Spur der Arbeit: Oberfläche und Werkprozess [1 ed.] 9783412505080, 9783412503888

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Spur der Arbeit: Oberfläche und Werkprozess [1 ed.]
 9783412505080, 9783412503888

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Interdependenzen Die Künste und ihre Techniken Band 3

Herausgegeben von Magdalena Bushart und Henrike Haug

Magdalena Bushart | Henrike Haug (Hg.)

Spur der Arbeit Oberfläche und Werkprozess

2018 BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://portal.dnb.de abrufbar.

Umschlagabbildungen: Vorderseite: Details aus Abb. 33 sowie Farbabb. 2, 5 und 12 in diesem Band Rückseite: Details aus Abb. 22, 24 und 43 sowie Farbabb. 3 in diesem Band

© 2018 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln Weimar Wien Lindenstraße 14, D-50674 Köln, www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Korrektorat: Dore Wilken, Freiburg Satz: Punkt für Punkt GmbH · Mediendesign, D-40549 Düsseldorf

ISBN 978-3-412-50508-0

Inhalt

7

Magdalena Bushart und Henrike Haug Spurensuche/Spurenlese Zur Sichtbarkeit von Arbeit im Werk

25

Bastian Eclercy Spuren im Gold Technik und Ästhetik des Goldgrunddekors in der toskanischen Dugentomalerei

39

Heiko Damm Imprimitur und Fingerspur Zu Luca Giordanos Londoner Hommage an Velázquez

65 Farbtafeln 81

Yannis Hadjinicolaou Contradictory Liveliness Painting as Process in the Work of Arent de Gelder and Christopher Paudiß

95

Christian Berger Edgar Degas’ Bildoberflächen als Experimentierfelder

111

Aleksandra Lipin´ska Alabasterskulptur zwischen sprezzatura und Verwandlung

127

Nicola Suthor (Non)Transparency in the Description of a Sketch Rembrandt’s Christ Carrying the Cross

145

Niccola Shearman Reversal of Values On the Woodblock and its Print in Weimar Germany

167

Ekaterina Petrova Von Index zu Ikon Transfigurationen der Arbeitsspur im zeichnerischen Werk von Auguste Rodin

Inhalt I 5

179

Johanna Malt The Edge of the Self Casting and Moulding the Body in Modern and Contemporary Sculpture

199

Ann-Sophie Lehmann Taking Fingerprints The Indexical Affordances of Artworks’ Material Surfaces

219 Bildnachweise

Magdalena Bushart und Henrike Haug

Spurensuche/Spurenlese Zur Sichtbarkeit von Arbeit im Werk In seinen autobiographischen Aufzeichnungen Rückblicke berichtet Wassily Kandinsky, wie stark er von der Begegnung mit den Gemälden Rembrandts in der St. Petersburger Eremitage geprägt worden sei. Beeindruckt habe ihn nicht nur das Zusammenspiel unterschiedlicher Farb- und Helligkeitswerte, sondern auch die Gestaltung der Oberflächen, deren Informationen ihm seltsam widersprüchlich vorgekommen seien: Ich sah, daß jede große Fläche an sich nichts Märchenhaftes enthielt, daß jede dieser Flächen ihre Abstammung von der Palette sofort bloßlegte, daß aber diese Fläche durch die ihr entgegengesetzte andere Fläche tatsächlich eine märchenhafte Kraft gewann, so daß ihre Abstammung von der Palette auf den ersten Blick unglaubwürdig erschien. [...] Ich fühlte [...] ziemlich unbewußt, daß diese große Teilung bei Rembrandt seinen Bildern eine Eigenschaft gibt, die ich bis dahin nie gesehen hatte. Ich empfand, daß seine Bilder ‚lange dauern‘, und erklärte es mir dadurch, daß ich erst einen Teil dauernd erschöpfen mußte und dann den anderen. Später verstand ich, daß diese Teilung ein der Malerei erst fremd und nicht zugänglich erscheinendes Element auf die Leinwand hinzaubert – die Zeit.1

Kandinskys Blick auf Rembrandt war der eines abstrakten Malers, der versuchte, die Wirkung künstlerischer Gestaltungsmittel – Form, Farbe und Linie – auf den Betrachter zu beschreiben und zu systematisieren. Auf ihre ästhetische Wirkung ließ sich auch die Oberfläche befragen, zumal sie, wie der Künstler an anderer Stelle ergänzend feststellte, Tastgefühle anregen und räumliche Tiefe suggerieren kann.2 Gleichzeitig erinnert sie an den Herstellungsprozess des Gemäldes – an seine „Abstammung von der Palette“. In Kandin­ skys Beschreibung sind die beiden Ebenen – die ästhetische und die materiale – untrennbar miteinander verbunden. Die Spuren der Herstellung desillusionieren, weil sie das Gemachtsein der Bilder in Erinnerung rufen, und sie faszinieren, weil sie den Betrachter zur Mitarbeit und zum (auch haptischen) Nachvollzug herausfordern; schließlich bezieht sich der Faktor „Zeit“ auf die sukzessive Wahrnehmung der Farbschichten ebenso wie auf die Handlung, die diese Farbschichten hervorgebracht hat. Oberflächen, das zeigt uns die Passage aus den Rückblicken, definieren nicht nur die natürliche Grenze der Artefakte. Sie fungieren auch als Projektionsfläche und als Informationsträger, der die Arbeit am Kunstwerk, die Auseinandersetzung mit dem Material und

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den Formgebungsprozess anschaulich macht. Diese Anschaulichkeit gilt nicht nur für die Malerei, wo sich in der Geste des Farbauftrags der malerische Akt zu dokumentieren scheint,3 sondern auch für die anderen Bildgattungen. So lassen sich an der Oberflächenbehandlung von Skulpturen und Plastiken die Eigenschaften des Materials, seine Konsistenz, Härte und Formbarkeit, sowie der Einsatz und die Handhabung der Werkzeuge erfahren. In der Zeichnung hingegen legt die Lage der Linien die Abfolge gestalterischer Eingriffe, ja bisweilen sogar den ganzen Entwurfsprozess offen. Solche Spuren künstlerischer Arbeit können absichtsvoll gesetzt werden, etwa, wenn die Materialität beziehungsweise der mediale Charakter der Werke herausgestellt oder eine spontane Geste und mit ihr ein performativer Akt behauptet wird. In diesen Fällen sollen sie als „Handschrift“ gelesen werden, mit der sich die Urheber in ihr Werk eingeschrieben haben, als Hinweis auf die Prozessualität schöpferischen Tuns, auf die Virtuosität in der Beherrschung der Mittel und der Materie. Sie können aber auch entgegen den Intentionen des Künstlers Auskunft über den Werkprozess geben: so, wenn das Werk unvollendet aufgegeben beziehungsweise die Materialbehandlung missglückt ist oder wenn der Zahn der Zeit Reuezüge sichtbar gemacht hat, wodurch das vollendete Bild in Konkurrenz zur Geschichte seiner Formwerdung tritt. Und schließlich können die Spuren absichtsvoll in die Irre führen: dann nämlich, wenn die Informationen, die die Oberflächenbehandlung gibt, nicht  – beziehungsweise nur bedingt – den tatsächlichen Arbeitsschritten entsprechen. Selbst in den Fällen, in denen die Spuren fehlen und alles, was auf den Autor, seine Hand und sein Werkzeug hinweist, getilgt worden ist, lässt sich der Gedanke an die Arbeit aufrufen, die den polierten Marmor, die glatte Bronzehaut oder die geschlossene Oberfläche überhaupt erst ermöglicht hat. Damit aber führt die Oberfläche zurück zum Künstler und seiner körperlichen Existenz: zu seiner aktiven Gestaltung von Materie, seiner Haltung gegenüber dem jeweiligen Werk, der Tradition wie auch der Kunstproduktion seiner eigenen Zeit.4 Wie Arbeitsspuren gesetzt werden und wie sie zu deuten sind, differiert je nach Objekt, Verfahren und historischem Kontext. Schließlich sind sie in der Kunsttheorie und ­-literatur zu unterschiedlichen Zeiten und in unterschiedlichen Regionen, abhängig von den jeweiligen Sehgewohnheiten oder Kunsttraditionen, unterschiedlich beschrieben und bewertet worden. Nichts zeigt dies deutlicher als die Kontroversen um die Impasto-Malerei, die sich das eine Mal als Auseinandersetzung zwischen Venedig und Florenz beziehungsweise zwischen der Tradition des Nordens und der des Südens, das andere Mal als Divergenz von Akademismus und Modernismus erweist. Ausgangspunkt des Streits war das ­rilievo in Tizians reifem Werk, das Palma il Giovane, zeitweise Mitarbeiter in der Werkstatt des Künstlers, als Ergebnis eines höchst ungewöhnlichen Arbeitsprozesses geschildert hat: Tizian, so Palma, habe seine Figuren in wenigen Pinselstrichen mit dick aufgetragener Farbe direkt auf der Leinwand entworfen und am Schluss Glanzlichter und einzelne ­Akzente mit dem Pinsel oder sogar mit den Fingern gesetzt.5 Für den Florentiner Giorgio Vasari war dieser „späte fleckige Stil“ („ultima maniera fatta di macchia“) nur aufgrund der Meisterschaft Tizians und der Tatsache zu akzeptieren, dass die Bilder mit beträcht­

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lichem Aufwand gemalt seien. Denn obwohl sie wirkten, „als wären sie ohne Mühe gemacht“, werde bei genauerer Betrachtung doch deutlich, „dass sie überarbeitet sind und mit den Farben wieder und wieder über sie gegangen wurde, sodass die Mühe darin sehr wohl zu sehen ist“.6 Der kritische Unterton in diesem Lob ist kaum zu überhören. Nach Vasaris Disegno-Konzept lag die eigentliche künstlerische Leistung im (gedanklichen) Entwurf, nicht in dessen Umsetzung. Die Sichtbarmachung des Gestaltungsvorgangs im Bild musste ihm deshalb gründlich missfallen, zumal die Überarbeitungen darauf schließen ließen, dass sich die Formvorstellungen des Künstlers tatsächlich erst im Prozess des Malens geklärt hatten. Deutlich negativ fiel deshalb sein Urteil über die Nachahmer aus, die sich Tizians scheinbar so leichte Manier zu eigen machten, ohne über die Gründlichkeit ihres Vorbilds zu verfügen, und dabei „recht plumpe Gemälde“ hervorbrächten.7 Vasaris Deutung stieß in Venedig auf heftigen Widerspruch; hier sah man in Tizians Arbeitsweise den gezielten Einsatz der Mittel und damit einen Ausweis künstlerischer ­Intelligenz. Wo Vasari von Mühe (fatica) sprach, lobte Pietro Aretino die praktische Intel­ ligenz (divina pratica), Carlo Ridolfi die bewundernswerte Leichtigkeit (sprezzo mara­ viglioso) und Marco Boschini die kunstfertigen Pinselhiebe (colpi artificiosi).8 Das Auseinandertreten von Nah- und Fernsicht, das Vasari ablehnte, weil man aus der Nähe nichts als „grob hingeworfene Pinselstriche und Flecken“ erkennen könne,9 bot in der Deutung der venezianischen Autoren die Möglichkeit eines doppelten Kunstgenusses: Während die Gegenstände auf Distanz gesehen in ihrer Stofflichkeit überzeugend und lebendig vor Augen stünden, entpuppe sich das Bild von der Nähe als Produkt des Malvorgangs, der in der Betrachtung direkt nachvollziehbar wird.10 Noch einmal andere Schlüsse aus Vasaris Negativurteil zog Karel van Mander in seinem Schilder-Boek, das nicht zuletzt den Stellenwert der niederländischen Malerei in Relation zur italienischen bestimmen sollte. Die Vorbehalte gegen Tizian teilte er nicht, wohl aber die Kritik an den Vertretern einer jüngeren Künstlergeneration, die Tizians Modell blindlings folgten und damit die technischen Grundlagen der Gattung vernachlässigten. Ihnen stellte er die altdeutschen und altniederländischen Meister gegenüber, deren Werke nicht zuletzt deshalb so bedeutend seien, weil so große Sorgfalt auf ihre Vorbereitung und Ausführung (die einzelnen Arbeitsschritte werden im Text detailliert beschrieben) verwendet worden sei: Sie [gemeint sind Albrecht Dürer, Lucas van Leyden, Pieter Brueghel und Jan van Eyck; Anm. Verf.] verarbeiteten ihre Farben schön, nett und erfreulich, überluden ihre Gemälde nicht wie heutezutage, so dass man von jeder Seite das Werk als Blinder betasten und befühlen kann. Denn die Farben liegen heutezutage so uneben und rauh, dass man sie für ein in hartes Gestein gemeisseltes Relief halten kann.11

Aus van Manders Sicht kündete also auch die homogene Oberfläche von ihrem Gemachtsein und den damit verbundenen Mühen: vom Glätten der Tafel und der Grundierung bis

Zur Sichtbarkeit von Arbeit im Werk I 9

hin zum Farbauftrag. Genau diese Kenntnisse sollten sich seiner Meinung nach auch die Jungen aneignen, bevor sie sich an einen lockeren Pinselstrich wagten, weil hier eine besondere ästhetische Wirkung zu erzielen sei, die zudem nicht vom Betrachterstandpunkt abhänge: Sauberkeit, die den Augen süsse Nahrung reicht, und sie lange verweilen macht, besonders wenn sie Manier, Geist und Klugheit fest anhaftet und wenn sie dadurch ihre Schönheit weder von weitem noch bei nahem leicht verliert, ist sehr zu rühmen. Solche Dinge regen einen an und erfüllen die unersättlichen Augen das Herz mit ständiger Lust.12

Was van Mander und Vasari trotz ihres unterschiedlichen Ansatzes eint, ist die Tatsache, dass sie die Oberfläche als Konfliktzone begreifen, in der Kunstgenuss in Konkurrenz zur Arbeit des Malers geraten kann, sei es, weil das Farbrelief die Regeln der Gattung verletzt, sei es, weil das Primat der Idee missachtet worden ist. Für die Gegenseite hingegen war sie der Ort, an dem sich der Wagemut des Autors und seine Fähigkeit manifestieren, ohne kleinteilige Vorarbeit mit wenigen, genau kalkulierten Pinselstrichen ein Meisterwerk zu erschaffen. Vorgängiges Wissen um die Komplexität und Schwierigkeit der Werkprozesse setzten alle drei Positionen voraus. Für van Mander mussten die einzelnen Arbeitsschritte mitbedacht werden, die überhaupt erst die Perfektion des fertigen Gemäldes ermöglichten. Auch Vasari war technischen Herausforderungen gegenüber keineswegs ignorant;13 seine Kritik zielte in erster Linie auf die explizite Thematisierung des Malvorgangs. Die venezianischen Kommentatoren schließlich gingen von einem kennerschaftlich geschulten Publikum aus, das weiß, dass die scheinbare Leichtigkeit in Wirklichkeit das Resultat einer geübten Hand und eines urteilsfähigen Auges ist, dass also der kühne Pinselstrich seine Voraussetzungen zeigt und sie zugleich verschweigt. Umkämpftes Terrain, das je nach Kunstideal, Aufgabenstellung oder Region mehr oder weniger über den Produktionsvorgang preisgeben durfte, blieb die malerische Oberfläche auch in der Kunsttheorie und -kritik der folgenden Jahrhunderte. Die Frontverläufe allerdings sind selten eindeutig zu bestimmen. Während im Italien des 17. Jahrhunderts die Bandbreite von Positionen vom eigentlich substanzlosen disegno interno14, das der Ausführung als rein handwerklicher Tätigkeit keine Aufmerksamkeit schenkt, bis hin zum handlungsorientierten Virtuosentum reichte, blieb in den Niederlanden das „Gemachtsein“ der Bilder selbstverständlicher Bestandteil des Kunsturteils. Hier zählte das Zusammenspiel von Kopf und Hand im Einsatz der Gestaltungsmittel, auch wenn die Gewichtung unterschiedlich verteilt sein konnte. Bezeichnenderweise bezog man loosigheid – das niederländische Äquivalent zur italienischen sprezzatura – nicht nur auf pastose Werke, sondern auf alle Arten der Malerei; der Begriff beschrieb, wie Maria-Isabel Pousao-Smith gezeigt hat, ganz allgemein die Fähigkeit, die Pinselführung den Gegenständen anzupassen, die es darzustellen galt.15 Philips Angel beispielsweise brachte loosigheid mit der „stetigen und festen Zeichnungshand“ (seeckere ende vaste reycken handt) in Verbindung,

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wie sie sich in den feinmalerischen Werken seines Leidener Kollegen Gerard Dou manifestiere.16 Auch für Samuel van Hoogstraeten eröffnete der gekonnte und zugleich differenzierende Pinseleinsatz jenen Gestaltungsspielraum, der für die überzeugende Wiedergabe der Realität ausschlaggebend ist.17 Über die Handhabung des Pinsels konnten sich die ­Vertreter der „feinen“ Manier also ebenso in die Oberfläche des Bildes einschreiben wie die Vertreter der „rauen“ Manier mit ihrem offenen Duktus. Für die erste Option stehen van Hoogstraeten und Dou, für die zweite Option Frans Hals, über den Antonis van Dyck gesagt haben soll, er kenne niemanden anderen, der den Pinsel „so vollständig in der Gewalt hatte, dass er, wenn er ein Porträt begonnen hatte, den bestimmten Gesichts­ zügen, den Lichtern und Schatten mit einem Pinselstrich, ohne Unsicherheit und Änderung, ihren gehörigen Platz anzuweisen wusste.“18 Folgt man Houbrakens Bericht in De Groote Schouburgh, dann inszenierte Hals diesen Pinseleinsatz bewusst als eine Art Markenzeichen seines persönlichen Könnens: Man sagt, dass es seine Gewohnheit war, seine Porträts fett und sanft verschmolzen anzulegen und erst hernach die Pinselstriche hineinzusetzen, indem er sagte: ‚Jetzt muss noch das Kennzeichen des Meisters hinein‘.19

Welche der beiden Optionen bevorzugt wurde, hing auch in den Niederlanden von regionalen Traditionen ab – in Leiden galten andere Regeln als in Haarlem oder Amsterdam – und konnten sich ändern, wenn sich der Kunstgeschmack änderte.20 Mit Rembrandt ist hier wiederum auf ein sattsam bekanntes Beispiel zu verweisen: Zunächst offensichtlich als Modell der Verlebendigung geschätzt, geriet sein pastoser Pinselstrich in dem Augenblick in die Kritik, in dem sich in Amsterdam ein an französischer Malerei geschulter Klassizismus durchsetzen konnte.21 Die Vorbehalte richteten sich nicht nur gegen den „Dreck“ und das „Geschmiere“ auf Rembrandts Gemälden, sondern auch gegen den Künstler selbst, der das Instrumentarium des Malers mit dem eines Anstreichers verwechselt habe.22 Der reliefartige Farbauftrag wurde also als Handwerk diskreditiert – aus akademischer Sicht eine klare Abwertung der Bilder wie des Autors. Eine ähnliche Erfahrung machte noch John Constable fast zweihundert Jahre später mit seinen Landschaften, deren Oberfläche er, um den Eindruck des Momenthaften und der Bewegung zu erzielen, mit Hilfe eines Palettenmessers mit einer Schicht von pastosen weißen Farbpartikeln überzogen hatte.23 Die zeitgenössische Kritik reagierte gespalten: Obwohl man den Effekt des Verfahrens durchaus positiv vermerkte, störte man sich doch an der Textur, die das Gemachtsein der Bilder in den Vordergrund rückte. Der Künstler, so der Tenor deshalb, sollte sich besser als Gipser, Anstrei­ cher oder Maurer versuchen als an der Malerei. Ein Rezensent schlug gar vor, die Bilder umzubenennen in „Nature done in white lead, opal or prussian blue.“24 Eine Neuauflage, nun unter veränderten Vorzeichen, erlebte die Auseinandersetzung um den Pinselduktus in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als die Modernisten das Fini, die Verschleierung des Pinselstrichs im akademischen Ausstellungsbild, grundsätzlich

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in Frage stellten und stattdessen die Facture zum Ausweis künstlerischer Originalität erhoben. Wie Richard Shiff beschrieben hat, diente den Impressionisten und den folgenden Avantgardeströmungen die Gestaltung von Farbmaterie weniger einer möglichst überzeugenden Wiedergabe von Wirklichkeit als der Ausbildung einer unverwechselbaren „Handschrift“, durch die sich Unmittelbarkeit und Spontaneität inszenieren ließen. Die Spuren, die den Malakt aufrufen, erhalten damit eine neue Botschaft. Sie stehen für die Persönlichkeit des Autors/der Autorin, für seinen/ihren Blick auf die Welt, seine/ihre Wahrnehmung, ja sogar den Seelenzustand während der Arbeit.25 In dieser Hinsicht einen Endpunkt bildete der amerikanische Abstract Expressionism. Folgt man dem Kunstkritiker Harold Rosenberg, dann war das Bild nun eine Art Arbeitsprotokoll der intensiven Auseinandersetzung mit Leinwand und Farbe im Malprozess, in die nun der ganze Körper involviert ist: At a certain moment the canvas began to appear to one American painter after another as an arena in which to act – rather than as a space in which to reproduce, re-design, analyze, or ‘express’ an object, actual or imagined. What was to go on the canvas was not a picture, but an event.26

Mit der engen Verknüpfung von Farbauftrag und Künstler näherte sich die Theorie der Gattung Vorstellungen, die sich für die Handzeichnung seit längerem etabliert hatten. Dass die Linie Rückschlüsse auf ihren Urheber zulässt, behauptet schon die Anekdote vom Künstlerwettstreit zwischen Apelles und Protogenes, von der Plinius im 35. Buch der Naturalis historia berichtet: Mit einer feinen Linie, die er auf einer Tafel zieht, zeigt Apelles dem rhodischen Malerkollegen Protogenes seinen Besuch auf der Insel an, und dieser identifiziert aufgrund der Feinheit des Strichs auch tatsächlich den Meister. Die konkurrierende Linie, die Protogenes daraufhin auf der Linie des Apelles platziert, ist ebenfalls als Visitenkarte gedacht: Man solle sie, so ordnet der Künstler an, „Apelles zeigen und hinzufügen, der sei es, den er suche.“ Sie – wie auch die dritte, wiederum von Apelles gesetzte und an Feinheit nicht mehr zu übertreffende Linie – liegt über den bereits gesetzten Linien, sodass sich nicht allein das stupende Können, sondern auch der Verlauf des Wettkampfes an der Oberfläche abbildet.27 Eine Übernahme der Legende, die die Tradierung vergleichbarer Vorstellungen sowie die anhaltende Wertschätzung der Linie bezeugt, findet sich für den Gründungsheroen der neuen Malerei am Ausgang des Mittelalters, für Giotto di Bondone: Hier ist es ein Abgesandter des Papstes, der den Maler um einen Ausweis seines Könnens bittet. Anstatt eine in langwierigen Arbeitsprozessen erstellte Tafel mit vielen Materialen und Farbschichten zu senden, die seine Meisterschaft in der Erzeugung von Raum und Narrativität zeigt, zeichnet Giotto freihändig einen perfekten Kreis: Giottos „O“.28 Das indexikalische Verhältnis zwischen der Linie und ihrem Schöpfer blieb auch in der Folge Kennzeichen der Gattung – zum einen, weil sich in der Zeichnung ganz unmittelbar das routinierte Können, das aus Begabung und steter Übung resultiert, manifestiert, zum anderen, weil sie als Skizze Einblicke in den Prozess der Bildfindung zu gewähren scheint.29 Die Künstlerhand weist dabei auch über das rein technische Vermögen

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hinaus; als docta manus beschreibt sie den engen Konnex zwischen schöpferisch tätigem Geist und ausführendem Körper.30 Dürer dürfte beide Aspekte im Sinn gehabt haben, als er die Rötelzeichnung, die er im Austausch gegen ein Selbstporträt von Raffael erhalten hatte, mit der Notiz versah: „Raffahell de Urbin der so hoch peim / pobst geacht ist gewest hat der hat / dyse nackette bild gemacht Und hat / sy dem albrecht dürer gen nornberg / geschickt Im sein hand zw weisen.“31 Anders stellt sich die Ausgangssituation in der Bildhauerei und in den Schmuckkünsten dar. Das Hinterlassen von Spuren war zunächst eigentlich nur auf der Oberfläche denkbar, die diese aber nicht aufweist – sei es, weil die Werke gefasst waren, sei es, weil das Ideal (etwa eines Bronzegusses oder einer Goldschmiedearbeit) in der handwerklichen Perfektion lag. Bestenfalls für Bildwerke, die auf Fernsicht angelegt waren, schien eine gröbere Bearbeitung akzeptabel, wenn sie die Lesbarkeit der Figuren erhöhte.32 Das Postulat der Perfektion dürfte auch die Bewertung von Plastiken aus Terrakotta geprägt haben, einem Material, das nicht nur in der Bibel, sondern auch in antiken Schöpfermythen den Beginn künstlerisch gestaltender Arbeit markiert. Der überall verfügbare und leicht formbare Werkstoff wurde als preiswertes Surrogat (dann in der Regel gefasst) und für Entwürfe zu Marmor- und Bronzebildwerken eingesetzt. Doch anders als Zeichnungen verstand man solche Bozetti nicht indexikalisch, obwohl die formende Künstlerhand in Abdrücken der Finger und der Instrumente unübersehbar präsent ist, ihre Spuren sogar, wie Anthony ­Siegel am Beispiel Gianlorenzo Berninis gezeigt hat, die Rekonstruktion der einzelnen Arbeitsschritte ermöglichen.33 Offensichtlich stellten sie in einer Gattung, die den körperlichen Einsatz in einem ganz anderen Maße herausforderte als Malerei und Graphik, keinen positiven Wert dar. So bewunderten Berninis Zeitgenossen zwar die Virtuosität und Geschwindigkeit, mit denen der Bildhauer in Ton modellierte; Lelio Guidiccioni verglich seine Fingerfertigkeit gar mit der eines Harfinisten.34 Die Produkte des Modelliervorgangs jedoch blieben ein Arbeitsbehelf, der die Werkstatt nicht verließ und auch vom Künstler selbst nicht allzu pfleglich behandelt wurde.35 Das heißt nicht, dass man nicht auch in der Bildhauerei nach der technischen Leistung des Künstlers fragte. Allerdings wurde der Werkprozess vor allem durch begleitende Anekdoten und Erzählungen aufgerufen, die von den Umständen der Entstehung und den Schwierigkeiten berichten, denen der Bildhauer während der Arbeit zu trotzen hatte; den Bewertungsrahmen boten kunsttheoretische Texte. Nur wenn der Kontrast zwischen der Größe des Blocks oder Härte des Materials und dem fertigen Bildwerk bewusst gemacht wird, können die Virilität des mächtigen Hammerschlages, mit dem das Material bezwungen worden ist oder die rein intellektuelle Arbeit am Stein, bei der der Künstler die im Block geschaute Figur nur noch „freilegen“ muss (Michelangelo), gewürdigt, kann die Umdeutung des Steins in ein „weiches“ Bildwerk (Giovanni Angelo Montorsoli) wahrgenommen und das „Atmen“ des Marmors (Bernini) zum Gegenstand einer technischen Reflexion werden, die den Werkprozess mit dem Einhauchen des belebenden göttlichen Odems in den aus Lehm geschaffenen Adam am Beginn der Schöpfung verknüpft.36

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Vor diesem Hintergrund gewannen auch scheinbar rein auf die künstlerische Praxis ausgerichtete Informationen neue Relevanz, weil sie den Kenner mit Kriterien zur Beurteilung der technischen Leistungen versorgten. So ist zu erklären, dass Benvenuto Cellini im 16. Jahrhundert sein Werkstattwissen verschriftlichte, obwohl er überzeugt war, dass sich körpergebundenes Wissen kaum durch einen Text, sondern letztlich nur durch eigenes Tun vermitteln ließ.37 Seine Anweisungen dürften sich deshalb weniger an angehende Handwerker als an einen höfischen Kontext gerichtet haben, wo man den Kunstgenuss mit einer entsprechenden Expertise verknüpfen wollte.38 Cellini selbst berichtet an mehreren Stellen in seinem Traktat, dass er zu Kunstgesprächen als Fachmann für Werkprozesse hinzugezogen worden sei. In Paris etwa habe er mit König Franz I. und dem König und der Königin von Navarra in der Sainte Chapelle diverse Kunstwerke betrachtet, darunter eine Trinkschale, die mit filigranen Stegen sowie Emaille besetzt war und so durchsichtig wirkte, „dass es einem unwahrscheinlich vorkam, dass so etwas überhaupt gemacht werden könnte“. Auf die Frage des Königs, wie denn der Werkprozess zu solch einem Stück vorzustellen sei, habe er, so Cellini weiter, die einzelnen Schritte erläutert, nicht ohne auf die Komplexität des Gegenstandes hinzuweisen: Heilige Majestät, ich werde Ihnen die Herstellungsweise dieses Werkes so erklären, dass Sie, ein Mann von seltenem Geiste, das Verfahren so gut kennenlernen werden, wie der Meister selbst es kannte, der das seltene Kunstwerk schuf – nur lässt sich das nicht in ein paar wenigen Worten tun.39

Ein anderes Mal erkundigte sich Cellinis Bericht zufolge Franz I. nach den Möglichkeiten, zwölf große Silberstatuten herzustellen. Als echter Praktiker antwortete Cellini darauf, dass es ihm leichter fallen würde, die Werke zu schaffen, als darüber zu sprechen, beschrieb dann aber wie gewünscht die möglichen Verfahren – offensichtlich, wie er stolz vermerkt, zur vollsten Zufriedenheit des Königs: Nachdem ich diese Ausführungen dem König vorgebracht hatte, sagte er zu mir, er habe alles so gut begriffen, dass er sich beinahe fähig fühlte und ermutigt wäre, die Arbeit selbst auszuführen.40

In einem dritten Fall macht Cellini die unmittelbare Anschauung stark, über die der Auftraggeber den Werkprozess nachvollziehen kann. Als er eine Pluvial-Schließe für Papst Clemens VII. anfertigen sollte, ließ sich der Papst über das dabei eingesetzte Treibverfahren informieren, mit dem Resultat, dass er von da ab die einzelnen Arbeitsschritte direkt am Werk verfolgen wollte. Cellini zitiert Clemens VII. mit den Worten: Und wenn ich dich von jetzt ab öfter rufen lasse, zu mir zu kommen, bringe stets dein Werk mit dir. Denke nicht, dass ich dich belehren wolle, es geht mir nur darum, dass ich sehe, wie es vorwärtsgeht, weil ich mich köstlich an dieser edlen Kunst ergötze.41

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Tatsächlich habe der Papst den weiteren Fortgang der Treibarbeiten an Engelsköpfen, die die Darstellung von Gottvater rahmen sollten, mit gleichbleibend hohem Interesse begleitet: Es verging kein Tag, ohne dass der Papst mich rufen ließ, und jedes Mal, wenn er sah, wie eines, dann zwei, dann immer mehr der kleinen Putti sich erhoben, brach er in Entzücken aus, erkundigte sich nach meinem Arbeitsverfahren. Am meisten erstaunte ihn, dass man ein so schwieriges Unterfangen in so kurzer Zeit förderlich voranbringen konnt, ohne dass es irgendwelche Risse gab.42

Der Wunsch von Papst und König, die Kriterien des Kunsturteils zu erweitern, resultiert also gerade aus der Perfektion des Werks, das als solches keine Informationen über seine Entstehung preisgibt – und letztlich auch nicht preisgeben soll. Die Wende brachte wieder das ausgehende 19. Jahrhundert. Wohl in Analogie zur Malerei wollte man nun auch in den Medien der Bildhauerei die Arbeit der eigenen Hände in der Darstellung thematisieren. Die Herausforderung war freilich umso größer, als die meisten Bildwerke das Produkt eines Reproduktionsverfahrens waren, für das die Bildhauer lediglich das Modell lieferten. Die Vergrößerung und die Ausführung in Stein oder Bronze hingegen besorgten hochspezialisierte Handwerker. In der Folge erlebte zum einen das Tonmodell eine Aufwertung, weil sich nur an ihm die „Handschrift“ des Künstlers ablesen ließ.43 Zum anderen entwickelten die Bildhauer Strategien, um die Spuren ihres Tuns auch im Endprodukt zu hinterlassen. Auguste Rodin machte die Abdrücke seiner Finger oder die Eingriffe mit dem Messer zum gestalterischen Element, das wie eine Signatur die Authentizität der Bronzegüsse beglaubigen kann; seine Marmorskulpturen suggerieren in der Kombination von ausgeführten und nicht ausgeführten Partien einen Prozess, den der Bildhauer im Dialog mit dem Material angestoßen und beendet hat, sobald sich seine Formvision aus dem Stein gelöst hat.44 Dass Rodin selbst den Meißel nur für den Fotografen in die Hand nahm, spielt für die Wahrnehmung dieser Arbeitsspuren keine Rolle.45 Sein Pariser Kollege und Konkurrent Medaro Rosso hingegen griff bei seinen Bronzeplastiken in den Guss beziehungsweise die Nachbearbeitung der Güsse ein. Er erhob auch für den Reproduktionsvorgang Anspruch auf Autorschaft, indem er bei der ­fertigen Plastik Fehlstellen, Gussnähte und Schamottreste stehen ließ und sie so zum Bestandteil des Gestaltungsprozesses machte.46 Doch auch das Plädoyer für Materialgerechtigkeit hatte seinen Anteil an der Aufwertung von Arbeitsspuren in der Bildhauerei.47 Wenn das Material Form und Funktion eines Artefakts entsprechen sollte, dann musste die Bearbeitung den Eigenarten des Materials angepasst werden. In diesem Sinne nahm Ernst Barlach für sich in Anspruch, mit dem „Charakter des Materials“ zu arbeiten und im Bildwerk „geistgewordene Materialforderungen“ sichtbar zu machen, wenn er, wie einst die mittelalterlichen Bildhauer, Figuren aus Holz fertigte.48 Die unregelmäßigen Einkerbungen auf der Oberfläche der Skulpturen wirken, als seien die Werke direkt mit dem Schnitzmesser im Werkstoff entwickelt und der

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letzte Schritt einer Glättung noch nicht erfolgt. De facto freilich handelt es sich um eine dekorative Zutat; auch Barlach arbeitete nach Gipsmodellen, die oft genug parallel als Vorlagen für Bronzegüsse dienten.49 Die Gegenposition nahm Ernst Ludwig Kirchner ein, der den Anspruch auf „Unmittelbarkeit“ und „Unverfälschtheit“ des Schaffens, mit der Künstlergemeinschaft Die Brücke einst 1906 angetreten war, auch für seine Holzbildwerke reklamierte. Als er sich unter dem Pseudonym Louis de Marsalle 1925 zu seinen Skulpturen äußerte, verband er das Plädoyer in eigener Sache mit einer grundlegenden Kritik an der (professionellen) Bildhauerei und ihrer Arbeitsteilung: Wenn man sich vergegenwärtig, daß bei dieser alten Arbeitsmethode [mit Modellen; Anm. MB] eigentlich nur das Tonmodell vom Künstler stammt, das Endresultat und alle Arbeit dafür aber von anderen Händen geschafft wird, so begreift man leicht die trübe Einförmigkeit unserer Plastikausstellungen und man fragt sich oft beim Anschauen, was wohl bei diesen Kunstwerken eigentlich noch vom Künstler stammt. Gerade das Material ist doch noch viel ausschlaggebender bei der Plastik als bei der Malerei; und dieses Material zu bearbeiten, überläßt der Bildhauer fremden Händen. Wie anders sieht gegen solche Figuren eine Plastik aus, die der Bildhauer selbst mit seinen Händen aus echtem Material bildet, wo jede Wölbung und Vertiefung von der Sinnlichkeit der Hand des Schaffenden geformt wird, wo scharfer Hieb und zartestes Schnitzen unmittelbar das Gefühl des Künstlers ausdrücken.50

Als Max Sauerlandt 1930 ein Resumée der bildhauerischen Arbeit der Brücke-Künstler zog, machte er die sichtbare Auseinandersetzung mit dem Material zum zentralen Argument, um den Rang der Arbeiten zu belegen: In ihnen bleibe, anders als bei den Skulpturen des Mittelalters, die „Struktur des Holzes und die Spur der Arbeit“ auch dann zu erkennen, wenn die Figuren farbig gefasst seien. Diese Betonung der Komponenten Material und Formgebungsprozess wiederum mache sie zur „echteste[n], unverhüllte[n] Holzbildhauerkunst“.51 Schon die lückenhafte und zeitlich begrenzte Übersicht macht deutlich, dass jenseits rein technologischer Untersuchungen Spuren der Arbeit nie selbstevident sein können, sondern an den Stellenwert gebunden sind, der dem Werkprozess in den jeweiligen Kontexten eingeräumt wird. Nur in seltenen Fällen geben sie präzise Auskunft über den tatsächlichen Arbeitsprozess; vielmehr zielen sie darauf ab, bestimmte Vorstellungen künstlerischen Agierens aufzurufen. Dabei reicht die Bandbreite von der Meisterung komplexer Arbeitsvorgänge bis zur spontanen Geste, die ihren Gegenstand in wenigen Pinselstrichen oder Linienzügen erfasst, von der Transformation des Materials (auch gegen Widerstände) bis zur Einfühlung in das Material und Sichtbarmachung seiner Eigenschaften im fertigen Werk, von der tastenden Entwicklung einer Bildidee, die sich in mehreren Schichten ablagert, bis hin zum routinierten Einsatz der Mittel. Auch bei den Zielsetzungen eröffnen sich unterschiedliche Optionen: Der Verweis auf andere Gattungen kann ebenso impliziert sein wie die Betonung gattungsspezifischer Eigenheiten, Bravura ebenso wie ein beson-

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ders umfassender Einsatz der Kräfte, die Einschreibung in die Tradition ebenso wie die Ablehnung von akademischen Konventionen Ausdruck. Dieser Bandbreite der Möglichkeiten sind die in diesem Band versammelten Aufsätze gewidmet. Sie gehen auf die dritte Tagung des Projekts „Interdependenzen. Künste und künstlerische Techniken“ zurück, die, finanziell unterstützt von der Fritz Thyssen Stiftung, im Sommer 2014 am Fachgebiet Kunstgeschichte der Technischen Universität Berlin stattgefunden hat. Im ersten Teil steht die Inszenierung von Spuren im Mittelpunkt. Sie kann mit einer Störung, aber auch mit einer Steigerung von Illusion einhergehen, bedeutet aber in jedem Fall eine narrative Aufladung der Oberfläche. Das zeigt sich etwa bei der Ornamentierung von Goldgründen und deren Bedeutung für die Stellung des Bildes in der Kunst des Dugento, denen der Aufsatz von Bastian Eclercy gewidmet ist. Die vermeintlich ‚handwerklichen‘ Markierungen waren bewusste Übernahmen aus der Goldschmiedekunst, die auch tatsächlich Goldschmiedearbeiten evozieren sollten. Die Spuren sind also als Referenz auf eine andere Gattung zu lesen. Als Referenz setzte auch Luca Giordano die Inszenierung seiner malerischen Virtuosität ein: Seine Hommage an Velázquez, die Heiko Damm analysiert, nimmt nicht nur in ihren Motiven auf die spanische Malereitradition Bezug, sondern auch in den malerischen Effekten. Dabei ließ der Künstler keinen Zweifel daran, dass er diese Effekte gleichsam aus dem Handgelenk geschüttelt hatte: Statt vonder Sorgfalt, mit der Velázquez seine Bilder malte, sprechen die Arbeitsspuren von einer extremen Ökonomie der Mittel und des Arbeitseinsatzes. Die Impasto-Malerei Rembrandts und seiner Nachfolger wiederum lebt von einer Handhabung des Farbauftrags, die, wie Yannis Hadjinicolaou deutlich macht, gerade die Unnatürlichkeit zu höchster Natürlichkeit zu erheben sucht – ein Verfahren, das entsprechend als besondere Leistung erkannt werden muss. Experimentell ausgerichtet war hingegen Edgar Degas’ Einsatz der Malmittel, den Christian Berger in den Blick nimmt. Degas verstand die Bildoberfläche als Experimentierfeld, auf dem er unterschiedliche Materialien erprobte. Dabei trieb ihn nicht zuletzt der Wunsch an, sich über ein möglichst breites Spektrum technischer Möglichkeiten in die Geschichte der französischen Malerei einzuschreiben. Der zweite Teil geht der Frage nach der Sichtbarkeit der Spuren nach. Nicht in allen Fällen lagert sich die Materialbearbeitung als zweifelsfrei lesbare Information an der Oberfläche an; sie kann auch mittelbar zum Thema werden. Alabasterfiguren etwa bestechen, wie Aleksandra Lipin´ska zeigt, gerade durch die Fokussierung auf die Eigenschaften des Materials. Je nachdem, welcher Effekt gewünscht war, mussten die Bearbeitungsspuren entweder ganz zurücktreten oder so diskret gehalten werden, dass sie nicht selten restauratorischen Maßnahmen zum Opfer gefallen sind. Die Grenzen der Nachvollziehbarkeit der Bildfindung lotet Nicola Suthor anhand einer Skizze Rembrandts aus. In der beschreibenden Annäherung wird deutlich, wie stark wir beim Spurenlesen die eigene Intuition bemühen, um Denk- und Zeichenvorgang zu rekonstruieren. Einer besonderen Art „übertragener“ Spuren schließlich sind die Ausführungen von Niccola Shearman gewidmet: Der Relation zwischen dem Holzschnitt und dem Druckstock in der dezidiert auf

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­Materialgerechtigkeit ausgerichteten expressionistischen Moderne. Um die Unmittelbarkeit der Arbeit im Blick auch auf den Druck auf Papier zu übertragen, entwickelten die Künstler eine Formensprache, die sich mit Kraft und Primitivität assoziieren ließ, also mit Kategorien, die im zeitgenössischen Diskurs mit „Ausdruck“ gleichgesetzt wurden. Um die indexikalischen Spuren, die unmittelbar die Hand des Künstlers/der Künstlerin aufrufen, geht es in den drei letzten Aufsätzen. Ekaterina Petrova widmet sich Rodins Zeichenpraxis. Sie zeigt, wie der Künstler das spontane Notat, das rein aus der Gestik des Körpers entsteht, in einem zweiten Schritt in eine Reinzeichnung überführt und dabei dem Lineament inhaltliche Bedeutung zuweist und die gestische Linie so zur gestenhaften Linie erklärt hat. Trotz dieser Transformation insistieren die Darstellungen auf dem Duktus des Spontanen und verweisen damit zurück auf den zugrundeliegenden kreativen Akt. Johanna Malts Aufsatz beschäftigt sich mit Abformungen und damit mit einem Bereich, der seine mimetischen Qualitäten gerade daraus bezieht, dass das Gemachtsein eliminiert wird. Hier zeigt sich, dass die Spur der Hand in ein Konkurrenzverhältnis zur Spur der abgeformten Körper tritt. Doch gerade der Abguss kann die Authentifizierung durch körperliche Präsenz des oder der Künstlerin noch steigern – nämlich dann, wenn dieser/diese sie sich selbst als Körper oder als Spur in das Kunstwerk einschreibt. Ann-Sophie Lehmann schließlich geht dem Bezugssystem nach, das unbewusst hinterlassene oder bewusst gesetzte Fingerabdrücke eröffnen. Ihre Beispiele aus der Gegenwartskunst machen deutlich, dass es sich dabei keineswegs nur um Bezüge zwischen Künstler und Betrachter handelt, sondern dass darüber hinaus auch die Relation zwischen Objekt und Betrachter und zwischen Material und Werkprozess thematisiert werden kann. Mit ihrer unterschiedlichen Ausrichtung führen die Beiträge nicht nur die vielfältigen Optionen des Spurenlegens, sondern auch die des Spurenlesens vor. Sie erinnern überdies daran, dass sowohl das Hinterlassen wie auch das Wahrnehmen der Zeichen menschlicher Arbeit stets ein bewusster und gesteuerter Akt ist, der nur innerhalb festgelegter Wertvorstellungen ablaufen kann. Voraussetzung für ihre Interpretation  – wie intuitiv sie sich auch immer gestalten mag – ist freilich neben der Rekonstruktion des Rahmens die Bereitschaft, den Herstellungsprozess nicht nur als etwas Ephemeres, Akzidentielles oder rein (Kunst)Handwerkliches zu lesen, sondern ihn als zentrale Voraussetzung des Kunstwerks zu begreifen.

Anmerkungen 1

Wassily Kandinsky, Rückblicke (1913), zit. nach: Kandinsky (Die Gesammelten Schriften 1), hrsg. von H. Roethel und J. Hahl-Koch, Bern 1980, S. 27–50; S 35. In der 1918 erschienenen russischen Übersetzung steht für „Märchenhaftes“ beziehungsweise „märchenhafte Kraft“ „übernatürliche Kraft“: ebd., S. 155.

2

In einem vor 1914 entstandenen Text zu gestalterischen Fragen heißt es: „Die Technik – das Auftragen der Farbe (Faktur), abhängend auch vom Material (Tastgefühle, die mitsprechen, bei

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­näherer Betrachtung teilweise auch sofort und von weitem) und dadurch das Erleben in Zeit ausdehnen. Die Bedeutung in der Tiefenteilung: pastoser Auftrag bringt die Farbe näher [...], glatter Anfang hilft im Zurücktreten der Fläche – so bilden sich Tiefen, das Bild wird nach vorne – hinten ausgedehnt.“ Wassily Kandinsky. Gesammelte Schriften 1889–1916, hrsg. von H. Friedel, München u. a. 2007, S. 551.   3 Joseph Leo Koerner, Editorial, in: Res 36, 1999 (Factura), S. 5–19.   4 Hier sei vor allem an die Überlegungen erinnert, dass die unterschiedlichen Konzeptionen der Oberflächengestaltung im Werk eines Malers auf unterschiedliche ökonomische Modelle der Bildproduktion zurückgehen könnten. Vgl. Daniel Hess und Oliver Mack, Zwischen Perfektion und Lässigkeit. Zur Malerei Albrecht Altdorfers, in: Albrecht Altdorfer. Kunst als Zweite Natur, hrsg. von C. Wagner und O. Jehle, Regensburg 2012, S. 37–53; John Michael Montias, Artists and Artisans in Delft. A Socio-Economic Study of the Seventeenth Century, Princeton 1982; Christopher Atkins, The Signature Style of Frans Hals. Painting, Subjectivity, and the Market in Early Modernity, Amsterdam 2012, S. 118–127.   5 Überliefert wird der Bericht allerdings erst durch Marco Boschini: Marco Boschini. La carta del navegar pitoresco (Venedig 1660), hrsg. von A. Pallucchini, Venedig/Rom 1966, S. 711–712; dazu David Rosand, Painting in Sixteenth-Century Venice.Titian, Veronese, Tintoretto, New Haven 1982, S. 24; Philip Sohm, Pittoresco. Marco Boschini, his Critics, and their Critiques of Painterly Brushwork in the Seventeenth and Eighteenth-Eentury Italy, Cambridge 1991.  6 Die Übersetzung zitiert nach Giorgio Vasari. Das Leben des Tizian, hrsg. von C. Irlenbusch, Berlin 2005, S. 45. Vgl. Giorgio Vasari. Le vite de‘ più eccellenti pittori, scultori e architettori nelle redazioni del 1550 e 1568, hrsg. von P. Barocchi und R. Bettarini, Florenz 1966–1987, Bd. 6, S. 166: “[...] perché se bene a molti pare che elle siano fatte senza fatica, non è così il vero e s’ingannano, perché si conosce che sono rifatte e che si è ritornato loro addosso con i colori tante volte che la fatica vi si vede.”   7 Vasari Tizian 2005 (Anm. 6), S. 45.   8 Valeska von Rosen, Mimesis und Selbstbezüglichkeit in Werken Tizians. Studien zum venezianischen Malereidiskurs, Emsdetten 2001, S. 299–365; die Zitate S. 317 und S. 328. Zur Diskussion ferner Mark W. Roskill, Dolce’s Aretino and Venetian Art Theory of the Cinquecento, Toronto 2000 [1. Auflage New York, 1968]; Thomas Puttfarken, The Dispute about Disegno and Colorito in Venice. Paolo Pino, Lodovico Dolce and Titian, in: Kunst und Kunsttheorie. Akten der Symposien Kunstgeschichte von Vasari bis Winckelmann und Kunstgeschichte seit Winckelmann (Wolfenbüttel, 1987 und 1988), hrsg. von. P.  Ganz und M.  Gosebruch, Wiesbaden 1991, S. 75–99; Nicola Suthor, Bravura. Virtuosität und Mutwilligkeit in der Malerei der Frühen Neuzeit, München 2010, S. 87–96; Bernard Aikema, Fleckenmalerei. Tizian zwischen Venedig und Europa, in: Der späte Tizian und die Sinnlichkeit der Malerei, Ausst.-Kat. (Wien, Kunsthistorisches Museum und Venedig, Gallerie dell’Accademia, 2007/2008), hrsg. von S. Ferino-Pagden, Wien 2007, S. 87–100.   9 Vasari Tizian 2005 (Anm. 6), S. 45. 10 Sohm 1991 (Anm. 5), bes. S. 50. 11 „En leyden hun verwen schoon/ net en blijdeGinghen de paneelen so niet belasten/ Als nu/ dat men schier blindelijck mach tasten/ En bevoelen al t’werck aen elcker sijde:/ Want de verwen ligghen wel t’onsen tijde/ Soo oneffen en rouw/ men mochtse meenen/ Schier te zijn half rondt/ in gehouwen steenen.“ Zit. nach: Das Lehrgedicht des Karel van Mander, hrsg. von R. Hoecker, Haag 1916, 12. Kapitel, § 20 (S. 272 und 273). Zu van Manders maltechnischen Ausführungen Walter Melion, Shaping the Netherlandish Canon. Karel van Mander’s Schilder-boek, Chicago 1991, S. 95–108; Achim Stanneck, Ganz ohne Pinsel gemalt. Studien zur Darstellung der Produktionsstrukturen niederländischer Malerei im Schilder-Boeck von Karel van Mander (1604), Frankfurt/Main u. a. 2001.

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12 „Netticheyt is prijsich/ die den gesichte/ Soet voedtsel gehevende doet langhe merren/ Bsysonder als haer arnclevend’is dichte/ Oock aerdt/gheest/en cloeckheyt/ en datse lichte/ Haren welstandt niet en weyghert van verren/ Niet meer als van by/sulck dinghen verwerren/ Doet arn hem/ en door oogen oversadich/ T’herte vast cleven met lusten ghestadich, in: Lehrgedicht Van Mander 1916 (Anm. 11), 12. Kapitel, § 21, S. 273. 13 Das wird vor allem deutlich in den Ausführungen zu Bildgattungen jenseits der Malerei. So charakterisiert Vasari den aus Frankreich stammenden Glasfenstermeister Guillaume de Marcillat als geistreich, talentiert und höchst erfahren in der Behandlung von Glas, dessen Erfahrung es ihm nicht nur ermögliche, die Farben auf dem Glas einzigartig und vortrefflich zu verteilen und seine Figuren und Szenen abwechslungsreich zu komponieren, sondern auch die technischen Beschränkungen für seine Entwürfe zu nutzen: „Die Maltechnik und Anordnung seiner Fensterbilder war so gut, dass er die an diversen Stellen durchkreuzenden Blei- und Fensterstreben in einer Weise in den Gelenken der Figuren und den Gewandfalten unterbrachte, dass sie nicht weiter auffallen, vielmehr eine Anmut erzeugen, die mit dem Pinsel nicht möglich gewesen wäre. So verstand er es, aus der Notwendigkeit eine Tugend zu machen.“ Giorgio Vasari. Das Leben des französischen Malers und Glasmalermeisters Guillaume de Marcillat, in: Giorgio Vasari. Die Leben der ausgezeichneten Steinschneider, Glas- und Miniaturmaler Valerio Belli, Guillaume de Marcillat und Giulio Clovio, hrsg. von A. Zeller, Berlin 2006, S. 45–61, hier S. 48. 14 Hier ist vor allem auf Federico Zuccari zu verweisen, der den inneren Entwurf mit folgenden Worten charakterisiert: „non è materia, non è corpo, non è accidente di sostanza alcuna; ma è forma, idea, ordine, regola, termine & oggetto dell’intelletto, in cui sono espresse le cose intese.“ Federico Zuccaro: L’Idea de’ Pittori, scultori, et architetti, divisa in due libri, Turin 1607, Buch 1, in: Scritti d’arte, hrsg. von D. Heikamp, Florenz 1961, S. 153. 15 Maria-Isabel Pousao-Smith, Sprezzatura, Nettigheid and the Fallacy of ‘Invisible Brushwork’ in Seventeenth-Century Dutch Painting, in: Nederlands kunsthistorisch jaarboek 54, 2003, S. 258– 279. Zur Diskussion des Pinselauftrags und der „rauen“ und „feinen“ Manier ferner Thijs Weststeijn, The Visible World. Samuel van Hoogstraten’s Art Theory and the Legitimation of Painting in the Dutch Golden Age, Amsterdam 2008, 219–244; zur Diskussion zuletzt Yannis Hadjinicolaou, Denkende Körper – formende Hände. Handling in Kunst und Kunsttheorie der Rembrandtisten, Berlin 2016. 16 Philips Angel, Lof der schilder-konst (1642). Abschrift des Kunsthistorisch Instituut Amsterdam 1972, S. 56, in: http://www.dbnl.org/tekst/ange001lofd01_01/ange001lofd01_01.pdf [zuletzt aufgerufen 1. November 2016]. 17 „Want daer behoort een andere lossicheit van handling tot het luchtige hair, het lillende loof, of iets derglelijx: en wederom, een anderen aert van’t pinsel te roeren in t’schoone nackt, en het blinkende marber.“ („Man braucht nämlich eine unterschiedliche lossicheit in der Handhabung für helles Haar, zitterndes Laub, oder Ähnliches, und noch einmal eine andere Art von Pinsel­ bewegung für einen schönen weiblichen Akt, und glänzenden Marmor.“), in: Samuel van Hoog­ straeten, Inleyding tot de hooge schoole der schilderkonst, Rotterdam 1678, S. 235; zit. nach Pousao-Smith 2003 (Anm. 15), S. 264. 18 „[...] dat hy zyn weerga niet kende, die ‘t penceel zoo tot zyn wilhad, dat hy, na hy een Pourtret had aangeleid, de vaste wezenstrekken, hoogsels, en diepsels met een penceelzet, zonder verzagtinge of verandering zoo hun behoorlyke plaats wist te geven“, in: Arnold Houbraken, De groote schouburgh der Nederlantsche konstschilders en schilderessen (3  Bände, Amsterdam 1718–1719), Bd.  1. S. 92; vgl. auch http://www.dbnl.org/tekst/houb005groo01_01/houb005 groo01_01_0043.php?q=met%20een%20penceelzet#hl1 [zuletzt aufgerufen 13. Februar 2016]. Die deutsche Übersetzung zit. nach Arnold Houbranken’s Grosse Schouburgh der niederländi-

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schen Maler und Malerinnen, übers. und komm. von A. von Wurzbach, Osnabrück 1970 [ND der Ausgabe 1880], S. 47. 19 „Men zegt, dat hy voor een gewoonte had, zyn Pourtretten vet, en zachtsmeltende aan te leggen, en naderhand de penceeltoetsen daar in te brengen, zeggende: Nu moet ‘er het kennelyke van den meester noch in.“ Houbraken zit. nach Houbraken 1970 (Anm. 18) S. 47. Vgl. Christopher Atkins, Frans Hals’ Virtuoso Brushwork, in: Netherlands Yearbook for History of Art 54, 2003, S. 280–307. Der Topos, dass der Pinselstrich einen „Personalstil“ ausdrücken könnte, findet sich allerdings schon in einem Brief Tizians an Philipp II. von Spanien, in dem der Maler ihn als Distinktionsmerkmal gegen die Kunst Raffaels, Michelangelos und anderer geführt hat, vgl. dazu Examining Velazquez, hrsg. von Gridley McKim-Smith, Greta Andersen-Bergdoll und Richard Newman, New Haven/London 1988, S. 1–33, hier S. 24. 20 Regionale Unterschiede zeigen sich sowohl im Kunsturteil über Frans Hals wie im Urteil über Rembrandt; Seymour Slive, Frans Hals, Oxford 2014, S. 316; Benjamin Binstock, Rembrandt’s Paint, in: Res 36, 1999, S. 138–165. 21 Ernst van de Wetering, Rembrandt. The Painter at Work, Berkely 2000, S. 155–190. 22 Seymour Slive, Rembrandt and his Critics 1630–1730, Den Haag, 1953, S. 184–185; ferner Nicola Suthor, Rembrandts Rauheit. Eine phänomenologische Untersuchung, Paderborn 2014. 23 Monika Wagner, John Constable. Taktiles Sehen fluider Landschaften, in: Verfeinertes Sehen. ­Optik und Farbe im 18. und frühen 19. Jahrhundert, hrsg. von W. Busch, München 2008, S. 41–56. 24 Judy Crosby Ivy, Constable and the Critics, 1802–1837, Woodbridge 1991, S. 126. 25 Richard Shiff, Representation, Copying, and the Techique of Originality, in: New Literary History 15, 1984, S. 333–363; ferner Richard Shiff, Cézanne and the End of Impressionism. A Study of the Theory, Technique, and Critical Evaluation of Modern Art, Chicago 1984; Michael Lüthy, Die modernistische Praxis nachvollziehen. Richard Shiff, in: Zwischen Ding und Zeichen. Zur ästhetischen Erfahrung in der Kunst, hrsg. von G. Koch und C. Voss, München 2005, S. 135–138. Zu weiteren Erklärungsmodellen vgl. Richard Bretell, Impression. Painting quickly in France, 1860–1890, Ausst.-Kat. (London, The National Gallery u. a. 2000/2001), New Haven/London 2000; Matthias Krüger, Das Relief der Farbe. Pastose Malerei in der französischen Kunstkritik 1850–1890, Berlin 2007; James Henry Rubin, Impressionism and the Modern Landscape. Productivity, Technology, and Urbanization from Manet to Van Gogh, Berkeley [u. a.] 2008; ders., Brushstroke and emergence. Courbet, Impressionism, Picasso, Chicago 2015; Anthea Callen, The work of Art. Plein-Air Painting and Artistic Identity in Nineteenthcentury France, London 2015; Isabelle Nové, Spur des Pinsels – Spur der Arbeit (Masterarbeit, TU Berlin, 2016). 26 Harold Rosenberg, The American Action Painters (1952), in: Abstract Expressionism. A Critical Record, hrsg. von D. Shapiro und C. Shapiro, Cambridge u. a. 1990, S. 75–85, S. 76. 27 Plinius d. Ä., Naturalis historia/Naturkunde, Bd. 35, hrsg. und übers. von R.  König, 2.  überab. Auflage, Darmstadt 1997, S. 81–83. Vgl. dazu Hans van de Waal, The Linea summa tenuitatis of Apelles. Pliny’s Phrase and its Interpreters, in: Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine ­Kunstwissenschaft 12/1, 1969, S. 5–32; Sabine Mainberger, „Der Künstler selbst war abwesend.“ Zu ­Plinius’ Erzählung vom Paragone der Linien, in: Im Agon der Künste. Paragonales Denken, ästhetische Praxis und die Diversität der Sinne, hrsg. von H. Baader u. a., München 2007, S. 19–31. 28 Zum Thema des Hand-Werks: Wolf-Dietrich Löhr, Von Gottes „I“ zu Giottos „O“. Schöpferhand und Künstlerkörper zwischen Mittelalter und Früher Neuzeit, in: Auge und Hand, hrsg. von J. Bilstein und G. Reuter, Oberhausen 2011, S. 51–76; dort auch: Johannes Myssok, La man che ubbidisce all’intelletto. Auge und Hand in Künstlerbildnissen des 16.  Jahrhunderts, in: Auge und Hand, hrsg. von J. Bilstein und G. Reuter, Oberhausen 2011, S. 101–116.

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29 Alexander Perrig, Michelangelo Studien I. Michelangelo und die Zeichnungswissenschaft – Ein methodischer Versuch, Frankfurt 1976; David Rosand, Drawing Acts, Studies in Graphic Expression and Representation, Cambridge 2002, S. 61–111. 30 Martin Warnke, Der Kopf in der Hand, in: Martin Warnke. Nah und fern zum Bilde. Beiträge zu Kunst und Kunsttheorie, hrsg. von M. Diers, Köln 1997, S. 108–120, hier S. 112. 31 Arnold Nesselrath, Raphael’s Gift to Dürer, in: Master Drawings 31 (1993), S. 376–389, hier S. 376. 32 Martin Warnke, Nah und fern zum Bilde, in: Martin Warnke. Nah und fern zum Bilde. Beiträge zu Kunst und Kunsttheorie, hrsg. von M. Diers, Köln 1997, S. 6–15. 33 Anthony Sigel, Visual Glossary, in: Bernini. Scuplting in Clay, Ausst.-Kat. (New York, Metropolitan Museum of Art und Fort Worth, Kimbell Art Museum), hrsg. von C. D. Dickerson, New Haven 2012, S. 87–107; Fingerprints of the Artist. European Terra-Cotta Sculpture from the Arthur M. Sackler Collections, Ausst.-Kat. (Washington, National Gallery of Art u. a. 1979/1980), hrsg. von L. Katz, Washington 1981. 34 Brief von 1632, zit. bei: Tomaso Montanari, Creating an Eye for Models. The Role of Bernini, in: Bernini 2012 (Anm. 33) S. 63–73, hier S. 68. 35 Montanari 2012 (Anm. 34), S. 67. 36 Karl Möseneder, Morbido, morbidezza. Zum Begriff und zur Realisation des „Weichen“ in der Plastik des Cinquecento, in: Docta Manus. Studien zur italienischen Skulptur für Joachim Poeschke, hrsg. von J. Myssok, Münster 2007, S. 289–299. 37 So beschreibt Cellini das Verfahren, Drähte, die zu filigranen Mustern gelegt wurden, im Feuer aufzulöten, und fügt hinzu: „Man kann das schriftlich gar nicht recht erklären, besser wäre es mündlich, am besten aber ist es, eigene Erfahrungen zu machen.“ Benvenuto Cellini. Dell’oreficeria, hrsg. von A. Capitanio, Turin 2002, S. 26. An anderer Stelle erklärt er: „ma la pratica e la sperienza insiema con la discrezione si è quella che insegna a ogni cosa bene.“ Benvenuto Cellini. Traktate über die Goldschmiedekunst und die Bildhauerei, hrsg. von E. Brepohl, Köln/Weimar/ Wien 2005, S. 48: „Aber Übung und Erfahrung – verbunden mit deiner Klugheit – sind die besten Lehrmeister.“ 38 Cellini spricht an manchen Stellen einen potentiellen Leser an, so Cellini Traktate 2005 (Anm. 37), S. 105/106: „Es gibt noch unendlich viele Einzelheiten zu sagen, die zu erklären so lange dauern würde, es wäre, als ob ich dir das ABC beibringen müsste! Ich weiß doch, dass diejenigen, die von meinen Bemühungen Gebrauch machen wollen, Leute sein müssen, die die ersten Grundlagen unserer Kunst schon beherrschen – und zu denen rede ich.“ Cellini Oreficeria 2002 (Anm. 37), S. 125: „E’ ci sarebbe da dire molte infinite minuzie, le quali sarebbono troppo lunghe né più né manco come inseguare l’alfabeto della tavola; ma perché io so che quelli che si serviranno di queste mie fatiche hanno da esser persone che aranno passato e primi principij dell’arte, e con quelli ragiono.“ 39 Cellini Traktate 2005 (Anm. 37), S. 49; Cellini Oreficeria 2002 (Anm. 37), S. 28: „Sacra Majestà, io vi dirò in che modo l’è fatta appunto, a tale che voi stesso, che siate uomo di così raro ingegno, il detto modo voi né saprete tanto quanto il proprio maestro che la fece; ma io non vi posso già insegnare con tanta brevità quel bel disegno che è in detta opera.“ 40 Cellini Traktate 2005 (Anm. 37), S. 142; Cellini Oreficeria 2002 (Anm. 37), S. 172: „[...] io dissi che a me bastava la vista, e che io né lo farei capacissimio con le parole, e l’un cento gli riuscirei meglio con i fatti. [...] Detto che io ebbi queste ragioni al re, ei disse che ne era tanto capace, e che le aveva tanto bene intese, che gli sarebbe dato il cuore di farla a lui stesso.“ 41 Cellini Traktate 2005 (Anm. 37), S. 89; Cellini Oreficeria 2002 (Anm. 37), S. 100: „E se io alcune volte ti mando a chiamare, porta teco sempre l’opera, acciò che io vegga quel che tu fai di mano in mano; non già per insegnarti, ma perché io mi piglio piacer grandissimo di questa bell’arte.“

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42 Cellini Traktate 2005 (Anm. 37), S. 93; Cellini Oreficeria 2002 (Anm. 37), S. 108: „E’ non passava mai tre giorni interi che il papa non mi mandassi a chiamare, et ogni volta che e’ vedeva rilevare quando uno e quando dua di quei pei puttini, e’ si faceva una maraviglia grande, e sempre mi domandava del modo che io avevo tenuto; e qual che più gli dava maraviglia si era il considerare l’aver tirato inanzi, in brevi giorni, una tanto difficile opera, né mai qualla s’era stracciata in nessun luogo [...].“ 43 Charles Blanc, Grammaire des arts du dessin, Paris 1869, S. 373. 44 Werner Schnell, Warum Rodin Bronze brauchte – und auch mit Marmor Erfolg hatte, in: formlos – formbar. Bronze als künstlerisches Material, hrsg. von M. Bushart und H. Haug, Köln u. a. 2016, S. 185–208. 45 Rosalind Krauss, Passages in Modern Sculpture, Cambridge/London 1981, S. 23–33. 46 Sharon Hecker, Reflections on Repetition in Rosso’s Art, in: Medardo Rosso. Second Impressions, Ausst.-Kat. (Cambridge/Mass., Arthur M. Sackler Museum) hrsg. von H. Cooper u. a., New Haven/ London 2003, S. 23–67; Magdalena Bushart, Das eigene Ding. Medardo Rosso und der Bronzeguss, in: Bushart/Haug 2016 (Anm. 44), S. 209–224. 47 Zur Diskussion des 19. Jahrhunderts um Materialgerechtigkeit vgl. Gottfried Semper, Keramik, Tektonik, Stereotomie, Metallotechnik (Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten 2) (Gottfried Semper. Gesammelte Schriften 3), hrsg. von Henrike Karge, Hildesheim u. a. 2008, S. 250–251; für das frühe 20. Jahrhundert auch Georg Simmel, Das Problem des Stiles, in: Die Kunst 18, 1908, S. 307–316, hier die Fußnote auf S. 309: „Daher hat auch das Material eine so große Stilbedeutung: die menschliche Gestalt z. B. fordert einen andern Stil der Darstellung, wenn man sie in Porzellan oder in Bronze, in Holz oder in Marmor vorführt. Denn das Material ist tatsächlich das Allgemeine, das sich gleichmäßig einer beliebigen Anzahl von Formen bietet, und das diese deshalb als ihre allgemeine Voraussetzung bestimmt.“ 48 Ernst Barlach, Freude am Plastischen. Aus einem Brief 1906, zit. nach: Ernst Barlach, 1870–1938, Ausst.-Kat. (Wien, Gesellschaft Bildender Künstler Österreichs, 1984/1985), hrsg. von E. Jansen, Wien 1984, S. 42–44, dort S. 42: „Aus dem Charakter des Steins, der Bronze heraus ist die Formgebung des Bildhauers abzuleiten. Material-Begriffe werden zu Anschauungs-Normen; nach den Maßen von Erz und Stein wird die darstellbare Welt gemessen, auf Eigenschaften, die Stein und Erz entsprechen, geprüft. [...] – denn weil er im Erz- und Stein-Sinne handelt, so besteht vor ihm nur, was ihm verwandt ist, was seine starken Gesetze verträgt und was zähgebildet oder trotzigragend oder massig-wuchtend ist, was aus dem Stein geschlagen werden kann und doch Hals oder Gebirge bleibt, was in Erz gegossen werden darf und doch in den Zeiten besteht, was hervor muss, wies das fließende und erstarrende Erz verlangt [...] So fordert das Material seine Verwandten in der Welt der Gedanken und Formen, mit ihm die Verbindung zum Kunstwerk einzugehen in nachdrücklicher Art. In sich hat des Plastikers Blick den Charakter des Materials gesogen, hat sich gereinigt vom Zufalls- und wesenlosen Schönheitsempfinden, aus physischen Gesetzen werden geistige Begriffe gesogen, mit geistgewordenen Materialforderungen wird die sichtbare Welt geworfelt.“ Vgl. zum Material Holz ausdrücklich auch Ernst Barlach, Plastik 1906, zit. nach ebd.S. 40–42, dort S. 40: „Die Gedankenwelt des Plastischen ist an die solidesten Begriffe ihres Materials, des Steins, des Metalls, des Holzes, fester Stoffe gebunden. Das Gebirge, der Baum haben die Gefühlswelten in sich, die herausgearbeitet werden können“. 49 Susanne Deicher, The Block as Model. On the Notion of „Tradition” in the Sculptural Practice of Ernst Barlach, in: Medieval and Modern. Direct Carving in the Work of Gill and Barlach, hrsg. von O. Kossowska und S. Deicher, Leeds 2005, S. 6–16. Zur ideologischen Überhöhung des Materials vgl. Monika Wagner, Wood – „Primitive“ Material for the Creation of „German Sculpture“, in: New Perspectives on Brücke Expressionism. Bridging History, hrsg. von C. Weikop, Farnham 2011, S. 71–88.

Zur Sichtbarkeit von Arbeit im Werk I 23

50 L. de Marsalle (i. e. E. L. Kirchner), Über die plastischen Arbeiten von E. L. Kircher, in: Der Cicerone 17, 1925, S. 692–701, S. 696. 51 Max Sauerlandt, Holzbildwerke von Kirchner, Heckel und Schmidt-Rottluff im Hamburgischen Museum für Kunst und Gewerbe, in: Museum der Gegenwart. Zeitschrift der Deutschen Museen für neuere und neueste Kunst 1, 1930/31, S. 101–111, hier S. 107.

24 I Magdalena Bushart und Henrike Haug

Bastian Eclercy

Spuren im Gold Technik und Ästhetik des Goldgrunddekors in der toskanischen Dugentomalerei Die Tafelmaler des Spätmittelalters pflegten die Hintergründe ihrer Bilder und besonders die Nimben der Heiligen mit Blattgold zu dekorieren und dieses mit reicher, meist vege­ tabiler Ornamentik zu verzieren, die freihand mit einem Griffel eingeritzt oder durch Kombination von Motivstempeln, den sogenannten Punzen, ausgeführt werden konnte.1 Für die italienische Malerei des Trecento ist dieser Dekor, den Cennino Cennini zu den schönsten Aufgaben des Malers zählt („è de’ belli membri che abbiamo“, wie es in seinem um 1400 verfassten Traktat heißt, cap. CXL),2 bereits umfassend untersucht worden; vor allem Mojmír Frinta und Erling Skaug sind hier zu nennen, deren jahrzehntelange Pionierarbeit in diesem Forschungsgebiet in zwei grundlegende Corpuswerke mündete.3 Desiderat blieb dagegen lange eine Erforschung der Anfänge jener Entwicklung im 13. Jahrhundert. Meine 2007 an der Universität Münster vorgelegte Dissertation untersuchte die Dekortechniken und Dekorsysteme der Ornamentierung von Nimben und Goldgründen in der toskanischen Tafelmalerei von Giunta Pisano bis Cimabue unter Einschluss des ­Frühwerks von Giotto und Duccio. Dargelegt habe ich in besagter Arbeit zum einen die Geschichte dieses Dekors, seiner Entstehung, zeitlichen Entwicklung und spezifischen ­Ausformung in den verschiedenen Kunstzentren der Toskana. Damit verschränkt wird zum anderen die Nutzanwendung der Dekoranalyse für Probleme der Zuschreibung, Datierung und Lokalisierung einzelner Objekte sowie für die Erschließung von Werkstattzusammenhängen. In meinem auf dieser Studie basierenden und wesentliche Ergebnisse zusammen­ fassenden Beitrag möchte ich am Beispiel des toskanischen Dugento, wo diese für die spätmittelalterliche Kunst insgesamt so bedeutsame Verzierungsform ihren Anfang nahm, einige grundsätzliche Überlegungen zum Goldgrunddekor in der Tafelmalerei vorstellen. Im Mittelpunkt stehen dabei die Bezüge jenes Dekors zur Goldschmiedekunst und die sich daraus ergebenden Rückschlüsse auf das Wechselverhältnis von Materialität und Medialität des Tafelbildes. Die aus der Goldschmiedekunst übernommenen Techniken der Ritzung, Punktierung und Punzierung des Goldgrundes können als Werkzeugspuren an der Bildoberfläche verstanden werden, die dieser eine materielle Struktur in Gestalt eines feinen Reliefs eintragen. Im Zusammenspiel mit dem wechselnden Tageslicht und dem Flackern der Kerzen im

Technik und Ästhetik des Goldgrunddekors I 25

Kirchenraum beleben jene Ornamentierungstechniken die Oberfläche durch eine je nach Lichteinfall variierende Schimmerwirkung im Kontrast zwischen glatten und bearbeiteten Partien des Goldgrundes; sie betonen dessen metallische Qualität durch die Eintiefungen und heben die Nimben vom Hintergrund ab.4 Damit stellen die aufwendigen, faszinierenden Dekorsysteme eine Flächen- bzw. Oberflächenkunst par excellence dar. Zum Einstieg in diese bislang zu Unrecht kaum gewürdigte Facette der frühen Tafelmalerei bietet sich dasjenige Werk an, das unter den toskanischen Gemälden vor 1300 die komplexeste Ornamentierung überhaupt aufweist, Duccios Rucellai-Madonna von 1285. Die monumentale Tafel von gewaltigen 4,50 m Höhe, geschaffen für die Dominikanerkirche Santa Maria Novella in Florenz und heute in den Uffizien aufbewahrt, zählt zu den äußerst raren Bildern jener Zeit, für die sich ein aufschlussreiches Dokument im Florentiner Staatsarchiv erhalten hat. In dem bekannten Vertrag, der am 15. April 1285 zwischen den Vertretern der vom Dominikanerkonvent Santa Maria Novella betreuten Laudesi-Bruderschaft und dem Sieneser Maler geschlossen wurde, verpflichtet sich Duccio, die besagte Tafel mit der Jungfrau Maria und dem Kinde sowie weiteren Figuren nach dem Willen der Auftrag­ geber zu bemalen („pingere“), sie zu vergolden („deaurare“) und zu verzieren („ornare“ bzw. „et omnia et singula facere, que ad pulcritudinem dicte tabule spectabunt“).5 Klar und der Erwartung entsprechend ist dabei die Verteilung der Kompetenzen geregelt: Die Rektoren der Bruderschaft legen den Darstellungsgegenstand fest und behalten sich diesbezüglich weitere Vorgaben vor; Duccio indes hat die „pulcritudo“ (die „Schönheit“) der Tafel zu gewährleisten, indem er für deren Bemalung, Vergoldung und Schmuck Sorge trägt. Was mit jenem von den Aufgaben des „pingere“ und „deaurare“ terminologisch explizit unterschiedenen, zunächst etwas unscharf erscheinenden Begriff „ornare“ gemeint sein könnte, zeigt ein Blick auf das Endprodukt, mit welchem Duccio die im Vertrag eingegangene Verpflichtung eingelöst hat: Die Rucellai-Madonna weist – neben den gemalten Partien, der Gottesmutter mit dem Jesusknaben auf ihrem prächtigen Thron und den sechs Engeln  – einen mit Blattgold überzogenen Hintergrund und gleichermaßen vergoldete Nimben auf, die mit überreicher Ornamentik dekoriert sind. Kaum überschaubar erscheinen die mannigfaltigen Variationen von Techniken und Motiven, die nicht nur von Nimbus zu Nimbus wechseln, sondern auch innerhalb eines Nimbus in diversen Kombinationen auftreten. Allein eine beschreibende Bestandsaufnahme würde zahlreiche Seiten füllen, und in der Vielfalt ein System zu erkennen, bereitet auch dem professionellen Betrachter, der daran gewöhnt ist, die Malerei selbst genauestens im Detail zu studieren, den Dekor des Goldgrundes aber als akzidentiellen Zierrat zu vernachlässigen, zunächst durchaus Mühe. Bei genauerer Analyse lässt sich diese varietas jedoch auf drei verschiedene Basistechniken zurückführen, die der Goldschmiedekunst entlehnt und für die toskanische Malerei von den Anfängen des Nimbendekors im zweiten Viertel des Dugento bis zur Abkehr vom Goldgrund im Quattrocento insgesamt charakteristisch sind: Ritzung, Punktierung und Punzierung.6

26 I Bastian Eclercy

1 Duccio, Rucellai-Madonna, Detail: Kreuznimbus Christi. Florenz, Uffizien.

Für den Kreuznimbus des Jesusknaben in der Rucellai-Madonna hat Duccio alle drei Techniken verwendet, sodass sich an diesem Beispiel die Unterschiede illustrieren lassen. Der Begriff Ritzung bezeichnet die freihändig sowie teilweise unter Zuhilfenahme von Zirkel und Lineal ausgeführte Eintiefung von Linien in den Goldgrund mit einem Griffel, wie ihn Duccio in den zwischen den Kreuzarmen des Nimbus verbleibenden Zwickelfeldern gebraucht hat.7 Das Dekormotiv, eine flächig angelegte Blattranke, wurde dabei glatt belassen und aus dem kreuzschraffierten Grund ausgespart. Unter Punktierung ver-

Technik und Ästhetik des Goldgrunddekors I 27

stehe ich diejenige Dekorform, bei welcher Punktpunzen entlang einer vorgeritzten Linie in kurzen, annähernd regelmäßigen Abständen eingeschlagen werden, wie es an dem kleinteiligen Gespinst aus Rauten und Spiralen in den Kreuzarmen desselben Nimbus zu beobachten ist.8 Abweichend davon kann bei dieser Technik auch ein wiederum vorgeritztes, flächiges Motiv glatt belassen und der Grund durch zahlreiche dicht nebeneinander eingeschlagene Punktpunzen bearbeitet werden. Der schon seit den Anfängen der Dekorforschung geläufige Begriff der Punzierung schließlich bezeichnet die mit eingeschlagenen oder eingedrückten Punzeisen, d. h. Motivstempeln, ausgeführte Ornamentierung des Goldgrundes.9 Im Nimbus Christi hat Duccio zwei verschiedene solcher Punzeisen verwendet, das eine in Form einer sechsblättrigen Blüte von 6,5 mm Durchmesser für den Nimbenkontur, das andere in Form eines Dreiecks von 2,5 x 3,5 mm Größe für die Einfassung der Kreuzarme.10 Aufgrund der Vielfalt der Techniken und ihrer Kombinationen stand den Dugentomalern ein weit größeres Repertoire an Variationsmöglichkeiten zu Gebote, als dies beim rein punzierten Dekor des Trecento der Fall war, wo im Wesentlichen nur die Motive der Punzen variierten, während deren obligatorische Anordnung in konzentrischen Bändern für Abwechslung wenig Spielraum ließ. Vergoldung und Dekor – daran sei angesichts häufiger anzutreffender Missverständnisse noch einmal erinnert – stellten innerhalb des künstlerischen Werkprozesses kein abschließendes finish dar, sondern gingen vielmehr der Ausführung der Malerei voraus.11 Wie Cennino Cennini in seinem Traktat beschreibt und zahlreiche technologische Untersuchungen an frühen Tafelbildern faktisch erwiesen haben, folgte auf die Glättung der Gesso-Grundierung das sogenannte Anschießen des Blattgoldes, dessen Adhäsion meist durch das vorherige Auftragen eines Bolus erhöht wurde. Die Unterzeichnung der Komposition auf dem Gesso gab dabei vor, welche Partien zu vergolden waren, d. h. im Wesentlichen Hintergrund und Nimben, wohingegen die später in Malerei auszuführenden Figuren, Landschaften oder Architekturen ausgespart wurden. Auf Hochglanz poliert wurde das Blattgold mit den genannten Werkzeugen und Techniken verziert, die ein ­flaches Oberflächenrelief erzeugen, welches sich bis in die obere Schicht der Gipsgrundierung einprägt. Erst nach Beschnitt der überschüssigen Blattgoldreste entlang der Konturen der Figuren schließlich („ritagliare i contorni delle figure“, wie Cennini es nennt) trug der Maler dann die Temperafarben auf und füllte mit ihnen die aus dem Gold ausgesparten Flächen.12 Dass Technik und Ästhetik des Goldgrunddekors wesentlich vom Material bestimmt waren, erhellt auch aus den vielfältigen Bezügen zur Goldschmiedekunst, welche im Rahmen meiner Untersuchung an diversen Beispielen namhaft gemacht werden konnten. Die technischen und motivischen Bezüge zwischen beiden Gattungen, die mir für die Tafelmalerei des späten Mittelalters insgesamt konstitutiv erscheinen, verdeutlicht ein in Fosciandora bei Lucca aufbewahrter doppelseitiger Kruzifixus aus teilvergoldetem Silber, dessen Figuren aus dem Edelmetall getrieben sind (Farbabbildung 1).13 Auf der Recto-Seite hat der Goldschmied die das Corpus umgebende Silberauflage der Kreuzesbalken und den

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vergoldeten Kreuznimbus Christi mit vegetabilen Motiven graviert, und zwar in derselben Technik, welche seit den 1270er Jahren auch zum Repertoire der Tafelmaler gehörte und hier als flächige Ritzung mit kreuzschraffiertem Grund bezeichnet wird.14 Auch die Dekormotive des Silberkruzifixus entsprechen ganz dem geläufigen Kanon der Nimbenornamentik in der dugentesken Tafelmalerei: Die Akanthusranke der Kreuzesbalken zählt zu den dort besonders häufig gebrauchten Motiven, etwa in einer Madonnentafel des Magdalenenmeisters in der Berliner Gemäldegalerie.15 Nämliches gilt für die Herzblätter in den Zwickelfeldern des Kreuznimbus, die – an gleicher Stelle und in gleicher Technik – beispielsweise auch bei Duccios Crevole-Madonna Verwendung fanden.16 Das gewählte Beispiel bezeugt, wie weit sich die Parallelen in Technik und Motivik des Dekors zwischen Goldschmiedekunst und Nimben in der Tafelmalerei erstrecken können. Doch erschöpft sich die Beziehung nicht in punktueller technischer und/oder motivischer Verwandtschaft bei Einzelwerken, wie sie der Silberkruzifixus von Fosciandora exemplarisch vor Augen führt. Es besteht darüber hinaus ein grundlegender Zusammenhang, der freilich wiederum bei bestimmten Beispielen deutlicher aufscheint als bei anderen – hat sich doch für verschiedene Dekorsysteme plausibel machen lassen, dass hier eine Imitation von Goldschmiedearbeiten angestrebt wurde.17 Der Begriff der „Imitation“ ist hier bewusst gewählt, unterscheidet er sich doch qualitativ von der reinen Rezeption, als der Künstler dabei nicht nur einzelne Motive oder Techniken einer anderen Gattung entlehnt, sondern bewusst darauf abzielt, dass der Betrachter den Rekurs auf jene Gattung als solchen erkennt. Eine derartige Bezugnahme bzw. ein deutlicher Verweis auf die Goldschmiedekunst erhellt vor allem aus den diversen Varianten der Imitation von Edelsteinoder Emailapplikationen mit den Techniken des Nimbendekors. Der bevorzugte Ort dieser Nachbildungen waren die Kreuzarme im Nimbus Christi. Im 12. Jahrhundert begegnen dort, z. B. bei einem Tafelkreuz in Montalcino, mit Farbe auf die Vergoldung gemalte Rauten und Kreise, die gefasste Edelsteine bzw. Emailplaketten fingieren.18 Die Mittel der Imitation beschränkten sich bei den frühen Werken freilich allein auf die Motivik, wohingegen die Ausführungstechnik der bloßen Bemalung nicht dem Material Gold adäquat gewählt wurde. In der zweiten Dugentohälfte versuchten die Maler diesem Widerspruch offenbar abzuhelfen und setzten das überkommene Modell der Preziosenimitation dann oft in einer Kombination von Ritz- bzw. Punktiertechnik und farbiger Bemalung um, wobei letztere die bunten Edelsteine oder Emails und erstere deren Fassung bzw. die Verzierung des Goldkörpers einer Preziose nachahmen sollte (Farbabbildung 2). Die wichtigsten Beispiele seien hier kurz rekapituliert: Anhand einer lucchesischen ­Madonnentafel der 1260er Jahre im Kölner Wallraf-Richartz-Museum lässt sich am deutlichsten zeigen, dass jene auf die Vergoldung gemalten Partien des Kreuznimbus in der Tat als fingierte Edelsteine oder Emaileinlagen verstanden werden sollten.19 Die Kreuzarme werden von zwei Punzenreihen begrenzt, in deren Zwischenraum sich größere Reste roter und grüner Lüstermalerei erhalten haben, die offensichtlich Emaileinlagen imitieren.20 Dekoriert sind die Kreuzarme mit einem fein punktierten Quincunx (nach dem Schema der

Technik und Ästhetik des Goldgrunddekors I 29

Würfel-Fünf) aus einer Raute und vier Kreisen, welche der Maler nicht als glatte Fläche, sondern lediglich als breite Umrisslinie aus der Punktierung ausgespart hat. Bei einigen der besagten Kreise ist wiederum grüne Lüstermalerei nachweisbar. Dieselbe Kombinationstechnik von Punktierung, Punzen und Lüstermalerei verwendete der Maler aber auch für die Krone Mariens, die ja schon aus rein motivischen Gründen zweifelsohne eine Goldschmiedearbeit vorstellen sollte.

2 Lucchesischer Meister, Madonna mit Kind, Detail: Krone Mariens. Köln, WallrafRichartz-Museum, ­Leihgabe der Familie Neven DuMont.

Die gelüsterten Partien entsprechen dabei in Form, Farbe und Position Edelsteinen oder Emails in einer realen Krone. Dieses wertvolle Zeugnis eines mit den Mitteln des Malers nachgebildeten Goldschmiedewerks vermag gleichsam als „Leseanleitung“ für die übereinstimmenden Techniken des Nimbendekors zu dienen, die wohl auch auf andere Fälle übertragen werden darf. So dekorierte Cimabue die Kreuzarme des Nimbus seines um 1280 entstandenen Kruzifixus in Santa Croce zu Florenz mit Rauten und Kreisen, die er aus dem punktierten Grund aussparte, jeweils mit einer punktierten Linie einfasste und farbig bemalte.21 Eine komplexere Variante entwickelte Duccio für den Kreuznimbus der Rucellai-Madonna, bei welchem er einen gemalten Quincunx mit punktierten Spiralen und Rauten kombinierte. Die rote Raute in der Mitte versah er mit einer „Fassung“ in Form einer größeren, doppelt punktierten Raute, deren Ecken in kleinen Dreipässen münden. Noch deutlicher stellen sich die Bezüge zur Goldschmiedekunst bei den reliefierten Nimben in der pisanischen Malerei der Jahre um 1260 dar, die in Pastigliatechnik gearbeitet sind.22 Im Kreuznimbus einer im Florentiner Bargello bewahrten Madonna sparte Enrico di Tedice aus dem mit Halbkugeln besetzten Grund kreis-, rauten- und mandelförmige Erhebungen aus, die von Graten eingefasst werden. Für die im Dekor eng verwandte Madonna dei Mantellini des Pisaner Meisters von Santi Cosma e Damiano sind an diesen Stellen rote und blaue Farbspuren nachgewiesen worden. Dass mit Graten und Erhebungen gefasste Edelsteine evoziert werden sollten, macht ein Vergleich mit Goldschmiedearbeiten, etwa dem ins frühe 13.  Jahrhundert ­datierten Kruzifixus in San Bartolomeo al Monte in Pescia klar, welcher als Edelsteinsub­ stitute Glasflüsse mit entsprechenden Fassungen aufweist.23

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3  Enrico di Tedice, Madonna mit Kind und Passionsszenen, Detail. Florenz, Bargello.

Wiederum einer anderen Technik bediente sich Giotto im Kreuznimbus seines Kruzifixus für Santa Maria Novella in Florenz (um 1290), dessen Kreuzarme er mit kreis- und rautenförmigen Glaseinlagen verzierte, die nicht nur in Form und Farbe an flache Edelstein- oder Emailplättchen erinnern, sondern – anders als eine Bemalung mit Lüsterfarbe – auch deren Funkeln im wechselnden Licht zu imitieren vermögen.24 Dasselbe gilt für die in der Dugentomalerei weitverbreitete Praxis, auf die Kreuzarme des Nimbus Christi cabochons, einzeln oder zu einem Quincunx arrangiert, zu applizieren, wie dies vor allem bei zahlreichen sienesischen Madonnen der 1260er und 1270er Jahre der Fall ist. Den plastischen, oft mit einer Fassung versehenen cabochons eignet von allen Formen der Edelsteinimitation der höchste „Realitätsgrad“, da sie sogar in der Goldschmiedekunst selbst, wie das o. g. Beispiel aus Pescia zeigt, als Edelsteinsubstitute Verwendung fanden.25 Am anderen Ende dieser Skala stehen dagegen die auf Bemalung, Reliefierung und Applikation gänzlich verzichtenden Formen des Kreuzarmdekors, die sich auf einen geritzten, punktierten oder punzierten Quincunx o. ä. beschränken. Da Lüsterfarbe aber unzureichend auf dem Goldgrund haftet und sich oft nur in Spuren nachweisen lässt, ist durchaus damit zu rechnen, dass manche dieser Kreuzarme einst ebenfalls mit farbiger Bemalung ver­sehen waren. Seltener und weniger variantenreich als im Falle der Kreuzarme des Nimbus Christi kamen Edelstein- oder Emailimitationen solcher Art auch für die Gestaltung des Nimbenkonturs zum Einsatz. Die sienesischen Maler der 1260er und 1270er Jahre pflegten diesen meist mit einem Kranz auf Abstand gesetzter cabochons zu versehen.26 Cimabue füllte die punktierten Rauten und Kreise des mittleren Konturbandes im Nimbus der Uffizien-Madonna mit roter, blauer und weißer Farbe aus, offenbar im Bestreben, Edelstein- oder Emailbesatz mit dazwischen eingefügten Perlen zu evozieren.27 In ähnlicher Weise verfuhr auch Giotto beim Kruzifixus in Santa Maria Novella und der Madonna in San Giorgio alla Costa.28 Wie sind all jene Phänomene der Preziosenimitation im Nimbendekor nun zu interpretieren? Diesbezüglich scheinen mir drei Aspekte von Bedeutung zu sein:

Technik und Ästhetik des Goldgrunddekors I 31

(1) Im Sinne der mittelalterlichen Materialästhetik und der sich daraus ergebenden Gattungshierarchie, innerhalb derer der Goldschmiedekunst eine herausragende Stellung zukam, verlieh die Nachahmung von edelsteinbesetzten Goldschmiedewerken dem mit geringerwertigen Materialien produzierten Tafelbild den Anschein von Kostbarkeit und wertete die bemalte Holztafel zu einem preziösen Objekt auf. Man wird sich die Imitation der kostbaren durch die weniger kostbare Gattung wohl als eine Art symbolischer Kompensation vorzustellen zu haben, welche das Tafelbild – wörtlich wie übertragen – am Glanz einer wertvollen Preziose, die es ersetzte, teilhaben ließ. Dieses auf Nobilitierung zielende Prinzip scheint weitreichende Gültigkeit in den mittelalterlichen Bildkünsten gehabt zu haben. Wenn etwa eine Holzskulptur wie die Goldene Madonna des Essener Münsters mit getriebenem Goldblech beschlagen und damit eine Goldschmiedeplastik vorgetäuscht wurde, so dürfte dies in derselben Absicht geschehen sein. Für die europäische Tafelmalerei des 13.  Jahrhunderts bildet das Retabel von Westminster, bei welchem alle Register in der Nachahmung diverser Techniken der Schatzkunst gezogen wurden, das wohl eindrucksvollste Beispiel.29 Damit reiht sich die Imitation von Goldschmiedearbeiten im dugentesken Nimbendekor zur Steigerung von Kostbarkeit in übergreifende Zusammenhänge der mittelalterlichen Materialästhetik ein, die umfassenderer Untersuchung bedürften.30 (2) Dieser allgemeine Erklärungsansatz lässt sich für den Nimbendekor im Besonderen konkretisieren. Hierfür müssen die angeführten Befunde an den Werken selbst mit der historischen Terminologie des Nimbendekors in Zusammenhang gesehen werden.31 Cennino Cennini und andere Autoren des 13. und 14. Jahrhunderts gebrauchen für den Nimbus statt dem vorher üblichen Wort „lumen“ die Begriffe „corona“ und „diadema“ und spielen damit terminologisch explizit auf Werke der Goldschmiedekunst an. Der Heiligenschein wird also nicht mehr als Lichterscheinung, sondern ganz handfest-materiell als Krone verstanden. Diese metaphorische Begrifflichkeit, die nicht gelehrten theologischen Diskursen vorbehalten, sondern auch dem praktizierenden Maler Cennini vertraut war, ist, so meine These, im Nimbendekor künstlerisch umgesetzt worden, indem die Maler ebenjene „corona“ mit Techniken und Motiven verzierten, die der Goldschmiedekunst entlehnt waren (Rezeption) und beim Betrachter den Anschein einer Goldschmiedearbeit evozieren sollten (Imitation).32 (3) Für die Kreuznimben als Sonderform ist darüber hinaus eine spezifischere Bezugnahme auf die Goldschmiedekunst anzunehmen. Eine Interpretation ergibt sich bereits aus der Bestandsaufnahme ihres Dekors: Die mit fingierten Edelsteinen in unterschied­ lichen Techniken verzierten Kreuzarme der Nimben bilden, im Zusammenhang gelesen, nichts anderes als ein Gemmenkreuz. Rekurriert der Kreuznimbus also letztlich auf die altehrwürdige Tradition der crux gemmata? Von der Spätantike bis ins 12. Jahrhundert ist diese in edelsteinbesetzten Goldschmiedearbeiten,33 aber auch in Form von Darstellungen in Malerei und Mosaikkunst, welche ebensolche Goldschmiedekreuze imitieren,34 greifbar. Daneben sind bereits seit dem 6. Jahrhundert gemmierte Kreuznimben nachzuweisen, etwa in den Mosaiken von San Vitale in Ravenna und San Lorenzo fuori le mura in Rom; bei letzteren folgt die Anordnung der Steine schon dem im dugentesken Dekor so häu­figen

32 I Bastian Eclercy

Schema des Quincunx.35 Die mit fingierten Edelsteinen dekorierten Kreuznimben lebten fort in der Wandmalerei und Mosaikkunst, wie zahlreiche Beispiele bis zu den im ausgehenden 13. Jahrhundert entstandenen Fresken und Mosaiken Jacopo Torritis und Pietro Cavallinis in Assisi und Rom belegen.36 In jener bis in die Spätantike zurückreichenden Darstellungstradition stehen auch die Edelsteinimitationen in den Kreuznimben der dugentesken Tafelbilder. Indes lassen sich für diesen Bereich die Bezüge zu den Gemmenkreuzen der Goldschmiedekunst in einigen Gesichtspunkten konkretisieren. So entsprechen die für den Nimbendekor verwendeten Lüsterfarben Rot, Blau, Grün und Weiß genau dem von Theo Jülich ermittelten Kanon der Steinfarben von Gemmenkreuzen.37 Im Kreuznimbus von Duccios Rucellai-Madonna scheint schließlich eine weitere, bei frühmittelalterlichen Gemmenkreuzen häufige (wenngleich keineswegs auf diese beschränkte) Dekortechnik nachgebildet worden zu sein. Die zwischen den einzelnen Edelsteinen verbleibenden Goldflächen pflegten die Goldschmiede oft mit Filigran, d. h. mit verlöteten, meist gekörnten oder geperlten Drähten zu besetzen, die Muster in Form von kleinen Spiralranken ergaben.38 Als prominentes Beispiel sei etwa das Aachener Lotharkreuz angeführt.39

4  Lotharkreuz, Aachen, Dom, Schatzkammer.

Technik und Ästhetik des Goldgrunddekors I 33

An eine ebensolche Kombination von Edelsteinen mit einem sie umgebenden Netz von filigranen Spiralranken auf einem Edelmetallträger erinnert Duccios Dekor der Kreuzarme im Nimbus Jesu: Die rote Raute und die vier blauen Kreise entsprechen dabei den Edelsteinen, die doppelt punktierte Raute in der Mitte einer Fassung, das punktierte Spiralwerk, welches die restliche Fläche einnimmt, dem gekörnten und in Spiralranken gelegten Fili­ gran.40 Bei keinem anderen Kreuznimbus des Dugento fällt die Imitation einer crux gemmata derart deutlich aus. Einem mit preziösem Kultgerät vertrauten Betrachter dürfte diese Anspielung auf die altehrwürdige Tradition kaum entgangen sein. So sind jene „Spuren im Gold“, das durch Ritzgriffel und Punzeisen in Grundierung und Blattvergoldung eines Tafelbilds eingeprägte feine Ornamentrelief, mehr als bloßer Zierrat oder ästhetisch reizvolle Belebung einer blanken Fläche. Erst die Bearbeitung des Goldgrunds mit der Goldschmiedekunst entlehnten Techniken, die den Glanz der Ober­ fläche bricht, spezifiziert dessen potentiell mehrdeutigen Charakter. Während das ungebrochene Spiegeln polierten Blattgoldes ohne Dekor den Eindruck einer immateriellen, transzendenten Lichterscheinung evoziert, bewirkt die Ornamentierung das Gegenteil. Durch die Eintiefung von Zierformen in die Oberfläche des Bildes wird dessen Materialität betont und zugleich umgedeutet: Der Dekor transformiert die Holztafel durch seine spezifische Technik und Ästhetik – wenn auch nur zum Schein – in massives Gold.41 Damit geht eine Aufwertung des Tafelbilds in seinem medialen Status einher, der sich dem Rang eines preziösen Goldschmiedewerks annähert. Dass die Maler oft all ihre Kunst auf diesen nur aus moderner Perspektive akzidentiell anmutenden Dekor verwandten, braucht uns daher nicht zu verwundern.

Anmerkungen 1

Für weitere Nachweise, Literaturangaben und Einzelanalysen zu den hier diskutierten Werken: Bastian Eclercy, Nimbendekor in der toskanischen Dugentomalerei, (Diss. phil., Universität Münster, 2007), http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:hbz:6-98539497416 [zuletzt aufgerufen 11. Juli 2016], insbesondere Kap. 5.1. Vgl. auch ders., „Granare“. Zur historischen Terminologie des Goldgrunddekors im Traktat des Cennino Cennini, in: Mitteilungen des Kunsthistorischen Institutes in Florenz 51, 2007 [2009], S. 539–554. – Für die Einladung zur Berliner Tagung sowie für vielfältige Anregungen zum vorliegenden Beitrag gilt Magdalena Bushart und Henrike Haug mein herzlicher Dank.

2 3

Zur Textstelle s. Eclercy 2009 (Anm. 1), passim. Mojmír Frinta, Catalogue Raisonné of all Punch Shapes (Punched Decoration on Late Medieval Panel and Miniature Painting 1), Prag 1998; Erling Skaug, Punch Marks from Giotto to Fra Angelico. Attribution, Chronology, and Workshop Relationships in Tuscan Panel Painting. With Parti­ cular Consideration to Florence, c. 1330–1430, 2 Bde., Oslo 1994. An wichtigen neueren Studien seien nur genannt: Ders., Painters, Punchers, Gilders or Goldbeaters? A Critical Survey Report of Discussions in Recent Literature about Early Italian Painting, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 71, 2008, S. 571–582; ders., Giotto and the Flood of Florence in 1333. A Study in Catastrophism, Guild Organisation and Art Technology, Florenz 2013.

34 I Bastian Eclercy

  4 Zur ästhetischen Wirkung des Goldgrunddekors vgl. zuletzt Norman Muller, In a New Light. The Origins of Reflective Halo Tooling in Siena, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 75, 2012, S. 153– 178. Zur Ästhetik des mittelalterlichen Goldgrundes, den Dekor aber weitgehend außer Acht lassend, jüngst auch Michael V. Schwarz, Goldgrund im Mittelalter. „Don’t Ask for the Meaning, Ask for the Use!“, in: Gold, Ausst.-Kat. (Wien, Belvedere, 2012), hrsg. von A. Husslein-Arco und T. Zaunschirm, München 2012, S. 28–37.   5 „Duccius [...] promisit et convenit [...] dictam tabulam pingere et ornare de figura beate Marie Virginis et eius omnipotentis Filii et aliarum figurarum, ad voluntatem et piacimentum dictorum locatorum; et deaurare et omnia et singula facere, que ad pulcritudinem dicte tabule spectabunt.“ Der vollständige Wortlaut des Vertrages bei Jane Immler Satkowski, Duccio di Buoninsegna. The Documents and Early Sources, hrsg. von H. B. J. Maginnis, Athens/GA 2000, S. 49–53, Dok. 7. Zur Rucellai-Madonna und zum Dokument s. James H. Stubblebine, Duccio di Buoninsegna and his School, Princeton/NJ 1979, S. 21–27; John White, Duccio. Tuscan Art and the Medieval Workshop, London 1979, S. 32–45; Hayden B. J. Maginnis, Duccio’s Rucellai Madonna and the Origins of Florentine Painting, in: Gazette des Beaux-Arts 123, 1994, S. 147–164; Eclercy 2007 (Anm. 1), S. 341–359 (dort auch ausführlich zum Dekor der Tafel).   6 Dieselbe Unterscheidung mit anderer Begrifflichkeit bei Joseph Polzer, A Question of Method. Quantitative Aspects of Art Historical Analysis in the Classification of Early Trecento Italian Painting Based on Ornamental Practice, in: Mitteilungen des Kunsthistorischen Institutes in Florenz 49, 2005, S. 33–100, hier S. 34.   7 Bei Skaug 1994 (Anm. 3), Bd. 1, S. 62–63, „indentation“ oder „incision“ genannt. In der Forschung wurde dafür bisweilen der Begriff „Gravur“ verwendet (z. B. Osvald Sirén, Toskanische Maler im XIII. Jahrhundert, Berlin 1922, S. 125–126; Knut Nikolaus, Untersuchungen zur italienischen Tafelmalerei des 14. und 15. Jahrhunderts. Eine maltechnische Analyse an Werken aus dem Besitz des Herzog Anton Ulrich-Museums in Braunschweig, in: Maltechnik – Restauro, 1973, S. 142–192 u. 239–248, hier S. 172), der jedoch nur Material fortnehmende Techniken bezeichnet (zu Etymologie und Gebrauch in der Terminologie der Goldschmiedekunst vgl. Johann M. Fritz, Gestochene Bilder. Gravierungen auf deutschen Goldschmiedearbeiten der Spätgotik, Köln/Graz 1966, S. 4–6). Nicht durchgesetzt hat sich der in Reclams Handbuch der künstlerischen Techniken gebrauchte, wenig anschauliche Terminus „Trassierung“, der dem Bereich der Goldschmiedekunst entstammt (Rolf E. Straub, Tafel- und Tüchleinmalerei des Mittelalters, in: Reclams Handbuch der künstlerischen Techniken, hrsg. von H. Kühn u. a., 3 Bde., Stuttgart 1984, Bd. 1, S. 125–259, hier S. 189 u. 197–198).   8 Skaug 1994 (Anm. 3), Bd. 1, S. 63–65, verwendete die Begriffe „granulation“ und „stippling“, Polzer 2005 (Anm. 6), S. 40, „granulation“ und „dotting“. Georg Swarzenski, Die Sammlung Böhmer und ein unbekanntes altitalienisches Bild im Städelschen Kunstinstitut, in: Städel-Jahrbuch 9, 1935/36, S. 112–152, hier S. 151, sprach von „Stichelung“.   9 Zur Technik der Punzierung ausführlich Skaug 1994 (Anm. 3), Bd. 1, S. 49–66 u. passim. 10 Makroaufnahmen der Punzen bei Frinta 1998 (Anm. 3), no. La63c u. no. Ab1. 11 Zum technologischen Aufbau früher italienischer Tafelbilder vgl. Skaug 1994 (Anm. 3), Bd. 1, S. 49–53. 12 Zu Cennino Cenninis Kapitel über den Goldgrunddekor (cap. CXL) s. Eclercy 2009 (Anm. 1). 13 Clara Baracchini, Tra Nicola Pisano e Cimabue, in: Oreficeria sacra a Lucca dal XIII al XV secolo, Ausst.-Kat. (Lucca, Museo Nazionale di Palazzo Mansi, 1990), 2 Bde., hrsg. von ders., Florenz 1993, Bd. 1, S. 116–129, hier S. 117–125; Anna  R. Calderoni Masetti, Ancora su Andrea di Jacopo d’Ognabene, orafo di Pistoia, in: Studi di oreficeria (Bollettino d’Arte, supplemento al n. 95), hrsg. von ders., Rom 1997, S. 85–98, hier S. 91–96; Cimabue a Pisa. La pittura pisana del Duecento da

Technik und Ästhetik des Goldgrunddekors I 35

Giunta a Giotto, Ausst.-Kat. (Pisa, Museo Nazionale di San Matteo, 2005), hrsg. von M. Burresi und A. Caleca, Pisa 2005, S. 214–215, Kat.-Nr. 66 (Marco Collareta). 14 Zur Technik der Gravierung in der Goldschmiedekunst, die der Ritzung des Goldgrundes entspricht, s. Fritz 1966 (Anm. 7), passim; Giovanni Morigi, Per una storia della tecnologia, in: Oreficeria sacra 1993 (Anm. 13), Bd. 1, S. 17–49, hier S. 24. 15 Eclercy 2007 (Anm. 1), S. 218–219. 16 Ebd., S. 359–363. 17 Ähnliches ist im Übrigen auch für den Goldgrunddekor in der Trecentomalerei postuliert worden. So verglich z. B. Polzer 2005 (Anm. 6), S. 49–50, die Ludwigstafel des Simone Martini in Neapel mit einem Reliquiar. 18 Evelyn Sandberg-Vavalà, La croce dipinta italiana e l’iconografia della passione, Verona 1929, S. 629–632 u. fig. 410, 412. 19 Robert Oertel, Ein toskanisches Madonnenbild um 1260, in: Mitteilungen des Kunsthistorischen Institutes in Florenz 7, 1953–56, S. 9–42; Edward B. Garrison, Addenda ad Indicem III, in: Bollettino d’Arte 41, 1956, S. 301–312, hier S. 303–311; Eclercy 2007 (Anm. 1), Kap. 4.1.3. 20 Beim (vom Betrachter aus gesehen) linken Kreuzarm finden sich an der unteren Begrenzung grüne, an der oberen rote Spuren, beim mittleren Kreuzarm links grüne und rechts rote, beim rechten Kreuzarm oben grüne Spuren. Wenn man also im Uhrzeigersinn die Begrenzungen der Kreuzarme durchgeht, so alternieren Grün und Rot regelmäßig. Wie die untere Begrenzung des linken Kreuzarmes zeigt, war jeweils der gesamte Streifen zwischen den Punzenreihen mit Farbe ausgefüllt. Zur Technik der Lüstermalerei vgl. Straub 1984 (Anm. 7), S. 235–236 (allgemein), und Christian Wolters in: Oertel 1953–56 (Anm. 19), S. 40 (maltechnischer Befund bei der Kölner ­Madonna). 21 Demselben Schema folgen die Kreuznimben der Uffizien-Madonna, der Frick-Geißelung und des von einem Schüler Cimabues geschaffenen Kruzifixus in Paterno. Zu Cimabues Dekor und den genannten Werken vgl. Eclercy 2007 (Anm. 1), Kap. 4.2.4. 22 Ebd., Kap. 4.1.2. 23 Zum Kruzifixus in Pescia s. Maria T. Filieri, Smalti dal nord-Europa, in: Oreficeria sacra 1993 (Anm. 13), Bd. 1, S. 89–98, hier S. 94–97 (mit Abb.). 24 Zum Nimbendekor des Kruzifixus s. Paola Bracco und Ottavio Ciappi, Tecnica artistica, stato di conservazione e restauro della Croce in rapporto con altre opere di Giotto. La pittura, in: Giotto. La Croce di Santa Maria Novella, hrsg. von M. Ciatti und M. Seidel, Florenz 2001, S. 273–359, hier S. 283–288 u. 350–357; Marco Ciatti, Il restauro e gli studi, in: ebd., S. 25–64, hier S. 50–55; Silvana Pettenati, I vetri decorati, in: ebd., S. 203–215; Eclercy 2007 (Anm. 1), Kap. 4.2.6. 25 Zu den aus Glas gefertigten Edelsteinimitationen in der Goldschmiedekunst s. auch Theo Jülich, Gemmenkreuze. Die Farbigkeit ihres Edelsteinbesatzes bis zum 12. Jahrhundert (Diss. phil., RWTH Aachen, 1987), in: Aachener Kunstblätter 54/55, 1986/87, S. 99–258, hier S. 110–113. 26 Eclercy 2007 (Anm. 1), S. 291–296. 27 Ebd., Kap. 4.2.4. 28 Ebd., Kap. 4.2.6. 29 Dazu ausführlich Marie L. Sauerberg und Spike Bucklow, Das Westminster-Retabel, in: Das Soester Antependium und die frühe mittelalterliche Tafelmalerei. Kunsttechnische und kunsthistorische Beiträge (Westfalen 80), hrsg. von J. Poeschke u. a., Münster 2005, S. 353–372. 30 Aus der umfangreichen Literatur zur mittelalterlichen Ästhetik im Allgemeinen seien nur die Einführungen von Rosario Assunto, Die Theorie des Schönen im Mittelalter, Köln 1963, und Umberto Eco, Kunst und Schönheit im Mittelalter, München 1991, zur Ikonologie der künstlerischen

36 I Bastian Eclercy

Materialien die Arbeit von Thomas Raff, Die Sprache der Materialien. Anleitung zu einer Ikonologie der Werkstoffe, München 1994, genannt. 31 Zum Folgenden vgl. Eclercy 2009 (Anm. 1), bes. S. 541–542 (mit Nachweisen). 32 Zu erwägen wäre hier sicher auch eine wechselseitige Beeinflussung von Bildern und theologischen Texten, worauf Henrike Haug in der Vortragsdiskussion mit Recht hingewiesen hat. 33 Einen ausführlichen Überblick über die Geschichte der Gattung gibt, mit Abb. und weiterführender Lit., Jülich 1986/87 (Anm. 25), S. 118–131 (Katalog der Denkmäler, ebd., S. 131–194). 34 Dazu ebd., S. 121–126 u. 129–130 mit Abb. 1–4. 35 Friedrich W. Deichmann, Ravenna. Hauptstadt des spätantiken Abendlandes, 4 Bde., Wiesbaden 1958–89, Bd. 3, Taf. 351; Walter Oakeshott, The Mosaics of Rome. From the Third to the Fourteenth Centuries, London 1967, Pl. 81. Zum gemmierten Kreuznimbus mit Hinweis auf San Vitale in Ravenna bereits Jülich 1986/87 (Anm. 25), S. 130. Aus ikonographischer Sicht wäre im Übrigen genauer zu untersuchen, inwiefern der Quincunx in den Kreuzarmen eventuell einen Verweis auf die fünf Wunden Christi implizierte (zur theologischen Bedeutung der Fünfzahl im Mittelalter ausführlich Heinz Meyer und Rudolf Suntrup, Lexikon der mittelalterlichen Zahlenbedeutungen [Münstersche Mittelalterschriften 56], München 1987, S. 403–442, s. v. „Fünf“). 36 Zu Torriti vgl. Alessandro Tomei, Iacobus Torriti Pictor. Una vicenda figurativa del tardo Duecento romano, Rom 1990, tav. IV (Assisi, San Francesco, Oberkirche) u. XXI (Rom, Santa Maria Maggiore); zu Cavallini ders., Pietro Cavallini, Cinisello Balsamo 2000, fig. 17 (Rom, Santa Maria in Trastevere) und 25 (Rom, Santa Cecilia in Trastevere). Weitere Beispiele unterschiedlicher Zeit­ stellung bei Guglielmo Matthiae, Pittura romana del medioevo, 2 Bde., Rom 1966, Bd. 2, fig. 62, 63, 77, 142, 145, 146. 37 Jülich 1986/87 (Anm. 25), S. 194–195 u. passim. 38 Zu Technik und Geschichte des Filigrans ausführlich Jochem Wolters, s. v. „Filigran“, in: RDK 8, 1987, Sp. 1062–1184. 39 Jülich 1986/87 (Anm. 25), S. 159–168 mit Farbtaf. IV u. Abb. 14–18. 40 Bereits Joseph Polzer, Studies in Late Dugento and Early Trecento Painting. Who is Duccio? Part I, in: Zograf 30, 2004/05, S. 89–110, hier S. 108, wies auf die Ähnlichkeit der punktierten Spiralranken mit dem Filigran der Michaelsikone im Tesoro von San Marco in Venedig hin. 41 Kein geringerer als Giorgio Vasari hat übrigens in seiner den künstlerischen Techniken gewid­ meten Einführung in die Künste des disegno diesen Zusammenhang bereits hergestellt, ohne dabei jedoch den besonderen Anteil der Ornamentierungstechniken zu berücksichtigen: „Nicht weniger einfallsreich war die Erfindung der Technik, diese [sc. die Goldblättchen] so auf dem Gips zu verteilen, daß das Holz oder was darunter sonst als Träger dient, wie aus massivem Gold wirkt.“ (Giorgio Vasari. Einführung in die Künste der Architektur, Bildhauerei und Malerei. Erstmals übers. von V. Lorini, hrsg., komm. und eingel. von M. Burioni, Berlin 2006, S. 124). – In ähn­ licher Weise wie der vorliegende Aufsatz argumentierte, von einer anderen Objektgruppe ausgehend, eine wegweisende Studie von Ellen  J. Beer, Marginalien zum Thema Goldgrund, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 46, 1983, S. 271–286. Sie belegte an Beispielen aus der nordalpinen Buch- und Tafelmalerei des 13. bis 15. Jahrhunderts ihre These, der mittelalterliche ­Goldgrund sei „vorrangig Materie“, wofür sie als Argument auch dessen Punzierung anführte: „Der materielle Aspekt nimmt durch die Oberflächenbeschaffenheit des Goldes, das durch Punzierung, ­Gravur oder Reliefauflage eine besondere Struktur erhält, vom 13. Jahrhundert an sogar noch zu. Der Grund wirkt dadurch sehr dicht, von außergewöhnlich realer Präsenz und bekundet allenthalben eine perfekte Handhabung des Handwerklichen, dem Goldschmiedetechniken exem­ plarisch zur Seite stehen“, (ebd., S. 276). Nach Wolfgang Schöne, Über das Licht in der Malerei, Berlin 81994, S. 92–93, tritt um 1300 beim Goldgrund eine auch mit der Punzierung zusammen-

Technik und Ästhetik des Goldgrunddekors I 37

hängende „Verfestigung zur Fläche“ ein, d. h. dieser veranschaulicht weniger das göttliche Licht, sondern wird eher zur „kostbare[n] goldschmiedehafte[n] ‚Fassung‘ des Dargestellten“. Vgl. auch Wolfgang Braunfels, Nimbus und Goldgrund. Zur Entwicklung des Heiligenscheins, in: Das Münster 3, 1950, S. 321–334, hier S. 322 u. 329. Für eine Übersicht über die einschlägigen Forschungspositionen zur Ikonologie des Goldgrundes s. Eclercy 2007 (Anm. 1), S. 21–24.

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Heiko Damm

Imprimitur und Fingerspur Zu Luca Giordanos Londoner Hommage an Velázquez Auf der Suche nach Autor und Sujet In die erweiterte Neuausgabe seiner großen Velázquez-Monographie schloss Carl Justi 1903 auch die ausführliche Würdigung eines ihm zuvor unbekannten Gemäldes ein, das 1895 von der Londoner National Gallery als unvollendetes Spätwerk des Spaniers erworben worden war. Es präsentiert sieben Personen und zwei Hunde in eigentümlicher räumlicher Verteilung und besticht durch seine ungezwungene Malweise (Farbabbildung 3).1 Voll des Lobes für die „wunderliche Erfindung“ und die „geistreiche, ‚kapriziöse‘ Variation“, meldet Justi dennoch leise Zweifel an der Zuschreibung des Bildes an: „Nur die e ­ twas lockere, ja aufgelöste Austeilung der Figuren stimmt nicht recht zur Kompositionsweise des Velazquez. Freilich wer hätte solche Hände malen können, wer die seltsame Scene mit diesem flüchtig schwebenden, breiten und sicheren Strich so hinhauchen ­können?“2 Die so sichtbar rasche und effiziente Ausführung führte bald zur Lösung des Zuschreibungsproblems: Seit den 1930er Jahren wird die Autorschaft des auch als Fa presto bekannten Luca Giordano (1634–1705) nicht mehr in Frage gestellt. Es kann in die Zeit seines Aufenthaltes in Spanien datiert werden, und ganz unbestreitbar ist auch der Bezug zur Kunst des Diego Velázquez. Das Sujet freilich gab und gibt Rätsel auf. Bereits vor dem Ankauf durch die National Gallery meinte man die Darstellung einer Verlobungsszene zu erkennen, fortan hieß das Bild schlicht The Betrothal, Justi bevorzugte Das Familienfest. Da sich die Szene einer schlüssigen Lesart verweigert, setzte sich später die Auffassung durch, es handele sich um eine gemalte Huldigung an Velázquez, eine Hommage.3 Michael Levey erkannte in der Komposition die Würdigung eines verehrten Vorbildes mit den Mitteln von Zitat und Paraphrase. Im bewussten Rückgriff auf Las Meninas habe ­Giordano dabei die Person des Spaniers ins Zentrum gerückt, ihn allerdings nicht als Maler, sondern als höfischen Beamten dargestellt, der vom Eintreffen der Infantin Margarita aus seiner Arbeit gerissen wird.4 Dieser Lesart zufolge müsste es sich bei dem Kavalier am Schreibpult mit den etwas nebulösen Gesichtszügen um Velázquez handeln, und das gesamte pikturale Arrangement, von der Zusammenstellung des Bildpersonals über die Raumaufteilung bis zum Farbauftrag, wäre damit als Hommage an den „Maler der Maler“ (Edouard Manet) zu verstehen.

Zu Luca Giodanos Londoner Hommage an Velázquez I 39

5  Robert Brend˚amour nach Giordano, ­ Das Familienfest (The Betrothal), Holzstich. Abbildung in Carl Justi, Diego Velázquez und sein Jahrhundert, Bonn 1903.

Gegen Leveys These von der „portrait-reminiscence“ erhob jedoch Ángel Aterido Fernández Einspruch.5 Unter Verweis auf eine Quelle des späten 18. Jahrhunderts schlug er vor, die Hauptperson, den schwarzgekleideten Kavalier mit dem roten Kreuz der Santiago-Ritter auf der linken Schulter, nicht mit Velázquez, sondern mit Francisco de Benavides Dávila y Corella (1645–1716), den 9. Conde de Santisteban zu identifizieren, der diesem erlauchten Orden seit 1672 angehörte.6 Dessen glanzvolle Karriere am spanischen Hof führte ihn auf den Thron des Vizekönigs von Neapel, den er 1687–1695 innehatte. Spätestens in diesen Jahren muss sich der Kontakt zu Luca Giordano ergeben haben, der damals den Zenit seiner Laufbahn erreicht hatte. Wie schon seine Vorgänger vermittelte der Conde de Santisteban zahlreiche Werke Giordanos nach Madrid und ebnete so den Weg zu dessen Berufung zum Hofmaler durch Karl II. im Jahr 1692.7 Santisteban kehrte vier Jahre später nach Spanien zurück, was als terminus post quem für die Ausführung unseres Bildes angenommen wird. Ob es für ihn selbst bestimmt war, bleibt jedoch ungewiss, denn in den erhaltenen Inventaren der Sammlung Santisteban ließ sich das Gemälde nicht nachweisen.8 Im anlässlich der Giordano-Retrospektive 2001 verfassten Katalogeintrag, der bisher ausführlichsten Würdigung des Bildes, bemühte sich Gabriele Finaldi, die beiden unterschiedlichen Deutungsansätze miteinander in Einklang zu bringen und gab dem Bild den

40 I Heiko Damm

Titel Hommage an Velázquez für den Conde de Santisteban.9 Daraus ergeben sich freilich neue Fragen: In welcher Weise kann Giordano denn dem großen Spanier nachvollziehbar huldigen, ohne ihn als Person in sein Gemälde einzubeziehen? Und wenn der mutmaßliche Auftraggeber Santisteban in diesem Zusammenhang dargestellt zu werden wünschte, warum bleibt sein Gesicht dann so undeutlich? Sollte Giordano das Porträt des Conde den Zügen des Velázquez angeglichen und mit Anspielungen auf verschiedene seiner Bilder gerahmt und überblendet haben, weil der Mäzen seine Verehrung des Malers teilte? Besteht die Verneigung vor Velázquez vielleicht gerade in dieser Ambivalenz, in der bewussten Unschärfe und Deutungsoffenheit des Bildes?10 Zunächst lässt sich festhalten: Der von Justi so anerkennend hervorgehobene Charakter des Flüchtigen scheint intendiert zu sein.11 Auch wenn heute die Benennung als Familia del Conde de Santisteban bevorzugt wird, ist das Gemälde doch alles andere als ein konventionelles Gruppenbildnis – schon wegen der Hinzufügung von Maler und Mohr im unteren Register, einer Art Kommentarspalte, welche die darüber postierten Figuren als Akteure einer Bühnenhandlung ausweist. Der zeremonielle Rahmen einer Huldigung wäre damit zumindest angedeutet. Tracht und Kolorit vermitteln durchaus eine spanische Aura, und die offenkundige Nachahmung des für die borrones kennzeichnenden skizzenhaften Gestus steht ganz im Einklang mit den motivischen Anleihen bei Velázquez’ Malerei. Wir hätten es demnach mit einer Art Pastiche, einer Neuschöpfung in der Manier eines anderen Künstlers zu tun, bei der es, ganz wie bei einer Pastete (pasticcio), der die Gattung ihren Namen verdankt, auf schmackhafte Abstimmung und Würze der zusammengerührten Bestandteile ankommt. Gemeinhin wird das Pastiche als Form der Stilimitation verstanden, deren gekonnte Einfühlung in das Original weder primär auf Täuschung zielt (wie die Fälschung) noch das Nachgeahmte durch Übertreibung oder Mechanisierung bestimmter Züge ironisch distanziert (wie die Parodie).12 Dass die Komposition einen interpikturalen Bezug herstellt, der über die erkennbare Imitation eines Individualstils weit hinausgeht, berechtigt allemal dazu, von einer hommage zu sprechen, also der Ehrenbezeigung gegenüber einer Person, der man sich verpflichtet fühlt. Ob Giordano darüber hinaus auch Anklänge an die Erscheinung eines kunstsinnigen spanischen (Ex-)Vizekönigs einfließen ließ, dem er das Gemälde möglicherweise dedizierte, erscheint demgegenüber nachrangig.

Eine Wiederaufführung Als Hauptreferenz für Giordanos Londoner Gemälde wird man ohne weiteres Las Meninas ausmachen dürfen, denn mit diesem Werk teilt seine Hommage neben einer Reihe von Einzelmotiven auch den selbstreflexiven Aspekt als „Darstellung einer Darstellung“.13 Antonio Palomino (1655–1726) zufolge war es ja niemand anderes als Luca Giordano, der dem Bild in Anwesenheit des Königs den Ehrentitel Teología de la pintura verliehen und

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6  Diego Velázquez, Las Meninas, 1656. Madrid, Museo Nacional del Prado.

damit besondere Gedankentiefe attestiert haben soll.14 Luca Giordano scheint Las Meninas als grundsätzliches Statement zu den Prinzipien und Möglichkeiten malerischer Repräsentation begriffen zu haben. Entsprechend ist auch seine malerische Appropriation „das Bild der Herstellung eines Bildes“ (Carl Justi).15 Er wählt dabei nicht den Weg der Kopie oder Paraphrase, sondern zerlegt „die größte Ölskizze der Welt“ gleichsam in ihre Bestandteile. Und wie die Meninas scheint die Hommage ein bildliches Paradox zu formulieren: Gerade die partielle Offenlegung des Malprozesses, die nachdrückliche Sichtbarhaltung des Farbauftrages lässt das Zustandekommen des Bildes als kaum erklärlich erscheinen, oder, anders gesagt: künstlerische Meisterschaft wird hier just mit den Mitteln des skizzenhaft Unabgeschlossenen und Uneindeutigen vor Augen geführt.16 Das Bildzentrum beherrscht ein aufrecht und zugleich lässig sitzender höfischer Würdenträger mit Santiagokreuz auf dem schwarzen Mantel und einer dunklen, konturlosen Haarfülle, wie wir sie auch aus Selbstporträts von Velázquez kennen. Als aposentador del Rey hatte dieser nicht nur privilegierten Zugang zu den Herrschergemächern, sondern auch die königliche Kunstsammlung zu verwalten, d. h. über die ­Anschaffung von Gemälden und deren Verteilung auf die Wohn- und Repräsentationsräume der Königspaläste zu wachen.17 Sollte er bei Giordano gemeint sein, so ist er ja

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7  Diego Velázquez (und Werkstatt), Selbstbildnis, um 1644–50. Florenz, Galleria degli Uffizi.

möglicherweise mit dem Registrieren von Neuerwerbungen befasst. Diese Tätigkeit unterbrechend, wendet er sich einem zarten und dabei hoheitsvollen, vielleicht fünfjährigen Mädchen zu, um das sich auch eine Hofdame bemüht, die von rechts die Szene betritt. Links sieht man zwei vornehm gekleidete Jünglinge von unbestimmter Beschäftigung, deren Postierung vor einer spanischen Wand und vorhangartigen Draperie den Aufführungscharakter der Konfiguration, von der wir offenbar nur einen Ausschnitt dargeboten bekommen, andeuten. Bestimmte Details wie das übergroße Schnupftuch in der Hand des Mädchens, die Blumenvase oder das mit schwarzen Knopfaugen aus dem Bild schauende Schoßhündchen verweisen versatzstückartig auf das Porträtschaffen von Velázquez, doch wird man Las Meninas als Giordanos Hauptreferenz bezeichnen dürfen, trotz der eklatanten Unterschiede im Bildaufbau. So fallen in der Hommage die äußerst sparsamen Raumkoordinaten auf, zudem fehlen hier zentrale Requisiten wie Spiegel, Gemälde, Türöffnung und vor allem die Leinwand. Die Suggestion von Stille verdankt sich bei den Meninas nicht zuletzt dem enormen Raum, der hier die Figuren umgibt. Giordanos Bühne dagegen verzichtet auf Tiefe, ihre geschäftigen Akteure füllen das Bildfeld weitgehend aus. Schließlich: Velázquez präsentiert sich im Akt des Malens, gibt aber durch die umgedrehte Leinwand nicht

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preis, welche Art Bild gerade entsteht – denkbar, dass es Las Meninas selbst ist. In seiner Hommage deutet Giordano stattdessen auf eine Figuration, deren Artefaktcharakter er durch kalkulierte Unschärfen betont. Durch die Art, wie er die eigene Person einbezieht, lässt er den Betrachter wissen, dass er dieses Bild hervorgebracht hat. Inwieweit er sich dabei ebenfalls malend zeigt, soll noch erörtert werden. Es ist kaum zu bezweifeln, dass Luca Giordano Las Meninas gesehen, eingehend ­betrachtet und seine Schlüsse gezogen hat. Mag er den spezifischen Charakter von ­Velázquez’ Faktur aus heutiger Sicht auch missverstanden haben,18 so wäre die Londoner Hommage doch ohne die sein gesamtes Oeuvre kennzeichnende Adaptions- und Nachahmungsfreude kaum denkbar.19 Gewiss ist das hier erprobte Idiom, mit dem er die Kenner des 19. Jahrhunderts in die Irre führte, nur eine von vielen Masken dieses faszinierenden Proteus, der über ein denkbar breites Spektrum künstlerischer Ausdrucksmittel und Stile verfügte und doch unverwechselbar blieb. Sein bedeutendster Schüler Francesco Solimena (1657–1747) attestierte ihm: Niemals hat man ihn mit dem Bestreben nach Ähnlichkeit kopieren sehen, obwohl er doch gut nachzuahmen verstand und oft mit jenen großen Meistern in Wettstreit getreten ist, was von hohem Wert und bester Wahl im Streben nach Schönheit zeugt. Er ließ dabei jedoch immer seine persönliche Handschrift erkennen und hat jene Werke ganz von neuem geformt und zum guten Teil verändert.20

Nicht Reproduktion, sondern gewissermaßen Fortschreibung seiner Vorlagen war demnach Giordanos Ziel, auch interessierte ihn weniger die Reformulierung einzelner Werke als die dauerhafte Verfügbarkeit einer Vielzahl von maniere, mit denen sich dann neue Raffaels, Tizians, Bassanos, Riberas, Cortonas usw. generieren ließen. Mit Elizabeth Cropper kann man von einer „explicitly allusive imitation“ sprechen, die auf den verständigen, die Quellen erkennenden Rezipienten angewiesen ist, also kultivierte Mäzene und Sammler mit geschultem Blick voraussetzt.21 Die Beherrschung verschiedener historischer Stile und die Möglichkeiten ihrer Kombination und Verschmelzung bargen fraglos ein ungeheures wirkungsästhetisches Potential. Es galt ja, das Andere zunächst in seiner Unverwechselbarkeit zu erfassen, es sich im souveränen Nachvollzug einzuverleiben und derart kreativ zu verwandeln, dass es als zugleich vertraut und neuartig wahrgenommen werden konnte.22 Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang eine frühe biographische Notiz, die dem damals 47-Jährigen eine prägnante Physiognomie verleiht und ganz zweifellos von Informationen aus erster Hand gespeist ist.23 Der anonyme, auf den 13. August 1681 datierte Lebensbericht hebt stichpunktartig einige auch für unser Bild maßgebliche Wesenszüge des Künstlers hervor: Zu bewundern ist jedoch an diesem Meister sein hervorragendes, vor Einfällen strotzendes Gedächtnis; mannigfaltig in den Ideen und in der Verschiedenheit seiner Figuren ahmt er alle älteren und modernen Stile nach; Freimut und Raschheit des Schaffens bei Tag und Nacht [zeichnen ihn

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aus; er beherrscht] die Mischung der Farben, arbeitet zuweilen mit den Fingern [meine Hervorhebung, HD], (so hat er für einen seiner Freunde ein Bild ohne Pinsel gemalt, was hier als Kuriosum erwähnt sei); er ist gleich gut in der Öl- wie in der Freskomalerei, im Großen wie im Kleinen, in jeder Art von Figuren, Tieren, Landschaften und Fernblicken, Schlachten- und Perspektivdarstellungen, Früchten und Blumen, in verschwommener wie in exakter und detaillierter Faktur.24

Hervorgehoben wird hier also zum einen ein untrügliches Gedächtnis als Ermöglichungsbedingung jener kaum fassbaren Produktivität, für die Giordano berühmt war, zum anderen eine nie versiegende Erfindungskraft, verbunden mit einer denkbar großen Bandbreite an Ausdrucksmitteln – kurzum: Luca beherrscht alle Stile, Gattungen, Formate und auch Techniken der Malerei, wird allen denkbaren Aufgaben gerecht, brilliert in jeglichem Sujet. Und wenn er jemandem eine Freude bereiten will, trägt er die Farbe auch mit den Händen auf, bringt sich also unmittelbar physisch in die malerische Gabe ein.25

Aus dunklem Grund Eben dies könnte auch bei Hommage an Velázquez der Fall gewesen sein. Was hier aber zuerst ins Auge fällt, ist eine Ökonomie des Farbauftrags, die dem Bildgrund in Gestalt der gleichmäßig dunkelbraun präparierten Leinwand eine bedeutende Rolle für den Gesamteindruckdes Gemäldes zuweist.26 Dies begegnet bei Giordano häufiger, ja ist fraglos Teil der Wirkungsästhetik seiner Schnellmalerei, wie zeitgenössische Quellen bezeugen. Improvisationstalent und bravouröses Maltempo werden in der macchia (die im Unterschied zum bozzetto auch großflächig sein kann) besonders anschaulich.27 Als ein solcher „Fleck“ (lateinisch macula) zeigt die Ölskizze eine Gestalt im Werden und stellt einen denkbar direkten „Abdruck“ des kreativen Prozesses dar. Bei dem Florentiner Filippo Baldinucci (1625–1696) werden skizzenhafte Entwürfe vor allem dann macchia genannt, wenn sie mit außerordentlicher Leichtigkeit und geringstem technischen Aufwand ausgeführt wurden, sodass sie wie von selbst auf Papier oder Leinwand hervorgetreten zu sein scheinen.28 Diese die Werkzeuge negierende Produktionsästhetik gilt es im Blick zu behalten. In ihrer Vorläufigkeit hält die Skizze zugleich das körperliche Agieren des Malers fest. Exemplarisch zeigt Giordanos Begegnung von Leo und Attila, welche Suggestionskraft auch eine Leerstelle in der Malfläche entfalten kann: Als betonte Abwesenheit von Farbauftrag figuriert sie etwas Unaussprechliches, im Kontext dieser Darstellung eine bedrohliche Streitmacht ungewissen Ausmaßes, die – gemäß dem Bildthema – mit göttlicher Unterstützung in jene Finsternis, aus der sie kam, zurückzuwerfen ist. Konstitutiv für die gemalte Skizze ist die partielle Sichtbarkeit des Bildträgers bzw. dessen vorbereitender Einfärbung, der Imprimitur. Hierbei handelt es sich um einen einheitlichen, dünnen Anstrich aus Farbpigmenten und verschiedenen Bindemitteln, der über der Grundierung und vor der Unterzeichnung erfolgt, wofür in der italienischen Kunstlite-

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8  Luca Giordano, Leo der Große tritt Attila entgegen, um 1700. Neapel, Museo del Duca di Martina.

ratur seit dem Cinquecento auch der Begriff mestica (von lateinisch miscere, „mischen“) verbreitet ist.29 Unter eben diesem Lemma lesen wir in Baldinuccis Toskanischem Wörterbuch der Zeichenkünste Folgendes: Zusammensetzung aus verschiedenen Erden und Farben, die mit Nuss- oder Leinöl verrieben ­werden. Sie dient dazu, auf Leinwänden oder Tafeln, die bemalt werden sollen, aufgetragen zu werden und wird von den Künstlern auch Imprimitur genannt.30

Bestimmung der meist dunkelfarbigen Imprimitur ist es, die Saugkraft des Malgrundes einzuschränken, unter Umständen die Deutlichkeit der Vorzeichnung zu dämpfen und zugleich einen mittleren Tonwert vorzugeben, der die Modellierung plastischer Formen erleichtert.31 Das Durchscheinen der Imprimitur in den Schatten- und Halbschattenzonen war ein schon lange bewährtes Gestaltungsmittel.32 In der Barockmalerei räumte man dem präparierenden Anstrich ein immer größeres Mitspracherecht ein und ließ die Gemälde somit ihren eigenen Entstehungsprozess dokumentieren. In einer Mischung aus Anerkennung und Schauder bemerkte etwa Gian Pietro Bellori über Caravaggios großformatige Enthauptung Johannes’ des Täufers in der Kathedrale von La Valletta: „In diesem Werk

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9  Diego Velázquez, Bildnis des Hofbildhauers Juan Martínez Montañés, 1635–36. Madrid, Museo Nacional del Prado.

setzte Caravaggio die ganze Macht seines Pinsels ein, denn er hatte hier mit solchem Ungestüm gearbeitet, dass er die Imprimitur der Leinwand im Halbton stehen ließ.“33 Zu den Malern, die wiederholt größere Partien ihrer Leinwände von modellierendem Farbauftrag freihielten und gerade diese Leerstellen in ihr Wirkungskalkül einbezogen,

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zählt fraglos auch Diego Velázquez. Sein berühmtes Bildnis des Juan Martínez Montañés von etwa 1635 kann hierfür als Paradebeispiel dienen, nicht zuletzt, weil es als Darstellung eines Künstlers bei der Arbeit immer wieder mit den zwanzig Jahre später entstandenen Meninas in Beziehung gesetzt worden ist.34 Es präsentiert den schon bejahrten, in nobles Schwarz gekleideten Hofbildhauer in Halbfigur und mit konzentrierter Miene, den Blick auf den Betrachter gerichtet, als fixiere er sein Modell. Seine in der Schwebe gehaltene Rechte hält einen Modellierstab, seine Linke umfasst den Kopf einer überlebensgroßen Büste, die die Züge König Philipps IV. erkennen lässt. Die tätige Hand ist in der für Velázquez typischen, die Konturen verschleifenden Art wiedergegeben, in den Schatten ihrer Unterseite mischt sich ein wenig das Schwarz des Gewandes, an der Spitze des abgespreizten kleinen Fingers tendiert die zähflüssig aufgetragene Inkarnatfarbe zum Weiß und verdichtet sich derart, dass dieser Finger nicht nur in den Raum zu ragen, sondern fast zu vibrieren scheint. Dabei fällt die formale Übereinstimmung von Fingerkuppe und Spitze des Modellierholzes ins Auge; anschaulich werden Werkzeug und lenkende Hand so miteinander in Beziehung gesetzt, dass ihre wechselseitige Substitution im Werkprozess vermutet werden kann. Der Beruf des Dargestellten legt nahe, das im Bild entstehende Porträt als Tonmodell aufzufassen; Martínez Montañés scheint im Begriff, die ihm vor Augen stehenden Gesichtszüge des Königs in die bildsame Materie einzutragen. Dass Velázquez dieses plastische ­Arbeiten in Form einer Skizze mit knappsten Pinselstrichen und gerade negierter Dreidimensionalität zum Ausdruck bringt, hat Anlass zu Überlegungen gegeben, inwieweit der Künstler hier grundsätzlich zum kreativen Akt des Malers oder Bildhauers ­Stellung bezieht.35 Montañes stützt den Kopf seines Königsporträts von hinten und verankert es so in der Bildfläche. Dabei bleibt seine linke Hand eigentlich unsichtbar, angedeutet wird lediglich eine Ecke der Ärmelmanschette und ein Stück Tuch, mit dem der Bildhauer offenbar den direkten Körperkontakt mit dem feuchten Medium Ton zu vermeiden trachtet. Von Belang ist dabei zum einen, dass diese leicht verständlichen Indexzeichen aus pastosen weißen Flecken bestehen, zum an­ deren, dass der Arbeitslappen auch zum Säubern und Bearbeiten der plastischen Oberfläche dienen kann. Velázquez mag ein solches Wischtuch just in dieser so gewitzt Räumlichkeit fingierenden Partie seiner Leinwand zum Abtragen überschüssiger Farbe verwendet haben. Bei genauerer Betrachtung des Gemäldes fällt auf, dass die Imprimitur allenthalben durchschimmert (auch in stark ausmodellierten Partien wie unterhalb des Kragens), der Maler ihren Grundton aber fast überall aufhellend oder abdunkelnd modifiziert. Im Bereich des Porträtmodells unterstreicht ein relativ ebenmäßiger mattgrauer Anstrich dessen Nonfinito-Charakter. In plakativer, zugespitzter Form begegnet ein solcher Umgang mit der Imprimitur auch in Giordanos Hommage an Velázquez, die den in der spanischen Malerei bevorzugten bräunlichen Ton der terra di Seviglia aufgreift. Den Vorteil einer derart präparierten Leinwand, sowohl ins Helle wie ins Dunkle arbeiten zu können, nutzt Giordano ersichtlich aus und akzentuiert dabei die Polarität von Schwarz und Weiß. Dies wird unmittelbar anschaulich in der kräftigen Horizontale, die das Bildfeld überdeutlich in zwei Register teilt.

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10  Luca Giordano, Hommage an Velázquez (wie Farbabbildung 3), untere Bildhälfte.

Ihre leichte Krümmung verrät das „Freihändige“ ihrer Ausführung. Der Farbstrich ist also erkennbar ein kühner Streich und übernimmt als malerisch aufgetragenes Graphem zugleich auch räumlich-gegenständliche Funktion, bezeichnet er doch die vordere Kante der Standfläche des Bühnenpersonals, und zwar auf Augenhöhe von Giordanos Selbstbildnis rechts unten (es ist interessant, dass sich die Linie vor dessen Augen gabelt, als sei ein Sehstrahl gemeint). Sein Äquivalent hat der bleiche Kopf des Malers im Schattenriss des Mohrenpagen auf der linken Seite. Die helle Linie teilt also die Fläche und dient zugleich der Raumillusion. In ihr fallen Standebene der Figuren (piano) und der sie umgebende oder hinterfangende Bildgrund (campo) zusammen.36 Ungeklärt bleibt dabei die konkrete Tiefendimension des „Bühnenraumes“. Damit nicht genug, setzt sich die indistinkte Leere der Imprimitur auch unterhalb des Farbstrichs fort. Dort verdichtet sie sich ganz links zum Profil des kleinen Mohren: Die Verdunkelung des Malgrundes bringt dessen individuellen Züge auf ganz sichtbare Weise zum Verschwinden und lässt seine Gestalt dennoch höchst prägnant hervortreten.37 In Umkehrung der herkömmlichen Arbeitsweise ist sein Kopf nicht modelliert, sondern bezieht seine Wirkung gerade aus der Absenz von Farbauftrag. Abgesehen von einem schwarzen Punkt, der den Sitz des Auges markiert, erscheint seine Silhouette somit als pure Negativform, umschrieben von einer weißen Wellenlinie, deren kurviger Rhythmus den Kunstcharakter dieser Assistenzfigur unterstreicht.38 Den alla veneziana gekleideten Pagen umgibt eine helle Aura, welche die Bewegung, mit der er sich dem Geschehen ­zuwendet, gewissermaßen einfängt. In Form eines Früchtekorbs trägt der beflissen ins Bild gehuschte Diener gleichsam die Farbe auf. Der wie zur Veranschaulichung dieser schwung-

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11  Luca Giordano, Hommage an Velázquez (wie Farbabbildung 3), untere Bildhälfte, Detail links.

vollen Aktion in den Malgrund auslaufende Strich schlägt ganz wörtlich einen Bogen zur rechten Bildhälfte mit Herr und Hund. Offensichtlich stehen der Maler und sein Gegenüber, der gesichtslose dunkle Diener, in einem Korrespondenzverhältnis.39 Durch ihre Position im Orchestergraben sind beide Teil der höchst durchdachten Inszenierung von Berührung der Leinwand und Farbauftrag, ebenso die wie achtlos verstreuten Hilfslinien, Tupfen und Wischspuren, die offenbar bewusst stehen gelassen wurden. Sie verweisen auf den kreativen Akt der Hervorbringung dieser Szenerie.

„Giordano, wie hast du das gemacht?“ Wie schon erwähnt, erfolgte Luca Giordanos Berufung nach Madrid 1692; zehn Jahre sollte er sich in Spanien aufhalten, um umfangreiche Freskenzyklen im Buen Retiro, im Escorial und andernorts auszuführen, daneben noch eine unübersehbare Fülle von Leinwandgemälden.40 In den königlichen Sammlungen konnte er nicht nur seine Kenntnis von Tizian und Rubens vertiefen, sondern natürlich auch die Malerei von Velázquez und seinen Nachfolgern studieren. Unter den spanischen Zeitgenossen boten sich dem Neapolitaner sicher manche Anknüpfungspunkte, denn gerade im ausgehenden siglo de oro gewann eine Strömung verstärkt an Boden, die sich mit ihrer bravourösen Malweise mit sichtbarem Pinselstrich als velázqueño verstand und zugleich auch erkennbar an italienische Vorbilder anknüpfte.41

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Gegenüber den selbstbewussten Vertretern der Madrider Schule scheint der zugereiste Giordano zunächst keinen leichten Stand gehabt zu haben. In anekdotischer Form schildert sein Biograph eine Rivalität mit dem Hofmaler Claudio Coello (1642–1693), die in ­einen dramatischen künstlerischen Wettstreit mündete.42 Dabei sollte der Neapolitaner in Gegenwart des Königs und binnen 24 Stunden auf einer dreieinhalb Meter hohen Leinwand den Erzengel Michael mit dem Sturz Luzifers und der ­rebellischen Engel malen. Giordano nahm diese Herausforderung an und inszenierte vor den Augen des Souveräns eine creatio ex nihilo,43 indem er zunächst gestaltlose Farb­flächen auf der Leinwand verteilt, „die Gesichter aus Flecken zusammenfügend, ohne dabei Ohren, Nase, Mund und andere Partien ganz auszuführen“,44 womit er den König zunächst über drei Stunden hinhält und sogar zum Einnicken bringt. Schließlich entfernt sich der enttäuschte Monarch von seinem Maler, der nur auf diesen Moment gewartet hat und nun, unbeobachtet, in einem Nu die große Leinwand fertigstellt: Mit bewundernswerter Schnelligkeit und Sorgfalt machte er sich in so kurzer Zeit daran, die bereits an ­ihren Platz gesetzten Farben zu vereinen und gestaltete aufs allerschönste über jede ­Vorstellung hinaus den Heiligen Erzengel Michael und die entsetzten Gesichter jener verzweifelten Dämonen, und indem er die verschiedenen Partien vervollkommnete, führte er den Großteil des Bildes glücklich zu Ende.45 Als nun der König den Raum wieder betritt und die erhabene Schönheit des Erzengels n ­ eben den erschreckenden Dämonenfratzen wahrnimmt, ruft er überwältigt aus: „Jesus, Jesus, ques es esto? Jordan como lo as hecho? Grande, admirable saver de Dios“.46

In Analogie zum „quis ut Deus“ Michaels, das die Widersacher zu Fall bringt, demon­striert Luca hier also die göttliche Kreativität seines Pinsels. Besonders staunenerregend muss dem laienhaften Betrachter dabei erscheinen, dass der Maler die Einzelelemente seines Bildes ohne erkennbare Absicht fast synchron vorantreibt, aber im Status abstrakter Flecken belässt, um dann durch nur geringes Hinzutun, in einem scheinbar mühelosen Manöver die Summe zu ziehen und einleuchtend zu verknüpfen, was zunächst disjunkt und unverständlich erschien. De Dominicis anekdotische Schilderung eines höchst effektvoll inszenierten engaño/desengaño-Schauspiels – erst wird Chaos auf der Malfläche verbreitet, dann fügt sich fast schlagartig alles zu wunderbarem Zusammenklang – referiert selbstredend keine Tatsachen, sondern dient der literarischen Evidenzstiftung. Damit bringt sie bestimmte Wirkungsaspekte auch unserer Velázquez-Hommage vielleicht effektiver als jede Ekphrasis zur Sprache. Das Verblüffende an Giordanos Performances lag scheinbar darin, dass selbst für einen aufmerksamen Zuschauer die vor seinen Augen vollzogene Konkretisierung der Form kaum prozessual nachvollziehbar war. Besondere Bewunderung erregte offenbar die Plötzlichkeit, mit der das amorphe Tohuwabohu am Ende in bedeutungsvolle Gestalt umschlug. Könnte es sich nicht auch bei der Hommage an Velázquez um eine Bildschöpfung vor Publikum, um einen Malakt als Aufführung (und nicht nur die Darstellung einer solchen) gehandelt haben? Auf das dabei vorgelegte Tempo mag der springende Hund verweisen, wie bei Velázquez eine Aufmerksamkeit heischende Schwellenfigur.

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12  Luca Giordano, Hommage an Velázquez (wie Farbabbildung 3), untere Bildhälfte, Detail rechts.

Mit dem majestätisch ruhenden Hund in den Meninas verbindet das hastige Tier des Fa presto die Demonstration großer Sicherheit in der Wiedergabe des Fells: „freilich wer hätte solche Hunde malen können ...“. Ist der Hund bei Velázquez laut Palominos Bildbeschreibung eine „figura obscura e principal“47, den der Tritt des italienischen Zwerges aus seiner Lethargie zu reißen sucht, so erscheint er bei Giordano überaus wach: Wie aus dem Mantel gezaubert, springt er flink über die Stufen und wedelt dabei mit dem Schwänzlein, als sei dies ein Malwerkzeug. Giordano zelebriert in diesem Motiv seine spontane Malweise mit breitem Pinselstrich, die den Eigenwert der Farbe betont und Konturen auflöst. In einer Art Momentaufnahme scheint das wuschelige Tier in der Schwebe gebannt, die über die Imprimitur gelegte weißliche Untermalung umgibt es wie eine Wolke. Dieser lockere Farbauftrag nähert das Bild den spanischen borrónes an, jenen in skizzenhafter Faktur gleichsam das Rohmaterial der Malerei darbietenden Werken, deren souveräne Großzügigkeit in der spanischen Kunstliteratur längst Anerkennung gefunden hatte.48 Ganz beiläufig offenbart der Neapolitaner mit solchen Details seine Kenntnis der spanischen Malereitradition. In seiner Hommage an Velázquez scheint es sich nicht zuletzt um eine Selbstthematisierung künstlerischer Produktion im Sinne ostentativer Mühelosigkeit zu handeln. Das staunenerregend rasche Ausführungstempo, den Vorgang des Farbauftrags, die Verteilung, Verdichtung und Verschmelzung der Flecken kann der Betrachter hier ja zum Teil rekonstruieren und dem Selbstvertrauen und traumwandlerischen Geschick ­(destrezza) des Malers entsprechende Bewunderung zollen. Giordano lässt sich also beim Arbeiten gleichsam über die Schulter schauen. Den performativen Demonstrationscharakter solcher Bilder bestätigen die oben zitierten, fraglos fiktionalen Episoden in der Vita.

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Ohne Pinsel – und mit Zur inszenierten Plötzlichkeit der Formwerdung als divinatorischer Akt passt der partielle Verzicht auf das gewöhnliche Malutensil, den Pinsel. Der direkte Einsatz der Finger für die Bildproduktion ist eine unter anderem auch für Tizian und Cornelis Ketel bezeugte Praxis, der man wegen ihrer Unmittelbarkeit und verblüffenden Abkürzung des Malvorgangs in der Kunstliteratur hohen Respekt zollte.49 Wie Luca Giordano diese Fertigkeit einsetzte, um die Bewunderung für seine Arbeiten noch zu steigern, berichtet einmal mehr sein Biograph Bernardo De Dominici. Für das ohnehin hochzufriedene Königspaar habe er auf Nachfrage das Porträt eines Höflings mit bloßen Händen gemalt: Mit einem Finger trug er die hellen, mit dem anderen die dunklen Farben auf, mit dem Daumen verrieb er sie und führte die Töne zusammen, und mit dem kleinen Finger formte er Augen, Nase und Mund. ... [Luca] malte außerdem mit den Fingern einen Hl. Franziskus für die Königin, auf den der König den berühmten Blumen- und Früchtemaler Abate Andrea Belvedere, ebenfalls im Gefolge Giordanos nach Spanien berufen, mit folgenden Worten hinwies: „Mirad: esto lo ha hecho Lucas sin pinzel.“50

Bei De Dominici bürgen die Nennung solcher Zeugen und der „Originalton“ des Herrschers für die Glaubwürdigkeit des Berichts; spontane Ausrufe wie dieser machen eine Faszination nacherlebbar, die ohne Kenntnis solcher konkreten Entstehungsumstände Gefahr liefe zu verblassen. Giordano, so soll vermittelt werden, schafft anbetungswürdige Bilder wie sein Namenspatron Lukas, der Evangelist und erste christliche Maler,51 und dass ihm dies ohne herkömmliches Werkzeug gelingt, grenzt gewiss ans Wunderbare. Die Klärung der Frage, wie weit auch einzelne Partien der Hommage an Velázquez mit bloßen Händen ausgeführt wurden, muss einer maltechnischen Untersuchung vorbehalten bleiben, doch lässt sich bei diesem Bild gut vorstellen, dass Luca fa presto seine Figuren mit verschiedenen, auch unorthodoxen Mitteln auf die Bühne seiner Leinwand gerufen hat. Zum evokativen Charakter des Bildes passt die Einbeziehung der eigenen Person, dargestellt in einer Art Orchestergraben am unteren Bildrand, in abisso also. Trotz oder gerade wegen der spanischen Kostümierung besteht kein Zweifel, dass es sich hier um ein Selbstbildnis handelt.52 Velázquez zeigt sich in den Meninas mit Pinsel und Palette, jedoch in einem Moment des nachdenklichen Innehaltens und mit einigem Abstand zu seiner Leinwand. Durch die verschleifende Malweise verschmelzen seine Fingerspitzen optisch mit dem langstieligen Pinsel, der sich als ausführendes Organ der aus Beobachtung und Reflexion gewonnenen Gedanken des Malers begreifen lässt. Giordano dagegen steht ohne Malutensilien unmittelbar vor seiner Schöpfung. Barhäuptig, von fahler Gesichtsfarbe und etwas abgearbeitet wirkend, wendet er sich von ihr ab, aber nicht direkt an den Betrachter, sondern seitwärts. Gerade scheint er seine Hand von der Leinwand abgezogen zu haben. Fingerspuren sind hier sichtbar, aber zugleich wird ein Redegestus angedeutet. Das Bild, so scheint es, spricht sich selbst aus, oder der Maler extemporiert einen Vortrag (über ­Velázquez?) im kolloquialen Gespräch.53

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„Luca war [in seiner Rede] höchst anmutig und über die Maßen witzfertig“, schreibt De Dominici und preist seine „gioconda conversazione” im heimischen Dialekt.54 Glaubt man dem Biographen, so stimulierte Giordano sein Arbeiten durch scherzhafte Konversation, kommentierte dabei vielleicht das gerade Gemalte, oder dieses selbst brachte einen weiteren Einfall hervor.55 Wortgewandtheit und gewitztes Malen scheinen also einander zu bedingen: In der Hand wie Zunge gleichermaßen eigenen „prontezza“ – vom lateinischen prompte: bereit, rasch, schlagfertig – manifestiert sich die Lebhaftigkeit des Ingeniums.56 Ist Giordanos Hommage demnach eine sprachanaloge Improvisation über die Malerei des Velázquez, eine ungezwungene und doch treffsicher pointierte „Rede“ mit Pinseln und Händen? Diese könnte man jedenfalls als Instrumente einer Beschwörung bezeichnen, die den Geist des Velázquez, womöglich in Gestalt von Giordanos Mäzen, des Conde de Santisteban, auf die Bühne der Gegenwart rufen. Das Schwankende dieser Gestalten, ihr Sfumato-Charakter und zugleich der taktile Aspekt des Finger-Malens kann mit der auffälligen Brille in Verbindung gebracht werden. In Spanien wurden solche Sehhilfen mit markanter schwarzer Rahmung, sogenannte quevedos, traditionell mit Stolz getragen und taugten als Ausweis von Gelehrsamkeit wie auch des sozialen Status zum Accessoire vieler bekannter Bildnisse.57 Giordano hat sie auch auf anderen bekannten Selbstbildnissen auf der Nase, etwa der informellen Skizze en face in der Stuttgarter Staatsgalerie oder im wie dem ebenfalls die Imprimitur betonenden Bild in der Sammlung des Pio Monte della Misericordia in Neapel.58

13  Luca Giordano, Selbstbildnis, um 1690. Neapel, Museo del Pio Monte della Misericordia.

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14  Luca Giordano, Hommage an Velázquez (wie Farbabbildung 3), obere Bildhälfte, Detail.

Vor diesem Hintergrund mochte es für den Maler naheliegen, im Selbstbildnis seiner Hommage an Velázquez die Augengläser mit der Tracht eines spanischen Edelmanns – er ist schwarz gekleidet, den Hals umschließt die typische golilla – zu kombinieren.59 Möglicherweise soll der durch die Sehhilfe verschattete Blick den Betrachter auf die kunstvollen Unschärfen und den Einsatz der Finger im Malprozess hinweisen. Als verschwommene Erscheinung trägt die an Velázquez gemahnende Hauptfigur deutliche Spuren ihrer Hervorbringung – auf Kosten der porträthaften Referentialität. Sind ihre Züge auch undeutlich, so signalisiert Lucas Farbauftrag sin pinzel doch einen unmittelbaren Kontakt zu dem großen Vorgänger. Schemenhaft taucht der vor einem Menschenalter Verblichene aus dem Bildgrund auf und umfasst gütig das konkreter gestaltete Mädchen mit der Rose, ein anmutiges Geschöpf des neuen Hofmalers Giordano aus dem Geiste des Schöpfers der Meninas. Die Rose mag, wie vorgeschlagen wurde, als Hinweis auf den Namen der hier Dargestellten zu verstehen sein.60 Ihre Position im Bild verknüpft das Mädchen zusätzlich mit der ihr väterlich zugewandten Velázquez-/Santisteban-Figur, denn sie hält die gerade aufgeblühte Blume ja höchst konzentriert auf Augenhöhe in der Herzgegend des Kavaliers. Das erlesene Rosa – eine von dem Spanier bevorzugte Farbe – scheint über ihren zierlichen Fingern zu schweben und erreicht trotz der summarischen Darstellung eine weit

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nachdrücklichere Präsenz als etwa die Topfblumen im Hintergrund. Im, wenn man so will, „duftigen“ Farbfleck dieser Rose, von dem unklar ist, ob ihn ein Pinsel, Daumen oder Schwamms geformt habe, konzentriert sich die Feier des Malakts; die Rose ist gewissermaßen das I-Tüpfelchen einer Komposition, die ihre Produktionsbedingungen offenlegt. Ausgestellt wird in solchem Anknüpfen an den impasto des Velázquez die materiale Qualität der Farbe, mithin der Grundsubstanz des Gemäldes. Giordanos Erfassen eines Gegenstands „in einem Atemzug, einer einzigen Drehung des Pinsels“ (con una sola girata del pennello)61 manifestiert sich im ostentativen Mimesisverzicht dieser pastosen Farbspur, die allein durch ihre treffsichere Platzierung auf der Leinwand konkrete Form annimmt. Es ist verlockend sich vorzustellen, dass Giordano mit der effektvollen Anbringung dieser „Pointe“ vor Publikum sein Gemälde für beendet erklärt und seinem künftigen Besitzer ausgehändigt hat. Jedenfalls sprechen einige Indizien dafür, dass die Hommage an Velázquez als Gabe für einen Liebhaber solcher Malerei konzipiert wurde und dabei eine „Aufführung“ nicht nur darstellt, sondern auch deren Ergebnis ist, in ihrer inszenierten Spontaneität durchdrungen von einer Rhetorik der Mühelosigkeit. Nicht die Geste der raschen Niederschrift, sondern der erkennbar sparsame Einsatz herkömmlicher Mittel und Werkzeuge der Malerei verbindet Luca Giordano, den neuen pintor del Rey, mit dem, wie man weiß, sehr viel weniger emsigen Santiago-Ritter Diego Velázquez, der hier im Bild völlig auf malerische Aktivität verzichtet.62

Fazit In dem (bekanntlich dank Giordano) als Theologie der Malerei berühmt gewordenen Gemälde zeigte Velázquez die enorm große Leinwand, an der er gerade arbeitet, von hinten, und ließ den Betrachter so im Unklaren darüber, ob hier gerade ein Bild des Königspaares, der Infantin mit ihren Vertrauten oder eben Las Meninas selbst im Entstehen begriffen ist. Luca fa presto greift diese vertrackte Repräsentationslogik auf. Auch er weist uns seine Leinwand vor, genauer: Er deutet mit der Hand eine Differenz zwischen seiner Selbstdarstellung und jenem improvisierten Bravourstück an, mit dem er Velázquez huldigt. Dieses innerbildliche Werk scheint vor unseren Augen gerade Gestalt anzunehmen, ohne dass Staffelei, Palette oder Pinsel zu sehen wären. Die verschlüsselte, in ihrem Andeutungscharakter fast geisterhafte Szene und jener im Maßstab übereinstimmende Bildstreifen, der sie gleichsam auf eine höhere Ebene hebt, sind zwar durch einen deutlichen Strich voneinander geschieden, bleiben aber durch den durchgehend sichtbaren Malgrund auch miteinander verbunden. Die Belebung der gleichmäßig graubraunen Bildfläche durch unterschiedlich ausgearbeitete Figuren erfolgt allem Anschein nach unter Zuhilfenahme der Finger, die den Bildgedanken unmittelbarer ins Werk setzen können als jedes andere Malinstrument. Einige scheinbar absichtslos aufgebrachte Spuren unterhalb der

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weißen Horizontale – als hätte der Maler mit farbverschmierten Fingern auf die Imprimitur getippt oder sie abgewischt – verweisen als Spur der Arbeit auf den eben noch im Gang befindlichen Formungsprozess. Mit dieser Blicklenkung auf das Agieren seiner Hände scheint Giordano sein Schau-Malen verstetigen zu wollen. Im Unterschied zum zögerlichen Vorgehen des Spaniers erschließt sich bei seinem Nachahmer die äußerst verkürzte Herstellungszeit durch die nachvollziehbare Rasanz des Farbauftrags. Mit ihr findet die körperliche Aktivität des Malers direkten Eingang in das Bild. Zumal im weißen Strich, der die Bildfläche stürmisch durcheilt, und in der letztlich dem Betrachter dargebotenen Rose wird das Pigment zum Protagonisten  – dies umso mehr, als auf der Leinwand insgesamt so wenig Farbe aufgetragen wurde. Luca, der das „Manum de tabula!“ des Apelles63 wie kein anderer verinnerlicht hat, zieht seine Hand ganz sichtbar von dem mit breitem Pinsel und flinken Fingern gestalteten Gemälde zurück. Die Geste überbrückt den Hiatus zwischen Aufführung und Publikum und verweist lässig auf die spektakuläre Inszenierung des Malakts. Mit Charme und demonstrativer Unbekümmertheit rief Giordano auf die Bühne, was sich ihm an Velázquez’ Bilderwelt besonders eingeprägt hatte und legte es darauf an, mit einem denkbar geringen Einsatz von Material und Pinselarbeit einen Effekt zu erzielen, der dem großen Spanier zur Ehre gereicht hätte.

Anmerkungen 1

Öl auf Leinwand, 205 x 182 cm, London, National Gallery, Inv. Nr. 1434, zur Zeit nicht ausgestellt. Siehe Oreste Ferrari und Giuseppe Scavizzi, Luca Giordano. L’opera completa, Neapel 1992, Bd. 1, S. 130 und Nr. A 531, S. 335 (mit älterer Lit.); Painting in Naples 1606–1705. From Caravaggio to Giordano, Ausst.-Kat. (London, Royal Academy of Arts, 1982), hrsg. von C. Whitfield und J. Martineau, London 1982, Nr. 70, S. 178–179 (Oreste Ferrari); Caroline Kesser, Las Meninas von Veláz­ quez. Eine Wirkungs- und Rezeptionsgeschichte, Berlin 1994, S. 41–45; Vincente Lleó Cañal, The Painter and the Diplomat. Luca Giordano and the Viceroy, Count of Santisteban, in: The Diplomacy of Art. Artistic Creation and Politics in Seicento Italy (Tagung Florenz 1998), (Wien 2001), hrsg. von E. Cropper, Bologna 2000, S. 121–150, S. 130; Luca Giordano 1634–1705, Ausst.-Kat., (Neapel, Castel Sant’Elmo, 2001/2002), hrsg. von W. Seipel, Wien 2001, Nr. 107, S. 318–321 (Gabriele Finaldi).

2

Carl Justi, Diego Velazquez und sein Jahrhundert, zweite neubearbeitete Auflage, Bonn 1903, Band 2, S. 308–311, hier S. 311.

3

Sergio Ortolani, La pittura napoletana dal Sei all’Ottocento, in: Emporium 44, 1938, 88, S. 172– 191, hier S. 182. Laut Kesser 1994 (Anm. 1), S. 45, „ein gut gewählter Verlegenheitstitel“.

4

Michael Levey, The Seventeenth and Eighteenth Century Italian Schools (National Gallery Catalogues), London 1971, Nr. 70, S. 113–114: „Giordano might have meant to convey the idea of a young Infanta coming to visit Velazquez. This may appear at first rather fanciful. Yet the elements of the picture seem consciously to recall those of Las Meninas, and the ‘meaning’ may be no more than to execute a caprice on that composition.“

5

Ángel Aterido Fernández, El verdadero asunto del “Homenaje a Velázquez” de Giordano, in: Archivo español de arte 67, 1994, 268, S. 396–399.

Zu Luca Giodanos Londoner Hommage an Velázquez I 57

 6 Im Fall der Meninas wurde das Santiago-Kreuz bekanntlich 1659, nach der Aufnahme des Malers in den hochadligen Orden, ergänzt; Antonio Palomino, El museo pictórico y escala óptica (Madrid 1715 und 1724), hrsg. von J. A. Ceán y Bermúdez, Madrid 1947, S. 920.  7 Marisol Cerezo, Luca Giordano y el virrey Santisteban, un mecenazgo particular, in: Boletín del Museo y Instituto “Camón Aznar” 26, 1986, S. 73–88; Leticia de Frutos, Una serie de pinturas de la colección Santisteban y un boceto de Luca Giordano en España, in: Saggi in memoria di Oreste Ferrari (Ricerche sul ‘600 napoletano. Saggi e documenti 2007), Neapel 2008, S. 19–26; Vicente Lleó Cañal, El virrey IX conde de Santisteban (1688–1696), in: España y Napoles. Coleccionismo y mecenazgo virreinales en el siglo XVII, hrsg. von J. L. Colomer, Madrid 2009, S. 449–460; Leticia de Frutos Sastre, Luca Giordano en la colección napolitana del VII marqués del Carpio, in: España y Napoles. Coleccionismo y mecenazgo virreinales en el siglo XVII, hrsg. von J. L. Colomer, Madrid 2009, S. 363–377, hier S. 370.   8 Das erste, anlässlich des Todes seiner Frau erstellte Inventar von 1716 verzeichnete bereits 34 ­Giordano zugeschriebene Gemälde.  9 Gabriele Finaldi in Luca Giordano 2001 (Anm. 1) und in Luca Giordano y España, Ausst.-Kat. ­(Madrid, Palacio Real, 2002), hrsg. von A. E. Pérez Sánchez und I. Morán Suár, Madrid 2002, S. 152–158. 10 „The actual significance of No. 1484 remains unclear“, befand Levey 1971 (Anm. 4), S. 113. 11 Laut Finaldi ist das Gemälde „unvollendet geblieben“; Luca Giordano 2001 (Anm. 1), S. 321. Dagegen konstatierte schon Justi 1903 (Anm. 2), S. 311: „[...] das Bild ist kein Fragment; die Vollständigkeit der Komposition ist deutlich: die beiden lebensgroßen Halbfiguren markieren den Abschluss.“ 12 Vgl. Martin Kuester, Art. „Pastiche“, in: Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. Ansätze – Personen  – Grundbegriffe, hrsg. von A.  Nünning, Stuttgart/Weimar 1998, S. 415. In zeitlicher Nähe zu Giordanos Bild findet Roger de Piles in seinem Abregé de la Vie des Peintres, Paris 1699, S. 104–105, zu einer positiven Bestimmung des pastiche. Er plädiert für den Originalcharakter auch von Wiederholungen anderer Bilder und empfiehlt Nachahmungen „avec légéreté“, da ein geschicktes Falsifikat großer Meister häufig bessere Resultate hervorbringe als eine Beschränkung auf die eigenen Möglichkeiten. Siehe hierzu Jens Haeseler, s. v. „Original/Originalität“, in: Ästhetische Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch in sieben Bänden, hrsg. von K. Barck u. a., Stuttgart 2002, Bd. 4, S. 642. 13 Victor I. Stoichita, Imago regis. Kunsttheorie und königliches Porträt in den Meninas von Velázquez, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 49, 1986, S. 165–189, hier S. 166. 14 Palomino 1947 (Anm. 6). Innerhalb der Velázquez-Biographie seines zweiten Bandes, El Parnaso español pintoresco laureado, widmet Palomino den Meninas eine ebenso wohlinformierte wie scharfsinnige Würdigung (§ 7 En que se describe la más ilustre Obra de Don Diego Velásquez). „[...] y aviendo venido en estos tiempos Lucas Jordán, llegando a verla, preguntóle el Señor Carlos Segundo, viéndole como atónito: Qué os parece ? Y dixo : Señor, ésta es la Theología de la Pintura: queriendo dar a entender, que assí aquel Quadro era lo superior de la Pintura.” Zitiert nach der Neuedition Antonio Palomino. Vida de Don Diego Velázquez de Silva, hrsg. von M. Morán Turina, Madrid 2008, S. 46. 15 Die Meninas-Literatur ist kaum noch überschaubar, verwiesen sei hier nur auf einige jüngere ­Titel: Otras Meninas, hrsg. von F. Marías, Madrid 1995; Las Meninas im Spiegel der Deutungen. Eine Einführung in die Methoden der Kunstgeschichte, hrsg. von T. Greub, Berlin 2001; Reinhard Liess, Im Spiegel der „Meninas“. Velázquez über sich und Rubens, Göttingen 2003; Martin Warnke, Velázquez, Köln 2005, S. 152–162, 172; Vera Beyer, Rahmenbestimmungen. Funktionen von Rahmen bei Goya, Velázquez, van Eyck und Degas, München 2008, S. 33–73; Giles Knox, The

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Late Paintings of Velázquez. Theorizing Painterly Performance, Aldershot 2009, S. 119–143; Thierry Greub, Nicht-Bild und Meta-Bild: Las Meninas von Diego Velázquez, in: Was ist ein Bild? Antworten in Bildern. Gottfried Boehm zum 70. Geburtstag, hrsg. von S. Egenhofer, I. Hinterwaldner und C. Spies, München 2012, S. 362–365, und Thierry Greub, Der Platz des Bildes und der „Platz des Königs“. Diego Velázquez’ „Las Meninas“ im Sommer-Arbeitszimmer Philipps IV., in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 78, 2015, S. 441–487. Für die hier im Vordergrund stehenden Fragen der Rezeption des Bildes siehe v.a.: Kesser 1994 (Anm. 1); Velázquez’ Las Meninas, hrsg. von S. L. Stratton-Pruitt, Cambridge/Mass. 2003; Gudrun Swoboda, Juan Bautista Martínez del Mazos Familie des Künstlers – die erste Variation auf Velázquez’ Las Meninas, in: Velázquez, Ausst.-Kat. (Wien, Kunsthistorisches Museum, 2014/2015), hrsg. von S. Haag, München 2014, S. 86–105. 16 Jonathan Brown und Carmen Garrido, Velázquez. The Technique of a Genius, New Haven und London 1998 (zu Las Meninas S. 181–194); Larry Keith, Velázquez’s Painting Technique, in: Velázquez, Ausst.-Kat. (London, National Gallery, 2006), hrsg. von D. W. Carr u. a., London 2006, S. 72– 89; Elke Oberthaler und Monika Stoltz, Zur Maltechnik des späten Velázquez, in: Velázquez 2014 (Anm. 15), S. 106–125. 17 Velázquez war u. a. an der Ausschmückung des Cuarto del Principe beteiligt, jenes Südflügels des Königsschlosses Alcázar, der auch als Schauplatz der Meninas diente. Zu Velázquez’ Tätigkeiten als Höfling, welche die künstlerische Produktion in seinen letzten Lebensjahren zurücktreten ließ, siehe Jonathan Brown, Velázquez. Artist and Courtier, New Haven und London 1986, S. 187–188, 215–217 und 251–252 sowie Javier Cordero und Ricardo J. Hernández, Velázquez, un logístico en la corte de Felipe II, Madrid 2000, bes. S. 93–111. 18 In der Velázquez-Literatur wird immer wieder betont, dass seine so charakteristische sichtbare Pinselschrift gerade keine Spur raschen Arbeitens ist, sondern vielmehr Ergebnis bedächtigen Vorgehens und klugen Abwägens, wie es die Attitüde des Selbstporträts in den Meninas ja auch vor Augen führt. Hier wird die Faktur bei Abstandnahme zum Bild auch zur Nebensache, während sie Giordano geradezu ausstellt. Bedenkenswertes zur Pinselführung des Velázquez bei Liess 2003 (Anm. 15), S. 87–90. 19 Zum Aspekt der variablen Stiloption bei Giordano vor allem Valter Pinto, Un virtuoso falsario. Il giovane Luca Giordano, in: Ottant’anni di un Maestro. Omaggio a Ferdinando Bologna, hrsg. von F. Abbate, Neapel 2006, Bd. 2, S. 491–499 und Giuseppe Scavizzi und Giuseppe De Vito, Luca Giordano giovane 1650–1664, Neapel 2012, bes. S. 32–33. 20 “... non si è veduto mai copiare con somiglianza, ed ha saputo bene imitare, e talvolta emulare quei gran maestri, che pure è somma valore, ed ottima elezione nella ricerca del bello. Egli però sempre vi ha introdotta la sua maniera, le ha modellata di bel nuovo, e mutare in buona parte.” Bernardo De Dominici, Vite de’ pittori, scultori ed architetti napoletani, Bd. 3, Neapel 1745, S. 633. 21 Elizabeth Cropper, The Domenichino Affair. Novelty, Imitation, and Theft in Seventeenth-Century Rome, New Haven/London 2005, S. 101, 112. 22 Maria H. Loh, New and Improved: Repetition as Originality in Italian Baroque Practice and Theory, in: The Art Bulletin 86, 2004, 3, S. 477–504. 23 ‚Relazione della vita di Luca Giordano pittore celebre fatta sotto li 13 ag. 1681‘, in: Zibaldone Baldinucciano, hrsg. von Bruno Santi, Florenz 1980, Bd. 1, S. 465–469, erneut wiedergegeben in Scavizzi und De Vito 2012 (Anm. 19), S. 146–147. 24 „La meraviglia però di questo virtuoso si è l’esser d’eccellente memoria copiosa nell’invenzioni, vario nelle idee e nella diversità delle figure imita tutte le maniere d’antichi e moderni; franchezza e prestezza di lavorare tanto di giorno e di notte; il mischiar de’ colori; il lavor[are] talvolta con le dita, sì come ha fatto un quadro ad un suo amico senza pennello, che si motiva per

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curiosità, egualmente buono ad oglio, a fresco, in grande, in piccolo, in ogni genere di figure, animali, campagne, lontananze, battaglie, prospettive, frutte, fiori, a colpi sfumate, finite e finitissime.“ Zibaldone Baldinucciano 1980 (Anm. 23), S. 468–469. 25 Ein aufsehenerregendes Verfahren der Bildherstellung, bei dem Giordano eine Leinwand abschnittsweise „mehr mit seinen Fingern als mit dem Pinsel“ bemalte, um den Verkaufspreis für einen wohltätigen Zweck zu steigern, referiert Francesco Saverio Baldinucci in Zibaldone Baldinucciano 1980 (Anm. 23), Bd. 2, S. 455. 26 Jeroen Stumpel, On Grounds and Backgrounds. Some Remarks about Composition, in: Simiolous 18, 1988, S. 219–243 und Nicola Suthor, Transparenz der Mittel. Zur Sichtbarkeit der Imprimitur in einigen Werken Rembrandts, in: Der Grund. Das Feld des Sichtbaren, hrsg. von G. Boehm und M. Burioni, München 2012, S. 223–248. 27 Giorgio Vasari verwendet schizzo, bozza und machia weitgehend synonym, vor allem mit Blick auf eine vorläufige Formulierung der Werkidee; vgl. Art. „Macchia“, in: Luigi Grassi und Mario Pepe, Dizionario di arte,Turin 2003, S. 418–419. 28 „I Pittori usano questa voce per esprimere la qualità d’alcuni disegni, ed alcuna volta anche pitture, fatte con istraordinaria facilità, e con un tale accordamento, e freschezza, senza molta matita o colore, e in tal modo che quasi pare, che ella non da mano d’Artefice, ma da per sè stessa sia apparita sul foglio o su la tela, e dicono; questa e una bella macchia.“ Filippo Baldinucci, Vocabolario toscano dell’arte del Disegno, Florenz 1681, s. v. „Macchia“. Vgl. hierzu Philip Sohm, Pittoresco. Marco Boschini, his Critics, and their Critiques of Painterly Brushwork in Seventeenth and Eighteenth-century Italy, Cambridge/Mass. 1991, S. 269–271. 29 „Ma conviene far prima una mestica di colori seccativi, come biacca, giallolino, terre da campane, mescolati tutti in un corpo et un color solo, e quando la colla è secca impiastrarla su per la tavola: il che molti chiamano la imprimatura.“ Giorgio Vasari, Le Vite de‘ più eccellenti pittori scultori e architettori nelle redazioni del 1550 e 1568, hrsg. von R. Bettarini und P. Barocchi, Florenz 1966– 1987, Bd. 1, S. 134. Vgl. Ernst Berger, Quellen für Maltechnik während der Renaissance und deren Folgezeit, XVI.–XVII. Jahrhundert, München 1901, S. XXXVIII und Art. „Imprimitura“ in Dizionario 2003 (Anm. 29), S. 360. 30 „Composto di diverse terre, e colori macinati con olio di noce, o di lino; serve per dare alle tele o tavole, che si vogliono dipignere; e dicesi anche dagli Artefici imprimitura.“, Filippo Baldinucci, Vocabolario Toscano dell’Arte del Disegno, Florenz 1681, S. 97. 31 „Die Imprimitur bildete einen gleichmäßigen lasierenden mageren Anstrich, aller Überschuß der Farbe muß mit dem Lappen entfernt werden. Sie soll mager wie Tonpapier, nicht glänzend stehen. Man kann darauf ins Nasse oder aufs Trockene mit dem Temperaweiß arbeiten.“ Max Doerner, Malmaterial und seine Verwendung im Bilde. Nach den Vorträgen an der Akademie der Bildenden Künste in München, Stuttgart 1933, S. 192. Vgl. Kurt Wehlte, Ölmalerei. Einführung in Techniken und Bildaufbau, Ravensburg 1938, S. 81–82; Farbmittel, Buchmalerei, Tafel- und Leinwandmalerei, (Reclams Handbuch der künstlerischen Techniken 1), Stuttgart 1984, S. 167–168, 303–306 und 349–351; Thomas Brachert, Lexikon historischer Maltechniken. Quellen  – Handwerk – Technologie – Alchemie, München 2001, S. 126. 32 Siehe z. B. Suthor 2012 (Anm. 26), S. 223–249. 33 Giovanni Pietro Bellori. Le vite de’ pittori, scultori e architetti moderni (Rom 1672), hrsg. von E. Borea, Turin 1976, S. 226. 34 Öl auf Leinwand, 109 x 107 cm, Madrid, Museo Nacional del Prado. Zum Bild zuletzt Sven Jakstat in: El siglo de oro. Die Ära Velázquez, Ausst.-Kat. (Berlin, Gemäldegalerie und München, Kunsthalle, 2016/2017), München 2016, Nr. 56, S. 182–183 (mit älterer Literatur).

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35 Wiederholt wurde der irritierende, aber offenbar beabsichtigte Skizzencharakter der Königsbüste im Kontext kunsttheoretischer Diskurse interpretiert (Materialisierung einer Idee bzw. eines disegno, Paragone, nobleza der Skulptur), hierzu u. a. Susann Waldmann, Der Künstler und sein Bildnis im Spanien des 17. Jahrhundert. Ein Beitrag zur spanischen Porträtmalerei, Frankfurt/ Main 1995, S. 178–181. Karin Hellwig, Ut pictura sculptura. Zu Velázquez’ Porträt des Bildhauers Montañés, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 62, 1999, 3, S. 298–319 sieht in dem Bild einen Beitrag des Malers zur Unterstützung seines Bildhauerkollegen im Kampf um Steuerbefreiung; Valeska von Rosen, Velázquez’ Poiesis. Das Porträt des Bildhauers Juan Martínez Montañes, in: Poiesis. Über das Tun in der Kunst, hrsg von A. Beyer und D. Gamboni, Berlin/München 2014, S. 1–21, widmet sich der Frage, worauf „Velázquez mit dieser visuellen Durchkreuzung bildlicher Repräsentationslogik“ zielt. 36 Zu dieser Unterscheidung Rudolf Preimesberger, Noch einmal zu Caravaggios Früchtekorb, in: Bild 2012 (Anm. 15), S. 232–235, bes. S. 234. 37 Die in der Barockmalerei stereotype Kontrastfunktion dunkelhäutiger Bediensteter hat scharfsinnige postkoloniale Lektüren provoziert, die sich mit dem Phänomen als „Alteritätsdiskurs“ im Sinne einer „Konstruktion von whiteness“ auseinandersetzen, siehe etwa Viktoria Schmidt-Linsenhoff, Fremde Dinge, verdinglichte Fremde und Mit Mohrenpagen, in: Viktoria Schmidt-Linsenhoff, Ästhetik der Differenz. Postkoloniale Perspektiven vom 16. bis 21. Jahrhundert. 15 Fallstudien, Marburg 2010, Bd. 1, S. 243–248 und 249–266. Laut Katja Wolf, Schwarz-Weiß-Malerei. Beobachtungen zum Inkarnat in Bildnissen mit Mohrenpagen, in: Die Freiheit der Anderen. Festschrift für Viktoria Schmidt-Linsenhoff zum 21.  August 2004, hrsg. von A.  Friedrich, Marburg 2004, S. 137–145, dient die hervorgehobene Differenz im Inkarnat der Präsenzsteigerung der hellhäutig Dargestellten und macht „das Weißsein der Porträtierten erst sichtbar“ (S. 144). 38 Sie zählt zum topischen Personal neapolitanischer Bankettdarstellungen, die ihrerseits an die ­venezianische Tradition anknüpfen. Vgl. Paul H. D. Kaplan, Titian’s ‘Laura Dianti’ and the Origins of the Motif of the Black Page in Portraiture (I, II), in: Antichità viva 21, 1982, 1, S. 11–18, 4, S. 10–18 und Ann-Sophie Lehmann, Hautfarben. Zur Maltechnik des Inkarnats und der Illusion des lebendigen Körpers in der Malerei der Neuzeit, in: Gesichter der Haut, hrsg. von C. GeissmarBrandi u. a. Frankfurt/Main und Basel 2001, S. 93–128. 39 Giordanos Einbeziehung von – meist effektvoll im Profil gezeigten – jungen Mohren in sein Bildpersonal verdiente eine eigene Untersuchung. Hier sei nur angemerkt, dass der Maler am 24. August 1660 einen schwarzen Sklaven erwarb (genauer: in Zahlung nahm): „A Luca Giordano D. 120. E per lui a Emanuele di Castro cavaliero del’habito di Christo li quali disse pagarceli per il prezzo d’uno schiavo negro nominato Machamut, il quale è d’età d’anni venti con uno segnale di ferita al collo che l’ha venduto.“ Eduardo Nappi, Momenti della vita di Luca Giordano nei documenti dell’Archivio Storico del Banco di Napoli, in: Saggi e documenti per la storia dell’arte dedicato a Luca Giordano (Ricerche sul ‘600 napoletano), Mailand 1991, S. 157–182, hier S. 157 und S. 166, Dok. 10. 40 Siehe zuletzt: Andrés Úbeda de los Cobos, Luca Giordano y el Casón del Buen Retiro, Madrid 2008; Ángel Díaz García, Frescos de Lucas Jordán en la Basílica, San Lorenzo de El Escorial 2011; Ángel Rodríguez Rebollo, A propósito de Luca Giordano. Los Reales Sitios durante el reinado de Carlos II. Una aproximación a través de los inventarios, in: Carlos II y el arte de su tiempo, hrsg. von A. R. G. de Ceballos, Madrid 2013, S. 107–155. 41 Jonathan Brown, Painting in Spain 1500–1700, New Haven/London 1998, S. 233–253 und 265–266; Miguel Morán, It Was an Astonishing Ending. Still, it Was an Ending, in: Velázquez. Las Meninas and the Late Royal Portraits, Ausst.-Kat. (Madrid, Museo del Prado, 2013/1214), hrsg. von J. Portús, London 2014, S. 75–91; Ángel Aterido, El final del Siglo de Oro. La pintura en Madrid en el cambio dinástico 1685–1726, Madrid 2015.

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42 Palomino 1947 (wie Anm. 6), S. 1094–1095. 43 Moshe Barasch, Creatio ex nihilo: Renaissance Concepts of Artistic Creation. A Minor Mistranslation, in: Die Renaissance und ihr Bild in der Geschichte (Die Renaissance als erste Aufklärung 3), hrsg. von E. Rudolph, Tübingen 1998, S. 37–58. 44 „formando i volti con macchie, senza perfezionar occhi, nasi, bocca, ed altre parti“; De Dominici 1745 (Anm. 20), S. 421. Ähnliches liest man in Van Manders Vita des Otto van Veen: „Auch in Frankreich gibt es einige gute Meister, wie Martin Fréminet, ein Franzose aus Paris, der kürzlich in den Dienst des Königs [Heinrich IV.] getreten ist und in dessen Gegenwart ohne zu zeichnen hier einen Fuß, dort eine Hand, an einer anderen Stelle ein Gesicht zu malen angefangen und schliesslich zum großen Erstaunen des Königs eine schöne Figur daraus gemacht haben soll.“ Carel van Mander. Das Leben der niederländischen und deutschen Maler (Amsterdam 1617), hrsg. von H. Floerke, München/Leipzig 1906, Bd. 2, S. 315. 45 „con ammirabile velocità, e diligenza, si diede in quel poco tempo ad unire i colori già posti a’ luoghi loro, e formò bellissimo sopra ogni bella idea il S. Michele Arcangelo, e spaventosi i volti di quei disperati Demonj, ed andò perfezionando le parti, e così felicemente condusse tutto il principale. [...]“. De Dominici 1745 (Anm. 20), S. 422. 46 De Dominici 1745 (Anm. 20), S. 422. 47 „... im Vordergrunde befindet sich ein liegender Hund und neben ihm Nicolasico Pertusato, ein Zwerg, der auf ihn tritt, um so zusammen mit der Wildheit der Figur gleichzeitig auch den Gehorsam und den Sanftmut im Leiden darzustellen; denn als man ihn porträtierte, verblieb er unbeweglich in der Haltung, die man ihm zuwies; diese Figur ist dunkel und wesentlich und verleiht der Komposition große Harmonie ...“. Antonio Palomino, zitiert nach der deutschen Übersetzung bei Greub 2001 (Anm. 15), S. 36. Zum Motiv Thomas Lawrence Glen, Should Sleeping Dogs Lie? Once Again, Las Meninas, in: Source 12, 1993, 3, S. 30–36. 48 Siehe Art. „Borrón, Borrónes“ in Grassi und Pepe 2003 (Anm. 29), S. 114–115. 49 Tizian soll mit seiner Fingermalerei den Schöpfergott nachgeahmt haben; siehe Mario Boschini. La Carta del navegar pitoresco (Venedig 1660), hrsg. von A. Pallucchini 1966, S. 711–712, und Mario Boschini, Le ricche miniere della pittura veneziana, Venedig 1674, S. 17. Vgl. hierzu zuletzt Valeska von Rosen, Poiesis. Zum heuristischen Nutzen eines Begriffes für die Künste der Frühen Neuzeit, in: Poiesis. Praktiken der Kreativität in den Künsten der Frühen Neuzeit, hrsg. von V. von Rosen, D. Nelting und J. Steigerwald, Zürich/Berlin 2013, S. 9–41, hier S. 34–35. Zu Ketel siehe Van Mander 1906 (Anm. 45), Bd. 1, S. 194–195. Hierzu Achim Stanneck, Ganz ohne Pinsel gemalt. Studien zur Darstellung der Produktionsstrukturen niederländischer Malerei im ‚Schilder-Boeck‘ von Karel van Mander (1604), Frankfurt/Main u. a. 2003, S. 57–65. 50 Der komplette Passus lautet: „Ritrasse più volte il re, e la Regina, e ne riportò premi degni, e grandi onori, lodandolo essi pubblicamente: e spezialmente allora quando videro coll’esperienza ciò che avevano udito per fama, cioè aver Luca l’abilità di colorire senza pennello, ma con le proprie dita; Imperciocchè egli per accrescere la loro meraviglia, dipinse con le dita il ritratto di D. Francesco Filippino mentovato di sopra, con un dito adoperando i chiari, con un altro gli scuri, col pollice sfumando, e unendo le tinte, e coll’auricolare formando gli occhi, le narici, e la bocca, e di questo somigliantissimo ritratto il Re ebbe tanto piacere, che tolta da capo di Luca la sottil berretta, detta da’ preti Solideo, che aveagli permesso di tener sempre in presenza sua, lo baciò nella sommità del capo, chiamandolo Uomo maraviglioso. [...] Dipinse altresì con le dita un S. Francesco d’Assisi per la Reina, il quale fu dal Re additato al suddetto Abate Andrea Belvedere famoso pittor di fiori, e frutta, che dopo Luca Giordano fu anch’egli chiamato in Ispagna, e gli disse le seguenti parole: Mirad: esto lo ha hecho Lucas sin pinzel.“ De Dominici 1745 (Anm. 20), S. 426.

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51 Im Kuppeltambour der Neapolitaner Kirche S. Brigida stellte Giordano die vier Evangelisten und vier Kirchenväter dar, „e nel volto di S. Luca effigiò il proprio ritratto, che si vede con i suoi capelli.“ De Dominici 1745 (Anm. 20), S. 403. Zu Giordano als „neuem Lukas“ vgl. auch Heiko Damm, Tagwerk und Schnelligkeitsprobe. Luca Giordano malt Atalantes Wettlauf, in: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft, Bd. 38, 2011, S. 145–170, hier S. 148. 52 „... Zudem waren die Augen kastanienfarben, wie auch die Haare; ich sage Haare, weil er sich mit Perücke gemalt hat, und in solcher Verkleidung zeigt ihn auch der verbreitete Stich nach seinem Porträt. In jedem Fall gebrauchte er die Perücke selten, und in Spanien ließ er seine [eigenen] Haare sehen, auf denen er eine dünne schwarze Kappe trug. [...] Auch auf seinen Porträts zeigt sich Giordano von melancholischer Gemütsart.“ De Dominici 1745 (Anm. 20), S. 440–441, deutsche Übersetzung zitiert nach Luca Giordano 2001 (Anm. 1), S. 204. 53 De Dominici beschreibt die Gleichzeitigkeit von beschreibender Rede und bildlicher Vergegenwärtigung am Beispiel eines aus dem Gedächtnis gemalten Porträts von Giordanos Gattin, nach deren Äußerem sich die spanische Königin erkundigt hatte. Die lebhafte Evokation ihrer Züge mit Worten lenkt von der flinken Niederschrift mit dem Pinsel ab, um mit dem evidenzstiftenden Resultat größtes Staunen zu erzeugen: „In Madrid dimandandogli la Reina quali fussero le ­fattezze di sua moglie, e se era ben fatta, nel mentre che egli con parole graziose la descriveva, la formò sulla tela, senza che quella Sovrana se n’accorgesse, e soggiunse: Eccola Sacra Maestà, questa è l’effigie della vostra umilissima serva; della qual cosa restò stupita quella Reina, vedendo, che in pochi momenti avea fatto un ritratto.“ De Dominici 1745 (Anm. 20), S. 433. 54 „Era Luca graziosissimo e soprammodo faceto“; ebd., S. 417, vgl. ebd., S. 423. 55 „... la quale [Reina] con le sue Dame sovente andava a vederlo dipingere, compiacendosi non poco del dialetto Napoletano, e della di lui gioconda conversazione“, ebd., S. 423. Solche Exempel von Multitasking und Selbstermunterung dienen in der Kunstliteratur der Veranschaulichung exzeptioneller facilitas, etwa bei Peter Paul Rubens. Parrhasios pflegte bei seiner Arbeit zu ­singen; Älian, Varia historia IX, 11. 56 Schon in Leonardos Traktat hieß es vom Maler: „... e s’egli è pronto nel parlare e ne’ moti, le sue figure sonno il simile in prontitudine“; Leonardo da Vinci. Das Buch von der Malerei, hrsg. von H. Ludwig, Wien 1882, Bd. 1, S. 158. 57 Man denke nur an El Grecos Bildnis des Kardinalinquisitors Don Fernando Nino de Guevara, siehe Michael Scholz-Hänsel, El Greco. Der Großinquisitor. Neues Licht auf die Schwarze Legende, Frankfurt/Main 1990. Zur Bedeutung der Brille in der spanischen Malerei besonders S. 47–57. 58 Öl auf Leinwand, 63 x 49 cm, Neapel, Museo del Pio Monte della Misericordia; Luca Giordano 2001 (Anm. 1), Nr. 104, S. 312 (Rossana Muzii). Als frühestes Selbstbildnis eines namentlich bekannten Künstlers mit Brille kann das des Lambert Lombard (um 1555) in Lüttich, Musée de l’Art Wallon gelten. 59 „ma perché vestiva alla Spagnuola con goniglia al collo, parea più alto di quel ch’ei si fosse.“ De Dominici 1745 (Anm. 20), S. 431. 60 Gabriele Finaldi in Luca Giordano 2001 (Anm. 1), S. 320. 61 „in un fiato, e con una sola girata di pennello“, bei De Dominici 1745 (Anm. 20), S. 430, bezogen auf Giordanos künstlerisches Vermächtnis, die Freskierung der Cappella del Tesoretto in der Sakristei der Certosa di S. Martino in Neapel. 62 Zum phlegmatischen Temperament des Spaniers siehe etwa Salvador Salort, Velázquez en Italia, Madrid 2002, S. 399. Tomaso Montanari, La sofferenza del re e la flemma di Velázquez. Un’idea per Las Meninas, in: Boletín del Museo del Prado 29, 2011, 47, S. 68–77 macht einen brieflichen Kommentar Philipps IV. zur bedächtigen Arbeitsweise seines Hofmalers zum Ausgangspunkt ­seiner Lektüre der Meninas: Das Bild halte genau jenen befreienden Moment fest, in dem der

Zu Luca Giodanos Londoner Hommage an Velázquez I 63

Künstler den Monarchen von einer allzu langen Porträtsitzung erlöst: „La posa è finita“ (hier S. 75). – Der geistreiche Deutungsvorschlag bringt die Vorbehalte einer textorientierten Kunstgeschichte gegenüber der Annahme von Velázquez’ grundsätzlicher Verweigerung eines festlegbaren Sujets zum Ausdruck. 63 Plinius d. Ä., Naturalis historia, Buch XXXV, § 80.

64 I Heiko Damm

Farbtafeln

Farbabb. 1  Kruzifixus, Detail. Fosciandora, San Pietro a Lupinaia.

Farbtafeln I 65

Farbabb. 2  Lucchesischer Meister, Madonna mit Kind, Detail: Kreuznimbus Christi. Köln, Wallraf-Richartz-Museum, Leihgabe der Familie Neven DuMont.

66 I Farbtafeln

Farbabb. 3  Luca Giordano, Hommage an Velázquez, um 1695. London, National Gallery.

Farbtafeln I 67

Farbabb. 4  Arent de Gelder, Christ brought to the House of the Highpriest. Amsterdam, Rijksmuseum.

68 I Farbtafeln

Farbabb. 5  Christopher Paudiß, Still Life with Two Calves’ Heads and Onion, Detail. Dresden, Staatliche Kunstsammlungen – Gemäldegalerie Alte Meister.

Farbtafeln I 69

Farbabb. 6  Edgar Degas, Danseuses, Lemoisne 588, um 1890–1900, Öl auf ungrundierter Leinwand, 73 x 72,4 cm. London, National Gallery.

Farbabb. 7  Danseuses, Lemoisne 481, um 1877, Pastell und Kaseintempera auf Monotypiebasis, 29,7 x 26,9 cm. Washington, National Gallery.

70 I Farbtafeln

Farbabb. 8  Farbtöne und Aderung in verschiedenen Alabastervarietäten.

Farbabb. 9  Schmerzensmann, um 1400–1425 aus der Kirche Johannes des Täufers in Lviv (Lemberg). Lviv, Staatliche Gemäldegalerie.

Farbtafeln I 71

72 I Farbtafeln

Farbabb. 10  Rembrandt, Christ Carrying the Cross, c. 1635, 144 x 260 mm, pen and brush. Berlin, Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett.

Farbabb. 11  Rembrandt, Lamentation of Christ, c. 1635. Berlin, Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett.

Farbtafeln I 73

Farbabb. 12  Ernst Barlach, woodblock to Christ in Gethsemane , 1919 (20.5 x 25.4 x 1.5cm), Güstrow, Ernst Barlach Stiftung.

Farbabb. 13  Lyonel Feininger, woodblock to The Windmill, 1919 (25.5 x 30.5 x 1 cm). Berlin, Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett.

74 I Farbtafeln

Farbabb. 14  Auguste Rodin, Weiblicher Akt auf allen vieren, um 1900 (?), Bleistift auf cremefarbenem Papier, 23,3 x 32 cm. Paris, Musée Rodin, Inv. D. 1121 © Musée Rodin Paris.

Farbabb. 15  Abb. 3: Auguste Rodin, Weiblicher Akt auf allen vieren, Bleistift und Aquarell auf cremefarbenem Papier, 24,7 x 32,3 cm, Wasserzeichen, signiert mit Bleistift unten rechts: „A.R.“, Musée Rodin, Paris, Inv. D. 4523 © Musée Rodin Paris.

Farbtafeln I 75

76 I Farbtafeln

Farbabb. 16  Auguste Rodin, Weiblicher Akt im rechten Profil, das rechte Bein nach hinten hochgehoben, um 1900, Bleistift auf cremefarbenem Papier, 31,2 x 20,1 cm, Beschriftungen mit Bleistift unten rechts: „vent – la fleur du – ciel – son flambeau“, Musée Rodin, Paris, Inv. D. 2829.

Farbabb. 17  Auguste Rodin, Weiblicher Akt im rechten Profil, das rechte Bein nach hinten hochgehoben, um 1900, Bleistift und Gouache auf cremefarbenem Papier, 32,7 x 24,6 cm, Beschriftungen mit Bleistift unten rechts: „comme un pur cristal – comme un vase à – champagne – volupté – fleur“, Musée Rodin, Paris, Inv. D. 4418.

Farbabb. 18  Marcel Duchamp, With my Tongue in My Cheek, 1959. Paris, Centre Pompidou – Musée national d’art moderne.

Farbtafeln I 77

Farbabb. 19  Janine Antoni, Umbilical, 2000. Sterling silver cast of family silverware and negative impression of artist’s mouth and mother’s hand. Edition of 35 + 6 artist’s proofs, 20.32 x 7.62 x 7.62 cm.

78 I Farbtafeln

Farbabb. 20  Leonardo da Vinci, Virgin of the Rocks, 1491/92-1506/08 Detail: Madonna’s face. London, National Gallery.

Farbtafeln I 79

Farbabb. 21  Semâ Bekirovic, Relational Voodoo, Installation with bronze replica of Rodin’s Thinker, forensic powder, UV lamps, 400 x 400 x 190 cm, 2016. Collection of the artist.

80 I Farbtafeln

Yannis Hadjinicolaou

Contradictory Liveliness Painting as Process in the Work of Arent de Gelder and Christopher Paudiß Arent de Gelder’s signed The Arrest of Christ, currently in storage in the Rijksmuseum in Amsterdam, belongs to the famous Passion cycle (around 1715), most parts of which are located in Aschaffenburg (Farbabbildung 4). The painting tells an incredibly vivid story, which is narrated from right to left with Christ not in the centre but at the picture’s left edge. One of the soldiers is shown in full motion from behind. He is not completely absorbed by darkness; gleams of light reflect off the area around his shoulder while he continues to move towards the light source. He leads the viewer’s gaze to Christ being carried off by a soldier, who pulls at his robe. It is not clear where exactly the light is coming from, as its source is concealed. But it is certain that it comes from the left, and seems to draw the mobile crowd towards it like a magnet. The counterpoint to the body of light is the small lamp, which is held by a soldier in the group, and radiates light from the darkness at the painting’s right edge. All the movement of the crowd flows from the depth of night towards the glowing light. The light acts as a kind of trigger for this movement. A man enters the scene with a lively gesture, his right arm outstretched and pointing in the direction of the soldiers in the background. In his other arm he holds a spear; his right foot is raised so that the sole of his shoe is visible despite the shadows. The posture of the dog at his feet mirrors and accentuates the crowd’s momentum. The soldiers flanking Jesus are caught in mid stride, underlining the tension between calm and motion. The lit path links the moving crowd from one source of light to the other. The long patch of colour, which appears to be moving forward towards the left, makes the path resemble a carpet, and gives a materiality to the different light sources. The soldiers’ armour and robes contribute to the picture’s vigour. They are formed from dabs of paint that have a life of their own. In parts, the men’s faces are also only made up of dabs of colour, further underscoring the flowing movement from darkness into light. Macchie of red make the two men behind Christ appear to emerge out of the darkness. The contrast between the absolute darkness and the gleaming light is at its most intense on the left side of the painting. This tension is accentuated by the male figure seen from behind which is only visible in sharp silhouette. The man watches the event without moving, and partly conceals the light source on the left. Aside from similar experiments with light by Rembrandt, this

Painting als Process in the Work of Arent de Gelder and Christopher Paudiß I 81

15  Arent de Gelder, Christ brought to the House of the Highpriest, Detail. Amsterdam, Rijksmuseum.

16  Christopher Paudiß, Still Life with Two Calves’ Heads and Onion. Dresden, Staatliche Kunstsammlungen – Gemäldegalerie Alte Meister.

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scene vividly recalls Titian and above all Jacopo Bassano, whose impact for de Gelder was mentioned by Karl Lilienfeld as early as 1914.1 The role of houding, that is, the distribution of light and shade, has also been discussed in this context, and Jacob Campo Weyerman praised de Gelder for this quality: “Een wonderbaare verkiezing van lichten en schaduwen” (“A wonderful choice of light and shade”).2 A similarly lively effect of paint and light can be observed in Christopher Paudiß’ signed Still Life with Two Calves’ Heads and Onion. The vitality found in the previous painting is not present here. Rather, the subject of this painting is death in the true sense of the word, a nature morte.3 The objects in the picture are displayed like trophies, most notably the calves’ heads, which recall the severed heads of Théodore Géricault. The calf’s head shown from the front catches the most light (Farbabbildung  5). On the animal’s white fur, the light is suggested by restrained yet impasto paint structures, which simultaneously emphasise the painting’s “visual force” and materiality. Every single hair on the animal’s ear is shown with meticulous accuracy. At close proximity, these hairs can be identified as individual brushstrokes. In a work by a fijnschilder (fine painter), this would have resulted in flatness, an effect that the visibility of the individual brushstroke strives to avoid. On the one hand, the painting is a “portrayal after life”, a portrayal that seems alive in its dead state. On the other hand, the light accentuates the lively effect with its impasto, uneven paint structure, and reminds the viewer of the picture’s artificial nature. This artificiality is also underlined by the pictorial space, which resembles a display cabinet in a chamber of curiosities. The onion bulb can be viewed in the same context. While the highlights give the bulb a great plasticity and naturalness, it is still recognisable as a painted object. The onion is positioned on a diagonal axis in the pictorial space, thereby conveying an even stronger sense of movement. A further contradiction between lifelessness and liveliness arises from the hazy, blurred rendering of the calf’s head with protruding tongue in the background when compared with the precise rendering of the other calf’s head in the foreground described above. The contrast makes the latter appear to project outwards even more. The slightly opened eye, the nostril glistening with moisture, the mouth and visible teeth of the former can be seen as signs of a revitalisation of the dead creature through painting. The relationship between the sharp and the blurred, plasticity and flatness within the picture creates a tension that contributes to the picture’s energy, not least in the interaction between the crafted work and the viewer. The free brushstrokes make the cloth on which the heads are positioned with the bones recognisable as cloth. The red blood on the bones is also significant in this respect; here, the artist’s application of red paint is exposed, while the red also contributes to enlivening the painting’s surface. In both de Gelder’s and Paudiß’ paintings, a discrepancy can be observed, one that may also be called a contradiction. In the case of both painters and by different means, the relation between the mediality of the paint and the resulting objecthood of the

Painting als Process in the Work of Arent de Gelder and Christopher Paudiß I 83

17  Christopher Paudiß, Still Life with Two Calves’ Heads and Onion. Detail. Dresden, Staatliche Kunstsammlungen – Gemäldegalerie Alte Meister.

­picture is made evident: we see the painting as a dead object, an artefact.4 At the same time, this very objecthood creates an impression of liveliness through the handling of the paint. This is a paradigmatic example of the topos that it is first and foremost paint that breathes life into objects.5 In the following, I shall examine this contradictory liveliness that acts as a motor for this particular application of paint, one that bears Rembrandt’s signature, and influence, and can be viewed as part of a tradition that had been influential since Titian.6 Unveiling the processes in their work plays a key role in this examination. Both contribute to making precisely this emphasised lifelessness of the material appear remarkably alive to the viewer through the paint. The picture is lively and vibrant in the sense of handeling (meaning until today in Dutch simultaneously the handling of the brush as well as action), and hence the processual application of paint. The objective of creating an illusion was alien to the Rembrandtists, who, on the contrary, were more concerned to find a means to shatter any such illusion. The works discussed here use this shattering to unleash their active potential; and they are no mere representations of reality, but rather contribute to its production. The paint does not have mimetic or supposedly illusionist aims, but goes beyond these by pointing to its own dynamism. As such, it is opposed to the concept of a sterile imitation.7

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In different sources, both Paudiß and de Gelder are praised for the lively, vibrant power of their paintings in a way that vividly recalls Arnold Houbraken’s description of Rembrandt’s biography. Jan de Bisschop also comes to a similar conclusion without referring directly to Rembrandt: “One must imitate life indiscriminately as it usually and ubi­ quitously manifests itself.”8 Nature was the point of departure and the final destination in Rembrandt’s observations. Critics have also related this idea to his life in general: “[...] datmen uit het leven, het leven leert kennen” (“that you get to know life from life”).9 Karel van Mander, too, underscores the importance of the principle of imitating life in his “Life of Caravaggio”. After quoting van Mander’s words, Houbraken continues as follows: “Our great master Rembrandt was also of the same mind; he set himself the basic rule to follow only nature, and for him everything else was suspect.”10 In another passage in his Rembrandt biography, Houbraken assesses the processes at work in Rembrandt’s drawings: “Everything is depicted so naturally that one can read each figure from the strokes of the pen.”11 This sentence states in clear terms an element that also stands out in the descriptions of de Gelder’s and Paudiß’ paintings. While reflecting on the tool employed, naturalness or liveliness are praised, qualities produced by this tool (pentrekken), and which emphasise the materiality of the picture. This element is echoed in the use of the adjectives natuurlyk (natural) and kragtig (powerful or forceful) in Houbraken’s biography of de Gelder.12 It recalls the “near and far” topos in which near signifies the absolute visibility of the material and the simultaneous death of the artefact in the critics’ eyes, while far signifies liveliness and vividness. It is therefore by no means coincidental that almost the same sentence from the biography of de Gelder reappears in the biography of Rembrandt. Only when viewed from a distance do these paintings unleash their singular power to engross the viewer. In his discussion of Samuel van Hoogstraten’s life, Weyerman makes clear that the word kragtig goes hand in hand with the handling of paint in the Rembrandt manner. De Gelder’s first teacher followed the “krachtige schilderwijze” (“powerful painting manner”) for a certain time, which is seen as an indication of de Gelder’s adaptation of the Rembrandt style.13 As we shall see, the adjective kragtig, which is often associated with Rembrandt’s colour palette, also appears many times in various auctions of de Gelder’s works in the 18th and 19th centuries.14 In an Amsterdam auction on 14 August 1771, for example, a painting by de Gelder is described as “zeer krachtig en fraay geschildert” (“very powerful and well painted”).15 In a letter to Johann Georg II, Elector of Saxony, written in Dresden on 6 February 1660, Paudiß writes of a picture that recalls the Dresden still life: “hunting [...] with a strange yet unspoilt industriousness, as well as I have learnt with God’s grace and, to put it precisely, to create everything after life artistically.”16 Painting that imitates life also appears to be a key principle in Paudiß’ work in the Rembrandt manner. Its most important feature is the production of evidence.17

Painting als Process in the Work of Arent de Gelder and Christopher Paudiß I 85

In his Inleyding (Introduction to the Academy of the Art of Painting. Or the Visible World, 1678), van Hoogstraten formulates some ideas that, in part, go hand in hand with Rembrandt’s understanding of the productive role of nature for the artist. He summarises this belief as follows: living nature must always be the artist’s point of reference.18 It is an idea with an affinity to Leonardo’s thought, or one that can be seen as a continuation of an Aristotelian-scholastic tradition.19 With the exception of the account given by van ­Mander in Den Grondt, a similar view is put forward by Annibale Carracci in his Postille. In contrast to Vasari, Annibale calls upon the painter to look for the real things in living ­nature.20 In connection with his famous metaphor that all other works of the Doelen in Amsterdam stand next to each other like playing cards alongside Rembrandt’s Night Watch (meaning that Rembrandt’s painting appears particularly lively and vivid), van Hoogstraten also describes his teacher’s painting with adjectives that characterise liveliness, such as kragtig, as seen above, or schilderachtig (painterly or “picture-worthy”).21 An interesting perspective with regard to this contradictory liveliness is Gerard de Lairesse’s view that Rembrandt’s impasto appears unnatural and is ugly.22 This view is surprising, especially given the emphasis van Hoogstraten and the even more critical Houbraken placed on the lively effect of Rembrandt’s palette. The “naturalness” of this palette is achieved by the most artificial means.23 These two poles are seen as a key property of the effect of the application of paint in the work of the Rembrandtists.24 Jan Vos, one of Rembrandt’s supporters, states this discrepancy in clear terms in Zeege der Schilderkonst: “De levendige geest verdooft de doode verve” (“The living spirit drowns out the dead paint”).25 The paint radiates vitality: it is “vol vlees en bloedt” (“full of flesh and blood”), that is, mere colour, creating a lively effect.26 Here, “living spirit” is not conceived in “idealist” terms; as Vos underlines elsewhere: “the brush made famous by the work of the spirit [should] never argue with life.”27 The poet Dirk Raphaelsz. Camphuysen writes in a polemical tone against the veneration of images, not without Calvinist echoes: “While the painting lives and looks upon its viewers [...], the [images] are not made of flesh and blood, but binder and earth.”28 In this paradox, he discovers a danger unleashed by images: although composed of dead matter, the picture is alive. It is in this context that the handeling of the Rembrandtists should be understood. The principle of “painting from the back towards the front” is linked to the gradual concretisation of form out of chaos, and goes hand in hand with the concept of houding.29 This can also be observed in de Gelder’s painting Ecce Homo, where different figures gradually move out of the darkness towards a source of light, and the initially hazy, schematic contours take on more concrete forms. Depth in the picture – created through tonal gradation – contrasts with a mere imitation of nature, and hence reveals the artificiality of assumed naturalism (and of works criticised for this quality by idealist critics).30 The power or force (kragt) of the palette plays

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18  Arent de Gelder, Ecce Homo. Aachen, Suermondt-LudwigMuseum.

19  Arent de Gelder, Ecce Homo, Detail. Aachen, SuermondtLudwig-Museum.

a key role here. The resemblance to nature in Rembrandt’s handling of the paint makes his paintings look lifelike – which even de Lairesse admits, despite his criticism of his unnatural impasto.31 The “unnatural naturalness” of the Rembrandtists’ handeling coalesces into shaped force in the painting. De Lairesse argues that the artists of his era had little interest in being guided by nature, a thesis that is partly supported by research today.32 If, in the eyes of the idealist art critic, Rembrandt’s application of paint was considered too close to nature in mimetic terms, how could de Lairesse maintain that these artists had no

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interest in following nature? For de Lairesse, being guided by nature entailed following a natura naturata and not a natura naturans, where paint acts as a living organism. The liveliness of the handeling is formed by the unione of paint in Vasari’s sense of the term.33 Hence liveliness becomes an ideal, with the aim being to approach this ideal by different means and with differing painting ideologies, although in the handeling of the Rembrandtists the contradiction between the materiality of the surface and the subject of the depiction is much greater than in that of the fijnschilders’ for instance. The term kragt takes on yet more explosive force because it corresponds to the concept of houding.34 As seen above with The Arrest of Christ, houding is used to ensure the union of paint application and its effect. The mention of Bassano in connection with The Arrest of Christ is no accident. The northern-Italian painter may have been known to de Gelder, quite possibly through Rembrandt.35 Van Mander discusses Bassano’s paintings, in particular The Adoration of the Shepherds; at the same time, he draws on this kind of subject and painting manner in a picture of his own that is currently located in Haarlem.36 It is likely that he became acquainted with these works through his teacher Pieter Vlerick, who had studied in Tintoretto’s studio and was therefore familiar with the Venetian painting method. As van Mander writes in his biography of the artist, even the Dutch

20  Karel van Mander, The Adoration of the Shepherds. Haarlem, Frans Hals Museum.

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viewer had access to Bassano’s works.37 The varied role played by light in night scenes was a question that preoccupied both Rembrandt and his students. Reflected light on the forehead or nose, in particular in tronie paintings, but also on various objects in history or genre paintings, was an essential element for the Rembrandtists and oscillated between the objecthood of the image – resulting from the intense concentration of light as an impasto paint texture – and the evocation of naturalness. Weyerman’s comments on de Gelder’s talent for achieving a good houding are influenced by Joachim von Sandrart’s praise for Rembrandt.38 As van Hoogstraten writes, the contrast between light and shade should not be too strong, otherwise one runs the risk of the painting looking like a chessboard.39 He praises his own teacher for using harmonious colours (literally “befriended” colours, “bevriende kleuren”, in the sense of the unione del colorito) to achieve a successful houding.40 What van Hoogstraten emphasises in a positive light and describes on the basis of his own practical experience in Rembrandt’s studio is the very thing that de Lairesse considers unnatural. The black edge that sets off the outline of the figure in the foreground against the brightest source of light is an “unnatural houding” for de Lairesse, whereas it was this very element that enabled de Gelder to accentuate the painting’s power. The “violent force of light” (“gewelt de kracht van het licht”, Samuel van Hoogstraten) is a further characteristic bearing Rembrandt’s impact. Recently, this phenomenon has been described as a “bildinternes Lichtgefüge” (“inner-pictorial light structure”) that

21  Arent de Gelder, Jehovah and Two Angels visit Abraham. Rotterdam, Museum Boymans-van Beuningen.

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22  Arent de Gelder, Jehovah and Two Angels visit Abraham, Detail. Rotterdam, Museum Boymans-van Beuningen.

“makes no claim to realism; rather its material presence takes on a supporting function in relation to the compositional representation.”41 For this reason, we may speak of an ­intrinsic light, a light created by corresponding painting devices.42 Alongside The Arrest of Christ, this is also exemplified in de Gelder’s Jehovah and Two Angels Visit Abraham, whose composition is borrowed from an etching by Rembrandt without being a mere copy, as is the case with de Gelder’s other works. Jehovah’s robe radiates light from within.43 As can be clearly seen from the still life on the table, only Jehovah is endowed with this acting light, which makes him stand out against the darkness of the scene. This is to be regarded as an iconographic loading of the figure in this specific story, and hence of central importance for the painting’s subject matter. Thus illuminated by the light, the robe is formed by scratches, impasto layers of paint, incrustations and protrusions that have no mimetic function, but rather a dynamising effect. The painted matter as transformed light lends radiance to the figure in the painting. As Sandrart notes, Rembrandt’s houding had an artistic effect and made the paint appear to glow with an exceptional intensity: In his works our artist introduced little light except on the spot which he had chiefly in view; around this he balanced light and shade artistically. He also made thoughtful use of reflection, by which light penetrates shade in a very well-judged manner; his colour glowed powerfully and he showed consummate judgement in everything [that has] to do with paint.44

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With reference to one of Vermeer’s paintings, Sara Hornak makes an observation that also applies to de Gelder’s painting Jehovah and Two Angels Visit Abraham: “The paint is not subsumed into a mimetic function, but rather takes on a stronger intrinsic value in the manner with which it is applied; by these means, the substantiality of the things inside the image is expressed and radiates towards the viewer.”45 Not mere mimesis but rather a naturalness that is conscious of its mediality is characteristic of the handeling of the Rembrandtists: contradictory liveliness.

Notes   1 This text is a shortened version of part of a chapter from: Yannis Hadjinicolaou, Denkende ­Körper/ Formende Hände. Handeling in Kunst und Kunsttheorie der Rembrandtisten (Thinking Bodies/ Shaping Hands. Handeling in the Art and Art Theory of the Rembrandtists), Berlin/Boston 2016. An english translation is in preparation by Brill. Karl Lilienfeld, Arent de Gelder. Sein Leben und seine Kunst, The Hague 1914, p. 119; Arent de Gelder [1645–1727]. Rembrandts Meisterschüler und Nachfolger, Exhib. Cat. (Cologne, Wallraf-Richartz-Museum and Dordrecht, Dordrechts Museum, 1998–1999), eds. Dordrechts Museum and Wallraf-Richartz-Museum, Ghent 1998, p. 236.   2 Jacob C. Weyerman, De levens-beschryvingen der Nederlandsche konst-schilders en konst-schilderessen, 4 vols., The Hague/Dordrecht 1729–1769, vol. 3, p. 43.  3 Christopher Paudiß 1630–1666. Der Bayerische Rembrandt?, Exhib. Cat. (Freising, Diözesanmuseum, 2007), eds. S. Hahn et al., Regensburg 2007, pp. 219–222.   4 Cf. John Dewey, Art as Experience [1934], New York 2005, pp. 208–209; See also on this issue: Horst Bredekamp, Theorie des Bildakts (Frankfurter Adorno-Vorlesungen 2007), Berlin 2010.   5 Cf. Verena Krieger, Die Farbe als „Seele“ der Malerei. Transformationen eines Topos vom 16. Jahrhundert zur Moderne, in: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft 33, 2006, pp. 91–112.   6 For a general discussion of the term liveliness, see Frank Fehrenbach, s.v. Lebendigkeit, in: Metzler Lexikon Kunstwissenschaft. Ideen, Methoden, Begriffe, ed. U.  Pfisterer, Stuttgart 2003, pp. 222–227.   7 Cf. Jodi Cranston, The Muddied Mirror. Materiality and Figuration in Titian’s Later Paintings, University Park 2010, p. 6.   8 Jan de Bisschop, “Aen ... Six”, 1671. Translation quoted from Eric J. Sluijter, Rembrandt and the Female Nude, Amsterdam 2006, pp. 197–198.   9 Arnold Houbraken, De Groote Schouburgh der Nederlantsche konstschilders en schilderessen, 3  vols., The Hague ²1753, vol. 1, p. 266. Houbraken nevertheless distances himself from Rembrandt’s dictum and expresses his critical attitude towards it; however, he simultaneously recognises it by stating that the artists who paint “after life” are the best (p. 263): “Wy willen graag toestemmen dat naar ’t leven te schilderen nootzakelyk en goed is, maar dat dit niet tot zoo een algemeenen grondregel kan gebragt worden, dat het leven enkel te volgen de eenige weg zoude wezen om volmaakt in de Konst te worden; want dan zoude nootzakelyk moeten volgen, dat de genen die zig meest gewenden naar ’t leven te schilderen de beste meesters in de Konst waren, dat niet algemeen doorgaat, maar in tegendeel ontrent velen onwaar bevonden word.” 10 Ibid., p. 262: “Van deze meening was ook onze groote meester Rembrant, stellende zig ten grondwet, enkele naarvolging van de natuur, en alles wat daar buiten gedaan wird was by hem verdagt.” Translation quoted from Ernst van de Wetering, Towards a Reconstruction of

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Rembrandt’s Art Theory, in: The Small-Scale History Paintings (A Corpus of Rembrandt Paintings, vol. 5), ed. E. van de Wetering, Dordrecht 2010, p. 135. At this point Rembrandt resembles Albrecht Dürer. Cf. Ibid., p. 137. 11 Houbraken ²1753 (note 9), vol. 1, p. 270: “alles staat zoo natuurlyk afgebeeld dat men uit de pentrekken lezen kann wat elk zeggen wil.” Translation quoted from Lives of Rembrandt. Sandrart, Baldinucci and Houbraken, ed. C. Ford, London 2007, p. 88. 12 Houbraken ²1753 (note 9), vol. 3, p. 207–208: “en ’t is te verwonderen hoe natuurlyk en kragtig zulk doen somwylen zig in aftstant vertoont.” 13 Weyerman 1729–1769 (note 2), vol. 3, p. 43. 14 For excerpts see Rijksbureau voor Kunsthistorische Dokumentatie Den Haag (RKD), Hofstede de Groot Fiches. 15 Amsterdam auction, 14 August 1771. With reference to another painting in a French auction on 1 October 1810, krachtig is translated as “d’une forte couleur et d’un effet vrais” (“having a powerful colour and a true effect”). Further examples of descriptions of de Gelder’s paintings using the adjective krachtig are: 25 August 1773 in Amsterdam, “zeer krachtig op doek geschildert”; 25 April 1775 in Amsterdam again, “krachtig en schoon in de manier van Rembrandt geschildert”; 7 October 1783 in The Hague, “fraay en krachtig, in de manier van Rembrandt geschildert”; 30 August 1797 in Amsterdam “krachtige uitwerking”, 11 May 1801 in Amsterdam, “krachtig, fix en meesterlyk behandeld”; and again in Amsterdam on 30  April 1821 “krachtig en meesterlijk geschildert”. 16 „jägerey [...] mit sonderbarhren doch ungetrühmbten fleisse, so gut ich es durch gottes gnade erlernet und zwar alles nach dem leben kunstmässig verferttigen.“ Dresden Hauptstaatsarchiv, Letter from Paudiß to the Elector Johann Georg II on 6 February 1660. Quoted from Christopher Paudiß 2007 (note 3), p. 17. 17 Cf. Boudewijn Bakker, Au vif. Naar ’t leven. Ad vivum. The Medieval Origin of a Humanist Concept, in: Aemulatio. Imitation, Emulation and Invention in Netherlandish Art from 1500–1800. Essays in Honor of Eric Jan Sluijter, ed. A. W. A. Boschloo, Zwolle 2011, pp. 37–52; Robert Felfe, Naar het leven. Eine sprachliche Formel zwischen bildgenerierenden Übertragungsvorgängen und ästhetischer Vermittlung, in: Ad Fontes! Niederländische Kunst des 17. Jahrhunderts in Quellen, eds. C. Fritzsche, K. Leonhard and G. J. M. Weber, Petersberg 2013, pp. 165–195. 18 Samuel van Hoogstraten, Inleyding tot de hooge schoole der Schilderkonst. Anders de Zichtbaere Werelt, Rotterdam 1678, p. 294: “zoo moet een konstoeffenaer zich tot de levende natuur keeren.” 19 On the relationship between Leonardo and van Hoogstraten on the question of nature and art, see Thijs Weststeijn, “This Art Embraces All Visible Things in its Domain”. Samuel van Hoogstraten and the Trattato della Pittura, in: Re-Reading Leonardo. The Treatise on Painting across Europe, 1550–1900, ed. C. Farago, Burlington 2009, pp. 420–423. 20 Distruggere la Maniera? Die Carracci Postille, ed. H. Keazor, Freiburg im Breisgau 2002, p. 13; Sluijter 2006 (note 8), p. 203. 21 Van Hoogstraten 1678 (note 18), p. 176: “zijnde zoo schilderachtich van gedachten, zoo zwierich van sprong, en zoo krachtich, dat, nae zommiger gevoelen, al d’andere stukken daer als kaerteblaren nevens staen” (“being so pictorial in thought, so sinuous of step and so forceful that, in the opinions of some, all the other pieces there stand like playing cards next to it”); cf. Paul Taylor, “Zwierich van sprong”. Samuel van Hoogstraten’s Night Watch, in: The Universal Art of Samuel van Hoogstraten (1627–1678). Painter, Writer, and Courtier, ed. T. Weststeijn, Amsterdam 2013, p. 97. 22 Gerard de Lairesse, Groot Schilderboek, 2 vols., Haarlem ²1740, vol. 1, pp. 323–324. Quoted from Seymour Slive, Rembrandt and his Critics. 1630–1730, The Hague 1958, p. 163; Paul Taylor, Colou-

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ring Nakedness in Netherlandish Art and Art Theory, in: The Nude and the Norm in the Early Modern Low Countries, eds. K. de Clippel, K. van Cauteren and K. van der Stighelen, Turnhout 2011, p. 65. 23 Similar references can be found in Anna Tummers, The Eye of the Connoisseur. Authenticating Paintings by Rembrandt and His Contemporaries, Amsterdam 2011, p. 275, note 47: “A perfect illusion of lifelikeness is often celebrated as one of the most important goals of the art of painting, yet as a perfect illusion cannot be appreciated if the viewer does not realize that he or she is looking at a picture. In other words, a perfect illusion requires an awareness of the deception.” 24 Frank Fehrenbach puts it in succinct terms by saying that this quality of liveliness is “found in the unstable, middle distance between the fact of the dead material on the one hand, and the demonic, godly, alchemical, mechanistic endowing-with-soul on the other.” Frank Fehrenbach, Kohäsion und Transgression, in: Animationen, Transgressionen. Das Kunstwerk als Lebewesen, eds. U. Pfisterer and A. Zimmermann, Berlin 2005, p. 3: “in labiler, mittlerer Distanz zwischen dem Faktum des toten Materials auf der einen und der dämonischen, göttlichen, alchemistischen, mechanistischen Beseelung auf der anderen Seite.” 25 Jan Vos, Alle de Gedichten [...], 2 vols., Amsterdam 1726, vol. 1, p. 356. Quoted from Gregor J. M. Weber, Der Lobtopos des „lebenden“ Bildes. Jan Vos und sein „Zeege der Schilderkunst“ von 1654, Hildesheim et al. 1991, p. 144. 26 Weber 1991 (note 25), p. 10. 27 Ibid., p. 126: “’t penseel, beroemd door geestigheën, Moet nimmer teegens ’t leeven stryen.” 28 “Nochtans leeft schilderey/en ziet haar ziender aan; [...] die niet uyt vleesch en bloed/maar gomm’ en aarde zijn.” Dirk Rafaelsz. Camphuysen, Stichtelijke Rymen, Amsterdam 1681, p. 195. Quoted from Weber 1991 (note 25), pp. 66–67. 29 Cf. Werner Busch, Das unklassische Bild. Von Tizian bis Constable und Turner, Munich 2009, p. 128. 30 Ibid. For van Hoogstraten, tonal gradation instead of “linear rendering of space”, as Weststeijn emphasises, is a central aspect of Rembrandt’s praxis, which is also connected with the concept of ronding (literally “rounding”). Weststeijn 2009 (note 19), pp. 428–429. 31 De Lairesse ²1740 (note 23), vol. 1, p. 325. Translation quoted from Thijs Weststeijn, Samuel van Hoogstraten’s Legitimation of Painting in the Dutch Golden Age, Amsterdam 2008, p. 227: “in regard to both his naturalness and his force of projection (zyne natuurlykheid [...] uitsteekende kracht) [...] was there ever a painter who came so close to nature in the force of colour (kracht van coloriet), by his fine light [...] And is this not enough to entice the whole world?” “[Z]o[wel] ten opzichte van zyne natuurlykheid, als ook zyne uitsteekende kragt [...] was’er ooit een Schilder die de natuur in kracht van coloriet zo na kwam, door zyne schoone lichten [...] En is zulks niet genoeg om de geheele waereld te verlokken?” 32 Paul Taylor, The Concept of Houding in Dutch Art Theory, in: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 55, 1992, p. 223. 33 Giorgio Vasari, Le Vite de’ più eccellenti pittori, scultori e architettori, ed. R. Bettarini and P. Barocchi, Florence 1966, vol. 1, pp. 124–125 and p. 128. Quoted from Taylor 1992 (as note 32), p. 223: “A painting with una dolcissima e delicatissima unione had its lights and shadows blended by the brush and not left unmixed in thick swathes of impasto, or as Vasari put it, carichi di corpo”. 34 See Sluijter 2006 (note 8), p. 212. 35 In addition, de Gelder had access to the following passage by van Mander in Den Grondt: “Onder al die nachten pleghen te stichten Van verwen op Tafereelen figuerlijck Met stralighe weder­ glansende lichten/ Con de ouden Bassano de ghesichten Wtnemende wel bedrieghen natuerlijck Want het schijnt datmen siet voor ooghen puerlijc Vlammen/ Toortsen/ brandende lampen

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hangen/ En Potten en Ketels t’weerschijn ontfanghen”. „Unter allen denen, die Nachtszenen mit Farben auf Gemälden darzustellen pflegen mit strahlenden und reflektierenden Lichtern, konnte der alte Bassano die Augen durch Natürlichkeit ausserordentlich gut betrügen. Denn man glaubt vor den Augen Flammen, Fackeln und hängende brennende Lampen sich in Kesseln und Töpfen sehr natürlich spiegeln zu sehen.“ Das Lehrgedicht des Karel van Mander [1604, ed. R. Hoecker, The Hague 1916, pp. 184–185. 36 Frans Hals. Eye to Eye with Rembrandt, Rubens and Titian, Exhib. Cat. (Haarlem, Frans Hals ­Museum, 2013), eds. A. Tummers and C. D. M. Atkins and M. Bijl, Rotterdam 2013, p. 100. 37 Das Lehrgedicht des Karel van Mander (note 35), p. 184–185 and p. 357. 38 Joachim von Sandrart, Teutsche Akademie 1675, I, book 3 (Painting), p. 85, http://ta.sandrart.net/ edition/text/view/172#tapagehead [accessed May 14, 2015]: „daß man nach und nach in gerechter Maße sich verliere und die Colorit ungehindert nach der Perspektiv Regeln von einem Bild zum andern netto folge und ihr Ort bekomme: welches wir auf Niederländisch Hauding nennen. Diß ist eine sehr nötige Observanz, wird aber wenig erkennet. Und hierinn haben wir zu lernen von unserem verwunderbaren Bambots, auch von anderen/insonderheit von dem laboriosen und dißfalls hochvernünftigen Rembrand: welche/wie in deren Leben zu ersehen gleichsam Wunder gethan und die wahre Harmonie, ohn Hinternis einiger besondern Farbe nach den Regeln des Liechts durchgehends wol beobachtet.“ 39 Van Hoogstraten 1678 (note 18), p. 305: “Veel harde schaduwen maeken een schildery een schaekbert gelijk.” See on this issue Taylor 1992 (note 32), p. 232. 40 Van Hoogstraten 1678 (note 18), pp. 305–306. Cf. Carolin Bohlmann, Von den „befreundeten Farben“. Zur Materialität des Lichts bei Rembrandt und Vermeer, in: Lichtgefüge des 17. Jahr­ hunderts. Rembrandt und Vermeer. Spinoza und Leibniz, eds. C. Bohlmann, T. Fink and P. Weiss, Munich 2008, p. 243. 41 Timo Trümper, Gerbrand van den Eeckhout. Christus und die Ehebrecherin, 1653, in: Lichtgefüge. Das Licht im Zeitalter von Rembrandt und Vermeer, Exhib. Cat. (Kassel, Gemäldegalerie Alte Meister, 2011), ed. Museumslandschaft Hessen Kassel, Kassel 2011, p. 34: „keinen realistischen Anspruch erhebt, sondern dessen materielle Präsenz eine dienende Funktion gegenüber der kompositorischen Darstellung einnimmt.“ 42 The “active, acting” light has an almost intrinsic quality. Cf. Lichtgefüge. Das Licht im Zeitalter Rembrandts und Vermeers. Ein Handbuch der Forschergruppe Historische Lichtgefüge, eds. C. Bohlmann and T. Leinkauf, Berlin 2012, p. 54. 43 This is in line with the description of “immanent” light „das aus den Gegenständen, die im eigentlichen Sinne keine Lichtquellen sind, herauszuleuchten scheint“ (that “shines from objects which are not light sources in the true sense”). Ibid, p. 55. 44 “In seinen Werken ließe unser Künstler wenig Licht sehen außer an dem fürnehmsten Ort seines Intents, um welches er Liecht und Schatten künstlich beysammen hielte, samt einer wohlgemeßenen reflexion, also daß das Liecht in den Schatten mit großem Urtheil wieche, die Colorit ware ganz glüend und in allem eine hohe Vernunft.” Joachim von Sandrart. Academie der Bau-, Bildund Mahlerey Künste von 1675, ed. A. R. Peltzer, Munich 1925, p. 327. Translation quoted from Lives of Rembrandt 2007 (note 11), p. 34. 45 Sara Hornak, Causa sui und causa immanens. Spinoza, die Immanenz und die Malerei Vermeers, in: Lichtgefüge des 17. Jahrhunderts 2008 (note 40), p. 231: „Dadurch, dass die Farbe nicht in einer mimetischen Funktion aufgeht, sondern in ihrer Ausbreitung ein starker Eigenwert zum Tragen kommt, drückt sich auch hier eine Substantialität der Dinge innerhalb des Bildes aus, die dem Betrachter entgegenstrahlt.“

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Christian Berger

Edgar Degas’ Bildoberflächen als Experimentierfelder Ich glaube, er hätte sich gefürchtet, auf der Leinwand zu experimentieren und sich den Wonnen der Ausführung zu überlassen. Er war ein vortrefflicher Reiter, der den Pferden mißtraute.1

So schrieb 1938 Paul Valéry in seinem Essay Tanz, Zeichnung und Degas über den Künstler, den er selbst in jungen Jahren noch kennengelernt hatte. In der Tat verwahrte sich Edgar Degas (1834–1917) in überlieferten oder zugeschriebenen Bonmots gegen jegliche Spontaneität und betonte stattdessen die Bedeutung genauer Überlegung sowie des Studiums der alten Meister.2 In seiner Kunst verweigerte er sich der „virtuosen malerischen Geste“.3 Nur in den seltensten Fällen wurde die Leinwand bei ihm zum Schauplatz scheinbar unvermittelter, spontaner Pinselzüge.4 Kaum einmal war es der Farbe gestattet, frei zu fließen oder in pastoser Materialität hervorzutreten. Wenn Degas in seiner Kunst also weder das Malerische feierte noch seine eigene Virtuosität inszenierte, so heißt das umgekehrt keineswegs, auf seinen Bildern wäre die Faktur unerheblich oder, den Maßgaben traditioneller Salonmalerei entsprechend, im Zuge eines mehrstufigen Werkprozesses nach und nach getilgt worden – als beispielhaftes Resultat eines solchen Prozesses mag hier die perfekt geschlossene Oberfläche von William Bouguereaus La naissance de Vénus zählen.5 Vielmehr geben Degas’ Bildoberflächen Zeugnis von aufwendigen, mitunter geradezu palimpsestartigen Bearbeitungsprozessen und stellen damit bewusste Gegenmodelle sowohl zur Perfektionierungsbehauptung mithilfe genormter Vollendungsschritte als auch zur ausgestellten malerischen Brillanz und Leichtigkeit skizzenhafter Bildformen dar.6 Und gerade innerhalb dieser doppelten Abgrenzung manifestiert sich ihr experimenteller ­Charakter. Dabei lassen sich im Laufe von Degas’ Schaffenszeit unterschiedliche Akzentuierungen ausmachen, von denen zwei im Folgenden untersucht werden sollen: Zur Zeit der Impressionisten-Ausstellungen (1874–1886) setzte sich der Künstler intensiv mit neuen Materialien und Verfahren auseinander, kombinierte sie in ungewöhnlicher Weise und verwandelte sein Atelier in eine Art technisch-chemisches Laboratorium. In den folgenden Jahren fertigte er einerseits eine große Anzahl von Kohlezeichnungen und Pastellen auf Papier, andererseits einige höchst bemerkenswerte Leinwandgemälde in Öl, die ein komplexes Wechselverhältnis zwischen technischer Offenheit und Experimentierfreude und einem Bedürfnis nach historischer Legitimation und Verankerung erkennen lassen. Zum

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23  William Bouguereau, La naissance de Vénus, 1879, Öl auf Leinwand, 303 x 216 cm. Paris, Musée d’Orsay.

besseren Verständnis dieser Vorgänge erscheint zunächst eine Kontextualisierung von ­Degas’ traditionsgebundener und zugleich von überlieferten Methoden weit entfernter Praxis zentral. Daran anschließend und diese Überlegungen konkretisierend werden zwei seiner späten Ölgemälde als Auseinandersetzungen speziell mit altitalienischen und venezianischen Traditionen untersucht, bevor anhand einer kleinen Auswahl von Papierarbeiten Degas’ besondere Experimentierfreude auf diesem Feld und insbesondere im Medium Pastell deutlich werden soll.7

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Neue Zeiten, alte Techniken? Den Künstlern des 19. Jahrhunderts standen verschiedenste neue Materialien und damit verbunden kunsttechnische Verfahren zur Verfügung. In seiner Besprechung des Salons von 1879 schrieb Joris-Karl Huysmans: „Neue Zeiten erfordern neue Vorgehensweisen. Das ist einfach eine Sache des gesunden Menschenverstands.“8 Der Entdeckung neuer Verfahren trat dabei zugleich ein ausgeprägtes Interesse an älteren Kunstformen und Methoden gegenüber. Wie Anthea Callen zu Recht festgestellt hat, implizieren Huysmans’ „neue Vorgehensweisen in neuen Zeiten“ eine unausgesprochene Gegenseite, nämlich eine im Kontext des neu ausgeprägten Geschichtsbewusstseins zu sehende Beschäftigung mit den alten Meistern und ihren Arbeitsweisen.9 Damit verbunden wurde – ausgehend von der französischen Romantik – technischen Prozeduren eine wichtigere Rolle bei der Entstehung von Kunstwerken zugemessen. Triebkraft solcher Bestrebungen war ein weit verbreitetes Gefühl, wonach alte Fertigkeiten und Kenntnisse verloren gegangen seien. Die Bemühungen um deren Wiedererlangung waren dabei selten von Erfolg gekrönt: Künstler wie Eugène Delacroix und Gabriel Decamps zeichneten sich durch einen weit verbreiteten Enthusiasmus für das technische Experiment und die Verwendung ungewöhnlicher Materialien aus – auch in Abgrenzung von den überlieferten akademischen Methoden und oft mit seltsamen Resultaten.10 Degas’ malerische Experimente lassen sich in jene Tradition einordnen, sowohl in Bezug auf die Motivation, vermeintlich verlorenes Wissen zurückzugewinnen, als auch hinsichtlich der teils kuriosen Ergebnisse. Versuchte schon Joshua Reynolds den vermuteten Geheimnissen der Venezianer nachzuspüren,11 so lässt sich eine direkte Verbindungslinie ziehen von Delacroix, der Jacques-Louis David vorwarf, die alte akademische Tradition unterbrochen zu haben,12 zu Pierre-Auguste Renoir, der nach seinem letzten Besuch im Louvre 1919 gesagt haben soll: In Wirklichkeit können wir nichts mehr, sind wir vollkommen unsicher. Wenn man die Werke der alten Meister betrachtet, hat man wirklich keinen Grund, eingebildet zu sein. Vor allem, was waren diese Leute für wunderbare Arbeiter! Sie verstanden ihr Handwerk! [...] Aber man hat alles umgestürzt.13

Von Degas sind ebenfalls Aussagen überliefert, in denen er den Verlust traditioneller Kenntnisse beklagte, darunter folgende Beurteilung: „Wir leben in einer komischen Epoche, man muss es zugeben. Die Ölmalerei, wie wir sie machen, dieses sehr schwierige Metier, das wir praktizieren, ohne es zu kennen! Solcherlei Inkohärenz war ohne Zweifel noch nie zu beobachten.“14 Bis ins 18. Jahrhundert, so Degas’ Überzeugung, hätten sich die Künstler auf gesicherte Vorgehensweisen stützen können; David, als Schüler von Joseph-Marie Vien, sei mit diesen noch vertraut gewesen, aber nicht mehr die späteren Generationen.15 In Wirklichkeit erscheint es höchst fraglich, ob es ein solches Abreißen der

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Überlieferung wirklich gegeben haben könnte;16 Degas selbst hatte eine traditionelle ­Ausbildung bei dem Ingres-Schüler Louis Lamothe erfahren.17 Es liegt daher nahe zu vermuten, dass sich in solchen Äußerungen kein tatsächlicher Bruch, sondern vielmehr ein subjektiv wahrgenommener Verlust offenbart, der von der langsamen Auflösung traditioneller Strukturen und Bindungen herrührt, die im 19. Jahrhundert, einer Zeit rapider politischer, gesellschaftlicher und technischer Veränderungen, als besonders stark empfunden wurden. Verstärkt wurden solche Wahrnehmungen zudem durch tatsächliche Probleme insbesondere mit den modernen, industriell gefertigten Ölfarben – von denen Degas und die Impressionisten allerdings kaum Gebrauch machten.18

Die Ölmalerei als Auseinandersetzung mit den alten Meistern Eine bedeutende Rolle innerhalb von Degas’ ungewöhnlichen ölmalerischen Praktiken spielen Experimente mit Formen der Ébauche. Dabei handelt es sich um die normalerweise in Brauntönen gehaltene Untermalung eines Gemäldes, die mit einem breiten, relativ trockenen Pinsel ausgeführt ist und bereits die grobe Komposition sowie die grundsätzliche Licht- und Schattenverteilung vorgibt.19 Degas’ Versuche damit speisen sich aus traditionellen Quellen und transzendieren diese zugleich radikal. Die Betrachtung zweier Werke, beide heute im Besitz der Londoner National Gallery, soll dies verdeutlichen. Bei den um 1890 bis 1900 entstandenen Danseuses ähnelt die Bestimmung von Lichtund Schattenzonen in Gesicht, Rücken- und Schulterpartie der die Komposition dominierenden Figur im Vordergrund einer sehr rudimentären Ébauche, zu der die Grau-BraunTönung des Bodens einigermaßen passen würde.20 Ungewöhnlich hingegen ist der direkte Einsatz kräftiger, heller Grün-, Rot- und Weißtöne auf der ungrundierten Leinwand. Unter der Malschicht ist an verschiedenen Stellen eine grobe Vorzeichnung auszumachen (Farbabbildung 6). In seiner Untersuchung von Degas’ farbigen Untermalungen führt Richard Kendall eine Vielzahl von Indizien dafür an, dass sich Degas durch die Auseinandersetzung mit dem 1893 erschienenen Journal von Delacroix sowie mit der Kunst der venezianischen Meister des 16. Jahrhunderts, vor allem Tizians, zu Versuchen mit verschiedenen Effekten der Ébauche bewegt fühlte, insbesondere der Verwendung kräftiger Rottöne.21 Als Beispiele zieht er zwei fast ausschließlich in solchen Tönen gehaltene Gemälde heran: La coiffure sowie den in extremer Haltung posierenden Akt Après le bain aus Philadelphia.22 In diesem Sinne ist die für die Danseuses so charakteristische Kontrastierung von Rot und Grün nicht nur als Verweis auf die Bedeutung des Komplementärkontrasts in farb­ theoretischen Ansätzen des 19. Jahrhunderts, namentlich in Michel-Eugène Chevreuls zu Degas’ Zeit stark rezipierter Farbtheorie, die 1839 unter dem Titel De la loi du contraste simultané des couleurs erschienen war, anzusprechen.23 Sie ist zusätzlich als spezifische Referenz an die venezianische Malereitradition zu verstehen, hatte doch Charles Blanc im

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24  Edgar Degas, La coiffure, Lemoisne 1128, um 1896, Öl auf Leinwand, 114,3 x 146,7 cm. London, National Gallery.

dieser Schule gewidmeten Band seiner Histoire des peintres de toutes les écoles 1868 geschrieben, die Venezianer hätten Rot als Komplementärfarbe zu Grün eingesetzt.24 Degas scheint dies ebenfalls als eine spezifisch venezianische Vorgehensweise aufgefasst zu ­haben.25 Durch Ernest Rouart ist eine Anekdote überliefert, in der Degas ihn instruierte, eine Kopie von Andrea Mantegnas Trionfo della Virtù im Louvre mit einer „apfelgrünen“ Untermalung zu beginnen, dann in Rot weiterzuarbeiten und es damit nach Art der Venezianer zu malen, oder zumindest in einer Weise, die er dafür hielt  – das Ergebnis vermochte nicht zu überzeugen.26 Auf Degas’ Versuche mit der Entgegensetzung von Rot und Grün verweisen auch noch weitere Ballettbilder.27 Die Danseuses lassen sich also in den Kontext von Degas’ Experimenten mit ungewöhnlichen Formen der Untermalung einordnen.28 Für sie kann gelten, was für La coiffure festgestellt wurde: Wahrscheinlich hatte Degas vor, an ihnen noch weiterzuarbeiten, wenngleich unklar ist, in welchem Ausmaß29 – sind solche Festlegungen doch schwer zu treffen, da Degas immer wieder mit unterschiedlichen Vollendungsgraden experimentierte. Seine Kunst steht damit exemplarisch für die zunehmende Problematisierung fester Vollendungsnormen in der Kunst des 19. Jahrhunderts, wie sie Charles Baudelaire in seiner

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vielzitierten Unterscheidung zwischen fait und fini, also „vollendet“ (für den Künstler oder den entsprechend sensibilisierten Betrachter) und „ausgearbeitet“ (nach akademischen Normen) auf den Punkt gebracht hat.30 Seine Arbeiten signierte Degas zumeist erst dann, wenn sie das Atelier verließen.31 Zur Entstehungszeit der hier besprochenen Gemälde gab er – vor allem über den Kunsthändler Ambroise Vollard – Werke auf den Markt, die radikal von jeglichen Vollendungsnormen abwichen.32 Die Danseuses und La coiffure sind hinsichtlich der unter der Untermalung liegenden Schichten von besonderem Interesse, d. h. sowohl bezüglich ihrer Grundierung als auch der Leinwand. Bei La coiffure bleibt die ungewöhnliche Webstruktur der Leinwand durch den Farbauftrag und die Grundierung hindurch sichtbar, sodass diese normalerweise ­untergeordneten und zu verdeckenden Faktoren gemeinsam mit der dünn aufgetragenen Farbe den Gesamteindruck prägen.33 Degas’ Herangehensweise unterscheidet sich damit diametral von der akademischen, etwa von Bouguereaus La naissance de Vénus, bei der feine Leinwandstruktur und glatte Ausarbeitung einander entsprechen und – im Gegensatz zu Degas’ offener Faktur – gemeinsam zu einer geschlossenen und damit „keuschen“ Oberfläche beitragen.34 Bei Degas hingegen korrespondiert die physische Präsenz der Leinwand mit derjenigen der dargestellten Körper.35 Grobe, durch die Bemalung hindurch sichtbare Leinwandstoffe verweisen dabei zugleich auf die Taktilität und Materialität des gestalteten Objekts wie des Gezeigten. Sie tragen zum Spannungsreichtum der malerischen Oberfläche bei und markieren eine programmatische Distanz zu zeitgenössischen Konventionen des 19.  Jahrhunderts.36 Noch verstärken ließ sich dieser Eindruck durch die Verwendung ungrundierter, allerdings in den meisten Fällen vorgeleimter Leinwände, wie es bei den Danseuses der Fall ist: Hier treten die besonders grobe Textur der Leinwand und ihre bräunliche Farbe deutlich hervor. Durch das Arbeiten auf der ungrundierten Leinwand verlieren die Farben an Glanz – ein Effekt, den Degas immer wieder suchte.37 Schließlich gilt es, auf den durch ihn und weitere Künstler aus seinem Umfeld praktizierten Verzicht auf einen Firnis für ihre Bilder zu verweisen: Hier vermengt sich wiederum die bewusste Abgrenzung von der akademischen Praxis mit spezifischen Eigenschaften der Werke. Hinzu kommt, speziell bei Degas, eine Referenz an die Tradition, in diesem Fall an die frühen Italiener und insbesondere Mantegna.38 Sein angeblich lebenslang gehegter Wunsch, einmal Wände zu bemalen, ist ebenfalls in diesen Kontext einzuordnen, obwohl darin auch ein Interesse an dekorativen, ornamentalen Anordnungen angedeutet ist, wie es sich in Teilen seines Œuvres seit den 1880er Jahren verstärkt nachweisen lässt.39 All dies zeigt, wie Degas’ künstlerisches Schaffen, besonders in den späten Jahren, von der nie abgeschlossenen Suche, dem stets weiterführbaren Experiment geprägt war. Der Traditionsbezug solcher Unternehmungen wird dabei ebenso deutlich wie ihre Modernität. Das Arbeiten auf groben, teils ungrundierten Leinwänden lässt sich zusammen mit dem Verzicht auf Firnis sowohl als Abgrenzung von Konventionen seiner Zeit als auch als Rückgriff auf die Oberflächenqualitäten der altitalienischen Malerei bestimmen. Auf der

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Suche nach dem Unverbrauchten und Unkonventionellen suchte der Künstler nach vermeintlichen Geheimnissen der alten Meister. Dabei ging es ihm aber keineswegs um eine Fortsetzung überlieferter Praktiken oder die Fortschreibung eines Kanons. Vielmehr ist Degas’ Praxis stets – und ausgeprägter als bei vielen seiner Zeitgenossen – als eine in die Geschichte verweisende Referenz und als Suche nach neuen Formen und Verfahren zu sehen. Kam bei der Ölmalerei stärker der Traditionscharakter zum Ausdruck, so boten das Pastell und mit diesem kombinierte Mischtechniken Spielräume zur Erkundung neuer, ­unkonventioneller Herangehensweisen.

Ein „praktisches Feuerwerk“: Pastell und Mischtechniken auf Papier Die Zeit der Impressionisten-Ausstellungen lässt sich als die in technischer Hinsicht experimentierfreudigste Phase in Degas’ Schaffen bezeichnen. Kendall spricht treffend von einem „praktischen Feuerwerk“, auf das seit den späten 1880er Jahren eine Rückkehr zu den drei Hauptmedien Kohle, Pastell und Öl folgte, die mit einer verstärkten thematischen Beschränkung einherging.40 Wodurch aber zeichnete sich dieses „Feuerwerk“ aus, was waren seine Bestandteile? Auffällig an Degas’ Arbeiten des Jahrzehnts von der Mitte der 1870er bis zur Mitte der 1880er Jahre war vor allem die ungewöhnliche Vermischung von Techniken und Medien innerhalb einzelner Arbeiten. Dies betrifft das Pastell, dem er sich nun verstärkt widmete, sowie unterschiedliche Formen der Malerei, aber auch die Druckgrafik und hier insbesondere die Monotypie. Der Einsatz all dieser Techniken war weitaus weniger stark von überlieferten Konventionen bestimmt, als dies für die Ölmalerei der Fall war.41 Degas setzte vor allem für kleinformatige Papierarbeiten, die sich leicht vermarkten ließen, auf komplexe Kombinationen solcher Verfahren – war er doch in jenen Jahren stark auf Verkäufe angewiesen.42 Aber auch für großformatigere gemalte Werke wie die Danseuses à la barre wählte er Papier als Untergrund. Ein gewünschter Effekt war die – soeben bereits im Kontext der Ölmalerei diskutierte – Vermeidung von Glanzeffekten und glatten Oberflächen, wie sie die Salonmalerei prägten.43 Dafür bediente sich der Künstler vor allem zweier Maltechniken, nämlich einerseits Formen der Temperamalerei (bei denen die Pigmente in einer Wasser-Öl-Emulsion gebunden werden) und andererseits der sogenannten Essence, für die der Ölfarbe mit Hilfe von Löschpapier das Öl entzogen und diese anschließend mit einem organischen Lösungsmittel, üblicherweise Terpentin, verdünnt wird. Da zu viel Öl (insbesondere Lein- im Unterschied zu Mohnöl) in den Farben diese mit der Zeit gelblich oder dunkler werden lässt, reduzierten viele impressionistische Maler den Ölgehalt ihrer Farben auf diese Weise.44 Mit dieser Farbe ließ sich ein matter, freskoähnlicher Farbauftrag erzielen, der – im Gegensatz zur Gouache oder Tempera – nicht zum Abblättern oder zur Bildung von Rissen neigte.45

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25  Edgar Degas, Danseuses à la barre, Lemoisne 408, um 1876–77, Essence auf Papier, 75,6 x 81,3 cm. New York, Metropolitan Museum.

Denis Rouart gibt für die Danseuses à la barre eine Entstehung in Leimtempera an und meint, hier habe sich Degas ganz des traditionellen Verfahrens bedient.46 Im Gegensatz dazu geht Theodore Reff davon aus, dass die Leinwand vollständig in Essence bemalt sei.47 Gemäldetechnische Untersuchungen im Zuge eines Forschungsprojekts von Shelley Fletcher und Pia Desantis konnten allerdings zeigen, dass der Bereich des Bodens ganz in ­Essence, der obere Teil jedoch teilweise in Eitempera gemalt ist, die Degas in diesem Fall wohl zur Überarbeitung des ursprünglich in Essence angelegten Gemäldes verwandte.48 Der Einsatz von Eitempera ist wiederum als Referenz an und Verweis auf die historische Praxis lesbar. Rouart führt in diesem Zusammenhang an, Degas’ „Liebe zu den frühen Italienern“ habe diesen zur Suche nach deren Verfahren angeregt, sodass er sich auch der Eitempera widmen wollte.49 Im oberen Bereich des Bildes, insbesondere auf dem Gesicht der linken Figur, lassen gröbere Pigmentklumpen erkennen, dass Degas selbst Pastellkreiden zermahlen und daraus die Farben angemischt hat.50 Dies verdeutlicht den die Grenzen zwischen einzelnen Techniken überschreitenden, laborhaften Charakter seiner Praxis zu jener Zeit. Wie wichtig Degas dieser Aspekt seines künstlerischen Schaffens war, wird dadurch bezeugt, dass er die technischen Besonderheiten seiner Arbeiten im Katalog der Impressionisten-Ausstellung von 1879 besonders herausstellen ließ, indem er bei vielen Einträgen auf die Medien („Détrempe“, „Essence“ und „Pastel“) hinwies.51 Weiter exemplifizieren lässt sich das „praktische Feuerwerk“ an den Danseuses der Washingtoner National Gallery, die in Gouache und Pastell auf einer Monotypiegrundlage

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hergestellt sind (Farbabbildung 7). Bei dieser Technik wird das Druckbild einzig durch auf eine plane Platte aufgetragene Farbe erzeugt. Degas erprobte das im Laufe der Geschichte der Druckgrafik immer wieder neu entdeckte Verfahren Mitte der 1870er Jahre gemeinsam mit dem Amateurkünstler Ludovic Lepic und wandte es in der Folgezeit gerne an. Dabei nutzte er den zweiten Abdruck einer Platte häufig als Untergrund einer weiteren Bearbeitung.52 Auf der Monotypieschicht scheint bereits die erste von drei Signaturen vorhanden zu sein, sodass die Grafik wahrscheinlich nicht von vornherein als Basis einer Pastellüberarbeitung intendiert war.53 Grundsätzlich allerdings ist Degas’ Entdeckung der Monotypie wohl durchaus als ein steigernder Faktor seiner verstärkten Hinwendung zum Pastell seit 1876 zu sehen – neben geschäftlichen Interessen und spezifischen Vorzügen des Mediums.54 Wie schon Pierre Larousse in seinem Grand Dictionnaire universel du XIXe siècle feststellte, handelt es sich beim Pastell gleichermaßen um Zeichnung wie um Malerei.55 Dieser Umstand muss Degas, als leidenschaftlichen Verfechter der Zeichenkunst, fasziniert haben. Vor allem aber trieb er die Fusion dieser beiden Gattungen im Feld des Pastells immer weiter voran. So wurde im Fall der Washingtoner Danseuses auf den Monotypiegrund Farbe, deren Grundlage jeweils Pastellkreide war, auf verschiedene Weise aufgetragen: zunächst als (trockene) Pastellzeichnung, danach in nasser Form. Teils befeuchtete er wohl den Pastellkreidestift oder den Untergrund, teils vermischte er, wie schon bei den Danseuses à la barre, die zerriebene Pastellkreide mit Flüssigkeit – die konservatorischen Befunde deuten in diesem Fall auf Kaseintempera, in anderen Fällen handelte es sich etwa um Gouache – und trug sie mit dem Pinsel auf.56 Zwar wurde bereits in einem Lehrbuch von 1847 die Möglichkeit beschrieben, aus in verdünntem Firnis aufgelöster Pastellkreide ein Mittel für Retuschen zu generieren; Degas jedoch wandte die Option, Pastellkreiden als Grundlage für Malfarbe zu verwenden, in weitaus größerem Maßstab und als eigenständiges Verfahren an.57 Es handelt sich bei den Washingtoner Danseuses also sowohl um eine Druckgrafik als auch eine (Pastell-)Zeichnung und zudem um Malerei, wurden die Pastellkreiden doch nicht nur als Zeichenstifte, sondern zusätzlich als Basis einer mit dem Pinsel aufzutragenden Farbe verwendet.58 Die Verwendung von Tempera für Ballettbilder bietet zudem eine besondere Pointe, da solche Farben zu Degas’ Zeit vor allem dafür eingesetzt wurden, die bemalten Kulissen von Theater- und Opernbühnen zu gestalten.59 Indem Degas mit Kulissenfarbe Kulissen ins Bild malte, ließ er die Grenzen zwischen Darstellung und Dargestelltem verschwimmen. Bildwirklichkeit und dargestellte Realität gehen eine Verbindung ein, die über den Charakter einer bloßen Repräsentation hinausgeht und sich als metonymisch bezeichnen lässt.60 Fletcher und Desantis konnten ermitteln, dass Kasein – ein Proteinanteil der Milch – auf verschiedenen Blättern höchstwahrscheinlich auch als Fixativ zum Einsatz kam. Damit würde sich ein weiteres vermeintliches Werkstattgeheimnis des Künstlers als Mythos erweisen, nämlich jenes, wonach Degas für seine Pastelle ein spezielles Fixativ verwendete,

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26  Edgar Degas, Danseuses à la barre, Lemoisne 808, um 1900, Kohle und Pastell auf Transparentpapier (zwei Teile), montiert auf Karton, 111,2 x 95,6 cm. Ottawa, National Gallery of Canada.

das er von Luigi Chialiva erhalten oder gemeinsam mit diesem entwickelt habe.61 Allerdings wurde bei der Analyse des späten Pastells Danseuses à la barre der National Gallery of Canada eine harzreiche Substanz nachgewiesen; es erscheint daher plausibel, dass ­Degas verschiedene Fixiermittel ausprobiert hat (ein älterer Artikel vermutete in ­Alkohol gelösten Schellack).62 Auch dies lässt sich in eine künstlerische Tradition einordnen, in diesem Fall diejenige der Suche nach dem perfekten Fixativ.63 Sowohl Vollard als auch Rouart weisen darauf hin, dass Degas seine Pastelle nach einzelnen Arbeitsschritten – zwischen denen viel Zeit vergehen konnte – immer wieder fixierte.64 Dieser Befund konnte durch Fletchers und Desantis’ restauratorische Untersuchungen bestätigt werden. Allerdings war Degas, konträr zu Rouarts Behauptung, keineswegs

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der erste, der diese Methode anwandte; vielmehr wurde sie bereits Mitte des Jahrhunderts in Lehrbüchern beschrieben.65 Die oberste Lage Pastell blieb dabei unfixiert und damit besonders leuchtend; sie wurde durch die unter ihr liegende Fixativschicht mitfixiert.66 Die Pastelltechnik eignete sich in idealer Weise für Degas’ Gewohnheit, die Arbeit an einem Werk immer wieder von neuem aufzunehmen: An einem Pastell kann jederzeit weitergearbeitet werden, und es verzeiht ständige Veränderungen.67 Daraus resultiert auch die Wichtigkeit der Fixierung von Zwischenstufen. Die spezifischen Eigenschaften des Werkprozesses hingen also eng mit den Versuchen am Material zusammen. In späteren Jahren fiel dem zunehmend von Sehschwierigkeiten geplagten Künstler die Arbeit mit den Pastellkreiden, die (George Shackelford zufolge) direkt zwischen den Fingern gehalten beinahe eine „Erweiterung der Künstlerhand“ bilden, möglicherweise auch leichter als andere Techniken.68 Die Oberflächengestaltung seiner späten Pastelle, auf denen viele verschiedene Farben in unterschiedlicher Strichführung aufgetragen sind, schließt nach Anne Maheux an Versuche der im 18. Jahrhundert tätigen Maler und Pastellkünstler Jean-Baptiste-Siméon Chardin und Jean-Baptiste Perroneau an und lässt sich mit der Aufspaltung der Farben bei Georges Seurat und den Neo-Impressionisten, aber auch den dichten Oberflächen von Claude Monets Bildern der 1890er Jahre, etwa seiner Serie von Ansichten der Kathedrale von Rouen, vergleichen.69 Eine Fixierung der einzelnen Schichten ist hierfür unerlässlich. Außer dem gesprühten Fixiermittel setzte Degas Wasserdampf oder – ebenfalls gesprühtes – heißes Wasser ein, um die Farbstruktur auf Teilen eines Blattes zu verändern. Dies geschah etwa bei den Danseuses à la barre aus Ottawa. Auch diese Vorgehensweise hatte bereits Rouart beschrieben.70 Wiederum wird also durch den Effekt des Dampfes die Pastellkreide teils in feuchte Malfarbe verwandelt. Das Material verändert seine Identität und die Grenzen zwischen den Gattungen werden durchlässig.71 Erzielt wird dieser Effekt durch ein äußerst unorthodoxes technisches Verfahren. Bei dem hier gewählten Beispiel zeigt der Rock der vorderen Figur eine matte Punktstruktur, wie sie für diese Vorgehensweise typisch ist. Im mit Kohle gezeichneten Schatten unterhalb des Rockes ist die Kohle mit dem Pinsel nachgemalt worden, um die groben, dunklen Schraffuren in ein diffuses Grau zu verwandeln; im Bereich der Fußleiste zwischen Boden und Wand schließlich zeichnete Degas mit dem Radiergummi in die Pastellzeichnung hinein.72 Wie auch verschiedenen schriftlichen Zeugnissen zu entnehmen ist, war Pastell also eine der Techniken, denen Degas’ besondere technisch-chemische Experimentierfreude galt. So hat Vollard die erstaunliche Begebenheit überliefert, wonach der Künstler seine Pastellkreiden mehrmals in Wasser gewaschen und dann zum Trocknen in die Sonne gelegt habe, um die Farbe auszubleichen oder zu intensivieren.73 Auf Degas’ experimentellen Ansatz deutet auch ein Eintrag in einem Skizzenbuch aus der Zeit um 1879–82 hin, wonach man aus der Vermischung wasserlöslicher Farbe mit Glyzerin und Soda oder Pottasche eine „Pastell-Seife“ herstellen könne.74 Es ist nicht davon auszugehen, dass Degas dieses Vorhaben verwirklichte und eine solche Substanz tatsächlich einsetzte.75 Dennoch

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verdeutlicht die wiederholte Beschäftigung des Künstlers mit chemischen Prozeduren seine Faszination für solche Experimente, die um die Zeit der Entstehung dieser Notiz besonders ausgeprägt war. Andere angebliche Versuche sind hingegen wohl ins Reich der Legende zu verweisen, wie etwa, dass er eine Pastellzeichnung unter ein Brett auf den Boden gelegt habe, auf dem er anschließend mit den Füßen herumgetrampelt sei, um die Kreide in den Untergrund hinein zu befördern.76 Gemeinsam zeugen notierte Pläne, Befunde an den Werken und auch solche Anekdoten von Degas’ Erfindungsreichtum. Dieser lässt – bei den stärker auf die Tradition des Mediums rekurrierenden Ölgemälden wie bei den in ihrem experimentellen Charakter weitgehend vorbildlosen Papierarbeiten – die Bildoberfläche nicht lediglich als Trägerin aussagekräftiger Arbeitsspuren, sondern als ­programmatisch aufgeladenes Experimentierfeld erscheinen. Degas tritt damit als exponiertes Beispiel einer kritischen, experimentellen und historisch reflexiven Auseinandersetzung mit der Bildoberfläche im 19. Jahrhundert hervor – als ein Künstler, der in besonderem Maße die Grenzen zwischen den verschiedenen Medien, zwischen Versuch und Werk, zwischen Tradition und Innovation sprengte oder als falsche Polaritäten identifizierte.

Anmerkungen 1

Paul Valéry, Tanz, Zeichnung und Degas (1938), in: Paul Valéry. Werke. Zur Ästhetik und Philosophie der Künste (Frankfurter Ausgabe in 7 Bänden, 6), hrsg. von J. Schmidt-Radefeldt, Frankfurt/ Main 1995, S. 259–351, hier S. 295–296. Original: „Je crois qu’il eût redouté de s’aventurer sur la toile et de s’abandonner au délice de l’exécution. C’était un excellent cavalier qui se méfiait des chevaux.“ Paul Valéry. Œuvres (Bibliothèque de la Pléiade 148), 2 Bde., hrsg. von J. Hytier, Paris 1960, Bd. 2, S. 1190.

2

George Moore, Degas. The Painter of Modern Life, in: Magazine of Art 13, 1890, S. 416–425, hier S. 423: „What I do is the result of reflection and study of the great masters; of inspiration, spontaneity, temperament I know nothing.“

3

Felix Baumann und Marianne Karabelnik, Einleitung, in: Degas. Die Portraits, Ausst.-Kat. (Zürich, Kunsthaus und Tübingen, Kunsthalle, 1994/95), hrsg. von dens., London 1994, S. 9–14, hier S. 13.

4

Für Degas’ gelegentliches „Flirten“ mit Formen improvisierter, skizzenhafter Malerei vgl. Impression. Painting Quickly in France, 1860–1890, Ausst.-Kat. (London, National Gallery, u. a., 2000/01) hrsg. von R. R. Brettell, New Haven/London 2000, S. 203–211.

5

Zu dieser idealistischen Vorstellung von Vollendung als Tilgung jeglicher sichtbarer Spuren des Werkprozesses vgl. Werner Busch, Die notwendige Arabeske. Wirklichkeitsaneignung und Stilisierung in der deutschen Kunst des 19. Jahrhunderts, Berlin 1985, S. 256.

6

Zum bildtheoretischen Potential des Begriffs „Palimpsest“ vgl. Klaus Krüger, Das Bild als Palimpsest, in: Bilderfragen. Die Bildwissenschaften im Aufbruch, hrsg. von H. Belting, München 2007, S. 133–163.

7

Für eine Untersuchung dieser Phänomene im größeren Kontext vgl. Christian Berger, Wiederholung und Experiment bei Edgar Degas, Berlin 2014. Vgl. außerdem das Kapitel The Artist as Technician, in: Theodore Reff, Degas. The Artist’s Mind, London/New York 1976, S. 270–303; Un art experimental, in: Eugénie De Keyser, Degas. Réalité et métaphore, Louvain-la-Neuve 1981, S. 103– 112; Douglas W. Druick und Peter Zegers, Scientific Realism. 1874–1881, in: Degas, Ausst.-Kat.

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(Paris, Grand Palais, u. a., 1988/89), hrsg. von J. Sutherland Boggs, Paris/New York/Ottawa 1988, S. 197–211.   8 [...] à temps nouveaux, procédés neufs. C’est simple affaire de bon sens.“ Joris-Karl Huysmans, Le Salon de 1879, in: Écrits sur l’art. L’Art Moderne. Certains. Trois Primitifs, hrsg. von J. Picon, Paris 2008, S. 47–103, hier S. 51 (eigene Übersetzung).   9 Vgl. Anthea Callen, The Art of Impressionism. Painting Techniques & the Making of Modernity, New Haven/London 2000, S. 1. Zum Kontext vgl. Stephen Bann, The Clothing of Clio. A Study of the Representation of History in Nineteenth-Century Britain and France, Cambridge 1984, und das dort eingeführte Konzept der historical-mindedness als einer Sehnsucht zur Wiederentdeckung der Vergangenheit in verschiedenen kulturellen Formen. 10 Vgl. bereits für das Vorherige Marc Gotlieb, The Painter’s Secret. Invention and Rivalry from Vasari to Balzac, in: Art Bulletin 84.3, Sept. 2002, S. 469–490, bes. S. 470; 475. 11 Vgl. M. Kirby Talley, Jr., “All Good Pictures Crack”. Sir Joshua Reynolds’s Practice and Studio, in: Reynolds, Ausst.-Kat. (London, Royal Academy, 1986), hrsg. von N. Penny, London 1986, S. 55–71; John Gage, Color and Culture, London 1993, S. 213–216. 12 Vgl. Gotlieb 2002 (Anm. 10), S. 489, Anm. 45. 13 Renoir. Gemälde 1860–1917, Ausst.-Kat. (Tübingen, Kunsthalle, 1996) hrsg. von G. Adriani, Köln 1996, S. 55–56. Orig. in Albert André, Renoir, Paris 1923, S. 12. 14 Georges Jeanniot, Souvenirs sur Degas (I), in: La Revue Universelle 55.14, 15.  Oktober 1933, S. 152–174, hier S. 167 (eigene Übersetzung): „Nous vivons à une drôle d’époque, il faut l’avouer. Cette peinture à l’huile que nous faisons, ce métier très difficile que nous pratiquons sans le connaître! [P]areille incohérence ne s’est sans doute jamais vue.“ 15 Vgl. Jeanniot 1933 (Anm. 14), S. 167. 16 Vgl. Reff 1976 (Anm. 7), S. 272. 17 Vgl. Henri Loyrette, Degas, Paris 1991, S. 42–43. 18 Vgl. Anthea Callen, Techniques of the Impressionists, Secaucus 1982, S. 22–25, zu Problemen, die durch die modernen Farbherstellungstechniken entstanden sind; vgl. Callen 2000 (Anm. 9), S. 99, zur Nichtverwendung industrieller Farben. 19 Vgl. Albert Boime, The Academy and French Painting in the Nineteenth Century, London/New York 1971, S. 37–41 und 81; Busch 1985 (Anm. 5), S. 257–258. 20 Vgl. David Bomford u. a., Art in the Making. Degas, Ausst.-Kat. (London, National Gallery, 2004/05), New Haven/London 2004, S. 139. 21 Vgl. für die folgende Argumentation Richard Kendall, Degas beyond Impressionism, Ausst.-Kat. (London, National Gallery und Chicago, Art Institute, 1996/97), New Haven/London 1996, S. 112– 120. 22 Après le bain, Lemoisne 1231, um 1896, Öl auf Leinwand, 89 x 116 cm, Philadelphia Museum of Art. Die Angabe nach dem Titel bezieht sich (auch bei allen weiteren Werken) auf den Œuvre­ katalog von Paul-André Lemoisne, Degas et son œuvre, 4 Bde., Paris 1946–49, hier Bd. 3, S. 704–705. 23 Michel-Eugène Chevreul, De la loi du contraste simultané des couleurs, Paris 1839, bes. S. 197–198 und 204. 24 Vgl. Charles Blanc, Histoire des peintres de toutes les écoles. École vénétienne, Paris 1868, S. 6. 25 Vgl. Kendall 1996 (Anm. 21), S. 117. 26 Vgl. Paul Valéry 1960 (Anm. 1), S. 1234–1235. 27 Vgl. etwa Danseuses au foyer, Lemoisne 1200, um 1895/96, Öl auf Leinwand, 70,5 x 100,5 cm, Von der Heydt-Museum, Wuppertal. Hier ist die gesamte Leinwand durch den Kontrast eines kräftigen Ziegelrots mit einem leuchtenden, hellen Türkis gekennzeichnet. 28 Vgl. Kendall 1996 (Anm. 21), S. 114.

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29 Vgl. Bomford 2004 (Anm. 20), S. 149. 30 Vgl. Charles Baudelaire, Salon de 1845, in: Œuvres completes (Bibliothèque de la Pléiade 7), 2 Bde., hrsg. von C. Pichois, Paris 1976, Bd. 2, S. 351–407, hier S. 390. 31 Vgl. Richard Kendall, Degas Landscapes, Ausst.-Kat. (New York, Metropolitan Museum und Houston, Museum of Fine Arts, 1993/94), New Haven/London 1993, S. 188. 32 Vgl. Gary Tinterow und Asher E. Miller, Vollard and Degas, in: Cézanne to Picasso. Ambroise Vollard, Patron of the Avantgarde, Ausst.-Kat. (New York, Metropolitan Museum, u. a., 2006/07), hrsg. von R. A. Rabinow, New Haven/London 2006, S. 151–170, hier S. 152. 33 Vgl. Callen 2000 (Anm. 9), S. 47. Sie bezeichnet die Web-Art als „basket-weave“ (ebd., S. 46), was im Deutschen mit „Panama-Technik“ übersetzt wird. 34 Vgl. Michael Lüthy, Bild und Blick in Manets Malerei (Berliner Schriften zur Kunst 17), Berlin 2003, S. 94–96, für ähnliche Phänomene bei Alexandre Cabanels, La naissance de Vénus, 1863, Paris, Musée d’Orsay. 35 Vgl. Callen 2000 (Anm. 9), S. 47. 36 Vgl. Anthea Callen, The Unvarnished Truth. Mattness, “Primitivism” and Modernity in French Painting, c. 1870–1907, in: Burlington Magazine 136, 1994, S. 738–746, bes. S. 746. 37 Vgl. Callen 2000 (Anm. 9), S. 67–68; Bomford 2004 (Anm. 20), S. 136: Dort wird die Leinwand als ungrundiert und sehr grob gewoben bezeichnet, aber nicht erwähnt, ob sie vorgeleimt wurde. 38 Vgl. Callen 1994 (Anm. 36), S. 745. Zum programmatischen Verzicht auf Glanzeffekte im 19. Jahrhundert vgl. auch Anne Hoenigswald, New Painting/New Surfaces. Nineteenth-Century Matte Paints, in: Zeitschrift für Kunsttechnologie und Konservierung 22.2, 2008, S. 232–240. 39 Vgl. Ambroise Vollard, Degas, Paris 101924, S. 77–78. 40 Richard Kendall, Eloquent Walls and Argumentative Spaces. Displaying Late Works of Degas, in: The Two Art Histories. The Museum and the University (Clark Studies in the Visual Arts), hrsg. von C. W. Haxthausen, Williamstown/MA 2002, S. 63–73, hier S. 66 (practical pyrotechnics). 41 Vgl. Druick und Zegers 1988 (Anm. 7), S. 197–211, hier S. 202. 42 Vgl. Anne F. Maheux, Degas Pastels, Ottawa 1988, S. 23; Douglas Druick und Peter Zegers, Degas and the Printed Image, in: Edgar Degas. The Painter as Printmaker, Ausst.-Kat. (Boston, Museum of Fine Arts, u. a., 1984/85), hrsg. von S. W. Reed und B. S. Shapiro, Boston 1984, S. xv–lxxii, hier S. xxviii–lv. 43 Vgl. Callen 1994 (Anm. 36), S. 738 und passim. 44 Vgl. Callen 1982 (Anm. 18), S. 24. 45 Vgl. Shelley Fletcher und Pia Desantis, Degas. The Search for his Technique Continues, in: Burlington Magazine 131, 1989, S. 256–265, hier S. 256–258. 46 Vgl. Denis Rouart, Degas à la recherche de sa technique, Paris 1945, S. 10. 47 Vgl. Reff 1976 (Anm. 7), S. 277. 48 Vgl. Fletcher und Desantis 1989 (Anm. 45), S. 261–263. 49 Vgl. Rouart 1945 (Anm. 46), S. 10. 50 Fletcher und Desantis 1989 (Anm. 45), S. 262. 51 Vgl. die Reproduktion der entsprechenden Katalogseiten in: The New Painting. Impressionism 1874–1886, Ausst.-Kat. (Washington, National Gallery und San Francisco, Fine Arts Museum, 1986), hrsg. von C. S. Moffett, Oxford 1986, S. 267–268. 52 Vgl. zum Verfahren Eugenia Parry Janis, Degas Monotypes. Essay, Catalogue and Checklist, Ausst.-Kat. (Cambridge/MA, Fogg Art Museum, 1968), Cambridge/MA 1968; Jonas Beyer, Zwischen Zeichnung und Druck. Edgar Degas und die Wiederentdeckung der Monotypie im 19. Jahrhundert, München

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2014; zu Lepic vgl. Christian Berger, Lepic, Ludovic Napoléon, in: Allgemeines Künstlerlexikon, Bd. 84, Berlin 2014, S. 163, mit weiteren Literaturangaben. 53 Vgl. Shelley Fletcher, Two Monotype-Pastels by Degas at the National Gallery of Art, in: Print Quarterly 1.1, 1984, S. 53–55, hier S. 54. 54 Vgl. Jean Sutherland Boggs und Anne F. Maheux, Degas Pastels, London 1992, S. 11–12. 55 Pierre Larousse, Grand dictionnaire universel du XIXe siècle, 17 Bde., Paris 1866–90, Bd. 12, S. 375 (Hervorhebung im Original): „Le pastel tient à la fois du dessin et de la peinture.“ 56 Vgl. für diese Befunde Fletcher und Desantis 1989 (Anm. 45), S. 256–260; Fletcher 1984 (Anm. 53), S. 53–54; Maheux 1988 (Anm. 42), S. 29. 57 Rouart 1945 (Anm. 46), S. 22 geht davon aus, dass Degas diese Vorgehensweise als erster angewandt habe; die beschriebene Möglichkeit findet sich bei S. Jozan, Du Pastel. Traité de sa composition, de son emploi dans la peinture, et des moyens propres à la fixer..., Paris 1847, nachgewiesen in Maheux 1988 (Anm. 42), S. 79, Anm. 28. 58 Auf die Problematik der Gattungszuordnungen für viele von Degas’ Werken hat bereits Rouart 1945 (Anm. 46), S. 22 hingewiesen. 59 Vgl. Druick und Zegers 1988 (Anm. 7), S. 201; dort heißt es auch, dass Degas für seine Fächer die Pigmente kaufte, mit denen die Kunstblumen für Frauenkleider gefärbt wurden. 60 Für weitere solcher Momente vgl. Michael Lüthy, Erinnern, Wiederholen und Durcharbeiten in Edgar Degas’ Werkprozess, in: Logik der Bilder. Präsenz. Repräsentation. Erkenntnis (Festschrift für Gottfried Boehm zum 60. Geburtstag), hrsg. von R. Hoppe-Sailer u. a., Berlin 2005, S. 35–51, hier S. 45–47. Am Ende steht für ihn die Untrennbarkeit von Darstellung und Dargestelltem bzw. der fast vollständige Abschied von der Repräsentation. 61 Vgl. Fletcher und Desantis 1989 (Anm. 45), S. 260, für den Befund. Für die Annahme eines speziell entwickelten Fixativs vgl. Rouart 1945 (Anm. 46), S. 34; Vollard 1924 (Anm. 39), S. 76–77. 62 Vgl. Boggs und Maheux 1992 (Anm. 54), S. 35. Für den Befund vgl. Maheux 1988 (Anm. 42), S. 87 (Anhang). Bernard Dunstan, The Pastel Techniques of Edgar Degas, in: American Artist 36.362, Sept. 1972 S. 41–47; 78–79, hier S. 46, vermutet, dass es sich um weißen Schellack, gelöst in Methylalkohol, gehandelt haben könnte. 63 Vgl. Boggs und Maheux 1992 (Anm. 54), S. 32. 64 Vollard 1924 (Anm. 39), S. 77; Rouart 1945 (Anm. 46), S. 34. 65 Vgl. Rouart 1945 (Anm. 46), S. 34 für die These; Maheux 1988 (Anm. 42), S. 80, Anm. 35 für den gegenteiligen Beleg bei Jozan 1847 (Anm. 57). 66 Vgl. Maheux 1988 (Anm. 42), S. 32 und 74. 67 Vgl. Maheux 1988 (Anm. 42), S. 23. 68 George T. M. Shackelford, Degas. The Dancers, Ausst.-Kat. (Washington, National Gallery, 1984/85), Washington 1984, S. 116. 69 Vgl. Boggs und Maheux 1992 (Anm. 54), S. 31–32, sowie Shackelford 1984 (Anm. 68), S. 116, für den Vergleich mit Monet. Vgl. auch bereits Rouart 1945 (Anm. 46), S. 32, für die Erwähnung von Parallelen dieser Praxis Degas’ mit den Impressionisten. 70 Vgl. Rouart 1945 (Anm. 46), S. 22. Zum Nachweis dieses Verfahrens vgl. Maheux 1988 (Anm. 42), S. 29; Fletcher und Desantis 1989 (Anm. 45), S. 263. Zur Charakterisierung solcher Vorgehensweisen und ihrer Effekte vgl. auch Lüthy 2005 (Anm. 60), S. 46. 71 Vgl. Christian Berger, Multiplikation und Diversifikation der Bilder und der Akteure in Edgar Degas’ künstlerischer Praxis, in: Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft 57.1, 2012, S. 89–102, für eine stärker theorieorientierte Diskussion solcher Transformationsprozesse, primär im Bereich der Druckgrafik. 72 Vgl. Maheux 1988 (Anm. 42), S. 59 und 61.

Edgar Degas’ Bildoberflächen als Experimentierfelder I 109

73 Vgl. Vollard 1924 (Anm. 39), S. 69: „Quel sacré travail pour enlever la couleur des pastels; je suis là à les laver, à les relaver, à les mettre au soleil ...“ Nach Maheux 1988 (Anm. 42), S. 42 geht es um Ausbleichen der Farbe, nach Lüthy 2005 (Anm. 60), S. 46, um einen reineren Ton. 74 Vgl. The Notebooks of Edgar Degas. A Catalogue of the thirty-eight Notebooks in the Bibliothèque National and Other Collections, hrsg. von T. Reff, 2 Bde., London 1976, Bd. I, S. 140: Nb. 33, S. 3v: „mélanges des couleurs / à l’eau / avec de la glycerine / et de la soude // on pourrait faire / du pastel-savon // potasse au lieu / de soude.“ 75 Vgl. Maheux 1988 (Anm. 42), S. 29. 76 Vgl. Boggs und Maheux 1992 (Anm. 54), S. 31.

110 I Christian Berger

Aleksandra Lipin´ ska

Alabasterskulptur zwischen sprezzatura und Verwandlung Mit Ausnahme von rein konzeptuellen Werken bildet die Auseinandersetzung mit den Eigenschaften des Materials den Ausgangspunkt eines jeden künstlerischen Schaffensprozesses. Durch den Einsatz von verschiedenen Bearbeitungstechniken und Werkzeugen, deren Wirkung von den individuellen Fertigkeiten und Intentionen des Herstellers oder den Werkstatttraditionen abhängig ist, wird das Material in ein Kunstwerk transformiert. Überdies bestimmen die Forderungen des Auftraggebers und die jeweils herrschenden ästhetischen Ideale die Wahl des Materials sowie die Art und Weise der Bearbeitung. Die primären Eigenschaften des Werkstoffes können dabei entweder berücksichtigt und hervorgehoben oder ausgeblendet und gewandelt werden, um eine neue Qualität zu erzielen. Dieser Prozess der Verwandlung eines Naturstoffes in ein Kunstwerk wird hier am Beispiel von Alabasterskulpturen diskutiert. Nachdem die Natureigenschaften und möglichen Bearbeitungstechniken dieses Materials vorgestellt werden, wird die Position des Alabasters im Verhältnis zu anderen Materialien und den daraus folgenden Haupttypen der Behandlung seiner Oberfläche vorgestellt. Dies wird sowohl anhand exemplarischer Analysen einzelner Kunstwerke als auch von schriftlichen Quellen erfolgen. In diesem epochenübergreifenden Überblick soll die Mannigfaltigkeit von bildhauerischen Annäherungen an den Werkstoff Alabaster, die sich auf seiner Oberfläche manifestieren, präsentiert werden.

Natureigenschaften Die moderne Petrographie bezeichnet Alabaster als eine edle Gipsvarietät (CaSO4·2H2O, Calciumsulfat).1 Der Name des Gesteins leitet sich dennoch von einem anderen Material ab, das schon in Altägypten Verwendung fand.2 Der „ägyptische Alabaster“ ist jedoch ein anderes Gestein, nämlich eine Varietät des Kalzits (CaCo3, Calciumcarbonat), der auch als Onyx-, orientalischer Alabaster oder – in der gegenwärtigen Archäologie – als Travertin bezeichnet wird.3 In der Petrographie wurde der Unterschied zwischen den zwei Sedimentgesteinen erst im 18. Jahrhundert präzise definiert.4 Folglich weisen beide Alabasterarten eine gemeinsame, bis zur Frühantike reichende Verwendungsgeschichte auf. Für die damit arbeitenden Künstler waren ihre abweichenden Eigenschaften wahrscheinlich

Alabasterskulptur zwischen sprezzatura und Verwandlung I 111

27  Alabasterknollen in dem Steinbruch Fuentes del Ebro, Spanien.

offensichtlich, weil sie unterschiedliche Bearbeitungsweisen zur Folge haben. Für die Auftraggeber und andere Betrachter war dies jedoch nicht unbedingt der Fall, da die beiden Alabastersorten relativ ähnlich aussehen. Da sich die hier vorgestellten Überlegungen auf die Erforschung der postantiken, europäischen Skulptur fokussieren, wo Gips-Alabaster häufiger Verwendung fand, wird dieses Material im Zentrum der Betrachtung stehen. Alabaster kommt zumeist in Gipslagerstätten vor und nimmt die Form von sog. Knollen an: runden bzw. ei- oder linsenförmigen Steinen, deren durchsichtiger, leuchtender und oft weißer Kern mit einer dunklen, rauen Kruste aus anderen Mineralien und Ton umhüllt wird. Durch die Jahrhunderte hindurch wurde diese Kruste als künstlerisch wertlos angesehen und deshalb entfernt; die ersten, die das ästhetische und symbolische P ­ otential der rohen Oberfläche künstlerisch genutzt haben, waren Eduardo Chillida und Anish Kapoor im 20. Jahrhundert. Chillida griff darauf zum ersten Mal in den Zyklen Hommage à Goethe (1979) und Mendi huts (Leerer Berg, 1984) zurück.5 Kapoor wiederholt das Motiv in mehreren Werken seit 1997 (z. B. Ohne Titel, 1997, Privatsammlung).6 Die grobe, matte Außenhaut, die die Spuren des Herauskratzens des Steins aus dem Flöz aufweist, bringt den geglätteten, leuchtenden und durchsichtigen Kern besonders stark zum Vorschein. Im Falle einer traditionellen Bearbeitung wurde ein von der Kruste befreiter Alabasterblock durch Sägen in das gewünschte Format gebracht.7 Darauf weisen Sägespuren auf Standflächen oder Rückseiten vieler Skulpturen hin. Dank seiner körnig-mikrokristallinen Struktur hat Alabaster eine Dichte von 2,3 und eine Mohshärte von 2, ist also relativ weich

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28  Grobe Bearbeitung der Alabasterskulptur mit dem flachen Meißel, Nachfolger des Meisters des Rimini-Altars, Pietà (Fragment), ca. 1450. Amsterdam, Rijksmuseum.

29 Feinausarbeitung der Haar-­ partie mit dem Bohrer, Johannes der Täufer (Detail aus Abb. 33), süd­liche Niederlande, um 1475–1500. Amsterdam, Rijksmuseum.

Alabasterskulptur zwischen sprezzatura und Verwandlung I 113

30  Tremolierung der Alabasteroberfläche: Gruppe der drei Marien, südliche Niederlande, um 1430. Warschau, Nationalmuseum.

(man kann ihn mit dem Fingernagel einritzen) und deswegen leicht zu bearbeiten. Dabei ist er zugleich sehr brüchig und muss deshalb, vor allem beim Einsatz von Holzbildhauerwerkzeugen, sehr vorsichtig behandelt werden. Um das Zerspringen der Werkblöcke zu vermeiden, wurden die Blöcke zunächst in einer mit Sand gefüllten Kiste bearbeitet, während besonders dünne oder durchbrochene Reliefs zur vorübergehenden Bearbeitung bzw. zur Fixierung auf dickere Gipsplatten aufgekittet waren.8

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31  Entfernung von Arbeitsspuren am Alabaster durch Glätten und Polieren: Willem van den Broecke, Schlafende Nymphe (Fragment), um 1560. Amsterdam, Rijksmuseum.

Zur groben Bearbeitung, also zur Abnahme von Material, wurde Alabaster mit flachen Meißeln behauen. Zur Aushöhlung wurden weiter Flach- und Hohleisen und für Hinterschneidungen und Vertiefungen Sägen, verschiedene Bohrer und Rundmeißel verwendet. Für das weitere Abtragen von Material sind sowohl Messer als auch Raspeln oder Feilen sehr gut geeignet. Die feine Ausarbeitung der Details erfolgt mit schmalen Flacheisen, Messern, Sticheln, feinen Bohrern oder Gravierhaken, mit denen auch parallele Kerbschnitte oder Tremolierungen vorgenommen werden können. Die Werkzeugspuren, die die erste Phase der Bearbeitung dokumentieren, sind jedoch meistens nur an Stand- oder Rückflächen sichtbar, also jenen Skulpturenteilen, die für die Betrachtung nicht bestimmt waren. Auf den sonstigen Oberflächen wurden sie durch das finale Glätten und Polieren oft völlig beseitigt. Eine solche Vorgehensweise entsprach dem langlebigen Ideal, das die Entfernung der Spuren des Entstehungsprozesses verlangte. Die Wichtigkeit dieses finnis wurde beispielsweise in Francesco Carradoris Istruzione elementare per gli studiosi della scultura betont.9 Ein erfahrener Alabasterer kann in dem weichen, homogenen, dem Werkzeug nur geringen Widerstand leistenden Material ein äußerst präzises Detail, eine reiche Abstufung des Reliefs, einen tiefen Unterschnitt, verblüffende Durchbohrungen sowie eine perfekt polierte Oberfläche erzeugen.10 Die Virtuosität lässt an Castigliones Begriff der sprezzatura denken.11 Denn die atemberaubenden Effekte erwecken oft den Eindruck, ganz ohne Mühe erzielt worden zu sein, als ob sie durch einen Lessing’schen „Raffael ohne Hände“ erzeugt worden wären.12

Alabasterskulptur zwischen sprezzatura und Verwandlung I 115

32  José Rafael Moneo (Entwurf), Alabasterfenster. 2002. Los Angeles, Kathedrale Unserer Lieben Frau von den Engeln.

Solche Finesse ist besonders oft in der spätgotischen Alabasterskulptur zu beobachten, wie es sich am Beispiel der floralen Ranken der Umrahmung des Grabmals des Infanten Alfonso von Gil de Siloe in der Kartause Miraflores nahe Burgos beobachten lässt. In der Gattung des Renaissancereliefs wurden oft die durch das Material determinierten Beschränkungen in Frage gestellt, um besondere künstlerische Virtuosität zu inszenieren. Der Hersteller des Reliefs Opfer von Kain und Abel im Heseler-Epitaph (Elisabethkirche, Breslau/Wrocław, um 1589) reduzierte beispielsweise punktuell die Ausgangsstärke des Alabasterplättchens von drei Zentimeter bis auf zwei Millimeter. So die Grenze der bildhauerischen Technik herausfordernd konnte er Fehler nicht vermeiden: An einer Stelle wurde der Alabaster folglich durchlöchert.13 Der Erfolg der am Ende des 18. Jahrhunderts entstandenen Alabastermanufaktur im toskanischen Volterra beruhte auf der Erzeugung von äußerst dekorativen Objekten wie Vasen und Lampen, die die Fertigkeiten der ala­ bastrai zur Schau stellten.14 Die bestimmende Eigenschaft, die für die Popularität von Alabaster entscheidend war, ist seine Farbe. Dabei kursierte Jahrhunderte lang die Auffassung, dass das Material ausschließlich weiß sei, was sich in dem Ausdruck „weiß wie Alabaster“ in vielen europäischen Sprachen widerspiegelt. Doch kommt dieses Gestein ebenso in gelblichen, honiggelben, rosa, grauen, grünen, braunen und schwarzen Farbtönen vor (Farbabbildung 8). Überdies kann Alabaster fleckig, wolkig, gesprenkelt oder geädert sein. Bedeutsam aber ist, dass diese Tatsache meistens verschwiegen wurde, um die Erzählung vom rein weißen Werkstoff nicht zu stören. Die Hochschätzung der weißen Farbe, die offensichtlich als Symbol des

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Lichts und der Reinheit kulturübergreifend positiv kodiert wird, war entscheidend für eine selektive Wahl und Betonung der gewünschten Eigenschaften des Alabasters. Die farbigen Alabastersorten fanden wohl Verwendung, wurden jedoch zumeist als Marmore bezeichnet und nahmen deshalb an der kulturellen Geschichte des Alabasters keinen Anteil. Neben der Farbe zählt die Durchsichtigkeit zu den Natureigenschaften des Alabasters, die das Image des Materials am stärksten prägte. Das Material kann tatsächlich (abhängig von der Varietät) von einigen bis einigen Dutzend Zentimetern in den Steinblock hinein transluzent sein. Damit unterscheidet es sich von Marmor, dessen Kristallstrukturen nur bis ca. zwei Zentimeter lichtdurchlässig sind. Daher wurde Alabaster in der Spätantike und im Frühmittelalter (sowie in der zeitgenössischen Architektur) auch für Fenster verwendet. Beispielsweise kann im Dom zu Orvieto (erste Alabasterfenster um 1321) oder der Kathedrale Unserer Lieben Frau von den Engeln in Los Angeles (2002) beobachtet werden, wie das durchdringende Licht den Stein entmaterialisiert. Die Materie des Steins erscheint zunächst hart, rau, undurchsichtig. Sie wird dadurch als Erscheinung der natürlichen irdischen Kraft (lytische Kratophanie) wahrgenommen. Wird der Stein durch das durchfallende Licht als Erscheinung des Heiligen von innen erleuchtet, wird damit sein irdisches Dasein überwunden (die himmlische Hierophanie). Das Harte, Robuste und Irdische wird zum Haus dessen, was hell, immateriell und himmlisch ist.15 Diese Dialektik wurde auch in der spätmittelalterlichen Kleinarchitektur bewusst eingesetzt: feingeschnitzte, halbdurchsichtige Fialen der Grab- oder Altarbaldachine scheinen vor dem Hintergrund der Glasfenster entmaterialisiert zu sein, wie es an dem Baldachin des Grabdenkmals Margaretes von Österreich in der Kirche St. Nikolaus von Tolentino in Brou beobachtet werden kann. Der Kontrast zwischen dem Undurchsichtig-Irdischen und dem Durchsichtig-Himmlischen wurde auch in der Alabasterskulptur im 20. Jahrhundert besonders oft exploriert. Neben den erwähnten Künstlern Chillida und Kapoor kann hier ein weiteres früheres Beispiel von Jacob Epstein genannt werden. Sein Jacob und Engel (1940–1941, Tate Britain, London), eine für Alabasterskulpturen ungewöhnlich große Figurengruppe, in der durchsichtige und opake Partien einander gegenübergestellt werden, wurde wie folgt im Observer kommentiert: Epstein has used his huge block of alabaster with great insight. The light literally glows from the Angel’s semitranslucent head, while the more opaque body of Jacob sags, limp-armed and fainting in the grip of superior force.16

Sowohl in diesem Werk wie auch in Adam (1938–1939, Harewood Collection) nutzte ­Epstein die Durchsichtigkeit der Oberfläche zusätzlich, um die inneren Strukturen des Steinblocks offenzulegen. Die rötliche Aderung wirkt dort als unter der Haut pulsierendes Blut, was die „Fleischigkeit“ und Vitalität des Figurenkörpers betont. Die Frage, ob die Durchsichtigkeit des Alabasters im Kontext der relativ oft in diesem Material ausgeführten mittelalterlichen Kultfiguren eine Rolle als Träger theologischer Inhalte spielte, lässt sich pauschal nicht beantworten.17 Die Annahme ist bei solchen Figu-

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ren wie beispielsweise dem Schmerzensmann aus der Kirche Johannes des Täufers in Lviv (Lemberg, aktuell Lviv Staatliche Gemäldegalerie, um 1400–1425) verlockend (Farbabbildung 9). Einerseits wird hier die menschliche Materialität des Körpers durch die fleischähnliche Farbe und Aderung des Steins sowie durch die naturalistische Fassung der Wunden betont. Anderseits wird sie jedoch durch die Durchsichtigkeit des Steins entmaterialisiert, was an eine Visualisierung der Doppelnatur Christi denken lässt. Solche vermeintlich eindeutigen Rückschlüsse dürfen jedoch nur formuliert werden, wenn mit Sicherheit feststeht, dass der heutige Zustand des Bildes dem ursprünglichen entspricht: Im Fall der Figur Vir Dolorum aus Lviv besteht diese Sicherheit nicht, weil bisher restauratorisch nicht untersucht wurde, ob die vorhandene Oberflächenbearbeitung dem ursprünglichen Zustand entspricht. Anders ist es mit den Arbeiten aus dem sizilianischen Zentrum der Produktion von Devotionalien in Trapani, wo für die Figuren des leidenden Christi oder der Märtyrer eine besonders fleischig wirkende Alabastervarietät verwendet wurde, die bezeichnenderweise pietra incarnata genannt wird. Hier wurde also die Besonderheit der Materialfarbe und -struktur bewusst im künstlerischen Werk genutzt.18 Auch wenn einzelne Alabasterskulpturen, besonders im Mittelalter, eine farbige Fassung bekamen, wurde das Material öfter aufgrund seiner natürlichen Farbe und Durchsichtigkeit geschätzt. Daher sind viele daraus geschaffene Werke nur partiell vergoldet oder gefasst. Der Sinn einer solchen sparsamen Fassung war zum einem die Hervorhebung der edlen Qualität der Oberfläche und damit die Erhöhung der visuellen Attraktivität des Werks. In diesem Sinne mahnte Kurfürst August von Sachsen die Hersteller des Grabmals von seinem Bruder Kurfürst Moritz im Dom zu Freiberg: Achtet darauf [...] das man an den bildern nur die augen unnd mauler mit ihren naturlichen farben anstreichen und sonst gar nichts mit farben doran schmieren außerhalb was vorguldet werden mus [weil sonst] das ganze werck vorstellt und verunadelt würde.19

Die sparsame Fassung diente zum anderen der Hervorhebung der bildhauerischen Eigenschaften durch die optische Vertiefung der skulpturalen Formgebung. Besonders wichtig war dies im Fall der oft aus diesem Material hergestellten flachen Reliefs, die wegen der Durchsichtigkeit des Alabasters und den daraus resultierenden schimmernden Lichteffekten oft unlesbar waren. Aus diesem Grund wurde eine feine Reliefzeichnung durch das Einreiben von einer kleinen Menge einer dicken Mischung aus Umber und Schwarz sichtbarer gemacht.20 Zu diesem Zweck konnte auch eine gefärbte Tinktur verwendet werden, die auf der Oberfläche der Alabasterwerke von Franz Xaver Messerschmidt bis heute zu beobachten ist.21 Die in dem Material nicht selten vorkommenden Verfärbungen konnten durch Künst­ ler auf unterschiedliche Weise behandelt werden, um bestimmte Effekte zu erzielen. Einerseits wurden die farbigen Flecken oder Adern in einzelnen Bereichen retuschiert, wenn eine einheitlich wirkende Oberfläche erwünscht war.22 Bedauerlicherweise werden Spuren dieser formgebenden Behandlungen der Oberfläche oft beseitigt, weil sie durch

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33  Haupt des Johannes des Täufers, südliche Niederlande, um 1475–1500. Amsterdam, Rijksmuseum.

Restauratoren als Schmutz oder als die „Wahrheit des Materials“ verleugnende Eingriffe falsch interpretiert werden. Anderseits findet man ebenso Beispiele des bewussten Einsatzes von solchen „Unreinheiten“, die den Ausdruck der Skulptur verstärken sollten. Der Hersteller des Hauptes von Johannes dem Täufer in der Sammlung des Rijksmuseums nutzte den Verlauf der natürlichen Steinverfärbungen, um die stille Dramatik des Figurenausdrucks zu betonen.23 Die längs den Wangen verlaufenden Verfärbungen und Inklu­sionen scheinen Spuren des Martyriums zu sein. Sie unterstützten die Wirkung der mit künstlerischen Mitteln erreichten Effekte: Die glatte Oberfläche des Gesichts mit seinen eingesunkenen Augen und dem halbgeöffneten Mund kontrastiert stark mit den schlängelnden Kopf- und Barthaaren, die durch tiefe Bohrungen und spitze Kerbschnitte ausgearbeitet worden sind. Die Bearbeitung des Unterteils der Figur weist darauf hin, dass sie für eine halb liegende Aufstellung bestimmt war, was einen Betrachter evoziert, der sich über das Haupt des Johannes beugt, dessen Leiden meditiert und dabei die Quali­ täten der Oberfläche des Kunstwerks wahrnimmt. Neben einer sparsamen Fassung, die besonders im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit populär war, sind vollständig polychromierte Alabasterwerke jedoch keine Seltenheit. Angesichts der verbreiteten Vorstellung, dass das Material gerade für seine spezifischen natürlichen Eigenschaften hochgeschätzt wurde, mag seine vollständige Polychromierung zunächst verwundern. Auch wenn die Oberflächenqualitäten des Alabasters im Fokus dieses

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Beitrags stehen, darf nicht übersehen werden, dass das Material seine Popularität auch anderen Eigenschaften verdankte. Überdies soll mitberücksichtigt werden, dass spezifische Verwendungsbedingungen des Materials (z. B. seine Zugänglichkeit) und Funktionen, die Alabasterskulpturen erfüllen mussten, unterschiedliche Behandlung der Oberfläche erforderten. Die vollständige Alabasterfassung war bezeichnenderweise besonders in zwei führenden Zentren der Gewinnung und Bearbeitung dieses Materials verbreitet: Spanien und England.24 Dass gerade in diesen zwei Ländern Alabaster besonders oft polychromiert wurde, hängt möglicherweise damit zusammen, dass das Material dort in großen Mengen verfügbar war und damit keine Exklusivität darstellte. Daher war das Exponieren seiner charakteristischen Oberfläche für Repräsentationszwecke nicht so wesentlich wie dort, wo Alabaster eine importierte Rarität war. Ein zusätzliches Argument für die Fassung des Alabasters war die Tatsache, dass seine Oberfläche einen guten Untergrund für die Bemalung liefert. Deshalb wurden die Werke nur selten mit zusätzlichen Grundierungen versehen. So hat die Fassung meistens den Charakter einer Lasur, wodurch die optische Wirkung des Steins weiterhin spürbar ist.25 Eine komplexe Polychromie oder eine zusätzliche Bearbeitung der Oberfläche, wie etwa die Hinzufügung von plastischen Ornamenten, die in einer Gipsmasse ausgearbeitet

34  Sankt Dorothea Polyptychon, Alabasterreliefs: England, 1420–1430, Schrein: Danzig, vor 1440. Danzig, Marienkirche.

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worden waren, konnte darüber hinaus Mängel der bildhauerischen Arbeit korrigieren und/oder den Arbeitsprozess beschleunigen, wie es im Fall der seriell produzierten mittelalterlichen Alabaster in England war.

Verwandlung Alabaster wurde also für seine natürlichen Eigenschaften geschätzt und diese wurden häufig durch die Bearbeitung hervorgehoben. Dennoch lassen sich ebenso oft (wenn nicht öfter) in der Geschichte der künstlerischen Verwendung dieses Materials Beispiele seiner gezielten Transformation vorweisen. Dass die ursprünglichen Charakteristika von Alabaster relativ leicht verändert werden konnten, folgt aus der Tatsache, dass das Material wegen seiner Weichheit und homogenen Struktur den Werkzeugen sowie den Behandlungstechniken keinen großen Widerstand leistet. Dadurch können dem Material auch andere (wenn man so will, unnatürliche oder sekundäre) Charakteristika verliehen werden. Alabaster darf also als eine Art materia prima (in einem übertragenen, nicht streng aristotelischen Sinne) bezeichnet werden, was seinen Platz im Spektrum der Bildhauermaterialien definiert. Es ist bezeichnend, dass Alabaster als Material der Kleinskulptur gerade in der ersten Hälfte des 15. Jahrhundert an Popularität gewann, zu dem Zeitpunkt also, zu dem der Zugang zum prestigeträchtigen Elfenbein durch die osmanische Bedrohung und durch die Eroberung Konstantinopels eingeschränkt wurde. Auf der Suche nach einem befriedigenden Ersatz wurde die äußerliche Ähnlichkeit des Alabasters zum Elfenbein entdeckt: seine weißgelbliche Farbe, der warme Glanz sowie die gute Wärmeleitfähigkeit. Letztere Eigenschaft spielte im Fall von kleinformatigen, zur intimen Wahrnehmung bestimmten Ob­ jekten sicherlich eine wichtige Rolle. Denn eine Alabasterkleinskulptur kann in die Hand genommen, erhoben und gegen das Licht gehalten werden. Folglich zeigen kleinformatige, feingeschnittene Alabasterwerke weitgehende Parallelen zur Elfenbeinskulptur, insbesondere was die Typen (Figuren, Figurengruppen, Reliefs), Formgebung sowie Vergoldungs- und Fassungsweise betrifft. Trotz der unterschiedlichen Herkunft dieser Materialien und der daraus folgenden technologischen Unterschiede (wie etwa die große Flexibilität des Elfenbeins gegenüber der Brüchigkeit des Alabasters) lassen sich auch Analogien in der Bearbeitungsweise beschreiben. In beiden Fällen ist der Bildschnitzer durch eine begrenzte Größe des Materialblockes beschränkt, die Abnahme des Materials erfolgt durch Abschneiden und Abreiben, beide Materialien wurden oft auf Drehbänken bearbeitet. Es darf also nicht verwundern, dass mehrere Bildhauer ihre Fertigkeiten und Erfahrungen aus der Alabasterbearbeitung mit ihrem Umgang mit Elfenbein verbanden, wofür das Beispiel von Leonhard Kern (1588–1662) genannt werden kann.26 Der bedeutendste Vertreter der Bildhauerdynastie aus Forchtenberg in Hohenlohe wurde als Alabasterschneider ausgebildet. Die Bearbeitung von diesem Material war eine lokale Tradition, weil es dort vorkam.27 Durch eine Italienreise und die Tätigkeit am Hei-

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delberger Hof sowie in Nürnberg angeregt stellte sich der Bildhauer auf die Arbeit mit dem modischen Elfenbein um und verbuchte großen Erfolg als Hersteller von Kleinplastiken in diesem Material. Dass Alabaster als elfenbeinähnlich empfunden wurde, bezeugen auch schriftliche Quellen. Der niederländische Naturforscher Anselm de Boodt vermerkt beispielsweise in seinem einflussreichen Werk Gemmarum et Lapidum Historia, dass das in der Nähe von Karlovy Vary (Karlsbad) abgebaute Alabaster dem Elfenbein ähnlich sei.28 Während Alabaster und Elfenbein als zwei mehr oder weniger gleichwertige Konkurrenten bezeichnet werden können, von denen mal der eine, mal der andere die Oberhand gewann, war Marmor im Verhältnis zum Alabaster fortdauernd der wichtigste und unbesiegbare Rivale. Dies musste jedoch nicht unbedingt zu Ungunsten des Materials wirken: als Marmorsorte bis zum 18. Jahrhundert klassifiziert und oft als sein Ersatz gebraucht, profitierte Alabaster von der Sonderstellung eines der wichtigsten Materialien innerhalb des westlichen Kulturkreises. Eine genaue Darstellung der Anschauungen über die Genese und Natur des Alabasters und seiner Beziehung zu Marmor würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen (zu diesem Thema haben sich fast alle Autoritäten von Theofrastos, Plinius und Isidor von Sevilla über Albertus Magnus, Georg Agricola, Ulisse Aldrovandi bis zur Französischen Enzyklopädie geäußert). Deswegen wird hier eine Quelle herangezogen, die im Kontext der oben aufgestellten These über den chamäleonartigen Charakter des Alabasters besondere Aufmerksamkeit verdient. Es handelt sich um einen Textabschnitt aus dem oben erwähnten Werk von de Boodt, in dem der Autor den Unterschied zwischen Alabaster und Marmor wie folgt erklärte: Es scheint mir, dass [Gips-]Alabaster [alabastrum] weich ist, weil er ein durchtränkter [Kalzit]-Alabaster [alabastrites] ist, der seinerseits ein durchtränkter und unfertiger Marmor ist. Denn es besteht kein Zweifel daran, dass Marmor bei seiner Entstehung eine schlammige Substanz ist, und dann stufenweise, Tag für Tag, immer mehr härter wird, solange er der härteste Marmor geworden ist.29

De Boodt erklärt somit den unterschiedlichen Härtegrad von Alabaster und Marmor übereinstimmend mit der seit der Antike geltenden Vier-Elemente-Lehre, nach deren Auf­ fassung die Grundsubstanzen Luft, Wasser, Feuer und Erde alle, sowohl lebende als nicht lebende Naturerscheinungen bilden. Das Mischverhältnis wie auch die Reinheit der verwendeten Grundsubstanzen sind dieser Theorie zufolge der Grund für die unterschiedlichen Materialien und ihre Qualitäten, sodass innerhalb dieses Systems Materialhierarchien gebildet werden können. Alabaster ist demzufolge ein imperfekter Marmor, der über eine sumpfige Natur verfügt, weil er zu viel Wasserelement enthält. Hätte er länger und tiefer im Erdinneren „reifen“ können, würde er zu einem perfekten, fertigen Marmor werden – eine Ansicht, die noch im 18. Jahrhundert in dem Materialienlexikon von Lemery zu finden ist.30 Von großer Bedeutung für den künstlerischen Werkprozess ist die weiterführende Annahme, dass dieser Reifungsprozess durch ungeduldige Menschen unterbrochen wor-

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den war – und der Künstler ihn deshalb abschließen könne bzw. müsse. Dass Bildhauer ihre Aufgabe tatsächlich auf diese Weise verstanden, bezeugt nicht zuletzt eine Aussage von Michael Kern III. (1580–1649, Bruder des oben erwähnten Leonhard) im Vertrag über die Ausführung des Grabmals von Graf Friedrich Magnus von Erbach in der Pfarrkirche in Erbach im Odenwald. Der Künstler berichtete 1619 in einem Brief, dass das Monument aus Alabaster gefertigt werden kann „[...] welcher mit den meisten Schönbarsten Adern durchzogen, damit er nach der Ausfertigung unnd Pollierung sich einem guten Marmor vergleiche“.31 Der artifizielle Eingriff in den Werkstoff wird demnach nicht nur als formgebender Prozess verstanden, sondern zugleich als Aufwertung innerhalb der Materialhierarchie gelesen, durch den ein unedleres Material veredelt und „perfektioniert“ werden konnte. Um Alabaster ein marmorähnliches Aussehen zu verleihen, muss erstens eine weniger durchsichtige Varietät ausgewählt werden. Ferner sollte das frisch gebrochene, feuchte Material zuerst (wie Holz) zum Austrocknen gelagert werden, da es auf diese Weise härter wird, was die Ausschneidung von schärferen Formen erlaubt. Anschließend kann der Alabaster durch das Polieren wenigstens auf der Oberfläche in einen marmorähnlichen Zustand gebracht werden. Die Durchsichtigkeit kann zusätzlich gedämpft werden, z. B. durch Platzierung der Alabasterreliefs auf ein anderes undurchsichtiges Material, das als eine Barriere für die Lichtstrahlen wirkt. Solche Vorgehensweisen lassen sich in vielen frühneuzeitlichen Epitaphien oder Altären beobachten, in denen Alabasterreliefs oder Figuren in einen Sandstein- oder Marmorrahmen gefasst worden sind. Abhängig davon, in welchen Materialdiskurs Alabaster verwickelt wurde bzw. in welchem Bezugsfeld es sich im konkreten Kunstwerk befand, konnte also seine Durchsichtigkeit betont oder gedämpft werden. Um die Durchsichtigkeit des Alabasters zu reduzieren, wurde möglicherweise zusätzlich eine thermische Behandlung angewandt, analog zur Glättung des Stuckmarmors mit einer aufgewärmten Kelle. Darauf lässt eine in Volterra praktizierte Technik schließen, die cottura genannt wird. Dabei wird der Alabaster sehr langsam zum Siedepunkt aufgewärmt, was seine partielle Dehydratisierung und dadurch den Verlust der Durchsichtigkeit verursacht. Diese Behandlung verlangt jedoch große Erfahrung, damit der Alabaster nicht völlig zu einem Anhydrit umgeformt wird. Einige neuzeitliche Kompendien, wie etwa Hans Jacob Weckers De secretis libri XVII (1587), vermitteln zudem Methoden der Alabasterfärbung, um damit diesen den bunten Marmoren ähnlicher zu machen. Nach Wecker sollte zu diesem Zweck der Stein in einem Saft gekocht werden, der aus Roter Bete und einer Lilie, gemischt mit Essig und Alaun, bestand.32 Dass die Anwendung dergleicher Bearbeitungstechniken oft erfolgreich war und die zeitgenössischen Betrachter glaubten, ein Marmorwerk und keine Arbeit aus Alabaster zu sehen, bezeugen unzählige bis ins 20. Jahrhundert reichende Beispiele, die die Bezeichnung von Alabasterwerken als Marmorarbeiten überliefern.33 Dabei ist nochmals zu betonen, dass, wenn die Restauratoren und Restauratorinnen heute die originalen „Arbeitsspuren“ tilgen (z. B. durch die Entfernung der entwässerten Schicht der Oberfläche, um die Durchsichtigkeit des Alabasters zum Vorschein zu bringen), sie die ursprüngliche Intention des Künstlers verunklären.

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Fazit Am Beispiel von Alabaster wurde gezeigt, wie durch die Verwendung von ­verschiedenen Bearbeitungstechniken ein Naturstoff umgeformt werden konnte. Der Werkstoff Alabaster bildet dabei einen Spezialfall unter den Steinmaterialien, die sich selten so viel­fältig umwandeln lassen, reichte die Skala der vorgenommenen Maßnahmen doch von der Hervorhebung der natürlichen Eigenschaften des Materials bis hin zu deren weit­gehender Negierung. Dabei bleibt zu fragen, wie diese Verwandlungen jeweils durch die zeitgenössischen Betrachter wahrgenommen wurden. Die gewählten Beispiele machten dabei Eines offenbar – Alabaster wurde sowohl aufgrund seiner ureigenen Eigenschaften als auch aufgrund seiner Fähigkeit zur Imitation von anderen Materialien geschätzt. Doch auch im Kontext der Imitation ist nicht eindeutig zu entscheiden, welche Qualitäten hier gesehen wurden: War Alabaster nur ein minderer Ersatz, dessen Verschiedenheit von den erwünschten Idealmaterialen offensichtlich blieb, oder war die künstlerische Alchemie doch erfolgreich, indem das Ausgangsmaterial in den Augen des Betrachters tatsächlich zum Elfenbein oder Marmor verwandelt wurde? Schließlich, wie wurde ein solcher Imitationsversuch verstanden: als Betrug oder als Beweis für eine besondere Kunstfertigkeit? Auf diese Frage gibt es keine eindeutige Antwort. Die natürlichen und die künstlich/ künstlerisch erzeugten Eigenschaften eines Materials stellen ein Potential dar. Es ist der Betrachter, der sie – mit seinem spezifischen kulturellen Hintergrund und seiner individuellen Sensibilität – aktivieren oder deaktivieren kann. Die Materialoberfläche mit ihren Charakteristika wie Glanz, Farbe und Faktur kann zum Auslöser bestimmter Assoziationen werden, die aus dem Material eine wichtige Komponente der Kunstwerkbedeutung ­machen. Im Fall des durchsichtigen Alabasters kann sie aber auch als Zugangspunkt zum Kunstwerksinneren fungieren und damit neue Bedeutungsschichten enthüllen.

Anmerkungen 1 2

Mohsen Manutchehr-Danai, Dictionary of Gems and Gemmology, Berlin/Heidelberg 2000, S. 340–341. Otto Stiel, Alabaster, in: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. 1, hrsg. von O. Smitt, Stuttgart 1931, S. 293–294; Nicolas Penny, The Materials of Sculpture, New Haven/London 1993, S. 35–37, 60–67, 294.

  3 James A. Harrel, Misuse of the Term “Alabaster” in Egyptology, in: Göttinger Miszellen 119, 1990, S. 37–42. Vgl. Dietrich Klemm und Rosemarie Klemm, Calcit-Alabaster oder Travertin?, in: Göttinger Miszellen 122, 1991, S. 57–70.   4 „Cet albâtre, auquel les Poëtes ont si souvent comparé la blancheur de nos belles, est toute une autre matière que l’albâtre dont nous allons parler; ce n’est qu’une substance gypseuse, une espèce de plâtre très-blanc; au lieu que le véritable albâtre est une matière purement calcaire, plus souvent colorée que blanche, et qui est plus dure que le plâtre, mais en même temps plus tendre que le marbre.” 

Georges L. Leclerc de Buffon, Histoire naturelle des Minéraux, Paris 1783, Bd. 1, S. 398.

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 5 Chillida, Ausst.-Kat. (London, Hayward Gallery, 6. 09–4.11.1990), Einleitung von A. Bowness, London 1990, Kat.-Nr. 15, 25.   6 David Anfam u.a., Anish Kapoor, London/New York 2009, S. 207–209.   7 Zur Bearbeitung des Alabasters vgl.: Annette Kollmann, Technologische Studien zu AlabasterSkulpturen des 15. Jahrhunderts aus Württembergisch Franken, in: Unter der Lupe. Neue Forschungen zu Skulptur und Malerei des Hoch-und Spätmittelalters (Festschrift für Hans Westhoff zum 60. Geburtstag), hrsg. von A. Moraht-Fromm und G. Weiland, Stuttgart 2000, S. 161–183.   8 Georg Tröscher, Claus Sluter und die burgundische Plastik um die Wende des XIV. Jahrhunderts, Freiburg im Breisgau 1932, S. 16.  9 „L’Alabastro è una pietra che abbiamo qui in Toscana, nel Territorio di Volterra [...] Per essere cosi tenera, essa lasciasi tagliare facilmente da qualunque ferro, anche senza colpo di mazzuolo. Ridotto il lavoro alla dovuta perfectione, a forza di raspa fine, e lima di ferro, se ne va tagliendo ogni tocco, passandovi sopra con un’erba detta Raspella. E per dargli poi il lucido, si strofina ben bene con panno lino intinto in una pasta, composta, metà d’osso d’angello abbruciato e ridotto in polvere, e metà di sapone sodo.“, Francesco Carradori, Istruzione elementare per gli studiosi della scultura, in: Francesco Carradori, Elementary Instructions for Students of Sculpture, übers. von M. K. Auvinen, Los Angeles 2002, S. 81–112, hier S. 91. 10 Die Berufsbezeichnung „Alabasterer“ findet man beispielsweise in Christoph Weigel, Abbildung und Beschreibung der Gemein-Nützlichen Hauptstände, Regensburg 1698, Abb. zwischen S. 216 und 217. 11 Lynn M. Louden, “Sprezzatura” in Raphael and Castiglione, in: Art Journal 28, 1968, Nr. 1, S. 43–49. 12 Gotthold E. Lessing, Emilia Galotti. Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen, Berlin 1772, 1.  Aufzug, 4. Auftritt (Rede des Malers Conti): „Oder meinen sie, Prinz, daß Raffael nicht das größte malerische Genie gewesen wäre, wenn er unglücklicherweise ohne Hände wäre geboren worden?“. 13 Anna Kriegseisen, Alabaster jako materiał rzez´biarski. Cechy materiałowe, polichromia, zniszczenia /Alabaster as a Sculpture Material. The Properties of the Material, Polychromy, Damage, in: Materia s´ wiatła i ciała. Alabaster w rzez´bie niderlandzkiej XVI i XVII wieku/Matter of Light and Flesh. Alabaster in the Netherlandish Sculpture of the 16th and 17th Centuries, Ausst.-Kat. (Gdan´sk, Muzeum Narodowe, Zielona Brama, 2011), hrsg. von J. Kriegseisen und A. Lipin´ska, Gdan´sk 2011, S. 62–99. 14 M. Cozzi, Alabastro. Volterra dal Settecento all’Art Deco, Florenz 1986; Alabastri a Volterra. Scultura di Luce, Ausst.-Kat. (Volterra, Palazzo dei Priori, 2008), hrsg. von R. P. Ciardi, I. Luperini und L. Nesi, Volterra/Pisa 2008. 15 Mircea Eliade, Das Heilige und das Profane. Vom Wesen des Religiösen, Köln 2008, S. 21–43. 16 Jan Gordon, Art and Artist, in: Observer, 15. Feb. 1942, S. 7. 17 Zur theologischen Bedeutung von Alabaster vgl. Aleksandra Lipin´ska, ‚Alabastrum, id est, corpus hominis’. Alabaster in the Low Countries Sculpture. A Cultural History, in: Meaning in Materials (Netherlands Yearbook for History of Art 62), hrsg. von A.-S. Lehmann, F. Scholten und H. P. Chapman, Leiden/Boston 2013, S. 84–115, bes. S. 98–100. 18 „Dans les environs de Trapani se trouve une sorte d’albatre qu’on appelle ici indifféremment Pietra incarnata ou Cotonino incarnato. C’est à dire pierre couleur de chair, et effet cet albatre à cette teinte join une particularité de plus, c’est que dans le sein de cette pierre se trouvent quelque fois des veines d’un bleu foncé, & des taches d’un noir jaunatre. Le genie industrieux des Trapanais a su tirer parti de ce caprice de la nature, & l’on en fait ici des crucifix remarquables par exacte imitation d’un corps meurtri & couvert de bleffures, de contusions, & c. J’en un de la main du fameux Typa que je regarde comme un morceau inestimable”, Michał J. Borch, Lettres sur la Sicile et sur l’ile de Malthe de Monsieur le Comte de Borch de plusieurs academies à M. le C. de N. écrites en 1777. Pour servir de supplément au voyage en Sicile et a Malthe de Monsieur Brydonne,

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Turin 1782, S. 40; Materiali preziosi dalla terra e dal Mare nell’arte trapanese e della Sicilia occidentale tra il XVIII e il XIX secolo, Ausst.-Kat. (Trapani, Museo Regionale A. Pepoli, 2003), hrsg. von M. C. Di Natale, Trapani 2003. 19 Richard Steche, Amtshauptmannschaft Freiberg (Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen, 3. Heft), Dresden 1884, S. 41. 20 Kriegseisen 2011 (Anm. 13), S. 78–84. 21 Für die Möglichkeit der direkten Untersuchung und der Diskussion über die Technik der Figur Verdrüsslicher Mann von F. X. Messerschmidt bedanke ich mich bei der Kuratorin Antonia Böstrom und der Konservatorin Katrina Posener als auch der J. P. Getty Fundation, die meinen Aufenthalt als J. P. Getty Museum Scholar ermöglichten. 22 Kriegseisen 2011 (Anm. 13), S. 78. 23 Thomas Belyea, Johannes ex disco. Remarks on a Late Gothic Alabaster Head of St. John the Baptist, in: Bulletin van het Rijksmuseum 47, 1999, Nr. 2/3, S. 100–117. 24 Kim Woods, The Supply of Alabaster in Northern and Mediterranean Europe in the Later Middle Ages, in: Trade in Artists’ Materials. Markets and Commerce in Europe to 1700, hrsg. von S. Nash, London 2010, S. 86–93. 25 Francesca Español Bertran und Sílvia Llonch, Mare de Déu de l’Esperança (primera meitat s. XV), in: Butlletí Museu d’Art de Girona 69, 2008, S. 8–9. 26 Aleksandra Lipin´ ska, Leonhard Kern (1588–1662). Meisterwerke der Bildhauerei für die Kunstkammern Europas, Ausst.-Kat. (Schwäbisch Hall, Hällisch-Fränkisches Museum, 1988/89), hrsg. von H. Siebenmorgen, Sigmaringen 1988. 27 Die Bildhauerfamilie Kern hatte Zugang zu dem Rohmaterial aus einem Stollen, der direkt aus ihrem Hauskeller zugänglich war, vgl. Walter Rößler, Michael Kern I, in: Die Künstlerfamilie Kern 1529–1691. Hohenloher Bildhauer und Baumeister des Barocks, hrsg. von der Stadt Forchtenberg, Sigmaringen 1998, S. 27. 28 „Hoc tempore candidum alabastriten fert ager Lunensis in Hetruria [...] Candidissimus etiam in Thermis Carolinis reperitur ac Ebori similis.“, Anselmus de Boodt, Gemmarum et Lapidum Historia, Leiden 1609, S. 243–244. 29 „De alabastrite & alabastro vulgari, CAP. CCLXVIII [...] Videtur dum ita molle est alabastrum, incoctus esse alabastrites, & ille incoctum & imperfectum marmor. Omni enim dubio procul dum incipit marmoris generatio; primo ipsius substantia lutosa est ac paulatim per gradus magis magisque indies indurescit, donec in solidissimum marmor euadat.“, De Boodt 1609 (Anm. 26), S. 242–243. 30 „Alabaster, ist ein überaus weiss und zarter Stein, der in den Marmorbrüchen gefunden wird. Oder vielmehr: es ist ein Marmer, der seine Vollkommenheit noch nicht erhalten hat.“, Nicolai Lemery, Vollständiges Materialien-Lexicon, Leipzig 1721, S. 27. 31 Leo Bruhns, Die Würzburger Bildhauer der Renaissance und des werdenden Barock 1540–1650, München 1923, S. 109–110. 32 „Ad marmora, & alabastrum, coeraleo, vel violaceo colore inscienda. Accipe succi pastinacae rubae, liliorum coeruleorum, aceti albi, sing quantum fatis est. Quod si raedici succi in promptu non sint, eo tempore parentur, quo flores & radices haberi queant, & seruentur ad usum; vel si alterum desit, altero tantum utere, misceantur & coquantur aliquandiu, addendo in singulas libras succorum & aceti, aluminis contritiunc. j. Quibus factis marmore, vel alabastrum in praedicto succo ponantur, coquanturque tandiu, donec probe fuerint infecta.“, Ioaness J. Weckerus, De secretis libri XVII, Basel 1587, S. 866. 33 ‘Polished Alabaster of Carrara’. Written Sources and the Meaning of Sculpture Material, in: Materiał rzez´by. Mie˛dzy technika˛ a semantyka˛/Material of Sculpture. Between Technique and Semantics, hrsg. von A. Lipin´ska, Wrocław 2009, S. 295–312, bes. S. 307–308.

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(Non)Transparency in the Description of a Sketch Rembrandt’s Christ Carrying the Cross In the early nineteenth century, the philosopher Georg Friedrich Wilhelm Hegel succinctly explained the fascination tied to the sketch-like drawing in his Lectures on Aesthetics. It is mainly in such drawings, Hegel observes, that “the inner spirit” can “directly emerge from the, as it were, more transparent, lighter shell of form [aus der gleichsam durchsichtigeren, leichteren Hülle der Gestalt],” and do so in a manner “rich in invention and full of fantasy.”1 Hegel’s use of the German word heraustreten, translatable into English as “emerge”, is significant: he suggests the possibility of stepping beyond the boundary separating the inner from the outer. He describes the sketch as a movement that overcomes the polarization between those two realms, and in consequence between spirit and matter. When Hegel speaks of an “as it were, more transparent, lighter shell,” he proffers a transparency that is, however, simultaneously relativized – to then be problematized – through the intensification contained in the term “more transparent.” The designation of hurried sketching by theorists of art as a “first thought” was a precursor to Hegel’s high esteem for the sketch.2 A century before Hegel, the portrait painter and art theorist Jonathan Richardson, commenting in his Theory of Painting (first published in 1715) on the rising market value of sketches speaks of “very flight, but spirituous scrabbles,”3 arguing that “they are the very spirit and quintessence of the Art; there we see the steps the Master took....”4 But how close, in fact, to creative thinking, and thus to art’s origins, are rough sketches? Can creative thought actually be apprehended in an unmitigated way? A few years later, in his essay Of the Knowledge of Hands, Richardson offered the following observation on the subject: In all the works of art there are to be considered, the thought and the workmanship, or manner of expressing or executing that thought. What ideas the artist had we can only guess at what we see, and consequently cannot tell how far he has fallen short, or perhaps by accident exceeded them.5

For Richardson then, the artistic idea did not necessarily lead to its artistic realization but could also fall short or indeed be exceeded; in any case the interplay between thought

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and workmanship was not accessible to viewers. Richardson’s distinction presumed the viewer’s uncertain perspective – “we can only guess,” he flatly declares. But he also points out the possibility of the conceptual sequence documented in the drawing’s linear movement being indeed traceable when he writes, in reference to the sketch, that “there we see the steps the Master took.” The question emerges as to what precisely is the implicit assumption that allows an alignment of the viewer’s guess with the artist’s thought. The sketch’s loose appearance stimulates hypotheses about the materialized “thought” because it has no inherent artistic purpose, but rather indicates the sketch’s status as revelatory medium – it assists in the realization of the artwork without ever actually being the work itself. If we look at entries in drawing catalogues, it is telling that for the most part these texts describe at length the sketch’s recognized subject of representation, thus very consistently rendering – in contrast to its own appearance – the image evoked by the sketch in the viewer’s imagination, but, however, overlooking the physical aspect of the drawn lines.6 Most of the sketched lines do not merge into the outline of something determinate as smoothly as these descriptions suggest, but, bordering on meaninglessness, they instead open up a horizon of potentiality. If the description does give any attention to the physical traces of the mental process, then it is mostly from a perspective of stylistic analysis, whereby the line is abstracted from its motivation of rendering something visible. This exclusive interest in workmanship undermines the sketch’s essential task of helping envisage the image so that it may emerge from the drafting process. On the other hand, the all too quick recognition of the sketch’s subject ignores the loose basis for this identification and splits hand and mind, as well as thought and workmanship. Edmund Husserl’s enquiry into verbal consciousness (“verbal” is used here strictly in the sense of “relating to or concerned with words and the forms of words”) may help to explain this ignorance. The philosopher states that the reader normally does not give any attention to letters themselves, but only to what they mean. Having only a referential function, words and their letters are to be considered irrelevant; they repel any interest directed towards them [“das Wort stösst das Interesse von sich ab”].7 And even in the free flow of imagination or inner thought processes, their basic verbal structure has no real status. Although words come automatically into the mind, they are neither considered “to be, nor not to be.”8 And it is this oblivion of the material aspect of language as intermediate “step” that is suspended in the aesthetic experience. According to the philosopher Alain Badiou, the “question of the drawing differs a great deal from that asked by Hamlet. It does not ask ‘to be or not to be’ but ‘to be and not to be.’ This is the reason for the fundamental fragility of drawing ...”9 The sketched lines have a double alignment and thus offer a dual perspective: they form physical traces while building up the pending (in a Hegelian sense “inner”) image, an image that is put into concrete terms only in the imagination of the draftsman. The full picture is therefore never given in the sketch, and what makes the sketch such an appealing art form is its aspect of promise. But because it is focused only on the development of the image as visual idea, the sketch as a single unit among many intermediate steps in

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pictorial solution (Bildlösung) runs the risk of becoming practically pointless the moment the course of the drafting process changes direction. In the end, the process of sketching helps evoke alterations of the envisioned image that expand the horizon of possibility. In comparison to its ultimate pictorial solution, the sketch’s visual presence seems exceedingly shallow, but its vagueness of form is a way to keep the draft open in order to be able to twist and turn the course of its development. In accordance with Hegel’s praise we might thus regard the lines as physical traces left by the artist’s mind as he moves forward in the conception of the image. The consideration of past and future moments as simultaneously present on the sheet is crucial for a better understanding of the sketch’s dependency on the dimension of time. In particular, vagueness of form has always been believed to display the immediacy of the thought’s materialization. In his art theoretical treatise The Paintings of the Ancients (1638), Franciscus Junius encourages the artist to follow the “heat of the forward mind” and metaphorically explains the impetus of inventiveness as follows: Do you not observe how brooks do most swiftly run from a fountaine whereas they do but slowly creepe from a standing water? [...], whoso meaneth to direct the course of running horses, lesseneth it; [...]. Even as Torches keep fire by a continuall shaking, and having let it go out, can hardly recover it; so is the heate of our invention preserved by continuance, and it languisheth by intermission. For all manner of rightly conceived passions, as also the fresh images of things, run on still without any stay, and doe very often not so much as expect our hand, neither do they offer themselves in haste again, being once delayd.10

The fire of imagination, which would wane if too much attention were paid to picturing the visual idea, is kindled more intensely in the beholder the heavier the line sweeps over a clear definition and creates murky zones. It is the fleetingness of that conception which makes the sketch, according to Hegel, so light and transparent, whereas, in fact, the physical evidence of the “workmanship” (Richardson) makes it opaque. The volatility of the line engaged in plumbing the imaginary space gives an impression of fleetingness and thus underscores the particular time dimension of the “quick” sketch. Readable as a symptom of the artist’s temperament, this volatility runs counter to contouring and consequently makes the image that the sketch is elaborating impenetrable for the beholder. The challenge in comprehending the aesthetic auspiciousness of the sketch is therefore to have both transparency and opacity in view. Henri Bergson, whose concept of metaphysics strictly conjoins the realities of spirit and matter, can help us come to terms with this challenge because he theorizes the surplus of the undefined: In reality, there is more intellectual content in ideas of disorder and nothingness when they represent something, than in those of order and existence, because they imply several orders, several existences and, in addition, a play of the intellect [esprit] that unconsciously juggles with them.11

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In the 17th century, the specific aesthetic aspect of the raw sketch was already being discussed in Dutch art literature. According to Willem Goeree, a raw sketch has to be “spiritual, loose, but comprehensible (geestigh, luchtigh, doch verstandlicjck)”. His phrase thus combines a quality appropriate to the “inner spirit” (“geestigh”) with one qualifying its tangible execution (“luchtigh”).12 It is telling that comprehensibility is introduced with a “but”, which indicates that this requested aspect limits the first two. The Dutch painter and art theorist Gerard de Lairesse underscores the importance of quickness in both the mind and executing hand in order to express his thoughts, claiming that the artist needs two capacities to be able to compose an image: a strong memory (“vast geheugen”) and a nimble hand (“vlugge hand”) able to capture racing thoughts (“snelle gedachten”).13 Likewise, Franciscus Junius advises the artist to “invent [...] in the easiest way,” and he relates this easiness of invention to the artist’s strong memory: “A neat, and loftie, and copious Artificer hath ever round about him great store of In­vention; he needs not beate his braines with irkesome studies; all standeth readie at his command.”14 Before returning to Bergson’s concept of potential, we will closely examine a raw sketch attributed to Rembrandt in order to better grasp the problematic stance of the beholder in regard to the asserted transparency of the sketch (Farbabbildung 10). As per Bergson, we can definitively say that Rembrandt’s sketch provides a good deal of material to juggle. Because there is no painting that could be considered a concluding pictorial solution stemming from the thinking process evident in this sketch, the mimetic potential of its rough lines is therefore seemingly more difficult to (re)trace, and much more open to interpretation. The central element of the sketch is a cross. It structures the depicted scene and divides the surrounding group of people positioned in front of or behind it, as well as above or below it. As a symbolic sign of the Passion, the cross identifies the central figure shouldering it as Christ. This episode in the Passion of Christ, taking place on his way to Calvary, is only mentioned briefly in the New Testament. In the Gospel according to Luke, as in Rembrandt’s sketch, the event is focused on Christ’s address to the lamenting women. He speaks the bitter words: A large number of people followed him, including women who mourned and wailed for him. ­Jesus turned and said to them, ‘Daughters of Jerusalem, do not weep for me; weep for yourselves and for your children. For the time will come when they will say, ‘Blessed are the childless women, the wombs that never bore and the breasts that never nursed.’ [Luke 23:27–29]

The lowered stipes as central signifying element forms a shallow diagonal that slightly ascends to Christ’s head. Behind the back of Christ a highly affected crowd acts along the horizontal line of the beam. Whereas this central beam is drawn with long strokes that are decisive and broad, the patibulum’s depiction is more tentative and reveals a rethinking of

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its position. It seems that Rembrandt first placed the crossbeam in a more vertical position, endowing the cross with a nearly frontal presence, and then considered rotating the cross about its central axis several degrees skyward. The first variant is more prominently developed. Loose parallel lines not only heavily stress an upright position of the crossbeam but additionally contribute to its spatial elaboration: a shadowed underside seems to be suggested. Contradicting this powerful intuitive perception, the traces of an alternative cross arm on the left side next to the patibulum seem only cursory and because they are more strongly slanted, difficult to coordinate with the stipes. But the additional indication of two thin lines, below and parallel to the far left end of the central beam support this vague idea of a more rotated cross. What makes this alternative solution appear concrete is the right hand of Christ grasping this beam from behind. The clear definition of his fingers suppresses the more prominent rendition of the crossbeam and thus spurs a conflict between the two divergent images at stake. This explicit motivation becomes even more suggestive if we compare Christ’s elaborate right hand with his left hand placed on the ground. The latter is only formed from a curved line; small strokes mark the fingers. We might conclude from this abbreviation that Rembrandt makes note of the hand here only because this element seems clear in his mind – with reference to Husserl the curves could “be considered irrelevant and repel any interest in them” – while the elaboration of the right hand allows an alternative position of the beam to evolve from the firmness of its grasp. Although the cross is the stabilizing element of the composition, its spatial extent remains unclear: both ends are overlapped by two figures, the contours of the crossbeam are left open. Parallel strokes, which seem to multiply the options of the cross’s position, continue below Christ’s head. A strange arrangement of straight lines right under Christ’s beard, partly crossed out, resists any mimetic connotation. Is Rembrandt using these abstract lines as a device in order to better understand the foreshortening of Christ’s upper body? These lines seem to be neatly fitted to the cross, but at the same time they introduce awkwardness in the contouring of Christ’s figure. As mentioned, the left hand of Christ on the ground, with which he props himself up, seems to be a confident placement. A billowing sleeve, evoked by three wavy lines, dramatizes movement. The feet are left undefined. A number of angular lines, in coordination with the fold of his cloak, work together to position Christ’s knee on the ground, eliciting the impression of Christ crawling. A lightly undulating line describes the field before Christ as terrain. A short angular curved line, drawn with a bit more pressure than the adjoining lines and positioned next to the left hand, implies a vague idea of Christ’s right knee on the ground, but because it is unconnected it remains indeterminate. A field of hatching formed by an unbroken line, less rigid than the field of arrayed parallel lines below Christ’s face but in resonance with it (the latter seems to be abstracted from any contouring, possibly inserting an area of shadow), elaborates Christ’s abdomen by inserting an apparent zone between shoulder and hip, and thereby clarifies the impression of hanging fabric.

Rembrandt’s Christ Carrying the Cross I 131

In stark contrast to these loose lines attempting to define Christ’s body posture without giving us a clear picture, the lines defining his inclined head and facial features are much more resolute, determinate and detailed. As a result of foreshortening, the head is veiled in shadow and we can hardly make out Christ’s eyes. Although his head is slightly turned back, the eyes seem to be cast down. A deep shadow marks the mouth as open. The careful rendition of Christ’s face contrasts sharply with the heads of the surrounding figures, which are only given in rudimentary form. The face of the figure located above Christ is most strongly characterized by the pronounced stroke of two arcs, connected at one end because they were drawn quickly in one stroke; the first of these marks the eyebrow area, thus showing the forward inclination of the head, while the second arc represents the right part of the chin. Two small lateral arcs on the skull’s outer contour likely mark protruding ears. This sketch is clearly intended to make the head’s forward inclination visible, looking down from above onto Christ below. However, it is difficult to recognize what the figure is doing due to the fact that the hands are sketched separately from the body’s contouring. Using a great deal of imagination, we can make out two separate marks that indicate two options for the right hand’s position: these are two sketched arcs above and below the stipes, one opening downwards and the other upwards, intersecting the crossbeam’s contour. As an abstract element, the arc signals an unspecified thought. Its signifying dimension only occurs in relation to its context. That these sketched arcs may actually involve the abbreviated rendition of the back of a hand becomes conceivable with a look at Christ’s left hand, formed from a similar arc. But such curved lines may also contribute to the rendition of other objects as well. Further down along the stipes, two larger curves taken together form an oval in the viewer’s eye and intersect the beam. If we connect these marks with the already mentioned figure above this beam, the oval formation appears to represent a voluminous sleeve. And if we bring the four rising lines connected to the oval together with the sketching of the top of the figure’s dress, then we perceive a variant portrayal of the figure as turned to the side and looking over his shoulder. A potential marking of the left hand completely dissolves into the lines forming Christ’s locks. Through this indistinguishable zone, an impression emerges of this person as being on the verge of grasping the lines, of pulling Christ’s hair. Whereas the left side of this figure is pronounced, the other half is unexpressed. Two long diagonals connect the man’s face with Christ’s right hand; but they set compositional axes rather than serve to outline the man’s body. The rendition of a second figure, likewise standing behind the beam and looking down on Christ, is even more puzzling. Apparently, Rembrandt first indicated the rough outline of the upper body by drawing a semicircle, and then added the outline of the head. As in the previous case, the defining facial features, here the eyebrows, eyes and nose  – whose tip overlaps the chin and thus indicates a strong foreshortening of the head – are drawn in one continuous stroke. The curve marking his back and thus indicating his forward inclination is interrupted at the point where the right arm starts. This little

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break correlates with a slightly broader gap on the other side. Both interstices open up room for twisting and turning. The second figure’s activity is difficult to read in the loose lines of his bodily outline due to the fact that movement is indicated only by thin lines more reminiscent of hatching than contouring; as a result, the second figure’s action is put into the shadow of the first figure. If we withdraw the loose parallel lines crossing through the contouring of the voluminous sleeve from the latter’s depiction and relate the sleeve instead to the second figure, the vague impression of an arm emerges, extended in order to grasp the central beam from above. This impression corresponds with some indistinct diagonal strokes applied on the figure’s abdomen. These lines were perhaps applied in order to create distance between the body and the cross. In accord with the adjoining field of diagonals, these strokes could equally suggest a firm grasp of the cross from below with the other hand. But because these strokes are so loose, we cannot extract a concrete idea from them. Lines similarly loose and thinly hatched on the left side of his upper body emerge from the curved line that indicates his back. Two resolute and longer lines hem in the loose strokes: one starting at the height of the left ear, the other developing out of the hatched field already described. If we give these two lines the credibility of contour lines, they may then evoke a raised arm and therefore create an entirely different image of movement. But both lines break off and from each departs a vertical line. The line that starts from the height of the left ear seems to coordinate with a strange jerky stroke. Considered separately, the stroke forms a triangle, its peak pointing down und curled upward – perhaps indicating a bent elbow. This curled peak cutting through the second rising line may also be motivated to push the line a bit more towards defining the outer edge of a raised arm. In fact, this second stroke is a borderline. It is tangent to a prominent horizontal line and if they are connected, it could be well suited to outlining a raised upper arm, as well as something else. It looks as if both lines also circumscribe a saddlecloth belonging to the outline of a rider on a horse, whose head is roughly sketched in right next to the patibulum, towering above the scene.15 Because the top edge of the sheet cuts off the rider’s upper body and part of the horse’s head, we can scarcely make out the figure’s posture. Parallel diagonal lines may establish his position as leaning backward; two adjoining lines curving in opposite directions, with one apparently forming a zigzag movement on the downward end, contribute to the suggestion of a cape spread out over the saddle. The saddle is implied solely by the horizontal line already described as being connected to the “borderline.” This line runs parallel to the stipes of the cross and finds its continuation to the left in a line that is also a “borderline” because it could be ascribed to the outline of the lifted arm of the second figure standing in front of the rider near the crossbeam. And this connection is only possible if we read the tangle of lines above his head as a hand, abbreviated in a steep curve, with an indication of fingers placed around an oval form that potentially signifies the handle of a whip, its hanging rope suggested by an evidently more slowly drawn line (its thickness is steady). But be-

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cause a clear link to the figure is lacking, the tangle of lines is almost suspended in mid-air. The tangle may also be connected to the rider, in that case signifying his left hand holding a baton, a rein, or the horn of his saddle. With this admittedly less convincing, counterintuitive interpretation, I would like to stress the openness of the contour. Its vagueness enables a quick reorganization of the scene and redefinition of its elements. And it is this readiness of the sketch that may explain the divergence in interpretations as expressed in the literature on Rembrandt. Holm Bevers, who points out in reference to these two figures that they “are clearly separated, and their individual gestures and movements are meaningful,” describes them as “two soldiers behind Christ, one of whom presses down on the shaft of the cross while the other lashes out with his scourge.”16 Peter Schatborn sees the movement differently: “One of the soldiers behind Christ has taken up the cross.”17 Both descriptions evoke a clear picture of the scene, and each of these pictures may have been considered in the sketching process. The fact that traces of both potential pictures figure in the sketch, as our meticulous description has proven, demonstrates that the sketch involves the condensation of different moments within the thought process. Another disagreement between the two authors is also tied to the indistinctiveness of an outline that is deliberately open to different associations. This time, as well, the authors’ interpretation is fundamentally based on an image they see clearly in their mind’s eye. At issue is the role of the female figure rushing into the scene from the right with both hands fully extended in mid-air. She is the most agitated figure in the picture. Because her facial features are crossed out with one pendulating stroke and thus pushed into shadow, her expressive power is primarily produced by the movement of her body. Beneath her outstretched hands we can make out a smaller face rendered in highly abbreviated fashion. A seemingly unmotivated vertical stroke under the rushing figure’s left thumb may be read with an abundance of imagination as the edge of an apron that seems to have been contemplated in two different variations: hanging or fluttering to the figure’s left side; the latter option is given more visual credibility by a stroke of hatching that is similar to the stroke emphasizing Christ’s abdomen. Holm Bevers connects the vertical line with the abbreviated face when he identifies the figure as Saint Veronica “holding the sudarium in her hands”.18 In contrast to the identification of a sudarium, Peter Schatborn has argued that the abbreviated face could also represent a witness in the background.19 The vera icon is indeed far too small to be an impression of a face. Furthermore, its rigidness contradicts the animation in the garment of the putative Veronica. The woman seems to rush towards a female figure that has fainted in the foreground. Stretched out in a prone position, this figure’s body has been rendered slightly foreshortened, so that her face and her peculiarly clenched hand resting on the ground spatially advance toward the viewer. Christ’s figure is placed on the left half of the page in order to draw attention to this second fallen figure, identifiable as the swooning Mary. She is not mentioned as partici-

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pating in this particular event in the biblical account, but in the widely read Meditations on the Life of Christ by Cardinal Bonaventura, the scene is described thusly: “When she saw him bearing the heavy cross, she slumped to the ground half dead in agony.” Although the sheet’s original format is indeterminate, it is interesting to notice that both the head of Mary and of Christ – remarkably worked in comparison to those of the surrounding figures – have the same spatial distance to the paper’s edge, and are therefore counterbalanced. A figure who is kneeling down from a standing position grasps Mary below her right arm, if we read the whorl there as the figure’s right hand, which overlaps with the contour of Mary’s right breast. This assisting figure’s left hand, clasping Mary under her left arm, is once again only sketched in by dint of a short arc, intersecting with the mark of Mary’s left breast. While this figure’s face and that of the putative Veronica bear identifiable physiognomic signs, the sketching of both of their lower

35  Domenico Falcini, after Federico Barocci, Deposition of the Cross, Engraving, 533 x 337 mm. Amsterdam, Rijksmuseum.

bodies is extremely reduced. Although with the assisting figure we can unambiguously recognize in the hook-shaped lines a plausible motif that indicates the act of standing, with the rushing figure the sketching has moved past recognition, the lines appearing mutually superimposed and annulling each other’s readability. In this case the hook-shaped lines, initially suggesting a running forward and representing a skirt overlapping the beam of the cross, upon closer scrutiny appear to drift apart; the figure seems to become airborne. The parallel crosshatching superimposed on the area of the feet, otherwise evoking zones of shadow, here resembles an erasure. The unclear situation of the three female figures around Mary gains clarity if we look at a contemporary print after Federico Barocci’s Deposition of the Cross (San Lorenzo, Perugia), executed by Domenico Falcini (1585–1631). Although slightly turned differentely, the poses of each of the four women already appear here. With that print at hand we can imagine what Rembrand may have had in mind.

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A comprehensive view of the course of the two assistant figures’ movement – one rushing forward and the other dropping to his knees, their shared momentum subsiding in the prone figure of Mary – has its echo in the movement of the two soldiers standing behind Christ. In both groups, a highly animated and more distant figure stands alongside a ­figure more deeply involved – one grasps at the head of Christ, the other reaches out to support the head of Mary. In this way an antagonistic relationship opens up between these two groups who push the main figures to the front, closer to the viewer. Christ and Mary seem to correspond emotionally to each other although their bodies are spatially separate. Rembrandt has arranged the entire scene around the two faces of Christ and Mary. In contrast to the rest of the figures, their facial features are elaborated, although the main attention is lavished on Christ’s face. It is singled out from the others by dint of his long wavy hair falling over his shoulder and framing his deeply expressive countenance. Here the line’s thinness suggests that Rembrandt may have begun his drawing with the facial expression of Christ, considering it a point of departure from which to picture and populate the scene. The bodies of Christ and Mary, drifting apart at the sketch’s center, are embedded in two different contexts of action and their parallel unfolding calls for a synoptic view of events. This view is developed in different ways by two additional protagonists. Directly above Mary a figure with outstretched arms is marked as female due to her veil. While the woman’s right hand is shown in detail – we can count the fingers – the presence of her left hand is not as clear. A thin outline defines the simple contour of her left arm, but the definition of this arm as hanging is in conflict with a potentially more agitated alternative positioning, marked by two fluid lines that break through the rigid outline of her veil and form a truncated limb. Its outline interferes with the contour of the rushing woman’s outstretched hand described above: once again a single element – here a hand – seems to potentially belong to two alternative figures. Stretching out her right hand to Christ and looking down on Mary, the veiled woman forms a bridge between the two groups. Her bulky body leans back; her eyes are opened wide. Standing frontally before the viewer and being the only figure not involved in any of the events except as a witness, this figure might be understood as an invitation to contemplate the two suffering figures and the relationship between them. The fact that the sketching of the veiled woman’s lower body overlaps with the stipes suggests that she was inserted very early in the sketching process. It is possible that Rembrandt considered the option of placing this figure in front of the cross in order to create a closer connection between the witness and the Mother of Christ. This alternative is suppressed by a broad stroke that retraces the contour of the beam along the woman’s spatial extension. Interestingly, a slight smudge above and partly overlapping the retracing creates a similar effect: If we consider this blot as an application of shadow, it contributes to place the figure behind the cross, and thus keep it at a distance. A second blot below the first one and of deeper hue seems even more arbitrary, and it is hard to determine its

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motivation in terms of a mark of a thought or a compositional device. Whereas Bevers simply assumes it to be the blurring of a spot of ink, Schatborn regards it as deliberately set because it accentuates the oval composition of the scene.20 A second connection between the two groups is created by the figure in the immediate foreground to the extreme left. He has turned his back to us and walks ahead, carrying over his shoulder what looks like an impressive club, but has been convincingly identified, in accordance with the biblical account, as a shovel with a basket hanging from it, which potentially, as repeatedly assumed, contains the crucifixion nails.21 Strangely enough, at first glance this basket looks like a head turned towards the scene, making the shovel-bearing figure’s indifference to what is happening even more bewildering. Overcast by deep shadow, the figure is removed from the chaotic group behind Christ. Unattached to the emotional unfolding of their passions, he presses ahead, on a dramatic level, toward the fulfillment of Christ’s Passion, while compositionally, he frames and stabilizes the entire scene, as if its deeper significance will only manifest in relation to events which will involve him. The long shadow he casts closes the interstitial space between Christ and Mary. This shadow appears to be a direct, fluid extension of the figure’s lower body, thus endowing him with a sinister quality. It seems that the shadow of the imminent death of Christ, anticipated in Mary’s fainting  – a conventional motif in the visual tradition of Christ’s deposition from the cross, by which she mirrors his dead body in her deep emotional participation22  – is here cast upon the unfolding event. This association, endowing the sketch with an inner drama, is merely an intuitive interpretation, and it is questionable if Rembrandt himself had such an idea in mind while drawing. But if we consider the importance of the placement of chiaroscuro for each element’s arrangement within the composition, it seems probable. In another sketch by Rembrandt, an elaboration on the theme of Jacob Laments the Death of Joseph (Kupferstich­

36 Rembrandt, Jacob Laments the Death of Joseph. Berlin, Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett.

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kabinett, Berlin), a comparably sinister figure appears on the left margin of the sheet. Here the figure has a more prominent role: He towers over the lamenting father, and the whole composition suggests that it is, in fact, one of the brothers of Joseph who presents Jacob with the blood-soaked garment of his most beloved son. The wicked brother who presents his father in fact with a lie seems to disolve uncannily with his sinister message. Although Rembrandt does not single out the garment itself, it may be indicated by several undefined long brushstrokes, partially running underneath the field of bister, that otherwise do not make sense. The substance of the figure is sketched in with such loose, broad brushstrokes that he absorbs the application of the shadow. As in the previous work, the composition seems to center around the highly expressive face, here of the despairing father; similar to the face of Christ carrying the cross, it is drawn with care, in stark contrast to the loosely sketched figures of the bystanders. Here again, we intuit that Rembrandt began the sketch by envisioning this face. His focused sketching process may have helped him get a clear idea of the father’s pain, whose vividness seems to wipe out all else by reducing the ambient to mere vague traces, in this way supporting the prominence of the main expression.23 The application of shadow in the foreground to create an indistinct zone that confronts us all the more dramatically with the central scene is a compositional device also frequently used by Rembrandt in his paintings. Although executed quickly and creating a most fleeting impression of an idea, bister was applied at a late stage of the sketching process in order to stabilize the scene and define its space. The broad pen strokes used to give the foreground figures of both sketches their distinctively shadowy somatic existence underscore Rembrandt’s drive towards and arrival at a specific determination in the sketching process, which is then finalized with brushstrokes. Interestingly enough, the strokes that cast the shovel-bearer’s shadow onto the ground are evidently drawn with a much drier brush, producing a grainy texture that mimetically differentiates this area as terrain. In comparison to this loose but sure brushwork, the smudge in the center appears even more disturbing because its material trace runs counter to any mimetic effect. On the contrary, it draws our attention to the materiality of the sketch and with it, to the fragility of its evoked image. But as Badiou pointed out, in the fragility of the sketch lies its potential. As our meticulous description of specific precarious lines has revealed, while they are unfixed in their determination and thus mutable, opening up a spectrum of different images as potential options through which the thought process may proceed, their intersections create an opacity that makes them appear smudge-like. A glance at another sketch from the same period may support this impression. It shows the Lamentation of Christ (Kupferstichkabinett, Berlin), and here again the thought process circles around one expressive face, that of the dead Christ, whose finely drawn facial features are rendered in great contrast to the loose sketching of the surrounding figures. As in the other sketches, this face seems to function as a starting point for the whole composition; we also have a spectrum of different images creating confusion (Farbabbildung 11). Obviously, Rembrandt has focused his deliberations on how Mary may have

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embraced her son. Three different poses are apparent in the divergent indications of her right arm. The most prominent of these is based on the evidence of her right hand, which is laid upon her left arm. With the latter Mary cradles the head of Christ and draws his face towards hers to give him a kiss. This pose is precisely indicated by two attached vertical strokes that in no way resemble the contour of an arm. Two parallel strokes positioned below these and continuing downward seem, at first, to also have no mimetic value, but they could equally be read as indications of an alternative clasp of her arm, now around Jesus’ waist. The loose thin lines marking out her shoulder support both options, but under scrutiny the positioning and extent of Mary’s shoulder seems to have also been in question during the sketching process. The shoulder’s outline seems to expand: the more restrictive outline accords well with a close embrace; the outline that takes up a bit more space works best for a clasp around his waist. This double outline of her shoulder is altered by a third out-line that indicates a spreading out of her garment to the left side and evokes a third possibility: It seems as if Mary holds out the right arm of Jesus to the figure sitting next to her, who takes the arm in his hand. Rembrandt evidently had trouble imagining this man’s grip; he first used red chalk to single out the moment and focus on it. He then painted white lead over the traces of this thought process, but the erasure is now awkwardly visible because the lead has oxidized. This smudge as a result of a later decomposition cannot in itself be ascribed any visual efficacy within the sketching process. But another undefined form in the sketch comes close to the ambiguous blot in Christ Carrying the Cross. An oval line beneath the outstretched arm of Jesus drawn with a broad stroke may claim space or alternatively suggest Mary’s right knee. Although undefined as to what it may indicate, the decisiveness of the stroke leads us to believe that Rembrandt must have put some thought into it. According to Bergson, it might appear as an idea “of nothingness”, yet “representing something.” The imaginative interplay among “several existences”, also shown and traceable in Rembrandt’s sketch, should be taken as ideas of promise compounded within the appearance of “disorder”. While our perception of nothingness creates an impression of the sketch’s opacity, our simultaneous ideas of disorder – arising from recognizable elements that only partially appear without emerging clearly – hold out the prospect of transparency. Rembrandt’s student Samuel van Hoogstraten compares the surplus of the raw sketch’s potential with hazy vision: “And as one immediately recognizes a friend from a distance or by night, and only then perceives his figure clearly, so it is with the raw sketch, that makes a great impression on the connoisseur because he can see more than what is de facto made.”24 It is the rawness that engages the beholder’s imagination, complicit in the unfolding of its meaning, and in a second step, that brings the process of recognition within the beholder’s experience. In regard to the “disorder” in Rembrandt’s sketches, we may conclude that because of their inarticulate quality, the recognizable elements accumulate a reserve enabling several images to spring up simultaneously. The recognition of these elements is facilitated on the one hand by standardized abbreviations (like the arc standing in for the depiction of hands), on the other hand by a reser-

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voir of significant figures having a narrative dimension based on their body language. Another means, and one of the most powerful, is the more or less explicit stimu-lation of a sense of déjà vu. As mentioned previously, Lairesse pointed out that the stronger the artist can rely on his memory, the quicker he can react with his pen, as a firsthand observer, to the “racing thoughts” emerging from his imagination. In the moment when the beholder notices this sensation of resonance, he may believe his own memory to be in accord with that of the artist, that they share a common ground by means of which he may enter into the artist’s mind if he is able to name what is prospectively represented. It has often been assumed that Rembrandt used prints as stimuli for his own inventions and that retracing them would prove fruitful for a better understanding of his works. In fact, the study of prints was widely practiced in his time. Gerard de Lairesse recommends interrupting the sketching process for one or two hours from time to time, to read or “speculate” by looking at prints, in order to refresh the mind (Gheest).25 These breaks may stimulate a “strong memory” as a necessary first condition for capturing surging thoughts.26 When we read Franciscus Junius’ instruction that the artist ideally should be surrounded by a “great store of Invention” – “all standeth readie at his command”27 – Rembrandt’s motivation for spending an enormous sum of money on his print collection becomes fully understandable. Domenico Falcini’s print after Barocci may have been in his collection and stimulated the composition of the group around Mary, giving it its emotional impact.

37  Martin Schongauer, Christ Carrying the Cross, c. 1475–80, 28,9 x 42,9 cm, engraving. New York, The Metropolitan Museum

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Furthermore, it is more than likely that Rembrandt looked carefully at Martin Schongauer’s famous large engraving of Christ Carrying the Cross before beginning his version of the same scene.28 A close study of Schongauer may help decipher with more certainty the indeterminately rendered action of the two figures standing above the cross. Bevers’ confidence in his description of the action of both (“one presses down on the shaft of the cross while the other lashes out with his scourge”) seems to be based on the knowledge of Schongauer’s engraving as a possible source for Rembrandt. The compositional weight of the cross and its frontal presentation are comparable, although Rembrandt has lengthened the main beam (Schongauer used a tau cross) and shifted Christ from the center to the left in order to counterbalance his figure with that of the swooning Mary. The central motif in Rembrandt’s composition – the juxtaposition of Christ and Mary – is not to be found in Schongauer’s more populated version. Whereas Schongauer has reduced the humiliating aspect of Christ who has fallen to his knees by creating a slanted ground, his hand on the ground being on a significantly higher level than his feet, Rembrandt shows Christ crawling. Furthermore, the latter’s slightly inclined head, strongly shaded eyes and painfully opened mouth, inconsistent with Schongauer’s graceful vera icon-like rendition of Christ’s face, express distress. Rembrandt’s alteration of the famous model seems to be motivated by his own idiosyncratic mental image, focused on Jesus in distress, prophesying to the weeping “Daughters of Jerusalem” that they will sorrow for their children, the deepest expression of his utterance embodied in the prostrate figure of his own mother. In looking at Schongauer’s similar rendition of the depicted scene, we only get a very small glimpse, if even this, of the vast stores of Rembrandt’s memory. Our comparison shows that Rembrandt evidently adapted specific elements from Schongauer’s image (as evidenced by the prominence of the cross as a structural element), but they have inspired him to imagine the scene differently. We have to concede that although alterations are in practice stimulated by a model, they are much more difficult to trace than repetitions. What makes measuring the magnitude of memory’s storage space so difficult are the unclear dimensions of the leeway available to its inhabitant: the capacity of memory is manifold, the artist’s inventiveness lurks between the models, but winds along in its own way. In his Introduction to Metaphysics, Bergson explains the limits of analysis based on the recognition of signs and patterns.29 When reading a novel, for example, we immediately understand the main character; by means of the sympathy we feel, a connection is established with him or her. We may assume this stems from our knowledge of comparable people and situations, but, as Bergson argues, the constituents of this kind of knowledge do not allow for a unique inside perspective because they deliver commonalities. According to Bergson, in this case we get to the core of the novel only by supposing its interiority as something necessarily intrinsic to what we read and understand. In order to problematize this essential premise and unfold it as a holistic argument, Bergson brings in a more complex example: a poem split up into its individual letters.30 We

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might arrange the letters freely in many different ways like a child playing a game of patience. As Bergson explains, the letters should not be considered components, but rather partial expressions. A (fore)knowledge of the poem would seem to be indispensable to bring the pieces together in an authentic manner, but according to Bergson our intuition can step in and reconstitute a plausible signification for the letters. On this basis alone we would be able to proceed to analyze its parts and make sense out of them; however, the reverse is not possible – we cannot get to intuition via analysis. Bergson’s concept of intuition can help come to terms with what may seem a methodological shortcoming in art historical literature: its reliance on an “inner” image evoked by the sketch that guides the (re)tracing of the line. Undeniably, the astonishing sureness of some descriptions is intuitively based. But, an analysis built on this intuition should ­argue phenomenologically; that is, it should question the self-evidence of the evoked image and ask: what directs the intuition, by which means is the evoked image stimulated, and how consistent is its appearance? This (re)tracing explains the idea of (non-)transparency because we will never get back to the point of departure. An analysis of a sketch should also take into account that the sketch itself is not meant to be an image, but is ­essentially connected to a thought process. Therefore, a visual analysis that solely consists of pinning down the technical language and the visual tradition of which the singular drawing is a part, would miss the central point of its making. A general statement by Bergson opens a window on the metaphysical dimension of drawing: “Let’s fix our attention not on the line as such, but on the act tracing the line”31 – an act that takes place in the mind.

Notes   1 Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Vorlesungen über die Ästhetik [1838], Vol. 3, Frankfurt/Main 1990, p. 69.  2 See the source material in Piera Giovanna Tordella, La linea del disegno. Teoria e tecnica dal Trecento al Seicento, Milano 2009. The expression seems to emerge in the first half of the 17th century in French and Spanish art theory.   3 Jonathan Richardson, Of the Knowledge of Hands [1773], in: The Works, ed. Jonathan Richardson Jr., Hildesheim 1969, pp. 202–222, p. 216.   4 Richardson, in: The Theory of Painting, in: The Works 1969 (note 3), pp. 1–157, p. 82.   5 Richardson Knowledge 1969, (note 3), p. 202.   6 See Nicola Suthor, Guercino’s “wet” drawing, in: Res 63/64, 2013, pp. 80–92.  7 Chapter: Wortlautbewußtsein und Bedeutungsbewußtsein, in: Edmund Husserl, Vorlesung über Bedeutungslehre. Sommersemester 1908, ed. U. Panzer, Dordrecht, p. 18 [English, p. 23].   8 Husserl 1987 (note 7). p. 11.  9 Alain Badiou, Dessin, cited in: Jean-Luc Nancy, Le plaisir au dessin, Paris 2009, p. 34. 10 Franciscus Junius, The Paintings of the Ancients, third book, chap. 1, p. 230–231.

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11 “En réalité, il y a plus de contenu intellectuel dans les idées de désordre et de néant, quand elles représentent quelque chose, que dans celles d’ordre et d’existence, parce qu’elles impliquent plusieurs ordres, plusieurs existences et, en outre, un jeu de l’esprit qui jongle inconsciemment avec eux.” Henri Bergson, Le Possible et le Réel, in: Ibid., La Pensée et le Mouvant, Paris, 2006, p. 109. 12 Willem Goeree, Inleydinge Tot de Al-ghemeene Teycken-Kons..., Middelburgh 1668 p. 64: “Ersterlijck dan, so willen wy van de Schets beginnen, met de welcke ghy y dingen het zy in wat maniere van Teyckeninge, geestigh, luchtigh, doch verstandlicjck moet beworpen [...].” 13 “Voor al en in de eerste plaats, diend hy een goed en vast geheugen (Gedaechntis) te hebben, om het geen hy verbeelden wil, wel te overweegen en in gedachten te houden. Ten anderen werd een vlugge hand vereist, em het geen onze snelle gedachten bevat hebben, aanstonds op het papier te stellen, eer zy uit geheugen raaken.” Gerard de Lairesse, Groot Schilderboek [Haarlem 1740], Soest 1969, p. 43–44. 14 Junius (note 10), § 4. 15 See Peter Schatborn, Cat. No. 5: Christus fällt unter dem Kreuz, in: Rembrandt. Der Meister und seine Werkstatt, Exhib. Cat. (Berlin, Kupferstichkabinett u. a., 1991/1992), vol. 2: Zeichnungen und Radierungen, eds. Holm Bevers et al., Munich 1991, p. 35: „Die vertikalen Striche unter dem Reiter stellen die Satteldecke dar, die über dem Pferd liegt.“ 16 See Holm Bevers, Rembrandt: Die Zeichnungen im Berliner Kupferstichkabinett. Kritischer Katalog (Berlin, Kupferstichkabinett), Berlin 2006, p. 47. 17 Schatborn 1991 (note 16), Cat. No. 5, p. 35. 18 Bevers 2006 (note 6), p. 47. 19 Schatborn 1991 (note 15), Cat. No. 5, p. 35. 20 Peter Schatborn, Aspekte der Zeichenkunst Rembrandts, in: Rembrandt 1991 (note 15), pp. 10–20, here p. 16. 21 Bevers 2006 (note 16), p. 47. 22 This visual tradition reflects Cardinal Bonaventura’s The Meditations of Christ. 23 See f. i. Constantijn Huygens’ description of Judas Returning the Thirty Silver Pieces, and the isolation of Judas’s face in print as exemplum doloris. 24 “En even gelijk men zijn vriend van verre bespeurende, of by schemerlicht ontmoetende, strax als met het verstant zijn gedaente ziet, en bevat, zoo geeft een ruwe schets dikwils aen den kenders zoo grooten indruk, dat zy‘er meer, dan dieze gemaekt heeft, in zien kunnen.”, in: Samuel van Hoogstraten, Inleyding tot de hooge schoole der schilderkonst: anders de zichtbaere werelt, Rotterdam 1678, Chapter: “Van de Teykenkonst”, p. 27. 25 “‘t Is mede niet ongeraden somtijts als men vermoeyt is, sijne Schets voor en uyr ofte twee uyt de handt te legghen, ende sich onderwijlen ergens anders im vermaecken, het zy in lesen, ofte speculeeren in faeye Print-Kunst, dat den Gheest insonderheydt opweckt, om dan alsoo wederom tot u werck te keeren, en ‚t selve met een onvermoeyde ende verffe oogh te besien.“ Lairesse 1969 (note 13) p. 22. 26 “Voor al en in de eerste plaats, diend hy een goed en vast geheugen (Gedaechntis) te hebben, om het geen hy verbeelden wil, wel te overweegen en in gedachten te houden. Ten anderen werd een vlugge hand vereist, em het geen onze snelle gedachten bevat hebben, aanstonds op het papier te stellen, eer zy uit geheugen raaken.” Lairesse 1969 (note 13), p. 43–44. 27 Junius (note 10), § 4. 28 This comparison is often made and mentioned in Bevers 2006 (note 16), p. 47 and Schatborn 1991 (note 15), p. 49. 29 Henri Bergson, Introduction à la Metaphysique, in: La Pensée 2006 (note 11), pp. 177–227, here p. 179.

Rembrandt’s Christ Carrying the Cross I 143

30 Bergson 2006 (note 29), p. 192. 31 Bergson 2006 (note 29), p. 184.

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Niccola Shearman

Reversal of Values On the Woodblock and its Print in Weimar Germany

All the problems that otherwise thrilled the artist paled into insignificance in comparison to the discovery of an independent artistic life dwelling in such a wooden surface [...] instinctively one understood that this was the only place to look for new potential, that it was imperative to bring such force as was contained in this unpretentious working language back into artistic production.1

These lines written by Paul Westheim in 1918 reflect a prevalent code of Materialgerechtigkeit, or material authenticity, in which the wood is attributed a visible agency based on the apparent spontaneity of expression. Initially promoted in the work of the Brücke group, by the close of World War I the emotional force signalled by the stark black and white forms brought the woodcut print a reputation as the quintessential “sign of the times.”2 Eulogies to the cultural significance of the material and its associations with ‘honest’ workmanship that rose to a peak during this era can be traced back to the early nineteenth century, when German art historians newly enthused by their own heritage of graphic art began to take an interest in the workshop practices of Albrecht Dürer and his predecessors. Of particular note was Carl Friedrich Rumohr’s lengthy discussion of the traditional divisions of labour and an attempt to establish whether “any of the art works can have been made by the artist’s own hand, or, as we say, if they are ‘original.’”3 Thus was launched the “Dürer Paradigm”, in which the issue of whether the artist could have carved his own blocks or not was to become hotly debated.4 One is on relatively safe ground in presuming that virtually all Expressionist artists working in woodcut carved their own blocks: that was the point in an art form based on a recovery of authenticity through the workmanlike process of an uncompromising medium. It was certainly the case for two artists working in the wake of the initial wave of Expressionist production, both of whom took up the art form with a passion in 1918, in the midst of an already established career. Concerning the work of Ernst Barlach (1870– 1938) and Lyonel Feininger (1871–1956), this essay will advance an interpretation of the woodblocks that survive from their print-making activities.5 Exploring what lies behind the emphatic presence of the printed works, the primary aim here is to consider the absent surface which is rarely seen, and yet which represents the other side of an integral work process. The fact of their almost total obscurity in exhibition histories and the historiography unquestionably lends the existing blocks a freshness which invites thoughts on au-

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thenticity, yet a contemporary perspective demands a critical distance from an auratic pursuit of the original, – both on account of the loaded Expressionist context of cultural authenticity and the wider Modernist bedazzlement at the subject of originality. Despite such problems, a closer look is justified on the straightforward basis that these are the objects from which multiples were produced, and the survival of which demonstrates a respect for an artistic means that is not destroyed in the end process. In the current context, there is undoubted potential for investigating the Spur der Arbeit behind the visual impact of the works in question. On the premise that the effect lies as much in the compelling contrast rhythms of the prints as in their figurative themes, this essay represents an enquiry into the format of the relief patterns that prefigure the flat surface of the finished works. Against the background of an Expressionist culture of Materialgerechtigkeit, the material conditions of the wood as carrier of the image will be considered in terms of making and meaning: how far, for instance, can the artist’s investment of physical strength and mental focus be perceived in the marks transferred to the paper? Examining varying attitudes to the woodblocks as a sculptural medium and design surface, the aim is to investigate the carving process in terms of the reduction of artistic form and the technical agilities exercised in the design of an image in reverse. On the matter of agency, the objects will be regarded as representing a site of action or interface between two sides of the work.6 Prompted by the founding principle of the discipline of phenomenology, an argument for a descriptive study of the “things themselves” incorporates thoughts on the role of perception in the making and reception of the art works.7 To this end, and in an effort to review the emotive issue of visual force that was central to Expressionist critique, reference to historical research into patterns of perception is introduced in relation to the embodied experience of vision, with particular emphasis on the function of empathy and visual order. In this light, it will be considered that the much vaunted “authenticity” of the art form might be seen to lie as much in the visual apprehension of the physical and mental work behind the work as in the symbolic associations of iconography and medium specificity.

Material Matters Recent scholarship has explored the dominant aspects of an ideology of wood in the work of core Expressionist artists, specifically highlighting the cultural heritage and self-consciously virile traits of the woodcut under the convincing heading of “Arboreal Expressionism”.8 Exploring the organic and Christological associations of carving and material, this compelling body of literature explains in large part the appeal of the woodcut to a broad spectrum of artists at the time, not least the important influence of nationalist associations that blossomed in the anti-technology mood of the immediate post-war era into a

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virtual wood cult.9 In this context, the matter of material specificity is likely to have influenced both the commission from Barlach’s dealer and publisher Paul Cassirer and also the appointment by Walter Gropius of Lyonel Feininger to the Bauhaus, with its founding craft aesthetic manifest in the plentiful use of wood. When it comes to the surge in print culture during the years surrounding Word War I in Germany, the characteristically emotive tone to its critique is exemplified in the writings of art historian and publisher Paul Westheim. A fervent champion of the woodcut both old and new, there is an urgency behind the rhetoric in these texts that reaches its peak in matters of the artist’s struggle with a resistant material. Typical of a visceral response widely evident during this era, a passage in his 1918 essay Der Holzschnitt und die Monumentalkunst describes the experience of viewing early German works in terms of a revelation: Perhaps the initial shock was simply due to the fact that the eye, the closer one examined these objects, became sharpened for the violence which – in an entirely primitive sense – could inhabit a line torn into the wood by a sharp iron; or perhaps it was that the feeling was awoken for the fine, inimitable structural traces that an inked wooden surface carries in the printing process. Suddenly something was produced which would not be possible without the wood.10

Warranting emphasis here, that final sentence supports a renewed consideration of the question of medium specificity. The suggestion that one might ‘feel’ the violence of the cutting and the unique material traces from a view of the impression on paper prompts us to ask, what further revelations await the viewer in an encounter with the actual printing block? The objects at the centre of this study do not suggest the same material fascination displayed by artists associated with Die Brücke, and nor do they appear to conform to expectations of impulsive treatment. The blocks do not look like truth or a flesh wound as Expressionist reception of the raw-materials vein leads one to expect, but instead a painstakingly worked surface of intricately interwoven relief patterns. Similarly born of material necessity at the end of the war, nonetheless the creative use made of the woodblock by these artists goes well beyond a simple matter of “making do.” However, where Ernst Barlach’s subject matter allies him with the confessional attitudes of the former Brücke artists, he regarded the material as a resource rather than investing it with metaphysical significance.11 Equally, in the case of Lyonel Feininger, where his woodcut engagement was directly influenced by friendships with Karl Schmidt-Rottluff, Emma Ritter and others, nonetheless he evidently did not indulge in any mystical union with the secret life of the grain. Relieved of some of the burden of meaning, the most appropriate way to consider the printing surface for both artists is perhaps in the mode that has been suggested for Lyonel Feininger’s woodcut œuvre in general: namely, as the arena for a new means of clarifying visual form.12

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For both artists in this study the woodcut offered conditions of firm boundaries. Thus for Ernst Barlach, working in wood represented hard labour that condensed the broad rhythms of his sculpture into a tight illustrative format demanded by post-war print culture. In the midst of a career that featured sculpture, print-making and writing, Barlach worked intensively in woodcut during a period between autumn 1918 and 1928; producing illustrations to literary works as well as a series of single sheets on themes of religious piety and social deprivation.13 Through a stable contract with the publisher Paul Cassirer, he had an assured market that led to a variety of print publications ranging from luxury portfolio editions printed from the original wooden blocks to popular book formats which employed resilient plates remoulded in zinc.14 A modest number of woodblocks survive in the archive at his former home and studio in Mecklenburg. In rectangular or square formats averaging between fifteen and twenty centimetres, and in depth from 0.75 cm to 1.5, they are neat and highly worked objects. Dark brown, with a polished shine to the raised surface that indicates multiple use, and smoothly ridged hollows, they are cut from planks of fruit wood; cherry is written on the back in one case, and pear is also likely. On the back of one is written “found in the woods 1945”, pointing to the salvage by Friedrich Schult of artworks and documents after the disruption caused by the Soviet occupation of Barlach’s home and studio in 1945. Also beginning during war time, for Lyonel Feininger the woodcut was in part a technical exercise designed to cement his facility with form and visual harmonics. His work shows the same tight compositional balance of figure and ground, and black on white or on a variety of brightly coloured fine papers. But the themes and geometric forms come from a world of architecture and seascapes, and in their increasingly abstract formats, they introduce an astonishing transparency to the most unlikely of media. Throughout the intensive initial phase of production – which saw some 230 individual woodcuts produced in the space of three years – Feininger maintained an agile balance between the crystalline abstracts constructed of fine splintered lines, and the coarse, “wooden” variant of the Flächenholzschnitt more resonant of the Brücke artists. Feininger began working in wood while growing up in New York and on the coast of Connecticut in the 1870s and ‘80s. Here he would draw and carve models of the last operative ocean clippers sailing into the East River and up and down the coast, and record enthusiastically the sight of paddle steamers and steam trains. In Weimar in 1914 Feininger was working on designs for wooden train sets to be patented with a toy company, the contract only failing when war broke out; and his model houses and churches for an ever-expanding imaginary City at the Edge of the World formed a life-long project akin to the playful puppet-making of Paul Klee.15 Feininger’s practice of Basteln (hobby carving) performed an essential role in the rhythms of his working life: for example, he writes in April 1914 how, despite money worries and his incompetence in painting, he is “nonetheless always happy and contented in this work, it is a kind of production that suits completely my mechanical instincts and I have constantly to translate, simplify and create with

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a purpose.”16 The established familiarity with wood, as with design problems posed by the train series, are factors that bore significant results in the woodcuts. And it is perhaps in line with the relaxed nature of his Basteln that, when it came to cutting the print surface, Feininger was not choosy about its material quality. In fact most of his woodcuts were carved from the brittle lids of cigar boxes or from thin planks of pine or fir, and he was known to use an ordinary pen-knife along with a chisel.17 What is evident is that the technical restrictions – and one can include here the mental demands of designing in reverse – represented a problem-solving exercise with a clear purpose. Largely self-taught in oil painting, his style that mixed Expressionist and Cubist elements had by 1918 become a source of frustration to him. In addition to the economic restrictions which were a factor in both his and Barlach’s adoption of the cheap and accessible technique, the severe reductions of the woodcut were for him a means to attain, “not an approximation, nothing short of the final, ultimate form, stated in the clearest possible manner of which we are capable”.18 The most familiar of Feininger’s prints is the Cathedral printed for the Bauhaus manifesto in April 1919.19 This is the only one of Feininger’s works to have been transferred to a zinc plate for the purpose of mass printing, but the woodblocks for two versions survive. As the first master appointed by Walter Gropius, Feininger was in charge of the print shop in Weimar and published his first portfolio of Twelve Woodcuts there in 1921. On the whole however he would print by hand; often employing smaller formats which he continued to carve for the use as letterheads throughout his life. Barlach and Feininger both studied at the Allgemeine Gewerbeschule in Hamburg during 1888 and evidence that they knew each other there is provided by Barlach’s small portrait sketch of Feininger.20 No correspondence exists between the two artists, despite their mutual friendships to the Swiss artist Alfred Kubin.21

The Wood Block as Work of Art? In view of the leading role of Brücke artists in the Expressionist woodcut phenomenon and the consequent body of associated scholarship, it is perhaps no surprise that, of the scarce attention paid to printing blocks, the best example concerns the work of Karl Schmidt-Rottluff. In an exhibition catalogue of 1970, Leopold Reidemeister approached the block and its print as a relationship of original and copy, and as a source redolent of the artist’s hand.22 Interestingly in the context of a medium inherently directed to the production of multiples, Reidemeister’s description of the sacrifice of a material presence entailed in the printing process echoes the familiar argument from Walter Benjamin about the loss of aura. And the emphasis on the unique material quality of the wood ­reveals the legacy of Rosa Schapire’s Expressionist reception with its characteristic mix of the visceral and the mystical.23 Recently updated in a major project of the Brücke Museum,

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38  Ernst Barlach, Christ in Gethsemane, 1919, 20.5 x 25.4 cm. Güstrow, Ernst Barlach Stiftung.

it is interesting to see that current scholarship is in agreement with Schapire (and Westheim) on the matter of medium specificity; and, indeed, refuting Reidemeister’s theme of loss, considers that the prints in fact retain plenty of that material trace. Hence Günther Gercken’s assertion that “This is where it is clear that the printed images could not have been produced in any other technique.”24 Notwithstanding this important observation, what deserves particular attention in Reidemeister’s text is his focus on what exactly is lost in the transferral of the image from its Druckträger to the paper surface. In short, the loss pertains to the sculptural qualities of the primary stage; namely, the relief.25 Here again one can agree and disagree: for is it not the case that the visual impact of the finished print is in fact defined by the relief pattern, in which the original surface is present there as an obverse; in other words, as another side of the same coin? Rather than speak of loss, the transfer of a carved design from one physical identity to another can be regarded in terms of a reversible relationship. Exploring this relationship in the first instance with regard to Ernst Barlach’s Christ in Gethesemane of 1919, one can begin with an attempt to describe what might be called the high visibility of the imprint.26 The relief in this view consists of a robust network of black and white ribbons, repeating at varying rhythmic intervals and according to different thicknesses, with the firm contours of the Christ figure set against a background of echoing, tighter forms. Inherently a whole structure formed of interdependent elements of black and white, analysis requires that we settle on names for those constituting units. In general, woodcut terminology is discussed according to surface or line, depending on the style. Where Lyonel Feininger would typically switch between the two styles, under the influence of his friends Schmidt-Rottluff and Erich Heckel, Barlach aligned himself predominantly with the linearity associated with Albrecht Dürer and his successors, and in the case of his

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Walpurgisnacht series adopted the Weißschnitt technique typical of Urs Graf.27 Having made this distinction, a view of the woodblock’s dense plastic formation helps to explain why it produces something that looks like so much more than a line (Farbabbildung 12). Amongst further medium-specific terms available, the German Steg evokes very well the steeply-banked flat-topped protrusion created by the oblique angle of the knife. In English, it is usual to speak of the bar or crossbar (originally associated with the lead divisions in stained glass). But in the case of Barlach’s pliant ribs and furrows that do not want to come apart, it is best to include both in the sense of an integral relief – a whole that is different to the sum of its parts. And it is the strong resonance of that irreducible structure, condensed onto the paper surface, that helps to explain the response of Expressionist critics who enthused in general terms about the ‘force’ of the woodcut line. Paul Westheim has much to say on the significance of the imprint, specifically, we find, with regard to the physiological conditions both of the making and the viewing. On the part of the artist, firstly, the woodcut answers a demand for an exacting engagement (“einen Zwang”) which a quick stroke of the brush cannot satisfy: “In this situation, the woodcut offers itself as a workmanlike engagement, as the cut with a sharp knife into hard material, if you like as a specifically physical overcoming of the resistant forces inherent to the process.”28 How this transmits to the viewer is addressed in Westheim’s subsequent Woodcut Book (Das Holzschnittbuch) of 1921. It has to do, he suggests, with a deliberately crude material force that inhabits the “urbane and inarticulate, the hard-edged and dissonant” woodcut forms, marked as he puts it by their key quality of Prägnanz.29 While a literal English translation may be awkward, the term applies succinctly to the tangible nature of the visual material, combining physical force with the emotional urgency of the artistic expression. Thus it conveys the idea of a concise impression, such as one stamped in relief form – on a coin, for instance. And here is where the reception appears to coincide with a developing psychology of vision: As one of the original principles of visual order, Prägnanz is also a term prevalent in Gestalt theory, used to explain the way in which the mind seeks out the most succinct organisation of forms in any given situation, and derived from Max Wertheimer’s original definition of “good Gestalt” first published in 1923.30 Based on these principles, art psychologist Rudolf Arnheim’s extensive work on Art and Visual Perception foregrounds the importance of strong patterns to a visual meaning, explaining that, “the expression conveyed by any visual form is only as clear-cut as the perceptual features that carry it.”31

Stable Ground? Such guidelines as we see evaluated by a woodcut critic and a psychologist strike a chord with the creative equilibrium introduced into the work of the two artists at the heart of this study. While Lyonel Feininger did not abandon the brush entirely during his intensive

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engagement with the woodcut, nonetheless there is ample evidence of the satisfaction afforded by the material resistance, as witness a letter written to Alfred Kubin in early 1919: I must tell you briefly what I did during this past year. I hardly painted at all, nor did I draw. I took up the medium of woodcuts and in about six months I made over 150 blocks. This technique gives me the greatest possible satisfaction and for its sake I let everything else go.32

In 1931, welcoming the chance of a commission for Paul Westheim’s publication Die Schaffenden after a long gap in production, he points to the “discipline” of the process and, despite poor quality wood, expresses joy at once more “whittling away at a block”.33 In the case of Ernst Barlach, whose familiarity with knife and chisel was well established, one can compare the fact that his previous experience in graphics had been restricted to the soft medium of the lithographic crayon to the satisfaction he finds at the “hardness and strength” of the new medium.34 On the basis of the artist’s letters it is justified to speak of the work as an emotional and physical exercise: “I have thrown myself into the woodcut in order not to fall apart; it is furious work,” he writes.35 Anger and physical exertion are mixed in his utterances, which refer to a search for authentic expression in a period of personal and professional gloom. He had already attempted the process pre-war, beginning work on illustrations to Kleist’s drama Michael Kohlhaas, but gave up in frustration.36 Therefore it is not an exaggeration to think that he had to be in a position of extremis before achieving suitable results. See what he writes to his cousin on completing the series of seven sheets which includes the Christ image: I’d almost like to entice you to try your hand at the woodcut; it is a technique that demands a confession, the portrayal in unmistakable terms of what one really means. It [...] forces a certain universality of expression and eliminates all comfortable superficiality. I have recently finished a number of large woodcuts which all deal with the deprivation of our times.37

If Barlach’s woodcuts are the product of “furious work”, they were also the result of careful planning and intensive concentration. While the artist generally left the bulk of the printing to technicians in Berlin, the precise stages of preparation show that the engagement with the wood was the very opposite of an impulsive spontaneity. Proceeding by means of large-scale charcoal drawings, these were apparently copied onto transfer paper in the dimensions of the chosen block. While they are oriented correctly to suggest that the image has been reversed onto the block, there are no obvious signs on these delicate sheets to indicate either a pouncing or a tracing action, thus there remains a slight mystery as to how exactly the works were transferred.38 Contrary to the case for Lyonel Feininger (see below), the saturated colouring of the extant blocks, indicative of heavy use, does not allow for the detection of any pencil or wash markings.

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The image of Christ in Gethsemane reflects the stark pathos common to all seven of these works which have been referred to as a “modern apocalypse”.39 Evidently these can be interpreted as a reflection of the bleak mood of the times; a black or white thinking apparently in the air. But when Barlach asserts, regarding his work in general during this time, that his aims have “bitterly to do with simplicity”, we can consider the equal role played by the ruthless reduction to the irreducible artistic elements of black and white contrast.40 In this respect, the attention demanded by stark visual conditions can be explored against the background of the artist’s wider career. Barlach’s facility for seeing the world in sculptural terms has been discussed as a factor that first crystallised on the formative trip to the Russian steppes in 1906; the acknowledged watershed in which he established the characteristically spare style that reduced figures to bulky archetypes defined by a combination of posture and heavy clothing – the „Bildhauertemperament“ as he termed it.41 In this context, one can compare recollections of this journey with pages from the sketchbook showing the broad rolling planes and sharp-cut river valleys of the Steppes of Ukraine.42 Here, he imagines the landscape as itself a material, “sculpted out of its full mass [...] out of a joy in flat curves, and without heed for style”, and sees hills racing along the horizon like giant whales.43 Often cited in this context, the recognition that for him the world had a “plastic reality”, arose from the same attitude: “I saw that the land was waiting patiently for me to harvest it. I thought, look, it is the same outside as in, it is all real beyond measure.”44 Thus we can picture him “knife in hand” as Paul Westheim would have it, seeing the world from his embodied experience as a sculptor, if not yet one who worked regularly in wood. That it became a lasting visual habit is implied by certain passages of the Güstrower Tagebuch – the diary that he kept from the outbreak of war in August 1914 – where again he regards the landscape and its people in plastic terms. An example here that is typical of his mood at the time is the heroic attitude taken towards an encounter with a group of recruits on their way to the lake, giving him the opportunity to study their “statues of oak”.45 When it comes to the compact relief forms of the woodblocks, these can be seen to repeat the same firm visual grasp that informed the artist’s large volumes of clay and oak. Along with encouragement from Paul Cassirer, there were clear economic factors in Barlach’s adoption of the woodcut in the unstable period of 1918/19: the scarcity of materials showing in his satisfaction on finally being able to carve his planned Moses figure, described as “a decent block of wood.”46 Significantly however, once the prophet figure is completed, “all [he] can come up with are beggars.”47 In this context, one could take the view that those heavy masses of near life-sized sculptures he had begun to produce in the pre-war era have been condensed into the tight relief patterns of the woodcuts. Is there a discernible collapse signalled by the kneeling form of Christ in comparison to the sweeping momentum expressed in the warrior figure of The Avenger first modelled in clay in 1914 (known as the Berserker III)? Or is it the case that the subsequent oak version of 1922 reflects an expansion of the carved line, reversed out of the intensified woodblock format? There is a more exact

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39  Ernst Barlach, The Avenger, 1922, limewood, 57.2 x 78.9 x29.1 cm. Hamburg, Ernst Barlach Haus.

symmetry between other figures, especially those that dwell on the borderline between beggar and prophet. And it is notable how having once achieved his sculptural goal in the appropriately austere Moses (1919) that this figure, and the same intimations of an exaggerated material gravity, should reappear in relief form on the woodblocks. See for example The Rocks (from The Transformations of God, 1922) in which the hard contours of granite have apparently been transposed into the surface of the woodblock such that the prophet’s robes and even the facial features appear to be made of the same mineral elements as the background.48 Comparisons to the massive volumes of the sculpture add to a discussion of a perceived material weight in the prints. First condensed into the block and then reversed onto the page, one can argue the case for a visual gravity to these works that is equal to the iconographic pathos. In this case, what is in operation here is that firm pattern; the Prägnanz highlighted by Gestalt scientists as the attention-grabbing element in a visual field. Despite the obvious difficulties in isolating form from content, a consideration of formal strength in these terms takes us back to earlier applications of the psychology of perception by a succession of late-nineteenth-century German art historians. Setting out to explore the borders between evolutionary science and aesthetics, it was Robert Vischer who

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in his 1873 work On the Optical Feeling for Form, first employed the term Einfühlungsvermögen to describe the dynamic of projection and exchange that informs the human experience of the environment and inanimate objects.49 Explaining how “an objective but accidentally experienced phenomenon always provokes a related idea of the self in sensory or motor form,” Vischer’s focus on the mind-body continuum resulted in an effective refinement of the empathy problem referred to by John Ruskin as the “pathetic fallacy”.50 The sense of mental grandeur one gets in front of a cathedral, or its emotional opposite in a weeping willow: these Vischer sums up in a sentence that bears comparison to Barlach’s work; “I wrap myself in its garment,” is how he put it.51 In the context of the artwork, the intensification of form found there is, according to Vischer, the direct translation of the artist’s own particularly strong feeling for form. Setting aside here the largely artificial polarity established by Wilhelm Worringer’s 1908 text Abstraction and Empathy, it is possible to read Vischer’s original position as a suggestion that the notion of an embodied apprehension of the environment is in fact also integral to abstraction.52 Still in the realms of a representative art, nonetheless, the abstraction in the woodcuts of Ernst Barlach and Lyonel Feininger lies in the selective extraction of essential forms from nature, translated into salient pictorial elements that build an overall relief pattern. Before exploring this further, it is worth noting briefly how Vischer’s premise is further supported by his close contemporary Adolf Hildebrand, whose widely-read text of 1893, The Problem of Form in the Fine Arts, defined the operation of “effective form” as something both selected from the visual field and condensed into the work.53 From his point of view as a sculptor, it is significant that Hildebrand points to relief as the most effective artistic form, describing it as a sort of visual staging post between the volumetric forms of the real world and the planar layering of a surface. In this method of representation, described as “the vessel in which the artist creates and holds nature”, Hildebrand writes, “the visual sense, stimulated in a thousand ways, finds its centre of gravity, its stable relations, and its clarity”.54 Insights into empathy and relief structures help to throw light on the perception of tangible form transferred from the block to its imprint on the sheet. If, like Hildebrand’s staging post, it can be regarded as an interface that looks both to the artist’s apprehension of spatial volumes and to their reduction into black and white surface rhythms, then we arrive at a process of exchange of positive and negative, subject and object, that fits the early formulations of artistic empathy. And in respect to the “pregnant” dynamic identified in woodcut critique, it is possible to consider the flat printed forms as retaining a strong trace of an original visual apprehension, set into the block in the manner of a cast. In support of this suggestion, one can turn to Rudolf Arnheim’s formulation of abstract art as a dynamic of interaction, from an essay written expressly to counter Worringer’s problematic dichotomy and to update empathy theory within the Gestalt framework: “is not any genuine encounter with a work of art the exact opposite [of the subjective projection], namely, animation flowing from the work and imposing the impact of its life upon the beholder?”55

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Problems of a Visual Order A view of the woodblock as a site of exchange has relevance to the work of Lyonel Feininger, particularly in the light of his repeated claims to be on the search for visual order. Taking up the case for the woodcut phase as an arena of visual problem-solving, one can look to the woodblocks for further insights into some of the technicalities of the process. Here I will take two prominent motifs from Feininger’s repertoire and consider how the forms observed in the environment are translated via a series of reversals into the woodcut print. This begins with one of the most cited statements in connection to Feininger’s art, written soon after he first changed course towards a fine art career, to the effect that, “What we see needs to be inwardly transformed and crystallised.”56 Characteristic of the juxtaposition throughout the artist’s career of a distinctive romanticism with a pronounced pursuit of formal solutions, a similar tone attaches to later expressions of a “longing” towards architectural structures such as the church spire. While such assertions of Sehnsucht have generally been interpreted in terms of the Romantic tradition, they also contain clues to a pronounced eye for visual order.57 Consider for example the observation, made in a letter to Alfred Kubin, that, “the laws of nature which we uncover when we are able to create, are and remain unimaginable for others. Our sensibility, our faculty for receiving impressions, our longing reveal new laws of nature, visible only to our eyes.”58 The crystallisation process would begin in the sketch or “Natur Notiz” as Feininger called it, already containing an initial pictorial essence.59 Regarding the succession of drawings that represent the next stage in the creative process – whether as a finished work or preparatory to graphics or oils – it has been observed that the period directly preceding the woodcut engagement was one in which the use of charcoal became increasingly emphatic. In works defined by a strong network of broad and regular lines, the wide charcoal stroke offers a stage of monochrome design between surface and line, and one that after the woodcut phase increasingly becomes replaced by watercolour or ink wash work.60 What has not been established is how exactly the transferral of motifs into distinct print forms was accomplished. On the basis of comments from the artist (and in the absence of evidence for the use of transfer drawings) it has generally been assumed that the methods used were relatively free.61 Already confident in wood-carving from his previous activities, it is possible to picture the artist moving rapidly from one design to the next with an energy and concentration that translates into dynamic pictorial structures – and this despite the fact that, as expressed in a letter to his wife, the hard physical work was a particular strain on the chest muscles.62 The result of this rapid production cycle is that, alongside those blocks for “master” images fully blackened by use, there are some which retain little signs of inking. On the reverse side of some finished works are to be found traces of carving having been started on the basis of a sketch and then abandoned. Illustrated here is a design from the verso of the work for Topsail Ketches of 1931 showing a tight network of ruled pencil lines beginning in the middle of a motif, with

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40  Lyonel Feininger, unfinished woodblock carving, verso of Topsail Ketches, 1931, 17.5 x 24.2 x 75 cm. New York, Museum of Modern Art.

faint traces of an overall design and its frame. What is most striking in this unidentified fragment of relief is the mix of precision and what looks like considerable freedom. Providing evidence for an independent means of composition developed “out of the logic of the medium,” the tight network of splintered forms can be identified here in terms of the distinctive “modular” system first suggested by Stefan Hauser. By this argument, the carved ribs or bars cease to function as outlines of representative form, instead coming to define the construction of an abstract pictorial structure.63 From the start, it is evident that Feininger’s readiness to improvise was inseparable from the careful refinement of a work in progress. That this experimental procedure did not always bring success is also apparent; it not being until the block is cut and a proof made that he can fully judge the quality of the design. A letter to Walter Gropius written during work on the famous Bauhaus woodcut reports that Feininger has had to abandon the initial design in favour of a more suitable piece of wood, larger in format and with a suitably tight grain.64 Paul Westheim offers thoughts on the conjunction of material resistance and mental image in relation to Edvard Munch – in comparison to Feininger, an artist unequivocally in the camp of material authenticity. While we might regard Munch’s woodcuts as primarily

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the product of manual concerns, Westheim writes, “in reality, it was only through this cutting and inking and combining and printing that an already envisaged image was able to take its own shape.”65

Figure and Ground Feininger’s blocks demonstrate an advanced facility for formal reversals that defines both the construction of the image and its reception. With reference to the constructive influence of the extensive practice in caricature at the beginning of his career, Ulrich Luckhardt has brought attention to the fact that the “inversion of values” was already a conscious practice.66 Emerging in the witty mastery of contrast in cartoons such as the brilliantly louche Exactitude published in Le Témoin, 1907, this device is subsequently extended in abstract experiments with light values.67 In this respect, Luckhardt points to the charcoal drawing of a railway bridge and its reflection from 1913, which the artist subtitled Inversion of Values.68 Why would the woodcut medium make an ideal arena for working out these problems of value? Thinking here of the basic elements of the woodcut as a whole – relief and trough, black and white – one could argue that there already exists an inherent equality between negative and positive values. Hence the visual tension, for example, created by the impression that relations of figure and ground are in a contained state of flux. When it came to Feininger’s crisis over colour and form during the time of World War I and a determined search for rhythm and clarity, he thus hit upon a medium in which the principles of ultimate reversal could be exercised in isolation from painterly concerns. One further observation on process is instructive in this respect, and this concerns the spaces between the matchstick-like modules that we have seen to define the geometric complexity of much of Feininger’s work. The white space is an area that interested William Ivins of the Metropolitan Museum in New York when he was writing about the woodcuts of Albrecht Dürer in the 1920s.69 In setting out his argument for the satisfying “visibility” of these art works, Ivins made the point that it all comes down to the clarity of the whites. On the one hand, by his argument this is because black as a colour does not exist; in a print black signals a blotting out of the paper by the ink. However, “The whites we do see, and it is the shapes and forms and contours of the whites that make the picture for us.” This point seems counter-intuitive, as at first sight it seems the black holds the materiality and the white belongs to the ephemeral space. But his argument for the visual impression being created by the empty spaces adds a material element here too, because in the woodcut they represent the areas on the printing surface on which the work has taken place. We can look at work and material resistance as a productive factor in Feininger’s acknowledged relations of space and light. The woodcut of The Windmill makes an interesting example for both aspects, beginning with the motif’s symbolic significance.

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41  Lyonel Feininger, The Windmill, 1919, 25.5 x 30.5. Quedlinburg, Lyonel-Feininger-Galerie, Sammlung Dr. Hermann Klumpp.

A lithograph of a windmill counts as one of the earliest independent works, dating from the period when, under instruction from Julia Berg (later Feininger) who had studied at the School of Fine Arts in Weimar, he learned to execute his own works in lithograph and etching.70 Letters from Feininger to Julia from the year after they first met make several mentions of the windmill motif, which represents an attitude of resistance to adversity – meaning in this case not only the complicated circumstances of their romance, and the position of the artist in society, but equally, so it seems, the hard work involved in graphic production. Thus he writes, “[...] the mill stands for hard work; work like a mule [...] and the more the wind of opposition blows, the better it goes, the beloved mill” (the pun on the word Mühle here is typical of a characteristic agility with words which accompanies the artistic skill) (Farbabbildung 13).71 Pictured here with its block, the pictorial format follows a crayon drawing based on the windmill at Neppermin on the Baltic island of Usedom.72 Characteristic of the artist’s fascination for natural light sources, the design is based on a decisive division of dark and light in the sky that takes up over two-thirds of the surface area and is balanced by reflec-

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tive patches of light and shadow arranged across the low rise of ground and village buildings. Enlivened by minimal strokes of positive on negative and vice-versa, the two opposing masses give the impression that the heavy curtain of rain cloud sweeping in from the left is being held back by the dynamic force of the windmill sails, fixed to the solid body of the building still bathed in the full light of the sun. A view of the woodblock highlights further the striking contrast between a theme of light and movement and the solid, dark medium. Here we see the image in its negative format, where light hits the salient relief areas that will print in black. By contrast, the hollow furrows which will in due course appear white on the paper surface, appear dark in this reverse view. And one can consider a further inversion in relation to the windmill as the driving force of the scene, which in this view appears to be chopping up splinters of the sun-filled sky to feed them to the cloud, rather than the other way around, as intimated in the print. This observation, if it holds our attention in this active manner, might also hint at the experimental approach to the surface; those windmill blades seeming to mimic the artist’s knife. Featuring alongside The Windmill in the retrospective held at the Kronprinzenpalais in Berlin to mark Feininger’s sixtieth birthday in 1931 was another masterwork of woodcut. Based on a church also on Usedom, Benz (1919) shares a common feature with other wood-cut representations of Feininger’s ultimate leitmotif, in which these isolated forms take on an exaggeratedly jagged shape, again derived from the logic of the medium. This is particularly noticeable in the work in question, where a comparison of two states shows how the whole tower has been carved away to effect a stark reversal between the two serial versions.73 As an abstraction of the artist’s favourite church towers observed in his journeys around Thüringen and the Baltic region, the sharp forms are apparently the result of a specifically wooden cut – one in which the resistance of the brittle wood to knife or chisel defines its character. Beyond the positive form of the solid tower – whether black or white, or colour, depending on Feininger’s paper choice – this jagged motif has a negative partner in other images where it is inverted to represent a shaft of light – or lightning, for instance. This form is found cutting downwards through a dark backdrop which, depending on the scene, can be a bank of cloud, a screen of houses, or a solid curtain of pine trees.74 If we think again of the artist’s expression of Sehnsucht towards the salient features of the visual world, it appears his attention was equally drawn to structures as to the spaces between. Perhaps it was the physical excavation of space that clarified these relationships, in turn producing the clear forms inherent to the woodcut medium. Here we find another angle on assertions of Materialgerechtigkeit. For while Feininger’s approach appears to depend on the surface of these modest boards chiefly as an experimental resource for solving basic pictorial issues, nonetheless the technical restrictions can unquestionably be regarded as the ground from which the image takes its particular intensity. Comparisons to the psychology of perception reveal that figure-ground relationships are central to questions of artistic vision. Thus Rudolf Arnheim maintains that, where it is

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the salient features that attract visual attention in everyday life, the artist is “trained to perform perceptual reversals daily” by looking at the spaces between the objects.75 It is also a key feature of the methods employed in the development of Gestalt theory; the process described as the phenomenological reduction which requires an element of alienation in order for us to be able to rethink our place in the world by means of a focus on immediate perception (described by Edmund Husserl in terms of a moment of “pure seeing”).76 In his description of this vantage point, the philosopher Maurice Merleau-Ponty uses a phrase that comes curiously close to elucidating the problem-solving function of the woodcut. Thus he writes, in The Phenomenology of Perception: the adoption of this new way of looking at things, which reverses the relative positions of the clear and the obscure, must be undertaken each one for himself, whereupon it will be seen to be justified by the abundance of the phenomena which it elucidates.77

In closing this discussion of figure and ground, we can return to Ernst Barlach’s woodcuts for a final consideration of the reverse dynamic that informs and defines the surface rhythms. If the Russian diary records the recognition that a landscape must be experienced inwardly in order to be turned into effective outer form, a related remark written from his travels in Italy in 1909 shows the continuation of this attitude: “I don’t know”, he writes, “do we go through the world, or does the world go through us?”78 After settling in the town of Güstrow in Mecklenburg in 1910, Barlach took up the practice of walking daily through the flat water-meadows and along birch-lined sandy paths that surround the lakes outside of town. Observations from these walks, on which he was often accompanied by his small son, indicate not just the therapeutic elements of this contact to nature, but also that it had a productive effect on his art. The practice took on greater creative import during wartime, when materials and work time were scarce. When, in a passage from the Güstrow Diary of 1915, he describes his recent occupation as a “chiselled meadowstrider”, the suggestion is of the embodiment of one of his own familiar carved figures.79 Later letters report how ideas for projects came to him “im Freien”: this was the case for the play Der Findling (1922); and for the illustrative cycle to Schiller’s An die Freude (1927).80 Could one argue that the patterns of seeing laid down in the course of these walks have left their imprint in the web of lines that define the visual dynamic of the woodcuts? If indeed some of the embodied experience of the environment can be seen to resurface in the prints, then this would meet Vischer’s original theory of empathy. By this argument, it is the Spur or trace of this lived experience – another aspect to the work – which is translated by a series of reversals into the woodcut block and its print, to resonate again in the reception. Barlach’s attitude to the environment inspired a poetic response from Reinhold von Walter, author of the post-revolutionary poem Der Kopf which was the vehicle for the artist’s first woodcut project of 1919.81 In a text of 1927, von Walter attributes the impres-

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sion of saturated space in the works to the artist’s “direct relation to infinity.” In terms which strike another chord with ideas of embodied seeing, the poet describes how Barlach rejected concepts and rules, and instead “took to the woods: entering, that is, into the surplus, the overflowing, endless space which filled him so entirely that he found a way to fill the space in turn.” He continues: “Space demands to be turned into form, just as form would never exist without space.”82 This essay has offered some thoughts on the woodblock as a material interface between artistic vision and finished print. Revisiting the notion of the „unverfälschte Werksprache“ of the woodcut print, it would seem that there is plenty to be learned about the work process, even when it turns out not to reveal such mysteries as were longingly sought in an Expressionist ideology of wood. What is uncovered in a view of surfaces that for the most part remain hidden is that there is another side to the picture of the art form beyond its associations with the stark black-and-white polarity expressed in terms of the Zeitgeist. This alternative view brings to light the artists’ fluid engagement with a resistant material and, moreover, the facility for a productive reversal of values that applies both to the structures of relief patterns and to the structures of vision. An investigation of positive and negative exchange in the work process reveals how two apparently opposing values together form an integral whole, thus allowing us to consider that the emotive Expressionist reception was underpinned by a compelling visual attention. Whether this qualifies the woodcut to be classed as the artistic equivalent of ‘good Gestalt’ will remain open to question. However, it seems we have to agree with Paul Westheim that there is something to be explored here that would not be possible without the wood.

Notes 1

„Alle die Probleme, die den Künstler sonst erregten, waren gleichgültig geworden gegenüber dem Erlebnis, dass in so einer Holzfläche ein künstlerisches Eigenleben steckte [...] Instinktiv begriff man, dass nur hier die Entwicklungsmöglichkeit zu suchen sei, dass man so Zwingendes, wie es diese unverfälschte Werksprache in sich hatte, wieder in das Schaffen hineinbringen müsse.” Paul Westheim, Holzschnitt und Monumentalkunst, in: Das Kunstblatt Vol. 2 No. 1, [1918], Kraus Reprint 1978, pp. 33–51.

2

“[Der Holzschnitt] wurde recht eigentlich zum Wahrzeichen der neuen Kunst.” Curt Glaser, Die neue Graphik, in: Kunst und Künstler 18, 1920, p. 58.

3

Carl F. Rumohr, Zur Geschichte und Theorie der Formschneidekunst, Leipzig 1837, p. 3.

4

The significance of this history, and the issue of the Dürer Paradigm are discussed in Stephan Hauser, Überlegungen zu Charakter und Stellung von Lyonel Feiningers Corpus der Holzschnitte, in: Lyonel Feininger. 200 Holzschnitte aus Privatbesitz, Exhib. Cat. (Ludwigsburg, Kunstverein and Chemnitz, Städtische Kunstsammlungen, 1995/1996), ed. I. Mössinger, Ludwigsburg 1995, pp. 12–26.

5

References to individual works are made according to the relevant catalogues: Ernst Barlach, Werkverzeichnis I, Die Druckgraphik, eds. E. Laur and V. Probst, Leipzig 2001; Leona E. Prasse, Lyonel Feininger. A Definitive Catalogue of his Graphic Work, Etchings, Lithographs, Woodcuts, Berlin/Cleveland 1972.

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  6 Howard Morphy, Art as Action. Art as Evidence, in: Oxford Handbook of Material Culture Studies, eds. D. Hicks and M. C. Beaudry, Oxford 2010.   7 Dermot Moran on Edmund Husserl’s “slogan”, in: The Phenomenology Reader, eds. D. Moran and T. Mooney, London/New York 2008, p. 1.   8 This term has been suggested by Christian Weikop, see, for example, his essay, Karl SchmidtRottluffs Arborealer Expressionismus, in: Rosa. Eigenartig Grün. Rosa Schapire und die Expressionisten, ed. S. Schulze, Hamburg, 2009, pp. 186–215.  9 See Monika Wagner, Wood. “Primitive” Material for the Creation of “German Sculpture”, in: New Perspectives on Brücke Expressionism Bridging History, ed. C. Weikop, Farnham 2011, pp. 71–88. 10 „Vielleicht war das Überwältigende zunächst gar nichts anderes, als dass das Auge, je weiter man sich in diese Dinge hineinsah, geschärft wurde für die Gewalt, die – ganz primitiv gesprochen – einer vom scharfen Eisen in Holz gerissenen Linie innewohnen könne, oder dass das Gefühl geweckt wurde für die feine, unnachahmlichen Strukturen, die eine eingeschwärzte Holzfläche beim Abdrucken aufträgt. Damit ergab sich auf Einmal etwas, was ohne das Holz nicht zu erreichen war”. Westheim 1918 (note 1), pp. 42–44. 11 Elisabeth Laur compares Barlach’s more sober practice to that of Edvard Munch in this respect— despite significant formal similarities in the end result. See Barlach Werkverzeichnis 2001 (note 5), p. 11 and 16. 12 See Björn Egging, Becoming a Bauhaus Artist. Lyonel Feininger, Woodcuts, Exhib. Cat. (Quedlinburg, Lyonel Feininger Galerie, 2013), Bielefeld 2013, pp. 24–36. 13 For a full introduction to the works, see Barlach Werkverzeichnis 2001 (note 5). Also: F. Carlo Schmid, Ernst Barlach als Buchkuenstler, in: Librarium. Zeitschrift der schweizerischen Bibliophilen-Gesellschaft, Jahr 42, Heft 1, May 1999, pp. 50–60; and „Also auch Herzenssache“. Ernst Barlach als Druckgraphiker, Exhib. Cat. (Brussels, Musée Charlier and Güstrow, Ernst-Barlach-Stiftung, 1999), ed. V. Probst, Köln 1999. 14 On the question of whether the works printed from zinc facsimiles lack the material force of those printed directly from the wood, the argument advanced here considers the wooden surface primarily as a resource, rather than a material mined for its own agency, and takes the view that the relief rhythms essentially remain the same. 15 See Ulrich Luckhardt, Die Stadt am Ende der Welt. Das Spielzeug von Lyonel Feininger, Köln 1998. 16 “Immerzu bin ich aber zufrieden und glücklich dabei, es ist eine Art der Produktion, die meinen mechanischen Instinkten vollauf entspricht und ich habe fortwährend dabei zu übersetzen, vereinfachen, zweckmässig zu gestalten.” Letter to Julia, 24.5.1914, in: Feininger Papers, Houghton Library, Harvard University (Hou BMS Ger 146.1). 17 See introductory essay to Prasse 1972 (note 5), pp. 29–33. 18 Letter to Paul Westheim, March 1917, translated in: June Ness, Lyonel Feininger, London 1975, pp. 27–28. 19 Prasse 1972 (note 5), cat. no. W144, and see reproductions in Egging 2013 (note 12), pp. 134–144. 20 See Ernst Barlach, Werkverzeichnis III.1: Die Zeichnungen, eds. A. Wittbold and E. Laur, Güstrow 2013, cat. no. 8. 21 Two recent publications throw considerable light on the Kubin connection. See Lyonel Feininger – Alfred Kubin. Eine Künstlerfreundschaft, Exhib. Cat. (Ingelheim, Museum Altes Rathaus and Vienna, Albertina 2015), ed. U. Luckhardt, Ostfildern 2015; Lichte Finsternis – Alfred Kubin und Ernst Barlach; Exhib. Cat. (Güstrow, Ernst Barlach Stiftung and Hamburg, Ernst Barlach Haus, 2015), eds. K. Müller and H. Thieme, Hamburg 2015. 22 Leopold Reidemeister, Der Holzstock als Kunstwerk. Karl Schmidt-Rottluff. Holzstöcke von 1905 bis 1930 (Brücke Archiv Heft 13/14), Berlin 1983.

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23 Rosa Schapire, Karl Schmidt-Rottluff. Das graphische Werk bis 1923, Berlin 1924. 24 “Daran wird deutlich, dass die gedruckten Bilder mit keiner anderen Technik hätten hergestellt werden können”, Günther Gercken, Der Holzstock als Druckplatte und Skulptur, in: Karl SchmidtRottluff. Die Holzstöcke, Exhib. Cat. (Berlin, Brücke Museum, 2011) ed. M.  Moeller, München 2011, p. 8. 25 „[Der Abdruck] opfert das den Künstler inspirierende Material, das Holz [...] er verzichtet auf das Relief zuliebe eines flächigen schwarz-weiß Druckes auf Papier.” In Reidemeister 1983 (note 22). 26 Barlach Werkverzeichnis 2001 (note 5), cat. no. 58. 27 See F. Carlo Schmidt in Barlach 1999 (note 13), p. 35. 28 “In solcher Situation bietet sich auf einmal der Holzschnitt dar als ein werkmäßiges Arbeiten, als ein Schneiden mit scharfem Messer im harten Material, wenn man will als geradezu körperliches Überwinden von Widerständen, die in dem Verfahren liegen.” Westheim 1918 (note 1), p. 51. 29 „Die Prägnanz, die eine einfache, ungekünstelte handwerkliche Arbeitsweise [dem Künstler] zu geben vermochte, war ihm gerade recht.” Paul Westheim, Das Holzschnittbuch, Potsdam 1921, p. 183. 30 Max Wertheimer, Untersuchungen zur Lehre von der Gestalt II, in: Psychologische Forschung 4, 1923, translated as ‘laws of organisation in perceptual forms’, in: A Source Book of Gestalt Psychology, ed. W. D. Ellis, London and New York, 1955, pp. 71–88. 31 Rudolf Arnheim, Art and Visual Perception. A Psychology of the Creative Eye, Los Angeles 1974, p. 161. 32 Letter to Alfred Kubin, 13.3.1919, in: Ness 1975 (note 18), p. 54. 33 “Aber ich freue mich, endlich wieder einen Stock zu schnippeln [...] Das ist für mich so gut, als Disziplin.” Letter to Julia, 29.9.1931, in: Feininger Papers (note 16). The woodcut in question is most likely Strasse in Treptow, in: Prasse 1972 (note 5), cat. no. W269. 34 “Mir gefällt das Verfahren sowie der Zwang zum Harten und Festen.” Letter to Reinhard Piper, 19.12.1918, in: Ernst Barlach, Die Briefe I, ed. F. Droß, Berlin 1968, pp. 532–533. 35 “Ich habe, um nicht auseinanderzufallen, eine neue Technik gelernt und mich auf den Holzschnitt geworfen, das half mir mit wütender Arbeit über die letzten Monate hinweg.” Letter to Friedrich Duesel, 28.12.1918, in: Barlach Briefe 1968 (note 34), p. 533–534. 36 See Barlach Werkverzeichnis 2001 (note 5), cat. no. 8. 37 “Fast möchte ich Dich zum Holzschneiden verführen, es ist eine Technik, die zum Bekenntnis herausfordert, zum unmissverständlichen Darlegen dessen, was man letztlich wirklich meint.” Letter to Karl Barlach, 30.1.1920, in: Barlach Briefe 1968 (note 34), pp. 469–470; the reaction of Käthe Kollwitz on first seeing these works is well documented. See for example Anita Beloubek-Hammer, Ernst Barlach. Zeichnerische und graphische Meisterwerke, Leipzig 1997, p. 19. 38 The transfer process is by no means clear; see in this respect the discussion in Inge Tessenow, „An die Freude“. Barlachs Illustrationen zu Schillers Hymne (Güstrower Jahrbuch 2006), ed. F.-C. Neubert, Güstrow 2005, pp. 48–57. Some of these Pausen are preserved in the archive, stuck by the artist into the preliminary pages of certain books for dedication or safe-keeping. See Barlach Werkverzeichnis 2013 (note 20). 39 F. Carlo Schmid in Barlach 1999 (note 13), pp. 25–29. 40 The specific instance here is Barlach’s response to a comment on the „Prägnanz“ achieved in his recent drama Die echten Sedemunds: „was mich besonders beglückte, da es mir so bitterlich mit Einfachheit zu tun ist ... ich möchte, so Gott will, doch einmal die wirkliche Einfachheit erzielen.“ Letter to Leo Kestenberg,1.4.1920, in: Ernst Barlach 1968, pp. 575–576. 41 Barlach’s reference to the ancient stone figures encountered on the Steppes. See Helga Thieme, Crystallisierung des Irdischen, in: „aussen wie innen“. Russland im Werk Ernst Barlachs, Exhib. Cat. (Güstrow, Ernst Barlach Stiftung, 2007), ed. I. Tessenow und H. Thieme, Güstrow 2007, p. 77. On

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the significance of Barlach’s sculptural seeing in this context see also Beloubek-Hammer 1997 (note 37), pp. 10–12. 42 An example is Zwischen Charkow und Belgorod, in: Ernst Barlach 2013 (note 36), cat. no. 620. For an interesting discussion of the embodied perception of landscape demonstrated in this and other works, see Volker Probst, „Wolke Däubler“ über Güstrow. Die Elemente Erde und Luft bei Ernst Barlach, in: Ernst Barlach und die Elemente, Exhib. Cat. (Güstrow, Ernst Barlach Stiftung et. al., 2000), eds. V. Probst and H. Thieme, Güstrow 2001, pp. 45–63. 43 Ernst Barlach, Die Steppenfahrt, Berlin 1912, p. 1. 44 „Ich sah, dass das Feld schnittreif meiner harrte [...] Ich dachte: sieh, das ist aussen wie innen, das ist alles ohnemaßen wirklich.” Ernst Barlach, Ein selbsterzähltes Leben, Berlin 1928, p. 65. I am grateful to Henrike Haug for pointing out the harvest reference in this passage. 45 „[Da] überholten uns Soldaten, die zum Baden wollten [...] und ließen uns ihre Eichstatuen zum Studium.” Ernst Barlach.Güstrower Tagebuch (1914–1917), ed. U. Bubrowski, Hamburg 2007, p. 40. 46 “Ich habe diese Tage einen ordentlichen Klotz Holz fertiggehauen.” Letter to Reinhard Piper, 14.4.1919, in: Barlach Briefe 1968 (note 34), pp. 543–545. See Ernst Barlach. Das plastische Werk, Werkverzeichnis II, eds. E. Laur and V. Probst, Leipzig 2006, cat. no. 273. 47 “Ich hatte gedacht, ich könnte auf der Bahn des ‚Moses‘ weiterkommen, aber wenn ich zugreifen und losschreiten will, werden immer wieder Bettelmänner daraus. Ich bin eben recht eng eingekreist, und es nützt nichts, mit Gewalt irgendwo hinauszubrechen.” Letter to August Gaul, 20.1.1920, in: Barlach Briefe 1968 (note 34), pp. 568–569. 48 Barlach Werkverzeichnis 2001 (note 5), cat. no. 69.10. 49 Robert Vischer, Über das optische Formgefühl. Ein Beitrag zur Aesthetik [1873], in: Empathy, Form and Space. Problems in German Aesthetics, 1873–1893, eds. and trans. H. F. Mallgrave and E. Ikonomou, Pennsylvania 1993, pp. 89–123. 50 John Ruskin, Modern Painters [1856], V Vols., Vol. III part 4. 51 Empathy, Form and Space 1993 (note 49), p. 101. 52 See for example, Magdalena Bushart, Changing Times, Changing Styles. Wilhelm Worringer and the Art of his Epoch, in: Invisible Cathedrals. The Expressionist Art History of Wilhelm Worringer, ed. N. H. Donahue, University Park/PA 1995, pp. 69–85; Barlach’s admiration for Worringer is evident from a letter to Reinhard Piper written on receipt of the 1911 book Formprobleme der Gotik: „Alles von W ist mir überraschend“, 21.7.1911, Barlach Briefe 1968 (note 34), p. 374. 53 See Conrad Fiedler and Adolf Hildebrand, The Problem of Space and Form, in: Empathy, Form and Space 1993 (note 49), pp. 29–39. 54 Empathy, Form and Space 1993 (note 49), p. 252. 55 Rudolf Arnheim, Wilhelm Worringer in Abstraction and Empathy, in: Rudolf Arnheim, New Essays on the Psychology of Art, Berkeley 1986, pp. 50–62 (here, p. 55). 56 Letter to Julia, 29.08.1907, in: Ness 1975 (note 18). 57 See for example Roland März, The Cathedral of Romanticism, in: The Romantic Spirit in German Art, 1790–1990, ed. K. Hartley, London 1994, pp. 164–169. 58 Letter to Alfred Kubin, 15.6.1913, in: Ness 1975 (note 18). 59 See Wolfgang Büche, Die Natur-Notizen. Brücke zwischen Realität und Vision, in: Lyonel Feininger. Von Gelmeroda nach Manhattan, ed. R. März, Berlin 1998, pp. 286–293; see also Barbara Haskell on the “magnetic cohesion between Lyonel Feininger and his subject” in the sketch, in: Barbara Haskell, Lyonel Feininger. At the Edge of the World, Exhib. Cat. (New York, Whitney Museum of American Art and Montréal, Musée des beaux-arts, 2011/2012), New York 2011, p. 51. 60 See Egging 2013 (note 12). 61 See Prasse 1972 (note 5).

On the Woodblock and its Print in Weimar Germany I 165

62 „... ich bin ganz Brustmüde, vom vielen Sitzen und Holzschneiden  – obendrein schlechte Schnitte!”, in: Letter to Julia, 7.7.1919 in: Feininger Papers (note 16). 63 Hauser 1995 (note 4). 64 The three stages of the design (Prasse 1972 [note 5], Cat. Nos. W143 I/II and 144) are reproduced along with the letter in Egging 2013 (note 12). Note this letter also shows one of the first examples of a woodcut letterhead design. 65 „[...] in Wirklichkeit dürfte das, was als Vorstellung in ihm trieb, gerade durch dieses Schneiden und Tönen und Kombinieren und Drucken sein eigentliches Gepräge erst erhalten.” Westheim 1918 (note 1), p. 34. 66 Ulrich Luckhardt, Lyonel Feininger, Munich 1989. 67 Repr. in Egging 2013 (note 12). 68 Luckhardt 1989 (note 66), p. 33. Of further interest in respect to this title is Anita BeloubekHammer’s discussion of the theme of positive and negative in the context of Vitalist philosophy. See her essay, Inversion of Values/Umkehrung der Werte. Zum Einfluß der Lebensphilosophie Henri Bergsons auf Lyonel Feiningers Kunstauffassung, in: Jahrbuch der Berliner Museen 35, 2011, pp. 33–43. 69 William M. Ivins, Woodcuts by Albert Dürer, in: William M. Ivins, Prints and Books, informal papers, Cambridge 1926, pp. 89–97. 70 Prasse 1972 (note 5), cat. no. L3, 1906. 71 Letter to Julia, 9.1.1906, in: Feininger Papers (note 16). 72 1911, repr. in: Egging 2013 (note 12), p. 198. 73 Prasse 1972 (note 5), cat. no. W149 I & II; repr. in Egging 2013 (note 12). 74 A prime example is Road in the Forest, 1918, Prasse 1972 (note 5), cat. no. W26; see my discussion of these lightning forms in relation to “final form” in Niccola Shearman, Seeing Is Everything. On the Visual Demands of Lyonel Feininger’s Woodcuts, in: Immediations, Courtauld Institute Journal of Postgraduate Research, ed. H. Peel (et. al.), London 2014, pp. 8–29. 75 Arnheim 1974 (note 31), p. 236. 76 See Dermot Moran, The Exclusion of the Natural Attitude and the Reduction, in: Reader 2008 (note 7), pp. 14–16. 77 Maurice Merleau-Ponty, The Phenomenology of Perception, trans. C. Smith, London/New York 1962, p. 27. 78 Letter to Reinhard Piper, 17.5.09, in: Barlach Briefe 1968 (note 34), p. 316. 79 Ernst Barlach, Güstrower Tagebuch, 17.7.1915. 80 “Den Findling habe ich mir im Freien zusammengesucht. Ich weiss von jedem Stücke, ich weiss von jeder Wendung, die mir auf meinen Wegen einfiel, noch Strauch und Baum”, Ernst Barlach, cited in Ernst Barlach. Das druckgraphische Werk. Dore- und Kurt-Reutti-Stiftung, Exhib. Cat. (Bremen, Kunsthalle, 1968), ed. H. Bock, Bremen 1968. The Schiller images also came to the artist ‘in the woods’. See Letter to Karl Barlach, 12.9.24 in: Barlach Briefe 1968 (note 34), pp. 729–730. And on this subject, Tessenow 2005 (note 38). 81 Barlach Werkverzeichnis 2001 (note 5), cat. no. 55. 82 „[...] das heißt, in den überflüssigen, überfließenden ewigen Raum, der ihn so sehr erfüllte, dass er ihn zu erfüllen vermochte [...] Der Raum fordert sich die Gestalt heraus, wie auch die Gestalt ohne den Raum nimmer bestünde.“ Reinhold von Walter, Ernst Barlach. Eine Einführung in sein plastisches und graphisches Werk, Berlin 1927, p. 5.

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Ekaterina Petrova

Von Index zu Ikon Transfigurationen der Arbeitsspur im zeichnerischen Werk von Auguste Rodin Die Handzeichnung gilt spätestens seit der Renaissance als dasjenige künstlerische ­Medium, das eine unmittelbare Nähe zur Künstlerhand und zur Werkgenese suggeriert.1 Diese Nähe, die im Konzept des disegno eine kunsttheoretische Aufwertung erfahren hat, gründet zunächst in ihrer praktischen Funktion als Entwurfsskizze, sie erklärt sich aber wesentlich auch aus den Spezifika ihrer Rezeption.2 Die frei gezeichnete Linie wird, unabhängig von ihrer mimetischen Funktion in einem graphischen Gefüge, stets auch als Strich – als Spur einer Berührung und einer Bewegung – wahrgenommen.3 Die Sichtbarkeit aller diskreten Markierungen auf dem nicht zur Gänze bedeckten und somit stets präsent bleibenden Zeichengrund fordert die Betrachtenden heraus, den Werkprozess imaginär nachzuvollziehen und auf diese Weise das graphische Gefüge erneut gleich-­ sam zu konfigurieren. Die dem Medium Handzeichnung aus rezeptionsästhetischer Sicht inhärente Spontaneität kommt in der Kunst der klassischen Moderne einer Ästhetik des Ausdrucks entgegen. Um 1900 wird die Handzeichnung vermehrt als unmittelbare Aufzeichnung von Gesten und Empfindungen aufgefasst und kann seitdem als Ort der Spur schlechthin angesprochen werden.4 Diesen Ort der Spur, in Hinblick auf seine ideologischen und praktischen Voraussetzungen und seine bildtheoretischen Implika­ tionen, möchte ich im Folgenden anhand einiger Zeichnungen von Auguste Rodin er­ kunden. Auguste Rodin (1840–1917) ist in erster Linie als Wegbereiter moderner Plastik und Skulptur in die Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts eingegangen.5 Als seine bedeutendsten Errungenschaften werden vor allem verschiedene Arten der Dynamisierung der plastischen Form diskutiert. Zum einen suggeriert die bewegte Oberfläche von Rodins Plastiken eine sich in Fluss befindliche Materie, zum anderen evozieren die labilisierten und angespannten Körperhaltungen seiner Figuren einen energetisch aufgeladenen Raum. Die Artikulation von abstrakten Energien in Rodins Plastiken überlagert sich indes mit dem energetischen Potential ihrer tatsächlichen Materialität. Die Herstellungsprozesse der Plastik schreiben sich als absichtliche Störungen der Werkoberfläche sichtbar in das Gewebe der Figur ein und erzeugen somit Brüche in der Ordnung mimetischer Darstellung. So präsentiert sich Rodins Kunst, aus heutiger Perspektive, gleichsam im Sinne einer process art – als Funktion ihres Materials und ihrer Entstehungsbedingungen.6

Transfigurationen der Arbeitsspur im zeichnerischen Werk von Auguste Rodin I 167

Eine Werkdimension, die in der produktionsästhetisch akzentuierten Diskussion von Rodins Modernität bis heute weitgehend unberücksichtigt blieb, ist seine äußerst intensive Betätigung als Zeichner.7 Diese könnte sich, besonders in Hinblick auf die affirmative Einbeziehung von Spuren des Arbeitsprozesses in seinen plastischen Werken, als aufschlussreich erweisen. Dennoch haben die folgenden Ausführungen nicht das Ziel, Spuren der Arbeit im zeichnerischen Werk Rodins in Analogie zu seiner Plastik aufzuzeigen.8 Sie setzen mit der Reflexion auf einer anderen Ebene ein, indem sie ausschließlich auf das Medium Zeichnung fokussieren und hier verschiedene Modi der Spur anschaulich zu machen und begrifflich zu fassen versuchen – mit der Erwartung, dass sich auf diese Weise künstlerische Phänomene mit historisch symptomatischem Charakter aufspüren ­lassen.9 Das Jahr 1896 markiert eine Zäsur in der zeichnerischen Tätigkeit Rodins. Zum einen tritt zu diesem Zeitpunkt die Zeichnung erstmals als kreatives Ausdrucksmittel mit Werkcharakter auf, zum anderen erneuert und intensiviert sich die graphische Produktion des Künstlers.10 Nun wendet sich Rodin dem lebenden Modell zu, das sich frei im Atelier bewegt, tanzt oder in unstabilen akrobatischen Haltungen verharrt.11 Parallel hierzu entwickelt er auch eine neuartige Zeichenmethode, die bereits von seinen Zeitgenossen als Besonderheit wahrgenommen wird. Ohne die Augen vom Modell abzuwenden, um auf das Zeichenblatt zu blicken, versucht er die flüchtigen Posen mit kontinuierlichen graphischen Zügen, möglichst schnell, auf dem Papier festzuhalten.12 Auf diese Weise entstehen zahlreiche Momentaufnahmen (dessins instantanés) von sich in Bewegung befindenden, zumeist weiblichen Körpern. Anders als beim mimetischen Zeichnen nach einem Naturvorbild, bei dem das Auge zwischen dem Modell und dem in Entstehung begriffenen graphischen Gefüge ständig pendeln muss, wird hier auf die visuelle Kontrolle über die Handtätigkeit verzichtet. Räumliche und flächenhafte Beziehungen im Sehfeld werden demnach nicht in die sichtbare Topographie des Zeichenblatts eingetragen, sondern auf der haptisch erfahrbaren Topologie der Zeichenfläche gestisch nachvollzogen. Anhand von historischen Photographien des zeichnenden Künstlers lassen sich grundlegende Momente dieses Zeichnungsdispositivs ausmachen, die ein Spannungsfeld von Kontrolle und Kontrollverlust erahnen lassen.13 Der Künstler sitzt aufrecht. Mit der linken Hand stützt er seine Zeichenunterlage, die auf seinem rechten Oberschenkel ruht. Der rechte Arm ist annähernd im 90°-Winkel nach vorne gebeugt und eng am Körper stabilisiert. Weder der Unterarm, noch die Hand berühren den Zeichengrund – beide werden in gewisser Entfernung parallel zu diesem gehalten. Allein der Zeichenstift, den Rodin knapp an seinem hinteren Ende hält, überbrückt, gleichsam als Verlängerung der Hand, diesen Abstand. Die ungewöhnliche Haltung des Zeichenstiftes spielt wohl mit der neuartigen Zeichenpraxis des Künstlers zusammen. Ohne die stabilisierende Funktion der Hand, die beim Zeichnen meistens auf der Zeichenunterlage ruht und den Zeichenstift direkt an der Spitze führt, gewinnt sein Strich, von dem Gewicht des Arms entlastet, an Leichtigkeit, Geschwindigkeit und Weite. Die Orientierung auf der Zeichenfläche erfolgt nicht visuell,

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42  Auguste Rodin, Skizze eines weiblichen Akts, um 1900 (?), Bleistift auf cremefarbenem Papier, 31,3 x 20,1 cm. Paris, Musée Rodin, Inv. D. 874.

über den Blick, sondern haptisch, über den physischen Kontakt von Zeichenstift und Zeichenunterlage. So wird der Zeichenstift weniger im Sinne eines Instruments aktiv geführt, als dass er vielmehr die Bewegungen von Hand und Arm auf die Zeichenfläche überleitet. Als Resultat dieses für die entstehende Zeichnung blinden Zeichnens ergeben sich deformierte und meistens unvollständige Figuren, die aus einer einfachen und bewegten Kontur gebildet sind. Der gezeichnete Körper setzt sich nicht aus einer Syntax von Linien zusammen, sondern wird durch einen weitgehend kontinuierlichen Strich erzeugt, der ansatzweise den Grundgestus der gesehenen Figur nachtastet bzw. in motorische Bewegungen übersetzt. Seine formale Integrität löst sich auf, um durch die Dynamik der Kontur ersetzt zu werden. Die Bewegungsgeste der Figur fällt anschaulich mit derjenigen der zeichnenden Hand zusammen. In diesem anfänglichen Stadium offenbart Rodins Linie, die stets an einen Referenten gebunden bleibt, ihren doppelten Status als indexikalische Spur

Transfigurationen der Arbeitsspur im zeichnerischen Werk von Auguste Rodin I 169

eines graphischen Akts und repräsentierendes Zeichen einer mimetischen Bildordnung. Sie oszilliert zwischen einem vorrepräsentativen und einem repräsentativen Zustand. Um die Bedeutung dieser anfänglichen Linienspur zu verdeutlichen, lohnt es sich, die Aufmerksamkeit auf eine Aussage Rodins zu richten, die sein eigenes Verständnis seines künstlerischen Tuns umschreibt: Don’t you see that, for my work in modelling, I have not only to possess a very complete know­ ledge of the human form, but also a deep feeling for every aspect of it? I have, as it were, to incorporate the lines of the human body, and they must become part of myself, deeply seated in my instincts. [...] I must feel them at the end of my fingers. All this must flow naturally from my eye to my hand. [...] Not once in describing the shape of that mass did I shift my eyes from the model. Why? Because I wanted to be sure that nothing evaded my grasp of it. Not a thought about the technical problem of representing it on paper could be allowed to arrest the flow of my feelings about it, from my eye to my hand.14

Rodins künstlerisches Anliegen besteht demnach darin, das Gesehene zu verinnerlichen und intuitiv, ohne Rückgriff auf erlernte Darstellungsverfahren und die Vermittlung eines Willens zur Formgebung, zum Ausdruck zu bringen. Von selbst, gleichsam seismographisch, sollte die Hand die Regungen des Körpers aufzeichnen.15 Das Primat der Reflexion wird bewusst negiert, um den sensorischen Empfindungen, dem Gefühl und dem Gespür den Vorzug zu geben. Zwei Momente scheinen mir für den künstlerischen Schöpfungsakt bei Rodin konstitutiv zu sein: zum einen die Tatsache, dass die Praxis und nicht die Idee am Ursprung des kreativen Prozesses steht, zum anderen das Moment von Kontrollverzicht, das diese Praxis auszeichnet. Die Zeichenmethode Rodins ließe sich – wie Kirk Varnedoe vorschlägt – als eine Strategie des bewussten Vergessens auffassen.16 Zum einen geht es dabei um das Verlernen überlieferten Wissens, d. h. um die Verdrängung der konventionellen Sprache bildlicher Repräsentation, die nicht nur Vokabeln und Syntax des Bildes bestimmt, sondern auch auf die Wahrnehmung der Wirklichkeit zurückwirkt. So darf für Rodin beim Zeichnen kein Gedanke an die Aufgabe der Darstellung aufkommen, wobei hier nicht allein die manuelle Ausführung gemeint sein dürfte, sondern zugleich das analytisch zugreifende Sehen, das in seiner künstlerischen Ausbildung angestrebt wurde. Zum anderen geht es aber auch um ein Vergessen des Selbst als reflektierendes Subjekt und eine Öffnung hin zum Unbewussten, das hier nicht im tiefenpsychologischen Sinne verstanden wird, ­sondern auf die Akzeptanz des Instinktiven bzw. der Sensomotorik des Körpers verweist. Rodins Zeichenmethode ließe sich so an den Beginn einer Reihe künstlerischer Praktiken der klassischen und spätklassischen Moderne (u. a. Paul Klee, André Masson, Cy Twombly, Willem de Kooning) setzen, die das traditionelle Dispositiv der Zeichnung, das einerseits auf der konzeptuellen Einheit von Auge, Geist und Hand gründet und andererseits auf der Transparenz der Zeichenhaftigkeit der Darstellung und deren materiellen Herstellungs­

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bedingungen basiert, durch die Dissoziation von Auge und Hand bewusst unterlaufen, um auf diese Weise dem graphischen Ausdruck neue ästhetische und epistemische Horizonte zu eröffnen. Die Entkoppelung von Auge und Hand wird hier zwar noch nicht ausdrücklich problematisiert – deren Einheit wird durch die natürlich konnotierte Metapher des Fließens konzeptuell gesichert – sondern als Motor für neue Arten der Formfindung eingesetzt. Denn der Schöpfungsprozess bei Rodin nahm in der Momentstudie erst seinen Ausgang. Das Notat der Impression gab lediglich den Ton der Figur an, die nachträglich unter visueller Kontrolle graphisch vervollständigt und proportional ausgewogen wurde. So konstituiert sich etwa die Zeichnung einer Knienden aus zwei g ­ raphischen Lagen unterschiedlicher Qualität. Während sich der wellenartige Umriss im Inneren der Figur organisch-bewegt präsentiert, weisen die spürbar entschlossener angebrachten Zusätze an Oberschenkel, Hüfte, Brust sowie am rechten Arm einen regularisiert-statischen Charakter auf. Diese sind wohl nachträglich und in Auseinandersetzung mit dem ursprünglichen graphischen Notat angebracht, das gleichsam als Ausgang der Figuration fungiert. Wie eine Wachstafel speichert der Zeichengrund die Arbeit an der Form und macht deren Entstehung – als Transformation der indexikalischen Spur in ikonische Bildhaftigkeit – nachvollziehbar. (Farbabbildung 14) Die in den Momentstudien Rodins dokumentierte Prozessualität der Bildwerdung blieb allerdings lange verborgen. Auch wenn einige Zeitgenossen des Künstlers Zeugen des ursprünglichen Schaffensprozesses waren und darüber berichteten, wurden seine Momentzeichnungen nicht oder kaum öffentlich präsentiert, sondern fungierten lediglich als graphisches Rohmaterial für Bildschöpfungen, deren Erscheinungsqualität ihren ­Ursprung radikal zu negieren scheint. Denn durch Nachzeichnen oder mit Hilfe eines Durchpausverfahrens übertrug Rodin seine Figuren – nun proportional ausgewogen und bereinigt von pentimenti – auf ein neues, stärkeres Blatt Papier, um sie anschließend mit Aquarell zu bearbeiten und vermittels assoziativer Betitelung mit symbolischer Bedeutung aufzuladen. In der Reinzeichnung ist das Motiv der sich auf ihren weit auseinander gespreizten Händen und Knien aufstützenden Frau in seiner Grunddisposition deutlich wiederzuerkennen. Während die Figur ihre Identität beibehalten hat, hat das graphische Gefüge allerdings eine beträchtliche Transformation erfahren. Aus dem Liniengewirr der Momentstudie ist hier eine einzige, präzise artikulierte Kontur übriggeblieben. Die Figuration besteht aus wenigen, äußerst homogenen graphischen Markierungen, die sich – abgesehen von einer reduzierten Binnenzeichnung (Gesicht und Schulter) – auf den Umriss des Körpers konzentrieren. Die Vielstimmigkeit verschiedener graphischer Qualitäten wurde stillgelegt. Stattdessen nehmen die Linien einen organisch gekurvten, aber schönlinig-regelmäßigen Grundton an. So gibt der leicht geschwungene Bogen der Hüfte weder die verspielt gekurvte noch die streng halbkreisförmige graphische Markierung seiner Vorlage exakt wieder, sondern scheint diese zwei dualistischen Eigenschaften miteinander zu versöhnen. Zwar nimmt die Reinzeichnung markante Strichsetzungen der Momentstudie

Transfigurationen der Arbeitsspur im zeichnerischen Werk von Auguste Rodin I 171

wie den Schwung des linken Ellenbogens und die Ausbuchtung des linken Handrückens wieder auf, sie tendiert allerdings dazu, diese zu harmonisieren und in das restliche Linien­ gefüge einzubeziehen. Es ist hier eine Synthetisierung der Linienmorphologie zu beobachten, die mit einer Idealisierung der Zeichnung – im Sinne einer Loslösung von dem Kontingenten – einhergeht. Die graphischen Markierungen weisen einen regelmäßigen Druck und einen ausgewogenen Duktus auf, sodass sie weder den Ursprung noch die Abfolge ihrer Entstehung verraten, sondern für den Betrachter in einem voraussetzungs­ losen, simultanen Miteinander erscheinen. Nun sind sie in doppelter Hinsicht entkörperlicht: Zum einen werden sie von der Künstlerhand scheinbar entkoppelt, zum anderen negieren sie ihre eigene Materialität als graphische Spuren, um von der indexikalischen in eine abstrakt-relationale Darstellungsordnung überzugehen (Farbabbildung 15). Was hier zunächst als Verlust hinsichtlich der Pluralität graphischer Qualitäten erscheinen mag, stellt sich bei einer näheren Betrachtung als eine neuartige Form der Vielstimmigkeit heraus. Die Figur konstituiert sich aus wenigen graphischen Markierungen, die gerade noch ausreichen, deren Anatomie in ihren Grundzügen zu beschreiben. Die Elemente der Liniensyntax sind indes hauptsächlich an den Körpergliedern orientiert. Jeweils eine Linie umschreibt den rechten Oberschenkel und die Hüfte, den Rücken und die linke Schulter, den Kopf sowie die zwei Arme der Figur. Dennoch ergeben sich in dem Liniengefüge zeichnungsimmanente Bezüge, die nicht mit der Anatomie der Figur zusammenhängen, sondern diese zum einen stärker als eine Einheit wirken lassen und zum anderen – indem sie sich alternativen Lesarten öffnen – die Geschlossenheit dieser Einheit wieder auflösen. So nimmt etwa die Brustkontur die Gesichtskontur auf und bindet den zur Seite gewendeten Kopf an den Rumpf des Körpers zurück, um dann fast unmerklich in die Armkontur zu münden und den Eindruck einer in der Fläche fließend-kontinuierlichen Strichführung hervorzurufen. Ein vergleichbares Linien-Relais entsteht an der Stelle, an der sich die Hüft-, Rücken- und Schulterkontur begegnen. Zwar sind diese Linien jeweils voneinander abgesetzt, trotzdem sind sie so aufeinander abgestimmt, dass die Leerstellen von dem Betrachter unterschiedlich besetzt werden können. Je länger man die Zeichnung unterschiedlich besetzt, desto uneindeutiger werden die räumlichen und flächenhaften Bezüge der Körperteile zueinander. Die Schulter ließe sich etwa sowohl mit dem Rücken als auch mit der Hüfte vereinen. In ihrer verspielten Liniensyntax scheint die Reinzeichnung also ein Moment von ­Offenheit, das in der Momentstudie durch ihre eigenwillige Linienmorphologie transportiert wurde, bewahrt zu haben. Mehr noch: Auch wenn sie offenbar die indexikalische Verbindung zur Künstlerhand negiert, sind hier dennoch Spuren einer anonymen Handgestik sowie der Prozessualität der Bildentstehung zeichenhaft vorhanden. Die fleischtonige Farbe etwa wird derart aufgetragen, dass sie nicht genau die gezeichnete Silhouette ausfüllt, sondern diese – wie besonders an der linken Hand der Figur sichtbar – teilweise überlagert. Auf diese Weise entfaltet die Farbe eine graphische Qualität an den Rändern und nimmt ein dialogisches Verhältnis mit der Bleistiftkontur auf, das hier die graphische

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Vielstimmigkeit der Momentzeichnung anklingen lässt. Die Dissonanzen von Zeichnung und Farbe machen auf den zusammengesetzten Charakter des Bildes aufmerksam und verzeitlichen dieses. Nun ist zwar keine Möglichkeit gegeben, in der Zeichnung einen chronologischen Linienverlauf auszumachen, dennoch ist das Zeitintervall zwischen Ausführung der Zeichnung und Auftrag der Farbe, das sich als räumlicher Abstand manifestiert, für den Betrachtenden spürbar. Die Künstlerhand zeichnet sich nicht signaturhaft in die Figur ein – die Linienstärke ist homogen, es gibt keine Verzeichnungen –, sondern verrät sich in der „Verfehlung“ einer ungestörten Fügung der graphischen Mittel. Diese entfalten eine selbsttätige Potenz und treten mit ihrer darstellenden Funktion in ein Spannungsverhältnis. Auch wenn die Reinzeichnung zu der Momentstudie eine Dualität von Körperlichkeit und Immaterialität, Opazität und Transparenz, Wildheit und Reinheit, Spontaneität und Konstruktion aufbaut, übernimmt sie dennoch, strukturell betrachtet, deren wesentliche Charakteristika. Diese werden hier gleichsam in einem kodierten Ausdrucksregister aufgehoben. So wird die Selbstreferentialität bzw. der gestische Ausdruckswert der graphischen Mittel von der Linienmorphologie hin auf die Liniensyntax bzw. auf das Verhältnis von Zeichnung und Farbe verlagert. Die gestische Linie, die in der Momentzeichnung auf die Künstlerhand und auf die eigene Materialität zu verweisen vermochte, hat sich nun in eine gestenhafte Linie verwandelt, die in ihrer homogenen Erscheinung die Kontinuität der ursprünglichen Zeichengeste nachzuahmen scheint. Interessanterweise wird die bereits angesprochene Passage der graphischen Spur von einem indexikalischen in einen ikonischen Darstellungsmodus innerhalb der Momentstudie auch auf einer symbolischen Ebene reflektiert – so etwa in einer überarbeiteten Zeichnung, die eine Figur in akrobatischer Haltung zum Motiv hat. Das nach hinten gehobene rechte Bein und der nach hinten ausgestreckte rechte Arm werden mit dem Oberkörper zu einem geschlossenen Bogen zusammengefasst, der auf der Vertikale des linken Beins balanciert. Besonders der Torso der Figur weist mehrere Überzeichnungen auf, die sich zu einem Linienpalimpsest überlagern. Vergleichbar der Knienden, treffen hier verschiedene graphische Qualitäten unmittelbar aufeinander. In einer Abfolge von innen nach außen zeigt die Brustpartie jeweils eine stark gewellte Linie, einige verdichtete, den Körper mimetisch artikulierende graphische Markierungen, die schließlich von der Außenkontur vereinfacht aufgenommen werden. Diese graphische Schichtung lässt die verschiedenen Entwicklungsstadien der Linie und deren zeitliche Reihenfolge gleichsam archäologisch nachvollziehen. Die drei urtümlich anmutenden, wellenartigen Markierungen im Innersten der Figur werden von links nach rechts allmählich zu Brust, Rippenbogen und Bauch ausdifferenziert, die blind nachempfundenen Körperformen entwickeln sich zu einer optisch prägnanten Kontur. In seiner gleichzeitigen Erscheinung lässt das Liniengemenge die Figur vibrieren (Farbabbildung 16). Rechts unten auf dem Blatt ist eine Reihe sprachlicher Bezeichnungen angebracht, die sich assoziativ auf die Darstellung beziehen: „vent – la fleur du ciel – son flambeau“.17

Transfigurationen der Arbeitsspur im zeichnerischen Werk von Auguste Rodin I 173

Während die Bezeichnung der Figur als Blume mit deren Körperhaltung in Verbindung gebracht werden könnte – das linke Stützbein als Stengel, der Bogen des Oberkörpers als Blütenform gesehen –, scheint sich das Abstraktum Wind eher auf die graphischen Qualitäten der Zeichnung zu beziehen. Die optische Dynamik der Überlagerung verschiedener Linien wird mit der akustisch und haptisch konnotierten Vorstellung der Naturkraft verbunden. Das Bild der Fackel lässt indes die graphische Qualität der Zeichnung mit dem ikonischen Wert der Figur in eins verschmelzen. Der Ausdruckswert der Linie wird hier durch ihre Semantisierung gleichsam in das Bedeutungspotential der Form investiert. Die prozesshafte Dimension der Zeichnung bzw. das gestische Potential der Linie wird über die bildhafte Assoziation ikonisiert und gerinnt in die figürliche Qualität des dargestellten Körpers. In einer bereinigten Version der Tanzbewegung ist der Übergang der Linie von Indexikalität zur Ikonizität noch weiter vorangetrieben.18 Im Unterschied zur vibrierenden graphischen Heterogenität und groben Materialität in der korrigierten Momentstudie zeichnet sich das Aquarell durch eine auffällige Homogenität und Klarheit der Linie aus. Die runde Körperlichkeit und dynamische Offenheit der Figur in der Momentstudie hat sich hier zu einem flachen Umriss von geometrischer Festigkeit gewandelt. Bei allen Unterschieden weisen beide Blätter eine analoge Bedeutungsstruktur auf.19 Wie in der korrigierten Momentstudie wird auch im Aquarell zunächst der Linienduktus – über den Vergleich mit einem reinen Kristall – semantisiert und die Figur als Champagnerglas (vase à champagne) angesprochen. Dieses Bild vermag die kristalline Härte des Linienduktus mit der Strenge der annähernd symmetrischen Körperhaltung zu vereinen. Wie in der Momentstudie stützen sich die Bedeutungskonnotationen von Linie und Figur gegenseitig. Nun stehen sie allerdings nicht mehr als Bildelemente verschiedener Darstellungsordnungen (Indexikalität und Ikonizität) in einem analogen Verhältnis zueinander, sondern gehen vielmehr auf einer gemeinsamen, ikonisch-gestenhaften Ebene ineinander über, indem sie sich in einer Art Mimikry einander angleichen. Zum einen nimmt sich die Linie in ihrer Indexikalität zurück, um mit der Figur zu verschmelzen, zum anderen schwächt die Figur ihren mimetischen Bezug zum Modell ab, um eine linienhafte Gestalt zu werden (Farbabbildung 17). Dem elliptischen Vergleich ‚wie ein reiner Kristall‘ ließe sich indes eine weitere, metareflexive Bedeutungskonnotation hinzufügen. Er ist nicht nur als eine mimetische Beschreibung, sondern zugleich auch als Metapher für die paradigmatische Struktur der Reinzeichnung als selbstgenerierendes Bild zu lesen.20 Diese hat sich nicht nur von der Künstlerhand als deren Ursprung emanzipiert, sondern löst sich allmählich auch von dem referenziellen Bezug zum Modell ab. Durch den Verzicht auf eingehende Individualisierung bzw. psychologische Charakterisierung der Dargestellten konzentriert sich die mimetische Referenz primär auf deren Körper. Dieser wird nicht als fleischlicher Leib aufgefasst und naturalistisch bzw. in entsprechend spezifischen Raum- und Lichtverhältnissen wiedergegeben, sondern vor allem in seiner formalen Qualität, als Linienzeichnung, umrissen.

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Die Zeichengeste ist hier soweit zurückgenommen worden, dass nun die gezeichnete Geste in den Vordergrund treten kann. Aus unserer heutiger Sicht erscheint es paradox, dass ausgerechnet die Zeichnungen Rodins, die von den Spuren der Künstlerhand und des prozesshaften Entwerfens bereinigt sind, von den zeitgenössischen Autoren – gleichsam im Kurzschluss mit der Methode des Momentzeichnens – als ‚instantanés du mouvement‘ (R. Marx) und ‚Dokumente des Momentanen‘ (Rilke) bezeichnet wurden. Die Unvereinbarkeit der Vorstellung freien gestischen Zeichnens ohne visuelle Kontrolle und der Erscheinungsqualität der Reinzeichnung ist allerdings nicht auf einen epistemischen Blindfleck zurückzuführen [ich erinnere daran, dass, während die Zeichenmethode Rodins bekannt war, die Momentstudien des Künstlers in der Öffentlichkeit nicht ausgestellt wurden], sondern verweist, wie ich meine, auf eine für die Zeit um 1900 spezifische ästhetische Wahrnehmung. Sabine Mainberger hat die dynamisch geschwungene Linie der Jahrhundertwende als ein gattungs- und disziplinübergreifendes Phänomen herausgestellt.21 Jene ließe sich, so Mainberger, im Spannungsfeld von Henry van de Veldes Unterscheidung zwischen einer ‚mitteilenden Linie‘ und einer ‚Gemütslinie‘ charakterisieren. Diese zwei Bestimmungen definieren jeweils die entgegengesetzten Pole in einer imaginären Reihe von Dichotomien: Repräsentation und Einschreibung, ikonisch-symbolischer und indexikalischer Zeichenhaftigkeit, Visuell-Optischem und Taktil-Haptischem, Designation und Performanz. Die ‚Gemütslinie‘, der Rodins anfängliche Momentstudien entsprechen, müsste der jeweils letzteren Kategorie zugeordnet werden. Paradoxerweise, so stellt Mainberger fest, wird ausgerechnet bei den Künstlern, die van de Veldes Konzept der körperlich konnotierten Gemütslinie teilten, die autographisch-indexikalische Dimension der Handzeichnung ­negiert. Ähnlich wie in Rodins Reinzeichnungen, bleibt die Linie dieser Künstler weiterhin Ausdruck einer Gebärde, obwohl ihre Herkunft von der Künstlerhand bzw. ihr spurenhafter Charakter für die Anschauung ausgeblendet ist. So zeugt die dynamisch geschwungene Linie der Jahrhundertwende, mit Mainberger gesprochen, nicht von einer konkreten und subjekt­gebundenen, sondern von einer abstrakten und intrasubjektiven körperlichen Energie: „sie ist eine gestische und gleichwohl nicht handschriftliche, eine somatische ohne indexikalischen Charakter, eine leiblich-psychische und zugleich eine apersonale“; 22 „sie ist Spur eines physiologischen Akts, aber nicht einer bestimmten Künstlerhand; sie stammt aus der Gebärde, aber sie läßt ihre Herkunft aus der Hand oder Arm nicht sehen.“23 Rodins Zeichnungen, die um 1900 entstehen, machen – wie ich meine – die ikonische Kodierung der Geste, die Sabine Mainberger als ein historisch zu begreifendes ästhetisches Phänomen herausgestellt hat, innerhalb der künstlerischen Praxis anschaulich ­nachvollziehbar. In seinen Reinzeichnungen wird die gestische Dimension der graphischen Spur in der Liniensyntax sowie in der Geste der Figur aufgehoben. Auch die Prozessualität des graphischen Akts bleibt durch die Dissoziation von Bleistiftlineament und Aquarellfarbe in der Zeichnung anschaulich erhalten. Die Reinzeichnung weist also weiterhin bildhafte Charakteristika der Spontaneität auf, die eine unmittelbare Nähe zum kreativen

Transfigurationen der Arbeitsspur im zeichnerischen Werk von Auguste Rodin I 175

Akt ausdrücken. Dieser hat sich nun allerdings von dem Künstlersubjekt abgekoppelt. Statt dessen evoziert die Reinzeichnung den Eindruck eines sich selbst generierenden ­Bildes und verweist somit auf ein zentrales Paradigma moderner und avantgardistischer Kunst.

Anmerkungen 1 2

Dieser Aufsatz ist meinem Lehrer Friedrich Teja Bach gewidmet. Grundlegend zum Begriff disegno bleibt Wolfgang Kemp, Disegno. Beiträge zur Geschichte des Begriffs zwischen 1547 und 1607, in: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft 19, 1974, S. 219– 240. Zum Signaturcharakter der Linie in der Renaissance vgl. David Rosand, Um 1500, in: Öffnungen. Zur Theorie und Geschichte der Zeichnung, hrsg. von F. T. Bach und W. Pichler, München 2009, S. 93–108. Zum ‚Echtzeitaspekt‘ der Zeichnung vgl. Norman Bryson, Ein Spaziergang um seiner selbst willen, in: Ebd. S. 27–42, bes. S. 28. Zur Zeitlichkeit der Rezeption von Liniengefügen mit Bezug auf Kant vgl. Arno Schubbach, Linie, in: Rheinsprung 11. Zeitschrift für Bildkritik 3, 2012, S. 174–182.

3

Zum Spurencharakter der Linie vgl. Hubert Damisch, Traité du trait, Paris 1995 sowie Gottfried Boehm, Spur und Gespür. Zur Archäologie der Zeichnung, in: Öffnungen 2009 (Anm. 2), S. 43–59.

4

Barbara Wittmann spricht mit Bezug auf Roger Fry von einer „modernistischen Utopie der Zeichnung als Medium der reinen Subjektivität“. Vgl. Barbara Wittmann, Symptomatologie des Zeichnens und Schreibens. Verfahren der Selbstaufzeichnung, in: Spuren erzeugen. Zeichnen und ­Schreiben als Verfahren der Selbstaufzeichnung, hrsg. von B.  Wittmann, Zürich/Berlin 2009, S. 7–19, hier S. 7, Anm. 2.

5

Es ist vor allem das Verdienst von Leo Steinberg, unser gegenwärtiges Bild von Rodin als Plastiker geprägt zu haben. Vgl. Leo Steinberg, Rodin, in: Ders., Other Criteria. Confrontations with Twentieth Century Art, Oxford 1972, S. 322–403.

6

Vgl. Yves-Alain Bois u. a., Art since 1900. Modernism, Antimodernism, Postmodernism, London 2004, S. 58.

7

Die Ausmaße des hinterlassenen Zeichnungsbestands sind beträchtlich. Allein das Musée Rodin in Paris beherbergt eine graphische Sammlung von ca. 7000 Blättern, die in einem sechsbändigen Zeichnungsinventar greifbar ist, vgl. Inventaire des dessins du Musée Rodin, hrsg. von C. Judrin, 6 Bde., Paris 1986–1992. Etwa 2000 weitere Arbeiten werden in Privatsammlungen oder in Museumsbesitz vermutet. Der riesige Werkkorpus präsentiert sich heute als großteils erschlossen und trotz Datierungsschwierigkeiten als chronologisch systematisiert. Hauptreferenz der Forschung bleibt J. Kirk T. Varnedoe, Rodin as a Draftsman. A Chronological Perspective, in: Albert Elsen und Ders., The Drawings of Rodin, New York/Washington 1971, S. 25–120 sowie Ders., Rodin’s Drawings, in: Rodin Rediscovered, Ausst.-Kat. (Washington, National Gallery of Art, 1981), hrsg. von A. Elsen, Washington 1981, S. 152–189. Vgl. noch Christina Buley-Uribe und Antoinette le Normand-Romain, Auguste Rodin. Zeichnungen und Aquarelle, Wien 2006 sowie jüngst La saisie du modèle. 300 dessins, Ausst.-Kat. (Paris, Musée Rodin, 2011/12), hrsg. von Musée Rodin, Paris 2011.

8

Vgl. hierzu Christina Buley-Uribe, Fortuit ou délibéré. L’accident dans les dessins de Rodin, in: Rodin. L’accident. L’alétoire, Ausst.-Kat. (Genf, Musée d’art et d’histoire de Genève, 2014), hrsg. von Musée d’art et d’histoire de Genève, Mailand 2014, S. 175–181.

9

Die semiologischen Begriffe ‚Index‘ und ‚Ikon‘ verstehe ich mit Charles Sanders Peirce allgemein wie folgt: das Index als ein Zeichen, das in einer kausalen Verbindung bzw. in einem Kontiguitäts-

176 I Ekaterina Petrova

verhältnis zu dem Bezeichneten steht; das Ikon hingegen als ein Zeichen, das aufgrund einer Ähnlichkeit oder Analogie etwas repräsentiert. Mit diesen Begriffen möchte ich lediglich zwei Pole markieren, deren Gegenüberstellung keinen absoluten, sondern lediglich einen heuristischen Wert hat. Um auf den Umstand hinzuweisen, dass es mir nicht nur um die optischen Metamorphosen der Linie geht, sondern auch um die Verschiebungen deren semiotischer Funktionen, habe ich – trotz seiner theologischen Konnotation – den Begriff ‚Transfiguration‘ für den Titel meines Beitrags gewählt. 10 Im Jahr 1897 erscheint das sogenannte Album Goupil (auch Album Fenaille genannt) – eine hochwertige Auftragspublikation, die 142 Zeichnungen Rodins aus den 1880er Jahren versammelt und den ersten nennenswerten Auftritt des Bildhauers als Zeichner markiert. Ausführlich hierzu Figures d’ombres, les dessins de Auguste Rodin. Une production de la maison Goupil, Ausst.-Kat. (Bordeaux, Musée Goupil, 1996), hrsg. von Musée Goupil, Bordeaux 1996. Zum Verhältnis Rodins zu seinen Zeichnungen vgl. Claudine Grammont, L’invention du dessin de Rodin, in: La saisie du modèle. 300 dessins, Ausst.-Kat. (Paris, Musée Rodin, 2011–2012), hrsg. von Musée Rodin, Paris 2011, S. 37–51. 11 Das Aufkommen der neuartigen Zeichentechnik wird im Sommer 1896 angesetzt. Vgl. Roger Marx, Cartons d’artistes. Auguste Rodin par Roger Marx, in: L’Image (10. September 1897), S. 293– 299, http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k5437197m.image.swf [zuletzt aufgerufen 8. August 2016]. Schmoll gen. Eisenwerth weist allerdings darauf hin, dass Rodin eine verwandte Arbeitsweise bereits vor diesem Zeitpunkt ausgeübt haben muss, da ihre stilistischen Merkmale in einigen Skizzen von männlichen Modellen zur Gruppe der Bürger von Calais anzutreffen seien, vgl. J. A. Schmoll gen. Eisenwerth, Rodins späte Zeichnungen und Aquarelle, in: Auguste Rodin. Zeichnungen und Aquarelle, Auss.-Kat. (Münster, Westfälisches Landesmuseum, 1984), hrsg. von E. Güse, Stuttgart 1984, S. 245–265, hier S. 246. Auch Varnedoe verfolgt die Genese eines neuen Zeichenstils bis Mitte der 1880er Jahre zurück. Dennoch betont er den Umstand, dass erst in den 1890er Jahren Rodin es sich leisten konnte, gleichzeitig mehrere Modelle zu beschäftigen, sodass er wohl zu dieser Zeit anfing, seine Zeichenmethode systematisch auszuüben (vgl. Anm. 7). Zur Verwandschaft von Rodins Zeichenmethode zur Unterrichtspraxis seines Zeichenlehrers Lecoq de Boisbaudran vgl. Ekaterina Petrova, Auguste Rodin – Zeichner. Heuristik graphischer und plastischer Verfahren um 1900, (Diplomarbeit, Universität Wien, 2013). 12 Vgl. hierzu folgenden Bericht von Rodins Sekretär Anthony Ludovici: „I noticed that he kept his eyes fixed on the model, and never looked down at his pencil, or at the paper on which he was drawing. [...] The next thing I noticed was that he seemed under some obligation not to lift his pencil from the paper, after having once begun to draw [...] and that he always tried to complete his outline of the figure he was drawing in one wavy and continuous sweep.” Siehe Anthony M. Ludovici, Personal Reminiscences of Auguste Rodin, London 1926, S. 135–136. 13 Ich beziehe mich konkret auf eine Photographie, die in der Zeitschrift L’Illustration veröffentlicht wurde. Vgl. Georges Bois, Le sculpteur Rodin et les danseuses cambodgiennes, in: L’Illustration, 28. Juli 1906. Die Aufnahme zeigt bzw. inszeniert Rodin auf der Kolonialausstellung in Marseille, eine kambodschanische Tänzerin zeichnend. Ein Junge und zwei Polizisten – deren Aufgabe es war, dafür zu sorgen, dass die Tanztruppe vollzählig in ihre Heimat zurückkehrt – wohnen offenbar interessiert dem Geschehen bei. Eine Reproduktion dieser Aufnahme findet sich in Elsen und Varnedoe 1971 (Anm. 7), S. 18. Zur Frage des Zeichnungsdispositivs vgl. Wolfram Pichler und Ralph Ubl, Vor dem ersten Strich. Dispositive der Zeichnung in der modernen und vormodernen Kunst, in: Randgänge der Zeichnung, hrsg. von W. Busch u. a., München 2007, S. 231–255 sowie Hana Gründler, Toni Hildebrandt und Wolfram Pichler, Zur Händigkeit der Zeichnung, in: Rheinsprung 11. Zeitschrift für Bildkritik 3, 2012, S. 2–19.

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14 Siehe Ludovici 1926 (Anm. 12), S. 138–139, [Betonungen im Original]. 15 Das Prinzip der Übertragung von Signalen vom Seh- zum Tastorgan und die damit einhergehende Konzeptualisierung des menschlichen Körpers als Medium legen einen Vergleich der Zeichenmethode Rodins mit der Ideologie der sogenannten graphischen Methode (méthode graphique) nahe – dem Einsatz von Selbstschreibgeräten für das indexikalische Festhalten von physiologischen Vorgängen in der Form abstrakter Graphen. Vgl. hierzu Soraya de Chadarevian, Die „Methode der Kurven“ in der Physiologie zwischen 1850 und 1900, in: Ansichten der Wissenschaftsgeschichte, hrsg. von M. Hagner, Frankfurt/Main 2001, S. 161–188. 16 Vgl. Varnedoe 1971 (Anm. 7), S. 102. 17 Wind – die Blume des Himmels – seine Fackel. 18 Auch wenn es sich hierbei um zwei verschiedene Variationen der gleichen Figur handelt, wie von den Abweichungen in der Höhenpositionierung des linken Beins, in der Kopfwendung sowie in der Ausführung des linken Ellenbogens ersichtlich ist, so scheinen die beiden Zeichnungen dennoch, aufgrund einer analogen Struktur der Bedeutungsgebung, ein unmittelbar zusammenhängendes Paar zu bilden. Diesen Hinweis verdanke ich Friedrich Teja Bach. 19 Das Aquarell trägt folgende Inschrift: „comme un pur cristal – comme un vase à champagne – fleur – volupté“ (wie ein reiner Kristall – wie ein Champagne-Glas – Blume – Wollust). 20 Vgl. hierzu Regine Prange, Das Kristalline als Kunstsymbol. Bruno Taut und Paul Klee. Zur Reflexion des Abstrakten in Kunst und Kunsttheorie der Moderne, Hildesheim 1991. 21 Sabine Mainberger, Experiment Linie. Künste und ihre Wissenschaften um 1900, Berlin 2010. 22 Ebd., S. 17. 23 Ebd., S. 281.

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The Edge of the Self Casting and Moulding the Body in Modern and Contemporary Sculpture Introduction: Brief History of a Disreputable Form From the foundation of the earliest academies in Renaissance Italy right up until the early twentieth century, the Western academic tradition excluded life-casting from the domain of properly artistic practices. The equation (propounded notably by Giorgio Vasari) of form in art with disegno led academies to develop the principle that casts might be used for the purposes of preparatory anatomical or compositional study, but when it came to the finished piece, a clear distinction was maintained between impressions from life and the “true” work of art.1 Such a work must not slavishly copy the real, but should elevate, idealise and transform it by an act of imagination. Life-casts of bodies and other objects were heavily used as models for both painting and sculpture, but only in order to be sublimated or transcended in the final work, which, according to academic convention, must result from a creative endeavour of modelling or depiction, and not from a process viewed as mechanical, unskilled and potentially duplicitous. Casts from life constituted part of the artist’s working method, but the traces of this particular kind of labour were on no account to be present in the final work of art. Art institutions controlled the use of such techniques in order to elevate and protect the professional status of the artist (based on his skill and imagination) and to separate their idealist version of art from the many popular practices in which casts (and the logic of tactility they implied) played a part. A high-water mark of objections to the life-cast occurred in France in the mid-nineteenth century where, in the face of photography’s perceived threat to painting, debates about the technique became particularly acute, and writers and artists including Hippolyte Taine, Pierre-Jean David D’Angers and Charles Baudelaire denigrated life-casting as the sculptural equivalent of the Daguerreotype.2 Paintings by Edouard Joseph Dantan from the 1880s illustrate the approved use of life-casting, and show a number of cast bodyparts lining the walls of the artist’s studio.3 Casting was of course also used in the production and reproduction of sculptures, though always (at least officially) beginning with a form moulded, carved or otherwise directly sculpted by the artist’s hand. At the same time it was expressly forbidden to use life-casting in final works submitted for the Prix de Rome, and the question of “excessive” lifelikeness produced several scandals, including a notori-

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ous one concerning the Femme piquée par un serpent, by Jean-Baptiste Clésinger, exhibited in the Salon of 1847. Clésinger’s work was denigrated as “life-casting”, not least because the specific attributes of his famously beautiful model, Apollonie Sabatier, were said to be all too recognisable in the finished work. A critic noted: “The technique employed by M. Clésinger is to sculpture what the Daguerreotype is to painting. [...] M. Clésinger’s work has the character, not of a modelled figure but of a cast.”4 Writing just a few years later, Hippolyte Taine made the analogy with photography explicit in his lectures on art, using the two forms to illustrate that the aim of the work of art is not merely to imitate nature: If this were the case, gentlemen, absolute imitation would produce the greatest works. But this is not the case. On the one hand, in sculpture, the life-cast is the technique that produces the most detailed and faithful impression of the model, and a good cast has not the same value as a good sculpture. On the other hand, and in another domain, photography is the art which [...] reproduces most completely, and without possible error, the form and contours of the object which it aims to imitate. Photography is no doubt a useful auxiliary; it is sometimes manipulated with taste by cultivated and intelligent men, but after all, one would never dream of comparing it to painting.5

Any technique that produces a likeness deemed too direct or automatic and “without possible error” is an auxiliary which must always be transcended in the work of art proper. Life-casts of the human body were a particular source of suspicion, disapproval and even revulsion for these critics, being associated with death masks, funerary effigies, votive objects and the forms of “superstitious”, magical, popular practices that had often accompanied them. The life-cast itself was indeed often regarded as a deathly object, having an uncanny and morbid fixity, tied as it was to an individual moment of mortal human existence – a moment now lost. Pierre-Jean David d’Angers described it as a “facsimile of nature [...] an inanimate copy of life.”6 The figure produced by the casting process was a imposter, a counterfeit human body, if not designed to deceive the viewer, then at least pretending too closely to human form. Unlike the sculpted figure proper, where the “soul” of animation could be supplied by the trace of the artist’s imagination, the inanimate body of the life-cast became a concretion of mere matter that was an affront to the human form it occupied. Yet at the same time, artists’ reliance on life-casts in their studio practice drove advances in casting techniques, and a significant market existed by this time for limbs and body parts cast in particular positions or expressions, which could then be arranged and copied by the artist.7 One of the most skilful creators of life-casts in France in this period was Adolphe-Victor Geoffroy-Dechaume, who worked on the restoration of the Sainte Chapelle and developed the technique to a high point of sophistication in order to cast architectural features as well as plants, animals and the human body.8

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43  Adolphe-Victor Geoffroy-Dechaume, Life Cast of Part of a Woman’s Body, Knees Bent, Feet Crossed, date unknown.

The uncanny detail in his work – the creases on the sole of a foot or a baby’s hand, the feeling of where the weight of flesh falls – gives a sense of what David D’Angers may be objecting to in such objects. If the cast was the trace of a kind of labour then, it was labour of the wrong kind: mechanical and therefore by definition not artistic. The resulting object was condemned, paradoxically, on two fronts; as too specific, too close to an individual instance of the real, and at the same time as too generic, produced without the mediating intervention of the artist’s singular imagination. The cast was in fact insufficiently marked by labour. It did not suitably manifest the required craft skills – the “traces of the practiced hand” to borrow a phrase from Walter Benjamin.9 But nor did it require the intellectual, imaginary and even spiritual effort that was seen as essential to the true work of art. Along with other excluded or marginalised forms such as collage, the found object or the unmediated demotic voice, Modernism brought the life-cast back, staging a kind of return of the repressed that gathered momentum after World War II. From the late 1950s, casts of the body in particular began to proliferate, notably, though not exclusively, in American art. Into this new context the cast brought with it its history of exclusion, confrontationally claiming the artistic status it had hitherto been denied. My aim in what follows is to look at what modern and contemporary artists have done with the ideologi-

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cally loaded legacy of the life-cast, and specifically the cast of the human body. I shall focus on two groups of works, each of which makes a different kind of use of the cast, and each of which raises a different set of questions, linked to the discourses of originality, idealism, specificity, the mechanical and the uncanny that surrounded the cast in the nineteenth century and before. The first group assembles artists who exploit the mechanical, “too real” aspect of the cast to produce hyperreal representations of individual human bodies. The second group of works tends to focus on the mould rather than the cast, on the void created by contact with the body, or on the surface as a boundary – a boundary between inside and outside, between self and other, between being and meaning.

Cast: The Human Surrogate My first group of artists includes Duane Hanson, John De Andrea, George Segal and John Davies. This is a diverse group in some respects, though there is an acknowledged genealogy from Segal to his near-contemporary Hanson and the younger De Andrea.10 Hanson’s work is brash, illusionistic, and full of social commentary. Davies and Segal exhibit more melancholic and existential concerns, while De Andrea is preoccupied with norms of bodily perfection, both within and outside the traditions of art. Apart from their reintroduction of the human body into art in a period still dominated by abstraction and Minimalism, they do not necessarily share a great deal. My interest is in the particular way in which each exploits the implications of the questions raised by the life-cast, and one thing these artists share is that in some respects their practice does not depart radically from traditional sculptural conventions. The life-casting technique is used ostensibly as a neutral expedient; as the most efficient means for the construction of a final object, in this case a realistic human figure. It is less an end in itself than it becomes in the work of our second group of artists, as we shall see. And yet, as the inheritor of a specific ontology and of the discursive legacy outlined briefly above, it is not always as neutral as it may seem. Duane Hanson’s sculptures, produced in various materials between the late 1960s and Hanson’s death in 1996, are a striking example of a recourse to the automatic or mechanical quality of the life-cast – the fact of its not being made “by hand.”11 Hanson’s work has been called New Realism, hyperrealism and verism, and was at first often linked by critics to photorealist styles that developed in painting during the late 1960s.12 His figures are uncanny replicas of human individuals, plausibly particular and yet generally assimilable to a recognisable class or type; they are familiar-looking construction workers, middle-aged supermarket shoppers, security guards, cleaning ladies, over-tanned Florida sunbathers in lurid bikinis. In his earlier work they were often posed in group tableaux that commented explicitly on contemporary American political and social issues, but from the early 1970s onwards, Hanson focused largely on single figures in neutral, non-narrative poses.

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44  Duane Hanson, Queenie II, 1988. The Estate of Duane Hanson.

Despite their uncanny automatism, Hanson’s sculptures are in fact the product of highly developed craft skills; casting with this degree of detail and precision is itself a skilled process. Once the human model had been selected, greased with vaseline, hair taped down, Hanson would cover each limb, the torso and head separately with plaster of Paris, usually layered over silicone rubber to produce a fine-grained mould. The pieces would then be cast separately and joined by melting before being finished, with surface detail of skin pigmentation and individual hairs being applied by hand.13 Clothes and accessories were either donated by models or bought to fit the final figure. In the later works, where Hanson abandons dramatic scenarios and expressive movement in favour of single figures in attitudes of unguarded repose, these skills reach a height of realistic perfection. Works such as Queenie II (1988), an obese cleaner with her laden trolley and abject, matted feather-duster, or the 1990 version of Security Guard, designed to lean against a gallery wall, display an exceptional degree of verisimilitude. Yet the works depend for their uncanny effect on the invisibility of all the labour that went into them. The point of them is to look as if, like real bodies, they are just there. Their illusionistic quality may

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have its limits, but it is a vital part of their power; even if we do not mistake them for real people, they ask us questions about how we judge that “realness”. What strikes us is their particularity, their highly individuated form. Even without knowing it, we intuit from the specific details of body shape, skin texture, posture and expression, that these are, if not real bodies, then copies of bodies that really existed. They are somehow too particular to have been made up, and this is part of their fascination and their pathos. Paradoxically, they are life-like because they refer us to a life that is absent, yet has left its trace. In this sense they take advantage of the particularity that excluded the casts of Geoffroy-Dechaume from the category of art, emphasising the uncanny qualities of living flesh that has become fixed concretion, the animate body turned inanimate replica, the particular invading the domain of the ideal or the general. What David d’Angers saw in the cast is what Hanson explores and exploits: our capacity to mistake an inanimate work of art for a real body, or at least to confront in it the contingency of our own mortal, even abject embodied existence.14 It is striking that in spite of all the questions raised between the 1860s and the 1990s about representation, the relationship between fine art and craft and the status of art as institution, critics writing on Hanson still fall back on the discourse of David d’Angers and Taine about what constitutes art. Writing about Hanson’s use of life-casting, Keith Hartley observes: The actual casting of the figures was done from life, but that does not mean to say it did not require artistic decisions. Sometimes, Hanson would cast parts from different models and would alter details after a cast had been taken. This shows to what extent Hanson’s work differs from the ready-made aesthetic, of taking life as found, and how strong an inner vision he had of the effect he was trying to achieve.15

Surprisingly perhaps, we see here the very same discourse about what constitutes art that we find throughout the Western academic tradition: invention over copying, the “work” of decision-making, altering the real, having an “inner vision.” Hanson’s art is distinguished here from the “ready-made aesthetic”, and yet the distinction is not as clear as Hartley would like to suggest, as to maintain it is to ignore the importance of the collage ­dimension of his work. The form Hanson’s bodies take may resist a collage aesthetic, concealing the joins between the body parts taken from different casts and even different models. But the clothes and props he uses to stage these bodies are all realia – everyday items found in the world of the commodity. The contents of the shopping basket, the uniforms, the polyester blouses, dated cameras, cheap glasses, mass-produced furniture and grubby shoes are indeed found objects or readymades of a sort. There is a Pop Art aesthetic here in the attunement to details of contemporary consumer culture, but Hanson’s is a doubly ironic version of the Warholian glorification of the commodity object. Where Warhol celebrated the bombastic glamour of tinned goods and Brillo pads by iso-

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lating them and giving them grandeur and the seduction of scale, Hanson puts them back into the shopping trolley of a far from glamorous working-class American – back into the rather tawdry scene of their circulation.16 This, he seems to say, is the reality of product design and of American consumer culture. In this context the body itself becomes a kind of found object. Its very specificity identifies it as having been in some sense selected rather than created. And if we look briefly at the work of John de Andrea we can see that even in the absence of clothes, props and commodity accoutrements, the body in hyperrealist sculpture has this “found” quality. De Andrea, almost a generation younger than Hanson and still working with similar techniques today, took up making casts in earnest in the late 1960s, having previously experimented using mannequins. De Andrea makes almost exclusively nudes and, like Hanson, he soon moved away from earlier experiments with multiple figures (in De Andrea’s case mainly pairs or couples) towards single, isolated figures. Like Manet’s scandalous Olympia (1863), De Andrea’s cast bodies sit uneasily on the boundary between naked and nude. Though he is interested in historical models of the nude as ideal form, it is precisely the specificity, the factual, minutely reproduced detail that undermines or questions these ideals. These are not idealised or abstracted bodies but particular, unique and existing ones, selected and reproduced. Even in works such as these that are not principally concerned with consumption, or with objects as cultural signifiers, the body is a kind of readymade, and the ontological basis of the life-cast, its mechanistic, automatic quality is what guarantees this quality of just “being there”. This fact presents us with another of the paradoxes of the life-cast as artistic labour. Works such as Hanson’s and De Andrea’s rely on singularity as we have seen, but are created using a technique that is intrinsically multiple or serial. Of course, the tradition of cast sculpture (bronzes in particular) has often been one of reproducibility, and in fact both Hanson and de Andrea follow well-established conventions in that regard. Their sculptures are usually produced in small editions of numbered works, each hand finished and authorized by the artist.17 What is different here is that the works are not just reproduced after the fact, or circulated as authorised “copies” of a putative original moulded by the artist. The initial basis of the work is itself the product of such “mechanical” reproduction; if there can be one cast of a body, there can always be many, and the question of authenticity becomes diffused through these potential iterations of positive object, negative mould, positive cast. Does authenticity (and by extension, authorship and authority) lie with the artist’s labour or with the original, that is the real body of the model? These are the questions that such works raise. In different modes and contexts, both John Davies and George Segal have also made use of the life-cast’s status as singular yet serial. George Segal (whose process influenced both Hanson and De Andrea) made his first work based on a life-cast in 1961. Entitled Man Sitting at a Table, it features a rough, white plaster cast of his own body seated in front of a table covered in plastic sheeting. Behind the figure, an old window frame is

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45  George Segal, The Bus Riders, 1962. Washington, D. C., Hirshhorn Museum.

propped. Though he also painted and made assemblages, much of Segal’s subsequent output developed in this vein, consisting of large-scale installations of life-size, cast “surrogates” riding buses or subway cars, sitting in bars and at diner counters, working in shops, at social gatherings or slumped singly on chairs and park benches. The works ­always begin with the same technical process: a full life-cast made in pieces using plaster-impregnated bandages of the kind manufactured for setting broken bones.18 The resulting figures are occasionally painted in single colours or black, but usually left white, and installed in tableaux that combine a mixture of found elements (furniture, kitchenwares, television screens) and specially constructed “sets” such as shop-windows or fragments of interiors.19 Segal’s work is somewhat different in that he uses not the inside surface of the mould that has been in contact with the model’s body, but the outside surface, moulded by the artist’s hand from plaster-soaked bandages. What we see here on the surface of the finished work is thus more conventionally the mark of the artist’s hand. The effect also masks the singularity somewhat, blurring the acute resemblance and anonymising the figure which is no longer a singular found body so much as a universal human individual.

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The blank whiteness and slight deformation or blurring of the details of form gives Segal’s figures a ghostly quality, as if what they present is less the body than the space taken up by it, or the crust of external forces that press upon it. They have sometimes been compared to the casts made from the voids that human bodies left in the solidified lava of the buried city of Pompeii, and like those figures, have been seen as evoking pathos and compassion for a kind of universal human vulnerability of which the Pompeii calchi became the emblem.20 Their more recognisably worked surfaces, which align them with traditional forms of sculpture, paradoxically resemble the rough surfaces of the Pompeii figures, produced as voids by a strange natural echo of the lost wax process and then rendered positive by an ostensibly detached and scientific application of casting.21 Like Segal, the British artist John Davies also shifts his casts from the particular towards the more universal, not by reproducing or “cloning” them (that comes later, in the 1990s, with artists like Jake and Dinos Chapman responding to the scientific reality of cloning). Rather, Davies effaces just enough of the cast’s singularity, by dressing his figures in identical generic items of clothing, whitening them as if blanking out their individuality, and staging them with strange apparatuses, introducing an other-worldly intimation of rituals, relations and sufferings that we cannot quite place. Here, the singular seriality of the cast figure is like the singular-universal of Samuel Beckett’s characters: suffering, ineffectual, thrown into the world and trapped in repetitive rituals that both sustain and undo them. And it is these more existential deployments of the cast that lead us towards the second group of works I wish to examine, in which the ontology of the life-cast is put to rather different uses.

Mould: The Negative of Presence In many cases, what is deployed in this second group of works is not a cast of the body, but rather a mould, that is to say the negative pole of the casting process. What is materially present is not so much the body itself (or at least not the whole body), as something shaped by its imprint or the objects that define its boundaries. Works by artists as diverse as Bruce Nauman, Giuseppe Penone, Marc Quinn, Marcel Duchamp, Tracey Emin and ­Janine Antoni are a visual and tactile investigation of Walter Benjamin’s claim that “living means leaving traces”.22 They also bear an interesting relation to the avant-gardist ­emphasis on life itself as artistic practice, becoming a kind of photographic negative of the notion of life as a work of art. Such works are less concerned than Hanson’s with the body as a cultural sign, and more with the phenomenon of embodied existence, with the boundaries of the body, what separates self from not-self and with the mapping of a subjectivity or an identity onto the materiality of flesh. Here, the trace of (artistic) labour often becomes inseparable from the trace of mere existence. Art is what the artist does –

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what he or she touches, shapes and is in turn shaped by. Often these works bear close ­relations to performance, becoming the record of an action or a gesture. But this in itself tells us something about the nature of the cast as a contact-image, an index of presence. What it produces has the value of a natural sign, of evidence. It says, “I was here”. And in its exploration of how touch has been thought about as magical, healing or as trans­ mitting presence, the cast in this mode also takes us back to the earlier, popular forms which the institutions of European art worked so hard to keep outside their boundaries: forms such as holy relics, talismans and the acheiropoieta or images not made by human hands.23 To some extent, works such as Duchamp’s, Nauman’s or Quinn’s are a response to the very questions of authenticity and authority that Modernist reproducibility poses. They offer the body (in most cases the artist’s own) as a compensating, if vestigial, repository of some kind of authenticity, even as modernity effaces the role of the mediating subject as vehicle for the distance required by art. If we return to the stern nineteenth-century critic of life-casting, David d’Angers, we find the following account: “When one casts from life, what is produced is a copy [calque] of the truth whereas when an artist casts with his brain, what appears is the imprint of truth; it is the externalisation of the soul.”24 If this is how the imaginary or intellectual labour of the artist can be thought of in the nineteenth century, it is a discourse that becomes problematic for Modernists, who treat with irony the Romantic idealism that underlies its notion of artistic genius. And yet they often respond to that discourse with a materialist extension rather than a theoretical overthrow. If art is defined, as by David d’Angers, as the truth that has passed through the artist’s brain (and it is his brain here [“cerveau”], not his imagination), then couldn’t everything he touches turn to art? And what could be a more “authentic” mark of the great artist than the physical trace of his bodily presence? Hence, in some modern contact images it is as if the whole work displaces the signature as the imprimatur, in an ironic détournement of the ideology of artistic genius. Marcel Duchamp’s With my Tongue in my Cheek (1959) is the epitome of the modern artist’s self-portrait in this sense. Alongside a fly-ridden cast of his foot entitled Torture morte and Sculpture morte, an Arcimboldesque face made from marzipan vegetables, Duchamp created With my Tongue in my Cheek in response to a request from Robert Lebel, who was writing the first book about the artist to coincide with his first Paris retrospective (Farbabbildung 18).25 Its context is thus the consecration of the artist’s institutional and commercial status, a consecration to which Duchamp of course responds with irony. Duchamp gives Lebel – and his “public” – a conventional pencil portrait in profile, filling it out with the three-dimensional impression of his own flesh, the physical stamp of his presence. It is as if, having himself contributed to the Modernist crisis of representation, he is doubling the weakened iconic sign of resemblance with the indexical sign of presence. But the title, which he literalises in a visual pun, also warns us against this as any kind of assertion of identity, let alone authority.

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Bruce Nauman makes a similar visual pun in his 1967 From Hand to Mouth (a wax cast of Nauman’s chin, neck, shoulder and arm), exploring the effect of language on the body in dividing it up. Nauman’s 1966 Wax Impressions of the Knees of Five Famous Artists offers a further ironic commentary on the notion of the artist transforming matter by his interactions with it. The misleading title underlines the irony; the object is not made from wax and the impressions are not of the knees of five famous artists but of Nauman’s own.26 Here Nauman makes use of the mould or negative imprint, the mark or indentation left by a bodily presence that has now withdrawn. The work draws on the logic of the holy relic and its modern secular equivalent, celebrity memorabilia. Both these phenomena rely on the notion that something paradoxically intangible can be transmitted by physical contact. In a work such as Tracey Emin’s infamous My Bed (1998), what is important is that the bed really is Emin’s, bearing the imprint of her physical presence. But Nauman has got there first by debunking this logic of presence. The point is that it is a logic produced by faith. What matters is not the fact of the object having been touched by the holy (or famous) body, but what the object signifies for us when we believe that it has. During this period of the mid to late 1960s, Nauman produced a series of works in which he literalised commonplace sayings such as “feet of clay”, “eat my words” and “bound to fail”.27 But From Hand to Mouth is also part of a whole series of oblique self-portraits based on imprints (for example Six Inches of my Knee Extended to Six Feet, Device for a Left Armpit, and the untitled beeswax cast of his folded arms attached to a thick, twisted rope, all 1967) or measurements (such as Neon Templates of the Left Half of My Body Taken at Ten-Inch Intervals or Storage Capsule for the Right Rear Quarter of My Body, both 1966). Like much of his work in this period, these objects have the provisional, processual quality that characterised Nauman as a “post-medium” artist, for whom the medium was often a more or less improvised means of expressing or recording the actions he was taking and the spontaneous direction of his thoughts. Their heterogeneous, utilitarian and disposable character was also part of an assault on the tradition and mediums of sculpture, which, in a thoroughly avant-garde spirit, “had to be decisively conquered and then aggressively destroyed”.28 The version they offer of the self-portrait makes them into components of a kind of shell or habitus of the artist – his material surroundings that portray him by testifying to his active presence. They “summon the body in absentia”.29 Even where the work is a positive cast, such as From Hand to Mouth, it is as much about what is absent as what is present. Yet these investigations of presence via the life-cast happen concurrently in two modes in what we might want to call postmodern art. Both respond to a modern sense of loss of the transcendent, of any notion of the body as made in the divine image – even of any defensible aesthetic ideal. In one set of works, in which I would include Emin, and in a more subtle way her contemporary Rachel Whiteread, this loss is mourned through an almost obsessive rehearsal of presence and absence, manifested in the objects which we mark with our presence and which in turn mark us. Whiteread’s casts of domestic objects

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such as mattresses, chairs and hot water bottles, and even of domestic spaces such as stairways and rooms, exemplify this. They explore iterations of the convex and the concave: what the body wears away by contact with objects, or, conversely, the accretions that such contact leaves behind. Her work is often described in terms of melancholia and loss, including by Whiteread herself.30 But in the other mode, with Duchamp, Nauman and others, lost presence cannot be mourned; rather the very possibility of full presence is deconstructed. In their works, the interactions of surfaces that mark one another is not a hierarchy pointing back to an originary moment of presence, but a horizontal, endless process of differing across a boundary between positive and negative. In this mode there is no point of origin – only difference. One explanation for the persistence (and even, one might argue, the resurgence) of the first, melancholic mode is that contemporary life-casts of the body are often self-portraits in a more traditional, psychologising sense than Duchamp’s or Nauman’s are. They use investigations of the body’s surface and how it is circumscribed by what comes up against it as a way of investigating the individual self. Janine Antoni’s work demonstrates this tendency, notably in her use of life-casts and related techniques to investigate the boundaries between inside and outside of the body. In works such as Gnaw, Lick and Lather, and Eureka (all made in 1992 and 1993) Antoni engages with identity and embodiment, and the possibility that selfhood might be constructed not in the depths but on the surface of the body. In each of these she casts or imprints herself using an edible material which is then transformed and interacted with. For Eureka, for example, she submerged herself in a bathtub full of melted lard, leaving a void when her body withdrew from the fat as it solidified. The lard displaced by her body’s mass (hence the title) was then formed into a cube of soap. In Gnaw, she chewed and spat out pieces from large blocks of lard and chocolate and the discarded materials were made into forty-five heart-shaped chocolate boxes and four hundred lipsticks. In a later work, Saddle (2000), she doubled her own skin with a second skin in the form of an animal hide shrink-moulded on a cast of her kneeling on all fours.31 As well as some of Nauman’s, these interactions recall the work of Giuseppe Penone, who investigated the traces human actions leave upon the world: casting his body in the bed of a stream, leaving a cast of his hand embedded in a tree-trunk, growing potatoes and pumpkins inside moulds of his own head. Antoni’s also have a feminist dimension that mobilises ancient associations of femininity with domesticity and passive receptivity – with being a formless or malleable material that receives an imprint. Her works are records of actions or performances, but Antoni is particularly interested in the question of (gendered) subjectivity and how the boundaries of the self might or might not map on to the limits of the body.32 A few years before Antoni produced the works just described, the French psychoanalyst Didier Anzieu published Le Moi-peau or the Skin Ego, a book which offers an insight into these investigations of the self that comes into being at the surface of the body rather than in an inner depth identified with the inalienable essence of identity. Briefly,

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Anzieu proposes that rather than being figured as located deep within, the self develops for the infant as a psychic doubling of the skin, a boundary elaborated as a container and a shield against both the intrusion of external disturbance and the unmediated expression of internal drives. Psychological (and for that matter physical) disorders arise as the result of inadequacies, excesses or ruptures in this skin-ego, which can be too impenetrable, too weak or incompletely contain the subject. Against Western epistemological traditions that associate gaining knowledge with penetrating the object, he asks, “what if thought were as much an affair of the skin as of the brain? And what if the Ego [...] had the structure of an envelope?”33 One of the features of Anzieu’s scheme of the skin-ego is that it is elaborated jointly by and in the interaction of mother (or primary care-giver) and child. Its functions correspond to physical functions of the skin which become mapped onto its psychic double via the mother’s bodily interaction with the child during care: holding, feeding, supporting, touching both to stimulate and to calm. The infant initially shares its skin-ego with the mother, and its own is built up by her gestures, progressively becoming separate via her interactions with it. Janine Antoni’s work parallels this idea, sometimes very closely, considering the self as coming into being through interactions that take place at its surface, and exploring psychic surfaces through the physical surfaces that they double. The piece Umbilical, made in 2000, epitomises this (Farbabbildung 19). It is the negative impression or mould, cast in silver, of the inside of Antoni’s own mouth and of her mother’s clenched hand, joined by a silver spoon as if the mother is feeding her child. There is an unspoken echo of Nauman here, in the proverbial ghosts the object conjures: “from hand to mouth”, but also “born with a silver spoon in her mouth”.34 The body is cut up by language literalised. But this work also captures something about the process described by Anzieu, the interaction of mother and child being doubled by an exploration of the interaction of the body surface with the space and the objects that surround it. In casting and inverting positive presence and negative space, Antoni confronts us with the surface negotiation through which our selfhood is established and sustained. Antoni’s work, with its preoccupations of motherhood, identity, “the formation of character, both by ontogeny and psychology”,35 is particularly amenable to psychoanalytic approaches and seems to fix closely on the kinds of borderline questions that preoccupy Anzieu. But this interest in the body, its fleshly presence and its interactions with other kinds of matter, manifests itself in a broader sense in contemporary uses of the cast. I suggested earlier that the imprint or cast of the body (and of the artist’s body in particular) is a way of addressing notions of artistic authenticity that have been systematically challenged by the age of mechanical reproduction. It is as if the body functions as a last resort in this context: an assertion of mere physical existence to which the index bears testament in the absence of any reliable metaphysical point of anchorage. One artist whose work takes up the cast in this light is Marc Quinn. Quinn, one of the so-called “YBA” (Young British Artists) generation, is most famous for a life-cast of his

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46  Marc Quinn Self, 1991. Blood (artist’s), stainless steel, perspex and refrigeration equipment, 208 x 63 x 63 cm.

own head, made from five frozen litres of his own blood and entitled Self. The first version was made in 1991, but Quinn has made one every five years since, exploring his changing physiognomy and through it traditional themes of mortality and ephemerality. 36 Quinn made a large number of cast-based works in the first part of his career,37 but even

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since he moved to other techniques, including sculpting in marble, his work has continued to circle around similar questions about material existence and identity, the boundaries between the body and its others, metamorphosis, decay, “the material world and its continuous transformative energy”.38 Quinn describes his life-casts as moments frozen in time. Discussing the process of making life-casts of his own body in terms that recall Nauman he says: You literally become the sculpture as it is being made. When the cast comes off you, it always remains as a record of that moment in time when you were the piece of sculpture. It eventually becomes immortalised in the materials such as lead and yet you move on. It is as if the real sculpture is me, moving and living, while my work is more like a series of snapshots of particular moments in my life. I mean these figures are not modelled in the sense of making clay sculptures. Rather I become the piece frozen in time, before moving on to another moment in my life.39

The familiar analogy with photography here fulfils an equally familiar function: that of memento mori – the cast, like the photograph, fixing a state of being that is intrinsically fleeting. Elsewhere, Quinn describes the life-cast as “the most photographic way of doing a portrait; it’s the least interpretative, it’s the blankest way”.40 This “photographic” blankness echoes the notion that the “real sculpture” is the artist himself; the role of the cast is simply to record his presence in a given moment. Here again is the avant-garde credo of the artist’s life as the “true” work of art, but presented this time in an apparently narcissistic mode that echoes some of Antoni’s preoccupations and seems to turn away from the radical deconstruction, found in Duchamp and Nauman, of such a logic of presence and identity. So why is it that contemporary uses of the life-cast seem, as I have suggested, to reassert this logic? As we have seen, both Duchamp and Nauman treat the body like a syntagm to be disarticulated or a set of signifiers to be reconfigured. They subject the body to the logic of language, radically undermining any essentialist notion of bodily identity. Life-casts made since the 1990s however, like many contemporary bodily practices, “stem from a culture of the tangible, the trace, and traceability, which is no longer satisfied with symbols”.41 This is the force of Quinn’s emphasis on the identity of the object with its representation; it ­matters deeply that Self is both an indexical imprint and made up of the stuff of the self in question (his blood), since only the trace of tangible presence can fix identity any more. If symbols have failed, or become so detached and free-floating that they cannot anchor us to a referent – or indeed to anything – then the index stubbornly resists, called upon as an indisputable reminder of the weight of material existence that connects us to the world. It offers “material having not just a symbolic but a real function”.42 If Duchamp and Nauman have in some sense ‘done for’ metaphor, then perhaps metonymy is all that remains. Seen in this light, Quinn’s work (and indeed Antoni’s) can seem reactionary – like a retreat from the implications of late modernity into a hypostatised materiality of flesh. If

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Duchamp and Nauman used casts to evacuate notions of origin, essence or identity, isn’t this contemporary reassertion of the body as essence a rather conservative riposte? In one sense the answer might be yes, but we must see these works as participating in a broader historical and social context of identity politics and the centrality of the body to certain new cultural practices.43 To that extent, this reassertion is taking place in a wider social environment which these artists simply reflect. Moreover, while this contemporary work is not apparently about ideas of the artist as genius in the sense that With My Tongue in My Cheek and Wax Impressions of the Knees of Five Famous Artists are, it is hardly possible to make work like Umbilical or Self after Duchamp and Nauman without their presence being invoked. Quinn protests that his work is not about him, “the artist”, but that he uses his own body to stand for “a sort of everyman”.44 But in the heady context of celebrity in which his cast works were produced, it is surely possible to see them as at least in part engaging in similar debates. Self’s overdeterminedness (self as image, doubled by self as index and as substance) is excessive, drawing attention to the idea of selfhood as a problem. But at the same time Quinn’s is a less ironic, more existential account of identity and embodiment. It is in the way the work combines these two dimensions that we might see its critical force. It seems to propose a melancholic, contemporary, body-centric vestige of identity-thinking, whilst at the same time being haunted by the art-historical precedents that threw such thinking into disrepute.

Conclusion We may seem to have travelled some distance away from the hyperreal sculptural objects of Hanson and de Andrea and the pathos of Segal’s human surrogates. Contemporary uses of the life-cast truncate, disperse or even dematerialise the body where the artists discussed in the first part of this essay use casting to preserve it as a sculptural figure in some form. Hanson’s and Segal’s bodies are empathy-testing devices, using the singular/serial logic of the cast to explore the boundary between the particular and the universal. Duchamp and Nauman use it to treat the body as a set of signs, wearing away assumptions about identity and presence. Artists working since the 1990s revive the cast for the purposes of self-investigation, to some extent mourning the losses that earlier generations were able to revel in. But what all these works share is a preoccupation with the surface as a potential site of meaning, and it is this that drives the choice of the life-cast as a working practice. For centuries of academic theorists and critics, the life-cast failed as art because its “automatic” surface failed to register the processes considered central to what a work of art was. Modern and contemporary artists recur to it because of what else the surface registers as the site of conceptual or ontological distinctions. The artist’s labour no longer

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consists in fashioning a new surface for matter, but in duplicating given surfaces as a way of interrogating them. Writing about viewing Hanson’s sculptures close up, Robert Hobbs remarks, “The careful observer will note that while the figure is indeed a painted surface, the human body is depicted as a remarkable palimpsest.”45 All these works in some way depict the body as a palimpsest. They each say something about separation and individuation taking place on a surface, and about the body as marked by accretions of phenomenological, psychological, and cultural significations. The life-cast is both a real presence and a reproduction at a distance, both an index and an icon, an object and an image. Its very structure embodies a logic of both/and. As such it has a unique capacity to show us both the surface and the body it circumscribes as always doubled or haunted by its others – as in all these senses a palimpsest. Whatever form it takes, the cast has a unique ability to embody both sameness and difference and the way in which difference crystallises at the surface of the body’s encounter with its others.

Notes 1

The history of this development in relation to the continued use of life-casts is traced by Georges Didi-Huberman, La Ressemblance par contact. Archéologie, anachronisme et modernité de l’empreinte, Paris 2008, especially the chapter Formes anachroniques, pp. 92–111. Vasari’s definition of sculpture, of which stone carving would constitute the purest form, already implies the deficiency of life-casting: “Sculpture is an art which by removing all that is superfluous from the material under treatment reduces it to that form designed in the artist’s mind.” Giorgio Vasari. On Technique, ed. G. B. Brown, trans. L. S. Maclehose, London 1907, p. 143.

2

These debates were especially heated and extensive in France, where the Académie des beauxarts was notoriously rigid and dogmatic in its norms and principles. See Carl Goldstein, Teaching Art. Academies and Schools from Vasari to Albers, Cambridge 1996.

3

For a detailed account of how such studio models were used, see Hélène Pinet, Modèles d’atelier, in: Le Corps en morceaux, Exhib. Cat. (Paris, Musée d’Orsay, 1990) ed. A. Pingeot, Paris 1990, pp. 57–64.

4

Gustave Planche, Salon de 1847, in: Études sur l’école française, 2 Vols., Paris 1855, Vol. 2, pp. 239– 286, here p. 266. All translations are mine unless otherwise stated.

5 6

Hippolyte Taine, Philosophie de l’art, Paris 1865, pp. 36–37. Pierre-Jean David d’Angers, Les Carnets de David D’Angers, 2 Vols., Paris 1958, Vol. 2, pp. 416– 417.

7

See Edouard Papet, A fleur de peau. Le moulage sur nature au XIXe siècle, in: A fleur de peau. Le moulage sur nature au XIXe siècle, Exhib. Cat. (Paris, Musée d’Orsay, 2001/02) ed. E. Papet, Paris 2001, pp. 16–44.

8

A substantial collection of casts by Geoffroy-Dechaume is held by the Cité de l’architecture et du patrimoine in Paris, which recently held an exhibition of his work. See Dans l’intimité de l’atelier. Geoffroy-Dechaume (1816–1892). Sculpteur romantique, Exhib. Cat. (Paris, Cité de l’Architecture et du Patrimoine, 2013), eds. C. Lenfant and L. de Finance, Arles 2013.

9

Walter Benjamin, Some Motifs in Baudelaire, in: Baudelaire. A Lyric Poet in the Era of High Capitalism, trans. H. Zohn, London 1997, pp. 107–154, here p. 145.

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10 Segal was on the jury that awarded Hanson the Florida State Fair Award of Merit in 1968 and both Hanson and De Andrea acknowledged the influence on their own work of Segal’s use of body casts. See Thomas Buchsteiner, Art is Life and Life is Realistic, in: Duane Hanson. More than Reality, eds. T. Buchsteiner and O. Letze, Ostfildern-Ruit 2001, pp. 68–79, here p. 74, and The Verist Sculptors. Two Interviews, in: Art in America 60:6, November–December 1972, pp. 98–99. 11 The early works are made in fibreglass and polyester resin, which he later replaced with a more flexible vinyl. Some of the later works were subsequently cast in bronze in editions of two or three, each hand-painted and dressed in different clothes. 12 See for example The Verist Sculptors 1972 (note 10). 13 See Duane Hanson, The Process of Making My Sculptures [1984], in: Duane Hanson, Exhib. Cat. (London, Saatchi Gallery, 1997), ed. M. Livingstone, London 1997, n.p. 14 Naomi Schor has pointed out that Hanson’s figures also draw an uncanny effect from the fact that in them, “detail has been promoted to a radical centrality.” Naomi Schor, Reading in Detail. Aesthetics and the Feminine, New York/London 1987, p. 139. 15 Keith Hartley, The Human Figure in Duane Hanson’s Art, in: Duane Hanson 2001 (note 10), pp. 80–85, here p. 82. 16 See for example Supermarket Shopper (1970) and Queenie (1980). Hanson generally seems to avoid foregrounding “iconic” brands in order to avoid such obvious Pop resonances, but this first version of Queenie does feature a box of Brillo pads. 17 With the later bronze versions, the recourse to a prestige technique of sanctioned reproduction in a durable and “noble” material coincided for both Hanson and De Andrea with their periods of greatest commercial success, and was to some extent a product of it. 18 Segal discovered this medium when he invited students in his adult-education painting class to bring in unusual materials with which to make art. One student, the wife of a scientist at Johnson and Johnson, brought in these bandages which the company had recently developed. See George Segal. Retrospective, Exhib. Cat. (Montreal, Museum of Fine Arts, 1997), ed. M. Livingstone, Montreal 1997, p. 67 f.n. 19 Some of Segal’s later figures, particularly for public commissions, were eventually cast in bronze, though always from an original plaster life cast. 20 On the history of the Pompeii calchi and their cultural significance, see Eugene Dwyer, Pompeii’s Living Statues. Ancient Roman Lives Stolen from Death, Ann Arbor 2010. The earliest calchi were destroyed by a bomb during World War II, but when archeological excavation resumed in the early 1950s, the remaining casts in turn resumed their symbolic role. The anguished, vulnerable human figures caught at the moment of their death took on a new actuality and potency in the post-war period, resonating with the suffering bodies filmed at the liberation of concentration camps, or with that new, modern, man-made catastrophe the atom bomb, which left in turn its own human imprints: bodies turned to shadows and ash. These resonances of the trace are explored respectively on film by Roberto Rossellini in Viaggio in Italia (1952), which shows the uncovering of new Pompeii calchi, and by Alain Resnais in Hiroshima mon amour (1959). 21 Though as a forensic archeologist has recently pointed out, the makers of these casts always completed or perfected them, finishing them according to criteria that were at least as much aesthetic as scientific and participated in their turn in the construction of the narratives that surrounded them. See Estelle Lazer, Resurrecting Pompeii, London 2009, chapter 10. 22 Walter Benjamin, Paris. The Capital of the Nineteenth Century, trans. Q. Hoare, in: Benjamin 1997 (note 9), pp. 156–176, here p. 169. 23 Hans Belting’s seminal account demonstrates that these various forms were often conceptually inseparable in the Middle Ages. It was only later that a tradition of art emerged which excluded

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forms and practices of the image that relied on physical contact. See Hans Belting, Likeness and Presence. A History of the Image before the Era of Art, trans. E. Jephcott, Chicago 1994. For a history of images made by contact, see Didi-Huberman 2008 (note 1). 24 David d’Angers 1958 (note 6), Vol. 2, p. 222. 25 These, along with the four cast/mould objects Feuille de vigne femelle, Coin de chasteté, Objet dard and Not a Shoe, are all associated with the secret work Duchamp was undertaking at the time on his “peep-show” tableau Etant donnés: 1. La chute d’eau, 2. Le gaz d’éclairage, now in the Philadelphia Museum of Art.  26 In a subsequent drawing, he listed these five “famous artists” as Willem de Kooning, William Wiley, Larry Bell, Lucas Samaras and Leland Bell. De Kooning’s name has been crossed out and replaced with his own. See A Rose has no Teeth. Bruce Nauman in the 1960s, Exhib. Cat. (Berkeley, Berkeley Art Museum, 2007) ed. C. M. Lewallen, Berkeley/Los Angeles/London 2007, p. 48. 27 Feet of Clay, Eating My Words and Bound to Fail were three of a set of Eleven Colour Photographs produced in 1966–67. The former shows the artist’s feet covered in roughly moulded wet clay and the latter his arms tied behind his back with rope. He also made a relief of the latter pose, which became Henry Moore Bound to Fail (1967), though he did not use a direct life cast. 28 Anne M. Wagner, Nauman’s Body of Sculpture, in: A Rose has no Teeth 2007 (note 26), pp. 104– 139, here p. 120. 29 Ibid., p. 124. 30 See for instance the interview with Gordon Burn, Still Breaking the Mould, in: The Guardian, ­October 11, 2005, http://www.theguardian.com/artanddesign/2005/oct/11/art [accessed March 23, 2015]. 31 Images of all these works can be viewed on the website of Antoni’s gallery: http://www.luhringaugustine.com/artists/janine-antoni [accessed May 16, 2015]. 32 She also re-staged an Yves Klein-style action painting using hair dye on a gallery floor (Loving Care, 1993). 33 Didier Anzieu, The Skin Ego, trans. C. Turner, New Haven/London 1989, p. 9. 34 The work is described as “sterling silver cast of family silverware” and was produced in an edition of 35. See http://www.luhringaugustine.com/artists/janine-antoni [accessed March 2, 2015]. 35 Nancy Princenthal, Janine Antoni. Mother’s Milk, in: Art in America, September 2001, pp. 124– 129, here p. 124. 36 If the electrical supply to the freezer display cabinet is lost, the head will revert to a formless puddle of blood. 37 Including: You Take my Breath Away (1992) and No Visible Means of Escape (1998), rubber “skins” made by moulding his entire body; My Ever Changing Moods (1993), a series staging casts of his face and limbs with living pot-plants; Emotional Detox (1994), a series of modified lead casts depicting various emotional states; and several evaporating ice casts of himself and others, including the model Kate Moss. 38 Marc Quinn, About Change and Life (dialogue with G. Celant), in: Marc Quinn. Memory Box, ed. G. Celant, Milan 2013, p. 10. 39 Marc Quinn, Invasion of the Body Sculptures (interview with M. Sanders), in: Dazed and Confused 13, 1994, reprinted in: Marc Quinn 2013 (note 38), pp. 68–71, here p. 70. 40 Marc Quinn, untitled interview with Sarah Whitfield in Marc Quinn 2013 (note 38), pp. 167–186, here p. 168. 41 Dominique Memmi, La Revanche de la chair. Essai sur les nouveau supports de l’identité, Paris 2014, p. 277. 42 Marc Quinn in Marc Quinn 2013 (note 38), p. 10.

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43 Dominique Memmi points to new practices around birth, death and mourning in Western cultures since the 1980s, in which the material body and its traces have become newly central, but we might also cite the culture of body modification, which Quinn has recently explored. 44 Marc Quinn in Marc Quinn 2013 (note 38), p. 19. 45 Duane Hanson. The New Objectivity, Exhib. Cat. (Tallahassee, Florida State University Gallery, 1991), ed. R. Hobbs, Tallahassee, 1991, p. 22.

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Taking Fingerprints The Indexical Affordances of Artworks’ Material Surfaces Surfaces and Traces Works of art – however conceptual, handcrafted or ready-made – are the result of processes.1 In these processes, diverse materials meet and are transformed.2 If defined as ­results of material transformations, artworks necessarily carry the transformative processes within them and can be described as indexes of their own making.3 Traces that pertain to making can therefore be described as indexical traces, and differ from traces of wear and tear that indicate ‘pastness’.4 If we assume that making is always and intrinsically related to meaning, the indexical traces that processes of making have left behind offer a way to understanding art. Indeed, a first encounter with a work of art is often a cognitive search for clues about how and from what it was made. Take for instance Peter Fischli and David Weiss’ Polyurethane Installations (1991–), which are made up of everyday objects that are assembled into work-in-progress situations, like a builder’s workshop or a renovation site or an artist’s studio. Actually, all things one sees have been hand-carved from polyurethane foam and painted in order to resemble everyday objects. The artwork starts taking effect when one realizes that the objects are not what they seem. This realization is triggered by the observation of the surface appearance, which leads to retracing possible processes of making (i. e. carving, painting), which in turn may help to form a notion about possible meanings. Retracing a process inevitably introduces an order in time and space, and thus produces a number of interrelated events. The French palaeontologist André Leroi-Gourhan described these as the chaîne operatoire: the sequence of technological, social, and cultural actions that occurs during the production of artifacts.5 Unlike utilitarian artifacts, however, works of art do not follow a pre-designed, familiar or easily reproducible ­sequence. The polyethurane installations by Fischli and Weiss demonstrate this particularly well, as they imitate common utilitarian objects, but have been fabricated from entirely different materials and by different procedures. Such counterintuitive processes make the identification of indexical traces and their sequential ordering more difficult, as the observer has to question his/her default assumptions about materials and making. Rather than a classic indexical trace, like the line of footsteps left behind in the sand, artworks’

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indexes may be better compared to the hundreds of superimposed foot-, ball-, and racket marks that are left behind on a clay court after a tennis match. To make things more difficult, many works do not display indexical traces at all on their surfaces. Traces may have been swallowed up by the work in the process of becoming (think of a photograph, which though it is in itself an index, does not display much of its material becoming, unless the chemical developing process has gone wrong); be so abundant and diverse that they are obscured by their complexity (a participatory work); or have been hidden and effaced deliberately (the polished surface of a sculpture; a conceptual work). The question is whether an exact reconstruction of the artworks’ index is intended or needed. Looking for traces of making and re-constructing processes is, as has been suggested above, a way of understanding art. This understanding, I propose, already starts with the search for traces and the operational chains they may pertain to. It does not necessarily result in an exact reconstruction nor does it need one; it may very well suffice to form a general notion of what happened in order to understand why it has happened. When exact dating or attribution are at stake, however, the motivation shifts from understanding a work of art to determining authenticity and thereby value. If that is the case, a different apparatus moves in and indexical traces are interpreted with analytical technologies and tested against comparative databases in order to establish scientific exactness. Then, the indexical trace turns from cognitive support for understanding meaning into a proof for a unique instance of making. This shift explains the early crossovers between art historical and forensic technologies, which Carlo Ginzburg revealed in his famous essay on clue-finding as scientific method.6 The fingerprint can rightfully be called the indexical clue par excellence. First, because it relates to creation as it indicates touch and thus human engagement in a most immediate and recognizable fashion. Second, because following the late 19th century discovery that each individual’s fingertips display a truly unique pattern, fingerprints did not only signal human touch in general, but the touch of a particular human individual. The subsequent use for identification however reduced the fingerprint to an identificatory trace, whereas its implications are far broader. What fingerprints actually betray about artistic production, is not only a question of ‘whose finger?’ but is also and intrinsically related to the surfaces that allowed the finger to leave a print. Only if the relation between the surface, its substance, the hand and the trace is taken into account (what George Didi-Huberman described as the “network of material relationships” caused by bodily imprints7) can the manifold ways in which fingerprints make meaning in art be described and understood. Fingerprints, it is proposed here, are traces that offer a way to understanding artworks not because but in spite of their promise of authentication. Drawing on the concept of affordances, developed by the psychologist James Jerome Gibson in the 1970s,8 this chapter describes surfaces as elements of artworks, which depending on their material make-up offer a person to leave prints or not, or, to phrase it more poignantly, which ‘take fingerprints’. An affordance, Gibson wrote

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cuts across the dichotomy of subjective-objective and helps us to understand its inadequacy. It is equally a fact of the environment and a fact of behavior. It is both physical and psychical, yet neither. An affordance points both ways, to the environment and to the observer.9

Applied to the particular context of artistic production, this definition explains that it is neither maker nor tool nor material alone, but the combination that makes art. It also pushes the boundaries of the physical and psychical beyond the subject-object relation, and situates meaning as a property of both.10 In Gibson’s theory, the environment is divided into three prime elements: medium (such as air, light, water), substance (stone, earth, grass) and surface. Within this triad, surfaces are crucial because here medium and substance meet and the cutting across the object-subject dichotomy becomes most discernable: The surface is where most of the action is. The surface is where light is reflected or absorbed, not the interior of the substance. The surface is what touches the animal, not the interior. The surface is where chemical reactions mostly take place. The surface is where vaporization of the substances into the medium occurs.11

Based on these observations, Gibson formulated nine ecological laws of surfaces, of which the second, fourth and eighth are particularly relevant for understanding why fingerprints have different meanings for different surfaces: 2. Any surface has resistance to deformation, depending on the viscosity of the substance. 4. Any surface has a characteristic texture, depending on the composition of the substance. It generally has both a layout texture and a pigment texture. 8. A surface has a characteristic reflectance, depending on the substance.12

Before relating Gibson’s surface laws to art works, this chapter first reviews the forensic iconography of fingerprints in 20th century art and shows how this particular paradigm has impacted the perception of fingerprints found on artworks made before that period. It moves on to describe anthropological connotations of fingerprints, in order to explain the fascination they evoke. In an attempt to structure the complexity of fingerprints’ possible meanings, the third part discusses how different material surfaces of artworks afford fingerprints in different ways. This Gibsonian approach, we will see, suggests a division between fingerprints left on soft and malleable or hard and shiny surfaces. While the latter, due to the ecological laws of the substances involved, signify touch after making, the first are generally taken to pertain to making as creation, thus producing a further and less impartial distinction: that between desirable and undesirable prints. Such oppositions are confused and made productive in contemporary art, for instance by employing digital procedures or partly digital substances. Fingerprints, it appears, are well suited to create new and unexpected relations between soft, hard and digital surfaces.

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The Artist as Fingerprint Roland Barthes famously defined the indexical properties of photography by the mediums’ ability to show, indisputably, that what ‘has been there’ in the moment it was photographed.13 Like photography, the science of dactyloscopy emerged in the first half of the nineteenth century. It used fingerprinting as a method of formal certification of identity and eventually enabled the disclosure of significant information because it indicated that a particular individual ‘had been there’ in a moment of crime.14 In the wake of the institutionalization of fingerprinting, publications about the process and method were prominently illustrated with fingerprints, sometimes on the title page.15 Such images were deeply associated with the criminal sciences. They were indexes that became the first pictorial elements of a forensic iconography.16 Didi-Huberman observed that the semiotic collapse of index and icon is potentially caused by all direct imprints of the human body because they simultaneously are and show both: “process and paradigm, presence and representation”.17 The fingerprint however, collapsed more definitely than imprints of any other body part, which lack such a definitive and at the same time visually abstract identificatory potential.18

47  Sidney Paget, Original Watercolour for the Illustration of the “Adventure of the Norwood Builder”, 1903. Austin, Arthur Conan Doyle Art Collection, Harry Ransom Center, The University of Texas at Austin.

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Among the first artistic takes on the iconic index are the illustrations of Arthur Conan Doyle’s Adventures of Sherlock Holmes, published first in Beeton’s Christmas Journal (1887) and in Strand Magazine from 1891 onwards. Shortly after the first crime had allegedly been solved on the basis of fingerprint identification in London in 1902, Doyle published “The Adventure of the Norwood Builder” (1903). In this story, the culprit tries to pin a murder on a man by way of a false, bloody thumbprint, which he has manufactured from an imprint the innocent man has left on a document seal. Illustrator Sidney Paget chose the instance that Holmes scrutinizes the false print on the wall through a magnifying glass, an iconic scene of deduction. This early forensic iconography was developed by several subsequent artists, for instance Otto Dix, who left blood-red fingerprints on his self-portrait as Lustmörder (1920) or Marcel Duchamp and Piero Manzoni, who in their ironic explorations of artistic authorship, left respectively fingerprints on film (Marcel Duchamp, Anémic Cinéma, 1925/26) and hardboiled eggs (Consumazione dell’arte dinamica del pubblico divorare l’arte, 1960, ­Milano, Archivo Opera Piero Manzoni).19 The witty self-portrait Fingerprint Man (1951) by American illustrator Saul Steinberg brought the semiotic collapse of index and icon to perfection: the half-portrait consists solely of fingerprints and the face pinpoints the paradoxical loss of individuality that occurs when a person is reduced to his/her unique, identificatory trace.

48 Saul Steinberg, Fingerprint Man, 1951, Ink on Paper.

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Chuck Close followed this lead and fingerprinted portraits based on photographs, thus superimposing the photographic with the fingerprinted index, but also inserting a division because his index produces portraits of others (see for instance Chuck Close, Keith/Round Fingerprint, 1979, stamp-pad ink and pencil on paper, Reynolda House Museum of American Art). Bruce Conner’s installation Prints (1974, Walker Art Center, Minneapolis) consists of a set of police fingerprints of the artist, the documentation of the process and the materials pertaining to it, and may count as a definite criticism of indexical control. So can John Baldessari’s photographic collage Five Pickles (with Fingerprints) in the Shape of a Hand (1975, Art Institute Chicago), which suggests that the prints were obtained from the pickles. All these works not only reference the visual tradition of the forensic, but also its material framework: stamp-pad ink on white, paper- or paper-like grounds. Apart from these art works, the forensic iconography is reiterated in crime movies and series.20 And it is also part of our personal experience, when we have our fingerprints taken for passports or are “ten-printed” in order to enter another country. This ongoing impression of the index-icon on our collective visual-material memory may explain why the forensic paradigm is so easily projected onto fingerprints found on artworks that were produced long before the indentificatory connotation of the index. The promotional text for a conservation studies journal for instance describes how “researchers shiver” with excitement at the discovery of such prints, which grant “moments of unexpected intimacy with masterpieces”.21 ­Indeed, fingerprints on works of art are photographed, collected, and published about as tiny sensations of the immediate, physical presence of an artist long dead. As if Bellini, Jan van Eyck, Leonardo, Vermeer, Rembrandt or Van Gogh have briefly returned from the grave to grant the painted surface an authenticity beyond style, brushstroke, and even technical analysis. But pre-forensic fingerprints where never meant to stand in for the artist’s identity or act in lieu of a signature, as they did in the works described above. The excitement therefore, is mostly in the eye of the beholder, who interprets them through the lens of forensic iconography, like Holmes did through his magnifying glass. And indeed, in many cases, they are found through the technical apparatus of magnification. Such prints, however, could only really become effective as identification, if they would have a counterpart either in a living being or in an archive. But without a database of ­famous, dead artists’ fingerprints, they cannot be matched and may just as well have belonged to a colleague, an assistant, or a conservator who applied a new layer of varnish years later.22 This lack of reference may also be the reason that the Swedish Journal of Ancient Fingerprints, despite the promising venture of an archaeological dactyloscopy was not continued beyond the first issue that appeared in 2007. In fact, the only case known to me, in which an argument for attribution was made on the basis of an artist’s fingerprint, involved forged Jackson Pollock paintings, which were certified by using much the same method as in the Case of the Norwood Builder: a fingerprint left on a paint can preserved in Pollock’s Studio Museum was reproduced as a stamp and used to make fake prints on the fake paintings.23

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Pre-forensic fingerprints left on paintings, therefore, are quite different epistemological objects, compared to the deliberate fingerprints by Dix, Duchamp or Steinberg. They differ in intent and also materiality because they are impressed in only one material, paint, and not the result of the encounter of two materials, ink and paper. Generally speaking, there are three reasons for fingerprints on paintings: they were made to either enhance depiction, to smooth out traces of making on the surface, or they were left behind by accident. In all three cases, they are the result of a tool-like use of the hand, which is another reason for the prints to attract attention because in painting, most people expect tool-marks to be brushstrokes and not fingerprints.24 Van Gogh (or someone else) left an abundance of unintentional fingerprints on the edges of his paintings, presumably due to picking them up and moving them around the studio while they were still wet. Prints caused by handling are also visible in the margins of paintings by Jan Vermeer.25 Others were obviously intended to create a particular visual effect. Van Gogh tapped the painted surface with his finger to shape the clouds in one painting and to enhance the transparency of a background color in another (Vincent van Gogh, De oevers van de Seine, 1887 and Glas absinth en karaf, 1887, both Van Gogh Museum, Amsterdam).26 Though in this case, the authorship of the artist is more likely (and could be used to start a database of fingerprints by famous dead artists) prints such as these, again, were not left for reasons of identity, but tie in with a history of finger-painting.27 This history is embodied for instance by Rembrandt, who in a self-portrait drew his left eyebrow with his finger (Self Portrait as Zeuxis, ca. 1663, Wallraf-Richartz-Museum, Cologne), and also Cornelis Ketel, who supposedly painted exclusively with his fingers, though no print was ever found on his few surviving paintings.28 Not only the proverbial “rough manner” (ruwe manier) of 17th-century Dutch painters was produced or enhanced with fingers, but also the smooth surfaces of early Netherlandish paintings bear fingerprints. But here fingers were used to hide and not emphasize traces of making. Such “de-representing” marks can be observed on several paintings by Jan van Eyck and other Early Netherlandish painters, who employed fingertips to pad over glazes or create perfect transitions in smoke, clouds or flesh areas, much like fingers are used to apply make-up on actual skin.29 They also appear in the faces of Giovanni Bellini’s Madonnas and in a number of paintings by or attributed to Leonardo da Vinci, where they were used to create soft transitions between face and hair.30 This occurs most noticeably in the face of the Virgin of the Rocks (National Gallery, London), where the regular pattern of rounded ridges produced by the fingertips perfectly follows the rounded shape of the face and reveals exactly how the fingers were applied (Farbabbildung 20).31 Taken together, the examples show two things: the fingerprints were not left for identificatory but pictorial reasons, and the finger-as-tool is effective only in relation to the surface of the substance on which it leaves a mark. In accordance with Gibson’s second ecological law of surfaces, oil paint affords fingerprints due to its viscosity in a way that a different medium, for instance watercolor, would not. This enables certain effects, like

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smudging and smoothing, that fingers are better at achieving than other tools used in painting. So instead of causing “shivers of excitement” as tokens of authenticity, which they are not, fingerprints should excite us because they offer insights into processes of art making.

The Original Ornament The conclusion of the last paragraph begs the question of whether it is the forensic paradigm alone that makes us notice fingerprints, wonder at them in delight, or get a cloth to wipe them off. A friend once told me that it had been a fingerprint that made him want to become an archaeologist when he was ten years old. He discovered it on a brick, he had found in a field near a Roman aqueduct during a summer vacation in France. The palpable body-mark of a person long gone amazed him, and though he did not become an archaeologist, he became a sculpture curator, deeply invested in the history of touch.32 Therefore, not only the identifiable fingerprint can have a far-reaching impact on a person’s life. But what is it exactly about the fingerprint (which after all is to be expected on surfaces and objects, which have been touched or are the result of touching) that imbues it with so much power? In the previous paragraph, the indentificatory potential of the individual fingerprint was related to the paradigm of the authenticity of the index, described by Roland Barthes with regard to photography. In order to understand why a fingerprint that cannot be linked to a specific owner is equally meaningful, we can refer to Charles Sander Peirce’s semiotic triad, where the index as particular sign originated. Embedding his system of signs (icon – index – symbol) in a wider triadic system of meaning making, Peirce described how things exist in the world, namely in themselves (firstness), in relation to another ­(secondness), and in relation to another and to a third (thirdness; i.e. a network).33 While the icon and symbol reference respectively first- and thirdness, the index alone is an instance of secondness, because it implies a one-to-one relation between the object and the phenomenon it has caused, nothing more and nothing less. Secondness, Peirce wrote, “is the mode of being of that which is such as it is, with respect to a second but regardless of any third”.34 It follows that the fingerprint is essentially relational. Because it is relational, it does not only refer to the specific touch of that particular finger, but also alludes to touch as such: upon seeing a fingerprint, we sense the presence of the other who has been there before us. This perception then, enables a connection through time, for instance between the Roman brick maker and the ten-year-old who finds the brick two thousand years later. Because this connection is created through the sense of touch it is potentially empathic; a quality which not only informed semiotic but also phenomeno­ logical approaches to art.35 Relational and empathic, the fingerprint played a role in the research into the origins of human creativity, carried out around 1900. The psycho­logist

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Wilhelm Wundt for instance, explained the origin of ornament from the incidental fingerprint left on a piece of pottery: spotted by the maker, it was deliberately turned into a pattern of many prints.36 Also the art historian August Schmarsow explained the origin of art as resulting from the inevitable encounter between surfaces (Grund) and bodies (Körper): man cannot resist the transferal of his body’s scale, his paces, his arm movements, even his fingers, onto the surface that supports all his actions [...] he who wanders along the seashore, draws pleasure from his own footprints [...] the dull white-washed walls of the city beg the passing shoeshine boy [...] to draw his black fingers along the surface, leaving traces of the antagonism between the living individual and the dead surface.37

Though Schmarsow here develops his theory from the traditional dichotomy between active maker and dead matter, he also assigns the environment (sand, seashore, white walls) an active part in this process, as it “supports actions” and “begs” to be marked. The entire chapter on Herstellungsmittel (media/materials of production), from which this passage stems, is in fact, Gibsonian avant-la-lettre, as Schmarsow describes how objects “approach us” (p. 100), how the surface of the earth offers itself as the natural place for the origin of artistic creation, and how the „Teilkonfigurationen“ (sub-configurations) of the ground, by which he means its various material surfaces and substances (i. e. wood, earth, metal, granite, marble) are perceived and draw out specific creative actions, that turn the media of production into media of representation („Darstellungsmittel“).38 Fifty years earlier, Gottfried Semper had noted that there was no terminology yet to describe materials with regard to their meaning and he missed in particular a term to describe soft material, which he considered the “origin of the visual arts”.39 Schmarsow started to develop such a terminology for his ecology of artistic creation and the affordances of surfaces to take fingerprints, was part of it. Today, the cognitive sciences support our empathic reaction to marks on surfaces: observations show, that upon viewing touch, our brains perform similar neurological actions to those that occur during the actual experience of touching. 40 It would follow, that upon seeing a fingerprint on a given surface, our brain creates an echo of how it feels to actually touch that surface. It can be concluded, that the forensic iconography is embedded into an older, anthropological history of fingerprints, in which these are associated with formative pleasure and appear as traces of creation and possibly even witnesses to the origin of art. This history explains why popular visual culture today, apart from the forensic, considers the fingerprint also as a sign of love and affection. For instance, when two prints are combined to form a heart shape (a popular tattoo and jewelry design), or trinkets are crafted from salt dough to preserve the fingerprints of lovers, babies, even entire families. In such objects, the notion of authenticity and identification of forensics merge with the relational connotations of the pre-forensic print. In craft culture, these artefacts are referred to as

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fingerprint ornaments, suggesting a diachronic consistency of the prints’ ornamental ­affordances that Wundt described around 1900. Fingerprints are suitable to ornamentation for a number of reasons: they are small and regular; they are easy to repeat while forming a substance (imagine someone who shapes the brim of a pot with two hands); and finally, unlike other body parts (hands, feet, face) they do not produce an immediately recognizable shape, but a regular roundel with an abstract, linear pattern inside. All of these qualities endow the fingerprint, which has been approached here from an iconological perspective, also with a strong anti-iconic component. The print therefore not only collapses index and icon, as Didi-Huberman pointed out, but also features both sides of a traditional art historical opposition: the ­indexical copy of nature, which denotes realism, and the ornament, that gives rise to abstraction. Forensic and empathic, pictorial and effacing, realistic and ornamental: fingerprints emerge as layered objects and need to be analyzed carefully with regard to these different, opposing and nonetheless interrelated options they have for making meaning in and on works of art. To untangle these meanings and at the same time show the entanglement between finger and surface, print and substance, it helps to consider the affordances of the materials that “take prints” in a number of examples.41

The Good, the Bad, and the Giant Fingerprint So far, softness in combination with plasticity – the specific quality of a substance to retain shape described in Gibson’s second law – has emerged as paramount property of a surface to afford prints. Softness alone is not enough, however, as textiles for instance, do not take visible fingerprints; a fact that complies with Gibson’s fourth law, that describes the importance of texture and material composition of surfaces. In general, fingerprints in paint and clay, are taken as signs of creative interaction, charging the material with a warm and positive connotation and emphasizing the material memory of the substance. Fingerprints discovered on clay sculptures therefore are treated with less excitement than those discovered on paintings, as they are to be expected, but nonetheless offer a way into the analysis of working procedures.42 The impressions on soft materials can also be transferred to hard materials, for instance in the process of casting bronze sculpture from clay models. They reference a process of material transformation, while the observer understands that they initially occurred in a different material. Such literal second-hand marks are a regular feature of late nineteenth and early twentieth century cast bronze sculptures, when a rougher surface and traces of making became an aesthetically accepted and even desirable feature of the sculptured surface. When fingerprints origin on hard surfaces, however, they are generally considered to disrupt the aesthetic experience: the shininess of metal and mirrors, and the transparancy of glass which affords reflection

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(Gibson’s eighth law), is diminished and disturbed by fingerprints. Prints on shiny surface are generally not the result of making but of handling. They are intuitively experienced as traces, which do not pertain to creation but to use, turning them into potentially unwanted prints. Just like on soft materials, these prints are a result of the affordance of the surface, but now in relation to the substances on the finger. Visible, black fingerprints on brass and silver surfaces as well as on paper and parchment are caused by the residue of human skin; a quite aggressive mixture of fat, water, and salt, that if not removed, causes a chemical reaction that etches fingerprints into the surface permanently.43 While the “power of patina” can increase the cultural value of an object, actual fingerprints are seldom perceived as patina, which favors a more indistinct aura of usage.44 Only incidentally are concrete traces of handling on originally shiny surfaces considered aesthetically pleasing, for instance in Japanese lacquer ware.45 The erosive effect of sweat and dirt on human hands perfectly illustrates Gibson’s description of the surfaces’ relevance: “The surface is where chemical reactions mostly take place. The surface is where vaporization of the substances into the medium occurs.”46 It’s also the reason why professional handlers of artworks wear gloves, as do criminals, and if they don’t, we see them wiping the handles of the guns they used, just like we see investigators dusting for fingerprints (both actions are standard motifs of forensic iconography). These ‘bad’ fingerprints add yet another category to the list summed up at the end of the previous paragraph: unwanted ones. Semâ Bekirovic’s Relational Voodoo (2016) makes such touches productive by using the forensic apparatus on a postcard and a lifesize bronze copy of Rodin’s La Penseur (ca. 1904). The postcard and the copy have been dusted with fingerprint powder and placed under UV-lights, revealing hundreds of fingerand handprints that form an awesome colour film on the postcard and a glistening second skin on the sculpture (Farbabbildung 21). Fingerprint powder was developed early on in forensic sciences in order to make the bodily residue on surfaces visible to the eye. The powder can consist of a variety of ingredients, but generally two main components are crucial: a binder, which adheres to the salt-fat-water mixture and creates a relief from the traces, and a pigment that renders the relief visible.47 Any paint is composed of binder and pigments and with the fingerprint powder, Bekirovic’s work “paints” the prints into a beautiful visibility. As an artwork, Relational Vodoo is effective because it makes use of the forensic iconography and the apparatus pertaining to it, while at the same time emphasizing the empathic effect that the now visible touches produce: everyone knows the urge to touch sculpture, has suppressed it, but also yielded to it, when no one was looking. It is these furtive touches that Bekirovic brings to light. Like metal, the surfaces of photographs are a shiny plane, on which prints are highly undesirable. Notwithstanding the power of photographs to touch us, which Roland Barthes described as the punctum (the piercing detail that reaches out to us), we do not really want to touch the precious surface for fear of spoiling it. But one could also look

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49  Henrik Jacob, Mike Tyson, 2011, 20 x 22 cm, Play-Doh. Collection of the artist.

upon a fingerprint on a photograph as one index being superimposed onto the other: the glimpse at some real moment that the photographic print presents, is obscured by fingerprints, which speak of a different real moment, when the print was touched. Artists who combine fingerprints and photography make this superimposition productive, like for instance Chuck Close in his large portraits, which were based on photographs and executed with fingerprints. The German artist Henrik Jacob gives a new dimension to this particular layering of indexes by employing a different material: he reconstructs photographs with small pieces of Play-Doh in shades of gray, black and white, which are pressed onto a flat surface. Though the results retain the classic two-dimensional format of a photograph, they also have a distinctly three-dimensional quality about them, because the blobs of Play-Doh are layered and show the imprint of the fingers that shaped them. The Play-Doh pictures have diverse yet typical photographic subjects – a Ming Vase, a portrait of Mike ­Tyson, a shop display, a parking lot – and occupy a space somewhere between sculpture and photography. The fingerprints in the Play-Doh (which we know from experience does not harden like real clay) draw out the observers’ tactile desire to continue the work by adding on more little lumps.

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50  Evan Roth, Slide to Unlock, 65 x 120 cm, lambda print face mounted on acrylic, dibond backing.

While touching photographs was considered destructive as long as they were printed on paper, the emergence of touchscreen technology has made touching photographs an everyday practice, transferring the problematic residue on our fingertips to a different surface: the screen. Some touchscreen users carry a special antistatic cloth while others simply use their sweaters to wipe away the marks that the interaction leaves behind. The constant production of undesired fingerprints, which are not only afforded but demanded by the way the technology works, have inspired the American artist Evan Roth, who re-materializes digital-born phenomena in traditional media. The works Slide to Unlock and Zoom In, Zoom Out (2011, 2013) from the Multi-Touch Series isolate the marks that fingers leave when carrying out exactly these commands. The oversized photographs of the ephemeral traces emphasize the finger movements that have become second nature to users of touchscreen technology. By translating the traces into clear black-on-white marks, Roth harks back to the forensic iconography. But the images’ aesthetic effect lies in the way they relate the unwanted fingerprint on the screen to the finger-as-tool: the detested smear becomes a beautiful gesture, reminiscent of Chinese calligraphy, allowing observers to reflect differently on their everyday swiping, zooming and pinching.48 All the works described here make surfaces productive and play with their affordances. They combine surfaces that love to be touched, like paint and clay, with those that are forbidden to touch, like brass, silver, bronze and photographs, and finally with those that have to be touched to render them active, like the touchscreen. Surfaces and substances that extend into the digital or have been worked using digital processes undermine the looming dichotomy between soft, malleable and responsive ­surfaces on the one hand and hard, shiny and reflective surfaces on the other even more. Two examples show how digital processes let fingerprints occur in unexpected places, on substances that usually do not afford prints, or in unusual sizes. MetaFoil is a stage curtain that the Los Angeles based artist Pae White made in 2008 for the new opera house in Oslo. The large tapestry started out from a piece of aluminum

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51  Pae White, MetaFoil, 2008, cotton and polyester, 29 x 11 m. Oslo, Opera House.

foil, which the artist crumpled up, unfolded and photographed. The resulting high-resolution transparencies served as input for the digitally woven tapestry. The curtains’ aesthetic impact relies on the interplay between represented and actual material: what appears to be a shiny, creased metallic surface is actually woven with dull cotton and polyester ­threads. The apparent sheen of the foil is achieved only through the faithful rendering of the optical effects, not the m ­ aterials’ actual qualities.49 White describes the counterintuitive encounter of materials as a core element of her art making. To her, materials are ­active, even conscious beings. Recreating the small piece of foil as a large tapestry, was as if the textiles “had a dream of becoming something that was not in their nature, a fantasy of being silver and reflective [...] As if the material itself were in costume, and on stage.”50 White started on her woven works with a cooperative in Mexico, but their irregular and crafty style dominated the look of the tapestry. In search of a technique that would impose a less or rather no per­sonal style at all, she discovered the Flanders Tapestries Company in Wielsbeke, West-Flanders, a manufacture that continues the century-old Flemish tradition of translating designs into large-scale tapestries. To facilitate intricate, pictorial designs, the mill works with a digitally driven loom. Yet it was exactly this seemingly impersonal technology that inserted unknowingly and as a surprise to the artist herself, a gigantic personal signature. When White had crumpled up the aluminum foil, she had left a fingerprint on the metal surface. Blown up to immense proportions by the high-resolution photograph that provi ded the data for the digital loom, it was translated onto the

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52  Urs Fischer, Big Clay #3, 2008–2011, Cast aluminum, chrome steel skeleton, chrome steel bolts, 10,25 x 7,60 x 6,50 m. Greenwich, Connecticut, The Brant Foundation Art Study Center.

textile surface; a surface that is not susceptible to prints. Only after the weaving, the print was discovered in the upper left corner of MetaFoil, a slight yet clearly different pattern amongst the regular triangular shapes that form the reflecting wrinkles of metal. Like Pae White, the Swiss-born, New York artist based Urs Fischer, works with a wide array of found and formed materials and gravitates towards the large scale. Unlike White, however, Fischer favors the personal mark and recently used an immense amount of clay, the foremost artistic material to afford fingerprints. In 2013, he enlisted the help of 1500 volunteers to work no less than 300 tons of clay into sculptures for his project Yes at the Museum of Contemporary Art in Los Angeles.51 Collaborators worked without any instructions or predetermined plan, turning clay into a participatory mass medium. The Last ­Supper, one of the sculptures on which Fischer himself worked during the clay-marathons, and which bears the imprints of many hands, was cast into bronze. The casting process is enabled by a high-resolution 3D scanner, which was also employed for other work, such as the Big Clay series. These sculptures started out as very small lumps of clay, which Fisher kneaded into indistinct shapes of approximately five centimeters within only a few moments. The objects

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were scanned at the Kunstgießerei (Sitterwerke, St. Gallen), a foundry specialized in producing large-scale, materially challenging art projects with cutting edge equipment and specialized knowledge of old and new technologies.52 From the scan, differently sized models and eventually a large mold was produced, in order to cast Big Clay in several parts in aluminum at the Chinese partner of the Kunstgießerei.53 Big Clay #3 is eleven meters high and a landmark in the grounds of the The Brant Foundation Art Study Center (Greenwich, Connecticut). The sculpture displays clearly visible, very large fingerprints and looks as if it has been kneaded by a giant for whom the big lump of aluminum must have felt as small and malleable as the tiny lump of clay to Fischer.

Where the Action Is The brief inventory of the indexical affordance of different surfaces has shown how fingerprints emerge and entangle tools, surfaces, substances, and marks in a “network of material relationships”.54 White’s and Fischer’s works illustrate particularly well that the print indeed enables a better understanding of the work’s potential meaning. Pae White did not intend to leave a print. Like a criminal, she left it behind unwittingly when crumpling up the aluminum, a substance susceptible to the residue on her fingertips. It materialized through the magnification of the high-resolution photograph – a forensic method in fact – and was discovered only after the weaving. Unwanted or not, the mark on the woven surface is a clue to the process that enabled the “dream of the woven tapestry to become something it was not”, as White described it. While the title MetaFoil and the optical appearance of the curtain speak of metal and leave the viewer to wonder about the nature of transfer between materials, the fingerprint leads us back through the operational chain that actually worked foil into tapestry. It does not only reveal the material transfer from aluminum to textiles, and therefore from a high to a low indexical affordance. It also explains the shift in scale, achieved by the digital-mechanical apparatus and as such the meta of MetaFoil. Big Clay works in a comparable manner: its title draws ­attention to the material of the artwork, which is precisely not the one in the title, while big, just like meta, hints to a change in scale. Again, the fingerprints – now intended to be visible – offer a clue to understanding the apparent paradox: the metal, which does not afford fingers to leave indented marks, cannot be the original material and the prints’ size shows that the work must have started out small and was subjected to a radical change in scale. The immense effort of the many hands, bodies, and machines it took to make an eleven-meter high aluminum cast stands in a sharp and ironic contrast with the sloppy squeezes that produced the vaguely shaped piece of clay. Both works therefore emerge from the travel between soft and hard materials and relate their processes of ­becoming through desired as well as undesired fingerprints. Finally, the indexes, claimed as monumental signatures or left by accident, also highlight the fact that an individual

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could never have achieved these works alone, thereby revealing their collaborative production. Surfaces of artworks have emerged here as places “where the action is”, as Gibson noted, or rather, where the action has been. The action of making art – as the initial hypothesis at the beginning of this chapter posed – can be reconstructed through a careful analysis of surface traces with regard to the particular material qualities or affordances of surfaces and substances, such as viscosity, plasticity, texture, reflectance, chemical reaction etc. As an exceptionally distinct index of artistic action, the fingerprints’ interpretation in relation to surface affordances allowed for an exercise in understanding making and consequently, meaning. Fingerprints, however, are only one among the manifold traces, which surfaces take from hands or tools, or material interactions. They all  – including ­invisible or removed traces – betray making and need to be considered when studying surfaces of artworks as meaningful places.

Notes   1 This article is dedicated to the memory of Marianne van den Boomen, the most astute indexical thinker. I thank Nadia Baadj for her valuable comments and Magdalena Bushart and Henrike Haug for their patience.   2 This holds true for all materials, be it clay, plastic, oil paint, air, digital data, paper, wax, human bodies, museum walls etc.   3 Alfred Gell, Art and Agency. An Anthropological Theory, Oxford 1998, p. 13; Tim Ingold, Lines. A Brief History, London 2007, see chapter 2 in particular. On the relevance of surfaces in creative production, see also Surface Tensions. Surface, Finish and the Meaning of Objects, eds. G. Adamson and V. Kelley, Manchester 2013.   4 Cornelius Holtorf, On Pastness. A Reconsideration of Materiality in Archaeological Object Authenticity, in: Anthropological Quarterly 86/2, 2013, p. 427–444.   5 André Leroi-Gourhan, L’homme et la matière, Paris 1971 [1943]. See also Georges Didi-Huberman, Ähnlichkeit und Berührung. Archäologie, Anachronismus und Modernität des Abdrucks, Cologne 1999, p. 16–22.   6 Carlo Ginzburg and Anna Davin, Morelli, Freud, and Sherlock Holmes. Clues and Scientific Method, in: History Workshop 9, 1980, p. 5–36. The German translation: Carlo Ginzburg, Spurensicherung. Der Jäger entziffert die Fährte, Sherlock Holmes nimmt die Lupe, Freud liest Morelli. Die Wissenschaft auf der Suche nach sich selbst [1979], in: Carlo Ginzburg, Spurensicherung. Die Wissenschaft auf der Suche nach sich selbst, Berlin 1995, p. 7–44.   7 Didi-Huberman 1999 (note 8), p. 17.   8 James J. Gibson, The Ecological Approach to Visual Perception, Hillsdale/New Jersey 1986 [1979].   9 Gibson 1986 (note 8), chapter 8, p. 129. 10 See Ann-Sophie Lehmann, The Matter of the Medium. Some Tools for an Art Theoretical Interpretation of Materials, in: The Matter of Art. Materials, Technologies, Meanings 1200–1700, eds. C. Anderson, A. Dunlop and Pamela H. Smith, Manchester 2015, p. 21–41. For the significance of affordances for socio-cultural human interaction see: Erik Rietveld and Julian Kiverstein, A Rich Landscape of Affordances, in: Ecological Psychology 26/4, 2014, p. 325–352.

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11 Gibson 1986 (note 8), p. 21. 12 Gibson 1986 (note 8), p. 21–22. 13 Roland Barthes, Camera Lucida. Reflections on Photography, New York 1981, p. 76–77. 14 During the late 1870s William Herschel introduced identification by prints in India, in 1894, the English police introduced a systematic database of prints from convicted prisoners. On the history of the fingerprint, see Ginzburg and Davin 1980 (note 6); Bettina Uppenkamp, Der Fingerabdruck als Indiz. Macht, Ohnmacht und künstlerische Markierung, in: Bildwelten des Wissens (Kunsthistorisches Jahrbuch für Bildkritik 8.1, Kontaktbilder), ed. V. Dünkel, Berlin 2010, p. 7–17; Roland Meyer, Fremde Muster. Übertragungswege der Daktyloskolopie, in: Versteckt. Verirrt. Verschollen. Reisen und Nicht-Wissen, eds. I. Gradinari et al., Wiesbaden 2016, p. 367–388. 15 For instance Francis Galton, Fingerprints, New York 1892, which figured the author’s own prints on the title page. On Galton see Meyer 2016 (note 14), note 122. 16 The term ‘forensic iconography’ has been adapted in media studies as well as in archaeology, see for instance Alana Cordy-Collins and Charles F. Merbs, Forensic Iconography. The Case of the Moche Giants, in: Art and Archaeology of the Moche. An Ancient Andean Society of the Peruvian North Coast eds. S. Bourget and K. L. Jones, Austin 2008, p. 93–111. If iconography is a forensic method in itself, however is doubtful (see Marion G. Müller, Iconography and Iconology as a Visual Method and Approach, in: The Sage Handbook of Visual Research Methods, eds. E. Margolis and L. Pauwels, Los Angeles u. a. 2011, p. 283–297). 17 Didi-Huberman 1999 (note 5), p. 17 and 26. 18 For an explanation of how and why fingerprint identification actually works, see James Elkins, How to look at a fingerprint, in: Idem, How to Use Your Eyes, London/New York 2000, p. 154–163. 19 See Uppenkamp 2010 (note 14); Didi-Huberman 1999 (note 5). Duchamp signed with his alter ego, Rrose Sélavy, enhancing the ‘fingerprint = identity’ pun. 20 See for instance Ant Man (Peyton Reed, 2015), in which the hero manufactures someone else’s fingerprint with sticky tape and glue in order to trick a scanner. 21 From a promotional text for Facture, conservation journal of the National Gallery Washington, see http://artbooks.yupnet.org/2014/01/09/on-creating-facture-the-national-gallery-of-arts-newconservation-journal-privileged-intimacy-with-great-works/ [accessed August 1, 2016]. 22 “Fingerprints and DNA traces are, after all, only indexical tokens for authenticity and proof when authenticated by a matching record in a database. In that sense, indexicality becomes more and more a matter of digital storage, indexing, and retrieval.” Marianne van den Boomen, Transcoding the Digital. How Metaphors Matter in New Media, Amsterdam 2014, p. 57. 23 Paul Biro, who made the attributions in 2005, see: www.artnews.com/2008/06/01/the-blue-print/ [accessed August 1, 2016]; New Yorker journalist David Grann, who unmasked the fraud in 2010, see: www.newyorker.com/reporting/2010/07/12/100712fa_fact_grann?currentPage=all [accessed August 1, 2016]. Biro sued the New Yorker for wrong allegations, but the case was dismissed, see: artsbeat.blogs.nytimes.com/2013/08/02/forensic-art-experts-libel-case-against-new-yorker-magazine-is-dismissed/ [accessed August 1, 2016]. 24 On the hand as machine-like device in the pre-modern period and the modernist misunderstanding that manual operations connote artistic creation while machine driven operation is mechanical and therefore non-artistic, see Patricia Falguières, Art Machine, in: Decorum. Carpets & Tapestries by Artists, Shanghai 2014, p. 170–173. 25 The prints were found in 2010 during technical analysis at the National Gallery, London, see: www.nationalgallery.org.uk/paintings/research/meaning-of-making/vermeer-and-technique/secrets-of-the-studio [accessed August 1, 2016].

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26 Ella Hendriks, Van Gogh’s Fingerprints, in: Van Gogh. The Adventure of Becoming an Artist, eds. C. Stolwijk and R. Suijver, Tokyo/Nagoya 2010, p. 220–23, 262–63; Martin Bailey, Van Gogh’s Fingerprints Discovered on a Mistral Work, in: Art Newspaper 18/205, 2009, p. 27. 27 Diane Wolfthal, Renaissance Fingerpainting, in: Colloque XV pour l’étude du dessin sous-jacent et de la technologie dans la peinture. (Bruges, 11–13 septembre 2003), eds. H. Verougstraete and J. Couvert, Leuven 2006, p. 91–97. 28 A Corpus of Rembrandt Paintings (The Self-Portraits IV), eds. E. van de Wetering et al., Dordrecht 2005, p. 551–554; H. Perry Chapman, Cornelis Ketel. Fingerpainter and Poet-Painter, in: Envisioning the Artist in the Early Modern Netherlands (Nederlands Kunsthistorisch Jaarboek 59), eds. H. P. Chapman and J. Woodall, Zwolle 2010, p. 249–273. See also Yannis Hadjinicolaou, Denkende Körper. Formende Hände. Handeling in Kunst und Kunsttheorie der „Rembrandtisten“, Berlin 2016. 29 There are fingerprints discernable on the floor tiles in Jan van Eyck’s Annunciation, ca. 1434–1436, National Gallery, Washington and the right leg of Jan van Eyck’s Adam of the Ghent Altarpiece, 1432, see macro-photographs on: http://closertovaneyck.kikirpa.be/ [accessed August 1, 2016]. 30 Ann-Sophie Lehmann, Natte Vinger Werk, Kunstschrift 4, 2001, p. 16–19; David Bull, Two Portraits by Leonardo. ‘Ginevra de’ Benci’ and the ‘Lady with an Ermine’, in: Artibus et Historiae 13/25, 1992, p. 67–83, see p. 76; Rachel Billinge, Luke Syson and Marika Spring, Altered Angels. Two ­Panels from the Immaculate Conception Altarpiece once in San Francesco Grande, Milan, in: ­National Gallery Technical Bulletin 32, 2011, p. 57–77, see p. 65. 31 Illustrated in National Gallery Review of the Year 2013/14, London 2014, p. 29. See also Leonardo da Vinci’s Technical Practice, ed. M. Menu, Paris 2014. 32 I thank Frits Scholten for sharing this memory. 33 See Marianne van den Boomen, Interfacing by Iconic Metaphors, in: Configurations 16, 2008, p. 33–55, here p. 43 and Van den Boomen 2014 (note 22), p. 38–39; see also Didi-Huberman 1999 (note 5), p. 117. 34 Pierce, cited in Van den Boomen 2008 (note 33), p. 42. 35 See for Constance Claassen, The Deepest Sense. A Cultural History of Touch, Chicago 2012. 36 Wilhelm Wundt, Völkerpsychologie, 10 Vols., Leipzig 1900–1920, Vol. 3. For a recent discussion of “evolutionäre Kunsttheorie”, see Norman Kasper, Genetische Methode oder „Instinktschöpfung“, in: Telling Stories, Literature and Evolution, eds. C. Gansel and D. Vanderbeke, Berlin/Boston 2013, p. 241. 37 “Der Mensch kann nicht umhin, den kleineren Maßstab seines Körpers, – seiner Schritte, seiner Armbewegungen, seiner Augen und Hände, ja seiner Finger auf die Unterlage all seines Tuns und Treibens abzutragen [...] Wer auf weiten Strecken des Dünensandes am Meere wandert, der freut sich über die Fußspuren in der glatten einfarbigen Wüste und verfolgt sie mit Vergnügen wie eine Augenweide [...] Die öden weißgetünchten Mauern, die sich straßenlang hinziehen, reizen noch heute den vorübergehenen Schusterjungen oder Anstreicher unwiderstehlich, daran entlangzufahren und mit Pinselquast oder schwarzen Fingern die Spuren des Antagonismus zwischen dem lebendigen Individuum und der toten Fläche zu hinterlassen”, August Schmarsow, Grundbegriffe der Kunstwissenschaft [am Übergang vom Altertum zum Mittelalter kritisch erörtert und in systematischem Zusammenhange dargestellt], Leipzig u. a. 1905, p. 108 [authors’ translation]. For a history of ornament on the intersection between anthropology and art history around 1900, see Histories of Ornament. From Global to Local, eds. A. Payne and G. Necipon´ lu, Princeton 2016. 38 Schmarsow 1905 (note 37), p. 101–107.

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39 Gottfried Semper, Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten oder praktische Ästhetik. Ein Handbuch für Techniker, Künstler und Kunstfreunde (Keramik, Tektonik, Stereotomie, Metallotechnik für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst 2), München 1863, paragraph 86. 40 See for instance Lambros Malafouris, Metaplasticity and the Primacy of Material Engagement, in: Time and Mind 8/4, 2015, p. 351–371; Zdravko Radman, The Hand, an Organ of the Mind. What the Manual Tells the Mental, Cambridge/MA 2009. 41 ‘Entanglement’ captures three-dimensionality and material character better than the ‘network’, which, as already Bruno Latour pointed out, has a tendency to get metaphorically flattened. See Ian Hodder, Entangled. An Archaeology of the Relationships between Humans and Things, Malden/MA 2012. 42 Softness and responsiveness of material is also described as a weakness in Renaissance and Baroque art theory, when the immaculate surface serves as a carrier of visual realism and hard materials are conserved the greater challenge for the artist, see for instance Joris van Gastel, Il marmo spirante. Sculpture and Experience in Seventeenth Century Rome, Leiden 2012. 43 See Donna Stevens, The Effects of Fingerprints on Silver, in: Conservation Journal 59, 2011, online publication: www.vam.ac.uk/content/journals/conservation-journal/spring-2011-issue-59/the-effects-of-fingerprints-on-silver/ [accessed August 1, 2016]. On fingerprints as a way to understand readers’ behavior see Kathryn M. Rudy, Dirty Books. Quantifying Patterns of Use in Medieval Manuscripts Using a Densitometer, in Journal of Historians of Netherlandish Art 2:1–2, 2010, ­online publication: www.jhna.org/index.php/past-issues/volume-2-issue-1-2/129-dirty-books [accessed August 1, 2016]. 44 See for instance Alois Riegl’s concept Alterswert and Georg Simmel’s aesthetic of patina, discussed in Holtoff 2013 (note 4), p. 435–437. 45 Christine M. Guth, Layering. Materiality, Time, and Touch in Japanese Lacquer, in: Surface Tensions. Surface, Finish and the Meaning of Objects, eds. G. Adamson and V. Kelley, Manchester 2013, p. 35–44. 46 Gibson 1986 (note 8). 47 Brian Yamashita and Mike French, Latent Print Development, in: Eric Holder, Laurie O. Robinson and John H. Laub, The Fingerprint Sourcebook, Washington 2012; see in particular 7.3. and 7.3.2., p. 11. 48 See also Stefan Werning, Swipe to Unlock. How the Materiality of the Touchscreen Frames Media Use and Corresponding Perceptions of Media Content, in: Digital Culture & Society 1: 1, 2015, p. 55–72. 49 Glenn Adamson, Summer Work. The Art of Pae White, in: Afterall 32, 2013, online publication: www.afterall.org/journal/issue.32/summer-work-the-art-of-pae-white [accessed August 1, 2016]. 50 White during a lecture at the Powerplant Contemporary Art Gallery, Toronto 2010, see vimeo. com/20048912, at 33.38 min [accessed August 1, 2016]. 51 Urs Fischer, The Making of Yes, Exhib. Cat. (Los Angeles, Geffen Contemporary Center/The Museum of Contemporary Art, 2013), New York 2013. 52 See Ariane Roth and Felix Lehner, Whatever Works, in: Frieze 10, 2013, online publication: www. frieze.com/article/whatever-works-de [accessed August 1, 2016]. 53 The process is documented at the foundry’s website www.kunstgiesserei.ch/kuenstlerwerke/ursfischer/ [accessed August 1, 2016] and in the documentary Feuer & Flamme/The Art Foundry (Schumacher & Frey, 2014). 54 See here note 7.

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Bildnachweise Beitrag Eclercy 1

© Bastian Eclercy.

F1 © Bastian Eclercy. F2 © Bastian Eclercy. 2

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© Bastian Eclercy.

Beitrag Damm F3 in: Luca Giordano y España, Ausst.-Kat. (Madrid, Palacio Real, 2002), hrsg. von A. E. Pérez Sánchez und I. Morán Suár, Madrid 2002, S. 153.   5 in: Carl Justi, Diego Velázquez und sein Jahrhundert, Bonn 1903, Band 2, S. 309.   6 © Wiki Commons (gemeinfrei).   7 in: Omar Calabrese, Die Geschichte des Selbstporträts, München 2006, S. 201.   8 in: Luca Giordano 1634–1705, Ausst.-Kat. (Neapel, Castel Sant’Elmo, Wien, Kunsthistorisches ­Museum und Los Angeles, County Museum 2001), hrsg. von O. Ferrari, Neapel 2001, S. 296.   9 © Wiki Commons (gemeinfrei). 10 in: Luca Giordano y España, Ausst.-Kat. (Madrid, Palacio Real, 2002), hrsg. von A. E. Pérez Sánchez und I. Morán Suár, Madrid 2002, S. 153. 11 in: Luca Giordano y España, Ausst.-Kat. (Madrid, Palacio Real, 2002), hrsg. von A. E. Pérez Sánchez und I. Morán Suár, Madrid 2002, S. 153. 12 in: Luca Giordano y España, Ausst.-Kat. (Madrid, Palacio Real, 2002), hrsg. von A. E. Pérez Sánchez und I. Morán Suár, Madrid 2002, S. 153. 13 in: Luca Giordano 1634–1705, Ausst.-Kat. Ausst.-Kat. (Neapel, Castel Sant’Elmo, Wien, Kunst­ historisches Museum und Los Angeles, County Museum 2001), hrsg. von O. Ferrari, Neapel 2001, S. 313. 14 in: Luca Giordano y España, Ausst.-Kat. (Madrid, Palacio Real, 2002), hrsg. von A. E. Pérez Sánchez und I. Morán Suár, Madrid 2002, S. 157.

Beitrag Hadjinicolaou F4 in: Arent de Gelder [1645–1727]. Rembrandts Meisterschüler und Nachfolger, Exhib. Cat. (Köln, Wallraf-Richartz-Museum and Dordrecht, Dordrechts Museum, 1998–1999), ed. Dordrechts ­Museum and Wallraf-Richartz-Museum, Gent 1998, p. 237. 15 © Photograph by the author. 16 in: Christopher Paudiß 1630–1666. Der Bayerische Rembrandt?, Exhib. Cat. (Freising, Diözesan­ museum, 2007), eds. S. Hahn et al., Regensburg 2007, p. 221. F5 © Photograph by the author. 17 © Photograph by the author.

Bildnachweise I 219

18 in: Suerondt-Ludwig-Museum Aachen. Bestandskatalog der Gemäldegalerie. Niederlande von 1550–1800, ed. Staatliche Museen Aachen, München 2006, p. 128. 19 © Photograph by the author. 20 in: Frans Hals. Eye to Eye with Rembrandt, Rubens and Titian, Exhib. Cat. (Haarlem, Frans Hals Museum, 2013), ed. A. Tummers and C. D. M. Atkins and M. Bijl, Rotterdam 2013, p. 100. 21 in: Im Lichte Rembrandts. Das Alte Testament im goldenen Zeitalter der niederländischen Kunst, Exhib. Cat. (Münster. Westfälisches Landesmuseum, 1994), hrsg. von C. Tümpel, Munich 1994, p. 228. 22 © Photograph by the author.

Beitrag Berger 23 in: Robert Rosenblum, Les Peintures au Musée d’Orsay, Paris 1995, S. 43. F6 in: Edgar Degas. Das Spätwerk, Ausst.-Kat. (Riehen/Basel, Fondation Beyeler, 2012/13) hrsg. von M. Schwander, Ostfildern 2012, S. 44. 24 in: David Bomford u. a., Art in the Making. Degas, Ausst.-Kat. (London, National Gallery, 2004/05), New Haven/London 2004, S. 143, Kat.-Nr. 14. 25 www.metmuseum.org/collection/the-collection-online/search/436139 [zuletzt aufgerufen 11. August 2015]. F7 www.nga.gov/content/ngaweb/Collection/art-object-page.52171.html [zuletzt aufgerufen 11. August 2015]. 26 in: Edgar Degas. Das Spätwerk, Ausst.-Kat (Riehen/Basel, Fondation Beyeler, 2012/13) hrsg. von M. Schwander, Ostfildern 2012, S. 75.

Beitrag Lipin´ ska 27 © Foto und Bearbeitung A. Lipin´ska. 28 © Foto und Bearbeitung A. Lipin´ska. 29 © Foto und Bearbeitung A. Lipin´ska. 30 © Foto und Bearbeitung A. Lipin´ska. 31 © Foto und Bearbeitung A. Lipin´ska. F8 © Foto und Bearbeitung A. Lipin´ska. 32 © Foto A. Lipin´ska. F9 © Foto A. Lipin´ska. 33 © Amsterdam, Rijksmuseum. 34 © Foto A. Lipin´ska.

Beitrag Suthor F10 © Staatliche Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz, Kupferstichkabinett F11 © Staatliche Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz, Kupferstichkabinett. 35 © Amsterdam, Rijksmuseum. 36 © Staatliche Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz, Kupferstichkabinett. 37 © Purchase, The Sylmaris Collection, Gift of George Coe Graves, by exchange, 1935.

220 I Bildnachweise

Beitrag Shearman 38 © Güstrow, Ernst Barlach Stiftung. Photo: Uwe Seemann. F12 © Güstrow, Ernst Barlach Stiftung. Photo: Niccola Shearman. 39 © Hamburg, Ernst Barlach Haus. 40 © London, The Design and Artists Copyright Society. Photo: Niccola Shearman. 41 © London, The Design and Artists Copyright Society. F13 © London, The Design and Artists Copyright Society.

Beitrag Petrova 42 © Paris, Musée Rodin. F14 © Paris, Musée Rodin. F15 © Paris, Musée Rodin. F16 © Paris, Musée Rodin. F17 © Paris, Musée Rodin.

Beitrag Malt 43 © C. Lathuille/Cite de l’architecture et du patrimoine/MMF/Fonds. 44 © Johanna Malt. 45 © The George and Helen Segal Foundation/VAGA, NY/DACS, London 2015. Photo © Hirschorn F18 © Succession Marcel Duchamp/ADAGP, Paris and DACS, London 2015. Photo © Centre Pompidou, MNAM-CCI, Dist. RMN-Grand Palais/Jacques Faujour. F19 © Janine Antoni. Courtesy of the artist and Luhring Augustine, New York. 46 © Marc Quinn, courtesy of Marc Quinn studio.

Beitrag Lehmann 47 Repository, Harry Ransom Center, The University of Texas at Austin. http://hrc.contentdm.oclc.org/ cdm/compoundobject/collection/p15878coll8/id/384#nav_top [zuletzt aufgerufen August 1, 2016]. 48 in: Saul Steinberg, The Passport. New York 1954, n.p. F20 in: National Gallery Review of the Year 2013/14, London 2014, p. 29. F21 © Ep de Ruiter 49 © Photograph by Henrik Jacob. 50 http://mediad.publicbroadcasting.net/p/kmuw/files/styles/x_large/public/201501/slide-to-unlock_ gray_sm.jpg [accessed August 1, 2016]. 51 © Photograph by the author. 52 © Greenwich, Brant Foundation.

Bildnachweise I 221

MAGDALENA BUSHART HENRIKE HAUG (HG.)

FORMLOS – FORMBAR BRONZE ALS KÜNSTLERISCHES MATERIAL (INTERDEPENDENZEN. DIE KÜNSTE UND IHRE TECHNIKEN, BAND 2)

Lange galten Bronzebildwerke als Ausdruck höchster Meisterschaft: Beim ­entwerfenden Künstler setzten sie die Fähigkeit voraus, die Formvorstellung mit Blick auf einen komplexen Fertigungsprozess zu entwickeln; bei den ­ausführenden Gießmeistern das Wissen um die Materialeigenschaften und das tech­nische Können; für die Auftraggeber waren sie ein Ausweis ihrer kul­ tu­rellen, politischen und wirtschaftlichen Potenz. Erst mit der Kunst der ­Moderne, die auch für Bildhauer Forderungen nach Eigenhändigkeit for­ mulierte, wurde die Trennung zwischen entwerfendem und ausführendem Künstler zum Problem; die Verwendung von Bronze bedurfte neuer Begrün­ dungen. Die Beiträge des Bandes spannen den Bogen vom Mittelalter bis in die ­Moderne und stellen erstmals epochenübergreifend die Möglichkeiten des Materials in seinen unterschiedlichen Facetten vor. 2016. 270 S. 54 S/W- und 12 FARB. ABB. KT. 170 X 240 MM. ISBN 978-3-412-50197-8

böhlau verlag, lindenstrasse 14, d-50674 köln, t: + 49 221 92428-500 [email protected], www.boehlau-verlag.com | wien köln weimar

MAGDALENA BUSHART HENRIKE HAUG (HG.)

TECHNISCHE INNOVATIONEN UND KÜNSTLERISCHES WISSEN IN DER FRÜHEN NEUZEIT (INTERDEPENDENZEN. DIE KÜNSTE UND IHRE TECHNIKEN, BAND 1)

Technische Innovationen ermöglichen nicht nur neue Produktionsverfahren, sondern eröffnen auch neue Möglichkeiten der Formgebung. Zugleich wirken sie auf bereits etablierte Verfahren, Medien und Gattungen zurück. Der ­vorliegende Band steht am Anfang einer Reihe, die diese Interdependenzen ­zwischen Künsten und künstlerischen Techniken in den Blick nehmen wird. Er beschäftigt sich mit dem Zeitraum zwischen 1430 und 1550, in dem Differenzen zwischen künstlerischen Konzepten und deren Umsetzung in der Praxis greifbar werden. Auf der einen Seite standen Experimente mit neuen ­Materialien und Verfahren: der zunehmende Einsatz ölhaltiger Bindemittel, die Einführung und Weiterentwicklung druckgrafischer Verfahren, die Wiederentdeckung des großformatigen Bronzegusses und des Hohltreibens; auf der anderen Seite wurden kunsttheoretische Modelle diskutiert, die eine Entmaterialisierung der Kunst forderten und damit die Marginalisierung handwerklich-technischer Aspekte betrieben. Die Beiträge untersuchen die Rolle der künstlerischen Techniken in diesem Spannungsfeld und gehen dem Verhältnis von technischen und künstlerischen Innovationen nach. 2015. 296 S. 70 S/W- UND 35 FARB. ABB. KT. 170 X 240 MM. ISBN 978-3-412-21090-8

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