Stadt und Sicherheit: Architektonische Leitbilder und die Wiedereroberung des Urbanen: »Defensible Space« und »Collage City« [1. Aufl.] 9783839432037

On the meaning of urban architectures for urban identity formation, experience of security and crime prevention.

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German Pages 234 Year 2015

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Stadt und Sicherheit: Architektonische Leitbilder und die Wiedereroberung des Urbanen: »Defensible Space« und »Collage City« [1. Aufl.]
 9783839432037

Table of contents :
Inhalt
Einleitung
KONTEXTE. STADT UND SICHERHEIT
1. Allgemeine Aspekte
2. Historische und aktuelle Perspektiven
3. Architektur und Stadt
4. Urbanität und Städteschutz
5. Europäische Stadt und Jefferson’sches Ideal
CASE STUDY. DEFENSIBLE SPACE
1. Oscar Newman. Otterlo ’59 und Opbouw
2. Grundhaltung und Architekturauffassung
Bezüge und Positionen
Lernen von St. Louis... und von Team X
Von Defensible Space zur »Community of Interest«
3. Defensible Space, 1972
Struktur und Inhalt
Wohnungsbau und Öffentlichkeit
Pruitt-Igoe und andere Mythen
Hochhaus und Stadt
4. Zusammenfassung. Crime Prevention Through Urban Design?
CASE STUDY. COLLAGE CIT Y
1. Colin Rowe. Pre-Texas, Texas und Cambridge
2. Cornell und das Urban Design Studio
Grundlagen und Evolution
Pädagogik und Philosophie
Kontext und Kontextualismus
3. Collage City, 1978
Struktur und Inhalt
Disney und andere Fluchtwelten
Zukunft und Tradition
Stadtraum und Stadtgestalt
4. New York und das Urban Design Studio
Manhattan. Ein Maßstab
Stadt im Park
Lernen von New York
Collage und Stadt
5. Zusammenfassung. Conjectures on Urban Form
SYNTHESE UND AUSBLICK. DIE WIEDEREROBERUNG DES URBANEN
1. Rezeption und Wirkungen
2. Strategien und Kontinuitäten
3. Urbane Architektur. Auf der Suche nach der verlorenen Sicherheit
Anmerkungsverzeichnis
Dank
Quellen- und Literaturverzeichnis

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Felix Hoepner Stadt und Sicherheit

Architekturen | Band 30

Felix Sebastian Hoepner (Dr.-Ing.), geb. 1982, lebt in Düsseldorf. Der Mitbegründer der Gruppe Sam und Plankton forschte sechs Jahre lang an der Leibniz Universität Hannover sowie als Visiting Scholar an der New Yorker Columbia University zu Themen zeitgenössischer Architektur und Stadtbautheorie.

Felix Hoepner

Stadt und Sicherheit Architektonische Leitbilder und die Wiedereroberung des Urbanen: »Defensible Space« und »Collage City«

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2015 transcript Verlag, Bielefeld

Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Kordula Röckenhaus, Bielefeld Umschlagabbildung: Charles P. Graves, 1981. Cornell University, Kroch Library Rare and Manuscript Collections. Lektorat & Satz: Felix Hoepner, Düsseldorf Printed in Germany Print-ISBN 978-3-8376-3203-3 PDF-ISBN 978-3-8394-3203-7 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: http://www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected]

Inhalt Einleitung | 7

K ONTEXTE . S TADT UND S ICHERHEIT | 13 1. Allgemeine Aspekte | 13 2. Historische und aktuelle Perspektiven | 15 3. Architektur und Stadt | 20 4. Urbanität und Städteschutz | 24 5. Europäische Stadt und Jefferson’sches Ideal | 29

C ASE S TUDY . D EFENSIBLE S PACE | 37 1. Oscar Newman. Otterlo ’59 und Opbouw | 38 2. Grundhaltung und Architekturauffassung | 42 Bezüge und Positionen | 42 Lernen von St. Louis... und von Team X | 50 Von Defensible Space zur »Community of Interest« | 59

3. Defensible Space, 1972 | 62 Struktur und Inhalt | 62 Wohnungsbau und Öffentlichkeit | 66 Pruitt-Igoe und andere Mythen | 75 Hochhaus und Stadt | 83

4. Zusammenfassung. Crime Prevention Through Urban Design? | 94

C ASE S TUDY . C OLL AGE C IT Y | 99 1 . Colin Rowe. Pre-Texas, Texas und Cambridge | 100 2 . Cornell und das Urban Design Studio | 104 Grundlagen und Evolution | 104 Pädagogik und Philosophie | 107 Kontext und Kontextualismus | 111

3 . Collage City, 1978 | 117 Struktur und Inhalt | 117 Disney und andere Fluchtwelten | 123 Zukunft und Tradition | 131 Stadtraum und Stadtgestalt | 136

4 . New York und das Urban Design Studio | 148 Manhattan. Ein Maßstab | 148 Stadt im Park | 152 Lernen von New York | 161 Collage und Stadt | 170

5 . Zusammenfassung. Conjectures on Urban Form | 173

S YNTHESE UND A USBLICK . D IE W IEDEREROBERUNG DES U RBANEN | 179 1 . Rezeption und Wirkungen | 179 2 . Strategien und Kontinuitäten | 186 3 . Urbane Architektur. Auf der Suche nach der verlorenen Sicherheit | 192 Anmerkungsverzeichnis | 199 Dank | 217 Quellen- und Literatur verzeichnis | 219

Einleitung War die Gründung der europäischen Städte noch eng mit dem Bedürfnis nach Schutz und Sicherheit verbunden, stellten im Laufe des 20. Jahrhundert Bedrohungen durch Kriminalität und internationalen Terrorismus sowie der mit der fortschreitenden Industrialisierung und Globalisierung verbundene Wandel von Institutionen und Werten die Stadt als sicheres Zuhause teilweise in Frage.1 Zwar hat sich die Sorge um ›schrumpfende Städte‹ vielerorts längst ins Gegenteil verkehrt, so prägen innerstädtische Verdichtungen und die Transformation brachliegender Industrieareale zu neuen ›urbanen‹ Räumen die gegenwärtige Entwicklung der europäischen Städte,2 jedoch führen der globale Anpassungsdruck und ein wieder erstarktes Bedürfnis nach lokalen und traditionellen Identitätsbezügen im Stadtraum verstärkt zu Widersprüchen, die sich mitunter in Debatten um die Errichtung von Hochhäusern und Infrastrukturen, um den Schutz des kulturellen Erbes oder um die Rekonstruktion historischer Bauten äußern. Vor dem Hintergrund des in der zeitgeschichtlichen Forschung diskutierten Strukturbruchs der 1970er Jahre nimmt die Arbeit konkrete Leitbilder in Architektur und Städtebau in den Blick, die um diese Zeit einsetzten und um Fragen der Urbanität kreisend eine Neubewertung von Qualitäten der alten Europäischen Stadt einleiteten.3 Gemeinsam ist diesen Ansätzen ihr Zweifel am Fortschritts- und Technikoptimismus der vorangegangen Jahrzehnte verbunden mit der Überzeugung, dass architektonische und städtebauliche Strukturen zu positiver Identitätsbildung beitragen können. Die Arbeit argumentiert, dass Erfahrungen von Sicherheits- und Orientierungsverlust infolge eines beschleunigten gesellschaftlichen und technologischen Wandels die Herausbildung maßgeblicher und bis in die Gegenwart wirksamer Leitbilder städtischer Architekturen in den frühen 1970er Jahren entscheidend beeinflusst haben und dass diese Zusammenhänge mit Blick auf die USA und die Stadt New York konkret aufgezeigt werden können. Gegenstand der Untersuchungen sind zentrale Beiträge zur Architekturund Stadtbautheorie der Architekten Oscar Newman (1935-2004) und Colin Rowe (1920-1999) und ihre Entstehung im Kontext langjähriger Lehr- und Forschungstätigkeiten. Newmans 1972 in den USA veröffentlichte Publikati-

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Stadt und Sicherheit

on Defensible Space: Crime Prevention Through Urban Design richtete den Blick auf Zusammenhänge zwischen der Gestaltung verdichteter, innerstädtischer Wohnquartiere und der Ausprägung anthropologisch begründeter Verhaltensweisen ihrer Bewohner. Das Buch war aus einer mehrjährigen, interdisziplinär angelegten, empirischen Studie an der New York University hervorgegangen, die im Rahmen eines nationalen Förderprogramms zur Erforschung kriminalpräventiver Strategien durch das amerikanische Justizministerium finanziert wurde. Newmans Arbeit bildet bis in die Gegenwart eine wichtige Grundlage für Gebäude- und Siedlungsplanungen. Etwa ein Jahr nach Veröffentlichung der Defensible Space-Arbeit verfassten Colin Rowe und sein damaliger Assistent Fred Koetter das Manuskript zu ihrer einflussreichen Schrift Collage City, die zuerst 1975 in gekürzter Form als Aufsatz im britischen Architectural Review und 1978 als Buchfassung in der amerikanischen MIT Press erschien. In einer Randbemerkung nehmen die Autoren darin auf Defensible Space Bezug.4 Zwar stimmen sie Newmans Beobachtungen über die Relevanz städtebaulicher Form im Grundsatz zu, ihr Interesse gilt jedoch weniger soziologischen Zusammengängen als vielmehr Qualitäten gestalterischer Formationen, die sie mittels zeichnerischer Analysen aus historischen Architekturen und Stadträumen ableiten. Ebenso wie für Newman bildete auch für Rowes städtebauliche Entwurfslehre an der amerikanischen Cornell University die Stadt New York seit etwa Ende der 1960er Jahre einen zentralen Bezugspunkt. Eine vergleichende Untersuchung der Arbeiten von Newman und Rowe erscheint aus heutiger Perspektive aus verschiedenen Gründen aufschlussreich, zum einen weil die weitreichenden Wirkungen ihrer unterschiedlichen Ansätze erst gegenwärtig umfassend greif bar werden und zum anderen weil sie grundlegende und für die Gegenwart relevante Zusammenhänge zwischen gesellschaftlichen Wertvorstellungen und der Gestaltung und Wahrnehmung der physisch-materiellen (städtischen) Umwelt thematisieren. Diese Arbeit versteht sich als architekturtheoretische Annäherung an eine interdisziplinäre Thematik im Sinne einer kritischen und kontextuellen Re-Interpretation architekturbezogener Denk- und Suchbewegungen, die sich in Texten, Bildern, Bauwerken und Entwürfen artikulieren.

Forschungsstand Zwar erwies sich Defensible Space früh als richtungsweisend im Bereich kriminalpräventiver Planung und Gestaltung und findet in verschiedenen Weiterentwicklungen auf diesem Gebiet bis in die Gegenwart international Anwendung.5 Innerhalb der Architektur- und Städtebautheorie erfährt die Publikation dagegen bislang insgesamt wenig Beachtung. Einzelne Beobachtungen, insbesondere in Bezug auf die Wohnsiedlung Pruitt-Igoe, wurden von Zeitgenossen hervorgehoben und fließen in den USA früh in Diskurse und öffentliche Debatten über ein vermeintliches ›Ende der Modernen Architektur‹ ein.6 Die

Einleitung

mit Defensible Space verbundenen konkreten gestalterischen Lösungsansätze auf der Ebene von Architektur und Städtebau werden dagegen kaum sachlich diskutiert oder gar als einseitig reaktionäre Haltung zurückgewiesen.7 Wissenschaftliche Untersuchungen konzentrieren sich nahezu ausschließlich auf die Entwicklung kriminalpräventiver Strategien oder fokussieren auf ihre Anwendung und Bewertung in der Praxis.8 In jüngeren Forschungen aus dem Bereich der Soziologie und der integrativen Stadtforschung wird Defensible Space vor allem als einflussreiche Grundlage für die Entwicklung von Siedlungskonzepten hervorgehoben, die auf den Gewinn von Sicherheit durch Formen der sozialräumlichen Segregation privilegierter Bevölkerungsschichten abzielen.9 In der historischen Stadtforschung wird zudem auf einen möglichen Zusammenhang zwischen der Defensible Space-Studie und der in den USA in den 1970er Jahren vollzogenen Abkehr vom öffentlich geförderten Wohnungsbau hingewiesen.10 Der tatsächliche Einfluss der Arbeit auf diese Entwicklung ist jedoch weitgehend ungeklärt. Vor dem Hintergrund aktueller Debatten um den institutionellen Wohnungsbau deutet sich unter amerikanischen Architekturhistorikern ein neuerliches Interesse an Defensible Space an.11 Die konkreten Bedingungen und Einflussfaktoren, die zur Entstehung der Defensible Space-Studie geführt haben, sowie die Rolle und das Selbstverständnis Oscar Newmans als Architekt und Stadtplaner wurden wissenschaftlich bisher kaum näher untersucht. Neue Erkenntnisse sind demnach auch in Bezug auf eine kontextuelle Einordnung von Defensible Space und seines Autors innerhalb des Diskurses zur Stadt und städtischen Architekturen zu erwarten. Aus Sicht der zeitgenössischen Architektur- und Stadtbautheorie wird Collage City als eine der wichtigsten städtebaulichen Abhandlungen des 20. Jahrhunderts eingestuft. Kommentierte Auszüge aus Collage City sind im deutsch- und englischsprachigen Raum in verschiedenen Anthologien und Überblickswerken erschienen.12 Zusammenfassungen und kontextuelle Einordnungen des Werks in Veröffentlichungen aus dem Bereich Architektur- und Stadtbaugeschichte liegen ebenfalls aus deutscher wie aus internationaler Perspektive vor.13 Hervorgehoben wird Collage City unter anderem hinsichtlich seines »revolutionären« und »provokanten« Charakters, der mit Schriften wie Le Corbusiers Vers une architecture durchaus vergleichbar sei.14 Einordnungen der Arbeit erfolgen allgemein mit Bezug zu kontextuellen Stadtbautheorien, aus amerikanischer Perspektive betont in Abgrenzung zu Positionen Robert Venturis, während aus deutscher Sicht Parallelen mit Arbeiten Aldo Rossis hervorgehoben werden.15 Insgesamt überwiegt die Deutung des Collage-Ansatzes als ein vorwiegend auf die formale Beziehung zwischen Stadtbausteinen bezogenes Entwurfsmodell. Andere Forschungen stellen darüber hinaus den Einfluss von Collage City für die zeitgenössische Relevanz von Orten und gestalterischen Konzepten wie dem Ensemble heraus.16 Einzelne Beiträge zu Colin Rowe neh-

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Stadt und Sicherheit

men eine kritische Einordnung der Publikation innerhalb des gesamten Denkund Schaffensprozesses des Autors vor und heben dabei auch Widersprüche zu Rowes frühen Schriften hervor.17 In Bezug auf die Verbreitung der Thesen im deutschsprachigen Raum wird vor allem die Rezeption der Arbeit durch Bernhard Hoesli an der ETH Zürich in den Blick genommen.18 Der konkrete Einfluss von Collage City auf die Entwurfslehre in Zürich ist bisher jedoch kaum systematisch erforscht. Dies gilt ebenso für die Entstehung der Schrift im Zusammenhang mit Rowes städtebaulicher Entwurfslehre an der Cornell University. Veröffentlichungen aus dem unmittelbaren Umfeld des Cornell Urban Design Studios stammend, die Collage City aus diesem Blickwinkel heraus betrachten, sind mit wenigen Ausnahmen, in denen eine kritische Betrachtung gelingt, auffallend deutlich von persönlichen Erfahrungen geprägt.19 Zwar liegen bisher keine umfassenden wissenschaftlichen Untersuchungen der Arbeit vor, insbesondere nicht mit Bezug zu Rowes Entwurfslehre an der Cornell University. Dennoch lässt sich derzeit ein verstärktes Interesse an Collage City und den von der Cornellschule in den 1970er Jahren ausgehenden Impulsen beobachten.20

Forschungsdesign und Erkenntnisziele Die Arbeit ist als komplementäre Case Study-Untersuchung konzipiert und richtet den Blick auf zwei zentrale Werke der Architektur- und Stadtbautheorie aus den frühen 1970er Jahren. Gemeinsam ist den Cases ein Fokus auf die Bedeutung der Stadtgestalt sowie konkrete Bezugnahmen auf die Stadt New York. Unterschiede bestehen vor allem in ihrer jeweiligen Rezeption und Wirkung bezogen auf akademische Theorien und architekturbezogene Praktiken. Die Case Study-Strategie erlaubt die Herausbildung gewandelter Leitbilder städtischer Architekturen in ihren lokalen, zeithistorischen und biografischen Kontexten konkret zu erforschen, individuelle Motive sowie ideelle Einflüsse zu überprüfen und potentiell neue Zusammenhänge zwischen architekturbezogenen und soziokulturellen Phänomenen aufzudecken. Das methodische Vorgehen wird durch traditionelle phänomenologisch-hermeneutische Techniken geleitet und integriert unterschiedliche Forschungen aus architekturgeschichtlichen und architekturheoretischen Zusammenhängen sowie geistes- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen. Im Vordergrund stehen Dokument- und Literaturanalysen sowie Quellenkritik und Interpretationen architekturbezogener Diskurse. Als Primärquellen dienen dabei relevante Veröffentlichungen in Publikationen, Beiträgen in Fachzeitschriften bzw. Rezensionen und archivalische Materialien sowie Befragungen von Zeitzeugen und Vor-Ort-Begehungen. Ziel der Untersuchungen ist nicht, potentiell transferfähige architektonische oder städtebauliche Konfigurationen zu identifizieren, die per se das Sicherheitsempfinden in städtischen Räumen erhöhen. Geklärt werden sollen

Einleitung

vielmehr die Auswirkungen gewandelter Bedürfnisse nach Sicherheit in der Gesellschaft auf die Gestaltung und Wahrnehmung von städtischen Räumen und Architekturen. Der Blick richtet sich auf die Ursachen, Bedingungen und theoretische wie praktische Implikationen der Suche nach neuen Leitbildern in Architektur und Städtebau. Vor dem Hintergrund des angenommenen Strukturbruchs in den 1970er Jahren erlaubt der Fokus auf die Großstadt New York die Überlagerung von gesellschaftlichen wie kulturellen Wand lungsprozessen und Ausdrucksformen eines veränderten Bedürfnisses nach Sicherheit in der Architektur konkret in den Blick zu nehmen. Es wird danach gefragt, wie und warum ausgerechnet hier das Modell der alten europäischen Stadt zu einem zentralen Bezugspunkt wurde. Die Arbeit liefert aus heutiger Perspektive neue Erkenntnisse und Anknüpfungspunkte zur Frage nach der Bedeutung individueller und gesellschaftlicher Wertvorstellungen als Maßstab und Motiv architektonisch-gestalterischen Handelns. Die Case Study-Untersuchungen (Kapitel 2 und 3) folgen einem vergleichbaren Auf bau. Die Publikationen Defensible Space und Collage City werden in ihren weiteren Entstehungskontexten kritisch reflektiert. Den Textanalysen wird jeweils eine Untersuchung relevanter Vorarbeiten und Veröffentlichungen sowie eine Charakterisierung zentraler Positionen der Autoren vorangestellt. Der Blick richtet sich auf den intellektuellen Hintergrund und die Herausbildung konkreter Arbeitsmethoden sowie auf den Einfluss zeitgenössischer Beiträge aus Architektur, Städtebau, den Gesellschafts- und Sozialwissenschaften. Im Einzelnen fragt die Untersuchung der Publikationen nach Charakterisierungen von Architektur und Stadt sowie nach inhaltlichen-ideologischen Aussagen zum Gesellschaftsbild und zu allgemeinen Wertvorstellungen, die als Ausgangspunkte der inhaltlichen Argumentationen erkannt werden können. Dargelegt werden sollen neue Erkenntnisse über Motive und Hintergründe der Arbeiten, über zeitgeschichtliche Zusammenhänge, diskursbezogene Verweise sowie transdisziplinäre Einflüsse und Transfers. Welche Ziele und Absichten werden von den Autoren verfolgt und welche Strategien und konkrete Handlungsweisen sind in den Ausführungen enthalten, die Vorstellungen von Sicherheit implizit oder explizit miteinschließen? Der Blick richtet sich hier insbesondere auf Wertvorstellungen von Fortschritt und Tradition sowie auf Darstellungen stadträumlicher und architektonischer Gestaltungsmerkmale. Gefragt wird auch nach der Rolle der Stadt New York als konkreter Bezugspunkt für Charakterisierungen von Stadt und Sicherheit. Die Case Study Collage City wird durch die Auswertung bisher unveröffentlichter Entwurfsarbeiten aus dem Cornell Urban Design Studio ergänzt. Die Auswahl beschränkt sich auf Arbeiten mit einem Fokus auf die Stadt New York. Gegenüber den in der Publikation Collage City theoretisch formulierten Ansätzen richtet sich der Blick hier auf die Herausbildung konkreter entwerferischer Lösungsstrategien. Auf diese Weise lässt sich eine Vergleichbarkeit mit den in Denfensible

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Space erläuterten Gestaltungsprinzipien und beispielhaften Entwurfsarbeiten herstellen. Die Case Study-Untersuchungen sind eingebettet in übergreifende Kontextualisierungen unter Einbezug geistes-, sozial- und kulturwissenschaftlicher Forschungen und Erkenntnisse (Kapitel  1). Einleitend erfolgen daher Annäherungen an die Thematik »Stadt und Sicherheit« aus historischer und aktueller Perspektive sowie Charakterisierungen zentraler Entwicklungen und Diskurse in Architektur und Städtebau, die um 1970 mit einer Hinwendung zum Modell der alten europäischen Stadt verbunden waren. Mit Blick auf den Strukturbruch der 1970er Jahre wird auch nach den politischen, ökonomischen und soziokulturellen Bedingungen und ihren Implikationen von Sicherheit gefragt, zunächst ausgehend von der Situation in Europa und abschließend bezogen auf den spezifischen Hintergrund in den USA und in der Stadt New York. Auf bauend auf den Ergebnissen der Case Study-Untersuchungen sollen abschließend auch mit Blick auf unterschiedliche Wahrnehmungen in Europa und den USA die Rezeption und Wirkungen von Defensible Space und Collage City bezogen auf zeitgenössische Diskurse und Praktiken charakterisiert und diskutiert werden (Kapitel 4). Gefragt wird insbesondere nach Strategien und Kontinuitäten auf der Ebene von Architektur und Städtebau, die Anknüpfungspunkte für aktuelle Entwicklungen und Fragestellungen bieten. Mit Blick auf die wechselseitigen Überlagerungen zwischen soziokulturellen und architektur- und stadtbezogenen Wandlungsprozessen erfolgt eine Synthese übergreifender Erkenntnisse aus den Case Studies abschließend unter Einbezug von Diskursen über eine »Reflexiven Modernisierung«.

Kontexte. Stadt und Sicherheit 1. A LLGEMEINE A SPEK TE Stadt und Sicherheit als Diskursfelder verschiedener Fachdisziplinen stehen heute im Blickpunkt zentraler Debatten um die Zukunftsfähigkeit von Mensch und Umwelt. Aus Sicht der Architekturforschung ergeben sich verschiedene Berührungspunkte und Bezugsebenen zu der Thematik. Das Kapitel beleuchtet einleitend Annäherungen an Zusammenhänge von Stadt und Sicherheit aus historischer und aktueller Perspektive.1 Der Blick richtet sich weitergehend auf Entwicklungen in Architektur und Städtebau, die westlichinternational um 1970 einsetzten und um den Begriff der Urbanität kreisend eine Neubewertung von Qualitäten der alten europäischen Stadt einleiteten. Gefragt wird zudem nach den politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und ihren Implikationen von Sicherheit, unter denen sich der Wandel von architektonischen und städtebaulichen Leitbildern vollzog. Abschließend richtet sich der Fokus auf die besondere kulturelle Situation in den USA und in der Stadt New York, die für die Untersuchung der Case Studies einen konkreten Hintergrund bildet. Zur Begrifflichkeit von Stadt und Sicherheit seien zunächst einige allgemeine Bemerkungen vorangestellt. Einen zentralen Bezugspunkt für die Untersuchung bilden das Modell der alten oder ›traditionellen‹ europäischen Stadt und die Eigenschaften ihrer Erscheinungsform als Vermittler von Orientierungs- und Sicherheitserfahrungen. Wenngleich sich der Begriff der europäischen Stadt kaum eindeutig bestimmen lässt, können dem Modell als ideellem Bezugspunkt physisch-gestalterische sowie sozialräumliche Qualitäten zugeschrieben werden, die sich in der Differenz zu nicht-städtischen Räumen sowie zu Städten anderer Kulturräume begründen und in ihren Grundzügen bis in die Gegenwart Wirksamkeit besitzen.2 So äußert sich die politische und ökonomische Emanzipationsgeschichte der Stadt im Alltag auch materiell in der Präsenz historischer baulicher Strukturen. Zudem manifestiert sich eine Polarität von Öffentlichkeit und Privatheit als Merkmal der urbanen Lebenswelt konkret in architektonischen wie städtebaulichen Elementen, die eine Zugänglichkeit oder Exklusivität von Räumen physisch und symbolisch

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markieren. Zentralität, Größe, bauliche Dichte sowie funktionale und soziale Durchmischung kennzeichnen die Stadt im Gegensatz zum ländlichen Raum. Eine sozialstaatlich regulierte Stadtplanung zeigt sich im Vorhandensein öffentlicher, kultureller und kommunaler Bauwerke und Infrastrukturen. In morphologischer Hinsicht tritt das Konzept der europäischen Stadt innerhalb dieser Arbeit einerseits als Gegenmodell zu Ansätzen der Klassischen Moderne hervor, insbesondere wie sie mit Le Corbusiers Arbeiten zur »Ville Radieuse« verbunden werden, andererseits als Gegenmodell zu zeitgenössischen Phänomenen, wie der marktförmig organisierten »Global City« nach US-amerikanischem Vorbild.3 Ungeachtet ihrer grundsätzlichen Verschiedenheit unterscheiden sich »Ville Radieuse« wie »Global City« vom Modell der europäischen Stadt durch eine Konzentration freistehender Hochhäuser im Stadtzentrum, durch eine räumliche Trennung der Funktionen Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Verkehr sowie durch eine weitgehende Entgrenzung bzw. Auflösung des öffentlichen Raums. Der Begriff Sicherheit ist mit der Entwicklung der europäischen Städte und des europäischen Staatenwesens eng verbunden und wird heute als »universell einsetzbarer normativer Ausdruck« in verschiedensten Zusammenhängen verwendet.4 Als politisch-rechtlicher Begriff entwickelt sich Sicherheit zunächst im Kontext des Militärwesens, hier auch auf die Befestigung von Städten bezogen, und differenziert sich mit der Herausbildung des Rechtsstaats und im Zusammenhang mit der sozialen Frage des Industriesystems.5 Gegen Ende des 19. Jahrhunderts, das von Stefan Zweig noch als »das goldene Zeitalter der Sicherheit« charakterisiert wurde, rücken Prävention oder Kompensation sozialer und technischer Unsicherheiten stärker in den Vordergrund der Begriffsfassung.6 Vor dem Hintergrund erheblicher gesellschaftlicher und sozialer Umbrüche kennzeichnet eine Spannung zwischen der Erfahrung des Versagens von Sicherheit in politischer und sozialer Hinsicht und einem umso stärkerem Bedürfnis nach Sicherheit die Entwicklung in den westlichen Staaten seit den 1970er Jahren.7 So hatte der Soziologe Franz-Xaver Kaufmann bereits früh erkannt, dass die »Bemühungen um mehr Schutz und Sicherheit […] mit einer gewissen Zwangsläufigkeit gleichzeitig mehr Komplexität, größere Orientierungsschwierigkeiten und damit neue Verunsicherung« erzeugten.8 Sicherheit als Kompensation für eine ›verlorene Ganzheit‹ war somit in der öffentlichen Debatte zum Thema des 20. Jahrhunderts geworden. Grundsätzlich bezeichnet Sicherheit (lat. securus, se=ohne cura=Sorge) entweder einen objektiv bestimmbaren bzw. rechtlich definierten Zustand des Geschütztseins oder in psychologisch-subjektiver Hinsicht ein Gefühl des Geborgenseins.9 Ursprünglich als Grundbegriff der politisch-sozialen Sprache gebraucht, findet Sicherheit gegenwärtig in verschiedensten Wissensbereichen immer häufiger Anwendung. Der Staat als Schutzgewalt leistet heute Sicherheit in Form von Rechtsschutz und sozialer Absicherung sowie polizeilicher

Kontexte

Verbrechensbekämpfung und der Sicherung nationaler Grenzen. Maßnahmen der zivilen Sicherheit bezogen auf Gefährdungen, Bedrohungen und Risiken durch Kriminalität, Terrorismus oder Katastrophen können sich auch unmittelbar auf bautechnische oder baukonstruktive sowie bau- und planungsrechtliche Vorgaben auswirken. Eine Differenzierung von Sicherheit könnte in Anlehnung an die englischen Begriffe »security« [im Sinne sozialer oder staatlicher Absicherung], »safety« [Schutz vor Gefahren und Bedrohungen] und »certainty« [Gewissheit beispielsweise im Sinne gesicherten Wissens oder tradierter Normen und Werte] vorgenommen werden. Im soziologischen Diskurs hat sich in den 1990er Jahren auch der Begriff der »ontologischen Sicherheit« etabliert. Anthony Giddens bezeichnet damit »das Zutrauen der meisten Menschen zur Kontinuität ihrer Selbstidentität und zur Konstanz der sie umgebenden sozialen und materiellen Handlungswelt.«10 Der Begriff umschreibt ein Vertrauen in Gewohnheiten und Kontinuitäten – auch auf die physische Umwelt bezogen. Sicherheit als Erfahrungsphänomen kann in dieser Hinsicht auch mit Aspekten der räumlichen Orientierung und Identifikationsfähigkeit von baulichen Strukturen verbunden werden. Sichere Räume zeichnen sich nicht allein durch technische Eigenschaften, sondern auch durch eine spezifische Gestaltung und Ordnung der physischen Elemente aus. In dieser Arbeit wird der Begriff Sicherheit bewusst offen und bezogen auf Architektur und Städtebau in einer über seine enge baurechtliche und bautechnische Bestimmung hinausgehenden Bedeutung verwendet.

2. H ISTORISCHE UND AK TUELLE P ERSPEK TIVEN Seit je her sind Stadt und Sicherheit auf das Engste miteinander verknüpft. »Die Stadt beginnt als Hohlraum«, schrieb der spanische Philosoph José Ortega y Gasset (1883-1955) im frühen 20. Jahrhundert, »und alles Weitere ist Vorwand, um dies Hohl zu sichern, seinen Umriss abzustecken.«11 Tatsächlich war die Gründung und Entwicklung der europäischen Städte von Beginn an mit dem Ziel verbunden, Sicherheit herzustellen und zu erhalten, und zwar nach innen wie nach außen.12 Die Schutzfunktion der Stadt äußerte sich in den mittelalterlichen Befestigungen sowohl sozialräumlich, beispielsweise in der Verpflichtung der Bewohner zu militärischen Leistungen, andererseits in baulich-räumlichen Manifestationen wie der Stadtmauer oder dem Zollhaus.13 Mit der Ausweitung von Städten entstanden neue konzentrisch verlaufende Stadtmauern, deren Errichtung den größten Teil der öffentlichen Ausgaben ausmachte.14 Die bis in die Gegenwart mit dem Bild der europäischen Stadt verbundene baulich-räumliche Konzentration lässt sich unmittelbar auf die Notwendigkeit mittelalterlicher Städte zurückführen, den vorhandenen Raum

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innerhalb der Mauern möglichst dicht zu bebauen, um eine Neuerrichtung der Stadtmauer hinauszuzögern. Im Verlauf der Neuzeit verlieren die Mauern ihre Funktion als Grenzbefestigung zum Schutz der Zollrechte und allein die Zollstation als architektonisches Element markiert fortan die Grenze zwischen Stadt und Umland. Ungeachtet dessen, blieb die Notwendigkeit von äußeren wie inneren Grenzlinien lange Zeit unbestritten.15 Erst mit der schnellen Entwicklung und räumlichen Ausdehnung der europäischen Städte im 20. Jahrhundert verschwand die Lesbarkeit klarer Konturen und das Bild der Stadt als ›Ganzes‹. Die mit der französischen Revolution verbundenen politischen und gesellschaftlichen Umbrüche wie die Einführung des metrischen Systems und die Verbreitung des gregorianischen Kalenders führten in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zu neuen Wahrnehmungen von Raum und Zeit.16 Mit der Spürbarkeit des Wandels und der Entstehung eines modernen Geschichtsbewusstseins waren zugleich neue Unsicherheiten verbunden. So äußerten sich in den europäischen Städten des 19. Jahrhunderts neue Ordnungsstrategien nicht nur politisch-administrativ, sondern auch baulich-räumlich, auf städtebaulicher Ebene wie in neuen Gebäudetypologien. Den Gefahren von öffentlicher Unruhe, Krankheit und Unordnung wurden vermeintlich ›sichere‹ Räume entgegengestellt.17 Die Planungen von Georges-Eugène Haussmann (1809-1891) für Paris zwischen Mitte des 19. Jahrhunderts sahen eine Neuordnung der Stadtteile durch breite und rasterförmige Achsen vor und dienten der Herstellung von Übersichtlichkeit, Sauberkeit und Verkehrsfluss.18 In der Architektur zeigte sich eine zunehmende Rationalisierung und Funktionalität in Wohnbauten ebenso wie in neuen Typen von Schulen, Krankenhäusern, Anstalten und Gefängnissen. Michel Foucault (1926-1984) sah in diesen Ordnungsstrategien eine »Raumordnung der Macht«, mit der die Sicherheitsfunktion der Stadt konkrete Gestalt annahm.19 Dem Grundprinzip einer »räumlichen Verschachtelung hierarchisierter Überwachungen« folgend, tragen sie gezielt zur Erziehung und Disziplinierung der Bürger bei. Mit der Industrialisierung und zunehmenden Urbanisierung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts waren neue Unsicherheiten und Ungewissheiten verbunden, die entsprechende Antworten in Architektur und Städtebau erforderten. Die prekären Arbeits- und Lebensbedingungen in den Industriestädten, aber auch die Veränderung von Produktionsprozessen sowie eine zunehmende Flexibilisierung und Spezialisierung aller Lebens- und Wissensbereiche zogen einen Wandel von Leitbildern und Praktiken nach sich.20 Sicherheit durch Vertrauen in Wissenschaft und technologischen Fortschritt äußerte sich in idealen und universellen Modellen und Zukunftsentwürfen, wie in der Suche nach neuen Baustoffen, Konstruktionsweisen und Raumkonzepten. Das Streben nach Sicherheit, Kontrollierbarkeit und Planung stand dabei zunehmend in einem Spannungsverhältnis zum Wert der Freiheit, dem

Kontexte

Wunsch nach Anonymität und dem Bedürfnis nach individuellen Nischen, die ebenfalls seit jeher mit dem Versprechen der Europäischen Stadt verbunden waren.21 Diese Dimension prägt die Stadt auch im Zeitalter der globalisierten Metropolen. Der in den Geschichtswissenschaften jüngst vermutete Strukturbruch der 1970er Jahre war in seinen vielfältigen Facetten in hohem Maße mit Orientierungsunsicherheit verbunden, aus der eine verstärkte Suche nach Sicherheit resultierte.22 Neue Bedrohungen von außen, vor allem durch den internationalen Terrorismus, mögen dazu ebenso beigetragen haben, wie der mit der beschleunigten Globalisierung und neuen Kommunikationssystemen und -technologien verbundene Wandel von Institutionen und Werten, Raumkonzepten und -wahrnehmungen.23 Diese Entwicklungen traten, wie in den Sozialwissenschaften teilweise angenommen wird, in den Städten, vor allem Großstädten, in verdichteter Form hervor.24 Seit den 1970er Jahren richtet sich der Fokus verstärkt auf Zusammenhänge von Stadt und Sicherheit, die Prozesse der stadträumlichen Segregation und Gentrifizierung sowie neue Formen der sozialen Kontrolle betreffen. Tendenzen der Suburbanisierung und Privatisierung, aber auch eine gesteigerte Wertschätzung historischer Baustrukturen und kultureller Identitäten werden als Reaktionen auf diffuse Ängste und kollektive Verunsicherung zurückgeführt, die aus der gesteigerten Globalisierung und räumlichen Mobilität resultieren.25 Ein verstärktes Bedürfnis nach Rückzug ins Private, auch in virtuelle Räume und Fantasiewelten, sowie die Entstehung neuer, vielfältiger Konsumund Freizeitangebote außerhalb der Innenstädte werden als Phänomene dieser Entwicklungen erkannt. Gegenwärtige Diskurse in Architektur und Stadt fokussieren daher verstärkt auf Gated Communities, Wissenschafts- und Wirtschaftsparks, auf Typologien wie Shopping Malls, Sportstätten, Flughäfen und Bahnhöfe sowie konkret auf physisch-gestalterische Aspekte wie Zugänge und Materialien als Mittel zur Abgrenzung.26 Die Kontrolle städtischer Räume und öffentlicher Einrichtungen durch Videoüberwachung (CCTV) sowie durch diverse Formen von Zugangsbeschränkungen und unsichtbaren Barrieren beeinflussen Bewegungs- und Verhaltensweisen im Raum zunehmend unbewusst.27 Die Entwicklung neuer Sicherheitstechnologien konzentriert sich heute vor allem auf Körperfunktionen und genetische Muster. Der Zusammenhang zwischen Körper- und Raumbild sowie dessen Auswirkungen auf die Erfahrung von Sicherheit im städtischen Raum wird dabei als historische Konstante begriffen.28 So wurden Vorstellungen vom Körper als Kreislauf, als neuronale und genetische Netzwerke, sowie Körpergeometrie und -maßstab wiederholt auf die Gestaltung von Architektur und Stadt projiziert. Während seit den 1960er Jahren die Lesbarkeit städtischer Strukturen zur Stärkung der Orientierung im Stadtraum in den Vordergrund gestellt worden war, äußern Beobachter die Vermutung, dass die neuen technologischen Ordnungs- und

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Überwachungsmechanismen dazu beitragen, unsichere Räume im Sinne unbekannten Terrains zunehmend aus der physischen Stadt in den virtuellen Raum zu verlagern.29 Angesichts der neuen elektronischen Medien und unübersichtlichen Kommunikationsnetzwerke sehe sich die Gesellschaft erneut mit Ängsten und Orientierungsschwierigkeiten konfrontiert, wie sie bereits seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert bezogen auf die europäische Großstadt geäußert wurden. Konkrete Zusammenhänge zwischen Stadt und Sicherheit mit Bezug zur Kriminalitätsprävention werden seit den 1970er Jahren verstärkt von den Planungswissenschaften, vor allem in Großbritannien und den USA, betont.30 Das Thema »Sicherheit durch Stadtgestaltung« erhält in Deutschland etwa seit den 1990er Jahren Einzug in den breiteren Diskurs über Innere Sicherheit.31 Bereits 1961 beobachtete Jane Jacobs (1916-2006), dass Sicherheit mit der Herstellung von Öffentlichkeit eng verbunden ist und eine natürliche Kontrolle durch die Aufmerksamkeit von Stadtbewohnern und Passanten im Straßenraum zu erreichen sei.32 Jacobs stellte insbesondere die Bedeutung von straßenseitig orientierten Gebäuden und gewerblichen Nutzungen in den Erdgeschosszonen von Wohnhäusern für das Sicherheitsempfinden auf Bürgersteigen heraus. Die von Jacobs in diesem Zusammenhang formulierte Kritik an der architektonischen Gestaltung öffentlich geförderter Wohnkomplexe in den amerikanischen Großstädten wurde früh auch von anderen Autoren geäußert wie beispielsweise von der damaligen Leiterin der Chicagoer Wohnungsbaubehörde Elizabeth Wood.33 Maßgeblich auf den von Jacobs beschriebenen Beobachtungen auf bauend entwickelte Oscar Newman im Rahmen seiner Defensible Space-Studien konkrete Maßnahmen in Form von städtebaulichen Gestaltungsvorschriften, die das Verhalten von Bewohnern und Fremden beeinflussen und auf diese Weise kriminellen Handlungen vorbeugen könnten.34 Von Jacobs Überlegungen unterscheiden sich Newmans Defensible SpaceAnsatz und darauf auf bauende Konzepte vor allem durch eine stärkere Gewichtung funktional und sozial homogener Nutzungskonzepte.35 Anthropologische Mechanismen wie die territoriale Anordnung und Gestaltung physisch-räumlicher Strukturen tragen nach dem Defensible Space-Ansatz zu einer natürlichen sozialen Kontrolle der Umwelt bei, indem sie ›verteidigte‹ wie ›verteidigungsfähige‹ Räume symbolhaft kennzeichnen.36 Unterschieden werden von Newman verschiedene Mechanismen, die unter den Oberbegriffen »Territorialität«, »Natürliche Überwachung« sowie »Image und Milieu« gefasst werden. Dem Ansatz liegt die soziologisch begründete These zugrunde, dass bestimmte baulich-gestalterische Konfigurationen Verhaltensweisen von Bewohnern wie Fremden ermöglichen und aktiv unterstützen, die zur Verhinderung von kriminellen Handlungen beitragen. In späteren Arbeiten richtet Newman den Blick stärker noch auf soziale Aspekte, wie die Unterscheidung von Bewohnern nach demografischen, ökonomischen und kulturellen Fakto-

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ren verbunden mit der auch kontrovers diskutierten These, dass enge Kontakte zwischen Bewohnern vergleichbaren Alters und ähnlicher Lebensstile sich positiv auf das Sicherheitsempfinden innerhalb von Wohngebieten auswirkten.37 Mit Blick auf die Weiterführung dieser Argumente durch amerikanische und britische Kriminologen wird Defensible Space in der stadtsoziologischen Forschung mitunter als Wegbereiter für das Modell der in den USA verbreiteten »Gated Community« hervorgehoben.38 Vergleichbare Konzepte, die konkret auf die Gestaltung der physisch-räumlichen Umwelt zurückgehen, verfolgten beispielsweise Alice Coleman sowie Ron Clarke und Patricia Mayhew in Großbritannien.39 Während Coleman Ursachen für kriminelle Handlungen und Vandalismus allein in der Gestaltung von Gebäuden und Straßenzügen sieht, basieren die von Clarke und Mayhew entwickelten Konzepte einer »situativen Kriminalprävention« vor allem auf dem Gedanken des Raums als Handlungsort, der situationsbedingt Entscheidungen potentieller Straftäter beeinflusst. Sicherheit lässt sich demnach durch Strategien der physischen Handlungsbeeinflussung, beispielsweise Zugangssperren, sowie durch Erhöhung des Beobachtungs- oder Bestrafungsrisikos erreichen.40 Zusammenfassen lassen sich die verschiedenen Ansätze unter dem Begriff »Crime Prevention Through Environmental Design« (CPTED). CPTED geht ursprünglich auf ein Konzept des amerikanischen Kriminologen C. Ray Jeffrey und dessen gleichnamige Publikation von 1971 zurück, der Begriff wird jedoch in der Literatur kaum eindeutig verwendet.41 Die weitere Entwicklung dieser Konzepte ist von einer zunehmend verwissenschaftlichten und stärker interdisziplinären Herangehensweise geprägt.42 Aspekte des Quartiersmanagements und der Sozialplanung erweitern dabei das ursprünglich auf Gestaltungsfaktoren ausgerichtete CPTED-Konzept. Die zweite Generation von CPTED zeichnet sich durch einen ›ganzheitlichen‹ Ansatz aus, der sowohl physische als auch soziale und ökonomische Gesichtspunkte miteinbezieht und auf die Herstellung nachhaltiger Bewohnerstrukturen zielt.43 Der ursprüngliche Fokus von Defensible Space auf Wohngebäude verschiebt sich mit der Entwicklung von CPTED verstärkt auf kriminalpräventive Konzepte für Stadtplanung insgesamt und bezieht dabei unterschiedliche private und öffentliche Orte und Nutzungen mit ein.44 Newmans Argumente wurden insbesondere durch den britischen Kriminologen Barry Poyner (Design Out Crime, 1983) sowie durch den amerikanischen Kriminologen Timothy Crowe (Crime Prevention Through Environmental Design, 1991) fortgeführt und finden unter dem Begriff CPTED bis in die Gegenwart Anwendung.45 Der dänische Architekt Bo Grönlund hat sich kritisch mit der Frage nach Akzeptanz von kriminalpräventiven Maßnahmen durch die Bevölkerung sowie durch Architekten und Bauträger auseinandergesetzt und dabei eine erhebliche Diskrepanz zwischen statistisch nachweisbaren Kriminalitätsraten und einer durch die mediale Aufmerksamkeit gesteigerten Empfindung von

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Unsicherheit beobachtet.46 Die Anwendung von CPTED in der Praxis habe, so Grönlund, häufig zu ›traditionellen‹ Architekturtypen und -formen geführt und werde von Architekten zum Teil als Kritik an der Architektur der Klassischen Moderne sowie als Einschränkung der eigenen Gestaltungskompetenz wahrgenommen. Die in Ansätzen kriminalpräventiver Planung und Gestaltung angedeutete implizite Kritik an architektonischen und städtebaulichen Praktiken in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts geht auch mit grundsätzlichen Strömungen innerhalb der Disziplin einher, die bereits seit Ende der 1950er Jahre mit der Suche nach neuen Leitbildern in Architektur und Städtebau verbunden waren. Newmans Defensible Space-Arbeit kann dabei als Schnittstelle und Übergang zwischen einer kritischen architekturtheoretischen Perspektive und einer auf Kriminalprävention gerichteten Planungspraxis erkannt werden.

3. A RCHITEK TUR UND S TADT Die bis in die späten 1960er Jahre westlich-international herrschende Wachstumseuphorie war in Architektur und Städtebau vielfach verbunden mit Programmen zur Stadtsanierung, großmaßstäblichen Neubauten und Verkehrsanlagen sowie mit der Beseitigung alter Stadtgrundrisse.47 Seit etwa Mitte der 1960er Jahre kam es dagegen verstärkt zur Kritik an der architektonischen und städtebaulichen Praxis dieser Zeit. Alexander Mitscherlich beklagte hierzulande früh die Unwirtlichkeit unserer Städte (1965) während in den USA die ungefähr zeitgleich erschienenen Publikationen von Lewis Mumford (1961) aus stadtgeschichtlicher Perspektive und von Jane Jacobs (1961) aus stadtsoziologischer Sicht zu den einflussreichsten Kritiken zählen.48 Jacobs Forderung nach einer Rückbesinnung auf die Qualitäten urbaner Nutzungsmischung und traditioneller Straßennachbarschaften, wie auf die Bedeutung des öffentlichen Raumes und historischer Baustrukturen erreichte früh auch eine breitere Öffentlichkeit. Im europäischen Raum warnten einflussreiche Wissenschaftler, beispielsweise Jürgen Habermas und Richard Sennett, früh vor den Folgen eines weiteren Verlustes an öffentlichem Raum.49 Innerhalb der Architekturdisziplin verwiesen Kritiker angesichts des Ausmaßes der Stadtzerstörung früh auf mögliche Auswirkungen der gewandelten Umwelt auf den Menschen sowie auf die ökonomischen Folgen zunehmender Stadtflucht.50 Denkmalpfleger forderten städtische Schutzzonen nach britischem Vorbild und setzten den Städteschutz mit Maßnahmen des Umweltschutzes gleich.51 Die Kritik richtete sich hierzulande anfänglich gegen das Modell der »gegliederten und aufgelockerten Stadt« und wurde wenige Jahre später im Hinblick auf veränderte Leitbilder, wie das der »Urbanität durch Dichte«, neu formuliert.52

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Die Selbstkritik innerhalb der Architektur- und Städtebaudisziplin ging vielfach einher mit einem Zweifel am Fortschritts- und Wissenschaftsoptimismus der Moderne, an ihrer Technikeuphorie und dem Hang zur formalen Abstraktion.53 Die Sprengung der von Kriminalität und Vandalismus gezeichneten Wohnsiedlung Pruitt-Igoe in St. Louis im Sommer 1972 wurde in der Disziplin weithin als Weckruf wahrgenommen und der amerikanische Architekt Charles Jencks verkündete hiernach polemisch den »Tod der modernen Architektur«.54 In diesem Zusammenhang wurde wiederholt auf Orientierungsschwierigkeiten innerhalb der Disziplin verwiesen, die vielerorts mit einem Bedeutungsgewinn der architekturtheoretischen Forschung einherging.55 In Deutschland äußerte sich ein Umdenken früh in Schlagworten wie der »Revision der Moderne«.56 Dagegen wird in der gegenwärtigen Forschung der einsetzende Prozess einer »Selbstkritik der Moderne« oder »Reflexiven Moderne« betont, unter anderem in Anlehnung an den von Ulrich Beck in den sozialwissenschaftlichen Diskurs eingebrachten Begriff der »Reflexiven Modernisierung«.57 Maßgebliche Entwicklungen in Architektur und Städtebau bis in die Gegenwart lassen sich kaum unabhängig von den konkreten Umbrüchen um 1970 bewerten. In der Disziplin setzen in dieser Zeit verschiedene Diskurse und Kontroversen im Umgang mit der Stadt und städtischen Architekturen ein, die geprägt waren von der Suche nach neuen Grundsätzen und Leibildern und der Hinwendung zu einer stärker theoretischen Auseinandersetzung.58 Die hohe Zahl an Veröffentlichungen architekturtheoretischer Beiträge seit Ende der sechziger Jahre ging einher mit der Gründung zahlreicher neuer Zeitschriften und akademischen Journale sowohl in Europa als auch in den USA. Eine zunehmende Institutionalisierung der Architekturtheorie zeigt sich auch in der Neugründung von unabhängigen Lehr- und Forschungseinrichtungen, beispielsweise das Institut für Architekturgeschichte an der Universität Venedig (IAUV, seit 1968) und das Institute for Architecture and Urban Studies in New York (IAUS, 1967-85). Programme, Konferenzen, Ausstellungen und Publikationen dieser Institute bestimmten maßgeblich den architekturtheoretischen Diskurs dieser Zeit. Eine Vielzahl von Ausstellungen, die Förderung von Gastaufenthalten und die Übersetzung wichtiger Schriften trugen zusätzlich zum internationalen Austausch von Theorien und Positionen bei. Die Suche nach neuen Konzepten in Architektur und Städtebau kreiste seit Beginn der 70er Jahre insbesondere um das Ideal der traditionellen europäischen Stadt und tatsächliche oder vermeintliche Qualitäten, die europäischen Innenstädten zugeschrieben wurden. Neben Merkmalen wie Dichte und soziale und funktionale Mischung und der klaren Abgrenzung von öffentlichen und privaten Räumen wurden von Architekten vor allem die in der Form von Plätzen, Straßen und Bauwerken enthaltenen individuellen und kollektiven Erinnerungen als bedeutend hervorgehoben.59 Diskurse über die europäische

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Stadt reichten von Arbeiten zu Typus und Typologie über die Anpassung an bestehende Baustrukturen bis zur denkmalgeschützten Erhaltung und der Rekonstruktion historischer Gebäude. Mit dem europäischen Denkmalschutzjahr 1975 wurde die Diskussion um Erhalt und Reparatur von Altstädten und historischen Gebäudegruppen auch in die breite Öffentlichkeit getragen. Dem Begriff des Ensembles im Sinne geschlossener und in der Wahrnehmung zusammenhängender Gebäudestrukturen, auch im Sinne eines Nebeneinanders von Alt- und Neubauten, kommt seit dieser Zeit eine wichtige Bedeutung in der Debatte zu.60 Auch die erste internationale Architekturausstellung 1980 in Venedig unter dem Titel »The Presence of the Past« fokussierte auf die Bedeutung der kulturellen und historischen Dimension von Stadt und Stadträumen.61 Die zu diesem Anlass errichtete »Strada Novissima«, eine von zwanzig Einzelfassaden gesäumte Straße innerhalb des Corderie dell’Arsenale, verlieh dem Gedanken der Straße als formendes Element der Stadt auch räumlich und plastisch Ausdruck.62 Im Rahmen der Internationalen Bauausstellung (IBA) 1984 in Berlin wurden seit 1979 von westlich-international anerkannten Architekten Projekte realisiert, die unter den Leitbildern der »Kritischen Rekonstruktion« (Josef Paul Kleihues) und der »Behutsamen Stadterneuerung« (Hardt-Waltherr Hämer) das Weiterbauen der historischen Innenstadt sowie das Nebeneinander von Altbaubeständen und Neubauten im Sinne eines raumbetonenden Städtebaus thematisierten.63 Einen bis in die Gegenwart einflussreichen Beitrag zur Bedeutung städtebaulicher Gestaltung, bezogen auf die europäische Stadt, leistete vor allem der Architekt Aldo Rossi (1931-1997) gemeinsam mit Mitgliedern der italienischen Gruppe La Tendenza. In seiner Arbeit L’architettura della città [Die Architektur der Stadt] von 1966 stellte Rossi konkret die Bedeutung und Beständigkeit von städtischen Typologien heraus.64 Die Forderung nach einer Rückkehr zu originären Methoden in Architektur und Städtebau richtete sich ebenso gegen den Verlust räumlich-kontextueller Bezüge wie gegen eine einseitige Fixierung auf funktionale oder ökonomische Bedürfnisse. Der Architekt Vittorio Gregotti sowie der Architekturhistoriker Manfredo Tafuri (1935-1994) leisteten weitere wichtige Beiträge zur italienischen La Tendenza und im Umfeld des IAUV in Venedig. Die von Rossi 1973 in Mailand organisierte Ausstellung »Architettura razionale« und die im gleichen Jahr erschienene deutsche Übersetzung seiner Schrift L’architettura della città trugen weit über den italienischen Sprachraum hinaus früh zur Verbreitung von Rossis stadtmorphologischen Überlegungen bei.65 Während dieser Zeit formierte sich um den Luxemburger Léon Krier eine Gruppe von Architekten und Theoretikern, die sich die Wiedererrichtung der europäischen Stadt zum Ziel setzten und mit ihren Arbeiten ebenfalls erhebliche internationale Aufmerksamkeit erreichten.66 Inspiriert durch die Arbeiten

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von Henri Lefebvre (1901-1991) und Bernard Huet (1932-2001) in Frankreich, aber auch durch die Forschungen von Christopher Alexander in den USA, war die Bewegung zunächst aus dem Umfeld der Architekturschule La Cambre in Brüssel hervorgegangen und veröffentlichte im Jahr 1978 ihre erste gemeinsame Erklärung unter dem Titel »A European Declaration: Reconstructing the City«.67 Die architektonisch-städtebaulichen Arbeiten der Gruppe zielten auf eine Orientierung an Proportionen und Dimensionen vorindustrieller Stadtstrukturen, aber auch auf die Imitation traditioneller Architekturformen.68 Eine Institutionalisierung der Architekturausbildung und -forschung mit einem Fokus konkret auf die Stadt vollzog sich in den USA seit Ende der 1950er Jahre ausgehend von der Harvard University Graduate School of Design (GSD).69 Unter Leitung des spanischen Architekten und früheren Präsidenten des Congrès International d’Architecture Moderne (CIAM) Josep Lluís Sert (1902-1983) entstand hier im Jahr 1959 das erste eigenständige Urban DesignProgramm in den USA, das sich am europäischen Verständnis von Städten und Stadträumen orientierte. Der Begriff Urban Design ging konkret auf eine wenige Jahre zuvor an der Harvard University erfolgten Konferenz mit dem gleichen Titel zurück, an der unter anderem auch Lewis Mumford und Jane Jacobs teilnahmen.70 Zu wichtigen Referenzen innerhalb des neuen Studiengangs zählten unter anderem die Townscape-Studien von Gordon Cullen in Großbritannien (1961) sowie die Veröffentlichungen von Kevin Lynch (1960), Jane Jacobs (1961) und Serge Chermayeff (1963) in den USA.71 Chermayeffs Schrift Community and Privacy [Gemeinschaft und Privatbereich im neuen Bauen] plädiert für die Rückkehr zu einer ›humanen‹ städtischen Architektur und gilt bis heute als wichtigste Kritik der fortschreitenden Suburbanisierung in den USA in den 1950er Jahren.72 Konkret geht die Arbeit auf Chermayeffs langjährige Wohnungsbaustudien an der Harvard University zurück, die unter anderem mit der Erkenntnis verbunden waren, dass entgegen stadtplanerischer Praxis höhere Dichten in den Städten auch durch niedrige Haustypen zu erzielen seien. Ebenso können Lynchs Forschungen am Massachusetts Institute of Technology (MIT) als Kritik an den Ansätzen einer rein zweckorientierten Stadtplanung verbunden mit einem Rückbezug auf Gestaltungsqualitäten der alten europäischen Stadt erkannt werden, hier insbesondere in der Fortführung von Argumenten, wie sie Ende des 19. Jahrhunderts durch den Österreicher Camille Sitte (1843-1903) beschrieben wurden.73 Das durch Bewegung im Raum erzeugte Bild der Stadt reproduziert nach Lynch den physischen Raum als kognitive Karte. In seiner 1960 veröffentlichten, einflussreichen Publikation The Image of the City [Das Bild der Stadt] stellt Lynch die Bedeutung der (Ab-)lesbarkeit und spezifischen Identität von Baustrukturen für die Orientierung im städtischen Raum heraus.74 Als maßgebliche Faktoren für die Wahrnehmung der Stadt werden »Wege«, »Ränder«, »Bezirke«, »Knotenpunkte« und »Landmarken« genannt.

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Die in den USA vom MIT und der Harvard University ausgehende Fokussierung auf die Stadt innerhalb der Architekturausbildung führte auch an anderen Orten zur Einrichtung von Urban Design-Programmen – unter anderem an der Washington University in St. Louis, an der Anfang der 1960er Jahre auch Newman tätig war. Einen erheblichen Einfluss auf Lehre und Praxis in Architektur und Städtebau sowohl in den USA als auch in Europa übte vor allem das 1963 unter der Leitung von Colin Rowe an der Cornell University gegründete Urban Design Studio (UDS) aus.75 Rowes Publikation Collage City (mit Fred Koetter, 1978) gilt bis in die Gegenwart als wichtiges Werk der Architekturtheorie des 20. Jahrhunderts.76 Qualitäten der alten europäischen Stadt, insbesondere auf deren stadträumlich-kontextuelle Gestaltungseigenschaften bezogen, bilden darin einen zentralen Bezugspunkt. Rowe und Koetters Schrift, bereits 1973 in ihren Grundzügen skizziert, erhebt über ihren architektur- und stadtbezogenen Fokus hinaus auch Anspruch auf eine allgemeine ›Gesellschaftstheorie‹ und erscheint vor dem Hintergrund der vielfältigen und kollektiven Umbrüche um 1970 als besonders aufschlussreiche Antwort aus der Perspektive der Architekturdisziplin.77

4. U RBANITÄT UND S TÄDTESCHUT Z Die Ursachen und Wirkungen großmaßstäblicher Stadtsanierung wird in den 1970er Jahren auch vor dem Hintergrund gewandelter ökonomischer, ökologischer und gesellschaftspolitischer Rahmenbedingungen kritisch hinterfragt. Die Suche nach einer zeitgemäßen Konzeption von Urbanität in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts stand dabei im Spannungsfeld von Erneuerung und Tradition wie von Freiheit und Sicherheit. Früh war mit der Diskussion um eine Erneuerung der Städte der Begriff Urbanität verbunden. In Deutschland erhielt Urbanität konkret Anfang der 1960er Jahre Eingang in die Debatte um Stadt und Stadtgestalt. So thematisierte der Vortrag des Basler Ökonomieprofessors Edgar Salin am Vorabend der Hauptversammlung des Deutschen Städtetages 1960 in Augsburg Urbanität aus soziopolitischer Perspektive verbunden mit der Forderung nach stärkerer Berücksichtigung formbezogener Aspekte des Städtebaus.78 Urbanität sowohl in seiner ursprünglich griechischen Form der »asteiotes« als auch in seiner späteren Verwendung war Salin zufolge weniger ein Kennzeichen der Stadt als solcher, als vielmehr ein Charakterzug ihrer Bewohner verbunden mit der Ausprägung einer städtischen Kultur der »aktiven Mitwirkung einer Stadtbürgerschaft am Stadtregiment«. Als Ideal und Leitbild konnte sich Urbanität nur in Abgrenzung vom Ursprung, von griechischen Tugenden, von der Stadt Rom und im Gegensatz zum Anderen, zu den Spartanern, zum Land, zur bäuerlichen Kultur, zu Hof und ›Höflichkeit‹ entwickeln. Die »humanistische Urbanität«, die viele euro-

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päische Städte dagegen im 19. Jahrhundert prägte, sei von einem »Nachwirken einer großen Vergangenheit« und einer »Tradition der alten Freiheit« geprägt gewesen verbunden mit einer Mischung an unterschiedlichen Kulturen.79 Salin beobachtete ein erneutes Auf blühen von Urbanität in Deutschland während der Anfangsjahre der Weimarer Republik und datiert den endgültigen Untergang der Idee von Urbanität auf den Zeitpunkt der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933. Dies ist insofern bemerkenswert, als dass Salins Darstellung solchen Auffassungen im aktuellen Architekturdiskurs widerspricht, die den Verlust an Urbanität in den europäischen Städten maßgeblich auf fehlgeleitete städtebauliche Konzepte der Nachkriegszeit beziehen.80 Vor dem Hintergrund der industriellen Massengesellschaft und den besonderen Herausforderungen der 1960er Jahre hielt Salin eine Rückkehr der klassischen Form von Urbanität auf lange Zeit für ausgeschlossen und forderte jenseits des Urbanitätsbegriffs das »Problem der Stadtform« als drängende Aufgabe der Zeit zu begreifen.81 Die Notwendigkeit zur Neuformung der Stadt und Neuformulierung des Städtischen resultierten sowohl aus dem zu erwartenden weiteren Anstieg der Bevölkerung und den Folgen von Motorisierung sowie Luft- und Wasserverunreinigungen, als auch aus dem schwindenden Bedeutungsverlust der Innenstädte bedingt durch das Abwandern von Wirtschaft und Bewohnern ins Umland.82 Wie sollten Architekten, Städtebauer und Politiker mit Bevölkerungswachstum und den Folgen des rasanten technischen Fortschritts umgehen und gleichzeitig den Identitätsbezug von Bewohnern zur eigenen Stadt und städtischen Umwelt sicherstellen? Diese Fragen betrafen nicht nur vereinzelte Städte, sondern wurden vielmehr als übergreifende Herausforderungen bezogen auf die »Gesamtheit der Städte« in Deutschland wahrgenommen.83 Salins Ausführungen wie auch die Themen und Beiträge des Deutschen Städtebautages insgesamt verweisen auf die hohe Bedeutung, die der Suche nach zukunftsweisenden Konzepten in Architektur und Städtebau allgemein beigemessen wurde. Die Suche nach universalen und übertragbaren Lösungsansätzen für die Stadt stand dabei in offensichtlichem Widerspruch zu Salins Erkenntnis, dass sich Urbanität nur aus dem Zusammenwirken spezifischer Eigenschaften des Ortes heraus entwickeln lasse. Unter dem Stichwort Urbanität entwickelte sich in den folgenden Jahren eine bis in die Gegenwart anhaltende Debatte um Ansätze, die auf die Herstellung und Bewahrung von Lebensqualität in der Stadt abzielen. Salins politisch-soziologisches Verständnis von Urbanität, eng verbunden mit qualitativen Aspekten individueller Freiheiten, lebendiger historischer Bezüge und der Emanzipation des Stadtbürgertums, steht anderen Auffassungen von Urbanität entgegen, wie sie beispielsweise von Vertretern der Chicagoer Schule mit Blick auf messbare Faktoren wie Größe, Dichte und Heterogenität der Bevölkerung formuliert wurden.84 Zugleich verweist Salin früh auf die Beschränkungen eines traditionell begründeten Urbanitätsverständnisses vor dem Hinter-

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grund neuer politischer, ökonomischer und ökologischer Herausforderungen hin. Die Stadt als Ort der Befreiung vom Naturzwang und natürlich gesetzten Arbeitsabläufen hatte sich angesichts drängender Umweltprobleme und erwarteter Ressourcenverknappung längst ins Gegenteil verkehrt.85 Der Sorge um die Sicherheit vor ökologischen und technischen Risiken und Gefährdungen begegneten Vertreter der Architektur- und Städtebaudisziplin zunächst mit großem Vertrauen in den wissenschaftlichen Fortschritt. Die rasante Erneuerung städtebaulicher Leitbilder in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts veranschaulicht dabei die eingangs genannte Beobachtung eines circulus vitiosus aus gesteigerten Sicherheitsbemühungen, zunehmender Komplexität und neuen Verunsicherungen, wie sie Franz-Xaver Kaufmann bereits Mitte der 1980er Jahre beschrieb.86 Die wiederholten Wandlungen städtebaulicher Konzepte nach dem Zweiten Weltkrieg gingen früh mit der Forderung nach erhöhter Umweltverantwortung einher, verbunden mit einem stetigen Zuwachs an Erkenntnissen über die komplexen Wirkungszusammenhänge der Welt.87 Das seit etwa Mitte der 1950er Jahre in Deutschland verbreitete Leitbild der gegliederten und aufgelockerten Stadt, als Gegenmodell zur gründerzeitlichen Großstadt gedacht, hatte die Erwartungen nicht erfüllen können und führte zunehmend zur Ausuferung der Städte und zur Zersiedlung der Landschaft. Die Trennung von Nutzungsbereichen und der monotone Charakter der Neubaugebiete ließen in den durchgrünten Nachbarschaften die Lebendigkeit und Lebensqualität städtischer Straßenzüge nicht aufkommen. In der Annahme, die fehlende atmosphärische Qualität in den Wohngebieten durch eine Erhöhung der Dichte erreichen zu können, wurden Gliederung und Auflockerung durch das Konzept von »Verflechtung und Verdichtung« ersetzt. Unter dem Schlagwort »Urbanität durch Dichte« erfolgte im Laufe der 1960er Jahre eine Verdichtungswelle, die auch dem unter Einfluss des großen wirtschaftlichen Aufschwungs zur teilweisen Stadtzerstörung und Flächensanierung in den Innenstädten sowie zur Entstehung großmaßstäblicher Wohnsiedlungen und Kaufhauskomplexe führte. Ein Gewinn an Urbanität und lebensräumlichen Qualitäten ließ sich mit geplanter Dichte und einer Konzentration gewerblicher Nutzungen in den Innenstädten jedoch kaum erreichen und führte in der Folge zu einer weiteren Vernachlässigung der Kernstädte. So beobachtete Werner Durth Mitte der 1970er Jahre in den Innenstädten »bunkerartige« Kaufhauskomplexe und Straßenmöblierung in Form »unverwüstlicher Betonkuben«.88 Zentren und Wohnanlagen seien zunehmend von einer »Ästhetik der Repression« bestimmt. Sowohl in Europa als auch in den USA wurden seit den 1960er Jahren auch Planungsprozesse in sich zum Gegenstand der Diskussion um die Zukunft der Städte.89 Mit dem Ziel einer Demokratisierung der Planung sollte eine Verbesserung der Entscheidungsprozesse erfolgen, die von Beginn an auch

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durch eine Verwissenschaftlichung der Prozesse gekennzeichnet war und sich in Architektur und Städtebau beispielsweise durch den Einbezug systemtheoretischer Überlegungen und der Anwendung qualitativer Methoden äußerte. Zunächst in Japan unter dem Stichwort des Metabolismus und später in Europa und den USA entstanden in den 1960er Jahren auch Überlegungen zu einem flexiblen und mobilen Städtebau, in den Erkenntnisse über den Wandel technischer Systeme aber auch veränderter gesellschaftliche Bedürfnisse einflossen.90 Die aus diesem Kontext hervorgegangen visionären Konzepte sowie die wenigen realisierten Bauten trugen jedoch kaum zur Bewältigung der tatsächlichen Probleme in den Städten bei. Die in den 1970er Jahren zunehmend formulierte Kritik an einer »abstrahierenden Modellbildung« richtete sich vor allem gegen die Unzulänglichkeit einer radikalen Vereinfachung von räumlichen Zusammenhängen und gesellschaftlichen Gefügen.91 Seit Anfang der 1970er Jahre machten sich westlich-international fundamentale Zweifel am wissenschaftsbasierten Fortschrittsoptimismus breit, der sich in Kenntnis komplexer Wirkungszusammenhänge verstärkt in Debatten um neue Unsicherheiten, Ungewissheiten und Risiken äußerte, auf gesellschaftlicher Ebene ebenso wie in Architektur und Städtebau.92 Mit Blick auf drohende Energieprobleme und auf Grundlage neuer dynamischer Berechnungsmodelle warnte der Club of Rome bereits 1972 vor den »Grenzen des Wachstums«. Im Zusammendenken von zuvor isoliert betrachteten Faktoren äußerte sich zudem eine neue Form des Umweltbewusstseins, die als Impuls einer bis in die Gegenwart anhaltenden »neuen Aufklärung« erkannt werden kann.93 Die Einsicht in die Endlichkeit natürlicher Ressourcen, aber auch die langfristigen ökonomischen Folgen der Umweltverschmutzung sowie der Zerstörung von Landschaft und kulturellem Erbe setzten sich zunehmend in der breiteren Öffentlichkeit durch. Die Einsicht in die globale Verantwortung menschlichen Handelns ging nicht nur einher mit einer gesteigerten Wertschätzung der natürlichen Umgebung, sondern auch baukultureller Traditionen und historischer Baustrukturen.94 Planung und Gestaltung von Städten und Gebäuden sollte nicht zur weiteren Belastung der menschlichen Umwelt führen, sondern zu ihrer Verbesserung und langfristigen Erhaltung beitragen. Gemeinsam mit Roland Günter und Gottfried Kiesow veröffentlichte der deutsche Architekturhistoriker Heinrich Klotz 1975 eine als Einführung in die Problematik des Denkmalschutzes konzipierte Sammlung von Beiträgen zur Altstadtsanierung, die zugleich als Aufruf gegen die vom Menschen verursachte Zerstörung der eigenen Umwelt verstanden werden sollte.95 Klotz erkennt darin einen politisch begründeten Widerspruch zwischen Traditionssicherung und Renditesicherung sowie zwischen Denkmalschutz und Städtebauförderung als Ursache für unzureichende Denkmalschutzgesetze in Deutschland zu Beginn der 1970er Jahre.96 Angesichts der Ausmaße der Stadtzerstörung

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müsse der Schutz des kulturellen Erbes in der Gesetzgebung sowie in der finanziellen Ausstattung dem Umwelt- und Naturschutz gleichgestellt werden: »Es gibt bereits Städte, die im Begriff sind, wie Süßwasserseen ›umzukippen‹, so dass Leben in ihnen unmöglich wird. Dies geschieht weil die natürlichen Ressourcen der Stadt – Luft, Wasser, Grün – erschöpft sind, aber auch, weil die gebaute Umwelt bis zur psychischen Erschöpfung den Menschen lähmt und ihn zur Stadtflucht treibt.« 97

Die physische Gestalt der Stadt, insbesondere in ihrer Erscheinung der alten europäischen Stadt, wird hier als Teil einer insgesamt bedrohten Umwelt aufgefasst.98 Denn die mit dem wirtschaftlichen Aufschwung verbundene Bodenspekulation hatten in den 1960er Jahren vielfach zur Aneignung von innerstädtischen Grundstücken durch kapitalstarke Dienstleistungsunternehmen wie Banken und Versicherungen und einer Verdrängung der historisch gewachsenen Baustrukturen und Wohnnutzungen in den Kernstädten geführt. Belastungen durch steigendes Verkehrsaufkommen trugen zusätzlich zur Abwanderung von Bewohnern an die Stadtränder bei und führten zu einer gesteigerten Nachfrage nach neuem Wohnraum außerhalb der Stadtzentren. Während zwar einzelne historische Bauten als ›imagefördernd‹ erkannt und denkmalpflegerisch aufgewertet wurden, entstand in Deutschland Anfang der 1970er Jahre auf Anregung von Bürgerinitiativen die Forderung nach dem Schutz zusammenhängender Stadtbereiche, wie er zuvor bereits in internationalen Abkommen gefordert wurde, etwa 1964 durch die »Charta von Venedig«.99 Der Ruf nach sogenannten »Schutzzonen«, ähnlich dem Vorbild in Großbritannien, und einem umfassendem Stadtbereichs- oder Ensembleschutz, wie er zum Teil bereits in anderen europäischen Ländern praktiziert wurde, zielte über den Erhalt der historischen Architektur hinaus ausdrücklich auch auf den Schutz der an die baulichen Formen gebundenen sozialen Strukturen und kollektiven Erfahrungen. Die Maßnahmen beabsichtigten den Erhalt sinnlich erfahrbarer räumlicher Zusammenhänge im Sinne einer qualitativen Weiterentwicklung der bestehenden physischer Strukturen. Die Forderung nach Stadtbereichsschutz beinhaltete demnach die Erkenntnis, dass konkrete baulich-räumliche Strukturen und ihre gestalterischen Erscheinungsformen erst die Voraussetzung für die Herstellung einer demokratischen Öffentlichkeit durch Reflexion der Gegenwart vor dem Hintergrund sinnlich greif barer Vergangenheit schaffen. Neben sozialen, ökonomischen und politischen Implikationen verweist die Forderung nach Stadtbereichsschutz auch auf ein schwindendes Sicherheitsempfinden, das mit dem Verlust der gewohnten stadträumlichen »Maßstäblichkeit« verbunden sein kann: »Die übermenschliche Dimension von Hochhäusern ängstigt uns aus einem einfachen Grund: […] sie gibt uns das Gefühl der Verlorenheit. Wenn Menschen angstfrei leben

Kontexte wollen, dann gehören dazu auch konkrete Bedingungen, unter anderem, dass die Größe ihrer gebauten Umwelt mit der menschlichen Größe, den 1,60 bis 1,90 Metern der Leute, noch irgendwie in Beziehung steht.«100

Die in Günters Darstellungen enthaltene Skepsis gegenüber der Stadt als Ansammlung isolierter Hochhäuser, deren äußere Erscheinung keinen Bezug mehr zum menschlichen Maßstab aufweisen, lässt sich wohl auf Beobachtungen des Wandels amerikanischer Innenstädte zurückführen. Besonders eindrücklich werden die weitreichenden Konsequenzen eines fortschreitenden Identitätsverlustes der städtischen Umwelt von Heinrich Klotz am Beispiel der amerikanischen Stadt St. Louis geschildert.101 Die marktförmig organisierte Stadtentwicklung und rasante Suburbanisierung in den USA wurden somit als konkretes Bedrohungsszenario für den Fortbestand der alten europäischen Stadt aufgefasst. Ungeachtet ihrer Widersprüchlichkeiten stand eine Neukonzeption von Urbanität in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts im Spannungsfeld zwischen den Idealen der alten europäischen Stadt und eines amerikanisch geprägten demokratisch-kapitalistischen Pluralismus.

5. E UROPÄISCHE S TADT UND J EFFERSON ’SCHES I DE AL Aus gegenwärtiger Perspektive erscheint die Stadt New York in besonderem Maße als Sinnbild für eine spezifische Urbanität des ausgehenden 20. Jahrhunderts.102 Es ist anzunehmen, dass Debatten über gesellschaftliche wie architektonisch-städtebauliche Zukunftskonzepte hier intensiver, mitunter vor den Augen der Weltöffentlichkeit ausgetragen wurden. Entwicklungen, die sich in New Yorks Architektur und Stadtbild abzeichneten, galten im 20. Jahrhundert europäischen Architekten als Gegen- und Vorbild für eigene Gestaltungsansätze. So entwickelte Le Corbusier sein Konzept des »Kartesianischen Hochhauses« und den Entwurf einer »Stadt der modernen Architektur« ausdrücklich auch als in Opposition zum Stadtbild Manhattans.103 Dagegen begriff der niederländische Architekt Rem Koolhaas in den 1970er Jahren New York als Abbild einer spezifischen »Kultur der Dichte« und den Typus des Hochhauses als Modell für einen programmatischen Ansatz in der Architektur.104 Die städtebauliche Entwicklung der Stadt New York im 20. Jahrhundert vollzog sich nicht nur im Spannungsfeld amerikanisch und europäisch geprägter kultureller Leitbilder, sondern auch vor dem Hintergrund konkreter sicherheitsbezogener Aspekte. Anlässlich des nahenden 200-jährigen Jubiläums der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung erinnerte das Nachrichtenmagazin Der Spiegel im November 1975 an das kulturelle Erbe des dritten US-Präsidenten Thomas Jefferson (1743-1826), insbesondere an seine Abneigung gegen die großen euro-

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päischen Städte.105 Jeffersons Leitbild einer ländlichen Idylle drückte sich auch in architektonischen und städtebaulichen Konzepten aus, nicht zuletzt in der weitläufigen Gestaltung der Hauptstadt Washington, und prägt bis in die Gegenwart das kulturelle Selbstverständnis der USA.106 Aus der Perspektive der 1970er Jahre stand Jeffersons Traum eines »freien Volkes auf freiem Grund« gleichwohl in deutlichem Widerspruch zur tatsächlichen Lebenssituation amerikanischer Großstadtbewohner, deren schwindendes Sicherheitsempfinden das Alltagsleben auf den Straßen zu ersticken drohte.107 Gegen das Modell der Stadt konnte sich in den USA früh, verstärkt unter dem Einfluss politischer und ökonomischer Interessen, das Ideal des suburbanen Eigenheims durchsetzen. Bereits in den 1950er Jahren übertraf der Anteil der Bevölkerung in den Vororten den in der Stadt New York.108 Der ›amerikanische Traum‹ vom Einfamilienhaus trat früh auch in den Blickpunkt künstlerisch-kultureller Praxis. So präsentierte das Museum of Modern Art in New York Pläne und übergroße Modelle von Einfamilienhäusern im Rahmen der Ausstellung »Tomorrow’s Small House« (1945).109 Das Modell zeigte einen Schnitt durch eine charakteristische neue Vorortsiedlung in detailgetreuer Darstellung von Möbeln und Vegetation. Das »Haus von morgen« war Teil einer sozial und gestalterisch homogenen Nachbarschaft und versprach »Sicherheit, Attraktivität [und] Komfort«.110 In den 1950er Jahren verstärkten nationale Debatten über den Zivilschutz den Rückzug der Bevölkerung aus den Innenstädten. Aus Angst vor nuklearen Angriffen auf die dicht bevölkerten Großstädte an der Ostküste der USA wurde in den Anfangsjahren des Kalten Krieges öffentlich über die Strategie einer »Verteidigung durch Dezentralisierung« diskutiert.111 Die Pläne waren darauf gerichtet, Städte wie New York aufzulösen und die Bewohner in neue suburbane Wohngebiete umzusiedeln. Der Zustand der Stadt New York gegen Mitte des 20. Jahrhunderts erklärt sich auch aus dem schnellen Wachstum und dem großen Bevölkerungszuwachs, den die Stadt bis in die 1950er Jahre verzeichnete. Dabei erwies sich gerade New York in besonderem Maße als offen für kulturell wie sozial breite Bevölkerungsschichten. Der Wandel architektonischer und städtebaulicher Leitbilder in der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert spiegelt sich in der Entwicklung des öffentlich geförderten Wohnungsbaus beispielhaft wieder. So kam es etwa seit Ende der 1930er Jahre zu einer Abkehr von der in Manhattan verbreiteten geschlossenen Blockrandbebauung wie sie auch für die alten europäischer Städte charakteristisch war.112 Verschiedene Ansätze, die Wohnungsdichte innerhalb des Blockrandtypus zu erhöhen, wichen unter dem Einfluss neuer europäischer Leitbilder in Architektur und Städtebau zunehmend solchen Konzepten, die Lösungen in Form von freistehenden Zeilenbauten und Hochhäusern in offenen Grünanlagen favorisierten (»Stadt im Park«). Das Modell der Stadt im Park konnte sich auch gegen seine Kritiker wie den amerikanischen Historiker Lewis Mumford als Standard für den sozialen Wohnungs-

Kontexte

Abbildung 1: Shreve, Lamb and Harmon mit William Lescaze, Ten Eyck Houses, Brooklyn, New York, 1935-38. Luftbildaufnahme. Aus: Plunz 1990, 218.

bau in den USA durchsetzen und wurde nicht zuletzt von Architekten wie Le Corbusier und dem aus Spanien stammenden Josep Lluís Sert befördert.113 Zu den ersten Wohnbauprojekten, die von dem Schema der Blockrandbebauung gänzlich abwichen, zählen beispielsweise die Ten Eyck Houses (heute Williamsburg Houses) in Brooklyn (1935-38).114 Die Planung erfolgte durch das Büro Shreve, Lamb and Harmon, den Architekten des Empire State Building, in Zusammenarbeit mit William Lescaze (1896-1969). Der gebürtige Schweizer Lescaze zeichnete für die Anordnung sowie die äußere Gestaltung verantwortlich. Das Projekt Ten Eyck Houses sah eine Zusammenlegung von zehn traditionellen Stadtblöcken zu vier großflächigen Superblocks vor (Abb.  1). Die bestehende traditionelle Blockrandbebauung wich dabei einer Struktur aus zwanzig H- und T-förmigen vierstöckigen Gebäuden, die als freistehende Baukörper in einem Winkel von 15 Grad gegenüber dem Straßenraster gedreht

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platziert wurden. Sowohl stadträumlich als auch architektonisch-gestalterisch bricht die Bebauung mit dem bestehenden Kontext. Die Anordnung der Gebäude orientierte sich dabei an Vorbildern englischer und deutscher Zeilenbausiedlungen.115 Die abstrakte Geometrie der Baukörper, horizontale Bänder im äußeren Mauerwerk und die klare Positionierung von Fenstern aus der Logik der inneren Funktionsverteilung heraus, deuten auf Bezüge zum gestalterischen Leitbild des Internationalen Stils hin. Im Rahmen der Ausstellung »Art in Our Time« wurde das Projekt 1939 im Museum of Modern Art in New York in einer Auswahl europäischer und amerikanischer Wohnungsbauprojekte gezeigt und als die »vielleicht am geschicktesten ausgearbeitete parallele Orientierung in Amerika« charakterisiert.116 Die funktional begründete Ausrichtung der Baukörper unabhängig von der umgebenden Bebauung wird im Ausstellungskatalog ebenso positiv hervorgehoben, wie die durch Zusammenlegung von Stadtblöcken erreichte Vermeidung von Durchgangsstraßen.117 Während im Rahmen umfangreicher Wirtschafts- und Sozialreformen der 1930er Jahre (New Deal) erhebliche finanzielle Mittel für die Entwicklung qualitativ hochwertiger und baulich innovativer sozialer Wohnbauten zur Verfügung standen, führte der Konflikt zwischen hohen Projektkosten und niedrigen Mieten in den folgenden beiden Jahrzehnten zu einer stetigen Optimierung der Baukosten.118 Die Verknappung an öffentlichen Fördermitteln für den sozialen Wohnungsbau nach dem Krieg spiegelt sich in standardisierten Grundrissentwürfen und Detaillösungen wieder. Seit Anfang der 1940er Jahre erhielten auch Hochhauslösungen mit bis zu elfstöckigen Baukörpern Einzug in New York. Bis in die 1960er Jahre verantwortete der einflussreiche New Yorker Stadtplaner Robert Moses (1888-1981) den großflächigen Abriss und die grundlegende Neuentwicklung von bestehenden Stadtquartieren in East Harlem und der Lower East Side nach dem Vorbild des Modells der »Stadt im Park«. Infolge massiver Kritik an der städtebaulichen Praxis dieser Jahre konnte der soziale Wohnungsbau in den USA seit Mitte der 1970er nicht mehr direkt durch kommunale oder staatliche Programme gefördert werden, so dass Projekte bis heute überwiegend im Rahmen von privaten Investitionen oder Fördermaßnahmen zur Rehabilitation bestehender Bauten erfolgen.119 Auf der Ebene von Architektur und Städtebau wurde früh nach innovativen Lösungen gesucht, die zu einer gestalterischen Aufwertung der urbanen Lebensumwelt wie zur Erhöhung des Sicherheitsempfindens der Bewohner in den Innenstädten beitragen können.120 In der Stadt New York, wie in anderen amerikanischen Metropolen, vollzogen sich diese Entwicklungen seit den 1960er Jahren vor dem Hintergrund einer rapiden Zunahme an Kriminalität.121 Die Zahl an Raubüberfällen, Einbrüchen und Autodiebstählen stieg während der 1970er und 1980er Jahre weiter an und erreichte erst 1990 einen Höhepunkt. Unter massiven Eingriffen der Polizei während der zwei Amtszeiten

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von Bürgermeister Rudolph Giuliani (1994-2001) nahm die Kriminalitätsrate deutlich ab. Zwischen Mitte der 1960er und Ende der 1980er Jahre bestimmte Sicherheit im Sinne von Kriminalprävention als zentrales Thema das Alltagsleben der Stadtbewohner New Yorks. Die frühen 1970er Jahre waren in den USA zudem durch erhebliche politische und ökonomische Umbrüche gekennzeichnet. Politisch bestimmten vor allem weitreichende Ermittlungen im Rahmen der sogenannten Watergate-Affäre das Interesse der amerikanischen Öffentlichkeit. Im Sommer 1974 führten die Vorgänge zum Rücktritt des republikanischen US-Präsidenten Richard Nixon (1913-1994). In den USA verstärkten diese Ereignisse die durch den Vietnamkrieg ausgelöste gesellschaftliche Vertrauenskrise in die demokratischen Institutionen und Werte.122 Gleichzeitig führte die im Herbst 1973 einsetzende erste Ölkrise weltweit zu Verwerfungen an den Kapitalmärkten. Es ist anzunehmen, dass in den amerikanischen Metropolen und insbesondere in der Großstadt New York die Auswirkungen dieser Umbrüche deutlicher sichtbar wurden als anderswo und mit einem spürbaren Verlust an Sicherheit auch im Sinne kollektiver Orientierungsschwierigkeiten verbunden waren. Die Veröffentlichung von Defensible Space im Jahr 1972 und die Erarbeitung des Collage City-Manuskripts im Winter des darauffolgenden Jahres fällt mit den gesellschaftspolitischen Ereignissen und Entwicklungen dieser Jahre in einen engen zeitlichen Zusammenhang. Newmans Studien am Institute of Planning and Housing der New York University wie Rowes Cornell Urban Design Studio in Ithaca richteten den Fokus seit Ende der 1960er Jahre zudem verstärkt auf die Stadt New York. Beide Schriften verbindet eine kritische Betrachtung architektur- und gesellschaftsbezogener Vorgänge mit Blick auf die Relevanz physischer Stadtgestaltung. Die Ergebnisse und Wirkungen ihrer Arbeiten auf der Ebene von Architektur und Stadt, wie der mit der Suche nach neuen Ansätzen verbundene Bezug auf stadträumlich-kontextuelle Vorbilder und anthropologische Konstanten, wirft vor dem Hintergrund des kulturellen und zeitgeschichtlichen Rahmens wie der konkreten Situation in der Stadt New York neue Fragen auf, die in den Case Studies näher untersucht werden sollen. Das Format der Case Study-Untersuchung fördert hier die Erforschung der architekturbezogenen Phänomene im Zusammenhang ihrer lokalen, zeithistorischen und biografischen Kontexte. Der übergreifende Fokus auf die Großstadt New York erlaubt dabei, die Überlagerung von gesellschaftlichen Wandlungsprozessen und Ausdrucksformen eines veränderten Bedürfnisses nach Sicherheit in der Architektur auf einen konkreten und kulturell herausragenden Ort bezogen in den Blick zu nehmen. Einen wichtigen Aspekt innerhalb dieser Untersuchungen stellen Bezüge zur Idee der alten europäischen Stadt und der ihr zugeschriebenen Eigenschaften dar. Geklärt werden sollen die Ursachen und Auswirkungen einer

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Entwicklung, die westlich-international um 1970 einsetzend das Modell der alten europäischen Stadt zu einem zentralen Bezugspunkt in Architektur und Städtebau macht. Wie kommt es dazu, dass diese Entwicklung gerade durch architekturbezogene Forschungen im Kontext der Stadt New York und hier mit Blick auf Aspekte von Schutz und Sicherheit erheblich befördert wird? Der zeitliche wie räumliche Kulturtransfer des Modells scheint auf den ersten Blick kaum naheliegend. Zwar lässt sich der transatlantische Austausch architektonischer Ideen und Leitbilder weit zurückverfolgen. Im 20. Jahrhundert trugen dazu früh wichtige Institutionen wie das New Yorker Museum of Modern Art bei, beispielsweise mit der von Philip Johnson und Henry-Russell Hitchcock 1932 gezeigten Ausstellung »The International Style«, sowie eine Reihe aus Europa emigrierter Architekten, die in Forschung, Lehre und Praxis teils großen Einfluss auf den amerikanischen Architekturdiskurs ausübten. Zu diesen Figuren zählt zweifelsohne auch Colin Rowe, dessen britische Herkunft und Ausbildung am Warburg Institute in London auch über die fachliche Auseinandersetzung mit der Geschichte und Theorie europäischer Architektur von unmittelbaren kulturellen Bezügen sowie konkreten persönlichen Erfahrungen mit der europäischen Stadt geprägt ist. Es ist anzunehmen, dass dem gebürtigen Kanadier Oscar Newman ein anderer Zugang anhaftet, der vor allem durch einen längerfristigen Aufenthalt in den Niederlanden und Beobachtungen in den sich im Wiederauf bau befindenden europäischen Städten wichtige Impulse erfahren hat. Es ist daher wichtiges Anliegen dieser Arbeit, den bisher kaum näher beleuchteten Hintergrund des Architekten Oscar Newman umfassender darzulegen und mit Blick auf seine später populär gewordene Defensible Space-Schrift zu untersuchen. Dem biografischen Hintergrund von Newman und Rowe kommt daher mit Blick auf die Interpretation des Modells der europäischen Stadt insgesamt große Bedeutung zu. Auf die übergeordnete Fragestellung nach dem Verhältnis von Stadt und Sicherheit bezogen treten darüber hinaus zwei zentrale Aspekte in den Vordergrund. So soll geklärt werden, warum dem Modell der traditionellen Stadt Merkmale von Schutz und Sicherheit zugeschrieben wurden und welche konkreten, vor allem physischen Eigenschaften diesbezüglich hervorgehoben und von anderen Stadtmodellen abgegrenzt werden. Umgekehrt muss auch danach gefragt werden, welche Auslöser für Empfindungen von Bedrohung im Sinne von Kriminalität oder Verunsicherung im Sinne von Werteverfall und Identitätsverlust erkannt oder identifiziert werden können. Ein zweiter Aspekt betrifft die Transformation des Modells der europäischen Stadt und ihrer Eigenschaften bei der Übertragung auf den Kontext der amerikanischen Stadt. Gefragt wird hier beispielsweise nach konkreten Formen und Strategien der Anpassung oder Überlagerung, die sich durch Konfrontation mit den charakteristischen Strukturen und Bautypen Manhattans ergeben. Im Fall des Cornell Urban Design Studios ist darüber hinaus davon

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auszugehen, dass die Mehrheit der Studierenden kaum über solche konkreten lebensweltlichen Erfahrungen mit der europäischen Stadt verfügten, die Rowe zum zentralen Gegenstand seiner Entwurfslehre macht. Auf bauend auf den Untersuchungen der Case Studies richtet sich der Blick daher abschließend auch auf die weitere Rezeption und die Wirkungen der Arbeiten insgesamt und zwar sowohl hinsichtlich ihrer verschiedenen Weiterführungen in den USA als auch in ihrer Rückwirkung auf europäische Diskurse und Praktiken in Architektur und Städtebau.

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Case Study: Defensible Space Zwar erwies sich Defensible Space vor allem im Bereich stadtsoziologischer Forschungen früh als richtungsweisend und findet bis in die Gegenwart, überwiegend in den USA und Großbritannien, teilweise Anwendung im Bereich des kommunalen und privaten Wohnungsbaus.1 Innerhalb des akademischen Diskurses in Architektur- und Städtebau fand die Publikation dagegen langfristig wenig Beachtung oder wurde als einseitig reaktionäre Haltung zurückgewiesen. Dabei enthalten Newmans Ausführungen über die bekannten Defensible Space-Prinzipien hinaus aufschlussreiche Gedanken über die Rolle von Architektur vor dem Hintergrund der in den 1960er Jahre einsetzenden Debatte um Stadt und Sicherheit. Unter den zahlreichen Kritiken der architektonischen und städtebaulichen Praxis dieser Zeit sticht Defensible Space durch die Verknüpfung von Gestaltungsaspekten mit Fragen der Kriminalprävention hervor. Das Kapitel wird die Publikation Defensible Space in seinen weiteren Entstehungskontexten kritisch reflektieren. Untersucht werden sollen Charakterisierungen von Architektur und Stadt sowie inhaltliche-ideologische Aussagen zum Gesellschaftsbild und zu allgemeinen Wertvorstellungen. Dargelegt werden sollen neue Erkenntnisse über Motive und Hintergründe der Arbeit, über zeitgeschichtliche Zusammenhänge sowie diskursbezogene Verweise. Gefragt wird nach Charakterisierungen von Architektur, Stadt und Sicherheit als Ausgangspunkte der inhaltlichen Argumentation sowie nach konkreten Absichten und zentralen Aussagen der Arbeit. Ein besonderes Augenmerk gilt dem Ursprung des Textes als wissenschaftliche Dokumentation einer mehrjährig angelegten Forschungsarbeit im Kontext der Stadt New York. Ein Fokus liegt daher auch auf der Methodik und Vorgehensweise der Studie sowie auf kulturellen Bezügen. Der Untersuchung der Publikation wird eine Charakterisierung wichtiger Vorarbeiten sowie zentraler Positionen und relevanter Beiträge des Autors vorangestellt. Konkret beleuchtet wird die bisher wenig beachtete Rolle und das Selbstverständnis Oscar Newmans als Architekt und Stadtplaner. Der Blick richtet sich insbesondere auf Erfahrungen im Rahmen seiner Tätigkeit für Jacob Bakema in den Niederlanden sowie auf Forschungsarbeiten, die während

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der 1960er Jahre an der Washington University in St. Louis entstanden. Insgesamt wird auch nach dem Einfluss wichtiger zeitgenössischer, architekturtheoretischer Beiträge und Strömungen gefragt, in denen Implikationen von Stadt und Sicherheit enthalten sind.

1. O SCAR N E WMAN . O T TERLO ’59 UND O PBOUW Der gebürtige Kanadier Oscar Newman (1935-2004) studierte zwischen 1953 und 1959 Architektur und Stadtplanung an der McGill University in Montreal.2 Im Anschluss an sein Studium kam Newman mit einem Reisestipendium nach Europa. Nach Aufenthalten in Italien und Frankreich war er bis 1961 im niederländischen Architekturbüro Van den Broek en Bakema beschäftigt, wo er mit der Erstellung einer Publikation über den CIAM-Kongress (Congrès International d’Architecture Moderne) 1959 in Otterlo betraut wurde. Newman kehrte 1961 zurück nach Kanada und arbeitete für einige Jahre selbstständig als Architekt in Montreal. Nach Lehr- und Forschungstätigkeiten an der Washington University in St. Louis kam er 1968 nach New York. Vor Gründung des Institute for Community Design Analysis und dem Erscheinen des Defensible Spaces-Buches im Jahr 1972 war Newman in verschiedenen Kooperationen als Architekt und Städtebauer sowie an Universitäten in St. Louis, Missouri, und in New York in Forschung und Lehre tätig. Die Arbeit an der CIAM-Veröffentlichung sowie die Begegnung mit Jacob Bakema (1914-1981) während des zweijährigen Aufenthalts in den Niederlanden waren prägend für Newmans eigene Tätigkeit und für sein Selbstverständnis als junger Architekt. Der Kontakt zu Jacob Bakema war über den kanadischen Architekten und gebürtigen Niederländer Sandy van Ginkel (1920-2009) zustande gekommen, in dessen Büro in Montreal Newman während seiner Studienzeit tätig war.3 Van Ginkel und Bakema gehörten Anfang der 1940er Jahre den Gruppen de 8 bzw. Opbouw an, die zusammen die niederländische Sektion des CIAM bildeten. Beide waren an der Vorbereitung und Durchführung des CIAM-Kongresses 1959 beteiligt gewesen.4 Van Ginkel präsentierte dort seinen Entwurf für den Bowring Park im kanadischen St. Johns.5 Im Anschluss an das achttägige Treffen im niederländischen Otterlo fiel Bakema die Aufgabe zu, für eine Veröffentlichung der Tagungsergebnisse zu sorgen. Die in Bakemas Auftrag von Newman zusammengestellte Publikation erschien 1961 in unterschiedlichen Verlagen in Deutschland, in der Schweiz, in den Niederlanden, in Großbritannien und in den USA.6 Während das Buch in Europa nur den Titel »CIAM ’59 in Otterlo« trug, erhielt die amerikanische Veröffentlichung den Zusatz »New Frontiers in Architecture«. In Deutschland wurde das Buch von Jürgen Joedecke an der Universität Stuttgart herausgegeben und erschien als erster Band der Reihe »Dokumente der modernen Architektur«.

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Der Kongress ist in der Geschichte des CIAM von besonderer Bedeutung. Durch den Beschluss, den Namen »Congrès International d’Architecture Moderne« nicht mehr weiter zu verwenden, markiert das Treffen in Otterlo symbolisch das Ende der Bewegung.7 Wenngleich die offizielle Gründung des Team X erst 1961 auf einem Treffen in Paris erfolgte und die Formationsbewegung der Gruppe bis in die frühen 1950er Jahre zurückreicht, kann das Treffen in Otterlo zugleich als Auftakt des Team X gelten.8 Die Mitglieder der Gruppe, zu dessen festem Kern neben Jacob Bakema auch Aldo van Eyck, Alison und Peter Smithson, Giancarlo De Carlo sowie Shadrach Woods und Georges Candilis gezählt werden können, leisteten wesentliche Beiträge zu der Veranstaltung. Differenzen des Team X gegenüber den Positionen der älteren CIAM-Mitgliedern zeigten sich bereits in der Verwendung einer neuen Terminologie, die mit Konzepten wie »Identität«, »Wachstumsmustern«, »Clustern« und »Infrastrukturen« verbunden wurde.9 Newman zufolge bestanden unterschiedliche Auffassungen vor allem in der Frage nach der Beziehung zwischen gebauter Architektur und menschlichem Verhalten.10 Offiziell trug der Kongress in Otterlo den Titel »CIAM: Arbeitsgruppe für die Gestaltung soziologischer und visueller Zusammenhänge«. Damit sollte gleichzeitig auf die Tradition des CIAM und auf die Agenda der jüngeren Teilnehmer verwiesen werden.11 Die Präsentationen umfassten sowohl theoretische als auch gebaute Projekte und fokussierten primär auf Entwürfe für Lebensräume (Habitate) in extremen Kontexten von der Wüste bis zur Subarktis. Die Teilnehmer diskutierten auch Fragen im Hinblick auf den Umgang mit historischen Formen in der Architektur und die Rolle der Stadt. So plädierte beispielsweise Aldo van Eyck in seinem Vortrag »Kann Architektur die Gegensätze unserer Umwelt in Einklang bringen?« für eine Wiederentdeckung des Alten im Neuen durch eine Rückbesinnung auf die »Grundsätze des menschlichen Daseins«.12 Van Eyck verwies auch auf die Bedeutung des städtischen Raumes und kritisierte in diesem Zusammenhang die scharfe Trennung zwischen Innen- und Außenraum sowie zwischen den Disziplinen Architektur und Städtebau.13 Newmans Buch über den Otterlo-Kongress enthält einleitend auch einen Rückblick auf die vorangegangenen CIAM-Kongresse, der mit einer Gegenüberstellung von Auffassungen des CIAM um 1930 und 1950 schließt und von dem britischen Architekten John Völckers (1927-1972) mitverfasst wurde.14 Der Anspruch einer neuen Architektur, der sich im amerikanischen Titel der Publikation »New Frontiers of Architecture« ausdrückt, tritt hier besonders deutlich hervor. So habe ein erweiterter, vielschichtiger Raumbegriff das Leitbild des Skelettbaus und der vertikalen Stadt ersetzt und die »Entwicklung einer körperlich-räumlichen Ordnung« den »allgemein anerkannten Stil der Modernen Architektur« abgelöst. Statt ältere Gebäude und Stadtteile durch »Serienarchitektur« zu ersetzen, werden Sanierung und Stadterweiterung unter

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Berücksichtigung der spezifischen Standortbedingungen als Aufgaben der Gegenwart erkannt. Die empirische Arbeit anhand konkreter Situationen wird dabei zur bevorzugten Methode des Architekten. Die entschlossene Zurückweisung der architektonischen und städtebaulichen Prinzipien der 1920er und 1930er Jahre sowie die Leitlinien für eine Erneuerung der Architektur, die in den knappen Gegenüberstellungen erkennbar werden, haben auch auf Newmans eigenes Denken und Handeln als Architekt zweifellos Einfluss ausgeübt. Obwohl von einigen Teilnehmern des Kongresses als inakkurate Wiedergabe der Veranstaltung empfunden, dokumentiert Newmans Publikation vor allem die Breite der in Otterlo vorgestellten Ansätze und macht zudem den Versuch, das Vorhandensein einer ›kulturellen Dimension‹ als Gemeinsamkeit der vorgestellten Projekte hervorzuheben.15 In seinem Vorwort gesteht Newman ein, dass es sich angesichts des umfangreichen Materials eher um einen »aus persönlicher Sicht zusammengefassten Abriss der Vorgänge« handelt.16 Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass Newman die Beiträge der Teilnehmer in der alphabetischen Reihenfolge ihrer Herkunftsstädte ordnete. Die Stadt als prägendes Umfeld für die Tätigkeit des Architekten erschien New man offenbar von besonderer Bedeutung: »Die Stadt ist das Moment, das den unmittelbarsten Einfluss auf den Architekten ausübt und vom Architekten empfängt. Für das Verständnis der im Laufe der Konferenz gezeigten und diskutierten Arbeiten ist also der Begriff vom eigentlichen Wesen der Stadt wichtiger als irgendwelche seiner an nationale Auffassungen gebundenen Interpretationen.«17

Zu einem verstärkten Interesse am »Wesen der Stadt« mögen auch Newmans persönliche Erfahrungen während der Zeit in den Niederlanden beigetragen haben. Das Stadtzentrum von Rotterdam war im zweiten Weltkrieg weitestgehend zerstört worden. Nach 1945 hatte man einen städtebaulichen Neubeginn beschlossen, an dessen frühen Planungen auch Bakema beteiligt gewesen war.18 Auch in der Architektur zeigte sich Rotterdam offener für neue Ideen als andere europäische Städte während des Wiederauf baus. Die Auf bruchsstimmung Ende der 1950er Jahre ging mit der Erkenntnis einher, dass mit neuen städtebaulichen Konzepten und technologischen Möglichkeiten viele der bereits vor der Kriegszerstörung bestandenen Probleme zu lösen seien. Newman berichtet über seine Beobachtungen in den Niederlanden und über die Arbeit von Bakema in und im Umfeld von Rotterdam in einem Artikel, der 1962 in der kanadischen Zeitschrift Canadian Architect erschien.19 Gleich zu Beginn des Aufsatzes weist Newman darauf hin, dass Bakemas Arbeiten aus Sicht der in Kanada und den USA vorherrschenden Architekturauffassungen kaum Anerkennung finden dürfte, fehlten ihnen doch »elegante Proportionen, besondere Details, Vielfalt an Materialien und vor allem historische Andeu-

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tungen«. An der Architektur von Bakema erscheinen Newman zwei Aspekte von besonderem Interesse: zum einen die Einfachheit der eingesetzten Mittel und die Flexibilität, die beispielsweise durch die Verwendung vorgefertigter Elemente entsteht, zum anderen eine Herangehensweise, welche die Beziehung zwischen dem Menschen und seiner physischen Umgebung in den Mittelpunkt der Entwurfsarbeit stellt: »The criterion used by Bakema, in the design of building, does not end with the provision of space for the variety of man’s needs, but begins with the very evolution of these needs – a consideration of the social implications of architecture. Seen without people his buildings evoke little enthusiasm [...]. To appreciate them one must be in them – with other people (Holland is a crowded place) – and see how the space is used and even adapted to previously unpredictable circumstances.« 20

Newman bemerkt, dass Bakemas Arbeiten den Bewohnern nicht nur große Freiheiten lassen, sondern vielmehr zur Partizipation im Gestaltungsprozess ermutigen und auf diese Weise zu einer stärkeren Identifikation mit der eigenen (neuen) Umgebung beitragen.21 Der Fokus der Entwurfsarbeit liege dabei weniger auf abstrakten formalen Fragen als auf der Relation von baulichen Elementen und räumlichen Dimensionen zum menschlichen Maßstab. Dies gelte sowohl für die vielfältigen architektonischen Bauaufgaben als auch für die städtebaulichen Entwürfe des Büros. Den Wiederauf bau des Stadtzentrums von Rotterdam nach dem Krieg kommentiert Newman kritisch. In den offensichtlichen Defiziten sieht er auch einen Ausgangspunkt für das Umdenken, dass während der 1950er Jahre in Bezug auf die frühen Leitbilder des CIAM eingesetzt habe: »Looked at today fifteen years of use the Rotterdam ›Centrum‹ is not a completely happy solution. Although the streets in old Rotterdam were congested they had a very definite human scale. Where in the past, streets for people were penetrated with difficulty by the automobile, now streets designed primarily for fast automobile traffic are penetrated, with difficulty, by people. [...] What might have been more successful is a traffic plan based on a hierarchy of streets: fast, wide though streets which would enable people to traverse the city in a few minutes; these connected to slower, narrower streets in a closer network and finally ›pedestrian‹ streets from which the automobile would be prohibited.« 22

Newman rekonstruiert diesen Erkenntnisprozess anhand von städtebaulichen Studien für neue Wohnsiedlungen in den Niederlanden, die von der Rotterdamer Architektengruppe Opbouw während 1949 und 1956 erarbeitet worden waren.23 Die Ergebnisse dieser Studien bildeten für Bakemas eigene städtebaulichen Arbeiten eine wichtige Grundlage. Während sich der erste Plan für den

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Rotterdamer Vorort Pendrecht von 1949 durch die großflächige Wiederholung von kleinen Einheiten gruppierter Zeilenbauten auszeichnete, war das Projekt Alexander Polder (1956) durch größere Einheiten im Sinne ›visueller Gruppen‹, eine Variation und Durchmischung unterschiedlicher Gebäudetypologien sowie eine Hierarchie der Gebäudehöhen und der Verkehrswege gekennzeichnet (Abb. 1). Der Plan von 1956 wies Newman zufolge nicht nur einen »menschlicheren Maßstab« auf, sondern verbesserte gegenüber dem Pendrecht-Entwurf vor allem die Orientierung innerhalb der Stadt und die Identifikation mit der eigenen Nachbarschaft.24

2. G RUNDHALTUNG UND A RCHITEK TUR AUFFASSUNG Bezüge und Positionen Die Erkenntnisse aus den OPBOUW-Studien und anderen Arbeiten des Büros Van den Broek en Bakema sind in Newmans eigenen Entwürfen der frühen 1960er Jahre durchaus wiederzuerkennen. Gemeinsam mit Thomas R. Vreeland entstand 1962 ein Entwurf für Cooper Point, einen Stadtbezirk in Camden nahe der Grenze zu Philadelphia. Die Arbeit wurde 1963 als einziger städtebaulicher Beitrag mit einem Design Award der amerikanischen Zeitschrift Progressive Architecture ausgezeichnet.25 Die Jury lobte den behutsamen Umgang mit der bestehenden städtebaulichen Struktur, die Integration alter und neuer Bauten und die Durchmischung unterschiedlicher Gebäudetypologien (Abb. 2). Das Gebiet wies eine dichte, niedrige Bebauung mit Reihenhäusern aus dem frühen 20. Jahrhundert auf und ist an drei Seiten von Wasser umgeben. Der Entwurf sah eine Hierarchisierung und funktionale Neuordnung der Verkehrswege unter weitgehendem Erhalt der vorhandenen Bausubstanz vor. Dabei sollten einzelne Straßen zu Fußwegen zurückgebaut bzw. in eine zentrale Fußgängerzone mit angrenzenden kommerziellen Nutzungen umgewandelt werden (Abb. 3). Die brachliegenden Industrie- und Hafenanlagen am Ufer des Delaware River sollten als Parkflächen revitalisiert werden und an dessen Rändern sollten neue zwölfstöckige Wohngebäude entstehen (Abb. 4). In ihrer langgestreckten und schmalen Form, den offenen und aufgeständerten Erdgeschosszonen sowie angedeuteten Dachgärten weisen die in Abbildungen dargestellten Hochhausscheiben eine Ähnlichkeit mit Le Corbusiers Unité d’Habitation (ab 1952 realisiert) auf. In dem Entwurf von Newman und Vreeland erfährt das Modell jedoch eine typologische Anpassung. So stehen die Gebäude parkseitig auf ganzer Höhe frei, stufen sich aber auf der Rückseite zu der angrenzenden niedrigeren Bebauung ab. Diesem Vorgehen kann durchaus die Absicht entnommen werden, den Hochhäusern im Stadtbild einen menschlicheren Maßstab zu verleihen, wie Newman ihn an Bakemas Arbeiten

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Abbildung 2: Oscar Newman und Thomas R. Vreeland, Cooper Point, Camden, New Jersey, 1962. Entwurfsmodell. Aus: Stern 1966, 39.

hervorhob. Die vorgesehene Hierarchisierung von Verkehrswegen, vor allem aber die Positionierung der Hochpunkte an der Peripherie des Stadtgebietes weist zudem Parallelen zu dem von Newman kommentierten Entwurf für den Alexander Polder (1956) auf. Der Entwurf für Cooper Point wurde 1966 in einer Ausstellung der Architectural League of New York gezeigt.26 Die von Robert Stern kuratierte Ausstellung »40 under 40« präsentierte eine Auswahl an Arbeiten jüngerer ›Architekturtalente‹, darunter mehrere Mitglieder der New York Five (Peter Eisenman, Michael Graves, Charles Gwathmey, Richard Meier) sowie Robert Venturi, Charles Moore und Werner Seligmann. Es kann davon ausgegangen werden, dass es in diesem Zusammenhang auch zu einem persönlichen Aufeinandertreffen zwischen Newman und wichtigen Vertretern des akademischen Architekturdiskurses gekommen war. Im Vorwort zum Ausstellungskatalog nennt Stern neben der Vielfalt von Gebäudetypologien vor allem Gestaltungsfragen und eine Verantwortung für die Stadt als zentrale Themen der Arbeiten sowie Alvar Aalto, Louis Kahn und Le Corbusier als neue Vorbildfiguren für die jungen Architekten.27 Der Entwurf von Newman und Vreeland – abgebildet auf einer Doppelseite mit Venturis Guild House (1961) – wird für seinen Ansatz gelobt, der auf gängige Moden verzichtet und stattdessen auf dem »Charakter des Ortes« auf baue:

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Abbildungen 3 | 4: Oscar Newman und Thomas R. Vreeland, Cooper Point, Camden, New Jersey, 1962. Perspektiven. Aus: Anonymus 1963, 99.

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Newmans Selbstverständnis als Architekt und seine Auffassung zu den drängenden Aufgaben von Architektur und Stadtplanung während dieser Zeit lassen sich anhand eigener Beiträgen in Architekturzeitschriften nachvollziehen. Veröffentlichungen aus den 1960er Jahren dokumentieren ein Interesse insbesondere an neuen Konzepten für den städtischen Wohnungsbau und den Entwurf öffentlicher und sozialer Einrichtungen wie Schulen und Universitäten.29 Newmans Aufmerksamkeit galt dabei sowohl Fortschritten im technisch-planerischen Bereich als auch räumlich-gestalterischen Aspekten und Erkenntnissen über die Beziehung zwischen Umwelt und menschlichem Verhalten. Die Beiträge verdeutlichen zudem eine aufmerksame Lektüre verschiedener amerikanischer und europäischer Architekturjournale während dieser Jahre, darunter beispielsweise die Zeitschriften Architectural Forum, Progressive Architecture, und Perspecta sowie die deutschen und schweizerischen Magazine Architektur-Wettbewerbe, Baumeister und Das Werk. In der gleichen Ausgabe des kanadischen Magazins Canadian Architect, in der auch der Beitrag über Bakema abgedruckt war, veröffentlichte Newman einen weiteren Artikel, in der er verschiedene Beiträge über Kirchenbauten rezensiert, die zuvor in verschiedenen internationalen Architekturjournalen erschienen waren.30 Wie können Kirchen gestaltet werden, fragt Newman, die auf historische Formen und Elemente verzichten und trotzdem den gegenwärtigen Bedürfnissen der Menschen entgegenkommen. In der Gestaltung von Louis Kahns First Unitarian Church in Rochester (1959-1967), dessen zentraler Kirchenraum vollständig von Klassenzimmern bzw. einem Eingangsgebäude eingefasst wird, sieht Newman einen bemerkenswerten Beitrag zur zeitgenössischen Architektur. Das Bild des Sakralraumes als spiritueller und physischräumlicher Zufluchtsort spiegelte Newman zufolge auch den Zustand der Gesellschaft wieder: »If the new upsurge in religious activity is, as some experts say, born of the anxiety over our troubled times, then it might do to examine some of the formal language of bomb shelters into our churches. [...] The Unitarian Church is a modern concept and owes little to the ritualistic religions of the past. The church’s needs are contemporary with the spiritual needs of modern man [...].« 31

Ein Verständnis des Architekten als Baumeister, König und Klerus verpflichtet, so Newman, gehöre ebenso der Vergangenheit an, wie die »verhältnismäßig stabile und gefestigte« Gesellschaft, in der er tätig war. Der Architekt der Ge-

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genwart dagegen, den Strukturen einer demokratischen und industrialisierten Gesellschaft verbunden, baue »Wohnungen, Schulen, Bürogebäude, Fabriken, Begegnungsstätten, Kegelbahnen und Krankenhäuser«.32 Newmans Auffassung, die Aufmerksamkeit gegenüber der Schaffung von Wohnraum in den Städten werde in der Architektur durch den Blick auf herausragende Einzelbauten verdrängt, zeigt sich auch in einem Beitrag von 1970 für das amerikanische Magazin Progressive Architecture.33 In der Rezension von Jürgen Joedickes Publikation Moderne Architektur. Strömungen und Tendenzen (1969) bedauert Newman, dass Wohnungsbauten in dem Werk kaum aufgeführt würden, obwohl deren Bedeutung als Aufgabe von Architekten in Europa und den USA nie größer gewesen sei als in der Zeit nach 1945.34 Es sei ihm »unbegreiflich, dass Architekten in den Sechzigern noch immer einen so eingeschränkten Blick auf Architektur haben könnten, der sich auf das individuelle Gebäude in Isolation gesehen beschränkt«.35 Als Beispiele für positive Vorbilder in diesem Bereich nennt Newman hier unter anderem soziale Wohnungsbauprojekte von Louis Kahn (Mill Creek Housing, Philadelphia, 1951-1963), Davis Brody (Riverbend Houses, New York, 1967) und I.M. Pei sowie die systematische Anwendung industriell vorgefertigter Einheiten für Hochhäuser und Bungalows in Europa und den USA, darunter Projekte, die von Newman auch in der Publikation Defensible Space als Prototypen für ›sichere‹ Wohnbauten vorgestellt werden.36 Newman verweist auf zwei weitere wichtige Tendenzen innerhalb der Architektur, die ebenfalls keine Beachtung in Joedickes Buch finden, denen er jedoch im kommenden Jahrzehnt wesentlichen Einfluss beimisst: Die Entwicklung programmatischer Entwurfsprinzipien und die »Scheinarchitekturen« von Walt Disney und anderen.37 Während Newman diese Arbeiten als »inszenierte« Architekturen abtut, begrüßt er die Implikationen der Ersteren. In Bezug auf innovative programmatische Entwurfsprinzipien verweist Newman konkret auf neue Ansätze zur Planung von Grundschulen (Gaudill Rowlett Scott, Texas), Kinderkliniken (Herman H. Field, Cleveland) und Studentenwohnheimen (Sim van der Ryn, Kalifornien) sowie auf die Entwicklung vorgefertigter Systeme im Schulbau (Esra Ehrenkrantz, New York).38 Bereits in einem früheren Artikel berichtete Newman über Fortschritte und neue Erkenntnisse in der Planung von Schulbauten in Europa und des USA.39 Neben konstruktiven Lösungen wie dem in Großbritannien entwickelten CLASP System, das eine flexible Anordnung vorgefertigter Raummodule ermöglichen sollte, verwies er auch auf Beispiele, die auf die veränderten Anforderungen durch neue Lehrkonzepte und den Einsatz von Audio- und Videotechnik mit neuen Raumkonzepten reagierten. Unter anderem nannte Newman in diesem Zusammenhang Hans Scharouns Entwurf für eine Volksschule in Darmstadt (1951), in dem die Anordnung und Form von Räumen sowie Farben und Be-

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lichtung gezielt zur Entwicklung einer »bewussten Wahrnehmung« in den Schülern beitragen sollte.40 Die wohl umfassendste Darstellung der eigenen Architekturauffassung bringt Newman im letzten Kapitel seiner 1980 publizierten Monografie Community of Interest zum Ausdruck.41 Unter dem Titel »Whose Failure is Modern Architecture?« entgegnet er darin der seit den 1970er Jahren in den USA verstärkt geäußerten Kritik an der zeitgenössischen Architektur mit einem differenzierten Blick auf die Errungenschaften der Klassischen Moderne. Zwei Aussagen vom Anfang und Ende des Textes machen Newmans Position deutlich: »The failures of modern architecture in the postwar period are not the consequence of flat roofs or spare facades as Philip Johnson would have us believe, but are rather attributable to poorly conceived and laid out buildings. It is these unusable building interiors and their poor relationships to outside grounds, rather than their facades, which has resulted in their rejection.« 42 »The revolution in architecture in the 1920s and 1930s was a revolution in planning methods and in the adoption of social concerns. The challenge posed then is yet to be understood or assumed. Modern architecture in America is not dead, as our critics claim – it has yet to see life.« 43

Newman positioniert sich nicht als Kritiker der modernen Bewegung. Vielmehr fordert er eine zeitgemäße formale Erneuerung und Anpassung ihrer Grundsätze an die tatsächlichen Bedürfnisse der breiten Bevölkerung. In seiner Argumentation unterscheidet Newman zwei Tendenzen innerhalb der zeitgenössischen Architektur, die aus der Bewegung der 1920er und 1930er Jahre hervorgegangen waren.44 So führte die Suche nach Antworten auf die Bedürfnisse der urbanen Massengesellschaft zur Entwicklung neuer methodischer Ansätze und innovativer Technologien und Grundrisstypologien, die sich in Entwürfen für Wohn- und Industriebauten, Schulen und institutionellen Einrichtungen widerspiegelte. Beispielhaft werden Arbeiten der Architekten Mart Stamm und Ernst May in Deutschland sowie der Niederländer Bernard Bijvoet und Jan Duiker genannt. Dieser vorwiegend durch wissenschaftlichen Fortschritt und soziale Belange geleiteten Gruppierung standen andere, stärker an künstlerischen Verfahren und ästhetischen Vorbildern des Industriezeitalters orientierte Ansätze entgegen, wie sie sich in Arbeiten Mies van der Rohes oder Le Corbusiers zeigten. Während in der frühen Arbeit des CIAM die Interessen beider Gruppierungen gleichberechtigt Berücksichtigung fanden, kam es Newman zufolge seit dem Bruch der Konferenz gegen Mitte der 1950er Jahre innerhalb der akademisch geprägten Architekturdisziplin zu einer Durchset-

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zung formaler und ästhetischer Belange. Die Absicht des Team X, Fragen der »Gestaltung soziologischer und visueller Zusammenhänge« in der Architektur zu vereinbaren, sei bisher weitestgehend erfolglos geblieben. So habe sich der Entwurf der Smithsons für die Robin Hood Gardens in London (1972) für seine Bewohner als ebenso unbrauchbar erwiesen wie die Großwohnprojekte Le Corbuisiers in Marseille (Unité d’Habitation, 1952), Minoru Yamasakis in St. Louis (Pruitt-Igoe, 1954) oder Moshe Safdies in Montreal (Habitat 67, 1967): »It was the belief […] that the modern style itself could be liberating and that a modern, collective society could be achieved by housing people in new, communal environments. It was almost as if the poor could be at once both liberated and politicized by being introduced into mass housing designed within a Mondrian or Corbusierian format. But these were also physically complex environments, which were required sophisticated communal social structures to survive in and operate. In contemporary American society, when the poor are housed in such environments, the projects are run paternalistically by large housing bureaucracies. There is little liberation, no autonomy, and no separate identity for the individual family.« 45

Newmans Kritik an der architektonischen und städtebaulichen Praxis in den USA richtet sich vor allem gegen die Priorisierung großmaßstäblicher, häufig mit Stadtsanierungsmaßnahmen verbundener Planungen gegenüber dem Erhalt traditioneller Stadtquartiere und bestehender Wohnsiedlungen. Architekten und Städtebauer missachteten den zur Umsetzung ihrer Entwürfe erforderlichen institutionellen und finanziellen Rahmen, der zur Einrichtung zentralisierter Bürokratien in Form von Regierungsbehörden und großer öffentlicher oder privater Wohnungsbauunternehmen führe.46 Mit der Errichtung von Großwohnprojekten und dem Verlust kleinteiliger Strukturen verbindet sich für Newman darüber hinaus auch eine sozialpolitische Dimension. Die neuen Mietwohnungen böten ihren Bewohnern zwar eine »schützende Behausung«, ließen ihnen jedoch kaum Möglichkeiten zur individuellen Gestaltung des eigenen Lebensumfeldes. Dabei sei das Bedürfnis nach sinnlicher Gestaltung durch Farben und Materialien in allen Bevölkerungsschichten ebenso ausgeprägt wie der Wunsch nach individuellem Eigentum, der sich im Bild des Einfamilienhauses symbolisch manifestiert: »Architects and urban designers may be outraged by the endless visual monotony of suburban tract development, but the families that occupy them do not see the over-all tract – they see only the glory of their own individual homes. For them, their single-family house is symbolic of arrival. Architects and architectural historians have been damning the suburban tract development since the 1930s, but social scientists and realtors will tell you that tract houses continue to be the most sought after and the most successful form of moderate- and middle-income housing ever built. The hardest lesson for the

Case Study. Defensible Space architects to learn is that for the consumer, the least important of requirements to be satisfied in housing is the visual composition created by the assembly of a hundred or more units.« 47

Newman wendet sich gegen eine übergeordnete, primär nach visuellen oder formalen Kriterien geleitete Art der Stadt- und Siedlungsplanung. Die Frage, welche Bedeutung der Stadt und dem Erscheinungsbild ihrer öffentlichen Räume als Ausdruck einer demokratischen und freiheitlichen Gesellschaft zukommt, lässt er dabei weitestgehend unbeantwortet. Der Aspekt der formalen Gestaltung zeitgenössischer Architektur wird dabei von Newman selbst als kritischer Punkt erkannt: »Can one have a modern architecture without […] the modern style? It is this last tradition, the modern style, which in itself is questionable to many users of modern buildings, particularly those of low and middle incomes who find the raw concrete and exposed steel unrelated to their image of desirable housing. The question then becomes: Can we have a modern style which, through its symbolism, also succeeds in addressing the aspirations of the common man?« 48

Um diesem Dilemma zu begegnen, formuliert Newman abschließend drei »Funktionen der Form«, denen eine erneuerte moderne Architektur entsprechend müsse.49 Diese solle flexibel sein in der Grundrissgestaltung und gleichzeitig als Einheit in ihrer Gesamtform erkennbar bleiben. Der Einsatz zeitgenössischer Materialien solle auch deren raumerzeugenden Potentialen Ausdruck verleihen, die sich beispielsweise in großen Spannweiten oder großflächige Öffnungen zeigen können. Drittens solle die Formensprache dem Bestreben ihrer Bewohner einerseits nach sinnlicher Gestaltung, andererseits nach Identifikation mit vertrauten Formen der Vergangenheit entsprechen. Wie der Einbezug traditioneller Elemente konkret aussehen könnte, lässt Newman, der zu diesem Zeitpunkt sein eigenes Tätigkeitsfeld längst nicht mehr im klassischen Gebäudeentwurf gesehen hatte, offen. Jedoch verweist er auf entsprechende Vorbilder in anderen Kunstformen, beispielsweise in der Musik und der Malerei. Der scheinbare Widerspruch zwischen einem erkennbar zeitgenössischem Ausdruck und der wie auch immer gearteten Einbindung traditioneller oder historischer Elemente stellt dabei einen interessanten Aspekt dar. In seiner Auffassung moderne Architektur und kulturelle Identität miteinander verknüpfen zu wollen, lässt sich Newmans Haltung Anfang der 1980er Jahre durchaus mit den Positionen wichtiger zeitgenössischer Architekturvordenker vergleichen. Seine Forderung nach Wertschätzung des Alltäglichen – Einfamilienhaus und Vorortsiedlung – ist den Auffassungen von Robert Venturi und Denise Scott Brown durchaus ähnlich.50 In der Ablehnung

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großmaßstäblicher Planung, seinen Ansichten in Bezug auf den Umgang mit Materialien und der Forderung nach Einbindung vertrauter, traditioneller Elemente bestehen zumindest Parallelen zu Kenneth Framptons Modell eines »Kritischem Regionalismus«. 51 Insgesamt zeigt sich in den Darstellungen ein Verständnis von Architektur, das nicht nur gegenwärtige soziopolitische Belange miteinbezieht, sondern auch eine kulturelle und ästhetische Dimension, die auf die Wahrnehmung vertrauter Muster und Strukturen gerichtet ist und sinnliche ebenso wie sinnhafte Aspekte der Umweltgestaltung berücksichtigt. Newmans breitgefächertes Interesse an Kunst und Literatur wird auch in späten architekturfremden Veröffentlichungen deutlich, darunter ein Buch über traditionelle Kunst der nordwestlichen Indianer sowie ein Kriminalroman, der einen Kunstraub aus dem Metropolitan Museum of Art in New York thematisiert.52

Lernen von St. Louis... und von Team X Newman lehrte seit etwa Mitte der 1960er Jahre im Urban Design Programm an der Washington University in St. Louis. Unter dem Einfluss des damaligen Dekans der Architekturschule Joseph R. Passonneau (1921-2011), ein Absolvent des Urban Design Programms an der Harvard Graduate School of Design, wurden eine Reihe jüngerer und innovativer Fakultätsmitglieder engagiert.53 An der Washington University leitete er gemeinsam mit dem Architekten Roger Montgomery das 1964 gegründete Urban Renewal Design Center. Im Rahmen dieser Tätigkeit entstanden verschiedene Forschungsarbeiten, die auch im Hinblick auf die Entwicklung des Defensible Space-Konzeptes von Bedeutung sind, darunter eine Studie zur Revitalisierung von Wohngebieten in Chicago.54 Die Studie, die auch in der Bibliografie des Defensible Space-Buches genannt wird, entstand zwischen November 1966 und Juli 1967 im Auftrag der Stadt Chicago und wurde mit Geldern aus dem Community Renewal Program des U.S. Department of Housing and Urban Development gefördert. 55 Gegenstand des Projektes war die Entwicklung eines sogenannten Park-Mall Programms für North Lawndale, eine der 77 Community Areas, in welche die Stadt Chicago seit 1960 untergliedert ist. Vorgesehen war die Schaffung von Erholungsflächen und institutionellen Einrichtungen wie Schulen, Bibliotheken und medizinischer Versorgung. Park-Mall wurde dabei als Konzept verstanden, in dem die Grünflächen und neuen baulichen Elemente ein physisches Netzwerk bilden, das die visuelle Lesbarkeit der städtischen Struktur erhöhen und Impulse für weitere Entwicklungen geben könne (Abb. 5). Die Planungsmethode sollte dabei gezielt auch auf vergleichbare Nachbarschaften übertragbar sein. Das Gebiet ist seit Ende der 1950er Jahre fast vollständig von schwarzen Amerikanern bewohnt und wies zu dem Zeitpunkt der Studie eine starke Überbevölkerung auf.56 Die Nachbarschaft ist durch ein regelmäßiges Stra-

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Abbildung 5: Urban Renewal Design Center, Washington University, St. Louis, Park-Mall: Lawndale, 1968. Konzeptskizze. Aus: Newman 1968a, 11.

ßenraster und eine Struktur aus Reihenhäusern und niedrigen Apartmenthäusern in Ziegelsteinbauweise geprägt, die zum Großteil Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden waren. Insbesondere die geringen Grün- und Erholungsflächen verbunden mit zunehmenden Verkehrsproblemen durch den Zuwachs von Automobilen wurden Mitte der 1960er Jahre als drängende Defizite erkannt.57 Mit den veränderten Transportmöglichkeiten durch Nutzung des Autos habe sich, der Studie zufolge, die Effektivität der physischen Umgebung in den alten urbanen Gegenden grundlegend gewandelt. Fußgängerwege seine zum Teil nicht mehr genutzt worden. Gleichzeitig ermöglichte das Auto eine Zentralisierung von kommerziellen und gemeinschaftlichen Einrichtungen. Die Park-Mall-Studie muss auch im Kontext der soziopolitischen Situation der sechziger Jahre und den Ereignisse im Zuge der Bürgerrechtsbewegung in den USA betrachtet werden. Die Arbeit an dem Projekt begann kaum ein halbes Jahr nach dem von Martin Luther King angeführten Marsch auf das Rathaus von Chicago im Juli 1966. Die Veröffentlichung der Studie fällt mit dem Attentat auf King fast zeitgleich zusammen. Während der mehrmonatigen Kampagne gegen hohe Mieten und mangelnde Ausstattung von Schulen, wohnte King selbst vorübergehend in North Lawndale.58 Zu den konkreten Forderungen an

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die Stadtverwaltung von Chicago zählten auch Programme zur Erneuerung bestehender öffentlich geförderter Wohnbauten. Es kann davon ausgegangen werden, dass die soziale Stabilisierung von Quartieren wie North Lawndale ein vordringliches Anliegen der im Auftrag der Stadt Chicago erfolgten Studie war. Trotz allgemeiner Befürwortung der Vorschläge regte sich auch Kritik an den Ergebnissen, so beispielsweise an der einseitigen Förderung von Sportangeboten. Der Plan basiere auf Vorstellungen, so eine konkrete Reaktion, die der schwarzen Bevölkerung vornehmlich Betätigungen im Bereich physischer Aktivitäten zuschreiben, während ihnen der Zugang zur kulturellen Teilhabe am städtischen Leben verwehrt bliebe.59 Zu einer Umsetzung der Pläne war es jedoch nie gekommen. Nach Kings Ermordung im April 1968 kam es in Lawndale zu gewalttätigen Ausschreitungen und erheblichen Zerstörungen, verbunden mit einem kontinuierlichen Bevölkerungsrückgang.60 Eine Großzahl von Gebäuden wurde in den folgenden Jahren abgerissen und viele Grundstücke blieben bis heute unbebaut. Im Kern sah das Projekt eine Neuordnung der Nutzung und Form von Verkehrswegen und die Planung von Einkaufs- und Schulzentren vor. Die vorgesehenen Maßnahmen entwickelten sich dabei entlang der drei Handlungsfelder »Fabric«, »Spine« und »Center«: Die vorhanden baulichen Strukturen [fabric] sollten weitestgehend erhalten bleiben und freiwerdende Grundstücke sollten zu Freiflächen umgewandelt werden. Zwei diagonal durch das Gebiet verlaufende breite Straßenachsen [spine] wurden als identitätsstiftend innerhalb der durch das Raster geprägten städtebaulichen Struktur erkannt.61 Neue

Abbildung 6: Urban Renewal Design Center, Washington University, St. Louis, Park-Mall: Lawndale, 1968. Entwurf Douglas Boulevard. Aus: Newman 1968a, 43.

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Grün- und Freiraumelemente sowie die Einrichtung von Spiel- und Sportplätzen sollten hier zur Wiederherstellung von Aufenthaltsqualitäten und einer Rückgewinnung der weitgehend ungenutzten Mittelstreifen als Fußgängerpromenaden beitragen (Abb. 6). Vorgesehen war zudem die Entstehung eines kommerziellen Zentrums mit Fußgängerzone sowie eines Schulzentrums. Die entsprechenden Einrichtungen sollten als Ensemble gestaltet und mit Erholungsflächen verbunden werden und jeweils zentral erreichbar sein. Die Positionierung des neuen Schulzentrums sollte innerhalb des großflächigen Douglas Park erfolgen.62 Der Park bildete ursprünglich einen Teil des Chicagoer West Park Systems, das Ende des 19 Jahrhunderts von dem Architekten William Le Baron Jenney (1832-1907) als Ensemble von drei Landschaftsgärten angelegt wurde. Vor allem aufgrund mangelnder finanzieller Unterstützung befand sich der Douglas Park Mitte der 1960er Jahre in einem heruntergekommenen Zustand. Die von den Rändern entfernten mittig liegenden Teile des Parks galten als unsicher und wurden von der Bevölkerung gemieden. Mit der Umwandlung in einen »Bildungspark« und der Teilung der großflächigen Parkanlage in überschaubare Abschnitte sollten die Aktivitäten im Zentrum der Anlage erhöht und das Sicherheitsempfinden im Park gesteigert werden (Abb. 7). Der Vorschlag für die Gestaltung des Bildungszentrums orientiert sich am Grundriss des Campus der Freien Universität Berlin (1963) nach einem Entwurf der Team X-Mitglieder Georges Candilis und Shadrach Woods. Mit dem Campusmodell der Freien Universität in Berlin hatte sich Newman bereits im Rahmen einer früheren Studie am Urban Renewal Design Center intensiver auseinandergesetzt. Darin kam er zu dem Schluss, dass die Hierarchisierung des Wegesystems und die dezentrale Gruppierung von Einrichtungen verbunden mit einer modularen Anordnung von Gebäudeteilen eine gewisse Flexibilität für zukünftige Erweiterungen gewährleistet. Die Wahrnehmung der Struktur als Ganzes setze sich aus der »sequentiellen Erfahrung« der einzelnen Teile zusammen, die als »visuelle Fragmente« wirken, so dass die Form des Baukörpers zu keinem Zeitpunkt als endgültig zu betrachten sei.63 Obwohl Berlin-Dahlem und Chicago-Lawndale sowohl in stadtmorphologischer als auch in sozialräumlicher Sicht unterschiedlicher kaum sein könnten, erschien Newman das Vorbild offensichtlich geeignet, um es als architektonisches Modell einer flexibel erweiterbaren Grundstruktur in der Park-Mall-Studie zu verwenden. Die in der Park-Mall-Studie vorgesehen Maßnahmen zur Verbesserung der Wohnqualität zielen vor allem auf die Planung von festgelegten Aktivitäten. Zwar werden mit der Aufwertung von Freiflächen gestalterische Aspekte miteinbezogen, die Erscheinung der physischen Umgebung wird insgesamt jedoch nur wenig berücksichtigt. Die teils erstaunlich präzisen Gestaltungsvorgaben, beispielsweise in Bezug auf die Anlage von Spiel- und Sportplätzen,

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Abbildung 7: Urban Renewal Design Center, Washington University, Park-Mall: Lawndale, 1968. Entwurf Educational Center. Aus: Newman 1968a, 29.

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dienen vor allem der Festlegung gezielter Dimensionen und geeigneter Materialien, um die Nutzung der Einrichtungen durch bestimmte Altersgruppen möglichst eindeutig zu bestimmen. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang ein Hinweis in Bezug auf die vorgesehenen Maßnahmen im Douglas Park: »The intensification of use of Douglas Park as proposed will undoubtedly change much of its present rambling pastoral-like setting, to the dismay of some people. For the majority of present residents of Lawndale, however, it will help to supplement the deficiency of recreational facilities and general lack of amenities. It will also increase the safety of the park and possibly act to stimulate private development bordering it.« 64

Der Verlust des Landschaftsparkcharakters sei im Hinblick auf die zu erwartende Verbesserung der sozialen Situation zu rechtfertigen, so die Argumentation. Die Aussage macht jedoch auch deutlich, dass sich ästhetische und soziale Werturteile kaum gegeneinander abwägen lassen. Zwar mögen die baulichen und freiräumlichen Veränderungen am Park für die Bevölkerung kurzfristig Verbesserungen herbeiführen und die Sicherheit innerhalb des Parks tatsächlich erhöhen. Die Größe und der Charakter des Parks selbst sind jedoch kaum Ursache der sichtbaren Defizite. Im Gegenteil ginge mit den vorgesehenen Modifikationen nicht nur ein lokaler Identifikationsort und kultureller Mehrwert für die Bewohner von Lawndale verloren, sondern auch die Funktion und der Charakter der Anlage als Teil eines stadtweiten Parksystems. Die Segregation der Nachbarschaft innerhalb der Stadt Chicago würde langfristig eher gefestigt als behoben werden. Es ist jedoch hervorzuheben, dass die Frage nach der Wirkung städtischer Umweltgestaltung in hohem Maße auf das Verhältnis von baulichen und freiräumlichen Strukturen zurückgeführt wurde. Newman verweist in diesem Zusammenhang auf Studienergebnisse, die darauf schließen ließen, dass eine verbesserte Lesbarkeit der Stadt vor allem durch die Verknüpfung von visuellen Bildern mit Aktivitäten erreicht werden kann: »Streets and places used most frequently are the ones remembered best and are used as guideposts in visualizing the total structure of any area. Different people from different age groups, income level, sex, etc., evolve different means of structuring areas in their minds based on their individual pattern of activities. Where streets contain areas of activity catering to many people, these streets will be shared by many in developing their image structure even though the composite memory of the street will be made up of different component parts based on individual use of different activities on the street.« 65

Es kann davon ausgegangen werden, dass die Überlegungen zur ›Lesbarkeit‹ des Stadtraumes grundlegend durch die während der 1950er Jahre am MIT

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durchgeführten Forschungen des amerikanischen Stadtplaners Kevin Lynch (1918-1984) beeinflusst wurden.66 So wird Lynch im Vorwort zur Park-MallPublikation als Berater des Projektes genannt.67 Newman verwendet explizit den von Lynch in The Image of the City (1960) geprägten Begriff der »Einprägsamkeit« [Imageability] in Bezug auf die Lesbarkeit von Stadträumen.68 Lynch bezeichnet damit ein Merkmal physischer Gegenstände, beispielsweise eine prägnante Form- und Farbgebung, um in der Wahrnehmung des Beobachters ein einprägsames Bild zu erzeugen. Das Park-Mall-Modell stützt sich dagegen stärker auf Erkenntnisse über die Intensität und Art der Nutzung von Straßen. Andere Aspekte von Lynchs Arbeit, beispielsweise die Bedeutung von physischen Rändern, Knotenpunkten oder Landmarken, bleiben hier unberücksichtigt. Der Beitrag von Bewegungskorridoren zur Lesbarkeit und Strukturierung des Stadtraumes, so die Schlussfolgerung, sei unmittelbar von ihrem öffentlichen Charakter sowie von den Nutzungsangeboten in ihrem Umfeld beeinflusst. Entsprechend ließe sich über die Hierarchisierung von Aktivitäten der Charakter und Grad der Öffentlichkeit einzelner Straßen gezielt planen. Newman macht deutlich, wie sich diese Zusammenhänge auf die Herstellung von Sicherheit in städtischen Räumen auswirken: »The more streets and places are limited to the use and activities of a few families, the more reluctant outsiders are in using those streets en route to somewhere else – for two reasons: They don’t feel they belong there and are uncomfortable about intruding. There is little going on there that interests them or attracts them in any way. [...] People in Lawndale, whether walking or driving, seem to seek out the more public streets both because they are attracted to the activity there and because they feel safer there as a result from the more public nature.« 69

Das System hierarchisierter Straßen und die gezielte Festlegung von privaten, halböffentlichen und öffentlichen Außenräumen schaffen die Möglichkeit für eine natürliche Überwachung durch die Bewohner. Im Falle des Park-MallKonzeptes sollte eine Hierarchisierung von Außenräumen durch die Gestaltung von Wegen, Straßen und Plätzen für spezifische Nutzungen erfolgen und mithin die Sicherheit im Wohnumfeld erhöhen. Das Konzept macht aber auch deutlich, dass die Bemühungen um ein höheres Maß an Sicherheit durch Kontrolle des öffentlichen Raumes und durch Beschränkung des Nutzungsangebotes auf lokale Bedürfnisse die Segregation von Nachbarschaften eher befördert. Der Aspekt bildet auch ein wesentliches Element des Defensible Space-Konzeptes. Zwar wird in dem Buch Defensible Space nicht explizit auf Lynch verwiesen, dessen Publikation von 1960 wird jedoch in der Bibliografie aufgeführt. Eine weitere Studie, die ebenfalls Ende der 1960er Jahre in St. Louis ihren Ausgangspunkt nahm, deren Ergebnisse jedoch erst im Jahr 1974 in New York

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abschließend publiziert wurden, vertiefte die im Park-Mall-Konzept angedeuteten Überlegungen zur Erhöhung der Sicherheit in städtischen Nachbarschaften durch Segregation und Privatisierung einzelner Straßen.70 Die durch die National Science Foundation unterstützte Untersuchung beruhte auf der Beobachtung, dass von den vergleichsweise hohen Kriminalitätsraten und zurückgelassenen Stadtquartieren in St. Louis solche Straßenzüge ausgenommen waren, die von den Anwohnern privat unterhalten und für den öffentlichen Durchgangsverkehr gesperrt waren. Entsprechende Lösungen waren in der Stadt gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Nachbarschaften wohlhabender Bürger umgesetzt worden. Die Straßen waren in der Regel einseitig geschlossen und Zugänge wurden durch Tore oder Torbögen symbolisch markiert. Ihre Fähigkeit halbprivates Territorium zu kennzeichnen und eine natürliche Überwachung durch die Anwohner zu gewährleisten, behielten diese Straßen auch im sozial angespannten Klima der späten 1960er Jahre. Newmans Untersuchung kam zu dem Ergebnis, dass das historische Modell aus St. Louis grundsätzlich auch auf andere Orte übertragbar sei und unabhängig vom sozialen Status und der ethnischen Zugehörigkeit der Bewohner zur Stabilisierung von Nachbarschaften beitragen könne. Nicht zuletzt aufgrund Newmans prominenter Arbeiten auf diesem Gebiet hat sich das Prinzip der durch sichtbare Barrieren gekennzeichneten, privatisierten und häufig sackgassenartig in Wendeschleifen endenden Wohnstraßen bis heute als verbreitetes Merkmal amerikanischer »Gated Communities« durchgesetzt.71 Während auf die Studie über »Private Streets in St. Louis« in Defensible Space auch konkret verwiesen wird, nimmt das Buch auf das ParkMall-Projekt kaum explizit Bezug.72 Lediglich im Zusammenhang mit Erkenntnissen über die Lage und Dimension von offenen Parkflächen wird auf das Beispiel des Douglas Park verwiesen.73 Im Hinblick auf die Entwicklung des Modells kann die Arbeit jedoch vor allem deshalb als grundlegend erachtet werden, weil sie Newman zum ersten Mal vertieft mit der schwierigen sozialen und ethnischen Situation in den nordostamerikanischen Großstädten konfrontierte und weil sie zu Lösungen ermutigte, die eine Erhöhung der Sicherheit konkret in der gestalterischen Aufwertung der städtischen Umwelt suchte. Ausgehend von der Park-Mall-Studie sei auch auf die verschiedenen Bezüge zu Arbeiten des Team X verwiesen. Über die offensichtliche Übernahme der von Candilis und Woods entworfenen Berliner Campusstruktur hinaus kann auch die Suche nach strukturierenden Elementen in der Stadt als gemeinsames Anliegen mit dem Team X erkannt werden. Eine Neubewertung der Straße als sozialer Raum sowie als verbindendes Element zwischen Haus und Stadt und als Ausgangspunkt für Wachstumsprozesse, wie in den Konzepten der »Streets in the air«, den »Clustern« und den »Netzen« enthalten, bildet in den Entwürfen und realisierten Projekten der Team X Mitglieder einen wesentlichen Fokus – vom Wettbewerbsentwurf der Smithsons für die Golden

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Lane Housing (1952) bis zu den Arbeiten von Candilis und Woods für die Stadterweiterung Toulouse-le-Mirail (1962–1977) und die Freie Universität in Berlin (1963-1973).74 Die Idee einer Reorganisation der städtischen Struktur durch Hierarchisierung des Straßen- und Wegenetzes und durch Aktivierung des Straßenraumes liegt auch dem Park-Mall-Plan zugrunde. Die »Straße« [spine] wird dabei als Element eines zusammenhängenden und dynamischen Systems begriffen, das mit der »baulichen Struktur« [fabric] interagiert. Anders als in vielen Projekten des Team X geht es dabei jedoch primär nicht um eine Neudefinition der Straße als solche, wie beispielsweise von den Smithsons mit dem Konzept der »Streets in the air« verfolgt, sondern vielmehr um eine Wiederherstellung und Nutzbarmachung der Straße als öffentlichen Stadtraum innerhalb eines bestehenden baulichen Kontextes. Auffällig an dem Park-Mall-Konzept ist zudem der Fokus auf die differenzierten Bedürfnisse von Kleinkindern, Kindern und Jugendlichen, der sich in den Entwürfen für Spiel- und Sportplätze ebenso widerspiegelt wie in der Szenerie der perspektivischen Darstellungen (Abb. 6). Auf ein Verständnis der Stadt durch die Perspektive von spielenden Kindern machten Alison und Peter Smithson bereits 1953 auf dem CIAM-Kongress in Aix-en-Provence aufmerksam, auf dem sie Nigel Hendersons Fotoserie über den Londoner Stadtteil Bethnal Green präsentierten.75 Das Thema trat wiederholt in Arbeiten des Team X auf und zeigte sich nicht zuletzt auch in innovativen Entwürfen für Schulen und andere Einrichtungen, beispielsweise Aldo van Eycks Waisenhaus in Amsterdam (1955-1960). Im Anhang der Park-Mall-Studie werden den verschiedenen Altersgruppen spezifische Kriterien für die Gestaltung von Erholungsflächen zugeordnet.76 Die Einteilung der Altersgruppen entspricht den von den Smithsons im Jahr 1960 veröffentlichen »Criteria for Mass Housing«.77 Es ist davon auszugehen, dass Newman die Veröffentlichung in der amerikanischen Architectural Forum damals bereits bekannt war. In einer späteren Veröffentlichung zitiert Newman auch explizit aus dem Katalog.78 Die Kriterien sollten den Smithsons zufolge dort ein Minimum an Lebensqualität sicherstellen, wo Wohngebäude nicht an die individuellen Bedürfnisse der zukünftigen Bewohner angepasst werden können. Sie richteten sich demnach an Planer und Auftraggeber öffentlich und privat finanzierter Großwohnprojekte oder Wohnsiedlungen. Die einzelnen Aspekte sind in Form von Fragen formuliert und betreffen die Planung und Gestaltung von Gebäuden, ihrem unmittelbaren Umfeld sowie der einzelnen Wohneinheiten. Der Aufstellung der Kriterien ging eine Untersuchung der Architekten voraus, die verbreitete Ängste identifizierte, die durch eine inadäquate physische Umgebung hervorgerufen werden können.79 In ihrer Absicht, den mit den neuen Wohnformen einhergehenden spezifischen Sorgen und Ängsten durch Aufstellung allgemeiner Gestaltungsrichtlinien zu begegnen, gleicht das Vorgehen der Smithsons Newmans Absicht im Hinblick auf die Defensible Space-

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Thesen. Aspekten, die beispielsweise die Beziehung der Wohneinheiten zu ihrer Erschließung und zum Außenraum betreffen, die Rolle von Fluren und vertikaler Erschließung, oder die Identität des äußeren Erscheinungsbildes von Gebäuden, werden von den Smithsons ähnliche Bedeutung beigemessen wie später von Newman. Darüber hinaus fällt auf, dass auch wichtige Argumente, die Newman gegen den Typus des sozialen Wohnhochhauses anführt, in diesem Zusammenhang bereits von den Smithsons benannt wurden. Die Feststellung der Smithsons, dass in großen Mietshäusern mit dem fehlenden Eigentumsgefühl der Bewohner ein Empfinden von individueller Unsicherheit sowie ein Verlust an Verantwortungsbewusstsein für den Zustand der öffentlichen Bereiche des Hauses einhergehen, macht Newman in seiner Kritik an der Gestaltung sozialer Wohnbauprojekte zu einem zentralen Argument.80 Während die tatsächliche Wirkung von Lynchs Studien auf die Entwicklung des Defensible Space-Modells als eher gering einzuschätzen sind und sich maßgeblich auf die kurze Zusammenarbeit im Rahmen des Park-Mall-Projekts zurückzuführen lässt, kann davon ausgegangen werden, dass Newman die Arbeiten verschiedener Mitglieder des Team X nicht nur über lange Zeit aufmerksam und kritisch verfolgte, sondern Einzelaspekte auch sehr gezielt in die eigenen Überlegungen zur Revitalisierung städtischer Wohnquartiere miteinbezog. Auch wenn sich Newman, enttäuscht von der praktischen Umsetzung ihrer konzeptuellen Überlegungen, von Arbeiten der Smithsons distanziert, bleibt ihre Absicht gestalterische und soziologische Aspekte in der Architektur miteinander zu verbinden, eine Motivation für seine eigene Arbeit.

Von Defensible Space zur »Community of Interest« Zwischen 1968 und 1972 war Newman als Professor an der Columbia University sowie an der New York University in Forschung und Lehre tätig. Während dieser Zeit entstanden die wesentlichen Arbeiten im Rahmen der Defensible Space-Forschungen. Die Erarbeitung weiterer Publikationen sowie Maßnahmen zur Überprüfung der Thesen durch Modifikation von Wohnbauten erfolgten ab 1972 im Rahmen eines außerhalb der Stadt New York neu gegründeten Forschungsinstitutes, dem Newman bis zu seinem Tod im Jahr 2004 als Direktor vorstand.81 Das Center for Residential Security Design (später: Institute for Community Design Analysis) erstellte bis Ende der 1990er Jahre zahlreiche Studien und Publikationen zur Gemeindeplanung, zum Wohnungsbau und zur Verbrechensverhütung. Aufträge von Wohnungsbau- und Regierungsbehörden sowie kommunalen und privaten Auftraggebern, überwiegend in den USA, umfassten seit Gründung des Instituts die Analyse, Planung und Durchführung von Umbauten an bestehenden sowie projektierten Wohnbauten und öffentlichen Gebäuden auf Grundlage der Defensible SpaceTheorie. Unter anderem war das Institut im Jahr 1982 an der Reorganisation

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der Wohnungsbaubehörde der Stadt Chicago (Chicago Housing Authority) beteiligt, die eine Neustrukturierung der Verwaltung sowie die Instandsetzung des kommunalen Wohnungsbaubestandes umfasste.82 Der Schwerpunkt der Tätigkeit liegt seit den frühen 1970er Jahren jedoch überwiegend im Bereich kleinerer Gemeinden und Orte außerhalb der Innenstädte.83 Nach eigenen Angaben des Instituts sind bis 2002 annähernd 500 Millionen Dollar durch private und öffentliche Auftraggeber in die Umsetzung bzw. Anwendung der Defensible Space-Techniken investiert worden. Die Arbeit umfasst darüber hinaus die Schulung von Angestellten im Gebäudemanagement sowie von Sicherheitspersonal. In Seminaren werden die Grundlagen des Defensible Space-Ansatzes vermittelt und anhand konkreter Situationen untersucht, wie die Techniken in Bezug auf die spezifischen physisch-baulichen und sozialen Bedingungen vor Ort angewendet werden können, um das Sicherheitsgefühl von Bewohnern zu steigern, aber auch um die Arbeit des Sicherheitspersonal »effektiver« zu machen. Das Institut hat zu diesem Zweck interne Trainingsvideos sowie Ratgeber erstellt. Zuletzt erschien 1996 die Veröffentlichung Creating Defensible Space als Fallbuch zur Unterstützung öffentlicher und privater Organisationen bei der Umsetzung der Defensible Space-Theorie.84 Die Publikation, herausgegeben durch das U.S. Department of Housing and Urban Development, erläutert die Prinzipien des Defensible Space-Ansatzes in Entwurf und Ausführung am Beispiel von drei Umbauprojekten, an deren Planung Newmans Institut federführend beteiligt war. Newman erläutert in diesem Zusammenhang unter anderem sein erweitertes Konzept sogenannter Mini-Nachbarschaften auf Grundlage der Idee der »Interessengemeinschaft«.85 Newman erläuterte dieses Konzept bereits 1980 in seinem Buch Community of Interest. Die ursprüngliche Defensible Space-Idee erfährt hier eine Weiterentwicklung, die soziopolitische Zusammenhänge über den empfundenen Sicherheitsverlust in innerstädtischen Wohngebieten ausführlicher darlegt.86 Defensible Space thematisierte im Kern das Verhältnis zwischen der physischen Form von Gebäuden und Mechanismen zur natürlichen Überwachung der Umgebung durch ihre Bewohner am Beispiel innerstädtischer sozialer Wohnbauprojekte. Die Idee der Interessengemeinschaft dagegen fokussiert stärker auf den Zusammenhang zwischen verschiedenen Wohntypologien, überwiegend Einfamilienhäuser und Reihenhäuser, und sozialen und demografischen Faktoren.87 Das Buch plädiert deutlicher für eine spezifische Zusammensetzung von Nachbarschaften in Bezug auf Alter, Einkommen oder Lebensstile. Dem Ansatz liegt die These zugrunde, dass auf diese Weise gezielter auf spezifische Formen der Wahrnehmung und Nutzung der physischen Umgebung durch ihre Bewohner reagiert werden kann. Newman kommt dabei zu dem Ergebnis, dass die Integration unterschiedlicher sozialer und ethnischer Gruppen nur gelingen kann, wenn innerhalb von Nachbarschaften drei grundlegende Faktoren be-

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achtet werden. Diese betreffen die Gruppierung von Bewohnern ähnlichen Alters und ähnlicher Lebensformen, eine Durchmischung unterschiedlicher Einkommensschichten sowie ein festgelegtes prozentuales Verhältnis von Bewohner verschiedener kultureller Herkunft. Deutlicher als in Defensible Space artikuliert Newman in der Publikation auch seine eigene Motivation für die Arbeit. Um »die Idee urbanen Lebens in Amerika« zu erhalten, sei es notwendig neue »soziophysische Mechanismen« zu entwickeln, die ein sicheres Zusammenleben unterschiedlicher sozialer Gruppen in der Stadt ermöglichen.88 Die Berücksichtigung der dargelegten physischen und sozialen Parameter für Wohngebäude und Nachbarschaften erlaube jene Mischung unterschiedlicher Bewohnergruppen in enger, räumlicher Nähe, aus der sich der »Reichtum kultureller Interaktion« urbanen Lebens begründe.89 Die bis in die 1990er Jahre von Newman und seinen Mitarbeitern in der Praxis umgesetzten Projekte deuten gegenüber dem ursprünglichen Defensible Space-Modell auf eine stärkere Abgrenzung der Nachbarschaften von ihrem Umfeld als auf eine informelle soziale Kontrolle hin.90 Die Regulierung von Verkehrswegen und die Zugangsbeschränkung auf Grundstücke durch physische Barrieren rückt dabei zunehmend stärker in den Fokus. So steht Newmans persönliche Sichtweise auf Defensible Space gegen Anfang der 1980er Jahre ganz offensichtlich im Kontrast zu späteren Rezeptionen, die das Konzept, vor allem in seiner Weiterentwicklung zu »territorialen Interessengemeinschaften«, als Wegbereiter für das in den USA weithin verbreitete Modell der »Gated Communities« betrachten, welches bauliche Gestaltungsvorschriften mit Regulationen zur Verhaltensweise zum Schutz von Eigentum und Bewohnern verbindet.91 Newmans Überzeugung Architektur als gesellschaftlich verantwortungsvolle Aufgabe zu begreifen zeigte sich bereits früh in planerischen wie publizistischen Beiträgen. Seine beratende Tätigkeiten im Bereich des staatlich geförderten Wohnungsbaus seit den frühen 1970er Jahren, auch die Verbindungen zu öffentlichen Behörden und Regierungsstellen sowie das spezifische Konzept der Interessengemeinschaft, gingen maßgeblich aus den Arbeiten im Rahmen der Defensible Space-Forschung hervor.92 Nach Abschluss der Forschungen widmet sich Newman hauptsächlich der Verbreitung und Anwendung seines Defensible Space-Konzeptes. Mit dem veränderten Fokus und der Aufgabe der universitären Lehr- und Forschungstätigkeit, so scheint es, ist auch ein intellektueller Abschied aus dem breiteren und internationalen akademischen Architekturdiskurs verbunden. Wissenschaftliche Publikationen seid dieser Zeit beschränken sich weitgehend auf konkrete Zusammenhänge mit der Defensible Space-Arbeit.

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3. D EFENSIBLE S PACE , 1972 Struktur und Inhalt Die Publikation Defensible Space: Crime Prevention through Urban Design erschien 1972 im New Yorker Macmillan Verlag und richtete sich explizit an eine breite Öffentlichkeit.93 Ein Auszug unter dem Titel »Alternatives to Fear« war zuvor bereits in der Oktoberausgabe der Architekturzeitschrift Progressive Architecture erschienen.94 Der Einband der amerikanischen Originalausgabe verweist in Stichworten drei zentrale Aussagen des Buches: »An Alternative to the fortress apartment. An investigation of how architecture can affect the attitudes and actions of inhabitants. A proposal to design crime-free urban housing«. Fast zeitgleich erschien das Buch im britischen Verlag Architectural Press unter dem Titel Defensible space: People and design in the violent city. Geradezu aufreißerisch wirkt das Cover der britischen Taschenbuchausgabe (Abb. 8). Ein Grund für die gezielte Vermarktung des Buches in Großbritannien mag in der damals kontrovers geführten Debatte um die Einführung höherer Wohnungsdichten in London sowie die Einrichtung neuer Wohnbauprogramme nach amerikanischem Vorbild liegen.95 Trotz erheblicher medialer Aufmerksamkeit nach Erscheinen des Buches, in Fachjournalen ebenso wie in der nationalen Berichterstattung, sind bislang keine erweiterten Auflagen oder Neuauflagen des Buches erschienen.96 Obwohl das Buch auf die Vermittlung und Verbreitung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse abzielt, verzichtet der Text weitgehend auf Fachterminologie und erläutert komplizierte Sachverhalte in allgemein verständlicher Sprache.97 Das Buch enthält zahlreiche Fotografien, Lagepläne, Grundrisse sowie räumliche Zeichnungen, teils in Form von Handskizzen. Zwar besticht der Text teils durch eine alarmierende Sprache und zugespitzte Argumentationen, dennoch bleibt der akademische Anspruch der Arbeit erkennbar. Aussagen werden mit Tabellen und Diagrammen belegt. Das Buch enthält einen umfangreichen Anhang, der die Forschungsmethoden erklärt sowie Fragebögen, Ergebnisse und Auswertungen von Untersuchungen enthält. Das Literaturverzeichnis sortiert die verwendeten Quellen in fünf Fachgebiete: Environmental Form, Social Policy, Housing and the Sociology of the Family, Human Territoriality und Urban Crime. Das Buch gliedert sich in insgesamt acht Kapitel und einen in zwei Teile gegliederten Anhang. Das einleitende Kapitel »Defensible Space« führt in die übergreifenden Zusammenhänge zwischen steigenden Kriminalitätsraten in den Innenstädten und der Verwahrlosung öffentliche Wohnungsbauprojekte ein. Der Defensible Space-Ansatz wird dabei als Alternative zu den verbreiteten, kritisch beäugten Antworten präsentiert, mit denen Polizei, Behörden und Stadtbewohner bislang auf die Kriminalität in Städten reagierten: Erhö-

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Abbildung 8: Defensible Space, Cover der britischen Ausgabe. Architectural Press, 1973.

hung des Sicherheitspersonals, Einsatz von technischen Überwachungssystemen sowie Tendenzen der Suburbanisierung und Segregation. Defensible Space dagegen ziele auf die Herstellung von Sicherheit durch Stärkung der gemeinschaftlichen Verantwortung für die eigene Umgebung verbunden mit der Rückbesinnung auf anthropologisch begründete soziale Mechanismen der Umweltgestaltung- und wahrnehmung. Das zweite Kapitel »The Problem« erläutert die Vorgehensweise sowie die zentralen Forschungsthesen und -methoden der vorliegenden Untersuchung. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht die Problematik die individuellen Beobachtungen und Vermutungen, die über den Zusammenhang von physischer Gestaltung und die Herstellung von Sicherheit angestellt wurden, objektiv zu belegen. Das konkrete Vorgehen ziele daher auf die Trennung von physischen und nicht-physischen Variablen, die als Einflussgrößen auf Kriminalität erkannt werden können. Die Untersuchungen erfolgten mittels statistischer Auswertungen sowie individueller Vergleiche am Beispiel von öffentlichen Wohnbauprojekten der Stadt New York City.

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Die drei folgenden Kapitel »Territoriality«, »Natural Surveillance« sowie »Image and Milieu« erläutern anhand konkreter Beispiele die Wirkungsweise der unterschiedlichen Defensible Space-Mechanismen. Ein zentrales Element bilden die Hierarchisierung und Abgrenzung von Innen- und Außenräumen in Zonen mit eindeutig zugewiesenen Eigentums- und Nutzungsansprüchen. »Territoriale Einheiten« lassen sich auf unterschiedlichen Maßstabsebenen definieren und reichen von der Positionierung und Unterteilung von Gebäudegruppen bis zur Lage und Dimensionierung von Nutzungsbereichen, Fluren und Eingangsbereichen (Abb. 9).

Abbildung 9: Ausführung von Eingangsbereichen. Skizze von Oscar Newman. Aus: Newman 1972, 84.

Weitere Möglichkeiten durch gestalterische Maßnahmen eine Selbstkontrolle der Umgebung durch ihre Bewohner zu erreichen werden unter dem Begriff »Natürliche Überwachung« zusammengefasst. Sie sind auf die Herstellung gezielter Sicht- und Blickbeziehungen gerichtet. Dies betrifft die räumliche und physische Gestaltung von Eingangs- und Erschließungsbereichen sowie baulichen Elementen, insbesondere die visuelle Verbindung zwischen Innenund Außenräumen durch die Positionierung von Fenstern in Bezug zu Funktionsbereichen. Dazu zählt auch die Orientierung und Lesbarkeit der Gebäude und Gebäudegruppen als Ganzes sowie eine verbesserte Belichtung und Beleuchtung von öffentlichen Erschließungswegen im Inneren und Äußeren. Das Kapitel über »Image und Milieu« richtet den Blick einerseits auf den positiven Einfluss angrenzender öffentlicher Straßen, sicherer Quartiere oder Gemeinschaftseinrichtungen, andererseits auf das durch die Gestaltung von Gebäuden und Freiflächen nach außen vermittelte Bild. Die Wahrnehmung

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von Quartieren in Bezug zu ihrer unmittelbaren Nachbarschaft wird dabei mit der Entstehung von positiver oder negativer Identität in Beziehung gesetzt. Als Einflussfaktoren auf die Erscheinung eines Quartiers innerhalb seines stadträumlichen Kontextes werden unter anderem Aspekte wie Gebäudehöhen und Bebauungsstrukturen genannt sowie für die Innen- und Außengestaltung verwendete Materialien und Möblierungen. Das sechste Kapitel stellt zehn neuere Wohnungsprojekte aus unterschiedlichen Teilen der USA vor, deren physische Gestaltung teilweise den Defensible Space-Thesen entsprechen. Die Projekte werde anhand von Umgebungsplänen, Grundrissen, Fotografien und Isometrien erläutert und in Hinsicht auf ihre Fähigkeit untersucht, Kriminalität und Vandalismus zu verhindern. Die ausgewählten Beispiele unterscheiden sich in Bezug auf Wohnungsdichten, Einkommensgruppen sowie ihre Lage und Entfernung von den Innenstädten. Entgegen den vorangegangenen Beispielen, die ausschließlich Neubauprojekte anderer Architekten enthalten, stellt das folgende Kapitel zwei bestehende Wohnbauprojekte der New York City Housing Authority vor, die auf Grundlage der von Newman erarbeiteten Defensible Space-Thesen umgestaltet wurden. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Buches waren diese Arbeiten nur zum Teil abgeschlossen. Die Gegenüberstellung der Projekte verdeutlicht dabei unterschiedliche Ansätze im Umgang mit bestehenden Wohnbauten. So stoßen Maßnahmen, die lediglich physische Modifikationen umfassen, dort an ihre Grenzen, wo die Neugestaltung von Fassaden, Eingängen, Freiräumen und öffentlichen Wegen zur Umsetzung der Defensible Space-Mechanismen nicht ausreicht. Anstatt finanziell aufwendige und baurechtlich schwierig umzusetzende Veränderungen in der innenräumlichen Struktur der Gebäude vorzunehmen, wird der Einsatz visueller und akustischer elektronischer Überwachungssysteme vorgeschlagen. Das abschließende Kapitel enthält eine Zusammenfassung sowie Empfehlungen zur Gestaltung und Umgestaltung von städtischen Wohnbauprojekten, die sich an Architekten und Städteplaner ebenso wie an Politiker und städtische Behörden richtet. Insgesamt plädiert Newman für ein offenes Gesellschaftsmodell, dass vor dem Hintergrund der aktuellen Situation jedoch nur durch gezielte Programme zur Restrukturierung innerstädtischen Wohngebieten erreicht werden könne. Eine zentrale Forderung besteht in der Berücksichtigung der Sozialstruktur von Bewohnern verbunden mit der sehr konkreten Empfehlung, Familien mit Kindern aus einkommensschwachen Milieus nicht länger in Wohnhochhäusern unterzubringen. Defensible Space ging aus einer durch das US-Justizministerium geförderten wissenschaftliche Studie hervor. Das Manuskript des Buches war zugleich die Grundlage für den nahezu zeitgleich verfassten, vorläufigen Forschungsbericht »Architectural Design for Crime Prevention«.98 Die Buchfassung und der Forschungsbericht folgen im Wesentlichen dem gleichen Auf bau. Einige Ka-

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pitel sind in der Buchfassung leicht gekürzt wiedergegeben. Der Forschungsbericht weist zum Teil andere Kapitelüberschriften und eine leicht veränderte Reihenfolge auf. Drei Kapitel aus dem Bericht fehlen gänzlich in der Buchpublikation. Dabei handelt es sich einerseits um eine ausführliche Darstellung über Vorgänger der Defensible Space-Theorie. Konkret erfolgt eine Abgrenzung des Defensible Space-Ansatzes zu den Überlegungen von Elizabeth Wood, Jane Jacobs und Schlomo Angel. Die anderen beiden Kapitel umfassen eine ausführliche Darlegung von Erkenntnissen zur Rolle von Territorialität in urbanen Räumen sowie zu Angstmustern in öffentlichen Wohnungsbauprojekten. Diese beiden Teile gehen nicht auf Newmans eigene Autorenschaft zurück, sondern wurden von dem Umweltpsychologen George Rand verfasst.99 Die zentralen Aussagen dieser Kapitel fließen jedoch in die Buchpublikation, insbesondere in die eigens konzipierte Einführung, mit ein.

Wohnungsbau und Öffentlichkeit Die Studie, aus der das Buch Defensible Space hervorgegangen war, trug offiziell den Titel »Project for the Security Design in Urban Residential Areas« und wurde unter der Leitung von Oscar Newman zwischen 1970 und 1973 zunächst an der Columbia University und später am Institute of Planning and Housing der New York University durchgeführt. Die wissenschaftlichen Arbeiten erfolgten durch ein interdisziplinäres Team aus Architekten, Stadtplanern, Psychologen und Statistikern.100 Studenten der New York University unterstützten die Durchführung von Interviews sowie die grafische Darstellung der Ergebnisse. Neben Newman wird der Psychologe George Rand als verantwortlicher Leiter des Forschungsteams genannt. Die Forschungen wurden überwiegend mit öffentlichen Geldern gefördert, unter anderem aus Mitteln des National Institute of Law Enforcement and Criminal Justice (NILE/CJ), einer Unterabteilung innerhalb des US-Justizministeriums. Die Behörde wurde 1968 im Rahmen des sogenannten »Omnibus Crime Control and Safe Streets Act« mit dem Ziel gegründet, Gelder zur Erforschung neuer Techniken der Kriminalprävention bereitzustellen. Vor dem Hintergrund erheblicher sozialer und politischer Umbrüche in den USA in den frühen 1960er Jahren reagierte die amerikanische Regierung mit dem Gesetz auch auf die Ergebnisse einer unter Präsident Lyndon Johnson eingesetzten, breit angelegten Studie über Kriminalität und Kriminalitätsbekämpfung in den USA.101 Der Bericht mit dem Titel The Challenge of Crime in a Free Society, aus deren Ergebnissen unter anderem die Forderung nach verstärkter Forschung über soziale Aspekte im Zusammenhang mit Kriminalität hervorging, wird von Newman wiederholt zitiert. Fördermittel, unter anderem zur Modifikation bestehender Wohngebäude, wurden darüber hinaus durch das U.S. Department of Housing and Urban Development (HUD) bereitgestellt.

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Bundesstaatliche und kommunale Behörden wie das New York State Office of Crime Control Planning und die New York City Housing Authority stellten zusätzliche Ressourcen zur Verfügung. Es kann nicht nur von einem breiten öffentlichen Interesse an den Studien ausgegangen werden. Von den verantwortlichen Behörden und Regierungsstellen wurden früh auch konkret anwendbare Ergebnissen eingefordert.102 Die Ergebnisse der Defensible Space-Studie wurden 1973 in zwei Teilen veröffentlicht.103 In den Berichten werden die Vorgehensweise der Untersuchungen sowie zentrale Erkenntnisse ausführlich erläutert. Weitere konkrete Ergebnisse der Studie umfassen zwei Monografien für das National Institute of Law Enforcement and Criminal Justice (NILE/CJ) bzw. das U.S. Department of Housing and Urban Developement (HUD).104 Dabei handelt es sich unter anderem um ein Gestaltungshandbuch zur Verbesserung der Sicherheit in Wohnbauten, das sich vorwiegend an öffentliche und private Projektverwalter richtet.105 Der Ratgeber erläutert auf Grundlage des Defensible Space-Modells die Funktionsweise und das Zusammenspiel konkreter Bauelemente wie Türen, Fenster und Schlösser sowie Arten und Produkte elektronischer Überwachungssysteme, aber auch Möglichkeiten zur Überwachung von Gebäuden durch Sicherheitspersonal. Die zweite Publikation richtet sich vor allem an Architekten und Planer und fokussiert anhand modellhafter Bautypologien und Grundrisse sowie konkreter Planungsbeispiele stärker auf die Umsetzung der Defensible Space-Prinzipien in Neubauten.106 Die Studie nahm ihren Ausgangspunkt im Jahr 1968 an der Columbia University in New York. Für Newman ergab sich zu diesem Zeitpunkt die Möglichkeit, seine in St. Louis gereiften Überlegungen zur Wirkung architektonischstädtebaulicher Konfigurationen auf das soziale Verhalten von Bewohnern im Rahmen einer groß angelegten Feldforschung zu überprüfen. Die gemeinsam mit dem amerikanischen Umweltpsychologen George Rand geplanten Forschungen wurden im November 1969 auf einer Konferenz an der Columbia University der Fachöffentlichkeit vorgestellt.107 An der Veranstaltung nahmen neben den Soziologen Erving Goffman und Lee Rainwater auch Vertreter der New Yorker Wohnungsbaubehörde und des amerikanischen Justiz- bzw. des Bauministeriums teil. Auf der Veranstaltung stellte Newman seine Hypothesen zum Defensible Space-Modell zur Diskussion, während Rand über Zusammenhänge von Territorialität und soziales Verhalten in städtischen Räumen referierte. Konkretes Ziel der über die folgenden drei Jahre geplanten wissenschaftlichen Untersuchung war die Erhebung und Auswertung belastbarer Daten, die zur Überprüfung der Hypothesen und zur Formulierung allgemeiner Regeln geeignet erschienen.108 Die Forschungen sollten belastbare Erkenntnisse liefern, die langfristig zur Einführung von Entwurfsrichtlinien und Standards für den Umbau und Neubau von Wohngebäuden sowie anderen öffentlichen Bauten beitragen können.

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Auf der Grundlage von Ortsbegehungen in 15 großen Städten der USA sowie Fragenbögen an Architekten, Behörden und Polizeibeamte wurde zuerst ein theoretisches Modell auf Grundlage des Defensible Space-Konzeptes formuliert.109 Eine Konkretisierung der Hypothesen erfolgte durch Vor-Ort-Analysen, Interviews und die statistische Auswertung umfangreicher Datensätze am Beispiel zahlreicher öffentlicher Wohnbauprojekte (Public Housing Projects), die unter der Verwaltung der New York City Housing Authority standen. Das entwickelte Konzept veranschaulicht, wie Maßnahmen, vorwiegend auf der Ebene städtebaulicher Planung und Gestaltung, die Lesbarkeit von Räumen und ihrer Funktion erhöhen und die Benutzer zur natürlichen Kontrolle des eigenen Wohnumfeldes befähigen können. Der Blick richtet sich vor allem auf die gezielte Gruppierung von Wohneinheiten, die Gestaltung von Verkehrswegen sowie die spezifische Ausweisung und Positionierung von Nutzflächen. Zwar werden Aspekte auf gebäudeplanerischer Ebene miteinbezogen, der Fokus der Untersuchung beschränkt sich jedoch auf die öffentlich zugänglichen Zonen innerhalb und außerhalb der Wohnbauprojekte wie die Zuwegung, Eingangs- und Erschließungsbereiche, Aufzüge, Treppenhäuser sowie die äußere Erscheinung von Gebäuden. In einer dritten Phase wurden in Form von Vor- und Postanalysen ausgewählte Wohnbauprojekte, die auf den neuen Erkenntnissen basierend umgestaltet wurden, über einen Zeitraum von drei Jahren beobachtet.110 Detaillierte Entwurfsausarbeitungen und -erläuterungen für zwei Projekte sind in Defensible Space enthalten.111 Die Arbeiten im Rahmen des Projektes »Clason Point Gardens«, einer Wohnsiedlung in der Bronx bestehend aus niedrigen Reihenhäusern, umfassten eine Umgestaltung der Erschließungswege und Eingangsbereiche durch Beleuchtung, niedrige Mauern und Zäune sowie eine individuelle Gestaltung der Hausfassaden (Abb. 10). Infolge der Umbaumaßnahmen konnte eine erhebliche Reduzierung der Kriminalität beobachtet werden.112 Entsprechend positiv wird das Projekt in späteren Veröffentlichungen im Zusammenhang mit dem Defensible Space-Konzept hervorgehoben.113 Mit der methodischen Herangehensweise grenzt Newman die eigenen Ergebnisse von vergleichbaren Aussagen früherer Autoren ab, deren Erkenntnisse weitgehend auf individuellen Beobachtungen und persönlichen Erfahrungen basieren. Gleichwohl werden vor allem die Ansätze von Elizabeth Wood (1899-1993) sowie von Jane Jacobs (1916-2006) als wichtige Vorgänger der Defensible-Space-Theorie charakterisiert, da es ihnen früh gelungen sei, die mit der physischen Erscheinung von städtischen Wohnbauten verbundenen sozialen Auswirkungen zu erkennen und zu formulieren.114 Elizabeth Wood war zwischen 1937 und 1954 Direktorin der Chicago Housing Authority.115 Zwischen 1965 und 1972 war sie beratend für das U.S. Department of Housing and Urban Development tätig, das auch Newmans Studie finanziell unterstützte. Während ihrer Tätigkeit für die Chicagoer Wohnungsbaubehörde entwickelte

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Abbildung 10: Oscar Newman, Sanierung Clason Point Gardens, Bronx, New York. Entwurfzeichnung, 1969. Aus: Newman 1972, 173.

Wood interne Richtlinien zur Verbesserung der Sicherheit in sozialen Wohnungsbauten.116 Zentrale Aspekte ihres Konzeptes waren die Steigerung der Präsenz von Bewohnern in gemeinschaftlichen Räumen sowie die natürliche Überwachung untereinander. Wood empfahl eine Erhöhung der Einsehbarkeit von Eingangsbereichen und Fluren durch großflächige Verglasungen sowie eine Aktivierung ungenutzter Außenflächen beispielsweise durch die Gestaltung von Sitzgruppen und Spielflächen (Abb.  11/12). Ein besonderes Augenmerk richtete Woods Konzept auf die Bedürfnisse unterschiedlicher Altersgruppen, insbesondere solchen von Kindern und Jugendlichen, denen durch die Einrichtung von altersgerechten Aufenthaltsbereichen entsprochen werden sollte. Zwar konnte Wood einige Veränderungen an bestehenden Wohnprojekten erwirken. Insgesamt, so Newmans Kritik, wurden jedoch wenige ihrer Vorschläge vollständig umgesetzt, so dass sich der Erfolg ihrer Maßnahmen kaum objektiv überprüfen ließ.117 Jacobs Schrift Tod und Leben großer amerikanischer Städte erschien 1961 und zählt im amerikanischen Sprachraum bis heute zu den einflussreichsten Kritiken der städtebaulichen Praxis seiner Zeit.118 Die Autorin wendet sich darin aus subjektiver Sicht einer Stadtbewohnerin gegen den Verlust gewachsener Strukturen und urbaner Nutzungsmischung und stellt die Bedeutung funktional

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Abbildungen 11 | 12: Elizabeth Wood, Housing Design, 1961. Zeichnungen von Leon Brand. Aus: Wood 1961, 16, 22.

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sowie physisch-gestalterisch gemischter, dichter Stadtzentren für die Lebensqualität amerikanischer Großstädte heraus (»Mannigfaltigkeit der Großstädte«).119 Jacobs wendet sich gegen den Flächenabriss und großmaßstäblichen Wohnungsbau der 1950er Jahre in New York und plädiert für die Erhaltung und die Rückkehr zu nachbarschaftlichen Strukturen und geschlossenen Blockbebauungen, wie sie für die amerikanischen Städte zu Beginn des 20. Jahrhunderts charakteristisch waren. Jacobs hebt dabei die besondere »Beschaffenheit« der alten Großstädte, insbesondere jedoch die Funktion ihrer Straßen hervor, die auf natürliche Weise zur Herstellung von Sicherheit beitrugen.120 So sei mit der spezifischen Form und Funktion des Bürgersteigs eine klare Abgrenzung von privatem und öffentlichem Raum verbunden. Vielseitige kommerzielle Nutzungen auf der Erdgeschossebene sorgten für eine frequentierte Nutzung von Straßen. Eine Orientierung von Wohngebäuden mit Fenstern zur Straßenseite schaffe zusätzlich eine Form von natürlicher Überwachung. Jacobs verweist auch explizit auf die mit dem Typus des öffentlich geförderten Wohnhochhauses verbundene spezifische Sicherheitsproblematik, die sich aus der besonderen Erschließungsstruktur der Gebäude heraus erklärt: »Um die beunruhigende Wirkung Fremder auf den Straßen grauer Großstadtbezirke zu erklären, möchte ich [...] auf die Besonderheit einer anderen ›Art‹ von Straße hinweisen: auf die Korridore in den mit öffentlichen Mitteln geförderten Hochhäusern, den Ablegern der Cité Radieuse. [..] Diese inneren Teile der Gebäude [Fahrstühle und Korridore] sind nicht nur in dem Sinne Straßen, dass sie dem Kommen und Gehen der Bewohner dienen, von denen sich die meisten untereinander überhaupt nicht kennen und infolgedessen nicht unterscheiden können, wer Bewohner ist und wer nicht – sie sind auch Straßen in dem Sinne, dass die der Öffentlichkeit zugänglich sind. [...] Diese Innenstraßen sind, obwohl sie der öffentlichen Benutzung jederzeit zugänglich sind, der Einsicht der Öffentlichkeit von außen verschlossen und unterliegen daher nicht den Überprüfungen und Hemmnissen, die auf den Straßen durch die vielen Augen wirksam werden.«121

In Jacobs Überlegungen zur Bedeutung der städtischen Straße als Interaktionsort sieht Newman einen grundlegenden Beitrag zur Debatte um sichere Städte und einen wesentlichen Impuls für seine eigene Arbeit.122 Ihre konkreten Anregungen zur Umgestaltung existierender Wohnungsbauprojekte hätten dagegen keine wirksamen oder nur enttäuschende Ergebnisse erzielt.123 Jacobs Erkenntnisse, die überwiegend aus der Beobachtung bestehender und funktionierender urbaner Nachbarschaften hervorgingen, ließen sich Newman zufolge nicht einfach auf hoch verdichtete Wohntypologien übertragen.124 Insbesondere einer nachträglichen Verdichtung sozialer Wohnbausiedlungen mit kommerziellen oder institutionellen Angeboten steht Newman mit Blick auf die eigenen ambivalenten Untersuchungsergebnisse kritisch gegenüber.125 Augenscheinlich wehrt sich Newman gegen die Vorstellung, den gegenwär-

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tigen sozialen wie ökonomischen Herausforderungen der Städte könne einfach mit einer Rückkehr zu früheren Bautypen und funktional durchmischten Stadtquartieren begegnet werden. Der Ansatz des Defensible Space-Modells erscheint ihm dagegen wohl auch deshalb als zeitgemäße und zukunftsgerichtete Antwort, weil dieser allgemeingültige und übertragbare Grundprinzipien aufzeigen könne. Entsprechend entfiel ein wesentlicher Anteil der Forschungsarbeit auf die systematische Isolierung konkreter physischer Gestaltungsmerkmale und -elemente, die zur Adaption bestimmter Verhaltensweisen der Bewohner und mithin zur Verbesserung der Sicherheit beitragen können.126 Dieser Prozess erfolgte einerseits durch die Auswertung computergestützter Regressionsanalysen, andererseits durch den individuellen Vergleich ausgewählter Projektpaare auf Grundlage von Interviews und der Auswertung empirischer Daten. Ziel der Vorgehensweise war die Entwicklung eines Konzeptmodells, dass allein physische Parameter als Einflussgrößen auf die Kriminalitätsrate von Wohnprojekten beinhaltet. Variablen wie Alters- und Einkommensstruktur der Mieter, Polizeipräsenz und der Einfluss von Nachbarschaften wurden in den vergleichenden Betrachtungen schrittweise herausgefiltert, um die Wirkung von spezifischen Grundriss- und Gestaltungseigenschaften von Wohngebäuden in Bezug auf die Herstellung von Sicherheit beurteilen zu können. Die empirische Untersuchung stützt sich dabei auf eine Auswahl an sozialen Wohnungsbauprojekten, die unter der Verwaltung der New York City Housing Authority stehen. Die große Menge an verfügbaren Daten sowohl zu bautechnischen und gestalterischen Aspekten, zur Mieterstruktur sowie zur Quantität, Qualität und Verortung von kriminellen Handlungen in und im Umfeld der Gebäude machten eine wissenschaftliche Auswertung überhaupt erst möglich.127 Die Ergebnisse des individuellen Vergleiches werden in der abschließenden Bewertung der Untersuchungen besonders hervorgehoben, weil darin ein zentrales Argument enthalten ist.128 So argumentiert Newman, dass weniger die Dichte der Wohneinheiten, sondern vielmehr der Gebäudetyp, insbesondere die Gebäudehöhe relevante Kriterien in Bezug auf Sicherheit darstellen. So wurden in Wohngebäuden mit mehr als sechs Geschossen Kriminalitätsraten gemessen, die sich etwa proportional zur Gebäudehöhe verhalten. Zu den zentralen Schlussfolgerung zählt daher die Erkenntnis, das sich durchaus hochverdichtete Wohnbauten in städtischen Bereichen errichten ließen, die ihren Bewohnern auch ohne aufwendige personelle oder technische Überwachung Sicherheit gewährleisteten, vorausgesetzt sie blieben unterhalb einer kritischen Gebäudehöhe und beschränkten die gemeinsame Nutzung von Eingangsbereichen und Erschließungsflächen auf möglichst wenige Wohneinheiten. Zwar wird ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen architektonischer Gestaltung zum Zwecke einer Kontrolle sozialer Verhaltensweisen an keiner

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Stelle explizit geäußert. Dennoch sieht sich Newman in seiner abschließenden Betrachtung genötigt, diesem Vorwurf entgegenzutreten: »[The focus of our research] is a much smaller thesis: that it is possible, through the provision of facilities in certain juxtapositions, to release potential behavioral attitudes and positive social relationships. [...] No group of buildings or architectural settings is likely to give birth to a particular utopian society. [...] Architecture operates more in the area of ›influence‹ than control. It can create a setting conducive to realizing the potential of mutual concern. It does not and cannot manipulate people toward these feelings, but rather allows mutually benefiting attitudes to surface.«129

Die Frage nach einem kausalen Zusammenhang zwischen Architekturgestaltung und sozialem Verhalten von Nutzern wurde in den USA gegen Ende der 1960er zunehmend kontrovers diskutiert. Zu den prominentesten Kritikern der Theorie eines »architectural determinism« zählt insbesondere der deutsch-amerikanische Soziologe Hebert J. Gans, dessen zuerst 1968 veröffentlichte Aufsatzsammlung People and Plans bis in die Gegenwart eine der umfassendsten Kritiken an räumlicher Planung als Instrument sozialer Reformen darstellt.130 Newmans Position, Architektur »operiere mehr im Bereich von Einfluss als von Kontrolle«, entkräftet dagegen vor allem solche Kritiker, die die Defensible Space-Hypothesen im Verdacht haben, von autoritären Regimen missbraucht zu werden, um gezielt »Feindseligkeiten, Ängste oder Paranoia« auszulösen.131 In den Äußerungen von Newman zeigt sich zugleich auch eine grundsätzliche Skepsis gegenüber staatlicher Kontrolle und großen institutionellen Strukturen. Diese Haltung ist bereits im Grundgedanken der Defensible Space-Theorie enthalten. Anstatt die Überwachung und Gewährleistung von Sicherheit an staatliche Organe (die Polizei oder Behörden) zu delegieren sollen die Planungsprinzipien die Bewohner dazu befähigen, den Schutz des eigenen Wohnumfeldes, ihrer Rechte und ihres Eigentums eigenverantwortlich wahrzunehmen. Die Diskussion der Ergebnisse erfolgt nicht nur mit Blick auf unterschiedlichen bautypologische und gestalterische Aspekte, sondern unterscheidet konkret auch nach demografischen und sozioökonomischen Faktoren. Eine der konkreten Empfehlungen lautet beispielsweise, Familien mit Kindern aus sozial schwachen Milieus in Gebäuden mit maximal drei Stockwerken unterzubringen.132 Dagegen seien Hochhäuser dort durchaus geeignet, wo ausschließlich Senioren zusammenleben. Mit Blick auf die spätere Rezeption Newmans als Befürworter räumlicher Segregation und Wegbereiter amerikanischer »Gated Communities« erscheint vor allem folgende Passage von Bedeutung, in der Newman eine, wie er selbst zu bedenken gibt »vielleicht verfrühte«, jedoch zentrale Schlussfolgerung zieht:133

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In Newmans Aussagen drückt sich eine Skepsis wenn nicht gegenüber den Zielen so zumindest doch gegenüber dem Weg zur »offenen Gesellschaft« aus, die mit dem Verlust sozialer Bindungen in den Städten und mangelndem Bekenntnis zu verbindlichen Grundwerten in der Gesellschaft verbunden wird.135 Ein enges Zusammenleben unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen, wie es bis ins frühe 20. Jahrhundert vor allem für die europäischen Großstädte charakteristisch war, sei unter den gegebenen Umständen kaum mehr möglich. Vor dem Hintergrund dieses Befundes argumentiert Newman für eine stadträumliche Trennung auf sozialer wie funktionaler Ebene. Gleichzeitig wendet er sich jedoch gegen ein Modell, dass eine Teilung in kommerzielle Kernstadt und Wohnvororte vorsieht und plädiert vielmehr für eine Stadt, die als Nebeneinander »verteidigungsfähiger Enklaven« [defensible residential enclaves] verstanden werden kann.136 Ausdrücklich richtet er sich gegen die Errichtung neuer Vorstädte sowie gegen den Rückzug in durch Sicherheitspersonal geschützte, innerstädtische Wohnkomplexe. Die Segmentierung städtischer Räume in »verteidigungsfähige« Wohneinheiten wird dabei als präferierte Alternative zu einer Abkehr von der »offenen Gesellschaft« hin zu einem autoritären Überwachungsstaat stilisiert: »The horizons of escape promised by suburbia and the barricaded inner city towers seem to be narrowing. The only rescue now appears to be total lockup and self-restriction of movement: a self-imposed curfew and police state. This book is about an alternative, about a means for restructuring the residential environments of our cities so they can again become livable and controlled, controlled not only by police but by a community of people sharing a common terrain.«137

Zwar wird Stadt als qualitätsvoller Lebensraum charakterisiert und der Einfältigkeit der Vororte [poverty of suburbia] als zukunftsfähiges Modell gegenübergestellt.138 Um den privaten Bereich, das eigene Zuhauses und seine Umgebung, zu schützen, wird jedoch eine Verlagerung von Kriminalität bzw. eine verstärkte Überwachung der öffentlichen Bereiche der Stadt in Kauf genommen.139 Die Restrukturierung bestehender innerstädtischer Nachbarschaften zu sozial und funktional homogenen Einheiten wird dabei als pragmatische Lösung begriffen, den gesellschaftlichen und ökonomischen Herausforderun-

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gen in den Städten auf der Ebene von Architektur und Städtebau zu begegnen. Die einfache Zuspitzung auf eine Priorisierung von individueller Freiheit im privaten Raum gegenüber individueller Freiheit im öffentlichen Raum läuft einem Verständnis von Urbanität in der Tradition europäischer Stadtkultur grundsätzlich entgegen. In der Zurückweisung gemischter Nutzungen und der Einschränkung öffentlicher Durchwegung auf dem Quartiersmaßstab entfernt sich ›Newmans Stadt‹ von einer Charakterisierung sicherer urbaner Räume, wie sie nicht zuletzt durch Jane Jacobs beschrieben wurde. Während für Jacobs Sicherheit und Stabilität mit der »Mannigfaltigkeit« von Stadtquartieren und der Präsenz von Fremden eng verbunden sind, zielt Newmans Ansatz stärker auf eine Trennung von Bewohnern und Fremden.140 Bezogen auf die bestehenden teils von hoher Kriminalität und Vandalismus gekennzeichneten Projekte des öffentlich geförderten Wohnungsbaus drückt sich in Newmans Ansatz gleichwohl der Anspruch aus, vorhandene bauliche Strukturen, durch gezielte gestalterische Eingriffe verbessern zu können, häufig unter Einsatz nur geringer finanzieller oder materieller Ressourcen.

Pruitt-Igoe und andere Mythen Die Entstehung des Defensible Space-Konzeptes führt Newman rückblickend auf seine Tätigkeit an der Washington University in St. Louis zurück.141 Der Begriff Defensible Space entstand demzufolge im Frühjahr 1964 vor dem Hintergrund umfangreicher Datenerhebungen zur Wohnsiedlung Pruitt-Igoe. Eine Gruppe von Architekten und Soziologen, darunter Roger Montgomery und Lee Rainwater, diskutierten in diesem Zusammenhang mögliche Auswirkungen der architektonischen Erscheinungsform der Gebäude auf die sozialen Bedingungen ihrer Bewohner sowie auf die Entstehung von Vandalismus und Gewalt. Die tatsächlich durchgeführten Untersuchungen beschränkten sich jedoch auf die Sicht aus soziologischer Perspektive. Verschiedene Ergebnisse der Arbeiten wurden 1970 von Lee Rainwater in der Publikation Behind Ghetto Walls zusammengefasst.142 Rainwater kommt darin zu dem Schluss, dass Pruitt-Igoe einen Sonderfall darstelle.143 Das Maß an Leerständen, Kriminalität und der Verfall der baulichen Infrastruktur überstiege sämtliche vergleichbare öffentliche Wohnbauprojekte in den Vereinigten Staaten. Zwar gesteht er ein, dass Verbrechen und Vandalismus eine nachvollziehbare Reaktion der Bewohner auf ihre soziale Situation darstellten. Eine Veränderung des Verhaltens könne jedoch nur durch eine Verbesserung der ökonomischen Situation erreicht werden.144 In Defensible Space zitiert Newman Rainwater lediglich mit der Aussage aus einer früheren Veröffentlichung im Zusammenhang mit der Untersuchung.145 Sicherheit stelle demnach besonders in einkommensschwachen Milieus das wichtigste Bedürfnis dar. Die Herstellung eines Sicherheitsempfindens im ei-

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genen Zuhause sei demnach möglicherweise eine der wirksamsten Maßnahmen sozialer Rehabilitation. Kaum ein architektonisches Beispiel wird in Defensible Space so häufig angeführt wie die 1972 gesprengte Siedlung Pruitt-Igoe. Newmans Motivation zur Entwicklung der Defensible Space-Hypothesen lässt sich unmittelbar auf die persönlichen Erfahrungen mit der Wohnsiedlung zurückführen.146 Innerhalb des Buches stellt das Projekt einen zentralen Bezugspunkt dar. PruittIgoe wird als typisches Beispiel der architektonischen und städtebaulichen Entwicklungen der frühen fünfziger Jahre charakterisiert, währenddessen es zur Übertragung des Hochhaustypus auf den Bereich des sozialen Wohnungsbaus gekommen war.147 Eine Fotografie der durch Vandalismus gekennzeichneten Fenster in den Laubengängen des Wohnblocks ist bereits im einleitenden Kapitel abgebildet und begleitet die Kernthese des Textes, humane Alternativen zum hochverdichteten Wohnungsbau aufzeigen zu können (Abb. 13): »Considering the needs of low-income families, there is no rationalism to the design of most high-rise residential developments, other than narrow dictates of investment economics. Once built, they prove dangerous to live in and costly to maintain. […] They are not the result of a careful application of the knowledge employed in housing the few, transferred to the problems of the many. Their form evolved in response to pressures for higher densities, with no reference to previous traditions and no attempt at understanding the range of need to be answered in human habitat. […] This book represents

Abbildung 13: Pruitt-Igoe, St. Louis, Missouri. Zerstörte Fenster. Foto: Bob Williams. Aus: Newman 1972, 8.

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Abbildung 14: Hellmuth, Yamasaki und Leinweber, Pruitt-Igoe, St. Louis, Missouri, 1950-1954. Luftbildaufnahme. Aus: Bristol 2004, 354. an alternative – housing of medium density which through its physical design enables residents to control their living environment rather than become its victims.« 148

Die Siedlung Pruitt-Igoe war 1954 mit Fördergeldern aus dem United States Housing Act von 1949 als Projekt des sozialen Wohnungsbaus in St. Louis, Missouri, entstanden (Abb. 14).149 Im Rahmen eines großflächig angelegten Stadtsanierungsplans für die Innenstadt sollte die Siedlung preiswerten Wohnraum für die wachsende arme Bevölkerung und Ersatz für die zum Abbruch geplanten heruntergekommenen Altstadtquartiere bieten. Die Architekten Leinweber Yamasaki & Hellmuth wurden 1950 mit der Gebäudeplanung beauftragt. Der realisierte Plan wies 33 identische und hochverdichtete, 11-stöckige Mehrfamilienhäuser in Zeilenbauweise vor mit einer Gesamtzahl von 2700 Wohneinheiten für etwa 15000 Menschen. In den 1960er Jahren zeichnete sich Pruitt-Igoe jedoch durch zunehmende Leerstände, hohe Kriminalität und Vandalismus aus, so dass sich die städtische Wohnungsbaubehörde Anfang der 1970er Jahre nicht mehr in der Lage sah, das Projekt finanziell zu unterhalten. Am 16. März 1972, im gleichen Jahr in dem Newmans Defensible Space-Buch erschien, wurde der erste Wohnblock gesprengt. Der Abbruch des zweiten Gebäudeteils im folgenden Monat wurde landesweit im Fernsehen übertragen. Bis 1976 war die gesamte Siedlung abgebrochen.

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Abbildungen 15 | 16: Pruitt-Igoe, St. Louis, und Breukelen Houses, Brooklyn. Lageplanzeichnungen von Oscar Newman. Aus: Newman 1972, 57, 54.

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Newman verweist im Verlauf der Argumentation wiederholt auf Pruitt-Igoe, in Bezug auf verschiedene physisch-gestalterische Parameter ebenso wie auf dessen städtebauliche Grundkonzeption. Die Darstellung der Defensible Space-Mechanismen »Territorialität«, »Natürliche Überwachung« sowie »Image und Milieu« erfolgt durchgängig auch in Abgrenzung zu Pruitt-Igoe, beispielsweise in Bezug auf die Gestaltung von Zugängen, Eingangsbereichen, Fahrstühlen oder Fluchtwegen.150 In der Gegenüberstellung des Projektes mit dem Beispiel der Breukelen Houses in Brooklyn, einem öffentlich geförderten Wohnungsbau von 1952, werden grundsätzlich verschiedene Entwurfsansätze charakterisiert.151 Pruitt-Igoe wird hier als Prototyp eines »kompositorischen« Architekturverständnisses [compositional approach] charakterisiert, dass Gebäude und Grund als separate, formale Elemente einer abstrakten Gesamtkomposition betrachtet (Abb. 15). Wegebeziehungen und Blickbezüge, aber auch übergreifende räumlich-funktionale Zusammenhänge treten dabei in den Hintergrund. Eine territoriale Bereichsausbildung und mithin Möglichkeiten zur natürlichen Überwachung durch seine Bewohner ließen Projekte wie Pruitt-Igoe aufgrund ihrer spezifischen physischen Gestaltung nicht zu. Dagegen erzeugten die Breukelen Houses in ihrer Beziehung zwischen Baukörpern und Außenraum den Eindruck eines »organisch zusammenhängendes Ganzen« [organic approach]. Die Positionierung der im Grundriss L-förmigen Gebäude gegenüber dem Straßenraum führe, anders als in Pruitt-Igoe, zur Ausbildung räumlich klar definierter Eingangssituationen, auf die auch die äußeren und inneren Erschließungswege ausgerichtet seien (Abb. 16). Mit der Gegenüberstellung von »kompositorischem« und »organischem« Ansatz verbindet sich auch eine grundsätzliche Kritik an veränderten architektonischen und städtebaulichen Leitbildern seit den frühen 1950er Jahren, für die das Projekt Pruitt-Igoe stellvertretend steht. In der Fachpresse wurde das Projekt zunächst für seine technisch und gestalterisch innovativen Lösungen gelobt – beispielsweise die Installation von Skip-Stop-Aufzügen und durchgängig verglasten Galerien.152 Nur wenige Jahre nach Fertigstellung der Bauten berichteten die gleichen Journale über den Misserfolg der architektonischen Lösung. In der nationalen Berichterstattung sowie in der Fachpresse wurde der Abbruch von Pruitt-Igoe auch zum Symbol für das Scheitern des sozialen Wohnungsbaus insgesamt stilisiert. Im architektonischen Diskurs seit den 1970er Jahren wurde das Bild des gesprengten Wohnblocks und dessen symbolische Wirkung vielfach reproduziert und mit dem Scheitern der Ideen der ›Modernen Architektur‹ gleichgesetzt (Abb. 17).153 Pruitt-Igoe wurde darin wiederholt als Produkt der städtebaulichen Visionen von Le Corbusier, Ludwig Hilbersheimer und des CIAM charakterisiert. Besonders populär wurde dieser Bezug von Charles Jencks in seinem Buch The Language of Post-Modern Architecture (1977) hergestellt.154 In ähnlicher Form finden sich Bezüge sowie die Abbildung des gesprengten Wohnblocks unter

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Abbildung 17: Pruitt-Igoe, St. Louis, Missouri, Sprengung eines Wohnblocks, 1972. Foto: Lee Baltermann. Aus: Rowe/Koetter 2009, 12.

anderem bei den Autoren Peter Blake (Form Follows Fiasco, 1977) und Tom Wolfe (From Bauhaus to Our House, 1981) wieder.155 Früher noch wurde die Fotografie des gesprengten Wohnblocks von Colin Rowe und Fred Koetter in ihrem Collage City-Aufsatz von 1975 verwendet.156 Dennoch ist es Newman zuzuschreiben, die Verbindung zwischen dem physischen und sozialen Verfall der Wohnsiedlung und konkreten architektonisch-gestalterischen Aspekten als Erster nachdrücklich veranschaulicht zu haben.157 In einem 1991 veröffentlichten Aufsatz charakterisiert die amerikanische Architekturhistorikerin Katharine Bristol die Debatte um Pruitt-Igoe als einen in der Öffentlichkeit und im Architekturdiskurs verbreiteten Mythos.158 Der tatsächliche historische und soziale Kontext sowie die spezifischen politischökonomischen Randbedingungen, unter denen das Projekt entstanden war blieben dabei weitestgehend ausgeblendet. Bristol zeigt auf, dass Entwurf und Ausführung der Wohnsiedlung von Beginn an unter engen politischen Vorgaben und enormen finanziellen Beschränkungen gestanden habe.159 Sie verweist in diesem Zusammenhang auf die geringe Qualität der Bausubstanz und der verwendeten Materialien. Insbesondere trugen die erheblichen Leerstände dazu bei, dass die Kosten zur Unterhaltung der Gebäude die Mieteinnahmen schnell überstiegen und notwendige Instandhaltungsmaßnahmen durch die Wohnungsbaubehörde ausblieben. Dies war auch eine Folge des Housing Acts von 1949, der von den lokalen Wohnungsbaubehörden verlangte, die Kosten zur Unterhaltung ihrer Gebäude vollständig aus den Mieteinnahmen zu decken. Die Abwanderung der Mittelschicht aus der Innenstadt hatte ebenso wie

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Fehlprognosen zum erwarteten Wohnraumbedarf zu einem erheblichen Wohnungsüberangebot beigetragen. In ihrer Darstellung kommt Bristol kommt zu dem Schluss, dass der Mythos Pruitt-Igoe, der Glaube an ein Scheitern des Projekt aufgrund seiner architektonischer Gestaltung, in den Augen der Öffentlichkeit wie innerhalb der Architekturprofession den Blick auf die tatsächliche Relevanz ökonomisch-politischer sowie sozialer Entwicklungen verstellt habe.160 Eine eigene Sichtweise auf die Vorgänge in St. Louis entwickelte Mitte der 1970er Jahre der deutsche Architekturtheoretiker Heinrich Klotz.161 Auf Grundlage eigener Beobachtungen vor Ort betrachtet Klotz den Fall PruittIgoe vor dem Hintergrund übergreifender stadträumlicher Entwicklungen in und im Umfeld von St. Louis. Vor dem Hintergrund kontroverser Debatten um die Entwicklung deutscher Städte, beabsichtige Klotz, die möglichen Folgen von Bevölkerungsabwanderung und Stadtsanierungsprozessen an einem besonders ausgeprägten Beispiel zu veranschaulichen.162 Klotz zufolge hatten diese Entwicklungen in St. Louis Ausmaße erreicht, die die weitreichenden Konsequenzen des fortschreitenden Identitätsverlustes der städtischen Umwelt schneller und deutlicher als anderswo zum Vorschein brachten.163 Den Abbruch der Wohnsiedlung Pruitt-Igoe sieht er dabei keineswegs losgelöst von architektonisch- und stadträumlich-gestalterischen Aspekten: »Funktionalistisch auf das Existenzminimum reduzierter Wohnungsbau taugt nicht einmal zur Slumsanierung. Eine ›moderne‹ hygienisierte Architektur reinen Nutzens kann nicht ein, wenn auch sanierungsbedürftiges, Altstadtquartier ersetzen wollen, zumal dann nicht, wenn die gesamte Innenstadt für die Wohnbevölkerung abweisend geworden ist.«164

So führte der anfängliche Einwohnerrückgang in St. Louis zunehmend zu entleerten Straßenzügen und Wohnvierteln sowie einem spürbaren Verlust an Sicherheit.165 Während die in der Blütezeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts errichteten innerstädtischen Quartiere und Villenviertel dem Flächenabbruch oder anonymen Geschäfts- und Bürohochhäusern wichen, entstanden in den ländlich und traditionell geprägten Wohnvierteln außerhalb der Stadt Neubauten und Dorfzentren im Kolonialstil. Der suburbanen Gegenwelt – die in Bristols Untersuchung ausgeblendet wird – widmet Klotz eine eingehende Betrachtung. Die Angst vor kriminellen Überfällen war Klotz zufolge ein wesentlicher Grund für die voranschreitende Flucht der Mittelschicht in die vermeintlich sicheren Vororte und Randgemeinden der ausgedehnten Stadtlandschaft. Die ›ikonografische‹ Analyse der Fluchtorte und ihrer Architektur gebe zugleich Aufschluss über den vermeintlichen Mangel, der von der abwandernden Stadtbevölkerung in den verlassenen Innenstädten tatsächlich empfunden wurde.166 Die historisierende Gestaltung von Häusern und Vorgärten, den Rückgriff auf

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eine idealisierte, verdrängte Bilderwelt führt Klotz demnach im Wesentlichen auf den Verlust einer erlebnisreichen Umwelt zurück, und zwar sowohl in Bezug auf naturräumliche als auch auf architektonisch-gestalterische Erfahrungen: »Am eigenen Haus zu eigen zu haben, was der funktionalisierte Alltag nicht bietet, gibt den Hinweis auf die Tragweite des Verlustes, den die Städte erleiden. Mit jedem abgeholzten Alleebaum und jedem zum Parkplatz verzwecktem Park, mit jedem planierten Altbau verschwindet eine Attraktivität, die den Stadtbewohner an die City bindet. […] Eine nach Zwecken orientierte Leistungsgesellschaft sucht mit Hilfe solcher Vokabeln einen Spiel-Raum und findet letztlich doch nur vorgetäuschte Sicherheit: einen Säulenportikus und Stilmöbel.«167

In Klotz Darstellungen deutet sich an, dass weniger ein unmittelbares Sicherheitsverlangen zur ›Flucht‹ in die Vororte motivierte, als vielmehr konkrete auf die Umweltgestaltung bezogene unerfüllte Bedürfnisse der Stadtbewohner. Das Leben im suburbanen Haus mit Vorgarten garantierte kaum mehr Schutz vor Kriminalität. Es ermöglichte jedoch, das eigene Lebensumfeld frei zu gestalten und den in der Stadt empfundenen Mangel an sinnlicher Umwelterfahrung individuell zu kompensieren. Historische und kleinstädtisch traditionelle Vorbilder wurden in den neuen Vororten zum kollektiven Ideal. Die Darstellungen zeigen, wie komplex die Verflechtungen zwischen gesellschaftlichen Prozessen und stadträumlichen Prozessen tatsächlich sind. Das Schicksal der Wohnsiedlung Pruitt-Igoe lässt sich nur durch ein Zusammenspiel verschiedener Entwicklungen erklären, die physisch-gestalterische ebenso wie sozioökonomische und kulturelle Aspekte miteinschließt und eine Betrachtung erfordert, die über das Objekt hinaus auch den weiteren stadträumlichen Kontext miteinbezieht. Newmans Beobachtung, dass eine spezifische Gestaltung von Gebäuden oder Gebäudegruppen, die sich durch ihre städtebauliche Struktur, Bauhöhe oder Materialien von ihrem physisch-räumlichen Kontext deutlich abhebt, die Stigmatisierung seiner Bewohner begünstigt und mithin Segregation wie Sicherheitsverlust befördert, ist in dieser Hinsicht eine zentrale Erkenntnis. Der Verweis auf eine Luftbildaufnahme von Pruitt-Igoe, die das Projekt im Zusammenhang mit den benachbarten Quartieren Carr Square Village und LaClede zeigt, lässt darauf schließen, dass die Situation St. Louis früh zu dieser Einsicht beigetragen hat (Abb. 14).168 Insgesamt lässt sich feststellen, dass wesentliche Teile der Defensible Space-Theorie zuerst auf Beobachtungen im Zusammenhang mit der Wohnsiedlung Pruitt-Igoe zurückzuführen sind. Aus den späteren Untersuchungen in New York gehen kaum offensichtlich neue oder abweichende Erkenntnisse hervor. Die Studien am Beispiel New Yorker Wohnungsbauten veranschaulichen vielmehr die vorgebrachten Thesen über

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einen alternativen Architekturansatz im Klima einer Stadt, in der die Themen Kriminalität und Sicherheit das Alltagsleben der Bürger in hohem Maße bestimmten.

Hochhaus und Stadt Ein zentrales Motiv der Arbeit gilt der Funktionsweise sozialräumlicher Mechanismen, die architektonische städtische Strukturen seit jeher prägten und dort auf natürliche Weise zur Herstellung von Sicherheit beitrugen.169 Es sei an der Zeit, schreibt Newman, zu diesen Grundprinzipien zurückzukehren. Die lange Entwicklung territorialer Verhaltensweisen und der Fortbestand tradierter Bautechniken und Gestaltungsweisen durch Wiederholung und Überlieferung sei mit dem schnellen Wachstum von Städten und dem plötzlichen Bedarf an Wohnraum im 20. Jahrhundert zum Erliegen gekommen. Mit der Entwicklung neuer verdichteter Wohnbautypologien seien grundsätzliche natürliche Mechanismen in Architektur und Städtebau weitgehend in Vergessenheit geraten. Im Rückzug auf Eigentum und Eigenheim, abgegrenzt durch Zäune, Mauern und Hecken, drücke sich auch das Bedürfnis aus, die Kontrolle des eigenen Wohnumfeldes wiederzuerlangen. Newman verweist auf verschiedene Vorbilder aus der älteren und jüngeren Architekturgeschichte, die entsprechende soziale Mechanismen belegen.170 Viele der Aufnahmen aus amerikanischen und europäischen Städten stammen vom Autor selbst. Beispiele territorialer Markierungen und Symbolik erkennt Newman im Auf bau traditioneller afrikanischer Lehmhäuser ebenso wie in den Straßenzügen des alten Pompeji, in holländischen Stadthäusern aus dem 18. Jahrhundert und in den charakteristischen Reihenhäusern amerikanischer Großstädte aus dem 19. Jahrhundert. Newman verweist in diesen Beispielen auf die eindeutige Orientierung von Eingängen und Fenstern zum Straßenraum sowie eine Gestaltung des Übergangs von der Straße zum Wohnhaus durch Schwellen, Treppenstufen oder Absätze. Der in europäischen Städten verbreitete Typus des Wohnhauses mit außenliegenden Laubengängen wird an anderer Stelle als Beispiel für Mehrfamilienhäuser genannt, die auf natürliche Weise eine visuelle Kontrolle zwischen öffentlichem Raum und halbprivaten Erschließungsbereichen gewährleisten.171 In einem der im Buch Defensible Space nicht enthaltenen Teile wird explizit auch auf städtische Apartmenthäuser eingegangen, wie sie für die amerikanische Städte im ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhundert charakteristisch waren.172 In Bezug auf die spezifische Gestaltung ihres äußeren Erscheinungsbildes wie der inneren Raumstruktur werden die Gebäude als Prototyp eines urbanen Wohnbaus charakterisiert, der tradierte soziale Mechanismen berücksichtige und einen »sicheren Zufluchtsort« [haven of security] im ›unvertrauten‹ städtischen Raum bildete.

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Newmans Argumentation lässt sich auch als grundsätzliche Kritik an den gewandelten architektonischen und städtebaulichen Leitbildern im 20. Jahrhundert verstehen. So wird der Verlust an Sicherheit und Lebensqualität in städtischen Räumen in den USA konkret auf Entwicklungen zurückgeführt, die mit dem rasant gestiegenen Wohnraumbedarf, aber auch mit gewandelten Vorbildern in Architektur und Städtebau sowie einem verbreitetem technologisch geprägtem Fortschrittsoptimismus einhergingen.173 Der mit diesen Veränderungen verbundene Verlust natürlicher sozialer Mechanismen in der Umweltgestaltung, so die These der Arbeit, zeige sich dort besonders ausgeprägt, wo die Möglichkeiten zur Kompensation durch technische oder aufwendige personelle Mittel am wenigsten möglich ist. Konkret richten sich die zwischen 1969 und 1972 an der New York University durchgeführten Untersuchungen auf die Analyse und Gegenüberstellung von Projekten des öffentlich geförderten Wohnungsbaus. In Interviews mit Bewohnern dieser Gebäude wurde die Angst vor Kriminalität nicht nur als deren dringlichstes Problem erkannt, sondern auch unmittelbar mit der Gestaltung der Wohnumgebung in Verbindung gebracht.174 Der Bestand der New York City Housing Authority wies eine Vielzahl unterschiedlicher Gebäudetypen auf, in denen sich grundsätzlich verschiedene architektonische und städtebauliche Konzepte sowie eine schrittweise Erosion der von Newman beschriebenen Defensible Space-Mechanismen widerspiegeln. Unter dem Einfluss europäischer Leitbilder in Architektur und Städtebau setzten sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts im Bereich des öffentlich geförderten Wohnungsbaus in New York zunehmend Konzepte durch, die Lösungen in Form von freistehenden Zeilenbauten und Hochhäusern favorisierten.175 Während im Rahmen umfangreicher Wirtschafts- und Sozialreformen der 1930er Jahre (New Deal) erhebliche finanzielle Mittel für die Entwicklung qualitativ hochwertiger und baulich innovativer sozialer Wohnbauten zur Verfügung standen, führte der Konflikt zwischen hohen Projektkosten und niedrigen Mieten in den folgenden beiden Jahrzehnten zu einer stetigen Optimierung der Baukosten. Die Verknappung an öffentlichen Fördermitteln für den sozialen Wohnungsbau nach dem Krieg spiegelt sich in standardisierten Grundrissentwürfen und Detaillösungen wieder. Auf eines der früheren Projekte aus den 1930er Jahren verweist auch Newman in Defensible Space. Die First Houses, 1935 nach Plänen des Architekten Frederick Ackerman (18781950) entstanden, werden von Newman als Beispiel eines frühen sozialen Wohnungsbaus angeführt, der über noch intakte physische und symbolische Elemente der Bereichsausbildung verfügt.176 Mauern, Pfeiler und Treppenstufen markieren dabei den Übergang zwischen öffentlichen und privaten Flächen. Spätere Projekte sahen Vermeidung von Durchgangsstraßen durch Zusammenlegung traditioneller Stadtblöcke zu großflächigen »Superblocks« vor.177 Die bestehenden traditionellen Blockrandbebauungen wichen dabei

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Strukturen H- und T-förmigen mehrgeschossigen, über Treppen erschlossene Gebäude, die als freistehende Baukörper in einem Winkel von 15 Grad gegenüber dem Straßenraster gedreht platziert wurden. Sowohl stadträumlich als auch architektonisch-gestalterisch brach die Bebauung mit dem bestehenden Kontext. Die abstrakte Geometrie der Baukörper, horizontale Bänder im äußeren Mauerwerk und die klare Positionierung von Fenstern aus der Logik der inneren Funktionsverteilung heraus, folgten dem gestalterischen Leitbild des Internationalen Stils. Seit Anfang der vierziger Jahre erhielten Hochhauslösungen mit bis zu elfstöckigen Baukörpern Einzug in New York. In den folgenden Jahrzehnten konnte sich das Modell der »Stadt im Park« zunehmend als Standard im sozialen Wohnungsbau durchsetzen. Gleichzeitig wurde mit der charakteristischen Erscheinung dieser Bauten die fortschreitende soziale und ethnische Segregation in den amerikanischen Großstädten sinnbildlich verbunden.178 In einem Artikel in der Zeitschrift Architectural Forum von 1949 wurden mit Blick auf den erwarteten Anstieg neuer sozialer Wohnungsbauten in den amerikanischen Städten vier innovative Projekte aus New York vorgestellt.179 Die Entwürfe für neue Wohnsiedlungen mit bis zu 14-stöckigen Gebäuden verwendeten einen langestreckten Grundrisstypus, der eine Verbesserung der Wohneinheiten durch Maximierung der natürlichen Belichtung und Belüftung sowie erheblich geringere Baukosten versprach. Gegenüber dem sogenannten »Cross-Plan«, der für viele der in den 1930er Jahren errichteten sozialen Wohnungsbauten charakteristisch war, zeichnete sich der neue Ty-

Abbildung 18: Vertikale Erschließung eines Wohnhochhauses. Schemaskizze von Oscar Newman. Aus: Newman 1972, 23.

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Abbildung 19: Skidmore, Owings, and Merrill, North Harlem Public Housing, New York, 1951. Aus: Plunz: 1990, 265.

pus durch zentrale Aufzugsschächte und lineare Erschließungsflure aus. Eine von Newman erstellte Erläuterungsskizze dieses Hochhaustypus scheint dem Entwurf der Architekten Skidmore, Owings, and Merrill für einen Wohnungsbau in North Harlem nachempfunden zu sein (Abb. 18 und 19). In seinen Ausführungen macht Newman deutlich, wieso sich die von Architekten und Planern mit diesem Typus verbundenen technologischen Innovationen unter dem Gesichtspunkt des Sicherheitsempfindens ihrer Bewohner als problematisch erweisen. So konnte nachgewiesen werden, dass Wohnbauten mit 13 oder mehr Geschossen einen weitaus höheren Anteil an Kriminalität im Inneren der Gebäude aufwiesen als niedrigere Wohnbauten vergleichbarer Dichte. Konkret wird dies mit dem höheren Anteil an öffentlich zugänglichen und schwer kontrollierbaren Erschließungsflächen wie Aufzügen, Fluren und Nottreppenhäusern erklärt. Die hohe Anzahl an Wohneinheiten fördere zudem Empfindungen von Anonymität und Isolation sowie einen Mangel an Verantwortungsbewusstsein.180 Der individuellen Gegenüberstellung zwei konkreter Projekte wird in dem Buch Defensible Space besondere Aufmerksamkeit entgegengebracht.181 Die beiden benachbarten Wohnbausiedlungen Van Dyke Houses und Brownsville Houses im Osten des Stadtbezirks Brooklyn wiesen zum Zeitpunkt der Datenerhebung erhebliche Unterschiede in Bezug auf Vandalismus und Kriminalitätsraten auf (Abb. 20). Während nicht-physische Parameter, vor allem die Mieterstruktur, ungefähr vergleichbar waren, unterschieden sich die Projekte

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wesentlich in ihren bautypologischen Eigenschaften. Die Brownsville Houses waren 1949 nach Plänen des Architekten Frederick G. Frost als eine der ersten sozialen Wohnungsbauprojekte nach dem zweiten Weltkrieg entstanden.182 Die Siedlung umfasst 27 sechsstöckige Wohnbauten auf einer Fläche von ursprünglich acht traditionellen Stadtblöcken. Alle Gebäude sind in einer 45-Grad-Drehung gegenüber dem Straßenraster angeordnet und weisen in ihrer Grundrissorganisation jeweils einen zentralen Erschließungskern auf, von dem aus L- oder X-förmig Gebäudeflügel abzweigen. Die benachbarten Van Dyke Houses, sechs Jahre später nach den Plänen der Architekten Isadore and Zachary Rosenfield entstanden, umfassen insgesamt 22 14-stöckige Wohnhochhausscheiben. Gegenüber den Brownsville Houses weist das Projekt eine um etwa sechs Prozent geringere überbaute Grundfläche auf und galt damit ökonomisch zunächst als besonders effizient. Im Vergleichsjahr 1969 wiesen die Van Dyke Houses jedoch eine etwa um 50 Prozent höhere Kriminalitätsrate sowie etwa um 39 Prozent höhere Unterhaltungskosten auf.183 Aus dem Vergleich der Wohnsiedlungen leitet Newman als eine zentrale Schlussfolgerung ab, dass der Gebäudetyp und insbesondere die Gebäudehöhe als relevantes Kriterien in Bezug auf Sicherheit erkannt werden müsse. Das Modell der »Stadt im Park« konnte sich in New York nicht nur im staatlichen Wohnungsbau, sondern zunehmend auch im Bereich privat finanzierter Investitionsprojekte durchsetzen. Die durch den Versicherungskonzern Metropolitan Life entwickelte Wohnsiedlung Stuyvesant Town and Peter Cooper Village entstand 1947 in der Lower East Side von Manhattan als ein Komplex

Abbildung 20: Van Dyke Houses/Brownsville Houses, Brooklyn, New York. Foto: Oscar Newman. Aus: Newman 1972, 42.

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bestehend aus 35 13-stöckigen Hochhäusern inmitten großzügiger Parkanlagen (Abb. 21).184 Anders als die sozialen Wohnbausiedlungen wird das Gebiet durch Backsteinmauern und niedrige Laden- und Parkhausbauten gegen den umliegenden Stadtraum abgegrenzt und ist nur durch wenige Einfahrten zu erschließen. Die Anordnung der Gebäude und die Gestaltung des Landschaftsgartens ermöglichen zudem die Überwachung des gesamten Raums durch Sicherheitspersonal von einem zentralen oval geformten Platz aus. Die Wohntürme von Stuyvesant Town erwecken den Eindruck einer sicheren Festung, die sich gegen das Eindringen von außen schützt. Die Errichtung neuer mit privatem Sicherheitspersonal ausgestatteter Wohnhochhäuser kritisiert Newman ausdrücklich.185 Räumlich abgerückt vom öffentlichen Raum und häufig nur über einen einzigen kontrollierten Eingang zu betreten, versprechen diese Quartiere vermeintlich mehr Schutz vor Kriminalität. Die Abschottung einzelner Quartiere vom öffentlichen Straßenraum, so Newman, trage dagegen zu einem weiteren Verlust an Sicherheit im umgebenden städtischen Raum bei: »[...] Thousands of feet of street are removed from all forms of social and visual contact. A natural mechanism providing safety to our streets has been sacrificed to insure the security of the residents of the walled-off complex«.186

Private und genossenschaftliche Wohnbauprojekte, die sich vorwiegend an die weiße Mittelschicht richteten, entstanden in den 1960er Jahren war allem jedoch in den äußeren Stadtbezirken, die weniger soziale Spannungen und eine geringe Kriminalität aufwiesen. Co-op City, das mit Abstand größte Projekte dieser Art, entstand zwischen 1968 und 1970 im Nordosten des New Yorker Stadtteils Bronx nach Plänen des Architekten Herman J. Jessor (1895-1990).187 Die Siedlung umfasst insgesamt 35 Hochhaustürme mit jeweils 24 bis 33 Stockwerken, mehrere hundert Einfamilienhäuser sowie Gemeinschafts- und Bildungseinrichtungen, die in einem weitläufigen Landschaftspark eingebettet sind. Das Projekt erwies sich als erschwingliche Alternative zum Einfamilienhaus in den Vororten. Newman dient das Co-op City-Projekt als Beispiel für seine Kritik an Prozessen der Stadtflucht und zunehmender sozialer Segregation.188 Die neuen Siedlungen schaffen Newman zufolge nur flüchtige Sicherheit. Dabei lassen die Umsiedler aus Angst vor Überfällen und Gewalttaten nicht nur ihr gewohntes Umfeld und soziale Kontakte zurück, sondern auch die Nähe zu Arbeitsplätzen und innerstädtischen Einrichtungen. In den Städten lösen sich vormals heterogene, interkulturelle Nachbarschaften auf, während diesseits und jenseits der Stadtgrenze nach Einkommens- und Bewohnergruppen separierte Wohnquartiere entstehen. Die Herstellung homogener Wohngemeinschaften möge zwar das Sicherheitsempfinden der Bewohner kurzfristig erhöhen. »Verteidungsfähige Räume« im Sinne der Defensible Space-Theorie stellen jedoch die neuen Wohnkomplexe außerhalb der Städte

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Abbildung 21: Stuyvesant Town, New York. Zeichnung von Simon Breines, 1943. Aus: Plunz 1990, 258.

ebenso wenig dar, wie die personell geschützten Wohnenklaven in den Innenstädten. Der Verlust jener Sicherheit, die das Projekt seinen Bewohnern gegenüber propagiert, schwinde, sobald sich die homogene Bewohnerstruktur auflöst, so Newman. Im Februar 1970 erschien in der Zeitschrift Progressive Architecture ein Beitrag der Architekten Denise Scott Brown und Robert Venturi, die das Projekt differenzierter beurteilten (Abb. 22).189 Scott Brown und Venturi zufolge könne Co-op City durchaus als Vorbild herhalten, in Bezug auf den ökonomischen Umgang mit Ressourcen wie den Einsatz konventioneller Baumethoden und alltäglicher Materialien. Dabei gelte es, das »Konventionelle« [conventional] und »Alltägliche« [ordinary] als potentiell ästhetische Qualitäten zu wiederzuerkennen.190 Urbanität, so Scott Brown und Venturi, erfordere nicht zwangsläufig zusammenhängende Gebäude, sondern eine spezifische Positionierung und Ausrichtung der architektonischen Objekte in Bezug zueinander sowie zu öffentlichen Wegen und Einrichtungen.191 Einen konkreten Zusammenhang zwischen der physischen Form von Architektur und dem Verhalten von Bewohnern lehnen sie jedoch mit Blick auf fehlende stichhaltige Belege ab. Angesichte des erheblichen Bedarfs an sozialem Wohnraum in den USA plädieren sie für eine baupolitische Strategie, die ein Nebeneinander unterschied-

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Abbildung 22: Denise Scott Brown und Robert Venturi, »Co-op City. Learning to like it«. Artikel aus der Zeitschrift Progressive Architecture, 1970/2, 65-66.

licher städtebaulicher und architektonischer Typologien zulässt. Die Errichtung neuer Wohnstädte und -siedlungen werde ebenso notwendig sein wie die Aufwertung bestehender Gebäude und innerstädtischer Quartiere. In einem Kommentar, der zusammen mit dem Artikel von Scott Brown und Venturi abgedruckt wurde, entgegnet der Architekt der Co-op City, Herman J. Jessor, konkret auch auf die von Jane Jacobs vorgebrachten Argumente gegen diese Art Projekte.192 Das von Jacobs beschworene soziale Gefüge, so Jessor, existiere in den traditionellen Nachbarschaften längst nicht mehr. Die Umsiedler seien in den neuen Siedlungen außerhalb der Innenstadt weitaus besser gestellt als zuvor. Ebenso wie Scott Brown und Venturi sieht Jessor weder allein in technologisch-inspirierten Megastrukturen noch in einer Rückwendung zu traditionellen, städtischen Blockrandbebauungen eine realistische Alternative zu kosteneffizienten, großmaßstäblichen Lösungen im sozialen Wohnungsbau. Zwar mag Newman Jessor, Scott Brown und Venturi in ihrer Überzeugung zustimmen, dass Urbanität nicht notwendigerweise zusammenhängende Gebäude nach dem Vorbild alter Stadtquartiere bedürfe, die Errichtung neuer Vorstädte oder durch Sicherheitspersonal geschützter, innerstädtischer Wohnkomplexe stellt für ihn jedoch ebenso keine Alternative dar. Innerhalb der Stadt New York regte sich unter Fachleuten wie in der Bevölkerung zunehmend Kritik am Typus der »Stadt im Park« als Vorbild für innerstädtische Wohnbauten, so dass es zwischen Mitte der 1960er und Mitte

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der 1970er Jahre im Bereich des öffentlich geförderten Wohnbaus zu einem deutlichen Qualitätsschub wie zur Entwicklung neuer Gebäudetypen kam.193 Die Abkehr vom Typus der »Stadt im Park« zeigt sich seit Ende der 1970er Jahren in Rückbezügen auf historische Vorbilder aus den 1920er und 1930er Jahren, aber auch in der stärkeren Integration von Bestandsbauten sowie in Hybridlösungen, die Wohntürme und straßenseitig geschlossene Blockrandbebauungen zusammenbringen.194 Als frühes Beispiel dieser Entwicklung und als Prototyp eines stärker kontextbezogenen Wohnbaukomplexes können die Riverbend Houses in Harlem angeführt werden.195 Newman verweist wiederholt auf dieses Projekt, unter anderem in dem Kapitel über »Gegenwärtige Anwendungen von Defensible Space«.196 Die Riverbend Houses entstanden 1967 nach Plänen der New Yorker Architekten Sam Brody und Lew Davis. Das Projekt wurde mit öffentlichen Mitteln im Rahmen des staatlichen MitchellLama-Programms gefördert.197 Der Gebäudekomplex steht auf einer dreieckigen Grundstücksfläche zwischen dem Harlem River Drive und der Fünften Avenue und umfasst zwei 16- bzw. 19-stöckige Hochhausscheiben, die durch niedrigere 10-stöckige Gebäuderiegel miteinander verbunden sind. Die Gebäudeteile organisieren sich um einen innenliegenden, nicht öffentlich zugänglichen Hof, zu dem sich von zwei Seiten doppelstöckige Galeriewohnungen über außenliegende Laubengänge öffnen (Abb. 23). Die Gebäudeteile stehen nicht isoliert voneinander, sondern bilden zu den Blockrändern geschlossene Fassaden. Die Eingänge sind zur Straßenseite der Fünften Avenue orientiert. In den Erdgeschosszonen sind zum Teil Ladengeschäfte untergebracht. Im Verhältnis zu anderen Projekten mit vergleichbarer Wohnungsdichte, Bewohnerstruktur und Lage wiesen die Riverbend Houses kaum Kriminalität und nur wenig Vandalismus auf.198 Newman zufolge ließ sich der Erfolg des Projektes konkret auf seine physischen Gestaltung zurückführen, die in weiten Teilen dem Defensible Space-Konzept entspreche. Die Riverbend Houses weisen sowohl Merkmale auf die auf dem Maßstab der einzelnen Wohneinheiten und ihrer Erschließung, als auch auf städtebaulicher Ebene durch die Positionierung von Gebäudeteilen und die Eingrenzung von Freiflächen wirksam werden. Gestaltungseigenschaften, die unmittelbar zu einem erhöhten Sicherheitsgefühl der Bewohner beitragen, erkennt Newman vor allem in der direkten Positionierung der Eingänge zur Straßenseite sowie der Einsehbarkeit der Eingangsbereiche aus dem öffentlichen Raum heraus. Die physische Einbindung des Gebäudekomplexes in den städtebaulichen Kontext erhöhe das Sicherheitsgefühl der Bewohner im Umkreis des Gebäudes. Eine natürliche Form der Überwachung sei zudem durch die Konfiguration zweier niedrigere Gebäudeteile gegeben, die einen Hof umschließen und eine Einsehbarkeit der einander zugewandten Laubengänge ermöglichen. Blickbezüge zwischen den gegenüberliegenden Korridoren erzeugten ein Gemeinschafts- und Verantwortungsgefühl unter den Nachbarn, das durch die gemeinsame Nutzung des

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Abbildung 23: Sam Brody und Lew Davis, Riverbend Houses, New York, 1967. Foto: N. McGrath. Aus: Newman 1972, 123.

halböffentlichen Innenhofes zusätzlich gestärkt werde. Die Einbindung von Laubengängen, so Newman, stelle eine wichtige Innovation im Bereich des sozialen Wohnungsbaus in den USA dar, obwohl das Element in vergleichbaren Haustypologien in Westeuropa schon lange Zeit verbreitet gewesen sei.199 Neben physisch-gestalterischen Merkmalen weist das Gebäude einige wenige elektronische Sicherheitssysteme auf, so beispielsweise Kameras in Aufzügen und Eingangsbereichen, deren Aufnahmen von Bildschirmen innerhalb der Wohneinheiten abruf bar sind. Insgesamt stellen die Riverbend Houses für Newman den Prototyp eines innerstädtischen, sozialen Wohnungsbaus dar, der ohne auf personelle Überwachung oder eine physische Abschottung vom Stadtraum angewiesen zu sein, durch eine gezielte architektonische Gestaltung Kriminalität vorbeugen und aktiv zu einem Sicherheitsgefühl seiner Bewohner beitragen kann.

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Newman weist darauf hin, dass Mechanismen der natürlichen Überwachung, wie sie durch den Typus der Laubengangerschließung sichergestellt seien, mit zunehmender Stockwerkszahl erwartungsgemäß nicht mehr funktionieren werden, vor allem weil die Einsehbarkeit der höherliegenden Korridore aus dem Innenhof eingeschränkt würde. Auffällig ist zudem, dass die beiden Hochhauselemente des Riverside-Projektes in der Darstellung weitgehend ausgeklammert bleiben, obwohl mehr als dreiviertel der gesamten Wohneinheiten darin enthalten sind. Die geringe Kriminalität des Wohnkomplexes trotz Gebäudehohen von 10 bis 19 Geschossen steht offensichtlich im Widerspruch zu Newmans Untersuchungsergebnissen. So drückt sich auch insgesamt in den Darstellungen eine eher grundsätzliche Kritik am Typus des Wohnhochhauses und insbesondere am Modell der »Stadt im Park« aus. Von dieser Sichtweise weicht Newman auch Anfang der 1980er nach vergleichenden Untersuchungen in anderen Städten nicht ab.200 Trotz abweichender Ergebnisse, die den in Defensible Space dargelegten Zusammenhang zwischen Gebäudegröße und Kriminalität kaum bestätigen, verteidigt Newman seine Kritik an öffentlich geförderten Wohnkomplexen und dem Typus des Wohnhochhauses: »This difference in findings suggests to us that a strong relationship between building size and crime may be limited to high-rise buildings of different heights, to large housing developments, or to high-rise buildings that also form large developments. What we may be seeing is a threshold effect whereby building size and crime are related only when building size or project size reaches a crucial Ievel. […] [This study] shows that as building size increases, rent collection, use of space, social interaction, and control of space all decrease, and fear of crime increases. Thus, regardless of the social characteristics of residents or the nature of police and security guard services, building size has a consistent effect on the nature of life in federally-assisted housing developments: the larger the building, the more problematic life is.« 201

Wenngleich es sich um einen Einzelfall handelt, zeigt das Beispiel der Riverbend Houses, dass sich durchaus ›sichere‹ Wohnanlagen mit hohen Geschosszahlen in innerstädtischen Quartieren realisieren lassen. Anders als viele der früher errichteten sozialen Wohnbauprojekte, stehen die Hochhauselemente dabei nicht isoliert in offenen Grünflächen, sondern sind eingebunden in eine nach außen geschlossene, blockrandartige Bebauung, die sich dem umgebenden örtlichen Kontext gestalterisch anpasst und in ihrer inneren Erschließungsstruktur sowie in visuellen Bezügen konkret darauf reagiert. Newmans Forderung nach einer Rückkehr zu anthropologisch begründeten sozialen Mechanismen in der Umweltgestaltung mag vielmehr in einer grundlegenden Skepsis gegenüber einem vorwiegend technologisch wie ökonomisch begründeten Wandel architektonisch-städtebaulicher Praktiken und Leitbilder begründet sein.

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4. Z USAMMENFASSUNG . C RIME P RE VENTION THROUGH U RBAN D ESIGN ? Newmans Tätigkeit für Jacob Bakema im Rahmen eines zweijährigen Aufenthaltes in Europa Anfang der 1960er kann als wichtiger Impuls für die eigene Entwicklung als Architekt, Stadtplaner und kritischer Beobachter der architektonischen wie gesellschaftlichen Strömungen seiner Zeit erkannt werden. Die Arbeit an einer Publikation des CIAM-Kongresses 1959 in Otterlo konfrontiert Newman nicht nur mit den Herausforderungen einer Disziplin, die sich offensichtlich im Umbruch befindet und den mit der Moderne der 1920er und 1930er Jahre verbundenen Ansätzen zunehmend kritisch gegenübersteht, sondern macht ihn konkret auch mit den Ansätzen des sich formierenden Team X vertraut. Eine Abkehr von abstrakt formalen Fragen verbunden mit der Hinwendung zur Relation von Raum und menschlichem Maßstab sowie Aspekten der Orientierung, Identifikation und Partizipation in Gestaltungsprozessen, erkennt Newman zuerst in Bakemas Arbeiten. Es kann angenommen werden, dass seine aufmerksamen Beobachtungen während der Zeit in Europa sowie eine kritische Auseinandersetzung mit dem Wiederauf bau des Rotterdamer Stadtzentrums und den Wohnbaustudien der Rotterdamer Opbouw-Gruppe in Newman ein verstärktes Interesse an Wesen und Form der Stadt beförderten. Frühe Arbeiten sowie Veröffentlichungen in Architekturjournalen seit den 1960er Jahren dokumentieren ein breites Interesse an innovativen Konzepten für den städtischen Wohnungsbau und für kommunale Einrichtungen. In der Entwicklung innovativer Entwurfsprinzipien und Grundrisstypologien sieht Newman nicht nur eine zentrale Herausforderung für die Zukunft, sondern auch einen Anknüpfungspunkt an Motive der Klassischen Moderne. Seine Kritik gilt dagegen der städtebaulichen Praxis in den USA, insbesondere dem Verlust kleinteiliger, nachbarschaftlicher Strukturen, und richtet sich gegen staatliche Stadtsanierungsprogramme und die Errichtung öffentlich geförderter Großwohnprojekte. Insgesamt zeigt sich ein Verständnis von Architektur und Stadt, das neben gesellschaftspolitischen Belangen, kulturelle und ästhetische Dimensionen der Umweltgestaltung offen miteinbezieht und in der individuellen und sinnlichen Gestaltung des eigenen Lebensumfeldes verbunden mit Rückbezügen auf vertraute Formen oder traditionelle Elemente ein Grundbedürfnis des Menschen erkennt. Mit Newmans beratenden Tätigkeiten seit den frühen 1970er Jahren im Bereich des kommunalen Wohnungsbaus und der Verbrechensverhütung sowie der Aufgabe der universitären Lehr- und Forschungstätigkeit ist auch ein intellektueller Abschied aus dem akademischen Architekturdiskurs verbunden. Mit der Gründung des »Institute for Community Design Analysis« im Jahr 1972 rückt der Fokus nahezu ausschließlich auf die Verbreitung und Vertiefung des Defensible Space-Konzeptes.

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Die Untersuchungen belegen, dass Newmans langjährige Forschungstätigkeit während der 1960er Jahre an der Washington University in St. Louis, Missouri, einen grundlegenden Einfluss auf die Entwicklung der Theorie hatte. Verschiedene Arbeiten, darunter eine Studie über »Private Straßen« sowie ein Forschungsprojekt zur Revitalisierung eines heruntergekommenen Stadtteils im Westen der Stadt Chicago, können als grundlegende Vorarbeiten für Defensible Space erkannt werden. Konfrontiert mit den gravierenden sozialen und kulturellen Herausforderungen amerikanischer Großstädte suchte die Arbeit Lösungen konkret in der gestalterischen Aufwertung der städtischen Umwelt. Einflüsse des Architekten Kevin Lynch, insbesondere zur Erhöhung der Lesbarkeit von Stadträumen, lassen sich unmittelbar auf die Zusammenarbeit im Rahmen der Park-Mall Studie zurückführen. Während die tatsächliche Wirkung von Lynchs Studien auf die Entwicklung des Defensible Space-Modells jedoch eher als gering einzuschätzen sind, lässt das Park-Mall-Konzept darauf schließen, dass Newman die Arbeiten verschiedener Mitglieder des Team X nicht nur über lange Zeit aufmerksam und kritisch verfolgte, sondern Einzelaspekte auch früh in die eigenen Überlegungen miteinbezog. Dies betrifft insbesondere das Verständnis der städtischen Straße einerseits als dynamisches Element eines übergreifenden und hierarchisierten Systems, andererseits als sozialer Raum, der in seiner Gestaltung auf die differenzierten Bedürfnisse von Erwachsenen und Kindern unterschiedlicher Altersgruppen eingeht. Die Studie »Security Design in Urban Residential Areas«, aus deren Zwischenbericht das Defensible Space-Buch hervorgegangen war, untersuchte öffentlich geförderte Wohnungsbauten in der Stadt New York im Hinblick auf Zusammenhänge zwischen städtebaulichen Gestaltungsaspekten und deren Auswirkungen auf Kriminalität und Sicherheitsempfinden in den Gebäuden. Die an der Schnittstelle von Architektur, Soziologie und Kriminalpsychologie interdisziplinär angelegte Forschung wurde zwischen 1970 und 1973 im Rahmen eines nationalen Programms zur Erforschung von Konzepten zur Verbrechensverhütung mit öffentlichen Geldern gefördert. In Newmans Darstellungen wird der Defensible Space-Ansatz als konkrete Reaktion auf die Bedrohung des Modells der »offenen Gesellschaft« durch steigende Kriminalität in den Innenstädten charakterisiert. In der methodischen Herangehensweise sieht er eine Abgrenzung der eigenen Ergebnisse von vergleichbaren Aussagen früherer Autoren, deren Erkenntnisse weitgehend auf individuellen Beobachtungen und persönlichen Erfahrungen basierten. Von Jane Jacobs Charakterisierung sicherer Stadträume unterscheidet sich Newmans Ansatz primär in der Zurückweisung gemischter Nutzungen sowie in der Einschränkung öffentlicher Durchwegung auf dem Quartiersmaßstab. Gleichwohl übernimmt Newman wesentliche Argumente aus Jacobs Darstellungen. Die Überprüfung der von Jacobs diesbezüglich dargelegten Ausführungen zeigt, dass überein-

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stimmende Aussagen insbesondere im Hinblick auf die Ursachen mangelnden Sicherheitsempfindens in öffentlich geförderten Wohnungsbauten zutreffen. Dagegen wird von Newman die Restrukturierung bestehender innerstädtischer Nachbarschaften zu sozial und funktional homogenen Einheiten als pragmatische Lösung erkannt, den gesellschaftlichen und ökonomischen Herausforderungen in den Städten auf der Ebene von Architektur und Städtebau zu begegnen. Festgestellt werden kann, dass sich die grundsätzlichen Überlegungen zur Defensible Space-Theorie konkret auf Beobachtungen im Zusammenhang mit der Wohnsiedlung Pruitt-Igoe in St. Louis zurückführen lassen. Innerhalb des Buches stellt das Projekt einen zentralen Bezugspunkt dar. Die Darstellung der Defensible Space-Mechanismen »Territorialität«, »Natürliche Überwachung« und »Image und Mileu« erfolgt durchgehend auch in Abgrenzung zu Pruitt-Igoe. Newmans argumentative Verknüpfung physischer Verwahrlosung und mangelndem Sicherheitsempfinden mit der architektonischstädtebaulichen Gestaltung der öffentliche geförderten Wohnsiedlung kann als Impuls für jene ideologisierenden Zuschreibungen im Architekturdiskurs der 1970er und 1980er Jahre erkannt werden, die das Projekt symbolisch mit den gescheiterten Idealen der Klassischen Moderne verbinden. Dagegen lassen sich die Vorgänge aus gegenwärtiger Sicht nur durch ein Zusammenspiel vielschichtiger Entwicklungen erklären, die physisch-gestalterische ebenso wie sozioökonomische und kulturelle Aspekte miteinschließen. Dennoch führen Newmans Beobachtungen über den Zusammenhang zwischen einer möglichen Stigmatisierung der Bewohner und dem Bruch in der Erscheinung der Gebäudegruppe von seiner städtebaulichen Umgebung früh zur Forderung nach einer kontextuellen Betrachtung von Architektur, die den Blick auf das Einzelobjekt überschreitet. Der Mangel an Sicherheit und Lebensqualität in städtischen Räumen wird in Defensible Space im Kern mit Entwicklungen begründet, die mit einem rasant gestiegenen Wohnraumbedarf ebenso wie mit gewandelten Leitbildern in Architektur und Städtebau einhergingen. Der technologisch bedingte Wachstums- und Fortschrittsoptimismus habe weniger zur Verbesserung der Lebensbedingungen geführt, als vielmehr zu einem Verlust an tradierten sozialen Mechanismen in der Umweltgestaltung. Freistehende Wohnhochhäuser nach dem Leitbild der »Stadt im Park« werden von Newman konkret mit Empfindungen von Anonymität, Isolation und einem Mangel an Verantwortungsbewusstsein in Verbindung gebracht. Den zu beobachtenden Tendenzen eines Rückzugs der Mittelschicht in die Vororte oder in innerstädtische Enklaven werden Beispiele urbaner Straßenzüge aus historischen Kontexten sowie neue hybride Prototypen verdichteter, innerstädtischer Wohnbauten gegenübergestellt, die in ihrer Gestaltung auf den umgebenden Stadtraum auf vielfältige Weise Bezug nehmen. Die Untersuchungen lassen darauf schließen, dass in

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Newmans Plädoyer für eine Wiederkehr anthropologisch begründeter, sozialer Mechanismen in Architektur und Städtebau wie in seiner Forderung nach Sicherheit durch sozialräumliche Selbstkontrolle auch eine grundsätzliche Skepsis am Wachstums- und Fortschrittsparadigma der 1950er und 1960er Jahre enthalten ist. Der gezielte Einbezug tradierter sozialer Mechanismen durch räumlich-visuelle und physisch-kontextuelle Bezüge sowie die Verwendung vertrauter Gestaltungselemente wird ökonomisch-funktional wie rein abstrakt-formal begründeten Leitbildern in Architektur und Städtebau als zukunftsfähige Alternative gegenüberstellt. Insgesamt zeigt sich in den Darstellungen ein Bild von Stadt, das tendenziell für niedrige und kleinteilige Bebauungen sowie hierarchisierte Verkehrswege und eine funktionale Entmischung plädiert. Dabei stellt sich die Frage, inwieweit Newmans empirisch begründeten Argumente gegen das Modell der »Stadt im Park« weniger sachlich-objektiv, als vielmehr subjektiv oder weltanschaulich begründet sind. Newmans Defensible Space-Arbeit erscheint vor diesem Hintergrund weniger als konkrete Reaktion auf die Kriminalitätsproblematik per se, denn als Manifest für eine kontextbezogene städtische Architektur, die den menschlichen Maßstab und anthropologische Konstanten wie auch den Einbezug vertrauter Gestaltungselemente wieder stärker in den Vordergrund rückt. ›Sicherheit‹ dient dann vielmehr als Ersatzbegriff für elementare Bedürfnisse und Ansprüche an Architektur und Umweltgestaltung und »Crime Prevention« als schlagkräftiges politisches und öffentlichkeitswirksames Argument innerhalb eines gesellschaftlichem Klimas, in dem ein Mangel an Sicherheitsempfinden unmittelbar mit dem Verlust an Lebensqualität in den Städten verbunden wurde. Defensible Space konnte daher wohl kaum irgendwo eine vergleichbare Wirkung entfalten, wie in der Stadt New York während der frühen 1970er Jahre. Newmans soziologische Begründungen für grundlegende architektonisch-gestalterische Zusammenhänge, die die Wahrnehmung der physischräumlichen Umwelt betreffen, können mithin als Reaktion auf ein verstärktes Bedürfnis öffentlicher Entscheidungsträger nach empirischen Belegen und quantifizierbaren Größen aufgefasst werden. Die Dokumentation der Untersuchungsergebnisse enthält vor allem quantitative Kennzahlen, beispielsweise in Bezug auf das Verhältnis von Wohneinheiten zur Anzahl von Eingängen, sowie allgemein verständliche Empfehlungen, bezogen etwa auf die Betonung von Blickbeziehungen zwischen Innen- und Außenräumen. Aus der Perspektive der Architektur lässt sich Defensible Space als frühes Beispiel einer angewandten Entwurfsforschung charakterisieren, die unter Bezugnahme von Erkenntnissen der Sozialanthropologie und Umweltpsychologie konkrete Wechselwirkungen zwischen Architekturgestaltung und sozialen Handlungsweisen in den Blick nimmt und deren Ergebnisse in Form eines Gestaltungsleitfadens für den öffentlichen Wohnungsbau unmittelbar in die Praxis zurückfließen.

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Die Rezeption der Arbeit deutet zugleich darauf hin, dass eine derart radikale Vereinfachung komplexer Wirkungszusammenhänge sich in der Disziplin als wenig zweckmäßig erwiesen hat und darüber hinaus Gefahr läuft, sich durch einseitige politische Interessen oder wirtschaftliche Sachzwänge instrumentalisieren zu lassen.

Case Study. Collage City Anders als Defensible Space fokussiert Collage City scheinbar auf keinen konkreten Ort und keine leicht einzugrenzende Problematik. Dennoch erklärt sich die anhaltende Aktualität beider Schriften aus ihrem Anspruch, aus einer kritischen Haltung gegenüber zeitgenössischen Phänomenen heraus allgemeingültige Aussagen über die Relevanz architektonischer Form zu formulieren und daraus individuelle oder gesellschaftliche Handlungsweisen abzuleiten. Dieses Kapitel reflektiert die Publikation Collage City in seinen weiteren Entstehungskontexten. Darstellungen von Architektur und Stadt sowie inhaltliche-ideologische Aussagen zum Gesellschaftsbild und zu allgemeinen Wertvorstellungen werden untersucht und konkret auf Begriffe und Implikationen von Sicherheit abgeklopft. Die Analyse liefert Erkenntnisse über Motive und Hintergründe, über zeitgeschichtliche Zusammenhänge sowie über diskursbezogene Verweise. Im Einzelnen wird danach gefragt, wie der gegenwärtige Zustand von Architektur und Stadt charakterisiert wird und wie die Herausforderungen für die Disziplin definiert werden, die den Ausgangspunkt der textlichen Argumentation bilden. Welche Ziele und Absichten werden von den Autoren verfolgt und welche Strategien und konkreten Handlungsweisen sind in den Ausführungen enthalten, die Vorstellungen von Sicherheit implizit oder explizit miteinschließen? Einleitend werden der biografische Hintergrund Colin Rowes sowie zentrale Positionen und wichtige Veröffentlichungen charakterisiert. Die Untersuchung des Buches wird eingebettet in den Kontext des Cornell Urban Design Studios (UDS), das zwischen 1963 und 1989 unter der Leitung von Colin Rowe stand. Aufgezeigt werden die Beziehungen zwischen den in Collage City formulierten theoretischen Überlegungen und den im Umfeld des Studios entwickelten konkreten Aufgabenstellungen und entwerferischen Lösungsstrategien. Die Analyse von Entwurfsarbeiten aus dem Umfeld des Urban Design Studios mit Fokus auf die Stadt New York soll Aufschluss darüber geben, welche Zusammenhänge zwischen der besonderen lokalen Situation und den spezifischen Lösungsansätzen des Studios bestehen. Welche physisch-gestalterischen und kulturellen Aspekte werden in diesem Zusammenhang thematisiert, in denen sich die Debatte um Stadt und Sicherheit manifestiert?

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1. C OLIN R OWE . P RE -TE X AS , TE X AS UND C AMBRIDGE Colin Rowes (1920-1999) theoretische Positionen und Lehrmethoden sind mit den Institutionen, an denen er tätig war und mit den Personen, denen er dort begegnete, ebenso eng verbunden wie mit seiner eigenen Ausbildung als Architekt und Architekturhistoriker zunächst an der Liverpool University und ab 1946 am Warburg Institute in London.1 Rowe wäre kaum ohne den Einfluss seines Lehrers Rudolf Wittkower (1901-1971), einem deutschen Emigranten aus Berlin, zu seiner überraschenden Interpretation von Le Corbusiers architektonischem Schaffen gekommen, die 1947 zur Veröffentlichung seines vielbeachteten Aufsatzes »Die Mathematik der idealen Villa« führte.2 Wittkowers Analyse der Arbeiten des venezianischen Architekten Andrea Palladio (1509-1580) bildete einen wichtigen Ausgangspunkt für Rowes vergleichende Gegenüberstellung von Palladios Villa Foscari in Malcontenta (1550-1560) und Le Corbusiers Villa Stein bei Garches (1927).3 Rowes Essay unternimmt den Versuch, vergleichbare Formprinzipien in der Grundrissgeometrie der beiden Villen aufzuzeigen. Die methodische Verknüpfung eines Bauwerks aus der italienischen Renaissance mit einem Gebäude der klassischen Moderne der 1920er Jahre wurde zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Aufsatzes als Affront gegen die wissenschaftlichen Gepflogenheiten in der Disziplin empfunden.4 Rowe verfasste im Jahr 1947 eine Abschlussarbeit über die theoretischen Zeichnungen des britischen Architekten Inigo Jones (1573-1652).5 Anschließend kehrte er als Tutor an die Liverpool University zurück. Zu seinen Schülern während dieser Zeit zählte unter anderem der britische Architekt James Stirling (1926-1992), mit dem ihn fortan eine lebenslange Freundschaft sowie gemeinsame Projekte verbanden.6 Rowe gelangte 1952 mit einem Fulbright-Stipendium in die USA und belegte dort zunächst Kurse an der Yale University. Ein Jahr später erhielt er eine Lehrstelle an der Architekturschule der University of Texas in Austin. Die Fakultät stand seit 1951 unter der Leitung des kalifornischen Architekten Harwell Hamilton Harris (1903-1980), der mit der Absicht, ein neues innovatives Lehrprogramm zu etablieren, Anfang der 1950er Jahre eine Reihe jüngerer »radikaler« Architekten und Künstler als Lehrer verpflichtete.7 Zu dieser Gruppe, die sich selbst die Texas Rangers nannte, zählten neben Rowe unter anderem Robert Slutzky und Lee Hodgen, die zuvor an der Yale University unter Joself Albers studiert hatten, sowie John Heyduk, Werner Seligmann und Bernhard Hoesli. Die Mitglieder der Gruppe stießen jedoch mit ihren als provokant empfundenen Positionen zunehmend auf den Widerstand der älteren Fakultätskollegen und wurden nach Harris’ Rücktritt als Dekan bereits 1956 wieder entlassen. Der Lehransatz der Texas Rangers zielte auf eine Versöhnung der sich widerstrebenden Denkweisen der klassischen Moderne und der École des Beaux-

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Arts – den Glauben an Fortschritt durch Technologie und Experiment auf der einen Seite und das Vertrauen in akademische Traditionen auf der anderen.8 Mit ihren Positionen übte die Gruppe nicht nur Kritik an der einseitig an die Beaux-Arts-Prinzipien angelehnten Architekturlehre an vielen amerikanischen Universitäten, sondern ebenso an den weit verbreiteten Tendenzen eines pragmatischen Regionalismus. An die Stelle von Volumenstudien rückte nun das Entwerfen architektonischer Räume und das Experimentieren mit den Erkenntnissen der Gestalttheorie. Die Entwurfsarbeit wurde begleitet durch das Studium von Beispielen aus der Architekturgeschichte. Während Slutzky und Hodgen im ersten Studienjahr zwei- und dreidimensionales Zeichnen lehrten und Hejduk und Hoesli im zweiten Studienjahr neue Entwurfsmethoden erprobten, konzentrierte sich Rowes Lehre auf die Geschichte und Theorie der Architektur. Ein Ergebnis der gemeinsamen Arbeit und der fortwährenden Dialoge während dieser Jahre ist der von Rowe und Slutzky 1955 verfasste Aufsatz »Transparenz«, der zugleich als ideologischer Ausgangspunkt aller Mitglieder der Texas Rangers gelten kann.9 Der Text besteht aus zwei Aufsätzen, die zum ersten Mal 1963 bzw. 1971 in der Zeitschrift Perspecta erschienen.10 Die Autoren unterscheiden darin zwei Arten von Transparenz, die sie aus der Industrie- und Maschinenästhetik des frühen 20. Jahrhunderts bzw. aus der kubistischen Malerei ableiten. Sie wählen dafür das Begriffspaar der »wesensmäßigen« bzw. »buchstäblichen Transparenz« [literal] und der »erscheinungsmäßigen Transparenz« [phenomenal], einer Transparenz im übertragenden Sinne. Gemeint ist damit die Unterscheidung zwischen einer dem »Material innewohnenden Eigenschaft« und einer der »Organisation innenwohnenden Eigenschaft«.11 Wie bereits in Rowes frühem Aufsatz über die »Mathematik der idealen Villa« dient Le Corbusiers Villa Stein bei Garches als Beispiel sowie die Methode der vergleichenden Gegenüberstellung als Basis der Argumentation.12 Rowe und Sklutzky erkennen in der Architektur von Garches sowie in Le Corbusiers Entwurf für den Völkerbundpalast in Genf von 1927 ein räumliches Erleben von hintereinander angeordneten Ebenen (Abb. 24). Dabei entsteht der Eindruck einer komplexen Schichtung von Räumen, ähnlich der Lesart eines kubistischen Bildes. Dieses Verständnis von Transparenz in der Malerei hatte Gyorgy Kepes bereits 1944 in seiner Publikation Language of Vision [Sprache des Sehens] beschrieben, auf das sich Rowe und Slutzky explizit beziehen.13 Während auf der Leinwand durch die Illusion von Transparenz der Eindruck von Tiefe entsteht, erzeugt in der Architektur die dreidimensionale Schichtung von Flächen ein lesbares Fassadenbild. Diese Form der »erscheinungsmäßigen« Transparenz unterscheidet sich grundsätzlich von der »wesensmäßigen« Transparenz, die durch den Einsatz von Glas erreicht wird. Letztere wird von den Autoren am Beispiel des Werkstattflügels des Dessauer Bauhauses von 1926 veranschaulicht.

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Abbildung 24: Analysezeichnung aus Colin Rowes und Robert Slutzkys Transparenzstudien, 1955. Aus: Caragonne 1995, 170.

Der zweite Aufsatz thematisiert verschiedene italienische Renaissancebauten, unter anderem den Palazzo Mocenigo in Venedig, die Villa Farnese in Carparola sowie Michelangelos Fassadenentwurf für die Basilica di San Lorenzo in Florenz. Die vergleichenden Aufrissanalyen veranlassten Rowe und Slutzky zu der Annahme, dass die »erscheinungsmäßige« Transparenz keineswegs ein neues Phänomen sei.14 Vielmehr sei sie ein Merkmal allgemeiner Sehgewohnheit und erfordere demnach »archetypische Antworten« in der Architektur.15 Eine deutsche Übersetzung des ersten Aufsatzes erschien erstmals 1968 als überarbeitete Ausgabe des Instituts für Geschichte und Theorie der Architektur der ETH Zürich mit einem Kommentar von Bernhard Hoesli ergänzt um zahlreiche zusätzliche Illustrationen.16 Hoesli, der nach seinem Ausscheiden in Texas in die Schweiz zurückkehrte, führte die in Austin gemeinsam erprobten Lehransätze an der ETH Zürich weiter.17 Dabei entwickelte er Transparenz als Methode der Formorganisation zum konkret anwendbaren Entwurfsmittel

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weiter.18 Ihm kommt bei der Verbreitung von »Transparenz« und Collage City im deutschsprachigen Raum eine besondere Bedeutung zu.19 Der Transparenz-Aufsatz erhält Hoesli zufolge seine besondere Relevanz durch die zum damaligen Zeitpunkt ungewöhnliche historische Distanz zur klassischen Moderne sowie durch den Anspruch einer objektiven Bewertung des Vorhandenen auf der Grundlage genauer Beobachtung.20 In seinem Kommentar erläutert Hoesli den Transparenzgedanken auch an Beispielen Frank Lloyd Wrights, Louis Kahns und Philip Johnsons. Der Begriff wirke befreiend, weil er erlaube »Bauwerke in Zusammenhängen zu sehen, die unabhängig sind von der Unterscheidung historisch und modern«.21 Zugleich macht Hoesli deutlich, dass der Transparenzbegriff sich nicht allein auf die kritische Betrachtung von Architektur beschränkt. Das Begriffspaar der »wesensmäßigen« und »erscheinungsmäßigen« Transparenz agiere zugleich als »operativ einsetzbares Mittel, mit dessen Hilfe während der Entwurfsarbeit Formordnung gedanklich ermöglicht und zeichnerisch erstellt werden kann«.22 Hoesli mag hier zunächst auch die Arbeiten von Rowes Studenten vor Augen haben, die seit 1963 im dessen Urban Design Studio an der Cornell University entstanden waren. So werden Beispiele studentischer Figur-Grund-Studien aus Cornell in Zusammenhang mit Hoeslis Kommentar abgebildet.23 Hierbei handelt es sich offensichtlich um Teile aus Wayne Coppers Abschlussarbeit von 1966.24 Rowe verließ Texas nur drei Jahre nach seiner Ankunft. Nach Lehraufträgen an der Cooper Union in New York und der Cornell University in Ithaca kehrte er 1958 nach England zurück und lehrte dort vier Jahre an der Architekturschule der Universität Cambridge. Während dieser Zeit entwickelte sich eine enge Freundschaft zwischen dem amerikanischen Architekten Peter Eisenman und seinem Tutor Rowe, dessen kritische Auseinandersetzung mit der klassisch-modernen Architektur mittels grafischer Analysen ein wichtiges Vorbild für Eisenmans Dissertationsschrift Die formale Grundlegung der modernen Architektur waren.25 Rowe wirkte als ›Mentor‹ der sogenannten New York Five, einer informellen aber einflussreichen Gruppe von New Yorker Architekten, zu der neben Eisenman auch Michael Graves, Charles Gwathmey, John Hejduk und Richard Meier zählten.26 Gemeinsam war der Gruppe nicht nur ihr formales Interesse an der Arbeit Le Corbusiers, sondern auch der Einfluss von Rowes und Slutzkys Transparenz-Studien auf ihre eigene Arbeit.27 Five Architects war der Titel eines 1972 publizierten Buches, das eine Auswahl an Projekten der fünf Architekten zeigte und im Kern auf ein Treffen der CASE Gruppe (Conference of Architects for the Study of the Environment) 1969 im Museum of Modern Art in New York zurückging.28 Bei den dargestellten Arbeiten handelte es sich ausschließlich um Einfamilienhäuser wohlhabender Klientel außerhalb der Städte und fernab der komplexen gesellschaftlichen und sozialen Herausforderungen dichter urbaner Räume. In

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ihren Einführungen zu dieser Publikation fordern Arthur Drexler und Colin Rowe, das Selbstverständnis des Architekten kritisch zu hinterfragen. Drexler sieht den Architekten nicht in der Verantwortung, sich primär von sozialen und politischen Belangen leiten zu lassen und lobt den »bescheidenen Anspruch« der Arbeiten, »nur Architektur« sein zu wollen.29 Gleichwohl gesteht er der Gruppe gesellschaftliches Verantwortungsbewusstsein zu. Rowe dagegen ist skeptischer. Sein Beitrag schließt mit einem Fächer an offenen Fragen zur Aufgabe von Architektur und zur Rolle des Architekten.30 Rowe plädiert für eine Unterscheidung zwischen der Form klassisch-moderner Architektur und ihrem unerfüllt gebliebenen gesellschaftlichem Anspruch. Im Kern geht es ihm wohl vor allem darum, die plastischen und räumlichen Qualitäten der klassisch-modernen Formensprache als solche herauszustellen und damit die Bedeutung der sinnlichen Wahrnehmung von Architektur.

2. C ORNELL UND DAS U RBAN D ESIGN S TUDIO Grundlagen und Evolution Als Rowe im Herbst 1962 an die Cornell University kam, lag der Fokus seiner Lehre von Beginn an auf dem Entwerfen im städtischen Raum und dieser Anspruch sollte auch nach außen hin sichtbar werden. So wurde das Graduate Architecture Program 1963 in Urban Design Studio (UDS) umbenannt. Es blieb in dieser Form und unter Rowes Leitung bis Ende der 1980er Jahre bestehen.31 Rowes bedeutender Einfluss auf die amerikanische und internationale Architekturszene lässt sich maßgeblich auf sein Wirken in Cornell zurückführen.32 Zahlreiche Schüler des Urban Design Studios verfolgten selbst erfolgreiche Karrieren als Architekturlehrer an bedeutenden amerikanischen und europäischen Hochschulen. Auch Rowes nahestehende jüngere Fakultätskollegen kamen in einflussreiche akademische Positionen, beispielsweise Robert Slutzky an der Cooper Union in New York und später an der University of Pennsylvania in Philadelpia, Werner Seligmann als Dekan an der Syracuse University (ab 1990 Professor an der ETH Zürich), Jerry Wells als Dekan an der Cornell University und Fred Koetter zunächst als Professor an der Harvard University und später als Dekan an der Yale University. Über seine Zeit an der Cornell University und die inhaltlichen und konzeptionellen Grundlagen des Urban Design Studios hat sich Rowe selbst an verschiedenen Stellen geäußert.33 Diese Aufzeichnungen enthalten teils auch persönliche Empfindungen, insbesondere dort, wo sie die Konfrontation mit Fakultätskollegen betreffen. Rowe hatte Ende 1967 Oswald Matthias Ungers in Berlin getroffen und sich für dessen Engagement an der Cornell University persönlich eingesetzt. Einen Schritt, den Rowe im Rückblick äußerst bedauerte.34

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Mit Ungers Ankunft in Cornell und seiner Tätigkeit als Leiter der Architekturabteilung ab 1969 kam es in den folgenden Jahren zu fachlichen Kontroversen und methodischen Differenzen aber auch zu persönlichen Auseinandersetzungen, die das Verhältnis der beiden Architekturlehrer zueinander und die Stimmung innerhalb der Fakultät belastete.35 Im Rückblick kritisierte Ungers konkret Rowes Verhalten als Lehrer seinen Studenten gegenüber. Rowe habe, so Ungers, die Studenten kaum zu eigenem Denken bewegt, sondern ihnen seine eigenen »dogmatischen Ansichten zu Architektur und Stadtentwurf« vermittelt.36 Die Situation entspannte sich erst 1975 mit der Entlassung Ungers als Dekan. Nach Rowes eigenen Aussagen stellte das Jahr 1969 in mehrfacher Hinsicht eine Zäsur dar.37 Während seiner sechsmonatigen Abwesenheit an der American Academy in Rom, wurde in Cornell unter Ungers eine Neuausrichtung der Architekturabteilung beschlossen, die auf eine stärkere Berücksichtigung der sozialen und ökonomischen Bedingungen der amerikanischen Städte und die Bedürfnisse der Menschen zielte und mit dem Einbezug neuer, näher an den Sozialwissenschaften orientierten Lehrinhalten einherging.38 Die neue inhaltliche Schwerpunktsetzung zog auch personelle Veränderungen nach sich und führte in der Folge zur Entlassung einiger Rowe nahestehender Fakultätsmitglieder. So verließen Anfang der 1970er Jahre Rowes Mitarbeiter Roger Sherwood, Alan Chimacoff und Klaus Herdeg die Fakultät.39 Mit geringem Budget stellte sich die Lehrsituation in diesen Jahren als äußerst schwierig dar. Zugleich entstanden während dieser Zeit die wesentlichen Vorarbeiten für Collage City. Gemeinsam mit Rowes einzig verbliebenem Assistenten Alfred (Fred) Koetter wurde die Rohfassung des Manuskripts Ende des Jahres 1973 fertiggestellt.40 Koetter, der zwischen 1964 und 1967 selbst Student an der Cornell University gewesen war, arbeiete neben seiner Lehrtätigkeit zunächst selbstständig als Architekt, unter anderem in Zusammenarbeit mit Werner Seligmann, bevor er 1978 mit seiner Frau Susie Kim in Boston das Büro Koetter Kim & Associates gründete. Das Jahr 1969 markiert aber auch für die gesamte Universität, ihre Studenten und ihre Professoren einen Wendepunkt, als es im Frühjahr auf dem Cornell-Campus zum bewaffneten Aufstand von Studenten kam. Die Ereignisse, die kaum ein Jahr auf die Unruhen in Paris und anderen europäischen Städten folgten, erregten national und international großes Aufsehen.41 Eine Gruppe von über 80 afro-amerikanischen Studenten besetzte gewaltsam das Gebäude der Student Union, um ihre Forderungen in einem gegen Mitglieder ihrer Minderheit ausgesprochenen Disziplinarverfahren durchzusetzen. Die Universitätsleitung gab schließlich nach und ließ sich auf alle Forderungen der Gruppe ein. Das Bild der mit Schusswaffen ausgerüsteten siegreichen Besetzergruppe ging weltweit durch die Presse. Die Ereignisse vom 19. April zogen in den darauffolgenden Tagen eine Krise innerhalb der Professorenschaft

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nach sich, in deren Folge eine Restrukturierung der gesamten Universitätsleitung und eine Reform der Rechtsordnung vollzogen wurde. Rowe selbst sieht diese Vorgänge mit einer Auf bruchsstimmung innerhalb des Urban Design Studios verbunden, die nach sichtbaren Veränderungen drängte.42 So markiert für Rowe der Zeitpunkt seiner Rückkehr aus Rom im Januar 1970 eine Abkehr vom Interesse am Zeilenbau-Typus und eine Hinwendung zu charakteristischen Elementen der traditionellen europäischen Stadt: »This Zeilenbau fixation seems absolutely to have disappeared as a result of the revolutions of Paris 1968/Cornell 1969. But if Paris 1968 must be one of the most crucial twentieth-century dates and the Cornell scene a year later must be an entirely minor affair, I should still say that when […] I returned to Ithaca in January 1970, it was an entirely different body of students. A great cultural event had occured; but the students were not at all hostile. Simply they had become determined that ›Zeilenbauten‹ were not their ›thing‹; and, from that on, it was to be trad[itional] city with trad[itional] city blocks.« 43

Zwar führte das Klima des Neuanfangs innerhalb der Fakultät um das Jahr 1970 nicht zu wesentlichen Wandlungen bezogen auf Rowes eigene Grundpositionen. Dennoch kann der weitere Umgang des Urban Design Studios mit der »in die Krise geratenen amerikanischen Stadt« kaum losgelöst von der gesellschaftlich-politischen Stimmung in den USA gegen der Ende der 1960er Jahre betrachtet werden.44 Rowes Fokus auf formal-gestalterische Fragen und die im Zusammenhang mit dem Urban Design Studio entwickelten Analyse- und Entwurfsmethoden prägten seit Ende der 1970er Jahre verstärkt auch das Selbstverständnis der Architekturschule insgesamt und bilden bis in die Gegenwart einen Bezugspunkt der Architekturausbildung an der Cornell University.45 Beiträge von ehemaligen Schülern des UDS, die 1978 in einer wichtigen Publikation des Institute for Architecture and Urban Studies erschienen waren, dokumentieren Studien zur stadträumlichen Bedeutung von Straßen und Stadtfassaden in Anlehnung an Rowes Methodik.46 Ebenso spiegeln die Publikationen der Architekturabteilung der Cornell University aus den 1980er Jahren deutlich die Grundhaltung des Urban Design Studios wider und belegen ein übergreifendes Forschungsinteresse an städtischen Architekturen und historischen Typologien.47 Das Jahr 1980 markierte mit der an der Cornell University gezeigten Ausstellung »Urban Design Cornell: 1963-1980« in Form einer Retrospektive eine Art Höhepunkt der Studioarbeit. Seit den frühen 1980er Jahren schwächte sich Rowes Einfluss auf die nationale Architekturszene zunehmend ab. Dem amerikanischen Architekturhistoriker Kenneth Frampton zufolge sind dafür im Wesentlichen zwei Faktoren ausschlaggebend: Zum einen gewannen in dieser Zeit die Architekturschulen an der University of Pennsylvania und der Yale University stark an Einfluss, insbesondere die Positionen von Robert Venturi

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und Charles Moore. Andererseits gelang es Rowe kaum, die Thesen und Methoden seines Urban Design Studios konsequent fortzuentwickeln.48 Während der 1980er Jahre verbrachte er wiederholt längere Forschungs- und Lehraufenthalte in Venedig, Florenz und Rom.49 Im Jahr 1990 schied Rowe dann endgültig aus der Fakultät der Cornell University aus.

Pädagogik und Philosophie Auf einer Konferenz zur amerikanischen Architektenausbildung im Museum of Modern Art 1974 in New York nannte Rowe das Design Studio und die Arbeit am konkreten Entwurf das zentrale Element seiner Lehre.50 Im Auf bau sah das Studio zwei Entwurfsprojekte vor, die von den Studierenden in der Regel alleine bearbeitet wurden. Das Projekt im ersten Jahr hatte vorrangig pädagogischen Charakter. Bearbeitet wurden architektonisch-städtebauliche Situationen, die grundsätzliche und stets ähnliche Probleme aufwarfen, beispielsweise wenig entwickelte Ufergebiete und Schnittstellen kollidierender Straßenraster. Dagegen thematisierten die Abschlussarbeiten im zweiten Jahr überwiegend individuelle Fragestellungen und frei gewählte Orte. Ein konkreter Vorschlag für das spezifische Gebiet entwickelte sich sowohl aus den übergreifenden stadträumlichen Zusammenhängen als auch aus der Untersuchung der lokalen Situation.51 Der Fokus lag dabei fast ausschließlich auf der Betrachtung von städtischen Gebieten, die ähnliche Bedingungen in Bezug auf Dichte und Bebauungsstrukturen aufwiesen und sich damit grundsätzlich von den Konditionen kleinerer Städte und Vororte unterschieden.52 Während die Abschlussarbeiten zwischen 1963 und 1969 diverse Orte in den USA aber auch im südamerikanischen und südostasiatischen Raum – beispielsweise in Thailand und Indonesien – in den Blick nehmen, fokussieren die Masterthesen in den 1970er und 1980er Jahren gleichermaßen auf nordostamerikanische und europäische Städte. Seit Ende der 1960er Jahre rücken verstärkt die Stadt New York und insbesondere Manhattan in den Fokus der Arbeiten. Das Modell des Design Studios bildete nach Rowes Auffassung einen geeigneten Rahmen, um den Herausforderungen komplexer architektonischer Fragestellungen zu begegnen und um empirische Fakten gegen Werturteile abzuwägen.53 Rowe zitiert in diesem Zusammenhang den britischen Psychologen Peter Stringer, der in seinen Untersuchungen zur Architekturausbildung zu dem Schluss gekommen war, dass das Design Studio das »wohl höchst entwickelte Lehrsystem zur Lösung komplexer Aufgaben sei, dass an der Universität existiere«.54 Die Ausgabe des RIBA Journal, in welcher Stringers Beitrag im Januar 1970 erschienen war, widmete sich anlässlich des durch die Vereinten Nationen 1970 ausgerufenen »Internationalen Jahres der Bildung« der Architekturlehre in Großbritannien. Die Frage nach Bildungschancen, aber auch nach den richtigen Lehrmethoden und Ausbildungszielen wurde zu Beginn

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der 1970er Jahre disziplin- und länderübergreifend kontrovers diskutiert und Rowe beobachtete die Entwicklungen sowohl in den USA, als auch in seiner Heimat Großbritannien sehr aufmerksam. In dem Aufsatz »Architecture as Education« zeigt Stringer Potentiale der in den 1960er Jahren in die Krise geratenen Architektenausbildung auf. Das Modell des Design Studios stellt seiner Ansicht nach ein geeignetes Lernumfeld dar, um Studierende unabhängig von ihrer jeweiligen Fachdisziplin auf den Umgang mit »den unvorhersehbaren Herausforderungen einer sich schnell verändernden Welt« vorzubereiten.55 In seinem Beitrag auf der MoMA-Konferenz bringt Rowe seine Auffassung von der Aufgabe des Lehrenden auf eine einfache Formel: »1. to encourage the student to believe in architecture and Modern architecture; 2. to encourage the student to be skeptical about architecture and Modern architecture; and 3. then to cause the student to manipulate, with passion and intelligence, the subjects or objects of his conviction and doubt.« 56

Rowe sieht den Anspruch der funktionalistischen Moderne nach einer weitestgehend rationalisierbaren Entwurfsmethodik in den Lehrplänen der Architektenausbildung fortleben. So erhielten beispielsweise technologische, soziologische, psychologische und wirtschaftliche Aspekte und Methoden vermehrt an Einfluss in der Entwurfslehre. Diese zunehmend faktenbasierte Herangehensweise im Sinne naturwissenschaftlicher Methodik, die primär auf das Sammeln und Auswerten von Daten hinauslaufe und jede Entwurfsentscheidung vorwegnehme, lehnt Rowe ab und plädiert dagegen für eine Rückbesinnung auf das Wesen der Architektur selbst und der ihr innewohnenden Qualitäten. Ähnlich der Theologie, Politologie oder Philosophie habe die Architektur mit grundsätzlich ›unsicheren‹ Vorrausetzungen zu arbeiten. Die Formulierung architektonischer Konzepte und jedes architektonische Werk basiere demnach stets auf Annahmen, die vor allem Wertefragen betreffen.57 Die Herausbildung von Entwurfslösungen und theoretischen Modellen in der Studioarbeit wird als wiederholter Prozess von »Vermutungen und Wiederlegungen« beschrieben, in dem formale Lösungen als Hypothesen aufgestellt und in Bezug auf formale und symbolische sowie sozioökonomische und politische Aspekte hin überprüft, verändert und verfeinert wurden.58 Diese Herangehensweise sei Stuart Cohen zufolge eng mit dem Erkenntnismodell des österreichisch-britischen Philosophen Karl Popper (1902-1994) verbunden, auf dessen 1963 in englischer Sprache veröffentlichte Aufsatzsammlung Conjectures and Refutations [Vermutungen und Wiederholungen] hier explizit Bezug genommen wird.59 Popper wehrte sich demnach vehement gegen die Vorstellung einer Induktionslogik – dem Schließen aus Einzelfällen und Beobachtungen auf allgemeine Gesetzmäßigkeiten.60 Ihm zufolge ließen sich Erkenntnisse nicht durch Verallgemeinerung von Erfahrungen erzielen. Erkenntnisfort-

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schritt sei vielmehr das Ergebnis von Versuch und Irrtum, von Hypothesenbildung und -widerlegung. Erst mit dem Versuch der Falsifikation könnten die eigenen Thesen einer kritischen Überprüfung unterzogen werden. Seine Theorien übten bereits seit den 1960er Jahren starken Einfluss auf Rowe aus und Poppers Schriften waren in Rowes Studio stets präsent.61 Im Zusammenhang mit seiner Architekturlehre zitiert Rowe auch den britischen Philosophen und Mathematiker Alfred North Whitehead (1861-1947), der 1912 über die »Ziele der Ausbildung« sprach und die Entfaltung eines geistigen »Stilempfindens« als Ergebnis einer erfolgreichen Erziehung erklärte. Darunter verstand Whitehead einen ästhetischen Wert, der sich in der Bewunderung für das direkte Erreichen eines Zieles ohne »Überflüssigkeiten« äußert: »The administrator with a sense for style hates waste; the engineer with a sense for style economises his material; the artisan with a sense for style prefers good work. Style is the ultimate morality of mind.«62 Die Vermittlung einer derartigen Form geistigen »Stilempfindens« kann auch als zentrales Anliegen des Cornell Urban Design Studios aufgefasst werden, über dessen Charakter sich Rowe wie folgt äußerte: »If not conservative, its general tone was radical middle of the road. It believed in dialectic, in a dialectic between the present and the past, between the empirical and the ideal, between the contingent and the abstract. […] It was never concerned with the dispossessed and the poor, nor with the affluent and the rich, but it presumed that all would benefit from a good gestalt.« 63

Die Suche nach einem Mittelweg, der über die Form auf die Stadt als wahrnehmbare Einheit abzielt, resultierte aus der Ablehnung der europäischen Idealstadtmodelle der 1920er und 1930er Jahre ebenso wie der amerikanischen Architektur in der Tradition der Pariser Ècole des Beaux-Arts. Die Kritik richtete sich aber auch gegen die zum damaligen Zeitpunkt westlich-international vorherrschenden architektonischen Bewegungen. Diese beschränkten sich Rowe zufolge entweder auf die Nachahmung historischer Stadträume und visueller Sequenzen, wie sie von der Townscape-Bewegung vorgeschlagen wurde, oder verwiesen mittels abstrakter Diagramme und Zeichnungen auf städtische Megastrukturen und alternative Zukunftsvisionen.64 Inhaltlich prägte das Urban Design Studio anfangs vor allem die Suche nach Entwurfsmethoden und -techniken, die eine formale Anpassung moderner Gebäudetypen an traditionelle städtebauliche Kontexte erlaubte.65 Ziel war es, die Architektur der klassischen Moderne von den mit ihr verbundenen stadtplanerischen Ansätzen losgelöst zu betrachten und die einander sich gegenüberstehenden Modelle der »Stadt der Moderne« und der »traditionellen Stadt«, dem Zustand europäischer Städte im 19. Jahrhundert, miteinander zu versöhnen. Einen elementaren Bestandteil der Lehre bildete daher die Analyse

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historischer Architekturbeispiele. Rowe lehrte regelmäßig Seminare mit einem Fokus auf die Architektur des 16. Jahrhunderts sowie auf perspektivische und architektonische Darstellungen in der Malerei.66 Anfangs galt der Fokus des Studios primär dem Gebäudetyp des Zeilenbaus, der durch lokale Deformationen an die umgebende Bebauung angepasst werden sollte.67 Qualitäten der modernen Architektur sollten auf diese Weise in traditionell urban geprägte Strukturen, im Sinne geschlossener Blocks und klarer Stadtränder, übertragen werden. In Zusammenhang mit der Betrachtung des Figur-Grund-Phänomens entwickelte sich später, verbunden mit einer Loslösung vom Typus des Zeilenbaus, ein verstärktes Interesse an der Erforschung von »Kompositgebäuden« – solchen mehrdeutigen architektonisch-städtebaulichen Formen, die eine Kontinuität mit der urbanen Struktur erlauben und gleichzeitig figurale Qualitäten besitzen, die sowohl Figurals auch Grundeigenschaften aufweisen.68 Figur kann sich dabei ebenso auf Raum wie auf Baumasse beziehen. Prägnante Baukörperkonfigurationen agieren dabei als stadträumliche Gelenke und lösen Strukturbrüche auf kleinmaßstäblicher Ebene auf. Als Vorbild wird in diesem Zusammenhang wiederholt Asplunds Wettbewerbsbeitrag für die Königliche Kanzlei Stockholm von 1922 genannt, der auch deshalb interessant ist, weil er ungefähr zur gleichen Zeit entstand wie Le Corbusiers Entwurf für die »Ville Contemporaine«.69 Die stärkere Konzentration auf Qualitäten öffentlicher Plätze und Orte zeigt sich in Projekten ab Mitte der 1970er Jahre auch im Einbezug natürlicher und topografischer Räume und Strukturen sowie in der Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Stadt und Park. In der Darstellung von Entwürfen führt die Verlagerung von großmaßstäblichen Feldbetrachtungen hin zu konkreten Orten und stärker raumbezogenen Lösungen zu einer Abkehr von Axonometrien und zur Verwendung von Ansichts- und Perspektivzeichnungen.70 Erheblichen Einfluss auf die aus dem Urban Design Studio hervorgegangen Arbeiten übten die Figur-Grund-Zeichnungen aus, die als abstraktes grafisches Mittel zur Darstellung urbaner Formen in der Analyse und im Entwurf eingesetzt wurden. Die Methode ging aus vergleichenden Untersuchungen von europäischen Stadtgrundrissen hervor, die von Wayne Copper 1966 im Rahmen seiner Abschlussarbeit durchgeführt wurden. Sie ermöglichten, die Funktionsweise der von Rowe aufgezeigten prototypischen, historischen Beispiele aus ihrem übergreifenden städtebaulichen Kontext heraus nachzuvollziehen. Wesentlich inspiriert durch Giambattista Nollis Plan für Rom von 1748 basieren die Zeichnungen auf Stadtplänen aus Baedeker-Ausgaben und Michelin-Büchern und stellen Bezüge zur Gestalttheorie von Rudolf Arnheim sowie zum analytischen Kubismus her.71 Die abstrahierende Darstellung stellt den Versuch dar, die raumbildenden Qualitäten städtebaulicher Strukturen hervorzuheben. Die Lesbarkeit städtischer Räume wird dabei nicht als autonome Qualität des Urbanen erkannt, vielmehr erscheint für Rowe und seine

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Studenten über das Verständnis der Stadt als Form auch eine Interpretation ihrer soziokulturellen Verhältnisse möglich.72 Die auf zweidimensionale Schwarz-Weiß-Darstellung reduzierten Pläne von Stadt- und Siedlungsgrundrissen stellen Beispiele europäischer, überwiegend italienischer Städte im 19. Jahrhundert und Siedlungsprojekte aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gegenüber und machen jene dualistische Lesart von Gebäuden und Freiflächen möglich, die von Rowe und Koetter in ihrem Collage City-Aufsatz zur Kontrastierung der Form der traditionellen und der modernen Stadt angeführt wird. Die Überlegungen zur gegenseitigen Abhängigkeit und Umkehrbarkeit von Figur und Grund führen dabei zur These der konzeptionellen Austauschbarkeit von Baukörpern und Raumkörpern.

Kontext und Kontextualismus Die theoretischen Grundlagen sowie die Entstehung und Erprobung spezifischer Analysetechniken und Entwurfsstrategien im Rahmen des Urban Design Studios lässt sich insbesondere anhand von Veröffentlichungen nachvollziehen, die von Rowes ehemaligen Studenten seit den späten 1970er Jahren publiziert wurden. Die zweite Ausgabe des Cornell Journal of Architecture von 1982 stellt diesbezüglich eine wichtige Quelle dar und dokumentiert unter anderem studentische Projekte, die zwischen 1963 und 1982 im Rahmen des Urban Design Studios entstanden waren.73 Eine umfassende Diskussion dieser Arbeiten enthält der einleitende Aufsatz »Conjectures on Urban Form« aus der Perspektive des ehemaligen Studenten Steven Hurtt. Die gesamte Ausgabe trug den Titel »Urban Design at Cornell« und verstand sich als nachträglicher Katalog zu einer Ausstellung über das Urban Design Studio 1980 in Ithaca. In der Einleitung dazu heißt es: »The compelling reason for publishing these projects now is to demonstrate their corollary relationship to that book [Collage City]. Ideas first hatched and developed through studio design projects inspired many of the concepts in ›Collage City‹; subsequently, the book fed many ideas to the studio.« 74

Die frühen Studienprojekte haben wesentlichen Anteil an der Entstehung der in Collage City formulierten Ansätze. Das Buch stellt jedoch selbst keinen Bezug zum Urban Design Studio her und enthält keine Abbildungen von studentischen Arbeiten. Insofern ist die Aufarbeitung, die im Rahmen dieser Ausgabe des Cornell Journal of Architecture begonnen hat, nicht nur eine verspätete Würdigung der Arbeit und Lehrtätigkeit Rowes innerhalb der Cornell University, sondern erlaubt auch einen breiteren Zugang zum Verständnis von Collage City. Des Weiteren sind die verschiedenen Beiträge, die von Rowes ehemaligen Schülern in den Jahren nach der ersten Veröffentlichung des Collage

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City-Aufsatzes entstanden waren ein Versuch, der teils harschen Kritik an den als rein formale Gedankenspiele und abstrakte Theorie aufgefassten Thesen zu entgegnen, indem einerseits die Anwendbarkeit in der Praxis, andererseits die politische und soziale Dimension der Ansätze herausgestellt werden.75 Gleichzeitig zeigen die Veröffentlichungen den starken Einfluss, den die im Rahmen des Studios diskutierten Positionen auf das Denken und die eigene weitere Arbeit von Rowes Studenten ausgeübt haben. Grundsätzlich lassen sich mit den Begriffen »Contextualism«, »Kollision« und »Collage«, wie sie in Veröffentlichungen aus dem Umfeld des UDS verwendet werden, komplementäre architektonisch-urbanistische Strategien unterscheiden, die sich im Laufe der 1960er Jahre im Zusammenhang und in Wechselwirkung mit verschiedenen Studienprojekten entwickelt und gefestigt haben.76 Übergreifend wird damit ein Ansatz charakterisiert, der eine Bezugnahme architektonischer und städtebaulicher Gestaltung aus ihren physischen, historischen und kulturellen Bedingungen eines Ortes heraus entwickelt. Trotz der unscharfen Verwendung und teils gewandelten Bedeutung der Begriffe lassen sich hinsichtlich ihrer Entstehung im Zusammenhang mit konkreten Problemstellungen grundsätzlich verschiedene Annäherungen an Entwurfslösungen unterscheiden. Contextualism verstanden als konkrete Entwurfsstrategie fokussierte Steven Hurtt zufolge anfangs auf die formale Anpassung klassisch moderner Gebäudetypen an einen vorhandenen städtebaulichen Kontext.77 Dies betrifft auf architektonischer Maßstabsebene beispielsweise die Ausrichtung von Eingängen und die Orientierung von Fassadenfronten. Transformationsprinzipien werden dabei über die Analyse historischer Vorbilder aus der Renaissance, aus dem Barock und dem Klassizismus entwickelt.78 Zwar wird der Begriff Contextualism in Collage City nicht explizit verwendet.79 Zu Recht weist William Ellis jedoch darauf hin, dass der Gedanke in der von Rowe und Koetter dargelegten Dialektik von Kontext und Idealtypus bereits enthalten ist.80 Der Begriff Contextualism fällt zuerst im Zusammenhang mit einem Studienprojekt aus dem Jahr 1966, dessen Verfasser Thomas Schumacher den Begriff einige Jahre später als Titel eines Aufsatzes verwendet.81 Die Arbeit untersuchte am Beispiel einer Neubebauung am Rande der Stadt South Amboy in New Jersey Möglichkeiten, mittels klassisch moderner Gebäudetypen eine dichte urbane Struktur zu reproduzieren, die den alten, von geschlossenen Blockrandbebauungen geprägten Städten vergleichbar ist (Abb. 25). Die Auswertung der Entwurfsansätze führte dabei zu der Erkenntnis, dass ohne die unmittelbare Bezugnahme auf einen bestehenden physischen Kontext kaum Lösungen zu erzielen seien, die von den starren Mustern der städtebaulichen Entwürfe aus den 1920er und 1930er Jahre abwichen.82 In der Folge wurde dem bestehenden physischen Kontext als Ausgangspunkt für städtebauliche Entwurfslösungen größere Aufmerksamkeit beigemessen. Die zeitgleich entstan-

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Abbildung 25: Tom Schumacher, South Amboy, Entwurf, 1966. Cornell University, Kroch Library Rare and Manuscripts. Aus: Rowe 1996c, 15.

denen Figur-Grund-Darstellungen historischer Stadtgrundrisse unterstützten diesen Erkenntnisprozess, indem sie Eigenschaften charakteristischer Stadttypologien lesbar machten. Aus der Gegenüberstellung der unterschiedlichen historischen Stadtgrundrisse gingen auch Überlegungen zu einem Zusammenhang zwischen der kompositionellen Wahrnehmung von Stadträumen und deren soziokultureller Relevanz hervor.83 Auf die mit der physischen Form von urbanen Räumen unmittelbar verbundenen politischen, ökonomischen und sozialen Wertvorstellungen wird wiederholt im Zusammenhang mit dem Begriff »Kollision« verwiesen.84 Der gezielten Gestaltung von öffentlichen Gebäuden und Plätzen wird jedoch erst in späteren Studioprojekten konkret Aufmerksamkeit entgegengebracht. Der Begriff Kollision entstand vielmehr im Zusammenhang mit der Betrachtung geometrisch komplexer städtebaulicher Situationen, in denen verschiedenartig gerichtete »Felder« aufeinandertreffen oder fragmentarische Konturen aufweisen.85 Als Felder werden dabei solche städtebau-

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lichen Strukturen bezeichnet, die nach innen als Gruppen gleichgerichteter Einheiten erkennbar sind – Gebäude und Stadtblöcke – und nach außen klar begrenzt werden – durch Flüsse, Parks oder große Straßen.86 Durch die Ergänzung oder Vervollständigung von Feldern insbesondere dort, wo Variationen, Brüche und geometrische Konflikte auftraten, konnte eine Neuordnung der übergeordneten, räumlichen und visuellen Bezüge erreicht werden. Dagegen bekräftigten Rowe zufolge die Figur-Grund-Studien historischer Stadtgrundrisse zunehmend eine Leidenschaft für das Ungeordnete und Unregelmäßige, das den Strukturen mittelalterlicher europäischer Residenzstädte eigen war.87 Während die Entwurfsansätze früher Studioprojekte überwiegend auf die Beseitigung von Kollisionen auf städtebaulicher Ebene zielten, bleibt in späteren Entwürfen die Unvollständigkeit im großen Maßstab erhalten. Dort, wo geometrisch verschieden gerichtete Felder aufeinandertreffen, fungieren einzelne Gebäudekomplexe oder große Plätze, die als figurale Formen im Stadtgrundriss ablesbar bleiben, als verbindende Gelenke.88 Die veränderte Haltung wird auch mit einer grundsätzlichen Skepsis gegenüber großmaßstäblichen Lösungen begründet: »The earliest studio projects […] suddenly seemed too simply geometric, too stiff, too resolved, too monistic, too… total design. By contrast, there were examples among Coppers’s [figure-ground] drawings that were apparent collisions, but nevertheless resolved compositions. This was especially true of the many medieval piazzas, which possess a complex formal order, a beauty different from that of a classical composition, a beauty less stable, less perfect, more dynamic, more irresolute, more picturesque.« 89

Die mit dem Begriff der Collage verbundenen Überlegungen zum Gebrauch typologischer Prototypen fokussieren dagegen auch auf die Bedeutung architektonischer und städtebaulicher Formen als Ausdruck einer konkreten kulturellen Verfasstheit der Stadt. 90 In den Studioentwürfen trat die Collage gegen Ende der 1960er Jahre in Form von Übernahmen und Transformationen historischer Architekturen und städtebaulicher Ensembles aus unterschiedlichen Zeiträumen auf. Zunächst dienten die historischen Vorbilder nur als analytisches Werkzeug, um die Wirkung geometrisch komplexer architektonischstädtebaulicher Situationen im konkreten Entwurfskontext untersuchen zu können. In späteren Entwürfen erfahren die historischen Beispiele formale Anpassungen an den neuen Kontext, bleiben aber als historische Verweise ablesbar. Ein Ausstellungsbeitrag mit dem Titel »Roma Interrotta« (1978), der eine fiktive städtebauliche Entwicklung der Stadt Rom darstellt, zeigt die Methode der Collage stadträumlicher Fragmente vielleicht in seiner konsequentesten Umsetzung.91 Der Vorgang wird in späteren Veröffentlichungen aus dem Umfeld des Urban Design Studios auch als »Deformation idealer Typen« beschrieben.92 Eine Terminologie, die nach Cohen auf Robert Stern und dessen

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Charakterisierung des Guild House (Robert Venturi, 1961) als »subtile Beziehung zwischen Kontext und Ideal« zurückgeht.93 Anregungen zu einem formalen Einbezug konkreter historischer Elemente boten unter anderem die experimentellen Zeichnungen des Ungers-Schülers Rainer Jagals, denen Rowe erstmals 1967 in Berlin begegnete und die fortan auch unter seinen Schülern in Cornell Beachtung fanden.94 Vergleichbare Zeichnungen finden sich zum Teil in Arbeiten aus dem Cornell Urban Design Studio wieder.95 Ein zunehmendes Interesse am Rückbezug auf historische Architekturen zeigt sich aber auch in der Aufmerksamkeit gegenüber anderen Einflüssen, wie beispielsweise der 1975 im New Yorker Museum of Modern Art gezeigten Ausstellung über die Architekturlehre an der Pariser École des Beaux-Arts im 19. Jahrhundert.96 Die von Arthur Drexler einleitend formulierte Position zur zeitgenössischen Relevanz historischer Typologien könnte stellvertretend auch für das Urban Design Studio gegen Mitte der 1970er Jahre gelten: »The modern movement has prided itself on its ›urbanism‹, but to be anti-historical is to be anti-urban. […] Some of Beaux-Arts problems, among them the question of how to use the past, may perhaps be seen now as possibilities that are liberating rather than constraining. A more detached view of architecture as it was understood in the nineteenth century might also provoke a more rigorous critique of philosophical assumptions underlying the architecture of our own time.« 97

Während die Begriffe Kollision und Collage eng mit der Publikation Collage City verbunden bleiben, erfährt der Kontextualismusbegriff durch die spätere Verwendung von Absolventen der Cornellschule auch weitergehende Bedeutungen.98 Thomas Schumacher, der Verfasser des South Amboy Projektes, veröffentlichte 1971 in der Zeitschrift Casabella einen Aufsatz mit dem Titel »Contextualism«.99 Herausforderungen durch Überbevölkerung und neue Transportmittel sowie der Verwahrlosung von Stadtquartieren könne demnach weder mit einer Rückkehr zur Form der vorindustriellen Stadt begegnet werden, noch mit den Mitteln einer allein auf Nutzungseffizienz und Wirtschaftlichkeit gerichteten Architektur, die keine Beziehung zum Menschen und zu gewachsenen Nachbarschaftsstrukturen herzustellen vermag. Dagegen eröffne die Strategie eines Contextualism einen Mittelweg, der erlaubt, neue Elemente in die alten Stadtstrukturen zu integrieren und der rücksichtslosen Zerstörung bestehender Strukturen entgegenzuwirken. Schumacher bekräftigt, dass ein allein auf funktionale Bedürfnisse gerichteter Städtebau der Komplexität moderner Lebenserfahrung nicht gewachsen sei und auch die Form der Stadt wesentlichen Einfluss auf das Wohlempfinden ihrer Bewohner ausübe: »It can be argued that those problems cannot be solved by architecture […] as a medium of direct communication but more likely by a social and economic process of which

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Stadt und Sicherheit architecture is only a part. One is not arguing against social relevance. One ›is‹ arguing that after a certain point in the planning process other criteria allow us to make judgments about the final form of our cities. And although it is just as easy to leave out this phase […], it is the application of such criteria […] which give many cities their particular ambiences.«100

Stuart Cohen äußerte sich wenige Jahre später in einem Beitrag für die Zeitschrift Oppositions ebenfalls zum Begriff Contextualism.101 Er grenzt darin den Begriff des »physischen Kontextes«, auf den sich die Entwürfe aus dem Umfeld des UDS beziehen, vom Begriff des »kulturellen Kontextes« ab, der in der Arbeit des Archtiekten Robert Venturi einen zentralen Bezugspunkt darstelle. Während sich Aspekte des »physischen Kontextes« vorwiegend auf Proportionen, Gebäudehöhen und die Ausbildung von Stadträumen beziehen, umfasst der »kulturelle Kontext« konkrete Merkmale des Erscheinungsbildes der vorherrschenden städtischen Bebauung, beispielsweise die Komposition von Fassaden, die Lage und Proportionen von Fenstern und Eingängen sowie verwendete Materialien. Auf die vielschichtigen Bedingungen urbaner Räume, die auch das Vorhandensein konkreter sozialer Nachbarschaftsstrukturen umfasse, könne in der praktischen Entwurfsarbeit nur durch die Berücksichtigung physischer und kultureller Kontextbezüge angemessen reagiert werden.102 Eine weitere Ausdehnung erfährt der Begriff in einem späteren Aufsatz des gleichen Autors. Contextualism sei demnach als Bündel an Strategien zur Gestaltung städtischer Architektur zu verstehen.103 Verbunden sei damit eine Lesbarkeit der Stadt, die sich in der Hierarchie ihrer Teile zeigt, in Bezug auf die Größe von Gebäuden ebenso wie in den verwendeten Konstruktionsweisen und Materialien. Die physische Erscheinung der Umgebung, aber auch eine Bezugnahme auf lokale Bautraditionen, Klima und regionale Landschaften werden hier als Kontext begriffen. Cohen plädiert hier für einen theoretisch fundierten und methodisch orientierten Entwurfsansatz in Architektur und Städtebau, der Argumente Robert Venturis ebenso mitteinbezieht wie Aspekte des »Kritischen Regionalismus«, wie er Anfang der 1980er Jahre von Kenneth Frampton formuliert wurde.104 Mit der seit den 1970er Jahren verbreiteten europäischen Variante eines Kontextualismus bzw. eines kontextuellen Bauens, der über die Architekten Oswald Mathias Ungers, James Sterling und Bernhard Hoesli auch Bezüge zur Cornellschule aufweist, bestehen ebenso Gemeinsamkeiten wie mit dem stadtmorphologischen Interesse der venezianischen Schule um Rossi und der belgisch-luxemburgischen Gruppe um Léon Krier.105 Der Kontext- bzw. Kontextualismusbegriff in seinem vielschichtigen Gebrauch im zeitgenössischen Architekturdiskurs ist wesentlich durch Einflüsse der Cornellschule aus den 1970er und 1980er Jahren geprägt, gleichwohl geht er über die ursprüngliche Bedeutung von Contextualism im Gebrauch durch das UDS deutlich hinaus.106

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3. C OLL AGE C IT Y, 1978 Struktur und Inhalt Die englischsprachige Originalausgabe von Collage City erschien in den USA zuerst 1978 in der MIT-Press. Der Bucheinband zeigt eine Abbildung des Figur/Grund-Plans der Stadt Wiesbaden auf dunkelgrünen Hintergrund (Abb. 26). Die Farbe Grün sowie die Zentrierung des Bildmotivs wurden nach Aussage Fred Koetters bewusst in Anlehnung an Le Corbusiers Werk Vers une architecure (1923) gewählt.107 Das Manuskript war von Colin Rowe gemeinsam mit Fred Koetter zwischen August und Dezember 1973 an der Cornell Universität fertiggestellt worden.108 Eine gekürzte Fassung des Textes erschien bereits 1975 unter dem Titel Collage City in der Augustnummer der britischen Zeitschrift Architectural Review.109 Der Aufsatz sollte einen Beitrag zur kritischen Diskussion der Moderne darstellen.110 Die Buchfassung folgt im Auf bau sowie in den Überschiften der Kapitel unverändert der Gliederung des Artikels in der Architectural Review. Auch ein großer Teil der Abbildungen, überwiegend Fotografien und perspektivische Zeichnungen, wurden bereits zusammen mit dem Aufsatz abgedruckt. Hinzugefügt wurde dem Buch ein abschließender »Exkurs«, der katalogartig Bilder und Pläne historischer Architekturbeispiele illustriert, die als potentielle Elemente für die Collage der Stadt zu verwenden seien. Einige Gedanken aus Collage City wurden in späteren Veröffentlichungen teils weiterentwickelt oder umgeformt.111 Eine erweiterte Neufassung des Kapitels »Die Krise des Objektes. Der unerfreuliche Zustand der Textur« ist 1980 im Perspecta 16 erschienen und kann als eigenes Werkstück betrachtet werden.112 Änderungen aus dieser Fassung sind in Neuauflagen des Buches Collage City nicht eingegangen. Rowe und Koetters Thesen fanden seit Beginn der 1980er Jahre auch in Europa verbreitet Beachtung. Neben der deutschen Ausgabe von 1984 erschien das Buch bereits 1981 in spanischer und italienischer Fassung und 1992 bzw. 1993 erstmalig in französischer sowie in japanischer Übersetzung. Das anhaltende Interesse an Collage City insbesondere im deutschen Sprachraum wird durch regelmäßige Nachdrucke und Neuauflagen belegt. Im Birkhäuser Verlag erschien 1997 die 5. erweiterte Auflage in deutscher Sprache mit einem Nachwort von Colin Rowe. Der letzte Nachdruck dieser Ausgabe erschien im Jahr 2009. Der sechste und letzte Nachdruck der englischen Originalausgabe erschien 1992 in der MIT Press. Die erste deutsche Übersetzung auf Grundlage der amerikanischen Originalausgabe erschien auf Initiative von Bernhard Hoesli 1984 in der Schriftenreihe des Instituts für Geschichte und Theorie der Architektur an der ETH Zürich. Hoesli hatte bereits seit 1976 Rowe und Koetters Thesen in Lehrveranstaltungen und Vorträge miteinbezogen und machte Collage City zur we-

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Abbildung 26: Collage City, Cover der amerikanischen Erstausgabe. MIT Press.

sentlichen Grundlage seines Unterrichts.113 In Bezug auf Layout und Illustrationen stellt die deutsche Ausgabe eine vollständig überarbeitete Fassung des Buches dar und enthält neben ergänzenden und erklärenden Anmerkungen auch zusätzliche und vervollständigende Abbildungen, Grundrisse oder veränderte Ausschnitte. In der typografischen Gestaltung enthält der Text an vielen Stellen Hervorhebungen. Der Überarbeitung des Layouts liegt vor allem eine verbesserte Lesbarkeit der Beziehungen zwischen Text, Illustrationen und Verweisen zugrunde, sodass Zeichnungen, Pläne und andere Abbildungen im Zusammenhang mit den entsprechenden Textstellen erfasst werden können und Sprache und Bilder sich gegenseitig ergänzen. Rowe nimmt später explizit darauf Bezug und lobt Hoesli ausdrücklich für den erzielten Gewinn an didaktischer und argumentativer Klarheit.114 Die Überarbeitung des Layouts sowie die Ergänzung von Abbildungen und die typografischen Hervorhebungen unterstützen die Lesbarkeit des Textes,

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bleiben aber gleichzeitig eng mit der Interpretation durch Hoesli verbunden. Beispielsweise verkürzen die in der deutschen Ausgabe den Kapiteln jeweils eindeutig zugeordneten Titelbilder die inhaltlichen Zusammenhänge teils auf einzelne Aussagen. So verstellt die von Hoesli angefertigte Montage aus Townscape-Zeichnung und Archigrams Interchange-Projekt den Blick auf die Vielschichtigkeit der im nachfolgenden Kapitel dargestellten Problematik der architektonischen- und stadtplanerischen Ansätze der 1950er und 1960er Jahre (Abb. 27). Dagegen entfällt in der deutschen Ausgabe die auf einer Seite mit dem Inhaltsverzeichnis abgebildete Modellfotografie Roms im 17. Jahrhundert, die Rowe zur Veranschaulichung seiner Bricolagestrategie heranzieht, also als Vorbild für ein gelingendes Nebeneinander von geordneter Planung und künstlerischer Zufälligkeit. Absichtlich oder unabsichtlich wird damit dem Eindruck entgegengewirkt, Collage City ziele allein auf die eklektizistische Zusammenstellung historischer Fragmente oder plädiere gar einseitig für eine Rückbesinnung auf die traditionelle Stadt. Im Gegensatz zur Originalausgabe wirkt die deutsche Fassung auch aufgrund des kompakteren Buchformats und durch den Verzicht auf ganzseitige Abbildungen insgesamt neutraler. Es folgt damit seinem Anspruch, ein breiteres Publikum an politisch und ideengeschichtlich Interessierten auch außerhalb der Architektenschaft anzusprechen.115 Dennoch muss Hoeslis Übersetzung stellenweise auch als persönliche Interpretation des Originaltextes erkannt werden. Sprachlich präziser verwendet Hoesli für die Übersetzung der englischen Begriffe »solid« und »void« uneinheitlich die Begriffspaare »Baukörper« und Raumkörper«, »Masse/Hohlraum« oder »Voll/Leer« und für den einleitend von Rowe und Koetter verwendeten eher neutralen Begriff »problem« das deutsche Wort »Bauaufgabe«. Die stärker an die Praxis von Architektur und Städtebau angelehnte Terminologie lässt sich möglicherweise mit Hoeslis Absicht erklären, Rowe und Koetters Thesen seinen Studenten an der ETH Zürich zum Gebrauch in der Entwurfslehre nahezubringen.116 Ähnlich vielen anderen Aufsätzen Rowes ist der Collage City-Text geprägt von einer plastischen Argumentationsweise und enthält reflektierte Betrachtungen über Architektur, Stadt und Gesellschaft. Rowes Vorliebe für klare, teils überraschende Gegenüberstellungen prägen die einzelnen Argumentationsstränge durch den gesamten Text hindurch. Über den Charakter der Sprache schreibt Hoesli: »Das Medium von Colin ist das Gespräch, das den Partner oder Zuhörer, ohne ihn zu binden oder belehrend zu wirken, ununterbrochen fesselt, einbezieht, herausfordert, beansprucht«.117 Die Darstellungen sind geprägt von Wiederholungen und teils ausschweifenden Ausführungen. Die Sätze sind oft verschachtelt und häufig absatzlang. Dabei folgt der Gedankengang einer durchgängigen und fortschreitenden Argumentation, die sich auch über die Abfolge der Kapitel entwickelt. Der Auf bau des Buches folgt der Struktur des ursprünglichen, kürzeren Aufsatzes. Die Kapitelabfolge und -überschrif-

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Abbildung 27: »Townscape + Sciene-fiction «. Montage: Bernhard Hoesli, 1984. Aus: Rowe/Koetter 2009, 45.

ten bleiben erhalten. Zwar werden die einzelnen Kapitel durch neue Gedanken, Argumente oder Vergleiche zum Teil erheblich ergänzt. Der Charakter einer assoziativen Argumentationskette bleibt aber in der Buchfassung deutlich nachvollziehbar. Im Anschluss an die Einleitung gliedert sich das Buch in fünf Kapitel ergänzt um einen »Exkurs«, der katalogartig architektonische und städtische Fragmente als potentielle »objets trouvés« in der collagierten Stadt aufzählt. Das einleitende Kapitel »Utopia. Niedergang und Untergang?« umreißt die Geschichte städtebaulicher Utopien von ihren historischen Anfängen über die Idealstadtentwürfe des Absolutismus bis ins frühe 20. Jahrhundert und veranschaulicht die wiederkehrenden Widersprüche zwischen Utopie und Realität. Die Kritik richtet sich explizit gegen die sozialen Utopien der 1920er Jahre, die sich in den Science-Fiction-Romanen des englischen Schriftstellers H.G.

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Wells (1866-1946) ebenso äußern wie in Le Corbusiers Idealstadtmodellen oder Ludwig Hilberseimers und Walter Gropius Entwürfen für Berlin (1927) bzw. Dammerstock-Karlsruhe (1928). Die rückblickende Betrachtung setzt sich im zweiten Kapitel »Nach dem Millienium« fort. Es folgt hier eine kritische Diskussion der wesentlichen Entwicklungen in der Architektur seit den 1940er Jahren, die zugleich den Ausgangspunkt für die weitere Argumentation bildet. Vergleichend gegenübergestellt werden die Positionen der britischen Townscape-Bewegung und Vertreter der »Science-Fiction«, die Konzepte von Archigram und Team X sowie die Arbeiten der Gruppe Superstudio und das Modell der Walt Disney Parks. Fortschritt und Tradition werden dabei als gleichermaßen notwendige Kräfte im Formungsprozess der Stadt erkannt. Im darauffolgenden Kapitel »Die Krise des Objektes. Der unerfreuliche Zustand der Textur« rücken Form und Struktur der realen zeitgenössischen Stadt sowie die Form und Aneignung ihrer öffentlichen Orte in den Fokus der Betrachtung.118 Ausgehend von der Gegenüberstellung zweier konträrer städtischer Modellvorstellungen und ihren typischen Erscheinungsformen, der »Stadt der Modernen Architektur« nach dem Vorbild von Le Corbusiers »Ville Radieuse« und der »traditionellen Stadt« zusammenhängender Baustrukturen, plädieren die Autoren für eine dualistische Lesart von Baukörpern [solid] und Raumkörpern [void], die dem Figur-Grund-Phänomen entspricht.119 Um die Vorteile beider Modelle miteinander zu verbinden, wird die Wiedergewinnung städtischer »pochés« vorgeschlagen – solcher Grundrissformen, die im Plan zugleich als Figur und Grund wirken können. Im vierten Kapitel »Collision City und die Strategie der Bricolage« widmen sich die Autoren stärker dem Problem der Entstehung von Architektur und Stadt sowie der Person des Entwerfers. Aus der Erkenntnis heraus, das weder »Totale Architektur« und »Totaler Entwurf« noch politisch oder sozial geleiteter Populismus zur Erhaltung der Stadt als lebenswerter und demokratischer Ort beitragen, plädieren Rowe und Koetter in Anlehnung an Überlegungen des französischen Ethnologen Claude Lévi-Strauss (1908-2009) für ein Selbstverständnis des Entwerfers als Künstler, in dem die gegensätzlichen Denkweisen des Bricoleurs (Bastlers) und des Ingenieur-Wissenschaftlers sich ergänzen und zusammenwirken. Die Collage wird dabei als Vorbild sowohl für die Planung als auch für die Gestaltung der Stadt propagiert. Als Beispiele verweisen die Autoren auf das Erscheinungsbild des antiken Roms sowie auf dessen zeitgenössische Entsprechungen im Stadtbild von London, Los Angeles und New York. Im letzten Kapitel »Collage City und die Wiedereroberung der Zeit« verdichten sich die einzelnen Argumentationsstränge zu einer Art Synthese. Die Autoren formulieren abschließend eine Strategie für die Zukunft der Stadt. Ungeachtet ihrer negativen politischen Konnotationen werden Utopie und Tra-

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dition grundsätzlich als formende Kräfte der Stadt erkannt. Denn die widersprüchlichen Bestrebungen nach Veränderung und Bewahrung gilt es zu vereinbaren und auf diese Weise Vielfalt und Toleranz als Merkmale städtischer Räume hervorzubringen. Analog zu Poppers Überlegungen zum Begriff der Tradition und seiner »rationaler Theorie der Tradition«120 treten Rowe und Koetter für eine Differenzierung des Utopiebegriffs ein und unterscheiden folglich die »politische Utopie« von der »Utopie als Bildvorstelllung«. Das aus der modernen Kunst entlehnte Verfahren der Collage, die flache Schichtung bzw. das Überkleben von Fragmenten unterschiedlicher Herkunft, wird schließlich als Vorbild für eine architektonische Entwurfsmethode herangezogen, die es erlaube, utopische und traditionelle Elemente losgelöst von ihren ideologischen Hintergründen zu verwenden und neu zusammenzusetzen. Der als »Exkurs« bezeichnete Anhang dokumentiert katalogartig bauliche Vorbilder, die zur Verwendung in der Collagestadt vorgeschlagen werden. Die etwa siebzig Beispiele stammen aus unterschiedlichen historischen Epochen und verschiedenen Kulturräumen und sind in sieben Kategorien sortiert: »Denkwürdige Straßen«, »Stabilisatoren«, »Potentiell nichtendende Versatzstücke«, »Prächtige öffentliche Terrassen, »Mehrdeutige und zusammengesetzte Bauten«, »Nostalgie erzeugende Dokumente« und »Gärten«. Der Exkurs schließt mit einer Kommentierung von Malereien des Italieners Gio-

Abbildung 28: Giovanni Antonio Canal, Spekulative Stadtansicht von Venedig. Electa Mondadori, Mailand. Aus: Rowe/Koetter 2009, 262.

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vanni Antonio Canals (Canaletto, 1697-1786), des Engländers William Marlow (1740-1813) und des Franzosen Nicolas Poussins (1594-1665). Die Gemälde zeigen allesamt fiktive Stadtansichten (Abb. 28) und architektonische Staffagen, die den Autoren zufolge von einer Technik Gebrauch machen, die auch der Collageidee zu Grunde liegt – dem Entwurf räumlicher Kompositionen durch Übertragung bekannter Bauten.

Disney und andere Fluchtwelten Collage City liest sich vor allem als Reflexion auf den Zustand von Architektur, Stadt und Gesellschaft seiner Zeit und als kritische Entgegnung auf verbreitete, jedoch als unzureichend empfundene Antworten von Architekten, Stadtplanern, Wissenschaftlern und Politikern. Der Text enthält eine ganze Reihe relativ zeitnaher Beobachtungen, Erfahrungen, Ereignisse und Zitate, welche die vorgebrachten Argumente stützen und veranschaulichen sollen. Ihre Kritik am Zustand von Architektur und Städtebau formulieren Rowe und Koetter überwiegend an Beispielen, die Gegenstand von Veröffentlichungen, Vorträgen oder Ausstellungen in den Jahren vor Entstehung des Collage CityTextes waren. Die städtebaulichen Visionen der 1920er Jahre hatten nicht, so die Diagnose der Autoren, »ipso facto zu einer besseren Welt geführt; [...] aus der Trübung des entscheidenden Ziels [folgte] eine gewisse Ziellosigkeit, an welcher der Architekt [...] seither leidet.«121 Von dem Modell der »Ville Radieuse« (1924), der »technokratisch und wissenschaftlich inspirierten Stadt der Zukunft«,122 sei nicht mehr geblieben als »die ärmlichen Banalitäten des sozialen Wohnungsbaus«.123 Illustrationen New Yorker Wohnungsbauprojekte aus den 1940er Jahren sind in der Einleitung in Verbindung mit einer Modellfotografie von Le Corbusiers »Plan Voisin« (1925) abgebildet (Abb. 29). Auf die Bildunterschrift »The reality derived from the model of the 1920s«, die in dem 1975 veröffentlichten Collage City-Aufsatz die Fotografien begleitete, ist in der Buchfassung verzichtet worden.124 Die Gegenüberstellung des »Kult der Townscape« und des »Kult des Science-fiction« dient dazu, die gegensätzlichen Lehren aufzuzeigen, die von Architekten aus dem vermeintlichen Scheitern der »Stadt der Modernen Architektur« gezogen worden sind: Revision und Vervollständigung.125 Die Townscape-Bewegung geht zurück auf eine reich illustrierte Artikel-Serie des britischen Architekten Gordon Cullen (1914-1994), die in der Zeitschrift Architectural Review während der 1950er Jahre veröffentlicht wurde und 1961 zusammengefasst als Buch erschienen.126 In zahlreichen Fotografien und eigenen Zeichnungen katalogisiert Cullen darin gestalterische Elemente und räumliche Eindrücke traditioneller englischer und anderer europäischer Städte, die als Vorbild für neue architektonische und städtebauliche Entwürfe Verwendung finden sollen. Eine Neuauflage der Publikation erschien 1971, zwei

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Abbildung 29: Le Corbusiers »Plan Voisin « und die New Yorker Peter Cooper Village. Abbildung aus der Einleitung von Collage City. Aus: Rowe/Koetter 1978, 5.

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Jahre vor Entstehung des Collage City-Textes. Darin weist Cullen nicht nur auf die anhaltende Aktualität seiner Ansätze hin, sondern gesteht auch ein, dass seine eigenen Thesen teilweise missverstanden worden sind: »There is an art of environment. This is the central fact of Townscape but it has got lost on the way. [...] On the one hand it has devolved into cobbles and conservation, and on the other hand it has hived off into outrage and visual pollution. [...] And consequently, ten years later, it becomes necessary to start again.«127

Grundsätzlich folgen Rowe und Koetter dieser differenzierten Sichtweise auf die Townscape-Bewegung. Zwar empfinden sie die konkrete Umsetzung der Townscape-Idee als eine Art nostalgische Verklärung, jedoch heben sie die wahrnehmungsbezogene Komponente des Ansatzes hervor sowie die Bedeutung des ›Zufälligen‹, das in den von Townscape erzeugten städtischen Bildern enthalten ist.128 Die Townscape-Bewegung erscheint Ihnen zudem als wichtiger Bezugspunkt für andere angelsächsische Autoren, beispielsweise Jane Jacobs und Kevin Lynch.129 Im weiteren Verlauf der Argumentation nehmen Rowe und Koetter wiederholt auf Townscape Bezug. Das in Cullens Stadtansichten enthaltene Moment des ›Zufälligen‹ oder Ungeplanten gilt Ihnen als wertvolle Qualität, die mit den Mitteln klassisch moderner Stadtplanung allein nicht zu erreichen ist. Die Collagemethode stellt dagegen den Versuch dar, das Zufällige traditioneller Stadträume weniger durch Nachahmung des Historischen als vielmehr durch Wahrnehmung von Vielfalt und Widersprüchen zu erzeugen. Gleichwohl besteht eine gewisse Verwandtschaft zwischen Cullens Sammlung an Fotografien und Zeichnungen beispielhafter Stadträume und den von Rowe und Koetter für das letzte Kapitel von Collage City zusammengetragenen Illustrationen baulicher Prototypen. Anders als der Cullensche Katalog beschränkt sich deren Auswahl jedoch nicht auf regionale oder traditionelle Architekturelemente, Straßenräume und Plätze, sondern umfasst ein querräumlich und querzeitlich breiteres Repertoire, das auch Beispiele fremder Kulturräume sowie Relikte der Industriearchitektur miteinbezieht. In Anlehnung an Begriffe, die von der französischen Stadtbauhistorikerin Françoise Choay für unterschiedliche Strömungen im Städtebau des 19. Jahrhunderts verwendet wurden, bezeichnen Rowe und Koetter »Townscape« als Form einer »kulturalistischen« [culturalist] Tendenz innerhalb der zeitgenössischen Architektur und »Science-fiction« als deren »progressivistisches« [progressivist] Pendant.130 Science-fiction wird von den Autoren konkret verbunden mit den Formen, Prozessen und Technologien des aufkommenden Raumfahrt- und Computerzeitalters.131 Illustrationen von Arata Isozakis »Space City« (1960), Yona Friedmans »Raumstadt« (1963) und Warren Chalks »Plug-in capsule homes« (1964) begleiten die Ausführungen. Rowe und Koetter nehmen hier erneut eine wichtige Unterscheidung vor. Während sie in den Bildern und

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Darstellungen der Science-fiction eine »poetische Seite« entdecken, trauen sie den architektonischen Konzepten – wie auch dem Modell der »Ville Radieuse« –eine Lösung der vorhandenen Probleme nicht zu. So kritisieren sie die Ansätze für ihre »Missachtung des Kontextes, Misstrauen gegen die gesellschaftliche Kontinuität [und] die Annahme, dass die existierende Stadt zum Verschwinden gebracht [werde].«132 Eine mögliche Verbindung der unterschiedlichen Tendenzen sehen Rowe und Koetter in den Arbeiten der Gruppen Archigram und Team X. Während sie Archigrams visionäre Entwürfe für mobile, flexible oder nomadische Stadtarchitekturen, die in farbenfrohen Abbildungen zwischen 1961 und 1974 in der gleichnamigen Zeitschrift erschienen, als »Townscape im Raumanzug«133 verspotten, setzen sie sich mit den Ansätzen von Team X zwar kritisch aber kaum tiefergehend auseinander. Verschiedene Mitglieder des Team X hielten sich im Winter 1971 und im Frühjahr 1972 auf Einladung Oswald Mathias Ungers an der Cornell University auf.134 Die zahlreichen Vorträge fokussierten auf Ungers Wunsch vor allem auf aktuelle gesellschaftliche oder ökologische Themen wie beispielsweise die Umweltverschmutzung. Einzelne Vorträge erörterten auch das Verhältnis zwischen Architektur und Stadtplanung im Hinblick auf gesellschaftspolitische und sozialwissenschaftliche Aspekte. Jacob Bakema hielt insgesamt 14 Vorträge während dieser Zeit, die unter anderem seine Vorstellungen eines »Architektur-Urbanismus« sowie den CIAM-Kongress 1959 Otterlo thematisierten.135 In Collage City zitieren Rowe und Koetter aus Vorträgen von Bakema und von Giancarlo De Carlo: »Es wurde erklärt [Bakema], dass Team X die voneinander getrennten Bauten und Bauprogramme durch Überlagerung von Bauten und Programmen ersetzen würde: dass es funktionelle Organisation durch »menschliche Beziehungen« ersetzen würde und, als neuster Zug [De Carlo], dass es das Vorschreiben durch Partizipation ersetzen würde.«136 Rowe und Koetter sehen in diesen Äußerungen nicht mehr als »gesunde Allgemeinheiten« und »verbalen Infantilismus« und finden die genannten Vorschläge in den Arbeiten nicht wieder.137 Wenngleich auch die Studenten in Cornell wenig Interesse an den Themen des Team X zeigten, weil sie sie für nicht mehr zeitgemäß hielten,138 sollte zu dieser polemischen Kommentierung dennoch angemerkt werden, dass die inhaltlichen und persönlichen Differenzen zwischen Rowe und Ungers zu diesem Zeitpunkt möglicherweise auch zu Vorbehalten gegenüber dem Team X führten und einer ernsthafte Auseinandersetzung mit ihren Positionen im Weg standen.139 Die neueste und zugleich radikalste Fortführung der Gedanken von Townscape und Science-fiction entdecken Rowe und Koetter jedoch in den Arbeiten der italienischen Gruppe Superstudio sowie in der Welt der Walt Disney Parks. Anlass zu den Überlegungen gaben eine Ausstellung im New Yorker Museum of Modern Art im Herbst 1972, in der Superstudio mit der Arbeit

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Abbildung 30: Superstudio, Microevent/Microenvironment, 1972. Museum of Modern Art, New York. Aus: Ambasz 1972, 243.

Microevent/Microenvironment vertreten waren (Abb. 30) sowie ein im selben Jahr in der New York Times erschienener Beitrag über die Architektur der Walt Disney Parks.140 Aus dem Ausstellungskatalog und dem Zeitungsartikel zitieren Rowe und Koetter mehrfach und die Diskussion dieser Positionen stellt einen zentralen Punkt in ihrer Argumentation dar. Die MoMA-Ausstellung stellte unterschiedliche Positionen innerhalb der italienischen Architektur gegenüber, welche die Kuratoren als stellvertretend erachteten, um die Rolle des Entwerfers und die gesellschaftliche Verantwortung von Architektur insgesamt kritisch zu hinterfragen. Unterschiedliche Tendenzen wurden mit den Kategorien Objekte [objects] und (Um-)Welten [environments] gefasst.141 Die Installation von Superstudio, die innerhalb der Ausstellung einen besonders radikalen Ansatz vertrat, bestand aus einem quadratischen Raum mit verspiegelten Wandelementen, die eine endlose Fortsetzung des Bodenrasters suggerierten. Lichtveränderungen und Wetterprojektionen an der Decke sollten den Eindruck eines Außenraumes erzeugen. Die Arbeit postulierte ein »Leben ohne Objekte« als »alternatives Lebensmodell auf der

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Erde«.142 Erst mit der Auflösung der Stadt, ihrer Form und ihrer Machtstrukturen sei eine freie und gleiche Gesellschaft möglich, in der kein Bedürfnis mehr für Schlösser, Straßen und Plätze bestehe.143 Mit Blick auf die Prärie des Mittleren Westens sehen Rowe und Koetter in der Vision von Superstudio (»Abschaffung der Objekte«) und der Welt der Disney Parks (»Entwertung der Objekte«) zwei komplementäre Haltungen, die ihre Entsprechungen in der realen Welt finden. Es sei von Bedeutung, so ihre Feststellung, »dass das Fehlen dieser Dinge [Schlösser oder Plätze] (manchmal) als Mangel empfunden werden kann; [...] dass dort, wo der ›ideale‹ kartesianische Raster schon lange zum Alltag gehört, vielleicht (manchmal) Linderung gesucht wird – was den allgemeinen Erfolg von Disney World gewährleistet [habe].«144 Die Popularität der Disney Parks wurde von Architekten und Stadtplanern aufmerksam verfolgt und auch mit Blick auf die Probleme realer Städte kritisch beäugt. Disney World, der zweite Themenpark des Unternehmens, eröffnete im Herbst 1971 in Florida. Im Oktober des nächsten Jahres erschien in der New York Times ein Artikel des Architekturkritikers Paul Goldberger mit dem Titel »Mickey Mouse Teaches the Architects«.145 Der Bericht diskutierte ausführlich die architektonischen Strategien der firmeneigenen Planungsgruppe WED Enterprises. Zitiert werden unter anderem die Architekten Robert Venturi, Charles Moore und Peter Blake, die den Erfolg der Disneyparks zum Anlass genommen hatten, geltende Standards der Architektur grundlegend zu überdenken. So war es Disney in der Entwicklung ihrer Freizeitparks nicht nur gelungen, Innovationen zu entwickeln, die der Infrastruktur realer Städte technologisch und ökologisch überlegen waren. Auch gestalterisch reproduzierten die künstlichen Freizeitwelten urbane Qualitäten, die in den Innenstädten längst verloren gegangen waren. Gebäudeproportionen und architektonische Details wurden mit der Sorgfalt von künstlerischen Bühnenbildern ausgeführt. Atmosphärische Situationen sowie die Bewegung durch und die visuelle Abfolge von Räumen wurden wie Filmszenen konzipiert. Die Form von Gebäuden basierte dabei auf einer freien Interpretation teils historischer, teils zeitgenössischer Architekturen. Disney World sei ein Vorbild in Bezug auf Raumwahrnehmung sowie die Herstellung räumlicher Identität, so Goldberger, und erfülle die Funktion eines »echten urbanen Raumes«.146 Der Artikel verweist in diesem Zusammenhang auf eine Bemerkung des amerikanischen Architekten Charles Moore. In einem Beitrag mit dem Titel »You Have to Pay for the Public Life« kam Moore bereits 1965 zu der Feststellung, dass Disneyland eine urbane Gegenwelt herstelle – autofrei und aufgeräumt –, die für die verloren gegangenen öffentlichen Stadtplätze im Süden Kaliforniens erfolgreich kompensiere:147 »[Disneyland] is engaged in replacing many of those elements of the public realm which have vanished in the featureless private floating world of southern California. [...] Dis-

Case Study. Collage City neyland is enormously important and successful just because it recreates all the chances to respond to a public environment, which Los Angeles particularly does not any longer have.«148

Walt Disney (1901-1966) selbst betrachtete seine Parks als Vorbild und Versuchslabor für städtische Technologien und Stadtplanungskonzepte.149 Seine Vision einer experimentellen Stadt der Zukunft, einer geplanten Modellstadt für 20.000 Einwohner, wurde jedoch nie umgesetzt.150 Das Konzept trug den Arbeitstitel EPCOT (Experimental Prototype Community of Tomorrow) und sah eine ringförmige Anlage vor, mit kommerziellen Einrichtungen im Zentrum und Wohngebieten an den Rändern. Der motorisierte Individualverkehr sollte unter die Erde verlegt werden, um Sicherheit auf den Fußgängerwegen zu erreichen. Ein verkleinertes Stadtmodell ist seit 1982 im gleichnamigen Themenpark in der Disney World in Florida zu sehen. Disneys fortwährende Bemühungen um die Realisierung bewohnbarer Städte führte seit dem Jahr 1996 zur Entstehung der kontrovers diskutierten Kleinstadt Celebration nahe dem Gelände der Disney World in Florida.151 Unter Beteiligung renommierter amerikanischer Architekten, unter anderem Michael Graves, Philip Johnson und Robert Stern, entstand hier eine Modellstadt des New Urbanism, die bis 2004 administrativ unter Kontrolle des Walt Disney Konzerns stand. Trotz restriktiver Vorschriften, vor allem architektonischer Gestaltungsvorgaben, erzielte das Modell eine hohe Popularität bei seinen Bewohnern. Langfristig musste Disney jedoch erkennen, was Goldberger in seinem Artikel von 1972 bereits andeutete. Die gesellschaftlichen, politischen und sozialen Herausforderungen einer realen städtischen Gemeinschaft lassen sich mit dem Modell einer kontrollierten Urbanität nur schwer bewältigen. Disney World war das »Produkt einer gesellschaftlichen Situation, in welcher der öffentliche Bereich nie stark in Erscheinung getreten [sei]«, kommentierten Rowe und Koetter in Collage City. Es sei ein Versuch, »das Vakuum zu möblieren«, dass durch den Rückzug des Staates entstanden sei.152 In einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Modell nehmen sie eine Unterscheidung der ›wirklichen‹ amerikanischen Main Street des 19. Jahrhunderts von der Nachbildung der Disney World vor. Disneys Main Street sei »nicht so sehr eine Idealisierung der Wirklichkeit als vielmehr ein Filterungs- und Verpackungsvorgang, der das Ausscheiden des Unangenehmen, des Tragischen, von Zeit und Makel betrifft.«153 Die wirkliche Main Street sei dagegen die «Zurschaustellung einer abweisenden und kaum angenehmen Wirklichkeit, einer Wirklichkeit, die grüblerische Neugier bindet, welche die Vorstellungskraft beflügelt und die zu ihrem Verständnis den Aufwand geistiger Energie verlangt.«154 Disneys scheinbare Urbanität wird als Entwertung der Wirklichkeit entlarvt, weil sie jedem Anzeichen von Wandel und Geschichtlichkeit, von Brüchen und Gefahren, beraubt ein Aufkommen von Reflexion und Zwei-

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fel verhindert. Sie schafft jenen Raum der Kontrolle und Planbarkeit der bis heute weltweit ein Modell für Shopping-Center und Ferienresorts bildet. Die reibungslose Organisation und die harmonisch abgestimmte Verwendung bekannter gestalterischer Motive löst bei den Besuchern ein Empfinden von Vertrauen und Sicherheit aus.155 In Disneyland und Celebration ebenso wie in Shopping-Centern und Gated Communities wird jene kritische Öffentlichkeit unterdrückt, die urbane Räume natürlicherweise kennzeichnet und deren Vorhandensein Moore in seinem Artikel als »Revolutionstest« bezeichnete.156 Das »Theater der Illusionen« an der Oberfläche der Disney World wurde durch eine technisch perfekte Maschinerie aus elektrischen Schalt- und Überwachungsanlagen und modernsten Ver- und Entsorgungssystemen ermöglicht sowie durch ein Netz aus Verkehrswegen hinter und unter den Kulissen.157 Der Park verkörperte gleichzeitig Vision und Nostalgie. In der offensichtlichen Popularität von Disney ließ sich ebenso ein Bedürfnis der Bevölkerung nach bewusster Umweltgestaltung wie nach Sicherheit durch Planbarkeit erkennen. Vergleichbar der »Townscape« reproduzierte Disney das visuelle Bild friedlicher Stadträume. Mit den farbig-optimistischen Zukunftsbildern von Archigram teilte es die Hoffnung, dass mit dem technologischen Fortschritt die Defizite der städtischen Umwelt endgültig zu beseitigen und die gegenwärtigen Herausforderungen an Mobilität und Flexibilität zu bewältigen seien. Dem amerikanischen Architekturhistoriker Reinhold Martin zufolge bildet die Unterscheidung zwischen dem Wirklichen und dem Unwirklichen eine zentrale Fragestellung innerhalb des architekturtheoretischen Diskurses seit Ende der 1960er Jahre.158 Der Collage City-Text kann in dieser Hinsicht als ein wesentlicher Beitrag zu dieser Debatte erkannt werden. Die von Rowe und Koetter beschriebenen Tendenzen können als unterschiedliche Facetten von Fluchtbewegungen interpretiert werden zu einem Zeitpunkt gesteigerten gesellschaftlichen Wandels. Townscapes pittoreske Bilder der Vergangenheit, Superstudios Visionen einer materiell befreiten Zukunft und Archigrams Inszenierung der Stadt als beweglicher und wachsender Organismus erzeugen ebenso wie Disneys fantastische Enklaven bildhafte Fluchtwelten, die weder im Raum noch in der Zeit eindeutig verortet sind. Sie zeigen konfliktfreie, gefahrenlose Lebenswelten fern der tatsächlichen Erscheinungsform und des gesellschaftlich-politischen Kontextes der realen Stadt. Die fiktiven (Archigram, Superstudio, Townscape) und fiktionalen Orte (Disney, Celebration) reproduzieren Erinnerungs- und Vorstellungsbilder und schaffen damit eine ›Innenwelt‹, die sich von der realen Welt (künstlerisch-intellektuell, physisch, politisch-administrativ) abgrenzt. Rowe und Koetter veranlasst die Gegenüberstellung der verschiedenen Beispiele zu der Schlussfolgerung, dass »Vorausschau« und »Rückschau«, Vorstellung und Erinnerung, grundsätzlich in komplementärer Beziehung zueinander stehen. Sie plädieren demzufolge für ein Modell der Stadt, dass der

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physischen Konstitution des Menschen entsprechend gleichzeitig »radikal« und »konservativ« ist ohne eine Entwertung oder Banalisierung der Wirklichkeit zu erzeugen.159 Die Stadt, die ihnen vor Augen steht – die physische Stadt – wird als optimistische Alternative gegen die kompensatorischen Fluchtwelten gestellt. Collage City kann folglich auch als Versuch interpretiert werden, die der ›wirklichen‹ Stadt inhärenten Vorstellungs- und Erinnerungsbilder schrittweise freizulegen und sichtbar zu machen.

Zukunft und Tradition »Die gegenwärtige Situation [sei] verknotet und fast unlösbar«, schreiben Rowe und Koetter in der Einleitung von Collage City.160 Mit Blick auf die Zukunft stehen Architektur und Städtebau vor einem Dilemma: »Konsultieren wir künftig häufiger Technik, Verhaltensforschung und den Computer. Oder [..] geben wir uns statt dessen zufrieden, die Dinge nachzubilden, [...] wie sie die Masse der Menschen vorzieht: brauchbar, wirklich und wohlvertraut.« An der Verpflichtung des Architekten einerseits der Wissenschaft andererseits der öffentlichen Meinung gegenüber drohen »die großen Städte der Welt« zu zerbrechen.161 Das ist Ausgangspunkt und Hypothese der Arbeit. Rowe und Koetter streben ein alternatives Verständnis von Architektur und entwerferischem Handeln an, das Tradition und Vertrautes ebenso einbezieht wie Fortschritt und Erneuerung. Die Aufgabe von Architekten sei es, »die Stadt zu bewahren.«162 Dies erfordere eine Geisteshaltung, die den notwendigen Gegensätzen einer demokratischen und freiheitlichen Gesellschaft standhält. Gegen jene Architekten, die soziologisch oder politisch motiviert die Interessen der breiten Bevölkerung zu vertreten vorgeben, wenden Rowe und Koetter ein, über die Bedürfnisse einzelner Gruppen häufig Allgemeinheiten zu missachten oder zu vernachlässigen.163 Während ihre Aufmerksamkeit konkreten Problemen gelte, »ökonomischen [und] stilistischen Übeln, kulturellem und ethnischem Missbrauch«, ignorierten sie die vielfältigen und individuellen Interessen der Bevölkerung und folglich den Widerspruch zwischen Freiheit und Gerechtigkeit. Rowe und Koetters Skepsis gegenüber der »öffentlichen Meinung« ist maßgeblich durch die Schriften Karl Poppers geprägt, der aus politisch-philosophischer Perspektive mit Blick auf die »Grundsätze des Liberalismus« früh vor den mit der Macht der »öffentlichen Meinung« verbundenen Gefahren warnte.164 Popper unterscheidet dabei die »öffentliche Meinung«, die weitgehend anonym ist, von der kritischen »öffentlichen Diskussion«, wie sie der Wissenschaft eigen ist. Rowe und Koetters Kritik richtet sich jedoch ebenso gegen ein Wissenschaftsverständnis in der Architektur, das von Systemdenken und empirischen Methoden geprägt ist und sich mitunter in Illustrationen von »Verästelungen, Netzen, Rastern und Waben« zeigte.165 Als Beispiele werden Christopher

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Alexanders Notes on the Synthesis of Form (1964) und Arbeiten der Team XMitglieder Georges Candilis, Alexis Josic und Shadrach Woods aufgeführt. Wenngleich Rowe und Koetter den Nutzen »gründlicher Recherchen« nicht bestreiten, wehren sie sich gegen eine Arbeitsweise, die den Prozess über das Ergebnis bewertet. In Politik und Gesellschaft setze sich zunehmend die Annahme durch, dass verlässliche Voraussagen über die Zukunft durch die konsequente Anwendung wissenschaftlicher Methoden möglich seien. In diesem Zusammenhang zitieren Rowe und Koetter aus einer 1969 veröffentlichten Erklärung des US-Präsidenten Richard Nixon über die Errichtung eines Nationales Zukunftsstabes: »Es besteht eine dringende Notwendigkeit, eine direktere Verbindung zwischen der immer raffinierteren Vorhersage und dem Entscheidungsprozess herzustellen. Die praktische Bedeutung einer solchen Verbindung wird durch die Tatsache unterstrichen, dass es im Grunde genommen möglich gewesen wäre, alle wesentlichen nationalen Probleme von heute vorauszusehen, lange bevor sie kritische Ausmaße angenommen hatten. Es ist eine außergewöhnliche Vielfalt von Mitteln und Methoden entwickelt worden, mit denen es zunehmend möglich wird, zukünftige Entwicklungen vorauszusagen – und so jene informierten Entscheidungen zu treffen, die erforderlich sind, um den Prozess der Veränderung zu meistern.«166

In einem Vortrag an der Cornell University im April 1982 aktualisiert Rowe diese kritischen Position gegenüber einer verwissenschaftlichten Methode in Architektur und Stadtplanung, die auf der Grundlage empirischer Daten und vermeintlich neutraler Annahmen Entwurfsentscheidungen »scheinbar automatisiert« herbeiführt.167 Diese ›pragmatische‹ Herangehensweise (»Programm ohne Plan«) sei jedoch ebenso wenig als Problemlösungsstrategie geeignet, wie dessen Verkehrung ins Gegenteil, die Rowe zu diesem Zeitpunkt im Umfeld der »Architettura Razionale« (»Plan ohne Programm«) und deren typologischem Ansatz zu erkennen glaubt. Vertretern beider Strömungen mangele es an Einsicht über die Fehlbarkeit der eigenen Annahmen angesichts der Unmöglichkeit, tatsächliche zukünftige Veränderungen verlässlich und vollständig vorherzusagen. Rowe folgt hier erneut der Position von Karl Popper und dessen Denkmodell des »Kritischen Rationalismus«.168 In Collage City verweisen Rowe und Koetter konkret auf Poppers Kritik am Historizismus und der Methode der Induktionslogik.169 Wenn nämlich die Vorstellung einer »geschichtlichen Notwendigkeit« nicht zutreffe, könnten folglich auch Vorrausagen über die Zukunft nur bedingt Gegenstand architektonischer und städtebaulicher Entwurfsentscheidungen sein:170 »Es ist einfach so, dass die Form der Zukunft nicht vorhergesehen werden kann, weil sie von zukünftigen Ideen abhängt: und dass deshalb die vielen zukunftsorientierten

Case Study. Collage City Verschmelzungen von Utopismus und Historizismus (der Verlauf der Geschichte soll Gegenstand eines vernünftigen Managements werden) sich nur so auswirken können, dass sie jede fortschrittliche Entwicklung, jede echte Befreiung verhindern.«171

Diese Ausführungen können auch als Kritik an der zeitgleich aufkommenden (zweiten) Umweltbewegung aufgefasst werden, die sich eine Veränderung gesellschaftlichen Handelns zum Ziel setzte, um sich vor den Gefahren ökologischer Risiken zu schützen.172 So wenden sich Rowe und Koetter beispielweise explizit gegen eine Vorstellung von Gesellschaft als »pflanzliches Kontinuum, als biologische oder botanische Entität, [...] die der sorgsamsten und emsigsten Pflege bedarf.«173 Im Kern geht es ihnen jedoch um eine Differenzierung des Wachstumsbegriffs, der sowohl im architektonischen als auch im gesellschaftspolitischen Diskurs (Metabolisten, Club of Rome etc.) einen zentralen Stellenwert erreicht hatte: »Wachstum und Veränderung, die so oft miteinander verwechselt werden, sind sehr unterschiedliche Formen der Mobilität; und die Vorstellung von Gesellschaft und Kultur einfach als Wachsen (und darum Verändern) ist eine Entstellung ihres wesentlichen Ranges als Ergebnisse von Ritual und Auseinandersetzung. Denn Ideen, und jene zukünftigen Ideen, welche die Zukunft zu etwas anderem machen werden als die Gegenwart (und demzufolge Veränderung garantieren werden), ›wachsen‹ eben nicht einfach. [...] Die Voraussetzung ihrer Existenz ist Konflikt und Argument«.174

Rowe und Koetter geht es weniger darum, Prognosen und nachhaltiges Wachstum als solche zu polemisieren. Vielmehr erkennen sie, dass verantwortungsvolles und zukunftsgerichtetes Handeln auch ein Bewusstsein für die historische und kulturelle Dimension der Gegenwart miteinschließt, dass sich Vorausschau und Rückschau gegenseitig bedingen. In ihrer Argumentation für einen aufgeklärten Traditionalismus folgen Rowe und Koetter erneut der Position Karl Poppers. So könne den widerstreitenden Erfordernissen des Schutzes der individuellen Freiheit und der Bedrohung derselben durch den Einfluss der öffentlichen Meinung auf den Staat wenigstens teilweise durch das Vorhandensein von Tradition entsprochen werden.175 Gegen den Begriff der »Vorhersage« stellen Rowe und Koetter den der »Erinnerung«. In Anlehnung an Arbeiten der britischen Historikerin Frances Yates (1899-1981) über die Geschichte der Gedächtniskunst und das Theater als Erinnerungssystem wählen sie für ihr Gedankenmodell das Bild der Stadt als »Theater der Vorhersage« und »Theater der Erinnerung«.176 Yates Buch entstand im Zusammenhang mit Arbeiten am Warburg Institute in London während der 1950er Jahre und beschreibt die Geschichte der Mnemonik, der Gedächtniskunst, als Form der Verknüpfung von Erinnerungen mit Bildern und realen oder fiktiven Orten. Der Begriff »Theater der Erinnerung« steht

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wohl im Zusammenhang mit Yates Untersuchung von Giulio Camillos (ca. 1480–1544) Gedächtnistheater [Teatro della Memoria], das ein zentrales Kapitel ihres Buches bildet.177 Yates zufolge erwiesen sich räumliche Positionen und architektonische Orte in früheren Zeiten wiederholt als erfolgreiche Erinnerungssysteme. Physische Orte besitzen demnach die Fähigkeit, mit konkretem Wissen verknüpft zu werden, das durch Wiederkennen der Orte erinnert wird und somit auf lange Zeit abruf bar bleibt. Die Überlegungen zur Stadt als »Theater der Vorhersage und Erinnerung« werden von Rowe und Koetter am Bild der »Stadt als Museum« weitergeführt.178 Konkret verweisen sie in diesem Zusammenhang auf die historisch überlieferte Absicht Napoleon Bonapartes (1769-1821), die Stadt Paris in eine Art museale Sammlung historischer, architektonischer Monumente zu entwickeln, als Demonstration des Staates sowie zur kulturellen Bildung seiner Bewohner. Eine ähnliche Form des Zusammenwirkens von Kultur und erzieherischer Absicht zeigte sich Rowe und Koetter zufolge auch in der Gestaltung des klassizistischen München mit seinen vielfältigen Andeutungen auf die Geschichte der europäischen Architektur. Das Modell der »Stadt als Museum«, in der kulturell oder historisch verschiedene Elemente gleichgewichtig und ohne erkennbare Ordnung nebeneinander bestehen, wird von den Autoren auch in seiner gegenwärtigen Relevanz reflektiert. Dabei beziehen sie sich erneut auf Karl Popper, hier auf dessen Modell der »offenen Gesellschaft«, die sich im Kern durch intellektuellen Meinungsaustausch sowie kulturelle Toleranz auszeichnet:179 »Als eine offene Stadt und bis zu einem gewissen Grad eine kritische, empfänglich – wenigstens theoretisch – für die sich widersprechenden Anregungen, weder der Utopie noch der Tradition feindlich, dabei aber keineswegs wertfrei, offenbart die Stadt als Museum keinerlei Anzeichen eines drängenden Glaubens an den Wert irgendeines alles erklärenden Prinzips. [...] Es soll angedeutet werden, dass diese besondere Stadt der Wunscherfüllung aus dem 19. Jahrhundert [...], als Miniaturvorwegnahme von Problemen betrachtet werden könnte, die unseren eigenen nicht völlig unähnlich sind: Zerfall der absoluten Überzeugungen, zufällige und ›frei‹ wirksame Empfänglichkeit, unvermeidliche Vielzahl von Beziehungen und alles Übrige.«180

Utopie und Tradition in ihren positiven und negativen Erscheinungsformen werden von Rowe und Koetter schlussendlich als treibende Kräfte der Veränderung von Stadt und Gesellschaft erkannt: Utopien als Anregungen für eine bessere Zukunft und Traditionen als Gegenstand fortdauernder Kritik und mithin als Ansporn für Fortschritt.181 Die aus der modernen Kunst entlehnte Technik der Collage wird dabei als Verfahren begriffen, Utopie und Tradition losgelöst von deren gesellschaftlich-politischen Konnotationen gestalterisch Ausdruck zu verleihen.182 Die Collage wird von Rowe und Koetter mithin als

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Modell verstanden, dass die vielfältigen Widersprüche der zeitgenössischen Stadt – Bedürfnis nach Vorausschau und Erinnerung, Bedürfnis nach Sicherheit und Freiheit – zu überwinden vermag: »In Anbetracht der Schwierigkeiten, sowohl der Utopie als auch der Tradition, der Probleme von Gewalt und Verkümmerung, angesichts der freiheitlichen Impulse und des angeblichen Bedürfnisses nach Sicherheit durch Ordnung [...] fragen wir, welche andere Behebung sozialer Probleme möglich ist außerhalb der [...] der Collage?«183

In der Gegenüberstellung von »freiheitlichen Impulsen« und dem »Bedürfnis nach Sicherheit durch Ordnung« zeigt sich die Skepsis, die Rowe und Koetter gegenüber einer planerischen Praxis hegen, die Sicherheit (im Sinne von Planbarkeit) und Sicherung (im Sinne von Bewahrung) um den Preis individueller Freiheit zu erzielen suchen. Darin zeigt sich aber auch die Überzeugung der Autoren, dem Bedürfnis nach Sicherheit und Sicherung mit anderen Mitteln entsprechen zu können. Die Fortentwicklung der Stadt als Collage utopischer und traditioneller Bildvorstellungen, im Gleichgewicht von Erneuerung und Bewahrung, wird gegen ein einseitig von Wissenschaft oder der öffentlichen Meinung geleitetes Zukunftsverständnis gestellt. Insgesamt bleiben die Schlussfolgerungen und Aussagen im Zusammenhang mit der Collage überaus vage und zum Teil auch widersprüchlich. Der Text zeigt nicht auf, wie die Collage auf konkrete physisch-räumliche Zusammenhänge anzuwenden wäre. Zwar verwenden Rowe und Koetter Begriffe wie Methode, Technik und Strategie im Zusammenhang mit der Collage.184 Der »Zustand der Collage«, heißt es dagegen an anderer Stelle jedoch, sei vielerorts anzutreffen, in Rom, London, Houston oder Los Angeles:185 »Es [sei] eine Frage der Geistesverfassung, in der man einen Ort besucht.«186 Die Idee der Collage kann demnach auch als Aufforderungen begriffen werden, der physischen Struktur der Stadt wie den ihr eigenen lebensweltlichen Widersprüchlichkeiten eine höhere Wertschätzung entgegenzubringen. Dies könnte bedeuten, die Stadt als physisch-hybrides wie kulturell-vielfältiges Konstrukt wahrzunehmen und weiterzuentwickeln. In einem Vorwort für den 1997 veröffentlichten Werkbericht der Architektengemeinschaft Kim und Koetter nimmt Rowe aus gegenwärtiger Perspektive noch einmal auf die in Collage City vorgebrachten Argumente gegen eine einseitig am »Zeitgeist« oder am »Volksgeist« orientierte Architektur Bezug und aktualisiert zugleich seine Positionen.187 Jenen zeitgenössischen Architekturen wie Flughafenterminals und Gated Communities, die scheinbar den Zustand unserer Zeit repräsentierend »Empfindungen einer fast unerträglichen Angst« hervorrufen, hält er Kim und Koetters Werk entgegen, deren primäres Interesse weder »modischen« noch rein funktionalen Aspekten gelte und deren Bauten sowohl zeitgenössische Technologien als auch historische Verweise und lokale Bezüge offen miteinbeziehen.188 Koetter und Kim erarbeiteten

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während der 1970er Jahre eine Reihe architektonisch-städtebaulicher Studien, die unter dem Titel »The Boston Plan« publiziert wurden und einen zentralen Ausgangspunkt für die spätere Arbeit der Architekten bildeten.189 Die Studien fokussierten auf unterschiedliche, jedoch charakteristische Situationen in der Stadt Boston – einen freistehenden Gebäudekomplex aus den 1960er Jahren, ein historisches Stadtquartier sowie eine vernachlässigte Uferfront. Die vorgeschlagenen Lösungen zielten auf die Wiederherstellung und Stärkung urbaner Qualitäten und Identitäten des Ortes durch den Wiedergewinn fußläufiger Wegeverbindungen und die Entstehung neuer Passagen und öffentlicher Plätze, durch die Erhaltung sowohl des physischen Erscheinungsbildes als auch der sozialen und kulturellen Identität von Wohnquartieren sowie durch die Nutzbarmachung und Gestaltung städtischer Uferpromenaden und –fassaden. Rowe verwendet in Zusammenhang mit den Arbeiten des Büros den Begriff »Genius Loci«, nach der römischen Mythologie der Schutzgeist eines Ortes, der in Verwendung durch den finnischen Architekten Christian NorbergSchulz Ende der 1970er Jahre Eingang in den breiteren Architekturdiskurs gefunden hat.190 Rowe stellt »Genius Loci« als alternative architektonische Strategie den verbreiteten Antworten im Sinne von »Volksgeist« und »Zeitgeist« entgegen. Der Text, wenige Jahre vor Rowes Tod entstanden, könnte als später Nachtrag zu Collage City gelesen werden, in dem der vage gebliebene Anspruch eines dritten Weges neben der Wissenschaft und der öffentlichen Meinung in Form vielschichtiger Ortsbezüge konkrete Gestalt annimmt.

Stadtraum und Stadtgestalt Die Ausführungen zur Form der Stadt implizieren eine Vielzahl von persönliche Eindrücken und Erfahrungen sowie architektonische und städtebauliche Verweise auf reale Städte und städtebauliche Situationen, die sich abschließend zu einem Katalog beispielhafter Vorbilder verdichten. Wesentliche Gedanken zur Gestaltung von Stadt sind in dem Kapitel »Die Krise des Objektes. Der unerfreuliche Zustand der Textur« enthalten. Rowe und Koetter stellen dem Kapitel ein Zitat aus dem Werk Der Aufstand der Massen (1929) des spanischen Philosophen José Ortega y Gasset (1883-1955) voran. Die Entstehung des bürgerlichen Raums der Stadt wird darin konkret mit der Formung eines von Mauern umschlossenen Platzes verknüpft: »Die Stadt beginnt als Hohlraum [...] und alles Weitere ist Vorwand, um dies Hohl zu sichern, seinen Umriss abzustecken.«191 Für Rowe und Koetter stehen der politische und soziale Raum der Stadt mit der konkreten Gestaltung des Stadtraums und der raumbegrenzenden Elemente in unmittelbarer Beziehung. Das Zitat kann auch als Anspielung auf die CIAM-Konferenz 1951 im englischen Hoddesdon verstanden werden, die unter dem Titel »The Heart of the City« die Bedeutung des Stadtkerns in den Mittelpunkt stellte. Die publizierte

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Abbildung 31: Le Corbusier, La Ville Verte (La Ville Radieuse), 1935. Aus: Le Corbusier 1967, 163.

Version des einleitenden Vortrags von Josep Lluís Serts beginnt mit einem etwas längeren Ausschnitt des gleichen Zitates.192 Im Gegensatz zu Rowe und Koetter bezog sich Sert jedoch weniger auf die Gestalteigenschaft des Platzes als Hohlraum, vielmehr galt seine Forderung nach sogenannten »Civic Cores« der Erkenntnis, dass der Dezentralisierung der Städte nur mit einer Wiedergewinnung von »Zentren des gemeinschaftlichen Lebens« [centres of community life] entgegnet werden könne. Die neuen, urbanen Zentren würden offene Plätze und Fußgängerpromenaden aufweisen, gerahmt von administrativen und öffentlichen Gebäuden. Der städtische Raum würde durch einen Kontrast von hohen und niedrigen Gebäuden [slab-like towers and patios] geprägt sein, der als »Ausdruck von Kultur, technischen Kenntnissen und der neuen Lebensart« verstanden werden sollte.193 Die Bestrebungen um Verdichtung und Konzentration, wie sie im Kontext der CIAM-Konferenz in Hoddesdon geäußert wurden, erscheinen Rowe und Koetter weiterhin richtig und notwendig, die geforderten Mittel jedoch halten sie kaum für zielführend. 194 Das Erscheinungsbild der »gegenwärtigen Stadt« wird von Rowe und Koetter als ein Nebeneinander von Eigenschaften der »traditionellen Stadt« und der »Stadt der modernen Architektur« beschrieben.195 Das Konzept der »Stadt der modernen Architektur« wird wiederholt mit Le Corbusiers Modell der »Ville Radieuse« (1935) assoziiert – der »Stadt im Park« (Abb. 31). Erst 1967 war die erste englische Übersetzung von Le Corbusiers Ausführungen zur »Ville Radieuse« aus dem Jahre 1935 erschienen.196 Bereits in der Einleitung von Collage

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City stellen Rowe und Koetter fest, dass das Bestreben der Klassischen Moderne, wertvolle Qualitäten wie »Licht, Luft, Hygiene, freie Lage, Aussicht, Erholung, Bewegung, Offenheit«197 in die Stadt zu bringen, längst zu »DiscountAusgaben (Parkplatz statt Park)« zusammengeschrumpft sei.198 Wenngleich eine Form der Koexistenz oder Anpassung der unterschiedlichen Modelle zwar für möglich gehalten wird, drohe die Form und Struktur der »traditionellen Stadt« weiter verdrängt und zersetzt zu werden. Öffentliche Räume gingen der Stadt zunehmend verloren, während es den neuen privaten Bereichen an »historischen und ideellen« Orientierungsmöglichkeiten mangele.199 Die »Stadt der modernen Architektur« und die »traditionelle Stadt« werden von Rowe und Koetter in Bezug auf Form und Gestaltung öffentlicher und privater Räume sowie auf die Funktion von Fassaden charakterisiert. Die Vorstellung einer Stadt, in der Autorität und Konventionen überwunden seien, mache den öffentlichen Raum überflüssig, schreiben Rowe und Koetter.200 Die Architektur der »Stadt der Moderne« sei daher davon geprägt, dass der private Bereich unverhüllt durch eine »schützende Fassade« in Erscheinung tritt. Die »traditionelle Stadt« sei dagegen durch eine kontinuierliche Struktur von Baumassen und klar geformten öffentlichen Platz- und Straßenräumen geprägt, die zu einer lesbaren Gliederung der Stadtstruktur beitragen.201 Zwischen der Gestaltung von Fassaden und dahinterliegenden Raumprogrammen bestehe keine notwendige unmittelbare Beziehung: »Denn weil dieser beinahe durchgehende Baumasse von nebensächlicher Zusammensetzung und beiläufiger Zweckbestimmung ist, besteht für ihn [...] keine Notwendigkeit offener Zurschaustellung der Zweckbestimmung und, die stabilisierende Wirkung der öffentlichen Fassade vorausgesetzt, bleibt er verhältnismäßig frei, um auf den örtlichen Impuls oder auf die Anforderungen unmittelbarer Bedürfnisse zu reagieren.« 202

Als grundlegende architektonische Merkmale des Modells der »traditionellen Stadt« werden die Formung öffentlicher Räume durch die Herstellung von Raumkanten und die Loslösung der stadtseitigen Fassaden von der Gebäudefunktion- und struktur erkannt. Die Zuordnung von Fassaden zum öffentlichen Außenraum erlaubt dabei eine relative programmatische und strukturelle Flexibilität innerhalb der Gebäude. Im Wesentlichen trifft das auf die Erscheinungsform der europäischen Städte seit etwa dem 16. Jahrhundert und zu einem gewissen Grad auch auf die US-amerikanische Stadt im 19. Jahrhundert zu – beispielsweise auf New York, Boston oder Chicago. Als besonders prägnantes Beispiel dienen den Autoren die Uffizien in Florenz (1559 bis ca. 1581).203 Der Gebäudekomplex aus dem 16. Jahrhundert bildet einen öffentlichen Platz aus, dessen vorgesetzte repräsentative Fassaden eine Vereinheitlichung der lose gruppierten Ansammlung alter und neuer Bauten schaffen. Rowe und Koetter sehen darin einen »Ausgleich zwischen den Themen sich

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Abbildung 32: Uffizien und Unité. Fotomontage von Bernhard Hoesli. Aus: Rowe/Koetter 2009, 97.

selbst bewusster Ordnung und spontaner Zufälligkeit« und eine gleichzeitige Wertschätzung des Alten und des Neuen. Eine Gegenüberstellung von Le Corbusiers Unité d’Habitation in Marseille (1947-1952) mit den Uffizien – »Unité, deren Äußeres nach Innen gestülpt ist« (Abb. 32) – veranschaulicht schließlich die konträren Konzepte von »Baukörper« und »Raumkörper« und deren entsprechende Wahrnehmung in der Stadtstruktur als Figur bzw. als Grund. Rowe und Koetter führen eine Reihe weiterer italienischer und französischer Architekturen aus dem 16. und 17. Jahrhundert an, um die Wechselbeziehung zwischen der Anpassung von Bauwerken im Stadtgrundriss, der »Transformation von Idealtypen«, und der Behauptung ihrer Eigenständigkeit durch die stabilisierende Wirkung von Fassaden- oder zentralen Hoffiguren aufzuzeigen.204 Das Beispiel des Palazzo Borghese in Rom soll zeigen, dass dort, wo der innere Hof eine klare geometrische Form einnimmt, wo er »zur vorherrschenden Idee« wird, sich der äußere Umriss des Gebäudes den angrenzenden Bebauungen anpassen kann (Abb. 33). Die Autoren verweisen auf eine Lesart der Stadtmorphologie, welche die bebaute Struktur als zusammen-

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Abbildung 33: Palazzo Borghese, Rom, 1560-1613. Grundrisszeichnung von Paul-Marie Letarouilly, 1853. Aus: Rowe/Koetter 2009, 111.

hängende Einheit begreift, die als Verbindung von und Übergang zwischen äußeren Stadträumen wirksam wird. Dabei könne die Baumasse in manchen Fällen sowohl als Figur als auch als Grund gelesen werden, sodass Gebäude gleichzeitig als Baukörper und Raumköper in Erscheinung treten. Für diese Form von Bauwerken verwenden Rowe und Koetter den Begriff »Mehrdeutige und zusammengesetzte Bauten«. Eine Reihe von Vorbildern für diese Bauten sowie für raumprägende Fassaden, Straßen und Stadtplätze, die als Stabilisatoren wirken, führen die Autoren im Anhang des Buches (Exkurs) katalogartig auf.205 Die Darstellungen enthalten sowohl reale als auch ungebaute Beispiele und zeigen aktuelle sowie historische Fotografien, Zeichnungen und Abbildungen von Modellen. Plätze, Straßen und Fassaden sind fast ausschließlich europäischer Provenienz. Eine Ausnahme bildet die Fifth Avenue entlang des Central Park in New York mit ihrer massiven Front Apartmenthäusern, die überwiegend aus den 1920er und 1930er Jahren stammen. Neben antiken Vorbildern wie der Athener Stoa des

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Attalos (2. Jhd. v. Chr.) sind vor allem weitere norditalienische Beispiele aus dem 15. und 16. Jahrhundert aufgeführt sowie französische Straßen und Plätze aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Vorbilder aus dem frühen 19. Jahrhundert zeigen John Nashs Entwürfe für die Chester Terrace in London (1825) sowie Friedrich Weinbrenners Vorschlag für die Umgestaltung der Langen Straße in Karlsruhe (1806). Als Vorbilder für »Mehrdeutige und zusammengesetzte Bauten« werden neben der Wiener Hof burg und der Münchner Residenz, beide in ihrem Zustand im 19. Jahrhundert, sowie der Anlage des Schlosses im nordfranzösischen Compiègne (1751-1788) auch Beispiele außerhalb Europas aufgeführt: der Stadtpalast im indischen Jaipur (18. Jhd.), das Stadtzentrum Isfahans im Iran (16./17. Jahrhundert) sowie die Palastanlagen in Fatephur Sirki, Indien (16. Jhd.). Die letztgenannten Beispiele sollen vor allem eine stadtmorphologische Qualität hervorheben, die in ihren Grundrissdarstellungen besonders deutlich hervortritt und die Rowe und Koetter als ein »Oszillieren zwischen passiver und aktiver Haltung« beschreiben (Abb. 34).206 Gemeint ist damit, das Zusammentreffen von einer übergeordneten Struktur (Raster, Matrix, Gewebe etc.) und dessen lokaler Störung durch zufällige bauliche oder topografische »Ereignisse«. Auf die physische Stadtgestalt bezogen wird der Dialog von Kontext und Idealtypus, von »Struktur« und »Ereignis«, am Zustand Roms im 17. Jahrhundert und Londons im 19. Jahrhundert näher erläutert: »[Dies] führt uns [..] zum Zustand Roms im 17. Jahrhundert, jenem Zusammenprall von Palästen, Piazze und Villen, zu jener unentwirrbaren Verbindung von Eindrängen und Entgegenkommen, zu jener höchst erfolgreichen und elastischen Verkehrsstauung; zu einer Anthologie von geschlossenen Kompositionen und ad-hoc-Zeug dazwischen, die alle gleichzeitig eine Dialektik zwischen Idealtypen und dem empirischen Kontext sind«. 207 »Man gebe eine sanftere Topografie, vergrößere die Versatzstücke und verringere ihre Angriffswucht (man nenne das Trojansforum Belgravia und die Caracella-Thermen Pimlico, statt Villa Albani lese man Bloomsbury und statt Via Giulia Westbourne Terrace), und die Erzeugnisse kaiserlicher und päpstlicher Bricolage werden ihre mehr oder weniger bürgerlichen Entsprechungen des 19. Jahrhunderts finden – eine Anhäufung zweckmäßig gerasterter Felder, die meist der Einteilung des Grundbesitzes entsprechen, und dazwischen Zustände der Verwirrung und malerische Zufallsereignisse, die meist Flussläufen, Kuhpfaden usw. entsprechen [...].« 208

Als Beispiele für ausgeprägte Strukturen, regelmäßig oder unregelmäßig sowie horizontal oder vertikal, werden alte europäische Städte wie Turin, Siena, Oxford und Cambridge sowie ältere US-amerikanische Städte wie New York, Boston und Savannah aufgeführt.209 Charakteristische vertikale Strukturen,

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Abbildung 34: Fatephur Sirki, Indien, 16. Jhd. Figur-Grund-Zeichnung von Klaus Herdeg, 1967. Aus: Rowe/Koetter 2009, 245.

sogenannte »städtische Tapeten«, werden beispielsweise den oberitalienischen Städten Venedig und Genua zugeschrieben sowie den unter John Nash (17521835) bzw. Georges-Eugène Haussmann (1809-1891) entstandenen prachtvollen Straßenzügen von London und Paris. Von ähnlich städtischen Fassaden sei nach Rowe und Koetter auch die Upper East Side von Manhattan geprägt, »jene seltsame Kombination von grandiosem Genua in den [nordsüdlichen verlaufenden] Avenuen und domestiziertem Amsterdam in den [ostwestlich verlaufenden] Straßen.«210 Mit anderen Worten beinhalten die Ausführungen eine Vorstellung der traditionellen (europäischen) Stadt, deren spezifisches Raumverständnis sich in den südeuropäischen Metropolen des 15. und 16. Jahrhunderts festigte und sich besonders in der Gestaltung von städtischen Fassaden bis ins 19. und frühe 20. Jahrhundert auch über den europäischen Raum hinaus widerspiegelte. Zu

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diesem Zeitpunkt hatte die Stadt einen Zustand erreicht, in dem Raumkörper und Baukörper als morphologische Modelle im Dialog miteinander bestehen konnten. Dieser kritische Moment wird durch eine Abbildung besonders anschaulich hervorgehoben, die bereits als Titelbild für die Originalausgabe von Collage City verwendet wurde. Die Darstellung war 1966 im Rahmen des Urban Design Studios im Zusammenhang mit den Figur-Grund-Studien von Wayne Copper entstanden und zeigt den Stadtgrundriss der Innenstadt von Wiesbaden um 1900 in weiß auf schwarzem Grund (Abb.  35).211 Der innere Bereich der Stadt liegt in einer Talmulde zwischen den Taunushöhen im Norden und wird südlich durch den Bogen der Ringstraße räumlich begrenzt. Im westlichen Teil, dem historischen Stadtkern, entwickelte sich eine dichte, geschlossene Bebauung, während der Bereich östlich der mittelalterlichen Stadtmauer seit dem 19. Jahrhundert durch eine lockere Villenbebauung geprägt ist.212 Grafisch entsteht der Eindruck eines kohärenten Feldes mit klar begrenzten Rändern, innerhalb dessen sich je eine durch Baukörper bzw. Raumkörper

Abbildung 35: Wiesbaden um 1900. Figur-Grund-Zeichnung von Wayne Copper, 1967. Cornell University, Kroch Library Rare and Manuscripts. Aus: Copper 1966, Tafel 14.

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geprägte Stadtstruktur zu einem lesbaren Gesamtbild zusammenfügen. Der Plan zeigt Rowe und Koetter zufolge »in höchst vollkommener Weise« eine Strategie der Vermittlung »zwischen anscheinend antagonistischen urbanen Aussagearten.«213 Eine zentrale Differenz zwischen der »Stadt der Modernen Architektur« und der »traditionellen Stadt« sehen Rowe und Koetter in Bezug auf die Wahrnehmung von visuellen oder räumlichen Grenzen im Stadtraum. Das gilt für die ›schützende‹ städtische Fassade ebenso wie für die Gestaltung des Außenraumes. Das Modell der »Ville Radieuse« sei verbunden gewesen mit der Vorstellung, dass der Außenraum sich in kollektivem Besitz befinde und offen zugänglich sei.214 Er wies demnach keine künstlichen Barrieren auf und blieb weitestgehend ungeteilt und ungegliedert. Wenngleich diese Charakterisierung verallgemeinernd und zugespitzt wirkt, kennzeichneten offene Außenräume ebenso wie funktional gestaltete Fassaden zumindest doch einen Großteil der städtebaulichen und architektonischen Planungen in US-amerikanischen wie in europäischen Großstädten zwischen den 1940er und 1960er Jahren. Insbesondere gilt dies für die zahlreichen sozialen Wohnungsbauten, die während dieser Zeit entstanden. Rowe und Koetter argumentieren dagegen, dass in der Bewegung durch ältere Stadtquartiere ein »Ausgeschlossensein« trotz begrenzter Einblicke und verschlossener Durchgänge kaum empfunden würde: »Man sieht oben Lichter, eine Decke, Schatten, einige Gegenstände; aber während man im Geiste alles andere hinzufügt und sich eine Gesellschaft von beispiellosem Glanz vorstellt, von der einen das Schicksal ausgeschlossen hat, empfindet man das nicht eigentlich als Entbehrung. Denn bei diesem eigenartigen Austausch zwischen Sichtbarem und Verborgenem sind wir uns wohl bewusst, dass auch wir unser eigenes Proszenium errichten können [...].« 215

Nicht die absolute räumliche Freiheit, sondern im Gegenteil die örtliche Begrenzung der freien Bewegung durch »Mauern, Geländer, Zäune, Tore [und] Barrieren« stelle eine Qualität städtischer Räume dar, indem der Passant gefordert sei, »scheinbar geheimnisvolle, in Wirklichkeit ganz normale Situationen, die [er] nur teilweise gewahr wird, zu ergänzen«.216 In diesem Zusammenhang beziehen sich Rowe und Koetter konkret auf Newmans Defensible Space-Buch, dass nur kurze Zeit bevor der Collage City-Text verfasst wurde erschienen war. In einer Fußnote dazu schreiben sie: »Newman liefert pragmatische Rechtfertigung für etwas, das in jedem Fall normatives Handeln sein sollte; seine Folgerung aber (die sicher zutrifft), dass räumliche Dispositionen dazu beitragen können, Verbrechen zu verhüten, ist bedauerlich weit von der eher

Case Study. Collage City klassischen Annahme entfernt, dass die Ziele der Architektur mit der Idee der guten Gesellschaft eng verwandt sind.« 217

Diese scheinbar beiläufige Bemerkung ist keineswegs trivial. Rowe und Koetter gehen demnach selbst davon aus, dass die physische Beschaffenheit von städtischen Räumen zur Verhütung von Verbrechen beitragen kann. Sie sehen darin jedoch kein vorrangiges Ziel von Architektur. Newman führe mit seiner Erkenntnis über die Bedeutung von Territorialität lediglich eine »soziologische Begründung« für einen Sachverhalt an, der sich Rowe und Koetter aus ästhetischer Sicht erschließt. Da die »gute Gesellschaft« aber ein Ideal ist – darüber sind sich Rowe und Koetter natürlich bewusst – lassen sich funktionale und formale Aspekte kaum trennen. Obgleich ihr primäres Interesse den gestalterischen Qualitäten einer Architektur in der Tradition der europäischen Stadt gilt, würden sie kaum explizit auf Newmans soziologisch begründeten Schlussfolgerungen hinweisen, hielten sie diese nicht selbst für zutreffend und relevant. Jedoch wehren sich Rowe und Koetter gegen einen Modus, der Prävention durch statistische Wahrscheinlichkeit zur Handlungsanweisung für Architektur und Städtebau macht. In der Erscheinungsform der alten europäischen Stadt, dem Charakter ihrer Fassaden und der Gliederung ihrer Außenräume, sehen sie dagegen die Idee der »offenen Gesellschaft« verwirklicht, die den Schutz der Individuen voreinander als selbstverständliche Grundbedingung impliziert. Dabei stehen Stadtraum und städtische Fassade der »traditionellen Stadt« in einem wechselseitigen Verhältnis. Die Fassade vermag Sicherheit nach Innen wie nach Außen zu schaffen. Fenstergrößen- und proportionen der klassischen Stadtfassade geben weder über Wohnungszuschnitte noch über funktionale Aufteilungen der innenliegenden Räume Aufschluss. Indem sie nur partiell Einblicke aus dem Stadtraum heraus preisgibt, schützt die Fassade den privaten Raum vor den Augen der Öffentlichkeit. Umgekehrt gewährleistet die Einfassung des Stadtraums und dessen Einsehbarkeit aus den angrenzenden Bauten heraus eine Form der natürlichen Überwachung, die zur Steigerung des Sicherheitsempfinden im öffentlichen Raum der Stadt beiträgt. Es kann durchaus davon ausgegangen werden, dass Rowe und Koetter ihre Beobachtungen nicht allein auf europäische Städte beziehen. Ihre Ausführungen gelten ebenso den alten amerikanischen Metropolen, insbesondere der Stadt New York bzw. dem Stadtteil Manhattan. Mit seinen dichten und geschlossenen Blockrandstrukturen wies Manhattan zu Beginn des 20. Jahrhunderts einen Charakter auf, der mit den europäischen Städten durchaus verwandt war. Le Corbusier stilisierte die amerikanische Metropole gar als Antithese zur »Stadt der modernen Architektur« und entwickelte sein Konzept der »Ville Radieuse« nicht nur als Gegenmodell zu Paris, sondern ausdrück-

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lich auch in Opposition zum Stadtbild Manhattans (Abb. 36).218 Zur Ähnlichkeit der Form europäischer und nordamerikanischer Großstädte äußerte sich Rowe in zwei Vorträgen, die mit der Veröffentlichung des Collage City-Buches zeitlich nah zusammenfallen. So fand im Frühjahr 1978 ein Symposium an der Cornell University statt, dessen kontroverse Diskussion zwischen europäischen und amerikanischen Teilnehmern Rowe mit dem Standpunkt kommentierte, er glaube nicht, dass »Orte, wie Rom, Paris und London sich ähnlicher seien als New York, Boston und Philadelphia.«219 In einem Vortrag an der Royal Institution in London im darauffolgenden Sommer erläuterte Rowe am Beispiel der Stadt Rom, wie einzelne Bauten abhängig von der Perspektive entweder als Objekt oder als Struktur lesbar werden.220 Während aus der Vogelperspektive zahlreiche Türme und Kuppeln aus der weitestgehend geschlossenen Dachlandschaft herausragen und objekthafte Bedeutung erhalten, werden die gleichen Gebäude auf der Straßenebene als Teil einer durchgängigen Baustruktur wahrgenommen. Während der Stadtgrundriss auf Straßenebene als zusammenhängende Struktur erscheint, in dem sich Straßen und Plätze als Hohlräume abzeichnen, zeigt sich auf der Schnittebene oberhalb der Traufkanten ein umgekehrtes Bild, in dem einzelne Hochpunkte als isolierte Objekte erscheinen. Dieses Prinzip treffe Rowe zufolge auch auf die Mehrzahl der in der ersten Hälfte

Abbildung 36: Le Corbusier, Manhattan und »Ville Radieuse «, 1935. Aus: Le Corbusier 1967, 202.

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Abbildung 37: Colin Rowe, Sant’Agnese und Chrysler Building, 1981. Aus: Rowe 1996c, 203.

des 20. Jahrhunderts errichteten Hochhäuser Manhattans zu.221 Sie verhielten sich auf Straßenebene »zurückhaltend« und »ruhig« und spielten erst in der Höhe ihren Charakter als eigenständige Objekte aus. Die These wird von Rowe anhand zweier Fotografien verdeutlicht, die William Van Alens Chrysler Building in New York (1931) und die Kirche Sant’Agnese in Rom (1672) zeigen (Abb. 37). Der schlanke Turm des Chrysler Buildings mit seiner abgestuften Krone aus rostfreiem Stahl ragt aus einem massiv wirkenden, ungefähr 20-geschossigen Sockel hervor, der in der Höhe etwa der umgebenden Bebauung entspricht. Auf ähnliche Weise erhebt sich die Kuppel von Stan’Agnese über der Platzwand der Piazza Navona, in die sich fast nahtlos die Fassadenfront der Kirche eingliedert. Rowe und Koetter entwickeln ihre Positionen zur Stadtgestalt aus realen Vorbildern idealtypischer Raumqualitäten, die mit dem Typus der alten europäischen Stadt eng verbunden sind. Dies geschieht über die Arbeit mit vergleichenden Figur-Grund-Zeichnungen, aber auch aus der eigenen Beobachtung und Erfahrung von Raumsituationen vor Ort. Dem Modell der alten europäischen Stadt, insbesondere hinsichtlich der Gestaltung von städtischen Fassaden sowie der Hierarchisierung und Begrenzung von Außenräumen, wird Bedeutung in Bezug auf die Herstellung eines Sicherheitsempfindens

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beigemessen. Kulturelle Bezugspunkte bilden dabei nicht nur die metropolitanen Zentren Europas, sondern auch US-amerikanische Großstädte im 19. und frühen 20. Jahrhundert. So können Rom, London, Paris und New York als die architektonisch-urbanistischen Koordinaten erkannt werden, zwischen denen sich das Bild von der »Stadt der Collage« aufspannt. Collage City umschreibt dann weniger ein abstraktes Gedankenmodell, das sich nur schwerlich in die Realität umsetzen ließe, als vielmehr einen idealtypischen Zustand, der auf ganz konkrete Vorbilder Bezug nimmt. Die Aufmerksamkeit des Urban Design Studios galt folglich der Frage, wie dieser Zustand potentiell fortentwickelt oder dort wiederhergestellt werden kann, wo der öffentliche Raum zurückgedrängt wurde und die Gestaltung von städtischen Fassaden, Straßenräumen und Stadtplätzen den Bedürfnissen der Bevölkerung nach Identität und Sicherheit erkennbar nicht mehr gerecht wurde.

4. N E W YORK UND DAS U RBAN D ESIGN S TUDIO Manhattan. Ein Maßstab Für Colin Rowe und das Urban Design Studio bildete New York einen wichtigen kulturellen und intellektuellen Bezugspunkt. An verschiedenen Veranstaltungen des Museum of Modern Art war Rowe aktiv beteiligt.222 Über die persönliche Bekanntschaft mit Peter Eisenman stand er im Austausch mit dem Institute of Architecture and Urban Studies. Zwischen 1968 und 1969 war Rowe auch selbst dort tätig.223 Ausstellungen, Vortragsreihen und Publikationen aus diesem Umfeld wurden in Cornell aufmerksam verfolgt. Collage City und andere Veröffentlichungen sind erkennbar geprägt auch von Erfahrungen oder Gedanken, die auf die Stadt und das Stadtbild New Yorks direkt oder indirekt Bezug nehmen.224 Die französische Ausgabe von Collage City, 1993 im Verlag Centre Georges Pompidou erschienen, verwendet als Titelbild einen Ausschnitt aus dem Stadtgrundriss Manhattans. Zwischen Mitte der 1960er und Ende der 1980er Jahre entstanden verschiedene Arbeiten aus dem Umfeld des Cornell Urban Design Studios, die konkret auf die Stadt New York fokussierten, darunter etwa ein Fünftel der gesamten UDS Masterthesen zwischen 1969 und 1989. Struktur und Brüche in Manhattans Raster, das Nebeneinander typologisch unterschiedlicher Bebauungsstrukturen, aber auch topografische Besonderheiten wie die unbebauten Uferkanten zum Hudson und East River dienten als ideales Experimentierfeld für spekulative Testentwürfe. Die aufgrund des charakteristischen Blockformates unzureichend ausgebildeten Freiflächen innerhalb der dichten Bebauungsstruktur Manhattans wurden dabei als ein vordringliches Problem erkannt. In einigen Arbeiten fließen auch soziologische und kulturelle Überlegungen

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explizit in die Untersuchungen und Entwurfsbegründungen mit ein.225 Dabei bleiben die sozialen und politischen Spannungen in der Stadt während dieser Jahre nicht unberücksichtigt. Die hohe Bevölkerungsdichte und Tendenz zur Suburbanisierung, Kriminalität und soziale Spannungen bildeten einen programmatischen Rahmen für die unterschiedlichen Entwurfsansätze. Eine wichtige Frage betraf dabei den Umgang mit den im Zuge von Stadtsanierungsmaßnahmen vielerorts entstandenen sozialen Wohnbauprojekten, die aufgrund ihrer charakteristischen Erscheinung und stadträumlichen Struktur aus der umgebenden, häufig kleinteiligen Bebauung bis heute deutlich herausstechen. Insbesondere in Bereichen East Harlems und der Lower East Side sind die Folgen dieser Eingriffe bis heute deutlich sichtbar. Die Abschlussarbeiten des Urban Design Studios folgen insgesamt einem ähnlichen Auf bau. Auf eine einleitende Darstellung, die Ziele und Methoden beschreibt, folgen Analysen des Entwurfsgebietes und Untersuchungen von Fallbeispielen. Verschiedene Entwurfslösungen werden prozesshaft erarbeitet und grafisch sowie schriftlich dargestellt und erläutert. Charakteristisch für den Entwurfsprozess ist die Arbeit mit Figur-Grund-Zeichnungen. Die Präsentation der Lösungen zeigt aber auch Schattenpläne und Modellfotografien. In späteren Arbeiten treten vermehrt auch Volumenstudien sowie axonometrische Darstellungen dazu. Die einzelnen Entwurfsarbeiten sind nicht als abgeschlossene Lösungen zu betrachten, sondern zeigen vielmehr einen Prozess auf, der Variantenbildung miteinschließt und dessen Erkenntnisse auf andere Kontexte übertragbar bleiben. Dabei werden Ansätze und Erkenntnisse aus früheren Projekten des UDS reflektiert und teils neubewertet. Die entwickelten Strategien bleiben übertragbar auf unterschiedliche urbane Kontexte. Die Entwurfsarbeit kann daher als reflexiver Prozess charakterisiert werden. Der Einsatz von Figur-Grund-Zeichnungen als Analyse- und Entwurfswerkzeug im Kontext der Stadt New York erstaunt insofern, weil die Methode bezogen auf die spezifische Stadtgestalt von Manhattan auf den ersten Blick kaum ereignet erscheint. Denn entgegen den alten europäischen Städte, aus deren Untersuchung die Figur-Grund-Methode zuerst hervorgegangen war, entwickelt Manhattan seine charakteristische Form vor allem in der Vertikalen. In den Figur-Grund-Darstellungen bleibt die dritte Dimension jedoch unberücksichtigt. Im Laufe der 1970er Jahre festigt sich zudem die Methode der Collage. Plandarstellungen von bekannten Stadträumen, Gebäuden oder Gebäudeensembles werden dabei losgelöst von ihrem ursprünglichen Kontext collagenartig in das Entwurfsgebiet eingefügt und entsprechend der spezifischen Situation transformiert. Damit sollten zunächst vor allem Größen und Maßstäbe sowie räumliche Bezüge anhand von vertrauten Vorbildern überprüft werden.226 In vielen Entwurfslösungen bleibt die Collage kulturell fremder oder historischer Elemente in bestehende bauliche Strukturen jedoch deutlich erkennbar.

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Manhattan als ›Maßstab‹ steht im Vordergrund der Abschlussarbeit von Charles Graves aus dem Jahr 1981.227 Die Sammlung von Figur-Grund-Zeichnungen zeigt den New Yorker Central Park als collagiertes Raumelement in Plänen verschiedener alter europäischer Städte (Abb. 38). Umgekehrt werden Fragmente europäischer Städte – Rom, Turin – in den Plan Midtown Manhattans eingefügt (Abb. 39). Die Zeichnungen schärfen die Wahrnehmung für den Maßstab unterschiedlicher stadtmorphologischer Strukturen. Sie zeigen aber auch eine Verwandtschaft zwischen der dichten Baustruktur Manhattans und den Grundrissen alter europäischer Innenstädte. In vielen Entwürfen dient Manhattan selbst als Referenz für Lösungsansätze. Anfangs fokussierten die Arbeiten vor allem auf die charakteristische Rasterstruktur und Blockgröße Manhattans sowie auf übergeordnete Elemente wie den Central Park oder den nord-südlich verlaufenden Broadway. Seit etwa Ende der 1970er Jahre treten verstärkt traditionelle New Yorker Blockbebauungen und Apartmenthäuser aus dem ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhundert, institutionelle und öffentliche Bauten, wie beispielsweise die New York Public Library und die Central Station, sowie Wohn- und Geschäftsquartiere wie die Tudor City, das Rockefeller Center und das World Trade Center als Vor-

Abbildung 38: Charles Parker Graves, Manhattan. A Measure, 1981. Cornell University, Kroch Library Rare and Manuscripts. Aus: Graves 1981, Tafel 36.

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Abbildung 39: Charles Parker Graves, Collage Midtown Manhattan, 1981. Cornell University, Kroch Library Rare and Manuscripts. Aus: Graves 1981, Tafel 39.

bilder oder Prototypen auf.228 Viele der späteren Projekte verweisen explizit auf Gedanken aus Collage City.229 Als Referenzen für die »Stadt der Modernen Architektur« werden wiederholt Le Corbusiers »Plan Voisin« für Paris (1925) und Ludwig Hilberseimers Projekt für die Berliner Friedrichstadt (1928) genannt. In die Entwurfsfindung werden historische Vorbilder – größere Gebäudekomplexe, Straßen und Plätze – überwiegend aus alten europäischen Städten und später auch aus amerikanischen Metropolen einbezogen. Insgesamt fokussieren die Arbeiten primär auf physisch-gestalterische Aspekte, beispielsweise auf die Form und Proportion von Objekten und Hohlräumen in der Stadtstruktur sowie auf die Ausbildung von inneren und äußeren Raumkanten. Auch Wegeführungen sowie die Beziehung zwischen inneren und äußeren Freiräumen von Blockstrukturen werden in die zentralen Entwurfsüberlegungen miteinbezogen. Die gestalterischen Aspekte werden dabei grundsätzlich auch mit wahrnehmungsbezogenen Fragen verbunden, beispielsweise mit der Orientierung im Raum oder der Identitätsfähigkeit von Orten sowie mit gesellschaftlichen Themen wie Segregation und öffentliche Teilhabe. Aspekte von Sicherheit, wie beispielsweise die Lesbarkeit und Vertrautheit physisch-räumlicher Strukturen, treten hierbei in unterschiedlichen Zusammenhängen auf.

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Stadt im Park Einen wichtigen Ausgangspunkt für die Auseinandersetzung des UDS mit der Stadt New York bildete der Entwurfsbeitrag eines Teams um Colin Rowe anlässlich einer 1967 im New Yorker Museum of Modern Art gezeigten Ausstellung.230 Der Entwurf für einen Bereich in Harlem, nördlich des Central Parks, ist zugleich exemplarisch für die Herangehensweise des Urban Design Studios zum Ende der 1960er Jahre. Die in den USA um diese Zeit vielerorts geführten kontroversen Debatten um Maßnahmen der Stadterneuerung hatte das MoMA dazu veranlasst, Vorschläge von vier Architektenteams ausarbeiten zu lassen und öffentlich zur Diskussion zu stellen, die die Möglichkeiten und Grenzen architektonischer und städtebaulicher Konzepte ausloten.231 Die Aufforderung des MoMA richtete sich an Teams der Cornell University, der Columbia University und der Princeton University sowie des Massachusetts Institute of Technology (MIT). Die Ausstellung der Arbeiten unter dem Titel »The New City. Architecture and Urban Renewal« sollte einen Beitrag leisten zur allgemeinen Diskussion über die Stadtentwicklung zwischen Bürgern und Entscheidungsträgern der Stadt New York. Im Vorwort der nachträglich erschienenen Publikation fordert Arthur Drexler, zum damaligen Zeitpunkt Direktor des MoMA, sozialräumliche und stadtgestalterische Ziele im Planungsprozess besser miteinander in Einklang zu bringen: »We have at best a confused notion of what architecture and urban planning can be expected to achieve. [...] The arts of architecture and urban design are tools a our disposal: how we use them depends on what we want. We want to solve the pressing social problems of the day so that everyone will have the means and the right to live in cities as comfortable and beautiful as the fantastic resources of technology can make them. We want planning more generous in its view of life than we have so far.« 232

Das gesamte Untersuchungsgebiet schloss große Teile Harlems ein sowie nördliche Abschnitte der Uferkanten zum Hudson und zum East River und die Inseln Randalls und Wards. Das Entwurfsareal bezog einige der damals von sozialen Problemen am stärksten betroffenen Stadtgebiete New Yorks mit ein.233 In den 1960er Jahren führten Kriminalität, Armut und soziale Spannungen in Harlem zu einem bedeutenden Bevölkerungsrückgang, Leerständen und einem Verfall der öffentlichen Infrastruktur. Die während dieser Zeit stark steigenden Verbrechensraten in New York ebenso wie in anderen amerikanischen Großstädten erzeugte in der Bevölkerung zunehmend ein Gefühl von Unsicherheit, das sich zunehmend auch auf das Alltagsleben in der Stadt auswirkte.234 Bis Mitte des 19. Jahrhunderts war das nördliche Manhattan überwiegend landwirtschaftlich geprägt. Mit der Erschließung durch Straßenbahnen und

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Abbildung 40: Colin Rowe u.a., The New City: Architecture and Urban Renewal, 1967. Montage. Aus: Museum of Modern Art 1967, 29.

die U-Bahn entwickelte sich Harlem um die Jahrhundertwende zu einem städtischen Raum urbanen Charakters, geprägt von fünfstöckigen Reihenhäusern und mehrstöckigen, durch Aufzüge erschlossenen Apartmentgebäuden.235 Der Stadtteil wurde bis in die 1920er Jahre zunächst überwiegend von europäischen Juden bewohnt, entwickelte sich aber in den folgenden Jahrzehnten zum kulturellen, ökonomischen und politischen Zentrum der überwiegend afroamerikanischen Bevölkerung. Während der 1940er und 1950er Jahre entstanden in East Harlem eine Vielzahl an öffentlich geförderten Wohnbauprojekten nach dem Typus der »Stadt im Park«.236 Im Zuge von Stadtsanierungsmaßnahmen wurde dabei die bestehende Struktur aus traditionellen Randbebauungen aufgegeben. In der Regel wurden mehrere Stadtblöcke zu sogenannten »Superblocks« zusammengefasst und die vorhandene Bebauung durch Einheiten gruppierter und von Grünflächen umgebener Wohnhochhäuser, überwiegend in rötlichem Backstein, ersetzt. Sowohl aufgrund der Gebäudehöhen als auch

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Abbildung 41: Colin Rowe u.a., The New City: Architecture and Urban Renewal, 1967. Modellfotografie. Aus: Museum of Modern Art 1967, 26.

durch die kontrastierende Bebauungsstruktur – zum Teil waren die neuen Einheiten in ihrer Grundrissgeometrie um bis zu 45 Grad zum Straßenraster gedreht – standen die neuen Gebäude in augenscheinlichem Kontrast zu der umgebenden Bebauung. Das gesamte Entwurfsgebiet wurde unter den Teams der vier Universitäten aufgeteilt. Die Aufgabenstellungen enthielten einen dem jeweiligen Teilausschnitt entsprechenden Fokus. Insgesamt zielten aber alle Projekte auf eine Weiterentwicklung oder Reaktivierung der vorhandenen Strukturen und Nachbarschaften sowie auf die technische Verbesserung und Ergänzung von Wohnungsbauten, öffentlichen Gebäuden und Parks.237 Offene Fragen bezogen sich auf die angemessene Größe von Gebäuden, auf die Organisation von Verkehrswegen und geeignete Verkehrsmittel sowie auf die Gewinnung und Nutzung von Grünflächen. Gemeinsam ist den Arbeiten der Ansatz, architektonische und städtebauliche Gestaltung aus »dem Charakter des Ortes, der Zeit, den Institutionen und den Menschen« heraus zu entwickeln.238 Als Hauptverfasser des Cornell-Beitrages werden Colin Rowe, Jerry Wells, Thomas Schumacher und Fred Koetter genannt.239 Das Entwurfsgebiet des Cornell-Teams umfasste einen Korridor vom nördlichen Ende des Central Parks bis zum Ufer des East Rivers, zwischen Madison Avenue im Osten und Morningside Avenue bzw. St. Nicholas Avenue im Westen, sowie eines angrenzenden kleineren Bereiches westlich des Central Parks. Einen Ausgangspunkt

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für den Entwurf bildete die vorhandene städtebauliche Form mit ihren unterschiedlichen Bebauungsstrukturen: ein Nebeneinander von kleinteiligen, niedrigen Randbebauungen und Arealen mit freistehenden Wohnhochhäusern überwiegend aus den 1950er Jahren. Die Gruppe um Rowe erkannte darin das Zusammentreffen zweier unvereinbarer städtebaulicher Leitbilder, der »traditionellen Stadt« in einer Version des 19. Jahrhunderts und der »Stadt im Park«, dem Modell des frühen 20. Jahrhunderts: »The traditional city, [a solid mass of building with spaces carved out of it], fails to meet our need for open space. The city in the park, [an open meadow within isolated buildings are placed], lacks the density and vitality we associate with the urban experience. [...] This project is designed to mediate between them.« 240

Der Entwurf sah vor, beide Situationen ihrer spezifischen Identität entsprechend weiterzuentwickeln und auf diese Weise architektonische und städtebauliche Vielfalt zu fördern. Das Entwurfsgebiet wurde in drei nordsüdlich gerichtete Korridore mit klar definierten Kanten aufgeteilt. Die beiden äußeren Areale sollen als weitläufige Parklandschaften entwickelt werden und bestehende Bauten sowie ergänzende bis zu 60-stöckige Hochhäuser als freistehende Objekte einbinden (Abb. 40 und 41). Die neuen Grünkorridore, drei bis vier Blocks breit und vierzig bis fünfzig Blocks lang, werden als abgegrenzte Landschaftsräume definiert und bilden eine nördliche Erweiterung des Central Parks. Das dazwischenliegende Gebiet mit einer weitestgehend regelmäßigen und intakten Randbebauung soll erhalten bleiben und vervollständigt werden. Der Plan sah vor, fehlende oder heruntergekommene Bauten durch neue Gebäude – überwiegend »im originalen Stil« – zu ergänzen oder zu ersetzen und verbaute Hinterhöfe in ruhige Gärten zu verwandeln.241 In regelmäßigem Abstand sollen zudem höhere Bauten in den Kreuzungsbereichen der Blockränder eingefügt werden. Die Geschlossenheit der Blockränder wird nach innen teilweise aufgelöst zugunsten einer Freistellung einzelner öffentlicher Bauten. Zur Parkseite bilden die Blockrandbebauungen eine lesbare Kante, die das offene Feld räumlich einfasst. Der vorgeschlagene Entwurf zeichnet sich durch den kontextuellen Dialog der unterschiedlichen städtebaulichen Modelle und ihrer charakteristischen Wohnbautypologien aus. Dabei wird keine Präferenz für das eine oder das andere Modell sichtbar. Die »Stadt im Park« steht neben der durch dichte Blöcke und Straßenräume gekennzeichneten »traditionellen Stadt«. Wohnbautypologien beider Modelle finden in dem Entwurf Verwendung – niedriggeschossige, in die Blockrandstruktur eingepasste Gebäude, teilweise in Form von Zeilenbauten und Reihenhäusern sowie Wohntürme, teils bis zu 60 Geschosse hoch. Der Bedarf an öffentlichen Grünflächen und die Schaffung einer urbanen Atmosphäre werden gleichberechtigt als Voraussetzungen für

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die Entstehung eines ›gesunden‹ urbanen Quartiers erkannt. Programmatisch orientiert sich der Entwurf dagegen eher am Modell der Funktionstrennung als an einer Form der Nutzungsüberlagerung, wie sie für die Stadtquartiere des 19. Jahrhunderts üblich war. Für Gewerbe, institutionelle Einrichtungen und Sportstätten werden zentrale und vergleichsweise große Gebäudekomplexe festgelegt. Die freistehenden Türme in den Parks sind soweit erkennbar als reine Wohnungsbauten konzipiert. Thomas Schumacher, einer der Mitverfasser des Projektes, sieht in dem Entwurf des Cornell-Teams sein Verständnis von ›Contextualism‹ verwirklicht. Neue architektonische Formen und städtebauliche Strukturen leiten sich aus den Ordnungsprinzipien des bestehenden Kontextes ab.242 Mit der Herauslösung der isolierten Hochhaussiedlungen aus der historischen Stadtstruktur und ihrer Einbindung in einen parkähnlichen Kontext würde erreicht, dass »[sie] erscheinen, als wären sie entworfen worden, um miteinander und mit dem Kontext zu koexistieren.«243 Der Entwurf reagiert auch auf grundsätzliche Probleme, die mit der charakteristischen Rasterstruktur Manhattans verbunden werden. Räumlich-gestalterisch betrifft dies vor allem die monotone Erscheinung des Stadtraumes, die durch eine fehlende Differenzierung von Blockgrößen und Gebäudehöhen bewirkt wird. »Das scheinbar endlos ausgedehnte Feld,« schreiben Rowe und Koetter in Collage City, habe »die Tendenz die Wahrnehmung zu lähmen.«244 In der Loslösung von der Rasterstruktur sieht Schumacher auch eine wahrnehmungsbezogene Dimension: »Because all streets are same, initial orientation changes and becomes disorientation. No sense of place occurs because no place is different from any other place. The medieval town is of course the reverse. Initially impossible to fathom, it ultimately offers total orientation with familiarity.« 245

In einer typologisch vielfältigen städtischen Gestaltung wird die Fähigkeit erkannt, Vertrautheit mit dem physisch-räumlichen Umfeld zu erzeugen und Orientierung sicherzustellen. Der Entwurf macht dabei nicht den Versuch, Irregularität, wie sie die mittelalterlichen Kerne alter europäischer Städte charakterisiert, künstlich zu replizieren. Dagegen erzeugt er charakteristische Orte durch differenziert gestaltete Kreuzungsbereiche und durch die Ausbildung einzelner herausstehender Hochpunkte, die aus der näheren und ferneren Umgebung lesbar werden. Wenngleich auch ein expliziter Verweis ausbleibt, lassen sich Schumachers Bemerkungen zur Orientierung im städtischen Raum durchaus mit Positionen vergleichen, die Kevin Lynch in seiner Studie The Image of the City [Das Bild der Stadt] (1960) in Bezug auf die Rolle von »Knotenpunkten« und »Landmarken« vertritt.246 In der Entwurfslösung kommt dem Element des Parks eine zentrale Bedeutung zu, sowohl in Bezug auf die Reorganisation der städtebaulichen Struktur

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als auch in der Zielsetzung einer Wiederherstellung der urbanen Lebensqualität. Tatsächlich wurde seit etwa Mitte der 1960er Jahre der Beitrag städtischer Parkanlagen zur Verbesserung der Lebensbedingungen in der Stadt wieder stärker berücksichtigt.247 Die zunehmende Abwanderung der Mittelschicht in die Vororte und die damit einhergehende schwierige ökonomische Situation bewirkten in dieser Zeit ein Umdenken in der Gestaltung und Nutzung von städtischen Grünanlagen.248 Neue Parkkonzepte setzten auf großflächige und nutzungsoffene Areale sowie auf eine Öffnung der Gärten für neue Aktivitäten und breite Bevölkerungsschichten.249 Während der Central Park in New York noch zu Beginn der 1960er Jahre verlassen und vernachlässigt wirkte und von der Bevölkerung als unsicher empfunden und gemieden wurde, nahm die Angst vor Verbrechen bis Ende des Jahrzehnts stetig ab.250 Wenngleich einzelnen Verbrechen, die sich im Central Park ereigneten, große Medienaufmerksamkeit entgegengebracht wurde, war die Kriminalität im Vergleich zur übrigen Stadt tatsächlich relativ niedrig. Die Historiker Elisabeth Blackmar und Roy Rosenzweig argumentieren, dass das mit der Öffnung des Central Parks verbundene Zusammentreffen von Gruppen unterschiedlicher ethnischer und sozialer Zugehörigkeit zu einem gesellschaftlichen Prozess des Umdenkens beitragen hat, der das Fremde zunehmend vertraut erscheinen ließ und mithin ein gesteigerten Empfinden von Sicherheit bewirkte. Das Bild des Stadtparks versprach zu dieser Zeit durchaus relative Sicherheit in einem städtischen Umfeld, dass durch Kriminalität, Armut und Segregation geprägt war. Mit Blick auf die Entwurfslösung des Cornell-Teams kann das Modell des städtischen Parks daher als räumlich und sozial stabilisierendes Element interpretiert werden, dass mit einer Verbesserung der Lebensqualität in den benachbarten urbanen Räumen verbunden wurde. Allerdings stellt sich die Frage, inwieweit eine Realisierung des Plans tatsächlich umsetzbar und wünschenswert gewesen wäre.251 Die Umwandlung großer Teile des Stadtgebiets und ihrer bestehenden Nachbarschaften in Grünanlagen wäre nicht nur technisch und ökonomisch aufwendig gewesen, sondern hätte auch die Umsiedlung von Teilen der Bevölkerung sowie die Enteignung einer Vielzahl von Hauseigentürmern bedeutet. In seiner Radikalität des Eingriffs bleibt der Vorschlag mit seinem ideellen Bezugspunkt, Le Corbusiers »Plan Voisin« für Paris (1925), verwandt. Es bleibt dennoch festzuhalten, dass das Element des Stadtparks für Rowe und das Urban Design Studio einen wichtigen Bezugspunkt darstellt. Im Vergleich mit den Arbeiten der drei anderen Teams zeigen sich deutlich die Qualitäten des Entwurfs. Während der Ansatz des Cornell-Teams die urbane Qualität der vorhandenen städtischen und architektonischen Gestaltung explizit hervorhebt und diese – zumindest in Teilen – aktiv weiterentwickelt, gilt das Interesse der anderen Beiträge weitaus stärker formalen oder technischkonstruktiven Aspekten. So schlug beispielsweise das Team der Columbia University, eine Gruppe aus Architekten, Ingenieuren und beratenden Fach-

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planern, die Überbauung der vorhandenen Bahnlinie entlang der Park Avenue mit neuen Wohnungen, Ladenpassagen und kommunalen Einrichtungen vor (Abb. 42).252 Der stark verdichtete, lineare Gebäudekomplex sollte sich über fast vierzig Blocks erstrecken und einen Impuls für die flächendeckende Erneuerung der gesamten Nachbarschaft geben. In der Kommentierung des Entwurfs sehen die Verfasser in einer »radikal neuen Park Avenue« das Symbol für eine neue städtische Lebensart und einen »konzentrierten und autonomen Nuklues« für die Erneuerung des gesamten Quartiers.253 Die Gruppe um Peter Eisenman und Michael Graves schlug eine Sequenz von neuen öffentlichen Plätzen sowie die Erschließung und Nutzbarmachung der nördlichen Uferbereiche des Hudson River vor. Zwar ist der Entwurf des Princeton-Teams dem Cornell-Plan in Bezug auf die formale Modifizierung des städtischen Rasters verwandt.254 Die Darstellungen des Entwurfs konzentrieren sich jedoch kaum auf die Gestaltung des urbanen Raums, als vielmehr auf die architektonische Ausformulierung eines projektierten Gebäudekomplexes, der sich über etwa dreißig Blocks parallel zur Uferkante erstrecken und den Übergang von Land zu Wasser räumlich inszenieren sollte. Im Kern des MIT-Entwurfs steht die Idee einer Stadterweiterung in den East River. Dazu sollte das Gelände zwischen East Harlem und den Inseln Randalls und Wards Island aufgeschüttet und bebaut werden. Für diese Bereiche wird eine Architektur vorgeschlagen, die die Erdgeschosszonen weitestgehend offen lässt und eine zusammenhängende Struktur aus Brücken, Fußgängerwegen und Plattformen auf verschiedenen Ebenen bildet (Abb. 43). Die »Neue Stadt« sollte bewusst »neue Lebensweisen fördern.«255 Die Idee drückt sich architektonisch und städtebaulich im Kontrast zu der vorhandenen dich-

Abbildung 42: Jaquelin Robertson u.a., The New City: Architecture and Urban Renewal, 1967. Aus: Museum of Modern Art 1967, 34.

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Abbildung 43: Stanford Anderson u.a., The New City: Architecture and Urban Renewal, 1967. Aus: Museum of Modern Art 1967, 45.

ten Baustruktur aus. Interessant ist in dieser Hinsicht, dass der Entwurf ebenfalls für eine Erhaltung und bautechnische Aufwertung der vorhandenen Baustrukturen eintritt und darüber hinaus auch Möglichkeiten zum Umgang mit den im Entwurfsgebiet präsenten Public-Housing-Projekten darstellt.256 Vorgeschlagen wird hier eine bauliche Ergänzung der Bereiche auf Erdgeschossniveau durch neue Wohn- und Gewerbe- oder institutionelle Nutzungen, um die Ablesbarkeit der Blockstrukturen wiederherzustellen. In dem Nebeneinander aus ›alter‹ Stadt und einer Art neuen Stadt im Grünen besteht eine gewisse Parallele zu dem Cornell-Plan. Der Entwurf des MIT-Teams ist dabei jedoch weniger von einem typologischen Interesse und kontextuellen Fragen geleitet, als vielmehr von den Möglichkeiten und Erwartungen, die sich mit der Manipulation der Topografie und dem Bild einer durchlässigen Stadt über dem Wasser verbinden. Die Radikalität der Vorschläge im Umgang mit den bestehenden baulichen und sozialräumlichen Strukturen in East Harlem führte innerhalb des Cornell Urban Design Studios in den folgenden Jahren zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der spezifisch physisch-räumlichen Situation in New York City.257 Die Untersuchung der Arbeiten des UDS im Kontext New Yorks bestätigen in dieser Hinsicht den in Äußerungen von Colin Rowe angedeuteten Wandel von Leitbildern innerhalb des Urban Design Studios nach 1970.258

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Abbildungen 44 | 45: Henry Richardson, Alternatives to Built Form and Textures in Manhattan, 1970. Cornell University, Kroch Library Rare and Manuscripts. Aus: Richardson 1970, o.S.

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Lernen von New York Unter dem Titel »Alternatives to Built Form and Textures in Manhattan« entstand 1970 eine Masterarbeit im Urban Design Studio, die einen Teilausschnitt des Entwurfsgebietes, das der MoMA-Ausstellung zugrunde lag, erneut behandelte.259 In dem fokussierten Areal sind die Auswirkungen des früheren Flächenabrisses bis heute besonders ausgeprägt erkennbar (Abb. 44). An Stelle geschlossener Blockbebauungen aus dem frühen 20. Jahrhundert entstanden hier vor allem in den 1950er Jahren eine Vielzahl verdichteter Wohnkomplexe als Projekte des sozialen Wohnungsbaus. Die bis zu 14-stöckigen Hochhäuser in rotem Backstein sind überwiegend vom Straßenraum abgerückt und in begrünte Parkflächen eingebettet. Henry Richardson, Verfasser der Abschlussarbeit und heute selbst Architekturprofessor an der Cornell University, war in East Harlem aufgewachsen und mit den Problemen der Nachbarschaft in Folge von Armut, Kriminalität und Stadtflucht gut vertraut. In der Aufgabe einer städtebaulichen Neuordnung des Quartiers hatte er damals die Möglichkeit gesehen, auf physisch-räumlicher Ebene Lösungen zu entwickeln, die dazu beitragen, das alltägliche Leben der Bevölkerung gerade auch in Hinsicht auf ihr Sicherheitsempfinden im eigenen Wohnumfeld zu verbessern.260 Anders als das Cornell-Team von 1967 steht Richardson einer weiteren Auflösung der traditionellen Stadtstruktur sowie dem Typus des Wohnhochhauses in offenen Grünflächen insgesamt kritisch gegenüber.261 In der vorgeschlagenen Entwurfslösung weichen die vorhandenen Hochhausareale einer niedrigen, zusammenhängenden Bebauungsstruktur, die sich zwar formal an Grundelemente aus Le Corbusiers Entwurf für die »Ville Radieuse« orientiert, dabei aber lokale Differenzierungen und physisch-kontextuelle Anpassungen vornimmt, beispielsweise durch Stärkung der Raumkanten gegenüber dem Ufer des East River (Abb. 45). Nach Aussage Richardsons zielte die Arbeit auf die Untersuchung »alternativer« städtischer Bebauungsstrukturen innerhalb des für Manhattan charakteristischen Rasters, die dem Bedürfnis der Bewohner nach angemessen dimensionierten und räumlich eingefassten Freiflächen sowie nach funktionaler Durchmischung gerecht werden.262 Zusammenhänge zwischen spezifischen Baustrukturen [textures] und der kulturell und sozioökonomisch bedingten Lebensweise der Bevölkerung werden von Richardson auch anthropologisch begründet: »In terms of relationship between solids and voids and their general implications for activity patterns, the present solid texture of Manhattan is a highly compartmentalized or monochronic texture. It has little or no immediate open spaces associated with built areas except those concentrated in designated park areas. While this distribution may be quite appropriate for certain cultural groups, it is highly questionable as to its suitability to the life styles and activity patterns of the particular ethnic and socio-economic

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Stadt und Sicherheit groups living in the study area who are predominantly Black and Puerto Rican, with high dependency ratios and a life style which is generally polychronous.« 263

Richardsons nimmt hier implizit Bezug auf das von dem amerikanischen Anthropologen Edward T. Hall (1914-2009) gegen Ende der 1950er Jahre entwickelte Verständnis kulturell bedingter Unterschiede im Umgang mit der Zeit. In der zuerst 1959 erschienenen Publikation The Silent Language verwendet Hall die Begriffe »monochon« und »polychron«, um unterschiedliche Verhaltensmuster in der Organisation beruflicher bzw. alltäglicher Aufgaben zu beschreiben.264 »Monochron« bezeichnet demnach ein Nacheinander im Sinne einer scharfen Trennung von Arbeitsschritten und »polychron« ein Nebeneinander oder eine Gleichzeitigkeit in der Durchführung verschiedener Handlungen. Bezogen auf den städtebaulichen Kontext könnte in diesem Zusammenhang konkret die Trennung bzw. Mischung von Funktionen gemeint sein, die sich insbesondere auch in der physisch-räumlichen Verknüpfung von Gebäuden und Freiräumen widerspiegelt. Ein vergleichbares Vorhaben, das architektonische Entwurfsansätze mit Erkenntnissen zeitgenössischer soziologischer und anthropologischer Autoren verknüpft, zeichnet auch eine zweite UDS-Abschlussarbeit aus dem Jahr 1970 aus.265 Auswirkungen der Wahrnehmung physisch-räumlicher Strukturen auf ein Sicherheitsempfinden von Menschen werden darin auch explizit thematisiert. Am Beispiel eines Areals auf der Ostseite Manhattans erörtert die Verfasserin Isabelle Herpin in ihrer Untersuchung Zusammenhänge zwischen urbaner Gestaltung und kulturell geprägten Formen der Raumwahrnehmung und Raumaneignung. Herpin hebt in ihrer Analyse insbesondere die Bedeutung des Straßen- und Außenraums für das Selbstverständnis und Sicherheitsgefühl der Bewohner in den von sozialschwachen, ethnischen Minderheiten geprägten älteren Stadtquartieren hervor.266 Dem verstärkten Bedürfnis dieser Bewohner nach Sicherheit im Sinne eines Gefühls der Abwesenheit von externen Bedrohungen könne vor allem durch die physische Ausweitung des als vertraut empfundenen Zuhauses auf die unmittelbare Umgebung entsprochen werden. Die Ausbildung eindeutig definierter Grenzen sowie die Differenzierung des Außenraums nach Innen und nach Außen, wie sie durch die Struktur der traditionellen Blockrandbebauungen gegeben ist, trage dabei maßgeblich zur Lesbarkeit von Straßen- und Außenräumen als halb-private Räume bei. Die Wahrnehmung von physischen Grenzen zur Orientierung im Raum wird dabei als Grundbedürfnis eines subjektiven Sicherheitsempfindens erkannt: »Delimiting the space is a basic need of security: the real or symbolic separation of the known from the unknown. The inability to relate oneself to the space is the cause of major psychological distresses. People need clues to orientate themselves; orientation

Case Study. Collage City is the first step in the process of turning ›nowhere‹ into space, going along with the self identification process of turning ›nobody‹ into ›somebody‹.« 267

Herpin kommt zu der Auffassung, dass die physisch-räumliche Struktur der bestehenden, traditionellen Stadtquartiere aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert, wie sie in Teilen Manhattans noch vorhanden sind, ihren Bewohnern eine Form von »physischer« und »sozialer« Sicherheit gewährleisten können, die in den seit den 1940er Jahren errichteten sozialen Wohnbauprojekten, die vielfach durch eine Loslösung der Wohneinheiten vom Stadtraum gekennzeichnet sind, kaum erreicht werden kann.268 Angesichts einer zur damaligen Zeit insgesamt zunehmenden Tendenz zur Isolierung der städtischen Bevölkerung von ihren nachbarschaftlichen Strukturen, so Herpins Schlussfolgerung, können »kulturelle Enklaven« mit ihrem funktionierenden integrativem sozialen Gefüge auch gestalterisch als Vorbild für die Erneuerung und Erweiterung von Stadtquartieren erkannt werden: »The ethnic enclave becomes not only useful in the difficult process of assimilating minority groups, but represents, in itself, a possibly valid alternative to the prevailing lifestyles of the urban setting. We may have to learn from the ›cultural enclaves‹ a way of life integrating all the dimensions of man.« 269

Innerhalb des Cornell Urban Design Studios gewinnt die Auseinandersetzung mit stadtmorphologischen Strukturen mittels Figur-Grund-Analysen seit etwa 1970 auch gesellschaftliche und soziale Relevanz, indem urbane Formen unmittelbar mit lokalen und kulturellen Nutzungs- und Verhaltensstrukturen in Verbindung gebracht werden. Explizit werden in diesem Zusammenhang Aspekte von Sicherheit und Orientierung in städtischen Räumen thematisiert. Im Kontext der Stadt New York fokussieren spätere Arbeiten stärker noch auf die Suche nach spezifischen Entwurfsstrategien und Ansätzen im Umgang mit Strukturbrüchen. Die »qualitative Interpretation bestehender physischer Strukturen« wird dabei als methodischer Ansatz begriffen und in Opposition zu einem Entwurfsprozess gesehen, der primär programmatischen Kriterien folgt.270 Wie sich in der Arbeit von Isabelle Herpin bereits andeutet, bildet die Stadt New York und insbesondere Manhattan zunehmend selbst eine wesentliche Referenz für die Suche nach geeigneten Vorbildern. So bildet in der Arbeit von Barry Schwartz (1980) der Rückbezug auf alte New Yorker Wohntypologien, hier konkret das Vorbild der Grand Street Apartments, einen Entwurfsansatz.271 Der Typus eines kooperativen Wohnungsbaus aus den 1930er Jahren weist eine Blockrandbebauung mit begrüntem, innenliegenden Hof auf sowie eine zum Straßenraum gerichtete umlaufende Ladenzeile in der Erdgeschosszone. Der halböffentliche Hof wird von den beiden Querseiten durch einen mit einem Torbogen gekennzeichneten Durchgang

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Abbildungen 46 | 47: Charles Klamon, The Normative Urban Grid, 1989. Cornell University, Kroch Library Rare and Manuscripts. Aus: Klamon 1989, o.S.

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erschlossen. Im Gegensatz zu den Wohnhochhäusern nach dem Vorbild des Modells der »Stadt im Park« sieht Schwartz darin ein Beispiel für einen »traditionellen Urbanismus«, der sich durch die Fähigkeit auszeichnet, öffentliche und private Außenräume eindeutig zu definieren und zu differenzieren.272 In seinem Entwurf für ein Areal in der Lower East Side von Manhattan weichen die bestehenden isolierten Hochhausstrukturen aus den 1940er und 1950er Jahren vollständig einer geschlossenen Bebauungsstruktur nach dem Vorbild des Typus der Grand Street Apartments. Mit Blick auf die Rasterstruktur Manhattans stellt sich in den Arbeiten die Frage nach der Differenzierung städtischer Räume in öffentliche und in halbprivate Außenräume auch über die Maßstabsebene des einzelnen Stadtblocks hinaus. Thematisiert wird in diesem Zusammenhang beispielsweise die Mehrfachlesbarkeit der Identitäten von Straße, Block, Quartier und Stadtteil sowie die Einbindung des konkreten Entwurfsgebietes in übergeordnete Strukturen.273 Für ein Areal in der Upper West Side von Manhattan, das bislang maßgeblich durch freistehende Wohnhochhäuser geprägt war, wird in der Arbeit von Charles Klamon (1989) eine alternative Bebauung vorgeschlagen, die eine Struktur aus vier Quadranten beschreibt, die sich räumlich-gestalterisch sowie programmatisch unterscheiden (Abb. 46 und 47). Die Quadranten umschließen jeweils eine Parkfläche, in die unterschiedliche öffentliche Einrichtungen platziert wurden. Diese Bauten bleiben nach Innen als Objekte lesbar, während die Quadranten nach Außen geschlossene, vertikale Kanten ausbilden, die das jeweilige Quartier umschließen. Zum Teil markieren höhere turmartige Gebäude die Quadranten zu ihren Ecken oder sie bilden torähnliche Situationen aus. Dem konkreten Entwurf gingen zunächst Studien zu historischen Rastergrundrissen voraus. Als Vorbilder für Strukturen und raumbildende Elemente dienten der Plan der Altstadt von Savannah im Bundesstaat Georgia sowie die Anlage des antiken Diokletianpalast in der kroatischen Stadt Split: »Savanna, Georgia, and Diocletian’s Palace at Spalato were two images that might serve as appropriate points of departure containing a Utopian image for the normative grid condition. Savanna, being the definitive prototype for the American grid city, also provides an arrangement of open space constructed gardens in a democratic, egalitarian format. Diocletian’s Palace, on the other hand, provides a useful example of a layout that can be read as a complete entity or a series of sub-districts. It has a definitive hierarchical arrangement with distinct precincts containing various private or public functions. Objects, fabric and streets all maintain a presence without dominating the overall reading. In fact, a multiplicity of readings are present.« 274

Während die städtebauliche Grundstruktur konzeptionell vor allem dem antiken europäischen Vorbild entlehnt wurde, orientieren sich die in der Ent-

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wurfslösung vorgeschlagenen Gebäudetypen formal am Beispiel New Yorker Apartmenthäuser, wie sie gegen Ende des 19. und frühen 20. Jahrhunderts in der Upper East Side von Manhattan entstanden waren. Deren charakteristische gestalterische Elemente wie Sockel, Höfe und Türme werden neu kombiniert und als hybride Strukturen interpretiert, die Blockrand und Hochhaus miteinander verbinden (Abb. 48). Unter den gegebenen Bedingungen der Rasterstruktur entwickelt die Arbeit formal-gestalterische Strategien, die zur Ausbildung differenzierter und identitätsstiftender städtischer Räume auf unterschiedlichen Maßstabsebenen beitragen können.275 Die Komposition stadtgestalterischer Elemente wie Höfe, Mauern und Türme sowie die Adaption bekannter, lokaler Gebäudetypen werden dabei als Mittel erkannt, um urbane Lebensqualitäten in öffentlichen wie in privaten Räumen potentiell zu erzeugen.276 Die Bestimmung eines geeigneten Verhältnisses zwischen Volumen und Hohlkörpern sowie zwischen Objekten (Turm) und Strukturen (Block) entwickelt sich dabei unter Einbezug konzeptioneller und gestalterischer Vorbilder aus lokalen sowie ortsfremden, jedoch kulturell verwandten städtischen Kontexten. Eine weitere Arbeit aus dem Jahr 1989, dem letzten Jahrgang des UDS unter Leitung von Colin Rowe, thematisiert die Lesbarkeit von Objekten und

Abbildung 48: Charles Klamon, The Normative Urban Grid, 1989. Cornell University, Kroch Library Rare and Manuscripts. Aus: Klamon 1989, o.S.

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Strukturen auch mit Blick auf die ökonomisch bedingte hohe Bebauungsdichte Manhattans sowie den Typus des Hochhauses.277 Ausgehend von einer Betrachtung der spezifischen Baustruktur Manhattans plädiert der Verfasser Carter Hord für eine kritische Auseinandersetzung mit den allgemein als gegensätzlich empfundenen Definitionen von Objekt [object] und Struktur [fabric].278 Konkret wird danach gefragt, wie sich der Typus des Hochhauses in eine städtebauliche Struktur einfügen lässt, die ein kohärentes und differenziertes Raumgefüge aufweist, vergleichbar mit der von Rowe als »traditionell« bezeichneten Stadt nach europäischem Vorbild: »Manhattan presents a unique architectural condition and consequently an interesting environment in which to discuss these questions. Manhattan is certainly made up of a cohesive urban fabric, yet is it not a collection of object buildings? An object building is generally not thought of as having the ability to create traditional urban space. Is this actually the case? If an object building or skyscraper is not part of traditional urban space, can it not still be urban? Physical interaction with an object building tends to be limited, yet it can still be experienced urbanistically.« 279

Die Frage nach der Lesbarkeit von Objekten und Strukturen wird hier vor allem in Bezug zur Maßstabsebene bzw. zur visuellen Distanz gesetzt.280 So fällt bei der Betrachtung Manhattans als Figur-Grund-Darstellung auf, dass aufgrund der geografischen Insellage die bauliche Struktur vor dem Hintergrund der umgebenden Wasserflächen als objekthaft oder figürlich lesbar wird, während sie im Verhältnis zur Figur des Central Parks als Grund erscheint. Aus der Perspektive des Stadtraums heraus erzeugt die dichte Ansammlung von Hochhäusern den Charakter einer zusammenhängenden Struktur. Das einzelne Hochhaus dagegen wird nur dort als Objekt erfahrbar, wo der Raum sich öffnet und die notwendige visuelle Distanz eine Wahrnehmung des ›Ganzen‹ ermöglicht. Beispielhaft gilt diese Wechselbeziehung für Vorbilder wie das Rockefeller Center, aber auch für niedrigere Bauwerke wie die New York Public Library oder die Central Station, die aufgrund ihrer Positionierung zum Raster sowie ausgeprägter Freiraumbezüge im Stadtgrundriss weder eindeutig als Teil einer Struktur noch eindeutig als Objekte lesbar werden. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen entwickelt die Arbeit Lösungsvorschläge für ein konkretes Entwurfsgebiet auf der Westseite Manhattans. Das Areal umfasst eine brachliegende Fläche der New York Central Railway und stößt einseitig an das Ufer des Hudson River. Angrenzend befinden sich teils ältere intakte Blockrandbebauungen, teils aufgelöste Stadtblöcke mit freistehenden Wohnhochhäusern aus den 1950er und 1960er Jahren. In der finalen Entwurfsfassung wird eine Bebauungsstruktur vorgeschlagen, die im Plan eine Vervollständigung der größeren städtebaulichen Figur erreicht und gleichzeitig als eigenständige formale Komposition lesbar bleibt. Der Entwurf

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umfasst geschlossene Blockstrukturen basierend auf den Abmessungen des Manhattan-Rasters sowie unterschiedlich dimensionierte, baulich gefasste öffentliche Stadträume. Zum Ufer des Hudson River bildet die Bebauung eine lesbare Stadtkante. Die vormals fragmentierten Ränder bilden mit der neuen Bebauung eine schlüssige Gesamtkomposition, sodass die bestehenden Hochhausstrukturen erhalten werden können und gezielte stadträumliche sowie neue visuelle Bezüge entstehen. Dem Entwurfsprozess dieser Arbeit ging eine Untersuchung bekannter Beispiele von Blockstrukturen sowie städtischen Uferkanten voraus. Die betrachteten Vorbilder stammen zum Teil aus europäischen Städten, jedoch überwiegend aus Manhattan, wie etwa das Rockefeller Center, die Public Library oder die Central Station. In Entwurfsvarianten wurden anschließend einzelne dieser Bausteine collagenartig in das Gebiet eingefügt. Der Prozess der Collage erfolgte in Figur-Grund-Darstellungen und diente dem Verfasser zufolge zunächst der eigenen Annäherung an den Maßstab des konkreten stadträumlichen Kontextes.281 Die Arbeit mit vertrauten architektonischen Vorbildern, die aufgrund vergleichbarer topografischer, formaler oder programmatischer Bedingungen geeignet erscheinen, könne Aufschluss geben über die Wirkung architektonischer Setzungen im Stadtraum. Wie aus den Entwurfserläuterungen des Verfassers hervorgeht, beschränkt sich die Collage keinesfalls bloß auf die Ebene des Figur-Grund-Plans, sondern bezieht die physische Gestaltung der verwendeten Elemente explizit ein. In Bezug auf die Wiener Hof burg ver-

Abbildungen 49 | 50: Links: Carter Hord, Collage der Wiener Hofburg, 1989. Rechts: Wayne Copper, Hofburg, Wien, 1967. Cornell University, Kroch Library Rare and Manuscripts. Aus: Hord 1989, 43 | Copper 1967, Tafel 27.

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Abbildungen 51 | 52: Links: Carter Hord, Collage des Markusplatzes, 1989. Rechts: Wayne Copper, Markusplatz, Venedig, 1967. Cornell University, Kroch Library Rare and Manuscripts. Aus: Hord 1989, 46 | Copper 1967, Tafel 3.

weist Hord beispielsweise auf die stadträumliche Wirkung der zwei Fassaden des Südostflügels zum Burggarten bzw. zum Heldenplatz (Abb. 49 und 50): »The justification results from noticing a similar edge condition in two cities. The Ringstrasse in Vienna is a park system which wraps the dense city fabric at the edge of the old city. The Hofburg extends from the edge of the city into the open park space and presents two formal facades. The building remains connected to the city fabric while achieving an object quality as well. This type of composite building works to separate the long narrow site into two smaller open spaces while giving each one a different facade.« 282

Für weitere Collagen verwendet die Arbeit unter anderem das Vorbild des Markusplatzes in Venedig, der in Bezug auf seine Lage am Ufer eine vergleichbare städtebauliche Situation aufweist (Abb. 51 und 52). Die finale Entwurfsfassung enthält dagegen ausschließlich Referenzen, die auf Manhattan selbst verweisen: den Hochhauskomplex des Rockefeller Centers mit der davor gelagerten Rockefeller Plaza, die Wohnanlage Tudor City mit ihren terrassierten Parkflächen und Wohntürmen sowie den nordsüdlich, teils diagonal zur Rasterstruktur verlaufenden Broadway. So generiert sich der Entwurf aus strukturellen (Raster, Blockgrößen und -typen) sowie aus prototypischen Elementen (Bauwerke, öffentliche Räume, besondere Straßen), die aus der Stadtgestalt New Yorks selbst abgeleitet werden. Die Fügung der collagierten Einzelelemente zu einer neuen Ordnung erfolgt durch formale Anpassungen an den neuen

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Kontext. Trotz formaler Abstraktionen und Modifikationen sind die Vorbilder aufgrund ihrer charakteristischen Erscheinung in den Darstellungen der endgültigen Entwurfslösung wiederzuerkennen (Abb. 53 und 54).

Collage und Stadt Zwar stellen die physische Erscheinung und räumliche Wirkung der Elemente ein wesentliches Kriterium für ihre Verwendung dar, der Collageprozess selbst erfolgt jedoch auf der Ebene des Figur-Grund-Plans. Dabei werden die einzelnen Elemente aus ihrer ursprünglichen Position im Stadtgrundriss herausgelöst und über dem Entwurfsgebiet schrittweise neu zusammengesetzt. Bestehende städtebauliche Strukturen werden dabei teilweise oder vollständig überlagert. Die Collage, verstanden in ihrer künstlerischen Bedeutung als ein aus Fragmenten in flachen Schichten zusammengesetztes Klebebild, veranschaulicht den individuellen Entwurfsprozess.283 Es lässt sich jedoch ebenso auf die Arbeit des UDS insgesamt übertragen. Betrachtet man die verschiede-

Abbildungen 53 | 54: Carter Hord, Manhattan Object-Fabric, 1989. Cornell University, Kroch Library Rare and Manuscripts. Aus: Hord 1989, 55, 56.

Case Study. Collage City

nen Entwürfe, die im Kontext der Stadt New York entstanden sind, so entsteht der Eindruck einer zusammenhängenden Collagearbeit, bei der fortwährend Teilbereiche des Stadtgrundrisses neu überformt werden. Dieser Prozess folgt keinem übergeordneten städtebaulichen Gesamtplan oder Idealbild, sondern stützt sich vielmehr auf konstante Entwurfsparameter und die Wiederverwendung bekannter stadträumlicher Elemente. Gemeinsam ist den einzelnen Arbeiten eher die Qualität als die Herkunft der verwendeten Elemente. So werden in den untersuchten Projekten des UDS physisch-gestalterische Eigenschaften von städtischen Räumen und Strukturen konkret mit dem Empfinden von Sicherheit sowie mit Fragen der Orientierung und der Identitätsfähigkeit auch mit Blick auf unterschiedliche Maßstabsebenen verbunden. Die Kohärenz und Lesbarkeit von Stadträumen werden hierbei als wesentliche Kriterien einer qualitätsvollen und mithin sicheren urbanen Lebensumwelt erkannt. Dementsprechend kommt der Wechselbeziehung zwischen formaler Anpassung und Differenz, die sich im Spannungsverhältnis von Objekt und Struktur grundlegend ausdrückt, eine besondere Bedeutung bei der Erzeugung stadträumlicher Qualitäten zu. Die im Zusammenhang der untersuchten Arbeiten auch im Hinblick auf Aspekte von Sicherheit geäußerte Kritik an den Hochhausprojekten des sozialen Wohnungsbaus der 1950er und 1960er Jahre richtet sich entsprechend gegen die fehlende Lesbarkeit einer zusammenhängenden Stadtstruktur und den Mangel an differenzierten Außenräumen. Im Fall der Stadt New York entwickelt sich die Beziehung zwischen formaler Anpassung und Differenz wesentlich in Bezug auf Eigenschaften des konkreten Ortes, insbesondere in Relation zur Grundstruktur des Straßenrasters. So fördert das Raster die Ausbildung kohärenter, jedoch gleichförmiger Stadträume in der Horizontalen, während die Möglichkeiten der formalen Differenzierung weitestgehend auf die Vertikale beschränkt bleiben. In dieser Charakteristik besteht auch ein grundsätzlicher Unterschied zum Modell der alten europäischen Stadt mit ihrem differenzierten und hierarchisierten Gefüge aus Straßen und Plätzen. Es ist daher durchaus nachvollziehbar, dass in den untersuchten Arbeiten des UDS verstärkt eine Orientierung an Vorbildern erfolgt, die sich unter den Voraussetzungen des New Yorker Rasters entwickelt und in diesem spezifischen Kontext gleichsam idealtypische Qualitäten hervorgebracht haben. In ihrem ambivalenten Verhältnis zum physisch-räumlichen Kontext, das eine eindeutige Lesart formaler Anpassung oder Differenz nicht zulässt, sind diese Vorbilder den europäischen Idealtypen dennoch verwandt. Die Collagemethode macht sich die Erkenntnisse um die spezifischen Qualitäten bekannter Vorbilder, deren stadträumliche Wirkung und Wahrnehmung konkret einzuschätzen sind, gezielt zunutze. Die Verwendung von vertrauten Beispielen, setzt dabei voraus, das in den baulichen Strukturen eine Form von ›implizitem‹ Wissen enthalten ist, das nicht an objektivierbare Fak-

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ten, sondern an kulturelle Erfahrungswerte gebunden ist.284 Wenngleich die Analyse der Vorbilder teilweise die Darstellung von Grundrissen, Fassaden oder Materialien miteinschließt, beschränkt sich das Collageverfahren, wie es in den Arbeiten des UDS angewandt wurde, auf die äußere physische Form von Räumen und Strukturen.285 Keine Aussagen finden sich in den Arbeiten bezüglich der assoziativen Wirkung der erzeugten Referenzen. Auffällig ist, dass viele der collagierten Elemente konkrete Ortsbezüge aufweisen, indem sie auf lokal und kulturell wichtige Bauten Bezug nehmen, deren prägnante Form kaum von ihrem kollektiven Erinnerungswert getrennt werden kann. Dies gilt etwa für das Ensemble des Rockefeller Centers, das während der ökonomischen Krise in den 1930er Jahren errichtet symbolisch eng mit dem wirtschaftlichen Wiederaufstieg der USA verbunden ist und als eines der bedeutendsten Architekturprojekte der amerikanischen Geschichte aufgefasst wird.286 Dies gilt auch für die Wohnanlage Tudor City, die Ende 1920er Jahre nach den Vorstellungen des Immobilienunternehmers Fred F. French (1883-1936) als städtische Enklave konzipiert die Idylle des Vorstadtlebens mit der urbanen Dichte der Großstädte verbinden sollte.287 Die auf dem Dach befestigte Neonreklame mit der Aufschrift »Tudor City« prägt ebenso wie der Turm des Rockefeller Centers seit jeher das populäre Stadtbild New Yorks. Der Identifikationswert dieser Bauten geht über deren physische Form weit hinaus. Nahezu sämtliche New Yorker Architekturen, die in den Arbeiten als Vorbilder für Collagen Verwendung fanden, wurden zwischen Mitte der 1960er und Ende der 1980er Jahre von amerikanischen Denkmalschutzbehörden als kulturell wichtige und erhaltenswerte Bauwerke eingestuft. Die Auswahl der Vorbilder wirft die Frage auf, inwieweit mit den baulichen Strukturen über physische Qualitäten hinaus gezielt auch Aspekte einer ortsgebundenen oder kulturellen Identität verbunden werden können. Die Collagemethode, wie sie seit den 1970er Jahren im Rahmen des Urban Design Studios mit Blick auf New York angewandt wurde, ließe sich dann als konkrete Handlungsstrategie verstehen, mit der auf der Ebene von Architektur und Stadt auf die kollektiv empfundene Verunsicherung bezüglich der eigenen kulturellen Identität reagiert werden kann.

Case Study. Collage City

5. Z USAMMENFASSUNG . C ONJECTURES ON U RBAN F ORM Rowes Wirken an der Cornell University seit den 1960er Jahren ist von seiner europäischen Herkunft und der kunstgeschichtlichen Tradition des Londoner Warburg Institutes ebenso geprägt wie von persönlichen Begegnungen und akademischen Tätigkeiten während der 1950er Jahre in England und in Texas. Mit den auch praktisch tätigen Architekten James Sterling in Europa und Peter Eisenman in den USA pflegt der Theoretiker Rowe Zeit seines Lebens ein enges freundschaftliches und kollegiales Verhältnis. Bezugspunkte für die eigene Arbeit bilden von Beginn an Studien zur europäischen Architektur- und Stadtbaugeschichte mit einem Schwerpunkt auf das 16. und 17. Jahrhundert sowie eine kritische Auseinandersetzung mit der Klassischen Moderne, insbesondere bezogen auf Le Corbusiers Arbeiten aus den 1920er Jahren. Zu den wichtigsten Veröffentlichungen dieser Jahre zählt der zusammen mit Robert Slutzky verfasste Transparenz-Aufsatz, der aus der Zusammenarbeit an der University of Texas unmittelbar hervorgegangen war und einen gemeinsamen intellektuellen Bezugspunkt der Texas Rangers darstellt. Der mit dem Transparenzbegriff verbundene nüchterne Umgang mit dem gesamten Repertoire der Architekturgeschichte sowie die zeichnerische Analyse räumlich-formaler Ordnungen als kritische Erkenntnismethode und als potentielles Entwurfswerkzeug können für die programmatische Ausrichtung des Cornell Urban Design Studios in den 1960er Jahren als impulsgebend erkannt werden. Zwischen 1963 und 1989 leitete Rowe das Urban Design Studio an der Cornell University, einen auf städtebauliches Entwerfen ausgerichteten Masterstudiengang. Rowes bedeutender Einfluss auf die Architekturausbildung in Cornell sowie auf den westlich-internationalen Architekturdiskurs insgesamt lassen sich maßgeblich auf das Wirken des Urban Design Studios zurückführen. Mit der Ausrichtung auf physisch-gestalterische Aspekte stadträumlicher Strukturen und einer Rückbesinnung auf das Wesen der Architektur selbst, ihrem Repertoire an historischen Vorbildern und deren originären Qualitäten, richtete sich das Studio explizit gegen eine Entwurfslehre, die im verstärkten Einbezug interdisziplinär-planungswissenschaftlicher Methoden Lösungen für akute Problemstellungen entwickelte. In Cornell wurde dieser Konflikt zwischen Rowe und dem deutschen Architekten Oswald Mathias Ungers Anfang der 1970er Jahre offen ausgetragen. Einen wichtigen Bezugspunkt für Rowe und das Urban Design Studio seit den frühen 1960er Jahren bildeten in dieser Hinsicht Karl Poppers (1902-1994) Arbeiten zur Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie. In diesem Zusammenhang wird wiederholt auf die Aufsatzsammlung Vermutungen und Widerlegungen [Conjectures and Refutations] (1963) verwiesen. Verschiedene Quellen lassen den Schluss zu, dass bedingt durch personelle Veränderungen und hochschulpolitische Vorgänge, zum Teil mit Bezug zur Studentenbewegung der 1960er Jahre, verbunden mit inhaltli-

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chen Schwerpunktverschiebungen innerhalb des Urban Design Studios die Zeit um 1970 als Zäsur betrachtet werden kann. In späteren Entwurfsarbeiten rücken charakteristische Strukturen wie beispielsweise das Straßenraster von Manhattan sowie idealtypische Stadträume alter europäischer Städte deutlicher in den Fokus städtebaulicher Interventionen. Die Betrachtung großmaßstäblicher Feldstrukturen weicht dabei zunehmend stärker raumbezogenen Lösungen in Form prägnanter, hybrider Baukörperkonfigurationen. Der Blick richtet sich hier verstärkt auf die Beziehung zwischen Objekten [object] und Strukturen [fabric]. Als zentrales Analyse- und Entwurfshilfsmittel dienten die zuerst im Jahr 1966 im Rahmen einer Abschlussarbeit gefertigten FigurGrund-Zeichnungen historischer, überwiegend europäischer Stadtgrundrisse. Der figurativ-abstrahierende Zugang über die städtische Form beruhte auch auf der Überzeugung, das physisch-räumliche Qualitäten mit soziokulturellen Aspekten eng verknüpft sind. Entwerferische Strategien, die das Studio im Umgang mit innerstädtischen Brachen oder Revitalisierungsflächen entwickelte, werden in verschiedenen Quellen, in eher unscharfer Abgrenzung zueinander, mit den Begriffen »Contextualism«, »Kollision«, und »Collage« umschrieben. Die Begriffe, anfangs mit der stadträumlich-kontextuellen Anpassung neuer Elemente (Contextualism), der Auflösung großmaßstäblicher Strukturbrüche (Kollision) und der formalen Bezugnahme auf prototypische Architekturvorbilder (Collage) verbunden, erfahren in der späteren Verwendung veränderte und über reine Entwurfstechniken hinausgehende Lesarten. Während die Begriffe Kollision und Collage in Collage City explizit genannt und eng mit der soziopolitischen bzw. kulturellen Relevanz städtebaulicher Gestaltung verknüpft werden, kommt dem Kontextualismusbegriff insbesondere hinsichtlich seiner späteren Verwendung durch ehemalige Absolventen des Studios eine weitergehende Bedeutung zu. Es kann festgestellt werden, dass der Kontextualismusbegriff, wie er ausgehend von der Cornellschule in den USA seit den 1980er Jahren verwendet wird, einen theoretisch fundierten und methodisch orientierten Entwurfsansatz in Architektur und Städtebau umschreibt, der auch andere Einflüsse miteinbezieht – beispielsweise Überlegungen zum äußeren Erscheinungsbild (Robert Venturi) und zu lokalen und regionalen Ortsbezügen (Kenneth Frampton). Mit den seit den 1970er Jahren in Europa verbreiteten Ansätzen eines kontextuellen Bauens teilt die von der Cornell University ausgehende Variante ein gemeinsames Interesse an der Erforschung stadtmorphologischer Zusammenhänge. Die Untersuchungen bestätigen, dass sich zentrale Positionen und Grundhaltungen des Cornell Urban Design Studios in der von Rowe und Koetter bereits 1973 verfassten Publikation Collage City widerspiegeln. Der Text erschien in gekürzter Fassung zuerst 1975 und wurde in den 1980er Jahren von Bernhard Hoesli vollständig überarbeitet und ins Deutsche übertragen. In eng

Case Study. Collage City

miteinander verwobenen Argumentationssträngen und teils ausschweifenden Gedankengängen reflektiert das Buch individuelle Beobachtungen und Erkenntnisse über den Zustand von Architektur, Stadt und Gesellschaft aus dem Blickwinkel seiner Zeit. Der Aufsatz versteht sich als Entgegnung auf allgemein verbreitete, jedoch als unzureichend empfundene Antworten von Architekten, Stadtplanern, Wissenschaftlern und Politikern. Die Analyse zeigt, dass sich Collage City als (re-)konstruktive Kritik in dreifachem Sinne begreifen lässt. Zum Ersten richtet sich die Argumentation gegen verschiedene Formen von Sehnsuchtsarchitekturen, die in Gestalt suburbaner, fiktiver oder fiktionaler Enklaven einen in den Innenstädten empfundenen Verlust an Sinnlichkeit und Sicherheit zu kompensieren versprechen. Die Darstellungen beschreiben Fluchtbewegungen an nostalgische (Townscape), fiktive (Archigram, Superstudio) und fiktionale Orte (Disney), die von den Autoren jedoch als Entwertung oder Banalisierung der Wirklichkeit entlarvt werden. Dagegen plädieren sie für eine Stärkung der realen Stadt und eine schrittweise Freilegung und Sichtbarmachung der ihr inhärenten Vorstellungs- und Erinnerungsbilder. Zum Zweiten richtet sich Collage City gegen Stadtentwicklungsprozesse auf der Ebene von Architektur und Politik, die sich einseitig an den unmittelbaren Bedürfnissen einzelner Bevölkerungsgruppen oder an den Methoden und Kriterien des wissenschaftlichen Fortschritts orientiert. Dabei beziehen sich Rowe und Koetter explizit auf Positionen Karl Poppers, insbesondere dessen Kritik am Historizismus und der Induktionslogik sowie dessen Unterscheidung zwischen »öffentlicher Meinung« und »öffentlicher Diskussion«. Entgegen einer planerischen Praxis, die Sicherheit (im Sinne von Planbarkeit) und Sicherung (im Sinne von Bewahrung) um den Preis individueller Freiheit zu erzielen sucht, charakterisieren die Autoren die Stadt als wandelbaren Lebensraum, der seinen Bewohnern in einem ausgewogenen Verhältnis von Erneuerung und Bewahrung ein hohes Maß an Freiheit und Sicherheit bieten kann. Anders als in den studentischen Arbeiten des Studios bleiben Aussagen hinsichtlich der Collage als konkrete planerische oder entwerferische Methode in den Darstellungen des Buches überaus vage und teils auch widersprüchlich. Das Bild der Collage kann hier vielmehr als Aufforderung erkannt werden, die Stadt als physisch-hybrides wie kulturell-vielfältiges Konstrukt wahrzunehmen und weiterzuentwickeln. Die Argumentation richtet sich drittens gegen das städtebauliche Leitbild der Klassischen Moderne, deren unerfülltes Ideal eines von Fortschrittsoptimismus geprägten gesellschaftlichen Neuanfangs tatsächlich in freistehenden Hochhaussiedlungen wie im großflächigen Verlust zusammenhängender Baustrukturen und lesbarer Stadträume endete. Die Autoren erkennen dagegen in Beispielen alter europäischer Städte Vorbilder für stadtmorphologisch hybride Gebilde, die sich durch ein Gleichgewicht und die gegenseitige Bezugnahme von Objekt und Struktur auszeichnen. Dieser Zusammenhang wird

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unter anderem an der Gegenüberstellung von »Baukörper« und »Raumkörper« erläutert. Eine grundlegende Bedeutung, auch hinsichtlich der Verwirklichung der »offenen Gesellschaft«, wird in der physischen Einfassung und Gliederung von Stadträumen sowie in der Loslösung der stadtseitigen Fassaden von der Gebäudefunktion erkannt. Die Beziehung zwischen Stadträumen und städtischen Fassaden, wie sie für die alten europäischen Städte charakteristisch waren, wird dabei ausdrücklich auch mit einer Schutzfunktion und der Herstellung von Sicherheit in Verbindung gebracht. Ihre Positionen zur Stadtgestaltung leiten Rowe und Koetter aus Qualitäten idealtypischer Vorbilder ab, mittels vergleichenden Figur-Grund-Zeichnungen, sowie durch eigene Beobachtungen und Erfahrungen vor Ort. Das antike Rom und die metropolitanen Zentren Europas im 16. und 17. Jahrhundert bilden dabei ebenso wichtige Referenzen und kulturelle Bezugspunkte wie die Londoner Architektur der Regency-Zeit (1783-1834) und die Pariser École des Beaux-Arts. Neben Rom, London und Paris wird wiederholt auch auf ältere amerikanische Metropolen, insbesondere New York, verwiesen. Die Untersuchungen machen deutlich, dass für Colin Rowe und sein Urban Design Studio die Stadt New York einen wichtigen kulturellen und intellektuellen Bezugspunkt bildete. Zwischen Mitte der 1960er und Ende der 1980er Jahre entstanden verschiedene Arbeiten aus dem Umfeld des Cornell Urban Design Studios, die den Blick konkret auf die Stadt New York richteten. Die Entwurfsarbeiten können insgesamt als reflexiver und transferfähiger Prozess charakterisiert werden, der Variantenbildung sowie Erkenntnisse aus anderen Projekten und Veröffentlichungen aus dem Umkreis des Studios miteinschließt. Während die Arbeiten zunächst überwiegend auf die charakteristische Rasterstruktur und Blockgröße Manhattans sowie auf übergeordnete stadträumliche Elemente (Central Park, Broadway) fokussierten, treten seit etwa Ende der 1970er Jahre verstärkt charakteristische New Yorker Blockbebauungen und Apartmenthäuser aus dem ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhundert sowie wichtige institutionelle und öffentliche Bauten als Vorbilder oder Prototypen auf. Insgesamt thematisieren die Arbeiten primär physisch-gestalterische Aspekte, beispielsweise die Form und Proportion von Objekten und Hohlräumen im Stadtgrundriss sowie die Ausbildung von inneren und äußeren Raumkanten, aber auch Wegeführungen und die Beziehung zwischen inneren und äußeren Freiräumen von Blockstrukturen. In den Entwurfslösungen kommen wiederholt hybride Gebilde zur Anwendung, die Struktur- und Objekteigenschaften beispielsweise im Sinne von Blockrandund Hochhaustypus miteinander verbinden. Die physische Erscheinungsform von städtischen Räumen und Strukturen wird in den untersuchten Projekten konkret mit wahrnehmungsbezogenen Fragen sowie mit Empfindungen von Sicherheit verbunden – beispielsweise in Bezug auf die Orientierung im Raum und die Identitätsfähigkeit von Orten. Der Kohärenz und Lesbarkeit von Stadt-

Case Study. Collage City

räumen sowie der Wechselbeziehung zwischen formaler Anpassung und Differenz, wie sie sich im Spannungsverhältnis von Objekt [object] und Struktur [fabric] widerspiegelt, werden bei der Erzeugung stadträumlicher Qualitäten besondere Bedeutung beigemessen. Die in den Arbeiten auch im Hinblick auf Aspekte von Sicherheit geäußerte Kritik an den kommunalen Wohnungsbauprojekten der 1950er und 1960er Jahre richtet sich vor allem gegen die fehlende Lesbarkeit und Hierarchisierung der angrenzenden Außenräume. Als Auslöser für eine kritische Auseinandersetzung mit der spezifischen stadträumlichen wie gesellschaftspolitischen Situation in New York kann der 1967 im Rahmen einer Ausstellung des Museum of Modern Art erarbeitete Entwurf für ein Gebiet in Harlem erkannt werden. Gegenüber den im Rückblick von einzelnen Studierenden als radikal empfundenen Vorschlägen im Umgang mit dem bestehenden baulichen und sozialräumlichen Kontext lassen Entwurfsarbeiten seit etwa 1970 veränderte Schwerpunktsetzungen erkennen. Die Untersuchung von stadtmorphologischen Strukturen mittels Figur-Grund-Analysen gewinnt in dieser Zeit offenkundig auch soziokulturelle Relevanz, indem beispielsweise urbane Formen mit spezifischen Nutzungsund Verhaltensmustern in Verbindung gebracht werden. Gleichzeitig lässt sich in den untersuchten Arbeiten eine stärkere Bezugnahme auf lokale Vorbilder und Prototypen feststellen, die aufgrund ihrer prägnanten Form in den finalen Entwurfslösungen häufig erkennbar bleiben. Hinsichtlich der Einbindung überwiegend lokal und kulturell bedeutender Bauwerke mittels Collagen stellt sich die Frage, inwieweit mit der Form architektonischer und städtebaulicher Fragmente mutmaßlich auch Aspekte einer ortsgebundenen oder kulturellen Identität verbunden werden. Insgesamt kann festgestellt werden, dass sich die Collagemethode Erkenntnisse um die physisch-räumlichen und assoziativen Qualitäten vertrauter und erprobter Vorbilder zunutze macht, deren stadträumliche Wirkung und Wahrnehmung konkret einzuschätzen sind. Dies setzt jedoch voraus, dass in den Architekturen eine Form von ›implizitem‹ Wissen enthalten ist, das weniger an objektivierbare Fakten, als vielmehr an kulturelle Erfahrungswerte gebunden ist. Die Stärke des Collageverfahrens liegt in seiner Fähigkeit, scheinbar widersprüchliche Anforderungen miteinander in Einklang zu bringen. In der Verbindung von wissenschaftlich strukturiertem Vorgehen und dem Rückgriff auf historisch validierte Lösungen äußert sich nicht zuletzt eine Grundhaltung architektonischen Entwerfens, die ein konsequentes Streben nach (Handlungs-)Sicherheit erkennen lässt. In der Praxis erweist sich die Collage dagegen als sehr interpretationsoffenes Konzept, in dem sich sehr unterschiedliche Architekturansätze, von Frank Gehry über Rob Krier bis James Sterling, wiederfinden.

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Synthese und Ausblick. Die Wiedereroberung des Urbanen

1. R EZEP TION UND W IRKUNGEN Die Rezeption von Defensible Space und Collage City innerhalb der Architekturdisziplin könnte unterschiedlicher kaum ausfallen. Während letzteres, zunächst wenig beachtet, heute als zentrales Werk der zeitgenössischen Architekturtheorie gilt, erwies sich ersteres langfristig kaum als so richtungsweisend, wie anfangs einzelne Vertreter der Disziplin erwarteten. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung erzielte Defensible Space sowohl in der nationalen Berichterstattung als auch in der amerikanischen Fachpresse erhebliche mediale Aufmerksamkeit.1 Wichtige Tageszeitungen und Magazine sowie Fernseh- und Radiosendungen führten Interviews mit Newman und berichteten über die Ergebnisse der Studien an der New York University. Defensible Space wurde als bedeutendes Buch aufgefasst, die neuen Erkenntnisse werden als richtungsweisend, teils als verblüffend charakterisiert. In der allgemeinen Presse überwiegt der Fokus auf die Beziehung zwischen Gebäudehöhe und Kriminalitätsrate. So entlarvte die Washington Post den Mythos um die tatsächliche Profitabilität von Wohnhochhäusern und die New York Times titelte »High Rise = High Crime«.2 Obwohl Newman einer einfachen Gleichsetzung dieser Beziehung widerspricht und die überlegte Gestaltung von Gebäuden und Freiräumen als Ganzes herausstellt, scheint sich früh die Lesart eines direkten Zusammenhangs zwischen der Gestaltung von Gebäuden und der Anzahl krimineller Handlungen durchzusetzen.3 In der Fachpresse wird das Buch als wichtiger Beitrag zur Forschung in und über Architektur charakterisiert. So zählte William Marlin im Architectural Forum die Publikation zu einem der wichtigsten zeitgenössischen Beiträge zur Planung von Wohnungsbauten und bezeichnete Defensible Space als »höchst menschliches Buch«.4 Ähnlich wie Marlin sah auch John Morris Dixon in der Oktoberausgabe der Zeitschrift »Progressive Architecture« Newmans Studien als Auftakt und Ausgangspunkt für notwendige Forschungen im Bereich des Wohnungsbaus.5 Zugleich warnte er davor, die Ergebnisse voreilig in neue Vorschriften und Regulierungen

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zu überführen und dabei andere relevante Aspekte der Architekturgestaltung zu übersehen. Das Interesse an der Publikation Defensible Space erwies sich jedoch als eher kurzlebig. Seit Erscheinen der britischen Ausgabe im Jahr 1973 hat es bis heute keine Neuauflage des Buches mehr gegeben. Im akademischen Diskurs findet das Buch insgesamt wenig oder nur beiläufig Beachtung. Der populärste Verweis auf Defensible Space findet sich vermutlich in Charles Jencks Die Sprache der Post-Modernen Architektur (1977). Jencks polemische Datierung des »Ende der Modernen Architektur« auf die Sprengung des Pruitt-Igoe-Wohnblocks in St. Louis erfolgt ausdrücklich mit Bezug zu Newmans Analysen.6 In Collage City, dessen Manuskript bereits 1973 entstand, verweisen Rowe und Koetter in einer kritischen Randbemerkung auf Newmans Konzept von »Territorialität«.7 Im gleichen Jahr erschien ein Beitrag in der Zeitschrift Architectural Forum, in der Kenneth Frampton Aspekte der Defensible Space-Theorie explizit in die Besprechung eines neuentwickelten kommunalen Wohnbauquartiers im New Yorker Stadtteil Bronx mit einbezieht.8 Die Gegenüberstellung unterschiedlicher Teilprojekte ist insofern bemerkenswert, da Frampton aufzeigt, wie Newmans Forderung nach territorial abgeschlossenen Einheiten den Bemühungen um eine stärkere stadträumliche Ausformung öffentlicher Räume in der Praxis zumindest teilweise zuwiderläuft. Das hier von Frampton diskutierte Projekt des Architekten Richard Meier wird als zukunftsweisendes Beispiel eines raumbetonenden und kontextbezogenen Städtebaus nach europäischem Vorbild charakterisiert und lässt sich auf

Abbildung 55: Richard Meier, Twin Parks Northeast, New York City, 1974. Foto: Ezra Stoller. Aus: Meier 1984, 122.

Synthese und Ausblick

Entwurfsansätze des Cornell Urban Design Studios zurückführen (Abb. 55).9 Innerhalb eines Architekturdiskurses, der zunehmend auf die Bedeutung öffentlicher Räume nach dem Leitbild der alten europäischen Stadt fokussiert ist, werden Newmans Vorschläge für »verteidigungsfähige Einheiten« bis in den deutschsprachigen Raum mit Befremden zur Kenntnis genommen.10 Es kann davon ausgegangen werden, dass die Defensible Space-Thesen in der Praxis des Wohnungsbaus insgesamt langfristigere Wirkungen erzielten, wenngleich die tatsächliche Anwendung des Modells bis in die 1990er Jahre auf eine überschaubare Anzahl von Projekten beschränkt blieb.11 Infolge der Veröffentlichung der Studie berichtete Newman auf verschiedenen Konferenzen und in Vorträgen vor Architektenverbänden sowie anderen mit der Planung und Verwaltung von Wohnungsbauten verbundenen Organisationen über die Ergebnisse seiner Arbeit.12 Das von Newman neu gegründete »Center for Residential Security Design« wirkte beratend bei Planungen von öffentlichen Behörden sowie privaten und gemeinnützigen Bauträgerorganisationen. Die Verbreitung und Implementierung der Defensible Space-Techniken wurde sowohl auf nationaler Ebene, vor allem durch das amerikanische Justizministeriums und das Department of Housing and Urban Studies, sowie auf lokaler Ebene durch zahlreiche kommunale Wohnungsbaubehörden quer durch die USA unterstützt. Newman zufolge äußerten anfangs auch namhafte Architekten Interesse an Defensible Space, darunter Moshe Safdie in Boston und Shadrach Woods sowie Lewis Davis und Samuel Brody in New York.13 Insbesondere im Bereich der öffentlichen Bauverwaltungen erfolgten jedoch aufgrund knapper finanzieller Ressourcen kaum größere Umplanungen bestehender Wohnungsbauten nach dem Vorbild der Defensible Space-Theorie.14 Obgleich sich Newmans Modell sowohl unter Befürworten wie unter Gegnern eines kriminalpräventiven Gestaltungsansatzes fortwährender Kritik ausgesetzt sah, weil die Maßnahmen entweder als nicht ausreichend oder als weitgehend unwirksam, mitunter auch als kontraproduktiv bewertet wurden, finden Aspekte von Defensible Space heute in der Weiterentwicklung als CPTED (Crime Prevention Through Environmental Design) international Anwendung im Bereich öffentlicher und privater Gebäude- und Siedlungsplanung.15 Im Bereich des öffentlich geförderten Wohnungsbaus in der Stadt New York zeichnete sich zeitgleich mit der Veröffentlichung der Defensible Space-Publikation eine Kehrtwende ab, die sich verbunden mit der Suche nach alternativen Gebäudetypen unter anderem in prototypischen Entwürfen für niedrige, verdichtete Wohnungsbauten äußerte.16 In Zusammenarbeit mit dem Institute of Architecture and Urban Studies wurden verschiedene Arbeiten, an denen teils auch Newmans Studenten an der Columbia University mitgewirkt hatten, im Sommer 1973 im New Yorker Museum of Modern Art präsentiert.17 Vor dem Hintergrund der mit dem Typus des Hochhauses verbundenen sozialen Probleme im Bereich des öffentlich geförderten Wohnungsbaus suchte die Ausstel-

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lung mit dem Titel »Another Chance for Housing. Low-rise Alternatives« am Beispiel zweier Standorte in den Stadtquartieren Brownsville, Brooklyn und Fox Hills, Staten Island, nach neuen Lösungen, die Aspekte innerstädtischer und suburbaner Lebensqualität miteinander verbinden sollten. Gezeigt wurde unter anderem die zwischen 1973 und 1976 in Brownsville realisierte Wohnbebauung Marcus Garvey Park Village. Das Beispiel eines niedrigen, verdichteten Reihenhaustypus weist mit seinen zur Straße gerichteten und über Stufen und Podeste von der Bürgersteigebene abgesetzten Eingängen charakteristische Merkmale von Newmans »verteidigungsfähigen Räumen« auf. An die Ausstellung von 1973 knüpfte das Museum of Modern Art im Sommer 2012 mit einer Reihe von Veranstaltungen an, die um die Frage nach der Zukunft amerikanischer Vororte kreisend die Folgen der jüngsten Finanzkrise zum Anlass für ein Umdenken in Architektur und Städtebau nahmen. Die gemeinsam mit dem Temple Hoyne Buell Center der Columbia University realisierte Ausstellung »Foreclosed. Rehousing the American Dream« stellt das auch Newmans Argumentation zuzuschreibende Primat privaten Wohneigentums offen in Frage.18 Der amerikanische Traum des Eigenheims, Sinnbild für ›Sicherheit‹ und ›Stabilität‹, wird als politisch und ökonomisch gezielt forcierte Strategie entlarvt, deren soziale und ökonomische Auswirkungen sich infolge der amerikanischen Immobilienkrise gegenwärtig als ebenso gravierend erweisen, wie der Zustand des öffentlich geförderten Wohnungsbaus in den USA in den 1970er Jahren.19 Der amerikanische Architekturtheoretiker Reinhold Martin, Mitorganisator der MoMA-Ausstellung, stellt Defensible Space auch unmittelbar in den Zusammenhang einer seit den 1970er Jahren nach neoliberalen Grundsätzen fortschreitenden Ökonomisierung aller Lebensbereiche, die sich in Architektur und Städtebau in besonderem Maße materialisiere.20 Die Korrelation von Kriminalitätsrate mit Lebensqualität entspreche dem Bedürfnis eines städtischen Immobilienmarktes nach quantifizierbaren Kriterien. In Newmans Verständnis von Kriminalität primär als ein Problem des »Risikomanagements« erkennt Martin einen Ausgangspunkt für Strategien räumlicher Segregation und für Konzepte wie die »Gated Community«. Die jüngere Rezeption von Defensible Space innerhalb der Architekturtheorie unterscheidet sich demnach wenig von gegenwärtigen stadtsoziologischen Diskursen, die Newmans Argumente in ihrer Weiterführung durch diverse kriminologische Forschungen übereinstimmend als Grundlage für das Modell der »Gated Community« hervorheben.21 Martins Einordnung von Defensible Space als frühes Phänomen einer sich seit den 1970er Jahren wandelnden politischen und ökonomischen Ordnung ist im Grundsatz sicher richtig, die verengte Rezeption der Arbeit im Bereich kriminalpräventiver Forschung wird dem Anspruch New mans als Architekt und dem architekturimmanenten Anliegen des Buches jedoch kaum gerecht. So ist Defensible Space auch das Ergebnis langjähriger, aufmerksamer

Synthese und Ausblick

Beobachtungen und Überlegungen zu soziologischen und anthropologischen Aspekten der Architekturgestaltung, die mit europäischen Diskursen, insbesondere im Umfeld der Gruppe Team X, im Ursprung eng verwoben sind. Die Rezeption des Collage City-Aufsatzes, der 1975 in der britischen Zeitschrift Architectural Review erschienen war, charakterisiert Berhard Hoesli im Nachwort zur deutschen Übersetzung des Buches als nüchtern und wenig sachlich.22 Collage City wurde in Deutschland kaum als originär, mitunter als nachträgliche theoretische ›Legitimation‹ einer längst gängigen städtebaulichen Praxis wahrgenommen. Die Überlegungen wurden als zu kompliziert und die theoretisch formulierten Strategien als zu abstrakt empfunden, um sie im architektonischen Entwurf konkret anzuwenden.23 In den USA ist die weitere Rezeption des Buches eng mit dem Blick auf das Gesamtwerk Colin Rowes verbunden sowie auf die Weiterführung von Argumenten und die konkrete Anwendung der Theorien durch seine Schüler. Hervorgehoben wird der Wandel in Colin Rowes Werk von einem durch Ideen der Klassischen Moderne inspiriertem ›Formalismus‹ in den 1950er Jahren zu einem »nostalgischen und akademischen Historismus« seit den 1970er Jahren, der weniger als Prozess denn als unversöhnlicher Widerspruch interpretiert wird.24 Die zahleichen Übersetzungen und Neuerscheinungen von Collage City demonstrieren zugleich das bis in die Gegenwart anhaltende Interesse an Rowes wichtigstem theoretischem Werk. Im Jahr 1994 widmete das New Yorker Any-Magazine Rowe eine Ausgabe, die seinen erheblichen Einfluss auf den akademischen Architekturdiskurs in den USA im Allgemeinen und auf die Debatte um eine postmoderne Architektur im Besonderen in Form einer Retrospektive würdigte und die Wirkungen kritisch hinterfragte.25 Der amerikanischer Architekturtheoretiker Stan Allen stellt darin die bedeutende Wirkung von Collage City auf die Praxis von Architektur und Städtebau gegenüber anderen Schriften Colin Rowes heraus.26 Die Rezeption der Argumente Rowe und Koetters für Vielfalt und Freiheit im Umgang mit architektonischen Bildern und Vorbildern habe dabei in den 1970er und 1980er Jahren unbeabsichtigt und ungewollt in unterschiedliche Richtungen geführt. So spiegelten sich Collagestrategien auch abseits der Arbeiten Rowes eigener Schüler in Ansätzen von Frank Gehry bis Daniel Libeskind wieder. Neben der Nähe zu der New Yorker Gruppe der sogenannten »Whites«, zu der neben Peter Eisenman auch John Hejduk, Richad Meier, Michael Graves und Charles Gwathmey zählen, wird der Einfluss hervorgehoben, den seit etwa um 1970 verstärkt auch die Arbeit der Krier-Brüder und des Briten James Stirling in Europa auf Rowe ausübten.27 Der tatsächliche Einfluss der Cornellschule und der von Collage City ausgehenden Gedanken auf die Entwurfsarbeit dieser Architekten stellt einen Aspekt dar, der in der Forschung bislang wenig Beachtung gefunden hat.

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Nach Erscheinen der von Bernhard Hoesli bearbeiteten deutschsprachigen Ausgabe (1984) wurde Collage City hierzulande zunächst mit deutlichem Unverständnis begegnet. Im Juni 1985 widmete die Zeitschrift Daidalos dem Buch mit dem kritischen Untertitel »Die Verklärung des Fragments« eine eigene Ausgabe. Der Schweizer Architekturhistoriker Werner Oechslin beklagt darin vor allem die Diskrepanz zwischen einer theoretisch überhöhten Analyse des »Fragmentarischen« als städtische Qualität und der unpräzisen Verwendung des Collagebegriffs bezogen auf seine praktische Anwendung im Architekturentwurf.28 Mit dem Verzicht auf konkrete Vorgehensweisen und architektonische Strategien erscheint ihm der Begriff der Collage fragwürdig, erst recht vor dem Hintergrund der tatsächlichen Bedingungen des Bauens in historischen Kontexten. Raoul Bunschoten dagegen lobt zwar Hoeslis deutsche Übersetzung als »weit überzeugender als das Original«, weist jedoch die praktischen Implikationen des Collageansatzes in der Architektur als unzureichend und im Ergebnis als Ansammlung einer Vielzahl bedeutungsloser ›nostalgischer‹ Typologien zurück.29 Aus gegenwärtiger Perspektive wird Collage City dagegen als »eines der provokantesten und revolutionärsten städtebaulichen Traktate des 20. Jahrhunderts« eingeordnet, das vergleichbar mit Le Corbusiers Vers une Architecture als persönliches Theoriekonstrukt in Reaktion auf Entwicklungen seiner Zeit verstanden werden kann.30 Insgesamt kann jedoch festgestellt werden, dass die Rezeption des Buches im deutschsprachigen architekturtheoretischen Diskurs fast durchgängig losgelöst von der Arbeit des Cornell Urban Design Studios erfolgt. Dabei entfaltete sich die größte Wirkung der Collage-Studien ausgehend von der Cornellschule selbst. In einer Retrospektive verbunden mit der Ausstellung bisher unveröffentlichter Studienarbeiten im Sommer 2010 blickte die Universität selbst auf das Erbe ihrer wichtigsten Architekturlehrer Rowe und Ungers zurück und charakterisierte deren zentrale Schriften Collage City und Cities Within the City [Die Stadt in der Stadt] als »projektive Manifeste, die neue Richtungen in Architektur und Städtebau erprobten und erforschten« und dies zu einem Zeitpunkt, zu dem sich die Architekturdisziplin mit einer Verunsicherung gegenüber dem eigenen Selbstverständnis konfrontiert sah.31 Insgesamt kann festgestellt werden, dass eine auf formal-historistische Tendenzen fokussierte Rezeption von Collage City den Blick auf die Breite der Anwendungsbereiche, Arbeitsweisen und Ergebnisse verstellt, die die Weiterführung der in Cornell entwickelten Ansätze durch Absolventen des Urban Design Studios kennzeichnet. Diese Arbeiten reichen von Forschungen im Bereich der Stadtplanung (Graham Shane, Columbia University und Charles Graves, Kent State University),32 im Bereich der Siedlungsplanung in Entwicklungsländern (Henry Richardson, Cornell University) und der Architekturgeschichte (Steven Hurtt und Thomas Schumacher, University of Maryland) bis hin zur praktischen Umsetzung des Collagegedankens in Architektur und

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Städtebau verbunden mit einem Fokus auf natürliche und kulturelle Ortsbezüge in der Gestaltung und Struktur von Gebäuden (Fred Koetter, Boston). Weitgehend ungeklärt, jedoch sicher nicht unbedeutend, ist auch Rowes Einfluss auf die Arbeit von Rem Koolhaas, dessen architektonische Positionen sich in den 1970er Jahren unter anderem im Umfeld der Cornellschule zu entfalten begannen.33 Den suchenden Blick auf die Stadt New York und deren spezifische Form als Vorbild für eigene Entwurfsstrategien teilt Koolhaas mit einer Reihe von Arbeiten aus dem Urban Design Studio während dieser Zeit. Die Fortführung von Rowe und Koetters Thesen in der Praxis von Architektur und Städtebau im deutschsprachigen Raum geht maßgeblich auf Bernhard Hoeslis Wirken an der ETH Zürich zurück. Hoesli war zwischen 1963 und 1967 als Gastprofessor an der Cornell University tätig und war mit der Arbeit des Urban Design Studios gut vertraut. Gemeinsam mit Paul Hofer machte er Collage City zur Grundlage der gemeinsamen Lehre in Zürich, die Hoesli zufolge darauf zielte, das »dialogische Komponieren von Baukörper und Raumkörper« als städtebauliche Entwurfsmethode zu etablieren.34 In einem Artikel für die schweizerische Zeitschrift Archithese beklagt Hofer jene verbreiteten »Großüberbauungen für durchurbanisierte Menschen, zu deren Existenz der Erzwert des Urbanen [...] nur noch als Erinnerung gehört.«35 Die Autoren plädieren dagegen für eine Rückgewinnung urbaner Qualitäten durch einen stärkeren Fokus auf das »städtische Gewebe«. Der Einfluss von Hoesli und Hofer auf die gegenwärtig in der Praxis tätige Generation schweizerischer Architekten scheint gegenüber anderen Einflüssen, insbesondere denen von Aldo Rossi und der Tessiner Rationalisten (Tendenza), in den Hintergrund zu rücken.36 Ungeachtet dessen bleibt die Entwurfslehre an der ETH bis in die Gegenwart mit der Traditionslinie der Cornellschule eng verwoben. Mit Franz Oswald und Hans Kollhoff sind zwei Professoren an der ETH verblieben, die selbst Mitte der 1960er bzw. Anfang der 1970er Jahre unter anderem bei Rowe in Cornell studierten. Der tatsächliche Einfluss von Collage City auf die Entwurfslehre der ETH Zürich wie im deutschsprachigen Raum insgesamt ist wissenschaftlich dagegen bisher kaum systematisch erforscht. Wenngleich sich Kollhoff in seiner eigenen Arbeit von den Ansätzen seiner Lehrer Rowe und Ungers früh emanzipierte, stellen die Überlegungen des Urban Design Studios zur Idee des Kontextualismus, aber auch die Stadt New York mit ihren architektonisch-städtebaulich prägenden Bauten durchgängig wichtige Bezugspunkte dar.37 Über Kollhoff wirken Ansätze der Cornellschule auch auf die nach der Wiedervereinigung kontrovers geführte Debatte um die architektonische und städtebauliche Entwicklung Berlins, zu deren profiliertesten Wortführern Kollhoff gezählt werden kann.38 Bereits im Rahmen der Internationalen Bauausstellung (IBA) 1984 in Berlin, deren Expertenkommission auch Colin Rowe angehörte, wurden Projekte von verschiedenen Rowe nahestehenden Architekten realisiert, darunter Peter Eisenman, Rem Kool-

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haas, Rob Krier und James Sterling.39 Strategien des Kontextualismus und der Collage, wie sie im Cornell Urban Design Studio verfolgt wurden, zeigen sich in Projekten verschiedener europäischer Städte, darunter auch den Berliner Planungen seit den 1980er Jahren.40 Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Breite der Wirkungen in Theorie und Praxis die Offenheit in der Rezeption des Textes widerspiegelt und dass sich in dieser Offenheit die anhaltende Aktualität der Schrift begründet.

2. S TR ATEGIEN UND K ONTINUITÄTEN Ungeachtet der methodischen Differenzen lassen sich grundlegende Parallelen der beiden Theoriewerke aufzeigen. So erfolgt die Suche nach neuen Konzepten für Architektur und Städtebau bei Newman wie bei Rowe vor allem aus der Einsicht über die Grenzen des technikbasierten Fortschrittsparadigmas der westlichen Industriegesellschaften. Diese Erkenntnis war verbunden mit der Beobachtung, dass architektonische und städtebauliche Strukturen grundsätzlich zu positiver Identitätsbildung, zur räumlichen Orientierung und im Weiteren zum Empfinden von Sicherheit beitragen können. Die unterschiedlichen Strategien zur Aufwertung des städtischen Raums führen dabei weniger zur Abwendung von der klassisch-modernen Architektur, als vielmehr zu deren Transformation. Die Konzepte von Newman und Rowe kennzeichnet ein Verständnis von Architektur, dass die physisch-räumliche Gestaltung von Gebäuden nicht primär als Ausdruck funktionaler, technischer oder ökonomischer Möglichkeiten begreift, sondern als Ergebnis eines Entwurfsprozesses, der über die Produktionsbedingungen hinaus auch die Wahrnehmung und sinnliche Erfahrbarkeit der gebauten Raumstrukturen miteinbezieht. Auf die Stadt bezogen drückt sich diese Haltung in einer Betonung von geschlossenen Bebauungen und Aspekten der Lesbarkeit, Hierarchisierung und Übergänge von Raumformen und -strukturen aus sowie in einer Hervorhebung der straßenseitigen Fassaden, ihrem Erscheinungsbild und der Positionierung von Öffnungen, Eingängen oder Ladengeschäften in Beziehung zu den angrenzenden Stadträumen. Diese Herangehensweise setzt Kenntnisse über die Wirkungszusammenhänge visueller Bezüge und räumlicher Verflechtungen, mitunter auch symbolischer oder assoziativer Bedeutungen voraus. Sowohl Newman als auch Rowe erzielen diese Kenntnisse aus der Analyse von Potentialen und Defiziten bestehender architektonischer und städtebaulicher Strukturen. Einen zentralen Bezugspunkt bilden das Modell und die physische Gestalt der alten europäischen Stadt, auch in ihrer amerikanischen Variante des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Während Newmans Fokus vornehmlich auf die Gestaltung von Wohngebäuden- und quartieren gerichtet ist, die sich um

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den Begriff der »Territorialität« kreisend in einem Rückbezug auf tradierte anthropologische Mechanismen äußert, richtet sich der Blick Rowes und des Cornell Urban Design Studios insgesamt mehr auf die Ausformung und Wechselbeziehung von öffentlichen und privaten Räumen sowie auf gebaute Vorbilder, denen gleichsam idealtypische räumlich-kontextuelle Qualitäten zugesprochen werden. Insgesamt wird die Gestaltung städtischer Räume mit spezifischen Nutzungs- und Verhaltensmustern in Verbindung gebracht. Die unterschiedlichen Ansätze verbindet die Überzeugung, dass architektonische und städtebauliche Strukturen zur räumlichen Orientierung, zur natürlichen Überwachung und zu positiver Identitätsbildung beitragen können. Gestalteten Stadträumen und Stadtfassaden wird die Fähigkeit zugesprochen, eine Schutzfunktion auszuüben, indem sie die Grenze zwischen öffentlichem und privatem Raum eindeutig markieren und zugleich dazu beizutragen, Außenräume als qualitative Erweiterung des vertrauten Zuhauses erfahrbar zu machen. Die verschiedenen Maßnahmen auf der Ebene von Architektur und Städtebau können als Strategien erkannt werden, die dort auf die Bewahrung des Urbanen oder die Wiederherstellung urbaner Lebensqualität zielten, wo ein empfundener Mangel an Sicherheit das Zusammenleben breiter Bevölkerungsschichten auf engem Raum beeinträchtigte und Tendenzen eines Rückzugs aus dem städtischen Leben erkennbar wurden. Bezogen auf die Stadt New York war mit den genannten Strategien vor allem auch eine Abkehr von stadtplanerischen Ansätzen verknüpft, die sich seit den 1940er Jahren in der Beseitigung historischer Stadtquartiere und der Errichtung öffentlich geförderter Wohnbausiedlungen nach dem Leitbild der »Stadt im Park« äußerten. Das im Ursprung auf Le Corbusiers Modell der »Ville Radieuse« zurückzuführende Konzept führte hier zur Entstehung gleichförmig angeordneter, freistehender und vom Straßenraum losgelöster Wohnhochhäuser in offenen Grünräumen. Die Untersuchungen zeigen, dass den im Zuge dieser Planungen entstandenen baulichen Strukturen wiederholt Empfindungen von Anonymität und Isolation im Inneren sowie ein Mangel an Lesbarkeit und Gliederung der angrenzenden Außenräume zugeschrieben wurden. Wenngleich sich die kommunalen Wohnbauprojekte in New York nur eingeschränkt auf Le Corbusiers Vision der durchgrünten Stadt (»Ville Verte«) zurückführen lassen, gelingt es Newman und Rowe, das Modell aus sozialräumlicher wie phänomenologischer Perspektive zu analysieren und mit Blick auf vielschichtige Aspekte von Sicherheit zu problematisieren. In der Gegenüberstellung mit Quartieren und Strukturen nach dem Typus der alten europäischen Stadt ließen sich spezifische Qualitäten der Modelle auch gegeneinander abwägen. Sowohl Newman als auch Rowe machen deutlich, dass sich physisch-räumliche Eigenschaften der alten europäischen Stadt auch Teilen Manhattans, Chicagos und anderer US-amerikanischer Großstädte zuschreiben lassen.

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Tatsächlich war jedoch auch die Konzeption der »Ville Radieuse« auf eine qualitative Verbesserung des städtischen Lebens gerichtet und dabei von Beginn an als Gegenbild zu Manhattan gedacht (Abb. 56).41 Die Anfang des 20. Jahrhunderts mit Hochhäusern dicht bebaute Innenstadt Manhattans wies vielerorts schlecht belichtete Innenräume auf und führte auf den Straßen zur Stockung des Verkehrs. Die über weitläufigen Parklandschaften und einem effizienten Verkehrswegenetz aufgeständerten Wohnriegel und bis zu 200 Meter hohen, im Grundriss kreuzförmigen, gläsernen Bürotürme der »Neuen Stadt« sollten dagegen gleichzeitig eine Bevölkerungsverdichtung und verkehrsmäßige Entlastung sowie eine weithin sichtbare städtebauliche Ordnung ermöglichen. Le Corbusiers Diagnose zu Anfang der 1930er Jahre, der amerikanische Wolkenkratzer habe »die Stadt gelähmt« und allein »den Fußgänger rehabilitiert«, steht indes im Widerspruch zu Newmans und Rowes Erkenntnis, dass baulich eingefasste und lesbare Stadträume sowie belebte Straßen ein wesentliches Kriterium für qualitätsvolle und sichere urbane Räume darstellen.42 Gleichwohl betonen sowohl Newman als auch Rowe die Bedeutung von Stadt und Park. Sie verweisen auf den Bedarf an verdichteten Bautypen und die Bedeutung innerstädtischer Erholungsräume sowie auf die Notwendigkeit baulicher Orientierungspunkte und visueller Bezüge im Stadtraum. Architektonisch-städtebauliche Lösungen, die Qualitäten der unterschiedlichen Modelle miteinander verbinden, deuten sich in den Untersuchungen in Form von ›hybriden Ensembles‹ an, die Block und Hochhaus auf verschiedene Weise kombinieren. Den mit geschlossenen Baustrukturen und lesbare Straßenräumen verbundenen Wertvorstellungen lässt sich auf diese Weise ebenso gerecht werden wie dem Bedürfnis nach programmatischer Verdichtung und visuellen Identifikationselementen in der Stadt. Ungeachtet seiner grundsätzlichen Skepsis gegenüber dem Typus des Wohnhochhauses verweist Newman mit dem Beispiel der Riverbend Houses im Norden Manhattans auf die Lösung eines innerstädtischen, verdichteten Wohnbaus als hybriden Prototypen, der sich durch vergleichsweise geringe Kriminalität auszeichnete. Der Gebäudekomplex verbindet eine Hochhausscheibe mit zwei niedrigeren Gebäudeteilen zu einer geschlossenen Einheit und nimmt in seiner äußeren Erscheinung wie in der inneren Erschließungsstruktur, teils auch durch Ladengeschäfte in der Erdgeschosszone vielschichtig auf den umgebenden Stadtraum Bezug. Nach innen gerichtete Laubengänge schaffen visuelle und auditive Bezüge zwischen den Korridoren und dem gemeinsam genutzten Innenhof und unterstützen eine natürliche Überwachung durch die Bewohner. In verschiedenen Arbeiten des Cornell Urban Design Studios werden ebenfalls Lösungen thematisiert, die eine Verbindung von Hochhäusern und geschlossene Baustrukturen kennzeichnet. Einzelne Arbeiten heben die Relevanz räumlich-visueller Distanz für die Wahrnehmung vertikaler Strukturen im Stadtraum hervor und verweisen auf die städtebauliche Bedeutung von

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Abbildung 56: Le Corbusier, La Ville Radieuse/Manhattan, 1935. Aus: Le Corbusier 1967, 133.

Hochhäusern für die Schaffung einprägsamer Orte. Geeignete Größen- und Proportionsverhältnisse, die eine Lesbarkeit von Objekten und Strukturen fördern, werden anhand architektonischer und städtebaulicher Referenzen vor allem mit Bezug zur europäischen Stadt ermittelt. Entwürfe für hybride Bautypen orientieren sich aber auch an konkreten Vorbildern aus der Stadt New York, beispielsweise an historischen Apartmenthäusern oder an charakteristischen Ensembles wie dem Rockefeller Center und der Tudor City. Elemente wie Sockel, Höfe und Höhenstaffelungen werden als formal-gestalterische Bausteine neu kombiniert. In den Entwürfen werden teils auch bestehende Blockränder durch neue Hochhäuser ergänzt oder vervollständigt sowie vorhandene Hochhausquartiere durch niedrigere Blockbebauungen räumlich verdichtet und gefasst. Hybride Ensembles zeichnen sich demnach durch ein ambivalentes Verhältnis von Objekt- und Strukturqualität aus, indem aus dem Straßenraum sowie aus den Innenhöfen heraus die Wahrnehmung von Geschlossenheit oder Zusammengehörigkeit überwiegt, während aus der räumlichen Distanz einzelne Elemente visuell hervortreten.43 Dies kann im Zusammenspiel verschiedener Bautypen sowie in der Schichtung von Altem und Neuem gelingen. Eine Qualität des Hybriden liegt demnach in der Mehrfachlesbarkeit von Anpassung und Differenz an den physisch-räumlichen Kontext. Der typologisch-hybride Ansatz lässt sich ausgehend von der Cornellschule bis in die architektonische Praxis in den USA und in Europa weiterverfolgen. Richard Meiers Entwurf von 1974 für ein kommunales Wohnquartier im New Yorker Stadtteil Bronx lässt sich explizit auf Ansätze des Cornell Urban Design Studios zurückverfolgen.44 Der Entwurf beschreibt eine Komposition aus niedrigen Gebäuderiegeln, die zwei öffentlich zugängliche Höfe umschließen, in Verbindung mit zwei 16-stöckigen Hochhäusern, die aus dem Straßenraum

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heraus als Orientierungspunkte lesbar werden (Abb. 55 und 57). Die Gestaltung des hybriden Gebäudeensembles weist sowohl physisch-räumliche Relationen zum Stadtraum auf, beispielsweise in Bezug auf die Baukörperproportion und Gebäudehöhen, orientiert sich darüber hinaus aber auch in der Lage und den Proportionen von Fenstern und Eingängen sowie in den verwendete Fassadenmaterialien am umliegenden Kontext.45 Mit dem Entwurf eines hybriden Typus aus Block und Hochhaus als Grundelement des städtebaulichen Masterplans gewann Anfang der 1990er Jahre auch der deutsche Architekt Hans Kollhoff, der selbst einige Jahre bei Colin Rowe und Oswald Matthias Ungers in Cornell studierte, einen Wettbewerb zur Bebauung des Alexanderplatzes in Berlin (Abb. 58 und 59). Die ausdrücklich auf die Stärkung von Urbanität gerichtete Lösung entwickelte sich primär aus der Notwendigkeit, den widersprüchlichen Anforderungen eines sehr umfangreichen Programms und einer vorgegebenen, an denkmalgeschützten Bestandsbauten orientierten Traufhöhe gerecht zu werden.46 Die gegenwärtig kontrovers geführten Diskussionen um die Errichtung von Hochhäusern und neuen Infrastrukturbauten in europäischen Städten wie Berlin, London, Paris oder Zürich zeigen zugleich die Beharrlichkeit, mit der in Teilen der Öffentlichkeit an tradierten Bildern der alten europäischen Stadt festgehalten wird. Angesichts der gegenwärtig wieder verstärkt diskutierten Verdichtung und Transformation von innerstädtischen Quartieren in europäischen Städten geht von den Überlegungen zum Typus des hybriden En-

Abbildung 57: Richard Meier, Twin Parks Northeast, New York City, 1974. Foto: Dorothy Alexander. Aus: Meier 1984, 122.

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Abbildung 58 | 59: Hans Kollhoff, Projekt für den Alexanderplatz, Berlin, 1993. Modellfotografien. Aus: Neumeyer 1995, 20, 22.

semles ein Forschungspotential aus, das auf eine differenziertere Betrachtung von Strategien zum Stadtumbau gerichtet ist. Fragen nach den Bedingungen und Potentialen, die den Entwurf und die Realisierung neuer Wohnhochhäuser betreffen, kommt dabei besondere Bedeutung zu.47 Hier gilt es unter anderem auch solche Entwurfskonzepte aufzuzeigen, die jenseits des Modells der »Gated Community« zur Herstellung eines Sicherheitsempfindens beitragen können, ohne eine physische Abschottung von Wohnbauten vom öffentlichen Stadtraum zu erzwingen oder einseitig auf technologische Lösungen zu vertrauen. Vielmehr kann eine gezielte Gestaltung der Innen- und angrenzenden Außenräume von Bewohnern und Passanten langfristig als Mehrwert erfahren werden. Die Differenzierung von öffentlichen und privaten Räumen durch architektonische Gestaltungsmittel wie Kolonnaden, Treppen und Podeste, ein räumliches Zusammenwirken horizontaler und vertikaler Strukturen sowie eine sichtbare Schichtung alter und neuer Architekturen können gleichermaßen als Beitrag zu einer zeitgemäßen Form von Urbanität erkannt werden. Ein letzter Aspekt betrifft das Verhältnis von Stadt und Landschaft. Zwar heben Newman und Rowe wiederholt die Bedeutung innerstädtischer Grünund Erholungsräume hervor, tatsächlich enthalten Defensible Space und Collage City aber kaum mehr als beiläufige Bemerkungen zur Gestaltung städtischer Freiräume. Der Stadtpark als räumlich abgeschlossenes und charakteristisches Element der alten europäischen Stadt wird von Newman – in Abhängigkeit seiner Größe, Proportion und Nutzung – als visuell schwer überwachbar und daher als potentiell unsicherer Raum eingestuft. Rowe und Koetter

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betonen die Bedeutung des »Gartens als Kritik an der Stadt« und »darum als Modell der Stadt« und meinen damit den Park als Ausgangspunkt für Le Corbusiers Idealstadtvisionen.48 In Newmans Park-Mall-Entwurf für Lawndale, Chicago, ebenso wie in verschiedenen Arbeiten des Cornell Urban Design Studios deutet sich dagegen die Überwindung eines einfachen Gegensatz von Stadt und Park an – beispielsweise durch die Betonung linearer Grünräume entlang natürlicher topografischer oder infrastruktureller Elemente sowie in der Umgestaltung von Zwischenräumen und Innenhöfen zu öffentlichen oder halböffentlichen Gärten. Die Entwicklung hin zu einer intensiveren Verflechtung von Grünraumelementen und baulichen Strukturen, die allerdings häufig mit privatisierten Nutzungen einhergehen, zeigt sich gegenwärtig in architektonischen und städtebaulichen Projekten verschiedener Art. Dazu zählen unter anderem Entwürfe für grüne Hochhäuser, wie die Bosco Verticale des italienischen Architekten Stefano Boeri (Mailand, 2014) sowie die Transformation brachliegender Infrastrukturen und Industriebauten zu städtischen Parks, wie zum Beispiel die Umnutzung einer ehemaligen Hochbahntrasse im Westen Manhattans zum sogenannten High Line Park (Field Operations mit Diller Scofidio+Renfro, 2009). In der Fähigkeit hybrider Formationen und Transformationen, unterschiedliche oder gar widersprüchliche Qualitäten und Anforderungen städtischer Räume miteinander zu vereinbaren, liegt ihr Potential zu einer zeitgemäßen Form des Urbanen beizutragen. Diese zeichnet sich in der Architektur verstärkt durch ein Nebeneinander und eine Ambivalenz räumlicher Bezüge und physischer Erscheinungsformen aus.

3. U RBANE A RCHITEK TUR . A UF DER S UCHE NACH DER VERLORENEN S ICHERHEIT Eine zentrale Erkenntnis der Arbeiten von Newman und Rowe besteht in der Feststellung, dass sich die mit der zeitgenössischen Stadt verbundene ›Krise‹ in hohem Maße auf Entscheidungen und fehlgeleitete Handlungskonzepte von Architekten, Politikern und Wissenschaftlern zurückführen lässt. Deren Absichten zur Verbesserung der Lebensbedingungen in den Städten durch innovative Wohnbau- und Verkehrskonzepte hatten sich vielerorts ins Gegenteil verkehrt. Die bis in die 1960er Jahre unter großem finanziellen und materiellen Ressourceneinsatz vollzogenen Stadterneuerungsmaßnahmen und Infrastrukturprojekte erzeugten weitgehend unbeabsichtigte und weitreichende Konsequenzen, die zunehmend in der gesamten Stadt spürbar wurden und sich in einem Prozess der Rückkopplung von Sicherheitsverlust und falschen Sicherheitsversprechen mitunter selbst verstärkten. Sowohl für Newman als auch für Rowe geht mit der Erkenntnis ein fundamentaler Zweifel am technik-

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basierten Zukunftsparadigma der westlichen Industriegesellschaften einher, der gleichwohl zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen führt. Es ist dieser Umbruch von »Wachstum, Planungssicherheit und Fortschrittsgewissheit in Stagnation und Unsicherheit«, die der deutsche Historiker Anselm Doering-Manteuffel in einer historischen Einordnung der 1970er Jahre als Strukturkrise im Sinne einer »zeithistorischen Zäsur« deutet.49 Der deutsche Soziologe Ullrich Beck umschreibt diese Entwicklung als Umbauprozess der »ersten Moderne« zu einer »reflexiven«, »zweiten Moderne«. In den neuen Unsicherheiten, die Beck als »hergestellte Risiken« oder als »Nebenfolgen« der industriellen Moderne bezeichnet, sieht er zugleich den »Motor eines gesellschaftlichen Wandels«, dessen Folgen heute allgegenwärtig sind.50 Gegenüber der von ihm so bezeichneten »einfachen Modernisierung«, die durch eine Ablösung vorindustrieller Traditionen durch neue Sicherheiten gekennzeichnet war, macht die »reflexive Modernisierung« die neuen Sicherheiten selbst zum Gegenstand von Veränderungsprozessen. Bezogen auf Architektur und Stadt ließe sich damit einmal die Ablösung tradierter anthropologischer Mechanismen und Prinzipien der europäischen Stadt durch funktional oder technologisch begründete neue Leitbilder und andererseits die Aufhebung oder Wandlung dieser Leitbilder selbst bezeichnen. Das maßgeblich von Beck sowie dem britischen Soziologen Anthony Giddens seit den 1990er Jahren vorangetriebene Theoriemodell der »Reflexiven Modernisierung« wertet den beobachteten Strukturbruch innerhalb der Moderne dabei vor allem als optimistische Zukunftsperspektive, die weniger den Zerfall als den Wandel gesellschaftlicher Strukturen, Institutionen und Lebensverhältnisse betont.51 Früh deutete Beck mögliche Konsequenzen dieser Wandlungsprozesse bezogen auf die Stadt und das städtische Leben an.52 Auf Grundlage der Ergebnisse dieser Arbeit lassen sich abschließend einige zentrale Überlegungen diesbezüglich konkretisieren und im Hinblick auf das Konzept einer ›urbanen Architektur‹ weiterführen. Demnach kann festgestellt werden, dass von Defensible Space und Collage City Impulse ausgehen, die in ihren jeweiligen Wirkungen und Weiterentwicklungen auch als übergreifende Facetten »reflexiver Modernisierung« erkannt werden können. So erzeuge die »Suche nach der verlorenen Sicherheit«, wie Beck seine Abhandlung über die Weltrisikogesellschaft untertitelte, unter anderem zwei Tendenzen, die in ihren ›radikalen‹ Ausformungen mitunter selbst ein Risiko für die Zukunft der Stadt darstellen könnten: der freiwillige Rückzug privilegierter Bevölkerungsteile in »Gated Communities« sowie eine Betonung und Verteidigung des Lokalen durch (architektonische) Strategien der »Retraditionalisierung« oder »Renationalisierung«.53 Letzteres Phänomen, die verstärkte Bezugnahme auf kulturelle Traditionen und lokale Leitbilder, der eine Wiederentdeckung des Modells der alten europäischen Stadt zweifellos ebenso zuzuordnen wäre wie die Wiedereinsetzung tradierter anthropologischer Prinzipien in der Architektur, wird

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auch in Reaktion auf die zunehmende Globalisierung und einer mit der Intensivierung transnationaler Austauschprozesse verbundenen Verunsicherung charakterisiert.54 Jenseits ›fundamentalistischer‹ Ausprägungen von Traditionsbezügen, solchen die sich Giddens zufolge den Werten kultureller Toleranz und Dialogfähigkeit verweigern, lassen sich infolge der Konfrontation des Lokalen mit fremden kulturellen Einflüssen vielerorts Varianten der Vermischung des Lokalen und Globalen sowie Formen der Symbiose von Tradition und Innovation beobachten.55 Die Position eines »sowohl als auch«, für die Beck wie Giddens offen eintreten, entspricht Rowes Suche nach einem »radikal gemäßigten Weg«. Eine vergleichbare Grundhaltung spiegelt sich auch in der von Newman Anfang der 1980er Jahre formulierten Forderung wieder, eine zeitgemäße Architektur müsse zugleich »modernen Materialien« Ausdruck geben und »traditionelle formale Elemente« verwenden können.56 Wie Rowe und Koetter, die in ihrer Argumentation die poppersche Position eines »aufgeklärten Traditionalismus« vertreten, stellt auch Giddens ein fortdauerndes Bedürfnis nach Innovationen wie nach kulturellen (und intellektuellen) Traditionen heraus.57 In den untersuchten Arbeiten des Cornell Urban Design Studios zeigen sich unterschiedliche Ausprägungen einer räumlich und geschichtlich übergreifenden Vermischung architektonischer und städtebaulicher Elemente. Dabei kommt es beispielsweise zur Anpassung baulich gefasster öffentlicher Plätze nach dem Vorbild europäischer Städte an die Rasterstruktur Manhattans oder zur Synthese antiker europäischer Bauwerke mit amerikanischen Architekturen aus dem 20. Jahrhundert. In späteren Entwürfen deutet sich auch eine stärkere Bezugnahme auf die äußere Erscheinung identitätsstarker, lokaler Vorbilder an. Begreift man Phänomene in der Architektur auch als weitgehend nicht reflektierte oder gar »reflexhafte« Reaktionen (Beck) auf »verlorene« Sicherheiten, stellt sich nicht nur die Frage nach den tatsächlichen Handlungskontexten und angemessenen Handlungsweisen neu. Die Einsicht um die »Grenzen des Wissens« erfordert auch eine Offenheit gegenüber konkurrierenden Ansätzen oder widersprüchlichen Interessen verbunden mit einem breiten gesellschaftlichen und fachlichen Diskurs über Fragen der Architektur- und Umweltgestaltung. Die Reaktionen auf diffuse Ängste und kollektive Verunsicherungen, die aus der gesteigerten Globalisierung und räumlichen Mobilität resultieren, sind vielfältig. Sie umfassen Prozesse der räumlichen Segregation und Gentrifizierung, auch neue Formen der sozialen Kontrolle sowie eine verstärkte Überwachung öffentlicher Räume.58 Den genannten Entwicklungen lassen sich aber auch ein gesteigertes Bedürfnis nach individuellen Freiräumen und Rückzugsorten sowie eine stärkere Wertschätzung des historischen Erbes und kultureller und lokaler Identitäten zuordnen.59

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Abbildung 60: Diener & Diener, Museum für Naturkunde, Berlin, 2010. Foto: Christian Richters. Archiv Diener & Diener.

Jenseits der Risiken des Klimawandels und der Debatten um einem ökologischen Umbau der Städte, die in Deutschland längst zum bestimmenden Thema in der öffentlichen Wahrnehmung geworden sind, bleiben die Beweggründe für ein Bedürfnis nach traditionellen Bezügen in der Architektur in der Forschung weitgehend unbeantwortet.60 Debatten um die Rekonstruktion lokal oder kulturell bedeutender, historischer Bauwerke werden in der deutschen Fachöffentlichkeit noch immer höchst kontrovers geführt.61 Dabei zeigt das Beispiel der mazedonischen Hauptstadt Skopje sehr anschaulich, welche Wirkmächtigkeit das Bild der alten europäischen Stadt zur Versicherung der eigenen kulturellen Identität gegenwärtig besitzt. Die infolge eines schweren Erdbebens in den 1960er Jahren nach einem Entwurf des japanischen Architekten Kenzo Tange wiederaufgebaute Stadt im damals sozialistischen Jugosla-

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wien erfährt derzeit unter dem Stichwort »Skopje 2014« eine vollständige Umgestaltung nach dem Vorbild alter europäischer Metropolen.62 Die Errichtung monumentaler Fassaden, Denkmäler und Triumphbögen erweckt indes den Anschein von Disneyland. Das Bedürfnis nach traditionellen und historischen Bezügen, wie es sich heute in baulichen Rekonstruktionen und Bewegungen wie dem »New Urbanism« widerspiegelt, betrifft auch Fragen nach dem Wert von Authentizität, Originalität und Urheberschaft sowie nach dem Verhältnis von Architektur und Denkmalpflege. Lösungen aufzuzeigen und weiterzuentwickeln, die im Sinne eines »sowohl als auch« Alt und Neu in der Architektur miteinander verbinden, bleibt eine Herausforderung für Theorie und Praxis der Disziplin.63 Neue Ansätze im Umgang mit dem Bestand zeigen sich aktuell in Projekten wie etwa der Wiederherstellung des Ostflügels am Berliner Museum für Naturkunde (Diener+Diener, 2010, Abb. 60). Die im Krieg zerstörten Teile der Fassade wurden durch einen Nachbau alter Formen, jedoch in neuer Materialität ersetzt. Die in grauem Sichtbeton erstellten neuen Teile der Fassade entstanden nach einer exakten Abformung noch erhaltener historischer Fassaden des Gebäudes inklusive ihrer Mauerfugen und Fensterdetails. Eine ähnliche Wirkung erzielt die Fassade aus vorgehängten Betonelementen am Fouquet’s Barrière Hôtel in Paris (Edouard François, 2006), die das Erscheinungsbild Pariser Stadthäuser aus dem 19. Jahrhundert nachformt ohne dabei als vollständige Rekonstruktion anzumuten. Aktuelle Herangehensweisen im Umgang mit Bestandsbauten und historischer Bausubstanz reichen von der Erhaltung, Reparatur und Nachbildung bis zur Ergänzung und Überlagerung des Alten durch das Neue. Teilweise finden diese Strategien auch im Zusammenwirken Anwendung, wie dies beispielsweise der Umbau des Neuen Museums in Berlin (David Chipperfield, 2009) veranschaulicht oder die gegenwärtige Renovierung der Park Avenue Armory in New York (Herzog & de Meuron). Unkonventionelle Lösungen, die darauf abzielen, in Neubauten Bezüge zum ›Alten‹ herzustellen, deuten sich aktuell in Projekten wie der Glass Farm im niederländischen Schijndel (MVRDV, 2013) an, die durch eine bildhafte Reproduktion traditioneller Außenfassaden mittels motivisch bedruckter Glaselemente ein historisch anmutendes Erscheinungsbild zu erzielen versucht. Die genannten Konzepte deuten auf differenzierte Abstufungen und neue Schnittstellen von Alt und Neu hin. Sie unterscheiden sich damit von einfachen Rekonstruktionen ebenso wie von der pluralistischen Grundhaltung der 1980er und 1990er Jahre. Die Ausstellungsbeiträge »Pasticcio« (Adam Caruso und Peter St. John) und »Reduce, Reuse, Recycle« (Muck Petzet) im Rahmen der 13. Architekturbiennale in Venedig im Jahr 2012 thematisierten diese Fragen ebenfalls und hoben dabei eine Kontinuität durch Wandel als wichtigstes gemeinsames Merkmal europäischer Architektur hervor.64 Ausgewählte Arbeiten unterschiedlicher

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europäischer Architekten veranschaulichten zum einen die Anpassungsfähigkeit bestehender städtischer Bauten durch Umnutzungen und Ergänzungen und zeigten andererseits Neubauten, die sich durch vielfältige Bezüge auf das breite Repertoire der Architekturgeschichte in der Betonung von Proportionen, Ornamenten und Farben in der inneren wie äußeren Gestaltung auszeichnen. Das von dem britischen Architekten David Chipperfield für die Biennale gewählte Oberthema »Common Ground« wird auch auf ein geteiltes Werteverständnis bezogen, das mit der gemeinsamen Bezugsebene der alten europäischen Stadt eng verbunden ist. Erst die Konfrontation des Neuen mit dem Alten kann eine vielschichtige und mehrdimensionale Wahrnehmung von Architektur und Stadt befördern. Die Qualität des Hybriden liegt auch in der Offenheit der Deutung, denn sie stärkt jene individuelle Urteilsfähigkeit, die Ulrich Beck als wichtigste Ressource gegen ›verlorene Sicherheit‹ hervorhob.65

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Anmerkungsverzeichnis Einleitung 1 | Vgl. dazu Beck 1995, 33-56; Vidler 2002, 82-85. 2 | Vgl. dazu z.B. Hauser 2004, 148-157. 3 | Zur historischen Einordnung der 1970er Jahre vgl. Doering-Manteuffel 2008,313-329; Jarausch 2008, 9-26. 4 | Vgl. Rowe/Koetter 2009, 94. 5 | Crowe 2000; Poyner 1983; dazu auch Colquhoun 2004; Schubert 2008. 6 | Z.B. Blake 1977, 80-81; Jencks 1988, 9; Wolfe 2001, 72-72. 7 | Ellin 1999, 63; Frampton 1972, 60-61. 8 | Colquhoun 2004, 39-42; Tijerino 1998, 321- 337; Wehrheim 2002, 97-100. 9 | Wehrheim 2002, 97-100; Low 2003, 22; Schubert 2008, 13. 10 | Plunz 1990, 313. 11 | Martin 2010, 15-19; dazu auch Bristol 2004, 352-364. 12 | Hays 1998; Lampugnani/Frey/Perotti 2005; Moravánszky 2003; Nesbitt 1996. 13 | Ellin 1999, 77-78; Frampton 2010, 251; Fingerhuth 1997, 71. 14 | Vgl. Lampugnani 2000, 150-151. 15 | Vgl. z.B. Ellin 1999, 74-80; Frampton 2010, 251; Moravánszky 2003, 387-388; Will 1988, 44-50. 16 | Vgl. Buchert 2013, 43, 55. 17 | Allen 1994, 28-33; Baird 1997, 22-35; Ockman 1998, 448-456. 18 | Bunschoten 1985, 31-42; Oechslin 1997, 9-20; dazu auch Caragonne 1995, 367-399. 19 | Caragonne 1995, 337-360; Frampton/Latour 1980, 27-31; Hurtt 1982, 54-78; Will 1988, 44-50. 20 | Rowe X Ungers: Untold Collaborations on the City, Ausstellung an der Cornell University im Rahmen des Preston Thomas Memorial Symposium, 27.-28.8.2010; dazu auch Sue 2010, 173-175.

Kontexte. Stadt und Sicherheit 1 | Teile der hier dargelegten Zusammenhänge wurden gemeinsam mit einer interdisziplinär besetzten Arbeitsgruppe an der Leibniz Universität Hannover im Rahmen des DFG-Antrages »Sicherheit in städtischen Räumen. Wandlungsprozesse seit den 1970er Jahren?« (2009) erarbeitet.

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Stadt und Sicherheit 2 | Vgl. hierzu und zum Folgenden Siebel 2004, 11-17. 3 | Zur »Ville Radieuse« in Abgrenzung zur europäischen Stadt vgl. Le Corbusier 1967, bes. 156-173. Zur »Gobal City« vgl. Marcuse 2004, 112-117. 4 | Ritter/Gründer 1995, 749. 5 | Vgl. hierzu Conze 1994, 831-832; dazu auch Ritter/Gründer 1995, 745-750. 6 | Zweig 1944, 14 nach Ritter/Gründer 1995, 748. 7 | Vgl. Conze 1994, 859. 8 | Kaufmann, 1987, 46. 9 | Vgl. hierzu Ritter/Gründer 1995, 745-750. 10 | Giddens 1996, 118. 11 | Ortega y Gasset 1989, 160. 12 | Vgl. Mumford 1984, 60; dazu auch Schubert 2008, 9. 13 | Vgl. Schubert 2008, 10. 14 | Vgl. hierzu Benevolo 2000, 354. 15 | Vgl. dazu Kostof 1993, 102-121. 16 | Vgl. hierzu Ellin 1997, 13-14. 17 | Vgl. dazu Schubert 2008, 10. 18 | Vgl. hierzu Ellin 1997, 16-19. 19 | Vgl. Foucault, 1992, 220. 20 | Vgl. hierzu Ellin 1997, 19-25. 21 | Vgl. dazu auch Siebel 2004, 18-20. 22 | Vgl. dazu Doering-Manteuffel 2008, 313-329; Jarausch 2008, 9-26. 23 | Vgl. dazu Giddens 2004, bes. 17-32; Dünne/Günzel 1991, 9-13; dazu auch Vidler 2002, 83-85. 24 | Vgl. dazu Löw 2002, 9-28. 25 | Vgl. hierzu Ellin 1997, 13-45; dazu auch Ellin 1999. 26 | Vgl. z.B. Wehrheim 2002; Zinganel 2003. Die hier benannten Entwicklungen waren Gegenstand des Teilprojektes »Urbane Architektur« von Margitta Buchert im Rahmen des DFG-Forschergruppenantrages »Sicherheit in städtischen Räumen. Wandlungsprozesse seit den 1970er Jahren?« an der Leibniz Universität Hannover. 27 | Vgl. dazu Blum 2003, 145. 28 | Vgl. hierzu Schubert 2008, 10-11. 29 | Vgl. hierzu Wigley 1997, 10-15. 30 | Vgl. Colquhoun 2004, 42. 31 | Vgl. dazu Schubert 2005, 29-30; dazu auch Wehrheim 2002. 32 | Vgl. hierzu Jacobs 1993, bes. 27-37. 33 | Wood 1961. 34 | Newman 1972. 35 | Vgl. dazu Wehrheim 2002, 96. 36 | Vgl. dazu Schubert 2008, 12. 37 | Newman 1980; dazu auch Colquhoun 2004, 42; Wehrheim2002, 98-99. 38 | Vgl. dazu Wehrheim 2002, 98; Schubert 2008, 13; dazu auch Low 2003, 22.

Anmerkungsverzeichnis 39 | Clarke/Mayhew 1980; Coleman 1985. 40 | Vgl. Schubert 2008, 14; dazu auch Colquhoun 2004, 51-54. 41 | Vgl. dazu Wehrheim 2002, 100-102. 42 | Vgl. Colquhoun 2004, 56. 43 | Vgl. ebd. 62-63; dazu auch Saville/Cleveland 1997. 44 | Vgl. Wehrheim 2002, 101. 45 | Poyner 1983; Crowe 2000. 46 | Vgl. hierzu Colquhoun 2004, 56-57; dazu ausführlich Grönlund 2000. 47 | Die hier und im Folgenden dargestellten Zusammenhänge orientieren sich grob an der Struktur der Vorlesungen »Stadt« und »Alltag« von Margitta Buchert an der Leibniz Universität Hannover. 48 | Mitscherlich 1965; Mumford 1984, Jacobs 1993. 49 | Habermas 1962; Sennett 1994. 50 | Vgl. Klotz/Günter/Kiesow 1975. 51 | Vgl. Klotz 1975, 7-31; Günter 1975, 91-117. 52 | Vgl. dazu Pehnt 1974; Durth 1977. 53 | Vgl. De Bruyn 2001, 137-140. 54 | Jencks 1988, 9. 55 | Vgl. Ellin, 1999, 234-266; dazu auch Fischer 1987; Nesbitt 1996. 56 | Vgl. Klotz 1984. 57 | De Bruyn 2001; Schwarz 2002; Beck 1995. 58 | Vgl. hierzu und zum Folgenden Nesbitt 1996, 22-28. 59 | Vgl. z.B. Rossi 1973. 60 | Vgl. dazu Buchert 2013, 55. 61 | Vgl. dazu Borsano 1980. 62 | Vgl. ebd., 9-13, 38-48. 63 | Vgl. dazu Lampugnani 1991; Hertweck 2010. 64 | Vgl. dazu Rossi 1973, bes. 42-46. 65 | Bonfati/Rossin1973. 66 | Vgl. hierzu Ellin 1997, 32. 67 | Archives d’Architecture Moderne 1978. 68 | Vgl. Krier/Culot 1980, bes. 25-31. 69 | Kenneth Frampton in einem Gespräch mit dem Autor im Mai 2012. 70 | Vgl. dazu Krieger/Saunders 2009, 3-14. 71 | Chermayeff 1971; Cullen 1961; Jacobs 1993; Lynch 2010. 72 | Chermayeff 1971. 73 | Vgl. hierzu Wigley 1997, 10. 74 | Vgl. Lynch 2010, bes. 12-20. 75 | Vgl. dazu Frampton/Latour 1980, 29. 76 | Rowe/Koetter 2009. 77 | Vgl. ebd., 8. 78 | Vgl. hierzu und zum Folgenden Salin 1960, 9-21.

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Stadt und Sicherheit 79 | Vgl. ebd., 21. 80 | Vgl. dazu z.B. Kostof 1993, 275-277. 81 | Vgl. hierzu Salin 1960, 24-25. 82 | Vgl. hierzu Deutscher Städtetag 1960, bes. 200-209. 83 | Vgl. ebd., 198. 84 | Vgl. hierzu Siebel 1994, 6. 85 | Vgl. ebd. 86 | Vgl. Anmerkung 8. 87 | Vgl. hierzu Albers 1974, 458-466. 88 | Vgl. hierzu Durth 1991, 197. 89 | Vgl. hierzu Albers 1974, 471-472. 90 | Vgl. dazu Klotz 1986, bes. 116-263. 91 | Vgl. Albers 1974, 472. 92 | Vgl. dazu Beck 1996, 19-21; Beck 1995, 35. 93 | Vgl. dazu Radkau 2011, 165-175. 94 | Vgl. hierzu Albers 1974, 472-474. 95 | Klotz/Günter/Kiesow 1975, 5. 96 | Vgl. Klotz 1975, 9. 97 | Ebd., 7. 98 | Vgl. hierzu Günter 1975, 91-96. 99 | Vgl. hierzu und zum Folgenden ebd., 99-111. 100 | Ebd., 113. 101 | Vgl. dazu Klotz 1975, 7-31; dazu auch Klotz 1977. 102 | Vgl. dazu Rykwert 2004, 189; dazu auch Siebel 1994, 15. 103 | Vgl. Le Corbusier 1967, bes. 127-134. 104 | Vgl. Koolhaas 2006; dazu auch Schrijver 2008, bes. 242-252. 105 | Vgl. Anonymus 1975, 153. 106 | Vgl. dazu Tafuri 1976, 24-40. 107 | Vgl. Anonymus 1975, 151/153. 108 | Vgl. Plunz 1990, 274. 109 | Vgl. hierzu Kassler 1945. 110 | Vgl. ebd., 4. 111 | Vgl. dazu Lear 1950, 11-17 nach Plunz 1990, 277-279; dazu auch Vidler 2002, 83-85. 112 | Vgl. hierzu und zum Folgenden Plunz 1990, 208-245. 113 | Vgl. Sert 1947, bes. 57-76. 114 | Vgl. hierzu Plunz 1990, 215-220. 115 | Vgl. ebd., 218. 116 | Museum of Modern Art 1939, 315. 117 | Vgl. ebd., 324. 118 | Vgl. hierzu Plunz 1990, 208-245. 119 | Vgl. ebd., 313. 120 | Vgl. dazu z.B. Drexler 1967, 22.

Anmerkungsverzeichnis 121 | Vgl. hierzu Snyder 2010, 329-330. 122 | Vgl. Lipset/Schneider 1983, 381-383.

Case Study. Defensible Space 1 | Vgl. Colquhoun 2004, 42. 2 | Hierzu und zum Folgenden Kopper Newman in einem unveröffentlichten Interview mit dem Autor im Mai 2012. 3 | Vgl. ebd. 4 | Vgl. Risselada 2005, 347. 5 | Vgl. dazu Newman 1961a, 102-103. 6 | Newman 1961a; Newman 1961b. 7 | Vgl. Pedret 2005, 63. 8 | Zur Formation des Team X vgl. Bosman 2005, 246-251. 9 | Vgl. Bosmann 2005, 249. 10 | Vgl. dazu Newman 1961a, 8. 11 | Vgl. hierzu und zum Folgenden Pedret 2005, 61-63. 12 | Vgl., Pedret 2005, 61; dazu auch Newman 1961a, 26-27. 13 | Vgl. ebd., 27. 14 | Vgl. Newman, 11-16. 15 | Vgl. Pedret 2005, 62. 16 | Vgl. Newman 1961a, 7-8. 17 | Ebd., 8. 18 | Vgl. hierzu Newman 1962b, 44; Joedicke 1963. 19 | Vgl. Newman 1962b, 43-50. 20 | Ebd., 43. 21 | Vgl. hierzu ebd., 45-46. 22 | Ebd., 44. 23 | Vgl. hierzu Joedicke 1963, 30-33. 24 | Vgl. Newman 1962b, 49. 25 | Vgl. hierzu Anonymus 1963, 98-99. 26 | Stern 1966; dazu auch Anonymus 1963, 98-99. 27 | Ebd., 1-2. 28 | Stern 1966, 39. 29 | Vgl. dazu z.B. Newman 1962a, 64-65; Newman 1966, 42-51; Newman 1968b, 39-61. 30 | Newman 1962c, 65-66. 31 | Ebd., 66. 32 | Vgl. ebd., 65. 33 | Newman 1970, 132, 138, 142. 34 | Joedicke 1969. 35 | Newman 1970, 132. 36 | Vgl. dazu Newman 1972, 121-131, 144-147.

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Stadt und Sicherheit 37 | Vgl. hierzu Newman 1970, 142. 38 | Vgl. ebd., 138. 39 | Newman 1962a, 64-65. 40 | Vgl. ebd., 65. 41 | Newman 1980, 289-232. 42 | Ebd., 290. 43 | Ebd., 323. 44 | Vgl. hierzu und zum Folgenden ebd., 294-315. 45 | Newman 1980, 310. 46 | Vgl. hierzu und zum Folgenden ebd., 305-307. 47 | Ebd., 305. 48 | Ebd., 314. 49 | Vgl. hierzu und zum Folgenden ebd., 323. 50 | Vgl. dazu Venturi/Scott Brown/Izenour 1997, bes. 150-153, 180-182. 51 | Vgl. dazu Frampton 2010, 269-279. 52 | Vgl. dazu Newman 2004 und Newman 1982a. 53 | Vgl. http://news.wustl.edu/news/Pages/22612.aspx, 12.04.2012. 54 | Newman 1968a; dazu auch Black 1968, 44-49. 55 | Vgl. Newman 1968a, 1. 56 | Vgl. Seligman 2004, 575-576. 57 | Vgl. hierzu und zum Folgenden Newman 1968a, 4-7. 58 | Vgl. hierzu Seligman 2004, 576. 59 | Vgl. Black 1968, 44-49. 60 | Vgl. Seligman 2004, 576. 61 | Vgl. hierzu Newman 1968a, 45-48. 62 | Vgl. hierzu und zum Folgenden ebd., 26-28. 63 | Vgl. dazu Newman 1966, 44. 64 | Vgl. Newman 1968a, 28. 65 | Ebd., 74. 66 | Vgl. dazu Lynch 2010; dazu auch Wigley 1997, 8-17. 67 | Vgl. Newman 1968, Preface. 68 | Vgl. hierzu Lynch 2010, bes. 20-24. 69 | Newman 1968a, 74. 70 | Vgl. hierzu Newman 1980, 124-156. 71 | Vgl. dazu Low 2003, 12, 22; Wehrheim 2002, 98. 72 | Vgl. Newman 1972, 60-62. 73 | Vgl. ebd., 114-115. 74 | Nach Vorlesungen von Enrique Walker an der Columbia University im Juni 2012. 75 | Vgl. ebd. 76 | Vgl. Newman 1968a, 87-88. 77 | Smithson/Smithson 1960. 78 | Vgl. dazu Newman 1980, 310-311.

Anmerkungsverzeichnis 79 | Vgl. hierzu Smithson/Smithson 1960, 17. 80 | Vgl. dazu Newman 1972, 4. 81 | Vgl. hierzu http://www.defensiblespace.com/institute.htm, 01.05.2012. 82 | Vgl. dazu Newman 1982b. 83 | Vgl. hierzu http://www.defensiblespace.com/institute.htm, 01.05.2012. 84 | Newman 1996. 85 | Vgl. ebd., 31-59. 86 | Newman 1980. 87 | Vgl. hierzu und zum Folgenden Newman 1980, 1-8. 88 | Ebd., 5. 89 | Ebd. 8. 90 | Vgl. hierzu Wehrheim 2002 98-99. Ausgewählte Projekte des Institute for Community Design Analysis sind enthalten in: Newman 1996. 91 | Vgl. dazu Low 2003, 22; Schubert 2008, 13; Martin 2010, 18. 92 | Vgl. dazu auch Newman 1973b, Addendum G1. 93 | Vgl. Newman 1972, xiii. 94 | Vgl. Newman 1972b, 92-99. 95 | Vgl. dazu ebd., 134. 96 | Vgl. dazu Newman 1973b, 10. 97 | Newman 1973a. 98 | Newman 1973a. 99 | Vgl. dazu Newman 1973a, xi. 100 | Vgl. hierzu Newman 1973a, xiv. 101 | Vgl. dazu United States 1967. 102 | Vgl. Newman 1973b, 10. 103 | Newman 1973a; Newman 1973b. 104 | Newman 1973c; Newman 1976. 105 | Newman 1973c. 106 | Newman 1976. 107 | Vgl. hierzu und zum Folgenden Newman 1973a, 180-181. 108 | Vgl. hierzu Newman 1973a, xiv. 109 | Vgl. hierzu und zum Folgenden Newman 1973a, xiv. 110 | Vgl. dazu Newman 1973b, Addendum G2. 111 | Vgl. Newman 1972, 163-186. 112 | Vgl. Newman 1973b, 7. 113 | Vgl. dazu z.B. Newman 1996, 65-80; dazu auch Cisneros 1995, 9-10. 114 | Vgl. Newman 1972, 16; dazu ausführlich Newman 1973a, 119-127. 115 | Vgl. hierzu Lambert 1993, L 38. 116 | Vgl. hierzu und zum Folgenden Newman 1973a, 119-126; dazu auch Wood 1961. 117 | Vgl. Newman 1973a, 126. 118 | Vgl. hierzu Jacobs 1993. 119 | Vgl. ebd., bes. 91-95.

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Stadt und Sicherheit 120 | Vgl. hierzu ebd., bes. 27-37. 121 | Ebd., 38. 122 | Vgl. hierzu Newman 1973a, 127. 123 | Vgl. dazu Jacobs 1993, bes. 199-204. 124 | Vgl. Newman 1973a, 127. 125 | Vgl. dazu bes. Newman 1972, 111-112. 126 | Zur Methodik vgl. ausführlich Newman 1973a, 96-117. 127 | Vgl. dazu bes. Newman 1972, 210-227; dazu auch Newman 1973a, 6-7. 128 | Vgl. hierzu Newman 1972, 27-29, 195-197. 129 | Ebd., 206-207. 130 | Gans 1968. 131 | Ebd., 207. 132 | Vgl. ebd., 193-194. 133 | Vgl. z.B. Low 2003, 22; Martin 2010, 18. 134 | Newman 1972, 203. 135 | Vgl. hierzu ebd., 200-201. 136 | Vgl. hierzu ebd., 203-204. 137 | Ebd., 2. 138 | Ebd., 203. 139 | Vgl. ebd. 205-206. 140 | Vgl. dazu auch Wehrheim 2002, 95-96. 141 | Vgl. hierzu Newman 1996, 9; dazu auch Newman 1973a, 1. 142 | Rainwater 1970. 143 | Vgl. hierzu ebd., 8-9. 144 | Vgl. ebd., 403. 145 | Vgl. hierzu Newman 1972, 13; dazu im Original Rainwater 1966, 23. 146 | Vgl. Newman 1976, 9-12; dazu auch Cisneros 1995, 5. 147 | Vgl. Newman 1972, 56. 148 | Ebd., 8. 149 | Vgl. hierzu und zum Folgenden Bristol 2004, 352-356; dazu auch Montgomery 1985, 230-239. 150 | Vgl. Newman 1972, 66, 83, 99, 105-16. 151 | Vgl. hierzu ebd., 54-60. 152 | Vgl. hierzu Bristol 2004, 356-357. 153 | Vgl. Montgomery 1985, 239. 154 | Vgl. Jencks 1988, 9. 155 | Vgl. Blake 1977, 80-81; Wolfe 2001, 64, 72-72. 156 | Rowe/Koetter 1975, 72-73. 157 | Vgl. Montgomery 1985, 239; Bristol 2004, 358. 158 | Vgl. Bristol 2004, 356. Zur öffentlichen Kontroverse um Pruitt-Igoe vgl. auch Montgomery 1985, 229-243. 159 | Vgl. hierzu und zum Folgenden Bristol 2004, bes. 352-356.

Anmerkungsverzeichnis 160 | Vgl. dazu ebd., 362-363. 161 | Vgl. Klotz 1975, 7-31. 162 | Vgl. dazu Bundesregierung 1974. 163 | Vgl. Klotz 1975, 26. 164 | Ebd. 165 | Vgl. hierzu und zum Folgenden ebd., 15-22. 166 | Vgl. dazu auch Klotz 1977, 42-46. 167 | Klotz 1975, 22. 168 | Vgl. dazu bes. Newman 1973a, 83-84. 169 | Vgl. hierzu und zu Folgenden Newman 1972, 1-5; dazu auch Newman 1973a, 15-19. 170 | Vgl. dazu bes. Newman 1972, 5-7. 171 | Vgl. dazu ebd. 129-130. 172 | Vgl. hierzu Newman 1973a, 17-18. 173 | Vgl. hierzu und zum Folgenden Newman 1972, 14-15. 174 | Vgl. Newman 1973, 95-96. 175 | Vgl. hierzu Plunz 1990, 208-245. 176 | Vgl. Newman 1972, 64-65. 177 | Vgl. hierzu und zum Folgenden Plunz 1990, 215-220. 178 | Vgl. dazu Newman 1972, 15. 179 | Vgl. Anonymus 1949, 87-89. 180 | Vgl. hierzu Newman 1972, 28-33. 181 | Vgl. Newman 1972, bes. 39-49; dazu auch Newman 1973a, 97-110. 182 | Vgl. dazu Plunz 1990, 261-262. 183 | Vgl. hierzu Newman 1973a, 107-110. 184 | Vgl. hierzu und zum Folgenden Plunz 1990, 253-256. 185 | Vgl. dazu Newman 1972, 14-15. 186 | Ebd., 15. 187 | Vgl. hierzu und zum Folgenden Plunz 1990, 286-287. 188 | Vgl. hierzu und zum Folgenden Newman 1972, 16-18. 189 | Vgl. hierzu Scott Brown/Venturi 1970, 64-73. 190 | Vgl. dazu auch Venturi/Scott Brown/Izenour 1997, bes. 150-156. 191 | Vgl. hierzu Scott Brown/Venturi 1970, 70-71. 192 | Vgl. Jessor 1970, 72-73. 193 | Vgl. hierzu und zum Folgenden Plunz 1990, 292-295. 194 | Vgl. dazu Plunz 1990, 294-313. 195 | Vgl. dazu z.B. Blake 1969, 44-55; Anonymus 1971, 106-107. 196 | Vgl. Newman 1972, bes. 121-131; dazu auch Newman 1970, 132. 197 | Vgl. Blake 1969, 44. 198 | Vgl. hierzu und zum Folgenden Newman 1972, 121-131. 199 | Vgl. ebd., 129. 200 | Vgl. Newman/Franck 1982, 203-220. 201 | Ebd., 218-219.

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Stadt und Sicherheit

Case Study. Collage City 1 | Zu Rowes biografischem Hintergrund und frühen Arbeiten vgl. Caragonne 1995, 111-151; Vidler 2008, 61-104. 2 | Rowe 1998, 11-34; vgl. dazu Vidler 2008, 78-82. 3 | Vgl. Vidler 2008, 79. 4 | Vgl. Rowe 1998, 8. 5 | Rowe 1947. 6 | Vgl. dazu bes. Vidler 2008, 98-106. 7 | Vgl. hierzu und zum Folgenden Frampton/Latour 1980, 27-28. Zur Geschichte der Texas Rangers vgl. ausführlich Caragonne 1995. 8 | Vgl. Caragonne 1995, 37-45. 9 | Vgl. Frampton/Latour 1980, 29; dazu auch Oechslin 1997, 9-17. 10 | Rowe/Slutzky 1963; Rowe/Slutzky 1971. 11 | Vgl. Rowe/Slutzky 1997, 23. 12 | Vgl. hierzu und zum Folgenden ebd., 21-56. 13 | Vgl. ebd., 22-23. 14 | Vgl. Rowe/Slutzky 1971, 291. 15 | Vgl. ebd. 298. 16 | Rowe/Slutzky 1997. 17 | Vgl. dazu Caragonne 1995, 72-109. 18 | Vgl. dazu bes. Hoesli 1997, 85-115. 19 | Vgl. dazu Oechslin 1997, 9-17. 20 | Vgl. Rowe/Slutzky 1997, 60. 21 | Ebd. 82. 22 | Ebd. 60. 23 | Vgl. Rowe/Slutzky 1997 63-64. 24 | Copper 1967, Tafeln 8 und 17. 25 | Eisenman/Oechslin 2005. 26 | Vgl. Frampton/Latour 1980, 31. 27 | Vgl. Frampton 1975, 13. 28 | Drexler 1972. 29 | Ebd., 1. 30 | Ebd., 7. 31 | Vgl. Rowe 1996c, 1. 32 | Vgl. Frampton/Latour 1980, 29. 33 | Vgl. dazu z.B. Rowe 1996b, 1-4; Rowe 1996c, 1-4; Rowe 1980a, 42-46. 34 | Vgl. Rowe 1996b, 4. 35 | Vgl. dazu ausführlich Cepl 2007, 287-293. 36 | Ebd., 292. 37 | Vgl. Rowe 1996c, 3. 38 | Vgl. Cepl 2007, 258-269. 39 | Vgl. dazu Rowe 1996b, 5.

Anmerkungsverzeichnis 40 | Vgl. dazu Hoesli 2009, 267. 41 | Vgl. hierzu und zum Folgenden Downs 1999, 1-3. 42 | Rowe 1996c, 3. 43 | Ebd. 44 | Vgl. dazu Cohen 1987, 68-69. 45 | Vgl. dazu die Ausgaben 1-8 des Cornell Journal of Architecture (1981-2010). Vgl. auch Wells 1981, 3 und Sue 2010, 173-175. 46 | Vgl. Ellis 1978; Schumacher 1978. 47 | Zu Studien zum Typus des französischen Stadtpalais (1600-1800) vgl. Dennis 1981, 48-67. Zu Fassadenstudien vgl. beispielsweise Schumacher 1988, 4-11; Goehner 1988, 56-77. 48 | Vgl. Frampton/Latour 1980, 31. 49 | Vgl. Rowe/Satkowski, 7. 50 | Vgl. Rowe 1980a, 45; dazu auch Frampton/Latour 1980, 31. 51 | Vgl. Hurtt 1982, 78. 52 | Vgl. ebd., 76. 53 | Vgl. Rowe 1980a, 45. 54 | Nach Rowe 1980a, 45; dazu im Original Stringer, 1970, 20. 55 | Vgl. Stringer 1970, 20. 56 | Rowe 1980a, 43. 57 | Vgl. ebd., 43-45. 58 | Vgl. Hurtt 1982, 55. 59 | Vgl. Hurtt 1982, 55; Popper 1994/1997. 60 | Vgl. hierzu und zum Folgenden Keuth 2011, 27-30, 54-57. 61 | Vgl. dazu Frampton/Latour, 1980, 31. 62 | Vgl. Rowe 1980a, 46; Whitehead 1967 nach Rowe 1980a. 63 | Vgl. Rowe 1996c, 2. 64 | Vgl. dazu auch Hurtt 1982, 56. 65 | Vgl. ebd., 61-62. 66 | Vgl. Rowe/Satkowski 2002, 7. 67 | Vgl. hierzu und zum Folgenden Hurtt 1982, 61-63. 68 | In Collage City wird der Typus als »Mehrdeutige und zusammengesetzte Bauten« bezeichnet. Der Begriff Kompositgebäude geht zurück auf Thomas Will. Vgl. Will 1988, 47. 69 | Vgl. Hurtt 1982, 63; dazu auch Rowe/Koetter, 2009, 101-104. 70 | Vgl. Hurtt 1982, 74-78. 71 | Vgl. Copper 1982, 42. 72 | Vgl. Will 1988, 47. 73 | Cornell Journal of Architecture 2 (1980). 74 | Wells 1982, 3. 75 | Z.B. Peterson, 1979; Ellis 1979; Cohen 1987. Zur Kritik an »Collage City« vgl. z.B. Banham 1975, 322. 76 | Vgl. hierzu Hurtt 1982, 55; dazu auch Cohen 1987, 68; Will 1988, 44-50.

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Stadt und Sicherheit 77 | Vgl. Hurtt 1982, 67. 78 | Vgl. Schumacher 1971, 78-86. 79 | Vgl. dazu auch Will 1988, 49. 80 | Vgl. dazu Ellis 1979, 2-27. 81 | Schumacher 1971, 78-86; vgl. dazu auch Rowe 1996c, 2; Cohen 1987, 68. 82 | Vgl. hierzu Hurtt 1982, 63. 83 | Vgl. hierzu und zum Folgenden ebd., 67-74. 84 | Vgl. dazu Ellis 1979, 6; Hurt 1982, 55; Cohen 1987, 68. 85 | Vgl. Hurtt 1982, 55. 86 | Vgl. hierzu und zum Folgenden Copper 1982, 44. 87 | Rowe 1996c, 2. 88 | Vgl. Hurtt 1982, 67-68; dazu auch Will 1988, 47. 89 | Ebd., 68. 90 | Vgl. hierzu Hurtt 1982, 71. 91 | Vgl. Rowe 1996c, 127-153; dazu auch Peterson 1979, 78-8. 92 | Vgl. Cohen 1998, 85. 93 | Vgl. Stern 1969, 56 nach Cohen 1998. 94 | Vgl. Ellis 1979, 22; Vgl. dazu auch Rowe 1982, 19. 95 | Vgl. z.B. Kleinman 1975. 96 | Vgl. dazu Museum of Modern Art 1976. 97 | Ebd., 3. 98 | Vgl. z.B. Schumacher 1971, Cohen 1974, Cohen 1987, Ellis 1979. 99 | Vgl. hierzu Schumacher 1971, 80-81. 100 | Schumacher 1971, 81. 101 | Vgl. hierzu Cohen 1998, 66-103. 102 | Vgl. ebd., 85. 103 | Vgl. hierzu Cohen 1987, 68-69. 104 | Vgl. dazu Frampton 2010, 269-279. 105 | Vgl. Will 1988, 50. 106 | Zum Kontextualismusbegriff vgl. auch Will 1988, 44-50; Ellin 1999, 74-80; zum Kontextbegriff allgemein vgl. Buchert 2013, 69. 107 | Vgl. dazu Fred Koetter, unveröffentlichtes Interview mit dem Autor im Juli 2012. 108 | Vgl. Hoesli 2009, 275. 109 | Rowe/Koetter 1975, 66-91. 110 | Vgl. dazu Hoesli 2009, 267. 111 | Vgl. z.B. die Ausgaben des Cornell Journal of Architecture 1 (1981) und 2 (1982). 112 | Rowe 1980b, 109-140. 113 | Vgl. Hoesli 2009, 267-268. 114 | Vgl. Rowe/Koetter 2009, 275-276. 115 | Vgl. Hoesli 2009, 273. 116 | Vgl. Bunschoten 1985, 33. 117 | Ebd., 269.

Anmerkungsverzeichnis 118 | »The crisis of the object« war der Titel eines Symposiums am Instituto Nazionale di Architettura in Rom 1968. 119 | Hoesli verwendet für die deutsche Übersetzung von »solid« und »void« uneinheitlich die Begriffspaare »Baukörper/Raumkörper«, »Masse/Hohlraum« oder »Voll/Leer«. 120 | Popper 1994, 175-199. 121 | Rowe/Koetter 2009, 47. 122 | Ebd., 47. 123 | Ebd., 12. 124 | Rowe/Koetter 1975, 72. 125 | Vgl. ebd., 47. 126 | Cullen 1961. 127 | Cullen 1971, 193. 128 | Vgl. Rowe/Koetter 2009, 50. 129 | Vgl. ebd., 51; dazu auch Jacobs 1993; Lynch 2010. 130 | Vgl. Rowe/Koetter 2009. 55; dazu Choay 1969. 131 | Vgl. ebd. 51. 132 | Ebd., 54. 133 | Ebd., 56. 134 | Vgl. dazu Van den Heuvel 2005, 180-181; dazu auch Cepl 2007, 291-293. 135 | Vgl. dazu Van den Broek en Bakema 1976; Newman 1961a. 136 | Rowe/Koetter 2009, 57-59. 137 | Vgl. ebd., 56/59. 138 | Vgl. dazu Cepl 2007, 291. 139 | Zum den Differenzen zwischen Rowe und Ungers vgl. Cepl 2007, bes. 287-293. 140 | Ambasz 1972, 240; Goldberger 1972, 40-41, 92-98. 141 | Vgl. Ambasz 1972, 19. 142 | Vgl. ebd., 242. 143 | Vgl. ebd., 245-247. 144 | Vgl. Rowe/Koetter 2009, 61. 145 | Vgl. hierzu und zum Folgenden Goldberger 1972, 40-41, 92-96. 146 | Ebd., 95. 147 | Vgl. ebd., 95; Vgl. dazu Moore 1965, 57-65, 68-106. 148 | Moore 1965, 65. 149 | Vgl. Goldberger 1972, 92-93. 150 | Zu EPCOT vgl. Roost 2000, 72-77. 151 | Vgl. hierzu und zu Folgendem Roost 2000, 78-100. dazu auch Steiner 1996, 43-52. 152 | Rowe/Koetter 2009, 62. 153 | Ebd., 68. 154 | Ebd. 155 | Vgl. Roost 2000, 93-94. 156 | Moore 1965, 83. 157 | Vgl. Rowe/Koetter 2009, 63 und Goldberger 1972, 92.

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Stadt und Sicherheit 158 | Vgl. Martin 2010, 4. 159 | Vgl. ebd., 70-72. 160 | Hierzu und zum Folgenden Rowe/Koetter 2009, 12-13. 161 | Ebd., 14. 162 | Ebd., 170. 163 | Vgl. ebd., 140-141. 164 | Vgl. hierzu Popper 1997, 504-514. 165 | Vgl. ebd., 138. 166 | Public Papers of the President of the United States, Richard Nixon, 1969, Nr. 265 nach Rowe/Koetter 2009, 180. 167 | Vgl. Rowe 1982. 168 | Vgl. ebd., 18-19. 169 | Konkret verwiesen wird auf Poppers Schriften »Logik der Forschung« (1934) und »Das Elend des Historizismus« (1957). 170 | Zu dem Begriff der »geschichtlichen Notwendigkeit« vgl. Keuth 2011, 233-243. 171 | Rowe und Koetter 2009, 181. 172 | Vgl. Radkau 2011, 134-164. 173 | Rowe und Koetter 2009, 142. 174 | Rowe und Koetter 2009, 143. 175 | Vgl. Popper 1997, 514. 176 | Yates 1999. 177 | Vgl. ebd., 123-145. 178 | Vgl. hierzu und zum Folgenden Rowe/Koetter 2009, 183-198. 179 | Vgl. dazu Keuth 2011, 244-296. 180 | Ebd., 197. 181 | Vgl. Rowe/Koetter 2009, 177-183. 182 | Vgl. ebd., 216-217. 183 | Ebd., 211. 184 | Vgl. z.B. ebd., 211, 216, 217. 185 | Vgl. ebd., 164-165. 186 | Ebd., 164. 187 | Vgl. hierzu Rowe 1997, 10-17. 188 | Rowe 1997, 17. 189 | Vgl. Koetter 1997, 21-22. 190 | Vgl. dazu bes. Norberg-Schulz 1982. 191 | Rowe/Koetter 2009, 74; dazu im Original Ortega y Gasset 1989, 160. 192 | Tyrwhitt/Sert/Rogers 1952, 3-16. 193 | Vgl. ebd., 11. 194 | Vgl. Rowe/Koetter 2009, 83-87. 195 | Vgl. z.B. ebd., 92. 196 | Le Corbusier 1967. 197 | Vgl. Rowe/Koetter 2009, 90.

Anmerkungsverzeichnis 198 | Vgl. ebd., 12/13. 199 | Ebd., 92. 200 | Vgl. hierzu ebd., 10, 93. 201 | Vgl. ebd., 89. 202 | Ebd., 89/90. 203 | Vgl. hierzu und zum Folgenden ebd,. 94-98. 204 | Vgl. ebd,. 106-118. 205 | Vgl. ebd., 222-245. 206 | Vgl. Rowe/Koetter 2009, 244-245; dazu auch Rowe 1980b, 138. 207 | Ebd., 155. 208 | Ebd., 163. 209 | Vgl. ebd., 252-253; dazu auch die Abbildungen den Seiten 76 und 78. 210 | Vgl. ebd., 253. 211 | Vgl. Copper 1982, 43-53. 212 | Zur städtebaulichen Entwicklung Wiesbadens im 19. Jhd. vgl. ausführlich Ziegler 2004, 132-135. 213 | Rowe/Koetter 2009, 122. 214 | Ebd., 93. 215 | Rowe/Koetter 2009, 94. 216 | Ebd. 217 | Rowe/Koetter 2009, 94. 218 | Vgl. Le Corbusier 1967, bes. 127-134. 219 | Rowe 1999, 126. 220 | Vgl. hierzu Rowe 1981, 16-33; dazu auch Rowe/Koetter 2009, 107-109. 221 | Vgl. hierzu und zum Folgenden Rowe 1981, 27. 222 | Vgl. z.B. Drexler 1967; Drexler 1972; Rowe 1980a. 223 | Vgl. Wong 1994, 36. 224 | Vgl. Rowe/Koetter 2009, bes. 94, 165-166, 252-253. 225 | Vgl. bes. Richardson 1970; Herpin 1970; Tzerai 1978. 226 | Vgl. dazu bes. Graves 1981, 1-4; Kleinman 1975, 13-14; Hord 1989, 42. 227 | Graves 1981. 228 | Vgl. z.B. Christodoulou 1978; Schwartz 1980; Klamon 1989; Hord 1989. 229 | Vgl. z.B. Graves 1981; Rodriguez 1981, vii; Klamon 1989, 6-9. 230 | Vgl. Museum of Modern Art 1967, 24-29; dazu auch Schumacher 1971, 85. 231 | Vgl. Drexler 1967, 22. 232 | Ebd. 22. 233 | Vgl. hierzu und zum Folgenden Gurock 2010, 575. 234 | Vgl. ebd. 329. 235 | Vgl. hierzu und zum Folgenden ebd. 574-75. 236 | Vgl. hierzu und zum Folgenden Plunz 1990, 243-246. 237 | Vgl. hierzu und zum Folgenden Drexler 1967, 22. 238 | Ebd. 22.

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Stadt und Sicherheit 239 | Vgl. Museum of Modern Art 1967, 24. 240 | Ebd. 241 | Ebd. 242 | Vgl. Schumacher 1971, 80. 243 | Ebd. 85. 244 | Rowe/Koetter 2009, 166. 245 | Ebd. 85. 246 | Vgl. Lynch 2010. 247 | Vgl. Cranz 1982, 136-137. 248 | Rosenzweig/Blackmar 1992, 476; dazu auch Epstein 1977. 249 | Vgl. hierzu Cranz 1982, 136-143. 250 | Vgl. hierzu und zum Folgenden Rosenzweig/Blackmar 1992, 473-481. 251 | Vgl. dagegen Drexler 1967, 22: »Their cost compares favorably with a few months of modern warfare«. 252 | Vgl. dazu The Museum of Modern Art 1967, 30-35. 253 | Ebd., 30. 254 | Vgl. dazu ebd., 36-41. 255 | Ebd., 42. 256 | Vgl. hierzu ebd., 44. 257 | Henry Richardson, unveröffentlichtes Gespräch mit dem Autor im Mai 2012. 258 | Vgl. dazu Rowe 1996c. 259 | Vgl. Richardson 1970. 260 | Henry Richardson, unveröffentlichtes Gespräch mit dem Autor im Mai 2012. 261 | Vgl. ebd., 2. 262 | Vgl. ebd., 6. 263 | Ebd., 7. 264 | Hall 1980. 265 | Herpin 1970. 266 | Vgl. hierzu und zum Folgenden ebd., 26-35. 267 | Ebd., 6. 268 | Vgl. ebd., 30-32. 269 | Ebd., 35. 270 | Vgl. Christodoulou 1978, 1. 271 | Schwartz 1980. 272 | Vgl. ebd., 4-12. 273 | Vgl. hierzu und zum Folgenden Klamon 1989. 274 | Ebd., 8. 275 | Vgl. dazu ausführlich ebd., 22-29. 276 | Vgl. ebd., 28. 277 | Hord 1989. 278 | Vgl., ebd., 57. 279 | Ebd., i-ii.

Anmerkungsverzeichnis 280 | Vgl. hierzu und zum Folgenden ebd., 15-20. 281 | Vgl. hierzu ebd., 42. 282 | Ebd. 283 | Vgl. Olbrich 1989, 16-17. 284 | Vgl. dazu Buchert 2011, 79-81. 285 | Vgl. bes. Kleinman 1975, Schwartz 1980, Klamon 1989. 286 | Vgl. Dolkart 1998, 87-89. 287 | Vgl. ebd., 93; dazu auch Gray 1994.

Synthese und Ausblick. Die Wiedereroberung des Urbanen 1 | Vgl. hierzu auch Newman 1973b, 10. 2 | Vgl. Anonymus 1972b, A22; Rosenthal 1972, C45. 3 | Vgl. Anonymus 1972a, 51; Bruning 1972, 4A. 4 | Vgl. Marlin 1972, 25. 5 | Vgl. hierzu Dixon 1972, 65. 6 | Vgl. Jencks 1988, 9. 7 | Vgl. Rowe/Koetter 2009, 94. 8 | Vgl. hierzu Frampton 1972, 56-61. 9 | Vgl. dazu Cohen 1998, 78-83; dazu auch Meier 1984, 116-123 und 389. 10 | Vgl. dazu z.B. Durth 1977, 195-198. 11 | Vgl. dazu Cisneros 1995, 12-13. 12 | Vgl. hierzu Newman 1973b, Addendum G1, 1-7. 13 | Vgl. dazu ebd., 4-5. 14 | Vgl. Cisneros 1995, 12. 15 | Vgl. dazu Colquhoun 2004, 42. Zur Kritik an Defensible Space vgl. auch Cisneros 1995, 9-10; Wehrheim 2002, 96. 16 | Vgl. hierzu Museum of Modern Art 1973. 17 | Hierzu Kenneth Frampton in einem Gespräch mit dem Autor im Juli 2012. 18 | Vgl. Bergdoll/Martin 2012, 13. Zur Frage von Eigentumsverhältnissen vgl. z.B. Newman 1980, bes. 305-308. 19 | Vgl. Martin/Meisterlin/Kenoff 2012, bes. 25-29 und 41-46. 20 | Vgl. hierzu Martin 2010, 17-18. 21 | Vgl. dazu Wehrheim 2002, 98; Low 2003, 22; Schubert 2008, 13. 22 | Vgl. dazu Hoesli 2009, 268. 23 | Vgl. dazu auch Will 1988, 49. 24 | Vgl. Ockman 1998, 445; dazu auch Baird 1997, 22-35; Eisenman 1994, 66-69. 25 | Vgl. dazu bes. Somol 1994, 8-15. 26 | Vgl. hierzu Allen 1994, 31-32. 27 | Vgl. dazu Eisenman 1994, 68. Zu den Krier-Brüdern vgl. Rowe 1996c, 261-283. Zu Rowe und Sterling vgl. Vidler 2008, 98-104. 28 | Vgl. dazu Oechslin 1985, 16-30.

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Stadt und Sicherheit 29 | Vgl. Bunschoten 1985, 31-42. 30 | Vgl. Lampugnani 2000, 150-151. 31 | Sue 2010, 175. 32 | Vgl. dazu bes. Graves 2009; Shane 2005. 33 | Vgl. dazu Schrijver 2008, 247. 34 | Vgl. dazu Hoesli/Hofer 1979, 23-30. Zu Hoeslis Lehre an der ETH Zürich vgl. ausführlich Hoesli 1989. 35 | Hoesli/Hofer 1979, 23. 36 | Vgl. dazu z.B. Herzog/Meuron/Diener 1989, 28-31. 37 | Vgl. dazu Kollhoff/Kuhnert 1990, 41-45. 38 | Vgl. dazu Hertweck 2010, 225-235. 39 | Zu Rowes Kommentaren zur IBA vgl. Rowe 1996c, 221-242. 40 | Vgl. Will 1988, 50; dazu auch Eisenman 1994, 69. 41 | Vgl. hierzu und zum Folgenden Le Corbusier 1967, 127-134. 42 | »The skyscraper has petrified the city [and] reinstated the pedestrian, exclusively.« Ebd., 127. 43 | Zum Ensemblebegriff in zeitgenössischen Diskursen vgl. Buchert 2013, 55. 44 | Vgl. dazu Meier 1984, 116-123 und 389. 45 | Vgl. dazu auch Cohen 1998, 78-83. 46 | Vgl. dazu Hertweck 2010, 229-231. 47 | Vgl. dazu z.B. das Titelthema »Leben im Hochhaus« der Ausgabe 20/2014 der Zeitschrift Bauwelt. 48 | Vgl. Newman 1972, 114-115; Rowe/Koetter 2009, 128/255. 49 | Doering-Manteuffel 2008, 313. 50 | Vgl. hierzu Beck 1996, 39-40. 51 | Vgl. Schroer 2009, 492. 52 | Vgl. dazu Beck 1995, 33-56. 53 | Vgl. ebd., bes. 45-51; dazu auch Schroer 2009, 499; Beck 2007. 54 | Vgl. dazu Schroer 2009, 504-505. 55 | Vgl. Giddens 2004, 58-67; dazu auch Schroer 2009, 505. 56 | Vgl. dazu bes. Newman 1980, 323. 57 | Vgl. Giddens 2004, 49, 60. 58 | Vgl. dazu z.B. Blum 2003; Wehrheim 2002; Trüby 2008; Zinganel 2003. 59 | Vgl. dazu bes. Ellin 1997, 13-45. 60 | Vgl. dazu auch Schwarz 2009, 106-109. 61 | Vgl. dazu Braum/Baus 2009, 6-7. 62 | Vgl. hierzu Schneeberger 2013, 60. 63 | Die nach Fertigstellung dieser Arbeit erschiene Oktoberausgabe der Bauwelt (37/2014) diskutiert dieses Thema unter dem Titel »Gangbarer Konservativismus?«. 64 | Vgl. hierzu Chipperfield 2012, 48-49, 198-199. 65 | Beck 2007, 92.

Dank Diese Arbeit wurde im Mai 2014 von der Fakultät für Architektur und Landschaft an der Leibniz Universität Hannover als Dissertation angenommen. Teile der Forschungsarbeiten sind mit Förderung durch ein DAAD-Doktorandenstipendium entstanden. Bedanken möchte ich mich bei all jenen, die mich während der vergangenen Jahre bei diesem Vorhaben unterstützt haben. Margitta Buchert (Leibniz Universität Hannover), ohne die diese Arbeit niemals zustande gekommen wäre, gilt mein besonderer Dank für ihre Modernität und ihre große Zuversicht in das Projekt. Danken möchte ich auch Lara Schrijver (Universität Antwerpen), die in einer späten Phase der Arbeit wertvolle Hinweise beigetragen hat, sowie Kenneth Frampton, Enrique Walker und Reinhold Martin (Columbia University) für ihre fachlichen Anregungen und Einschätzungen. Mein Dank gilt Kopper Newman und Fred Koetter, die mit ihren persönlichen Erinnerungen die Recherchearbeiten bereichert und nützliche Hinweise gegeben haben. Danken möchte ich auch Sophie Hochhäusl und dem Team der Fine Arts Library für ihre Hilfe bei den Archivarbeiten an der Cornell University sowie Simone Bellingröhr für ihre Untersützung beim Lektorat. Nicht zuletzt möchte ich den ehemaligen Kolleginnen und Kollegen am Institut für Geschichte und Theorie der Architektur meinen Dank aussprechen für ihre Unterstützung und kollegialen Ratschläge. Schließlich gilt der größte Dank meiner Familie und meinen engen Freunden für ihr Vertrauen und ihre Motivation.

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Architekturen Gianenrico Bernasconi, Thomas Hengartner, Andreas Kellerhals, Stefan Nellen (Hg.) Das Büro Zur Rationalisierung des Interieurs, 1880-1960 November 2015, ca. 330 Seiten, kart., zahlr. z.T. farb. Abb., ca. 29,99 €, ISBN 978-3-8376-2906-4

Ekkehard Drach (Hg.) Das Verschwinden des Architekten Zur architektonischen Praxis im digitalen Zeitalter Dezember 2015, ca. 210 Seiten, kart., zahlr. Abb., ca. 29,99 €, ISBN 978-3-8376-3252-1

Eduard Heinrich Führ DIE MAUER Mythen, Propaganda und Alltag in der DDR und in der Bundesrepublik Oktober 2015, ca. 352 Seiten, Hardcover, durchgehend vierfarbig bebildert, 24,99 €, ISBN 978-3-8376-1909-6

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Susanne Hauser, Julia Weber (Hg.) Architektur in transdisziplinärer Perspektive Von Philosophie bis Tanz. Aktuelle Zugänge und Positionen September 2015, ca. 250 Seiten, kart., 28,99 €, ISBN 978-3-8376-2675-9

Jörn Köppler Die Poetik des Bauens Betrachtungen und Entwürfe August 2016, ca. 180 Seiten, kart., zahlr. Abb., ca. 26,99 €, ISBN 978-3-8376-2540-0

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