Strategisches Marketingmanagement: Einführung in Theorie und Praxis [4 ed.] 9783428548590, 9783428148592

Ziel des strategischen Marketingmanagements ist es, Fortbestand und Wachstum eines Unternehmens auch mittel- bis langfri

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Strategisches Marketingmanagement: Einführung in Theorie und Praxis [4 ed.]
 9783428548590, 9783428148592

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Thorsten Schaper

Strategisches MarkeƟngmanagement Einführung in Theorie und Praxis 4., überarbeitete und erweiterte Auflage

Duncker & Humblot · Berlin

THORSTEN SCHAPER

Strategisches Marketingmanagement

Strategisches Marketingmanagement Einführung in Theorie und Praxis

4., überarbeitete und erweiterte Auflage

Von Thorsten Schaper

Duncker & Humblot · Berlin

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

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© 2016 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: TextFormArt, Daniela Weiland, Göttingen Druck: buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISBN 978-3-428-14859-2 (Print) ISBN 978-3-428-54859-0 (E-Book) ISBN 978-3-428-84859-1 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort zur vierten Auflage In der nun vorliegenden 4. Auflage meines Buches „Strategisches Marketing­ management“ wird die bewährte inhaltliche Struktur des Buches weiterhin bei­ behalten. In wiederholtem Maße liegt der Fokus dabei auf einer systematischen und präzisen Abhandlung aller Teilaspekte des Strategischen Marketingmanage­ ments bei gleichzeitiger Verwendung vieler anschaulicher Beispiele aus der Wirt­ schaftspraxis. An unterschiedlichen Stellen sind der Strategieentwicklungsprozess und die Marketingstrategien inhaltlich ergänzt worden. So wird nun im Rahmen der psy­ cho­graphischen Marktsegmentierung der LOHAS-Ansatz (Lifestyle of Health and Sustainability) als nachhaltiger Ansatz des Konsumentenverhaltens umfassend diskutiert. Das gilt auch für das Gendermarketing und das Marketing für HalalProdukte, die im Kapitel der soziodemographischen Marktsegmentierung inte­ griert sind. Vertieft werden auch die Themen des Green- und Bluewashing inner­ halb der Nachhaltigkeitsstrategien. Ebenfalls finden aktuell diskutierte Themen wie das Collaborative Consumption oder Crowdsourcing erstmalig einen Platz in der neuen Auflage. Des Weiteren wurde nicht nur Wert auf eine Aktualisierung der verwendeten Beispiele gelegt, sondern auch das verwendete statistische Datenmaterial sowie die Literaturhinweise und Kontrollfragen am Ende eines jeden Kapitels sind auf den neuesten Stand gebracht worden. Mein besonderer Dank geht an dieser Stelle an meine Mitarbeiterinnen B. A. Isabelle Riefer und M. A. Christina Stein, die mir bei dieser Auflage bei der Kor­ rektur des Manuskriptes und der technischen Umsetzung des Arbeitsbuches eine sehr wertvolle Hilfe waren. Birkenfeld, im August 2015

Thorsten Schaper

Vorwort zur dritten Auflage Bei der inhaltlichen Weiterentwicklung der nun vorliegenden 3. Auflage meines Buches „Strategisches Marketingmanagement“ habe ich mich vor allem auf die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten in der unternehmerischen Mar­ keting-Konzeption konzentriert. Aus diesem Grund ist u. a. ein völlig neuer An­ satz zur Systematisierung der Positionierungsstrategien (Kapitel E 2) entwickelt worden, in welchem Nachhaltigkeitsstrategien einen integrativen Bestandteil der unternehmerischen Wettbewerbsstrategien darstellen. Viele nachhaltige Problem­ lösungen haben bereits seit längerem das Stadium der nischenorientierten Ver­ marktung verlassen und werden zunehmend durch den Ansatz des Massenmarke­ tings an breite Zielgruppen verkauft. Im Rahmen der Marktbearbeitungsstrategien (Kapitel E 3) wurde diesem Sachverhalt Rechnung getragen. Des Weiteren sind neben geringfügigen inhaltlichen Veränderungen die Marktund Abnehmeranalyse zu einem Kapitel zusammengefasst worden (Kapitel B 1). Auch in diesem Kapitel wird das nachhaltige Konsumverhalten im Rahmen der unterschiedlichen Ansätze der Marktsegmentierung erstmalig diskutiert. Ansonsten wurde die mittlerweile bewährte inhaltliche Struktur des Buches beibehalten. Dabei ist in wiederholtem Maße Wert gelegt worden auf eine syste­ matische und präzise Abhandlung aller Teilaspekte des Strategischen Marketing­ managements bei gleichzeitiger Verwendung vieler anschaulicher Beispiele aus der Wirtschaftspraxis. Zu erwähnen bleibt noch, dass das verwendete statistische Datenmaterial sowie die Literaturhinweise und Kontrollfragen am Ende eines je­ den Kapitels aktualisiert worden sind. Mein besonderer Dank geht an dieser Stelle an Frau Diplom-Betriebswirtin (FH) Kathrin Maldener, die mir auch bei dieser Auflage bei der Korrektur des Manu­ skriptes und der technischen Umsetzung des Arbeitsbuches eine sehr wertvolle Hilfe war. Die Endkorrektur des Buches hat schließlich Frau Diplom-­Betriebs­wirtin (FH) Katja Therre vorgenommen. Herzlichen Dank dafür! Birkenfeld, im August 2011

Thorsten Schaper

Vorwort zur zweiten Auflage Seit der Veröffentlichung der ersten Auflage meines Buches „Strategisches Mar­ ketingmanagement – Einführung in Theorie und Praxis“ sind fast vier Jahre ver­ gangen. Vielfältige Rückmeldungen von Leserseite und aktuelle Weiterentwick­ lungen des Marketings in Wissenschaft und Praxis sind Anlass für eine gezielte Aktualisierung und inhaltliche Ergänzung dieses Buches. Die Aktualisierungen beziehen sich hauptsächlich auf die ausgewählten Beispiele, das verwendete statis­ tische Datenmaterial sowie die Literaturhinweise und Kontrollfragen am Schluss eines jeden Kapitels. Inhaltlich ergänzt wurden vor allem die Marketingstrategien um den Ansatz der Marktarealstrategien (Kapitel E 5). Die bewährte inhaltliche Struktur des Buches wird ansonsten beibehalten. Mein Dank gilt an dieser Stelle wieder Frau Diplom-Betriebswirtin (FH) Kathrin Maldener für die Korrektur und technische Umsetzung dieses Lehrbuches. Birkenfeld, im September 2007

Thorsten Schaper

Vorwort zur ersten Auflage Unternehmen sehen sich in zunehmendem Maße einer komplexen und dy­ namischen Umwelt ausgesetzt. So verändern sich beispielsweise Kundenstruk­ turen und Kundenanforderungen sowie die Wettbewerbsverhältnisse in vielen Märkten. Aber auch die nicht durch die Unternehmen beeinflussbaren Um­ weltfaktoren, z. B. politisch-rechtliche Rahmenbedingungen, weisen teilweise starke Diskontinuitäten im Zeitablauf auf. Um diesen vielfältigen Entwicklun­ gen in den Märkten erfolgreich zu begegnen, ist eine systematische strategi­ sche Ausrichtung im Marketing, d. h. ein strategisches Marketingmanagement, erforderlich. Das vorliegende Lehrbuch ist als umfangreiche Einführung in die Theorie und Praxis des strategischen Marketingmanagements gedacht. Es enthält einen zu­ sammenfassenden Überblick über das „Standardwissen“ auf dem Gebiet des stra­ tegischen Marketingmanagements. Die inhaltliche Struktur des Buches ergibt sich aus dem Marketingentschei­ dungsprozess und umfasst neben einem einführenden Kapitel A über die „Grund­ lagen des strategischen Marketingmanagements“ die Strategieentwicklung im Rahmen der Analysephase (Kapitel B). Darauf aufbauend werden nach einem Exkurs über die Marketingkonzeption (Kapitel C) im Rahmen der Planungs­ phase Marketingziele (Kapitel D) und Marketingstrategien (Kapitel E) diskutiert. Die Planung des Marketingmix sowie die Realisierung der Marketingentschei­ dungen werden an dieser Stelle nicht weiter behandelt und sind Gegenstand des operativen Marketingmanagements. Abschließend werden in Kapitel F Fragen des Marketingcontrollings (Kontrollphase) thematisiert. Am Schluss eines jeden Kapitels bzw. Hauptabschnitts findet sich eine Auswahl von Literaturhinweisen als Empfehlung für eine vertiefende Lektüre. Ferner ist für jedes Kapitel eine Reihe von Kontrollfragen formuliert, anhand derer der Leser seinen Wissenstand überprüfen kann. Dieses Lehrbuch richtet sich einerseits an Studierende der Wirtschaftswissen­ schaften an Fachhochschulen, Universitäten und Berufsakademien. Eine weitere Zielgruppe sind Praktiker, die sich im Rahmen ihrer Tätigkeit mit Fragen der marktorientierten Führung auseinandersetzen. Die Grundlagen des vorliegenden Buches ergeben sich aus meiner mehrjähri­ gen internationalen Unternehmensberaterpraxis in diesem Themengebiet sowie aus meinen Marketingvorlesungen an der Fachhochschule Trier.

Vorwort zur ersten Auflage

IX

Danken möchte ich an dieser Stelle Herrn Diplom-Betriebswirt (FH) Patrik Philippi für die Korrektur des Manuskripts sowie Frau Kathrin Maldener, die bei der technischen Umsetzung des Arbeitsbuches eine wertvolle Hilfe war. Viel Spaß beim Durchlesen und -arbeiten. Über Kritik und Anregung von der Leserseite würde ich mich freuen. Dem Leser stehen folgende Kommunikations­ möglichkeiten zur Verfügung: Prof. Dr. Thorsten Schaper Hochschule Trier Umwelt-Campus Birkenfeld Postfach 1380 55671 Birkenfeld Telefon: 06782/171530 Telefax: 06782/171454 E-Mail: [email protected] Birkenfeld, im Januar 2004

Thorsten Schaper

Inhaltsverzeichnis A. Grundlagen des strategischen Marketingmanagements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1. Entwicklung des Marketings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 2. Marketingstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 3. Marketingentscheidungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt . . . . . 9 1. Markt- und Kundenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1.1 Marktstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1.2 Abgrenzung des relevanten Marktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 1.3 Grundbegriffe zur Marktgröße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 1.4 Prognose der Marktentwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 1.4.1 Quantitative Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 1.4.2 Qualitative Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 1.5 Marktsegmentierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 1.5.1 Anforderungen an Marktsegmentierungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . 27 1.5.2 Marktsegmentierungskriterien in Konsumgütermärkten . . . . . . . . . . . 29 1.5.2.1 Soziodemographische Marktsegmentierung . . . . . . . . . . . . . . 30 1.5.2.2 Psychographische Marktsegmentierung . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 1.5.2.3 Verhaltensorientierte Marktsegmentierung . . . . . . . . . . . . . . . 43 1.5.3 Marktsegmentierungskriterien in Industriegütermärkten . . . . . . . . . . . 46 1.6 Makroumfeld: Markteinflussfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 2. Strukturanalyse von Branchen (Aufgabenumwelt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 2.1 Potentielle neue Konkurrenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 2.2 Wettbewerber in der Branche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 2.3 Substitutionsprodukte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 2.4 Abnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 2.5 Lieferanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 3. Analyse der Wettbewerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 3.1 Zukünftige Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 3.2 Annahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

XII

Inhaltsverzeichnis 3.3 Gegenwärtige Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 3.4 Fähigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 3.5 Reaktionsprofil der Konkurrenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

4. Analyse des eigenen Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 4.1 Stärken-Schwächen-Profil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 4.2 Kundenzufriedenheitsmatrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 5. Zusammenfassung: Umwelt- und Unternehmensanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 C. Exkurs: Marketingkonzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 D. Marketingziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 1. Zielbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 2. Zielkonkretisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 3. Zielbeziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 E. Marketingstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 1. Marktfeldstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 1.1 Marktdurchdringungsstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 1.2 Marktentwicklungsstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 1.3 Produktentwicklungsstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 1.4 Diversifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 1.4.1 Arten der Diversifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 1.4.2 Realisierungsformen der Diversifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 1.5 Wahl der Marktfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 1.5.1 GAP-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 1.5.2 Portfolioanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 1.5.2.1 Marktwachstum-Marktanteil-Portfolio der BCG . . . . . . . . . . 120 1.5.2.2 Marktattraktivität-Relative Wettbewerbsposition-Portfolio nach McKinsey . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 2. Wettbewerbsstrategie/Positionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 2.1 Preis-Mengen-Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 2.2 Präferenzstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 2.2.1 Innovationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 2.2.2 Hohe Produktqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 2.2.3 Einzigartiges Produktdesign . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 2.2.4 Programmumfang: Generalist oder Spezialist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

Inhaltsverzeichnis

XIII

2.2.5 Umfangreiche Serviceleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 2.2.6 Spezielles Vertriebssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 2.2.7 Positives Markenimage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 2.3 Nachhaltigkeitsstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 2.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 3. Marktbearbeitungsstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 4. Marktarealstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 4.1 Nationale Marktarealstrategien (Domestic Marketing) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 4.1.1 Marktarealstrategische Expansionsmuster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 4.1.2 Tendenzen inländischer Absatzgebietspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 4.2 Übernationale Marktarealstrategien (International Marketing) . . . . . . . . . . . . 172 4.2.1 Festlegung des Internationalisierungsgrades . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 4.2.2 Auswahl von Ländermärkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 4.2.3 Gestaltung der internationalen Markterschließung . . . . . . . . . . . . . . . . 177 4.2.3.1 Markteintrittsstrategien in ausländische Märkte . . . . . . . . . . . 177 4.2.3.2 Timing der internationalen Markteintritte . . . . . . . . . . . . . . . . 185 4.2.4 Wahl der länderübergreifenden Standardisierung der Marketingaktivitäten 187 5. Kombination der Marketingstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 F. Marketingcontrolling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208

Abbildungsverzeichnis Abb. 1:

Wandel der Märkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

Abb. 2:

Abgrenzung von strategischen und operativen Entscheidungen (Becker, 2013, S. 143) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

Abb. 3:

Marketingentscheidungsprozess (in Anlehnung an Scharf/Schubert/Hehn, 2012, S. 34) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

Abb. 4:

Marktstruktur: Vitamine für die Tierernährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

Abb. 5:

Marktstruktur: Bio-Kunststoffe für Lebensmittelverpackungen . . . . . . . . . . . 10

Abb. 6:

Marktstruktur: Wasserbasierte Farben und Hilfsmittel für die Lederindustrie 11

Abb. 7:

Abgrenzung der Marktbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

Abb. 8:

Marktsegmente im Styrodur-Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

Abb. 9:

Frachtkosten nach Ländern aus Sicht eines Dämmstoffherstellers . . . . . . . . . 15

Abb. 10: Ablauf einer Delphi-Befragung (Hüttner, 1982, S. 30) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Abb. 11: Denkmodell zur Darstellung von Szenarien (Reibnitz, 1991, S. 30) . . . . . . . . 23 Abb. 12: Schritte der Marktsegmentierungsstrategie (in Anlehnung an Freter, 2008, S. 27) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Abb. 13: Anforderungen an Marktsegmentierungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Abb. 14: Wichtige soziodemographische Marktsegmentierungskriterien . . . . . . . . . . . 30 Abb. 15: Segmentierung eines Marktes auf Basis von drei soziodemographischen ­ Kriterien (Kotler, 1982, S. 208) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Abb. 16: Häufigkeit des Kaufs von Bio-Lebensmittel und Bio-Fisch (BMBU, 2014, S. 49) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 Abb. 17: Blauer Engel: Bekanntheit und Einfluss auf die Kaufentscheidung (BMBU, 2014, S. 84) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Abb. 18: Nutzenpositionierung im Bekleidungsmarkt – Modelldarstellung (Becker, 2013, S. 249) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 Abb. 19: Bezugsrahmen zur Erfassung des Life-Styles (Freter, 2001, S. 900) . . . . . . . 39 Abb. 20: Die Sinus-Milieus in Deutschland 2015 (Sinus, 2015, S. 14) . . . . . . . . . . . . . 40 Abb. 21: Kurzcharakteristik der Sinus-Milieus 2015 (Sinus, 2015, S. 16) . . . . . . . . . . 41 Abb. 22: Die Wertewelt der LOHAS (in Anlehnung an Sinus Sociovision/KarmaKonsum, 2009, S. 6; Glöckner/Balderjahn/Peyer, 2010, S. 37) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

Abbildungsverzeichnis

XV

Abb. 23: Muster von Markentreueverhalten in einem Markt mit fünf Marken (Kotler/ Keller/Bliemel, 2007, S. 379 f.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Abb. 24: Kaufintensitäten für eine bestimmte Produktart (Sorte) aus dem Bereich Boh­ nenkaffee (Freter, 1983, S. 89) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Abb. 25: Bedeutung der Architekten im Kaufentscheidungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . 48 Abb. 27: Typen von Kaufentscheidungen („buy classes, buying situations“) . . . . . . . . 49 Abb. 26: Mehrstufige Segmentierung eines Bio-Kunststoffes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Abb. 28: Zweistufige Marktsegmentierung aus Sicht eines Kunststoffherstellers (Schaper, 2001, S. 22) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Abb. 29: Modell der Unternehmensumwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Abb. 30: Bevölkerungsentwicklung in Deutschland von 2008–2060 nach Altersklassen (Destatis, 2009, S. 17) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 Abb. 31: Bewertung der Branchenattraktivität (in Anlehnung an Porter, 2013, S. 38) . 59 Abb. 32: Branchenattraktivität des Dämmstoffes XPS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 Abb. 33: Markteintrittsbarrieren für neue Konkurrenten (in Anlehnung an Porter, 2013, S. 41 ff.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 Abb. 34: Das Erfahrungskurvenkonzept bei logarithmisch eingeteilten Ordinaten . . . . 61 Abb. 35: Verwendung des Erfahrungskurvenkonzepts in der Preispolitik (in Anlehnung an Henderson, 1984) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 Abb. 36: Ansätze zur Reduzierung der Wettbewerbsintensität (in Anlehnung an Porter, 2013, S. 53 ff.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 Abb. 37: Marktentwicklung nach Dämmstoffarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 Abb. 38: Ansätze zur Reduzierung des Preisdrucks (in Anlehnung an Porter, 2013, S. 62 ff.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 Abb. 39: ABC-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 Abb. 40: Ansätze zur Reduzierung hoher Einkaufspreise (in Anlehnung an Porter, 2013, S. 64 ff.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 Abb. 41: Elemente einer Konkurrenzanalyse (Porter, 2013, S. 90) . . . . . . . . . . . . . . . . 71 Abb. 42: Wettbewerbspositionierung im Dämmstoffmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 Abb. 43: Wettbewerbspositionierung im Kunststoffmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 Abb. 44: Stärken-Schwächen-Profil (Scharf/Schubert/Hehn, 2012, S. 36) . . . . . . . . . . 79 Abb. 45: Wichtigkeit der Kundenanforderungen für den Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 Abb. 46: Messung der Kundenzufriedenheit durch Kundenbefragung . . . . . . . . . . . . . 80 Abb. 47: Kundenzufriedenheitsmatrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 Abb. 48: Kundenzufriedenheits-Kundenbindungs-Matrix (Homburg/Werner, 1998, S. 86) 83

XVI

Abbildungsverzeichnis

Abb. 49: Messung der Gesamtzufriedenheit und Kundenbindung (in Anlehnung an Homburg/Fürst, 2008, S. 616) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 Abb. 50: Situationsanalyse eines Herstellers von alkoholfreien Getränken (Scharf/ Schubert/Hehn, 2012, S. 37) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Abb. 51: SWOT-Analyse (in Anlehnung an Becker, 2013, S. 103) . . . . . . . . . . . . . . . . 87 Abb. 52: Die Konzeptionspyramide und ihre konzeptionellen Bausteine (Becker, 2000, S. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 Abb. 53: Grundlegende Dimensionen der Zielformulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 Abb. 54: Drei Basisformen möglicher Zielbeziehungen (Becker, 2013, S. 21) . . . . . . . 95 Abb. 55: Marketingstrategischer Baukasten (in Anlehnung an Becker, 2013, S. 352) . 98 Abb. 56: Marktfeldstrategische Optionen des Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 Abb. 57: Ansatzpunkte der Marktdurchdringungsstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 Abb. 58: Muster der Marktdurchdringungsstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 Abb. 59: Ansätze der Marktentwicklungsstrategie (in Anlehnung an Kotler/Keller/ Bliemel, 2007, S. 106) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 Abb. 60: Muster der Marktentwicklungsstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 Abb. 61: Innovationsarten und ihre Voraussetzungen bzw. Konsequenzen (in Anlehnung an Hentze/Brose, 1985) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 Abb. 62: Produkttypische Nutzenstrukturen und ihre Veränderungspotentiale (Becker, 2013, S. 159) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 Abb. 63: Arten der Diversifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 Abb. 64: Bewertung der Realisationsformen der Diversifikation anhand von Auswahl­ kriterien (Becker, 2013, S. 172) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 Abb. 65: Muster der Produktentwicklungsstrategie und der Diversifikation . . . . . . . . . 114 Abb. 66: Abgrenzung der vier marktfeldstrategischen Varianten (Scharf/Schubert/Hehn, 2012, S. 202) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 Abb. 67: Einfache Lückenanalyse (Becker, 2013, S. 413) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 Abb. 68: Differenzierte Lückenanalyse (Becker, 2013, S. 416) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 Abb. 69: Marktwachstum-Marktanteil-Portfolio (Beispiel Brauerei) (Haedrich/Tomczak, 1996, S. 114) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 Abb. 70: Ausgangsdaten für Portfolioerstellung (Beispiel Brauerei) (Haedrich/Tomczak, 1996, S. 114) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 Abb. 71: Charakteristika der vier Portfoliofelder und daraus ableitbare Normstrategien (Picot, 1981, S. 565) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 Abb. 72: Zielportfolio eines konkreten Unternehmens (Beispiel Brauerei) (Haedrich/ Tomczak, 1996, S. 120) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124

Abbildungsverzeichnis

XVII

Abb. 73: Mögliche Wachstumsstrategien im Marktwachstum-Marktanteil-Portfolio (Wittek, 1980, S. 142) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 Abb. 74: Portfoliomodell der BCG-Group mit integrierten PLZ-Verläufen (Becker, 2013, S. 425) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 Abb. 75: Ergebnisse zur Analyse der relativen Wettbewerbsposition der SGF B und C (Haedrich/Tomczak, 1996, S. 123 f.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 Abb. 76: Ergebnisse zur Analyse der Marktattraktivität der SGF B und C (Haedrich/ Tomczak, 1996, S. 124) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 Abb. 77: Ist-Portfolio für ein konkretes Unternehmen (Beispiel Brauerei) (Haedrich/ Tomczak, 1996, S. 125) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 Abb. 78: Grundschema der Neun-Felder-Matrix und typische Normstrategien (Becker, 2013, S. 434) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 Abb. 79: Systematik der Wettbewerbsstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 Abb. 80: Situation, Chancen und Risiken des Markteintritts (in Anlehnung an Becker, 2013, S. 379 ff.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 Abb. 81: Bestimmungsfaktoren der umweltorientierten Positionierung . . . . . . . . . . . . 150 Abb. 82: Formen der Marktbearbeitungsstrategie (Scharf/Schubert/Hehn, 2012, S. 217) 158 Abb. 83: Vergleichende Darstellung der Vor- und Nachteile von Massenmarkt- und Segmentierungsstrategie (Becker, 2000, S. 290) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 Abb. 84: Das strategische Megatrendmodell (Becker, 2000a, S. 6) . . . . . . . . . . . . . . . . 162 Abb. 85: Stufen der räumlichen Markterschließung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Abb. 86: Konzentrische Gebietsausdehnung (in Anlehnung an Becker, 2013, S. 304) . . 168 Abb. 87: Selektive Gebietsausdehnung (in Anlehnung an Becker, 2013, S. 306) . . . . . 170 Abb. 88: Inselförmige Gebietsausdehnung auf der Basis von drei Großstadtzentren (Becker, 2013, S. 308) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 Abb. 89: Spezielle Entscheidungen im Bereich der internationalen Marketingstrategie (in Anlehnung an Homburg/Krohmer, 2012, S. 1078) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 Abb. 90: Portfoliogestützte Selektion/Priorisierung von Ländermärkten am Beispiel eines Maschinenbauunternehmens (Homburg/Krohmer, 2012, S. 1081) . . . . 176 Abb. 91: Markteintrittsalternativen im internationalen Marketing (Meissner, 1987, S. 324) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 Abb. 92: Bewertung wichtiger Formen des internationalen Markteintritts (in Anleh­ nung an Meffert/Bolz, 1998, S. 125) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 Abb. 93: Vergleich indirekter und direkter Export (in Anlehnung an Becker, 2013, S. 316) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 Abb. 94: Übersicht der Bestimmungsfaktoren der internationalen Markteintrittsstrategie (Berndt/Altobelli/Sander, 2010, S. 169) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184

XVIII

Abbildungsverzeichnis

Abb. 95: Wasserfallstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 Abb. 96: Sprinklerstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 Abb. 97: Bewertung von Wasserfall- und Sprinklerstrategie (in Anlehnung an Homburg/ Krohmer, 2012, S. 1084) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 Abb. 98: Länderübergreifende Gestaltung des Vertriebssystems eines Herstellers (in Anlehnung an Homburg/Krohmer, 2012, S. 1099) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 Abb. 99: Strategiebox eines Unternehmens (in Anlehnung an Becker, 2013, S. 352) . . 191 Abb. 100: Funktionen des strategischen Marketingcontrollings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 Abb. 101: Vorgehensweise im Rahmen des operativen Marketingcontrollings . . . . . . . . 195 Abb. 102: Vorgehensweise des Marketingcontrollings anhand eines Beispiels . . . . . . . . 196 Abb. 103: Ausgewählte Daten des Rechnungswesens der „Holiday Camping AG“ . . . . 198

A. Grundlagen des strategischen Marketingmanagements 1. Entwicklung des Marketings Unter Marketing wird die Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle sämtlicher Unternehmensaktivitäten verstanden, welche darauf abzielen, durch eine konsequente Ausrichtung des eigenen Leistungsprogramms an den Wünschen und Bedürfnissen der Kunden die absatzmarktorientierten Unternehmensziele zu errei­ chen (Bruhn, 2012, S. 14). Dieses Konzept des Marketings hat sich zunehmend mit den veränderten Marktbedingungen herauskristallisiert und weiterentwickelt. Be­ ginnend mit den fünfziger Jahren lassen sich chronologisch die folgenden unterneh­ merischen Denkhaltungen gegenüber den Absatzmärkten unterscheiden (siehe dazu u. a. Meffert/Burmann/Kirchgeorg, 2015, S.  7 ff.; Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 18 ff.; Bruhn, 2012, S. 15 ff.; Benkenstein/Uhrich, 2009, S. 13 ff.):

Abb. 1: Wandel der Märkte

2

A. Grundlagen des strategischen Marketingmanagements

Produktionsorientierung Vor allem in den fünfziger Jahren haben sich die unternehmerischen Entschei­ dungsträger von der Produktionsorientierung leiten lassen. Die Nachfrage nach einem bestimmten Produkt war primär durch eine Verkäufermarktsituation cha­ rakterisiert, in welcher die Nachfrage höher als das Angebot ist. Da die Ferti­ gungskapazitäten zur Befriedigung der Bedürfnisse noch nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung standen, konzentrierten sich die Unternehmen innerhalb der Produktion auf eine hohe Fertigungseffizienz und im Rahmen der Logistik auf ein flächendeckendes Verteilen ihrer Produkte. Verkaufsorientierung In den sechziger Jahren entwickelte sich eine zunehmende Käufermarktsituation in vielen Märkten, d. h., das Angebot ist größer als die Nachfrage. Der Ab­ satzbereich stellte verstärkt den Engpassfaktor in den Unternehmen dar. Marke­ ting wurde in dieser Phase hauptsächlich als operatives Marketing verstanden, da das vorwiegende Interesse dem konsumentengerichteten Einsatz der Marketing­ instrumente galt. Marktorientierung Die aufgrund zunehmender Unternehmenskonzentrationen wachsende Nach­ fragemacht des Einzelhandels lenkte das Interesse in den siebziger Jahren ver­ stärkt auf Aspekte des vertikalen Marketings. Hier erfolgte ein systematischer Ausbau der handelsorientierten Instrumente des Marketings. Ende der siebziger Jahre hat sich das Marketing zunehmend als Führungsfunktion etabliert. In dieser Dekade begannen viele Unternehmen, die speziellen Bedürfnisse der Kunden mit Hilfe einer differenzierten Marktbearbeitung zu befriedigen. Wettbewerbsorientierung Vor allem in den achtziger Jahren haben sich die Unternehmen mit strategischen Fragestellungen insbesondere auch unter Wettbewerbsgesichtspunkten beschäftigt: Welche Märkte bzw. Marktsegmente sollen bearbeitet werden? Welche strategi­ schen Wettbewerbsvorteile haben die Unternehmen und wie wollen sie sich mittelbis langfristig im Wettbewerb positionieren? In diesem Zusammenhang sind die grundlegenden Arbeiten von Porter zur Wettbewerbsstrategie (Porter, 1980) und Konzepte von Unternehmensberatungsgesellschaften zu nennen. Zunehmend ge­ wann auch das „Global-Marketing“ aufgrund der stärkeren Internationalisierung des Wettbewerbs und der generellen Globalisierung der Wirtschaft an Bedeutung.

1. Entwicklung des Marketings

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Kundenorientierung Anfang der neunziger Jahre fokussierte sich das Marketing auf die konsequente Ausrichtung aller unternehmerischen Aktivitäten am Kundennutzen und rückte die Kundenbeziehungen zunehmend in den Mittelpunkt. Viele Unternehmen er­ kannten, dass es kostengünstiger ist Stammkunden zu halten als neue Kunden zu akquirieren. Der Schlüssel für eine langfristige Kundenbindung stellte folglich eine hohe Kundenzufriedenheit dar. Die Kundenorientierung von Unternehmen wurde auch zur notwendigen Voraussetzung für die Erzielung von Wettbewerbs­ vorteilen, da sich durch die genaue Kenntnis des Kunden, seiner Wahrnehmungen, Erfahrungen, Einstellungen und Erwartungen Chancen zur erfolgreichen Diffe­ renzierung im Wettbewerb ergeben.

Ökologische und nachhaltige Orientierung Die World Commission on Environment and Development (Brundtland-Kom­ mission) definierte den Begriff „Sustainable Development“ 1987 wie folgt: „Sus­ tainable Development is development that meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs“ (WCDE, 1987, Chapter 2, No. 1). Nachhaltiges Handeln verfolgt dabei die Ziele der interund intragenerativen Gerechtigkeit. Bei der intergenerativen Gerechtigkeit wird zukünftigen Generationen das gleiche Recht auf Zugang und Nutzung der natür­ lichen Ressourcen sowie das unter ökologischen, ökonomischen und sozialen Ge­ sichtspunkten gleiche Handeln zugesprochen wie gegenwärtigen Generationen. Die intragenerative Gerechtigkeit thematisiert die Verteilungsgerechtigkeit, wo­ nach die asymmetrische Wohlstandsverteilung zumindest teilweise ausgeglichen werden soll (Hermann, 2005, S. 16). Unternehmen können zu dieser nachhaltigen volkswirtschaftlichen Entwicklung beitragen, indem sie den Grundgedanken des inter- und intragenerativen Ausgleichs auf der Mikroebene mit ihren Stakeholdern umsetzen. Folglich definieren Loew et al. (2004, S. 73) nachhaltiges Handeln auf Unternehmensebene als „eine Unternehmensführung, die darauf ausgerichtet ist, die Beiträge zu den sozialen, ökologischen und ökonomischen Nachhaltigkeitsfor­ derungen systematisch zu optimieren“. Die Integration ökologischer und sozialer Anliegen in die ökonomische Ziel­ setzung ist im Rahmen eines Nachhaltigkeitsmarketings anfänglich nicht ganz­ heitlich realisiert worden. In den achtziger Jahren sahen sich die Unternehmen mit einer starken Veränderung folgender ökologischer Rahmenbedingungen kon­ frontiert: –– Treibhauseffekt: Globale Erwärmung der Erdatmosphäre durch Anstieg der kli­ mawirksamen Gase Kohlendioxid, Methan, Stickoxide, –– Ozonloch: Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe als „Ozonkiller“,

4

A. Grundlagen des strategischen Marketingmanagements

–– Müllberge und –– Wasserverschmutzung. Das legte den Fokus des nachhaltigen Handelns hauptsächlich auf den Um­ weltschutz und führte parallel zur Disziplin des umweltorientierten Marketings, welches bei der konsequenten Ausrichtung aller unternehmerischen Entschei­ dungen an den Anforderungen und Bedürfnissen der Kunden eine Vermeidung und Verringerung von Umweltbelastungen bewirken soll (Meffert/Kirchgeorg, 1998, S. 273). Erste Markterfolge umweltfreundlicher Problemlösungen bestätig­ ten diese Entwicklung, z. B. phosphatfreie Waschmittel, FCKW-freie Spraydosen sowie die Frosch-Produktlinie des Unternehmens Werner & Merz. Ab der Jahr­ tausendwende traten Bio-Lebensmittel zunehmend ihren Siegeszug in Massen­ märkten an. So boten nicht nur Supermärkte (z. B. Rewe mit der Marke Füllhorn) und Discounter (Norma mit dem Label Bio Sonne) Bio-Sortimente an, auch Her­ steller entwickelten stark nachgefragte Bio-Marken (z. B. Bionade, Lammsbräu). Andere Branchen profitierten ebenfalls von diesem Boom, was an den Beispie­ len Naturkosmetika bzw. Niedrigenergie- und Passivhäuser abzulesen ist (Spil­ ler, 2007, S. 8 ff.). Viele Unternehmen, die langfristig und erfolgreich umweltfreundliche Produkte und Dienstleistungen im Markt anbieten, haben ihren Blickwinkel hinsichtlich der Integration sozialer Aspekte zunehmend erweitert. So ist in diesem Zusammen­ hang z. B. das Einhalten und Fördern hoher Arbeits- und Sozialstandards ein zen­ trales Anliegen, das nicht im eigenen Unternehmen, sondern auch bei der Auswahl ­ enkel von Lieferanten verfolgt wird (BASF, 2014, S. 27). Laut dem Unternehmen H wird Nachhaltigkeit der Innovationstreiber dieser Dekade sein. Die zukünftige Er­ folgsformel für unternehmerisches Handeln sieht das Unternehmen in folgendem Anspruch: „Performance based on Sustainability“, d. h., bestmögliche Produkt­ qualität mit wirksamen Umweltschutz sowie gesellschaftlicher und sozialer Ver­ antwortung zu verknüpfen (Hermes, 2010, S. 41).

Technologie- und Dialogorientierung Besonders die Entwicklungen im Bereich der Internettechnologie werden das Marketing auch in den nächsten Jahren prägen. So haben beispielsweise elektro­ nische Absatzkanäle in Form von Online-Shops und elektronischen Märkten in­ nerhalb des Multi-Channel-Vertriebs der Unternehmen eine herausragende Be­ deutung gewonnen. Durch die Weiterentwicklung des Internets zum Web 2.0 wird der Internet-Nutzer zunehmend vom passiven Konsumenten zum aktiven Teilneh­ mer im Sinne eines Verfassers von Inhalten (Kreutzer/Merkle, 2008, S. 149). Die damit verbundenen vielfältigen Erscheinungsformen des Web 2.0, z. B. Twitter, Facebook und YouTube, eröffnen für die Unternehmen weitere Kommunikationsund Vertriebskanäle im Rahmen von Social Media Strategien. So setzen die nach­

2. Marketingstrategie

5

haltigkeitsorientierten Unternehmen Alnatura und Frosta ihre Homepage, Unter­ nehmensblogs und weitere soziale Medien zum offenen Dialog mit ihren Kunden ein (Dornberg, 2013, 43 f.; Karle, 2013, S. 18). Durch die Möglichkeiten des Web 2.0 integrieren Unternehmen ihre Kunden auch zunehmend in ihre Wertschöp­ fungsprozesse. Beim Crowdsourcing nutzen die Unternehmen beispielsweise die Kreativität der Konsumenten, um neue Produkte und Dienstleistungen in den Markt einzuführen bzw. vorhandene zu verbessern (Hippner/Hammon/Hampel, 2010, S. 698). Mit der intensiveren Nutzung von Smartphones wird ein verstärkter Einsatz des Mobile Marketings durch die Unternehmen erwartet. Hierunter ist die Planung, Durchführung und Kontrolle von Marketingaktivitäten bei Nutzung von Tech­ nologien zur kabellosen Datenfernübertragung auf mobile Endgeräte zu verste­ hen (Möhlenbruch/Schmieder, 2001, S. 30). Durch mobile Gewinnspiele oder mo­ bile Coupons lassen sich z. B. vor allem junge Zielgruppen und Nutzer e­r reichen, die mobile Endgeräte aus beruflichen und privaten Gründen oft dabei haben und einsetzen.

2. Marketingstrategie Strategien sind Grundsatzregelungen mittel- bis längerfristig geltender Art, durch die ein konkreter Aktivitätsrahmen und eine bestimmte Stoßrichtung des unternehmerischen Handelns bestimmt werden. Sie können als verbindlicher Handlungsrahmen für laufende operative Entscheidungen interpretiert werden (Becker, 2013, S. 143). Will sich ein Unternehmen beispielsweise als Qualitätsund Innovationsanbieter im Markt positionieren, müssen alle operativen Entschei­ dungen auf der Marketingmix-Ebene dieser vorgegebenen Richtung folgen. So hat die Produktpolitik die hohen Qualitätsanforderungen in der Entwicklung und Herstellung der Produkte umzusetzen. In der Preispolitik ist ein Preis passend zur hohen Qualität zu fordern. Die Vertriebspolitik sollte exklusive Vertriebskanäle finden, die durch entsprechenden Service und Image diese Strategie unterstützen. Das werbliche Herausstellen von Qualität und Innovation zwecks Erreichung eines entsprechenden Wirkungsbildes bei den Kunden ist durch die Kommunikations­ politik sicherzustellen. Strategische und operative Entscheidungen lassen sich nach folgenden Merk­ malen und Entscheidungssituationen voneinander abgrenzen:

6

A. Grundlagen des strategischen Marketingmanagements Strategische Merkmale

Operative Merkmale

Strukturbestimmend

Ablaufbestimmend

Echte Wahlentscheidungen

Routineentscheidungen

Mittel-/langfristig orientiert

Kurzfristig orientiert

Verzögert bzw. in Stufen wirksam

Sofort wirksam

Schwer korrigierbar

Leicht korrigierbar

Strategische Entscheidungssituationen

Operative Entscheidungssituationen

Komplexes, schlecht strukturiertes Entscheidungsfeld

Überschaubares, gut strukturiertes Entscheidungsfeld

Heute werden Grundsatzentscheidungen für morgen getroffen

Heute werden Problemlösungsent­ scheidungen für heute getroffen

Ganzheitliches Denken erforderlich (Unternehmen als Ganzes umfassend)

Partikulares Denken notwendig (einzelne Aktionsbereiche das Unternehmen ­ betreffend)

Eher qualitative Betrachtungsweise

Eher quantitative Betrachtungsweise

Abb. 2: Abgrenzung von strategischen und operativen Entscheidungen (Becker, 2013, S. 143)

3. Marketingentscheidungsprozess Kennzeichen des Marketingmanagements ist ein systematisches schrittweises Entscheidungsverhalten. Dabei lässt sich der Marketingentscheidungsprozess wie alle Entscheidungsprozesse idealtypisch in die vier Phasen Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle unterteilen (siehe Abb. 3). Den Ausgangspunkt des Marketingentscheidungsprozesses bildet die sorgfäl­ tige Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt. Beispielsweise müssen Daten über Märkte, Abnehmer, Konkurrenten und Ab­ satzwege gesammelt, die Stärken und Schwächen des eigenen Unternehmens ana­ lysiert sowie zukünftige Marktchancen und -risiken aufgezeigt werden. Diese Analyse liefert die notwendige Informationsbasis für die Festlegung der Marke­ tingkonzeption (Homburg/Krohmer, 2012, S. 458). In der Planungsphase erfolgt die Entwicklung einer Marketingkonzeption als ein umfassender gedanklicher Leitplan, durch den alle markt- und kundenrele­ vanten Maßnahmen im gesamten Unternehmen koordiniert werden (Becker, 2013, S. 5). Die Erarbeitung einer unternehmerischen Marketingkonzeption erfolgt auf drei unterschiedlichen Planungsebenen. In der Regel leiten sich Marketingziele auf der ersten Ebene aus den obersten Unternehmenszielen ab und legen den an­

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3. Marketingentscheidungsprozess

gestrebten zukünftigen Zustand fest, der durch den Einsatz der Marketinginstru­ mente erreicht werden soll. Auf der zweiten Ebene werden die Marketingstrategien formuliert. Hierbei handelt es sich um mittel- bis langfristig wirkende Entschei­ dungen, durch die alle Marketingmaßnahmen auf die Erreichung der definierten Marketingziele hin ausgerichtet sind. Die letzte Ebene der marketingkonzeptio­ nellen Planung stellt die Festlegung des Einsatzes der Marketinginstrumente, der Marketingmix, dar. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt

Analysephase

Definition der Marketingziele

Festlegung der Marketingstrategien

Planungsphase

Formulierung der Marketingmaßnahmen

Realisierung der Marketingentscheidungen

Durchführungsphase

Kontrolle der Marketingergebnisse

Kontrollphase

Abb. 3: Marketingentscheidungsprozess (in Anlehnung an Scharf/Schubert/Hehn, 2012, S. 34)

In der Durchführungsphase müssen die geplanten Marketingentscheidungen durch die betriebliche Organisation umgesetzt werden. Die letzte Stufe des Marke­ tingentscheidungsprozesses beinhaltet schließlich die Kontrollphase, aus der sich permanent Impulse für eine Neubewertung bzw. Aktualisierung von Aspekten in früheren Prozessphasen ergeben. Als Resultat der Kontrolle sind somit Rückkop­ pelungen in alle Phasen des Marketingentscheidungsprozesses möglich. Das vorliegende Arbeitsbuch zum strategischen Marketingmanagement behan­ delt nicht die Planung des Marketingmixes sowie die Durchführung der Marke­ tingentscheidungen. Diese beiden Bereiche sind Gegenstand des operativen Marketingmanagements.

8

A. Grundlagen des strategischen Marketingmanagements

Literaturempfehlungen Balderjahn, Ingo: Nachhaltiges Marketing-Management. Möglichkeiten einer­ umwelt- und sozialverträglichen Unternehmenspolitik, Stuttgart 2004, S. 42–50; 70–71. – Nachhaltiges Management und Konsumentenverhalten, Konstanz und München 2013, S. 11–32. Becker, Jochen: Marketing-Konzeption. Grundlagen des ziel-strategischen und operativen Marketing-Managements, 10. Aufl., München 2013, S. 1–5; 142–144. Benkenstein, Martin/Uhrich, Sebastian: Strategisches Marketing. Ein wettbe­ werbsorientierter Ansatz, 3. Aufl., Stuttgart 2009, S. 13–24. Bruhn, Manfred: Marketing. Grundlagen für Studium und Praxis, 11. Aufl., Wies­ baden 2012, S. 13–18. Homburg, Christian/Krohmer, Harley: Grundlagen des Marketingmanagements: Einführung in Strategie, Instrumente, Umsetzung und Unternehmensführung, 4. Aufl., Wiesbaden 2012, S. 451–453. Kotler, Philip/Keller, Kevin Lane/Bliemel, Friedhelm: Marketing-Management. Strategien für wertschaffendes Handeln, 12. Aufl., Stuttgart 2007, S. 18–27. Meffert, Heribert/Burmann, Christoph/Kirchgeorg, Manfred: Marketing. Grund­ lagen marktorientierter Unternehmensführung, 12.  Aufl., Wiesbaden 2015, S. 3–24. Scharf, Andreas/Schubert, Bernd/Hehn, Patrick: Marketing. Einführung in Theo­ rie und Praxis, 5. Aufl., Stuttgart 2012, S. 1–19. Spiller, Achim u. a.: Nachhaltigkeitsmarketing I. Grundlagen, Herausforderungen und Strategien, Lüneburg 2007, S. 7–15. Kontrollfragen 1) Erläutern Sie den Unterschied zwischen der Produktions- und der Marketing­ orientierung! 2) Grenzen Sie Nachhaltigkeitsmarketing und Umweltmarketing voneinander ab! 3) Definieren Sie den Begriff Marketingstrategie! 4) Stellt der erstmalige Eintritt in einen ausländischen Markt eine strategische oder operative Entscheidung für ein Unternehmen dar? Begründen Sie! 5) Beschreiben Sie die vier Schritte des Marketingentscheidungsprozesses in chro­ nologischer Form!

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt Aus der Vielzahl unternehmensinterner und -externer Faktoren sind diejenigen zu analysieren, die einen direkten oder indirekten Einfluss auf die im Markt ab­ laufenden Transaktionsbeziehungen ausüben. Die Informationsbeschaffung im Rahmen der Situationsanalyse bzw. Strategieentwicklung eines Unternehmens umfasst dabei die folgenden Bereiche: –– Umweltanalyse: Markt-, Kunden-, Branchen- und Wettbewerberstruktur, –– Unternehmensanalyse: Unternehmensbezogene Stärken-Schwächen-Analyse, –– Verknüpfung der Ergebnisse der Umwelt- und Unternehmensanalyse zur SWOTAnalyse (Strengths, Weaknesses, Opportunities, Threats).

1. Markt- und Kundenanalyse 1.1 Marktstruktur Die Marktstruktur differenziert einen Markt in vertikaler Hinsicht in Marktstufen. Unternehmen, die z. B. konsumnahe Produkte und Dienstleistungen anbieten, müssen hauptsächlich die Entwicklungen auf der Marktstufe der Endverbraucher analysieren. Weitaus komplexer und schwieriger haben es Industriegüterunterneh­ men, welche auf vorgelagerten Marktstufen operieren. Diese haben nicht nur ihre direkten Kunden zu beobachten, sondern sollten die Entwicklungen auf den nach­ gelagerten Marktstufen mit in ihre Marktbearbeitung einbeziehen. Ist ein Anbie­ ter beispielsweise auf mehreren Marktstufen tätig, z. B. als Vitaminhersteller und Prämixer (siehe Abb. 4), dann entsteht ein Konfliktpotential. Auf der Marktstufe der Prämixer ist das Unternehmen sowohl Lieferant als auch Wettbewerber. In diesem Fall ist eine Koordination der anbieter- und wettbewerberbezogenen Mar­ ketingaktivitäten erforderlich.

10

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

Vitaminhersteller

Handel

Prämixer

Produzent von Futtermitteln

Tierzüchter

Abb. 4: Marktstruktur: Vitamine für die Tierernährung

In einem anderen Beispiel (siehe Abb. 5) können die Einkaufsentscheidungen der direkten Kunden durch nachfolgende Marktstufen beeinflusst werden. Die­ ses wird anhand der Herstellung und Vermarktung von Bio-Kunststoffen erläutert, welche bioabbaubar und/oder biobasiert sein können. Biobasiert gibt Auskunft über das „Woher“, d. h., ob das Material von nachwachsenden oder fossilen Rohstoffen stammt. Dagegen thematisiert die Bioabbaubarkeit, wo das Material am Ende seines Lebensweges hingeht (Frage des „Wohin“). Beispielsweise kann eine Lebensmit­ telverpackung, die sich aus klassischer Petrochemie ableitet, in der Kompostieran­ lage unter optimalen Bedingungen vollständig abgebaut werden (Reimer/Künkel/ Philipp, 2008, S. 33). Kunststoffhersteller

Hersteller von Verpackungen

Markenartikler

Einzelhandel

Endverbraucher

Abb. 5: Marktstruktur: Bio-Kunststoffe für Lebensmittelverpackungen

Angenommen, Markenartikler und/oder Einzelhändler wollen sich als „Green Company“ positionieren und diese Strategie auch mit Hilfe von Bio Lebensmittel­

11

1. Markt- und Kundenanalyse

verpackungen gegenüber den Konsumenten kommunizieren. Diese Entscheidung auf nachgelagerten Marktstufen hat einen Einfluss auf die Materialentscheidung der Verpackungshersteller, welche folglich biobasierte und/oder bioabbaubare Granulate nachfragen werden. Somit müssen Kunststoffhersteller diesen Markt­ trend auf den nachgelagerten Stufen erkennen, um rechtzeitig entsprechende Pro­ dukte zu entwickeln und erforderliche Produktionskapazitäten aufzubauen. Im Industriegütersektor kann der Bedarf der direkten Kunden aus dem Bedarf der in der Marktstruktur nachgelagerten Marktstufen berechnet werden. In die­ sem Zusammenhang wird auch vom abgeleiteten Bedarf bzw. derivativen Bedarf gesprochen (Diller, 2001, S. 129). In Abb. 6 leitet sich der Bedarf an Farbstoffen und Hilfsmitteln auf wasserbasierter Basis aus dem Bedarf an Lederprodukten ab. Mit Hilfe von Einsatzkoeffizienten, z. B. Liter oder Gramm pro m2 Leder, kann der Markt für wasserbasierte Lederchemikalien hochgerechnet werden. Um an­ schließend ein differenziertes Bild über die Marktentwicklungen auf nachgelager­ ten Marktstufen zu erhalten, sind die Marktvolumina und die Wachstumsraten in den unterschiedlichen Abnehmerbranchen von Interesse. Chemikalienhersteller Marktgröße 72 Mio. € Marktwachstum (MW) 5 % p.a.

300 Mio. € MW 0 % p.a.

Schuhindustrie

Schuhindustrie

Lederindustrie (Gerbereien) Marktgröße 800 Mio. € Marktwachstum (MW) 5 % p.a. 150 Mio. € 250 Mio. € MW 7 % p.a. MW 5 % p.a. Möbelindustrie

Möbelindustrie

Autoindustrie

Autoindustrie

100 Mio. € MW 10 % p.a.

Bekleidungs-

industrie Bekleidungsind.

Abb. 6: Marktstruktur: Wasserbasierte Farben und Hilfsmittel für die Lederindustrie

1.2 Abgrenzung des relevanten Marktes Die Abgrenzung des relevanten Marktes ist von elementarer Bedeutung im Rah­ men der Strategieentwicklung. Bei einer zu engen Definition des relevanten Mark­ tes bleiben einerseits potentielle Konkurrenten und mögliche Kundenbedürfnisse unberücksichtigt. Andererseits wird Wettbewerb, der eventuell aus anderen Pro­ duktklassen oder Branchen kommt, übersehen. Allerdings können bei einer zu weiten Definition des relevanten Marktes Kunden auf spezialisierte Anbieter aus­ weichen, die ein auf ihre Anforderungen und Bedürfnisse besser zugeschnittenes Leistungspaket anbieten.

12

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

Die Abgrenzung des relevanten Marktes kann in räumlicher, zeitlicher und sach­ licher Hinsicht vorgenommen werden (siehe dazu u. a. Backhaus/Schneider, 2007, S. 51 ff.). (1) Sachlich Im Rahmen der sachlichen Abgrenzung muss die folgende Frage beantwortet werden: Welches Problem welcher Nachfrager wird gelöst bzw. soll gelöst werden? Die Abgrenzung des relevanten Marktes erfolgt nach der Problemlösung, die das Produkt liefert. Für Anbieter ist es häufig schwierig, die Abgrenzung des relevanten Marktes aus produktbezogener Sicht anhand technisch-funktionaler Produktmerkmale vor­ zunehmen. So muss sich z. B. ein Anbieter von Styrodur im Dämmstoffmarkt die Frage stellen, ob Anbieter von Mineralwolle direkte Konkurrenten sind. Grenzt der Anbieter seinen Markt produktbezogen ab, wird er diese Antwort verneinen. Allerdings ist eine Abgrenzung des relevanten Marktes aus Kundensicht erforder­ lich, da Kunden in Problemlösungen (benefits) und nicht in technisch-funktiona­ len Produktmerkmalen (characteristics) denken. Styrodur und Mineralwolle sind für den Kunden gleichsam geeignet, sein Problem „Dämmen“ zu lösen. Folglich gehören alle Produkte zu einem Markt, die Kunden als geeignet für ihre Problem­ lösungen ansehen (Schaper, 2001, S. 17 f.). Auch ein Unternehmen wie die Deutsche Bahn sieht sich nicht nur im Wettbe­ werb mit anderen Schienenverkehrsanbietern, jedoch auch im Wettbewerb zum Flugverkehr, zu Fernbussen, zum Privat-PKW und Carsharing und zu Mitfahrzen­ tralen. Folglich versteht sich die Deutsche Bahn nicht als ein Schienenverkehrs­ dienstleister, sondern vielmehr als ein Mobilitätsdienstleister. (2) Räumlich Die räumliche Abgrenzung des relevanten Marktes verfolgt die Fragestellung, welches geografische Absatzgebiet bearbeitet werden soll (Backhaus/Voeth, 2010, S. 128). Beispielsweise lassen sich innerhalb eines Landes lokale, regionale und na­ tionale Absatzräume unterscheiden. Im internationalen Marketing können Märkte auf Wirtschaftsräume (z. B. EU, NAFTA) bzw. weltweit ausgedehnt werden. (3) Zeitlich Bei der zeitlichen Abgrenzung des relevanten Marktes ist die Frage zu beant­ worten, für welchen Zeitraum die Nachfrager als dem relevanten Markt zugehörig angesehen werden. Die zeitliche Abgrenzung des relevanten Marktes ist eng mit

1. Markt- und Kundenanalyse

13

dem Gültigkeitszeitraum von Marketingstrategien verknüpft, der in Abhängigkeit von den spezifischen Marktgegebenheiten zu sehen ist. Aufgrund neuer Technolo­ gien und der damit verbundenen Erweiterung bzw. Verbesserung von Funktionen verändern sich Markt- und Branchengrenzen. So treten Smartphones wegen ihrer vielfältigen Funktionen in Konkurrenz zu Digitalkameras (Fotofunktion), Fern­ sehgeräten (zu Hause Videos ansehen), Navigationsgeräte (Weg finden), Wecker (Weckfunktion) sowie Papier und Stift (Notizfunktion) (Seras, 2014, S.  1006). Dagegen ist ein längerfristiger Strategiezeitraum primär in Branchen mit langen Produktentwicklungszyklen üblich, z. B. in der Pharmaindustrie. 1.3 Grundbegriffe zur Marktgröße In der Theorie und Praxis lassen sich verschiedene Marktbegriffe unterscheiden (siehe dazu Abb. 7). Marktpotential Marktvolumen Zugängliches Marktvolumen Bearbeitetes Marktvolumen Absatzvolumen

Abb. 7: Abgrenzung der Marktbegriffe

(1) Marktpotential Das Marktpotential umfasst die Gesamtheit aller möglichen Absatzmengen bzw. Absatzerlöse eines Marktes und entspricht der maximalen Aufnahmefähig­ keit des Marktes. Des Weiteren lässt sich das Marktpotential als höchstmögliche Marktnachfrage beschreiben, unter Berücksichtigung aller interessierten Abneh­ mer, die für eine Produktübernahme in Betracht kommen und dafür mit ausrei­ chender Kaufkraft ausgestattet sind (Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 195). Somit werden beim Marktpotential all diejenigen Nachfrager berücksichtigt, die Inter­

14

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

esse an einem Produkt haben und über die erforderliche Kaufkraft verfügen. Al­ lerdings bestehen aktuell noch Kaufwiderstände, so dass das Produkt noch nicht von allen potentiellen Kunden gekauft wird. Das Marktpotential stellt oftmals eine fiktive Größe dar, die geschätzt werden muss. Dass die Prognose des Marktpotentials mit Unsicherheiten behaftet ist, zeigt das folgende Bespiel aus dem Jahr 1943 von Thomas J. Watson, Gründer von IBM: „Ich denke, dass es einen Weltmarkt für vielleicht fünf Computer gibt“ (Kreutzer, 2013, S. 38). (2) Marktvolumen Das Marktvolumen ist der gegenwärtig von allen Anbietern realisierte Absatz in Mengen- oder Werteinheiten für ein bestimmtes Produkt in einem Markt. (3) Zugängliches Marktvolumen Zugangsbarrieren können das Marktvolumen aus Sicht eines Unternehmens re­ duzieren. In diesem Zusammenhang wird vom zugänglichen Marktvolumen ge­ sprochen (Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 196). Beispielsweise kann der Dämm­ stoff Styrodur auch im Gleisbettbau eingesetzt werden (siehe Abb. 8). Aufgrund der hohen Druckfestigkeit, der geringen Wasseraufnahme, der guten Dämmleis­ tung und der Unverrottbarkeit ist diese Produktart als Frostschutzschicht eine si­ chere Lösung. Kann ein Anbieter von Styrodur die sehr hohen technischen Pro­ duktanforderungen im Marktsegment Gleisbettbau allerdings nicht erfüllen, ist die Belieferung dieses Marktsegmentes für ihn nicht möglich. Marktvolumen 1.500 m3 Nicht-zugänglich: 100 m3 Gleisbettbau

Zugängliches Marktvolumen: 1.400 m3 z.B. Hausdämmung, Verpackung

Abb. 8: Marktsegmente im Styrodur-Markt

15

1. Markt- und Kundenanalyse

(4) Bearbeitetes Marktvolumen Der Begriff des bearbeiteten Marktvolumens bezieht sich auf die Entscheidung eines Unternehmens, nur einen bestimmten Teil des zugänglichen Marktes zu be­ arbeiten (Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 196). Abb. 9 zeigt einen Frachtkostenver­ gleich nach Ländern aus Sicht eines Dämmstoffherstellers. Der Hersteller ist mit einer zentralen Produktionsstätte in Deutschland vertreten und hat hohe Fracht­ kosten beim Transport des Dämmstoffes in nord- und südeuropäische Länder. Im Vergleich zu Wettbewerbern mit lokalen Produktionsstätten vor Ort ist das Unter­ nehmen dadurch nicht wettbewerbsfähig. Entscheidet sich das Unternehmen diese Länder nicht mehr zu bearbeiten, wird das zugängliche Marktvolumen reduziert. Der Anbieter konzentriert sich mit seinen Marketing- und Vertriebsanstrengun­ gen auf die mitteleuropäischen Märkte und legt damit die Größe seines bearbei­ teten Marktes fest. Will der Anbieter das zugängliche Marktvolumen dagegen vollständig aus­ schöpfen, kann er beispielsweise lokale Produktionsstätten aufbauen und/oder lokale Produzenten vor Ort aufkaufen. Mit Hilfe dieser dann dezentralen Produk­ tionsstruktur ist der Hersteller bei den Frachtkosten nun auch in den nord- und süd­ europäischen Ländern konkurrenzfähig. 40

€/m³ 27

27

25

24 20

19 15 11

GR

P

GB

N

E

SF

S

I

A

9

F

13 €/m³ 8

NL

7

CH

5

B

2 D

Abb. 9: Frachtkosten nach Ländern aus Sicht eines Dämmstoffherstellers

(5) Absatzvolumen Das Absatzvolumen beschreibt die Absatzmengen bzw. Absatzerlöse eines kon­ kreten Unternehmens bezogen auf ein bestimmtes Produkt oder eine Produktkate­ gorie. Alle Absatzvolumina der in einem konkreten Markt anbietenden Unterneh­ men ergeben zusammen das Marktvolumen eben dieses Marktes. Differenziert nach den Marktbegriffen existieren verschiedene Ansatzpunkte zur Ausweitung des Absatzvolumens eines Unternehmens:

16

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

(1) Erhöhung des Marktvolumens = Erhöhung des Grades der Marktausschöpfung Der Sättigungsgrad eines Marktes ist wie folgt definiert (siehe dazu Meffert/ Burmann/Kirchgeorg, 2015, S. 53): Sättigungsgrad = Marktvolumen × 100 Marktpotential

Der Sättigungsgrad liefert Anhaltspunkte, welches Marktwachstum zukünftig noch erreicht werden kann. Beispielsweise liegt der Sättigungsgrad für „weiße Ware“, d. h. für Kühlschränke, Waschmaschinen und Küchenherde, in Deutsch­ land nahe 100 %. In der Folge dominiert der Ersatzbedarf, und ein Absatzwachstum einzelner Anbieter lässt sich nur auf Kosten der Wettbewerber realisieren (Kreut­ zer, 2013, S. 38). Unternehmen stehen vor der Frage, wie das eigene Absatzvolumen durch eine Erhöhung des Grades der Marktausschöpfung gesteigert werden kann. So sind zwar Interesse und Kaufkraft bei den potentiellen Kunden vorhanden, trotzdem wird das Produkt noch nicht gekauft. Es existieren Kaufwiderstände, die durch unterschiedliche Marketingmaßnahmen reduziert werden können. Beispielsweise kann ein sehr hoher Werbedruck bewirken, dass aus interessierten Verbrauchern potentielle Kunden werden. So ist es dem Online-Versandhaus Zalando gelungen, durch auffällige Werbekampagnen für mehrere Millionen Euro innerhalb kurzer Zeit zum Marktführer im Online-Schuhhandel zu werden. Das Umsatzwachstum lag im Jahr 2011 bei 240 %, allerdings verzeichnete das Unternehmen gleich­zeitig Verluste in Millionenhöhe, sodass die Werbeausgaben im Jahr 2012 wieder etwas zurückgefahren wurden. Ein erfolgreicher Ansatz zur besseren Abschöpfung der Kaufkraft sind Preisreduzierungen. Am Beispiel von Flachbildfernsehern lässt sich beobachten, dass der Absatz von Fernsehgeräten seit 2005 stark angestiegen ist, während die Preise gesunken sind. (2) Erhöhung des zugänglichen Marktvolumens = Reduzierung der Zugangsbarrieren Die Zugangsbarrieren in einem Markt kann ein Unternehmen u. a. durch Pro­ duktentwicklungen reduzieren. So ist z. B. BMW mit der Entwicklung der 1er-Reihe im Jahr 2004 in das Marktsegment „Kompaktklasse“ eingestiegen und konnte folglich mit dem VW-Golf konkurrieren und eine weitere Modellklasse im Auto­ mobilmarkt erschließen.

1. Markt- und Kundenanalyse

17

(3) Erhöhung des bearbeiteten Marktvolumens = Ausdehnung der Aktivitäten auf andere zugängliche Märkte Die Ausdehnung der Aktivitäten auf andere zugängliche Märkte lässt sich durch die Erschließung neuer geografischer Märkte realisieren. Beispielsweise konnte das Unternehmen L’Oréal einen erfolgreichen Markteintritt in China realisieren. Seit 2000 verzeichnet das französische Unternehmen in China Jahr für Jahr Um­ satzanstiege im zweistelligen Prozentbereich. 2012 setzte L’Oréal in China fast 1,5 Milliarden Euro um und baute seine Marktanteile im schnell wachsenden Markt für hochpreisige Kosmetika weiter aus. (4) Erhöhung des Absatzvolumens = bessere Ausschöpfung des bearbeiteten Marktvolumens Eine bessere Ausschöpfung des bearbeiteten Marktvolumens kann beispielsweise durch eine Ausweitung des Verkaufsstellennetzes bzw. Distributionsgrades im bis­ herigen Markt erfolgen. Beispielsweise konnte das Unternehmen Alnatura die An­ zahl ihrer Bio-Supermärkte innerhalb von sieben Jahren verdreifachen. Zwischen 2006 und 2013 ist das Filialnetz von 25 auf 83 Geschäfte vergrößert worden. Bei dieser Vorgehensweise ist allerdings die übergeordnete Positionierungsstrategie zu berücksichtigen. So muss beispielsweise ein Hersteller von Luxusmarken bei der Auswahl zu beliefernder Händler darauf achten, dass das Image der Einkaufsstätte und sein Markenimage kongruent sind. 1.4 Prognose der Marktentwicklungen Die Langfristigkeit und Zukunftsorientierung strategischer Marketingentschei­ dungen bedingt nicht nur die Einsicht in die bisherigen Strukturen und Entwick­ lungen eines Marktes, sondern erfordert auch Informationen über zukünftige Marktentwicklungen. Nach Art der Vorhersage lassen sich dabei quantitative und qualitative Marktprognosen unterscheiden (siehe im Folgenden Meffert/Burmann/ Kirchgeorg, 2015, S. 169 ff.). 1.4.1 Quantitative Methoden Quantitative Methoden führen auf der Basis mathematischer Verfahren zu rech­ nerischen Ergebnissen und können in kurzfristige und langfristige Prognosen klassifiziert werden. Im Rahmen kurzfristiger Marktprognosen werden vor al­ lem die Methode der gleitenden Durchschnitte und die Methode der exponentiel­ len Glättung unterschieden.

18

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

Mit Hilfe der Methode der gleitenden Durchschnitte wird aus den letzten n Be­ obachtungswerten ein Mittelwert (arithmetisches Mittel) für die nächste Periode berechnet: yt + 1 =

yt + yt − 1 + … + yt − n + 1 n

Allen Daten wird das gleiche Gewicht 1n = w zugeordnet. Die Bezeichnung „gleitend“ basiert auf der Tatsache, dass bei Vorlage eines neuen Beobachtungs­ wertes der jeweils älteste Wert aus der Berechnung herausfällt. Der neue Beobach­ tungswert tritt dann an die erste Stelle. Das Hauptproblem des gleitenden Durch­ schnitts besteht in der Bestimmung der Anzahl der Beobachtungswerte, die bei der Durchschnittsberechnung berücksichtigt werden sollen. Üblicherweise haben jüngere Daten eine größere prognostische Relevanz als weiter zurückliegende Werte. Durch Einführung spezieller Gewichte im Rah­ men der Methode des gewogenen gleitenden Durchschnitts kann dies berücksich­ tigt werden. yt + 1 = yt ∙ wt + yt − 1 ∙ wt − 1 + … + yt − n + 1 ∙ wt − n + 1

In der Regel gilt für die Einzelgewichte wt > wt − 1 > … > wt − n + 1. Die Summe der Gewichte ergibt 1. Die Bestimmung der Gewichtungskoeffizienten erfolgt in der Regel subjektiv. Im nachfolgenden Zahlenbeispiel wird der Prognosewert für das Jahr 2016 für die beiden Methoden dargestellt. Periode

Jahr

Volumen Mio.

yt + 1

2016

1,0

yt

2015

1,0

0,4

0,4

yt − 1

2014

0,8

0,3

0,24

yt − 2

2013

0,9

0,15

0,135

yt − 3

2012

1,2

0,1

0,12

yt − n + 1

2011

1,1

0,05

0,055

Gleitender Durchschnitt

Gewicht

Gew. Volumen Mio. € 0,95

Gewogener gleitender Durchschnitt

Methode der gleitenden Durchschnitte: 2016 = 1,0 + 0,8 + 0,9 + 1,2 + 1,1 = 1,0 Mio. € 5

Methode des gewogenen gleitenden Durchschnitts: 2016 = 1,0 ∙ 0,4 + 0,8 ∙ 0,3 + 0,9 ∙ 0,15 + 1,2 ∙ 0,1 + 1,1 ∙ 0,05 = 0,95 Mio €

19

1. Markt- und Kundenanalyse

Eine Weiterentwicklung des gewogenen Durchschnitts stellt die Methode der exponentiellen Glättung dar. Auch dieses Verfahren berücksichtigt eine höhere prognostische Relevanz aktueller Werte. Die Grundformel der exponentiellen Glättung lautet: y t + 1 = λ y t + (1 – λ) y΄ t y t + 1 = Prognosewert y΄ t = Schätzwert (Mittelwert) für Periode t y t = Letzter Beobachtungswert λ = Gewichtungskoeffizient

Der Prognosewert setzt sich aus λ Prozent des letzten Beobachtungswertes und (1–λ) Prozent des bislang berechneten Mittelwertes zusammen. Je größer der Ge­ wichtungskoeffizient, desto schwächer erfolgt die Gewichtung der in der Vergan­ genheit liegenden Beobachtungswerte. Periode

Jahr

yt + 1

2016

yt

2015

1,0

y΄t

2015

0,8

λ

Volumen Mio. €

= 0.5

0,90 Mio. € = 0,5 ∙ 1,0 + 0,5 ∙ 0,8 λ

= 0,8

0,96 Mio. € = 0,8 ∙ 1,0 + 0,2 ∙ 0,8

Kurzfristige Marktprognosen ermitteln nur einen Prognosewert für die jeweils folgende Periode. Das Ziel langfristiger Marktprognosen ist die Berechnung einer zeitlichen Abfolge unterschiedlicher Prognosewerte. So ermitteln Trend- und Indikatormethoden aus historischem Datenmaterial Gesetzmäßigkeiten über die zukünftige Marktentwicklung (siehe dazu Meffert/Burmann/Kirchgeorg, 2015, S. 170 ff.; Altobelli, 2011, S. 355 ff.; Nieschlag/Dichtl/Hörschgen, 2002, S. 543 ff.). Angesichts der sich schnell verändernden Markt- und Umfeldbedingungen reicht eine mathematisch-statistische Vorhersage wichtiger Marktgrößen für mar­ ketingstrategische Zwecke nicht mehr aus. Starke Diskontinuitäten in der Zu­ kunft, z. B. neue gesetzliche Rahmenbedingungen, werden möglicherweise im Rahmen der quantitativen Prognoseverfahren nicht erkannt. Diese Gefahr besteht ins­besondere dann, wenn entsprechende Diskontinuitäten auf Einflussfaktoren zurückzuführen sind, die sich in der bisherigen Entwicklung der zu prognostizie­ renden Marktgröße noch nicht niedergeschlagen haben. Das hat in der Praxis zu einer zunehmenden Bedeutung der qualitativen Marktprognosen geführt.

20

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

1.4.2 Qualitative Methoden Qualitative Methoden liefern durch Ausschöpfung vorhandener Erfahrungen, Kenntnisse und Fingerspitzengefühl überwiegend verbale Aussagen. Deren Haupt­ ansatz liegt darin, in unterschiedlicher Weise Expertenwissen für die Marktprog­ nose zu nutzen. Experten können z. B. Wissenschaftler, unternehmensinterne Mitarbeiter mit Marktkontakt, Händler und Kunden sein. Qualitative Prognose­ methoden beinhalten somit subjektive Wertungen. Die bekanntesten Verfahren zur Erstellung qualitativer Prognosen sind die Delphi-Methode und die SzenarioTechnik. Im Rahmen der Delphi-Methode (siehe Abb. 10) wird ein bestimmter Kreis von Experten in regelmäßigen Abständen überwiegend schriftlich zur Prognos­ tizierung von bestimmten Marktentwicklungen aufgefordert. Bei dieser mehr­ stufigen Befragungsform erhalten die Experten in den einzelnen Prognoseschrit­ ten jeweils die Prognoseergebnisse der gesamten Expertenrunde und haben auf diese Weise die Möglichkeit, ihre eigenen Prognosen zu überdenken bzw. gege­ benenfalls zu korrigieren. Im Normalfall werden in drei Durchgängen jeweils die gleichen Fragen gestellt. Aufgrund der Rückkoppelungen wird trotz der räum­ lichen Trennung und der gewahrten Anonymität ein gewisser Gedanken- und In­ formationsaustausch zwischen den beteiligten Experten realisiert. Die Teilneh­ merzahl kann dabei zwischen fünf und 20 Experten betragen (Berekoven/Eckert/ Ellenrieder, 2009, S. 251). Das häufigste Anwendungsgebiet der Delphi-Methode ist die Erstellung von Prognosen zu neuen Märkten bzw. neuen technischen Problemlösungen. Eine ty­ pische Fragestellung für eine Delphi-Befragung lautet z. B.: Wie sieht die Einzel­ handelslandschaft in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2030 aus? Ein Vorteil der Delphi-Methode gegenüber der normalen Expertenbefragung ist u. a. in der Gruppenprognose zu sehen. Die Dominanz bestimmter Teilnehmer im Gruppengespräch wird aufgrund der schriftlichen Befragungsform bei die­ ser Methode ausgeschaltet. Der Austausch der Ergebnisse über mehrere Runden führt selbst dann zu einer Stabilisierung des Ergebnisses, wenn sich unterschied­ liche Meinungen über zukünftige Entwicklungen ergeben. Dieses kann gleichzei­ tig auch als Nachteil angesehen werden. Vor allem bei stark divergierenden Ant­ worten ist kaum mit einheitlichen Prognosen zu rechnen. Die Delphi-­Methode lässt zudem keine Diskussion über die jeweiligen Begründungen bei abwei­ chenden Aussagen zu. Außerdem kann eine Tendenz bei einzelnen Teilnehmern entstehen, sich der Gruppenmeinung anzuschließen (siehe dazu u. a. Altobelli, 2011, S. 390).

21

1. Markt- und Kundenanalyse Umwelt Prognoseproblem Anfrage zur Teilnahme

Fachexperten

Beginn der Delphi-Umfrage

Start 1. Befragungsdurchgang

1. Auswertung

Start 2. Befragungsdurchgang

2. Auswertung

Start 3. Befragungsdurchgang

1. Fragebogen

Fachexperten

1. Antworten

2. Fragebogen

Ausfallquoten

DelphiBefragungsinstanz

Fachexperten

2. Antworten

3. Fragebogen Fachexperten

3. Auswertung

3. Antworten

Interpretation

Delphi-Prognose

Anwendung

Abb. 10: Ablauf einer Delphi-Befragung (Hüttner, 1982, S. 30)

22

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

Bei der Szenario-Technik führen unterschiedliche Annahmen zu alternativen Zu­ kunftsbildern (Szenarien). Aufgrund der gegenwärtigen Ausgangslage lassen sich verschiedene Szenarien entwickeln, die sich alle innerhalb eines Trichters befinden (siehe dazu Abb. 11). Der Trichter bringt zum Ausdruck, dass die Zahl der Alternati­ ven mit größerer Distanz zur Gegenwart stark zunimmt. Die Menge aller möglichen Zukunftsbilder befindet sich dann auf der Schnittstelle dieses Trichters (Simon/von der Gathen, 2002, S.  81). Extremvarianten beschreiben dabei ein optimistisches und ein pessimistisches Zukunftsbild. In der Praxis hat sich die Entwicklung von ca. drei bis fünf Varianten als geeignet erwiesen. So kann als Mindestanforderung die Ausarbeitung der beiden Extremvarianten und eine Trendverlängerung der der­ zeitigen Situation gesehen werden (Berekoven/Eckert/Ellenrieder, 2009, S. 253 f.). Zur Durchführung der Szenario-Technik werden acht Arbeitsschritte durch­ laufen (siehe dazu Geschka/Reibnitz, 1983, S. 130): (1) Strukturierung und Definition des Untersuchungsfeldes > Untersuchungsfeldanalyse Eine Ausgangsfragestellung für die Szenario-Technik könnte beispielsweise lauten: Wie wird sich der Markt für wasserbasierte Autoreparaturlacke in der Bundesrepublik in den nächsten zehn Jahren entwickeln? Da die Unternehmen heute Entscheidungen über zukünftige Investitionen in Forschungs- und Entwick­ lungs-, Produktions-, Marketing- und Vertriebskapazitäten treffen müssen, ist die­ ser lange Zeitraum der Marktentwicklung durchaus praktikabel. (2) Identifizierung und Strukturierung der wichtigsten Einflussbereiche auf das Untersuchungsfeld > Umfeldanalyse Der zweite Schritt beinhaltet die Beobachtung der Vergangenheitsentwicklung. Welche Faktoren haben einen Einfluss auf die bisherige Marktentwicklung ge­ habt? In diesem Zusammenhang müssen Gesetzmäßigkeiten erkannt werden. Bei langfristigen Prognosen von ca. zehn Jahren sollte der rückwärtig zu analysie­ rende Zeitraum etwa die gleiche Spanne umfassen. Dadurch können langfristige Trends erkannt und Einflüsse von kurz- und mittelfristigen Schwankungen (z. B. Konjunkturschwankungen) reduziert werden. Für die Marktentwicklung bei wasserbasierten Autoreparaturlacken könnten beispielsweise die folgenden Einflussfaktoren und deren Vergangenheitsentwick­ lung von Bedeutung gewesen sein: Wachstum der PKW-Produktion, jährliche Fahrleistung und die Entwicklung des Bruttosozialprodukts. Ein Zusammenhang zwischen der Marktentwicklung für wasserbasierte Autoreparaturlacke und den genannten Einflussfaktoren kann mit Hilfe der Korrelationsanalyse oder der Re­ gressionsanalyse ermittelt werden (siehe dazu u. a. Nieschlag/Dichtl/Hörschgen, 2002, S. 477 ff.; Altobelli, 2011, S. 280 ff.; 324 ff.).

23

1. Markt- und Kundenanalyse Extremszenario

Trendszenario

Extremszenario Zeit Gegenwart Szenario = Bild einer denkbaren zukünftigen Situation Entwicklung eines Szenarios die durch ein Störereignis veränderte Entwicklungslinie

Zukunft Störereignis Entscheidungspunkt, z.B. Einsetzen von Maßnahmen

Abb. 11: Denkmodell zur Darstellung von Szenarien (Reibnitz, 1991, S. 30)

(3) Ermittlung von Entwicklungstendenzen der Umfelder > Trendprojektionen Auch die Markteinflussfaktoren sind den Einflüssen bestimmter Faktoren aus­ gesetzt (Deskriptoren). Ihre Beurteilung ist die Basis für die Prognose der künf­ tigen Entwicklung der Einflussfaktoren. Bei bestimmten Einflussfaktoren, z. B. dem Bruttosozialprodukt, kann auf externe Prognosen von wirtschaftswissen­ schaftlichen Instituten zurückgegriffen werden. Falls das nicht möglich ist, erfolgt auch hier die Anwendung von Trendextrapolationen oder Mini-Delphis. Für die Einflussfaktoren in dem vorliegenden Beispiel werden die folgenden zu­ künftigen (hypothetischen) Entwicklungen prognostiziert: –– Wachstum der PKW-Produktion: Mengenmäßige Bandbreite (−2) –2 % p. a., –– jährliche Fahrleistung: 10–25.000 km p. a., –– Entwicklung des Bruttosozialprodukts: 0–3 % p. a.

24

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

(4) Bildung und Auswahl alternativer, konsistenter Annahmenbündel > Annahmenbündelung Der vierte Schritt umfasst die Bildung von Umfeldszenarien, d. h. von weni­ gen, aber deutlich unterschiedlichen Zukunftsbildern der Marktentwicklung. Die Annahmen müssen dabei logisch zusammen passen. Für das Beispiel der wasser­ basier­ten Autoreparaturlacke sollen drei unterschiedliche Umfeldszenarien gebil­ det werden, die sich aus der folgenden Fragestellung ergeben: Wie entwickeln sich die PKW-Produktion, die jährliche Fahrleistung und das Bruttosozialprodukt in den nächsten zehn Jahren? Alternativen

Jährliches Wachstum der PKW-Produktion

Jährliche Fahrleistung

BSP-Entwicklung p. a.

1

−2 %

10.000 km

0 %

2

0 %

15.000 km

1,5 %

3

2 %

25.000 km

3 %

(5) Interpretation der ausgewählten Umfeldszenarien > Szenariointerpretation Nun werden Eintrittswahrscheinlichkeiten für die Umfeldszenarien festgelegt, z. B. Alternative 1: 15 %, Alternative 2: 60 % und Alternative 3: 25 %. (6) Einführung und Auswirkungsanalyse signifikanter Störereignisse > Störfallanalyse Schritt sechs beinhaltet die Einführung eines signifikanten Störereignisses, welches zu einer Veränderung der realistischen Umfeldentwicklung führen kann. Z. B. könnte die Bundesregierung ein neues Gesetz mit dem Inhalt verabschieden, dass alle öffentlichen Verkehrsmittel von Haushalten mit einem monatlichen Ein­ kommen von weniger als 1.500 € kostenlos benutzt werden dürfen. Dieses Ge­ setz hat sicherlich konkrete Auswirkungen auf die PKW-Nachfrage und jährliche Fahrleistung. (7) Ausarbeiten der Szenarien bzw. Ableiten von Konsequenzen für das Untersuchungsfeld > Auswirkungsanalyse Die zukünftige Entwicklung im Markt für wasserbasierte Autoreparaturlacke soll durch folgende Szenarien charakterisiert werden:

1. Markt- und Kundenanalyse

25

–– Szenario 1: Marktrückgang (−2) – (−1) % p. a., –– Szenario 2: Marktstagnation von 0 % p. a., –– Szenario 3: Moderates Marktwachstum mit 2–3 % p. a. (8) Konzipieren von adäquaten Maßnahmen und Planungen Unternehmen sehen sich einer zunehmenden Unsicherheit durch Diskontinuitä­ ten in der politischen, sozialen und der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung kon­ frontiert. Marketingstrategische Planungen müssen versuchen, ein wirtschaft­ liches Überleben in unterschiedlichsten Umweltsituationen sicherzustellen. Aus diesem Grund sollten Unternehmen für jedes Szenario eine fertige Strategie bzw. einen Maßnahmenplan proaktiv ausgearbeitet haben. Zusammenfassung In der Praxis finden qualitative Prognoseverfahren eine immer stärkere Verbrei­ tung. Bei den quantitativen Verfahren sind insbesondere Trendextrapolationen von hoher Bedeutung. Zur Ableitung von Marktprognosen erscheint eine Kombination beider Verfahren sinnvoll. So können die Ergebnisse quantitativer Verfahren durch Experten auf ihre Plausibilität überprüft werden. Tiefgreifende Veränderungen in den Umfeldbedingungen der Unternehmen lassen eine ausschließliche Verwen­ dung der quantitativen Verfahren allerdings nicht zu.

26

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

1.5 Marktsegmentierung Die Marktsegmentierungsstrategie beinhaltet die beiden Hauptschritte Markt­ erfassung (Marktsegmentierung) und Marktbearbeitung (siehe Abb. 12). Marktsegmentierungsstrategie

Markterfassung –> Informationsseite

Marktbearbeitung –> Aktionsseite

Erklärungsmodelle des Käuferverhaltens

Datenerhebungsmethoden den Marktforschung

Datenanalysemethoden der Marktforschung

Auswahl der zu bearbeitenden Modelle

Segmentspezifischer Einsatz der Marketinginstrumente

Auswahl geeigneter Segmentierungskriterien

Erfassung der Ausprägungen der Nachfrage

Bildung der Segmente

Vergleich zwischen Erlösen und Kosten der Bearbeitung

Produkt Preis Distribution Kommunikation

Abb. 12: Schritte der Marktsegmentierungsstrategie (in Anlehnung an Freter, 2008, S. 27)

Zunächst werden im Rahmen der Markterfassung Marktsegmente mit Hilfe verschiedener Marktsegmentierungskriterien gebildet, d. h. ein heterogener Markt wird in homogene Untergruppen von Abnehmern aufgeteilt. Ein Marktsegment sollte dabei für sich betrachtet hinsichtlich der Bedürfnisse und Anforderungen möglichst ähnlich oder gleichartig sein, im Vergleich zu anderen Segmenten da­ gegen möglichst unähnlich oder ungleichartig (intern homogen; extern heterogen). Eine Zielgruppe muss somit gleiche oder zumindest sehr ähnliche Reaktionswei­ sen auf den Einsatz der Marketinginstrumente bzw. den gesamten Marketingmix aufweisen. D. h., die in einem Segment zusammengefassten Abnehmer müssen gleiche Produkt-, Preis-, Service-, Werbeerwartungen etc. aufweisen. Nur dann können alle Marketinginstrumente segmentadäquat eingesetzt werden (Freter, 2008, S. 54). Damit ist der zweite Schritt der Marktsegmentierungsstrategie ange­ sprochen, welcher die Auswahl der zu bearbeitenden Segmente und den anschlie­ ßenden marktsegmentspezifischen Einsatz der Marketinginstrumente innerhalb der Marktbearbeitung umfasst. In diesem Kapitel werden ausschließlich verschie­ dene Kriterien zur Marktsegmentierung diskutiert. Die Strategie der differenzier­ ten Bearbeitung der Marktsegmente wird in Kapitel E 3 thematisiert. Zuerst soll kurz diskutiert werden, welche Zielsetzungen die Unternehmen mit der segmentspezifischen Markterfassung verfolgen. Die Segmentierung der Märkte ermöglicht zunächst ein differenziertes Erkennen von Marktverände­ rungen hinsichtlich der zukünftigen Entwicklungen. So kann ein starkes Markt­ wachstum in einigen Marktsegmenten prognostiziert werden, während in ande­

27

1. Markt- und Kundenanalyse

ren Marktsegmenten ein deutlicher Marktrückgang erwartet wird. Dadurch erhöht sich die Markttransparenz, da sich nun die Attraktivität der unterschiedlichen Teil­ märkte gut bewerten lässt. Ebenfalls wird das Aufspüren von bisher nicht durch die Konkurrenz besetzten Marktnischen erleichtert. Eventuell lassen sich gerade in diesen kleinen Marktsegmenten relativ hohe Verkaufspreise realisieren. Die Segmentierung der Märkte eröffnet einem Unternehmen die Möglichkeit, den Markt im Rahmen der später zu definierenden Strategie differenziert zu be­ arbeiten. Das Unternehmen kann somit eine standardisierte Marktbearbeitung vermeiden, indem ein Zuschnitt von Produkten, Serviceleistungen, Preisen, Ver­ triebswegen und kommunikativen Ansprachen auf die speziellen Erfordernisse be­ stimmter Kundenkreise erfolgt. Dadurch ist einerseits ein zielgerichteter und ef­ fizienter Einsatz aller unternehmerischen Ressourcen möglich und andererseits kann eine höhere Kundenzufriedenheit durch maßgeschneiderte Segmentange­ bote erreicht werden. 1.5.1 Anforderungen an Marktsegmentierungskriterien Die Aufteilung eines Gesamtmarktes bezüglich seiner Marktreaktion in intern homogene und extern heterogene Marktsegmente erfordert die Auswahl geeigne­ ter Segmentierungskriterien, die eine sinnvolle Abgrenzung, Beschreibung sowie Bearbeitung von Marktsegmenten ermöglichen (Freter, 2008, S. 90). Marktseg­ mentierungskriterien sind Kriterien bzw. Merkmale zur Einteilung von Marktseg­ menten. Ein Kriterium soziodemographischer Art ist z. B. das „Alter“. Anhand dieses Kriteriums lassen sich beispielsweise die Marktsegmente (Merkmalsaus­ prägungen) Kinder, Jugendliche, Erwachsene und Senioren unterscheiden. An diese Kriterien der Markterfassung sind bestimmte Anforderungen zu stel­ len (siehe dazu u. a. Backhaus/Voeth, 2010, S. 118 f.; Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 386; Meffert/Burmann/Kirchgeorg, 2015, S. 181 f., Freter, 2008, S. 90 ff.): Kaufverhaltensrelevanz Wirtschaftlichkeit

Messbarkeit

Markt- Markt- Marktsegsegsegment 1 ment 2 ment 3

Zeitliche Stabilität

Realisierbarkeit

Erreichbarkeit

Abb. 13: Anforderungen an Marktsegmentierungskriterien

28

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

Kaufverhaltensrelevanz Weisen die Kunden hinsichtlich des verwendeten Segmentierungskriteriums keine Unterschiede im Kaufverhalten und in der Reaktion auf den Einsatz der Marketinginstrumente auf, ist eine Marktsegmentierung durch Verwendung die­ ses Kriteriums nicht sinnvoll. Gibt es beispielsweise im Markt für alkoholfreie Ge­ tränke beim Kaufverhalten zwischen Männern und Frauen keinen wesentlichen Unterschied, dann stellt eine soziodemographische Marktsegmentierung nach dem Kriterium „Geschlecht“ keinen kaufverhaltensrelevanten Ansatz in diesem Markt dar. Je stärker der Einfluss eines Kriteriums folglich auf die Kaufentschei­ dung ist, desto wichtiger ist seine Bedeutung für die Marktsegmentierung. Messbarkeit (Operationalität) Die Marktsegmentierungskriterien müssen mit den vorhandenen Marktfor­ schungsmethoden messbar und erfassbar sein. Beispielsweise ist das Kriterium Alter einfach zu messen und zu erfassen. Die Verwendung psychographischer Konstrukte wie z. B. Einstellungen erfordert demgegenüber ein hohes Maß an­ Expertenwissen (Meffert/Burmann/Kirchgeorg, 2015, S. 182). Wirtschaftlichkeit Der sich aus der Segmentierung ergebende Nutzen muss größer als die anfal­ lenden Kosten sein. Eine größtmögliche homogene Kundengruppe, für die sich ein maßgeschneidertes Marketingprogramm lohnt, ist als Segment zu betrachten. So wird z. B. für Automobilhersteller die spezielle Entwicklung eines Wagens für das Segment der Kunden mit einer Größe von mehr als 2,20 Metern nicht lohnens­ wert sein. Eine zu große Zahl von Segmenten, bei der einzelne Segmente nur eine recht geringe Nachfrage aufweisen, sollte folglich vermieden werden ­(Homburg/ Krohmer 2012, S. 472). Realisierbarkeit Kann ein Hersteller die effektiven Marketingprogramme für die mit Hilfe von Marktsegmentierungskriterien gebildeten jeweiligen Segmente nicht entwickeln, ist von einer Segmentierung abzusehen.

1. Markt- und Kundenanalyse

29

Zeitliche Stabilität Eine Marktsegmentierung ist nur dann sinnvoll, wenn die Ergebnisse der Markt­ erfassung für den Zeitraum der Durchführung und Wirkung der segmentspezifi­ schen Marktbearbeitungsaktivitäten Gültigkeit besitzen. Die mittels der Kriterien gebildeten Segmente müssen über den Planungszeitraum hinweg stabil sein. Eine hohe zeitliche Stabilität besitzen soziodemographische Kriterien. So lassen sich z. B. Veränderungen im Altersaufbau der Bevölkerung in der Regel gut prognosti­ zieren (Freter, 2008, S. 107). Erreichbarkeit (Zugänglichkeit) Eine gezielte Ansprache der Zielgruppen kann nur mit Hilfe von Kriterien er­ reicht werden, die auch zu marketingpolitisch erreichbaren Marktsegmenten füh­ ren. Beispielsweise müssen Medien und Vertriebskanäle vorhanden sein, die ziel­ gruppenspezifisch eingesetzt werden können. In der Theorie und Praxis sind eine Vielzahl von Marktsegmentierungskrite­ rien entwickelt und empirisch getestet worden. Die kombinierte Anwendung der Kriterien zur Bildung von kaufverhaltensrelevanten Marktsegmenten ist dabei der Regelfall. In diesem Zusammenhang wird von mehrstufiger Marktsegmentierung gesprochen. Bei der einstufigen Marktsegmentierung liegt nur ein Kriterium zur Aufteilung eines Gesamtmarktes zugrunde (Backhaus/Voeth, 2010, S. 120). 1.5.2 Marktsegmentierungskriterien in Konsumgütermärkten Die Vielzahl der in Konsumgütermärkten verwendeten Segmentierungskrite­ rien lässt eine Systematisierung in soziodemographische, psychographische und verhaltensorientierte Kriterien zu (siehe dazu u. a. Becker, 2013, S. 251; Meffert/ Burmann/Kirchgeorg, 2015, S.  182; Freter, 2008, S.  93; Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 366 ff.). Soziodemographische und psychographische Kriterien stellen je­ weils Bestimmungsfaktoren des Kaufverhaltens dar. Während die erste Gruppe der Marktsegmentierungskriterien bei Verbrauchern relativ gut feststellbar ist (z. B. Alter, Geschlecht), umfasst die zweite Gruppe nicht-beobachtbare Kriterien des Kaufverhaltens (z. B. Einstellungen, Werte). Letztlich spiegeln verhaltensori­ entiere Merkmale Ergebnisse bereits realisierter Kaufentscheidungen wider. Un­ terstellt wird, dass beispielsweise ein Preis-Käufer auch zukünftig preisorientiert einkaufen will.

30

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

1.5.2.1 Soziodemographische Marktsegmentierung Die „klassische“ Vorgehensweise ist die Marktsegmentierung nach den wich­ tigen soziodemographischen Merkmalen Wohnort, Geschlecht, Alter, Einkom­ men, Beruf und nationale Herkunft (siehe Abb. 14). Weitere soziodemographische Merkmale zur Differenzierung von Märkten sind beispielsweise Haushaltsgröße, Familienstand, Ausbildung und Konfession.

Soziodemographische Kriterien

Wohnort

Geschlecht

Alter

Einkommen

Beruf

Nationale Herkunft

Abb. 14: Wichtige soziodemographische Marktsegmentierungskriterien

Bei der Verwendung des Wohnortes als Segmentierungskriterium können un­ terschiedliche geografische Einheiten gewählt werden. Bei einer makrogeografischen Segmentierung erfolgt die Aufteilung des Marktes hauptsächlich nach Kri­ terien wie nationale Länder, Bundesländer, Regierungsbezirke, Landkreise, Städte oder auch Gemeinden (Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S.  368). Geografische Seg­ mentierungen machen allerdings nur dann Sinn, wenn unter regionalen Gesichts­ punkten ein unterschiedliches Konsumverhalten erkennbar ist. Ein differenziertes geografisches Konsumverhalten existiert vor allem bei Nahrungs- und Genuss­ mitteln, wie z. B. Bier, Wein, Lebensmittelspezialitäten. Ein wesentlicher Vorteil des Segmentierungsansatzes ist die einfache und kostengünstige Datenbeschaf­ fung aufgrund des Vorhandenseins sekundärstatistischen Materials, z. B. Bevöl­ kerungsanzahl und Kaufkraft in den Regionen. Allerdings kann dieser Segmen­ tierungsansatz nur indirekte bzw. grobe Bezüge zum Kaufverhalten herstellen. Eine feinere geografische Unterteilung der Märkte liefert die mikrogeografische Segmentierung (siehe dazu im Folgenden Meffert/Burmann/Kirchgeorg, 2015, S. 183 ff.), die eine räumliche Aufteilung von Konsumenten in so genannte Wohn­ gebietszellen unterhalb des Stadt- bzw. Stadtviertelniveaus beinhaltet. Die Lokali­ sierung und gezielte Ansprache kleinster Marktsegmente durch die Verknüpfung regionaler Kenndaten (Demographie, Beschäftigungs-, Wirtschafts- und Infra­ struktur etc.) kombiniert mit Angaben zum Lebensstil ist möglich. Grundidee der mikrogeografischen Segmentierung ist die so genannte „Nachbarschaftsaffinität“. D. h., Personen mit ähnlichem sozialen Status und Lebensstil und daraus resultie­ rend vergleichbarem Kaufverhalten wohnen benachbart bzw. in ähnlichen regiona­ len Bezirken. Beispielhaft seien hier Studenten- und Künstlerviertel, wohlhabende Villenvororte und Gastarbeiterstadtteile genannt. Das Kriterium des Wohnortes

1. Markt- und Kundenanalyse

31

stellt somit den Ausgangspunkt einer sich anschließenden Analyse von weiteren soziodemographischen und psychographischen Informationen über jede regionale Wohngebietszelle dar. Voraussetzung für den effizienten Einsatz der mikrogeografischen Segmentie­ rung ist ein professionelles Database-Marketing. Aufgrund vorhandener Adres­ senlisten können Direktwerbeaktionen für Luxusprodukte gezielt z. B. an Be­ wohner von Villenvororten adressiert werden. Dadurch wird eine individuelle Ansprache dieser lokalisierten Marktsegmente möglich, welche die üblichen Streuverluste durch den Einsatz von Massenkommunikationsmitteln vermeiden kann. Allerdings entstehen zusätzliche Kosten der Datenbeschaffung und Daten­ pflege bei den Adressen. Auch können sich Probleme im Hinblick auf die zeit­ liche Stabilität mikrogeografischer Segmentierungen ergeben, da einmal gebildete Strukturen, z. B. in bestimmten Wohngegenden, relativ schnellen Änderungen un­ terliegen (Homburg/Krohmer, 2012, S. 473). Das Geschlecht ist immer noch für signifikante Unterschiede im Kaufverhalten von Mann und Frau verantwortlich. Marktsegmentierungen nach dem Geschlecht sind vor allem bei solchen Warengruppen sinnvoll, bei denen Kauf und Konsum in einem direkten Zusammenhang mit dem Geschlecht stehen. Das ist bei folgenden klassischen Verbrauchs- und Gebrauchsgütern im Konsumgüterbereich gegeben: –– Kosmetik: Estée Lauder für Frauen und Aramis für Männer, –– Zigaretten: Marlboro für Männer und Eve für Frauen, –– Zeitschriften: Wirtschaftswoche oder Capital für Männer und Brigitte oder Freun­ din für Frauen, –– Autos: Porsche oder 5er-BMW für Männer und 1er-BMW oder Mini für Frauen (Becker, 2013, S. 252). Insbesondere die produktgestalterischen Elemente Design und Verpackung so­ wie die Werbung können hier ganz bewusst hinsichtlich geschlechtsspezifischer Ansprüche, Erwartungen und Einstellungen konzipiert werden. Eine differen­ zierte Marktbearbeitung über unterschiedliche Handelskanäle ist z. B. im Dienst­ leistungsbereich bei Bekleidungen (Herren- oder Damenbekleidungs­geschäfte) und beim Haare schneiden (Damen- bzw. Herrenfriseure) möglich. In Zusammenhang mit der Produktion und Vermarktung von geschlechtsspezi­ fischen Produkten und Dienstleistungen hat sich auch in Deutschland zunehmend der Begriff Gendermarketing durchgesetzt. Der Begriff Gender steht im eng­ lischen Sprachraum für das soziale Geschlecht im Gegensatz zum biologischen Geschlecht „Sex“ (Krell, 2005, S.  51). Im Rahmen der geschlechtsspezifischen Produktgestaltung und Vermarktung lassen sich zwei grundlegende Arten unter­ scheiden. Bei der sichtbaren Form ist sofort erkennbar, dass das Produkt für einen Mann oder eine Frau ist, z. B. durch einen Hinweis auf der Packung „for Men“ oder „for Women“. Dagegen werden bei der unsichtbaren Form beispielsweise weib­

32

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

liche Anforderungen durch die Produktgestaltung berücksichtigt, z. B. geringeres Gewicht und kleinere Griffgröße bei Werkzeugen. Die Hypothese, dass Frauen und Männer ein unterschiedliches Kaufverhalten aufweisen, kann aber nicht immer bestätigt werden. So kaufen ältere Frauen an­ ders ein als jüngere. Das ist beim Versandhandel ebenso zu beobachten wie bei Verkaufsparties oder beim TV-Shopping. Auch haben Single-Männer ein anderes Kaufverhalten als Familienväter (Hurth, 2009, S. 242). Aufgrund der sich im Laufe des Lebens ändernden Wünsche/Ansprüche und Fähigkeiten/Möglichkeiten ist eine Korrelation der Bedürfnisse und des Kaufver­ haltens der Konsumenten mit deren Alter festzustellen. Stark altersmäßig geprägte Marktsegmente sind beispielsweise in den Bereichen Freizeit, Spielzeug, Ernäh­ rung, Möbel und Bekleidung zu erkennen. So nimmt Lego im Spielzeugbereich von Duplo für Kleinkinder über verschiedene Lego-Grund- und Ausbausysteme bis hin zur Lego-Technik gezielt eine altersbedingte Segmentierung vor (Scharf/ Schubert/Hehn, 2012, S. 223). Das Einkommen steht häufig in keinem direkten Zusammenhang zum Kaufver­ halten und wird deshalb gerne in Kombination mit anderen Marktsegmentierungs­ kriterien verwendet. Einkommensbetrachtungen spielen beispielsweise bei Autos, Bekleidung, Kosmetika und Touristik eine Rolle. Auch bei Finanzdienstleistungen wird nach dem Einkommen segmentiert, was das Beispiel von MLP, dem führen­ den Finanzdienstleister für Akademiker in Europa zeigt (Kotler/Keller/­Bliemel, 2007, S. 370). Empirisch belegt ist, dass mit steigendem Einkommen der Konsum von Spe­ zialitäten, Luxus- und Premiumprodukten zunimmt. Bei Gütern des täglichen Bedarfs weist das Einkommen aber nur einen relativ geringen Bezug zum Kauf­ verhalten auf. Beispielsweise kauften im Jahr 2014 97 % der deutschsprachigen Bevölkerung in Discountern ein (Statista, 2015). Der Beruf lässt sich ebenfalls nur sinnvoll in Kombination mit anderen Krite­ rien verwenden. Bei isolierter Anwendung als Segmentierungskriterium kann fest­ gehalten werden, dass die Nachfrage nach der relevanten Produktgruppe (z. B. Ar­ beitsbekleidung, Fachmagazine) in einem engen Zusammenhang zum Beruf steht (Meffert/Burmann/Kirchgeorg, 2015, S. 186). Die Anwendung des Kriteriums Nationale Herkunft ist in Ländern sinnvoll, in denen sich nationale Identitäten aufrechterhalten. So gab es im Jahr 2013 in der Bundesrepublik ca. 16,5 Mio. Menschen mit einem „Migrationshintergrund“, da­ von sind 6,8 Mio. Ausländer und 9,7 Mio. Deutsche mit Migrationshintergrund. Insgesamt deckt die Bevölkerung mit Migrationshintergrund somit fast 20,5 % der Gesamtbevölkerung ab (Destatis, 2015). Gut 3,0 Mio. Menschen mit Migra­ tionshintergrund haben ihre Wurzeln in der Türkei und repräsentieren eine Kauf­ kraft von ca. 20 Mrd. Euro, die fast vollständig in Deutschland eingesetzt wird (Beys, 2015).

1. Markt- und Kundenanalyse

33

Ethnische Gruppen stellen für die Marketingverantwortlichen in den Unterneh­ men somit interessante Zielgruppen dar, die entsprechend ihren Anforderungen und Bedürfnissen segmentspezifisch bearbeitet werden sollten. In diesem Zusam­ menhang wird von Ethnomarketing gesprochen. So sind Türken beispielsweise sehr marken- und qualitätsbewusst und eher bereit, für Markenartikel mehr Geld auszugeben. Sie nutzen in starkem Maße das Fernsehen, insbesondere werden tür­ kische TV-Sender bevorzugt. Die Print-Medien Zeitungen und Zeitschriften sowie das Radio spielen dagegen eine geringere Rolle (o.V., 2013, S. 5). Eng verbunden mit dem Kriterium Nationale Herkunft ist das Thema Religion/ Konfession. Beispielsweise prägt der Islam u. a. mit seinem Halal-Gebot den Kon­ sum entscheiden mit. Das Halal-Konzept beinhaltet Attribute wie Sauberkeit, Si­ cherheit, Gesundheit, Verlässlichkeit und Qualität, sowie Gemeinwohl, Gerech­ tigkeit und nachhaltiges Leben. Da die Einhaltung des Konzepts für Muslime Pflicht ist, sind diese Grundsätze dementsprechend bei der Kaufentscheidung zu berücksichtigen. Zwar nimmt Halal den größten Einfluss auf die Ernährung, al­ lerdings weitet sich dieser islamische Lebensstil auch auf Bereiche wie Kosme­ tik, Mode, Finanzen, Hotels oder die medizinische Versorgung sowie Alten- und Krankenpflege aus (Alihodzic, 2013, S. 46). Nahrung darf weder Alkohol noch tierische Bestandteile enthalten. Aus diesem Grund bietet beispielsweise Haribo seine Fruchtgummis wie z. B. Gummibären, Happy Cola oder Topifrutti auch ohne Schweinegelantine oder Erzeugnisse vom Schwein an. In der Kommunika­ tionspolitik sollte der Leitsatz „Sex sells“ zur Ansprache von Konsumenten im islamischen Raum auch nicht eingesetzt werden, da Erotik und Sexualität im öf­ fentlichen Bereich abgelehnt werden. Die Verwendung soziodemographischer Marktsegmentierungskriterien hat ver­ schiedene Vorteile. So sind die Kriterien für die Unternehmen relativ leicht erfassund messbar. Die leichte Erfassbarkeit äußert sich zum einen darin, dass auf be­ reits erhobenes statistisches Material zurückgegriffen werden kann. Des Weiteren lassen sich dies Kriterien mit den Methoden der Marktforschung einfach opera­ tionalisieren und erheben (Freter, 2008, S. 107). Die so gebildeten Segmente wei­ sen in der Regel eine hohe zeitliche Stabilität auf und geben auch Hinweise auf die zielgruppenspezifische Marktbearbeitung, z. B. Werbung in Zeitschriften wie Bravo oder Apotheken Umschau zur Ansprache bestimmter Alterssegmente. Als wesentlicher Nachteil wird allerdings die in vielen Fällen geringe Relevanz der soziodemographischen Kriterien für die Erklärung des Kaufverhaltens ange­ sehen. So können sich z. B. zwei bei öffentlichen Arbeitgebern Angestellte, die ein gleich hohes Einkommen haben und im selben Wohnviertel leben, in ihren Präfe­ renzen für bestimmte Produkte, Einkaufsstätten und Medien grundlegend unter­ scheiden (Scharf/Schubert/Hehn, 2012, S. 223). Da einzelne Segmentierungskriterien soziodemographischer Art in aller Regel Marktsegmente ausweisen, die sich hinsichtlich des Kaufverhaltens nur unwesent­ lich voneinander unterscheiden, werden zwecks Erhöhung der Trennschärfe zwi­

34

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

schen den Marktsegmenten sinnvolle Kombinationen von Kriterien ausgewählt. Bekannte Kombinationen von soziodemographischen Kriterien sind: –– Kombination von Einkommenshöhe, Familiengröße und Alter, –– Soziale Schichtung (social classes), –– Familienlebenszyklus (family life cycle). Die Kombination von drei Einkommensklassen, drei Familiengrößen und vier Altersklassen führt zu insgesamt 36 (4 x 3 x 3) Marktsegmenten. Das markierte Segment in Abb. 15 lässt sich durch junge Single-Haushalte mit vergleichsweise hohem Einkommen beschreiben und stellt eine sehr aufgeschlossene, konsumfreu­ dige Zielgruppe für Unternehmen dar. Allerdings hat dieser Segmentierungsansatz im Hinblick auf produktgruppenspezifische Unterschiede bzw. Besonderheiten auch nur eine eingeschränkte Aus­ sagekraft (Becker, 2013, S. 254). Insbesondere verliert das Einkommen als sozio­ demographische Segmentierungsvariable in gewissem Umfang an Bedeutung. Bei Konsumenten ist in den letzten Jahren verstärkt ein Nebeneinander von Teuer- und Billigkäufern zu beobachten. In diesem Zusammenhang wird von dem hybriden Käufer gesprochen, der einerseits ein geringes Interesse an Preisinformationen bei Luxusartikeln zeigt und andererseits ein hohes Interesse an Preisinformationen bei Gütern des täglichen Bedarfs hat. Ein oft genanntes Beispiel für ein preis­ hybrides Kaufverhalten ist ein Porschefahrer, der seine Lebensmittel bei Aldi ein­ kauft (Schaper 2013, S. 46 f.). es

65 und älter

nd

es rd

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50–64

35–49

19–34 1

Familiengröße

2–3 4 und mehr unter 25.000

25.000 bis 50.000

über 50.000

Einkommenshöhe

Abb. 15: Segmentierung eines Marktes auf Basis von drei soziodemographischen Kriterien (Kotler, 1982, S. 208)

1. Markt- und Kundenanalyse

35

Durch Kombination der Kriterien Einkommen, Beruf und Ausbildung entsteht im Rahmen der Sozialen Schichtung ein Drei-Schichten-Modell (ABC-Modell). Die Ober-, Mittel- und Unterschicht kann pro Schicht noch nach zwei Unter­ gruppen differenziert werden („obere“ und „untere“). Durch die Individualisie­ rung des Konsums und die Pluralisierung (Vielgestaltigkeit) der Gesellschaft hat das Schichtenkonzept allerdings an Aussagekraft verloren. Die Bildung sozialer Schichten führt heute nur noch selten zu gesellschaftsbezogenen Marktsegmenten, die sich anhand ähnlicher Wertvorstellungen, Interessen, Lebensstile und Verhal­ tensmuster charakterisieren lassen (Meffert/Burmann/Kirchgeorg, 2015, S. 187). Der Ansatz des Familienlebenszyklusses (Wells/Gubar, 1966, S.  361 ff.) ver­ knüpft die Kriterien Alter, Familienstand, Alter des jüngsten Kindes und Erwerbs­ tätigkeit bzw. Ruhestand der Ehepartner. Der Familienlebenszyklus bezieht sich auf die einzelnen Phasen, die Menschen in einem Haushalt im Zeitablauf durch­ laufen. Das Modell lässt eine Unterscheidung von acht typischen Phasen zu: –– 1. Phase: Junge, alleinstehende Leute, die nicht im Elternhaus leben, –– 2. Phase: Frisch verheiratete Paare, jung, keine Kinder, –– 3. Phase: Volles Nest I: Jüngstes Kind unter 6 Jahren, –– 4. Phase: Volles Nest II: Jüngstes Kind 6 Jahre oder älter, –– 5. Phase: Volles Nest III: Ältere verheiratete Paare mit abhängigen Kindern, –– 6. Phase: Leeres Nest I: Ältere verheiratete Paare, Kinder haben das Elternhaus verlassen, –– 7. Phase: Leeres Nest II: Ältere verheiratete Paare, Ehemann pensioniert, –– 8. Phase: Ehepartner gestorben, alleinstehend. Das Kauf- und Konsumverhalten wird von der jeweiligen Lebensphase relativ stark beeinflusst. So werden Gebrauchsgüter der Haushaltsausstattung, z. B. Kühl­ schränke, Waschmaschinen oder Staubsauger, besonders stark in den ersten Pha­ sen des Lebenszyklusses gekauft. Die segmentspezifischen Schlussfolgerungen zum Kauf bestimmter Produktarten sind somit vergleichsweise gut. Allerdings sind keine Aussagen über unterschiedliche Reaktionen der Marktsegmente auf eingesetzte Marketinginstrumente möglich. Außerdem haben gesellschaftliche Entwicklungen, z. B. hohe Scheidungsraten, zunehmende Anzahl von PatchworkFamilien, Elternschaft ohne Ehe, hoher Anteil von Single-Haushalten, zu einer Weiterentwicklung des Familienzyklusmodells geführt (Freter, 2008, S. 102 ff.). Abschließend wird diskutiert, inwieweit soziodemographische Merkmale von Konsumenten das umweltbewusste Kaufverhalten erklären können. Balderjahn (2013, S. 209) definiert in diesem Zusammenhang zunächst das Umweltbewusst­ sein von Konsumenten „als Einsicht, dass das eigene Verhalten Umweltschäden verursacht, verbunden mit der Bereitschaft, durch eigenes Handeln diese Belastun­ gen zu vermeiden bzw. zu minimieren“. Folglich berücksichtigen umweltfreund­

36

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

liche Konsumenten die ökologischen Konsequenzen ihrer vielfältigen Konsum­ gewohnheiten. Zwischen dem bekundeten Umweltbewusstsein eines Verbrauchers und seinem tatsächlichen umweltbewussten Verhalten sind aber oftmals erheb­ liche Diskrepanzen festzustellen. In diesem Zusammenhang wird von einer Ver­ haltenslücke gesprochen, die wie folgt begründet werden kann: –– Wirkungslosigkeitsvermutung: Konsumenten unterschätzen häufig die Möglich­ keit durch eigenes Handeln die Natur zu schützen. –– Opportunismusvorbehalt: Konsumenten hegen oft Misstrauen gegenüber ande­ ren, dass diese sich nicht umweltbewusst verhalten. Sie haben oft Angst, über­ vorteilt und ausgebeutet zu werden, wollen nicht die Dummen sein. –– Eigennutzmaxime: Konsumenten stellen den persönlichen Eigennutzen des Han­ delns vor den der Nachhaltigkeit (Balderjahn, 2007, S. 154 ff.). Das umweltbezogene Konsumverhalten macht einen erheblichen Anteil am Um­ weltverhalten aus, welches das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) seit 1996 im Zwei-Jahres-Rhythmus in Deutsch­ land untersucht. In einer repräsentativen Stichprobe wurden im Jahr 2014 insgesamt 2.117 deutschsprachige Personen ab 14 Jahre zum umweltbezogen Kaufverhalten be­ fragt. So wählen beim Kauf von Lebensmitteln und Getränken 3 % immer die BioAlternative und 17 % tun dies sehr häufig. Die Mehrheit der Probanden (57 %) hin­ gegen kauft Bio-Produkte nur manchmal. Bei knapp einem Fünftel der Befragten kommen Bio-Lebensmittel gar nicht in die Einkaufstüte. Unter den häufigen BioKäufern sind Frauen sowie Personen mit einer hohen Bildung beziehungsweise Frage: Bitte geben Sie an, wie häufig Sie in den letzten vier Wochen... ...beim Kauf von Lebensmitteln und Ge tränken Bio-Produkt e gewählt haben. ...beim Kauf von Fisch oder Meeresfrüchten Produkte aus nachhaltiger Fischerei gewählt haben.

betrifft mich nicht

22

3

weiß nicht

6

2

10

6 nie 4

5

16 13

3 2

24 17

1 immer Angaben in Prozent

Bio-Lebensmittel und -Getränke

17 7

4

19 19

3 0

Fisch oder Meeresfrüchte aus nachhaltiger Fischerei

18

10

20

30

Abb. 16: Häufigkeit des Kaufs von Bio-Lebensmittel und Bio-Fisch (BMBU, 2014, S. 49)

37

1. Markt- und Kundenanalyse

einem höheren Einkommen überdurchschnittlich oft vertreten. Auch zeigt sich hier ein deutliches Ost-West-Gefälle: In Ostdeutschland kauft sogar jeder Vierte gar keine Bio-Lebensmittel. Dagegen kauft bei Fisch oder Meeresfrüchten weit über ein Drittel der Befragten häufig Produkte aus nachhal­tiger Fischerei  – darunter vor allem ältere und einkommensstärkere Personengruppen (BMUB, 2014, S. 49). Weitere wichtige Befragungsinhalte, die das umweltbezogene Kaufverhalten thematisieren, betreffen Produktkennzeichen. So markieren unabhängige Labels Produkte, die geprüften Nachhaltigkeitskriterien entsprechen. Dadurch sollen den Konsumenten Orientierungshilfen beim umweltbewussten Einkaufen gegeben werden. Den Blauen Engel als weltweit erstes Umweltkennzeichen erkennen bei­ spielsweise 92 % der Befragten bei Vorlage. Dabei achten aber nur 37 % der Be­ fragten bei der Produktwahl auf dieses Zeichen beziehungsweise geben an, dass es einen Einfluss auf die Kaufentscheidung hat – Frauen häufiger als Männer und Äl­ tere etwas häufiger als Jüngere. Auch Schülerinnen und Schüler und Bezieherin­ nen und Bezieher mittlerer Einkommen lassen sich überdurchschnittlich oft durch den „Blauen Engel“ leiten. Im Folgenden sehen Sie bestimmte Zeichen und Siegel. Bitte geben Sie jeweils an, ob sie diese kennen und wenn ja, ob diese Ihre Kaufentscheidung beeinflussen.

Angaben in % „Blaue r Engel“ ist mir be ka nnt

92

ja , ich acht e dara uf

37

Abb. 17: Blauer Engel: Bekanntheit und Einfluss auf die Kaufentscheidung (BMBU, 2014, S. 84)

1.5.2.2 Psychographische Marktsegmentierung Eine moderne Methode der Marktsegmentierung ist der psychographische An­ satz. Hier werden Zielgruppen anhand psychologischer Kriterien definiert, in dem nicht beobachtbare Elemente des Käuferverhaltens zur Segmentbildung heran­ gezogen werden. Im Rahmen der psychographischen Marktsegmentierung las­ sen sich personen- und produktbezogene Segmentierungskriterien unterscheiden. Die produktbezogenen Kriterien umfassen u. a. produktbezogene Einstellungen und Nutzenerwartungen der Abnehmer. Insbesondere wird der Ansatz der Nut­ zensegmentierung (Benefit Segmentation; Yankelovich, 1964, S.  83 ff.; Haley, 1968, S. 30 ff.) in der Praxis immer häufiger verwendet. Aus Kundensicht ist der Nutzen als Grad der Bedürfnisbefriedigung durch die Verwendung oder den Ver­

38

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

zehr eines Produktes definiert. Hinter diesem Ansatz steht folgende zentrale Idee: Nutzenerwartungen, die Konsumenten hinsichtlich des Kaufs bzw. Konsums eines bestimmten Produktes hegen, bestimmen das zukünftige Kauf- und Kon­ sumverhalten. Dadurch kann eine Konsumentengesamtheit bezüglich ihrer Nut­ zenvorstellungen hinsichtlich bestimmter Leistungen in intern homogene und untereinander heterogene Marktsegmente aufgeteilt werden. Dominante Nutzen­ erwartungen lassen sich durch Konsumentenbefragungen ermitteln. Anschließend kann die Größe der einzelnen Nutzensegmente bestimmt und schließlich heraus­ gefunden werden, welche der angebotenen Marken auf welchen Nutzen setzen (Scharf/Schubert/Hehn, 2012, S. 224). Preis/Qualität hoch 1 2 3

Produktgestaltung zeitlos

Produktgestaltung modisch

4

Positionierungslücke, inzwischen u.a. von H&M und Zara besetzt

5

1-5: Anbieter

Preis/Qualität niedrig

Abb. 18: Nutzenpositionierung im Bekleidungsmarkt – Modelldarstellung (Becker, 2013, S. 249)

Ein spezifischer Ansatz der Nutzensegmentierung besteht darin, bisher be­ friedigte Nutzen und Nutzenlücken in einem relevanten Markt zu identifizieren (Needs Gap Analysis; McDonald/Dunbar, 1995, S. 78 ff.). Die hinter den identifi­ zierten Nutzenlücken stehenden Marktsegmente können somit durch ein auf ihren Nutzenerwartungen ausgerichtetes Angebot bearbeitet werden. In Abb. 18 wurde das Marktsegment „Produktgestaltung modisch – Preise/Qualität niedrig“ damals von H&M und Zara als interessantes, bis dahin eher vernachlässigtes Nutzenseg­ ment entdeckt und anschließend gezielt bearbeitet. Zu den personenbezogenen Merkmalen zählen einerseits allgemeine Persönlich­ keitsmerkmale der Konsumenten, z. B. Kontaktfähigkeit, Selbständigkeit, Ehrgeiz, Fortschrittlichkeit oder Risikofreude. Andererseits werden Kriterien des Lebensstils

39

1. Markt- und Kundenanalyse

herangezogen, d. h. Merkmale zur Beschreibung der Art und Weise, in der Menschen leben, ihre Zeit verbringen und ihr Geld ausgeben (Freter, 1983, S.  82). Mittler­ weile sind in der Praxis unterschiedliche „Life-Style-Typologien“ entwickelt worden (siehe dazu ausführlich Bauer/Sauer/Müller, 2003, S. 36 ff.; Becker, 2013, S. 256 ff.). Der Lebensstil umfasst neben Merkmalen des beobachtbaren Verhaltens, z. B. Frei­ zeitverhalten, Gewohnheiten, hauptsächlich psychische Variablen, z. B. Werte, allge­ meine Einstellungen, Meinungen (Freter, 2001, S. 900). Zur Erfassung und Messung der unterschiedlichen Life-Styles kann der AIO-Approach herangezogen werden: Aktivitäten (A) Interessen (I) Meinungen (O)

gegenüber

Freizeit

Person allein

Arbeit

Personen zusammen einer mit anderen

Allgemeines Verhalten in Bezug Spezifische auf Produktklasse

Konsum

Abb. 19: Bezugsrahmen zur Erfassung des Life-Styles (Freter, 2001, S. 900)

Mit Hilfe dieses Bezugsrahmens lassen sich zunächst Fragen allgemeiner Art erheben, welche sich auf die Selbsteinschätzung der Befragten, Einstellungen zu verschiedenen Lebensbereichen und das Verhalten im sozialen Umfeld beziehen. Die Erfassung des „Selbstbildes“ erfolgt dabei über entsprechende Statement-Bat­ terien in standardisierten mündlichen Befragungen. Je nach Untersuchungsziel können auch Kauf- und Verwendungsgewohnheiten von Produktarten bzw. Mar­ ken sowie das Mediaverhalten erfasst und mit den psychologischen Merkmalen und soziodemographischen Kriterien verknüpft werden (Becker, 2013, S. 257). Einer der bekanntesten Ansätze der Lebensstil-Segmentierung stellt das Milieu-­ Konzept des Sinus-Instituts in Heidelberg dar. Seit 1979 führt das Institut in re­ gelmäßigen Abständen eine Segmentierung der bundesdeutschen Bevölkerung in kombinierte Werte- und Sozialschichtgruppen durch. Sinus-Milieus fassen Men­ schen zusammen, die sich in ihrer Lebensauffassung (Wertorientierungen) und Lebensweise (Alltagshandeln) ähneln. Zur Abgrenzung der sozialen Milieus wird einerseits die Dimension soziale Lage in Schichten auf der Grundlage von Bil­ dung, Beruf und Einkommen verwendet. Sie dient der formalen Klassifikation. Andererseits werden die Grundorientierungen der Menschen, die auf einer Viel­ zahl von Indikatoren fußen, herangezogen. Die Dimension der Grundorientierung umfasst Merkmale wie Lebensstile, Wunsch- und Leitbilder, Sinngebungen/Reli­ giosität, Einstellung gegenüber Arbeit und Leistung etc. Sie dient der inhaltlichen Klassifikation der verschiedenen sozialen Gruppen (Freter, 2008, S. 122). Somit kann der Milieu-Ansatz des Sinus-Instituts als eine Weiterentwicklung der nor­ malen Life-Style-Typologien gesehen werden, da er sich nicht ausschließlich auf den Lebensstil konzentriert, sondern auch soziodemographische Segmentierungs­ kriterien mit einbezieht.

40

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

Die Grenzen zwischen den Milieus sind dabei fließend, da Lebenswelten nicht so exakt eingrenzbar sind wie soziale Schichten. So gibt es zwischen den Milieus Berührungspunkte und Übergänge. In Abb. 20 werden die Positionen der Milieus in der Gesellschaft nach sozialer Lage und Grundorientierung dargestellt, wo­ bei sich folgende zusammenfassende Aussage ableiten lässt: Je höher ein Milieu in der Grafik positioniert ist, desto gehobener sind Bildung, Einkommen und Be­ rufsgruppe. Je weiter rechts ein Milieu angesiedelt ist, desto moderner bzw. post­ moderner ist die Wertorientierung (Sinus, 2015, S. 14).

Abb. 20: Die Sinus-Milieus in Deutschland 2015 (Sinus, 2015, S. 14)

Die Sinus-Milieus sind erstmalig von Herstellern der Automobilindustrie wie Mercedes, BMW oder Porsche genutzt worden, um produkt- und markenspezifi­ sche Zielgruppen zu erfassen. Durch eine Verknüpfung der Milieus mit Daten des beobachtbaren Kaufverhaltens konnte eine Verteilung und Beschreibung der Mar­ ken durch die jeweiligen Milieus erzielt werden (Meffert/Burmann/Kirchgeorg, 2015, S. 193). Des Weiteren gibt die Zielgruppenbeschreibung Hinweise für die Kommunikationspolitik. So stellen Informationen über den Lebensstil der anzu­ sprechenden Zielgruppen wichtige Informationen für die Gestaltung der kommu­ nikativen Botschaft dar (Bauer/Sauer/Müller, 2003, S. 37). Das aktuelle Sinus-Modell besteht aus zehn Milieus, wobei die quantitativ gro­ ßen Milieus bei Bedarf noch differenziert werden können. In der Vergangenheit wurde eine übergreifend gültige Gruppierung der Milieus zu größeren Lebens­ welt-Segmenten vorgenommen. Aufgrund der anhaltenden Fragmentierung von Lebens- und Wertewelten erscheint diese Vorgehensweise nicht mehr sinnvoll. Eine in der Marketing- und Mediaplanungspraxis oft hilfreiche Zusammenfas­

1. Markt- und Kundenanalyse

41

sung von Einzelmilieus kann aber flexibel und abhängig von der jeweiligen Pro­ blemstellung gehandhabt werden. Beispielsweise können die „jungen Milieus“ der Performer, der Expeditiven, der Adaptiv-pragmatischen und der Hedonisten kom­ biniert werden (Sinus, 2015, S. 15). Eine Kurzcharakteristik der Sinus-Milieus umfasst Abb. 21 Die Sinus-Milieus® – Kurzcharakteristik Sozial gehobene Milieus Konservativ10 % Das klassische Establishment: Verantwortungs- und Erfolgsethik; Exklusi­ vitäts- und Führungsansprüche; Standesbewusstsein, Entre-nous-Abgren­ etabliertes Milieu zung Liberal­ 7 % Die aufgeklärte Bildungselite: liberale Grundhaltung und postmaterielle Wurzeln; Wunsch nach selbstbestimmtem Leben, vielfältige intellektuelle intellektuelles Interessen Milieu Milieu der 8 % Die multioptionale, effizienzorientierte Leistungselite: global-ökonomi­ Performer sches Denken; Konsum- und Stil-Avantgarde; hohe IT- und MultimediaKompetenz 8 % Die ambitionierte kreative Avantgarde: mental und geografisch mobil, on­ Expeditives line und offline vernetzt und auf der Suche nach neuen Grenzen und neuen Milieu Lösungen Milieus der Mitte Bürgerliche 13 % Der leistungs- und anpassungsbereite bürgerliche Mainstream: generelle Mitte Bejahung der gesellschaftlichen Ordnung; Wunsch nach beruflicher und sozialer Etablierung, nach gesicherten und harmonischen Verhältnissen Adaptiv10 % Die moderne junge Mitte unserer Gesellschaft mit ausgeprägtem Lebens­ pragmatisches pragmatismus und Nutzenkalkül: zielstrebig und kompromissbereit, hedo­ nistisch und konventionell, flexibel und sicherheitsorientiert; starkes Be­ Milieu dürfnis nach Verankerung und Zugehörigkeit Sozial7 % Konsumkritisches/-bewusstes Milieu mit normativen Vorstellungen vom „richtigen“ Leben: Ausgeprägtes ökologisches und soziales Gewissen; ökologisches Milieu Globalisierungs-Skeptiker, Bannerträger von Political Correctness und Di­ versity Milieus der unteren Mitte / Unterschicht Traditionelles 13 % Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegs-/Nachkriegsgeneration: ver­ haftet in der alten kleinbürgerlichen Welt bzw. der traditionellen Arbeiter­ Milieu kultur; Sparsamkeit, Konformismus und Anpassung an die Notwendigkeiten Prekäres 9 % Die um Orientierung und Teilhabe bemühte Unterschicht mit starken Zu­ kunftsängsten und Ressentiments: Häufig sozialer Benachteiligungen, ge­ Milieu ringer Aufstiegsperspektiven, reaktive Grundhaltung; bemüht, Anschluss zu halten an die Konsumstandards der breiten Mitte Hedonistisches 15 % Die spaß- und erlebnisorientierte moderne Unterschicht/untere Mittel­ schicht: Leben im Hier und Jetzt, Verweigerung von Konventionen und Milieu Verhaltenserwartungen der Leistungsgesellschaft

Abb. 21: Kurzcharakteristik der Sinus-Milieus 2015 (Sinus, 2015, S. 16)

Ein weiteres Lebensstilkonzept mit Bezug zur Nachhaltigkeit stellt der LOHASAnsatz dar. Der Lifestyle of Health and Sustainability stammt aus den USA (Ray/ Anderson, 2000) und ist „ein durch persönliche Erfahrungen und dem Streben

42

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

nach Selbstverwirklichung getriebener, authentischer und ganzheitlicher Lebens­ stil, der darauf ausgerichtet ist, in Harmonie mit der Natur und der Gesellschaft die persönliche Lebensqualität zu steigern“ (Glöckner/Balderjahn/Peyer, 2010, S. 37). Gesundheit und Nachhaltigkeit sind die übergeordneten Werte dieses Lifestyles. Jene, die eine derartige Lebensweise anstreben, sind stets darauf bedacht die eige­ nen Bedürfnisse in Einklang mit diesen zu bringen. Ausgehend von den Werten Gesundheit und Nachhaltigkeit streben die LOHAS ebenso nach Authentizität. Sie lieben das Natürliche und Ehrliche, erwarten diese Aspekte nicht nur von ihren Mitmenschen, sondern insbesondere auch von werbenden Unternehmen. Gleich­ sam übernehmen sie gerne Verantwortung und engagieren sich aktiv, wenn es um ökologische oder soziale Belange geht. Soziale Gerechtigkeit fördern und durch ökologiebewusstes Handeln eine für Mensch und Natur gesunde Umwelt schaffen ohne dafür die persönlichen Bedürfnisse vernachlässigen zu müssen – Das ist das Ziel der LOHAS.

Community Genuss

Authentizität

Nachhaltigkeit

Die Wertewelt der LOHAS

Verantwortung

Gesundheit

Individualität Autonomie

Abb. 22: Die Wertewelt der LOHAS (in Anlehnung an Sinus Sociovision/KarmaKonsum, 2009, S. 6; Glöckner/Balderjahn/Peyer, 2010, S. 37)

LOHAS bevorzugen zwar eine gesunde und nachhaltigkeitsorientierte Lebens­ weise, wollen aber dennoch genießen können, indem sie Körper, Geist und Seele etwas Gutes tun. Die eigene Bedürfnisbefriedigung, auch im Sinne der persön­ lichen Weiterentwicklung und Selbstverwirklichung, ist ihnen sehr wichtig. Um all diese Ziele bestmöglich vereinen zu können, sind sie generell sehr kritisch, neugie­ rig und hinterfragend, aber auch kreativ und anspruchsvoll. Neuem gegenüber sind sie eher aufgeschlossen, legen jedoch Wert auf Individualität. Ihre aus­geprägte Autonomie erlaubt ihnen eine selbstbewusste, ganzheitliche Betrachtungsweise mit hoher Beurteilungs- und Entscheidungskompetenz. Ebenso wichtig wie das Thema Selbstverwirklichung ist ihnen die Community, geprägt von der Kommu­ nikation mit Anderen. Sich, am liebsten per Internet, über neue Produkte auszu­

1. Markt- und Kundenanalyse

43

tauschen, erleichtert die eigene Kaufentscheidung (Sinus Sociovision/KarmaKon­ sum, 2009, S. 6; Glöckner/Balderjahn/Peyer, 2010, S. 37). In Deutschland führten renommierte Marktforschungsinstitute wie A. C. Nielsen, das Zukunftsinstitut, die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) und Sinus Sociovision verschiedene Studien durch mit dem Ziel, den Lifestyle und das Kon­ sumverhalten der Zielgruppe „LOHAS“ zu ergründen. Sinus Sociovision und Karma­Konsum gehen in der 2009 gemeinsam veröffentlichten Studie „LOHAS – Mehr als Green Glamour“ von einem Kern- und einem Randsegment aus. 10 % der deutschen Haushalte lassen sich demnach dem LOHAS Kernsegment zuordnen. Ihre Affinität zu gesundheits- und nachhaltigkeitsorientierten Werten, wie Umweltschutz und soziale Verantwortung, ist besonders stark ausgeprägt. Dem Rand­segment ge­ hören nach Sinus Sociovision und KarmaKonsum rund 20 % der Haushalte an. Sie weisen die gleichen Affinitäten wie die Konsumenten im Kernsegment auf, aller­ dings in abgeschwächter Form (Sinus Sociovision/KarmaKonsum, 2009, S. 19). Aufgrund der starken Ausprägung der Lifestyle-Präferenzen im Kernsegment kann aus Marketinggesichtspunkten das Verhalten der Kern-LOHAS relativ gut eingeschätzt werden. Dies erlaubt einen zielgerichteten Marketing-Mix. So soll­ ten Unternehmen beispielsweise bei ihrer Markenpositionierung nicht nur auf das Thema Nachhaltigkeit setzen, sondern auch das Nutzenkalkül Qualität transferie­ ren. Nachhaltigkeit allein macht ein Produkt noch lange nicht zum idealtypischen LOHAS-Produkt. Die klassischen Produkteigenschaften wie Leistungsfähigkeit, Innovationsgrad oder auch das Design sollten keinesfalls vernachlässigt werden. 1.5.2.3 Verhaltensorientierte Marktsegmentierung Die verhaltensorientierte Marktsegmentierung knüpft an dem tatsächlich beob­ achtbaren bzw. erfassbaren konkreten Kauf- und Konsumverhalten an. Auf der Basis von verhaltensbezogenen Daten soll gleichsam vom gegenwärtigen Kauf- und Kon­ sumverhalten auf das zukünftige geschlossen werden. Grundlage des Marktsegmen­ tierungskonzepts bilden hier also nicht Bestimmungsfaktoren des Kaufverhaltens (z. B. Alter, Geschlecht bzw. Life-Style), sondern die Ergebnisse realisierter Kauf­ entscheidungsprozesse von Konsumenten. Diese Variablen erfüllen folglich eine doppelte Funktion. Einerseits werden ihre Ausprägungen mit Hilfe anderer Krite­ rien erklärt, andererseits können sie selbst zur Segmentierung herangezogen werden (Scharf/Schubert/Hehn, 2012, S. 224). Die Kriterien des beobachtbaren Kaufverhal­ tens lassen sich in Anlehnung an die Marketinginstrumente in produkt-, preis-, ver­ triebs- und kommunikationsbezogene Kriterien unterteilen (Freter, 2008, S. 157 ff.). Die produktbezogenen Kriterien der Produktart- bzw. Markenwahl sowie der Verbrauchsintensität bilden die wichtigste Kategorie. Bei der Produktartwahl wird analysiert, ob die Konsumenten als Käufer einer bestimmten Produktart am Markt auftreten oder nicht (Käufer/Nichtkäufer). Dieses entspricht einer Basis­ segmentierung eines Marktes bzw. einer Marktsegmentierung auf der ersten Stufe.

44

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

Anschließend werden einzelne Käufergruppen am Gesamtmarkt aller Käufer mit Hilfe wichtiger Verhaltensvariablen identifiziert: –– Erfassung des Verwender-Status: Unterscheidung nach Erstkäufern und Wieder­ holungskäufern und/oder –– Berücksichtigung von Verwendungsanlässen: Z. B. Heim- oder Außer-HausKonsum (Becker, 2013, S. 270). Erstkäufer müssen kommunikativ und preispolitisch anders angesprochen wer­ den als Wiederholungskäufer. Durch das Angebot von Erstkaufrabatten und Ver­ kostungen am Point-of-Sale kann diese Zielgruppe beispielsweise zum erst­maligen Kauf bewegt werden. Dagegen zeigen Wiederholungskäufer eher Interesse an Treuerabatten. Bei der Segmentierung nach Verwendungsanlässen müssen Dienst­ leister im Rahmen der Marktbearbeitung neben der stationären Erbringung der Dienstleistung auch einen „Außer-Haus-Service“ anbieten. Das Kriterium der Markenwahl berücksichtigt die Existenz einer unterschied­ lichen Markentreue der Käufer in vielen Märkten. Dieser Ansatz segmentiert die Märkte nach dem Markenverhalten der Konsumenten (siehe Abb. 23). Markentreue Die ungeteilt Markentreuen

Diese kaufen immer dieselbe Marke. Zeigen die Kaufgewohnheiten eines Verbrauchers das Muster A, A, A, A, A, A, hält er der Marke A die Treue.

Die geteilt Markentreuen

Die Markentreue dieser Verbraucher verteilt sich auf zwei oder drei Marken. Das Muster A, A, B, B, A, B spiegelt das Kaufverhalten eines Verbrauchers wider, dessen Markentreue zwischen A und B geteilt ist.

Die abwandernden Markentreuen

In diesem Fall wandert der Verbraucher zu einer anderen Marke ab und kauft diese zukünftig. Ein Beispiel dafür wäre das Schema A, A, B, B, B, C, C.

Die Wechselhaften

Diese Gruppe hält überhaupt keiner Marke die Treue. Das Kaufmuster A, C, E, B, D, B deutet auf einen Verbraucher ohne Markentreue hin, der auf Sonderangebote aus ist (er kauft die Marke, die gerade besonders günstig ist) oder nach Abwechselung sucht.

Abb. 23: Muster von Markentreueverhalten in einem Markt mit fünf Marken (Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 379 f.)

In vielen Märkten gibt es einen hohen Anteil „ungeteilt markentreuer Käufer“. Das trifft zu für Teile des Körperpflegemarktes (z. B. Zahnpasta), Teile des Kosme­ tikmarktes (z. B. pflegende Kosmetik), Teile des Biermarktes (z. B. Pilsbiere) oder gilt auch für Bereiche des Marktes für alkoholfreie Erfrischungsgetränke (z. B. Cola-Getränke). In solchen Märkten ist die Veränderung von Marktanteilen oder gar der neue Zutritt aufgrund von hohen Markteintrittsbarrieren in Form von Mar­

45

1. Markt- und Kundenanalyse

kentreue besonders schwer. Unternehmen mit einer hohen Anzahl markentreuer Verwender sollten die Gründe der Markenbindung herausfinden, um die Bindun­ gen möglichst noch zu verstärken (Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 380). Unternehmen mit geteilter markentreuer Käuferschaft müssen demgegenüber Ansatzpunkte im Marketinginstrumenten-Einsatz finden, um Markentreueverhal­ ten gezielt zu verbessern, insbesondere gegenüber Konkurrenzmarken mit gleicher „geteilt markentreuer Charakteristik“. Ansatzpunkte bieten hier Paneldaten (z. B. Haushaltspanel) und gegebenenfalls weiterführende unternehmensindividuelle Primärerhebungen (spezielle Befragungen), um die Gründe des differenzierten Markentreueverhaltens zu erfassen. Die Bestimmung der Ursachen des differen­ zierenden Markentreueverhaltens gilt insbesondere auch für „wechselhaftes“ und „abwanderndes“ Markenverhalten (Becker, 2013, S. 271). Das Kriterium der Verbrauchsintensität definiert jene Kaufmenge, die eine Käufergruppe innerhalb eines bestimmten Zeitraums durchschnittlich kauft bzw. verbraucht. Käufer lassen sich aufgrund ihrer Verbrauchsintensität in die Segmente Intensiv-, Normal-, Wenig- und Nicht-Käufer aufteilen (Freter, 2008, S.  159). Abb. 24 zeigt beispielhaft die Segmentierung nach der Verbrauchsintensität. Käufer

Kaufintensitätsgruppen*)

29

Durchschnittlich gekaufte Menge pro Käufer

34

6

15,2 kg

Absatzmenge der Kaufintensitätsgruppen**)

Menge

31

60

30

10

10 % 20 %

Kaufintensitätsgruppen: Prozentanteil der Intensiv-Käufer, Normal-Käufer, Wenig-Käufer und Nicht-Käufer an den Haushalten insgesamt, die von einer Hausfrau zwischen 19–60 Jahren geführt werden **) Absatzmenge der Kaufintensitätsgruppen: in Prozent der Gesamtmenge *)

Abb. 24: Kaufintensitäten für eine bestimmte Produktart (Sorte) aus dem Bereich Bohnenkaffee (Freter, 1983, S. 89)

46

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

Dieser Ansatz lässt die Identifikation von verbrauchsintensiven Segmentpoten­ tialen zu, die gezielt ausgeschöpft werden können. Zusätzlich müssen andere Seg­ mentierungskriterien herangezogen werden, z. B. das Markentreueverhalten. Wei­ terhin lassen sich normalverbrauchende Segmente feststellen und gezielt zwecks Intensivierung des Kaufs bzw. Konsums durch entsprechende Marketingmaßnah­ men ansprechen (Becker, 2013, S. 272), z. B. Anbieten eines Magen schonenden Kaffees sowie alternativer Geschmacksrichtungen. Ansatzpunkt für preisbezogene Segmentierungen bietet das beobachtbare Preisverhalten, das die Käufer in verschiedene Preisklassen unterteilt. Die Zahl der Preisklassen ist dabei abhängig von der jeweiligen Marktkonstellation. Im Auto­ mobilsektor gibt es beispielsweise mehr als drei Preis-Leistungssegmente, z. B. Kleinstwagen, Kleinwagen, Kompaktwagen, gehobener Kompaktwagen, Mittel­ klasse, gehobene Mittelklasse, Oberklasse. Weitere wichtige Informationen für die verhaltensbezogenen Segmentierungs­ kriterien stellen verhaltensbezogene Merkmale der Einkaufsstättenwahl und der Mediennutzung dar. Für die segmentspezifische Steuerung des Einsatzes der Mar­ ketinginstrumente ist es wichtig zu wissen, in welchen Absatzkanälen bestimmte Käufersegmente gewöhnlich kaufen oder welche Medien sie regelmäßig benutzen (Freter, 2008, S. 160 f.).

1.5.3 Marktsegmentierungskriterien in Industriegütermärkten Industrielle Kaufentscheidungen sind gegenüber Kaufentscheidungen von Konsumenten bzw. Haushalten durch folgende Besonderheiten gekennzeichnet (siehe u. a. Backhaus/Voeth, 2010, S. 9 ff.; Homburg/Krohmer, 2012, S. 140 ff.): –– Kollektive Entscheidungsprozesse: Generell sind mehrere Personen aus den unterschiedlichsten Funktionsbereichen eines Unternehmens im Rahmen der Kaufentscheidung beteiligt. –– Formalisierungsgrad der Entscheidungsfindung und des Beschaffungsablaufs: Es existieren festgelegte Verfahrensregeln und Zuständigkeitsbereiche der am Beschaffungsprozess teilnehmenden Personen. –– Träger der Kaufentscheidungen: Hier treffen Fachleute mit hoher Professionali­ tät in der Regel rationale Einkaufsentscheidungen. –– Fremddeterminiertheit von Kaufentscheidungen: Ein Kunde kann z. B. bei der Beschaffung von industriellen Anlagen einem Maschinenbauer vorschreiben, welche Komponenten der Anlage von welchem Vorlieferanten zu beziehen sind. –– Prozesscharakter der Kaufentscheidung: Aufgrund der Komplexität des einzu­ kaufenden Gutes und seiner Neuartigkeit für den Nachfrager können industrielle Beschaffungsentscheidungen als Entscheidungsprozess beschrieben werden. In­

1. Markt- und Kundenanalyse

47

nerhalb des Prozesses sind mehr oder weniger ausgeprägte Phasen erkennbar, in denen unterschiedliche Probleme im Vordergrund stehen. –– Automatisierung von Kaufentscheidungen: Durch das mehrmalige Wiederholen gleichbleibender Beschaffungsvorgänge verliert die Beschaffungsentscheidung an Komplexität. Das gilt insbesondere bei Wiederholungskäufen. –– Bedeutung von Anreiz- und Sanktionsmechanismen: Fehlentscheidungen eines Entscheidungsträgers in großem Ausmaß können zu Sanktionen führen. Im Ge­ gensatz dazu besteht bei erfolgreichen Entscheidungen die Möglichkeit, diese durch monetäre und nicht-monetäre Anreize zu belohnen. In industriellen Kaufentscheidungen wird die gedankliche Zusammenfassung aller am Kaufprozess beteiligten Personen als „Buying Center“ bezeichnet (Stroth­ mann, 1979, S. 34). Ein entsprechendes Strukturmodell zum industriellen Beschaffungsverhalten (Webster/Wind, 1972, S. 78 ff.) unterscheidet fünf Beteiligte (Rol­ len) im Kaufprozess: –– Verwender, Benutzer („user“): Ist der Initiator für den Kauf und definiert die Produkteigenschaften des einzukaufenden Gutes, z. B. Produktionsleiter. –– Einkäufer („buyer“): Dieser hat die formale Befugnis für die Auswahl der Lie­ feranten und die Festlegung der Kaufbedingungen. –– Entscheidungsträger („decider“): Aufgrund der hierarchischen Stellung ent­ scheiden diese Personen zwischen verschiedenen Kaufoptionen insbesondere bei hohen Kaufsummen, z. B. Einkaufsleiter oder Geschäftsführer. –– Informationsfilterer („gatekeeper“): Z. B. Assistenten von Entscheidungsträgern, die im Rahmen der Entscheidungsvorbereitung die ihnen wichtig scheinenden Informationen selektieren. –– Beeinflusser („influencer“): Definieren häufig Produktspezifikationen und stel­ len auch Informationen zur Bewertung von Alternativen bereit, z. B. Projekt­ ingenieure und Entwickler. Ein Meinungsbeeinflusser muss kein Repräsentant der Nachfragerorganisation sein. Im Dämmstoffmarkt haben Architekten z. B. einen erheblichen Einfluss auf die Kaufentscheidung von Organisationen und Privatpersonen. Bei einer Architektenbefragung in Deutschland schrieben ins­ gesamt 49 % der Befragten die Marke bzw. die Dämmstoffart bei der Ausschrei­ bung vor.

48

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

Anzahl = 100

Vorgaben bei der Ausschreibung

13 %

Schreibt nicht aus; keine Angabe

38 %

Hinweis auf Wärmeschutzverordnung

28 %

Schreibt die Dämmstoffart vor

21 %

Schreibt die Marke vor

Abb. 25: Bedeutung der Architekten im Kaufentscheidungsprozess

Zur Segmentierung von Industriegütermärkten können grundsätzlich drei Kate­ gorien von Segmentierungskriterien unterschieden werden: Organisationsbezo­ gene, organisationsmitgliederbezogene und organisationsverhaltensbezogene Kri­ terien. Die organisationsbezogenen Kriterien entsprechen den soziodemographischen Kriterien in Konsumgütermärkten und beziehen sich auf formale Unterschei­ dungsmerkmale der Nachfrager (siehe dazu auch Gröne, 1977, S. 52 ff.; Scheuch, 1975, S. 70 ff.): –– Standort: z. B. Europa, Nordamerika, Lateinamerika, Asien/Australien, Afrika, –– Unternehmensgröße: z. B. große, mittlere, kleine Abnehmer, –– Branche: z. B. Textil, Leder, Papier, Automobil, Elektronik, –– Organisationsform: z. B. Industriegüterbetriebe, Großhändler, Handwerker, –– Anwendungsbereiche des Produkts: z. B. Textilproduzenten: Spinnen, Weben, Vorbehandeln, Drucken, Färben, Ausrüsten, –– Zu fertigendes Endprodukt bei den Abnehmern: z. B. Fasertypen in der Textil­ produktion: Wolle, Baumwolle, Synthesefasern etc. Zur Identifizierung trennscharfer Marktsegmente können organisationsbezo­ gene Kriterien auf Basis einer mehrstufigen Marktsegmentierung kombiniert wer­ den (siehe Abb. 26). Durch Verwendung von vier Kriterien mit jeweils 2–3 Ausprä­ gungen ergeben sich bei der Marktsegmentierung für Bio-Kunststoffe insgesamt 36 Marktsegmente. Das in der Abbildung gekennzeichnete Marktsegment umfasst Key-Accounts mit Standort in Europa, die mit Hilfe des Produktionsverfahrens der Extrusion umweltfreundliche Verpackungen herstellen.

49

1. Markt- und Kundenanalyse

Polystyrol

Regionen

Europa

Anwendungen

Branchen

Kundengröße

Asien

Extrusion

Kühlgeräte

Nordamerika

Spritzguss

Elektro

Key-Accounts

Verpackung

Sonstige

Abb. 26: Mehrstufige Segmentierung eines Bio-Kunststoffes

Die organisationsmitgliederbezogenen Kriterien beziehen sich auf psychische Charakteristika der Mitglieder des Buying Centers, z. B. Wahrnehmung, Motiva­ tion, Innovationsfreudigkeit, Informationsgewinnung, Einstellungen oder Persön­ lichkeitsmerkmale (Gröne, 1977, S. 135 ff.; Scheuch, 1975, S. 72 f.). Hier besteht eine Analogie zu den psychographischen Kriterien in Konsumgütermärkten. Das Informationsverhalten und die Risikobereitschaft der kaufentscheidenden Personen dürften dabei in erheblichem Maße von der spezifischen Einkaufssitua­ tion abhängen. In diesem Zusammenhang können verschiedene Typen industrieller Kaufentscheidungen mit Hilfe der folgenden Merkmale differenziert werden (siehe dazu im Folgenden Robinson/Faris/Wind, 1967, S. 25): –– Problemneuheit („newness of the problem“), –– Informationsbedarf („information requirements“) und –– Betrachtung neuer Alternativen („consideration of new alternatives“). Aufgrund dieser Merkmale lassen sich drei Typen von Kaufentscheidungen bilden. Typ der Kauf­ entscheidung

Problem­ neuheit

Informations­ bedarf

Betrachtung neuer Alternativen

Erstkauf („New Task“)

Hoch

Hoch

Wichtig

Modifizierter ­ Wieder­holungskauf („Modified Rebuy“)

Mittel

Mittel

Mehr oder weniger wichtig

Niedrig

Niedrig

Unwichtig

Reiner Wiederholungs­ kauf („Straight Rebuy“)

Abb. 27: Typen von Kaufentscheidungen („buy classes, buying situations“)

50

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

Ausgangspunkt des Segmentierungsansatzes auf Basis organisationsverhaltensbezogener Kriterien ist das tatsächliche Kaufverhalten von Unternehmen. Analysiert werden die Anforderungen, welche die Mitglieder des Buying Centers hinsichtlich des jeweils erwarteten Leistungsniveaus der Anbieter, z. B. hinsichtlich Produkt­ qualität, technischem Service und Lieferzuverlässigkeit haben. Legen einzelne Kun­ den beispielsweise Wert auf eine hohe Produktqualität und innovative Produktan­ gebote der Lieferanten, so können diese in dem Qualitätssegment zusammengefasst werden. Im Gegensatz dazu lassen sich Kunden, welche nur Standardqualitäten und ausschließlich günstige Preise verlangen, im Preissegment aggregieren. Organisationsbezogene und organisationsverhaltensbezogene Merkmale kön­ nen in einem zweistufigen Segmentierungsansatz kombiniert werden. Auf einer ersten Stufe lassen sich die Kunden nach einfach erfassbaren, allgemeinen Krite­ rien wie Branche, Anwendungen, Standort etc. segmentieren. Im nächsten Schritt können die Anforderungen bzw. Entscheidungskriterien der Kunden zur Iden­ tifizierung trennscharfer Marktsegmente herangezogen werden (Schaper, 2001, 19 ff.). Ist allerdings auf der ersten Stufe bereits eine sinnvolle Identifikation von Marktsegmenten möglich, müssen bei diesem Segmentierungsansatz nicht not­ wendigerweise beide Stufen durchlaufen werden.

Kunststoffkunden

1. Kriterium: Anwendungen der Kunden

2. Kriterium: Anforderungen der Kunden

Extrusionssegment

Qualitätssegment

Spritzgusssegment

Kalandersegment

Preissegment

Abb. 28: Zweistufige Marktsegmentierung aus Sicht eines Kunststoffherstellers (Schaper, 2001, S. 22)

1.6 Makroumfeld: Markteinflussfaktoren Die einzelnen Unternehmen sind Bestandteil einer komplexen Umwelt, die sich wie folgt differenzieren lässt (siehe dazu Meffert/Burmann/Kirchgeorg, 2015, S. 43 f.): –– Unternehmensspezifische Aufgabenumwelt: Dieser Teil  der Umwelt umfasst die direkten Geschäftskontakte mit den Marktteilnehmern Kunden, Lieferanten und Wettbewerber in der Branche.

51

1. Markt- und Kundenanalyse

–– Globale bzw. Makroumwelt: Dieser Umweltbereich beinhaltet alle nicht kon­ trollierbaren Variablen, die das Verhalten der Unternehmen und der Partner der Aufgabenumwelt mittelbar beeinflussen können.

Ökologisch

Branche: Wettbewerber, Kunden, Lieferanten

Politischrechtlich

Technologisch

Soziokulturell

Abb. 29: Modell der Unternehmensumwelt

Aus der Makroumwelt erwachsen ständig neue Chancen und Risiken, die ein Unternehmen beobachten muss, um Entwicklungen rechtzeitig zu erkennen und auf sie einzugehen. Generell stellt sich die Frage, welche Konsequenzen diese Um­ weltentwicklungen für das Marketing haben, wobei pro Branche unterschiedliche Einflussfaktoren zu analysieren sind. Auf Basis der Analyse müssen die Unter­ nehmen anschließend identifizierte Chancen nutzen bzw. ausschöpfen sowie rele­ vante Risiken begrenzen bzw. abbauen. Zur Systematisierung der Makroumwelt kann eine Einteilung in demographische, ökonomische, ökologische, technologi­ sche, politisch-rechtliche und soziokulturelle Umwelt verwendet werden. In der demographischen Umwelt interessieren den Marketer die Bevölkerungs­ entwicklung, deren geografische Verteilung und Dichte, ihre Altersstruktur, ihre ethnische und religiöse Zusammensetzung sowie Geburten- und Sterberaten­ (Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S.  237). Bei der Bevölkerungsentwicklung erwar­ ten die Vereinten Nationen im Zeitraum 2014–2050 ein Wachstum der Weltbevöl­ kerung von 7,2 auf 9,6 Mrd. Menschen. Primär soll die Bevölkerung in Asien und Afrika ansteigen. So wird prognostiziert, dass die Bevölkerung in Afrika in den nächsten 35 Jahren um voraussichtlich 1,3 Mrd. Menschen zunimmt. Während auch in Asien ein starkes Bevölkerungswachstum von 900 Mio. erwartet wird, ist in Europa mit einem leichten Rückgang von 15 Mio. Einwohnern zu rechnen (Stif­ tung Weltbevölkerung, 2015). Aufgrund des rapiden Wachstums der Weltbevölkerung stellt sich die Frage, wie diese künftig ernährt werden soll. Da eine Ausweitung der Landwirtschaftsflä­ che kaum möglich sein wird, muss die Nahrungsmittelproduktion u. a. durch hö­ here Erträge gesteigert werden. In der Agrarforschung werden Unternehmen somit

52

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

mehr Forschungsaufwand in die grüne Gentechnologie investieren müssen, um einerseits den Ertrag der Kulturpflanzen zu steigern und andererseits neue Hoch­ leistungssorten zu entwickeln, welche Dürre, Hitze und Bodenversalzung besser vertragen (Braun, 2011, S. 9). In der Bundesrepublik und anderen Industrienationen führten sinkende Gebur­ tenraten und eine kontinuierliche Steigerung der Lebensdauer bereits zu einer er­ heblichen Veränderung der Altersstrukturen. So werden laut dem Statistischen Bundesamt in Deutschland bereits seit 1972 jedes Jahr weniger Kinder gebo­ ren als Menschen sterben. Die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutsch­ land nimmt weiter zu. Diese lag im Jahr 2011 für einen neugeborenen Jungen bei 77,7 und für ein gerade zur Welt gekommenes Mädchen bei 82,7 Jahren. Im Jahr 2008 bestand die Bevölkerung zu 19 % aus Kindern und jungen Men­ schen unter 20 Jahren, zu 61 % aus 20- bis unter 65-Jährigen und zu 20 % aus 65-Jährigen und Älteren. Im Jahr 2060 wird bereits jeder Dritte (34 %) mindes­ tens 65 Lebensjahre erlebt haben und es werden doppelt so viele 70-Jährige le­ ben, wie Kinder geboren werden. Generell wird die Bevölkerung in dem Zeit­ raum zwischen 2008 und 2060 von 82,0 Mio. auf 64,7 Mio. drastisch schrumpfen (Destatis, 2009, S. 17). 0–20 Jahre

20–30

30–50

50–65

65–80

> 80 Jahre

2008

19 %

12 %

30 %

19 %

15 %

5 %

2020

17 %

11 %

25 %

24 %

16 %

7 %

2060

16 %

9 %

23 %

18 %

20 %

14 %

Abb. 30: Bevölkerungsentwicklung in Deutschland von 2008–2060 nach Altersklassen (Destatis, 2009, S. 17)

Schwache Geburtenziffern in industrialisierten Ländern haben insbesondere Aus­ wirkungen auf die Hersteller von Kinderartikeln, die rechtzeitig nach gang­baren Auswegen suchen müssen. Märklin versucht bereits für seine Modell­eisen­bahnen mit technischen Verfeinerungen wie digitale Steuerungen stärker erwachsene Män­ ner als Zielgruppe zu begeistern. Dadurch wird neben dem Spielzeugmarkt auch der Hobbymarkt erschlossen. Ein weiteres Beispiel sind Baby-Produkte im Körper­ pflegebereich (Shampoo, Creme), die immer häufiger auch für Erwachsene emp­ fohlen werden (Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 239). Der Trend zu einer überalternden Bevölkerung betrifft vor allem Unternehmen, die sich mit ihren Produkten ursprünglich an jüngere Zielgruppen wenden. Diese Anbieter sollten ihre Angebote neu positionieren bzw. neue Produkte in ihr Sorti­ ment aufnehmen. So müssen Senioren mit spezifischen Marketingprogrammen ge­ zielt angesprochen werden. Dementsprechend hat sich mit dem Seniorenmarketing eine neue Teildisziplin innerhalb des Marketings herausgebildet (Lakaschus, 2001;

1. Markt- und Kundenanalyse

53

Kölzer, 1995). Beispielsweise hat Beiersdorf das Potential der über 50-jährigen Frauen im Gesichtspflegemarkt in Deutschland frühzeitig erkannt und mit N ­ ivea Vital bereits 1994 eine eigene Submarke für die Bedürfnisse dieser Zielgruppe ein­ geführt. In der Werbekampagne wird die Zielgruppe ihrem Alter entsprechend an­ gesprochen, in dem auf authentische und klare Botschaften mit hohem Identifika­ tionspotential und Glaubwürdigkeit geachtet wird (Fösken, 2006, S. 31). Bei der Gestaltung von seniorenspezifischen Produkten sollte die folgenden Prinzipien berücksichtigt werden: Produkte dürfen nicht zu komplex und nicht zu klein sein, sie müssen übersichtliche Beschriftungen haben, eine klare und ein­ deutige Farbgebung, wenig Symbole, ausreichend Text, eine übersichtliche An­ zahl von nützlichen Funktionen und sie sollten leicht zu handhaben sein. Sind der­ art gestaltete Produkte auch für jüngere Zielgruppen interessant, spricht man von Universal Design: Produkte, die für jüngere Kunden attraktiv sind, aber gleichzei­ tig die Anforderungen der älteren Generation erfüllen (Fösken, 2013, S. 54). Ein Beispiel sind Mobiltelefone mit großem Display, großen Tasten und einer kleinen Auswahl von programmierbaren Funktionen. Auch Koffer mit Rollen waren ur­ sprünglich an den Bedürfnissen älterer Menschen ausgerichtet, da damit der phy­ sische Aufwand beim Fortbewegen stark reduziert wird. Für viele junge Men­ schen sind diese Koffer sehr attraktiv, was den großen Markterfolg heute erklärt (Gassmann/Reepmeyer/Walke, 2005, S. 65). In 2011 leben in Deutschland ca. 35 % aller Einwohner in dicht besiedelten Ge­ bieten (Destatis, 2014). Heute zieht es immer Menschen in attraktive Großstädte. Besonders beliebt sind Hamburg, Berlin und München. Das hat u. a. Folgen für die Standortwahl im Einzelhandel. So eröffnete der Möbelhändler IKEA 2014 seine erste Fußgängerzonen-Filiale mitten in Hamburg-Altona. Bewusst wird eine klei­ nere Verkaufsfläche in Kauf genommen. Die Zunahme der Nichtfamilienhaushalte – 40 % der Haushalte in der Bundes­ republik waren 2013 Einpersonenhaushalte (GfK, 2014) – hat u. a. Auswirkungen auf die Möbel- und Nahrungsmittelindustrie. Kleinere Wohnungen erfordern z. B. weniger aufwändige, preisgünstigere Haushaltsgeräte, Möbel und Einrichtungs­ gegenstände. Lebensmittel werden zunehmend in kleineren Verpackungsgrößen nachgefragt. Im Dienstleistungsmarkt lassen sich spezielle Angebote für Singles entwickeln, die es ihnen ermöglichen, untereinander Kontakte zu knüpfen, z. B. Gruppenreisen für Singles (Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 241). Die Analyse der ökonomischen Umwelt berücksichtigt, dass die Unternehmen in einem gesamtwirtschaftlichen Prozess eingebettet und somit Teil  der Volksbzw. Weltwirtschaft sind. Unternehmen sind somit abhängig von der volkswirt­ schaftlichen Entwicklung eines Landes, einer Region oder der Welt. Bei einer ge­ nerell rückläufigen Kaufkraft der Endverbraucher hat das Auswirkungen auf den Geschäftserfolg in nahezu allen Branchen. Sinkende für Konsumgüterkäufe ver­ fügbare Realeinkommensanteile sind mit dafür verantwortlich, dass der Anteil der Handelsmarken am Umsatz des Lebensmitteleinzelhandels im Jahr 2014 mitt­

54

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

lerweile bei 34 % liegt (o. V., 2015, S. 45). Dagegen lassen sich in wirtschaftlichen Aufschwungphasen, die von zunehmenden Erwerbsquoten begleitet werden, Kun­ den auch mit Qualitäts- und Serviceargumenten gewinnen. Bei der Diskussion der ökologischen Umwelt sind Aspekte wie Klimawandel, industrielle Umweltverschmutzung, Unbedenklichkeit von Lebensmitteln sowie Begrenzung natürlicher Ressourcen, z. B. Wasserknappheit, relevant. Die Besorg­ nis darüber hat das Umweltbewusstsein und Umweltverhalten in den unterschied­ lichsten Bevölkerungsschichten vieler Länder zunehmend verstärkt. So achten Ver­ braucher beim Kauf auch auf nachhaltige Produkte und Dienstleistungen. Lubin/ Esty (2010, S. 76 ff.) sprechen in diesem Zusammenhang bereits von einem Mega­ trend in der Wirtschaft, welcher die Unternehmen zwingt, verstärkt die Nachhal­ tigkeit in der gesamten Wertschöpfungskette bis hin zur Entsorgung zu berück­ sichtigen. Ökologische Aspekte werden somit zunehmend zum unternehmerischen Wett­bewerbsinstrument, um sich gegenüber dem Wettbewerb zu differenzieren. In der technologischen Umwelt spielen moderne Informations- und Kommuni­ kationstechnologien eine immer wichtigere Rolle in der Beziehung zwischen An­ bietern und Kunden. So hat die zunehmende Verbreitung der Internettechnologie Online-Vertriebskanäle flächendeckend entstehen lassen, z. B. Online-Banking, Online-Shops und elektronische Marktplätze. Mittlerweile hat sich das Internet zum Web 2.0 weiter entwickelt, wo die Nutzer von passiven Konsumenten zu ak­ tiven Gestaltern des Internets werden und Inhalte selber erstellen und bearbeiten. Dieses „Mitmach-Web“ veranlasst die Unternehmen dazu, eigene Social Media Marketing-Strategien für ihre Zielgruppen zu erstellen (Hettler, 2010, S. 37 ff.). Im multimedialen Zeitalter spielen Smartphones eine immer wichtigere Rolle. Im Zentrum der multifunktionalen Ausstattung steht bei diesen mobilen Endgrä­ ten die Internet-Anbindung, das Mailen und Surfen mit dem Handy. Informationen und Botschaften können somit zu jeder Zeit an beliebigen Orten abgerufen wer­ den. Für Werbetreibende ergeben sich dadurch Möglichkeiten, Werbebotschaften zu personalisieren und einen interaktiven Austausch zwischen Anbieter und Nut­ zer zu ermöglichen. Mit Hilfe von Ortungssystemen können Werbetreibende so­ gar den aktuellen Aufenthaltsort des Handybesitzers feststellen. Erteilt dieser da­ für seine Einwilligung, lassen sich anschließend ortsbezogene Dienste (Location Based Services) anbieten. Der Kunde erhält dann standortabhängige Werbung in Form von Rabatten, Aktionen und Coupons, die er sofort einlösen kann (Pousttchi/ Becker, 2011, S. 367). Das mobile Internet wird sich durch den weiteren Ausbau der Mobilfunknetze, günstiger Flatrates und leistungsstarker Endgeräte zunehmend zu einem Massenmedium entwickeln (Kroeber-Riel/Esch, 2011, S. 33). Die Marketingpraktiken werden wesentlich durch Entwicklungen im politischrechtlichen Bereich beeinflusst. Die Zahl der Gesetze und Verordnungen, die in den Wirtschaftskreislauf eingreifen, ist ständig erhöht worden. Aus Marketing­ sicht sind auf nationaler Ebene u. a. gesetzliche Bestimmungen zur Aufrechter­ haltung des Wettbewerbs (GWB) sowie der Verbraucherschutz vor unlauteren

1. Markt- und Kundenanalyse

55

Geschäftspraktiken (UWG) relevant. Während das UWG individuelle Verstöße einzelner Konkurrenten regelt, sollen mit dem GWB vor allem marktweite Ge­ fährdungstatbestände bekämpft bzw. verhindert werden, z. B. Preisbindung der zweiten Hand und Verkäufe unter Einstandspreis (Diller, 2008, S. 66 ff.). Die Werte und Normen von Menschen werden durch die Gesellschaft geprägt, in der ein Mensch aufwächst. Kulturelle Grundwerte einer Gesellschaft sind z. B. der Trend zur Selbstverwirklichung, Gesundheit und Fitness, Abenteuer und Ge­ nuss. Diese Entwicklungen müssen in der soziokulturellen Umwelt von den Unter­ nehmen vor allem im Rahmen der Produkt- und Werbegestaltung berücksichtigt werden. Der allgemeine Fitnesstrend hat beispielsweise ein neues Produktange­ bot im Sportausrüstungsbereich entstehen lassen. Und der Erfolg der Werbung hängt in steigendem Maße davon ab, inwieweit es gelingt, die angebotenen Pro­ dukte in die emotionale Erfahrungs- und Erlebniswelt der Empfänger einzupassen (Kroeber-­Riel/Esch, 2011, S. 45 f.). Nach wie vor gibt es einen Trend zum Konsumieren. Für immer mehr Menschen ist der Konsum aber nicht Notwendigerweise an den Besitz von Gütern gekoppelt. Zugang ist heute entscheidender als Eigentum, deshalb wird geteilt, getauscht und gemietet. Dieser gemeinschaftliche Konsum wird als Collaborative Consumption bezeichnet. Besonders junge, gut verdienende, internetaffine Konsumenten, die offen gegenüber neuen Technologien sind und in Großstädten leben, nutzen zuneh­ mend diese Sharing-Angebote (Keller, 2013, S. 33 f.). Durch diesen gemeinschaft­ lichen Konsum eröffnen sich neue Geschäftsmodelle für Unternehmen. So haben die Premiumanbieter Daimler und BMW jeweils ein Sharing-Konzept für die Ver­ mietung von Autos entwickelt. Aber auch außerhalb des Mobilitätssektors können Produkte gemietet werden. Z. B. bietet die Baumarktkette Obi in vielen Filialen einen Verleihservice von Werkzeugen und kleineren Maschinen an. Literaturempfehlungen Backhaus, Klaus/Schneider, Helmut: Strategisches Marketing, Stuttgart 2007, S. 51–68. Backhaus, Klaus/Voeth, Markus: Industriegütermarketing, 9.  Aufl., München 2010, S. 8–10; 41–92; 118–130. Balderjahn, Ingo: Nachhaltiges Marketing-Management. Möglichkeiten einer um­ welt- und sozialverträglichen Unternehmenspolitik, Stuttgart 2004, S. 145–172. – Nachhaltiges Management und Konsumentenverhalten, Konstanz und München 2013, S. 199–238. Becker, Jochen: Marketing-Konzeption. Grundlagen des ziel-strategischen und ope­ rativen Marketing-Managements, 10. Aufl., München 2013, S. 92–99; 246–287; 393–410.

56

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

Benkenstein, Martin/Uhrich, Sebastian: Strategisches Marketing. Ein wettbe­ werbsorientierter Ansatz, 3. Aufl., Stuttgart 2009, S. 25–34. Berekoven, Ludwig/Eckert, Werner/Ellenrieder, Peter: Marktforschung, Metho­ dische Grundlagen und praktische Anwendung, 12.  Aufl., Wiesbaden 2009, S. 243–260. Freter, Hermann: Markt- und Kundensegmentierung. Kundenorientierte Markter­ fassung und -bearbeitung, 2. Aufl., Stuttgart 2008, S. 90–193. Homburg, Christian/Krohmer, Harley: Grundlagen des Marketingmanagements: Einführung in Strategie, Instrumente, Umsetzung und Unternehmensführung, 4. Aufl., Wiesbaden 2012, S. 139–166; 457–476. Kotler, Philip/Keller, Kevin Lane/Bliemel, Friedhelm: Marketing-Management. Strategien für wertschaffendes Handeln, 12. Aufl., München 2007, S. 194–214; 231–272; 313–329; 355–386. Meffert, Heribert/Burmann, Christoph/Kirchgeorg, Manfred: Marketing. Grund­ lagen marktorientierter Unternehmensführung, 12.  Aufl., Wiesbaden 2015, S. 43–54; 135–140; 169–202. Nieschlag, Robert/Dichtl, Erwin/Hörschgen, Hans: Marketing, 19. Aufl., Berlin 2002, S. 68–70; 80–87; 98–102; 154–157; 160; 209–213; 635–637. Schaper, Thorsten: Industriekundenmanagement, Stuttgart 2001, S. 17–22; 81–84. Scharf, Andreas/Schubert, Bernd/Hehn, Patrick: Marketing. Einführung in Theo­ rie und Praxis, 5. Aufl., Stuttgart 2012, S. 219–226. Sinus Markt- und Sozialforschung GmbH: Die Sinus-Milieus Update 2015. Hinter­ gründe und Fakten zum neuen Sinus-Milieumodell, Heidelberg 2015, S. ­14–16. Kontrollfragen 1) Die Marktstruktur differenziert einen Markt in vertikaler Hinsicht in Markt­ stufen. Erläutern Sie, warum die Kenntnis der Marktstruktur durch Ein­ beziehung nachgelagerter Marktstufen für Industriegüterunternehmen wichtig ist! 2) Erläutern Sie zwei Gründe, warum die Abgrenzung des relevanten Marktes von elementarer Bedeutung im Rahmen der Strategieentwicklung ist! 3) Die „Railmax AG“ ist ein deutsches Bahnunternehmen, deren Kernleistung die Beförderung von Personen auf kurzen und langen Strecken in Deutschland ist. a) Grenzen Sie den relevanten Markt der „Railmax AG“ in sachlicher Hin­ sicht ab! Mit welchen Anbietern steht die „Railmax AG“ in Konkurrenz?

57

1. Markt- und Kundenanalyse

b) Beschreiben Sie drei Markteinflussfaktoren (nicht kontrollierbare Variablen), die eine Auswirkung auf die zukünftige Geschäftsentwicklung der „Rail­ max AG“ in Deutschland haben können! 4) a) Das Marktvolumen für Kunststoffe beläuft sich im Jahr 2015 in Europa auf 12,5 Mrd. €. Auf petrochemische Kunststoffe entfällt dabei der Lö­ wenanteil von 85 %. Die restlichen 15 % werden durch biobasierte Kunst­ stoffe abgedeckt. Der Sättigungsgrad (= Grad der Marktausschöpfung) im Teilmarkt der biobasierten Kunststoffe beträgt 25 %. Berechnen Sie das Marktpotential für biobasierte Kunststoffe! b) Erläutern Sie drei Maßnahmen des Marketingmix, wie die Anbieter von bio­ basierten Kunststoffen den Grad der Marktausschöpfung erhöhen können! c) Biobasierte Kunststoffe werden auch bei Verpackungen von Bio-Lebens­ mitteln eingesetzt. Beschreiben Sie das Endverbrauchersegment der BioLebensmittel in Deutschland anhand drei ausgewählter soziodemographi­ scher Kriterien! 5) Grenzen Sie die Begriffe Marktvolumen, zugängliches Marktvolumen und be­ arbeitetes Marktvolumen voneinander ab! 6) Beschreiben Sie anhand eines selbstgewählten Beispiels, wie ein Hersteller sein zugängliches bzw. sein bearbeitetes Marktvolumen erhöhen kann (jeweils einen Ansatzpunkt)! 7) Grenzen Sie die Quantitativen Methoden und die Qualitativen Methoden der Marktprognose voneinander ab! 8) Grenzen Sie die Methode der gleitenden Durchschnitte und die Methode des gewogenen gleitenden Durchschnitts verbal und mit Hilfe mathematischer Formeln voneinander ab! 9) Ein Unternehmen will die Marktgröße für das nächste Jahr (2016) prognosti­ zieren. Folgende Ist-Daten liegen vor: Periode

Marktvolumen Mio. €

Gewichtung

2015

100

0,40

2014

95

0,30

2013

90

0,15

2012

95

0,10

2011

100

0,05

58

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

a) Berechnen Sie mit Hilfe der „Methode der gleitenden Durchschnitte“ den Prognosewert für das Jahr 2016! b) Berechnen Sie mit Hilfe der „Methode des gewogenen gleitenden Durch­ schnitts“ den Prognosewert für das Jahr 2016! 10) Prognosen der Marktentwicklung: Sollten eher quantitative oder qualitative Pro­ gnoseverfahren in der Praxis eingesetzt werden? Begründen Sie! Warum ist die Prognose der Marktentwicklung für Unternehmen von elementarer Bedeutung? 11) Beschreiben Sie die zwei grundlegenden Schritte der Marktsegmentierungs­ strategie! 12) Warum ist die „Kaufverhaltensrelevanz“ eine wichtige Anforderung an Markt­ segmentierungskriterien? Begründen Sie! 13) Erläutern Sie, warum eine mehrstufige Marktsegmentierung für Unternehmen sinnvoll sein kann! 14) Ein Friseur überlegt, zur Bildung von Marktsegmenten das Kriterium „Ge­ schlecht“ zu verwenden, um eine Marktsegmentierungsstrategie durchzufüh­ ren. Ist das Kriterium „Geschlecht“ aus Ihrer Sicht ein geeignetes Marktseg­ mentierungskriterium? Begründen Sie! 15) Beschreiben Sie den Ansatz der Nutzensegmentierung! Erläutern Sie vier unter­ schiedliche Nutzen, die Frauen beim Kauf eines Damenwinterschuhs erwarten! 16) Industrieller Kaufentscheidungsprozess a) Warum ist der Informationsbedarf beim „Erstkauf“ sehr hoch? Begründen Sie! b) Beschreiben Sie die am Kaufprozess beteiligten Personen nach dem Rol­ lenkonzept von Webster/Wind! Welche Entscheidungskriterien legen die jeweiligen Entscheidungsträger beim Kauf zu Grunde? c) Gibt es im industriellen Kaufentscheidungsprozess auch die Möglichkeit der Impulskäufe? Begründen Sie! Erläutern Sie vier Maßnahmen zur Er­ höhung der Impulskäufe der Konsumenten am Point-of-Sale! 17) Beschreiben Sie jeweils eine Entwicklung und deren Auswirkung für das Marketing der Automobilhersteller im deutschen Markt, welche sich aus der demo­graphischen, ökonomischen, ökologischen, technologischen, politischrechtlichen und soziokulturellen Umwelt ergeben! 18) Umweltbewusstes Kaufverhalten a) Was verstehen Sie unter dem Begriff „Verhaltenslücke“ beim umweltbe­ wussten Kaufverhalten? b) Beschreiben Sie die drei Gründe, die zu einer Verhaltenslücke beim um­ weltbewussten Kaufverhalten führen!

2. Strukturanalyse von Branchen (Aufgabenumwelt)

59

2. Strukturanalyse von Branchen (Aufgabenumwelt) Eine Branche besteht aus einer Gruppe von Unternehmen, die Produkte herstel­ len, welche sich gegenseitig nahezu ersetzen können. Die Branchenstruktur be­ einflusst dabei in starkem Maße sowohl die Spielregeln des Wettbewerbs als auch die Strategien, die dem Unternehmen potentiell zur Verfügung stehen. Der Stand des Wettbewerbs in einer Branche hängt von fünf grundlegenden Wettbewerbskräften („five-forces“) ab (siehe dazu Abb. 31). Die zusammengefasste Stärke die­ ser Kräfte bestimmt die Wettbewerbsintensität und das Gewinnpotential in der Branche. Beispielsweise ist die Rivalität in der Flugzeugindustrie zwischen den vorhandenen Wettbewerbern Boeing und Airbus sehr stark. Das gilt ebenso für die Marktmacht der Abnehmer. Allerdings kann die Gefahr des Auftretens neuer Wettbewerber oder Substitutionsprodukte sowie die Verhandlungsmacht der Zu­ lieferer als relativ gering eingestuft werden (Porter, 2008, S. 21). Lieferanten Verhandlungsstärke, Tendenz zur Vorwärtsintegration

Substitutionsprodukte Bedrohung durch Substitutionsprodukte

Wettbewerber in der Branche Rivalität unter den bestehenden Unternehmen

Neue Konkurrenten Bedrohung durch neue Konkurrenten

Abnehmer Verhandlungsstärke, Tendenz zur Rückwärtsintegration

Abb. 31: Bewertung der Branchenattraktivität (in Anlehnung an Porter, 2013, S. 38)

Die Kenntnis der Wettbewerbskräfte ist für ein Unternehmen sehr wichtig, da dadurch die entscheidenden Stärken und Schwächen des Unternehmens auf­ gezeigt werden. Des Weiteren ergeben sich hieraus Anregungen zur Standort­ bestimmung des Unternehmens in der Branche. Gleichzeitig werden potentiell einträgliche Marktbereiche aufgezeigt, die durch strategische Veränderungen er­ schlossen werden können. Die Wettbewerbskräfte verdeutlichen Branchentrends mit den größten Chancen und Risiken und geben ein Grundgerüst für die Formu­ lierung der Wettbewerbsstrategie (Porter, 2013, S. 38; siehe dazu auch das Beispiel des Dämmstoffes XPS in Abb. 32). Ein grundlegender Vorteil dieses Modells ist

60

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

die umfassende Berücksichtigung der möglichen Einflussfaktoren der Marktent­ wicklung. So beschränkt sich die Marktanalyse nicht auf die aktuell vorhandenen Strukturen, z. B. Betrachtung der gegenwärtig im Markt auftretenden Wettbewer­ ber, sondern beinhaltet auch die Problematik der Bedrohung durch Substitute und potentielle Konkurrenten (Homburg/Krohmer, 2012, S. 477). Lieferanten PolystyrolPreisentwicklung

Substitutionsprodukte Ca. 2/3 des XPS-Marktes sind latent substitutionsgefährdet

Wettbewerber in der Branche Hohe Überkapazitäten, Starker Preisrückgang, Standardtechnologie, Schwaches Marktwachstum

Neue Konkurrenten Expansions-/ Internationalisierungsstrategie; Trend zum Vollsortiment bei Dämmsto en

Abnehmer Kosten- und Komplexitätsreduzierung im Handel: Vollsortimente, niedrige Preise

Abb. 32: Branchenattraktivität des Dämmstoffes XPS

Die fünf Wettbewerbskräfte werden nacheinander diskutiert. 2.1 Potentielle neue Konkurrenten Neue Konkurrenten schaffen in der Branche neue Kapazitäten in den Bereichen Forschung und Entwicklung, Produktion und Vertrieb. In der Konsequenz kann ein starker Preisdruck entstehen. Die Kosten der etablierten Wettbewerber können sich erhöhen und die Gewinne werden sinken. Beispielsweise ist Aldi Ende 2005 mit Aldi-Talk in den Markt für mobile Telekommunikation eingetreten und konnte damit den bisher von simyo stark dominierten Markt der Discount-Telefonie kräf­ tig „aufmischen“ und den in der Branche schon vorherrschenden Preisdruck wei­ ter erhöhen (Kreutzer, 2013, S. 2). Die Gefahr eines Markteintritts hängt von den existierenden Eintrittsbarrieren sowie von den absehbaren Reaktionen der etablierten Wettbewerber ab. Sind die Barrieren hoch und/oder sind scharfe Gegenmaßnahmen der etablierten Wett­bewer­ ber zu erwarten, so ist die Gefahr des Markteintritts gering (siehe dazu Abb. 33).

2. Strukturanalyse von Branchen (Aufgabenumwelt)

61

Abb. 33: Markteintrittsbarrieren für neue Konkurrenten (in Anlehnung an Porter, 2013, S. 41 ff.)

Etablierte Wettberber können bereits Kostensenkungspotentiale im Rahmen der mengenbedingten (Economies of Scale) und erfahrungsbedingten Kostendegres­ sion sowie der Marktmacht realisieren. Economies of Scale liegen vor, wenn bei steigender absoluter Ausbringungsmenge die Stückkosten eines Produktes sinken. Dieser Effekt wird durch die Verteilung der Fixkosten auf mehr Mengeneinheiten erzielt. Bei der erfahrungsbedingten Kostendegression steigen mit wachsender ab­ soluter Ausbringungsmenge die gesammelten Erfahrungen, die ebenfalls kosten­ senkend wirken. Erfahrungsbedingte Kostendegressionen können nahezu in je­ dem Bereich eines Unternehmens vorliegen: Produktion, Einkauf, Forschung und Entwicklung, Marketing, Vertrieb und Service. Die Marktmacht etablierter Wett­ bewerber führt auch zu größeren Einkaufsmengen, die Kostenvorteile bei den­ Materialkosten nach sich ziehen (Buzzell/Gale, 1989, S. 67). Stückkosten 10 8

bei 20 % Rückgang 4

bei 30 % Rückgang

2

1 1

2

4

8

16

32

Kumulierte Ausbringungsmenge

Abb. 34: Das Erfahrungskurvenkonzept bei logarithmisch eingeteilten Ordinaten

62

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

Im Folgenden wird auf das Erfahrungskurvenkonzept (siehe Abb. 34) eingegan­ gen, das den Economies of Scale-Effekt indirekt mit einschließt. Der Erfahrungs­ kurveneffekt ist empirisch durch die Boston Consulting Group festgestellt worden und besagt, dass die Kosten ohne Materialkosten in einer konstanten Quote um 20–30 % sinken, wenn sich im Zeitablauf die kumulierte Produktionsmenge ver­ doppelt. Die Untersuchungsergebnisse beziehen sich dabei auf den Industriezweig als Ganzes, wie auch auf das einzelne Herstellerunternehmen. Erfahrungskurven beschreiben allerdings lediglich das Kostensenkungspotential. Deren Ausschöp­ fung hängt vom jeweiligen Management ab (Becker, 2013, S. 422 f.). Durch Kennen der Erfahrungskurve sind eine langfristige Prognose der eigenen Kostenentwick­ lung sowie die der Konkurrenten möglich. Dadurch wird die Planung einer mit­ tel- bis langfristigen Preisfestsetzung für die Produkte erleichtert (siehe Abb. 35). Stückkosten

Einführungsphase

Preisschirmphase

Preis- Stabilitätsphase einbruch

Preis

Preisentwicklung Kostenentwicklung I

II

III

IV

Kumulierte Ausbringungsmenge

Abb. 35: Verwendung des Erfahrungskurvenkonzepts in der Preispolitik (in Anlehnung an Henderson, 1984)

Kostensenkungspotentiale können neue Konkurrenten einerseits vom Marktein­ tritt absehen lassen. Andererseits können sie Neuanbieter dazu veranlassen, mit ho­ hem Produktionsvolumen in den Markt einzusteigen und dabei das Risiko harter Vergeltungsmaßnahmen durch etablierte Anbieter einzugehen. Eventuell eröffnen sich für Neueinsteiger aber Kostenvorteile gegenüber etablierten Konkurrenten, die sich aufgrund der Verwendung einer neuen Produktionstechnologie mit neuer Erfah­ rungskurve ergeben. Als weitere Alternative ist der Markteintritt mit niedrigerem Produktionsvolumen zu nennen. Dieses Vorgehen entspricht einer Nischenstrate­

2. Strukturanalyse von Branchen (Aufgabenumwelt)

63

gie, wodurch zwar ein Kostennachteil akzeptiert wird, man sich aber als Spezia­ list positionieren kann. Schließlich kann ein neuer Anbieter auch einen etablierten Konkurrenten und somit Marktanteile aufkaufen, um in den Markt einzutreten. Für etablierte Anbieter existieren Grenzen bei den Kostendegressionseffekten. So können jüngere Unternehmen von den Fehlern der Pioniere lernen oder Knowhow-Träger der Konkurrenz abwerben. Ebenfalls ist der Kauf modernster Produk­ tionsanlagen durch neue Konkurrenten möglich (Porter, 2013, S. 52). Etablierte Unternehmen können bereits über eine hohe Marken- und Lieferantentreue verfügen. Neue Konkurrenten müssen deshalb erhebliche Mittel aufwen­ den, um bestehende Käuferloyalitäten zu überwinden. Beispielsweise sind um­ fangreiche Werbeinvestitionen in den Aufbau eines Markennamens zu tätigen. Neue Konkurrenten haben somit einen hohen Kapitalbedarf für Werbung, For­ schung und Entwicklung, Vertrieb/Marketing, Produktion, Lager, Kundenkredite etc. (Porter, 2013, S. 44). Umstellungskosten sind einmalige Kosten für einen Abnehmer, der vom Pro­ dukt eines Lieferanten zu dem eines anderen wechselt, z. B. Umschulungskosten für Mitarbeiter, Kosten für neue Zusatzgeräte, Kosten und Zeit für Testläufe mit den Produkten des neuen Lieferanten. Liegen hohe Umstellungskosten bei den Ab­ nehmern vor, müssen neue Anbieter wesentlich niedrigere Preise und/oder bessere Leistungen anbieten, um eine Geschäftsbeziehung aufbauen zu können. Kunden, die beispielsweise ein ERP-System von SAP in ihrem Unternehmen installiert ha­ ben, haben sehr hohe Wechselkosten, da die Daten integriert und die internen Pro­ zesse darauf abgestimmt sind (Porter, 2008, S. 22). Der Zugang zu Vertriebskanälen kann vor allem im Konsumgüterbereich durch die etablierten Wettbewerber eingeschränkt sein. Um einen Regalplatz im Handel zu bekommen, müssen neue Konkurrenten wesentlich niedrigere Preise anbieten und/oder zusätzliche Handelsfunktionen übernehmen. Diesem Nachfragedruck können neue Konkurrenten durch Schaffung völlig neuer Vertriebskanäle auswei­ chen. So haben Billigfluglinien wie Ryanair beispielsweise die Reisebüros umgan­ gen und den Kunden Reisebuchungen im Internet ermöglicht (Porter, 2008, S. 22). Der Patentschutz für Produkttechnologien, ein nicht vorhandener kostengünsti­ ger Zugang zu Rohstoffen oder günstige Standorte sind Beispiele für größenunabhängige Kostennachteile (Porter, 2008a, S. 44). Aus Sicht der potentiellen Wettbewerber können staatliche Restriktionen auch Eintrittsbarrieren darstellen. Zu nennen sind hier Höchstgrenzen für Luft- und Wasserverschmutzung, Sicherheitsvorschriften für die Produktion, lange Geneh­ migungsverfahren für neue Produktionsanlagen oder auch Testnormen für ge­ sundheitsrelevante Produkte (Porter, 2013, S. 46 f.). Die Markteintrittsbarriere „Erwartete Vergeltung“ thematisiert die Bedingungen, die eine hohe Vergeltungswahrscheinlichkeit der etablierten Wettbewerber erken­ nen lassen. Harte Vergeltungsmaßnahmen gegen früher Eintretende sowie das Vor­

64

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

handensein umfangreicher Mittel zur Vergeltung, z. B. überschüssige Liquidität, unausgelastete Produktionskapazitäten, signalisieren eine hohe Vergeltungswahr­ scheinlichkeit und schrecken somit vor dem Markteintritt ab (Porter, 2013, S. 49). Um neue Wettbewerber von einem Markteintritt abzuhalten, sollten etablierte Anbieter die relevanten Eintrittsbarrieren in ihrer Branche zunächst analysieren und anschließend erhöhen. 2.2 Wettbewerber in der Branche Die Rivalität unter den etablierten Konkurrenten kann sich in Form von Takti­ ken wie Preis- und Rabattwettbewerb, günstigen Finanzierungsangeboten, Werbe­ schlachten, Einführung neuer Produkte und verbesserten Service- oder Garantie­ leistungen ausdrücken. Dabei führt das Ergebnis einer Reihe zusammenwirkender Faktoren zu intensiver Rivalität (siehe dazu Abb. 36): Wettbewerbsintensität Zahlreiche Wettbewerber

Langsames Branchenwachstum

Hohe Fixkosten

Fehlende Produktdifferenzierung

Große Kapazitätserweiterungen

Heterogene Wettbewerber

Kundenbindung

Attraktive Marktsegmente

Kooperationen

Lösungsmöglichkeiten

Abb. 36: Ansätze zur Reduzierung der Wettbewerbsintensität (in Anlehnung an Porter, 2013, S. 53 ff.)

–– Zahlreiche oder gleichausgestattete Wettbewerber: Aufgrund einer hohen Anzahl an Wettbewerbern denken einige Unternehmen, dass sie aggressive Maßnahmen ergreifen können, ohne dass die Konkurrenten davon Notiz nehmen. Demgegen­ über agiert in Märkten mit wenigen großen Konkurrenten der Branchenführer oft­ mals disziplinierend oder kooperativ, z. B. als Vorreiter bei der Preisfestsetzung. –– Langsames Branchenwachstum: Wollen Wettbewerber in stagnierenden oder nur leicht wachsenden Märkten Marktanteile gewinnen, entsteht ein harter Ver­ drängungswettbewerb. –– Hohe Fixkosten: Dadurch entsteht ein Druck, die Kapazitäten möglichst stark aus­ zulasten. Sind Überkapazitäten in der Produktion vorhanden, werden evtl. zuneh­

2. Strukturanalyse von Branchen (Aufgabenumwelt)

65

mend Geschäfte auf Deckungsbeitragsebene realisiert. In diesem Zusammenhang wird ein niedriger Preis als wesentliches Wettbewerbsinstrument eingesetzt, um zumindest einen Teil der fixen Kosten zu decken (Schaper, 2013, S. 14). –– Fehlende Möglichkeiten zur Produktdifferenzierung: In Branchen mit hohem Commodity-Charakter der Produkte entsteht vor allem ein intensiver Wettbe­ werb bei Preis und Service. –– Große Kapazitätserweiterungen: Technologisch bedingte Mindestgrößen lassen Kapazitätserweiterungen in der Produktion nur in großem Umfang zu. Hieraus können Überkapazitäten und folglich Preissenkungen resultieren. –– Heterogene Wettbewerber: Einige Unternehmen betrachten einen Markt als Ven­ til für Überschusskapazitäten, für andere Wettbewerber ist derselbe Markt von strategischer Bedeutung. Dieses unterschiedliche Wettbewerbsverhalten birgt ein kontinuierliches Konfliktpotential in sich (siehe dazu Porter, 2013, S. 56). Etablierte Wettbewerber haben die Möglichkeit, sich aus bestimmten Geschäfts­ feldern zurückzuziehen, falls die Unternehmensziele in der entsprechenden Bran­ che nicht mehr erreicht werden können. Allerdings existieren Austrittsbarrieren, die zu beachten sind: –– Fixkosten des Austritts, z. B. Sozialpläne, Stilllegungskosten für Produktions­ anlagen, –– emotionale Barrieren, z. B. Identifikation mit der betreffenden Branche, Loyalität gegenüber den Mitarbeitern, –– strategische Wechselbeziehungen zu anderen Konzernteilen (Porter, 2013, S. 57). Diese liegen vor, wenn z. B. ein Hersteller von Agrochemikalien die eng mitein­ ander verbundenen Produktbereiche Dünge- und Pflanzenschutzmittel anbietet. Für Anbieter gibt es verschiedene Ansatzpunkte, den Wettbewerbsdruck in ih­ rer Branche erträglich zu machen. Eine Möglichkeit besteht in der Intensivierung von Kundenbindungsprogrammen. Darunter sind Ansätze eines Anbieters zu ver­ stehen, die darauf abzielen, den Kunden zu Wiederkäufen zu veranlassen, damit er nicht zu den Angeboten der Konkurrenten wechselt. Kundenbindungsprogramme dienen der Erhöhung der Eintrittsbarrieren für Wettbewerber bzw. der Erhöhung der Austrittsbarrieren (= Wechselbarrieren) für den Kunden (Peter, 1997, S. 8). Der Aufbau von Wechselbarrieren für den Kunden kann vertraglich, z. B. in der Mo­ bilfunkbranche, oder durch ein Kompatibilitätsmanagement, z. B. in der Compu­ terbranche, realisiert werden (Bruhn, 2006, S. 522). Die Konzentration der Verkaufsanstrengungen auf die am schnellsten wachsen­ den Marktsegmente sowie das Anstreben von Kooperationen (z. B. im Vertrieb) sind weitere Ansätze für einen Anbieter, den Preiswettbewerb in seiner Branche zu reduzieren.

66

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

2.3 Substitutionsprodukte Alle Unternehmen einer Branche konkurrieren mit Branchen, die Ersatzpro­ dukte herstellen. Ersatzprodukte erfüllen die gleiche Funktion wie das Produkt der Branche, mit anderen Mitteln auf andere Weise. So sind Videokonferenzen ein Substitut für Geschäftsreisen und Kunststoff ist ein Substitut für Aluminium (Por­ ter, 2008, S. 22). Auch im Dämmstoffmarkt gibt es die unterschiedlichsten Pro­ duktklassen, mit denen die Abnehmer ihr Problem „Dämmen“ lösen können (siehe dazu das Beispiel in Abb. 37). Gesamtmarkt

Marktwachstum in % p.a.

10 Sonstige 5,6 % 5

XPS

EPS

2323% %

Mineralwolle EPS

0 5 5% %

-5 -10 -15

3% 3% 3% 3%

PUR

10

20

30

40

50

60

70

PUR XPS Sonst.

Mineralwolle

66 %

% am Gesamtmarkt

Abb. 37: Marktentwicklung nach Dämmstoffarten

Hersteller des Dämmstoffes XPS müssen sich auch gegenüber den Produzenten der Substitute im Markt behaupten, z. B. durch bessere Produkteigenschaften und/ oder Serviceleistungen. Weitere Ansatzpunkte bieten sich den Anbietern durch kollektives Handeln der Branche in Form von gemeinschaftlicher Werbung für die Produktart oder durch gemeinsame Anstrengungen in der Produktentwicklung. Eventuell ergeben sich auch Möglichkeiten, Substitutionsprodukte in die Strategie mit einzubauen, z. B. durch Suche nach kombinierten Einsatzmöglichkeiten. Da­ durch kann dem Substitutionswettbewerb entgegengetreten werden.

2. Strukturanalyse von Branchen (Aufgabenumwelt)

67

2.4 Abnehmer Die Gewinne der Branche können generell durch verschiedene Aktivitäten der Abnehmer, z. B. Verlangen von niedrigeren Preisen, höheren Qualitäten, besseren Leistungen, sinken. Die Stärke der Nachfrager hängt dabei von verschiedenen Ge­ gebenheiten ab, von denen ein Druck auf die Verkaufspreise der Anbieter resul­ tiert (siehe Abb. 38): Druck auf die Verkaufspreise Nachfragemacht

A-Produkte

Niedrige Gewinne

Viele Lieferquellen

Eigenfertigung

ABC-Analyse

Niedrige Umstellungskosten

Markttranzparenz

Branchendifferenzierung

Lösungsmöglichkeiten

Abb. 38: Ansätze zur Reduzierung des Preisdrucks (in Anlehnung an Porter, 2013, S. 62 ff.)

–– Ein hoher Konzentrationsgrad der Abnehmergruppen führt zu einer entspre­ chenden Nachfragemacht. –– Ein signifikanter Anteil der einzukaufenden Produkte (A-Produkte) an den Gesamt­ kosten bzw. -einkäufen der Abnehmergruppe bedeutet eine hohe Preisempfind­ lichkeit und eine aktive Beschaffungspolitik der Abnehmer in diesen Bereichen. –– Durch einen geringen Differenzierungsgrad der einzukaufenden Produkte exis­ tiert eine Vielzahl von Lieferquellen, was zu einer Austauschbarkeit der Pro­ dukte führen kann. –– Aus niedrigen Umstellungskosten der Abnehmer resultiert eine geringe Bin­ dung an einen Lieferanten. –– Erzielen Abnehmer niedrige Gewinne, wird der Preisdruck an die Lieferanten weitergegeben. –– Abnehmer drohen mit Rückwärtsintegration durch Eigenfertigung von bestimm­ ten Rohstoffen oder Teilen. –– Eine vollständige Markttransparenz der Abnehmer führt zu einer entsprechend starken Verhandlungsposition (Porter, 2013, S. 61 ff.). Ein Ansatzpunkt für den Anbieter, den Druck auf seine Verkaufspreise in einem erträglichen Rahmen zu halten, besteht in der Differenzierung der Abneh­ mer nach ihrer Größe. So lassen sich die Kunden im Rahmen einer ABC-Analyse

68

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

nach dem mit ihnen erzielten Umsatz in drei Gruppen einteilen (siehe Abb. 39). Bei der Kunden­struktur ist auf ein ausreichend großes B-Kundensegment zu achten, da diese Kunden in der Regel höhere Preise als die A-Kunden bezahlen und so­ mit einen überproportionalen Kundendeckungsbeitrag aufweisen. Allerdings sind A-Kunden wichtig für eine Grundauslastung in der Produktion (siehe dazu auch Schaper, 2001, S. 26 ff.). % Kunden

% Umsatz 5% 15 %

50 %

30 %

C-Kunden B-Kunden A-Kunden

80 %

20 %

Abb. 39: ABC-Analyse

Ein weiterer Ansatz ist die Differenzierung der Abnehmer nach Abnehmerbran­ chen, in denen unterschiedliche Konzentrationsgrade und Wettbewerbsintensitä­ ten existieren. Beispielsweise sind Kunststoffhersteller, die ihre Produkte an die Automobilbranche absetzen, einem extrem starken Preisdruck ausgesetzt. Die Be­ lieferung weiterer Branchen mit nicht so starker Nachfragemacht, z. B. Elektro-, Verpackungs-, Spielzeugbranche, ist aus Renditegesichtspunkten empfehlenswert. 2.5 Lieferanten Die Verhandlungsstärke von Lieferanten kann zu hohen Einkaufspreisen für die Anbieter führen. Können die Unternehmen die höheren Kosten nicht über höhere Preise an ihre Kunden weitergeben, ergeben sich unmittelbare negative Auswir­ kungen für die Profitabilität der Branche (Lücking, 2001, S. 189). Liegen folgende Bedingungen vor, dann ist die Angebotsmacht der Lieferanten besonders hoch: –– Hoher Konzentrationsgrad der Lieferantengruppen (Anbietermacht), –– keine Ersatzprodukte für die Produkte der Lieferanten, –– das Produkt des Lieferanten ist ein wichtiger Input für das Geschäft des Ab­ nehmers, –– der Lieferant hat seine Produkte differenziert oder bei den Abnehmern hohe Umstellungskosten aufgebaut (Porter, 2013, S. 65).

2. Strukturanalyse von Branchen (Aufgabenumwelt)

69

Hohe Einkaufspreise Keine Ersatzprodukte

Anbietermacht

Differenziertes Produkt

Abbau von Umstellungskosten

Wichtiger Input

Hohe Umstellungskosten

Forschung nach Alternativen

Einkaufskooperationen

Lösungsmöglichkeiten Abb. 40: Ansätze zur Reduzierung hoher Einkaufspreise (in Anlehnung an Porter, 2013, S. 64 ff.)

Der Abbau von Umstellungskosten, die Forschung nach alternativen Einsatz­ stoffen und die Bildung von Einkaufskooperationen sind mögliche Aktivitäten der Anbieter, um die Verhandlungsposition der Lieferanten zu schwächen. Fazit: Oftmals sind keine pauschalen Aussagen zur Attraktivität einer Branche möglich, was auch nicht das Ziel einer Branchenstrukturanalyse ist. Vielmehr sol­ len die gewonnen Erkenntnisse als Grundlage für strategische Überlegungen und Entscheidungen dienen. Dies wird auch den ursprünglichen Titel von Porters Bei­ trag bei der Vorstellung des Five Forces-Modells deutlich: „How Competitive For­ ces Shape Strategy“ (Serfas, 2014, S. 1007). Literaturempfehlungen Becker, Jochen: Marketing-Konzeption. Grundlagen des ziel-strategischen und operativen Marketing-Managements, 10. Aufl., München 2013, S. 420–424. Benkenstein, Martin/Uhrich, Sebastian: Strategisches Marketing. Ein wettbe­ werbsorientierter Ansatz, 3. Aufl., Stuttgart 2009, S. 34–36. Homburg, Christian/Krohmer, Harley: Grundlagen des Marketingmanagements: Einführung in Strategie, Instrumente, Umsetzung und Unternehmensführung, 4. Aufl., Wiesbaden 2012, S. 477–478. Kotler, Philip/Keller, Kevin Lane/Bliemel, Friedhelm: Marketing-Management. Strategien für wertschaffendes Handeln, 12. Aufl., München 2007, S. ­1087–1089. Lücking, Joachim: Branchenstrukturanalyse, in: Hermann Diller (Hrsg.), Vahlens Großes Marketinglexikon, 2. Aufl., München 2001, S. 189–191. Nieschlag, Robert/Dichtl, Erwin/Hörschgen, Hans: Marketing, 19. Aufl., Berlin 2002, S. 88–97.

70

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

Porter, Michael E.: Die Wettbewerbskräfte – neu betrachtet, in: Harvard Business Manager Mai/2008, S. 20–26. Porter, Michael E.: Wettbewerbsstrategie (Competitive Strategy), Methoden zur Analyse von Branchen und Konkurrenten, 12. Aufl., Frankfurt am Main 2013, S. 37–72. Schaper, Thorsten: Industriekundenmanagement, Stuttgart 2001, S. 26–31; 76–78. Kontrollfragen 1) Zur Bestimmung der Branchenattraktivität verwendet ein Anbieter das FiveForces-Modell nach Porter! Erläutern Sie, warum die Kenntnis der Wett­ bewerbs­kräfte für ein Unternehmen wichtig ist! 2) Beschreiben Sie vier Eintrittsbarrieren, die potentielle neue Konkurrenten von einem Markteintritt absehen lassen könnten! 3) Erläutern Sie die Gefahren, die von neuen Wettbewerbern ausgehen können! 4) Nach der Analyse der Markteintrittsbarrieren stehen einem neuen Konkurren­ ten unterschiedliche Alternativen des Markteintritts zur Verfügung! Beschrei­ ben Sie diese drei Alternativen! 5) Erläutern Sie vier Ansatzpunkte für einen Anbieter, einen intensiven Wett­ bewerb in seiner Branche zu umgehen! 6) In einer Branche herrscht ein intensiver Wettbewerb zwischen den Konkurren­ ten. Beschreiben Sie drei Austrittsbarrieren, die einen Konkurrenten beim Ver­ lassen der Branche behindern! 7) Den Wettbewerbern einer Branche stehen starke Lieferantengruppen gegen­ über. Erläutern Sie drei Ansatzpunkte, die Lieferantenmacht zu reduzieren! 8) In Abb. 32 ist die Branchenattraktivität des Dämmstoffes XPS dargestellt. a) Wie beurteilen Sie die Wettbewerbsintensität und das Gewinnpotential in dieser Branche? Begründen Sie! b) Erläutern Sie sechs strategische Ansätze für einen „Wettbewerber in der XPS-Branche“! c) Nennen Sie sechs Quellen zur Gewinnung von relevanten Informationen über Wettbewerber!

71

3. Analyse der Wettbewerber

3. Analyse der Wettbewerber Erfolgreiche Unternehmen müssen versuchen, sich auf dem Absatzmarkt Wett­ bewerbsvorteile gegenüber ihren Konkurrenten zu verschaffen und diese möglichst langfristig zu sichern. Zur Entwicklung einer Wettbewerbs- bzw. Positionierungs­ strategie ist deshalb eine Wettbewerberanalyse erforderlich, um die folgenden Fra­ gen zu beantworten (siehe Abb. 41):

Gegenwärtige Strategie Wie verhält sich der Konkurrent im Wettbewerb?

Zukünftige Ziele Was motiviert den Konkurrenten?

Reaktionsprofil des Konkurrenten - Ist der Konkurrent mit seiner gegenwärtigen Situation zufrieden? - Wo ist der Konkurrent verwundbar? - Welche strategischen Veränderungen wird der Konkurrent vornehmen?

Annahmen Über sich selbst und über die Branche?

Fähigkeiten Stärken und Schwächen des Konkurrenten?

Abb. 41: Elemente einer Konkurrenzanalyse (Porter, 2013, S. 90)

Das Verständnis dieser vier Elemente erlaubt eine begründete Vorhersage des Reaktionsprofils des jeweiligen Konkurrenten, das in den Schlüsselfragen in Abb. 41 zum Ausdruck kommt. Analysiert werden sollten alle bedeutenden existie­ renden Wettbewerber sowie potentielle Wettbewerber, z. B. Abnehmer oder Zuliefe­ rer, die sich rückwärts oder vorwärts integrieren wollen (siehe dazu auch Backhaus/ Voeth, 2010, S. 129 f.). 3.1 Zukünftige Ziele Die Kenntnis der Ziele erlaubt eine Aussage darüber, ob ein bestimmter Wett­ bewerber mit seiner gegenwärtigen Position und seinen finanziellen Ergebnis­ sen zufrieden ist oder nicht. Diese Kenntnis ermöglicht vorherzusagen, wie wahr­ scheinlich ein Strategiewechsel ist und mit welcher Intensität der Wettbewerber auf äußere Ereignisse (z. B. Konjunkturzyklus) oder auf Maßnahmen anderer Un­ ternehmen reagieren wird (Porter, 2013, S. 91 f.).

72

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

Beispiel „Äußere Ereignisse“

Ziel des Konkurrenten

Störgröße für den Konkurrenten Reaktion des Konkurrenten

Szenario 1

Szenario 2

Kontinuierliches Umsatzwachstum

Aufrechterhaltung einer Rendite

Konjunktureller Abschwung; Marktanteilsgewinne der Wettbewerber

Konjunktureller Abschwung; Marktanteilsgewinne der Wettbewerber

Preissenkung

Preiskonstanz

Beispiel „Maßnahmen anderer Unternehmen“

Ziel des Konkurrenten Störgröße für den Konkurrenten Reaktion des Konkurrenten

Szenario 1

Szenario 2

Kostenführerschaft

Kostenführerschaft

Fertigungstechnischer Durchbruch eines Konkurrenten

Intensivierung der Werbung

Erhöhung der F&EMittel für Prozessinnovationen

Keine

Die Analyse der Ziele der Wettbewerber hat für ein Unternehmen einen unter­ schiedlichen Nutzen. So können Marktpositionen anvisiert werden, in denen ein Unternehmen seine Ziele erfüllen kann, ohne seine Konkurrenten zu bedrohen. Des Weiteren können strategische Schritte vermieden werden, welche die Fähig­ keit von Konkurrenten, ihre Schlüsselziele zu erreichen, bedrohen würden und somit einen erbitterten Wettbewerbskrieg zur Folge hätten. Die Gewinnung von Marktanteilen von Kerngeschäften der Konkurrenten ist beispielsweise poten­ tiell explosiv. Ist eine strategische Geschäftseinheit eines Konkurrenten dagegen eine Cash Cow, ist die Strategie der Gewinnung von Marktanteilen kein Problem, solange diese noch finanzielle Mittel für den Konkurrenten abwirft (siehe dazu­ Porter, 2013, S. 100).

3. Analyse der Wettbewerber

73

3.2 Annahmen Die Feststellung der Annahmen der verschiedenen Wettbewerber ist ein weiteres Element der Konkurrenzanalyse. Die Annahmen eines Konkurrenten umfassen die Hauptgruppen: –– Annahmen des Wettbewerbers über sich selbst sowie –– Annahmen des Wettbewerbers über die Branche und die anderen Unternehmen darin (Porter, 2013, S. 101). Die Annahmen eines Wettbewerbers über seine Situation können zutreffen oder nicht. Treffen sie nicht zu, so können Konkurrenten diese Fehleinschätzungen zu ihren Gunsten ausnutzen. Beispiel: Annahmen des Wettbewerbers über sich selbst Der Konkurrent nimmt an, dass in seinem Absatzmarkt eine hohe Kunden­ loyalität gegenüber seinem Leistungsangebot besteht. In der Realität trifft diese Annahme aber nicht zu. So wird der Wettbewerber auf eine provokative Preis­ senkung der Konkurrenz (Störgröße) in der Regel nicht reagieren, da er eine hohe Kundentreue zugrunde legt. In der Konsequenz wird er aber Marktanteilsver­ luste hinnehmen müssen (Porter, 2013, S.  101). Ein Abweichen von Eigen- und Fremdbild ist somit äußerst gefährlich. Rechtien (1999, S.  95 f.) bezeichnet das Aus­einanderfallen von Eigen- und Fremdbild bei der Selbst- und Unternehmens­ analyse „Blinder Fleck“. In negativer Hinsicht sehen Kunden und/oder Wett­ bewerber z. B. eine schlechte Beratungsqualität im Customer-Service-Center, über die jeder spricht, nur dem eigenen Unternehmen nicht bekannt ist. Die Durch­ führung von externen Kundenzufriedenheitsbefragungen ist folglich für alle An­ bieter von extrem hoher Bedeutung, um die Meinungen der Kunden unmittelbar zu erhalten. Beispiel: Annahmen des Wettbewerbers über die Branche Hier geht es z. B. um die Frage, wie der Wettbewerber die zukünftige Markt­ entwicklung eines Produktes beurteilt. Glaubt der Wettbewerber vielleicht an ein starkes Marktwachstum, wird er zu Kapazitätserweiterungen tendieren. Die Folge wären Überkapazitäten, falls diese Annahme nicht zutrifft. Dadurch kann ein ent­ sprechender Preisdruck im Absatzmarkt entstehen.

74

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

3.3 Gegenwärtige Strategie Konkurrenten lassen sich in den meisten Branchen nach der Ähnlichkeit ihrer Strategie in Gruppen einteilen. Eine Gruppe von Unternehmen innerhalb einer Branche, die eine identische oder ähnliche Strategie verfolgt, wird als „Strategische Gruppe“ bezeichnet (Porter, 2013, S. 183). Die Mitglieder einer strategischen Gruppe sind direkte Konkurrenten. Diese ziehen in der Regel dieselben Kunden an, da sie den Markt mit den gleichen Anreizen ansprechen. Beim Markteintritt muss das Unternehmen einige zusätzliche strategische Vorteile mitbringen, um gegenüber seinen direkten Wettbewerbern erfolgreich zu sein. Innerhalb der stra­ tegischen Gruppe ist der Wettbewerb am intensivsten, da aus Sicht der Kunden eine hohe Ähnlichkeit der Leistungsangebote existiert. Die strategischen Gruppen in einer Branche können innerhalb eines Positionie­ rungsmodells dargestellt werden. Abb. 42 zeigt ein hypothetisches Beispiel aus dem Dämmstoffmarkt. Hier werden insgesamt 19 Anbieter von Dämmstoffen an­ hand zweier besonders wichtiger strategischer Dimensionen positioniert. Wett­ bewer­ber, die eng zusammen liegen, bilden dabei jeweils eine strategische Gruppe, z. B. die Wettbewerber 1 und 2.

Multisortiment

15

4 Monosortiment

Marktabdeckung

10 5

7

16 3 6

13 14 17 12 9

19 18

8

11

1 2

Niedrige Preise Hohe Qualität/Leistung Marktbearbeitung 1-19: Wettbewerber

Abb. 42: Wettbewerbspositionierung im Dämmstoffmarkt

Bei jeder strategischen Gruppe sind die Eintrittsbarrieren unterschiedlich hoch. So ist für einen Branchenneuling im Dämmstoffmarkt die Positionierung im Seg­ ment Monosortiment/niedrige Preise am einfachsten. Hier sind die Investitionen

3. Analyse der Wettbewerber

75

in Produktionsanlagen und in den Aufbau einer Qualitätsreputation sowie für einen erforderlichen technischen Service am geringsten. Allerdings muss der neue Konkurrent über eine günstige Kostenposition verfügen, um niedrige Preise im Markt anbieten zu können. Zwischen den einzelnen Gruppen bestehen Rivalitäten, die wie folgt begrün­ det sind: –– Überschneiden von Vertriebswegen und Kundengruppen, –– kein großer Unterschied zwischen den Angeboten aus Kundensicht, –– jede Gruppe will ihr Betätigungsfeld im Markt ausdehnen, –– niedrige Mobilitätsbarrieren zwischen den Gruppen (Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 1094 f.). Homburg (1992, S. 83 ff.) hat anhand eines empirischen Beispiels aus dem Be­ reich des Maschinenbaus nachgewiesen, dass die Rentabilität der Unternehmen in engem Zusammenhang mit der Gruppenzugehörigkeit steht. Dieses Ergebnis be­ stätigt das grundlegende Anliegen der strategischen Gruppenanalyse, Profitabili­ tätsunterschiede zwischen Wettbewerbern einer Branche zu erklären. Wollen sich Unternehmen im Markt umpositionieren, dann haben sie Mobilitäts­ barrieren zu berücksichtigen. Mobilitätsbarrieren zwischen den Gruppen sind Bar­ rieren für ein Unternehmen, die den Wechsel der strategischen Position von einer strategischen Gruppe in die andere behindern. Barrieren sind aus unternehmeri­ scher Sicht strukturelle Faktoren wie z. B. Größen-, Kosten- und Differenzierungs­ vorteile (Cunningham/Culligan, 1988, S. 154). Die Anbieter 11, 18 und 19 werden es kaum leichter haben als ein absoluter Neuling, in die Gruppe Mono­sorti­ment/ hohe Leistung oder Multisegment/niedrige Preise einzutreten. Mobilitätsbarrie­ ren sind der Grund, dass einige Unternehmen in einer Branche erfolgreicher arbei­ ten als andere, da erfolgreiche Strategien aufgrund hoher Mobilitätsbarrieren nicht schnell nachgeahmt werden können. Strategische Gruppen können sich im Laufe der Zeit verändern, da sich Fähig­ keiten und Ressourcen der Unternehmen ändern, was zu angepassten Strategien führen kann. Ebenfalls werden Produkttechnologien weiterentwickelt, wodurch spezielle Technologieanbieter entstehen können. Aus der Veränderung des Käufer­ verhaltens lassen sich ebenfalls neue Positionierungsansätze ableiten. So hat Star­ bucks eine Differenzierung im Vergleich zu herkömmlichen Cafés durch folgende neue Leistungsdimensionen entwickelt: Angebot hochwertiger und vielfältiger Kaffeesorten, die durch geschulte Baristas zubereitet werden und in einer gemüt­ lichen Wohnzimmeratmosphäre getrunken werden können. Komplexität und Kos­ ten werden reduziert, indem auf die Bedienung durch Personal am Tisch verzichtet bzw. die Auswahl klassischer Kuchen, Torten und süßen Gebäcks reduziert wird (Büchler, 2014, S. 136). Zusammen mit Starbucks ist in derselben strate­gischen Gruppe das italienische Unternehmen Caffè Nero positioniert.

76

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

3.4 Fähigkeiten Ob die Konkurrenten ihre Strategien ausführen und die gesetzten Ziele erreichen können, hängt von ihren Ressourcen und Fähigkeiten ab. Diese bestimmen die Stärken und Schwächen eines Konkurrenten, z. B.: –– Produkte: Produktqualität, Breite und Tiefe des Produktprogramms, –– Händler/Vertrieb: Abdeckung und Qualität der Vertriebskanäle, Steuerung der Vertriebsmittler, –– Produktion: Kostensituation, technologisches Niveau der Anlagen, Know-how und Patentschutz, Zugang und Kosten von Rohstoffen, Standortbedingungen, –– Forschung und Entwicklung: Know-how und Patentschutz, Zusammenarbeit mit Partnern, –– Finanzen: Cash Flow, kurz- und langfristige Kreditlinien, Eigenkapitalanteil, –– Management und Organisation: Führungsqualitäten des Managements, Organi­ sationsstruktur (Porter, 2008, S. 105 ff.). 3.5 Reaktionsprofil der Konkurrenten Aus den analysierten Zielen, Annahmen, gegenwärtigen Strategien und Fähig­ keiten eines Wettbewerbers kann auf sein Wettbewerbsverhalten und seine Reak­ tionen auf Schritte eines anderen Unternehmens geschlossen werden. Das Verhal­ ten der Wettbewerber lässt sich durch ganz verschiedene Verhaltensweisen bzw. Verhaltensstile beschreiben: –– Aggressiver Konkurrenzstil: Dieser Stil ist geprägt durch ein offensives An­ griffsverhalten gegenüber den Konkurrenten, vor allem gegenüber denjenigen, die in das als eigen angesehene „Territorium“ vordringen. –– Kooperativer Konkurrenzstil: Dieser Stil zielt auf Zusammenarbeit bzw. zuläs­ sige Absprachen mit den Konkurrenten ab, um auf diese Weise gemeinsame Ziele leichter realisieren zu können. –– Defensiver bzw. friedlicher Konkurrenzstil: Dieser Stil steht für die Erhaltung der einmal realisierten Marktposition. Das eigene Verhalten wird auf die Ak­ tionen der Wettbewerber abgestellt. Diese wettbewerbsvermeidende Ausrich­ tung wird häufig nur solange beibehalten, wie keine Schwächung der eigenen Position durch Vorstöße der Wettbewerber erfolgt. –– Selektiver Konkurrenzstil: Bei diesem Stil reagieren Wettbewerber nur auf ganz bestimmte Angriffsformen. Z. B. kann ein Konkurrent stets auf Preissenkungen reagieren, um damit zu signalisieren, dass diese zu nichts führen (siehe dazu Hinterhuber, 1992, S. 51 ff.; Meffert, 1994, S. 157 ff.).

3. Analyse der Wettbewerber

77

Literaturempfehlungen Backhaus, Klaus/Voeth, Markus: Industriegütermarketing, 9.  Aufl., München 2010, S. 125–148. Homburg, Christian: Wettbewerbsanalyse mit dem Konzept der strategischen Gruppen, in: Marktforschung & Management 2/1992, S. 83–87. Homburg, Christian/Krohmer, Harley: Grundlagen des Marketingmanagements: Einführung in Strategie, Instrumente, Umsetzung und Unternehmensführung, 4. Aufl., Wiesbaden 2012, S. 221–223. Kotler, Philip/Keller, Kevin Lane/Bliemel, Friedhelm: Marketing-Management. Strategien für wertschaffendes Handeln, 12.  Aufl., München 2007, S.  1093– 1109. Meffert, Heribert: Marketing-Management. Analyse  – Strategie  – Implementie­ rung, Wiesbaden 1994, S. 151–161. Meffert, Heribert/Burmann, Christoph/Kirchgeorg, Manfred: Marketing. Grund­ lagen marktorientierter Unternehmensführung, 12.  Aufl., Wiesbaden 2015, S. 297–302. Nieschlag, Robert/Dichtl, Erwin/Hörschgen, Hans: Marketing, 19.  Aufl., Berlin 2002, S. 105–109. Porter, Michael. E.: Wettbewerbsstrategie (Competitive Strategy), Methode zur Analyse von Branchen und Konkurrenten, 12. Aufl., Frankfurt am Main 2013, S. 88–119; 183–213. Kontrollfragen 1) Definieren Sie den Begriff der „Strategischen Gruppe“! 2) Können erfolgreiche Strategien von anderen Wettbewerbern schnell nachge­ ahmt werden? Begründen Sie! 3) a) Zeichnen Sie die stationären Betriebsformen des Einzelhandels Fachhandel, Spezialhandel, Fachmärkte, Warenhäuser, Kleinkaufhäuser, Supermarkt, SB-Warenhäuser und Discounter in ein zweidimensionales Positionierungs­ modell! Wählen Sie zwei trennscharfe, unabhängige Merkmale mit jeweils zwei Ausprägungen aus! b) Schuheinzelhandel: Erläutern Sie drei Mobilitätsbarrieren, die bei einer Umwandlung von einem Discounter zu einem Fachhandelsgeschäft zu be­ achten sind! c) Schuheinzelhandel: Beschreiben Sie zwei Ansätze der Kundenbindung aus Sicht eines exklusiven Fachhandelsgeschäfts!

78

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

4) Der kooperative Konkurrenzstil zielt u. a. auf die Zusammenarbeit mit den Konkurrenten ab. Erläutern Sie fünf mögliche Kooperationsbereiche! 5) Können die Ressourcen und Fähigkeiten eines Unternehmens die Strategie­ wahl einschränken? Begründen Sie anhand eines selbstgewählten Beispiels! 6) Folgende Positionierung verschiedener Wettbewerber im Kunststoffmarkt liegt vor: MV: 50 Mio. €

Großvolumige Anwendung Spezielle Anwendung

Marktabdeckung

MV: 10 Mio. €

A

MV: 20 Mio. €

MV: 30 Mio. €

Standardleistung Hohe Leistung Marktbearbeitung MV = Marktvolumen

= Wettbewerber

A

= Anbieter

Abb. 43: Wettbewerbspositionierung im Kunststoffmarkt

Anbieter A ist im Segment „Hohe Leistung/Großvolumige Anwendung“ posi­ tioniert und hat augenblicklich eine unbefriedigende Ergebnissituation. Zeigen Sie strategische Alternativen auf, wie der Wettbewerber seine Geschäftssituation ver­ bessern kann!

4. Analyse des eigenen Unternehmens 4.1 Stärken-Schwächen-Profil Ein weiterer wichtiger Punkt im Rahmen der Situationsanalyse ist die Durch­ führung einer unternehmensbezogenen Stärken-Schwächen-Analyse. Zur Ermitt­ lung von Stärken und Schwächen müssen zunächst Kriterien definiert werden, die für den Erfolg bzw. Misserfolg eines Unternehmens relevant sind. Anschließend wird jedes Kriterium bewertet, ob es für das eigene Unternehmen eine Stärke oder

79

4. Analyse des eigenen Unternehmens

Schwäche darstellt. Analog wird die Leistung des stärksten Konkurrenten bewer­ tet (siehe dazu Meffert/Burmann/Kirchgeorg, 2015, S. 222 ff.). In Abb. 44 ist bei­ spielsweise erkennbar, dass die Produktart X und der Standort beide als Schwäche eingestuft wurden und gegenüber dem stärksten Konkurrenten einen Wettbewerbs­ nachteil darstellen. Beurteilung

Kritische Ressourcen / Leistungspotentiale

--

-

0

+

++

Produktart X Produktart Y Absatzmärkte (Marktanteile) Marketingkonzept Finanzsituation F&E Rohstoff-/Energie-Versorgung Standort Kostensituation Qualität des Managements Führungssystem Produktivität Eigenes Unternehmen

Wichtigster Wettbewerber

Abb. 44: Stärken-Schwächen-Profil (Scharf/Schubert/Hehn, 2012, S. 36)

4.2 Kundenzufriedenheitsmatrix Die Kundenzufriedenheitsmatrix (Homburg/Fürst, 2006, S.  633; Homburg/ Werner, 1998) verknüpft die Markt- und Kundenanforderungen mit den Stärken und Schwächen des Unternehmens. Mit Hilfe von Kundenbefragungen lassen sich die Ergebnisse der Wichtigkeit der Kundenanforderungen (siehe Abb. 45) und die Ergebnisse der Messung der Kundenzufriedenheit (siehe Abb. 46) miteinander in einer zweidimensionalen Darstellung verknüpfen (siehe Abb. 47). Die Kunden­ zufriedenheitsmatrix repräsentiert einen methodischen Ansatz zur Identifikation zentraler Kundenwünsche und zur entsprechenden Ausgestaltung des Leistungs­ angebots des Unternehmens. Sehr wichtige Kundenanforderungen sollten durch den Anbieter bestmöglich erfüllt werden und können dementsprechend auch hohe Kosten nach sich ziehen. Bei relativ unwichtigen Erfolgsfaktoren ist im

80

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

Gegensatz dazu ein kosteneffizienter Ressourceneinsatz erforderlich. Deshalb ist die Ideallinie in der Kundenzufriedenheitsmatrix durch eine von links unten nach rechts oben verlaufende Diagonale beschrieben. Eine optimale Positionierung der Leistungsfaktoren sollte sich an dieser „Strategischen Kennlinie“ orientieren (Schaper, 2001, S. 85). Wie wichtig sind aus Ihrer Sicht die folgenden Kundenanforderungen?

Kundenanforderung

mehr unrelativ oder weniger wichtig wichtig unwichtig 1 2 3

wichtig 4

sehr wichtig 5

Angebotserstellung und Werbung Auftragsabwicklung Dienstleistungen Produkte Betreuung durch den Außendienst Behandlung von Reklamation

Abb. 45: Wichtigkeit der Kundenanforderungen für den Kunden

Kundenanforderung

In welchem Ausmaß erfüllt der Anbieter aus Ihrer Sicht die folgenden Kundenanforderungen? überhaupt mehr oder nahezu vollnicht teilweise weniger vollständig ständig 1

2

3

4

Angebotserstellung und Werbung Auftragsabwicklung Dienstleistungen Produkte Betreuung durch den Außendienst Behandlung von Reklamation

Abb. 46: Messung der Kundenzufriedenheit durch Kundenbefragung

5

81

4. Analyse des eigenen Unternehmens

5

Hoch

Strategische Vorteile: „Halten“

Strategische Nachteile: „Verbessern“

4 1 Angebotserstellung und Werbung 2 Auftragsabwicklung

6

4

3 Dienstleistungen 4 Produkte

2

3 Niedrig

Wichtigkeit der Kundenanforderung

5

2

1

3 Akzeptable Nachteile: „Beobachten“

1 1

5 Betreuung durch den Außendienst

2

Irrelevante Vorteile: „Reduzieren“

3

Niedrig

6 Behandlung von Reklamationen

4

5

Hoch

Kundenzufriedenheit

Abb. 47: Kundenzufriedenheitsmatrix

Die einzelnen Erfolgsfaktoren werden nach deren Wichtigkeit sowie deren Be­ wertung aus Kundensicht in die Matrix positioniert. Aus der Positionierung der jeweiligen Leistungsfaktoren lässt sich ein konkreter und differenzierter Hand­ lungsbedarf nach den einzelnen Matrixfeldern ableiten (siehe dazu Schaper, 2001, S. 87 f.; Homburg/Daum, 1997, S. 46 ff.).

„Links oben“ Leistungsfaktoren in diesem Bereich tragen in hohem Maße zur Gesamtzufrie­ denheit der Kunden bei, da die relative Bedeutung der Kundenanforderungen sehr hoch ist. Allerdings ist die Kundenzufriedenheit gering, so dass sich als strate­ gischer Ansatz die Verbesserung der Leistung bei den relevanten Faktoren emp­ fiehlt. Im vorliegenden Beispiel wird die „Betreuung durch den Außendienst“ als nicht zufriedenstellend eingestuft. Leistungsverbesserungen könnten sich z. B. auf die Einstellung neuer Außendienstmitarbeiter beziehen, um die Kunden in­ tensiver zu betreuen. Denkbar sind auch Schulungen des vorhandenen Vertriebs­

82

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

personals, damit den Kunden qualifiziertere Kundenbetreuer zur Seite gestellt werden ­können. „Rechts oben“ Das Unternehmen erzielt eine hohe Kundenzufriedenheit in Bezug auf die in diesem Feld positionierten Erfolgsfaktoren. Aufgrund der hohen Bedeutung die­ ser Leistungsmerkmale ist deren Position zu halten, wobei im obigen Beispiel das Zufriedenheitsniveau der Kunden bei „Behandlung von Reklamationen“ und „Auftragsabwicklung“ noch erhöht werden kann. „Links unten“ Die geringe Kundenzufriedenheit bei diesen Faktoren ist „akzeptabel“, da de­ ren Wichtigkeit als relativ gering eingestuft wird. Eine gewisse Standardqualität sollte aber auch bei diesen Faktoren realisiert werden, was sich in unserem Bei­ spiel auf das Merkmal „Angebotserstellung und Werbung“ bezieht. Im Zeitablauf muss auch beobachtet werden, ob sich die Bedeutung dieser Faktoren aus Kunden­ sicht ändert. Beispielsweise ist die Wichtigkeit des Preises aus Sicht der Kunden oftmals sehr stark abhängig von der jeweiligen aktuellen gesamtwirtschaftlichen Lage. „Rechts unten“ Sind Leistungsfaktoren in diesem Feld positioniert, stellt sich die Frage, ob die dort erzielte hohe Kundenzufriedenheit nicht mehr Kosten als Nutzen verursacht. Das Leistungsniveau dieser Faktoren sollte auf jeden Fall reduziert werden. Ein­ gesparte unternehmerische Ressourcen bei den „Dienstleistungen“ können auf das Feld „links oben“ umgelenkt werden. Eine hohe Kundenzufriedenheit führt nicht immer zu einer hohen Kundenbin­ dung. Dieser Zusammenhang wird u. a. in Abb. 48 deutlich, in welcher Kundenzu­ friedenheit und Kundenbindung in einer Matrix miteinander kombiniert werden. Durch die Unterteilung der beiden Dimensionen in niedrig und hoch entstehen vier Matrixfelder bzw. eine Typologie der Kunden. Für jeden Kundentyp können Normstrategien der Kundenbearbeitung definiert werden. Ansätze der Marktfor­ schung, Kundenzufriedenheit und Kundenbindung abzufragen, sind in Abb. 49 dargestellt.

4. Analyse des eigenen Unternehmens

Loyale Kunden

Kundenbindung

hoch

Scheinloyale Kunden

83

Leistungsverbesserung

Kundenbindungskonzepte Permanente Optimierer

Leistungsverbesserung

Selektive Vorgehensweise

niedrig

Unzufriedene Wechsler

niedrig

hoch

Kundenzufriedenheit

Abb. 48: Kundenzufriedenheits-Kundenbindungs-Matrix (Homburg/Werner, 1998, S. 86)

Scheinloyale Kunden Die Kundenbindung weist ein massives Gefährdungspotential auf. Es existiert eine Gebundenheit des Kunden im Sinne von „nicht wechseln können“. Diese „Fes­ selung des Kunden“ kann sich in fehlenden Lieferantenalternativen, geschlossenen Verträgen, getätigten lieferantenspezifischen Investitionen oder hohen Umstellungs­ kosten begründen. Aus Anbietersicht ist eine Leistungsverbesserung dringend zu empfehlen, um eine höhere Kundenzufriedenheit zu erreichen. Denn sollten die spe­ zifischen Wechselbarrieren zukünftig wegfallen, werden diese Kunden abwandern. Loyale Kunden In diesem Fall besteht eine echte Kundenbindung bzw. Kundentreue im Sinne von „nicht wechseln wollen“. Diese Kunden sind sehr zufrieden mit den Leistungen eines Anbieters und sollten langfristig über Kundenbindungsprogramme gehalten werden. Unzufriedene Wechsler Dieser Kundentyp ist jeweils durch eine niedrige Zufriedenheit bzw. Kunden­ bindung gekennzeichnet. Um mit diesen Kunden eine Geschäftsbeziehung auf­ recht zu erhalten, ist zunächst eine Leistungsverbesserung erforderlich.

84

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

Permanente Optimierer Permanente Optimierer verteilen ihren Einkaufsbedarf auf mehrere Lieferanten und wechseln die relevanten Lieferanten im Zeitablauf. Kundenbindungskonzepte sollten hier nur sehr selektiv bestimmten Kunden angeboten werden. Im Konsum­ güterbereich werden mit diesem Kaufverhalten sogenannte „variety seeker“ be­ schrieben, die zwar zufrieden sind mit einem Anbieter, aber die Abwechslung su­ chen bzw. etwas Neues ausprobieren wollen. Kundenzufriedenheit

Wie zufrieden sind Sie insgesamt mit dem Anbieter? Wie gut erfüllt der Anbieter insgesamt Ihre Erwartungen?

Wiederkauf

Wenn Sie das betrachtete Produkt nochmals kaufen müssten, würden Sie es wieder bei dem Anbieter kaufen? Wollen Sie langfristig Kunde des Anbieters bleiben?

Kundenbindung

Weiterempfehlung

Würden Sie den Anbieter weiterempfehlen?

Würden Sie anderen Unternehmen zum Kauf bei dem Anbieter raten? Werden Sie auch beim Kauf anderer Produkte den Anbieter in Erwägung ziehen? Cross-Selling Können Sie sich vorstellen, auch Produkte aus anderen Produktklassen von dem Anbieter zu beziehen?

Abb. 49: Messung der Gesamtzufriedenheit und Kundenbindung (in Anlehnung an Homburg/Fürst, 2008, S. 616)

Literaturempfehlungen Becker, Jochen: Marketing-Konzeption. Grundlagen des ziel-strategischen und operativen Marketing-Managements, 10. Aufl., München 2013, S. 99–103. Benkenstein, Martin/Uhrich, Sebastian: Strategisches Marketing. Ein wettbe­ werbsorientierter Ansatz, 3. Aufl., Stuttgart 2009, S. 42–47. Homburg, Christian/Daum, Daniel: Marktorientiertes Kostenmanagement: Kos­ teneffizienz und Kundennähe verbinden, Frankfurt am Main 1997, S. 37–56. Homburg, Christian/Fürst, Andreas: Überblick über die Messung von Kunden­ zufriedenheit und Kundenbindung, in: Manfred Bruhn/Christian Homburg (Hrsg.), Handbuch Kundenbindungsmanagement. Strategien und Instrumente für ein erfolgreiches CRM, 6. Aufl., Wiesbaden 2008, S. 505–527. Homburg, Christian/Werner, Harald: Kundenorientierung mit System: mit Cus­ tomer-Orientation-Management zu profitablem Wachstum, Frankfurt am Main 1998.

85

4. Analyse des eigenen Unternehmens

Meffert, Heribert/Burmann, Christoph/Kirchgeorg, Manfred: Marketing. Grund­ lagen marktorientierter Unternehmensführung, 12.  Aufl., Wiesbaden 2015, S. 223–226. Nieschlag, Robert/Dichtl, Erwin/Hörschgen, Hans: Marketing, 19. Aufl., Berlin 2002, S. 70–73. Schaper, Thorsten: Industriekundenmanagement, Stuttgart 2001, S. 84–88.

Kontrollfragen 1) Folgende Ergebnisse einer Kundenbefragung liegen vor: Wichtigkeit des ­ Leistungsmerkmals

Bewertung des eigenen Unternehmens

Hohe Produktqualität

5

5

Sortimentsbreite

2

5

Günstiger Preis

4

2

Lange Zahlungsziele

2

5

Lieferservice

5

4

Technische Unterstützung

4

4

Kaufmännische Betreuung

1

4

Technische Werbung

1

2

Leistungsmerkmale

Wichtigkeit des Leistungsmerkmals: 1 = unwichtig; 5 = sehr wichtig Bewertung des Unternehmens: 1 = sehr schlecht; 5 = sehr gut a) Erstellen Sie die Kundenzufriedenheitsmatrix mit der Positionierung der Leistungsmerkmale! b) Welche strategischen Empfehlungen geben Sie dem „Eigenen Unterneh­ men“? c) Zeichnen Sie die Ideallinie (Strategische Kennlinie) in die Kundenzufrie­ denheitsmatrix ein! Begründen Sie, warum sich eine optimale Positionie­ rung der Kundenanforderungen an dieser Ideallinie orientieren sollte! 2) a) Zeichnen Sie die Kundenzufriedenheits-Kundenbindungs-Matrix! Beschrif­ ten Sie die Achsen und zeichnen Sie pro Achse die jeweiligen Trennungs­ linien ein!

86

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

b) Für jedes Matrixfeld lässt sich ein bestimmter Kundentyp identifizieren. Benennen und charakterisieren Sie die einzelnen Kundentypen! Erläutern Sie, welche Strategien der Kundenbearbeitung sich für die einzelnen Kun­ dentypen ableiten lassen! 3) Formulieren Sie jeweils eine Frage zur Messung der Kundenzufriedenheit bzw. Kundenbindung! 4) Führt eine hohe Kundenzufriedenheit automatisch zu Kundenbindung? Be­ gründen Sie!

5. Zusammenfassung: Umwelt- und Unternehmensanalyse Im Rahmen der Umwelt- und Unternehmensanalyse sind nun alle relevanten Einflussgrößen der Unternehmensumwelt analysiert worden. Zur unternehmens­ externen Analyse zählen der Markt mit seinen Markteinflussfaktoren sowie die Analyse der Wettbewerber, Abnehmer und Lieferanten. Eine weitere wichtige Aufgabe der Situationsanalyse betrifft die Feststellung von unternehmerischen Stärken und Schwächen. Durch die Verknüpfung der Ergebnisse aus der Umweltund Unternehmensanalyse ist es anschließend möglich, Chancen und Risiken für ein Unternehmen zu erkennen. Anhand des Beispiels eines mittelständischen An­ bieters von alkoholfreien Getränken soll diese Vorgehensweise veranschaulicht werden (in Anlehnung an Scharf/Schubert/Hehn, 2012, S. 37 ff.). Umweltanalyse

Stärken-Schwächen-Analyse - Analyse +

Kriterien Wasser, „Wasser Plus“ wächst Discounter nimmt zu Plus“-Innovation

Kapazitätsauslastung F & E schwach, aber Kooperation mit Grundstoffhersteller Marktorientierung Umsatz Mineralwasser

Trifft die relevante Umweltanalyse auf eine (für den Erfolg) wichtige Stärke?

nein ja

Chancen-Risiken-Analyse Wachstumsmarkt „Wasser Plus“ / Kooperation mit Grundstoffhersteller Rückläufiger Mineralwasserumsatz/ unausgelastete Kapazitäten

Abb. 50: Situationsanalyse eines Herstellers von alkoholfreien Getränken (Scharf/Schubert/Hehn, 2012, S. 37)

5. Zusammenfassung: Umwelt- und Unternehmensanalyse

87

Aus der Umweltanalyse ergeben sich folgende Informationen: –– Marktentwicklung: Während der Konsum von Mineralwasser stagniert, weist das Teilsegment „Wasser mit Zusatz“ gegenwärtig ein starkes Wachstum auf. –– Distribution: Die zunehmende Bedeutung der Discounter beim Verkauf von „Wasser mit Zusatz“-Produkten führt zu einen spürbaren Preisdruck. –– Konkurrenz: Einige Konkurrenten sind mit „Wasser plus“-Innovationen erfolg­ reich im Markt. Die Unternehmensanalyse zeigt im Vergleich zum stärksten Konkurrenten fol­ gende Stärken und Schwächen: –– Kapazitätsauslastung: Die Produktionskapazitäten sind insbesondere für Mine­ ralwasser nicht ausgelastet. –– F&E und Marktorientierung: Das Unternehmen verfolgt nicht nur eine strikte Marktorientierung bei F&E, sondern hat auch eine enge Kooperation mit einem Aromenhersteller. –– Umsatz Mineralwasser: Hauptumsatzträger des Unternehmens ist das Geschäfts­ feld Mineralwasser, bei dem in den letzten beiden Geschäftsjahren der Umsatz um ca. 19 % eingebrochen ist. Aus der Verknüpfung der Umwelt- und Unternehmensinformationen lassen sich Chancen und Risiken ableiten. Eine Entwicklung aus der Umweltanalyse, die auf eine Stärke des Unternehmens trifft, stellt für das Unternehmen eine Chance dar. Trifft eine Umweltentwicklung auf eine Schwäche des Unternehmens, resultiert hieraus ein entsprechendes Risiko. Die Kombination von Stärken-SchwächenAnalyse und Chancen-Risiken-Analyse wird auch als SWOT-Analyse (Strengths, Weak­nesses, Opportunities, Threats) bezeichnet (Johnson/Scholes, 1993, S. 148 ff.; Wilson/Gilligan, 1997, S. 50 ff.; Ferrell/Lucas/Luck, 1994, S. 36 ff.). Faktorentendenz

Analysebzw. Strategieebene

Unternehmen

Umwelt

Strategischer Ansatz

Positiv

Negativ

Stärken

Schwächen

Chancen

Risiken

Nutzen bzw. Ausschöpfen

Begrenzen bzw. Abbauen

Abb. 51: SWOT-Analyse (in Anlehnung an Becker, 2013, S. 103)

88

B. Analyse und Prognose der unternehmensinternen und -externen Umwelt 

Für den mittelständischen Anbieter von alkoholfreien Getränken ergeben sich folgende Chancen und Risiken: –– Chance: Durch die enge Kooperation mit einem Aromenhersteller und die strikte Marktorientierung ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass das Unternehmen mit neuen Produkten im Segment „Wasser mit Zusatz“ am starken Marktwachstum erfolgreich partizipieren kann. –– Risiko: Das Unternehmen macht mit Mineralwasser den meisten Umsatz und hält hier auch entsprechende Produktionskapazitäten vor. Der Konsum von Mi­ neralwasser stagniert allerdings. Literaturempfehlungen Becker, Jochen: Marketing-Konzeption. Grundlagen des ziel-strategischen und operativen Marketing-Managements, 10. Aufl., München 2013, S. 103–105. Homburg, Christian/Krohmer, Harley: Grundlagen des Marketingmanagements: Einführung in Strategie, Instrumente, Umsetzung und Unternehmensführung, 4. Aufl., Wiesbaden 2012, S. 487–488. Kotler, Philip/Keller, Kevin Lane/Bliemel, Friedhelm: Marketing-Management, Strategien für wertschaffendes Handeln, 12. Aufl., München 2007, S. 108–113. Meffert, Heribert/Burmann, Christoph/Kirchgeorg, Manfred: Marketing. Grund­ lagen marktorientierter Unternehmensführung, 12.  Aufl., Wiesbaden 2015, S. 219–226. Nieschlag, Robert/Dichtl, Erwin/Hörschgen, Hans: Marketing, 19. Aufl., Berlin 2002, S. 103–104; 111–117. Scharf, Andreas/Schubert, Bernd/Hehn, Patrick: Marketing. Einführung in Theo­ rie und Praxis, 5. Aufl., Stuttgart 2012, S. 33–39. Kontrollfragen 1) Die „Schnaps AG“ ist ein Spirituosenhersteller, der seine Produkte ausschließ­ lich im deutschen Markt verkauft. Dort sieht ein Plan der Bundesregierung die Erhöhung der Branntweinsteuer vor. Es gibt auch einen Trend weg von hoch­ prozentigen Getränken, der eine Schrumpfung des nationalen Marktes er­ warten lässt. Der Pro-Kopf-Verbrauch in einigen EU-Ländern wird dagegen zunehmen. Im Vergleich zu den meisten anderen Anbietern besitzt das Unter­ nehmen aber keinerlei Erfahrungen im Auslandsgeschäft. Im Inlandsmarkt versucht der stärkste Konkurrent durch aggressive Werbung und niedrige Preise auf Kosten der Konkurrenz Marktanteile zu gewinnen. Al­

5. Zusammenfassung: Umwelt- und Unternehmensanalyse

89

lerdings besteht für die „Schnaps AG“ eine geringere Abhängigkeit von der Entwicklung auf dem Spirituosenmarkt. Bereits 35 % (Konkurrenz 20 %) des Umsatzes werden mit alkoholfreien Getränken, einem Wachstumsmarkt, rea­ lisiert. Während der Standort des stärksten Konkurrenten sich direkt an der Grenze zu einem attraktiven Auslandsmarkt befindet, produziert das eigene Unternehmen an einem kleinen, abgelegenen Ort in der Mitte Deutschlands. Das Unternehmen hat größere Kostensenkungspotentiale als der Branchen­ durchschnitt aufgrund getätigter Investitionen in moderne Abfüll- und Verpa­ ckungsanlagen. Außerdem verfügt das Unternehmen über günstige Beschaf­ fungsquellen (Scharf/Schubert, 2001, S. 33 ff.). Führen Sie eine SWOT-Analyse für die „Schnaps AG“ durch!

C. Exkurs: Marketingkonzeption Unternehmen brauchen umfassende und vollständige Handlungsanweisungen für das markt- und kundengerechte unternehmerische Handeln (Marketingkonzeption). Eine Marketingkonzeption ist ein schlüssiger, ganzheitlicher Handlungsplan („Fahr­ plan“), der sich an angestrebten Zielen („Wunschorten“) orientiert, für ihre Reali­ sierung geeignete Strategien („Routen“) wählt und auf ihrer Grundlage die adä­ quaten Marketinginstrumente („Beförderungsmittel“) festlegt ­(Becker, 2013, S. 5). Konzeptionsebene

1. Ebene

Konzeptionspyramide Marketingziele (= Bestimmung der „Wunschorte“)

2. Ebene

Marketingstrategien (= Festlegung der „Route“)

3. Ebene

Marketingmix (= Wahl der „Beförderungsmittel“)

Konzeptionelle Grundfragen

Wo wollen wir hin?

Wie kommen wir dahin? Was müssen wir dafür einsetzen?

Abb. 52: Die Konzeptionspyramide und ihre konzeptionellen Bausteine (Becker, 2000, S. 2)

Marketingkonzeptionen setzen abgestimmte Entscheidungen auf drei Entschei­ dungsebenen voraus, der Ziel-, der Strategie- und der Mixebene. Die drei Kon­ zeptionsebenen können als drei logisch aufeinander folgende, aber zugleich inter­ dependente Teilstufen eines konzeptionellen Gesamtprozesses aufgefasst werden. Von oben nach unten erfolgt eine zunehmende Konkretisierung bzw. Detaillierung der zu treffenden Entscheidungen. Die Marketingziele legen zunächst angestrebte Positionen oder „Wunschorte“ fest und fragen: Wo wollen wir hin? Die Marketingstrategien fixieren anschlie­ ßend die grundlegende Vorgehensweise oder „Route“ und verfolgen die Frage­ stellung: Wie kommen wir dahin? Und schließlich bestimmt der Marketingmix die einzusetzenden Instrumente oder „Beförderungsmittel“ indem überlegt wird: Was müssen wir dafür einsetzen? (Becker, 2013, S. 5).

D. Marketingziele Die Marketingziele leiten sich aus den übergeordneten Unternehmenszielen, z. B. Jahresüberschuss, Umsatz- oder Kapitalrentabilität, ab. Analog zu den ande­ ren leistungswirtschaftlichen Funktionsbereichen der Beschaffung und der Pro­ duktion haben Marketingziele den Charakter von Bereichszielen.

1. Zielbegriff Ziele sind zukünftig anzustrebende Zustände (Sollzustände)  und stellen Ori­ entierungs- bzw. Richtgrößen für das unternehmerische Handeln dar. Sie sind das Ergebnis von Verhandlungsprozessen und Ausgangspunkt für die Formulie­ rung von Strategien und Festlegung von Maßnahmen. Unternehmen verfolgen in der Regel nicht nur ein Ziel, sondern gleichzeitig mehrere Ziele bzw. Zielkombi­ nationen.

2. Zielkonkretisierung Ziele können nur dann ein Maßstab für unternehmerisches Handeln sein, wenn die Ziele eindeutig determiniert sind. Eine elementare Anforderung an die Ziel­ formulierung ist die Operationalität/Messbarkeit zwecks Überprüfung des Zieler­ reichungsgrades bzw. der Erfolgskontrolle am Ende einer Periode. Im Sinne der Messbarkeit erfordert die Zielfixierung die Berücksichtigung von vier grundlegen­ den Dimensionen (siehe dazu im Folgenden Becker, 2013, S. 23 ff.; Meffert, 1994, S. 101; Meffert/Burmann/Kirchgeorg, 2015, S. 241): –– Zielinhalt: Was soll erreicht werden? –– Zielausmaß: Wie viel davon soll erreicht werden? –– Zielperiode: Wann soll es erreicht werden? –– Segmentbezug: Wo soll es erreicht werden?

92

D. Marketingziele

Zielinhalt

Zielperiode

Zielausmaß

Segmentbezug

Abb. 53: Grundlegende Dimensionen der Zielformulierung

(1) Zielinhalt Der Zielinhalt ist präzise und eindeutig zu formulieren. Je exakter Ziele inhalt­ lich definiert werden, desto eher werden Zielverschiebungen, Zielverwässerungen bzw. Zielmanipulationen vermieden. Stark interpretationsfähige Formulierungen wie: „Wir streben nach überdurchschnittlichem Erfolg“, sind zu vermeiden. In die­ ser Aussage ist keine eindeutige Erfolgskategorie benannt. Ist z. B. der Jahresüber­ schuss vor Steuern oder der Jahresüberschuss nach Steuern gemeint? Marketingziele können inhaltlich in monetäre und nicht-monetäre Ziele un­ terschieden werden. Monetäre Ziele werden in Geldeinheiten gemessen, z. B. Ge­ winn, Umsatz, Deckungsbeitrag oder Zahlungsausfall. Sie lassen sich in absoluten Größen, z. B. 100 Mio. € Deckungsbeitrag, und in relativen Größen ausdrücken, z. B. der Deckungsbeitrag in Prozent vom Umsatz (DBU-Rate) beträgt 50 %. Im Gegensatz dazu können nicht-monetäre Ziele nicht in Geldeinheiten gemessen werden, z. B. Marktanteil, Bekanntheitsgrad, Image und Kundenzufriedenheit. Allerdings ist bei der Verfolgung dieser Marketingziele auch eine Präzisierung er­ forderlich. So lässt sich z. B. der Bekanntheitsgrad ungestützt und gestützt mes­ sen. Mit Hilfe des ungestützten Bekanntheitsgrades wird die spontane oder aktive Markenbekanntheit erfasst, beispielsweise durch die offene Frage: „Welche Auto­ marken kennen Sie?“ Bei der Ermittlung des gestützten Bekanntheitsgrades wird dieselbe Frage gestellt, allerdings werden den Probanden einer Stichprobe Listen mit Markennamen zum Ankreuzen vorgelegt. Das nachhaltige Marketing-Management verfolgt nicht nur die gerade skiz­ zierten ökonomischen Ziele, sondern auch ökologische und soziale Zielsetzungen. Ökologische Zielbereiche zielen beispielsweise auf den Klimaschutz, den Res­ sourcenschutz, die Emissionsbegrenzung, die Abfallminderung sowie die Risiko­

2. Zielkonkretisierung

93

begrenzung. Insgesamt geht es um eine Reduzierung der Massenströme. Bei den sozialen Zielbereichen sind z. B. Achtung der Menschenrechte, Information der Öffentlichkeit und Transparenz, Schutz der Gesundheit der Mitarbeiter, Ächtung von Kinder- und Zwangsarbeit von Bedeutung (Balderjahn, 2013, S. 92 f.). (2) Zielausmaß Neben der inhaltlichen Präzisierung der Ziele muss auch eine Fixierung des Zielausmaßes (Zielerreichungsgrad) erfolgen. Grundsätzlich sind zwei Arten der Festlegung des Zielausmaßes denkbar: –– unbegrenzt definierte Ziele (Extremziele) und –– begrenzt definierte Ziele (Heinen, 1976, S. 82 ff.). Extremziele streben einen maximalen Zielerreichungsgrad an, z. B. Gewinnmaxi­ mierung, Kostenminimierung oder Marktanteilsmaximierung. Bei begrenzt defi­ nierten Zielen werden punktuell definierte Ziele, z. B. Umsatzziel von 10 Mio. €, und zonal definierte Ziele, z. B. Umsatzziel zwischen 8–12 Mio. €, unterschieden (siehe dazu auch Esch/Herrmann/Sattler, 2013, S. 22). (3) Zielperiode Zu einer eindeutigen Zielformulierung gehört auch die Bestimmung der Zeit­ größe, in der ein Ziel erreicht werden soll. Ziele mit Zeitdimensionen können in unterschiedlicher Weise formuliert werden: –– Zeitpunktbezogene Ziele sind Ziele, die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt realisiert werden sollen. Z. B. soll bis zum 31. Dezember 2016 ein Umsatz von 100 Mio. € erzielt werden. –– Zeitraumbezogene Ziele sind Ziele, die eine ständige Zielerreichung während eines Zeitraums verfolgen. Z. B. soll im Jahr 2016 ein wertmäßiger Marktanteil in allen vier Quartalen von mindestens 20 % gehalten werden. Generell lassen sich Ziele nach deren Zeithorizont in kurz- ( 3 Jahre) unterscheiden. Die BASF (2014, S. 25) verfolgt beispielsweise in den Bereichen Ökologie und Soziales langfristige Ziele: –– Reduktion der Treibhausgasemissionen je Tonne Verkaufsprodukt bis zum Jahr 2020 um 40 % (Basisjahr 2002). –– Reduzierung der Arbeitsunfälle mit Ausfalltagen je eine Million geleistete Ar­ beitsstunden bis zum Jahr 2020 um 80 % (Basisjahr 2002).

94

D. Marketingziele

(4) Segmentbezug Eine weitere Zielkonkretisierung wird durch die Nennung eines Produktes und/ oder Marktsegmentes in der Zielformulierung erreicht. Nachstehend sind einige Beispiele aufgelistet, wie Marketingziele nicht formu­ liert werden sollten: –– Kontinuierliche Ausweitung der Marktanteile, –– Stärkung der Position in den Hauptmärkten, –– Verbesserung der Marktpräsenz, –– effiziente Erfüllung der Kundenanforderungen, –– schnellstmögliche Reduzierung der Emission Treibhausgase. Im Folgenden finden sich einige Beispiele für konkret und operational formu­ lierte Marketingziele: –– Erhöhung des wertmäßigen Marktanteils von 12 % auf 17 % innerhalb der nächs­ ten drei Jahre im Marktsegment Bio-Kunststoffe, –– Gewinnung von 15 Neukunden im Segment Bio-Kunststoffe bis Ende 2016, –– 98 %iges Einhalten der von Kunden gewünschten Liefertermine im Jahr 2016 im Gesamtmarkt, –– Reduzierung der Marketingkosten im deutschen Automobilmarkt um 2 % p. a. bis zum Jahr 2020 (Basisjahr 2015), –– Reduzierung der logistischen Reklamationen um 50 % innerhalb der nächsten zwei Jahre im Gesamtmarkt.

95

3. Zielbeziehungen

3. Zielbeziehungen Die von den Unternehmen verfolgten Ziele stehen in Beziehung zueinander. Generell lassen sich folgende Zielbeziehungstypen unterscheiden (Heinen, 1976, S. 94 ff.): z1

z1

z2

a) Komplementäre Beziehung z1

z2

b) Konkurrierende Beziehung z1

z2

z2

c) Indifferente Beziehung

Abb. 54: Drei Basisformen möglicher Zielbeziehungen (Becker, 2013, S. 21)

(1) Komplementäre Beziehungen ( = Zielharmonie) Die Beziehung zwischen zwei Zielen ist dann komplementär, wenn die Realisie­ rung des Zieles z1 die Realisierung des Zieles z2 fördert. Beispielsweise kann die Ausdehnung des Marktanteils (Ziel 1) zu einer Steigerung des Deckungsbeitrages (Ziel 2) führen, oder Kostensenkungen im Vertriebsbereich (Ziel 1) können den Gewinn im bearbeiteten Marktsegment erhöhen (Ziel 2). Aber auch das Verfolgen ökologischer bzw. sozialer Ziele und ökonomischer Ziele kann sich gegenseitig fördern. So verringert das soziale Ziel „Reduzierung der Fälle von Berufskrank­ heiten“ den Krankenstand und senkt dadurch die Kosten der Verkaufsprodukte. Komplementäre Ziele stehen oftmals in einer Mittel-Zweck-Beziehung zu­ einander. Ein bestimmtes Ziel besitzt somit Mittelcharakter für die Erfüllung eines übergeordneten Zieles. Andererseits kann auch eine Gleichrangigkeit be­ züglich eines gemeinsam übergeordneten Marketing- oder Unternehmenszieles bestehen.

96

D. Marketingziele

(2) Konkurrierende Beziehungen ( = Zielkonflikt) Bei konkurrierenden Beziehungen führt die Verfolgung des Zieles z1 zu einem ge­ ringeren Erfüllungsgrad des Zieles z2. Z. B. stehen die Ziele Erhöhung des gestützten Bekanntheitsgrades einer Marke und Minimierung der Marketingkosten in Konkur­ renz zueinander. Gleiches gilt für die Ziele Kostenminimierung in der Marktbear­ beitung und Marktanteilsmaximierung im Marktsegment. Zu Ziel­konflikten kommt es auch bei den drei Zielbereichen Ökonomie, Ökologie und Soziales. Beispielsweise behindern sich das ökonomische Ziel der Reduzierung der Herstellkosten und das ökologische Ziel der hohen Umweltschutzinvestitionen (Balderjahn, 2013, S. 96). Bei konkurrierenden Zielen ist eine Gewichtung erforderlich, in dem Haupt- und Nebenziele definiert werden. Die erste Priorität besteht in der Verfolgung der Hauptziele. In einem pragmatischen Ansatz kann bei Verfolgung der Nebenziele das Hauptziel als Nebenbedingung erfasst werden. Z. B. darf bei der Verfolgung des Nebenzieles „Kostenminimierung“ ein bestimmter Mindestmarktanteil (Haupt­ ziel) nicht unterschritten werden. Die Definition von Haupt- und Nebenzielen ist im Zeitablauf veränderbar. So kann z. B. das Ziel Minimierung der Forderungs­ ausfälle (in der Regel kein Haupt-, sondern ein Nebenziel) temporär zum Hauptziel werden und damit alle anderen Ziele in den Hintergrund drängen. Die Minimie­ rung der Forderungsausfälle stellt dann ein Hauptziel dar, wenn die Zahlungsfä­ higkeit der Kunden generell schlecht eingestuft wird. (3) Indifferente Zielbeziehungen ( = Zielneutralität) Eine indifferente Zielbeziehung liegt vor, wenn die Realisierung des Zieles z1 auf die Erreichung des Zieles z2 keinen wesentlichen bzw. erkennbaren Einfluss ausübt. Beide Ziele verhalten sich folglich neutral zueinander. Ein Beispiel für Zielneutralität ist die Erhöhung des gestützten Bekanntheitsgrades für eine Marke und die Reduzierung der Reisekosten im Vertrieb. Literaturempfehlungen Balderjahn, Ingo: Nachhaltiges Marketing-Management. Möglichkeiten einer um­ welt- und sozialverträglichen Unternehmenspolitik, Stuttgart 2004, S. 59–64. – Nachhaltiges Management und Konsumentenverhalten, Konstanz und München 2013, S. 92–96. Becker, Jochen: Marketing-Konzeption. Grundlagen des ziel-strategischen und ope­ rativen Marketing-Managements, 10. Aufl., München 2013, S. 3–5; 19–27; 61–65. Esch, Franz-Rudolf/Herrmann, Andreas/Sattler, Henrik: Marketing: Eine ma­ nagementorientierte Einführung, 4. Aufl., München 2013, S. 21–29.

3. Zielbeziehungen

97

Heinen, Edmund: Grundlagen betriebswirtschaftlicher Entscheidungen. Das Ziel­ system der Unternehmung, 3. Aufl., Wiesbaden 1976. Homburg, Christian/Krohmer, Harley: Marketingmanagement. Strategie  – In­ strumente  – Umsetzung  – Unternehmensführung, 4.  Aufl., Wiesbaden 2012, S. 426–428; 495–497. Kotler, Philip/Keller, Kevin Lane/Bliemel, Friedhelm: Marketing-Management, Strategien für wertschaffendes Handeln, 12. Aufl., München 2007, S. 114–115. Meffert, Heribert: Marketing-Management. Analyse  – Strategie  – Implementie­ rung, Wiesbaden 1994, S. 93–104. Meffert, Heribert/Burmann, Christoph/Kirchgeorg, Manfred: Marketing. Grund­ lagen marktorientierter Unternehmensführung. Konzepte  – Instrumente  – Praxisbeispiele, 11. Aufl., Wiesbaden 2015, S. 239–245. Nieschlag, Robert/Dichtl, Erwin/Hörschgen, Hans: Marketing, 19. Aufl., Berlin 2002, S. 160–168. Scharf, Andreas/Schubert, Bernd/Hehn, Patrick: Marketing. Einführung in Theo­ rie und Praxis, 4. Aufl., Stuttgart 2012, S. 189–195. Kontrollfragen 1) Nennen Sie die vier Dimensionen der Zielkonkretisierung! 2) Formulieren Sie jeweils ein ökonomisches, ökologisches und soziales Marke­ tingziel, welches die vier Dimensionen der Zielkonkretisierung enthält! 3) Definieren Sie den Begriff „konkurrierende Zielbeziehungen“! Erläutern Sie eine Lösung zur Zielkonfliktbewältigung! 4) Die „Ziegenmatt AG“ vertreibt ihre Produkte – Zigarren, Pfeifen und Pfeifen­ tabak – vorwiegend über Absatzmittler (Facheinzelhandel für Tabakwaren) im deutschsprachigen Raum. Als Marktsegmente hat man die Segmente „Zigar­ ren“ (z. B. mit der Marke „MatsCigar“) und „Pfeifen“ festgelegt. Auf der letzten Vorstandssitzung der „Ziegenmatt AG“ wurden folgende Zielverein­ barungen getroffen: Die Umsatzrendite soll in den kommenden zwei Jahren von sieben auf neun Prozent gesteigert werden. Zudem soll der Bekanntheits­ grad sowie die Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit gesteigert werden. a) Erläutern Sie die Zielbeziehungen für folgende Ziele: Umsatzrendite und Bekanntheitsgrad, Bekanntheitsgrad und Umsatz sowie Kunden- und Mit­ arbeiterzufriedenheit! b) Inwiefern ist das vom Vorstand vorgegebene Ziel der Steigerung der Um­ satzrendite unvollständig? Ergänzen Sie die fehlenden Aspekte! (Bruhn, 2009a, S. 42)

E. Marketingstrategien Marketingstrategien umfassen mittel- bis langfristig wirkende Grundsatzent­ scheidungen zur Marktwahl und Marktbearbeitung, durch die eine bestimmte Stoß­ richtung des unternehmerischen Handelns im Rahmen der Marketingkonzeption festgelegt wird. Sie verkörpern das zentrale Bindeglied zwischen den Marketing­ zielen einerseits und den operativen Maßnahmen im Bereich des Marketingmix andererseits (Becker, 2013, S. 143). Die zu treffenden strategischen Marketingent­ scheidungen sollten dabei immer einen direkten Bezug zu den Ergebnissen der Si­ tuationsanalyse, die in der SWOT-Analyse zusammengefasst sind, aufweisen. Nicht umsonst wird die Analyse und Prognose der unternehmensexternen und -internen Umwelt auch als Strategieentwicklung bezeichnet. Zunächst wird die Frage des Strategiehorizonts, d. h. die Frage nach dem Bin­ dungs- bzw. Gültigkeitszeitraum von Strategiefestlegungen, diskutiert. Der Gül­ tigkeitszeitraum von Marketingstrategien ist in Abhängigkeit von den jeweiligen Marktbedingungen bzw. den Markt tangierenden Umweltkonstellationen zu sehen. In der Computerindustrie gilt eher ein kürzerer Bindungszeitraum, da diese Märkte durch schnelle technische Änderungen charakterisiert sind. Die Marketingstrate­ gien sollten sich inhaltlich auf die aktuelle und die nächste Produkt-/Marktgene­ ration beziehen. Strategien haben folglich einen weiten Strategiehorizont, da die Strategie Bestand und Wachstum eines Unternehmens langfristig sichern soll. Ein langer Strategiezeitraum ist vor allem in Branchen mit langen Produktentwicklungs­ zyklen üblich, z. B. in der Automobil-, Pharma- und Pflanzenschutzmittelindustrie. In Anlehnung an Becker (2013, S. 147) lassen sich vier grundlegende Arten von Marketingstrategien mit weiteren strategischen Einzelentscheidungen unterscheiden:

Abb. 55: Marketingstrategischer Baukasten (in Anlehnung an Becker, 2013, S. 352)

99

1. Marktfeldstrategien

Marktfeldstrategien beantworten zunächst die Frage: „Wo wollen wir uns be­ tätigen?“ Nachdem die Produkt-/Marktkombinationen (Marktfelder) festgelegt sind, muss das Unternehmen im Rahmen der Positionierungsstrategie folgende Frage beantworten: „Wie differenzieren wir unser Marktangebot im Vergleich zum Wettbewerb?“ Danach ist im Rahmen der gewählten Positionierungsstrate­ gie zu überlegen, ob die Bearbeitung der ausgewählten Produkt-/Marktkombina­ tionen durch einen undifferenzierten oder differenzierten Marketingmix erfolgen soll. Marktarealstrategien beziehen sich letztendlich auf geostrategische Fest­ legungen eines Unternehmens, d. h. auf dieser Entscheidungsebene wird die Wahl der zu ­bearbeitenden Markt- bzw. Absatzräume getroffen. Im Folgenden werden diese vier Strategieebenen und deren Alternativen nach­ einander diskutiert. Erfolgreiche marketingstrategische Konzepte von Unterneh­ men sind aber nicht das Ergebnis einer optimalen Strategiewahl ausschließlich auf einer Ebene, sondern hauptsächlich das Resultat einer Kombination mehrerer stra­ tegischer Optionen auf allen strategischen Ebenen. Aus diesem Grund werden ent­ sprechende mehrdimensionale Strategiefestlegungen in Kapitel E 5 thematisiert.

1. Marktfeldstrategien Jedes Unternehmen muss eine Entscheidung über marketingstrategische Stoß­ richtungen treffen, die für Entwicklung und Wachstum des Unternehmens verant­ wortlich sind. Generell lassen sich vier grundlegende Produkt-/Marktkombina­ tionen im Rahmen der möglichen Strategierichtungen unterscheiden (siehe dazu im Folgenden Ansoff, 1966, S. 132): Märkte

gegenwärtig

neu

gegenwärtig

Marktdurchdringung

Marktentwicklung

neu

Produktentwicklung

Diversifikation

Produkte

Abb. 56: Marktfeldstrategische Optionen des Unternehmens

Produkt-/Marktentscheidungen sind eine Voraussetzung für die Formulierung der Wettbewerbsstrategie. Jedes Unternehmen muss eine Entscheidung über eine oder mehrere dieser auch als Wachstumsvektoren bezeichneten Basiskombination treffen. Die Regel ist eine Kombination der Strategiealternativen, insbesondere in wettbewerbsintensiven Märkten erfolgt eine Entscheidung für mehrere der auf­ gezeigten Produkt-/Marktkombinationen (Strategiefelder). Die Diversifikation hat dabei wenige strategische Gemeinsamkeiten mit den anderen drei Strategiefeldern, z. B. hinsichtlich gemeinsamer Vertriebskanäle und/oder Produktionsprozesse (An­ soff, 1966, S. 132).

100

E. Marketingstrategien

Die Betrachtung der Marktfeldstrategien erfolgt unter dem Aspekt des wachs­ tumspolitischen Agierens. Allerdings müssen Unternehmen unabhängig vom Wachstum die Marktfelder festlegen, in denen sie tätig sein wollen. Eine weiterge­ hende Differenzierung des Ansoff-Schemas ist durch eine feinere Abstufung auf Produktebene möglich, z. B. gegenwärtige Produkte, Verbesserungen gegenwärti­ ger Produkte, neue Produkte mit verwandter Technologie sowie neue Produkte mit nicht verwandter Technologie (Kollat/Blackwell/Robeson, 1972, S. 21 f.). Der Einsatz der Marktfeldstrategien lässt sich im deutschen Biermarkt sehr gut erkennen. So macht ein seit Jahren rückläufiger Bierkonsum eine systematische Anwendung der vier Marktfeldstrategien erforderlich (siehe im Folgenden auch Kuropka, 2014, S. 8 ff.): Marktdurchdringung: Durch hohe Ausgaben bei den Kommunikationsinstru­ menten Werbung und Sponsoring (z. B. Krombacher, Bitburger) oder durch nied­ rigere Preise (z. B. Oettinger) soll die Marktausschöpfung und damit der Umsatz im bestehenden Pilsmarkt erhöht werden. Dabei stellen Männer mittleren Alters die Kernzielgruppe der Brauereien dar. Marktentwicklung: Mit Hilfe der Produktdifferenzierung lassen sich neue Zielgruppen im Biermarkt erschließen. Beispielsweise sprechen Biermischge­ tränke (z. B. Bier-Cola-Mix von Carlsberg) vor allem jüngere Konsumenten an. Durch den eher süßen Geschmack der Mixgetränke sollen insbesondere junge Frauen zum Kauf angeregt werden. Des Weiteren zielen alkoholfreie Biere auf gesundheits- und verantwortungsbewusste Menschen (z. B. Sportler), die den Geschmack von Bier schätzen aber auf die Nachteile von Alkohol verzichten wollen. Produktentwicklung: Eine Neuheit auf dem Biermarkt stellen Bierspezialitä­ ten bzw. Gourmet-Biere dar, die mit Hilfe von neuartigen Braumethoden, z. B. Reifung in edlen Holzfässern, Flaschengärung, oder Kalthopfung, hergestellt werden. Somit entstehen Biere, die nicht nur in ihrer Herstellung sehr viel auf­ wändiger sind, sondern auch verschiedene Aromen und Farben aufweisen (z. B. Craftwerk Biere der Bitburger Braugruppe). Damit werden im bestehenden Bier­ markt vor allem Genussmenschen mit dem Wunsch nach Exklusivität erreicht. Diversifikation: Im Erfrischungsgetränkemarkt setzen Brauereien hauptsäch­ lich auf neuartige Geschmacksnuancen, wie z. B. Radeberger mit der Marke Bio­ nade. Somit können Konsumenten in neuen Märkten erschlossen werden, die Bier oder Biermischgetränke aus geschmacklichen, alters- oder gesundheitlichen Gründen ablehnen.

1. Marktfeldstrategien

101

1.1 Marktdurchdringungsstrategie Die Marktdurchdringungsstrategie weist folgende Charakteristika auf (siehe dazu u. a. Becker, 2013, S. 149 f.): –– Es wird ein erhöhter Einsatz gegenwärtiger Produkte auf gegenwärtigen Märk­ ten mit dem Ziel eines höheren Penetrationsgrades angestrebt. –– Die Marktdurchdringungsstrategie ist die „natürlichste“ Strategierichtung des Unternehmens, da sie am latent vorhandenen Potential des oder der bisherigen Produkte bzw. des bisherigen Marktes anknüpft. –– Sie wird als „Minimum-Strategie“ bezeichnet, da kein Unternehmen auf Dauer überlebensfähig ist, wenn es nicht mindestens eine systematische Marktdurch­ dringung betreibt. –– Als Plattform ist die Marktdurchdringungsstrategie Ausgangspunkt für die drei anderen marktfeldstrategischen Optionen des Unternehmens. –– Diese Strategie strebt eine Erhöhung der Absatzmengen bzw. Marktanteile und der damit verbundenen Umsatz- und Gewinnverbesserungen an. Mit steigendem Marktanteil wächst einerseits der Einfluss auf die Preisbildung (Preisstabilität, Preishöhe), andererseits sinken mit steigender Absatzmenge die Stückkosten im Sinne der Erfahrungskurve und der Economies of Scale. Beide Effekte wirken sich positiv auf den Gewinn aus. Die Ausschöpfung des gegenwärtigen Marktes mit gegenwärtigen Produkten kann grundsätzlich auf folgende Weise realisiert werden (siehe dazu Abb. 57 und im Folgenden Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 106; Aaker, 1989, S. 238 ff.):

Abb. 57: Ansatzpunkte der Marktdurchdringungsstrategie

Die Erhöhung/Intensivierung der Produktverwendung bei bestehenden Kunden wird durch unterschiedliche Maßnahmen des Marketingmix erreicht (siehe dazu auch Becker, 2013, S. 150):

102

E. Marketingstrategien

–– Produktmodifikation: z. B. Entwicklung von milderen Waschsubstanzen für „Jeden-Tag-Haarshampoos“, –– Beschleunigung des Ersatzbedarfs: z. B. künstliche Veralterung durch Mode bei Bekleidung oder durch so genannte „Sollbruchstellen“, die ein Produkt vor der eigentlich zu erwartenden Lebensdauer entwerten, –– Vergrößerung der Verkaufseinheit: z. B. durch Familienflaschen bei alkohol­ freien Erfrischungsgetränken oder das 800-Gramm-Glas von Nutella, –– Verbesserung der Distribution: z. B. Schließung von Distributionslücken, Erhö­ hung der Bevorratung im Handel und/oder Vertrieb über Handelsorganisationen mit längeren Öffnungszeiten, –– Verstärkung der Werbung: z. B. der Uhrenhersteller Swatch mit Konsum stei­ gernder Argumentation, zu jedem Event die passende Uhr zu tragen (Kreutzer, 2013, S. 180), –– Verstärkung der Verkaufsförderung: z. B. Zweitplatzierungen und Gewinnspiele am Point-of-Sale. Ein weiterer wichtiger Ansatz der Marktdurchdringung ist die Gewinnung neuer Kunden für das bestehende Produkt. Folgende Anreize zwecks Abwerbung von Kunden der Konkurrenz bieten sich beispielsweise an: –– Produktmodifikation zwecks Angleichung an präferierte Konkurrenzprodukte, –– Preissenkung unter das Niveau der Konkurrenten, –– Ausweitung der Distribution in konkurrenzspezifische Vertriebskanäle, –– Veränderte Werbeansprache: Beispielsweise hat es Ferrero bei seinem ursprüng­ lich „reinen“ Riegelprodukt Duplo durch eine doppelte Argumentation („Für die einen ist es Duplo, für die anderen die wahrscheinlich längste Praline der Welt“) verstanden, auch Pralinenesser anderer Marken zu gewinnen (Becker, 2000, S. 15). Bei der Gewinnung bisheriger Nichtverwender der Produktgattung müssen be­ stimmte Kauf- oder Verwendungshürden bei potentiellen Verwendern abgebaut werden. Kategorische Nichtverwender können in der Regel aber nicht gewon­ nen werden. Die bestehenden Kaufbarrieren sollten zunächst identifiziert werden, um sie anschließend durch geeignete Marketingmaßnahmen zu reduzieren. Zur Akquisition von Nichtverwendern bieten sich die folgenden Marketingmaßnah­ men an: –– Produktmodifikation: Z. B. werden bei Deo-Produkten von Nichtverwendern und zum Teil auch von Verwendern Probleme bei der Hautverträglichkeit ge­ sehen. Durch Änderungen der Rezepturen (anfänglich bei den Deos von Nivea und CD) konnten diese Probleme weitgehend gelöst und so vor allem Verwen­ dungshürden bei Nichtverwendern abgebaut werden (Becker, 2000, S. 17).

1. Marktfeldstrategien

103

–– Preisfestsetzung: Durch Berücksichtigung von Preisschwellen kann ein Ein­ stiegsprodukt mit einem optimalen Preis-Leistungsverhältnis speziell für preis­ sensible Nichtverwender angeboten werden. –– Absatzkredite: Durch Finanzierungsangebote beim Kauf von langlebigen Kon­ sumgütern lassen sich Kundenkreise gewinnen, die bisher aus Kostengründen auf einen Kauf verzichtet haben (Kreutzer, 2013, S. 182). –– Vertriebswege: Ein Unternehmen kann neue oder bisher vernachlässigte Vertriebs­ kanäle, die von bisherigen Nichtverwendern präferiert werden, in das eigene Ver­ triebssystem verstärkt einbeziehen. –– Werbebotschaft: Durch spezielle Informationen bzw. Argumente in der Wer­ bung oder im persönlichen Verkaufsgespräch können bisherige Nichtverwen­ der von der Nutzenstiftung eines Produktes überzeugt werden. Voraussetzung ist aber, dass die Gründe bekannt sind, warum Konsumenten eine Produktart nicht kaufen. So können z. B. Fast Food-Ketten werblich herausstellen, dass aus­ gewählte Menüs auch anspruchsvollen Ernährungsanforderungen gerecht wer­ den (Kreutzer, 2013, S. 181 f.). –– Verkaufsförderung: Durch Probierstände im Handel oder Verteilung von Produkt­ proben werden Probiergelegenheiten für bisherige Nichtverwender geschaffen. Unternehmen können isoliert an einen dieser strategischen Ansatzpunkte an­ knüpfen oder eine bewusste Kombination dieser Varianten einsetzen. Ein kom­ biniertes Vorgehen ist bei bereits starker Ausschöpfung des Marktpotentials besonders geeignet. Oftmals kann eine eindeutige Zuordnung vieler marketing­ politischer Maßnahmen auf einer Ansatzebene allerdings nicht vorgenommen werden. Bei der Akquisition von Kunden der Konkurrenz bzw. bisherigen Nicht­ verwendern sollte nicht nur der erwartete Mehrumsatz betrachtet werden, sondern auch die damit verbundenen Kosten sind mit in die Wirtschaftlichkeitsbetrach­ tung einzubeziehen. In Märkten mit stark ausgeprägten Markenpräferenzen kön­ nen Kunden der Konkurrenz nur durch einen erheblichen Marketingaufwand zu einem Wechsel des Anbieters bewegt werden. Nicht vergessen werden darf auch, dass bei aggressiven Preissenkungen oft gleichgerichtete Maßnahmen der Wett­ bewerber mit einem ruinösen Preiskrieg als Ergebnis für alle Anbieter zu erwar­ ten sind (Schaper, 2013, S. 55). Abb. 58 zeigt ein mögliches Muster der Marktdurchdringungsstrategie. Gene­ rell lässt sich erkennen, dass dieser Strategietyp aufgrund der Konzentration auf bestehende Märkte relativ geringe Expansionschancen bietet. Eine Ausnahme stellt die Bearbeitung stark wachsender Marktsegmente dar. Allerdings besteht auch ein relativ geringes unternehmerisches Risiko, da ein entsprechendes MarktKnow-how in den bearbeiteten Märkten vorhanden ist und auch keine wesentliche Erweiterung der unternehmerischen Ressourcen erforderlich wird.

104

E. Marketingstrategien

Schwerpunkte bei bisherigen Abnehmersegmenten S1 S2 S3 ....

Neue Abnehmersegmente .... ....

P1 Schwerpunkte im bisherigen Sortiment

P2 P3 ... ...

Neue Sortimentsteile

... ... ...

Geplante Bearbeitung des Marktsegmentes

moderat

aktiv

intensiv/offensiv

Abb. 58: Muster der Marktdurchdringungsstrategie

1.2 Marktentwicklungsstrategie Im Rahmen der Marktentwicklungsstrategie („market stretching“) sollen für be­ reits existierende Produkte ein oder mehrere neue Märkte entdeckt und entwickelt werden. Neue Märkte können Arrondierungs- (räumliche), Zusatz- oder neue Teil­ märkte eines Gesamtmarktes sein. Es ist eine naheliegende Strategie, da bisher ver­ borgene Marktmöglichkeiten für ein bestehendes Produkt gefunden und genutzt werden sollen. Die Strategie der Marktentwicklung eignet sich vor allem für Unter­ nehmen, die ihre Marktposition in den bereits bearbeiteten Marktsegmenten nicht mehr weiter ausbauen können und/oder mit Absatzrückgängen aufgrund fortgeschrit­ tener Produktlebenszyklen rechnen müssen (Scharf/Schubert/Hehn, 2012, S. 199). Die Schaffung neuer Märkte für ein bestehendes Produkt kann prinzipiell in dreifacher Weise realisiert werden:

Abb. 59: Ansätze der Marktentwicklungsstrategie (in Anlehnung an Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 106)

1. Marktfeldstrategien

105

(1) Gewinnung fehlender Absatzräume ( = räumliche Arrondierungsmärkte) Im gewachsenen räumlichen Absatzgebiet sollen Distributionslücken, so ge­ nannte weiße Kreise, geschlossen werden. Distributionslücken können aufgrund von Widerständen seitens des Einzelhandels, der Konsumenten oder auch der Konkurrenten entstehen. Beispielsweise haben große Brauereien in bestimm­ ten Regionen oftmals Schwierigkeiten, sich gegen kleine lokale Wettbewerber durchzusetzen. Analog zur Marktdurchdringungsstrategie kann eine räumliche Marktentwicklung aber durch verschiedene Marketingmaßnahmen erfolgreich um­ gesetzt werden. So lassen sich durch räumlich konzentrierte Preissenkungen, ver­ stärkte Werbeaufwendungen oder Belieferung/Eröffnung neuer Handels­filialen Distributionslücken gezielt schließen (Scharf/Schubert/Hehn, 2012, S. 200). Z. B. versucht der Textildiscounter kik momentan, durch die Erhöhung der Anzahl seiner Verkaufsstellen zum textilen Grund- und Nahversorger im deutschen Markt zu wer­ den (Kreutzer, 2013, S. 182). (2) Erschließung von funktionalen Zusatzmärkten ( = gezielte Funktionserweiterung für bestehende Produkte; „New Uses“) Bei der systematischen Suche nach neuen Verwendungsmöglichkeiten für beste­ hende Produkte sind alle Erweiterungen der ursprünglichen Produkteignung rele­ vant, die aus Kundensicht einen zusätzlichen Nutzen stiften. Beispielsweise betont Lindt bei Pralinen neben der klassischen Geschenkbedarfseignung die Selbstver­ zehreignung von Pralinen. Ein neuer Anwendungsbereich zielt z. B. bei PenatenKinderpflegeprodukten auch auf die Pflege empfindlicher Haut von Erwachsenen ab (Becker, 2013, S. 153). Ein weiteres Beispiel ist Aspirin, das nicht nur bei Kopf­ schmerzen, sondern auch bei Gliederschmerzen zur Anwendung kommen kann. Ein klassisches Beispiel für die Erschließung neuer Verwendungszwecke sind Sport- bzw. Turn- und Laufschuhe. Diese sind mittlerweile zu weitverbreiteten Freizeitschuhen geworden. Die Hersteller von Sportschuhen wie Adidas und Nike haben die erweiterte Verwendung ihrer Sportschuhe selbst propagiert bzw. durch entsprechende Modifizierung klassischer Sport- und Laufschuhe einschließlich der Berücksichtigung modischer Elemente diese neuen Verwendungszwecke ak­ tiv gefördert (Becker, 2000, S. 19). (3) Schaffung neuer Teilmärkte ( = neue Abnehmer, die sich von den bisherigen Kunden in bestimmten Merkmalen unterscheiden; „New Users“) Mit Hilfe der Produktdifferenzierung können neue Teilmärkte durch das Ange­ bot von abnehmerspezifischen Produkten erschlossen werden, z. B. Lady Protector von Wilkinson für die Haarentfernung bei Frauen. Ein weiteres Beispiel stellt der

106

E. Marketingstrategien

Markt für Elektrowerkzeuge dar, z. B. elektrisch betriebene Bohr-, Schleif- und Sägewerkzeuge. Ursprünglich waren diese Produkte zur Unterstützung hand­ werklicher und industrieller Tätigkeiten im professionellen Teilmarkt vorgesehen. Durch die „Do-it-yourself-Welle“ ist im Zuge der Entstehung des Hobbymarktes grundsätzlich auch ein Bedürfnis für die elektrische Unterstützung bei typi­ schen Heimwerkerarbeiten entstanden. Bosch und Black & Decker entwickelten den Hobbymarkt, indem sie bestehende Geräte vereinfacht und neue Heimwerker freundliche Preis-Leistungs-Verhältnisse angeboten haben (Becker, 2000, S. 21). Neue Verwender können auch durch eine Variation der Packungsgröße gewon­ nen werden. So haben die Allgäuer Alpenmilchwerke mit ihrer Bärenmarke durch die Schaffung der Kleindose bei Dosenmilch neue Konsumentengruppen für die­ ses Produkt akquiriert, z. B. Berufstätige am Arbeitsplatz, die dort über keine Kühl­ möglichkeiten verfügen sowie Ein-Personen-Haushalte (Becker, 2013, S. 154). Weitere Möglichkeiten zur Erschließung neuer Teilmärkte bestehen in der Ein­ schaltung abnehmerspezifischer Vertriebswege, z. B. Nachbarschaftsläden zum Einkaufen für bisher nicht bearbeitete Kunden; oder durch Werbung in zusätz­ lichen abnehmerspezifischen Medien, z. B. in Verbindung mit spezifischen An­ spracheformen (z. B. Internet). Bei der Marktentwicklungsstrategie ist analog zur Strategie der Marktdurch­ dringung ein kombiniertes Vorgehen typisch, indem für ein bestehendes Pro­ dukt sowohl neue Verwendungszwecke als auch neue Verwender gefunden wer­ den. Dieses als „Multiple Market Stretching“ bezeichnete Vorgehen verdeutlichen Förster/Kreuz (2005, S.  51 f.) anhand des Kräuterlikörs Jägermeister. Früher sprach das Produkt in Deutschland ausschließlich die Zielgruppe der Älteren an und wurde hauptsächlich als Verdauungslikör konsumiert. Heute trinken auch jün­ gere Konsumenten Jägermeister in Szenebars aus Reagenzgläsern, als Longdrink mit frisch gepressten Orangensaft oder pur auf Eis. Den Unternehmen, die neben der Marktdurchdringungsstrategie auch aktiv die Marktentwicklungsstrategie verfolgen, bieten sich durch die Bearbeitung neuer Märkte gute Expansionsmöglichkeiten. Zu berücksichtigen ist ein leicht erhöh­ tes unternehmerisches Risiko, da eine gewisse Unsicherheit über Marktchancen in den neuen Segmenten besteht. Auch sind Investitionen in erweiterte Markt­ bearbeitungskapazitäten und Produktanpassungen erforderlich. Abb. 60 zeigt ein mögliches Muster der Marktentwicklungsstrategie. 1.3 Produktentwicklungsstrategie Die Entwicklung neuer Produkte für bestehende Märkte ist das wesentliche Cha­ rakteristikum der Produktentwicklungsstrategie. Der große Stellenwert der Pro­ duktentwicklung resultiert aus dem Verdrängungswettbewerb in stagnierenden Märkten. Zwecks Gewinnung von Marktanteilen werden immer mehr neue Pro­

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1. Marktfeldstrategien

Schwerpunkte bei bisherigen Abnehmersegmenten S1 S2 S3 ....

Neue Abnehmersegmente .... ....

P1 Schwerpunkte im bisherigen Sortiment

P2 P3 ... ...

Neue Sortimentsteile

... ... ...

Geplante Bearbeitung des Marktsegmentes

moderat

aktiv

intensiv/offensiv

Abb. 60: Muster der Marktentwicklungsstrategie

dukte in die Märkte eingeführt (Neuproduktinflation), wodurch eine Beschleuni­ gung der Veralterung von bestehenden Produkten erreicht wird. Die Verkürzung der Produktlebenszyklen erfordert wiederum neue Produkte. Somit ist die Innova­ tionspolitik als ein zentraler Ansatzpunkt der Gewinn- und Existenzsicherung von Unternehmen zu sehen. Eine permanente Neuproduktentwicklung ist vor allem in Branchen notwendig, in denen Produkte relativ schnell veralten. Dies gilt insbe­ sondere in der Mobiltelefonbranche, wo Smartphones mit immer mehr Rechenleis­ tung und Funktionen ausgestattet werden (Wollweber, 2011, S. 12). In diesen dyna­ mischen, stark umkämpften Märkten lassen nicht einmal bisherige Marktanteile mit gegenwärtigen Produkten ohne die Einführung von neuen Produkten halten. In Abhängigkeit der von den Kunden wahrgenommenen Veränderung der Nut­ zenstiftung verglichen mit dem bisherigen Angebot lassen sich drei Arten neuer Produkte unterscheiden: –– Echte Innovationen: Originäre Produkte, die es in dieser Art und Weise auf den Absatzmärkten überhaupt nicht gab. Es handelt sich um erstmalige Angebote, die aus Kundensicht eine vollkommen neue Nutzenstiftung aufweisen, z. B. Mo­ biltelefon. –– Quasi-neue-Produkte: Neuartige Produkte, die in Bezug zur Nutzenstiftung an be­ reits bestehenden Produkten/Produktleistungen anknüpfen und versuchen, zusätz­ liche und/oder verbesserte Produkteigenschaften anzubieten, z. B. Smartphone. –– Me too-Produkte: Nachempfundene bzw. nachgeahmte Produkte, die sich hin­ sichtlich ihrer Nutzen stiftenden Eigenschaften vom Original weniger in der

108

E. Marketingstrategien

Produktsubstanz, sondern mehr im Produktäußeren unterscheiden, z. B. größe­ res Display bei Smartphones (Becker, 2013, S. 156 f.). Unternehmen müssen grundsätzlich entscheiden, ob sie sich auf echte Innova­ tionen (Basisinnovationen) konzentrieren wollen, oder ob sie die Produktentwick­ lung grundsätzlich auf Verbesserungs- oder „nur“ Routineinnovationen ausrichten. Damit haben Unternehmen den Grad ihrer Innovationsorientierung festzulegen (siehe Abb. 61). Innovationsarten

Voraussetzungen/ Konsequenzen

Basisinnovationen

Verbesserungsinnovationen

Routineinnovationen

F&E Schwerpunkte

Grundlagenforschung als Voraussetzung

Beschränkung auf angewandte F&E

Konzentration auf Anwendungstechnik

Art des Fortschritts

Wissenschaftlicher Fortschritt

Technologischer Fortschritt

Technischer Fortschritt

Ressourcenaufwand

Hoch

Mittel

Niedrig

Innovationsbarrieren im Markt

Ggf. hoch

Durchschnittlich

Gering

Überproportional

Proportional

Unterproportional

Chance der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit Risiko Gewinnpotential

Hoch

Mittel

Niedrig

Überdurchschnittlich

Durchschnittlich

Eher gering

Abb. 61: Innovationsarten und ihre Voraussetzungen bzw. Konsequenzen (in Anlehnung an Hentze/Brose, 1985)

Bei Basisinnovationen geht es um die Erforschung neuer Technologien. So kön­ nen Automobilhersteller neben dem weit verbreiteten Verbrennungsmotor alterna­ tive Autoantriebe für ihre neuen Modelle entwickeln. Hier lassen sich Forschungs­ aktivitäten z. B. auf die Bereiche Hybrid-, Elektronantrieb sowie Brennstoffzelle konzentrieren. Dagegen kümmern sich Verbesserungsinnovationen um Produkt­ innovationen im Rahmen einer bestehenden Technologie. Beispielsweise ha­ ben die Hersteller in der Automobilbranche im Zuge der Klimadiskussion immer spar­samere, leichtere und wirkungsvollere Verbrennungsmotoren für ihre Autos entwickelt.  Bei Routineinnovationen geht es lediglich um die Verbesserung der Eigenschaften bestehender Produkte im Markt. Generell muss die Forschung und Entwicklung eines Unternehmens markt- und kundenorientiert ausgestaltet sein, d. h., sie sollte an den Wünschen, Erwartungen und Problemen der Abnehmer anknüpfen und entsprechende Problemlösungen an­ bieten. Neue Produkte werden erfolgreich im Markt sein, wenn sie zu einer Erhöhung des Kundennutzens führen. Nur auf der Grundlage aussagekräftiger Da­ ten über die Nutzenerwartungen der relevanten Kundenzielgruppen lassen sich

109

1. Marktfeldstrategien

marktfähige neue Produkte und Dienstleistungen entwickeln. In vielen Märkten sind aufgrund der Ausschöpfung der Innovationsreserven die Anstrengungen der Forschung und Entwicklung häufig auf quasi-neue Produkte gerichtet. Es wird an bestehende Produkte bzw. Problemlösungen angeknüpft, um auf ihrer Basis Ver­ besserungen vorzunehmen, die zu einer Erhöhung des Kundennutzens führen. Da­ bei kann an einer Erhöhung des Grundnutzens oder des Zusatznutzens angesetzt werden (siehe Abb. 62). Gesichtspflege Bisher übliche Nutzenstrukturen

Personalcomputer Zusatznutzen

Zusatznutzen

Grundnutzen Grundnutzen Starke Zusatznutzenbetonung, z.B. Image

Starke Grundnutzenbetonung, z.B. Leistungsfähigkeit Zusatznutzenanbau

Gezielter Nutzenanbau zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit

Zusatznutzen

Zusatznutzen

Grundnutzen

Grundnutzen Grundnutzenanbau z.B. natürliche Rohstoffe bei Biokosmetik

z.B. spezielle Designgestaltung

Abb. 62: Produkttypische Nutzenstrukturen und ihre Veränderungspotentiale (Becker, 2013, S. 159)

1.4 Diversifikation Reichen die bisherigen marktfeldstrategischen Wachstumsoptionen zur nach­ haltigen Unternehmenssicherung in schwach wachsenden oder stagnierenden Märkten nicht mehr aus, wird das unternehmerische Handeln auf für das Unter­ nehmen neue Produkte und neue Märkte ausgeweitet. Folglich handelt es sich bei der Diversifikation um eine Kombination aus Produktentwicklung und Markt­ entwicklung (Becker, 2013, S. 164). Zur Wachstumssicherung verlassen die Unter­ nehmen ihre traditionelle Branche, die Diversifikationsstrategie ist dabei ein Mit­ tel der Risikostreuung durch „Aufbau eines zweiten Standbeins“. 1.4.1 Arten der Diversifikation Bei der Aufnahme neuer Produkte in das Sortiment eines Unternehmens zur Er­ schließung neuer Märkte können drei verschiedene Arten der Diversifikation un­ terschieden werden (siehe dazu u. a. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 194 ff.):

110

E. Marketingstrategien

Horizontal

Vertikal

Branche A

Branche A

Lateral

AusgangsMarktstufe

Branche A

Branche B

Abb. 63: Arten der Diversifikation

(1) Horizontale Diversifikation Hier geht es um die Erweiterung des bisherigen Produktprogramms auf dersel­ ben Marktstufe durch solche Produkte, die eine Beziehung bzw. Verwandtschaft zu den bisherigen Produkten zeigen. Bei einer Produktionsverwandtschaft werden für das neue Produkt entweder die gleichen Rohstoffe verwendet (Rohstoffver­ wandtschaft), oder sie werden mit denselben Verfahren hergestellt (Produktions­ verwandtschaft). Während ein Hersteller von Holzmöbeln beispielsweise zusätz­ lich Holzspielzeug (neue Produkte)  für Kleinkinder (neue Märkte)  fertigen und verkaufen kann, hat ein Anbieter von Gemüsekonserven die Option, seine Produk­ tionsanlagen auch für die Herstellung von Obstkonserven (neue Produkte)  zum Verkauf an Obstesser (neue Märkte) zu nutzen. Neue Angebote bieten auch nam­ hafte Automobilhersteller im Bereich Carsharing an. So zielen Unternehmen wie BMW mit Drive Now bzw. Daimler mit Car2Go auf eine Konsumentengruppe, die ein bestimmtes Produkt überhaupt nicht besitzen wollen, sondern über den Pro­ duktnutzen zu einem fairen Preis verfügen möchten. Dieser als Collaborative Con­ sumption bezeichnete Konsumstil ermöglicht somit den Einstieg in neue Markt­ segmente mit neu entwickelten Angeboten. Im Gegensatz dazu liegt eine Absatzverwandtschaft vor, wenn das neu ins Sor­ timent aufgenommene Produkt über dieselben Absatzwege und -organe vertrie­ ben wird und sich an andere Bedarfsträger richtet. Beispielsweise trifft eine Braue­ rei die unternehmerische Entscheidung, auch antialkoholische Getränke (neue Produkte)  für Kinder oder Antialkoholiker (neue Märkte)  anzubieten (Scharf/­ Schubert/Hehn, 2012, S.  206). Ein weiteres Beispiel für eine Absatzverwandt­ schaft ist das Unternehmen Sternjakob, das mit seinem Schulranzen Scout Markt­ führer in Deutschland ist. Da es immer weniger Grundschüler gibt, setzt das Unternehmen vermehrt auf Hartschalenkoffer der Marke Hardware und Ruck­ säcke der Marke Fastbreak für neue Zielgruppen.

1. Marktfeldstrategien

111

(2) Vertikale Diversifikation Durch die vertikale Diversifikation werden Produkte ins Programm aufge­ nommen, die den bisherigen Produkten (Programm) im Hinblick auf die Wert­ schöpfungsstufe vor- oder nachgeschaltet sind. So kann ein Automobilhersteller im Rahmen einer Vorstufendiversifikation einen Systemlieferanten akquirieren oder durch eine Nachstufendiversifikation einen bislang eigenständigen Auto­ händler aufkaufen. Ein weiteres Beispiel für eine Vorstufendiversifikation bietet der Baby­nahrungshersteller Hipp, der sein eigenes Gemüse unter strengen ökolo­ gischen Gesichtspunkten anbaut. Zielsetzung dieser Strategie ist die nachhaltige Beschaffungssicherung, wobei ein Teil der auf der Vorstufe hergestellten Produkte aber auch auf dem freien Absatzmarkt angeboten werden kann. Nachstufendiver­ sifikation betreibt beispielsweise der Schuhhersteller Salamander, der eine eigene Schuhfachhandelskette betreibt oder der Lackrohstoffhersteller BASF, der auch selbst Lacke unter der Marke Glasurit herstellt (Becker, 2010, S. 47). Diese Unter­ nehmen können dadurch einen Teil ihrer Absatzmengen absichern. (3) Laterale Diversifikation Im Rahmen der lateralen Diversifikation stoßen Unternehmen in völlig neue Produkt- bzw. Marktbereiche vor, so dass die neuen Produkte mit den bisherigen in keinerlei sachlichem Zusammenhang mehr stehen. Ein in starkem Maße lateral diversifiziertes Unternehmen ist die Oetker-Gruppe. So setzt sich der Geschäfts­ bereich Nahrungsmittel vor allem aus Backhilfsmitteln, Puddingpulver, Fertig­ backteige etc. zusammen und wird unter dem Dach der Dr. Oetker GmbH geführt. Der Geschäftsbereich Bier und alkoholfreie Getränke mit den Marken Radeber­ ger Pilsner, Jever, Schöfferhofer Weizen und Selters wird durch die Radeberger Gruppe gesteuert. Die Sektmarken Henkell Trocken, Fürst von Metternich, Dein­ hard und die Spirituosen-Marke Wodka Gorbatschow sind nur einige Marken des Geschäftsbereichs Sekt, Wein und Spirituosen mit Henkell & Co. Sektkellerei KG als Leitunternehmen. Der Geschäftsbereich Schifffahrt wird von der Hamburg Süd gelenkt und das Bankhaus Lampe zählt zu den wenigen unabhängigen Privat­ banken in Deutschland. Der Geschäftsbereich weitere Interessen fasst Unterneh­ men der Oetker-Gruppe zusammen, die in sehr unterschiedlichen Branchen wie der chemischen Industrie, des Verlagswesens und der Luxushotellerie tätig sind. Die Chemische Fabrik Budenheim ist auf die Herstellung von Phosphaten spe­ zialisiert. Der Dr. Oetker Verlag begleitet die Marke Dr. Oetker mit Koch- und Backbüchern. Die Handelsgesellschaft Sparrenberg ist Informationsdienstleister für die strategische Beschaffung. Ein besonderes Charakteristikum der OetkerGruppe sind die Luxushotels, die unter dem Namen Oetker Collection kooperie­ ren (Oetker-­Gruppe, 2015). Die horizontale und vertikale Diversifikation sind im eigentlichen Sinne un­ echte Formen der Diversifikation, da prinzipiell die angestammte Branche nicht

112

E. Marketingstrategien

verlassen wird. Es findet kein Risikoausgleich zwischen den einzelnen Unterneh­ mensaktivitäten statt, da alle in derselben Branche angesiedelt sind. Lediglich die laterale Diversifikation kann als echte Diversifikation bezeichnet werden, da die strategische Absicht des „zweiten Standbeins“ prinzipiell erfüllt ist. Mit der Realisierung von Diversifikationsprojekten wollen Unternehmen Syner­ giepotentiale ausschöpfen, den so genannten 2 + 2 = 5 – Effekt erzielen (Ansoff, 1966, S. 97). Durch das Zusammenwirken ursprünglich getrennter Produktberei­ che bzw. Unternehmen in einer neuen Einheit soll eine größere Wirkung erzielt werden als vorher. Die Ausschöpfung von Synergiepotentialen ist allerdings nur bei Diversifikationsprojekten mit Beziehung zum Kerngeschäft möglich. So kön­ nen in der Produktion ohne wesentlichen Umrüstaufwand die neuen Produkte in den bestehenden Produktionsanlagen gefertigt werden. Durch die bessere Auslas­ tung der vorhandenen Kapazitäten lassen sich Fixkostendegressionseffekte erzie­ len und in der Folge sinken die Stückkosten in der Produktion. Im Vertrieb können vorhandene Vertriebswege bzw. die bestehende Vertriebsorganisation für den Ver­ kauf der neuen Produkte genutzt werden. Auf der Einkaufsseite lassen sich Ein­ kaufsvorteile aufgrund höherer Nachfragemengen verwirklichen. Die Realisie­ rung des Synergismus-Effektes begründet sich somit in den Economies of Scope, einem Verbundeffekt, der dann entsteht, wenn Unternehmen über flexibel nutz­ bare Potentiale verfügen (Panzar/Willig, 1977, S. 268 ff.). Mit der lateralen Diversifikation sind sowohl die größten Chancen als auch die größten Risiken verbunden. Mischkonzerne (Konglomerate) wie die Dr. OetkerGruppe verfolgen diese Strategie. Die wesentliche Chance dieser Mischkonzerne besteht in der weltweit konsequenten Besetzung der interessanten Wachstums­ felder. Durch die sehr heterogene Branchenstruktur ergeben sich aber auch gleich­ zeitig Risiken, da die branchentypischen Eigenarten und Mechanismen in der Re­ gel der Konzernleitung nicht ausreichend bekannt sind. Die Diversifikation war vor allem in den achtziger-Jahren das strategische Er­ folgskonzept und ist deshalb auch von vielen Unternehmen realisiert worden. Ein Großteil der Diversifikationsprojekte scheiterte oder konnte zumindest umsatzund ertragsorientiert nicht das leisten, was man sich von ihnen versprochen hatte; so z. B. auch Daimler-Benz aufgrund der Übernahme von MTU (Triebwerkher­ steller), Dornier (Luft- und Raumfahrt), AEG (Elektrounternehmen) und MBB (Luft- und Raumfahrt) (siehe dazu Becker, 2013, S. 168 f.). Zahlreiche Unternehmensstrategien beinhalten wieder eine stärkere Konzentration auf Kerngeschäfte. Solche strategischen Konzentrationsprozesse sind viel­ fach durch Aufkäufe im Kerngeschäft und Verkäufe in den Nicht-Kern-Kompe­ tenzfeldern begleitet. Hoechst hatte z. B. die sehr heterogenen Geschäftsbereiche chemische Roh- und Zwischenprodukte Kunststoffe, Fasern, Farben, Dünge­mittel, Pharmazeutika bis hin zu Konsumgütern, wie Körperpflege und Kosmetika in sich vereinigt. In einem ersten Schritt konzentrierte sich das Unternehmen nur noch auf die Pharma- und Landwirtschaftssparte („Life Science“), indem die nicht

113

1. Marktfeldstrategien

mehr in das strategische Portfolio passenden Aktivitäten verkauft wurden. 1999 haben sich Hoechst und Rhône Poulenc zu Aventis zusammengeschlossen, um da­ mit zu einem der größten Pharma- und Agrarchemie-Unternehmen aufzusteigen. 2003 verkaufte Aventis die Pflanzenschutzsparte des Konzerns an die Bayer AG. Aventis war seitdem ein reines Pharmaunternehmen und fusionierte Mitte 2004 mit dem französischen Pharmakonzern Sanofi-Synthélabo. Das neue Unterneh­ men Sanofi-Aventis wurde zum größten Pharmaunternehmen Europas und än­ derte 2011 ihren Unternehmensnamen in Sanofi. 1.4.2 Realisierungsformen der Diversifikation Abb. 64 zeigt eine Übersicht mit unterschiedlichen Realisierungsformen der Di­ versifikation. Generell lassen sich die unternehmensinternen Realisierungsformen Eigene Forschung und Entwicklung, Lizenzübernahme und Aufnahme von Handelsware von den unternehmensexternen Formen Kooperation und Unternehmensbeteili­ gung bzw. Unternehmenskauf unterscheiden. Der Eigenaufbau wird vor allem bei horizontaler Diversifikation durchgeführt, da die neuen Aktivitäten hinsichtlich produktbezogener, produktionstechnischer und/oder marktbezogener Aspekte mit den bisherigen verwandt sind (Becker, 2013, S. 172). Im Zeitalter der „Mergers and Acquisitions“ hat der Unternehmenskauf aber auch im Rahmen der horizon­ talen Diversifikation zunehmend an Bedeutung gewonnen. Anstatt Marken selbst neu aufzubauen, können Wachstumsziele durch die Übernahme eines bestehen­ den Unternehmens einschließlich deren bekannter und kompetenter Marken viel schneller erreicht werden. Realisierungsformen der Diversifikation

Zeit

Kosten

Organisationsprobleme

Risiko

Langsam

Hoch

Keine

Groß

Lizenzübernahme (= Know-how-Kauf)

Schnell

Relativ niedrig

Keine

Klein

Aufnahme von Handelsware (= Produktkauf)

Schnell

Relativ niedrig

Keine

Klein

Kooperation in Form von Joint Ventures (= Partner-Kauf)

Relativ schnell

Relativ hoch

Zahlreiche

Groß

Unternehmensbeteiligung/Zusammenschluss (= Unternehmenskauf)

Relativ schnell

Hoch

Zahlreiche

Groß

Eigene Forschung und Entwicklung (= Eigenaufbau)

Abb. 64: Bewertung der Realisationsformen der Diversifikation anhand von Auswahlkriterien (Becker, 2013, S. 172)

114

E. Marketingstrategien

Ebenfalls typisch ist der Unternehmenskauf für die Umsetzung der lateralen Di­ versifikation, da es in der Regel keine Verbindungen zwischen den bisherigen und neuen Unternehmensaktivitäten gibt. Es fehlt an ausreichend technischem und/ oder marktrelevantem Know-how hinsichtlich der neuen Branchen, in denen das Unternehmen tätig sein will. In Abhängigkeit von den Bedingungen bzw. Gele­ genheiten wählen Unternehmen bei Diversifikation in mehrere unterschiedliche Produkt-/Marktfelder häufig unterschiedliche Realisierungsformen aus (Becker, 2013, S. 171). Abb. 65 zeigt zusammenfassend das Muster der Produktentwicklungsstrate­ gie und der Diversifikation. Diese beiden Marktfeldstrategien weisen die besten Expansionsmöglichkeiten auf, da eine Vielzahl von neuen Märkten und Umsatz­ potentialen erschlossen werden soll. Allerdings besteht ein hohes Risiko hinsicht­ lich der Einschätzung der Marktchancen aufgrund des oftmals fehlenden Knowhows der Entscheidungsträger in den neuen Märkten. Auch ist ein sehr hoher Finanzmittelbedarf zu berücksichtigen, da immense Investitionen in Neuprodukt­ entwicklungen und -einführungen oder für Akquisitionen von Unternehmen er­ forderlich sind. Schwerpunkte bei bisherigen Abnehmersegmenten S1

S2

S3

....

Neue Abnehmersegmente ....

....

P1 Schwerpunkte im bisherigen Sortiment

P2 P3 ... ...

Neue Sortimentsteile

... ... ...

Geplante Bearbeitung des Marktsegmentes

moderat

aktiv

intensiv/offensiv

Abb. 65: Muster der Produktentwicklungsstrategie und der Diversifikation

In Abb. 66 werden die verschiedenen Ansatzpunkte der vier Marktfeldstrategien in zusammengefasster Form dargestellt. Die Strategien der Marktdurch­dringung und der Marktentwicklung sind an bereits bestehenden Produkten und deren Wachstumsmöglichkeiten ausgerichtet. Bei der Produktentwicklungsstrategie und Diversifikationsstrategie geht es um die Aufnahme neuer Produkte ins unterneh­ merische Sortiment. Die Produktneueinführung kann entweder auf bestehenden Märkten (Produktentwicklung) oder neuen Märkten (Diversifikation) erfolgen.

115

1. Marktfeldstrategien

Realisierung von Wachstumsstrategien durch … bestehendes Leistungsprogramm Marktdurchdringung

Marktentwicklung

neues Leistungsprogramm Produktentwicklung

Diversifikation

• Intensivierung des

• Erschließung neuer • Entwicklung echter • Horizontale Absatzes bei Absatzgebiete Innovationen (neue Diversifikation bisherigen Kunden Nutzenstiftung) • Identifizierung neuer • Vertikale • Gewinnung von Verwendungszwecke • Entwicklung von Diversifikation Kunden der „Quasi“-Innovationen • Laterale (new uses) Konkurrenz (veränderte Nutzen) Diversifikation • Identifizierung neuer • Akquisition bisheriger Verwendergruppen • Entwicklung von MeNichtkunden too-Produkten (new users) (gleicher Nutzen)

Abb. 66: Abgrenzung der vier marktfeldstrategischen Varianten (Scharf/Schubert/Hehn, 2012, S. 202)

Literaturempfehlungen Ansoff, Harry Igor: Managementstrategie, München 1966. Becker, Jochen: Marketingstrategien: systematische Kursbestimmung in schwieri­ gen Märkten, München 2000, S. 11–52. – Das Marketingkonzept. Zielstrebig zum Erfolg, 4.  Aufl., München 2010, S. 39–50. – Marketing-Konzeption. Grundlagen des ziel-strategischen und operativen Mar­ keting-Managements, 10. Aufl., München 2013, S. 148–179. Kotler, Philip/Keller, Kevin Lane/Bliemel, Friedhelm: Marketing-Management. Strategien für wertschaffendes Handeln, Analyse, Planung, Umsetzung und Steuerung, 12. Aufl., München 2007, S. 105–108. Meffert, Heribert: Marketing-Management. Analyse  – Strategie  – Implementie­ rung, Wiesbaden 1994, S. 109–111. Meffert, Heribert/Burmann, Christoph/Kirchgeorg, Manfred: Marketing. Grund­ lagen marktorientierter Unternehmensführung, 12.  Aufl., Wiesbaden 2015, S. 252–258. Nieschlag, Robert/Dichtl, Erwin/Hörschgen, Hans: Marketing, 19. Aufl., Berlin 2002, S. 176–188. Scharf, Andreas/Schubert, Bernd/Hehn, Patrick: Marketing. Einführung in Theo­ rie und Praxis, 4. Aufl., Stuttgart 2012, S. 197–209.

116

E. Marketingstrategien

Kontrollfragen 1) Strategiehorizont: Welchen Bindungs-/Gültigkeitszeitraum sollten Strategie­ festlegungen haben? Diskutieren Sie! 2) Ein Fruchtsafthersteller verfolgt im Rahmen der Marktdurchdringungsstrategie den strategischen Ansatz „Erhöhung/Intensivierung der Produktverwendung bei bestehenden Kunden“. Beschreiben Sie für die Marketinginstrumente Pro­ dukt-, Preis-, Vertriebs- und Kommunikationspolitik jeweils eine Maßnahme des Herstellers für eine intensivere Produktnutzung! 3) a) Ein Hersteller von Haarwaschmitteln verfolgt im Rahmen der Marktdurch­ dringungsstrategie den strategischen Ansatz „Gewinnung bisheriger Nicht­ verwender der Produktgattung“. Erläutern Sie für die Marketinginstrumente Preis-, Vertriebs- und Kommunikationspolitik jeweils eine Maßnahme des Herstellers zur Gewinnung bisheriger Nichtverwender! b) Beschreiben Sie zwei produktpolitische Maßnahmen, um aus Sicht des Haarwaschmittelherstellers den Kundennutzen zu erhöhen! 4) Marktentwicklungsstrategie: Grenzen Sie die Ansätze „New Uses“ und „New Users“ voneinander ab! Erläutern Sie den Ansatz des Multiple Market Stret­ ching anhand eines selbst gewählten Beispiels! 5) Erläutern Sie jeweils zwei Vor- und Nachteile der lateralen Diversifikations­ strategie für ein Unternehmen! 6) Welche Realisierungsform empfiehlt sich für die laterale Diversifikationsstra­ tegie? Begründen Sie! 7) Welche der vier Marktfeldstrategien ist die risikoreichste aus Herstellersicht? Begründen Sie! 8) „Die Sonnen Ski & Surf GmbH ist ein mittelständischer Sportartikelher­ steller, der in Deutschland Ski, Surfbretter und Segel vertreibt. Die für die Fertigung benötigten Materialien bezieht das Unternehmen von verschie­ denen Zulieferern. Verkauft werden die Produkte einerseits ab Lager und über den Fach­handel an den Konsumenten, andererseits werden Touristik­ dienstleister mit eigenen Ski- bzw. Surfstationen direkt beliefert. Das Un­ ternehmen beschäftigt mittlerweile 75 Mitarbeiter. Eine weitere Expansion der Aktivitäten auch in das europäische Ausland ist geplant“ (Bruhn, 2009a, S. 16 f.). Erarbeiten Sie jeweils strategische Ansätze für die vier Marktfeldstrategien! 9) a) Das Unternehmen Hipp bietet Babynahrung an. Erläutern Sie jeweils einen Ansatzpunkt im Rahmen der Strategien der Marktdurchdringung, Markt­

1. Marktfeldstrategien

117

entwicklung, Produktentwicklung, vertikalen und horizontalen Diversifi­ kation für das Unternehmen! b) Der Babynahrungshersteller Hipp kauft einen Stahlproduzenten auf. Um welche Art der Diversifikationsstrategie handelt es sich? Begründen Sie! c) Kann der Babynahrungshersteller Hipp im Rahmen dieser Diversifikati­ onsstrategie Synergiepotentiale realisieren? Begründen Sie! 1.5 Wahl der Marktfelder Die Diskussion der vier marktfeldstrategischen Optionen hat gezeigt, dass den Unternehmen eine Vielzahl von Produkt-/Marktkombinationen zur Auswahl steht. Es stellt sich nun die Frage, welche Marktfelder ausgewählt werden sollen, um die übergeordneten Marketingziele zu erreichen. Im Folgenden werden die GAP-Analyse und die Portfolioanalyse als mögliche Methoden zur Auswahl von erfolgversprechenden Produkt-/Marktkombinationen diskutiert. 1.5.1 GAP-Analyse Strategien dienen der Erfüllung der unternehmerischen Ziele. Somit muss die Strategiewahl an der Realisierung der Oberziele anknüpfen. In diesem Zusam­ menhang bietet sich der Einsatz der Lücken- oder GAP-Analyse an. Im Rahmen der Lückenanalyse erfolgt die Gegenüberstellung der geplanten Entwicklung einer Zielgröße, z. B. Umsatz oder Gewinn, mit dem voraussichtlichen Unterneh­ menserfolg, der aufgrund gegenwärtiger Aktivitäten mit bestehenden Produkten in bestehenden Märkten eintreten wird. Der Planungshorizont der GAP-Analyse beträgt dabei ca. 5–10 Jahre. Liegt die erwartete Zielrealisierung unter der ge­ planten Zielgröße, so wird von einer Ziellücke gesprochen (Kreikebaum, 1993, S. 17 ff.).

118

E. Marketingstrategien Umsatz/Gewinn

Gewünschte Entwicklung (Ziellinie) Ziellücke

Erwartete Entwicklung (Entwicklungslinie)

Jahre Planungszeitpunkt

Abb. 67: Einfache Lückenanalyse (Becker, 2013, S. 413)

Im Rahmen einer zukunftsorientierten Schwachstellenanalyse erfüllt die Lücken­ analyse die Funktion einer strategischen Anregung, die zu Anpassungen in Form von Modifikationen bzw. Erweiterungen der bisherigen Strategie führen soll. Durch Verknüpfung der GAP-Analyse mit den Marktfeldstrategien können Ansatzpunkte zur Schließung der Lücke gefunden werden. Abb. 68 verdeutlicht, dass eine auf­ tretende Ziellücke über ein sinnvoll gestuftes marktfeldstrategisches Vorgehen ge­ schlossen werden kann. So ermöglichen die Marktdurchdringungs- und Markt­ entwicklungsstrategie eine schnelle Ausschöpfung strategischer Reserven eines Unternehmens. Die Erzielung zusätzlicher Umsätze und Gewinne kann durch die Ausschöpfung des Potentials gegenwärtiger Produkte in bestehenden und neuen Märkten realisiert werden. Die Umsetzung der Produktentwicklungsstrategie und der Diversifikation beinhaltet dagegen einen hohen Kosten- und Zeitaufwand bzw. ein hohes unternehmerisches Risiko. Demgegenüber sind aber auch entsprechend hohe Wachstumschancen mit diesen Strategien verbunden. Die Reihenfolge beim Vorgehen zur Schließung der Lücke folgt dem „Gesetz der abnehmenden Synergie“ (Picot, 1981, S. 530 f.). Bezogen auf das aktuelle Ge­ schäft hat die Marktdurchdringung das höchste Synergiepotential, die Diversifi­ kation besitzt dagegen das relativ niedrigste Synergiepotential.

119

1. Marktfeldstrategien Umsatz/Gewinn

Diversifikation

Produktentwicklung

Gewünschte Entwicklung (Ziellinie)

Marktentwicklung Marktdurchdringung

Erwartete Entwicklung (Entwicklungslinie)

ohne zusätzliche Maßnahmen

Jahre Planungszeitpunkt

Abb. 68: Differenzierte Lückenanalyse (Becker, 2013, S. 416)

Die GAP-Analyse kann aufgrund folgender Schwächen keinen wesentlichen Bei­ trag zur zielorientierten Steuerung marktfeldstrategischer Entscheidungen leisten: –– starke Fixierung auf die reine Entwicklungsprognose, –– Zeit als einzige erklärende Variable, –– keine Berücksichtigung spezifischer Markt- und Wettbewerbskonstellationen, –– marketing- und finanzpolitische Verknüpfungen der Unternehmensaktivitäten werden nicht transparent gemacht (Berndt, 1991, S. 64). 1.5.2 Portfolioanalyse An den Kritikpunkten der GAP-Analyse setzt die Portfoliomethode an. Zur Aus­ wahl von Marktfeldern ist sie die geeignete Methode. Ausgangspunkt des Port­ foliokonzepts sind finanzwirtschaftliche Überlegungen bei der Zusammenstellung von Wertpapier-Portefeuilles, die eine optimale Mischung von Anlagemöglichkei­ ten unter den Gesichtspunkten Gewinn und Risiko beinhalten (Markowitz, 1952,

120

E. Marketingstrategien

S.  77 ff.). Dieser Denkansatz wird auf den Bereich der strategischen Unterneh­ mens- und Marketingplanung übertragen, in dem ein ausgewogenes Produktpro­ gramm im Hinblick auf die zukünftige Ertragsentwicklung bestimmt werden soll. Da Unternehmen in der Regel mehrere Produkt-/Marktkombinationen gleich­ zeitig realisieren, müssen zwecks Anwendung der Portfolioanalyse sinnvolle Ge­ schäftsfelder, so genannte Strategische Geschäftsfelder (SGF), abgegrenzt werden. Die Abgrenzung der SGF erfolgt auf Unternehmensebene im Rahmen der Strate­ gischen Planung mit Hilfe bestimmter Abgrenzungskriterien: –– Existenz einer eigenen, von anderen Geschäftsfeldern unabhängigen Marktauf­ gabe, die auf die Lösung von Kundenproblemen ausgerichtet ist. –– Abhebung von anderen SGF bezüglich der Kundenbedürfnisse (z. B. Qualitäts-, Service-, Preis-, Imageansprüche), Marktverhältnisse (Größe, Wachstum, Wett­ bewerbsstruktur) und Kostenstruktur (z. B. F&E, Marketing, Produktion). –– Planung und Realisierung eigener Strategien für das SGF, unabhängig von den Strategien in anderen Geschäftsfeldern (Hinterhuber, 1977, S. 210 ff.). Innerhalb eines strategischen Geschäftsfeldes können auf Marketingebene ver­ schiedene Produkt- oder Marktsegmente abgegrenzt werden. Eine Differenzie­ rung nach Produktsegmenten innerhalb eines SGF ist sinnvoll, wenn die betreffen­ den Produkte einer jeweils homogenen Marktkonstellation gegenüberstehen, wie z. B. im Biermarkt. Die Betrachtung nach Marktsegmenten bietet sich an, wenn Produkte in Märkte sehr verschiedener Struktur und Entwicklung geliefert wer­ den (z. B. Kunststoffe). Insofern müssen marktbezogen unterschiedliche Strategien entwickelt werden. In der Praxis haben sich verschiedene Formen der Portfolioanalyse heraus­ kristallisiert. Die Gemeinsamkeit der unterschiedlichen Methoden besteht in der Erfassung bestimmter Schlüsselgrößen, die für die Erfolgsentstehung im Un­ ternehmen verantwortlich sind. Verarbeitet werden Informationen über das Unter­ nehmen, seinen Markt und seine Konkurrenten. Es erfolgt eine Reduzierung der Informationen auf wesentliche Dimensionen, um die Ergebnisse auch visuell dar­ stellen zu können. Im Folgenden werden davon zwei Varianten behandelt. 1.5.2.1 Marktwachstum-Marktanteil-Portfolio der BCG Beim Portfolio der Boston Consulting Group (BCG) wird der Marktanteil als hochverdichtete Größe der Unternehmensbedingungen und das Marktwachstum als hochverdichtete Größe der Umweltbedingungen zur Positionierung der SGF verwendet. Durch die Unterteilung der zwei Dimensionen in niedrig und hoch ent­ stehen vier Matrixfelder.

121

1. Marktfeldstrategien

Marktwachstum Stars (p.a.) +3 %

Question Marks

+2 %

B

+1 %

C ash C o w s

C

D o gs

A

-1 %

D

-2 % -3 %

16

8,0

4,0

2,0

1,0

0,5

Die Größe der Kreise entspricht der jeweiligen Umsatzbedeutung der strategischen Geschäftsfelder.

0,25 0,125 0,0625

Relativer Marktanteil

Abb. 69: Marktwachstum-Marktanteil-Portfolio (Beispiel Brauerei) (Haedrich/Tomczak, 1996, S. 114)

Die Portfolioanalyse knüpft dabei an zwei grundlegende strategische Konzepte bzw. Projekte an: –– dem PIMS-Projekt (Profit Impact of Marketing Strategies des Strategic Planning Institute) und –– dem Erfahrungskurvenkonzept. PIMS-Projekt (siehe dazu Buzzell/Gale, 1987 bzw. 1989) Bei dem PIMS-Projekt handelt es sich um eine umfassende statistische Unter­ suchung mit Hilfe der multiplen Regressionsanalyse. Gesetzmäßige Beziehungen zwischen 37 strategischen Einflussvariablen als unabhängige Variablen und insbe­ sondere der Rentabilität und dem Cash Flow als abhängige Variablen sollten fest­ gestellt werden. Als unabhängige Variablen sind z. B. Marktanteil, Produktqualität, Ausgaben für Marketing sowie Forschung und Entwicklung und Grad der Diversifi­ zierung einbezogen worden. Die Ausgangsfrage lautete, welche strategischen Varia­ blen sind für die Unterschiede in der Rentabilität von Unternehmen verantwortlich. Das Ergebnis zeigte die stärkste Korrelation zwischen Marktanteil sowie Rentabili­ tät und Cash Flow. Als zentrale Größe für die Erfolgsentwicklung im Unternehmen ist somit der Marktanteil identifiziert worden, was wie folgt begründet werden kann:

122

E. Marketingstrategien

–– Wirken der Economies of Scale (mengenbedingte Kostendegression), –– Existenz des Erfahrungskurveneffektes (erfahrungsbedingte Kostendegression) und –– Effekt der Marktmacht durch Realisierung von Einkaufsvorteilen (Buzzell/Gale, 1989, S. 67). Neben diesen drei Kostenvorteilen können sich auch noch Preisvorteile durch einen stärkeren Einfluss auf die Preisgestaltung im Absatzmarkt ergeben, der mit einem höheren Marktanteil verbunden sein kann. Die Berücksichtigung des Marktwachstums für die Strategiewahl erklärt sich wie folgt: Bei geringem Marktwachstum und konstantem Marktanteil dauert es relativ lange, bis die kumulierten Produktionsmengen verdoppelt und die Kosten entsprechend reduziert werden können (Buzzell/Gale, 1989, S. 48 f.). In Abb. 70 ist ein Beispiel für die Anwendung der Portfolioanalyse dargestellt. Eine Brauerei definiert vier SGF. Für die Abgrenzung zwischen niedrigem und hohem Marktwachstum wird normalerweise das durchschnittliche zukünftige Wachstum p. a. des Gesamtmarktes verwendet. Dieses dürfte in dem vorliegenden Beispiel +/- 0 betragen. Diese Trennlinie ist in jedem konkreten Einzelfall neu zu ermitteln. Die Trennmarke liegt beim relativen Marktanteil generell bei 1,0. Links von dieser Trennlinie positionierte Geschäftsfelder haben einen relativen Markt­ anteil > 1 und sind somit Marktführer. Zwecks Positionierung der SGF ist die Ermittlung der drei Parameter Umsatz, relativer Marktanteil, zukünftiges Marktwachstum erforderlich (siehe Abb. 70).

Zukünftiges Marktwachstum p.a. Marktanteil eigenes SGF Marktanteil stärkster Wettbewerber Relativer Marktanteil* Umsatzanteil

Regionalmarkt A

Regionalmarkt B

Regionalmarkt C

Exportmarkt D

– 0,5 %

+1,1 %

+1,2 %

–1,9 %

45 %

32 %

12 %

14 %

21 %

40 %

40 %

47 %

2,1

0,8

0,3

0,3

35 %

30 %

20 %

15 %

* Eigener Marktanteil/Marktanteil stärkster Wettbewerber

Abb. 70: Ausgangsdaten für Portfolioerstellung (Beispiel Brauerei) (Haedrich/Tomczak, 1996, S. 114)

Je größer der Umsatzanteil der SGF am Gesamtumsatz des Unternehmens, desto größer ist der Kreis im Portfolio. Aus der Positionierung der SGF im Portfo­

1. Marktfeldstrategien

123

lio lassen sich anschließend entsprechende Normstrategien ableiten. Dabei ist eine differenzierte Steuerung der unterschiedlichen Geschäfte mit unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen, Kundenanforderungen und Wachstumspotentialen er­ forderlich. Entsprechend seiner strategischen Position und seines strategischen Auftrags muss jedes Geschäft entweder Finanzmittel abführen oder zugeteilt be­ kommen. Eine Abstimmung der Rolle jedes einzelnen Geschäfts mit den übrigen Geschäften im Portfolio ist vorzunehmen, um einen langfristigen Ausgleich der Finanzströme im Unternehmen insgesamt sicherzustellen. In Abb. 71 sind die typischen Merkmale und Normstrategien bezogen auf die vier Portfoliofelder in zusammenfassender Form dargestellt. Stars (Sterne)

Question Marks (Fragezeichen)

Merkmale: SGF in der Wachstumsphase, die aufgrund ihrer starken Marktstellung ihren Finanzmittelbedarf selbst erwirtschaften; NettoCash-Flow in etwa ausgeglichen.

Merkmale: SGF in der Einführung bzw. frühen Wachstumsphase mit hohem Finanzmittelbedarf; Netto-Cash-Flow deutlich negativ. Normstrategie: Entweder MA deutlich steigern, falls gegenüber Konkurrenz aussichtsreich (Investition) oder MA senken bzw. Verkauf, falls aussichtslose Marktsituation (Desinvestition).

Normstrategie: Marktanteil halten bzw. leicht ausbauen (Wachstumsstrategie). Cash Cows (Milchkühe)

Dogs (Arme Hunde)

Merkmale: SGF in der späten Wachstums- bzw. Reifephase mit starker Marktstellung; deutliche Finanzmittelüberschüsse („Zahlmeister des Unternehmens“).

Merkmale: SGF in der Sättigungs- bzw. Rückgangsphase mit relativ schwacher Marktstellung; Netto-Cash-Flow negativ bis ausgeglichen.

Normstrategie: Marktanteil halten bzw. leicht senken (Abschöpfungsstrategie).

Normstrategie: Marktanteil stark senken bzw. Verkauf (Desinvestitionsstrategie).

Abb. 71: Charakteristika der vier Portfoliofelder und daraus ableitbare Normstrategien (Picot, 1981, S. 565)

Für die Brauerei lässt sich ein Zielportfolio ableiten, welches die Aufgabe hat, wünschenswerte zukünftige Positionierungen für die einzelnen strategischen Ge­ schäftsfelder hinsichtlich der Realisierung der unternehmerischen Ziele zu identi­ fizieren (siehe Abb. 72). Aufgrund der schwachen Marktposition bei geringem Marktwachstum emp­ fiehlt sich für Geschäftsfeld C eine Desinvestitionsstrategie. Entsprechend frei werdende finanzielle Ressourcen sollten gezielt für den Ausbau des chancen­ reicheren Geschäftsfeldes B genutzt werden. Die freigesetzten Finanzmittel des Geschäftsfeldes A dürften nicht ausreichen, bei zwei Geschäftsfeldern (B und C) gleichzeitig einen Marktanteilsausbau vorzunehmen. Für die Erhaltung der Marktposition benötigt dieses Geschäft selbst noch bestimmte finanzielle Mittel. Für Geschäftsfeld D gilt, solange das Geschäft noch finanzielle Mittel abwirft, bleibt es im Portfolio. Mittelfristig wird wahrscheinlich eine Desinvestitions­ strategie erforderlich sein.

124

E. Marketingstrategien

Marktwachstum (p.a.)

Stars

Question Marks

+3 % +2 %

B

+1 %

Cash Cows

C Dogs

A

-1 %

D

-2 % -3 % 16

8,0

4,0

2,0

1,0

Die Größe der Kreise entspricht der jeweiligen Umsatzbedeutung der strategischen Geschäftsfelder.

0,5

0,25 0,125 0,0625

Relativer Marktanteil

Abb. 72: Zielportfolio eines konkreten Unternehmens (Beispiel Brauerei) (Haedrich/Tomczak, 1996, S. 120)

„Als Regel gilt allgemein, dass ein finanziell ausgeglichenes und auf Zukunfts­ sicherung des Unternehmens ausgerichtetes Portfolio strategische Geschäftsfelder mit einem Umsatzanteil von 40–60 % im Cash Cow-Quadranten aufweisen sollte; ebenso sollten strategische Geschäftsfelder in dem Question Mark- und Star­ bereich positioniert sein, um als Nachwuchs- und Wachstumsprodukte den CashFlow-Bedarf des Unternehmens sicherzustellen. Im vorliegenden Beispiel liegt der Umsatzanteil der Marke A bei 35 %; ein relativ großer Umsatzanteil kommt durch das Dog-Geschäftsfeld D zustande. Die Finanzmittelsituation des Unterneh­ mens ist daher relativ kritisch zu betrachten; fraglich ist, ob es mit eigenen Kräf­ ten gelingt, den relativen Marktanteil des strategischen Geschäftsfeldes A zu hal­ ten bzw. noch leicht auszubauen und gleichzeitig das Geschäftsfeld B als wichtiges Nachwuchsprodukt zu fördern, damit daraus ein Star wird“ (Haedrich/Tomczak, 1996, S. 120 f.). Wesentliches Ziel der Portfolioanalyse ist es, die Wachstumsmöglichkeiten des Unternehmens unter besonderer Berücksichtigung der vorhandenen Ressourcen auszuleuchten. Mit Hilfe der Portfolioanalyse lassen sich zwei grundlegende stra­ tegische Möglichkeiten der Wachstumssicherung ableiten (siehe Abb. 73):

125

1. Marktfeldstrategien

(a) Cash Cow finanziert Forschung und Entwicklung

hoch

Marktwachstum

niedrig

hoch

niedrig

Relativer Marktanteil Entwicklung der Positionierung der Strategischen Geschäftsfelder Richtung des Finanzmittelflusses

(b) Cash Cow finanziert Akquisition hoch Akquisition

Marktwachstum

niedrig

hoch

niedrig

Relativer Marktanteil Entwicklung der Positionierung der Strategischen Geschäftsfelder Richtung des Finanzmittelflusses

Abb. 73: Mögliche Wachstumsstrategien im Marktwachstum-Marktanteil-Portfolio (Wittek, 1980, S. 142)

126

E. Marketingstrategien

Einerseits kann die unternehmensinterne Wachstumssicherung durch Forschung und Entwicklung und Weiterentwicklung von förderungswürdigen „Fragezeichen“ zu „Sternen“ von morgen bzw. zu „Milchkühen“ von übermorgen erfolgen. Ande­ rerseits werden im Rahmen der unternehmensexternen Wachstumssicherung Ak­ quisitionen in neue aussichtsreiche Tätigkeitsfelder getätigt und anschließend in das Portfolio integriert.

niedrig

Zukünftiges Marktwachstum

hoch

Abschließend wird eine Bewertung der Vier-Felder-Matrix vorgenommen. Die BCG-Matrix ist ein relativ einfaches Modell, da nur wenige Informationen zu de­ ren Erstellung benötigt werden. Darin wird allgemein auch ein grundlegender Nachteil gesehen. Die strategiebeeinflussenden Faktoren werden in einem Höchst­ maß auf nur zwei Faktoren verdichtet, auf die Unternehmenskomponente relativer Marktanteil und die Umweltkomponente Marktwachstum. Allerdings berücksich­ tigt die BCG-Matrix zusätzlich die Kosten- (Erfahrungskurve) und Wettbewerbs­ position sowie indirekt auch die Position im Produktlebenszyklus (siehe Abb. 74). Des Weiteren kann die recht grobe Einteilung in nur vier Quadranten ein Nachteil sein. Angenommen ein Unternehmen hat zwei SGF im Dog-Quadranten, wobei das eine links oben und das andere rechts unten positioniert ist. Für beide Geschäfts­ felder empfiehlt sich die Normstrategie der Desinvestition, obwohl das Markt­ wachstum des einen Geschäftsfeldes nahe am durchschnittlichen Marktwachstum liegt und nur einen geringeren absoluten Marktanteil als der Marktführer aufweist.

II. Stars (Sterne)

I. Question Marks (Fragezeichen)

III. Cash Cows (Milchkühe)

IV. Dogs (Arme Hunde)

hoch

niedrig Relativer Marktanteil Produktlebenszyklus (normaler Verlauf) Produktlebenszyklus (bei gescheiterter Neueinführung)

Abb. 74: Portfoliomodell der BCG-Group mit integrierten PLZ-Verläufen (Becker, 2013, S. 425)

1. Marktfeldstrategien

127

1.5.2.2 Marktattraktivität-Relative Wettbewerbsposition-Portfolio nach McKinsey Die Kritikpunkte an dem BCG-Portfolio haben weitere Formen der Portfolio­ analyse entstehen lassen. Beispielsweise ist das Marktattraktivität-Relative Wett­ bewerbsposition-Portfolio von McKinsey mit folgenden Unterschieden zur BCGMatrix entwickelt worden: –– Das Portfolio ist formal als Neun-Felder-Matrix gestaltet. Die Unterteilung der Achsen wird jeweils um eine Ausprägung auf niedrig, mittel und hoch erwei­ tert. Daraus ergibt sich eine höhere Genauigkeit bei der Portfoliopositionierung der SGF. –– Im Rahmen der Marktattraktivität und der relativen Wettbewerbsposition wird eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigt, die für eine Wirksamkeit einer Stra­ tegie ausschlaggebend sind. Folgende Hauptfaktoren sind im Rahmen der Marktattraktivität zu beachten (siehe dazu u. a. Hinterhuber, 1977, S. 70 bzw. 1989, S. 112 ff.): –– Marktwachstum und Marktgröße, –– Marktqualität, –– Energie- und Rohstoffversorgung, –– Umweltsituation. Die relative Wettbewerbsposition beinhaltet die folgenden Hauptfaktoren (siehe dazu u. a. Hinterhuber, 1977, S. 74 bzw. 1989, S. 114 ff.): –– Relative Marktposition, –– relatives Produktionspotential, –– relatives Forschungs- und Entwicklungspotential, –– relative Qualifikation der Führungskräfte und Mitarbeiter. Diese Hauptfaktoren setzen sich wiederum aus einer Vielzahl von Einzelaspek­ ten zusammen, die über umfangreiche interne oder externe Datenerhebungen ge­ wonnen werden müssen. Unternehmens- und/oder marktspezifische Erweiterun­ gen bzw. Verfeinerungen sind dabei möglich und vielfach auch sinnvoll. Die Positionierung der einzelnen strategischen Geschäftsfelder wird mit Hilfe des Punktbewertungsverfahrens durchgeführt. Nach Festlegung der relevanten Einflussfaktoren müssen für diese zunächst Bewertungsskalen definiert werden. Bei Bedarf können die einzelnen Faktoren anschließend gemäß ihrer Bedeutung unterschiedlich gewichtet werden. Für jedes SGF erfolgt im nächsten Schritt eine Punktbewertung anhand der Skalen der einzelnen Einflussfaktoren. Nach Multipli­ kation mit dem entsprechenden Gewichtungsfaktor wird die gewichtete Punktzahl

128

E. Marketingstrategien

pro Einflussfaktor und SGF ermittelt. Abschließend wird durch Addition der ge­ wichteten Punktzahlen die gewichtete Gesamtpunktzahl für jedes SGF berechnet. Die Abb. 75 und 76 veranschaulichen diese Vorgehensweise. Zugrunde liegt wiederum das Beispiel der Brauerei, wobei sich ausschließlich auf die Geschäfts­ felder B und C konzentriert wird. Beide SGF sind im BCG-Portfolio im Bereich der Question Marks positioniert worden. Durch die nun folgende Analyse soll die zu treffende strategische Selektionsentscheidung zwischen den beiden Geschäfts­ feldern noch einmal abgesichert werden. Die Produktsegmente A und D werden nicht mehr positioniert, da eine eindeutige Zuordnung zur Zone der Mittelfreiset­ zung (D) bzw. zur Zone der Mittelbindung (A) gegeben ist.

Einflussfaktor

Gewicht %

Bewertung (0-100 P.) Stärkster Marke B Wettbew. 50 70

Gewichteter Wert Marke Stärkster B Wettbew. 17,5 24,5

Marktanteil

35

Produktimage Qualität Auftreten im Markt Bedeutung der Brauerei Summe

20 20

50 40

5 5

10,0 8,0

1,0 1,0

15

30

10

4,5

1,5

10

75

10

7,5

1,0

47,5

29,0

Einflussfaktor

100

Gewicht %

Bewertung (0-100 P.) Stärkster Marke C Wettbew.

Gewichteter Wert Marke Stärkster C Wettbew.

Marktanteil

35

20

80

7,0

28,0

Produktimage

20

45

60

9,0

12,0

Qualität

20

60

50

12,0

10,0

Auftreten im Markt Bedeutung der Brauerei Summe

15

25

65

3,8

9,8

10

80

90

8,0

9,0

39,8

68,8

100

Abb. 75: Ergebnisse zur Analyse der relativen Wettbewerbsposition der SGF B und C (Haedrich/Tomczak, 1996, S. 123 f.)

Aufgrund der in den Abb. 75 und 76 ermittelten Koordinatenwerte für die bei­ den Geschäftsfelder B und C können diese in die Neun-Felder-Matrix eingetragen werden (siehe Abb. 77). Geschäftsfeld B ist in einem attraktiven Markt, nimmt eine mittlere Wettbewerbsposition ein und zeigt Vorteile gegenüber dem Haupt­

129

1. Marktfeldstrategien

wettbewerber. Geschäftsfeld C befindet sich in einem deutlich weniger attrakti­ ven Markt und weist bezüglich der Wettbewerbsposition absolut und relativ zum Hauptwettbewerber gesehen eine insgesamt ungünstige Position auf. Markt B BewerGewichtung teter Wert (0-100 P.)

Markt C BewerGewichtung teter Wert (0-100 P.)

Einflussfaktor

Gewicht %

Marktwachstum

30

30

9,0

30

9,0

Marktgröße

20

80

16,0

60

12,0

35

90

31,5

40

14,0

15

95

14,3

30

4,5

Preispolitischer Spielraum Distributionspotential Summe

100

70,8

39,5

Abb. 76: Ergebnisse zur Analyse der Marktattraktivität der SGF B und C (Haedrich/Tomczak, 1996, S. 124)

Marktattraktivität

Hauptwettbewerber von B (29,0/70,8) 100 hoch

(47,5/70,8) B

67 mittel (39,8/39,5)

Hauptwettbewerber von C (68,8/39,5)

C

33 niedrig

0

niedrig

33

mittel

67

hoch

100

Relative Wettbewerbsposition

Abb. 77: Ist-Portfolio für ein konkretes Unternehmen (Beispiel Brauerei) (Haedrich/Tomczak, 1996, S. 125)

130

E. Marketingstrategien

Das McKinsey-Portfolio unterscheidet für die Ableitung von Normstrategien bestimmte Zonen, anhand derer die jeweilige strategische Stoßrichtung bestimmt werden kann (siehe Abb. 78). Die Felder oberhalb der Matrixdiagonalen repräsen­ tieren die Zone der Mittelbindung. Als Normstrategien bieten sich die Investitionsund Wachstumsstrategien an. Bei einer Positionierung in den Feldern links unten in der Zone der Mittelfreisetzung empfiehlt sich die Abschöpfungs- bzw. Desin­ vestitionsstrategie. Befinden sich Geschäftsfelder auf der Diagonalen, kommen so genannte selektive Strategien zum Einsatz. Die konkrete Strategieentscheidung muss jeweils markt- und unternehmensspezifisch abgeleitet werden. Bezogen auf das Beispiel der Brauerei kommt die Neun-Felder-Matrix zu dem­ selben Ergebnis wie die Vier-Felder-Matrix. Die Desinvestitionsentscheidung für Geschäftsfeld C auf Basis der Positionierung in dem BCG-Portfolio wird durch die ermittelte Lage des Geschäftsfeldes in der Zone der Mittelfreisetzung innerhalb der McKinsey-Matrix bestätigt. Für Geschäftsfeld B empfiehlt sich dagegen, analog zur Strategieempfehlung der BCG-Matrix, eine Investitions- und Wachstumsstrategie.

Verbrauch an Ressourcen

100

hoch

r g de un n e ind Z o te lb it M

Marktattraktivität

Wertschöpfung

67

mittel

niedrig

r ng de tzu ne ise Z o l fr e e itt

M

33

0

33

niedrig

67

mittel

hoch

100

Relative Wettbewerbsposition

Investitions-und Wachstumsstrategie Selektive Strategie Abschöpfungs-oder Desinvestitionsstrategie

Abb. 78: Grundschema der Neun-Felder-Matrix und typische Normstrategien (Becker, 2013, S. 434)

1. Marktfeldstrategien

131

Die Ergebnisse der Portfolioanalyse liefern die Auswahl und Steuerung der Pro­ dukt-/Marktsegmente. Die Neun-Felder-Methode beinhaltet allerdings ein gewis­ ses Maß an Subjektivität, die sich auf die Auswahl, Gewichtung und Bewertung der strategiebeeinflussenden Faktoren bezieht (siehe dazu u. a. Kotler/­Keller/Bliemel, 2007, S. 103). Gefahren einer Fehlanwendung bzw. die Ableitung falscher Strate­ gien können allerdings durch eine kombinierte Anwendung der Vier- und NeunFelder-Matrix weitgehend reduziert werden. Des Weiteren kann es Probleme bei den zur Verfügung stehenden Daten bezüglich der verschiedenen Unternehmensund Umweltkomponenten geben. In diesem Zusammenhang ist auch ein entspre­ chender Beschaffungsaufwand zu berücksichtigen. Literaturempfehlungen Becker, Jochen: Marketing-Konzeption. Grundlagen des ziel-strategischen und operativen Marketing-Managements, 10. Aufl., München 2013, S. 412–435. Benkenstein, Martin/Uhrich, Sebastian: Strategisches Marketing. Ein wettbe­ werbsorientierter Ansatz, 3. Aufl., Stuttgart 2009, S. 70–82. a. 1996, Haedrich, Günther/Tomczak, Torsten: Produktpolitik, Stuttgart u.  S. 114–126. Homburg, Christian/Krohmer, Harley: Grundlagen des Marketingmanagements: Einführung in Strategie, Instrumente, Umsetzung und Unternehmensführung, 4. Aufl., Wiesbaden 2012, S. 522–529. Kotler, Philip/Keller, Kevin Lane/Bliemel, Friedhelm: Marketing-Management. Strategien für wertschaffendes Handeln, 12. Aufl., München 2007, S. 90–108. Meffert, Heribert: Marketing-Management. Analyse  – Strategie  – Implementie­ rung, Wiesbaden 1994, S. 126–138; 339–357. Meffert, Heribert/Burmann, Christoph/Kirchgeorg, Manfred: Marketing. Grund­ lagen marktorientierter Unternehmensführung, 12.  Aufl., Wiesbaden 2015, S. 258–262. Nieschlag, Robert/Dichtl, Erwin/Hörschgen, Hans: Marketing, 19. Aufl., Berlin 2002, S. 118–149; 153–154; 284–295. Kontrollfragen 1) Bewerten Sie den Beitrag, den die GAP-Analyse bei marktfeldstrategischen Entscheidungen liefern kann! 2) BCG-Portfolio: Ein größerer Marktanteil beeinflusst in der Regel entschei­ dend die Rentabilität einer strategischen Geschäftseinheit. Erläutern Sie die

132

E. Marketingstrategien

drei Kostensenkungspotentiale, die aus der Erzielung eines hohen Marktanteils resultieren! 3) Bewerten Sie das BCG-Portfolio anhand von Vor- und Nachteilen! 4) Beschreiben Sie zwei wesentliche Unterschiede zwischen der McKinsey- und der BCG-Matrix! 5) Ein Unternehmen hat vier strategische Geschäftsfelder (SGF) abgegrenzt. Fol­ gende Daten sind gegeben: SGF

A

B

C

D

Summe

Marktvolumen 2015 (Mio. €)

23

20

11

6

60

Marktvolumen 2020 (Mio. €)

24

22

16

8

70

Marktanteil 2015 eigenes SGF (%)

22

20

13

7

Marktanteil 2015 stärkster Wett­ bewerber (%)

15

25

26

21



Umsatz 2015 eigenes SGF (Mio. €)

Erstellen Sie das Ist-Portfolio in einem zweidimensionalen Koordinatensystem! Berechnen Sie den Umsatz 2015 für die SGF sowie den gesamten Marktanteil des Unternehmens! 6) Die „Bleib Fit AG“ stellt nicht-alkoholische Getränke für den europäischen Markt her. Das Unternehmen hat vier Produktsegmente (= Strategische Ge­ schäftsfelder) in ihrem Portfolio: –– Produktsegment A: „Fitcola“: Cola, –– Produktsegment B: „Fitmineral“: Mineralwasser, –– Produktsegment C: „Fitlimo“: Limonade, –– Produktsegment D: „Fitcitro“: Zitronensprudel. Für die einzelnen Produktsegmente liegen folgende Informationen vor: Produktsegment

Umsatz 2015 Bleib Fit AG in Mio. €

Marktvolumen 2015 in Mio. €

Marktwachstum 2015–2020 p. a.

Umsatz 2015 Stärkster Konkurrent in Mio. €

A

118

420

0 %

190

B

350

1.100

1 %

310

C

28

75

2 %

27

D

380

1.600

4 %

280

133

1. Marktfeldstrategien

Das Marktvolumen für das Jahr 2020 wird 3.703 Mio. € betragen. a) Erstellen Sie ein Marktwachstum-Marktanteil-Portfolio (BCG-Portfolio) und zeichnen Sie die vier Produktsegmente der „Bleib Fit AG“ ein! b) Erläutern Sie auf Basis des erstellten Ist-Portfolios zukünftige strategische Stoßrichtungen (Normstrategien) für die vier Produktsegmente! c) Beurteilen Sie das Portfolio der „Bleib Fit AG“ hinsichtlich finanzieller Ausgeglichenheit und Zukunftssicherung für das Unternehmen! d) Der Marketingleiter der „Bleib Fit AG“ hat Produktsegmente als Strate­ gische Geschäftsfelder (SGF) definiert. Eine Alternative zur Bildung von SGF stellen Marktsegmente dar. In welchen Fällen sollten Marketing­ leiter Produktsegmente bzw. Marktsegmente als SGF definieren? Begrün­ den Sie! e) Begründen Sie, warum der Marktanteil und das Marktwachstum bei dem BCG-Portfolio als Achsenbezeichnungen ausgewählt wurden! 7) a) McKinsey-Portfolio: Ermitteln Sie die Ist-Positionierung für ein Strategi­ sches Geschäftsfeld (SGF) anhand der folgenden Daten, und zeichnen Sie die SGF in ein Portfolio! Marktattraktivität

Gewichtung %

Bewertung (0–100 Punkte)

Marktwachstum

30

30

Marktgröße

20

80

Preisniveau

35

100

Konkurrenzintensität

15

100

Summe

100

Relative Wettbewerbsposition

Gewichtung %

Bewertung (0–100 Punkte)

Marktanteil

35

50

Produktimage

20

50

Vertriebsstärke

20

40

Forschungs-Know-how

25

30

Summe

100

134

E. Marketingstrategien

b) Kennzeichnen Sie die Felder für die Selektiven Strategien im Portfolio! Erläutern Sie die Selektiven Strategien! c) Nennen Sie jeweils drei weitere Faktoren, die im Rahmen der Bewertung der Marktattraktivität bzw. der relativen Wettbewerbsposition eine Rolle spielen können! d) Beschreiben Sie zwei Nachteile des McKinsey-Portfolios! 8) Das Unternehmen Blau bietet in Russland Phosphate und Vitamine als Futter­ mittelzusatzstoffe für die Landwirtschaft an. Der Markt für Futtermittelzusatz­ stoffe teilt sich derzeit (2015) in vier Marktsegmente auf. Zwecks Ableitung der zukünftigen Marketingstrategien für die einzelnen Marktsegmente will Blau ein Portfolio nach McKinsey verwenden. Für die Bewertung der Marktattraktivität liegen folgende Informationen vor: Marktsegment

Marktvolumen 2015 (Mio. €)

Marktwachstum 2015–2020 (% p. a.)

Konkurrenzdruck (Zahl der Wettbewerber)

Prämixer

10

−5

1

LPGs

25

0

4

Mischfutterbetriebe

30

1

3

Privat-Betriebe

15

5

5

a) Entwickeln Sie jeweils eine Ratingskala für die drei Kriterien! Gehen Sie dabei nach folgendem Muster vor: 1 Niedrigste Punktzahl

2

3

4

5 Höchste Punktzahl

b) Bewerten Sie die einzelnen Marktsegmente hinsichtlich der Kriterien! Füh­ ren Sie Gewichte für die einzelnen Bewertungskriterien ein! Berechnen Sie die Summe der gewichteten Punktzahlen! Anmerkung: Der maximal zu erreichende gewichtete Gesamtpunktwert beträgt 5.

135

1. Marktfeldstrategien

Marktsegment

Gewicht

Gewichtete Punktzahl Prämixer

LPGs

Misch­futterbetriebe

Privatbetriebe

Marktvolumen Marktwachstum Konkurrenzdruck Summe

Um den Koordinatenwert in Prozent für die Marktattraktivität für jedes Markt­ segment zu berechnen, dividieren Sie die gewichtete Punktzahl des jeweiligen Marktsegmentes durch den maximal zu erreichenden gewichteten Gesamtpunkt­ wert! c) Für die Dimension Wettbewerbsvorteil des Portfolios haben sich pro Markt­ segment folgende gewichtete Gesamtpunktwerte ergeben: Marktsegment

Gewichtete Gesamtpunktzahl

Prämixer

4

LPGs

2

Mischfutterbetriebe Privat-Betriebe

1,5 1

Anmerkung: Der maximal zu erreichende Gesamtpunktwert beträgt ebenfalls 5. Nennen Sie vier Kriterien, die im Rahmen der Bewertung der Dimension Wettbewerbsvorteil herangezogen werden können! d) Zeichnen Sie das Portfolio nach McKinsey! Beschriften Sie die Achsen und zeichnen Sie pro Achse die Trennungslinien ein! Positionieren Sie die vier Marktsegmente anhand der berechneten Koordinaten in das Portfolio! e) Welche zukünftigen Normstrategien empfehlen Sie für die einzelnen Markt­ segmente? Begründen Sie! Beurteilen Sie die generelle Struktur Ihres Port­ folios!

136

E. Marketingstrategien

2. Wettbewerbsstrategie/Positionierung Nachdem ein Unternehmen seine Produkt-/Marktkombinationen (Marktfelder) festgelegt hat, muss es nun sein Angebot im Vergleich zu den Wettbewerbern dif­ ferenzieren, um sich im Markt erfolgreich zu positionieren. Unter Positionierung wird allgemein das Bestreben eines Unternehmens verstanden, sein Angebot so zu gestalten, dass es im Bewusstsein der Zielkunden einen besonderen und geschätz­ ten Platz einnimmt. In diesem Zusammenhang werden in der Literatur zahlreiche Ansätze zum wettbewerbsstrategischen Vorgehen diskutiert. Beispielsweise ge­ hen die sehr bekannten Methodiken von Becker (2013, S. 179 ff.) und Porter (2010, S. 37 ff.) lediglich von zwei inhaltlichen Wettbewerbsstrategien aus. Entweder posi­ tionieren sich Unternehmen durch eine überlegene Leistungsqualität oder einen Preisvorteil. Analysiert man das Wettbewerbsverhalten der Unternehmen in den unterschiedlichsten Märkten, lassen sich aber viel­fältige Differenzierungs­ansätze gegenüber Konkurrenten erkennen. In Anlehnung an Kotler/Keller/­Bliemel (2007, S.  400 ff.), Meffert/Burmann/Kirchgeorg (2015, S.  286 ff.) und Schaper (2008, S. 129 ff.) wird deshalb der folgende Systematisierungsansatz entwickelt, wobei die Präferenzstrategie weitere strategische Dimensionen unterscheidet. Als ein weite­ rer integraler Bestandteil der unternehmerischen Wettbewerbsstrategien werden Nachhaltigkeitsstrategien betrachtet. Preis-Mengen-Strategie

Präferenzstrategien

• Standard-Qualitäten zu niedrigen Preisen

• Innovationen • Hohe Produktqualität • Einzigartiges Produktdesign • Programmumfang • Umfangreiche Serviceleistungen • Spezielles Vertriebssystem • Positives Markenimage

Nachhaltigkeitsstrategie • Dominante Positionierung • Gleichberechtigte Positionierung • Flankierende Positionierung

Abb. 79: Systematik der Wettbewerbsstrategien

Die in den Märkten von den Unternehmen verfolgten Wettbewerbsstrategien können dabei eine oder mehrere dieser strategischen Ansätze umfassen. Doch zu­ nächst werden die einzelnen strategischen Grunddimensionen näher betrachtet.

2. Wettbewerbsstrategie/Positionierung

137

2.1 Preis-Mengen-Strategie Die auch als Niedrigpreisstrategie bezeichnete Preis-Mengen-Strategie sieht den aggressiven Einsatz der preis- und konditionenpolitischen Instrumente vor, um die Preiskäufer in einem Markt anzusprechen. Diese Käufer erwarten eine be­ stimmte Mindestqualität von einem Angebot und wählen dann diejenige Alterna­ tive unter den konkurrierenden Marken aus, welche den günstigsten Preis aufweist (Becker, 2013, S.  180). Folglich ist die angebotene Produktqualität eher durch­ schnittlich, aber keinesfalls schlecht. Dieses als Discounting bekannte strategische Geschäftsmodell ist nicht nur im Lebensmittelhandel (z. B. Aldi, Lidl) zu finden, sondern auch bei Finanzdienstleistern (z. B. Cosmos Direkt) und Fluggesellschaf­ ten (z. B. Ryanair, EasyJet) (Diller, 2008, S. 260 f.). Grundlage für die Verfolgung einer Preis-Mengen-Strategie ist eine entspre­ chend günstige Kostenstruktur, welche vor allem aus der Realisation von men­ gen- sowie erfahrungsbedingten Kostendegressionen resultiert sowie durch die Nutzung von Economies of Scope entsteht. Hohe Absatzvolumina und ein weitge­ hender Standardisierungsgrad der zu produzierenden und zu vermarktenden Gü­ ter sind wichtige Voraussetzungen für den Einsatz dieser Strategie. Erforderlich ist eine Reduzierung der Kosten entlang der gesamten Wertschöpfungskette des Un­ ternehmens, da Unternehmen sonst dauerhaft keinen Gewinn erwirtschaften kön­ nen (siehe dazu Meffert/Burmann/Kirchgeorg, 2015, S. 295): –– Beschaffung: Höhere Nachfragemengen und Rabatte lassen sich durch die Ver­ ringerung der Anzahl der Zulieferer (Single Sourcing) realisieren. Kostengünsti­ ­ ourcing gere Einkaufsmöglichkeiten ergeben sich auch im Rahmen des Global S durch einen weltweiten Materialeinkauf. –– Beschaffung: Durch eine produktionssynchrone Teileanlieferung im Rahmen von Just-in-Time-Konzepten kann die Kapitalbindung im Materiallager verrin­ gert werden bzw. lassen sich Lagerkosten einsparen. –– Produktion: Die gemeinsame Nutzung von Komponenten und Technologien führt zu Kostenvorteilen. In der Automobilindustrie werden z. B. identische Mo­ toren bzw. dieselben Bodengruppen in unterschiedlichen Modellen eingebaut. Des Weiteren werden effiziente Durchlaufzeiten durch den Einsatz neuester Verfahren und Produktionstechniken erreicht. –– Forschung und Entwicklung: Beispielsweise verzichten Generika-Anbieter im Pharmamarkt auf kostenintensive Forschung und Entwicklung. Unternehmen wie ratiopharm, Hexal und Stada produzieren und verkaufen Medikamente erst dann, wenn der Patentschutz für die forschenden Pharmaunternehmen abge­ laufen ist und die Substanzen frei hergestellt werden dürfen (Kreutzer, 2013, S. 174). –– Vertrieb: Vertriebskosten können beispielsweise auf ein Minimum durch den Telefonverkauf oder den Verkauf über das Internet reduziert werden.

138

E. Marketingstrategien

Durch die Implementierung kosteneffizienter Teilprozesse können Kosten­ vorteile realisiert und in Form von Preisvorteilen an die Kunden weitergegeben werden. Sehr erfolgreich hat dieses Vorgehen die Fluggesellschaft Ryanair um­ gesetzt. So rechtfertigt Ryanair ihre Niedrigpreise dadurch, dass sie die Leis­ tungen auf die wichtigsten und dringendsten Kundenbedürfnisse reduzieren: der sichere und pünktliche Transport der Passagiere von A nach B. Beispiels­ weise existieren weder Frequent Flyer Programme noch gibt es einen InclusiveService an Bord. Darüber hinaus werden nur Direktflüge auf ausgewählten auf­ kommensstarken Kurzstrecken angeboten. Es gibt keine Zwischenstopps und keine zeitaufwendigen Anschlussflüge. Ryanair fliegt generell kleinere Flug­ häfen mit geringen Gebühren und schneller Abfertigung an. Kosteneinsparun­ gen erfolgen auch im Vertrieb, da die Flugtickets größtenteils per Internet ver­ kauft werden (Simon, 2001, S. 70). Durch diesen No-Frills-Ansatz („No Frills“ bedeutet kein „Schnickschnack“) konnten die Low-Cost-Carrier wie Ryan­ air, EasyJet, TUIfly und Germanwings erfolgreich in die Domäne der FullService-Carrier eindringen und neue Kundenschichten erschließen (Kreutzer, 2013, S. 174).

2.2 Präferenzstrategien Ziel der Präferenzstrategie ist es, funktional identische oder sehr ähnliche Pro­ dukte künstlich zu individualisieren, um sich auf diese Weise von der Konkur­ renz abzuheben (Becker, 2013, S. 182). Es sollen Vorzugsstellungen (Präferenzen) bei den Kunden durch den Einsatz aller nicht-preislichen Marketingmaßnahmen geschaffen werden. Zur Differenzierung bieten sich im Rahmen der Marketing­ instrumente die folgenden Ansätze an: –– Produktpolitik: Innovationen, hohe Produktqualität, einzigartiges Produktdesign, Programmumfang, umfangreiche Serviceleistungen, –– Vertriebspolitik: spezielles Vertriebssystem, –– Kommunikationspolitik: positives Markenimage.

2.2.1 Innovationen Die Wettbewerbsstrategie der Innovationsorientierung ist hauptsächlich durch hohe F&E-Kosten in Relation zum Umsatz, durch einen hohen Anteil neuer Pro­ dukte im Produktprogramm sowie durch eine Pionierposition im Markt charakte­ risiert. Ein Paradebeispiel für ein sehr innovatives Unternehmen ist die BASF, die 2013 ca. 10.650 Mitarbeiter weltweit in Forschung und Entwicklung beschäftigt. Bei 1,84 Mrd. €  F&E-Aufwendungen befinden sich etwa 3.000 Projekte in der Forschungspipeline (BASF, 2014, S. 30).

2. Wettbewerbsstrategie/Positionierung

139

Der wettbewerbsstrategische Vorteil hängt nicht nur von einer innovativen­ Leistung, sondern auch vom frühen Zeitpunkt der Markteinführung (strategisches Timing) ab. Folgende typische Markteintrittsmuster lassen sich unterscheiden: –– First-to-Market-Strategie (Pionierstrategie), –– Second-to-Market-Strategie (Frühfolgerstrategie) und –– Later-to-Market-Strategie (Spätfolgerstrategie) (Crawford, 1983). Die verschiedenen Markteintrittsmuster können nach den Kriterien Situation, Chancen und Risiken beschrieben und abgegrenzt werden (siehe Abb. 80). Als weitere Chancen einer Pionierorientierung sind die frühzeitige Entwicklung von Markt-Know-how (Erfahrung) und der Aufbau eines fortschrittlichen Tech­ nologieimages zu werten, wie dies vielfach den japanischen Automobilherstel­ lern aufgrund der Einführung des Hybridantriebs zugeschrieben wird (Meffert/ Burmann/Kirchgeorg, 2015, S. 289). Ein zusätzliches Risiko der Spätfolgerorien­ tierung stellen geringe Erfolgsaussichten aufgrund schon hoher Eintrittsbarrieren im Markt dar. Durch den Zwang zur technischen und marktbezogenen Imitation fällt die Innovationsorientierung für Spätfolger als aktiv verfolgte Strategie weg. Merkmale Pionier

Frühfolger

Spätfolger

Situation

• Hohe F+EAufwendungen • Technologieführer • Hoher Kommerzialisierungsdruck

• Orientierung am First-Produkt • Bemühung um Verbesserung bzw. Anwendungserweiterung • Anknüpfung an neuen Kundenanforderungen

• Imitation von Innovationen als Hauptansatzpunkt • Zwang zu rationellen Produktionsprozessen (Prozessinnovationen) • Starke Ausschöpfung von Mengendegressionseffekten

Chancen

• Möglichkeit zur Schaff- • Erste Markterfahrungen liegen • Anlehnung an bereits vorhandene Standards fung von Standards vor • Nutzung von preis• Geringeres Markteintrittsrisiko • Niedrigere F+E-Aufwendungen politischen Spielräumen als beim Pionier • Größere Sicherheit über weitere • Realisierung von • Markt ist noch nicht verteilt Marktentwicklung und erfolgErfahrungs- und reiche Vermarktungskonzepte Degressionsvorteilen

Risiken

• Hohe Markt• Bereits aufgebaute Markteinerschließungskosten trittsbarrieren vom Pionier • Ungewissheit über wei- • Zwang zu Eigenständigkeiten tere Marktentwicklungen im Vermarktungskonzept • Gefahr von Technologie- • Ggf. erste Preiszugeständnisse sprüngen durch KK notwendig

• Bereits verteilter Markt • Image- und Kompetenznachteile • Gefahr von Preiskämpfen

Abb. 80: Situation, Chancen und Risiken des Markteintritts (in Anlehnung an Becker, 2013, S. 379 ff.)

Für die Realisierung von Innovationsvorteilen müssen folgende Erfolgsvoraussetzungen gegeben sein: –– Gezieltes Wissensmanagement: Wichtig ist die Schaffung eines für Innova­ tionen notwendigen Wissensstandes, der auch durch Zukauf von Basisinno­

140

E. Marketingstrategien

vationen erfolgen kann, sowie die Steuerung des Zugriffs auf vorhandenes Know-how. –– Definition von Innovationszielen: Die Festlegung von Umsatzanteilen für Neu­ produkte dokumentiert beispielsweise das an Innovationen ausgerichtete unter­ nehmerische Handeln. –– Innovationsgerichtetes Schnittstellenmanagement: Die Umsetzung ist durch eine markt- und kundenorientierte Ausgestaltung der Forschung und Entwicklung möglich, indem an den Wünschen, Erwartungen und Problemen der Abnehmer angesetzt wird und entsprechende Problemlösungen angeboten werden. –– Förderung der innovationsgerichteten Aktivitäten der Mitarbeiter: Dies umfasst die Akzeptanz von Innovationsmisserfolgen, die Einrichtung von am Innova­ tionsgrad ausgerichteten Entlohnungssystemen sowie das Einräumen eines ge­ wissen zeitlichen Spielraums für die Verfolgung eigener F&E-Aktivitäten. –– Möglichst vollständige Einbehaltung der Innovationserträge im Unternehmen: Durch z. B. Patente und strikte Geheimhaltung müssen die Innovationsvor­ sprünge im Unternehmen abgesichert werden (Perlitz, 1988, S. 61 ff.; Albach, 1990, S. 777).

2.2.2 Hohe Produktqualität Die Gestaltung der Produktqualität ist ein zentraler Bereich zur Erfüllung des Kundennutzens. Folglich stellt sie eine wichtige Strategiedimension zur inhalt­ lichen Festlegung der Positionierung dar. Allerdings gibt es unterschiedliche Auf­ fassungen zum Begriff der Produktqualität. Die objektive oder technische Qua­ lität bezieht sich dabei auf anbieterbezogene Aspekte, d. h. auf physikalische und chemische Eigenschaften eines Produktes, z. B. Größe, Gewicht, Material, tech­ nische Leistung bei einem technischen Gebrauchsgut oder Rezepturbestandteile bei Nahrungs- und Genussmitteln. Diese Eigenschaften beeinflussen die indivi­ duelle Nutzenerfüllung der Nachfrager in bestimmten Verwendungs- und Ver­ brauchssituationen. Damit ist die subjektive, abnehmerbezogene Qualität ange­ sprochen (Meffert/Burmann/Kirchgeorg, 2015, S. 290), welche sich beispielsweise bei einem technischen Produkt in den Nutzendimensionen Langlebigkeit, Zuver­ lässigkeit, Präzision, Bedienungsfreundlichkeit und leichte Reparatur ausdrücken lässt. Bei Nahrungsmitteln sind vor allem Eigenschaften wie Geschmack, Frische, Verträglichkeit und Genuss gemeint (Scharf/Schubert/Hehn, 2012, S.  252). Bei der Ausgestaltung der Produktqualität müssen Anbieter folglich konsequent vor Augen haben, welche kundenbezogenen Nutzendimensionen dadurch erfüllt wer­ den. Will sich ein Unternehmen also im Markt gegenüber seinen Konkurrenten über das Angebot einer hohen Produktqualität differenzieren, ist diese immer als subjektive, abnehmerbezogene Qualität definiert.

2. Wettbewerbsstrategie/Positionierung

141

Die Produktqualität kann sich im engeren Sinne auf den Produktkern (Produkt­ leistung) und die Produktausstattung (Produktfeatures) beziehen. Mit Hilfe der Produktleistung werden die wesentlichen Leistungsanforderungen der Kunden er­ füllt. Ein Mercedes bietet z. B. im Vergleich zu einem Volkswagen eine höhere Pro­ duktqualität, wenn die Fahrt mit ihm weniger anstrengend ist, wenn sich der Mer­ cedes im Verkehr einfacher beherrschen lässt, schneller beschleunigt und mehr Sicherheit bietet. Mit Hilfe von Ausstattungsmerkmalen (Produktfeatures) kann dem Kunden auch noch ein Zusatznutzen gestiftet werden. Beispielsweise bietet der Automobilhersteller Audi bei seinem Modell Q3 u. a. die folgenden zusätzlichen Ausstattungselemente an: Panorama-Glasdach, Navigationsgerät, Parkassistent mit Umgebungsanzeige, Klimaautomatik mit sonnenstandsabhängiger Regelung, Scheibenreinigungsanlage. Mit guten oder hochwertigen Produktqualitäten zu entsprechend hohen Preisen werden vor allem die so genannten Markenkäufer angesprochen. Diese verglei­ chen in der Regel die Nutzen stiftenden Leistungseigenschaften konkurrierender Marken und bevorzugen bestimmte Marken, weil diese aus ihrer Sicht bestimmte präferenzwirksame Leistungsmerkmale aufweisen (Becker, 2013, S.  180). Der Preis spielt für Qualitätskäufer im Rahmen der Kaufentscheidung zwar eher eine untergeordnete Rolle, überteuerte Angebote werden Kunden mit entsprechender Marktkenntnis allerdings nicht kaufen (Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 591). Eine hochwertige Produktqualität bieten Hausgeräte von Miele. So funktionieren z. B. Miele Waschmaschinen nach einer Lebensdauerprüfung von fast 5.000 Wasch­ gängen (ca. 20 Jahre) noch einwandfrei. Eine hochwertige Produktqualität bieten auch Mikrobrauereien mit besonderen Spezialbiersorten für regionale Märkte an. Im Gegensatz zu dem Industriebier von Heineken und Interbrew, das geschmacklich aufgrund von standardisieren Ein­ satzstoffen und kostenoptimierten Brauverfahren wenig differenziert ist, zeigen die Spezialbiersorten erhebliche geschmackliche Unterschiede bei den Hopfensor­ ten und anderen Zutaten sowie im Ablauf und Dauer des Brauprozesses (­ Büchler, 2014, S. 112). Für den Erfolg einer Qualitätsstrategie spielt auch die Innovationsfähigkeit des Unternehmens eine zentrale Rolle. Folglich lassen sich die Differenzierungsstra­ tegien Innovations- und Qualitätsorientierung in der Praxis sehr gut miteinander kombinieren.

2.2.3 Einzigartiges Produktdesign Die zunehmende Angleichung der technisch-funktionalen Produktqualitäten zeigt sich auch bei den Testergebnissen der Stiftung Warentest, die 85 % aller Produkte mit gut und sehr gut bewertet. Somit rückt das äußere Erscheinungs­ bild eines Erzeugnisses, das Produktdesign, mit den Gestaltungselementen Pro­

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E. Marketingstrategien

duktform, Produktfarbe und Materialauswahl (z. B. Holz, Glas, Leder etc.) immer mehr in den Fokus der vermarktenden Unternehmen. Beispielsweise dominieren bereits heute beim Handy-Kauf das Design und die Marke weit vor den techni­ schen Produktfeatures (Esch, 2007, S. 35). Durch das Design wird im Wesentlichen mitbestimmt, wie gut ein Produkt aus­ sieht und wie sich der Käufer damit fühlt. Ein herausragendes Design schafft nicht nur Aufmerksamkeit und Vorzugsstellungen bei den Kunden. Mit diesen ästhetischen Produkten lässt sich ein erhebliches Preis-Premium im Markt erzielen. Unter­ nehmen wie Apple (Computer), Bang & Olufsen (Stereogräte) und Swatch (Uhren) haben eine besondere Reputation hinsichtlich des Designs ihrer Produkte. Deren einzigartiges Design kann auch nicht so leicht kopiert werden, da Stilelemente als Warenzeichen rechtlich geschützt werden können (Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 414). 2.2.4 Programmumfang: Generalist oder Spezialist In Abhängigkeit von der Programmbreite können Unternehmen breite oder schmale Sortimente anbieten. Positioniert sich ein Unternehmen beispielsweise als Generalist, dann soll durch das Angebot zahlreicher Produktarten bzw. Produkt­ gruppen eine breite Abdeckung des Marktes erreicht werden. Dagegen konzentrie­ ren sich Spezialisten bei der Vermarktung auf einen oder mehrere Sortimentsteile. Im Einzelhandel zählen SB-Verbrauchermärkte und Warenhäuser beispielsweise zu den Generalisten, da häufig „alles unter einem Dach“ angeboten wird. Die Be­ triebsformen Fachgeschäft und Spezialgeschäft zählen zu den Spezialisten, da sie sich auf eine Branche (z. B. Sport) bzw. einen Teil der Branche (z. B. Tennisarti­ kel) mit ihrem Sortimentsangebot konzentrieren. Die Positionierung als Spezialist findet sich aber auch im Herstellerbereich. So grenzt sich z. B. Velux als Spezialist für Dachfenster und Zubehör von seinen Wettbewerbern ab. Die Generalistenstrategie wird von Sparkassen bei Finanzdienstleistungen ver­ folgt, was am Beispiel des Privatkundengeschäfts sehr gut zu erkennen ist. Hier werden Angebote in den folgenden Bereichen gemacht: Konten & Karten, Kredite, Sparen, Vermögensaufbau, Altersvorsorge, Bauen & Wohnen, Versichern, Fi­ nanzkonzept, Energiesparen, Rechner. Ein weiteres Beispiel stellt der PKW-Markt dar, in welchem Unternehmen vielfach ein Untermarkensystem zur Umsetzung der Generalistenstrategie verwenden. So umfasst die Dachmarke VW der Volks­ wagen AG u. a. die Einzelmarken Phaeton (Oberklasse), Passat (W8: gehobene Mittelklasse; Variant: Mittelklasse), Golf (untere Mittelklasse), Polo (Kleinwagen) und Lupo (Kleinstwagen). Eine Marke kann somit eine relativ breite Spanne von Preis-Leistungs-Verhältnissen abdecken (Schaper, 2013, S. 26). Die Generalistenstrategie ist mit einem hohen Ressourceneinsatz verbunden. Folglich besteht die Gefahr, dass Unternehmen mit einem breiten und differen­ zierten Programm einen Kostennachteil gegenüber Spezialisten haben. Die zuneh­

2. Wettbewerbsstrategie/Positionierung

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mende Programmbreite und -tiefe führt zu überproportional ansteigenden Kom­ plexitätskosten (Meffert/Burmann/Kirchgeorg, 2015, S. 295). Mit der steigenden Zahl der Produktvarianten steigt die innerbetriebliche Komplexität und Ressour­ cenbindung in allen Unternehmensbereichen, die mit dem Produkt zu tun haben (Schaper, 2013b, S. 1283). So gibt es im Einkauf mehr Bestell-, Liefer- und Waren­ eingangskontrollvorgänge, in der Produktion entstehen beispielsweise erhöhte Rüstkostenanteile aufgrund kleinerer Lose. Aber auch im Marketing müssen für neue Produktvarianten Preise ermittelt und Verkaufsprospekte entworfen werden. Diese Kosten in der gesamten Wertschöpfungskette steigen, egal ob von einer Va­ riante 100 oder 10.000 Einheiten produziert werden. Bei umfassenden Angebotsprogrammen kann aber auch eine gezielte Kosten­ reduktion durch die Realisierung von Synergien erreicht werden. So wird bei der Beschaffung, der Produktion und dem Vertrieb unterschiedlicher Produkte auf gemeinsames Know-how, gemeinsame Ressourcen (z. B. Maschinen), Vertriebs­ kanäle oder Abnehmergruppen zurückgegriffen. In der Produktion kann z. B. ein Baukastenprinzip angewendet werden. Auf der Basis modularer Konzepte lassen sich große Stückzahlen bei der Produktion einzelner Komponenten realisieren, die dann in unterschiedlichen Kombinationen zusammengesetzt werden können (Meffert/Burmann/Kirchgeorg, 2015, S. 421). In der Automobilindustrie spricht man in diesem Zusammenhang von einer Plattformstrategie. Verschiedene Fahr­ zeuge eines Herstellers werden auf derselben Plattform aufgebaut, welche Boden­ wanne, Motoren, Getriebe, Achsen, Schaltung, Abgasanlage etc. umfassen kann. Beispielsweise sind im Volkswagen Konzern die Modelle Volkswagen Golf und New Beetle, Audi A3 und Audi TT, Skoda Oktavia sowie Seat Leon und Toledo auf einer gemeinsamen Plattform aufgebaut (Kreutzer, 2013, S. 174). 2.2.5 Umfangreiche Serviceleistungen Produkte mit hohem Commodity-Charakter bieten bekanntlich wenig Differen­ zierungspotential. Allerdings können Unternehmen sich durch den mit dem Pro­ dukt verbundenen Service, den produktbegleitenden Dienstleistungen, vom Wett­ bewerb abheben. Dabei liegt der Schlüssel zum Erfolg einerseits in der Qualität und andererseits im Umfang der angebotenen Serviceleistungen. Eine Erläuterung der Servicequalität erfolgt anhand ausgewählter Komponenten des Kundendienstservices (siehe dazu Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 418): –– Installation: Das Produkt wird am geplanten Einsatzort montiert und in Betrieb genommen. Dieser Service spielt nicht nur bei der Vermarktung von industriel­ len Maschinen oder Anlagen eine sehr wichtige Rolle. Auch sind Konsumenten beispielsweise beim Kauf eines neuen Heizungskessels auf die kompetente In­ stallation durch einen Handwerkbetrieb angewiesen. –– Kundenschulung: Der Anbieter schult die Mitarbeiter der Kunden zwecks fach­ gerechter und effizienter Anwendung seiner Produkte und Ausrüstungsgegen­

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E. Marketingstrategien

stände. Z. B. bieten Softwarefirmen wie SAP Seminare an, um die Mitarbeiter ihrer Kunden im Umgang mit der gekauften Software auszubilden. –– Kundenberatung: Die anwendungstechnische Beratung ist insbesondere im In­ dustriegüterbereich von elementarer Bedeutung, wenn das Personal des Kunden über kein oder nur wenig technisches Know-how hinsichtlich der eingekauften Produkte verfügt. –– Instandsetzung und Instandhaltung: Mit dieser Serviceleistung wird häufig die Zeitkomponente, d. h. die Reaktionszeit bei der Ausführung von Repara­ turleistungen, angesprochen. Beispielsweise konnte sich der Maschinenher­ steller Cater­pillar durch die Einführung eines weltweiten 24-Stunden-Ersatz­ teil-Servicenetzes ein Alleinstellungsmerkmal schaffen (Laker/Zinöcker, 2006, S. 46). –– Reklamationsbearbeitung: Durch z. B. Einrichtung gebührenfreier Telefonnum­ mern, über die sich unzufriedene Kunden direkt an die Serviceabteilung wenden können, werden Hürden, die den Kunden davon abhalten sich zu beschweren, beseitigt. Gleichzeitig können die Mitarbeiter auf eine Beschwerde reagieren, indem sie dem Kunden für einen Fehler eine Kompensation anbieten. Ebenso trägt der Lieferservice eines Anbieters in erheblichem Maße zur Er­ füllung des Kundennutzens bei und bietet durch seine unterschiedlichen Kompo­ nenten vielfältige Möglichkeiten zur Differenzierung gegenüber dem Wettbewerb (siehe dazu u. a. Specht/Fritz, 2005, S. 122 ff.): –– Lieferbereitschaft: Der Anteil der Kundenanfragen, die der Hersteller fähig ist, in der gewünschten Lieferzeit und Lieferform (Qualität, Menge) zu erfüllen. –– Lieferzuverlässigkeit: Der Anteil der Aufträge, die der Hersteller entsprechend der Auftragsvorgaben (Lieferzeit und Liefermenge) erfüllt. –– Lieferqualität: Der Anteil der Aufträge, die der Anbieter entsprechend der ver­ einbarten Eigenschaften des Produktes, seiner Verpackung und der Einhaltung der vereinbarten Lieferbedingungen (z. B. Hilfe bei der Entladung, Art und In­ halt der Lieferpapiere etc.) erfüllen kann. –– Lieferflexibilität: Der Anteil der kurzfristigen Kundenanfragen (z. B. spezielle Wünsche), auf die der Anbieter durch Umdisposition noch eingehen kann. –– Umweltgerechte Verpackungen und Rücknahme von Verpackungen im Rah­ men der Entsorgungslogistik: Der Anteil umweltfreundlicher Verpackungen an den Gesamtverpackungen bzw. die Quote der Rücknahmemenge sollte mög­ lichst hoch sein. Ein herausragender Lieferservice ist im Pharmabereich von grundlegender Be­ deutung zur Differenzierung gegenüber Wettbewerbern. Beispielsweise verfügt der GEHE Großhandelsservice mit 20 Niederlassungen deutschlandweit über eines der modernsten Versorgungs- und Logistiksysteme für Arzneimittel. GEHE

2. Wettbewerbsstrategie/Positionierung

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transportiert als Pharmagroßhandel mit zertifizierter Kühllogistik auch empfind­ lichste Arzneimittel schnell, zuverlässig und umweltschonend. Um sich von der Konkurrenz abzuheben, greift der Onlinehändler Amazon vor allem auf Lieferungs- und Zahlungsbedingungen zurück. So fallen bei der Bestel­ lung von Büchern und anderen Artikeln ab einem Warenwert von 20 € keine Ver­ sandkosten an. Auch verlangt Amazon keine Zahlung per Vorauskasse. So können Kunden den Gesamtbetrag per Bankeinzug oder Kreditkarte erst am Versand­ tag begleichen. Ebenso ist die Zahlung nach Erhalt der Ware möglich. Für einen Mitgliedsbeitrag von 29 € können Kunden in Deutschland ihre Lieferungen so­ gar innerhalb eines Tages nach Bestellung ohne weitere Kosten erhalten (Scharf/­ Schubert/Hehn, 2012, S. 370). Serviceleistungen werden hauptsächlich durch Menschen, d. h. die Mitarbei­ ter, erbracht. Durch kompetentere und stärker motivierte Mitarbeiter im Vergleich zum Wettbewerb können Unternehmen Wettbewerbsvorteile erringen. Durch ge­ zielte Weiterbildungsmaßnahmen kann die Mitarbeiterqualifikation, welche sich durch folgende Ausprägungsformen ausdrückt, verbessert werden: –– Fachkompetenz: Der Mitarbeiter besitzt das erforderliche Wissen und hat fach­ liches Geschick. –– Höflichkeit: Der Mitarbeiter ist gegenüber den Kunden freundlich, rücksichts­ voll und respektvoll. –– Vertrauenswürdigkeit: Der Mitarbeiter macht glaubwürdige Aussagen und gibt Ratschläge, denen man vertrauen kann. –– Zuverlässigkeit: Der Mitarbeiter erledigt seine Arbeiten für den Kunden pünkt­ lich, korrekt und in der erwarteten Qualität. –– Geistige Beweglichkeit: Der Mitarbeiter reagiert umgehend auf Probleme und Anfragen der Kunden. –– Kommunikation: Der Mitarbeiter bemüht sich, den Kunden genau zu verste­ hen und mit ihm leicht verständlich zu kommunizieren (Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 419).

2.2.6 Spezielles Vertriebssystem Unternehmen haben auch die Möglichkeit, sich durch ein spezielles Vertriebs­ system gegenüber den Wettbewerbern zu differenzieren. Beispielsweise können sich Unternehmen aus unterschiedlichsten Branchen, z. B. Avon (Kosmetik/­Körper­ pflege), Vorwerk (Staubsauger), Eismann bzw. Bofrost (Tiefkühlprodukte) und Tupperware (Haushaltswaren), durch den direkten Vertrieb in Form von „Door to

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E. Marketingstrategien

Door-Selling“ von ihrer Konkurrenz abheben. Bei Vorwerk wird das komplette Mar­ kenbild durch den Tür-zu-Tür-Verkauf bestimmt. Mit Hilfe von vielen für das Un­ ternehmen arbeitenden Beratern, kombiniert mit einer hohen Kompetenz, soll ein hohes Level an Kundenberatung und -betreuung gewährleistet sein ­(Kotler/Keller/ Bliemel, 2007, S. 419 f.). Mittlerweile verabschiedet sich Vorwerk nach 80 Jahren vom Direktvertrieb. Es werden fest definierte Gebiete mit einem Berater eingeführt und Service-Center zu Flagship-Stores umgebaut (Garber, 2011, S. 64). Auch Dell hatte seine Vertriebsstrategie konsequent auf den Direktvertrieb ausgerichtet. Wur­ den die Computer zunächst per Telefon und Katalog direkt an die Kunden verkauft, ist später das Internet als Absatzkanal dazugekommen. Allerdings stieß diese Ver­ triebsstrategie 2007 an ihre Grenzen, sodass Dell nun auch seine Computer indi­ rekt über Händler (z. B. Wal-Mart) verkauft. Damit erfolgte der Aufbau eines MultiChannel-Vertriebs (Kreutzer, 2013, S. 2). Im Rahmen eines Multi-Channel-Vertriebs verkaufen Konsumgüterherstel­ ler ihre Produkte heute in der Regel simultan über mehrere Absatzkanäle. Neben dem klassischen einstufigen Vertrieb über den Einzelhandel werden die Produkte auch in Online-Shops und eigenen Einzelhandelsgeschäften angeboten. Insbeson­ dere der Aufbau von eigenen Shops bietet die Möglichkeit, als einzigartig und un­ verwechselbar von den Konsumenten wahrgenommen zu werden. Swarovski, der weltweit führende Hersteller von geschliffenem Kristall, hat diese Chance erkannt und weltweit Hunderte von Swarovski-Shops eröffnet. Dabei kommt ein vom Un­ ternehmen entwickeltes einheitliches Ladenbaukonzept zum Einsatz (Zentes/ Neidhart, 2006, S. 32).

2.2.7 Positives Markenimage Bei der Definition von Marken hat sich in der heutigen Zeit eine wirkungsbe­ zogene Sichtweise durchgesetzt. Im Fokus dieses Ansatzes stehen Einflüsse, die von Marken auf die Wahrnehmungen und Präferenzen der Kunden ausgehen und weitgehend deren Kaufverhalten bestimmen. Demnach sind alle Produkte dann­ Marken, wenn sie ein klares, unverwechselbares Image bei den Kunden aufgebaut haben bzw. aufbauen werden. „Marken sind Vorstellungsbilder in den Köpfen der Anspruchsgruppen, die eine Identifikations- und Differenzierungsfunktion über­ nehmen und das Wahlverhalten prägen“ (Esch, 2010, S. 22). Sind Unternehmen in der Lage, für einzelne Produkte oder Sortimentsteile ein positives Markenimage bei den Abnehmern aufzubauen, dann lassen sich auch leicht höhere Verkaufspreise am Markt realisieren. Aufgabe des Markenmanage­ ments ist es folglich, durch geeignete Marketingmaßnahmen klare und unver­ wechselbare Vorstellungsbilder in den Köpfen der Konsumenten zu entwickeln. Um dieses Ziel zu erreichen, ist zunächst die Markenidentität festzulegen, die das Selbstbild aus Sicht des Unternehmens darstellt. Die Markenidentität soll aus­

2. Wettbewerbsstrategie/Positionierung

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drücken, wofür die Marke steht. Häufig bezieht sich der Markenslogan auf die Markenidentität, z. B. „Freude am Fahren“ bei BMW, „Vorsprung durch Technik“ bei Audi. Nach erfolgreicher Umsetzung entwickelt sich dann auf der Wirkungs­ ebene das anvisierte Markenimage bei den Kunden (Scharf/Schubert/Hehn, 2012, S. 279). Die Erzielung eines Markenimages wird dabei im engeren Sinne durch das Branding erreicht, worunter die Gestaltung der Markenelemente, die am Pro­ dukt selbst wahrnehmbar sind, verstanden wird. Hier handelt es sich um den Mar­ kennamen, das Markenzeichen (Logo) und sonstige Markierungselemente, die als schutzfähige Zeichen für den Markenaufbau einsetzbar sind. Z. B. sind die ­Farben Gelb und Rot in einer bestimmten Tönung und Proportion wesentliche Symbole der Marke Maggi. Aber auch das Produktdesign, das sich sowohl auf das Pro­ dukt selbst als auch auf die Verpackung beziehen kann, spielt bei der Erreichung eines Markenimages eine sehr wichtige Rolle (Esch, 2010, S. 216 ff.). Des Weite­ ren müssen integrativ aufeinander abgestimmte Kommunikationsmaßnahmen ein­ gesetzt werden. Nicht zu vergessen ist die entsprechende Ausgestaltung der Preisund Vertriebspolitik, z. B. durch einen Exklusivvertrieb in Verbindung mit einer Hochpreisstrategie. Bei Produkten, die aus Abnehmersicht im Wettbewerbsumfeld durch eine hohe Homogenität und Austauschbarkeit gekennzeichnet sind, kann eine differenzie­ rende Wirkung hauptsächlich über die Markierung bzw. über das mit einer Marke verbundene Image realisiert werden. Wenn objektive Kriterien zur Beurteilung von Produkten nicht gegeben sind, zieht der Abnehmer in der Regel das Marken­ image zur Beurteilung heran. Durch eine derartige „psychologische Differenzie­ rung“ sollen Kaufpräferenzen zugunsten des eigenen Produktes geschaffen wer­ den (Meffert, 1994, S.  134). Am Beispiel des Zigarettenmarktes lässt sich dies sehr gut verdeutlichen. Viele Zigaretten sind geschmacklich nur schwer zu unter­ scheiden und werden über die gleichen Vertriebskanäle auf die gleiche Weise ver­ kauft. Trotzdem sind die Zigarettenmarken unterschiedlich erfolgreich im Markt. Beispielsweise ist der weltweite Erfolg der Marlboro-Zigaretten hauptsächlich da­ durch zu begründen, dass Marlboro mit dem Image des „Macho-Cowboys“ behaf­ tet ist und damit die Raucher animiert, zu genau dieser Marke zu greifen. Durch eine geschickte Identitätsgestaltung wurde ein differenziertes Markenimage auf­ gebaut (Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 420).

2.3 Nachhaltigkeitsstrategie Nachhaltiges Marketingmanagement unterscheidet zwischen ökologischen, öko­ nomischen und sozialen Handlungsfeldern. Während die ökologische Dimension den Umweltschutz umfasst, stellt die soziale Dimension ein Maß für die Sozial­ verträglichkeit unternehmerischen Handelns dar. Die ökonomische Dimension beinhaltet u.a die Umsetzung gesellschaftlicher und ökologischer Anforderungen in unternehmerisches Handeln zur Erzielung von Wettbewerbsvorteilen auf den

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E. Marketingstrategien

Märkten (Balderjahn, 2013, S. 13). Damit wird die Nachhaltigkeit auch zu einem unternehmerischen Ansatz, sich gegenüber seinen Konkurrenten wirkungsvoll ab­ zugrenzen. Wenn Verbraucher in der heutigen Zeit rundherum nachhaltig konsumieren wol­ len, fehlt ihnen eine einfache Orientierungshilfe. Beispielsweise wollen sich Kon­ sumenten immer öfter darüber informieren, ob ein Teppich ohne Kinderarbeit gefertigt wurde oder ein Spielzeug keine giftigen Stoffe enthält. Die unterschied­ lichsten Siegel und Label helfen dabei, die richtige Entscheidung zu treffen. Al­ lerdings gibt es bisher noch kein Label, das ökologische, ökonomische und soziale Aspekte gleichermaßen entlang der kompletten Wertschöpfungskette komplett ab­ bildet. Am Weitesten geht das FSC-Siegel (Forest Stewardship Council), das zwar alle drei Nachhaltigkeitsdimensionen abdeckt, streng genommen aber nur die Rohstoffgewinnung betrachtet (Öko-Institut, 2009, S.  24). Zahlreiche Produkt­ label bilden in der Regel nur Teilaspekte der Nachhaltigkeit ab, zumeist ökologi­ sche, selten soziale (Öko-Institut, 2009, S. 11). Aus diesem Grund wird im Folgen­ den hauptsächlich die ökologische Komponente der Nachhaltigkeit in Form der umweltorientierten Positionierung thematisiert. Beim umweltorientierten oder „Green Marketing“ sollen bei der Planung, Ko­ ordination und Kontrolle der Absatzmarkt gerichteten Aktivitäten Umweltbe­ lastungen vermieden oder vermindert werden. Dies kann durch eine möglichst dauerhafte Befriedigung der Umweltbedürfnisse der Kunden und durch Wett­ bewerbsvorteile mit Hilfe ökologieorientierter Strategien erreicht werden (Günter/ Kirchgeorg, 2010, S. 819). Im Rahmen der Positionierung geht es bei den Unter­ nehmen um die Frage, in welchem Umfang der Umweltschutz im Unternehmen und die Umweltverträglichkeit der Produkte als Profilierungs- und Differenzie­ rungsmerkmal gegenüber den Kunden herausgestellt werden sollen. Dem Anbie­ ter stehen grundsätzlich drei Alternativen zur Auswahl (siehe dazu Spiller et. al., 2007, S. 80):

Dominante ökologieorientierte Positionierung Die Umweltverträglichkeit der Produkte wird als einzigartiges Leistungsmerk­ mal betont. Ein Beispiel für nachhaltige Produktinnovationen sind Hybrid- und Erdgasantriebe bei Autos, die bis zu 25 % weniger CO2 ausstoßen als Benzin- und Dieselfahrzeuge (Wiltinger/Nazari, 2009, S.  1124). Aber auch bei Elektroautos wie der BMW i3 liegt die Betonung der Vermarktung auf umweltbewusstes Fah­ ren durch emissionsfreien Antrieb. Das Unternehmen Frosta, seit 2007 Marktführer bei Tiefkühlgerichten, posi­ tioniert sich nicht nur über ökologische sondern auch über soziale Nachhaltigkeit. Neben ökologischen Maßnahmen wie dem ermittelten und deklarierten CO2-Fuß­ abdruck sämtlicher Tiefkühlprodukte, Umstellung auf zertifiziertem Grünstrom

2. Wettbewerbsstrategie/Positionierung

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und Verzicht auf Palmöl setzt Frosta auf das Reinheitsgebot als Markenkern. Alle Produkte haben keinerlei Zusatzstoffe, sind also 100 Prozent frei von Farb­ stoffen, Geschmacksverstärkern, Aromen. Emulgatoren, Stabilisatoren, chemisch modifizierten Stärken oder gehärteten Fetten. Des Weiteren legt Frosta Wert auf Transparenz, d. h., die Herkunft aller verwendeten Lebensmittel wird offen gelegt­ (Dornberg, 2013, S. 42 ff.). Gleichberechtigte ökologieorientierte Positionierung Die Umweltverträglichkeit der Produkte wird als gleichberechtigte Leistungs­ dimension berücksichtigt. Bei Textilanbietern müssen die kaufentscheidenden Kriterien wie Passform, Design, Qualität oder Preis in erster Linie stimmen. Öko­ logie bzw. Nachhaltigkeit dienen aber gleichzeitig als wesentliches Differenzie­ rungsmerkmal gegenüber dem Wettbewerb. Das zeigt der Öko-Pionier Otto Ver­ sand ebenso wie die Marke Giorgio Armani, die zunehmend Recycling-Polyester und ökologische Baumwolle verwenden (Hermes, 2010, S.  39). Bei Herstellung und Verkauf von Lebensmitteln positioniert sich auch das Unternehmen Alnatura nicht ausschließlich über eine biologisch-dynamische Anbauweise. Produkte von Alnatura versprechen gleichsam einen hohen Genuss (Karle, 2013, S. 18). Flankierende ökologieorientierte Positionierung Die Umweltverträglichkeit der Produkte wird flankierend neben den bestehen­ den Nutzendimensionen integriert. Beispielsweise positioniert sich die Automarke BMW über den Slogan „Freude am Fahren“, der den Markenkern „Freude“ seit 1965 stützt. Ergänzend wird auch der Aspekt „Efficient Dynamics“ mit in die Ab­ grenzung gegenüber dem Wettbewerb einbezogen. Damit kommt der Anspruch der Marke zum Ausdruck, Fahrzeuge gleichzeitig dynamischer und effizienter im Verbrauch zu entwickeln, um die individuelle Mobilität immer umweltverträg­ licher zu machen (Wiedemann u. a., 2010, S. 39). Durch das Programm „Efficient Dynamics“ konnte der Automobilhersteller den Kraftstoffverbrauch und die C0 2Emissionen deutlich senken. Die Entscheidung für eine der drei Positionierungsvarianten hängt neben der verfolgten Basisstrategie im Umweltschutz von kunden-, wettbewerbs- und unter­ nehmensbezogenen Einflussfaktoren ab. Die nachfolgende Abb. 81 zeigt eine Aus­ wahl dieser Bestimmungsfaktoren (siehe zu den folgenden Ausführungen Meffert/ Kirchgeorg, 1998, S. 277 ff.).

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E. Marketingstrategien

Bestimmungsfaktoren Umweltbewusstsein / Wichtigkeit des Umweltnutzens Bedeutung klassischer Leistungseigenschaften Umfang umweltorientierter Konkurrenzangebote Differenzierungsfähigkeit klassischer Produkteigenschaften Dauerhaftigkeit und Einzigartigkeit des Umweltnutzens Diskriminierungsgefahr bestehender Produkte / Marken Umweltkompetenz der Handelspartner

Dominante Positionierung

Gleichberechtigte Positionierung

Flankierende Positionierung

hoch

mittel

gering

gering

mittel

hoch

hoch

mittel

gering

gering

mittel

hoch

hoch

mittel

gering

gering

mittel

hoch

hoch

mittel

gering

Abb. 81: Bestimmungsfaktoren der umweltorientierten Positionierung

Umweltbewusstsein/Wichtigkeit des Umweltnutzens: Stufen Konsumenten den Stellenwert des Umweltschutzes bei Ge- oder Verbrauch der Produkte und Dienst­ leistungen als hoch ein, ist es empfehlenswert, die Umweltverträglichkeit der Pro­ dukte als dominante Profilierungsdimension zu berücksichtigen. Bedeutung klassischer Leistungseigenschaften: Besitzen klassische Profilie­ rungseigenschaften einen hohen Stellenwert bei den Kunden, sollte eine dominante Umweltprofilierung nicht verfolgt werden. Denn ansonsten besteht die Gefahr der Verwässerung des bisher kommunizierten Produktnutzens. Umfang umweltorientierter Konkurrenzangebote: Werden umweltorientierte Argumente in der Werbebotschaft bereits als ein zentraler Wettbewerbsfaktor ein­ gesetzt, ist ebenfalls eine offensive und dominante Berücksichtigung der Umwelt­ verträglichkeit der eigenen Produkte anzustreben. Differenzierungsfähigkeit klassischer Produkteigenschaften: Insbesondere bei Commodities mit geringem Differenzierungspotential ist die Suche nach neuen Nutzenversprechen zur Wettbewerbsdifferenzierung notwendig. Folglich kann eine dominante umweltorientierte Positionierung ein gangbarer Weg sein, um sich von der Konkurrenz abzugrenzen. Dauerhaftigkeit und Einzigartigkeit des Umweltnutzens (Fähigkeiten/Ressourcen): Besteht die Möglichkeit einer langfristigen Absicherung der Dauerhaftig­ keit und Einzigartigkeit eines Umweltnutzens, z. B. durch Patente und Lizenzen, kann die dominante Positionierung verfolgt werden. Ansonsten besteht die Gefahr der Imitation durch die Wettbewerber. Die Umweltverträglichkeit wird dann mit­

2. Wettbewerbsstrategie/Positionierung

151

telfristig zum Standard und Bestandteil des Grundnutzens eines Produktes. Um­ weltverträglichkeit als Selbstverständlichkeit eines Produktes lässt eine Marken­ positionierung, die allein auf diesem Nutzenversprechen basiert, nicht zu, da diese langfristig nicht verteidigt werden kann. Diskriminierungsgefahr bestehender Produkte/Marken: Ist gegeben, wenn un­ ter einer bestehenden Familien- oder Dachmarke eine umweltorientierte Variante angeboten und der Umweltnutzen bei dieser Variante besonders in den Vorder­ grund gestellt wird. Die Kannibalisierungsgefahr gegenüber den herkömmlichen Produkten im Sortiment ist folglich groß. Umweltkompetenz der Handelspartner: Auf hohe Umweltkompetenz bzw. ho­ hes Umweltimage der Vertriebspartner ist zu achten, um zu einer durchgängigen Positionierung zu gelangen. Erst dann kann eine dominante Umweltprofilierung im Markt anvisiert werden. Viele Beispiele aus der Praxis zeigen, dass sich eine dominante umweltorien­ tierte Positionierung bei der Erschließung breiter Käuferschichten als Barriere erweisen kann, falls der klassische Nutzen des Produktes nicht ausreichend be­ rücksichtigt wird. Die Verknüpfung von Umweltnutzen und klassischem Produkt­ nutzen wird folglich als wesentlicher Erfolgsfaktor gesehen (Ottmann/Stafford/ Hartmann, 2006, S.  27 ff.). Ökologie und Soziales sind damit meist kein domi­ nantes oder ausschließliches Positionierungskriterium, sondern als gleichberech­ tigtes oder sogar nur als flankierendes Kaufargument einzusetzen (Spiller et. al, 2007, S. 80). Die umweltorientierte Positionierungsstrategie muss mit Hilfe der Instrumente des Marketingmixes umgesetzt werden. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, dass der Kauf von nachhaltigen oder umweltfreundlichen Produkten mit einer­ hohen Unsicherheit für den Konsumenten verbunden ist. Die Nachhaltigkeits- oder Umweltqualität eines Angebotes kann von dem Konsumenten in der Regel nicht festgestellt werden. Es handelt sich um eine Vertrauenseigenschaft, die er persön­ lich nicht überprüfen kann, sondern auf deren Vorhandensein er vertrauen muss. Die Anbieter sollten diese empfundene Unsicherheit auf der Konsumentenseite re­ duzieren, indem den Konsumenten Schlüsselinformationen (Signaling) zur Ver­ fügung gestellt werden (Balderjahn, 2004, S. 183 f.). Hilfestellung bei der Auswahl von umweltfreundlichen Produkten geben ins­ besondere Umweltzeichen/-labels und Umweltmarken. Die wohl bekanntesten Umweltlabels in der Bundesrepublik Deutschland sind der Blaue Engel und das Bio-Siegel für Produkte des ökologischen Landbaus. Bei beiden Umweltzeichen erhalten Unternehmen oder Produkte von vertrauenswürdigen Institutionen eine Beglaubigung ihrer umweltfreundlichen Maßnahmen in Form eines Zertifikates. Kunden können somit ohne notwendiges Detailwissen im Vertrauen auf das Zer­ tifikat ihr Kaufrisiko reduzieren. Gleichzeitig bieten Umweltlabels Anbietern die Möglichkeit, ein Öko-Image und folglich einen Differenzierungsvorteil im Wett­ bewerb aufzubauen.

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E. Marketingstrategien

Für Lebensmittel gibt es neben dem bundeseinheitlichen Dachzeichen für Er­ zeugnisse aus ökologischem Landbau gemäß der EU-Öko-Verordnung seit 2009 ein EU-Bio-Logo. Das deutsche Bio-Siegel und das EU-Bio-Logo sagen dasselbe aus, nur umfasst Letzteres die Kennzeichnungspflicht auf vorverpackten ökologi­ schen Lebensmitteln für alle 27 EU-Staaten. Ergänzend dürfen private Logos, z. B. Demeter, Bioland, Naturland, weiterhin zusätzlich verwendet werden. Neben den Ökolabels sollten die Anbieter eigene Öko-Marken entwickeln, um das empfun­ dene Kaufrisiko bei den Konsumenten weiter zu reduzieren. Markeneigen­tümer sind dann z. B. im Lebensmittelbereich der Einzelhändler (z. B. Bio Sonne von Norma) oder der Hersteller (z. B. Reinigungsmittel Frosch). Allerdings führt die Vielzahl von Umweltlabels und Umweltmarken auf ein und derselben Produktver­ packung oftmals zu einer unnötigen Komplexität und somit Verwirrung der End­ verbraucher, da diese in der Regel nicht die Bedeutung der verschiedenen Pro­ duktkennzeichnungen kennen können. Der ursprüngliche Zweck, auf diese Weise relevante Informationen zu bündeln und den Konsumenten Entscheidungshilfen zu geben, wird damit oft ins Gegenteil verkehrt (Schaper, 2013a, S. 665). Aus die­ sem Grund sollte jedes Unternehmen überprüfen, welche Labels und Zeichen es verwenden will. Insbesondere freiwillige Labels, die bei der Kaufentscheidung keine Rolle spielen, gehören auf den Prüfstand (Schaper, 2013b, S. 1284). Abschließend sei erwähnt, dass nicht nur die Markierung als Schlüsselinforma­ tion im Rahmen des „Signaling“ eingesetzt wird. Der komplette Marketingmix muss hinsichtlich ökologischer Aspekte ausgestaltet sein, um ein durchgängiges Öko-Image der Produkte am Markt zu erreichen (siehe dazu Balderjahn, 2004, S. 173 ff.; Spiller et. al., 2007a, S. 1 ff.; Wiltinger/Nazari, 2009, S. 1124 ff., Günter/ Kirchgeorg, 2010, S. 819 ff.). In der Wirtschaftspraxis versuchen viele Unternehmen sich mit einem „grünen“ Image zu versehen, ohne dabei in der gesamten Wertschöpfungskette umwelt­ freundlich zu agieren. Bei diesem als Greenwashing bezeichneten Phänomen (Wal­ ter, 2010, S. 43) stellen Unternehmen einzelne umweltfreundliche Leistungen, Ak­ tivitäten oder Ergebnisse bzw. entsprechende Bewertungen Dritter mit erhöhtem Kommunikationsaufwand öffentlich heraus, z. B. in Presseaktionen oder Werbe­ anzeigen. Häufig sind die dabei getroffenen Einzelaussagen – zum Beispiel über ein neues, umweltfreundliches Produkt oder Verfahren des Unternehmens – für sich genommen korrekt, betreffen aber nur einen geringen Teil der Unternehmensak­ tivitäten, während das Kerngeschäft umweltverschmutzend bleibt. Beispielweise gab McDonald’s 2009 bekannt, dass in Europa die Firmenfarbe von rot auf grün wechseln soll. Der Farbwechsel wird seitens des Konzerns auch als Bekenntnis zur und Respekt vor der Umwelt verstanden. Gleichwohl steht ­McDonald’s z. B. we­ gen des anfallenden Verpackungsmülls und der sehr hohen Nachfrage nach Rind­ fleisch in der Kritik. Dagegen stellt Bluewashing die humanitäre Variante von Greenwashing dar. Blau ergibt sich aus der Verbindung mit der UN und deren Werte (Flagge, Blauhelm-Sol­ daten) sowie der Erde (der Blaue Planet) (Heidbrink/Seele, 2007, S. 4) und beschreibt

2. Wettbewerbsstrategie/Positionierung

153

das Verhalten jener Unternehmen, die dem Global Compact (GC) der Vereinten Na­ tionen beigetreten sind, ohne Nachhaltigkeit glaubwürdig in den Unternehmens­ prozessen zu verankern. Mitglieder des GC müssen sich zur Einhaltung von zehn Prinzipien  – u. a. zur Wahrung von Menschenrechten, zu Umweltschutz und zu Anti-Korruption – verpflichten. Es erfolgt keine unabhängige Überprüfung, dass die Prinzipien tatsächlich eingehalten werden. Daher hat der GC 2004 eine jähr­ liche Berichtspflicht (Fortschrittsbericht) für Mitgliedsunternehmen beschlossen. 2.4 Zusammenfassung Bei der Schaffung von Wettbewerbsvorteilen konzentrierten sich Unternehmen in der Vergangenheit häufig auf jeweils einen strategischen Positionierungsansatz. Um in einem dynamischen Wettbewerbsumfeld aber langfristig erfolgreich zu sein, ist unter Wettbewerbsgesichtspunkten eine mehrdimensionale Orientierung erforderlich. So ist eine Kombination von Qualitäts- und Preis-Mengen-Strategie oftmals empfehlenswert, da Abnehmer zunehmend hohe Qualität bei gleichzeitig konkurrenzfähigem Preis verlangen. Gilbert/Strebel (1987) haben diesen Sachver­ halt in ihrem Konzept der Outpacing-Strategien verdeutlicht. Nach deren Meinung sind Differenzierungs- bzw. Kostenvorteile nur in den seltensten Fällen dauerhaft haltbar. Daher sollten die Unternehmen rechtzeitig die strategische Grundorientie­ rung entsprechend ergänzen. Beispielsweise zeigt IKEA, wie niedrige Preise mit einem anerkannt guten Design verbunden werden können. Andere Beispiele sind die Uhrenmarke Swatch und der Textilproduzent H&M, die beide hochmodische Aktualität mit aggressiver Preispolitik kombinieren (Spiller et. al., 2007, S. 91). Bestimmte strategische Ansätze zur Differenzierung sind in der heutigen Zeit so genannte Muss-Bestandteile der verfolgten Wettbewerbsstrategie eines Unter­ nehmens. So ist ein Markenimage nicht nur mit präferenzwirksamen Ansätzen zu verbinden. Auch Unternehmen mit einer extremen Preisorientierung müssen bei­ spielsweise ein preisgünstiges Markenimage aufbauen. Von besonderer Bedeutung ist dieser Sachverhalt im Einzelhandel. Denn fehlen bei den Verbrauchern Preis­ kenntnisse für ein Produkt, kann die Wahl der Einkaufsstätte von allgemeinen Preisgünstigkeitsvorstellungen oder dem Preisimage abhängen (Simon/Fasnacht, 2008, S. 475 f.). Auch wird es sich kein Unternehmen zukünftig mehr leisten können, keine Nach­ haltigkeitsaspekte in die Wettbewerbsstrategie einzubauen. So betont das Unter­ nehmen Henkel, „dass eine Top-Leistung, die auf Nachhaltigkeit beruht, der In­ novationstreiber der nächsten Dekade sein wird. Unternehmen können langfristig keine nicht-nachhaltigen Produkte mehr verkaufen“ (Hermes, 2010, S. 41). Für das Nachhaltigkeitsmarketing waren Preisführerstrategien lange Zeit nahezu bedeu­ tungslos. Mittlerweile werden jedoch Bio-Lebensmittel und Naturkosmetik in Dis­ countern teilweise auch relativ günstig angeboten. Ebenfalls setzen die Handels­ marken der expandierenden Biomarkt-Ketten auf Preisvorteile (z. B. Alnatura).

154

E. Marketingstrategien

Allerdings wird dieser Preisvorteil nur gegenüber anderen Bio-Produkten und nicht im Gesamtmarkt angestrebt (Spiller et. al., 2007, S. 86). Bestimmte Strategiekombinationen sollten in der Wirtschaftspraxis aber nicht eingesetzt werden. Beispielsweise beinhaltet eine Innovationsorientierung in der Regel relativ hohe Forschungs- und Entwicklungskosten. Diese müssen sich im Rahmen der Marktzyklen der Produkte über einen relativ hohen Preis zunächst amortisieren. Werden diese innovativen Produkte zu niedrigen Preisen angeboten, wird die Existenz des Unternehmens langfristig nicht zu sichern sein. Literaturempfehlungen Balderjahn, Ingo: Nachhaltiges Marketing-Management. Möglichkeiten einer um­ welt- und sozialverträglichen Unternehmenspolitik, Stuttgart 2004, S.  9–33; 173–194. – Nachhaltiges Management und Konsumentenverhalten, Konstanz und München 2013, S. 163–181. Becker, Jochen: Das Marketingkonzept. Zielstrebig zum Erfolg, 4.  Aufl., Mün­ chen 2010, S. 50–60. – Marketing-Konzeption. Grundlagen des ziel-strategischen und operativen Mar­ keting-Managements, 10. Aufl., München 2013, S. 179–237; 379–381. Benkenstein, Martin/Uhrich, Sebastian: Strategisches Marketing. Ein wettbe­ werbsorientierter Ansatz, 3. Aufl., Stuttgart 2009, S. 115–123. Homburg, Christian/Krohmer, Harley: Grundlagen des Marketingmanagements: Einführung in Strategie, Instrumente, Umsetzung und Unternehmensführung, 4. Aufl., Wiesbaden 2012, S. 497–508. Kotler, Philip/Keller, Kevin Lane/Bliemel, Friedhelm: Marketing-Management. Strategien für wertschaffendes Handeln, 12. Aufl., München 2007, S. 400–422. Meffert, Heribert: Marketing-Management. Analyse  – Strategie  – Implementie­ rung, Wiesbaden 1994, S. 126–138; 339–357. Meffert, Heribert/Burmann, Christoph/Kirchgeorg, Manfred: Marketing. Grund­ lagen marktorientierter Unternehmensführung, 12.  Aufl., Wiesbaden 2015, S. 286–297. Nieschlag, Robert/Dichtl, Erwin/Hörschgen, Hans: Marketing, 19. Aufl., Berlin 2002, S. 229–257. Porter, Michael E.: Wettbewerbsvorteile (Competitive Advantage), Spitzenleis­ tungen erreichen und behaupten, 7. Aufl., Frankfurt am Main 2010, S. 37–56. Schaper, Thorsten: Preismanagement. Einführung in Theorie und Praxis, 2. Aufl., Göttingen 2013, S. 22–26.

2. Wettbewerbsstrategie/Positionierung

155

Scharf, Andreas/Schubert, Bernd/Hehn, Patrick: Marketing. Einführung in Theo­ rie und Praxis, 5. Aufl., Stuttgart 2012, S. 209–215. Spiller, Achim u. a.: Nachhaltigkeitsmarketing I. Grundlagen, Herausforderungen und Strategien, Lüneburg 2007, S. 80–92. – Nachhaltigkeitsmarketing II. Gestaltung und Einsatz der Marketinginstrumente, Lüneburg 2007a, S. 1–58. Kontrollfragen 1) Beschreiben Sie jeweils den Marketingmix, der zu der folgenden Positionie­ rung passt: a) Ein Hersteller von Damenparfüm positioniert sich als hochwertiger Quali­ tätsanbieter im Markt. b) Ein Hersteller von Bio-Kunststoffen grenzt sich gegenüber seinen direkten Konkurrenten im Markt als Serviceanbieter ab. c) Im Markt für Finanzdienstleistungen konzentriert sich ein Discount Bro­ ker im Rahmen der Marktbearbeitung auf die Kundengruppe mit unterem bis mittlerem Einkommensniveau. d) Bei Lebensmitteln will ein Hersteller die Umweltverträglichkeit eines Pro­ duktes gleichberechtigt in seine Positionierungsstrategie integrieren. 2) Grenzen Sie Marken- bzw. Preiskäufer voneinander ab! Können Konsumen­ ten sowohl Marken- als auch Preiskäufer sein? Begründen Sie! 3) Die Umweltverträglichkeit der Produkte soll als dominante Profilierungs­eigen­ schaft innerhalb der Positionierungsstrategie eines Anbieters herausgestellt wer­ den. Erläutern Sie drei Einflussfaktoren, die vorliegen müssen, damit sich die Umweltverträglichkeit als dominante Profilierungseigenschaft empfiehlt! 4) Bieten umweltfreundliche Produkte einen zusätzlichen Kundennutzen? Dis­ kutieren Sie anhand folgender Beispiele: – Nahrungsmittel aus kontrolliert ökologischem Anbau sowie – energiesparende Elektrogeräte. 5) Begründen Sie jeweils, ob sich die folgenden Strategiedimensionen miteinan­ der kombinieren lassen: – Innovationen und Preis-Mengen-Strategie, – Generalistenstrategie und Preis-Mengen-Strategie, – Nachhaltigkeitsstrategie und Innovationen? 6) Bewerten Sie die Generalistenstrategie anhand von Vor- und Nachteilen!

156

E. Marketingstrategien

3. Marktbearbeitungsstrategien Die Auswahl der von einem Unternehmen zu bearbeitenden Marktsegmente er­ folgt unter Zuhilfenahme der Methoden der Portfolioanalyse. Anschließend wird die Festlegung des generellen Rahmens der Marktbearbeitung durch die ausge­ wählte Positionierungsstrategie bestimmt. Innerhalb der definierten Positionie­ rungsstrategie ist nun zu überlegen, ob die Bearbeitung der ausgewählten attrak­ tiven Marktsegmente durch den Marketingmix undifferenziert im Rahmen der Massenmarktstrategie oder differenziert mit Hilfe der Marktsegmentierungsstra­ tegie erfolgen soll. Marktbearbeitungsstrategien legen folglich fest, ob der Marke­ tingmix auf alle Kunden gleichermaßen oder aber speziell auf einzelne Kunden­ gruppen mit jeweils identischen oder zumindest ähnlichen Bedürfnissen und Anforderungen ausgerichtet werden soll. Die undifferenzierte Marktbearbeitung konzentriert sich bei der Ausgestaltung des Marketingmixes auf die Gemeinsamkeiten und nicht auf die Unterschiede in den Bedürfnissen und Verhaltensweisen der Markt- bzw. Kundensegmente. Bei­ spielsweise erfolgt ein Angebot von Standardprodukten, die auf die durchschnitt­ lichen Erwartungen der Markt- bzw. Kundensegmente ausgerichtet sind. Diese auch als Massenmarktstrategie bezeichnete Form der Marktbearbeitung umfasst einen einheitlichen Marketingmix, der grundsätzlich die größtmögliche Zahl von Abnehmern ansprechen soll („Schrotflintenkonzept“). Typisch sind neben einer Massenproduktion der Einsatz von Massendistributionswegen und klassischen Massenwerbemedien. Bei der Gestaltung des eigenen Angebots für den Markt konzentriert sich ein Unternehmen nicht auf das, worin sich die Abnehmer unter­ scheiden, sondern vielmehr auf das, was sie verbindet (Becker, 2013, S. 241). Die Definition des relevanten Marktes wird beim Massenmarktkonzept dabei wie folgt festgelegt: Ausgangspunkt ist der theoretische Gesamtmarkt, der als Summe aller in Betracht kommenden Abnehmer definiert ist, z. B. alle Einwohner oder Haus­ halte eines Landes. Anschließend erfolgt die Subtraktion derjenigen Abnehmer, die für die Verwendung eines Produktes nicht relevant sind, z. B. Kinder für Ziga­ retten, Nicht-Autobesitzer für KFZ-Versicherungen. Im Konsumgüterbereich kommt die Massenmarktstrategie insbesondere bei der Vermarktung von Low-Interest-Produkten zum Einsatz. Hierzu zählen Ver­ brauchsgüter des täglichen Bedarfs (z. B. Butter, Zucker) genauso wie niedrigprei­ sige Gebrauchsgüter (z. B. Glühlampen, Kugelschreiber). Diese Produkte sind für den Konsumenten von untergeordnetem Interesse und er empfindet bei deren Kauf ein niedriges Risiko (Scharf/Schubert/Hehn, 2012, S. 218). Aber auch bei der Ver­ marktung von Industriegütern ist die Massenmarktstrategie zu finden. Hier wer­ den im Rahmen des so genannten Produktgeschäfts hauptsächlich vorgefertigte und in Mehrfachfertigung erstellte Leistungen angeboten, die auf einem anony­ men Markt verkauft werden. Das gilt insbesondere für die Vermarktung von Com­ modities, bei denen sich die Leistungen der verschiedenen Wettbewerber sachlich

3. Marktbearbeitungsstrategien

157

kaum voneinander unterscheiden lassen, z. B. Zement, Standardfarben (Backhaus/ Voeth, 2010, S. 206 ff.). Die Massenmarktstrategie ist nicht zwingend an eine Preis-Mengen-Strategie gebunden, sondern auch in Kombination mit einer Qualitäts- und Markenstrate­ gie denkbar. So wird z. B. die Nivea-Creme bzw. in ihrer modernen Form NiveaMilk als Universalcreme für jedermann (Kinder, Frauen, Männer) und für jeden Zweck (Schutz, Pflege, für Tag und Nacht, jedes Wetter) angeboten. Ein weiteres Beispiel stellt der Milchriegel Milky Way vom Schokoriegel-Hersteller Mars dar, der als Snack für viele verschiedene Gelegenheiten, z. B. Pause, Sport, Freizeit, an­ geboten wird. Milky Way kann immer und überall konsumiert werden, egal ob als normaler Riegel, Minis oder Crispy Rolls (Scharf/Schubert/Hehn, 2012, S. 218). Ebenso lassen sich auch umweltfreundliche Produkte zunehmend durch Massen­ marktstrategien vermarkten. Lacke und Farben mit dem blauen Umweltengel oder Artikel aus Umweltschutzpapier werden in dieser Form bereits seit den achtziger Jahren erfolgreich verkauft. So ist die mit dem Blauen Engel zertifizierte Wand­ farbe Alpinaweiß heute Europas meistgekaufte Innenfarbe. Ein weiteres Beispiel stellen Bio-Lebensmittel dar, die noch im Jahr 2000 zu über 70 % über die Nischen­ kanäle Naturkostfachgeschäfte, Reformhäuser, Wochenmärkte oder Ab-Hof-Ver­ kauf distribuiert wurden. Inzwischen wird in Deutschland mit Bio-Lebensmitteln ein Umsatz von 7,55 Mrd. € erzielt, wovon 60 % im herkömmlichen Lebensmit­ teleinzelhandel (einschließlich Drogeriemärkte) vertrieben werden (Bund Ökolo­ gische Lebensmittelwirtschaft, 2014, S. 17). Durch den Verkauf über Discounter, Supermärkte und SB-Verbrauchermärkte erreichen die Bio-Lebensmittel somit breite Konsumentenschichten (z. B. Bio Sonne-Produkte des Discounters Norma). Im Gegensatz zu der Massenmarktstrategie erfordert die differenzierte Marktbearbeitung zunächst die Identifizierung und Beschreibung der verschiedenen Markt­ segmente mit Hilfe von Marktsegmentierungskriterien. Diese wurden in Kapitel B 1.5 bereits umfangreich diskutiert. Nach der Markterfassung wird im zweiten Schritt im Rahmen der Marktbearbeitung der marktsegmentspezifische Einsatz der Marketinginstrumente festgelegt. Es erfolgt ein Eingehen auf die Besonderheiten unterschiedlicher Markt- bzw. Kundensegmente durch die Ausgestaltung des Mar­ ketingmixes entsprechend der speziellen Anforderungen und Bedürfnisse der je­ weiligen Markt- bzw. Kundensegmente („Scharfschützenkonzept“) (Becker, 2013, S. 290). In Abhängigkeit von der speziellen Marktsituation kann die Differenzie­ rung einzelner oder aller Instrumente des Marketingmixes erforderlich sein, z. B. –– Produktpolitik: Angebot besonderer Produktvarianten und spezieller Marken, –– Preispolitik: Forderung unterschiedlicher Preise, –– Vertriebspolitik: Erreichen der Kundensegmente über unterschiedliche Vertriebs­ kanäle, –– Kommunikationspolitik: Differenzierte kommunikative Ansprache der Markt­ segmente in unterschiedlichen Medien.

158

E. Marketingstrategien

Die einzelnen Marketinginstrumente sind auf die Anforderungen und Bedürf­ nisse der Markt- bzw. Kundensegmente abzustimmen. Dabei muss das Leistungs­ angebot die Erwartungen der jeweiligen Kundensegmente bestmöglich erfüllen. Der Ansatz des differenzierten Marketings kann auch als Marktsegmentierungsstrategie bezeichnet werden (Freter, 2008, S. 25). Bei der Verfolgung der Markt­ segmentierungsstrategie ist zu überlegen, ob die Abdeckung des Marktes ganz oder nur teilweise erfolgen soll (siehe dazu Abb. 82). Während sich Marktsegmentie­ rungsstrategien mit totaler Marktabdeckung auf alle vorhandenen Marktsegmente (Zielgruppen) beziehen, wird im Rahmen der partialen Marktabdeckung nur ein besonders interessantes bzw. werden wenige Segmente gezielt herausgegriffen. Massenmarktstrategie Marketingmix

Gesamtmarkt

Marktsegmentierungsstrategie mit totaler Marktabdeckung Marketingmix 1

Segment 1

Marketingmix 2

Segment 2

Marketingmix 3

Segment 3

Marktsegmentierungsstrategie mit partialer Marktabdeckung Segment 1 Marketingmix 2

Segment 2 Segment 3

Abb. 82: Formen der Marktbearbeitungsstrategie (Scharf/Schubert/Hehn, 2012, S. 217)

Früher haben Unternehmen sich eindeutig festgelegt, entweder hinsichtlich einer Fokussierung auf niedrige Preise oder auf einen hohen Kundennutzen, z. B. durch Anbieten einer sehr guten Produktqualität bzw. eines ausgezeichneten Ser­ vices. Anbieter waren der Meinung, dass eine gleichzeitige Verfolgung beider Ziele gemäß der Maxime „stuck in the middle“ nicht erfolgversprechend sein kann. Rückläufige oder stagnierende Entwicklungen in vielen Märkten haben die Anbieter aber dazu gezwungen, die Potentiale ihrer relevanten Absatzmärkte möglichst vollständig auszuschöpfen, um Wachstums- und Gewinnziele realisie­ ren zu können. So ist in der heutigen unternehmerischen Praxis der Trend erkenn­ bar, dass Unternehmen qualitativ unterschiedliche Marketingprogramme anbie­ ten, die sich an die verschiedenen Marktsegmente in einem Markt richten.

3. Marktbearbeitungsstrategien

159

Die Segmentierungsstrategie mit totaler Marktabdeckung lässt sich dabei durch zwei unterschiedliche konzeptionelle Ansätze realisieren. Einerseits kann die Be­ arbeitung unterschiedlicher Marktsegmente über Mehrmarkenkonzepte (Multi Branding) erfolgen. Die einzelnen Marken haben jeweils einen eigenständigen Markenauftritt und werden gegebenenfalls auch über unterschiedliche Vertriebs­ kanäle abgesetzt (Esch, 2010, S. 464). So können z. B. negative Wirkungen eines Produktes mit Billigpreisimage auf ein hochwertiges Produkt mit entsprechend exklusivem Markenimage vermieden werden. Die Dr. Oetker GmbH bietet bei­ spielsweise auf dem Sektmarkt neben A-Marken (z. B. Fürst von Metternich), auch B-Marken (z. B. Henkell Trocken) und preisgünstige C-Marken an (z. B. Rüttgers Club) (Becker, 2013, S. 234 f.). Während A- und B-Marken sich an Markenkäufer richten, sollen C-Marken Preiskäufer ansprechen. Denkbar sind neben Mehrmarkenkonzepten auch Dachmarkenkonzepte zur Ab­ deckung der unterschiedlichen Marktsegmente. Unter einer Dachmarke wird eine Programm- oder Company-Marke verstanden, die sämtliche Produkte eines Un­ ternehmens unter einer einheitlichen Marke (umbrella branding) umfasst ­(Becker, 2013, S. 197). Der Einsatz einer Dachmarke empfiehlt sich insbesondere, wenn Leistungs­ angebote objektiv gut und vom Kunden nachvollziehbar differenziert werden können. Eine Marke kann somit eine relativ breite Spanne von Preis-Leistungs-­ Verhältnissen abdecken. Im Automobilmarkt unterscheiden sich beispielsweise die Modelle der Dachmarke VW der Volkswagen AG hinsichtlich Preis, Größe, Motorisierung und Ausstattung deutlich voneinander. Die differenzierten Nutzen­ erwartungen der unterschiedlichen Kundensegmente werden u. a. durch die Ein­ zelmarken Phaeton (Oberklasse), Passat (gehobene Mittelklasse), Golf (untere Mittelklasse), Polo (Kleinwagen), Lupo, up! (Kleinstwagen), sowie Touareg (Ge­ ländewagen) und Touran bzw. Sharan (Familienfahrzeuge) bedient. Fokussieren sich Unternehmen bei der Marktbearbeitung auf ein Segment oder einige wenige Teilmärkte, dann können sie als Spezialisten bezeichnet werden. Durch die Konzentration der Marketingaktivitäten entstehen relativ geringe In­ vestitions-, Produktions- und Vermarktungskosten. Deshalb ist diese Strategie insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen geeignet, die mit nur gerin­ gen finanziellen Mitteln ausgestattet sind. Diese können sich mit ihrem Produkt und ihrem Marketingmix ausschließlich auf die wenigen ausgewählten Markt­ segmente einstellen. Beispielsweise konzentriert sich das Unternehmen Hipp in Deutschland mit ihrem Angebot der Milch-, Frucht- und Gemüsenahrung bzw. -getränke auf die Bedürfnisse von Säuglingen und Kleinkindern (Scharf/Schu­ bert/Hehn, 2012, S. 221). Weitere Beispiele für die Spezialistenstrategie sind die Automobilhersteller Lamborghini, Bentley und Rolls-Royce, die sich mit der Fer­ tigung von Sportwagen bzw. extrem hochwertigen Fahrzeugen auf ein kleines Marktsegment konzentrieren und nicht versuchen, unter der gleichen Marke auch Modelle für den Massenmarkt herzustellen (Kreutzer, 2013, S. 177).

160

E. Marketingstrategien

Die Marktsegmentierungsstrategie mit partialer Marktabdeckung wird auch von den so genannten Nachhaltigkeitspionieren umgesetzt. Sie konzentrieren sich häufig auf Marktnischen, was in Anbetracht einer Kerngruppe an Nachfragern mit konsequenter Umweltorientierung und gehobenem Einkommen nahe liegt. Das Angebot zeichnet sich durch ein exklusives Programm an ökologischen und sozialen Innovationen aus und wird im Rahmen einer Hochpreispolitik über spe­ zielle Handelskanäle wie z. B. Naturkostläden, Spezialversender, Wochenmärkte oder Boutiquen für Naturtextilien verkauft (Spiller et. al., 2007, S. 87). Wie lassen sich die eben dargestellten Marktbearbeitungsstrategien mit den Wettbewerbsstrategien kombinieren? So dürfte im Rahmen der gewählten Prä­ ferenzstrategie (z. B. Innovationen, hohe Produktqualität) jeweils eine differen­ zierte oder undifferenzierte Marktbearbeitung möglich sein. Bei der Verfolgung der Preis-Mengen-Strategie kann allerdings nur eine undifferenzierte Markt­ bearbeitung in Frage kommen, da eine Marktsegmentierungsstrategie aufgrund der ­unterschiedlichen Marketingprogramme zusätzliche Segmentierungskosten beinhaltet. Außerdem ergeben sich durch Verfolgung einer Massenmarktstrate­ gie eher die e­ rforderlichen Kostendegressionseffekte, die für eine preisorientierte Wettbewerbsstrategie von grundlegender Bedeutung sind. Abschließend werden die Massenmarkt- und die Marktsegmentierungsstrategie vergleichend gegenübergestellt (siehe Abb. 83). Bewertung

Massenmarktstrategie

Marktsegmentierungsstrategie

Vorteile

• Kostenvorteile durch Massenproduktion • Abdeckung des Gesamtmarktes > Potentialausschöpfung • Durchschnittlicher, wenig aufwendiger Marketingmix • Geringer marketingorganisatorischer Aufwand

• Erfüllung zielgruppendifferenzierter Käuferwünsche • Erarbeitung überdurchschnittlicher Preisspielräume • Gute Lenkungsmöglichkeiten der ­ Teilmärkte • Möglichkeit, Preiswettbewerb durch Qualitätswettbewerb zu ersetzen

Nachteile

• Nicht volle Entsprechung von Käuferwünschen • Begrenzte Preisspielräume • Eingeschränkte Möglichkeiten gezielter Marktsteuerung • Gefahr des Preiswettbewerbs in Massenmärkten

• Verteuerungen im Einsatz der Marketinginstrumente • Ggf. Verzicht auf Massenproduktion • Teilweise eingeschränkte Stabilität von Marktsegmenten • Hoher Marketing-Know-how-Bedarf

Beurteilung • Rentabilität aufgrund des Preis­ insgesamt wettbewerbs primär von der niedrigen Kostenposition abhängig

• Rentabilität aufgrund der spezifischen Zielgruppenentsprechung primär durch überdurchschnittliche Preise möglich

Abb. 83: Vergleichende Darstellung der Vor- und Nachteile von Massenmarkt- und Segmentierungsstrategie (Becker, 2000, S. 290)

3. Marktbearbeitungsstrategien

161

Die Kosteneinsparungspotentiale sind der wichtigste Vorteil der Massenmarkt­ strategie. Kostenvorteile ergeben sich nicht nur bei der Produktion, sondern auch im Rahmen der Lagerhaltung und des Transports. Zusätzlich reduziert eine einheitliche Werbung den Werbeaufwand und der Verzicht auf eine segment­ spezifische Marktforschung und Produktentwicklung verbessert ebenfalls die Kostenbasis eines Unternehmens. Die größte Gefahr bei Verfolgung der Massen­ marktstrategie kann in einem ruinösen Preiswettbewerb gesehen werden, wenn mehrere Unternehmen diese „Durchschnittskunden“ ansprechen. Durch die zu­ nehmende Pluralisierung und Individualisierung des Konsumverhaltens werden Unternehmen heute auch immer mehr gezwungen sein, ihre Marktbearbeitung stärker zu differenzieren (Scharf/Schubert/Hehn, 2012, S. 218).

Exkurs: Evolutionsformen der Marktbearbeitung Durch strukturelle Veränderungen in den Märkten haben sich diese von gro­ ßen standardisierten Massenmärkten zu immer differenzierteren, fragmentierten Märkten entwickelt. Die Abnehmeransprüche sind im Laufe der Zeit zunehmend verschiedener und spezieller geworden. Abb. 84 beschreibt die Entwicklung der Märkte seit etwa 1950, die zu unterschiedlichen marketingstrategischen Hand­ lungsmustern führten. Speziellen Marktentwicklungen folgend sind immer feinere Strategiemuster entwickelt worden. Generell lässt sich ein Trend von der Generalisierung zur In­ dividualisierung erkennen. Grundsätzlich werden heute aber alle Muster der stra­ tegischen Marktbearbeitung angewendet, allerdings mit einer deutlichen Akzent­ verschiebung in Richtung „Individualisierungsstrategie“. Der Übergang zwischen den Strategiemustern ist teilweise fließend. Die Massenmarktstrategie umfasst da­ bei das undifferenzierte und differenzierte Massenmarketing, die Marktsegmen­ tierungsstrategie beinhaltet das segmentorientierte, nischenorientierte und kun­ den­individuelle Marketing (Becker, 2013, S. 294 ff.). Bis ca. Mitte der sechziger Jahre wurde das undifferenzierte Massenmarketing schwerpunktmäßig angewendet. Diese Strategie basiert auf einem Unifizierungs­ konzept, welches nicht die Unterschiede in den Bedürfnisstrukturen und Verhal­ tensweisen der Abnehmer beachtet, sondern sich viel mehr darauf konzentriert, was die Massenzielgruppen verbindet. Das Unifizierungskonzept entspricht in ho­ hem Maße dem klassischen Markenartikelkonzept, z. B. Tempo, Maggi oder Odol. Diese Marken haben mittlerweile vielfach den Charakter von Gattungsbegriffen erhalten, z. B. „Tempo“ für Papiertaschentücher, „Maggi“ für Würze oder „Odol“ für Mundhygiene (Becker, 2000a, S. 9 f.). Eine Weiterentwicklung des traditionellen, undifferenzierten Massenmarke­ tings stellt ab ca. Mitte der sechziger Jahre das differenzierte Massenmarketing dar, das auf eine bessere Bedürfnisbefriedigung bei Massenzielgruppen mit Diffe­

162

E. Marketingstrategien

Undifferenziertes Massenmarketing Differenziertes Massenmarketing Segmentorient. Marketing Nischenmarketing Kundenindividuelles Marketing

0%

Individualisierung

100 %

Abb. 84: Das strategische Megatrendmodell (Becker, 2000a, S. 6)

renzierungsansprüchen zielt. Das Konzept wurde vor allem mit Hilfe der Produkt­ differenzierung umgesetzt. Von einer bestimmten Produktart sind Varianten im Markt eingeführt worden, die sich in der Qualität und/oder anderen Produktgestal­ tungselementen von den eigenen Produkten unterscheiden. Die Vermarktung die­ ser Produktvarianten erfolgt aber meist mit einem einzigen Marketingprogramm (Marketingmix), so dass noch nicht von einer Marktsegmentierungsstrategie ge­ sprochen werden kann (Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 358). Insbesondere Sortimentsbrauereien betreiben ein differenziertes Massenmar­ keting. Neben allen gängigen Sorten wie Pils, Export, Alt und Weizen werden auch alkoholfreie oder alkoholreduzierte Biere angeboten (Becker, 2000a, S. 17). Ebenso verfolgen fast alle Hersteller von Tafelschokolade mit ihren Produktvari­ anten dieses Konzept. Folglich kann auch von Produktvarianten-Marketing ge­ sprochen werden, das auf Kunden mit zeitlich sich verändernden Geschmacksan­ sprüchen abzielt. Starke Befriedigungsgrade bei Massenbedürfnissen sowohl mit undifferenzier­ ten als auch mit differenzierten Preis- und Leistungsangeboten haben ab Mitte der siebziger Jahre zu einem zunehmenden Einsatz des segmentorientierten Marketings im Rahmen der strategischen Marktbearbeitung geführt. Als spezielles Marktbearbeitungskonzept umfasst die Marktsegmentierungsstrategie die Fest­ legung spezifischer Marketingprogramme, d. h. eine zielgruppenorientierte Pro­ dukt-, Preis-, Vertriebs- und Kommunikationspolitik für ausgewählte Marktseg­ mente. Typisch ist dabei die Abdeckung mehrerer, vieler oder aller identifizierten Marktsegmente im Rahmen einer multiplen Segmentierung.

3. Marktbearbeitungsstrategien

163

Das Nischenmarketing ist ca. Anfang der achtziger Jahre entstanden, da sich die meisten Märkte im Laufe der Entwicklung immer stärker fragmentierten. Es bildeten sich fortlaufend kleinere Marktsegmente, so dass sich diese Strategie auf bestehende oder potentielle Marktlücken bzw. Marktnischen konzentrierte. Das nischenorientierte Marketing ist eine bevorzugte Strategie von kleinen oder mit­ telgroßen Unternehmen. Marktnischen sind für große Anbieter aufgrund ihres vergleichsweise begrenzten Marktvolumens nicht interessant, bzw. sie verfügen für deren Bearbeitung nicht über spezifische Fähigkeiten (Kompetenzen). Bei­ spiele für Nischenmärkte stellen Randsortenspezialisten, z. B. Weißbierbrauereien (Erdinger) oder Altbierbrauereien (Diebels), dar. Diese Anbieter haben als regio­ nale Nischenanbieter mittlerweile ihr Betätigungsfeld auf nationale Ebene ausge­ dehnt. Besonders erfolgreich sind Nischenanbieter dann, wenn sie die Enge ihres spezialisierten Marktes durch eine internationale Marktbearbeitung ausgleichen können (Becker, 2010, S. 66 f.). Der sich beschleunigende Trend zur Individualisierung der Bedürfnisse bzw. des Konsums hat ca. ab Mitte der achtziger/Anfang der neunziger Jahre den Fo­ kus auf das kundenindividuelle Marketing legen lassen. Das kundenindividuelle Marketing beschreibt den „one-for-one-approach“ (1:1-Marketing), d. h., es erfolgt eine kundenspezifische Produktion und Vermarktung für die Markt- bzw. Los­ größe „1“. Kundenindividuelle Produkte werden hergestellt und verkauft, die den Erfordernissen der einzelnen Kunden entsprechen. Hier erfolgt ein grundlegender Übergang von der Massenproduktion (mass production) zur Massenindividuali­ sierung (mass customization) – eine typische Vorgehensweise im Anlagengeschäft bei Industriegütern (Backhaus/Voeth, 2010, S. 325 ff.). Die Individualisierung der Produkte kann durch Nutzung eines Baukasten-Systems realisiert werden. Der Computerhersteller Dell bietet beispielsweise Kunden im Internet die Möglichkeit, sich aus definierten modularisierten Komponenten einen Rechner individuell zu­ sammenzustellen. Auch in der Automobilindustrie wird das modularisierte Bau­ kastenprinzip verfolgt (Schledz, 2009, S. 19 f.). Allerdings sind auch Entwicklungen erkennbar, die den allgemeinen Strategie­ trend umkehren. So bildeten z. B. im Softwaremarkt für Anwendungsprogramme kundenspezifische Lösungen den Ausgangspunkt im Markt. Später erfolgte eine Ablösung durch segment- bzw. branchenspezifische Programme. Mittlerweile gibt es bei Anwendungsprogrammen einen Trend in Richtung generelle Standardsoft­ ware (Becker, 2013, S. 299).

164

E. Marketingstrategien

Literaturempfehlungen Becker, Jochen: Der Strategietrend im Marketing: vom Massenmarketing über das Segmentmarketing zum kundenindividuellen Marketing, München 2000a, S. 7–50. – Das Marketingkonzept. Zielstrebig zum Erfolg, 4.  Aufl., München 2010, S. ­60–69. – Marketing-Konzeption. Grundlagen des ziel-strategischen und operativen Mar­ keting-Managements, 10. Aufl., München 2013, S. 237–248; 287–299. Freter, Hermann: Markt- und Kundensegmentierung. Kundenorientierte Markt­ erfassung und -bearbeitung, 2. Aufl., Stuttgart 2008, S. 244–271. Kotler, Philip/Keller, Kevin Lane/Bliemel, Friedhelm: Marketing-Management. Strategien für wertschaffendes Handeln, 12. Aufl., München 2007, S. 355–364. Meffert, Heribert/Burmann, Christoph/Kirchgeorg, Manfred: Marketing. Grund­ lagen marktorientierter Unternehmensführung, 12.  Aufl., Wiesbaden 2015, S. ­282–286. Nieschlag, Robert/Dichtl, Erwin/Hörschgen, Hans: Marketing, 19. Aufl., Berlin 2002, S. 206–209. Scharf, Andreas/Schubert, Bernd/Hehn, Patrick: Marketing. Einführung in Theo­ rie und Praxis, 5. Aufl., Stuttgart 2012, S. 215–222. Spiller, Achim u. a.: Nachhaltigkeitsmarketing I. Grundlagen, Herausforderungen und Strategien, Lüneburg 2007, S. 84–88. Kontrollaufgaben 1) Ist die Massenmarktstrategie für nachhaltige Produkte zu empfehlen? Disku­ tieren Sie! 2) Ist die Marktsegmentierungsstrategie grundsätzlich mit der Preis-Mengen-­ Strate­gie kombinierbar? Diskutieren Sie! 3) Erläutern Sie die beiden Markenkonzepte zur Umsetzung der Marktsegmen­ tierungsstrategie mit totaler Marktabdeckung! 4) Die Railmax AG ist ein deutsches Bahnunternehmen. Die Kernleistung des Unternehmens besteht in der Beförderung von Personen auf kurzen und lan­ gen Strecken in Deutschland. a) Der Personenverkehr umfasst die beiden Zielgruppen der Geschäftsreisen­ den und der Privatpersonen. Welche Marktbearbeitungsstrategie empfeh­ len Sie der Railmax AG? Begründen Sie!

3. Marktbearbeitungsstrategien

165

b) Erläutern Sie drei Maßnahmen für die Zielgruppe Privatpersonen im Rah­ men des strategischen Ansatzpunktes „Erhöhung/Intensivierung der Pro­ duktverwendung bei bestehenden Kunden“! c) Die Railmax AG strebt eine Ausweitung des Umsatzes an. Zu diesem Zweck will man die Kernleistung um die Beförderung von Gütern erwei­ tern. Um welche Marktfeldstrategie handelt es sich in diesem Zusammen­ hang? Begründen Sie! 5) Die Klim AG ist ein Hersteller von Bergsteigerausrüstung. Sie vertreibt ihre Produkte bisher nur über den Sportfachhandel. Sämtliche Produkte sind mit dem Markenzeichen Klim versehen. Die Marke Klim hat ein hohes Qualitäts­ image, gleichzeitig sind die Produkte im Hochpreisniveau angesiedelt. Die Geschäftsleitung überlegt derzeit, ob die Marketingstrategie geändert werden soll. Grund für diese Überlegung ist ein rückläufiger Umsatz durch vermehrte Kundenabwanderung hin zu Handelsmarken kostengünstigerer Betriebsfor­ men des Handels (z. B. Kaufhäuser). Gleichzeitig hat sich die Konkurrenzin­ tensität auf dem Markt für Bergsteigerausrüstung verstärkt, nachdem die zwei größten Hauptkonkurrenten der Klim AG fusioniert haben. Zudem versucht ein weiterer neuer Konkurrent, sich mit – von verschiedenen Umweltverbän­ den ausgezeichneter – recyclingfähiger Bergausrüstung im Wettbewerb zu dif­ ferenzieren. Eine Marktforschungsstudie hat ergeben, dass Klim unter Profis noch die erste Wahl ist (Bruhn, 2009a, S. 60). Diskutieren Sie mögliche strategische Ansatzpunkte für eine Neuausrichtung des Geschäftes der Klim AG vor dem Hintergrund der dargestellten Problem­ situation! 6) Das Unternehmen Blau bietet in Russland Phosphate und Vitamine als Futter­ mittelzusatzstoffe für die Landwirtschaft an. Im Markt lassen sich zwei Ab­ nehmersegmente erkennen: – Segment 1: Diese Kunden haben hohe Anforderungen an die Produktqua­ lität, verlangen günstige Preise und eine gute Lieferschnelligkeit. Anwen­ dungstechnische Unterstützung und Sortimentsbreite sind von untergeord­ neter Bedeutung. – Segment 2: Diese Kunden verlangen von den Anbietern ebenfalls eine hohe Produktqualität und eine gute Lieferschnelligkeit. Allerdings erwar­ ten sie auch ein breites Sortiment und eine ausgezeichnete anwendungs­ technische Unterstützung. Auf einen günstigen Preis wird kein besonderer Wert gelegt. Welche Marktbearbeitungsstrategie empfehlen Sie dem Unternehmen Blau, die Massenmarktstrategie oder eine Form der Marktsegmentierungsstrategie? Begründen Sie!

166

E. Marketingstrategien

4. Marktarealstrategien Marktarealstrategien beantworten die Frage: Welche Markträume wollen wir erschließen? Gegenstand dieser vierten Strategieebene ist somit die Wahl der zu bearbeitenden Markt- bzw. Absatzräume eines Unternehmens. Ein bewusstes und geplantes geostrategisches Vorgehen eines Unternehmens ist von hoher Wichtig­ keit, da durch die Wahl eines speziellen Absatzgebietes viele Entscheidungen auf der Marketingmix-Ebene bestimmt werden, z. B. die Gestaltung der Vertriebs­ organisation, die Markierung der Produkte und die Auswahl der Werbemedien. Anhand eines Beispiels wird diese Problematik näher erläutert (siehe dazu Be­ cker, 2013, S. 300): Fallbeispiel: Bedeutung geostrategischer Planung für einen Nahrungsmittelhersteller Ein Nahrungsmittelhersteller hat eine für den inländischen Markt zugeschnit­ tene neue Produktlinie geschaffen. Nach der Einführung dieses Programms zeigt sich, dass das Absatzpotential im inländischen Markt wesentlich überschätzt wurde. Deshalb wird versucht, diese Produkte – für die eine neue rationelle Fabri­ kation mit hohem Ausstoß errichtet wurde – zusätzlich im Ausland zu vermark­ ten. Jetzt stellt sich das Problem, dass bei der Produkt- und Programmentwick­ lung lediglich inländische Bedürfnisse wie auch Nahrungsmittel-Vorschriften Berücksichtigung fanden und außerdem ein Markenname gewählt wurde, der in den meisten in Betracht kommenden Märkten nicht schutzfähig, teilweise aber auch sprachlich („Fehlassoziationen“) nicht einsetzbar ist. Darüber hinaus sind Produktion, Verpackung und logistisches System so konzipiert, dass im Inland eine dreimonatige Haltbarkeit der Produkte ausreicht. Für einen Vertrieb (Export) schon in unmittelbar benachbarte ausländische Märkte genügt diese Haltbarkeits­ frist jedoch nicht. Fazit: Aufgrund nicht erfolgter gebietsstrategischer Vorausplanung ist ein Un­ ternehmens- und Marketingkonzept realisiert worden, das nur sehr schwer oder unter Umständen gar nicht mit den Notwendigkeiten bzw. Möglichkeiten eines übernationalen Marketings vereinbar ist. Dieses Beispiel zeigt, dass das geostrategische Vorgehen eines Unternehmens grundlegend geplant werden muss. Dabei können zwei gebietsstrategische Entscheidungsfelder unterschieden werden: –– Teilnationale bzw. nationale Strategien (Domestic Marketing) und –– übernationale Strategien (International Marketing) (Becker, 2000, S. 148).

4. Marktarealstrategien

167

4.1 Nationale Marktarealstrategien (Domestic Marketing) Auf nationaler Ebene lassen sich verschiedene Stufen der räumlichen Markt­ erschließung differenzieren: lokale, regionale, überregionale und nationale Ge­ bietsstrategien (siehe dazu Abb. 85).

Lokale Marktabdeckung

Regionale Marktabdeckung

Überregionale Marktabdeckung

Nationale Marktabdeckung

Abb. 85: Stufen der räumlichen Markterschließung

Häufig beginnen Unternehmen bei ihrer Gründung mit einer lokalen Markt­ abdeckung. Zunächst wird ein erstes Absatzgebiet um den „Schornstein“ des Un­ ternehmens herum aufgebaut. Vor allem Branchen mit kleinen und mittleren Un­ ternehmen, z. B. Brauereien, Fruchtsafthersteller und Mineralbrunnen, haben zunächst diese Vorgehensweise gewählt, um später – zur Realisierung von Wachs­ tumszielen – das „Schornsteingebiet“ zu einem möglichst geschlossenen regiona­ len Absatzgebiet zu erweitern. Diese regionale Markterschließung umfasst bei­ spielsweise ein komplettes Bundesland und kann in einem nächsten Schritt zu einer überregionalen Marktabdeckung, z. B. mehrere Bundesländer, ausgebaut werden. Als letzte geostrategische Stufe schließt sich dann die nationale Markt­ abdeckung an, indem alle Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland aktiv bearbeitet werden (Becker, 2000, S. 149 f.). Ausgehend von der lokalen Marktabdeckung kann die genetische Weiterent­ wicklung über die regionale bzw. überregionale hin bis zur nationalen Markter­ schließung Jahre bzw. Jahrzehnte dauern und aus verschiedenen Gründen (z. B. hoher Konkurrenzdruck) auf einer der genannten Stufen enden.

168

E. Marketingstrategien

4.1.1 Marktarealstrategische Expansionsmuster Ein aktives geostrategisches Vorgehen ist eine wesentliche Voraussetzung für ein koordiniertes operatives Marketingprogramm. Im Rahmen der systematischen gebietserweiternden Konzepte können folgende strategische Grundtypen unter­ schieden werden: –– Konzentrische Gebietsausdehnung, –– selektive Gebietsausdehnung und –– inselförmige Gebietsausdehnung (Becker, 2013, S. 304). (1) Konzentrische Gebietsausdehnung Ausgehend von einer gewachsenen Markenpräferenz im bisherigen Absatz­gebiet erfolgt eine ringförmige Gebietsausdehnung. Durch die gezielte Nutzung der in dem bestehenden Absatzgebiet vorauseilenden Aktivitäten bzw. Abstrahlungen kann das Marktareal systematisch ausgedehnt werden. Vorauseilende Aktivitäten sind vor allem distributiver Art, in dem z. B. Großhändler eingeschaltet werden, die auch Abnehmer außerhalb des Kernabsatzgebietes des Herstellers beliefern. Ent­ sprechende Abstrahlungen ergeben sich beispielsweise durch nicht vermeidbare Werbestreuungen über das eigentliche Absatzgebiet hinaus (siehe dazu Abb. 86).

C

A

B

A = Ausgangsabsatzgebiet (Kernabsatzgebiet) B = Überlappungen z.B. durch Einschalten von Großhändlern, die auch Gebiete außerhalb des Gebietes A beliefern (= distributiv induzierte Gebietsausdehnung) C = Abstrahlungen, die z.B. durch nicht vermeidbare Überstreuung der Werbung über das Gebiet A hinaus entstehen (= kommunikativ induzierte Gebietsausdehnung) Abb. 86: Konzentrische Gebietsausdehnung (in Anlehnung an Becker, 2013, S. 304)

4. Marktarealstrategien

169

Eine konzentrische Gebietsausdehnung hat den Vorteil, dass sie oftmals zu sehr stabilen Absatzmärkten („Absatzburgen“) führt, von denen aus eine gezielte gebiet­ liche Weiterentwicklung bis zur überregionalen bzw. nationalen Markt­abdeckung möglich ist. Allerdings muss dabei ein hoher zeitlicher Aufwand berücksichtigt werden. Die konzentrische Gebietsausdehnung ist vor allem für frühe Stadien der Unter­ nehmensentwicklung durch einen Gebietsausbau um den „Schornstein“ des eige­ nen Unternehmens herum charakteristisch. So haben beispielsweise Brauereien ihr Absatzgebiet auf diese Weise erweitert. Insbesondere bei Bierspezialitäten wie Alt- oder Weizenbier sind solche Ausbreitungsmuster typisch, da für diese Spezia­ litäten nicht selten Widerstände im Markt bestehen. Neue Abnehmer im Handel und auf Endverbraucherebene können nur in geplanten Stufenprozessen gewonnen werden, in denen sukzessive Kenntnis über und Akzeptanz für die neuen Produkte aufgebaut werden (Becker, 2000, S. 151). (2) Selektive Gebietsausdehnung Die selektive Gebietsausdehnung ist vor allem für späte Stadien der Unter­ nehmensentwicklung charakteristisch. Im Rahmen einer ersten Gebietsexpan­ sion können durch eine konzentrische Vorgehensweise neue Absatzringe nicht vollständig geschlossen werden. Es verbleiben Absatzlücken, die zwischen diesen neuen Gebieten und dem Kernabsatzgebiet bewusst vom Unternehmen in Kauf genommen werden. Diese Lücken sind das Resultat bestimmter lokaler oder regionaler Marktwiderstände, z. B. vom Handel, den Verbrauchern oder auch aufgrund der von Konkurrenten geschaffenen Markteintrittsbarrieren (Becker, 2013, S. 306). Deshalb werden im Rahmen der selektiven Gebietsausdehnung in einem ers­ ten Schritt zusätzlich zum Kernabsatzgebiet phasenversetzt Aufbau- und Ver­ dichtungsgebiete geschaffen. Die schwer einnehmbaren Absatzfestungen z. B. der Konkurrenten werden somit „umzingelt“. In einer späteren Phase lassen sich diese noch „weißen Kreise“ im bisherigen Absatzgebiet gleichzeitig von mehreren Sei­ ten aus erschließen (siehe dazu Abb. 87).

170

E. Marketingstrategien

B

B

C

B

A A = Ausgangsabsatzgebiet B = Verdichtungsgebiete C = Neues Zielgebiet (noch „weißer“ Kreis im klumpenförmig strukturierten Absatzgebiet)

Abb. 87: Selektive Gebietsausdehnung (in Anlehnung an Becker, 2013, S. 306)

„Bei lokal/regional geprägten Spezialitäten bestehen nicht selten Barrieren in der Weise, dass in einem anvisierten Teilmarkt bestehende ortsansässige Marken ein so starkes Lokalkolorit aufweisen, dass ein Eindringen einer neuen Marke von außen „marktpsychologisch“ erschwert ist. So hat die Brauerei Diebels ihr Bier­ ursprünglich nicht im Großraum Düsseldorf vermarkten können, weil „der Düssel­ dorfer“ selbstverständlich „nur“ Düsseldorfer Altbier konsumiert(e). Erst durch ein gezieltes selektives gebietspolitisches Vorgehen („Umzingelungsstrategie“) konnte die Absatzfestung Düsseldorf eingenommen werden“ (Becker, 2000, S. 154).

(3) Inselförmige Gebietsausdehnung Die inselförmige Gebietsausdehnung ist eine typische Strategie zur Gewinnung ausländischer Märkte, wenn dieser neue nationale Markt schnell erschlossen wer­ den soll. So werden nur einige wenige Großstadtzentren – Zentren mit Leitcharak­ ter – als Ausgangspunkt für einen nationalen Vertriebsaufbau herangezogen. Von diesen größeren Absatzinseln aus soll das jeweils umliegende Absatzgebiet zü­ gig erschlossen werden. Die so entstehenden regionalen Absatzfelder sind danach miteinander zu vernetzen, um eine flächige nationale Marktabdeckung zu errei­ chen. Das inselförmige und konzentrische Vorgehen lässt sich folglich sinnvoll er­ gänzen. Inselorientierte Markterschließungskonzepte mit anschließender konzen­ trischer Verdichtung sind im deutschen Markt u. a. von McDonald’s und Pizza Hut verfolgt worden (Becker, 2010, S. 74).

171

4. Marktarealstrategien

Stadt Hamburg inkl. Großraum

Stadt Frankfurt inkl. Großraum

Stadt München inkl. Großraum

Abb. 88: Inselförmige Gebietsausdehnung auf der Basis von drei Großstadtzentren (Becker, 2013, S. 308)

4.1.2 Tendenzen inländischer Absatzgebietspolitik Im Rahmen der Absatzgebietspolitik besteht heute eine Tendenz zur nationalen Marktabdeckung. Folgende Gründe dürften dafür verantwortlich sein (Becker, 2013, S. 310): –– Stagnierende regionale Absatzmärkte führen zu einer Suche nach neuen Um­ satzpotentialen im überregionalen Marktgebiet. –– Bei zu starker Regionalisierung von Märkten ergeben sich unvermeidbare über­ regionale Werbefehlstreuungen. –– Die nationale Ubiquität eines Produktes ist eine wesentliche Voraussetzung für die Bildung und Durchsetzung von Markenartikeln. –– Große Handelsorganisationen mit national ausgebautem Filialnetz präferieren grundsätzlich Herstellermarken mit nationaler Verbreitung und Kompetenz. –– Durch die zunehmende Internationalisierung des Wettbewerbs dringen immer mehr ausländische Angebote in den deutschen Markt. Zusätzlich führt ein ver­ stärkter branchenübergreifender Wettbewerb zum Eintritt neuer Wettbewerber in angestammte Märkte. Um konkurrenzfähig zu bleiben, müssen einheimische Marken auch national vertrieben werden. Andererseits wird es auch Entwicklungen geben, die Unternehmen veranlas­ sen, räumliche Rückzugsstrategien zu wählen. So kann im Rahmen einer Kontraktion die Präsenz in den Absatzgebieten verringert werden. Zu dichte Vertriebs­ netze, z. B. bei Banken, waren Ausgangspunkt kontraktiver Entwicklungen und führten zu einer starken Ausdünnung der Zweigstellennetze. Begleitet wurde die­

172

E. Marketingstrategien

ser Rationalisierungsprozess durch die vielfältigen Möglichkeiten des Electronic Banking. Eine weitere räumliche Rückzugsstrategie ist die Konzentration („Rückzug“) auf Kernabsatzgebiete. Auslöser sind oftmals gravierende Wettbewerbsverschär­ fungen und ein daraus resultierender Preis- und Verdrängungswettbewerb, der z. B. auch größere Markenbrauereien veranlasst hat, sich aus dem überregionalen Geschäft zurückzuziehen (Becker, 2013, S. 311 ff.). 4.2 Übernationale Marktarealstrategien (International Marketing) Internationales Marketing umfasst die Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle der marktbezogenen Unternehmensaktivitäten bei einer Geschäftstätig­ keit in mehr als einem Land (Meffert/Bolz, 1998, S. 25). Die Probleme des interna­ tionalen Marketings resultieren weniger aus der Veränderung der Aufgabeninhalte als vielmehr aus ihrer Komplexität. Während ein national tätiges Unternehmen relativ gut einschätzbare Rahmenbedingungen im Heimatmarkt vorliegen hat, sieht sich ein international tätiges Unternehmen mit fremden, völlig unterschied­ liche Umweltstrukturen in den einzelnen Ländern konfrontiert. Hieraus ergeben sich einerseits ein erweiterter Informationsbedarf und zusätzliche Risiken beim Überschreiten von Ländergrenzen sowie andererseits ein zusätzlicher Koordi­ nationsbedarf im Rahmen der Bestimmung der internationalen Aktivitäten, z. B. länderübergreifende Preisharmonisierung. Im Rahmen der internationalen Mar­ ketingstrategie sind spezielle strategische Entscheidungen zu treffen (siehe dazu Abb. 89), die in den folgenden Kapiteln systematisch behandelt werden.

Entscheidungen der internationalen Marketingstrategie

Festlegung des Internationalisierungsgrades

Selektion von Ländermärkten

Gestaltung der internationalen Markterschließung

Wahl der Form des internationalen Markteintritts

Wahl der länderübergreifenden Standardisierung

Timing der internationalen Markteintritte

Abb. 89: Spezielle Entscheidungen im Bereich der internationalen Marketingstrategie (in Anlehnung an Homburg/Krohmer, 2012, S. 1078)

4. Marktarealstrategien

173

4.2.1 Festlegung des Internationalisierungsgrades Bei der grundlegenden Entscheidung über die Festlegung des Internationalisie­ rungsgrades geht es um die Frage, inwieweit sich ein Unternehmen über die Gren­ zen des Herkunftslandes hinaus aktiv auf anderen Ländermärkten betätigen will. In diesem Zusammenhang sind unterschiedliche Motive der Internationalisierung von Bedeutung, die wie folgt kategorisiert werden können (siehe dazu im Folgen­ den Meffert/Bolz, 1998, S. 97 f.): –– Bei risikoorientierten Internationalisierungsmotiven steht die Risikoreduktion bzw. -streuung im Vordergrund. –– Chancenorientierte Internationalisierungsmotive zielen auf die Realisierung von absatz-, preis- und kostenbezogenen Chancen durch den Eintritt in neue Märkte ab. Risikoorientierte Motive der Internationalisierung sind z. B.: –– Umsatzstabilisierung durch Belieferung mehrerer Märkte mit unterschiedlichen Konjunkturzyklen, –– Ausgleich für im Inland an Wettbewerber verlorene Marktanteile, –– Begegnung von Verlustgefahren im Inland, z. B. durch unvorhergesehene Ver­ kürzung des Produktlebenszyklusses, –– Erhalt und Ausbau bestehender Marktpositionen (z. B. nach Export) im Ausland durch stärkeres Engagement (z. B. durch Auslandsniederlassungen), –– Nachfolgen der Wettbewerber in das Ausland, um deren Wettbewerbsvorteil auszugleichen. Chancenorientierte Motive der Internationalisierung umfassen demgegenüber: (1) Absatzchancen – Erschließung neuer Absatzquellen, – Nachfolgen wichtiger Kunden in das Ausland, – Teilnahme am dynamischen Wachstum von Auslandsmärkten, – Erreichen von Wachstumszielen, die im Inland nicht realisiert werden kön­ nen, z. B. aufgrund von gesättigten Märkten oder kartellrechtlichen Be­ schränkungen.

174

E. Marketingstrategien

(2) Preisbezogene Chance – Abschöpfung von höheren Preisbereitschaften der Nachfrager in Auslands­ märkten. (3) Kostenbezogene Chancen – Senkung der Marktbearbeitungskosten durch Skaleneffekte als Resultat einer höheren Absatzmenge, – Ausnutzen niedriger Kosten der Marktbearbeitung in Auslandsmärkten. Nachdem eine grundsätzliche Entscheidung für den internationalen Marktein­ tritt getroffen wurde, muss ein Unternehmen seinen Grad der Internationalisierung festlegen. Im Rahmen der Realisierung des internationalen Marketings können verschiedene Stufen der übernationalen Marktarealstrategie bzw. Internationali­ sierungsgrade unterschieden werden (siehe dazu Meffert/Burmann/­Becker, 2010, S.  65 ff.; Backhaus/Büschken/Voeth, 2003, S.  158 ff.; Berndt/Altobelli/­Sander, 2010, S. 11 ff.):

Multinationale Markterschließung Die multinationale Markterschließung stellt den schwächsten Intensitätsgrad der übernationalen Marktarealstrategie dar. Neben dem Inlandsmarkt werden ein bzw. nach kurzer Zeit auch mehrere, häufig benachbarte ausländische Märkte in das Marketing- und Vertriebskonzept des Unternehmens einbezogen. In die­ ser Hinsicht besitzt die multinationale Strategie den Charakter einer „Teststra­ tegie“, da erste Erfahrungen auf benachbarten Auslandsmärkten gesammelt werden. Charakteristisch für dieses geostrategische Vorgehen ist, dass nur geringe Di­ rektinvestitionen im Ausland getätigt werden. Durch den vergleichsweise risiko­ armen Weg des Exports werden vor allem Überschussmengen aus der eigenen Pro­ duktion im benachbarten Ausland vermarktet. Die Marketingaktivitäten bleiben schwerpunktmäßig auf den Heimatmarkt konzentriert.

Internationale bzw. Weltmarkterschließung Die Heimatland-Orientierung wird im Rahmen dieser Strategie zugunsten einer Gastland-Orientierung aufgegeben. Wesentliche Charakteristika der internationa­ len Strategie sind Direktinvestitionen im Ausland, z. B. der Aufbau von Vertriebs-, Produktions- und/oder Tochtergesellschaften, und die Einbeziehung von Manage­ mentpersonal aus den jeweiligen Gastländern. Im Gegensatz zur multinationalen Markterschließung liegt die Verantwortung für das jeweils angemessene Marke­

4. Marktarealstrategien

175

tingkonzept bei den Auslandsgesellschaften unter Beibehaltung der „Richtlinien­ kompetenz“ des Heimat- oder Stammunternehmens. Eine eindeutige Abgrenzung der internationalen Strategie zur Weltmarktstra­ tegie ist nur mit Hilfe geeigneter Messgrößen möglich, die unternehmens- und marktindividuell definiert werden müssen, z. B. Anzahl der bearbeiteten inter­ nationalen Märkte, internationaler Umsatzanteil des Unternehmens, Anteil aus­ ländischer Direktinvestitionen.

4.2.2 Auswahl von Ländermärkten Die Bewertung und Selektion von Ländermärkten ist vor dem Hintergrund von Chancen und Risiken durchzuführen. Chancen ergeben sich für ein Unternehmen hauptsächlich durch die Bearbeitung attraktiver Märkte. Risiken stellen vor al­ lem Markteintrittsbarrieren dar, bei denen es um die Zugänglichkeit der Länder­ märkte geht. Zur Bewertung der Marktattraktivität und der Markteintrittsbarrie­ ren lassen sich verschiedene Kriterien heranziehen (siehe dazu auch Meffert/Bolz, 1998, S. 141; Homburg/Krohmer, 2012, S. 1080):

Kriterien der Marktattraktivität –– Institutionelle Kriterien: Politische Stabilität, lokale Infrastruktur, Zugang zu Ressourcen (z. B. Lohnkosten). –– Nachfragerbezogene Kriterien: Anzahl der Kunden mit Affinität zu Produkten des Anbieters, Bevölkerungswachstum, Pro-Kopf-Kaufkraft, Marktvolumen, Wachs­ tum des Marktes, regionale Bevölkerungs- und Nachfragekonzentration. –– Wettbewerbsbezogene Kriterien: Wettbewerbsintensität, Wettbewerbsvorteile.

Markteintrittsbarrieren –– Institutionelle Kriterien: Zölle, Importquoten/Kontingentierungen, Einfuhrver­ bote, Mindest-/Höchstpreise, Normen und Standards, staatliche Auflagen z. B. im Hinblick auf den Mindestanteil lokaler Produktionen = Local Content-Klauseln. –– Nachfragerbezogene Kriterien: Nachfrageverhalten (z. B. Bevorzugung von in­ ländischen Leistungsangeboten), Sprache, Loyalität der Kunden gegenüber Wett­ bewerbern, Wechselkosten für Nachfrager, Distributionssysteme. –– Wettbewerbsbezogene Kriterien: Skalenvorteile etablierter Wettbewerber, posi­ tives Image der Wettbewerber im Markt.

176

E. Marketingstrategien

Die im Rahmen der Bewertung von Ländermärkten zu berücksichtigenden Kri­ terien sollten branchenspezifisch festgelegt werden. In einem nächsten Schritt kann zur Selektion und Priorisierung von Ländermärkten als Entscheidungsfin­ dung die Portfoliomethode verwendet werden (zur allgemeinen Darstellung des Portfoliokonzeptes siehe Kapitel E 1.5).

Hoch

• USA • Indien

• Italien

D

A

• Frankreich • Norwegen • Spanien

Niedrig

• Griechenland • Großbritannien • Indonesien C • Portugal

B

• Türkei

Niedrig

Hoch

Abb. 90: Portfoliogestützte Selektion/Priorisierung von Ländermärkten am Beispiel eines Maschinenbauunternehmens (Homburg/Krohmer, 2012, S. 1081)

Durch die Unterteilung der zwei Dimensionen Attraktivität und Zugänglichkeit des Ländermarktes in niedrig und hoch entstehen vier Matrixfelder bzw. eine Ty­ pologie der Ländermärkte. Für jedes Portfoliofeld können Normstrategien für die Marktbearbeitung definiert werden (siehe dazu auch Backhaus/Büschken/Voeth, 2003, S. 124 f.): –– Feld A: Diese Kernmärkte haben höchste Priorität für die Marktbearbeitung, da sie durch eine hohe Attraktivität und eine hohe Zugänglichkeit mit wenigen Markteintrittsbarrieren charakterisiert sind. –– Feld B: Diese Ländermärkte sind von mittlerer Priorität und sollten gelegentlich bearbeitet werden (Gelegenheitsmärkte). Sie haben zwar eine niedrigere Markt­ attraktivität, weisen aber eine hohe Zugänglichkeit auf.

4. Marktarealstrategien

177

–– Feld C: Länder mit Positionierung in diesem Portfoliofeld gehören zu den Abs­ tinenzmärkten. Sie sind unattraktiv und nur schwer zugänglich und sollten da­ her generell nicht bearbeitet werden. –– Feld D: Für diesen Ländermarkttyp (Hoffnungsmärkte)  ist keine pauschale Aussage möglich, sondern eine differenzierte Beurteilung erforderlich. Ein Un­ ternehmen muss sich die Frage stellen, inwieweit es machbar und wirtschaft­ lich sinnvoll ist, durch einen hohen Aufwand die Markteintrittsbarrieren zu überwinden und den attraktiven Ländermarkt zu erschließen. Wird diese Frage für einen Ländermarkt positiv beantwortet, sollte dieser generell bearbeitet werden. Im Rahmen dieser Ländermarkttypologie ist allerdings zu beachten, dass sich die Zuordnung der Ländermärkte im Zeitablauf wandeln kann. 4.2.3 Gestaltung der internationalen Markterschließung 4.2.3.1 Markteintrittsstrategien in ausländische Märkte Nachdem sich ein Unternehmen entschieden hat, auf einem Auslandsmarkt ak­ tiv zu werden, ist eine Entscheidung über die Strategie des Markteintritts zu tref­ fen. Unternehmen haben die Wahl zwischen einer Vielzahl an Alternativen des in­ ternationalen Markteintritts. Hilfreich ist in diesem Zusammenhang zunächst eine Systematik der Gestaltungsoptionen des Markteintritts (siehe dazu Abb. 91; eine differenziertere Systematik möglicher Formen des Auslandsmarkteintritts disku­ tieren Berndt/Altobelli/Sander, 2010, S. 143 ff.). Die Beschreibung der unterschiedlichen Formen des Eintritts in internationale Märkte kann mit Hilfe verschiedener Kriterien erfolgen (siehe dazu Meffert/Bolz, 1998, S. 125; Backhaus/Büschken/Voeth, 2003, S. 134): –– Kapitaleinsatz im Ausland: Beschreibt die Höhe der spezifischen Investitionen in dem entsprechenden Ländermarkt. –– Kontrollmöglichkeiten der Auslandsaktivitäten: Umfasst den Einfluss, den das Unternehmen auf alle Aktivitäten im Auslandsmarkt hat. –– Kooperationsabhängigkeit von anderen Unternehmen: Definiert die Notwendig­ keit der Koordination mit ausländischen Partnern. –– Institutionelle Ansiedelung der Aktivitäten: Befinden sich die personellen und/ oder sachlichen Ressourcen im Heimatland oder im Ausland?

178

E. Marketingstrategien

Kapital- und Managementleistungen im Stammland

Export Lizenzvergabe Franchising Joint Venture Auslandsniederlassung Produktionsbetrieb Tochtergesellschaft

Kapital- und Managementleistungen im Gastland Abb. 91: Markteintrittsalternativen im internationalen Marketing (Meissner, 1987, S. 324)

In Abb. 92 ist eine zusammenfassende Beschreibung wichtiger Markteintritts­ formen dargestellt.

Kapitaleinsatz

Kontrolle

Kooperationsabhängigkeit

Institutionelle Ansiedelung

sehr niedrig

niedrig

niedrig

Inland

Direkter Export

niedrig

gering/mittel

niedrig

Inland

Lizenzierung

gering

gering

mittel

Inland

Franchising

gering/mittel

hoch

mittel

Inland/Ausland

Joint Venture

mittel/hoch

mittel/hoch

hoch

Ausland

Vertriebsniederlas­ sung

mittel/hoch

hoch

gering

Ausland

Produktionsbetrieb

hoch

hoch

gering

Ausland

Tochtergesellschaft

hoch

hoch

gering

Ausland

Markteintritt Indirekter Export

Abb. 92: Bewertung wichtiger Formen des internationalen Markteintritts (in Anlehnung an Meffert/Bolz, 1998, S. 125)

179

4. Marktarealstrategien

Export Als Basisoption des internationalen Markteintritts ist der Export anzusehen, der insbesondere für mittelständische Unternehmen meist die einzige Alternative zu Beginn der Internationalisierung darstellt. Die Kapital- und Managementleis­ tungen werden bei Exportgeschäften zu 100 % im In- oder Stammland erbracht. Allerdings können im Fall des direkten Exports Außendienstmitarbeiter oder Techniker eines Herstellers die Kunden vor Ort besuchen. Voraussetzung für den Export ist ein möglichst freier Güter- und Zahlungsverkehr. Das Exportgeschäft stellt eher eine Lernphase im internationalen Marketing dar und kann in den direkten und indirekten Export unterschieden werden. Als Abgren­ zungskriterium dient das Einschalten bzw. Umgehen des inländischen (Export-) Handels (Zentes/Swoboda/Schramm-Klein, 2010, S. 223) (siehe dazu Abb. 93). Basisarten des Exportgeschäfts

indirekt

Inland

Hersteller

Landesgrenze

Ausland

Exporthandel Abnehmer im Ausland

direkt

Hersteller

Abb. 93: Vergleich indirekter und direkter Export (in Anlehnung an Becker, 2013, S. 316)

Der direkte Export erfolgt in Eigenregie. Der erste Abnehmer des Herstellers befindet sich im Ausland und kann Wiederverkäufer oder auch Endabnehmer sein. Beispielsweise können Industriegüter direkt an die Kunden im Ausland ver­ trieben werden, da es sich häufig um den Verkauf von kundenspezifischen Pro­ dukten handelt. Ansonsten empfiehlt sich der Einsatz z. B. von Handelsvertretern und Vertragshändlersystemen im Ausland, die auch die Ersatzteilversorgung bzw. einen entsprechenden Reparatur- bzw. Wartungsservice anbieten können. In der Regel wird ein ausländischer Generalvertreter eingeschaltet, der als Alleinimpor­ teur oder Provisionsvertreter auf eigene Rechnung oder gegen Provision arbeitet. Im Gegensatz dazu wird beim indirekten Export ein unabhängiges Exportorgan im Inland eingeschaltet. Die Übertragung der Vermarktung von Überschussmen­ gen im Ausland erfolgt an diesen inländischen Exporteur. Der Hersteller nimmt somit bewusst keinen Einfluss auf das Vertriebskonzept im Ausland. Folgende Absatzorgane können beim indirekten Export zwischengeschaltet werden (siehe dazu Berndt/Altobelli/Sander, 2010, S. 145):

180

E. Marketingstrategien

–– Exporteigenhändler: Inländische Exporthändler bzw. Exporthäuser, die sich auf bestimmte Sortimente oder Länder spezialisieren sowie Niederlassungen aus­ ländischer Firmen, z. B. ausländische Warenhäuser oder Importfirmen, welche Einkaufsbüros bzw. Niederlassungen im Inland unterhalten. –– Exportagenten: Handelsvertreter, Handelsmakler und Kommissionäre, die im Inland des Produzenten angesiedelt sind und den Verkauf der Exportgüter in Eigenregie durchführen. Im Gegensatz zu den Exporteigenhändlern handeln sie nicht auf eigene Rechnung, sondern auf fremde Rechnung ihres Auftrag­ gebers. –– Exportkooperationen: Freiwillige Zusammenschlüsse exportierender Unterneh­ men. Die beteiligten Unternehmen bleiben wirtschaftlich und rechtlich selbständig und übertragen einige oder alle Exportfunktionen an ein zentrales Exportorgan, das die Geschäfte im eigenen oder im Namen des jeweiligen Mitgliedsbetriebs abwickelt. Exportgeschäfte besitzen generelle Vorteile für den Hersteller. Sie sind ver­ gleichsweise risikoarm und mit einem relativ geringen organisatorischen Auf­ wand zu betreiben. Beim indirekten Export besteht nahezu kein unternehmeri­ sches Risiko. Der zusätzliche Kapital- und Managementaufwand ist sehr gering. Des Weiteren kann im Rahmen von Exportgeschäften flexibel auf Umweltverän­ derungen reagiert werden. So können sich exportierende Unternehmen relativ ein­ fach und schnell aus dem Auslandsgeschäft zurückziehen. Allerdings haben die Hersteller wenig Einfluss auf die Marktbearbeitung im Ausland, und eine syste­ matische Markterschließung ist nur sehr schwer möglich (siehe dazu u. a. Meffert/­ Burmann/Becker, 2010, S. 179 f.).

Lizenzvergabe Durch die Vergabe einer Lizenz gestattet ein inländischer Lizenzgeber einem ausländischen Lizenznehmer die Nutzung von patentierten Produkten, Produkti­ onsverfahren und gegebenenfalls eingetragenen Warenzeichen gegen Entgelt für ein bestimmtes Gebiet und einen bestimmten Zeitraum (Berndt/Sander, 1997, S.  513). Dadurch hat der Hersteller die Möglichkeit, zusätzliche Erträge aus seinem Know-how zu erwirtschaften, da er in den meisten Fällen eine Pauschal­ gebühr zuzüglich einer umsatzabhängigen Gebühr vom Lizenznehmer erhält. Gegebenenfalls bringt der Lizenzgeber entsprechendes Know-how in Form von Erfahrungen und Kenntnissen als zusätzliche Gegenleistung ein. Die Lizenzver­ gabe ermöglicht dem Hersteller zwar einen ersten Einstieg in den Auslandsmarkt, allerdings hat er dann keinen hinreichenden Einfluss auf das Vermarktungskon­ zept im Ausland. Die Kontrolle der Einhaltung der Lizenzvereinbarungen gestal­ tet sich schwierig und der Hersteller ist von den ausländischen Kunden und Märk­ ten noch weit entfernt (Meffert/Burmann/Becker, 2010, S. 182).

4. Marktarealstrategien

181

Die Lizenzierung wird beispielsweise von Coca Cola als primäre Marktein­ trittsstrategie gewählt, indem Lizenzvereinbarungen mit Abnehmern  – so ge­ nannte Abfüllpartner – weltweit getroffen werden. Diese werden mit dem SirupKonzentrat beliefert, das zur Herstellung des Produktes erforderlich ist (Kotler/ Keller/Bliemel, 2007, S. 1060). Franchising Beim Franchising räumt der Franchisegeber aufgrund langfristiger, individual­ vertraglicher Vereinbarungen rechtlich selbständig bleibenden Franchisenehmern gegen Entgelt das Recht ein und legt die Pflichten auf, explizit bestimmte Sachund/oder Dienstleistungen unter Verwendung von Namen, Warenzeichen, Aus­ stattung und sonstigen Schutzrechten sowie der technischen und gewerblichen Kenntnisse des Franchisegebers und unter Beachtung des von diesem entwickel­ ten Absatz- und Organisationssystems auf eigene Rechnung an Dritte abzusetzen (Ahlert, 1996, S. 216). Der Franchisenehmer nutzt also ein klar umrissenes, ver­ traglich festgeschriebenes Marketing- und Vertriebskonzept. In der Systemgastro­ nomie finden sich unzählige Beispiele für Franchisesysteme. Diese internationale Form der Marktbearbeitung wird nicht nur von McDonald’s oder Burger King be­ nutzt, sondern auch von Unternehmen wie Subway, Pizza Hut oder Hooters. Für weltmarktstrategisch operierende Unternehmen ist das Franchisekonzept besonders geeignet, um weltweit weitgehend standardisierte Konzepte durchzu­ setzen. Durch das von den Franchisenehmern einzubringende Kapital hat dieses Konzept ein hohes Wachstums- und Expansionstempo. Vorteilhaft ist auch der durchgängige Einfluss des Herstellers auf das Vermarktungs- und Vertriebskon­ zept aufgrund der festgelegten vertraglichen Regelungen. Joint Venture ( = Gemeinschaftsunternehmen) Ist der Aufbau eigener Tochtergesellschaften bzw. Produktionsbetriebe auf­ grund der ausländischen Gesetzgebung, administrativer Restriktionen oder unter­ nehmerischer Ressourcenknappheit nicht realisierbar, kommt zunächst die Er­ richtung von Joint Ventures in Betracht. Beispielsweise kann eine ausländische Gesetzgebung eine 100 %ige Kapitalbeteiligung von Ausländern an nationalen Unternehmen nicht zulassen und fordert eine Zusammenarbeit mit einheimischen Partnern. Aus diesem Grund hat die BASF als weltweit größtes Chemieunterneh­ men seit 1986 mehrere Joint Ventures mit ihrem chinesischen Partner Sinopec in China gegründet. Ein Joint Venture ist eine gemeinschaftliche Gründung oder der Erwerb eines rechtlich selbständigen Unternehmens durch zwei oder mehr rechtlich und wirt­ schaftlich selbständige Unternehmen aus verschiedenen Ländern. Dessen Stand­

182

E. Marketingstrategien

ort befindet sich in der Regel im Land eines der Partner (Meffert/Bolz, 1998, S. 128). Das Ziel des Joint Ventures liegt in der Ausführung von Aufgaben im ge­ meinsamen Interesse der Gesellschafterunternehmen. Ein Vertrag über ein Joint Venture beinhaltet u. a. die eingesetzten Ressourcen und Erfahrungen der betei­ ligten Unternehmen, die Höhe der Einlagen sowie die Risiko- und Gewinnvertei­ lung, die Verteilung der Entscheidungsbefugnisse auf die Partnerunternehmen und Zweck und Dauer der Zusammenarbeit. Aus der Zusammenarbeit mit einem ausländischen Unternehmen in einem Joint Venture resultieren einige Vorteile. So können dessen Markt- und Landeskennt­ nisse und auch seine Kontakte zu Behörden, Lieferanten und Kunden genutzt wer­ den. Durch die finanzielle Beteiligung des ausländischen Partners sinkt das eigene Risiko des Markteintritts. Fehlendes Kapital insbesondere bei mittelständischen Unternehmen kann durch den ausländischen Partner ausgeglichen werden. Aller­ dings können sich Interessenkonflikte der Partner bei der gemeinsamen Unterneh­ mens- und Marketingführung ergeben. Die wirtschaftliche Handlungsfreiheit der Beteiligten ist somit eingeschränkt (Berndt/Altobelli/Sander, 2010, S. 152). Vertriebsniederlassung Durch die Gründung von Vertriebsniederlassungen entstehen rechtlich selb­ ständige Wirtschaftseinheiten des Herstellers im Ausland. Dabei wird der Verkauf häufig durch die Lagerhaltung und den technischen Service vor Ort ergänzt. Mit dem Aufbau von Vertriebsgesellschaften ist zwar ein gewisses unternehmerisches Risiko verbunden, da bereits Direktinvestitionen im Auslandsmarkt getätigt wer­ den. Aber es ergeben sich auch einige Vorteile: Durch die Nähe zum Markt erhält der Vertrieb nicht nur wichtige Marktinformationen, sondern auch die Möglich­ keit, eine schnelle und qualifizierte Beratung seiner Kunden aufgrund reduzier­ ter Reisetätigkeiten durchzuführen. Ebenso verbessert sich die Lieferschnellig­ keit und -zuverlässigkeit durch die regionale Bevorratung der Verkaufsprodukte. Produktionsbetrieb Der Aufbau bzw. Aufkauf von Produktionsstätten im Ausland hat zum Teil auch Kostengründe für ein international operierendes Unternehmen. So können kos­ tengünstig herstellende Produktionsbetriebe im Ausland auch den inländischen Markt beliefern und damit nicht nur der konsequenten Erschließung von Auslands­ märkten dienen. Allerdings verlangen in Auslandsmärkten produzierende Abneh­ mer oftmals von ihren Lieferanten, dass sie ebenso eine Produktion vor Ort auf­ bauen. Damit wollen z. B. Automobilhersteller einerseits durch kurze Lieferwege die Versorgungssicherheit mit Teilen und Komponenten sicherstellen. Anderer­ seits kann durch eine dadurch mögliche Just-in-time-Produktion die Kapitalbin­ dung der Vorräte aufgrund geringer Lagerbestände erheblich reduziert werden.

4. Marktarealstrategien

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Tochtergesellschaft Tochtergesellschaften im Ausland nehmen alle unternehmerischen Funk­ tionen vor Ort wahr und ermöglichen eine konsequente Erschließung der Aus­ landsmärkte und Ausschöpfung der vorhandenen Absatzpotentiale durch deren Marktnähe. Die Lieferschnelligkeit und -zuverlässigkeit wird verbessert, länder­ spezifische Produkte können vermehrt produziert werden, eine kompetente Kun­ denbearbeitung erfolgt durch eigene Vertriebsmitarbeiter, und insbesondere in Problemfällen ist der technische Service schnell beim Kunden. Des Weiteren ob­ liegt der Tochtergesellschaft die alleinige Planung, Steuerung und Kontrolle der Auslandsaktivitäten. Beim Aufbau von Tochtergesellschaften sind allerdings hohe Direktinvesti­ tionen im Ausland erforderlich. Durch viele selbständige Tochtergesellschaften in ausländischen Märkten erhöht sich die Komplexität der weltweiten Geschäfts­ tätigkeit mit einem zunehmenden Informations-, Steuerungs- und Kontrollauf­ wand. In den letzten Jahren haben aber auch Akquisitionen im Rahmen des Markteintritts in andere Länder zugenommen, z. B. Markteintritt des spanischen Telekommunikationsdienstleisters Telefonica in Deutschland und Großbritannien durch Übernahme von O2. Im Gegensatz zur Akquisition stellt der Aufbau einer Tochtergesellschaft die zeitintensivere Strategie dar (Meffert/Burmann/Becker, 2010, S. 187 f.). Bei der Auswahl einer geeigneten Markteintrittsstrategie ist ein zweistufiges Vorgehen empfehlenswert. Zunächst sind in einem ersten Schritt Bestimmungs­ faktoren zu definieren, die bestimmte Markteintrittsformen bereits ausschließen können (siehe dazu auch Meffert/Bolz, 1998, S. 139 ff.). Aus unternehmensinterner Sicht sind dabei die folgenden Faktoren relevant: –– Internationalisierungsphilosophie: z. B. wollen Unternehmen nur Marktenga­ gements zulassen, die eine hohe Kontrollierbarkeit der Auslandsaktivitäten ge­ währleisten. Folglich wären Minderheitsbeteiligungen oder 50:50-Joint Ventu­ res ausgeschlossen. –– Geringe Risikoneigung des Managements, geringe Ressourcenausstattung, ge­ ringe Auslandserfahrung: In diesen Fällen scheiden Direktinvestitionen aus. Bei den unternehmensexternen Bestimmungsfaktoren sind insbesondere in rechtlicher Hinsicht die folgenden Kriterien von Bedeutung: –– Beteiligungsvorschriften: Ein Verbot der Unternehmensgründung für Ausländer verhindert Direktinvestitionen zum Erwerb oder Aufbau einer Tochter­gesell­ schaft. –– Local Content-Vorschriften: Zwingen Unternehmen zu einem bestimmten An­ teil an lokaler Wertschöpfung und können somit den Aufbau einer Produktions­ gesellschaft erforderlich machen.

184

E. Marketingstrategien

–– Vorschriften zur Begrenzung des Gewinntransfers aus dem Auslandsmarkt in das Heimatland: Direktinvestitionen werden dadurch oftmals unattraktiv. –– Hohe Einfuhrzölle: Eine Produktion vor Ort zwecks Umgehung der Einfuhr­ zölle ist empfehlenswert. Sollten beispielsweise keine geeigneten Kooperationspartner im Auslandsmarkt verfügbar sein, scheidet das Joint Venture als Markteintrittsform aus. Dieses gilt auch für den Aufbau einer eigenen Tochtergesellschaft, falls kein Personal in aus­ reichender Quantität und Qualität vorhanden sein sollte. Die übriggebliebenen Markteintrittsstrategien lassen sich anschließend in einem zweiten Schritt anhand konkreter Entscheidungskriterien bewerten. Unternehmensbezogene Faktoren Strategie

Kosten­ situation

Produkt­ bezogene Faktoren

Marktbezogene Faktoren Rechtliche Situation

Ökonom. Situation

• Technologie • Produktart • Ex- und Importbe• Phase im • Standorte schränkunPLZ gen • Faktor­ • Neuigkosten • Dumping• zu bearkeitsgrad Bestimbeitende • Produk­ mungen Markt­ • Ausmaß tivität segmente der Pro• Steuern • Skalen- und duktdif• WettbeErfahrungs• Preis­ ferenziewerbsstrakurvenefkontrollen rung tegie fekte • Local• realisierte • VertriebsContentMarkt­ kosten Vorschrifstellung ten • Kapazitäts(Bekanntauslastung heitsgrad, Image etc.)

• Markt­ volumen

• Internationalisierungsstrategie

Wettbew. Situation

Handels­ situation

• Anzahl • Anzahl und Wett- und Macht­ bewerbsposition • Marktstärke der der Absatzstruktur mittler Konkurrenz • Wechsel• Konditiokurse nenstruk• Substitu­ tionsgüter tur • Inflation

Konsumentensituation • Ein­kommen • Preis­ elastizität • Nachfrage­ verhalten • Markt­ transparenz

Abb. 94: Übersicht der Bestimmungsfaktoren der internationalen Markteintrittsstrategie (Berndt/Altobelli/Sander, 2010, S. 169)

Die relevanten Einflussfaktoren können in Bewertungsprofile, Scoring-Modelle und Portfolio-Analysen Eingang finden (siehe dazu Kap. E.1.5.2). Zur endgültigen Auswahl der Markteintrittsform ist entscheidungsunterstützend eine detaillierte Wirtschaftlichkeitsberechnung mit Hilfe der Kapitalwertmethode durchzuführen.

185

4. Marktarealstrategien

4.2.3.2 Timing der internationalen Markteintritte Neben der Entscheidung über die Form des Markteintritts ist eine Entscheidung über das Timing der internationalen Marktauftritte zu treffen, d. h., zu welchem Zeitpunkt sollen die einzelnen ausgewählten Ländermärkte erschlossen werden. Als Markteintrittszeitpunkte für die im Rahmen der Marktauswahl selektierten Ländermärkte können dabei zwei idealtypische Alternativen unterschieden wer­ den (siehe dazu u. a. Zentes/Swoboda/Schramm-Klein, 2010, S. 118): –– Im Fall einer Wasserfallstrategie expandiert ein Unternehmen schrittweise in die neuen Ländermärkte (siehe dazu Abb. 95). –– Bei der Wahl der Sprinklerstrategie erfolgt ein simultaner Eintritt des international expandierenden Unternehmens in die anvisierten Ländermärkte (siehe Abb. 96). Land A

Land B

Land C

Land D

Abb. 95: Wasserfallstrategie

Schlüsselkunden Land A

Land B

Land C

Abb. 96: Sprinklerstrategie

Land D

186

E. Marketingstrategien

Im Rahmen der Wasserfallstrategie beginnt ein Unternehmen mit der Bearbei­ tung aller Kunden auf einem Ländermarkt. Erst nach Erreichen eines hohen Ab­ satzniveaus wird die Bearbeitung auf den nächsten Ländermarkt erweitert. Im Gegensatz dazu erfolgt mit Hilfe der Sprinklerstrategie zunächst die simultane Bearbeitung ausgewählter Kunden auf mehreren Ländermärkten. Nach Erreichen eines hohen Absatzniveaus in einer Kundengruppe werden weitere Kundengrup­ pen in die Marktbearbeitung einbezogen. Mit beiden strategischen Alternativen sind jeweils bestimmte Vor- und Nach­ teile verbunden (siehe dazu Abb. 97). Deren Gewichtung hängt in einer konkreten Entscheidungssituation von unternehmens- und situationsspezifischen Faktoren ab. Situative Faktoren, die die Anwendung der Wasserfallstrategie begünstigen, sind z. B.: –– Erfordernis von Referenzmärkten: Die USA sind beispielsweise oftmals Refe­ renzmarkt für Südamerika. –– Langer Produktlebenszyklus: Erfahrungen auf früh erschlossenen Märkten kön­ nen zur Weiterentwicklung des Produktes genutzt werden. –– Geringe Wettbewerbsintensität auf den Ländermärkten: Dadurch wird ein späte­ rer Markteintritt nicht erschwert. –– Stark auseinander liegende Produktgattungszyklen (Produktreifegrade)  in den verschiedenen Ländern: Bestimmte Ländermärkte sind noch nicht „reif“ für den Verkauf vor allem von technischen Neuerungen. So konnten LTE (Long Term Evolution)-Handys im Jahr 2011 in Deutschland aufgrund der nicht vor­ handenen schnelleren Mobilfunknetze nicht verkauft werden (Wollweber, 2011, S. 12). Sind folgende Faktoren gegeben, dann empfiehlt sich die Sprinklerstrategie (siehe u. a. Berndt/Altobelli/Sander, 2010, S. 162): –– Kurze Produkt- und Technologielebenszyklen: Gibt es nur kurze „Zeitfenster“ zur Realisierung von Umsätzen und Gewinnen, müssen Produkte schnellstmög­ lich in den unterschiedlichsten Ländermärkten verkauft werden. –– Lange Forschungs- und Entwicklungszeiten für Neuprodukte: Eine zeitnahe Amortisation des hohen Forschungs- und Entwicklungsaufwandes lässt sich nur durch den gleichzeitigen Verkauf in mehreren Ländern gewährleisten. –– Setzen von Produktstandards im Markt ist möglich: So werden sich Konsumen­ ten z. B. nur ein Betriebssystem für ihren Computer kaufen.

187

4. Marktarealstrategien

Bewertung

Wasserfallstrategie

Sprinklerstrategie

Vorteile

• Sukzessiver Aufbau finanzieller und personeller Ressourcen unter Nutzung von Lerneffekten • Risikostreuung in zeitlicher Hinsicht • Möglichkeiten der Anpassung des Marketing im Hinblick auf den späteren Eintritt in weitere Ländermärkte • Mögliche Verlängerung des Produktlebenszyklus

• Aufbau von Markteintritts­ barrieren gegen nachziehende Wettbewerber • Risikostreuung in regionaler Hinsicht

Nachteile

• Gefahr der Besetzung von Märkten durch Konkurrenten

• Hoher kurzfristiger Kapital- und Personalbedarf

Abb. 97: Bewertung von Wasserfall- und Sprinklerstrategie (in Anlehnung an Homburg/Krohmer, 2012, S. 1084)

4.2.4 Wahl der länderübergreifenden Standardisierung der Marketingaktivitäten Die Marketingstandardisierung umfasst die Vereinheitlichung von Marketing­ inhalten und Marketingprozessen. Die inhaltliche Standardisierung betrifft da­ bei das Ausmaß der Vereinheitlichung des Marketingmixes und der Marketing­ strategien im länderübergreifenden Einsatz. Die Prozessstandardisierung umfasst demgegenüber die einheitliche Strukturierung und ablauforganisatorische Verein­ heitlichung von Marketingentscheidungen (Meffert/Bolz, 1998, S. 155). Die Frage nach dem Ausmaß der Standardisierung der Marketinginhalte steht im Folgenden im Vordergrund, wobei sich zwei Extremfälle unterscheiden lassen: Einerseits die vollständige Standardisierung der Marketingaktivitäten über alle Landesgrenzen hinweg, z. B. Coca Cola (lediglich mit Variation des Geschmacks) und die voll­ kommene Differenzierung der Marketingaktivitäten in den einzelnen ­Ländern. Bei der Wahl der länderübergreifenden Standardisierung sind u. a. rechtliche Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. So können Verbraucherschutzbestim­ mungen, z. B. unterschiedliche Produktnormen oder Werbeverbote in bestimmten Medien, eine landesspezifische Differenzierung des Marketingmixes erforderlich machen. Ebenfalls überwiegen die Vorteile der länderübergreifenden Differenzie­ rung, je größer die Heterogenität der Marktgegebenheiten und Kundenbedürfnisse ist. Insbesondere bei Nahrungsmitteln, Getränken, Haushalts- und Körperpflege­ produkten ist ein unterschiedliches Kaufverhalten festzustellen. Dagegen sind bei langlebigen Gebrauchsgütern, z. B. Autos oder Luxusgüter, Tendenzen einer län­ derübergreifenden Angleichung des Kaufverhaltens zu erkennen.

188

E. Marketingstrategien

In der unternehmerischen Praxis werden einzelne Komponenten des Marke­ tingmixes hochgradig standardisiert und andere kaum. Z. B. stellt die vollkommene Standardisierung der Produktgestaltung und eine weitgehend landesspezifische Kommunikationspolitik eine Mischstrategie der internationalen Marktbearbeitung dar. Auch die Vertriebspolitik weist aufgrund der heterogenen vertriebsbezogenen Gegebenheiten in den verschiedenen Ländermärkten eine tendenziell höhere län­ derübergreifende Differenzierung auf. Bei der länderübergreifenden Gestaltung des Vertriebssystems ist die Einschaltung unterschiedlicher Vertriebsorgane und Vertriebswege für verschiedene Ländermärkte erforderlich. Hieraus resultiert ein länderübergreifender Multi-Channel-Vertrieb, da Anbieter über die verschiede­ nen Ländermärkte hinweg mehrere verschiedene Vertriebswege gleichzeitig ver­ wenden (siehe dazu Abb. 98). Die Preispolitik dürfte in den verschiedenen Län­ dermärkten ebenfalls entsprechend den jeweiligen Einkommensverhältnissen und der daraus resultierenden Kaufkraft der Konsumenten in differenzierter Form ein­ gesetzt werden.

Anbieter

Exporteur

Exporteur Landesgrenze

Land A

Land B

Land C

Land D

Importeur

Importeur

Verkaufsniederl.

Großhandel

Endkunde

Endkunde

Endkunde

Endkunde

Abb. 98: Länderübergreifende Gestaltung des Vertriebssystems eines Herstellers (in Anlehnung an Homburg/Krohmer, 2012, S. 1099)

4. Marktarealstrategien

189

Literaturempfehlungen Backhaus, Klaus/Büschken, Joachim/Voeth, Markus: Internationales Marketing, 5. Aufl., Stuttgart 2003, S. 124–147; 164–197. Becker, Jochen: Marketingstrategien: systematische Kursbestimmung in schwieri­ gen Märkten, München 2000, S. 148–189. – Das Marketingkonzept. Zielstrebig zum Erfolg, 4.  Aufl., München 2010, S. ­69–81. – Marketing-Konzeption. Grundlagen des ziel-strategischen und operativen Mar­ keting-Managements, 10. Aufl., München 2013, S. 299–313; 324–326; 335–336. Berndt, Ralph/Altobelli, Claudia Fantapié/Sander, Matthias: Internationales Mar­ keting-Management, 4. Aufl., Heidelberg u. a. 2010, S. 7–8; 105–121; 143–187. Homburg, Christian/Krohmer, Harley: Marketingmanagement: Strategie  – In­ strumente  – Umsetzung  – Unternehmensführung, 3.  Aufl., Wiesbaden 2012, S. 1078–1101. Kotler, Philip/Keller, Kevin Lane/Bliemel, Friedhelm: Marketing-Management. Strategien für wertschaffendes Handeln, 12. Aufl., München 2007, S. ­1048–1075. Meffert, Heribert/Bolz, Joachim: Internationales Marketing-Management, 3.  Aufl., Stuttgart 1998, S. 97–105; 124–144; 155–160. Meffert, Heribert/Burmann, Christoph/Becker, Christian: Internationales Mar­ keting-Management. Ein markenorientierter Ansatz, 4.  Aufl., Stuttgart 2010, S. 33–34; 63–72; 174–197; 236–238. Nieschlag, Robert/Dichtl, Erwin/Hörschgen, Hans: Marketing, 19. Aufl., Berlin 2002, S. 214–229. Scharf, Andreas/Schubert, Bernd/Hehn, Patrick: Marketing. Einführung in Theo­ rie und Praxis, 5. Aufl., Stuttgart 2012, S. 226–229. Zentes, Joachim/Swoboda, Bernhard/Schramm-Klein, Hanna: Internationales Marketing, 2. Aufl., München 2010, S. 5–7; 41–64; 217–264; 375–379.

Kontrollfragen 1) Beschreiben Sie die Gründe, warum heute eine Tendenz zur nationalen Markt­ abdeckung besteht! 2) a) Zeichnen Sie das Portfolio zur Selektion von Ländermärkten! Beschriften Sie die Achsen und zeichnen Sie pro Achse die jeweiligen Trennlinien ein!

190

E. Marketingstrategien

b) Für jedes Matrixfeld lässt sich ein bestimmter Ländermarkttyp identifizie­ ren. Benennen und charakterisieren Sie die einzelnen Ländermarkttypen! Erläutern Sie, welche Strategien der Marktbearbeitung sich für die ent­ sprechenden Ländermarkttypen ableiten lassen! 3) Ein deutscher Verlag möchte ein neues Buch zum Preis von 50 € in den Schwei­ zer Markt einführen. Fraglich ist, ob für den Vertrieb des Buches Reisende oder Handelsvertreter eingesetzt werden sollen. Auf eine Stellenanzeige ha­ ben sich Herr Lauf und Frau Kontakt beworben. Herr Lauf will als Reisender tätig werden, wenn ihm ein Fixum von 3.500 € garantiert wird. Zusätzlich ver­ langt er 6 % Provision der von ihm vermittelten Umsätze. Frau Kontakt ver­ zichtet auf ein Fixgehalt und ist mit 10 % Vertreterprovision zufrieden. a) Berechnen Sie, ob sich der Verlag für den Reisenden Herrn Lauf oder für die Handelsvertreterin Frau Kontakt entscheiden wird, wenn beide glei­ chermaßen im Schweizer Markt 1.500 Bücher verkaufen! b) Bewerten Sie den Reisenden und die Handelsvertreterin anhand vier ausge­ wählter qualitativer Kriterien! (Meffert/Burmann/Kirchgeorg, 2009, S. 228) 4) Ein Einzelhandelsunternehmen überlegt, in einen neuen ausländischen Markt einzutreten. Geprüft werden die Alternativen Franchising und der Aufbau eige­ ner Filialen. Bewerten Sie diese beiden Alternativen anhand der Kriterien zur Bewertung der Formen des internationalen Markteintritts! 5) a) Grenzen Sie die Wasserfall- und Sprinklerstrategie voneinander ab! b) Erläutern Sie die jeweiligen Bestimmungsfaktoren der Wasserfall- und Sprinklerstrategie! 6) Diskutieren Sie die jeweiligen Bestimmungsfaktoren der Standardisierung und Differenzierung im Internationalen Marketing!

5. Kombination der Marketingstrategien In den vorangegangenen Kapiteln sind die vier grundlegenden Marketingstra­ tegien eher isoliert betrachtet und diskutiert worden. Damit Unternehmen am Markt langfristig erfolgreich operieren können, ist allerdings eine Kombination von Strategiealternativen aus den vier Strategieebenen erforderlich. Durch ent­ sprechende mehrdimensionale Strategiefestlegungen definieren Unternehmen da­ mit ihr ­Strategieprofil im Markt (Becker, 2013, S. 351 f.). In der folgenden Abbildung wird die Strategiebox mit den strategischen Modu­ len zusammenfassend dargestellt:

5. Kombination der Marketingstrategien

Marktfeldstrategien

Positionierungsstrategien

• Marktdurchdringungsstrategie: bisherige Kunden, Kunden der Konkurrenz, Nichtkunden

• Preis-Mengen-Strategie

• Marktentwicklungsstrategie: räumlich, new uses, new users • Produktentwicklungsstrategie: echte Innovationen, quasi-Innovationen, ­ me-too-Produkte • Diversifikationsstrategien: horizontal, vertikal, lateral

• Präferenzstrategien: Innovationen, hohe Produktqualität, einzigartiges Produktdesign, Programmumfang, umfangreiche Serviceleistungen, ­ spezielles Vertriebssystem, positives Markenimage • Nachhaltigkeitsstrategien; dominant, gleichberechtigt, flankierend

Marktbearbeitungsstrategien

Marktarealstrategien

• Massenmarktstrategie

• Nationale Strategien: lokal, regional, überregional, national

• Marktsegmentierungsstrategie mit totaler Marktabdeckung • Marktsegmentierungsstrategie mit partialer Marktabdeckung

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• Übernationale Strategien: ­ multinational, international

Abb. 99: Strategiebox eines Unternehmens (in Anlehnung an Becker, 2013, S. 352)

Je vollständiger und schlüssiger das Strategieprogramm eines Unternehmens insgesamt ist, desto besser ist die Steuerungsleistung von Marketingstrategien (Becker, 2010, S. 81). Zu betonen ist, dass sich aus jeder der vier grundlegenden Marketingstrategien mehrere Strategieelemente auswählen lassen. Beispielsweise können große, wachstumsorientierte und finanzstarke Unternehmen im Rah­ men der Marktfeldstrategien die Strategien der Marktdurchdringung, Marktent­ wicklung, Produktentwicklung und Diversifikation verfolgen. Dagegen wird für kleine finanzschwache Unternehmen hauptsächlich die Marktdurchdringungs­ strategie relevant sein, evtl. steht auch noch die Marktentwicklungsstrategie zur Dis­position. Strategische Marketingentscheidungen beinhalten sogenannte „Trade-offs“, wo­ runter eine Abwägung oder ein Kompromiss zu verstehen ist. Konkret bedeutet dies, dass bei der Entscheidung sich z. B. auf das Premiumsegment zu konzen­ trieren, der mittlere Markt durch eigene Angebote nicht abgedeckt werden kann. Folglich geht die „Entscheidung für etwas“ häufig einher mit einer „Entscheidung gegen etwas“. „Ewas nicht zu tun“, stellt oftmals den Kern der strategischen Mar­ ketingplanung dar (Kreutzer, 2013, S. 210): „Strategy is making trade-offs in com­ peting. The essence of strategy is choosing what not to do“ (Porter, 1996, S. 70).

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E. Marketingstrategien

Literaturempfehlungen Becker, Jochen: Das Marketingkonzept. Zielstrebig zum Erfolg, 4.  Aufl., Mün­ chen 2010, S. 81–89. – Marketing-Konzeption. Grundlagen des ziel-strategischen und operativen Mar­ keting-Managements, 10. Aufl., München 2013, S. 351–370. Kontrollfragen 1) Entwickeln Sie ein Strategieprofil für folgende Unternehmen: – Fruchtsafthersteller, – Automobilproduzent und – Hersteller von Bekleidungstextilien. 2) Passen bestimmte Strategieelemente im Rahmen der Strategiekombination in­ haltlich nicht zueinander? Diskutieren Sie anhand ausgewählter Beispiele!

F. Marketingcontrolling Die Kombination von Daten des internen Rechnungswesens und externen Marktforschungsinformationen ist die grundlegende Besonderheit des Marketing­ controllings, das Aufgaben der Information, Planung, Koordination und Kontrolle umfasst und sich durch zwei Prinzipien kennzeichnen lässt: –– Das Feed-back-Prinzip (Rückkoppelung) umfasst die laufende und schnelle In­ formation des Marketingmanagements über aufgetretene Soll-Ist-Abweichun­ gen als wichtige Funktion, die aufgrund einer hohen Zahl an Planrevisionen typisch für das Marketing sind. Hier steht die Vergangenheitsorientierung im Mittelpunkt. –– Das Feed-forward-Prinzip beinhaltet eine zukunftsorientierte Steuerungsfunk­ tion durch ein frühzeitiges Antizipieren von Soll-Ist-Abweichungen. Deren Ein­ treten soll verhindert werden, indem Informationen über mögliche Einflüsse, die voraussichtlich zu Planänderungen führen, schnellstmöglich erfasst werden. Dem Marketingcontrolling kommt somit die Funktion eines Frühwarn­systems im Marketingbereich zu, welches ein frühzeitiges Erkennen von Fehlern und Schwächen ermöglicht, bevor größere Schäden entstehen (Buchner, 1981, S. 66; Kiener, 1978, S. 69). Die beiden Ausprägungsformen des Marketingcontrollings sind das strategische und das operative Marketingcontrolling. Das strategische Marketingcontrolling hat dabei verschiedene Funktionen zu erfüllen (siehe dazu Abb. 100). Die system­ gestaltende Funktion umfasst die Entwicklung und Implementierung von EDV-­ gestützten strategischen Marketinginformationssystemen als informative Platt­ form zur Anwendung strategischer Planungs- und Kontrollinstrumente, z. B. SWOT-Analyse, Erfahrungskurvenanalyse, Portfoliomanagement, Lebenszyklus­ analyse, GAP-Analyse. Für die Vielzahl an Informationen, die in und außerhalb des Unternehmens gewonnen werden, ist eine integrierte Datenbasis, ein Data Warehouse erforderlich. Mit Hilfe dieser speziellen Datenbank können von den Marketingentscheidungsträgern unterschiedlichste Daten ausgewertet werden. Da­ bei bieten Marketinginformationssysteme neben Ad-hoc-Abfragen und Standard­ reports auch dynamische, multidimensionale Abfragen an. So kann mit dem Kon­ zept des Online Analytical Processing (OLAP) folgende Abfrage am Beispiel eines Automobilherstellers durchgeführt werden: „Welche Umsätze erzielen welche Fahrzeugsegmente in welchem Land in welchem Zeitraum?“ (Meffert/­Burmann/ Kirchgeorg, 2015, S. 839 ff.). Im Rahmen der systemnutzenden Funktionen sind insbesondere Informations­ versorgungs-, Kontroll- und Koordinationsaufgaben von wesentlicher Bedeutung.

194

F. Marketingcontrolling

Die Informationsversorgungsfunktion beinhaltet die Definition der entscheidungs­ relevanten Informationen, die Steuerung der Informationsbeschaffung, die Inter­ pretation und Bewertung der Informationen für die strategische Marketingplanung sowie die Durchführung von Spezialanalysen, die durch das bestehende Marke­ tinginformationssystem nicht unmittelbar bereitgestellt werden können. In die­ sem Zusammenhang kommt dem Marketingcontrolling eine Frühwarnfunktion zu, die sich auf das frühzeitige Erkennen strategisch bedeutsamer Veränderungen und Diskontinuitäten im marketingrelevanten Unternehmensumfeld bezieht. Bei­ spielsweise geht es um die Erfassung von Sättigungstendenzen auf den relevanten Teilmärkten, um Verhaltensänderungen bei Kunden, Händlern und Wettbewerbern sowie um technologische, ökologische, rechtliche und ökonomische Veränderun­ gen (Meffert, 2000, S. 1135 f.). Strategisches Marketingcontrolling

Systemgestaltende Funktion

Informationsversorgungsfunktion

Systemnutzende Funktion

Kontrollfunktion

Koordinationsfunktion

Abb. 100: Funktionen des strategischen Marketingcontrollings

Die Kontrollfunktion setzt unmittelbar an der Informationsfunktion an. Fehl­ entwicklungen innerhalb der Marketingplanungs- und Realisationsprozesse sol­ len aufgedeckt werden. Wichtige Kontrollgrößen sind strategische Marketingziele und die Prämissen, die den strategischen Marketingplänen unterstellt wurden. Erweisen sich im Rahmen der Prämissenkontrolle die ursprünglich getroffenen Annahmen als überholt, muss das gesamte Marketingsystem einer umfassenden Kontrolle unterzogen werden. Damit soll eine rechtzeitige Anpassung der Ziele, Strategien und organisatorischen Strukturen im Marketing an die veränderten Rahmenbedingungen erfolgen. Beispielsweise hat die flächendeckende Verbrei­ tung der Internettechnologie elementare Auswirkungen auf die Kommunikations-, Vertriebs- und Preisstrategien der Unternehmen. Koordinationsaufgaben beziehen sich auf die formale und inhaltliche Koor­ dination der verschiedenen Teilpläne innerhalb des strategischen Marketings. Die formale Planungskoordination umfasst die organisatorische und prozessuale Abstimmung der Marketingpläne, die Initiierung der Planungsprozesse, die per­ manente Überwachung des Planungsfortschritts, die laufende Absprache der einzelnen Planungsgremien und die Abstimmung mit den operativen Plänen. In­

F. Marketingcontrolling

195

nerhalb der inhaltlichen Planungskoordination erfolgt z. B. die Koordination der Neuproduktplanung. So werden Markteinführungszeitpunkte und -strategien mit der Absatzplanung in den einzelnen Ländermärkten koordiniert (Meffert, 1994, S. 409). Die Hauptaufgabe des operativen Marketingcontrollings besteht in der Kontrolle der Marketingaktivitäten bzw. des Marketingmixes. Im Rahmen einer Ex-postAnalyse stehen das Aufdecken von Abweichungen aufgrund der Gegenüberstel­ lung von Soll-Ist-Daten, die Analyse der Abweichungsursachen sowie die Initiie­ rung von Anpassungsmaßnahmen im Vordergrund (siehe dazu Abb. 101). Folgende Aspekte können beispielsweise im Rahmen der Marketinginstrumente überprüft werden: –– Produktpolitik: Überprüfung der Produktqualität durch Beschwerdeanalysen und Kundenzufriedenheitsbefragungen, –– Preispolitik: Vergleich von Soll-Ist-Preisen, –– Vertriebspolitik: Umsatz/Gewinn pro Absatzweg, –– Kommunikationspolitik: Bekanntheitsgrad einer Marke. Planung • Definition der relevanten Kennzahlen • Festlegung von Sollwerten pro Kennzahl

Kontrolle • Soll-Ist-Vergleich pro Kennzahl • Identifikation negativer Abweichungen

Analyse • Aufdecken der Ursachen der Abweichung

Steuerung • Definition von Maßnahmen zwecks Erreichung der Sollwerte

Abb. 101: Vorgehensweise im Rahmen des operativen Marketingcontrollings

196

F. Marketingcontrolling

Die Auswahl geeigneter Kontrollgrößen leitet sich aus den Marketingzielen ab: –– Quantitative Kontrollgrößen: Umsatz, Marktanteil, Marketingkosten, Deckungs­ beitrag differenziert nach Marktsegmenten, Produkten etc. –– Qualitative Kontrollgrößen: Kundenzufriedenheit bezüglich des gesamten Leis­ tungsangebots. Die Kontrollgrößen bilden die Grundlage für zu bildende Kennzahlen. Kenn­ zahlen sind Verhältniszahlen oder absolute Zahlen, die in konzentrierter Form einen Überblick über die Leistung des gesamten Unternehmens oder einzelner Teilbereiche geben (Staehle, 1969, S. 59). Deren Einsatz erfolgt als Planungsin­ strument und als Effizienzkontrolle. Wesentlicher Grund für die Verwendung von Kennzahlen sind unüberschaubare Datenmengen des Rechnungswesens und der Marktforschung, die zu wenigen zentralen Größen verdichtet werden können. Die ausgewählten Kennzahlen müssen Hinweise für die Erfolgsentwicklung des Mar­ ketingbereichs geben (siehe dazu Abb. 102). Generell lassen sich absolute und relative Kennzahlen unterscheiden. Abso­ lute Kennzahlen können Einzelzahlen, Summen, Differenzen oder Mittelwerte sein, z. B. Umsatz, Deckungsbeitrag (DB), Marketingkosten oder Auftragszahl. Planung • Vertriebskosten/Umsatz × 100 • Sollwert: 5 %

Kontrolle • Istwert: 8 % Vertriebskosten vom Umsatz

Analyse • Umsatzrückgang: Bis zum Ende der Planperiode nicht mehr kompensierbar

Steuerung • Maßnahmen zur Senkung der Vertriebskosten: Reduzierung der Fremdleistungskosten: Verschiebung von Kundenzufriedenheitsbefragungen, Imagestudien, externen Laboraufträgen etc. Abb. 102: Vorgehensweise des Marketingcontrollings anhand eines Beispiels

F. Marketingcontrolling

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Absolute Kennzahlen lassen lediglich interne Vergleiche im Zeitablauf zu. Rela­ tive Kennzahlen berücksichtigen demgegenüber eine Bezugsgröße, DB/Produkt, Marktanteil/Marktsegment, Umsatz Neuprodukte/Gesamtumsatz. Dadurch ist ein unternehmensexternes Benchmarking möglich. Die Institutionalisierung des Marketingcontrollings im Unternehmen lässt sich unterschiedlich organisieren (siehe dazu u. a. Homburg/Krohmer, 2012, S. 1169 f.). Eine Möglichkeit besteht in der Einrichtung spezieller Marketingcontrollerposi­ tionen innerhalb des Marketingbereichs. In großen Unternehmen mit einer kom­ plexen Marketingstruktur ist diese organisatorische Verankerung empfehlenswert. Dadurch wird das Marketingmanagement von Controllingaufgaben entlastet und kann sich voll auf das Tagesgeschäft sowie auf strategische Aufgaben konzentrie­ ren. In kleinen und mittelgroßen Unternehmen kommt es häufig vor, dass für die Erfüllung der Marketingcontrollingaufgaben die Position eines Marketingcontrol­ lers nicht ausgelastet ist. Hier kann die Übertragung von Marketingcontrolling­ aufgaben auf Mitarbeiter der zentralen Controllingabteilung die optimale organi­ satorische Lösung sein.

Literaturempfehlungen Becker, Jochen: Marketing-Konzeption. Grundlagen des ziel-strategischen und operativen Marketing-Managements, 10. Aufl., München 2013, S. 861–892. Benkenstein, Martin/Uhrich, Sebastian: Strategisches Marketing. Ein wettbe­ werbsorientierter Ansatz, 3. Aufl., Stuttgart 2009, S. 215–225. Homburg, Christian/Krohmer, Harley: Marketingmanagement: Strategie  – In­ strumente  – Umsetzung  – Unternehmensführung, 3.  Aufl., Wiesbaden 2012, S. 1168–1197. Kotler, Philip/Keller, Kevin Lane/Bliemel, Friedhelm: Marketing-Management. Strategien für wertschaffendes Handeln, 12. Aufl., München 2007, S. 1181–1224. Meffert, Heribert: Marketing-Management. Analyse  – Strategie  – Implementie­ rung, Wiesbaden 1994, S. 126–138; 339–357. – Marketing. Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung, 9.  Aufl., Wiesbaden 2000, S. 297–308. Meffert, Heribert/Burmann, Christoph/Kirchgeorg, Manfred: Marketing. Grund­ lagen marktorientierter Unternehmensführung, 12.  Aufl., Wiesbaden 2015, S. 811–842. Nieschlag, Robert/Dichtl, Erwin/Hörschgen, Hans: Marketing, 19. Aufl., Berlin 2002, S. 1165–1171. Schaper, Thorsten: Industriekundenmanagement, Stuttgart 2001, S. 103–114.

198

F. Marketingcontrolling

Kontrollfragen 1) Beschreiben Sie die wesentliche Aufgabe des operativen Marketingcontrollings! 2) Definieren Sie den Begriff „Kennzahl“! Erläutern Sie die beiden Ausprägungs­ formen von Kennzahlen und nennen Sie jeweils drei Beispiele aus dem Be­ reich des Marketingcontrollings! 3) Erläutern Sie zwei Vorteile, die aus dem Arbeiten mit Kennzahlen resultieren! 4) Die Holiday Camping AG bietet ein breites Sortiment an Campingartikeln an. Die einzelnen Produkte wurden bis vor zwei Jahren ausschließlich über Spe­ zialgeschäfte und ausgewählte Kaufhäuser vertrieben. Seit zwei Jahren wer­ den  – ergänzend zu den klassischen Vertriebswegen  – alle Produkte auch direkt von der Holiday Camping AG im Internet den Endabnehmern zum Ver­ kauf angeboten. Die Anzahl der im Vertrieb Beschäftigten wurde im Rah­ men dieser Maßnahme auf 30 Personen erhöht. Die Gesamtmitarbeiterzahl (inklusive im Vertrieb Beschäftigte)  blieb dagegen in den letzten zwei Jah­ ren mit 150 Personen konstant. Abb. 103 zeigt einige ausgewählte Daten des Rechnungswesens. Ergänzend zu diesen Daten sei noch der Kapitaleinsatz er­ wähnt, der bezogen auf das Gesamtunternehmen 200 Mio. € und bezogen auf das Lager 50 Mio. € beträgt. Holiday Camping AG

Gesamt in Mio. €

Internetverkauf in Mio. €

Bruttoumsatz

120,0

20,0

Variable Herstellkosten

60,0

10,0

Transportkosten im Vertrieb

6,0

2,0

Verwaltungskosten für Marketing und Vertrieb

2,0

0,4

Ausgaben für Markt­forschung

0,5

0,2

Gewährte Rabatte/Skonti

10,0

0,5

Abb. 103: Ausgewählte Daten des Rechnungswesens der „Holiday Camping AG“

a) Führen Sie als Erfolgsanalyse mit den Ihnen zur Verfügung stehenden Da­ ten eine marketingspezifische Deckungsbeitragsrechnung jeweils für das Gesamtunternehmen und den Internetverkauf durch und interpretieren Sie das Ergebnis! Verwenden Sie zur Berechnung folgenden Ansatz:

F. Marketingcontrolling

199

Brutto-Umsatz − Erlösschmälerungen = Nettoumsatz − variable HK = DB I − umsatzvariable MK = DB II − nicht-umsatzvariable MK

DB = Deckungsbeitrag MK = Marketingkosten MVK = Marketingvertriebskosten HK = Herstellkosten

= DB III − fixe MVK = Nettoerfolg b) Nehmen Sie an, die in a) durchgeführte Rechnung wird auch separat für das Produkt Holiday-Camping-Family, ein von der Holiday Camping AG hergestelltes Vier-Personen-Zelt, durchgeführt. Stellt der entsprechend für die Holiday-Camping-Family berechnete Nettoerfolg eine geeignete Vor­ gabe für den dazugehörigen Produktmanager dar? Begründen Sie! c) Nennen Sie wichtige Marketingkennzahlen, die für die Holiday Camping AG in Frage kommen (Bruhn, 2009a, S. 323 f.)!

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Stichwortverzeichnis ABC-Analyse 67 Absatzvolumen  15, 16 Austrittsbarrieren 65 Benefit Segmentation  37 Beobachtungswert  18, 19 Bluewashing  V, 152 Buying Center  47, 49, 50 Chancen und Risiken  51, 59, 86, 87, 88, 139, 175 Collaborative Consumption  V, 55, 110 Crowdsourcing  V, 5 Dachmarkenkonzept 159 Database-Marketing 31 Delphi-Methode 20 Diskontinuitäten  19, 25, 194 Diversifikation  99, 109, 112, 114, 118, 191 –– Arten der  109 –– horizontal  110, 111, 113 –– lateral  111, 112, 114 –– Realisierungsformen der  113 –– vertikal 111 Economies of Scale  61, 101, 122 Economies of Scope  112, 137 Entscheidungssituationen  5, 186 Erfahrungskurvenkonzept  62, 121 GAP-Analyse  117, 118, 119, 193 Gendermarketing  V, 31 Green Marketing  148 Greenwashing 152 Halal  V, 33 Innovationsarten 108 Internationale bzw. Weltmarkterschließung siehe übernationale Marktarealstrategien

Kaufentscheidungen  28, 29, 46, 47, 49, 141 Käufermarktsituation 2 Kennzahlen 196 –– Absolute  196, 197 –– Relative  127, 196, 197 Kerngeschäfte  72, 112 Konglomerate 112 Kostensenkungspotentiale  61, 62, 89 Kundenanforderungen  79, 80, 81, 94, 123 Kundenbindung  3, 82, 83 Kundenbindungsprogramme  65, 83 Kundennutzen  3, 108, 140, 144, 158 Kundenzufriedenheits-Kundenbindungs-­ Matrix 83 Kundenzufriedenheitsmatrix 79 Kurzfristige Marktprognose  17, 19 –– Methode der exponentiellen Glättung  17, 19 –– Methode der gleitenden Durchschnitte  17, 18 –– Methode des gewogenen gleitenden Durchschnitts 18 Ländermärkte  173, 175, 176, 177, 185, 186, 187, 188, 195 Länderübergreifende Differenzierung  187, 188 Länderübergreifende Standardisierung  187 LOHAS  V, 41, 42, 43 Marketingcontrolling  193, 194, 196 –– Institutionalisierung des  197 –– Operatives 195 –– Strategisches 193 Marketingentscheidungsprozess  6, 7 –– Analyse  6, 9 –– Durchführung  6, 7, 22, 29, 73, 78, 194 –– Kontrolle  6, 7, 193, 194, 195 –– Planung  6, 7, 62, 120, 193 Marketingkonzeption  6, 90, 98

Stichwortverzeichnis Marketingmanagement  1, 193, 197 –– Nachhaltiges 147 –– Operatives 7 –– Strategisches 7 Marketingmix  5, 7, 26, 90, 98, 99, 101, 151, 152, 156, 157, 159, 162, 166, 187, 195 Marketingstrategie  5, 7, 13, 90, 98, 172, 187, 190, 191 Marketingziele  6, 7, 90, 91, 92, 94, 98, 117, 194, 196 Marktanalyse 60 Marktarealstrategien  99, 166, 191 –– lokale  167, 175 –– nationale  163, 166, 167, 170, 171 –– regionale  163, 167, 171, 175 –– übernationale  172, 174 –– überregionale  167, 171 Marktarealstrategische Expansionsmuster  168 –– Inselförmige Gebietsausdehnung  168, 170 –– Konzentrische Gebietsausdehnung  168 –– Selektive Gebietsausdehnung  168, 169 Marktattraktivität  127, 129, 175, 176 Marktattraktivität-Relative Wettbewerbs­ position-Portfolio 127 Marktbearbeitungsstrategien  156, 158, 160, 191 –– Differenzierte 156 –– Undifferenzierte 156 Markteintrittsalternativen 178 –– Auslands-/Vertriebsniederlassung 182 –– Export  166, 173, 178, 179, 180 –– Franchising  178, 181 –– Joint Venture  178, 181 –– Lizenzvergabe  178, 180 –– Produktionsbetrieb  178, 182 –– Tochtergesellschaft  174, 178, 183 –– Vertriebsniederlassung 178 Markteintrittsbarrieren  44, 61, 63, 64, 65, 70, 74, 139, 169, 175, 176, 177, 187 Marktentwicklung  11, 17, 19, 20, 22, 24, 60, 66, 73, 114, 161, 191 Marktfeldstrategien  99, 100, 118 –– Diversifikationsstrategie  109, 114, 191 –– Marktdurchdringungsstrategie  101, 103, 104, 106, 114, 191

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–– Marktentwicklungsstrategie  104, 106, 118, 191 –– Produktentwicklungsstrategie  106, 114, 118, 191 Marktpotential  13, 103 Marktprognosen  19, 25 –– Qualitative  17, 20 –– Quantitative  17, 196 Marktsegment  2, 14, 26, 27, 29, 30, 31, 32, 33, 34, 35, 38, 48, 50, 65, 94, 95, 96, 103, 120, 131, 156, 157, 158, 159, 162, 163, 196, 197 Marktsegmentierung  26, 27, 28, 29, 30, 31, 37, 43, 48, 50 –– Einstufige 29 –– Mehrstufige  29, 49 Marktsegmentierungskriterien  26, 27, 28, 29, 32, 33, 46 –– Anforderungen an  27 –– Organisationsbezogen 48 –– Organisationsmitgliederbezogen  48, 49 –– Organisationsverhaltensbezogen  48, 50 Marktsegmentierungsstrategie  26, 158, 160, 161, 162 Marktstruktur  9, 10, 11 Marktstufen  9, 10, 11 Marktvolumen  14, 15, 163, 175 –– Bearbeitetes 17 –– Zugängliches  14, 16 Marktwachstum-Marktanteil-Portfolio 120, 121, 125 –– Question Marks  120, 123, 128 –– Relativer Marktanteil  122, 123 –– Zielportfolio  123, 124 Massenmarketing  161, 162 –– Differenziert 161 –– Undifferenziert 161 Mehrmarkenkonzept 159 Mobilitätsbarrieren 75 Motive der Internationalisierung  173 –– Chancenorientierte Motive  173 –– Risikoorientierte Motive  173 Multinationale Markterschließung siehe  übernationale Marktarealstrategien Nachhaltigkeit  4, 54, 148, 149, 153 Nachhaltigkeitsmarketing 3 Nachhaltigkeitsstrategien  136, 191

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Stichwortverzeichnis

Nischenmarketing 163 Normstrategien  123, 126, 130, 176 –– Abschöpfungs-Desinvestitionsstrategie  123, 130 –– Selektive Strategie  130 PIMS-Projekt 121 Produktlebenszyklus  126, 173, 186, 187 Prognosewert  18, 19 Psychographische Marktsegmentierung  37 –– Personenbezogene Merkmale  38 –– Produktbezogene Merkmale  37 Räumliche Rückzugsstrategien  171 –– Kontraktion 171 –– Konzentration  112, 172 Relevanter Markt  11, 12, 156 –– Räumlich 12 –– Sachlich 12 –– Zeitlich 12 Sättigungsgrad 16 Seniorenmarketing 52 Sinus-Milieu  39, 40, 41 Social Media Marketing  4, 54 Soziodemographische Marktsegmentierung  30 –– Alter  27, 28, 30, 32, 34, 35, 43 –– Beruf  30, 32, 35 –– Einkommen  30, 32, 34, 35 –– Familienlebenszyklus  34, 35 –– Geschlecht  31, 43 –– Nationale Herkunft  30, 32 –– Soziale Schichtung  34 –– Wohnort 30 Sprinklerstrategie  185, 186, 187 Stärken-Schwächen-Profil  78, 79 Stärken und Schwächen  6, 59, 76, 79, 87, 89 Strategie  4, 5, 54, 59, 72, 74, 75, 76, 90, 91, 98, 112, 114, 117, 118, 120, 127, 131, 137, 139, 148, 153, 161, 163, 166, 191, 194 Strategiehorizont 98 Strategische Geschäftsfelder  120, 124 Strategische Gruppe  74, 75 Szenario-Technik  20, 22

Trend- und Indikatormethoden  19 Umstellungskosten  63, 67, 68, 69, 83 Umwelt  6, 9, 50, 86, 87 –– Demographische 51 –– Ökologische  51, 54 –– Ökonomische  51, 53 –– Politisch-rechtliche  51, 54 –– Soziokulturelle  51, 55 –– Technologische  51, 54 Umweltanalyse  9, 87 Umweltkompetenz  150, 151 Umweltmarken  151, 152 Umweltorientiertes Marketing  4 Umweltzeichen 151 Universal Design  53 Unternehmensanalyse  9, 86, 87, 89 Unternehmensumwelt  50, 86 –– Aufgabenumwelt  50, 51, 59 –– Makroumwelt 51 Verhaltensorientierte Marktsegmentierung  43 –– Markenwahl  43, 44 –– Preisverhalten 46 –– Produktartwahl 43 –– Verbrauchsintensität  43, 45 Verhaltensstile 76 Verkäufermarktsituation 2 Wasserfallstrategie  185, 186, 187 Wertschöpfungskette  54, 137, 143, 148 Wettbewerberanalyse 71 –– Annahmen  73, 76 –– Fähigkeiten  75, 76 –– Gegenwärtige Strategie  74 –– Reaktionsprofil  71, 76 –– Zukünftige Ziele  71 Wettbewerbskräfte  59, 60 –– Abnehmer 67 –– Lieferanten  47, 50, 63, 67, 68, 69, 84 –– Neue Konkurrenten  60, 63 –– Substitutionsprodukte 66 –– Wettbewerber in der Branche  64 Wettbewerbsstrategie  2, 59, 99, 136, 138, 153 –– Innovationsorientierung  108, 138, 139, 154 –– Kostenorientierung  153, 160

Stichwortverzeichnis –– –– –– ––

Markierungsorientierung 146 Programmbreitenorientierung 160 Qualitätsorientierung 140 Umweltorientierung 147

Zielbeziehungen  95, 96 –– Zielharmonie 95

–– Zielkonflikt 96 –– Zielneutralität 96 Zielkonkretisierung  91, 94 –– Segmentbezug  91, 94 –– Zielausmaß  91, 93 –– Zielinhalt  91, 92 –– Zielperiode  91, 93

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