Terenz, Komödien Bd. 1. (Andria, Hecyra, Heauton Timorumenos)
 353418484X, 9783534184842, 9783534181315, 9783534716593

Table of contents :
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Titel
Impressum
Inhalt
Einleitung: Terenz – „ein halber Menander“
Neue Komödie und Palliata
Theater- und Bühnenwesen in Rom
Leben des Terenz
Sprache des Terenz
Metrik des Terenz
Übersicht über die von Terenz verwendeten Metren
Poetisches Programm
Textüberlieferung
Rezeption des Terenz
Zur Textgestaltung und Übersetzung
Abkürzungen und Zeichen zur Textgestaltung
Ausgewählte Bibliographie
Einführungen zu den Komödien dieses Bandes
Andria / Die Andrierin
Hecyra / Die Schwiegermutter
Heauton Timorumenos / Der Büßende
Kommentar
Zur Textgestaltung
Zum Versbestand
Über die Reihe
Über den Inhalt
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EDITION ANTIKE Herausgegeben von Thomas Baier, Kai Brodersen und Martin Hose

TERENZ

KOMÖDIEN BAND I Lateinisch und deutsch

Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau

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Inhalt Einleitung: Terenz – „ein halber Menander“

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII

Neue Komödie und Palliata Theater- und Bühnenwesen in Rom Leben des Terenz Sprache des Terenz Metrik des Terenz Übersicht über die von Terenz verwendeten Metren Poetisches Programm Textüberlieferung Rezeption des Terenz Zur Textgestaltung und Übersetzung Abkürzungen und Zeichen zur Textgestaltung Ausgewählte Bibliographie

Einführungen zu den Komödien dieses Bandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

Andria / Die Andrierin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9

Hecyra / Die Schwiegermutter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 Heauton Timorumenos / Der Büßende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187

Kommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 Zur Textgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 Zum Versbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303

Einleitung Terenz – „ein halber Menander“ Rom hatte bis zur Mitte des 3. Jahrh. v. Chr. noch keine höhere Literatur besessen, als es, nach dem Zweiten Punischen Kriege zur Vormacht Italiens geworden, im Jahre 240 v. Chr. per Beschluss des Magistrats mit einer Tragödie und einer Komödie an den ludi Romani, Juppiters größtem Fest, Theateraufführungen als festen Bestandteil religiöser Feste und anderer Feierlichkeiten einführte. Zur Aufführung kamen Stücke, die der ehemals kriegsgefangene Grieche Livius Andronicus aus dem Griechischen ins Lateinische übertragen hatte. Livius Andronicus übertrug auch Homers Odyssee ins Lateinische. Ihm folgten mit epischer Dichtung, Tragödien und Komödien die Dichter Gnaeus Naevius und Quintus Ennius und mit Komödien Caecilius Statius und vor allem Plautus und Terenz. Diese literarischen Aktivitäten folgten einem bewussten kulturpolitischen Plan: Rom begann, die als überlegen empfundene, in der Mittelmeerwelt beherrschende griechische Bildung, Kunst und Wissenschaft und damit nach und nach hellenistische Zivilisation und Lebensform sich anzueignen. Waren junge Römer der Oberschicht bis dahin in griechischer Sprache unterrichtet worden, so entstanden mit den Übertragungen nunmehr auch Literaturwerke für einen lateinischen Schulunterricht und lateinische Dramen auch für öffentliche Theaterdarbietungen. Wohl waren auch altlateinisches Epos und Tragödie erfolgreicher und anerkannter Schulstoff und Bildungsgut noch bis in die klassische Zeit, aber es war doch die Komödie, die bereits ihre Hochblüte erreichte und größte Wirkung bis in breite Schichten des Volkes entfaltete. Natürlich kam ihr die Popularität gerade des komischen Spiels zugute, das auch dem Volk, das keine höhere Bildung besaß, zugänglich war. Es hatte aber auch in dem ungewöhnlichen Rang des Plautus und des Terenz seinen Grund, die mehr als andere das Latein am Griechischen entwickelten, beweglich, phantasievoll, wortschöpferisch, unbekümmert und kraftvoll jener, beherrscht, geregelt, urban, rein und auf dem Weg zu klassischem Maß dieser. Kaum drei Generationen lagen zwischen dem noch unliterarischen Latein, das Livius Andronicus 240 v. Chr. vorfand, und dem schlanken, gewandten, die Klassi-

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Einleitung

zität einleitenden Latein des Terenz, das nachmals der Schule zum Muster des gesprochenen Lateins wurde.

Neue Komödie und Palliata Vorbild der römischen Komödiendichter waren griechische Komödien, vor allem der sog. Neuen Komödie frühhellenistischer Zeit, der Zeit Alexanders des Großen und der Diadochen etwa 320 bis 260 v. Chr., in einigen Fällen auch Stücke der Mittleren Komödie der Jahrzehnte davor. Die Neue Komödie stand am Ende einer langen Komödientradition, die mit der Alten Attischen Komödie, seit 486 v. Chr. als fester Bestandteil der offiziellen religiösen Feste zu Ehren des Gottes Dionysos im Wettbewerb aufgeführt, begann. Während das phantasiereiche, spottlustige, sprachlich und musikalisch kunstreich geformte komische Spiel der Alten Komödie um Verhältnisse und Geschehnisse des politischen und öffentlichen Lebens in Athen uns aus elf erhaltenen Komödien des Aristophanes (um 445–386 v. Chr.) gut bekannt ist, ging das reiche Schaffen der Mittleren Komödie (4. Jahrh. v. Chr.), in der sich ein Wandel zum bürgerlichen Lustspiel vollzog, und der Neuen Komödie weitgehend verloren. Deren bedeutendste Dichter waren Diphilos (350–265), Philemon (360–264/263) und Menander (342–291/290), von denen im Wortlaut lange Zeit nur eine Fülle von Fragmenten bekannt war, bis Papyrusfunde seit 1890 wenigstens von Menander größere Teile von sechs Stücken und 1959 auch ein vollständiges Stück, Dyskolos („Der Schwierige“), zutage förderten. Die Stücke der Neuen Komödie waren Lustspiele vornehmlich um Familienverhältnisse, Liebschaften, Zufälle, Intrigen, Verwechslungen, Verlust und Wiederfinden von Kindern, um Typen des urbanen, bürgerlichen Privatlebens, junge Liebende, Väter, Mütter, Sklaven, Mägde, Nachbarn, Hetären, Kuppler, Schmeichler, Offiziere. Diese Komödie war eine reife Kunstform, lebensnah und lebensklug, ein „Spiegel des Lebens“, wie man sie gern nannte (omnem vitae imaginem Quintilian, Inst. or. 10,1,69). Das griechische Milieu behielten die römischen Dichter bei, auch die typisch griechische Kleidung, den Überwurf, pallium, wonach diese Komödie als fabula palliata bezeichnet wurde, im Gegensatz zu der fabula togata, der Komödie im römischen Gewand, die weniger erfolgreich war. Plautus nahm sich Stücke verschiedener Dichter zum Vorbild, ohne spezielle Vorlieben, wie es scheint. Anders Terenz: er wählte mit Bedacht Menander, dem vier seiner sechs Komödien folgen, nämlich Andria, Heauton Timorumenos, Eunuchus und Adelphoe, und die beiden anderen, Hecyra und Phormio, dem Apollodorus von Karystos, einem Nachahmer des

Theater- und Bühnenwesen in Rom

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Menander. Die ausgewählten Stücke zeichnen sich durch besondere Charakterbilder, durch eine feine, lächelnd ironische Sicht menschlicher Begrenztheit und Schwäche und durch humanen Geist aus. Dieser Geist hat Terenz zur Nachbildung angezogen. Und auch in dramaturgischer Hinsicht folgte er seinem Vorbild ambitionierter, als dies der im Bau seiner Stücke sorglosere Plautus tat.

Theater- und Bühnenwesen in Rom Ähnlich wie in Athen wurden auch in Rom dramatische Aufführungen zu großen religiösen Festen als Dichterwettbewerbe veranstaltet. Das waren zur Zeit des Terenz die ludi Romani und die ludi plebei, beide zu Ehren der kapitolinischen Gottheiten Juppiter, Juno und Minerva, die ludi Apollinares für Apoll und die ludi Megalenses zu Ehren der Fruchtbarkeitsgöttin Magna Mater. Außerdem konnten Komödien zu außerordentlichen privaten Anlässen gespielt werden, so zu militärischen Siegen ludi triumphales, zu Begräbnissen ludi funebres. Die offiziellen Spiele veranstaltete der Magistrat, und zwar die curulischen Ädilen, die privaten der jeweilige Auftraggeber selbst. Es gab noch keine festen Theaterbauten; vielmehr wurden stets provisorisch Holzbühnen und -tribünen aufgeschlagen. Das erste Theater aus Stein ließ erst im Jahre 55 v. Chr. Pompeius erbauen. Programm, Intendanz und Einstudierung oblagen einem Impresario, der eine Schauspielertruppe, meist Sklaven und Freigelassene, unterhielt. Er stellte auch die Theaterstücke, die er vom Dichter zu Eigentum und damit zu künftig beliebiger Verwendung erwarb. Erfolgreiche Dichter konnten gut an dem Verkauf ihrer Stücke verdienen, wie z. B. Terenz mit seinem Eunuchus. Impresario des Terenz war Ambivius Turpio. Er ist deshalb ein bemerkenswerter Mann, weil er, nach eigenen oder Terenz’ Worten im Prolog II der Hecyra, an der Entfaltung junger Dichter Anteil nahm und sie, wie im Falle des Caecilius und des Terenz, trotz gelegentlicher Misserfolge unbeirrt förderte. Masken wie bei den Griechen trugen die Schauspieler noch nicht, sondern erst in späterer Zeit, wie Handschriftenillustrationen zu entnehmen ist, die einen Schrank mit Masken der im Stück auftretenden Personen zeigen. Frauenrollen wurden von Männern gespielt. Vier bis fünf Schauspieler reichten aus; ein Schauspieler konnte mehrere Rollen spielen, soweit sie nicht gleichzeitig zu agieren hatten. Daneben gab es bei Bedarf stumme Personen. Ein Flötenspieler begleitete gesungene und Rezitativpartien. Die Musik lieferte ein Komponist, der in den Aufführungsnotizen, den Didaskalien, eigens genannt wird. Die Stücke wurden fortlaufend gespielt, Szenen-

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Einleitung

wechsel ergab sich durch Auftritt und Abgang von Personen; die uns geläufige Akteinteilung nahmen erst die Humanisten vor. Für das szenische Geschehen hatten sich Theaterkonventionen herausgebildet. Die Szene stellt regelmäßig eine Straße in Athen, selten einen anderen Schauplatz vor mit zwei oder drei Häusern. Der linke Szenenausgang führt zum Hafen oder aufs Land, der rechte zum Markt. Gewöhnlich spielt die Handlung sich an einem Tag ab, nur ausnahmsweise mit einer unterbrechenden Nacht. Die Personen treten auf, wenn sie benötigt werden, zwar meist nach Woher und Wohin, sonst aber nicht realistisch motiviert. Oft wird die auftretende Person durch Selbstgespräch einer anderen Person auf der Bühne „herbeizitiert“, oder das Knarren der Tür kündigt den Auftritt an, oder die Person wird vom Markt oder Hafen her sichtbar. Ihre Gedanken äußern die Personen redend im Selbstgespräch, wobei sie auch belauscht werden können, oder während eines Dialogs a parte. Hinterszenisches Geschehen, im Haus, vom Hafen, vom Markt oder von einer Reise, wird typischer Weise durch Erzählung, einen sog. Botenbericht, eingebracht.

Leben des Terenz Nur ein schmales Oeuvre war Terenz in seinem kurzen Leben zu schaffen vergönnt. Er starb im Jahre 159 v. Chr. im 35. (nach weniger wahrscheinlicher Variante im 25.) Jahr, ist demnach wohl 195/194 v. Chr. geboren – noch zu Lebzeiten des alten Plautus, der etwa 250 bis 180 v. Chr. lebte. Wir haben Nachrichten von seinem Leben durch den Grammatiker Aelius Donatus (4. Jahrh. n. Chr.), dessen Kommentar zu Terenz’ Komödien eine Vita vorangestellt ist, die auf auf ein sehr zuverlässiges biographisches Sammelwerk zurückgeht, De viris illustribus des Sueton (etwa 75–150 n. Chr.), des Sekretärs Kaiser Hadrians. Terenz war aus Carthago gebürtig und kam als Sklave noch im Knabenalter nach Rom, in den Dienst des Senators Terentius Lucanus; daher sein Familienname. Wegen seiner Geistesgaben und seines gefälligen Äußeren – er sei mittelgroß, zierlichen Wuchses und von brauner Hautfarbe gewesen – wurde er von seinem Herrn bald freigelassen und höherem Stande gemäß erzogen. Er pflegte freundschaftlichen Umgang mit jungen Aristokraten in dem philhellenischen Kreis des jüngeren Scipio und des C. Laelius Sapiens. In den Jahren 166 bis 160 v. Chr. schrieb Terenz sechs Komödien. Im Jahre 160 unternahm er eine Studienreise nach Griechenland, von der er nicht wiederkehrte; er sei durch Schiffbruch umgekommen, heißt es. Er soll ein Gartengrundstück besessen haben,

Sprache des Terenz

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verheiratet gewesen sein und eine Tochter gehabt haben, die später adlig verheiratet worden sei.

Sprache des Terenz Ganz anders als der sprachlich genialische, wortfreudige, in allen Stilebenen variierende Plautus pflegt Terenz eine ebenmäßige, elegante, urbane Umgangssprache nach gehobenem Geschmack. Sein Ideal ist der reine, gepflegte Sprachgebrauch, purus sermo mit Caesars, lectus sermo mit Ciceros Worten. Holt Plautus gern weitschweifig aus, so strebt Terenz nach knapper Prägnanz des Ausdrucks. Verbale Komik wird nur dezent eingesetzt, gern als Ironie oder verständnisvoller Spott. Das bei Plautus beliebte Schimpfen und Fluchen, alles Vulgäre und Übertriebene meidet er; er belässt es bei geläufigen Formeln wie ecastor, (ede)pol, hercle, perii. Alle Personen sprechen in gleicher Diktion. In affektbetonten Szenen kann es stilistische Hebungen geben, sonst ist der Ton homogen. Der Sprachstand der Flexion, des Wortgebrauchs und der Syntax ist noch vorklassisches Altlatein, er kommt jedoch dem klassischen bereits viel näher und ist moderner als derjenige des Plautus. Einige Beispiele für Altlateinisches: – Schwanken zwischen 4. und 2. Deklination, z. B. cornum statt cornu, Gen. domi statt domus; – noch häufige Anbindung der deiktischen Partikel -ce an Pronomina, z. B. illic, istic, eccum, hasce, istac; – in der 4. Konjugation kann das Imperfekt auf -ibam statt -iebam lauten, z. B. aibat, scibam, ebenso das Futur auf -bo, z. B. scibo statt sciam; – das Genus verbi kann schwanken, z. B. comperiar statt comperiam neben comperibam, intransitives lavet statt lavetur, licitumst neben licet; – alte Formen, z. B. face für fac, deludier statt deludi, alter Aorist faxim, ipsus für ipse, potesse für posse (einmal, bei Plautus öfter), siem für sim, solae Dativ für soli, supposivit für supposuit, necessus est neben necesse est; – die Consecutio temporum ist noch nicht fest geregelt; – Infinitiv und AcI können für einen finalen Ausdruck stehen, z. B. nach imperare und optare; – in indirekten Fragesätzen kann das Verbum im Indikativ stehen; – ebenso haben temporale und kausale quom- (cum) Sätze den Indikativ. Auffällige umgangssprachliche Elemente bei Terenz sind: Abbruch eines angefangenen Satzes zur Andeutung einer Drohung oder unangenehmen

XII

Einleitung

Folge (Aposiopese); bevorzugt Parataxe statt logischer Unterordnung (letztere ist mehr der Schriftsprache und förmlichen Rede gemäß); gelegentlich Anakoluth oder syntaktische Vermischung; die häufige Interjektion hem, die eigentlich ein Räuspern nachahmt, aber abgeschliffen in recht unterschiedlicher Situation gebraucht wird, erstaunt, stutzend, überlegend, verlegen, überrascht: „hm, äh, ah, ach, ei, nanu, aha, ha“; in der lebhaften Erzählung nicht selten Wechsel vom Perfekt zum Präsens; Wechsel des Subjekts im Verbum, nur dem Kontext zu entnehmen; drängende Frage statt Imperativ, z. B. quin taces? und dictura es? Durcheinanderreden, etwa beim Reden a parte oder bei Einwürfen, erstreckt sich manchmal über mehrere Verse, ist aber schnell gesprochen leichter aufzufassen als beim Lesen, z. B. Andr. 338–344, Heaut. 342–347.

Metrik des Terenz Wie in der griechischen Metrik bilden auch in der lateinischen Längen und Kürzen der Silben, Quantitäten, das Versmaß. Die Handhabung ist bei Plautus und Terenz jedoch variabler als bei den Griechen und auch in der klassischen römischen Dichtung. An den meisten Stellen können sowohl Längen als auch Kürzen stehen, Längen gekürzt und Längen oder Kürzen durch Doppelkürzen vertreten werden. Fester Versfuß am Versende und bei iambischen Langversen in der Mitte (4. Fuß), echte Längen, Zäsuren und Dihäresen (Pausen durch Wortende an bevorzugten Stellen), geben dem Versmaß Takt und bestimmen es; ebenso, nicht unwichtig, ein recht weitgehender Zusammenfall des Silbenmaßes mit dem natürlichen Wortakzent. Vokalischer Wortauslaut oder als vokalisch empfundene Endung auf -um werden vor vokalischem Wortanfang gewöhnlich zu einer Silbe verschlungen; unverschlungenes Zusammenstoßen, Hiat genannt, meidet Terenz. Im Sprechvers versteht es Terenz, in hohem Maße natürlichen Redefluss zu erreichen. Verstärkt wird dies noch durch häufiges Enjambement, durch Versgrenzen verwischendes elidiertes Einsilbenwort am Versende und durch Meiden der Dihärese in Langversen. Nicht von ungefähr lasen Spätantike und Mittelalter Terenz noch als Prosa und unterschieden 16. und 17. Jahrhundert nur iambisches und trochäisches Metrum. Erst R. Bentley lehrte in einer Beilage seiner Terenzausgabe von 1726 das metrische System der lateinischen Dramatiker recht verstehen. Die Neue Komödie der Griechen hatte die alte Rolle von Chor und Musik aufgegeben und war weitgehend zum Sprechdrama geworden; ledig-

Übersicht über die von Terenz verwendeten Metren

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lich kurze Intermezzi ohne Text, notiert mit „Chor“, gab es noch. Plautus belebte das musikalische Element auf sehr eigene Weise neu, indem er in reichem Maße, etwa zu zwei Dritteln, den Schauspielern von der Flöte begleitete gesungene oder rezitierte Partien gab und somit seiner Komödie eine Art singspielhaften Charakter verlieh. Caecilius folgte ihm darin. Nicht aber Terenz: Terenz reduzierte das musikalische Element wieder, nur etwa zur Hälfte noch haben seine Stücke von der Flöte begleitete Partien, und lyrische Singpartien finden sich nur in zwei Stücken. Partien im üblichen Redeversmaß, dem iambischen Senar, hießen bei den Alten Diverbium („Dialog“) = DV, Partien aller anderen Versmaße – das sind Langverse, iambische und trochäische Septenare und Oktonare, sowie bei Plautus zahlreich, bei Terenz selten lyrische Versmaße – hießen Cantica („Singpartien“), die von der Flöte begleitet wurden. Die Cantica können Partien in stichischen („gleichförmig gereihten“) Langversen sein, = C: diese wurden von der Flöte begleitet, aber gesprochen und haben, besonders der viel eingesetzte trochäische Septenar, weitgehend die Funktion von Sprechversen. Wir behandeln sie heute daher auch praktischer Weise wie Sprechverse. Mutatis modis cantica dagegen („Partien in wechselnden Weisen“) = MMC, sei es in wechselnden Langversen – so ganz überwiegend bei Terenz – oder auch in lyrischen Versmaßen – so reichlich bei Plautus, wenig bei Terenz –, wurden zu begleitender Flöte von einem Cantor gesungen, währenddessen der Schauspieler nur gestisch agierte. Diese Partien drücken stets seelische Bewegung aus. Die Abgrenzung dieser Cantica ist bei Terenz oftmals nicht eindeutig, weil er auch Sequenzen stichischen Charakters einschiebt oder Übergänge zwischen Canticum und Sprechvers verschränkt. In der Übersetzung und in der metrischen Analyse sind daher diese Partien vorsichtig als Partien „wechselnder Versmaße“ notiert. Wechsel des Metrums, nicht selten auch innerhalb einer Szene, setzt Terenz bedacht und kunstvoll zur Strukturierung seiner Stücke ein, indem er damit neue Handlungs- oder Stimmungsmomente markiert. Metrik und Musik sind, weniger bunt zwar als bei Plautus, dennoch wichtiges Kunstelement auch bei Terenz.

Übersicht über die von Terenz verwendeten Metren Als Lesehilfe werden hier die Grundformen der Terenzischen Metren notiert und die häufigsten Verseinschnitte, d. h. aus Gründen des Taktes regelmäßig erstrebte Wortenden im Vers. Es bedeuten: < Länge, + Kürze, x anceps (Länge oder Kürze), ^ fehlendes metrisches Element am Vers-

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Einleitung

ende (Katalexe), | Zäsur (Wortende innerhalb eines Verses bzw. Versfußes), || Dihärese (Wortende zwischen zwei Metren bzw. Versfüßen), : Alternative zur gewöhnlichen Zäsur oder Dihärese. ia sen tro sept ia sept ia oct tro oct

iambischer Senar trochäischer Septenar iambischer Septenar iambischer Oktonar trochäischer Oktonar

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