Strafgesetzbuch. Leipziger Kommentar: Band 4 §§ 80-145d 9783110925135, 9783899492873

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Strafgesetzbuch. Leipziger Kommentar: Band 4 §§ 80-145d
 9783110925135, 9783899492873

Table of contents :
BESONDERER TEIL
ERSTER ABSCHNITT. Friedensverrat, Hochverrat und Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates
Erster Titel. Friedensverrat
Zweiter Titel. Hochverrat
Dritter Titel. Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates
Vierter Titel. Gemeinsame Vorschriften
ZWEITER ABSCHNITT. Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit
DRITTER ABSCHNITT. Straftaten gegen ausländische Staaten
VIERTER ABSCHNITT. Straftaten gegen Verfassungsorgane sowie bei Wahlen und Abstimmungen
FÜNFTER ABSCHNITT. Straftaten gegen die Landesverteidigung
SECHSTER ABSCHNITT. Widerstand gegen die Staatsgewalt
SIEBENTER ABSCHNITT Straftaten gegen die öffentliche Ordnung

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Großkommentare der Praxis

w DE

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RECHT

Strafgesetzbuch Leipziger Kommentar

Großkommentar 11., neu bearbeitete Auflage herausgegeben von Burkhard Jähnke Heinrich Wilhelm Laufhütte Walter Odersky

Vierter Band §§ 80 bis 145d

Bearbeiter: §§ 80-92b; 102-108d: Heinrich Wilhelm Laufhütte §§ 93—101a: Ernst Träger §§ 109-109k: Friedrich-Christian Schroeder §§110-122; 125-137; 145: Eckhart von Bubnoff §§ 123, 124; 143: Hans Lilie §§ 138-141; 145a: Ernst-Walter Hanack § 142: Klaus Geppert § 145c: Hartmuth Horstkotte § 145d: Wolfgang Ruß

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RECHT

De Gruyter Recht · Berlin

Erscheinungsdaten der Lieferungen: §§ §§ §§ §§ §§ §§ §§

80-92b (4. Lieferung): 93-101a (29. Lieferung): 102-109k (5. Lieferung): 110-122 (12. Lieferung): 123, 124; 142, 143 (40. Lieferung): 125-141 (20. Lieferung): 144-145d (32. Lieferung):

Oktober 1992 Februar 1999 Februar 1993 April 1994 Dezember 2001 Dezember 1995 März 2000

ISBN 3-89949-287-0

Bibliografische Information Der Deutschen

Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

© Copyright 2005 by De Gruyter Rechtswissenschaften Verlags-GmbH, D-10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Datenkonvertierung/Satz: W E R K S A T Z Schmidt & Schulz G m b H , 06773 Gräfenhainichen Druck: Druckerei H. Heenemann G m b H , 12103 Berlin Bindearbeiten: Lüderitz & Bauer G m b H , 10963 Berlin Printed in Germany

Verzeichnis der Bearbeiter der 11. Auflage Dr. Georg Bauer, Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof, Leipzig (Nachtrag) Dr. Eckhart von BubnofT, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Karlsruhe a.D. Dr. Karlhans Dippel, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Frankfurt a.D. Dr. Klaus Geppert, Universitätsprofessor an der Freien Universität Berlin Duscha Gmel, Richterin am Oberlandesgericht Dresden (Nachtrag) Dr. Günter Gribbohm, Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof a.D., Karlsruhe Joachim Häger, Richter am Bundesgerichtshof, Leipzig Dr. Ernst-Walter Hanack, em. Universitätsprofessor an der Universität Mainz Gerhard Herdegen, Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof a.D., Karlsruhe Dr. Dr. Eric Hilgendorf, Universitätsprofessor an der Universität Würzburg Dr. Dr. h.c. Thomas Hillenkamp, Universitätsprofessor an der Universität Heidelberg Dr. Günter Hirsch, Präsident des Bundesgerichtshofes, Karlsruhe, Richter am Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften a.D., Luxemburg, Honorarprofessor an der Universität des Saarlandes Dr. Dr. h.c. mult. Hans Joachim Hirsch, em. Universitätsprofessor an der Universität zu Köln Dr. Hartmuth Horstkotte, Richter am Bundesgerichtshof a.D., Berlin, Honorarprofessor an der Freien Universität Berlin Dr. Burkhard Jähnke, Vizepräsident des Bundesgerichtshofes i.R., Karlsruhe Dr. Dr. h.c. mult. Hans-Heinrich Jescheck, em. Universitätsprofessor an der Universität Freiburg i. Br. Dr. Peter König, Ministerialrat im Bayerischen Staatsministerium der Justiz, München, Vorsitzender Richter am Landgericht München a.D. Perdita Kröger, Regierungsdirektorin im Bundesministerium der Justiz, Berlin Annette Kuschel, Richterin am Landgericht Leipzig (Nachtrag) Heinrich Wilhelm Laufhütte, Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof a.D., Berlin Dr. Hans Lilie, Universitätsprofessor an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Richter am Landgericht Halle/Saale Dr. Walter Odersky, Präsident des Bundesgerichtshofes i.R., Karlsruhe, Honorarprofessor an der Ludwig-Maximilians-Universität München Dr. Ruth Rissing-van Saan, Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof, Karlsruhe Ellen Roggenbuck, Richterin am Bundesgerichtshof, Karlsruhe (Nachtrag) Dr. Dr. h.c. mult. Claus Roxin, em. Universitätsprofessor an der Ludwig-Maximilians-Universität München Dr. Wolfgang Ruß, Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof a.D., Karlsruhe Dr. Wilhelm Schmidt, Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof, Leipzig Dr. Dr. h.c. Friedrich-Christian Schroeder, Universitätsprofessor an der Universität Regensburg Dr. Bernd Schünemann, Universitätsprofessor an der Ludwig-Maximilians-Universität München Dr. Christoph Sowada, Universitätsprofessor an der Universität Rostock Dr. Günter Spendel, em. Universitätsprofessor an der Universität Würzburg Dr. Joachim Steindorf, Richter am Bundesgerichtshof a.D., Bad Kreuznach (V)

Verzeichnis der Bearbeiter der 11. Auflage Dr. Dr. h.c. mult. Klaus Tiedemann, em. Universitätsprofessor an der Universität Freiburg i. Br. Dr. Klaus Tolksdorf, Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof, Karlsruhe, Honorarprofessor an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster Ernst Träger, Richter am Bundesverfassungsgericht a.D., Karlsruhe Hagen Wolff, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Celle

(VI)

Inhaltsübersicht B E S O N D E R E R TEIL ERSTER ABSCHNITT Friedensverrat, Hochverrat und Gefahrdung des demokratischen Rechtsstaates Erster Titel. Zweiter Titel. Dritter Titel. Vierter Titel.

Friedensverrat Hochverrat Gefahrdung des demokratischen Rechtsstaates Gemeinsame Vorschriften

§§ 80-80a §§ 81 -83a §§84-91 §§ 92-92b

ZWEITER ABSCHNITT Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit Ì 93-101a DRITTER ABSCHNITT Straftaten gegen ausländische Staaten §§ 102-104a VIERTER ABSCHNITT Straftaten gegen Verfassungsorgane sowie bei Wahlen und Abstimmungen §§ 105—108d FÜNFTER ABSCHNITT Straftaten gegen die Landesverteidigung §§ 109-109k SECHSTER A B S C H N I T T Widerstand gegen die Staatsgewalt 110-122 SIEBENTER ABSCHNITT Straftaten gegen die öffentliche Ordnung 123—145d

B E S O N D E R E R TEIL

Vorbemerkung zum Ersten und Zweiten Abschnitt

Schrifttum Allgemein (s. im übrigen bei den einzelnen Abschnitten und Paragraphen): Amelunxen Politische Straftäter (1964); Basten Von der Reform des politischen Strafrechts bis zu den Anti-Terror-Gesetzen (1983); Bemmann/Manoledakis (Hrsg.) Der strafrechtliche Schutz des Staates (1987); Bennhold Absicht bei Verfassungsgefährdung (1966); Bertram Bestrafung von Parteimitgliedern und Parteienprivileg, NJW 1961 1099; Blasius Geschichte der politischen Kriminalität in Deutschland 1800 bis 1980(1983); von Brünneck Politische Justiz gegen Kommunisten in der Bundesrepublik Deutschland 1949—1968 (1978); van Calker Hochverrat und Landesverrat, VDB I (1906); Copie Grundgesetz und politisches Strafrecht neuer Art (1967); Drost Staatsschutz und persönliche Freiheit in dem Strafrecht der Demokratie (1954); Eisenberg/Sander „Politische Delikte" in Wandelbarkeit und Wandel, JZ 1987 111 ; Giide Probleme des politischen Strafrechts (1957); Hamann Grundgesetz und Strafgesetzgebung (1963); Harnischmacher/Heumann Die Staatsschutzdelikte in der Bundesrepublik Deutschland (1984); Heinemann Politische Justiz, RuP 1965 12; Heinemann/Posser Kritische Bemerkungen zum politischen Strafrecht in der Bundesrepublik, NJW 1959 121; Heinitz Staatsschutz und Grundrechte (1953); Hellmer Bemerkungen zum strafrechtlichen Staatsschutz aus der Sicht der Identitätstheorie, H.-Kaufmann-Gedächtnisschr. S. 747; Hennke Der Begriff „verfassungsmäßige Ordnung" im StGB und im GG, GA 1954 140; Kern Der Strafschutz der Verfassung, NJW 1950 405; Kem Der Strafschutz des Staates und seine Problematik (1963); Kirchheimer Politische Justiz (1965); Köhler Hochverrat und Landesverrat, G A 5 1 130, 269; 52 15; Lange Zur Geschichte des strafrechtlichen Staatsschutzes, Verfassungsschutz 1966 119; Lüttger Das Staatsschutzstrafrecht gestern und heute, JR 1969 121 ; Maihofer Staatsschutz im Rechtsstaat, Blätter für deutsche und internationale Politik 1964 123 ; H. Mayer Der strafrechtliche Schutz des Staates, SJZ 1950 247 ; Mischke Hochverrat und Staatsgefährdung in der Rechtsprechung des BGH, Diss. Bonn 1962; Pfeiffer Der strafrechtliche Schutz des Staates, in Bemmann/Manoledakis (Hrsg.) Der strafrechtliche Schutz des Staates (1987) S. 3 ; Rapp Das Parteienprivileg des Grundgesetzes (1970); Ritter Staatsverbrechen und Staatsverfassung, StrafrAbh. 339 (1934); Roggemann Zur Entwicklung des politischen Strafrechts in Deutschland, ROW 1968 50; Ruhrmann Grenzen strafrechtlichen Staatsschutzes, NJW 1957 1897; Sack Politische Delikte, politische Kriminalität, in Kaiser/Kerner/Sack/Schellhoss (Hrsg.) Kleines kriminologisches Wörterbuch 2. Aufl. (1985) S. 324; Schiffers Grundlegung des stafrechtlichen Staatsschutzes in der Bundesrepublik Deutschland 1949—1951, Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 1990 589; Schmitt-Glaeser Mißbrauch und Verwirkung von Grundrechten im politischen Meinungskampf (1968); Schroeder Der Schutz von Staat und Verfassung im Strafrecht (1970); Schroeder Das Strafrecht zum Schutz von Verfassung und Staat, in Bundesministerium des Innern (Hrsg.) Verfassungsschutz und Rechtsstaat (1981) S. 219; Schultz Staatsauffassung und Staatsverbrechen, StrafrAbh. 416 (1940); Wagner Politischer Terrorismus und Strafrecht im Deutschen Kaiserreich von 1871 (1981); von Weber Die Verbrechen gegen den Staat in der Rechtsprechung des Reichsgerichts, RG-Festgabe Bd. V S. 173; von Weber Die Verbrechen gegen den Staat bei Anselm Feuerbach (1935); von Weber Der Schutz des Staates, Referat 38. Dt. Juristentag (1950); Willms Staatsschutz im Geiste der Verfassung, Demokratische Existenz heute 1962 Heft 7; Willms Das Staats(i)

Heinrich Wilhelm Laufhütte

Vor § 80

Friedensverrat, Hochverrat und Gefährdung des Rechtsstaates

schutzkonzept des Grundgesetzes und seine Bewährung (1974); von Winterfeld Zur Rechtsprechung in Staatsschutzsachen, NJW 1959 745. Speziell 1. StRÄndG: Schaflieutle Das Strafrechtsänderungsgesetz, JZ 1951 609; Schmid Das politische Strafrecht, D R Z 1950 337; Schmidt-Leichner Das Strafrechtsänderungsgesetz vom 30. August 1951, NJW 1951 857. Speziell 8. StRÄndG: Krauth/Kurfeß/Wulf Zur Reform des Staatsschutzrechts durch das 8. StRÄndG, JZ 1968 577,609,731 ; Lüttger Das Staatsschutzrecht gestern und heute, JZ 1969 121 ; Müller-Emmert Die Reform des politischen Strafrechts, NJW 1968 2134; Träger/Mayer/ Krauth Das neue Staatsschutzstrafrecht in der Praxis, BGH-Festschrift S. 227; Woesner Das neue Staatsschutzrecht, NJW 1968 2129. Speziell Reformfragen: Ammann Die Problematik des vorverlegten Staatsschutzes, in: Kritik der Strafrechtsreform (1968); Baumann Zur Reform des politischen Strafrechts, JZ 1966 330; Fischer Die Einführung eines zweiten Rechtszuges in Staatsschutz-Strafsachen, NJW 1969 449; Hamann Der „Staatsschutz" im Strafgesetzentwurf und im Grundgesetz, NJW 1962 1845; Hannover Zur Reform des politischen Strafrechts, Blätter f. deutsche und internationale Politik 1966 493 ; Heinemann Reform des politischen Strafrechts, RuP 1965 H. 2; Jescheck Zur Reform des politischen Strafrechts, JZ 1967 6; Maihofer Der vorverlegte Staatsschutz, in: Mißlingt die Strafrechtsreform?, (1969) S. 186; Martin Zur allgemeinen Einführung eines zweiten Rechtszuges in Staatsschutzstrafsachen, N J W 1969 713; Müller-Emmert Die Reform des politischen Strafrechts, NJW 1968 2134; Roggemann Probleme der publizistischen Staatsgefährdung de lege lata und de lege ferenda, JR 1966 243 ; Wittms Zur Reform der Strafvorschriften über den Landesverrat, Der Staat 1963 213; Willms Mehr oder weniger Strafrecht beim Landesverrat, DRiZ 1965 389; Willms Verfassungsrechtliche Konzeption des strafrechtlichen Staatsschutzes als Kernfrage der Reform, JZ 1967 246; Willms Geheimbündelei — Änderung oder Verzicht, NJW 1965 565; Woesner Reform des Staatsschutzstrafrechts, N J W 1967 753. Verfahren und Sonderfragen : Bauer Politischer Streik und Strafrecht, JZ 1953 649 ; Dehler Denkschrift... ü b e r . . . die Schaffung eines zweiten Rechtszuges in Hoch- und Landesverratssachen (1951); Endemann Interlokalrechtliche Probleme im Bereich des Staatsschutzstrafrechts, NJW 1966 2381; Fuhrmann Die Einschränkung des Legalitätsgrundsatzes bei Staatsschutzdelikten, JR 1964 297; Gallandi Staatsschutzdelikte und Pressefreiheit — von der Stärkung des Rechts und der Legitimität von Strafgesetzgebung im politischen Konflikt (1983); Laubenthal Ansätze zur Differenzierung zwischen politischer und allgemeiner Kriminalität, MschrKrim. 1989 326; Lüttger Der Nachweis der Verfassungswidrigkeit einer Partei im Strafverfahren, GA 1958 225; Lüttger Internationale Rechtshilfe in Staatsschutzverfahren?, GA 1960 33; Lüttger Zum Gesetz zur Überwachung strafrechtlicher und anderer Verbringungsverbote, M D R 1961 809; Lüttger Staatsschutzverfahren statistisch gesehen, M D R 1967 165, 257, 349; Lüttger Lokkerung des Verfolgungszwangs bei Staatsschutzdelikten, JZ 1964 569; Lüttger/Kaul Ist die gerichtliche Beschlagnahme künftiger Ausgaben von erfahrungsgemäß staatsgefährdenden periodischen Schriften zulässig?, GA 1961 74; Moschüring Die Zuständigkeit der Oberlandesgerichte in erstinstanzlichen Strafsachen, Celle-Festschr. S. 381 ; Müller-Römer Staatsschutz und Informationsfreiheit, ZRP1968 6; Müller-Wache Opportunitätserwägungen bei der Verfolgung von Straftaten gegen die äußere Sicherheit, Rebmann-Festschr. S. 321; Pabsch Auswirkungen der europäischen Integrationsverträge auf das deutsche Strafrecht, NJW 1959 2002; Schlichter Der Strafantrag, die Strafverfolgungsermächtigung und die Anordnung der Strafverfolgung unter besonderer Berücksichtigung der Staatsschutzdelikte, GA 1966 353 ; Schwenk Konkurrierende Gerichtsbarkeit in Strafsachen nach Natotruppenstatut und Zusatzabkommen, N J W 1965 2242; Streit Staatsschutzbestimmungen und Legalitätsprinzip, NJW 1964 435; Wagner Der Beitrag der Rechtsprechung in Staatsschutzverfahren zu den Problemen des Allgemeinen Teils des StGB, ZStW 80 (1968) 283 ; Wagner Beschlagnahme und Einziehung staatsgefährdender Massenschriften, M D R 1961 93; Wenkebach Die vorbeugende Einziehung verfassungsfeindlicher Schriften, NJW 1962 2094; Willms Der Sachverständige im Landesverratsprozeß, NJW 1963 190; Woesner Rechtsstaatliches Verfahren in Staatsschutzsachen, NJW 1961 533. Fremde Rechte: Brune Hochverrat und Landesverrat in rechtsvergleichender Darstellung, StrafrAbh. 375 (1937); Comtesse Der strafrechtliche Staatsschutz gegen hochverräterische UrnStand: 1. 6. 1992

(2)

Vorbemerkung

Vor § 80

triebe im schweizerischen Bundesrecht (1942); Ewald Geschichte und Struktur des politischen Strafrechts der DDR bis 1968, NJ 1990 420 (Besprechung von Schüller)·, Jescheck Der strafrechtliche Staatsschutz im Ausland, ZStW 74 (1962) 339; Jescheck/Mattes Die strafrechtlichen Staatsschutzbestimmungen des Auslandes, Rechtsvergleichende Untersuchungen zur gesamten Strafrechtswissenschaft, 1968 Heft 10; Knauer Der strafrechtliche Staatsschutz der Schweizerischen Eidgenossenschaft (1948); Lammich Das politische Strafrecht in der DDR und den anderen sozialistischen Ländern, Deutschland-Archiv 1980 843; Loewenstein Der Kommunismus und die amerikanische Verfassung, JZ 1952 2; Lüthi Der verstärkte Staatsschutz, ZBernJV 1951 137; Merli Das Verbot der Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts im EGVG, Juristische Blätter 1986 767 ; Mittermaier Die Regelung des Hochverrats in außerdeutschen Gesetzgebungen, RT-Drucks. IV/46 (1928); Nef Der publizistische Geheimnisverrat und seine Behandlung in demokratischen Ländern, ZV u. ZV 1963 225 ; Sax Zum Verfahren in Staatsschutzsachen im Ausland, JZ 1964 14; Schinnerer Schutz von Volk und Staat im englischen Recht (1935); Schänke Strafrechtlicher Staatsschutz im ausländischen Recht, Züricher Beiträge 1935 Heft 46; Schänke Der strafrechtliche Staatsschutz im ausländischen Recht, NJW 1950 281; Schuller Geschichte und Struktur des politischen Strafrechts der DDR bis 1968 (1980); Schwaighofer Die Strafbestimmungen zum Schutz des Staates, Zeitschrift für Rechtsvergleichung 1988 25; Wieser Die Wortinterpretation im Hochverratstatbestand der DDR, ROW 1987 352. Rechtsprechung und Materialien : Schmidt Aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof in Staatsschutzstrafsachen, MDR 1979 705; 1981 89,972; 1983 1 ; 1984 183; 1985 183; 1986 177; 1987 182; 1988 353; 1990 102; 1991 185; Wagner Hochverrat und Staatsgefährdung, Urteile des Bundesgerichtshofes, Bd. I u. II (1957/1958); Wagner Aus der Rechtsprechung in Staatsschutzverfahren, GA 1960 4, 193,225 ; 1961 1, 129,311 ; 1962 1, 193 ; 1963 225,289, 353 ; 1965 225 ; 1966 65, 289; 196797; 1968 289; Wagner Die Rechtsprechung des BGH in Staatsschutzsachen, DRiZ 1958 67; 1959 173; 1961 168; 1962 347; 1963 216; 1967 182. RT-Drucks. IV/92 Der Hochverrat in der Rspr. des Reichsgerichts und des Staatsgerichtshofes zum Schutze der Republik. RT-Drucks. IV/93 Hochverrat, Landesverrat und Verrat militärischer Geheimnisse im Deutschen Reiche (Statistische Ergebnisse, bearbeitet im Statistischen Reichsamt, 1928). RT-Drucks. IV/110 Der Landesverrat in der Rechtsprechung des Reichsgerichts. BT-Drucks. 1/563 SPD-Entwurf eines Gesetzes gegen die Feinde der Demokratie. BT-Drucks. 1/1307 Regierungsentwurf zum StrafrechtsänderungsG. BT-Drucks. 1/2144 Bericht des Rechtsausschusses zu den beiden vorbezeichneten Anträgen. Votum des Rechtsausschusses des Bundesrats 27. 7. 1951, JZ 51 659. Niederschriften über die Sitzungen der Großen Strafrechtskommission, 10. Bd. (104.— 114. Sitzung) 1959. BT-Drucks. IV/650 Entwurf eines Strafgesetzbuches E 1962 mit Begründung. BT-Drucks. V/102 Antrag der Fraktion der SPD. BT-Drucks. V/898 Entwurf eines Achten StrafrechtsänderungsG. BT-Drucks. V/2860 Schriftlicher Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform über die beiden vorbez. Entwürfe. Protokolle des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform 9. bis 11., 22., 36. bis 40., 51., 52., 58. bis 66., 68. bis 81., 83. bis 87., 93. bis 96., 98. bis 101., 103., 105., 107. und 110. Sitzung. Alternativ-Entwurf eines Strafgesetzbuches, Besonderer Teil, Politisches Strafrecht (AE) 1966. Übersicht Rdn. I. Überblick über die Staatsschutzgesetzgebung seit der Reichsgründung 1. Entwicklung von 1871 bis 1933 2. Entwicklung unter dem Nationalsozialismus 3. Von 1945 bis zum Grundgesetz . . . . 4. Das Staatsschutzrecht der Bundesrepublik Deutschland (3)

4 6 8

Rdn. 5. Das Staatsschutzrecht der früheren DDR II. Wesen und Grenzen des Staatsschutzstrafrechts 1. Schutzgut des Staatsschutzstrafrechts 2. Notwendigkeit des Staatsschutzes . . 3. Einschränkungen des Staatsschutzes . 4. Das Parteienprivileg

Heinrich Wilhelm Laufhütte

19 20 20 21 22 25

I. Abschnitt. Friedensverrat, Hochverrat und Gefährdung des Rechtsstaates Rdn. III. Örtlicher, sachlicher und persönlicher Geltungsbereich des Staatsschutzstrafrechts 1. Inlandstaten 2. Auslandstaten 3. Nato-Staaten und ihre Truppen . . .

32 32 33 34

IV. Recht des Einigungsvertrages 1. Die Rechtslage vor dem Einigungsvertrag 2. Der Einigungsvertrag . . . 3. Speziell Staatsschutzdelikte

Rdn. 35 35 36 39

I. Überblick über die Staatsschutzgesetzgebung seit der Reichsgründung 1

1. Entwicklung von 1871 bis 1933. Die Regelung des Staatsschutzes im RStGB von 1871 knüpfte mit der damals noch in einem Abschnitt des Gesetzes zusammengefaßten, übrigens auch schon im code pénal von 1810 anzutreffenden Unterteilung des Regelungsbereichs in Hoch- und Landesverrat an eine begriffliche Trennung an, die sich schon im preuß. Allgemeinen Landrecht findet und sich dann in den anderen deutschen Territorialrechten durchgesetzt hatte.

Soweit sie beim Hochverrat den Schutz der Fürsten und ihrer Thronfolge zum Gegenstand hatte, wurde sie mit dem Übergang zur republikanischen Staatsform im Jahre 1918 hinfällig; förmlich gestrichen wurden die auf die Monarchie bezogenen Tatbestände jedoch erst durch das nationalsozialistische G zur Änderung von Vorschriften des Strafrechts und des Strafverfahrens vom 24. 4. 1934 (RGBl. I 341). Was in der großen Zeitspanne von der Reichsgründung bis zum Beginn des sog. Dritten Reichs an Neuerungen sonst zustande kam, vollzog sich fast vollständig außerhalb des StGB. Für die Zeit des Kaiserreichs sind insbesondere das im Jahre 1890 auslaufende Sozialistengesetz von 1878 und das aus Anlaß anarchistischer Attentate erlassene Sprengstoffgesetz des Jahres 1884 zu nennen. 2 In der Zeit der Weimarer Republik gab das G zum Schutze der Republik vom 21. 7. 1922 (RGBl. I 585) Antwort auf die rechtsradikalen Umtriebe, welche zur Ermordung republikanischer Staatsmänner geführt hatten. Das auf Zeit erlassene G brachte eine Reihe neuer Straftatbestände, die sich in erster Linie auf organisierte Anschläge gegen Regierungsmitglieder, aber auch auf die organisierte Bekämpfung der republikanischen Staatsform und die Herabwürdigung von Verfassung und Staatssymbolen bezogen 1 . Der zur Aburteilung hochverräterischer Handlungen und der neuen Delikte beim Reichsgericht errichtete Staatsgerichtshof zum Schutze der Republik wurde durch eine Gesetzesnovelle vom 31. 3. 1926 (RGBl. I 190) wieder abgeschafft. Nach Ablauf der einmal verlängerten Geltungsdauer des ersten RepSchutzG wurde am 25. 3.1930 (RGBl. 191) ein bis zum Jahresende befristetes zweites RepSchutzG erlassen. Die VO des Reichspräsidenten zur Erhaltung des inneren Friedens vom 19.12.1932 (RGBl. I 548) übernahm daraus in das StGB den vorher nur auf Zeit eingestellten § 49 b (Mordkomplott), der erst durch das 2. StrRG vom 4. 7. 1969 (BGBL I 717) mit ÄndG vom 30.7. 1973 (BGBl. 1909) mit Wirkung vom 1.1.1975 wieder wegfiel. 3 Auf dem Gebiet des Landesverrats war es schon in der Kaiserzeit zu wichtigen Ergänzungen gekommen. Die im Blick auf die Konfliktsformen der Vergangenheit in einer schwerfälligen Kasuistik formulierten Vorschriften wurden durch das G gegen den Verrat militärischer Geheimnisse vom 3.7.1893 (RGBl. 205) geändert und — oh1

S. dazu Schroeder Der Schutz von Staat und Verfassung im Strafrecht S. 119 ff; Jasper Der Schutz der Republik (1922-1930), Freiburger Studien

Bd. 16 (1963); Haccius Die Gesetze zum Schutze der Republik von 1922 und 1930, Diss. Göttingen 1931.

Stand: 1. 6. 1992

(4)

Vorbemerkung

Vor § 80

ne Einstellung der neuen Tatbestände in das StGB — ergänzt. Das gemeinhin als Spionagegesetz 93 bezeichnete G wurde durch das G gegen den Verrat militärischer Geheimnisse vom 3. 6. 1914 (RGBl. 195) ersetzt. Bei diesen Gesetzen ging es darum, einen vor allem auch für Ausländer gültigen umfassenden, die Vorbereitungsstadien der Ausspähung einbeziehenden Schutz militärischer Geheimnisse bereitzustellen. Das SpionageG 1914 brachte in seinem § 6 als die wichtigste Neuerung einen Tatbestand des Anknüpfens und Unterhaltens landesverräterischer Beziehungen und erweiterte den Anwendungsbereich des G auf bloße Nachrichten, deren Aufnahme in den Tatbestand der Reichstag im Jahre 1893 in Befürchtung einer möglichen Schmälerung der Pressefreiheit verweigert hatte. Der damit auf dem Gebiet des Landesverrats hergestellte Rechtszustand wurde während der Dauer der Weimarer Republik nicht angerührt. 2. Entwicklung unter dem Nationalsozialismus 2 . Das nationalsozialistische Regime 4 übersteigerte den Staatsschutz in der Reichweite der Tatbestände und in der Härte der Strafdrohungen. Die VO des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat vom 28. 2. 1933 (RGBl. I 83) mit der irreführenden Zweckbestimmung der „Abwehr kommunistischer staatsgefährdender Gewaltakte" brachte zugleich mit der praktischen Außerkraftsetzung aller politisch wesentlichen Freiheitsrechte die erste bedeutende Erweiterung des Anwendungsbereichs der Todesstrafe; das G zur Abwehr politischer Gewalttaten vom 4. 4. 1933 (RGBl. I 162), genannt lex van der Lübbe, fügte einer entsprechenden Verschärfung bei Sprengstoffverbrechen und Inbrandsetzen öffentlicher Gebäude die Beseitigung des Grundsatzes der Nichtrückwirkung der Strafgesetze für diese Neuerungen hinzu, während das als „Korruptionsnovelle" bezeichnete Gesetz vom 26. 5. 1933 (RGBl. I 295) die Festungshaft bei politischen Delikten abschaffte. Das G zur Gewährleistung des Rechtsfriedens vom 13. 10. 1933 (RGBl. I 723) erstreckte den sonst nur dem Staatsoberhaupt gewährten besonderen persönlichen Strafschutz auf alle Angehörigen des gegen den „Staatsfeind" aufgebotenen Machtapparats einschließlich der NSDAP und ihrer militärischen Formationen und sah harte Strafen für regimewidrige Tätigkeit und Propaganda aus dem Ausland und im Zusammenwirken mit dem Ausland vor. Das G zur Änderung von Vorschriften des Strafrechts und des Strafverfahrens vom 24. 4. 1934 (RGBl. I 341, amtl. Begründung DJ 1934 595), auch Verratsnovelle genannt, brachte eine völlige Neufassung des Stoffes. Die begriffliche Trennung von Hoch- und Landesverrat wurde durch Behandlung in besonderen Abschnitten akzentuiert. Beim Hochverrat wurde die Drohung mit Gewalt ausdrücklich in den Tatbestand hineingenommen, ferner jegliche Nötigung oder Hinderung eines Regierungsmitglieds in der Ausübung seiner Befugnisse und die fahrlässige Verbreitung hochverräterischer Schriften erfaßt. Beim Landesverrat, wo schon die oben näher bezeichnete „Korruptionsnovelle" 5 zwei neue Tatbestände (§§ 92 a und b) über das Ausspähen von Staatsgeheimnissen und verräterische Beziehungen hinzugefügt hatte, wurden die bisher im StGB, dem SpionageG und der VO des Reichspräsidenten vom 28. 2. 1933 enthaltenen Vorschriften zusammengefaßt und ins StGB eingestellt, zugleich die Begriffe des Staatsgeheimnisses und des Verrats einheitlich definiert. Mit Strafbestimmungen über das 2

(5)

S. dazu speziell Schroeder Der Schutz von Staat und Verfassung im Strafrecht S. 148 ff. Heinrich Wilhelm Laufhütte

Vor § 8 0

I. Abschnitt. Friedensverrat, Hochverrat und Gefährdung des Rechtsstaates

gefälschte und sogar über das frühere Staatsgeheimnis und die als Volksverrat bezeichnete regimefeindliche Auslandspropaganda, mit der Einführung von Fahrlässigkeitstatbeständen und der Erweiterung der Strafbarkeit u. a. durch Einbeziehung von Vorbereitungshandlungen bis zur Pönalisierung mißliebiger Gerichtsberichterstattung wurde das Staatsschutzstrafrecht bis zur Pervertierung übersteigert. Was im Kriege mit den G vom 22. 11. 1942 (RGBl. I 668) und vom 20. 9. 1944 (RGBl. I 225) noch hinzukam, betraf vorwiegend eine weitere Verschärfung der Strafsanktionen. 6

3. Von 1945 bis zum Grundgesetz. Das in dieser Weise von den totalitären Vorstellungen des nationalsozialistischen Regimes umgeprägte und entstellte politische Strafrecht wurde nach Beendigung des zweiten Weltkriegs von den Siegermächten durch das KontrollratsG Nr. 11 vom 30. 1. 1946 (AB1KR S. 55) im ganzen beseitigt. Mit der Einleitung des Prozesses der Wiederherstellung deutscher Souveränität in West und Ost trat das Bedürfnis zur Schaffung neuer Staatsschutznormen hervor.

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In das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23.5.1949 (BGBl. 1) wurde mit Art. 143 als Übergangslösung eine vollständige Strafvorschrift über den Hochverrat aufgenommen, die bis zu ihrer Aufhebung durch Art. 7 des StRÄndG vom 30. 8. 1951 (BGBl. I 739) in Geltung stand, aber nie zur Anwendung kam. Sie lautete in ihren ersten beiden Absätzen: (1) Wer mit Gewalt oder Drohung mit Gewalt die verfassungsmäßige Ordnung des Bundes oder eines Landes ändert, den Bundespräsidenten der ihm nach diesem Grundgesetz zustehenden Befugnisse beraubt oder mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung nötigt oder hindert, sie überhaupt oder in einem bestimmten Sinne auszuüben, oder ein zum Bunde oder zu einem Lande gehöriges Gebiet losreißt, wird mit lebenslangem Zuchthaus oder Zuchthaus nicht unter zehn Jahren bestraft. (2) Wer zu einer Handlung im Sinne des Absatzes 1 öffentlich auffordert oder sie mit einem anderen verabredet oder in anderer Weise vorbereitet, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft. Die strafrechtliche Umsetzung der in Art. 9 Abs. 2,18 und 21 Abs. 2 G G enthaltenen Staatsschutznormen blieb dem Gesetzgeber überlassen.

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4. Das Staatsschutzrecht der Bundesrepublik Deutschland3. Das StRÄndG vom 30. 8.1951 (BGBl. 1739), dem das G zum Schutz der persönlichen Freiheit vom 15. 7. 1951 (BGBl. I 448) mit den neuen §§ 234 a und 241 a StGB vorausging, sollte entsprechend dem Verfassungsauftrag die im StGB entstandenen Lücken füllen. Es ging auf eine Initiative der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion zurück, die schon unter dem 15. 2. 1950 den Entwurf eines mit bemerkenswert harten Strafdrohungen ausgestatteten Gesetzes gegen die Feinde der Demokratie (BTDrucks. 1/563) vorgelegt hatte. Dieser Entwurf kannte bereits einen umfassenden Organisationstatbestand für verfassungsfeindliche Verbindungen und wollte die aus Feindschaft gegen die Demokratie verübte Beschädigung von Einrichtungen der öffentlichen Versorgung, der politischen Presse oder einer politischen Partei unter Zuchthausstrafe gestellt sehen ; den Landesverrat behandelte er nicht. Der Regierungsentwurf vom 4. 9. 1950 (BT-Drucks. 1/1307) holte das nach und verfolgte überhaupt das Ziel einer umfassenden Ergänzung des StGB, in die zugleich auch die Komplexe der Handlungen gegen ausländische Staaten und der Delikte in 3

S. auch die grundsätzliche Kritik von H.-Kaufmann-Gedächtnisschr. S. 747 ff.

Hellmer,

Stand: 1. 6. 1992

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Vorbemerkung

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Beziehung auf die Ausübung staatsbürgerlicher Rechte, schließlich in Ausführung des Auftrags von Art. 26 Abs. 1 S. 2 GG Strafvorschriften über den auch schon im sozialdemokratischen Entwurf behandelten Friedensverrat einbezogen werden sollten. Das unter dem Eindruck der aktuellen Ereignisse in Osteuropa und Korea als be- 9 sonders dringlich erachtete Gesetz brachte dann neben den Abschnitten Hoch- und Landesverrat als eigentliche Neuerung nur den Abschnitt Staatsgefährdung, der als besondere Reaktion auf die Lehren aus der nationalsozialistischen „Machtergreifung" und die kommunistischen Umsturzerfolge in Osteuropa verstanden wurde. Dabei griff man teilweise auf Regelungen des RepSchutzG zurück, verwies aber vor allem auf das Vorbild der Schweiz, die ihr Staatsschutzrecht von 1938 bis 1950 mit gleicher Motivierung erweitert hatte. Die Schaffung eines weitgefaßten, mit einer Generalklausel arbeitenden Auffangtatbestandes nach Art der „Verfassungsstörung" (Art. 275 Schweiz. StGB) unterblieb jedoch glücklicherweise. Die von ihren Gegnern als „Blitzgesetz" charakterisierte Novelle hat — angefangen mit der Stellungnahme des Bundesrats aus Anlaß ihrer Verabschiedung (abgedruckt JZ 1951 659) — viel Kritik erfahren. Vor allem im Bereich der Organisationsdelikte enthielt sie etliche unzulängliche — teils sogar verfassungswidrige (BVerfGE 12 296) — Regelungen, deren Korrektur dann mit dem G zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (VereinsG) vom 5. 8. 1964 (BGBl. I 593) und schließlich dem 8. StRÄndG vom 25.6.1968 (BGBl. I 741) unternommen wurde. Die nachfolgenden Strafrechtsänderungsgesetze bis zum Siebenten ließen das 10 neue Staatsschutzrecht in seiner Grundstruktur unberührt. Das 3. StRÄndG vom 4.8. 1953 (BGBl. I 735) erstreckte den vorher nur für eingeführtes verfassungsfeindliches Propagandamaterial geltenden Tatbestand des § 93 StGB auf in der Bundesrepublik hergestellte Schriften etc. und erneuerte die Vorschriften über den Schutz ausländischer Staaten und die Verbrechen und Vergehen in Beziehung auf die Ausübung staatsbürgerlicher Rechte. Beim 4. StRÄndG vom 11.6.1957 (BGBl. I 597) stand der Schutz der Landesverteidigung einschließlich des Schutzes der Streitkräfte der NatoVertragsstaaten im Vordergrund. Das 6. StRÄndG vom 30. 6. 1960 (BGBl. I 478) fügte mit § 96 a eine Strafvorschrift gegen das Verwenden von Kennzeichen verfassungsfeindlicher, insbesondere ehemaliger nationalsozialistischer Organisationen ein und gestaltete den § 130 zu einer in erster Linie der Bekämpfung des Antisemitismus dienenden Vorschrift. Bei den Reformbestrebungen, die zum VereinsG und schließlich zum 8. StRÄndG 11 führten, standen zunächst die Organisationstatbestände im Vordergrund. Schon die Große Strafrechtskommission hatte, dem aus der Praxis kommenden Anstoß folgend, die Aufgabe der in § 90 a a. F. verwirklichten unmittelbaren Pönalisierung verfassungsfeindlicher Organisationen und die Einschränkung des Anwendungsbereichs der Strafvorschrift für die auf Begehung strafbarer Handlungen ausgehenden Vereinigungen vorgeschlagen. Die Entwürfe eines StGB von 1960 und 1962 waren dem gefolgt. Als das BVerfG dann mit Urteil vom 21. 3. 1961 (BVerfGE 12 296) den § 90 a. F. für nichtig erklärte, soweit er sich auf politische Parteien bezog, war eine umfassende Regelung des öffentlichen Vereinsrechts einschließlich der damit zusammenhängenden Strafvorschriften nicht länger aufzuschieben. Dem trug das VereinsG Rechnung, durch welches die Organisationstatbestände in den §§ 90 a, 90 b neu geregelt wurden. Die Reform des Staatsschutzrechts im übrigen sollte nach einer lange herrschen- 12 den Intention nicht vorweggenommen werden, sondern als Anknüpfungspunkt der (7)

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Gesamtreform nützlich sein. Doch gab hier schließlich die im Zusammenhang mit der „Spiegel"-Affäre aufkommende Auseinandersetzung um das bis dahin nicht im Blickfeld liegende und kaum für reformbedürftig erachtete Landesverratsrecht den Anstoß zu dem Entschluß, die Erneuerung des Staatsschutzrechts doch vorwegzunehmen. Wie schon im Jahre 1951, so wurde auch jetzt die sozialdemokratische Fraktion des Deutschen Bundestages zuerst mit einem Gesetzentwurf vom 8.12.1965 (BTDrucks. V/102) initiativ, dem dann unter dem 5. 9. 1966 der Entwurf eines 8. StRÄndG (BT-Drucks. V/898) als Regierungsentwurf folgte. Die durch umfangreiche Anhörungen interessierter und sachkundiger Personen aus Wissenschaft und Praxis unterstützten Beratungen des Sonderausschusses für Strafrecht wurden am Ende noch entscheidend durch einen von Universitätslehrern des Strafrechts erarbeiteten Alternativentwurf beeinflußt. Das 8. StRÄndG brachte grundlegende Änderungen. Es befolgte durch Einfügung des Titels über den Friedensverrat endlich den Verfassungsauftrag des Art. 26 Abs. 1 S. 2 GG. Die sachlich dem Staatsschutzrecht zugehörige Strafvorschrift über die Geheimbündelei (§ 128) entfiel ersatzlos. Im Titel über den Hochverrat entfiel der noch an monarchistische Vorstellungen anknüpfende Tatbestand des hochverräterischen Anschlags gegen den Bundespräsidenten; der Tatbestand des hochverräterischen Zwanges gegen den Bundespräsidenten wurde sachgerecht in den § 106 übertragen. Mit der Streichung des § 84 über die Verbreitung fahrlässig nicht als solcher erkannter hochverräterischer Publikationen wurde ein Relikt einer überdehnten, ins rein Ideologische greifenden Konzeption der Vorbereitung zum Hochverrat beseitigt. Starken Veränderungen und Einschränkungen wurde der in „Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates" umbenannte Abschnitt über die Staatsgefährdung unterzogen. Die Organisationstatbestände wurden in den §§ 84, 85 nochmals neu gefaßt. Dabei wurde das sog. Verbotsprinzip auch auf die Ersatzorganisationen einer verbotenen Partei oder sonstigen Vereinigung ausgedehnt. Als Folge hiervon ist die getarnte Fortführung einer verbotenen Partei oder sonstigen Organisation strafrechtlich kaum mehr erfaßbar, womit den Mitgliedern der verbotenen Vereinigung die Möglichkeit eröffnet ist, durch Neuformation unter anderem Namen ohne strafrechtliches Risiko das Organisationsverbot zu unterlaufen. Da zudem die Einleitung entsprechender Verbots- oder Feststellungsverfahren weitgehend von politischen Ermessensentscheidungen abhängt, haben die §§ 84, 85 nur geringe praktische Bedeutung erlangt (vgl. AK-StGB/Sownen § 84 Rdn. 10 und § 85 Rdn. 7f). Weitere Einschränkungen ergaben sich durch die Aufhebung der sachlich der Staatsgefährdung zuzurechnenden Vorschrift des § lOOd Abs. 2, die Aufnahme des subjektiven Tatbestandsmerkmals der „verfassungsfeindlichen Absicht" in etliche der neu gefaßten Vorschriften (§§ 87, 88, 89, 90 b) und die Regelung des § 91 über den Anwendungsbereich der §§ 84, 85 und 87. Im Landesverratsrecht vermied man solche tiefen Eingriffe in die Substanz. Hier wurde die Trennung des gezielt dem Gegner dienlichen Verrats von der bloßen Preisgabe von Staatsgeheimnissen durch Publikation und Mitteilung an Unbefugte verwirklicht, der Begriff des Staatsgeheimnisses unter Ausschaltung des diplomatischen Geheimnisses eingeschränkt und vom Tatbestand der landesverräterischen Fälschung gelöst, der umstrittene Beziehungstatbestand des § 100 e durch den Gesamtkomplex der Spionage umgreifende Tätigkeitstatbestände ersetzt. Dem illegalen Staatsgeheimnis wurde eine neue komplizierte und in ihrer Gültigkeit angezweifelte Neuregelung gewidmet. Von den im ehemaligen § lOOd zusammengefaßten Tatbeständen blieb nur die landesverräterische Konspiration mit dem Ziel eines Krieges oder bewaffneten Unternehmens gegen die Bundesrepublik übrig. Stand: 1. 6. 1992

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Vorbemerkung

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Gewährung von Straffreiheit für die meisten der vor dem 1. 7. 1968 begangenen 17 einschlägigen Straftaten im Bereich der Zurückverlegung der Strafbarkeitsgrenze erleichterte den Übergang zur neuen Regelung (G vom 9. 7. 1968 — BGBl. I 773). Zu erwähnen sind schließlich bedeutsame verfahrensrechtliche Änderungen, nämlich die durch Art. 3 Nrn. 4 und 5 des 8. StRÄndG eingeführten weiteren Lockerungen des Verfolgungszwangs (§§ 153 c und 153 d StPO) und die Beseitigung der erst- und letztinstanzlichen Zuständigkeit des BGH zum Zwecke umfassender Einführung eines zweiten Rechtszuges auch im Staatsschutz-Strafrecht durch das G vom 8.9. 1969 (BGBl. 1 1582), dem eine Verfassungsergänzung mit Einfügung des Art. 96 Abs. 5 G G bezüglich der Übertragbarkeit der Ausübung von Gerichtsbarkeit des Bundes durch Gerichte der Länder vorausging (G vom 26. 8. 1969 — BGBl. I 1357). Im Zuge der gesetzgeberischen Bemühungen zur Abwehr des Terrorismus wurde 18 durch das 14. StRÄndG vom 22. 4. 1976 (BGBl. I 1056) mit § 88 a eine Vorschrift gegen die „Verfassungsfeindliche Befürwortung von Straftaten" eingeführt. Dieser von Anfang an umstrittene Tatbestand, der die Strafbarkeit weit in das ideologische Vorfeld staatsgefährdender Taten vorverlegte, wurde bereits durch das 19. StRÄndG vom 7. 8. 1981 (BGBl. I 808) wieder aufgehoben. Die letzte Änderung des Staatsschutzrechts erfolgte durch das 21. StRÄndG vom 13. 6. 1985 (BGBl. I 965), welches § 86 a Abs. 1 dahingehend erweiterte, daß auch das Herstellen, Vorrätighalten und Einführen von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen unter Strafe steht. 5. Das Staatsschutzrecht der früheren DDR wies im Vergleich zur Bundesrepublik 19 die interessante Parallele auf, daß auch hier eine in die Verfassung aufgenommene Strafvorschrift am Anfang stand. Während jedoch der auf den Hochverrat beschränkte Art. 143 GG a. F. in der Bundesrepublik niemals zur Anwendung kam, war die Generalklausel des Art. 6 Abs. 2 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 7. 10. 1949 (GBl. 5) Jahre hindurch das Mittel, dessen sich die Machthaber zur Unterdrückung unerwünschter Regungen mit schärfsten Strafen bedienten. Das unter dem 15. 12. 1950 ergangene G zum Schutze des Friedens (GBl. 1199) brachte in Präambel und Tatbeständen die geforderte Parteilichkeit der Strafjustiz besonders unverblümt zum Ausdruck. Es konzentrierte alle einschlägigen Verfahren beim Obersten Gericht und erstreckte dessen Kompetenz ohne Rücksicht auf den Tatort auf alle deutschen Staatsbürger. Eine Aufgliederung des im übrigen weiter durch Art. 6 der Verfassung erfaßten Komplexes brachte erst das Strafrechtsergänzungsgesetz vom 11. 12. 1957 GBl. 643), das u. a. Tatbestände wie Staatsverrat, Spionage, Verbindung zu verbrecherischen Organisationen und Dienststellen, staatsgefährdende Propaganda und Hetze, Staatsverleumdung, Verleitung zum Verlassen der DDR, Diversion, Schädlingstätigkeit und Sabotage enthielt und in einem besonderen Abschnitt Verbrechen gegen das gesellschaftliche Eigentum unter Strafe stellte. Das G zum Schutze der Staatsbürger- und Menschenrechte der Bürger der DDR zum 13. 10. 1966 (GBl. I 81) fügte speziell auf die Strafverfolgung von „Bürgern der D D R " durch Organe der Bundesrepublik gemünzte Strafvorschriften hinzu. Schließlich haben die einschlägigen Vorschriften des neuen Strafgesetzbuchs vom 12. 1. 1968 (GBl. I 1) das StrafrechtsergänzungsG ersetzt. Im Gegensatz zum Staatsschutzrecht der Bundesrepublik, das Vorkehrungen gegen die kommunistische Infiltration bis auf ein Minimum abbaute, ist hier weder an der parteilichen Konzeption noch an offensivem Geist etwas geändert und über die durch Aufgliederung in Einzeltatbestände eingetretene Differenzierung im wesentlichem nur eine gewisse Abstufung der Strafdrohungen bewirkt worden. Auch in der Folge ist der DDR-Gesetzgeber (bis zur (9)

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Wende) mit dem StRÄndG-DDR vom 19.12.1974 (GBl. 1591) und dem 2. StrÄndGDDR vom 7. 4. 1977 (GBl. I 100), das den Tatbestand der „staatsgefährdenden Hetze" erweiterte, ausschließlich um zusätzliche Perfektionierung der hinter der rechtsstaatlichen Fassade von ausformulierten Einzeltatbeständen fortbestehenden umfassenden Zugriffsmöglichkeiten bemüht gewesen. Ein deutliches Zeichen in diesem Sinne hat das 3. StRÄndG-DDR vom 28. 6. 1979 (GBl. I 139) gesetzt. Es erregte vor allem deshalb Aufsehen, weil es in besonderer Weise gegen eine freie Berichterstattung über Tagesereignisse und gegen Schriftsteller gerichtet war, die in der DDR mundtot gehalten wurden und deshalb anderwärts um die Publikation ihrer Werke bemüht gewesen waren 4 . Der Tatbestand des Hochverrats wurde durch das 4. StRÄndG-DDR vom 30. 12. 1987 (GBl. I 301) nochmals neu gefaßt. Nach der Wende in der DDR im November 1989 ging der DDR-Gesetzgeber dann mit dem 6. StRÄndG-DDR vom 29. 6. 1990 (GBl. I 526) daran, das Staatsschutzrecht nach den Maßstäben eines demokratischen Rechtsstaats neu zu fassen. Diese Neuregelung konnte jedoch kaum mehr praktische Wirkung entfalten, da mit Wirkung vom 3. 10. 1990 durch Art. 8 Einigungsvertrag der Geltungsbereich des bundesdeutschen Staatsschutzrechts auf das Gebiet der nunmehr ehemaligen DDR ausgedehnt wurde. Zum Recht des Einigungsvertrages im einzelnen s. Rdn. 35. II. Wesen und Grenzen des Staatsschutzstrafrechts 20 1. Schutzgut des Staatsschutzstrafrechts ist nicht allgemein die freiheitliche Ordnung, sondern der durch das Grundgesetz konkretisierte demokratische Rechtsstaat, die Bundesrepublik Deutschland (so der Sonderausschuß des Deutschen Bundestages für die Strafrechtsreform, BT-Drucksache V/2860 S. 1). Das StGB kennt dabei folgende Rechtsgüter: den Bestand der Bundesrepublik Deutschland (Freiheit von fremder Botmäßigkeit, staatliche Einheit und Integrität des Staatsgebiets, § 92 Abs. 1), die äußere und innere Sicherheit (Zustand relativer Ungefährdetheit gegenüber fremden Staaten und gegenüber gewaltsamen Aktionen innerstaatlicher Kräfte, § 92 Abs. 3 Nr. 2) sowie den Schutz der Verfassungsgrundsätze, wie sie in § 92 Abs. 2 StGB aufgeführt sind. Zu den Verfassungsgrundsätzen (§ 92 Abs. 2 StGB) gehören : das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen (Nr. 1); die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht (Nr. 2); das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition (Nr. 3) ; die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung (Nr. 4); die Unabhängigkeit der Gerichte (Nr. 5) und der Ausschluß jeder Gewalt- und Willkürherrschaft (Nr. 6). 21

2. Notwendigkeit des Staatsschutzes. Ein Staat muß sich vor Versuchen schützen, ihn gewaltsam zu zerstören oder grundlegend zu verändern. Der sichere Bestand des Staates und die innere Sicherheit, seine Fähigkeit, die Rechtsordnung durchzusetzen, tragen elementar zur physischen und psychischen sozialen Sicherheit seiner Bürger bei. Darüber hinaus erfordert der freiheitlich demokratische Rechtsstaat aber auch Schutz gegen Bestrebungen, diesen Staat ohne Gewalt in seinen tragenden Prinzipien umzuwandeln. Die historische Erfahrung, daß die totalitäre NSDAP durch freie 4

Zur Entwicklung bis 1970 eingehend Schroeder Der Schutz von Staat und Verfassung im Strafrecht S. 272 ff und Schüller, zur späteren Entwick-

lung Fricke Deutschlandarchiv 1977 S. 452 und 1979 S. 787.

Stand: 1. 6. 1992

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Wahlen an die Macht gekommen ist, erklärt das Konzept „streitbarer Demokratie" 5 im Grundgesetz (Art. 18,21,79 Abs. 3), welches dann Eingang in die entsprechenden Strafvorschriften des Titels „Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates" gefunden hat. Besonders das im Grundgesetz vorgesehene Verbot verfassungswidriger Parteien und Vereinigungen macht eine weitgehende Vorbeugung gegen die gewaltlose Machtübernahme totalitärer Regime möglich. Der entsprechende strafrechtliche Schutz der Verfassung findet sich in den §§ 84 bis 86. 3. Einschränkungen des Staatsschutzes. Der beste Staatsschutz ist die Verfassungs- 22 treue der Bürger. Die freiheitlich demokratische Grundordnung lebt davon, daß sie von einer genügend großen Zahl von Bürgern bejaht und getragen wird; verliert sie diesen Rückhalt, läßt sich Demokratie als freiheitliche Demokratie auch mit den in der Verfassung für Notstandsfälle vorgesehenen Maßnahmen weder erhalten noch wiederherstellen 6 . Aber auch der Verfassungsschutz gegen gewaltsame Umstürze mit Mitteln des Strafrechts stößt auf natürliche Grenzen. Es liegt in der Natur der Staatsschutztatbestände, daß sie weitgehend nur die Bestrafung fehlgeschlagener Angriffe ermöglichen können. Staatsschutzdelikte pönalisieren deshalb in erster Linie Vorbereitungs- und Gefährdungshandlungen. Hieraus folgt ein Grundproblem des strafrechtlichen Verfassungsschutzes. Das Grundgesetz selbst zielt auf die Freiheit des Bürgers und ihren Schutz. Die zentrale Staatszielbestimmung, die Abwehr aller undemokratischen, diktatorischen und totalitären Herrschaftsformen ergab sich für die Väter des Grundgesetzes als selbstverständliche Reaktion auf den Terror des nationalsozialistischen Regimes. Die zur Abwehr verfassungsfeindlicher Bestrebungen geschaffenen Gesetze aber schränken die Freiheit des Bürgers ein. Der Bestandsschutz der Demokratie kollidiert mit der Meinungsfreiheit ihres politischen Gegners, der Schutz des Geheimhaltungsinteresses steht gegen die Informationsfreiheit des Bürgers. Der Schutz des Staates führt notwendigerweise zu Einschränkungen der ebenfalls grundgesetzlich geschützten Rechte des einzelnen. Je umfangreicher der strafrechtliche Staatsschutz gestaltet wird, desto geringer wird die Bewegungsfreiheit des Bürgers. Wird der strafrechtliche Schutz der Verfassung zu weit ausgedehnt, führt dies zu einem Strafrecht, das seinerseits der Verfassung widerspricht. Es darf niemandem verwehrt werden, anders zu denken und seine Meinung frei zu äußern, selbst wenn diese Meinung von politischen Kräften vertreten wird, die die freiheitliche Ordnung der Bundesrepublik beseitigen wollen (Art. 5 GG). Außer den mit den materiellen Normen verbundenen Rechtsbeschränkungen 2 3 sind auch die Wirkungen des Verfahrensrechts zu berücksichtigen. Bereits die Einleitung eines Strafverfahrens, etwa verbunden mit einer Wohnungsdurchsuchung, kann einschüchternde Wirkung haben. Hinzu kommt, daß Verfassungsschutz und Spionageabwehr häufig in einem Halbdunkel operieren, ohne daß der Bürger erkennen kann, ob rechtsstaatliche Bindungen eingehalten sind. Auch dies kann dazu führen, daß der Bürger den notwendigen Staatsschutz ablehnt und sogar dem Staat gegenüber eine abwehrende Haltung einnimmt. 5

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Zur „streitbaren" oder „wehrhaften Demokratie" vor allem Denninger/Klein Verfassungstreue und Schutz der Verfassung VVDStRl Nr. 37 1979 mit weiteren Hinw.; vgl. auch Heeb Der präventive Verfassungsschutz, Diss. Tübingen 1962; Spiegel Die Möglichkeit eines effektiven Schutzes der normativen Legitimität in der Demokratie, Diss. Freiburg 1969; Lameyer Streitbare Demokratie 1978

6

(Diss.) und dazu die Rezension von Rumpf Die Verwaltung 1979 521 ; Scheuner Der Verfassungsschutz im Bonner Grundgesetz. E.-KaufmannFestschr. 1950 S. 313; Baumann Streitbare Demokratie?, MDR 1963 87; Willms Das Staatsschutzkonzept des GG und seine Bewährung 1974. Hesse Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland 1988 289.

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Der Gesetzgeber ist daher gefordert, hier die richtige Grenze zu ziehen. Der Schutz des Rechtsstaates kann nicht mit rechtsstaatswidrigen Methoden erreicht werden, weil die Freiheitsrechte der Bürger Teil des Rechtsstaatsgedankens sind. Die gesetzlichen Tatbestände und das Verfahren müssen dem rechtsstaatlichen Prinzip entsprechen. Die freiheitliche Demokratie darf auch bei der Verteidigung ihrer Existenz ihre eigenen Gesetze nicht verleugnen (BGHSt. 11 171, 179), zumal nach einer ihrer Grundanschauungen „nur die ständige geistige Auseinandersetzung zwischen den einander begegnenden sozialen Kräften und Interessen ... der richtige Weg zur Bildung des Staatswillens ist" (BVerfGE 5 85, 135). Diese freie geistige Auseinandersetzung bezieht auch Vorstellungen und Ideologien ein, die der Demokratie feindlich sind. Dementsprechend hatte sich auch der Sonderausschuß des Deutschen Bundestages für die Strafrechtsreform bei dem Entwurf für das 8. StRÄndG von dem Bestreben leiten lassen, die Tatbestände des politischen Strafrechts in Orientierung am Grundgesetz zu präzisieren und das StGB von Bestimmungen zu entlasten, die begrüßenswerte Kontakte zwischen Menschen aus beiden Teilen Deutschlands oder die geistige Auseinandersetzung mit dem Kommunismus behindert hätte (BT-Drucksache V/2860 S. 1). Diese Aussage gilt generalisierend für die geistige Auseinandersetzung mit anderen politischen Meinungen. Darüber hinaus sind die Vorschriften des politischen Strafrechts aber auch ihrerseits im Sinne der Wechselwirkung im Geist der Verfassung auszulegen (BGHSt. 19 311, 317; 23 64, 70 f).

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4. Das Parteienprivileg. Gemäß Art. 21 Abs. 2 S. 1 G G entscheidet über die Frage der Verfassungswidrigkeit einer Partei das BVerfG. Aus dieser auf den ersten Blick nur eine Zuständigkeitsregelung enthaltenden Vorschrift hat das BVerfG gefolgert (BVerfGE 12 296, 304 f ) , daß im Hinblick auf die den politischen Parteien in Art. 21 G G wegen ihrer Sonderstellung im Verfassungsleben eingeräumten Schutz- und Bestandsgarantie die Verfassungswidrigkeit einer Partei bis zu einer entsprechenden Entscheidung des BVerfG von niemandem rechtlich geltend gemacht werden kann. Dem Verbot einer Partei durch das BVerfG kommt konstitutive Wirkung zu. Dieses Parteienprivileg schützt nicht nur die Parteiorganisation als solche, sondern erstreckt sich auch auf die mit allgemein erlaubten Mitteln arbeitende partei offizielle Tätigkeit der Funktionäre, Mitglieder und Anhänger einer Partei. Die Grenzen dieses Privilegs werden durch die allgemeinen Strafgesetze bestimmt, gegen die auch eine für eine Partei vorgenommene Tätigkeit nicht verstoßen darf (BVerfGE 12 296, 305 ff ; 13 46, 52; 13 123, 126; 17 155, 166; 47 130, 139; 47 198, 230). Für die strafrechtliche, insbesondere die staatsschutzstrafrechtliche Bewertung der Tätigkeit von Parteifunktionären, -mitgliedern oder -anhängern ergeben sich aus dem so präzisierten Parteienprivileg folgende Konsequenzen:

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a) Im Bereich der Organisationsdelikte ist es dem Gesetzgeber verwehrt, eine allgemeine, Strafgesetze nicht verletzende Propagierung und Förderung der Ziele einer verfassungswidrigen Partei durch deren Funktionäre, Mitglieder oder Anhänger mit Strafe zu bedrohen, solange die Partei durch das BVerfG noch nicht verboten ist (BVerfGE 12 296, 306 f; 47 130, 139). Dies hat der Gesetzgeber in den §§ 84 bis 86 a nicht durchgängig beachtet. Soweit dort nämlich Tätigkeiten für eine Partei, die als Ersatzorganisation einer verbotenen Partei nach §§ 33 Abs. 3 PartG, 8 Abs. 2 VereinsG lediglich in einem Verwaltungsverfahren verboten wurde, unter Strafe gestellt sind, wurde das Entscheidungsmonopol des BVerfG mißachtet. Die §§ 85 bis 86 a sind daher in diesem Umfang verfassungswidrig (SK-StGB/Rudolphi Rdn. 7 und § 85 Rdn. 4; AK-StGB/Sonnen § 85 Rdn. 14; zweifelnd bereits Willms in der Vorauflage § 85 Rdn. 2; a. A. Dreher/Tröndle § 85 Rdn. 3). Stand: 1. 6. 1992

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Vorbemerkung

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b) Im übrigen darf die Tätigkeit für eine verfassungswidrige Partei nur dann straf- 27 rechtlich geahndet werden, wenn sie gegen allgemeine Strafgesetze verstößt. Darunter sind die Straftatbestände zu verstehen, die kein Sonderrecht gegen die Parteien enthalten, d. h. nicht notwendig oder doch wesensmäßig bei der Förderung auch verfassungsfeindlicher Parteiziele verwirklicht werden, und die insbesondere nicht nur die bloße Verfassungsfeindlichkeit unter Strafe stellen, sondern bei denen andere Unrechtsmerkmale den eigentlichen strafrechtlichen Gehalt ausmachen (BVerfGE 47 130, 139f; 47 198, 230; BGHSt. 19 311, 316; 29 50, 520- Allgemeine Strafgesetze sind danach zunächst alle Strafvorschriften außerhalb des Bereichs der Staatsschutzdelikte, wie etwa die allgemeinen Ehrschutztatbestände der §§ 185 ff (s. BVerfGE 47 130, 135, 142; 69 257, 269), die Vorschriften zum Schutz der körperlichen Unversehrtheit (§§ 223 ff) usw. Innerhalb des Staatsschutzrechts sind allgemeine Strafgesetze diejenigen Tatbe- 28 stände, die in subjektiver Hinsicht keine Verfassungsfeindlichkeit voraussetzen, so beispielsweise die §§ 90 Abs. 1,90 a Abs. 1 und 2 (BVerfGE 47 198, 231 ; 69 257, 269; BGHSt. 19 311, 316 ff; 20 87, 88), oder in denen die Verfassungsfeindlichkeit durch objektive Tatbestandsmerkmale umschrieben ist, wie bei den §§ 81 bis 83 hinsichtlich des Gebietshochverrates (Sch/Schröder/Stree Rdn. 7). Nach nunmehr herrschender Ansicht zählen zu den allgemeinen Strafgesetzen 29 aber auch die Tatbestände, in denen die subjektive verfassungsfeindliche Tendenz des Täters lediglich neben anderen Tatbestandsmerkmalen, die den eigentlichen strafrechtlichen Gehalt der Vorschrift bestimmen, das Unrecht konstituiert. Hierzu gehören die Tatbestände der §§ 81 bis 83 gegen den Verfassungshochverrat (BVerfGE 9 162, 166; BGHSt. 6 336, 344 ff), die §§ 87 (vgl. BGHSt. 29 50, 53 0 , 88, 89 (BVerfGE 47 130, 141 ff) und 90b (BGHSt. 29 50, 52 ff; 29 159, 160; a.A. noch BGHSt. 20 115). Die von SK-StGB/ Rudolphi Rdn. 8 hiergegen erhobenen Bedenken überzeugen nicht. Die von ihm vertretene Ansicht, die genannten Vorschriften dürften bei verfassungskonformer Auslegung auf Funktionäre, Mitglieder und Anhänger einer verfassungswidrigen Partei erst nach deren Verbot durch das BVerfG angewendet werden, dehnt das Parteienprivileg in einem von Art. 21 G G nicht gebotenen Umfang aus und führt zu einer nicht gerechtfertigten Besserstellung parteimäßig organisierter Tätergruppen gegenüber Einzeltätern. Nicht als allgemeine Strafgesetze sind hingegen Tatbestände aufzufassen, in de- 30 nen die subjektive verfassungsfeindliche Tendenz das tatbestandliche Unrecht allein begründet, wesentlich prägt oder als alleiniges Kriterium einer Strafschärfung dient. Daher können die Qualifikationen der §§ 90 Abs. 3 Alt. 2 und 90 a Abs. 3 wegen des Parteienprivilegs nicht auf Taten angewendet werden, die zur Förderung und Propagierung der Ziele einer verfassungswidrigen Partei vor deren Verbot durch das BVerfG begangen wurden (Sch/Schröder/Stree Rdn. 7; SK-StGB/Rudolphi Rdn. 8; AK-StGB/Sonnen § 90a Rdn. 41; a.A. wohl BGHSt. 29 159, 161 entgegen BGHSt. 19 311, 319). c) Reichweite; Verbotsirrtum. Das Parteienprivileg beschränkt sich ausschließlich 31 auf die Parteiarbeit, es ist organisationsbezogen. Es findet daher nur auf solche Tätigkeiten Anwendung, die erkennbar für eine Partei vorgenommen werden. Hieran fehlt es bei einem Tätigwerden für eigenständige, parteiunabhängige oder auch -abhängige Organisationen, auch wenn hierbei im Auftrag der Partei Parteiziele propagiert und gefördert werden (BGHSt. 20 87, 88 f, 111, 114; 27 59, 61 ff), aber auch bei Aktivitäten, die zwar im Parteibereich vorgenommen werden, sich jedoch nicht im (13)

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I. Abschnitt. Friedensverrat, Hochverrat und Gefährdung des Rechtsstaates

Rahmen der Parteiziele bewegen (Sch/Schröder/Stree Rdn. 8; SK-StGB/Rudolphi Rdn. 10). Wer bei einer strafrechtlich relevanten Tätigkeit für eine Partei irrig davon ausgeht, eine Strafbarkeit der Tat sei durch das Parteienprivileg ausgeschlossen, handelt im Verbotsirrtum (BGH StV 1982 218). III. örtlicher, sachlicher und persönlicher Geltungsbereich des Staatsschutzstrafrechts 32

1. Inlandstaten. Gemäß § 1 S. 1 des 6. ÜberleitungsG vom 25. 9. 1990 (BGBl. I 2106) gilt seit dem 3. 10. 1990 (vgl. § 5 Abs. 2 des 6. ÜberleitungsG in Verb, mit der Bekanntmachung über das Inkrafttreten des 6. ÜberleitungsG vom 3. 10. 1990 — BGBl. I 2153) Bundesrecht, das in West-Berlin aufgrund alliierter Vorbehaltsrechte bis dahin nicht oder nicht in vollem Umfang galt, mit hier nicht interessierenden Ausnahmen uneingeschränkt auch in West-Berlin. Damit ist die Ausnahmeregelung des Art. 324 EGStGB, wonach in West-Berlin § 84 überhaupt nicht galt und die §§ 85—87 und 89 in einer modifizierten Form anwendbar waren, zu diesem Zeitpunkt entfallen. Da gleichzeitig gemäß Art. 8 Einigungsvertrag der Geltungsbereich des bundesdeutschen Staatsschutzstrafrechts auch auf das Gebiet der früheren DDR ausgedehnt wurde, gelten seither die §§ 80—101 a für Inlandstaten grundsätzlich uneingeschränkt. Eine Sonderregelung enthält nur noch § 91, der als Ausnahmevorschrift zu § 9 Abs. 1 den Anwendungsbereich der §§ 84, 85 und 87 für aus dem Ausland heraus begangene Distanzdelikte einschränkt. Zu beachten ist jedoch die immanente Beschränkung einzelner Tatbestände auf den räumlichen Geltungsbereich des StGB (s. §§ 84-87).

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2. Auslandstaten. Auf der Grundlage des Schutzprinzips gelten gemäß § 5 Nr. 1—3 a und 4 die §§ 80, 81—83, 90, 90a Abs. 2 und 9 4 - 1 0 0 a unabhängig vom Recht des Tatortes und der Staatsangehörigkeit des Täters auch für Auslandstaten. Die §§ 89, 90 a Abs. 1 und 90 b sind auf Auslandstaten dann anwendbar, wenn der Täter Deutscher ist und seine Lebensgrundlage im räumlichen Geltungsbereich des StGB hat (§ 5 Nr. 3 b). 34 3. Nato-Staaten und ihre Truppen. Die nichtdeutschen Vertragsstaaten des Nordatlantikpaktes sowie ihre in der Bundesrepublik stationierten Truppen sind durch Art. 7 des 4. StRÄndG in bestimmtem Umfang in den Schutzbereich des deutschen Strafrechts einbezogen. Diese zuletzt durch Art. 3 des G zur Bekämpfung des Terrorismus vom 19.12.1986 (BGBl. 12566) geänderte und nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik novellierungsbedürftige Vorschrift hat folgenden Wortlaut: Artikel 7 Anwendung von Strafvorschriften zum Schutz der Vertragsstaaten des Nordatlantikpaktes (1) Zum Schutz der nichtdeutschen Vertragsstaaten des Nordatlantikpaktes, ihrer in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen und der im Land Berlin anwesenden Truppen einer der Drei Mächte gelten die §§ 93 bis 97 und 98 bis 100 in Verbindung mit den §§ 101 und 101 a des Strafgesetzbuches mit folgender Maßgabe: 1. Den Staatsgeheimnissen im Sinne des § 93 des Strafgesetzbuches entsprechen militärische Geheimnisse der Vertragsstaaten. Militärische Geheimnisse im Sinne dieser Vorschrift sind Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, welche die Verteidigung betreffen und von einer im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes oder im Land Berlin befindlichen Dienststelle eines Vertragsstaates mit Rücksicht auf dessen Sicherheit, die Sicherheit seiner in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen oder die Sicherheit der im Land Berlin anwesenden Truppen einer der Drei Mächte geheimgehalten werden. Ausgenommen sind Gegenstände, über deren GeStand: 1. 6. 1992

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Vorbemerkung

Vor § 80

heimhaltung zu bestimmen Angelegenheit der Bundesrepublik Deutschland ist, sowie Nachrichten darüber. 2. In den Fällen des § 94 Abs. 1 Nr. 2 des Strafgesetzbuches tritt an die Stelle der Absicht, die Bundesrepublik Deutschland zu benachteiligen, die Absicht, den betroffenen Vertragsstaat, seine in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen oder die im Land Berlin anwesenden Truppen einer der Drei Mächte zu benachteiligen. 3. In den Fällen der §§ 94 bis 97 des Strafgesetzbuches tritt an die Stelle der Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland die Gefahr eines schweren Nachteils für die Sicherheit des betroffenen Vertragsstaates, seiner in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen oder der im Lande Berlin anwesenden Truppen einer der Drei Mächte. 4. In den Fällen des § 99 des Strafgesetzbuches tritt an die Stelle der gegen die Bundesrepublik Deutschland ausgeübten geheimdienstlichen Tätigkeit eine gegen den betroffenen Vertragsstaat, seine in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen oder die im Land Berlin anwesenden Truppen einer der Drei Mächte ausgeübte geheimdienstliche Tätigkeit. 5. In den Fällen des § 100 des Strafgesetzbuches tritt an die Stelle der Bundesrepublik Deutschland der betroffene Vertragsstaat. 6. In den Fällen der §§ 94 bis 97 des Strafgesetzbuches ist die Strafverfolgung nur zulässig, wenn die oberste militärische Dienststelle der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen des betroffenen Vertragsstaates oder der im Land Berlin anwesenden Truppen der betroffenen Macht oder der Leiter ihrer diplomatischen Vertretung erklärt, daß die Wahrung des Geheimnisses für die Sicherheit des Vertragsstaates, seiner in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen oder der im Land Berlin anwesenden Truppen der betroffenen Macht zur Zeit der Tat erforderlich war. 7. An die Stelle der Ermächtigung der Bundesregierung nach § 97 Abs. 3 des Strafgesetzbuches tritt das Strafverlangen der obersten militärischen Dienststelle der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen des betroffenen Vertragsstaates oder der im Land Berlin anwesenden Truppen der betroffenen Macht oder des Leiters ihrer diplomatischen Vertretung. (2) Zum Schutz der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen der nichtdeutschen Vertragsstaaten des Nordatlantikpaktes, die sich zur Zeit der Tat im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes aufhalten, und der im Land Berlin anwesenden Truppen einer der Drei Mächte sind folgende Vorschriften des Strafgesetzbuches mit den in den Nummern 1 bis 10 bestimmten Besonderheiten anzuwenden: 1. § 87 in Verbindung mit den §§ 92 a, 92 b auf Taten, durch die sich der Täter wissentlich für Bestrebungen einsetzt, die gegen die Sicherheit des betroffenen Vertragsstaates oder die Sicherheit dieser Truppen gerichtet sind ; 2. § 89 in Verbindung mit den §§ 92 a, 92 b auf Taten, die der Täter in der Absicht begeht, die pflichtmäßige Bereitschaft von Soldaten, Beamten oder Bediensteten dieser Truppen zum Dienst für die Verteidigung zu untergraben, und durch die er sich absichtlich für Bestrebungen einsetzt, die gegen die Sicherheit des betroffenen Vertragsstaates oder die Sicherheit dieser Truppen gerichtet sind ; 3. § 90 a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 in Verbindung mit den §§ 92 a, 92 b auf Taten gegen die nationalen Symbole dieser Truppen ; 4. die §§ 109 bis 109 g in Verbindung mit den §§ 109 i, 109 k auf Taten gegen diese Truppen, deren Soldaten, Wehrmittel, Einrichtungen, Anlagen oder militärische Vorgänge mit der Maßgabe, daß an die Stelle der Bundesrepublik Deutschland der betroffene Vertragsstaat, an die Stelle der Bundeswehr diese Truppen und an die Stelle der Landesverteidigung die Verteidigung der Vertragsstaaten treten ; 5. die §§ 113, 114 Abs. 2, §§ 125 und 125 a auf Straftaten gegen Soldaten oder Beamte dieser Truppen; 6. § 120 auf Taten gegen den Gewahrsam an Gefangenen dieser Truppen oder an Personen, die auf ihre Anordnung in einer Anstalt untergebracht sind ; 7. die §§ 123 und 124 auf Taten gegen den Hausfrieden von Räumen, die zum öffentlichen Dienst oder Verkehr dieser Truppen bestimmt sind ; (15)

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I. Abschnitt. Friedensverrat, Hochverrat und Gefährdung des Rechtsstaates 8. § 132 auf die Anmaßung dienstlicher Befugnisse von Soldaten oder Beamten dieser Truppen ; 9. § 194 Abs. 3 auf Beleidigungen gegen eine Dienststelle, einen Soldaten oder einen Beamten dieser Truppen; 9a. § 305 a auf Straftaten der Zerstörung von Kraftfahrzeugen dieser Truppen ; 10. § 333 Abs. 1,3, § 334 Abs. 1 , 3 auf die Vorteilsgewährung an und die Bestechung von Soldaten, Beamten dieser Truppen oder solche, die auf Grund einer allgemeinen oder besonderen Anweisung einer Höheren Dienststelle der Truppen zur gewissenhaften Erfüllung ihrer Obliegenheiten förmlich verpflichtet worden sind. (3) Zum Schutz der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen der nichtdeutschen Vertragsstaaten des Nordatlantikpaktes, die sich zur Zeit der Tat im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes aufhalten, und der im Land Berlin anwesenden Truppen einer der Drei Mächte sind ferner die §§ 16, 19 des Wehrstrafgesetzes und, in Verbindung mit diesen Vorschriften, § 111 des Strafgesetzbuches auf Taten gegen diese Truppen mit folgenden Besonderheiten anzuwenden: 1. In den §§ 16,19 des Wehrstrafgesetzes treten an die Stelle der Bundesrepublik Deutschland der betroffene Vertragsstaat und an die Stelle der Bundeswehr und ihrer Soldaten diese Truppen und deren Soldaten; 2. strafbar ist nur, wer einen Soldaten dieser Truppen zu einer vorsätzlichen rechtswidrigen Tat nach § 16 oder § 19 des Wehrstrafgesetzes bestimmt oder zu bestimmen versucht oder ihm dazu Hilfe leistet oder wer nach § 111 des Strafgesetzbuchs zu einer solchen Tat auffordert. (4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nur für Straftaten, die im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes begangen werden.

Besonders zu beachten ist die Einschränkung des Geltungsbereichs der Vorschrift in Absatz 4 (vgl. BGHSt. 38 75 = JR 1992 204 mit Anm. Schroeder). Zur Anwendbarkeit des Opportunitätsprinzips — Möglichkeit des Absehens von der Strafverfolgung nach §§ 153 c und 153 d StPO — in Fällen des Art. 7 des 4. StRÄndG in der Fassung des 8. StRÄndG s. Art. 9 des 4. StRÄndG in der Fassung des 8. StRÄndG in Verbindung mit Art. 147 Nr. 4 EGStGB.

IV. Recht des Einigungsvertrages Schrifttum Albrecht/Kadelbach Zur strafrechtlichen Verfolgung von DDR-Außenspionage, NJ 1992 137; Arndt Das Grundgesetz und die Strafverfolgung von Angehörigen der Hauptverwaltung Aufklärung, NJW 1991 2466; Griebe/Welzel Einigungsvertrag und materielles Strafrecht, Kriminalistik 1991 271; Grünwald Die strafrechtliche Bewertung in der D D R begangener Handlungen, StV 1991 31 ; Ignor/Müller Spionage und Recht, StV 1991 573 ; Küpper/Wilms Die Verfolgung von Straftaten des SED-Regimes, Z R P 1992 91; Liebig Anwendbarkeit bundesdeutschen Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts auf Alttaten in der DDR, NStZ 1991 372; Lippold Die Strafbarkeit der DDR-Spionage und ihre Verfassungsmäßigkeit, NJW 1991 18; Lüderssen Zu den Folgen des „Beitritts" für die Strafjustiz der Bundesrepublik Deutschland, StV 1991 482 ; Luther Der Einigungsvertrag über die strafrechtliche Behandlung von DDR-Alttaten nach der Einigung Deutschlands, DtZ 1991 433 ; Luther Zur Anwendung des Strafrechts nach dem Einigungsvertrag, NJ 1991 395; Samson Die strafrechtliche Behandlung von DDR-Alttaten nach der Einigung Deutschlands, NJW 1991 335; Samson Auslands- oder Inlandstheorie bei DDR-Alttaten, NJ 1991 236; Schlomann Die östliche Spionage gegen die Bundesrepublik Deutschland, PolStudien 1991 581 ; Schuster Verfassungs- und völkerrechtliche Fragen der Bestrafung von DDR-Spionen nach der Wiedervereinigung Deutschlands, ZaÖRV 1991651 ; Simma/Volk Der Spion, der in die Kälte kam, NJW 1991 871; Vormbaum Probleme der Strafrechtsanwendung im vereinigten Deutschland, StV 1991 176; Widmaier Strafbarkeit der DDRSpionage gegen die Bundesrepublik — auch noch nach der Wiedervereinigung?, NJW 1990 3169; Widmaier Verfassungswidrige Strafverfolgung der DDR-Spionage; Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot des Art. 103 II GG, NJW 1991 2460; Wilke Das Kammergericht im Irrgarten des Ostwestrechts, NJW 1991 2465. Stand: 1. 6. 1992

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Vorbemerkung

Vor § 80

1. Die Rechtslage vor dem Einigungsvertrag. Spätestens seit dem Grundlagen ver- 35 trag vom 21. Dezember 1972 (BGBl. II 1973 423) war anerkannt, daß die D D R im Sinne des Völkerrechts ein Staat und als solcher Völkerrechtssubjekt war ( Tröndle in der Vorauflage vor § 3 Rdn. 95 ff). Das StGB wurde deshalb auf Straftaten, die in der ehemaligen D D R begangen wurden, nur unter den Voraussetzungen der §§ 3 bis 9 StGB angewandt (Sch/Schröder/Eser Vorbem. §§ 3 - 7 Rdn. 29 und 6 2 f f ; Dreher/ Tröndle § 3 Rdn. 3; Samson NJW 1991 335), allerdings in einer Weise, die den völkerrechtlichen Besonderheiten des Verhältnisses von der Bundesrepublik Deutschland und der D D R — staats- und völkerrechtlich war die D D R nicht Ausland (BVerfGE 36 1, 31 ; 37 57, 64) - Rechnung trugen. Nach § 9 StGB konnte das bundesdeutsche Strafrecht auf Taten angewendet werden, die zwar in der D D R begangen wurden, deren Erfolg aber — oder bei Gefährdungsdelikten die Gefahr — auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eingetreten war. Die Auslandstaten gegen inländische Rechtsgüter (§ 5 StGB) waren in den Nummern 3 a und 5 b auf den Deutschen mit Lebensgrundlage im räumlichen Anwendungsbereich des StGB zugeschnitten. Die Auslegung des § 5 Nr. 6 StGB trug den Schutzpflichten gegenüber Deutschen mit Wohnsitz in der D D R Rechnung (BGHSt. 30 1, 5). Besondere Schwierigkeiten machte die Auslegung des § 7 StGB. § 7 Abs. 1 StGB diente sicherlich auch dem Schutz des in der D D R lebenden Deutschen vor Taten außerhalb Deutschlands ; entsprechend dürfte § 7 Abs. 2 Nr. 1 StGB anwendbar gewesen sein bei Taten von Deutschen mit Wohnsitz in der D D R außerhalb Deutschlands. In BGHSt. 32 293, 297 f deutete der BGH zwar an, daß § 7 StGB grundsätzlich nicht dem Schutz von DDR-Bürgern gegen in der D D R begangene Taten diente; er stellte aber klar, daß aus Opferschutzgesichtspunkten Ausnahmen für diejenigen in der D D R begangenen Taten gelten, in denen sich die bei einer politischen Verdächtigung oder einer Verschleppung vorausgesetzte Gefährdung verwirklicht und in eine Verletzung übergeht (Anwendung von § 7 Abs. 1 StGB). Dies dürfte entsprechend anwendbar sein, wenn die §§ 234 a, 241 a StGB nicht unmittelbar einschlägig sind, aber das ihnen zugrunde liegende Rechtsgut verletzt ist, etwa bei der gewaltsamen Verhinderung des — von unserer Rechtsordnung garantierten — Übertritts eines Bürgers der D D R in das Bundesgebiet einschließlich Berlin (West). 2. Der Einigungsvertrag, a) Mit dem Beitritt der Länder der DDR ist gemäß Art. 8 36 des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 (BGBl. II 889) i. d. F. des Einigungsvertragsgesetzes vom 23. September 1990 (BGBl. II 885) mit dem Wirksamwerden des Beitritts am 3. Oktober 1990 in dem in Art. 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet der ehemaligen DDR grundsätzlich Bundesrecht in Kraft getreten, soweit nicht in Anlage I des Einigungsvertrages etwas Abweichendes bestimmt ist. Das bundesdeutsche Recht regelt die Übergangsprobleme in Fällen einer Änderung des sachlichen Strafrechts in § 2 StGB. Auch in der durch Art. 8 des Einigungsvertrages geregelten Austauschung des bis dahin in der D D R geltenden Strafrechts gegen das bundesdeutsche liegt eine Änderung des Gesetzes im Sinne des § 2 StGB, was in Art. 315 Abs. 1 EGStGB i. d. F. des Einigungsvertrages (Anlage I Kapitel III Sachgebiet C Abschnitt II Nr. 1 Buchstabe b) ausdrücklich klargestellt ist. Danach sind die Regelungen des Strafrechts der Bundesrepublik Deutschland das geänderte Gesetz im Sinne des § 2 StGB, soweit es um Straftaten geht, die vor dem 3. Oktober 1990 in der D D R begangen wurden (BGHSt. 37 320; 38 ; 38 18; 38 71 ; BGH Beschlüsse vom 17. Dezember 1990 - 5 StR 461/90 - und vom 21. Dezember 1990 - 5 StR 535/90 - ) . b) Auf Straftaten, für die nach §§ 3 und 9 oder 5 — ausgenommen Nummern 8 37 und 9, die nach Anlage I zum Einigungsvertrag (BGBl. II 1990 954 ff) im Gebiet der (17)

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Vor §

oO

I. Abschnitt. Friedensverrat, Hochverrat und Gefährdung des Rechtsstaates

ehemaligen D D R nicht in Kraft treten und deshalb erst recht nicht auf vor dem Beitritt begangene Taten Anwendung finden können — bundesdeutsches Recht schon vor dem Beitritt galt, findet nur das StGB Anwendung (Art. 315 Abs. 4 EGStGB). Die Anwendung des § 7 StGB ist dagegen nach Inkrafttreten des Einigungsvertrages, wie Art. 315 EGStGB i. d. F. dieses Vertrages zu entnehmen ist, nur noch in dem engen Bereich vertretbar, wie er durch BGHSt. 32 293 vorgezeichnet ist (wovon der BGH in den oben Rdn. 36 zitierten Entscheidungen stillschweigend ausgegangen ist). Bei anderer Auslegung hätte Art. 315 Abs. 1—3 EGStGB einen praktisch zu vernachlässigenden Anwendungsbereich. Die zweite Alternative des § 7 Abs. 2 Nr. 1 StGB, daß bundesdeutsches Strafrecht zur Anwendung kommt, wenn der Täter nach der Tat Deutscher geworden ist, ist nicht etwa auf die Fälle des Übersiedlers aus der ehemaligen D D R in die Bundesrepublik Deutschland anzuwenden, der vor dem Beitritt in der D D R Straftaten begangen hat. Andernfalls würde es zu einer nicht gerechtfertigten Schlechterstellung derjenigen kommen, die vor dem Beitritt in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelt sind. Sie kämen nicht in den Genuß des § 2 StGB, anders als diejenigen, für die das StGB durch den Beitritt anwendbar geworden ist; hier ist Art. 315 Abs. 1 EGStGB unanwendbar. Die Vorschrift setzt in ihrem Absatz 4 ausdrücklich voraus, daß das StGB vor dem Beitritt gegolten haben muß (vgl. Samson NJW 1991 335, 336 f)· 38

c) Für die Frage, ob Delikte heute noch strafbar sind, die in der ehemaligen D D R vor dem 3. Oktober 1990 begangen wurden, kommt es nach § 2 Abs. 1 StGB darauf an, ob das Verhalten zur Tatzeit nach dem Recht der D D R strafbar war und zur Zeit der Aburteilung nach dem nunmehrigen Recht der Bundesrepublik Deutschland strafbedroht ist7. Ist diese Voraussetzung gegeben, ist auf die Tat nach § 2 Abs. 3 StGB das mildeste Gesetz anzuwenden. Die Rechtsprechung verlangt einen Gesamtvergleich des früher geltenden Rechts der D D R und des derzeit geltenden Strafrechts (BGHSt. 37 320). Der 5. Strafsenat folgt in dieser Entscheidung nicht der zum Teil in der Literatur vertretenen Auffassung, nach der bei der Prüfung, welches Recht das nach § 2 Abs. 3 mildere ist, bei sämtlichen Schritten der Rechtsfindung — also getrennt nach Schuldspruch, Strafdrohung, Strafzumessungsvorschriften des allgemeinen Teils sowie Nebenfolgen — die jeweils günstigere Regelung zu finden und anzuwenden ist (so Jakobs S. 87; Sch/Schröder/Eser § 2 Rdn. 34; Hassemer AK § 2 Rdn. 45 ; Schröder JR 1966 68). Diesen Grundsatz hat der BGH dann aber in einem weiteren Urteil vom 3. Juli 1991 (BGHSt. 38 18) hinsichtlich der eigentlichen Strafzumessung eingeschränkt. Danach hat sich der Richter, wenn nach § 2 Abs. 3 StGB das Recht der D D R anzuwenden ist, nicht an den früher in der D D R geltenden, politisch beeinflußten Strafzumessungserwägungen zu orientieren. Vielmehr hat er auch die Gesetze der ehemaligen D D R unter Beachtung geltenden Verfassungsrechts und der Grundsätze rechtsstaatlichen Strafens auszulegen. Dies kann sich im Einzelfall so7

Zur Sonderproblematik des § 165 StGB-DDR vgl. den Beschluß des LG Berlin vom 14. Februar 1991 - (519) 2 Js 3/90 (48/90) - . § 165 StGB-DDR (Vertrauensmißbrauch) ist durch das 6. StRÄndG der D D R vom 29. Juni 1990 aufgehoben worden. Nur Täter, gegen die vor dem 1. Juli 1990 Strafverfahren eingeleitet waren, blieben weiter nach dieser Vorschrift strafbar (§ 10 des 6. StRÄndG). Nach dem Einigungsvertrag (Art. 9 Abs. 2 i. V. m. Anlage II Kapitel III Sachgebiet C Abschnitt I Nr. 2) gilt § 165 StGB-DDR in diesem beschränkten Umfang fort. Das Langericht Berlin hält diese

Regelung für ein nach Art. 19 Abs. 1 S. 1 G G unzulässiges Einzelfallgesetz, das zudem das Gleichheitsgebot des Artikels 3 G G verletze, da für alle Täter, gegen die nicht rechtzeitig ein Verfahren eingeleitet worden sei, Straffreiheit eingetreten sei. Dem ist nicht zuzustimmen. Sämtliche Taten nach § 165 StGB-DDR sind nach Maßgabe des § 2 Abs. 1 und 3 StGB weiter verfolgbar, soweit die Voraussetzungen des § 163 StGB-DDR/266 StGB vorliegen. § 163 StGB-DDR/266 StGB ist zumindest teilweise Nachfolgevorschrift des § 165 StGBDDR. § 165 StGB-DDR hat gerade auch die Fälle

Stand: 1. 6. 1992

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Vorbemerkung

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wohl zugunsten als auch zu Lasten eines Täters auswirken, da sowohl Strafmilderungs- als auch Straferschwerungsgründe nach dem Recht der D D R unberücksichtigt bleiben müssen, wenn sie diesen Grundsätzen widersprechen. In der ehemaligen D D R erlittene Untersuchungshaft ist nicht nach etwa erhöhtem Maßstab im Sinne von § 51 Abs. 4 S. 2 StGB auf die Strafe anzurechnen; die besonderen Härten dieser Haft sind vielmehr bei der Strafzumessung zu berücksichtigen (BGHSt. 38 88). 3. Speziell Staatsschutzdelikte, a) Straftaten gegen die Bundesrepublik vom Bo- 39 den der ehemaligen D D R aus waren nach dem Recht der D D R nicht strafbar. Die Strafbarkeit zahlreicher Staatsschutzdelikte ergibt sich aber auch für diese Taten aus bundesdeutschem Recht. Soweit der Erfolg auf dem Gebiet der Bundesrepublik eintrat, folgt die Strafbarkeit aus §§ 3 und 9 (so auch BGH NJW1991 2498 = NStZ 1991 429 für landesverräterische Tätigkeit nach § 94; BGH DtZ 1992 62 für geheimdienstliche Agententätigkeit nach § 99 StGB und das Kammergericht in der Vorlage an das Bundesverfassungsgericht [NJW 1991 2501 mit Anm. Wilke NJW 1991 2465 und Arndt NJW 1991 2466 = JR 1991 426 ff mit Anmerkung Volk], das allerdings der Auffassung ist, daß die Strafverfolgung der vom Boden der D D R aus begangenen Taten gegen Art. 3 Abs. 1 G G verstößt) 8 . Eine Ausnahme enthält insoweit § 91 für die §§ 84, 85 und 87, wonach die Tat durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen werden muß. Weiter gilt das bundesdeutsche Strafrecht gemäß § 5 Nr. 1,2,3 b, 4 und 5 a für in der D D R begangene Vergehen nach §§ 80 (Nr. 1 ), 81 bis 83 (Nr. 2), 90,90 a Abs. 2 (Nr. 3 b), 94 bis 100 a StGB (Nr. 4), und 109 und 109 e bis 109 g (Nr. 5 a), während § 5 Nr. 3 a (§§ 90, 90 a Abs. 1 und 90 b) und 5 b (§§ 109 a, 109 d und 109 h) nur gelten, wenn der Täter Deutscher ist und seine Lebensgrundlage im räumlichen Geltungsbereich des StGB hat. Auf in der D D R begangene Taten finden die in § 5 Nr. 3 a und 5 b genannten Tatbestände daher keine Anwendung. Der Einigungsvertrag hat an dieser Rechtslage nichts geändert. Nach Art. 315 Abs. 4 EGStGB findet § 2 StGB keine Anwendung, soweit für die Tat das Strafrecht der Bundesrepublik schon vor dem Wirksamwerden des Beitritts gegolten hat. Bei den Vorschriften, die auf dem Gebiet der ehemaligen D D R nicht anzuwenden sind, werden die Nummern 1 bis 5 des § 5 StGB nicht aufgeführt (Einigungsvertrag Anlage I Kapitel III Sachgebiet C Abschnitt III Nr. 1; BGBl. II 1990 957). Danach bleibt auch ausschließlich in der früheren D D R gegen die Bundesrepu- 40 blik betriebene Spionagetätigkeit strafbar, während für eine derartige Tätigkeit in der

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zweckwidriger Verwendung betrieblicher Mittel erfaßt. Die Gesetzgebungsgeschichte zeigt, daß die §§ 161a (Vorteilserlangung), 165 (Vertrauensmißbrauch) und 182 (Untreue zum Nachteil persönlichen oder privaten Eigentums) StGB-DDR trotz der Differenzierung ihrer Schutzgüter ihre gemeinsame Wurzel im Untreuetatbestand des § 266 StGB haben, nämlich in der pflichtwidrigen Schädigung anvertrauten fremden Vermögens. Die Auffassung des Kammergerichts, die Verfolgung von Staatsschutzdelikten gegen Offizielle des DDR-Nachrichtendienstes verstoße nach der Einigung Deutschlands gegen Art. 3 GG, verkennt den Gleichheitsgrundsatz. Soweit sich die Offiziellen des Staatsapparates der DDR — anders als die Mitarbeiter der bundesdeutschen Nachrichtendienste — vor der Einigung nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland strafbar gemacht ha-

ben, scheiterte ihre Verfolgung bisher an den tatsächlichen Gegebenheiten. Mit dem Untergang der DDR und der Entscheidung des — vom Volk in freier Wahl gewählten — DDR-Gesetzgebers, die Einigung Deutschlands auf der Basis der Einigungsvertrages herbeizuführen, verloren die Offiziellen den Schutz des Staatsapparates der DDR; daß sie damit dem Strafrecht der Bundesrepublik und der Gerichtsbarkeit unterstellt wurden, entsprach dem Willen des Einigungsgesetzgebers. Es gibt keinen Vertrauensschutz in den Fortbestand des Schutzes durch ein Unrechtsregime. Unzutreffend ist deshalb auch die Ansicht von Zuck MDR 1991 1009, das Ergebnis der Straffreiheit sei jedenfalls über den Grundsatz des fairen Verfahrens zu erzielen. Ablehnend auch Gribbohm § 2 Rdn. 60 a; Wilke NJW 1991 2465 und Lippold NJW 1992 18, 20 f.

Heinrich Wilhelm Laufhütte

Vor § 8 0

I. Abschnitt. Friedensverrat, Hochverrat und Gefährdung des Rechtsstaates

Bundesrepublik gegen die DDR durch den Wegfall der entsprechenden DDR-Strafvorschriften Straflosigkeit eingetreten ist (a. A. Luther DtZ 1991 433, 434). Die Staatsschutztatbestände der §§ 80 ff sind auf Angriffe gegen ausländische Staaten grundsätzlich nicht anwendbar. Staatliche Interessen ausländischer Hoheitsträger liegen schon tatbestandlich außerhalb des Schutzbereichs des deutschen Strafrechts (Sch/Schröder/Eser Vorbem. §§ 3—7 Rdn. 16; Tröndle LK Erläuterungen vor § 3). Auch folgt dies aus §§ 102 ff, die speziell „Straftaten gegen ausländische Staaten" erfassen (Sch/Schröder/Eser Vorbem. §§3—7 Rdn. 18; Dreher/Tröndle § 3 Rdn. 2 a). Zur Völker- und verfassungsrechtlichen Problematik dieser Regelung siehe einerseits BGH StV 1991 157 = JZ 1991 713 mit Anm. Classen·, Simma/Volk NJW 1991 871 ; Lippold NJW 1992 18; Schuster ZaÖRV 1991 651, andererseits Widmaier NJW 1990 3169 und Ignor/Müller StV 1991 573. Zur Strafzumessung für ideologische Überzeugungstäter vgl. OLG Koblenz StV 1991464 m. abl. Anm. Widmaier und Fetscher. 41

b) Vor dem 3. Oktober 1990 in der DDR begangene Straftaten gegen die DDR und ihre spezifische Einrichtungen sind durch den Beitritt straflos geworden. Straftaten aus dem Bereich des Staatsschutzstrafrechts, die sowohl nach dem bisherigen Recht der DDR als auch nach dem Recht der Bundesrepublik strafbedroht sind, gibt es praktisch nicht. Während die bundesdeutschen Vorschriften dem Schutz der Bundesrepublik Deutschland, der in ihr geltenden Verfassung sowie ihrer Verfassungsorgane und Symbole dienen, waren die Vorschriften des StGB-DDR entsprechend auf den Schutz der Deutschen Demokratischen Republik und ihrer Einrichtungen ausgerichtet. Zwar haben die auf den Schutz von Gemeinschaftsinteressen beschränkten Tatbestände des StGB durch den Einigungsvertrag eine Ausweitung auf die Gemeinschaftsinteressen der ehemaligen DDR erfahren, wie der BGH bereits für den Schutz der Volksgesundheit durch das BtMG entschieden hat (BGHSt. 38 1 ; siehe dazu auch Samson NJW 1991 335, 338 ff und zum Problem der Wahlfälschung Vorbem. zu den §§ 107 bis 108 d Rdn. 1). Dies kann jedoch nicht für die per se nicht schutzwürdigen Schutzgüter des Staatsschutzstrafrechts der DDR gelten (so auch Vormbaum StV 1991 176, 179). Die theoretisch denkbare Anwendbarkeit der §§ 89 StGB-DDR, 80 a StGB in der Tatmodalität der Aufstachelung zu einem Angriffskrieg gegen die Bundesrepublik ist ohne praktische Bedeutung. Im übrigen ist für vor dem 3. Oktober 1990 begangene Verstöße gegen das Staatsschutzstrafrecht der DDR Straffreiheit eingetreten.

Stand: 1. 6. 1992

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ERSTER ABSCHNITT Friedensverrat, Hochverrat und Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates ERSTER TITEL Friedensverrat

§ 8 0

Vorbereitung eines Angriffskrieges Wer einen Angriffskrieg (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes), an dem die Bundesrepublik Deutschland beteiligt sein soll, vorbereitet und dadurch die Gefahr eines Krieges für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft. Schrifttum Blumenwitz Das Verbrechen gegen den Frieden aus völkerrechtlicher Sicht, KrauseFestschr. S. 79 ; Graefrath Verbrechen gegen den Frieden und die Sicherheit der Menschheit und das Verbot der Doppelbestrafung, NJ 1988 60; Graefrath Formen der Durchsetzung eines Kodex der Verbrechen gegen den Frieden und die Sicherheit der Menschheit, NJ 1990 53; Jahrreiß Der Bruch des zwischenstaatlichen Friedens und seine Strafbarkeit, Internationaler Militärgerichtshof 17 (1948) S. 449; Jescheck Die Verantwortlichkeit der Staatsorgane nach Völkerstrafrecht ( 1952) ; Klug Der neue Tatbestand des Friedensverrates, in : Baumann (Hrsg.) Mißlingt die Strafrechtsreform? (1969) S. 162; F. Müller Die Pönalisierung des Angriffskrieges im G G und im StGB der Bundesrepublik Deutschland, Diss. Heidelberg 1970; Roggemann Anmerkungen zum Friedensschutz im Strafrecht, ROW 1988 209; Schleppte Das Verbrechen gegen den Frieden und seine Bestrafung (1983); Schroeder Der Schutz des äußeren Friedens im Strafrecht, JZ 1969 41 ; Schroeder Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen Frieden und Menschlichkeit im Recht beider deutscher Staaten, Deutschland-Archiv 1973 845 ; Steinhausen Der Straftatbestand des Friedensverrats und die Erfordernisse des Bestimmtheitsgrundsatzes, Diss. Köln 1969; Vérosla Die Definition des Angriffs und die Staatenpraxis, Wengler-Festschr. (1973) S. 693.

Entstehungsgeschichte Die beiden Tatbestände über den Friedensverrat sind zur Ausführung des Verfassungsauftrags in Art. 26 Abs. 1 G G durch das 8. StRÄndG geschaffen worden. Art. 26 Abs. 1 G G lautet: Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskriegs vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen. Die Verfassungsnorm bekundet in verbindlicher Form den Friedenswillen der Deutschen in der Bundesrepublik und ihre Bereitschaft, zur wirksamen Sicherung des Friedens gefährliche friedensfeindliche Aktionen im eignen Hause auch mit (21)

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§ 80

I. Abschnitt. Friedensverrat, Hochverrat und Gefährdung des Rechtsstaates

strafrechtlichen Mitteln zu verhindern und zu ahnden (vgl. von Mangold/Klein, Anm. II, 4 zu Art. 26). Ihr Auftrag an den Gesetzgeber blieb lange unerfüllt, nachdem ein erster Versuch im Zusammenhang mit der Schaffung des 1. StRÄndG gescheitert war. Dem Bundestag lagen damals zwei Vorschläge vor. Nach dem Entwurf der sozialdemokratischen Fraktion (BT-Drucks. 1/563) sollte Zuchthaus nicht unter fünf Jahren gegen einen Täter angedroht werden, der öffentlich oder geheim für die Anwendung bewaffneter Gewalt gegen andere Völker eintritt oder Pläne entwirft, sich an einer Verbindung beteiligt oder Maßnahmen trifft, die vom Bundestag nicht gebilligt sind und einen Krieg vorbereiten sollen. Nach dem Regierungsentwurf (BT-Drucks. 1/1307) sollte wegen Friedensverrats mit Zuchthaus u. a. bestraft werden, wer öffentlich oder geheim die Anwendung bewaffneter Gewalt zu einem Angriffskrieg fordert oder auf andere Weise die Führung eines Angriffskriegs vorbereitet oder wer in der Absicht, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, öffentlich gegen ein anderes Volk hetzt oder wider besseres Wissen eine unwahre Behauptung tatsächlicher Art aufstellt oder verbreitet, die geeignet ist, den Frieden zu gefährden. Ein Unterausschuß des Rechtsausschusses erarbeitete eine dritte Fassung, die eine dreistufige, dem Vorstellungsbild beim Hochverrat entsprechende Aufgliederung vorsah. Höchststrafen sollten den treffen, der gegen das Gebiet eines fremden Staates mit bewaffneter Hand eine Angriffshandlung unternimmt, die geeignet ist, einen Krieg auszulösen. Die Vorbereitung eines solchen Unternehmens sollte mit begrenzten Zuchthausstrafen erfaßt werden. Im Vorfeld schließlich sollten sich Gefängnisstrafen gegen die öffentlich oder im geheimen betriebene Propaganda für ein solches Unternehmen richten. Als zusätzliche Vorstufe war allgemein das Hervorrufen von Haßgefühlen gegen ein anderes Volk in der Absicht einer Störung des Völkerfriedens angesprochen. Die Bedenken, die sich bei der Beratung des Gegenstandes ergaben, u. a. weil sich unter dem Eindruck der Korea-Krise „die Vorstellung gewandelt habe, von der das G G ausgegangen sei" (Abg. Wahl in der 87. Sitzung des RAussch.) und weil man mit dem Begriff .Angriffskrieg' praktisch nicht arbeiten könne, da kaum feststellbar sei, wann es sich — von Ausnahmen abgesehen — um einen Angriffskrieg handele (Abg. Arndt in der 89. Sitzung), führten dazu, daß die Beratungen über den Abschnitt zurückgestellt und schließlich nicht mehr aufgenommen wurden. Da das Problem der Definition des Angriffskrieges aber durch den Wortlaut des Art. 26 Abs. 1 G G vorgegeben ist, konnte es bei der gesetzlichen Umsetzung des Verfassungsauftrages letztlich nicht umgangen werden. Die nach zwanzigjährigem Zögern Gesetz gewordene Regelung hat schließlich den Begriff des Angriffskrieges unter Verweis auf Art. 26 Abs. 1 G G ohne nähere Konkretisierung in die Tatbestände der §§ 80, 80 a eingestellt und damit dessen nähere Bestimmung der Rechtsprechung überlassen. Dadurch, daß die Pönalisierung auf Vorbereitungshandlungen beschränkt wurde, konnten die mit der Auslegung des Begriffs des Angriffskrieges verbundenen Schwierigkeiten nicht vermieden werden, wie Willms in der Vorauflage meinte. Im Gegenteil wird wegen der Beschränkung die tatsächliche Ausfüllung dieses Begriffs noch dadurch erschwert, daß nur an die vom Täter vorgestellte und nicht an eine etwa tatsächlich geschehene oder zu erwartende Kriegshandlung angeknüpft werden kann. Zur Frage einer Verletzung des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebotes (Art. 103 Abs. 2 GG) s. Rdn. 2. Nicht ohne eine gewisse Berechtigung wird dem Gesetzgeber des 8. StRÄndG vorgeworfen, er habe mit den §§ 80, 80 a den Verfassungsauftrag des Art. 26 Abs. 1 Stand: 1. 6. 1992

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Vorbereitung eines Angriffskrieges

§80

1

G G nur unzulänglich erfüllt , da dessen Pönalisierungsgebot nicht nur das Vorbereiten eines bzw. das Aufstacheln zu einem Angriffskrieg, sondern weitere — auch nichtkriegerische — friedensstörende Handlungen erfasse, die das friedliche Zusammenleben der Völker (insgesamt und nicht nur das friedliche Zusammenleben der Völker mit der Bundesrepublik Deutschland) zu stören geeignet sind (AK-StGB/ Sonnen Rdn. 2). Auf der anderen Seite ist jedoch das in letztgenannter Hinsicht vorgebrachte politische Gegenargument, die Bundesrepublik Deutschland könne sich nur um den Preis problematischer internationaler Verwicklungen zur weltweit zuständigen Rechtsinstanz für friedensstörende Handlungen zwischen fremden Staaten aufwerfen, durchaus beachtlich. Abgesehen hiervon ist darauf hinzuweisen, daß es sich schon bei den §§ 80, 80 a um wenig praktikable Vorschriften handelt, sondern vielmehr vorrangig um „symbolisches Strafrecht" (s. dazu allgemein Hassemer NStZ 1989 553). Ein tatsächlicher — über die Bekundung des Friedenswillens der Deutschen in Art. 26 Abs. 1 G G hinausgehender — Gewinn ist deshalb bei einer Erweiterung der Strafvorschriften gegen den Friedensverrat nicht zu erwarten.

I. Zweck der Vorschrift II. Tathandlung 1. Angriffskrieg 2. Beteiligung der Deutschland 3. Vorbereiten III. Taterfolg 1. Kriegsgefahr 2. Kriegsausbruch

Rdn. 1 2 2 Bundesrepublik 3 4 6 6 7

IV. V. VI. VII. VIII. IX. X. XI. XII.

Subjektiver Tatbestand Täterschaft und Teilnahme Der Versuch Die Strafe Nebenfolgen und Einziehung Konkurrenzen Zuständigkeiten Anzeigepflicht Recht des Einigungsvertrages

Rdn. 8 9 10 11 11 12 12 13 13

I. Zweck der Vorschrift ist der Schutz des Völkerfriedens — freilich nicht in dem 1 globalen Sinne, daß seine Gefährdung an jeder Stelle und durch jegliche Person getroffen werden sollte, was nur in der Kompetenz einer internationalen Organisation wie der U N liegen kann, sondern in dem begrenzten Bereich, in dem die Bundesrepublik selbst in eine ihr eigenes Territorium einbeziehende Konfliktsituation geraten kann. In diesem Rahmen ist an einen umfassenden Schutz gegen Aggression in jeder Richtung gedacht, also nicht nur der Angriff gegen einen fremden Staat, sondern auch der Angriff eines fremden Staates gegen die Bundesrepublik gemeint (s. Ausschußbericht BT-Drucks. V/2860 S. 2). Damit wird mittelbar auch die Sicherheit der Bundesrepublik zum Gegenstand dieses strafrechtlichen Schutzes. Die Vorschrift wegen dieser Konzeption als „verwirrenden Zwitter" (Schroeder JZ 1969 41, 47) zu bezeichnen ist verfehlt, mag auch ihre Formulierung nicht besonders gelungen sein. II. Tathandlung ist das Vorbereiten eines Angriffskrieges, an dem die Bundesrepu- 2 blik Deutschland beteiligt sein soll. 1. Angriffskrieg. Der Begriff des Angriffskrieges ist im Tatbestand des § 80 nicht näher erläutert; vielmehr verweist das Gesetz auf Art. 26 Abs. 1 GG, wo indessen der 1

SK-SlGB/Rudolph! Rdn. 1, AK-StGB/Sonnen Rdn. 2 und v. Münch/Hernekamp GG Bd. 2 Art. 26 G G Rdn. 30: nur unvollkommen erfüllt; einschränkend auch Dreher/Tröndle Rdn. 1, Sch/

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Schröder/Stree Rdn. 1 und Schmidt-Bleibtreu/ Klein GG Art. 26 Rdn. 3: teilweise; a. A. Maunz/ Dürig G G Art. 26 Rdn. 37, F. Müller S. 20 ff und Woesner NJW 1968 2129,2130.

Heinrich Wilhelm Laufhütte

§ 80

I. Abschnitt. Friedensverrat, Hochverrat und Gefährdung des Rechtsstaates

Angriffskrieg ebenfalls nicht definiert, sondern nur als das äußerste Ergebnis von Handlungen bezeichnet wird, die nach ihrer Intention und nach ihrem Gewicht das friedliche Zusammenleben der Völker stören. Jedoch läßt sich dem Tatbestandsmerkmal des Angriffskrieges vorab zumindest entnehmen, daß die Vorbereitung oder Durchführung nichtkriegerischer Aktionen, wie etwa Repressalien oder die Förderung innerer Unruhen oder Aufstände in einem fremden Staat, selbst wenn diese sich des Mittels der Gewalt bedienen, nicht dem Tatbestand des § 80 unterfallen. Etwas anderes hat aber dann zu gelten, wenn mit diesen Aktivitäten weitergehende Intentionen, beispielsweise die Einleitung militärischer Aktionen oder die Provokation eines Angriffs, um einen vermeintlichen Verteidigungskrieg führen zu können (s. u.), verbunden sind. Allgemein wird als Angriffskrieg jede völkerrechtswidrige bewaffnete Aggression bezeichnet 2 . Die Auslegung orientiert sich somit an den Regeln des Völkerrechts (vgl. Art. 25 GG). Dieses kennt zwar bisher noch keinen allgemeingültigen, bis in die Einzelheiten konkretisierten Begriff des rechtswidrigen Angriffskrieges 3 , doch sind insbesondere durch die UN-Resolution Nr. 3314 (XXIX) zur Definition des Begriffs der Aggression vom 14. 12. 19744 — mag sie für die Auslegung des § 80 auch nur eine Orientierungshilfe bieten — solch deutliche Konturen gezogen, daß die im Hinblick 2

3

4

LG Köln NStZ 1981 261; Lackner Rdn. 2; Dreher/Tröndle Rdn. 2; SK-StGB/Rudolphi Rdn. 3; AK-StGB/Sonnen Rdn. 17. S. etwa Maunz/Dürig G G Art. 26 Rdn. 24 ff; Verdross/Simma Universelles Völkerrecht 3. Aufl. (1984) S. 142; Menzel/Ipsen Völkerrecht 2. Aufl. (1979) S. 72 f; Mössner Einführung in das Völkerrecht (1977) S. 165; Moritz NZWehrr. 1970 55, 58. Die UN-Resolution hat folgenden Wortlaut : Artikel 1 Aggression bedeutet Anwendung von Waffengewalt durch einen Staat gegen die Souveränität, die territoriale Unversehrtheit oder politische Unabhängigkeit eines anderen Staates oder auf eine andere mit der Charta der Vereinten Nationen nicht vereinbare Art und Weise, wie sie in dieser Definition aufgeführt ist. Artikel 2 Wendet ein Staat als erster Waffengewalt unter Verletzung der Charta an, so stellt dies einen Beweis des ersten Anscheins für eine Angriffshandlung dar, obwohl der Sicherheitsrat gemäß der Charta zu dem Schluß gelangen kann, daß eine Feststellung, es sei eine Angriffshandlung begangen worden, nicht gerechtfertigt wäre angesichts anderer bedeutsamer Umstände, einschließlich der Tatsache, daß die betreffenden Handlungen oder ihre Folgen nicht von ausreichender Schwere sind. Artikel 3 Jede der folgenden Handlungen gilt, ohne Rücksicht auf eine Kriegserklärung, vorbehaltlich und entsprechend den Bestimmungen in Artikel 2 als Angriffshandlung : a) die Invasion oder der Angriff durch die Streitkräfte eines Staates auf das Gebiet eines anderen Staates oder jede auch noch so vorüberge-

b)

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e)

f)

g)

hende militärische Besetzung als Folge einer solchen Invasion oder eines solchen Angriffs oder jede gewaltsame Einverleibung des Hoheitsgebiets eines anderen Staates oder eines Teiles davon ; die Beschießung oder Bombardierung des Hoheitsgebiets eines Staates durch die Streitkräfte eines andern Staates oder die Anwendung von Waffen jeder Art durch einen Staat gegen das Hoheitsgebiet eines anderen Staates ; die Blockade der Häfen oder Küsten eines Staates durch die Streitkräfte eines anderen Staates ; ein Angriff durch die Streitkräfte eines Staates gegen die Land-, See- oder Luftstreitkräfte oder die See- und Luftflotte eines anderen Staates ; der Einsatz von Streitkräften eines Staates, die sich im Hoheitsgebiet eines anderen Staates mit dessen Zustimmung befinden, unter Verstoß gegen die in der Zustimmung vorgesehenen Bedingungen oder jede Verlängerung ihrer Anwesenheit in diesem Gebiet über das Ende der Zustimmung hinaus ; die Handlung eines Staates, die in seiner Duldung besteht, daß sein Hoheitsgebiet, das er einem anderen Staat zur Verfügung gestellt hat, von diesem anderen Staat dazu benutzt wird, eine Angriffshandlung gegen einen dritten Staat zu begehen ; das Entsenden bewaffneter Banden, Gruppen, Freischärler oder Söldner durch einen Staat oder für ihn, wenn sie mit Waffengewalt Handlungen gegen einen anderen Staat von so schwerer Art ausführen, daß sie den oben angeführten Handlungen gleichkommen, oder die wesentliche Beteiligung an einer solchen Entsendung.

Stand: 1. 6. 1992

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Vorbereitung eines Angriffskrieges

§80

auf das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 G G gegen § 80 erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken (Schroeder JZ 1969 41,45) jedenfalls durch eine restriktive Anwendung des Begriffs des Angriffskrieges nur auf auch nach der UN-Resolution eindeutig völkerrechtswidrige Aggressionsakte ausgeräumt werden können 5 . Aus dem Tatbestand des § 80 sind danach auszuschließen Verteidigungskriege und Kollektivmaßnahmen der U N — etwa die 1990 gegen den Irak zugelassenen militärischen Aktionen. Bei Verteidigungskriegen ist jedoch zu beachten, daß eine Verteidigung gegen provozierte Angriffshandlungen vom Völkerrecht ebensowenig gebilligt wird wie unverhältnismäßige Verteidigungsmaßnahmen oder die Grenze des Erforderlichen überschreitende Präventivkriege. 2. Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland. Erfaßt wird nur die Vorbereitung 3 eines Angriffskrieges, an dem die Bundesrepublik Deutschland beteiligt sein soll, an dem sie also als Staat unter Einsatz ihrer Streitkräfte mitwirkt. Dabei wird sowohl der Fall getroffen, daß der geplante Angriffskrieg von der Bundesrepublik ausgeht, wie der entgegengesetzte, daß die Bundesrepublik Opfer des Angriffskrieges werden soll, an dessen Vorbereitung der Täter sich beteiligt. Die vereinzelt vertretene Auffassung, die Vorbereitung eines Angriffskrieges gegen die Bundesrepublik falle nicht unter die Vorschrift (Schroeder JZ 1969 41, 47; Maurach/Schroeder/Maiwald BT/2 § 90 Rdn. 6), widerspricht dem in der 100. Sitzung des Sonderausschusses erzielten Einverständnis, daß sowohl der aktive als auch der passive Krieg gemeint sei (Prot. S. 1987), was auch im Ausschußbericht BT-Drucks. V/2860 S. 2 zum Ausdruck gekommen ist. 3. Vorbereiten. Die Vorschrift bezeichnet keine bestimmten Arten oder Mittel der 4 Vorbereitung des Angriffskrieges. Es kommen daher als tatbestandsmäßig grundsätzlich alle denkbaren Formen des Tuns oder (pflichtwidrigen) Unterlassens in Betracht, die objektiv geeignet sind, einen Angriffskrieg auszulösen. Aus dem weiteren Artikel 4 Die obige Aufzählung der Handlungen ist nicht erschöpfend; der Sicherheitsrat kann feststellen, daß andere Handlungen ebenfalls eine Aggression nach den Bestimmungen der Charta darstellen. Artikel 5 Keine Überlegung irgendwelcher Art, ob politisch, wirtschaftlich, militärisch oder sonstwie, kann als Rechtfertigung für eine Aggression dienen. Ein Angriffskrieg ist ein Verbrechen gegen den Weltfrieden. Eine Aggression führt zu internationaler Verantwortung. Kein sich aus einer Aggression ergebender Gebietserwerb oder besonderer Vorteil wird als rechtmäßig anerkannt werden. Artikel 6 Keine Bestimmung dieser Definition ist so auszulegen, daß sie in irgendeiner Weise den Anwendungsbereich der Charta einschließlich ihrer Bestimmungen für Fälle, in denen die Anwendung von Gewalt rechtmäßig ist, erweitert oder einschränkt. Artikel 7 Keine Bestimmung dieser Definition, insbeson(25)

dere Artikel 3, kann in irgendeiner Weise das aus der Charta hergeleitete Recht auf Selbstbestimmung, Freiheit und Unabhängigkeit von Völkern beeinträchtigen, denen dieses Recht gewaltsam entzogen wurde und auf die in der Erklärung über die Grundsätze des Völkerrechts für freundschaftliche Beziehungen und Zusammenarbeit zwischen den Staaten gemäß der Charta der Vereinten Nationen Bezug genommen wird, insbesondere Völker unter Kolonial- und Rassenherrschaft oder anderen Formen der Fremdherrschaft; auch nicht das Recht dieser Völker, zu diesem Zweck zu kämpfen und zu versuchen, Unterstützung zu erhalten im Einklang mit den Grundsätzen der Charta und in Übereinstimmung mit der oben erwähnten Erklärung. Artikel 8 Bei ihrer Auslegung und Anwendung stehen die obigen Bestimmungen miteinander in Zusammenhang, und jede einzelne Bestimmung ist im Zusammenhang mit anderen Bestimmungen auszulegen. 5

SK-StGB/Rudolphi Rdn. 3; Dreher/Tröndle Rdn. 2; AK-StGB/Sonnen Rdn. 18; Weber NJW 1979 1282, 1283.

Heinrich Wilhelm Laufhütte

§ 80

I. Abschnitt. Friedensverrat, Hochverrat und Gefährdung des Rechtsstaates

Erfordernis der Herbeiführung einer Kriegsgefahr (s. Rdn. 6) und auch der erheblichen Strafdrohung folgt jedoch, daß nur Handlungen von besonderem Gewicht tatbestandsmäßig sein können. Nur ein Handeln, das entweder bei der Vorbereitung des Unternehmens entscheidend mitgewirkt hat oder doch für die Reaktion der Gegenseite bedeutsam wurde, unterfällt dem Tatbestand. Es werden daher regelmäßig nur Handlungen von führenden Personen, die staatliche Machtpositionen einnehmen, in Betracht kommen können, wobei es sich in aller Regel trotz der auf den Einzeltäter zielenden Fassung des Tatbestandes um das kollektive Zusammenwirken einer Personenmehrheit handeln wird, sei es zunächst auch nur in der Konzeption des Initiators. In Betracht kommt etwa der Abschluß von Offensivbündnissen, die Aufrüstung der Streitkräfte oder deren Mobilisierung (Sch/Schröder/Stree Rdn. 6). Dabei ist jedoch zu beachten, daß eine Vielzahl derartiger Maßnahmen nicht anhand ihres objektiven Sinngehalts, sondern allein wegen der vom Täter mit ihnen verbundenen subjektiven Tendenz als Vorbereitungshandlungen im Sinne des § 80 qualifiziert werden können. Dagegen reichen einer etwaigen Aggression weit vorgelagerte Aktivitäten, etwa Verstöße gegen das K W K G ( Weber NJW 1979 1282, 1283), regelmäßig noch nicht aus. Gleiches gilt für psychologische Kriegsvorbereitungen, für deren Abwehr vorrangig § 80 a gedacht ist. Eine derartige „psychologische Aufrüstung" mag jedoch so weit getrieben werden können, daß sie im Einzelfall einmal als taugliche Vorbereitungshandlung in Betracht kommen kann. In keinem Falle ausreichend sind dagegen untergeordnete Hilfstätigkeiten von Handlangern, Zuträgern oder Flugblattverteilern. 5

Auch wenn im Gegensatz zum Tatbestand der Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens (§ 83) ein entsprechendes Tatbestandsmerkmal in § 80 fehlt, ist auch hier die Vorbereitung eines bestimmten Unternehmens erforderlich 6 . Dies folgt mittelbar aus dem Erfordernis der Herbeiführung einer Kriegsgefahr für die Bundesrepublik Deutschland, die nur als Folge auf ein konkretisiertes Vorhaben abzielender Maßnahmen eintreten kann. In der Vorstellung des Täters muß der vorbereitete Krieg daher zumindest insoweit Gestalt gewonnen haben, daß die als Angreifer bzw. Angegriffener beteiligten Staaten sowie — zumindest in den Grundzügen — Ort, Zeit und Art der Durchführung des Unternehmens festliegen.

6

III. Taterfolg. Der Täter muß durch sein Handeln die Gefahr eines Krieges für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführen. 1. Die tatbestandliche Kriegsgefahr ist eingetreten, wenn gerade aufgrund der Vorbereitungshandlungen der Ausbruch eines Krieges nahe liegt, also wahrscheinlich ist. Dagegen fehlt es an dem erforderlichen ursächlichen Zusammenhang, wenn trotz der Eignung der Aktivitäten des Täters, einen Angriffskrieg vorzubereiten, die Kriegsgefahr durch andere Umstände ausgelöst wird (SK-StGB/Rudolphi Rdn. 8). Die Kriegsgefahr kann allein schon aus dem Umfang der Vorbereitungen des potentiellen Angreifers zu entnehmen sein. Sie liegt sicher auch dann vor, wenn zumindest in einem der beteiligten Staaten als Ergebnis der Vorbereitung oder als adäquate Reaktion auf sie Mobilmachungsmaßnahmen getroffen werden. Je nach den Umständen kann auch der Abbruch der diplomatischen Beziehungen die Kriegsgefahr 6

SK-StGB/ Rudolphi Rdn. 6; Dreher/Tröndle Rdn. 4; AK-StGB/.SWi