a t . Perditae vitae homines se laboribus torquent, cruciant curis, expensis eviscerant: nonne figuram araneae gerunt, quae de suis visceribus telam texit, ui capiat muscam vilissimam? Die Menschen plagen sich mit Arbeiten und quälen sich mit Sorgen um ihr verlorenes Leben und verzehren sich dabei unter diesem Aufwand, Führen sie nicht das Bild der Spinne vor, welche aus ihren Eingeweiden ein Netz webt, um die 5 äusserst verächtliche Fliege zu fangen? PETR. BLES., EP. 14 (1,47). Nam araneam eum emulari dicebat, que, telarum figmentis cum discrimine uite et uiscerum suorum egestione consertis, quid nisi scarrabeos putres et uilia prenderet animalia? Denn er sagte, jener eifere der Spinne nach; denn was fange diese, wenn sie unter Lebensgefahr aus ihren Eingeweiden (wörtl.: durch Hervorstossen ihrer Eingeweide) die Netzgebilde hergestellt habe, ausser verfaulenden Käfern und geringen Lebewesen? SAXO GRAMM.

67

SPINNE

6 471,24. Logicus aranee potest comparari, Que subtiles didicit telas operari, Que suis visceribus colunt consummari; Est precium musca, si forte queat laqueari Der Logiker kann mit der Spinne verglichen werden, welche gelernt hat, feine Gewebe herzustellen, welche mit ihren Eingeweiden angefertigt werden müssen. Eine Fliege ist der Lohn dafür, wenn zufällig eine gefangen werden kann MEUM EST PROPOSITUM GENTIS IMPERITE 20 {l.H. 13. Jh. [+STUDI MEDIEVALI 1,390]). 7 Fr. Quant iraigne file et tist, De sä buche le fil ist; En filant fet venir bors Tuz les bueus de son cor s ... Ausi fet ki aveir eime; De tuz biens sun quer esseime, St n'i gaigne fors la musche Ki malement l'alme entusche Wenn die Spinne spinnt und webt, kommt aus ihrem Mund der Faden; indem sie spinnt, lässt sie alle Eingeweide aus ihrem Körper herauskommen. Ebenso macht es der, welcher den Besitz liebt. Er macht sein Herz leer von allem Guten, und doch gewinnt er dabei nichts weiter als eine Fliege, die seine 8 Seele schlimm vergiftet S. DE FREINE, ROM. DE PHIL. 715. Tont autressi comme l'araigne Met devant le mouske le roy Genau wie die Spinne vor die Fliege das Netz spannt RENAUT, S. J. BOUCHE D'ÜR 78. 9 Dt. Ein gitic mensche tuot als diu spinne, Dm nach jemerlichem gewinne h geweide spinnet üz irm libe, Daz in dem webbe ein mucke belibe Ein geiziger Mensch benimmt sich wie die Spinne, die um jämmerlichen Gewinnes willen ihre Eingeweide aus ihrem Leib herausspinnt, damit in dem Gewebe eine Mücke hängenbleibe HUGO v. TRIMBERG 4793.

3.2.2. Wie eine Spinne aus dem Eigenen herausspinnen Mlat. Viscera protelo, me sicut aranea velo Ich ziehe die Eingeweide in die Lange, ich umwebe mich wie die Spinne IOH. GARL., MOR, SCOL. 231. Dt. Er spints auß im selbs wie ein spinn Er spinnt es aus sich selbst wie eine Spinne 12 FRANCK II, 11 r. Er spinnet es von sich selbs, wie ein spinn EGENOLFF 14 r.

3.2.3. Wie eine Spinne sich selbst verzehren 13 B i b l . Tabescere fecisti sicut araneam animam eius Du hast seine Seele sich verzehren 14 lassen wie eine Spinne VULG., PSALM. 38,12. So wird seine schone verzeret wie von Motten2 LUTHERBIBEL, EBD. 39,12. 15 M l a t . Propheta dicit de hujusmodi, sicut araneam tabescere fecisti animam meam, Aranea siquidem de suis visceribus telam texit, et texendo tabescit, ut muscam vilissimam capiat Der Prophet sagt über dergleichen; „Du hast meine Seele dahinschwinden lassen wie die Spinne. Die Spinne webt aus ihren Eingeweiden das Netz und verzehrt sich durch ihr Weben selbst, um eine erbärmliche Fliege zu fangen" PETR. BLES., EP. 16 {1,60}.

4. Spinnen weben schwache und zerbrechliche Gewebe3 4.1. Allg. 16 La t. Quam tabida est aranea, ut lern tactu conquassetur et moriatur Wie zerbrechlich ist das Spinnennetz, dass es durch eine leichte Berührung zerreisst und dahinschwindet! AUGUSTIN,, PSALM. 122,6 (1634). Mlat. Aranearum tela studtose texitur> sed subito flatu dissipatur Das Spinnennetz wird eifrig gewoben, aber es verflüchtigt sich durch einen plötzlichen Hauch GREG. 18 M., MOR. 8,44,72 (845 B). Tabida quam facili quassatur aranea tactu! Durch eine wie leichte Berührung zerreisst das zerbrechliche Spinnengewebe! EGBERT., FEG, RAT. 19 l, 363. Quid potent iactare suo de stamme Lide4? Subtiles posuit casses simul et male fortes Was wird sich die Spinne mit ihrem Gewebe brüsten können? Feine und zugleich wenig starke Netze hat sie hergestellt EBD. 1,655.

SPINNE

68

4.2. In Vergleichen 4.2.1, Schwach und zerbrechlich wie Spinnengewebe 20 B i b l . Non ei placebit vecordia sua, et sicut teia aranearum fiducia eius Seine Torheit wird ihm nicht gefallen, und seine Zuversicht ist wie ein Spinnennetz VULG,, IOB 8,14. 2! Denn seine zuuersieht vergehet, vnd seine hoffnung ist eine Spinneweb LUTHERBIBEL, HroB8,14. 22 La t. Quod autem juxta Hebraicum et omnes alios interpretes, appeilantur funiculi vanitatis ... tarn inane et fädle est, ut aranearum fila texuntur Was aber nach dem hebräischen Text und allen anderen Interpreten Stricke der Eitelkeit genannt wird, ist so nichtig und leicht, wie die Faden der Spinnen gewoben werden HIERON,, COMM. IN 23 Is. l, 5 (85 D). Et cassa inpudicitiae uelamenta quasi aranearum fila disrumpit Und er zerreisst die eitlen Hüllen ihrer Unkeuschheit wie Spinnenfäden HIERON., EP. 125,6,2. 24 Ml a t. Bene hypocritarum fiducia aranearum telis similis dicitur, quia omne quod ad obtinendam gloriam exsudant ventus vitae mortalis dissipat Die Zuversicht der Heuchler wird mit Recht den Spinnengeweben gleich genannt, weil der Hauch des sterblichen Lebens alles zerstreut, was sie mit Schweiss erarbeiten, um Ruhm zu erlangen GREG. 25 M,, MOR. 8,44,72 (845 A). Quorumdam studia et pro porro computo luctas ... Cassibus auf tela tenui male nentis aranq Die Bestrebungen und dazu das Ringen gewisser Leute halte ich für soviel wert wie Lauch oder wie die Netze der mit dünnem Gewebe 26 schlecht spinnenden Spinne EGBERT., FEC. RAT. l, 1278. Omnes accusationum strophas ... tamquam aranearum telas dirupit Er zerriss alle Kunstgriffe der Anklagereden 27 wie Spinnengewebe LAMPERT. 196,17. Omnia, quibus se obstrixerat, vincula ... tamquam aranearum telas ruperit Alle Fesseln, in denen er sich verstrickt hatte, zerriss er wie Spinnengewebe EBD. 279,14. -» LEBEN 1.1.2.5.

4.2.2. Spinnengewebe weben 28 B i b l . Ova aspidum ruperunt, et telas araneae texuerunt Sie brachen Schlangeneier 29 auf und woben Spinnengewebe VULG., Is. 59,5. Sie brüten Basilisken eyer, vnd wircken Spinneweb LUTHERBIBEL, JES. 59,5. 30 Lat. Telam araneae texerent Sie würden Spinnengewebe weben AMBROS., HEXAEM. 31 l, 2, 7. Quid ergo vane araneam texis, quae inanis ei sine fructu est, et tanquam casses suspendis inutiles divitiarum copias Was webst du also grundlos ein Spinnengewebe, welches nichtig und wertlos ist, und hängst die Schätze des Reichtums wie Netze auf? 32 AMBROS., DE OFFIC. MINISTROR. 1,49,244 (102 B). Texentes operibus uacuis araneae telam Mit nichtigen Werken ein Spinnengewebe webend PAULIN. No L., EP, 36,3 S. 315,6. 33 M l a t , Telas quoque araneae texere est pro hujus mundi concupiscentia temporalia quaelibet operari Spinnennetze weben heisst dies auch, wenn man um der Lust dieser Welt willen alle beliebigen weltlichen Dinge treibt GREG. M., MOR. 15,15,19 (1090C). 34 Fr. Us ont tixu, les toilles des yraynes Sie haben Spinnengewebe gewoben NUNEZ 11,213 (el Frances).

5, Spinnengewebe lassen grosse Tiere durch und fangen nur die kleinen 5 5.1. Allg. 35 S p a n . La telarana suelta al rato, y la mosca apana Das Spinnengewebe lässt die Maus durch und fängt die Fliege NUNEZ II, 257. 36 Dt. Eyn bram nit jn dem spynnwep klabt, Die kleynen mücklin es bebebt Eine Bremse klebt nicht im Spinnennetz, die kleinen Mücklein (aber) hält es fest BRANT, NARREN-

69

SPINNE

37 SCHIFF 83,23. Wie ein heyd sagt, das die spynweb fahenn wol die kleinen fliegen, aber die molstein faren durch hyn Wie ein Heide sagt, dass die Spinnengewebe wohl die kleinen Fliegen fangen, aber (dass) die M hlsteine hindurchfahren LUTHER, WERKE 38 I,282,41 (1520). Wann grosse bummeln reissen eben Gar liderlicb durch die spinweben Mit gwalt und anschlichen l gen Denn mit Gewalt und m chtigen L gen fliegen grosse Hummeln m helos geradeswegs durch die Spinnengewebe hindurch SACHS XIX, 33,10 (1563).

5,2. In Vergleichen: Recht, Gesetz und Gericht gleichen dem Spinnennetz, das nur die Kleinen f ngt 6 39 Gr. "Ελεγεν (seil, ό Σόλων) ... τους δε νόμους τοις άραχνίοις ομοίους' και γαρ εκείνα, εάν μεν έμπέστ] τι κοΰφον και ασθενές, στέγειν εάν δε μείζον, διακόψαν οΐχεσθαι Er (Solon) sagte, die Gesetze seien den Spinnweben gleich, denn auch jene hielten, wenn etwas Leichtes und Schwaches hineinfalle, dieses fest, wenn aber etwas Gr sseres (hineingerate), mache es sich mitten hindurch auf und davon DIOG. LAERT. 1,58 (Solon). 40 La t, Quam porro subtiliter Anacharsis leges araneomm telis conparabat! nam ut tllas infirmiora animalia retinere, ualentiora transmittere, ita bis humiles et pauperes constringi, diuites et praepotentes non alligari Wie fein verglich Anacharsis7 ausserdem die Gesetze mit den Spinnennetzen! Denn wie diese die schw cheren Tiere festhielten, die st rkeren (aber) hindurchgehen Hessen, so w rden durch jene die Niedrigen und Armen gefesselt, die Reichen und besonders M chtigen (dagegen) nicht festgebunden VAL. MAX. 7,2,14. 41 Mlat. Dixit Anatharius (lies mit K pke : Anacharsis}, leges et iura similes aranearum telis. Sicut enim tela illa animalia maiora et valentiora emittit, infirmiora vero ut muscas et talia retinet, sie legibus et iuribus infirmiores ligare (lies mit Hss. KC: ligart), maiores vero et potentiores legibus non astringi Es sagte Anacharsis, dass die Gesetze und Rechtssatzungen den Spinnengeweben hnlich seien; denn wie jenes Gewebe die gr sseren und st rkeren Lebewesen freil sst, die schw cheren aber wie die Fliegen und dergleichen (Tiere) festh lt, so werden durch die Gesetze und Rechtsspr che die Schw cheren gebunden, die Gr sseren dagegen und die M chtigeren durch die Gesetze nicht eingeschr nkt IAC. CESS. 200-202. 42 It. Domandato il Piovano ehe cosa e legge, risponse: — Come una tela di ragno Auf die Frage: „Was ist das Gesetz?", antwortete Piovano: „(Es ist) wie ein Spinnennetz" ARLOTTO 179,5. 43 Engl. Rzji s lop-webbys, flyes smale and gnattes Taken, and suffre grete flyes go, Ffor all pis worlde, lawe is now rewlyd so Genau wie die Spinnennetze kleine Fliegen und M cken fangen und grosse Fliegen entwischen lassen, so wird nun f r diese ganze Welt das Gesetz gehandhabt HOCCLEVE, REG. OF PRINCES 2819, 44 Dt. Es g t nu, als ein meister seit, Der Anarcharius was genant; Der tuot an disem buoch erkant Und spricht, alles geriht si nu geltch Dem spinnenwupe sicherlich. Als er uns bewtset hat, Das spinnenwupe nut env t Wan vliegen und kleine m ggelin, Swas grosser tiere kundt darin, Du varnt derdur, das ist sieht, Sus geistlich und weltlich reht B essent arm lut umb ir missetat; Swer guot oder gewalt hat, Den b esset das gerihte niht Es geht nun so, wie ein Meister, der Anacharius genannt war, sagt. Dieser macht in diesem Buch bekannt und sagt, jedes Gericht sei nun zweifellos dem Spinnengewebe gleich. So hat er uns bewiesen, dass ein Spinnennetz nur FHegen und kleine M cklein f ngt. Was an gr sseren Tieren hineinkommt, f hrt hindurch, das ist richtig. Auf diese Weise straft das geistliche und weltliche Recht arme Leute wegen ihrer Missetat. Wer Verm gen oder Macht hat, den bestraft das Gericht nicht KONR. v. AMMENHAUSEN 45 5410. Noch Anacbarii gesprich. Der spricht ,di recht glichin sich Mit rechte wol den

SPINNE

46

47

48 49

70

spinnewebin, Als wir han vil dicke entsebin, Daz iz vet den kleinen wurm: Der groze brichit uz mit stürm' Nach dem Spruch des Anacharius, der sagt: „Das Recht lässt sich mit Recht durchaus den Spinnennetzen vergleichen, da wir sehr oft bemerkt haben, dass es das kleine Insekt fängt; das grosse aber bricht gewaltsam hindurch" PFARR. zu D. HECHT 216,16. Die gericht geleichend dem spinnenwepb, sy vahend attain nit anders den klain flügen und lassen die grossen hin durch faren Die Gerichte gleichen den Spinnengeweben: Sie fangen nur die kleinen Fliegen und lassen die grossen hindurchfliegen INGOLD 37,2. Wie Anacharsis das recht einer spinnwepp vergleicht, dardurch die schnür premen faren, die mücklin bhangen Wie Anacharsis das Recht einem Spinnengewebe vergleicht, durch das die Bremsen hindurchfliegen (und in dem) die Mücklein hängen bleiben FRANCK I, 33 v. Anacharsis hat das recht einer spinnenwep verglichen, dadurch die grossen bummeln faren, die kleinen mücklin behangen EBD. II, 12 v. Anacharsis hat das recht einer Spinnenwepp vergliechen, dadurch die grossen Hummeln faren, die kleinen Mucklin behangen EGENOLFF 15 r. Vgl. ARM (Adj.) 2.3.S., DIEB 2.3., HÄNGEN 7., KLEIN 2.4.2.3., KRÄHE 9., REICH 7.4., RICHTEN 10.2.

6. Kein Spinnengewebe vor dem Maul (wachsen) lassen9 50. 51 Dt. Er lesst kein spinweb für (vor) dem maul LUTHER 87. maul wachsen [lassen} EBD. 470.

Kein spinnweb für dem

7. Verschiedenes 52 S p a n , Arana, '^qulen te arano? otra arana como yo „Spinne, wer hat dich gekratzt?" „Eine andere Spinne, wie ich (eine bin)" 10 NUNEZ 1,121. 53 Dt. Seyt-her sinds dem krebs spinnen-feindt Seither sind sie dem Krebs spinnefeind 11 SACHS IX, 246,16 (1552).

V.M. Anmerkungen 1

Vgl. ZILTENER 4679. Übersetzt nach dem hebräischen Text. Es gibt aber Var., die der Vulg. folgen: Vnd machst das seyne schone verzeret wird wie eyne spynne oder Den machstu das seine schone verzeret wird wie eine spinne. 3 Vgl. ZILTENER 4682 ff.; WHITING C345. 4 Bezeichnung für die Spinne nach der Geschichte vom lydischen Mädchen Arachne, das in eine Spinne verwandelt wurde; vgl. OVID.S MET. 6, l ff. * Vgl. WHITING P 230. 6 Vgl. WHITING L106. 7 Ein Skythe adligen Geschlechts, der zur Zeit Solons nach Athen kam und dort durch seine naiven Bemerkungen über die ihm fremden gr. Sitten Aufmerksamkeit erregte (vgl. Cic,, Tusc. 5, 90; PLIN. 7, 20). Der Vergleich der Gesetze mit den Spinnennetzen wird allerdings, wie das vorausgehende Sprw. zeigt, auch Solon zugeschrieben. 8 Hrsg. einer früheren Ausg. dieses Werkes (1879). 9 Nicht schweigen können, seine Meinung frei heraussagen, eine flinke Zunge haben, eigentl. seinen Mund nie so lange still halten, wie das Weben eines Spinnennetzes dauern würde, Vgl, RÖHRICH II, 978 a. 10 Nach CORREAS 35 spöttische Anspielung auf die Ängstlichkeit eines Menschen. 11 Der Ausdruck „spinnefeind" hat sich aus der Beobachtung entwickelt, dass eine Spinne (d.h. das grössere Spinnenweibchen) die andere (nämlich das kleinere Männchen) anfällt und tötet, was sonst unter Artgenossen im Tierreich selten geschieht. Vgl. RÖHRICH II, 978 a f, 2

71

SPINNEN

SPINNEN / filer / to spin Vgl, AUFHASPELN, ROCKEN, SPINDEL L Personen, denen das Spinnen obliegt 1.1. Spinnen gehört zu den Aufgaben der Ftauen 1.1.1. Allg. (1), — EHE 66, FRAU 1.8.2.1., MANN 15. VgL ROCKEN 10 1.1.2. Spez. 1.1.2.1. Spinnen ist keine Männerarbeit — MANN 15, I S . Vgl. ROCKEN 1., SPINDEL 2. 1.1.2.2. Schon Eva hat gesponnen — ADEL 76-84, 86-87, 89-90, 92-95 1.1.2.3. Verschiedenes (2 — 3) 1.2. Was jemand an den Rocken gehängt (gehechelt) hat, muss er selbst spinnen {4 — 11}. Vgl. BUSSE 1.2.1., ESSEN 14.4.L, NARR 22., SCHLECHT 4.3.4., SÜNDE 8.4.2.1., TRINKEN 8.7.1. 2. Zeit und Dauer des (ertragreichen) Spinnens (12—16) 3. Wert und Nut7.cn des Spinnens 3.1, Positiver Wert des Spinnens (i 7) 3.2. Relativer Wert des Spinnens 3.2.1. Was auch gesponnen wird, es reicht nie aus (18—19) 3.2.2. Was Berta gesponnen hat, ist schon verschlissen —> BERTA l. 3.2.3. Kunst geht vor Gespunst— KÖNNEN 102-105 4. Ergebnis und Folge des Spinnens 4.1, Das Ergebnis entspricht der Qualität und Intensität des Spinnens 4.1.1, Allg. (20-2i). VgL FADEN 2. 4.1.2. Spez. 4.1.2.1. Nur wer viel spinnt, hat genug zu tragen {22—23} 4.1.2.2. Wer viel Ausschau hält, spinnt wenig (24-26) 4.1.2.3. Wer Dreck spinnt, haspelt Dreck ab — DRECK 4.4.4. 4.2. Die Folge des heimlichen Spinnens ist die Aufdeckung des Gesponnenen 4.2.1. Allg. (27). -> LICHT 84. Vgl. DIEB 11.1., DUNKEL 4., ERDE 90, GEWINN 196, LICHT 8.1., LÜGEN 4.1., MORD 1., OFFEN 6.2.-6.3.} SCHNEE 6., STUNDE 2.1.1., SÜNDE 92, 96, 101, 453, TAG 2.3.1., 2.3.3., UNRECHT 3., VERBERGEN 2.-3., WISSEN 9.2., ZEIT 3.1.2.6. 4.2.2. Spez. 4.2.2.1. Was übel gesponnen ist, kommt zuletzt an die Sonne (28—33) 4.2.2.2. Nichts ist so fein gesponnen, dass es nicht zuletzt an die Sonne kommt (34—44) 5. Verschiedenes (45-S3)

l, Personen, denen das Spinnen obliegt 1.1. Spinnen gehört zu den Aufgaben der Frauen 1.1.1. Allg. Span. Ellas a bilar, y el gato al tortero Sie (seil, die Frauen) zum Spinnen und die Katze zum Spindelring NUNEZ H, 47. — EHE 66, FRAU 1.8.2.1., MANN 15. Vgl. ROCKEN 10 1.1.2. Spez, 1.1.2.1. -1.1.2.2. s. Inhaltsübersicht 1.1.2.3. Verschiedenes Nord. Nere Status tniseri tribuunt nude mulieri. — N00dh k&nner n0gben koone at spinne Unglückslagen weisen der nackten Frau das Spinnen zu, — Die Nor lehrt die nackte Frau spinnen LÄLE 649.

SPINNEN

72

3 D t. It sint ahosamen neine gude büsvrouwen, de wol spinnen kunnen. — Non omnis coniunx, quae seit bene nere, probata Es sind nicht alle, die gut spinnen können, gute Ehefrauen. — Nicht jede ist als Gattin bewährt, welche gut zu spinnen versteht TUNNIcius512(vgl. ALL 2.2.1.).

1.2, Was jemand an den Rocken gehängt (gehechelt) hat, muss er selbst spinnen 4 M l a t . Eadem sententia nunc quoque vulgo manet, et item alia similis. Colo quod aptasti, id tibiipsi nendum est Dasselbe Sprichwort ist auch heute noch im Volk verbreitet und ebenso ein anderes, das ähnlich lautet: „Was du an den Rocken gelegt hast, 5 musst du selbst spinnen" ERAS M., ADAG. COLL. 40 v. Quae quiaem sententia, uel hodie quoque uulgo nostrati in ore est. Et altera huic simülima: Colo quod aptasti, ipsi tibi nendum est Dieses Sprichwort ist ja gerade heute auch den Einheimischen geläufig, desgleichen ein anderes, das diesem ganz ähnlich ist: ... ERASM., ADAG. CHIL. 1,1, 85. 6 Span. La que rastrilia y da a hilar, como la que pare da a criar Diejenige, welche hechelt und zu spinnen gibt, (ist) wie jene, welche gebiert und zu säugen gibt NUNEZ 11,230. 7 Port. O lino quen o alina, eso o fia Den Flachs spinnt, wer ihn hechelt1 NUNEZ 111,91 (el Portugues). 8 Dt. Colo quod aptasti, tibi ipsi nendum est. — Dattu hebbest aen den spinrock gehangen, dat tnoetstu selver spinnen Was du an den Rocken gelegt hast, musst du selber spinnen, — Was du an den Spinnrocken gehängt hast, das musst du selber spinnen 9 MURMELLIUS 16, Co/o quod aptasti, tibi ipsi nendum est. — Den dysen, d$n du gemaket befst, möstu afspinnen ... — Das Bündel Flachs am Rocken, das du 30.11 gemacht hast, das musst du abspinnen TAPPIUS 25. Das gunckelin (£GENOLFF: künckelin) so du angelegt, mustu selbs abspinnen Die Kunkel, die du angelegt hast, musst du selber abspinnen FRANCK II, 81 v. EGENOLFF 83 r. Vgl. BUSSE 1.2.1., ESSEN 14.4.1., NARR 22., SCHLECHT 4.3.4., SÜNDE 8.4.2.1., TRINKEN 8.7.1.

2. Zeit und Dauer des (ertragreichen) Spinnens 12 Fr. Filer quand poins seroit, mains parier que plorer Spinnen, wenn die Zeit dafür 13 wäre, weniger reden als weinen GILLES LI MuiSiS 1,214. Femme rnieulx file en sä maison, quant eile oyt chanter le grillon Die Frau spinnt besser in ihrem Haus, wenn sie die Grille zirpen hört NUNEZ II, 145 (el Frances). 14 S p a n . Poco a poco Dizen que se hila el copo „Nach und nach", sagt man, „wird die 15 Wolle gesponnen" PINAR (+CANCIONERO H, 560 b). En tiempo mo/ädo, venae la lana, y dexa el hilado Bei nassem Wetter verkaufe die Wolle und lass das Spinnen!2 NUNEZ 16 II, 87. Poco a poco hila la vieja el copo Nach und nach spinnt die Alte die Wolle EBD. 111,163.

3. Wert und Nutzen des Spinnens 3.1. Positiver Wert des Spinnens 17 S p a n . A quien, fila: y tuerce: el sol se le parece Wer spinnt und windet, dem erscheint die Sonne3 HALLER 333.

3.2, Relativer Wert des Spinnens 3.2.1. Was auch gesponnen wird, es reicht nie aus 18 S p a n . Todo es menester: quanta Maria hila y Pedro deuana Alles ist nötig, wieviel 19 auch Martha spinnt und Peter haspelt4 LOPEZ(?}, REFRANES 681. Quanta Marta hila y Pedro debana, todo es nada Wieviel auch Martha spinnt und Peter haspelt, so ist doch alles nichts NUNEZ 111,207.

73

SPINNEN

3.2,2. —3.2.3. s. Inhaltsübersicht 4. Ergebnis und Folge des Spinnens 4.1. Das Ergebnis entspricht der Qualität und Intensität des Spinnens 4.1.1. Allg. 20 Dt. Es tücht sich wie man spint Es wird Tuch gewebt, wie man spinnt FRANCK 21 II, 108 r. Es tücht sieb wie mans spinnet Es wird zu Tuch gewebt, wie man es spinnt EGENOLFF 97 v. Vgi. FADEN 2.

4.1.2. Spez. 4.1.2.1. Nur wer viel spinnt, hat genug zu tragen 22 Span. La muger que poco hila, siempre trae mala camisa Die Frau, welche wenig 23 spinnt, trägt immer ein schlechtes Hemd NUNEZ 11,231. Quien bien htla, larga trae la camisa Wer gut spinnt, trägt ein grosses Hemd EBD. III, 279.

4.1.2.2. Wer viel Ausschau hält, spinnt wenig 24.25 Span. Duena que mucho mira, poco fila Die Frau, welche viel Ausschau hält, spinnt 26 wenig 5 LÖPEZ(?}, REFRANES 240. NUNEZ 1,349. Quien mucho mira, poco hila Wer viel Ausschau hält ... NUNEZ 111,292.

4.1.2.3. s. Inhaltsübersicht 4.2. Die Folge heimlichen Spinnens ist die Aufdeckung des Gesponnenen 4.2.1. Allg. 27 Dt. Nun kumbt an dy sunnen, Was du dein tag hast gespunnen Nun kommt an die Sonne, was du dein Leben lang gesponnen hast SUSANNA 270 {= FASTNACHTSP. IV, 240,27). -» LICHT 84, Vgl. DIEB 11.1., DUNKEL 4., ERDE 90, GEWINN 196, LICHT 8.1., LÜGEN 4.1., MORD 1., OFFEN 6.2.-6.3., SCHNEE 6., STUNDE 2.1.1., SÜNDE 92, 96, 101, 453, TAG 2.3.1., 2.3.3., UNRECHT 3., VERBERGEN 2.-3., WISSEN 9.2., ZEIT 3.1.2.6.

4.2.2. Spez. 4.2.2.1. Was übel gesponnen ist, kommt zuletzt an die Sonne6 28 Engl. Euere comep out vuel spönnen wolle, böte if me hit wipinne forbrenne Immer kommt übel gesponnene Wolle an den Tag, ausser wenn man sie inzwischen verbrennt 29 HENDING 1,35. Euyl spunnun $erne comyth euyll oute Übel Gesponnenes kommt 30 gerne übel an den Tag DOUCE (MS. 52) 31. /// span weft ay comes foule out Übel 31 gesponnenes Gewebe kommt immer an den Tag TOWNELEY PLAYS 2,435. /// spon weft, Iwys, ay commys foull owte Übel gesponnenes Gewebe kommt sicherlich immer 32 an den Tag EBD. 13,586. For jerne pat euylle spone, Euylle it comes out at pe laste Denn gerne kommt das, was übel gesponnen ist, zuletzt an den Tag WISE MAN B 7. 33 Dt. Wie man den spricht: Unrecht gespunnen Das kompt zu seiner zeit ant sunnen Wie man denn sagt: „Was unrecht gesponnen worden ist, das kommt zu seiner Zeit an die Sonne" SACHS VIII, 78,33 (1549).

4.2.2.2. Nichts ist so fein gesponnen, dass es nicht zuletzt an die Sonne kommt 34 Dt. Nü wirf niht so klein gespunnen, Ez kome doch an die sunnen Nun wird nichts 35 so fein gesponnen, dass es nicht zuletzt an die Sonne kommt OTTOKAR 76890. As

SPINNEN

36 37 38 39

40 41 42 43 44

74

spricht das sprich wort: „Es wert nit aso klein gispunen, Es kumt zum leztn an di sun" Wie das Sprichwort sagt: „Es wird nichts so fein gesponnen, dass es nicht zuletzt an die Sonne kommt" ARTUSHOF 90,17. Nie wart so klein gespunnen, Ez kaem etswenn ze sunnen Nie ist (etwas) so fein gesponnen worden, dass es nicht endlich an die Sonne käme BONER 49,55, Es wart so klain nit gesponnen, es kam an die sonnen Nichts ist so fein gesponnen worden, dass es nicht an die Sonne käme PRAG 47. £55 wirt selten so kleyn gespunnen, es kumet an dye sunnen Es wird selten (etwas) so fein gesponnen, dass es nicht an die Sonne kommt SCHWABACH 24. Nil modice fusum quin solis detur ad vsum. — Ez wart nie so klein gespunnen oder es kompt an die sunnen Nichts ist so fein gesponnen, dass es nicht an die Sonne kommt. — Es ist nie (etwas) so fein gesponnen worden, dass es nicht an die Sonne kommt BASL. Hss. A IX. 2 Bl. 110 (M. 15. Jh.). Is wert nimmer also cleyne gespunnen, Es kummet io an dy zonne Es wird nie (etwas) so fein gesponnen, dass es nicht irgendeinmal an die Sonne kommt PROV. FRID. 235. Es ward nie so klein gespunnen, es kam an die sonnen Es ist nie (etwas) so fein gesponnen worden, dass es nicht an die Sonne kam AGRICOLA Vorr. S. 6,24. Denn es ward noch nye so kleyn gespunnen, es kam an die Sunnen Denn es ist noch nie (etwas) ... EBD. Nr. 459. Es wird nicht so klein gespunnen, es kompt an die sonnen Es wird nichts so fein gesponnen, dass es nicht an die Sonne kommt FRANCK II, 133 v. Es wirt nicht so klein gesponnen, Es kommt endtlich an die Sonnen ... dass es nicht endlich an die Sonne kommt EGENOLFF 137 r.

5. Verschiedenes 45 Fr. Pense ung chascun au fil qu'il a fille Jeder denke an den Faden, den er gesponnen hat LEROUX, CHANTS HIST. 23,9 (1465/6). 46 S p a n . Este lugar no fila delgado, sino gordo mal filado Diese Ortschaft spinnt nicht 47 feines, sondern grobes und schlechtes Gespinst LOPEZ(?), REFRANES 313. Aunque no hiledes escarmenaredes Wenn ihr auch nicht spinnt, werdet ihr doch Hanf brechen 7 48 NUNEZ 1,142. Duena que de alto hila, de alto se remira Die Frau, welche von oben 8 49 spinnt, beschaut sich (stolz) von oben 9 EBD. 1,351. Hilar, hilar, y echar en el muladar 50 Spinnen, spinnen und dann auf den Misthaufen werfen 10 EBD. II, 185. Huelgome un poco, mas hilo mi copo Ich ruhe mich ein wenig aus, aber ich spinne meine Wolle EBD. 11,205. 51 Dt. Dy vil gespann trug y luczl an. — Nudam se tenet hec que mulier net Diejenige, welche vie! gesponnen hat, hat (noch) immer wenig getragen. — Die Frau, welche 52, 53 spinnt, zeigt sich nackt 11 FREIDANK LAT. (GRAZ) 7. Er hat auffgespunnen (zu Ende gesponnen) FRANCK 1,42 v. EGENOLFF 302v (vgL FEIERABEND 4., ROCKEN 5.).

V.M. Anmerkungen 1

Nach der Erklärung bei Nunez will derjenige auch spinnen, der das mühsame Zurichten des Flachses hinter sich gebracht hat. 2 Nach CORREAS 133 nimmt die Wolle Feuchtigkeit auf und erzielt so ein höheres Gewicht. 3 Etwas gesucht ist die Erklärung bei CORREAS 21: Tendidas las telas a kurar Wenn das Gewobene erst zum Bleichen ausgelegt ist. 4 Dazu SBARBI l, 146: Do ay gastadores: no bastan a proueer lo necessarto, muckos adqmridores Wo es Verschwender gibt, reichen viele Erwerbet nicht hin, um für das Notwendige zu sorgen. 5 Dazu SZAHEI l>96: E! que se aerrama en muchas cosas poco fruto saca de ellas Wer sich vielen Dingen zuwendet, zieht wenig Gewinn daraus. Vgl. auch REFRANERO 184: Va contra las mujeres ventaneras Richtet sich gegen die Frauen, die sich oft am Fenster zeigen. * Vgl. WHITING W 571.

75 7 s 9 10 11

SPITAL Nünez fügt hinzu: Que si uno no es bueno para un oficio seralo para otro Denn wenn einer nicht geeignet ist für eine Aufgabe, wird er es für eine andere sein. Auf einem hohen Haufen, der nach viel Arbeit aussieht? Vgl. dazu REFRANERO 183: Se dice f>or las mujeres que pre&umen de ser muy laboriosas Sagt man hinsichtlich der Frauen, die vorgeben, sehr arbeitsam zu sein. Nach CORREAS 589 von der schlechten Spinnerin gesagt. Sinn vermutlich: Die fleissige Frau sorgt für sich selbst schlecht (zuletzt).

SPINNENGEWEBE s. SPINNE SPINNENNETZ s. SPINNE SPINNROCKEN s. ROCKEN SPINNWEBE s. SPINNE

SPITAL / höpital / hospital 1. Das Spital ist nicht für die Gänse gebaut (l —2) 2. Auch im (gleichen) Spital krank liegen (gewesen sein) (3 — 5) 3. Vereinzeit (6)

1. Das Spital ist nicht für die Gänse gebaut 1 Dt. Auch ist der spital den genßn nit baut Auch ist (ja) das Spital nicht für die Gänse 2 gebaut SACHS 111,35,10 (1538?). Der spital sey den gänsn nit bawen Das Spital sei nicht für die Gänse gebaut EBD. XVII, 150,3 (1554). 2. Auch im (gleichen) Spital krank liegen {gewesen sein) 2 3.4 Dt, In eodent ualetudinario iacui. — ich bin auch in der sucht kranck gelegen. Ich bin auch in dem spital gewesen {EGENOLFF; Spital kranck gewesen) Ich bin in demselben Spital gelegen. — Ich bin auch an der(selben) Krankheit krank darniedergelegen. Ich bin auch in dem(selben) Spital (krank) gewesen FRANCK II, 84 r. EGENOLFF 85 r. 5 Des förchtn die pawren noch ir tück Und mein, die mülner all zu mal Liegen auch kranck in dem spittal Daher fürchten die Bauern noch ihre Tücke und meinen, die Muller lägen auch stets krank in dem(selben) Spital SACHS IX,453,17 (1559). 3. Vereinzelt 6 S p a n . Agua de. cepas y orinal te pornän en el hospital Rebenwasser und Uringlas 3 werden dich ins Spital bringen NUNEZ 1,31 (vgl. PROZESS 8).

V.M. Anmerkungen 1 2

3

Denn die Gänse werden nicht gebrechlich, weil man sie vorher schlachtet. Vgl. GRIMM, DWß. X.l,2558. In der gleichen schlimmen Lage sein, mit der gleichen Krankheit oder dem gleichen Fehler behaftet sein. Vgl. GRIMM, DWß. X.l,2558. Nach Com bet (Anm, in CORREAS 21. 65. 448. 489) könnte orinal auch als ,Arzt' interpretiert werden. Die Bed. ,Arzt' ist allerdings kaum belegt. Vgl. auch Anm. l bei PROZESS.

SPITZBUBE

76

SPITZBUBE s. SCHURKE SPITZE — DORN l -2, 4, 11, MESSER l

SPITZENKLÖPPLERIN / denteliiere / lacemaker i Span. La muger alvendera, los disantos hilandera Die Spitzenklöpplerin ist an Feiertagen Spinnerin 1 NUNEZ 11,263 {vgl, WEBEN 9).

V.M. Anmerkung 1

Nach AUTORIDADES s, v. albendera bezeichnet dieses Wort übertr. eine arbeitsscheue Frau, die dauernd ausser Hause ist und den Neuigkeiten nachgeht. Auf dieser Doppelbed. basieren die beiden Interpretationen des Sprw, Einerseits kann das Sprw. besagen, dass arbeitsame Frauen auch an Feiertagen arbeiten, andererseits kann es auch bedeuten, dass arbeitsscheue Frauen mit sonntäglichem Spinnen ein Übermass an Arbeit vorschützen.

SPLITTER s. SPAN

SPORN / eperon / spur Hier auch SPORNEN 1. Der Sporn ist für Feige mehr wert als Waffen (i—3) 2. Der Bauer kennt den Wert der Sporen nicht -* BAUER 8.2.4. 3. Der Sporn zwingt das Pferd {noch schneller) zu laufen — PFERD 96-W5, 107-109 4. Jedes Pferd, das gute und das schlechte, braucht die Sporen —* PFERD 4.3. 5. Das willige (schnelle) Pferd braucht keine Sporen — PFERD 82, 84-89. Vgl. PFERD 90 6. Verschiedenes (4-10)

l. Der Sporn ist für Feige mehr wert als Waffen 1 Pro v. Mais uos ualgron qe la lanza Li esperon zo auc dire „Mehr nützten euch die Sporen als die Lanzen", das höre ich sagen FOLQUET DE ROMANS (+ ARCHIV 34,412). 2 Los esperos, Que mats Van valgut a sasos Que lanza nt branz Die Sporen, die ihm bisweilen mehr nützten als Lanze oder Schwert LANTELMET DE L'AIGUILLO (+REVUE DES LANG LIES ROMANES 25, 233, 26).

3 N o r d . > sagdi bann pat sem margir hava siöan sannat. at eckt iarn var iamdrottinhotlt sem spori Dann sagte er, was viele seither bestätigt haben, dass kein Eisen seinem Herrn gleich treu gewesen sei wie der Sporn PIDREKS SAGA 116 (= JONSSON, ARKIV 383. JONSSON 157).

2.—5. s. Inhaltsübersicht 6. Verschiedenes 4 Fr. Encor nest fet lesperon, e ia en pet lasne. — Harret calcar equa tormenta necis quasi dirae, Ac, dum fit calcar, bumbos equa cogit abire Der Sporn ist noch nicht

77

5

6

7 8

9.10

SPOTT

gemacht, und schon furzt der Esel deswegen. — Die Stute erschrickt vor dem Sporn wie vor den Qualen eines grässlichen Todes, und wenn der Sporn noch angefertigt wird, lässt sie schon Fürze entwischen ZACHER 249 {= MORAW. 639), A l'esperon coitiez la vote, nan au mangier Mit dem Sporn beschleunigt ihr die Reise, nicht mir dem Essen MORAW. 65. N o r d . Nata vi brume calcaria scurra resume. Nudipes ibi$ eques? te dignus (lies: dignis] cum potes eques. — l frost oc kuld kende kerling sin s0n at spende. Spore paa ben Tag gaat men dtv kant fronge (lies: fonge] Sobald die Winter kälte begonnen hat, Possenreisser, schnalle die Sporen wieder an! Willst du barfuss gehen als Ritter? Geselle dich zu den Würdigen, wann immer du kannst! — Bei Frost und Kälte fordert die alte Frau ihren Sohn auf, die Sporen an die Füsse zu schnallen. Nimm das Gute, wenn du es fangen kannst! r LÄLE 634 Var. Eng l. For habit maketh no monk; ne weringe of gute spurres maketh no knight Denn das Kleid macht den Mönch nicht aus, noch macht das Tragen von goldenen Sporen den Ritter aus USK, TEST. OF LOVE 2, , 121 (= KLEID J52}.2 ys hard to pryke a-gayns the spore Es ist schwer, sich gegen den Sporn aufzulehnen DIGBY PLAYS 34,184 (vgi. STACHEL 3., STECHEN 1.3.). Dt. Laß yhm die sporen vertrieffen Lass ihm die Sporen trocken werden!3 AGRJCOLA Nr. 449. EGENOLFF 193 r.

V.M. Anmerkungen 1

2 3

Ebenso widersinnig wie bei LÄLE 1123, wo die Alte den Sohn auffordert, Kleider zum Schutz gegen die Warme anzuziehen, verlangt sie hier von ihm, sich durch das Tragen von Sporen gegen die Kälte zu schützen (vgl. die Anm. der Ausg.). Zugleich drückt sie damit aber auch aus, dass sich ihr Sohn durch das Anlegen von Sporen, die als Symbol des Adels und der Ritterwürde galten, den Rittern gleichmache und sich so der Not entziehe. Vgl. dazu die Sprw,: Die Sporen machen den Ritter nicht aus (= SPORN 7); RÖHRICH 11,981 bf. Vgl. HASSELLC223. Ihn warten lassen, bis die Sporen trocken geworden sind. Vgl. GRIMM, DWe. XILl,1999f.

SPORNEN s. SPORN

SPOTT / raillerie / mockery Hier auch AUSLACHEN, GESPÖTT, LUSTIG MACHEN (sich), SPOTTEN, SPÖTTER, VERHÖHNEN, VERLACHEN, VERSPOTTEN Vgl. SCHERZ, SPIEL 1. Spott und Schaden {Schande) 1.1. Den Schaden (Die Schande) und dazu (danach) den Spott haben {1-55}. —* HAND 375 1.2. Den Spott und (dazu) den Schaden (die Schande) haben (56-66) 1.3. Der Spott ist nach (nebst) dem Schaden schlimm und schmerzhaft (67-70). Vgl. unten 2.1. 1.4. Der Spott ist schlimmer (schmerzhafter) als der Schaden (71 — 73) 1.5. Der Spott ist weniger schlimm als der Schaden (74 — 75) 1.6. Der Spott bringt Schande (Schaden) (76). Vgl. unten 4.3.3. 2. Schmerzhafte Wirkung von Spott 2.1. Allg. {77-79. Vgl. 75). Vgl. oben 1.3. 2.2. Spez.: Für den Armen ist der Spott schlimmer als sein Leid —* ARM (Adj.) 27J—272, 274

SPOTT

78

3. Unangebrachtheit und Nichtswürdigkeit von Spott 3.1. Allg. 3.1.1. Spott ist Gott verhasst (80-81) 3.1.2. Man spotte nicht über einen ändern (82 — 90) 3.2. Spez. 3.2.1. Man spotte nicht über Fremde und Reisende (91 —93,f 3.2.2. Man spotte nicht über Gelehrte — LACHEN 6.1.2.3. 3.2.3. Man spotte nicht über alte Leute —* ALT 5.4. 3.2.4. Man spotte nicht über die Armen —* ARM (Adj.) 7,1.2, 3.2.5. Man treibe keinen Spott mit Gott — GOTT 96-97, 100-101, 103, 106 3.2.6. Man treibe keinen Spott mit der Wahrheit — WAHR 186-187. Vgl, WAHR 7.1.-7.2. 3.2.7. Vereinzelt (94) 4. Wesen und Schicksal des Spötters 4.1. Der Spötter ist schlechter als der Verspottete (95—96) 4.2. Der Spötter ist die Ursache von Spott und Hader (97—99) 4.3. Der Spötter kommt nicht ungeschoren davon 4.3.1. Des Spötters Haus brennt auch (100-103) 4.3.2. Der Spötter wird selbst verspottet werden (104-125). Vgl. ÄFFEN L, GLEICH S., HÖREN 2.4,, NARR 1121, SCHERZ 1.3., SPIEL 192, WORT 19.4., 30.2., 33.16. 4.3.3. Der Spötter hat oft (selbst) Strafe und Schaden zu gewärtigen (126-129). Vgl. oben 1.6. 5. Neigung und Bereitschaft zu Spott 5.1. Es ist schwer, kein Spottgedicht zu schreiben (130—131) 5.2. Der Tor ist immer bereit, über andere zu spotten (132 — 133) 5.3. Der Uneinsichtige spottet stets, der Einsichtige nie (134-136). Vgl. ANDER 1.3.2.5., RICHTEN 12.2., SCHELTEN 5.1., SCHLECHT 5.4., SÜNDE 7.2., TUN 23.8., VERLEUMDEN 4. 5.4. Wer keinen Grund dazu hat, verspottet den ändern — KRÜPPEL 4, 7, OFEN 41, 43, SCHÜRHAKEN , TAUB 45 6. Gegenstand und Ziel des Spottes 6.1. Wer sich nicht vorher bedenkt, wird zum Spott— GEDANKE 128S REITEN l 6.2. Wer aus dem Mass strebt, wird zum Spott —* MASS (Massigkeit) 280—281 6.3. Wer hochmütig ist, wird zum Spott — ARM (Adj.) 706, HOCHMUT 133 6.4. Wer arm ist oder einen Verlust hat, wird verspottet -» ARM (Adj.) 212, VERLIEREN 31. Vgl. MISSERFOLG 1. 6.5. Wer neunzigjährig ist, ist der Kinder Spott —* JAHR 5.1. 7. Dauer von Spott (137-138) 8. Bedeutungslosigkeit von Spott (139-142) 9. Verhalten gegenüber einem Spötter 9.1. Man soll den Spötter vertreiben s. oben 4.2. 9.2. Man soll den Spötter nicht tadeln, züchtigen und verspotten (143 — 150) 10. Verschiedenes (l51 -l53}

1 2 3 4

1. Spott und Schaden (Schande) 1.1. Den Schaden (Die Schande) und dazu (danach) den Spott haben It. Chi ha el mal si ha le scherme (lies mit Mussafla, ROMANIA 15,128: schernie} Wer den Schaden hat, hat den Spott GEREMIA DA MONTAGNONE 163. E seguigltene U danno e col danno le beffe Und er hatte davon den Schaden und mit dem Schaden den Spott DUE NOV. AG G. 69. Dt. Der schadehafte erwarb ie spot, Saelden pflihtaere dem half got Wer Schaden hatte, dem wurde immer Spott zuteil. Wer Anteil am Glück hatte, dem half Gott WOLFRAM v. ESCHENBACH, PARZIVAL 289,11 (= GLÜCK 532). Si wetten spotten min dar

79

SPOTT

zuo, Daz st mir schaden bänt getan Sie wollen dazu, dass sie mir Schaden zugefügt

5 haben, noch über mich spotten KONR. v. WÜRZBURG, TRGJ. KR. 26556, Ist ein altes sprich wort Als ir dicke hant gehört Schade der het gerne spot Es ist ein altes Sprichwort, wie ihr es oft gehört habt: „Schaden, der erfährt oft Spott" HUGO v. LANGEN6 STEIN 63,89. Spot nach schaden hoeret Spott gehört zum Schaden APPET, RITTER 7 UNTERM ZUBER 311 (+HAGEN, G A 41). Daz er hab schaden unde spot BONER 18, 34. 8. 9 Nach schaden folget spotten JOH. v. SAAZ 13,1. Also musten dy knaben Den spot zu schaden haben So mussten die Burschen den Spott zum Schaden haben BEHEIM, BUCH 10 v. D. WIENERN 99,19. Und heften auch darumb biüich den spot mitsambt dem schaden Und sie hatten darum auch mit Recht den Spott mit dem Schaden TRISTRANT UND i l ISALDE 12,8. Damna solent homines data reddere prouidiores Hec aliquando solet illico sanna sequi. — Eyner win klug mit seynem schaden Der schaden hat muß auch das gespoett tragen Der Schaden, der ihnen zuteil geworden ist, pflegt die Leute vorsichtiger zu machen. Diesem pflegt bisweilen auf der Stelle Spott zufolgen. - ... Wer Scha12 den hat, muss auch den Spott ertragen FABRI B l r. So muß er femer alle fr ist Ze dem schaden ban den spot So muss er stets zu jeder Zeit zum Schaden den Spott haben 13 LIEDERSAAL 39,110. Men de schaden krycht, de derffvor den spot nicht sorgen Aber wer Schaden erleidet, braucht für Spott nicht zu sorgen REINKE Vos GL 1,32 S. 100. 14 Mannygem na deme schaden vnde na der schände spot mede volget Manchem folgt 15 nach dem Schaden und der Schande zugleich Spott EBD. GL 4,2,3 S. 204.

So must

16 (musste) er spott zum schaden tragen KELLER, ERZ. 109,23. Ich muesi den spot zum schadn haben Ich musste den Spott zum Schaden haben RABER, RECKENSPIEL 98 (1511 i? [* GERM 22,422]}. Der hat zu dem schaden den spot SACHS 111,410,15(1515). is Wer den schaden hat, darff fur spot nick ... braucht für Spott nicht (zu sorgen} 19 LUTHER 245. So muß denn der Verleger den (Ausg.: verlegenden) spott zum schaden haben So rnuss denn derjenige, der für die Kosten aufkommt, den Spott zum Schaden

20-22 23. 24 25 26.27 28, 29

haben AGRICOLA Nr. 73. Den spott zum schaden haben EBD. Nr. 119. SACHS XXII, 263,35 (1542}. EGENOLFF 75 r. ... wenn er den spot maß zum schaden haben AGRICOLA Nr. 305. EGENOLFF 165 r. Zum schaden best (hast du) den spot SACHS 111,140,4 (1537). Zu letzst den spot zum schaden haben müssen FRANCK 1,111 v. EGENOLFF 346 v. Sonst muß er den spot zum schaden haben FRANCK II, 163 r. EGE-

30 NOLFF 209r.

Und hat das gspött denn zu dem schaden Und hat dann das Gespött ...

31 SACHS IX, 33,35 (1544}. Das zum schaden im spot erwachs! Dass ihm zum Schaden 32 Spott erwachse EBD. IX,45, 35 (1545). Wolst mein erst zu meim schaden spotten? Möchtest du zu meinem Schaden hinzu auch noch über mich spotten? EBD. IX, 58,7 33. 34 (1550). Must (Musste) den spot zu dem schaden han EBD. IX, 283,16 (1556). Wolt ir zum schadn mit spot uns honen Wollt ihr uns zum Schaden hinzu mit Spott verhöb35.36 nen? EBD. XX, 259,21 (1556). Heften (Sie hatten) zu dem schaden den spot EBD. 37 V, 108,13 (1557). IX,469,12 (1559). Der muß den spodt zum schaden haben EBD. 38.39 XIII, 263,6 (1557). Hat zum schaden den spott darzu EBD. VIII, 397,23 (1558). 40 Denn (Dann) hat er den spott zu dem schaden EBD. VIII, 445,16 (1558). Und lassen 41 im den spott zum schaden EBD. IX, 139,16 (1558). Des (Dafür) muß dir spot zum 42 schaden bleiben EBD. IX, 142,30 (1558). Denn (Dann) hat man zum schaden den 43 spot EBD. IX, 432,14 (1558). Zum schaden hat den spodt darzu Zum Schaden hat er 44 zudem noch den Spott EBD. XIII, 527,15 (1558). Ließ im denn (dann) den spot zu

45 dem schaden EBD. IX, 185,17 (1559). Und hat den spot denn (dann) zu dem schaden 46 EBD. IX,204,15 (1559). Und hat auch darzu schand und spot EBD. IX,473,18 47. 48 (1559). So hett (hat er) zu dem schaden den spott EBD. XVII,242,7 (1562). Der sein auch noch spott zu dem schaden Der über ihn zu dem Schaden hinzu auch noch 49 spottet EBD. XVII,458,10 (1562). Müssen den spot zum schaden haben EBD.

SPOTT 50. 51 52 53 54 55

80

XVIII, 46,3 (1562). Und hat auch den spot zu dem schaden EBD. XIX, 55,32 (1562). ... dass er ... den spot zu dem schaden hab EBD. XVII, 321,20 (1563). Den schaden und den spot darzu EBD. XVII, 373,16 (1563). Erst must ern spot zum schaden haben Zum Schaden musste er auch noch den Spott haben EBD. XVII,393,6 {1563}. Ich muß den spott zum schaden han ZIMMER. CHRON. IV, 231,45. ... Daß im nit spot zum schaden wachs SACHS XXI, 318,26 (1567). — HAND 375

1.2. Den Spott und (dazu) den Schaden (die Schande) haben 56 MIat. Dicunt nostri: Habeat damnum cum sanna Unsere Leute sagen: „Er soll den 57 Schaden mit dem Spott haben" BEBEL, PROV. GERM. 234. (Ut diet solet veteri proverbio) risum passus est et damnum Wie man in einem alten Sprichwort zu sagen pflegt: „Er erfuhr den Spott und den Schaden" BEBEL, FAC. 2,59. 58 It. Egli ha !a beffe e danno Er hat den Spott und den Schaden SAVIOZZO {* POESIE MINORI 64).

59 N o r d . Dampno concinnus consueuerat esse cachinnus. — Spoth oc skade feiges gernce ath Spott pflegte mit dem Schaden verbunden zu sein. — Spott und Schaden gehen gerne zusammen LALE 222, 60. 6i Dt. Der hat den spot und auch den schaden BONER 69,8. Sust do musten si den spot und den schaden haben So aber mussten sie ... JUSTINGER, BERNER CHRON. 277 62 S. 174,10. Dar vsz Im spott imd schad entstat Daraus erwächst ihm Spott und Scha63 den BRANT, NARRENSCHIFF 58,28. So habt euch den spot und schand darzu! So habt 64 für euch den Spott und dazu die Schande! FASTNACHTSP. 179,6. Den spot unnd scha65 den ivil ich han FOLZ 41,12. Der hat den schaden zu dem spodt SACHS XIV, 16,11 66 (1518). Daß du zu dem spot babst den schaden EBD. XVII, 182,6 (1554).

1.3. Der Spott ist nach (nebst) dem Schaden schlimm und schmerzhaft 67. 68 Dt. Spot tuot nach dem schaden we HEINR. v. D. TÜRLIN 1762. Dampnum cut cedit, magis hunc derisio ledit. — Spot tuot nach schaden we Mehr verletzt den der 69 Spott, dem Schaden zuteil wird. - ... FREIDANK S.241 (Hs. Stettin S.242b). Ich han hören sagen ee Spott der tue nach schaden we Ich habe früher sagen hören, Spott tue 70 nach dem Schaden weh HEINR. v. NEUSTADT, APOLLONIUS 19217. Schade und schimpf ist boese Schaden und Spott ist schlimm REIHER 247 (+ HAGEN, GA 31). Vgl. unten 2.1.

1.4. Der Spott ist schlimmer (schmerzhafter) als der Schaden 71 It. Peggio e lo strazio, al mio par er, ehe danno Schlimmer ist meines Erachtens der 72 Spott als der Schaden PETRARCA 4 Ganz. 4,5,4 (S. 439). Peggio beffa ehe il danno Der Spott (ist) schlimmer als der Schaden ARETIN, GARTE 166. 73 Dt. Das gespött tut wirs (schmerzt mehr) [als die schlage] PRAG 78.

1.5. Der Spott ist weniger schlimm als der Schaden 74 Dt. So daz dir tut der schad wirs Denn der spot So dass dir der Schaden mehr weh 75 tut als der Spott SAELDEN HORT 4117. Der groze spot dut mir vil we, Do muwet mich der schade me Der grosse Spott tut mir sehr weh, doch der Schaden bedrückt mich mehr ST, GALLER SPIEL VOM LEBEN JESU 731 (vgl. unten 2.1.). 1.6. Der Spott bringt Schande (Schaden) 76 Dt. Swer inte selbe kaufet spot, der muoz die schände han Wer sich selbst Spott einhandelt, muss die Schande haben ROSENGARTEN A XVII, 379,4. Vgl. unten 4.3.3.

81

SPOTT

2. Schmerzhafte Wirkung von Spott 2.1. AUg. 77 Dt. Sun, merke rehte, wie der rot Daz isen viulet und den stäl: Also tuot unbescheiden spot Des mannes herze sunder twäl Mein Sohn, merke wohl: Wie der Rost das Eisen und den Stahl zugrunde richtet, so macht es ungebührlicher Spott ohne Verzug mit dem 78 Herzen des Menschen WINSBEKE 27,1. Schade schimpf ist dicke leit Und lasterlichiu wärheit Schädlicher Sport ist oft schmerzhaft und schimpfliche Wahrheit (ebenso) FREI79 DANK 121,4. Bespottinge van achter tö doet einem we. — Posticae roseo sannae plus vulnere laedunt Verspottung hinter dem Rücken tut einem weh. — Spott hinter dem Rücken tut mehr weh als eine blutrote Wunde TUNNICIUS 278. Vgl. oben 1.3., 75

2.2. s. Inhaltsübersicht 3. Unangebrachtheit und Nichtswürdigkeit von Spott 3.1. AUg. 3.1.1. Spott ist Gott verhasst 80 Dt. Boesen schimpf den bazzet got Schlimmen Spott, den hasst Gott OTTO, ERACLIUS 81 1461 (vgl, SCHERZ 7). Brüder, läzet disen spot Durch unsern üben herren got! Schtmph, der ist gote leit Bruder, lasst diesen Spott um unseres lieben Herrgotts willen! Spott, der ist Gott verhasst FELIX 165.

3.1.2. Man spotte nicht über einen ändern 82 La t. Alterius factum ac (Van: aut] dictum nee carpseris vnquam, Exemplo simtlt ne te derideat alter Verspotte nie die Tat und (oder) die Rede eines ändern, damit dich nicht der andere auf die gleiche Weise verspottet! PS. CATO, DIST, 3,8, 83 Mlat. Nultum dicentem reprehendas uel fadentem, Ne similes risus alius stt reddere nisus Tadle keinen, der (etwas) sagt oder tut, damit nicht ein anderer danach trachtet, (dir) das gleiche Gespött zukommen zu lassen! CATO NOVUS 169. 84 Fr. Vilenie est d'autrui gaber Et de prometre sanz doner Es ist eine Gemeinheit, über einen ändern zu spotten und (etwas) zu versprechen, ohne (es) zu geben CRESTIEN, 85 PERCEVAL 1017. Ne vous travilltes jai d'escharnir atru fait ne atru dit que vos me'ismes ne soieis escharnis, ensi con vous escharnixies atrui Bemüht Euch, nie eines ändern Tat und eines ändern Rede zu verspotten, damit Ihr selbst nicht so verspottet werdet, wie 86 Ihr die ändern verspottet habt! CATO LOTHR. 107. Garde que n'aler mesprisant La povre gent et de$pi$santf Que nuns boms gaber ne te putse; Tu en auroies grant angoisse Schau zu, dass du die armen Menschen weder missachtest noch verspottest, damit dich niemand verspotten kann; du würdest deswegen in grosse Bedrängnis geraten! ADAM DE SUEL, CATO 529. 87 Nord. At augabragöi skala maör annan hafa, frott til kynnis kamt Man behandle den ändern nicht mit Spott, auch dann nicht, wenn er zum Gastmahl kommt! HÄVAMÄL 88 30,1. Eigi skalt hltzja, Ef vilt horskr vera At annars oforum; freir opt hefnaz, Er hlegnir ro; Ok gjalda liku likt Du sollst, wenn du klug sein willst, nicht über das Unheil eines ändern lachen. Oft rächen sich die, welche verspottet werden, und vergelten Gleiches mit Gleichem HUGSVINNSMÄL 94. 89 Eng l. Alterius dictum aut factum ne carpseris unquam, Exemplo simuli ne te derideat alter, — Autri dyt ne fet Ne voylles par nuil plet Reprendre ne blamer; Kar si autre de tey Le face en dreyt de cey, U te veut peiser. — Opur monnes word ne werk Loke pat bou ne blamef Pat he ne mouwe in such a caas Scorne pe hi pe same Übers, wie 82. —

SPOTT

82

Du sollst in keiner Weise Rede und Tat eines ändern tadeln und rügen; denn wenn dir ein anderer deswegen das antun würde, wäre es dir lästig. — Schau zu, dass du weder die Rede noch die Tat eines ändern Menschen tadelst, damit er in einem solchen Falle dich nicht beim Gleichen verspotte! VERNON MS. 50,433, 90 Dt. Alterius dictum aut factum ne carpseris vmquam Exemplo simili ne te derideat alter, — Du salt mit keynem vngeiympen Eyns ändern tat nicht vorschympen E daz dich eyn sulchir seyn Eyn andir effe als du en Übers, wie 82. — Du sollst mit keinem unangemessenen Spott die Tat eines ändern verhöhnen, damit dich nicht einmal ein anderer glekhermassen lächerlich macht wie du ihn CATO OMD. (ZroA 72) 87,

3.2. Spez. 3,2.1, Man spotte nicht über Fremde und Reisende 91 Nord. At hadi ne hlatri hafÖu aldregt Gest ne ganganda Du sollst keinen Fremden 92 noch Reisenden verhöhnen und verlachen HÄVAMÄL 132,5. Ovitrligt bragö at spotta okunna menn Es ist eine unkluge Handlungsweise, unbekannte Leute zu verspotten 93 VIGA-GLUMS SAGA 5,27. Okunna menn Ne olmusur Skalt at blatri hafa Unbekannte Leute und Bettier sollst du nicht auslachen HUGSVINNSMÄL 14,1.

3.2,2.—3.2.6. s. Inhaltsübersicht 3.2.7. Vereinzelt 94 Nord. O cvrte-istict er at spotta pann mann, er sitr i iarnvm Es entspricht nicht höfischer Sitte, den Mann zu verspotten, der in Eisenketten sitzt FLOVENTS SAGA I 22 S. 153,39.

4. Wesen und Schicksal des Spötters 4.1. Der Spötter ist schlechter als der Verspottete 9j Ml a t. Sunt detractor es dectractis deter'tores. Sunt derisores densis deteriores Die Verleumder sind schlechter als die Verleumdeten. Die Spötter sind schlechter als die Verspotteten WERNER 2 S 212. 96 Dt. Sunt derisores derisis deteriores. — Dy da spotten der lent auf erden, Dye sint erger dann dy verspott werden ... — Diejenigen, die da die Menschen auf der Erde verspotten, sind ärger als jene, welche verspottet werden Qui VULT ORNARI 39.

4.2. Der Spötter ist die Ursache von Spott und Hader 97 Bibl. Eiice derisorem, et exibit cum eo iurgium, cessabuntque causae et contumeliae Treibe den Spötter hinaus, und mit ihm wird der Zank weichen und werden die Streitig98 keiten und Schmähungen aufhören! VULG., PROV. 22,10. Treibe den Spotter aus, so gehet der zanck weg, So höret auff hadder und schmach LUTHERBIBEL, SPR. 22,10. 99 Dt. Wann man eyn spotter tvürfft für tbür So kumbt mit /m, all spott kyn für Wenn man einen Spötter zur Tür hinauswirft, so geht mit ihm jeder Spott weg BRANT, NARRENSCHIFF 42,23.

4.3. Der Spötter kommt nicht ungeschoren davon 4.3.1. Des Spötters Haus brennt auch 100 Nord, Lar deridentis quandoque subest nocumentis. — Ther kommer off the ildh i spotterens hwss Das Haus des Spötters ist bisweilen dem Schaden unterworfen. — Oft kommt Schaden in das Haus des Spötters LALE 544.

83

SPOTT

101 Dt. Spotters hauss wirt prant auss Das Haus des Spötters wird niedergebrannt 102 SCHWABACH 11. Spatters haws entspornit ouch Des Spötters Haus gerät auch in 103 Brand PROV. FRID, 365, Des spottersz bauss mochte auch hörnen Des Spötters Haus könnte auch brennen EBD.

4.3.2. Der Spötter wird selbst verspottet werden 1 104 La t. Derisores deridentur Spötter werden verspottet ROMULUS 53 Prom. (Var. r. v.). i05. i06 Ml a t. Dendens alias, non inderisus abibis Wenn du andere verspottest, wirst du selbst nicht ohne Spott wegziehen GODEFR. VINT., CARM. 12 S. 105. WRIGHT, POL. SONGS 177,224. 107 Fr. Bien deit a eschar revertir Qui en toz tens en sent seruir Mit Recht muss der zum Gegenstand des Spottes werden, welcher sich dessen immer zu bedienen pflegt CONTE i 08 DU MANTEL 425. Mais tex gäbe a le fois autrui Que H gabois revient sour lui Aber manch einer verspottet bisweilen andere, auf den dann der Spott selbst zurückfallt 109 PHIL. DE REMI, J, ET BLONDE 2849. Et serra U escharnisour Escharni al chief de tour no Der Spötter wird schliesslich selbst verspottet werden COURTOISIE 168. Et tes d'autrui moquier s'atourne, Que sus Im meisme retourne Und manch einer schickt sich an, einen ändern zu verspotten, auf den dann (der Spott) selbst zurückfällt J. DE CONDE in II 299,11. Bien gabes est que gabes gäbe Mit Recht wird verspottet, wer Verspottete 112 verspottet ET. LEGRIS 109 {- MORAW. 257). Les mocqueurs sont tousjours mocquez Die Spötter werden immer verspottet G. ALEXIS III, 152,288 {Debat de l'omme mon113 dam). Car on ait que ä la fin les mocqueurs sont mocquez Denn man sagt, dass die Spötter am Ende selbst verspottet werden ANNE DE FRANCE 24 S. 90. 114 N o r d . Mer pykkir jafnskapnaör> at verki komi verka a mot Mir scheint es ganz in Ordnung zu sein, dass auf Spottverse hin (wieder) Spottverse kommen BJARNAR SAGA 115 23 S. 174. Deridens alium non inderisus abibit. — Hwo andhen spotther han bliffwer eil vspottheth Wer einen ändern verspottet, wird nicht ohne Spott wegziehen. — Wer einen ändern verspottet, bleibt nicht ohne Spott LÄLE 276. 116 Eng l. For it was said(e) sithen go ful yore, He thai reioishith to scorne folk in veyn, Whan he wer lothest shal scorned been ageyn Denn es ist seit sehr langer Zeit gesagt worden: „Wer Freude daran hat, die Leute grundlos zu verspotten, der wird seinerseits verspottet werden, wenn es ihm am wenigsten genehm ist" LYDGATE, FALL OF PRINCES n? 3,600. Qui me deridet non inderisus (Ausg.: inde risus) abibit. — He pat mokyt schall woji be owyn mokyt Wer mich verspottet, wird nicht ohne Spott wegziehen. - Wer 8 spottet, wird nicht unverspottet bleiben RAWL. ENGL. 81. Fore god scornys euer the scornouris Denn Gott verspottet immer die Spötter RATIS RAVING 2,137. 119 Dt. Ze spotte wirt vil gern der man, Der alztt nicht wan spotten kan Zum Spott wird 120 der sehr oft, welcher stets nur spotten kann BONER 36,39. Ez was ein Sprichwort manegen tac, swer gespotes gerne pflac, daz der ze gespote dihet Es gab lange ein Sprichwort, dass der, welcher gerne spottet, zum Gespött wird HEINR. D. TEICHNER 121 (KARAJAN) 31. Vil gern ez allenthalb[en] beschiht, Wer da Spottes niht enbirt, Daz er selb' ze spotte win Es geschieht überall sehr oft, dass der selbst zum Gespött wird, 122 welcher nicht auf Spott verzichtet HEINZ D. KELLNER 214 (+ HAGEN, GA 63). Pei rechter minn ist dir gepotten, Daz du niemants wellist spotten; Anders, swer ich dir pei goft, Sicherleich du wirst ze spott Bei der wahren Liebe ist dir geboten, niemanden zu verspotten, sonst, das schwöre ich dir bei Gott, wirst du mit Sicherheit zum Gespött 12J WITTENWILER, RING 4664. Und wer mit gespot umbgat, Der wirf ze spot an aller stat Und wer sich mit Spott abgibt, wird selbst überall zum Gespött VINTLER 9050. 124 Wer dez ändern spottet vil, Der wirt zue gespotte ane zyl Wer über den ändern viel 125 spottet, wird selbst ohne Ende zum Gespött KELLER, ERZ. 548,28, Ez wirt dicke der

SPOTT

84

spottaer Her nach ze spot und ze maer Der Spötter wird danach oft selbst zum Gespött und Gesprächsgegenstand CATO S. 131,109. Vgl. ÄFFEN 1., GLEICH 5., HÖREN 2.4., NARR 1121, SCHERZ I.3., SPIEL 192, WORT 19.4., 30.2., 33.16.

4.3.3. Der Spötter hat oft (selbst) Strafe und Schaden zu gewärtigen 326 Bibl. Parata sunt derisoribus indicia: et mallei percutientes stultorum corporibus Den Spöttern sind Strafgerichte bereitet und Hammerschläge den Leibern der Narren VULG., 127 PROV. 19,29 (= NARR 775). Den Spottern sind straffe bereitet, Vnd schlege auff der Narren rucken LUTHERBIBEL, SPR. 19,29 {= NARR 776). 128 It. Spesse volte ... avvenne ehe chi altrui $' e dt beffare ingegnato ... se colle beffe, e taholta col danno, s' e solo ritrovato Es isr oft geschehen, dass der, weicher sich bemühte, andere zu verspotten, sich selbst mit dem Spott und bisweilen mit dem Schaden allein fand Bocc,, DECAMERONE 2, l S. 23 a. 129 Dt. Wer der leut spott frü und spot, Der feilt gar gern selber ins kot Wer gerne früh und spät über die Leute spottet, fällt gar leicht selber in den Dreck ROSENPLÜT (-»FASTNACHTSP. 370,14). Vgl, oben 1.6.

5. Neigung und Bereitschaft zu Spott 5.1. Es ist schwer, kein Spottgedicht zu schreiben 130 La t. Difficile est saturam non scribere Es ist schwer, kein Spottgedicht zu schreiben luv., SAT. l, 30. 131 Mlat. Difficile nobis est satiram non scribere Es fällt uns schwer ... GUALT. CAST., CARM, II 4,4.

5.2. Der Tor ist immer bereit, über andere zu spotten 1.32 Mlat. Derident multi reliquos, sed sunt mage stulti Viele verspotten die ändern, aber sie sind selbst törichter WERNER 2 d71. 133 Dt. Toren spottent maneges man, Daz er niht wol erwenden kan; Und lachent sie nach toren site, So muoz er lachen allez mite, Daz er den spot vertribe Und äne zorn belibe Toren spotten über manchen, was dieser nicht gut abwenden kann, und wenn sie auf die Art der Toren lachen, rnuss er stets mitlachen, urn den Spott zu vertreiben und ohne Zorn zu bleiben FREIDANK 86,2.

5.3. Der Uneinsichtige spottet stets, der Einsichtige nie 134 Mi at. Non me deridet, qui sua facta videt Wer seine eigenen Taten wahrnimmt, ver135 spottet mich nicht WERNER 2 n 202. Qui me deridet, sua facta non bene videt Wer mich verspottet, nimmt seine eigenen Taten nicht richtig wahr HILL 105 b, 26. 136 Nord. Qui se spectaret me dictis non laceraret. - W/'/te hwer k&nne segh tha spottheth inghen megh Wer sich selbst betrachten würde, würde mich nicht mit Worten beleidigen. — Wollte jeder sich (selbst) kennen, dann wurde mich niemand verspotten LALE881.

Vgl. ANDER 1.3.2.5,, RICHTEN 12,2., SCHELTEN 5.1., SCHLECHT 5.4., SÜNDE 7.2., TUN 23.8., VERLEUMDEN 4.

5.4. —6. s. Inhaltsübersicht

85

SPOTT

7. Dauer von Spott 137 Fr. Tant raille on que plus on n'en rit So lange spottet man, bis man nicht mehr darüber lacht FR. VILLON, POES. DIV. 2,25. 138 Span. Burla con dano no cumpie el ano Spott mit Schaden dauert kein Jahr lang 2 NUNEZ 1,180. 8. Bedeutungslosigkeit von Spott 139 Span. Andeme yo caliente, na se la gente Werd' ich nur warm, so mögen die Leute spotten3 HALLER 245. 140-142 Dt. Spotter essen auch brot AGRICOLA Nr. 49. Nr. 356. DM must mich lang spotten (verspotten), biß du mir eyn ohr abspottest EBD. Nr. 356.

143 144 145 146

147 148 149 l so

9. Verhalten gegenüber einem Spötter 9.1. s. Inhaltsübersicht 9.2. Man soll den Spötter nicht tadeln, züchtigen und verspotten B i b l . Qui erudit derisorem, ipse iniuriam sibi facit Wer einen Spötter zurechtweist, zieht sich selber Unbill zu VULG., PROV. 9, 7. Wer den Spotter zuchtiget, der mus schände auff sich nemen LUTHERBIBEL, SPR. 9,7. Noli arguere derisorem, ne oderit te Beschuldige den Spötter nicht, damit er dich nicht hasst! VULG., PROV. 9,8. Straffe den Spotter nicht, er hasset dich Tadle den Spötrer nicht, sonst hasst er dich! LUTHERBIBEL, SPR. 9,8. Mlat. Qui erudit derisorem, ipse facit sibi injuriam Übers, wie 143 OTLOH., PROV. 326 D. Noli arguere derisorem, ne oderit te! Übers, wie 145 SAL. ET MARC. 77 a. Pro v. Escarnidors en son azir T' aura, si-1 voles escarnir Der Spötter wird dich hassen, wenn du ihn verspotten willst LEYS HI, 272. Dt. Nit enbeschilt den spotter e; anders er wirt dich hazzen sere Tadle den Spötter nicht, sonst wird er dich sehr hassen! SAL. u. MARK. 394.

10. Verschiedenes J5i N o r d . Vaigia rarescit cum publica vita solescit. — Hoo som leffwer som flcesth hanum spotter f&rsth Die spöttische Grimasse wird selten, wenn man sich an das öffentliche Leben anpasst. — Wer lebt wie die meisten, den verspotten die wenigsten LÄLE 1107. 152 Dt. Man soll sein nit spotten, alleyn mit wortten Man soll über ihn nicht spotten, 153 (und wenn, dann) nur mit Worten4 AGRICOLA Nr. 47. Ey thuts yhm nicht, er hat brief daß man sein nicht spotten sol Ei, tut es ihm nicht an. Er hat eine Bescheinigung, dass man über ihn nicht spotten soll5 EBD. Nr. 48. V.M. Anmerkungen 1

Vgl. HASSELL M180. M181; WHITING M 612. S 92. S 94.

2

Bedeutet nach AUTORIDADES s. v. burla, dass derjenige, der ändern einen üblen Streich spielt, nicht lange ungestraft bleibt. D.h., wenn es mir gutgeht, können die Leute denken und sagen, was sie wollen. Man soll also über ihn spotten, da ja nur mit Worten gespottet wird. Aber auch das nützt ihm nichts; denn es gibt nichts, was einen vom Spott befreit, auch wenn man sich noch so sehr bemüht.

3 4 5

SPOTTEN

86

SPOTTEN s. SPOTT SPÖTTER s. SPOTT SPRACHE s. WORT SPRACHLOS s. WORT SPRECHEN s. WORT SPRECHER s. WORT SPRENGEN s. BRECHEN SPREU s. STROH SPRICHWORT / proverbe / proverb 1 Fr. Beal prouerbe fait a retenir Ein schönes Sprichwort muss man behalten COURTEIS ET VILAIN 35 (= MORAW, 231). 2 It. Delli proverbii rusticam si trae spesse volte buon frutto Aus den Bauernsprichwörtern zieht man oft grossen Nutzen DOMENICO DA PRATO (A, 15. Jh. [-*· GHERARDI, PARADISO 1.2,327 App. 19]). 3 P o r t . Diz o sengo sabichoso Bom be as vezes falar Es ist gut, hin und wieder einen weisen Spruch oder ein Sprichwort zu sagen GIL VICENTE 11,367 (O Juiz da Beira), H. U.S.

SPRINGEN / sauter / to jump Hier auch HÜPFEN, SPRUNG, ÜBERSPRINGEN Vgl. EILE, TANZEN 1. Springen soil nur, wer springen kann (1—2) 2. Um besser springen zu können, trete man zurück (3— 30). Vgl. SCHLAGEN 18. 3. Wer nicht darüberspringen kann, krieche unten durch (31 —32), Vgl. OBEN l 4. Wer um die Zerbrechlichkeit des Beines wüsste, würde nicht springen (33—34) 5. Übereilte, grosse und häufige Sprünge sind schädlich (35—43) 6. Ohne Stock oder nur mit einem kurzen Stock springt man nicht weit —* STOCK 4.2. 7. Nach dem Springen gibt man den Stock weiter —» STOCK 4.1. 8. Geld bringt den Lahmen zum Springen —* GELD 332, 337 9. Die Elster (Krähe) verzichtet nicht auf ihr Hüpfen -* ELSTER 1., NATUR 29, 41 10. Frösche springen immer wieder in den Pfuhl zurück —>· FROSCH 8, 10—15 11. Die Mäuse springen, wenn die Katze nicht im Haus ist -+ KATZE 192, 194, 219, 227 12. Redensarten 12.1. Vorn Hahn zum Esel springen -> HAHN 10.4. 12.2. Ohne Steigbüge! in den Sattel springen -* STEIGBÜGEL 2. 12.3. Über den eigenen Schatten springen -» SCHATTEN 5.2., TOD 172 13. Verschiedenes (44—46)

1. Springen soli nur, wer springen kann 1. 2 Dr. Wer solt springen, dann die es konden (£GENOLFF: können?) Wer sollte springen, wenn nicht diejenigen, die es können? FRANCK H, 115 r. EGENOLFF 101 v.

87

SPRINGEN

2. Um besser springen zu können, trete man zurück 3 Fr, Por mius saülir s'eshngne Um besser zu springen, tritt er zurück HUNBAUT 1248. 4 fait moult boin reculer por hing sailiir Es empfiehlt sich zurückzutreten, um weit zu 5 springen MERLIN VULG, 107,40. „Pille," ce dist la mere, „ne vous en quier mentir, On doit bien reculer por le plus hing sailiir" „Tochter", das sagte die Mutter, „ich will Euch in dieser Sache nicht belügen; man muss sehr wohl zurücktreten, um möglichst 6 weit zu springen" ADENET, BERTE 368. Pour plus hing salir reculer Zurücktreten, 7 um weiter zu springen G. D'AMIENS (+Dirs D'AMOUR 3,120}. II reüle por mieuz sailiir 8 Er tritt zurück, um besser zu springen LOCUTIONS 12. // fait ban reculer pour mieux 9 salir Es ist gut zurückzutreten, um besser zu springen LEROUX II, 309 (l3. Jh.). // fait 10 bon reculer por mieus salir PROV. RUR. 140. Boin fait pour mieuls salir a le fois reculer Es ist gut, bisweilen zurückzutreten, um besser zu springen GILLES LI MUISIS II, 126. On voit pour mieus salir a le fois reculer Man sieht, dass man bisweilen zurücktritt, J2 um besser zu springen EBD. II, 245. Bon reculer pour mieus sailiir fait souvent, ce dient la gent „Es ist oft gut zurückzutreten, um besser zu springen", das sagen die 13 Leute G, DE MACHAUT, ALERION 3604. Car boin fait ./. seul piet reculer, ä le fie, Pour salir plus avant Denn es ist bisweilen gut, einen einzigen FUSS zurückzutreten, um 14 weiter nach vorn zu springen B. DE SEB. 2,576. fait bon reculer., par Dieu qui maint lassus, ./. piet tout mesure, pour salir .ij. ou plus Es ist, bei Gott, der dort oben wohnt, gut, einen gut abgemessenen FUSS zurückzutreten, um zwei oder mehr (Fuss) weit zu is springen EBD. 10,252. O« ne poet bien salir qui ne reculera Man kann nicht gut 16 springen, wenn man nicht einen Anlauf nimmt EBD. 14,74. Qui vuelt bien hing sailiir, reculer doit aincots Wer sehr weit springen will, muss zuvor zurücktreten CUVE17 LIER, Du GUESCLIN 3583-93 Var. (1,128). Car tous temps les sages reculent pour plus loingz sailiir Denn stets treten die Klugen zurück, um weiter zu springen J. D'AR18 RAS, MELUSINE 127. Pour mieulx sallir on s'arreste souvent Um besser zu springen, 19 hält man oft an FROISS. (SPEC. 10) 295,1. // fait bon reculer pour meus sailiir Übers. 20. 2i wie 8 MORAW. 875. // fait bon reculer pour mieux sailiir ET. LEGRIS 316. fault qu'on recule Bien souvent pour sailiir plus hing Man muss sehr oft zurücktreten, um 22 weiter zu springen DES GALANS (um 1445 [+SOTTIES 2,70]). Peu recullas pour tant plus hing sallir Du tratest ein wenig zurück, um desto weiter zu springen J. MOLINET 23 181,20. Reculler fault, qui voeult au hing sallir Der muss zurücktreten, welcher weit 24 springen will EBD. 611,120. Se retrairent pour myeulx cuidier sailiir a honneur Sie ziehen sich zurück, weil sie glauben, so besser in Ehren springen zu können AYMERI 25 PROSA 142. // recuüe pour mieulx sailiir Er tritt zurück, um besser zu springen PROV, EN RIMES 1440.1 26 Pro v. C'a las oras cove C'om s'an entrelonhan Per melbs salbir enan Denn bisweilen muss man sich voneinander entfernen, um besser nach vorne zu springen BERN. DE 27 VENT. 36,43. Qu'areire-s trais per miels salhir enan Denn er tritt zurück, um besser nach vorne zu springen FOLQUET DE MARSEILLE 10,36. 28 Eng . But it is grete nede a man to go bak to recouer the better bis leep Aber es ist sehr wichtig, dass einer rückwärts geht, um seinen Sprung um so besser zu erlangen MERLIN ENGL. 1,142 Kap. l O, 2 29 Dt. Retro uolens graditur saltum perficere magnum. — Der einn grossen sprung wil thun, geht binder sieb Wer einen grossen Sprung machen will, tritt hinter sich FRANCK 30 II, 178 v. Der einn grossen sprung wil thun, gehet zuuor binder sich EGENOLFF 224 v. Vgl. SCHLAGEN 18.

SPRINGEN

88

3. Wer nicht darüberspringen kann, krieche unten durch 31 Nord. Edita sit (lies mit Druck B: si) nequeas per loca subtus eas. — Kan tw eij offwer komme thaa kryb vndher Wenn du nicht über erhöhte Stellen (gehen) kannst, dann gehe unten durch. — Kannst du nicht darüberspringen, so krieche unten durch!3 LALE281.

32 Dt. Wo ein man nit vber mach springen, Do muss er vnten hindurch krichen Wo einer nicht darüberspringen kann, da muss er unten durchkriechen SCHWABACH 77. Vgl. OBEN l 4. Wer um die Zerbrechlichkeit des Beines wüsste, würde nicht springen 33 Engl. Wyst euer any man, how brecheil wer his shynne bon Nolde he neuer lepyn there fiat he myjte gon Wüsste jeder, wie zerbrechlich sein Schienbein ist, würde er da 34 nie springen, wo er gehen könnte RYLANDS fo. 22. Wyst euery man, how bretell were his shen-bont Wolde he neuer lepe, there he myhjt gon DOUCE (MS. 52) 134.

5. Übereilte, grosse und häufige Sprünge sind schädlich 35 Mlat. Cattus in ignitum ferrum cepit dare saltum; Dixit: Festivi ictus sunt sepe nocivi Die Katze unternahm es, auf das feurige Eisen einen Sprung zu machen; sie sprach: „Hastige Sprünge sind oft schädlich" PROV. WRATISLAV. 61. 36 Fr. Qui plus tressaut qu'il ne doit, petit dure Wer mehr springt, als er sollte, bleibt 37 nicht lange am Leben HERB. DANM., FOLQUE DE CANDIE 5153. Qui ainz saut qu'il ne doit, ainz chtet qu'il ne voudroit Wer früher springt, als er sollte, fällt früher, als er 38 möchte VILAIN 111 (= MORAW. 1798). Come cehr qe trop grant saut porprant Ch'entre o saillir en son cor se repant: E! fosez chiet, pues se clame dolant Wie derjenige, der einen zu grossen Sprung macht, so dass er es während des Springens in seinem Herzen bereut. Er fällt in den Graben, dann beklagt er sich wehleidig ENTREE D'Es p. 3080. 39 Span. A grand salto, grand quebranto Bei grossem Sprung grosser Schaden LOPEZ(?), 40.4J REFRANES 100. A gran salto gran quebranto NUNEZ I, 32. HALLER 77. 42 D t. „ Gach schriebt wurd ny gut" Sprach der floch, (do] sprung er in das feur ungemut. - Pulex precipiti saltu se trux dealt igni; „Sic mala multa pant impetus omnis" ait „Schnell gesprungen war (wörtl.: wurde) nie gut", sprach der Floh; da sprang er missmutig ins Feuer. — Der Floh sprang mit einem jähen Sprung trotzig ins Feuer und 43 sprach: „So erzeugt jedes Ungestüm viel Übles" FREIDANK LAT. (GRAZ) 133. Snelle Sprunge zeynt zu nichts gut Schnelle Sprünge sind zu nichts gut PROV. FRID. 202. 6.—12. s. Inhaltsübersicht 13. Verschiedenes 44 Fr. Vous aves bien oy aucunes fois dire et compter que on saut bien si avant dont on ne poelt reculier Ihr habt wohl manchmal sagen und berichten hören, dass man sehr wohl so weit nach vorne springt, dass man von dort nicht mehr zurückweichen kann FROISS. (SPEC. 10) 319,374. 45.46 Span. Mas vale salto de mata, que ruego de ombres buenos Besser ist ein Sprung in den Busch als die Fürbitte einflussreicher Leute 4 LOPEZ(?), REFRANES 415. NUNEZ 11,335. V.M.

89

SPUCKEN

Anmerkungen 1

Vgl. H A S S E L L R 1 5 .

2

Vgl. WHITING R 29. Entsprechend dazu das in der Anm, zu LÄLE 281 zit. neuisl. Sprw. einer Stockh. Hs.: Kannstu ei yfer komast pa knup under Kannst du nicht darüberspringen, dann krieche unten durch. Sinn nach AUTORIDADES 1,706 a: Wenn man Strafe fürchtet, ist es besser, sich davonzumachen, als auf den Einfluss hochgestellter Persönlichkeiten zu vertrauen.

3

4

SPRUNG s. SPRINGEN SPUCKE s. SPUCKEN

SPUCKEN / cracher / to spit Hier auch ANSPUCKEN, AUSSPEIEN, AUSSPUCKEN, AUSWURF, BESPUCKEN, ERBRECHEN, GEBEN (von sich), SPEIEN, SPUCKE 1. Sich selbst bespucken 1.1. In den eigenen Bart (Busen) spucken (1-3. VgL 5) 1.2. In die Höhe spucken und sich seibst beschmutzen (4-13). Vgl. SCHIESSEN 29, SCHLAGEN 6„ STEIGEN 48 2. In die Hände spucken (14-20) 3. Etwas durch häufiges Spucken nass machen 3.1. Einen Stein (21 -25} 3.2. Den Boden (26), Vgl. PISSEN 35 4. Gegessenes von sich geben 4.1. Wer die Feigen isst, muss sie von sich geben —» FEIGE 5. 4.2. Wer zuviei Honig isst, muss ihn wieder von sich geben — HONIG 10-11, 28, 34, 37-38 4.3. Vereinzelt (27) 5. Zum Ausgespieenen zurückkehren 5.1. AUg. (28-32) 5.2. Spez.: Der Hund kehrt zum Erbrochenen zurück -» HUND 139-188, 190-193 6. Die Lauen werden von Gott ausgespuckt —* KALT 1.7., LAU 1-6 7. Wie gespuckt (33- 3 5) 8. Verschiedenes (36-40}

1. Sich selbst bespucken 1.1. In den eigenen Bart (Busen) spucken 1 M l a t . Qui spuit in proprtam, probra spargit propria, barbam Wer in den eigenen 2 Bart spuckt, verbreitet die eigene Schande ALBERT. STAD., TROILUS 5,939. Exspuis in barbam, st membra domestica laedis; Est avibus proprium nidos corrumpere foedis Du spuckst in den (eigenen) Bart, wenn du die eigenen Glieder verletzest. Es ist die Eigenschaft garstiger Vögel, die (eigenen) Nester zu besudeln WERNER 2 e 156 (= NEST 27). 3 In tuum tpsius sinum insptte Spucke in deinen eigenen Busen!1 ERASM., ADAG. CHIL. 1,6,94. Vgl. unten 5

SPUCKEN

90

1.2. In die H he spucken und sich selbst beschmutzen 4. 5 Mgr. Είς ούρανόν πτύεις Du spuckst in den Himmel APOSTOLIOS 6,57. Ό πτύων εις τον ούρανόν τα γένειά του πτύει Wer in den Himmel spuckt, bespuckt den eigenen Bart KRUMB. 29 S. 84 (vgl. oben 1.1.). 6 MIat. Qui spuit in celum, poliuit ora sui Wer in den Himmel spuckt, besudelt sein 7 eigenes Antlitz PETR. EB., AUG. 1150. In coelum expuis2 bers, wie 4 ERASM., ADAG. CHIL. 3,4,87. 8 Fr. Qy cuntre le del erache, sur la teste ly r event Wer gegen den Himmel spuckt, dem 9 f llt es auf das eigene Haupt zur ck MORAW., INEDITA Iq35. Qui charche (lies mit Ausg. Salamanca 1555, 112 v.: chrache) en layr, H rezoipt se quil chrache sur soy Wer in die Luft spuckt, empf ngt das, was er ber sich spuckt NUNEZ 111,324 (el Frances). w It. Che fenno, come fa lo macto e stolto, Che sputa in alto e tornagli nel volto Denn sie taten, wie es der Narr und Tor macht, der in die H he spuckt und dem es ins Gesicht zur ckf llt BERNARDINO CINGOLANO, LAMENTO DI COSTANTINOPOLI 19 (1453 [* LAMENTI Π, 163]). 11.12 S p a n , Quien al cielo escupe, en su (NUNEZ: la) cara le cae Wer in den Himmel spuckt, dem f llt es auf sein (das) Gesicht zur ck LOPEZ(?), REFRANES 612. NUNEZ 111,294. 13 Dt. Es ist nit gut sprentzen (lies mit Hs. Z: speczen] in den himel, wan es velt her wider ab in das antl t Es ist nicht gut, in den Himmel zu spucken, denn es f llt wieder herab in das Gesicht INGOLD 75,25. Vgl. SCHIESSEN 29, SCHLAGEN 6., STEIGEN 48

2. In die H nde spucken 14 D t , Woi an, nun spuwend in die hendt Wohlan, nun spuckt in die H nde! MURNER, 15.16 G UCHMATT 213. Man sol mit got in die bend speien FRANCK 1,27 v. EGENOLFF 294 r. 17-29 Man mu mit Got in die hend speien FRANCK II,79 v. EGENOLFF 68r. Man mu in die hend speien vnnd vil streych th n, wil man den b um fallen machen Man muss in die H nde spucken und viele Schl ge f hren, wenn man den Baum f llen will FRANCK 20 II, 163 r { = SCHLAGEN 59). Mann mu in die b nde speien, vnd vil streich th n, wil mann den b um fallen machen EGENOLFF 209 r (= SCHLAGEN 62).

3. Etwas durch h ufiges Spucken nass machen 3.1. Einen Stein 21 N o r d . Forte lapis madeat plebs vbi multa spuat. — Then stheen wordher waadh hwer man spijtther vppaa Wo viele Leute spucken, wird der Stein vermutlich nass. — Der 22 Stein, auf den jedermann spuckt, wird nass L LE 402, Multorum sputum tandem lapidem facit vdum, — Then stheen wordher om sycer wodh som hwer man spytther vppaa Die Spucke von vielen macht den Stein schliesslich nass. — ... wird schliesslich 23 nass EBD. 622. Petra madere queat plebs vbi multa screat. — Then steen wordher oc waad hwer man spytther vppaa Wo viele Leute spucken, kann der Stein wohl nass werden. — ... wird auch nass EBD. 782. 24 Engl. So lange pu may, on be stone spete, frat at be laste, it wall' be wete Spucke so 25 lange, wie du kannst, auf den Stein, bis er schliesslich nass wird! RYLANDS fo, 21 v. So long bou may, spttt on be ston, pat hit wil be wet. — Ipriguum vere lapideum (lies mit WALTHER 12937; Irriguum vere lapidem) tibi sputa dedere ... bis er nass wird! - Die Spucke machte [dir] den Stein wirklich nass DOUCE (MS. 52) 129.

91

SPUCKEN

3.2, Den Boden 26 Span. Donde muytos escupen, lama fan Wo viele spucken, machen sie Schlamm NUNEZ 1,341. Vgl. PISSEN 35

4. Gegessenes von sich geben 4.1.-4.2. s. Inhalts bersicht 4.3. Vereinzelt 27 Dr. Wer sich vbernympt, der vberwirft sich gern Wer sich mit Essen und Trinken berl dt, erbricht sich leicht 3 SCHWABACH 100.

5. Z rn Ausgespieenen zur ckkehren 5.1. Ailg. 28 Mgr. Έπαναστρέφονται εις τον ίδιον έμετον Sie kehren zu ihrem Erbrochenen zur ck KLIMAX 79 (»KRUMB. S. 232). 29 MIat. Et si (seil, rex Prancorum] ...ad vomitum, $icut jam contigtt, reversus fuerit Und wenn er (der K nig der Franzosen) 4 zum Ausgespieenen5, wie es bereits geschehen 30 ist, zur ckgekehrt ist Ivo, EP. 104 (123C). Qui mundum evomui, quomodo ad vomitum redii? Wie kehrte ich, der ich die Welt ausgespuckt habe, zum Ausgespieenen 31 zur ck? PETR. BLES., ER 102 (1,320). Freier meritum Me ned Non dedero, Si ad vomitum, Quern ted, Rediero Nicht ohne Grund werde ich mich dem Tod anheimgegeben haben, wenn ich zum Ausgespieenen, das ich von mir gegeben habe, zur ckgekehrt sein werde CARM. BUR. 31,6. 32 It. Ecci chi si sia altre volte confessato, e poi e ricascato al vomito, ritornato al medesimo peccato o a un altro magiore? Es gibt solche, die fr her gebeichtet haben und dann auf ihren Auswurf zur ckgefallen sind, zur ckgekehrt zur gleichen oder zu einer gr sseren Sunde BERNARDINO 1,31 (Pred. 1).

5.2.—6. s. Inhalts bersicht 7. Wie gespuckt6 33 Fr. Tu es toy aussi cracbe Comme qui t'avroit arrache D'ung mur Du bist du, so 34 gespuckt, als ob man dich von einer Mauer abgerissen h tte SOTTIES 5,456. „C'estes vous", fais-je, „tout crachie!" „Das seid Ihr", sagte ich, „wie gespuckt" PATHELIN 427, 35 Je te7 vous feray tout poche, Par Die«, et ne s^auriez dire Que ce ne fust il tout cracbe Ich werde sie Euch ganz hnlich machen, bei Gott, und Ihr werdet nicht umbin k nnen zu sagen, dass das er, wie gespuckt, ist MISTERE DU VIEL TESTAM. 48571,

8. Verschiedenes 36 Mlat. Quia non debes aspuere quod ad o$ debes ponere Denn du sollst nicht anspuk37 ken, was du deinem Mund vorsetzen rnusst SAL. ET MARC. 36,5. Ut ait quidam sanctus, nemo possit ructare quod non gustaverit Wie ein gewisser Heiliger gesagt hat: „Niemand kann ausspucken, was er nicht gekostet hat" HELINAND., SERM. 24 (679 A). 38 It. Quando vedi ehe uno t'infama, sputavi su, e sar giallo Wenn du einen siehst, der dich verleumdet, dann spuck auf ihn, und er wird fahl werden! BERNARDINO 1,210 39 {Pred, 8). Sputatevi su, e sar giallo, cioe si spegnar quella infamia ehe t'e stata aposta Spuckt auf ihn, und er wird fahl werden! Das heisst: Jene Beleidigung wird getilgt werden, die dir angetan worden ist EBD. 1,211 (Pred. 8).

SPUK

92

40 D t, Es zimt nit auß zu speien drat, Was man gern lang im munde hat Es gehört sich nicht, schnell auszuspucken, was man gerne lange im Munde hat FOLZ, SAL, u. MARK. {+ FASTNACHTSP. 533,28). V.M. Anmerkungen 1

2

3 4 s

6 7

Dazu bemerkt Erasmus; Hac nostra tempesfate muliis regionibus hoc circumfertur adagium. lubent enim hominem aliena uitia taxantem, in suwn tpsius sinum inspuere Dieses Sprichwort wird hier gegenwärtig in vielen Gegenden herumgeboten. Damit fordert man nämlich denjenigen, der fremde Laster verurteilt, auf, in seinen eigenen Busen zu spucken. Dazu bemerkt Erasmus: Siquidem qui in coelum expuit, primum uidetur coelites ipsos afficere cotttumelia: deinde fit saepius, ut sputum in ipsiits fadem recidat Wer nämlich in den Himmel spuckt, scheint erstens den Himmlischen damit Schimpf anzutun; dann geschieht (allerdings auch) öfters, dass die Spucke auf sein eigenes Antlitz zurückfällt, Anders der Hrsg. in der Anm. der Ausg.: „Wer zu viel trinkt, zankt sich gern". Gemeint ist Philipp I. (1060-1108 König v. Frankreich). Anspielung auf die unerlaubte Ehe Philipps mit Bertrada v. Montfort, der Gemahlin des Grafen Fulko von Anjou, von der Philipp sich trotz der Exkommunikation durch Urban II. nicht getrennt hatte. D.h. wie aus dem Gesicht geschnitten. Vgl. V. Väänänen, Recherches et recreations latinoromanes, Napoli 1981, 289 ff. u. HAS SELL C334. Gemeint ist die Statue des Kaisers.

SPUK / apparition de fantomes / apparition Dt. It is nicht al ein spök, dat in der dochter kameren geit. — Non umbra est omnis naiae conclave subintrans Es ist nicht alles ein Spuk, was in die Kammer der Tochter geht. — Nicht jeder,, der ins Zimmer der Tochter schleicht, ist ein Schatten TUNNICIUS 875. V. M.

SPUR s. WEG

SPÜREN / ressentir / to feel Wer auf einem Stock reitet, spürt es an den Beinen —» STOCK 41, 46, Vgl. STOCK 4.5.

STAAT s. LAND STAB s. STOCK

STACHEL / aiguillon / goad, sting 1. Der Stächet soll das Zugtier stechen und antreiben 1.1, Der Stachel treibt das wehrlose Rind an —* RIND 6.1. 1.2, Der Stachel sticht bei Widerstand zweimal (dreimal) — STECHEN 1-11,13, 16-21, 23, 25

93

STACHEL

1.3. Mit einem kleinen Stachel treibt man ein grosses Tier an (i). —· ESEL 205. Vgl. ESEL 206, PFERD 4.4., RIND 6.1. 1.4. Einen harten Stachel braucht man gegen einen st rrischen Esel —* ESEL 8.4. 2. Der Stachel ist unter dem Angenehmen verborgen 2.1. Die Biene hat unter dem Honig den Stachel — BIENE 17-IS, 20, 23-24, 26 2.2. Der Genuss des Honigs ist mit dem Stich des Stachels verbunden —> HONIG 155-156, 159, 161-164,166 2.3. Honigs sses Reden und Gebaren enth lt einen verborgenen Stachel —· HONIG 145, WORT 694-695 2.4. Die S sse der Liebe enth lt einen verborgenen Stachel —· LIEBE 1,6,9.4. 2.5. Verschiedenes (2—3} 3. Gegen den Stachel locken (isc schwer, schlecht und t richt) (4-69). Vgl. SPORN 8, STECHEN 1.3,, 45 4. Mit der Hand auf den Stachel schlagen ist schmerzhaft (70—71) 5. Verschiedenes (72-74;

1. Der Stachel soll das Zugtier stechen und antreiben 1.1.—1.2. s. Inhalts bersicht 1.3. Mit einem kleinen Stachel treibt man ein grosses Tier an l Fr. De petit aguilon chace (Hs.: chate) len grant haye (lies: baye} Mit einem kleinen Stachel treibt man eine grosse braune Stute an MORAW., INEDITA I d 42. -» ESEL 205. Vgl. ESEL 206, PFERD 4.4., RIND 6.1. 1.4. s. Inhalts bersicht 2. Der Stachel ist unter dem Angenehmen verborgen 2.1.—2.4. s. Inhalts bersicht 2.5. Verschiedenes 2,3 Dt. Ein angel dm sptse treit Deine Speise hat einen Stachel BONER 27,27. Ob ym dann yemant bass trett Vnd jn betr bt mitt kleiner red, Dem kann er bersehen schon. Doch geytt er jm ze letst den Ion ... Das er den angel dauhen muss Wenn dann jemand Hass gegen ihn empfindet und ihn mir einer unbedeutenden Rede betr bt, so kann er es ihm ganz und gar nachsehen. Zuletzt jedoch gibt er ihm diesen Lohn, dass er den Stachel schlucken muss 1 KAUFRINGER (SCHMIDT) 7,69.

4 5 6 7 S 9

3. Gegen den Stachel locken2 {ist schwer, schlecht und t richt) Bibl. Durum est tibi contra stimulum calcitrare Es ist f r dich schwer, wider den Stachel zu locken VULG,, ACT. 9,5. £5 wird dir schweer werden wider den Stachel lecken LUTHERBIBEL, APOST. 9, 5. Gr. Ποτΐ κέντρον δε τοι Λακτιζέμεν τελέθει 'Ολισθηρός οϊμος Aber gegen den Stachel zu locken ist gewiss ein schl pfriger Weg FIND., PYTH. 2,94. Προς κέντρα μη λάκτιζε Locke nicht wider den Stachel! AISCHYL., AG. 1624. Ουκουν εμοιγε χρώμενος διδασκάλω Προς κέντρα κώλον εκτενείς Du wirst also nicht unter meiner Anleitung gegen den Stachel locken AISCHYL., PROM. 322. Θύοιμ* αν αύτφ μάλλον ή θυμούμενος Προς κέντρα λακτίζοιμι θνητός ων θεώ Eher k nnte ich ihm wohl opfern, als dass ich als Sterblicher voll Zorn gegen ber Gott wider den Stachel locken w rde EUR., BAKCH.

30 794.

Προς κέντρα μη λάκτιζε τοις κρατοΰσί σου Deinen Herren gegen ber locke nicht

STACHEL

94

11 wider den Stachel! EUR,, FRG. 604. Προς κέντρα λακτίζειν Wider den Stachel locken ZENOB. 5,70. 12 Lat. Namque inscitiast Aduersum stimulum calces3 Denn es ist eine Torheit, wider 13 den Stachel zu locken TER., PHORM. 77. Contra stimulum calces4 bers, wie 11 CHA14 RISIUS (* GRAMM. 1,276,24). Dumm tibi est adversum stimulum calcitrare bers, wie 15 4 HIERUM., COMM. IN ECCLES. 12 (1114 B). Ne contra acumina calcitraret, flexit se in blanditias Um nicht gegen den Stachel zu locken, nahm er zu Schmeicheleien Zuflucht 16 AMMIANUS MARCELLINUS 18,5,1. Adversum stimulum calces bers, wie 11 DIOME17 DES (+ GRAMM. 1,462,31}. Durum tibi est omnino contra stimulum calcitrare Es ist f r dich berhaupt schwer, wider den Stachel zu locken AUGUSTIN., c. IUL. o R IMPERK 3,188(1328). 18.19 Mgr. Προς κέντρα λακτίζεις Du lockst wider den Stachel PS, DIOGENIAN. 7, 84, Apo20. 21 STOLIOS 14,100. Προς κέντρα λακτίζειν bers, wie 11 GREG. CYP, 3,46. MAKARIOS 22 7,44. Προς κέντρα λακτίζει Er lockt wider den Stachel GREG. CYP. MOSQ. 4,100. 23 M l a t . Nescio qui voluit molestus esse et caesus est, dicis tu ,adversum stimulum calces' Irgendeiner wollte l stig sein und wurde get tet. Du sagst (dazu): „Wider den 24. 25 Stachel locken" POMPEIUS (+ GRAMM. V, 311,32). Contra stimulum calces bers, wie 26 11 ISIDOR., ORIG. 1,37,28, ERAS M., ADAG. CHIL. 1,3,46. Aduersus stimulum calces5 27 GRAMM. Suppl, 273, 8 (Hs. 9.-10. Jh.). Quid calcas contra stimulum? Warum lockst 28 du wider den Stachel? SORTES APOSTOLORUM 42. Is geminat stimulum, qui contra calcitrat unum Wer gegen einen einzigen Stachel lockt, macht aus diesem zwei EGBERT., 29 FEC. RAT. 1,570. lam contra stimulum calcare scias fore durum Wisse ferner, dass es schwer sein wird, wider den Stachel zu locken! EKKEH. IV., BENED. A 30,16. 30 Cognoscens quia durum sibi esset contra stimulum calcitrare Erkennend, dass es f r ihn schwer w re, wider den Stachel zu locken G. S. THEOD., VITA BERN. I 10 (233 A 31 [= MOMBRITIUS 1,179,10]}. Namque suo servus domino luctando repugnans Calcitrat in stimulum perfidus ipse suum Denn der Diener, der seinem Herrn durch Kampf Widerstand leistet, lockt treulos, wie er ist, wider den eigenen Stachel HENRIC. SEPT. 32 413. Durum est tibi contra stimulum calcitrare bers, wie 4 SAL. ET MARC. 25 a {vgl. 33 ESEL 224, STECHEN 24). £5? contra stimulum calcare nimis tibi durum Es ist f r 34 dich allzu schwer, wider den Stachel zu locken WERNER 2 e37. Nee contra dominum papam tamquam contra stimulum calcitrare audemus Und wir wagen es nicht, gegen den Herrn Papst wie gegen einen Stachel zu locken STEPHAN. TORNAC., EP. Suppl, 13 35 (551 A). Sciens ... fore sibi durum contra stimulum calcitrare Wissend, dass es f r ihn schwer w re, wider den Stachel zu locken CHRON. GEST. PRINC. 32,1. 36 Fr, Contre aiguillon fait mal eschacirrer Es l sst sich schlecht wider den Stachel 37 locken GAYDON 3200. S'escbaucirrerent Contre aguillon et forsvoierent Sie lockten 38 wider den Stachel und gingen in die Irre RICHIER, S. REMI 544. Contre aguillon pour 39 coi t'atirest bers, wie 27 SORTES APOSTOLORUM FR. 41. Et ciex puet bien m'eskarier Ki contre aguillon escaucire Und der kann mich gut zur ckweisen, welcher wider den 40 Stachel lockt BAUDE FASTOUL (*BARBAZ, ET MEON 1,125,419). Ki contre aguillon escaucire II s'en puet destruire et ocire Wer wider den Stachel lockt, kann sich dadurch 41 vernichten und t ten CHANS. ET DITS ARTESIENS 17, 37. Dure chose est regiber contre l'aguillon Es ist schwer, wider den Stachel zu locken PROV. RUR. 202 (= MORAW. 622). 42 N'est pas bien sage, ce dit on, Qui regibe contre aguillon „Der ist nicht gerade weise", sagt man, „welcher wider den Stachel lockt" G, DE DEGUILEVILLE 7935 (vgl. KAMPF 43 104). Car li rois d'Engleterre, qui Edouars ot non, Voloit trop estriver encontre l'aguillon; Car il se dtsoit rois de France le roion Denn der K nig von England, welcher Eduard hiess, wollte zu sehr wider den Stachel locken; denn er ernannte sich zum K nig 44 des K nigreiches Frankreich CUVELIER, Du GUESCLIN 2630. TM fais que fol et que

95

STACHEL

felon De regimber contre aguillon Du benimmst dich wie ein Narr und Schurke, wenn 45 du gegen den Stachel lockst CONVERSION S. POL (^FOURNIER 7). Dur me seroit d'estriver contre l'agillon Es wäre für mich schwer, wider den Srachel zu locken FROISS. 46 (SPEC. 10) 297,30. // veult estriver contre I'aguillon Er will wider den Stachel locken 47 EBD. Car mieulx vault sa parole müder Que contre I'aguillon repuder Denn es ist besser, sein Wort zu verheimlichen, als gegen den Stachel zu locken G. DE S. ANDRE, J. DE BRETAGNE 2640.6 48 Prov. Per que causiguas contra l'agulbo? Übers, wie 27 SORTES APOSTOLORUM PROV. 49 42. Trop es de greu occazio Qui penna contra l'agulho Es ist ein gar grosser Fehler, wenn einer wider den Stachel lockt LEYS III, 272. 50 It. £/ non e seno repenare a'l asejo Es ist nicht vernünftig, wider den Stachel zu si locken7 GEREMIA DA MONTAGNONE 70. Dio, nostro Signore, disse ehe contra a sttmulo non val caldtrare Gott, unser Herr, hat gesagt, dass es nichts nütze, wider den 52 Stachel zu locken TAV. RIT. 1,445 Kap. 113. Male e poco senno e contra lo stimolo caldtrare Es ist schlecht und unvernünftig, wider den Stachel zu locken Bocc., FILO53 COLO II, 236. Durum est contra stimulum caldtrare. - Ti sarä cosa dura caldtrare contro lo stimolo Übers, wie 41. - Es wird für dich schwer sein, wider den Stachel zu 54 locken SAVONAROLA 326 (1498). Dura cosa e voler (seil, caldtrare} contra el stimulo Es ist schwer, wider den Stachel (locken) zu wollen SAL. E MARC. 14. 55 Span. Contra el aguijon co$ea Übers, wie 22 INIGQ DE MENDOZA (*CANCIONERO 56 1,58 a). Echar coces, al aguijon Übers, wie l l NUNEZ II, 6. 57 Eng . Hit is to be ful bar de and wik For to wirk a-gaine pe pnk Es ist für dich sehr 5S schwer und schlecht, wider den Stachel zu locken CURSOR MUNDI 19625. Be war to sporne ageyn an al Hüte dich davor, wider einen Stachel zu locken! CHAUCER, TRUTH 59 11. Hard ys to sporne ageyn an hal Es ist schwer, wider einen Stachel zu locken LYDGATE, PILGR. LIFE l4459.8 60 Ni. Tes quaet wriuen tieghen den prekel. — Leditur a stimulo quicunque fricatur ab illo Es ist schlecht locken wider den Stachel. — Vom Stachel wird jeder verletzt, der 61 von ihm gerieben wird PROV. COM M. 686. Met is hart ende swaer fe sporren legen den prifkel Es ist hart und schwer, wider den Stachel zu locken SAL. ENDE MARC. 7. 62 Dt. Dir ist herte uuider garte zespornonne Übers, wie 4 NOTKER, PS. 57,8 (II, 220,2). 63 Sie beten freisket selten, Swer wider dem garte Ware strebende harte, Ezen kome im ze ungemab Sie hätten selten erfahren, dass es sich für den, welcher sehr wider den Stachel 64 lockte, nicht unangenehm auswirkte WERNHER, MARIA D 1918. Die Juden weinden ouch, daz S? ez so lange beten gespart Unt so lange wider den gart Tumpltcben beten gestrebet Die Juden weinten auch (darüber), dass sie es so lange aufgeschoben hätten 65 und so lange auf törichte Weise wider den Stachel gelockt hätten JÜDEL 414. Ein man vil wisliche tut Der gein dem garte nit spurnet Ein Mann handelt sehr weise, der nicht 66 wider den Stachel lockt ULR. v. TÜRHEIM, RENNEW. 18714. Wizze daz dir ist zu hart Vf zu leckene in den gart Wisse, dass es für dich zu schwer ist, wider den Stachel zu 67 locken! ALTES PASSIONAL 181, 84. Wie sol man den nv geleben Wan siv wen steteclichen streben Wider dem gütlichem garte Daz ist doch mvolich harte Wie soll man denn nun leben, wenn sie beständig wider den göttlichen Stachel locken wollen? Das 68 ist doch sehr mühsam HUGO v. LANGENSTEIN 262,107. Iz ist dir herte wider den 69 preckel zu strebene Übers, wie 4 HERMANN v. FRITZLAR 74,5. Szonst wirstu wydder den spieß tretten Sonst wirst du wider den Stachel locken LUTHER, WERKE II, 305,27 (1522). Vgl. SPORN 8, STECHEN 1.3., 45

STADT

96

4. Mit der Hand auf den Stachel schlagen ist schmerzhaft 70 Lat. Si stimulus pugnis caedis, manibus plus dolet Wenn du mit den Fäusten auf die Stachel einschlägst, tun dir die Hände um so mehr weh FLAUT., TRUG, 768. 71 Pro v. Qui fer en l'aguylo Mal se fay de la ma Wer auf den Stachel einschlägt, fügt sich an der Hand Schmerzen zu G. DE CERVERA 50.

5. Verschiedenes 72 Mlat. lam calcitratur, necdum stimulus fabricator Schon lehnt man sich auf, und der 73 Stachel ist (doch) noch nicht hergestellt WERNER 2 i 2. En stimulum fellis patitur vir sepe rebellis Der Mann, der oft widerspenstig ist, siehe, der spürt den Stachel der Galle FREI DANK LAT. (GRAZ) 82. 74 Dt. Er laßt den angel dahinden, vnd trollt sich Er lässt den Stachel zurück und ... FRANCK 1,35 r (vgi. WESPE 9).

V. M.

Anmerkungen 1 2

3

4 s

6 7

8

Die Rede ist von Schälken und Speichelleckern. Oder lecken. Die Grundbed. dieses Verbums, einer Intensivbildung zur Wurzel „lih", ist: mit den Füssen ausschlagen, hüpfen, springen. Die bildl. Wendung „wider den Stachel lecken" ist hergenommen von den Ochsen, welche mit einem auf dem Pflug liegenden Stachel angetrieben werden und wider denselben ausschlagen, wodurch sie den Stachel erst recht zu spüren bekommen; vgl. GRIMM, DWß. VI, 480 f. In freierer Anwendung erhält dann die Rda. den Sinn: aufbegehren, starrköpfig sein, vergeblich Widerstand leisten; vgl. RÖHRICH II,992aff. Akkusativ Plural von calx (Ferse), zu dem ein Vb. wie jactare zu ergänzen ist. Calces (seil. jactare) hat also dieselbe Bed. wie caicitrare oder gr. ; vgl. GEORGES 1,881. Es folgt die Erklärung: Id est rei contrariae resistere D. h. Feindlichem Widerstand leisten. Es folgt die Erklärung: ,Calces' tractus sertno a bobtis, gut stimulati calcitrant et tterum pttnguntur, Prouerbialiter autem polest ad aliquem rebellem refern, qm ab aliquo increpatus caldtrat sed herum ... pungitur Der Ausdruck „calces" (Ferse) ist von den Rindern bezogen, welche, wenn sie gestochen werden, ausschiagen und von neuem gestochen werden. Eskannaber auch sprichwörtlich auf einen bezogen werden, der sich, wenn er getadelt worden ist, widersetzt und von neuem gestochen wird.

Vgl. HASSELLA 51. Vgl. Mussafia in: ROMANIA 15,128.

Vgl. WHITING P 377.

STADT / ville / town 1. Eine Stadt auf einem Berg kann man nicht verbergen (l — 7). —* STROH 77—78 1, Was Städte bedroht und zerstört 2.1. Eine böse Zunge kann ganze Städte zerstören —» ZUNGE 304—305, 317 2.2. Ein kleiner Funke kann eine ganze Stadt in Brand setzen —· FEUER 81 —82 2.3. Üble Gewohnheiten schaden einer Stadt mehr als eine Feuersbrunst —· GEWOHNHEIT 115-116 2.4. Geschick zerstört starke Städte (eher als Gewalt) —» KÖNNEN 140-142 2.5. Hass, falscher Rat und Eigennutz zerstören Städte und Reiche —> EIGENNUTZ 1~3, 7-8. Vgl. FRAU 1199, HASS 13, HOCHMUT 105, KAMPF 294, WUCHER 4 2.6. Unglücklich die Stadt, die von Eseltreibern gebrandschatzt wird —» ESEL 209-210 3. Die Sitten {der Bürger) entsprechen der Stadt 3.1. Soviel Städte, soviel Sitten — SITTE 2.1.3, 3.2. Wie die Stadt (der Stadtherr), so die Bürger (8). — HERR 484. Vgl. HOF 93

97

STADT

4. Stadtgespräch 4.1. Nicht alles, was man in der Stadt sagt, ist wahr wie das Evangelium —· WORT 53-57 4.2. Hörensagen geht durch die Stadt -* HÖREN 3.3. 5. Stadtkinder (Kinder in der Stadt) 5.1. Das Kind tut in der Stadt, was es zu Hause gelernt hat —» KIND 3.8. 5.2. Stadtkinder müssen (streng) beaufsichtigt werden (9). —* KIND 419 5.3. Ein Kind aus einer bedeutenden Stadt ist ein halber Schriftsteller (10—11) 6. Die geteilte Stadt (12 — 13} 7. Stadttor und Eingang zur Stadt (14-16). — HAND 394 8. Ein helfender Bruder ist wie eine feste Stadt — BRUDER 1.1. 9. Selbstbeherrschung ist mehr wert als Städte zu erobern —· HERR 634-635, 637, 639, SIEG 92-93, 95, ZUNGE 75 10. Wenn ein Haus brennt, reisst man es nieder, um die Stadt zu retten — BRENNEN 40—43 11. Ein Bettler hat es nicht gern, dass ein anderer in die Stadt geht —» BETTELN 60—61 12. Guter Wüle zieht die grosse Ladung in die Stadt -» WOLLEN 14-15 13. Die Menschen bayen Städte, Häuser und Burgen und sind doch nur Gäste auf der Erde —» GAST 10-12 14. Das Huhn kommt vom Land, wird aber in der Stadt gegessen —· HUHN 113. Vgl, HUHN 111-112 15. Verschiedenes (l 7-20}

1, Eine Stadt auf einem Berg kann man nicht verbergen 1 1 B i b l, No« potest civitas abscondi supra montem posita Eine auf einem Berg gelegene 2 Stadt kann sich nicht verbergen VÜLG., MATTH. 5,14. £5 mag die Stad die auff einem Berge ligt, nicht t/erborgen sein Die Stadt, die auf einem Berg liegt, kann nicht verborgen bleiben LUTHERBIBEL, . 5,14. 3 Fr. Cite sur mont se voit d'emmy la plains Eine Stadt auf einem Berg sieht man von 4 der Ebene aus J. MOLINET 348,24. // ne se poeult celer Ne que cite sus monteine Man kann es nicht verbergen, so wenig wie eine Stadt auf einem Berg EBD. 411,23. 5 Dt. ja scribent uns die wtssagen: „Swer ain grözze stat U fain hohen berch gezimpert hat, Die nesol man niht verbergen, Sunder verre gesehen werden" Ja die Propheten schreiben [uns]: „Wenn jemand eine grosse Stadt auf einem Berg gebaut hat, die soll man nicht verbergen, sondern (sie soll) von ferne gesehen werden KÄISERCHRON. 3142. 6 Swelhe stete stent uf hohen bergen, Die mügen unsanft sich verbergen: Swelch mensche in hoher wir de stet. Des wartet diu werlt, swä ez get Die Städte, welche auf hohen Bergen stehen, die können sich nur schwerlich verbergen. Der Mensch, welcher in hohem Ansehen steht, den beobachtet die Welt, wo er auch geht HUGO v. TRIMBERG 559. 7 Zwey ding mag man verbergen nit Zu ewig zyt sycht man das drytt, Eyn statt gebuwen Inn der höh, Eyn narr, er stand, sitz, oder gee, Sicht man doch bald, wesen vnd bscheit Worheyt sieht man jnn ewigkeyt Zwei Dinge kann man nicht verbergen, (und) das dritte sieht man in Ewigkeit: eine auf der Höhe gebaute Stadt; einen Narren erkennt man [doch] bald an seinem Wesen und seiner Art, ob er geht, sitzt oder steht; Wahrheit sieht man ewig B RANT, NARRENSCHIFF 104,40. -> STROH 77- 78

2, s. Inhaltsübersicht 3, Die Sitten (der Bürger) entsprechen der Stadt 3,1, s, Inhaltsübersicht

STADT

98

3.2. Wie die Stadt {der Stadtherr), so die Bürger S Fr. Selon la ville les bourgois Entsprechend der Stadt die Bürger J. MIELOT 300 {= MORAW. 2245). — HERR 484. Vgl. HOF 93 4. s. Inhaltsübersicht 5. Stadtkinder (Kinder in der Stadt} 5.1. s. Inhaltsübersicht 5.2. Stadtkinder müssen (streng) beaufsichtigt werden 9 Span. Hijo de ciudad, a la soga del buey Sohn der Stadt, am Ochsenstrick2 NUNEZ 11,184. 419 5.3, Ein Kind aus einer bedeutenden Stadt ist ein halber Schriftsteller . ll Fr. Enfant de bonne ville est demi (LEROux: demy] escripvain Ein Kind aus einer bedeutenden Stadt ist ein halber Schriftsteller ET. LEGRIS 229. LEROUX 1,215 {15. Jh.). 6. Die geteilte Stadt i 2 It. Cita e perita quando la e divisa Eine Stadt ist verloren, wenn sie geteilt ist GEREMIA 13 DA MONTAGNONE 49. De la cittä divisa U popolo non fa risa Das Volk der geteilten Stadt hat nichts zu lachen PAOLO DA CERTALDO 219 S. 138. 7. Stadttor und Eingang zur Stadt 14 Fr. A l'entree de la ville soni les premieres maisons Am Eingang der Stadt sind die ersten Häuser LEROUX II, 172 (15. Jh.). 15 Span. Puerta de villa, puerta de vida Tor zur Stadt, Tor zum Leben NUNEZ III, 192. 16 Dt. Grosseu stat wil weites tor Eine grosse Stadt muss ein weites Tor haben WITTENWILER, RING 3736. — HAND 394 8.— 14, s. Inhaltsübersicht

17 IS 19 20

15. Verschiedenes It. Luntan dacita luntan dasanita Fern der Stadt, fern der Gesundheit NUNEZ 11,324 (el Italiano). Port. Boos e maos manten ciudad Gute und Schlechte unterhält die Stadt NUNEZ 1,173. Dt. Es stät einer witen stat gar wol, Ob die müren hohe sint Es steht einer grossen Stadt sehr gut an, wenn die Mauern hoch sind 3 KONR. v. AMMENHAUSEN 18136. Vier ding bescbiermt (lies: beschierment, Red.) ein stat, frid, weishayt, mynne und gerechtikayt Vier Dinge schützen eine Stadt: Friede, Weisheit, Liebe und Gerechtigkeit M ON ES ANZ. 7,500,10(Hs. 1440). H. U. S.

99

STALL

Anmerkungen 1 2 3

Engl. Belege bei WHITING C275 u. T122. CORREAS 591: Ke son traviesos Denn sie sind mutwillig. Bezogen auf die erhöhten Ränder des Schachbrettes, das die befestigte Stadt Babylon darstellt.

STADTVIERTEL -> ARM (Adj.) 96, HAUS 94, WEINBERG l

STAHL / acier / steel Hier auch STÄHLEN 1. Ein Stahl bricht und bezwingt den ändern (1-3). — SCHWERT 37, Vgt. GEWALT 14., HART 1.2., MESSER 6., NAGEL (Pflock) 2., SCHLECHT 6.11.1.2., SCHWERT 8., TEUFEL 9.5. 2. Ohne Stahl und Eisen kann der Schmied keine Axt machen —* EISEN 5.1. 3. Stahl wird vom Rost gefressen — LEID 138, ROST 10, SORGE 51, SPOTT 77 4. Verschiedenes (4-5)

1. Ein Stahl bricht und bezwingt den ändern l Nl. Teen steel dwingt dicke dander, - Sepe calibs caltbem domitat pugnare volentem Der eine Stahl bezwingt oft den ändern. — Oft bezwingt der eine Stahl den ändern, der kämpfen will PROV. COMM. 652. 2. 3 Dt. Em stahel bricht den ändern FRANCK I, 87v. EGENOLFF 329 r. -> SCHWERT 37. VgL GEWALT 14., HART 1.2., MESSER 6., NAGEL (Pflock) 2., SCHLECHT 6.11.1.2., SCHWERT 8., TEUFEL 9.5. 2.—3. s. Inhaltsübersicht 4. Verschiedenes 4 Fr. Contre l'acier ne puet aurer U fers Gegen den Stahl kann das Eisen nicht standhalten GAYDON 7185.1 5 Nord. t>at ketnur at fivi sern moellt er. Pat bitur best sem st&llt er Es kommt dazu, wie es im Sprichwort heisst: „Das schneidet am besten, was gestählt ist" KALUND 12 (= JONSSON, ARKIV 39. JONSSON 16).

v: M.

Anmerkung 1 Vgl. auch HASSELL A 20. A 21.

STÄHLEN s. STAHL

STALL / etabie / stable Hier auch GEHEGE, STALLTOR, STALLTÜRE

STALL

100

1. Den Stall vor dem Verlust der Pferde schliessen (1—4)

2. Den Stall nach dem Verlust der Tiere schliessen (wiederherstellen, ausbessern, bauen) (5-64). Vgl. ERTRINKEN 8., GEDANKE 7.2., RAT 8.3., SCHADEN 11.3,, SCHLIESSEN 1.10., WOLF 554. Variiert (65} 3. Im fremden Stall werden die Tiere schlecht bebandelt (66-68), Vgt. PFERD 5.3. 4. Für ungeborenes Vieh braucht es keine Ställe (69-70) 5. In einen Stall sperrt man viele gefügige Schafe (Tiere) (70a). —· SCHAF 17. 6. Der Stall ist wie die Tiere, die Tiere sind wie der Stall —* TIER 4. 7. Der ganze Stall wird von einem einzigen räudigen Tier angesteckt —» SCHAF 24, 126, 139140

8. Dem Stall kehrt das Pferd den Rücken zu, wenn es nicht mehr frisst — PFERD 6.2. 9. Im Hundestall die Wurst suchen -* HUND 1104-1107 10. Der Wolf im Schafstall — LIEBE 1410, WOLF 15.L, 338-340, 547 U. Nicht im gleichen Stall stehen (71-76). — SCHÖN 121-122 12. Vereinzelt (77;

1, Den Stall vor dem Verlust der Pferde schliessen ; Fr. Aim que H chevaus fust per aus Feroit trop bon fermer l'estable Es wäre sehr gut, den Stall zu schliessen, bevor das Pferd verloren ist HUON LE Roi DE CAMBRAI, 2 DESCRISSION 107. On doit anchois l'estavle veriüier Que U chevaus sott perdus nicbement Man muss den Stall verriegeln, bevor das Pferd auf törichte Weise verlorengegan3 gen ist ADAM DE LA HALLE (+JEUX-PARTIS 122,51). II fait bon fermer l'estable avant que les cbevaux soient perdus Es ist gut, den Stall zu schliessen, bevor die Pferde 4 verloren sind J. D'ARRAS, MELUSINE 109. Car H fait bon fermer l'estable devant que le chevau soit perdu Denn es ist gut, den Stall zu schliessen, bevor das Pferd verloren ist EBD. 206.

2. Den Stall nach dem Verlust der Tiere schliessen (wiederherstellen, ausbessern, bauen) 1 5 MIat. Claudit eques stabulum, cum latro cepit equum Der Reiter schliesst den Stall, 6. 7 nachdem der Dieb das Pferd gestohlen hat BASL. SPRW. A 54. Sero subtractis reparas presepe caballis Zu spät stellst du den Stall wieder her, nachdem die Pferde heimlich 8 weggeschafft worden sind MSD 27,2,213. PROV. WRATISLAV. 572. Bostar post furtum non prodest claudere multum Es nützt nicht viel, den Rinderstall nach dem Dieb9 stahl zu schliessen WERNER 2 b28. Interdum stabulum reparatur post grave damnum 10 Bisweilen wird der Stall nach dem schweren Verlust wiederhergestellt EBD. i 117. Multotiens stabulum reparatur post grave damnum Oft wird der Stall nach dem schweren 11 Verlust wiederhergestellt EBD. m 75. Rapto quadrupeds sera sero paratur in aede Wenn das Tier geraubt worden ist, wird der Riegel zu spät an den Stall gesetzt EBD. 12 r 2. Sero paras stabulum tauros iam füre trahente; Sero pater puerum docet hospite tecta petente Zu spät richtest du einen Stall ein, wenn der Dieb die Stiere schon weggeführt hat. Zu spät belehrt der Vater das Kind, wenn der Gast das Haus betritt EBD. 13 s58 (= GAST 66). Sero seras ponis stabulo post furta latronis Nach dem Diebstahl 14 des Räubers legst du zu spät Schlösser an den Stall EBD. s 59. Sero subtractis reparas 15 praesaepe caballis Übers, wie 6 EBD. s 60. Extractis bobus stabulum sero reparatur Wenn die Rinder hinausgeführt worden sind, wird der Stall zu spät wiederhergestellt

101

STALL

16 PROV. WRATISLAV. 216. Claudere stabulum po$t equomm amissionem Den Stau nach dem Verlust der Pferde schliessen BEBEL, PROV. GERM. 543. 17 Fr, Li vilains dit, bien chose estable Que a tart ferme l'an l'estable Quant ü chevaus an est menez Der gemeine Mann sagt richtig etwas Bewährtes, dass man (nämlich) den Stall zu spät schliesst, wenn das Pferd hinausgeführt worden ist CRESTIEN, LANCELOT 18 6977. A tart ferme on l'estable, quant li chevaus est perduz Zu spät schliesst man 19 den Stall, wenn das Pferd verloren ist VILAIN 49 (= Mo RAW. 151). Perdu ai le ceval: or fremerai l'estable Ich habe das Pferd verloren, nun werde ich den Stall schliessen 20 COURTOIS D'ARRAS 446. Quant en a le cheval perdu A tart va l'en fermer l'estable Wenn man das Pferd verloren hat, macht man sich zu spat daran, den Stall zu schliessen 21 RENAUT, GALERAN 1452. S'en puts dire un mot veritable.. Que trop a tart ferme on l'estable Quant U chevaus en est perdus Ich kann davon ein wahres Wort sagen, dass man den Stall zu spät schliesst, wenn das Pferd daraus verloren ist GERB. DE MON22 TREUIL, PERC. 1661. Or ferai si com It vilains Cut leres fait anui et mal: Quant il a perdu son cheval Adont va il fremer l'estable Nun werde ich es so machen wie der Bauer, dem der Dieb Verdruss und Schaden bereiter: Wenn er sein Pferd verloren hat, 23 dann geht er den Stall schliessen S. J. PAULUS 1160. A tart ferme s'estable, qm a perdu son cheval. — Rapto quadrupede sera sero ponitur ede. Sero serat se, qui furta probavit equi Zu spät schliesst seinen Stall, wer sein Pferd verloren hat. — Wenn das Tier geraubt worden ist, fügt man zu spät ein Schloss an den Stall. Zu spat schliesst sich ein, wer 24 den Diebstahl des Pferdes wahrgenommen hat HILKA 68. Or est ariereconsaus! Puts que pierdus est li cevatts, A tart freme on puis l'estable Das ist nun ein Rat hinterdrein! Wenn das Pferd verloren ist, dann schliesst man den Stall zu spät JEHAN, RIGO25 MER 7977 {= RAT 352). Quant li chevaus est perduz, si fermez l'estable Wenn das 26 Pferd verloren ist, schliesst ihr den Stall MORAW. 1747. Quan[t] li chevaus est emblez, si ferme en l'estable Wenn das Pferd gestohlen ist, schiiesst man den Stall PROV. RUR. 27 149. A tart ferme Vom l'estable quant le cheval est perduz Zu spät schliesst man den 28 Stall, wenn das Pferd verloren ist CAMBR. SAMML. {*LEROUX 11,473). Vows voules clore l'estable quant le cheval est perdu Ihr wollt den Stall schliessen, wenn das Pferd 29 verloren ist FROISS. (SPEC. 10) 296,14. Quant le cheval est perdus si ferme l'estable 30 Wenn das Pferd verloren ist, schliesse den Stall! ET. LEGRIS 564, Car trop tard est fermee estable Quant le cheval n'est plus estahle Denn zu spat wird der Stall geschlos31 sen, wenn das Pferd nicht mehr drin steht G, ALEXIS 1,28,515 (ABC). Mais, quant le cheval est perdu, Bien tard est de dorre l'estable Aber wenn das Pferd verloren ist, ist 32 es allzu spät, den Stall zu schliessen MISTERE DU VIEL TESTAM. 12280. Cheval perdu, tu fermeras l'estable Wenn das Pferd verloren ist, wirst du den Stall schliessen J. MOLI33 NET 183, 80. Est tarde, nimium valde, A cheval perdu clore estable Es ist spät, allzu spät, den Stall zu schliessen, wenn das Pferd verloren ist EBD. 776,25. 34 Prov. Mas, com ditz lo proverbis, tart se son perseü, Qu'els an claus lor estable el cavals son perdu Aber sie haben, wie das Sprichwort sagt, spät bemerkt, dass sie ihren Stall verschlossen haben und die Pferde {bereits} verloren sind ALBIG. 1534. 35 It. E serrerö la stalla, poiche io ho perduto i buoi Und ich werde den Stall schliessen, nachdem ich die Ochsen verloren habe SACCHETTI 184. 36 Span. Despues que el cauallo es perdido, ferrades bien la establia Nachdem das Pferd verlorengegangen ist, schliesst ihr den Stall gut KARL UND SIBILLE 386. 37 Engl. For whan the grete Stiede Is stole, thanne he taketh hiede, And makth the stable dore fast Denn wenn die grosse Stute gestohlen ist, dann gibt er acht und macht 38 die Stalltüre zu GOWER, CONF. AM. 4,901. When pe hors is stolyn, steyke pe stabul dore. — Claudunt ribaldi stabulum post furtum caballi Wenn das Pferd gestohlen ist, mach die Stalltüre fest! — Nach dem Diebstahl des Pferdes schliessen die Strolche den

STALL

102

39 Stall RYLANDS fo, 7v. When pe hors is stole, steke pe stahull-dore DOUCE (MS. 52) 39a 22. Sere seram pants (lies: poms, Red.) stabulo post furta latronis. — When pe siede ys stole, hit ys tyme to scheuere stabell doyr Spät fügst du an den Stall em Schtoss nach dem Diebstahl des Räubers. - Wenn die Stute gestohlen ist, ist es Zeit, das Stalitor zu 40 schiiessen RAWL. ENGL. 9. Whan the siede ys stole., than shytte the stable-dore Wenn 4J die Stute gestohlen ist, dann schliesse die Stalltüre! FÖRSTER, ANGLIA 42 204. Ye may happe to repent it ... and do as he doth that dosyth the stable dore whan the horse is Stollen Und es könnte Euch geschehen, dass Ihr es bereut und so tut wie der, welcher die Stalltüre schliesst, wenn das Pferd gestohlen ist BERNERS, HUON OF B. 311,13. 42 Nl. Alst peert verloren es, slutmen den stal Wenn das Pferd verloren ist, schliesst man den Stall MNL. DICHT. 4,3. 43 Dt. Mich dünkt, er hab ein tumben muot, Der nach der rossen diupstäl Airerst besliezen wil den stal Mjch dünkt, der habe einen dummen Sinn, welcher erst nach dem 44 Diebstahl der Pferde den Stall schiiessen will BONER 22,30. Wen man das phertd vorlaust, so bawdt man den stal Wenn man das Pferd verliert, baut man den Stall PROV. 45.46 FRID. 60. Wen das rindt verloren ist, so pessert (flickt) man den stal PRAG 38. Wenn man das viech verleust, so verspert man den stal Wenn man das Vieh verliert, versperrt 47 man den Stall SCHWABACH 111. Wer erst beslust den stal, So er die pferd verlurt, Der ist nit wol gesturt Wer den Stall erst schliesst, wenn er die Pferde verliert, der ist nicht 48 gut beraten (wörtl.t gelenkt) HERMANN v. SACHSENHEIM, SPIEGEL 179,6. Post fractum stabulum sero reponatur equos. — Wann man daz pfärd verloren hat So spart man den stal zu spat Wenn der Stall aufgebrochen ist, wird wohl das Pferd zu spät wieder hineingestellt. — Wenn man das Pferd verloren hat, sperrt man den Stall zu spät zu 49 INNSBRUCK 12. War umme slüst du den stal, als de page is enwqge. — Quid stabulum claudis, sonipes dum perditus ipse? Warum schliessest du den Stall, wenn das Pferd weg ist? — Warum schliessest du den Stall, wenn das Pferd verloren ist? TUNNICIUS 50 1328, Sera in fundo parsimonia.2 — Den stal zu, wan das roß hin ist Zu spät kommt die Sparsamkeit (, wenn man} am Boden (ist). — Den Stall zutun, wenn das Ross 51 verloren ist HAUER 132. Nun der wolff die gens gefressen hat, habens den stal zu gemacht Jetzt, wo der Wolf die Gänse gefressen hat, haben sie den Stall zugemacht 52 LUTHER, WA XI, 127,4 (1523). Wollen den stal pauen, quando unseres ablau Den 53 Stall bauen wollen, wenn die Gänse weg sind EBD, XX, 120,6 (1526). Nu wil den stal ich machen zu, So mir ist hin kalb und die ku Nun will ich den Stall zumachen, wenn mir Kalb und [die] Kuh verloren sind SACHS XXIII, 7,14 (1530) {vgl. BODEN 54 15). Die papisten werden mit der zeitt den stal wol pauen, wen der wolff das fiehe gefreßen hat ... bauen, wenn der Wolf das Vieh gefressen hat LUTHER, WA TR. 4033 55 (1538 [IV, 90,15]). Den stall züthün, so die küw hinauß ist Den Stall zutun, wenn die 56 Kuh draussen ist FRANCK 1,45 v. Sera in fundo parsimonia.2 — Den stal züthün, so 57 die kuw hinauß ist Übers, wie 50. — ... EBD. 1,75r. Grege amisso septa claudere, — Den stal züthün so die kuw hinauß ist "Wenn die Herde verloren ist, das Gehege schlies58. 59 sen. - ... EBD. II,47r. Den stal züthün, so die kuw hinauß ist EBD. 11,88 v. Es ist vergebens denn stall züthün, so die küw hinauß ist Es ist umsonst, den Stall zuzutun, 60 wenn die Kuh draussen ist EBD. II, 153 r. So du denn wilt den stal zumachen, So ist doch schon herauß die ku Wenn du dann den Stall zumachen willst, ist doch die Kuh 61 schon draussen SACHS III, 521,29 (1555). ... Wie wol eß nun als ist zu spat, Weil ich erst will den stal thon zu, So nun herausser ist die kuh Obschon es nun überhaupt zu spät ist, weil ich den Stall erst zutun will, wenn die Kuh draussen ist EBD. XIL,440,17 62, 63 (1555). Den stall züthün, so die kü hinauß ist Übers, wie 55 EGENOLFF 87 v. Es ist 64 vergebens, den stall zu thün, so die kü hinauß ist Übers, wie 59 EBD, 200 r. letzt so ist auß dem stal die ku, Wilt du den stal erst sperren zu Jetzt, da die Kuh ausserhalb des Stalles ist, willst du den Stall erst zusperren SACHS XXI, 267,6 (1565).3

103

STALL

Vgl. ERTRINKEN 8., GEDANKE 7.2., RAT 8.3., SCHADEN 11.3., SCHLIESSEN 1.10-, WOLF 554 Variiert: 65 Fr. Ne pas clore lestable quant cevaux est widies Den Stall nicht schliessen, wenn das Pferd draussen ist MARTIN DE COTIGNIES, POEME SUR LE REGNE DE CHARLES VI (1445 [+ NOTICES ET EXTRAITS VI, 466]}.

3. Im fremden Stall werden die Tiere schlecht behandelt 66 M l a t . Rarus enim grex foecundatur in exule tecto Denn selten wird die Herde in 67 einem fremden Stall fruchtbar EGBERT., FEC. RAT. 1,171. No« bene sub stabulo nutriuntur oves alieno Die Schafe werden in einem fremden Stall nicht gut genährt WERNER 2 68 n 123. Raro cibum plenum stabulum dat equis alienum Selten gibt ein fremder Stall den Pferden reichlich Futter EBD. r 7. Vgl. PFERD 5.3.

4. Für ungeborenes Vieh braucht es keine Ställe 69 M l a t . Nemo non natum stabulo, aut ingenitum presepio applicat Niemand treibt ein ungeborenes (Tier) in den Stall oder ein ungezeugtes an die Krippe SAXO GRAMM. 138,39. 70 Nord. Non nate pecudi rüde fit bostaria cudi. — The t cer daarligt at baasce fore vf0dh f&tz Es ist töricht, für ungeborenes Vieh Stätle zu machen LÄLE 686. 5. In einen Stall sperrt man viele gefügige Schafe (Tiere) 70 ti Dt. Makes vees mach vele m enen stal. — Mansueti pecoris stabulo pars magna tenetur Von zahmem Vieh geht eine grosse Menge in einen Stall. — Ein grosser Teil zahmen Viehs wird in einem Stall aufgenommen PROV. COMM. MND. 515. -> SCHAF 17.

6. —10. S.Inhaltsübersicht 11. Nicht im gleichen Stall stehen4 72 Dt. W/r stondt nit glych mit ir im stall Wir stehen nicht zugleich mit ihr im Stall 72 MURNER, NARREN B. 95,131. Nymer ynn einem stall stehen Nie in einem Stall stehen 73 LUTHER 450. Also auch nomen Dei et nostrum nomen können nicht in einem stall stehen mit einander Ebenso können auch der Name Gottes und unser Name nicht mit74 einander in einem Stall stehen LUTHER, WA XXXI.l, 361,25 (1530). Sie stehn nit 75. 76 in einem stal FRANCK 1,36 r. Nicht in einem stall stehen EGENOLFF 299r. ... stuenden nit in einem stal (Sie) standen nicht in e i n e m Stall ZIMMER, CHRON. III, 137,30. -» SCHÖN 121-122

12. Vereinzelt 77 S p a n . Mancose en el establo Er hat sich im Stall ein Bein gebrochen 5 NUNEZ II, 349. V.M.

Anmerkungen 1 2

Vgl. HASSELL C127; WHITING S697. = ERASM., ADAG, CHIL. 2,2,64.

STALLEN 3 4 J

104

Vgl. auch SACHS IX, 213,17 (1559). D. h. nicht gut miteinander auskommen. Sagt man nach CORREAS 532 spöttisch über ungeschickte oder faule Leute.

STALLEN s. PISSEN STALLTOR s, STALL STALLTÜRE s, STALL

STAMM / tronc / trunk Hier auch STOCK {Wurzelstock), STRUNK Vgl. BAUM 1. Die Frucht gerät und schmeckt (duftet) nach dem Stamm (Stock) 1.1, Alig. ( -14). Vgl. APFEL 1.1., APFELBAUM 1., BAUM 5.1.1., BIRNE 1., EI 7., ERKENNEN 13.3., FRUCHT 6.1., PFLANZE 1., WEIN 2.1., WURZEL 1. 1.2. Spez, (15-18). VgL BAUM 5.1.2., BLATT 53, WURZEL 2,-3. 2, Der Weise schmeckt nach dem Stamm (Stock) — WEIN 276-281 3, Wie der Stamm, so Schössling und Zweig 3.1. Allg. (19-21). Vgl. BAUM 3.1., PFLANZE l.} WURZEL 1. 3.2. Spez. (22-26). Vgl. BAUM 3.2., WURZEL 2.-3. 4. Verschiedenes (27-29)

1 2 3 4 5 6 7

8 9 10 n 12

1. Die Frucht gerät und schmeckt (duftet) nach dem Stamm (Stock) 1.1. Allg. M l a t . Quolibet in pomo sentitur stirpis origo Bei jedem Apfel erkennt man die Herkunft vom Stamm WERNER 2 q226. Stirpe sapomtur pomum, quocumque rotatur Der Apfel schmeckt nach dem Stamm, wohin er auch immer rollt EBD. s 184. Engi. As off the stak the frut bath his tarage Wie die Frucht ihren Geschmack vom Stamm hat LYDGATE, FALL OF PRINCES l, 4771. Often times prowith the frwight after the stok that hit cometh off Oh zeugt die Frucht vom Stamm, von dem sie herkommt HILL 104,18. Dt. Swa noch der apfel walzet hin, Er draejet nach dem stamme sin "Wohin auch immer der Apfel noch rollt, er duftet nach seinem Stamm KONR. v. WÜRZBURG, TROJ. KR. 632. Sulch vrucht get von deme stamme Solche Frucht kommt von dem Stamm PASSIONAL 392,23. Der apfel der ist sinewel al umb unde ümhe, Swie verre er von dem stamme walgert in sliht' unde in krümbe, Doch hat er nach dem stamme sinen smak Der Apfel, der ist ringsherum rund. Wie weit weg er auch vom Stamm auf geradem und krummem Weg rollt, er schmeckt doch nach dem Stamm MEISSNER 1,5 (*MSH 111,86). Natürlich reht ist, swa diu vrukt sich bildet nach ir stamme Das Naturgesetz herrscht (wörtl.: ist) da, wo die Frucht sich nach ihrem Stamm bildet FRAUENLOB, S PR. 95,6. leslichez obez man smecket Nach sines Stammes art Man empfindet den Geschmack jeder Frucht entsprechend der Art ihres Stammes EBD. 412,9. Doch swer ein obez trüege gein Berne, Ez smacte nach sinem stamme gerne Wenn einer eine Frucht bis nach Verona trüge, sie würde doch wohl nach ihrem Stamm schmecken HUGO v. TRIMBERG 6991. Welch obez smecket niht nach smem stamme? Welche Frucht schmeckt nicht nach ihrem Stamm? EBD. 8170, Die drauven smachen

105

STAMM

gern ir stox Die Trauben schmecken gerne nach ihrem Stock HANS (BRUDER) 4149. n Der Apfel will nach dem stamm Gerattert (geraten) ROSENPLÜT (+HÄTZLERIN 14 2, 85,214). Deme gemeynen Sprichwort noch als: „der opffel geredt geren noch dem stamm" Dem verbreiteten Sprichwort gemäss: „Der Apfei gerät gerne nach dem Stamm" STEINHAUSEN 1,239 Anm. (1482). Vgl. APFEL 1.1., APFELBAUM 1., BAUM 5.1.1., BIRNE 1., EI 7., ERKENNEN 13.3., FRUCHT 6,1„ PFLANZE 1., WEIN 2.1., WURZEL 1. 15 16 17 1$

1.2. Spez.1 Fr. Bon' ente en bon estoc deit bien fructifi'er· En malvais estoc vei bon' ente mal fruchier Gutes Propfreis auf gutem Stamm pflegt gute Früchte zu tragen. Auf schlechtem Stamm sehe ich ein gutes Propfreis schiecht gedeihen GUERN. DE PONT S. MAX., THOM, BECKET 4818, Des bons estocz partent les bonnes pommes Von guten Stämmen kommen die guten Äpfel J. MOLINET 188,240. Engl. For god seitb bit hym-self: shal neuere good appel f>orw no sotel science on sour stock growe Denn Gott sagt es selbst: „Auf saurem Stamm wird durch keine noch so geschickte Kunst je ein guter Apfei wachsen" LANGLAND (?), PLOWMAN C 11,206. Dt. Unertig stam pirt snode fmcbt Entarteter Stamm bringt schlechte Frucht hervor SUCHENWIRT 25,307. Vgl. BAUM 5.1.2., BLATT 53, WURZEL 2.-3. 2. s. Inhaltsübersicht 3. Wie der Stamm, so Schössling und Zweig

3.1. Allg. 19 Fr. Selon le souche le $ion Entsprechend dem Stamm der Schössling j. MENSCHINOT, LES LUNETTES DES PRINCES (*GODEFROY X,641 a). 20 Nord. Robore quod ramus melior sit raro probamus. — Si&llen &r green bwll bxdriz Wir erfahren selten, dass der Zweig besser sei als der Stamm. — Selten ist der Zweig besser als der Stamm LÄLE 937. 21 NI. Js dit Inder entten wat mach dan in der stammen wesen Ist dies im Schössling, was kann dann im Stamm sein? MNL. GEISTL. PROSA 103 {Eckhart, Müüerin), Vgl. BAUM 3.1., PFLANZE 1., WURZEL 1.

3.2. Spez.2 22 Fr. De bonne souche bon syon Von gutem Stamm guter Schössiing FAUTS DU MARE23 CHAL BOUCICAUT 3 (+ GoDEFROY X, 641 a). De noble estocq tire on rice piantaige 24 Von edlem Stock zieht man eine üppige Pflanze J. MOLINET 171,256. De noble estocq naist rice floureture Aus edlem Stock spriesst üppiger Blust EBD. 240,48. 25 S p a n . De ruin cepa, nunca buen sarmiento Von schlechtem Stock nie guter Rebling NUNEZ 1,279, 26 Dt. „Dürrez zwt treit dürrer stam": Daz wise wort ist niht gelogen „Dürren Zweig trägt dürrer Stamm", dieses weise Wort ist nicht gelogen HUGO v. TRIMBERG 12542. Vgl. BAUM 3.2., WURZEL 2.-3. 4. Verschiedenes 27 Engl. Loth stok longe Standes. - Trunculus hostilis dat (lies; stat, Red.) longo tempore vilis Verhasster Stock steht lange, — Widerwärtiger Strunk steht lange verachtet da RYLANDS fo. 24.3

STAMMELN

106

28 Dt. Swa in der erden stet ein stam ... Swer danne wil den $tam uz graben ,,. Unde anderswa in setzen, der mac vil wol in letzen Wenn irgendwo in der Erde ein Stamm steht und einer den Stamm dann ausgraben und anderswo einsetzen will, kann er ihn sehr wohl verletzen VÄTERBUCH 18882 (vgl. BAUM 5.7., PFLANZE 2., STEIN 4.)29 Sam goede stoc wol draghen mode drüben Wie gute Stöcke wohl schlechte Trauben tragen HANS (BRUDER) 703.

v: M.

Anmerkung 1 Vgl. HASSELL E 79; WHITING A163.124. 1 3

Vgl. ZILTENER 1491 f.; HASSELL E79; WHITING S 744. Vgl. WHITING S 742.

STAMMELN s. STOTTERN STAMMLER s. STOTTERN

STAND / etat / status 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Je höher der Stand, um so mehr Weisheit (ist nötig) (l~2) Jeder benehme sich seinem Stande gemass (3 — 6) Jeder bleibe in seinem Stande (7-9) Manche lehnen sich gegen die Standesordnung auf (W—12) Jeder Stand ist gut, in dem man gut handelt (13-14}. Vgl. LEBEN 33S Verschiedenes (15—16)

1. Je höher der Stand, um so mehr Weisheit {ist nötig) 1 Engl, The better that thi state be* The better wysdom be-houys the Je besser dein 2 Stand ist, um so bessere Weisheit ziemt sich für dich DOUCE (MS. 52) 139. The grettir state, the more wisedom. — Que (lies: Quo) status est melior, prudencia sit übt mator Je höher der Stand, um so mehr Weisheit. — Je besser der Rang ist, um so grössere "Weisheit sollst du haben HILL 105 a, 13. 2. Jeder benehme sich seinem Stande gemass 3 Fr. Chacun se doit porter selon son estat Jeder soll sich seinem Stand gemass benehmen MORAW. 361. 4, 5 Dt, Eyn yeder soll sich halten nach seinem stände Jeder soll sich nach seinem Stand 6 benehmen AGRICOLA Nr. 259. Nr. 652 S. 465,27. Ein jeder halte sich nach seinem stand EGENOLFF 151 v. 3. Jeder bleibe in seinem Stande 7 La t. Intra Fortunam debet quisque manere suam Jeder soll in seinem Stande bleiben OVID,, TRIST. 3,4,25. 8 Mlat. Maneat igitur unusqutsque nostrum in suo ordine Es bleibe also jeder von uns in seinem Stande LUTHER, WA XL.3,237,26 (1532-33). 9 Dt. Ein man der sol sin reht bewarn Ein Mann sotl in seinem Stande bleiben STRICKER (*HEIDELB. Hs. 145,186).

107

STAR (Vogel)

4. Manche lehnen sich gegen die Standesordnung auf 10 Dt. ich sihe aller slahte leben Wider stnen orden streben Ich sehe allerlei Stände sich n gegen ihre Standesordnung auflehnen FREIDANK 75,22. Wan sehen im gelinget, Der wider stnen orden ringet Denn nie hat der Erfolg, der sich gegen seinen Stand auflehnt 12 WERNHER D, GÄRTNER 289. Nescio, quae mundi perituri certa sit etas, Or do vite (lies mit Hs. i: quisque) sue sortis tinquit quia metas. — Ich sehe aller deckt lebin Wider seinen ordin strebin Ich weiss nicht, welches die festgesetzte Zeit der dem Untergang geweihten Welt ist, da jeder Stand die Schranken seines Standes überschreitet. — Übers. wie 10 FREIDANK LAT. (GÖRLITZ) 1460.

5. Jeder Stand ist gut, in dem man gut handelt 13 Dt. Aller ordenn der ist gut, Swer dar in recht tut. — Or do bonus quivis in eo bene vivere si vis Jeder Stand ist gut, wenn einer darin recht handelt. — Jeder Stand ist gut, 14 wenn du darin recht leben willst FREIDANK LAT. (GRAZ) 194. Ez ist nindert ein orden guot, Ane dem man reht tuot, Sprach Vridank und ist war „Es ist kein Stand gut ausser dem, in dem man recht handelt", sprach Freidank 1 , und es ist wahr HEINR. D. TEICHNER (KARAJAN) 32. Vgl. LEBEN 335

6. Verschiedenes 15 Fr. E« tous estas troev-on et des fols et des sages In alien Ständen findet man sowohl 16 Narren als auch Weise GILLES LI MUISIS I, 369. A l'estat congnoit on l'omme Am Stand erkennt man den Menschen MORAW, 66.

V. M.

Anmerkung 1

Bezieht sich auf FREIDANK 31,22: Dehein leben ist so guot, So da man inne rehte tuot Kein Leben ist so gut wie das, in dem man recht tut (= LEBEN 335).

STANDFEST s. STEHEN STANGE s. STOCK STAR (Augenleiden) / cataracte / cataract 3 N o r d . Varia synisk alt $em er Ytum freim, er beegir drer Den Menschen, die der Star plagt, erscheint kaum alles, wie es ist MÄLSHÄTTAKV^EDI 17, l (= GERING 20). Vgl. FURCHT 4.2.2., GUT (Adj.) 779, 787, 795 H. U. S.

STAR (Vogel) / etourneau / starling i M l a t . Conueniunt sturni fures et equi scabiosi Diebische Stare und räudige Pferde passen zusammen 1 MSD 27,2,28.

£.D. Anmerkung 1 Vgt. ZFDA 30,263.

STARK

108

STARK / fort / strong Hier auch KRAFT (Stärke), STÄRKE, VERSTÄRKUNG 1. Kraft und Macht der Stärke 1.1, Dem Starken helfen Gott und das Glück (1-19). — WAGEN (Vb,) 72. Vgl. WAGEN (Vb.} 1.2.1. Variiert (20) 1.2, Der Starke ist überall zu Hause — LAND 146-147 1.3, Der Starke siegt über alles (21-24). -» SIEGEL 2. Vgl. WAGEN (Vb,) 1.2,4, 1.4, Der Stärkere stösst immer (besser) (25—27) 1.5, Der Stärkere stosst den ändern in den Sack oder unter die Bank —* BANK 3-4, SACK 73—74, 76, l'8'-79, 82-88, 90-97 1.6, Der Starke ist der Untergang des Schwachen —* SCHWACH 3.1, 1.7, Verschiedenes (28-29) 2, Relativer Wert von Stärke 2.1. Auch der Starke findet seinesgleichen (30—38) 2.2. Auch der Starke findet einen noch Stärkeren (39-48), Vgl. GEWALT 191 2.3. Auch der (das) Starke ist nicht unbedroht (49-53). Vgl. FLIEGE 3.2., FLOH 2.1., LÖWE 3.4., MÜCKE 3.1. 2.4. Auch der Starke bedarf des Schwachen — SCHWACH 2,1. 2.5. Auch der Starke ist dem Tod verfallen -* TOD 1.2.2.2. 2.6. Auch der Starke kommt zu Fall (54-55;. Vgl. BAUM 7.3., EICHE 4. 2.7. Verschiedenes (56-57) 3. Nachteilige Folgen der Stärke (58—62} 4, Kennzeichen wahrer Stärke 4.1. Stark ist, wer weise ist und handelt —* WEISE 4.3. 4.2. Stark ist, wer duldsam ist — DULDEN 110-111,113-116 4.3. Stark ist, wer sich selbst besiegt —» SIEG 10.3. 4.4. Stark ist, wer fällt und wieder aufsteht (63~67) 4.5. Vereinzelt (68) 5, Entstehung und Ursache von Stärke 5.1. Masshalten macht stark (69-74). Vgl. GESUND 2.3,1,, MASS (Massigkeit) 3.8., VIEL 4.3.3. 5.2. Zusammenschluss macht stark (75—77) 5.3. Das Gefühl der Sicherheit im eigenen Bereich macht stark -* DRECK 100, 103-104, HAUS 77, HUND 75 5.4. Zorn macht stark — ZORN 240-243 6. Rechter und zurückhaltender Gebrauch der Stärke (78—82) 7, Verhalten gegenüber den Starken 7.1. Freundlichkeit (83) 7.2. Gefolgschaft (84) 73. Friedfertigkeit — KAMPF 69, 71, 73, 80-81 7A. Distanz — GESELLE 65-67 8. Verschiedenes (85-86)

l. Kraft und Macht der Stärke 1.1. Dem Starken helfen Gott und das Glück 1 Lat, Fortibus est fortuna viris data Den starken Männern ist das Glück beschert1 2 ENNIÖS, ANNAL. 257. Portis fortuna adiuuat Den Starken hilft das Glück TER.,

3 PHORM. 203.

Sed ,fortuna fonts' Aber das Glück (hilft) den Starken Cic., DE FIN.

4 3,4,16. Fortis enim non modo fortuna adiuvat, ut est in vetere proverbio, sed multo magis ratio Denn den Starken hilft nicht nur das Glück, wie es in einem alten Sprich-

5 wort heisst, sondern noch viel mehr die Vernunft Cic., Tusc, 2,4,11. Audendum est:

109

STARK

fortes adiuuat ipsa Venus Man muss wagen: Den Starken hilft Venus selbst TIBULL. 6 1,2,16 (= WAGEN [Vb.] 1], Eventus docuit fortes fortunam iuvare Der Ausgang hat 7 gezeigt, dass das Glück den Starken hilft LIVIUS 8,29,5. Fortis fortunam adiuvare S aiebant Man sagt, dass das Glück den Starken helfe EBD. 34,37,4. ,Forte$' inquit .fortuna iuuat' „Den Starken", sagte er, „hilft das Glück" PLIN., EP. 6,16,11. 9 M t a t . luvitque virum fortem fortuna Und das Glück hat dem starken Mann geholfen io Wi DU KIND. 1,30. Fortes fortuna adiuuat Übers, wie 2 ERASM., ADAG. CHIL. 1,2,45 (vgl. WAGEN [Vb.) 69). i l It. La Fortuna ... giova a' forti, ed avvilisce gli timidi Das Glück hilft den Starken und erniedrigt die Verzagten Bocc., FIAMMETTA 6 S. 150. 12 Nl. Ende soomen ghemeynüjck seyt, Godt helpt de stercste Und wie man allgemein sagt: „Gott hilft den Stärksten" REYNAERT 43 Kap, 23. 13.14 Dt. Gott hilft gern dem sterckem SCHWABACH 157b. Gof hilfft dem Starkesten IS. 16 PROV. FRID. 96. Got bilfft gerne dem sterksten EBD. 160 Anm. Daher das Sprichwort kumpt: Got hilfft den sterckisten Von da kommt das ... LUTHER, WERKE 17 11,171,18 (1520-21). Also das man ynn solchem fall den Spruch lasse gehen. Got hilfft dem sterckisten So dass man in einem solchen Fall den Spruch in Geltung treten 18.19 lasse ... EBD. 11,391,26 (1523). Go« hilfft dem sterckisten AGRICOLA Nr. 5. EGENOLFF 4 r. -> WAGEN (Vb.) 72. Vgl. WAGEN (Vb.) 1.2.1. Variiert: 20 Fr. Dieu ayde aux plus foibles, mats les plus fors gaignent tousjours Gott hilft den Schwächsten, aber die Stärkeren gewinnen immer ANT. DE LA SALE, SALADE 1,119.

1.2. s. Inhaltsübersicht 1.3. Der Starke siegt über alles 23 Mlat. Nichil insuperabile forti. Guncta solent gnari virtute viri superart. Dura potest que vis ardua vincere vis Nichts ist unüberwindlich für den Starken, Alles pflegt durch die Stärke des kundigen Mannes überwunden zu werden. Eine starke Kraft kann alles 22 Schwierige besiegen ROBERT 44. Ni subsit morti, nil insuperabile forti Nichts ist für den Starken unüberwindbar, ausser dass er dem Tod unterliegen kann WERNER 2 n 63, 23 Fr, Force multitude surmonte Stärke übertrifft die Menge PHIL. DE VITRI 693. 24 Dt. Wer do mag, der siegt Wer starker ist, der siegt SCHWABACH 157a. — SIEGEL 2. Vgl. WAGEN (Vb.) 1.2.4.

1.4. Der Starke stösst immer (besser) 25 Fr. Lors boute miels qui plus a force Da stösst der besser, welcher mehr Kraft hat 26 JEHAN, RIG o M ER 1622. Qui force at il boute; ja Vay oy assez „Wer Kraft hat, stösst", 27 das habe ich zur Genüge gehört HUG. CAPET 759. Tousjours dl qui a force boutte Immer stösst der, welcher Kraft hat J. MOLINET 662,144.

1.5. —1.6. s. Inhaltsübersicht 1.7. Verschiedenes 28 M l a t . Firma valentper se nullum quaerendo iuvamen Das Starke ist stark durch sich selbst, ohne dass es Hilfe braucht WERNER 2 f 42. 29 It. Chi ha piü forza quel fie piü tostano Wer mehr Kraft hat, wird schneller sein GETA E BIRRIA 5,165,

STARK

110

2. Relativer Wert von Stärke 2.1. Auch der Starke findet seinesgleichen 30 31 32 33 34 35

36

37 38

Fr. N'est nul si for s qu'i[l] m soit ausi gram Es gibt keinen noch so Starken, ohne dass es einen ebenso Bedeutenden gäbe RAOUL DE CAMBRAI 6999. Fori contre fort Ein Starker gegen den ändern MORAW. 760, N'est si fort ne truisse son per Es gibt keinen noch so Starken, der nicht seinesgleichen fände EBD. 1380. II n'est fort qu'ausi fort ne soit Es gibt keinen Starken, ohne dass es einen ebenso Starken gäbe J. MIELOT 129. // n'est sy fort que aultre ne soit aussy ... ohne dass ein anderer es ebenso wäre J. MOLINET 640,.99.2 It. Pero ehe ogni forte e potente uomo potrebe trovare un altro cost forte e potente com' e egli, o piü Denn jeder starke und mächtige Mann könnte einen ebenso starken und mächtigen wie er selbst finden oder einen, der es noch mehr isr GALFRED o, FAV. 51. E n g l . Ther is noman soo strong of kynde, But he may his make fynde Es gibt keinen, der so stark ist von Natur aus, dass er nicht seinesgleichen fände SEEGE OF TROYE App. A1612g-h. Dt. So stark ist nieman noch so gröz, Etswä vinde er sin genöz So stark ist niemand oder so gross, dass er nicht irgendwo seinesgleichen fände BONER 83,47. Won kainr so stark ist noch so reich, Er vinde dannocht sein geleich Denn keiner ist so stark oder so mächtig, dass er nicht dennoch seinesgleichen fände WITTENWILER, RING 7408.

2.2. Auch der Starke findet einen noch Stärkeren 39, 40 Fr. U n'est si fort qui ne troeuve son tnaistre Es gibt keinen noch so Starken, der nicht 41 seinen Meister fände J. MOLINET 365, 80. 582,367. U n'est si fort qui ne trouve son maistre EBD. 608,24.3

42 Nl. Als was ic staerct staerker ic vant Obwohl ich stark war, fand ich Stärkere JAC. v. MAERLANT, ALEX. 9,755. 43 Dt. En itlik vint sinen överÜnk Ein jeder findet einen Mann, der stärker ist als er G. v. 44 MINDEN 46,48. Nymant ist also stark, ym kommer uffte eyn starker czu Niemand ist 45 so stark, dass ihm nicht oft ein Stärkerer begegnet PROV. FRID. 481. Es ist keiner also starck, er findet einen sterckern Es ist keiner so stark, dass er nicht einen Stärkeren 46 fände AGRICOLA Nr, 185. £5 ward nie keiner so starck, mann findt einn sterckern Es ist nie einer so stark geworden, dass man nicht einen Stärkeren fände FRANCK 1,130 r. 47 Es ist keiner so starck, mann findet einn starckern ... dass man nicht einen Stärkeren 48 fände EGENOLFF 103 v. £s ward nie keiner so starck, mann findt einn starckern EBD. 355 v. Vgl. GEWALT 191

2.3. Auch der (das) Starke ist nicht unbedroht 49 Lat. Nihil tarn firmum e$t, cut periculum non sit etiant ab invalido Nichts ist so stark, dass ihm nicht auch Gefahr vom Schwachen erwächst CURTIUS RUFUS 7,8,15. 50 Mlat. Fortis ab inualido metuat persona periclum Der starke Mensch soll die Gefahr 51 fürchten, die ihm vom Schwachen droht EGBERT., FEC. RAT. 1,36, Nicht! enim tarn firmum, cui non sit periculum ab invalido Denn nichts ist so stark, dass ihm nicht auch Gefahr vom Schwachen erwächst IAC. CESS. 63 — 64. 52 Engl. Per is nothyng so stabyll, bod vmwhiie per is parcell (lies: parell, Red.) perin Es gibt nichts so Starkes, ohne dass eine Gefahr dabei wäre ALPHAB. OF TALES 33,26.

Ill

STARK

53 Df. £5 wart kein ding so kreftig nie Uf erde, das so sicher ie Vor allen dingen mähte sin Es hat auf Erden nie etwas so Starkes gegeben, dass es jemals vor allem entsprechend sicher sein könnte KONR. v. AMMENHAUSEN 1529. Vgl. FLIEGE 3.2., FLOH 2.1,, LÖWE 3.4., MÜCKE 3.1.

2.4.—2.5. s. Inhaltsübersicht 2.6. Auch der Starke kommt zu Fall 54 Fr. N'est $i forz qui ne cheie Es gibt keinen noch so Starken, der nicht (einmal) fällt 55 MORAW. 1381. N'est si fort qe ne chet CAMBR. SAMML. (+LEROUX 11,479). Vgl. BAUM 7,3., EICHE 4. 2.7. Verschiedenes 56 Nord. Pats mer synt at stno ma Enge rnapr afle treysta Das ist mir klar (geworden), 57 dass kein Mann sich auf seine Stärke verlassen kann GRETTIS SAGA 62,8. Tarn vegetus quis seit (lies mit Druck B: sit} quod non in fine fatiscit. — Enghen eer saa godh at hanum (Ües: han) wordher eij modh Wer kann so stark sein, dass er nicht am Schluss müde wird? — Keiner ist so stark, dass er nicht müde wird LALE 1065.

3. Nachteilige Folgen der Stärke SS Mlat. Rixantur fortes, ibi fit discordia perpes; Nam neuter neutri, non Hector cedtt Achilli (Wo) die Starken kämpfen, da ist andauernde Zwietracht; denn keiner weicht 59 dem ändern, Hektor nicht dem Achüleus EGBERT., FEC. RAT. 1,593. Plerumque fortissimi robore corporis sunt debiles animo Meistens sind diejenigen, die sehr stark sind an Körperkraft, schwach, was ihren Mut betrifft IAC. CESS. 267—268 (vgl. GROSS 15). 60 Nl. Sterke lieden hebben sterck euel. ~ Semper habet fortis morbos quasi iurgia mortis Starke Leute haben starke Übel. — Immer hat der Starke Krankheiten, die wie Todeskämpfe sind PROV. COMM. 615. 01. 02 Dt. Starke lüde hebben stark öuel PROV. COMM. MND. 586. N« isset, also me tho seggende plecht: We ouer den ändern mach, De deit om seiden guden dach Nun ist es so, wie man zu sagen pflegt: „Wer stärker ist als der andere, der bereitet (wörtl.: tut} ihm selten einen guten Tag" IMMESSEN 591.

6.3 64 65 66. 67

4. Kennzeichen wahrer Stärke 4.1.—4.3. s. Inhaltsübersicht 4.4. Stark ist, wer fällt und wieder aufsteht Mlat. Vulgo dicitur, fortis est qui prostravit, sed fortior qui resurgit Man sagt allgemein: „Stark ist, wer zu Boden geworfen hat, aber stärker ist, wer wieder aufsteht" HELINAND., SERM. 20 (651A). Fr. Qui ahat forz est, qui se relieve plus fort Wer niederwirft, ist stark; wer wieder aufsteht, ist stärker MORAW. 1780. forz est qui abat et plus forz qui se relieve EBD. 765. fort est qui abat et plus fort qui releve CAMBR. SAMML. (+ LEROUX II, 476). fort est qut abat et plus fort qui se relieve ET. LEGRIS 279.

4.5. Vereinzelt 68 Fr, Celui est li tres fort d'oü hon ne se donne garde Derjenige ist der ganz Starke, vor dem man sich nicht in acht nimmt HAUREAU VI, 69 (13. Jh.).

STARK

112

5. Entstehung und Ursache von Stärke 5.1. Masshalten macht stark 69 La t. Forttus vt ualeas, interdum parcior esto; Pauca voluntati debentur, plura saluti Um an Stärke zuzunehmen, sollst du bisweilen massvoüer sein. Wenig schuldet man dem Verlangen, mehr der Gesundheit PS. CATO, BIST. 2,28 (= GESUND 82). 70 Mlat. Fortior ut ualeas, interdum parcior esto! Damit du stärker an Kräften bist, sei bisweilen massvoüer!4 WERNER Z f 63. 71 Pro v. Si atempra ton cors Que vivas sans e fors. Qui trop seg son deleg Sens grat jatz en son leg. Be-s deu om captener Per salutad aver Halte deinen Körper in einem so massvollen Zustand, dass du gesund und stark lebst! Wer zu sehr seiner Lust nachlebt, liegt unfreiwillig in seinem Bett. Man muss sich wohl verhalten, um Gesundheit zu haben CATO PROV. T 287 (= GESUND 85). 72 Nord. Als ok drykkju Neyt aldri sva, At pitt minkiz megin; TU afls ok heilsu frarft alt at bafa, Lifat pu mart at munuö Geniesse das Essen und Trinken nie so, dass deine Kraft sich (dabei) verringert! Du musst alles brauchen für deine Stärke und Gesundheit, Lebe auch nicht zu sehr in Wollust! HUGSVINNSMÄL 83 (= GESUND 96). 73 Eng L Pforcius ut ualeas interdum parcior esto: Pauca uoluptati debentur, plura saluti. — Mesurable deyes Estre a cune feyez, Tut seyez Mout pussaunt; Mout deyt komme a sante, E poy a lolifte, Estre entendaunt. — t>e bardiore pou holde pi good, f>e strengore pat pu be; Mony hing to hele falle, And fewe to lolyte Um an Stärke zuzunehmen, sollst du bisweilen massvoller sein. Wenig schuldet man der Lust, mehr der Gesundheit. — Massvoll sollt ihr bisweilen sein, dann seid ihr sehr stark. Man sei sehr bedacht auf Gesundheit und wenig auf Lust. — Je fester du dein Gut festhältst, um so stärker bist du. Viel gebührt der Gesundheit und wenig der Lust VERNON MS. 50,389. 74 Dt, Fortior ut ualeas interdum parcior esto Pauca uoluptati debentur plura saluti. — Du salt mesig sin czustundin Das du starkir wirdist vundin Des leibis lust sal kleyne syn Der sele heil vil vnde fyn Damit du stärker an Kräften bist, sei bisweilen massvoller! Wenig schuldet man der Lust, mehr der Gesundheit. — Du sollst bisweilen massvoll sein, damit du als stärker befunden wirst. Die Begierde des Leibes soll klein sein, die Gesundheit der Seele gross und fest CATO OMD. (ZpoA 72} 85 {= GESUND 87), Vgl. GESUND 2.3.1., MASS (Massigkeit) 3.8., VIEL 4.3.3.

5.2. Zusammenschluss macht stark 75 Dt. Eyn jedes ding me sterckung batt Wann es bynander gsamlet stat Alles hat mehr 76 Stärke, wenn es versammelt beieinander steht BRANT, NARRENSCHIFF 99,133. Infirma consensu firma. — Was bey einander ist das ist starck Das Schwache ist durch Überein77 Stimmung stark. ~ ... FRANCK 1,63 v. Das schwach ist auch beysamen starck EBD,

5.3.—5,4. s. Inhaltsübersicht 6. Rechter und zurückhaltender Gebrauch der Stärke 78 Mlat. Cum sis robustus, esto cum corpore iustus Wenn du stark bist, sei gerecht mit deinem Körper! WERNER 2 c206. 79 Nord. A/ afli binu vert ohnesinn Du sollst nicht prahlen mit deiner Stärke HUGSVINNSMÄL 15,1. so Engl. Gyfpu str&gncöe habbe, bruc p&re to nytte Wenn du Stärke besitzest, brauche sie zum Helfen! EARLY Ho M. 6,3. 8l. 82 Dt. Fortitudo in fortunam, non homines. — Brauch dein sterck wider das glück, nit wider den man Stärke gegen das Glück, nicht gegen die Menschen. - Brauche deine Stärke gegen das Glück, nicht gegen den Menschen! FRANCK 1,57 v. EGENOLFF 308 r.

113

STAUB

7. Verhalten gegenüber den Starken 7.1, Freundlichkeit S3 Fr. Vom savez bien qu'estre couvient Debonnaire quant plus fort vient Ihr wisst wohl, dass man freundlich sein muss, wenn ein Stärkerer kommt DAME JOUENNE 135. 7.2. Gefolgschaft 84 Fr. Toudis vous tenes au plus fort Haltet es immer mit dem Stärksten! ADAM, FEUILLEE510.

7.3.-7.4. s. Inhaltsübersicht 8. Verschiedenes 85 Pro v. Senbors, es ft] reproverbi vos die que l'entendatz ...; On mats avem de for sä plus nos teno sobratz Herren, dieses Sprichwort nenne ich euch, auf das ihr achtgeben sollt: „Je mehr Verstärkung wir haben, desto mehr bedrängen sie uns" ALBIG. 8290. 86 Dt. Sterck on rath ist tod Stärke ohne Rat ist der Tod FRANCK 1,56r (vgl. WEISE 4.2.). V.M. Anmerkungen 1

Foriis bedeutet sowohl ,stark' als auch ,kühn' und ,tapfer'. Insofern würden dieses und die nachfolgenden lat. und it. Sprw, auch zu der Gruppe bei WAGEN (Vb.) 1.2.1. passen. Sie sind aber hier aufgeführt als Quelle und Parallele zu den nl. u. dt. Sprw. gleichen Inhalts.

2

Vgl. H A S S E L L F 1 1 7 .

3

Vgl. H A S S E L L F 1 1 8 ,

4

Könnte auch anders übersetzt werden: Damit du als der Stärkere giltst, sei bisweilen schonender.

STARKE s. STARK

STAUB / poussiere / dust Hier auch STÄUBEN 1. Staub ist unser aller Herkunft und Bestimmung (1-17). — ASCHE 14, ERDE 40, 42, WELT 22, WURM S. Vgl. ASCHE 6., DRECK 6A., ERDE 9.1,, NICHTS 3., TOD 399 2. Staub macht Dreck {18-21) 3. Staub (als Untergrund) ist gut für den Esel —» MAULTIER 5, 4. Staub vom Vieh ist Wohlgeruch für den Wolf — WOLF 15.7. 5. Staub ist nur im fremden Auge sichtbar — AUGE 350, 370-37l, 373-374, 379, 383, 385, 387, 391, 393, 399 6. Den Staub von den Füssen schütteln (22—24). Vgl. AUGE 530 7. Staub aufwirbeln 7.1. Wer üble Schritte geht, wirbelt üblen Staub auf (25 — 26) 7.2. Wenn eine alte Frau tanzt (klatscht), wirbelt sie viel Staub auf (27—34) 8. In die Augen stäuben -» HIMMEL 2.6.3. 9. Staub in den Wind tragen — DEMUT 10-11. Vgl. DEMUT 13

STAUB

114

1. Staub ist unser aller Herkunft und Bestimmung 1 1 Bibl. Quia pulvis es, et in pulverem reverteris Denn du bist Staub und wirst wieder 2 zu Staub werden VULG., GEN. 3,19. Denn du bist Erden, vnd so/ zu Erden werden 3 LUTHERBIBEL, 1. MOSE 3,19. Comparatus sum luto, et assimilatus sum favtllae et einen Ich bin mit Dreck verglichen und der Asche gleichgestellt worden VULG., IOB 4 30,19 (vgl. ASCHE .32). Man hat mich in Dreck getretten, vnd gleich geacht dem s staub und aschen LUTHERBIBEL, HIOB 30,19 (vgl. ASCHE 32). Recordatus est quoniam pulvis sumus; homo, sicut foenum dies eius, tamquam flos agri sie efflorebit 6 VULG., PSALM. 102,14. Er gedencket daran, das wir Staub sind. Ein Mensch ist in seinem Leben wie Gras, Er bluet wie eine Blume auff dem felde LUTHERBIBEL, PS. 103,14. 7 Lat. Pulvis et umbra sumus Wir sind Staub und Schatten HÖR., CARM. 4, 7,16. 8 MIat. Te facit attentum, quia pulvis es, hoc monumentum Dieses Grab macht dich 9 darauf aufmerksam, dass du Staub bist MONES ANZ. 3,33,4 (Hs. 13. Jh.). Recordatur, quoniam puluis sumusf et homo sicut foenum et flos agri egreditur et conteritur, et fugit velut vmbra Er denkt daran, dass wir Staub sind und dass der Mensch wie Heu und eine Blume des Feldes entsteht und zerfällt und wie ein Schatten davonflieht PETRARCA, VITA SOL. 1,4,4 S. 58. Fr. Car pouldre es, et en pouldre aussi Te fauldra retourner en fin Denn du bist Staub und musst am Ende auch wieder zu Staub werden A, GREBAN 811. 11 It. Raccordasi ehe not siamo polvere, e ehe l'uomo esce dt terra come fieno e fiore di campo, e viene a meno e come ombra fugge Er denkt daran, dass wir Staub sind und dass der Mensch von der Erde geht wie Heu und eine Blume des Feldes und vergeht 12 und davonflieht wie ein Schatten PETRARCA, VITA SOL. VOLG. I, 83 Kap. 23. Che tutti, ehe vivem sopra la terra, Non siamo altro pero ehe polve ed ombra Denn wir alle, die wir auf der Erde leben, sind nichts anderes als Staub und Schatten TRISSINO, SOFONISBA 138 a. Dt. Der mensche ist gemachit Der arme der tovbe Vz dem cranken stovbe Vnd darzvo vzzir hör Als ich seite da vor Vnd vz blöder eschin Der arme und nichtige Mensch ist aus geringem Staub gemacht und dazu aus Dreck, wie ich zuvor gesagt habe, und aus 14 vergänglicher Asche HUGO v. LANGENSTEIN 116,74. Und spricht ouch, er wolle des gedenkin daz wir ein erde sin und ein gestuppe und sin ouch als die blume die da hüte bluet und morne dorret Und er (seil. Gott) sagt auch, er wolle daran denken, dass wir Erde sind und Staub und auch sind wie die Blume, die da heute blüht und morgen 15 verdorrt SCHÖNBACH, PRED. 1,246, 7. Do sprach unser herre: ,du bist von erde unde von staube chomen, du muost ouch wider ze stoube unde zerde werden' Da sprach unser Herr: „Du bist aus Erde und aus Staub entstanden (wörtl.: gekommen), du musst 16 auch wieder zu Staub und zu Erde werden" EBD. III, 126,3. Wan du bist von stoube unde von erde chomen unde muost ouch wider ze stoube unde zerde werden Denn du bist aus Staub und Erde gekommen und musst auch wieder zu Staub und Erde werden 37 EBD. 111,265,7. Wir sin stoup und erde uz erden; Daz sie sint daz soll wir werden Wir sind Staub und Erde aus Erde. Was sie sind, müssen wir (auch) werden MARIENGRÜSSE 511 (vgl. SEIN 8.1.). — ASCHE 14, ERDE 40, 42, WELT 22, WURM 8. Vgl. ASCHE 6., DRECK 6.4., ERDE 9.1., NICHTS 3., TOD 399

2. Staub macht Dreck 18. 19 S p a n . Co« esos poluos se fizieron esos (NUNEZ: hicieron estos) lodos Aus jenem 20 Staub entstand dieser Dreck LOPEZ (?), REFRANES 162. NUNEZ 1,232. Ello era polvo,

115

STAUEN

llovia y bizose lodo Es war Staub; da regnete es, und daraus wurde Dreck NUNEZ 2l 11,24. Yo me era polvo, vino agua y ht'zome lodo Ich war Staub; es kam Wasser und machte mich zu Dreck EBD. 111,479.

3. —5. s. Inhalts bersicht 6. Den Staub von den F ssen sch tteln 2 22. 23 B i b l . Excutite pulverem de pedibus vestris VULG., MATTH. 10,14. Sch ttelt den staub von ewren Fussen LUTHEKBIBEL, EBD. 24 Fr. Oster (a pouldre, de ses piedz Den Staub von seinen F ssen entfernen NUNEZ 10,111 (el Frances). Vgl. AUGE 5.30

7, Staub aufwirbeln 7.1. Wer ble Schritte geht, wirbelt blen Staub auf 25 Span. Quien malos passos anda, malos poluos leuanta Wer ble Schritte geht, wirbelt 26 blen Staub auf LOPEZ (?}, REFRANES 591. Quien en malos pasos anda, malos polvos levanta NUNEZ 111,288.

7.2. Wenn eine alte Frau tanzt (klatscht), wirbelt sie viel Staub auf 27-32 Mgr. Γραΰς άνακροτήσασα πολύν κονιορτόν εγείρει Wenn eine alte Frau klatscht, wirbelt sie viel Staub auf PS. DIOGENIAN. 3,97. PS. DIOGENIAN. VINDOB. 2,18. GREG. CYP. 2,4. GREG. CYP. MOSQ. 2,57. MAKARIOS 3,6. APOSTOLIOS 5,65. 33 M l a t . Anus subsultans multum, puluerem excitat Wenn eine alte Frau tanzt, wirbelt sie viel Staub auf ERASM., ADAG. CHIL. 2, 8,12. 34 Dt. Anus subsuttans multum ecitat pulueris, — Wann alte weiber tantzen, so machen sie ein gro gestewb ... — Wenn alte Frauen tanzen, machen sie grossen Staub FRANCK 1,5 v.

8.-9. s. Inhalts bersicht

v: M.

Anmerkungen 1 2

Vgl. WHITING E 22. Einen Ort mit erkl rter Unzufriedenheit und f r immer verlassen; vgl, GRIMM, DW . X.2.1, 1081. Vgi. auch WHITING D446.

ST UBEN s. STAUB STAUDE s. BUSCH STAUEN / endiguer / to darn 1. Das Wasser an der Quelle (am Ursprung) stauen l Nord, At Ost skal a stemma Am Ursprung soll man den Fluss stauen SNORRA EDDA 89 (Sk ldskaparmal 18 [= JONSSON, ARKIV 1. JONSSON 1]).

STECHEN

116

D t. We eyn lopende water wtl stuwen, dattet syn lopen late, de moet nouwe to seen, war de ersten äderen vt der wellen körnen, vnde stoppen de oersprongeliken fonteynen Wer ein laufendes Gewässer stauen will, so dass es sein Laufen einstellt, der muss genau zusehen, wo die ersten Adern aus der Quelle hervorkommen, und die Quelle an ihrem Ursprung verstopfen BRIEF (LANGENBERG) 119. Vgl. BACH 13 2. Den Rhein {mit Lehm) stauen —>· RHEIN 3.

V.M.

STECHEN / piquer / to prick, to sting Hier auch STICH 1. Herkunft und Ursache von Stichen 1.1. Dornige und stachlige Pflanzen stechen 1.1.1. Dornbusch und Rosenstrauch — DORN 8-10, 12-14, ROSE 52 1.1.2. Disteln — DISTEL 3. 1.2. Insekten stechen 1.2.1. Bienen und Wespen — BIENE 16, 19, 22, 25, 30, HONIG 156-157, WESPE 9 1.2.2. Hungrige Fliegen, Flöhe und Läuse -> FLIEGE 29, FLOH 9-10, LAUS 6-7 1.3. Widerstand gegen den Stachel (Sporn) hat zwei (drei) Stiche zur Folge 1.3.1. Allg. (1-23). Vgl. STACHEL 3. 1.3.2. Spez. f24-27; 2. Wirkung und Bedeutung von Stichen 2.1. Stiche, die nicht bluten, tun mehr weh als die ändern (28—29. Vgl. 43) 2.2. Ein kleiner Stich bringt eine Blase voll Luft zum Platzen -> BLASE 17, WELT 26 2.3. Verschiedenes (30-32) 3. Reaktion auf Stiche (33-34), Vgt. TRETEN 4 4. Schöntun und Stechen 4.1. Vorne (Auf der einen Seite) salben, lecken und schmeicheln, hinten (auf der ändern) stechen 4.1.1. Allg. (35-36). — HONIG 167-168, i70, SITTE 107, WORT 695. Vgl. HINTEN 7., LACHEN 3.1.3., LECKEN 6., VORN 3. 4.1.2. Spez. 4.1.2.1. Das Glück und Gott salben und lachen zuerst und stechen dann —* GLÜCK 401—402, GOTT 594 4.1.2.2, Skorpione lecken und schmeicheln vorne und stechen hinten (37). — SKORPION 1—3, 7-8, 10, 12-14, 16-17, 19-20, 24, 26-29. Vgl. SCHLANGE 74 4.2. Salben wird mit Stechen, Stechen mit Salben erwidert 4.2.1. Vom Bauern -> BAUER 35, 43-52 4.2.2, Von der Welt (38) 4.3. Verschiedenes (39-41) 5. Redensarten und Vergleiche 5.1. In die Augen stechen —* AUGE 23.4. 5.2. Auf den letzten Stich behalten — HALTEN 49-52 5.3. Stäche ein Eid wie ein Dorn ... —» EID 6.3. 5.4. Wie ein gestochenes Kalb aussehen — RIND 26,8.

5.5. Verschiedenes (42-43) 6. Verschiedenes (44-47)

117

STECHEN

1. Herkunft und Ursache von Stichen 1,1. —1.2. s, Inhaltsübersicht 1.3. Widerstand gegen den Stächet (Sporn) hat zwei {drei} Stiche zur Folge 1.3.1. Allg.1 1 M I a t . Quando repugnatur calcart, bis stimulatur Wenn man sich dem Sporn wider2 setzt, wird man zweimal gestochen WERNER 2 q43. Bis, si restiteris stimulo, punctum patieris Zweimal wirst du einen SticK verspüren, wenn du dich dem Stachel widersetzt 3 hast S. OMER 26, Bis pungitur, Qui nititur Repugnare stimulo Zweimal wird gestochen, wer sich dem Stachel zu widersetzen sucht CARM. BUR. 104 11,3, l. 4 Fr. Qui contre aguiüon eschaucire, Dous feiz se point, tot tens l'oi dire „Wer gegen den Stachel ausschlägt, wird zweimal gestochen", das habe ich immer sagen hören 5 ROM. DE THEBES 4995. Qui contre aguillon eschaucire Dous foiz se point, toz jors 6 i'oi dire ENEAS 8651. Deus feiz « treis u plus se point Qui contre aguillon eschaucire Zwei- oder dreimal oder noch häufiger wird gestochen, wer gegen den Stachel aus7 schlägt BEN., CHRON. 2,20552. Qui contre aguilon enchauce, dou fet se poit (sie). — Si contra stimulum quis calcitret, ille uidetur Bispungi merito, tormentaque bina meretur Wer gegen den Stachel ausschlägt, wird zweimal gestochen. - Wenn einer gegen den Stachel ausschlägt, scheint er mit Recht zweimal gestochen zu werden und verdient 8 zweifache Qual ZACHER 251. S'aves maintes fois dire: Ki centre aguillon escaucire Tierce foies se blece et mort Ihr habt oft sagen hören: „Wer gegen den Stachel aus9 schlägt, wird dreimal verwundet oder gestochen" PHIL. MOUSK. 26918. Qui contre 10 aguillon escaucire, H fois se point Übers, wie 7 EBD. 30308. Deus fois so point, s'ai o'i dire, Ki contre aguillon escaucire ..., so habe ich sagen hören ROB. DE L'OMME, n MIR, DE VIE Prol. 3,41. Qui encontre aguillon esc auceirre, dous feiz se point RAWLIN12 SON 286. Qui vne fois regibe, duos fois se peint Wer einmal nach hinten ausschlägt, 13 wird zweimal gestochen EH ST L. KLOSTERL, 24. Car on dist que deus fois se point Qui contre aiguillon escaucire Denn man sagt, dass sich zweimal sticht, wer gegen den 14 Stachel ausschlägt ADAM (*DiTS D'AMOUR l, 131). Qui une foiz regipe deus foiz est 15 pointz Übers, wie 12 MORAW. 2180. Qui regimbe deux fois se point Wer nach hinten 16 ausschlägt, wird zweimal gestochen GODEFROY DE PARIS 3354. Qui countre aiguilloun s'escbaustre deux foiz se poynt Übers, wie 7 CAMBR. SAMML. (+LEROUX 11,481). 17 Qui contre aguillion rebelle deus fois se point Wer sich gegen den Stachel auflehnt, i s wird zweimal gestochen MORAW. 1873. Qui contre Vaguillon estrive, Par deux fois se point et empire Wer sich gegen den Stachel sträubt, wird zweimal gestochen und 19 geschädigt PROV. D. SAGES 111,73. Recalcitrer encontre la pointure De l'eguillon redouble la bateure Sich gegen den Stich des Stachels auflehnen verdoppelt den Schlag 20 CHRISTINE DE PISAN, PROUV. MOUR. 85. Qui contre aguillon regibe deux foys se point 21 Übers, wie 7 ET. LEGRIS 607. Qui contre agmlon regibe deux fois se point LEROUX 22 II, 387 (15, Jh.}- Qui deux fois se recule deux fois se fait poindre Wer zweimal zurück23 weicht, bewirkt, dass er zweimal gestochen wird EBD. 11,389 (15. Jh.). Qui contre aguyllon se rebelle, Merite d'estre point deux fois Wer sich gegen den Stachel auflehnt, verdient zweimal gestochen zu werden PROV. EN RIMES 623. VgL STACHEL 3.

1.3.2. Spez.2 24 MIat. Bös calcitrosus debet pungt binis vicibus Der Ochse, der gerne ausschlägt, muss zweimal gestochen werden SAL. ET MARC. 25 b (vgl. ESEL 224, STACHEL 32). 2J Bis bös percutitur, bis ferrum sentit acutum, Si contra stimulum calcitret ipse suum Zweimal wird der Ochse gestochen, zweimal bekommt er das scharfe Eisen zu spüren, wenn er gegen seinen Stachel ausschlägt ALANUS 433 (parab. 5).

STECHEN

118

26 It. El bo ehe recalcitra, deve esser ponto doe volte Der Ochse, der ausschlägt, muss zweimal gestochen werden SAL. E MARC. 14. 27 Nl. Den os die achterwaert sperret salmen tweewerf prickelen Den Ochsen, der nach hinten ausschlägt, soll man zweimal stechen SAL. ENDE MARC. 7. 2. Wirkung und Bedeutung von Stichen 2.1. Stiche, die nicht bluten, tun mehr weh als die ändern 2&. 29 Dt. Stich die nit bluten, thänd weer dann die ändern FRANCK II, 169 r. Stieb die nit bluten, thuon weer dann die ändern EGENOLFF 215 r. Vgl. unten 43 2.2. s. Inhaltsübersicht 2.3. Verschiedenes 30 Fr. A trop poindre fault l'aymant Wenn man zu heftig sticht, versagt die harte Metallspitze A. GREBAN 15849. 31 S p a n . Poco os duelen, Don Ximeno, estocadas en cuero ageno Wenig schmerzen Euch, Don Ximeno, Degenstiche in fremde Haut NUNEZ HI, 168. 32 Port. Mais val hua aguilloada, que dous arres Mehr nützt ein Stich (mit dem Stachel} als zwei „Vorwärts!" NUNEZ 11,358 (el Portugues). 3. Reaktion auf Stiche 33 M l a t . Quando aliquis te pungit, retrahe pedem Wenn dich einer sticht, dann zieh den FUSS zurück! SAL. ET MARC. 101 b. 34 It. Quando uno te ponze, leva el tuo pede Wenn dich einer sticht, nimm deinen FUSS weg! SAL. E MARC. 25. Vgl. TRETEN 4 4. Schöntun und stechen 4.1. Vorne (Auf der einen Seite) salben, lecken und schmeicheln, hinten (auf der ändern) stechen 4.1.1. Allg. 35 It. Questi davanti m' unge, Ma dt dietro mi pttnge Dieser salbt mich vorne, aber von 36 hinten sticht er mich BRUNETTO LATINI, FAVOLELLO 101. Da una vanda el me onze, da laltra el me ponze Von der einen Seite her salbt er mich, von der ändern sticht er mich NUNEZ 1,272 (el Italiano). -* HONIG 167-168, 170, SITTE 107, WORT 695. Vgl. HINTEN 7., LACHEN 3.1.3.. LECKEN 6., VORN 3. 4.1.2. Spez. 4.1.2.1. s. Inhaltsübersicht 4.1.2.2. Skorpione lecken und schmeicheln vorne und stechen hinten 37 M l a t . Tanquam animal venenosum, quod cauda ferit et ore blanditur Wie das giftige Tier, welches mit dem Schwanz sticht und mit dem Maul schmeichelt ANDR. CAP. 227. -> SKORPION 1-3, 7-8, 10, 12-14, 16-17, 19-20, 24, 26-29. Vgl. SCHLANGE 74 4.2. Salben wird mit Stechen, Stechen mit Salben erwidert 4.2.1. s. Inhaltsübersicht

119

STECKEN

4.2.2. Von der Welt 38 Fr. Laisse le monde de tows points, Car H te oindra se tu le poings, Et se tu l'oings tu seras poingt Lass die Welt ganz und gar fahren; denn sie wird dich salben, wenn du sie stichst, und wenn du sie salbst, wirst du gestochen werden! G. ALEXIS 1,44,992 (ABC).

4.3. Verschiedenes 39 M l a t . Quos deberent pungere adulantes ungunt, Quos deberent ungere increpant et pungunt Diejenigen, welche sie stechen sollten, salben sie schmeichelnd, diejenigen, welche sie salben sollten, tadeln und stechen sie PETR, VIN., IN ECCL. 30. 40 Fr. Qui bien oynt suef poynt Wer gut salbt, sticht angenehm CA.MBR. SAMML. (+LEROÜX 11,481 [= MORÄW. 1845]}. 41 It. Tempo e da ügnare e tempo e da pugnere Es gibt eine Zeit zum Salben und eine Zeit zum Stechen BERNARDINO 1,219 (Fred. 9).

5. Redensarten und Vergleiche 5.1.-5.4. s. Inhaltsübersicht 5.5. Verschiedenes 42 Dt. Ach vns ist nur zu wot, der kutzel (Übermut) stiebt vns LUTHER, WERKE III, 336,2 43 (1526). Einn stich geben der nit blät (nicht blutet) 3 FRANCK 1,35 v (vgl. oben 2.1.).

6. Verschiedenes 44 M l a t . Verba um docti stimulis et comparo clauis: Hon sapiens palpare nefas sed pungere nouit Die Worte des gelehrten Mannes vergleiche ich mit Stacheln und Nägeln: Der Weise kann das Unrecht nicht streicheln, sondern (muss es) stechen4 EGBERT., FEC. 45 RAT. 1,534 (= WORT 1429). Est in puncturum ferrum procedere durum. Est res aspera cum guts citus est in acum Es ist schwer, gegen das Eisen, das stechen wird, Widerstand zu leisten. Es ist unangenehm, wenn einer schnell ist (im Widerstand} gegen eine Spitze ROBERT 46 (vgl. STACHEL 3.). 46 Fr. E se li reis m'a point el gras, Certes jeo poindrai lui el maigre Und wenn der König mich ins Fette gestochen hat, werde ich ihn gewiss ins Magere stechen BEN., CHRON. 2,15383. 47 Dt. Das dir bas mit dem bereiten, dann mit dem stechen ist Dass es dir mehr ums Angreifen als ums Stechen zu tun ist ZIMMER. CHRON. 1,554,35.

V.M. Anmerkungen 1 2 3 4

Vgl. HASSELL A51; WHITING P 377. Vgl. WHITING O 82. Vgl. LUTHER, WA XXXIII, 179,20 (1531) u. Nachtr. S. 678. Vgl. die Anm. der Ausg. u. die weiteren Belege bei WORT 34.30,

STECKEN / voila le hie / that is the crucial point Da steckt es1 3-4 s 6 7

Dt. Da steckts Da steckt es LUTHER 2. LUTHER, WA XXIII,213,17 (1527). XXVI,367,23 (1528), L,400, l (1539). Da steckts, der nagel2 ist entzwey LUTHER, WA XXVI, 304,27 (1528). Da steckt's, da blibt's ewig bi ... dabei bleibt es ewig MANUEL 158,674 (Barbali). Da steckts nu (nun), der zweck (das Schwarze in der

STECKEN 8 9 10 11

120

Scheibe) ist getroffen LUTHER, WA LI, 235,10 (1534-35). Da stehet* und steckts Da steht und steckt es EBD. XLV, 588,20 (1538). Denn da steckts, da ligts, da bleibts ... da liegt es, da bleibt es EBD. UV, 29,10 (1543). Hie ligts, da stickts Hier liegt es, da steckt es EBD. XLVIII,49,2 (= LIEGEN 27). Da stickis EBD. XLVIII,62,8. - LIEGEN 25, 18, 26. Vgl. LIEGEN 12. V.M.

Anmerkungen 1

2

Darum handelt es sich, das ist der springende Punkt, das ist der Kern der Sache, darauf kommt es an. Vgl. GRIMM, DWe. X.2.1,1333 u. die Anm. Thieles in LUTHER, WA LI,665,2. Bei LUTHER 2 folge die Erklärung: sagitta scilicet perfects iacta Nämlich der Pfeil, der getroffen hat {word.: richtig geschossen worden ist), Nagel meint hier den Mittelpunkt der Scheibe, das Ziel.

STECKEN (Subst.) s. STOCK STEGREIF s. STEIGBÜGEL STEHEN / etre debout / to stand Hier auch STANDFEST, STEHENBLEIBEN, STILLSTEHEN Vgl. AUFSTEHEN 1. Stehen und fallen 1.1. Wer steht, gebe acht, dass er nicht falle (1-21). -» FALL 188, GROSS 2.2.2. 1.2. Wer heute steht, kann morgen schon fallen -» GLÜCK 180, HEUTE 50-51, 71, MENSCH 177 1.3. Wer (Was) fällt, stand nicht fest — FALL 7-12 1.4. Wer hoch steht (fest zu stehen glaubt), fällt tief (leicht) -» FALL 108, 162, 168. Vgl. HERR 182 2. Negative Aspekte des Stillstands 2.1. Stehen heisst rückwärtsgehen (22—24) 2.2. Eine Mühle, die stillsteht, bringt wenig oder gar keinen Gewinn —» MÜHLE 8, 11, 13 3. Berge bleiben stehen, Menschen gehen aufeinander zu —· BERG 37—38, Vgl. BERG 2,2. 4. Besser kurz sitzen als lange stehen — SITZEN 8. Vgl. RICHTEN 9.7. 5. Auf einem FUSS kann man nicht lange stehen -* FUSS 6-7, 9. Vgl. HOCHMUT 83 6. Ein Schurke bleibt ein Schurke, ob er sitzt oder steht —· SCHURKE 3, .9-10 7. Fällt der Himmel, bleibt nichts stehen -* HIMMEL 23, 27,31,37,39 8. Im eigenen Licht stehen (sich selbst im Licht stehen) —* LICHT 8,3. 9. Verschiedenes (25-28)

1. Stehen und fallen 1.1. Wer steht, gebe acht, dass er nicht falle 1.2 Bibl. Qui se existimat stare, videat ne cadat VULG., I COR. 10,12. Wer sich lesset duncken, Er stehe, Mag wol zusehen, das er nicht falle LUTHERBIBEL, EBD. 3 L at. Qui stat, videat, ne cadat Wer steht, gebe acht, dass er nicht falle ROMULUS 59 Prom. (r. v.). 4 M l a t . Dicit enim Scripture: Qui stat, videat ne cadat Denn die Heilige Schrift sagt: 5 ... VITAE PATR. 3,123 (783 D). Stanttbus et lapsis par sollicitudo tenenda est; His ne

121

6 7 8 9 10 n 12 13 14 15 16 17 18 19 20

21

STEHEN

retro cadant, illis M concite surgant Solche, die stehen, und Gefallene müssen gleichermassen Vorsicht bewahren: die sollen nicht nach hinten fallen, jene nicht zu schnei! aufstehen OTLOH., PROV. 333 A, Stantibus e$t factlis casus, graue surgere lapsis Für solche, die stehn, ist es leicht, zu fallen; für Gefallene aber ist es schwer, aufzustehn {Schönfelder) NIVARD., YSENGR. 1,817. Stans casum titneas, speres prostratus Wenn du stehst, sollst du den Fall fürchten; wenn du gefallen bist, sollst du hoffen PETR. RIGA, FLOR. ASP. 1407 C. Qui stat, uideat ne cadat Übers, wie 3 SAL. ET MARC 18 a. Dum se existimat stare, cecidit Wenn einer glaubt, er stehe, ist er (schon) gefallen OTTO SANS LAS., CHROM. 36,10. Qui stat, videt ne cadatis (lies: cadat is) Wer steht, der sieht zu, dass er nicht fällt WRIGHT, REL. ANT. 1,142 (A. 14. Jh.). N o r d . Er bvi sva ritad: Sa er stendr, siaiz hann fyrir, at kann falli eigi Deshalb steht [so] geschrieben: „Wer steht, sehe sich vor, dass er nicht falle" VITAE PATR. NORD. 598,20. Ertgl. Hit is stker, for sothe, and a sagh comyn, He bat stalworthiy Standes, stir not too swithe, Lest be faile of his fotyng and a falle haue Es ist gewiss, in der Tat, und ein geläufiges Sprichwort: „Der, welcher sicher steht, soll sich nicht zu rasch bewegen, damit er nicht seinen Halt verliert und hinfällt" DESTR. OF TROY 2075. Pe prouerbe fiat techeth commounly, „Hepat stant sure, enha&t hym not to meve" Das Sprichwort, das gemeinhin lehrt: „Du sollst den, der sicher steht, nicht dazu bringen, dass er sich hastig bewegt" LYDGATE, TROY BOOK 2,1848. Pou that stondys so sure on sete, Ware lest fry bede falte to by fete Du, der du so sicher auf deinem Platz stehst, pass auf, dass dein Kopf nicht zu deinen Füssen fällt! BOOK OF CURTASYE 239. Dt. Und als sente Paulus spricht ... swen so dunkit daz er sie, der seh, daz er icht valle Und wie der heilige Paulus sagt: „Wem scheint, dass er stehe, der sehe (sich vor), dass er nicht falle" SCHÖNBACH, PRED. I, 363,30. Wanne Paulus sprichit: „wer dö ste der hüte daz her icht valle" Denn Paulus sagt: „Wer steht, der hüte sich, dass er nicht faile" HERMANN v. FRITZLAR 73,17. Wer stät, mag er, der valle nicht nider; Veit er, vil kume kunt er wider Wer steht, der falle nach Möglichkeit nicht hin; fällt er, (dann) kommt er nur mit Mühe wieder auf BONER 75,47. Der vaste stände der hüete sich Daz er nicht valle; daz rät ich Wer fest steht, der gebe acht, dass er nicht falle; das rate ich EBD. 83,51. Wer da steit, der hude sich wale, Daz er icht nider falle zu dale Wer da steht, der gebe wohl acht, dass er nicht niederfalle SAL. u. MARK. 231. Wer vberhebt sich das er stand Der lug vnd scblypff nil vff dem sand Das jm nit werd schad, spott vnd schand Wer sich damit brüstet, dass er stehe, der sehe sich vor und gleite nicht auf dem Sand aus, damit ihm nicht Schaden, Spott und Schande (zuteil) werden BRANT, NARRENSCHIFF 56, 80. Da vor warnet auch Sanct Paul alle Christen und sagt, Wer da stehet, der sehe zu, daß er nicht falle AGRICOLA Nr. 80. — FALL 188, GROSS 2.2.2.

1.2. —1.4. s. Inhaltsübersicht 2. Negative Aspekte des Stillstands 2.1. Stehen heisst rückwärtsgehen 22 M l a t . Quia si steteris, retrocedis Denn wenn du stehenbleibst, gehst du rückwärts PS. ORILL. 1,1 S. 6,10. 23 Dt. Wanne stille ston ist hinder sich gon Denn stillstehen ist rückwärtsgehen MER24 SWIN (?), TRAKTATE 2,25,12. In gottes weg still stan, ist hinder sich gan Auf dem Weg zu Gott stillstehen ist rückwärtsgehen ENGELBERG, PRED. 220. 2.2. —8. s. Inhaltsübersicht

STEHENBLEIBEN

25 26 27 28

122

9. Verschiedenes Mlat. Turpe e$t referre pedem, nee passu stare tenaci Schande ist, den FUSS zurückzuziehen und nicht mit einem festen Tritt stehenzubleiben IAC. VITRIAC., SERM. VULG. 305. It, Per bene star si scende molte miglia Um gut zu stehen, steigt man viele Meilen hinab PETRARCA l Ganz. 9,50 (S. 117). Engl. Stonde awbyle and rynne a myte Einen Augenblick stehenbleiben und eine Meiie laufen RYLANDS fo. 4 v, D t , Wer hoch stet, der sieht gar vii me dann der nyder stot Wer hoch steht, der sieht viel mehr als der, (der) tief steht GEILER, CHR. BILGERSCHAFFT 144 a.

H. U. S.

STEHENBLEIBEN s. STEHEN STEHLEN s. DIEB STEIF / raide / stiff 1. Dem steifen Penis ist nicht zu trauen -> PENIS 7-8. Vgl. PENIS 5. 2. Man investiere kein Geld in ein Pferd mit steifen Hacken -^* FRAU 4.1.1.2.7.

STEIGBÜGEL / etrier / stirrup Hier auch STEGREIF 1. Zum Aufsteigen soll man den Steigbügel nicht verschmähen (1~3) 2. Ohne Steigbügel in den Sattel springen (4—18) 3. Sich aus dem Stegreif nähren (19-30). — DIEB 300, PFLUG 32-33

1. Zum Aufsteigen soll man den Steigbügel nicht verschmähen 1 Dt. Wer vff das pferd will sytzen, der muß den stegreyff nitt verschmähen Wer auf das Pferd (auf)sitzen will, soll den Steigbügel nicht verschmähen GEILER, PARADIES 2 130b. Wiltu in den sattel steigen, so verschmech den steigenreif nit Willst du in den Sattel steigen, so verschmähe den Steigbügel nicht! GEILER (ALSATIA 8,1862-1867, 3 155)1, Wer da will uff ein ross steigen, der muß den stigenreiff (soll den Steigbügel) nit verachten GEILER, POSTILLE (+ALEMANNIA 1,1873,303).

2. Ohne Steigbügel in den Sattel springen 4, 4a Dt. An Stegreif er in den satel spranc Ohne Steigbügel sprang er in den Sattei OREN5. 6 DEL 990. 1322. Äne Stegreif er in den satel spranc EBD. 1047. Der gewäpent in den satel spranc: Ern gerte stegereifes niht Der Gerüstete sprang in den Sattel; er brauchte 7 (wörtl.: begehrte) keinen Steigbügel WOLFRAM v. ESCHENBACH, PARZIVAL 157,28, Er sprang druf (seil, üf sin ors) äne Stegreif sprang darauf (auf sein Pferd) ohne Steig-

8 bügel EBD. 215,22. Dar in (seil, in den satel} er äne stegereif V/7 snellidichen spranc 9 Darein (in den Sattel} sprang er ganz behende HEINR. v, D. TÜRLIN 7426. Do fuor

123

13 14. 15 16 17 IS

STEIGBÜGEL

manec küen helt In den satel äne stegereif Da. sprang manch tapferer Held ohne Steigbiigel in den Sattel STRICKER, DANIEL 5034, Dar wart ein er lieh spmnc gedän An stegeretf an den sadel stn Da machte er einen vortrefflichen Sprung (worti.: wurde ein ... Sprung getan) ohne Steigbügel in seinen Sattel BERTHOLD v. HOLLE, CRANE 1404. An stegereif in den satel spranc Der edele vürstc Röböäl Ohne Steigbügel sprang der edle Fürst Roboal in den Sattel MAI 213,32. Äne stegereife er in den satel spranc Übers, wie 4 WOLFDIETR. D 7,159,3. Äne stegeretf er in den satel spranc EBD. 7,196,3. 8,48,4. Alsus gewäfent spranc er in Den satel äne stegereif So sprang er bewaffnet ohne Steigbügel in den Sattel REINFRIED 9198. Dar «/"{seil, üf das ors) aller tugende sarc Spranc snelle äne stegereif Darauf (auf das Pferd) sprang der tilgendhafte Held (word.: Schrein aller Tugenden) behend ohne Steigbügel EBD. 17234. O« stegreyff (Ohne Steigbügel) in den sattel springen2 AGRICOLA Nr. 738.

3. Sich aus dem Stegreif nähren 3 19 Dt. Man {seil, rüter vnd schriber} vsz dem stagenreiff sich nert Man (Ritter und 20 Schreiber) nährt sich vom Raub BRANT, NARRENSCHIFF 79,17. So/ ich myn kost vom sattel nagen Vnd des stegreiffs mich erneren, V/7 baser worter musz ich hören Wenn ich meinen Unterhalt als Raubritter verdienen (word.: vom Sattel nagen} und mich vom 21 Raub ernähren soll, muss ich viel böse Worte hören MURNER, NARRENB. 24, 8. Vo« dem stegreiff sich erneren Sich vom Raub nähren MURNER, SCHELMENZUNFT 23,12. 22.23 Aus dem stegreiff sich neeren LUTHER 365. ////' qui ex rapto vivitnt, hoc est, die sich im steigreif erneren Diejenigen, die vom Raub leben, das heisst, die sich aus dem Stegreif 24 nähren TAPPIUS 19. £s war aber der Edelmann ein gottloser Mensch, der sich ausm 25 Stegereif nährete LUTHER, WA TR. 6090 (V, 481,35 [Aurifaber]}. Also ich mich im stegreiff nehr, Wann ich kan ye nit essen graß Darum nähre ich mich vom Raub, denn 26 ich kann ja nicht Gras fressen 4 SACHS 111,555,28 (1543). So leb ich forthin gar verwegen Und will mich in dem stegreiff nehren, Mich an kein zucht noch straff mer keren ... und will mich vom Raub nähren, mich um keinen Anstand noch Tadel mehr 27 kümmern EBD. 1,103,26 (1550). Fraw schalckheit sprach:, Wen sie auch zadel Haben an gelt, so thw ichs leren, Das sie sich in dem stegraiff neren Und rais duen auf der stras' Frau Bosheit sprach: „Wenn sie auch Mangel haben an Geld, dann lehre ich sie, sich vom Raube zu ernähren und Kriegszüge zu führen auf der Strasse" EBD. 28 XXIII, 56,31 (1554), Soll ich mich in dem stegraiff nehrn, Wie ander edel renters -lewt, So furcht ich aber meiner hewt Wenn ich mich vom Raub ernähren soll wie 29 andere edle Ritter, so fürchte ich jedoch für meine Haut EBD. XII, 443,36 (1555). DM thust liegen, triegen und rauben, Du heltst weder warheit noch glauben, Müssig neerst du im stegraff dich Du lügst, betrügst und raubst. Du hältst dich weder an Wahrheit 30 noch an Glauben. Ohne Arbeit nährst du dich vom Raub EBD. V, 68,31 (1557). Sol ich mich denn im stegreiff nehrn, So wil es gar nicht sein mit ehrn Wenn ich mich dann von Raub ernähren soll, so wird das gar nicht in Ehren geschehen EBD. XVII, 261,9 (1562). — DIEB 300, PFLUG 32-33 R. L., rev. E. D.

Anmerkungen 1

2

Nach J. G. ScherziuSj Glossarium germanicum medii aevi, Strassburg 1781—4, 11,1566 s.v. steigenreich findet sich das Sprw. in Geilers Schrift Das buoch arbore humana, Strassburg 1521, El. 108. Es folgt die Erklärung: In den alten geschickten der Deutschen wirt hoch gerutnet, daß die tnuttigen Helden on stegreyff, mit yhrem harnasch angethan, in den sattel gesprungen haben,

STEIGEN

3 4

124

als von Wolff Dieterich ...Es ist yhe eyrt zeychen eyner manlicben stercke und tnanlichs muts, on hilffe auff eynen (Ausg.: eynem) gaul wol verwapenet zu springen ... dass die mutigen Helden ohne Steigb gel, in ihren Harnisch gekleidet, in den Sattel gesprungen seien, so z. B. von Wolfdietrich. Es ist immer ein Zeichen von m nnlicher Kraft und m nnlichem Mut, in voller R stung ohne Hilfe auf ein Pferd zu springen. D. h. vom Raub leben wie ein Raubritter. Vgl. GRIMM, DWe. X.2.1,1389; R HRICH II, 1001 b. Der Wolf spricht.

STEIGEN / monter / to climb Hier auch ABSTEIGEN, AUFSTEIGEN, AUFSTIEG, ERKLIMMEN, ERSTEIGEN, HERABSTEIGEN, HINABSTEIGEN, HINAUFSTEIGEN, HOCHSTEIGEN, KLETTERER, KLETTERN, STEIGER Vgl. HOCH 1. Aufstieg und Abstieg (Steigen und fallen) 1.1. Wer (zu) hoch {schnell) steigt, f llt tief (schnell) (1-4). — AMEISE 31, FALL 25, 32, 34-36, 38-47, 49-53, 56-60, 62, 64-69, 71-77, 79-81, GEHEN 103-104, HOCH 6. Vgl. DEMUT 3.4., FALL 3.20.4., HOCH 4.-5., 63, HOCHMUT 5.1.2. 1.2. Wer h her steigt, als ihm zusteht (als er kann), f llt (5). -> FALL 83-99. Vgl. DEMUT 3.4,, FALL 3.20.5., HOCHMUT 5.1.2. Variiert (6) 1.3. Je h her (schneller) man steigt, desto defer (eher) f llt man (7-9). -> BERG 20, FALL 106107, 111, 115-117, 124-133, 137-138, 140-144, 147, 149-150, 152, 156-158, 160. Vgl. BERG 1.1.2., DEMUT 3.4., FALL 3.20.6. 1.4. Wer hoch steigt, bricht den Hais (10-12) 1.5. (Die besten) Kletterer fallen (brechen sich den Hals) (13-18). — SCHWIMMEN 7-10, 15-18 1.6. Narren steigen hoch (und fallen tief) (i 9-22) 1.7. Besser ist hinabsteigen (nicht hinaufsteigen) als fallen —* FALL 8.5., HOCH 2 1.8. Manche steigen nur auf, um zu fallen — HOCH 6, SCHURKE 76. Vgl. HOCH 4.2. 1.9. Das Rad der Fortuna l sst die einen aufsteigen, die anderen fallen —* GL CK 225, 27Ϊ, 329, 363. Variiert (23) 1.10. Einer steigt auf, ein anderer f llt (24-45). -> SCHWEIGEN 248, STUNDE 8. Vgi. FALL 4-5, KAMPF 192, KOMMEN 1.2. 2. Negative Folgen zu hohen Aufsteigens (46 — 50) 3. Wer zu hoch steigt, wird erniedrigt — DEMUT 43, 103, 107, 113, 149, HOCHMUT 78,81, 89, 92, 99, 101, 103 4. Beim Steigen ist (selbst kleine) Last hinderlich -* LAST 69-70, 85 5. Beim Aufsteigen sol! man den Steigb gel nicht verschm hen —* STEIGB GEL 1—3 6. Nach braunen Kirschen steigt man hoch —> KIRSCHE 1. 7. Redensart: Die M cke steigt ihm auf die Nase — AMEISE 31, FALL 25, 32, 34-36, 38-47, 49-53, 56-60, 62, 64-69, 71-77, 79-81, GEHEN 103-104, HOCH 6. Vgl. DEMUT 3.4., FALL 3.20.4., HOCH 4.-5., 63, HOCHMUT 5.1.2.

1.2. Wer höher steigt, als ihm zusteht (als er kann), fällt 5 Fr. Qui plus tost monte qu'il ne doit Descent plus tost qu'il ne vouldroit Wer schneller steigt, als er soll, kommt eher herunter, als ihm lieb ist LEROUX 11,403 (15. Jh.). -* FALL 83-99. Vgl. DEMUT 3.4., FALL 3.20.5., HOCHMUT 5.1.2. Variiert: u Fr. Qui plus hault monte qu'il ne doibt ... Tantost chascun le monstre au doyt Wer höher steigt, als er soll, auf den zeigt bald jeder mit dem Finger FÜLLE BOBANCE (um 1500 [+SOTTIES 9,383]) (vgl. unten 46).

1.3. Je höher (schneller) man steigt, desto tiefer (eher) fällt man 7 M l a t . Quanta altior est ascensus, tanto dunor est descensus Je höher der Aufstieg ist, um so härter ist der Abstieg LUP. OLM., REG. MONACH, 15 (405 A). 8 Pro v. Qui pus amon puia e mays s'enanta, Mays torna clis E de pus alt se baisa Je höher jemand steigt und je weiter er vorrückt, um so mehr wird er erniedrigt und um so tiefer sinkt er von grosser Höhe herab (Kolsen) CERVERI DE GIRONA (+NEUPHILOL. Mirr. 39,328). 9 It. Che tanto come onto monta piü alto, tanto e lo discendere piü gravoso Denn je höher man steigt, um so beschwerlicher ist der Abstieg TRATTATO DI VIRTU 36 S. 92. -> BERG 20, FALL 106-107, 111, 115-117, 124-133, 137-138, 140-144, 147, 149-150, 152, 156-158, 160. Vgl. BERG 1.1.2., DEMUT 3,4., FALL 3.20.6.

1.4. Wer hoch steigt, bricht den Hals 10 N l. Maer die clemmen wille op den ray vander sonnen Hy mochte lichte fallen ende breken den hals Aber wer auf den Strahl der Sonne steigen will, könnte leicht fallen und (sich) den Hals brechen SIDRAC MNL. 95,30. n Dt. We bögest klimmet brikt ersten den hals. - Ardua scandentes perdunt cum pectore collum Wer am höchsten klettert, bricht (sich) als erster den Hals. - Die hoch 12 steigen, verlieren Herz und Hals TUNNICIUS 304. De böge klimmet, de brikt gerne den hals. — Limina mortis mit, nimium qui scandit ad alta Wer hoch klettert, bricht (sich) oft den Hals. - An die Schwelle zum Tode tritt, wer zu hoch hinaufsteigt EBD. 441.

1.5. (Die besten) Kletterer fallen (brechen sich den Hals) 1 u Mlat. Optimi natatores saepius submerguntur: Optimi scansores saepius cadunt-, Audentiores saepius vulnerantur Die besten Schwimmer ertrinken häufiger. Die besten Kletterer fallen häufiger. Die Waghalsigeren werden häufiger verletzt BEBE L, PROV. GERM. 269 (= SCHWIMMEN 8, WAGEN [Vb.] 173). 14 Nl. Die beste dimmer breect messt den hals. — Sepius yma petunt melius qui scandere norunt Der beste Kletterer bricht sich meistens den Hals, — Öfters fallen die, welche besser klettern können, ganz nach unten PROV. COMM. 291. 15 Dt. Der beste clemmer kompt meiste zo valie ... We gerne en midden geit vp sleichte, Hie geit vaste ind dar zo reichte Der beste Kletterer kommt meistens zu Fall; wer

STEIGEN

126

bereitwillig auf dem geraden Wege in der Mitte geht, der geht schnell und dazu richtig 16 HAGEN, KÖLNER CHRON. 3756. Gute styger fallen gerne Gute Kletterer fallen oft 17 PROV. FRID. 25. De beste stygher bryckt dycke den hals Der beste Kietterer bricht oft 8 den Hals PROV. COMM, MND. 290. Zu todt die guten Steiger fallen Die guten Steiger fallen zu Tod SACHS VII, 191,18 (1538). -» SCHWIMMEN 7-10, IS-18

1.6. Narren steigen hoch (und fallen tief) 19 Fr. Ne poet poyer haut mont, qui n'entent rayson Einen hohen Berg kann nicht er20 klimmen, wer unvernünftig ist RAWLINSON 157 { = MORAW, 1351). On dott bien chelui pour fol tenir Ki haut monte pour griement rekair Man muss den wohl für töricht halten, der hoch steigt, um schwer zurückzufallen G. LE VINIER (-»JEUX-PARTIS 128,57). 21 Port. Quando o louco cree mats alto Sobyr, prende mayor salto Je höher der Narr zu steigen glaubt, desto tiefer fällt er MACIAS (+GIESE 294,17}, 22 Dt. V/7 narren fyelen ettwan hoch Die stygen vogelnaster noch Viele Narren, die Vogelnestern nachstiegen, fielen bisweilen tief BRANT, NARRENSCHIFF 36,13.

1.7. —1.8. S.Inhaltsübersicht 1.9. Das Rad der Fortuna lässt die einen aufsteigen, die anderen fallen -+ GLÜCK 225, 271, 329, 363 Variiert; 23 It. Che mondo ad una rota ä similglianza Che voglie per usanza Che basso monta e alto cade giuso Denn die Welt gleicht einem Rad, das aus Gewohnheit will, dass der Niedere aufsteigt und der Hohe herunterfällt CHIARO DAVANZATI (*ANTICHE RIME 285,73. ANTICHE RIME VOLG. 220).

1.10, Einer steigt auf, ein anderer fällt 24 Fr. Uns hon abaisse, uns autres monte Ein Mensch steigt ab, ein anderer auf JEHAN, 25 RIGOMER 670, Ainsint, seingnors, va de ce monde! Li un lieve, li autre afonde So, ihr Herren, geht es zu in dieser Welt! Der eine steigt auf, der andere fallt hinunter 26 GODEFROY DE PARIS 6155. Einst est de ce monde'. quant l'ung descent et l'autre monte So geht es zu in dieser Welt: Wenn der eine absteigt, steigt der andere auf Mo27 RAW. 626. Quant l'un descent, l'autre monte MISTERE DU VIEL TESTAM. 38968. 28 Pro v. Com l'us pueta l'autre dissen Wie der eine aufsteigt, steigt der andere hinab RAIMB. DE VAQUEIRAS (-»MAHN I, 380).

29 It. II mondo e fatto a scale ... chi scende e chi su sale Die Welt besteht aus Leitern; 30 der eine steigt hinab, und der andere steigt hinauf PULCI 9, 75. L' un sale e altro scende Der eine steigt hinauf und der andere steigt hinab BELLINCIONI Son. 174 S. 235. 31 II mondo e fatto a scale, per ciö chi scende e chi sale Die Welt besteht aus Leitern, weshalb der eine hinabsteigt und der andere hinauf ARETIN, RAGIONAMENTI II, 160. 32 Engl. Thus fareth the world that one goth vp and another goth doun So geht die Welt, dass einer hinaufsteigt und ein anderer hinabsteigt CAXTON, REYNARD 33 33 (91,21). While one ascendeth, another doth discende Während einer aufsteigt, steigt ein anderer ab BARCLAY, ECL. l, 997. 34 NI. Dat een gheslachte neder gaet Ende een ander riset Das eine Geschlecht geht 35 nieder, und ein anderes steigt auf JAC. v. MAERLANT, MARTIN I 531. „Het is der werelt loop", spraecstu weder; „Dat een gaet op, ende dander neder" „Das ist der Lauf der Welt", entgegnetest du, „das eine steigt auf, und das andere geht nieder" REINAERT

127

STEIGEN

36 6433. Ende ghy seyt my datier den staet des werelts was, dat den eenen climt, ende den anderen daelt Und Ihr sagtet mir, dass das der Zustand der Welt sei, dass der eine steigt und der andere sinkt REYNAERT 102 Kap. 64. 37 Dt, Ein edele künne stiget üfbt einem man Der dem vil wol gehelfen unde raten kan: So stget ein hohez künne nider Und fihtet steh üf nimmer wider Ein edles Geschlecht steigt durch einen Mann auf, der diesem geschickt zu helfen und Rat zu erteilen vermag. Entsprechend sinkt ein anderes hohes Geschlecht hinab und richtet sich nie mehr auf 38 SPERVOGEL (+MF 24,25). Swä ein künne sttget, Daz ander nider stget Wo ein Ge39 schlecht aufsteigt, sinkt das andere nieder FREIDANK 117,26. Ich hain vil ducke boren sagen: Geluckes mit geit vp ind neder, Eyn velt, der ander sttgit weder Ich habe sehr oft sagen hören: „Das Glücksrad geht auf und nieder; einer fällt, der andere steigt 40 wieder" HAGEN, KÖLNER CHRON. 1769 {= GLÜCK 225). Der ein gät üf} der ander under Der eine steigt auf, der andere sinkt hinunter FUCHS u. WOLF 1794 (+ GRIMM, 41 RF 357}. Die einen gent uff, die ändern nider Die einen steigen auf, die anderen ab 4l a SAL. u, MARK. 640. De eyne vorneddert, de ander vorhoget, Dar na eyn yslyk heft vele doget. So is nu der werlde state Der eine sinkt, der andere steigt, je nachdem, 42 wieviel jeder taugt. So ist nun einmal der Zustand der Welt REINKE Vos 5807. Und wie man sagt, corruptio unius sei generatio alterius Und wie man sagt, der Untergang 43 des einen sei der Aufstieg des anderen ZIMMER. CHRON. III, 50,31. Wie man sprächt, 44 corruptio unius generatio alterius EBD. IV, 21,13. Wie man gemainlichen sprächt, das corruptio unius seie generatio et incrementum alterius Wie man gemeinhin sagt, dass der Untergang des einen der Aufstieg und die Entwicklung des ändern sei EBD. 45 IV, 213,4. Und als man sprücht, der abgang des einen set des ändern ufgang Und wie man sagt, der Abstieg des einen sei der Aufstieg des anderen EBD. IV, 275,13. — SCHWEIGEN 248, STUNDE 8. Vgl. FALL 4-5, KAMPF 192, KOMMEN 1.2.

46 47 48 49 50

2. Negative Folgen zu hohen Aufsteigens Ml a t. Qui nimis ascendit, risum vulgi $ibi tendit Wer zu hoch steigt, zieht das Lachen des einfachen Volkes auf sich WERNER Z q 101 (vgl. oben 6). Fr. N'est pas asseür qui trop hault monte Wer zu hoch steigt, ist nicht sicher J. MIELOT 208 (= MORAW. 1368). Engl, Clime not to hie, Lest chipis fall in thin eie Klettere nicht zu hoch, sonst fallen Späne in deine Augen! HILL 104,48 (vgl. SCHIESSEN 29, SCHLAGEN 6., SPUCKEN 1.2.). Dt. Von unmaezlichem stigen swindelt Ithte, so man gibt Von masslosem Steigen wird einem leicht schwindlig, wie man sagt REINMAR v. ZWETER 96,5. Der ist eyn narr der stiget hoch Do mitt man sach syn schand und schmoch Der ist ein Narr, der hoch steigt, damit man seine Schande und Schmach sehe BRANT, NARRENSCHIFF 37,1. 3. —7. s. Inhaltsübersicht

8. Verschiedenes 51 Fr. Trop hault monier n'est pas scavoir Zu hoch steigen ist nicht weise J. MIELOT

335. 52 Dt. Leip vnd ktnt levt vnd lant vf wage. Daz stiget oder sinket Leib und Kind, Leute und Land auf der Waage: Das steigt oder sinkt ALBR. v. SCHARFENBERG, J. TITUREL 53 3180. Machstu nicht sttgen, so lere vlegen Wenn du nicht steigen kannst, dann lerne fliegen! BRUN v. SCHÖNEBECK, ALMOSEN 11. H. U. S.

STEIGER

128

Anmerkung 1 Engl. Belege bei WHITING C296.

STEIGER s. STEIGEN

STEIL / escarpe / steep Der Weg zum ewigen Leben ist steil —* WEG 30, 42

STEIN / pierre / stone Hier auch FELS, MARMOR, STEINIG 1. Stein als Inbegriff von Härte und Unempfindlichkeit 1.1. Was man nicht (haben) kann, ist härter ab Stein (1—2) 1.2. Der Stein lässt das Wasser nicht eindringen (3 — 6) 1.3. Steine sind taub und stumm (7—13) 1.4. Unter gewissen Bedingungen lässt sich Stein verändern 1.4.1. Steter Tropfen höhlt den Stein (14-84). Vgl. MEER 36. Ähnlich (85) 1.4.2. Gewalt bricht Stein (86-88) 1.4.3. Hunger bricht Stein -» HUNGER 4.7. 1.4.4. Bestechung bricht Stein (89-93), Vgl, GEBEN 197, GOLD 1.6, 1.4.5. Steine werden weich und weinen (aus Erbarmen) (94—109} 1.4.6. Steine reden und schreien (vor Empörung) (110—118}. Ähnlich (119) 1.5. Es ist sinnlos, auf Steine zu säen (120-126). Vgl. SÄEN 6.2., 6.4., SAND 4., WASSER 16.8. 1.6. Der Stein des Anstosses (127—134) 2. Stein als festes Fundament (135-141). Vgl. FUNDAMENT 1., SAND 3. Ähnlich (142} 3. Steine werfen und wälzen 3.1. Steine sind schwer zu bewegen (143 —152). Vgi. LAST 2. 3.2. Wer einen Stein über sich wirft, dem fällt er auf den Kopf (153-166). Vgi. SCHIESSEN 29, SPUCKEN 1.2. 3.3. Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein auf die Ehebrecherin (167—170) 3.4. Aus dem Hinterhalt Steine werfen (171-173) 4. Rollender Stein setzt kein Moos an (174-198). Vgl. BAUM 5.7., PFLANZE 2., STAMM 28. Ähnlich (199) 5. Mühlsteine 5.1. Zwei gleich harte Steine mahlen nicht gut (200—213) 5.2. Verschiedenes (214-215) 6. Steine (, Krauter und Worte) haben magische Kräfte — KRAFT 1-10,

12-17

. Mit Geschick und Anstrengung schlägt man Feuer aus dem Stein —* ARBEIT 2.8.2.1., FEUER 2.4. 8. Stein als Ursprung von Menschen (216—218) 9. Wer Stein verschmäht, ist nicht Steinmetz (219—220) 10. Stein und Echo (Eiche) (221-223). Vgl. ANTWORT 5., BERG 7., 9.3-, GRUSS 4.2., WALD 5., WIDERHALL J, WORT 30.2.

129

STEIN

11. Redensarten VgL oben 1.5. 11.1. Es bleibt kein Stein auf dem ndern (224-232). Anders (233) 11.2. Wasser aus Steinen ziehen (234) 11.3. Steine schinden - SCHINDEN 39-42, 45 11.4. Einem einen Stein in den Garten werfen {235-239} 11.5. Einen Stein im Brett haben (240-243) 11.6. Fare a' sassi pe' fomi (244-245) 12. Verschiedenes (246-257)

1. Stein als Inbegriff von H rte und Unempfindlichkeit 1.1. Was man nicht (haben) kann, ist h rter als Stein 1 It. Quello ehe non si puote e pi duro ehe pietra Was man nicht kann, ist h rter als Stein SACCHETTI 189, 2 N o r d . Prendere quod desit v'i durius est adamantis. - Thet ANTICHE RIME 259,49). ... seguendo d'Qvidio gli ammaestramenti, H quäle dice: ... per continuanza la molle acqua fora la dura pietra Nach den Lehren des Ovid, der sagt: „Durch Beharrlichkeit höhlt das weiche Wasser 56 den harten Stein" Bocc., FILOCOLO 11,44. Per continua caduta, la molle acqua rompe e fora le dure pietre Durch ständigen Fall spaltet und höhlt das weiche Wasser die 57 harten Steine EBD. II, 80. Che poco umor giä per continua prova Consumar vidi marmi e pietre salde Denn ich habe schon gesehen, wie wenig Wasser durch ständige 58 Arbeit Marmor und harten Fels zerfrass PETRARCA l Son. 206 (S. 246). Co« quel continuo battere, ehe fa ehe l'acqua spezza i durissimi marmi Mit jenem beständigen Bearbeiten, das bewirkt, dass das Wasser die härtesten Marmorblöcke spaltet CASTIGLIONE, CORTEGIANO 3 S. 215.

59 Span. Muy blanda es el agua, mas dando en piedra dura Muchas vegadas face grand eavadura Das Wasser ist ganz weich, aber wenn es auf den harten Stein fällt und oft 60 darauf fällt, macht es ein grosses Loch ARCIPRESTE 526. El agua blanda en la pena dura Fa$e por curso de tiempo senal Das weiche Wasser macht im Laufe der Zeit auf 61 dem harten Fels ein Zeichen LOPEZ, O B RAS 275 (Soneto 6}. Vna continua gotera horaea (lies mit Ausg. 1501: horada) vna piedra Ein beständiger Tropfenfall höhlt einen 62. 63 Stein CELESTINA 148 (8}. Contina gotera horada la piedra NUNEZ 1,244. La piedra es dura, y la gota menuda, mas eayendo de contino hace eavadura Der Stein ist hart und der Tropfen winzig, aber wenn er beständig fällt, macht er ein Loch EBD. 11,229. 64 La gotera dando, hace senal en la piedra Der Tropfen macht durch seinen Aufschlag 65 ein Zeichen in den Stein EBD. II, 247. La pena es dura, y el agua menuda, mas eayendo

STEIN

132

66 caaa dia hace cavadura Übers, wie 63 EBD. 11,266. Tantas veces da la gotera en la piedra, que hace mella So viele Male tropft die Dachtraufe auf den Stein, dass sie eine 67 Scharte macht EBD. III, 422. La gota solemos ver La dura piedra ablandar, Enterne^er y acabar, Por acostumbrada ser A dar siempre en vn lugar Wir pflegen zu sehen, wie der Tropfen den harten Stern geschmeidig und weich macht und ihn zerstört, weil er gewohnt ist, immer auf dieselbe Stelle zu fallen ZFRPH 3, 89 (Hs. 16. Jh.). 68 Port, Agua mole en pedra dura, tanto da ate que fura Das weiche Wasser fällt so 69 lange auf den harten Stein, bis es (ihn) höhlt NUNEZ 1,33 (e! Portugues). Tamto da aguoa na pedra, ate que quebra Das Wasser fällt so lange auf den Stein, bis er bricht EBD. 111,418 (el Portugues}. 70 Engl. Lutle dropen purledpene ulint öet ofte valleö peron Ein kleiner Tropfen durch71 löchert den Stein, wenn er oft darauf fällt ANCR. RIWLE 98,25. So ofte falleth the lethy water on the harde rocke, til it haue thorow persed it So oft fallt das weiche Wasser auf den harten Stein, bis es ihn ausgehöhlt hat USK, TEST. OF LOVE 3,7,101. 72 Water that droppeth euer in oon Myneth ful depe in-to A stoon Wasser, das immer auf dieselbe Stelle tropft, frisst sich tief in einen Stein ein LYDGATE, RES. AND SENS, 6917. 73 The rounde dropis off the smothe reyn, Which that discende and falle from aloffte On stonys harde, at eye as it is seyn, Perceth ther hardnesse with ther fallyng offte Die runden Tropfen des weichen Regens, die herabkommen und von oben auf harte Steine fallen, durchdringen, wie man mit Augen sehen kann, ihre Härte mit ihrem beständigen 74 Fallen LYDGATE, FALL OF PRINCES 2,106. The stone is myned and holowed by contynuell droppyng of water Der Stein wird ausgefressen und ausgehöhlt durch ständiges Tropfen des Wassers CAXTON, JASON 26,22. 75 Nl, Ic seggu jonchere, dat men ziet Druppen vaüen van den daken Die in stene gate maken, Dans bi der cracht der druppen niet, Maer dat mense dicken vallen ziet Ich sage Euch, Junker, dass man Tropfen von den Dächern fallen sieht, die Löcher in Steine machen. Das geschieht nicht durch die Gewalt der Tropfen, sondern dadurch, dass man sie oft fallen sieht HEINR. v. AKEN, LIMBORCH l, 1136, 76 Dt. Und merke, swie herte ist Ein stein, ob er etwa lit Daz ein tropfe ze aller ztt EmzecKchen drüf gat, Swie kleine kraft ein tropfe hat, Er machet durch den stein ein loch Und merke, wie hart auch ein Stein ist, wenn er irgendwo so daliegt, dass ein Tropfen beständig und fleissig darauffällt, so macht dieser, wie wenig Kraft er auch 77 hat, ein Loch in den Stein! HARTMANN v. AUE, BÜCHLEIN 1616. Der tropfe ist weich der stein ist hart Doch erbult der tropfe den stein Von anders siner krefte dehein Gewalt . er an im stellet Wen daz er dicke fettet ... Dennoch höhlt der Tropfen den Stein aus. Sonst wendet er mit seiner Kraft keine Gewalt an ihm an, ausser dass er stetig fällt 78 HERBORT v, FRITZLAR 42. Den stein der trophe dürkel macht Dicke valient, niht mit kraft Der Tropfen durchlöchert den Stein durch seinen beständigen Fall, nicht durch 79 Gewalt THOM. v. ZIRCLARIA 1921. Uns ist daz lange vor geseit Daz der trouf vellet durch den stein Man hat es uns vor langer Zeit gesagt, dass der Tropfen durch seinen so Fall den Stein durchdringt STRICKER (+HEIDELB. Hs. 106,100). Dog de druppe falt so sagte, dat Se in den stein maket ein gat Doch der Tropfen fällt so sanft, dass er in 81 den Stein ein Loch macht LAIENDOCTR. 112. Wente dat water druppet so ianghe vp den steen, dat et dar al eyn hol in maket Denn das Wasser tropft so lange auf den Stein, 82 bis es schliesslich ein Loch darein macht ENGELHUS, LAIENREGEL 98. ... das die tropffen des wassers so lang vff einen herten stein vallen, bis sy darjn ein loch machen ANT, 83. 84 v. PFORR, BEISPIELE D. ALT. WEISEN 51,8. Stets tropffen, holern (lies: holen, Red.) die steyn auß Stetes Tropfen höhlt die Steine aus FRANCK 1,12 r, EGENOLFF 283 r. Vgi. MEER 36

133

STEIN

Ähnlich: Si Ml at. Dicit Aristoteles lapidem cavat ultima gutta Aristoteles sagt: „Der letzte Tropfen höhlt den Stein" RYLANDS fo. 8 v.

1.4.2. Gewalt bricht Stein 86 M l a t. Propier duros lapides inventi sunt eciam duriores mallei Um der harten Steine willen sind auch die noch härteren Hämmer erfunden worden PROV. FRID. 437. 87 S p a n , La pena es dura, pero mas recia es la cuna Der Fels ist hart, aber der Keil ist stärker NUNEZ 11,261. 88 Dt. Man twinget einen harten ulins, Daz er cliben müz durch not Man zwingt einen harten Stein dazu, dass er sich notgedrungen spalten muss LIVL. RCHRON. 2440.

1.4.3. s. Inhaltsübersicht 1.4.4. Bestechung bricht Stein 89 La t, Aurum per medios ire satellites Et perrumpere amat saxa potentms Ictu fulmineo Das Gold liebt es, mitten durch die Wächter hindurchzugehen und Felsen zu spalten, gewaltiger als der Blitzschlag HÖR., CARM. 3,16,9 (= GOLD 24}. 90. 9l S p a n . Dadiitas quebrantan penas Gaben sprengen Felsen LOPEZ (?), REFRANES 186. NUNEZ 1,264. 92 Port. O dar quebra os penedos Geben sprengt Felsen GIL VICENTE 1,112 (Auto da Barca do Inferno). 93 N o r d . Vulgus testatur quod munere petra cauatur. — Mwdhe brydher stheen Das Volk bezeugt, dass durch eine Gabe ein Fels ausgehöhlt wird. — Bestechung bricht Steine LALE 1184. Vgl. GEBEN 197, GOLD 1.6.

1.4.5. Steine werden weich und weinen (aus Erbarmen} 94 L at, Lapides mehercule omnis flere ac lamentari coegisses Du hättest wahrlich alle 95 Steine zum Weinen und Klagen gebracht CiC., DE OR. 1,57^245. Moturaque duros Verba queror siltces Und ich klage in Worten, die die harten Steine bewegen werden OVID., MET. 9,303. 96 It. Per la dolcezza ehe del sito dir prendo, Ch'avria vertu di far piangere un sasso Um der süssen Empfindungen willen, die ich aus ihren Worten empfange, welche die 97 Kraft hätten, einen Stein weinen zu machen PETRARCA 2 Son. 18 (S. 268). La petra e i sassi faria lacrimare Es würde den Fels und die Steine weinen machen GIUSTINIANI 98 141,55. Arebbe fatto lacrimare un sasso Er hätte einen Stein zum Weinen gebracht 99 PULCI 8,2. ... per il ehe fino a le pietre furono a lachryme provocate Wodurch sogar 100 die Steine zu Tränen gerührt wurden ARIENTI, GYNEVERA 283. Che un saxo farian romper di pietate Dass sie einen Stein vor Erbarmen zum Zerspringen bringen würden 101 BOIARDO, POESIE 91. Urla e grida In modo ehe faria pianger i sassi Sie heult und schreit, dass sie Steine zum Weinen bringen würde TRISSINO, SOFONISBA 142 a. 102 Dt. Einem steine moht erbarmen, Hiet er verstentikeit, Daz gröze herzenleit Einen Stein hätte das grosse Leid erbarmen können, wenn er Verstand gehabt hätte OTTOKAR 103 21823. Ir leben möcht ain hertten stain erparmen! Ihr Leben könnte einen harten 104 Stein erbarmen HÄTZLERIN 1,35,18. Es möcht ain stain erparmen! EBD. l, 103,12. 105 Oat mochte eynem stene entfarmen! Das könnte einen Stein erbarmen! BORDESHOL100 MER MARIENKLAGE 195 (um 1475 [+Jß. VER. F. ND. SPRACHF. 24,1898,46]). Ir not vnd schwär ain stain möcht wo! verdriessen Ihre Not und ihr Schmerz könnten wohl 107 einen Stein bekümmern SEIFRID DE ARDEMONT 114,7. Et muckte erbarmen eyme

STEIN 108 steyne Es härte einen Stein erbarmen können Visio PHIL. MND. 469,

134 Es macht eynt

109 hertten steyn than we (weh tun) BRANT, NARRENSCHIFF 99,22. Denn es solt (müsste) einen stein erbarmen LUTHER, WERKE 111,429,36 (1528}.

1.4.6. Steine reden und schreien (vor Empörung) no. 11 i B i b l. Dico vobis, quia hi si tacuerint, lapides clamabunt VULG,, Luc. 19,40. leb sage euch, Wo diese werden schweigen, so werden die Steine schreien LUTHERBIBEL, EBD. 112 Ml at. Quia si titterati taceant, lapides loquentur vel clamabunt Denn wenn die Gelehrten schweigen, werden die Steine reden oder schreien ALANUS 54 (de arte praedi-

113 catoria l). Quia enim apostoli tacuerunt, lapides clamabant Weil nämlich die Apostel 114 geschwiegen haben, schrien die Steine SPEC. SALV. 27,54. Si Saxones, apud quos gesta sunt, tacere vellent, lapides damarent Wenn die Sachsen, bei denen es geschehen ist, schweigen wollten, würden die Steine schreien UDO 4,58. 115 Fr. Ei pour ce que les apostoles se taisoient, les pierres crioient Und weil die Apostel schwiegen, schrien die Steine J. MIELOT, Mm. DE LA SALV. 145 a. 116 It. Le pietre par ehe gridin: „Moia, moia!" Die Steine scheinen zu schreien: „Er soll 117 sterben, er soll sterben!" DANTE, V. N. 15 S. 110. Se le pietre avessin saputo parlare, n' ärebbono parlato Wenn die Steine hätten sprechen können, hätten sie davon gesprochen MICHEL., LETTERE 89 (um 1512/3). 118 Dt. Got selber sprach, das sag ich dir, Ob die menschen nit reden künden, Got den statnen wurd gunden, Daß si die wärbeit wurden sagen Und ob der weit sunden clagen ... wenn die Menschen nicht reden könnten, dann würde Gott den Steinen verleihen, dass sie die Wahrheit sagten und die Sünden der Welt beklagten PRISCHUCH, KONSTANZER KONZIL 1260 (+LILIENCR., HIST. VOLKSL. 50). Ähnlich; U9 M l a t . Lapides loquuntm ... dicitur de re manifesta Davon sprechen die Steine, sagt man von einer allgemein bekannten Sache BEBEL, PROV. GERM. 97 (vgl. BLIND 236).

1.5. Es ist sinnlos, auf Stein zu säen 120 M l a t . Nemo enim semen super lapidem spargit Niemand sät nämlich Samen auf den Stein K AULA 105,36. 122 Fr. En vain labore e paine e tence Qui sor pere seme semence Vergeblich arbeitet und strengt sich an und müht sich ab, wer Samen auf Stein sät BEN., CHRON, 2,24461. 122 Musart est qi sor pierre same Wer auf Stein sät, ist ein Narr CHEV, AU BAR. app. 78. 323,124 U est fots qui sor piere semme COMTE DE POITIERS 367. Mal semer fet seur piene {lies: piere) dure Auf hartem Stein ist schlecht säen VIE DES PERES S. 19. 125 Dt. Swer samen seet vf steine . der wirf vil gar verlorne. Vnd bringet frvhte keine . daz selb ist der in sehet vf rovhe dorne Wenn man Samen auf Stein sät, geht er ganz verloren und bringt keine Frucht. Dasselbe geschieht, wenn man ihn in rauhe Dornen 120 sät ALBR. v. SCHARFENBERG, J. TITUREL 5489. Denn auf dem Felsen ist der Samen verloren, das ist er wir dt dumm (verdorben), ob er schon sonst gut ist PARACELSUS, PARAMIRUM 284. Vgl. SÄEN 6.2., 6.4., SAND 4., WASSER 16.8.

1.6. Der Stein des Anstosses 127 Bibi. Et erit vobis in sanctificationem. In lapidem autem offensionis, et in petram 12S scandali duabus domibus Israel VULG., Is. 8,14. So wird er (seil, der Herr) eine heiligung sein. Aber ein Stein des anstossens, vnd ein Fels des ergernis den zweien heusern 129 Israel LUTHERBIBEL, JES. 8,14, Offenderunt enim in lapidem offensionis, Sicut scripturn est: „Ecce pono in Sion lapidem offensionis et petram scandali, et omnis, qui credit

135

STEIN

130 in eum, non confundetur" VULG., ROM. 9,32. Denn sie haben sich gestossen an den Stein des anlauffens, Wie geschrieben stehet, Sihe da, Ich lege in Zion einen Stein des anlauffens, vnd einen Fels der ergernis, Vnd wer an in gleubet, der sol nicht zu schänden 131 werden LUTHERBIBEL, EBD. Vobis igitur honor credentibus, non credentibus autem „lapis, quem reprobaverunt aedificantes, hie factus est in caput anguli", Et lapis offensionis et petra scandali his, qui offendunt verbo, nee credunt in quo et positi sunt 13l VULG., I PETR. 2,7. Euch nu, die jr gleubet, ist er kostlich, Den vngleubigen aber, ist der Stein, den die Bawleute verworffen haben, vnd zum Eckstein worden ist, ein Stein des anstossens vnd ein Fels des ergernis, Die sich stossen an dem wort, vnd gleuben nicht dran, darauff sie gesetzt sind LUTHERBIBEL, EBD. 133 Dt. Wer vff syn frumkeyt halt alleyn Vnd ander urtelt bosz vnd kleyn Der stoszt sich offt an hertte steyn Wer sich einzig auf die eigene Güte etwas einbildet und andere für schlecht und gering hält, der stösst sich oft an harten Steinen BRANT, NARRENSCHIFF 134 29 Motto (= GUT [Adj.] 303). Ein steyn ist auch fromm, man stoßt sich vbel dran Ein Stein ist auch gut, und man stösst sich doch hart daran FRANCK 1,28 r.

2. Stein als festes Fundament 1.JJ Bibl. Assimilabitur viro sapienti, qui aedificavit domum suam supra petram. Et descendit pluvia, et venerunt flumina, et flaverunt venti, et irmerunt in domum illam, et 136 non cecidit; fundata enim erat super petram VULG., MATTH. 7,24. Den vergleiche ich einem klugen Man, der sein Haus auff einen Felsen bawet. Da nu ein Platzregen fiel, vnd ein Gewesser kam, vnd webeten die Winde, vnd stiessen an das Haus, fiel es doch nicht, Denn es war auff einen Felsen gegründet LUTHERBIBEL, EBD. 137 M I a t . Humili domum memento Certus figere saxo Denk daran, dein Haus auf felsigen Grund (wörtl.: niedrigen Fels) zu bauen! BOETH. 2,4,15. 138 Dt. Swer ein hüs üf einen stein büwet, daz mac der wint niht umb gestozen noch der regen ntht erweichen noch daz güsse niht undergraben Wenn einer ein Haus auf einen Felsen baut, dann vermag es weder der Wind umzustossen noch der Regen aufzuwei139 chen noch die Flut zu untergraben BERTHOLD 1,44, 35. Dem ist diu lere unkunt, Die uns got seihe geben hat...: Eim wtsen man ich den geltch, Der sin dinc also geschaffen hat, Daz sin hüs gebuwef stät Üf ein gruntueste, Diu steinin ist und veste Dem ist die Lehre unbekannt, die uns Gott selber gegeben hat: „Den vergleiche ich einem weisen Mann, der seine Sache so bestellt hat, dass sein Haus auf einem festen Fundament aus 140 Stein gebaut ist" OTTOKAR 80327. Dor umb spricht unser herre ,wilch hüs ist gebuwet üf einen vasten stein daz envillet nicht4 Darum spricht unser Herr: „Das Haus, das 141 auf einen festen Felsen gebaut ist, stürzt nicht ein" ECKHART, PRED. 25,61. Da Christus sagt im Evangelic. Wer di$e meine rede höret, und thut sie, den vergleich ich eynem klugen man, der sein hauß auff eynem felsen bawet, da nun eyn platzregen kam, unnd eyn gewesser (eine FJut), und webeten die winde, und stiessen an das hauß, fiel es doch nicht, denn es war auff eynem felsen gegründet AGRICOLA Nr. 745. Vgl. FUNDAMENT L, SAND 3. Ähnlich: 142 Dt. Ein mermeltn siule belt einen kor Vil lenger üfdenne tusent rar Eine Mamorsäule stützt einen Kirchenchor viel länger als tausend Rohre HUGO v. TRIMBERG 3301. 3. Steine werfen und wälzen 3.1. Steine sind schwer zu bewegen 143 Lat. Satis diu hoc iam saxum uorso (Var,: wo/wo) Lange genug wälze ich schon diesen Stein TER,, EUN. 1085.

STEIN

136

144 Mlat. Se ait ... iam per decem ferme annos laboriosum hoc saxum volvere Er sagte, er wälze diesen mühsamen Stein schon ungefähr zehn Jahre lang LAMPERT. 143,18. 145 No« potent iacere fragilis saxum procul a se Ein Schwacher kann einen Stein nicht I4ö weit von sich werfen WERNER Z n 230. Si nescis iacere lapidem, dimitte iacere! Wenn 147 du den Stein nicht werfen kannst, dann lass das Werfen sein! EBD. s 95. Gravis lapis non facile potest proiici Ein schwerer Stein ist nicht leicht zu werfen BEBEL, PROV. GERM. 326.

148 Nord. Saxum robustum iactare procul sit onustum. — Jlth (er sthoor steen langt at kasthe Ein grosser Stein ist schwer weit zu werfen LÄLE 953. 149 Nl. Een swaer steen es quaet verre te werpen. — Nusquam iactares grandes procul ipse molares Einen schweren Stein kann man nur mühsam weit werfen. — Du würdest nie selbst grosse Mühlsteine weit werfen PROV, COMM. 330. uo Dt. Een swar steen is quad to werpende Ein schwerer Stein ist schlecht zu werfen 151 PROV. COMM. MND. 327. Ein grot stein is quät ver to werpen. — Non procul abiicitur magnus mihi crede molaris Ein grosser Stein ist schwer weit zu werfen. — Ein grosser 152 Mühlstein, glaub mir, wird nicht weit geworfen TUNNICIUS 431. Schweren stein kan man nicht weit werffen LUTHER 473. Vgl. LAST 2. 1S3.154 355 356 357 158 159 160 161 162 163 164.165 166

167 168 369 3 70

3.2. Wer einen Stein über sich wirft, dem fällt er auf den Kopf B i b l . Et qui volvit lapidem, revertetur ad eum VULG., PROV. 26,27. Vnd wer einen stein waltzet, auff den wird er komen LUTHERBIBEL, SPR. 26,27. Qui in ahum mittit lapidem, super caput eius cadet VULG., SIRACH 27,28. Wer den Stein in die hohe wirfft, dem feilet er auff den kopff LUTHERBIBEL, EBD. Mlat, Qui mittit lapidem in altum, super caput eius cadet Übers, wie 156 PROV. WRATISLAV. 509. Fr. L'en puet la perre tant boter De liu en liu e [si] rouler K'ele sor H rever&era Ki plus debotee l'avra Man kann den Stein so lange von Ort zu Ort werfen und so rollen, bis er auf den zurückfällt, der ihn arn meisten geworfen hat ROB. DE Ho 2724. Port. Quetn pear a pera cima deyta, coelle (lies: cae lie, Red.) na cabeza Wer einen Stein in die Höhe wirft, dem fällt er auf den Kopf NUNEZ III, 260 (el Portugues). Dt. Wer waltzt eyn steyn vff jn die hoh Vff den falt er vnd düt jm we Wer einen Stein in die Höhe wälzt, auf den fällt er und rut ihm weh BRANT, NARRENSCHIFF 37,31. Vnnd der steyn den du vber dich wirff ist gen hymel, wyrt dyr auff denn kopff fallenn LUTHER, WERKE 11,305,27 (1522). Vnd der steyn auff yhren kopff feilt, den sie gen hymel worffen (warfen) EBD. 111,79,17 (1525). Der einn steyn in die hohe wirfft, dem feilt er auff den kopff FRANCK 1,31 r. ... weil... ja der steyn in die hole (lies mit EGENOLFF: hohe] geworffen, auff des werffers kopff am ersten (zuerst) feilt EBD. 1,110 r. EGENOLFF 345 r. Syrach am acht-und-zweintzigsten Capitel gibt klar zuverstehn, Spricht: Wer würfft in die hoch den stein, Dem feilt er auff sein kopff allein SACHS XIX, 115,3 (1562). Vgl. SCHIESSEN 29, SPUCKEN 1.2. 3.3. Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein auf die Ehebrecherin B i b l . Qui sine peccato est vestrum, primus in Ulam lapidem mittat VULG., IOH. 8,7. Wer vnter euch on sunde ist, der werffe den ersten stein auff sie LUTHERBIBEL, EBD. Engl. Bo/ qua par es wit-vten last At hir pe first stan he cast Übers, wie 168 CURSOR MUNDI 13734. Dt. ... vnd freylich der erste nit seyn kan, der den ersten steyn auff die ehebrecheryn werffUna dass ich freilich nicht der erste sein kann ... LUTHER, WERKE 11,3,4 (1520).

137

STEIN

3.4. Aus dem Hinterhalt Steine werfen 171 Mg r. Καλή πετρέα ανω εκ το άνώγαιον Es ist angenehm, aus dem oberen Stock Steine zu werfen KRUMB. 5 S, 75. 172 S p a n . Echa la piedra, y esconde la mano Wirf den Stein und verbirg die Hand! 17.1 LOPEZ {?), REFRANES 295. Hecho de villano, tirar la piedra y esconder la mano Es ist gemein gehandelt, den Stein zu werfen und die Hand zu verbergen NUNEZ II, 178.

4. Rollender Stein setzt kein Moos an 7 174 Mgr. Λίθος κυλιόμενος φϋκος ου ποιεί Ein rollender Stein setzt kein Moos an APOSTOLIOS 10,72. 175 M l a t , Assidue non saxa legunt uoluentia museum Die stets rollenden Steine setzen 176 kein Moos an EGBERT., FEC. RAT. 1,182. Ut petra mota satis sine musco, sic sine fructu Vivit in hoc mundo mobilis omnis homo Wie ein stark bewegter Stein ohne Moos ist, so lebt in dieser Welt jeder umherschweifende Mensch ohne Gewinn GUIAR177. 178 DINUS 569. Musco privatur saxum, quod ubique rotatur Der Stein, der st ndig rollt, 179 ist ohne Moos WERNER Z m 100. PROV. WRATISLAV, 343. Raro lapis tegitur musco, qui saepius ambit Selten bedeckt sich der Stein mit Moos, wenn er immer rollt WER180 NER 2 r 20. Saxum uolutum non obducitur musco ...Id totidem pene uerbis etiam hodie dicunt Ein Stein, der gew lzt wird, berzieht sich nicht mit Moos. Das sagt man mit fast denselben Worten noch heute ERASM., ADAG. CHIL. 3,4,74. 181 Fr. Pierre volage ne keult mousse Rollender Stein setzt kein Moos an VILAIN 93 Var. 182 (= MORAW. 1634). Pierre volage ne queult mousse MEON 11,202,1 (= LEROUX 1S3 11,495). Pierre qui trap rabat Ne pourroit cueillir mousse Ein Stein, der zu sehr herumspringt, wird kein Moos ansetzen k nnen PROV. EN RIMES 711, 184 Span. £ por ende disen que piedra movedisa, non la cubre moho Und darum sagt man, dass ein rollender Stein nicht von Moos bedeckt wird CAV. CIFAR 1,8 S. 32. u$.186 Piedra mouediza ... nunca (nie) moho la cobija CELESTINA 231 Var. (15). Piedra 18? mouediza no la cubre moho LOPEZ (?}, REFRANES 548. Piedra movediza, nunca moho la cubija NUNEZ ΠΙ, 150. 188 N o r d . Non lapis artatur musto^ qui sepe rotatur. — Then stheen wordher eij mwssgroodh som offthce r0res Der Stein wird nicht moosbewachsen, der oft rollt. — ... der sich oft bewegt L LE 661. 189 E n g l. Seiden Mosep pe Marbelston, pat men ofte treden Selten setzt der Marmorstein, 190 auf den man oft tritt, Moos an LANGLAND (?), PLOWMAN A 10,101. Syldon mossyth the stone Pat oftyn ys tornnyd and wende Selten setzt der Stein Moos an, der oft gedreht und gewendet wird GOOD WIFE WOLD 23. 191 Dt. Sol ein stein bewachsen und mosich werden, so mu er lang stille und an einem 192. 193 ortte [igen AGRICOLA Nr. 141. Eyn steyn den man hyn und wider waltzet (w lzt), 194 bewecbset selten EBD. Nr. 257 S. 199,14. EGENOLFF 151 r. Waltzender stein nit 195 m ssig wirdt Rollender Stein wird nicht moosig9 SACHS VII, 197,19 (1538). Sax«?« uolutum non obducitur musco. — Waltzender stein wirf nit mosig bers, wie ISO. — 196, 197 ... FRANCK 11,69 v. Ein stein der hin vnd her gewaltzt feret {rollend herumspringt), 198 win nit mosicht oder musig (moosig) FRANCK H, 70 r, EGENOLFF 60 r. Waltzender steyn wirt nicht mosig. — Non fit hirsutus lapis per loca mu!ta uolutus ... — Ein Stein, der sich von Ort zu Ort (w rtl.: durch viele Orte) w lzt, wird nicht behaart EGENOLFF 60 r. Vgl. BAUM 5.7., PFLANZE 2., STAMM 28 hnlich: 199 It. Le pietre, ehe vanno rotolando, non piglian rugine Die Steine, die stets rollen, setzen keinen Rost an MERBURY 13.

STEIN

138

5. Mühlsteine 5.1. Zwei gleich harte Steine mahlen nicht gut 10 200 Miat. Raro molunt bini lapides aeque bene duri Selten mahlen zwei gleich harte 20J Steine gut WERNER 2 r 23, Duo lapides duri raro molant bene Zwei harte Steine mah202 len wohl selten gut PROV. WRATISLAV. 167. Vix lapides duri duo sunt parvum molituri Zwei harte Steine werden selten klein mahlen WERNER 2 v 74, 20.5 D t , Zwene gliche herte steine Malent selten reine Zwei gleich harte Steine mahlen 204 selten fein FREIDANK 130,24. Nimmer sich tuol zwen geleich hart stain Zu einander fügen oder malent chlain; Also zwen geleich hart sich alzeit schelten Und mit einander wol leben selten Niemals fügen sich zwei gleich harte Steine gut zueinander oder mahlen fein. Ebenso zanken sich zwei gleich harte (Menschen) ständig und leben selten zufrie205 den miteinander EBD. Anm. Czwene herte steyne dy malen seiden cleyne Zwei harte 206 Steine mahlen selten fein PROV. FRID. 435. Vix lapides duri parvis (lies: paruum, Red.) sint molituri. — Zwen eben hert stain malent selten ciain Übers, wie 202. — Zwei 207 gleich harte Steine mahlen selten fein MÜNCHEN 39. Zwen glich hert stain Malend 208 seltten slechtes mel ... gutes Mehl QUODLIBET 26. Zween harte stein malen nicht 209-212 LUTHER 463. Zwen hart steyn mulen nye kleyn Zwei harte Steine haben nie fein 213 gemahlen FRANCK 1,31 r. 1,47 v. I, 87 v. 1,90 r. Wist ir denn nit, daß zwen hart steyn Malen weder sauber noch klein? SACHS XVII, 154,31 (1554).

5.2. Verschiedenes 214 Nord. Firme far frangi cape subteriore molari. — Then stheen maal oc then vndher liggher Nimm für sicher an, dass das Getreide (auch) vom unteren Mühlstein gemahlen wird! — Der Stein mahlt auch, der unten liegt LALE 418 (vgl. MÜHLE 69). 51S Dt. Der under stain entwichen sol Dem obern stain, das zimt im wol Der untere Stein soll dem oberen Stein ausweichen, das steht ihm wohl an HERMANN v. SACHSENHEIM, MOERIN 3113.

6. —7. s. Inhaltsübersicht 8. Stein als Ursprung von Menschen 216 Engl. Horn him jede alone, Also he Sprunge of stone Horn liess sie (seil, seine Leute) stehen, als ob er aus Stein entsprungen wäre KING HÖRN 1025. 217 Dt. Es ist nieman entsprungen (Ausg,: entsprungen) aus aim stain INGOLD 18,19. 218 Und bin nicht aus eym stein gesprungen LUTHER, WA XXVI, 151,23 (1528).

9. Wer Stein verschmäht, ist nicht Steinmetz 219. 220 Fr. // n'est pas macon ( . LEGRIS: machon) qui pierre refuse Der ist nicht Steinmetz, der Stein verschmäht Mo RAW. 918. ET. LEGRIS 327.

10. Stein und Echo (Eiche) 221 Mlat. Petra quod audit, illi respondet echo (Var.: quercus) Was der Stein hört, dem antwortet das Echo (die Eiche) 11 SAL. ET MARC. 85 b. 222 It. La piera aide quel ehe responde la cerqua Der Stein hört, was die Eiche antwortet SAL. E MARC. 22. 223 Nl. Wat den steen hoort daer sal den eyck op antwoerden Was der Stein hört, darauf soll die Eiche antworten SAL. ENDE MARC. 11. Vgl. ANTWORT 5., BERG 7., 9.3., GRÜSS 4.2., WALD 5., WIDERHALL l, WORT 30.2.

139

224 225 226 227 228 229 230 231

232

STEIN

11. Redensarten Vgl. oben 1.5. 11.1. Es bleibt kein Stein auf dem ändern Bibl. Amen dico vobis, non relinquetur hie lapis super lapidems qui non destruatur VULG., MATTH. 24,2. War lieh ich sage euch, Es wird hie nicht ein Stein au ff dem ändern bleiben, der nicht zubrochen (zerbrochen) werde LUTHER BIBEL, EBD. No« relinquetur lapis super lapidem, qui non destruatur VULG., MARC. 13,2. Nicht ein Stein wird au ff dem ändern bleiben, der nicht zubrochen werde LUTHERBIBEL, EBD. Ei non relinquent in te lapidem super lapidem VULG., Luc, 19,44. Vnd werden ... keinen Stein au ff dem ändern lassen LUTHERBIBEL, EBD. Haec quae videtis, venient dies, in quibus non relinquetur lapis super lapidem, qui non destruatur VULG., Luc. 21,6. Es wird die zeit körnen, in welcher, des alles das (von allem, was) jr sehet, nicht ein stein auff dem ändern gelassen wird, der nicht zubrochen werde LUTHEKBIBEL, EBD. Pro v. En breu de temps s'averaria la destrucsio de Jherusalem, que noy romanria peyra sobre peyra Bald wird die Zerstörung Jerusalems stattfinden, bei der kein Stein auf dem ändern bleiben wird VENGANSA 594, Anders:

233 Span. Piedra sobre piedra, a las nubes llega Stein auf Stein reicht bis zu den Wolken NUNEZ III, 153.

11.2. Wasser aus Steinen ziehen 234 It. Molt' fol chi trar crede aqua di petra Ganz irrsinnig ist, wer glaubt, Wasser aus dem Stein ziehen zu können MONTE {* ANTICHE RIME 656,14). 11.3. s. Inhaltsübersicht

237 238 239

11.4. Einem einen Stein in den Garten werfen 12 M l a t . Jecit lapidem in horto ejus Er warf ihm einen Stein in den Garten LECOY 236. Fr. Ge vos geterai une pierre en vostre cortill Ich werde euch einen Stein in euren Garten werfen LOCUTIONS 11, Dt. leb wirfe im einen stein in sinen garten MEISSNER 16,6 (+MSH 111,104h), Sie werffen mir so viel stein inn garten... LUTHER, WA XXXIV.2,105,12 (1531). ... Gott, dem sie (seil, die weit) etwa ein stem in garten wirff t FRANCK II, 26 v.

240 241 242 243

11.5. Einen Stein im Brett haben 13 Dt. Ich vorlasse mich dor uff, ich habe ouch eyn steyn in dem brethe Ich verlasse mich darauf ... PROV. FRID. 195. Wen (Wenn) ir nicht so ein gutten stein im prett hett (hättet) bey Gott dem Vatter ... LUTHER, WA TR. 1307 (1532 [11,35,26]). Ich hab eyn guten steyn im breite AGRICOLA Nr. 418. Ein guter steyn im bret EGENOLFE 189 r.

235 236

11.6. Fare a' sassi pe' forni14 244 It. No/ faremnto a' $assi pe' forni Wir würden eine Verrücktheit begehen MACHIAV,, 245 MANDRAGOLA 88. Fare a' sassi pe' forni, non vuol dire altro ehe fare una cosa da pazzi „Mit Steinen in den Öfen hantieren" bedeutet nichts anderes als „etwas Verrücktes tun" MACHIAV., LETTERE 198 S. 457 (1525), 12. Verschiedenes 246 Fr. // fait d'une pierre deux coups Er tut mit einem einzigen Stein zwei Schläge J. MIE247 LOT 144. Pierre en puys n'est pas pourrie Ein Stein im Brunnen fault nicht LEROUX 1,81 (15. Jh.).

STEIN (Edelstein)

140

24S S p a n , La piedra del tuyo te hiera Möge dich der Stein deines Angehörigen treffen! 15 NUNEZ II, 279. 249 Port. Quen se posa na pedra, no cu leva a mancela Wer sich auf einen Stein setzt, trägt einen blauen Fleck am Arsch davon NUNEZ 111,274 (el Gallego). 250 Nord. At sannask mundi fornkveöit mal: ,at hvarr ykkarr mun Ifosta annan illum steint', aör letti* Dass sich das alte Sprichwort bewahrheiten werde, dass jeder von euch beiden den ändern zuletzt mit einem schlimmen Stein schlagen wird ViGA-GLUMS SAGA 25! 36,13. Bis quasi sessor ouet quem petra sede fouet. — Han wordher tesswer hwilt paa stheen siddher Sozusagen zweimal kann sich der Sitzende freuen, den ein Stein zum Sitzen aufnimmt. — Der ruht sich zweimal aus, der auf einem Stein sitzt16 LÄLE 106. 252 Dt. Die grozen steine üf dem berge Walgent mit krefte herab zer erde: Die stein die üf der eben sint, Die ligent samft Die grossen Steine auf dem Berg rollen mit Gewalt herunter. Die Steine, die auf der Ebene sind, die liegen sanft , v. ZIRCLARIA 3205. 253-255 Were (lies mit AGRICOLA Nr. 648: Wer} eyn steyn nicht aüeyn erheben kan, der sol ybn auch selbander (zu zweit) ligen lassen AGRICOLA Nr. 284. Nr. 648. EGENOLFF 160 v. 256. 257 Der steynweg17 ist heyß AGRICOLA Nr. 591. EGENOLFF 229 r. R, L., rev. E. D.

Anmerkungen ! 2 3 4 5 6

7 8 9

10 11

12 13 14 15

16 17

Weitere Belege bei WHITING S 772. Entspricht ERASM., ADAG. COLL. 17v; ERASM., ADAG. CHIL. 1,4,86, Entspricht ERASM., ADAG. COLL. 17v; ERASM., ADAG, CHIL. 1,4,87. Entspricht ERASM., ADAG. COLL. 17v; ERASM., ADAG, CHIL. 1,4,90. Weitere Belege bei BENECKE - MÜLLER - ZARNCKE 1,406 s. v. dürkel (swv.). Neuere Properzausgaben haben z. T. einen stark abweichenden Text, so vor allem die neueste Tusculum-Ausgabe von 1996 (neu hrsg. u. übers, von G. Luck). Vgl. SINGER, SPRW. D. MA 1,81 f. DIEFENBACH verzeichnet mustus als Nebenform von muscus, Massig heisst hier offensichtlich ,moosig', nicht, wie GRIMM, DWß, VI, 2776 interpretiert,,müssig'. Vgl. unten 196 mosichtodsr musig, was bei FISCHER, SCHWAB. WB. IV, 1661 unter „miesig" ,moosig' figuriert. Vgl. SINGER, SPRW. D. MA 111,91. Die Bed. der Sprw. mit der Var. ,Eiche' ist nicht ohne weiteres klar. Die Grundform dürfte SAL. ET M ARC. 85 a mit echo darstellen, was wohl entsprechend der im Apparat wiedergegebenen gereimten dt. Bearbeitung des 15. Jh. zu verstehen ist: Wie man in den feisen schreit, Den selben hall er wider geidt Wie man in den Felsen ruft, denselben Klang gibt er zurück. Vgl. WALD 4. Vgl. RÖHRICH II, 1008 b f. Die Rda. stammt aus der Terminologie des Spiels. Vgl. RÖHRICH II, 1012 b f. Steht dahinter die Vorstellung: Steine im Ofen backen wollen? Vgl. CSUSCAS VI, 356. Offenbar eine Verwünschung. Die Erklärung CORREAS 196 a, der Tadel von Angehörigen sei leichter zu ertragen, leuchtet nicht recht ein. Nach der Anm. S. 59, weil er sich nach dem harten Sitzen ein zweites Mal ausruhen muss. D. h. das städtische Pflaster.

STEIN (Edelstein) s. EDELSTEIN STEINBRUCH — BINSE l -2 STEINIG s. STEIN STELZBEIN s. STELZE

141

STERN

STELZE / echasse / stilt Hier auch STELZBEIN 1. Der FUSS ist besser aas eine Stelze —» FUSS 50-5 2. Die Reichen gehen auf Stelzen, wenn es regnet —» REGEN l SO-181 3. Einer Laus Stelzen machen —» LAUS 32—39 4. Verschiedenes (1—3)

1.—3. s. Inhaltsübersicht 4. Verschiedenes Fr. P«f$ // a dit en son proverbe: „Vassal, por vo mal porcacbier Vos convenra iestre escachier" Er hat ihm dann im Sprichwort gesagt: „Ritter, um Euer Übel zu verfolgen, werdet Ihr ein Stelzbein sein müssen" JEHAN, RIGOMER 1698. 2 S p a n , No es buen hmr en zancos Auf Stelzen ist nicht gut fliehen NUNEZ 111,64, j Dt. Und geht daher auff den holtzschuchenn, ja auff steltzenn, lessit sich duncken, es tret für allen allein nit in den kat Und geht daher auf Holzschuhen, ja auf Stelzen, bildet sich ein, es trete von allen als einziges nicht in den Dreck LUTHER, WA VI, 287,27 (1520). V.M.

STERBEN s. TOD STERBLICH s. TOD STERN / etoile / star Hier auch GESTIRN, STERNGUCKER L Das Licht der Sterne verblasst vor dem Sonnenlicht —» SONNE 7, 9, 14-16 2. Das Licht der Sterne wird überstrahlt vom Mondlicht — BURG 57 STEUER -^ GEWINN 232 STEUEREINNEHMER -* ZAHLEN 83 STEUERMANN / pilote / helmsman 1. Das Schiff braucht einen (einzigen) erfahrenen Steuermann ·—» HERR 3, 40-41, SCHIFF 3.1. 2. Der Steuermann ist ohnmächtig gegen Wind und Sturm 1 It. Per ehe rotto nochier fa mala prova Contra poten^a dt turbato märe Denn der schiffbrüchige Steuermann bewährt sich schlecht gegenüber der Gewalt des aufgewühlten Meeres GRAZ.IOLO BAMBAGLIOLI 462 (*RIM. BOL. DEL TRECENTO 37). 2 Span. No es en mano del piloto que dexe el viento su soplo Es liegt nicht in der Hand des Steuermanns, dass der Wind sein Blasen lässt NUNEZ III, 75. Vgl. MEER 9.2.4. V. M.

STICH s. STECHEN STICHLING -» FISCH 224, 227, FISCHEN 80-83 STIEFEL s. SCHUH STIEFMUTTER / marätre / stepmother 1. Die böse Stiefmutter (l-17) 2. Stiefmütter und Stiefkinder kommen nie miteinander aus (18—19) 3. Wer der Mutter nicht glauben (gehorchen) will, muss der Stiefmutter glauben (gehorchen) (20— 23). Vgt. ERZIEHEN 28, HÖREN 43, JUNG 153, 155, LEHRE 14-15, STIEFVATER l,, VATER 178. Ähnlich (24) 4. Der Stiefmutter soll man nicht glauben (25-26) 5. Wer eine Stiefmutter (einen Stiefvater) hat, hat auch einen Stiefvater (eine Stiefmutter) (27-30) 6. Redensarten 6.1. Der Stiefmutter klagen (31-36) 6.2. Am Grab der Stiefmutter weinen (37—43}

1. Die böse Stiefmutter 1 La t. Quid ut noverca me intuens auf uti Petita ferro belua? Was schaust du mich an wie eine Stiefmutter oder wie ein von der Waffe verwundetes wildes Tier? HÖR., EPOD. 2 5,9. Est mihi namque dornt pater, est iniusta noverca Ich habe nämlich zu Hause den 3 Vater, und ich habe (dort) eine böse Stiefmutter VERG., ECL. 3,33. Pocula si quando saevae infecere novercae [Miscueruntque herbas et non innoxia verba] Wenn die grimmigen Stiefmütter Zauberbecher bereiteten, Krauter und schadenbringende Worte un4 tereinandermischten VERG., GEORG. 2,128. Hippomanes, quod saepe malae legere 5 novercae Stutenschleim, den oft die bösen Stiefmütter sammelten EBD. 3,282. Lurida

145

6 7

8 9

n 12 13 H is 16

l?

STIEFMUTTER

ternbiles miscent aconita novercae Die schrecklichen Stiefmütter mischen fahlen Eisenhut OVID., MET. 1,147. MIat. Privignos quia naturaliter odit Queque noverca suos, ut scribitur, ipsaque rodit lllos Denn jede Stiefmutter hasst von Natur aus ihre Stiefkinder, wie es geschrieben steht, und sie plagt sie MATHEOLUS 2157, Fr. „Guanellon", dit le roy, „on dit en reprouuer: Oncquez nuls horns ne vit ne este ne yver, Qu'il fut maratre bonne {Hs.: vne bonne maratre} pour enffans essaucber. Encor Vemporteront les deables d'enfer" „Ganelon", sagte der König, „man sagt im Sprichwort: ,Nie hat jemand gesehen, weder im Sommer noch im Winter, dass eine Stiefmutter ihre (Stiefkinder begünstigt hätte; bis dahin werden die Teufe) der Hölle sie holen' " GALIENS 79,10 S, 103. De mauvaise manastre est l'atnor molt petite Die Liebe einer bösen Stiefmutter ist gar gering ADENET, BERTE 1345. Car par nature les marrastres Heent et rongent leurs ftllastres Denn von Natur aus hassen und plagen die Stiefmütter ihre Stiefkinder J. LEFEVRE, MATHEOLUS 2,3487. Qui a marastre a dyable en l'astre Wer eine Stiefmutter hat, hat den Teufel im Haus (worth: am Herd} ET. LEGRIS 586 (= MORAW. 1810). It, Pare ehe sempre U figliastri sieno in odio alle matrigne Es scheint, dass die Stiefkinder von den Stiefmüttern immer gehasst werden ARLOTTO 137,6. S p a n . Madrastra, el nombre le abasia Stiefmutter: Der (blosse) Name genügt LOPEZ (?), REFRANES 452. N o r d . Sewij nouerca suis fit alumpnis vt sal ocellis, — Saa &r steffmodher wedh barn som salt i saare 0ghen Die böse Stiefmutter ist für ihre Pfleglinge wie Salz für die Augen. — So ist die Stiefmutter für die Kinder, wie Salz in wunden Augen LALE 1052. Eng l. For stepmoder is selde guod Denn eine Stiefmutter ist selten gut LEGENDARY 17,8. t>an studied sehe stifly, äs stepmoderes wol alle, To do dernly a despit to here stepchilderen; fepli a-mong foure schare, vnnepe fmdestow on gode Dann gab sie sich grosse Mühe, wie es alle Stiefmütter tun, ihren Stiefkindern heimlich etwas zuleide zu tun. Wirklich, unter achtzig findest du kaum eine gute WILL. OF PAL. 130. AI thogh ful selde, as men may se, That stepmodres kynde be To children born out of wed-lok, Or geten of a foreyn stok Obschon ganz selten, wie man sehen kann, Stiefmütter freundlich sind zu den Kindern, die ausserhalb ihrer Ehe geboren sind oder die von einem fremden Stamm kommen LYDGATE, RES. AND SENS. 1647. Dt. Steffmoder is en böse cruith, Steffmoder de dhot seiden guith, Doch wultu syn er leive kind, Mit geduld er untruw averwind Stiefmutter ist ein böses Kraut, Stiefmutter ist selten lieb. Doch wenn du ihr ein liebes Kind sein willst, dann überwinde ihre Untreue mit Geduld! MONES ANZ. 7,503,54 (Hs. 1575).

2. Stiefmütter und Stiefkinder kommen nie miteinander aus is It. Che questa e regola generale, ehe matregne e figliastro non si volsero mai bene Denn das ist eine allgemeine Regel, dass Stiefmütter und Stiefkind einander nie Hebten BERNARDINO 11,200 (Fred. 22}. jy Span, La madrastra y antenada, siempre son en baraja Die Stiefmutter und die Stieftochter haben immer Streit NUNEZ II, 255.

3. Wer der Mutter nicht glauben (gehorchen) will, muss der Stiefmutter glauben (gehorchen) 20 Fr. Et tex ne uelt crotre sä bone mere qui croit sä fote marrastre Und mancher will seiner guten Mutter nicht glauben und glaubt (dann) seiner törichten Stiefmutter LIVRE D'ARTUS 127,8.

STIEFMUTTER

146

21.22 Span. Quien no cree a buena madre, crea a mala madrastra Wer der guten Mutter nicht glauben will, m ge der b sen Stiefmutter glauben LOPEZ {?), REFRANES 586. NUNEZ III, 288. 23 N o r d . Qui non wlt matri debet parere nouerce. — Hoo eij wil lydce modher han seal lydce steeffmodher Wer nicht der Mutter gehorchen will, muss der Stiefmutter gehorchen L LE 911. Vgl. ERZIEHEN 28, H REN 43, JUNG 153, 155, LEHRE 14-15, STIEFVATER 1., VATER 178 hnlich: 24 Pro v. Grieu es castiatz (seil, folhs) per vergua Ni crey sa mala noverga Ein Narr l sst sich schwerlich durch die Rute bessern, und er glaubt nicht (einmal) seiner b sen Stiefmutter GAVAUDAN 6,64. 4. Der Stiefmutter soll man nicht glauben 25 Mlat. Iniustis alienus amor ne crede nouercis Vertraue nicht b sen Stiefm ttern, der du von einer ndern (Mutter) geliebt wirst! 1 EGBERT., FEC. RAT. 1,52. 26 Engl. Hit is non hale, To leue stepmoderes tale, For here bolt is sone ischote, More to harm pan to note Es ist nicht ratsam, der Rede der Stiefmutter Glauben zu schenken, denn ihr Bolzen ist rasch abgeschossen, eher zu Schaden als zu Nutzen SEVEN SAGES 979.

5. Wer eine Stiefmutter (einen Stiefvater) hat, hat auch einen Stiefvater {eine Stiefmutter} 27 Fr. Car fous avez souvent oy dire et compter Qu'enfez qui parastre a, on le scet bten o der, Qu'il poet moult bien se mere se marastre nonmer Denn Ihr habt oft sagen und erz hlen h ren, dass ein Kind, das einen Stiefvater hat — das weiss man wohl und genau (?) — , seine Mutter sehr wohl seine Stiefmutter nennen kann FLORENCE REMANIEMENT 187. 2« Dt. De eine stefmoder he ft, de kricht k wol einen stefvader. - Privignos agitat teneros cum patre noverca Wer eine Stiefmutter hat, der erh lt (damit) auch einen Stiefvater. — Die zarten Stiefkinder plagt die Stiefmutter zusammen mit dem Vater 29.30 TUNNICIUS 370. Stieffm tter, stieffuatter FRANCK 1,89 v. Man spricht: Wer ein stieffmutter, hat Auch ein stieffvatter fr und spat SACHS VIII, 468,15 (1558).

31

32 33 34-36

6. Redensarten 6.1. Der Stiefmutter klagen 2 La t. Nam istuc quod nunc lamentare, non esse argentum tibi, Apud novercam querere Denn das, was du jetzt klagst, du habest kein Geld, klagst du der Stiefmutter FLAUT., PSEUD. 313. Mlat. Apud nouercam quer i Bei der Stiefmutter klagen ERASM., ADAG. CHIL. 4,5,52. Span. Dices tu pena a quien no le pena, qt jaste ha (lies; ά, Red.) madre agena Du klagst dein Leid jemandem, dem es nicht leid tut, du beklagst dich bei der Stiefmutter NUNEZ 1,333. Dt. Sein not einer Stieffm tter klagen FRANCK 1,27r. Apud nouercam queri. — Seiner stieffm ter klagen EBD. II, 16 r. EGENOLFF 17 v.

6.2. Am Grab der Stiefmutter weinen 3 37.38 Mgr. Προς σήμα μητρυιας κλαίειν Am Grab der Stiefmutter weinen PS. DIOGENIAN. 39.40 7,66. MAKARIOS 7,38. Προς σήμα μητρυιας κλαίει Er weint am Grab der Stiefmutter PS. DIOGENIAN. VINDOB. 3,65. APOSTOLIOS 14,99.

147

STIEFVATER

41. 42 M l a t . Flere ad nouercq tumulum Übers, wie 37 ERASM,, ADAG. COLL. 54 r. ERASM., ADAG, CHIL. 1,9,10. 43 Dt, Er weynt ob seiner stieffmüter grab FRANCK 1,47v. R. L,, reu. E. D.

Anmerkungen 1

2 3

Dass alienus atnor das Stiefkind bezeichnet, erläutert die Gl. zur Stelle: De iniusta nouerca non sttnt privignis salubria querenda consilia Die Stiefkinder können von der bösen Stiefmutter keine nützlichen Ratschläge erhalten. D, h. tauben Ohren klagen, etwas Vergebliches tun. D, h. Trauer heucheln, Vgl. RÖHRICH II, 1023 a f.

STIEFSOHN / beau-ftls / stepson l Mlat. Ignis ano, cibus ore licet — priuignus at idem Feuer im Arsch oder Essen im Mund — ein Sriefsohn bleibt ein Stiefsohn 1 EGBERT., FEC. RAT. 1,32. R. L., reu. E. D.

Anmerkung 1 So SINGER, SPRW. D. MA 1,128.

STIEFVATER / beau-pere / stepfather 1. Wer dem Vater nicht glauben (gehorchen) will, muss dem Stiefvater glauben (gehorchen) (1 — 9). Vgl. ERZIEHEN 28, HÖREN 43, JUNG J5J, JJ5, LEHRE 14-15, STIEFMUTTER 3., VATER 17« 2. Wer einen Stiefvater (eine Stiefmutter) hat, hat auch eine Stiefmutter (einen Stiefvater) —* STIEFMUTTER S.

1 2

3 4 5

6 7 s

1. Wer dem Vater nicht glauben (gehorchen) will, muss dem Stiefvater glauben (gehorchen) Mlat. Vitricus auditur, ubi sermo patris sepelitur (Dort) hört man auf den Stiefvater, wo das Wort des Vaters missachret (wörd.: begraben) wird WERNER 2 v 65. Qut par entern audire contempserit, cogitur aliquanao vitrico obsequi, scilicet carnifici Wer es verschmäht, auf den Vater zu hören, wird einmal gezwungen, einem Stiefvater zu gehorchen, nämlich dem Henker BEBEL, PROV. GERM. 349. Fr. Qui ne creit son pere, creie son parastre Wer seinem Vater nicht glaubt, soll seinem Stiefvater glauben RAWLINSON 351 (= MORAW. 2020). Engl. He that will not be warned bi his owne fader, he shall be warned bi his stepfader Wer sich nicht von seinem eigenen Vater ermähnen lasse, wird von seinem Stiefvater ermahnt werden HILL 104,16. N L Die sijn vader niet hören en wil die hoert dick sijn stiefvader. — Vitricus auditur pater a quo (lies mit den Drucken D 5, D l, B: pater quo} verus abitur^ Wer seinem Vater nicht gehorchen will, der gehorcht oft seinem Stiefvater. — (Dort) hört man auf den Stiefvater, wo der richtige Vater vertrieben wird PROV. COMM. 258. Dt. De synen vader nycht (Ausg.; rycht) hören wyl de hört dycke synen steefvader PROV. COMM. MND. 258. Eym stieff vatter volgt dick vnd vil (gehorcht sehr oft) Wer nit sym vatter volgen will BRANT, NARRENSCHIFF 40,19, De synen rechten vader nicht en hört, de wert dem stefvader

bevolen. — Vitricus exagitat spernentes ms$d

STIEL

148

parentum Wer seinem richtigen Vater nicht gehorcht, der wird dem Stiefvater übergeben. — Der Stiefvater plagt die, welche die Gebote der Eltern missachten TUNNICIUS 9 367. Der seinem vatter nit wil volgen, der muß zuletzst dem stiffvatter volgen FRANCK 1,85 r. Vgl. ERZIEHEN 28, HÖREN 43, JUNG 53, 155, LEHRE 14-15, STIEFMUTTER 3., VATER 178 2. s. Inhaltsübersicht R. L., rev. E. D. Anmerkung 1 Zu abitur für abigitur vgl, DIEFENBACH 3.

STIEL / manche, queue / handle, stalk Hier auch GRIFF (des Messers} 1. Wenn man jemandem übelwill, dann findet man bald einen Stiel für die Haue (1—2) 2. Den Stiel der Axt (Schaufel) nachwerfen (3 — 6} 3. Der Stiel des Apfels (der Birne) schaut dorthin, wo dieser (diese) herkommt —* BAUM 30, BIRNE 1. 4. Wer mit Herren Kirschen essen will, dem werfen sie die Stiele in die Augen —> HERR 428, 431, 433-434, 437-438, 440, 443-444, 446-447 5. Verschiedenes (7—9)

1. Wenn man jemandem übelwill, dann findet man bald einen Stiel für die Haue 1 1 Dt. Wan man eim übel wil, so findt mann der hawen bald einn stil Wenn man jeman2 dem übelwill, dann findet man bald einen Stiel für die Haue FRANCK 1,87 v. Wann mann eim übel wil, so findt mann der hawen bald einn siill EGENOLFF 328 v.

3 4 5 6

2. Den Stiel der Axt (Schaufei) nachwerfen 2 Mlat. Jacta manubrium post securim; bene cepisti, sit bonus finis Wirf den Stiel der Axt nach; du hast gut begonnen, das Ende möge gut sein! GUALT. MAP., NUG. CUR. 11,18. Fr. letter le manche, apres la cognie Den Stiel der Axt nachwerfen NUNEZ 11,210 (el Frances). It. Non gittiano el manico dirieto alia scure Wir wollen den Stiel nicht der Axt nachwerfen 3 MACINGHI, LETTERE 179 (1459). Gl' e vn gittar ü manico dietro alia palla Das heisst, den Stiel der Schaufel nachwerfen MERBURY 8. 3.—4. s. Inhaltsübersicht

5. Verschiedenes 7 M l a t . Manubrium sine ferro omne opus sine consilio Ein Griff ohne Messer ist jedes s Werk ohne Plan SEDULIUS SCOTTUS 128,60. Ille cnspidem refutans, capulum petit... Quo pacto Wiggo capulum complexus, cuspidem per Hiartuarum agit Jener weist die

149

5

Klinge zurück und begehrt den Griff. Deshalb stösst Wiggo, den Griff fassend, die Klinge durch Hiartuarus hindurch SAXO GRAMM. 67,22 (vgl. MESSER 2., SCHWERT 2.2.}. 9 It. Vo/ dtte: A tal manica tal coltello Ihr sagt: „Zu einem solchen Stiel ein solches Messer" BERNARDINO 111,167 {Fred. 36). H. R., rev. V, M.

Anmerkungen 1 2

3

Vgl, GRIMM, DWs. X.2.2,2839: „ein raittel finden, abhilfe schaffen, einen ausweg wissen", Vgl. WANDER iV,856 s.v. Stiel 13: „Alles verloren geben, aufs Spie! setzen, das Äusseme wagen". Vgl. auch die Belege bei HASSELL M 76 u. WHITING A 255. Anm. der Ausg.: „Buttar via quel ehe resta".

STIER s. RIND STILL (ruhig) s. RUHE STILL (schweigsam) s. SCHWEIGEN STILLSTAND s. RUHE STILLSTEHEN s. STEHEN STIMME / voix / voice L Die Stimme ist grosser als der Mann (1—2) 2. Viele Stimmen beschliessen und wählen {3—5). Vgl. VIEL 2,1.1. 3. Volkes Stimme, Gottes Stimme (6), — VOLK 15-2], 23-28 4. Die Stimme vergeht, das Geschriebene bleibt — SCHREIBEN 4, 7. Anders (7) 5. Beim Anblick des Wolfes verliert der Mensch die Stimme —· WOLF 186-188 6. Die Stimme des Esels ist unverkennbar —* ESEL 147-149 7. Die Stimme des Pfaus ist schrecklich — PFAU 9~10 8. Verschiedenes (8-10)

1. Die Stimme ist grosser als der Mann 1.2 Dt. Die stimm ist grosser dann der man FRANCK 1,40 v. EGENOLFP 301 r.

2. Viele Stimmen beschliessen und wählen 3. 4 Dt, Die meyste stymme beschliessen Die meisten Stimmen beschliessen AGRICOLA 5 Nr. 703. EGENOLFF 273 v. Vil stimm werden abt Viele Stimmen machen einen zum Abt FRANCK 1,75 v. Vgl. VIEL 2.1.1.

3. Volkes Stimme, Gottes Stimme 6 Fr. Escript auci j'en truis lisant, Au (sic) vois commune est acordant La t/o/s de dieu Ich finde es auch beim Lesen geschrieben: „Mit der Stimme der Allgemeinheit stimmt die Stimme Gottes überein" GOWER, Mm. DE L'OMME 12724.l

-^ VOLK 15-21, 23-28

STINKEN

150

4. Die Stimme vergeht, das Geschriebene bleibt -» SCHREIBEN 4, 7 Anders: 7 Dt. Viva vox magis äff tat. — Die levende stymme beweeget meer dan die schryft Die lebende Stimme rührt mehr. — Die lebende Stimme bewegt mehr als die Schrift MURMELLIUS 22. 5. —7. s. Inhaltsübersicht 8. Verschiedenes 8 Mlat. In tribus delectatur bomo, etsi bona non stnt: in sua uoce, in suo carmine et in suo filio An drei Dingen freut sich der Mensch, auch wenn sie nicht gut sind: an seiner Stimme, an seinem Gedicht und an seinem Sohn PETR. ALF., DISC. CLER. 14,18. 9 Ex tenui uena uox sepius exit amena Aus einer feinen Ader kommt öfters eine liebliche Stimme S. OMER 73. JO Fr. Voix et avoir et ambleure vont moult souvent contre nature Stimme und Besitz und Gangart gehen sehr oft gegen die Natur SEPT SAGES 17.

v: M.

Anmerkung 1 Vgl. HASSELL V 140.

STINKEN / puer / to stink Hier auch GESTANK Vgl. RIECHEN 1. Der Geruch des Menschen Vgl. RIECHEN 2. 1.1. Der Geruch der Frau 1.1.1. Die Frau gleicht einer stinkenden Rose —* FRAU 324-325 1.1.2. Eine übelriechende Frau ist eine Last —· PFERD 176, 179 1.2. Der vergängliche Leib des Menschen stinkt — HEUTE 42, MENSCH 194. Vgl. unten 3.1. 1.3. Seinen eigenen Gestank nicht wahrnehmen (l -2). Vgl. RIECHEN 34 1.4. Vereinzeit (3) 2. Von Natur aus stark riechende oder stinkende Dinge 2.1. Der Fisch stinkt 2.1.1. Der Fisch beginnt am Kopf zu stinken —* FISCH 4.1. 2.1.2. Fische und Gäste beginnen am dritten Tag zu stinken—· FISCH 257, 162 — 163. Vgl. FISCH 4.3. 2.2. Rettich stinkt und verursacht Blähungen — FURZ 25, RETTICH 1. 2.3. Dreck (Kot, Scheisse, Mist) stinkt 2.3.1. Allg. — DRECK 22, 25-27, Vgl. DRECK 23-24 2.3.2. Spez,:Je mehr man Dreck aufrührt, um so mehr stinkt er (4—7). — BITTEN 55-56 5.3. Negative Charaktereigenschaften, die stinken 5.3.1. Eigentob stinkt — LOB 92, 94, 109 5.3.2. Hochmut stinkt - HOCHMUT 57-59, SCHNEE 47. Vgl. oben 3.1. 6. Redensarten 6.1. Erstunken und erlogen -+ LÜGEN 10.1. 6.2. Lügen, dass es stinkt — LÜGEN 10.2. 6.3. Vereinzelt (8) 7. Verschiedenes (9-12)

1. Der Geruch des Menschen Vgl. RIECHEN 2, 1.1.-1.2. s. Inhaltsübersicht 1.3. Seinen eigenen Gestank nicht wahrnehmen 1 M l a t . Quia fetidt sunt et in fetoribus nutriti, fetorem suum non sentiunt Weil sie stinken und irn Gestank erzogen worden sind, riechen sie ihren (eigenen) Gestank nicht 2 Uc. VITRIAC., SERM. vuLG. 25. Ipsi quidem proprium ei consuetum fetorem licet maximum non perdpiunt Denn sie nehmen den eigenen und gewohnten Gestank nicht wahr, mag er auch noch so gross sein IAC. VITRIAC., SERM. FER. 57,27. Vgl. RIECHEN 34

1.4. Vereinzelt 3 M l a t . Carum nemo putet, cuius praesentia putet Niemand hält wohl den für angenehm, dessen Gegenwart stinkt WERNER 2 c 18.

2. Von Natur aus stark riechende oder stinkende Dinge 2.1.—2.2. s. Inhaltsübersicht 2.3. Dreck (Kot, Scheisse, Mist) stinkt 2.3.1. Allg. — DRECK 22,25-27. Vgl. DRECK 23-24

2.3.2. Spez.: Je mehr man Dreck aufrührt, um so mehr stinkt er 4 Mlat. Non redolent, sed olent immunda corpora, quanto Post (lies: Plus1) remouentur (lies: remouentur, olent2} flagrantia corpora contra Unreine Körper duften nicht, sondern stinken um so mehr, je mehr sie aufgerührt werden3, duftende Körper dagegen 5 duften (um so mehr) RAIM. BIT., KALILA 507. Mota magis res peius ölet foetentis odoris; Plus repetita placet quoque, si sit plena saports Etwas schlecht Riechendes stinkt (noch) schlimmer, wenn man mehr darin gerührt hat. Wenn dagegen etwas voll Wohigeruch (wörtl.: Geschmack) ist, gefällt es (noch) mehr, wenn es wiederholt wird 6, 7 WERNER 2 m 53. Motus maiorem foetor diffundit odorem In Bewegung versetzter Gestank stinkt noch mehr EBD. m 55. PRO v. WRATISLAV. 327, — DRECK 25-33,35-66 2.3.3. —5. s. Inhaltsübersicht

STINT

152

6. Redensarten 6,1. —6.2. s. Inhaltsübersicht 6.3. Vereinzelt 8 Dt. Er stincket* LUTHER 349.

9 JO n n

7. Verschiedenes Engl. i>e smike (Var.: stink) it recbes to pe sckt Der Rauch (Gestank) reicht zum Himmel CURSOR MUNDI 2742 (= RAUCH 302). Dt. Sttnck fürt an was da stinckt Es stinke weiter, was stinkt LUTHER, WERKE II, 6, l (1520). Stinckt yhm schwert ein ohr Er stinkt, ihm schwärt ein Ohr 5 LUTHER 92 (= OHR 150). Sy stincket nach Adams fass LUTHER, WA X.1.2, 398,26 (1526) (vgl. GEFÄSS 5.2.)H. U. S. Anmerkungen 1

Nach einem Vorschlag Singers. Nach einem Vorschlag des Hrsg. in der An m. 3 Mlat. removere hat hier offenbar die Bedeutung ,aufrühren' nach afr. removair, vgl. die entsprechenden afr. Sprw. bei DRECK 2.2.2.1, t Vgl. GRIMM, DWß. X.2.2,3160 u. 3162. 5 Vgl. die Anm. der Ausg. u. in LUTHER, WA LI, 676. 2

STINT -» FISCHEN 77-79 STIRN / front / forehead 1. An der Stirn lässt sich nur wenig erkennen (1-2). — GUT (Adj.) 961. Vgi. AUSSEN 1.2., GESICHT 3., GLAUBEN 5.1., HERZ 3.3., KLEID 2.1.1., 2.2.2., MENSCH 3.2.1., SCHEIN 3.-4., SEHEN 3,5., SITTE 3.2., WORT 14. 2. Liebe lässt sich an der Stirne erkennen —» LIEBE l, 11 3. Ich floh (verabscheute) die Petersilie, und sie wuchs mir auf der Stirne —> PETERSILIE 1. 4. Verschiedenes (3—4)

1. An der Stirn lässt sich nur wenig erkennen 1 L a t . Frontis nulla fides Auf die Stirn ist kein Verlass luv., SAT. 2, 8. 2 Mlat, Homo non est ex fronte solum diiudicandus Der Mensch darf nicht allein nach der Stirne beurteilt werden BEBEL, PROV. GERM. 95. -» GUT (Adj.) 961. Vgl. AUSSEN 1.2., GESICHT 3., GLAUBEN 5.1., HERZ 3,3., KLEID 2.1.1., 2.2.2., MENSCH 3.2.1., SCHEIN 3.-4., SEHEN 3.5., SITTE 3.2., WORT 14.

2. —3. s. Inhaltsübersicht 4. Verschiedenes 3 Fr. Logier s'en va au Heu commun Aussy tost qu'elle a le front roupt Sie schickt sich an, an einem öffentlichen Ort Unterkunft zu nehmen, sobald sie eine zerbrochene Stirne 1 hat PROV. EN RIMES 215.

153

STOCK

4 Span. Mas cerca esta la /rente que el coiodrillo Näher ist die Stirne als der Hinterkopf 2 NUNEZ 11,359.

V.M. Anmerkungen 1 2

Ausdruck für die verlorene Jungfernschaft. Vgl. die Anm. der Ausg. Ein schon in der Antike verbreiteter Gedanke. Vgl. die Belege bei OTTO 719 S. 147.

STOBERN s. SUCHEN

STOCK / baton / stick Hier auch KNÜPPEL, KNÜTTEL, PFAHL, PFOSTEN, PILGERSTAB, STAB, STANGE, STECKEN (Subst.) Vgl. RUTE 1. Stock zum Schlagen 1.1. Mit dem eigenen Stock geschlagen werden (sich schlagen) (1-17). —> FRAU 1278. Vgl. GESCHOSS 1.3., MESSER 27, RUTE 6., SCHWERT 1.2.1., WAFFE 19-20 1.2. Gute und schlechte Frau braucht den Stock — ESEL 221, FRAU 1473-1474, PFERD 91-94 1.3. Bauern und Fürsten tun und geben nichts ohne Stock —» ESEL 222, MANDELBAUM , NUSSBAUM i -2 1.4. Esel, Pferde und Ochsen treibe man mit dem Stock an — ESEL 221-224, PFERD l 06 1.5. Leicht findet man einen Stock, um den Hund zu schlagen —* HUND 5.2, 1.6. Wer den Hund zum Gevatter hat, trage deswegen nicht einen kleineren Stock —>· HUND 15.2. 1.7. Gegen böse und bissige Hunde braucht man einen (starken) Stock (Knüppel) —' HUND 15.4. 1.8. Vereinzelt (l8) 2. Stock als Stütze beim Gehen 2.1. Der Lahme bedarf des Stockes — HINKEN 24 2.2. Der Pilger schmähe seinen Stab nicht — PILGER 9. 2.3. Ohne Stab gehen (19-22) 2.4. Verschiedenes (23-27) 3. Stock zum Aufrecht- und Festhatten 3.1. Vier Pfosten halten die Latrine aufrecht und fest (28-29). Vgl. EVANGELIST 3.2. Die Zeit (Welt) ist an keinen Pfahl (Stock, Stecken) gebunden — JAHR 10, NACHT 39, STUNDE 9-10, WELT 38, ZEIT 19, 57, 60-61 3.3. Vereinzelt (30) 4. Stock zum Springen und Reiten 4.1. Nach dem Springen den Stock weitergeben (31—32) 4.2. Ohne Stock oder nur mit kurzem Stock springt man nicht weit (33—35) 4.3. Auf einem Stock reiten (36—38) 4.4. Auf einem Stock geritten ist halb gegangen (39—40) 4.5. Wer auf einem Stock reitet, dem tun die Beine (Schenkel) weh (41 —47) 5. Stock als Minimatwert 5.1. Wo man Speck vermutet, hat es nicht einmal Pfähle (48—50) 5.2. Kleid und Schmuck machen aus einem Stock einen Baron oder Jüngling —* KLEID 28-29, Vgl. SCHMUCK 2.1. 6. Stock (Krummstab) als Zeichen des geistlichen Hirtenamtes (51—54)

STOCK

154

7. Redensarten 7.1. Die Stange begehren (55-64) 7.2, Wasser an einer und derselben Stange tragen —· WASSER 16.17.

1. Stock zum Schlagen 1.1. Mit dem eigenen Stock geschlagen werden (sich schlagen) 1 1 Fr. Bastun fet dunt il se ftert, Ki rien de Fortune quiert Wer nichts vom Glück erwartet, macht sich den Stock, mit dem er sich schlägt S. DE FREINE, ROM. DE PHIL. 2 253. Qui maine desraison Sot fieri de son baston Wer Unvernünftiges tut, schlägt sich 3 mit dem eigenen Stock COMTE DE BRETAGNE l 80. Maint chevalier errant sont... qui coiüent le baston dont il sont batu Es gibt manche fahrende Ritter, welche den Stock 4 erwerben, mit dem sie geschlagen werden TRISTAN PROSE 349. Dou fust C'on kiut sovent est on batu Mit dem Stock, den man sich verschafft, wird man oft (selbst) s geschlagen COUR. REN. 158. Toute femme a marier, soit pucelle ou vevfe, se puet bien batre de son baton mesmes Jede Frau, die zo verheiraten ist, sei es ein Mädchen oder eine Witwe, kann sich gut mit dem eigenen Stock schlagen LA TOUR LAN DRY 253, 6 Qui fest contre reson si se fieri de son baston Wer unvernünftig handelt, schlägt sich 7 mit dem eigenen Stock MORAW. 1937. Qi meyn desreesoun se fiert de saun baston Wer Unvernünftiges tut, schlägt sich mit seinem Stock CAMBR. SAMML. (+LEROUX 8 11,481). Tel porte le baston de quoy il est batu$ Manch einer trägt den Stock, mit 9 dem er geschlagen wird ET. LEGRIS 747. On dist qu'on porte bien souvent Le baston dont on est battu Man sagt, dass man sehr oft den Stock trägt, mit dem man geschlagen 10 wird LEROUX, CHANTS HIST, 9,18 {um 1465}. Taillie a le baston De quoy il est batu Er hat den Stock zurechtgeschnitten, mit dem er geschlagen wird PROV. EN RIMES 191. 11 Pro v. „Dex"f dist lo rets, „molt i fai grant foldat Cil qui nurrist lo basto ab que-s bat" „Gott", sagte der König, „der begeht eine grosse Torheit, welcher den Stock auf12 zieht, mit dem er sich schlägt" AIGAR 862. O'aquestas mas fo cuibitz lo bastos Ab que m'aucis la plus belha qu'anc fos Mit diesen Händen wurde der Stock erworben, mit dem mich die Schönste, die es je gab, tötete PS. PEIRE ROGIER = PERDIGON(?) (+MAHN 1,18). 13 Engl, ... at he sulde be pus betyn with bis awn staff Dass er so mit seinem eigenen 14 Stock geschlagen werden sollte ALPHAB. OF TALES 434,19. She had bete her selff with her owne staffe Sie hatte sich selbst mit ihrem eigenen Stock geschlagen LA TOUR15 LANDRY ENGL. 21,15. For many men for anger betithte hym selff with his owne staffs 16 Denn mancher schlägt sich selbst aus Zorn mit seinem eigenen Stock EBD. 54,11. // i's so as to me semeth, that euery woman, mayde, or wydowe, may wel bete her seif with her owne staf Es ist so, wie mir scheint, dass jede Frau, Mädchen oder Witwe, 17 sich selbst mit ihrem eigenen Stock schlagen kann EBD. 176,28. And perfor, lord, good ryji yt ys, Wip oure owne stafe chastysed to be Und daher ist es, Herr, durchaus recht, dass wir mit unserem eigenen Stock geschlagen werden LYRICS XVTH CENT. 148,89. — FRAU 1278. Vgl, GESCHOSS 1.3., MESSER 27, RUTE 6., SCHWERT 1.2.1,, WAFFE 19-20

1.2. —1.7. s. Inhaltsübersicht 1.8. Vereinzelt IS Span. No hay tal razon como la del baston Es gibt kein so gutes Argument wie das des Stockes NUNEZ III, 57.

155

STOCK

2. Stock als Stütze beim Gehen 2,t.—2.2. s, Inhaltsübersicht 2.3. Ohne Stab gehen 2 19 Dt. Ungehalden, äne stap Übergän ich noch wo! wtten rinc Ungestützt, ohne Stab 20 schreite ich noch gur durch einen weiten Umkreis hin SPERBER 332. Alyse, mäht du ane stap gegen? Alise, kannst du ohne Stab gehen? ULR. v, TÜRHEIM, RENNEW. 5360. 21 G glaube mir, ich mag wol gan Ane stap swa ich wil hin Glaube mir, ich kann gut ohne 22 Stab gehen, wohin ich will! EBD. 5368. Des morgens gie sie äne stap Und starp niht von der selben not Des Morgens (seil, nach der Hochzeitsnacht} ging sie ohne Stab und starb nicht an dieser Drangsal WERNHER D. GÄRTNER 1418.

2.4. Verschiedenes 2.3 Mlat. Quontam quanta Polonus rusticus se simpliciorem exhibet, tanto camhucam obtinet plus gibhosam Denn je dümmer sich der polnische Bauer stellt, einen um so knorrigeren Krummstab besitzt er GERMANIA 14,279 (14. Jh.). 24 Fr. Preudom ne se doit apoier Sor bordon qui brise au ploier Ein Ehrenmann soll sich nicht auf einen Stab stürzen, der beim Biegen bricht ROB. D'ARRAS, VERS DE LA .MORT 177,10. 25 Span. Bordon y calabaza vida holgada Pilgerstab und Kürbis, ein angenehmes Leben NUNEZ 1,179. 26 N o r d . In baculo vegeto qui todes membra teneto. — Stagrende man seal segh meth keep st0dhe Du, der du an den Gliedern zitterst, sollst dich an einem kräftigen Stock 27 festhalten. — Ein schwankender Mann soll sich auf den Stock stützen LALE 488. Vid rangan stafman stydiaz ei via ongvan Auf einen krummen Stab kann man sich stützen, (aber) auf keinen nicht KALUND 170 (= JONSSON, ARKIV 385. JONSSON 157).

3. Stock zum Aufrecht- und Festhalten 3.1. Vier Pfosten halten die Latrine aufrecht und fest 28 M l a t . Quatuor subpostes (Ausg.: subposte) sustinent latrinam, ne cadat qui sedet super earn Vier Pfosten haken die Latrine fest, damit der, welcher darauf sitzt, nicht hineinfällt SAL. ET M ARC. 38 b. 29 Dt. Vier Stollen halten das scheißhaus auf Vier Pfosten halten die Latrine aufrecht FOLZ, SAL. u. MARK. (»FASTNACHTSP. 527,2}. Vgl. EVANGELIST I

3.2. s. Inhaltsübersicht 3.3. Vereinzelt JO Fr. A seur chie en fosse qui se tient a pel; e si li pel ront, si charra en l'estront Sicher scheisst der in die Grube, welcher sich am Pfosten hält; und wenn der Pfosten bricht, wird er in den Kot fallen RAWLINSON 213 (= MORAW. 129).

4. Stock zum Springen und Reiten 4.1. Nach dem Springen den Stock weitergeben 31 Dt. Hästu gesprungen, lieh uns den stap Wenn du gesprungen bist, dann leihe uns 32 den Stab! HUGO v. TRIMBERG 20545. Presto tibi baculum, cum ego profero salturn. — So ich spring, gib ich dir den stecken Ich leihe dir den Stock, wenn ich den Sprung ausführe. - Wenn ich springe, gebe ich dir den Stecken MÜNCHEN 40.

STOCK

156

4.2. Ohne Stock oder nur mit kurzem Stock springt man nicht weit 33 Nl. Tes quaet verre springhen met enen corten stocke. — Si breuis est baculus erit binc breuior tibi saltus Mit einem kurzen Stock ist es schwer, weit zu springen. — Wenn der Stock kurz ist, wird dir der Sprung weniger weit gelingen PROV, COMM. 659. 34 Dt. Tys quad vor sprynghend myt eneme kortben staue Es ist schwer, mir einem 35 kurzen Srab nach vorne zu springen PROV. COMM. MND. 626. Sunder staf is quät springen. — Transiliisse potest nullus procul absque bacilio Es ist schwer, ohne Stab zu springen. — Keiner kann ohne Stock weit hinüberspringen TUNNICIUS 1245.

4.3. Auf einem Stock reiten 36 Ml a t. In baculo equitare Auf einem Stock reiten3 BEBEL, PROV. GERM. 562. 37.38 Dt. V ff einem stecken rytten MURNER, NARRENB. 74 Überschr. Der alt narr reit auff stecken Der alte Narr reitet auf Stöcken FRANCK II, 47 r.

4.4. Auf einem Stock geritten ist halb gegangen 39 Dt. Uf ainem stab geriten ist halb gangen Auf einem Stab geritten ist halb gegangen 40 STRASSBURG 16. £s ist docken werck, Auff stecken geritten. Es ist wol halb zu fuß gangen Auf Stecken geritten ist Kinderspiel; es ist halb zu FUSS gegangen FRANCK 1,120 v.

4.5. "Wer auf einem Stock reitet, dem tun die Beine (Schenkel) weh 41 M l a t . Crus sentit, dum in baculo equitamtts Das Bein spürt es, wenn wir auf einem Stock reiten BEBEL, PROV. GERM, 165, 42 N o r d . Cui rudis est sonipes lassus erit sibi pes. - Thet kosther been at rijdhe paa staff Dem wird das Bein müde, welcher ein rauhes Pferd hat. — Auf einem Stock reiten 43 beeinträchtigt die Beine LÄLE 173.4 Lasso pedes illo quod equester pergo bacillo. — Thet kosther been at rijdhe paa staff Ich werde an den Beinen rnüde, wenn ich mich wie ein Reiter auf einem Stock vorwärtsbewege. — ... EBD. 545. 44 Nl. Tkost al been datmen tstocke rijt. — Si baculus sit equus tune sentiet vndique ve crus Wenn man auf einem Stock reitet, strapaziert dies stets die Beine. — Wenn ein Stock Pferd ist, dann tun die Beine ringsum weh PROV. COMM. 694. 45.46 Dt. Et kost al bene dat me to stocke ryd PROV. COMM. MND. 652. Wan men rit up st^ven, dat tasten de beine. — Crura dolent, si quis baculis equitaverit usquam Wenn man auf einem Stecken reitet, spüren dies die Beine. — Den Beinen tut es weh, wenn 47 einer irgendwo auf Stecken geritten ist TUNNICIUS 965. Die scbenckel empfindens wol so man auff stecken reit FRANCK 1,81 r.

5. Stock als Minimalwert 5.1. Wo man Speck vermutet, hat es nicht einmal Pfähle 48 S p a n . do pensays que ay $, no ay estacas Wo ihr meint, dass es Speckseiten 49 gebe, da gibt es nicht einmal Pfähle 5 LOPEZ (?), REFRANES 17 {= HALLER 55). A do 50 pensais que hay tocinos no hay estacas NUNEZ 1,23. Do pensais que bay tocinos, no bay estacas EBD. 1,345.

5.2. s. Inhaltsübersicht 6. Stock {Krummstab) als Zeichen des geistlichen Hirtenamtes 5 i Mlat. Quid lex per baculum nisi pastoralem custodiam designat? Was bezeichnet das Gesetz durch den Stab anderes als das Hirtenamt? GREG. M., HOM. IN EVANG. 2,22,9 52 (1181 A). In baculo pastor popularis cernitur unco Am gekrümmten Stab wird der Landesbirt erkannt EGBERT., FEC RAT. 1,282.

157 53 Dt.

STOCK {Gefangenenstock) Under dem krummen Stabe, unnd under den Graven ist gut wohnen Unter dem

54 Krummstab 6 und unter den Grafen kann man gur leben AGRICOLA II Nr. 190. Vnder eim krummen stab und vnderm Grauen ist gut wohnen Unter einem Krummstab und unter einem Grafen kann man gut leben EGENOLFF 21 r.

55 56 57 58 59 60 61

62 63 64

7. Redensarten 7.1. Die Stange begehren7 Dt. ... oder ob er gewundet wirt, oder der Stange sust begert Oder wenn er verwundet wird oder sich sonst für überwunden erklärt SCHWABENSPIEGEL 404,18. Nun beger ich recht der stang Nun erkläre ich mich geradeswegs für überwunden HÄTZLERIN 2,3,174. ... Sie müssent geren der stang (Bis) sie sich für überwunden erklären müssen FRIEDRICH v. SCHWABEN 1902. ... Onntz mein krafft begert der stang Bis meine Kraft erliegt EBD. 6648. So ger ich Stangen So erkläre ich mich für überwunden ANON. (+ MSH 111,351 b). V/7 manger da der Stangen gert Gar mancher ergab sich da ALLINGER SCHLACHT 116 (+LILIENCR., HIST. VOLKS L. 58). Vnd sol der krieg noch lenger weren, So werden zwar die (lies mit Ausg. S. 363: der) Stangen geren Die Stat (lies mit LILIENCR., HIST. VOLKSL. 90,18,3: stet) an allen ennden Und wird der Krieg noch länger währen, so werden die Städte gewiss allerorten um Frieden bitten HÄTZLERIN 1,29,103. Sy sprach: hör uff, ich ger der Stangen Sie sagte: „Hör auf, ich erkläre mich für überwunden!" ROSENPLÜT (+ HÄTZLERIN 2,76, 69). Und sy pegerten do der stang Und sie baten da um Frieden BEHEIM, BUCH v. D. WIENERN 351,14. Der begert der stange Der bittet um Gnade 8 PROV. FRID. 1. 7.2. s. Inhaltsübersicht

V.M.

Anmerkungen 1 2

3 4

s 6 7 8

Vgl. HASSELL B 29. V64; WHITING S652. Vgl. GRIMM, DWs. X.2.1,338: Äne stap gen als Zeichen der Gesundheit und Rüstigkeit, Scherzhaft von Frauen nach der Hochzeitsnacht. Vgl. WANDER W,758 s. v, Stab 26: Scherz, womit man Frauen nach der Hochzeit neckte. Anders SPERBER 332 Anm.: „Zugrunde wird aber wohl liegen, dass man jungen Madchen mit dem Lahmwerden drohte, um sie vor dem Genuss der Minne zurückzuschrecken". Dazu steht: est frustra conari (Das) bedeutet (etwas) vergeblich versuchen. In der Anm, dazu steht ein neuist. Sprw. aus einer Stockh. Hs.: Pad kostar klofed, ad rida roptunum Das wird den Beinen (wortl.: dem Zwischenraum zwischen den Beinen) sauer, auf den Stocken zu reiten. D. h. das Allernotwendigste. D, h. unter Bischöfen und Äbten. Sich für überwunden erklären, um Frieden (Gnade) bitten, sich ergeben. Vgl, LEXER 11,1137; GRIMM, DWß. X.2.1,806 f.; RÖHRICH H,997a. Dazu steht als Anm.: Tribulatis auxitiitm postulantibus vel inimicicias habentibus et reconciliacionem petentibus solet huiusmodi did proverbium. Est autem consuetudo alicuius, qui cecidit in fontetn vel aquäm petere phalangatn pro sustentatnettto Denjenigen, die in Bedrängnis sind und um Hilfe bitten oder die Feindseligkeiten unterhalten und um Versöhnung bitten, pflegt man ein Sprichwort dieser Art vorzutragen. Es ist ferner üblich bei einem, der in den Brunnen oder ins Wasser gefallen ist, dass er wohl um eine Stange zum Festhaken bittet.

STOCK (Gefangenenstock) / billot / stocks 1. Ausserhalb des Stockes ist besser prozessieren als im Stock (1—3). Vgl. BUSCH l,, ZAUN 70 2. Man kann ebensogut mit einem Bein wie mit beiden im Stock sein (4—5) 3. Vereinzelt (6)

STOCK (Wurzelsrock)

158

1. Ausserhalb des Stockes ist besser prozessieren als im Stock 1 Dt. E$s ist pesser dingen au$s den schrancken, den aus den stokken Es ist besser 2 ausserhalb der Schranken prozessieren als aus dem Stock heraus SCHWABACH 96. Ist besser teydingen ausser denn ym stock Es ist besser ausserhalb als innerhalb des Stockes 3 prozessieren LUTHER 200. Außer dem Stock zs besser handeln Ausserhalb des Stockes ist besser zu prozessieren LUTHER, WA BR. 3100,20 (1536 [VII, 584]). Vgl. BUSCH 1., ZAUN 70 2. Man kann ebensogut mit einem Bein wie mit beiden im Stock sein 4 NL Also goet met beiden beenen inden stock als met eenen. — Nil refert bino fore cippo vel pede solo Ebensogut mit beiden Beinen im Stock wie mit einem. — Es spielt keine Rolle, ob man mit beiden Füssen oder nur mit einem im Stock ist PROV. COMM. 97.

5 Dt. Alzo ghud myt beyden benen in den stok alze myt eneme PROV. COMM. MND. 96, 3. Vereinzelt 6 Dt, De in dem stocke sit, en sinkt nicht böge. — Quis non tristetur, quem dira ergastula daudunt? Wer im Stock sitzt, singt nicht laut. — Wer sollte nicht traurig sein, wenn ihn das grässliche Gefängnis eingeschlossen halt? TUNNICIUS 567. V.M., STOCK (Wurzelstock) s. STAMM STOCKFISCH — FISCH 184-187, 207 STOFF (Materie) s. MATERIE STOLPERN / trebucher / to stumble Hier auch STRAUCHELN 1. Unvermeidbarkeit des Straucheins 1.1. Sogar ein vierfüssiges Lebewesen kann straucheln —* FUSS 67, 76. Vgi. FUSS 4.2, 1.2. Vereinzelt (1) 2. Ursachen von Stolpern und Straucheln 2.1. Mangelnde Vorsicht (2). -» HOCHMUT 94. Vgl. AUGE 10, EILE 3.10., GEDANKE J10, GEHEN 8.3., VORN 2. 2.2. Hochmut — HOCHMUT 94, MASS (Massigkeit) 236

2.3. Zu weite Schuhe — SCHUH 26. Vgl. SCHUH 3.3. 3. Wer stolpert, kommt trotzdem voran (3-7) 4. Töricht ist, wer zweimal über denselben Stein stolpert (8 — 9)

5. Straucheln auf ebenem Wege (10-11) 6. Vereinzelt ( 2;

l. Unvermeidbarkeit des Straucheins 1.1. s. Inhaltsübersicht 1.2. Vereinzelt l Pro v. Om non pot tan plan anar Que non l'avengn'a bur car Der Mensch kann nicht so gerade gehen, dass es ihm nicht geschähe zu stolpern BERTH. CARBONEL (+APFEL, INEDITA 71,23).

159

STORCH

2. Ursachen für Stolpern und Straucheln 2.1. Mangelnde Vorsicht 2 It. Chi non si pon mente ai piedi, inciampa Wer nicht auf die Füsse achtgibt, stolpert ARETIN, RAGIONAMENTI 11,125. — HOCHMUT 94. Vgi. AUGE 10, EILE 3.10., GEDANKE l W, GEHEN 8.3., VORN 2. 2.2.—2.3. s. Inhaltsübersicht

3 4 5 6. 7

3. Wer stolpert, kommt trotzdem voran Fr. Dicitur vulgariter quod qui s'abuche se s'avence Gerneinhin wird gesagt, dass, wer stolpert, dennoch vorwärtskommt GER. DE LIEGE (+LECOY 119). Qui s'afoupe si s'avance Wer strauchelt, kommt trotzdem voran MORAW. 2120. S p a n , Quien tromptefa y no cae, en su passo anade Wer stolpert und nicht fällt, legt einen Schritt zu 1 LOPEZ (?), REFRANES 572. Quien estropieza y no cae, en su paso anade NUNEZ 111,285. 111,342.

4. Töricht ist, wer zweimal über denselben Stein stolpert s S p a n . Nescio es el que estronpiega en una piedra dos vegadas Töricht ist derjenige, 9 welcher zweimal über einen Stein stolpert Boc. DE ORO 194. Quien en una piedra dos veces tropieza, no es maravilla que se quiebre la cabeza Wer zweimal über einen Stein stolpert, (bei dem) ist es nicht verwunderlich, dass er sich den Hals (wörtt.: den Kopf) bricht NUNEZ III, 304. 5. Straucheln auf ebenem Wege 10 Fr. Chopper en plain chemin Auf ebenem Wege straucheln NUNEZ 1,222 (el Frances). 11 Span. Quien en lo llano estropieza, que hard en la sierra Wer in der Ebene stolpert, was wird der im Gebirge tun? NUNEZ 111,332. 6. Vereinzelt 12 N o r d . £>at er far mikit, ef pu foeti drepr, Par$ pu at vigi veör Das bedeutet grosse Gefahr, wenn du straucheist, während du in den Kampf ziehst REGINSMÄL 24,1.

H. as.

Anmerkung 1 SBARBI 1,134 kommentiert: Mit Geduld ertragene Leiden sind Stationen auf dem Weg zum Himmel.

STOLZ s. HOCHMUT STOPPEL(FELD) s. STROH

STORCH / cigogne / stork 1. Dem Storch gefällt sein Klappern (1—3) 2. Frösche müssen Störche haben —· FROSCH 32, 35—37 3. Verschiedenes (4 — 6)

STOSS

160

1. Dem Storch gefällt sein Klappern 1 Ml at. Complacet ipsa sibi crepitante ciconia rostro Der Storch gefällt sich selbst, wenn sein Schnabel klappert LUTHER, WA TR. 3087 (III, 168,11). 2 Dt. Villeicht horet er sich selbs so gerne reden, wie der storck seyn klappern Vielleicht hört er sich selbst so gerne reden wie der Storch sein Klappern LUTHER, WA 3 XVIII, 101,16(1525), Welchs yhm doch viel bas gefeilet, denn dem storcke sein klappern Das 1 ihm dennoch viel besser gefällt als dem Storch sein Klappern LUTHER, WERKE III, 367,39 (l528),

2. s. Inhaltsübersicht 3. Verschiedenes 4 Dt. Wenne mir ist der mage ler Als dem storche, der wilent was Des fubses gast Denn ich habe einen leeren Magen wie der Storch, der damals der Gast des Fuchses war 2 5 HUGO v. TRIMBERG 5384. Vnd daz sie zway da taten, Daz macht eyn storch derraeten, Der jn dem neste leyt Und was die zwei da taten, das könnte ein Storch erraten, der im 6 Nest sitzt KELLER, ERZ. 568,10. Wer mein (seil, des gueten montags] all wochen wartet aus, Dem nistelt kain storch auf sein haus Wer mir (dem blauen Montag) alle Wochen frönt, dem nistet kein Storch auf dem Haus 3 SACHS XXII, 514,25 {1550}. H. R., rev. V, M.

Anmerkungen 1 2 3

Es ist von Zwingiis schlechtem Deutsch die Rede. Die dazugehörige Fabel wird gleich anschliessend erzählt. Der Storch bringt dem Haus, auf dem er nistet, Glück; vgl. HDA VIII, 499,

STOSS s. STOSSEN STOSSEN / pousser / to push Hier auch ANSTOSSEN, STOSS 1. Wer heftig gestossen worden ist, wankt lange (l -2) 2. Wer den einen stösst (schlägt), der schlägt (stösst) auch den ändern (3 — 6) 3. Verschiedenes (7—12)

1. Wer heftig gestossen worden ist, wankt lange 1 Fr. Qf forment est böte longement cbauncele Wer heftig gestossen worden ist, wankt 2 lange CÄMBR. SAMML. (*LEROUX 11,481 [= MORAW. 1951]). Qui bten est boutes longuement chancelle ET. LEGRIS 558.

3 4 s 6

2. Wer den einen stösst (schlägt), der schlägt (stösst} auch den ändern Fr. Qui fieri l'un si baute l'autre Wer den einen schlägt, der stösst auch den ändern MORAW. 1943. Qui boute l'un, il va l'autre boutant Wer den einen stösst, wird auch den ändern stossen CUVELIER, Du GUESCLIN 17107—17111 Var. (II, 129). Qui boute l'ung il frappe l'autre Wer den einen stösst, der schlägt auch den ändern LEROUX II, 385 (15. Jh.). Se je te bout, si boute l'autre Wenn ich dich stosse, stoss du den ändern! MORAW. 2242.

161

STOTTERN

3. Verschiedenes 7 Mlat. Nemo pedem minus offendit discursor in orbe Kein Eiliger auf der Erde ist 8 weniger mit dem FUSS angestossen EGBERT., FEC. RAT. 2,223 (vgl. EILE 3.10,). Qui offendit pedem, respicit ad lapidem Wer mit dem FUSS anstösst, schaut sich nach einem Stein um SAL. ET MARC. 18 b (vgl. unten 13). 9 Fr. Les fors boutteurs en bouttant reboutte on Diejenigen, die herausstossen, stösst man stossend wieder zurück J. MOLINET 349,64. 10 Dt. Vil dicke ich mich gestozen hän, Da ich gar ebene wände gän Sehr oft bin ich 11 angestossen, wo ich meinte, bequem gehen zu können 1 FREIDANK 110,13. Man beset zu spade daz kloz, So der fuz gewinnet den stoz Man beachtet den Klotz zu spät, wenn 12 der FUSS den Stoss erhält SAL. u. MARK. 233 (vgl. oben 8}. Es ist ein Sprichwort wann sich einer stosset an ein scbinbein, so spricht man, das macht lauter äugen Es gibt ein Sprichwort: Wenn jemand das Schienbein anstösst, so sagt man; „Das macht klare Augen" GEILER, BRÖSAMLIN I,26d.

H.R.,rev. V.M. Anmerkung 1

Vgl. SINGER, SPRW. D. MA III, 71.

STOTTERER s. STOTTERN

STOTTERN / begayer / to stutter Hier auch STAMMELN, STAMMLER, STOTTERER 1. Ein Stotterer versteht und liebt den Stotterer {1-7}. Vgl. ART L, BRETONE l., GEFALLEN 5.1., GESELLE 2.1., GLEICH 1.1.-1.2., LIEBE 3.2.2., REIN 6., SANCHO 1. 2. Bei Stotterern lernt man stottern (8-9). Vgl. HINKEN 1., HUHN 79 3. Der Stotterer redet mehr als andere — RAD 10, SINGEN 63, 66 4. Vereinzelt (l 0)

1. Ein Stotterer versteht und Hebt den Stotterer / L at. Est... prouerbium balbum melius balbi uerba cognoscere Es ist ein Sprichwort, dass der Stotterer die Worte des Stotterers besser verstehe HIERON., EP. 50,4,1. 2. 3 M l a t . Baibus balbum rectius intelligit Der Stotterer versteht den Stotterer besser 4 ERASM., ADAG. COLL. 30 r. ERASM., ADAG. CHIL. 1,9,77. Balbus balbum rectius intelligit. ~ Gleich und gleich vsrsteet an ainander ... - Gleich und gleich versteht einander HAUER 131 (= GLEICH 112). 5 Dt. Stotterbernt heft Stotterhenneken leif. - Balbum balbus amat, quoniam sua verba capessit Stotterbernt hat Stotterheini lieb. - Ein Stotterer liebt den Stotterer, weil 6 er dessen Worte versteht TUNNICIUS 155. Baibus balbum rectius intelligit. - Stotter7 Bernt heft Stotter-Henneken lef Übers, wie 2. — ... TAPPIUS 35. Ein stützger versteht einn stamler Ein Stotterer versteht einen Stammler FRANCK 1,47 r. Vgl. ART 1., BRETONE 1., GEFALLEN 5.1., GESELLE 2.1., GLEICH 1.1.-1.2., LIEBE 3.2.2., REIN 6., SANCHO 1.

STRAFBAR

162

2. Bei Stotterern lernt man stottern 8 Dt. Bei statzern lert man gautzen Bei Stotterern lernt man stottern FRANCK II,59r. 9 Bei statzlern lernt mann gautzen EGENOLFF 54 v, Vgl. HINKEN 1., HUHN 79

3. s. Inhaltsübersicht 4. Vereinzelt 10 M l a t . Baibus si loquiturt et quod patet hoc operitur Wenn der Stotterer spricht, wird auch das verdeckt, was klar ist S. OMER 24. V.M.

STRAFBAR s. STRAFE STRAFE / punition / punishment Hier auch BESTRAFEN, BESTRAFUNG, STRAFBAR, STRAFEN, UNBESTRAFT, ZUCHT, ZÜCHTIGEN, ZÜCHTIGUNG Vgl. BUSSE, ERZIEHEN, LOHN, RACHE, RICHTEN, SCHELTEN 1. Wert und Wirkung der Strafe

1.1. Strafe und Furcht vor der Strafe halten von Missetaten ab (l -2). —· GUT (Adj.) 79, 85, 100. Vgl SCHELTEN 8.5., SCHWERT 48 1.2. Strafe führt Besserung herbei — DIENEN 637, RUTE U 1.3. Strafe vertreibt Torheit und bringt Wissen und Weisheit — LERNEN 133, RUTE 100-104, 106 1.4. Strafe verhindert Schande und bringt Ehre — KIND 185, 203 1.5. Strafe an einem wirkt bei Tausenden —* EIN 99—101 1.6. Vereinzelt (3) 2. Strafe als Folge und Zeichen der Liebe — GOTT 552-559, 561, 564-569, 572-574, 576584, 586-587, 589-590, RUTE 34 3. Wer und was bestraft wird (werde) 3.1. Nichts (Böses) bleibt unbestraft (4). Vgl. RACHE 7., RICHTEN 7.2. 3.2. Missetat und Böses wird bestraft — GUT (Adj.) 48, 50-52, 445, SCHLECHT 460-461, 463-465

3.3. Sünde wird bestraft — SÜNDE 221 -222, 227, 230-231, 234-235, 240-245 3.4. Sünde muss bestraft werden -* SÜNDE 223-226, 228-229, 232-233 3.5. Spitzbuben und Bösewichter müssen bestraft werden (5-6). —> GOTT 19.16., SCHLECHT 309, 348, 512. Vgl. RICHTEN 7.1., SCHELTEN 6.3. 3.6. Täter und Mitwisser werden gleich bestraft (7). -> DIEB 135, 137, SCHLECHT 231, TUN 348-349. Vgl BEFEHL 14, DIEB 7.1., HAUT 16., SACK 159, SCHINDEN 1., SCHULDIG 2., SCHLITZEN 6., SÜNDE 4.6., TUN 7.3,, VERBERGEN 14.3., VERBRECHEN 5 3.7. Kinder und junge Leute müssen bestraft werden -* DIENEN 639, JUNG- 97-98, KIND J89-190, 394-198, 201-202, RUTE 10, 17-18, 20, 31-32, 50 3.8. Die Strafe falle auf ihren Urheber zurück (8 — 10) 3.9. Vereinzelt (l i; 4. Was nicht bestraft wird 4.1. Gedanken -> GEDANKE 4.2.2.2.

4.2. Liebeseide — LIEBE 827, 833, 835-839

163

STRAFE

5. Verdiente und unverdiente Strafe 5.1. Oft wird einer bestraft, ohne gesündigt und es verdient zu haben (12). —f SÜNDE 314—328, 330-334 5.2. Unverdiente Strafe trifft einen hart (13-16).^ DULDEN 27. Variiert (17} 5.3. Verdiente Strafe muss man auf sich nehmen (18). — DULDEN 26, 28-29, 31-32, 41 6. Art und Höhe der Strafe 6.1. Die Strafe entspricht der Sünde und dem Vergehen -» SCHLECHT 464, SÜNDE 244-253, 25S-2S8, 260, 262, 265-267, VERBRECHEN 2. 6.2. Massvolle Strafe ist gut (39-20; 6.3. Verschiedenes (21-24) 7. Gottes Strafe Vgl. unten 8. 7.1. Wen Gort liebt, den straft er s. oben 2. 7.2. Gott straft die Seinen, verlässt sie aber nicht —» GOTT 586, 849-850 7.3. Selig der, den Gott straft — GOTT 552-553, 583 7.4. Gott straft, wenn es ihm gut scheint —· GOTT 540, 546 7.5. Wen Gott strafen will, dem schliesst er die Augen — GOTT 19.15. Vgi. AUGE 1.2. 7.6. Gott straft einen Spitzbuben mit dem ändern —» SCHURKE 27-29 8. Die Strafe kommt langsam, aber unausweichlich (25—26), —* GOTT 504-505, 542. Vgl. GOTT 19.3. 9. Verschiedenes (27-29)

1. Wert und Wirkung der Strafe 1.1. Strafe und Furcht vor der Strafe halten von Missetaten ab 1 M l a t . Delictuni premitur, st pena sequens timeatur Das Verbrechen wird unterdrückt, wenn die darauf folgende Strafe gefürchtet wird EGBERT., FEC. RAT. 1,283. 2 Rex portat gladium, sed non sine causa: Ut delicta premat uel poena sequens timeatur Der König trägt ein Schwert, aber nicht ohne Grund, (nämlich) damit er die Verbrechen unterdrücke oder damit man die darauf folgende Strafe fürchte EBD. 1,743. — GUT (Adj.) 79, 85, 100. Vgl. SCHELTEN 8.5., SCHWERT 48 1.2. —1.5. S.Inhaltsübersicht 1.6. Vereinzelt 3 Dt. Darumb sagt Salomon, Öffentliche straffe ist besser denn heymliche liebe AGRICOLA Nr. 151. 2. s. Inhaltsübersicht 3. Wer und was bestraft wird (werde) 3.1. Nichts (Böses) bleibt unbestraft 4 Fr. Car riens ne demeure impugny Denn nichts bleibt unbestraft J. MOLINET 429,24. Vgl. RACHE 7., RICHTEN 7.2. 3.2. —3.4. s. Inhaltsübersicht 3.5. Spitzbuben und Bösewichter müssen bestraft werden 5 Dt. Ist vil besser, einen frommen man unbegabt, denn einen hüben ungestrafft, wie Memmius sagt „Es ist viel besser, einen braven Mann unbeschenkt (zu lassen) als einen

STRAFE

164

6 Spitzbuben unbestraft" ... AGRICOLA Nr. 306 S, 266,14. Es ist vil besser einen frommen man vnbegabt, denn einen hüben vngestrafft EGENOLFF 165 v, — GOTT 19.16., SCHLECHT 309, 348, 512. Vgl. RICHTEN 7.1., SCHELTEN 6.3.

3.6. Täter und Mitwisser werden gleich bestraft 7 Mlat. Sis eius in pena socius, cuius fuisti in malefactis amicus Du sollst bei der Bestrafung der Gefährte dessen sein, dessen Freund du bei den Übeltaten warst OTTO FRIS., GEST. 128,28. -> DIEB 135, 137, SCHLECHT 233, TUN 348-349. Vgl. BEFEHL 14, DIEB 7.1., HAUT 16., SACK 159, SCHINDEN 1., SCHULDIG 2., SCHÜTZEN 6., SÜNDE 4.6., TUN 7.3., VERBERGEN 14.3., VERBRECHEN 5

3.7. s. Inhaltsübersicht 3.8. Die Strafe falle auf ihren Urheber zurück 8-10 M l a t . Discat in auctorem poena redire suttm Die Strafe lerne es, auf ihren Urheber zurückzufallen GUALT. ANGL. 3. ALBERT. STAD., TROILUS 4,322. WERNER 2 d 103.

3.9. Vereinzelt Jl Mlat. Ui poena careat, homo punts crimine vivat Um ohne Strafe zu sein, lebe der Mensch unbefleckt von einem Vergehen WERNER 2 v 115. 4. s. Inhaltsübersicht 5. Verdiente und unverdiente Strafe 5.1. Oft wird einer bestraft, ohne gesündigt und es verdient zu haben 12 Mlat. Penas sepe luit, quas homo non meruit Oft erleidet einer Strafen, die er nicht verdient hat PROV. WRATISLAV. 450. -» SÜNDE 334-325, 330-334

13

14 15

16

17

5.2. Unverdiente Strafe trifft einen hart La t. Lenitert ex merito quidquid patiare, ferendumst; Quae venit tndigno poena, dolenda venit Geduldig musst du ertragen, was du mit Recht erleidest. Die Strafe, welche einem Unverdientermassen zuteil wird, trifft einen schmerzlich OVID., HER. 5, 7 (= DULDEN 24). Ml a t. Poena dolendo venit, Quae venit immerita Die Strafe, welche einem unverdientermassen zuteil wird, trifft einen schmerzlich ANALECTA 21,159,4. Leniter, ex merito quicquid patiare, ferendum est; Que uenit indigne, pena dolenda fuit Geduldig musst du ertragen, was du mit Recht erleidest. Die Strafe, welche einem unverdientermassen zuteil wird, ist schmerzlich FLOR. GOTTING. 89 (= DULDEN 30}. It. Che lapena chelloma indegnamente, Assai piu dole dolorozamente Denn die Strafe, die man Unverdientermassen erleidet (wörtl.: hat), schmerzt einen viel mehr MAZZEO DI Ricco DA MESSINA (+ANTICHE RIME VOLG. 166). — DULDEN 27 Variiert: It. Che la pena, ehe onto a drittamente, Duole assai meno dolorosamente Denn die Strafe, welche man zu Recht erleidet (wörtl.: hat), schmerzt einen viel weniger MAZZEO DI Ricco DA MESSINA (+ANTICHE RIME 78,47).

165

STRAFE

5,3. Verdiente Strafe muss man auf sich nehmen is N o r d . Unnins vttis dyli engt madr, Ef veit a sik sakir; Margsnotr gumi, sa er fyr meinum verör, Laut sinn hryggjask hug Niemand soll die verdiente Strafe verbergen, wenn er sich seiner Vergehen bewusst ist. Ein sehr weiser Mann, der Schaden erleidet, soll es nicht zulassen, dass sein Herz sich betrübt HUGSVINNSMÄL (+ZFDA 68,101). -» DULDEN 26, 28-29, 31-32, 41

6. Art und Höhe der Strafe 6.1. s. Inhaltsübersicht 6.2. Massvolle Strafe ist gut 19 N o r d . Est correctura bona $i moderamine dura, — R&ffzelsce cer goth om bum &r ey form0ghen Strafe ist gut, wenn sie hart mit Mass ist. — Strafe ist gut, wenn sie nicht masslos (worth: zuviel) ist LALE 310. 20 Dt. Zymlich stroff, bringt kein sorglich gschrey Massige Strafe bringt kein ängstliches Geschrei BRANT, NARRENSCHIFF 6,20.

6.3. Verschiedenes 1i M l a t . Sed magis (Var.: maior) poena sequitur, Cut maior (Var.: maior a] creditur Aber dem folgt eher eine Strafe (folgt eine grössere Strafe), dem eine grössere (Sache) (Grösse22 res) anvertraut wird CARM. CANTABR. 18, 8,3. Alia percussio est qua peccatvr quilibet corrigitur, alia qua condemnatur Eines ist die Strafe, mit der ein Sünder gebessert wird, 23 ein anderes die, mit der er verdammt wird OTLOH., PRO v. 301 D. Quia lex vult, quad nullus debet bis puniri pro vno delicto Denn das Gesetz will, dass keiner zweimal für ein einziges Vergehen bestraft werden soll1 GESTA ROM. (DICK) 3. 24 Dt. De idt vordenen, straffe wi hart, Den anderen geve ivi gude wort Diejenigen, die es verdienen, bestrafen wir hart, den ändern geben wir gute Worte EBSTORF 10.

7. s. Inhaltsübersicht 8. Die Strafe kommt langsam, aber unausweichlich 25 La t. ... Sera tarnen tacitis Poena uenit pedibus Kommt doch, wenn auch spät, auf leisen Füssen die Strafe TIBULL. 1,9,4. 26 S p a n . La pena es coxa, mass llega Die Strafe hinkt, aber holt ein NUNEZ 11,252. — GOTT 504-505, 542. Vgl. GOTT 19.3.

9. Verschiedenes 27 Pro v. £f horn sol dir: dolent celui Que castia si et altrui Und man pflegt zu sagen: „Unglücklich jener, der sich und andere züchtigt" PERETZ 15 {+RoM. FORSCHUNGEN 3,436). 28 P o r t . Castigar tia, se naom fosse cheo dira Ich würde dich bestrafen, wenn ich nicht voll Zorn wäre NUNEZ 1,191 (el Portugues). 29 Dt. Es is eyn michel dorheit, daz im zucbt leit Selbes uff den nach Es ist eine grosse Torheit, wenn einer sich selbst Strafe auf den Nacken legt MUSKATBLUT 44,58. V. M.

Anmerkung 1

Vgl. LIEBS N 6: Ne bis in idem (seil, crimett judicetur) (Es soll) nicht zweimal wegen ein und desselben (Verbrechens geurteilt werden) (mit weiterführenden Literaturhinweisen); vgl, WANDER IV, 886 s, v, Strafe 19.

STRAFEN

166

STRAFEN s. STRAFE STRAND s. UFER STRANG s. STRICK

STRASSBURG / Strasbourg L 2 Dt. Er ist gben Straßburg auff die hochzeit gezogen1 FRANC II, 101 r. EGENOLFF 92 v. -* APFEL 48 V.M. Anmerkung 1

Bedeutet nach WANDER IV, 892 s.v. Strasburg 7: Er ist mit dem Seinigen fertig, er lebt aus dem Stegreif,

STRASSE(NKREUZUNG) s. WEG STRAUCH s. BUSCH STRAUCHELN s. STOLPERN

STRAUSS / autruche / ostrich 1. Der Strauss frisst (verdaut) Eisen (1 — 13) 2. Der Strauss hat (schöne) Federn und kann nicht fliegen (14—15) 3. Verschiedenes (16-18)

1. Der Strauss frisst (verdaut) Eisen 1 It. Che come struzzo ,1 ferr' ismaltirebbe Der wie der Strauss das Eisen verdauen 2 würde ANGIOLIERI 92,14. Crediamo, ehe sia struzzolo, ehe patisce il ferro Wir glauben wohl, dass er ein Sträusschen sei, das das Eisen verträgt SACCHETTI 125. 3 Dt. Daz er niht tsen als ein strüz Und starke ulinse verslant, Daz macbete daz err niht enfant Dass er nicht wie ein Strauss Eisen und große Kieselsteine verschlang, war dem Umstand zu verdanken, dass er keine fand WOLFRAM v. ESCHENBACH, PARZIVAL 4 42,10. Man sagt, der strüz kunne hen slinden Man sagt, der Strauss könne Eisen 5 verschlingen1 REINMAR v. ZWETER 280,1. ... Der di sele vrizzet also ein strüz Tut den stal und auch daz iser Der die Seele frisst wie ein Strauss Stahl und auch Eisen 6 BRUN v. SCHÖNEBECK 9240. Ez (seil, daz kunder} slindet Silber unde galt und isen, also ein strüz Es (das seltsame Wesen) verschlingt Silber und Gold und Eisen wie ein 7 Strauss KELIN 3,2 (-»MSH III,23 a). Reht sam der strüz das tsen tuot, So slindent si den meil Genau wie der Strauss das Eisen, so verschlingen sie die Schande FRAUENLOB, S S P R. 335,5, Er (seil, der strauz) tzt eisen und verdaut daz, wan er ist gar baizer nätür Er (der Strauss) frisst Eisen und verdaut es, denn er ist von sehr heisser Natur KONR. 9 v. MEGENBERG 223,9. Manich belt tet als der strauz, Der eysen chan versanden Viele 10 Helden taten wie der Strauss, der Eisen verschlingen kann SUCHENWIRT 18,266. Sie haben magen als der strus, Der stahel, ysen bald verdaut Sie haben Mägen wie der

167

STREBEN

Strauss, der Stahl (und) Eisen schnell verdaut HERMANN v. SACHSENHEIM, MOERIN 11 2640. Er hat einn heissen mag, wie ein ban oder Strauß, er verdewet eißen Er hat 12 einen heissen2 Magen wie ein Hahn oder Strauss, er verdaut Eisen FRANCK 1,42 v. Er bat eins Straußen magen, er verdewet eisen, beuser, stein vnd holtz Er hat den Magen 13 eines Strausses, er verdaut Eisen, Häuser, Stein und Holz EBD. II, 66 v. Er bat einn heissen magen, wie ein Han oder Strauß, er verdawet eisen EGENOLFF 302 r. 2. Der Strauss hat (schöne) Federn und kann nicht fliegen 14 Dt. Der strüz hat vedern und ßuget niht Der Strauss hat Federn und fliegt nicht 15 HUGO v. TRIMBERG 4887. Wie auch im Hiob gescbriben stehet: ,Die fyttig (Fittiche) des Strausses sind schöner denn die flügei des raygers (Reihers) oder Sperbers.'3 Aber der Sperber fleuget (fliegt), und der straits kann nicht flyegen LUTHER, WA X.1.2, 339,34(1526),

3. Verschiedenes 16 Dt. £s gehet yhm wie dem stratts, das ist so eyn nerrichter vogel, wenn er mit dem halse unter eynen zweyg kompt, so meynet er, er sey gar bedeckt Es geht ihm wie dem Strauss: Das ist so ein närrischer Vogel; wenn er mit dem Hals unter einen Zweig 17 kommt, so meint er, er sei ganz verdeckt LUTHER, WA XVIII, 176,23 (1525). S0 wan dw körnst dat huss, Saa wes nicht alse en strus, Wes sachtmodiige i allen tiiden Wenn du in das Haus kommst, dann sei nicht wie ein Strauss, sei jederzeit sanftmütig! LERE VAN EINER JUNCHVROWEN 105 (Hs. 1541

[-»Jß. VER. F. ND. SPRACHE. 8,1882,36]}.

18 Ein klein henn legt all tag, der Strauß im jar nur ein mal Eine kleine Henne legt jeden Tag, der Strauss nur einmal im Jahr FRANCK 1,128 v.

H. R., rev. V. M.

Anmerkungen 1

2 3

G. Rothe verweist in der Anm. der Ausg. zu dieser Stelle auf Albertus Magnus, der dem Glauben, der Strauss fresse Eisen, skeptisch gegenübersteht. D. h. einen Magen, der gut „kocht" (vgl. den Kontexr). Hiob 39,13.

STREBEN / tendre ä / to strive for Hier auch BESTREBEN (sich), BESTREBT, TRACHTEN Vgl. BEGEHREN, BITTEN, WOLLEN 1. Streben ist gut und verdienstlich 1.1, Schon das Streben nach dem Guten ist verdienstlich (1-2). Vgl. WOLLEN 1.2. 1.2. Wonach man strebt, das gelingt einem (das erhält man) (3-15). Vgl. BEGEHREN 4.4.1.1. 2. Streben ist gefährlich und schädlich 2.1. Man soll nicht nach dem streben, was man nicht haben kann (16—26), Vgl. BEGEHREN 3.2., 4.5.3., BITTEN 4.4.-4.5., 5.1., GEWINN 301, HABEN 3,5,, WOLLEN 2.6. Variiert (27) 2.2. Man soll nicht nach zu Hohem streben — GEHEN 101, HOCH 2, 10, 14, U 2.3. Märt soll nicht über das Mass h mausstreben -+ MASS (Massigkeit) 276, 280 2.4. Der Mensch strebt nach dem Verbotenen -> VERBIETEN 1-10. Vgl. FRAU 1.6.4. 2.5. Streben führt zu Schaden (28-29). Vgl. GEWINN 2.2, 2.6. Streben führt zum Tod (30-33)

STREBEN

168

1. Streben ist gut und verdienstlich 1.1. Schon das Streben nach dem Guten ist verdienstlich 1 Dt. Swer nibt rehte mac geleben, Der sol doch nach rehte streben Wenn einer nicht recht zu leben vermag, dann soll er wenigstens nach dem Guten streben FREIDANK 5,5. 2 Pre curis mundi bona qui nequeunt operari, De justis tarnen hy crebro debent meditan. — Wer nicht recht mag gelebin, Der sol doch nach rechte strebin Diejenigen, welche vor lauter weltlichen Sorgen nicht dazu kommen, Gutes zu tun, sollen wenigstens oft über das Rechte nachdenken. — ... FREIDANK LAT. {GöRLiTz} 694. Vgl. WOLLEN 1.2. 3 4 5 6 7 8

9 10 n-12a. i3 I3a. 14 14a. is

16 17-19 20 21

1.2. Wonach man strebt, das gelingt einem {das erhält man) Fr. On ait qu'a chose homme ne tent Dont U ne parviengne a effect Man sagt, dass der Mensch nach nichts strebe, was er nicht erreichen könne MIRACLE D'AMIS 2. Dt. Wan swar nach der man ringet, Daz widervert im aller meist Denn wonach einer strebt, das wird ihm meistens zuteil FLECK, FLORE 3792. Wan des harte vil geschiht, Swar nach man den man werben siht, Daz im daz libt aller meist Wirt nach rehter volleist Denn das geschieht sehr oft, dass, wonach man einen streben sieht, ihm das meistens voll und ganz zuteil wird RUD. v. EMS, ALEX. 20637. Diu wort diu dunkent mich niht war, Daz man sprichet: dar nach man werbe, des werde meist dem man Die Aussage dünkt mich nicht wahr, die man (oft) macht: wonach man strebe, das werde einem meist zuteil RUD. v. ROTENBURG 5,33 {-> MSH I, 83 a). Man seit, swa man ringe nach, des werde Ime ze leste doch sin teil Man sagt, wonach man strebe, das werde einem zuletzt doch zuteil CHRISTAN v. LUPPIN 7,3 (*MSH II,22b). Ich hän da von gehoeret vil, Swar nach der man mit staete rank, Daz im [iedochj ein teil gelank, Ob ez im niht allez werden kan Ich habe es oft (sagen) hören, dass, wonach einer beharrlich strebte, ihm davon ein Teil gelang, wenn er es auch nicht alles erreichen kann FRAUENLIST 120 (+ HAGEN, GA 26). Wornach eyn man ringet, dornoch em gelinget Wonach einer strebt, dementsprechend gelingt es ihm PROV. FRID. 387. So spricht man auch: wor noch der man dot ringen, Des mag er doch ein teil zu wegen pringen So sagt man auch: „Wonach einer strebt, davon mag er doch einen Teil erreichen" FOLZ 39,33. Warnach einer ringt, da gltnget jm Übers, wie 9 FRANCK 1,12 r, 1,22 v. Wem ernst ist, vnd darnach ringt, dem gelingt Wenn es einem ernst ist und er nach etwas strebt, dann gelingt es ihm EBD. II, 156 v. EGENOLFF 203 v. Warnach einer ringt, darnach jm gelingt FRANCK II, 169 v. EGENOLFF 215 v. Darnach man ringt, nach dem gelingt Übers, wie 9 FRANCK II, 171 v. EGENOLFF 217 v. Vgi. BEGEHREN 4.4.1.1. 2. Streben ist gefährlich und schädlich 2.1. Man soll nicht nach dem streben, was man nicht haben kann Mlat. Numquam apprehendere coneris que apprehendere non possis Trachte nie danach, etwas zu ergreifen, was du nicht ergreifen kannst! IAC, VITRIAC., SERM. VUI.G. 28. Nunquam rem, quae apprehendi non polest, apprehendere studeas ... was sich nicht ergreifen lässt IAC. VORAG., LEG. AUREA 180 S. 815. GESTA ROM. (DICK) 114 S. 66, 190 S. 185. Fr. Ne t'esforchier tu ja de prendre Chose que prendre ne poroies Gib dir ja nicht Mühe, etwas zu ergreifen, was du nicht ergreifen kannst! GUI DE CAMBR., BAL. ET Jos. 2266. ... si me sovtent D'un provierbe que f'ai ot, Si m'entendes, car je vos di Ja nus ne baera a chose, Qu'il n'i vigne, coment qu'il chose Es kommt mir ein Sprichwort in den Sinn, das ich gehört habe. Hört zu, denn ich sage euch: Keiner wird nach etwas streben, das er nicht erreicht, wie er sich auch gebärdet COUR. REN. 174.

169

STRECKEN

22 Dt. Daz du niht mügest gevähen, Darnach ensoltu nibt gäben Was du nicht ergreifen 23 kannst, danach sollst du nicht streben OTTO II. v. FREISING 3881. Da enkeret nimmer iwer gerinc An debeiner stahte dinc Daz in ze staten niht geste Richtet niemals Euer 24 Streben auf irgend etwas, das Euch nicht zusteht! VÖGLEINS LEHREN A 9. Ik bebbe dat ut den boken lesen, Wat nicht mach wesen, Dar na sal ein nummer ringen Ich habe das in den Büchern gelesen; „Was nicht sein kann, danach soll einer niemals streben" 25 TREUE MAGD 245 (+HAGEN, GA 42). ... so sol ze ser Din hertz nimer stellen Nach dem ... Daz dir nit kan werden So soll dein Herz nie zu sehr nach dem streben, was 26 dir nicht zuteil werden kann JÄGER u. NACHTIGALL (> LIEDERSAAL 167,22). Was nicht mach wesen Dar na sal eyn nummer ringen Übers, wie 24 STUDENTENGLÜCK NSÄCHS, (Hs. 1431 [* ESCHENBURG 243]). Vgl. BEGEHREN 3.2., 4.5.3,, BITTEN 4.4.-4.5., 5.1., GEWINN 303, HABEN 3.5., WOLLEN 2.6. Variiert: 27 Dt. Ein man sol stellen, darnach er steh kan gebrechen Man soll nach dem streben, worum man sich (vernünftigerweise) bemühen kann f ? ) 1 SCHWABACH 71. 2.2.—2,4. s. Inhaltsübersicht 2.5. Streben führt zu Schaden 28 Dt. Er hat lang darnach gerungen. Also urteylt man von denen, welche vil [unglücksj und schände brawen, unnd endtlicb triffet sie auch selbs der unfal AGRICOLA Nr. 433. 29 Er hat lang darnach gerungen. Also vrtheilt mann von denen, welche vil vnglücks stifften, vnnd endtlich trifft sie auch selbs der vnfall EGENQLFF 191 r. Vgl. GEWINN 2.2. 30 31 32 33

2.6, Streben führt zum Tod Dt. Swie die Hute würben, Sie lebeten, unz si stürben; Und swie si noch gewerbent, Si lebent, unz si sterbent Wie immer die Leute sich bestrebten, sie lebten, bis sie starben. Und wie sie sich auch jetzt noch bestreben, sie leben, bis sie sterben FREIDANK 175,24. Manie man erstirbet, Dar nach, als er wirbst, Der niemer übele stürbe, Ob er rehte würbe Mancher stirbt entsprechend seinem Streben, der niemals auf schlimme Weise sterben würde, wenn er recht strebte EBD. 178,2. Das menger also wirbet, Das er dest schierer stirbet Dass mancher so sehr bestrebt ist, dass er um so eher stirbt KONR. v. AMMENHAUSEN 14959. Du hörst ie, ain man mag so werben, Das er dester ee müs sterben Du hörst immer, man kann so heftig {nach etwas) streben, dass man um so eher sterben muss MINNE FALKNER 148,5.

R. L. Anmerkung 1

Dazu die Erklärung: Qui modicum hübet, non debet multü expendere, ne postea contingat eum mendicare Wer wenig hat, soll nicht viel ausgeben, damit er nicht nachher betteln gehen muss. . Tex rv erderb n is, vgl. die Anm. in der Ausg. u. PROV. FRID. 316 (= STRECKEN 16).

STRECKEN / tendre / to stretch Hier auch AUSSTRECKEN 1. Sich nach Kraft und Vermögen strecken (1-2) 2. Sich nach der Decke und Bedeckung strecken (3—35) 3. Sich nicht nach der Decke strecken ist töricht und von Nachteil (36-42. Vgl. 19} 4. Das Kalb (Das alte Weib) stirbt nicht, wenn es das Bein streckt {43-44}

STRECKEN

170

1. Sich nach Kraft und Vermögen strecken 1 Fr. On ne se puet outre pooir estendre Man kann sich nichr über sein Vermögen hinaus strecken J. DE GRIEVILER (+JEUX-PARTIS 33, 72.). 2 Span. Cada uno se extiende basta donde pueae Jeder streckt sich, soweit er kann NUNEZ 1,208.

2, Sich nach der Decke und Bedeckung strecken l 3 Mlac. In quantum babes longum saccum, tende pedem! Strecke das Bein so weit aus, 4 wie lang der Sack ist, den du hasti SAL, ET MARC. 88 b. Lecti mensura discas extendere crura Lerne es, die Beine nach dem Mass des Bettes auszustrecken! S, OMER 128. 5 luxta mensuram lodicis porrige suram! Strecke das Bein entsprechend der Grosse der 6 Bettdecke aus! WERNER 2 i 166. Quilibet extendat se, quo vestis sua tendat Jeder 7 strecke sich so weit, wie sein Kleid reicht EBD. q 175. Ultra mensuram lodicis non trabe suram! Strecke das Bein nicht über das Mass der Bettdecke hinaus aus! EBD. v 78. « F r . Et son pie pas plus loing n'estenf Qu'estendre puet sä couverture Und er streckt 9 sein Bein nicht weiter aus, als er seine Decke ausstrecken kann FORM. HV 986. Segon ton lit extent ton pie. — Intra mensuram lecti tu porrige suram (Ausg.: für am} Strecke dein Bein entsprechend dem Bett aus! — Innerhalb der Masse des Bettes strecke dein Bein aus! HILKA 32 {= MORAW. 2240}. 10 It. Non si puö distendersi, ehe quanto e lungo H linzuolo Man kann sich nur so weit strecken, wie die Decke reicht MERBURY 21. 11 Span. Cada uno extienda la pierna cotno tiene la cubierta Jeder strecke sein Bein entsprechend der Decke aus, die er hat NUNEZ 1,195. 12 N o r d . Infra mensuram lodicis porrige suram. — Rtzck fodhen saa at skindfceüen maa owergaa Übers, wie 9. — Strecke den FUSS so, dass die Felldecke darübergehen 13 kann! LALE 492. P es sie tendatur vt lodex iransgrediatur. — Ra?ck saa fodhen vdh at skindfcellen rtecker off wer Der FUSS werde so ausgestreckt, dass die Decke darüber14 geht. — Strecke den FUSS so aus, dass die Felldecke darüberreicht! EBD. 779. Vltra mensuram lodicis non trabe suram. — R&ck eij foddhen icengher &n skijndfeüen rcBcker Übers, wie 7. — Strecke den FUSS nicht weiter, als die Felldecke reicht! EBD. 1164. 15 Dt. Da von wil ich mich strecken Als ich mich kan bedecken Daher will ich mich so 16 strecken, wie ich mich bedecken kann STRICKER, FRAUENEHRE 127, Man sal sich streckyn, dornoch her sich kan bedeckyn Man soll sich dementsprechend strecken, wie 17 man sich bedecken kann PROV. FRID. 316 (vgl. STREBEN 27). Vnd strecken sich noch der gedeckt Und {er muss) sich nach der Decke strecken BRANT, NARRENSCHIFF 18,20. is. 19 Nach der deck sich strecken MURNER, NARRENB. 69 Überschr. Des nym war vnd acht der decken, Das du dich wißst darnach zu strecken. Es stundt gar kalt in dynem büß, Streckst» die fuß zur decken vß Nimm dies wahr und achte auf die Decke, damit du dich danach zu strecken weisst! Es wäre gar kalt in deinem Haus, wenn du die Füsse 20 zur Decke hinausstrecktest EBD. Motto (vgl. unten 3.). Darumb so miessent wir vns strecken Also lang ist vnser decken Daher müssen wir uns dementsprechend strecken, 21 wie lang unsere Decke ist ebd. 86,44. Nach der decken strecken sich MURNER, 22 MÜHLE 101. Die fuß auch nach der deckin (Ausg.: deck in) strecken GENGENBACH 23, 24 6,287 (1515). Strecken nach der decke LUTHER 481, Man muss sich strecken, darnach die decke ist Man muss sich dementsprechend strecken, wie die Decke ist LUTHER, 25-30 WA XXV, 189,19 (1527-29). Streck dich nach der deck FRANCK 1,31 v. 1,46 v. 3i. 32 II, 87r. II, 103 v. EGENOLFF 87 r. 94 v. Man muß sich nach der deck strecken FRANCK 33. 34 II, 85 r. EGENOLFF 86 r. Vti foro.2 — Sich strecken nach der deck Sich der Marktlage 35 anpassen. — ... FRANCK II, 113 v. EGENOLFF 100 v. Sich nach der decke strecken ZIMMER, CHRION. IV, 70,15.

171

STREICHELN

3. Sich nicht nach der Decke strecken ist töricht und von Nachteil 36 Fr. Qiti plus estent son pie ... Que son mantel n'est lone, droiz est que le pie pere Wenn einer seinen Fuss mehr ausstreckt, als sein Mantel lang ist, ist es nur recht, dass 37 sein FUSS zum Vorschein kommt GAUT. o'AuPAis 322. Froit a le pie ki plus estent Ke ses covretoirs n'a de lonc Dem ist am FUSS kalt, welcher ihn weiter ausstreckt, als 38 seine Decke lang ist ERNOUL CAUPAIN (+ ROM. u. PAST. 2,57,97). Cbil a froit a la fote Ki plus estent son pie ke son mantel Dem ist bisweilen kalt, weicher seinen FUSS mehr ausstreckt, als sein Mantel reicht fwörtl.: als seinen Mantel) GILLES DE VINIER (+JEUXPARTIS 131,34).3 39 N o r d . Ok nv sannaz fiat, er fornkvedit er a Frankis manna tvngv: ,Ki tent sun pie plus que sa chape ne tient, [s'en repent] tost quant freid {lij vient'. — t>at er sva a vara tvngv: ,Sa er lengra rettir sinn fot, en yfir hofn bans tekr, hann iöraz, pegar kvlöi kernr at honvm' Und nun wird das wahr, was vor alter Zeit in der Sprache der Bewohner Frankreichs gesagt worden ist: „Wer seinen FUSS weiter ausstreckt, als sein Mantel reicht, bereut es bald, wenn die Kälte über ihn kommt." Dies lautet so in unserer Sprache: ... FLOVENTS SAGA I 24 S. 164,62. 40 Engl. Whoso streket his fot forthere than the white! wil reche, he schal streken in the straw Wer seinen Fuss weiter ausstreckt, als seine Decke reichen wird, wird ihn 41 ins Stroh strecken ROB. GROSSETESTE (·> OXFORD 780). When he streynefr hym to strecche: pe straw is hus whitel Wenn er sich bemüht, sich zu strecken, ist das Stroh seine Decke LANGLAND (?), PLOWMAN C17,76. 42 Nl. Hijs sot die vorder hem wille strecken, Dan sine cleedre hem moghen recken Der ist töricht, welcher sich weiter strecken will, als ihm seine Kleider reichen können CATO MNL. 249. Vgl. oben 19

4, Das Kalb (Das alte Weib) stirbt nicht, wenn es das Bein streckt 43 Fr. Ne murt ueel quant pe tent. — Quamuis tendetur uitule pes, non morietur Das Kalb stirbt nicht, wenn es auch das Bein streckt. — Auch wenn das Bein des Kalbes 44 ausgestreckt wird, wird es nicht sterben ZACHER 131. Ne muert vieille quant pie tent Das alte Weib stirbt (noch lange} nicht, wenn es das Bein von sich streckt MORAW. 1345.

V.M. Anmerkungen 1

2 3

Sinn nach Thiele (LUTHER, WA LI, 725,481); sich nicht weiter strecken, als die Decke (mit der man sich zudecken will) reicht = mit dem Vorhandenen vorlieb nehmen, sich nach seinem Besitze einrichten. Vgl. auch RÖHRICH 1,197bf. = ERASM., ADAG. CHIL. 1,1,92. Vgl. HASSELLP155.

STREICH s. TRÜGEN STREICHELN / caresser / to stroke Hier auch STREICHEN 1. Man streichle den Hund, damit er nicht knurrt und beisst -* HUND 670, 980-981 2. Katzen sind gerne dort, wo man sie streichelt —· KATZE 15.

STREICHEN

172

3, Den falben Hengst streicheln — PFERD 377. Vgl. PFERD 29.3.1, 4. Den Kauz (Falken) streichen — EULE 13., FALKE 85

V.M.

STREICHEN s. STREICHELN STREICHEN (schmieren) -» MUND 21.13. STREIT(EN) s. KAMPF STREITEREI s. KAMPF STREITIGKEIT s. KAMPF STREITLUSTIG s. WAGEN (Vb.) STRENGE / severite / severity 2 Fr.

Toute rigueur n'est pas bone Nicht jede Strenge ist gut Mo RAW. 2392.

V.M.

STREU s. STROH STRICH / trait / line Einen Strich durch die Rechnung machen 1 Dt. Die rechnung mir gepirt; Doch wil es got der ainig man, So wirt mir paid ain strich dadurch getan Die Rechnung gebührt mir. Doch wenn Gott, der Alleinige, es will, so wird mir bald ein Strich dadurch gemacht OSWALD v. WOLKENSTEIN 92,16. Mit dem Spruch mache ich ein strich durch das Register, da ynnen meine sunde sind angeschrieben Mit diesen Worten mache ich einen Strich durch das Register, worin meine Sünden aufgeschrieben sind LUTHER, WA XXXII, 103,39 (1530). ... so soltu jm schencken und einen strich durchs register machen So sollst du (es) ihm erlassen und einen Strich durchs Register machen EBD. XXXII, 397,19 (1530-32). V. M.

Anmerkung 1

Bed. abweichend von der heutigen: das Verzeichnis einer Schuld (ein Sündenregister oder eine finanzielle Forderung) durchstreichen, auf die Begleichung der Schuld verzichten. VgL GRIMM, DWü, X.3,1516,

STRICK / corde / rope Hier auch LEINE, SCHNUR, SEIL, STRANG, TAU (Strick) Vgl. FALLSTRICK 1. Reissen des Stricks {der Schnur) 1.1. Dreisträngige (Zweisträngige) Stricke (Schnüre) reissen kaum (1—9} 1.2. Zu straff gespannter Strick reisst (10-22). Vgl. BOGEN 1.1., BRECHEN 2.1., SAITE 1.

173

STRICK

2. Ziehen am Strick (Seil) 2.1. An einem Strick ziehen (23-27). Vgl. BOGEN 77, JOCH 5. 2.2. Am Seil streitend hin und her ziehen (28—35) 2.3. Gegen einen Starken am Seil ziehen (36—43) 2.4. Ungleiches Seilziehen (44-47) 2.5. An einem langen Strick ziehen -» TOD 421, 425-429 2.6. Mit einem schwachen Seil soll man sachte ziehen (48—50) 2.7. Vereinzelt (51) 3. Strick für Tiere 3.1. Wenn man ein Tier erhält, eile man mit dem Strick herbei —· RIND 487, SCHWEIN 200-201, ZIEGE 10. 3.2. Ein alter Hund gewöhnt sich nicht mehr an den Strick (die Leine) —* HUND 731 — 733, 735, 739-742, 744-752, 754-756, 758-775, 779-788 3.3. Die Wölfin ist den Strick (nicht) gewohnt — WOLF 23. 4. Strick des Eimers (52-53) 5. Schnur zur Bestimmung der Richtung 5.1. Nach der Schnur schneiden (messen, krümmen} (54—57) 5.2. Über die Schnur hauen (58-75) 5.3. Schnurgerade (76-77) 5.4. Vereinzelt (78) 6. Redensarten, Wendungen und Vergleiche Vgl. oben 2,, 5.2.-5.3. 6.1. Über das Seil werfen (79-87). — FRAU 1031 6.2. Narrenseil — KÖNNEN 139, NARR 478, 13.5. 6.3. Avoir a sä cordele (88-89) 6.4. Sich selbst den Strick zum Aufhängen verschaffen (90-91). — FRAU 1046, VERSCHWENDEN 36 6.5. Einen Strick drehen (92-95) 6.6. Eine Schnur aus Sand(körnern) drehen —* SAND 6. 6.7. Arsch, Scham und Brust ziehen mehr als ein Strick — ARSCH 52-58, BRUST 2, CUNNUS 27 6.8. Vereinzelt (96) 7. Verschiedenes (97-100)

1. Reissen des Stricks (der Schnur) 1.1. Dreisträngige (Zweisträngige) Stricke (Schnüre) reissen kaum 1 B i b l . Funiculus triplex difficile rumpitur Eine dreifache Schnur zerreisst kaum VULG., 2 ECCLES. 4,12. Ein dreiseitige Schnur reisset nicht leicht entzwey LUTHERBIBEL, PRED. 4,12. 3 Ml at. so ehe funiculus duplex dificiliter rumpitur Ich weiss, dass eine zweifache Schnur kaum reisst BERNARDINO 111,470 (Fred. 45). 4 Fr. Ker, si comme dit Salenton, Corde qui a double cordon Ne ront mie legierement Denn wie Salomon sagt, reisst ein Strick, der einen zweifachen Strang hat, nicht leicht 5 EUSTACHE 263. Corde triplee est de duree Dreifacher Strick ist von Dauer NUNEZ 1,248 {el Frances).1 6 Nord. Qui bene torquetur re$ti plica trina paretur, — Ee cer hwcertb goth reeb trestrength Dem Seil, das gut gedreht wird, sollen drei Stränge zuteil werden. — Immer ist jedes gute Seil dreisträngig LÄLE 890. 7 Engl. A prefolde corde ful loofie is brostun Ein dreifacher Strick wird nur mit Mühe zerbrochen LANT. OF LIGHT 74,11.

STRICK

174

S Dt. Daz dristrengige seil brichet ungerne Das dreistrangige Seil bricht kaum SCH N9 BACH, PRED. 1,271,1. Denn ein dryfache schn r, man spricht, Kan man so leicht zerreissen nicht „Denn eine dreifache Schnur", sagt man, „kann man nicht so leicht zerreissen" SACHS XIX, 385,32 (1567).

1.2. Zu straff gespannter Strick reisst2 10 G r, "Ορά μη κατά την παροιμίαν άπορρήξωμεν πάνυ τείνουσαι το καλώδιο ν Sieh zu, dass wir nicht entsprechend dem Sprichwort den Strick zu straff spannen und dadurch zerreissen! LUKIAN., DIAL. MERETR. 3,3. U Mg r. Άπορραγήσεται τεινόμενον το καλώδιον Der (zu straff) gespannte Strick wird 12 zerreissen PS. DIOGENIAN. 2, 89. Άπορραγήσεται τεινομένων το καλώδιον Wenn man den Strick (zu straff) spannt, wird er zerreissen APOSTOLIOS 3,47. 13 M! a t. Funem abrumpes nimium tendendo. — Spann die saitten nicht zu vast, du thuest ym zu vil Du wirst den Strick zerreissen durch zu straffes Spannen. — Spann die 14 Saiten nicht zu fest! Du bertreibst es HAUER 388 (= SAITE 6). Funem abrumpere nimium tendendo Den Strick zerreissen durch allzu straffes Spannen ERASM., ADAG. 15 CHIL. 1,5,67. Cum maxime durus est funis, tunc rumpitur Wenn das Seil am straffsten gespannt ist, dann reisst es LUTHER, WA XXXI.2,83,5 (1527-30). 16 Dt. Wen der $trick am bertisten hellt, o bricht er Wenn der Strick am straffsten u gespannt ist, so reisst er LUTHER, WA IV, 348,17 {1513-16}. Wenn der strick am 18 benisten hellt so bricht er LUTHER 39. Wenn der strick am bertisten belt, so bricht er 19 LUTHER, WA XIX,229,24 (1526). Wie man spricht: ,wenn der strick am hertisten 20 belt, so bricht er' EBD. XIX, 354,2 (1526). Wen der gotlo e den strick uff h erliste zcewhet, o reyst er Wenn der Gottlose den Strick am h rtesten zieht, reisst er EBD. 21 XXXI.2,207,12 (1527-30). Wen der strick am hohsten denet, o reyst er Wenn der 22 Strick sich am meisten dehnt, reisst er EBD. XXXI.2,381,1 (1527—30). Quando strick am hertesten, turn bricht Wenn der Strick am straffsten (gespannt ist), dann zerreisst (er) EBD. XLI,632,21 (1536).

Vgl. BOGEN 1.1., BRECHEN 2.1., SAITE 1. 2. Ziehen am Strick (Seil) 2.1. An einem Strick ziehen 3 23 Fr. Ne traient pas a unne corde Sens et Amour uniement Verstand und Liebe ziehen 24 nicht eintr chtig an einem Strick J. RENART, ESCOUFLE 7564. Et l et autre et li clergies ... Se traisent tot a une corde Und der eine und der andere und die Geistlichkeit zogen 25 alle an einem Strick PHIL. MOUSK, 25395. Quar tuit tirent a une corde Denn alle ziehen an einem Strick ISOPET DE LYON 4,24. 20 It. Tirare a una fune An einem Strick ziehen RISPOSTA DELL* IMPERADORE A PISA 27 129 (1406 [+LAMENTI 1,258]}. Tutti tirano a una fune Alle ziehen an einem Strick MACINGHI, LETTERE 553 (1466 n. St.). Vgl. BOGEN 77, JOCH 5.

2.2. Am Seil streitend hin und her ziehen 4 2s La t. Alternis vicibus contentioso fune uterque diem in uesperam traxerunt Sie zogen beide einen Tag lang bis zum Abend abwechselnd am Seil des Streites hin und her 29 TERTULL., ADV. IUD. l (635 C). tunis ergo ducendus est contentionis, pari hinc inde nisu fluctuante Man muss also am Seil des Streites ziehen, indem ein gleicher Schwung 30 von da (und) dort hin und her geht TERTULL., ADV. MARC. 4,4 (394 B). Nolo nunc contentioso fune deducere Ich will nun nicht am Seil des Streites hin und her ziehen

175

STRICK

j j TERTULL., DE RESURR. 34 (890 A). Sed non decet... funem contentiosum alterno ductu in diuersa distendere Aber es gehört sich nicht, das Seit des Streites abwechslungsweise in verschiedene Richtungen hin und her zu zerren TERTULL., DE PUDIC. 2 S. 223, 20. 32 Si contentiosum inter se ... funem trahunt Wenn sie gegenseitig am Seil des Streites .J.3 ziehen HIERON., EP. 62,2,3. In diversum ... funem trabere Das Seil in entgegengesetzte Richtung ziehen HIERON., ADV. PELAG. 2,4 (537B). 34 M l a t . No« opus est longum ... trabere contentionis funiculum Es ist nicht nötig, lange am Seil des Streites zu ziehen RUPERT. TUITENSIS, EP. AD EVERARDUM (*PL 35 170,543 A). Non duco contentionis funem Ich ziehe nicht am Sei! des Streites IOH. SARESB., POLICRAT. 491 B. 36 37 38 39 40 41 42

43

2.3. Gegen einen Starken am Seü ziehen M l a t . Arduum, inquit, reor contra fortem fune contendere „Es ist, glaube ich, schwer", sagte er, „gegen einen Starken mit dem Strick zu kämpfen" SAXO GRAMM. 140,27. Nord. Er fjar viö ramman reip at draga Man muss dort gegen einen Starken am Seil ziehen GROSSE OLAFS SAGA TRYGGVASONAR 184 (+FMS 11,170 [= JONSSON, ARKIV 331]}. Her er viö ramman reip at draga Hier muss man gegen einen Starken am Strick ziehen HROLFS SAGA KRAKA l (+FAS 1,4 [= GERING S. 11]}. Ok ma vem, at viö ramman fieri reip at draga Und es mag sein, dass wir gegen einen Starken am Seil haben ziehen müssen VATNSDCELA SAGA 44,30 {= GERING S. 11), Vid ramman mun reip at draga (Hier) muss man gegen einen Starken am Seil ziehen NJÄLS SAGA 6,5 (= JONSSON, ARKIV 331. JONSSON 136). Creditur incautum forti resti (lies: restis} dare tractum. — Onth cer meth ramme $t&rcke reeb (lies: meth ramme reeb} at drawee Es gilt als unvorsichtig, mit einem Starken am Seil zu ziehen. — Es ist schlecht, mit einem Starken am Seil zu ziehen LÄLE 204. Est graue grandeuum (lies mit LALE S 259: gradiuum) per resits vincere tractum. — Thet aer onth at drawe reeb meth gamla* (lies mit Druck B: ramme] Es ist schwierig, den Kampftüchtigen durch das Ziehen des Seiles zu besiegen. - Es ist schlecht, mit einem Starken am Seil zu ziehen EBD. 338. Nu er viö raman reip at draga Man muss jetzt gegen einen Starken am Seil ziehen KJALNESJNGA SAGA 3 S. 11 (= GERING S. 11).

2.4. Ungleiches Seilziehen 44 M l a t , Dispariter funem diues inopsque trahunt Der Reiche und der Arme ziehen ungleich am Strick NIVARD., YSENGR. 3,1032. 45 Nl. Die weecste heeft dat quaetste fanden reepe. — Inops peiorem restis tenet vndtque partem Der Schwächste hat das Schlechteste vom Seil. — Der Schwache hat stets den schlechteren Teil des Seiles PROV, COMM, 198. 46.47 Dt. De wekeste heft dat quadeste van deme repe PROV. COMM. MND. 197. Dat hardeste fan dem repe doet men dem armen. — Durior ipsa datur misero pars restis egenti Das Härteste vom Seil gibt man dem Armen. — Den härteren Teil des Seiles gibt man dem armen Bedürftigen TUNNICIUS 288. 2.5. s. Inhaltsübersicht 2.6. Mit einem schwachen Seil soll man sachte ziehen 48 Nl. Met eenen crancke repe salmen liseleken trecken Mit einem schwachen Seil soll man sachte ziehen PROV. COMM. 514. 49.50 Dt. Myt eneme kranken repe schal me lyse trecken PROV. COMM, MND. 500. Mit kranken seilen sat men lyslik trecken. — Punibus utendum parce qm robore cassi Mit schwachen Seilen soll man sachte ziehen. — Mit Seilen, die schwach (wörtl.: ohne Stärke) sind, muss man schonend umgehen TUNNICIUS 737.

STRICK

176

2.7. Vereinzelt M l a t . Quo funem früheres, prgnoui Ich wusste zum voraus, wohin du den Strick ziehen würdest NIVARD., YSENGR. 1,395, 3. s. Inhaltsübersicht

4. Strick des Eimers 52 Span. yran alia la soga y el calderon Und dorthin werden der Strick und der Eimer 53 gehen CELESTINA 38 (1). Alia yra la soga: tras el calderon Dorthin wird der Strick gehen: dem Eimer nach HALLER 395.

54 55 56 57. 57a

5. Schnur zur Bestimmung der Richtung 5.1. Nach der Schnur schneiden (messen, krümmen) Dt. Swer nach der snuor kan sntden wol, Der smdet gliche als er sol Wer gut nach der Schnur schneiden kann, der schneidet durchweg, wie er soli THOM. v. ZIRCLARIA 637. Bin ich ouch denn des sinnes sieht, So houwe ich nach der snüere reht Bin ich dann auch geraden Sinnes, so haue ich gerade nach der Schnur ULR. v. ESCHENBACH, ALEX. 27571, Es was gemeßen nach der snür Es war nach der Schnur gemessen BERNH. v. UISSIGHEIM, WÜRZE, STÄDTEKR. 1652 {»LILIENCR., HIST. VOLKSL. 40). Den stein nach der schnür, vnd nit die schnür nach dem stein krümmen (Man muss) den Stein nach der Schnur und nicht die Schnur nach dem Stein krümmen FRANCK H, 52 r. EGENOLFF 52 r.

5.2. Über die Schnur hauen 5 5« Dt. Mi hauwet über die snür Haut nicht über die Schnur! BERNH. v. UISSIGHEIM, 59 WÜRZB, STÄDTEKR. 1029 (+LILIENCR., HIST. VOLKSL. 40). Hei ich mit Worten an keiner stat Den schnür schlag uberhawen Hätte ich mit Worten irgendwo über die Schnur 60 gehauen6 ELBELIN 540. Hett ich mit wortten an keiner stat Den schnür schlag vber 61 hauwen PS. ELBELIN 539. Das ir keiner getar über die snur hawen Dass keiner von ihnen sich getraute, über die Schnur zu hauen ROSENPLÜT (*EULING, ROSENPLÜT 487). 62.63 Wir haben zu ser über die schnür gehauen ROSENPLÜT {?} {* FASTNACHTSP. 724,6). Der official ist kumen her Und wil verhörn man und frauen, Ob ietnant über die schnür het gehauen Der Offizial ist hergekommen und will Männer und Frauen verhören, ob je64 niand über die Schnur gehauen habe ROSENPLÜT (?) (-»FASTNACHTSP. 769,4). Wer iemant hett an eren geletzt Oder über die schnür gehauen Wenn einer jemanden in der 65 Ehre verletzt oder über die Schnur gehauen hat FASTNACHTSP, 241, 7. Und hett oft über 66 die schnur gehauen Und (ich) hätte oft über die Schnur gehauen EBD. 248,31. Hort, freunt, so must ir euch auch sparn, Purpas mer über die schnür zu hauen Hört, Freund, so müsst Ihr es Euch auch versagen, fortan weiter über die Schnur zu hauen! EBD. 67 546,1. Stateram ne transgrediaris.7 — Hau nicht über die schnür. Obermachs nit. Trit nicht über das zyl Überschreite das Mass (word.: die Waage) nicht! — Hau nicht über die Schnur! Übertreibe es nicht! Tritt nicht über das Ziel hinaus! HAUER 129 (= MASS 68 [Massigkeit] 248, ZIEL 6). ... szo ich doch zuweilen ... über die schnür färbe (fahre) 69 LUTHER, WA VI, 215,14 (1520), Aber man achtet nicht so seer, wenn andere über die 70 schnür treuen EBD. XXX.l,37,28 (1528). Wie wol ich künde räum haben über die schnür zu hauen Obwohl ich Gelegenheit hätte, über die Schnur zu hauen EBD. 71 XXX.l, 76,11 (1528). Sihe da trist» (trittst du) über die schnür EBD. XXXIV.2,53,5 72 (1531). Sie sindt aber "Lw weyt über die schnuer gefahrnn EBD. XLV,410,5 (1537). 73 Stateram ne transgrediaris.7 — Vbermachs nit, haw nit über die schnür, laß bey eim

177

STRICK

bey lieben bleiben. Trit nit über das zil Überschreite das Mass (worth: die Waage) nicht! - Übertreibe es nicht! Hau nicht über die Schnur! Lass es beim Ungefähren bleiben! 74 Tritt nicht über das Ziel! FRANCK I,74 v {= MASS [Massigkeit] 249, ZIEL 7). Hab zu weit vber die schnür gehauen (Er) habe ... LUTHER, WA TR. 5428 a (1542 [V, 145,7]). 75 ... das er weiter, dann sein brauch, über die schnur heube Dass er weiter, als es sein Brauch (war), über die Schnur haute ZIMMER. CHRON. 111,113,27.

5.3. Schnurgerade8 76 Fr. Ossi droit c'on ligne une corde Ebenso gerade, wie man eine Schnur spannt 9 FROISS., MEL. 19793. 77 It. Pel fil della sinopia e per la riga A questa volta questa cosa andava Schnurgerade (worth: An der Rötelschnur) 10 und wie mit dem Lineal (gezogen) verlief diesmal die Sache PULCI 22,214.

5.4. Vereinzelt 78 Dt. Ein zimberman bat dikch ein schnuor verkowen Ein Zimmerrnann hat oft eine Schnur zerschnitten HUGO v. MONTFORT 31,145.

6. Redensarten, Wendungen und Vergleiche Vgl. oben 2., 5.2.-5.3. 6.1. Über das Seil werfen 11 79 Dt. Vnd würfft te einer den andren über das seil, vnd fürt in hinder den ofen Und wirft stets einer den ändern über das Seil und führt ihn hinter den Ofen GEILER, IRRIG 80, 81 SCHAF A 2 v. Vber das seil werffen MURNER, NARRENB. 70 Überschr. Ich würd der narren ouch bederffen, Die über das seil einander werffen Ich würde auch der Narren 82 bedürfen, die einander über das Seil werfen EBD. Motto. £5 heißt geworffen übers seil S3 Es heisst über das Seit geworfen EBD. 70,7. Wirfft dich übers seyle LUTHER, WA 84 XXX.l,49, 33 (1528). Das sind weltliche und menschliche schelcke, die nur freud darvon haben, das sie einen übers seil werffen Das sind weltliche und menschliche Spitzbuben, die nur daraus ihre Freude ziehen, dass sie einen über das Seil werfen EBD. 85-s? XLVII, 468,21 (1539). Vber das seyl werffen FRANCK 1,27 r. EGENOLFF 293 v. Farcire centones,12 — Vber das seyl werffen Lumpen stopfen. - ... FRANCK 1,104r. —· FRAU 1031

6.2. s. Inhaltsübersicht 6.3. Avoir a sä cordele13 SS Fr. ,,. son seignor, cui ele savoit bien avoir a sä cordele Ihren Herrn, den sie sich gut gefügig zu machen (wörtl.: den sie gut an ihrer Leine zu haben) verstand MARQUES 89 27 c 6. Et tant lor dona U senechaus et pramist, que il les of plus en sä cordele, que U empereres n'avoit Und der Hofmarschall gab und versprach ihnen so viel, dass er sie mehr zu eigen {wörtl.: an seiner Leine) harte als der Kaiser EBD. 90 b 1.

6.4. Sich selbst den Strick zum Aufhängen verschaffen 90 Fr. Iste de servicio suo (seil, diaboli) reportat la hart por lui pendre Jener brachte von seinem Dienst (für den Teufel) den Strick zurück, um sich aufzuhängen EHSTL. 91 KLOSTER L. 24. Par ie service ou H se met Qui dessen la har pour lui pandre Bien peut en guierdon estandre Durch den Dienst, in den er sich stellt, kann derjenige, weicher (seil, dem Teufel) eifrig dient, den Strick, an dem er aufgehängt werden soll, als Belohnung erwarten VIE DES PERES (KELLER) 7. -^ FRAU 1046, VERSCHWENDEN 36

STRICK

178

6.5. Einen Strick drehen14 92 Fr. Mais l'eschaciers nel doute piajs, Qui cele hart a souvent torse Aber der Stelzfuss, 93 der oft diesen Strick gedreht hat, fürchtet sich davor nicht HUNBAUT 1436. Autre feiz 94 a cete hart torse Früher hat sie diesen Strick gedreht 15 J. DE MEUN, ROSE 9343. Quar eies avoient aucune foiz cele hart torse Denn sie hatten bisweilen diesen Strick gedreht 95 MARQUES 57d 1. Done dois troquier de lor esteurse Celes qui ont tele hart teurse Du musst also denjenigen, die einen solchen Strick gedreht haben, ihre Erpressung zurückzahlen 16 CLEF D'AM. 1067.

6.6.—6.7. s. Inhaltsübersicht 6,8. Vereinzelt 96 Dt. Sy wirt wol ee das schnierlm finden, Dann dir lieb wirt Sie wird wohl das Schnürlein eher finden, als dir lieb sein wird 17 MURNER, NARRENB. 41,64. 7. Verschiedenes 97 Span. No es, senor, el solo cordon del que pende tu remedio Das ist, Herr, nicht der s. 99 einzige Strick, von dem dein Heilmittel abhängt CELESTINA 122 (6), gran gola larga soga Für grosse Kehle langen Strick NUNEZ 1,33. HALLER 518 (vgt. DIEB 1S6). wo E n g l . A coorde is a good ping, and faste knytting peris good hope to man and to beeste in plasis where it wolde do good; but knytte bis coorde to mannus brote and it myjte soone strangle bis man Ein Strick ist etwas Gutes, und festes Knüpfen damit ist sowohl für Mensch wie für Tier dort gut, wo er gut tun kann; aber knüpfe diesen Strick um den Hals des Menschen, und er könnte ihn bald erwürgen! WYCLIF, WORKS 476 (um 1380).

V.M.. Anmerkungen 1

Vgl. HASSELLC302,

2

D. h., wenn man an die Grenze des Erreichbaren gehen will, verliert man leicht das vorher Gewonnene. So die Erklärung von Thiele (LUTHER, WA LI, 669,39). Vgl. RÖHRICH II, 939 a: miteinander die gleiche Tätigkeit vollziehen, ein gemeinschaftliches Geschäft (Verbrechen) ausführen, mitschuldig sein und das gleiche Schicksal tragen, auch: gemeinsame Interessen verfolgen, eines Sinnes sein. Vgl. OTTO 739 S. 150. Vgl. GRIMM, DWe. IX, 1400 ff.: „Das gehörige masz der menge, der bitligkeit, der Wahrscheinlichkeit und so fort überschreiten ... das rechte masz, seine befugnis überschreiten ... einen tüchtig überholen, überlisten, betrügen, lügen, aufschneiden". Vg[, die weiteren Belege a. a. O. 1401 ff. Vgl. auch RÖHRICH II, 879 b ff. Eigentl.: über die mit der Farbschnur geschlagene Linie hinausgehen, vgl. GRIMM, DWe. IX, 1423 s. v. Schnurschlag. Vgl. dazu An m. 19 bei MASS (Massigkeit), Vgl. WHITING L 300. L 301. So nach dem Glossar der Ausg., entgegen TOBLER - LOMMATZSCH V, 454,31 ff., wo das Zitat unter der Bed. ,eine Leine auswerfen* eingereiht ist, Vgl. die Anm, der Ausg. (11,196): Der Sinopel (= Rotgüldenerz, das bei der Herstellung von Rötelstiften Verwendung findet} ist eine rötlich gefärbte Erdart, mit der die Holzer Zeichen auf dem Holz machen (mit einem in diese Erde getauchten [roten] Faden), um mit der Säge gerade zu schneiden, beschrieben in den CANTI CARNASC. A 247. Und von daher sagt man im übertr. Sinn „nach der Rötelschnur gehen" für ,die Richtung beibehalten', ,den guten Weg gehen' und auch, urn den guten Ausgang einer Sache zu umschreiben. Jmdn. betrügen, übervorteilen, vgl. RÖHRICH II, 938 b.

3

4 5

6

7 8 9

10

11

179 12 1J

14

15 10

STROH

= ERASM., ABAC. CHIL. 2,4,58. Vgl. auch ZOTE 3 u. Anm. Vgl, auch die Belege bei TOBLER - LOMMATZSCH II, 853,26 ff. zu der Rda. traire (atraire), tirer, sachier usw. a, a sä cordele jmdn. sich willfährig, gefügig machen. Vgl. TOBLER - LOMMATZSCH IV,944,8 ff.: „tordre um hart; einen Strick drehen, d. h, erw. tun, betreiben; handeln", TOBLER - LOMMATZSCH X, 412,15 übersetzt freier: Sie hat früher selbst es ebenso getrieben. Wortspiel mit den Stämmen troqu- und tord-, Vgl. TOBLER - LOMMATZSCH III, 1423,50 ff. u.

X, 6 8 7,45 ff. 17

D. h., sie wird es wohl eher verstehen, als dir lieb ist, Vgl. die Anm. der Ausg.

STRICK (Fallstrick) s. FALLE STRIEGELN / etriller / to curry 1. Kleines Pferd ist rasch gestriegelt — PFERD 245-246, 248-249 2. Das falbe Pferd striegeln — PFERD 368-376

STROH / paille / straw Hier auch SPREU, STOPPEL(FELD), STREU Vgl. HEU, WERG 1. Stroh {Spreu} als natürliches Nebenprodukt 1.1. Kein Korn ohne Spreu (1-6), Ähnlich (7) 1.2. Unter der Spreu ist das Korn verborgen (8 —12) 1.3. Viel Stroh, wenig Korn {13-14) 2. Spreu als wertloser Abfall 2.1. Aitg. (l5) 2.2. Spez. 2.2.1. Die Spreu kommt ins Feuer (16—23) 2.2.2. Die Spreu wird (werde) vom Korn geschieden (24-36). Vgl. DRESCHEN 1., FEILE 2, FLEGEL 1., GARBE 7, GETREIDE 19, HALM 1. 2.2.3. Die Spreu ist zugunsten des Korns aufzugeben (37—43) 2.2.4. Die Spreu anstelle des Korns nehmen (ist töricht und von Nachteil) (44—50. Vgl. 188} 2.2.5. Redensarten und Vergleiche i"5I —53) 3. Stroh als unbrauchbares Flecht- und Baumaterial (54). — FUNDAMENT 26. Vgl. WERG 1. 4. Stroh als letztmöglicher Ersatz 4.1. Stroh ersetzt (fehlendes) Heu (SS-56). Vgl. GETREIDE 20 4.2. Stroh deckt die Schulden des schlechten Zahlers (57-61). — GETREIDE 39, 42, 48-SO, 52-55. Vgl. GETREIDE 4.3., WERG 2. 4.3. Stroh ist besser für die Zähne als überhaupt nichts (62 — 68) 4.4. Vereinzelt (69) 5. Stroh als Futter und Streumaterial 5.1. Stroh als Futter und Streu für den Esel —· ESEL 4.2. 5.2. Stroh als Futter und Streu für das Rind — RIND 5.2., 122, 490, SCHWEIN 68 5.3. Stroh als ausreichende Nahrung des Bauern — BAUER 103-111 5.4. Stroh als Bettunterlage — ARM (Adj.) 42S, BETT 7.3., GAST 60, WITWE 12 5.5. Stroh als Sterbelager (70-71) 6. Stroh als Produkt von gewisser (nachteiliger) Wirkung und Bedeutung 6.1. Stroh wird auf langem Weg zu einer schweren Bürde —* WEG 9.1.

STROH

180

6.2. Ein Strohhalm bringt den Unglücklichen zu Fall (72-73) 6.3. Stroh im Schuh lasst sich nicht verbergen (74-80), Vgl. HASPEL 1-2, NADEL 3. 6.4. Stroh wird (werde) gemieden, wenn schon ein Halm Gegenstand der Furcht ist (81—86). Vgl. WALD 1.1. 6.5. Wer Spreu sät, wird Elend (Armut, Staub) ernten (87-90). Vgl. SÄEN 2.2.2.4. 7. Stroh als feuergefährliches Brennmaterial 7.1. Stroh wird rasch vom (nahen) Feuer ergriffen (91-136). — AUGE 145-149, ERKENNEN 12, REGENBOGEN 14. Vgl. unten 8.3.-8.4., KOHLE 3., MANN 170, WERG 3.1. 7.2. Strohfeuer ist rasch niedergebrannt —* JUNG 65, NONNE 2. Vgl. unten 8,5. 7.3. Altes Stroh ist schwer zu löschen (137-140) 7.4. Wer Kleid und Arsch aus Stroh hat, fürchtet das Feuer (141-142) 8. Redensarten und Vergleiche Vgl. oben 2,2.5. 8.1. Leeres Stroh dreschen (143-153) 8.2. Einen Bart (Eine Garbe) aus Stroh machen (154-168), -» NASE 38-39, 41, 48. Vgl, FLACHS 3., NASE 8.2., WERG 4.1. 8.3. Stroh zum Feuer legen (l69-l74. Vgl. 104, 129-130} 8.4. Feuer mit Stroh löschen (175-178) 8.5. (Unbeständig wie ein) Strohfetier (179-185). Vgl. oben 7.2. 8.6. Ins Stroh fallen (186-187) 8.7. Bohnenstroh -+ BOHNENSTROH l -3 8.8. Nadel im Strohhaufen — NADEL 31, SUCHEN 60 8.9. Die Spreu vom Weizen scheiden s. oben 2.2.1.—2.2.3. 8.10. Kommen wie der Hagel in die Stoppeln —· HAGEL 3. 8.11. Verschiedenes (lSS-191) 9. Verschiedenes (l92-l96)

1. Stroh (Spreu) als natürliches Nebenprodukt 1.1. Kein Korn ohne Spreu1 Lat. Si Abraham, Isaac et lacob, propbetae quoque et apostoli nequaquam caruere peccato, si purissirnum triticum habuit mixtas paleas, quid de nobis did potest, de quibus ülud scriptum e$t: quid paleis ad frumentum, diät dominus? Wenn Abraham, Isaak und Jakob, die (doch) Propheten und Apostel waren, keineswegs ohne Sünden waren, wenn reinstes Getreide mit Spreu vermischt war, was kann dann über uns gesagt werden, von denen geschrieben steht: „ ,Was reimt sich Spreu mit Getreide?' sagt der Herr"? HIERUM., EP. 122,3,15 (vgl. unten 20}, 2 MIat. Absque suis paleis nequit uüa annona uenire Ohne seine Spreu kann kein Getreide entstehen 2 EGBERT., FEC. RAT. 1,75. 3 Fr, Car eil qui Amors justise Et qui por li se travaille N'en porroit en nule guise Le grain cueillir sanz la paille Denn derjenige, welchen Amor beherrscht und der sich seinetwillen abmüht, könnte auf keine Weise das Korn ohne die Spreu davon gewinnen 4 ROB. DE RAINS (* CHANS. SAT. 16,55). Cescuns grains a $e paille Jedes Korn hat seine s Spreu GILLES LI MUISIS 1,368. Sott dur, sott mal, chascun grain a se paille Sei es hart, sei es weich: Jedes Korn hat seine Spreu J. MOLINET 641,113. 6 Dt. Wä web set äne spriu ein körn, Rös ane dorn? Wo wächst Korn ohne Spreu, eine Rose ohne Dorn? FRAUEN LOB, S PR. 70,14. Ähnlich; 7 Fr. La dunt paille vent ble ad verement Von wo Stroh kommt, da hat es wahrlich Getreide REIM BIBEL (M. 14. Jh. [+ ROMANIA 36,201,32]).

181

STROH

1.2. Unter der Spreu ist das Korn verborgen 8 Ml at. Sub palea tegitur granum Unter der Spreu verbirgt sich das Korn HUNT. Mus. 25,11. 9 Fr. Kar il aveit trove sanz faille lllec. le grein desoz la paille Denn er hatte da sicherlich das Korn unter der Spreu gefunden ALEXI 95. 10 It. Lu granu est di suttu et la pagla di supra Das Korn ist unten und die Spreu oben Vizn E VIRTÜ 125, 11 Engl. Pe comes byep benepe and bet chef -bone Das Korn ist unten und die Spreu i 2 oben MICHEL, AYENBITE 139. A$ vndir Chaaf is Closyd pure Corn Wie unter der Spreu reines Korn verborgen ist LYDGATE, SECRETA 734.3

1.3. Viel Stroh, wenig Korn 13 S p a n . Mucha paja y poco grano, es por vicio del verano Viel Stroh und wenig Korn gibt es wegen des schlechten Sommers NUNEZ 11,403. 34 Dt. Vil stro wenig körn FRANCK 1,74 v.

2. Spreu als wertloser Abfall 2.1. Allg. 15 Fr. Trap mieus vaut le grain que la paille Viel mehr wert ist das Korn als die Spreu G. DE MACHAUT, LYON 1656.4 2.2. Spez.

2.2.1. Die Spreu kommt ins Feuer ! 6 B i b l. CM/MS ventilabrum in manu sua, et permundabit aream suarn, et congregabit trtticum suum in horreum, paleas autem comburet igni inexstinguibili VULG,, MATTH. 17 3,12. Vnd er hat seine Worffschauffein in der hand, Er wird seine Tenne fegen, vnd den Weitzen in seine Scbewnen samlen, Aber die Sprew wird er verbrennen mit ewigem 18 fewr LUTHERBIBEL, EBD. CM/MS ventilabrum in manu ejus, et purgabit aream suam, et congregabit trtticum in horreum suum, paleas autem comburet igne inexstinguibili 19 VULG., Luc. 3,17, In desselbigen Hand ist die Wurffschauffel, vnd er wird seine Tennen fegen, vnd wird den Weitzen in seine Scheueren samlen, Vnd die Sprew wird er mit ewigem Fewer verbrennen LUTHER BIB EL, EBD. 20 La t. Dum in huius saecuü area conculcamur atque conterimur, necesse est etiam paleas igni perpetuo deputandas inter electissima frumenta misceri Solange wir auf der Tenne dieser Welt niedergetreten und zerrieben werden, ist es nötig, dass sich auch die Spreu, die ins ewige Feuer geworfen werden muss, unter das auserwählte Getreide mischt CASSIAN., CONL. 18,16,5 (vgl. oben 1). 21 Miat. Mittitur humano discretor corpore se.ptus, Qui paleas urat puraque grana legat Es wird der Richter gesandt, der mit einem menschlichen Leib versehen ist, um die Spreu zu verbrennen und die gereinigten Körner zu sammeln NIVARD., YSENGR. 7, 589. 22 Fr. ll print le grain et lessa-il la paille ardoir Er nahm das Korn und liess die Spreu verbrennen LA TOUR LAN DRY 93. 23 E n g l . And toke oute the good and lefte the euell, and took the corn and lefte the straw to be brent Und er nahm das Gute weg und liess das Schlechte fahren, und er nahm das Korn und liess das Stroh verbrennen LA TOUR-LANDRY ENGL, 59,28. s

2.2.2. Die Spreu wird (werde) vom Korn geschieden6 24 Mlat. Tunc deus a paleis que nunc permixta teruntur Discernet tutis grana futura locis Dann wird Gott an sicheren Orten die künftigen Körner von der Spreu trennen,

STROH

182

die nun (noch) darunter gemischt sind und mitgedroschen werden CARO ET SPIRITUS 25 5,29 (12. Jh. [+STUDI MEDIEVALI 12,205]). Granum sibi reservavit Ventilando paleam Das Korn wird er sich aufbewahren, indem er die Spreu siebt , HYMNEN 991,17 (Hs. 14. Jh.). 26 Fr. Del grain savra sevrer la paille Vom Korn wird er die Spreu zu scheiden wissen 27 FORM. H V 8. Et sevre ie grain de la paille Und das Korn von der Spreu geschieden 28 GODEFROY DE PARIS 3849. Car tant que Dieu sera, Chose au del n'entrera Qiti ne sott nette et pure, Comme chascun scavra, Quant on separera Le net d'avec l'ordure, Quant on divisera Le grain d'avec la paille Et qu'on departira le chevreau de lOuaille Denn solange Gott sein wird, wird nichts in den Himmel kommen, das nicht sauber und rein ist, wie (dies) jeder wissen wird, wenn man das Reine vom Dreck trennen wird, wenn man das Korn von der Spreu scheiden und die Böcke von den Lämmern absondern wird G. ALEXIS 111,74 (Crucifix et pelerin). 29 Pro v. Qu'ieu trac lo gran de la palla Denn ich ziehe das Korn aus der Spreu GAVAUDAN 7, 3. 30 Span. Apartar suelen la paja del grano Sie pflegen die Spreu vom Korn zu scheiden 31 INI GO DE MENDOZA (* CANCIONERO 1,78 a). Dexa las burlas, ques paja e granfones, Sacando muy limpio d'entrellas el grano Lass die Scherze, welche Spreu und Abfall sind, indem du das Korn sehr sauber davon trennst! CELESTINA 268. 32 Engl. Try out the corne dene from the chaff Trenne das Korn sauber von der Spreu! Ass. OF GODS 2071. 33 Dt. Ir suit den spriu Hie scheiden von dem kerne Ihr sollt hier die Spreu vom Korn 34 scheiden FRAUENLOB, S PR. 132, 8. Wan der wetze wirf nicht behalden her werde sere üz geslagen uz den spruwen Denn der Weizen bleibt nicht erhalten, wenn er nicht 3J kräftig aus der Spreu herausgeschlagen wird HERMANN v, FRITZLAR 85,12. Die sprüwer sint gestoben von den kernen Die Spreu ist vom Korn da vongestoben JUSTIN GER, 36 BERNER CHRON. 134 S. 90,2. Die sprüwer sint gestoben von dem kernen EBD. Beilage 3,705.367,18 {anon.}. Vgl. DRESCHEN 1., FEILE 2, FLEGEL 1., GARBE 7, GETREIDE 19, HALM 1.

2.2.3. Die Spreu ist zugunsten des Korns aufzugeben 7 37 Mlat. Jumentorum paleas abjiciat, et frumenta Spiritus edere festinet Er möge die Spreu für die Zugtiere fortwerfen und sich beeilen, das Korn des Geistes zu verzehren GREG. M. (?), IN CANT. Prol. 4 (474 A [= RICH. S. Vier., IN CANT. Prol. 406 B]). 38 Fr. Le grain praigne a son hues, as vains cuers lait la paille; Le noer asavour(t) et giete as pors l'eschaille Das Korn nehme er zu seinem Vorteil, die Spreu lasse er den eitlen Herzen; den Kern koste er, und die Schale werfe er den Säuen vor EXHORTATION 39 Ä L'AMOUR DIVIN 3 (A. 13. Jh. [+ ROMANIA 66,333]). Lessons aler la paille, st retenons le grain Lassen wir die Spreu fahren (und) behalten wir das Korn! CHANTEPLEURE 40 (-»RUTEBEUF 111,93,41). Pren le grain et laisse la paille Nimm das Korn und lass die 41 Spreu! G. DE MACHAUT, REM. DE FORTUNE 2079. Laisse la paille, le grain prens Lass 42 die Spreu, nimm das Korn! FROISS. (SPEC. 10) 318,345. Prenez le grain, laissez la paille Nehmt das Korn, lasst die Spreu! J. REGNIER 6,521 S. 203. 43 Eng L Taketh the fruyt and lat the chaf be stille Nehmt die Frucht und lasst die Spreu fahren! CHAUCER, NUN'S PRIEST'S T. B 4633.

2.2.4. Die Spreu anstelle des Korns nehmen (ist töricht und von Nachteil) 8 44 Fr. Mais de religion, sanz faille, J'en lais le grain e preing la paille Aber von der Religion lasse ich gewiss das Korn und nehme die Spreu J, DE MEUN, ROSE 11215. 45 Qui laisse le grain pour la paille Et lait le noiel pour l'eschaille Quant la noisete est

183

46 47 48 49 50

STROH

depecie, U m'est vis que il fait foüe Wer zugunsten der Spreu auf das Korn verzichtet und den Kern um der Schale willen lässt, wenn die NUSS aufgebrochen ist, der begeht meines Erachtens eine Torheit ADENET, CLEOMADES 16095. Qui le grain voit aparoir Et dont n'en prent fors la paille,, Sa vitaille Pert par son povre savoir Wer das Korn erscheinen sieht und davon nur die Spreu nimmt, verliert seine Nahrung wegen seines beschränkten Verstandes J. BRETEL (*]EUX-PARTIS 30,24). Car fay laissie le grain et pris la paille Denn ich habe das Korn gelassen und die Spreu genommen G. DE MACHAUT, FONT. AM. 420. Einst eil au neent se tient, Qui le grain lesse et prent la paille So hält sich der an das Nichtige, der das Korn fahrenlässt und die Spreu nimmt MEON 11,313,634. Engl. The chaf is take for the corn Die Spreu wird genommen für das Korn GOWER, CONE AM. Prol. 844. I take the strawe, and lete the corne Ich nehme das Stroh und lasse das Korn CHAUCER, ROM. OF THE ROSE 6354. Vgl. unten ISS, SCHALE 10

2.2.5. Redensarten und Vergleiche 51 Fr. De mon lignage at perdu tot le grain, Or n'i a mes ke le paille et l'estraim Von meinem Geschlecht habe ich alles Korn verloren; nun hat es nur noch Spreu und Stroh 52 ALISCANS 838. Je sui li grains, il sont la paille Ich bin das Korn, sie sind die Spreu 53 RUTEBEUF 11,283,559, // ont le grain; elles ont la paille Sie (seil, die Männer) haben das Korn und sie (seil, die Frauen) die Spreu3 G. DE MACHAUT, ROY DE NAVARRE 2985.

3. Stroh als unbrauchbares Flecht- und Baumaterial 54 N o r d . Transit debiliter straminis axis tier, — Tbet &r I00ss dr&th at draghe meth halmsskaghell Eine Achse aus Stroh zieht schwächlich ihres Weges. — Das ist ein unzuverlässiges Ziehen, wenn man mit einem Strang aus Stroh zieht LÄLE 1095. ~» FUNDAMENT 26. Vgl. WERG 1.

4, Stroh als letztmöglicher Ersatz 4.1. Stroh ersetzt (fehlendes) Heu 55 M l a t . St deficit fenum, accipe stramen Wenn Heu fehlt, nimm Stroh! WATTENBACH 502 (Hs. 1444). 56 It. Pur fieno ehe (lies: ehe, Red.) glt e paglta d'orzo (Fordere) nur Heu, da ist Gerstenstroh! 30 CORNAZANO 1. Vgl. GETREIDE 20

4.2. Stroh deckt die Schulden des schlechten Zahlers 1L 57 Fr. De malvais paieur prent on paille Von einem schlechten Zahler nimmt man Stroh 58 ET. LEGRIS 183. Car on doit prendre a l'aventure De male paye faing ou paille Denn man muss auf gut Glück bei schlechter Bezahlung Heu oder Stroh nehmen PROV. EN RIMES 1327. 59 It, Del cativo debitor, tuo palla per labor Vom schlechten Schuldner nimm Stroh für die Mühe! NUNEZ 1,265 (el Italiano). 60 Span. Del mal pagador, siquiera en pajas Von einem schlechten Zahler wenigstens (eine Bezahlung) in Form von Stroh LOPEZ (?), REFRANES 239. 61 Dt. Vor olde schult nimt men wol hoi unde stro. — Stramine vel foeno solvuntur debita prisca Für eine alte Schuld nimmt man wohl Heu und Stroh. — Alte Schulden werden mit Stroh oder Heu bezahlt TUNNICIUS 1046, -* GETREIDE 39, 42, 48-50, 52-55. Vgl. GETREIDE 4.3,, WERG 2.

STROH

184

4.3. Stroh ist besser für die Zähne als überhaupt nichts 62 Mlat. Da paleam dentil plus quam nihil hoc fit edenti Gib dem Zahn Stroh! Das ist 63 für den Essenden mehr als nichts WERNER 2 d 1. Sit denti palea, plus nihilo fit ea Möge der Zahn Stroh bekommen; das ist mehr als nichts EBD. s 164. 64 Fr. Mieuz vaut paille en dent que nient Mehr wert ist Stroh unter dem Zahn als nichts 65 VILAIN 268. Meulz valt paille en dent que nient. — Da paleam denti, plus quam nichil hec fit edenti. Sit denti palea, plus nichilo fit ea ... — Übers, wie 62 — 63 MEYER, 66 Doc. MANUSCR. C 174. Mieulx vault paille en dent que ne fait nient. — Da paleam 67 denti plus quam nihil hoc sit edenti HILKA 5. Moeu{z] vaut payle en dent ke nent. — Da paleam denti, plus quam nichil hoc fit edenti ... — Übers, wie 62 MORAW., INE-

68 DITA I m 23.

Meuz vaut paile en dent qe nient CAMER. SAMML. (+LEROUX 11,478).

4.4. Vereinzelt 69 Dt. Werd ich nicht getrostit undir siden, So nem ichs in dem stro Werde ich nicht unter Seide getröstet, so nehme ich es im Stroh entgegen MINNELIED (1330 [*ZroA 40,210]).

5. Stroh als Futter und Streumaterial 5.1.—5.4. s. Inhaltsübersicht 5.5. Stroh als Sterbelager 70 Nord. Stralaust er fyrir stokkum Vor dem Bord ist kein Stroh12 HÄLFS SAGA 11, l (= JONSSON, ARKIV 389). 71 Dt. Ez geschaech mir lieber von beides hant, Wan daz ich boesliche Laeg und stürb in einem stro Es widerführe mir lieber von der Hand eines Helden, als dass ich elend darniederläge und im Stroh stürbe SIGENOT 123,9.

6, Stroh als Produkt von gewisser (nachteiliger) Wirkung und Bedeutung 6.1. s. Inhaltsübersicht 6.2. Ein Strohhalm bringt den Unglücklichen zu Fall 72 Nt. Diet quälte gaet stoet hem aen een stroo, - Fit cito commottts cui sor$ contraria totus Wer schlecht geht, stösst sich an einem Strohhalm. — Wem das Geschick feindlich gesinnt ist, wird bald ganz in Erschütterung gebracht PROV. COMM. 295. 73 Dt. Dede ouel gheyd de stoth syck an en stro PROV. COMM. MND. 294.

6.3. Stroh im Schuh lässt sich nicht verbergen 74. 75 M l a t . in sacco fusa, meretrix in aede reclusa Non vult celari (GEILER, NAV. FAT.: nequit occultari} nee stramen in sotulari Eine Spindel im Sack, eine im Haus eingeschlossene Hure und Stroh im Schuh lassen sich nicht verbergen WERNER 2 i 67. GEILER, 76 NAV. FAT. XIII K. Haec tria vix occultari possunt: Stramen in calceo: fusum in sacco: et Meretrix in cubiculo Diese drei Dinge lassen sich kaum verbergen: Stroh im Schuh, eine Spindel im Sack und eine Hure im Zimmer BEBEL, PROV. GERM. 187. 77 Dt. Dann narren rott, vnd büler wergk, Eyn statt gebuwen vff eym bergk Vhd strow das jn den schuhen lyt Die vier verbergen sich keyn zyt Denn Narrenrat und Buhlerwerk, eine Stadt, gebaut auf einem Berg, und Stroh, das in den Schuhen liegt, diese vier 78 (Dinge) lassen sich zu keiner Zeit verbergen BRANT, NARRENSCHIFF 39,21, Boler werck vnd narren raet, Eyne stat de vp eynem berge staet, Vnde stro dat yn deme schoe licht: Desse veer kan men behüden nicht Buhlerwerk und Narrenrat, eine Stadt, die auf einem Berg steht, und Stroh, das im Schuh Hegt, diese vier (Dinge) kann man nicht

185

STROH

79, SO verstecken EÜLING, ROSENPLÜT 385. Stro im schäch, Spindel im sack, vnd ein hur in eim hauß, gucken alweg (immer) herauß FRANCK 1,81 v. EGENOLFF 323 r, Vgl. HASPEL J -2, NADEL 3.

8l 82. S3 84 SS 86

87 SS 89 90

91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 0Oi 102 103

6.4, Stroh wird (werde) gemieden, wenn schon ein Halm Gegenstand der Furcht ist Mlat. Qui timet festucam, numquam caccat in stipulam Wer den Halm fürchtet, scheisst nie ins Stroh SAL. ET M ARC. 69 h. Qui pauet ex culmis, stipulis non incubet (WERNER 2 : incubat) ulU& Wer sich der Halme wegen ängstigt, lege (legt) sich nicht ins Stroh MSD 27,2,186. WERNER 2 q 111. Dt. Welt ir fürhten helmeglich, So kumt ir nimer ufdhein stro Wenn ihr jeden Halm fürchtet, kommt ihr nie auf irgendein Stroh HELBLING 9, 88. Ez darf körnen jn kain stro Der haimlich würcken (lies: helmeglich vürchten)13 wil Wer jeden Halm fürchtet, darf in kein Stroh kommen LIEDERSAAL 80,72. Wer fochtet, daz in die helmer bizen, Der ensal nit in die stoppeln schizen Wer fürchtet, dass ihn die Halme stechen, soll nicht in die Stoppeln scheissen SAL. u. MARK. 373, Vgl. WALD 1.1. 6.5. Wer Spreu sät, wird Elend (Armut, Staub) ernten 14 M l a t . Qui seminat paleas, metet miseriam Wer Spreu sät, wird Elend ernten SAL. ET MARC. 17b. It. Chi semina paglie, recogiie miserie Wer Spreu sät, erntet Elend SAL. E MARC. 12. Nl. Die caf sayt sal armoede mayen Wer Spreu sät, wird Armut ernten SAL. ENDE MARC, 6. Dt. Wo ein man sewet kabe, Der enmewet nit dan gestuppe darabe Wo einer Spreu sät, da erntet er davon nur Staub SAL. u. MARK. 229. Vgl. SÄEN 2.2.2.4. 7. Stroh als feuergefährliches Brennmaterial 7.1. Stroh wird rasch vom (nahen) Feuer ergriffen B i b l . Et tamquam scintillae in amndineto discurrent Und wie sich die Flammen im Stoppelfeld ausbreiten werden VULG., SAP. 3,7. Vnd daher faren, wie Flammen vber den Stoppeln LUTHERBIBEL, WEISH. 3,7. Sicut devoral stipulam lingua ignis VULG., Is. 5,24. Wie des fewrs flamme stroh verzeret LUTHERBIBEL, JES. 5,24. Mlat. Adhuc igniculus vivit, paleam tolle Solange das Feuerchen vorhanden ist, nimm das Stroh weg! GREG. M., DIAL. 4,11 (337 A). Stipulae ignisque nunquam sibi pacificantur Strohstoppeln und Feuer vertragen sich nie FROUMUND. 66,17, Velut ignis in amndineto latius latiusque discurrens conuoluit (seil, fides) ad ultimum omnes Wie das Feuer, das sich auf dem Stoppelfeld immer weiter verbreitet, riss er (der Glaube) alle bis zum letzten mit sich VITA SERV. 3 S. 9,10. Separari debent a consorciis mulierum sicut palea ab igne Sie müssen von der Gemeinschaft mit den Frauen wie das Feuer vom Stroh getrennt werden PREDIGT (SCHÖNBACH WSB 140} 21. Ardet de facili, si strömen iungitur igni Wenn Stroh mit Feuer in Berührung gebracht wird, entbrennt es mit Leichtigkeit PROV. WRATISLAV. 34. Fr. Le feu se prent de paille en patlle Das Feuer dringt von Strohhalm zu Strohhalm vor LA TOUR LANDRY 264.15 It. No« se po paglia e ffoco demesticare Das Stroh lässt sich nicht ans Feuer gewöhnen GUITTONE, LETTERE 10,135. Entro la secca paia ben s'aprende lo fogo Im trockenen Stroh greift das Feuer rasch um sich PROV. SUP. NAT. FEM. 165. La paglia al fuoco

STROH

186

non dar per mogliere Gib dem Feuer nicht das Stroh zur Frau! FRANCESCO DA BARS., 104 Doc. II, 116. Perocche molto gran fottia mettere fuoco in un pagliajo, e non credere ch'egli arda Denn es ist eine sehr grosse Torheit, das Feuer an einen Strohhaufen zu legen und zu glauben, dass er nicht brenne (wörtl.: und nicht zu glauben, dass er 105 brenne) SACCHETTI 227 (vgl. unten 8.3.}, La paglia a! focco n'acostare za may Nähere 106 das Stroh nie dem Feuer! GIUSTINIANI 175,199. Che foco arde la paglia facilmente 107 Denn das Feuer verbrennt das Stroh leicht ARIOST, ORL. FÜR. 24,39. Con periglio arreco In una man la paglia e la facella Unter Gefahr trage ich in einer Hand das Stroh 108 und die Fackel EBD. 24,91. U fuoco arde la paglia facilmente Das Feuer verbrennt das Stroh leicht MERBURY 15. i 09 N l, Lechstu vur by dore stro Nicht lange blift dat stro also Legst du Feuer zum dürren Stroh, bleibt das Stroh nicht lange so MNL. RSPR. ("WACKERNAGEL) 56. no Dt. Wer stro nahe zu füre dut, Vil lichte zündet ez sich an Wenn einer Stroh nahe i J j zum Feuer legt, entzündet es sich sehr leicht SALMAN u. MOROLF 85,2. Ir waent, daz btder gluote Daz stro so nähen lac, Sit ir vrou Minne pflac, Daz her Gäwein vertragen? Glaubt ihr, dass Gäwein das ertragen habe, dass das Stroh so nahe beim Feuer lag, weil 112 sich Frau Minne ihrer annahm? HEINR. v. D. TÜRLIN 8494. Swä fiur ist bt dem stro, in Daz brinnet Ithte Wo Feuer beim Stroh ist, brennt dieses leicht FREIDANK 121,2. Wan sich ein stro bi fevr gerne enbrennet Denn Stroh entzündet sich bei Feuer gerne ALB R. 114 v. SCHARFBNBERG, J. TiTUREL 5776. Vlieht die vrowen bt der ztt, Wan ,ungewaerer staete lit Stro bi dem vture Da wazzer waere tiure' Meidet die Frauen frühzeitig, denn wenig sicher (wörtl.: mit unzuverlässiger Beständigkeit) liegt Stroh beim Feuer, wo kein 115 Wasser ist! BUCH D, RÜGEN 1641. Die min gemüete hat enbrant Alsam daz fiur ein dürrez stro Welche mein Gemüt entzündet hat wie das Feuer dürres Stroh KONR. v. 6 WÜRZBURG, TROJ, KR, 8658. Ein stro, daz b? dem fiure Itt, Daz wirt enzündet sanfter an, Denn ob ez verre dort hin dan Von im gelegen waere Stroh, das beim Feuer liegt, beginnt leichter zu brennen, als wenn es weit entfernt von ihm gelegen wäre EBD. 117 15990. In dürrem stro verborgen glut Sechent gressern schaden tut Denn ob man si da wisti Seht (nur): In dürrem Stroh verborgene Glut richtet grösseren Schaden an, als ItS wenn man von ihr Bescheid wüsste! LIEDERSAAL 32,269. Vnd hüt, das ir ze nach nit legt Das dürr stro zu haissem fewr Und gebt acht, dass Ihr das dürre Stroh nicht zu I I P nahe zu heissem Feuer legt! HATZLERIN 2,57,340. Feur und stro sind nicht wol pei einander. — Est [ttmor]16 ardentts, dum sunt prope stramen et ignis Feuer und Stroh vertragen sich nicht beieinander, — Man hat Angst vor einem Brand, wenn Stroh und 120 Feuer nahe beisammen sind FREIDANK LAT. (GRAZ) 73. Wen stro by vure yrbrent sich, Lecht men dat na Denn Stroh bei Feuer beginnt zu brennen, wenn man es nahe dabei 121 hinlegt MINNERS ANKLAGEN 804. Wo feur pey stro leit, so print es gern Wo Feuer bei 122 Stroh liegt, brennt dieses gern PRAG 12. Wer zündt bi stro, Der bedarf wol steter sinne ... Das es im nicht verbrinne Wer nahe bei Stroh ein Feuer macht, bedarf wohl 123 aufmerksamer Sinne, damit es ihm nicht verbrennt HUGO v. MONTFORT 18,229. Nit leg das für nauch zuom strow Das es nit brinn Lege das Feuer nicht nahe zum Stroh, 124 damit dieses nicht brenne! HERMANN v. SACHSENHEIM, MOERIN 4128, Wo man das für legt nauch zuom strow, Das ist nit wunder, ob es brint Wo man das Feuer nahe 125 zum Stroh legt, da ist es kein Wunder, wenn dieses (dann) brennt EBD. 5806, Wer das stro pey dem fewr leytt, Das entzündt sich gern zu aller zeit Wenn einer das Stroh nahe 126 beim Feuer hinlegt, entzündet es sich stets gerne KLAGENFURT 12. Ir sechen wol, wo man s tost an Stro mit dem für behende: Wert man im nit, es tat nit lan, Biß es kompt an das ende Ihr seht wohl: Wenn man da, wo man mit dem Feuer rasch an Stroh kommt, nicht abwehrt, dann dauert es nicht lange, bis es ans Ende kommt WEBER, 127 EWIGE RICHTUNG 10,7 (+LILIENCR., HIST. VOLKSL. 130). Gern print das stro So es

187

STROH

nahent leit py dem fewr Das Stroh brennt gern, wenn es nahe beim Feuer liegt QUODLIizs BET 146. Wo stro bey fewer nahend leyt, Das wird brinnend inn kurtzer zeyt Wo Stroh nahe beim Feuer liegt, gerät es in kurzer Zeit in Brand SACHS 111,291,29 (1.518). 129 Eben als stro vnd fewr zusammen legen, vnd vorpieten es sol widder raucbenn noch brennenn Wie wenn man Stroh und Feuer zusammenlegt und verbietet, dass es zu rauchen und zu brennen beginne LUTHER, WERKE 1,398,13 (1520) (vgl. unten 8.3.). 3 30 Legt (seil, der teuffell} ... fewr vnd stro bey eynander, vnd gepeutt, es soll nicht brennen (Der Teufel) legt Feuer und Stroh nebeneinander und befiehlt, es solle nicht brennen 131 EBD. II, 343, 18 (vgl. unten 8.3.). Denn wo Feuer und Stroh bey einander liegt, da ists 132 gar bald entbrannt LUTHER, WA TR. 5381 (1542 [V, 1 18,26]). Er brann inn grosser fewresglut, Gleich so man strow zu gluten thut Er entbrannte in grosser Feuersglut, 133 wie wenn man Stroh zu Feuer legt WICKRAM 1,953. Wo stro nahent beim fewer leit, 134 Wirdt brinnent es in kurtzer zeit Übers, wie 128 SACHS VIII, 387, 2 (1546). Das alt Sprichwort gilt noch hewr: Stro wird bald brinnet bey dem fewr Das alte Sprichwort gilt noch heute: „Stroh beim Feuer gerär bald in Brand" EBD, XII, 38, 19 (1546). 135 Wann wo das stro bey fewer leit, Da wirdt es brinnend kurtzer zeit Denn wo das Stroh beim Feuer liegt, da gerät es in kurzer Zeit in Brand EBD. XXI, 143,18 Var. (1563) 136 (vgl. KOHLE 7). Und wie man warlichen sprücbf ... wo man feur und stro zesamen laß nisten, es bleib nit lang, es nem do zu letzt ain auspruch ... Und wie man richtig sagt, wo man Feuer und Stroh zusammen nisten lasse, bleibe es nicht lange aus, dass schliesslich ein Ausbruch erfolge ZIMMER. CHRON. 1,301,19. - AUGE 148-149, ERKENNEN 12, REGENBOGEN 14. Vgl. unten 8.3.-8A, KOHLE 3., MANN 170, WERG 3.1.

7.2. s. Inhaltsübersicht 7.3. Altes Stroh ist schwer zu löschen 137, 138 S p a n . £/ pajar viejo (NUNEZ: viejo pajar}, quando se enqiende, malo es de apagar Wenn sich das alte Stroh entzündet, ist es schwer zu löschen LOPEZ {?}, REFRANES 270. 139 NUNEZ 11,37. Pajar viejo, quando se endende, malo es de apagar LOPEZ (?), REFRA140 NES 558. Pajar viejo, quando se enciende, peor es de apagar que ei verde ... ist es schwieriger zu löschen als das grüne 1 7 NUNEZ , 118.

7.4. Wer Kleid und Arsch aus Stroh hat, fürchtet das Feuer 141 Fr. Qui a le cul pailleux a tons jours paour que le feu n'y prenne Wer den Arsch aus Stroh hat, ist immer in Angst, dass das Feuer ihn erfasse MORAW. 1801. 142 Kat. Qui coa te de palla, por te al foc Wer einen Rockschoss aus Stroh hat, hat Angst vor dem Feuer NUNEZ 111,266 (el Catalan).

8. Redensarten und Vergleiche Vgl. oben 2.2.5. 8.1. Leeres Stroh dreschen 143 M l a t . Nudum stramen, et vacuum triturare Blosses und leeres Stroh dreschen18 BE144 BEL, PROV. GERM. 563, Inanes culmos excussi&ti Du hast leere Strohhalme gedroschen ERASM., ADAG. COLL. 13 r. 145 Dt. leb dryscbe gayr ydel stro Ich dresche ganz leeres Stroh BERLINER LHS. 1653. 146, 147 Du drischest hie ain läres stro HÄTZLERIN l, 89, 54. Ir lieb ist mir erloschen Vnd hab lärs stro gedroschen Ihre Liebe ist mir erloschen, und ich habe leeres Stroh gedroschen 14S EBD. S. LXXIV, 58. Er sorgt er tresch ain lores stro Er befürchtet, leeres Stroh zu 149 dreschen GEILER, PILGER 174. DM trüschest ein lares stro Du drischst leeres Stroh

STROH

188

150 GEILER, HAS IM PFEFFER b 3 d. Inanes cutmos excusisti. — Du drischt lär stroe Übers. 151 wie 144. — ... HAUER 133. Der feiet vnd tryste ein ler stro Der irrr sich und drischt 152.153 leeres Stroh GEILER, BRÖSAMLIN 1,27 b. So trischt er nicht dann ein lehr stro So drischt er nichts als leeres Stroh FRANCK II, 136 v. EGENOLFF 139 v.

8.2. Einen Bart (Eine Garbe} aus Stroh machen19 354 Fr. Bten fönt ä Dieu barbe de fuerre Sie machen wohl Gott einen Strohbart GAUT. 55 DE COINCY (* BARBAZ, ET MEON I, 310,1217), Bien scet et par paix et par guerre A Dieu faire barbe de fuerre Er versteht es jederzeit {wortL: im Frieden wie auch in Kriegszeiten) gut, Gott einen Strohbart zu machen GERVAIS DU Bus, FAUVEL 1591. 156 C'est fait a dieu gar be de feurre Dies heisst Gott eine Strohgarbe gemacht J. MIELOT 157 47. Hz fönt a Dieu barbe d'estrain Sie machen Gott einen Bart aus Stroh LES Co158 QUARDS 204 (vor 1481 [* ROMANIA 47,186]). On fait souvent a Dieu barbe de feurre Man macht Gott oft ... J, MOLINET 66,24. 359.160 Dt. DM hast... Manchem ein strowin hart geflochten GENGENBACH 16,1056. Von 161 stroem hart flechten Vom Stroh Bartflechten MURNER, NARRENB. 11 Überschr. Wer ... im (seil, gott) ein stroen hart wil flechten Wer ihm (Gott) einen Bart aus Stroh 162 flechten will EBD. 11 Motto. Manchem flicht ich ein stroen hart Manchem flechte ich 163 einen Bart aus Stroh SACHS V, 329,32 (1533). Er macht yhm eynen hart von stro 164-167 AGRICOLA Nr. 691. Einn strain hart flechten FRANCK 1,51 v. 1,104 r. II, 11 v. Einen 16S stroin hart flechten EGENOLFF 14 v. Stroern hart flechten EBD. 249 v. — NASE 38-39, 41, 48. Vgl FLACHS 3., NASE 8.2., WERG 4.1.

8.3. Stroh zum Feuer legen 169 Mlat. Igni stipulam adders, oleum camino, serpentem intoxicare, nonne dementia est? Stroh zum Feuer legen, Öl in den Ofen (giessen), eine Schlange vergiften, ist das nicht Unsinn? IOH. SARESB., POLICRAT. 403 D. 170 Dt. Du wilt stro zu dem furin brand legen Du willst Stroh zum feurigen Brand legen 171.172 SEUSE 369,22. Man sol nit stro ins feur legen, vnnd oll zum flammen than FRANCK 173.174 1,28 v. EGENOLFF 295 r. Stro zum feuer legen FRANCK 1,31 r. Fewr zum stro oder brand legen EBD. 1,42 v. Vgl. oben 204, 129-130

8.4. Feuer mit Stroh löschen 175 M l a t . Tantundem ualeret, ac st paleis ignem extingueret Es wäre ebensoviel wert, 176 wie wenn er das Feuer mit Stroh löschen würde PETR, ALF., DISC. CLER. 33,4. Stipula incendium restinguis Du löschst das Feuer mit Stroh LUTHER, WA XVIII, 626,38 11525). 177 Dt. Su/er mit stro v'mwer lischet... Daz dunket mich ein goukelspil Wenn einer Feuer 178 mit Stroh löscht, dünkt mich das ein Narrenwerk THOM. v. ZIRCLARIA 12107. Das ist geleich, alls ob ir ain starck fewer erleschen wollt mit dürrem stro Das ist gleich, wie wenn ihr ein starkes Feuer mit dürrem Stroh löschen wolltet FÜETRER, LANZ. 285.

8.5. (Unbeständig wie ein) Strohfeuer20 i 79 L at. Uf quondam in stipulis magnus sine viribus ignis, In cassum funt (seil, senior) Umsonst tobt er (der Greis) wie zuweilen ein Feuer im Stoppelfeld, das zwar hoch 380 aufflammt, aber ohne Kraft ist VERG., GEORG. 3,99. Flammaque de stipula nostra brevisque fuit Unsere Liebesglut ist von Stroh und kurz gewesen OVID., TRIST. 5,8,20. 18l Fr. Qu'ele (seil, la largesce] senble feu de paille: Quant est ars, bien se sanz faille, Riens ne vaut Denn sie (die Freigebigkeit) gleicht dem Strohfeuer: Wenn es zu brennen

189

STROH

begonnen hat, ist es nichts wert, das weiss ich sehr genau COMTE DE BRETAGNE (+JEUX182 PARTIS 1,22). La faille Qui plustot meurt que feu de paille Die Fackel, welche eher eriöschr als ein Strohfeuer OVIDE MORALISE 59. 183. J84 It. Fuoco di paglia Ein Strohfeuer GAMBINO 172. Non e fuoco dt paglia Es ist kein 184a Strohfeuer LORENZO DE* MEDICI 11,182 (Simposio 6,112). Che presto nasce in loro

e presto muore, Quasi un foco di paglia, ogni appetito Denn jede Begierde entsteht bei ihnen schnell und geht schnell dahin wie ein Strohfeuer ARIOST, ORL. FÜR. 10, 7, 1S.S Dt. Ez (seil, daz mensche] ist staete als im fiure ein stro Er (der Mensch) ist beständig wie ein Strohhalm im Feuer FREIDANK 22,11. Vgl. oben 7.2.

8.6. Ins Stroh fallen 21 186 Dt. und hat ir iren pauck geswelt, Das sie schir in ein stro velt, Darinnen sie sechs wochen muß harren Und er hat ihr ihren Bauch zum Anschwellen gebracht, so dass sie bald ins Stroh fällt, wo sie sechs Wochen bleiben muss ROSENPLÜT ( + FASTNACHTSP. 187 851,20). Davon sich da ir pauch geswelt, Das sie sechs wochen in ein stro velt Wovon ihr dann der Bauch anschwillt, so dass sie für sechs Wochen ins Stroh fällt ROSENPLÜT (+FASTNACHTSP. 857,5).

8.7.-8.10. s. Inhaltsübersicht 8.11. Verschiedenes 188 M l a t , Queris paleam sine grants Du suchst Spreu ohne Körner 22 LAZARUS ET MAGDALENA 170 (vgl. 2.2.4.). 189 Fr. De dru forment en vuide esteule Sui mis Vom dichten Getreide werde ich ins leere 190 Stroh versetzt23 J. BODEL, CONGES 137. Doner H doit le grain apres la paille Man 191 muss ihm das Korn nach der Spreu geben 24 THIB. DE CHAMPAGNE 25,38. Tu emprens plus grant deruerie Que de faire de paille grain Du begehst eine noch grössere Torheit, als wenn du aus Spreu Korn machen würdest ROB. D'ARRAS, VERS DE LA MORT 234,3.

9. Verschiedenes 192 It. Che abbisogna metter e piü paglia sotto Denn man muss mehr Stroh unterlegen FILIPPO STROZZI {1459 [+MACINGHI, LETTERE 171]). 193. 194 S p a n . Alegrias, albafrjderos, que el valago se arde Freudenfest, ihr Saumsattler, denn 195 das Stroh steht in Flammen 25 LOPEZ (?}, REFRANES 29. HALLER 112. Alegrias, albar196 deros, que se quema el halago2·5 NUNEZ 1,56. De pafa o de heno mi vientre lleno Von Stroh oder Heu (ist) mein Bauch voll 26 EBD. 1,293. V.M.

Anmerkungen 1 2

3 4 5 6 7 8 9

Vgl. HASSELL G 46; WHITING C428. Dazu die Gl.: No« est annona, que. sine suis nascatttr paleis: nee quilibet homo sine sua qualicumque animiuel mentis ratione Es gibt kein Getreide, welches ohne seine Spreu entsteht, noch einen Menschen ohne seine Geistesart und Gesinnungsweise,

Vgl. WHITING C428. Vgl. HASSELL G 46. Vgl. auch WHITING C428. Vgl. ZILTENER 6107; HASSELL G 46; WHITING C428. Vgl. HASSELL G46; WHITING ¥693. Vgl. ZILTENER 6343; HASSELL G46; WHITING C428. S 824. Gemeint ist, dass die Männer den Ruhm und die Ehre haben und auf die Frauen nur ein kleiner Abglanz davon fällt.

STROM

190

10

Übersetzungsvorschtag für das syntaktisch unklare Sprw., das Titel und Moral der l, facezia des Antonio Cornazano darstellt. Mit dieser Antwort fertigt der sexuell u berforderte Ehemann seine unersättliche Gattin ab, die ihn mit der Formel Da del fieno al mio cavallo (Gib meinem Pferd Heu) zum Geschlechtsverkehr auffordert. Der Text erläutert, mit diesem Sprw. weise man lästige Forderungen ab, die man nicht erfüllen könne oder wolle. Die Ergänzung eines supponierten Imperativs (chiedi, domanda] würde das Adv. pure verständlich machen. 11 Vgl. HASSELLM69; WHITING D118. 12 Der Hrsg. erklärt in einer Anm., das heisse „Wir sterben nicht den Strohtod, wenn wir über Bord springen". 13 jsJach einem Vorschlag Singers. 14 Vgl. WHITING C128. '-> Vg!. ZILTENER 759. 16 Ergänzt nach WALTHER 7953. 17 Nunez fügt hinzu: Otros dicen: quanao se endende elpajar viejo, mas arde que el nuevo Andere sagen: „Wenn sich das alte Stroh entzündet, brennt es mehr als das neue." 15 Es folgt die Erklärung: est fntstra laborare Das heisst sich vergeblich abmühen. 19 Jmdn. hintergehen oder betrügen, mit einem ein falsches Spiel treiben, einem etwas weismachen. Nach J. Ho well, Proverbs, London 1659,27 geht die Rda. darauf zurück, dass bei der Entrichtung des jährlich anfallenden Kirchenzehnts leere Strohgarben anstatt voller in betrügerischer Absicht abgeliefert wurden. Vgl. auch J. Morawski, „Faire a Dieu barbe de paille", ARCHIVUM ROMANICUM 23,1939,79ff.; HASSELL BIO; WHITING G270. 20 Vgl. ZILTENER 751 f. 6124ff. 21 In Kindesnöten sein, niederkommen; vgl. GRIMM, DWs, X.3,1647. 22 Nach Nichtigem streben. 23 Vom Vollen aufs Trockene kommen. 24 Vgl, die Anm,; Donner la recompense apres la peine. 25 Dazu SBARBI I, 74: El que se alegra con $u perdicion merece este baldon Wer sich bei seinem Verlust freut, verdient diesen Tadel. Anders CORREAS 49, der das Sprw. ironisch auffasst. 26 Nunez fügt hinzu: Otros dicen: el vientre lleno siquiera de heno Andere sagen: „Den Bauch wenigstens von Heu voll". Vgl. auch REFRANERO 168; Dice que con tal de comer, no se repare mucho en la calidad de los alimentos Besagt, dass man bei einem solchen Essen nicht viel an der Qualität der Speisen tadeln solle.

STROM / fleuve / river Hier auch FLUSS Vgl. BACH 1. Ursprung, Lauf und Ziel des Stromes U. Der Strom kehrt (nach einiger Zeit) zum Ursprung zurück (1-5). Vg!. ANFANG 2.1.2., HASE 8., WASSER 1.2. 1.2. Jeder Strom kommt aus dem Meer und fliesst ins Meer (zurück) —· MEER l, 5 — 12, IS, 17 1.3. Aus (kleinen) Tropfen, Quellen und Bächen entsteht ein (grosser) Fluss (6—12). Vgl. BACH 3., MEER 1., WASSER 1.4. 1.4. Der grosse Strom wird durch Aufteilung in Bäche kleiner (13 — 19). Vgl. BACH 4. 1.5. Ein Strom kommt weniger hoch und reissend daher als ein Wildbach —> BACH 6 —7, 9 1.6. Der Strom bewässert nur das weiter Entfernte (20—24) 1.7. Verschiedenes (25 -26) 2, Stiller, träger und tiefer Strom 2.1. Stiller Strom ist tief (27-28). -- WASSER 2$, 34,38-39. Vgl. WASSER 2.1.1. 2.2. Tiefer Strom rauscht weniger (29-31). Vgl. WASSER 2.1.1. 2.3. Stiller Strom ist schlimm und gefährlich (32-36), Vgl. WASSER 2.1.2.-2,1.3. 2.4. Stiller Strom zerstört die Ufer (37-39). Vgl. WASSER 2.1.4.

191

STROM

2.5. Stiller Strom ist (im Gegensatz zum rauschenden) unrein (40—41). Vgl. WASSER 2.1.7. 2.6. In einen stillen Strom stecke man weder Finger noch Hand (42—43) 3. Trüber Strom 3.1. In einem trüben Strom ist gut fischen — FISCHEN 30, 36-37, 39 3.2. Vor einem trüben Strom nehme man sich in acht (44-45) 4. Kleiner Strom (46- 4 7) 5. Gefährliche Nähe des Stromes 5.1. Nahe am Strom habe man kein Haus, keinen Weinberg oder Ötgarten ^48-49,1. —» HERR 394 5.2. Nahe am Strom gebaute Türme stürzen ein (50—51) 6. Gefahr des Ertrinkens im Strom (52—53) 7. Überqueren und Refahren des Stromes 7.1. Als letzter soll man den Strom überqueren —* LETZT 2.3. 7.2. Es ist weniger gefährlich, den Strom zu befahren als das Meer —· SCHIFF 2 -25, 28—30, 34 8. Anziehungskraft des Stromes für Vögel (54-57). Vgl. DURST 3.1. 9. Fische im Strom — FISCH 89-96, 99, 103, 124, FISCHEN 92 10. Redensarten ynd Vergleiche 10.1. Gegen den Strom (kämpfen, schwimmen, rudern) (58-77). — DIENEN 727, HAUPT 123, SCHWIMMEN 47-49, 51, 54, 57-58. Vgl. RUDER 5., SCHWIMMEN 13., WELLE 3 10.2. Den Strom mit dem Sieb ausschöpfen — FRAU 75, SIEB 16,18 10.3. Davonfiiessen wie ein Strom —· ZEIT 7, 12 11. Verschiedenes (78-84)

1 2 3 4 5

1. Ursprung, Lauf und Ziel des Stromes 1.3. Der Strom kehrt (nach einiger Zeit) zum Ursprung zurück Bibl. Ad locum, unde exeunt flumina, revertuntur ut Herum fluant Die Ströme kehren an den Ort, von wo sie ausgehen, zurück, um wieder (von da aus) zu fliessen VULG., ECCLES. 1,7. An den Ort da sie (seil, alle Wasser) her fliessen, fliessen sie wider hin LUTHERBIBEL, PRED, 1,7. M l a t . Ad locum unde exeunt flumina revertuntur Die Ströme kehren an den Ort zurück, von wo sie ausgehen G. S. THEOD., VITA BERN. I 63 (261 D [= MOMBRITIUS 1,195,9]). Anno milleno redit amnis flitmine plena Nach tausend Jahren kehrt der Strom mit voller Wassermenge zurück S. OMER 16. It. In trente (lies mit Ausg. Salamanca 1555,60r: trenta) iorni he un mese, ogni fiume torna a sue (lies mit Ausg. Salamanca 1555,60r: s«o) paese In dreissig Tagen und einem Monat kehrt jeder Strom in seine Gegend zurück NUNEZ 11,216 (el Italiano). Vgl. ANFANG 2.1.2., HASE 8., WASSER 1.2. 1.2. s. Inhaltsübersicht

6 7 8 9

1.3. Aus (kleinen) Tropfen, Quellen und Bächen entsteht ein (grosser) Fluss Mlat. Nam plurimus amnent Rivulus excrescent gignit Denn ein kleiner, sehr hoch anschwellender Bach erzeugt einen Strom ALANUS 328 (Anticlaudian. 1,6), Flumina magna trahunt ortum de fönte pusillo Die grossen Flüsse nehmen ihren Ursprung bei einer sehr kleinen Quelle PROV. WRATISLAV. 234 Fontibus ex modicis concrescit maximus amnis Aus kleinen Quellen entsteht ein sehr grosser Strom WERNER 2 f 58. It. Usct d'una piccola fönte uno gran fiume Aus einer kleinen Quelle ist ein grosser Strom hervorgegangen COMPAGNI 1,3.

STROM

192

W Nord. Ampnem paruorum facit vnda frequens fluuiorum. — Monghe becke oc smaa g0re een stoor aa Das viele Wasser kleiner Fl sse erzeugt einen Strom. — Viele kleine B che machen einen grossen Fluss LALE 38. n Engl. Sicut soleat (lies: soleant, Red.) paruis et minimis guttis flumina crescere, ~ Ealswa gewunia of lytlum and l&stum dropum ormcete flodas wexan So wie aus kleinen und kleinsten Tropfen ungeheure Fl sse zu entstehen pflegen DE VITIIS 231. 12 Dt. Er denkt, am clainer ursprtng Meret an dem fluzze sieb Er denkt: Eine kleine Quelle vergrossert sich im Strom JOH. v. W RZBURG 7126. Vgl. BACH 3., MEER 1., WASSER 1.4.

1.4. Der grosse Strom wird durch Aufteilung in B che kleiner 13 Lat. Grandia per multos tenuantur flumina rivos Grosse Str me nehmen durch viele B che ab OVID., REM. AM. 445. 14. is M l a t . Quem sibi distribuunt riui, minus amnis inundat, Vel (FLOR. GOTTING,: Et) diutsa minus candescit flamma camini Der Strom, den die B che f r sich aufteilen, hat weniger Wasser, oder (und) das zerteilte Kaminfeuer leuchtet weniger ALANUS 339 16. 17 (Antidaudian, 2,5). FLOR. GOTTING, 99. Grandia per multos minuuntur (WERNER 2 : tenuantur) flumina rivos bers, wie 13 PROV. WRATISLAV, 243. WERNER 2 g 19. 18 It. Qual e d'un flume forte d'acqua plena, Quanto phi fuor per rivoli se spande, Tante roman de l'acqua in eso meno Wie es bei einem starken Strom voll Wasser ist: Je mehr er sich durch B che weiter aufteilt, um so weniger Wasser bleibt in ihm zur ck PLANTO DE LA VERZENE 69, 19 Dt. Des Rines vlieze und sin vloz Dem ist an keiner stat so groz, Man enm ge dervon gegiezen Mit einzelingen vliezen So vil, daz er sich gar zerlat Der Fluss des Rheines und seine Str mung ist an keiner Stelle so gross, dass man nicht davon mit einzelnen Abzugskan ien so viel ausgiessen kann, dass er sich aufl st GOTTFR. v, STRASSBURG, TRISTAN 19435. Vgl. BACH 4.

1.5. s. Inhalts bersicht 1.6. Der Strom bew ssert nur das weiter Entfernte 20, 21 Mg r. Ποταμός τα πόρρω ποτίζων, τα δ' έγγιον καταλείπει Ein Fluss bew ssert das weit Entfernte und l sst das, was n her ist, (unbew ssert) zur ck PS. DIOGENIAN, 7,70, APOSTOLIOS 14,50. 22. 23 Mlat. Fluuius, quae procul absunt irrigat Der Fluss bew ssert das, was weit weg ist ERASM., ADAG. CHIL, 3,1,43. ERASM., ADAG, EPIT. 6, 24 Dt. Fluuius quae procul absunt irrigat. — Die fl befeuchten nun das weit von dann ... — Die Fl sse befeuchten nun das weit Entfernte FRANCK 1,1 v.

1.7. Verschiedenes 25 Fr. Comme poroit une grosse riviere Venant d'amont prendre son cours arriere Wie k nnte ein grosser Fluss, der von oben kommt, seinen Lauf r ckw rts nehmen? FROISS. (SPEC. 10) 319,372 (vgl. WASSER 1.5.). 26 N o r d . Jafnan ver&r at aflo stakar Immer geschieht es, dass die Flut des Flusses (etwas) wegreisst (w rtl.: zur Seite st sst) (?) MALSH TTAKV^DI 26,7.

2. Stiller, tr ger und tiefer Strom 2.1. Stiller Strom ist tief 27 Mgr, Σιγηροΰ πόταμου τα βάθη γύρευε Untersuche die Tiefe eines stillen Flusses! KRUMB. 125 S. 128.

193

STROM

28 Nl. Men seit: die vloet die stille staet, Soe es dieper dan die harde gaet Man sagt: „Der Fluss, der stillsteht, ist tiefer als der, welcher ungestüm fliesst" CATO MNL. 241 {vgl. WASSER 28). — WASSER 28, 34, 38-39, Vgl. WASSER 2.1.1.

2.2. Tiefer Strom rauscht weniger 29 La t, Altissima quaeque flumina minimo sono labi Gerade die tiefsten Flüsse strömen mit sehr geringem Rauschen CURTIUS RUFUS 7,4,13, 30 Span. Do va mas bondo el no, hace menor ruido Wo der Strom tiefer geht, macht 31 er weniger Lärm NUNEZ 1,338. Quando el no no hace ruido, o no lleva agua, o va muy crecido Wenn der Strom keinen Lärm macht, bringt er entweder kein Wasser oder kommt sehr hoch EBD. 111,222. Vgl. WASSER 2.1.1.

2.3. Stiller Strom ist schlimm und gefährlich 1 32 M l a t . Qui fuerit lenis, tarnen hand bene creditur amni Dem Strom, der sehr ruhig 33 ist, traut man dennoch mit Vorteil nicht EGBERT., FEC. RAT. 1,28. Quamuis sint lenta, stnt creduia nulla fluenta Auch wenn sie ruhig sind, darf man doch keinen Flüssen trauen S. OMER 255. 34 Fr. De ceulx qui sont quoi et senestre Te garde, c'on nes puet cougnoistre. Cils moz ne fu pas diz en hades: ,Pis vault quoy fluves que U rades4 Hüte dich vor denen, die ruhig sind und falsch; denn man kann sie nicht durchschauen! Dieses Sprichwort wurde nicht umsonst gesagt; „Schlimmer ist ein ruhiger Strom als ein reissender" ADAM DE SUHL, CATO 735 (vgi. WASSER 25). 3s Pro v. Los homils pus quels braus Asaia quals seran, Car en flom(s) qu'e$ su(s)aus Moron mans no guardan Prüfe die Sanften mehr als die Wilden (darauf hin), wie sie sind; denn in einem Strom, welcher ruhig ist, kommen viele um, die nicht aufpassen! G. DE CERVERA 1090 {vgl. WASSER 28). 36 S p a n . Del rio manso me guarde Dios, que del fiterte yo me guardare Vor einem sanften Strom behüte mich Gott; denn vor einem wilden werde ich mich selbst hüten LOPEZ (?}, REFRANES 188. Vgl. WASSER 2.1.2.-2,1.3.

2.4. Stiller Strom zerstört die Ufer J7 M l a t . Mitis edit ripam, vehemens quam transiet amnts Der ruhige Strom zerfrisst das 38 Ufer, an welchem der reissende vorüberfliessen wird WERNER 2 m 34. Qui tacite currit fluvius, sua litora solvit Der Fluss, welcher ruhig fliesst, zerstört seine Ufer EBD. q 144. 39 Lttora corrodunt, tractim quae flumina vadunt Die Flüsse, welche langsam fllessen, zernagen die Ufer EBD. i 49. Vgl. WASSER 2.1.4.

2.5. Stiller Strom ist (im Gegensatz zum rauschenden) unrein 40 M l a t . Siquidem etiam fluminis aqua, si stare coepent, et ipsa putrescet Denn auch das Flusswasser wird, wenn es aufgehört hat zu fliessen (worth: zu stehen begonnen hat), Fäulnis ansetzen BERN., SERM. IN CAPITE JEJUNII 1,4 (170 A). 4J Fr. Locus ftuviosus, rivire bruiant, non tenet lutum Eine Stelle mit fliessendem Wasser, ein rauschender Fluss, enthält keinen Dreck PREDIGT (SCHÖNBACH WSB 140) 19. Vgl. WASSER 2.1.7.

STROM

194

2.6. In einen stillen Strom stecke man weder Finger noch Hand 42 Span. En rio man$o, no metas tu mano In einen ruhigen Strom sollst du nicht deine 43 Hand halten NUNEZ II, 88. En rio quedo, no metas tu dedo In einen ruhigen Strom sollst du nicht deinen Finger hatten EBD. II, 121. 3. Trüber Strom 3.1, s. Inhaltsübersicht 3.2. Vor einem trüben Strom nehme man sich in acht 44 Fr. Garde toy de la rivyre Qu'est trouble et laicbement tire Hüte dich vor dem Fluss, der trüb ist und träge dahinzieht! JACQUES DE BUGNIN 344. 45 It. Guardati in fiume torbo non entrare, Se tu non vedi m prima altrui passare Hüte dich davor, in einen trüben Fluss zu steigen, wenn du nicht zuvor siehst, wie ihn ein anderer überquert! SCHIAVO DI BARI 23 (vgl. LETZT 2.3.). 4. Kleiner Strom 46 11. Di piciol fiume vien talor grande onda Von einem kleinen Fluss kommt bisweilen 47 eine grosse Welle CHIARO DAVANZATI (·» ANTTCHE RIME 350,8). Piccioiin fiume grandi sassi mena Kleiner Fluss führt grosse Steine mit sich POEMETTO ALLEGORICO 49. 5. Gefährliche Nähe des Stromes 5.1. Nahe am Strom habe man kein Haus, keinen Weinberg oder Ölgarten 48 Span. A par de rio, ni compres vina, ni olivar, ni caserio Neben einem Strom kaufe 49 weder einen Weinberg noch einen Ölgarten noch Häuser! NUNE/, 1,111. Ni hagas huerta en sombrio, ni edifiques cabe rio Lege keinen Garten im Schatten an, noch baue nahe am Strom! EBD. HI, 32. -^ HERR 394 5.2. Nahe am Strom gebaute Türme stürzen ein 50 Ml a t. Ruunt turres, quae iuxta flumen sitae, perpetuum in se aquae cursum recipiunt Türme, welche nahe am Fluss stehen und den Lauf des Wassers ewig an sich vorbeiziehen lassen, stürzen ein AENEAS SYLVIUS, MIS. CUR. 37. 51 Engt. Hye towres decay builded by flouds side, Which doth the waues continually abide Hohe Türme, die neben Flüssen gebaut sind und die Wogen ohne Unterbruch ertragen müssen, stürzen ein BARCLAY, ECL. 1,1019. 6. Gefahr des Ertrinkens im Strom 52 MIat. Ne te submergas, caute prope flumina pergas! Damit du nicht ertrinkst, gehe 53 vorsichtig dem Fluss entlang! WERNER 2 n 16. in magnis fluminibus facile submergitur In grossen Ftüssen ertrinkt man leicht2 BEBEL, PROV. GERM. 11. 7. s. Inhaltsübersicht 8. Anziehungskraft des Stromes für Vögel 54 M I a t . Anser cernebat fluvium magis et sitiebat Die Gans erblickte den Strom und 55 hatte mehr Durst WERNER 2 a 89. Raro sitiret avis, si flumen raro videret Selten hätte 56. 57 der Vogel Durst, wenn er den Fluss selten sähe EBD. r 25. Mox potare cupit, cum

195

STROM

flumen (PROv, WRATISLAV.: flumen cum] conspiät auca Wenn die Gans den Fluss erbtickt, will sie sogleich trinken EBD. m 56. PROV. WRATISLAV. 328. Vgl. DURST 3.1.

9. s. Inhaltsübersicht 10. Redensarten und Vergleiche 10.1. Gegen den Strom (kämpfen, schwimmen, rudern) 3 58, 59 B i b l . Nee coneris contra ictum fluvü VULG., SIRACH 4,32. Vnd strebe nicht wider den ström LUTHERBIBEL, EBD. 4,31. 60 La t. Ergo mutetur scripti sententia nostri, Ne totiens contra, quam rapit amnis, earn Ich will also das Thema meiner Schrift ändern, um nicht so oft gegen den Lauf des 61 Stromes anzugehen OVID., EX PONTO 3,7,7. llle igitur numquam derexit bracchia contra Torrentem Jener richtete daher die Arme nie gegen den Strom luv., SAT. 4, 89. 62 luberesne me niti contra naturam, adverso quod aiunt flumine? Würdest du mir befehlen, mich gegen die Natur zu sträuben, gegen den Strom also, wie man sagt? FRONTO 63 113 (ad L. Verum Imperatorem l, 1}. Non tibi adverso nunc amne nitendum est Du 64 darfst dich nun nicht gegen den Strom stemmen SYMMACH., ER 3,43,2. Cur itaque conor contra fluminis tractum? Warum stemme ich mich also gegen den Lauf des Flusses? HIERON., EP. 110,3,1. 65 Mgr. Stromaufwärts gehen MANTISSA 1,15. 66 Mlat. No« est consilium meum ut contra torrentern brachia dirigatis Es ist nicht 67 mein Rat, dass ihr die Arme gegen den Strom bewegen sollt Ivo, EP. 50 (62 A). Quid enim attinet contra torr entern brachia tender e? Was nützt es nämlich, die Arme gegen 68 den Strom auszustrecken? G. MALM., H IST. NOV. § 486. Sed frustra contra impetum fluminis conantur Aber vergeblich stemmen sie sich gegen die gewaltige Strömung des 69 Flusses OTTO FRIS., CHROM. 94,3. Contra impetum fluminis conari esse periculosum Es sei gefährlich, sich gegen die gewaltige Strömung des Flusses zu stemmen OTTO 70 SANBLAS., CHRON. 18,14. Contra torrentem niti Sich gegen den Strom stemmen ERASM., ADAG. CHIL. 3,2,9. 71 Eng l. Ajeyn pe strem ne striue pou noujt Kämpfe nicht gegen den Strom! VERNON 72 MS. 50,585. Stryve^e never ageyn the streme Kämpfe nie gegen den Strom! WRIGHT, 73 REL. ANT. 1,76 (15. Jh.). Ytt ys hard a-yenst pe strem to stryve Es ist schwer, gegen den Strom zu kämpfen HILL 91,49. 74 Dt. Ich streven leyder tegen stroem Ich kämpfe leider gegen den Strom MINNEREDEN 75 II 28,65. WM Christus ist, gehett ehr allezeit widdr den strahm Wo Christus ist, geht 76 er immer gegen den Strom LUTHER, WA IV, 637,40 (um 1514 — 20). Wider den stram 77 fechten Gegen den Strom kämpfen EBD. XVIII, 409,20 (1525). Und strebe nicht wider den stram Und kämpfe nicht gegen den Strom! SACHS XIX, 18,22 (1564). — DIENEN 727, HAUPT 123, SCHWIMMEN 47-49, 51, 54, 57-58. Vgl. RUDER 5., SCHWIMMEN 13., WELLE 3

10.2.-1Ö.3. S.Inhaltsübersicht 11. Verschiedenes 78 M l a t . Aqua praetereunte, notus amnis manet in flumme Obschon das Wasser vorbei79 fliesst, bleibt doch der bekannte Strom im Flussbett IOH. SARESB., POLICRAT. 491 C. Allicit in fluvium, non mergit amicus in illum Der Freund lockt einen zürn Fluss, wirft einen 80 aber nicht hinein WERNER 2 a 62. Stirps trahit ad flumen, sed non dimergit in imum Die Familie zieht einen zwar zum Fluss, taucht einen jedoch nicht ganz hinein EBD. s 185.

STRUNK

196

SI S p a n , Non me quiero en cabo del no enfogar Ich wünsche nicht, am Ausgang des 82 Stromes zu ertrinken GONZALO DE BERCEO (-» GIESE 91,8), Alabate merda que el no 83 te lleva Rühme dich, Dreck, denn der Fluss nimmt dich mit! NUNEZ 1,46, Lo que el rio allega, el rio IQ lleva Was der Fluss anschwemmt, reisst er wieder fort EBD. H, 314. 84 Dt. De steinberge entstän dem ströme. — Saxosi monies fluviis amnique resistunt Die Steinberge widerstehen dem Strom, - Die Steinberge widerstehen den Flüssen und dem Strom TUNNICIUS 1338.

V.M. Anmerkungen 1 Vgl. ZILTENER 851. 2

3

Vgl. FRANCK 1,76 r: In grossen wassern ertrinckt man gern. Vgl. ROHRICH II, 1042 b; WHITING S 830.

STRUNK s. STAMM STUBE s. ZIMMER

STÜCK / piece / piece

1 2 3 4 s

1. Das eine Stück macht, dass das andere verkauft wird Fr, Li uns bouzons (MoRAW,: L'un bogon) fait l'autre vendre Das eine Stück l macht, dass das andere verkauft wird VILAIN 242 {= MORAW, 1125). Quer (Denn) vin (lies: l'un) bougon fet l'autre vendre }. DE S. MARTIN, THOM. HELIE DE BIVILLE 163 (-» MORAW., ROMANIA 50 508}. Lun trun MAULTIER 3., PFERD 168-170, TUCH 10 2. Sündigen ist allgemein menschlich 2.1. Alle Menschen sündigen (haben Fehler) (1-64). — HOMER 2-3, MEISTER I, 3, SCHELTEN 78, 83. Vgl. ABER 1., DAS 1-7, HALB 7, HINKEN 28, LASTER 1., MANN 1.5,3,, SCHELTEN 6.2., SCHLECHT 4.1.1., TUGEND 5.2,, VERBRECHEN 12, VOLLKOMMEN 1.-2., WELT 60, WENN 1. Variiert (65) 2.2. Sünde kommt von selbst (66-67) 2.3. Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein auf den Sünder —> STEIN 167-169 3. Wesen und Wirkung der Sünde 3.1. Sünde bringt weitere Sünden hervor (68-75). Vgl. ARBEIT 1.1., EIN 1.1., 4.2.1., FEE 7, FREUDE 7.1.1., GLÜCK 9,6,, GUNST 5., GUT ANFANG 277, FREUDE 205. Vgl. BITTER 1.1.1,, FREUDE 1.1., GLÜCK 9.5., GUT (Adj.) 7.I., 7.3., HONIG 4.1.1.1., LACHEN 2.1., LEID 5.1., LIEBE 1.5.2., 1.6.7.1., SCHADEN 6.14,, UNGLÜCK 7.3., WEINEN 1.1. 1.1.2. Süsses folgt auf Saures (20-23). — UNWETTER 26. Vgi. BITTER 3, FREUDE 1.1., GUT (Adj.) 7.1.-7.4., LACHEN 2.2., LEID 7.1., LIEBE 1.5.2., 1.6.9.3., SCHADEN 6.14., SCHERZ 60, SCHLECHT 6.1., 6.3., UNGLÜCK 123, WEINEN 5 1.1.3. Süsses ist mit Bitterem (Saurem) zu erkaufen und zu bezahlen (24—33). —· DULDEN 67, FRUCHT 44, TAG 218. Vgl. BITTER 1.1.2., FREUDE 1,2.3, 1.1.4. Süsses kennt und geniesst man erst richtig nach Bitterem (34-44). —«· LEID 98. Vgl. BITTER 1.1.3., FREUDE 1.2.4., GLÜCK 10.11., GUT (Adj.) 7.4,, KAMPF 2.9.3., KRANK 5.2.1., LEID 5.2.4,, LIEBE 1.5.2., REGEN 6.7., SCHLECHT 6.3., TAG 7.2. 1.1.5. Verschiedenes (45-46) 1.2. Spez, 1.2.1. Die Welt hat und bringt mit dem Süssen das Bittere (Saure) — HEUTE 82, WELT 209-2 l, 217-218 1.2.2. Die Liebe lässt auf Süsses Bitteres (Saures) folgen — LIEBE 723, 752, 788, 790-791

241

SÜSS

1.2.3. Süsser Bissen (Schluck, Klee) hat sauren Nachgeschmack (47-51) 1.2.4. Was süss zum Essen und Trinken ist, ist sauer zum Bezahlen —» ZAHLEN 30, 34-35, 39-40 1.2.5. Was süss zum Nehmen ist, ist bitter zum Zurückgeben — NEHMEN 91-92 1.2.6. Wer von den Bienen das Süsse will, muss auch das Unangenehme von ihnen ertragen (52-53).Vgl HONIG 4.6.1. 1.2.7. Wer nichts Bitteres gekostet hat, dem schmecken süsse Esswaren nicht süss (54-56) 1.2.8. Verschiedenes (57-59) 2. Kehrseiten des Süssen 2.1. Zuviel Süsses erweckt Überdmss und wird sauer (60-61). — HONIG 14-15, 18, 23-24, 27, 30, 32, 34, MASS {Massigkeit} 189. Vgl. ESSEN 5.14.1., HONIG 2.2.2.1. 2.2. Was süss schmeckt, bekommt oft Herz und Magen nicht (62-64). Vgl. BAUCH 4.3., BITTER 2.2., HONIG 2.2.1. 2.3. Unter der Süsse des Honigs verbirgt sich der Stäche! -» BIENE 16, 19, 23-24, 30-31, DORN 119, 121 HONIG 157, 160, 162-163, 165 2.4. Hinter der Süsse der Liebe steckt ein verborgener Stachel — LIEBE 1,6,9,4. 2.5. In der Süsse der Welt ist ein Stachel und Gift enthalten - WELT 212, 214, 219. Vgl. WELT 23 2.6. Hinter süssen Worten und Blicken stecken oft Heimtücke und Betrug — JA 23, WORT 680-687, 693-694, 696, 698. Vgl. WORT 22.5.2.2. 2.7. Mit süssen Tönen wird der Voge! ins Verderben gelockt — VOGEL 131-134,137-138, 140, 143, 146-153 3. Positive Kraft des Süssen 3.1. Süsse Worte schaffen und stärken die Freundschaft - WORT 376-379, 384, 386. Vgl. WORT 12.10. 3.2. Süsse Rede besänftigt den Zorn — WORT 366-367, 370. Vgl. WORT 11.3., 12.9. 3.3. Süsse Worte lindern das Leid — WORT 342. Vgl, WORT 11.3. 4. Herkunft, Ursache und Entstehung des Süssen 4.1. Guter Baum bringt süsse Frucht hervor — BAUM 105-108, 129-130, 142-143, 161, 164 4.2. Hunger macht alles, selbst Bitteres und Unschmackhaftes, süss —* HUNGER 121 — 122, 127, 130-131, 133, 135, 149-151, 153-154, 156-158, 161 4.3. Liebe macht alles, selbst Bitteres und Mühseliges, süss —* LIEBE 141, 353, 355-356, 358359 4.4. Nasse Augen lassen den Mund süss erscheinen —* AUGE 16. 4.5. Altes Instrument erzeugt süssen Ton —· TON 8—9 5. Was süss schmeckt und süss erscheint 5.1. Nusskerne — AFFE 2, KERN 3, 13, 17, 21-22, NUSS 1. 5.2. Quellwasser— BRUNNEN 39, 44-45 5.3. Nachtigallengesang — NACHTIGALL 16, 29, 36 5.4. Freundschaft und Liebe — FREUND 4.5.1., LIEBE 251, 264 5.5. Heimat und Tod für die Heimat — LAND 67,71,91, 93 5.6. Eigentum — BROT 175, FJGEN 19, 30, HERD 1-2 5.7. Ehre und guter Ruf — EHRE 3, 75, NAME 32 5.8. Freiheit — FREI 7, 12 5.9. Sündigen— SÜNDE 21, 144-145 5.10. Gestohlenes, Verborgenes und Verbotenes — DIEB 256-25S, VERBERGEN 90, VERBIETEN 31-32, WASSER 12S-129, 131-133, 135, 139, 141-143, 145 5.11. Rache—RACHE 1.1, 5.12. Tod (als Erlösung) — TOD 513-514, 516, 711 6. Redensarten und Vergleiche 6.1. Das Süsse ums Maul streichen — MUND 295-298 6.2. Süsses Gift — FRAU 324-325, GIFT 52 6.3. Süssholz (65-66) 7. Vereinzelt (67)

SÜSS

242

1. Verbindung und Aufeinanderfolge von Süssern und Bitterem 1.1. Allg. 1.1.1. Süsses enthält und bringt Bitteres (Saures) 1 Gr. ,.. Das Süsse also, das, wie man sagt, mit dem Bitteren vermischt ist PLAT., PHIL. 46 c. 2 La t. Dulce amarumque una nunc mi$ce$ mihi Du mischst mir nun das Süsse und 3 Bittere zusammen FLAUT., PSEUD. 63. Apes enim ego divinas bestias puto, quae mel vomunt, ettam si dicuntur illuä a love afferre; ideo autem pungunt, quia ubicumque dulce est, ibi et addum mvenies Denn die Bienen halte ich für göttliche Tiere, welche den Honig von sich geben, obschon man sagt, dass sie ihn von Jupiter holen. Deswegen stechen sie aber {auch}, weil man überall, wo das Süsse ist, ebenso das Bittere finden 4 wird PETRONIUS 56,6 (= BIENE 16). Quarum dulcia mixta sunt amaris Deren Süsses mit Bitterem vermischt ist MÄRT. 12,34,3. 5 Mlat. Mirum quod potuit ita in brevi dulce et amarum ex eodem fönte procedere Erstaunlich, dass so in Kürze Süsses und Bitteres aus derselben Quelle hervorgehen konnte BERN,, ER 126,4 (274 A). 6 Fr. L'yver si vient apres l'este Et le doulx se tourne en amer Der Winter kommt nach dem Sommer, und das Süsse verwandelt sich in Bitteres G, ALEXIS III, 156,365 (Debat de l'omrne mondain} (= SOMMER 1). 7 It. £ frutto nascie di dolze semenza, Ch' e d' amaro savore Und aus süssem Samen entsteht eine Frucht, die von bitterem Geschmack ist TOMASO DA FAENZA (+ANTICHE s RIME 108,4) (= FRUCHT 5. Vgl. SÄEN 150). Pot ehe, parlando a dubitar m'hai mosso, Come uscir puö di dolce seme amaro Weil du mir mit deinen Worten Zweifel erweckt hast, wie denn aus süssem Samen Bitteres entstehen könne DANTE, PARADISO 9 8,92. E dopo il dolce poi si gusta il fiele Und nach dem Süssen kostet man die Galle 10 PULCI 11,61. Drie le cose ven le amare Nach Süssem kommt das Bittere LETT. PAVANA26,8 {15. Jh.). n E n g l , Fulofte and thus the swete soureth, Whan it is knowe to the last Sehr oft wird so das Süsse sauer, wenn es am Geschmack erkannt wird GOWER, CONF. AM. l, 1190. 12 Ff or ,aftir swete, be some comyth, full offt, in many a plase' Denn nach Süssem kommt 13 sehr oft an manchem Ort das Saure BERYN 898. Alles bat euer bat it $huld[e] fal, So soote sugre I coupled be with gal! Ach, dass es immer geschehen muss, dass süsser Zucker mit Galle getränkt ist! LYDGATE, TEMPLE OF GLAS 19l.1 14 NI. Want niet en zoet niet en surt Wenn nichts süss wird, wird nichts sauer HEINR. v. AKEN, LIMBORCH 2,616 (vgl. unten 40). is Dt. SMS muoz imer truren Daz süeze gen dem süren, Daz honic g£n dem angel So muss das Süsse immer in Erwartung des Sauren trauern, der Honig im Hinblick auf 16 den Stachel2 REINBOT v. DURNE 717. Sür kumt nach suezen Saures kommt nach 17 Süssem REIHER 194 (> HAGEN, GA 31). Es geet ye nach süß sauer Nach Süssem 18 kommt immer Saures TRISTRANT UND ISALDE 2,23. Hastu das sueß geren eingenumen, So ist es nun zu dem sauren kamen Hast du das Süsse gern eingenommen, so ist 19 nun das Saure an der Reihe SUSANNA 346 {= FASTNACHTSP. IV, 243,24), Under sate is fake wol sür. — Tristia fragrantt latitant sub melle venena Unter dem Süssen ist wohl oft Saures. — Unter wohlschmeckendem Honig liegt schlimmes Gift verborgen TUNNICIUS 905. — ANFANG 277, FREUDE 205. Vgl. BITTER 1.1.1., FREUDE 1.1., GLÜCK 9.5., GUT (Adj.) 7.1., 7.3., HONIG 4.1.1.1., LACHEN 2.1„ LEID 5.1., LIEBE 1.5.2., 1.6.7.1., SCHADEN 6.14., UNGLÜCK 7.3., WEINEN 1.1,

243

suss

1.1.2. Süsses folgt auf Saures 20 Prov. D'agre potz doussor gitar Aus Saurem kannst du Süsses herausziehen RAIMB. 21 DE VAQUEIRAS (*APPEL 41,16). £ potz d'agre doussor gitar Und aus Saurem ... RAIMB. DE VAQUEIRAS (+ APFEL 41,37). 22 NI. Nae suere comt tsuete Nach dem Sauren kommt das Süsse ANTWERP. LB. 181,6. 23 Dt. Dat sute kumpt na dem suren Das Süsse kommt nach dem Sauren ROSTOCKER LB. 23. -» UNWETTER 26. Vgl. BITTER 3, FREUDE 1.1., GUT (Adj.) 7.1.-7.4., LACHEN 2.2., LEID 7.1., LIEBE 1.5.2., 1.6.9.3., SCHADEN 6.14., SCHERZ 60, SCHLECHT 6.1., 63., UNGLÜCK 23, WEINEN 5

1.1.3. Süsses ist mit Bitterem (Saurem) zu erkaufen und zu bezahlen 24 Mlat. Dulce nichil meruit, qui nichil acre tulit Wer nichts Saures ertragen hat, hat 25 auch nichts Süsses verdient NIVARD., YSENGR. 4,866, Amara debet portare, qui dulcia vult gustare Wer das Süsse kosten will, muss das Bittere ertragen MAYN, MAYNER., 26 DIAL. GREAT. 11 S. 149,19. Dulcia non meruit, qui non gustauit amara Wer das Bittere nicht gekostet hat, hat das Süsse nicht verdient HILL 105 b, 17. 27 Fr. Apres le doulx U fault gouster l'amer Nach dem Süssen muss man das Bittere kosten GRINGORE 1,16. 28 Eng l. Ha lickiö honi of pomes, ha bugged al pet swete wiö twa dale of bittre Er leckt Honig von den Dornen; er erkauft aües Süsse mit zweifacher Bitterkeit HALI MEIDEN29 HAD 10,95 (= DORN 121). For eauer bid pet swote aboht wiö twa dale of bittre 30 Denn immer wird das Süsse mit zweifacher Bitterkeit erkauft EBD. 38,400. Nedes I must take the some with the swete Ich muss notgedrungen das Saure mit dem Süssen 31 nehmen LAMENTATYON OF MAGD, 486. Who that wil entren to tarnen of the sweete, He mvst as weel taken his aventure To taste in bittir Wer vom Süssen nehmen will, der muss es auch auf sich nehmen, vom Bitteren zu kosten LYDGATE, MIN. POEMS II, 509,70l. 3 32 Dt. Der niht kan süres Itden, Der muoz daz süeze vermtden Wer nichts Saures ertra.33 gen kann, muss das Süsse meiden Ui.R. v. Es CHEN BACH, ALEX. 5067. Neque mel neque apes.4 — Wilt du das sueß, muest das sauer auch wellen Weder Honig noch Bienen. — Willst du das Süsse, so musst du auch das Saure wollen HAUER 388. — DULDEN 67, FRUCHT 44, TAG 218. Vgl. BITTER 1.1.2., FREUDE 1.2.3.

1.1.4. Süsses kennt und geniesst man erst richtig nach Bitterem 34-36 Mlat. Dulcia non meminit qui non gustavit amara Wer das Bittere nicht gekostet hat, weiss nicht um das Süsse RYLANDS fo. 5. PROV. WRATISLAV. 155. WERNER 2 d 148. 37 lt. Doppo la ptoggia un sere.no e piü caro, e '! dolce piace piü doppo amaro Nach dem Regen ist heiteres Wetter willkommener, und das Süsse schmeckt nach dem Bitteren besser BEMBO, MOTTI 183 (= REGEN 124), 38 Engl. For how mighte evere swetnesse han ben knowe To him that nevere tasted bitternesse? Denn wie könnte dem jemals Süsses bekannt geworden sein, welcher nie Bitteres gekostet hat? CHAUCER, TROILUS l, 638.5 39 Nl. Die niet besuert, niet besoei Wer nichts Bitteres erleidet, geniesst nichts Süsses 40 JAC. v. MAERLANT, ALEX, l, 1323. Dente nyet en suyrt nyet en suyt Wem nichts sauer wird, dem wird (auch) nichts süss HEINR. v. AKEN, LIMBORCH 2,616 Var. (vgl. oben 14). 41 Dt. Bt der vinstr erkent man schin, Bt der tntckn erkent man naz. Swer des suren nie be$az, Der weste niht waz süeze waer An der Finsternis erkennt man das Licht, am

s ss

244

Trockenen erkennt man das Nasse. Wer das Saure nie besass, der wiisste nicht, was das 42 S sse ist HEINR. D. TEICHNER (KARAJAN) 60 (= DUNKEL 3). Wat westu van der soticheit, Ensmackestu nicht der bittericheit? Was weisst du vom S ssen, wenn du das 43 Bittere nicht kostest? STEPHAN, CATO ND. 2116. Swer des suren niht enkan, der enweiz niht von dem suezen Wer das Saure nicht kennt, weiss nichts vom S ssen ANON. 44 24, l (+MSH 111,423 a). By dem suren kennt man da sies Am Sauren erkennt man das S sse MINNEREDEN I 3,445. — LEID 98. Vgl. BITTER 1.1.3,, FREUDE 1.2.4., GL CK 10.11., GUT (Adj.) 7.4., KAMPF 2.9.3., KRANK 5.2.1., LEID 5.2.4., LIEBE 1.5,2., REGEN 6.7., SCHLECHT 6.3., TAG 7.2, 1.1.5. Verschiedenes 45 It. Ch'un poco dolce molto amaro appaga Ein wenig S sses macht viel Bitteres 46 bezahlt PETRARCA 3 Trionfo d'amore 3,186 (S. 365). Sai ehe pel dolce conos am {'amaro Du weisst, dass wir am S ssen das Bittere erkennen SANT' IGNAZIO (+RAPPR. 11,14).

47 48 49 50 51

1.2. Spez. 1.2.1. —1.2.2. s. Inhalts bersicht 1.2.3. S sser Bissen (Schluck, Klee) hat sauren Nachgeschmack Dt. S ezer die hat stiren slac (lies mit LEXER II, 973: smac) S sser Schluck hat einen sauren Geschmack HUGO v. TR IM BERG 725. Sasse schiig hot sawyrn schmagk PROV. FRID. 232. S sser dee hat savren smack S sser Klee hat sauren Geschmack6 SCHWABACH 40. Zusse byssen, zawyr slik S sse Bissen, saurer Schluck PROV. FRID. 232. Sasse byssen, sawyr schiig EBD.

1.2.4.-1.2.5. S.Inhalts bersicht 1.2.6. Wer von den Bienen das S sse will, muss auch das Unangenehme von ihnen ertragen 52, 53 Mlat. Aspera portet apum, qui dultia sugat (Werner 2 ; sugit) earum Der muss auch das Unangenehme der Bienen ertragen, welcher das S sse von ihnen saugen will (saugt) MSD 27,2,14. WERNER 2 a 125. Vgl. HONIG 4.6.1.

1.2.7. Wer nichts Bitteres gekostet hat, dem schmecken s sse Esswaren nicht s ss 54 Mlat. Mel mihi dulce parum, nisi cum precessit amarum Der Honig erscheint mir wenig s ss, wenn nicht Bitteres vorausgegangen ist BAS L. SPRW. A 47. 55 Engl. Ffor ,aftir sour", when swete is com, it is a plesant mes' Denn wenn das S sse 56 nach dem Sauren gekommen ist, ist es ein angenehmes Gericht BERYN 3688. Ne no wi$ preise^ of sitgre p-e swetnes, But pei afore haue tasted bittemes Noch preist man das S sse des Zuckers, wenn man zuvor nichts Bitteres gekostet hat LYDGATE, TEMPLE OF GLAS 403.7 1.2.8. Verschiedenes 57 Mgr. Γλυκύν το φαγεϊν, πικρόν δε το χέσειν S ss zu essen, aber bitter zu scheissen KRUMB. 34 S. 85.

245

SÜSS

58 It. Che 'n questa vita il dolce alcuna volta Si face amaro, e pot ritorna dolce Denn in diesem Leben wird das Süsse bisweilen bitter, und dann wird es wieder süss TRISSINO, SOFONISBA 136 b. 59 Dt. Ir $vesse du wart zeiner bittern galten Ihre 8 Süsse, die wurde zu einer bitteren Galle WBKR. Anh. 14,6.

2. Kehrseiten des Süssen 2.1. Zuviel Süsses erweckt Überdruss und wird sauer 60 It. Le cose amare perturbano il gusto et le dolci lo stuccano Das Bittere stört den Geschmackssinn, und das Süsse reizt ihn zu Überdruss MACHIAV., LETTERE 116 S. 223 (1512). 61 Nord. Pat surnar giarnnan sem $ kemur saman Was süss zusammenkommt, wird gerne sauer KALUND 173 (= JONSSON, ARKIV 392. JONSSON 161). — HONIG 14-15, 18, 23-24, 27, 30, 32, 34, MASS (Massigkeit) 189. Vgl. ESSEN 5.14.1., HONIG 2.2.2.1.

2.2. Was süss schmeckt, bekommt oft Herz und Magen nicht 62 Fr. Ceo que est douz a la bocke si est amer au queur Was für den Mund süss ist, ist bitter für das Herz MORAW., INEDITA I c 10. 63 Nord. Os dulcedo rigat turn vr9 famis exta fatigat. - Thet cer ei; alt i mawce got i mwnd (er s&dh Das Süsse macht den Mund wassrig, dann (aber) macht das Feuer des Hungers den Eingeweiden zu schaffen. - Es ist nicht alles im Magen gut, was im Mund 64 süss ist LALE 737. Proderit hand stomacho quiaquid sit dulce palato. — Thet &r eij alt i mawce goth i mwndh cer s0dh Nicht alles, was dem Gaumen süss erscheint, wird dem Magen bekommen. — ... EBD. 808, Vgl. BAUCH 4.3., BITTER 2.2., HONIG 2.2.1.

2.3.—5. s. Inhaltsübersicht 6. Redensarten und Vergleiche 6.1.—6.2. s. Inhaltsübersicht 6.3. Süssholz 65.66 Dt. Und wollen in das süßholz beissen10 SACHS XII,435,22 (1555). Denn nimbt süßholtz ins maul der man Dann nimmt der Mann Süssholz ins Maul 11 EBD. IX, 305,37 (1557).

7. Vereinzelt 67 Nl. In soeten ende in suren Sijn evenlanc die uren Im Süssen und im Sauren sind die Stunden gleich lang MNL. GEISTL. LIEDER 54,3. V.M.

Anmerkungen 1 2

3 4 5

Vgl. WHITING S 942. S 948. So nach der Anm. in der Ausg. dieses Werkes von F, Vetter, 1896. Nach GRIMM (J.J, KL. SCHR. 7,239 .t der als Grundbed. von truren ,die Augen niederschlagen*, angibt, könnte man übersetzen: So muss das Süsse immer die Augen niederschlagen (d, h. weichen) vor dem Sauren. Vgl. WHITING S 945. S 946. = ERASM., ADAG. CHIL. 1,6,62. Vgl. WHITING S 529. S 943. S 944.

SÜSSE 6

7 8 9

10

11

246

Dazu steht als Anm.: Patet in potationibus et escis corporalibus, quae de sero bene sapiunt, de mane autem non Dies zeigt sich bei leiblichen Tränken und Speisen, welche am Abend gut schmecken, aber am Morgen nicht. Vgl. WHITING S943. Gerneint sind Lucifer und seine Schar. Vgl. DlEFENBACH 629 C.

Bedeutet wohl dasselbe wie „Süssholz raspeln", „Süssholz kauen", d. h. schöntun, schmeichein, süsslich umwerben. Vgl, RÖHRICH II, 1053 a. D. h., er redet mit unterwürfiger Freundlichkeit, um einen Gegner zu besänftigen. Vgl, RÖHRICH a.a.O.

SÜSSE S. SÜSS

SYNODE / synode / synod

1 2 3 4. s 6 7

Der Priester muss zur Synode gehen, ob er will oder nicht Fr. S) / iroiz Andui ... S/ con It prestres vet au sane, Ou volantiers ou a anviz Ihr werdet beide hingehen, gern oder ungern, so wie der Priester zur Synode geht CRESTIEN, EREC 4018, Mes a anvis ou volonters Convient au sene aler le prestre Aber, gern oder ungern, der Priester muss zur Synode gehen REN. 1,740. Ou volentiers ou a enviz veit li prestres au sane Wohl oder übel geht der Priester zur Synode MORAW. 1575. Volentiers ou a enviz vet li prestres au sane EBD. 2499. Volantiers ou envis va li prestres au senne PROV. RUR. 316. Bon gre maugre va le prestre au senne ET. LEGRIS 118. Bon gre, maulgre le eure va au senne GRINGORE I, 912. E. D.

SZEPTER — AUGE 14.1.

TADEL(N) s. SCHELTEN

TAFEL / table Hier auch SCHREIBTAFEL 1. Die Seele ist von Natur wie eine unbeschriebene Tafel — SEELE 5. Vgl. BLATT 50 Ähnlich: 1 Fr. Car le droit estat d'innocence Ressamble proprement la table Blanche, polte, qui est able A recevoir, sans nul contraire, Ce qu*on y vuet peindre et pourtraire Denn die Unschuld im reinen Zustand gleicht genau der weissen, polierten Tafel, die ohne jedes Widerstreben aufzunehmen vermag, was man darauf malen oder zeichnen will G. DE MACHAUT, REM. DE FORTUNE 26.

2, Studenten sollen nie ohne Schreibtafel sein 2 M l a t . Clerice, dipticas lateri ne dempseris umquam Student, nimm nie die Schreibtafel von deiner Seite! ABBO, BELL. PAR. 3,1. -» SCHREIBEN 4

H. U. S.

TAFEL (Tisch) s. TISCH

TAG / jour / day Hier auch TÄGLICH I. Abwechslung zwischen Tag und Nacht 1.1. Nach dem Tag folgt die Nacht (1-7. Vgl. 12}. — HONIG 114. Vgl. unten 7.1. 1.2. Nach der Nacht folgt der Tag — ARBEIT 83, NACHT 2.1., WINTER l, 9. Vgl. unten 7.1. 1.3. Auch den längsten Tag beendet die Nacht 1.3.1. AHg. (8-12) 1.3.2. Spez. 1.3.2.1. Die Aussicht auf den Feierabend macht die Tagesarbeit erträglich —» ABEND 3.4. 1.3.2.2. Die Aussicht auf das Abendessen erleichtert das Fasten am Tag —> FASTEN 17, 19, 22, 24

TAG

248

2. Gegensatz zwischen Tag und Nacht 2.1. Tag als Gegensatz zu Nacht — NACHT 3.1. 2.2. Tag als Zeit des Lichtes 2.2.1. Wenn die Sonne scheint, ist die Nacht vorbei — SONNE 2.1., 9, 188 2.2.2. Bei Tageslicht sehen die Augen klar (13-14) 2.2.3. Das Tageslicht beseitigt die Gefahren der Nacht (15). Vgl. NACHT 92 2.3. Tag als Zeit der Offenbarung 2.3.1. Es kommt alles an den Tag (16-22). - SCHNEE 25, 28-29, SCHURKE 13, UNRECHT 7, VERBERGEN 36. Vgl. unten 23.3., DIEB 11.1., DUNKEL 4„ ERDE 90, GEWINN 196, LICHT 8.1., LOB 6.10., LÜGEN 4.1., MORD l,, OFFEN 6.2.-6.3., SCHNEE 6., SPINNEN 4.2., STUNDE 2.1,1., SÜNDE 92, 96, 101,453, UNRECHT3., VERBERGEN 2.-3., WISSEN 9.2., ZEIT 3.1.2.6. 2.3.2. Der Tag ist untrügbar (23-25). — GOTT 92-93 2.3.3. Der Tag bringt aus, was in der Nacht verborgen ist (26-31). Vgl. oben 2.3.1. Ähnlich (32) 2.4. Tag a!s Zeit der Einsicht und Sittsamkeit 2.4.1. Der Tag lacht über die Werke der Nacht — NACHT 3.2.2. 2.4.2. Der Tag kennt mehr Scham als die Nacht — NACHT 54-55, 61,63, 65, 67, 69 2.5. Tag als leistungsreiche Arbeitszeit 2.5.1, Der Tag ist keine geruhsame Zeit wie die Nacht (33). - NACHT 70, 72-73, SCHLAFEN 37 2.5.2. Der Tag leistet mehr als die Nacht (34-35;. Ähnlich (36) 3. Umkehrung von Tag und Nacht 3.1. Allg. -* NACHT 6.1. 3.2, Spez. 3.2.1, Die Jüdin arbeitet nachts und ruht tags -* JUDE 10. Vgl. WUCHER 17 3.2.2, Der Bösewicht ist nachts tätig und meidet den Tag —- SCHLECHT 2.2.9, Vgl. NACHT 6.2.1. 3.2.3. Die Eule nimmt die Nacht als Tag — EULE 4S-47 3.2.4. Manche Tiere wählen die Nacht zu ihrer Tageszeit — FLEDERMAUS 4, GLÜHWURM 2., GRILLE 2 4. Dauer des Tages 4.1. Der Tag ist kurz 4.1.1. Allg. (37) 4.1.2. Spez. 4.1.2.1. Man tut nicht alles an einem Tag (38-40) 4.1.2.2. Eine Stadt wird nicht an einem Tag erbaut-> KÖLN 2-3, PARIS (Stadt) 18, ROM 1-10, 16-18 4.1.2.3. Ein Tag wird noch kürzer durch Gespräche (eine Ruhepause) —· RUHE 37, WORT 387 4.2. Der Tag ist lang 4.2.1. Faule Leute haben einen langen Tag — FAUL (trage) 4.1.4., VERDRIESSEN 2. 4.2.2. Unglückliche Leute haben einen langen Tag —* AUFSTEHEN 1.3.4. 4.2.3. Wintertage muss man totschlagen —» WINTER 5,5. 5. Unaufhörlicher Fluss der Tage 5. l. Ewige Wiederkehr der Tage 5.1.1. Die Tage fangen immer wieder von vorne an (41—42). —* MORGEN (Adv.) 51, 53—54. Vgl. GESCHEHEN 140 5.1.2. Die Tage sind zahlreicher als Würste, Garbenhaufen und Sorgen (43—48) 5.1.3. Der Tag kommt vor dem Brot ins Haus (49). —· SCHULD 4.2. 5.1.4. Vereinzelt (50) 5.2. Vergänglichkeit der Tage 5.2.1. Die (Lebens)tage gehen unaufhörlich dahin (51-58). — HEU 14, LEBEN 25, 27. Vgl. JAHR 1.3.1., JUNG 1.3., LEBEN 1.1., NACHT 2.3., STUNDE i.3., ZEIT 1.1.1. Ähnlich (59)

249

TAG

5.2.2. Die verlorenen Tage sind für immer dahin (60-74). —· ZEIT 94. Vgl. GEHEN 2.1., GESCHEHEN 6.1., HIN 1., JAHR 1.3.1., JUNG 1.3., NACHT 2.3., STUNDE 1.3., TOD 4.2.1., TUN 3.1. -3.2., VERGEHEN 2., ZEIT 1.1.1.-1.1.2. 5.2.3. Man darf keinen Tag ungenützt vergehen lassen (75-78). — GUT (Adj.) 452, LERNEN 72, LINIE I. Vgl. LINIE 2-4 6. Schicksaihafttgkeit des Tages 6.1. Tag als folgenschwere und massgebliche Zeit 6.1.1. Ein Tag kann folgenreicher sein als viele zusammen (79-128). —* FALL 137, GEWINN 303, HALM 33, KAMPF 212, REUE 49, STUNDE 23. Vgl. AUGENBLICK 1., EIN 4.4.5., GESCHEHEN 8., STUNDE 2.1.2. 6.1.2. Ein Tag Aufschub wirkt sich auf das ganze Jahr aus -» AUFSCHUB 57-58, 61 6.1.3. Ein Tag Aufschub ist viel wert — AUFSCHUB 6, 8-9, 11-28, 30 6.1.4. Guter Tag schafft gutes Werk (129-137). Vgl. WERK 1,6-11,13-15 6.1.5. Guter Tag bringt gute Woche (138), Vgl. ROCKEN 8 6.1.6. Der Tag bringt Rat (139-140). -* MORGEN (Adv.) 4.2. Vgl. KISSEN 2.1., NACHT 1.3., SCHLAFEN 18.3., ZEIT 3.1.2.2. 6.1.7. Vereinzelt (141) 6.2. Tag als Zeit abwechslungsvollen Geschicks 6.2.1. Man darf den Tag nicht vor dem Abend loben (142-149). — ABEND 27-51, 53-65. Vgl. JAHR 4. L, MORGEN (Subst.) 2.1. 6.2.2. Kein Tag ist wie der andere (150-151}. Vgl. GESCHEHEN 138 6.2.3. Jeder Tag lehrt den ändern etwas Neues (1S2-165). — NEU 95. Vgl. JAHR 3.2.1. Ähnlich 6.2.4. 6.2.5. 6.2.6. 6.2.7.

Jeder Tag hat sein Übel (und sein Gutes) {167-177). Vgl. ALT 61, 202 Jeder Tag kann das Glück bringen -> GLÜCK 9.2. Vgl. FEST 38 Nicht jeden Tag haben wir den gleichen Erfolg — BACKEN 33, JAGEN 8-10, 12- 14 a Keinen Tag bleibt die Freude ohne Sorge — FREUDE 1 1 7, 207, SORGE 5. Vgl. EHE 64. Ähnlich (178) 6.2.8. Nach drei Tagen ändert sich das Geschick (179). — LEID 60. Vgl. EHRE 60, MANN 159 6.2.9. Vereinzelt (180) 6.3. Tag als festgesetzte, unentrinnbare Zeit 6.3.1. Wenn es Gott gefällt, wird es Tag — GOTT 16.6, 6.3.2. Was man auch tut, der Tag kommt doch (181 — 185) 6.3.3. Der Tag der Strafe kommt unausweichlich — SCHLECHT 357, 360. Vgl. JÜNGSTER TAG 1.-2. 6.3.4. Jedem ist sein Todestag bestimmt — LEBEN 9, 165, TOD 87, 4.1.2. Vgl. RIND 54, TOD 1.4.1. 6.3.5. Jeder Tag ist wie der letzte zu betrachten (186-197), — TOD i07S, 1086-1088. Vgl, LEBEN 5.9., TOD 10.2. 6.3.6. Der erste Tag bringt den letzten ( 198 -200). — GEBÄREN 12-13. Vgi. ANFANG 22, ENDE 1.1.2., KOMMEN 1.4., STUNDE 2,2.1,, TOD 1.3.1. -1.3.3. 6.3.7. Unser Ende naht von Tag zu Tag — ENDE 35, TOD 266, 404-405 6.3.8. Niemand weiss, an welchem Tag er stirbt -> TOD 47S, 507, 5/3, 521, 546, 555, WISSEN 179, 182, 190 6.4. Tag als Zeuge unaufhaltsamen Niedergangs 6.4.1. Ein Tag ist schlechter als der andere (201-203). Vgl. GESTERN 9, JAHR 2.3., JETZT 6, MORGEN (Adv.) 2.3., SCHLECHT 2.1.1.2., WELT 1.3., ZEIT 2.2. 6.4.2. Die Welt wird von Tag zu Tag schlimmer -» WELT 45-46, 48,50-51, 54, 57, 65, 69-70, 73-75 7. Gute (Lichte) und schlechte (trübe) Tage 7.1. Nach trüber Zeit folgt ein lichter Tag (204-205). Vgl. oben 1.1., unten 8.4., DUNKEL 2., HEUTE 2.1.2.9., MORGEN (Subst.) 6.4., NACHT 1.2., NEBEL 3., REGEN 2.1. -2.2., TROCKEN 1.-2., UNWETTER 2., WETTER 2.2., WOLKE 4. 7.2. Nach langer trüber Zeit erfreut der lichte Tag um so mehr (206-212). Vgl. BITTER 1.1.3., FREUDE 1.2.4., GLÜCK 10.11., GUT (Adj.) 7.4., KAMPF 2.9.3., KRANK 5.2.1., LEID 5.2.4., LIEBE 1.5.2., REGEN 6.7., SCHLECHT 6,3., SÜSS 1.1.4. Ähnlich (213-214)

TAG

250

7.3. Um glücklicher Tage willen nimmt man schiechte in Kauf (215 — 217). Ähnlich (218) 7.4. Gute Tage sind schwer zu ertragen #19-228;. Vgl. GLÜCK 7.1.4., GUT MORGEN (Subst.) 18,21. Vgl. WOLKE l 8.3. Abendrot bringt schönen Tag -> ABEND 85-87, 92 8.4. Nach trübem Wetter folgt ein lichter Tag -» REGEN 40-42, 55, UNWETTER 17-18, WOLKE 23. Vgl. oben 7.1. 8.5. Wetterregeln an verschiedenen Tagen — JOHANNES 1-3, LUCIA l, MARTIN 2., NEUJAHR l, NIKOLAUS l, PAUL 2., PETER 2., VINZENZ i 9. Tag in himmlischer Sicht — JAHR 13-22, 24-45, 48. Vgl. oben 79-80

1. Abwechslung zwischen Tag und Nacht 1.1. Nach dem Tag folgt die Nacht 1 La t. Urget diem nox et dies noctem Die Nacht verdrängt den Tag und der Tag die 2 Nacht HÖR., EPOD. 17,25. Diem nox premit, dies noctem Die Nacht verdrängt den Tag, der Tag die Nacht SEN., EP. 24,26, 3 Mlat. Posf diem claram tenebrae secuntur, Post serenatas pladdas et auras lllico surgit nebulis opacis Saeva procella Nach dem klaren Tag folgt die Finsternis, nach heiterem und ruhigem Wetter erhebt sich alsbald ein wilder Sturm mit dunklen Nebelschwaden SEDULIUS SCOTTUS 76,5. 4 Fr» Apres bei jor vient nuit obscure Nach schönem Tag kommt eine dunkle Nacht FECAMP 5864. 5 Engl. After the day there cometh the derke nyght For though the day be neuer so lange At last the belles ryngeth to euensonge Nach dem Tag kommt die dunkle Nacht; denn mag auch der Tag noch so lang sein, zum Schluss läuten doch die Glocken zum Abendlied HAWES, PASTIME 5478. 1 6 Dt. Nach deme tage volget diu nacht Nach dem Tag folgt die Nacht EIKE v. REP7 GOWE, SACHSENS?. Vorr. 192. Nach der vinstri gat die beitri, und aber nach dent tage kumet die naht Nach der Dunkelheit kommt die Helligkeit, und nach dem Tag kommt wiederum die Nacht SEUSE 424,13 {= DUNKEL 8). -> HONIG 114. Vgl. unten 12, 7.1.

1.2. s. Inhaltsübersicht

1.3. Auch den längsten Tag beendet die Nacht 2 1.3.1. Aug. S Fr. Car il n'est si lone jour ne prende finement Denn es gibt keinen noch so langen 9 Tag, der nicht ein Ende nimmt B. DE SEB. 16,1050. Nul $i long jour est qui n'eit vespre Es gibt keinen noch so langen Tag, der nicht einen Abend hat ET. LEGRIS 473 10 { = MORAW. 1423). N'est si long jour qui ne vienne a le nuit Es gibt keinen noch so langen Tag, der nicht zur Nacht kommt J. MOLINET 163,16. i l It. No vien di, que no vegna sera Es kommt kein Tag, ohne dass ein Abend kommt NUNEZ 111,46 (el Italiano).

251

TAG

12 Engi. Bot hon so that the dai be long, The derke nyht comth ate laste Aber wie lang auch der Tag ist, die dunkle Nacht kommt doch zuletzt GOWER, CONF. AM, 6,578 (vgl. oben 1.1.}.

1.3.2. s. Inhaltsübersicht 2. Gegensatz zwischen Tag und Nacht 2.1. s. Inhaltsübersicht 2.2. Tag als Zeit des Lichtes 2.2.1. s. Inhaltsübersicht 2.2.2. Bei Tageslicht sehen die Augen klar 13.14 Dt. Liechter tag, Hechte äugen Heller Tag, helle Augen 3 AGRICOLA Nr. 227, EGENOLFF 118 v.

2.2.3. Das Tageslicht beseitigt die Gefahren der Nacht 15 Fr. Celuy qui de jour ambulle Ne doit doubter offence nulle, Car la lumiere le conduit; Mes eil qui chemine de nuyt Tost offenes ou commet deffault, Pour tant que lumiere en luy fault Derjenige, der tags reist, braucht sich vor keinem Anstossen zu fürchten; denn das Licht geleitet ihn. Aber derjenige, der nachts des Weges geht, stösst bald an und begehr einen Fehler, solange ihm das Licht fehlt A. GREBAN 14897. Vgl. NACHT 92

2.3. Tag als Zeit der Offenbarung 2.3.1. Es kommt alles an den Tag 16 M l a t , Omnia postremo ad diem et lucetn venient Alles wird zum Schluss an den Tag und ans Licht kommen BEBEL, PROV. GERM, 134. 17 Dt. Es ist ain alt gesprochen wort, Recht tuen, das sei ain grosser hört, Wann es kumpt alles an den tag Es ist ein altes Sprichwort, recht tun, das sei ein grosser Hort; is denn es kommt alles an den Tag OSWALD v. WOLKENSTEIN 83,45. Es win mit der zeyt alls an tag kummen Es wird mit der Zeit alles an den Tag kommen SACHS 19. zo XXII, 65,4 (1524). Der tag verrats alls Der Tag verrät alles FRANCK 1,53 r. EGENOLFF 21. 22 306 (2) r. Dann zuletzst kompts alles ann tag Denn zuletzt kommt alles an den Tag FRANCK II, 133 v. EGENOLFF 137 r. —· SCHNEE 25, 2S-29, SCHURKE , UNRECHT 7, VERBERGEN 36. Vgl. unten 2.3.3., DIEB 11.1., DUNKEL 4., ERDE 90, GEWINN 196, LICHT 8.1., LOB 6.10., LÜGEN 4.1., MORD 1., OFFEN 6.2.-6.3., SCHNEE 6., SPINNEN 4.2., STUNDE 2.1.1., SÜNDE 92, 96, 101, 453, UNRECHT 3., VERBERGEN 2.-3., WISSEN 9.2., ZEIT 3.1.2.6.

2.3.2. Der Tag ist untragbar 23-25 Dt. Darnach wards (wurde es) tag4 AGRICOLA Nr. 625. EGENOLFF 235 r. Aduersus solem ne loquitor.5 — Widerficht nit das am tag ligt wie der baur an der sonnen6 Du sollst nicht der Sonne widersprechen. - Leugne nicht, was am Tag Hegt wie der Bauer an der Sonne! FRANCK 1,74 v. -* GOTT 92-93

2.3.3. Der Tag bringt aus, was in der Nacht verborgen ist 26 Fr. Par nuit mainte take est coverte Qui par tor est molt descouverte Des Nachts ist mancher Fehler verborgen, der tags sehr offensichtlich ist JACQUES D'AMIENS 1,328. 27. 28 S p a n . Lo que de noche se faze, de dia parece Was man des Nachts tut, wird tagsüber offenbar LOPEZ (?), REFRANES 391. NUNEZ 11,307.

TAG

252

29 Engl. Thing don upon the derke nyht Is after knows on dates Itht Was während der dunklen Nacht getan wird, wird nachher bei Tageslicht erkannt GOWER, CONF. AM. 5,4599.7 30 Dt. Swaz man nahies tuon mac, Daz meldet gar der lichte tac Was man des Nachts 31 auch tun mag, das meldet alles der lichte Tag THOM. v. ZIRCLARIA 8261, Vil dicke man der naht schant Bt dem tage wol bevant Sehr oft nahm man die Schande der Nacht bei Tage wohl wahr EBD. 8263. Vgl. oben 2.3.1. Ähnlich: 32 Nord. Myrkri viö man spialla: morg ero dags augo Im Dunkeln soll man sich mit dem Mädchen unterhalten: Viele Augen hat der Tag HÄVAMÄL 82,3.

2.4. s. Inhaltsübersicht 2.5. Tag als leistungsreiche Arbeitszeit 2.5.1. Der Tag ist keine geruhsame Zeit wie die Nacht 33 Fr. Qui biau jor voit ovrer lo doit. — Lux radii dan suadet multos operari. Si sit clara dies est pudibunaa quies Wer den schönen Tag sieht, muss arbeiten. — Das Licht der hellen Sonnenstrahlen mahnt viele zu arbeiten. Wenn der Tag hell ist, ist Ruhe schändlich ROBERT 40 (= MORAW. 1833). — NACHT 70, 72-73, SCHLAFEN 37

2.5.2. Der Tag leistet mehr als die Nacht 34 Fr. Ung pas de jour vault deux de nuyt Ein Schritt am Tag ist soviel wert wie zwei in 35 der Nacht MORAW. 2455. Un pas de jour vaut deux de nuit LEROUX II, 432 (15. Jh.). Ähnlich: 36 It. De jorno quanta voy, de note quanta poy Tags, soviel du willst, nachts, soviel du kannst NUNEZ 1,309 (el Italiano). 3. s. Inhaltsübersicht 4. Dauer des Tages 4,1. Der Tag ist kurz 4.1.1. Aug. 37 Engl. The day is short, the work is long Der Tag ist kurz, die Arbeit lang BERYN 3631. 4.1.2. Spez. 4.1.2,1. Man tut nicht alles an einem Tag 38 Fr. « ne fait pas tot an ,/. jor. — Omnia complete nescit lux unica de re. No« rerum species perficit una dies Man macht nicht alles an einem Tag. — Ein einziger Tag kann 39 nicht alles vollbringen. Ein einziger Tag vollendet nicht alle Dinge ROBERT 46. On ne 40 fait pas tout en ./. jour ET. LEGRIS 497. Len ne fet pas tout en un for MORAW. 1505.

4.1.2,2.—4.2. s. Inhaltsübersicht 5. Unaufhörlicher Fluss der Tage 5.1. Ewige Wiederkehr der Tage 5.1.1. Die Tage fangen immer wieder von vorne an 41 Fr. Ne vett jour mes qe ne reveigne Der Tag geht nicht weg, ohne zurückzukehren CAMBR. SAMML. (+ LEROUX 11,479 [= MORAW. 1390]},

253

TAG

42 En g l. Let day come, anofrer go Lass den einen Tag kommen und den ändern gehen! VERNON MS. 55,9,76. ' — MORGEN (Adv.} 53, 53-54. Vgl. GESCHEHEN 140

5.1.2. Die Tage sind zahlreicher als Würste, Garbenhaufen und Sorgen 43 Fr. Car plus viennent jor que sauchiches Denn es kommen mehr Tage als Würste 44 HUON LE ROI DE CAMERA!, DESCRissiON 216. Plus vienent jours que soussi Es kommen mehr Tage als Sorgen ET. LEGRIS 551 ( = MORAW. 1656). 45. 46 S p a n . Mas ay dias que longanizäs Es gibt mehr Tage als Würste LOPEZ {?), REFRANES 412. NUNEZ 11,335. 47 Nord. Docte dies cures faraginihus fore piures, — Piere cer daffwe en traf five Denke daran, kluger Mann, dass es mehr Tage als Futter gibt! — Es gibt mehr Tage als Garben48 häufen 8 L ALE 266. Esse dies plures gelimis attendere cures. — Fltertz cere daffwe cen traffwe Suche darauf achtzugeben, dass es mehr Tage gibt als Garben! — ... EBD, 291.

5.1.3. Der Tag kommt vor dem Brot ins Haus 49 Dt. Es ist jm der tag eh im bauß, dann brot Der Tag ist ihm früher im Haus als Brot FRANCK 1,48 r. -* SCHULD 4.2.

5.1.4. Vereinzelt 50 Dt. Van dagen körnen mänden unde hele jär. — Lux mensem profert, surgunt ex mensibus anni Von Tagen kommen Monate und ganze Jahre. — Der Tag bringt den Monat, und aus Monaten entstehen Jahre TUNNICIUS 198.

5.2, Vergänglichkeit der Tage 5.2.1. Die (Lebens)tage gehen unaufhörlich dahin 51 B i b l . Dies mei sicut umbra declinaverunt; et ego sicut foenum arui VULG,, PSALM. 52 101,12. Meine tage sind dahin wie ein schatten, Vnd ich verdorre wie Gras LUTHERBIBEL, PS. 102,12. 53 La t. Fugiunt freno non remorante dies Es fliehen die Tage, ohne dass sie ein Zügel 54 zurückhält OVID., FAST. 6,772. Fluunt dies et inreparabilis vita decurrit Die Tage fliessen dahin, und unwiederbringlich vergeht das Leben SEN., EP. 123,10. 55 M l a t . Praeterit iste dies, nescitur origo secundi, An labor an requies sit, sic transit gloria mundi Es vergeht dieser Tag, (und) man weiss nicht, wie der nächste entsteht, ob er Arbeit oder Ruhe bringt. So vergeht der Ruhm der Welt DENKSPR. 16 {= RUHM 10). 56 It. Ogtti giorno passa un giorno Jeden Tag vergeht ein Tag BARZELLETTA (urn 1500 I+ZFRPH 47,584,1]). 57 Span. Alia van los dias: despues el sol puesto Dahin gehen die Tage nach Sonnenuntergang HALLER 149. 58 N l. Mine dage te ghingen als ene scade, ende ic verdrogede als hoy Meine Tage vergingen wie ein Schatten, und ich verdorrte wie Heu MNL. GEISTL. PROSA 9 (Psalm 102). — HEU 14, LEBEN 25, 27. Vgl. JAHR 1.3.1., JUNG 1.3., LEBEN 1.1., NACHT 2.3., STUNDE 1.3., ZEIT 1.1.1. Ähnlich: 59 M l a t . Quo tardat fune ligata dies? An welchen Strick ist der Tag gebunden, dass er so säumt? NIVARD., YSENGR, 4,318 (vgl. JAHR 10, NACHT 39, STUNDE 9-10, WELT 38, ZEIT 39, 57, 60-61).

TAG

254

5.2.2. Die verlorenen Tage sind für immer dahin 60 La t. Nee revocare potes qui periere dies Und du kannst die Tage, die vergangen sind, nicht zurückrufen AUSON. 13,4. 61-65 M l a t . Dampna fleo rerum, sed plus fleo dampna dierum; Quisque potest rebus succurrere, nemo diebus Ich beweine den Verlust der Habe, aber noch mehr beweine ich den Verlust der Tage. Jeder kann Abhilfe schaffen für (verlorene) Dinge, niemand aber für (verlorene) Tage ALBERTAN, BRIX., LIBER CONS. 10 S. 28. GLOSSA SUP. EBERH. BETH. GRAECISM. (1270 [+HAUREAU IV, 289]). FLOR. GOTTING. 41. RYLANDS fo. 6 v. 66 WERNER 2 d 8. Damna fleo rerum, sed plus fleo damna dierum ROB. SORBON. (+HAU67 REAU IV, 70). Dampna fleo rerum, sed non fleo dampna dierum Ich beweine den Verlust der Habe, aber ich beweine nicht den Verlust der Tage PROV. WRATISLAV. 117. 6B Clerice, tolle moras, ne perdas temporis horas! Quisque potest rebus succurrere, nemo diebus Geistlicher, schiebe nichts auf, verliere nicht die Stunden des Tages! Jeder kann Abhilfe schaffen für (verlorene) Dinge, niemand aber für (verlorene) Tage WERNER 2 69 c 51. Damna fleo rerum, non detrimenta dierum. Damna potest rerum quis vertere nemo dierum Ich beweine den Verlust der Habe, nicht aber den Verlust der Tage. Den Verlust der Habe kann jeder abwenden, niemand aber den der Tage ZroA 50,341 Anm. l (Hs. 2. H. 16./A. 17. Jh.). 70 Pro v. Car qui un jorn pert de joi m de be, Ja recobrar no-l poira en jasse Denn wer einen Tag der Freude und des Guten verliert, wird ihn nie zurückgewinnen können PALAIS (+MAHN 111,341). 71 It. / Zorni trapassati Non ponno ritornare Die vergangenen Tage können nicht wiederkehren GIUSTINIANI 55,1. 72 Span. Ca un dia qu'el ome pierde nunca jamas puede tornar en el Denn ein Tag, den der Mensch verliert, zu dem kann er nie wieder zurückkehren CRONICA GENERAL DE 73 ESPANA 3,18 (* MANUEL, CONDE LUCANOR 341 Anm. zu 66,14). Ca los (seil, dias e ano$) que se pasan de balde, nunca los podremos cobrar Denn diejenigen (Tage und Jahre), welche nutzlos verstreichen, werden wir nie mehr zurückgewinnen können CRONICA GENERAL DE ESPANA 3, 18 (+MANUEL, CONDE LUCANOR 342 Anm. ZU 66, 14). 74 Dt. £ hat man die verfarnen tag her wider braht, e hat man alle ertorreten blumen wider ergrünet und ellu regentrophlu wider gesamnet, e ... Eher hat man die vergangenen Tage wieder zurückgewonnen, eher hat man alte verblühten Blumen wieder zum Blühen gebracht und alle Regentropfen wieder gesammelt, als SEUSE 210,10. -^ ZEIT 94. Vgl. GEHEN 2.1., GESCHEHEN 6.1., HIN 1., JAHR 1.3.1., JUNG 1.3., NACHT 2.3,, STUNDE 1.3., TOD 4.2.1., TUN 3.1.-3.2., VERGEHEN 2., ZEIT 1.1.1.-1.1.2.

5.2.3. Man darf keinen Tag ungenützt vergehen lassen 75 La t. Amici, diem perdidi Freunde, ich habe einen Tag verloren SUETON., TITUS 8,1. 76 Celebre fuit Titi Caesar is dictum, perdidisse se diem, quo nihil boni fecerat Berühmt war der Ausspruch des Kaisers Titus, er habe den Tag verloren, wenn er an diesem nichts Gutes getan hatte AUSON. 419,16,72. 77 Mlat. Idem (seil. Titus) quoque recordatus super coenam, quod nihil tota die cuiquam praestitisset dolens et gemens dixit: „O amici, hunc diem perdidi" Derselbe (Titus) sagte auch, als er sich während der Abendmahlzeit daran erinnerte, dass er den ganzen Tag niemandem etwas gewährt hatte, betrübt und mit einem Seufzer: „O Freunde, diesen Tag habe ich verloren" IOH. SARESB., POLICRAT. 510 D. 78 Dt. Nullam hodie lineam duxi, nulla dies absque linea, - Laß kain tag umbsunst hin Ich habe heute keine Linie gezogen. Kein Tag ohne Linie! — Lass keinen Tag ungenützt verstreichen! HAUER 387, -^ GUT (Adj.) 452, LERNEN 72, LINIE J. Vgl. LINIE 2-4

255

TAG

6. Schicksalhaftigkeit des Tages 6.1. Tag als folgenschwere und massgebliche Zeit 6.1.1. Ein Tag kann folgenreicher sein als viele zusammen 9 79 Bibl. Quia meltor est dies una in atriis tuis, super mtllia VULG., PSALM. 83,11 (vgl. 80 unten 9.}. Denn ein tag in deinen Vorhofen ist besser denn sonst tausent LUTHERBIBEL, PS. 84,11 (vgl. unten 9., HIMMEL 76). Si M l a t . Quod annus non datr dies sub(d)itus affert Was das Jahr nicht gibt, bringt 82 unvermutet ein Tag SORTES APOSTOLORUM 35. Discas servtre, si vis ad alta venire; Saepe dat una dies, quod totus denegat annus Lerne dienen, wenn du emporkommen willst! Oft bringt ein einziger Tag, was das ganze Jahr verweigert FACETUS 182 (vgl. 83 DIENEN 3). Annua cura datur, tarnen una dies operatur Ein Jahr lang bemüht man 84-86 sich, und doch bringt es nur ein einziger Tag hervor WERNER 2 a 88. Saepe dat una dies quod totus denegat annus Oft bringt ein einziger Tag, was das ganze Jahr verwei87 gert WRIGHT, POL. SONGS 176. WERNER Z s 8. PROV. WRATISLAV. 561. Non faciunt anni, quod facit una dies Nicht bewirken die Jahre, was ein einziger Tag schafft HERDSS. 89 RINGER Hs. (14. Jh. [+ZFDA 49,214,3]). Hoc facit una dies, quod totus denegat annus Ein einziger Tag bewirkt das, was das ganze Jahr verweigert MSD 27,2,76 90 (= MONES ANZ. 7,505,85). WERNER 2 h 30. Saepe dat una dies, quod non evenit in anno Oft gibt ein einziger Tag, was in einem Jahr nicht geschieht BEBEL, PROV. GERM. 474. 91 Fr. VMS savez ben, ke l'um reprove, Ke l'um suvent a un jur trove Co, aunt l'um s'est tut Van pene Ihr wisst gut, was man im Sprichwort sagt, dass man oft an einem einzigen Tag findet, worum man sich das ganze Jahr bemüht hat HUON DE ROTELANDE, IPOME92 DON 5265. Que muels valt .1. jors que uns ans Denn ein einziger Tag ist mehr wert 93 als ein Jahr AIM. VAR,, FLORIM. 6398. Car un jor vault mietz que uns anz REN. 6,48. 94 Un jur porte que tut l'an ne pot. — Quod donare mora nequit annua dat brevis bora Ein Tag bringt, was das ganze Jahr nicht konnte. — Was das Jahr nicht geben kann, 95 bringt eine kurze Stunde MEYER, Doc. MANUSCR. C176 (= MORAW. 2452). L'aventure c'uns ans n'amainne Avient un jor en le semainne Was das Jahr nicht bringt, 96 geschieht an einem einzigen Tag der Woche SORTES APOSTOLORUM FR. 33. L'en fait en un jour que l'en ne fait en un an. — No« faciunt anni, quod facit una dies. Quod donare mora nequit annua, dat brevis hora Man macht an einem Tag, was man nicht in einem Jahr tut. — Es bewirken die Jahre nicht, was ein einziger Tag tut. Was das Jahr 97 nicht geben kann, gibt eine kurze Stunde HILKA 48. S'avient en un jor que n'avient en cent ans Es geschieht an einem Tag, was in hundert Jahren nicht geschieht PROV. RUR. 98 76 {= MORAW. 315}. On fait pluz en un jour que en un an Man macht mehr an 99 einem einzigen Tag als in einem Jahr MORAW. 1468. Nous poons plus perdre sus un four que nous n'avons conquis dedens vingt ans Wir können an einem einzigen Tag mehr vertieren, als wir in zwanzig Jahren gewonnen haben FROISS. ($PEC. 10) 298, 51. WO Car en un jour avient bien, or men crois, Qu'il n'avenra souvent en trente mois Denn an einem Tag geschieht leicht, glaube mir nur, was oft in dreissig Monaten nicht geschieht EBD. 101 Pro v. Que so mostra l'escriptura: Causa de bon' aventura Val us sols jorns mats de cen Denn das zeigt die Schrift: „Im Glück gilt ein Tag mehr als hundert" (Appel) BERN. 102 DE VENT. 30,40. Meinz val us ans d'un dia Weniger wert ist ein Jahr als ein einziger 103 Tag G. AoEMAR 4 0 (+MAHN 111,202). Mas lo savis retrai C'„us jors val mats c'us anz" Aber der Weise sagt, dass ein einziger Tag mehr wert ist als ein Jahr CADENET 27,24. 104 Maintas vez val mais uns jorns q'uns ans Oft ist ein einziger Tag mehr wert als ein Jahr 105 DAUDE DE PRADAS 8,44. Aiso que non dona ans toi sobdosamen us dias Was ein Jahr

TAG

106 107 308 109

110 111

112

U3 U4

115 116 in US 119 120 121 122 123 124 125 126

256

nicht gibt, nimmt unterdessen ein einziger Tag unvermutet weg SORTES APOSTOLORUM PROV. 34. It. Un giorno mi uen ke mi ual piu dt cento Ein Tag kommt mir, der für mich mehr wert ist als hundert MAZZEO DI Ricco DA MESSINA (-»RIME VAT. 3214 12 S. 15). Ch' uno buon giorno mille tnai ristora Denn ein guter Tag macht tausend schlechte wieder gut CHIARO DAVANZATI {+ANTICHE RIME 285,66 [= ANTICHE RIME VOLG. 219]). Un giorno vene, ehe val piit di dento Ein Tag kommt, weicher mehr wer: ist als hundert GUIDO DELLE COLONNE (+ ANTICHE RIME 23,12). Ch' i' aggio udito dire a om saggio Che ven un dl ehe val per piü di cento Denn ich habe von einem weisen Mann gehört, dass ein Tag kommt, welcher mehr wert ist als hundert ANGIOLIERI 82,13. N o r d . Sa atburör mä veröa a einum degi, er ei kann g0rast a XII manuöum An einem Tag kann sich ereignen, was in zwölf Monaten nicht geschehen kann TRISTRAMS SAGA 30 S. 37,30. Engl, O« dai bringd tbet al ier ne mat. — Quod donare mora nequit annua, dat brevis hora. Anno cura datur, tarnen una dies operatur Ein Tag bringt, was das ganze Jahr nicht vermag. — Was das Jahr nicht geben kann, gibt eine kurze Stunde. Ein Jahr lang bemüht man sich, und doch bringt es nur ein einziger Tag zustande RAWLINSON 5 (— FÖRSTER, ENGL. ST. 31 16). Though the world had sworn The contrarie of a thyng by ye or nay, Yet somtyme it sbai fallen on a day That falleth nat eft withine a thousand yeere Und wenn auch die Welt das Gegenteil von etwas beschwört bei Ja oder Nein, so wird doch manchmal an einem Tag geschehen, was nachher nicht in tausend Jahren geschieht CHAUCER, KNIGHT'S T. A 1666. Ofte bryngeth o da% pat after alle pe sere ne may. — Sepe dat una dies quod non dat circulus anni Oft bringt ein einziger Tag, was nachher das ganze Jahr nicht (bringen) kann. — Oft gibt ein einziger Tag, was der Verlauf eines Jahres nicht bringt RYLANDS fo. 6. Oft bryngeth on day, Pat all pejere not may. — Sepe dat vna dies, fert (lies: ferre) annus quod neque (lies: nequit} vnus Oft bringt ein einziger Tag, was das ganze Jahr nicht (bringen) kann, — Oft bringt ein einziger Tag, was ein Jahr nicht bringen kann DOUCE (MS. 52) 4. Sepe dat vna dies quod non dat circulus anni. — Hyt fortynyt yn' a day pat fortunyt not yn' a here Oft gibt ein einziger Tag, was der Verlauf eines Jahres nicht bringt. — Es geschieht an einem Tag, was in einem Jahr nicht geschieht RAWL. ENGL. 56. Oftymes one day is better than somtyme an hole yere Oft ist ein einziger Tag besser als bisweilen ein ganzes Jahr CAXTON, REYNARD 27 (62,19). Hit fallith in a dai, that fallith not all the iere after Es geschieht an einem Tag, was nachher das ganze Jahr nicht mehr geschieht HILL 104,20. Nl. Een dach is beter dan sulc een jaer Ein Tag ist besser als solch ein Jahr REINAERT 4287. Eenen dach verleent dat een heel iaer weighert. — Sepe dat vna dies quod totus denegat annus Ein Tag verleiht, was ein ganzes Jahr verweigert. — Oft gibt ein Tag, was das ganze Jahr verweigert PROV. COMM. 347. Dt. Swaz der man üf legen mac In zehen jären, mac ein tac Wenden, ob ez got wil Was der Mensch in zehn Jahren ausdenken kann, kann ein Tag verhindern, wenn Gott es will THOM. v. ZIRCLARIA 10765. It veit ducke ein daich Dat alle dat fair nett gedain en match Es geschieht oft an einem Tag, was das ganze Jahr nicht gelingen kann HAGEN, KÖLNER CHRON. 4048. Ein tac daz jar vil dicke erschreit Sehr oft holt ein Tag das Jahr ein FRAUENLOB, SPR. 269,11. Sid mir noch bringen mag ain tag Daz ain jar nit bringen mag Da mir ein Tag noch bringen kann, was ein Jahr nicht bringen kann LIEDERSAAL 122, 323. Mir mag bringen noch ain tag Daz ain jar nit bringen mag Mir kann ein Tag noch bringen ... EBD. 173,483. Mir möcht noch pringen ain tag, Das mir ain Jar nit pringen mag Mir könnte ein Tag noch bringen ... HÄTZLERIN 2,7,282. Wultu körnen in graten stad, So lere wol denen, dat is rnyn räd; Dat mach dy werden

257

TAG

uppe enen dach Dat dy nicht tner besehen en mach Wenn du zu Stand und Ansehen kommen willst, lerne gut dienen, das ist mein Rat! Das kann dir an einem (einzigen) Tag zuteil werden, was dir (sonst) nicht mehr widerfahren kann FACETUS DEUTSCH 141 127 S. 266, Een dach vorleend dat een heel tar weygert Übers, wie 119 PROV. COMM. 128 MND. 343. Ein dach vorlent wol dat ein hei jär weigert, - Praestat saepe dies, annus quod ferre recusat Ein Tag verleiht leicht, was ein ganzes Jahr verweigert. - Oft leistet ein Tag, was das ganze Jahr nicht bringen will TUNNICIUS 475. — FALL 137, GEWINN 303, HALM 33, KAMPF 212, REUE 49, STUNDE 23. Vgl. AUGENBLICK 1., EIN 4.4.5., GESCHEHEN 8., STUNDE 2.1.2.

6.1.2. —6.1.3. s. Inhaltsübersicht 6.1.4. Guter Tag schafft gutes Werk 129 130 131 132 133, 134 i35

Fr. A hon jour bon(e) heure (lies: huere, Red.). — Omnis persona, fac bene luce bona An gutem Tag gutes Werk. — Ihr alle, tut Gutes an einem guten Tag! HILKA 117. A bon jor bone euvre HAUREAU VI, 62 (Hs. E. 13./A. 14. Jh.). A bon jour bone euvre MORAW. 10. A bon jour bon hure (lies: uure, Red.} CAMBR. SAMML. (+LEROUX II, 472). A bon jour bon oeuvre ET. LEGRIS 2. Car aux bons fours faict on les bonnes oeuvres Denn an guten Tagen macht man die guten Werke J. MOLINET 203,264. A bon jour bonne oeuvre et bonnes paroles An gutem Tag gutes Werk und gute Worte LEROUX 1,104 (l5. Jh.). U6. 137 S p a n . En buen dia, buenas obras An gutem Tag gute Werke LOPEZ (?), REFRANES 257. NUNEZ II, 90. Vgl. WERK 1,6-11, 13-15

6.1.5. Guter Tag bringt gute Woche 138 Fr.

De bon jour hone semaine Von gutem Tag gute Woche GONTIER DE SOIGNIES

(*TROUV. BELGES II

16),

Vgl. ROCKEN 8

6.1.6. Der Tag bringt Rat 139 Fr. Vient jour vient consetl Kommt Tag, kommt Rat CAMBR. SAMML. (+ LEROUX 11,483 [= MORAW. 2478]). I4ö Dt. Kompt tag so kompt rath FRANCK 1,31 r. — MORGEN (Adv.) 4.2. Vgl. KISSEN 2.1., NACHT 1.3., SCHLAFEN 18.3., ZEIT 3.1.2.2. 6.1.7. Vereinzelt 14l Span. Bten dizen que los dias no se van en balde Man sagt richtig, dass die Tage nicht umsonst vergehen CELESTINA 93 H)·

6.2. Tag als Zeit abwechslungsvollen Geschicks 6.2.1, Man darf den Tag nicht vor dem Abend loben11 142-144 M l a t . A casu describe diem, non solis ab ortu Beurteile den Tag nach dem Sonnenuntergang, nicht nach dem Sonnenaufgang! GODEFR. VINS., POETR. NOVA 283. SA145 LIMB., CHRON. 437,26. PROV. WRATISLAV. 3. Exitus acta probat; finis, non pugna coronat, Laudamus tandem sole cadente diem Das Ende weist die Werke aus; das Ende, nicht der Kampf, bringt die Krönung. Wir loben den Tag erst bei Sonnenuntergang ALBERT. STAD., TROILUS 2,119 (= ENDE 71). 146 Prov. Qe scienza jauzionda M'apres c'al soleilh declin Laus lo jorn e l'ost' al matin Denn eine frohe Lehre hat mich belehrt, den Tag bei Sonnenuntergang zu loben und den Wirt am Morgen MARCABRU 12,6.

TAG

258

147 Dt. Nieman ze vruo sol prisen Mit lobe den Hebten tak Niemand soil den lichten Tag 148 zu fr h lobpreisen RUBIN DER R DIGER l (+MSH III, 31 a). Die dage lovit man aller erst, alse der dach vergangen is Die Tage lobt man erst, wenn der Tag vergangen ist 149 LILIE 5,19. Man sol den tac niht gar volloben, die wil noch ein stunde Er bat, er si dan vollebr ht: so wirt er denne gepnset Man soll den Tag nicht vollst ndig loben, solange er noch eine Stunde hat und bevor er vollbracht ist. Dann erst wird er gelobt FRAUENLOB, SPR. 103,5. —· ABEND 27-51, 53-65. Vgl. JAHR 4.1., MORGEN (Subst.) 2.1.

6.2.2. Kein Tag ist wie der andere 150 Span. No so« todos los dias iguales Nicht alle Tage sind gleich NUNEZ 111,50. 151 Engl. Now man is hool, now man is seek; Nys no day fter ylyk Bald ist man gesund, bald krank. Es ist kein Tag gleich wie der andere ALISAUNDER B 6984. Vgl. GESCHEHEN 138 152 153 154 155.156 157 158.159 160 161-163 164, 165

166

6.2.3. Jeder Tag lehrt den ndern etwas Neues Gr. Αεί τι καινόν ήμερα παιδεύεται Immer lehrt der Tag etwas Neues EUR,, FRG. 945. Ή δ' ήμερα Αεί τι καινόν εις το φροντίζειν φέρει Der Tag bringt immer etwas Neues zum Nachdenken POSEIDIPP., FRG. 20. Lat. Discipultis est prioris posterior dies Der nachfolgende Tag ist der Sch ler des vorausgehenden PUBLILIUS d 1. Mlat. Discipulus est prioris posterior dies ER ASM., ADAG. CHIL. 1,8,60. EGENOLFF 71 r. It. Spesse volte ii giorno d'oggi aggiugne qualche cosa a quello d'hieri Oft f gt der Tag von heute etwas dem von gestern bei MERBURY 15. Dt. ... ein tag lerne den ndern, unnd heulte erfaren wir, da wir gestern nicht gewust haben Dass ein Tag dem ndern lehrt und wir heute erfahren, was wir gestern nicht gewusst haben AGRICOLA Nr. 90. EGENOLFF 71 r. Der heutig tag ist des gestern iunger (Sch ler) FRANCK 1,44 r. Ein tag lert den ndern EBD. 1,44 r. II, 16 v. EGENOLFF 18 r. Semper est prioris posterior dies disdpulus. — Ein nach tag ist des vorigen Sch ler Immer ist der nachfolgende Tag der Sch ler des vorausgehenden. — Ein nachfolgender Tag ist der Sch ler des vorausgehenden FRANCK II, 16 v. EGENOLFF 18 r. -* NEU 95. Vgl. JAHR 3.2.1. hnlich: Span. Que por esso hizo Dios vn dia tras otro, porque lo que el vno no bastasse, se cumpliesse en otro Denn dazu hat Gott einen Tag nach dem ndern gemacht, damit sich das, wozu der eine nicht hinreicht, am ndern erf lle CELESTINA 144 (8).

6.2.4. Jeder Tag hat sein

bel (und sein Gutes}

167 B i b l . Nolite ergo so iciti esse in crastinum, Crastinus enim dies sollidtus erit sibi l s ipsi; sufficit diet malitia sua VULG., MATTH. 6,34 (= MORGEN [Adv.] 40). Darumb sorget nicht f r den ndern morgen, Denn der morgend tag wird f r das seine sorgen. Es ist gnug, das ein jglicher tag sein eigen Plage habe LUTHERBIBEL, EBD. (= MORGEN [Adv.] 41). 169 Dt. W/r varn ie tage weide Ze liebe oder ze leide Wir machen nicht eine Fahrt von einem Tage, ohne dass uns Liebes oder Leides begegnet (Bezzenberger) FREIDANK 170 120,11. Darumb sorget in diesem allen Gar nicht auff den anderen morgen! Er selb 171. 172 wird f r das seinig sorgen. Jeder tag tregf sein bel fort SACHS 1,292,18 (1532). Christus sagt im Evangelio also: Yhr solt nicht sorgen f r den morgen tage, denn ein yglicher tage bringt sein bel mit sich AG RICO LA Nr. 91 (= MORGEN [Adv.] 53). EGENOLFF ϊ73-ί75 71 v (= MORGEN [Adv.] 54). Eyn yeglicher tag hat sein eygen bel AGRICOLA

259

TAG

176. 177 Nr. 571, Nr. 655. EGENOLFF 239 r. Ein jeder tag hat sein lieb vnd leyd Jeder Tag hat seine Freude und sein Leid FRANCK 1,26 r. EGENOLFF 293 r. Vgl. ALT 61, 202 6.2.5.— 6.2.6. s. Inhaltsübersicht 6.2.7. Keinen Tag bleibt die Freude ohne Sorge - FREUDE 117, 207, SORGE 5. Vgl. EHE 64 Ähnlich: 178 Dt. In einem muote nieman mac Geleben einen halben tac In derselben Stimmung kann niemand (auch nur) einen halben Tag leben FREIDANK (PAUL) 357 (= FREIDANK 58,11 Var.). 6.2.8. Nach drei Tagen ändert sich das Geschick 179 S p a n , A tres dias buenos, cabo de mal estrena (lies: extremo) Auf drei gute Tage Überrnass des Übels HALLER 342. — LEID 60. Vgl. EHRE 60, MANN 159 6.2.9. Vereinzelt ISO N o r d . Qualibet esca die fit reditura pie. - Ee kommer hwar dagh metb sijn f0dhe Jeden Tag wird die Speise pflichtmässig wiederkommen. - Immer kommt jeder Tag mit seiner Speise LALE 872. 6.3. Tag als festgesetzte, unentrinnbare Zeit 6.3.1. s. Inhaltsübersicht 6.3.2. Was man auch tut, der Tag kommt doch 181 Er.

Queqe face le four ne se targe Was man auch tut, der Tag säumt nicht CAMBR.

182 SAMML. (+LERÖUX 11,480). Pour nyent reculle qui mal jour attent Umsonst weicht 183 aus, wer einen schlimmen Tag erwartet ET. LEGRIS 540 (= MORAW. 1692). Queque le fol face, le jour ne se tarde Was auch immer der Narr tut, der Tag säumt nicht ET. 184. iss LEGRIS 695. Que que fouz face jourz ne se tarde MORAW. 1773. Quoy que fol tarde Jour ne tarde Während der Narr säumt, säumt der Tag nicht LEROUX 11,411 (15, Jh.). 6.3.3.—6.3.4. s. Inhaltsübersicht 186 187

188 189 190 191 192-195 196

6.3.5. Jeder Tag ist wie der letzte zu betrachten La t. Omnem crede diem tibi diluxisse supremum Glaube, dass dir jeder Tag als letzter angebrochen ist! HÖR., EP. 1,4,13. Itaque sie ordinandus est dies omnis, tamquam cogat agmen et consummet atque expleat vitam Daher ist jeder Tag so einzurichten, wie wenn er der letzte wäre und das Leben vollenden und zu Ende führen würde SEN., EP. 12, 8. M l a t . Multos vitam differentes mors incerta praevenit: itaque omnis dies velut ultimus iudicandus est Viele, die das Leben hinauszögern, überrascht der Ungewisse Tod. Deshalb muss jeder Tag wie der letzte betrachtet werden PS. SEN., MOR. 10 {= TOD 394). Quisque dies vitae est velut ultintus ecce putandus Siehe, jeder Tag des Lebens ist wie der letzte zu betrachten! ALCUIN., CARM. 62,22. Omnis dies quasi ultimus est babendus Jeder Tag ist gleichsam für den letzten zu halten ALCUIN., ER 37 (79,25). Omnis dies velut ultimus tractandus est Jeder Tag ist wie der letzte zu behandeln OrLOH., PROV. 323 A. Omnem crede diem tibi diluxisse (AcRicoLA: deluxisse] supremum Übers, wie 186 PETR. CANTOR, VERB. ABBREV. 149 (357 B). WRIGHT, POL. SONGS 36. AGRICOLA Nr. 98. EGENOLFF 72 v. Omnem crede diem tibi defluxisse supremam Glaube, dass dir jeder Tag als letzter verflossen ist! GIR. CAMBRENSIS, GEMMA 2,7

TAG

260

197 S. 193. Disce quasi semper victurus. Vive quasi semper moriturus. Qmnis dies velut ultimus est ordinandus Lerne, wie wenn du immer leben würdest! Lebe, wie wenn du immer sterben würdest! Jeder Tag ist wie der letzte einzurichten GILLES LI Muisis I,105(=TOD 1066). — TOD J075, 1086-1088, Vgl. LEBEN 5.9., TOD 10.2.

6.3.6. Der erste Tag bringt den letzten 198 La t. Omnia certo tramite vadunt, Primusque dies aedit extremum Alles geht auf dem bestimmten Pfad, und der erste Tag hat den letzten gebracht SEN,, OEDIPUS 986. 399 Extremumque diem primus tulit Und den letzten Tag hat der erste gebracht SILIUS 3,135. 200 Pro v. C' al jorn c' am nai comensa a morir Am Tag, an dem man geboren wird, beginnt man zu sterben GAUC. FAIDIT {-»MAHN 11,96). — GEBÄREN 12-13. Vgl. ANFANG 22, ENDE 1.1.2., KOMMEN 1.4., STUNDE 2.2.1., TOD 1.3.1.-1.3.3.

6.3.7.-6.3.8. s. Inhaltsübersicht 6.4. Tag als Zeuge unaufhaltsamen Niedergangs 6.4.1, Ein Tag ist schlechter als der andere 201 La t. Cottdie est deterior posterior dies Immer ist der folgende Tag schiechter PUBLILIUS c 19. 202.203 Dt. Es folgen ymmerzü böser tag Es folgen fortwährend schlechtere Tage FRANCK 1,51 r. EGENOLFF 305(1) v. Vgl. GESTERN 9, JAHR 2.3., JETZT 6, MORGEN (Adv.) 2.3., SCHLECHT 2.1.1.2., WELT 1.3,, ZEIT 2.2.

6.4.2. s. Inhaltsübersicht 7. Gute (Lichte) und schlechte (trübe) Tage 7.1. Nach trüber Zeit folgt ein lichter Tag 204 La t. Uentt post multos una serena dies Nach vielen (trüben) Tagen folgt ein einziger heiterer Tag TIBULL. 3,6,32. 205 Dt. Das manig mensch bat gesechen Nach trüber zit am hechten tag Dass mancher Mensch nach trüber Zeit einen lichten Tag gesehen hat RUSCHART, LIEBESSTREIT 350 (* LIEDERSAAL 28). Vgl. oben 1.1., unten 8.4., DUNKEL 2., HEUTE 2.1.2.9., MORGEN (Subst.) 6.4., NACHT 1.2., NEBEL 3., REGEN 2.1.-2.2., TROCKEN 1.-2., UNWETTER 2., WETTER 2.2., WOLKE 4.

7.2. Nach langer trüber Zeit erfreut der lichte Tag um so mehr 206 Mlat. Una serena dies multorum nubila pensat Ein heiterer Tag wiegt die Wolken 207 vieler auf HENRIC. SEPT. 765. Estque serena dies post longos gracior imbres Es ist ein heiterer Tag nach langem Regen willkommener PAMPHILUS 481. 20S Pro v. Mas cant a trop tengut Lais temps, et que za feit plogut, Plaz mats lo sole(a)ls el bels jorns Aber wenn schlechtes Wetter zu lange gedauert hat und es schon lange{?) I2 geregnet hat, gefallen die Sonne und der schöne Tag um so mehr COUR D'AM. 933. 209 Nl. Enen claren dach verdrijft vele vuylder daghen. - Vna serena dies multarum nubula pensat Ein klarer Tag vertreibt viele trübe Tage. — Übers, wie 206 PROV. COMM. 348.

261

TAG

210 Dt. Ez werdent liep unde wert Nach ungewiter liebte tage, Fröude und heil nach grözer klage Lieb und wert werden nach einem Unwetter die lichten Tage und nach 2 3 3 grossem Leid Freude und Glück ZWEITES BÜCHLEIN 444. Een dar dach vordryft vele 212 vule daghe Übers, wie 209 PROV. COMM. MND. 344. Ein klar dach vordryvet vele düstere wölken. - fulva dies unus multorum nubila pellit Ein klarer Tag vertreibt viele düstere Wolken. - Ein einziger Tag vertreibt die dunklen Wolken vieler (Tage) TUNNIcius 476. Vgl. BITTER 1,1.3-, FREUDE 1.2.4., GLÜCK 10.11., GUT (Adj.) 7,4, KAMPF 2.9.3., KRANK 5.2.1., LEID 5.2.4., LIEBE 1.5.2, REGEN 6.7, SCHLECHT 6.3, SÜSS 1.1.4. Ähnlich: 2i.? It. Per l'ombra obscura ehe la notte serra La chiareza del giorno assai piu piace; Dopo la pioggia alor ehe vento tace Assai piü luce il sol Wegen des dunklen Schattens, der die Nacht umschliesst, gefällt das Licht des Tages um so mehr. Nach dem Regen, wenn der Wind zum Stillstand gekommen ist, leuchtet die Sonne viel mehr GIULIANO DE' MEDICI 53,5 (1500) (= REGEN 29), 214 Engl. After sore labour sweete rest is delectable, And after long night day light is comfortable Nach mühsamer Arbeit ist süsse Ruhe erfreulich, und nach langer Nacht ist das Tageslicht tröstlich BARCLAY, ECL. 3, l (= ARBEIT 83}. 7.3. Um glücklicher Tage willen nimmt man schlechte in Kauf 215 Fr. Encore valent un jor de bien quatre de mal Auch vier Tage Unglück wiegen einen 216 Tag Glück auf LEROUX II, 296 (13. Jh.). Encore valt un jor de bien quatre de mal Ein Tag Glück ist sogar vier Tage Unglück wert MORAW. 641.

217 Dt. So viel guter tage sind ia eyner bösen stunde werd LUTHER, WERKE 111,88,16 (1525). Ähnlich; 218 Ir. Un dolce giorno non potrö godermi Che prima mitte amari non mi costi Einen süssen Tag werde ich nicht gemessen können, der mich zuvor nicht tausend bittere kostet Gio. ANDREA GARISENDI (+RIM. BOL. 316). 219. 220 221-225 226-22S

229 230. 231

7.4. Gute Tage sind schwer zu ertragen Dt. Es muessen starcke beyne sein, die gute tage können ertragen AGRICOLA Nr. 80. EGENOLFF 37 r. Gut tag kann niemant tragen FRANCK 1,18 v. EGENOLFF 287 v. £5 müssen starcke beyn sein, die gut tag tragen FRANCK 1,19r. II, 123 r. EGENOLFF 287 v. Gut tag wollen starck beyn haben FRANCK 1,71 v. EGENOLFF 314 r. Güte tag zutragen, müssen starcke beyn sein EGENOLFF 128 r. Vgl. GLÜCK 7.1.4, GUT (Adj.) 6.5.I., GUT (Subst.} 269, SCHLECHT 92 Ähnlich: D t. Bona nisi sustineantur, cadunt ut opprimant. — Gut tag fallen einen, so mans nit tregt, darnider Wenn das Gute nicht ertragen wird, fällt es so, dass es einen niederdrückt, — Gute Tage fällen einen darnieder, wenn man sie nicht erträgt FRANCK 1,66 v. Der wol vnglück leiden kan, der kan auch gut tag wol tragen EBD. I, 69 r. EGENOLFF 313 r. 7.5. s. Inhaltsübersicht

7.6. An guten Tagen darf man die schlechten nicht vergessen 232 B i b l. In die bona fruere bonis, et malam diem praecave An einem guten Tag geniesse 233 das Gute und nimm dich in acht vor dem schlechten Tag! VULG, ECCLES. 7,15. Am

TAG DES GERICHTS

262

guten tage, sey guter dinge, vnd den bösen tag nim auch für gut LUTHERBIBEL, PRED.

7,15. 234 Span. AI buen dia abrele la puerta, y para el malo te aparefa Dem guten Tag öffne die Türe und gegen den schlechten bereite dich vor! NUNEZ 1,71. 23i D t. Du solt in dien guten tagen die bösen an sehen, und in dien bösen der guten nit vergessen Du sollst dir in den guten Tagen die schlimmen vor Augen halten und in den schlimmen die guten nicht vergessen SEUSE 235,1. —· EITEL 5-6, GLÜCK 699, GUT (Adj.) 699, 703

8. —9. s. Inhaltsübersicht V.M.

Anmerkungen 1

Vgl. WHITING D 3l. Vgl. HASSELL J38; WHITING D 40. ·' Es folgt die Erklärung: Htemit entschuldigen sich die Finantzer, welche den leutten mit falscher, geferbter wäre und thandt ein nase machen, und betrigen sie, Sie haben es gesehen, es sei liechter tag, warumb bat er die äugen nicht auffgethon Damit entschuldigen sich die Betrüger, die den Leuten mit falscher, gefärbter Ware und Tand eine Nase machen und sie betrügen: „Sie haben es gesehen!" Es sei heller Tag. „Warum hat er die Augen nicht aufgemacht?" 4 Es folgt die Erklärung: ,.. wenn jemand sagt eyn mere, und wir glaubens nicht, sonder halten es für eyn lugen, so sagen wir; ja, ja, darnach wards tag. Denn wenn der schlaff auffboret, so hören die treüme auch auff, das ist mit dem tage, wenn der anbricht Wenn jemand eine Geschichte erzählt und wir glauben sie nicht, sondern hatten sie für eine Lüge, so sagen wir: ... 5 = ERASM., ADAG. CHIL, 1,1,2 Sp. 26. 6 Vgl. GRIMM, DWn. X.1,1620; SCHWEIZ. ID. VII, 1095. 7 Vgl, WHITING T163. 8 EigentL Hocken = Haufen zu 20 Garben, vg!, H. S. Falk u. A, Torp, Norwegisch-dänisches etymologisches Wörterbuch, Heidelberg 191öf., H, 1280 s.v. Trave I. 9 Vgl. HASSELL J 34; WHITING D 56. 10 Mahn schreibt dieses Sprw, Saill de Scola zu. 11 Vgl. HASSELL j 32, 12 Feit unklar. 2

TAG DES GERICHTS s. JÜNGSTER TAG TAG DES HERRN s. JÜNGSTER TAG TAGEREISE s. REISE TÄGLICH s. TAG TAL / vallee / valley Hier auch JAMMERTAL 1. Berg und Tal 1.1. Kein Berg ohne Tal (Nach einem Berg kommt ein Tal) -+ BERG 1-8, 10, 12-15, CUNNUS -2, GLÜCK 457, WALD 32 1.2. Je höher der Berg, desto tiefer das Tal — BERG 16, 18-32 2. Das Jammertal (1 -20) 3. Vereinzelt (21)

263

TALG

1. s. Inhaltsübersicht

1.2 3.4 5 6 7 S 9 10 n 12. 13 14 15

17, is 19 20

2. Das Jammertal B i b l . In valle lacrymarum Im Tal der Tränen VULG., PSALM. 83, 7. Durch das Jamertal LUTHERBIBEL, PS. 84,7. M l a t , In bac valle plorationis In diesem Tal des Weinens Ivo, EP. 214 (218 A). PETR. BLES., EP. 11 (1,33). Fr. En ceste vallee de larmes In diesem Tal von Tränen G. ALEXIS 111,71 (Crucifix et pelerin). En ceste vallee de larmes et de misere In diesem Tal von Tränen und Leid EBD. 111,101 (Crucifix et pelerin). Pro v. Es apellatz tot aquest mon vall de lagremas Diese ganze Welt wird Tal der Tränen genannt VICES ET VERTUS (+RAYNOUARD IV, 6 b). Eng i. Vor peruore is pe wordle y-cleped pe dane of tyeares Denn deshalb wird die Welt das Tal der Tränen genannt MICHEL, AYENBITE 160. In pe valey ofwepynge Im Tal des Weinens WYCLIFF, WORKS 15 {um 1430). Nl. In desen jammerliken dael In diesem jämmerlichen Tal MNL. GEISTL. LIEDER 92,10._ Dt. Uz disem eilendem wuofftal Aus diesem elenden Jammertal HEINR. v. MELK, ERINNERUNG 941, In ditz iamertal In dieses Jammertal WERNHER, MARIA A 67. So bist du in dem eilenden jamertal SEUSE 237,14. Doch ist diu werlt ein iamertal Die Welt ist doch ein Jammertal HUGO v. TRIM BERG 230. Waz eren hat diz jämertal? Welche Ehren bietet dieses Jammertal? EBD. 869. Wü in dessem jamerdale Is nicht wenne iamer vnde quäle Wie in diesem Jammertal nichts als Jammer und Elend ist ENGELS UNTERWEISUNG MND. 31 (Hs. 1409 [+Jß. VER. F. ND. SPRACHE 8,1883,66]}. Die welt muosz (muss) ich das jamertal nennen HUGO v. MONTFORT 27,148. An dussem iammerdale In diesem Jammertal IMMESSEN 1622. AI hie in dissem jamerdal Hier in diesem Jammertal FOLZ 73,131. Wenn er uns zumal Will holen auß dem jamerthal Wenn er uns (alle) zusammen aus dem Jammertal holen wird SACHS 1,281,19 (1548).

3. Vereinzelt 21 Dt. Kanstu nit auff den berg, so bleib doch nit im tal Wenn du nicht auf den Berg kannst, so bleibe (deshalb) doch nicht im Tal! FRANCK 1,15 r. H. U. S. TALG / suif / taüow 1. Dem Wiesel Talg anvertrauen —» WIESEL 1—9

1 2 3 4 5

2. Verschiedenes Fr. Romme nos fait de sin chandoile Rom macht uns aus Talg eine Kerze HELINANT 13,10. Tost a cangie chire por siu Schnell hat er Wachs für Talg eingetauscht J. BoDEL, CONGES 117. Dieus n'est mie si enfantius, Qu'il ne sace qu'est cire et sius Gott ist keineswegs so kindisch, dass er nicht weiss, was Wachs und Talg ist ROB. D'ARRAS, VERS DE LA MORT 241,1. Autant couste li suis que la meche Ebensoviel kostet der Talg wie der Docht LEROUX II, 181 (13. Jh.). Autant couste il suis comme la mesche MORAW. 204. V.M.

TAMARISKE

264

TAMARISKE — BAUM 249 TAMBURIN s. TROMMEL TANG s. KRAUT TANNED BAUM 316 TANTE / tante / aunt 1 Span. Yda y venida, por casa de mi tia Gehen und Kommen zum Haus meiner Tante 2 LOPEZ (?}, REFRANES 722. Ida y venida por casa de mi tia NUNEZ II,209.1 H. U. S.

Anmerkung 1

Ein weiterer Beleg bei O'KANE 77. Dice. DE REFRANES 1696 erläutert: Sprw., in dem die falschen Gründe, mit denen manche ihre Verirrungen beschönigen, getadelt werden.

TANZ s. TANZEN

TANZEN / danser / to dance Hier auch REIGEN(TANZ), TANZ Vgl. SPRINGEN 1. Wann und wo man tanzt (tanze) 1.1. Wenn man gegessen hat und satt ist, tanzt man —* BAUCH 1.4.4., ESSEN 134-140. Vgl. ESEL 20. 1.2. Bei Hochzeiten und Tanzfesten tanzt (tanze) man (1-4) 1.3. Verschiedenes (5-6) 2. Was zum Tanzen nicht genügt (passt) 2.1. Ein einziger Mann macht noch keinen Tanz (Reigen) (7—12). Vgl. EIN 2.2. 2.2. Ein Paar rote Schuhe genügen nicht zum Tanzen (13 — 17) 2.3. Ohne Füsse kann man schlecht tanzen (18—20) 2.4. In einer Toga tanzen (ist unpassend) (21 —24) 3. Was beim Tanzen wichtig und gut ist 3.1. Wäre das nicht, stünde ihm der Tanz nicht so gut an (25—26) 3.2. Wem man die Hand gibt, ist beim Reigentanz wichtig (27—30) 3.3. Einbildung ist für das Tanzen gut (31—33) 3.4. Guter und passender Ton ermöglicht gutes Tanzen (34—37} 3.5. Urnkehren ist das Beste beim Tanzen (38-40). Vgl. UMKEHREN 22 4. Wenn einer gerne tanzt 4.1. Wenn einer gerne tanzt, ist ihm leicht zu pfeifen (die Laute zu schlagen) (41 —54) 4.2. Wenn einer gerne tanzt, ist er leicht in den Reigen zu bringen (55—56) 5. Nicht jeder tanzt gerne und freudig (57-58), Vgl. ÜBERREDEN 6-7 6. Wenn alte Leute (Weiber) tanzen 6.1. Wenn alte Leute tanzen, steht alles zum besten —> HIMMEL 54 6.2. Wenn ein altes Weib tanzt, ist dies kein Kinderspiel (59 — 60) 6.3. Wenn alte Weiber tanzen, machen sie viel Staub —» STAUB 33—34

265

TANZEN

7. Tanzen ist schlecht und nachteilig 7.1. Tanzen ist vom Teufet (6l -66) 7.2. Verschiedenes (67-70) 8. Der Esel tanzt (71 -72). -+ ESEL 376-382, 384, 386 9. Redensarten 9.1. Nach jemandes Pfeife, Flöte, Hörn, Geige oder Gesang tanzen (73-98). Ähnlich (99) 9.2. Auf einem FUSS tanzen (100-103} 9.3. Mit den Zähnen tanzen — ZAHN 10.2. 9.4. Vereinzelt (104) 10. Verschiedenes ( OS-122)

1. Wann und wo man tanzt (tanze) 1.1. s. Inhaltsübersicht 1.2. Bei Hochzeiten und Tanzfesten tanzt (tanze) man 1 Fr. Puts que l'en s'est mis a la dance, il fault dancer Wenn man sich in den Tanz eingereiht hat, muss man tanzen TRISTAN PROSE 345.1 2 It. Chi non vuol ballare, non vadi al ballo, perche poi ehe (Ausg.: ehe) altri e dentro, bisogna ballare Wer nicht tanzen will, gehe nicht zum Tanz, denn wenn einer drin ist, muss er tanzen MERBURY 12. 3 Span. La que non bayla, de la boda se saiga Diejenige, welche nicht tanzt, entferne 4 sich von der Hochzeit NUNEZ II, 271. Quien bien bayla, de boda en boda se anda Wer gut tanzt, zieht von einer Hochzeit zur ändern EBD. III, 304. 1.3. Verschiedenes 5 Fr. Len doit faire le sault au dimenche Tanzen muss man am Sonntag MORAW. 1454. 6 Tousiours n'est pas temps de danser Es ist nicht immer Zeit zum Tanzen COMPOST i seit 1491 [*NISARD 1,145]) (vgl. AAL 35, BACKEN 13, BEERE 1., FASTNACHT 1., FEST 35, JAGEN 2.1.2., MAI 4., SCHEREN 31, STUNDE 48, UNWETTER 2-3, WIND l, 4-5).

2. Was zum Tanzen nicht genügt (passt) 2.1. Ein einziger Mann macht noch keinen Tanz (Reigen) 7 Ml at. Onus homo non facit choream Ein einziger Mann macht noch keinen Reigen BEBEL, PROV. GERM. 325, 8 N i. Een man en kan ghenen dank (lies: dantz) al ene mähen. — Solus homo validam nunquam facit ille choream Ein Mann allein kann keinen Tanz machen. — Ein einziger Mann macht nie einen richtigen Reigen PROV. COMM. 326. 9. 10 Dt. Een man kan nenen dantz mähen PROV. COMM. MND. 323. Ein mtnsche kan neinen dans mähen. — Pulchram solus homo nequit exornare choream Ein Mensch kann keinen Tanz machen. — Ein einziger Mensch kann keinen schönen Reigen zur 11 Geltung bringen TUNNICIUS 426, Una hirundo non facit ver. — Ain man macht kain thantz Eine Schwalbe macht keinen Frühling. - ... HAUER 131 (= SCHWALBE 14). 12 Ein man macht keyn dantz FRANCK 1,75 r. Vgl. EIN 2.2.

2.2. Ein Paar rote Schuhe genügen nicht zum Tanzen 13 Dt. Doch es gehöret mehr zum Tanz, wie man spricht, denn ein roth Paar Schuhe 14. 15 LUTHER, WA TR, 2235 (1531 [11,373,7]). Es gehöret mehr zum tantze, denn rote 16 schuch AGRICOLA Nr. 251. EGENOLFF 149 v. Droben ist gesagt, Es gehöre mer zum

TANZEN

266

tantz, denn ein rodt par scbuch Oben Ist gesagt (worden), es gehöre mehr zum Tanz 17 als ein Paar rote Schuhe AGRICOLA Nr. 364. £5 gehöret mehr dazu denn rote schuch zu diesem tantz LUTHER, WA XLV,509,17 (1538).

2.3. Ohne Fiisse kann man schlecht tanzen 18 Nl. Tes quaet dansen sonder voete. — Nemo corisare valet abs pedibus scio dare Ohne Füsse ist schlecht tanzen. — Niemand kann ohne Füsse tanzen, das weiss ich genau PROV. COMM. 658. 19. 20 Dt. Tys quat dantzend sunder voth PROV, COMM. MND. 625. Sunder betne is quät dansen. — Memo carens pedibus potuit duxisse choream ... — Ohne Füsse kann niemand einen Reigen tanzen TUNNICIUS 884. 2.4. In einer Toga tanzen {ist unpassend) 21 La t. Noli ergo, si tibi videtur, rem facere ridiculam et in toga saltantis inducere personam Mache also, bitte sehr, nicht diese lächerliche Sache und lass nicht die Person des Tänzers in einer Toga auftreten! MÄRT. 2 praef. 22.23 MIat. In toga saltantis personam inducere Die Person des Tänzers in einer Toga auftreten lassen ERASM., ADAG. COLL. 46 v. ERASM., ADAG. CHIL. 2,5,28. 24 D t. In toga saltantis personam inducere, — In einer kutten dantzen FRANCK 1,5 v.

3. Was beim Tanzen wichtig und gut ist 3.1. Wäre das nicht, stünde ihm der Tanz nicht so gut an 25 Dt. Thette das2,, der tantz wurde yhm nicht halb so wol anstehen Wäre das nicht, 26 der Tanz würde ihm nicht halb so gut anstehen AGRICOLA Nr. 250. Thet dast der tantz würde jm nit halb so wol anstehen EGENOLFF 149 v. 27

28

29 30

3.2. Wem man die Hand gibt, ist beim Reigentanz wichtig Nord. Pacta manus videas cui das intrando coreas* — Gaar thw i dandz see hwem tagher om haandh Wenn du in den Reigen trittst, sieh zu, wem du zum Bündnis die Hände gibst! — Trittst du in den Reigen ein, sieh, wen du bei der Hand nimmst! LALE 749. Nl. Die dansen wille sie wien hi bider hant netne, - Respice quern manibus capias tu quando corisas. Palmas preuisas habeas tu quando corisas Wer tanzen will, sehe, wen er bei der Hand nehme! — Achte darauf, wen du bei den Händen nimmst, wenn du tanzest! Wenn du tanzest, sollst du die Hände halten, welche du zuvor betrachtet hast PROV. COMM. 281. Dt. De dantzen wyl de se wen he by der hand nympt Wer tanzen will, sehe, wen er bei der Hand nimmt PROV. COMM. MND. 280. Wer tantzenn wil, der sehe wol zu welche er bei der hand neme Wer tanzen will, sehe gut zu, welche er bei der Hand nehme! FRANCK II, 105 r.

3.3. Einbildung ist für das Tanzen gut 31 Dt. Geduncken machen den reyen gut Einbildungen machen den Tanz gut PROV. 32. 33 FRID. 490. Laß duncken macht den tantz gut „Lass (jeden) wähnen (, wie er will)!" macht den Tanz gut 3 AGRICOLA Nr. 252. EGENOLFF 150 r.

3.4. Guter und passender Ton ermöglicht gutes Tanzen 34 It. Assay bien bala a qui fortuna sona Der tanzt sehr gut, welchem das Glück aufspielt 35 NUNEZ 1,132 (el Italiano). Che non st puö ballar senza tal suono Denn man kann nicht ohne eine solche Musik tanzen PELLEGRINO (+RAPPR. 111,418).

267

TANZEN

36 Dt. Noch sussem dun yst gut tanczen Nach süssem Ton ist gut tanzen PROV, FRID. 37 328, Wor me dar nu pypet unde basunet, Dar mag nie van rechte wol dantzen Wo man pfeift und posaunt, da kann man mit Recht gut tanzen BOTE, KOKER 261. 3.5. Umkehren ist das Beste beim Tanzen 38 Dt. Das best, am dantzen, ist das man Nit yemerdar dut für sich gan Vnd ouch by zyt umb keren kan Das Beste am Tanz ist, dass man nicht immer vorwärts geht, sondern 39 auch beizeiten umkehren kann BRANT, NARRENSCHIFF 61 Motto. Umbkeren das beste 40 am tantze LUTHER 280. Wie denn ein alt Sprichwort thut lern, Das best am dantz sey das umbkern Wie denn ein aites Sprichwort lehrt, das Beste am Tanzen sei das Umkehren SACHS 111,534,22 (1544). Vgl. UMKEHREN 22

41

42 43 44 45 46 47 48 49 50 5i. 52 53. 54

4. Wenn einer gerne tanzt 4.1. Wenn einer gerne tanzt, ist ihm leicht zu pfeifen (die Laute zu schlagen) M l a t , llli vilis fistula satis facit, qui amat choream ducere ... Aliter dicimus: Cuiuscunque ßstulae cantus valet choream amanti Dem genügt eine billige Pfeife, welcher den Tanz gerne anführt. Auf andere Weise sagen wir: „Die Musik einer jeden Pfeife ist für den, der den Tanz liebt, gut genug" BEBEL, PROV. GERM. 252. Nl. Haer es licht ghenoech ghepepen die ghaerne danst. — QMS leue musat here si prona fit ipsa coree Dem, der gerne tanzt, ist leicht genug gepfiffen, — Man spielt der Herrin mit Leichtigkeit auf, wenn sie zum Tanzen geneigt ist PROV. CO.MM. 425. Dt. Eyn pifer ist eyns marines spil, Der alle weghe dansen pliet Ein Pfeifer ist die Freude eines Mannes, der stets zu tanzen pflegt BERLINER LHS. 1747. He is lycht gbenoch ghepepen dede gherne dantzet Übers, wie 42 PROV. COMM. MND. 418. Wann die iungen metzen in der kuchen gerne tantzeten, so mag man inen gar leichtlich vff der lauten schlahen Wenn die jungen Mädchen in der Küche gerne tanzen würden, kann man ihnen gar leicht auf der Laute schlagen GEILER, BRÖSAMLIN 1,18 d. Em is lichte genoch gepepen de gerne danset. - Non calamos poscitgaudens duxtsse choream Dem ist leicht genug gepfiffen, welcher gerne tanzt. — Der verlangt keine Pfeifen, weleher gerne einen Tanz anführt TUNNICIUS 602. Wer gern tantzt mag man leicht pfeiffen Wer gerne tanzt, (dem) kann man leicht pfeifen LUTHER 108. Vnd wer gern dantzt, dem ist gut pfiffen Und wer gerne tanzt, dem ist gut pfeifen GEILER, POSTILL II, 36 a. Und wie man spricht: Wer gerne tantzt, dem mag (kann) man leichtlich pfeyffen LuTHER, WA XXIII, 133,10 (1527). Wer lust zu tantzen bat, dem mag man leicht pfeiffen AGRICOLA Nr. 363. Wer gern dantzt, dem ist gut zu pfeiffen FRANCK 1,15 r. 1,82 v. Wer lu$t zutantzen bat, dem mag mann leicht pfeiffen EGENOLFF 181 r. Wer gern tantzt, dem ist gut zupfeif fen EBD. 285 v.

4.2. Wenn einer gerne tanzt, ist er leicht in den Reigen zu bringen 55 Dt. Wer do gern tantzet, der ist gut an den reyen zu bringen Wer da gerne tanzt, der 56 ist gut in den Reigen zu fügen SCHWABACH 19. Der ist gut an den reyen czu brengen, wer do gerne tantczt PROV. FRID. 218. 5. Nicht jeder tanzt gerne und freudig 4 57 Fr. Chascun n'est pas joyeux qui danse Nicht jeder ist froh, welcher tanzt J. MIELOT 5* 54 (vgt. JEDER 2.1.}. Tel danse a cui au cueur n'en tient Manch einer tanzt, dem es nicht am Herzen liegt EBD. 310. Vgl. ÜBERREDEN 6-7

TANZEN

268

6. Wenn alte Leute {Weiber} tanzen 6.1. s. Inhaltsübersicht 6.2. Wenn ein altes Weib tanzt, ist das kein Kinderspiel 59.60 Dt. Es ist keyn kynderspill wenn eyn alts weih tantzet AGRICOLA Nr. 727. kein kinder spil, wenn ein alt weih tantzt EGENOLFF 274 v.

Es ist

6.3. s. Inhaltsübersicht 7. Tanzen ist schlecht und nachteilig 7.1. Tanzen ist vom Teufel 61 M l a t . Reihe enim aucupis infernalis est chorea Denn der Reigentanz ist das Netz des 62 Vogelfängers der Hölle IAC. VITRIAC., SERM. VULG. 273b's. Chorea enim circulus est cttjus centrum est diabolus Denn der Reigen ist ein Kreis, dessen Zentrum der Teufel 63 ist IAC. VITRIAC. (+LECQY 413). Vnde Guilhelmus Lugdunensis: „Chorea est circulus, cujus centrum est diabolus" Daher (sagt) Wilhelm von Lyon: ... HEROLT (*GERMANIA 30,196). 64 S p a n . Ala muger baylar asno andar El diablo seh ha demostrar Der Frau wird der Teufel das Tanzen und dem Esel das Gehen zeigen HALLER 441. 65 Dt. De dans is eyn cirkel, dar al gewiss De duuel dat rechte myddel is Der Tanz ist ein 66 Kreis, in dem ganz gewiss der Teufel die wahre Mitte ist GEGEN DAS TANZEN 68. Der vmme gende tantz ist ein ring oder circkel, des mittel der tufel ist Der ringsherum gehende Tanz ist ein Ring oder ein Kreis, dessen Mitte der Teufel ist ALTD. BL. 1,52 (Hs. 15. Jh.). 67

68 69 70

7.2. Verschiedenes Fr. Che n'est pas sens d'aler caroler et tresquier, Mais ch'est sens de l'issir, c'on ne le puist moquier Es ist nicht vernünftig, zum Reigen und zum Tanz zu gehen, aber es ist sinnvoll wegzugehen, damit man nicht über einen spotten kann BASTARS DE BUILLON 5509. Dt. Wann ich hab in eim puch gelesen, Das tanzen und springen nichz denn müde pain geit Denn ich habe in einem Buch gelesen, dass Tanzen und Springen nur müde Beine gibt FASTNACHTSP. 720,5. Dansen brinkt unküscheit, hoverdye unde schaden. — Luxuriam, fastus pariunt et damna choreae Tanzen bringt Unkeuschhert, Hoffart und Schaden. — Tanze bringen Unkeuschheit, Hochmut und Schaden mit sich TUNNIcius 1265. So sagt man auch, nyemand kumb von Dem dantz so gut, als er dran gieng So sagt man auch, niemand komme vom Tanz so gut zurück, wie er sich darangemacht habe SACHS 111,534,25 (1544).

8. Der Esel tanzt 71 Span. Hago el son al asnefon, siquiera bayle, siquiera non Ich mache dem Esel die 72 Musik, mag er nun tanzen oder nicht NUNEZ II, 177. Sin son o con son, baylaba el asnejon Ohne Ton oder mit Ton tanzte der Esel EBD. III, 392. — ESEL 376-382, 384, 386

9. Redensarten 9.1. Nach jemandes Pfeife, Flöte, Hörn, Geige oder Gesang tanzen 5 73 B i b l . Dicunt: Cecinimus vobis, et non saltasüs Sie sagen: „Wir haben euch gesungen, 74 und ihr habt nicht getanzt" VULG., MATTH, 11,17. Vnd sprechen, Wir haben euch 75 gepfiffen, Vnd jr waltet nicht tantzen LUTHERBIBEL, EBD. Cantavimus vobis tibiis, et

269

TANZEN

non saltastis Wir haben euch auf den Fl ten gespielt, und ihr habt nicht getanzt VULG., 76 Luc. 7,32. Wir haben euch gepfiffen, vnd jr habt nicht getantzet LUTHERBIBEL, EBD. 77 Gr. Ώ κάκιστα ζώα, ύμεΐς, οτε μεν ηυλοον, ουκ ώρχεΐσθε· νυν δε, οτε πέπαυμαι, τοϋτο πράττετε Ο ihr schlimmsten Lebewesen, als ich auf der Fl te spielte, tanztet ihr nicht, nun aber, da ich aufgeh rt habe, tut ihr es AESOP. 27. 78 M l a t . Ad tibiam choreas ducemus Nach der Pfeife werden wir die T nze anfuhren BEBEL, PROV. GERM, 417. 79 Pro v. Vuoill qe ... Anz danze segon qe-l viella Cel Ich will, dass sie vielmehr so tanzt, wie dieser auf der Geige spielt DAUDE DE PRADAS 14, 52, so S p a n . Ca como ellos tronparen, asi conuiene dancare Denn wie sie auf dem H rn Sl spielen, so muss man tanzen PERO LOPEZ DE AYALA (-> GIESE 173,37). AI son que me hizieres, a esse baylare Nach der Melodie, die du mir spielen wirst, nach der werde ich tanzen HALLER 403. 82 Nl. Nader pipen salmen dansen. — Ad sonitum muse ducuntur sepe choree Nach der Pfeife soll man tanzen. — Nach dem Ton der Musik werden die T nze oft angef hrt PROV, S3 COMM. 557. Na sulken pifpe en woudense niet dansen Nach solchen Pfeifen wollten sie nicht tanzen BER FRANS v. BREDERODE 7,8 (-" LILIENCR., HIST. VOLKSL. 169). 84 Dt. Wol f, swer tanzen welle nach der gigen Wohlauf, wenn einer nach der Geige «5 tanzen will! WALTHER v. D. VOGELWEIDE 19,37. Und must am lesten tantzen als die von zw rch pfiffen Und (er) musste zuletzt so tanzen, wie diejenigen von Z rich pfiffen 56 JUSTINGER, BERNER CHRON. 339 S. 207,20. F r dich, f r dich, verdenk mich nit; Nach deiner pfeiffen tantz ich nicht Vor dir, vor dir — verarge es mir nicht —, nach 87 deiner Pfeife tanze ich nicht 6 SCHWABACH 147. Vor dich, vor dich, vordencke mich 88 nicht, Noch deyner pheyffe tantze ich nicht7 PROV. FRID. 131. Went gy moten na myner pypen springen Denn ihr m sst nach meiner Pfeife tanzen TOTENTANZ 20. 89 Went se hebben ... noch myt leve noch myth pranghe Nummende konen darto brynghen, De de wil na erer pipen springhen Denn sie haben weder mit Liebe noch mit Schl gen einen dazu bringen k nnen, nach ihrer Pfeife zu tanzen REDENTINER OSTERS p. 90 1214. De l de dantset na juwer pipen Die Leute tanzen nach eurer Pfeife EBD. 1784. 9l. 92 Na der pypen schal me dantzen bers, wie 82 PROV. COMM. MND. 534. He moste al na syner pypen dantzen Er musste stets nach seiner Pfeife tanzen HAGEN, HELMST. 93 CHRON. 162 S. 119. He heft leeff den ... de so dantzet, alze he vore synget Er liebt 94 den, der so tanzt, wie er ihm vorsingt REINKE Vos 3893. Der gemein man ma im nach tantzen, wie er pfeif fei Der gemeine Mann muss so nach ihm tanzen, wie er pfeift 95 GEILER, BR SAMLIN I,59d. De na der h ren pypen danset, de is der sch^mede vry. — Depudet, obsequitur scorto quicunque bilingui Wer nach der Hurenpfeife tanzt, ist ohne Scham. — Jeder, der der doppelz ngigen Hure folgt, ist ohne Scham TUNNICIUS 96 645. Na der pypen sal men dansen. — Ut calami resonant, sic est ducenda chorea bers, wie 82. — Wie die Pfeifen klingen, so soll der Tanz angef hrt werden EBD. 834. 97 Tantzen nach irer alten geigen (Sie) tanzen nach ihrer alten Geige SACHS VI, 381,33 98 (1523). Du dantzt nach deyner alten geygen EBD. IV, 46,27 (1534). hnlich: 99 Dt. Alls ir mir vor tanczt, also sol ich nach springen Wie ihr mir vortanzt, so muss ich nachtanzen F ETRER, LANZ. 152.

9,2, Auf einem FUSS tanzen 100 Nl. H/ danset al op enen voet. -~ Qui scripsit scribit pede quo transiwt ei ibit Er tanzt stets auf einem FUSS. — Wer am Schreiben ist, schreibt mit dem FUSS, mit welchem er gekommen ist und gehen wird (?) PROV, COMM. 414.

TANZEN

270

. 102 Dt. He dantzet al vp enem vothe PROV. COMM. MND. 408. He danset al up einem beine. — Usque canit nugas, pede semper et utitur uno ... — Er singt fortwährend 103 Nichtigkeiten und gebraucht immer nur einen FUSS TUNNICIUS 589. Er tantzt alzeit auff einem beyn FRANCK II, 180 r.

9.3. s. Inhaltsübersicht 9.4. Vereinzelt 104 It. Disse Rinaldo: suona pur, ch'io ballo Rinaldo sagte: „Spiele nur, ich tanze!" 8 PULCI 23,32.

10. Verschiedenes 305 Fr. Aucuns y scevent bien dancer a tel car öle Einige verstehen sehr wohl in einem 106 solchen Reigen zu tanzen GRAND SCHISME 69 (1381 [-»ROMANIA 23,218]). Tresbien 107 dance qui point ne verse Sehr gut tanzt, wer nicht umfällt J. REGNIER 10,76 S.216. // ne scet de quelpie danser Er weiss nicht, mit welchem FUSS er tanzen soll J. MIELOT 162. 108 lt. Secundo et trito proverbio et bei danzare fastidia Nach dem geläufigen Sprichwort macht das schöne Tanzen Überdruss ARIENTI, PORRETANE 134. J09, no S p a n , Si Marina baylo, tome lo que fallo (NUNEZ: hallo) Wenn Marina getanzt hat, soll sie nehmen, was sie gefunden hat 9 LOPEZ (?), REFRANES 655. NUNEZ 111,385. 111 Baylo bien y ecbaisme del corro? Ich tanze gut, und ihr vertreibt mich aus dem Kreis? 112 NUNEZ 1,156. Jubilate la gallarda, no la canta toda barba Freut euch, die Gallarde, 113 die singt nicht jedermann (wörtl.: jeder Bart)! 10 EBD. 11,223. La flaca bayla en la boda, que no la gorda Die Magere tanzt an der Hochzeit, nicht die Fette EBD. 11,235. 114 A quel assi bien : como tiene los amigos en la sala Jener tanzt so gut, wie er die 11 Freunde im Saal hat HALLER 373. 5 Dt. An tanze nieman trüren sol Beim Tanz soll niemand traurig sein FLEIER, GAREL i 16 4892. Pfiffst du mir nit, so tancz ich doch Den raygen den ich tanczen sol Pfeifst du mir nicht, so tanze ich doch den Reigen, den ich tanzen muss HERMANN v, SACHSEN7 HEIM, MOERIN 4200. Sal ich mich nicht freiven vnd tanczet doch eyn kelbicheyn an eyme zeyle Soll ich mich nicht freuen, es tanzt doch ein Kälblein an einem Strick PROV. 11$ FRID. 88. Ob ich kund danzen on pfeifen, so solt ich ainn raien mit ir fiteren Wenn ich tanzen könnte ohne Pfeife, so würde ich einen Reigen mit ihr anführen ROSENPLÜT 119 (·» FASTNACHTSP. 325,18). Wann Kuntz mit Matzen dantzen mag Inn hungert nit eyn gantzen dag Wenn Konrad mit Mechthitd tanzen kann, dann hungert ihn einen ganzen 120 Tag lang nicht BRANT, NARRENSCHIFF 61,27. Get von vnsem tancze, Wen ir suit by nicht swanczen Geht weg von unserm Tanz, denn ihr sollt hier nicht tanzen! PROV. 12! FRID. 483. Tantz iglicber auff seinen fussen stosst er sich, tvirds wol fulen Es tanze ein jeder auf seinen eigenen Fussen; stosst er sich an, wird er es wohl fühlen LUTHER 122 368. Wann wir ein altes Sprichwort haben: Nüchtern tantzen und nüchtern weinen Ist wolbekummen gar nie keinen Denn wir haben ein altes Sprichwort: „Nüchtern tanzen und nüchtern weinen hat noch nie einem gut getan" SACHS XIV, 325,6 (1554), V. M.

Anmerkungen 1 2 3 4 5 6

Vgl. HASSELL D 13. Vgl. GRIMM, OWn. XL 1.1,451 (Tun IV, l b). Jedem gefällt das, was er hat und tut. Vgl. WANDER 1,710 s. v. Dünken 15. Vgl. HASSELL DU; WHITING A88. D8. Vgl. HAS SELL D 12. Dazu steht in der Erklärung, die im Text dem Sprw. folgt: Hoc dicitur capitosis, nolenttbus sequi consilia aliorum Dies wird den Dickköpfen gesagt, die die Ratschläge der ändern nicht befolgen wollen.

271 7

8 9

10

11

TÄTIG

Dazu steht die Erklärung: Hoc dicunt capitosi nolentes sequi consitia altorum. Sunt ettim duo ducentes coreas, Christus et dyabolus Dies sagen die Dickköpfe, die die Ratschläge der ändern nicht befolgen wollen. Es gibt nämlich zwei, die den Reigen anführen, Christus und der Teufel. Sinn: Ich werde es dir zeigen. Combet (CoRREAs 289 Anm. 96) verweist auf die Erklärung in COVARRUBIAS (s, v, Marina), wonach an gewissen Orten der Brauch besteht, dass nach dem Tanz der junge Mann das Mädchen umarmt; besagte Marina sei von ihrem Partner erwas zu stürmisch umarmt worden, daher das Sprw. Nach Dice. DE REFRANES 1916 verweist dieses Sprw. auf die Gefahren des Tanzes für die Frauen und darauf, dass, wer sich murwillig der Kritik aussetze, diese auch ertragen müsse. Jubilate kann als Latinismus aufgefasst werden oder auch als Bezeichnung eines Kirchengesangs, der am dritten Sonntag nach Ostern angestimmt wurde, bzw. als eine profane Parodie. Gallarda ist ein Tanz (vgl. CORREAS 306 Anm. 26). Correas löst die Mehrdeutigkeit auf, indem er nach Jubilate die Konjunktion einschiebt. Mit den Freunden ist das gemeint, was die Franzosen la daque nennen, Vgl. die Anm. bei HALLER.

TAPFERKEIT} s. WAGEN (Vb.) TASCHE s. BEUTEL TASTEN / tätonner / to grope for 1. Wer schlecht sieht, wird (kann) tasten 1 Nl, Die qualic stet sal te bat tasten. — Si tibi lumen abest manibus res längere prodest Wer schlecht sieht, wird um so besser tasten. — Wenn dir das Augenlicht fehlt, nützt es, die Sachen mit den Händen zu berühren PROV, COMM. 292. 2 Dt. De qualyk suth schal best tasten Wer schlecht sieht, wird am besten tasten PROV. 3 COMM. MND. 291. De nicht en süt, de mach tasten. - Lumine privatus digito rem tangere novit Wer nicht sieht, der kann tasten. - Wer des Augenlichtes beraubt ist, kann die Sache mit dem Finger berühren TUNNICIUS 443. 2. Der Blinde verzichtet nicht auf sein Tasten 4 Dt. Ein blinde gaeb sin grtfen niht, Umb daz sin beste friunt gesiht Ein Blinder gäbe 5 sein Tasten nicht dafür her, dass sein bester Freund sehe FREIDANK 55,3, Plus prodest ceco, quod se palpando tuetur, Quam quod amicorum visu famulante videtur, — Ein blinder gebe sein greif fin nicht Umb das sein bester frunt gesiebt Mehr nützt es einem Blinden, wenn er sich mit Tasten sieht, als wenn er durch die ihm dienende Sicht der 6 Freunde gesehen wird, - ... FREIDANK LAT. (GöRLiTZ) 1799. Der blynde gebe nicht seyn tasten vme dez reychen manes gut, daz her hod in deme kästen Der Blinde gäbe sein Tasten nicht für das Gut des reichen Mannes her, das dieser im Kasten hat PROV. FRID. 451.

V. AI TASTSINN s. BERÜHREN TAT s. TUN TÄTER s. TUN TÄTIG s. TUN

TAU

272

TAU / rosee / dew i Dt. Daz ich für ain taw wil haben Daz wirf mir vil oft ain hagel Was ich für Tau halten will, wird mir sehr oft zum Hagel HEINR. D. TEICHNER, SPR. 4,12. V.M. TAU (Strick) s. STRICK

TAUB / sourd / deaf Vgl. BLIND, HÖREN, STUMM 1. Wer nicht hört (hören will), ist wahrhaftig taub (1—8) 2. Es ist sinnlos, vor den Tauben zu reden, zu singen oder zu spielen 2.1. Mit den Tauben reden (9-16). — BLIND 222-226 2.2. Den Tauben singen und spielen (17-31). — BLIND 256 2.3. Den Tauben zwei Messen singen (32 — 36) 3. Der Taube hört wenigstens etwas, der Blinde sieht gar nichts (37—38) 4. Blinde und Taube soll man nicht behindern —· BLIND 7. 5. Wenn einem etwas nicht passt, stellt man sich taub (39—40) 6. In unbekannten Sprachen sind wir alle taub (41 —42) 7. Redensarten 7.1. Tauber als Krämerohren (43) 7.2, Hineingehen wie ein Tauber in die Mühle —>· MÜHLE 55 8. Verschiedenes (44 — 46)

1 2 3 4 5 6 7. S

9 10 // 12

1. Wer nicht hört (hören will), ist wahrhaftig taub Fr. II n'et si maus sours com eil qui ne veut otr Es gibt keinen schlimmeren Tauben als den, der nicht hören will PROV. RUR. 370 (= MORAW. 940). H n'est si mavais sours que chuis ch'oer ne voeilt B. DE SEE. 12,364. Mout est sours qui n'oit rten Sehr taub ist, wer nichts hört MORAW, 1316. Il n'est si malvais sourd que dl qui ne veult ouir Übers, wie l ET. LEGRIS 328. II nya plus sourd, que celluy qui ne veult ouyr Es gibt keinen Tauberen als den, der nicht hören will NUNEZ 11,210 (el Frances). It. £ mal sordo, quel ehe non vuol vdire Das ist ein schlimmer Tauber, der nicht hören wilt MERBURY 11. S p a n , No ay peor sordo, que el que no quiere oyr Übers, wie l LOPEZ {?}, REFRANES 492. NUNEZ III, 47. 2. Es ist sinnlos, vor den Tauben zu reden, zu singen oder zu spielen 2,1. Mit den Tauben reden Lat. Ille haud seit quam mihi nunc surdo narret fabulam! Der weiss nicht, wie taub ich bin, wenn er mir jetzt diese Geschichte erzählt TER., HEAUT. 22. Scriptores autem narrare putaret asello Fabellam surdo Von den Schriftstellern jedoch würde er denken, sie erzählten einem tauben Esel ein Geschichtchen HÖR., EP. 2,1,199. Haud surdis auribus dicta Das ist nicht zu tauben Ohren gesagt worden LIVIUS 3,70, 7.' Ml at. Hec illi narres, qui surdas possidet aures Das magst du dem erzählen, der taube Ohren hat ECBASIS 315.

273

TAUB

13 It. Dire villania surdo, e scolparsi sopra la fortuna, sono cose d'huomini dappoco Dem Tauben eine Grobheit sagen und sich mit dem Schicksal entschuldigen sind Dinge, die nichtsnutzige Leute tun MERBURY 22. 14 Span. Fablar mucho con el sordo es mal seso e mal recabdo Viet mit dem Tauben reden ist unvernünftig und bringt nichts ein ARCIPRESTE 663. 15 Dt. Eim tawben ein merlin sagen Einem Tauben ein Märchen erzählen FRANCK 1,27r. 16 Aber er sagt hiemit aim dauben ain merlin, wie man sprücht Aber er erzählt damit einem Tauben ein Märchen, wie man sagt ZIMMER. CHROM. III, 141,15. — BLIND 222-226

2.2, Den Tauben singen und spielen 17 La t. Non canimus surdis; respondent omnia silvae Wir singen nicht Tauben; die Wälis der lassen alles zurücktönen VERG., ECL. 10,8. Cantabant surdo, nudabant pectora caeco Sie sangen einem Tauben, sie entblössten ihre Brüste vor einem Blinden PROP. 19 4, 8,47. Memoriam ... meorum ... praeceptorum, quae, vereor, ne vana surdis auribus cecinerim Die Erinnerung an meine Lehren, die ich, wie ich fürchte, vergeblich tauben 20 Ohren gesungen habe LIVIUS 40, 8,10. Et vere digna res planctu quando cantatur surdis Und es ist eine wahrhaft beweinenswerte Sache, wenn Tauben gesungen wird AUGUSTIN., PSALM. 21,2,2 (172). 2 21 Mlat. Suadelas surdo cantabis in aure salubres Du wirst heilsames Zureden in ein 22 taubes Ohr singen EGBERT., FEG. RAT. l, 877. Sed nos canimus surdis Aber wir singen 23 Tauben PETRARCA, VITA SOL. 1,1,1 S. 18. Multum stulttzat, si quis surdo cithartzat. Aut si quis ceco monstrat iter digito Wer einem Tauben Harfe spielt, ist ganz von Sinnen. Auch der, welcher einem Blinden mit dem Finger den Weg zeigt FLOR. GOT24. 25 TING. 181, Plane stultizat, si qui$ surdo citharizat ... ist ganz und gar von Sinnen 26 WERNER 2 p 54. RvLANDS fo. 3, Surdis frustra canitur: nee asinus cithara gaudet Den Tauben singt man vergeblich, und der Esel freut sich nicht am Harfenspie! BEBEL, PROV. 27 GERM. 79 (= ESEL 132). Surdo canis. Surdo fabulam narras Du singst einem Tauben. Du erzählst einem Tauben ein Märchen ERASM., ADAG. CHIL. 1,4,87. 28 It. Ma not cantemo a' sordi Übers, wie 22 PETRARCA, VITA SOL. VOLG, l S. 21. 29 Dt. Swer dumben herfet der fluset sin arebeit Wenn einer vor Tauben Harfe spielt, 30 verliert er seine Mühe VORAUER MOSES 87,3. Semper inutiliter surdas cantatur in aures; Nee tacta cythara gaudet asellus iners. — Suesser gesang ist vnnutz den tbauben oren; So man dem esell predigt ist auch verloren Stets wird vor tauben Ohren vergeblich gesungen, und der träge Esel freut sich nicht, wenn die Harfe gerührt wird. — Süsser Gesang nützt den tauben Ohren nichts; was man dem Esel predigt, ist auch verloren 31 FABRI A 4 r. Eim tawben ein liedlm singen Einem Tauben ein Liedlein singen FRANCK 1,27 r. — BLIND 256

2.3. Den Tauben zwei Messen singen J2 Fr. A un sourt faut pas deux messes escouter Ein Tauber braucht nicht zwei Messen zu hören MARTIN DE COTIGNIES, POEME SUR LE REGNE DE CHARLES VI (1445 [*No33 TICES ET EXTRAITS 6,466]}. ung sourt ne fault pas deux messes Ein Tauber braucht nicht zwei Messen PROV. EN RIMES 800, 34 Nl. Men en salghenen douen twee missen singhen. — Surdo non binas tu missas nee cane trinas. Surdo nemo duas presumit psallere missas Man soll keinem Tauben zwei Messen singen. — Sing dem Tauben nicht zwei oder drei Messen! Niemand nimmt sich heraus, dem Tauben zwei Messen zu singen PROV, COMM. 495.

TAUB

274

35.36 Dt, Me schal nenen douen II missen synghen PROV. COMM, MND. 485. Men kan dem doven neine twe missen singen. - Quis lapidi caneret vel surdo carmina multa? Man kann dem Tauben nicht zwei Messen singen, - Wer würde einem Stein oder einem Tauben viele Lieder singen? TUNNICIUS 722.

3. Der Taube hört wenigstens etwas, der Blinde sieht gar nichts 37 Nord. Cecum lux linquit surdum sonus instruit in quid. - Then dewce borer noghet then blindhe seer intbetb Den Blinden verlässt das Licht (ganz), den Tauben unterrichtet der Ton (wenigstens) ein wenig. — Der Taube hört etwas, der Blinde sieht gar nichts 38 LÄLE 136. Cecus nil haunt aliquid surdaster at audit. - Then deffwte herer noghet then blijndhe seer inthe Der Blinde erfasst nichts, der Harrhörige hört wenigstens etwas. - ... EBD. 200.

4. s. Inhaltsübersicht 5. Wenn einem etwas nicht passt, stellt man sich taub 39 It. AI merlo al tordo, quei que no te piache, fate da sordo Vor der Amsel (und) vor der Drossel3 stell dich taub, wenn dir etwas nicht passt! NUNEZ 1,58 (ei Italiano), 40 Span. De lo que no me pago sordo me hago Vor dem, was mir nicht passt, stelle ich mich taub! NUNEZ 1,284. 6. In unbekannten Sprachen sind wir alle taub 4 i La t. Qmnesque item nos in its linguis, quas non intellegimus ... surdi profecto sumus Und ebenso sind wir alle in der Tat taub in denjenigen Sprachen, die wir nicht verstehen Cic.,Tusc. 5,40,116. 42 M l a t . Quod Ciceroni placet, et veteri proverbio did solet: inter linguas incognitas omnes propemodum surdos ac mutos esse Was Cicero gefällt und in einem alten Sprichwort gesagt zu werden pflegt: „In unbekannten Sprachen sind alle so ziemlich taub und stumm" PETRARCA, EP. l (Farn. 1,4}. 7. Redensarten 7.1. Tauber als Krämerohren 43 S p a n . Mas sordo que orejas de mercader Tauber als Krämerohren NUNEZ 11,328. 7.2. s. Inhaltsübersicht 8. Verschiedenes 44 Fr. Sourt n'a duel Ein Tauber hat keinen Kummer MORAW. 2277. 4.i Dt. Ein touber spottet oft eines stummen, Ein alter töre eins jungen tummen, Ein lamer gickelt uf den krummen Ein Tauber spottet oft über einen Stummen, ein alter Narr über einen jungen Dummen, ein Lahmer verspottet den Verkrüppelten HUGO v. TRIMBERG 16136 (vgl. BLIND 94, BOCK 1., ESEL 13., FAUL [träge] 4.1.11., GEFÄSS 16.1., HINKEN 7., KREBS 1., KRÜPPEL 2., LEID 233, OFEN 6., SCHÜRHAKEN l, 46 TROLL 6}. Der taub an sorgen nicht so er vil räumen siebt Der Taube (ist) nicht ohne Sorgen, wenn er viel flüstern sieht GERMANIA 33,167 (15. Jh.) (vgl. DIEB 3.2., WORT 33.5.). R. L„ rev. E. D.

275

TAUBE

Anmerkungen 1 2 J

Für weitere Bsp. der in der Antike äusserst verbreiteten Formulierung vgl. OTTO 211 S. 47 f. Für weitere antike Belege vgl. OTTO 1717 S. 335. Nunez erklärt: vor jedermann.

TAUBE / pigeon Hier auch RINGELTÄUBERICH, TAUBENSCHLAG, TURTELTAUBE 1. Das sanfte Wesen der Taube Vgl. unten 9.4. 1.1. Die Taube hat keine Galle (1-25). Vgl, HIRSCH 21, REH 6 1.2. Im Gesicht eine Taube, am Schwanz eine Schlange (im Herzen ein Teufel) (26-27) 1.3. Vereinzelt (28) 2. Falken und Habichte soll man nicht mit Tauben vereinigen —> FALKE 12. Anders (29) 3. Adler (Dohlen, Krähen) zeugen keine Tauben — ADLER 47, DOHLE 15, KRÄHE 82 4. Die Raben werden vertrieben, und die Tauben werden verurteilt —> KRÄHE 9. 5. Einer satten Taube schmecken die Kirschen (Erbsen) bitter —· SATT 26-33 6. Pfaffen und Tauben beschmutzen das Haus —» PFAFFE 3.2.3.3. 7. Eine gebratene Taube fliegt einem (nicht) in den Mund — BACKEN 5, FLIEGEN 87 8. Wenn nur Futter im Taubenschlag ist, kommen auch die Tauben (30-32) 9. Redensarten und Vergleiche 9.1. Zwei Tauben mit einer Bohne fangen (33-34). Vgl. FUCHS 89-91, HASE 3,1,, HUND 25.7., ZWEI 3.1, 9.2. Ich habe dich in der Schlinge, Ringeltäuberich (35—36) 9.3. Weiss wie eine Taube — FRAU 885, 1514, 1519 9.4. Weise wie eine Schlange und schlicht wie eine Taube -· SCHLANGE 77-S5, 88-89 9.5. Vereinzeit (37) 10. Verschiedenes {38-43) 1. Das sanfte Wesen der Taube 1 Vgl. unten 9.4. 1.1. Die Taube hat keine Galle 2 i M l a t . Secunda (seil, columbae proprietas est), quod feile caret Die zweite {Eigenart der Taube ist es}, dass sie keine Galle hat PS. HUGO S. VICT., DE BESTIIS l, 11 (19D). z Felle columba caret, et olor nigredine corvt Et cirpus nodi$ et mea facta dolis Die Taube hat keine Galle und der Schwan nicht die schwarze Farbe des Raben und die Binse keine Knoten und mein Tun keine Lisr BABIO 367. 3 Fr. Le coulomb n'a point de fiel Die Taube hat keine Galle MORAW. 1067 (= LEROOX 1,172}. 4 P r o v. Plus es ses fei que colomba Ma aomna vermelb'e fresca Mehr ohne Galle als die Taube ist meine rosige, frische Herrin (H. Jaeschke) ELIAS CAIREL 2,9. 5 It. // colontbo purtssimo e sanza fiele Die ganz und gar reine und gallentose Taube Sa GHERARDI, PARADISO 11,34. La columba senza feie Die Taube ohne Galle CINO DA PlSTOIA (*COD. CAS AN AT.

127).

6 Dt. Er (seil, gates geist] was dubun giltcb ... Thar nist guttun ana wibt Er (Gottes 7 Geist) war einer Taube gleich. Daran ist nichts von Galle OTFR. 1,25,25. Eine tuben äne der untriuwen gallen Eine Taube ohne die Galle der Treulosigkeit ALTDEUTSCHE

TAUBE

276

8 GENESIS (WIEN) 27,33. Si (seil, div tvbe) hat der galien niht Sie (die Taube) hat keine 9 Galle SPEC. ECCL. 41. Da bist äne gallün Glich der turtiltübün, Sancta Maria Du bist ohne Galle gleich der Turteltaube, heilige Maria 3 MELKER MARIENLIED (*WACKERN., 10 LB. 197,23). Zwo turteituben sie brühte ... Wan under den uogeln allen Niht me lebet ane galien Sie brachte zwei Turteltauben, denn unter allen Vögeln lebt kein ande11 rer ohne Galle WERNHER, MARIA D 4707. Ein tube sunder galien Eine Taube ohne 12 Galle WALTHER v. D. VOGELWEIDE 19,13. Ouch ist siu (seil, diu turteltübe} äne galien 13 Auch hat sie (die Turteltaube) keine Galle HEINR. v. KROLEWIZ 4338. Sunder galien 14 tübe Taube ohne Galle 3 MARNER 14,131. DM tube sunder galien Du Taube ohne 15 Galle3 MARNER (+COLM. 102,67). Dii bist ein reiniu türtel-Tübe sunder galien Du 16 bist eine reine Turteltaube ohne Galle3 KONR. v. WÜRZBURG, GOLD. SCHM. 570. Sin (seil, des türteltiubelins) lip ist ganzer triuwen vol, Wan ez hat niht galien Sein Leib (der Leib des Turteltäubchens) ist voller Treue, denn es hat keine Galle L, i? WELTCHRON. 2672. Diese tube het enkein galle Diese Taube hat keine Galle SCHÖN18 BACH, PRED. 1,36,15. Die tübe ist uch ane galle Die Taube hat auch keine Galle 3 19 EBD. 1,70,34, St (seil, diu tübe) ist och äne gallon Sie (die Taube) hat auch keine 20 Galle GRIESHABER, PRED. 1,31. Sy (seil, dy taube] ist gar an alle galle Sie (die Taube) 21 ist ganz ohne jede Galle HL. MARGARETHA 51 (+ZFDA l, 155). Du turteltübe ist ane 22 galien Die Turteltaube hat keine Galle ST. GEORG. PRED. 61,1. Tuben sunder galien 23 Taube ohne Galle 3 WALTHER v. RHEINAU 2,27. Wan di tübe ist äne galien Denn die 24 Taube hat keine Galle HERMANN v. FRITZLAR 53,18. Diu taub ... ist an galien, sam Beda spricht Die Taube hat keine Galle, wie Beda sagt KONR. v, MEGENBERG 179,27. 25 Die turtel on galien ist Die Turteltaube hat keine Galle SACHS 1,378,10 (1524). Vgl. HIRSCH 2 , REH 6 1.2. Im Gesicht eine Taube, am Schwanz eine Schlange (im Herzen ein Teufel) 26 Dt. Swa die husgenoze sint Gantlützet alse der tuben kint Und alse des dangen kint gezagel, Da sol man criuzen vür den hagel Und segenen vür den gaehen tot Wo immer die Hausgenossen ein Gesicht haben wie Tauben und einen Schwanz wie Schlangen, da soll man sich (wie) vor dem Hagel bekreuzigen und sich (wie) vor dem plötzlichen Tod 27 segnen GOTTFR. v. STRASSBURG, TRISTAN 15093. An den ougen tiubeltn Und in dem herzen üufelm Im Gesicht ein Täubchen und im Herzen ein Teufelchen HUGO v. TRIMBERG 3659.

1.3. Vereinzelt 28 Dt. Diu tube ein schoener vogel ist Und ist doch senfte zaller vrist Die Taube ist ein schöner Vogel und ist doch stets sanft THOM. v. ZIRCLARIA 9781. 2. Falken und Habichte soll man nicht mit Tauben vereinigen -* FALKE 12. Anders: 29 M l a t . Hoste columba dolens falcone rapace; ligatur Acdpiter: (lies mit WALTHER 11212: rapace ligatur, Acdpiter} sed damna videns sibi dissociatur Die Taube, die von ihrem Feind, dem räuberischen Falken, geplagt wird, verbindet sich mit dem Habicht; doch sobald sie für sich Schaden wittert, trennt sie sich wieder von ihm 4 WERNER 2 h 50.

3.—7. s. Inhaltsübersicht

277

TAUBE

8. Wenn nur Futter irn Taubenschlag ist, kommen auch die Tauben 30 S p a n . Aya cebo en ei palomar, qm palomas ellas se vernan Wenn es Futter im Tau31 benschlag gibt, dann werden die Tauben (schon) kommen NUNEZ 1,154. Cebo haya en el palomar, que palomas no faltarän Wenn Futter im Taubenschlag ist, werden die 32 Tauben nicht fehlen EBD. 1,215. No falte cebo al palomar, que las palomas ellas se vernan Es fehle nicht an Futter im Taubenschlag, dann werden die Tauben (schon) kommen EBD. III, 77.

9. Redensarten und Vergleiche 9.1. Zwei Tauben mit einer Bohne fangen 33 It. Per pigliar due cohmbi a una fava Um zwei Tauben mit einer Bohne zu fangen 34 PULCI 7,26. A una fava due cohmbi presi Saranno Mit einer Bohne werden zwei Tauben gefangen werden LORENZO DE' MEDICI H, 112 (Giov. e Paolo). Vgl. FUCHS 89-91, HASE 3.1., HUND 25.7., ZWEI 3.1.

9.2. Ich habe dich in der Schlinge, Ringeltäubench 35, 36 S p a n . Tengote enei lazo, palomo torcazo Ich habe dich in der Schlinge, Ringeltäuberich 5 LOPEZ (?), REFRANES 697. NUNEZ 111,427.

9.3.-9.4. s. Inhaltsübersicht 9.5. Vereinzelt 37 Fr. Semer poys devant les columbs Erbsen vor den Tauben säen NUNEZ III, 374 {el Frances) fvgl. BOCK 5., FLEDERMAUS S, GANS 95, HUND 11.7., 12.2., KATZE 3,1., SCHAF 3., WIESEL l-9).

IS

39 40, 41 42 43

10. Verschiedenes It. Infra molte biancbe colombe aggiugne piu di bellezza uno nero corvo ehe non farebbe im candido cigno Unter vielen weissen Tauben bringt eine schwarze Krähe mehr Schönheit hinzu, als es ein blütenweisser Schwan täte Bocc., DECAMERONE 9,10 S. 210 b {vgl. SCHWARZ 2.}. Span. A palomar caido por demas es ecbarle trigo Ist der Taubenschlag eingestürzt, so ist es überflüssig, Getreide hineinzuwerfen NUNEZ 1,109. Dt. Wo tauben sind, da fliegen tauben zu (Tauben hinzu) LUTHER 242. Denn man sagt, Wo tauben seind, da werden die (Ausg.: sie) leüt blindt ... da werden die Leute blind AGRICOLA Nr. 320. Dein hertz das ist ein tauben-hauß; Ein lieb fleugt ein, die ander auß Dein Herz, das ist ein Taubenschlag: Eine Liebe fliegt hinein, die andere hinaus SACHS III, 381,25 (1544). Euer hercz ist ein dawben-baus: Ein lieb fleivgt ein, die ander aus EBD. XXIII, 160,19 (1559).

H. U.S.

Anmerkungen 1 2

3 4 5

Vgi. H. Messelken, Die Signifikanz von Rabe und Taube in der mittelalterlichen deutschen Literatur, Diss. phil. Köln 1965, 66 ff, u. 122. Für Belege aus den Kirchenvätern s. Thesaurus linguae latinae III (1907), 1731 f. Vgl. SINGER, SPRW. D. MA 1,173 u. Anrn. zu HIRSCH 21. Weitere Belege bei ZILTENER 3908 ff. u. 3921. Erläuterungen in HDA VIII, 693 f. u. 699. Auf die Mutter Gottes bezogen, Vgl. A. Salzer, Die Sinnbilder u. Beiworte Mariens in der deutschen Literatur und lateinischen Hymnenpoesie des Mittelalters, Linz 1893, 134 ff. Vgl. PHAEDR., FAB. 1,31 u. ROMULUS 28. SBARBI 1,148 erläutert: No ay braueza, que con cauteta no se dome: o venza Es gibt keine Tapferkeit, die mit Arglist nicht beherrscht oder besiegt würde.

TAUBENSCHLAG

278

TAUBENSCHLAG s. TAUBE TAUBSTUMM s. STUMM TAUCHEN — TROCKEN 17

TAUFE / bapteme / christening Hier auch TAUFEN, TAUFWASSER 1. Ein Gott, ein Glaube und eine Taufe ( l ) . — GOTT 9-10, 12, 14 2, Wer getauft ist und glaubt, der wird erlöst — GLAUBEN 111-112, 115-117 3, Taufwasser und geweihtes Öl sind (an jemandem) verloren (2-10) 4. Es ist sinnlos, einen (alten) Juden zu taufen — JUDE 8., WASSER 6.3.

1. Ein Gott, ein Glaube und eine Taufe 1 Mlat. Unum baptisma Fides et una Eine Taufe und ein Glaube CARM. CANTABR. 4,6a,l. -> GOTT 9-20, 12, 14 2. s, Inhaltsübersicht 3. Taufwasser und geweihtes Öl sind (an jemandem) verloren 2 Dt, Chrisatn, touff ist als verloren! Geweihtes Öl und Taufwasser sind ganz und gar 3 verloren MURNER, NARRENB. 85,60, Wie wol ich bsorg, an disem tboren Das touff vnd chrisam sy verloren Obwohl ich befürchte, dass an diesem Toren Taufwasser und 4 geweihtes Öl verloren sind EBD. 93,123. Es ist die tauff und Chrisem verlorn an der lieben zarten frucht Das Taufwasser und geweihtes Öi sind verloren an der lieben, 5 zarten Frucht LUTHER, WA L, 43,17 (1536). Wie wir den von bösen hüben sagen; Es ist Tauff und Chresem an im verloren Wie wir denn von bösen Buben sagen: „Tauf6. 7 wasser und geweihtes Öl sind an ihm verloren" EBD. XLVII,577,19 (1537-40), Es 8 ist Chrisam vnd tauff an alten hunden1 verloren FRANCK II, 36 v, EGENOLFF 45 v. An 9.10 narren hilf ft weder crisam noch tauff FRANCK II, 54 v. Da ist köpfen vnd maltz, crisam vnd tauff verlorn FRANCK II, 172 r. EGENOLFF 218 v (= HOPFEN 4-5).

4. s. Inhaltsübersicht E. D.

Anmerkung 1

Singer schlägt vor, statt hunden beiden zu lesen.

TAUFEN s. TAUFE TAUFWASSER s. TAUFE TAUGEN s. WERT

279

TAUSEND

TAUGENICHTS / vaiirien / good-for-nothing Vgl. SCHURKE 1 Fr. Le commun parier de Lombardie sera veriffie en Remand Rogier. Ce dist le Lombart: ,Home de poco retourne en poco' Das geläufige italienische Sprichwort wird sich in R. R. bestätigen. Der Italiener sagt: „Ein Taugenichts bleibt ein Taugenichts" 1 BO NET, AP PARI CI ON 171.

2 S p a n . La vida del per dido, poco diner harto de vino Das Leben des Taugenichts: Wenig Geld und voll von Wein NUNEZ 11,256. 3 Dt. AI verloren, dat men dem dogenicht dat beste ret. - In vanum canimus, probitas qms perdita languet Es ist völlig verloren, wenn man dem Taugenichts das Beste rät. Vergeblich reden wir denen zu, bei denen die verlorene Rechtschaffenheit darniederliegt 4 TUNNICIUS 582. Ein dogenicht en sprikt nicht dochtiges, - Usque canit foedum, probitatem spernit asotus Ein Taugenichts spricht nichts Tüchtiges. - Der Nichtsnutz redet immer abscheulich (und) verachtet die Rechtschaffenheit EBD. 609.

R. L., rev. E. D.

Anmerkung 1

Das it. Wortspiel lässt sich dt. nicht nachbilden. Wörtl.: Ein Mann von wenig (Wert) wird wieder zu wenig.

TAUSCHEN s. WECHSEL TÄUSCHEN s. TRÜGEN

TAUSEND / mille / thousand 1. Tausend Jahre sind (angesichts der Ewigkeit) wie ein Tag —* JAHR 1,4, 2. Ein guter Tag macht tausend schlechte wieder gut (kostet tausend bittere Tage) —· TAG 107, 218 3. Was tausend Jahre Unrecht war, wird nicht auf einmal Recht —* UNRECHT 47—49 4. Wenn man allein ist, glaubt man den Verstand von tausend Männern zu haben —· ALLEIN 1,2.5. 5. Um tausendfaches Gut soll man gerne ein Übel erdulden —» GUT (Adj.) 843—844 6. Nicht einer unter tausend verschmäht eine Gabe —* GEBEN 55, 57 7. Wo nichts ist, (Einem nackten Mann) können auch tausend nichts wegnehmen —* NACKT 81, NICHTS 37-38 8. An einer Kerze kann man tausend Lichter anzünden —* KERZE 6—8 9. Für eine Freude tausend Schmerzen — FREUDE 174-177, KAMPF 221 10. Tausend Arten von Krankheiten entsprechen tausend Arten von Heilungen —» HEILEN /, 3 11. Die Erde bringt tausend Geschlechter hervor, von denen keines dem ändern gleicht —* GLEICH 224,229 12. Ein Mann wiegt tausend andre auf—* EIN 138, 140, 142 — 144 13. Es essen sich eher tausend zu Tode, als dass einer vor Hunger stirbt —· TOD 1013, 1017 14. Das Gewissen steht für tausend Zeugen —* GEWISSEN 2.2. 15. Nach dem Essen soll man tausend Schritte gehen —* ESSEN 235-236

TEER 16. 17. 18. 19. 20.

280

Eine Biene ist mehr wert als tausend Fliegen —* BIENE 38, 41 Ein Hund nähme einen Rindsknochen lieber als tausend Pfund Gold —· HUND 505—507 In tausend Jahren kehrt der Hase in sein Lager zurück —* HASE 8, Nach tausend Jahren kehrt das Wasser zurück — STROM 4, WASSER 15 Ein „da hast du" ist besser als tausend „du wirst haben" — HABEN 238. Vgl. HABEN 239, 245

21. Ein Vogel im Korb ist besser als tausend in der Luft -> VOGEL 184-186 22. Redensarten 22.1. Das Hundert ins Tausend werfen -* HUNDERT 2, 22.2. Tausendkünstler (1—4).

1.—21, s. Inhaltsübersicht 22. Redensarten 22.1. s. Inhaltsübersicht 22.2. Tausendkünstler 1.2 Mlat. Mille hie artifex Dieser Tausendkünstler GERMANIA 14,279 (14. Jh.). Mille 3 artificis Des Tausendkünstlers EBD. 14,283. Dem milleartifex, Der do ist der poshait 4 rex Dem Tausendkünstler, der der König der Bosheit ist VINTLER 8236. Diabolus est enim mille artifex Der Teufel ist nämlich ein Tausendkünstler PROV. FRID. 75 Anm. H. U. S.

TEER s. PECH TEICH s. WASSER

TEIG / päte / dough 1. Wenn einer seinen Teig im Ofen hat, soll man ihm von seinem Brot geben —* BROT 94—95 2. Die dritte Krume (Das dritte Brot) schmeckt nach Teig (l —S) 3. Wenig (Zuviel) Hefe verdirbt den Teig {macht den Teig sauer) — HEFE 1., SCHLECHT 246 4. Wenig Hefe hebt den Teig — HEFE 2. 5. Redensarten 5.1. Die Hände an den Teig legen (in den Teig stossen) (6—9) 5.2. Brot aus dem Teig eines ändern backen (essen) —* ÄRMEL 24, 26, BROT 282—283 6. Verschiedenes (10—13)

1. s. Inhaltsübersicht 2. Die dritte Krume {Das dritte Brot) schmeckt nach Teig i. 2 Fr. Tierce mie paste set Die dritte Krume schmeckt nach Teig VILAIN 3 (= MORAW. 3 2379). PROV. RUR. 134. Terce mie paste seit. — Prima sapit panem, sed pastam tercia mica. Femina post fetet, fit primo dulcis amica ... ~ Die erste Krume schmeckt nach Brot, aber die dritte nach Teig. Die Frau stinkt später, die zuerst als süsse Freundin 4 geschätzt wird ZACHER 59. Quant tierce mie set le paste, Qui des pecies faire se haste,

281

TEIL

N'a mie grant pits de Im Wenn die dritte Krume nach Teig schmeckt, hat der kein grosses Mitleid mit sich, der sich beeilt, Sünden zu begehen ROB. D'ARRAS, VERS DE 5 LA MORT 237,1. Tierce torte paste fet (lies; set, Red.) Das dritte Brot schmeckt nach Teig RAWLINSON 193.

3,—4, s. Inhaltsübersicht 5. Redensarten 5.1. Die Hände an den Teig legen (in den Teig stossen} 6 Fr. Mais remettons les mains en paste En revenant a no pourpos Aber legen wir die Hände wieder an den Teig und kehren wir zu unserem Thema zurück HYST. JOB 114. 7 Mais plusieurs sont lassez et vains qui mettent les mains a la paste, promettans faire merveilles, et puts retournent arnere et fatllent au besoing Aber viele sind müde und kraftlos, die die Hände an den Teig legen und versprechen, Wunder zu vollbringen, und die dann umkehren und sich der Anstrengung entziehen G. ALEXIS III, 60 (Crucifix et pelerin). 8 Dt. ... das sy selber arbeiten, vnd die hend in den deich (Teig) stossen GEILER, 9 CHR. BILGERSCHAFFT 106c. Wittu eynen schätz vberkommen vnd den behalten, so müstu grossen ernst vnd fliß ankeren ...du must die hend in den deick stossen Willst du einen Schatz bekommen und den behalten, so musst du grossen Ernst und FSeiss anwenden ... EBD. 1773.1

5.2. s. Inhaltsübersicht 6. Verschiedenes 10 Fr. jene viz oncques paste qui ne fust mange ou gaste Ich habe noch nie Teig gesehen, der nicht gegessen worden wäre, es sei denn, er wäre verdorben gewesen MORAW. 984. ] l La paste tournee ne puet l'en repaistrir ,,. aussy ne puts je deffaire ce qui est fait Den geformten Teig kann man nicht von neuem kneten, desgleichen kann ich nicht ungetan machen, was geschehen ist AYMERI PROSA 136 {= TUN 106). 12 S p a n . Basta, que por sobar la masa, el pan se afina si no $e enfria Es reicht; denn durch das Kneten des Teigs verfeinert sich das Brot, wenn es sich nicht abkühlt 2 NUNEZ 13 1,158, De mala masa un bollo basta Aus dem schlechten Teig genügt ein Kuchen EBD. 1,278.

E. D.

Anmerkungen 1 2

Für weitere dt, Belege vgl, GRIMM, DWß. IV.2,341 u. XL l, l, 236. Sinn wohl: Zuviel des Guten kann ins Gegenteil umschlagen.

TEIL / partie / part Hier auch TEILEN 1. Der Teil und das Ganze Vgl. GANZ 1.2. 1.1. Wechselwirkung zwischen Teil und Ganzem (1—2) 1.2. Teile machen zusammen ein Ganzes (3-6}. Vgl. GEWINN 4,5., HAUFEN l., KLEIN 2.1,4., KORN 2., MÄDCHEN 37, WENIG 2,1.2. 1.3. Lieber auf einen Teil verzichten als das Ganze verlieren (7—10)

TEIL

282

2. Teilen 2.1. Freunde teilen alles (11). -» FREUND 350 2.2. Teilen und wählen (12-29) 2.3. Gerechtes und ungerechtes Teilen 2.3.1. Jedem ein Teil ist gerecht (30-32). — JEDER 29-34 2.3.2. Wer teilt, nimmt den grössten (besten) Teil (33-36). — EIGEN 121. Ähnlich (37). Umkehrung (38) 2.3.3. Wer teilt und den schlechteren Teil wählt, ist töricht (39-40). Vgl. SCHLECHT 6.9.3. 2.3.4. Beim Teilen kommen die Abwesenden zu kurz (41—43) 2.3.5. Beim Teilen gewinnt der Schlechteste (44) 3. Verschiedenes (45-50)

1. Der Teil und das Ganze Vgl. GANZ 1.2. 1.1. Wechselwirkung zwischen Teil und Ganzem 1 MI a t. Grandis acervus inficitur partis adiectione cormptae Ein grosser Haufen wird angesteckt, wenn ein verdorbener Teil daraufgeworfen wird HON. Ill,, REGISTR. 296 2 S. 220,30 (vgl. EIN 3.1.). Pars peioratur, que toti non sociatur Der Teil verschlechtert sich, der nicht mit dem Ganzen vereinigt ist NIC. BIBERA 966. 3 4 s 6

7

8 9 10

1.2. Teile machen zusammen ein Ganzes Fr. Menues parceles ensemble sunt beies. — In sitnul augentur paries, per se minuentur Kieine Teilchen sind zusammen schön. — Zusammen werden die Teile grosser; einzeln werden sie kleiner ZACHER 120. Pars et parceles (Teile und Teilchen) ensanble sont betes PROV. RUR. 320. Petites parcelles sont ensemble belles ET. LEGRIS 526. Mesmes parcelles (Gleiche Teilchen) ensembles sont belles LEROUX 11,346 (15. Jh.). Vgl. GEWINN 4.5., HAUFEN 1., KLEIN 2.1.4., KORN 2., MÄDCHEN 37, WENIG 2.1.2. 1.3. Lieber auf einen Teil verzichten als das Ganze verlieren Fr. Mieuz te vient o autrui partir Que tot coveiter et voleir, Et tot perdre senz rien aveir Es ist besser für dich, mit ändern zu teilen, als alles zu begehren und zu wollen und (dann) alles zu verlieren, ohne irgend etwas zu haben ROM. DE THEBES 3584 (vgl. ALL 1.3.1.). It, Meio e cum altrui partire ehe solo perdere Es ist besser, mit einem ändern zu teilen, als allein (zu haben und) zu verlieren GEREMIA DA MONTAGNONE 86. Meglie divider ehe per der la preda Es ist besser, die Beute zu teilen als zu verlieren FRANCESCO DA BARB., Doc. 11,96. Dt. Ez ist bezzer, daz ist war (wahr), Ein teil Verliesen danne gar ... einen Teil zu verlieren als das Ganze THOM. v. ZIRCLARIA 12509.

2. Teilen 2.1, Freunde teilen alles 11 Dt. Ich wil auch einen pfenning mit dir teylen AGRICOLA Nr. 77. -> FREUND 350 2.2. Teilen und wählen i 12 M l a t . Ysengrimus, ut est, partitur et eltgit, ut uult Isegrim teilt, wie er ist, und wählt 13 aus, wie er will NIVARD., YSENGR, 6,235, Narratur, quod lex fmt, quod frater senior hereditatem diuideret et iunior eligeret Es wird erzählt, dass es ein Gesetz gab, wonach

283

TEIL

der ältere Bruder das Erbe teilen und der jüngere (sein Teil) wählen musste GESTA ROM. 14 (DiCK) 28. Quia lex talis erat, quod senior filius diuiderei et iunior eligeret post obitum patris Denn das Gesetz schrieb vor, dass nach dem Tode des Vaters ... EBD. 85, is N o r d . Vildi Hallr bcsöi kjosa ok deila Hallr wollte sowohl wählen als auch teilen 16 LAXDCELA SAGA 14,8. ... ba ger bu annat huart ...at skipta eöa kjosa Dann teil du 17 oder wähle! GISLA SAGA 10,5. Eigi er radit, at b&di se, at ver kjosim ok deilim Es ist nicht ausgemacht, dass wir beides dürfen, wählen und teilen (Heusier) NJALS SAGA 117,5. 18 NI. Dan sal ic deilen ende ghi suit kiesen Dann will ich teilen und Ihr mögt wählen 19 CAREL ENDE E LEG AST 602. Ic sal delen ende ghi kiesen PENNING - VOSTAERT, WA LEW. 20 1233. Deelt ende kiest wat ghi wilt doen Trefft die Wahl, was Ihr tun wollt! EBD. 21 9485. Des mach hi deilen ende kiesen Darum hat er die freie Wahl HAAGER LHS. 21,51. 22 Dt. Obe ich teilen unde welen solde Wenn ich die freie Wah! hätte HEINR, v. Mo23 RUNGEN (*MF 138,24). Der ritter teilete unde kos Ein spil, daran er ntht verlos Der 24 Ritter wählte ein Spiel, bei dem er nichts verlor DULCIFLORIE 431. Die eldere sol teilen unde die jüngere sol kiesen Der Ältere soll teilen und der Jüngere soll wählen 25 EIKE v. REPGÖWE, SACHSENSP. 121,18 (3,29,2) Brüder, so weit ir beide ban Daz teiln und daz wein Bruder, so werdet Ihr die freie Wahl haben, das Teilen und das Wählen 26 ULR. v. TÜRHEIM, REN NEW. 10924. D at sal ich deylen ind kesen Das werde ich frei 27 bestimmen KARLMEINET A 382,44. So/ ez im allez wol ergan, er teilet ende wellet Wenn ihm das alles gelingen soll, dann muss er teilen und wählen können 2 WILTENER 28 Hs. l, 18 (vgl. FRAU 699). Alle dyn waelvaert ende ewich heyll Steet aen den cruyss, nu kijss ende deylli Alt deine Wohlfahrt und dein ewiges Heil liegt am Kreuz, nun triff 29 deine Wahl! WERDENER LHS. 23, Wan du sulfander ein brot hefst, so dele dat gelike, unde tat dinen kumpan kesen Wenn du zu zweit ein Brot hast, so teil es in gleiche Teile und lass deinen Gesellen wählen! ND. PROSA-TISCHZUCHT (+GERMANIA 21,427,3).

2.3. Gerechtes und ungerechtes Teilen 2.3.1. Jedem ein Teil ist gerecht 30 Fr, Tien tu et donne mi, c'est droite parteüre Nimm du für dich und gib (auch) mir, das ist gerechtes Teilen! CHIMENT D'AMOUR 12, 31 Dt. Aeqitalitas haudparit bellum,3 - Gleich taill machen kain krieg Gleichheit macht 12 keinen Krieg. - Gleiche Teile ... HAUER 132. Gleich teyl macht keyn krieg FRANCK 1,75 v. -» JEDER 29-34

2.3.2. Wer teilt, nimmt den grössten (besten) Teil 33.34 S p a n , Parte Nicolas, para si lo mas Nikiaus teilt: Für sich (nimmt er) das meiste 35 LOPEZ (?), REFRANES 538. NUNEZ 111,120. El que pane toma la mejor parts Wer teilt, nimmt den besseren Teil NUNEZ II, 57. 36 Dt. N« wizzet ir wol daz, swer teilt, daz der daz merre teil nimt als ein win ob stnem tische Nun wisst ihr wohl, dass einer, der teilt, für sich den grösseren Teil nimmt, wie ein Hausherr am eigenen Tisch BERTHOLD II, 169,1. -* EIGEN 121 Ähnlich: 37 S p a n . Parte, Martin, ten para tiTeile, Martin, und nimm für dich! NUNEZ , 127. Umkehrung: 38 Span. Quien desparte a veces cobra la peor parte Wer teilt, erhält zuweilen den schlechtesten Tei! NUNEZ 111,290.

TEILEN

2.33.

284

Wer teilt und den schlechteren Teil wählt, ist töricht

39 Fr. Qui part e prent le peur, net (MORAW.: n'ait) U onour, - Qui rem partitur ac eligit, et meliorem Partem non retinet, nulium deus hie det honorem Wer teilt und den schlechteren Teil nimmt, möge keine Ehre davon haben. — Wer Gut teilt und die Wahl hat und nicht den besseren Teil für sich behält, dem möge Gott keine Ehre geben 40 ZACHER 81 (= MORAW. 2064), Qui part et lest et prent le pire aieu luy devroit bien nuyre Wer teilt und (das Bessere) fahrenlässt und das Schlechtere nimmt, dem sollte Gott wirklich schaden MORAW. 2064 Anni. (= ROMANIA 50,508,27). Vgl. SCHLECHT 6.9.3.

2.3.4, Beim Teilen kommen die Abwesenden zu kurz 41 Fr. Qui n'i est n'a sä part Wer nicht dabei ist, erhält seinen Teil nicht MORAW. 2054. 42.43 Qui n'y est n'y a sa part LEROUX 11,400 (15. Jh.). Qui n'y est ne se (lies: n'a sä? Red.) part ET. LEGRIS 650.

2.3.5. Beim Teilen gewinnt der Schlechteste 44 Dt. Dem ergesten gift men dat beste deil. - Peiori crebro praebetur portio maior Dem Schlechtesten gibt man den besten Teil. — Dem Schlechteren gibt man oft den grösseren Teil TUNNICIUS 212.

3. Verschiedenes 45 M l at. Partiri solum nequam desiderat ovum Nur ein Taugenichts wünscht ein Ei zu teilen 4 WERNER 2 p 6.

46 Fr. Qy ne set parter (lies: partir) sy pregne tut Wer nicht teilen kann, soll alles nehmen MORAW., INEDITA ! q 51. 47 Span. Del monton entre tus bermanos, primero partijas que metas las manos Teil den Haufen zwischen deinen Brüdern zuerst, bevor du hineingreifst! NUNEZ 1,320. 48 En el escudillar, veras quien te quiere bien, y quien te quiere mal Beim Austeilen der Suppe wirst du sehen, wer dir wohl will und wer dir übel will EBD. 11,82. 49 Engl, Take yeur part as it comyth, of rouje and eke of smoth Nimm deinen Teil, wie es kommt, von Rauhem und auch von Glattem! 5 BERYN 1152. 50 Dt. Breititt eigen werdent smal, So man si teilet mit der zal Grosse Vermögen werden klein, wenn man sie aufteilt (wörtl.: durch die Zahl der Erben teilt) FREIDANK 120, 5. R. L., rev. E. D.

Anmerkungen 1

2

3 4 s

Vgl. W, Wackernagel, Theilen, theilen und wählen, theilen und kiesen, in: ZroA 2,542 ff. Der Ausdruck, der zunächst einen präzisen juristischen Sinn hat (so unten 13 — 14, 24), wird in der dichterischen Sprache zur formelhaften Wendung mit der Bed.,freie Wahl haben' oder ,treffen', D. h. ganz besonders vom Glück begünstigt sein, Vgl, Wackernagel a. a. O. 543, Entspricht ERASM,, ADAG. CHIL. 4,2,96. Vgl. den Zus. bei Walther 20742: Vilior est ille, qui partem suscipit inde (Noch) schlimmer ist jener, der einen Teil davon nimmt, D.h. von Unangenehmem und von Angenehmem.

TEILEN s. TEIL TEILHAFTIG WERDEN s. NEHMEN TELLER s. GEFÄSS TEMPEL s. KIRCHE TENNE s. SCHEUNE

285

TEUER

TERMIN / terrne / date Vgl FRIST Die Wölfe fressen keinen Termin -» WOLF 450, 452-455, 457-462

TERPENTIN — SCHWARZ 52

TESTAMENT / testament / will 1. Gutes Essen - schlechtes Testament -> ESSEN 5.11.2. Vgl. ESSEN 84 2. Verschiedenes S p a n . St quieres hacer buen tesiamento, hazle estando bueno Wenn du ein gutes Testament machen willst, mach es, solange es dir gut geht! NUNEZ III, 394. E n g l . Also men seyn fiat be is cursea pat lettifi fie nji/«/ wille of a dede man So sagt man, dass der verflucht ist, welcher das gerechte Testament eines toten Mannes missachtet WYCLIF, WORKS 48.

V.M. TESTAMENTSVOLLSTRECKER / executeur testa menta ire / executor 1. Man mache den Erben nicht zum Testamentsvollstrecker —> ARZT 177,

179 2. Vereinzelt Engl. Man, of the self thu haf god mynde, That thu dost wibt thi hand that schal tu finden; Childer ben for-thetele, and wives ben un-kynde, That that corned in the sectures hondes often it is bi-hynden Mann, habe gut auf dich acht! Was du mit deinen Händen tust, wirst du gewinnen. Kinder sind vergesslich und Frauen undankbar. Was in die Hände des Testamentsvollstreckers kommt, ist oft dahin WRIGHT, LAT. STÖR. 96 S. 83.' V.M. Anmerkung 1 Vgl. WHITING E38. M 59.

TEUER / eher / expensive Vgl. LIEBE, WERT l, Wert und Nutzen des Teuren 1.1. Was teuer (gekauft) ist, gilt mehr (1-19). -. FERN 2-3, 8. Vgl. APFEL 13., ARBEIT 2.9.1., BITTEN 5, DIEB 12., ERLAUBEN 5., FERN 1., FREMD 3., GEFAHR 9., GEWINN 4.13., HABEN 3.3., LEICHT 4.2., MANGEL 3, NARR 8.8.1., NEU 1.1., SEHEN 12., SELTEN U., UMSONST 2.1,, VERBERGEN 8.7,, VERBIETEN 1., WARE 4., WASSER 8.2.3., WISSEN SO

TEUER

286

1.2. Teuer kaufen ist gut gegen Hunger (besser als vor Hunger sterben) (20—21} 1.3, Verschiedenes (22-23} 2. Was teuer ist Vgl. unten 3.2. 2.1. Was selten ist, ist teuer -> SELTEN 31,34-35 2.2. Was man durch Bitten erlangt, ist teuer erkauft —» BITTEN 65, 69-82, 84 2.3. Suppe und Huhn, die man umsonst isst und bekommt, sind teuer (24 — 25} 2.4. Guter Rat ist teuer —* RAT 1.4, 3. Teuer kaufen Vgl. oben 1.1., 2.2., unten 4.2. 3.1. Teuer kaufen und billig verkaufen ist nicht gut —» BILLIG J, KAUF SA. 3.2. Honig auf (von) Dornen lecken und saugen ist ein teuer erkaufter Genuss —* DORN 4.3. 3.3. Verschiedenes (26-27) 4. Teuer verkaufen 4.1. Teuer verkaufen will ein jeder —* KAUF 5.3. 4.2. Wer teuer einkauft, verkauft teuer —' KAUF 5.2.2. 4.3. Was man teuer verkaufen will, muss man teuer anpreisen (28). —* VERKAUF 9 — 1 1 . Vgl, KRÄMER 2., VERKAUF 1.3.-1.4., WARE 1. 4.4. Vereinzelt (29) 5. Teuer gelobt ist nicht verkauft — VERKAUF 12-14 6. Verschiedenes (30-32)

1. Wert und Nutzen des Teuren 1.1. Was teuer (gekauft) ist, gilt mehr 1 La t. Magis illa iuvant quae pluris emuntttr Jene Dinge erfreuen mehr, die teurer gekauft werden luv., SAT. 11,16. 2 Mlat. Et servatur cautius care quod est emptum Und das wird vorsichtiger bewahrt, was teuer gekauft worden ist HUGO TRIMB., REGISTRUM Prol. 14. 3 Fr. Mais cose qui est chiere est amee toudis Aber eine Sache, die teuer ist, wird immer 4 geliebt B. DE SEB. 2,241. Car chose qui est quiere est amee tout dis Denn eine Sache 5 ... EBD. 3,507. Amer sanzpaine riens ne vault, Et s'aime an trop miex le chate Quant U est plus chier achate, Et s'emploie bien cilz sä paine Qui a perfection l'amaine Lieben ohne Mühe ist wertlos, und man liebt den Gewinn viel mehr, wenn er teurer erkauft wird, und der wendet seine Mühe gut an, der sie zur Vollkommenheit führt MIRACLE 6 DE L'EMPERERIS 396. On prise moult petit le chose habandonnee, La chose qui est cbiere est toudis desiree Man schätzt sehr gering, was man fahrengelassen hat. Etwas, 7 das teuer ist, wird stets begehrt BASTARS DE BUILLON 2597. Tant chierre est chose, s plus est quise Je teurer etwas ist, um so begehrter ist es PRISONNIER 409. Le plus chier est le meilleur Das Teuerste ist das Beste MORAW. 1103. 9 Prov. So qu'es pus car tenc per pus pressios Que so c'om pot aver leujeyramen(s) Das, was teurer ist, halte ich für wertvoller als das, was man leicht haben kann GIR. 10 RiqurER {* CHABANEAU 5,31 S. 118). Per qu'ieu sai qu'es vertatz Ques es majer assatz Gaugz, quant es car compratz, C'aicel don es viutatz Denn ich weiss, dass es wahr ist, dass die Freude viel grosser ist, wenn sie teuer erkauft ist, als wenn man sie billig 11 gewinnt PEIRE VIDAL 15,7. £ val trop mais bes per un dos Car compratz qe qan s'enansa Und ein Gut, das doppelt so teuer gekauft ist, ist viel mehr wert, als wenn man es wohlfeil bekommt1 PEIRE RAIMON 18,44.

287

TEUER

12 Span. En tanto son las tales tenidas, quanto caras son compradas; tanto valen quanta cuestan So hoch werden solche {seil. Frauen} geschätzt, wie teuer sie gekauft werden; so viel wert sind sie, wie sie kosten CELESTINA 148 (8) (= KOSTEN [wert sein] 3). 13 Engl. For every thing is wel the lever e, Whan that a man hath boght it diere Aber 14 alles ist viel lieber, wenn man es teuer gekauft hat GOWER, CONF. AM. 5,4782. man loveth more tendirly The thyng that he hath bought most dere Und man liebt etwas, 15 das man am teuersten gekauft hat, zärtlicher CHAUCER, ROM. OF THE ROSE 2738, As euere hing is had more Jin] deinte, And more of pris, when it is dere boujt Wie alles mehr geachtet und mehr geschätzt wird, wenn es teuer gekauft ist LYDGATE, TEMPLE OF GLAS 1257. 16.17 Dt. Was thewer (teuer) das lieb FRANCK II, 6 v. Das theur vnd seltzam, das lieb Was 18 teuer und selten (ist), das (ist) lieb EBD. II, 168 r. Was thewer, das lieb EGENOLFF 11 r. 19 Das thewr vnd seltzam, das lieb EBD. 212 v. — FERN 2-3, 8. Vgl. APFEL 13., ARBEIT 2.9.1., BITTEN 5, DIEB 12., ERLAUBEN 5., FERN 1., FREMD 3., GEFAHR 9., GEWINN 4.13., HABEN 3.3., LEICHT 4.2., MANGEL 3, NARR 8.8.1., NEU 1.1., SEHEN 12., SELTEN 1.1, UMSONST 2.1., VERBERGEN 8.7., VERBIETEN l,, WARE 4, WASSER 8.2.3., WISSEN 80 1.2, Teuer kaufen ist gut gegen Hunger (besser als vor Hunger sterben) 2ö N o r d . Far plus prosit emi quam famis ense premi, - Bcedrte &r dyrt at kebe cen illee at swelthcs Es ist nützlicher, wenn man das Mehl kauft, als wenn man durch das Schwert des Hungers erdrückt wird. - Besser ist es, teuer zu kaufen, als schlecht zu hungern 21 LALE 356. Now famis ense perit qw care far sibi querit. — Man d00r ee äff hwngher dyivrt keber Der geht nicht durch das Schwert des Hungers zugrunde, welcher sich das Mehl teuer erwirbt. — Der stirbt nicht vor Hunger, welcher teuer kauft EBD. 659. 1.3. Verschiedenes 22 Mlat. Sepius audistis quod habetur versibus istis: ,Empta solet care multum medicina iuvare, Si detur gratis, nil confert utititatis' Öfters hast du gehört, was in diesen Versen festgehalten wird: „Teuer gekaufte Arznei pflegt zu helfen; wenn sie umsonst gegeben wird, bringt sie keinen Nutzen" NIC. BIBERA 997. 23 N o r d , frat er hverjum kunnast2 er hann kaupir dyrast Das ist jedem am bekanntesten, was er am teuersten kauft PARCEVALS SAGA 42,27 (= JONSSON, ARKIV 206. JONSSON 90). 2. Was teuer ist Vgl. unten 3.2, 2.1.—2.2. s. Inhaltsübersicht 2.3. Suppe und Huhn, die man umsonst isst und bekommt, sind teuer 24 Dt. Also daß dauon ein Sprichwort laut: Es ist kein theur er suppen, dann die man vergebens ißt, vnd kein theurer hen, dann die man schenckt So dass davon ein Sprichwort lautet: „Es gibt keine teurere Suppe als die, welche man umsonst isst, und keine 25 teurere Henne als die, welche man schenkt" FRANCK II, 44 v. Also daß dauon ein Sprichwort laut: Es ist kein theurer suppen, dann die mann Vergehens ißt, vnd kein theurer henn dann die mann schenckt EGENOLFF 49 r. 2.4. s. Inhaltsübersicht

TEUFEL

288

3. Teuer kaufen Vgl. oben 1.1., 2.2., unten 4.2. 3.1, —3.2, s. Inhaltsübersicht 3.3. Verschiedenes 26 Fr. Li vilaim dist: Tel chose est destinee C'om chier achate, ainz qu'ele sott Üvree Der gemeine Mann sagt: „Gewisse Dinge sind (dazu) bestimmt, dass man sie teuer kauft, bevor sie übergeben werden" HERB. DANM., FOLQUE DE CANDIE 904. 27 Span. Comprar caro no es franqueza Teuer kaufen ist keine Freigebigkeit NUNEZ 1,245. 4. Teuer verkaufen 4,1.—4.2. s. Inhaltsübersicht 4.3. Was man teuer verkaufen will, muss man teuer anpreisen 28 Dt. Men mot dat dar loven, dat men dar wil geven. — Pluris taxabit cupiens rem venders pluris Man muss das teuer loben, was man teuer geben will. — Wer etwas teurer verkaufen will, wird es hoher einschätzen TUNNICIUS 701. — VERKAUF 9-1L Vgl. KRÄMER 2., VERKAUF 1.3.-1.4., WARE 1. 4.4. Vereinzelt 29 Pro v. Que car den comprar qui car ven Denn teuer muss bezahlen, wer teuer verkauft BERN. MARTI App. 1,27.

5, s, Inhaltsübersicht 6, Verschiedenes 30 Span. Lo bueno es caro, lo malo bace dano Der gute (Wein) ist teuer, der schlechte 31 schadet 3 NUNEZ 11,314. lo caro anadir dinero: o dexallo Für das Teure muss man mehr Geld geben oder davon lassen HALLER 116. 32 Dt. De valschen vorkopers maken alle dink dur. — Res faciunt caras falsi ditesque propolae Die falschen Vorkäufer machen alle Dinge teuer, — Falsche und reiche Vorkäufer machen die Dinge reuer TUNNICIUS 603.

V. M. Anmerkungen 1 2 3

Vgl. die Übers, der Ausg.: E vale molto di piü un bene comprato caro il doppio, ehe quanto [esso] si ottiene a buon mercato. Singer schlägt vor, kterast (am teuersten) statt kunnast zu lesen. Dass es sich hier um den Wein handle, sagt Nunez in einer Anm. dazu.

TEUFEL / diabie / devil Hier auch BELZEBUB, FEIND (Teufel), GEIST (böser), HÖLLENGEIST, SATAN, TEUFLISCH, VERRÄTER (Teufel), WIDERSACHER (Teufel) Vgl, GOTT, TROLL 1. Eigenschaften und Verhaltensweisen des Teufels 1.1. Der Teufe! ist der Feind der Menschheit (l). — VERSUCHUNG 4, WELT 1.4.1.4. 1.2. Der Teufe! ist Gottes Affe (2-8)

289

TEUFEL

1.3. Der Teufe! ist der Vater der Lüge (9-19). — NEID 114 1.4. Der wiegt ein böses Kind, der den Teufel einschläfert (20—21) 1.5. Der Teufel flieht das Kreuz (Licht) (22-23), — LICHT 4.1., 52, 64, 71. Vgl. DIEB 3.7., DUNKEL S., LICHT 4.2., NACHT 3.2.4., 96, SCHLECHT 2.2.9. 1.6. Der Teufel lässt stets einen Gestank hinter sich (24-29). — DRECK 178 1.7. Der Teufel ist kein Schwein und grunzt doch (30-31) 1.8. Der Teufel als Sämann (32-38. Vgl. 58) 1.9. Der Teufel gleicht einem brüllenden Löwen auf der Suche nach Beute (39—45) 1.10. Der Teufel schläft nie (46-60) 1.11. Wo der Teufel nicht selbst hingehen kann, da schickt er seinen Boten hin (61 —82) 1.12. Der Teufel liebt die Seinen (lässt die Seinen nicht im Stich) (83-87). Vgl. GOTT 26.10. 1.13. Wem der Teufel schaden will, dem hängt er einen langen Mantel urn —* KLEID 4.2. 1.14. Je mehr der Teufel hat, desto mehr begehrt er (88-92). VgL AUGE 2.1., BAUCH 1.1., BEGEHREN l .4.-1.5., CUNNUS 4., ERDE 4., FEUER 1.5., FRAU 767, GEIZ 3.1., 5.4., 5.6.3., GELD 2.2.1., GEWINN 4.12., GUT (Subst.) 2.3.f HABEN 3.1., HÖLLE 1.1., HURE 66, JURIST 11, REICH 3.1., VIEL 3.5., WASSERSUCHT l -14. Variiert {93) 1.15. Der Teufel scheisst nur auf den grössten Haufen (94—99) 1.16. Wenn der Teufel wieder gesund ist, kehrt er zu seiner alten Art zurück (100—106). Vgl. KRANK 5.3,1., WOLF 2.2. 1.17. Der Teufel stelle sich, wie er will, es ragen ihm doch die Füsse hervor (107-108). VgL BAUER 8.2.2. 1.18. Der Schwanz des Teufels (109-111) 1.19. Die Mutter des Teufels (112-113) 1.20. Der Teufel ist arm: Er hat weder Leib noch Seele (114 — 115) 1.21. Der Teufel ist nicht so schwarz (nässlich), wie man ihn malt (116 — 123). Vgl. LÖWE 6. Ähnlich (l24-l25) 2. Gott und der Teufel Vgl. oben 1.2. 2.1. Gott und der Teufel können nicht am selben Ort sein — GOTT 1095-1096. Vgl. CHRISTUS 5. 2.2. Man kann nicht Gott und dem Teufel zugleich dienen —* GOTT 31.3. 2.3. Wenn Gott das Mehl (Getreide) gibt, nimmt (schliesst) der Teufel den Sack (126-132). Ähnlich (133) 2.4. Wo Gott eine Kirche baut, baut der Teufel eine Schenke daneben — WIRTSHAUS 4-6 2.5. Gott ist beim Borgen und der Teufel beim Zurückzahlen — BORGEN 67, 69- 71, NEHMEN 90 2.6. Gott stiftete Gesellschaft, und der Teufe! zerstörte sie —» GESELLE 97-99 2.7. Was man Gott (Christus} wegnimmt, das fällt dem Teufel zu (134—141) 2.8. Der Teufel nannte zuerst Gottes Namen (142—143) 2.9. Verschiedenes (144-147) 3. Teufel untereinander 3.1. Ein Teufel gleicht dem ändern (148-149) 3.2. „Gleich und gleich gesellt sich gern", sagte der Teufel zum Köhler —> GLEICH 1.1.2, 3.3. Der Teufel wirft ein Gleiches (i50-255,1 3.4. Ein Teufel vertreibt (beschimpft, schädigt, straft) den ändern (nicht) (156—169). Vgl, unten 9.5., BÄR 3., DIEB 2.1., FUCHS 76, GLEICH 1.2.1., HUND 2.25., KRÄHE 4., LÖWE 8., NARR 12.2., SCHLECHT 2.2.3., SCHURKE 1.3., WOLF 10.2. 3.5. Vereinzelt (170) 4. Dinge, die vom Teufel sind 4.1. Das Wirtshaus ist vom Teufet -> WIRTSHAUS 1.1. 4.2. Tanzen ist vom Teufel -* TANZEN 7.1. 4.3. Vom Teufel kommt es, zum Teufel geht es (171 — 173) 5. Teuflische Wesensart 5.1. Frau und Teufel sind verbunden und artverwandt — FRAU 1,4.1.2., HUND 950, MANN 49-50

TEUFEL

290

5.2. 5.3. 5.4. 5.5. 5.6. 5.7. 5.8.

Die Frau ist listiger als der Teufel (174). -* FRAU 1.3.2,2. Eine böse (unzüchtige) Frau ist schlimmer als der Teufel —·· FRAU 155, 1,4.2,4, Die alte, übermütige Frau ist des Teufels Einhorn —* FRAU 1.4,2,5. Schmeichler sind des Teufels Ammen, Pfaffen oder Pfeifer -* SCHMEICHELN 7.1. Hochmütige Pfaffen sind vom Teufel — PFAFFE 121,123-124 Neid (Hass) ist des Teufels — HASS 4.1,, NEID 1.15. In der Sünde verharren ist teuflisch — MENSCH 61, 64, 66-68, 71-72, 74-75, 78-79, 81, SÜNDE 364 5.9. Böses (Gutes) mit Bösem zu vergelten ist teuflisch —» SCHLECHT 663-665, 667, 694 5.10. Nach aussen fromm, in Wahrheit teuflisch (175-176). -» ENGEL 1-2, 4-7, TAUBE 27 5.11. junger Engel, alter Teufel -> JUNG 187, 190-192, 194-199, 201, 204-221 6. Opfer des Teufels 6.1. Jeder hat einen Teufel fi77-J78) 6.2. Der Teufel hat viele Märtyrer (Kaplane) (179-180) 6.3. Wer dem Teufel verfallen ist, ist nicht frei (181-183) 6.4. Der Faule ist eine leichte Beute des Teufels — FAUL (trage) 4.1.7. Vgl. FAUL (träge) 4.1.S. 6.5. Der Teufel beisst den Ängstlichen (den Sorglosen) (184-185) 6.6. Auch Mönche können dem Teufel verfallen (186—187) 6.7. Was der Sparsame anhäuft, nimmt der Teufel —* SPAREN 8. 6.8. Der Teufel ist nicht immer an derselben Türe (188-189} 7. Verhaltensweise gegenüber dem Teufel 7.1. Dem Teufel opfert man am meisten (190 — 191) 7.2. Wer dem Teufel dient, dem wird dies schlecht gelohnt (der wird es bereuen) (192 — 196) 7.3. Man kann den Teufel gut zu Gast bitten, aber man wird ihn schwer wieder los (197—200) 7.4. Wer den Teufel eingeladen hat, muss ihm Arbeit geben (201—202) 7.5. Wer den Teufel ins Schiff genommen hat, der muss ihn auch übersetzen (203-205) 7.6. Wer den Teufel heimgebracht (den Teufel gekauft, vom Teufel gekauft) hat, der muss ihn (es) wieder loswerden (206-208) 7.7. Wer zum Teufel geht, soll sich nicht aufhalten (209-212). Vgl. WEG 299 7.8. Wer mit dem Teufel essen will, braucht einen langen Löffel —* LÖFFEL 2-3 7.9. Wenn man den Teufel in die Kirche kommen tässt, so will er auf den Altar (213-214) 7.10. Hüte dich vor dem Teufel (215-217) 7.11. Es braucht eine furchterregende Stimme (Verhaltensweise), um den Teufel zu erschrecken (2IS-222; 7.12. Schlägt man der Frau einen Teufel heraus, so schlägt man ihr zwei (zehn) wieder hinein (223-224) 7.13. Würde uns der Teufel hehlen helfen, so würden wir viele Sünden begehen (225—227) 7.14. Verschiedenes (228-234) 8. Des Teufels Tod 8.1. Der Teufel ist tot (235-239; 8.2. Selten liegt der Teufel tot in einem Graben (240—241) 9. Redensarten 9.1. Den Teufel zu Gevatter (Gast) bitten (242-244) 9.2. Den Teufel an die Wand (über die Türe) malen (245-253). — BRENNEN 160 9.3. Dem Teufel eine (zwei) Kerze(n) anzünden (254—260) 9.4. Aus einem Teufel zwei machen (261-262). Vgl. ZWEI 5.1. 9.5. Den Teufel mit dem Teufel vertreiben (263-266). — GUT (Adj.) 864, Vgl. oben 3.4., GEWALT 14, HART 1,2., MESSER 6., NAGEL (Pflock) 2., SCHLECHT 6.11,1.2., SCHWERT 8,, STAHL 1. 9.6. Dreinschauen wie ein Wald voll Teufel (wie Hans der Teufel) (267—269) 9.7. Aus des Teufels Kot geboren sein (270-271) 9.8. Der Teufel reitet dich (ist dir in den Haaren) (272-275; 9.9. Das wird geschehen, wenn der Teufel von Aachen kommt (276—285) 9.10. Verschiedenes (286-289) 10. Verschiedenes (290-304)

291

TEUFEL

1. Eigenschaften und Verhaltensweisen des Teufels 1.1. Der Teufel ist der Feind der Menschheit 1 Dt. De duvels sint der minschen vyende. — In genus humanum conspiravere Sathanes Die Teufel sind der Menschen Feinde. — Die Teufel haben sich gegen das Menschengeschlecht verschworen TUNNICIUS 326. — · VERSUCHUNG 4, WELT 1.4.1.4.

1.2. Der Teufel ist Gottes Affe 1 2 Mlat. Semper simea vult esse dei dtabolus Der Teufel will immer der Affe Gottes sein j LUTHER, WA XIV, 434, 18 (1524), Sathan, simia Dei Der Teufel, der Affe Gottes LUTHER, WA TR. 4395 (1539 [IV, 292,27]). 4 Dt. Also wil der Teufel ymerdar Gottes äffe sein So will der Teufel immer Gottes 5-7 Affe sein LUTHER, WA XXIV, 561, 14 (1527). Der Teuffei ist unsers herr Görs äffe 8 AGRICOLA Nr. 24. Nr, 301 S. 254,21. Nr. 383. Also ist der Teufel allzeit unsers Herrn Gottes Affe LUTHER, WA TR, 5010 (1540 [IV, 612, 14J).

1.3. Der Teufel ist der Vater der Lüge 9 B i b l . Quum loquitur (seil, dtabolus) mendacium, ex propriis loquitur, quia mendax 10 est et pater ejus VULG., IOH. 8, 44. Wenn er (seil, der Teufel) die Lugen redet, so redet er von seinem eigen, Denn er ist ein Lugener vnd ein Vater derselbigen LUTHERBIBEL, EBD. n It. IQ udi' giä dire a Bologna Del diavol vizi assai, tra i quält udi', Ch'egli e bugiardo, e paare dt menzogna Ich habe schon in Bologna zur Genüge von Sünden des Teufels reden hören, wobei ich vernommen habe, dass er verlogen und der Vater der Lüge ist DANTE, INFERNO 23, 142. 12 Engl. Pe lyejere is ylich pe dyeule. pet is his uader. ase god zayp ine hi$ spelle Der Lügner gleicht dem Teufel, der sein Vater ist, wie Gott in seinem Evangelium sagt u MICHEL, AYE N BITE 62. » sip pe fend is fadir of lesyngis Denn da der Teufel der 14 Vater der Lügen ist WYCLIF, WORKS 268 (1400). And pe deuel is lesyngis fadir Und 15 der Teufel ist der Vater der Lügen EBD. 270 (1400). Pe fend is fadir of lesyngis EBD. 16. n 291 (1400). Pe fend fader of lesyngis EBD. 357 (1425). Pe fend of helle pat i$ fadir is of lesyngis Der Höllenfeind, das heisst der Vater der Lügen EBD. 48. For he is our auld enetnye and faper ofleisingis Denn er ist unser alter Feind und der Vater der Lügen CRAFT OF DEYNG 60.2. 19 Dt. ... und daz der tiufel were Der lügen vater HUGO v. TRIMBERG 937.

1.4, Der wiegt ein böses Kind, der den Teufel einschläfert 20 Fr. Mal enfant berce qui le dyable endort Der wiegt ein böses Kind, der den Teufel 21 einschläfert ET. LEGRIS 406 (= MORAW 1167). Mal enfant berse qui le diable endort LEROUXI, 13 (l 5. Jh.).

1.5. Der Teufel flieht das Kreuz (Licht) 22 E n g l . Pe feend, men seyn, may boppen in a poucbe Whan pat no croys pere-inne may a-pere „Der Teufel", sagt man, „kann in einem Sack herumhüpfen, sofern kein Kreuz darin erscheinen kann" HOCCLEVE, REG. OF PRINCES 684. 23 Dt. Man sprichet, der tiuvel vliehe daz kriuze Man sagt, der Teufel fliehe das Kreuz ROSENGARTEN D 3 XVIII, 550, 1. -» LICHT 4.1., 52, 64, 71. Vgl. DIEB 3.7., DUNKEL 5., LICHT 4.2., NACHT 3.2.4., 96, SCHLECHT 2.2.9.

TEUFEL

292

1.6. Der Teufel lässt stets einen Gestank hinter sich 24 25 26 27. 28 29

Dt. Der teufet ... lest einen stanck hinder sich LUTHER, WA XXIII, 162,3 {1527}. Aber hernach lest er (seil, der teufel} seynen stanck binder sich EBD. XXIII, 505,17 (1527). Der tewffel lesset allzceyt (immer) eynen stanck hynder ybm EBD. XXIX, 61,13 (1529).3 Der Teuffei laßt stets einen gestanck hinder yhm AGRICOLA Nr. 382. EGENOLFF 183 r. Der teufel leßt alweg einn bösen gestanck hinder jtn Der Teufel lässt immer einen schlimmen Gestank hinter sich FRANCK II,58 r. — DRECK 178

1.7. Der Teufel ist kein Schwein und grunzt doch 30. 31 Span. El diablo no es puerco, y grüne Der Teufel ist kein Schwein und grunzt doch LOPEZ (?), REFRANES 260. NUNEZ 11,33.

1.8. Der Teufel als Sämann 32 B i b l . Inimicus autem, qui seminavit ea (seil, zizania), est diabolus Der Feind aber, 33 der es (das Unkraut) gesät hat, ist der Teufel VULG., MATTH. 13,39. Der Feind der sie (seil, die kinder der bosheit) seet, ist der Teufel LUTHERBIBEL, EBD. 34 Mlat. Quisquis arans mittit cum dgmone, semen amittit Jeder, der mit dem Teufel pflügt und den Samen ausstreut, der verliert die Saat MSD 27,2,191. 35. 36 Dt. Den samen kan der tiuvel geben FREIDANK 67,25. Sus began aber tubel segen, Daz her ouch wolte megen Ober menich jar darnach So begann der Teufel zu säen, 37 was er viele Jahre später auch mähen wollte BRAUNSCHW. RCHRON. 4813. Nu gbinc zo dhes tubeles erne; Daz wolte her megen gerne, Daz her langhe hatte geseyt Nun nahte des Teufels Ernte: Er wollte gerne das mähen, was er vor langem gesät hatte EBD. 38 6929, Der tievel hat gesaet den sinen samen in diu lant Der Teufel hat seinen Samen in die Länder gesät HAWART 1,3 (+MSH II, 162 b}. Vgl. unten 58

1.9. Der Teufel gleicht einem brüllenden Löwen auf der Suche nach Beute 39 B i b l . Sobrii estate et vigilate, quia adversarius vester diabolus tanquam leo rugiens 40 circuit, quaerens quern devoret VULG., I PETR. 5,8. Seid nüchtern vnd wachet, Denn ewer Widersacher der Teuffei gehet vmb her, wie ein brüllender Lewe, vnd suchet, welchen er verschlinde LUTHERBIBEL, EBD. 41 Fr. Et le Dyable, nostre adversaire ... circuyt comme ung lyon Qui va criant parmy la voye Pour cuyder rencontrer sä proye Und der Teufel, unser Feind, läuft umher wie ein Löwe, der brüllend seines Weges geht, weil er glaubt, seine Beute zu finden G. ALEXIS II, 145,1041 (Contemptus mundi). 42 It. Como dise sancto Augustino: lo dimunio e aversario nostro va cercando datorno sempre, sicomo lo Hone ehe crida cercando ehe ello devori Wie der heilige Augustin sagte: „Der Teufel, unser Feind, geht immer suchend umher, wie der Löwe, der brüllt, wenn er nach etwas sucht, was er verschlingen kann" TRATTATI REL. 158,4223. 43 Engl. Sobrii estote et uigilate quia aduersarius uester diabolus quasi leo rugiens circuit querens quem deuoret. — Syfre beoö and waciap forbi wiperwinna eower deoful swylce leo grymetigende ymbfcerö secende hwcene he forswelge Seid nüchtern und wachet, denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und 44 sucht, wen er verschlinge! LIBER SCINTILLARUM 207. Byö syfre and wacole, for ban pe se deofol, eower wlderwinne, fcerö onbuten swa swa grymetende leo, secende hw&ne he abite Seid nüchtern und wachsam, denn der Teufel, euer Widersacher ... EARLY 45 HOM, 123,33. Bieö imeöfull and wakieö mid boutes, for öan jewer wiöerwine gaö

293

TEUFEL

abuten alcbe manne [wjham he mihte forswolejen mid sume [hjeaued-senne. Alsiva öe lyon de gad ahnten fie die? hem to forswole^en, swa deö deuel abuten $ew Seid massig und wachet in Gedanken, denn euer Widersacher geht um jeden Menschen herum, den er verschlingen könnte mit einer Hauptsunde! So wie der Löwe, der um die Tiere herumgeht, um sie zu verschlingen, so geht der Teufel um euch herum VICES AND VIRTUES 139,16.

1.10. Der Teufel schläft nie 46 Fr. Car deiables ne puet dormir Denn der Teufel kann nicht schlafen LANCELOT 47 I 35. ,.. Que anemis que ne dort mie M'a trop longuement endormie Dass der Teufel, der nicht schläft, mich zu lange eingeschläfert hat GAUT. DE COINCY, MIR. N. D. 48 3,307. Les feus engiens ... Del deable, qui toz jors veille Et par tot por mal faire oreille Die gefährlichen Tücken des Teufels, der immer wacht und überall horcht, um 49 Böses zu tun FECAMP 5056. Li anemis ne dort mie Der Teufel schläft nicht CHANS. so. 5i PIEUSES 129,33, Mais (Aber) H anemis ne dort mie HYST. JOB 3008. Mes li deable[sj 52 ne dormi mie Aber der Teufel schlief nicht JEHAN, S. MATHELIN 862. Le deable, qui 53 oncques ne dort Der Teufe), der nie schläft FROISS., CHRON. 404. L'ennemy qui onques ne dort, mais veille et resveille tes cuers des mauvais qui a luy s'enclinent Der Teufel, der nie schläft, sondern wacht und die Herzen der Schlechten ermuntert, die 54 sich ihm zuwenden FROISS. ($PEC. 10} 313,279. Deables qui ne dort Der Teufel, der 55 nicht schläft BASTARS DE BUILLON 796. Anemy ne dort Der Feind schläft nicht ET. 56 LEGRIS 42. Sage est qui bien se garde, Car ennemy ne dort Weise ist, wer sich gut in 57 acht nimmt, denn ... PROV. EN RIMES 247. L'anemy qui ne dort ENF. VQUE AU DIABLE 44 (15. Jh. [+ ROMANIA 33,169]).4 58 It. // Nimico, ehe mat non dorme ma sempre semina e ricogUe Der Teufel, der nie schläft, sondern immer sät und erntet COMPAGNI 3,28 (vgl. oben 1.8.). 59 S p a n , Elpecado que nunca se echo a dormir Der Teufel, der sich noch nie schlafen gelegt hat ALIXANDRE 1879. 60 Dt. Dann der Teufel wird ohne Zweifel hierin auch nicht schlafen noch feiren (ruhen) LUTHER, WA BR. 2238 (1535 [VII, 257,40]),

1.11. Wo der Teufel nicht selbst hingehen kann, da schickt er seinen Boten hin 61 M I a t . Quo demon per se nequit, illuc nuncciat ipse Wo der Teufel nicht selbst hin 62 kann, dorthin schickt er einen Boten PROV. WRATISLAV. 537. Daemon ubi deerit, servum sibi mittere quaerit Wo der Teufel nicht sein kann, da sucht er an seiner Stelle 63 einen Diener hinzuschicken WERNER 2 d 6. Nuntius it satanae, quo non valet ipse venire Der Bote des Teufels geht dorthin, wo er nicht selbst hinkommen kann EBD. 64 n 320, Quo daemon nulla poterit ratione venire, Illuc ipse suos legatos praecipit ire Wo der Teufel auf keine Art hinkommen kann, dort befiehlt er seinen Boten hinzugehen 65 EBD. q 192. Diaholus unde prohibetur, mittit nuntium suum Wo der Teufel verhindert ist, schickt er seinen Boten hin BEBEL, PROV. GERM. 392. 66 N o r d . Demon vbi deerit ibi seruum mittere querit. — Hwar di&ffuelen kan eij sceiffwer wcere ther hawer ban syne sendhe budh Wo der Teufel nicht sein kann, da sucht er an seiner Stelle einen Diener hinzuschicken, — Wo der Teufel nicht selbst sein kann, dort hat er seine Sendboten LÄLE 245. 67 Nl. Daer die duuel nief comen en can daer sent hi sijn bode. — Preco venit sathane quo non valet ipse venire Wo der Teufel nicht hinkommen kann, dort sendet er seinen Boten hin. — Der Herold des Teufels kommt dorthin, wo er nicht selbst hinkommen kann PROV. COMM. 161. 68 Dt. Alz ich gar ofte ban vernomen War der tiuvel nit mag körnen Da sent er sinen hotten hin Wie ich sehr oft vernommen habe: „Wo der Teufel nicht hinkommen kann,

TEUFEL 69 70 71 72 73. 74 7.5 76 77

78 79 80. 8l &2

294

da sendet er seinen Boten hin" LIEDERSAAL 245,159. Der tiuvel send sinen hotten Da er selb nit kommen mag EBD. 248,106. Der tetvffel seinen boten Sendet, do er nit mag kummen MINNE FALKNER 128, l, Do der tuufel nit bin mag do sent er sinen boten hin STRASSBURG 20. Wo der ten fei nicht hin mag, da schickt er sinen poten PRAG 8. Wo der teufel nit bin mag, do sendt er sein knecht hin SCHWABACH 132. Wo der tewffil nicht hyn kan, do sendet her seynen knecht hen PROV. FRID. 99. Dar de duuel nycht kamen kan send he synen baden Übers, wie 67 PROV. COMM. MND. 161. Dann wo der teufel nit hin mag, Schickt er dich für sein poten da hin Denn wo der Teufel nicht hin kann, schickt er dich als seinen Boten hin FASTNACHTSP. 254,5. Quo sathane sepe presencia non valet esse, lllic nempe suum conatur ducere servum. — Wa (Wo) der thufel nit hyn kan, da schick er sein knecht hyn Wo die Gegenwart des Teufels häufig nicht möglich ist, da versucht er doch seinen Diener hinzuführen. — ... MÜNCHEN 20. Da der tüfei nit hinkamen mag, da sendet er semelich hotten hin Wo der Teufel nicht hinkommen kann, da sendet er entsprechende Boten hin RHEINAUER PREDIGT (15. Jh. [+ SCHWEIZ. ARCHIV F. VOLKSKUNDE 26,282]). Wir de duvel nicht en kumt, dar sent he synen boden. — Quo nequit ire Sathan transmittit saepe ministrum Wo der Teufel nicht hinkommt, da sendet er seinen Boten hin. — Wo der Teufel nicht hingehen kann, da schickt er oft seinen Diener hin TUNNICIUS 195. Wo der Teuffei nit hin mag, da schicket er sein hotten FRANCK I, 86 v. II, 164 v. Wo der Teufel nit hin mag, schickt er seine hotten EGENOLFF 210 v.

1.12. Der Teufel liebt die Seinen (lässt die Seinen nicht im Stich}5 83. 84 Port. O demo alos suyos quiere Der Teufel liebt die Seinen LOPEZ (?}, REFRANES 517. NUNEZ 111,90 (el Gallego). 85 Dt. Des tiuvels triuwe gät noch für, E ieman dienst hin z' ime verlür; Stüende ez über tüsent fär, Er vergaezes niemer umbe ein här Des Teufels Treue geht noch weiter: Noch weniger, als dass jemand (den Lohn für) einen Dienst, den er ihm erwiesen hat, verlöre, vergässe er (seil, der Teufel) es je (auch nur) um ein Haar, und wenn es nach mehr als 86 tausend Jahren wäre FREIDANK 67,19. Daß der teufel die seinen nit verlaßen wil 87 WÜRZB. STÄDTEKR. 21781 (*LILIENCR., HIST. VOLKSL. 40). Der teufel lest (verlässt) die seinen nicht BEHEIM, BUCH v. D. WIENERN 370,10. Vgl. GOTT 26.10.

1.13. s. Inhaltsübersicht 1.14. Je mehr der Teufel hat, desto mehr begehrt er 88 Fr. Et por ce mainte gent dit ont, Com plus dyables avera, Et il plus voir convoitera Und deshalb haben viele Leute gesagt: „Je mehr der Teufel haben wird, desto mehr 89 wird er gewiss begehren" MARIE DE FRANCE, FABLES 31,18 Zus. Hs. H (S. 334). Plus a li deables, plus couvoite Je mehr der Teufel hat, desto mehr begehrt er VILAIN 20. 90 Plus a le diable plus veut avoir ... desto mehr will er haben LEROUX 1,14 (13. Jh.). 91.92 Quant plus a deables, plus veult avoir MORAW, 1753. Que plus a U diables, plus couvoite Übers, wie 89 PROV. RUR. 158. Vgt. AUGE 2.1., BAUCH 1.1., BEGEHREN l A-1.5., CUNNUS 4., ERDE 4., FEUER 1.5., FRAU 767, GEIZ 3.1., 5.4., 5.6.3., GELD 2.2.1., GEWINN 4.12., GUT (Subst.) 2.3., HABEN 3.1., HÖLLE 1.1., HURE 66, JURIST 33, REICH 3.1., VIEL 3.5., WASSERSUCHT 3-34 Variiert: 93 Fr. N'onques Diables n'ot assez Nie hatte der Teufel genug GUIOT DE PROVINS 523 Anm.

295

TEUFEL

1.15. Der Teufel scheisst nur auf den grössten Haufen 6 94-97 Dt. Der teuffei scheißt nun auff den grossen hauffen FRANCK 1,2 r. i, 7 r. Der 98. 99 teuffei scheißt nur auff den grossen hauffen EBD. 1,87 r, II, 129 r. Der teuffei scheißt nur auff den größten hauffen EBD. II, 60 r. EGENOLFF 55 r.

1.16. Wenn der Teufel wieder gesund ist, kehrt er zu seiner alten Art zurück i00 M l a t . Demon languebat, monachus bonus esse uolebat; Postquam conualuit, mansit ut ante fuit Der Teufel war krank, er wollte ein gurer Mönch sein. Nachdem er gesund geworden war, blieb er, wie er vorher gewesen war FLOR. GOTTING. 330. Daemon languebat: monachus bonus esse uolebat; Sed dum convaluif, mansit ut ante fuit ... 102 aber als er gesund wurde ... WERNER 2 d 3. Feste satan tactus voluit bonus esse coactus, Sed sanus factus ad consuetos redit actus Als er von der Krankheit befallen war, wollte der Teufel gezwungenermassen gut sein; aber als er gesund geworden war, kehrte 03 er zu seinem gewohnten Treiben zurück EBD. p 50. Quando languebat demon, bonus esse volebat; Postquam convalwt, talis ut ante fuit Als der Teufel krank war, wollte er gut sein. Nachdem er gesund geworden war, war er wie vorher MONSEER Hs. 25. 104 Dt. Do von ist daz Sprichwort comen. Do der toyuil genas, do wart her alz her e waz Daher ist das Sprichwort gekommen: „Als der Teufel genas, da wurde er, wie er 105 vorher (gewesen) war" MD. PRED. 351. Dum demon langwebat, dixit, bonus esse volebat* — Do der tewffel genasz, do was er alsz er ee wasz „Als der Teufel krank war", sagte einer, „wollte er gut sein." — Als der Teufel genas, da war er, wie er vorher 106 (gewesen) war PROV. FRID. 446. Wann der teuffei kranck ist, so wil er ein Mönch werden, gesundt bleibt er wie er ist FRANCK 1,145 r.

Vgl. KRANK 5.3.1., WOLF 2.2. 1.17. Der Teufel stelle sich, wie er will, es ragen ihm doch die Füsse hervor 107. los Dt. Der teuffei stelle sich wie er wolle, so ragen yhm doch die füsse herfür AGRICOLA Nr. 383. EGENOLFF 183 v. Vgl. BAUER 8.2.2.

1.18. Der Schwanz des Teufels 109 I t , ... postoa Ha il capo con tutte le corna il diavolo, Non pur sola la coda, come dicono Der Teufel hat seinen Kopf mit allen Hörnern dazwischengesteckt, nicht einfach 110 nur den Schwanz, wie man sagt ARIOST, CASSARJA 4,4 (S. 103). Sa appunfo ove il diavol tien la coda Er weiss genau, wo der Teufel den Schwanz hat STROZZI L., COMM. IN VERSI 290. in Span. Ha el diablo pane, quando el rabo va delante Der Teufel hat die Hand im Spiel, wenn der Schwanz vorne hängt NUNEZ II, 173.

1.19. Die Mutter des Teufels7 112 N o r d . Par hefir fjandinn fundit modur sina Da har der Teufel seine Mutter gefunden VALDIMARS SAGA (+JONSSON, ARKIV 108 [= JONSSON 44]). 113 Dt. War umb schlug der teufel seine mutter LUTHER 326.

1.20. Der Teufel ist arm: Er hat weder Leib noch Seele l H, i u

Dt. Der Teuffei ist arm, der halt weder leib noch sele AGRICOLA Nr. 409. EGENOLFF 185 v.

1.21. Der Teufel ist nicht so schwarz (hässlich), wie man ihn malt 116 It. // diavolo non e nero come si dipigne Der Teufel ist nicht so schwarz, wie man 117 ihn malt SACCHETTI 133. ... ehe il fistolo non e nero come si dipigne Dass der Teufel

TEUFEL

296

118 nicht so schwarz ist, wie man ihn malt MACINGHI, LETTERE 511 (1465). H diauolo non e si brutto, come si depinge Der Teufel ist nicht so h sslich, wie man ihn malt i 19 MERB RY 17, / diauoli non sono si negri come $i depingono Die Teufel sind nicht so schwarz, wie man sie malt EBD. 28, 220 Span. El diablo no es tan feo Como Apeles lo pintaba Der Teufel ist nicht so h sslich, wie Apelles6 ihn gemalt hat GIL VICENTE 111,215 (Amadis de Gaula). 121 Dt. Der tewfl ist nicht als grewlich als man γη mallt Der Teufel ist nicht so greulich, 322 wie man ihn malt PRAGER Hss. 55 (Predigt 15. Jh.). Der Tewffel ist nicht o grewlich 123 als man yhn malet LUTHER, WA XXIX, 693 (1529). Denn der Teuffei wil nicht so schwartz sein, als man jn malet EBD. XLV, 702,29 (1537). Vgl. L WE 6. hnlich: 124 Fr. Toutesfois n'est H pas Sy aeable qu'il est noir Und doch ist er nicht so sehr ein 125 Teufel, wie er schwarz ist PROV. EN RIMES 1023, Le diable ne sera pas toujours diable Der Teufel wird nicht immer Teufel sein LEROUX 1,13 (15. Jh.).

2. Gott und der Teufel VgL oben 1.2. 2.L-2.2. s. Inhalts bersicht 2.3. Wenn Gott das Mehl (Getreide) gibt, nimmt (schliesst) der Teufel den Sack9 126 Mgr. "Οταν ό θεός το γένη μα το σακίν ό διάβολος Wenn Gott das Getreide (gibt), (nimmt) der Teufel den Sack KRUMB. 67 S. 124. 127 Fr. Quant dex done ferine diable tout le sac. — Demon tune auffert saccum, cum far deus offert Wenn Gott Mehl gibt, nimmt der Teufel den Sack, — Dann nimmt der 128 Teufel den Sack, wenn Gott das Mehl schenkt ZACHER 122, Voirement dit-on, ce me samble: Diex done blef, aeable l'anble Wahr spricht man, scheint mir: „Gott gibt das 129 Getreide, der Teufel stiehir es" RUTEBEUF 11,121,209. Quant Deus done farine, et 130 deables tolt sac bers, wie 127 MORAW. 1736. Quant Deus donne farine diable tout 131 le sak CAMBR. SAMML. {-»LEROUX 11,480). Quant Dieu donne farine dyable tolt sac 132 Ex. LEGRIS 572. Quand Dieu donne farine Le diable dost le sac ... schliesst der Teufel den Sack LEROUX 1,14 {15. Jh.). hnlich: 133 Span. Bienes de campana dalos DJOS y el diablo los derrama Kirchliche G ter gibt Gott und verschwendet der Teufel 10 NUNEZ 1,168.

2.4,—2.6. s. Inhalts bersicht 2.7. Was man Gott {Christus) wegnimmt, das f llt dem Teufel zu 134 M l a t . Quod Deo et honori detrahitur, saepe cedit in lucrum daemonis et turpitudinis Was man Gott und der Ehre wegnimmt, das wird oft zu einem Gewinn f r den Teufel und die Schlechtigkeit BEBEL, PROV. GERM. 468. 135 Fr. Le diable prend ce qu'on oste Dieu Der Teufel nimmt, was man Gott wegnimmt LEROUX 1,13 (l5. Jh.). 136 Nl. Datmen gode ontrect neemt dicke die duuel. - Demon lucratur a quo deus expoliatur Was man Gott entzieht, nimmt oft der Teufel. — Der Teufel zieht Gewinn aus dem, was Gott weggenommen wird PROV. COMM, 169. 137 Dt, Wan alles das, das gote niht win, Das nimt aber bin der tievel gar Denn alles, was Gott nicht zuteil wird, das nimmt [aber] der Teufel ganz weg KONR. v. AMMEN-

297

TEUFEL

138 HAUSEN 10080. Dat me ghad entuth krycht dycke de duuel Was man Gott entzieht, 139 das bekommt oft der Teufel PROV. COMM. MND. 169. Dat men gode entüt, dat nitnt de duveL — Subtractum Christo lucrum fit ditis Averni Was man Gott entzieht, das nimmt der Teufel. — Was man Christus weggenommen hat, wird zum Gewinn von 140 Pluto in der Unterwelt TUNNICIUS 2. Was mann Christo nit wil geben, das muß mann 141 dem teuf fei lassen FRANCK II, 149 r. Was man Got nimpt, gehört dem teuf fei EBD.

2.8. Der Teufel nannte zuerst Gottes Namen 142 Engt. Saga me, hwa Codes naman nemnede are$t? - Ic de secge, Deofol „Sage mir, wer nannte als erster Gottes Namen?" - „Ich sage dir: der Teufel" ADRIAN AND Ri143 THEUS 40. Who depid first god? - The devell „Wer sagte zuerst Gott?" - „Der Teufel" QUEST. M. OXF. (4. Viert. 15. Jh. [*£NGL. STUDIEN 8,286]}.

2.9. Verschiedenes 144 M l a t . Res brems est Satanq, copia plena dei Eine Kleinigkeit gehört Satan, die grosse Menge Gott NIVARD., YSENGR. 1,696. 145 It. Vi ridiissono in volgar motto, ehe il piü piacevol servigio ehe a Dio si face$$e, era rimettere il diavolo in inferno Sie verwandelten in ein geläufiges Sprichwort, dass der angenehmste Dienst, den man Gott leisten kann, ist, den Teufel in die Holle zurückzubringen 11 Bocc., DECAMERONE 3,10 S. 86 b. 146 Dt. Swa man mit guten werchen sus Noch Gote buwen wil ain hus, Dar gegen rihtet nu si (lies: sä) do Der tievel uf sin ebenhoh Wo man mit guten Werken sonst noch Gott ein Haus bauen will, da richtet nun der Teufel gegenüber gleich ein ebenso hohes auf 147 SAELDEN HORT 5261. Den teuffei vnd got in ein glaß bannen FRANCK 1,2 v.

3. Teufel untereinander 3.1. Ein Teufel gleicht dem ändern 148 S p a n . Ay vn diabio: que parece, a otro Es gibt einen Teufel, der dem anderen gleicht 12 HALLER 369, 149 Dt. Ein teufel wie der ander FRANCK 1,7r.

3.2. s. Inhaltsübersicht 3.3. Der Teufel wirft ein Gleiches 150-152 D t. Der Teuf fei bat ein gleich s geworffen FRANCK I, 7 r. Man spricht: Der teuf fei hat ein gleich geworfen, wann boß auff baß, ein naß kind t au ff das annder stoßt FRANCK 153 II, 8 r. EGENOLFF 12 r. Der teuffei wtrfft alweg (immer) ein gleichs FRANCK II, 60 v. 154. i5J Der teuffei wirfft gern ein gleichs EBD. II, 101 v. EGENOLFF 93 r.

3.4. Ein Teufel vertreibt (beschimpft, schädigt, straft) den ändern (nicht) 156 La t. Daemon daemonetn non expeüit Ein Teufel vertreibt den (ändern) Teufel nicht ROMULUS 62 Prom. (r. v.), 157 Mg r. Übers, wie 156 KLIMAX 72 (*KRUMB. S. 232). 158 M l a t . Difficile credentibus, quod Satanas Sätanan eicere ... vellet Wobei sie kaum 159 glauben, dass ein Teufel den (ändern) Teufel vertreiben wolle LAMPERT. 98,22. Satanas enim Satanam expulit Ein Teufel hat nämlich den (ändern) Teufel vertrieben PETR, BLES., EP. 48 (1,147). 160 It. L'un diavolo, sai, l'altro gastiga Ein Teufel, weisst du, straft den ändern PULCI 24,89.

TEUFEL

298

16l Nl. Nv sail die duuel den necker sehenden. — Nectuno (lies: Neptuno) sathanas nunc vult imponere culpas Nun wird der Teufel den Neck beschimpfen. — Der Teufel will nun Neptun beschuldigen PRO v. COMM. 559. i62.163 Dt. Ein tufel tribet den ändern nit us Ein Teufel treibt den ändern nicht aus SEUSE 164 383,9. 464,26. Nu schal de duuel den duuel sehenden Nun wird ein Teufel den f an265 dem) Teufel beschimpfen PROV. COMM. MND. 535. De eine duvel en doet dem anderen nicht. — Non aper harret aprum, non ursum territat ursus Der eine Teufel tut dem ändern nichts. — Ein Eber schreckt nicht vor dem ändern zurück, ein Bär erschreckt 166 den ändern nicht TUNNICIUS 1028. Eyn teuf fei jagt den ändern nit aus LUTHER, WA 167 1,177,7 (1517). So treibt auch Beelzebub keinen teuffei aus LUTHER, WERKE 168. 169 III, 359,6 (1528). Es thüt keyn teuffei dem ändern icht Es tut kein Teufel dem ändern etwas FRANCK 1,25 r. II, 19v, Vgl. unten 9.5., BÄR 3., DIEB 2.1., FUCHS 76, GLEICH 1.2.1., HUND 2.25,, KRÄHE 4.. LÖWE 8., NARR 12.2., SCHLECHT 2.2.3., SCHURKE 1.3., WOLF 10.2. 3.5. Vereinzelt 170 Dt. Dem teuffei begegnet ein teuffei FRANCK I, 53 v. 4. Dinge, die vom Teufel sind 4.1.—4.2. s. Inhaltsübersicht 4.3. Vorn Teufel kommt es, zum Teufel geht es 171 Fr. De deable vint, a deable ira Vom Teufel ist es gekommen, zum Teufel wird es 172 gehen MORAW. 481. De Debles vint a Debles irra CAMBR. SAMML. (-> LEROUX 11,474). 173 Du deable vient, au deable va Vom Teufel kommt es, zum Teufe! geht es J. MOLINET 721,80. 5. Teuflische Wesensart 5.1. s. Inhaltsübersicht 5.2. Die Frau ist listiger als der Teufel 174 Fr. Que fat un art plus que deable Denn ich habe eine List mehr als der Teufel 1? DAME JOUENNE 45. -» FRAU 1.3.2.2. 5.3.—5,9. s. Inhaltsübersicht 5.10. Nach aussen fromm, in Wahrheit teuflisch 175 Span. El cuerpo santo, y el alma con el diablo Der Leib heilig und die Seele beim 176 Teufel NUNEZ 11,40. La cruz en los pechos, y el diablo en los hechos Das Kreuz auf der Brust und der Teufel in den Taten EBD. 11,260. —· ENGEL -2, 4-7, TAUBE 27 5.11.

s. Inhaltsübersicht

6. Opfer des Teufels 6.1. Jeder hat einen Teufel 177 M l a t . Nemo sine castigatore daemone Niemand ist ohne einen strafenden Teufel BEBEL, PROV. GERM. 374.

178 Dt. £5 hat ein yeder seinn eygen teuffei FRANCK I, 86 v.

299

TEUFEL

6.2. Der Teufel hat viele Märtyrer (Kaplane) 379 Dt. Der tiuvel bat durch sinen spot Me martelaere danne got Der Teufel hat infolge ISO seines Spottes mehr Märtyrer als Gott FREIDANK 67,23. ... Und ist des tiufels marterer, Der noch hat manigen cappellän Und (dass er) des Teufels Märtyrer ist, der noch manchen Kaplan hat HUGO v. TRIMBERG 6784. 6.3. Wer dem Teufel verfallen ist, ist nicht frei 181 Nl. Hi en is niet al vry die sduuels eyghen es. — Non Über natus qui demonibus propriatus Der ist durchaus nicht frei, der des Teufels Eigen ist. — Der ist nicht frei geboren, der den Teufeln verfallen ist PROV. COMM. 404. 182.183 Dt. He is nycht al vryg de des duuels eghen is PROV. COMM. MND. 398. He is nicht vry, de dem duvel eigen is, — Libertate caret vitiis Sathanaeque ministrans Der ist nicht frei, der dem Teufel gehört. — Der hat keine Freiheit, der den Lastern und dem Teufel dient TUNNICIUS 578. 6.4. s. Inhaltsübersicht 6.5. Der Teufel beisst den Ängstlichen (den Sorglosen) 184 Dt. Dem leide is, den bit de duvel, — Rustice quid metuis? crescunt inimica timore Wer sich sorgt, den beisst der Teufel. — Bauer, was sorgst du dich? Die Widrigkeiten 185 nehmen zu mit der Sorge TUNNICIUS 15. De alles nicht vruchtet, d%n bit de duvel ök wol. — Securo nimium quandoque pericula surgunt Wer nichts fürchtet, den beisst der Teufel gleichwohl. — Bei dem allzu Sicheren tauchen irgendeinmal Gefahren auf EBD. 772. 6.6. Auch Mönche können dem Teufel verfallen J86 M l a t . ... quod diabolus habet suos monachos sicut suos seculares Dass der Teufel seine Mönche wie seine weltlichen Anhänger hat BERTHOLD. (SCHÖNBACH WSB 154) 95. 387 Fr. Deable maine tousjours moynes a Tournay Der Teufel führt immer Mönche nach Tournay 14 MORAW. 455. 6.7. s. Inhaltsübersicht 6.8. Der Teufel ist nicht immer an derselben Türe 15 188 Fr. Tousfours ne sont pas dyables a ./. huys Nicht immer sind die Teufel an ein und 189 derselben Tür ET. LEGRIS 769 (= MORAW. 2412). Le diable n'est pas toujours ä ung buys Der Teufel ist nicht immer an ein und derselben Tür LERÖUX 1,13 (13. Jh.}. 7. Verhaltensweise gegenüber dem Teufel 7.1. Dem Teufel opfert man am meisten 190,191 Dt. Dem teuffei opffert man am meysten FRANCK II, 166 v. EGENOLFF 211 v,

192 193 194 295

7.2. Wer dem Teufel dient, dem wird dies schlecht gelohnt (der wird es bereuen) Fr. Sen tens et sen servise pert Li horn qui al diable sert Der verliert seine Zeit und seinen Dienst, der dem Teufel dient GAUT. D'ARRAS, ERACLE 3376. De servise a dyable conchiees merciz Für einen Teufelsdienst (erntet man} einen beschissenen Dank EHSTL. KLOSTERL. 19. Qui le dyable siert, enfin est assiervis Wer dem Teufel dient, wird zuletzt geknechtet CHEV. AU CYGNE 27555. Ains ne servi deable, qui ne se repenti Nie

TEUFEL

300

196 diente (einer) dem Teufel, ohne es zu bereuen B. DE SEE. 1,945. De service au deable conchie guerdon Für einen Teufelsdienst (bekommt man) einen beschissenen Lohn MORAW. 555.

7.3. Man kann den Teufel gut zu Gast bitten, aber man wird ihn schwer wieder los 197 Dt. Der Teufel ist gut zu Gast zu bitten, Aber man kan sein nicht wol los werden 19S LUTHER, WERKE IV, 237,7 (1530). Es ist gut den teuffei zu hauß laden, aber boß sein abkommen Es ist gut, den Teufel nach Hause einzuladen, aber schwierig, ihn loszuwer199. 200 den FRANCK 1,64 r. Wer den teuffei ein mal zu hauß geladen, kann sein nimmer mehr abkommen Wer den Teufel einmal nach Hause eingeladen hat, kann ihn nie mehr loswerden FRANCK 11,41 r. EGENOLFF 47 v.

7.4. Wer den Teufel eingeladen hat, muss ihm Arbeit geben 201, 202 Dt, Wer den teuffei geladen hat, maß jm werck (Arbeit) geben FRANCK 11,41 r. EGENOLFF 47 v.

7.5. Wer den Teufel ins Schiff genommen hat, der muss ihn auch übersetzen 2ö3 Nt. Die den duuel ghesceept heeft moeten ouervoeren. — Seruans naue sua sathanam sathanam vehat vltra Wer den Teufel ins Schiff genommen hat, muss ihn hinüberführen. — Wer den Teufei mit seinem Schiff rettet, muss den Teufel übersetzen PROV. COMM. 212. 204 Dt. De den duuel gbescbepet heft de mod ene auervoren PROV. COMM. MND. 211. 205 De den duvel geladen heft, de mot en overvoren. — Daemonas accersens ipsis et edulia fundet Wer den Teufel geladen hat, der muss ihn hinüberführen. — Wenn man die Teufel herbeiruft, wird man ihnen auch zu essen geben müssen TUNNICIUS 1189.

7.6. Wer den Teufel heimgebracht (den Teufel gekauft, vom Teufel gekauft) hat, der rnuss ihn (es) wieder loswerden16 206 Ml at. Preterea nostra vulgaris regula prebet: „Qui Sathanam duxit, Satbanam dimittere debet" Ausserdem zeigt unser geläufiger Grundsatz: „Wer den Teufel heimgebracht hat, muss ihn wieder fortschicken" MATHEOLUS 2861. 207 Fr. Aussi disons nous vulgament Du deable achater ou prendre: On le doit laissier ou revenare Deshalb sagen wir gemeinhin: „Vom Teufel kaufen oder nehmen, das soll 208 man lassen oder es wieder verkaufen" J. LEFEVRE, MATHEOLUS 3, 926. Qi diables achate diables deit vendre Wer einen Teufel kauft, muss einen Teufel verkaufen CAMBR. SAMML. (-»LEROUX 11,481 [= MORAW. 1884]}.

7.7. Wer zum Teufel geht, soll sich nicht aufhalten 209-211 Fr. Qui au deable doit aler II n'a que demorer Wer zum Teufel gehen muss, hat keinen Grund, sich aufzuhalten COMTE DE BRETAGNE 180. MORAW. 1824. ET. LEGRIS 590. 212 Et j'ay oy parier Que qui au Deable veult aler, Kiens ne vault longuement attendre Und ich habe vor langem sagen hören: „Wer zum Teufel gehen will, dem nützt es nichts, lange zu warten" JACQUES BRUYANT 7 b, Vgl. WEG 299

7.8. s. Inhaltsübersicht 7.9. Wenn man den Teufel in die Kirche kommen lässt, so will er auf den Altar 213. 214 Dt. Wenn man den teuffei inn die kirchen laßt kommen, so wil er gar auff den altar FRANCK II, 38 v. EGENOLFF 47 r.

301

TEUFEL

7.10. Hüte dich vor dem Teufel 215 Ml at. Talliolas inuisibilis uitate draconis Meidet die unsichtbaren Fallen des Teufels! EGBERT., FEG. RAT. 1,449. 216 S p a n , Guardete Dios del diablo, y de o/o de puta y vuelta de dado Bewahre dich Gott vor dem Teufel und vor dem Auge der Hure und vor der Umdrehung des Würfels! NUNEZ II, 164. 217 Dt. Wann der teuffei ledig würt (freikommt), so hat dich FRANCK 1,52 (2) v.

7.11. Es braucht eine furchterregende Stimme (Verhaltensweise), um den Teufel zu erschrecken 21S M l a t . Ad daemonem deterrendum horribili voce opus est Um den Teufel abzuschrekken, braucht man eine schreckliche Stimme BEBEL, PROV, GERM, 171. 219 Nl. Hi moet anxtelike ghebeeren die den duuei sal verueeren. - Se det terribilem qui vult inferre timorem Rornda voce sonetsi quis demonia tenet Der muss sich angsterregend gebärden, der den Teufel erschrecken soll. - Der muss sich schrecklich gebärden, der Furcht erregen will. Man muss eine schreckliche Stimme ertönen lassen, wenn man Teufel erschreckt PROV. COMM. 403. 220 Dt. He mod eyslyken beren de den duuel schal vorveren Der muss sich furchtbar 221 gebärden, der den Teufel erschrecken soll PROV. COMM. MND. 397. He mot gre_$elik geboren, De den duvel wil vorveren. — Daemona pulsurus utetur voce maligna Der muss sich grässlich gebärden, der den Teufel erschrecken will. — Wer den Teufel ver222 treiben will, der wird eine böse Stimme brauchen TUNNICIUS 556. Der den teufel schrecken wil, muß laut schreien FRANCK l, 81 v.

7.12. Schlägt man der Frau einen Teufel heraus, so schlägt man ihr zwei (zehn) wieder hinein 223 Dt. Schlechstu eyn teuf fei herauss, so scblechstu yhr zween hyneyn LUTHER, WA 224 XII,343, l (1523). Schiechstu eynen teuffei herauß, so soltu (wirst du) yhr zehen wider hynein schlagen AGRICOLA Nr. 457.

7.13. Würde uns der Teufel hehlen helfen, so würden wir viele Sünden begehen 225. 226 D t. Wir mähten sünden vil versteln, Wolt uns der tiuvel helfen heln Wir würden heimlich viele Sünden begehen, wollte uns der Teufel hehlen helfen FREIDANK 34,9, 227 HuGO v. TRIMBERG 3965. Purari semper possemus crimina multa, Si demon scelera dimittere vellet inulta, — Wir mochten vil sünden Stelen, Wolde uns der tewfel helen Wir könnten immer heimlich viele Sünden begehen, wenn der Teufel die Verbrechen straflos hingehen lassen wollte. — Wir würden gerne heimlich viele Sünden begehen, wenn der Teufe! für uns hehlen würde FREIDANK LAT. (GÖRLITZ) 1897.

7.14. Verschiedenes 228 Fr. Au diable peut len faire tort Dem Teufel darf man Unrecht tun 17 MORAW. 177. 229 S p a n . De puerta cerrada, et diablo se torna Bei geschlossener Tür kehrt der Teufel um 18 NUNEZ 1,293. 230 Port. Quem co demo cava a vina, co demo a vendtmia Wer mit dem Teufel den Weingarten hackr, macht mit dem Teufel die Weinlese NUNEZ 111,240 (el Portugues). 231 Quem con demo anda, o boy se lie smouca Wer mit dem Teufel verkehrt, dessen Ochse verliert die Hörner EBD. 111,249 {el Gallego). 232 Dt. Swer den tiufel triegen wil, Der muoz mere künnen denne ze vil Wer den Teufel 233 betrügen will, der muss mehr als genug können HUGO v. TRIMBERG 3977. Mennych

TEUFEL

302

de wyl den düvel laden, Unde beff t öne rede sytten by dem vüre Mancher will den 234 Teufel einladen und hat ihn bereits am Feuer sitzen BOTE, KOKER 1719. Gebet dem tief ale ir ime scult Gebt dem Teufet, was ihr ihm schuldig seid! PHYS. j. 16,15.

8. Des Teufels Tod 235 236 237 23S. 239

8.1. Der Teufel ist tot Mlat. Daemon mortuus est et tartara sunt sata rapa Der Teufel ist tot, und die Hölle ist mit Rüben besät WERNER 2 d 4. Eng 1. Be be deth be devyl deyd Beim Tod, den der Teufel gestorben ist COVENTRY PLAYS 35,1536. / wyst, pesse! ,be deull ys dede' Pst, still, der Teufel ist rot MANKIND 579. The deuyll is dede CAROLS 473,3. The deuyll, they say, is dede, The deuell is dede „Der Teufel", sagt man, „ist tot..." SKELTON, COLYN CLOUTE 36.

8.2. Selten liegt der Teufel tot in einem Graben 240 Eng!. Seldom lyys the dewyll dede by the gate Selten Hegt der Teufel tot neben der 241 Strasse TOWNELEY PLAYS 13,229. ,Heir lyis the Devyll' (quod he), ,deid in ane dyke. Sic ane selcouth saw I not this sevin yeir' „Hier liegt der Teufel", sagte er, „tot in einem Graben. Solch eine Merkwürdigkeit habe ich diese sieben Jahre nicht gesehen" HENRYSON, FABLES 2063.

9. Redensarten 9.1. Den Teufel zu Gevatter (Gast) bitten 242. 243 Dt. Den T[eufel] zu gefatter bitten LUTHER 357, Dasselbige heißet den Teufe! zum Gaste bitten mit aller seiner Gesellschaft LUTHER, WA TR. 1539 (1532 [II, 126,26]).19 244 Den teuffei zu hauß laden FRANCK I, 31 v.

9.2. Den Teufel an die Wand (über die Türe) malen 245 Dt. Man dar)ff den tewfi! nicht an dy want molen, her kommit wol selbir yn das bawsz Man braucht den Teufel nicht an die Wand zu malen, er kommt wohl selbst ins 246 Haus PROV. FRID. 75. Man darff den tevfel nit an dy wannt molen, er kumpt wol 247 selber fn das hauss SCHWABACH 121. Ich sprich zum sechsten, das die gmein Sprichwort bestetigent dise regel. Man spricht, es ist nit not das man den teüfel in das hauß mal, er kumpt on das darin Ich sage als sechstes, dass die geläufigen Sprichwörter diese Regel bestätigen. Man sagt: „Es ist nicht nötig, dass man den Teufel in das Haus malt, 248 er kommt auch ohne das herein" GEILER, IRRIG SCHAF D l v. So wiltu (willst du) den teuffei über die thur malen LUTHER, WA IX, 154,12 (1518) (vgl. BRENNEN 159). 249.250 Den T[eufeij an die want (Var.: vber die thur) malen LUTHER 356. Man darff den Teuf fei vber die Thur nicht malen Man braucht den Teufel nicht über die Türe zu malen 25l LUTHER, WERKE IV, 236,9 (1530).20 Malen den teuffei über die oberthür ...auf den 252.253 Querbalken über der Türe FRANCK 1,42 v, Mann darff den teuffei nit vber die thur malen, er kompt wol selbs ins hauß FRANCK II, 104 r. EGENOLFF 94 v. — BRENNEN 160

9.3. Dem Teufel eine (zwei) Kerze(n) anzünden 21 254 Eng l. It is a common prouerbe, man must sumtyme set a candel before the Devyle' Es gibt ein geläufiges Sprichwort: „Man muss manchmal eine Kerze vor den Teufel hinstellen" OXFORD 377 (1461). 255 Nl. Men tnoet den duuel een kaerse anstehen. — Quod lucem sathctne tribucts est sepe necesse Man muss dem Teufel eine Kerze anstecken. — Es ist oft nötig, dass du dem Satan ein Licht gibst PROV. COM M. 493.

303

TEUFEL

25ö 257 2$8 259

Dt, Me mod deme duuel en lycht en fengben Man muss dem Teufel ein Licht anzünden PROV. COMM, MND. 484. Dem tüfel zwey Hecht anzinden Dem Teufel zwei Lichter anzünden MURNER, NARRENB. 64 Überseht. Auff das wyr auch dem teuffei zwo kertzen auff stecken LUTHER, WA XVIII, 387, 8 (1525). Man mus yhe zu weilen vmb eines fromen mans willen zehen schelcken guts thun vnd dem teuffei offt zwey Hecht anzünden Man muss immer irgendeinmal ... LUTHER, WA BR, 1822 (1531 260 [VI, 111,36]}. Man mus dem Teuffl allzeit zwei licht auffstecken, da (wo) man Gott nur eins auffsteckt LUTHER, WA TR. 5472 {1542 [V, 172,16]). 9.4. Aus einem Teufel zwei machen 261 Fr. On fait souvent d'un dyable deux Man macht oft aus einem Teufel zwei J. MIELOT 262 234. Faire düng diable, deux Aus einem Teufe! zwei machen NUNEZ 11,139 (el Frances). Vgl. ZWEI 5.1.

9.5. Den Teufel mit dem Teufel vertreiben 263 Bibl. Hie non ejicit daemones nisi in Beelzebub principe daemoniorum VULG., 264 MATTH. 12,24. Er treibt die Teufel nicht anders aus, denn durch Beelzebub, der Teufel obersten LUTHERBIBEL, EBD. 265 It. Egli e malefico, nel principe Belzebü scaccia i demoni Er ist bösartig, und mit dem Fürsten Beelzebub vertreibt er die Teufel VANGELO DI NICODEMO 7. 266 Dt. Man maß sich des teuffels mit dem teuffei weren, vnd boß mit baß vertreiben Man muss sich mit dem Teufel gegen den Teufet wehren und Böses mit Bösem vertreiben FRANCK 1,18 r. — GUT (Adj.) 864. Vgl. oben 3.4., GEWALT 14, HART 1.2., MESSER 6., NAGEL (Pflock) 2., SCHLECHT 6.11.1.2., SCHWERT 8-, STAHL 1. 9.6. Dreinschauen wie ein Wald voll Teufel (wie Hans der Teufel) 267. 2 8 Dt. Sehen als (Dreinschauen wie) ein wald voller teuffei FRANCK H, 35 v. EGENOLFF 269 45 r. Er sihet ... Wie Henn der teuffei Er schaut drein wie Hans der Teufel22 EGENOLFF 306 (1) v.

9.7. Aus des Teufels Kot geboren sein 270 M l a t . Pessima qu^ potuit monstra cacare Satan Sie sind die schlimmsten Ungeheuer, die der Satan aus seinem Kot erzeugen konnte (Schönfelder) NIVARD,, YSENGR. 7,230. 271 Hüne (seil, rusticum) ego commendo Sathanae, de stercore cujus Dicitur esse satus, quod probat ipse satis Diesen (Bauern) empfehle ich dem Teufel, aus dessen Kot er, wie man sagt, geboren ist, was er selbst zur Genüge beweist NIGEL. WIREK., STULT. 40,

9.8. Der Teufel reitet dich {ist dir in den Haaren) 272. 273 Dt. Der teuffei reit dich LUTHER 484.23 Der teuffei ist dir ynn hären LUTHER 485, 274 ... so (wenn) wyr so öffentlich sehen den teuffei sie reytten und meystern LUTHER, 275 WA BR. 624,56 (1523 [III, 91]).23 Der Teufel ist im in die bar körnen LUTHER, WA XLI,452,5 (1535).

9.9. Das wird geschehen, wenn der Teufel von Aachen kommt 24 276-2S4 Dt. Das w'nt geschehen, wenn der Teuffei von Ach kumpt AGRICOLA Nr. 301, Nr. 314. Nr. 324. Nr. 497. Nr. 528, Nr. 539. Nr. 667 S. 482,14. Nr. 719. Nr. 720 2*5 S. 531,7, Das wirf geschehen, wann der Teuffei von Ach kompt EGENOLFF 164 v.

TEUFEL

286

287 28S 289

290 291 292

293 294 295 296 297 29

299 300 10i 302 303 304

304

9.10. Verschiedenes Dt. D/'s wart ze einem Sprichwort zehant, Das man do treib ber al, Swer wolte haben einen schal; Swenn denne eins das ander sach, In schalle es denne zuo im sprach; „Der tievel sehende dm hinderloch!" Das wurde sogleich zu einem Sprichwort, das man berall da gebrauchte, wo jemand einen lauten Wortwechsel haben wollte; wenn dann einer den ndern sah, dann sagte er laut zu ihm: „Der Teufel sch nde dein Hinterloch!" KONR. v. AMMENHAUSEN 19088, Jch wil dir den teufet braten LUTHER 258. Das heist ... den teuffei nackt an den pranger geschlagen LUTHER, WERKE 111,356,8 (1528). Es wer gut teuffei nach jm malen FRANCK 1,25 v. 10. Verschiedenes Mgr. Μικρός δαίμων μεγάλη πειρασία Kleiner Teufel, grosse Versuchung KRUMB, 98 S. 126. Fr. Dist que moult a afaire qui le dyable veult garder Er sagte, dass der viel zu tun hat, der den Teufel h ten will MERLIN HUTH 1,188 (vgl. FRAU 1.13.). Comme dist St, Bernart „Quer quant il (seil, le deable) ne puet abatre le chevalier, il se paine de son cheval tuer" Wie der heilige Bernhard sagt: „Wenn er (der Teufel) den Reiter nicht zu Boden werfen kann, dann bem ht er sich, sein Pferd zu t ten" MIREOUR DU MONDE 206. Che que deables emp rte raporte sans dangter Was der Teufel mitnimmt, das bringt er ohne Schwierigkeit zur ck B. DE SEB. 10,562. Le diable parle tousjours en l'Evangile Der Teufel spricht immer (wie) im Evangelium 25 MORAW. 1075. It. // diauolo s , perche e vecchio Der Teufel ist erfahren, denn er ist alt 26 MERBURY 17. Span. La vieja a estirar, el diablo a arrugar Die Alte streckt (es); der Teufel legt (es) in Falten NUNEZ 11,255, Quando el dtablo reza enganarte quiere Wenn der Teufel betet, will er dich t uschen EBD. III, 198. Nord. Vasa capit lacera cut sit pincerna megera, — Hoo fondhen hawer tijl skcenckerce han faar brwance kar Wer die Meg re als Mundschenkin hat, bekommt zerbrochene Gef sse. — Wer den Teufel als Mundschenk hat, bekommt zerbrochene Gef sse L LE 1108. E n g l. For hit ys oft seyde ... He must nedys go that the deuell dryues Denn man sagt oft: „Der muss notgedrungen gehen, den der Teufel treibt" Ass. OF GODS 20.27 Dt. Die sunde si klein oder gros, Der tufel ist je ir genos Die S nde sei klein oder gross, der Teufel ist immer ihr Gen sse MECHTHILD 142. Der tufel hett gern die seile, Der wurm das fleisch, der frunt das gut Der Teufel h tte gern die Seele, der Wurm das Fleisch, der Freund das Gut ALTD. BL. 1,31,16 (Hs. 15.). Samle dich glockspeise der teuf fei wil ein morsel giesen Sammle dich, Glockenspeise; der Teufel will einen M rser giessen!28 LUTHER 125. Der teuffei ist ynn der hecken LUTHER, WERKE 111,358,10 (1528). Wann der teuf fei sagt man gemein, der sey nicht geren schw r tz allein Denn der Teufel, sagt man gemeinhin, der sei nicht gern als einziger schwarz SACHS IX, 198,31 (1559). E. D. Anmerkungen 1

2 3 4 5 6

Vgl, SINGER, SPRW. D. MA 111,36 u, Thiele zu LUTHER 262 S. 249. Zwei weitere Belege aus Luther: LUTHER, WA XXXIV.l,311, l (1531). XLIV,247,21 (1535-45). F r weitere engl. Belege s, WHITING D 186. F r wettere Belege aus Luther s. GRIMM, DW . X.2,1,828. F r weitere fr. Belege s. HASSELL D 59. Vgl. SINGER, SPRW. D. MA III, 36. Vgl. WANDER IV, 1066 s. v. Teufel 181.

305 7 8

9 10

11 12

13 14 15 16 17

18

THESEUS

Vgl. A. Götze, Teufels Grossmutter, in: Zeitschrift für Deutsche Wortforschung 7 (1905-6), 28-35. Maler der gr. Antike.

Vgl. SINGER, SPRW, D, MA II, 54. Nach CORREAS 357a (unter: Bienes de Iglesia son bienes de kanpana...) u. AUTORIDADES II,97b richtet sich das Sprw. gegen Kirchenmänner, die ihre Einkünfte dem Zweck entfremden und für Luxusgüter ausgeben. Ist hier ein Wortspiel: Mettere il diavoto in infemo heisst ,Geschlechtsverkehr pflegen'. Wird nach AUTORIDADES III, 259 a gesagt, wenn man jmdn. für etwas entschuldigen will. D. h., der Schuldige könnte ebensogut anderswo gesucht werden. Die Sprecherin ist eine Frau. Es handelt sich hier um ein Wortspiel zwischen dem Namen der Stadt und dem Wort „Turnier" (vgl. ROMANIA 50,502). Vgl. GOTTSCHALK III, 87. Vgl. GOTTSCHALK III, 84 f. Vgl. GOTTSCHALK 111,92. Eine andere Übersetzungsmöglichkeit wäre: Man kann (auch) dem Teufel Unrecht tun (vgl. WANDER IV, 1088 s.v. Teufel 653).

Vgl. GOTTSCHALK III, 87 f.

™ Für weitere Belege aus Luther s. LUTHER, WA XVHI, 87,28 (1525). XLVTII, 309,16 (1527). XXXVII, 577,22 (1534). XLVI,394,13 (1538); LUTHER, WA TR. 3840 (1538 (111,651,29]). 4040 (1538 [IV, 95,14]). 3670 (1530-39 [111,510,22]). 6095 (V,486,12). 6809 (VI,206,21}; LUTHER, WA LIV,235, l (1545). 2 ° Für weitere Belege aus Luther s. LUTHER, WA 11,688,24 (1519). XVI,319,10 (1525). XVIII, 72,29 (1525). XXX.2,644,25 (1530). XXXII, 112,32 (1530). XXXVII, 577,22 (1534). XLV1,177,23 (1538). XLVII,137,14 (1538); LUTHER, WA TR. 6809 (VI,206,20). 21 Vgl. RÖHRICH II, 1069b; WANDER IV, 1061 s.v. Teufel 69 u. 74; LUTHER, WA XLVII.318,16 (1537); Den das, gesckiecbt zuweilen, das man einen schalck mus etwas nachlassen, und wie man im Sprichwort saget, noch wohl fur einen Schalck zwe; Lischt aufstecken, do man sonst für einen frommen nur eines bedurffte etc. Für weitere Belege aus Luther s. LUTHER, WA BR. 1964,7 (1532 (VI, 371]). 3737,20 (1542 [X,43]). 22 Vgt. GRIMM, DWe. IV.2,458: „Mit Hans wird der teufel bezeichnet." 23 Für weitere Belege aus Luther s. LUTHER, WA BR. 624,79 (1523 [01,92}); LUTHER, WA XXX,2,333,24 (1530). XXXVI, 334,33 (1532). XLI,452,4 (1535). XLV1,18,27 (1537); LUTHER, WA BR. 3266,31 (1538 [VIII, 305]). 3650,10(1541 [IX, 486]); LUTHER, WA LI, 509,20 (1541). LI,616,27 (1541). LII,14,7 (1544). 24 D. h. nie. Vgl, WANDER IV, 1128 s.v. Teufel *1660. 25 Vgl. GOTTSCHALK 111,83: „Schurken verstellen sich und sprechen wie ehrbare, fromme Menschen." 2< Vgl. GOTTSCHALK III, 90. 27 Für weitere engl. Belege s. WHITING D 199. 28 Mörser ist der Name eines Geschützes (vgl, LEXER 1,2203 s.v. morsaere). Zum Sprw. vgl. die Erklärung in LUTHER, WA LI,680: „In einer Glockenspeise (Bronze) ist besondere Mischung von Metallen notwendig .,., dazu wird beim Einschmelzen allerlei Abfall, altes Metall zusammengeworfen, was sonst nichts mehr nütze ist; das Perversum liegt in der Anwendung auf die Machenschaften des Teufels, denen allerlei Mittel dienen müssen."

TEUFLISCH s. TEUFEL TEUTONE s, DEUTSCH TEUTONISCH s. DEUTSCH THEBEN -» GUT (Adj.) 72 THEMSE — WASSER 230 THERIAK s. ARZNEI THESEUS^ WO 16

THOMAS

306

THOMAS 1. Der ungl ubige Thomas1 1 It. Lo faremo credere ancho a San Thomaso Wir werden es sogar dem heiligen Thomas glaubhaft machen MERBURY 22. 2 Dt. Ich graiff in (seil, den globen) selber mit der hand, Dann ich bin Sant Thoma geschiebt Ich fasse ihn (den Glauben) selbst mit der hand an, denn ich bin von der Art 3 des heiligen Thomas MINNEREDEN II 17,102. Wann ichs sihe so glaub ichs, ich bin der ungleubig sant Thomas FRANCK H, 94 v. Vgl. GLAUBEN 1.1.1.

2. Thomastag 4 Fr. Apres la feste sant Thomas bele fille tuche la sarz.2 - A feste Thome taratan· tharam filia tange Nach dem Fest des heiligen Thomas, sch nes M dchen, ber hre das Sieb! - Nach dem Fest des Thomas ber hre das Sieb, M dchen! RAWLINSON S. l (= MORAW. 114).

R. L., rev. E.. D,

Anmerkungen 1 2

Vgl. GRIMM, DW . XU, 963; R HRICH H, 1075, a f. Wohl in saaz zu korrigieren. Dies legt auch die gereimte Form des Sprvv. nahe. Ungewohnt bleibt das weibliche Geschlecht. Vgl. MORAW., ROMANIA 50 501. - An den Thomastag (21. Dez.) sind mannigfache Br uche und abergl ubische Handlungen gebunden, Vgl. HDA 8,764 ff. u, 7,1662 ff. zur Bed. des Siebs.

THRON / tr ne / throne i Mg r. "Αλλως ό επί θρόνου και άλλως ό έπϊ κοπρίας καθήμενος διάκειται Wer auf einem Thron sitzt, benimmt sich auf diese Art, und wer auf Mist sitzt, auf die andere Art KLIMAX 21 (+KRUMB. S. 230).

H, U. S.

THYMIAN -^ BIENE 7 TIEF / has / deep Hier auch HINUNTER, NIEDRIG (lokal), TIEFE Vgl. DEMUT, UNTEN 1. Erniedrigung als Folge von Erh hung {Selbsterh hung) oder hoher Stellung 1.1. Wer (zu) hoch steig! (hinauswill), f llt tief - FALL 27, 34-35, 53-57, 61, 63, 68, 72, 74, 80 1.2. Wer h her steigt, als ihm zusteht, f llt tiefer, als ihm lieb ist — FALL 85-94, 96-97, 99 1.3. Je h her man steigt, desto tiefer f llt man -* FALL 107,123-125,131-134,141, 143, 149, 157-161 1.4. Von so hoch, so tief — HOCH 31 -52 1.5. Wer tief liegt, braucht sich vor dem Fallen nicht zu f rchten — FALL 118, ISO. Vgl. FALL 4.5.

307

TIER

1.6. Hochmut fällt tief - HOCH S, HOCHMUT 71, 74, 78, 81-82. Vgl. HOCHMUT 5.1.2. 1.7. Wer sich erhöht, wird in die Tiefe versetzt -> DEMUT 120, H6, HOCH 12, SCHLECHT 350. Vgi. DEMUT 3,4, 1.8. Man fliege weder zu tief noch zu hoch, sonst fällt man — HOCH 25-28. Vgl. HOCH 4.10., MASS (Massigkeit) 2.12. 1.9. Je höher der Berg, desto tiefer das Tal — BERG 1.1.2. 2. Erniedrigung als Folge des unbeständigen Glücks 2.1. Heute hoch, morgen tief— HEUTE 67, 70. Vgl. GLÜCK 242, HEUTE 2.1.2.5. 2.2. Das Glück(srad) trägt: (den) einen manchmal hoch hinauf, (den anderen) manchmal tief hinunter — GLÜCK 89, 108, 190, 312, 328. Vgl. GLÜCK 3. L, 3.7. 3. Tiefe Wasser 3.1. Stille Wasser sind tief— WASSER 28-39, 41-50, 72 3.2. Stiller Strom ist tief — STROM 2.1, 3.3. Tiefer Strom rauscht wenig — STROM 29-30 4. Niedrige Sträucher werden vom Wind nicht zu Fall gebracht — BAUM 249, 25S-259. Vgl, BAUM 7.3. 5. Über den Zaun steigen, wo er am niedrigsten ist — ZAUN 22-31 6. Wo der Zaun niedrig ist, hüpfen alle Hunde hinüber — ZAUN 3. 7. Wegen der Äste tieffliegen- FLIEGEN 10.

H. U. S.

TIEFE s. TIEF TIEGEL s. GEFÄSS TIER / animal Hier auch TIERISCH, VIEH 1. Wesen und Verhalten der Tiere 1.1. Jedes Tier folgt seiner Natur — NATUR 51, 53 1.2. Jedes Tier liebt seinesgleichen — GLEICH 242, 146-147, 149-150, 153-154, 157-160 1.3. Jedes Tier schont seinesgleichen — GLEICH 144-145, MENSCH 154. Vgl, BÄR 2., FUCHS 76, HUND 2.25., KRÄHE 4., LÖWE 8., WOLF 10.2. 1.4. Jedes Tier ist stolz auf seine Jungen (l -2). Vgi. AFFE 21, EULE L, MUTTER 2.4. 1.5. Verschiedenes (3-5) 2. Wert und Nutzen der Tiere 2.1. Das fremde Vieh scheint fruchtbarer zu sein — SÄEN 770, 172-174, 179 2.2. Verschiedenes (6 — 7) 3. Regeln und Gegebenheiten beim Umgang mit den Tieren 3.1. Angemessene Fütterung der Tiere (8—10) 3.2. (Angemessenes) Beladen und Anspannen der Tiere (11-12), —> LAST 63, 66 3.3. Ruhige und sanfte Behandlung der Tiere (13—14) 3.4. Schwierigkeit des Hütens von Tieren (15-18). Vgl. PFERD 155 3.5. Erfolg beim Jagen und Fangen von Tieren (19-20). — JAGEN 31. Vgl. AFFE 1.5., HUND 10.3., 21.1,, 29.2. 3.6. Auswirkung der Pflege und Behandlung auf die Tiere — HERR 247, 259, 263. Vgl. HERR 5H-515 3.7. Verschiedenes (22 -22J 4. Tier und Stall (23-34). Vgl. NEST 1. Variiert (35)

TIER

308

5. Tier und Mensch 5.1. Der Mensch ist dem Tier überlegen 5.1.1. Der Mensch ist nicht wie das Tier zur Erde gebeugt (36-37). -* MENSCH 17-18, 20, 22, 24-27, 29. Vgl. unten 5.3.2.3., MENSCH 1.2,1. 5.1.2. Der Mensch hält die Mitte zwischen Engel und Tier — MENSCH 1.3.1. 5.2. Das Tier ist dem Menschen überlegen 5.2.1. Das Tier übertrifft den Menschen in verschiedener Hinsicht — MENSCH 83-84. Vgl. EBER 1. 5.2.2. Das Tier kennt seine ihm gesetzten Grenzen besser als der Mensch (38). —* MENSCH 89, 95-96. Vgl. GOTT 32.12., MENSCH 1.5.5. 5.2.3. Das Tier ist oft weniger dumm ais ein törichter Mensch (39-41). — BAUER 11, BÜRGER 5, NARR 1058. Vgl. unten 5.3.2.1., BAUER J O 5.3. Der Mensch kann auf gleicher Stufe stehen wie das Tier 5.3.1. Allg. (42-44) 5.3.2. Spez. 5.3.2.1. Wer seine Vernunft nicht gebraucht, wird zum Tier (45-46). Vgl. oben 5.23., MENSCH 1.2.2. 5.3.2.2. Wer nichts weiss, kann und lernt, ist wie ein Tier - KÖNNEN 88, LERNEN 72, WISSEN 38 5.3.23. Wer zur Erde schaut und dem Bauch dient, ist dem Tier gleich (47-49), Vgl, oben 5,1.1., FLEISCH 2.6., SEELE 2.3. 5.3.2.4. Wer ohne Tugend lebt, ist nicht besser als ein Tier — MENSCH 212, 214 5.3.2.5. Wer masslos trinkt und isst, sinkt auf tierische Stufe -* ESSEN 7.4., WEIN 19, 245 5.4. Das Tier ist weniger schlimm als der Mensch (die Frau) 5.4.1. Allg. - MENSCH 101, 103 5.4.2. Spez. 5.4.2.1. Der böse Mensch (Die böse Frau) ist schlimmer als jedes Tier —» FRAU 216, 372—373, 491, 59. Vgl. FRAU 308, MENSCH 102 5.4.2.2. Der (böse) Mensch ist mehr zu fürchten als alle Tiere -> MENSCH 157, 159, 161-165. Vgl. MENSCH 2.2.2. 5.4.2.3. Die böse Frau ist unbelehrbarer und unlenksamer ab jedes wilde Tier —* FRAU 341, 345 5.4.2.4. Tierisch zu sein ist schlimmer, als ein Tier zu sein (50—51) 5A.2.5. Vereinzelt (52) 6. Hausvieh und Wolf 6.1. Der Wolf liebt den Geruch des Viehs -* WOLF 3 79 -3 80, 383 6.2. Der Wolf ist eine Gefahr für das Vieh — WOLF 325, 589 7. Verschiedenes {53-5·?;

i. Wesen und Verhalten der Tiere 1.1. —1.3. s. Inhaltsübersicht 1.4. Jedes Tier ist stolz auf seine Jungen i. 2 M] a t. Bestia queque $uos catulos (WERNER 2 : natos) cum laude coronat Jedes Tier krönt seine Jungen mit Lob PROV. WRATISLAV, 52, WERNER^ b 11. Vgl. AFFE 23, EULE 1., MUTTER 2.4.

1.5. Verschiedenes 3 Ml at. Fera namque veretur ilium quern $e seit offendisse Denn das wilde Tier fürchter jenen, den es, wie es weiss, angegriffen hat ARTURÜS ET GORLAGON § 16. 4 Fr. Taute beste garde sa pel Jedes Tier hütet seine Haut FR. VILLON, POES. DIV. 15,3. 5 Span. Bestia alegre echada pace Ein gutgelauntes Tier weidet liegend NUNEZ 1,167.

309

TIER

2. Wert und Nutzen der Tiere 2.1. S.Inhaltsübersicht 2.2. Verschiedenes 6 Fr. Qui n'a betaii y n'a que tondre Wer kein Vieh hat, hat nichts zu scheren MESTIER ET MARCHANDISE (*FOURNIER 46). 7 S p a n . Bestia que anda llano, para mt me la quiero, no para mi hermano Ein Tier, das leicht geht, wünsche ich für mich, nicht für meinen Bruder NUNEZ 1,159.

3. Regeln und Gegebenheiten beim Umgang mit den Tieren 3.1. Angemessene Fütterung der Tiere 8 M l a t , Languet deficiens animal, si pabula demas; Si nimis indulges, luxuriare solet Das Tier wird matt und schwach, wenn du ihm das Futter wegnimmst. Wenn du (dagegen) zu nachsichtig bist, pflegt es übermütig zu werden CARO ET SPIRITUS 6,79 (12. Jh. [*STUDI MEDIEVALI 12,208]) (vgl. PFERD 1.2., RIND 123). 9 Port, A besta comedora, pedras na cebada Einem gefrässigen Tier Steine in die Gerste NUNEZ 1,4 (et Portugues}. W Dt. Hast du nie gehöret das: Grosses vich wil michel (viel) gras? WITTENWILER, RING 3243 (= GRAS 4). 3.2. (Angemessenes) Beladen und Anspannen der Tiere Span. A la res vieja alimalle la reja Dem alten Tier mache den Pflug leichter! NUNEZ 12 1,75, Quando la bestia gerne, carga y no teme Wenn das Tier stöhnt, belade es und habe keine Angst! EBD. III, 194. —· LAST 63, 66

3.3. Ruhige und sanfte Behandlung der Tiere 13 Fr. // faut avoir mauvaise beste par douceur Man muss ein böses Tier mit Sanftmut haken LEROUX 11,310 (15. Jh.). 14 S p a n . A bestia loca: recuero modorro Einem übermütigen Tier ein ruhiger Säumer HALLER 14.

3.4. Schwierigkeit des Hütens von Tieren 15 Fr.

N'est mie legiere ä garder La beste qui se veut embler Es ist nicht leicht, das Tier,

16 das weglaufen will, zu hüten FL. ET BL. 1635. La beste est male a garder qy per sey se pert Das Tier ist schwer zu hüten, das von sich aus verschwindet MORAW., INEDITA 17 112. La beste est fort ä garder qi soi meismes emble CAMBR. SAMML. {-»LEROUX 11,477). is Nl. Men seit dat quaet te wachten es dat dier, Dat te woude waert lopen wills Man sagt, dass das Tier schlecht zu hüten ist, das waldwärts laufen will D. v, ASSENEDE, FLORIS 2142. Vgl. PFERD 55

3.5. Erfolg beim Jagen und Fangen von Tieren 19 Fr. Veylle beste est mal a recovrer Ein altes Tier ist schwer wieder einzufangen MORAW., INEDITA Iv4 {vgl. AFFE 12-13, FUCHS 7.1., KRÄHE 11., SPERLING 52, WACHTEL 2-3).

TIER

310

20 Dt. Man mag du grossen tiere nit gevahen, man jage st denne in ein wasser Man kann die grossen Tiere nicht fangen, ausser man jage sie in ein Gewässer MECHTHILD 181. -» JAGEN 31. VgL AFFE 1.5., HUND 10.3., 21.1., 29.2.

3.6. s. Inhaltsübersicht 3.7. Verschiedenes 21 Fr. Compagnier fait malvais toute bieste sauvage Es ist schiecht, sich zu irgendeinem wilden Tier zu gesellen GILLES LI MUISIS 1,201. 22 N o r d . Cum baue ferre iugum male stat vincire iumentum. — Thet cer ont at draffwe wedh dreffth &gh Es ist schlecht, das Zugtier mit dem Rind zusammenzubinden, damit sie am Joch ziehen. — Es ist schlecht, mit Weidevieh zu ziehen LALE 211.

4. Tier und Stall 23 Fr. Selon les bestes les estables Entsprechend den Tieren die Ställe G. ALEXIS 11,309,42 (Martyrologue). 24 Dt. Es war glich recht vich als stal Es war das Vieh genau gleich wie der Stall HER25 MANN v. SACHSENHEIM, MOERIN 808. Mores hominum regioni respondent. - Es ist eben daz rieh (lies: vich., Red.) als der stal. Lentichlicb: sittiglicb Die Sitten der Menschen entsprechen der Gegend, — Es ist das Vieh gleich wie der Stall. Ländlich, sittlich 26. 27 HAUER 133 (= LAND 42). Es ist vieh und stal LUTHER 76. £s ist gleich das viech, 28 wie der stal SACHS VII, 150,24 (1531). Es ist viehe vnd stal, sprach der Teufel, vnd treib (trieb) seiner mutter eine fliegen in den hindern LUTHER, WERKE IV, 349, 30 29 (1541). £5 ist eben (gleich) vogel als (wie) nest, Vihe als stal FRANCS l, 162v (= NEST 30.31 9). Vih als (wie) stall EBD. II, 107 v. £s ist das viech gleich wie der stal SACHS 32.33 IX, 53,5 (l 550). Es ist das viech wie der stal EBD. XVII, 110,29 (1553}. Es ist gleich das fiech wie der stal, sagt der dewffel, jaget er seiner mueter websen in hintern „Es ist das Vieh gleich wie der Stal!", sagte der Teufel, da jagte er seiner Mutter Wespen in 34 den Hintern EBD. XXIII, 50,25 (l554). Es ist vibe als stall EGENOLFF 97 r. Vgl. NEST 1. Variiert: 35 Dt, Es ist das vihe im stalle wie der wirtb, sagt (sagte) der Teufel vnd jagte seiner mutter eine flige in arscb LUTHER, WA TR. 3487 {1536 [111,352,12]).

5. Tier und Mensch 5.1. Der Mensch ist dem Tier überlegen 5.1.1. Der Mensch ist nicht wie das Tier zur Erde gebeugt 36 Fr. Ei regarde plus le del que la terre, car saches que les yeulx sont assis en hault pour bault regarder an different des bestes mues brutes Und betrachte mehr den Himmel als die Erde; denn wisse, dass die Augen oben angesetzt sind, damit sie nach oben blicken, im Gegensatz zu den stummen (und) stumpfen Tieren! G. ALEXIS 76 (Crucifix et pele37 rin). Dieu nous donna sur tous ce riebe don, Que nous avons au chtel teste levee, Et beste brüste a la cbiere baissee Gott verlieh uns vor allen (Lebewesen) diese reiche Gabe, dass wir das Haupt zum Himmel erhoben haben, während (wörtl.: und) das rohe Tier das Gesicht nach unten trägt OLIVIER DE LA MARCHE, TRIUMPHE 147 S. 83. -* MENSCH 17-18, 20, 22, 24-27, 29. VgL unten 5.3.2.3., MENSCH 1.2.1.

5.1.2. s. Inhaltsübersicht

311

TIER

5.2. Das Tier ist dem Menschen überlegen 5.2.1. s. Inhaltsübersicht 5.2.2. Das Tier kennt seine ihm gesetzten Grenzen besser als der Mensch 38 Dt. Pisces et volucres, vermes, animalia quaeque Servant jura [sua] plus nobis Omnibus eque, — Visch, vogel und alle tyr, Dy haldtn ir recht basz, den wir Fische und Vögel, Würmer (und) alle Tiere bewahren ihre Geserze gleichermassen besser als wir alle. — Fische, Vögel und alle (vierfüssigen) Tiere halten ihr Gesetz besser ein als wir FREI DANK LAT. (GÖRLITZ) 1561.

-» MENSCH 59, 95-96. Vgl. GOTT 32.12., MENSCH 1.5.5.

5.2.3. Das Tier ist oft weniger dumm als ein törichter Mensch 39 Dt. Nü seht, daz ist ein tumbez tier Und ist doch wiser danne wir Nun seht, das ist 40 ein dummes Tier, und doch ist es weiser als wir! FREIDANK 140,21. Ein tummer mensche ist tummer vil Denne kein tier, der ez merken wil Ein dummer Mensch ist viel dümmer als irgendein Tier, wenn sich das einer merken will HUGO v. TRIMBERG 21247. 41 Est animal stultum consuetum mandere fenum, Plus se convincit hominem rationis egenum. — Dasz ist eyn tumesz tyr, Und ist doch weiser, wen wir Es ist ein dummes Tier, das Heu zu fressen gewohnt ist, (und doch) übertrifft es den Menschen, der noch weniger Vernunft hat als dieses selbst. — Das ist ein dummes Tier, und doch ist es weiser als wir FREIDANK LAT. (GÖRLITZ) 528. -» BAUER J J, BÜRGER 5, NARR 1058. Vgl. unten 5.3.2.1., BAUER 10

5.3. Der Mensch kann auf gleicher Stufe stehen wie das Tier 5.3.1. Aug. 42 Bibl. Dixi in corde meo de filiis hominum, ut probaret eos Deits, et ostenderet similes esse bestiis Ich sprach in meinem Herzen von den Menschenkindern, wie Gott sie prüfe 43 und zeige, dass sie den Tieren gleich seien VULG., ECCLES. 3,18. leb sprach in meinem bertzen von dem wesen der Menschen, darin Gott anzeigt, vnd iessts ansehen als weren sie vnter sie selbs wie das Vihe LUTHERBIBEL, PRED. 3,18. 44 Mlat. Viuunt cum hominibus, qui similes sunt bestiis Sie leben mit Menschen, die den Tieren gleichen SAL. ET MARC. 49 b Var. (vgl. HUND 1124).

5.3.2. Spez. 5.3.2.1. Wer seine Vernunft nicht gebraucht, wird zum Tier 45 Pro v. Horn es pus bestials, C'a raso, can non n'usa, Que bestia Der Mensch, der Vernunft hat, ist, wenn er diese nicht gebraucht, tierischer als ein Tier G. DE CERVERA 592. 46 11. Bestia non e mai homo Ma homo bestia spessamente veggio Etanto e peggio Che data glie ragion e conoscenfa Et el dilecta solo in viver senca Ein Tier ist nie ein Mensch, und doch sehe ich oft einen Menschen, der wie ein Tier ist, und das ist um so schlimmer, als ihm Vernunft und Verstand gegeben sind und er allein sich freut, wenn er ohne diese lebt FRANCESCO DA BARB., Doc. II, 103. Vgl. oben 5.2.3., MENSCH 1.2.2.

5.3.2.2. s. Inhaltsübersicht 5.3.2.3. Wer zur Erde schaut und dem Bauch dient, ist dem Tier gleich 47 M l a t . Et ideo dicit Basilius: Cum ventri deservimus et gutturi, pecora sumus et beluis similes, quibus prona esse et terram respicere ac ventri obedire natura concessit So sagt

TIER

312

auch Basilius: „Wenn wir dem Bauch und der Kehle dienen, sind wir (wie) das Vieh und den Tieren gleich, denen die Natur es erlaubt hat, niedergebeugt zu sein, auf die Erde zu schauen und dem Bauch zu dienen" IAC. CESS 641 — 644. 48 Fr. Hommes sont devenus bestes, Oevers tene portent les testes, Ne lour cbaut fors de terre avoir ... Onques vers le del ne regardent Die Menschen sind zu Tieren geworden und Tragen ihr Haupt gegen die Erde gerichtet. Es liegt ihnen nur daran, die Erde zu besitzen, nie blicken sie zum Himmel auf GERVAIS DU Bus, FAÜVEL 337. 49 Dt. Basilius schribt oucb bar an: So wir dem buch und ouch dem stunde Dienen, sä ze stunde So sin wir den tieren glich, Du ze allen ziten kerent sich Mit den ougen gegen der erden; Wie sie säte werden. Das abtent si und anders niht Basilius schreibt auch darin; „Wenn wir dem Bauch und auch dem Schlund dienen, dann gleichen wir den Tieren, die zu allen Zeiten sich mit den Augen zur Erde kehren. Wie sie satt werden, darauf achten sie und auf nichts anderes (sonst)" KONR. v. AMMENHAUSEN 15924. Vgl. oben 5,1.1., FLEISCH 2,6,, SEELE 2.3.

5.3.2.4.-5.3.2.5. s. Inhaltsübersicht 5,4. Das Tier ist weniger schlimm als der Mensch (die Frau) 5.4.1. Allg. — MENSCH 101, 103

5.4.2. Spez. 5.4,2.1.-5.4.2.3, s. Inhaltsübersicht 5.4.2.4. Tierisch zu sein ist schlimmer, als ein Tier zu sein 50 M l a t . Peius est bestialem e$$e quam bestiam Schlimmer ist es, tierisch zu sein als ein Tier VINC. BELL., ERUD. 39,20. 51 Pro v. Piyor es bestials Que bestia estar G. DE CERVERA 492.

5.4.2.5. Vereinzelt 52 It. {E} meglio star con le bestie tacenti Che con le genii stalte e maldicenti Es ist besser, mit den schweigenden Tieren zusammen zu sein als mit den törichten und verleumderischen Leuten FELJCE DA MASSA 410. 6. s. Inhaltsübersicht

7. Verschiedenes 53 It. Pecore assai, ma vie piu bestie sono Et ogni bestia pecora non ene Es gibt viele Schafe, aber noch viel mehr Tiere, und nicht jedes Tier ist ein Schaf FRANCESCO DA 54 BARB., Doc. 11,104. La villa fa buone bestie e cattivi uotnini Die ländliche Gegend macht gute Tiere und schlechte Menschen PAOLO DA CERTALDO 103 S. 91. 55-57 S p a n . A ganado poco, siluo redondo Bei wenig Vieh runder Pfiff 1 LOPEZ {?}, REFRA58 NES 88. NUNEZ 1,31. HALLER 69. Bestia del puto, vas vacia y caes Verdammtes Tier, du gehst unbeladen und fällst (doch) NUNEZ 1,160. V. M,

Anmerkung 1

Bedeutet nach SBARBI I, 80, dass man dort, wo der Nutzen gering ist, nicht einmal Worte wagen soll. Nach CORREAS 15 hingegen wird das Sprw. auf denjenigen angewandt, der mit wenig Geld viel wagt oder aufschneidet.

313

TISCH

TIERARZT -> PFERD 238 TIERISCH s. TIER TIGRIS - FRAU 9

TINTE / encre / ink 1. Elienbem mit Tinte weiss machen — ELFENBEIN 2. 2. Selbst wenn das Meer (voll) Tinte wäre, könnte man die Bosheit (die Unersättlichkeit) der Frauen nicht beschreiben — FRAU 196-197, 203, 778-780 3. Vereinzelt (i;

1.-2. s. Inhaltsübersicht 3. Vereinzelt l Span. Co« hierro y vinagre buena tinta se hace Mit Eisen und Essig macht man gute Tinte NUNEZ 1,227. H. U. S.

TINTENFISCH — FISCH 181 -183

TISCH / table Hier auch TAFEL (Tisch), TISCHTUCH Vgl. ESSEN 1. Verhalten bei Tisch 1.1. Bei Tisch denke man zuerst an die Armen — ARM (Adj.) 72J -725, 729, 734, 737 1.2. Bei Tisch soll man sich gesittet und massvoll verhalten (1-2). — KEUSCH 40, SITTE 18. Anders (3) 1.3. Man soll bei Tisch nicht als erster zugreifen (4—6) 1.4. Du wirst den Gürtel lockern, wenn du an den Tisch gehst — GÜRTEL 1. Vgl, GÜRTEL 9 1.5. Bei Tisch soll man nicht (zuviel) reden — WORT! 226, / 231, 1233-1234, 1237. Vgl. WORT 32.12. 1.6. Das Tischgespräch soll ernst und anständig sein (7—9) 1.7. Bei Tisch soll man fröhlich und heiter sein (, ohne viel zu reden) (10—11. Vgl. 22), —« LERNEN 25 1.8. Schau nicht den Aufwand der Tafel, sondern das Gesicht des Gastgebers an — JUNGFRAU 27. Vgt. oben 2.2.1., GEHEN 2.1., GESCHEHEN 6,1., GLÜCK 1.3., 1.5., HIN L, JAHR 1.3.1., JUNG 1.3., LEBEN 1.4.2., SEIN 1.6., STUNDE 1.3., TAG 5,2,2,, TUN 3.1.-3.2., VERGEHEN 2., ZEIT 1.1.1.-1.1.2. 4.2.2. Spez.

TOD

322

4.2.2.1. Keine Klage holt den Toten zurück -» KLAGE 44-47, 49-51, 53, 56 4.2.2.2. Keine Arznei macht den Toten wieder lebendig —» ARZNEI 35-38, 40 4.2.2.3. Kein Geld gewinnt den Toten zurück —+ GELD 3.5. 5. Tod als Wert und Vorteil 5.1. Der Tod bedeutet Leben und Seelenheil 5.1.2. Allg. 5.1.1.1. Mit dem Tod beginnt das Leben (646-664. Vgl. 259, 858) 5.1.1.2. Der Tod rettet die Seele (665-667,1 5.1.2. Spez. 5.1.2.1. Wer nicht sterben will, will nicht leben (668-669) 5.1.2.2. Ohne Tod wird nichts lebendig — KORN 1-7, 9-13, SÄEN 1.6. 5.2. Der Tod bedeutet Erlösung und Klarheit 5.2.1. Der Tod schafft klare und geordnete Verhältnisse (670—674). Ähnlich: Die Toten öffnen den Lebenden die Augen (675-676) 5.2.2. Der Tod ist das Ende von allem Übel und Elend (677-697. Vgl. 1173) 5.2.3. Früher Tod befreit vorzeitig von Leid und Krankheit (698-701. Vgl. 825) 5.2.4. Vor dem Tod ist keiner glücklich und preisenswert zu nennen —» GLÜCK S88—589, 593, LOB 259, 262. Vgl, GLÜCK 9,7,, GUT (Adj.) 954, LOB 6.8. 5.3. Der Tod ist besser als das Leben 5.3.1. Allg. (702-710). Ähnlich (711) 5.3.2. Spez. 5.3.2.1. Ehrenvoller Tod ist besser als ein Leben in Schande (712-502;. Vgl. DIENEN 2.2., EHRE 4.16., NAME 3.8, Ähnlich (803-804). Umkehrung (80S-807) 5.3.2.2. Tod in Unschuld ist besser als schuldhaftes Leben (808-809) 5.3.2.3. (Früher) Tod ist besser als harmvolles Leben (810-824). Vgl. LEBEN 1.6.2.2. Ähnlich (825) 5.3.2.4. Der Tod ist besser als ein Leben ohne Freunde —* FREUND 4.1.6. 5.4. Rechtzeitiger Tod ist schön 5.4.1. Schön ist der Tod, wenn er erwünscht kommt (826-831), Ähnlich (832) 5.4.2. Schon ist der Tod, wenn er kommt, bevor man ihn herbeisehnt (833—836) 5.4.3. Schön ist der Tod, wenn er im Augenblick des Glücks erfolgt (837—846) 5.4.4. Schön ist es, früh zu sterben (, besser, nicht geboren zu werden) (847-852. Vgl. 841), —» GEBÄREN 20, GOTT 655-658. Vgl. GEBÄREN 5., GOTT 659-661 5.4.5. Verschiedenes (853-854) 5.5. Schöner Tod ist gottgefällig und ehrenvoll Vg!, oben 255 5.5.1. Der Tod der Heiligen gilt Gott viel (855-858) 5.5.2. Ein schöner Tod ehrt das Leben (859-863). Vgl. FALL 229. Ähnlich (864) 5.6. Der Tod weniger ist zur Rettung vieler von grossem Wert (865-867). — LEBEN 220. Vgl. unten 3.5.1., 680

402 403 404 405 406 407

40S 409

3.2.2. Spez. 3.2.2.1. Der Tod ist wie ein Dieb in der Nacht M l a t . Quod mors incumbit subita Notturni more furis Denn der Tod bricht herein wie der nächtliche Dieb ANALECTA 21,223,3. Fr. Morz va comme lerres par nuit Der Tod geht wie ein Dieb in der Nacht HELINANT 23, 10. La mort qui se aprouche ...de jour en jour et vient soudainement, comme le larron Der Tod, welcher sich von Tag zu Tag nähert und plötzlich kommt wie der Dieb LA TOUR LANDRY 93. Engl. And may not they see the dethe that neighed hem from day to day, as dothe the theef Und können sie den Tod nicht sehen, welcher sich ihnen von Tag zu Tag genähert hat, wie es der Dieb macht? LA TOUR-LANDRY ENGL. 59,32. Dt. Der diep ist der tot, der chumet des nahtes ... der des Nachts kommt SCHÖNBACH, FRED. 11,15,27. Von herzen gründe mich daz beswert, Daz der tot uns alle ervert Und als ein diep kumt in geslungen Ze dem alten und ze dem jungen, Ze dem riehen und ze dem armen Aus tiefstem Herzen betrübt mich das, dass der Tod uns alle findet und wie ein Dieb hereingeschlichen kommt zu dem Alten und zu dem Jungen, zu dem Reichen und zu dem Armen HUGO v. TRIMBERG 21093 (vgl. oben 1.2.2,1., 1.2.2.5., unten 6.1.1.). Stt uns der tot suchet nach Heimlich als ein diep Da uns der Tod heimlich nachschleicht wie ein Dieb OTTOKAR 18940. Do kom der tot als ein diep Unde schiet ir beider Heb Da kam der Tod wie ein Dieb und trennte ihre gegenseitige Liebe EBD. 22822. Vgl. unten 540, S48, GOTT 19.6., JÜNGSTER TAG 1.

3.2.2.2. Der Tod kündigt sich nicht an 410 Nord. No« clangunt lituo tempore fata suo. — Dedhen bltzss eil lywdh fore segh Das Schicksal schmettert nicht ins Hörn zu seiner Zeit. — Der Tod bläst nicht ins Hörn 411 vor sich LALE 675. Sistrum non reboat mors vbi presto meat. — D0dhen bl&ss eij i lywdh fore segh Die Klapper erschallt nicht, wenn der Tod herankommt. — ... EBD. 1006. 3.2.2.3. s. Inhaltsübersicht 3.3. Der Tod ist eigenwillig und unbeeinflussbar

3.3.1. Der Tod verfolgt den, der ihn flieht, und meidet den, der ihn ersehnt 412 La t. Effugit mortem, quisquis contempserit: timidissimum quemque consequitur Dem Tod entrinnt, wer ihn verachtet; gerade den, der sich besonders fürchtet, verfolgt er CURTIUS RUFUS 4,14,25. 413. 414 M l a t , Duice mort rniseris, sed mors optata recedit; At (ALBERT. STAD., TROILUS: Ei) cum tristis erit, praecipitata uenit Für die Elenden ist es süss zu sterben; der ersehnte Tod weicht indessen zurück, aber (und) wenn er widerwärtig ist, kommt er eilends 415 herbei MAXIMIAN. 1,115. ALBERT. STAD., TROILUS 5,267. Vere mors incommoda, vere mors immitis, Que volentes fugiens properas inuitis! Tod, du bist wahrlich unangenehm, Tod, du bist fürwahr bitter, der du die Willigen fliehst und zu den Widerwilligen 416 eilst VITA ALEXII 114 (Hs. 13. Jh. [*ALTD. BL. 2,284]) (vgl. unten 6.1.1.}. Dulce mort miseris; sed mors optata recedit Für die Elenden ist es süss zu sterben; der ersehnte Tod weicht indessen zurück WERNER 2 d 146,

TOD

344

417 Fr. Mais ce sott estre l'aventure Ke eil vit trap ki n'en a cure, Ki vivre vuelt, mart demanois Aber dies pflegt das Geschick zu sein, dass der, welchem nichts daran liegt, allzu lange lebt und der, welcher leben will, sogleich stirbt PARTONOPEU 5775. 418 Dt. We dir Tot! wä sümest du dich? ... Du tuost nach dinem alten site; Swä man dich woi und gerne Ute, Dar enkumst du nimmer. Tot, du bist et immer Umbescheiden, als man seit. Du tuost manegem herzen leit Und kumst an vil manege stat, Da man dich nie hin gebat Und din Ithte enbaere Weh dir, Tod! Wo säumst du? Du verfährst nach deiner alten Gewohnheit: Wo man dich wohl und gerne ertrüge, da kommst du nie hin. Tod, du bist doch immer rücksichtslos, wie man sagt. Du tust manchem Herzen Leid an und kommst an sehr viele Orte, wo man dich nie hingebeten hat und leicht 419 auf dich verzichten könnte MAI 150,12 (vgl. unten 6.1.1.). Ez ist ein dinc vil wunderlich, Swer nach dem töde wirbet, Daz der vil küme stirbet, Und der des todes niht engert, Der wirf vil schiere sin gewert Es ist eine sehr erstaunliche Sache: Wer nach dem Tode strebt, der stirbt keineswegs, und wer den Tod nicht begehrt, der wird seiner 420 sehr schnell teilhaftig KONR. v. WÜRZ BURG, PARTONO p. 10472. We, tod, wer dich ungerne sieht, Den meidest du nicht; Der gerne stürb alsam ich, Vor dem chanstu helen dich! Wehe, Tod! Wer dich ungern sieht, den meidest du nicht; wer (aber) gerne stürbe wie ich, vor dem kannst du dich verbergen MÄRTERBUCH 4197. Vgl. FLIEHEN 4.3.

3.3.2. Wer des ändern Tod begehrt, zieht an einem langen Strick 421 Fr. A forte corde trat e tir! Il ne purra ja mes murir An einem starken Strick zerre 422 und ziehe! Er wird nie sterben können MARIE DE FRANCE, LAIS 7,89 (Yonec). Longue corroie tire, qui la mort son voisin desire An einem langen Riemen zieht, wer den Tod 423 seines Nachbarn wünscht VILAIN 140 (= MORAW. 1139). Qui la mort son voisin desire (MORAW,: couvoite) longue corroie tire VILAIN 140 Var. (= MORAW. 1963). 424 Longe teile tire qui autre mort desire. — Alteritts mortem cupio, mihi tela paratur Quam lauo, sed timeo, ne longa nimis uideatur An einem langen Gewebe zieht, wer des ändern Tod begehrt. — Ich wünsche des ändern Tod (und) stelle das Gewebe bereit, welches ich wasche; aber ich fürchte, dass es sich als allzu lang erweist ZACHER 209. 425 A longue corde tire qui autrui mort desire An einem langen Strick zieht, wer des ändern 426 Tod begehrt MORAW. 68. A longe corde tire qui autre mort desire CAMBR. SAMML. 427.428 {»LEROUX 11,472). A longue corde tire Qui aultrui mort desire ET. LEGRIS 33. A longue corde tire Qui d'aultrui mort desire LEROUX 11,228 (15. Jh.). 429 Span. Larga soga tira, quien por muerte agena suspira An einem langen Strick zieht, wer den Tod eines ändern herbeisehnt NUNEZ 11,258. Ähnlich: 430 Fr. Deus! com grant val li estuet avaler Et a grant mont H estuet amonter Qui d'autrui mort atent la richete! Gott, in ein wie tiefes Tal muss der hinabsteigen und auf einen wie hohen Berg hinaufsteigen, welcher vom Tod eines ändern Reichtum erhofft! CHARROI 85.

3.3.3. Hoffnung auf fremden Tod ist sinnlos angesichts des eigenen Ungewissen Endes 431 La t. Cum dubia et fragilis sit nobis vita tributa, In morte alterius spem tu tibi ponere noli Da uns ein Ungewisses und hinfälliges Leben zugeteilt ist, setze deine Hoffnung nicht auf eines anderen Tod! PS. CATO, DIST. l, 19. 4. 2 Ml a t. Cum tibi secura spes sit de morte futura, Alterius mortem noli tibi ponere sortem Da du den Tod in Zukunft sicher zu erwarten hast, rechne nicht mit dem Tod 433 eines ändern! CATO NOVUS 37. No« spem in alterius mortem tibi ponas ... Sepe solet

345

434 435 436 437

438 439

440

441

442

443 444 445

446

447 448

TOD

debiles fortuna iuuare, Übt cadunt firmiter qui putabant stare Setze deine Hoffnung nicht auf eines anderen Tod! Oft pflegt das Schicksal den Schwachen zu helfen, wenn diejenigen, welche fest zu stehen meinen, fallen LUDULPHUS 207. Alterius mortem noli tibi ponere sortem Rechne nicht mit dem Tod eines ändern! PROV. WRATISLAV. 19. Alterius mortem noli tibi ponere sortem! Nescit homo moram mortis nee funeris boram ... Der Mensch weiss nicht die Zeit des Todes noch die Stunde des Begräbnisses WERNER 2 a 69 {vgl. unten 3.5.1.). Fr, En autre mort trop ne t'afie ... Ker nus ne set qui plus vivra Verlass dich nicht zu sehr auf den Tod eines ändern; denn niemand weiss, wer länger leben wird! ROB. DE Ho 276. Ne te fi'e en ta jouvente Qu'en autrui mort aies atente. A painne te puet venir mieus, Qu'ausi tost muert joinne con vieus Verlass dich nicht (so} auf deine Jugend, dass du die Hoffnung auf eines ändern Tod setzest! Es kann dir kaum besser ergehen; denn ebenso schnell stirbt ein Junger wie ein Alter J. DE PARIS, CATO 339 (vgl. oben 1.2.2.5.). Ne meteis pais vostre espoir an mort d'atrui, car on dist an reprocbe, que asi tost muert vtas con vaiche Setzt Eure Hoffnung nicht auf eines ändern Tod; denn man sagt im Sprichwort, dass das Kalb ebenso schnell stirbt wie die Kuh CATO LOTHR. 60 (vgl. oben 1.2.2.6.). N'esperer mie pour avoir Autrui mort si feras savoir. Fots est qui autrui mort acroche, Qu'ii ne scet, quant la nenne aproche Hoffe nicht auf eines ändern Tod wegen seiner Habe, so wirst du klug handeln! Wer sich an eines ändern Tod anklammert, ist ein Narr; denn er weiss nicht, wann der seinige sich nähert ADAM DE SUHL, CATO 245, Com nous aions fraile et doubteuse vie, Je te conseil que tu ne mettez mie En mort d'autruy ton euer ne ta fiance; D'en mieulx valoir n'aies ja esperance Da wir ein hinfälliges und Ungewisses Leben haben, rate ich dir, deinen Sinn und dein Vertrauen nicht auf eines ändern Tod zu setzen. Habe nie die Hoffnung, mehr zu gelten! J. LEFEVRE, CATO 161. Teus desirre autrui mort qui(l) la seue est moult pres Manch einer wünscht eines ändern Tod, dem der eigene sehr nahe ist MORAW, 2353. Pro v. Entre mil non es us Da morir asinats, E te es ha cascus La mort entre sos bras. Le foyis met s'esperansa Soven en mort d'autruy, E lieu aytal fiansa Torna de l'autra'n luy Unter Tausenden ist nicht einer auf das Sterben vorbereitet, und jeder hält und hat den Tod in seinen Armen. Der Narr setzt seine Hoffnung oft auf den Tod eines ändern, und leicht kehrt eine solche Hoffnung vom ändern auf ihn zurück G. DE CERVERA 1031. S p a n . Avnque malo es esperar salud en muerte agena Obschon es schlecht ist, sein Heil im Tod eines ändern zu erhoffen CELESTINA 38 {!). Quien muerte agena desea, la suya se le allega Wer den Tod eines ändern begehrt, bringt sich den eigenen nahe NUNEZ III, 309. Nord. Girnizc oc &ngi at auöga sec af annars dauöa. pui ar marger dceyja pceir fyrr illum dauda er oÖrum cefna oc cetla skiotan daudan Und keiner begehre, sich mit eines ändern Tod zu bereichern; denn vielfach sterben diejenigen vorher eines schlimmen Todes, die ändern den schnellen Tod vorbereiten oder zudenken STRENGLEIKAR 29 (Equitan 12). A f annars dauda Vcent aldrigi At per gagn geriz; Aldrlagi sinu R&dr engt maör; N&r stendr holdum Hei Hoffe nie, dass dir aus dem Tod eines ändern ein Vorteil erwachse! Niemand rät zum eigenen Tod. Der Tod ist den Menschen nahe HUGSVINNSMÄL 35 (vgl. oben 3,1.1.). Engl. Ne hope pu to odres mannes deaöe, uncuö hwa lengest libbe Hoffe nicht auf eines ändern Mannes Tod, da du nicht weisst, wer länger lebt! EARLY HOM. 4,5. Cum dubia et fragilis sit nobis uita tributa, In mortem alterius spem tu tibi ponere noli. — Kant si est dotouse E freille e perihuse Vostre vye ici, Mout est graunt enfance Pur mettre sei en esperance En la mort de autri. — Sifien pat vre lyf is freie f>at to vs alle is

TOD

449 450

451 452

453

454 455 456

346

jiuen, In non opur monnes Hope pou noujt to Uuen Übers, wie 43 . - Da Euer Leben hier ungewiss, hinfällig und gefährlich ist, ist es sehr kindisch, sich in Hoffnung auf eines ändern Tod zu versetzen. - Da unser Leben hinfällig ist, das uns allen gegeben ist, hoffe nicht, dass du bei eines ändern Menschen Tod leben wirst! VERNON MS. 50,185. Yet often tymes they that desyre another mans deth auaunseth there owne Doch oft fördern die, welche eines ändern Mannes Tod begehren, ihren eigenen BERNERS, HUON OF B. 315,33. Nl, Hi/s dulre dan een quekenoet Die hopt vp ander mans doet, Want alle Heden, tone ende hout, Hebben euen vele haers lijfs ghewout Der ist dümmer als ein Stück Vieh, der auf eines ändern Menschen Tod hofft; denn alle Leute, jung und alt, haben gleich viel Gewalt über ihr Leben CATO MNL. 87. Dt. Sint uns allen ist gegeben Ein harte ungewissez leben, So setze dme zuoversiht An eines ändern tot niht Da uns allen ein sehr Ungewisses Leben gegeben ist, setze deine Hoffnung nicht auf eines ändern Tod! CATO 167. Na deme dat vns eyn leuen Gar vnseker is gegeuen, Dyne hopene vnde dinen mot Sette nicht na eynes anderen dot. AI bistu gesunt vnde eme wey, Du machst noch steruen er wan he Da uns ein sehr unsicheres Leben gegeben ist, setze deine Hoffnung und deinen Sinn nicht auf eines ändern Tod! Auch wenn du gesund bist und er krank (ist), kannst du noch eher sterben als er STEPHAN, CATO ND, 582. Cum dubia et fragilis sit nobis uita tributa. In mortem alterius spem tu tibi ponere noli. — Sint vns allm ist gagebin, Eyn ...27 krankts lebin, So saltu in keynir not. Hoffen vf eyns andirn tot Übers, wie 431. — Da uns allen ein schwaches Leben gegeben ist, sollst du in keiner Nor auf eines ändern Tod hoffen CATO OMD. (ZpoA 34) 249. Mancher eyns ändern dott sich frowt Des end, er nyemer me beschowt Mancher freut sich auf den Tod eines ändern, dessen Ende er nicht mehr sieht BRANT, NARRENSCHIFF 94,5. Wer hoffet vff eyns ändern dott Vnd wets nit, wann syn sei vzs gat Der selb den esel dat beschlagen Der jn gon narrenberg würt tragen Wer auf eines ändern Tod hofft und nicht weiss, wann seine (eigene) Seele ausfährt, der beschlägt den Esel, der ihn nach Narrenberg tragen wird EBD. 94, 9. Es ist nicht gut auff eynes anderen tode zu hoffen, denn es stirbt eyner ja so bald als der ander AGRICOLA Nr. 515. Vgl. ERBE 2.1., OPFER 2.

3.4. Der Tod setzt ein plötzliches und unerwartetes Ende 3.4.1. Auf der Höhe des Erfolges ereilt einen der Tod 457 Fr. En cest mont en ont {seil, li aver) le piour; U pueent veoir cescun jour Que la mors souvent ies assaut Quant en avoir sont le plus haut In dieser Welt haben sie (die Geizigen} den schlechtesten Teil: Sie können jeden Tag sehen, dass der Tod sie oft überfällt, wenn sie mit ihrem Gut am höchsten sind JAKEME, CAST. DE Couci 1784. 45S Dt. Wir streben auf erden nach nichts so sehr Als nach gut hoffart und ehr; Und so wir das denn alles erwerben, So legen wir uns denn nieder und sterben WACKERN., LB. 459 1027 (15. Jh.). Alle unser sin und mot Stet nu na gelt und gudt, Und wen wi dat erwerven, So legge wi uns nedder und sterven All unser Sinnen und Trachten steht jetzt nach Geld und Gut; und wenn wir das erwerben, so legen wir uns nieder und sterben EBSTORF 25. Vgl. ELSTER 6.

3.4.2. s. Inhaltsübersicht 3.5. Der Tod ist für alle eine unbekannte Grosse 3.5.1. Wir wissen nicht, wann, wo und wie wir sterben 28 460 M l a t . Dixit abbas Elias: Ego tres res ttmeo, Unam, quando egressura est anima mea de corpore; aliam quando occursurus sum Deo; tertiam, quando adversum me

347

461 462 463 464 465 466 467 46«

469 470

471

472 473 474 475 476 477 47S 479

TOD

proferenda est sententia Es sprach der Vater Elias: „Drei (Ungewisse) Dinge sind es, die mich mit Sorgen erfüllen: erstens, wann meine Seele den Körper verlassen wird; zweitens, wann ich Gott entgegentreten werde; drittens, wann gegen mich das Urteil ausgesprechen wird'1 VITAE PATR. I, 861 B. EG quod certus sibi exitus, sed incerta eiusdem exitus esset bora futura Weil für ihn der Tod gewiss war, die künftige Stunde des Todes indessen ungewiss BEDA, HIST. ECCL. 3,19 S. 133 (vgl. oben 1.1.1.}. Nihil certius morte, nihil hora mortis incertius Nichts ist gewisser als der Tod, nichts Ungewisser als die Stunde des Todes ANSELMUS, MEDITATIONES 7 (741 A) (vgl. oben 1.1.1.}. Nil mortalibus vet morte certius, vel incertius hora mortis Für die Sterblichen ist einerseits nichts gewisser als der Tod, andererseits nichts Ungewisser als die Stunde des Todes BERN., EP, 105 (240 C) (vgi. oben 1.1.1.). Nihil morte certius est, nihil hora incertius Nichts ist gewisser als der Tod, nichts Ungewisser als die Stunde IOH. SARESB., POLICRAT. 471 A {vgl. oben 1.1.1.}. Nihii enim mortalibus morte certius, nil incertius hora mortis Denn nichts ist für die Sterblichen gewisser als der Tod, nichts Ungewisser als die Stunde des Todes NIC. CLÄRE v., EP. 35 (1629 C) (vgl. oben 1.1.1.). Sed nihil morte certius, nihil incertius hora mortis Aber nichts ist gewisser ... EBD. 38 {1634D} (vgl, oben 1.1.1.). Mors incerto gladio, etsi certa, ferit Der Tod, obzwar gewiss, schlägt mit Ungewissem Schwert zu GUALT. CAST., CARM. II 7a, 16 (vgl. oben 1.1.1.). Quia et a quodam sapiente dictum est: »Omnibus incertis nihil est incertius hora Mortis; morte nihil certius esse potest" Denn auch von einem gewissen Weisen ist gesagt worden: „Obschon alles ungewiss ist, ist doch nichts Ungewisser als die Stunde des Todes; nichts (aber) kann gewisser sein als der Tod" GIR. CAMBRENSIS, GEMMA 2,7 S. 193 (vgl. oben 1.1.1.). Nibil enim morte certius, et nihil hora mortis incertius Denn nichts ist gewisser als der Tod und nichts Ungewisser als die Stunde des Todes PS. AUGUSTIN. (ALCHER. CLAREV.?}, DE SPIR. ET AN. 31 (800) (vgl. oben 1.1.1.). Mors cuivis certa, nihil est incertius hora; Ibimus absque mora, sed qua nescimus in hora Der Tod ist für jeden gewiss; nichts ist Ungewisser als die Stunde. Wir werden ohne Verzug von dannen gehen, aber wir wissen nicht, zu welcher Stunde WERNER 2 m 44 (vgl. oben 1.1.1.). Cum de morte cogito, eontrtstor et ploro; Unum est quod moriar, et tempus ignoro, Tertium est quod neseio quorum jungar choro Wenn ich über den Tod nachdenke, bin ich traurig und weine. Das eine besteht darin, dass ich sterben werde und die Zeit nicht kenne. Das dritte ist, dass ich nicht weiss, welcher Gemeinschaft ich mich anschliessen werde GUALT. MAP., CARM. 150,41 (vgl. unten 6.1.1.}. Mori compelleris, Certus, quod moreris, Incertae mors est horae Du wirst gezwungen zu sterben. Du bist sicher, dass du stirbst. Es ist aber ein Tod, dessen Stunde ungewiss ist ANALECTA 21,139,2 (vgl. oben 1.1.1.). Quia, sicut morte nil certius, ita hora mortis nichil incercius Denn so, wie nichts gewisser ist als der Tod, ist nichts Ungewisser als die Stunde des Todes ANC. SERMONS 50 (vgl. oben 1.1.1.). Nihil morte certius; certam exspectamus; Mortis, donee ueniat, horam ignoramus Nichts ist gewisser als der Tod, wir erwarten ihn als etwas Gewisses. Wir kennen aber die Stunde des Todes nicht, bis er kommt LUDULPHUS 193 (vgl. oben 1.1.1.}. Sets quod obibis homo; nescis vbi: quomodo quando Du weisst, dass du als Mensch sterben wirst; du weisst aber nicht, wo, wie und wann PS. BERN., FLORET. 3,15 ( 7 v) (vgl. oben 1.1.1.). Mors venit absque mora; nichil est incercius hora Der Tod kommt ohne Verzug; nichts ist Ungewisser als die Stunde BASL. S PR w. B 66. Nil magis est certum, nichil est quod tarn sit ineptum Quam mors Ventura; dubium quoque quando futura Nichts ist gewisser, nichts ist so unpassend wie der künftige Tod. Es ist ungewiss, wo und wann er eintreffen wird EBD. B 67 (vgl. oben 1,1.1.). Semperque heu certa nee umquarn Sat mortis profisa dies1. Immer ist zwar, wehe, der Todestag gewiss, aber nie genügend voraussehbar PETRARCA, AFRICA 6,896 (vgl. oben 1.1.1.). Omnibus incertis nichil est incertius hora Mortis, morte nichil cer-

TOD

480 481

482 483 484

485 486 487

488

489 490

491

492

348

tius esse polest Obschon alles ungewiss ist, ist doch nichts Ungewisser als die Stunde des Todes; nichts (aber) kann gewisser sein als der Tod FLOR. GOTTING. 253 (vgl. oben 1.1.1.}. Mortis calcat iter terre cognatio tota, Ipsa tarnen calcata magis minus est uia nota Die ganze Sippe der Erde schreitet den Weg des Todes; dennoch ist der begangene Weg mehr oder weniger unbekannt EBD. 274 (vgl. oben 1.2.1.1.). Sunt tria, que uere factunt me sepe dolore (lies: dolere, Red.}: Est primum durum, quia scio me moriturum, Et magis attendo mortar, $ed nescio quando, Inde magis flebo, quia nescio quo remanebo Drei Dinge sind es, die mir wahrlich oft Schmerzen bereiten. Erstens ist es hart, dass ich weiss, dass ich sterben werde. Und dann erwarte ich, dass ich sterbe, weiss aber nicht, wann. Schliesslich kommen mir noch mehr Tränen, weil ich nicht weiss, wo ich verbleiben werde KÖHLER, KL. SCHR. 111,445 (Hs. 14. Jh,} fvgl. oben 1.1.1., unten 6.1.1.}. Vado mori, quod morte quidem nil certius hora Nil incertius est Ich werde sterben; denn nichts ist wahrlich gewisser als der Tod, nichts (aber) Ungewisser als die Stunde VADO MORI 41 (vgl. oben 1.1.1.}. Vado mori, sed nescio quo, sed nescio quando Ich werde sterben, aber ich weiss nicht, wo, und ich weiss nicht, wann EBD. 42. Hoc sdo, quod moriar; sed nescio, quo modo, quando, Est commune mori, mors nullt parcit honori Das weiss ich, dass ich sterben werde; aber ich weiss nicht, wie und wann. Allen ist das Sterben gemeinsam. Der Tod schont keine Ehrenstelle WERNER 2 h 38 (vgi. oben 1.1.1., 1.2.1.1., 1.2.1.5., 1,2.2,1.}, Res est secura cunctis de morte futura; Novit nemo moram mortis nee funeris hör am Was den zukünftigen Tod betrifft, so ist das für alle eine sichere Sache. Niemand (aber) kennt die Zeit des Todes und die Stunde des Begräbnisses EBD. r 53 (vgl. oben 1.1.1.). Mors horrenda nimis est cunctorum quoque finis. Qualiter aut quando venerit, manet in dubitando Der Tod ist schrecklich und ausserdem das Ende von allen. Wie oder wann er kommen wird, bleibt im Ungewissen TOTENTANZ (Hs. vor 1443 [+ZFDPH 40,91]) (vgl. unten 6.1.1.). Sunt tria, que vere factunt me sepe dolere: Est primum durum, quod scio me moriturum; Secundum timeo, quia hoc nescio quando; Hinc tercium flebo, quod nescio übt manebo Drei Dinge sind es, die mir wahrlich oft Schmerzen bereiten. Erstens ist es hart, dass ich weiss, dass ich sterben werde. Zweitens fürchte ich mich, weil ich nicht weiss, wann. Drittens schüesslich kommen mir die Tränen, weil ich nicht weiss, wo ich verbleiben werde HOLZSCHNITT (l5. Jh. {»KÖHLER, KL. SCHR. 111,444 = MONES ANZ. 1,253]) (vgl. oben 1.1.1., unten 6.1.1.}. Sunt tria, que vere me factunt sepe dolere. Est primum durum, quia nosco me moriturum, Est aliud dando planctum, quia nescio quando; Et tercium flebo, quod nescio quo remanebo ... Der zweite Anlass zur Klage ist, dass ich nicht weiss, wann, und drittens kommen mir die Tränen, weil ich nicht weiss, wo ich verbleiben werde CAMBR. Hs. {+ KÖHLER, KL, SCHR. 111,443 [= GESTA ROM. ENGL. S. 491]} (vgl. oben 1.1.1., unten 6.1.1.). Viuo et nescio quomodo Morior et nescio quando Ambulo et nescio quo Ich lebe und weiss nicht, wie; ich sterbe und weiss nicht, wann; ich gehe und weiss nicht, wohin PRIEBSCH H,45 (15. Jh.). Sunt tria que uere faciunt me sepe dolere: Est primum durum, quia scio me moriturum. Secundum timio, quia nescio comodo, quando; In magis flebo, quia nescio quo removebo Drei Dinge sind es, die mir wahrlich oft Schmerzen bereiten. Erstens ist es hart, dass ich weiss, dass ich sterben werde. Zweitens fürchte ich mich, weil ich nicht weiss, wie (und) wann. Schliesslich kommen mir die Tränen, weil ich nicht weiss, wohin ich mich entfernen werde HILL 113,23 (vgl. oben 1.1.1., unten 6.1.1.). Tria sunt vere, quae faciunt me semper dolere, Primum est durum, quia scio me moriturum, Secundum timeo, quia nescio tempus quando, Tertium hinc flebo, quia ignoro, ubi manebo ... Zweitens fürchte ich mich, weil ich nicht weiss, wann die Zeit ist. Drittens schltesslich kommen mir die Tränen, weil ich nicht weiss, wo ich verbleiben werde BUCHDECKEL (l6. Jh. [»MONES ANZ. 3,32,12]) (vgi. oben 1.1.1., unten 6,1.1.). Sunt

349

493

494 495 496 497 498

499 500

501 502 503 504 505

506 507 508 509 5JO 5U

TOD

tria vere que faciunt me sepe flere: Est primum durum, quod scio me moriturum, Gemo secundo, quod morior nescio quando, Tertio magis flebo, quod nescio ubi manebo ... Zweitens seufze ich, weil ich nicht weiss, wann. Drittens kommen mir noch mehr die Tränen, weil ich nicht weiss, wo ich verbleiben werde KÖHLER, KL. SCHR. 111,444 (16. Jh.) (vgl. oben 1.1.1., unten 6.1.1.). Sunt tria quae vere faciunt me sepe dolere: Est primum durum quod scio me moriturum; Est gemitus dando quod moriar, nescio quando. Posterius flebo, quod nescio quo remanebo ... Ein Anlass zum Seufzen ist, dass ich sterben werde und nicht weiss, wann. Schliesslich kommen mir die Tränen, weil ich nicht weiss, wo ich verbleiben werde NOVATI, CARM. MEDII AEVI 43 Nr. 3 (vgl. oben 1.1.1., unten 6.1.l.}.29 Fr. Car il n'est nus qui sache a quele heure la mort li doie courre sus Denn es gibt niemanden, der wüsste, zu welcher Stunde der Tod voraussichtlich auf ihn zukommt GOSSOUIN, IMAGE DU MONDE (PROSA) 203. La riens qui plus certainne sott, Si est que mors corra seure: La mains certainne si est l'eure Die Sache, die arn sichersten ist, ist die, dass der Tod uns überfällt. Die unsicherste Sache ist die Stunde RUTEBEUF 1,137,194 (vgl. oben 1.1.1.). Nus ne se puet contre la mort tenser N'estre certains quant ele doit venir Niemand kann sich gegen den Tod verteidigen noch in Gewissheit sein, wann er kommen wird CHANS, PIEUSES 1,25 (vgl, oben 2.2.1.). Vous mourrez, ne savez l'eure Ihr werdet sterben, wisst aber die Stunde nicht EBD. 136,12. Nule rien est plus certeyne Ke mort(e) ke prent e fehle e seyn(e), Ne rien n'est si noun certeyne Cum est cel oure ke mettra la mayne Nichts ist gewisser als der Tod, der Schwache und Gesunde erfasst, und nichts ist so ungewiss, wie es die Stunde ist, zu welcher er die Hand anlegen wird NICOLE BOZON, STE ELISAB. DE HONGRIE 119 (+ZFRPH 34,307} (vgl. oben 1.1.1., 1.2.2.2.). Je morray, mats ne say quant Ich werde sterben, aber ich weiss nicht, wann MIRACLE DE S. GUILL. 1275. Car on scet proprement C'une fois fault morir, si ne scet-on comment Denn man weiss wirklich, dass man einmal sterben muss, aber man weiss nicht, wie CUVELIER, Du GUESCLIN 15898 {vgl. oben 1.1.1., 1.2.1.2,). TOMS nous convient morir, si ne savons comment Wir müssen alle sterben, aber wir wissen nicht, wie EBD. 22581-83 Var. (11,316) (vgl. oben 1.2.1.1.). La mort viendra, quoy qu'il demeure, Mais nul homs ne peut savoir l'eure Der Tod wird kommen, wie lange er auch auf sich warten lässt. Aber keiner kann die Stunde wissen PROV. D. SAGES 111,223. Que chascun muert et ne puet scavotr quant Dass jeder stirbt und nicht wissen kann, wann EUST. DESCH. 11,134,10 (Refrain) (vgl. oben 1,2.1.1.)· Mourir convient et n'en souvient. Je ne scay pas que ce peult estre, Et si ne scet on qu'on devient Ne ou l'en va, ne en quel estre Man muss sterben und denkt nicht daran. Ich weiss nicht, was das sein kann, und so weiss man auch nicht, was man wird noch wohin man geht und zu welchem Zustand J. REGNIER 10,85 S. 217. La mort, qui est si treshydeuse, Me vient happer et ne scay l'heure Der Tod, welcher so überaus grauenerregend ist, kommt, um mich an sich zu reissen, und ich kenne die Stunde nicht G. ALEXIS III, 195,13 (Oraisons) (vgl. unten 6.1.1.). La mort vient que on ne garde l'eure Der Tod kommt, ohne dass man die Stunde voraussieht J. MIELOT 177. TOMS fault morir sans longhe demeuree, Et ne $$avons !e temps ne la journee Alle müssen sterben ohne lange Verzögerung, und wir kennen weder die Zeit noch den Tag OLIVIER DE LA MARCHE, TRIUMPHE 173 S. 96 (vgl. oben 1.2.1.1.). La mort vient qu'on ne s$ait l'heure Der Tod kommt, ohne dass man die Stunde weiss LEROUX 11,326 (15. Jh.). Qui n'est pas mort ne sceit de quelle mort il mourra Wer noch nicht tot ist, weiss nicht, welchen Todes er sterben wird EBD. 11,400 (15. Jh.). Aussy bien nous fault tous mourir, Nous ne savons quant ne comment Ebenso müssen wir alle sterben. Wir wissen (aber) nicht, wann und wie CHANS. DU XV E s. 101,11 (vgl. oben 1.2.1.1.). Mes la mort qui a Vueil li pent, Li change, comme s'anemie, Son proposement et sä vie, Ce

TOD

512 513 514 515 516 527 518 519 520 521

522

52j

524 525

526

350

voitsovent avenir, Et por ce se doit-l'en tenir En bien qant l'eure ne savons Que la mort a soffrir avons. Celui blasme Chaton et chose, Qui vit et point oü morir n'ose Aber der Tod, der ihm bevorsteht, ändert ihm als sein Feind sein Vorhaben und sein Leben. Man sieht dies oft geschehen, und deshalb muss man sich an das Gute halten, weil wir die Stunde nicht kennen, zu der wir den Tod erleiden müssen. Den, der lebt und sich wehrt, wo er nicht den Mut hat zu sterben, tadelt und beschuldigt Cato MEON , 257,44, // n'est rien plus vray que la mort, Et si ne pouons s$avoir Vheure Es gibt nichts Gewisseres als den Tod, und doch können wir die Stunde nicht wissen RONDEAuxl80,l (vgl. oben 1.1.1.). It. Qe de la mart ogn'om e cert. Noi no säuern lo dt ne l'ora Denn jeder ist des Todes gewiss. Wir kennen (aber) weder den Tag noch die Stunde UG. DA LODI 778 (vgl. oben 1.1.1., 1.2.1.1.}. La leqe dixe: Neguna cossa ch'e, e piu certa de la morte e piu incerta de l'hora Das Gesetz sagt: „Nichts, was es gibt, ist gewisser als der Tod und Ungewisser als die Stunde" FIORE DI VIRTU A 12,24 (vgi. oben 1.1.1.). Ke la morto te sta molto de presso, Ne unca savrai ne l'ora ne [ ] ponto Denn der Tod steht sehr nahe bei dir, aber du wirst nie die Zeit und den Augenblick wissen MUSSAFIA 170 (vgl. oben 3.1.1.). /' son certo ch' i' son nato E dt morir son sicuro, Ma non so dove ne quando: E perö e mondo scuro Ich weiss, dass ich geboren worden bin, und ich bin des Sterbens gewiss. Aber ich weiss nicht, wo noch wann, und daher ist die Welt düster PAOLO DA CERTALDO 256 S. 152 (vgl. oben 1.1.1.). Dobbiamo morire, non sappiamo quando Wir müssen sterben, wir wissen (aber) nicht, wann CATERINA, LETTERE 1,14. La lege d[isse}30 ehe nulla cosa e piu certa ehe la morte ne piu incerta ehe l'ora Das Gesetz sagt, dass nichts gewisser ist als der Tod und Ungewisser als die Stunde FIORE DI VIRTU B 242,10 (vgt. oben 1.1.1), Conviemmi pur morire, non m'e quando mostrato Ich muss sterben, aber es wird mir nicht gezeigt, wann VISIONE DI FILB. 335, Di morte certo, ma non gia dell' ora Des Todes gewiss, aber nicht der Stunde MICHEL,, RIME 376 (vgl. oben 1.1.1.). K a t . Trop es cert fayt que no podem ganair A la greu mort e que no-y val metgia, ForfiJ ne giny, ricat ne senyoria, E trop incert lo jorn que deu venir Es ist eine ganz gewisse Tatsache, dass wir nichts gegen den schlimmen Tod anführen können und dass (gegen ihn) keine Arznei, keine Gewalt, keine List, kein Reichtum und keine Macht etwas taugt, und ganz ungewiss ist der Tag, an dem er kommen soll PERE MARCH (*GIESE 211,9) (vgl. oben 2,2.2.1,, 2,2.2.4.-2.2.2.6.). Jassia la mort sia comuna, pero la incertitut de la ora de aqueüa es feta duptosa Obwohl der Tod allen gemeinsam ist, ist er doch wegen der Ungewisshcit seiner Stunde eine unsichere Sache AUZIAS MARCH (1458 [+ ROMANIA 17,190]) (vgl. oben 1.2.1.1.). S p a n . El emperador le pregunto: infante, quäl es la cosa mas incterta? El infante le respondioi La hora de la muerte. El emperador le pregunto; Infante, que cosa es mas cierta? El infante le respondio: La muerte delas personas Der Kaiser fragte ihn: „Prinz, welches ist die ungewisseste Sache?" Der Prinz antwortete ihm: „Die Stunde des Todes." Der Kaiser fragte ihn: „Prinz, welche Sache ist gewisser?" Der Prinz antwortete ihm: „Der Tod der Menschen" ENF. SAGE KASTIL. O 35 {vgl. oben 1.1.1.). Mal habiendo y bien esperando, morirme he triste, y no se quando Ob ich Leid habe und Glück erhoffe, ich muss doch kläglich sterben und weiss nicht, wann NUNEZ 11,351. N o r d . Carpsit tier lachesis licet anceps bora fit eius. — D0dhen cer wiss cen dogh tijmen cer eij wiss Das Verhängnis nimmt seinen Lauf, mag auch seine Stunde ungewiss sein. — Der Tod ist gewiss, auch wenn die Zeit nicht gewiss ist LALE 199 (vgl. oben 1-1-1.). Engl. Es nathing certainur pan dede, Ne vncertainner, fcan es pe tide Es gibt nichts Gewisseres als den Tod noch etwas Ungewisseres als dessen Zeit CURSOR MUNDI 23732

351

TOD

527 {vgl. oben 1.1.1.). Knowe fit-self fiat foou schalt dye, But what tyme, fiou nost neuer wbenne Du weisst selbst, dass du sterben wirst, aber zu welcher Zeit [und wann], 52 weisst du nie VERNON MS. 55,6,61 (vgl. oben 1.1.1.). And al so certein as we knowe echoon That we shul deye, as uncerteyn we alle Been of that day whan deeth shal on us falle Und so sicher wir alle wissen, dass wir sterben werden, so unsicher sind wir alle in bezug auf den Tag, an dem der Tod uns ereilen wird CHAUCER, CLERK'S T. E 124 529 (vgi. oben 1.1.1.). And deefi is euere, as y trowe, t>e moost certeyn ping pat is, And no f)ing is so vncerteyn to knowe As is pe tyme of deep y-wis Und der Tod ist, wie ich glaube, immer die gewisseste Sache, die es gibt, und gewiss ist nichts so unsicher, wie 530 es die Zeit des Todes ist WISE MAN A 145 (vgl. oben 1.1.1.). For sen vs behwys all de o neid, and we wat naher the tyme nor the $ted Denn da wir alle notgedrungen sterben müssen und wir weder die Zeit noch den Ort wissen CRAFT OF DEYNG 26 (vgl. 531 oben 1.2.1.1.). We shall dye, 1 nott, how son Wir werden sterben; ich weiss nicht, 532 wie bald PROV. WISD. (RwL.) 115. For deith will the assay, Thow wait not quhen evin, morrow or midday Denn der Tod wird dich angreifen, (aber) du weisst nicht, 533 wann, ob am Abend, am Morgen oder am Mittag HENRYSON, FABLES 2967. The deth certane, the houre vnseker[nes] Der Tod ist gewiss, die Stunde ungewiss (worth: 534 Unsicherheit) LYRICS CENT, 150,3 (vgi. oben 1.1.1,). Whan l schal deys I know no day; What countre or place I cannot sey Wann ich sterben werde, den Tag weiss ich nicht; in welcher Gegend oder an welchem Ort, (das) kann ich nicht sagen CAROLS 535 370,3 15. Jh.). Alas! she {seil, death) comyth wonderful! lyghtly, Man seit not the hour ne hou he shall dy Ach, er (der Tod) kommt wundersam leicht; man sieht nicht 536 die Stunde noch, wie man sterben wird PARTENAY 6159. Thou shalt dy thou wote not whan, Nor thou watest where Du wirst sterben; du weisst nicht, wann, noch weisst du, wo CAROLS 376,6 (1550}. 537 Dt. Der tot ensaumet sich niht, wir enmügen nicht wizzen wenne er chumt Der Tod säumt nicht. Wir können nicht wissen, wann er kommt SCHÖNBACH, PRED. 11,46,31. 538 Wirn haben niht gewisses me Wan den tot; daz tuot mir we. Ich weiz wol, daz der tot geschiht, Des todes ztt enweiz ich niht Wir haben nichts Gewisseres als den Tod. Das tut mir weh. Ich weiss wohl, dass der Tod erfolgt, des Todes Zeit (aber) kenne ich nicht 539 FREIDANK 177,13 (vgl. oben 1.1.1, unten 6.1.1.). So sui wir denken an die not Wie gewis uns si der tot. Wir enwizzen wen er kumen wil, So enweiz der mensche nimmer vil Welch tot im denne ist beschert, Und enweiz niht wa sin sele hin vert So müssen wir an die Not denken, wie gewiss uns der Tod ist. Wir wissen (aber) nicht, wann er kommen wird. Ebenso weiss der Mensch nie viel (darüber), was für ein Tod ihm dann beschert ist, und weiss nicht, wohin seine Seele fährt STRICKER (-»HEIDELB. Hs, 98,75) 540 (vgl. oben 1.1.1,, unten 6.1.1.). Wen daz beschribet uns alsus Der heilige man Augustinus: Nihit certius morte nihil incertius höra mortis Nicht ist gewissere^ den der tot, Wen uns abir kome di not, Daz mag uf erden nieman Wizzen wider wip noch man. Wen her kummet also ein dib, Daz las ich an einen brib Denn das beschreibt uns der heilige Augustin folgendermassen: „Nichts ist gewisser als der Tod, nichts Ungewisser als die Todesstunde." Nichts ist gewisser als der Tod; wann uns aber die Not kommt, das kann auf Erden niemand, weder Frau noch Mann, wissen. Denn er kommt wie ein Dieb; das habe ich in einem Brief gelesen BRUN v. SCHÖNEBECK 103 S l (vgl. oben 1,1.1., 541 3.2.2.1.). Du in bis ingeines dinges gewis wan des dodes, So du doch der stunden uver ein niet in wizes Du bist keiner Sache sicher ausser des Todes, während du über 542 den Zeitpunkt durchaus nichts weisst LILIE 10,28 {vgl. oben 1.1.1.). Waz ist gewtssirs danne der tot Und div grimme todis not Niht vngewissers vf vns lit Danne dez gewissen todez zit Was gibt es Gewisseres als den Tod und die schlimme Not des Todes? Nichts

TOD

352

Ungewisseres liegt auf uns als die Zeit des gewissen Todes HUGO v. LANGENSTEIN 543 137,23 (vgl, oben 1.1.1., unten 6.1.1.). Wan vns allen ist vnkvnt Dez todis gar gewissiv stunt Denn uns allen ist die ganz gewisse Stunde des Todes unbekannt EBD. 255,102 544 (vgi. oben 1.1.1.). Uns ist aber vnkvnt Dez todis gar gewissiv stunt Uns ist aber die 545 ganz gewisse Stunde des Todes unbekannt EBD. 259,63 {vgl. oben 1.1.1.). Und da von sprichst S, Bernhardus. Certum est quod morieris, incertum quomodo. auf übt. aut quando morieris. Er sprichst, sunder ez ist daz gewis daz du must sterben, ez ist aber daz ungewis wie du sterbest, alder wa du sterbest, alder wenne du sterbest Und davon spricht St. Bernhard (folgendermassen): „Es ist gewiss, dass du sterben wirst, (aber) ungewiss, wie oder wo oder wann du sterben wirst," Er sagt: „Sünder, es ist gewiss, dass du sterben musst. Das aber ist ungewiss, wie du stirbst oder wo du stirbst 546 oder wann du stirbst" GRIESHABER, PRED. 11,81 {vgl. oben 1.1.1.). Sit daz die stund noch den tag Dez todes nieman wissen mag Da niemand die Stunde noch den Tag des 547 Todes wissen kann SAELDEN HORT 849. Wir müezen sterben und tvizzen doch niht Wie, wä oder wenne daz geschiht Wir müssen sterben und wissen doch nicht, wie, wo 54S oder wann das geschieht HUGO v. TRIMBERG 23321. Man wetz tvol daz der tot geschiht, Man wetz ab smer zuokunff niht: Er kumt geslichen als ein diep Und scheidet leide unde liep Man weiss wohl, dass der Tod erfolgt, man weiss aber seine Ankunft nicht. Er kommt geschlichen wie ein Dieb und trenn: solche, die sich hassen, und solche, die sich lieben (wörtL: Gehasstes und Geliebtes) CATO 395 (vgl. oben 1.1.1., 549 3.2.2,1., unten 670, 6.3.}. Waz moecht grozzers auch gesein Dann ich die worhait waiz vor mein Daz ich muez an todez zeil Und waiz nicht zu welker weil Was könnte es auch Grosseres geben, als dass ich die Wahrheit vor mir weiss, dass ich mit dem Tod an die Reihe komme und nicht weiss, zu weicher Zeit? HEINR, D, TEICHNER (NIEWÖH550 NER) 20,11 (vgl. oben 1.1.1.). It is nicht sekerer wen de wunde Des dodes, vnseker is de stunde Es ist nichts gewisser als die Todeswunde, ungewiss (aber) ist die Stunde 551 STEPHAN, CATO ND. 588 (vgl. oben l ,1.1.). Sanctus Augustinus: Scrift les vnde vedder les so vinstu nicht wisser wen de dot vnde nicht vmvisser wen de stunde des dodes St. Augustin: „Lies die Schrift und lies sie immer wieder; dann findest du nichts gewisser als den Tod und nichts Ungewisser als die Stunde des Todes!" MND. RSPR. 34 (147 552 15Jh. [*JB. VER. F. ND. SPRACHE. 49,1923,52]) {vgl. oben 1.1.1.). Das gesetz sagt auch da pei Das chain ding gewisser sei, Wann die zeit der todleichkait Und Ungewisser, wann die zeit der sälichait Das Gesetz sagt dabei auch, dass nichts gewisser sei als die Zeit des Todes und (nichts) Ungewisser als die Zeit der Seligkeit VINTLER 1199 (vgl. 553 oben 1.1.1.). Won nichtz ist gwisser todes scblund, Nichtz Ungewisser seiner stund Denn nichts ist gewisser als des Todes Schlund, nichts Ungewisser als seine Stunde 554 WITTENWILER, RING 4170 (vgl. oben 1.1.1.). Das ich wol weiss min sterben Und weiss nicht weihe stund Dass ich genau um mein Sterben weiss, aber nicht weiss, welche 555 Stunde (es ist) HUGO v. MONTFORT 28,357 (vgl. oben 1.1.1.). Nun wißen wir auch wohl, daß wir nichts so Sicheres vor uns haben als den Tod, und nichts so Unsicheres 556 als Tag und Stunde ELISAB. v. NASSAU, LOHER 278 {vgl. oben 1.1.1.). Wann nützit Stehers ist den der dott Und nützit unsichers den die stund siner not Denn es gibt nichts Sichereres als den Tod und nichts Unsichereres als die Stunde seiner Not SPIEGELBUCH 557 449 (vgl. oben 1.1.1.). Wan nust sychers jst, dan der tod, Vnd nust vnsychers, dan de ziyt syner noit ... die Zeit seiner Not SPIEGELBUCH (1. H. 15. Jh. [+ FASTNACHTSP. 55* IV, 270,8]} (vgl. oben 1.1.1.). Der tod euch allen das end beweist. Aber wie oder wenn des todes zeit Körnen sol, des enwist ir nit Der Tod beweist euch allen das Ende. Aber wie oder wann die Todeszeit kommen wird, das wisst ihr nicht OBERD. TOTEN559 TANZ {-» 40, 89). Alsdann nach täglicher bewerung nütz gwüssers ist deß todes, vngwüssers der stund des todes Da es, wie es sich täglich erweist, nichts Gewisseres

353

TOD

gibt als den Tod (und) nichts Ungewisseres als die Stunde des Todes BITTSCHRIFT (1459 560 [+WITTENWILER, RING 4170 Komm. S. 157]) (vgl. oben 1.1.1.). Mit gewißheit des todes vnd Ungewißheit der zeit zusterben Mit der Gewissheit hinsichtlich des Todes und der Ungewissheit hinsichtlich der Zeit des Sterbens ALBR. v. EYB, EHEBÜCHLEIN 79y 17 561 (vgl. oben 1,1.1.). Alse sunte Gregorius secht: Nichten is vns sekerer, dan de doet, vnde geyn dinck vnsekerer, dan de vre des dodes Wie der heilige Gregor sagt: „Nichts ist uns sicherer als der Tod und nichts unsicherer als die Zeit des Todes" BRIEF (LAN562 GENBERG) 124 {vgl. oben 1.1.1.). Seyt demmal das allen menschen nichts gewissers ist dann der tod vnd nichts vngewissers dannen die stund des tods Da es für alle Menschen nichts Gewisseres gibt als den Tod und nichts Ungewisseres als die Stunde des 563 Todes VIND. Nr. 321 S. 329 (15. Jh.) (vgl. oben 1,1,1.). Leb mensch frü vnd spat in sorgen. Wann wenn oder wie du stirbest ist dir verborgen Mensch, lebe früh und spät in Sorgen; denn wann oder wie du stirbst, ist dir verborgen! PAL. GERM. 640 Bl. 116 v 564 (15. Jh.). Cur ego mortalis possum laetarier unquam? Tempus enim, quo sum vel moriturus, erii. Sed quando immineat, nunquam cognoscere possum Ef, quo perveniam, nescius atque miser. — Ich stirb vnd waiß nit wan Ich far vnd waiß nit wa hin Mich nempt wunder das ich frelich bin Warum kann ich als Sterblicher jemals Freude haben? Denn es wird zwar eine Zeit geben, zu der ich sterben werde, aber ich kann bei meinem Unwissen und Elend nicht erkennen, wann dies bevorsteht und wohin ich kommen werde. — Ich sterbe und weiss nicht, wann. Ich fahre dahin und weiss nicht, wohin. Mich wundert, dass ich fröhlich bin CARM. SOTADICUM (-» BEBE L, PROV. GERM. 565 S. 164). Dre dinge weth Ick vorwar, De vaken myn Herte maken swar. Dat erste besweret mynen moedt, Wente Ick jümmer steruen moeth. Dat ander besweret myn Herte mehr, Dat Ick nicht weth wenehr. Dat drudde besweret my bauen all, Ick weth nicht wor ick varen schal Drei Dinge weiss ich fürwahr, die oft mein Herz schwer machen. Das erste beschwert meinen Sinn, dass ich sicher sterben muss. Das andere beschwert mein Herz noch mehr, dass ich nicht weiss, wann. Das dritte bedrückt mich über alles: Ich weiss nicht, wohin ich fahren werde KÖHLER, KL. SCHR. 111,447 (1501) 566 (vgl. oben 1.1.1., unten 6.1.1.). We wet de tyt des dodes? — Tempus sive diem lethi quis noverit unquami Wer kennt die Zeit des Todes? — Wer wird jemals die Zeit oder 567 den Tag des Todes kennen? TUNNICIUS 1124. Es weiß niemand wie yhm sein todt 568 bescheret ist AGRICOLA Nr. 54. Dre dinge weih ick vorwar, De maken min herte seer swar: Dat Erste mi sorgen doet, Dat ick jo sterven moth. Dat ander beswert mi noch meer, Wente ick weth nicht wenneer. Dat Drudde bedrovet mi baven all, Dat ick nicht weth, wor ick bliven schal Drei Dinge weiss ich fürwahr, die machen mein Herz sehr schwer: Das erste bekümmert mich, dass ich sicherlich sterben muss. Das zweite bedrückt mich noch mehr, dass ich nicht weiss, wann. Das dritte betrübt mich über alles, dass ich nicht weiss, wo ich bleiben werde REIMBÜCHLEIN 2548 (vgl. oben 1.1.1., unten 6.1.1.). -> LEBEN 127-129. Vgl. oben 435, ABEND 1.1., GEWISS 2.4., GLÜCK 2.1., HEUTE 3.2., LEBEN 1.3., MORGEN (Adv.) 3.1., WELT 2.1.2.4., WISSEN 7.1.-7.2.

3.5.2. Wir wissen nichts über Leben und Tod 569 Fr. On ne scait qui meurt ou qui vit Man weiss nicht, wer stirbt oder wer lebt ET. 570 LEGRIS 509. O« ne scet qui meurt ne qui vit LEROUX 11,362 (15. Jh.). 571 Nord. Pat er ok vant sia, felagsmadr, huart fyrr kemr, hel ear langframi Das ist auch schwer zu sehen, Genösse, was eher kommt: Tod oder langes Leben (Baetke) ORKNEYINGA SAGA 106 S. 319,7.

TOD

354

4. Tod als einmaliger und endgültiger Vorgang 4.1. Der Tod erfolgt nur einmal und planmässig Vgl. oben 1.4. 4.1.1. Man stirbt nur einmal31 572.573 Bibl. Statutum est hominibus semel mori VULG., HEBR. 9,27, Den Menschen ist gesetzt, ein mal zu sterben LUTHERBIBEL, EBD. 574 Fr. Nous n'avons c'une mort entre nous ä passer Wir haben für uns nur einen Tod 575 durchzustehen FIERABRAS 3781. Chascuns n'a c'une mort ä soffrir n'ä passer Jeder 576. 577 hat nur einen Tod zu erleiden und zu überstehen GUI DE BOURGOGNE 2134, N'ai que d'une mort a morir Ich habe nur eines Todes zu sterben G. LE CLERC, FERGUS 96,8. 578 JACQUES BRUYANT 7b. Chascun n'a c'une mort, pour voir le vous greant Jeder hat 579 nur einen Tod, ich versichere es euch GAUFREY 6168. On ne poeut morir qu'une fois 550 Man kann nur einmal sterben REN. CONTR. 33370. Car il n'avoit ä passer que une fois le cruel pas de la mort Denn er hatte nur einmal den grausamen Durchgang des 551 Todes zu passieren J. D'ARRAS, MELUSINE 39. Dist que il n'avoit que une mort ä souffrir Er sagte, dass er nur einen Tod zu erleiden habe FROISS. ($PEC. 10) 317,335. 582 Je vous dy vrayment que je ne puts morir que une foiz, mais s'il estoit possible que je deusse morir cent foiz, seroye contempts de recevoir la mort pour I*amour de vous Ich sage Euch wahrheitsgemäss, dass ich nur einmal sterben kann. Aber wenn es möglich wäre, dass ich hundertmal sterben sollte, wäre ich zufrieden, den Tod aus Liebe zu 583 Euch zu empfangen PIERRE DE LA CEPEDE, PARIS ET VIENNE 491,9. Car je n'ay a morir que une foiz Denn kh habe nur einmal zu sterben EBD. 494,5. $84. 58$ It. So/o una volta si muore Nur einmal stirbt man Bocc., FILOCOLO 1,258, No« si muore piü d' una volta Man stirbt nicht mehr als einmal MICHEL., LETTERE 160 (vor 1523). 586 N o r d . Enda ma ek eigi meira afla en einvm davda Überdies kann ich mir nur einen 587 Tod erwerben HEIL. M. s. 1,448,14 (Leib u. Seele). * deyr engi optar enn um sinn Aber niemand stirbt öfter als einmal ILLUGA SAGA GRIDARFOSTRA 4 (+FAS 111,655 [= GERING 16]). 588 N l. le enmach doch met dan eens sterven Ich kann doch nur einmal sterben REINAERT 2004. 589 Dt. Si bedahten sieb des wo!, daz nieman ersterben sol Wan einest und niht mere Sie überlegten dies gut, dass niemand mehr als einmal sterben muss ULR. v. ZATZIKHOVEN, 590 LANZEL, 7343. 56 muoz ich doch sterben Eins todes unde keines mer HEINR. v. D. 591 TÜRLIN 20671. Hie ist nieman er wizze wol Daz er eines todes sol Sterben . vnd debeines mere Hier ist niemand, der nicht genau weiss, dass er eines Todes sterben 592 muss und keines mehr HERBORT v. FRITZLAR 5717. Junffrouwe ich sagen dir nu als ef De eins stirft f hie enstirft neit me Jungfrau, ich sage dir jetzt wie zuvor; Wer einmal 593 stirbt, stirbt nicht mehr HAGEN, KÖLNER CHRON. 214. Nyeman mag verderben Zwayer töde Niemand kann zweifachen Todes sterben GÖTTWEIGER TROJANERKRIEG 594 12342. Ich wetz daz ich steruen muz Wände ich bin schuldich einen tot Ich weiss, dass ich sterben muss; denn ich schulde einen Tod ALTES PASSIONAL 189, 88 (vgl. oben 595 1.1.1.). Wir sin alle schuldec Unserme herre einen tot Wir schulden unserm Herrn 596 alle einen Tod PASSIONAL 414,2. Do daucht ich: du kanst nit me Wann ames todes sterben Da dachte ich: Du kannst nicht mehr als eines Todes sterben JOH. v. KONSTANZ, 597 MINNELEHRE 234. Zivär ich sol doch niur eines todes sterben Ich muss doch in Wahr595 heit nur eines Todes sterben MINNERS KLAGE 635,7. Man könnte mir doch nicht mehr als Einen Tod anthun ELISAB, v, NASSAU, LOHER 131. Vgl. LEBEN 1.4.2.

355

TOD

Ähnlich: 599 MIat. Sunt mortis multa genera, Unum finem dant omnia Es gibt viele Todesarten; alle ergeben aber nur ein Ende UNIBOS 164.

4.1.2. Man stirbt nur zur festgesetzten Zeit32 600 L a t . Nemo nisi $uo die moritur Man stirbt nur an seinem Tag SEN., EP. 69,6. 601 Fr. Ne nus ne puet morir desqua son tor Niemand kann sterben bis zu seinem Tag LIVRE D'ARTUS 8,38. 602 Dt. Wan nieman ersterben mac, E im kumt stn endes tat Denn niemand kann sterben, 603 bevor der Tag seines Endes für ihn kommt ULR. v. ZATZIKHOVEN, LANZEL. 1613. Nye604 mant stirbt vor seiner zeitt HÄTZLERIN 2,2,209. Nyemant stirbt e (vor) sinr zitt MINNEREDEN II 10,163.

60J 606

607

605 609 610 6 612. 613 614 615 616 617

4.1.3. Es sterben nur die Todgeweihten N o r d . Hverium bergr nakkvat, er eigi er feigr Jeden, dem der Tod nicht bestimmt ist, rettet etwas FOSTBRCEDRA SAGA 185,7 (= JONSSON, ARKIV 104. JONSSON 41). Sannask her it fornm<a, at eigi ma ofeigum bella Hier bestätigt sich das alte Sprichwort, dass niemand den treffen kann, dem der Tod noch nicht bestimmt ist HEIDARVIGA SAGA 11 S. 243 (= JONSSON, ARKIV 301. JONSSON 126). V/r perimi vetidus migrat ab hoste quitus. — Wfeij man f&rdes tmggheiighe om landh Der Mann, der (noch) nicht getötet werden darf, wandert ohne Feind davon. - Der dem Tode nicht verfallene Mann reist sicher über Land LÄLE 1136. Dt. Ez sterben [nijwan die veigen Es sterben nur die dem Tode Verfallenen WIRNT v. GRAFEN BERG 10201. Da sterbent wan die veigen Da sterben nur ... NIBELUNGEN 150,2, Ez sterbent nit wan die veigen Es sterben nur ... ULR. v. TÜRHEIM, RENNEW. 8300. Stürb ieman wan die veigen, So waere ich tot vor maneger ztt Stürbe (noch) jemand ausser den dem Tode Verfallenen, so wäre ich tot seit langer Zeit BÖSE FRAU 502. Ez sterbent niwan die veigen Übers, wie 608 FLEIER, GAREL 13115. Ez sterbent nevr die veigen ALBR. v. SCHARFENBERG, J. TITUREL 1899. la stirbst anders nieman danne die veigen Es stirbt fürwahr kein anderer ausser den dem Tode Verfallenen EBD. 3022. Ez geligen doch niur die veigen Es bleiben doch nur die dem Tode Verfallenen liegen ULR. v. ESCHENBACH, ALEX. 23842. Wann es sterben nur die faigen Denn es sterben nur die dem Tode Verfallenen HÄTZLERIN 2,2,224. Es sterben doch nicht wann die faygen Es sterben doch nur ... SEIFRID DE ARDEMONT 126,7.

4.2. Der Tod ist endgültig und unwiderruflich 4.2.1. Allg. 4.2.1.1. Tot ist tot 6ls. 619 Fr. Qtti est morz si est morz Wer tot ist, ist tot ANC. SERMONS 57. Le proverbe tient son lieu fort, Qui dist: qui est mort si est mort Das Sprichwort hält seinen Platz fest 620. 62i inne, welches sagt: ... GODEFROY DE PARIS 1563. Qui est mors, il est mors B. DE SEB. 622. 623 1,866. 14,1415. Qui est mort si est mort ET. LEGRIS 625 {= MORAW. 1929). Qui est mort U est mort LEROUX II, 391 (15. Jh.). 33 624 Nl. Sierft die coninc so es hi doot Stirbt der König, so ist er tot CAREL ENDE ELEGAST 981. 62j Dt. De doet is, moet blyuen dod Wer tot ist, muss tot bleiben REINKE Vos 3830. 626 De doet is, mod blyuen doet EBD, 3860. — LEID 59, Vgl. unten 642, 1187, 1194, 1202-1203, 11.1.1., HIN 1.

TOD

356

Ähnlich: 627 Span. Entre guerra y paz, al que matan ay se jaz Jederzeit (wörtl.: Im Krieg und im 628 Frieden} liegt der da, den man tötet LOPEZ {?), REFRANES 287. Entre guerra paz, quien se muere, ay se jaz ... liegt der da, der stirbt NUNEZ 1,93.

4.2.1,2. Der Tod ist nicht rückgängig zu machen 629 Mlat. Qui patrem occidit, non patrem reddet eundem Wer einen Vater tötet, wird 630 eben den Vater nicht zurückgeben 34 EGBERT., FEC. RAT. 1,269. Neminem ab inferis Revertentem vidimus Wir sahen niemanden von den Toten zurückkehren PETR. BLES., CARM. 2,28 S. 347, 631 Fr. Cil qui morz est ne puet guarir Derjenige, welcher tot ist, kann nicht genesen 632 ROM. DE THEBES 384. Puts c'om est morz, n'i a nul recovrer Wenn man tot ist, gibt 633 es keine Abhilfe mehr HERB. DANM., FOLQUE DE CANDIE 4364. Puisqu'il est mors, ne vaut noient, N'i a mais nul recouvrement Da er tot ist, taugt nichts mehr. Es gibt: 634 keine Abhilfe mehr G. DE PAL. 6365. Que mort ne puet nus recovrer Dass keiner den 635 Tod wiedergutmachen kann 3 5 REN. 11,1884. Mort ne puet estre recovree Der Tod 636. 637 kann nicht wiedergutgemacht werden EBD. 23,868. Recouvrer n'est pas mort Der 638 Tod ist nicht mehr wiedergutzumachen 36 ET. LEGRIS 697. MORAW. 2196. Len ne peut faire les mors revivre Man kann die Toten nicht Wiederaufleben lassen MORAW. 1516. 639 Apres la mort nul recouvrier n'y a Nach dem Tod gibt es keine Abhilfe mehr ROMANIA 40,19,13 (Hs. um 1480). 640 Pro v. E que me val socors pois mort serai? Und was nützt mir die Hilfe, wenn ich 641 rot sein werde? COINE (= CONON DE BETHUNE [+ROMANIA 34,47]), -I// mort son greu per garir Die Toten sind schwer zu heilen VESQUES DE BASAZ (-»APPEL, POESIES PROV. 36,6.). 642 N l. Die doot is, moet bliuen doot: Men machse niet weder doen leven Wer tot ist, muss tot bleiben. Man kann sie nicht wieder lebendig (wörtl.: leben) machen REINAERT 4116 {vgl. oben 4.2.1.1.). 643 Dt. Der tot ist vngenesende . so wer dent wunden dicke wol geheilet Der Tod ist unheilbar; Wunden dagegen werden oft gut geheilt ALBR. v. SCHARFENBERG, J. TITUREL 644 291. Si werdent ouch niht lebendic, die erstorben sint Diejenigen, welche gestorben 645 sind, werden auch nicht (wieder) lebendig WOLFDIETR. A 368,4. De eins gestorven is, en kumt nicht wedder. — Qui semel occubuit, non vitae surgit ad auras Wer einmal gestorben ist, kommt nicht mehr zurück. - Wer einmal gestorben ist, kehrt nicht mehr zu den Lebenden zurück TUNNICIUS 185. -» JUNGFRAU 27. Vgl. oben 44-46. 2.2.1., GEHEN 2.1., GESCHEHEN 6.1., GLÜCK 1.3., 1.5., HIN l,, JAHR 1.3.1., JUNG 1.3., LEBEN 1.4.2., SEIN 1.6., STUNDE 1.3., TAG 5.2.2., TUN 3.1.-3.2., VERGEHEN 2., ZEIT 1.1.1,- 1.1.2.

4.2,2, s. Inhaltsübersicht 5. Tod als Wert und Vorteil 5.1. Der Tod bedeutet Leben und Seelenheil 5.1.1. Aug. 5.1.1.1, Mit dem Tod beginnt das Leben37 646 La t. Si supremus ille dies non exstinctionetn, sed commutationem adfert loci, quid optabilius? ... Nos vero, si quid tale accident ... laeti et agentes gratias pareamus emittique nos e custodia et levari vinclts arbitr&mur, ut aut in aeternam et plane nostram domum rermgremus Wenn jener letzte Tag nicht das Auslöschen, sondern den Wechsel des Ortes bringt, was gibt es dann Wünschenswerteres? Wir unsererseits wol-

357

647

648 649 650 651

652 653

654 655

656 657. ess 659 660 661. 662 663. 664

TOD

len, wenn so etwas geschieht, heiter und dankbar gehorchen und überzeugt sein, wir würden aus einem Gefängnis entlassen und von den Fesseln befreit, um in ein ewiges und wahrhaftig uns gehörendes Haus zurückzukehren Cic., Tusc. 1,49,117. Dies iste, quem tamquam extremum reformidas, aeterni natalis est Dieser Tag, den du als den letzten fürchtest, ist der Geburtstag der Ewigkeit SEN., EP. 102,26. Mlat. Ut mortem quoque, quae pene cunctis poena est, uidelicet ut ingressum uitae et labor is sui praemium amaret Dass er auch den Tod, welcher sozusagen für alle eine Strafe ist, folgerichtig wie den Beginn des Lebens und den Lohn seiner Mühe liebte BEDA, HIST. ECCL. 2, l S. 60. Mors boni hominis migratio est ad meliorem vitam Der Tod des guten Menschen ist ein Übergang zum besseren Leben ALCUIN., EP. 198 (327,35). Morimur, ut melius vivamus Wir sterben, um besser zu leben EBD. 198 (328,19). Bona mors, et nequaquam abhorrenda, quae vitam etsi adimit, non perimit. Adimit quidem, sed ad tempus, restituendam in tempore, duraturam sine tempore Der Tod ist gut und keineswegs furchtbar, der das Leben, auch wenn er es nimmt, doch nicht zerstört. Er nimmt es zwar, aber nur für einen Augenblick, um es zur rechten Zeit wiederherzustellen zur zeitlosen Dauer BERN., EP. 42,3,11 (818 C). Fr, Saces: quant preudons muert, lors commence il a vivre Mögest du wissen: Wenn der Gute stirbt, fängt er zu leben an GAUT. DE COINCY, CHRISTINE 2376, Que quant personne vient au terme Qu'elle en ce monde doit mourir, Adonc commence-eüe ä flourir Et prent commencement de vie Denn wenn einer den Zeitpunkt erreicht, zu dem er in dieser Welt sterben muss, dann fängt er an zu blühen und beginnt zu leben JACQUES BRUYANT 30a. Pro v. Qu'avols vida val pauc e qui muor gen, Auci sä mort e pois viu ses formen Denn ein schlechtes Leben taugt wenig, und wer schön stirbt, vernichtet seinen Tod und lebt danach ohne Qual PONS DE CPD. l, 17. Engl. Thynk pat pou ert ded alway, Qwyllis pat pou dwellis here; Thynk pi lyff be gynnis ay Qwen pou ert layd apon a here Denke, dass du immer tot bist, solange du hier weilst! Denke, dass dein Leben für immer beginnt, wenn du auf eine Bahre gelegt wirst! LYRICS XVTH CENT. 163,61. Nl. AI stervende findet men dot leven Indem man ganz stirbt, findet man das Leben MNL. GEISTL. LIEDER 69,10, Dt. Der tot gebirt uns hin ze gote (zu Gott) FREIDANK 21,5. Der tot daz ist ein höckgeztt, Die uns diu werlt ze jungest gtt Der Tod ist ein Freudenfest, das uns die Welt zuletzt schenkt EBD. 178,12 (= LIEDERSAAL 96,47). Der tot gebirt ez (seil, daz kint) hin ze gote (zu Gott) HUGO v. TRIMBERG 24089. Sante Augustinus sprichet: der töd ist ein duer, durch die man gät in das ewige leben Der heilige Augustin sagt; „Der Tod ist eine Türe, durch die man in das ewige Leben geht" GERMANIA 18,195 (Hs. 14. Jh.). Wol sterben ist nit verderben, sondern das leben erben FRANCK 1,34 r. EGENOLFF 296 r. Ein ehrlicher todt ist ewig leben FRANCK 1,74 r. EGENOLFF 316 r. Vgl. oben 259, unten 858

5.1.1.2, Der Tod rettet die Seele 665 M l a t . Curia uirtutis mors e$t animaeque $aluti$ Der Tod ist die Stätte der Tugend und des Seelenheils WERNER 2 c 229. 666 Fr. Bonne est la mort, puisqu'elte sauve l'ame Gut ist der Tod, da er die Seele rettet J. MOLINET 643,183. 667 Eng L Pat ded sal be pi saivl frend, and erthly lyff pi ff o Dass der Tod der Seele Freund sein soll und das irdische Leben dein Feind LYRICS XVTH CENT. 163,60.

TOD

358

5.1.2. Spez. 5.1.2.1. Wer nicht sterben will, will nicht leben 668 La r. Vivere noluit qui mori non vult Wer nicht sterben will, hat auch nicht leben wollen SEN., EP. 30,10. 669 It. Chi teme di morire, desidera di non vivere Wer sich fürchtet zu sterben, begehrt nicht zu leben POLIZIANO 384 S. 203.

5.1.2.2. s. Inhaltsübersicht 5.2. Der Tod bedeutet Erlösung und Klarheit 5.2.1. Der Tod schafft klare und geordnete Verhältnisse 670 Dt. Sollen alliu kunter immer leben ... Und [laegenj nibt die fliegen tot, Sie tasten uns houbethafte not! ... Mete st der tot niht bin genomen All die von Adam sind bekamen, In waer daz ertrtcb ze enge ... Nu sullen wir got immer loben, Daz er geschuof den lieben tot ... Er kan liep von liepe scheiden; So scheidet er ouch die leiden Wenn alle Geschöpfe immer leben würden und wenn die Fliegen nicht stürben, brächten sie uns in höchste Not. Hätte der Tod nicht all jene dahingerafft, die von Adam abstammten, wäre ihnen die Erde zu eng (geworden). Nun müssen wir Gott immer loben (dafür), dass er den lieben Tod geschaffen hat. Er kann Geliebtes von Geliebtem scheiden; so scheidet er auch diejenigen, die sich hassen BISP. v. EIM HUNDE 78 (vgi. oben 671 548, unten 6.3.}. Retten wir von des ersten von leime gekleckten marines zeit leute auf erden, tiere und wurme in wustunge vnd in wilden beiden, schuppentragender vnd slipferiger fische in dem wage zuwachsunge vnd merunge nicht ausgereutet — vor kleinen mucken mochte nu niemant beleiben, vor wolfen torste nu niemant aus; es wurde fressen ein mensche das ander, ein tier das ander, ein ieglich lebendige beschaffunge die ander, wann narunge wurde in gebrechen, die erde wurde in zu enge Hätten wir 38 von der Zeit des ersten, aus Lehm zusammengesudelten Menschen an die Menschen auf der Erde, die Tiere und Würmer in öden Gegenden und wilden Heiden, der schuppentragenden und schlüpfrigen Fische Zuwachs und Vermehrung im Wasser nicht ausgerottet, könnte jetzt vor kleinen Mücken niemand bestehen, dürfte sich jetzt wegen Wölfen niemand hinauswagen. Es würde ein Mensch den ändern fressen, ein Tier das andere, jedes lebendige Geschöpf das andere; denn sie hätten Mangel an Nahrung, die 672 Erde würde ihnen zu eng JOH. v. SAAZ 8,8. Der tod die leng vil sack rieht, slicht Vnd mangen krumpen sin Der Tod ebnet und glättet auf die Länge viele Dinge und manchen 673. 674 krummen Sinn OSWALD v, WOLKENSTEIN 113,79. Der todt scheydt alle krieg Der Tod beendet alle Streitigkeiten FRANCK 1,34 r. EGENOLFF 296 r. Ähnlich: Die Toten öffnen den Lebenden die Augen 675 Span, For esto se dize que los muertos abren los ojos de los que biuen Daher sagt 676 man, dass die Toten die Augen derer Öffnen, welche leben CELESTINA 239 (17). Los muertos abren los ojos a los que viven Die Toten Öffnen denen die Augen, welche ieben NUNEZ II, 317.

5.2.2. Der Tod ist das Ende von allem Übel und Elend 677 La t. Mors dolorum omnium exsolutio est et finis Der Tod ist die Erlösung und das 67S Ende von allen Schmerzen SEN., CONSOL. AD MARCIAM 19,5. Fac ttbi pro penis mortem non esse timendam, Quae bona si non est, finis tarnen illa malorum est Mach, dass du den Tod nicht als Strafe fürchten musst! Wenn er auch nicht gut ist, ist er doch das Ende des Übels PS. CATO, DIST. 3,23 (vgl. unten 1143), 679 M l a t. Nate, timere mori plena formidtne noli: Mors mala nos tollit, sed et hec mala nostra resoluit Mensch, du sollst dich nicht voller Angst vor dem Tode fürchten. Der

359

TOD

schlimme Tod rafft uns zwar hinweg, löst aber auch unsere Übel CATO NOVUS 199. 680 Mors inopina bonis sopor est finisque laboris Für die Guten ist der unerwartete Tod 6Si ein Schlaf und das Ende der Mühe BASL. SPRW. A 52 (vgl. oben 3.2.1,). Morte nibil mel'ms, vita nil pejus tniqua Optima mors bominum requies eterna laborum Es gibt nichts Besseres als den Tod und nichts Schlimmeres als ein übles Leben. Der Tod der Menschen ist als ewiges Ausruhen von den Mühen sehr gut NISARD H, 334. 682 Fr. Fac tibi preponas mortem non esse timendam, Que, hona si non est, finis tarnen ipsa malorum est. — Fai tant en ta vie Qu'il ne t'estuit mie Douter mort ne poine: Fin est de tuz mals, E (lies mit VERNON MS. 50 S. 593: Mori, e} tant si vais A bien del sen demeine Nimm dir vor, dass der Tod nicht zu fürchten ist, der, auch wenn er nicht gut ist, eben das Ende von den Übeln ist! — Bewirke so viel in deinem Leben, dass du Tod und Strafe nicht fürchten musst! Der Tod ist das Ende von allem Übel, und soviel Gutes 683 wenigstens liegt in seiner Herrschaft EVERART, CATO 452. Morz n'est pas malx, mats est fins de torment; Mais dolors est de vivre pour languir Der Tod ist kein Übel, sondern das Ende der Pein. Aber es ist leidvoll zu leben, um dahinzusiechen CHANSONNIER 684 GANGE 76,43. Remambre toy des moz que tu escoutes; Je t'ay ja dit que la mort point ne doubtes. Se rien ne vault, tonte voye je t'(e) afferme, Que touz les maulx met a fin et a terme Erinnere dich der Worte, die du hörst! Ich habe dir soeben gesagt, dass du den Tod nicht fürchten sollst. Wenn er auch nichts wert ist, so versichere ich dir jedenfalls, dass er den Übeln ein Ende und eine Frist setzt J. LEFEVRE, CATO 483. 685 Pro v. Ja no me desconort, Per temenza de mort. Greus es lo sos fuirs ... Per o fenis lo mal Del segle corporal Nie verzage ich aus Angst vor dem Tod. Schwer ist die Flucht vor ihm. Indessen beendet er das Übel der irdischen Zeit CATO PROV. T 679. 686 Ir. Che morte al tempo e non duol, ma refugio Denn der Tod zur rechten Zeit ist kein Leid, sondern Zuflucht PETRARCA 2 Ganz. 5,6 (S. 306}. 687 N o r d . Bana sinn hrceöaz Skal eigi bragna lid, at bann er endir ills; Goöum monnum, t>eim er grand varaz, Oaudi ok li'f dugir Seinen Tod soll keiner von den Männern fürchten; denn er ist das Ende des Übels. Guten Männern, die sich vor Sünde bewahren, sind der Tod und das Leben dienlich HUGSVINNSMÄL 106, 688 Engl. Me ondrced pu pe dead to swyde for nanre wife, peb be pe full god ne fryncce, he byp celces yfeles (ende Fürchte du den Tod nicht zu sehr als irgendeine Strafe, auch wenn er dir nicht sehr gut erscheint! Er ist das Ende von allem Leid EARLY HOM. 5,29, 689 Deeth is an ende of every worldly score Der Tod ist ein Ende von jedem irdischen Leid 690 CHAUCER, KNIGHT'S T. A 2849. Men seen how detb is fyn of al myscheef Man sieht, wie der Tod das Ende von jedem Unglück ist LYDGATE, FALL OF PRINCES 6,1261. 693 Thynk pat ded is opynly Ende off wer des wo Denke, dass der Tod offensichtlich das Ende vom Leid des Schicksals ist! LYRICS CENT. 163,53.39 692 D t. Wä von sol ein guoter man Vürhten daz er sterbe? wan Wizzet daz, daz im, der tot Hilf et uz vil grozer not ... Wir leben lützel oder vil, Ein ieglich man doch tot lit. Dem guoten ist als liep enzit, Daz er sterbe: im wirf halt baz, Ob er dar schier kumt ... Man vert umbe gar die vrist Die man in der werlde ist, Aver man sol wizzen, swenne Man stirbt, so vert man heim denne Weshalb soll ein guter Mensch sich davor fürchten, dass er stirbt? Denn wisst, dass ihm der Tod aus sehr grosser Not hilft! Ob wir kurz oder lang leben, es stirbt doch ein jeder. Dem Guten ist es ebenso lieb, wenn er beizeiten stirbt: Ihm ergeht es ja besser, wenn er schnell dorthin kommt. Man zieht die ganze Zeit, die man in der Welt ist, herum. Aber man muss wissen, dass man dann, wenn 693 man stirbt, heimkehrt THOM. v. ZIRCLARIA 5421 (vgL oben 1.2.1.1.). Au$s aller nott 694 Hilfft uns der todt KLAGENFURT 39. Es ist eyn gut ding umb den tod, Er hilffet uns 695. 696 auß aller not AGRICOLA Nr. 516. Der todt ist ein endt aller not FRANCK I, 34 r EGE697 NOLFF 296 r. Todt hilfft auß aller not EGENOLFF 296 r. Vgl. unten 1173

TOD

360

5.2.3. Fr her Tod befreit vorzeitig von Leid und Krankheit 69S Fr. Qui plus tost meurt en languist moins Wer fr her stirbt, siecht weniger (lang) 699 dahin ALAIN CHARTIER, BELLE DAME 264. Qui tantost moeurt, on dit qu'ii languist mains Wenn einer fr h stirbt, sagt man, dass er weniger (lang) dahinsieche J. MOLINET 700 216,206. Qui moeurt tantos, il languist mains Wer fr h stirbt, siecht weniger (lang) dahin EBD. 668,281. 70! K a t . Qui pus tost mor, sert, meyns pena soste Wer fr her stirbt, erduldet gewiss weniger Leid OLIVER, M DAMA SENSE MERGE 264. Vgl. unten 825

5.2.4. s, Inhalts bersicht 5.3. Der Tod ist besser als das Leben 5.3.1. Allg. 40 702. 703 Bibl. Expedit enim mihi mori magis, quam vivere VULG., TOB. 3, 6. Denn ich wil viel liebr tod sein, denn (als) leben LUTHERBIBEL, EBD. 704 La t, Nonne mori satius, vitae quam ferre pudorem? Ist es nicht besser zu sterben, als die Schande des Lebens zu ertragen? CLAUD., DE BELLO GILD. 451. 705 M J a t . Morte mori melius, quam uitam ducere mortis Es ist besser zu sterben, als ein 706 Leben des Todes zu f hren MAXIMIAN, l, 265. Melius est ergo mori vitae, quam vivere morti Es ist besser, f r das Leben zu sterben, als f r den Tod zu leben INNOC. III., 707 CONTEMPT. M UN DI 1,24 (714 A). Nonne mori melius, quam vitam ducere mortis Ist es nicht besser zu sterben, als ein Leben des Todes zu f hren? ALBERT. STAD., TROILUS 1,307. 70S It. Che bella morte om saggio Den di coraggio — pi ehe vita, amare Denn einen sch nen Tod soll ein weiser Mann von ganzem Herzen mehr lieben als das Leben GUITTONE, GANZ. 25,42. 709 Dt. Die gschrifft sagt auch das, Der tag des todes besser sey, Dann (als) der tag der 710 gehurt SACHS 1,445,9 (1533). £5 sagt die schrifft, Der tod sey besser, dann (als) das lehn EBD. 1,446,15 (1533). hnlich: 711 M l a t . Est grave proficere, sed mulfum dulce perire Es ist schwer, (im Leben) zu gedeihen, aber sehr s ss zu sterben PROV. WRATISLAV. 184.

5.3.2. Spez. 5.3.2.1. Ehrenvoller Tod ist besser als ein Leben in Schande41 712 La t. Nonne emort per virtutem praestat quam vitam miseram atque inhonestam ... per dedecus amittere? Ist es nicht besser, tugendvoll zu sterben, als ein elendes und 713 ehrloses Leben sch ndlich zu verlieren? SAI.LUST., CAT. 20,9, Praestare honestam mortem existimans turpi vitae Im Glauben, dass ein ehrenvoller Tod besser sei als ein 714 sch ndliches Leben CORNEL. NEPOS 12,4. Honesta mors turpi vita potior Ein ehrenvoller Tod ist besser als ein sch ndliches Leben TAG., AGR. 33,6. 715 Mg r. Αίρετώτερον καλόν θάνατον αντί του αισχρού βίου Ein sch ner Tod ist einem h sslichen Leben vorzuziehen APOSTOLIOS 1,670. 716 Ml at. Melius est bene mori quam male vivere Besser ist es, gut zu sterben, als schlecht 717 zu leben ISIDOR., SYNON. 1,21 (832 C). Melius esse cum honore mori... quam turpi· ter et cum tanto dedecore vivere statuerunt Sie stellten fest, dass es besser sei, mit Ehre zu sterben, als sch ndlich und so unehrenvoll zu leben HIST. FRED. IMP. CONT. 184,17. 71S Prestat honore mori uit$t que non sit bonori Es ist besser, ehrenvoll aus dem Leben zu

361

TOD

719 scheiden, welches nicht zur Ehre gereicht S. OMER 217. Prestat speäosa defungi morte, quam lucis auiditate utlescere Es ist besser, eines schönen Todes zu sterben, als 720 aus Lebensbegierde verächtlich zu werden SAXO GRAMM. 47,36. Sponte mori potius quam turpem degere vitam Es ist besser, freiwillig zu sterben, als ein schändliches Leben 721 zu führen PETRARCA, AFRICA 3,642. Malo perire fame quam nomen perdere fame Ich 722 will lieber vor Hunger sterben als den guten Ruf verlieren WERNER 2 m 5. Melius est autem honorifice mori quam inhonorifice vivere Es ist besser, ehrenvoll zu sterben, als ehrlos zu leben KALILA 95,40. 723 Fr. Mieuz te vienl morir a honor Que tu vives a deshonor Es ist besser für dich, 724 ehrenvoll zu sterben, als dass du in Schande lebst ROM. DE THEBES 3521. Mult valt mielz murir a enur Que lunges vivre a desonur Es ist viei besser, ehrenvoll zu sterben, 725 als ein langes Leben in Schande zu fuhren WACE, ROM. DE BROT 8929. Melz vodra [en] onur morir Que vtfremaindre et sei honir Es wird besser sein, ehrenvoll zu sterben, als am Leben zu bleiben und sich in Schande zu bringen HUON DE ROTELANDE, PRO726 THES. 4236. Pts est que mort Jen] hunte vivre In Schande leben ist schlimmer als der 727 Tod EBD. 6813. Se assez miauz morir ne vuel A enor, que a honte vivre Wenn ich nicht viel lieber ehrenvoll sterben möchte als in Schande leben CRESTIEN, LANCELOT 728 1126. Plus erlern et redout honte que je ne fais morir Mehr fürchte und scheue ich 729 die Schande als das Sterben ALEX. DE PARIS, ROM. ALIX. 2,1475. Miex vaut jmors] a honor que vivre a deshonor Ehrenvoller Tod ist besser als leben in Schande FILS 730 AYMON 6832. Mix voel estre mors a honor Que estre pris a deshonor Ich will lieber 731 in Ehre tot sein als gefangen in Schande G. DE PAL. 6929. Miels vaut mort ä honnor que vivre a tel laste Ein ehrenvoller Tod ist besser als ein Leben in solchem Elend 732 FlERABRAS 3143. Car miels vaut monr par honor, Que tous jars vivre a deshonnour Denn es ist besser, ehrenvoll zu sterben, als immer in Schande zu leben FORM. HV 733 431. Car miauz me vient il morir a honor, que vivre hont ei deserite en terre Denn es ist besser für mich, ehrenvoll zu sterben, als in Schande und mit Schaden auf der Erde 734 zu leben LANCELOT II 66. Muez vaut morir delivrement que vivre trop honteusement Es ist besser, sogleich zu sterben, als allzu schändlich zu leben HERB., DOLOR 5993. 735 Mais mius velt morir a honnor que vivre et faire desonor Aber er will lieber ehrenvoll 736 sterben als leben und Schändliches tun G. LE CLERC, FERGUS 116,35. Mielz valt morir a honur, Que fuir s'en a deshonur Es ist besser, ehrenvoll zu sterben, als schändlich 737 zu fliehen GUI DE WAR. 2111. Mulz valt a honur morir, Que de la place a hunte 738 fuir ... als schändlich von der Stelle zu fliehen EBD. 2289. Car asses vaut miex boine foy et a honor morir que viure ahonte et tout perdre et puis morir a deshonor Denn wahre Treue und ehrenvoller Tod sind viel besser, als schändlich zu leben, alles zu 739 verlieren und in Schande zu sterben MERLIN VULG. 163,24. Car asses vous uient il miex de morir a honor que de uiure deshirete et poure Denn es ist für euch viel besser, 740 ehrenvoll zu sterben, als enterbt und arm zu leben EBD. 188,2. Que mielz atme il a morir a honor que uiure a honte Denn er will lieber ehrenvoll sterben als in Schande 74? leben LIVRE D'ARTUS 294,2. Mix aim estre mors que hont Ich will lieber tot sein als 742 in Schande ATRE PER. 1608, Car mieulz lest] monr a hennor Que se je vive a deshen743 nor Ehrenvoll zu sterben ist besser, als wenn ich in Schande lebe CLARIS 2150. Miex vaut mors ä honneur que ne fait honteus vis Einer, der ehrenvoll stirbt, ist mehr wert 744 als einer, der schändlich lebt ADENET, BUEVE 499. Mieus aiment morir ä hounor Ke vivre au monde ä deshonor Sie wollen lieber ehrenvoll sterben als in dieser Welt schänd745 lieh leben JAQUEMART GELEE, REN. NOUV. 5863. Miex vos vient a onor morir Q'a honte vivre et trop languir Es ist für euch besser, ehrenvoll zu sterben, als in Schande 746 zu leben und zu lange dahinzusiechen JEHAN, RlGOMER 5351. Melius est bene mori quam male vivere! — Mioz est bien morir que mal vivre Übers, wie 726 ISIDOR. LOTHR.

TOD

362

747 8,19 S. 281. Mius vaut morir a joe que vivre a ante, - Mortem ferre grave minus est quam vivere prave. Plus quam dedecori vivere dulce mori Es ist besser, freudig zu sterben, als in Schande zu leben. - Es ist weniger schwer, den Tod zu erleiden, als schlecht zu leben. Es ist süsser zu sterben, als für die Schande zu leben ROBERT 41 748 (= Mo RAW. 1272). Mes Ven redist: „Miex vaut morir A honnor qu'ä deshonnor vivre" Aber man sagt immer wieder: „Es ist besser, ehrenvoll zu sterben, als in Schande 749 zu leben" GODEFROY DE PARIS 1404. Que miaux que vivre a honte vuii morir a honeur Denn ich will lieber ehrenvoll sterben als in Schande leben GIR. DE Ross. 750 ALEX. 3278. J'ayme trop mieulx de morir ä honneur que vivre a blasme Ich will viel 751 lieber ... FROISS. ($PEC. 10) 317,336. Honneste mort plus que vivre en vergogne Lieber einen ehrenvollen Tod als ein Leben in Schande ALAIN CHARTIER, BREV. DES 752 NOBLES 159. Mieux vault honnestement morir ... Qu'en plus vivant honte merir Es ist besser, ehrenvoll zu sterben, als mit einem längeren Leben Schande zu verdienen 753 MARTIN LE FRANC, CHAMPION DES D AM ES 406 S. 436, En ensuyvant le dit du philosophe qui dit: Mäh mori fame quam nomen per der e fame. C'est ä dire> mon bon amy. J'ayme mieulx mourir de fain que perdre le nom de bonne renommee Dem Ausspruch des Philosophen folgend, welcher sagt: „Ich will lieber vor Hunger sterben als den guten Ruf vertieren." Das heisst, mein guter Freundi ... AMT. DE LA SÄLE, J. DE SAINTRE 27. 754 Pro v. Enquers am mays morir que vieure adontatz Ich will noch lieber sterben als in 75 J Schande leben FIERABRAS PROV. 3809. Que mais val mortz ondrada qu'estar en caiti756 vier Denn ein ehrenvoller Tod ist besser, als im Elend zu leben ALBIG. 4663. Mais volon mort ondrada que vivre aunidamens Aber sie wollen lieber einen ehrenvollen 757 Tod als ein schändliches Leben EBD. 6513. Car mais val mortz ondrada que vivre laguiatz Denn ein ehrenvoller Tod ist besser als ein schändliches Leben EBD. 8322. 758 Quar mais mi platz honratz morirs Que vilhs entremesclatz jauzirs Denn ein ehrenvolles Sterben gefällt mir besser als eine niedrige und gemeine Freude AIMERIC DE BELENOI 759 5,37. Desonratc Val trop mentf que mortf soteratf Ein Entehrter ist viel weniger wert als ein Toter, der begraben ist SORDELLO 4,9. 760 It. Ch' assat e piü piagente Morire orratamente Ch' esser vituperato, Vivendo Denn es ist viel schöner, ehrenvoll zu sterben, als getadelt zu werden und am Leben zu bleiben 761 BRUNETTO LATINI, TESORETTO 2163. Ell'e meio in batata morir a onore Cha star qua dentro a viver a dexonore Es ist besser, im Kampf ehrenvoll zu sterben, als hier drinnen 762 voll Schande zu leben CANTARI DI TRISTANO 88,45. Assai vale meglio virtudiosamente morire, ehe vivere in gattivezza et in ontia Es ist viel besser, tugendhaft zu 763 sterben, als in Niederträchtigkeit und Schande zu leben CESARE 10. Ragion faccia ehe pogna Morte donor inanci avita mala Er denke vernünftigerweise daran, einem schlech764 ten Leben einen ehrenvollen Tod vorzuziehen FRANCESCO DA BARB., Doc. 1,251. Meglio ä francamente morir e, ehe stentando vivere in vergongna Es ist besser, freiwillig zu sterben, als kümmerlich in Schande zu leben ANDREA DA BARBERINO, REALI DI FR. 3,23 S. 307. 765 Span. Mas vale buena muerte que vida desonrrada Mehr wert ist ein guter Tod als 766 ein ehrloses Leben CAV. CIFAR l, 99 S. 140. Morir puedo en la batalla, mas non vivir deshonrado Ich kann im Kampf sterben, aber nicht entehrt leben PRIMAVERA 1,26,14. 767 Mas vale morir con honra que no vivir deshonrado Besser ist es, ehrenvoll zu sterben, 76S als ehrlos zu leben EBD. I, 77,42. ;Mas vale morir por buenos, que deshonrados vivir! Besser ist es, wenn sie als gute Menschen sterben, als wenn sie als ehrlose leben EBD.

769 11,108,183. Que mas vale morir con honra que con vergüenza quedar Denn es ist 770 besser, ehrenvoll zu sterben, als in Schande weiterzubestehen EBD. 11,159,194. Mas vale morir con honra que con de&honra vivir Besser ist es, ehrenvoll zu sterben, als in Schande zu leben EBD. 11,246 (App. 1,50).

363

TOD

771 Port. Homem honrado, antes morto que mjuriado Ein ehrenhafter Mensch (ist) lieber tot als beschimpft NUNEZ II, 189 {el Portugues), 772 Nord. En hinn er annarr (seil, kostr), at falla meö drengskap ok hugpryöi, ok er pat betra en at Ufa med skgmm Aber das ist die andere (Möglichkeit), mit Mut und Tapferkeit zu sterben, und das ist besser, als mit Schande zu leben BJARNAR SAGA 4 S. 121. 773 Betra er at deyja med $ FROSCH 7.1. Ähnlich: 1161 Dt. Lebenes gedinge ist al der werlde trost, Da bi ist todes vorhte ein engestlicher wan Hoffnung auf Leben ist der Trost der ganzen Welt; daneben ist die Furcht vor dem Tode ein Angst erregender Wahn SPERVOGELSCHE SPRÜCHE l, l (+MSH 111,468 q).

10.7. "Wer das Leben verachtet, fürchtet den Tod nicht n 62 La t. Multum venturi ne cures tempora fati; Non metuit mortem, qui seit contempnere vitam Kümmere dich nicht zu sehr um die Zeiten des kommenden Geschicks! Wer das Leben zu verachten weiss, fürchtet den Tod nicht PS. CATO, DIST. 4,22. J163 Mla t. Non tibi sit cure mortis formido future; Mors non curatur, si uiuere despiciatur Die Furcht vor dem künftigen Tod soll dir nicht zur Sorge gereichen. Wenn das Leben 1164 verachtet wird, wird der Tod nicht beachtet CATO NOVUS 251. Hinc et cato ...; Non metuit mortem qui seit contempnere uitam Daher (sagt) auch Cato: „Wer das Leben zu verachten weiss, fürchtet den Tod nicht" VINC. BELL., ERUD. 41,154. JJ65 Fr. Multum venturi ne cures tempora fati: Non metuit mortem qui seit contempnere vitam. — N'aies pas grant cure De penser a quel hure Tu deveras morir: La mort ne doute mie Cil ki seit sä vie En despit avoir Übers, wie 1162, — Sei nicht sehr darauf bedacht, daran zu denken, zu welcher Zeit du wirst sterben müssen! Derjenige fürchtet 1166 den Tod nicht, welcher sein Leben zu verachten weiss EVERART, CATO 455. A encerchiefrj n 'i metez eure La fin du tens et l'avanture, Ne crient pas mort, ce puet dire, Cit qui set sa vie despire Gebt Euch keine Mühe, nach dem Ende der Lebenszeit und nach dem Geschick zu fragen! Der fürchtet den Tod nicht, das kann man (wohl) sagen, 1167 welcher sein Leben zu verachten weiss J, DE PARIS, CATO 767. N'acontets riens äs avantures dou tans c'on apele desttnees, car eil ne doute (lies: doutent, Red.) mort qui la vie pesante seivent despire Legt den Begebenheiten des Lebens, die man Schicksal nennt, keinen Wert bei; denn diejenigen, die das jetzige Leben zu verachten wissen,

TOD

384

lies fürchten den Tod nicht! CATO LOTHR. 129. Ne penser mie toute voie A rtens qui advenir te doie. [Qui de sä vie (n')est en soin, Ja de la mort n'aura resoin] Denke nicht immer an etwas, das dir vielleicht zustossen wird! Wer sich nicht um sein Leben kümmert, wird den Tod nicht fürchten ADAM DE SUEL, CATO 699. 1169 Nord. 0rlog sin Skyli engi maör Vita ne um pat onn ala, Hitt vita flestir, At mun fl&rövqrum Dauöi ok ttf duga Sein Schicksal soll niemand wissen noch darüber in Sorge sein (word,: Sorge nähren). Das wissen die meisten, dass den Lasterlosen Tod und Leben nützen HUGSVINNSMAL 125. 1170 Dt. Den tot vürhtet nieman Der daz leben versmaehen kan Den Tod fürchtet nie1171 mand, der das Leben verachten kann CATO 485. Du scalt ok vrucbten nicht de tyt Des dodes vnde sinen strit. De dit leuent kan vorsman, De dar den dot wil (lies mit Hs. D: vii) ivol angan; De sik suluen vnde de werlt, De mit valscheit is geperlt, Kan vorsman vnde hebben den müt, Dat he do eyneme anderen gut: Den wil tk scriuen vor eynen man, De godes hulde irwemen kan Du sollst auch nicht die Zeit des Todes und seinen Kampf fürchten. Wer dieses Leben verschmähen kann, der darf dem Tod getrost (wörtl.: sehr gut) entgegengehen. Wer sich selbst und die Welt, die mit Falschheit geschmückt ist, verschmähen und so gesinnt sein kann, dass er einem anderen Gutes tun will, den will ich als einen Mann beschreiben, der Gottes Huld erwerben kann STE1172 PHAN, CATO NO, 2080. Multum venturi ne cures tempora fati Non metuit mortem qui seit contempnere vitam. - Du salt nicht vii betrachten Des todts czeit vnd achten Her fürchtet nicht des todis nehyn Der daz leben kan vorsmehen Übers, wie 1162. — Du sollst die Zeit des Todes nicht viel bedenken und beachten. Wer das Leben verachten kann, fürchtet die Nähe des Todes nicht CATO OMD. (ZroA 72) 90. Ähnlich: 73 Dt. Wer minner lust auf erdin had, Der forchtit auch minner den tod Wer auf der Erde weniger Freude hat, der fürchtet auch den Tod weniger ROTHE, RITTERSPIEGEL 3437 (vgi. oben 5.2.2.).

10.8. Wer sterben will, kann den König toten 74 It. Und' e di qui el votgale, ehe chi vuole morire, h reie puote uccidere Daher gibt es von da an das Sprichwort, dass der den König töten kann, welcher sterben will 75 ALBERTANO, MELIBEO 37 S. 53. Cht vol morire el te (lies mit Mussafia63: re) po alcire Wer sterben will, kann den König töten GEREMIA DA MONTAGNONE 12.

10.9. s. Inhaltsübersicht 10.10. Verschiedenes 1176 P o r t . Ata a morte pee forte Bis zum Tod starken Fusses64 NUNEZ 1,138 (el Portugues). 77.117$ Dt. Der todt ist greulich (EGENOLFF: allein dem greulich) der jn nit kent Der Tod ist (nur) für den schreckenerregend, der ihn nicht kennt FRANCK 1,34 r. EGENOLFF 296 r.

11. Verhalten gegenüber den Toten 11.1. Abkehr 11.1.1. Die Toten lässt (lasse) man bei den Toten 1179.1180 lisi 1182 11 S3

B i b l . Dimitte mortuos sepelire mortuos suos VÖLG,, MATTH. 8,22. Las die Todten Ire todten begraben LUTHERBIBEL, EBD. Sine ut mortui sepeliant mortuos suos VULG,, Luc. 9, 60. Las die Todten jre Todten begraben LUTHERBIBEL, EBD. Lat. Christus ad baec: ,... sine defunctis defunctos condere terrae' Dazu Christus: „Lass die Toten die Toten der Erde übergeben!" IUVENCUS 2,23,

385

TOD

1IS4 Fr. Laisse les morz, aiue as vis Lass die Toten, hilf den Lebenden! ROM, DE THEBES 1185 7043. Tenir estuet lo mort al mort, Lo vif al vif, est confort Der Tote hat sich zum ilSo Toten, der Lebende zum Lebenden zu halten, das ist eine Hilfe ENEAS 1345. Li uif al uif, le mort al mort, Al uifpuet l'um prendre cunfort Der Lebende zum Lebenden, der Tote zum Toten; beim Lebenden kann man Hilfe erhalten WACE, ROM. DE Rou 3,233. Ji87 Qui est mors si soit mors Wer tot ist, sei tot HERB. DANM., FOLQUE DE CANDIE Anl. 1188-1190 4d, 437 (11,434) (vgl. oben 4.2.1.1.). Les morz as morz, les vis as vis Die Toten zu den Toten, die Lebenden zu den Lebenden CRESTIEN, PERCEVAL 3630. PHIL. MOUSK. 1191 23256. MEON II, 267,354. Li mort as mors, U vis voissent as vis Der Tote soll zu den 92 Toten, der Lebende zu den Lebenden gehen GARIN LE LOHERAIN 1,262, Les mors äs mors, les vis avoec les vis Die Toten zu den Toten, die Lebenden mit den Lebenden 1193 GIRB. DE METZ (TAYLOR) 2376. Li mors au mort, li vis as vis Die Toten zum Toten, 1194 der Lebende zu den Lebenden J. RENART, ESCOUFLE 2653. Tant com li horn est sains et vis, Si soit ames com estre doit, Et quant est mors, o les mors soit Remes, car el estre ne puet Solange der Mensch gesund ist und am Leben, möge er geliebt werden, da es ihm bestimmt ist zu leben, und wenn er tot ist, werde er zu den Toten zurückver1195 setzt, da er nicht mehr existieren kann AMADAS 5364 (vgl. oben 4,2.1.1.). Li vis att 1196 vif, li mors au mort Der Lebende zum Lebenden, der Tote zum Toten EBD. 5369. Les 1197 mors äs mors, les vis as vis Übers, wie 1188 G. LE CLERC, FERGUS 96,24, Les morz 1198 äs morz, les vis as vis NICOLAS DE BIARD (»HAUREAU 11,96). Les vis es vis, les mors es mors Die Lebenden zu den Lebenden, die Toten zu den Toten ROB. DE BLOIS, POES, 1199 REL. 923. Piech'a dist on, ce m'est avis: Les mors äs mors, les vis as vis Seit langem sagt man, (und) das ist meine Meinung: „Die Toten zu den Toten, die Lebenden zu den 1200 Lebenden" PHIL. DE REMI, J. ET BLONDE 2109. Li mort au mort et li vif au vif Der 1201 Tote zum Toten und der Lebende zum Lebenden HAUREAU VI,71 (13, Jh.). Li mort aus morz, li vif aus vis Die Toten zu den Toten, die Lebenden zu den Lebenden MORAW. 1202. 1203 1098. Qui mors soit mors, qui vis soit vis Wer tot ist, sei tot; wer lebt, lebe SONE DE 1204 NAUSAY 4168. 12078 (vgl. oben 4.2.1.1.}. „Lessez" funt il „mort au mort, E vif s de vif s heyent confort" „Lasst", sagte er, „den Toten dem Toten, und die Lebenden sollen J205 von den Lebenden Hilfe haben!" NICOLE BOZON, SERMON (* ROMANIA 13,525), Car l'en dist pieca: „Les mors aux mors, les vis aux vis" Denn man sagt seit langem: „Die 1206 Toten zu den Toten, die Lebenden zu den Lebenden" BERINUS 19 (1,15). Ei eil qui furent mort furent enseveli: Qui est mort si soit mors, je n'i campte .1. espi Und diejenigen, welche gestorben waren, wurden begraben. Wer tot ist, sei tot; ich gebe nichts dafür (wörtl.: ich setze dafür keine Ähre ein) CUVELIER, Du GUESCLIN 17494 3207 (vgl. oben 4.2.1.1.}. Les morts avec les morts, les vif z ä la toustee Die Toten mit den Toten, die Lebenden bei der eingetunkten Toastschnitte LEROUX 11,333 (15. Jh.). 65 1205 It. Lassate oggimai i morti seppellire e' morti Lasst nunmehr die Toten die Toten 3209 begraben! CATERINA, LETTERE 11,177. Morti co' morti; or pensiam di godere Die 3210 Toten mit den Toten; nun lasst uns daran denken zu geniessen! PULCI 1,53. Co' vivi i vivi, i morti sien co' morti Mit den Lebenden die Lebenden; die Toten seien bei den Toten LORENZO DE' MEDICI II, 104 (Giov. e Paolo). 1213 S p a n . E como dizen: mueran e biuamos Und wie man sagt: „Sie mögen sterben, und 1222 wir wollen leben" CELESTINA 230 (15). El muerto a la fosada, y el vivo a la bogaza Der Tote ins Grab und der Lebende zum Brot66 NUNEZ II, 28. 12lJ Engt. Pu scealt ... Icetan fia deadan bergean heora deade Du sollst die Toten ihre Toten begraben lassen BLICKL. HOM. 23. 1234. !23j Dt. Ein tot den ändern begrabe Ein Toter ... HEINR. v. D. TÜRLIN 7625. Die töten mit den toten, lebende mit den lebenden sin! Die Toten seien mit den Toten, die Leben1236 den mit den Lebenden! MARNER 14,281. Wir müzin mit den lebenden lebin Und der toden uns begebin Wir müssen mit den Lebenden leben und die Toten lassen BERTHOLD

TOD

386

1217 v. HOLLE, DEMANTIN 3401. Die toten mit den töten dort, Die lebenden mit den 1218 lebenden hie (hier)! HEINR. v. FREIBERG, TRISTAN 38, Man sol daz altte ungemach Mitt nüwer fröde vertriben Und by den lebenden beliben, Die tollen all ergeben Gott Man soll das alre Ungemach mit neuer Freude vertreiben und bei den Lebenden bleiben 1219 und die Toten alle Gott überlassen GÖTTWEIGER TROJANERKRIEG 23564. Sit tot ist iuwer lieber man, h sülnt tuch zuo den lebenden hän Da Euer Heber Mann tot ist, sollt 1220 Ihr Euch zu den Lebenden halten BONER 57,43. Lo die doten die doten begraben Lass 1221 die Toten die Toten begraben! TAULER 425,14. Die lebendigen mit den lebendigen, die 1222 toten mit den toten JOH. v. SAAZ 8,16. Laß die Todien mit den Todten umbgebn, handel du mit den Lebendigen PARACELSUS, PARAMIRUM 361. Vgl. oben 4.2.1.1.

11,1.2. Die Toten vergisst (vergesse) man schnell67 1223 M l a t . Mortuus ignoratur Den Toten kennt man nicht INGOLD 36,12.68 1224 Fr. Nus Jen] veum mortr tot jor ... Ne veu n'ert si eher ami, Qu[i] mult tost n'est mis en oubli Wir sahen jeden Tag einen von ihnen sterben. Man wird keinen noch so teuren Freund sehen, der nicht schnell vergessen wird HUON DE ROTELANDE, PROTHES. 41. 1225 Assez l'avez o't Puis c'omme est morz et alez a sä fint C'est une chose molt tost mise en obli Ihr habt es zur Genüge gehört; „Wenn ein Mensch tot ist und zu seinem Ende gekommen ist, ist das etwas, was sehr schnell vergessen wird" BERTR. BAR, GIR. DE 1226 VIENNE 553. Toutes mors oublter convient Alle Todesfälle muss man vergessen PHIL. i 227. 1228 DE REMi, MANEKINE 177, /s les mors couuient oublier Aber die Toten muss man 1229 vergessen J. DE CONDE (TOBLER) 72,1761. 105,136. Mors estt ne plus ne m'en souvienl, Ne plus a parier n'en convient Er ist tot; ich erinnere mich seiner nicht mehr, 1230 und es ist nicht mehr nötig, über Ihn zu reden REN. CONTR. 22157. // n'est hom, s'il est mors, que tost on ne l'oublie; Tout laist et riens n'enporte, for ke le boine vie Es gibt keinen Menschen, den man nicht schneit vergisst, wenn er tot ist. Er verlässt alles und nimmt nichts mit ausser dem guten Leben GILLES LI MUISIS 1,317 (vgl. oben 1231 6.5,2.2.). Helas! on est si tost mort et oublyet Wehe! Man ist so schnell tot und 1232 vergessen EBD. 11,135. Car, puis c'uns hons est mors, nus n'en a famais eure Denn 1233 wenn ein Mensch tot ist, will keiner mehr etwas von ihm wissen B. DE SEB. 5,273. Li mort sont obliet, on n'en donne noienl Die Toten werden vergessen, man schert sieb 1234 nicht mehr um sie EBD. 18,243. Qui est mors on l'oublie Wer tot ist, den vergisst 123J man EBD. 23, 887. // n'est mors que il ne couviegne oublüer et passer Es gibt keinen Toten, den man nicht vergessen und mit Stillschweigen übergehen soll FROISS. (SPEC. 123 10) 317,334. En pou de temps est oublye Qui perdu est ou devie; Ainsi se portent, ce m'est vis, Les mors quanl au regard des vif z In kurzer Zeit wird vergessen, wer verloren oder in die Irre gegangen ist. Ebenso ergeht es meiner Meinung nach den Toten 1237 in der Sicht der Lebenden PROV. D. SAGES 111,205. Quant mort serez, en verite Chascun vous mettra en oubly Wenn Ihr tot sein werdet, wird Euch in Tat und Wahrheit jeder vergessen CHEV. QUI DONNA SA FEMME AU DYABLE (1505 [*FOURNIER 179]). 1238 It. Perche li uomini sdimenticano piü presto la morte del padre ehe la perdita del patrimonio Denn die Menschen vergessen den Tod des Vaters schneller als den Verlust J2?9 des Erbes MACHIAV., PRINCIPE 17 S. 84. Li morti eli andati, presto sono desmenticati Die Toten und die Fortgegangenen werden schnell vergessen NUNEZ II, 303 (el Italiano). 1240 N o r d . Andaös drupa minjar mest Um den Toten trauert niemand {wörtl.: Die Andenken an den Toten trauern am meisten) MÄLSHÄTTAKV^DI 21,3 (= JONSSON, ARKIV 281. JONSSON 118). 124l Engl. For lijhtliche Men holdeth euere with fie quike; and be dede is sons stille Denn leicht hält man sich stets an den Lebenden, und um den Toten ist es schneil stiil LEGEN/242 DARY 17,90. Suilk er in pis liue ful thike, Forgetes pe deid forpe quick Solche gibt es in diesem Leben sehr oft, die den Toten um des Lebenden willen vergessen CURSOR

387

TOD

1243 MUNDI 3377. For after that a man is ones decessed, it is no more spoken of him Denn wenn ein Mensch einmal gestorben ist, wird nicht mehr von ihm geredet CAXTON, SONNES OF AYMON 227,4, -* LEID 57, VERGESSEN 9 hnlich: 1244 It. Dolla de muller morta, dura fin a la porta Schmerz um die tote Gattin dauert bis zur T re NUNEZ l, 347 (el Italiano). 1245 Nl. Hi es langbe doot die veerent sterf. — Mortuus tlle diu defunctis (lies: defunctus] quisque per annum Der ist lange tot, der im vorigen Jahr gestorben ist. — Jeder, der im Verlauf eines Jahres gestorben ist, ist lange tot PROV. COMM. 405. 1246 Dt. He is langhe dod de to iar starfPROV. COMM. MND. 399.

11,1,3. Die Toten haben keine Freunde 69 1247 Mgr. Άποθάμενος φίλον ουκ έχει Ein Toter hat keinen Freund KRUME. 110 S. 127. 1248 M l a t , Homo mortuus non habet amicum Ein toter Mensch hat keinen Freund EHSTL. !2-f9 KLOSTERL. 88. Conde dum tempus habes, ne crede parentes. Dum vivis vivunt, moriens (lies mit WALTHER 6780: moreris) moriuntur amid: Omnis amor mundi cum morttto sepelietur Schaffe, solange du Zeit hast; traue den Verwandten nicht! Solange du lebst, leben sie; wenn du stirbst, sterben die Freunde. Jede Liebe der Welt wird mit dem Toten begraben werden WRIGHT, LAT, ST R, 96 S. 83. 1250 Fr. Li vilains dist, mats il menu, Que ja horn morz n'avra ami Der gemeine Mann sagt - aber er l gt -, dass ein toter Mensch nie einen Freund haben wird BEN., TROIE 1251 10393. Que, puts c'om est mart, ce m'est vis, Trove Γόη molt petit (Ausg.: pitet) d'amis Denn wenn man tot ist, findet man, glaube ich, sehr wenig Freunde JOUFROIS 1252 1583. Quer l'om dit toz dis Qui mors est qu'il a poi d'amis Denn man sagt immer, 1253 dass der, welcher tot ist, wenig Freunde hat JOHAN, G. M R. 9125. Qui se mitert et se remue, n'a amy, - Non est post funus soium, qui diligat unus. Perdit decedens dilectum sive recedens Wer stirbt und weggeht, hat keinen Freund. — Es gibt nach dem Begr bnis keinen einzigen, der den Verlassenen liebte. Der Sterbende oder Scheidende 1254 verliert die Liebe HILKA 132 {= MORAW. 2129). Or 5α; je bien de voir certainement, Que mors ne pris n'a ami ne parent Nun weiss ich f rwahr sehr genau, dass weder ein Toter noch ein Gefangener einen Freund oder einen Verwandten hat AFR. Ls. 109,13. 525S Sed dicitur que tnort n'a nul ami Aber man sagt, dass ein Toter keinen Freund hat ANC, 1256 SERMONS 56. Mors hon n'a nul ami bers, wie 1248 HAUREA VI, 69 {13. Jh.). 1257.1258 Home mort n'a ami MORAW. 846. Et les morts si n'ont nus amis Und die Toten haben 1259 keine Freunde GODEFROY DE PARIS 1374. Li vis a pou d'ammis et li mors n'en a nus Der Lebende hat wenig Freunde und der Tote hat keine PROV. RUR. 384 (= MORAW. 1260 1136). Home mort n'ad poynt de amy bers, wie 1248 CAMBR, SAMML. (+LEROUX 1261.7262 11,476). Mart n'a amy bers, wie J247 ET. LEGRIS 452, Le mort n'a point d'amy, Le malade n'en a qu'un demy Der Tote hat keinen Freund, der Kranke hat nur einen halben LEROUX 11,330 (15. Jh.). 1263 Pro v. Car sat eu ben per ver, certanament, Qu'hom mort ni pres n'a amic ni parent Denn ich weiss f rwahr sehr gewiss, dass weder ein toter noch ein gefangener Mensch einen Freund oder einen Verwandten hat RICHARD L WENHERZ (+MAHN 1,129). 1264 It. Le Lombard dit en ung commun langage: Homo morto, amico perdito ... Puts dist apres en son patois sauvage: Homo en peison (lies: prison] non est comisuto (lies: conosuto, Red.) Der Lombarde sagt in einem verbreiteten Sprichwort: „Mensch gestorben, Freund verloren." Dann sagt er in seinem fremdartigen Dialekt (auch): „Einen Menschen im Gef ngnis kennt man nicht" J, REGNIER 3909. 1265 S p a n . A muertos, y a idos: no ay amigos F r Tote und f r Weggegangene gibt es keine Freunde HALLER 188.

388

TOD

1266 Nord. Consueuit did relabani morientis amid. - D00dhe &re dodh mandz w&nner Man pflegt zu sagen: „Die Freunde des Sterbenden gleiten zurück." — Tote sind des toten Mannes Freunde LALE 157. 1267 Engl. syndon feawa pe p&m deadan getreowe weorßon Deswegen gibt es 126S wenige, die dem Toten treu sind BLICKL. HOM, 53. Frendles ys pe dede Der Tote ist J269 ohne Freunde HENDING 2,10. For pe dede hap few(e) frendys Denn der Tote hat wenig Freunde MANNYNG, HANDLYNG SYNNE 6300. 1270 Dt. ledoch ist trittwe seltaene (lies: seltsaene], Die man nach friundes tode hat Freilich

1271 ist Treue selten, die man nach dem Tod des Freundes bewahrt FLECK, FLORE 2202. Ja ist mir dik dis gesait Daz fröndes rehtu truwe Nach frondes tot nuwe Uf erde si seltzenne Dies ist mir fürwahr oft gesagt worden, es sei auf der Erde selten, dass sich wahre Freundestreue nach dem Tode des Freundes erneuere SAELDEN HORT 9745. — ARM (Adj.) 291, TREUE 2.4,2,2. Vgl. ERDE 89

11.1.4. Die von eigener Hand Gestorbenen lasse man unbeklagt 1272 Dt. Den sol ouch denne memen Magen, Wan er hat sich selben erslagen Um diesen soll dann auch niemand klagen, denn er hat sich selbst erschlagen WARNUNG 1833. J273 Wer im selber denn den tod Tütt suss willenklichen an, Den sol man ungewainett lan Wer sich selbst den Tod ohne Grund freiwillig zufügt, den soll man unbeweint lassen GöTTWEiGER TROJANERKRIEG 3516. Vgl. oben 6.7.

11.2. Respektlosigkeit und Habgier 1274. 127.5 Span. A barba muerta poca vergüenzü Vor einem toten Bart wenig Respekt NUNEZ 1,4. HALLER 485. 1276 Dt. Na dem dode sint wol tastmentö. — Ignavus vultur solet expectare cadaver Nach dem Tode gibt es wohl „Greifnurzu" 70. - Der träge Geier pflegt auf einen Kadaver zu warten TUNNICIUS 468. Vgl. DROHEN 11.

11.3. Zu späte und falsche Fürsorge 11.3.1. Dem Toten Suppe und Kohl kochen71 1277 Ml a t Ei ut dicitur, quo$ longa afflixderunt inedia, jam mortuis sorbitiunculas faciunt et inutiles, et delicatos praeparant cibos Und wie man sagt: „Denjenigen, welche lange Hunger gelitten haben, machen sie erst, wenn sie tot sind, Süppchen und bereiten sie unnütze und delikate Speisen zu" Ion. SARESB., POLICRAT. 476 D. 1278 Fr.

Quand je serai mort si me feras chaudel Wenn ich tot sein werde, wirst du mir

1279 eine Suppe machen LEROUX II, 377 (13. Jh.). Quant je sere mort, si me fetes chaudel. — Plus (lies: Puls) dabitur sero, quando sepultus ero Wenn ich tot sein werde, macht ihr mir eine Suppe. — Brei wird zu spät gegeben werden, wenn ich begraben sein werde 12SO HILKA 133. For noiant fait len a mort chaudoil Umsonst macht man einem Toten 12S/ Suppe MORAW. 1685. Quant je serai morz, si me fetes chaudel Übers, wie 279 EBD. 1282.1283 1742.

Quant je serai mors, si me feras chaudel Übers, wie 1278 PROV. RUR. 304.

Je

tien a mauves ribaudiau Qui fet apres la mort chaudiau Ich halte den für einen schlim1284 men Spitzbuben, der (einem) nach dem Tode Suppe macht ISOPET I 52,33. Quant et serrai mort si me fettes candeles (lies: caudeles, Red.)72 Wenn ich hier tot sein werde,

1255 macht ihr mir Suppen CAMBR. SAMML. (+LEROUX II, 480). Ch'est quant je serrai mors c'un caudel me fach-on Wenn ich tot sein werde, wird man mir wohl eine Suppe ma1256 eben B. DE SEE. 14,1331. Quant je seray mort si me faictes caudel Übers, wie J279 1287 ET. LEGRIS 565. Quant mort sera, nous lui ferez chaudeaux Wenn er tot sein wird, werdet ihr ihm Suppen machen FR. VILLON, POES. DIV. 10,17.

389

TOD

128S S p a n , Espera muerto, que verlas te cuezo Warte, Toter, ich koche dir Kohl!73 Lo1289 PEZ (?), REFRANES 273. Come muerto, que berzaste cuego Iss, Toter, ich koche dir 1290 Kohl! NUNEZ 1,254. Esperate muerto, que berzas te cuego bers, wie 1288 EBD. 11,131. Vgl. oben 6.5.2.3., ESEL 4.3., PFERD 449 11.3.2. Den Toten nach seinem Wunsch fragen 1291 S p a n . AI muerto, dicen quieres Zum Toren sagen sie; „Willst du?" HALLER 156. Vgl. oben 6.5.2.6. 11.4. Piet t und sp te Anerkennung 11.4.1. ber die Toten spreche man nichts B ses 1292 Gr. Ου γαρ έσθλά κατθανοΐσι κερτομέειν έπ* άνδράσιν Denn es ist nicht edel, ber 1293 tote Menschen zu spotten ARCHIL. 65 D. Καί μην κάχεΐνος των καλώς δοκούντων εχειν νόμων Σόλωνός εστί, μη λέγειν κακώς τον τεθνεώτα Ferner ist auch das eines von den ausgezeichneten Gesetzen Solons, das verbietet, ber den Toten Schlechtes zu 3294 sprechen DEMOSTH. 20,104. Τον τεθνηκότα μη κακολογεϊν Sprich nichts Schiechtes ber den Toten! DIOG. LAERT. 1,70 (Chilon). 3295 Mgr. Τον τετελευτηκότα μη κακολογεί, αλλά μακάριζε Sprich nichts Schlechtes ber den Hingeschiedenen, sondern preise ihn selig!74 MANTISSA 3,17. 1296 Mlat. Noli male loqui de mortuis Sprich nicht schlecht ber die Toten! KLAPPER, EXEMPLA 31,13. 1297 Dt. Von den todten soll man nichts ubels reden AGRICOLA Nr. 710 S. 516,1. -» ALT 345

1298 1299 1300 J.30I 1302 1303

1304

11.4.2. Erst die Toten lobt und liebt man Span. En ia vida no me quesiste, en la muerte me planiste Im Leben liebtet ihr mich nicht, im Tod beklagt ihr mich NUNEZ II, 92. Esa es buena y honrada, que es muerta y sepultada Die (Frau) ist gut und ehrbar, welche rot und begraben ist EBD. II, 130. Dt. Man lobt nach t de manegen man, Der lop zer werlde nie gewan Man lobt nach dem Tod manchen Mann, der auf der Welt nie Lob gewonnen hat FREIDANK 61,9, Man lobt nach t de manigen man, Der lebende selten lop gewan ... der w hrend seines Lebens selten Lob gewonnen hat HUGO v. TRIMBERG 23261. Die t ten vor den lebendigen halten! pris In aller wh Die Toten erhalten in jeder Weise vor den Lebenden Lob FRAUENLOB, SPR. 80,1. Post mortem multos homines laudare solemus, Quos hominum penitus jam laude car ere videmus. — Man lobt nach dem t de manchen man, Der in der werlt ni keyn loub gewan Nach dem Tode pflegen wir viele Menschen zu loben, die wir, solange sie unter den Menschen weilen, noch ohne Lob sehen. — bers. wie 1300 FREIDANK LAT. (G RLiTz) 128. Es wird oft nach dem tod ger emt, Ain man, der lob hie nie gewan Es wird nach dem Tod oft ein Mann gelobt, der hier nie Lob gewonnen hat OSWALD v. WOLKENSTEIN 121,56.

11.4.3. Vereinzelt 1305 Dt. Die todten soll man rwen (ruhen) lassen AGRICOLA Nr. 524.

11.5. Vereinzelt 1306 Fr. As morz ne doit an fere guerre Gegen die Toten soll man nicht k mpfen ENEAS 6046,

TOD

390

12, Überwindung des Todes 12.L-12.4. s. Inhaltsübersicht 12.5, Gott will, dass sich der Sünder vom Tod zum Leben wende durch Reue und Busse 1307 B i b l. No/o mortem impii, sed ut convertatur tmpius a via sua, et vivat VULG., EZECH. 1308 33,11. ich habe keinen gefallen am tode des Gottlosen, Sondern das sich der Gottlose bekere von seinem wesen, vnd lebe LUTHERBIBEL, HESEK. 33,11. 1309 M l a t , Natn pius dominus dicit: Nolo mortem peccatoris, sed conuertatur et uiuat Denn der gnädige Herr sagt: „Ich will nicht den Tod des Sünders, sondern dass er sich bekehre und lebe" BENED., REG. Prol. 38. 10 Fr. Ne vueut pas mort de pecbeeur, Ainz vueut qu'il se repente et five Er will nicht den Tod des Sünders, er will vielmehr, dass er bereut und lebt GAUT, D'ARRAS, ERACLE 1311 6359. La mort del pecheor ne desiret deus mie, , vult qu'il laist lo mal et amendet sä vie' Gott wünscht den Tod des Sünders gar nicht, er will vielmehr, dass er das Böse 13U aufgebe und sein Leben bessere POEME MORAL I 173. Cil qui la mort del peccheour Pas ne coveite ne desire: Co est Jhesu Crist nostre sire Qui par son prophete einst crie: Melz voeil qe H pecchere eit vie, Fait s'il, e q'il se convertisse A moi, q'il merge ou q'il perisse Der, welcher den Tod des Sünders nicht begehrt noch wünscht, ist Jesus Christus, unser Herr, der durch seinen Propheten so ruft; „Ich will lieber, dass der Sünder das Leben habe", sagt er, „und dass er sich zu mir bekehre, als dass er untergehe und 1313 umkomme" ANGIER, GREG. 996. Dex aime plus amandemant Qu'il ne fait mort ne jugemant Gott liebt die Besserung mehr als den Tod und das Gericht HERB., DOLOR 1314 7863. Car Deus ne veut mie la mort Del pecheour, mais qu'il s'acart; Che trouvons en devine page Denn Gott will nicht den Tod des Sünders, sondern dass er Frieden 1315 macht. Das finden wir in der Heiligen Schrift S. J. PAULUS 1243. Nostre sires ne ueitt pas. la mort del pecheour ains veut quil samende er reuiegne a la uoie de uerite Unser Herr will nicht den Tod des Sünders, sondern er will vielmehr, dass er Busse tue und 1316 zum Pfad der Wahrheit zurückkehre GRAAL 210,22. Ne veut pas que pechierres muire, Ainz convertisse ä droiture Er will nicht, dass der Sünder stirbt, sondern dass 1317 er sich zu dem bekehrt, was sich gebührt RUTEBEUF 11,269,157. Jl est voirs que nostre sire Jhesu Crist ne veult mie la mort du pecheor, atns veult que il face penitance et sott en vie Es ist wahr, dass unser Herr Jesus Christus nicht den Tod des Sünders will, 1318 sondern vielmehr, dass er bereue und arn Leben bleibe MERLIN PROPHECIES 1,59. Tu ne veulx mie la mort Du pecheur, mats que son vice (Se) repente et se convertisse Du willst nicht den Tod des Sünders, sondern dass er seine Sünde bereue und sich bekehre 1319 MIRACLE D'UN PREVOST 746. Dteus qui ne vuet mie la mort Dou pecheurf einsois un remort Li donne, qu'il se convertisse Et qu'il vive en son dous servise Gott, der nicht den Tod des Sünders will, gibt ihm vielmehr Gewissensbisse ein, dass er sich bekehre 1320 und in seinem süssen Dienst lebe G. DE MACHAUT, CONFORT 1393. Dieu ne vuelt mie la mort du pecheour Gott will nicht den Tod des Sünders J. BAUDOUINS, INSTRUC1321 TION DE LA VIE MORTELLE 2,62. La mort du pecheur nullement Dieu si ne veult ne ne demande, Mais veult qu'il vive longuement Pour venir a amendement, Et qu'en vivant tousjours s'amende Gott will und verlangt den Tod des Sünders keineswegs, sondern will, dass er lange lebe, um zur Besserung zu kommen, und dass er im Leben 1322 immer Busse tue J. REGNIER 2992. Je suys pecheur, je le $ bien; Pourtant ne veult pas Dieu ma mort, Mais convertisse et vive en bien Ich bin ein Sünder, ich weiss es wohl. Gott indessen will meinen Tod nicht, sondern dass ich mich bekehre und ehren1323 haft lebe FR. VILLON, TESTAM. 105. Tu ne veulx la mort du pecheur, Ains te plait bien qu'il se repende Du willst nicht den Tod des Sünders, es gefällt dir vielmehr gut, 1324 dass er bereut PRISONNIER 1598. Que vrayement tu ne veulx pas La fin ne la mort

391

1325

1326

1328

1329 13.30 133i 1332 1333

1334

1335 1336

1337 1338

1339 3340

TOD

du pecheur; Mais platt a ta haulte doulceur Qu'i vive et se convertisse Denn du willst in Tat und Wahrheit nicht das Ende oder den Tod des Sünders, sondern es gefällt deiner erhabenen Milde, dass er lebe und sich bekehre EBD. 2312.75 Pro v. Puays diyssist de null pecador: Non (lies: Puays diyssist: De null pecador Non, Red.) ull sä mort, an[z] ull s'amor, An que-s convertisca breumen Dann sagtest du: „Von keinem Sünder will ich seinen Tod, ich will vielmehr seine Liebe, vorausgesetzt, dass er sich schnell bekehre" DEBAT DE L'ÄME 935. It. non voglio ch'el peccatore moia, ma voglio ehe si converts e viva Ich will nicht, dass der Sünder sterbe, ich will, dass er sich bekehre und lebe OTTAVIANO 74 (Anselmo). Iddio, ehe non vuole la morte del peccatore ma la vita, per saper e s' eilt s'amendasse Gott, der nicht den Tod des Sünders will, sondern das Leben, um zu wissen, ob er sich bessere CONTI MORALI 10 S. 74. Bonjesü, Segnor de gran conforto, Lo quäl non voi ne quer la nostra morto, Mo enanco aspete l'om de dl en dt, K' el se repenta e curra a ti Guter Jesus, Herr von grossem Trost, der du nicht unseren Tod willst und verlangst, sondern vielmehr vom Menschen täglich erwartest, dass er bereue und sich dir zuwende MUSSAFIA 201. La morte de' peccatori non vuole, ma la vita, accioche elli si penta e viva Er will nicht den Tod der Sünder, sondern das Leben, damit er bereue und lebe Bocc., FILOCOLO 11,323. Lui temiamo, ehe dice ehe non vuole la morte del peccatore; anco vuole ehe si converta e viva Wir fürchten ihn, der sagt, dass er den Tod des Sünders nicht wolle, sondern vielmehr, dass er sich bekehre und lebe CATERINA, LETTERE 1,138. Egli non vuole la morte del peccatore, ma vuole ehe si converta e viva Er will nicht den Tod des Sünders, sondern er will, dass er sich bekehre und lebe EBD. II, 7. D/o, U quäle non vuole la morte de' peccatori Gott, welcher nicht den Tod der Sünder will Bocc., COM. 1,84. No« e [dicea] del Re dell'universo L'intenz'ion ehe peccator sia morto: Ma ehe del mar d'iniquitadi a riva Ritorni salvo, e si converta e viva „Es ist nicht", sagte er, „die Absicht des Herrschers des Universums, dass der Sünder tot sei, sondern dass er heil vom Meer des Frevels ans Ufer zurückkehre und sich bekehre und lebe" ARIOST, ORL. FÜR. Giunta 4,75. Fecero accordo per i prieghi del Papa, il quäle non volse la morte del suo nemtco, ma ehe si convertisse e vivesse Sie trafen das Abkommen auf die Bitten des Papstes hin, welcher nicht den Tod seines Feindes wollte, sondern dass er sich bekehre und lebe MACHIAV,, IST. FIOR. l i 1 ' 19 'N o r d . Minntist hjalpsamligra vors drottins: eigi vil ek dauöa syndugs manns, heldr at bann snuist ok leiörettist ok lift Gedenke der hilfreichen Worte unseres Herrn: „Ich will nicht den Tod des Sünders, sondern dass er sich bekehre, sich bessere und lebe"! SNORRS, OLAFS SAGA HELGA App. (+FMS V,224). / ordum spamanz stns eins sialfr drottenn kallar ok mselir sva: Eigi vil ek dauda syndugs manz, helldr vil ek, at kann lifi ok leidrettizt Nach den Worten eines seiner Propheten spricht der Herr selbst und redet so: „Ich will nicht den Tod des Sünders, sondern ich will, dass er lebe und sich bessere" HEIL. M. s. 1,388,25 (Gregorius saga). Sem gud heftr mxllt, ath hann will eigi dauda syndugs manz, helldr ath hann lift ok baiti sik Was Gott gesagt hat, dass er nicht den Tod des Sünders wolle, sondern dass er lebe und sich bessere EBD. 1,487,34 (Mariu saga egipzku I}, t>at mvntv heyrt hafa segia froöa menn fr a gvdligvm malvm, at hann vili eigi davöa syndugs mannz, heldr lift hann ok bcetti fyrir sinna mis verka Das wirst du gelehrte Männer nach dem göttlichen Wort sagen gehört haben, dass er nicht den Tod des sundigen Menschen wolle, sondern dass er lebe und für seine Missetaten büsse KONRÄDS SAGA 2 S. 47,17. Engl. Nelle ic bces symfullon mannes dead, ac ic wille beet he libbe and to Code gecyrre Ich will nicht den Tod des sündigen Menschen, sondern ich will, dass er lebt und sich zu Gott bekehrt BLICKL. HOM. 97. Stva heburh be witega bihet: Ne wille ic noht, bet be synfulle beo ded, Ac libbe and nime godne red Wie er durch den Propheten versprochen hat: „Ich will nicht, dass der Sünder tot sei, sondern dass er lebe und guten

TOD

392

1341 Rat annehme" HOMILIES A 71,295. God seyp fiys wurde, to shew vs £>e wey, wyl fiat none syn ful deye; To leue hys synne he shal hatte space> And turne ajen to lyfe and grace Gott sagt diese Worte, um uns den Weg zu zeigen: „Ich will, dass kein Sünder sterbe. Er soil Zeit haben, seine Sünde aufzugeben und sich wieder dem Leben und der 1342 Gnade zuzuwenden" MANNYNG, HANDLYNG SYNNE 5229. For Oure lord desyreth In non degre The deth of A Synnere, what so he be; But that he lyve and Amenden his lif Forto iyven In Clenn-esse with-Owten stryfDtnn unser Herr verlangt auf keine Weise den Tod eines Sünders, wer er auch sei, sondern dass er lebe und sein Leben bessere, 1343 damit er in Reinheit lebe ohne Streit LOVELICH, HOLY GRAIL 51,177. Pou wylt noujt fie ded of synful man - Pus seyst pou, lord, in holy wrytt - Fful wel wote l pou coueytis pane, He torne his lyfand sone mende It Du willst nicht den Tod des Sünders, so sagst du, Herr, in der Heiligen Schrift. Ich weiss sehr wohl, dass du den begehrst, 1344 der sein Leben ändert und es schnell bessert LYRICS XViH CENT, 144,97. That our lord god on hym will haue mercy, For of the synner wold not deth shold go, But louith better that lif shold truly, To haue time and space ... that he shold repent Dass unser Herrgott sich seiner erbarmen wird; denn er wollte vom Sünder nicht, dass er sterbe, sondern er wollte lieber, dass er aufrichtig lebe, um Zeit und Gelegenheit zu haben zum Bereuen PARTENAY 3530. 1345 Dt. Qhuidit niuuillu tod des suntigin uzzan daz kehuueraue indi lebee Er sagt: „Ich will nicht den Tod des Sünders, sondern dass er sich bekehre und lebe" BENEDIKTINER 1346 REG. Prol. S. 195,30. [Du spraeche 'nohj mortem Peccatloris: ich] wil zwäre Daz er $i[ch bechere'] Du sagtest: „Ich will nicht den Tod des Sünders. Ich will fürwahr, dass 1347 er sich bekehre" MILLST. SKL. 740. Er sprach, ni ne wolde tot der sundaere Er sagte, 1.148 er wolle nicht den Tod der Sünder VORAUER SÜNDENKLAGE 290. Ich lebe, spricht er, und enwil niht daz der sundere sterbe an den sunden, sunder ich wil daz er sich bekere und lebe „Ich lebe", sagt er, „und will nicht, dass der Sünder an den Sünden sterbe, 1349 sondern ich will, dass er sich bekehre und lebe" SCHÖNBACH, PRED. 1,27,38. No« enim vult mortem peccatoris, sed ut convertatur et vivat ... wane er gert niht des sünderes tot, sünder er wil daz er sich bekere und lebe Denn er will nicht den Tod des Sünders, sondern dass er sich bekehre und lebe. Denn er begehrt nicht den Tod des 1350 Sünders, sondern er will, dass er sich bekehre und lebe EBD. 1,91,37, Nolo mortem peccatoris, sed ut convertatur et vivat, ich ne wil des sunders tot niht, sunder ich wil daz er sich bekere und lebe Ich will nicht den Tod des Sünders, sondern dass er sich bekehre und lebe. Ich will des Sünders Tod nicht, sondern ich will, dass er sich bekehre J35I und lebe EBD. 1,292,16. ,N6lo mortem peccatoris': Daz sprichet, als ichz vernemen kan, ,Daz dehein sündec man In sinen sunden sterbe, Mir ist liep, daz er werbe, Daz er lebe ewicltche In mines vater rtche' „Ich will nicht den Tod des Sünders." Das heisst, wie ich es verstehe: „Kein sündiger Mensch sterbe in seinen Sünden. Nur ist es lieb, dass er danach strebe, dass er ewig lebe in meines Vaters Reich" OTTE, ERACLIUS 44. 3352 G of wil an dem sünder niht, Daz er also werbe Daz er in sunden sterbe, Wan er sol sunden sich begeben Und iemer mere an ende leben Gott will beim Sünder nicht, dass er so handle, dass er in Sünden sterbe; er soll vielmehr von den Sünden ablassen und 3353 immerfort ohne Ende leben RUD. v. EMS, BARLAAM 214,4. Noch troestet uns got anderswa Sus ...: „Ich lebe und wil niht den tot Des sunders, daz er sterbe; Ich wil, daz er so werbe, Daz er von sunden kere Und ersterbe niemer mere Und an ende lebende si" Weiter tröstet uns Gott anderswo so: „Ich lebe und will nicht den Tod des Sünders, so dass er sterbe. Ich will, dass er so handelt, dass er sich von den Sünden 3354 abwendet und nie stirbt und ohne Ende lebt" EBD. 332,27. Gof bt im selber hat gesworn, Daz er des sunders tot niht wil Gott hat bei sich selbst geschworen, dass er 1355 des Sünders Tod nicht will VORAUER NOVELLE 376. Des sunders tot engerst du niht,

393

TOD

Wann daz er sich bekere und lebe Des Sünders Tod begehrst du nicht, sondern dass er 1356 sich bekehre und lebe ULR. v. ESCHENBACH, ALEX. 14808, Alsus spricht din gothett Des svnders [tot] wil ich nicht ... Ich wil mere daz er lebe, Sich bekere So spricht dein göttliches Wesen: „Des Sünders Tod will ich nicht. Ich will vielmehr, dass er lebe (und) 1357 sich bekehre" ULR. v. ESCHENBACH, W. v. WENDEN (Hs. D) 50. Unde da von sprichst er: ,ich wil des sunders tot niht, ich wil daz er sich bekere unde sine sünde büeze' Und davon sagt er: „Ich will des Sünders Tod nicht. Ich will, dass er sich bekehre und seine 1358 Sünden büsse" BERTHOLD 1,22,31. Wan got selber sprichet: ,ich wil niht des sunders 1359 tot' Denn Gott selbst sagt: „Ich will nicht des Sünders Tod" EBD. 1,341,3. Unde da von sprichet unser herre aber me (mehr): ,lch wil niht des sunders tot, ich wil daz er 360 sich bekere' EBD. 1,511,11. Hie merkent daz der gut Got Bi nuti wil dez sunders tot. Er wilt daz si bedenkent sich Erkennet daran, dass der liebe Gott keineswegs des Sün1361 ders Tod will; er will (vielmehr), dass sie in sich gehen! SAELDEN HORT 8737. Dorch den propheten spricket god: Ik wil nicht des sunders doed, Sunder dat he sick bekere Durch den Propheten spricht Gott: „Ich will nicht des Sünders Tod, sondern dass er 1362 sich bekehre" KONEMAN, KALAND 730. Wi finden geschreben also vel, Daz Got des sunders tot nicht wel, Wan daz he sich bekere und lange lebe Wir finden soviel geschrieben, dass Gott des Sünders Tod nicht wolle, sondern dass er sich bekehre und lange 1363 lebe JUNGFRAUENSPIEL 77. Do got sprichet ..,.· „Des sunders toid ich nicht begere, Sunder das hie sich bekere" Wo Gott spricht; „Des Sünders Tod begehre ich nicht, sondern dass er sich bekehre" ALSFELDER SP. 2865. Vgl. LEBEN 5.9.

13. Redensarten und Vergleiche

13.1. Des Todes Weinkauf {Leikauf) trinken 76 1364 Dt. Dez libez tot ich meine Dez groze vnde deine Getrunken hant den winkovfDes Leibes Tod meine ich, dessen Weinkauf gross und klein getrunken hat HUGO v. LAN1365 GENSTEIN 214,99 (vgl. oben 1.2.2.1.K Wir han des todis winkovf Getrunken Wir 1366 haben des Todes Weinkauf getrunken EBD. 275,26 (vgl. oben 1.2.1.1.). Als balde ein mensche geboren ivirt, als balde hat es den leikauf getrunken, das es sterben sol Sobald ein Mensch geboren wird, hat er alsbald den Leikauf getrunken, dass er sterben wird JOH, v. SAAZ 20,9 (vgl. oben 1.3.3.). 1367. 136S 1369. 1370 1371 1372 1373 1,374 1375 1376 137? 137S 1.379

13.2. Ein Kind des Todes sein B i b l . Filius mortis est vir qui fecit hoc VULG., II REG. 12,5. Der Man ist ein kind des tods, der das gethan hat LUTHERBIBEL, 2. SAM. 12,5. Ml at. Et sie filius mortis sum ego Und so bin ich ein Kind des Todes GESTA ROM. (DICK) 34 S. 27. 150 S. 112. Filia mortis es tu! Du bist eine Tochter des Todes EBD. 149 S. 111. Hodie filiu$ mortis es tu, nisi auxilium a me habueris Heute bist du ein Kind des Todes, wenn du nicht Hilfe von mir erhalten wirst EBD. 167 S. 140. Pro tuo amore filius mortis sum Wegen der Liebe zu dir bin ich ein Kind des Todes EBD. 168 S. 144. Ms/ habuero earn, filius mortis sum ego Wenn ich sie nicht haben werde, bin ich ein Kind des Todes EBD. 183 S, 174. Si eum in lecto occidemus, filii mortis sumus omnes Wenn wir ihn im Bett töten werden, sind wir alle Kinder des Todes EBD. 194 S, 197. Si mecum inuentum fuerit, filius mortis sum ego Wenn es bei mir gefunden wird, bin ich ein Kind des Todes EBD. 196 S. 203, N/5/' ego hoc fecerimr filius mortis sum ego Wenn ich dies nicht tue, bin ich ein Kind des Todes EBD. 198 S. 209, Heu michi, filius mortis sum ego! Wehe mir, ich bin ein Kind des Todes! EBD. 203 S. 216, Dt. Ein kind des todes ist der man, Der dieses übel hat gethan SACHS 1,241,24 (1532).

TOD

394

13.3. s. Inhalts bersicht 13.4. Einen Toten geisseln 1380 Gr. Νεκρόν μαστίζεις Du geisselst einen Toten PLUT., MOR. VII,463,9, 1381 Mi a t. Mortuum ftagelias bers, wie 1380 ERASM., ADAG. CHIL. 1,4,65. 1382,1383 Dt. Einn todten gey len Einen Toten geisseln FRANCK 1,27r. EGENOLFF 293 v. 13.5. Tot wie ein T rnagel77 13S4.1385 Engl. / am ded s dorenatl Ich bin tot wie ein T rnagel WILL. OF PAL. 628, As ded 1386 s dornayl So tot wie ein Tiirnagel EBD. 3396. Ded as a dore-nayl Tot wie ein T rnagel LANGLAND (?), PLOWMAN A 1,161.

1387 1388.1389 1390

1391

1392

14. Verschiedenes Fr. Le mort au vif saisine donne, Ceste raison tiennent a bonne Coustumes et droiz anciens Der Tote gibt dem Lebenden Besitzgewait. Alte Gewohnheiten und Rechte halten diesen Grundsatz f r gut 78 PHIL. DE VITRI 846. Span. Otro abad ay muerto, sin el del puerto Noch ein Abt ist gestorben ausser demjenigen vom Hafen 79 LOPEZ (?}, REFRANES 529. NUNEZ III, 111. Ύα me mori y vi quien me lloro Ich bin schon gestorben und habe gesehen, wer mich beweinte LOPEZ (?}, REFRANES 724. N o r d . Funebris esse lare mavult male quam properare. — B&dr& cer fey man i hwss een vdh fwss Wer des Todes ist, will lieber zu Hause sein als zu seinem Ungl ck davonlaufen. — Besser ist der Sterbende im Hause als berst rzt nach aussen gebracht L LE 406. Dt. De dot is in dem potte. — Mors est in olla Der Tod ist im Topf 80 TAPPIUS 14.

V. M. Anmerkungen 1 2

3 4 5 6 7 8

9 l 11 J2 1J 14 15

16 17 18 19 20 21 22 23

Vgl. SINGER, SPRW. D. MA III, 109 f.; HASSELL M 190; WHITING D 96. Vgl. HASSELL M199, M 225; WHITING D 97. D 243.

Vgl. HASSELL M 225; WHITING D 243. Vgl. HASSELL M200; WHITING D97. Vgl. ZILTENER 5148; HASSELL M195; WHITING D 24. TOBLER - LOMMATZSCH VIH,482,23 schl gt nul statt nus vor, Vgl. WHITING D 99. Das Sprw. kann zugleich bedeuten, dass der Tod ein gerechter Richter ist und dass vor ihm alie gleich sind. Vgl HASSELL M200; WHITING C263. D 97. D100. D101. K49. L448. P298. Rill. Sohn des Okeanos und der Thetys, Stromgott und erster K nig von Argos. Vgl. HASSELL M 200. M 225; WHITING D 100. Vgl. HASSELL M 225. Vgl. HASSELL J 15; WHITING D 98. M 41. Vgl. HASSELL V15. Vgl. WHITING L411.

Vgl. HASSELL M 191. M 192; WHITING D 78. Vgl. HASSELL M 193; WHETING D78. M488. Vgt. HASSELL M 207. Vgl. HASSELL M 196; WHITING S 849. Oder seinen Rang? Vgl. HASSELL M 193. Vgl. WHITING D 78. Vgl. WHITING D 103.

395 24

TOD

Vgl. HASSELLM186. Entspricht PS. CATO, D IST. 4,37 (= LEBEN J3I). 26 Vgl. SEN., CONSOL. AD MARCIAM 10,4: Instatur a tergo Gefahr droht im Rücken, 27 Lücke im Text. 28 Vgl. KÖHLER, KL. SCHR. 111,426-452 (= GERMANIA 33,313-332); HASSELL M227; WHITING D 96. 29 Vgl. zu den Dreisprüchen auch die weiteren Quellenangaben bei WALTHER 30847. 30850, 30 Nach den Schreibungen der Hs. kann disse sowohl eine Präsens- als auch eine Präteritumform sein. 31 Vgl. HASSELL M 230; WHITING D 242. 12 Vgl. WHITING H599. M246. 33 Vgl. HASSELL M 206. 34 Vgl. dazu die Gl.: Qui patrem alterius ocdderit, aliis honis suis pactficet, quia eundem patrem uiuum non reddet Wer den Vater eines ändern getötet hat, möge mit seinen ändern Gütern Versöhnung schaffen, weil er diesen Vater nicht mehr lebend machen wird, 35 Oder: Dass keiner einen Toten wiedergewinnen kann. 36 Syntaktisch unbefriedigend, aber doch wohl wegen des ähnlichen Wortlauts der fr. Parallelen hierher gehörig. Es könnte allerdings auch übersetzt werden: Wieder gesund werden ist nicht tot. 37 Vgl. VULG., IOH. 5,24, 3S Es spricht der Tod. 39 Vgl. WHITING D 94. 4 ° ZILTENER 5169g. 5179. 5188. 41 Vgl. ZILTENER 5202. 5212; HASSELL M 228; WHITING D 95. D104. D 239. 42 Vorlage des lat. Textes ist PUBLII.IUS h 5, wo aber mort fehlt. Vgl. den Apparat, 43 Vgl. ZILTENER 5188. 44 Vgl. dazu SBARBI 1,116: La tnuerte agena causa memorta, de la propta, y por ende senttmiento tristezd Der fremde Tod ruft die Erinnerung an den eigenen hervor und daher auch Schmerz und Trauer, 45 Vgl. HASSELL M 143. 46 Nach CORREAS 239 erscheint dem, der ein angenehmes Leben gehabt hat, der Tod allzu früh. 47 Nur neuisl. belegt, aber durch Saxos Übers, als alt erwiesen; vgl, GERING a.a.O. 4S Nunez fügt hinzu: Por las ofrendas Wegen der Spenden. 49 Vgl. EULING, ROSENPLÜT 375. 50 Mit der Botschaft ist die Krankheit gemeint. st Arab. Arzt und Philosoph 981 — 1037, der Albertus Magnus und Thomas von Aquin weitgehend beeinflusst und dadurch das Eindringen aristotelischen Gedankenguts in das abendländische Geistesleben ermöglicht hat. 52 Dazu REFRANERO 271: „Es como: „De grandes cenas estan las sepultures llenas" So wie (das Sprichwort): „Von grossen. Mahlzeiten gibt es volle Gräber". 53 D. h. koitiert. 54 Dazu SBARBI 1,151: La vianda aun que sea prectosa, pone hastio a quten mucho la vsa. y apetito sabroso a quien no la vso y lo mesmo se entiende de la conuersacion de algunas personas o de negocios. y conirataciones Auch wenn sie kostbar ist, verursacht die Speise bei dem, der sie oft geniesst, Überdruss und bei dem, der sie nicht genossen hat, lüsternen Appetit, und dasselbe gilt auch von der Unterhaltung gewisser Leute und von den Verrichtungen und Handlungen. ss Vgl. dazu REFRANERO 322: No es mala la muerte haciendo lo que debe el que muere Der Tod ist nicht schlimm, wenn derjenige, der stirbt, tut was er soll. 56 Vgl. WHITING E 87. 57 Von der Habgier. 58 Vgl. SINGER, SPRW, D. MA 111,26. 59 ZfdA41,1897,93f. ™ Vgl. HASSELL M 224. ^ Vgl. HASSELL M145. 25

TÖDLICH 61

396

Zu dieser Übers, ist Konrad gekommen, weil in der Hs. von IAC. CESS., die ihm als Vorlage diente, vham gefehlt hat; vgl, IAC. CESS. 399-400 (unsere Nr. 1137} u. die genaueren Angaben zur Überlieferung in der Ausg, selbst. 63 ROMANIA 15,127. 64 Dazu bemerkt Nunez: Quiere decirt sey constants Will sagen: Sei standhaft! " Vgl. HASSELL M 206. 66 Vgl. dazu S. L. Arora, „To the Grave with the Dead ...": Ambivalence in a Spanish Proverb. In: Fabula 21 (1980),223-246. 67 Vgl. HASSELL M 210; WHITING D 72. 68 Vgl. WALTHER 22799 in der Form Martuus ignotus Der Tote ist unbekannt (mit vier Belegen aus dem 15. Jh.), 69 Vgl. HASSELL M 208; WHITING D 71. D 85. 70 D. h, habgierige Erben. 71 Vgl, HASSELL C105; WHITING C117. 72 Vgl. GODEFROY II, 94 c: cbaudeille. 73 Dazu SBARBi 1,101: La crueldad es mala siempre: y ntas con los enfermos Die Grausamkeit ist immer schlimm, und besonders gegen die Kranken, 74 Es folgt der Quellenhin weist Ein Wort Chilons, 75 Vgl. HASSELL D 78. 76 Weinkauf oder Lei(t)kauf ist der Trunk oder Schmaus, den man zur Bestätigung eines Kaufes, Tauschgeschäftes oder Vertrages zu sich nimmt. Hier ist der Vertragspartner der Tod, dem der Mensch so unentrinnbar verfallen ist; vgl. GRIMM, DWa. VI, 693 f. XIV. 1.1,944 u. 947 f. 77 Vgl. WHITING D 352. 78 Vgl. auch GRAF u. DIETHERR 5,5,161 Anm, S. 205 (Simon v. Leeuwen, Censura forensis, Lugduni 1741, 305,1: Die doode erft de Levende Der Tote macht den Lebenden zum Erben) u. 5,5, lf>2 Anm. S, 205 (lus municipale Bruxeüense 274: De dode erft ende saisert de Levenden Der Tote macht den Lebenden zurrt Erben und Besitzer der Erbschaft). 79 Sinn nach CEJADOR s.v. abad: Die Sache ist komplizierter, als sie erscheint; die Gründe liegen tiefer. eo Es folgt die Erklärung: hoc est nthil prorsus D. h.; nichts weiter. Sinn also: Der Topf ist leer.

TÖDLICH s. TOD TOLEDO —· GLOCKE 53, RITTER 59 TOLL s. NARR TOLLHEIT s. TOLLWUT

TOLLWUT / rage / rabies Hier auch TOLLHEIT, TOLLWÜTIG 1. Kennzeichen des tollwütigen Hundes 1.1. Tollwütiger Hund beisst auch den eigenen Meister -> HUND 379-3SÖ, 382-384 1.2. Tollwütiger Hund ist nicht lange unterwegs —* HUND 6.1, 1.3. Tollwütiger Hund hinterlässt wenig (gute) Nachkommen —* HUND 6.3, 1.4. Tollwütiger Hund lebt nicht lange -+ HUND 6.2. 2. Dem Hund Tollwut (Jemandem Tollheit) zur Last legen 2.1. Wer seines Hundes überdrüssig ist, legt ihm Tollwut zur Last (1-13), Vgl. HUND 5.4, 2.2. Jemandem Tollheit zur Last legen (14-16) 3. Jemanden behandeln wie einen tollwütigen Hund —* HUND 40. l S.

397

TÖLPEL

1. s. Inhaltsübersicht 2. Dem Hund Tollwut {Jemandem Tollheit) zur Last legen 2.1. Wer seines Hundes überdrüssig ist, legt ihm Tollwut zur Last / M l a t. Et qui suum canem vult perdere per rabiem, tmponit illi »omen Und wer seinen Hund unter dem Vorwand der Tollwut umbringen will, legt ihm (eben diese) zur Last1 SAL. ET MARC. 87 b. 2 Fr. QM son chien veut tüer, la rage H met sus Wer seinen Hund töten will, legt ihm 3 die Tollwut zur Last VILAIN 118. Qui son chin ueut tuer, la rage U met sure. - Si cants exosus tibi sit, tune fit rabiosus ... - Wenn der Hund dir verhasst sein sollte, 4 dann wird er für tollwütig erklärt ZACHER 139. Qui son chien veut tuer, la raige ii s met seure PROV. RUR. 180. Qui le kien voelt tuer, on li mail sus le rage Wenn man 6 den Hund töten will, legt man ihm die Tollwut zur Last GILLES LI MUISIS 1,224. Qui le chien voeilt ocirre, tuert et mehaignier, Le rage le met seure; se le fiert d*un levier Wer den Hund umbringen, töten und verstümmeln will, legt ihm die Tollwut zur Last; 7 so erschlägt er ihn denn mit einem Stock B. DE SEB. 11,745. Qui le kten voelt honnir Le rage lui met seure, pour lui faire morir Wer dem Hund ein Leid antun will, legt ihm 8 die Tollwut zur Last, um ihn umzubringen EBD. 12,393. Qi son chien voet tuer la rage lui mette sure Wer seinen Hund töten will, lege ihm die Tollwut zur Last CAMBR. 9 SAMML. (·» LEROUX II, 482). Qui son chien bet, on li met sus la raige Wenn man seinen 10 Hund hasst, legt man ihm die Tollwut zur Last EUST. DESCH. V, 402,10. Comme cellui qui son chien veult tuer et pour couleur de son fait lui met sus la rage Wie derjenige, der seinen Hund töten will und ihm zur Entschuldigung seiner Tat die Toll11 wut zur Last legt ALAIN CHARTIER, QUADRILOGUE 33,21. Qui son chien veult tuer 12 rage tut met sur Übers, wie 2 ET. LEGRIS 676. Qui hait son chien luy met le raige sus Wer seinen Hund hasst, legt ihm die Tollwut zur Last J. MOLINET 175,384.2 13 Span. Quien a su perro quiere matar, rabia le ha de levantar Wer seinen Hund töten will, muss ihn fälschlich der Tollwut bezichtigen NUNEZ III, 317, Vgl. HUND 5.4,

2.2. Jemandem Tollheit zur Last legen 14 Fr. Vb5 //' metez sore la rage Ihr legt ihm Tollheit zur Last3 J. REN ART, G. DE DOLE 13 3713. Prince, qui sert sanz querir avantage, Quant il est vieulx, on lui met sus la rage Ein Fürst, der dient, ohne Vorteil zu suchen, dem legt man, wenn er alt ist, Tollheit zur 16 Last EUST. DESCH. 111,341,25. Qui povres est, l'en ly met sus la rage Wer arm ist, dem legt man Tollheit zur Last EBD. X, 26,21.

3. s. Inhaltsübersicht V.M.

Anmerkungen 1 2 3

Vgl, SINGER, SPRW. D. MA 1,42. Vgi, HAS SELL C168. Um ein Versprechen nicht erfüllen zu müssen.

TOLLWUTIG s. TOLLWUT TÖLPEL s. NARR

TON

398

TON / son / sound Hier auch GETÖN, KLANG, KLINGEN, TÖNEN, WOHLKLANG Vgl. GLOCKE, LÄUTEN 1. Wer etwas hat, das klingt, der findet auch Leute, die dafür singen ( —2) 2. Klingender Beutel verschafft Nahrung, Wein und Freunde -» BEUTEL 1.1,, 1,4, 3. Die Meinung, die (golden) klingt, ist immer die beste (3—S) 4. Ein einziger Pfennig klingt nicht —» GELD 4.1. 5. Das Gefass erkennt man am Klang — GEFÄSS 1-12,14-15, SITTE 101. Vgl. SITTE 102 6. Leere Fässer geben lauten Ton von sich —» GEFÄSS 6.1. 7. Grosse Glocken geben einen vollen Ton —* GLOCKE 2. 8. Auch kleine Glöckchen geben einen vollen Ton —* GLOCKE 3. 9. Eine zerbrochene Glocke gibt einen schlechten Ton —> GLOCKE 4., TRINKEN 96 10. Alte Geigen (Lauten) geben einen schönen Ton (6-9) 11. 12. 13. 14.

Neues klingt, Altes klappert — NEU 1.2.9. Guter Ton ermöglicht gutes Tanzen —> TANZEN 36 Die Ohren klingen (jemandem) — OHR 9S-99, 103-104, 106-109 Klingen, aber nicht zusammenklingen hören (Klingen hören, aber nicht erkennen) (10-11). Vgl. LÄUTEN 5.

1, "Wer etwas hat, das klingt, der findet auch Leute, die dafür singen 1 Dt. Wer do hatt dy, die do dingen, Der vint auch, dye do singen Wer da (Münzen) 2 hat, die klingen, der findet auch (Leute), die singen SCHWABACH 54. Wer do bat., das do dinget, der findet, das do singet Wer da hat, was klingt, der findet etwas, das singt PROV. FRID. 283. 2, s. Inhaltsübersicht 3. Die Meinung, die (golden) klingt, ist immer die beste 3 Dt. Meynüng die guldin chiingt, Immer dy peste dünkt Die Meinung, die golden 4 klingt, scheint immer die beste KLAGENFURT 35. Die klingende meynunge und kunst, 5 die besten Die klingenden Meinungen und Künste (sind) die besten FRANCK 1,12 r. Die klingende meynungen vnd kunst, die besten EGENOLFF 283 r.

4. —9. s. Inhaltsübersicht 10. Alte Geigen (Lauten) geben einen schönen Ton 6 Mlat. Sepe vetusta lira modulamina dat michi mira Oft erzeugt mir die alte Laute wunderbare Wohlklänge PROV. WRATISLAV. 565. 7 Dt. Ja wist ir, daz man guote noten giget Uf alten videln, der si kan Ihr wisst doch, dass man schöne Töne spielt auf alten Geigen, wer sie (spielen) kann PS. NEIDH. v. 8 REUENTAL 29,10 (-> MSH III, 211 b). Auf den alien uidelen vint man äfft süssen donn 9 Auf den alten Geigen findet man oft süssen Ton PRAG 4. Off eyner aldyn fidel singet man susse don Auf einer alten Geige spielt man süsse Töne PROV. FRID. 332. 11. —13. s. Inhaltsübersicht

399

TONSUR

14. Klingen, aber nicht zusammenklingen hören (Klingen hören, aber nicht erkennen) W Dt. Sie haben hören klingen, nicht zusammen schlagen LUTHER, WA XXXIV.2,26,15 u (1531). Jdeo tantum audiunt ein gedon, nesciunt, quid sit Daher hören sie nur ein Getön, wissen aber nicht, was es ist EBD. XXXIV.2,416, 8 (1531). Vgl. LÄUTEN 5. E. D.

TON (Erde) / argile / clay Hier auch IRDEN 1. Ein Tongefäss gehört nicht neben ein ehernes Gefäss —* GEFÄSS 68, 70-72 2. Ein Tongefäss bleibt auch mit goldener Glasur ein Tongefäss —· GEFÄSS t,4.

TONEN s. TON TONNE s. GEFÄSS

TONSUR / tonsure 1. Die breite Tonsur macht nicht den Mönch (Ehrenmann, Geistlichen) (1). —> JUNGFRAU 2, KLEID 109, 114, 118, 130, 151, 157, 162, 167. Vgl KLEID 125 2. Nicht alle, die eine Tonsur haben, sind Geistliche —· PFAFFE 191-194 3. Glücklich das Haus, in dem keine Tonsur ist (2—3). Vgl. PFAFFE 3.2.3,

1. Die breite Tonsur macht nicht den Mönch (Ehrenmann, Geistlichen) 1 Fr. La rogneüre ne fait mie Lo clerc, ainz lo fait sa clergie Die Tonsur macht nicht den Geistlichen, vielmehr macht ihn seine Gelehrsamkeit dazu GOSSOUIN, IMAGE DU MONDE 51. — JUNGFRAU 2, KLEID 109, 114, 118, 130, 151, 157, 162, 167. Vgl. KLEID 115

2. s. Inhaltsübersicht 3. Glücklich das Haus, in dem keine Tonsur ist 2 It. Beata queüa casa ehe non ha cbierica rasa! Glücklich jenes Haus, das keine Tonsur .? hat! SAVONAROLA 115 (1495). Bea aquela casa que non ha ehe rega (lies mit C. Pasqualigo 1 ; cerega) rasa NUNEZ 1,166 (et Italiano). Vgl. PFAFFE 3.2.3. V.M. Anmerkung 1

Raccolta di proverbi veneti, 3. Aufl., Trcviso 1882, S. 85.

TOPF

400

TOPF s. GEF SS

T PFER / potier / potter 1. Der T pfer ist neidisch auf den T pfer (1-7). Vgl. HANDWERK 45 2. Der Topf er macht aus demselben Stoff verschiedenartiges Geschirr (8-11). Vgl. MATERIE l -3 3. Der Topf hat sich nicht gegen den T pfer aufzulehnen (12-19). -» AXT 19-20. Vgi. MEISTER 9. 4. Verschiedenes (20-21)

1. Der T pfer ist neidisch auf den T pfer 1 G r. Και κεραμεύς κεραμεΐ κοτέει, και τέκτονι τέκτων, Καί πτωχός πτωχφ φθονέει και αοιδός άοιδω Und der T pfer grollt dem T pfer und der Zimmermann dem Zimmermann, und der Bettler beneidet den Bettler und der S nger den S nger HES., ERG. 25, 2 Πγνεται γαρ ούτω το κεραμεύς κεραμεΐ Denn so entstand der Ausspruch: „Der T pfer (groilt) dem T pfer" ARISTOT., RHET. 2,4,21, 3 Lat. Sie figulus figulo, faber fabro invidet So ist der T pfer neidisch auf den T pfer, der Schmied auf den Schmied TERTULL., NAT. 1,19 (657B). 4 Mlat. Ut vulgo dicitur: Lu figulus odit lutifigulum propter simile lucrum Wie es aligemein heisst; „Der T pfer hasst den T pfer wegen des gleichen Gewinns" GALLI5 cus, MONOPOLIUM 57,34. Figulus figulo inuidet, faber fabro Der T pfer ist auf den T pfer neidisch, der Schmied auf den Schmied ERASM., ADAG, CHIL. 1,2,25. 6 Dt. En figulum figulus oditque poeta poetatn Et medicus medicum par quoque sepe parem ... — Eyn tapfer neyd den ndern als man list Eyn poet dem ndern gram ist Ein artzt wil dem ndern nicht weichen Vnnd oft neyt eyner seinen gleichen Siehe, der T pfer hasst den T pfer und der Dichter den Dichter und der Arzt den Arzt und jeder oft seinesgleichen. — Ein T pfer beneider, wie man liest, den ndern, ein Poet ist dem ndern gram, ein Arzt will dem ndern nicht weichen, und oft beneidet einer seines7 gleichen FABRI A 6 v. Figulus figulo invidet, faber fabro, — Die eyn potter misgunnet den anderen ende die eyne smyt of tymmerman den ndern bers, wie 5. — Der eine T pfer ist neidisch auf den ndern, der eine Schmied oder Zimmermann auf den ndern MURMELLIUS 24.

Vgl. HANDWERK 45

2. Der T pfer macht aus demselben Stoff verschiedenartiges Geschirr S B i b l . Annon habet potestatem figulus luti, ex eadem massa facere aliud quidem vas 9 in honorem, aliud vero in contumeliam? VuLG., ROM. 9,21 (= GEF SS 16). Hat nicht ein Top ff er macht, aus einem Klumpen zu machen, ein Fas (Gef ss) zu ehren, vnd das ander zu vnebren? LUTHERBIBEL, EBD. (= GEF SS 17). IQ Fr. Comme le potier qui a tour de s roe fait d'une mesme masse divers pots de differentes fa$ons et grandeurs Wie der T pfer, der durch das Drehen seines Rades aus derselben Masse Topfe von verschiedenen Formen und Grossen herstellt ALAIN CHARTIER, QUADRILOGUE 2,23. ιί Dt. Eyn bafner vsz eym erdklotz macht Eyn erlich gschyrr, sunst vil veracht Als kachlen, bafen, wasserkrag Do man jn, bosz, vnd guttes t g Ein T pfer macht aus demselben Erdklumpen ansehnliches Geschirr, daneben sehr verachtetes wie Kacheln,

401

TÖRICHT

Häfen, Wasserkrüge, damit man dahinein Schlechtes und Gutes tun könne BRANT, NARRENSCHIFF 57,35. Vgl. MATERIE l -3

3. Der Topf hat sich nicht gegen den Töpfer aufzulehnen 12 B i bl. Perversa est haec vestra cogitatio: quasi st lutum contra figulum cogitef, et dicat opus factori suo: Non fecisti me: et figmentum dicat fictori suo: Non intelligis Dieser Gedanke von euch ist (ebenso) verkehrt, wie wenn der Lehm etwas gegen den Töpfer sinnen und das Werk seinem Schöpfer sagen würde: „Du hast mich nicht geschaffen" und das Gebilde zu seinem Meister sagen würde: „Du bist nicht einsichtig" VULG., Is. 13 29,16. Wie seid jr so verkeret? Gleich als wenn des Topffers thon gedeckte, vnd ein werck spreche von seinem Meister, £r hat mich nicht gemacht, Vnd ein Gemechte spreche von seinem Topffer, Er kennet mich nicht Wie seid ihr so verdreht, genau so, wie wenn sich der Ton des Töpfers Gedanken machte und ein Werk von seinem Meister sagte: ... und ein Gebilde von seinem Töpfer sagte: ... LUTHERBIBEL, JES. 29,16. H. i5 Numquid dicet lutum figttlo suo: Quid facts? VULG., Is. 45,9. Spricht auch der Thon zu seinem Topffer, Was machstu? LUTHERBIBEL, JES. 45, 9. 16 M l a t . Stultum esset, si testa luti contradiceret suo figuh Es wäre töricht, wenn der irdene Topf seinem Töpfer widerspräche SPEC. SALV. 37,65. 17 Fr. Quar st comme Ysaie dit, C'est grant orgueil et grant despit, Quant encontre le charpentier Se veut congnie e&drecier, Et quant le pot veut son potier Arguer et U laidoier Denn wie Jesaia sagt, ist dies grosser Hochmut und grosse Geringschätzung, wenn sich die Axt gegen den Zimmermann auflehnt und wenn der Topf seinen Töpfer angreifen und beschimpfen will G. DE DEGUILEVILLE 1781 (= AXT 17). iS Engl. Yt wer a thyng ageyn(ejs kynde, In Holy Wryt as ye shal fynde ... y ff the pot sholde also seyn To the potter that hym wrouhte And his forme a-boute brouhte, Yiff he pleynede off hys makyng Es wäre etwas Widernatürliches, wie ihr es in der Heiligen Schrift (geschrieben) finden werdet, wenn der Topf zum Töpfer spräche, der ihn machte und ihm seine Form gab, (und) wenn er seine Erschaffung beklagen würde LYDGATE, PILGR. LIFE 3859. 19 Dt. Wenn der topf mit dem topfer redt, so stets nicht recht LUTHER, WA TR. 1582 (1532 [11,140,211). -» AXT 19-20. VgL MEISTER 9.

4. Verschiedenes 20 M l a t . Argiüam figulus quamvis mutaverit udam, Sed siccae formam non adhibere potest Mag auch der Töpfer den nassen Lehm anders formen, so kann er doch dem trockenen keine (andere) Form geben ALANUS 435 (parab. 6). 21 Span. Cada ollero su olla alaba, y mas el que la tiene quebrada Jeder Töpfer lobt sein Gefäss, und am meisten der, welcher ein zerbrochenes hat NUNEZ 1,194 (vgl, JEDER 3.1.1. l A, MEISTER 8.). V.M.

TOR s. NARR TOR (Eingang) s. TÜR TORHEIT s. NARR TÖRICHT s. NARR

TOSKANER

402

TOSKANER / Toscan / Tuscan It. Chi ha a fare con Tosco, non conviene ehe sia losco Wer mit einem Toskaner zu tun hat, der sollte nicht kurzsichtig sein1 SACCHETTI 144. H. U. S.

Anmerkung 1

D. h., der darf nicht auf den Kopf gefallen sein. J. Howell, Proverbs, London 1659,19 übersetzt: Who hath to deal with Florentine must have both his eyes about bim. Der Gedanke findet sich bereits bei Boccaccio, wenn auch nicht in sprichwörtlicher Formulierung (vgl. BATTAGLIA IX, 225 s. v. losco).

TOT s. TOD TÖTEN s. TOD TOTSCHLAGEN s. SCHLAGEN TOURNAY -> TEUFEL 187

TRAB / trot Hier auch TRABEN Vgl. EILE, SCHRITT 1. Vom Trab in den Schritt (1-2). -> HOCH JO 2. Wer nicht im Passgang gehen (schnell gehen) kann, soll traben (3 — 5) 3. Not setzt die Alte in Trab-»NOT 120-154, J 56-158, 161-164 4. Verschiedenes (6 — 7}

1. Vom Trab in den Schritt / Fr. B ten les ont mis du trot au pas Sie haben sie schön vom Trab in den Schritt 2 übergehen lassen ROB. D'ARRAS, VERS DE LA MORT 159,5. Dow trot vient len a pas Vom Trab kommt man in den Schritt MORAW., INEDITA I d 39. — HOCH 50

2. Wer nicht im Passgang gehen (schnell gehen) kann, soll traben 3 N L Die niet telden en can die moet wel dräuen. — Debet trotare qui nestit molliter ire. Aptetur reliquo qui non est aptus in vno Wer nicht im Passgang gehen kann, der muss wohl traben. — Der muss traben, welcher nicht geschmeidig gehen kann. Der passe sich dem Übrigen an, welcher bei einem nicht angepasst ist PROV. COMM. 294, 4. i Dt. De nycht telden kan mod dräuen PROV. COMM. MND. 293. De nicht bolde gän kan, de mot draven. — Qui propere ire nequtt cursum captabit honeste Wer nicht schnell gehen kann, der muss traben. — Wer nicht eilig gehen kann, soll ehrenvoll: zu traben trachten TUNNICIUS 446.

3. s. Inhaltsübersicht

403

TRAGEN

4. Verschiedenes 6 It. Trotto d'Asino dura poco Eselstrab ist von kurzer Dauer MERBURY 25. 7 Dt. Swer drabens gewont, den müet zelten Wer gewohnt ist zu traben, dem macht der Passgang Mühe HUGO v. TRIMBERG 21144.

V. M.

TRABEN s, TRAB TRACHTEN s. STREBEN

TRÄCHTIG / portante / pregnant i S p a n , Mas vaie echar el prenado, que tomar el criado Es ist besser, das trächtige (Tier) hinauszutreiben als das schon aufgezogene zu nehmen ! NUNEZ II, 348. —· RIND 329, SCHAF 214 V.M. Anmerkung 1

Bei REFRANERO 274 sreht dazu, dass ein selbst aufgezogenes Tier mehr einbringe als eines, das man kauft, wenn es schon gross ist.

TRAG s. FAUL (träge)

TRAGEN / porter / to carry Hier auch NEHMEN (auf sich) 1. Gewicht des zu Tragenden 1-1. Nur wer die Last trägt, kennt ihr Gewicht —» LAST H-15, 17-18 1.2. Nur das, was den Kräften entspricht, werde getragen s. unten 3. 1.3. Kunst ist leicht zu tragen — KÖNNEN 91-92, 96-101, 109-110 2. Tragen, was einem auferlegt ist 2.1, Jeder rnuss seine Bürde (sein Joch) tragen —« JOCH 6, LAST 1. 2.2. Jeder trage sein Kreuz -> KREUZ 13 3. Tragen, was den Kräften entspricht 3.1. Man trage nur, was man tragen kann —» LAST 42, 44—46, 4S-54 3.2. Man hebe nur auf, was man tragen kann —* HEBEN 1—2, 4—5 3.3. Verschiedenes (1-3) 4. Alles oder nichts mit sich tragen 4.1. Ich trage all meine Habe mit mir-> ALL 111-112,114, 116-117 4.2. Wer nichts mit sich trägt, verliert nichts — NICHTS 43-44, 46-49, 51-56 5. Säcke tragen und Sackträger 5.1. Der Esel trage (trägt) die Säcke — ESEL 42, 273-276, 430, LÜGEN 253 5.2. Man ruft den Esel nur, damit er Säcke trägt —* ESEL 278, 280—286 5.3. Es gibt viele Esel, die keine Säcke tragen —' ESEL 12.3. 5.4. Ein Esel nennt den ändern Sackträger—· ESEL 320-323

TRAGEN

404

6. Das Licht tragen 6.1. Das Licht hinten tragen und ändern leuchten — FACKEL 7, LATERNE 2-3, LICHT 34, 36, 38-39 6.2. Das Licht tragen und doch nichts sehen — BLIND 163t LICHT 3.2. 7. Das Hörn tragen und nicht blasen —· HÖRN 6-7 8. Die Hosen tragen 8.1. Mann und Frau kämpfen darum, wer die Hosen trägt —> HOSE 28-31 8.2. Die Frau trägt die Hosen (zum Leidwesen des Mannes} —* HOSE 32-37, 40 9. Tragen, was nicht gehen kann —» GEHEN 15.11. 10. Vollen Becher gerade und langsam tragen -» GEFÄSS 223-226 11. Nach Rom tragen und unsanft absetzen —* ROM 20. 12. Das Ende trägt die Last — ENDE 196, 198-200 13. Redensarten und Vergleiche 13.1. Auf beiden Achseln tragen —· SCHULTER 4. 13.2. Holz in den Wald tragen — HOLZ 2-14, 16-22 13.3. Wasser in einen Brunnen tragen — WASSER 223-224. Vgl. WASSER 225-227 13.4. Wasser in einen Ftoss tragen - WASSER 231-235 13.5. Wasser ins Meer tragen — WASSER 239, 241-243, 250 13.6. Wasser in einem Sieb tragen - SIEB 7, 11,13,16, 22, TOD 957, WASSER 251, 255 13.7. Wasser an einer Stange tragen ·— WASSER 16.17. 13.8. Den ändern (Den Bruder) im Beutel tragen — BEUTEL 8.2. 13.9. Den Toten scheissen tragen -» TOD 6.5.2.5. 13.10. Sand, Salz, Blei und Eisen sind leichter zu tragen als ein Narr (eine Untat) —* SAND 72-75 13.11. Lieber einen Esel, der mich trägt, als ein Pferd, das mich abwirft —* ESEL 14.5, 14. Vereinzelt (4)

1.—2. s. Inhaltsübersicht 3. Tragen, was den Kräften entspricht 3.1.—3.2. s. Inhaltsübersicht 3.3. Verschiedenes 1 Fr. Qui plus a plus doit donner, et qui plus est fort plus doit porter Wer mehr hat, soll mehr geben, und wer stärker ist, soll mehr tragen SEPT SAGES 9 (= HABEN 5). 2 It. Cht fusse atto a portare died libbre, non ne gli ponete venti Wer fähig ist, zehn Pfund zu tragen, dem ladet nicht zwanzig auf! CATERINA, LETTERE 1,134. 3 Dt. Wer auf dem ruck irait zu vil Vnd yemer auf sich laden wil, Der feilt da bin in kurczem czil Wer auf dem Rücken zuviel trägt und immer mehr auf sich laden will, der fällt in kurzer Zeit hm MÖNCH v. SALZB. 34,29.

4. —13. S.Inhaltsübersicht 14. Vereinzelt 4 It. Chi leva sente piü ehe quel ehe hatte Wer trägt, spürt mehr als der, welcher schlägt1 ABATE DI TIBOLI (*TENZONI 103).

V. M. Anmerkung 1 Vgl. die Anm. der Ausg.

405

TRAUBE

TRAGEN (ertragen) s. DULDEN TR GHEIT s. FAUL (tr ge) TR NE s. WEINEN TRANK s. TRINKEN TR NKEN s. TRINKEN TRAPPE — GEHEN 146 TRATSCHEN s. WORT TRAUBE / raisin / grape Hier auch WEINBEERE 1. Auf Dornen und Disteln wachsen keine Trauben — DISTEL 9, DORN 21 -27, 30, 34-41, 44, 47-49 2. Ein Feigenbaum bringt keine Trauben hervor —* FEIGE l, 4 3. Eine Traube macht die andere reif und farbig (l —10) 4. Nur aus gestampften und ausgepressten Trauben entsteht Wein (11 — 14) 5. Der F rst (Vater) hat die sauren Trauben gegessen, die Z hne des Volkes (der Kinder) sind stumpf geworden (15). — VATER 2.3,1. Vgl. BUSSE 2.2,, DIENEN 9.1.2.3., KIND 2,4.2., SCHWEIN 9.1., 15., S NDE 8.4.2. 6. Unerreichbare Trauben erscheinen sauer — FUCHS Ϊ 93 -194, 203-204 7. Verschiedenes (16—21)

1.-2. s. Inhalts bersicht 3. Eine Traube macht die andere reif und farbig 1 Gr. Βότρος προς βότρυν πεπαίνεται Die Traube wird neben der Traube reif IUL., OR. 7,19. 2 La t. Ovaque conspecta livorem ducit ab uva Und die Traube bekommt eine bl uliche .3 Farbe vom Anblick der Traube luv., SAT. 2, 81. Hoc ex prouerbio sumitur: ,uua uuant uidendo uaria fit' Dies wird dem Sprichwort entnommen: „Eine Traube wird durch den Anblick der ndern farbig" SCHOL. luv. 2,81. 4 Mg r. Βότρυς προς βότρυν πεπαίνεται bers, wie l APO STOLID s 5,5. 5 Ml a t. Uvaque contacta livorem ducit ab uva Und die Traube bekommt eine bl uliche Farbe durch die Ber hrung mit der ndern Traube IOH. SARESB., POLICRAT. 563 A. 6 Ovaque conspecta livorem ducit ab uva bers, wie 2 IOH, SARESB., EP, 231 (260 D). 7 Uvaque conspecta livorem ducit ad {lies: ab, Red.) uva PETR. BLES., EP, 94 (1,292). s Botrus oppositus botro maturescit bers, wie Ϊ ERASM., ADAG. CHIL. 3,2,49. 9, 10 Dt. Ein traub macht den ndern zeitig Eine Traube macht die andere reif FRANCK 1,39 v. EGENOLFF 300 v.

4. Nur aus gestampften und ausgepressten Trauben entsteht Wein i l M l a t . Now fit botrys ita vinum, nisi sit pede trita; Sie, dum calcatur, plus quisque deo copulatur Die Traube wird nur so zu Wein, wenn sie mit dem FUSS zertreten wird. So wird jeder, wenn er getreten wird, mehr mit Gott verbunden WERNER 2 n 181.

TRAUEN

406

12 Fr. Ens qe de grape plese vin sour la nape, Covt[e]nt que U seit de/'öle, coule et repose Bevor aus einer Traube Wein den Tisch schmückt (wörtl.: auf dem Tischtuch gefällt), muss sie gestampft, geseiht und gelagert werden PREDIGT (13. Jh. [+ROMANIA 35,594]). 13 S p a n , £1 que tiene la uba, ese le estruja Wer die Traube hat, der presst sie aus NUNEZ II, 70. 14 Eng l. Til grapes to pe presse beo set Per rennep no red wyn in rape Bevor die Trauben in die Presse gebracht werden, fliesst kein roter Wein schnell hervor HOLY ROOD 8,139.!

5. Der Fürst (Vater) hat die sauren Trauben gegessen, die Zähne des Volkes {der Kinder) sind stumpf geworden2 15 Ml at. Comedit Princeps uvam acerbam, et denies popuh obstupescunt Der Fürst isst die saure Traube, und die Zähne des Volkes werden stumpf PETR. BLES., EP. 106 (1,336). -» VATER 2.3.1. Vgl. BUSSE 2.2., DIENEN 9.1.2.3,, KIND 2.4.2., SCHWEIN 9. L, 15., SÜNDE 8.4.2.

6. s, Inhaltsübersicht 7. Verschiedenes 16 Span. Que de un grano de agraz se face mucha dentera Denn von einer einzigen 17, 18 sauren Weinbeere kommt heftiger Zahnschmerz3 ARCIPRESTE 907. Aeste presto (NUNEZ: A ese precio), vendimiado es lo mollar Bei diesem Preis werden die Trauben schon 19. 20 gelesen4 LOPEZ(?), REFRANES 71. NUNEZ 1,24. Poco por vuas quando no las ay Wenig mache ich mir aus Trauben, wenn es keine gibt5 LOPEZ(?), REFRANES 536. NUNEZ 2l III, 165. Adeuina, adeuinador, que vuas de mi majuelo, que cosa son Errate, Wahrsager, wie es mit den Trauben meines Weinberges steht!6 HALLER 474.

v: M.

Anmerkungen 1

2 3 4 5 6

Vgl. WHITING G 298 (a 1500). T471 (a 1400).

Vgl, WHITING F 77. Vgl. dazu die Anm. von Corominas in seiner Ausg. des Werkes (1967): De causas menudas vienen graves consecttencias Von kleinen Ursachen kommen schwere Folgen. Dazu steht bei SBARBI 1,78: Dar bienes al desperditiador es querer SU perdition Dem Verschwender Wohltaten erweisen heisst sein Verderben wollen. Vgl. CORREAS 483: Poko por ttvas se me da, kuando no las at. Sinn nach Haller: Sag an, was von dem Geschäft oder den Personen, mit denen ich umgehe, zu halten ist! Vgl. auch die Gl, von Sebastian de Horozeo (CORREAS 3 Anm. 2}. Der Sinn ist danach: Wenn die Verschwendung überhandnimmt, braucht man nicht mehr ernten zu wollen.

TRAUEN / faire/avoir confiance / to trust Hier auch VERLASSEN (sich), VERLÄSSLICHKEIT, VERTRAUEN 1. Vertrauen als Wert 1.1. Selbstvertrauen ist Voraussetzung für das Vertrauen in andere (l—S). Vgl. ANDER 1.2.3., FEIND 7.2., FREUND 268, GLAUBEN 7., GNADE 10., LIEBE 7.3.1., SCHLECHT 3., TREUE 119, 122, TRÜGEN 167 1.2, Vertrauen ist gegenseitig

407

TRAUEN

1.2.1. Wer selbst nicht traut, dem traut man nicht (6 — 7) 1.2.2. Vertrauen soll mit Vertrauen vergolten werden (8-9),—* FREUND 767-771 1.3. Mangel an Vertrauen ist schlecht (10-13). — TREUE 22 1.4. Vertrauen bedeutet Wohlwollen {14} 1.5. Wem man trauen soll — FREUND 815, 1091, GOTT 905, 930, i207, 1270, 1272, 1280-1284, 1286-1287, 1290, 1293-1294, 1298, 1301, 1303-1305, 1307, 1312, 1314, 1316, 1318-1324, 1326-1327, 1329-1336, 1352-1353, 1365, LILIE 2 2. Warnung vor Vertrauen 2.1. Vertrauen ist gefährlich 2.1.1. Vertrauen ist unsicher (15-16). Vgl. TREUE 1.1., UNTREUE 1. 2.1.2. Zu grosses Vertrauen bringt oft Schaden 2.1.2.1. Allg. (17-23). Vgl. GLAUBEN 2.4. 2.1.2.2. Spez. 2.1.2.2.1. Leichtes Vertrauen bringt manchen um sein Pferd (24 — 40). Vgl, PFERD 27. Variiert (4l) 2.1.2.2.2. Leichtes Vertrauen bringt manchen ins Verderben (42-44). Vgt. GLAUBEN 2.5. 2.1.3. Wer (nicht) vertraut, wird (nicht) betrogen und verraten (45-55. Vgl. 81) 2.1.4. Wem man am meisten vertraut, der verrät einen am ehesten (56 — 63) 2.1.5. Wem man am meisten vertraut, vor dem muss man sich am meisten hüten (64 — 66) 2.2. Vertrauen ist töricht (67-78). Vgl. GLAUBEN 2.2., MEINEM 1.2., NARR 8.11.2. 2.3. Vertrauen darf nicht leichthin geschenkt werden 2.3.1. Man soll niemandem trauen (79-85). Ähnlich (86) 2.3.2. Gewissen Leuten (Dingen) darf man nicht trauen — ÄNDERN 69, ARZT 104, 128, AUGENBRAUE l, BASTARD 6, BAUER 58, DIEB 110, 120, 178-179, DIENEN 563, EINSIEDLER 2, EIS 12, FALKE 36, FARBE 1., FEIND 138-140, 143-144, 149-150, 153, 157-158, 161-163, FRAU 22, 32, 1045, 1297-1298, 1328-1337, 1339-1340, 1342-1346, 1348-1353, 1356, 1360, 1362, 1364, 1368-1370, 1374-1377, 13791383, 1385, 1391, 1394, 1398,1415,1419, FREMD 6.4.2., FREUDE 222, FREUND 205, 210-211, GEIST 11-15,19-20, GELD 594, GLÜCK 268-292, 294, GUT (Subst.) 183, HERR 162, 287-291, 295, 297, 299, 301 -304, 381 -383, 385, HIMMEL 7, HUND 99S, HURE 52, 133, JURIST 21, KIND 441, 445, 450, 452, 454, KÖNIG 200, LIST 21, LOB 238, MEER 71, MENSCH 106-107, MÖNCH 33, NARR 841, PFAFFE 82-83, RAT 33, 157, 253, RECHT 144, REICH 365-166, 16«, 174, ROT 23, 25, RUHM 12, SCHELTEN 198, SCHILF 3., SCHURKE 42, SCHWANZ 66, SIEG 77, STARK 56, STROM 32-33, TOD 215, TRINKEN 7.1., TRÜGEN 135, 138f VERRAT 75, VOGEL J52-i53, WASSER 51-56, 59-60, WEINEN 64, WEISE 509, WELT 130-134, WETTER 3, WINTER 35, 57, WOLF 1.4., WORT 1023, 1329, ZUNGE 326 2.3.3. Man soll zurückhaltend sein m seinem Vertrauen {87—92} 2.3.4. Man soll sich wohl überlegen, wem man trauen will 2.3.4.1. Glücklich, wer weiss, wem er trauen kann (93 — 95,? 2.3.4.2. Man soll aufpassen, wem man traut (96-98) 2.3.4.3. Man soll nur so weit vertrauen, wie man sieht (99 — 101) 2.3.4.4. Man soll nur dem vertrauen, den man kennt und geprüft hat 2.3.4.4.1. Allg. (102). — FREUND 551, 594-59J 2.3.4.4.2. Spez.: Man soll nur dem vertrauen, mit dem man eine Scheibe Salz gegessen hat —* SALZ 37, 39-42, 44-45, 48-49 2.4. Vertrauen in schwieriger Situation setzt Reife voraus (103 — 106)

1. Vertrauen als Wert 1.1. Selbstvertrauen ist Voraussetzung für das Vertrauen in andere J It. Quel cavaliere ehe non a in se fedet non si puö fidare in altrui Der Ritter, der zu sich selbst kein Vertrauen hat, kann auch ändern nicht vertrauen TAV. RIT. 1,487 Kap.124. 2 Nord, En tru£>u engum sva vel, at }m truir eigi bezt sjalfum jjer Aber vertraue keinem 3 so sehr, dass du dir selbst nicht am meisten vertraust! GRETTIS SAGA 67,6. f>at r&ö

TRAUEN

408

ek per, at pv trvir betr sialfvm per en konom. Enda segi ek pat, at halqve[m]ra mer per vera pat, er pv berr ibriosti per, en pat, er bann veit ok pv att vndir honvm Dies rate ich dir, dass du mehr dir selbst vertraust als ihm. Ausserdem sage ich dies, dass mir das für dich vorteilhafter zu sein scheint, was du in deiner eigenen Brust trägst, als das, was et weiss und du ihn entscheiden lässt KONRÄDS SAGA 2 S. 45,47. 4 E n g l . To pi-self trust al-wei best, Ffor as pou dost, so scbaltou baue Vertraue dir selbst immer am meisten, denn wie du tust, so wirst du empfangen! VERNON MS. 55,10,25 (= TUN 156). 5 Dt. We syck sülvest nicht wyl tmwen, Wo konde de eynem ändern wesen holt? Wer sich selbst nicht trauen mag, wie könnte der einem ändern freundlich gesinnt sein? BOTE, KOKER 900. Vgl. ANDER 1.2.3., FEIND 7.2., FREUND 268, GLAUBEN 7., GNADE 10., LIEBE 7.3,1., SCHLECHT 3., TREUE 119, 122, TRÜGEN 167 1.2. Vertrauen ist gegenseitig 1.2.1. Wer selbst nicht traut, dem traut man nicht 6 Fr. Qui' ne me creit, ne jo luy Wenn mir einer nicht traut, traue ich ihm auch nicht RAWLINSON 243 {= MORAW. 2031}. 7 Dt. Dann wer niemans getrüwt, dem getrüwt oucb niemans Denn wer niemandem traut, dem traut auch niemand ANT. v. PFORR, BEISPIELE D, ALT. WEISEN 133,35. 1.2.2. Vertrauen soll mit Vertrauen vergolten werden 8.9 Span. Quien en ti $e fia, no le enganes Wer auf dich vertraut, den sollst du nicht täuschen LOPEZ(?), REFRANES 579. NUNEZ 111,286. — FREUND 767-771 10 li 12 13

1.3. Mangel an Vertrauen ist schlecht Mlat. Stantes sepe ca$as anceps fidutia uertit Wankendes Vertrauen verlässt oft Häuser, die noch stehen 1 EGBERT., FEC. RAT. l, 178. N o r d . Enn par kemur ad pui, sem mcellt er, ad betra er vieltumm ad vera enn onngum ad trua Es kommt dazu, wie man sagt, dass es besser ist, zu den Betrogenen zu gehören, als niemandem zu trauen FLJOTSDCELA SAGA 48, 19 (= JONSSON, ARKIV 447). Nl. Wie so valsch es ende fei, Hi en betrouwet niemen wel Wer so falsch und böse ist, der traut niemandem recht JAC. v. MAERLANT, ALEX, 6, 1185. Dt. ,Ich tmwe sin niht' daz sint vier wort, Diu tödes kraft und $ünden hört Üf uns erbent „Ich vertraue ihm nicht", das sind vier Worter, die Macht des Todes und Sünden in Menge auf uns kommen lassen2 HUGO v. TRIMBERG 24129. -» TREUE 22

1.4. Vertrauen bedeutet Wohlwollen 14 Dt. Die eim trawen, wollen eim nicht thün Die einem trauen, wollen einem nichts tun FRANCK I, 82 r. 1.5. s. Inhaltsübersicht 2. Warnung vor Vertrauen 2.1. Vertrauen ist gefährlich 2.1.1. Vertrauen ist unsicher 15 Dt. Sigh t>or dich, de loue de is myslych Sieh dich vor, das Vertrauen ist unsicher! 16 GEFÄLSCHTE LIEBESBRIEFE (1458 [+GERMANIA 10,392]}. Es ist mißlich, zu weyt vertrawen Es ist unsicher, zu sehr zu vertrauen SACHS IV, 50,23 (1534). Vgl. TREUE 1.1., UNTREUE 1.

409

TRAUEN

2.1.2, Zu grosses Vertrauen bringt oft Schaden 2.1.2.1. Allg. 17 Fr. Par trop fier moult souvent grant mal vient Durch zu grosses Vertrauen entsteht 18.19 oft grosser Schaden CHRISTINE DE PISAN, PROUV. MOUR. 28. De grant fiance grant faillance Aus grossem Vertrauen (entsteht) grosser Fehlschlag MORAW. 503. LEROUX 20. 21 II, 281 (15. Jh.). Fiance est mere de despit Vertrauen ist die Mutter des Ärgers MORAW. 22 748. ET. LEGRIS 282. A grant fiance grant falliance Auf grosses Vertrauen grosser 2,3 Fehlschlag MISTERE DU VIEL TESTAM. 37620. E« trop fier, a danger In zu grossem Vertrauen liegt Gefahr NUNEZ , 106 (el Frances). Vgl. GLAUBEN 2.4.

2.1.2.2. Spez. 2.1.2.2.1. Leichtes Vertrauen bringt manchen um sein Pferd 24 M l a t . Fides nimia semel equum abegit Zu grosses Vertrauen hat einmal ein Pferd entführt BEBEL, PROV. GERM. 304. 25 Dt. Getrouw wol den hengst hin reit Trauwohl 3 ritt den Hengst weg DER RITTER 26 UND DIE NÜSSE 145 (»HAGEN, GA 39). Wol truwen, rytt vil pferd hyn wagk Leichtes 27 Vertrauen reitet viele Pferde hinweg BRANT, NARRENSCHIFF 69,24. Truw wol reit mir myn rosz hin weg Trauwohl ritt mir mein Pferd hinweg MURNER, NARRENB. 89,39. 28 Wie man spricht: Traw reyt das pferd weg Wie man sagt: „Trau ritt das Pferd weg" 29 LUTHER, WA XVIII,437,15 (1525). So gehets denn ut in proverbio didtttr: Traw wol ritts pferd weg So geht es denn, wie im Sprichwort gesagt wird: „Trauwohl ritt das

Pferd weg" EBD. XXXVII, 125,27 (1533). Traw wol reiftet das pferdt weg4 AGRICOLA Nr. 14. Traw wol reyt (ritt) das pferdt hynweg EBD. Nr. 308 S. 268,30. Trawwol rit (ritt) das pferd hinweg FRANCK I, 84 r. II, 16 r. II, 96 v. Trauwol ridts (ritt das) pferd hin EBD. 1,101 r. Traw wol rit das pferd hinweg EBD. 1,141 v. So heysts: Traw wol ritte das pferd weg LUTHER, WA LII,421,22 (1544). Traw-wol reyt das pferd dahin SACHS V, 96,34 (1554). Traw wol, reit das pferdt hinweg EGENOLFF 7 r. Trawwol rait das pferd da-hin SACHS XXI, 300,11 (1565). Vgl. PFERD 27. Variiert: 4\ Dt. Traw vbel reit (Misstrauen ritr) kein pferd hyn weg EINBLATTDRUCK UM 1495.

30 31-34 3S 36. 37 38 39. 40

2.1.2.2.2. Leichtes Vertrauen bringt manchen ins Verderben 42 Fr. Celui perist a mult grant dreit Ki tut se met en autri fait Der geht sehr zu Recht zugrunde, der sich ganz auf fremde Tat verlässt PET. PHIL. 2117. 43 Nord, Hefir pat morgum at bana oröit, at bann hefir oftryggr verit Das hat manchem den Tod gebracht, dass er zu vertrauensvoll gewesen ist GRETTIS SAGA 54,13. 44 Dt. Von missetriuwe vil ofte geschiht Daz den Hüten misseget Bei falschem Vertrauen geschieht es oft, dass es den Leuten übel ergeht WIRNT v. GRAFENBERG 6366. Vgl. GLAUBEN 2.5.

2.1.3. Wer (nicht) vertraut, wird (nicht) betrogen und verraten 45 It. Chi non si fida non e ingannato Wer nicht vertraut, wird nicht verraten PAOLO DA 46 CERTALDO 375 S, 243. No te fidar, no seray gabato Vertrau nicht, dann wirst du 47 nicht betrogen! NUNEZ 111,53 (el Italiano). No« e ingannato, se non chi si fida Betrogen wird nur, wer vertraut MERBURY 13. 48 Engl. ... pat in trost is treson Dass im Vertrauen Verrat steckt COVENTRY PLAYS 49 26,58. For oft in trust ys tressoun Denn oft steckt Verrat im Vertrauen GOOD WIFE

TRAUEN

410

so. si WQLD 76. In trust ys tresone MANKIND 735. In trust is mocbe (viel) treson LYRICS XVTH CENT. 149,16.5 52 Dt. Dick er bedrogen wirf der vit gedrwet Oft wird betrogen, wer viel vertraut 53 MINNEREDEN II 12,222. Nemo dedpitur nisi qui vult fidere multis ... — Der vil menschen getrawen wü Wirt betrogen dick vnnd vil Es wird niemand betrogen als der, welcher vielen vertrauen will. - Wer vielen vertrauen will, wird oft und viel betro54 gen FABRI D 8 r. Wer nicht vertraust, wird nicht betrogen SACHS V, 97,21 (1554). 55 Auch ist das Sprichwort unerlogen (wahr): Wer nit trawt, der wirt nit betrogen EBD. V, 108,25 (1557). Vgl. unten 81

2.1.4. Wem man am meisten vertraut, der verrät einen am ehesten 56 Pro v. Car eel en cui bom plus $e fia Ses fadia Pot mielz I'om enganar Que eel de ctti horn süp que-s deu gardar Denn derjenige, dem man das grösste Vertrauen schenkt, kann einen mühelos besser betrügen als derjenige, von dem man weiss, dass man sich vor ihm hüten muss G. DE LA TOR 3, 6. 57 Eng l. For noman ne may to obur sonere trtcherie do Pane bilke bat is him euere neij and bat he trist mest to Denn niemand kann den ändern eher betrügen als der, weicher 58 ihm stets nah ist und dem er am meisten vertraut LEGENDARY 49,1ÖS. These otde Philosophres wise Thei wrtten upon thilke while, That he mat best a man beguile In whom the man hath most credence Jene alten, weisen Philosophen, die über solche Tücke schreiben, dass derjenige am besten einen ändern betrügen kann, dem dieser am 59 meisten Vertrauen schenkt GOWER, CONF. AM. 2,2674. For he may best in every cost Disceyve that men tristen most Denn derjenige kann überall am besten betrügen, dem 60 man am meisten Vertrauen schenkt CHAUCER, ROM. OF THE ROSE 3931. There-fore me seythe an olde sawe: He to home a man dothe tryste, Euer may dyseue hym beste Darum sagt man ein altes Sprichwort: „Derjenige, dem einer traut, kann diesen immer 61 arn besten betrügen" PARTONOPE ENGL. 3316. In whom I trust most, sonnest me deseyvith. — In quo confido, leniter me decipit ipse Der, dem ich am meisten vertraue, betrügt mich am ehesten. — Der, dem ich vertraue, betrügt mich leicht HILL 105 a, 14, 62 Dt. Niemand mag einen heßer betrügen als dem man wohl traut ELISAB. v, NASSAU, 63 LOHER 5. Die best vertrüweten mögen einen allerbosüchest verraten Diejenigen, denen man am meisten vertraut, können einen am ärgsten verraten CASP. SCHINER GEG. JÖRG AUF DER FLÜE 1511 (*SCHWEIZER VOLKSKUNDE 20,1930,74).

2.1.5. Wem man am meisten vertraut, vor dem muss man sich am meisten hüten 64 Fr. D'ou miex te fie miex te garde Wo du am meisten vertraust, dort hüte dich am f>5 meisten! LEROUX 11,289 (13. Jh.). Dou (MoRAW.: Dont) mieus te fie, mieus te garde PROV. RUR. 368 (= MORAW. 601). 66 It. Da qui me fido, guardeme D/o que da qm no me fido, me vardaro ben yo Vor dem, auf den ich vertraue, möge mich Gott behüten; denn vor dem, auf den ich nicht vertraue, werde ich mich schon selber hüten NUNEZ 1,271 (el Italiano).

2.2. Vertrauen ist töricht 67 68 69 70

Fr. Si le nomera l'en de par moi; Fols s'i fie So wird sie (seil. Fortuna) meiner Ansicht nach heissen „Der Narr vertraut darauf" PIERRE DE LA BROCHE 2, 72. // a non „foxs'i-fie" Er heisst „Der Narr vertraut darauf" 6 LOCUTIONS 13. Fous s'i fie et musarz s'i atant Der Narr vertraut darauf und der Tor verlässt sich darauf MORAW. 795. II est folz qui trop s'aseüre Der ist ein Narr, der zu sicher vertraut J, MAILLART, COMTE

411

TRAUEN

71 D'ANJOU 801. Et a ce Salemon s'acorde Qui dit: „Le sage craint folie A faire, et le fol trap s'i fie" Damit stimmt Salomon überein, der sagt: „Der Weise hütet sich, eine Narrheit zu begehen, und der Narr vertraut zu leicht" MIRACLE DE L'EVESQUE 48. 72. 73 Cest mondes a nom „Fol s'i fie" Diese Welt heisst ... REN. CONTR. 27868. Ons jours pora bien iestre, k'on dira: „Fols s'i fie" Eines Tages kann es wohl geschehen, dass man 74 sagen wird: „Darauf vertraut der Narr" GILLES n Muisis II, 195. Saiges n'est pas gut trap s'i fie Der ist nicht weise, der zuviel vertraut EUST. DESCH. IX, 334,10368. 75-77 Fol s'i fie et musart s't attent Übers, wie 69 ET. LEGRIS 271. Grant n'est pas part, mats fol (MoRAW.: foul) s'i fie Es ist nicht viel (?}, aber der Narr verlässt sich darauf 78 EBD. 294. MORAw. 821. Fol s'y fie, musart attent Der Narr vertraut, der Tor verlässt sich darauf LEROUX 1,238 (15. Jh.). Vgl. GLAUBEN 2.2., MEINEN 1.2., NARR 8.11.2.

2.3. Vertrauen darf nicht leichthin geschenkt werden 2.3.1. Man soll niemandem trauen 79 Fr. Soys leal et ne te fie en nulz Sei treu und traue niemandem! LEROUX 11,418 (15. Jh.). so N o r d . Satt er pad, sem m&lh er, ad onngum skilldi madur treistast Es ist dies wahr, wie es heisst, dass man niemandem trauen sollte FLJOTSDCELA SAGA 103,5, 81 Dt. Aber das ist der Juden gescheft, Trau nimant, so wirstu nit geefft (betrogen)! 82 NIKLASHAÜSER FAHRT 275 {+ LiLiENCR., HIST. VoLKSL. 148) (vgl. oben 2.1.3.). Es soll S3 sieb keyner au ff den ändern verlassen AGRICOLA Nr. 648. Ames, non ftdas homini in aeternum. — Lieb nit traw. Den menschen sol man lieben, aber nit traiven Liebe den 84 Menschen, aber trau ihm nicht in Ewigkeit! — ... FRANCK 1,7 v. Derhalb nyemand zu 85 weyt vertraw*. Deshalb vertraue niemandem zu sehr! SACHS IV, 104,4 (1545), Keiner verlasse sich auff den ändern EGENOLFF 236 v. Ähnlich: 86 Ml at. Rara ftdes homini tribuenda est, prob dolor! omni Nur selten darf man leider jeglichem Menschen Vertrauen schenken OTLOH., PROV. 330 A.

2.3.2. s. Inhaltsübersicht 2.3.3. Man soll zurückhaltend sein in seinem Vertrauen 87 Fr. Len ne set pas bien en qui se fier Man weiss nicht recht, wem man vertrauen soil Mo RAW. 1529. 88 N o r d . Fatt er pat full-treysta ma Wenig gibt es, dem man ganz vertrauen kann KALUND 182 (= JONSSON, ARKIV 412. JONSSON' 167). 89 Dt. Nyt solt getruwen yderman Ihr sollt nicht jedem vertrauen JOH. v. SOEST 118. 90-92 Auff blase wort mit nichte traw SACHS II, 278,32 (1531). Yederman vertrawen ist eyn torheit und leichtfertigkeit. Niemand vertrawen, ist tyrannisch (Tyrannenart) AGRICOLA Nr. 308, EGENOLFF 167 r.

2.3.4. Man soll sich wohl überlegen, wem man trauen will 2.3.4.1. Glücklich, wer weiss, wem er trauen kann 9.3 E n g l . Euax qui siret (lies: sciret> Red.) quem quis confidere qmret. — Well were hym pat wyst to warn he myst tryst Wohf dem, der wüsste, wem einer vertrauen könnte! — 94 ... wem er vertrauen könnte! RAWL. ENGL. 80. Welle were hym, pat (lies: pat wist) to wham he myjht trist, And so were hym, pat knew false fro pe trewe, — Est bene, qui noscet, in quo confidere quiret (lies; posset) Felix qui sciret, in quo confidere quire t. Sic et qui fidum (Hes: infidum) cognorouerit (lies: cognouerit, Red.) et modo fidum Wohl dem, der wüsste, wem er vertrauen könnte, ebenso dem, welcher die Falschen

TRAUEN

412

von den Aufrichtigen unterscheiden könnte! — Der ist gut dran ... den Falschen vom 95 Aufrichtigen ... DOUCE (MS. 52) 30. Wei were hym, pat wyst, To wham he mogbt trist Yn tyme off nedei Beter were he, pat knew The falce fro the trew Clothyd yn oon wede ... in der Notzeit! Noch besser wäre der dran, der den Falschen vom Aufrichtigen unterscheiden könnte, (auch) wenn sie ins gleiche Kleid gekleidet wären EBD. Anm.

2.3.4.2. Man soll aufpassen, wem man traut 96 It. Guarda com'entri e di cut tu ti fide Pass auf, wie du hineinkommst und wem du 97 vertraust!. DANTE, INFERNO 5,19. E guarda ben come e dove ti fidi, Con cui, e quando Und sieh dich wohl vor, wie und wo du vertraust, wem und wann! CANIGIANI, RISTORATO 18 S. 48. 98 Dt. Salomon spricht: „ich wil dich lerem Lueg, wem du trauest und in wen, Wann das getrawen laicht etwen Mag und freunt nachent geporn" ... „Schau, wem du vertraust und auf wen; denn das Vertrauen betrügt manchmal (sogar) nahe Verwandte!" VINTLER 7439.

2.3.4.3. Man soll nur so weit vertrauen, wie man sieht 99 Dt. Weil du nicht trawest, wie du sprichst, Den lewten weiter, wenn (als) du siehst 100.10l SACHS IV, 51, l (1534). Ich traw dir nit weiter dann ich sihe FRANCK 1,40 r. Vertraw nicht weitter, dann er sech Er {seil, ein weiser Mann) soll nicht weiter vertrauen, als er sieht SACHS V, 96,30 (1554).

2.3.4.4. Man soll nur dem vertrauen, den man kennt und geprüft hat 2.3.4.4.1. Aug. 102 It. Non ti fidar d'altrui, Se tu no! provi prima Traue einem ändern nicht, ohne ihn vorher zu prüfen! LAPO DEGLI UBERTI (+ANT. DA TEMPO App. S. 368). -> FREUND 551, 594-595

2.3.4.4.2. s. Inhaltsübersicht 2.4. Vertrauen in schwieriger Situation setzt Reife voraus 103 La t. Ardua quippe fides robustos exigit annos Denn ein Vertrauen unter schwierigen Umständen verlangt ein reifes Alter LUCAN. 8,282. 104 Mlat. Ardua fides robustos exigit annos Ein Vertrauen unter schwierigen Umständen 105 verlangt ein reifes Alter OTLOH., PROV. 303 B. Ardua quippe fides robustos exigit 106 annos Übers, wie 103 WALTHER 1312. Ardua certe fides robustos exigit annos Ein Vertrauen unter schwierigen Umständen verlangt sicherlich ein reifes Alter WERNER, BEITR. 40,100.7 R. L., rev. E. D.

Anmerkungen 1 2

3 4

5 6

7

Vgl. dazu den Komm, des Hrsg. Hugo v. Trirnberg spielt in diesem Abschnitt mit den verschiedenen Bed. von truwen: ,vertrauen' (so hier), ,glauben, meinen, erwarten* (so PFERD 355). D. h, zu grosses Vertrauen. Agricola erklärt das Sprw, folgendermassen: Und diß wort ist freilich auß der that erwachsen, daß eyner gesagt hatt, Ich getrawe dem wol etc. Ich will yhn reitten lassen, unnd der selbig Iraw wol ist mit dem pferd aussett pliben (ausgeblieben) EBD. Weitere engi. Belege bei WHITING T 492. Vgl. EBD. Anm, 9, Vgl. MLAT. WB. l, 916,40, wo ardua fides fälschlich als,fester Glaube' interpretiert ist. Im dort zit. Zeugnis (Wolfherii vita Godehardi, aus dem gleichen Jahr 1065 wie OTLOH., PROV.) ist fides ,Glaube*. Ob das auch für unsere Nr. 104 — 106 der Fait ist, lässt sich nicht abklären.

413

TRAUM

TRAUER(N) s. LEID TRAUM / reve / dream Hier auch TRÄUMEN, TRÄUMER L Beurteilung von Träumen 1.1. Träume sind {manchmal} wahr (1-6. Vgl. 23, 44) 1.2. Traume sind unwahr 1.2.1. Träume lügen und trügen (7-29. Vgl, 4, 61, 64, 71, 86-87} 1.2.2. Träume sind heute so wahr wie vor hundert Jahren (30-34} 1.2.3. Was im Traum geschieht, entspricht nicht der Wirklichkeit 1.2.3.1. Alig. (35-38) 1.2.3.2, Spez.: Träumer erbauen Luftschlösser (39). -> BURG 4Öt 55. Vgl. BURG 8.2. 1.2.4. Verschiedenes (40-41) 1.3. Träume haben keine Bedeutung (42-44;. — SCHATTEN 19 1.4. Träume sind nur Abglanz und unbeständige Gebilde (45-46. Vgl, 73) 1.5. Träume sind eitel (nichtig) (47-57. Vgl. 4, 15, 64> 75, 78, 82) 2. Umgang mit Träumen 2.1. Man soll Träume nicht beachten (Träumen nicht glauben oder vertrauen) (58-87. VgL 12). - PROPHET 54, 56, Vgl, PROPHET 8. 2.2. Nur Narren oder alte Weiher verlassen sich auf Träume {88-91). Vgl. unten 5. 2.3. Traum(be)deutung('92-96; 3. Trauminhalce 3.1. Man träumt, was man sich wünscht 3.1.1. Allg. s, oben 58-60, 63-68, 71-72, 79, 82, 84 3.1.2. Spez. 3.1.2.1. Das Schwein träumt vom Fressen —· SCHWEIN 4,1, 3.1.2.2. Wer wenig Rinder hat, träumt von Glocken — RIND 15.1. 3.1.2.3. Der Hund träumt von Brot -» HUND 476-477 3.2. Von einem Toren kommen törichte Träume — NARR 135-136, 138, 140, 145, 147, Vg!. ARM {Adj.} 93, NARR 2.6. 4. Den im Traum Geängsttgten hilft Gott (97-99) 5. Alte sind Träumer — ALT 2.5.4. Vgl. oben 2.2, 6. Vergleiche1 6.1. Das Leben ist wie ein Traum — LEBEN 30, 1.1.2.2. 6.2, Die Welt und alles Weitliche ist ein Traum — REICH 169, WELT 1.1.2.4. Vgi. EHRE 58 7. Verschiedenes (l00-l04)

1. Beurteilung von Träumen 1.1. Träume sind (manchmal) wahr Fr. Seignor, j'ai oy des m'enfance Que $onge sont bien demonstrance, Aucune fois, de verite Herr, ich habe seit meiner Kindheit gehört, dass Träume manchmal die Wahrheit zu erkennen geben NICOLAS DE MARGIVAL, PANTHERE 41. la ne uste dit Salomon, ,Que sunges decement meint hom' Nie hätte Salomo gesagt, dass Träume manchen Menschen täuschen WILLAME DE WADINGTON(?) 1157. Engl. ... neuere had seyd Salamon Pat dremys, men deseyue manyon (Dann) hätte Salomo nie gesagt, dass Träume viele (Menschen) täuschen MANNYNG, HANDLYNG SYNNE 413.

TRAUM

414

4 Nl. Het es gheseit, dat in drome Niet ne es dan ydele gome, Loghene ende onwaerhede; Nochtan heeft men te meniger stede Dicken die drome vonden waer, Ende die dinghen gbescien daer naer, Also si in drome waren ghesien Es wird gesagt, dass in einem Traum nichts ist als eitler Wahn, Lügen und Unwahrheit; dennoch hat man vielerorts oft die Träume für wahr befunden, und die Dinge geschehen danach, wie sie im Traum gesehen worden sind HEINR. v. AKEN, ROSE l (vgl. unten 1.2.1., 1.5.). .i Dt. Drome sint bytyden war. — Qbveniunt crebro nobts quae somnia dicunt Träume sind zuweilen wahr. - Vielfach passiert uns das, was Träume (voraus)sagen TUNNICIUS 6 760. Die träum sind nit all gar erlogn Die Träume sind nicht alle ganz erlogen SACHS 11,104,36(1550). Vgl. unten 23, 44

1.2. Träume sind unwahr 1.2.1. Träume lügen und trügen 7 Bibl. Multos enim errare fecerunt somnia Denn Träume haben viele irren lassen 8 VULG., SIRACH 34,7, Denn trewme betriegen (Träume betrügen) viel Leute LUTHERBIBEL., EBD. 9 Lat. Somnium narrat tibi Er erzählt dir einen Traum PLAUT., AMPHITR. 738 (vgl. WACHEN 9.2.). lö Fr. Maintes genz dient que en songes N'a $e fables non e menconges Manche Leute 11 sagen, in Träumen gebe es nichts als Märchen und Lügen G. DE LORRIS, ROSE 1. Une gent sont qui dient que trestout est menconge Et nicete et fable et faus, quanque l'en songe Es gib: Leute, die sagen, dass alles Lüge und Dummheit und Märchen und Trug ist, was immer man träumt DESPUTOISON DE LA SINAGOGÜE ET DE SAINTE EGLISE 2, l n (-»CLOPIN, DESPUT. S. 93). En euj (seil, songes) ne deit nul trap crere; Souent faillent a mult de gent, Par le deable deceiuement An sie (die Träume) soll keiner zu sehr glauben; oft täuschen sie viele Leute durch Teufelstrug WILLAME DE WADINGTON(?) 13 1126 (vgl. unten 2.1.). Qui ensi dort, mout souuent songe, Et songes fait de uoir mencbongne Wer also schläft, träumt sehr oft, und der Traum macht aus Wahrem Lüge 14 REQUIS, RICH ARS LI BIAUS 447. Dame, vous estes foule qui vom creez en songe, Vous savez bien de voir ce n'est for s que manconge Frau, Ihr, die Ihr an Träume glaubt, seid töricht; Ihr wisst doch wahrlich: Das ist nichts als Lüge GIR. DE Ross. ALEX. 1135. 15 Songes ne sont que fables Träume sind nur leeres Gerede PIERRE DE LA CEPEDE, PARIS ET VIENNE 603,19 [vgl. unten 1.5.). 16 EngL Dremes many a maner bigile Träume täuschen mancherlei Menschen CHAU17 CER, TROILUS 5,1277. Many men sayn that in sweveninges Ther nys but fables and lesynges Viele Menschen sagen, dass in Träumen nichts als Märchen und Lügen sind CHAUCER, ROM. OF THE ROSE 1. 38 Dt. Wan vnd hoch gedinge Vnd träume kunnen triegen Wahn und höchste Hoffnung und Träume können trügen ALBR. v. SCHARFENBERG, J. TITUREL (Ausg. Strassburg, 19 Joh. Mentelin, 1477) Kap. 23 Str. 131. Swie doch die trovme triegent Und an warheit liegent Wie doch die Träume trügen und der Wahrheit widersprechen HUGO v. LANGEN20 STEIN 136,5. Ich hoer die wtsen jehen Daz träume dicke triegen Und tmgenliche liegen Ich höre die Weisen sagen, dass Traume oft trügen und trughaft erscheinen REIN21 FRIED 13422. Wann trämb das sein trüg Denn Träume, die sind Trug HÄTZLERIN 22. 23 2,4,127. Drome dat is drogenheit Traum, das ist Trug KARLMEINET A 505,13. Wan die trome gemeinlich triegent und och ane allen ztvivel underwilent war sagent Denn die Träume trügen gewöhnlich, sagen aber ohne jeden Zweifel bisweilen auch die 24 Wahrheit SEUSE 183,21 (vgl. oben 1.1.). Traume synt trogin Träume sind Trug 25 ROTHE, PASSION 58. Er sprach: trawm das sint trüge. Do solt dich nit keren an, Ob

415

TRAUM

ich dir ler geben kan Vnd weysUchen raten. Er sagre: „Träume sind Trug. Auf die sollst du nicht achten, wenn ich dir eine Lehre und einen weisen Rat geben darf" KELLER, 26 ERZ. 292,29. Trewme sind lugen. Wer yns bette scheisst das ist die warheit Träume 27. 28 sind Lügen ... LUTHER 445. Trewme seind lugen AGRICOLA Nr. 623. Dann thräum sind trieglich aller massen Denn Träume sind in jeglicher Hinsicht trügerisch SACHS 29 VIII, 639,13 (1.558). Traum seind lügen EGENOLFF 231 v. Vgl, oben 4, unten 61, 64, 71, 86-87 30 31

32. 33 34

5S

36

37 38

1.2.2. Träume sind heute so wahr wie vor hundert Jahren Ml at. Tarn vera nunc sunt somnia, quam ante centum annos Heutzutage sind Träume ebenso wahr wie vor hundert Jahren 2 BEBEL, PROV. GERM. 450. Nl. Droom is also waer als hi was ouer hondert iaer. — Deludunt homines nunc somnia quod vetus e$t mos Ein Traum ist (heute) ebenso wahr, wie er vor hundert Jahren war, — Heutzutage betrügen die Träume den Menschen wie seit alters PROV. COMM. 296. Dt. Drom is alzo war alze he was auer hunderd iar PROV. COMM. MND. 295. Drome sint so war Als se waren over hundert far. — Somnia deludunt animos (Ausg.: amimos) de more vetusto Träume sind (heute) ebenso wahr, wie sie vor hundert Jahren waren. - Träume trügen die Gemüter seit alters TUNNICIUS 451. Es sindt die träum ietz so war als vor 100. jarn Die Träume sind jetzt so wahr wie vor hundert Jahren FRANCK 1,87 v. 1.2.3. Was im Traum geschieht, entspricht nicht der Wirklichkeit 1.2.3.1. Allg. Dt. Troum, wie wunderlich du bist! Du machest riche in kurzer vrist Einen also swachen man Der nie nach eren muot gewan: Swenner danne erwachet, So hästä in gemachet Zeime toren als ich Wie seltsam du bist, Traum! Du machst in kurzer Zeit einen so jämmerlichen Mann, dem nie der Gedanke an Ehre in den Sinn gekommen ist, reich. Wenn er dann aufwacht, so hast du ihn zu einem Toren, wie ich es bin, gemacht HARTMANN v. AUE, IWEIN 3549. Swaz wir noch fröuden hän gesehen, Daz ist uns als ein troum geschehen. Mm herze in troume wunder siht, Daz nie geschach und niemer geschiht Was wir bisher an Freuden gesehen haben, das ist uns wie ein Traum widerfahren. Mein Herz sieht im Traum Wunderbares, das nie geschehen ist und nie geschehen wird FREIDANK 128,10 {= FREUDE 206), Als dem tm troume guot geschiht Und es dar nach enphindet niht Wie (derjenige), dem im Traum Gut zuteil wird und (der) es danach nicht gewahr wird RUD. v. EMS, ALEX. 8523 (vgl. REICH 169), Der släfende Hute hat und lant Und wachende um brot setzet stn pfant: Dem ist sin troum niht wol uz gangen Wer im Schlaf Untertanen und Land hat und wach sein Pfand für Brot setzt, dessen Traum hat nicht gut geendet HUGO v. TRIMBERG 6421.

1.2.3.2. Spez.: Träumer erbauen Luftschlösser 39 Fr, Ei le songer fait chasteaux en Aste, Le grand desir la chair rassasie Und das Träumen schafft Luftschlösser (wörtl,: Burgen in Asien), das heftige Begehren macht das Fleisch satt GRINGORE, MENÜS PROPOS (1521 [+LEROUX 11,487]). -» BURG 40, 55. Vgl. BURG 8.2,

1.2.4. Verschiedenes 40 It. / sogni non son veri, e disegni non riescono Die Träume sind nicht wahr, und die Pläne gelingen nicht MERBURY 7, 41 Engl. Comynly of these sweuenys fie contrary men shul fynde Gemeinhin wird man das Gegenteil dieser Träume (für wahr bejfinden BERYN 108.

TRAUM

416

1.3. Träume haben keine Bedeutung 42 Nord. Ekki er mark at draumum Träume haben keine Bedeutung GUNNLAUGS SAGA 43 2 S. 53. Eckt er mark at draumum STURLUNGA SAGA 1,523,17 (= GERING 18). 44 Nl. Men seit droem en bediet niet. — Inter dum veram pretendttnt somnia causam Man sagt, ein Traum bedeutet nichts. — Bisweilen spiegeln Träume etwas Wahres vor PROV. COMM. 532 (vgi, oben 1.1.). -* SCHATTEN 19

1.4. Träume sind nur Abglanz und unbeständige Gebilde 45 Engl. Beleue noujt mache yn no dremys, For many be nat but gleteryng glemys Glaube nicht (allzu)sehr an Traume, denn viele sind nur glitzernder Abglanz! MANNYNG, HANDLYNG SYNNE 379. 46 Dt. Ein metster las, troum unde Spiegelglas, Daz st zem winde bi der staete sin gezalt Ein Weiser sagte, dass Traum und Spiegelglas, was ihre Beständigkeit angeht, zum Winde gezählt werden (können) WALTHER v. D. VOGELWEIDE 122,24, Vgl. unten 73

1.5. Träume sind eitel {nichtig) 47 B i b l . Vbi multa sunt somnia, plurimae sunt vanitates, et sermones innumeri Wo viele Träume sind, da sind sehr viele Eitelkeiten und unzählige Reden VULG., ECCLES. 5,6. 48 Wo viel Trewme sind, Da ist eitelkeit vnd viel wort (Worte) LUTHERBIBEL, PRED. 5, 6. 49 Oivinatio erroris, et auguria mendacia, et somnia maleficentium, vanitas est Prophezeiung von Irrtümern und lügnerische Weissagungen und Träume von Übeltätern sind eitel 50 VULG., SIRACH 34,5, Eigen Weissagung vnd deutung vnd trewme sind nichts, Vnd machen doch einem schwere gedancken LUTHERBIBEL, EBD. 51 Fr. Car songes est noianz Denn (ein) Traum ist Unsinn (wörtl.: nichts) LANCELOT 52 IV 2. Songes n'est for s que vaine chose, Pols est qui verite y pose Der Traum ist nichts als ein eitles Ding; töricht ist, wer Wahrheit hineinlegt FROISS. (SPEC. 10) 320,380. 53 It. Da altrm udissi vani essere i sog«; Von anderen hörte ich, dass Träume eitel seien Bocc., FIAMMETTA 3 S. 76. 54 Engl. No thyng, Got woot, but vanitee in swevene is Nichts, weiss Gott, ausser 55 Eitelkeit ist in Träumen CHAUCER, NUN'S PRIEST'S T B 4112. For swevenes been but 56 vanytees and japes Denn Träume sind nur Eitelkeiten] und Scherz[e] EBD. B 4281. A strawe for dreames, they be but vanitie Einen Pfifferling für die Träume, sie sind nur Eitelkeit BARCLAY, ECL. 3,40.J 57 Dt. Wo vil trawme seind, da ist eytelkait, und vil wort Wo viele Träume sind, da gibt es Eitelkeit und viele Worte AGRICOLA II Nr. 61. Vgl. oben 4, 15, unten 64, 75, 78, 82

2. Umgang mit Träumen 2.1. Man soll Träume nicht beachten (Träumen nicht glauben oder vertrauen) 58 Lat. Somnia nee (lies mit Arntzen: ne] cures; nam mens humana, quod optat, Dum vigilatt sperat: per somnum cernit id ipsum Du sollst dich nicht um Träume kümmern; denn was der menschliche Geist im Wachen wünscht, das hofft er, (und) dasselbe nimmt er im Schlaf wahr PS. CATO, DIST, 2,31. 59. 60 M l a t . Sotticitus durat qui frustra somnia curat, Nam quod homo sperat somnus sibi sepe reuelat Im Kummer verharrt, wer sich grundlos um Träume sorgt; denn was der 61 Mensch hofft, offenbart ihm oft der Schlaf CATO NOVUS 151. WERNER 2 s 170.5 Som-

417

62 63

64

65

66

67

68

69 70 71

72

73

74

TRAUM

nia ne cures, nam fallunt somnia plures Du sollst Träume nicht beachten, denn Träume täuschen viele WERNER 2 s 171 (vgl. oben 1.2.1.). Fr. Li horn qui croit en songe a bien Deu renoie Der Mensch, der an Träume glaubt, hat Gott sehr wohl verleugnet FILS AYMON 6507. En droit conseil ie te don ge, Que U ne te cbaille de songe, Car a ce ou pensons le jor Gastons de la nuit le sejor Mit (gutem) Recht gebe ich dir den Rat, dass du dich um einen Traum nicht kümmern sollst, denn mit dem, woran wir tagsüber denken, verderben wir die Ruhe der Nacht J. DE PARIS, CATO 567. Ne t'esmaier onques de songe; Po en voit on, ne sott men$onge. Ce que penses, voiz en dormant; Tot est vanitez et noiant Kümmere dich nie um einen Traum; man sieht wenige [davon], die nicht Lüge(n) wären. Was du denkst, siehst du im Schlaf; alles ist Eitelkeit und Nichtigkeit ADAM DE SUEL, CATO 477 {vgl. oben 1.2.1., 1.5.}. Se tu songes, n'y met mie ta cure; Nul ne se doit fier en chose obscure Car au desir que la pensee humaine Prent en (Ausg.: nn) veillant, le songe se rarname Wenn du träumst, (verschwende darauf nicht deine Sorge! Keiner soll einer dunklen Sache trauen, denn der Traum kommt auf den Wunsch zurück, den der menschliche Geist im {Zustand des) Wachen(s) fasst J. LEFEVRE, CATO 385.4 Prov. Pel somi a l'aseran {lies mit LEVY VII, 604: al seran) Non consirs l'endeman; Que paraula es vana Qe es a greu certana. Car cbo eis qe vols faire T'es per somts veaire Im Traume am Abend suche nicht den folgenden Tag, denn ein Wort, das (nur) schwerlich zuverlässig ist, ist ohne (Aussage)kraft! Denn eben das, was du tun willst, erscheint dir im Traum wahr CATO PROV. T 301. Part tot aisso ay auzit dire Que hom no sia en cossire Ni se vuelba levar enuecb De ren que hom vega de nuech, Car sompnis es e vay s'en breu, Ayssi com es vengut de leu Überall habe ich sagen hören, dass man nicht in Nachdenken verfallen solle noch Sorgen aufkommen lassen wolle über etwas, das man in der Nacht sieht, denn es ist ein Traum, und er geht so schnell wieder weg, wie er gekommen ist BERTR. DE MARSEILLE, ENIMIE 1829. So on men [tos] aturs Veilan, pensses dormen; Per qu'en sompnis no curs Mas en Dieu solamen Worauf du deine Bemühungen im wachen Zustand richtest, daran denkst du im Schlaf; kümmere dich daher nicht um Träume, sondern ausschliesslich um Gott! G. DE CERVERA 1065. S p a n , De los suenos cree los menos Von den Träumen glaube die wenigsten! 6 NUNEZ 1,284. N o r d . Ekki Ixt ek drauma raöa forum minum Ich lasse nicht Träume über meine Wege bestimmen BJARNAR SAGA 32 S. 196. Draumum sinum Skyli eigi drottir trua; beir yta opt; Sofanda pykktr Pat er sjalfr me&an vakir sEskir ser eöa oaz Seinen Träumen soll niemand trauen; oft betrügen sie die Leute. Dem Schlafenden erscheint, was er sich selbst, wenn er wach ist, wünscht oder wovor er sich fürchtet HUGSVINNSMÄL 86 (vgl. oben 1.2.1.). Engl. Sompnia ne cures; nam mens humana quod optat, Dum vigilat, sperat, per sompnum cernit id Ipsum. — De songe ke vous songez, Counts ne countez; Kar quant homme est veilaunt, Ce ke U coueit espeir, E puis le veut auer, Cel meimes en dormaunt. — Ping pat pe mette en sweuene, Teile hit not wahand; Hit is ping pat pou coueyted Er longe bi-fore-band Übers, wie 58. — Kümmert Euch nicht um einen Traum, den Ihr träumt; denn was einer begehrt und hofft, solange er wach ist, dasselbe will er haben, wenn er schläft! — Rede von einer Sache, die du im Traum erlebt hast, nicht im wachen Zustande; es ist eine Sache, die du lange zuvor begehrtest! VERNON MS. 50,401. Pus pe wyse clerk seyb, Catun, And tecbyp chyldryn pys lessunt $eue no charge to [py} dremysf Pey been but as Iglasyng] glemys So spricht Cato, der weise Gelehrte, und bringt Kindern diese Lehre bei: „Miss deinen Träumen kein Gewicht bei, sie sind wie ein trügerischer Glanz!" MANNYNG, HANDLYNG SYNNE 421 (vgL oben 1.4.}. Bote Catoun construivep hit nay An Canonistres bope, And siggen bi hemseluen ,Sompnia ne cures' Aber Cato legt es als schlecht aus und auch die Kirchen-

TRAUM

418

gelehrten, und sie sagen selbst: „Du sollst Träume nicht beachten" LANGLAND(?), 75 PLOWMAN A 8,135. Ac men setten nat by songewane men seen hit ofte fails, Caton counteb hit at nouht and canonistres at lasse Aber man misst der Deutung von Träumen keine Bedeutung bei; man sieht oft, dass sie nicht zutrifft: Cato hält sie für nichtig und 76 die Kirchengelehrten für noch weniger EBD. CIO,302 (vgl. oben 1.5.). Lo, Catoun, which that was so wys a man, Seyde he nat thus. „Ne do no fors of dremes?" Nun, Cato, der ein so weiser Mann war, sagte er nicht folgendes: „Kümmere dich nicht um 77 Träume!"? CHAUCER, NUN'S PRIEST'S T. B4130. was vnfittyng, be said, a sad man of wit, Any dremys to drede, or deme horn for treiv Es sei unangebracht, sagte er, ein Mann voller Klugheit, irgendwelche Träume zu fürchten oder sie für wahr zu halten 78 DESTR. OF TROY 8444. To dremys, sir, shuld no man have Respek, For thei ben thingis weyn, ofnon affek Träume, Herr, sollte keiner beachten, denn sie sind eitle Dinge ohne (jede) Wirkung LANCEL. OF THE LAIK 381 (vgl. oben 1.5.}. 79 Nl. Ne rouke di met wot die droemt, Die ghene dinct mi dul dies goemt, Want dat die Heden sdaghes verhören, Comt hem gherne snachts te voren Es soll dich nicht kümmern, was dir träumt. Wer es beachtet, der kommt mir dumm vor, denn was die Leute tagsüber vernehmen, kommt ihnen nachts oft (in ihren Träumen) vor CATO MNL. 151. 80 Dt. Swer sich an troume keret, Der ist wol guneret Wer Traume beachtet, der gerät Sl dadurch in Schimpf HARTMANN v, AUE, IWEIN 3547. „Swer sich an troume wendet", sprach dö Hagene, »Der enweiz der rehten maere niht ze sagene, Wenn' ez im ze eren vollecltchen sie" „Wer Träumen Beachtung schenkt", sprach da Hagen, „der weiss nicht richtig darüber Bescheid, wann etwas seiner Ehre ganz gemass ist" NIBELUNGEN 82 1510,1. D« so/ nibt troume ruochen; Wir lesen an den buochen {Ausg.: huochen), Der troum si wan üppikeif. Ouch hant die wtsen uns geseit, Des ein man wachende ger, Daz in lihte ein troum gewer Du sollst Träume nicht beachten; wir lesen in der Heiligen Schrift, der Traum sei nichts als Eitelkeit. Auch haben uns die Weisen gesagt, dass das, was ein Mensch wachend begehre, ihm ein Traum leicht gewähre CATO 331 S3 (vgl. oben 1.5.). ... Und man gelouben solle niht An troume vil, ez waere enwiht, Wan si betrügen der liute vil Und (dass) man nicht viel an Träume glauben sollte, dass es etwas wäre, denn sie betrügen viele Leute KONR. v, WÜRZBURG, TROJ. KR. 41929. 84 Sompnia ne cures nam mens bumana quod optat Dum utgilat sperat per sompnum cernit id ipsttm. — Du salt der trome nichtin ruchin Wen menschlich syn kan des gebrucbin Was her vachinde betracbt Das syt her slafinde dy nacht Übers, wie 58. — Du sollst Träume nicht beachten; für den menschlichen Geist ist nur das von Nutzen, was er wachend begehrt, das sieht er (auch) in der Nacht, wenn er schläft CATO OMD. {ZFöA 85 72) 85. „Ei, — sprach der Graf - man soll nicht an die Träume glauben" ELEONORE 86 v. ÖSTERR., PONTUS u. SiDONiA 397. Man zal nicht an trewme glauben: zy trigen 87 Man soll nicht an Traume glauben: sie trügen PROV. FRID. 423 (vgl, oben 1.2.1,}. Die träum sind lauter phanlasey, Daran man sich nit keren sol Die Träume sind bloss Trugbilder; man soll sie nicht beachten SACHS VIII, 235,3 (1556} (vgl. oben 1.2.1.). — PROPHET 54, 56. VgL oben 12, PROPHET 8.

2.2. Nur Narren oder alte Weiber verlassen sich auf Träume 88 B i b l . Somnia extollunt imprudentes Die Träume regen die Unklugen auf VULG., 89 SIRACH 34,1. Narren verlassen sich auff Trewme LUTHERBIBEL, EBD. 90 Dt. Welt ir gröze richeit Mit iwern träumen bejagen, So suit irs alten wiben sagen Wenn Ihr mit Euren Träumen Reichtum erlangen wollt, so müsst Ihr sie alten Weibern 92 erzählen STRICKER, KL. GED. 3,150. An troume sol ein altez tvip Gelouben unde ein ritter niht An Träume mag ein altes Weib glauben, aber nicht ein Ritter KONR. v, WÜRZBURG, TROJ. KR. 19184. Vgl. unten 5.

419

TRAUM

2.3. Traum(be)deu.tung 7 92 Fr. Dame, trestous les songes doit on a bien vertir Frau, alie Träume muss man zum 93 Guten wenden ALEX. DE PARIS, ROM, ALIX. 3,7324. Le songe que len uoit est legers a espundre. — Facia diem dictis adhibent, hoc sepe uidemus; Sompnia sie leuiter exponere utsa solemus Der Traum, den man (verwirklicht) sieht, ist leicht zu deuten. — Geschehene Dinge fügen den Worten ein Datum hinzu, das sehen wir oft; Träume, die wir so gesehen haben, pflegen wir leicht zu deuten 8 ZACHER 210 (= MORAW. 1118). 94 Toz songes poet l'en a bien aturner Alle Träume kann man zum Guten wenden RAWLINSON 318 (= MORAW. 2420). 95 Nord. Ljotr draumr er opt fyrir Utlu Hässlicher Traum kündigt oft nur Kleinigkeiten an (wörtl: ist oft wegen Kleinem) BISKUPASÖGUR II, 225 (*JONSSON, ARKIV 71 [=JONSSON30]).

96 Dt. Bö/? dreumb deuten offt gut gelück Schlechte Träume bedeuten oft [gutes] Glück SACHS XIII, 198,10 (1556).

3. s. Inhaltsübersicht 4. Den im Traum Geängstigten hilft Gott 9 97 M l a t . Consuiit in breuibus deus his, quos somnia terrent Gott hilft in Kürze denen, 98 die Träume erschrecken EGBERT., FEC. RAT. 1,145. Somnia quem terrent, uigilans terrore carebit, Vanescunt experrectis aduersa quietis Wen Träume erschrecken, der wird wachend keine Furcht haben; wenn man erwacht ist (wörtl,: für die Erwachten), 99 schwindet, was die Ruhe stört 10 EBD. 1,665. Nonne potest muntre deus, quem somnia terrent? Kann etwa Gott den nicht behüten, den Träume erschrecken? (Schönfelder) NlVARD., YSENGR. 4, 697.

5. —6. s. Inhaltsübersicht 7. Verschiedenes 100 Fr. Assez songe qui ne se muet Zur Genüge träumt, wer sich nicht bewegt CRESTIEN, 101 YVAIN 2507 (vgt. SCHLAFEN 109-111}. Songiers, est borse de vent emplie Träumen, das ist ein mit Wind gefüllter Beutel J. DE MARLI (+JEUX-PARTIS 100, 54). 102 It. Chi mal ti vuol, mal ti sogna Wer dir Schlechtes will, träumt dir Schlechtes Bocc., 103 DECAMERONE 9,7 S. 207 a. Chi sognaua pel cesso s'andaua Wer träumte, ging durch den Abtritt weg ORLANDO 25,29. 104 S p a n . Dixele et sueno e L· soltura Ich sagte ihm den Traum und die Deutung 11 CELESTINA 79 (3).

H. U.S.

Anmerkungen 1

Vgl. ERASM,, ADAG. CHIL. 2,1,62: Somnium mit der Erläuterung Rem futilem, inanem et mhili, somniirm prouerbio dicimus Zu einer nichtigen, inhaltsleeren und grundlosen Sache sagen wir im Sprichwort „Traum". EBD. 3,1,66: Hie iocus prouerbialis etiam hodiernis temporibus familiaris est nulgo, qttoties quae memorantur, uana somnijsque simtlltma uidentur. Res enim friuolas uocamus Dieser sprichwörtliche Scherz ist auch heutzutage dem gemeinen Mann vertraut, sooft das, was erwähnt wird, sich als eitel und sehr traumähnlich herausstellt. Denn solche wertlosen Sachen nennen wir „Träume", 2 Hoc est: semper vana et falsa D. h,: immer eitel und falsch, wie Bebel in seinem Komm, präzisiert. 3 Vgl. WHITING S 952 mit weiteren engl. Belegen, " Vgl. HASSELL S106 mit weiteren fr, Belegen.

TRÄUMEN J 6 7

8 9

10

11

420

Vgl. WALTMER 29979 mit weiteren Belegen, Vgl. O'KANE 216 mit früheren Belegen. Nunez fügt hinzu: Mejor dixera: ni creas malos ni buenas Besser würde es heissen: glaube weder böse noch gute. Vgl. die aus verschiedenen mittelalterlichen Quellen zusammengestellte Sammlung oft sentenzhafter Deutungen von Traummotiven: The Complete Medieval Dreambook. A Multilingual Alphabetical „Somnia Danielis" Collation, Bern/Frankfurt a. M. 1982 von S. R. Fischer. Vgl. SINGER, SPRW, D. MA 11,79. Vgl. SINGER, SPRW. D. MA 1,136, Vgl, auch TIBULL. 3,4,7: Somnia fallad ludunt temeraria node pauidas mentes falsa timere iubent Verworrene Träume durchgaukeln die trügerische Nacht und versetzen ängstliche Gemüter fälschlich in Schrecken. Vgl. die Gl. dazu: Bremter et cito deus succurit his, qui per somnium grauiter labor ant: cum experrectum facit, de periculo statim eum exsoluit Kurz und schnell steht Gott denen bei, die im Schlafe sich schwer sorgen: indem er sie (worth: ihn) aufweckt, erlöst er sie sogleich von der Gefahr. Sinn der Redewendung nach COVARRUBIAS s.v. soitar u. AUTORIDADF.S VI, 146 s.v. soltura: etwas frei heraussagen, sei es angenehm oder unangenehm.

TRÄUMEN s. TRAUM TRÄUMER s, TRAUM TRAURIG(KEIT) s. LEID TRAUUNG s. EHE TREBELLIAN -> SCHEIN 11 TREUER / dreche, marc / draff, marc 1. Wer sich unter die Treber mengt, den fressen die Schweine (l -S). Vgl. HUND 917, KLEIE 2. 2. Schweine träumen von Treber — SCHWEIN 137-138 3. Vereinzelt (6)

1. Wer sich unter die Treber mengt, den fressen die Schweine 1 Dt. Wey steh menget manch dem ate, Dey wert den sogen gerne to vrate Wer sich unter die Treber mengt, der wird den Schweinen gern zum Frass THEOPHILUS T 429. 2 De syck menget manket den sey, Den freiet gerne de swyne Wer sich unter die Treber 3 mengt, den fressen gern die Schweine BOTE, KOKER 2188. Wer steh vnter die trebern menget, den fressen die sew Wer sich unter die Treber mengt, den fressen die Schweine 4 LUTHER 372. luvenes moneo, das sie sich unter die trebern mengen etc. Ich warne die Jungen davor, sich unter die Treber zu mengen usw. LUTHER, WA XLVII, 666,11 5 (1539), Und weil wir müssen unter den Trebern wonen, müssen wir wogen, ob uns die Sew fressen Und weil wir unter den Trebern wohnen müssen, müssen wir es darauf ankommen lassen, ob uns die Schweine fressen EBD. L, 414, 8 (1539). Vgl. HUND 917, KLEIE 2.

2. s. Inhaltsübersicht 3. Vereinzelt 6 S p a n . De ora/o exprimido, nunca mosto corrido Von ausgepressten Trebern nie gehaltvoller Most NUNEZ 1,294.

V.M.

421

TRETEN

TREFF -» PIK l TREFFEN / toucher (able) / to hit 1. Nahe schiessen nützt nichts, treffen zählt—* SCHIESSEN 1.1. 2. Wer (oft) schiesst, trifft einmal — SCHIESSEN 1.2. Vgl. SCHIESSEN 7, 14 3. Der Bogen kann drohen, ohne zu treffen —· BOGEN 2, 4. Das Geschoss trifft bisweilen den Schützen — GESCHOSS 10-11, 13-16, IS 5. Die Untreue trifft den Untreuen — UNTREUE 8, 16, 18-19, 27-29, 32-39, 41-44, 47-48

6. Vereinzelt (1)

1.—5, s. Inhaltsübersicht 6. Vereinzelt J Span. A , que äderte: diez yerra Auf eine, welche das Ziel trifft, gehen zehn fehl HALLER 240.

V, M.

TREIBEN / faire tourner / to drive L Das Rädlein treiben — RAD 50, 52 -58 2. Treib es, so geht es 1-7 Dt. Treib so gehets FRANCK l,22 r. Treibs so gehts EBD. 1,22 v. 1,89 v. i, 90r, 1,145 r. II, 105 r. EGENOLFF 290 v.

V.M.

TREIBEN (aus, von) s. VERTREIBEN TREIBEN (tun) s. TUN TRENNEN s. SCHEIDEN TRENNUNG s. SCHEIDEN TREPPE -> HAUS 207 TREPPENHAUS -> KOMMEN 2.6.2. TRETEN / marcher sur / to tread Hier auch AUFTRETEN, TRITT Vgl. ZERTRETEN 1. Keiner trete den ändern (l -3) 2. Wer auf Schlangen tritt, den beissen sie — SCHLANGE 41-44 3. Wenn man auf einen Wurm tritt, dann krümmt er sich —* WURM 3.

TREU

422

4. Wenn man auf einen Frosch tritt, dann schreit er —* FROSCH 7.2. 5. Müde (Alte) Ochsen treten hart (übel) auf — RIND 292, 294, 298-301 6. Über das Ziel (die Schnur) treten -> STRICK 67, 69, 71, 73 7. Der Flasche auf den Riemen treten -» FLASCHE 2. 8. Vereinzelt (4)

1. Keiner trete den ändern 1 D t . Ein han kam eins mals under roß Vnd dunckt sieb selber auch so groß Vnd sprach mit boffelichem trit: „Keiner tret den ändern nit!" Ein Hahn kam einmal unter ein Pferd und kam sich auch so gross vor und sprach mit höflichem Knicks: „Keiner trete 2 den ändern!" MURNER, NARRENB, 37,63 Das keiner nit den ändern tret Damit 3 keiner den ändern trete EBD. 60,44. Tret keiner den ändern, dixit Callus sub equo „Es trete keiner den ändern", sprach der Hahn unter dem Pferd LUTHER 370. 2.—7. s. Inhaltsübersicht 8. Vereinzelt 4 Nl. Als u yemant tredet so haelt uwem voet na u Wenn Euch jemand tritt, haltet Euren FUSS nach hinten (wörtl,: nach Euch) SAL. ENDE MARC. 12 (vgl. STECHEN 3.).

V.M.

TREU s. TREUE TREUE / fidelite, loyaute / faithfulness Hier auch (GE)TREU, KREDIT, VERLÄSSLICHKEIT Vgl. UNTREUE 1. Vorkommen von Treue 1.1. Treue findet sich —· ALT 114, FRAU 58, FREUND 615, 619-620, 622, HUND 41, NACHBAR 19, TAUBE 16, TEUFEL 85, ZORN 2.1. 1.2. Treue ist rar oder ganz verschwunden 1.2.1. Alig. (1-44). — FREUND 47, Vgl. TRAUEN 2.1.1., UNTREUE 1. Ähnlich (45-47) 1.2.2. Spcz. — FRAU 49, 57, 355-156, 1015, 1034-1039, 1337, GESELLE 66, HEER 5-6, HERR 340, HIMMEL 106, HURE 51, JURIST 2., KATZE 33, 41, 44, KLEIN 1-2, 5-8, 12, LIEBE 812, MANN 40, MEER 71, PARIS (Stadt) 3., PFAFFE 86,146, ROT l, WERT 8.4., WOLF 31., WÜRFEL 3 1.3. Treue wird selten mit Treue vergolten (48—S2). Vgl. unten 2,3. 2. Wesen und Wirkung der Treue 2.1. Treue ist ein hoher Wert 2.1.1. Treue ist das Beste (53-75), — ARM (Adj.) 327. Vgl. DIENEN 542-547, FREUND 5S4, 615, 649, 861-862, 873-878, 903-904, 907, 910, 915, 918, 920, 922-923, 940-941, 95 , 955, 997, 002, 1008-1009, 1013-1014, 1016-1017, 1021 2.1.2. Mangel an Treue ist schlimm (76 — 79) 2.2. Wer selbst (nicht) treu ist, hält alle für (un)treu (80-82). Vgl. ANDER 1.4.1,1., BOCK L, DIEB 3.3., GELD 38, GUT (adj.) 106, 108, NARR 6.2., SCHLECHT 2.2.6., UNTREUE 2.3.1., VERBRECHEN 9, WISSEN 263, WOLF 541. Ähnlich (83)

423

TREUE

2.3. Treue ist auf Gegenseitigkeit angelegt (84-91). Vgl. oben 1.3., unten 4.2., GLEICH 5., GUT (Adj.) 1.17.1., LOHN 3.5. Ähnlich (92) 2.4. Treue überdauert den Tod 2.4.1. Treue (bis in den Tod) wird von Gott belohnt (93-100) 2.4.2. Treue über den Tod hinaus 2.4.2.1. Die beste Treue überdauert den Tod (101-103). — FREUND 559 2.4.2.2. Treue über den Tod hinaus (ist selten) (104-105). — TOD 1270-1271 2.5. Treue bewährt sich in Schwierigkeiten (106-108). Vgl. FREUND 3.3., GOLD 4.2., LIEBE 4.3.2., NOT 1.12., REICH 7.6, 2.6. Treue veredelt (109-111) 2.7. Treue kommt weit (112-118). Vgl. GUT {Adj.) 1.7., 2.4.2., LAND 1.6.3., 2.3.2.1., LÜGEN 6.7,2.2. 3. Treue gegen sich selbst (119-123), Vgl. ANDER 1,2.3., EINIGKEIT 3., FEIND 7.2., FREUND 268, GNADE 10,, GUT (Adj.) 3.1., HELFEN 10.5., LIEBE 7.3.1., SCHLECHT 3.f SCHONEN 1., SORGE 3.1.2., TRAUEN 1.1., TRÜGEN 167, VERNACHLÄSSIGEN 1-3. Ähnlich (124) 4. Treue und Untreue 4.1. Treue und Untreue vertragen sich nicht (125 — 127). Ähnlich (128) 4.2. Untreue verdient keine Treue (129-134). Vgl. oben 2.3., DIEB 2.2.4., GLEICH 5., LIST 3.I., LÜGEN 8,5,, SCHLECHT 6.11.1.2., TRUGEN 2., 3.2., 4.1., UNTREUE 2.1.2., VERRAT 4., WORT 33.16. Umkehrimg (135) 4.3. Treue überwindet Untreue (136—137) 5. Verschiedenes CiJS- 142;

1. Vorkommen von Treue 1.1. s. Inhaltsübersicht 1.2. Treue ist rar oder ganz verschwunden 1.2.1. Allg. 1 La t. Nusquam tuta fides Nirgends kann man sich auf Treue verlassen VERG., AEN. 4,373. 2 Mlat. Heu! quam parva fides repentur nunc apud omnes Ach! Wie wenig Treue j findet man jetzt bei allen! WERNER 2 h 11. Numquam certa fides; idcirco fallimur omnes Niemals ist Treue sicher; deshalb werden wir alle betrogen EBD. n 305. 4 Fr. D'eus tant dit mot prove ades, Ki dtst „Nusquam tuta fides". Eelment (lies: Relment) ert ore nuls trove Ke plus n'aitnt sei que lealte Das sagt von ihnen ein altbewährtes Wort, das lautet: „Nirgends gibt es verlässliche Treue." Man wird jetzt kaum einen finden, der nicht sich selbst mehr liebte als die Redlichkeit ADGAR (?}, MIR. DE ,5.6 L'ABEESSE ENCEINTE 69 (-»-ROMANIA 32,419). Loiaulte (LEROUX; Leaulte) dort Die 7 Treue schläft MORAW. 1 137. LEROUX II, 341 (15. Jh.), Ou est loiautes? Elle est morte. Ou est pitiez? Elle est esgaree Wo ist die Treue? Sie ist tot. Wo ist das Erbarmen? Es s ist verloren A FR. LEBEN s REGELN 33. Loyaute dort et verite sommeille, Droit et raison sont alles au pardon; Les deulx premiers n' est nulz qui les reveille, Les deulx segons sont corrumpus par don Treue schläft und Wahrheit schlummert, Recht und Billigkeit sind nach Ablass ausgegangen. Die beiden ersten kann niemand wecken, die beiden 9 ändern sind durch Geschenke verdorben ROMANIA 33,178 {15. Jh.). Dame Loyaute dort Et Verite est morte Frau Treue schläft und die Wahrheit ist tot Psov. EN RIMES 895. 10 It. Egli e pur ver quel ehe proverbio dice, Che senno e fede e men ehe l'uom non crede Es ist doch wahr, was das Sprichwort sagt, dass es weniger Verstand und Treue 11 gibt, als man glaubt ESTER (+RAPPR. 1,144). Denario, seno, e sede (lies mit Ausg, Salamanca 1555, 29 v: Denari, seno, e fede), no se vede Geld, Verstand und Treue sieht man nicht NUNEZ 1,267 (el Italiano).

TREUE

424

12 Engl. li is comenly said, that all men be not trew Man sagr allgemein, dass nicht alle Menschen treu sind HILL 104,28. 13 Dt. Ich boere genuoge Hute klagen, Der triuwen münze st verslagen Ich höre viele 14 Leute klagen, die Münze der Treue sei falsch geprägt FREIDANK 44,21. ... Daz wir so manigen (manchen) hoeren klagen Der triuwen münze st verslagen! HUGO v. TRIMBERG 15 18615. Trew ist der ßz zuspalten, Daz si müz auf der chruchen gan Die Treue hat einen gespaltenen FUSS, so dass sie an der Krücke gehen muss SUCHENWIRT 21,34. Trev yst seltz (selten) in der Weld SATTELINSCHRIFT (14. Jh. [+GERMANIA 23,49]). 17 Triuwe du bist ein seltzen gast dem du werdest der habe dich fast Treue, du bist ein seltener Gast. Wem du zuteil werden solltest, der halte dich fest BAS L. Hss. A XL 5 5 18 BL 289 v {14, Jh.). Trew ist ein sältzam gast; Wem er widervar, der hab in vast Treue ist ein seltener Gast; wem er begegnen sollte, der halte ihn fest AUGSBURG ER LIEDER19 BUCH 24,29 (1454 [-» ALEMANNIA 18,114]). De trwe de is eyn selten gast, Ve se hebbe, de hode se vast Die Treue ist ein seltener Gast; wer sie haben sollte, der hüte sie wohl 20 GEFÄLSCHTE LIEBESBRIEFE (1458 [-»GERMANIA 10,392]). Xel hüt dich, trüw ist mislich Geliebter, hüte dich, Treue ist zweifelhaft! KURTH, BILDTEPPICHE 11,80 (1490). 2l. 22 Truw ist worden ain gast Treue ist ein Gast geworden EBD. Truw jedem wot, lüg doch für dich Dann worlicb, truw ist yetz mysszlich Vertraue jedem, (aber) sieh dich doch vor, denn wahrlich, Treue ist jetzt zweifelhaft! BRANT, NARRENSCHIFF 69,21. 23 Darumb sich wail vur dych, Want truwe yst sere myslich Darum sieh dich wohi vor, 24 denn Treue ist sehr zweifelhaft! NIEDERRHEIN. SPR. 15. Jh. [+GERMANIA 19,303]}. ]o lenger jo lever ik bin allein, Den truw und warheit is worden klein Je länger, je lieber 25 bin ich allein, denn Treue und Wahrheit sind rar geworden EBSTORF 34. Sich vor 26 dich, trüw is mislich Sieh dich vor, Treue ist zweifelhaft! EBD. 35. Hütt dich trew ist miszlich Getraw vhyl vnnd glaub wenigk Hüte dich, Treue ist zweifelhaft! Vertraue viel und glaube wenig! BRUDER REYNHART (Hs. A. 16. Jh. [* BRANT, NARRENSCHIFF 69,21 27 Anm.]), Darumb ist auch das gemein Sprichwort wo! war, das allenthalben ynn der weit gehet: Es ist keine trew ynn der weit, Item trew ist mislich Darum ist auch das allgemein verbreitete Sprichwort wohl war, das überall auf der Welt gebraucht wird (wörtl.: geht): „Es ist keine Treue auf der Welt." Ferner: „Treue ist zweifelhaft" LUTHER, 28 WA XVI, 522,9 (1525). Warhaffte trew ist gar mißlich Wahrhafte Treue ist sehr 29 zweifelhaft SACHS V, 84,26 (1528). Sihe für dich, trew ist mißlich Sieh dich vor, Treue 30 ist zweifelhaft! AGRICOLA Nr. 15. Sihe für dich, trewe ist mißlich EBD. Nr. 30S 31-39 S. 268,28, Sih für dich, trew ist mißlich FRANCK 1,23 v. Sihe für dich, trew ist miß40 lieh EBD. 1,59 r. 1,64 r. 1,101 r. 1,101 v. 1,141 v. II, 16 r. II, 20 v. II, 96 v. Trew ist mißlich. Drumb für dich schaw! Treue ist zweifelhaft. Darum sieh dich vor! SACHS 41 IV, 104,3 (1545). Und seh mit allem fleiß für sich, Dann wäre trew die ist mißlich Und er soll sich mit allem Fleiss vorsehen, denn wahre Treue, die ist zweifelhaft EBD. 42 V, 96,28 (1554). Drumb sagt ein alt Sprichwort: Sich vor dich, Wann rechte trew, die 43 ist mißlich ... Sieh dich vor, denn ... EBD. IX, 323, 9 (1557). Drumb sagt das Sprichwort: Schaw für dich! Wann trew ist seitzam (selten) und mißlich EBD. VIII, 445,9 44 (1558). Trew ist mißlich, so spricht Hans Sachs EBD. IX, 179,21 (1559). —· FREUND 47. Vgl. TRAUEN 2.1.1., UNTREUE 1. Ähnlich: 45 D t . War is ein de geloven holt? ~ O fidei custos iam corvo rarior albo Wo ist einer, der Kredit hält? — Ach, einer, der Kredit halt, ist jetzt seltener als ein weisser Rabe 46 TUNNICIUS 849. ... von welchem man sagt, er halt weder glauben noch trewe 47 AGRICOLA Nr. 12. £5 ist wedder trew noch glawb au ff erden EBD. Nr. 18.

1.2,2. s. Inhaltsübersicht

425

TREUE

1.3. Treue wird selten mit Treue vergolten 4S iMlat. Nemo fide digna fidet tarn reddere curat Niemand bemüht sich jetzt darum, 49 der Treue durch ebenbürtige Treue zu entsprechen WERNER 2 n 26. Raro fides fidei datur et requies requiei Selten wird Treue mit Treue vergotten und Waffenruhe mit Waffenruhe EBD. r 15. 50 Dt. Man siht nü leider selten Mit triuwen triuwe gehen Man sieht jetzt leider selten, 52 dass Treue mit Treue vergolten wird FREIDANK 44,11. Nemo fide digna fidei jam reddere curat, [Nam sine frauds diu raro dilectto durat].1 - Man sit nv leider seidin Trewe mit trewen geltin Niemand bemüht sich jetzt darum, der Treue durch ebenbürtige Treue zu entsprechen. (Denn selten dauert die Liebe lange ohne Falschheit.) — ... FREI52 DANK LAT. (GöRUTZ) 1381. Ich han gesehen selten Triuwe mit triuwen gelten Ich habe selten gesehen, dass Treue mit Treue vergolten wurde BAS L. Hss. A XI.55 Bl. 289 v (14. Jh.). Vgl. unten 2.3.

2. Wesen und Wirkung der Treue 2.1. Treue ist ein hoher Wert 2.1.1, Treue ist das Beste 53 Mlat. Qma fides est fundamentum omnium virtutum Denn die Treue ist die Grund54 läge aller Tugenden URBANUS PAPA (+Ivo, EP. 2 [l3 B]). Qui fidem perdit, nil ultra perdere potest Wer die Treue verliert, kann nichts weiter verlieren IAC. CESS. 435—436. 55 Fides est sanctissimum pectoris bonum Die Treue ist das heiligste Gut des Herzens EBD. 56. 57 Terns et caelis fit (PROV. WRATISLAV.: est} notus quisque fidelis Jeder Getreue wird (ist) Himmel und Erde bekannt WERNER 2 t 30. PROV. WRATISLAV. 609. ss Fr. Loyaulte vault mieux que argent Treue ist mehr wert als Geld ET. LEGRIS 399. 59, 60 Loyaulte sott benoiste Treue sei gesegnet LEROUX II, 341 (15. Jh.). Loyaulte vault cent marcs Treue ist hundert Mark wert EBD. (15. Jh.). 1i Dt. Swer die triwe hat verhorn, Der hat die beste habe verlän Wer die Treue fahrengelassen hat, der hat auf das beste Gut verzichtet ULR. v. ZATZIKHOVEN, LANZEL. 5358. 62 Triuwe ist hie der eren hört, Unt treit ze himele kröne Treue ist hier die kostbarste Ehre und trägt im Himmel die Krone SPERVOGELSCHE SPRÜCHE 14,5 {+MSH III, 468 r). 63 Die truwe ist dat beste cleit, Dat ummer mannes lif gedreit Die Treue ist das beste Kleid, das jemals ein Mann getragen hat (wörtl.: tragt) BERTHOLD v. HOLLE, CRANE 64 4886. EZ ist der eren fundament Ünde ein hört der saelikeit, Daz man triuwe in herzen treit Es ist die Grundlage der Ehre und ein Hort der Seligkeit, Treue im Herzen 65 zu tragen KONR. v. WÜRZBURG, PARTONOP. 6442. Div triuwe ist och ein ingesigil Ein sloz vnd och ein starker rigil Der alle tagende hat verspart Uor missewende Die Treue ist auch ein Siegel, ein Schloss und auch ein starker Riegel, der alle Tugend vor Schaden 66 bewahrt hat HUGO v. LANGENSTEIN 25,27. Trvwe ist der fügende malhe Treue ist das 67 Gefäss (wortl.: die Manteltasche) der Tugend EBD. 25,51- Scharlachen ist ein riche [gejwant, Unt kleidet wot die Hute: Vil baz so kleidet, hoere ich sagen, triuwe, zuht unde ere Scharlach ist ein kostbares Gewand und kleidet die Menschen gut. Viel besser 68 kleidet, höre ich sagen, Treue, Zucht und Ehre GUTER 2,3 (+MSH III, 42 b). Diu triuwe ist ein diu beste tugent, Sagent uns die meister wis „Die Treue allein ist die beste 69 Tugend", sagen uns die weisen Lehrer BOPPE 9 (+MSH II, 386 a). Swer ein getriuwez herze hat, Der ist nebe an aller s tat Wer ein treues Herz hat, der ist überall reich Hu GO 70 v. TRIMBERG 15511. Triuw ist der werlde bestez guot Und ist des himels höhste vrume Treue ist das beste Gut der Welt und der grösste Gewinn des Himmels FRAUEN LOB, 71 SPR. 206,1. Truwe ist der obreste hört, Den ein herze erzügen kan Treue ist der

TREUE

426

kostbarste Schatz, den ein Herz hervorbringen kann KONR. v. AMMENHAUSEN 11062. 72 Wan swem niht truwe wonet bl ... Der mangelt aller salikeit Denn wer nicht treu ist, 73 der hat gar keine Vollkommenheit EBD. 11066. Es enwart nie kein kleinode Als kostber, als rehtu truwe; Si gewinnet selten nächruwe Es gab nie ein kostbareres Kleinod 74 als wahre Treue. Ihr folgt selten Reue nach EBD. H070, Trew, milt, manhait und lügende Ist der werlt höchster hört Treue, Freigebigkeit, Tapferkeit und Tugend sind 75 der grösste Schatz der Welt SUCHENWIRT 28,350. Trew ist edler, dann klares gold SACHS 1,207,7 (1530). — ARM (Adj.) 327. Vgl DIENEN 542-547, FREUND 584, 615, 649, 861-862, 873-878, 903-904, 907, 910, 915, 918, 920, 922-923, 940-941, 951, 955, 997, 1002, 1008-1009, W13-W14, 1016-1017, 1021

2.1.2. Mangel an Treue ist schlimm 76 Nord. Peir bafa verr, er tryggdum slitu Diejenigen handeln schlecht, die den Treuevertrag zerreissen MÄLSHÄTTAKV^DI 3,2 (= GERING 121. JONSSON 168). 77 Nl. Niet so quaet als quaet toeuerlaet. — Res mala res stulta nil dare promittere rnulta Nichts ist so schlecht wie schlechte Vertässlichkeit. - Eine schlechte, eine dumme Sache ist es, nichts zu geben und viel zu versprechen PROV. COMM. 544, 78 Dt. Nycht quader alze quad to vorlad Nichts (ist) schlechter als schlechte Verlässlich79 keit PROV. COMM. MND. 522. Nicht so quat als ein quät töverlät, - Quid peius quam promissis lactare ministrum? Übers, wie 77. - Was gibt es Schlimmeres, als einen Diener mit Versprechungen zum besten zu halten? TUNNICIUS 796, 2.2. Wer selbst (nicht) treu ist, hält alle für (un)treu 80 Mlat. Qui caret ipse fide, nullum putat esse ftdelem Wer seibst nicht treu ist, hält niemanden für treu NIVARD., YSENGR. 4,859, 8! Nl. Want ghetrouwe herte en waent niet Dat lernen valscheiden pliet Denn das treue Herz glaubt nicht, dass jemand falsch handelt HEINR. v. AREN, LIMBORCH 8,481. 82 Dt. Die getriwe sint hie: Die versehent — w'ü ich iu bediuten — Sich triwe gegen allen Hüten Die, welche hier treu sind — das will ich euch zu verstehen geben —, erwarten Treue von allen Leuten OTTOKAR 94065, Vgl. ANDER 1.4.1.1., BOCK 3., DIEB 3.3., GELD 38, GUT (Adj.) 106, 108, NARR 6.2., SCHLECHT 2.2.6., UNTREUE 2.3.1., VERBRECHEN 9, WISSEN 263, WOLF 541

Ähnlich: S3. Dt. Wer getrü ist der getrut Wer treu ist, der vertraut HEINR. D. TEICHNER (»LIEDERSAAL 62,18) (vgl. UNTREUE 2.3.2.).

2.3. Treue ist auf Gegenseitigkeit angelegt #4 Dt. Mm gedinge ist, der ich bin Holt mit rehten triuwen, dasz ouch mir daz selbe st Meine Hoffnung ist, dass die, welche ich mit wahrer Treue liebe, gegen mich ebenso 85 gesinnt sei WALTHER v. D. VOGELWEIDE 14,14. Gof geschuof nie triuwe Da enwaere ein ander bi Gott schuf nie Treue, der nicht wiederum Treue entsprochen hätte REINBOT 86 v. DURNE 790. Von truwe truwe geltes gert Treue verlangt von Treue Vergeltung RUD. 87 v. EMS, WILLEH. 8702. Swä triuwe niht gen triuwen stät, da hat der valsch gedinget Wo Treue nicht mit Treue vergolten wird, da hat die Treulosigkeit den Vertrag geschlos88 sen FRAU EN LOB, SPR. 70,6. Da triu ist wider triuwe, Da wirf niht afterriuwe Wo 89 Treue mit Treue vergolten wird, da folgt keine Reue nach HELBLING 8,137. Allu truw 90 {Alle Treue) maß vergolten werden MINNEREDEN I 14,135. Lieb erwirbt lieb, vnd 91 trew wirt vmb trew kaufft (gekauft) vnd verkaufft FRANCK 1,9 r. Ein trew die ander

427

TREUE

trew gebirt, Der gleich ein lieb die ander lieb Eine Treue erzeugt die andere, desgleichen eine Liebe die andere SACHS XII,402,31 (1555) (vgl. EIN 1.1.). Vgl. oben 1.3., unten 4.2., GLEICH 5., GUT (Adj.) 7.17.1., LOHN 3.5. Ähnlich: 92 Dt. Erst tump, der triuwe suochet, Da man ir niht enruochet Der ist dumm, der dort Treue sucht, wo man sich nicht um sie kümmert FREIDANK 96,25.

2.4. Treue überdauert den Tod 2.4.1. Treue (bis in den Tod) wird von Gott belohnt 93 B i b l . Esto fidelis usque ad mortem, et dabo tibi coronam vitae VULG., APOC. 2,10. 94 Sey getrew bis an den Tod, So wil ich dir die Krone des lebens geben LUTHERBIBEL, OFFENE. 2,10. 95 M l a t , Vir fidelis coronatur in celis Der Getreue wird im Himmel gekrönt WIPO, PROV. 10. 96 E n g t , Be pou feipful to pe deep and l schaljyue to pee a croune of lijfSe'i treu bis in den Tod, und ich werde dir eine Krone des Lebens geben! LANT. OF LIGHT 81,9. 97 Dt. Got getriuwen lip noch nie verliez, Ern machet ende guot Getreuen Mann Gott 98 nimmer noch verließ, Er schuf sein Ende gut (Simrock) WBKR. (SIMROCK) 163,7. NM lät got ungelonet niht Dem, der ein getrüwes herze hat Nun lässt Gott dem nichts 99.100 unbelohnt, der ein treues Herz hat KONR. v, AMMENHAUSEN 12544, Getrewen dienst belohnet Gott AGRICOLA Nr. 101. EGENOLFF 73 v.

2.4.2. Treue über den Tod hinaus 2.4.2.1. Die beste Treue überdauert den Tod Dt. Ich hayn eyn alt ghesprochen wort Van mynen aldern dyck ghehort-. Das dye truwe sy allerbest, Dye man naech dem dode leest Ich habe ein altes Sprichwort von meinen Eltern oft gehört, dass die Treue die allerbeste sei, die man über den Tod hinaus i02.103 leistet TRIERER OSTERSPIEL 35. Swer nach töde triuwe hat, Diu triuwe vür alle triuwe gät Die Treue, die jemand über den Tod hinaus hält, ist besser als jede andere Treue HUGO v. TRIMBERG 20573. 20617. —· FREUND 559

2.4.2.2. Treue über den Tod hinaus (ist selten) 104 Dt. Ez ist eht wäf. Dicke kumet nach fröuden riuwe, Selten nach tode triuwe Es ist doch wahr: Oft kommt nach Freuden Reue, selten Treue nach dem Tod TRISTAN ALS 105 MÖNCH 2291. Ich wil triwe nach töde sehen Ich möchte Treue nach dem Tod sehen ULR. v. D. TÜRLIN, WILL. 33,12. — TOD 1270-1271

2.5. Treue bewährt sich in Schwierigkeiten 106 La t. Nisi aliquod incidat eius modi tempus, ut, quasi aurum igni, sie benevolentia fidelis periculo aliquo perspici possit Wenn sich nicht irgendeine Gelegenheit ergibt, dass, wie das Gold im Feuer, die treue Neigung in irgendeiner Gefahr erkannt werden 107 kann Cic., AD FAM. 9,16,2. Scilicet ut fulvum spectatur in ignibus aurum, Tempore sic duro e$t inspicienda fides Denn wie man das rötliche Gold in den Flammen erkennt, so muss man die Treue in der Zeit der Not kennenlernen OVID., TRIST. 1,5,25. 108 Mlat. Anxietate fides nitet, in fornace metallum Die Treue leuchtet in der Not, das Metall im Ofen WERNER 2 a 99. Vgl. FREUND 3.3., GOLD 4.2., LIEBE 4.3.2., NOT 1.12., REICH 7.6.

TREUE

428

2.6. Treue veredelt 109 Dt. Triwe dm ist dar zuo guot: Diu machet werden mannes lip Unt eret auch also scboeniu wip, Daz ir zuht noch ir muot Nach schänden nimmer niht getuot Die Treue ist dazu gut: Sie macht den Mann wert und ziert auch schöne Frauen so, dass weder ihre Sitte noch ihre Gesinnung jemals auf das Laster gerichtet ist KLAGE 186. Nu prüevent, warzuo trtiwe ist gut: Si verkeret herten muot Nun seht an, wozu Treue gut in ist: Sie verwandelt harten Sinn! KONR. v. AMMENHAUSEN 6471. Wan von truwe und von vrüntschaft kraft Hebt sich fügend und ere Denn aus Treue und Freundschaft entsteht Tugend und Ehre EBD. 12626.

2.7. Treue kommt weit uz Dt. Ein altes wort: Brief und Siegel hant kraft, Aber untrüw macht sie lügenhaft, Truw und worheit (Hs.: wordher) schlecht für, Als ich in allen Sachen spur, Wie truw und gerechtikeit gont durch alle land, Wan brief und sigel sint geschant (Var.: uerbrant) ... Brief und Siegel sind rechtskräftig, aber Untreue macht sie zu Lügen. Treue und Wahrheit schlagen sich durch, wie ich in allen Dingen merke, wie denn Treue und Gerechtigkeit durch alle Länder gehen, wenn Brief und Siegel zuschanden geworden 113 sind OBERRHEIN. SPRW. 6. Getruwe hant (Treue Hand) get durch alle lant EBSTORF 114 23. Trew hand ghet durchs land und her wider, untrew ghet durchs land, sed non ... 115 (kommt) aber nicht (zurück) LUTHER, WA XXXVI,310,27 (1532). Von der trewe und untrewe haben sie (seil, unsere alte Deutschen) gesagt, Getrewe handt gehet durch alle landt, Untrewe handt gehet hyn, kompt aber nicht herwidder AGRICOLA Vorr. 116 S. 6,14. Trewe hand gehet durch alle land, Untrewe hand gehet hyn kompt aber nicht 117 herwidder EBD. Nr. 21. Trewe handt gehet durch alle landt, untrewe hand gehet hyn 118 etc. EBD. Nr. 723. Trewe handt geht durch alle land. Untrewe handt gehet hin, kompt aber nit herwider EGENOLFF 26 v. Vgl. GUT (Adj.) 1.7., 2.4.2., LAND 1.6.3., 2.3.2.1., LÜGEN 6.7.2.2,

3. Treue gegen sich selbst 119 Engl. U or huo foet is kuead and ontrewe to him, to huam ssel he bi guod and trewe? zaypp writinge „Denn wer zu sich selbst schlecht und untreu ist, zu wem wird der gut 120.121 und treu sein?", sagt die Schrift MICHEL, AYENBITE 197. Tb pi self be trew frende Sei dir selbst ein treuer Freund! PROV. WISD. (Boo.) 58 PROV. WISD. (RwL.) 72. 122 Dt. Swer triuwen sich ze dem versiht Der selber im ist getriuwe niht, Der mac wol sin ein tummer man Wer Treue von dem erwartet, der sich selbst nicht treu ist, der 123 muss ein rechter Dummkopf sein HUGO v. TRIMBERG 4915. Omnes sibi melius esse malunt quam altert.2 — Ich bin mir mer treu schuldig dan ainem ändern Alle haben für sich selbst mehr Wohlwollen als für einen ändern. — ... HAUER 387. Vgl. ANDER 1.2.3., EINIGKEIT 3,, FEIND 7.2., FREUND 268, GNADE 10., GUT (Adj.) 3.1., HELFEN 10.5., LIEBE 7.3.1., SCHLECHT 3., SCHONEN 1., SORGE 3.1.2., TRAUEN 1.1., TRÜGEN 167, VERNACHLÄSSIGEN 1-3. Ähnlich: 124 E n g l . Ne noon may be trewe to hymself but he first be trewe to god Keiner kann sich selbst treu sein, der nicht zuerst Gott treu ist MERLIN ENGL. 1,55 Kap. 3.

4. Treue und Untreue 4.1. Treue und Untreue vertragen sich nicht 125 Nord. Perfidus etftdus non connectunt bene fedus. — Then troo oc then vtroo kwnne iilee (lies mit Druck 15083: illae) sammen boo Der Treulose und der Treue schliessen

429

TREUE

nicht wohl einen Bund. - Der Treue und der Treulose können schlecht zusammen 126 wohnen LÄLE 773, Si pensare velis male stat cum pseuste fidelis. - Then troo oc then vtroo kwnne illce sammen boo Wenn man es bedenkt: Der Treue versteht sich schlecht mit dem Betrüger. - ... EBD. 989. 127 Dt. Des buoches meister sprach daz e: Dem getriwen tuot untriwe we Der Meister des Buches sagte das längst: „Dem Treuen tut Untreue weh" KLAGE 621. Ähnlich: 128 E n g l . Therfore it is seid ful trewelye That In trewe herte was neuere trecherye Deshalb sagt man mit vollem Recht, dass in einem treuen Herzen niemals Verrat wohnte LOVELICH, HOLY GRAIL 13,569.

4.2. Untreue verdient keine Treue 129 Mlat. Nulla fides fidei uacuo prestanda putatur Man ist der Meinung, dass einem 130 Treulosen auch keine Treue gehalten werden muss SAXO GRAMM. 133,15. Fidem non servanti fides non est servanda Wer die Treue nicht hält, dem muss auch keine Treue 131.132 gehalten werden IAC. VITRIAC., SERM. VULG. 165. Frangenti fidem fides frangatur eidem Wer die Treue bricht, dem soll auch die Treue gebrochen werden WERNER 2 f 68. ASCH L. SCHR. 144 (1423). 133 It. £ anche U antichi nostri dicono, ehe a traditore non se de' tenere leanza Und auch unsere Vorfahren sagen, dass man einem Verräter die Treue nicht halten muss ALESSANDRO 99. 134 Dt. Man ne sal dem untrüwen man Neheine trüwe leisten Man soll dem Ungetreuen keine Treue entgegenbringen LAMPRECHT, ALEX. 3969. Vgl. oben 2.3., DIEB 2.2.4., GLEICH 5,, LIST 3.I., LÜGEN 8.5., SCHLECHT 6.11.1.2., TRÜGEN 2., 3.2-, 4.1., UNTREUE 2.1.2.» VERRAT 4., WORT 33.16. Umkehrung: 135 Dt. Untrew wil ich mit trew vergelten SACHS XIII, 280,21 (1557).

4.3. Treue überwindet Untreue 136 Dt. Für untriuwe ist niht so guot, So der getriuweüche {Var.: ungetriuweltche*) tuot 137 Gegen Untreue ist nichs so gut wie treu zu handeln FREIDANK 44,3. U t contra fr ändern justis pociare medelis, Verbis et factis esto bonus atque fidelis. — Für untrew ist nichcz zo gut. Denn der getrewlichen tut Um dich angemessener Heilmittel gegen die Falschheit zu bemächtigen, sollst du in Worten und Taten gut und treu sein. ... FREIDANK LAT. (GöRLiTz) 476.

5. Verschiedenes 138 Mlat. Empta fides nummis fit saepe remissa peridts Mit Geld gekaufte Treue geht 139 oft in Gefahren wieder verloren WERNER 2 e l l . Raro fides sedit, qua tempore non adolevit Selten ist Treue dort zu finden, wo sie nicht mit der Zeit gross geworden ist EBD. r 17. 140 S p a n . A mi amigo soy leal hasta salir del umbral Meinem Freund bin ich treu bis zum Überschreiten der Schwelle NUNEZ 1,93. 141 Engl. The proverbe is, who that is trewe. Him schal his while nevere r ewe Das Sprichwort sagt, dass den, der treu ist, seine Zeit niemals reuen wird GOWER, CONF. AM. 7,1961. 142 Dt. Trüwe gehört ze allen dingen KONR. v. AMMENHAUSEN 11056. R. L., reu. E. D.

TREULOS

430

Anmerkungen 1 2 3 4

Der zweite tat, V, ist in der Ausg. nach s {Stettiner Hs.) u. i (Berliner Druck) ergänzt. Entspricht ERASM., ADAG. CHIL. 1,3,91. LALE (Kj^ER - PETERSEN) S. 117 Apparat. Zu dieser Var. vgl. oben 4.2. u. G. Eifier, Die ethischen Anschauungen in ,Freidanks Bescheidenheit', Tübingen 1969, 394 f.

TREULOS s. UNTREUE TRICHTER / entonnoir / funnel 1 Span. De! embudo, por entrar esta lo agudo Beim Trichter ist die Spitze zum Hinein2 gehen NUNEZ 1,278. Dice y bace, como embudo en jarro Er spricht und handelt wie der Trichter im Krug EBD. 1,323. 3 Dt. Mit eirn trechter (einem Trichter) eingiessen FRANCK II, 107 v. V.M.

TRIEFAUGES AUGE TRIEFÄUGIG s. AUGE TRIEFEN s. TROPFEN TRINKEN / boire / to drink Hier auch BETRUNKEN(HEIT), GETRÄNK, SAUFEN, SÄUFER{IN), TRANK, TRÄNKEN, TRINKER(IN), TRINKGELAGE, TRUNK, TRUNKEN(HEIT), VERTRINKEN, VOLL (betrunken), VÖLLEREI 1. Wirkungen und Konsequenzen des Trinkens 1.1. Trinken schliesst andere Tätigkeiten aus 1.1.1. Man kann nicht zugleich trinken und essen (1—2) 1.1.2. Man kann nicht zugleich trinken und pfeifen (3). Vgi. BLASEN 5, 1.1.3. Man kann nicht zugleich trinken und reden (4~ S) 1.2. Trinken ist bekömmlich und gesund 1.2.1. Wer gut trinkt, ist gut genährt (vorangekommen) (6—9) 1.2.2. Wer gut trinkt, scheisst und pisst gut - PISSEN 2.3., SCHEISSEN I S 1.2.3. Vereinzelt (10) 1.3. Trinken deckt den Charakter des Menschen auf (11-13). -* SEIN 40. Vgl, ERKENNEN 13.2., WEIN 1.9.3. 1.4. Trinken löst die Zunge Vgl. unten 1.10. 1.4.1. Trinken macht beredt und geschwätzig (14-1 S. Vgl. 8 3). Vgl. unten 1.5., 1.10., BAUCH 2.2.4., BIER 9., ESSEN 5.6.1., SATT 1.4., WEIN 1.8.1. 1.4.2. Wer betrunken ist, kann nichts verbergen und verschweigen (19—30). —· KIND 328. Vgl. BOCK 3., FRAU 1.9.2.5.-1.9.2.6., KIND 5.2.2., NARR 7.4., WEIN 1.9.2. 1.4.3. Wer betrunken ist, offenbart die innersten Gedanken und Gefühle (31-50). Vgl, WEIN 1.9.3. 1.4.4. Wer betrunken ist, sagt die Wahrheit -> KIND 301-303, 305-308, 313-314, 316-317, 319, 322-323, NARR 361. Vgi. WEIN 1.9.1.

431

TRINKEN

1.5. Trinken fördert das Dichten, Singen und Tanzen (51-52). ^ WASSER 147-149, WEIN 99-103. Vgl. oben 1.4.1., BAUCH 2.2.1., 3.2., ESSEN 5.5.1., HUNGER 4.5.2., SATT 1,2.1., SINGEN 1.1., SPIELMANN 15, WEIN 1.8.3. 1.6. Trinken macht froh, ausgelassen, unbekümmert und reich 1.6.1. Alig. (5.3-59;. — BAUCH 137, ESSEN 126-i27,130, LIEBE 143, WEIN27-2S, 38. Vgl, ADER l, BAUCH 2.2.2., ESSEN 5.4.1., LEIB 25, MORGEN (Adv.) 1-6, 11, 17, SATT 1.1.1., SORGE 117, WEIN 1.3. Ähnlich (60-62,) 1.6.2. Spez.: Nur massvolles Trinken erfreut und erquickt —* WEIN 11-12, 14, 18—19 1.7. Trinken bringt Gott und dem Paradies näher 1.7.1. Wer (Wein) trinkt, sieht Gott (63-64; 1.7.2. Wer Wein trinkt, den liebt und unterstützt Gott — WEIN 1,4.1. 1.7.3. Wer Wein trinkt, fühlt sich im Paradies — WEIN 1.4,2, 1.8. Trinken macht stark, kühn, tüchtig und weise 1.8.1. AlJg. (65-67;. — WEIN 1.7,2. Vgl. ESSEN 5.6,2., WEIN 1.7. 1.8.2. Spez,: Nur massvolles Trinken fördert Weisheit und Verstand —* WEIN 15, 17 1.9. Trinken nimmt Weisheit, Sinn und Verstand {68-101. Vgl. 102-103, 169). -» ESSEN 152, LAND 23-24, LIEBE 434, 452, WEIN 18-19, 157, 167, 206-207, 210. Vgl, BAUCH 2.2.5., BIER 7., ESSEN 5.10., WEIN 1.11.1, 1.10. Trinken hemmt Zunge und FUSS (102-109. Vgl. 67), Vgl. oben 1.4.1., WEIN 1,10.2. 1.11. Trinken nimmt Anstand, Schamgefühl und Tugend 1.11.1. Allg. (110-115). Vgl. ESSEN 5.9., WEIN 1.12,2. 1.11.2. Spez. (116-117) 1.12. Trinken fördert Unkeuschheit, Leidenschaft und Laster 1.12.1, Allg.— ESSEN 150, KEUSCH IS, UNKEUSCH 12-13, WEIN 206-207, 210, 214, 217, 219, WOLLUST 31, 33, 36, 40-41. Vgl. unten 145, WEIN 1.12.2. 1.12.2. Spez. (118) 1.13. Trinken macht durstig, süchtig und unfrei 1.13.1. Trinken erhöht den Durst und führt zu vermehrtem Trinken (119-141). —· WASSERSUCHT 3-6,9-12, 14-18, 20-23. Vgl. VIEL 3.5., WEIN 269 1.13.2. Trinker lieben und begehren nur den (guten) Wein (142 — 143). —* WEIN 2.6, 1.13.3. Trinker werden vorn Wein unterjocht und ertränkt —· WEIN 239, 241, 243, 245 1.14. Trinken bringt Übet, Schaden und Schande (144-148). -> BITTEN 56, ESSEN 173, NACHT 68, WEIN 11, WOLLUST 36, Vgl, ESSEN 5.15.1., WEIN 1.13.3. 1.15. Trinken bringt Armut, Verlust, Not und Leid 1.15.1. Allg. (149-151. Vgl, 111). — MÄDCHEN 39, PFERD 359, SCHLEMMEN 5, SPIEL 163, VERSCHWENDEN 26, WEIN 12, WOLLUST 35, WÜRFEL 31, 35. Vgl. ESSEN 5.11.1., WEIN 1.13,1.-1.13.2. 1.15.2. Spez. (152). — KLEID 11,1. 1.16. Trinken bricht Recht, Frieden und Widerstandskraft 1.16.1. Betrunkenheit zerstört das Recht — GUNST 13, LIEBE 452 1.16.2. Betrunkenheit erzeugt Streit (153;. -> WEIN 11, 14, WOLLUST 31. Vgl, GEFÄSS 14,5. 1.16.3. Betrunkenheit nimmt Mut und Widerstandskraft (154 — 156) 1.17. Trinken bringt Krankheit, Tod und Verderben 1.17.1. Trinken macht krank -> GESUND 90, 92, 94, 96-99, 102-l03, KRANK 46, 119, 22, WOLLUST 36. Vgl. ESSEN 5,12,, GESUND 2,3,1., WEIN 1.16,1. 1.17.2. Trinken richtet zugrunde und tötet {157-158. Vgl. 74). -^ ESSEN 169, FRAU 1236, TOD 996, 999-1000, 1005, 1012-1015,1018, 1020, 1022-1024, 1027, WEIN 11-12. Vgl. ESSEN 5.15.1., WEIN 1.16.2. 1.17.3. Dem Trinker ist nicht mehr zu helfen (159-160;. Vgl. WÜRFEL 37 1.18. Trinken verpflichtet zum Zahlen 1.18.1. Allg, — ZAHLEN 41-44, 46, 4S-49, 57 1.18.2. Spez.: Süss zu trinken, sauer zu bezahlen — SCHATTEN 15, ZAHLEN 29, 34, 38-40 1.19. Trinken befreit nicht von Schuld, Verantwortung und Strafe 1.19.1. Allg. (161-174; 1.19.2. Spez.: Wer im trunkenen Zustand stiehlt, wird im nüchternen Zustand gehängt (175—176) 1.20. Vereinzelt (177-17«;

TRINKEN

432

2. Ursache, Anlass und Zweck des Trinkens 2.1. Man trinkt (trinke), wenn man Durst und Verlangen danach hat 2.1.1. Aug. — DURST 1-6, 10-161 HUNGER 92, 127. Vgl. unten 3.2., HUNGER 1. 2.1.2. Spez.: Pferd und Rind trinken nicht auf Befehl und ohne Durst (179-187). Vgl. WASSER 122 2.2. Man trinke (trinkt), um zu leben, aber lebe (lebt) nicht, um zu trinken —* ESSEN 2, 5, 10, 12-15, 19,22, 33. Vgl. unten 3.1. 2.3. Man trinke (trinkt), wenn man isst — BROT 70, ESSEN 281, 283-286, 289-295 2.4. Man trinkt, wenn man Leid hat — LEID 6.7. 2.5. Man trinkt, wenn Leid und Zorn vorbei sind —> LEID 219, ZORN 260 2.6. Man trinkt am St.-Martins-Tag —» MARTIN 13-16 2.7. Verschiedenes fl88-191} 3. Regeln für das Trinken und für Trinker 3.1. Man trinke mit Mass und Vernunft (selten und wenig) (192-196. Vgl. 94). — ESSEN 207, GESUND 90, 92, 94, 96-99, 102-103, MUND 7, WEIN 9, 357, WOLLUST 31, 33, 35-36. Vgl. oben 2.2., ESSEN 7.5., MUND 1.1., WEIN 6.3. 3.2. Man trinke drei-, zwei- oder einmal (zum Essen und Durstlöschen) (197—201). —* DURST 14-16, ESSEN 292. Vgl. oben 2.1., 2.3., GEFÄSS 13.7. 3.3. Man trinke nicht, ohne dabei zu essen (202-203). Vgl. ESSEN 11.3. 3.4. Man trinke nicht, ohne dabei dankbar an Gott zu denken (204—209). Vgl. ESSEN 8,6. 3.5. Man trinke nach dem Zahlen (210—211) 3.6. Man trinke nach der Entfernung des Tisches und der Reinigung (der Hände) (212-213). Vgl. ESSEN 8.1. 3.7. Man trinke frühmorgens (wieder), um gesund zu bleiben (214—216). Vgl. WEIN 371. Ähnlich (217) 3.8. Man trinkt mit Vorteil, wenn ein Bett in der Nahe ist —* BETT 13-26 3.9. Man gehe zu Bett, wenn man betrunken ist (218—219) 3.10. Man lobe den, der einem zu trinken gegeben hat (220-221). Vgl, BROT 7.2., ESSEN 5.3.3., FÜLLEN l., GEBEN 2.7. - 2.8., GEVATTER 9 3.11. Verschiedenes (222-231) 4. Gute und passende Getränke 4.1. Wasser als gutes, billiges und gesundes Getränk —· WASSER 8.2. 4.2. Wasser als passender Ersatz für Bier und Wein -> WEIN 531, 334-337 4.3. Wasser als notwendige Abwechslung zum Wein —* WEIN 4.5. 4.4. Wasser als passendes Getränk für Ungebildete —· WEIN 324—326 4.5. Wein als passendes Getränk für Gelehrte —'WEIN 4.4, 4.6. Wein als (einzig) gutes und trinkenswertes Getränk 4.6.1. Allg. — WEIN 2, 5-6, 308. Vgl. WEIN 1.1.1., 4.1. 4.6.2. Spez,: Wer ihn gut kauft, trinkt ihn gut (232-233) 5. Üblicher Ort zum Trinken 5.1. Im Wirtshaus trinkt man (gut) -> KRÄMER 36, WIRTSHAUS 3, 5.2. Beim Feuer trinkt man (im Winter, im Wald zur Sommerszeit} —* FEUER 6.1, 6. Gute und schlechte Trinkgefässe und Trinkquelien 6.1. Aus jedem Gefäss lä'sst sich gut trinken (234-237). Vgl, ESSEN 313, GEFÄSS 5.6. 6.2. Aus schlechten Gefässen kommt kein guter Trank —* GEFÄSS 112, 115, 1 7 6.3. Aus dem Becher des Ausrufers trinkt man nicht gern (238-239) 6.4. Aus einem kleinen Brunnen trinkt man gut und genug —* BRUNNEN 3. 6.5. Aus einer Quelle trinkt man besser als aus stehendem Gewässer —· BRUNNEN 20—22, 2930, 32, 34, 36, 38, 42, WASSER 86 6.6. Aus einer Pfütze soll man nicht trinken -» BAUER 58, OLIVE 2 6.7. Vereinzelt (240) 7. Richtiges Verhalten gegenüber Betrunkenen (Trinkenden) 7.1. Betrunkenen traue man nicht (241—242) 7.2. Betrunkene (Trinker) fürchte(t) man ^243-244,!

433

TRINKEN

7.3. Betrunkene reize und tadle man nicht (245). — KIND 457, NARR 751 7.4. Betrunkenen gegenüber bewahre man Vorsicht und Zurückhaltung (246-256). — EIGENSINN 15, NARR 689, 695 7.5. Betrunkenen weiche auch ein Fuder Heu (beladener Wagen) aus (257-267). Vgl, ESEL 10.1. 7.6. Betrunkenen gebe man den schlechteren Wein —» WEIN 7,1, 7.7. Verschiedenes (268-270) 8. Trinken in allegorischer und metaphorischer Verwendung, in Redensarten und Vergleichen 8.1. Meere und Flüsse austrinken (271-277). — FLIEGE 63 8.2. Den Leikauf (Weinkauf} trinken — MARKT 26, TOD 13.1. 8.3. Den Mantel vertrinken -* KLEID 11.1. 8.4. Beber a (de) cobdo - ELLBOGEN 2-3 8.5. Bere alia tedesca —· DEUTSCH 2.2. 8.6. Trinken = verschlucken, unterdrücken (278-280) 8.7. Trinken = schlucken (müssen), zu schlucken bekommen, büssen 8.7.1. Was einer braut (einschenkt), hat (bekommt) er auch zu schlucken 8.7.1.1. Allg, (281-312). Vgl. BUSSE 1.2.1., ESSEN 14.4.1., GEFÄSS 514, SCHLECHT 4,3.4., SPINNEN 1.2. 8.7.1.2. Spez. (313-317). - DRECK 115-119, 130 8.8. Trinken = erfahren, erleben f318-319; 8.9. Verschiedenes (320-324; 9. Verschiedenes (325-337)

1. Wirkungen und Konsequenzen des Trinkens 1.1. Trinken schliesst andere Tätigkeiten aus 1.1.1. Man kann nicht zugleich trinken und essen 1 Fr. Qui boit, il ne mengue mie Wer trinkt, isst nicht J. MIELOT 278 (= MORAW. 2 1856). Aller et parier peult on, boire et manger ne peult on Gehen und reden kann man, trinken und essen kann man nicht NUNEZ 1,56 (el Frances). 1.1.2. Man kann nicht zugleich trinken und pfeifen 3 It. Now si puö insteme here, e fiscbiare Man kann nicht gleichzeitig trinken und pfeifen MERBURY 14. Vgl. BLASEN 5. 1.1.3. Man kann nicht zugleich trinken und reden 4 Dt. Wan men drinket, so kan men nicht spreken. — Quando bibo, durum mihi respondisse roganti Wenn man trinkt, kann man nicht sprechen. — Wenn ich trinke, ist 5 es schwer für mich, einem auf seine Frage zu antworten TUNNICIUS 950. , unde sprühen to gelyk is quät to doen. — Esse simut farique nimis res ardua factu Essen und zugleich sprechen ist schlecht zu verrichten. — Zugleich essen und sprechen ist allzu schwer zu schaffen EBD. 1303.

6 7 8 9

1.2, Trinken ist bekömmlich und gesund 1.2.1. Wer gut trinkt, ist gut genährt (vorangekommen} Fr. Homs bien abuvrez n'iert unques mal peüz Ein gut getränkter Mann wird nie schlecht genährt sein MORAW. 844. Home bien en beyvre ne fist (lies: futf Red.) unkes meu peu Ein Mann, der tüchtig im Tränken ist, war nie schlecht genährt CAMBR. SAMML. {+LEROUX 11,476). Homs bten abreuves n'est oncques mal poie Ein gut geiränkter Mann ist nie schlecht emporgekommen ET, LEGRIS 305. Homme bien abruve n'est oncques mal peu ... ist nie schlecht genährt LEROUX 1,246 (15. Jh.). 1.2.2. s. Inhaltsübersicht

TRINKEN

434

1.2,3. Vereinzelt 10 M l a t . Ui non egrotes, bene convenit, ut bene potes Damit du nicht krank bist, ist es durchaus angemessen, dass du richtig trinkst PRIMAS 11,5.

1.3. Trinken deckt den Charakter des Menschen auf 11 S p a n . En el andar y en el beber, se conosce la muger Am Gehen und am Trinken erkennt man die Frau NUNEZ II, 101. 12 Dt. Derbalb wir das alt Sprichwort ban: Inn trunckenbeyt kendt man den man Weshalb wir das alte Sprichwort haben: „In der Betrunkenheit erkennt man den Mann" 13 SACHS IV, 235,11 (1553). Alsz im Vuer Golf unnd Sulver werft probertt, So wert des Manns Truw bt dem Drunk erklert Wie im Feuer Gold und Silber geprüft wird, so wird die Treue des Mannes beim Trinken offenbar NEOCORUS l (1,148). — SEIN 40. Vgl. ERKENNEN 13.2., WEIN 1.9.3.

1.4. Trinken löst die Zunge Vgl. unten 1.10. 1.4.1. Trinken macht beredt und geschwätzig 14 La t. Fecundi calices quem non fecere disertum? Wen haben immer volle Trinkbecher nicht beredt gemacht? HÖR., ER 1,5,19. 15 Mlat. Cum sum ieiunus, tune sermo sufficit unus: Cum michi sit potus, tunc verbis effluo totus Wenn ich nüchtern bin, dann genügt ein einziger Satz; wenn ich (aber) zu trinken habe, dann fliesse ich ganz von Worten über RYLANDS fo. 2. 16 Fr. Car qant on a but et mangie, Les gens sunt plus enromancie Denn wenn man 17 getrunken und gegessen hat, ist man beredter JEHAN, RIGOMER 6487. Mais quant le gent sont ivre, hastieu sont de parier Aber wenn die Leute betrunken sind, sind sie l s vorschnell im Reden B. DE SEB, 24,174. Qui est ce, qui n'est apres boire Beau parleur? Wer ist nach dem Trinken nicht ein guter Redner? G. ALEXIS 11,207,2885 (Contemptus mundi). Vgi. unten 1.5., 83, 1.10., BAUCH 2.2.4., BIER 9., ESSEN 5.6.1., SATT 1.4., WEIN 1.8.1.

1.4.2. Wer betrunken ist, kann nichts verbergen und verschweigen 19 B i b 1, Quia nullum secretum est ubi regnat ebrietas Denn wo Betrunkenheit herrscht, gibt es kein Geheimnis1 VULG., PROV. 31,4. 20 Fr. Yvresse dit tout sans regret Et ne scet riens tenir secret Betrunkenheit sagt alles ohne Bedauern und versteht nichts geheimzuhalten G. ALEXIS 11,207,2883 (Contemptus mundi). 21 Engl. Ther dronkenesse regneth in any route, Tber i$ no conseil hyd, withouten doute Wo Trunkenheit in irgendeiner Versammlung herrscht, da wird zweifelsohne kein Ge22 heimnis verschwiegen CHAUCER, MAN OF LAW'S T B 776. In whom that drynke hath dominacioun, He kan no conseil kepe Wer unter dem Einfluss des Trinkens steht, der kann kein Geheimnis behalten CHAUCER, PARDON\ T C 560,2 23 Nl. Want, daer dronckenscap es ghinge, Daer nes heimelichet ne gheene Denn wo Trunkenheit herrscht, da gibt es kein Geheimnis JAC. v. MAERLANT, SECR. 519. 24 Dt. In trunkenbett wirt manec sacke enbunden In der Betrunkenheit wird manches 25 aufgedeckt FRAUENLOB, SPR. 344,10. Swaz tougendinge ein mensche et hat An sieb verborgen gar, In trunkenheit, $wer vregen gät, Ez wirt im offenbar Was ein Mensch nur immer an Geheimnissen in sich verborgen hält, in der Betrunkenheit wird es jedem, 26 der fragen geht, offenbar EBD. 344,19. De vulheit en kan nicht swygen. — Dissipat

435

TRINKEN

ebrietas demens arcana pope Ho Die Trunkenheit kann nichts verschweigen. — Besinnungslose Trunkenheit verbreitet unter dem gemeinen Volk geheime Dinge TUNNICIUS 27. 28 1061. Der vol nimpt kein biat f rn mund Der Volle nimmt kein Blatt vor den Mund 29 FRACNK II, 21 r. EGENOLFF 24 v. Der vol kan nicht verschweigen Der Volle kann nichts 30 verschweigen FRANCK H, 35 v. Der volle kan nichts verschweigen EGENOLFF 45 r. -* KIND 328. Vgl. BOCK 3., FRAU 1.9.2.5.-1.9.2.6., KIND 5.2.2., NARR 7.4., WEIN 1.9.2.

1.4.3. Wer betrunken ist, offenbart die innersten Gedanken und Gef hle 31 Gr. Το γαρ εν TTJ καρδία του νήφοντος επί της γλώττης εστί του μεθύοντος, ως οί παροιμιαζόμενοί φασιν Denn was im Herzen des N chternen ist, ist auf der Zunge des Betrunkenen, wie diejenigen, die sich sprichw rtlich ausdr cken, sagen PLUT., MOR. 503 f. 32 Mgr. Το εν τη καρδία του νήφοντος, επί της γλώσσης του μεθύοντος Was im Herzen 33. 34 des N chternen ist, ist auf der Zunge des Betrunkenen PS. DIOGENIAN. 8,43. T6 εν τη καρδία του νήφοντος εν trj γλώσση του μεθύοντος GREG. Ofp. 3,75. APOSTOLIOS 35 17,4. Το εν τη καρδία του νήφοντος επί της γλώττης εστί του μεθύοντος MAKARIOS 8,40. 36 M i a t . Quod in corde sobrij, id in lingua ebrij Was im Herzen des N chternen ist, 37 das ist auf der Zunge des Betrunkenen ERASM., ADAG. CHIL. 1,7,17. Quod in animo sobrij, id est in lingua ebrij EBD. 2,1,55. 3S Fr. Ivres e forsene dient tot lor pense Betrunkene und Verr ckte sagen alles, was sie denken RAWLINSON 219 (= MORAW. 962). 39 S p a n . Despues de beber, cada uno dice $u parecer Nach dem Trinken sagt jeder seine Meinung NUNEZ 1,298. 40 N o r d . Dr ckens munn Talar af hiartans grunn Des Trunkenen Mund spricht aus des Herzens Grund K LUND 22 (= JONSSON, ARKIV 73. JONSSON 30). 41 Dt. Eyn trunckyn munth reth des herczyn grunth Ein trunkener Mund spricht das 42-44 Innerste des Herzens aus PROV. FRID. 207. Voller mundt Sagt des hertzen grund. — Quod in animo sobrii, id in ore ebrii ... — Was im Herzen des N chternen ist, das 45 ist im Mund des Betrunkenen KLAGENFURT 56. FRANCK 11,21 r. EGENOLFF 24 v. De vulle munt Sprikt des herten gr nt. — Verum v'ma canunt animum, demonstrat lacchus ... - Der Wein sagt die Wahrheit, Bacchus zeigt das Herz TUNNICIUS 442. 46 De f lle munt Sprikt des herten gr nt. — Ebrietas hominis mentem demonstrat 47-49 aperte ... — Die Betrunkenheit zeigt klar das Herz des Menschen EBD. 1330. Quod in corde sobrij, id in lingua ebrij. — Was der n chtern denckt, das redt der voll bers. 50 wie 36. — ... FRANCK 1,29r. 11,21 r. EGENOLFF 295 v. Was einer nachtern darff denken, das darff er vol reden vnd th n Was einer denken darf, wenn er n chtern ist, das darf er reden und tun, wenn er betrunken ist EGENOLFF 24 v. Vgl. WEIN 1.9.3.

1.4.4. s. Inhalts bersicht 1.5. Trinken fordert das Dichten, Singen und Tanzen 51 Dt. Der trunken wil maistens gesangs maister sin Der Betrunkene will zumeist Mei52 ster im Singen sein NETZ 643. Die drunkenheit macht manchen man Ouch dantzen der sin nit enkan Die Betrunkenheit bringt manchen auch zum Tanzen, der das (sonst) nicht kann MUSKATBLUT 91,17. — WASSER 147-149, WEIN 99-103. Vgl. oben 1.4.1., BAUCH 2.2.1., 3.2., ESSEN 5.5.1., HUNGER 4.5.2., SATT 1.2.1., SINGEN 1.1., SPIELMANN 15, WEIN 1.8.3.

TRINKEN

436

1.6. Trinken macht froh, ausgelassen, unbekümmert und reich 1.6.1. Allg. 53 La t. Eluit (seil, ebrietas) enini curas et ab imo animum movet et ut morbis quibusdam ita tristitiae tnedetur Denn sie (die Trunkenheit) spült die Sorgen weg und bewegt das Herz von Grund auf, und wie gewisse Krankheiten, so heut sie auch die Niedergeschla54 genheit SEN., DE TRANQUIL. 17,8. Quid emm Venus ebria curat? Was kümmert denn eine betrunkene Venus? luv,, SAT. 6,300. 55 Mlat. leiunus est pauper qui ebrius sibi viaetur diues Nüchtern ist der arrn, welcher sich im trunkenen Zustand reich vorkommt SAL. ET MARC. 21 b. 56 Fr, Eoire et manger, beau passetemps Trinken und essen, ein schöner Zeitvertreib NUNEZ 1,175 (el Frances). 57 K a t . Tres piers son en aquest man: beure en tauerna, jaure en bordeil e cagar en prat Drei Freuden gibt es auf dieser Weit: im Wirtshaus trinken, im Bordell liegen und auf der Wiese scheissen LIBRE DE TRES 88. 58 Dt. Den armen machet rieh der win. Des solde er alle zit drunken sin Den Armen 59 macht der Wein reich, deshalb sollte er stets betrunken sein SAL. u. MARK. 251. Wir wellen trinken, das di Übe heyde woget Wir wollen trinken, dass die liebe Heide wogt3 PROV. FRID. 142. — BAUCH 137, ESSEN 126- 127, 130, LIEBE 143, WEIN 27-28, 38. Vgl. ADER l, BAUCH 2.2.2., ESSEN 5.4,1., LEIB 25, MORGEN (Adv.) 1-6, 11, 17, SATT 1.1.1., SORGE 7, WEIN 1.3. Ähnlich: 60 Dt. Drinck, herre, und gib mir; Das ist ain rechte trew an dir Trink, Herr, und gib mir (zu trinken), das ist wahre Treue bei dir! HEINR. v. NEUSTADT, APOLLONIUS 3725. 61 Trinckch und gib mir: Das ist ein trew an dir. — Esse fidem dico potum michi qui dat amico Trink und gib mir {zu trinken), das ist (wahre) Treue an dir! — Wenn einer mir als (s)einem Freund zu trinken gibt, sage ich, dass dies Treue sei FREIDANK LAT. (GRAZ) 62 47. Esse fidem dico potum michi qui dat amico. — Drink vnd gib mir Daz ist triuwe an dir FREIDANK S. 241 (Hs, Stettin S. 242 b).

1.6.2. s. Inhaltsübersicht 1.7. Trinken bringt Gott und dem Paradies näher 1.7.1. Wer (Wein) trinkt, sieht Gott 63 Fr. Qui bien boit deu voit. — Si bona quis bibat is conspector fit deitatis. Qui bona potat ei visio promta dei Wer gut trinkt, sieht Gott. — Wenn einer Gutes trinkt, wird er Gott erblicken. Wer Gutes trinkt, dem wird der unmittelbare Anblick Gottes zuteil 64 ROBERT 46 (= MORAW. 1839). Qui bon vin boit Dteu voit Wer guten Wein trinkt, sieht Gott LEROUX II, 224 (15. Jh.).4

1.7.2.-1.7.3. S.Inhaltsübersicht 1.8. Trinken macht stark, kühn, tüchtig und weise 1.8.1. Allg. 65 Pro v. Mais aurez de vertut, Quant vos seretz enabriatz Aber ihr werdet mehr Kraft 66 haben, wenn ihr betrunken seid JAUFRE 604. De tnaior valor Sera, can ier enabriatz Von grösserem Wert wird er sein, wenn er betrunken sein wird EBD. 1666. 67 Dt. Die trunken sind kün als die lewen, Si torstend küng und kaiser troewen, In dünkt, er wplte zehen bestan Und muos hain an den wenden gan Die Betrunkenen sind kühn wie die Löwen; sie getrauen sich, dem König und dem Kaiser zu drohen; ihn

437

TRINKEN

dünkt, er möchte zehn angreifen, und muss die Wände entlang nach Hause gehen NETZ 645 (vgl. unten 1.10.). —· WEIN 1.7.2. Vgl. ESSEN 5.6.2., WEIN 1.7.

1.8.2. s. Inhaltsübersicht 1.9. Trinken nimmt Weisheit, Sinn und Verstand 68 La t. Nihil aliud esse ebrietatem quam voluntariam insaniam Trunkenheit sei nichts anderes als freiwillige Verrücktheit SEN., EP. 83,18. 69 M l a t. Ebrietas animos sapientum reddit iniquos Trunkenheit beeinträchtigt die Sinne 70 der Weisen PROV. WRATISLAV. 169. Ebrietas animum sapientem reddit iniquum 71, 72 Trunkenheit beeinträchtigt den weisen Sinn WERNER 2 el. Ebrietas frangit quidquid sapientia tangit Trunkenheit zerbricht alles, womit sich die Weisheit beschäftigt EBD. 73 e 2. WALTHER 6874. Frequens ebrietas, Studium discontinuatum Et capitis vulnus, nimius languor quoque somnus: Haec artem quinque deperdunt pbilosophiae Häufiges Betrunkensein, unterbrochenes Studium und Kopfwunde, allzu grosse Müdigkeit und 74 Schlaf, diese fünf zerstören die Kunst der Philosophie WERNER Z f 71. Qui bibit et rebibit, nisi par cat, stultus aaibit {lies mit Singer5: abibtt)? Cum bibis et rebibis componitur inde (lies mit Singer 5 : unde] peribis Wer trinkt und wieder trinkt, wird zum Narren, wenn er sich nicht in acht nimmt. Wenn du trinkst und wieder trinkst, kommt es dazu, dass du daran zugrunde gehen wirst RYLANDS fo. 2 (vgl. unten 1.17.2.). 75 Fr. Bten vaut yvre desve Ein Betrunkener ist ebensoviel wert wie ein Verrückter 76 COMTE DE BRETAGNE 176 (= M o RAW. 265). Qui est iuret si est fous. — Sobrius est sapiens, ebrius insipiens Wer betrunken isr, ist töricht. — Der Nüchterne ist weise, der 77 Betrunkene töricht ZACHER 77 (= MORAW. 1926). Qui boit et reboit trop fol se t(i]ent. — Qui bibit er rebibit, nil cessat, stultus abibit Wer trinkt und wieder trinkt, bleibt allzu töricht. — Wer trinkr und wieder trinkt (und) in keiner Hinsicht aufhört, 78 wird zum Narren ZACHER 144 (— MORAW. 1855). Horns yvres n'est pas a soy Ein 79 Betrunkener ist nicht bei sich ET. LEGRIS 304. Homme ivre n'est pas a foy (lies: soy, Red.) LEROUX 1,247 (15. Jh.). 80 Pro v. Home enebriat ha perduda sä razo e sson entendemen, et es ayssi coma negat Ein Betrunkener hat seine Vernunft und seinen Verstand verloren und ist wie ein Ertrunkener VICES ET VERTUS (+RAYNOUARD IV, 308 b). Sl S p a n . Do entra beber, sale saber Wo das Trinken einzieht, zieht das Wissen aus NUNEZ 1,342. 82 Nord. Byröi betri berrat maör brauto at, En se manvit mikit; Vegnest verra vegra bann velli at, En se ofdrykkia qls. Era sva gott, sem gott kveöa, Ql alda sonorn; Pviat fern veit, er fleira drekkr, Sins til geös gumi Keine bessere Bürde führt ein Mann auf dem Wege mit, als wenn er ein reichliches Mass an Verstand hat. Keine schlechtere Wegzehrung trägt er auf dem Felde mit sich, als wenn er übermässig Bier getrunken hat. Nicht so gut, wie man es behauptet, ist für die Menschenkinder das Bier; denn 83 der Mann, der mehr trinkt, ist weniger bei Sinnen HÄVAMÄL 11 (= BIER 11). Pviat ofdrykkia veldr alda hveim, Er sina mtelgi ne manat Denn übermassiges Trinken ist bei jedermann daran schuld, dass er seines Geschwätzes nicht inne wird LOKASENNA 47,4 84 (vgl, oben 1.4.1.). Ni sopor accedat frenesi temulencia se dat, - Een drucken man oc een galen skilies eij at vdben meth een seffn Wenn kein Schlaf herbeikommt, gibt sich die Betrunkenheit dem Wahnsinn hin. — Ein betrunkener Mann und ein Verrückter trennen sich nicht, ausser mit einem Schlaf LALE 655. SS Eng l. Men sein tber is non evidence, Wh er of to knowe a difference Betwen the drunken and the wode Man sagt: „Es ist nicht ersichtlich, worin ein Unterschied zwischen

TRINKEN

438

dem Betrunkenen und dem Verrückten zu erkennen ist" GOWER, CONF. AM. 6,551. 86 Ofte drynke makes pynne wytte Oft trinken macht schütteren Verstand RYLANDS 87 fo. 16 v. Ofte drynke maketh by wyttes renne Oft trinken macht, dass der Verstand davonläuft DOUCE (MS. 52) 96.6 88 Nl. Dronckenheit es seiden goet, Want si den wisen dolen doet Trunkenheit ist selten gut, da sie den "Weisen in die Irre gehen lässt BELG. MUSEUM 6,203,549 (Hs. A. S9 15. Jh.), Dronckenscap is seiden goet, Want si valscht eens wisens moet ... denn sie verdirbt den Sinn eines Weisen MNL. RspR. (SURiNGAR) 44. 90 Dt. Trunkenheit ist selten guot, Si tobet und velscbet wisen muot Trunkenheit ist selten gut; sie ist nicht bei Verstand und führt weisen Sinn in die Irre FREIDANK 94,1. 91 Unmezic trinken kirne toubt Massloses Trinken betäubt das Hirn HUGO v. TRIMBERG 92 9476. Da von sprach her Frtdanc: „Trunkenheit ist selten guot, Si tobet und swachet wtsen muot" Davon sprach Herr Freidank: „.,. sie ist nicht bei Verstand und schwächt 93 weisen Sinn" EBD. 10226. Nunquam prodesse, sed semper scitur obesse Ebrietas, mentem quoniam fallit sapientem. - Trunkenheyt ist seltin guott Si tobt und felschit den mut Trunkenheit nützt bekanntlich nie, sondern schadet immer, da sie den weisen 94 Sinn täuscht, - Übers, wie 90 FREIDANK LAT, (GöRLiTZ) 1428. Trinck nitzu vil, wyss auch warumb, Viltrincken macht auch waysse dumb Trink nicht zuviel; wisse auch, weshalb! Viel trinken macht auch Weise dumm KLAGENFURT 43 {vgl. unten 3.1.). 95 Ebrietas actus sapientum reddit iniquos. - Di tmnkenhait die werch der weisen macht, Das man ir gar wenig acht Trunkenheit macht die Taten der Weisen schlecht. - Die Trunkenheit bewirkt, dass man die Werke der Weisen gar wenig achtet INNSBRUCK 29. 96 Weisheit von trunken leuten, Und widergeben nach peuten, Und alter weiber schön, Und zuprochener glocken getön, Und junger frauen sinn, Und alter man minn, Und treger pfert lauffen, Das sol ntemant teuer kauffen Weisheit von Betrunkenen und Zurückgeben nach dem Erbeuten und alter Weiber Schönheit und zerbrochener Glocken Klang und junger Frauen Verstand und alter Männer Liebe und träger Pferde Laufen, 97 das soll niemand hoch veranschlagen EULING, ROSENPLÜT 563. Vulheit vordervet sinne unde wit. — Ebrietas aufert animos et mentis acumen Trunkenheit verdirbt Sinn und Verstand. - Trunkenheit nimmt die Geisteskräfte und den Scharfsinn TUNNICIUS 98 909, De den vullen scheidet, de vortornet d%n de dar nicht by en is. — Absentern laedit poto convicia narrans Wer den Vollen tadelt, erzürnt einen, der nicht bei sich ist. — Wer dem Betrunkenen Schmähreden hält, beleidigt einen Abwesenden EBD. 227. 99 Drunckne wyszheit j$t äffen spyl Betrunkene Weisheit ist Affenspiel GENGENBACH 100 (-»ZFDA 45,164,48). Absentem laedit qui cum ebrio litigat. — Der mit eim vollen zuhar ligt, der zanckt mit eim der nit da ist Einen Abwesenden beleidigt, wer mit einem Betrunkenen streitet. — Wer mit einem Betrunkenen in den Haaren liegt, der streitet mit einem, der nicht da ist FRANCK 1,64 v. Der mit eim vollen hadert, der zanckt mit eim der nit da ist. — Absentem laedit, qui cum ebrio litigat Wer mit einem Betrunkenen streitet, zankt mit einem, der nicht da ist. — ... EGENOLFF 312 v. -^ ESSEN 152, LAND 23-24, LIEBE 434, 452, WEIN 18-19, 157, 167, 206-207, 210. Vgl. unten 102-103, 169, BAUCH 2.2.5., BIER 7., ESSEN 5.10., WEIN 1.11.1. 1.10. Trinken hemmt Zunge und FUSS 102.103 M l a t . De nimio potu titubat pes, lingua uagatur, Caligant oculi, mens ratione caret Von zu reichlichem Trank wankt der FUSS, lallt die Zunge, trüben sich die Augen, verliert der Geist die Denkkraft FLOR. GOTTING. 327. WERNER 2 d 37 (vgl. oben 1.9.}, 104 Dogma meum disce; bona vina bibas, bene misce! Qui sine lege bibit, lingua pede tardius ibit Lerne meinen Grundsatz: „Du sollst guten Wein trinken, mische (ihn) auch

439

105 106 107. io« 109

TRINKEN

gut. Wer ohne Regel trinkt, dessen Zunge wird langsamer gehen als der Fuss"! WERNER 2 d 139. K a t , No pot fer, beure molt y amar (lies: anar, Red.) drei Man kann nicht (beides) tun: viel trinken und gerade gehen NUNEZ 111,73 (el Catalan). Nl. Als die dranc comt so is die reden wt. - Quando venit potus cessat sermo quasi totus Wenn der Trank kommt, ist es mit dem Reden vorbei. - Wenn der Trank kommt, weicht beinahe alles Reden PROV. COMM, 3. Dt. Alze de drank kumpt so is de rede vtb PROV. COMM. MND. 3. Da wollen wir essen vnd trincken, das wir mit der Zungen hincken Da wollen wir (so) essen und trinken, dass wir mit der Zunge hinken ALBR. v. EYB, MEN. 71,28. De vulle släpt, statnert, kift unde dwelet. — Ebrius indormit, titubat, bacchatur et errat Der Volle schläft, stammelt, keift und tobt. — Der Betrunkene schläft ein, schwankt, schwärmt und irrt umher TUNNICIUS 140. Vgl. oben 1.4.1., 67, WEIN 1.10.2.

1.11. Trinken nimmt Anstand, Schamgefühl und Tugend 7

1.11.1. Allg. 110 M l a t . Munditig frenum ebrietas et crapula uendunt Trunkenheit und Verfressenheit 111 verkaufen den Zügel der Reinheit NIVARD., YSENGR. 1,563. Ebrietas mores aufert tibt, res et honores Trunkenheit nimmt dir die guten Sitten, das Vermögen und das Ansehen 112 WERNER 2 e 3 (vgl. unten 1.15.1.). No« valet ebrietas, per quam pent omnts honestas Die Trunkenheit ist schlecht, durch welche jeder Anstand verlorengeht EBD. n 268, i 13 Fr. Par yvresce esi mainz hons perduz, Qu'ale tost totes les vertut Durch Trunkenheit geht mancher zugrunde, weil sie alsbald alle Tugenden nimmt ROB. DE BLOIS, CHAST. 114 DES DAMES 317. Ly yvres point ne se hontoie De chose qu'en yvresche fache Der Betrunkene schämt sich überhaupt nicht wegen einer Sache, die er in der Betrunkenheit begeht J. DE CONDE II 18,568. 115 Dt. Drunkenscbap vordervet alle gude sede. — Conspicuos vinum mores contaminat omnes Trunkenheit verdirbt alle guten Sitten. — Der Wein befleckt alle hervorstechenden Sitten TUNNICIUS 363. Vgl. ESSEN 5.9., WEIN 1.12.2.

1.11.2. Spez. liö Dt. Schemel worde wyken der vulheit unde bolschap. - Sermo pudens Baccho cedit Venerique malignae Schamhafte Worte weichen der Trunkenheit und Buhlschaft. — 117 Schamhafte Rede weicht dem Bacchus und der schlimmen Venus TUNNICIUS 9, Dar dr ink.cn ere is, dar is spy en neine schände. — Si potasse decus, vitium cur esse orexts? Wo Trinken eine Ehre ist, da ist Speien keine Schande. - Wenn Trinken eine Ehre ist, weshalb sollte dann Erbrechen eine Schande sein? EBD. 483.

1.12. Trinken fördert Unkeuschheit, Leidenschaft und Laster 1.12.1. Allg. —· ESSEN 150, KEUSCH IS, UNKEUSCH 22-33, WEIN 206-207, 230, 234, 2 7, 219, WOLLUST 33, 33, 36, 40-4L Vgl. unten H5, WEIN 1.12.2.

1.12.2. Spez. US N o r d . Demens bubenta (lies mit Druck B: pubenta] cum sit mulier temulenta. — Naar konen cer drucken thaa cer kwssen galen Wenn die Frau betrunken ist, ist ihre Scham toll. - Wenn die Frau betrunken ist, dann ist ihr KUSS wild LALE 246.

TRINKEN

440

1.13. Trinken macht durstig, süchtig und unfrei 1.13.1. Trinken erhöht den Durst und führt zu vermehrtem Trinken 8 119 Lat. Sie quibus intumuit suffusa venter ab unda, Quo plus sunt potae, plus sitiuntur aquae So schwoll diesen der Bauch vom eingegossenen Wasser an. Je mehr Wasser 120 getrunken worden ist, um so grosser ist der Durst danach OVID., FAST, 1,215. Scitumque est Scytharum legati, quanto plus biberint tanto magis sitire Parthos Und bekannt ist der Ausspruch eines Gesandten der Skythen, dass die Parther um so mehr Durst haben, je mehr sie getrunken haben PLIN., NAT. HIST. 14,28,148. 121 Mlat. Quo plus sunt potae, plus sitiuntur aquae Je mehr Wasser getrunken worden ist, um so grosser ist der Durst WERNER 2 q 195. 122 Fr. Qui a bu boira Wer getrunken hat, wird (wieder) trinken LEROUX II, 380 (13. Jh.}. 123 Quant plus boit len, plus veult len boivre Je mehr man trinkt, desto mehr will man

124 trinken MORAW. 1755. L'un bon boire l'autre rapelle Ein tüchtiges Trinken ruft das 125 andere herbei ISOPET I 61,120 (vgl. EIN 1.1.). LOTS ne suis de ma soif delivres, Ains ay plus soif com plus suis yvres Dann bin ich nicht von meinem Durst befreit, vielmehr habe ich um so grösseren Durst, je mehr ich betrunken bin MIRACLE DE L'EMPERERIS i 26 369. L'un boire attrait l'autre Ein Trinken führt das andere herbei LA TOUR LANDRY 264 (vgl. EIN 1,1.}. 327 Prov. £ on plus beu, plus a ab se Voluntat de beur' et ardor Und je mehr er trinkt, um so mehr hat er in sich den Wunsch und das Verlangen zu trinken GAUC. FAIDIT (*KOLSEN, DICHT. 39,25}. 128 It. Come l'ebrio, ehe quanto piü beve, piü vorebbe here Wie der Betrunkene, der, je 129 mehr er trinkt, um so mehr trinken möchte CATERINA, LETTERE II, 138. La sete mia dal her piu sete prende Mein Durst wird vom Trinken noch grosser (wörtl.: erhält ... noch mehr Durst) LORENZO DE* MEDICI II, 163 (Simposio 2,27). 130 Span. AI borracho fino ni le basta agua ni vino Dem tüchtigen Trunkenbold genügt weder Wasser noch Wein NUNEZ 1,60. 131 Dt. Swer den durst scbiuhen wil, Der hüete daz er niht trinke vil Wer den Durst 132 vertreiben will, gebe acht, dass er nicht viel trinke THOM. v. ZIRCLARIA 10033. Wer zu trunckenbait hat pfticht, Der mag ir entwonen nicht Wer sich der Trunkenheit hingibt, der kann sich diese nicht abgewöhnen HEINR. v. NEUSTADT, APOLLONIUS 12769 133.134 (vgl. GEWOHNHEIT 2.2.). Ein füll (Trunkenheit) bringt die ander FRANCK II, 53 r. 135 EGENOLFF 332 r. Quanto plus biberint, tanto plus sitient Partht. — Ye mehr einer trinckt, ye mehr jn dürst, ye mehr er gesoffen haben muß Je mehr die Parther getrunken haben, um so mehr Durst werden sie haben. — Je mehr einer trinkt, um so mehr Durst 136. 137 hat er (und) um so mehr muss er getrunken haben FRANCK II, 93 r. Ein trunck erfor138,139 der t den ändern EBD. EGENOLFF 89 r. Wer vil trinckt,, muß vil durst leiden FRANCK 140 II, 93 r. EGENOLFF 89 r. Je mehr einer trinckt, je mehr jn dürst. — Quanto plus biberint, tanto plus sitient Partbi Je mehr einer trinkt, um so mehr Durst hat er. — Je mehr die Parther getrunken haben, um so mehr Durst werden sie haben EGENOLFF 89 r. 141 Suep di vull und legg dy nedder, Sta up und vulle dy wedder. Also scbrifft Alexander; Eine vulle vor dr if ft de ander Sauf dich voll und lege dich nieder, steh auf und fülle dich wieder! So schreibt Alexander: „Eine Trunkenheit vertreibt die andere" 9 WERLDTSPRÖKE 45. —> WASSERSUCHT 3-6, 9-12, 14-18, 20-23. Vgl. VIEL 3.5., WEIN 269 1.13.2. Trinker lieben und begehren nur den (guten) Wein 142 Fr. Bon beyverres ne amera ja soupes Ein guter Trinker wird nie Suppen lieben MORAW., INEDITA I b 22.

441

TRINKEN

143 P o r t . Manta e cobertor, na saon per o bon bevedor Bett- und Wolldecke sind nicht für den guten Trinker10 NUNEZ 11,356 (el Portugues). — WEIN 2.6. 1.13.3. s. Inhaltsübersicht

1.14. Trinken bringt Übel, Schaden und Schande 144 Nl. A/so qualic varen si diet tappen als diet drincken. — Hie trahit ille bibit simul ac vterque peribit Ebenso schlecht fahren die, welche es anzapfen, wie die, welche es trinken, — Dieser zapft an, jener trinkt, und es werden beide zusammen verderben PROV. COMM, 88. 145 Dt. Trunkenheit ist selten fri, Da ensi sünde, schände, schade b'iTrunkenheit ist selten (so) frei, dass nicht Sunde, Schande (und) Schaden dabei sind FREIDANK 94,7 (vgl. 146 oben 1.12.1.). Alzo ouel varen deae tappen alze dede drynken Übers, wie 144 PROV. 147 coMM. MND. 87. In vulheit is alle quat. — Est Venus in vino, maledictio, verba cruenta In der Trunkenheit ist alles Üble. — Im Wein sind Liebe, Schmähung und blut148 rünstige Worte TUNNICIÜS 914. Van groter dorheit Kumpt dicke grot herteleyt, Vnd grot drynken schaden dot Von grosser Torheit kommt oft grosses Herzeleid, und gewaltiges Trinken schadet VAN DEME DRENKER 59 (Hs. 1541 [» JB. VER, F. ND. SPRACHT. 8,1882,37j) (= NARR5S7). —· BITTEN 56, ESSEN 173, NACHT 68, WEIN 11, WOLLUST 36. Vgl. ESSEN 5.15.1., WEIN 1.13.3.

1.15. Trinken bringt Armut, Verlust, Not und Leid 1.15.1. Allg. 149.150 B i b l . Operarius ebriosus non locupletabitur VULG., SIRACH 19,1. Ein Erbeiter, der sich gern vol seufft, der wird nicht reich LUTHERBIBEL, EBD. 151 Fr. Grand buveur n'est jamais rice Ein grosser Trinker ist nie reich J. MOLINET 539,76. -» MÄDCHEN 39, PFERD 359, SCHLEMMEN 5, SPIEL 163, VERSCHWENDEN 26, WEIN 12, WOLLUST 35, WÜRFEL 31, 35. Vgl. oben 111, ESSEN 5.11.1., WEIN 1.13.1.-1.13.2.

1.15.2. Spez. 152 Span. Beber y perder asnos Trinken und die Esel verlieren 11 NUNEZ 1,159. -»KLEID 11.1.

1.16. Trinken bricht Recht, Frieden und Widerstandskraft 1.16.1. s. Inhaltsübersicht 1.16.2. Betrunkenheit erzeugt Streit 153 Ml at. Ebrietas maier solet esse iurgiorum Betrunkenheit pflegt die Mutter von Streitigkeiten zu sein LAMPERT. 171,3. -* WEIN 11, 14, WOLLUST 31. Vgl. GEFÄSS 14.5.

1.16.3. Betrunkenheit nimmt Mut und Widerstandskraft 354 E n g l . And wise men rehersen in sentence, Wher folk be dronke ther is no resistence Und weise Männer sagen in einem Sprichwort: „Wo die Leute betrunken sind, da gibt i55 es keinen Widerstand" LYDGATE, FALL OF PRINCES 2,3842. For men mat knowe bi

TRINKEN

442

olde experience In folkis dronke mat be no resistence Denn man kann durch alte Erfahrung wissen: Bei betrunkenen Leuten kann es keinen Widerstand geben EBD. 3,2379. 156 Nl. Dronkenscap ende dulle minne Doen fallieren coene sinne Trunkenheit und tolle Liebe überwinden kühne Sinne JAG. v. MAERLANT, ALEX. 1,693.

1.17. Trinken bringt Krankheit, Tod und Verderben 1.17.1. s. Inhaltsübersicht 1.17.2. Trinken richtet zugrunde und tötet 157 Mlat. Per crapulam dbi et potus perit homo totus Durch VÖllerei mit Speise und Trank geht der Mensch ganz zugrunde WIPO, PROV. 57 {= ESSEN 16 9). iss Dt. Eine hertzen an syne lust Und dnncken ane synen dorst, Ock ethen ane hunger, Levet de lang, so nimpt ydt my wunder Eine (Frau) herzen ohne Lust dazu und trinken ohne entsprechenden Durst und essen ohne Hunger: Wenn einer (dabei) lange lebt, dann wundert mich dies WERLDTSPRÖKE 44, -» ESSEN 169, FRAU 1236, TOD 996, 999-1000, 1005, 1012-1015, 1018, 1020, 1022-1024, 1027, WEIN 11-12. Vgl. oben 74, ESSEN 5.15.1., WEIN 1.16.2.

1.17.3. Dem Trinker ist nicht mehr zu helfen 5S9 Dt. £5 ist auch ein alt gesprochen wort, Das hast du gar dick wol gehört; Der buler rat empfat, So dem trincker wirt nümmer rat Es ist auch ein altes Sprichwort, das du wohl sehr oft gehört hast: „Der Liebende empfängt Hilfe, während dem Trinker nie zu 160 helfen ist" GENGENBACH (+ 45,166,133). Du hefft dat ok dicke wol gehört, Vnd is eyn ölt sproken wort: Dat des dobbelers mach werden raet, Deme drenker nicht to helpen staet Du hast das wohl auch oft gehört, und es ist ein altes Sprichwort, dass dem Würfelspieler HÜfe zuteil werden kann, dem Trinker {aber} nicht zu helfen ist VAN DEME DRENKER 85 (Hs. 1541 [+Je. VER. F. ND. SPRACHF. 8,1882,38]}.

Vgl. WÜRFEL 37

1.18. s. Inhaltsübersicht 1.19. Trinken befreit nicht von Schuld, Verantwortung und Strafe 1.19.1. Aug. 161 La t, Quae potu peccas, ignoscere tu tibi noli; Nam crimen nullum vini est, sed culpa bibentis Was du infolge des Trinkens sündigst, das verzeihe dir nicht; denn es ist nicht die Schuld des Weines, sondern die des Trinkenden! PS. CATO, DIST. 2,21. 162 Mlat. Potu commissum debet non esse remissum, Nam quia potasti, plus equo turpe patrasti Was infolge des Trinkens begangen worden ist, darf man nicht mit Nachsicht hingehen lassen; denn weil du getrunken hast, hast du mehr Schande bewirkt, als recht und billig ist CATO NOVUS 131. 163 Fr. Et saches bien, $e tu t'enyvres, N'iers mie de pechie delivres, Li vins n'en a nul tort eu, Me$ tu qui trop en as beu Und wisse wohl; Wenn du dich betrinkst, wirst du nicht von Sünde befreit sein! Der Wein hat daran keine Schuld gehabt, aber du, der 164 du zuviel davon getrunken hast J, DE PARIS, CATO 527. Se vos beveis trop,, n'an demandeis les corpe (lies: corpes, Red.) se vous non, car U vins n'i ait riens mesfait, mats ci$ qui lou boit Wenn Ihr zuviel trinkt, sucht dafür nur bei Euch nach der Schuld; denn 165 der Wein hat keine Missetat begangen, aber der, der ihn trinkt! CATO LOTHR. 93. Se tu äs tant de vin beu Qu'il t'ait le cervel esmeu, N'en blasmer le vin, mats la gorge, Qui tant en ento(u)ne et engorge Wenn du soviel Wein getrunken hast, dass er dir das Hirn aufgerührt hat, dann tadle deswegen nicht den Wein, sondern die Kehle, die soviel 166 davon aufnimmt und schluckt! ADAM DE SUEL, CATO 437. Se tu bois trop jusqu'a

443

167

i 68

369

170 171

172 173 174

TRINKEN

tant que yvresce Te fait pechier, par toy meismes est ce. Ce ne fait pas le vin pris en la couppe, Sur celui qui le boit en est la coulpe Wenn du zuviel trinkst, bis dich Trunkenheit sündigen lässt, ist es deine Schuld (wörtL: deinetwegen). Das macht nicht der aus dem Becher getrunkene Wein; auf den, der ihn trinkt, fällt die Schuld dafür J. LEFEVRE, CATO 345. Pro v. No« voilas tan vin beure, Qe sempre-t faza eure. Per fol te qui tan heu, Qe pois U torna greu. Asatz a sen meschin Chi-s canb'ia per vin* Ja·l vin blasmar non deus, Mais te meteis qui-l beus Du sollst nicht soviel Wein trinken, dass er dich sogleich betrunken macht. Halte den für töricht, der soviel trinkt, dass es sich ihm zur Unannehmlichkeit wendet! Der hat einen dürftigen Verstand, weicher sich durch den Wein ändert. Du sollst nie den Wein beschuldigen, sondern dich selbst, der du ihn trinkst CATO PROV. T 211. It. Et do dice H Savio, ehe non e colpa del vino se tu faiii; anzi e tua, ehe ti diletti di here Und das sagt der Weise, dass es nicht die Schuld des Weines ist, wenn du dich vergehst; es ist vielmehr die deinige, weil du Freude sm Trinken hast TAV. RIT. I, 38 Kap. 11. N o r d . Ofdrukkinn maör, Ef ilt gerirt Er eigi varkunnar verdr, Sjalfr bvi veldr, Er hann sva drekkr, At sins geös eigi gair Wenn ein betrunkener Mann etwas Übles tut, verdient er keine Nachsicht. Der ist selbst daran schuld, welcher dermassen trinkt, dass er nicht mehr bei voller Besinnung ist HUGSVINNSMÄL 76 (vgl. oben 1.9.). Engl. Gyf bu hwcet on bin druncan misdo, ne wit bu bit na b&r drince, for ban bu his weolde be sylf Wenn du etwas in Trunkenheit begangen hast, dann wirf dies nicht dem Trunk vor; denn du hattest das selber in der Hand! EARLY HOM. 5,11. Quod potu peccas, ignoscere tu tibi noli; Nam nuüum crimen uini est, set culpa bibentis. A tey ne seit U pardone Quant tu es en-yuere. De heiuere ke mout vaut; Kar en le vyn netzt U pas Ne en la coupe le trespas, Mes en le trop beuaunt. — 3if bou sunge in drinkyng, Bi-penk be of bat cas; Pe gult ts not in be ale ne wyn, But is byn oune trespas Übers, wie 161. — Dir werde nicht Verzeihung zuteil, wenn du betrunken bist von einem Trunk, der sehr wirksam ist; denn im Wein entsteht sie nicht, die Verfehlung, noch in der Trinkschale, sondern bei dem, der zuviel trinkt. — Wenn du beim Trinken sündigst, dann denke über diesen Fall nach! Die Schuld liegt nicht beim Bier noch beim Wein, sondern es ist deine eigene Verfehlung VERNON MS, 50,365. Dt. La dir lange wesen leit, Gesiindestu mit trunkenhett; Swer trunken wir t, der muoz sin Schuldtc unde niht der win Lass es dir lange leid tun, wenn du in Trunkenheit sündigst! Wer betrunken wird, muss schuldig sein, und nicht der Wein CATO 303. Drinkestu mer to eyner stunde, Denne din lif vordreghen künde: Den wyn scaltu besculdigen nicht, Moyet di darvan de gicht Trinkst du einmal mehr, als dein Leib ertragen konnte, dann sollst du den Wein nicht beschuldigen, wenn dich davon die Gicht quält STEPHAN, CATO ND. 1267. Que potu peccas ingnoscere tu tibi noli Nam nullum crimen vini sed culpa bibentis. — Los dir lange seyn leit Was du sundigist mit der trunckenheit Is ist des weynes schulde nicht Sunder des der to trunken spricht Übers, wie 161. — Lass es dir lange leid sein, was du in der Betrunkenheit sündigst! Es ist nicht die Schuld des Weines, sondern dessen, der in allzu betrunkenem Zustand spricht CATO OMD. (ZpoA 72) 86.

1.19.2. Spez,: Wer im trunkenen Zustand stiehlt, wird im nüchternen Zustand gehängt 175 E n g l . Ho so stelyth, when he ys dronke, he shall anhanggyd when he ys fresch. — Si quis furatur, quando est ebrius, erit suspensus, quando est resona (lies: resens, Red.) Wer stiehlt, wenn er betrunken ist, wird aufgehängt werden, wenn er (wieder) frisch

TRINKEN

444

176 ist. - Wenn einer stiehlt ... RAWL. ENGL. 46. S; quis furetur, quando est ebrius, erit suspenses, quando est resens. - Ho so stele, whan he ys drunke, he schal be an-anggyd, when he ys fresche EBD. 70. 1.20. Vereinzeit 177. 17S Dt. Bei vollen lert (EGENOLFF; lernt] mann sauffen, Bei kramern kauffen Bei Betrunkenen lernt man saufen, bei Krämern kaufen FRANCK H, 59 r. EGENOLFF 54 v,

2. Ursache, Anlass und Zweck des Trinkens

2.1. Man trinkt (trinke), wenn man Durst und Verlangen danach hat 2.1.1. Allg. -» DURST 1-6, 10-16, HUNGER 92, 127. Vgl. unten 3.2., HUNGER 1. 179

180 181 182 183 184

185 186 187

2.1.2. Spez.: Pferd und Rind trinken nicht auf Befehl und ohne Durst La t. Quando equi vel reliqua anitnalia ducuntur ad aquam ... repleta siti bibere nolunt Wenn die Pferde oder das übrige Vieh zum Wasser geführt werden, wollen sie nicht trinken, wenn der Durst gestillt ist PS. AUGUSTIN,, SERM. 294,4 (2305). M l a t . Bos, nisi uult, bibet inuitus, dum ducis aquatum Das Rind wird, falls es nicht trinken will, gegen seinen Willen trinken, wenn du es zum Wasser führst, um es zu tränken EGBERT,, FEC. RAT, 1,42. Quadrupedes adaquare nequis dum percutis ilios (Ausg.: it os) Nee cogit pueros virga studere rüdes Du kannst die Tiere nicht tränken, indem du sie schlägst, und die Rute zwingt die ungelehrigen Kinder nicht zum Lernen ALANUS 428 (parab. 3} (= RUTE 118). Bös ad aquam ductus non vultpotare coactus Das zum Wasser geführte Rind will nicht gezwungenermassen trinken WERNER 2 b 22. Fr. Menez le buef ä l'taue je n'an buira si n'a suef Führt das Rind zum Wasser: Nie wird es davon trinken, wenn es nicht Durst hat! HAUREAU IV, 174 {13. Jh.). Dicitur enim communiter: Menez le buef a taue ja ne buvera si n'a soif Denn es heisst allgemein: „Führt das Rind zum Wasser: Nie wird es trinken, wenn es nicht Durst hat!" EBD. 111,341. N o r d . Bus ad aquam tractus non vult potare coactus. - Man maa ledbe oxen til wanneth man kan ey n0de hanum at dricke Übers, wie 182. — Man kann den Ochsen zum Wasser führen, man kann ihn (aber) nicht zwingen zu trinken LÄLE 110. Eng l , Hwa is, pet met pet hors wectrien, pe him selfnule drinken? Wo ist der, welcher das Pferd tränken kann, das selbst nicht trinken will? HOMILIES A 9. Dt. Swie wol der ohse daz wazzer siht, Alltu diu werlt betwünge in niht Daz er trünke über mäht Obschon der Ochse das Wasser sieht, könnte ihn die ganze Welt nicht zwingen, über sein Vermögen hinaus zu trinken HUGO v. TRIMBERG 10527. Vgl. WASSER 122

2.2.—2.6. s. Inhaltsübersicht 188 189 190

191

2.7. Verschiedenes MI a t. Sepius bibit qui cellaria diligit öfters trinkt der, welcher die Kelier liebt SAL. ET MARC. 74 b. Sepius bibit, quem celeraria diligit Öfters trinke der, den die Keüermeisterin liebt EBD. 74 b Var. Si bene perpendi, quinque sunt cause bibendi: Dulcedo vini, presens sitis, atque futura, Hospitis adventus, et ne pereant mea jura Wenn ich es gut überdacht habe, dann gibt es fünf Gründe zum Trinken: die Süsse des Weines, der gegenwärtige und der zukünftige Durst, die Ankunft eines Gastes und damit meine Rechte nicht verlorengehen ET. LEGRIS 76 Anm. Fr, dl en jue a droit ki boit Qant li cive H aigrie Der lässt sich mit Recht darauf ein, welcher trinkt, wenn die Zwiebel ihn sticht12 J. BRETEL (+JEUX-PARTIS 35,46}.

445

TRINKEN

3. Regeln für das Trinken und für Trinker 3.1. Man trinke mit Mass und Vernunft (selten und wenig) 192 L a t . Conuiuare raro Halte selten Trinkgelage ab! PS. CATO, BREVES SENT. 26. 193 Fr. Ne boy pas trop, c'est mauvaise besoigne Trink nicht zuviel, es ist ein schlechtes Bedürfnis! J. LEFEVRE, CATO 66. 194 N o r d , Sjaldan sitja Skalt sumblum at Selten sollst du bei Trinkgelagen sitzen HucSVINNSMÄL 10,1. 195 E n g l . Vino te tempora ... — ... eiez mesure Quant beyure vin deuras ... — A-Mesure pe in drynkynge Halte mass beim Wein! — Halte mass, wenn du Wein wirst trinken müssen! - Massige dich beim Trinken! VERNON MS. 50,61 (vgl. WEIN 345). 196 Dt. Er hat niht woi getrunken, der sich übertrinket Der hat nicht gut getrunken, welcher zuviel trinkt WALTHER v. D. VOGELWEIDE 29,35. -> ESSEN 207, GESUND 90, 92, 94, 96-99, 102-103, MUND 7, WEIN 9, 357, WOLLUST 31, 33, 35-36, Vgl. oben 94, 2.2., ESSEN 7.5., MUND 1.1., WEIN 6.3.

3.2. Man trinke drei-, zwei- oder einmal (zum Essen und Durstlöschen) 197 M l a t . Si duo sunt uina, mihi de melliori propina Nil prossunt uina, nisi sit potatio trina Funde merum funde, tanquam sint fluminis unde Wenn zwei Weine da sind, gib mir vom besseren! Nichts nützen die Weine, wenn nicht dreimal davon getrunken wird. Giesse Wein ein, giesse ihn ein, als ob er Flusswasser wäre! DE MORIBUS IN MENSA 198 SERVANDIS (12. Jh. [* ROMANIA 47,30,18]). Dulce merum sumas Herum, quia non operatur Unica potio, ni repetitio bina sequatur Nimm von neuem süssen Wein, da ein einziger Trank nichts bewirkt, wenn nicht eine zweifache Wiederholung folgt! FLOR. 399 GOTTING. 325. Ex veteri more pota semel absque pudore! Sed bis quando bibis, nisi solvas, turpiter ibis Nach alter Sitte trinke einmal, ohne dich zu schämen! Aber wenn du zweimal trinkst, ohne zu zahlen, wirst du in Schande davongehen WERNER 2 e 135. 200 Cum bibo bis vel ler, sum qualibet arte magister Wenn ich zwei- oder dreimal trinke, bin ich Meister in jeder beliebigen Kunst RYLANDS fo. 2. 201 Fr. Qui boit une fois o ses cboux De la bauche jde] Den est absoulz Wer einmal zu seinem Kohl trinkt, wird vom Mund Gottes freigesprochen MORAW. 1857 {= LEROUX 11,385). — DURST 14-16, ESSEN 292. Vgl. oben 2.1., 2.3., GEFÄSS 13.7.

3.3. Man trinke nicht, ohne dabei zu essen 202 Fr. Boir sanz manger est past ä grenoulles Trinken, ohne zu essen, ist Nahrung für Frösche CAMBR. SAMML. (+LEROUX 11,473 [= MORAW. 268]). 203 Engl. What is drynk witboute niete? Was ist ein Trank ohne Essen! TOWNELEY PLAYS 12,194.13 Vgl. ESSEN 11.3.

3.4. Man trinke nicht, ohne dabei dankbar an Gott zu denken 204 Dt. Als wir wol gedrinken und gezzen, Daz gracias sollen wir nit vergezzen Wenn wir gut trinken und essen, dürfen wir das Dankgebet nicht vergessen SAL. u. MARK. 205.206 485. Trink und iss, Gott nit vergiss KLAGENFURT 25. Drinck unde ith, Godt nicht uorgit; Bewar din ehr, Di wert nicht mer Van diner have, Den dock torn grave Trink und iss! Vergiss Gott nicht! Bewahre deine Ehre! Dir wird von deiner Habe nicht mehr 207. 20S (bleiben) als ein Tuch für das Grab EBSTORE 19 {= TUCH 48}. Trinck und iß, Gottes 209 nit vergiß AG RICO LA Nr. 130, EGENOLFF 76 v. Trinck vnd iß, Got nicht vergiß. Bewar dein ehr, Dir wirt nicht mehr Von deiner hüb Den ein tuch zum grabe Übers, wie 206 LUTHER, WA TR. 5375 r (1540 [V, 108,11]) (= TUCH 49). Vgl. ESSEN 8,6.

TRINKEN

446

3.5. Man trinke nach dem Zahlen 210 Fr. Apres compter boire fault Nach dem Begleichen der Rechnung muss man trinken in ET. LEGRIS 50. Apres compter faut boire LEROUX 11,239 (15. Jh.).

3.6. Man trinke nach der Entfernung des Tisches und der Reinigung (der Hände) 212 Ml a t. Mensa submota, manus (Var.: prius) ablue, postea pota Wenn der Tisch entfernt worden ist, wasche die Hände (wasche [dich] zuvor), danach trinke! DE MORIBUS IN MENSA SERVANDIS {13. Jh, [+ ROMANIA 47,29,22]).

213 Fr. La table ostee, doit l'en laver et boire. — Mensa submota prius ablue, postea pota Wenn der Tisch entfernt ist, soll man (sich) waschen und trinken. — ... HILKA 46 (= MORAW. 1038). Vgl. ESSEN 8.1.

3.7. Man trinke frühmorgens (wieder), um gesund zu bleiben 214 M l a t . Qui nimis in sero stringit sua guttura mero, Hoc rebibdt mane, si gliscat vivere sane Wer seine Kehle am Spätabend allzusehr mit Wein traktiert, der soll frühmorgens 215 wieder trinken, wenn er gesund zu leben wünscht WERNER 2 q 103. Vina bibat mane cerebrumque reformet inane, Quem perfudit heri gratia multa merit Der soll frühmorgens Wein trinken und das leere Hirn wiederherstellen, welchen gestern die reiche 216 Gabe des Weines benetzt hat EBD. v 38. Q«i biberit mane poterit bene vivere sane Wer frühmorgens getrunken hat, wird durchaus gesund leben können RYLANDS fo. 2. Vgl. WEIN 371 Ähnlich: 217 Fr. Au matin boy le vin blanc, le rouge au soirt pour faire sang Am Morgen trink den weissen Wein, am Abend den roten, um Blut zu machen! NUNEZ 1,145 (el Frances).

3.8. s. Inhaltsübersicht 3.9. Man gehe zu Bett, wenn man betrunken ist 21S Port. Se bebado te vires sentir, fuge a compania e fay dormir Wenn du feststeilen solltest, dass du dich betrunken fühlst, dann fliehe die Gesellschaft und gehe schlafen! NUNEZ 111,371 (el Portugues). 219 Dt. Derhalb man das Sprichwort wol faß: Eirn truncken mann ist in seim beth Am basten Deshalb verstehe man das Sprichwort gut; „Einem betrunkenen Mann ist es in seinem Bett am wohlsten" SACHS IX,419,16 (1558).

3.10. Man lobe den, der einem zu trinken gegeben hat 220 Mlat, Siceram cujus quis bibat, hujus et carmen canat Wessen Rauschtrank einer 221 trinkt, dessen Loblied singe er auch ARNOLD. RATISB., EMM, 1,7 (1006 C). Cuius vina bibo laudes et carmina libo Wessen Wein ich trinke, dem widme ich auch Loblieder und Gedichte FREIDANK LAT. (GRAZ) 50. Vgl. BROT 7.2., ESSEN 5.3.3., FÜLLEN 1., GEBEN 2.7.-2.S., GEVATTER 19

3.11. Verschiedenes 222 Mlat. Post lac, post sompnium, post balnea non bibe statim Nach der Milch, nach 223 dem Schlaf, nach dem Bad trinke nicht sogleich! PROV. WRATISLAV. 467, Vbs, qui potatis, bunc morem ferre sciatis: Esca dafür gratis; mos est, vinum quod ematis! Ihr, die ihr trinkt, sollt diesen Brauch hinzunehmen wissen: Das Essen wird umsonst gegeben, es ist (aber) üblich, dass ihr den Wein kauft WERNER Z v 94 (vgl. BIER 3.).

447

TRINKEN

224 Fr. Mal boivre fet ä son escot Es ist schlecht, auf eigene Kosten zu trinken MEON 225 II, 203,47. Maul boivre fait a tel acot Es ist schlecht, zu einem solchen Preis zu trinken 226 VIE DES PERES (+ GODEFROY III, 429 a). Par toi beüs, par toi mengas, Par tot porpense que feras Du hast für dich getrunken, du hast für dich gegessen; denke für dich darüber nach, was du tun wirst! MORAW, 1599. 227 S p a n . Quando comieres pan recientet no bebas de la fuente Wenn du frisches Brot essen solltest, dann trinke nicht aus der Quelle! NUNEZ 111,207. 22« N o r d , Hospes vti bibito par lare mande cito. - Drick som gesth oc cedh som hiemme &r waan Du sollst trinken wie ein Gast, iss schnell wie zu Hause! - Trinke wie ein Gast und iss, wie du es zu Hause gewohnt bist! LÄLE 467. 229 Engl. Drink eft lasse and go by lijte bom Trinke künftig weniger und gehe bei Tages2.10 licht heim! HENDING l, 29. Drynke hoot and swolow boot Trinke heiss und schlucke heiss! RYLANDS fo. 18. 2. 1 Dt. Zwischen den drüncken red nit viel SACHS IV, 105,25 (1547).

4. Gute und passende Getränke 4.1.—4.5. s. Inhaltsübersicht 4.6. Wein als (einzig) gutes und trinkenswertes Getränk 4.6.1. Alig. — WEIN 2, 5-6, 308. Vgl. WEIN 1.1.1, 4.1.

4.6.2. Spez.: Wer ihn gut kauft, trinkt ihn gut 232 Fr. Qui bon l'achete, bon le boit Wer ihn (seil, den Wein) gut kauft, trinkt ihn gut 233 MISTERE DU VIEL TESTAM. 48633. Qui bon l'achate bon le boit MORAW. 1858 (= LERoux!l,385).

4,7.—5. s. Inhaltsübersicht 6. Gute und schlechte Trinkgefasse und Trinkquellen 6.1. Aus jedem Gefäss lässt sich gut trinken 234 Mlat. Nee magis egregio dulcescit potus in auro Quam facit in vitro quad minus asse valet Und der Trank wird in einem auserlesenen Gold(gefass) nicht süsser, als er es in einem Glas ist, welches weniger als ein Heller wert ist ALAN us 429 (parab. 4). 2,35 Fr. Boire aussi bten en boys, come en or (Man kann} ebensogut aus Holz wie aus Gold trinken NUNEZ 1,176 (el Frances). 236 It. Chi non ha I'auro '! perde, Spenga la sete sua con un bei vetro Wer kein Gotd(gefäss) hat oder es verliert, lösche seinen Durst mir einem schönem Glas PETRARCA l Ganz. 9,14 (S. 115). 237 Dt. Er acht keins glantz, trinckl wol auß eim hafen Er legt keinen Wert auf Glanz, er trinkt ohne weiteres aus einem Hafen EGENOLFF 18 v. Vgl, ESSEN 333, GEFÄSS 5.6.

6.2. s. Inhaltsübersicht 6.3. Aus dem Becher des Ausrufers trinkt man nicht gern 238 Fr. Oicitur quod non est festum bibere ad cyphum damatoris vini. - Ce n'est pas feste de boere bin ä hanap de crior Man sagt, dass es kein Fest sei, aus dem Pokal des Weinausrufers zu trinken. — Das ist kein Fest, aus dem Becher des Ausrufers zu trinken 2.99 HAUREAU IV, 147 (13. Jh.). Ce n'est pas feste de boere ä hanap de crieur14 EBD. VI, 71 (13. Jh.).

TRINKEN

448

6.4.—6.6. s. Inhaltsübersicht 6.7. Vereinzelt 240 Span. Beber de calabaza Aus einer Kürbisflasche rrinken 15 NUNEZ 1,168.

7, Richtiges Verhalten gegenüber Betrunkenen (Trinkenden) 7.1. Betrunkenen traue man nicht16 241 Span. De persona beoda no fies tu bolsa Einer betrunkenen Person sollst du deinen Geldbeutel nicht anvertrauen NUNEZ 1,301. 242 Dt, Trunknen lüten i$ nüt ze truwen: Am abend sie tuond daz am morgen tuot geruwen Betrunkenen Leuten ist nicht zu trauen: Am Abend tun sie, was sie am Morgen bereuen NETZ 617. 7.2. Betrunkene (Trinker) fürchte(t) man 243 Ml at. Acres potores a conuiuis metuuntur Eifrige Trinker werden von den Tischgenossen gefürchtet EGBERT., FEG. RAT. 1,783. 244 Dt. Su>ä trunkene hüte und tobende sint, Swer die niht fürhtet, derst ein kint Wo es betrunkene und tobsüchtige Leute hat, ist einer ein Kind, wenn er diese nicht fürchtet FREIDANK 94,5. 7.3. Betrunkene reize und tadle man nicht 245 Dt. Swer trunken Hute reizte lange, der bei unwisen sin Wer betrunkene Leute zu lange reizte, hätte einen törichten Verstand HUGO v. TRIMBERG 1350. -» KIND 457, NARR 752 246 247 248 249 250 251 252 253 254 255 256

7.4. Betrunkenen gegenüber bewahre man Vorsicht und Zurückhaltung M l a t . Mitis in villam, ebria gens possidet illam Sachte ins Dorf: Betrunkene Leute herrschen dort! PROV. WRATISLAV. 324. Engl. Drunken mon ji/ pu metes In weis oper in stretes, Pu jef him pe weie reme Wenn du einem Betrunkenen auf den Wegen oder auf den Strassen begegnest, dann lass ihm den Weg frei! ALFRED B 574 (31), Dt. Den trunken und unsinigen (lies: unsinig man, Red.) Sol man lan ir weg gan Den Betrunkenen und den Verrückten soll man ihren Weg gehen lassen NETZ 621. Fare schon fn das dorff, dye pavren sein truncken Fahre sachte ins Dorf, die Bauern sind betrunken! SCHWAB ACH 149. Fare schone yns dorff, du pawer synt truncken PROV. FRID. 134. Sufer jns dorff, is worden blyndt Das schafft das buren druncken syndt Der „Sachte-ins-Dorf" ist blind geworden; das kommt davon, dass die Bauern betrunken sind 17 BRANT, NARRENSCHIFF 72,31. Süberlich (Sachte) in's dorf, die puren sind trunken MANUEL 271 (Elsli 368). Sachte ins dorff, die pawern seind truncken AG RICO LA Nr. 426. Voll baurn sol man zu dorff lassen Betrunkene Bauern soll man im Dorf nicht stören FRANCK II, 100 v. Volle bauren sol mann zu dorff lassen EGENOLFF 92 r. Gemach ins Dorff, die bauern seind truncken EBD. 190 r. — EIGENSINN 15, NARR 659, 695

7.5. Betrunkenen weiche auch ein Fuder Heu {beladener Wagen) aus 257 D t. Eynem truncken man sol ein fudder haw auß dem wege weychen Einem Betrunkenen soll ein Fuder Heu aus dem Wege weichen LUTHER, WA VIII, 696,19 (1522). 258.259 Eym truncken man soll eyn fodder haw weichen EBD. XVIII, 297, 8 (1525). Wie man spricht: Eim truncken man sot auch ein fudder haw aus dem wege gehen EBD.

449 260 26l. 262 263.264 265 266.267

TRINKEN

XIX, 417,20 (1526). Eynern vollen manne soll eyn geladener wagen weichen AGRICOLA Nr. 427. Ejm vollen sol ein fäder bew weichen FRANCK 1,64 v. EGENOLFF 312 v, Eim vollen mann sol ein füder hew weichen FRANCK II, 72 v. Vollen bawren soll ein fäder hews weichen EBD. II, 100 v. Eim vollen man sol ein fader haw weichen EGENOLFF 62 v. Vollen bauren sol ein fäder haw weichen EBD. 92 r, Eim vollen mann sol ein geladener wagen weichen EBD. 190 r. Vgl. ESEL 10.1.

7.6. s, Inhaltsübersicht 7.7. Verschiedenes 268 Fr. Point ne parle, a celuy qui boit Sprich nicht zu einem, der trinkt! NUNEZ III, 157 (el Frances), 269 Dt. Swer gif dem trunken manne win Unde dem derz vieber hat Wazzer und dem kinde den grät Und dem tobenden daz swert, Er hat si alle übel gewert Wer dem Betrunkenen Wein gibt und dem, der Fieber hat, Wasser und dem Kind die Gräte und dem Tobsüchtigen das Schwert, hat sie alle übel beschenkt THOM. v. ZIRCLARIA 14612. 270 Van drunken luden sal men nicht näseggen. — Potores memores gestarum spernite rerum Von betrunkenen Leuten soll man nichts melden. — Verachtet Trinker, die sich an das Begangene erinnern! TUNNICIUS 450.

8. Trinken in allegorischer und metaphorischer Verwendung, in Redensarten und Vergleichen 8.1. Meere und Flüsse austrinken 18 271 La t.

Märe interbibere Das Meer austrinken NAEVIUS 57.

272 M l a t . Qui omnia epotare vult flumina, vel tandem submergetur in uno Wer alle Flüsse austrinken will, wird wohl schliesslich in einem ertrinken BEBEL, PROV. GERM. 270. 273 Fr. Empnse a merveilleuse peine: H bee a beivre toute Seine Er hat eine wunderliche Mühe auf sich genommen: Er hat im Sinn, die Seine ganz auszutrmken J. DE MEUN, 274 ROSE 5081. Moult a affaire qui la mer a a boire Der hat viel zu tun, welcher das 275 Meer austrinken muss ET. LEGRIS 451 (= MORAW, 1307). // boiroit la mer et les 276 poissons Er würde das Meer samt den Fischen austrinken LEROUX 1,78 (15. Jh.). C'est la rner a boire Das heisst das Meer austrinken EBD. II, 140 (15. Jh.). 277 Engl. He undirfongith a gret peyne That undirtakith to drynke up Seyne Der nimmt eine grosse Mühe auf sich, welcher es unternimmt, die Seine auszutrinken CHAUCER, ROM. OF THE ROSE 5709. — FLIEGE 61

8.2. —8.5. s. Inhaltsübersicht 8.6. Trinken = verschlucken, unterdrücken 19 278 Fr. Elle a toutes ses hontes bues Sie hat all ihre Schamgefühle verschluckt JUGEMENT 279 DE L'AMANT 744. Qui a toutes ses hontes beues, II ne lui'chault que l'en lui die Wer all seine Schamgefühle verschluckt hat, den kümmert es nicht, was man ihm sagt CH. 280 D'ORLEANS Rondeau 201 Refrain. Ele ot tost la honte beue Qu'ele avoit ä premiers heue Sie hatte schnell das Schamgefühl verschluckt, das sie zuerst gehabt hatte BARBAZ. ETMEONlV,282,189. 2 0

TRINKEN

450

8,7. Trinken = schlucken (m ssen), zu schlucken bekommen, b ssen 8.7.1. Was einer braut (einschenkt), hat (bekommt) er auch zu schlucken 8.7.1.1. AHg. 21 281 Ml a t. Ilia dies sperata pati me uiuere cogit, Qua latro calicem, quem dedit, ipse bibat Dieser erhoffte Tag der Rache, an dem der Spitzbube den Kelch, den er mir gereicht hat, selbst trinken soll, zwingt mich, das Leben zu ertragen (Sch nfelder) NIVARD., YSENGR. 2,175. 282 Fr. Et rebeivent cel quil brascent Und sie trinken das, was sie brauen ET. DE FOUGE283 RES, LIVRE DES MANIERES 40. Or beive cum il ad brace Nun trinke er, wie er gebraut 284 hat HUON DE RoTELANDE, PROTHES. 3407. Ensi com il brassa si but Wie er braute, 285 so trank er RENCLUS, CARITE 158, Π. Con aves brase, si breves Wie ihr gebraut habt, 286 so trinkt! G. LE CLERC, FERGUS 144,9. II est bien droiz et reson Que qui le brasse si le boive Es ist durchaus recht und vern nftig, dass der, welcher es braut, es (auch) 287 trinke MEON 1,329,352 (= MONTAIGL. VI, 129). Cascuns boit selonc cou quil brasse 2S8 Jeder trinkt so, wie er braut ROB. D'ARRAS, VERS DE LA MORT 100,9. Ains seulent dire: „Qui ia brace, si le boive". Et nous leur disons que autrement va la chancon; quer nos disons „Qui le bevra, il le patera" Sie pflegen vielmehr zu sagen: „Wer es braut, trinke es." Und wir sagen ihnen, dass das Lied anders geht; denn wir sagen: „Wer es trinken wird, wird es bezahlen" MIREOUR DU MONDE 143 (= ZAHLEN 43). 289 Se vo fame brassast, si bust Wenn Eure Frau gebraut har, so trank sie (es auch) HUE 290 LE MARONNIER (+JEUX-PARTIS 133,46). Qui le br(a)aca, si le boive Wer es gebraut 291 hat, trinke es (auch) MORAW. 1966. Bien l'en avint qu'avenir dut, Qu'ele brassa ce qu'ele but Mit Recht widerfuhr ihr daher, was geschehen musste, (n mlich) dass sie 292 das braute, was sie (dann auch) trank BAREAZ. ET MEON 111,220,147, Et s'elle Γα brasset boive le brassement Und wenn sie es gebraut hat, trinke sie das Gebr u B. DE 293 SEE. 15,1133. SV com il ad brache si beyve Wie er gebraut hat, so trinke er CAMBR. 294 SAMML. {·* LEROUX II,482}. Hz ont verse, c'est raison qu'ilz le boiuent Sie haben eingeschenkt, es ist recht, dass sie es (auch) trinken ALAIN CHARTIER 578 (Debat des deux 295 fortunes d'amours). Mais tel le boit qui tel le brasse Aber wer es so braut, trinkt es 296 (auch) so EBD. 672 (Quatre dames). Qui Γα brasse si le boive Wer es gebraut hat, 297 trinke es (auch) ET. LEGRIS 632. Tout tel que nous l'avons brasse Le fault boire Ganz 29S so, wie wir es gebraut haben, muss es getrunken werden A. GREBAN 447. Le boit tel 299 qu'il Γα brasse Er trinkt es so, wie er es gebraut hat EBD. 7821, Car ehe que f'ay brasse fou buvray aparmy Denn das, was ich gebraut habe, werde ich genauso trinken FLORENCE REMANIEMENT

2871.

300 Engl. Let him habbe se be brew, bale to dryng Lass ihn haben, wie er gebraut hat, 301 unheilvoll zum Trinken! LYRICS ΧΙΙΙτκ CENT. 72,11. Suilk as pai brued now hat bat dronken So wie sie gebraut haben, haben sie nun getrunken CURSOR MUNDI 2848. 302 frou schalt suffre kare and howe, And drinke bat bou hast ibrowe Du sollst Kummer 303 und Sorge ertragen und trinken, was du gebraut hast SEVEN SAGES 1483. The biternesse pat pow hast browe, now brouk hit pyself; That art doctour of deb, drynk pat bow madest Das Bittere, das du gebraut hast, geniesse es nun seihst! Du, Lehrerin des 304 Todes, trinke, was du gemacht hast! LANGLAND(?}, PLOWMAN C21,404. As / haue brew, so most I drink Wie ich gebraut habe, so muss ich trinken GENERYDES A 1722. 305 Let hem drynk as they hanne brewe Lass sie trinken, wie sie gebraut haben! WRIGHT, 306 POL. POEMS II, 230. Soo brewje, soo drynke Wie man braut, so trinkt man RYLANDS 307,308 fo. 16 v. So brewe, so drynke DOUCE (MS. 52) 97. Bot we must drynk as we brew 309 Aber wir m ssen trinken, wie wir brauen TOWNELEY PLAYS 13,501. Ellis must we drynk as we brewe Sonst m ssen wir trinken, wie wir brauen HILL 56 Refrain,

451

TRINKEN

,310 Dt. Daz du dir selber habest gebriuwen, daz trink auch selber uz Was du dir selbst 31l gebraut hast, das trinke auch selber aus! BERTHOLD 1,323,29. Daz du dir selber gebriuwen habest, daz trink auch selber Was du dir selbst gebraut hast, das trinke auch .312 selber! EBD. 1,435,21. Swaz ie der man gebrou Ze Trebense, ze Stockerou, Ze süfen im daz geschach Kurzlichen darnach Was einer je braute in Trübensee (und) in Stockerau, musste er kurz danach (selbst) saufen OTTO KAR 67281. Vgl. BUSSE 1.2.1., ESSEN 14.4.1., GEFÄSS 514, SCHLECHT 4.3.4., SPINNEN 1.2. 313 314 3ii 316 317

8.7.1.2. Spez. Ml at. Olla bene cocta melius durat, et qui mundum distemperat, mundum bibit Ein gut gebrannter Topf ist von längerer Dauer, und wer Reines braut, trinkt Reines SAL. ET MARC. 10 b Var. (= GEFÄSS 25). Fr. Ki metlera la sähe, muh la bevra amere Wer die salzige Brühe mischt, wird sie sehr bitter trinken GUERN. DE PONT S. MAX., THOM. BECKET 6150. Ne doit boire Le vin malveis qui tel le brasse? MUSS nicht der den schlechten Wein trinken, der ihn so braut? MONTAIGL. 11,87. E n g l . First sour brewit sit sour drinkt Zuerst sauer gebraut, dann sauer getrunken HENDING 1,17,7 Var. And who so wicked Ale breweth, Fulofte he mot the werse drinke Und wer schlechtes Bier braut, muss oft noch schlechteres trinken GOWER, CONF. AM. 3,1626. — DRECK 115-119, 130 8.8. Trinken — erfahren, erleben

318 S p a n .

No diga nadie de esta agua no bebere Niemand sage: „Von diesem Wasser

319 werde ich nicht trinken 1 ' 22 NUNEZ 111,67. For turbia que este, no digas de esta agua no bebere Mag es noch so trüb sein, sage (ja) nicht: ... EBD. III, 181. 320 J2J 322 323 324

325.326 327 328. 329 330. 331 332 333

8.9. Verschiedenes M l a t . Sets, ubinam bibertm tua pocula lene ferendo Du weisst, wo ich deine Becher in gutmütiger Geduld getrunken habe 23 NIVARD., YSENGR. l, 113. Span. 5/ äst corres como bebes, vamonos a Itebres Wenn du so läufst, wie du trinkst, dann lasst uns den Hasen nachtaufen! NUNEZ 111,391. N o r d . Eigi er sopit, boat ausuna se komit Man hat noch nicht getrunken, auch wenn es schon in die Schöpfkelle gekommen ist 24 GRETTIS SAGA 57,3 (= JONSSON, ARKIV 391. JONSSON 161). Engl. Draffs ys my erante, but drynke y woll. — Segistorium est meum negosium, bi25 bebere vellem Treber ist mein Geschäft, aber Trank will ich, — Treber ist mein Geschäft, (aber) ich möchte trinken 26 RAWL. ENGL. 53. Dt, Citra vinum temulentia.27 — Du redest eben, als seyst vol Trunkenheit ohne Wein. — Du redest, als ob du betrunken wärest HAUER 130.

9. Verschiedenes Fr. Au monier bust (LEROUX: beut) Dieu Beim Steigen trank Gott ET. LEGRIS 76. LEROUX 1,18 {15. Jh.). Apres boire, demander conseil Nach dem Trinken um Rat bitten NUNEZ 1,111 (el Frances). Span. Que tacha? Better con borracha Welcher Makel, mit einer Säuferin zu trinken? 28 LOPEZ(?), REFRANES 590. NUNEZ 111,235. A la borracha pasas Der Betrunkenen Rosinen 29 NUNEZ 1,45. HALLER 115. Bebt agua del htnofal, supome bien, y bizome mal Ich trank Wasser vom Fenchelfeld: Es schmeckte mir gut und tat mir nicht gut NUNEZ 1,161. Bien haya la beoda, que siempre tiene que beba Gut ergeht es der

TRINKEN

452

334 Säuferin, welche immer etwas zu trinken hat EBD. 1,170. La que se muestra a beber de tierna, enviara el hilado a la taberna Diejenige, welche sich im zarten Alter ans 335 Trinken gewöhnt, wird das Gesponnene in die Kneipe schicken EBD. 11,260. O bebella, o verteüa Entweder (soll man) es austrinken oder ausgiessen EBD. III, 87, 336 Dt. Swer vaste nu getrinken mac Die langen naht biz an den tac Und dem der Itp wtrt nimmer wan, Der ist ze der werlde ein frumer man Und heizet ein guot geselle Wenn einer nun die lange Nacht bis zum Tag gewaltig trinken kann und ihm der Leib nie leer wird, ist er auf der Welt ein angesehener Mann und wird ein guter Geselle 337 genannt HUGO v. TRIMBERG 10303. Wo nü die mennige hin get sprichet man alwegen, Da &ij der beste dranck Wo nun die Menge hingeht, sagt man immer, da gebe es den besten Trunk 10 ELISAB. v. NASSAU, HUGESCHEPPEL 24va,27 (vgl. WIRTSHAUS 3.),

V.M. Anmerkungen 1

Fehlt bei Luther, Vgl. WHITING D 394. D425. -1 Dazu steht die Anm.: Tali proverbio solent se excitare convivantes, quasi aicentes: in tantum volumus letare in potu et convivio, quod, si phas esset dicere, tota marca cum berbis et arboribus posset commoveri ad conletandum nobis Mit einem solchen Sprichwort pflegen sich die Leute bei den Trinkgelagen aufzumuntern, wie wenn sie sagen würden: „Wir wollen uns bis zu einem solchen Grade beim Trinken und Schlemmen erfreuen, dass, wenn man dies sagen dürfte, die ganze Mark mit ihren Pflanzen und Bäumen dazu bewegt werden könnte, sich mit uns zu freuen." 4 Vgl. HASSELL D 93, 5 Vgl, SINGER, SPRW. D. MA 11,61. 6 Vgl. WHITING D422. 7 Vgl, WHITING D424. 8 Vgl. WHITING D403. 9 Vgl. EULING, ROSENPLÜT 373. 10 Dazu steht als Erklärung; Porque el vino es le por tnanta (Denn der Wein gilt für ihn als Decke). Der Sinn scheint aber auch zu sein, dass Trinker die Nacht durchzechen, anstatt schlafen zu gehen. 11 Dazu steht die Anm.: Acaesce a labradores que van a las Jenas o mercados, Dies widerfährt den Bauern, welche zu den Jahr- oder Wochenmärkten gehen. 12 Als Anrn. dazu steht: „Cehu a raison qui boit quand l'usage de ta ciboulette a aguise sä soif," 13 Vgl. WHITING C 622. 14 Es folgt als Erklärung: Quia ibi haurit immundus statt mundus Denn daraus schlürft der Unreine wie der Reine. 15 CORREAS 354 gibt zwei Verwendungen an: erstens wenn man nicht sieht, wieviel einer trinkt; zweitens wenn etwas langsam vor sich geht. 16 Vgl, HASSELL F165. 17 In der Anm. der Ausg. erklärt Zarncke, dass er den Spruch hier nicht als Warnung vor den betrunkenen Bauern, sondern folgendermassen verstehe: „früher hiess es: fein sauber ins dorf! damit ist es jetzt vorbei, nun herrscht unsauberes, schändliches leben, das kommt daher, weil die bauern sich dem trunke ergeben haben." 18 Etwas Schwieriges, Unmögliches versuchen. Vgl. O. Schultz-Gora in: GRM 4,1912, S. 225. 19 Nach O. Schuttz-Gora a, a, O. S. 227 erhält boire in Verbindung mit honte den Sinn von ,in sich verschwinden lassen, einbüssen'. Er weist aber auch darauf hin, dass boire in dieser Wendung je nach Zusammenhang ,hinnehmen, ertragen müssen' heissen kann. In diesem Fall bedeutet dann honte nicht,Schamgefühl', sondern ,Schande', die man von einem ändern hier erfährt oder die man auf sich genommen hat. Vgl. aber auch GODEFROY VIII Compl. 312c, der avoir toutes hontes hues mit,avoir epuise toutes les homes' {alle Schande ausgeschöpft haben) übersetzt, u. J. Rychner - A. Henry, Le Testament Villon II (Commentaire), 1974, S. 14: „Avoir beu toutes ses bontes: avoir avale toutes les avanies et Stre d so mais d'une indifference complete". Zu 2

453

TROCKEN

verweisen ist auch auf P. Robert, Le grand Robert de la langue francaise s. v. boire 35 u. honte 29 sowie auf den Tresor de la langue franfaise s. v. honte A I. 20

Vgl. HASSELLH69.

21

Vgl. SINGER, SPRW. D. MA HI, 130f.; HASSELL B172; WHITING B529. Dieses bis heute geläufige Sprw. besagt, dass man nicht verächtlich über Dinge sprechen solle, um die man vielleicht unter ungünstigen Umständen einmal froh wäre. Bei REFRANERO 305 steht dazu: Dice que estando el hombre sujetö a tanta mudanza y alternativa durante $u vida, no $e puede asegurar una actitud defimtiva que a veces, las ärcumtanctas hacen deponer-. se usa contra los orgullosos Besagt, dass der Mensch, der während seines Lebens so grossem Wandel unterworfen ist, sich nicht auf eine bestimmte Handlungsweise festnageln kann, die aufzugeben die Umstände bisweilen zwingen. Richtet sich gegen die Hochmütigen. Der Sinn ist: etwas gutmütig über sich ergehen lassen, was einem zugefügt oder zugemutet wird. D. h., man soll nicht zu früh jubeln, es kann noch viel geschehen, Vgl. BAETKE s. v. ausa u. supa. B i offensichtlich verderbt aus si (wenn) oder sie (also). Letzteres würde eher der engl. Vorlage entsprechen. Bezieht sich auf den, der mehr verlangt, als ihm zusteht. Vgl. auch den weiteren Beleg bei WHITING D 272. = ERASM., ADAG, CHIL. 1,3,3. Andere Interpunktion bei COMBET (+CORREAS 385): !Ke tacbe, bever kon borracha! Welch eine Schande, mit einer Säuferin zu trinken! Bedeutet nach CORREAS 6 etwas Unpassendes, das einem gegeben wird, da die Trinkerin die Weinbeeren lieber in Form von Wein hatte, In demjenigen Wirtshaus, in das die meisten Leute gehen, gibt es den besten Trunk.

22

23 24 25

26

27 28

29

30

TRINKER(IN) s. TRINKEN TRINKGELAGE s. TRINKEN TRISTAN^ WO 18 TRITT s. TRETEN TROCKEN / sec / dry Hier auch AUSTROCKNEN, TROCKNEN

TROCKENHEIT,

TROCKNEN, VER-

1. Nach Trockenheit kommt Nässe (1—2). Vgl. unten 2. 2. Nach Trockenheit kommt Regen (3-8). Vgl. oben 1., DUNKEL 2., HEUTE 2.1.2.9., MORGEN (Subst.) 6A, NACHT 1.2., NEBEL 3., REGEN 2.L-2.2., TAG 7.1., UNWETTER 2.-3., WARM 5.3., WETTER 2., WOLKE 4. 3. 4. 5. 6. 7.

Wo es (immer) tropft, wird es nie trocken —* TROPFEN 3, 6 Wer stillsitzt, trocknet aus -» GEHEN 3.2. Wer sich nicht trocknet, netzt sich schlecht (9— 12) Trockener Dreck klebt schlecht (13-14) Ein trockener Bissen (Brot) mit Freude (im Frieden) ist besser als viel Fletsch und Leckerbissen im Unfrieden —· BISSEN 1-3, S, S, BROT 41

8. Mit trockenen Hosen fängt man keine Forellen —» FISCH 68, 70 9. Der Fisch kann nicht auf dem Trockenen leben — FISCH 36, 50, MÖNCH 2, 4, 11, 15 10. Auf dem Trockenen fischen — FISCHEN 6,8-9 11. Auf dem trockenen Land ertrinken (tauchen) (15—17) 12. Verschiedenes (l 8-20)

TROCKEN

454

1. Nach Trockenheit kommt Nässe 1 Span. A gran seca: gran mojada Auf grosse Trockenheit (folgt) grosse Nässe HALLER 286. 2 Engl. After dry comyth wete and after wete comyth dry. — Post vdum $udum post sudum sepe sie vdum Nach Trockenheit kommt Nässe und nach Nässe kommt Trockenheit. - Nach Nässe (kommt) Trockenheit, ebenso nach Trockenheit oft Nässe RAWL. ENGL. 62. Vgl. unten 2.

2. Nach Trockenheit kommt Regen 3 Mlat. Pos i magnum ardor em sequitur vehemens pluvia Nach grosser Trockenheit 4 folgt ein heftiger Regen PRO v. WR ATI s LAV. 468. Saepe post magnam siccitatem venit ingens pluvia Oft kommt nach grosser Trockenheit ein ungeheurer Regen3 BEBEL, PROV. GERM. 357. s Engl. After drogbt commyth rayne; After plesur commetbe payne; But yet it contynyth nyt so. for after rayne, Commyth drought agayne, And joye after payne and woo Nach Trockenheit kommt Regen, nach Freude kommt Leid. Aber es bleibt dann nicht so; denn nach dem Regen kommt wieder Trockenheit und nach Leid und Weh Freude WRIGHT, REL. ANT. 1,323 (1. H. 16. Jh.) {= FREUDE 89),2 6 Ni, Na groote druechte cotnt die groot reghen. — Inundans pluuia sequitur post tempora sicca Nach grosser Trockenheit kommt oft grosser Regen. - Nach trockenem Wetter folgt ein überschwemmender Regen PROV. COMM. 358. 7 Dt. Na drogheme weder kumpt dycke grot reghen Nach trockenem Wetter kommt 8 oft ein grosser Regen PROV. COMM. MND. 516. Na grote dröcheit kumt vake grot rggen. — Ingens sicca venit crebro post tempora nimbus Übers, wie 6. — Nach trockenem Wetter kommt oft ein gewaltiger Platzregen TÜNNICIUS 766. Vgl. oben 1., DUNKEL 2., HEUTE 2.1.2.9., MORGEN (Subst.) 6.4., NACHT 1.2., NEBEL 3., REGEN 2.1.-2.2., TAG 7.1., UNWETTER 2.-3., WARM 5,3., WETTER 2., WOLKE 4.

3.—4. s. Inhaltsübersicht 5. Wer sich nicht trocknet, netzt sich schlecht 9. 10 Fr. Mal se moille gut ne s'essue Schiecht netzt sich, wer sich nicht trocknet HELINANT u. 12 l, 12. LEROUX II, 343 (15. Jh.). Mal se moille qui ne s'essuie MORAW. 1181. Mal se moulle qui ne s'essuie ET. LEGRIS 411.

6. Trockener Dreck klebt schlecht 13.14 Span. Lodo seco, mal se pega Trockener Dreck klebt schlecht LOPEZ(?), REFRANES 380. NUNEZ II, 306. 7. —10. s. Inhaltsübersicht 11. Auf dem trockenen Land ertrinken (tauchen) 15 N o r d . Qui procul est cille fatue dimergitur ille. — Thet cer flath at drucknce paa tywrt landh Wer der Skylla fern ist, ertrinkt auf törichte Weise. — Es ist dumm, auf 16 dem trockenen Land zu ertrinken LÄLE 887. Se fatue mergit qui tempe per arida

455

TROLL

pergit. - Thet cer daarligt at drwckncz paa tiivrt landb Der ertränkt sich auf törichte Weise, welcher durch das trockene Gefilde zieht. — ... EBD. 965. 17 Dt. Duket nicht up drogen lande Taucht nicht auf trockenem Lande! ROSTOCKER LB. 4.

12, Verschiedenes 18 Engl. After drowyth comyth drye Nach Dürre kommt Trockenheit DOUCE (MS. 52} 145 (vgl. EIN 1.1.). 19 Dt. £5 schlegt mancher an der trückne auß, des er im regen vnd nasse nimmer mehr mag erlangen Es schlägt mancher im Trockenen aus, was er in Regen und Nässe nie 20 mehr erlangen kann FRANCK 1,152 v. Es schlegt mancher an der trückne auß, das er im regen oder nasse nimmermehr mag erlangen EGENOLFF 363 r.

V.M. Anmerkungen 1

2

Es folgt die Erklärung; dicitm in fortunam, quae saepe post frrosperitatem maxima incomtnoda affert Man sagt es in bezug auf das Schicksal, das oft nach einem Erfolg sehr grosse Unannehmlichkeiten bringt,

Vgl. WHITING D417. D426.

TROCKENHEIT s. TROCKEN TROCKNEN s. TROCKEN TROG s. BACKTROG TROJA — EIGENNUTZ 4, FLIEGE 12, HELENA l, LIEBE 768-771, WO 8, 75, 22. Vgl. WO 10 TROLL / lutin / troll Vgl. UNGEHEUER 1 N o r d . Ekki märt er verra en fro// Nicht vieles ist schlimmer als ein Troll MÄLSHÄT2 TAKVjEDi 15,6 (= JONSSON, ARKIV 414. JONSSON 168). NO« sibi monstrigena conformia mactat hyena. — Eeth troldh kyws eij annet Eine Hyäne tötet das Ungeheuer nicht, 3 das ihr gleicht. — Ein Troll erschreckt den ändern nicht LÄLE 667. Ni labat ignarus fit monstriparus sibi nullus. — Inghen g0r segh tijl troldh vdhen han cer een daare Niemand wird von sich aus zum Ungeheuer, ausser wenn er als Narr fällt. — Niemand 4 macht sich zum Troll, ausser er ist ein Tor EBD. 699. Enn mun trgll ueröa jafnslcegt flagdi Ein Troll kann gleich listig werden wie ein anderes Trollweib GRIPLUR 5,40 5 (*JONSSON, ARKIV 414 [~ JONSSON 168]). Troll visa hrossum at haga Die Trolle weisen den Pferden den Weg zum Weideplatz KÄLUND 183 (= JONSSON, ARKIV 414. 6 JONSSON 169). Hvert trollit tryller annad Jeder Troll schilt den ändern Troll 1 KÄLUND 184 (= JONSSON, ARKIV 414} (vgl, BLIND 94, BOCK 1., ESEL 13., FAUL [träge] 4.1.11., GEFÄSS 16.1., HINKEN 7., KREBS 1., KRÜPPEL 2., LEID 113, OFEN 6., 7 SCHÜRHAKEN l, TAUB 45). Hit er pat at troll skuli manna mota Es ist schlimm, dass der Troll Nutzen von den Menschen haben soll KÄLUND 185 (= JONSSON, ARKIV 414. JONSSON 168). -» SPIEL 176

v: M.

TROMMEL

456

Anmerkung 1 Man könnte auch übersetzen: Jeder Troll macht den ändern zum Troll.

TROMMEL / tambour / drum Hier auch TAMBURIN 1. Der hat das Tamburin, der es zu schlagen versteht (l -2} 2. Wir werden nichts tun ohne ein Tamburin {3-4} 3. Es ist (nicht) alles wahr, was das Tamburin sagt —* WORT 6.5. 4. Zu den Pfeifen gehören Trommeln — PFEIFE 7. 5. Nach den Trommeln soll man pfeifen —* PFEIFE 8. 6. Den Hasen (Die Elster) mit der Trommel fangen — HASE 3.6.3., PFERD 55, VOGEL 157 7. Verschiedenes (S—6)

1. Der hat das Tamburin, der es zu schlagen versteht 1.2 Span. En manos esta el pandero de quien h sabra taner Das Tamburin ist in den Händen desjenigen, der es zu schlagen versteht LOPEZ{?), REFRANES 302. NUNEZ II, 93. 2. Wir werden nichts tun ohne ein Tamburin 3.4 S p a n . Ayna faremos nada sin vn pandero Wir werden nichts rasch tun ohne ein Tamburin 1 LOPEZ(?), REFRANES 102. NUNEZ 1,35. 3. —6. s. Inhaltsübersicht 7, Verschiedenes s Span. Muchos panderos vendemos, que non suenan las sonajas Wir verkaufen viele Tamburine, bei denen die Schellen nicht tonen ARCIPRESTE 705. 6 Dt. Ein büdel kan zesamen locken Mere toren und toerm denne vier glocken, Die man ze gotes dienste klenget Eine Trommel kann mehr Toren und Törinnen zusammenrufen als vier Glocken, die man zum Gottesdienst erklingen lässt HUGO v. TRIMBERG 6567.

E. D, Anmerkung 1

Dazu SBAHBI 1,81: Los nectos porfian: basta cumplir su voluntad Die Narren bitten unaufhörlich, bis man ihren Wunsch erfüllt.

TROMPETE / trompette / trumpet Hier auch TROMPETER , Die Angst des Kriegers vor dem Trompetenstoss (l —4} 2. Zu Rettich (Zwiebeln) braucht es keine(n) Trompete(r) — RETTICH 6, ZWIEBEL 13 3. Vereinzelt (S)

457

TROPFEN

1. Die Angst des Kriegers vor dem Trompetenstoss 1 La t. Cur ante tubam tremor occupat artus? Warum befällt ein Zittern die Glieder 2 vor dem Trompetenstoss? VERG., AEN, 11,424. Tecum prius ergo voluta Haec animo ante tubas: galeatum sero duelli Paenitet Überlege dir das also im Geist, bevor die Trompeten erschallen! Zu spät bereut den Kampf, wer den Helm aufhat luv., SAT. 1,168 (vgl. REUE 2.7.). 3 M l a t. Penitet ante tubas galeatum sero duelli Gerade bevor die Trompeten erschallen, bereut der, welcher den Helm aufhat, den Kampf zu spät EGBERT., FEC. RAT. 1,308 (vgl. REUE 2.7.), 4 Span. AI taner de las trompetas es ei cagar Beim Ertönen der Trompeten kommt der Schiss NUNEZ 1,70.

2. s. Inhaltsübersicht 3. Vereinzelt 5 Ml a t. Noli tuba canere, siquidem fecisse Putas, unde gloriam speras meruisse Blase nicht die Trompete, wenn du glaubst, etwas getan zu haben, das dich zur Hoffnung auf Ruhm berechtigt! LUDULPHUS 215. £. D.

TROMPETER s. TROMPETE TRÖPFELN s. TROPFEN

TROPFEN / goutte, (de)goutter / drop, to drip Hier auch REGENTROPFEN, TRIEFEN, TRÖPFELN 1. Wo es lange (immerzu) tröpfelt, wird es nie trocken (l —6) 2. Wenn es den einen tröpfelt, regnet es den ändern —· REGEN 9.2. 3. Ein tropfendes Dach ist schlimm und treibt den Mann aus dem Haus —* FRAU 1077—1078, 1081, 10«-1085, 1087-1090, 1/03, 1 62, 1292-1294, 1301, KIND 68-69 4. Steter Tropfen höhlt den Stein -» STEIN l6-18, 20, 26-31, 36, 38, 40-44, 47, 49-50, 52-54,61-67, 70, 72-84 5. Die Regentropfen (Meerestropfen} zählen (7). — SAND 29-30, 60, 66, Vgl. SAND 1., STERN 6. 6. Von einem fetten Braten fallen Fetttropfen herab — BRATEN (Subst.) 3. 7. Von einem mageren Braten fallen keine Fetttropfen herab —* BRATEN (Subst.) 4.

1. Wo es lange (immerzu) tröpfelt, wird es nie trocken 1.2 3 4 5 6

Dt. So lang es tropffet, verseibets nit Solange es tropft, versiegt es nicht FRANCK 1,63 v. EGENOLFF 311 v. Wo es ymmerzu tröpflet, da ivürts nymmer trucken Wo es stets tröpfelt, da wird es nie trocken FRANCK I, 87 v. Wo es täglich tropffet, da verseibei es nit Wo es täglich tropft, da versiegt es nicht EBD. 11,45 v. Wo es taglich tropffet da verseihets nit EGENOLFF 4 9 v. Wo es jmmerzü tröpflet, da wirts nimmer trucken Übers, wie 3 EBD. 329 r.

TROSSBUBE

458

2,—4, s, Inhaltsübersicht 5, Die Regentropfen (Meerestropfen) zählen 7 Fr. QHI veut mesurer Les goutes de mer, Molt est plain de rage, Ce dist Salemons „Wer die Meerestropfen messen will, ist voll Verrücktheit", das sagt Salomon MARC. ET SAL. (+MEON 1,434,129). -» SAND 29-30, 60, 66. Vgl. SAND 1., STERN 6.

6. —7. s. Inhaltsübersicht

V.M. TROSSBUBE s. DIENEN TROST / consolation Hier auch TRÖSTEN, TRÖSTER Vgl, HOFFEN 1. Trost macht froh (hilft in der Not) (l -5). Variiert (6} 2. Guter Trost ist besser als schlechte Hilfe (7-8) 3. Man sollte sich selbst trösten können (W-1 S). Vgl. LEBEN 320 4. Leidensgenossen trösten im Unglück (16-25). — GESELLE 101-102, 109, 113. Vgl. ALLEIN 1.2.2., ARM (Adj.) 4,1., FREUND 4.2.2.1., 4.3.1., GEMEINSAM 3.1., GESELLE 6.4,2.2., GLÜCK 15.4., KREUZ 6., LEICHT 2.1., LEID 4.5., NACHBAR 3.7.7., SCHLECHT 1.8. 5. Für den Gesunden ist es leicht, dem Kranken Trost zu spenden (26), —» GESUND 116-117. Vgl. GESUND 3.3. 6. Dem Tröster tut der Kopf nicht weh (27—32) 7. Verschiedenes (33-38)

1 2 3 4 5 6

1. Trost macht froh (hilft in der Not) Dt. Klage von tröste swindet Klage schwindet mit Trost HEINR. v. D. TÜRLIN 7309. Guot tröst was ie zer noete guot Guter Trost war immer in der Not gut WIRNT v. GRAFENBERG 2775. Denn man spricht mit Recht, ein Jeder freut sich des, woran er sich Trostes versieht Denn man sagt mit Recht: „Jeder freut sich über das, von dem er Trost erwartet" ELISAB. v. NASSAU, LOH ER 6. Noch (Nach) gutem tröste kommet alle zelikeyt (Seligkeit) PROV, FRID. 163. Eyn gud trost erfrewet das hercze Ein guter Trost erfreut das Herz EBD, 369, Variiert: N o r d . Httgga skalpanns härm hefr beoit Man soll den trösten, der Kummer erfahren hat MÄLSHÄTTAKWEBI 28,7.

2. Guter Trost ist besser als schlechte Hilfe 7.8 Mlat. Mobile solamen preceliit triste iuvamen Edler Trost übertrifft unfreundliche 9 Hiife PROV. WRATISLAV. 36t. WERNER 2 n 81. Plus valet auxilio solamen nobile pravo Edler Trost ist mehr wert als schiechte Hilfe WERNER 2 p 69.

459

TROST

3. Man sollte sich selbst trösten können 10.11 Dt. Du mäht dich selbe troesten Du kannst dich selbst trösten ORTNIT 223,4. Du 12 solt (sollst) dich selbe troesten EBD. 535,1. ßi den Hüten nieman hat Ze froiden hovelichern trost denn ich: So mich sende not bestät, So schine ich geil und troeste selben mich Vor den Leuten hat niemand grossere Hoffnung auf Freude als ich. Wenn mich Sehnsuchtsschmerz überwältigt, so scheine ich fröhlich und tröste mich selbst WALTHER 13 v. D. VOGELWEIDE 116,33. Wer mac getroesten den man Der sich niht selbe troesten kan? Wer kann den Menschen trösten, der sich nicht selbst trösten kann? RÜD. v. EMS, 14 ALEX. 4937. Dat erste is, dar de trost dar is, schal syk eyn wys, man suluen trösten vnde vordrysten Das erste ist: Wo Trost teuer ist, da soll sich ein weiser Mann selbst 15 trösten und Mut fassen REINKE Vos Gl. 1,20 S. 72. Dat erste is, dat nemant schal t/allen in twyfelen mod, deme bange is, men syck suluen trösten vnde grypen eynen honen mod Das erste ist, dass niemand, dem bange ist, in einen zweifelnden Sinn verfallen soll, sondern er soll sich selber trösten und kühnen Mut fassen EBD. Gl. 3,2, l S. 158. Vgl. LEBEN 320

4. Leidensgenossen trösten im Unglück 16 La t. Maximum ergo solatium est cogitare id sibi accidisse, quod ante se passt sunt omnes omnesque passuri Daher ist es der grösste Trost zu überlegen, dass einem das zugestossen ist, was vor einem alle (ändern) erlitten haben und was alle erleiden werden 17 SEN., CONSOL. AD POLYB. 1,4. Malivoli solatii genus est turba miserorum Eine Menge von Unglücklichen ist eine Art böswilligen Trostes SEN., CONSOL. AD MARCIAM 12,5. 18 Ml at. Quisque miser casu alterius solatia sumat jeder Unglückliche soll aus dem Fall 19 des ändern Trost schöpfen PS. CATO, MONÖST. 68. Aliorum enim exempla dolorem relevant, alienis malis facilius consolatur homo Denn die Beispiele der ändern erleichtern das Leid; durch fremde Übel wird der Mensch leichter getröstet ISIDOR., SYNON. 20 1,24 (833 B) (= LEICHT 2). Dolentem non potest consolari, qui non concordat condolendo dolentt Den Leidenden kann nicht trösten, wer nicht mit dem Leidenden durch 21 Mitleiden übereinstimmt OTLOH., PROV. 308 A. Si contristeris, si rerum damna sequeris, Hi te solentur, qui peius habere videntur Wenn du betrübt bist, wenn du dem Verlust von Sachen nachgehst, dann mögen die dich trösten, die ein schlimmeres Los zu haben scheinen WERNER 2 s 75. 22 Fr. Kar li exanple des atres t'alegent la dolor; li hom est confortez plus ligierement par astrenges mas Denn die Beispiele der ändern erleichtern dir den Schmerz; der Mensch wird leichter getröstet durch fremde Übel ISIDOR. LOTHR. 9,16 S. 283 {= LEICHT 3}. 23 E n g l . It is a con fort, as men seint To him the which is wo besein To sen an other in his peine, So that thei bofhe mat compleigne Es ist ein Trost, wie man sagt, für den, der vom Unglück heimgesucht ist, einen anderen in seinem Schmerz zu sehen, so dass sie beide klagen können GOWER, CONF. AM. 2,261. 24 Dt. It is den unseligen ein trostf dat de ander mede lit. — Solamen misero, poena dum suscipit alter Es ist dem Unglücklichen ein Trost, dass der andere mitleidet. — Es ist ein Trost für den Unglücklichen, wenn ein anderer Mühen erduldet TUNNICIUS 741. 25 Wie man spricht, , Gaudium est miseris socios habere penarum', Es tröstet die elenden, wenn sie nicht allein leiden Wie man sagt: „Es ist für die Elenden eine Freude, Leidensgefährten zu haben" ... LUTHER, WA XXXI.l, 138,25 (1530). — GESELLE 101-102, 109, 113. Vgl. ALLEIN 1.2.2., ARM (Adj.) 4.I., FREUND 4.2.2.1., 4.3.1., GEMEINSAM 3.1., GESELLE 6.4.2.2., GLÜCK 15.4., KREUZ 6-, LEICHT 2.1., LEID 4.5., NACHBAR 3.7.7., SCHLECHT 1.8,

TRÖSTER

460

5. Für den Gesunden ist es leicht, dem Kranken Trost zu spenden 26 Fr. Soef conforte qui n'a mal Leicht tröstet, wem nichts weh tut PARTONOPEU 4962. — GESUND 6- 7. Vgj. GESUND 3.3.

6. Dem Tröster tut der Kopf nicht weh 27 Prov. leu ai auzit, q'a bös conortadors Non dol h caps Ich habe sagen hören, den guten Tröstern tue der Kopf nicht weh SIMON DORIA (->TROV, DI GENOVA 3,35). 28 It. // nostro cittadinesco proverbio: AI confortatore non duole il capo Unser einheirni29 sches Sprichwort: „Dem Tröster tut der Kopf nicht weh" Bocc., LETTERE 181. Come ahn ben conforta a chi non dole Wie derjenige die anderen leicht tröstet, dem nichts 30 weh tut BOIARDO, POESIE 93. A gnun confortator ' capo duole Keinem Tröster 31 tut der Kopf je weh SAN GIOVANNI GUALBERTO (*RAPPR. III, 154). AI bon confortator el capo ne ge duol Dem guten Tröster tut der Kopf nicht weh NUNEZ 1,55 (el Italiano). 32 S p a n . AI buen consolador: no le duele la cabeca Dem guten Tröster tut der Kopf nicht weh HALLER 534.

7. Verschiedenes 33 Fr. Quel con fort Puet on doner a home mort? Welchen Trost kann man einem Toten spenden? BEROUL 1387. 34 Span. Hombre apasionado, no quiere ser consolado Ein von Leidenschaft gepackter Mann will nicht getröstet sein NUNEZ II, 188, 35 Dt. Von vestem muote wehset tröst Aus standhaftem Sinn erwächst Trost HEINR, v. 36 D. TÜRLIN 7310. Swä man kumbers ende weiz, Daz troestet den man vaste Wenn man des Kummers Ende kennt, (dann) tröstet das den Menschen schnell EBD. 9695. 37 All meyn trost ley t an dir, Lest du mich, zo bin ich gelossen All mein Trost iiegf bei 38 dir. Verlässt du mich, so bin ich verlassen PROV. FRID, 164. Kein ding so groß beschwerung hat, Das nicht macht leichter trost und rat Nichts hat so grosse Beschwer, dass es nicht Trost und Rat leichter machen SACHS 11,36,12 (1545) (vgl, ALL 1.1.10-, ARZNEI 2.3., RAT 7.1.). E. D.

TRÖSTEN s. TROST TRÖSTER s. TROST