Sportstätten-Haftungsrecht: Eine systematische Darstellung [1 ed.] 9783428456642, 9783428056644

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Sportstätten-Haftungsrecht: Eine systematische Darstellung [1 ed.]
 9783428456642, 9783428056644

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JOACHIM BÖRNER

Sportstätten-Haftungsrecht

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 93

Sportstätten-Haftungsrecht Eine systematische Darstellung

Von

Dr. Ioachim Börner Rechtsanwalt in Berlin

DUNCKER & HUMBLOT / BERLIN

Gefördert mit Hilfe von Forschungsmitteln des Landes Niedersachsen

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek

Börner, Joad1im: Sportstätten-Haftungsrecht: e. systemat. Darst. / von Joachim Börner.Berlin: Duncker und Humblot, 1985. (Schriften zum Bürgerlichen Recht; Bd. 93) ISBN 3-428-05664-7

NE:GT

Alle Rechte vorbehalten

IC> 1985 Duncker & Humblot, Berlin 41

Satz von K.-H. ScheIter, Berlin 61 Gedruckt 1985 bei Buchdruckerei Bruno Luck. Berl1n 65 Printed in Germany ISBN 3-428-05664-7

Vorwort Zunehmende sportliche Betätigung immer größerer Bevölkerungskreise hat den Bedarf an Sportstätten jeder Art ständig wachsen lassen. Nicht immer werden bei deren Errichtung und Unterhaltung die zur Vermeidung von Unfällen erforderlichen Vorkehrungen getroffen, obwohl die Ermittlung des einzuhaltenden Sicherheitsstandards zum Beispiel durch eine wachsende Zahl von sportstättenbezogenen DINNormen erleichtert wird. Zwangsläufig haben sich deshalb Gerichte, Rechtsanwälte und Versicherungsgesellschaften immer mehr mit Unfällen im Bereich von Sportstätten, die auf ein fehlerhaftes Verhalten der neben den Sportlern für den Sportbetrieb verantwortlichen Personen zurückzuführen sind, zu befassen. Eine Vielzahl veröffentlichter Entscheidungen belegt die erhebliche praktische Bedeutung des Sportstätten-Haftungsrechts. Die rechtliche Bewertung von Sportstätten-Unfällen wird im allgemeinen eher von den Gerechtigkeitsanforderungen des Einzelfalles und dem Ergebnis der Suche nach einschlägigen Präjudizien als von allgemeinen haftungsrechtlichen, dogmatisch gesicherten Erkenntissen bestimmt. Angeregt durch meinen hochverehrten Doktorvater, Herrn Professor Dr. Erwin Deutsch, war dies für mich als sportbegeisterten Juristen Anlaß, der Georg-August-Universität Göttingen im Jahre 1983 meine Dissertation "Allgemeine Sportstätten-Haftung" vorzulegen. Mit dem vorliegenden Buch wird der Versuch unternommen, denjenigen, die in Theorie und Praxis mit haftungsrechtlichen Fragen befaßt sind, eine übersichtliche, systematische und möglichst umfassende Darstellung des Sportstätten-Haftungsrechts an die Hand zu geben. Ich bedanke mich bei allen, die mich bei der Verwirklichung dieses Vorhabens unmittelbar und mittelbar unterstützt haben, insbesondere bei Herrn Professor Dr. Deutsch für viele nützliche Hinweise und bei Herrn Professor Dr. Broermann für die Aufnahme in die Reihe "Schriften zum Bürgerlichen Recht". Die sportstättenbezogene Rechtsprechung und Literatur konnte bis Frühjahr 1984 berücksichtigt werden.

Berlin, im Sommer 1984 Joachim Börner

Inhaltsverzeichnis Einleitung ............................................................

1

Erster Teil

Einführung in das Sportstätten- und Sportveranstaltungs-Haftungsrecht 1. Kapitel:

Inhalt und rechtliche Bedeutung der Begriffe "Sport" und "Spiel"

6

A. Der Begriff "Sport" ............................................

6

B. Der Begriff "Spiel" ..............................................

8

I. Der Rechtsbegriff "Spie!" i. S. v. § 762 ........................

8

H. Der Begriff ,,spiel" im allgemeinen Sprachgebrauch ..........

9

C. Haftungsrechtliche Bedeutung der Begriffe "Sport" und "Spiel"

10

2. Kapitel:

Abgrenzung des Gefahrenbereichs "Allgemeiner Sportbetrieb" vom besonderen Gefahrenbereich "Sportveranstaltung" ........................

12

A. Der Sportbetrieb als allgemeiner Risikobereich ..................

12

B. Der besondere Risiko- und Haftungsbereich "Sportveranstaltung"

14

I. Die Verwendung des Begriffes "Veranstaltung" in Gesetz, Rechtsprechung und Literatur. . . . . . . . . . . .. . . . . .. ... . . . ....... 14 1. Gesetze, Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften 14 2. DieRechtssprechung zu Unfällen bei "Sportveranstaltungen" 16 II. Der Gebrauch des Begriffes "Veranstaltung" in der haftungsrechtlichen Literatur ........................................

18

C. Unterscheidungsmerkmale für die Abgrenzung "Allgemeiner Sportbetrieb" - "Sportveranstaltung" ................................ 20 I. Die Motive der sportlichen Betätigung .......................

20

H. Die Besonderheiten der Organisation bei Sportveranstaltungen 21 IH. Die Bedeutung der Anwesenheit von Zuschauern ............

22

D. Definition des Begriffes "Sportveranstaltung" ....................

23

VIII

Inhaltsverzeichnis Zweiter Teil

Die tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen der allgemeinen Sportstätten-Haftung 1. Kapitel:

Die haftungsreclltliclle Bedeutung der Begriffe "SportunfaII" und "Sportverletzung" ........................................................... 25 2. Kapitel:

Die Sportstitte als Gefahren- und Verantwortungsbereicll . . . . . . . . . . . . ...

28

3. Kapitel:

Abgrenzung zwiscllen "Verkehrspfticllten im Sport" und "Verkehrspftichten für den Sport" .................................................... 34 A. Die Erscheinungsformen der "Verkehrspflichten im Sport" ........

34

B. Verkehrspflichten für Sportstätten und Sportbetrieb sowie sonstige Verkehrspflichten mit Sportbezug ................................ 40

4.. Kapitel:

Die Sportstätten-Verantwortlichen als Träger der Verkehrspfticllten für den Sport .............. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 45 Dritter Teil

Die Entstehung von Sportstätten-Verkehrspftichten beim allgemeinen Sportbetrieb

1. Kapitel:

Die verkehrspfticlltbegriindenden Vertrauenstatbestände bei der Benutzung privater und 6ftentlicller Sportstitten ............................. 49 A. Der Vertrauensschutzgedanke als Grundlage der Verkehrspflicht-

entstehung ......................................................

49

B. Die vertraglichen und deliktischen Entstehungsgründe für judizielle Sportstätten-Verkehrspflichten (übersicht) ....................... 52 I.

V~rkehrspflichtentstehung durch Sportstätten-Nutzungsvertrage ....................................................... 52

Inhaltsverzeichnis

IX

11. Verkehrspflichten als gesetzliche Folge von Nutzungsverträgen und vertragliche übernahme von Verkehrspflichten .......... 53 111. Verkehrspflichten als Bestandteil umfassender Fürsorgepflichten aus Dienstleistungs- und Arbeitsvertrag .................. 1. Berufsrechtliche Vertrauensbeziehungen und Verpehrspflichten ................................................. 2. Sportstätten-Verkehrspflichten beim Betriebs- und Berufssport .................................................... a) Die verschiedenen Erscheinungsformen des Betriebssports b) Der Berufssport außerhalb von Sportveranstaltungen ... IV. Verkehrspflichten durch vertragsähnliche Sonderbeziehungen 1. Die Theorien zur Begründung vertragsähnlicher Beziehungen .................................................. 2. Kritik an den Theorien zur Ausweitung der Vertragshaftung ..................................................... 3. Ergebnis und haftungsrechtliche Folgerungen ............

56 56 57 57 59 63 64 67 70

V. Deliktische Entstehungsgründe für sportstätten- und sportbetriebsbezogene Verkehrspflichten ............................ 72

c.

Die gesetzlichen Entstehungsgründe für gesetzlich geregelte Verkehrspflichten ..................................................

75

D. Besonderheiten der Verkehrspflichtentstehung bei öffentlich-rechtlich verwalteten Sportstätten ................................... 77 I. Die Zurechnung der Sportstätten-Gefahren beim Sport inner-

halb besonderer Gewaltverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

78

11. Öffentlich-rechtlicher Kompetenzkonflikt und Verkehrspflichtentstehung bei Schulsportstätten ............................ 82 1. Die Rechtsprechung zum Kompetenzkonflikt. . . . . . . . . .. . .. 82 2. Einheitlichkeit der Aufgaben von Ländern und Gemeinden 84 111. Die Gefahrenzurechnung bei Nutzung öffentlicher Sportstätten außerhalb besonderer Gewaltverhältnisse .................... 1. Die öffentlich-rechtliche Aufgabe des Sportstätten-Baus als Entstehungsgrund für Verkehrspflichten .................. 2. Privatrechtliche bzw. öffentlich-rechtliche Sportstätten-Organisation und Verkehrspflichtentstehung ................. 3. Die Leerformel von der öffentlich-rechtlichen Verkehrspflichtorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Zur Rechtsnatur der Verkehrspflichten für öffentliche Sportstätten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Wertungswidersprüche bei Anwendung der Organisationsakttheorie ....................................... c) Verfassungsrechtliche Bedenken an der Organisationsakttheorie ............................................ d) Die Organisationsakttheorie in der Literatur zum Sportstätten-lIaftungsrecht .................................

86 87 91 93 93 96 99 100

IV. Zusammenfassende Wertung der Ergebnisse und Oberleitung 101

x

Inhaltsverzeichnis

2. Kapitel:

Einzelheiten zur Verkehrspflichtentstehung durch Sportstätten-Nutzungsvertrag. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 105 A. Direktes Nutzungsentgelt und Sportstätten-Nutzungsvertrag ...... 105 I. Die Sportstätte als direkter Bezugspunkt des Entgelts ........ 105

II. Privatrechtlicher Vertrag oder öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis bei öffentlichen Sportstätten ................ 106 III. Typisierung des privatrechtlichen Sportstätten-Nutzungsvertrages ...................................................... 111 IV. AtypischeNutzungsverträge mit Beförderungscharakter im Skisport ........................................................ 1. Typisierung des Skischleppliftvertrages ...... . ........... 2. Typisierung des Sesselliftvertrages ........................ 3. Bewertung des "Skipass"-Vertrages ......................

113 114 116 116

B. Indirektes Nutzungsentgelt und vertragliche Sportstätten-Nutzung 117 I. Verträge über die Benutzung von AufstiegshiIfen und vertragliche Skipisten-Nutzung ..................................... 118 II. Sportstätten in Wohnanlagen als mitvermietete Sachen ...... 121 III. Beherbergungsverträge und entgeltliche Sportstätten-Nutzung 122 IV. Reisevertragsrecht und vertragliche Sportstätten-Nutzung .... 124 V. Vereins sport und entgeltliche Sportstätten-Nutzung .......... 124

c.

Sportstätten-Nutzungsverträge bei unentgeltlicher SportstättenNutzung ........................................................ 126 I. Sportstätten-Nutzung ohne Kontakt zum Sportstätten-Verantwortlichen .................................................. 126 II. Unentgeltliche Nutzung von Vereinssportstätten .............. 126 III. Recht zur unentgeltlichen Sportstätten-Nutzung aus sozialem oder rechtlichem Kontakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 127

D. Die rechtlichen Besonderheiten der Sportstätten-überlassung an Sportvereine und andere sportliche Interessengruppen ............ 129 I. Nutzungsverträge mitSchutzwirkung zugunstenDritter bei privaten Sportstätten .......................................... 129 II. Rechtsbeziehungen mit Schutzwirkung zugunsten Dritter bei öffentlichen Sportstätten .................................... 133 3. Kapitel:

Einzelheiten zu den allgemeinen deliktischen Entstehungsgrinden für Sportstätten-Verkehrspflichten ........................................ 137 A. Die Verkehrspflichtentstehung durch Verkehrseröffnung .......... 138

Inhaltsverzeichnis

XI

I. Allgemeine Grundsätze zur Sportstätten-Verkehrseröffnung

138

1. Die haftungsrechtliche Bedeutung der Verkehrseröffnung

138

2. Unmittelbare Verkehrseröffnung durch Zulassung des Verkehrs ..... ............ .. ........... . .. . .................. 139 3. Mittelbare Verkehrseröffnung durch Duldung des Verkehrs 141 11. Die rechtlichen Besonderheiten der Eröffnung des Verkehrs auf Skiabfahrtsstrecken .. .. . .. ... . .. .. .. . . .. . . .. . .. . . . .. . ... . . . . 144 1. Grundsätzliches zur Entstehung von Verkehrspflichten im

Skisport . ............. .. ......... ... ............. . .. . .... 144

2. Die Träger der Verkehrspflichten im Skisport ... . .. .. ...... 146 3. Räumlicher Schutzbereich der Verkehrspflichten für den Skisport .... .. . . .. . . .. ... .. . . .. . . . ... .... .......... . ..... 147 4. Die Eröffnung des Skiverkehrs in der erschlossenen Bergwelt als umfassender Zurechnungsgrund ......... .. ....... 150 a) Verkehrseröffnung durch Bergbahnunternehmer ... . .... 150 b) Verkehrseröffnung durch andere Personen ... . . ....... .. 152 5. Zusammenfassende Betrachtung zur Haftung, Freistellung und Versicherung im Skisport .. .. .. . .... . . .. .. ... . . .. . ... 154 B. Die Verkehrspflichtentstehung durch Ermöglichung des Sportstätten-Zugangs ..... . ........ . . . . .. ......... .. .. . ............ . ..... 156 I. Pflichtwidrige Nichtverhinderung bzw. unzureichende Erschwe-

rung des Sportstätten-Zugangs ...... .. . .. .. . ... . .. . . .. ...... 156

11. Von der Verkehrs(Zugangs)eröffnung zur Verkehrs(Zugangs)ermöglichung . . ........ . ............................... . .... 159

c.

Die Beherrschung des Gefahrenbereichs "Sportstätte" als umfassender Verkehrspflicht-Entstehungsgrund . .. . . ... ..... . ... . .. ...... . 162 I. Von der Zugangsermöglichung zur gefahrenbezogenen Verkehrspflichtentstehung ..... . ................................ 162 11. Beherrschbarkeit der von außen einwirkenden bzw. außerhalb der Sportstätte drohenden Gefahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 163 111. Beherrschbarkeit der Gefahren für Außenstehende durch den Sportbetrieb .... . .... ... . . .... . ... .. .. .. ... . . . ... ... . . . .... . 165 IV. Gefahrbeherrschung und erhöhte Schutzbedürftigkeit von Kindern ..... . ............ . . . ........... . ... . . . ......... . ....... 167

D. Die Entstehung und Verletzung von Sportstätten-Verkehrspflichten durch Schaffung besonderer Gefahren bzw. Gefahrerhöhung . . . . .. 170 I. Allgemeine Grundsätze . ... ... ...... . . ... ............. ... .... 170

1. Die Unerheblichkeit des Gefahrbegriffs für die vertrauens-

bezogenen Entstehungsgründe für Verkehrspflichten . . .... 170

2. Die Schaffung unzulässiger oder übermäßiger Gefahren als besondere Haftungsgrundlage .. ... .. .... ... . . . . . . .. .. .. .. 172

Inhaltsverzeichnis

XII

11. Maßnahmen zur Verhinderung des Sportstätten-Zutritts als verbotene (verkehrspflichtwidrige) Gefahrerhöhungen ........ 173 111. Die Errichtung übermäßig gefährlicher Sportgeräte und Sportanlagen als verbotene Gefahrerhöhungen ................... 175 IV. Die Verantwortlichkeit für sonstige verbotene Gefahrerhöhungen im Sportstätten-Bereich ................................. 181 E. Die Entstehung von Sportstätten-Verkehrspflichten durch Werbung 184

4. Kapitel:

Verkehrspflidltentstehung bei "unbefugtem" Betreten und/oder "unbefugter" Benutzung von Sportstätten .................................... 187 A. Allgemeine Grundsätze zu den "Befugnissen" und deren haftungs-

rechtlichen Bedeutung ............'.............................. 188 I. Arten und Rechtsnatur der Befugnisbeschränkungen ........ 188 11. Befugnisse und Verkehrspflichthaftung ...................... 1. Haftungsrechtliche Relevanz der eingeräumten Befugnisse 2. Verkehrspflichthaftung gegenüber "Unbefugten" als Schutzbereichsproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3. Verkehrspflichtentstehung und Verkehrspflichtbestimmung bei "Unbefugten" ........................................

189 189 190 191

B. Einzelheiten zur Verkehrspflichtentstehung gegenüber "Unbefugten" ............................................................ 193 I. Beschränkungen des Sportstätten-Zugangs und beschränkte

Verkehrspflichtentstehung ................................... 1. "Unbefugter" Zutritt bei öffentlichen Sportstätten im Gemeingebrauch ............................................ 2. "Unbefugter" Zutritt bei allgemein zugänglichen Privatsportstätten .............................................. 3. "Unbefugtes" Betreten von eingezäunten Sportstätten und Sporthallen ..............................................

11. Verkehrspflichtentstehung gegenüber "unbefugten" Zuschauern und Außenstehenden .................................... 1. Zuschauer und Außenstehende als" Unbefugte" ............ 2. Öffentliche bzw. allgemein zugängliche Sportstätten und Schutz von ~ichtsportlern ................................ 3. Sportstätten mit exklusivem Zugang und Schutz von ~ichtsportlern ................................................

193 193 194 197 200 200 201 203

111. Verkehrspflichten bei ~ichtbeachtung von Beschränkungen des Sportbetriebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 204 1. Personelle Beschränkungen im Sportstätten-Bereich ...... 204 2. Gegenständliche Beschränkungen des Sportbetriebs ........ 207

Inhaltsverzeichnis

XIII

Vierter Teil

Die Feststellung und haftungsrechtlichen Folgen von Sportstätten-Verkehrspftichtverletzungen 1. Kapitel:

Die Haftung für Verletzung judizieller Verkehrspftichten

212

A. Bestimmung und Systematisierung der judiziellen SportstättenVerkehrspftichten ............................................... 212 I. Die richterliche Verkehrspftichtfeststellung als rechtsetzende

Einzelfallentscheidung ...................................... 213 1. Zur Brauchbarkeit allgemeiner Grundsätze bei der Verkehrspftichtbestimmung .................................. 213 2. Zur Brauchbarkeit von Präjudizien bei der Verkehrspftichtbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 216

11. Die Bedeutung öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Sicherheitsnormen für die Feststellung von Verkehrspftichten und deren Verletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 1. Erleichterung der Verkehrspftichtbestimmung durch Gesetze und Rechtsverordnungen .............................. a) Rechtsnormen ohne unmittelbaren Sportstätten-Bezug .. b) Unmittelbar sportstättenbezogene Rechtsnormen ........ 2. DIN-Normen für Sportstätten als Beurteilungsmaßstab für Verkehrspftichten ........................................ a) Die praktische Bedeutung der DIN-Normen für den Sport b) Die rechtliche Bedeutung der DIN-Normen für den Sportstätten-Haftungsprozeß ............................... c) Einhaltung der DIN-Normen und äußere Sorgfalt im Höchstmaß ............................................ d) Normenverstoß und Verkehrspftichtverletzung ..........

3. Die Sportregeln der Sportverbände als Bestimmungshilfen für Verkehrspftichten .................................... a) Sportregeln und Sportlerhaftung ...................... b) Sportstätten-Sicherheitsregeln als Bestimmungshilfen für Verkehrspftichten ..................................... c) Die Bedeutung der Sportregeln für die Abgrenzung zwischen typischen und atypischen Sportstätten-Gefahren 4. Unfallverhütungsvorschriften und -richtlinien als Erkenntnisquellen für Verkehrspftichten .......................... 5. Die Unbeachtlichkeit von Benutzungssatzungen und -ordnungen für die Verkehrspftichtbestimmung ................

219 219 219 220 222 222 227 230 234 236 237 242 245 249 251

III. Typisierung der Sportstätten-Verkehrspftichten .............. 252 1. Verkehrspftichten zur Ermöglichung einer selbstverantwortlichen Gefahrsteuerung .................................. 252 a) Warnungen vor Sportstätten-Gefahren und Warnpftichten ................................................... 253

XIV

Inhaltsverzeichnis b) Verbote und Untersagungspflichten .................... c) Erläuterungen, Anweisungen, Hinweise für die Sportstätten-Benutzung und Instruktionspflichten ............ d) Sportstätten-Beleuchtungspflichten .................... 2. Verkehrspflichten zur Einwirkung auf erhöhte und atypische Sportstätten-Gefahren ................................... a) Allgemeine Grundsätze und Abgrenzung zu anderen Pflichtentypen ........ , ................................ b) Pflichten zur Kontrolle und Beseitigung der SportstättenSachgefahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. c) Pflichten zur Auswahl geeigneter Sportler sowie zur überwachung und Beeinflussung des Sportlerverhaltens d) Aufsichtsunabhängige Fürsorgepflichten zum Schutz vor Schädigungen durch Dritte ............................ 3. Hilfs- und Rettungspflichten bei mißlungener Gefahrsteuerung oder Gefahrkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. IV. Die Veränderung des Verkehrspflichtinhalts durch Delegation der Verkehrspflichterfüllung ................................ 1. Einführung in die Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Pflichtendelegation im Anwendungsbereich des § 278 ...... 3. Besondere Verkehrspflichten im Anwendungsbereich des § 831 ..................................................... 4. Keine Pflichtenbeeinflussung durch Pflichtendelegation ....

262 270 278 280 280 281 288 299 305 309 309 311 313 316

B. Die Kausalität zwischen Sportstätten-Verkehrspflichtverletzungen und Sportstätten-Unfällen ...................................... 317 1. Die haftungsbegründende Kausalität als Darlegungs- und Be-

weisproblem im Haftpflichtprozeß ............................ 318

II. Die praktischen und theoretischen Möglichkeiten zur Lösung des Kausalitätsproblems .................................... 1. Unwiderlegbare Annahme der Kausalität bei garantieähnlichen Verkehrspflichten .................................. 2. Beweiserleichterung durch Anscheinsbeweis zugunsten geschädigter Sportler ....................................... 3. Beweislastumkehr zu Lasten des Sportstätten-Verantwortlichen .................................................... a) Annäherung von Anscheinsbeweis und Beweislastumkehr b) Beweislastumkehr in Rechtsprechung und Literatur .... 4. Zusammenfassende Grundsätze zum Beweis der haftungsbegründenden Kausalität ...................................

323 323 325 327 327 329 331

C. Die gesetzlichen Haftungsgrundlagen und Haftungsausschlüsse bei Verletzung judizieller Sportstätten-Verkehrspflichten ............ 333 1. Privatrechtliche Haftung für Sportstätten-Verkehrspflichtver-

letzungen .................................... . . . . . . . . . . . . .. 334 1. Haftung aus Verträgen mit sportstättenbezogenen Hauptleistungspflichten ........................................... 334

Inhaltsverzeichnis

xv

a) Haftung aus Sportstätten-Mietverträgen ............... b) Haftung aus Werkvertrag und Leihvertrag ............. c) Haftung der Reiseveranstalter aus Reisevertrag ........ 2. Haftung aus unerlaubter Handlung wegen Verletzung judizieller Verkehrspflichten .................................. 3. Besonderheiten der Haftung gegenüber Berufs- und Betriebssportlern ...........................................

334 337 337

11. Staatshaftung für Sportstätten-Verkehrspflichtverletzungen .. 1. Staatshaftung außerhalb besonderer Gewaltverhältnisse ... 2. Besonderheiten der Staatshaftung gegenüber gewaltunterworfenen Personen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Haftungsgrundlagen in besonderen Gewaltverhältnissen b) Gesetzliche Haftungsausschlüsse bei besonderen Gewaltverhältnissen ..........................................

340 340

338 339

341 341 342

D. Erforderlichkeit, Inhalt und Beweis des Verschuldens bei der allgemeinen Sportstätten-Verkehrspflichthaftung ...................... 345 I. Haftung ohne Verschulden für anfängliche Sportstätten-Mängel (§ 538 I 1. Alt.) .......................................... 345

11. Das Verschuldenserfordernis bei den sonstigen Tatbeständen der Sportstätten-Verkehrspflichthaftung ...................... 1. Ergänzung der äußeren Sorgfalt durch die innere Sorgfalt auf Verschuldensebene ................................... 2. Außerachtlassung der verkehrserforderlichen inneren Sorgfalt bei Sportstätten-Verkehrspflichtverletzungen .......... a) Verkehrspflichtverletzung und innere Sorgfaltswidrigkeit b) Verletzung der inneren Sorgfalt bei Normen- und Regelverletzung ............................................ c) Verletzung der inneren Sorgfalt bei Normen- und Regeleinhaltung ............................................

347 347 350 350 353 354

111. Die Darlegungs- und Beweislast für die verschuldensbegründenden Tatsachen ........................................... 355 E. Gesetzliche Beschränkungen der Sportstätten-Verschuldenshaftung 357 I. Beschränkte Haftung aus Sportstätten-Leihvertrag .......... 357

11. Beschränkte Sportstätten-Haftung bei Gefälligkeitsverhältnissen ...................................................... 358

2. Kapitel:

Haftung für Verletzung gesetzlich normierter Verkehrspßichten . ......... 360 A. Haftung gern. § 82311 in Verbindung mit Schutzgesetzen .......... 361 I. Bundes- und Landesgesetze als Schutzgesetze i. S. v. § 823 11 361

11. Sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften als Schutzgesetze i. S. v. § 823 11 ..................... , ......................... 363

XVI

Inhaltsverzeichnis IH. Privatrechtliche Normen und Regeln als Schutzgesetze i. S. v. § 823 11 ..................................................... 364

B. Haftung gern. § 831 für Fehlverhalten von Verrichtungsgehilfen '"

365

I. Die Ergänzung der judiziellen Verkehrspfiichthaftung durch die Haftung gern. § 831 .......................................... 365 H. Die Bedeutung der Haftung gern. § 831 im Sportstätten-Haftungsrecht .................................................. 366 C. Die Verschuldenshaftung der Sportstätten-Verantwortlichen gern. §§ 833 Satz 2 i. V. m. Satz 1, 834 für Pferdesportunfälle .......... 368 I. Das Verhältnis der §§ 833 Satz 2, 834 zur Haftung für Verlet-

zung judizieller Verkehrspfiichten ........................... 368

H. Eingliederung der Haftung für Pferdesportunfälle in die judizielle Sportstätten-Verkehrspfiichthaftung .................... 371 111. Reit- und Rennpferde als "Nutztiere" im Sinne von § 833 Satz 1 375 D. Haftung gern. §§ 836 - 838 bei Sportstätten- und Sportgeräte-Unfällen durch Einsturz oder Ablösung von Teilen .................... 379 I. Die Gebäudehaftung als gesetzlicher Anwendungsfall der Haf-

tung für Verkehrssicherungspfiichtverletzungen .............. 379

11. Ersetzung der Haftung gern. §§ 836 - 838 durch die Verkehrspfiichthaftung gern. § 823 11 ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 383

3. Kapitel:

Ausschluß der Sportstätten-Verkehrspftidtthaftung durch EnthaftungsvertrAge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 387 A. Das "Handeln auf eigene Gefahr" als fiktiver Haftungsausschlußgrund .......................................................... 387 I. Kein Haftungsausschluß durch "Handeln auf eigene Gefahr" 388

H. Kein Haftungsausschluß durch einseitige Enthaftungserklärungen ......................................................... 391 111. Kritik an der Rückkehr zum willensunabhängigen Haftungsausschluß im Sporthaftungsrecht ................................ 1. Haftungsausschluß bei gefährlichen Sportarten ............ 2. Haftungsausschluß bei weniger gefährlichen Sportarten .... 3. Erweiterung des Haftungsausschlusses aus Treu und Glauben ..................................................... 4. Haftungsausschluß zugunsten von Sportvereinen .......... 5. Zusammenfassende Wertung ..............................

394 394 396 397 398 400

B. Enthaftungserklärungen als Bestandteile von Sportstätten-Nutzungsverträgen und Satzungen .................................. 400 I. Die Integration von Enthaftungserklärungen in besondere

Sportstätten-Nutzungsverhältnisse ........................... 401

Inhaltsverzeichnis

XVII

1. Einbeziehung von Enthaftungsklauseln in Sportstätten-Nut-

zungsverträge ............................................ a) Enthaftungsklauseln auf Eintritts- bzw. Berechtigungskarten ................................................ b) Enthaftungsklauseln auf Anschlägen, Aushängen, Schildern .................................................. 2. Enthaftungserklärungen in Satzungen von Sportvereinen 3. öffentlich-rechtliche Satzungen und Enthaftungserklärungen ......................................................

401 401 403 404 404

11. Auslegung von Enthaftungsvereinbarungen .................. 406 111. Inhaltskontrolle von Enthaftungsvereinbarungen ............ 409 4. Kapitel:

Das Mitverschulden bei Sportstätten-Unfällen durch Verkehrspflichtverletzungen A. Haftungsherabsetzung wegen "Handeins auf eigene Gefahr" ...... 412 I. Teilnahme am Sportstätten-Betrieb als "Handeln auf eigene Gefahr" .................................................... 412 11. Das Verhalten von Zuschauern und Außenstehenden als "Handeln auf eigene Gefahr" ..................................... 416 B. Mitverschulden wegen unsachgemäßem Umgang mit unfallursächlichen Sportstätten-Gefahren .................................... 418 I. Unsorgfältiges Verhalten von Sporttreibenden ................ 418 1. Mitverschulden wegen Verletzung von Sportregeln ........ 418 2. Erkennbarkeit und Vermeidbarkeit der Gefahr als Mitverschulden ................................................. 420 3. Kein Mitverschulden bei unterlassener Prüfung auf verborgene Mängel ............................................. 423

11. Unsorgfältiges Verhalten von Zuschauern und Außenstehenden 424

c. Mitverschulden wegen "unbefugter" Benutzung bzw. "unbefugtem"

Betreten von Sportstätten ....................................... 425

D. Mitverschulden unfallgeschädigter Kinder und ihrer Eltern ...... 426 Fünfter Teil

Die Gefährdungshaftung für Sportstätten-Unfälle beim allgemeinen Sportbetrieb .. . . . . . . . . . . . . . .. 429 1. Kapitel:

Gefährdungshatung für Sportstätten-Unfälle de lege lata und de lege ferenda ............................................................... 429

Inhaltsverzeichnis

XVIII

A. übersicht zur Gefährdungshaftung im Sporthaftungsrecht ........ 429 B. Die Vorschläge zur Reform der Gefährdungshaftung aus der Sicht des Sport(stätten)-Haftungsrechts ................................ 431 C. Reform der Gefährdungshaftung und Sportstätten-Verkehrspflichthaftung ........... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 433 I. Generalklausel zur Gefährdungshaftung lind besondere Sport-

stätten-Gefahren ................................. " ......... 433

11. übergang von der Verkehrspflicht- zur Gefährdungshaftung 435 2. Kapitel:

Einzelheiten zur Gefihrdungshaftung im Sport de lege lata . . . . . . . . . . . . .. 437 A. Haftung gern. § 1 HaftpflG für Sessellift- und Schlepplift unfälle . .. 437 B. Haftung für Sportstätten-Unfälle gern. § 7 StVG .................. 441 C. Haftung gern. § 33 LuftvG für Luftsportunfälle .................. 443 D. Haftung gern. § 833 Satz 1 für Pferdesportunfälle ................ 444 I. Reitsport- und sonstige Pferdesportvereine als Tierhalter .... 444

11. Persönlicher und sachlicher Schutzbereich der Tierhalterhaftung 447 1. Persönlicher Schutzbereich ............................... 447 2. Sachlicher Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 449 Literaturverzeichnis .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 451 Sachverzeichnis ...................... . ................... . . . .......... 467

Abkürzungsverzeichnis a.A.

a.a.O. abI. Abschn. AcP a.E. AG AGBG Alt. Anm. AP Art. AT BAG BayGVBl BayObLG BayVwBl. BB BBG Bd. Bekl. BG BGB BGBL BGH BGHSt BGHZ BRRG BSchG BSG BSGE BSozGE BT BVerfG BVerfGE

anderer Ansicht am angegebenen Ort ablehnend Abschnitt Archiv für die civilistische Praxis (Band u. Seite) am Ende Amtsgericht Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz) vom 9. 12. 1976, BGBI I S. 3317 Alternative Anmerkung Arbeitsrechtliche Praxis. Seit 1954: Nachschlagewerk der Bundesarbeitsgerichte (Gesetzesstelle u. Entscheidungsnummer) Artikel Allgemeiner Teil Bundesarbeitsgericht Bayerisches Gesetz- u. Verordnungsblatt Bayerisches Oberstes Landesgericht Bayerische Verwaltungsblätter (Jahr und Seite) Der Betriebs-Berater (Jahr und Seite) Bundesbeamtengesetz i. d. F. vom 3. 1. 77, BGBI I 1 Ber 795 Band Beklagter Berufungsgericht Bürgerliches Gesetzbuch vom 18. 8. 1896, RGBl S. 195 Bundes,gesetzblatt Bundesgerichtshof Bundesgerichtshof, Entscheidungen in Strafsachen (Jahr u. Seite) Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (Band u. Seite) Beamtenrechtsrahmengesetz i. d. F. vom 3.1. 77, BGBI I 21 Gesetz betr. die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt (Binnenschiffahrtsgesetz) v. 15. 6. 1895, RGBI 868, BGBI III 4 Nr. 4103-1 Bundessozialgericht siehe BSozGE Entscheidungen des Bundessozialgerichts (Jahr u. Seite) Besonderer Teil Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (Band u. Seite)

xx BVerwG BVerwGE bzw.

Abkürzungsverzeichnis Bundesverwaltungsgericht Entscheidungssanunlung des Bundesverwaltungsgerichts (Jahr u. Seite) beziehungsweise

DAR DB ders. d.h. DIN DJZ DÖV DR DRiZ DSB Dt. Rspr.

Deutsches Autorecht (Jahr u. Seite) Der Betrieb (Jahr u. Seite) derselbe das heißt Deutsches Institut für Normung e. V. Deutsche Juristenzeitung (Jahr u. Spalte) Die öffentliche Verwaltung (Jahr u. Seite) Deutsches Recht (Jahr u. Seite) Deutsche Richterzeitung Deutscher Sportbund Deutsche Rechtsprechung, Entscheidungssamrnlung und Aufsatzhinweise (Jahr u. Seite)

Einf. Ein!. ErwZulG

Einführung Einleitung Gesetz über die erweiterte Zulassung von Schadensersatzansprüchen bei Dienst- u. Arbeitsunfällen v. 7.12.1943, RGBI 1674

folgend(e) Ehe und Familie im privaten und öffentlichen Recht (Jahr u. Seite) FIS Federation Internationale de Ski Fußn., Fßn., Fn.Fußnote FWW Die freie Wohnungswirtsch.aft f., ff. FamRZ

gern. GG ggf.

Gruch GtA

gemäß Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland v. 23. 5. 1949, BGBI I, III 1 Nr. 100-1 gegebenenfalls Beiträge zur Erläuterung des Deutschen Rechts, begr. von Gruchot (Band u. Seite) Gesetz über technische Arbeitsmittel (Gerätesicherheitsgesetz) v. 24. 6. 1968, BGBl I 717

HaftpflG HansOLG h.M. HRR

Haftpflichtgesetz v. 4. 1. 1978, BGBl I 145 Hanseatisches Oberlandesgericht herrschende Meinung Höchstrichterliche Rechtsprechung (Jahr u. Seite)

i. d. F. iS.v. i.V.m.

in der Fassung im Sinne von in Verbindung mit

JA JR

Juristische Arbeitsblätter (Jahr u. Seite) Juristische Rundschau (Jahr u. Seite)

Abkürzungsverzeichnis

XXI

JuS

JW JZ

Juristische Rundschau für Privatversicherung (Jahr u. Seite) Juristische Analysen (Jahrgang u. Seite) Juristische Schulung (Jahr u. Seite) Juristische Wochenschrift (Jahr u. Seite) Juristen-Zeitung (Jahr u. Seite)

Kap. KG Kl.

Kapttel Kammergericht Kläger

Ifd. LG LM

laufende Landgericht Das Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen, hrsg. von Lindenmaier und Möhring (Gesetzesstelle u. Entscheidungsnummer) Bayerisches Landesstraf- und Verordnungsgesetz i. d. F. v. 7.11.1974, GVBI 753 Luftverkehrsgesetz i. d. F. v. 14. 1. 1981, BGBl I 61

JRPV JurA

LStVG LuftVG MDR

Mot. Münch.Komm m.w.N. m. zust. Anm.

Monatsschrift für Deutsches Recht (Jahr u. Seite) meines Erachtens Motive zum BGB Münchner Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit weiteren Nachweisen mit zustimmender Anmerkung

NdsRpfl NJW Nr.

Niedersächsische Rechtspflege (Jahr u. Seite) Neue Juristische Wochenschrift (Jahr u. Seite) Nummer

öff.

OLG

öffentlich Osterreich.ische Juristen-Zeitung (Jahr u. Seite) Oberlandesgericht Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen (Jahrgang u. Seite)

priv.

privat

RdA RdK Rdn. Recht

Recht der Arbeit (Jahr u. Seite) Recht des Kraftfahrers (Jahr u. Seite) Randnummer Zeitschrift "Das Recht" (Jahr u. Nummer der Entscheidung; bei Aufsätzen: Jahr u. Seite) Reichsgericht Reichsgesetzblatt Kommentar, hrsg. von Reichsgerichtsräten und Bundesrichtern Reichshaftpflichtgesetz (jetzt HaftpflG) Rechtsprechung Rückseite ReichsverSlicherungsordnung i. d. F. v. 15.12.1924, RGBI I 779, BGBI III 8 Nr. 820-1

m.E.

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RG RGBI RGRK RHaftpflG Rspr. Rücks. RVO

XXII

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usw. u.U. VAE VerkMitt VersR

VersW vgl. VN VOB Vorbem. VP VRS VwGO VwVfG VwV-Stvo WaffG WarnRspr. WM WPM z.B. ZfV Ziff. ZMR

Abkürzungsverzeichnis Seite Schleswig-HolsteiIllische Anzeigen (Jahr u. Seite) Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Seufferts Archiv für Entscheidungen der obersten Gerichte in den deutschen Staaten (Band u. Nummer) Schweizerische Juristenzeitung (Jahr u. Seite) sogenannte Spalte Strafgesetzbuch i. d. F. v. 2. 1. 1975, BGBl I 1 Staatshaftungsgesetz v. 26. 6. 1981, BGBl I 553 Straßenverkehrsgesetz v. 19.12.1952, BGBl I 837, III 9 Nr. 9233-1 Straßenverkehrsordnung v. 16.11. 1970, BGBl I 1665 Soldatenversorgungsgesetz i. d. F. v. 18. 12. 1977, BGBl I 337 SchweJizerische Zeitschrift für Strafrecht (Jahr u. Seite) unter anderem Urteil und so weiter unter Umständen Verkehrsrechtliche Abhandlungen und Entscheidungen Verkehrsmitteilungen (Jahr u. Seite) Versicherungsrecht. Juristische Rundschau für die Individualversicherung (Jahr u. Seite) Versicherungswirtschaft, Halbmonatsschrift der deutschen Individualversicherung (Jahr u. Seite) vergleiche Der Versicherungsnehmer (Jahr u. Seite) Verdingungsordnung für Bauleistungen. Fassung 1979, BAnz 1979 Nr. 206 Vorbemerkung Die Versicherungspraxis (Jahr u. Seite) Verkehrsrechts-Sammlung (Band u. Seite) Verwaltungs gerichtsordnung v. 21.1.1960, BGBI I 17, III 3 Nr.340-1 Verwaltungsverfahrensgesetz v. 25. 5. 1976, BGBl I 1253 Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Stvo Waffen gesetz i. d. F. v. 8.3.1976, BGBl I 432 Warneyer, Die Rechtsprechung des Reichsgerichts (Jahr u. Seite) Wohnungswirtschaft und Mietrecht (Jahr u. Seite) Zeitschrift für Wirtschaft und Bankrecht, Wertpapiennitteilungen, Teil IV (Jahr u. Seite) zum Beispiel Zeitschrift für Versicherungswesen (Jahr u. Seite) Ziffer Zeitschrift für Miet- und Raumrecht (Jahr u. Seite)

Abkürzungsverzeichnis ZPO ZRP ZStW ZVR

XXIII

Zivilprozeßordnung i. d. F. v. 12. 9. 1950, BGBl 535, BGBl III 3 Nr.310-4 Zeitßchrift für Rechtßpolitik (Jahr u. Seite) Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft (Jahr u. Seite) Zeitßchrift für Verkehrsrecht (Jahr u. Seite)

Paragraphen ohne Zusatz sind solche des Bürgerlichen Gesetzbuches.

Einleitung Der Sport ist für viele Menschen ein wesentlicher Bestandteil des täglichen Lebens. Die Zahl der aktiven Sportler nimmt von Jahr zu Jahr zu. Das mag vor allem daran liegen, daß sich die Einstellung zum Sport geändert hat. Der Sport wird heute nicht mehr als eine Tätigkeit angesehen, die besonders begabten, leistungswilligen Personen vorbehalten ist und die Mitgliedschaft in einem Sportverein voraussetzt. Der Breiten- und Freizeitsport, bei dem leistungsbezogene Motive nicht im Vordergrund stehen. hat in letzter Zeit eine immer größere Bedeutung erlangt1. In diesem Zusammenhang sei auf den Skisport, der sich zu einem "wahren Volkssport"Z entwickelt hat, auf die Verbreitung von sogenannten "Trimm-Dieh-Pfaden", welche es heute fast in jeder größeren Stadt und in den meisten Erholungsgebieten gibt3, auf die "Jogging"-Bewegung, das Volkswandern und die "Crossläufe" für jedermann hingewiesen. Immer neue "Freizeitspiele" werden entwickelt und erfreuen sich steigender Beliebtheit. Neue Sportarten sind eingeführt worden und haben schnell eine Vielzahl von Anhängern gefunden'; altbekannte Sportarten werden "wiederentdeckt"$ oder verlieren langsam den Ruf, nur von wohlhabenden Personen betrieben werden zu können'.

Das Interesse am Sport beziehungsweise an bestimmten Sportarten wird durch die von den Massenmedien, insbesondere vom Fernsehen, verbreiteten sportlichen Höchstleistungen von Amateur- beziehungsweise Berufssportlern in erheblichem Maße gefördert. Im Sport gibt es eine Vielzahl von "Leitfiguren", deren Leistungen der jeweiligen Sportart zu einem erheblichen "Popularitätszuwachs" verhelfen. 1 Zur Bedeutung des Sports allgemein: Fritzweiler, S. 1 f.; Weisemann, Rdn. 1 ff .. Zum Skisport: Rüth, S. 1 f. Zum Motorsport: Bentlage, S. 1 ff. Zum Fußballsport: Krähe, S. 1 ff.; Hortleder, S. 9 ff. (soziologische Anmerkungen).

Zur Bedeutung des Sports in der Schweiz: Eiehenberger, S. 1 f.; Kubli, S. 103. Z So Rüth, S. 51. Die Entwicklung zum Volkssport hat sich zunächst im Bereich des alpinen Skilaufs vollzogen; inzwischen hat der Langlaufsport diese Entwicklung nachvollzogen. Gemäß "Welt am Sonntag" vom 15.11.1981 (S. 65) seien bereits 1,6 Millionen Paar Skier in der Bundesrepublik Deutsch-

land verkauft worden ("größter Skimarkt der Welt"). 3 Eiehenberger, S. 6, weist darauf hin, daß in der Schweiz die sog. "VitaParcours", "Fitness-Parcours" usw. "wie Pilze aus dem Boden geschossen" seien. Wiethaup, VersR 1972, 817, definiert sie als "zwanglose öffentliche Freisportanlage (Freizeit-Sportanlage) für jedermann." , z. B. Bowling, Squash, Windsurfing, Drachenfliegen. $ Rollschuh- und Schlittschuhlaufen usw. • Etwa der Golfsport und vor allem der Tennissport. 1 Bömer

Einleitung

2

Sogar dem Boxsport und dem Berujsradrennsport, denen "in der Vergangenheit immer wieder der Tod vorhergesagt"7 worden ist, gelingt es immer wieder, Schwierigkeiten zu überwinden. Dem Radrennsport kommt zugute, daß das Fahrradfahren sich wachsender Beliebtheit erfreut. Die ,,6Tage-Rennen" sind beim Publikum beliebt und finden Jahr für Jahr in ausverkauften Sporthallen statts. Mittelbar ist der Aufschwung des Sports auch dadurch gefördert worden, daß mit der fortschreitenden Technisierung die sogenannten "typischen Zivilisationskrankheiten", durch Bewegungsmangel häufig zumindest mit verursacht, zugenommen habenD. Immer mehr Menschen erkennen, daß diesem Mangel vor allem durch sportliche Betätigung entgegengewirkt werden kann, diese also auch der Gesundheitsförderung dient1o • In diesem Zusammenhang hat Wiethaupt 11 einmal folgendes ausgeführt: "Der menschliche Organismus braucht für seine Funktionstüchtigkeit Bewegung. Falls wir dies unter ein bestimmtes Maß herabsetzen, ergeben sich vielfach Kreislauf- und Stoffwechselstörungen. Die mangelnde Bewegung und die regelmäßig daraus erwachsenden Körperschäden können nur durch eine gesundheitsfördernde Sporttätigkeit vermieden werden. Körperliche übungen verbessern die Durchblutung, regen den Kreislauf an, erhöhen die Widerstandskraft gegen Krankheiten aller Art und versorgen das Gehirn mit Sauerstoff. Gleichzeitig wird durch eine attraktive und vielseitige Sportgestaltung in Wäldern, Parkanlagen usw. das allgemeine Wohlbefinden verbessert und die Lebensfreude erhöht. .. Mit der Verbreitung des Sports hat auch die Zahl der Sportunfälle zugenommen. Dennoch war der Sport bis vor nicht allzulanger Zeit fast ausschließlich von gesellschafts- und sozialpolitischer Bedeutung. Strafoder zivilrechtliche Folgerungen wurden aus Sportunfällen nur selten gezogen12 • Dazu mag vielfach die überzeugung beigetragen haben, daß Sportunfälle keine Verantwortlichkeit im rechtlichen Sinne nach sich ziehen 13, weil sich ein Sportler freiwillig einem Gefahrenbereich aussetze und damit rechnen müsse, verletzt zu werden. Außerdem ist mit dem Sportverbandsrecht seit jeher ein eigener Regelungsmechanismus des Sports vorhanden. Mit dessen Hilfe sind auftretende Konflikte oftmals wirkungsvoller zu bewältigen als von den ordentlichen Gerichten. 7

Hortleder, S. 139.

s Hortleder, S. 139: "Die 6-Tage-Rennen waren bereits beerdigt, als die Zuschauer erneut in Massen strömten." g Darauf weist auch Eichenberger, S. 6, hin. 10 Eichenberger, S. 6. Einschränkend: Brunner, S. 11 f. Das gilt nicht für den HochZeistungssport. 11 Wiethaup, VersR 1972,817. 12 Vgl. auch Fr. ehr. Schroeder, in: Sport und Recht, S. 1 ff. und S. 21 ff.; Werner, S. 3 ff. 13 Ähnlich KubZi, S. 13.

Einleitung

3

Seit dem "Bundesliga-Skandal" im Berufsfußbattsport 14 hat sich in der Offentlichkeit langsam die Erkenntnis durchgesetzt, daß der Sport kein rechtsfreier Raum ist. Auch das Interesse der Juristen an einer Erörterung der unmittelbar oder mittelbar mit dem Sport zusammenhängenden rechtlichen Fragen ist gestiegen. So wurde zum Beispiel zu arbeitsrechtUchen Fragen beim Berufssport15, zur rechtlichen Einordnung von Sport- beziehungsweise Spielregeln 15a und zum Motorsport aus der Sicht des Straßenverkehrs- und Ordnungswidrigkeitenrechts ll Stellung genommen. Von erheblicher praktischer Bedeutung ist das Sporthaftungsrecht. Rechtswissenschaftliche Monographien17 und Aufsätze18 sind bisher vor allem zur persönlichen Haftung der Sporttreibenden gegenüber den bei der sportlichen Betätigung verletzten Personen erschienen. Zur Haftung der Sportstätten-Verantwortlichen für Unfälle beim allgemeinen Sportbetrieb und bei Sportveranstaltungen gibt es zwar eine kaum vollständig erfaßbare Zahl von Gerichtsentscheidungen19 • Zu14 Hierzu vor allem Rauball, Der Bundesligaskandal (1972); Preis, DB 1971, 1570 ff.; Hortleder, S. 35 ff. (soziologische Aspekte). 15 L. Börner, Berufssportler als Arbeitnehmer (1973); Preis, Der Lizenzspieler im Bundesligafußball (1973); Füllgraf, Eine vertragliche Dreierbeziehung im Arbeitsrecht. Der Lizenzfußball (1980). Vgl. auch: Frey, RdA 1955, 46 ff.; Hellwig, Sport und Arbeitnehmerpfiichten (1966). Siehe noch: Samstag, Der Spielerwechsel im bezahlten Fußball (1971). 15a Hierzu noch eingehend unten, S. 236 ff. le Bentlage, Der Motorsport im Straßenverkehrs- und Ordnungswidrigkeitenrecht (1961). 17 Fritzweiler, Die Haftung des Sportlers bei Sportunfällen (1976); ders., Haftung bei Sportunfällen (1978); Hellgardt, Haftung für Sportverletzungen (1973); Knefeli, Die Haftung bei Sportverletzungen (1937); Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel (1981); Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen (1977); Weisemann, Sport, Spiel und Recht (1983). Zur Haftung der Skiläufer: Kleppe, Die Haftung' bei Skiunfällen in den Alpinenländern (1967); Rüth, Rechtsprobleme des Skilaufs (1969). 18 Zur Sportlerhaftung allgemein: Deutsch, VersR 1974, 1045 ff.; Eser, JZ 1978, 368 f. (Straf- und zivilrechtliche Ausführungen); Friedrich, NJW 1966, 755 ff.; Grunsky, JZ 1975, 109 ff.; Petev, VersR 1976, 320 ff.; Teichmann, JA 1979, 293 ff. und 347 ff.; Zimmermann, VersR 1980, 497 ff.; auch Füllgraf, VersR 1983,705 ff. Zur Haftung der Skiläufer z. B.: Hummel, NJW 1965, 525 f.; Kleppe, VersR 1968, 127 ff.; Lossos, NJW 1961, 490 f.; Nirk, NJW 1964, 1829 ff.; ders., NJW 1965, 526 f.; ders., NJW 1966, 304 und 2404 ff.; ders., in: Skirecht 1966, 26 ff.; Pichler, in: Sport und Recht, S. 83 ff.; ders., NJW 1967, 2193 f.; Scholten, NJW 1960, 558 ff.; ders., NJW 1961, 99 ff.; Stelzer, VersW 1962, 935 ff.; Surminski, ZfV 1974, 180 ff. Zur Anwendbarkeit deutschen Rechts bei einem Skiunfall unter Deutschen im Ausland: Deutsch, NJW 1962, 1680 f.; Heldrich, VersR 1962, 794 (jeweils Anm. zu OLG Köln NJW 1962, 1110 ff. = VersR 1962, 791 ff.). Zur Haftung der Bergsportler: Schünemann, VersR 1982, 825 ff.; ders., VersR 1982, 1130 ff. it Zur Sport- und Sportstätten-Haftung sind bisher mehrere hundert Urteile veröffentlicht worden.

1*

4

Einleitung

meist handelt es sich jedoch um typische Einzelfallbeurteilungen, die nicht auf einheitlichen rechtsdogmatischen Grundlagen beruhen. Die Untersuchungen in der Literatur wurden entweder nur auf bestimmte Sportarten bzw. Sportstätten bezogen20 , lediglich unter bestimmten rechtZichen Gesichtspunkten abgehandelt21 oder allenfalls grundrißartig dargestellt22 • Daneben sind in unregelmäßigen Abständen Aufsätze zur Haftung derjenigen Personen, die bei ausgewählten Sportarten bzw. Sportstätten neben den Sporttreibenden als Verantwortliche in Betracht kommen, erschienen23 • Die Besonderheiten der Haftung bei SportveranstaZtungsunjäZZen sind - soweit ersichtlich - erst zweimal, jeweils aus der Sicht des schweizerischen Rechtg2', erfaßt und systematisch dargestellt worden. Besonders viele Aufsätze befassen 20 Z. B. Dannegger, Die Rechtsfragen der Bergsteiger und Skifahrer (1938); Kleppe (wie S. 3, Fußn. 17); Rüth (wie S. 3, Fußn. 17); Schroedl, Die Haftung

des Seilbahnunternehmers (1974). 21 Hinzuweisen ist vor allem auf StoH, Handeln auf eigene Gefahr, S. 55 f., 81 ff., 241 ff. u. 264 ff. ("Handeln auf eigene Gefahr bei Teilnahme an gefährlichen Veranstaltungen" bzw. "Handeln auf eigene Gefahr beim Betreten fremder Grundstücke oder Anlagen"). Siehe auch: v. Bar, S. 57 ff. u. S. 267 ff. (Verkehrspflichthaftung bei sog. "Massenveranstaltungen"). 12 Vgl. Knefeli, Die Haftung bei Sportverletzungen (1937); Reichert, Grundriß des Sports und des Sporthaftungsrechts (1968); Fritzweiler, Haftung bei Sportunfällen (1978); Weisemann, Sport, Spiel und Recht (1983); Reschke, Handbuch des Sportrechts (1984). 23 BadeanstaUen (öff. und priv. Hallen- und Freibäder)? Weimar, MDR 1966, 114 f.; Wiethaup, VersR 1971, 499 ff.; ders., VersR 1972, 718 ff.; ders., VersR 1973, 1001 ff.; Künnell, VersR 1982, 1119 ff. Fußballstadien: Wiethaup, VersR 1971, 16 ff. Golfplätze: H. W. Schmidt, VersR 1963, 1101 ff. Kegelbahnen: Liecke, VersR 1973, 672. Kinderspielplätze: Hußla, VersR 1971, 877 f.; Schnitzerling, FWW 1971, 10 f.; Weimar, ZMR 1974, 228 f.; Gaisbauer, VersR 1977, 505 ff. Motorsport (Rennbahnen): BOTcheTt, VersR 1952, 415; Weimar, MDR 1960, 277f. Motorsport (Sportboote; sportstättenunabhängige Haftung): Klein, VersR 1978, 197 ff. Reitsport: Deutsch, NJW 1978, 1998 ff.; Weimar, VN 1961, 102 (Pferderennbahn-Unfälle). Auch Bornhövd, JR 1978, 50 ff.; ders., VersR 1979, 398 ff.; Herrmann, JR 1980, 489 ff. (zur Tierhalterhaftung allgemein). Rodelbahnen: Weimar, VP 1962,5 f. Skilifte: GTOSS, VersR 1971, 888 ff.; Hillermeier, ZRP 1981, 160 ff.; Pichler, ZVR 1969, 59 u. 89; Schlägelbauer, in: Skirecht 1966, 135 ff.; Schmalzl, VersW 1954, 528; Scholten, NJW 1960, 558, 560 f.; Wachendorf, ZRP 1981, 77 ff.; ders., VersR 1982, 117 ff. Sportanlagen (allgemein): Koenig, VersR 1970, 510. Trimm-Dich-Pfade: Gaisbauer, VersR 1979, 9 ff.; Wiethaup, VersR 1972, 817 f. U Kubli, Haftungsverhältnisse bei Sportveranstaltungen (1952)· Eichenberger, Zivilrechtliche Haftung des Veranstalters sportlicher W~ttkämpfe (1973).

Einleitung

5

sich mit dem haftungsrechtlich interessanten Problem der Verkehrspflichthaftung für Skipisten-Unfälle26 • Mit der vorliegenden Arbeit soll versucht werden, die Voraussetzungen einer Haftung der für Sportstätten verantwortlichen Personen festzustellen, allgemeine Grundsätze der Haftung für Unfälle beim allgemeinen Sportbetrieb auf Sportstätten darzustellen und unter systematischen Gesichtspunkten in das Haftungsrecht einzuordnen. Damit soll ein Beitrag zur Schließung einer " Lücke " in der Erarbeitung sporthaftungsrechtlicher Problemstellungen26 geleistet werden. Es wird keine möglichst vollständige Entscheidungssammlung zur Sportstätten-Haftung vorgelegt27 • Zu erarbeiten sind vielmehr haftungsrechtliche Ordnungskriterien. Einzelfälle dienen der Erläuterung oder haben Beispielfunktion. Die Bedeutung des Sportstätten-Haftungsrechts erschöpft sich nicht in der Möglichkeit einer Urteilsaufzählung, geordnet nach Sportstätten und Sportarten. Es besteht ein abgrenzbarer Haftungsbereich, in dem immer wieder die gleichen tatsächlichen und rechtlichen Fragen zu behandeln sind. Diesem Umstand wird in der neueren Literatur immer häufiger Rechnung getragen 28 •

!5 Egger, in: Skirecht 1972, 106 ff. (aus der Sicht des it'llienischen Rechts); Gritschneder, VN 1966, 21 f.; Gross, in: Skirecht 1972, S. 84 ff. (französisches Modell); Hepp, NJW 1973, 2085 ff.; Hummel, NJW 1974, 170 ff.; ders., NJW 1965,525 f.; Kettnaker, VersR 1964, 212 ff. u. 363 ff.; Kleppe, NJW 1966, 237 ff.; Mrk, NJW 1964, 1829 ff.; ders,., in: Skirecht 1966, S. 26 ff. u. S. 46 ff.; ders., NJW 1966, 2404 ff.; Padrutt, in: Sport und Recht, S. 100 ff.; ders,., in: Skirecht 1972, S. 74 ff.; ders., SZS 1971, 61 ff. (schweiz. Recht); Pichler, SJZ 1968, 281 (schweiz. Recht); Stiffler, SJZ 1971, 101, 121 (schweiz. Recht); Schlägelbauer, in: Skirecht 1972, 88 ff. (österr. Recht); Walter, in: Skirecht 1966, 60 ff., 72 ff., 88 ff., 111 ff. H MeineTs, S. 1, hat zu Recht darauf hingewiesen, daß dieser Bereich von der Sportler-Haftung grundsätzlich zu unterscheiden sei. n Verwiesen sei insoweit auf Geigel (Der Haftpflichtprozeß), Wussow (Das Unfallhaftpflichtrecht) und Weisemann (Sport, Spiel und Recht): In den Stichwortverzeichnissen sind alle Sportstätten, zu denen Entscheidungen ergangen sind, unter den jeweiligen sportartbezogenen Sonderbezeichnungen aufgeführt. Vgl. in diesem Zusammenhang auch Reschke (Handbuch des Sportrechts). !B MünchKomm I Mertens § 823 Rdn. 329 ff. ("Verkehrspflichten im Bereich der Sportausübung und der Jagd") und Rdn. 215 ff. (Verkehrssicherungspflicht für "Spiel- und Sportanlagen und Anlagen für Massenveranstaltungen"). Auch RGRK I Steffen, § 823 Rdn. 228 ff. ("Spiel- und Sportplätze") und Rdn. 232 ("Skipisten"); v. Bar, S. 57 ff. u. S. 267 ff. ("Massenveranstaltungen"; erörtert werden vor allem Sportstätten-Unfälle). Nicht überzeugend z. B. die Etnteilung von Staudinger I Schäfer § 823 Rdn. 325 ff. ("Badeanstalten, Schwimmbäder"), 359 ("Rennen"), 360 ("Öffentliche Förderung der Freizeitgestaltung"), 363 ff. ("Spiel- und Sportplätze") und 367 ff. ("Skisport").

Erster Teil

Einführung in das Sportstättenund Sportveranstaltungs-Haftungsrecht 1. Kapitel

Inhalt und rechtliche Bedeutung der Begriffe "Sport" und "Spiel" A. Der Begriff "Sport" Der Begriff "Sport" wird für verschiedene Arten menschlicher Betätigung gebraucht. In den Zeitungen findet man unter der Rubrik "Sport" Berichte über Schach- und Skatturniere. Andererseits werden Artikel über das Bergsteigen nicht im Sportteil veröffentlicht, obwohl man es durchaus als Hochleistungssport bezeichnen kann1 . Verwirrend ist es, wenn von "Denksport" die Rede ist. "Sport" ist die Kurzform des englischen Begriffes "disport" und bedeutet in etwa "Spiel, Rennen, Wettkampf"!. Es ist die Sammelbezeichnung für alle als Bewegungs-, Spiel- oder Wettkampfformen geprägten körperlichen Aktivitäten des Menschen! beziehungsweise die an spielerischer Selbstentfaltung und an Leistungsstreben orientierten Formen menschlicher Betätigung, welche der körperlichen und geistigen Beweglichkeit, besonders auf dem Gebiet der Leibesübungen, dienen'. Auch in der sportrechtlichen Literatur ist verschiedentlich versucht worden, den Begriff "Sport" zu erläutern und seinen Bedeutungsgehalt einzugrenzen5 • So wird der Sport zum Beispiel als eine aus dem Spiel hervorgegangene, eigene soziale Erscheinungsform, "die mehr oder weniger körperliche Anstrengung erfordert, im übrigen jedoch nach der Verkehrsanschauung bestimmt werden muß"G, bezeichnet. 1 Ebenso wohl Dannegger, der die mit dem Skifahren (S. 17 ff., 87 ff., 135 ff., 147 ff., 179 ff.) und dem Bergsteigen (So 12 ff., 37 ff., 118 ff., 169 ff.) zusammenhängenden Rechtsfragen untersucht hat. Vgl. auch Schünemann, VersR 1982, 825 ff.; ders., VersR 1982, 1130 ff.

Eichenberger, S. 3 (m. W. N.). Meyer's Enzyklopädisches Lexikon, Stichwort "Sport". 4 Brockhaus Enzyklopädie, Stichwort "Sport". 5 Eichenberger, S. 9; Fritzweiler, S. 2 f. (m. W. N.); Knefeli, S. 11 ff.; Kubli, S. 16 (m. W. N.); Vierrath, S. 10 f. 2

3

G

L. Bömer, S. 41.

1. Kap.: Die Bedeutung von Sport und Spiel

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Fast scheint es so, als ließe sich der gesamte Bereich möglicher Freizeitgestaltungen dem Begriff "Sport" zuordnen7 • Um dem sozialen Erscheinungsbild Rechnung zu tragen, sollten jedoch nur diejenigen Tätigkeiten als "Sport" bezeichnet werden, welche sich nicht ausschließlich auf die Förderung geistig-seelischer Eigenschaften beziehen8 , sondern im weitesten Sinn auch die "Körperertüchtigung" beziehungsweise "Leibeserziehung" bezwecken. Die Sportausübung dient der Gesundheitsförderung, der Erhaltung oder auch Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit oder der "Befriedigung des Spieltriebs"D. Hat sich eine besondere Leistungsstärke eingestellt, können auch materielle Vorteile erstrebt sein lO • Zumeist ist eine sportliche Betätigung mit Bewegung verbunden ll • Das muß allerdings nicht der Fall sein l2 • Stehen Bewegungsabläufe nicht im Vordergrund, kann nur dann von Sport gesprochen werden, wenn andere Merkmale, die auf eine sportliche Betätigung hindeuten, feststellbar sind. So erfordern bestimmte Sportarten neben einer besonderen Konzentrationsfähigkeit auch noch Kraft, Kondition und! oder Geschicklichkeit13• Das bloße Denken hat nichts mit Sport zu tun. Aus diesem Grund ist es sehr fraglich, ob das Schachspiel und Kartenspiele sportmäßig betrieben werden könnenu. Ein körperliches Tätigwerden ohne jedes leistungsbezogene Motiv - etwa Spazierengehen - ist keine sportliche Betätigung. Im Gegensatz zum Schießsport15 beruhen die Jagd und die Fischerei nicht auf sportlichen Motiven, sondern sind auf das Erlegen von Tieren gerichtet1'. Im Sportverbandsrecht wird zwischen Amateur- und Berufssport unterschieden. Früher wurde der Sport als eine rein idealistische, von 7 Tatsächlich wurde der Begriff "disport" ursprünglich als "Freizeitbeschäftigung" übersetzt; Nachweis bei Reichert, S. 3. Vgl. auch Vieweg, JuS 1983,825: " ... vom gelegentlichen Freizeitsport bis zur Vollzeitarbeit ...". 8 Ebenso Kubli, S. 17; auch Eichenberger, S. 5. 8 Hierzu vor allem Eichenberger, S. 6 f. 10 Eichenberger, S. 8; vgl. auch Fritzweiler, Haftung bei Sportunfällen, S. 2. 11 Eichenberger, S. 4, meint, Sport sei "ohne Bewegung in irgendeiner Form undenkbar" . 1! Beim Schießsport kommt es darauf an, sich nicht zu bewegen; anders nur beim Bogenschießen (Spannvorgang). 13 Als Beispiele können der Schießsport und der Automobilrennsport genannt werden. 14 Ebenso Eichenberger, S. 5 (Fußn. 17), und Kubli, S. 11, der auch das Billardspiel nicht als Sport ansieht. 15 BVerwGBayVwBl. 1966, 165 (Pistolenschießen als Sport). 11 Ebenso Reichert, S. 3 (Fußn. 3). Im Grundsatz auch Kubli, S. 17, der allerdings ein "individuelles Sporttreiben" - etwa bei Durchführung von "Jagdpartien als Wettkämpfe" - nicht ausschließt. A. A. wohl Wussow, überschrift vor Rdn. 250 (,,sport einschließlich Jagd"). Unklar MünchKomm! Mertens § 823 überschrift vor Rdn. 329 ("Verkehrspflichten im Bereich der Sportausübung und der Jagd"). Deutsch, VersR 1971, 1, unterscheidet zwischen "Sport" und "Jagd". Im Rahmen dieser Arbeit wird das "Sportangeln" nicht dem Sportbereich zugeordnet, soweit lebende Fische geangelt werden.

I. Teil: Sportstätten- und Sportveranstaltungs-Haftung

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materiellen Erwägungen freie Angelegenheit angesehen, so daß man die Begriffe "Sport" und "Arbeit" als gegensätzlich ansah, den Berufssport - trotz der begrifflichen Widersprüchlichkeit - dem Bereich "Arbeit" zuordnete17 • Eine derartige Gegensatzbildung ist nicht vertretbar. Auch der Berufssport ist Sport18 • Die in der Satzung des Deutschen Sportbundes enthaltene Unterscheidung zwischen "Turnen" und "Sport"1' ist lediglich in verbandsrechtlicher Hinsicht von Bedeutung beruht auf einer historisch bedingten Eigenständigkeit der Turnbewegung. Das Turnen ist eine Sportart und kein Synonym für den Oberbegriff "Sport". Im Hinblick auf die vielfältigen Erscheinungsformen des SportgZo beziehungsweise "in Anbetracht der Komplexität der Randbereiche, wie zum Beispiel Kinderspiele und Betätigungen im Vergnügungsbereich"!l, ist eine genaue begriffliche FestIegung nicht möglich2!. Unfälle in den "begrifflichen Randbereichen" werden in die haftungsrechtlichen Untersuchungen einbezogen, sofern die Problemstellung ~pisch für Sportstätten ist. B. Der Begriff "Spiel" I. Der Rechtsbegriff "Spiel" I. S. v. § 782

Gemäß § 762 wird durch "Spiel" keine Verbindlichkeit begründet. Diese Aussage könnte zumindest mittelbar von haftungsrechtIicher Bedeutung sein. Der SpielvertTag i. S. v. § 762 ist ein "Gesellschaftsvertrag"u. Unterschieden wird zwischen "Glücksspielen" und "Geschicklichkeitsspielen"14. Typische Zwecke sind Gewinnerzielung undJoder UnterhaltungIS. Durch den Spielvertrag versprechen sich die Spielenden gegenseitig, eine Leistung für den Fall des Eintritts eines ungewissen Ereignisses (Gewinn oder Verlust)l8. Aus diesem Grund kann jede Art von Leistungswettbewerb - auch ohne Abschluß eines selbständigen Spielvertrages - ein "Spiel" i. S. v. § 762 beinhalten17• Das große Buch vom Sport, S. 15; Diehm, S. 747. L. Börner, S. 44 f.; Eichenberger, S. 8. lU §§ 1, 2 a), 3 Nr.5, 9 Nr.4, 13 Nr.l, 14 Nr.l, 17 Nr.l und 22 der DSBSatzung.. 10 Kubli, S. 16. !1 Fritzweiler, S. 2 f. 1I Fritzweiler, S. 2 f.; Kubli, S. 16. U Palandt I Thomas § 762 Anm. 1. 14 Palandt I Thomas § 762 Anm. 1 a. U MünchKomm I Pecher § 762 Rdn. 3. IS MünchKomm I Pecher § 762 Rdn. 3. 17 MünchKomm I Pecher § 762 Rdn. 8. 17

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1. Kap.: Die Bedeutung von Sport und Spiel

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Aus dem Wortlaut von § 762 Satz 1 geht hervor, daß der Gesetzgeber lediglich die Entstehung von Leistungspflichten - Primärpflichten - verhindern will. Bei der Haftung für Sportstätten-Unfälle geht es aber allein um die Frage, ob einem Geschädigten Schadensersatz zu leisten ist. Die Schadensersatzpflicht ist Sekundärpflicht28• Klagbare Schadensersatzansprüche können auch dann entstehen, wenn das Erfüllungsinteresse wegen Nichtigkeit des zugrundeliegenden Vertrages nicht gerichtlich durchsetzbar istH . Allein diese Feststellung rechtfertigt die Folgerung, daß die Frage, ob in der Sportausübung zumindest dann ein Spiel i. S. v. § 762 zu sehen ist, wenn Wettkämpfe durchgeführt oder Gewinngelder ausgezahlt werden30, dahingestellt bleiben kann. Wird im Rahmen des Sportbetriebes ein Spielvertrag i. S. v. § 762 geschlossen, so ist das in haftungsrechtlicher Hinsicht nur soweit von Bedeutung, als möglicherweise der Spielvertrag oder ein damit verbundener Vertrag als Haftungsgrundlage in Betracht kommt. Am Entstehen einer gesetzlichen Verbindlichkeit, nämlich der Schadensersatzpflicht, vermag § 762 nichts zu ändern. ß. Der Begriff "Spiel" im allgemeinen Sprachgebrauch

In den Enzyklopädien wird "Spiel" als eine "oft gesellige Tätigkeit" bezeichnet, die ohne den Zwang einer Pflicht, meist aus Funktionslust und Freude an ihrer Ausübung, ihrem Inhalt oder Ergebnis, aber auch als Zeitvertreib, ausgeübt werde3t • Das Wort beschreibt also in erster Linie rein unterhaltsame Tätigkeiten, die nicht der Körperertüchtigung dienen, also nichts mit "Sport" zu tun haben. Zumeist geht es darum, sich selbst durch aktives Tun zu unterhaltenM. Die spielerischen Handlungen können aber auch ausschließlich darauf gerichtet sein, andere Personen zu unterhalten33 . Das Wort "Spiel" wird zur Kennzeichnung einer sportlichen Betätigung verwendet, wenn zwei oder mehrere Sporttreibende beziehungs18 Zur Unterscheidung zwischen Primär- und Sekundärpjlichten z. B.: Medicus, S. 99 f. (Rdn. 205). !tI Vgl. etwa Larenz, Schuldrecht AT, § 9, S. 100. 30 Bejahend Kubli, S. 18 f. und S. 31. Ebenso MünchKomm / Pecher § 762

Rdn. 8: Gewinnanreiz und Verlustrisiko müßten jedoch den Charakter der ganzen Veranstaltung prägen. Siehe hierzu auch LG Marburg NJW 1955, 346 (preis-Schießen). 31 Brockhaus-Enzyklopädie, Stichwort "Sport"; Meyer's Enzyklopädisches Lexikon, Stichwort "Sport". 31 z. B. Gesellschaftsspiele; jede Art kindlicher Betätigung wird als "Spiel" bezeichnet. 33 Schauspiel, Spielfilm: Die Akteure "spielen" bestimmte, vorgegebene Rollen, um die Zuschauer zu unterhalten (und/oder Geld zu verdienen).

1. Teil: Sportstätten- und Sportveranstaltungs-Haftung

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weise zwei oder mehrere Mannschaften den Sport nicht nebeneinander, sondern mit- oder gegeneinander3 4 ausüben, wobei es auf die bessere Beherrschung eines Sportgerätes beziehungsweise die Erzielung von Punkten oder Toren ankommt 35 • Ein einheitliches Begriffsverständnis liegt dem Gebrauch des Begriffes "Spiel" jedoch nicht zugrunde. So wird zum Beispiel der Begriff "Breitensport" als eine mehr spielerische, dem Spaß und Ausgleich dienende Betätigung, erläutert38 • Den Gegensatz bilde der Leistungssport, obwohl in beiden Begriffen sowohl das Spiel- als auch das Leistungselement enthalten seien37 •

C. Haftungsrechtliche Bedeutung der Begriffe "Sport" und "Spiel" Die Grenze zwischen den Begriffen "Sport" und "Spiel" ist fließend 38• Eine Abgrenzung ist kaum möglich31l , zumal die Begriffe sowohl bei der Tätigkeitsbeschreibung als auch bei der Kennzeichnung von. Anlagen 40 oder Geräten 41 austauschbar' sind und als Synonyme bezeichnet werden können. Die Begriffe sind inhaltlich viel zu unbestimmt, als daß sich aus ihnen haftungsrechtliche Bezugspunkte ableiten ließen. Sie deuten nicht auf eine besondere Gefährlichkeit der Betätigung hin. Folglich sind Haftungsbestimmungen oder -grundsätze, aus denen sich die NotwendigZur Terminologie: L. Börner, S. 39 ff.; FritzweHer, S. 4 ff. Jede Art von Ballspiel: fußball, Handball, Volleyball, Basketball, Tennis usw.; auch Eishockey, Hockey, Golf, Badminton, Rugby, Bowling, Kegeln und viele andere Sportarten. 31 Lauterbach, in: Sport und Recht, S. 7. 37 Lauterbach, in: Sport und Recht, S. 7. 38 So Mühlhaus § 31 StVO Anm. 1 a; ähnlich Jagusch § 31 StVO Rdn. 6. 111 In der Satzung des DSB sind die Begriffe ohne Erläuterung und Abgrenzung nebeneinander gestellt. Gern. § 31 StVo ist "Sport" und "Spiel" auf öffentlichen Straßen verboten. 40 Zu Recht faßt MünchKomm / Mertens alle "Spiel- und Sportanlagen und Anlagen für Massenveranstaltungen" zusammen (§ 823 Rdn. 215); unter diesem Oberbegriff werden auch die Verkehrspflichten für Kinderspielplätze erörtert (§ 823 Rdn. 215, 216, 218 und 221). a. A. wohl Palandt / Thomas § 823 Anm. 14: Kinderspielplätze unter Stichwort "Kinder", Sportanlagen dagegen unter "Sport" und verschiedenen sportartbezogenen Sonderbezeichnungen. 41 In den DIN-Taschenbüchern "Sport und Freizeit" (Nr. 116 und Nr. 147) sind viele Normen über "Sportgeräte für Turnen, Gymnastik, Rasenspiele, Hallenspiel; Sportbauten, Sportanlagen" bzw. "Sportgeräte für Wassersport, Wintersport, Rollsport, Kinderspiel, Camping, Freizeit; Spielzeug" zusammengefaßt: Besser kann die Austauschbarkeit aller Begriffe im Sozialbereich ,.sport" nicht dokumentiert werden. Einzelheiten siehe unten, S. 237 ff. Gern. § 2 Ir Nr. 4 Gerätesicherheitsgesetz (abgedruckt z. B. bei MünchKomm / Mertens § 823 Rdn. 315) stehen ,.sport- und Bastelgeräte sowie Spielzeug" den technischen Arbeitsmitteln i. S. v. § 2 I dieses Gesetzes gleich. S4

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1. Kap.: Die Bedeutung von Sport und Spiel

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keit einer genauen Begriffsbestimmung ergeben könnte, nicht ersichtlich4\!. Die Begriffe "Sport" und "Spie!" haben einen vorwiegend gesellschaftsbezogenen Inhalt. Um Rechtsbegriffe handelt es sich nicht. Es genügt also, den in Frage stehenden Lebensbereich in etwa festzulegen. Das dient in erster Linie der thematischen Eingrenzung. Der zu untersuchende Haftungsbereich wird durch den Begriff "Sport" hinreichend deutlich gekennzeichnet.

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Ähnlich Fritzweiler, S. 3 (Fußn. 5).

2. Kapitel

Abgrenzung des Gefahrenbereichs "Allgemeiner Sportbetrieb" vom besonderen Gefahrenbereich "Sportveranstaltung" A. Der Sportbetrieb als allgemeiner Risikobereich Das Wort "Betrieb" kennzeichnet die innerhalb eines bestimmten gesellschaftlichen Bereiches ausgeübten Tätigkeiten1 • Durch den Zusatz "allgemein" kann zum Ausdruck gebracht werden, daß nur die für einen bestimmten Bereich typischen, eingrenzbaren und bekannten Unfallrisiken bestehen. Bei Teilnahme an einem allgemeinen Betrieb dürfen nur übliche und als bekannt vorauszusetzende Gefahren bestehen. Das ist für die inhaltliche Bestimmung der Pflichten zur Betriebssicherung von erheblicher Bedeutung. Auch aus versicherungsrechtlichen Gründen ist eine grundsätzliche Unterscheidung angebracht: Private Unfall- und Haftpflichtversicherungen beziehen sich nur auf einen genau umgrenzten, allgemeinen Risikobereich; gesteigerte Risiken werden nicht erfaßt und müssen gesondert versichert werden2 • "Verkehr" ist ein Synonym für "Betrieb". Dieses Wort verleitet dazu, sofort an den deliktsrechtlichen Begriff "Verkehrspflicht" zu denken und damit im Einzelfall vorzeitig eine haftungsrechtliche Einordnung zu vollziehen. Mit "Sportverkehr" ist nicht die eigentliche sportliche Be1 Umgangssprache: Es "herrscht" Betrieb (z. B. Fußgängerbetrieb, Geschäftsbetrieb, Fahrzeugbetrieb). Die Haftung aus § 7 I StVG setzt eine Rechtsgutverletzung "beim Betrieb" eines Kraftfahrzeugs voraus usw. ! Für Sportveranstaltungen werden spezielle Veranstalter-Unfall- und Haftpflichtversicherungen abgeschlossen. Bei vielen Sportarten ist der Abschluß derartiger Versicherungen sportverbandsrechtlich vorgeschrieben, oder der Versicherungsnachweis ist Voraussetzung für die Erteilung der Veranstaltungsgenehmigung; siehe z. B. ArtikeZ 71 des Deutschen Motorrad-Sportgesetzes (OMK-Handbuch 1979, Grüner Teil, S. 16): "Jeder Veranstalter ist verpflichtet, eine Veranstaltungsversicherung abzuschließen. Bei Rennen jeder Art müssen alle Fahrer gegen Haftpflicht und Unfall nach den Bestimmungen der OMK vom Veranstalter versichert werden. Die Versicherungsbedingungen . .. sind der OMK spätestens 8 Tage vor der Veranstaltung vorzulegen." Zum VerhäZtnis Versicherung-Haftung: Deutsch, Haftungsrecht I, S. 401 ff.; ders., JZ 1968, 721, 725 ff. Zu den Besonderheiten der Sportveranstalter-Haftpflichtversicherung: Eichenberger, S. 153 ff. Zur Privathaftpflicht-/Sportversicherung: Weisemann, Rdn. 326 ff. (S. 131 ff.).

2. Kap.: Abgrenzung des allg. Sportbetriebs von Sportveranstaltungen 13 tätigung, sondern der sportpolitische Bereich gemeint3 • Der Begriff ist dann von sportverbandsrechtlicher Bedeutung. Im Rahmen dieser Arbeit wird unter einem "allgemeinen Sportbetrieb" die sportliche Betätigung einer oder mehrerer Personen bezie-

hungsweise Mannschaften nach den Regeln einer bestimmten Sportart beziehungsweise nach den für eine bestimmte Sportstätte aufgestellten Regeln oder eine freie, nicht nach bestimmten beziehungsweise im Einzelfall vereinbarten Regeln ausgeübte sportliche Betätigung verstanden. Gleichgültig ist, ob der Sport um seiner selbst willen betrieben wird oder leistungsbezogene Motive zugrunde liegen. Es kommt auch nicht darauf an, ob sich die Sportler zum Sport verabredet haben, ob der Sportbetrieb innerhalb oder außerhalb eines Vereins beziehungsweise einer sonstigen Vereinigung planmäßig, außerplanmäßig oder spontan stattfindet. Eine nähere Eingrenzung des allgemeinen Sportbetriebs, insbesondere eine genaue Erfassung aller Sportarten und Sportstätten, ist entbehrlich. Alle aus Unfällen während eines allgemeinen Sportbetriebs sich ergebenden Haftungsfragen lassen sich auf die gleichen rechtlichen Grundlagen zurückführen. Die bestehenden Pflichten unterscheiden sich nicht in ihrem rechtlichen Ansatzpunkt. Unter "allgemeiner Sportbetrieb" sind alle Betätigungen zu verstehen, die die wesentlichen Merkmale des Begriffes "Sport" aufweisen und außerhalb des besonderen Risikobereiches "Sportveranstaltung" ausgeübt werden. Die Untersuchung der Haftungsfragen bei Unfällen im Verlaufe eines allgemeinen Sportbetriebs sind der allgemeine Teil der Sportstätten-Haftung. Unfälle, die sich während einer Sportveranstaltung ereignen, geben zur Prüfung besonderer Haftungsfragen Anlaß'. Der Begriff "allgemeiner Sportbetrieb" kann also nur negativ vom Begriff "Sportveranstaltung" abgegrenzt werdenS. a z. B. "Sportverkehr" zwischen Vereinen sowie nationalen und internationalen Sportverbänden usw. , Bei der Haftung für Unfälle im Verlaufe von Sportveranstaltungen, die nicht unmittelbar von der Themenstellung dieser Arbeit erfaßt wird, sind z. B. folgende Besonderheiten gegenüber der Haftung für Unfälle beim allgemeinen Sportbetrieb zu beachten: Teilnahmeverträge zwischen Teilnehmern und Sportveranstaltern; Verträge mit Zuschauern; Verkehrspflichten mit anderem Inhalt; ausdrückliche Enthaftungsverträge zwischen Teilnehmern und Veranstaltern. Die Sportveranstaltungshaftung unterscheidet sich in einigen Fragen grundlegend von der allgemeinen Sportstättenhaftung. Sie bildet den besonderen Teil des Sportstätten-Haftungsrechts. 6 v. Bar, S. 45, unterscheidet ähnlich: Er stellt den Verkehrssicherungspflichten u. a. für die "natürliche Beschaffenheit von Grundstücken, die, befugt oder unbefugt, von Personen betreten werden können" (etwa Kleingolfanlagen und Kinderspielplätze), die Verkehrspflichten z. B. für "Massenveranstaltungen" gegenüber. Siehe auch Stoll, Händeln auf eigene Gefahr, der auf S. 55 ff. und 81 ff. bzw. auf S. 241 ff. und 264 ff. jeweils zwischen "Teil-

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I. Teil: Sportstätten- und Sportveranstaltungs-Haftung B. Der besondere Risiko- und Haftungsbereich "Sportveranstaltung" I. Die Verwendung des Bepiffes "Veranstaltung" in Gesetz, Redltspred1ung und Literatur

1. Gesetze, Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften Im Reisevertragsrecht, das seit dem 1. Oktober 1979 gesetzlich normiert ist6 , ist der Veranstaltungsbegriff von zentraler Bedeutung. In den §§ 651 a - 651 f sind die Rechte und Pflichten der Reiseveranstalter beziehungsweise Reiseteilnehmer geregelt worden. Als Reiseveranstalter ist die Person zu bezeichnen, welche eine Reise plant und durchführt7 • Die einzelnen Leistungen werden von den Leistungsträgern i. S. v. § 651 a 11, die Erfüllungsgehilfen des Reiseveranstalters sind8 , ausgeführt. Den Gegensatz zum Begriff "Reisevertrag" , der dem aussagekräftigeren Begriff "Reiseveranstaltungsvertrag" vorgezogen worden ist, bildet der sogenannte "Reisevermittlungsvertrag"9. Gemäß § 29 I StVO ist die Durchführung von "Rennveranstaltungen" auf öffentlichen Straßen grundsätzlich verboten; Ausnahmegenehmigungen können im Einzelfall erteilt werden10 • Andere "Veranstaltungen", bei denen der öffentliche Straßenraum mehr als üblich genutzt wird, sind Sondernutzungenl l und gemäß § 29 11 1 StVO erlaubnispflichtig. Dieser Erlaubnisvorbehalt gilt zum Beispiel für motorsportliche Veranstaltungen aller Art12 und für Radsportveranstaltungen auf öffentlichem Verkehrsraum13 • Es ist häufig versucht worden, den Begriff "Veranstaltung" i. S. v. § 29 stvo zu definieren. Der Begriff setze eine "planmäßige Vorbereitung"U sowie eine nahme an gefährlichen Veranstaltungen" und "Betreten fremder Grundstücke oder Anlagen" unterscheidet. e BGBl. I, S. 509. 7 Palandt / Thomas § 651 a Anm. 2 a. 8 Palandt / Thomas § 651 a Anm. 4. 9 MünchKomm / Löwe vor § 651 a Rdn. 5 und 16. 10 Booß § 29 StVo Anm. 2; Cramer § 29 Stvo Rdn. 87; Jagusch § 29 Stvo Rdn. 6. Ausnahmegenehmigungen für "Rennveranstaltungen" sind "nur selten zu rechtfertigen" (VwV-StVO zu § 29 Absatz 1 Anm. III). Derartige Veranstaltungen bedürfen selbst dann der Erlaubnis i. S. v. § 29 II StVO, wenn sie "ausnahmsweise genehmigt sind" (VwV-StVO zu § 29 Absatz 2 Anm. I 1 a). Hierzu ausführlich Bentlage, S. 94 ff. 11 Jagusch § 29 Stvo Rdn. 4. 1! Vgl. VwV-Stvo zu § 29 Absatz 2 Anm. I 1 a - d, 2 d - f. Siehe auch Möhl/ Rüth § 29 StVO Rdn. 4 und 10; Bentlage, S. 96 ff., 124 ff., 138 ff., 162 ff., 170 ff. 13 Vwv-StVO zu § 29 Absatz 2 Anm. Ir lautet wörtlich: "Für Veranstaltungen von Radfahrern gilt I sinngemäß." 14 Möhl / Rüth § 29 StVo Rdn. 4.

2. Kap.: Abgrenzung des allg. Sportbetriebs von Sportveranstaltungen 15 im Zusammenhang mit der Veranstaltung erwartete "notwendig verbundene Massierung von Fahrzeugen und Personen"15 voraus. An anderer Stelle heißt es, "Veranstaltungen" erforderten "die Organisation durch einen Veranstalter ... , und zwar durch Maßnahmen, die mit einem gewissen Aufwand und Umfang verbunden sind"ls. Merkmal hierfür seien "die Zahl der Teilnehmer einschließlich der Zuschauer, das Verhalten der Teilnehmer oder die Fahrweise der beteiligten Fahrzeuge, zum Beispiel bei Sportveranstaltungen ... "17. Cramer18 hält alle Unternehmen einzelner oder mehrerer, durch die der öffentliche Straßenraum in Anspruch genommen wird. bei gewissem Aufwand und Umfang für Veranstaltungen. Die Durchführung von Luftsportverranstattungen ist gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 LuftVG genehmigungspflichtig; sie müssen gemäß § 74 LuftVZO einen "Veranstalter" haben, der die "Veranstaltung vorbereitet, leitet und den Zuschauern und Teilnehmern gegenüber verantwortlich ist". WassersportveranstaUungen bedürfen gemäß § 117 Binnenschiffahrtsstraßenordnung ebenfalls der Erlaubnis. Für SchießsportveranstaUungen ist von Bedeutung, daß gemäß § 39 I WaffG der Teilnehmer an "öffentlichen Veranstaltungen, insbesondere an Volksfesten und öffentlichen Vergnügungen", keine Schußwaffe führen darf. Dieses Verbot gilt gemäß § 39 VI Nr. 1 und 3 WaffG nicht für das "Schießen in Schießstätten" (§ 44) und soweit eine Schießerlaubnis nach § 45 WaffG reicht. Neben den aufgeführten gesetzlichen Regelungen gibt es eine Vielzahl von landes- bzw. kommunalrechtlichen Normen, die für Sportveranstaltungen bestimmter Art einen Erlaubnisvorbehalt vorsehen, sowie von Veranstaltungsvorschriften, in denen die Einzelheiten der Erlaubniserteilung (Auflagen, Bedingungen usw.) geregelt sind 19 . Der Begriff "Veranstaltung" wird in allen Vorschriften im Zusammenhang mit einem bestimmten Risiko- und Gefahrenbereich genannt. Bestimmte Betätigungen scheint man - gleichgültig, ob sie sportmäßig, im Rahmen einer Veranstaltung oder "in Eigeninitiative" betrieben werden - schlechthin als besonders gefährlich einzustufen20 • In anderen Bereichen geht der Gesetzgeber nur dann von einer Risikoerhöhung aus, wenn die Betätigung "sportmäßig" und im Rahmen einer "Veranstaltung" ausgeübt wird21 •

Mäht / Rüth § 29 Stvo Rdn. 4. Booß § 29 Stvo Anm. 2. 17 J agusch § 29 Stvo Rdn. 4. 18 Cramer § 29 Stvo Rdn. 68. 19 Im einzelnen Reichert, S. 69 ff. 20 "Schießen" und "Rennen"; hierzu Mäht! Rüth § 29 stvo Rdn. 3: "Rennen mit Kraftfahrzeugen sind meist Veranstaltungen ... ,Rennen' müssen nicht ,Veranstaltungen' im Sinne des Absatz 2 sein, denkbar sind auch ,wilde' Rennen, die spontan von mehreren Kraftfahrern ,veranstaltet' werden. Auch diese sind nach Absatz 1 verboten. Sie können auch nicht genehmigt werden, weil sie keinen ,Veranstalter' haben." 21 Motorsport mit Ausnahme von "Rennen" i. S. v. § 29 StVO; Luftsport; Wassersport. 15 U

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1. Teil: Sportstätten- und Sportveranstaltungs-Haftung

Der allgemeine Sportbetrieb wird nur beim Schießsport als besonders gefährlich beurteilt und nach Maßgabe der waffenrechtlichen Vorschrüten in vollem Umfang verwaltungsbehördlich kontrolliert. Ansonsten wird zwischen dem allgemeinen Betrieb im Rahmen des Gemeingebrauchs und Sondernutzungen, zum Beispiel in Form von Sportveranstaltungen, unterschieden. 2. Die Rechtsprechung

zu Unfällen bei "Sportveranstaltungen"

In der Rechtssprechung ist häufig von "Veranstaltungen" - mit oder ohne sportart- beziehungsweise sportstättenbezogenen Zusatz - die Rede. In den meisten Entscheidungen wird zu Recht ohne nähere Begründung vom Vorliegen einer "Veranstaltung" ausgegangen22 • Es handelt sich um ein umgangssprachliches Wort. Jedermann weiß in etwa, was gemeint ist, wenn in einem bestimmten Lebensbereich von einer "Veranstaltung" die Rede ist23. Im Bereich "Sport" wird der Veranstaltungsbegriff regelmäßig gebraucht, wenn ein bestimmtes, zuvor angekündigtes und zeitlich begrenztes Ereignis, an dem aktive Sportler und Zuschauer teilnehmen, organisiert und durchgeführt wird24 • Die sport~2 Vgl. nur BGH NJW 1980, 223 f.; BGH VersR 1984, 164 ff.; OLG Karlsruhe VersR 1981, 962; OLG München VersR 1982, 1105 f.; OLG München VersR 1982, 1152 f.; OLG Hamburg VersR 1982, 706 f.; OLG Frankfurt, Urteil vom 3.3.1983 (1 U 217/81). 23 Das gilt sowohl für "Sportveranstaltungen" als auch für "Lehrveranstaltungen", "Wahlkampfveranstaltungen", "Tanzveranstaltungen" (mit oder ohne sportliche Motive), "Wohltätigkeitsveranstaltungen", "Theaterveranstaltungen", "Reiseveranstaltungen" usw. 24 Die in der folgenden Aufstellung in Klammern angegebenen sportartbzw. sportstättenbezogenen Sonderbezeichnungen werden häufig an Stelle oder neben den Begriffen "Veranstaltung" bzw. "Veranstalter" gebraucht: Eishockeyveranstaltung: BGH VersR 1984, 164 ff.; OLG München VersR 1982,1152 f.; OLG Frankfurt, Urt. vom 3.3.1983 (1 U 217/81). Fußballveranstaltung: LG Trier VersR 1964, 879 (Veranstalter eines fußballspiels). Motorsportveranstaltung: RG JW 1930, 2925 f. (Motorradrennen); RG JW 1931, 875 ff. (Kraftfahrzeugrennen; Veranstaltung von Wettfahrten); RG JZ 1933, 626 (Rennen); RG DAR 1935, 159 f. (Motorradrennen); RG WarnRspr 1936, 321 ff. = JRPV 1936, 279 f. (Rennen); RG JW 1936, 1362 f. (Motorradrennen) ; RG VAE 1936, 220 f. (Kraftradrennen) ; BGHZ 5, 318 = NJW 1952, 779 = VersR 1952, 415 = RdK 1953, 26 ff. = VRS 4, 332 f. = LM § 823 (Ec) Nr.2 (Rennen in geschlossener Bahn); BGH NJW 1962, 1245 f. = VersR 1962, 618 ff. = DAR 1962, 205 f. = VRS 22, 415 ff. (Autorennen); BGH NJW 1975, 533 ff. (Rennen); BGH VRS 50, 259 ff. (Fahrtveranstaltungen); BVerwG VRS 53, 236 ff. (Autorennveranstalter); BayObLG DAR 1933, 42 f. (Motorradrennen); OLG Bremen DAR 1955, 192 ff. = VersR 1955, 644 ff. (Rennen); OLG Braunschweig VersR 1976, 81 f. (Höchstgesch.windigkeits-Slalomwettbewerb); KG VersR 1977, 1102 (Autorennen); OLG Hamburg DAR 1942, 46ff. (Kraftfahrzeugrennen); OLG Karlsruhe VersR 1954, 463 f. = VRS 7, 404 ff. (Rennen); OLG Koblenz VersR 1952, 236 f., und die Revisionsentscheidung BGH VersR 1952, 237 f. (Rennen); OLG München VersR 1951, 21 f. (Motorradrennen); OLG München VersR 1966, 667 f. (Rennen mit Kfz); OLG Stuttgart JW 1932, 2823 f. (Autorennen, Rundrennen). Pferdesportveranstaltungen: BGH MDR 1975, 219 f. (Veranstaltung eines

2. Kap.: Abgrenzung des allg. Sportbetriebs von Sportveranstaltungen 17 liche Betätigung hat in diesen Fällen also auch eine Darbietungs- beziehungsweise Vorführungsfunktion. Aus dem - je nach Sportart - mehr oder weniger gefährlichen Nebeneinander von Sportlern und Zuschauern bei Sportveranstaltungen, ergeben sich besondere Haftungsprobleme, die bei Unfällen im Verlaufe eines allgemeinen Sportbetriebs nicht auftreten. Die Gerichte unterscheiden zwar nicht ausdrücklich zwischen den Haftungsbereichen "allgemeiner Sportbetrieb" und "Sportveranstaltungen" . Die Notwendigkeit dieser Unterscheidung scheint jedoch als selbstverständlich vorausgesetzt zu werden. Anders wäre nicht zu erklären, daß bei Vorliegen veranstaltungstypischer Merkmale veranstaltungsbezogene Begriffe gebraucht und nicht lediglich auf die Zulassung beziehungsweise Eröffnung des Sportstätten-Verkehrs abgestellt wird. Den verschiedenen Erscheinungsformen sportlicher Betätigung wird nicht in allen gerichtlichen Entscheidungen Rechnung getragen. Das Reichsgericht25 hat zum Beispiel den Betrieb einer Rutschbahn als "Veranstaltung" beziehungsweise "Sportveranstaltung" bezeichnet. In einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes 26 ist von der "Veranstaltung eines Diskustreibens auf behelfsmäßigem Sportplatz" die Rede. Das LG Mönchengladbach 27 hat zur Verkehrssicherungspflicht des "Veranstalters einer Go-Cart-Bahn" Stellung genommen. In einer amtsgerichtlichen Entscheidung28 ist festgestellt worden, daß der Betrieb einer Badeanstalt, "wie jede Veranstaltung", Gefahren mit sich bringe. besuchsoffenen Reitertrainings); SchlHOLG SchlHA 1958, 261 f. (TurnieTreiten); OLG München OLG Z 28, 296 ff. (Öffentliches Pferderennen); AG Hamburg VersR 1958, 873 (Trabrennen). Radsportveranstaltungen: BGH VersR 1954, 596 f. = VRS 8, 16 ff. (Straßenradrennen); LG Stuttgart VersR 1953, 374 (Radrennen). Sportveranstaltungen (allgemein): RG JW 1938, 2737 f. (Sportvorführungen); LG Hannover VersR 1960, 576 ("Unternehmer einerSportveranstaltung"); auch BGH NJW 1980, 223 f. ("Veranlasser einer Massenveranstaltung"). Skisportveranstaltungen: BGH VersR 1957, 228 ff., und BGH VersR 1960, 22 f. (zwei Revisionsentscheidungen in gleicher Sache - "Skispringerveranstaltung" bzw. "öffentliches Skispringen"); OLG München NJW 1966, 2406 ff. = MDR 1966, 1001 (geregelter Abfahrtslauf während eines Rennens); OLG München NJW 1966, 2404 ff. (geregelter Abfahrtslauf, Skirennen); OLG München VersR 1968, 1073 f. (Skisprungveranstaltung); LG Kempten VersR 1967, 192 f. (Skirennen). Massensportveranstaltung (Flugtag): BGH VersR 1980, 223 f. "Sportjest" (Veranstaltung eines Diskuswurfwettbewerbs): OLG München VersR 1982, 1105 f. Veranstaltung eines "Jagdreitens": OLG Hamburg VersR 1982, 706f.; OLG Hamburg VersR 1982, 779 f. 25 RG DR 1940, 1425. 26 BGH VersR 1960, 421 ff. Vgl. auch BGH VersR 1982, 492, 493 u. 494 ("Veranstalter einer Freizeitanlage"). 27 LG Mönchengladbach VersR 1973, 870 f. 28 AG Lübbecke MDR 1963, 500. 2 Börner

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1. Teil: Sportstätten- und Sportveranstaltungs-Haftung

In den vorgenannten Beispielen gibt die Verwendung des Veranstaltungsbegriffes zu Mißverständnissen Anlaß. Die Haftung scheint auf der Tatsache zu beruhen, daß der Sportbetrieb für die Sportler "veranstaltet" worden sei. Das trifft aber nicht zu. Grundlage der Haftung ist vielmehr die entgeltliche oder unentgeltliche Zurverfügungstellung einer Sportanlage oder/und eines Sportgerätes beziehungsweise die Eröffnung des Verkehrs auf der Sportstätte durch Zulassung des Sportbetriebg29. Darauf wird an anderer Stelle zurückzukommen sein30 • 11. Der Gebrauch des Begriffes "Veraustaltung" in der baftungsrechtlichen Literatur

Auch in der haftungsrechtlichen Literatur wird regelmäßig zwischen Unfällen während eines allgemeinen Sportbetriebs und Unfällen im Verlaufe von Veranstaltungen unterschieden; überwiegend geht man bei Vorhandensein der veranstaltungstypischen Merkmale ohne nähere Begründung davon aus, daß es sich um einen besonderen Bereich sportlicher Betätigung mit auch haftungsrechtlich bedeutsamen Eigenarten handelt31 • Nur vereinzelt wird ein allgemeiner Sportbetrieb als "Veranstaltung" bezeichnet32 . StaU erörtert unter "Handeln auf eigene Gefahr bei Teilnahme an gefährlichen Veranstaltungen"33 Unfälle, die sich "im Verlaufe eines Sporttreffens, eines Volksfestes (z. B. eines Karnevalsumzugs, einer Belustigung auf einem Karussel, einer Rutschbahn usw.) oder einer sonstigen mit gewissen Gefahren verbundenen Veranstaltung (etwa einer Jagd)" ereignen 34• 2a Besonders deutlich BGH VersR 1982, 492, 493. 30 Vgl. unten, S. 52 ff. 31 Borchert, VersR 1952, 415 ff. (Motorsportveranstaltungen); Deutsch, VersR 1974, 1045 (Öffentliche Veranstaltungen im Gegensatz zu privater Sportausübung bzw. dem Schul- und Betriebssport); i'riedrich, NJW 1966, 755, 757 ("Veranstalter einer sportlichen Veranstaltung") und 758 ("Motorsportliche Veranstaltungen"); H. W. Schmidt, VersR 1965, 97 (Zuschauer einer Fußballveranstaltung); Wiethaup, VersR 1971, 16 ff. (Tribünenunfälle in überfüllten Fußballstadien); Bentlage, S. 96 f.; Eichenberger, S. 10 ff. ("Sportliche Veranstaltung"); Fritzweiler, S. 41 ff.; Knefeti, S. 15 f. ("Unfälle ... auf der Reise zu Sportveranstaltungen"); Kteppe, S. 2 ("Rechte und Pflichten des ,normalen Skiläufers' im Gegensatz zur Haftung bei Skisportveranstaltungen"); Kubti, S. 15 (Sportveranstaltungen im Gegensatz zum "individuellen Sporttreiben"); Reichert, S. 66 ff., 75 ff., 226 ff.; Rüth, S. 108 ff. (Veranstalter von Skirennen und Sprungveranstaltungen); v. Bar, S. 57 ff., 267 ff.; Fikentscher, § 103 III 2 c und 2 i, S. 631 f.; Erman / Drees § 823 Rdn. 55; MünchKomm / Mertens § 823 Rdn. 215 f. und 219 f. (anders jedoch § 823 Rdn. 217 und 221); Staudinger / Schäfer § 823 Rdn. 359; Geiget / Schtegetmilch, Kap. 14 Rdn. 176, Kap. 27 Rdn. 200 - 204 und Kap. 28 Rdn. 253. Der Unterschied wird nicht gesehen von Weisemann, Rdn. 118 ff. (S. 44 ff.), 182 ff. (S. 68 ff.) und 205 ff. (S. 81 ff.). 32 Siehe zum Beispiel: Weimar, ZMR 74, 228 ("Veranstaltung von Ballspielen" auf mitvermieteten Kinderspielplätzen). Unklar etwa auch: Weisemann, Rdn. 210 (S. 81 f.) und Rdn. 211 f. (S. 82). 33 StolZ, Handeln auf eigene Gefahr, S. 55 ff. und S. 241 ff. M Stall, Handeln auf eigene Gefahr, S. 57.

2. Kap.: Abgrenzung des allg. Sportbetriebs von Sportveranstaltungen 19 Diesem Haftungsbereich stellt er das "Handeln auf eigene Gefahr beim Betreten fremder Grundstücke oder Anlagen"35 gegenüber. Die Unterscheidung überzeugt nicht in jeder Hinsicht: Zum einen werden bei jeder "Veranstaltung" im engen, umgangssprachlichen Sinn "fremde Grundstücke oder Anlagen" betreten; zum anderen entsteht bei allgemeiner sportlicher Betätigung bereits dann ein Haftungskonnex, wenn eine besondere Gefahrenquelle vorhanden ist, und der Sportstätten-Betrieb dem Verantwortlichen in irgend einer Form zugerechnet werden kann38• Ein einheitliches Begriffsverständnis liegt dem Gebrauch des Veranstaltungsbegrifjes im engeren Sinne nicht zugrunde. V. Bar17 nennt als einen "Schwerpunkt des heutigen Anwendungsbereichs der Verkehrspflichten" die "Massenveranstaltungen". Hierzu stellt er jedoch lediglich fest, daß von solchen Veranstaltungen "sehr erhebliche Gefahren für alle unmittelbar oder nur mittelbar Beteiligten" ausgehen könnten und "als Täter wie als Opfer Teilnehmer, Zuschauer und Grundstückseigentümer" in Betracht kämen38• Reichert3u unterscheidet zwischen einer "Sportbetätigung innerhalb des Vereinslebens ohne Hinzuziehung von Zuschauern" und "öffentlichen Sportveranstaltungen". Selbst Kubli, der nur die Haftungsverhältnisse bei Sportveranstaltungen untersucht, definiert den Begriff "Veranstaltung" nicht. Die Problemstellung hat KubH mit folgenden Worten gekennzeichnet: "Meine Arbeit verfolgt das Ziel, die Probleme der zivilrechtlichen Haftung auf dem Gebiete des Sportes, insbesondere bei Veranstaltungen, zu untersuchen und systematisch darzustellen... Die erwähnten Probleme ergeben sich hauptsächlich bei organisierten Wettkämpfen. Die Haftpflichtfälle des individuellen Sporttreibens unterscheiden sich meistens nicht von solchen des übrigen Lebens. Sie werden deshalb hier nicht berücksichtigt40." Diese Ausführungen vermögen nicht zu überzeugen. Der Begriff "Sportveranstaltung" setzt nicht voraus, daß ein sportlicher Wettkampf stattfindet. Organisierte Wettkämpfe müssen nicht begriffsnotwendig im Rahmen einer "Veranstaltung" stattfinden. Auch können Unfälle, die sich beim allgemeinen Sportbetrieb ereignen, nicht mit den Haftpflichtfällen des "übrigen Lebens" gleichgesetzt werden. Das "individuelle Sporttreiben" ist ein besonderer Lebensbereich. Sportliche Betätigungen unterscheiden sich in wesentlichen Punkten von anderen Tätigkeiten. In jedem Lebensbereich bestehen besondere Haftungsbeziehungen, sind andere Haftungsfragen zu beantworten.

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StoH, Handeln auf eigene Gefahr, S. 81 ff. und S. 264 ff. Hierzu im einzelnen unten S. 49 ff., 105 ff. u. 137 ff. v. Bar, S. 44, 57 ff. v. Bar, S. 57.

Reichert, S. 75. KubH, S. 15.

I. Teil: Sportstätten- und Sportveranstaltungs-Haftung

20

Eichenberger4 1 hält die Begriffe "sportliche Veranstaltung" und "sportlicher Wettkampf" für gleichbedeutend: "Als sportlichen Wettkampf bezeichnet man eine bestimmte, durch zwei zusätzliche Erfordernisse qualifizierte Form der sportlichen Tätigkeit ... Diese heiden Voraussetzungen, die kumulativ vorhanden sein müssen, damit von einem sportlichen Wettkampf gesprochen werden kann, sind die folgenden: Zum einen muß sich die sportliche Veranstaltung nach bestimmten im Voraus gesetzten und bekannten Regeln und Vorschriften abwickeln. Diese Regeln können generell für die betreffende Sportart gelten, oder sie können individuell im Hinblick auf die einzelne Sportveranstaltung festgelegt werden. Zum anderen ist für den Wettkampf typisch, daß das Ziel, das jeder Teilnehmer verfolgt, der Sieg über einen oder mehrerer Konkurrenten oder unabhängig davon, das Erreichen eines bestimmten im voraus festgesetzten Resultates, ist."42 Es ist zwar richtig, daß sportliche Wettkämpfe eine qualifizierte Form sportlicher Betätigung sind 43 • Die für Sportveranstaltungen typischen Merkmale können aber auch dann erfüllt sein, wenn bestimmte Veranstaltungsregeln nicht im voraus aufgestellt worden sind, oder es nicht um den Sieg beziehungsweise ein bestimmtes Resultat geht.

BenHage 44 meint, daß Veranstaltungen "organisierte, planmäßige Unternehmungen einzelner oder mehrerer" seien, die zumindest in geringem Maße vorbereitet werden müßten.

c. Unterscheidungsmerkmale für die Abgrenzung "Allgemeiner Sportbetrieb" - "Sportveranstaltung" I. Die Motive der sportlichen Betätigung

Beim allgemeinen Sportbetrieb verfolgt jeder Sportler persönliche Ziele. Wenn einzelne Sportler oder Sportlergruppen "trainieren", wollen sie ihre individuelle Leistungsfähigkeit steigern bzw. erhalten und/ oder sich auf bestimmte sportliche Ereignisse vorbereiten.

Sportveranstaltungen sind bestimmte, zeitlich begrenzte Ereignisse, bei denen es um die Erreichung eines bestimmten Veranstaltungszieles geht. Die teilnehmenden Sportler werden zumeist versuchen, die ihnen individuell mögliche Höchstleistung zu erreichen, um zu gewinnen oder Eichenberger, S. 10. 42 Insoweit übereinstimmend Eichenberger, S. 10. 43 Siehe hierzu Meiners, S. 2, der Haftungsfragen innerhalb des organisierten Mannschaftssports - des von den Verbänden und Vereinen durchgeführten, nach bestimmten Regeln ausgetragenen Wettkampfsports - erörtert. 44 Bentlage, S. 96. 41

2. Kap.: Abgrenzung des allg. Sportbetriebs von Sportveranstaltungen 21 eine möglichst günstige Plazierung zu erzielen45 • Um zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt Höchstleistungen vollbringen zu können, bereiten sich die Sportler planmäßig - manchmal jahrelang411 - auf bestimmte Sportveranstaltungen vor. Das Vorhandensein leistungsbezogener Motive ist kein sicheres Abgrenzungskriterium. Auch beim allgemeinen Sportbetrieb kann es um Sieg oder Niederlage 47 beziehungsweise um die Erzielung möglichst guter Leistungen48 gehen. Außerdem gibt es Sportveranstaltungen, bei denen die Teilnahme im Vordergrund steht, es also weder Sieger und Verlierer noch eine Leistungsmessung beziehungsweise Ergebnisregistrierung gibt411 • ß. Die Besonderheiten der Organisation bei Sportveranstaltungen

Wie fast jede andere menschliche Betätigung muß auch die Sportausübung in irgendeiner Form vorbereitet werden. Bei ungebundener sportlicher Betätigung beschränkt sich die Organisation im allgemeinen darauf, sich "Zeit zu nehmen", sich um eine Sportstätte zu bemühen oder den Zeitpunkt der sportlichen Betätigung mit anderen Sportlern abzustimmen, das heißt, sich zur Sportausübung zu verabreden. Bei jeder Art von gebundener Sportausübung 50 sind weitergehende organisatorische Maßnahmen erforderlich, um den Sportbetrieb zu ordnen und die sportliche Betätigung der einzelnen Sportlergruppen aufeinander abzustimmen. Koordinierende Maßnahmen sind immer dann erforderlich, wenn eine Sportstätte nur von einer begrenzten Zahl von Sportlern gleichzeitig benutzt werden kann 5t und/oder eine Ordnung des Sportbetriebs erforderlich ist 52 • Ebenso Eichenberger, S. 10. Zum Beispiel Vorbereitung auf Olympische Spiele oder Weltmeisterschaften. 47 Tennisspiele im Rahmen des allgemeinen Vereinsbetriebs; Kegel- bzw. Bowling-"Partien" usw. 48 Die bei Mannschaftssportveranstaltungen "antretenden" Mannschaften werden nach Maßgabe der Trainingsleistungen zusammengestellt; "Qualifikationswettbewerbe" bzw. "Ausscheidungswettkämpfe" im Rahmen des Vereinstrainings zur Ermittlung der leistungsstärksten Sportler usw. 49 "Trimm-Trab"-Veranstaltung, "Volksläufe" usw.: Die Teilnahme und Erreichung des Ziels ist entscheidend. Beim "Trimm-Trab" gibt es keine Leistungsmessung. Bei "Volksläufen" werden die erzielten Leistungen manchmal registriert; dennoch geht es nicht um den "Sieg". 50 Planmäßiger Vereinssport sowie der Sport innerhalb besonderer Gewaltverhältnisse (Hochschulsport, Schulsport, Polizeisport, Militärsport, Sport im Rahmen des Strafvollzugs usw.). 51 Sportplätze und Sporthallen können immer nur einzelnen Sportlern bzw. Sportlergruppen zu und für bestimmte Zeiten zur Verfügung gestellt werden: Zwei oder vier Sportler spielen auf einem Platz Tennis. Auf einem Fußball45

48

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I. Teil: Sportstätten- und Sportveranstaltungs-Haftung

Dennoch besteht ein wesentlicher Unterschied zur Organisation von Sportveranstaltungen. Bei Veranstaltungen ist nicht nur der Sportbetrieb zu regeln. Die meisten Sportveranstaltungen haben eine Darbietungsfunktion. Durch besondere organisatorische Maßnahmen53 soll ein öffentliches Interesse für das sportliche Ereignis hervorgerufen und sichergestellt werden, daß eine möglichst große Anzahl von Zuschauern erscheint. Einlaß, Zugang und Verteilung der Zuschauer sowie die Abschirmung aller Zuschauer vor den Gefahren des Sportbetriebs erfordern besonders aufwendige Vorbereitungsmaßnahmen.

Auch die sportliche Betätigung im Rahmen von Sportveranstaltungen bedarf überwiegend besonderer organisatorischer Maßnahmen. Ist

mit einem Streben nach sportlichen Höchstleistungen zu rechnen, muß dem erhöhten Sicherungsbedürfnis der Sportler Rechnung getragen werden. Die zu treffenden Gefahrenvorsorgemaßnahmen richten sich nach den Eigenarten der veranstalteten Sportart6'. Der Organisationsaufwand richtet sich nach der gemeldeten oder zu erwartenden Teilnehmerzahl66 • m.Die Bedeutuug der Auweseuheit von Zuschauern

Aus dem Fehlen einer besonderen, auf ein bestimmtes Ereignis bezogenen Organisation ist nicht zwingend zu folgern, daß keine Sportveranstaltung vorliegt. Der Veranstaltungscharakter kann sich entweplatz trainiert eine Mannschaft bzw. spielen zwei Mannschaften. Die Belegbarkeit einer Sporthalle hängt von der Hallengröße und von der Möglichkeit, Bereiche abzugrenzen (Trennwände), ab. 62 Der BadebetTieb in Frei- und Hallenbädern erfordert eine besondere Organisation: überwachung durch Bademeister, Regelung des Sprungbetriebs usw. (hierzu noch unten, S. 293 ff.). Der PistenbetTieb auf Skipisten ist noch gefährlicher, so daß es nahe läge, einen Pisten-Vberwachungsdienst aufzustellen. Eine Regelung des Pistenbetriebs ist jedoch derzeit noch nicht üblich und wird auch aus rechtlicher Sicht nicht für erforderlich gehalten; vgl. noch unten, S. 296. 63 Öffentliche Ankündigungen mit Plakaten, Zeitungsanzeigen usw.; Druck und Verteilung von Veranstaltungsprogrammen. Das öffentliche Interesse wird nicht nur durch gezielte Maßnahmen des Veranstalters, sondern auch durch die Massenmedien gefördert. 54 Die Vorbereitung von Skisportveranstaltungen ist besonders aufwendig: Im alpinen Skisport müssen für jede Veranstaltung Pisten angelegt, Sicherheitszäune errichtet, Zeitmeßanlagen installiert werden; für Langlaufveranstaltungen sind bis zu 25 bzw. 50 km lange Loipen zu "spuren" usw. Eine umfassende Organisation ist bei Straßenradrennen und Marathonläufen erforderlich. Auch die Durchführung von Motorsportveranstaltungen ist mit erheblichen organisatorischen Schwierigkeiten verbunden. 55 An Volksläufen beteiligen sich tausende von Sportlern. Besonders viele Sportler nehmen an olympischen Spielen sowie an internationalen oder nationalen "Meisterschaften" in bestsimmten Sportarten teil.

2. Kap.: Abgrenzung des allg. Sportbetriebs von Sportveranstaltungen 23

der aus einer planmäßigen Förderung des öffentlichen Interesses oder aus der tatsächlichen Anwesenheit von Zuschauern ergeben. Im letztgenannten Fall ist allerdings nur dann von einer "Veranstaltung" auszugehen, wenn ein öffentliches und nicht lediglich ein individuelles Interesse am Sportbetrieb besteht beziehungsweise zu erwarten ist. So kann zum Beispiel das Training einer Fußball-Bundesligamannschaft im Einzelfall als "Veranstaltung" zu werten sein5G • Zu Recht hat der BGH57 ein "besuchsoffenes Reitertraining" als "Veranstaltung" bezeichnet. Darf einem allgemeinen Trainingsbetrieb nur gegen Zahlung eines Entgelts zugesehen werden58, so ergibt sich bereits aus dieser Zutrittsregelung, daß es sich um eine Veranstaltung handelt. Nicht bei allen besonders organisierten sportlichen Ereignissen ist mit der Anwesenheit von Zuschauern zu rechnen. Es gibt Sportarten, bei denen es für Außenstehende nicht viel zu sehen gibt59 beziehungsweise das Zuschauen unmöglich ist60 • Bei anderen Sportveranstaltungen besteht lediglich ein öffentliches Interesse an der Teilnahme, so daß die Organisation des Sportbetriebs im Vordergrund stehtn1 • Dennoch ist ein erstrebtes, zu erwartendes oder 'ein tatsächliches Zuschauerinteresse ein entscheidendes Indiz für eine "Sportveranstaltung" .

D. Definition des Begriffes "Sportveranstaltung" Zusammenfassend ist festzustellen, daß sich Sportveranstaltungen in mehrfacher Hinsicht vom allgemeinen Sportbetrieb unterscheiden. Ob eine Sportveranstaltung vorliegt, kann im Einzelfall nach Maßgabe folgender Definition beurteilt werden:

Eine Sportveranstaltung ist ein vom angemeinen Sportbetrieb zu unterscheidender besonderer Gefahrenbereich, nämlich ein bestimmtes, 56 Nehmen vor Beginn einer Bundesliga-Saison bekannte "Neuzugänge" erstmals am Training teil, besteht ein erhebliches öffentliches Interesse; es sind schon sehr viele Zuschauer bei einer derartigen "Premiere" gezählt worden. 57 BGH MDR 1975, 219 = VersR 1975, 133. 5B Vor Motorsportveranstaltungen auf geschlossenen Rennbahnen finden sog. "Trainingsläufe, bei denen die Zuschauer ein "Eintrittsgeld" zu entrichten hatten, statt. Im Berufsboxsport ist es üblich, von Zuschauern beim Training ein Entgelt zu fordern. 59 Schießsportarten sind für Zuschauer nur dann interessant, wenn auf bewegliche Ziele geschossen wird (wie z. B. beim Tontauben-Schießen) oder wenn die Flugbahn - zumindest in etwa - verfolgt werden kann (wie z. B. beim Bogenschießen). Beim Biathlon kippen die Scheiben um, wenn sie getroffen worden sind.

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Hochseeregatten.

Sportveranstaltungen mit Massenteilnahme (z. B. Volksläufe) im Gegensatz zu Veranstaltungen mit massenhafter ZuschauerbeteiZigung (z. B. Fußball-Bundesligaspiele, Länderspiele oder -kämpfe, Motorsportveranstaltungen aller Art, Trab- und Galopprennen, internationale Reitturniere). 61

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I.

Teil: Sportstätten- und Sportveranstaltungs-Haftung

planmäßig vorbereitetes und durchgeführtes, zeitlich begrenztes sportliches Ereignis, an dem mehrere Sportler beziehungsweise Sportlergruppen aus Gründen, die über den Willen zur sportlichen Betätigung hinausgehen, zur Erreichung eines besonderen, in der Regel leistungsbezogenen Zweckes teilnehmen, und/oder an dessen Durchführung ein über das Teilnahmeinteresse hinausgehendes öffentliches Interesse besteht, so daß eine nicht unerhebliche Zahl von Zuschauern erwartet werden kann bzw. tatsächlich anwesend ist. Die einzelnen Merkmale sind gleichwertig. Ist eines der Merkmale erfüllt, wird eine "Veranstaltung" durchgeführt. Sind bei einer sportlichen Betätigung keine veranstaltungstypischen Besonderheiten feststellbar, ist von einem "allgemeinen Sportbetrieb" auszugehen. Im folgenden wird geprüft, ob und inwieweit die Sportstätten-Verantwortlichen für Unfälle beim allgemeinen Sportbetrieb haften. Die bei der Haftung für Unfälle im Verlaufe von Sportveranstaltungen zu beachtenden Besonderheiten sind aus den hier zu erarbeitenden Grundsätzen ableitbar, müssen aber in vielen Punkten modifiziert werden. Im Interesse besserer übersichtlichkeit und Verständlichkeit wird die Haftung für Sportveranstaltungsunfälle nicht vertieft. Es handelt sich um den besonderen Teil des Sportstätten-Haftungsrechts, während die hier zu erörternden Fragen das allgemeine Sportstätten-Haftungsrecht bilden.

Zweiter Teil

Die tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen der allgemeinen Sportstätten-Haftung 1. Kapitel

Die haftungsrechtliche Bedeutung der Begriffe "Sportunfall" und "Sportverletzung" Die Begriffe "Sportunfall" und "Sportverletzung" sollen deutlich machen, daß sich ein Unfall in einem bestimmten Lebensbereich ereignet hat: "Die Umgangssprache hat für einzelne Unfalltypen besondere Bezeichnungen geprägt, in dem sie jeweils auf den Lebensbereich oder Tätigkeitskreis abhebt, in dem sich der Unfall verwirklicht hat"l. Unfallbegriffe haben sich in vielen Bereichen herausgebildet!; einige sind sogar gesetzlich normierfl. Unter "Sportunfall" versteht FritzweHer 4 "jedes Ereignis im sport, daß einen Personen- oder Sachschaden auslöst und bei dem ein äußerer und innerer Zusammenhang mit der sportlichen Betätigung der jeweiligen Sportart besteht". Ein "Sportunfall" liege nicht vor, wenn im Rahmen sportlicher Betätigung ein Schadensereignis durch andere Personen oder Umstände als vom aktiven Sportler ausgelöst werde5. In anderen sporthaftungsrechtlichen Erörterungen wird der Begriff "Sportunfall" ohne nähere Erläuterung gebraucht'. Auch der Begriff "Sportverletzung" soll eine bestimmte Unfallsituation kennzeichnen. KnefeW meint, der Begriff umfasse "alle Verletzungen im Sportbetrieb", nicht aber Verletzungen von Zuschauern oder außenstehenden

Kötz, Deliktsrecht, S. 97. z. B. Verkehrsunfall, Jagdunfall, Haushaltsunfall. 3 z. B. Arbeitsunfall (§ 548 RVO); Dienstunfall (§ 135 BBG). Vgl. hierzu Fritzweiler, Haftung bei Sportunfällen, S. 7. 4 Fritzweiler, Haftung bei Sportunfällen, S. 7. 5 In diesem Zusammenhang nennt Fritzweiler, Haftung bei Sportunfällen, S. 7, Unfälle, die von "Schiedsrichtern, Helfern, Veranstaltern oder gar Zuschauern" ausgelöst werden. , Vgl. zum Beispiel Friedrich, NJW 1966, 755; Grunsky, JZ 1975, 109; Petev, VersR 1976, 320; Eichenberger, S. 2, 14 und 15; Reichert, S. 151; Weisemann, Rdn. 61 (S. 25). 7 Knefeli, S. 15. 1 2

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H. Teil: Grundlagen der allgemeinen Sportstätten-Haftung

Personen. Der Begriff setze voraus, "daß sich der Verletzte im Zeitpunkt der Verletzung in einer Personengemeinschaft befindet, in der eine Sportart ausgeübt wird"s. Meiners 9 hält eine "Sportverletzung" für eingetreten, wenn der Betroffene eine Verletzung erleide, die "im unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit seiner sportlichen Betätigung" stehe, aus einer bestimmten Spielsituation folge. Den vorstehenden Ausführungen ist zu entnehmen, daß die Begriffe "Sportunfall" und "Sportverletzung" nicht mit hinreichender Sicherheit bestimmbar sind. Das verwundert schon wegen der umfassenden Bedeutung des Begriffes "Sport"10 nicht. Die Unsicherheit wird verstärkt durch die Tatsache, daß bei sportlicher Betätigung nicht nur Sportler von anderen Sportlern verletzt werden. Beim allgemeinen Sportbetrieb gibt es viele Gefahrenquellen, die zu den verschiedenartigsten Unfällen führen können: Ein Skiläufer verliert auf vereister Piste die Kontrolle über seine Skier; ein Badender ertrinkt im Schwimmbecken; ein Spaziergänger wird von einem abirrenden Golfball getroffen; beim Fußballspielen wird eine Fensterscheibe eines an das Sportplatzgelände angrenzenden Gebäudes "zerschossen"; Sportgeräte beziehungsweise Sport anlagen werden von Sporttreibenden beschädigt usw. Es ist nicht erforderlich, den haftungsrechtlichen Untersuchungen einen sportbezogenen Unfallbegriff voranzustellen oder den Begriff "Unfall" zu definieren. Die Haftung hängt nicht davon ab, ob ein "Sportunfall", "Freizeitunfall", "Badeunfall" oder "Skiunfall" vorliegt. Grundaufgabe der Haftung ist es, "die Verbindung zu einer Person herzustellen, die für Schaden und Verletzung einzustehen hat"11. Die Haftungsprüfung setzt zwar eine genaue Beschreibung und Eingrenzung des der Prüfung zugrunde liegenden Lebenssachverhaltes voraus. Dieses Erfordernis kann aber durch Verwendung der Begriffe "Sportunfall" oder "Sportverletzung" nicht ersetzt werden. Es bedarf keiner näheren Begründung, daß nur Unfälle beim allgemeinen Sportbetrieb Anlaß zu Haftungsprüfungen geben. Der Begriff kann ohne weiteres im umgangssprachlichen Sinn, jedoch nicht zur Kennzeichnung bestimmter Haftungsverhältnisse oder haftungsrechtlicher Problemstellungen verwendet werden. Der Unfallbegriff ist nur dann von rechtlicher Bedeutung, wenn der Eintritt bestimmter rechtlicher Folgen davon abhängt, daß alle begriffstypischen Merkmale erfüllt sind: Der Unfallversicherer ist nur leistungspflichtig, wenn sich ein Unfall ereignet hat1 2 ; die SportunfallRisiken werden von Sportunfallversicherungen gedeckt usw. Für die HafS D

Vollrath, S. 58. Meiners, S. 3.

Siehe oben, S. 6 ff. Deutsch, Haftungsrecht I, S. 3. 12 Zur Beurteilung des Unfallbegriffs aus der Sicht des Unfallversicherungsrechts: OLG München VersR 1983, 127 ff. (Absturz eines Segelflugzeugs infolge einer Bewußtseinsstörung des Piloten); Pürckhauer, VersR 1983, 11 ff. (Zum Merkmal der "Plötzlichkeit"). 10 U

1. Kap.: Sportunfälle und Sportverletzungen

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tungsprüfung sind un1allversichenmgsrechtliche Fragen ohne unmittelbare Bedeutung13• Diese Art Versicherung hat lediglich "die Funktion einer zusätzlichen Sicherung"14; ihr Bestehen begründet keine Haftung des Schädigers 15 und vermag eine Haftung nicht zu verhindernu.

13 Das gilt nicht für die gesetzHche Unfallversicherung, deren Eingreifen die Haftung ersetzt, § 636 RVO (hierzu unten, S. 339, 344 f.). 14 Deutsch, Haftungsrecht I, S. 404. 15 Deutsch, Haftungsrecht I, S. 36. 18 Zum Eingreifen der gesetzlichen Unfallversicherung bei Berufs- und BetriebssportunfäHen: Weisemann, Rdn. 284 ff. (S. 112 ff.).

2. Kapitel

Die Sport stätte als Gefahren- und Verantwortungsbereich Bei Unfällen von Sporttreibenden liegt nur dann eine Verantwortlichkeit anderer Personen nahe, wenn sich der Unfall auf einer Sportstätte ereignet hat. Werden Rechtsgüter außenstehender Dritter verletzt, besteht Anlaß, nach einer Haftung nicht sporttreibender Personen zu fragen, wenn die verwirklichte Gefahr von einer Sportstätte ausgegangen ist. Der Begriff "Sportstätte" soll im folgenden erläutert werden. Selbst in den großen Enzyklopädischen Werken ist das Wort "Sportstätte" nicht verzeichnet. Definiert werden vor allem die Begriffe "Spiel- und Sportplatz"l, "Sporthalle", "Stadien" und andere sportartbezogene Spezialbezeichnungen. Diese Einzelbezeichnungen haben keine umfassende Bedeutung2• Es sind zwar Haftungsfälle denkbar, in denen es fraglich sein kann, ob der Unfallort innerhalb oder außerhalb einer bestimmten Sportstätte liegt. Ein Oberbegriff "Sportstätte" kann aus den Sonderbezeichnungen jedoch nicht abgeleitet werden. Eine Sportstätte muß kein Sportplatz, keine Sporthalle und erst recht kein Stadion sein. Auf einer einfachen Rasenfläche kann z. B. jede Art von Ballspiel betrieben werden. Wird das Ballspielen ausdrücklich erlaubt, steht die Sportstätten-Eigenschaft der Rasenfläche außer Frage3 . Nicht alle "Sportstätten" sind "Sportanlagen". Das Vorhandensein bestimmter "Sportanlagen" ist zwar Voraussetzung für die Ausübung vieler Sportarten. Der Begriff erfaßt aber dennoch nicht alle Bereiche, für die eine besondere Gefahrverantwortlichkeit in Betracht kommt. 1 Mit diesen Begriffen kennzeichnen z. B. RGRK / Steffen § 823 Rdn. 228 ff. und Staudinger / Schäfer § 823 Rdn. 325 ff., jedoch ohne Abgrenzung, einen bestimmten Haftungsbereich. a Staudinger / Schäfer erörtert z. B. auch unter den Stichworten "Badeanstalten, Schwimmbäder" (§ 823 Rdn. 325 ff.), "öffentliche Förderung der Freizeitgestaltung" (§ 823 Rdn. 363 ff.) und "Skisport" (§ 823 Rdn. 367 ff.) Sportstätten-Haftungsfragen; siehe auch RGRK / Steffen, Rdn. 232 ("Skipisten"). 3 Ebenso schon Knefeli, S. 40: "Wer mithin einen Rasenplatz zu Spiel- und Sportzwecken benutzen läßt, den trifft eine Verkehrspfiicht ebenso wie den, der einen Weg dem allgemeinen Verkehr übergibt."

2. Kap.: Die Sportstätte als Gefahrenbereich

29

Unter einer "Sportanlage" versteht Eichenberger 4 "die Gesamtheit der für einen bestimmten Sportbetrieb nötigen festen baulichen Einrichtungen". Haslers hält bauliche Maßnahmen nicht für erforderlich und definiert den Begriff wie folgt: "Sportanlage ist ein dem Sportbetriebe dauernd oder zeitweilig gewidmetes Gelände oder Grundstück." Es wäre mit der Umgangssprache, von der man sich nicht allzuweit entfernen sollte, nicht vereinbar ,ein Gelände oder Grundstück als "Anlage" zu bezeichnen. Ist ein Gelände dem Sportbetrieb gewidmet, so wird aus dem Grundstück ein "Sportgrundstück" bzw. "Sportgelände" , nicht aber eine "Anlage". Der Anlagenbegriff kann mit dem Begriff "Grundstück" nicht gleichgesetzt werden; es handelt sich lediglich um einen erläuternden Zusatz, aus dem hervorgeht, daß sich auf einem Grundstück Vorrichtungen irgendwelcher Art befinden 6 • Aus diesem Grund ist es zum Beispiel zweifelhaft, ob Skipisten und Skiloipen als Sportanlagen anzusehen sind7 oder nichts. Die Gefahr fehlerhaf-

ter rechtlicher Folgerungen liegt nahe, wenn die Verkehrspflichtenentstehung vom Vorliegen der Sportanlagen-Merkmale abhängig gemacht wird. So vertritt Mertens 9 die Ansicht, Skiloipen und Skiabfahrtsstrecken seien als "Sportanlagen" zu beurteilen, "soweit sie besonders markiert sind oder soweit ein besonderer Zugang zu ihnen durch Bergbahnen oder Lifte geschaffen oder sonst ein Verkehr eröffnet ist, dessen Sicherung der Benutzer erwarten kann". Selbst wenn es sich nicht um "Sportanlagen" handeln würde, könnten Verkehrspflichten entstehen. Die Verkehrspflichten sind gefahr- und nicht anlagenbezogen1o• Das erkennt im Grundsatz auch Hasler 11 , der die Verantwortlichkeit auf ein dem Sportbetrieb gewidmeten Gelände beziehungsweise Grundstück ausdehnt, jedoch ohne zwingende Notwendigkeit am Begriff "Sportanlage" festhält und so zu einer wirklichkeitsfremden Begriffsdefinition gelangt. Der Begriff "Sportstätte" ist juristisch neutral und umfassend. Er setzt weder das Vorhandensein baulicher Anlagen noch eine ausdrück4 Eichenberger, S. 25; ähnlich Kubli, S. 40; siehe auch Dannegger, S. 153 und 157 f. Wiethaup, VersR 1972, 817, bezeichnet "Trimm-Dich-Pfade" als "Freizeit-Sportanlagen" . 5 G

7

Hasler, S. 18. So Stall, Handeln auf eigene Gefahr, S. 81 (Fußn. 4). Eichenberger, S. 40; Hasler, S. 14 ff.; Kubli, S. 40; MünchKomm / Mertens

§ 823 Rdn. 222.

S So wohl Hepp, NJW 1973, 2085, 2087: "Wie entsteht denn eine AbfahrtsPiste? Im Normalfall auch heute noch dadurch, daß der ersten Abfahrtsspur, die in den Schnee gelegt wird, die späteren Skifahrer folgen, bis Hunderte und Tausende die gleiche Strecke befahren, eine breite glattgebügelte Bahn oder je nach Gelände, eine schmale eisige Rinne entsteht." Diese Beschrei-

bung stimmt mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht überein. 9 MünchKomm / Mertens § 823 Rdn. 222. 10 BGHZ 9, 373, 386 f., zur Verkehrssicherungspflicht: "Ihre Quelle ist der

... Tatbestand, daß nach der konkreten Lage der Verhältnisse von der Sache eine besondere Gefahr für Dritte ausgeht," 11 Hasler, S. 18.

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H. Teil: Grundlagen der allgemeinen Sportstätten-Haftung

liche Widmung zu sportlichen Zwecken voraus1!. Nach einem Unfall beim allgemeinen Sport betrieb ist zunächst nur zu fragen, ob die tatsächlichen Verhältnisse am Unfallort Anlaß zur Prüfung einer Haftung Dritter, nicht an der Sportausübung beteiligter Personen besteht. Das ist kaum einmal der Fall, wenn ein Reiter im Wald stürzt13 , oder ein "Waldläufer" über eine Wurzel stolpert und sich verletzt1 4 • Eine Haftungsprüfung liegt dagegen zum Beispiel nahe, wenn ein Skiläufer außerhalb einer Skipiste 15 , jedoch auf einem seit Jahren ständig von Skiläufern genutzten Hang abfährt und an einem im Schnee liegenden, nicht rechtzeitig sichtbaren Stacheldraht hängen bleibt 16 • Ob sich ein Unfall auf einer "Sportstätte" ereignet hat, richtet sich nach den tatsächlichen Gegebenheiten am UnfaHort. Zur Verantwortung für Skipisten-Unfälle hat Nirk 17 folgendes ausgeführt: "Der tatsächlich geschaffene Zustand oder die tatsächlich gegebene Gefahrenquelle ist die Haftungsgrundlage; aus ihr folgt die Verantwortlichkeit.... Denn die Verkehrssicherungspflicht ist nicht mit dem Begriff oder dem Tatbestand einer "Skipiste" verbunden, vielmehr kommt es ausschließlich darauf an, ob nach der konkreten Lage der Verhältnisse von der Abfahrtsstrecke eine Gefahr für die Skiläufer ausgeht, mit der die befugten Benutzer nicht rechnen mußten." Diese Aussage ist - mit einer kleinen Einschränkung - verallgemeinerungsfähig. Die skisportbezogenen Begriffe brauchen nur durch die Begriffe "Sportstätte" beziehungsweise "Sportler" ersetzt zu werden. Nicht richtig ist es allerdings, nur den "befugten Benutzer" in den Schutzbereich der Verkehrspflichten einzubeziehen. Das wird an anderer Stelle18 nachzuweisen sein. Zusammenfassend ist festzustellen, daß der Begriff "Sportstätte" nicht unmittelbar haftungsrechtlich erheblich ist, sondern lediglich einen bestimmten Gefahrenbereich beschreibt. Er umfaßt alle Örtlichkeiten, die ausdrücklich dem allgemeinen Sportbetrieb gewidmet sind19 , bei denen a. A. Hasler, S. 18. Bei organisierten "Ausritten" kommt aber eine Haftung von Reitschulen oder/und Reitlehrern in Betracht; vgl. hierzu unten, S. 373 (Fußn. 96). 14 Vgl. OLG Düsseldorf VersR 1983, 542 f.: Auch für Wanderwege bestünden Verkehrssicherungspflichten; es sei jedoch nicht geboten, besondere Vorkehrungen zur Sicherung von Waldläufen zu treffen. 15 Zur Definition des Begriffes "Skipiste" siehe z. B. Kleppe, S. 2 ff., 250; Hasler, S. 15 ff. Zu Recht weist Rüth, S. 85 f. darauf hin, daß der Pistenbegriff mit dem Rechtsgrund der Verkehrssicherungspflicht nichts zu tun hat; ebenso Nirk, in: Skirecht 1966, 41, 48. Siehe im übrigen unten, S. 119 (Fußn. 105). 18 Siehe hierzu Fikentscher, § 103 IV 3 a (S. 632). Auch BGH NJW 1982, 762 f. = VersR 1982, 346 ff. 17 Nirk, in: Skirecht 1966, 41, 48. 18 ZurVerkehrspjlichtenentstehung gegenüber "Unbefugten" unten, S. 187 ff. 19 Eichenberger unterscheidet bei Sportanlagen zwischen "Anlagen für Hallensportarten" (S. 30 f.) und "Anlagen für Sportarten im Freien" (S. 31 ff.); als Beispiele für Freisportanlagen nennt er Spielplätze (S. 32), Golfplätze (S. 33), Leichtathletikanlagen (S. 33), Motorsportanlagen (S. 34), Pferdesportanlagen (S. 34), Radrennsportanlagen (S. 36), Schießstände (S. 36), Schwimm12

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2. Kap.: Die Spürtstätte als Gefahrenbereich

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aus den äußeren Umständen auf eine konkludent erkZärte SportbetriebsErlaubnis zu schließen ist20 oder auf denen immer wieder, nicht nur gelegentlich, ein allgemeiner Sportbetrieb stattfindet2 1, so daß von einer

Duldung der Nutzung zu sportlichen Zwecken ausgegangen werden

kann22, Wird auf einer zum Spürtbetrieb geeigneten Rasenfiäche ständig und mit Duldung des Grundstückseigentümers Fußball gespielt, so. ist die Rasenfläche anlagen (S. 36), Ruder- und Kanuspürtanlagen (S. 37), Eisbahnen (S. 37), Bübund Schlittenbahnen (S. 38), Skipisten (S. 38). Eine gute, jedoch nicht vüllständige Systematisierung der dem Sportbetrieb gewidmeten Sportstätten enthält DIN-lVürm 67526 "Sportstättenbeteuchtung", abgedruckt im DIN-Taschenbuch 116, Spürt und Fretzeit 1, S. 201 ff.: In Tabelle 1. "Außenantagen" wird zwischen Spürtplätzen, Freibädern, Eis- und Rüllspürtanlagen, Tennisplätzen und Pferdespürtanlagen unterschieden. Tabelle 2. zählt unter "Innenanlagen" Turn- und Spürthallen, Hallenbäder, Eis- und Rüllspürtanlagen, Tenmshallen, Reithallen, Kegelbahnen (Kegeln, Büwling) und Schießstände auf. Zusätzlich zu erwähnen sind als "Außenanlagen" Gülf- bzw. Kleingülfplätze, Kinderspielplätze sowie Trimm-DichPfade, als "Innenanlagen" z. B. Squash-Hallen, die ganz besondere bauliche Merkmale aufweisen. Die am häufigsten vürkommende Spürtstätte ist der "Sportplatz". Dieser Begriff wird unter Ziffer 3.1 der DIN-Nürm 18035, Teil 1 "Sportplätze Planung und Maße", abgedruckt in DIN-Taschenbuch 116, Spürt und Freizeit 1, S. 125 ff., wie folgt definiert: "Ein Spürtplatz ist eine Freianlage, die sowohl dem ürganisierten Wettkampfsport nach den natiünal und internatiünal vereinbarten Regeln der Sportfachverbände als auch der nicht wettkampfürientierten, spielerischsportlichen Freizeitbetätigung dient. Ein Sportplatz besteht aus regelrechten Großspielfeldern, Kleinspielfeldern und Leichtathletikanlagen, aus regelüffenen Flächen und Anlagen für spielerisch-sportliche Bewegungs- und übungsformen, aus Zusammenfassungen dieser regelrechten und regeloffenen Flächen und Anlagen sowie aus den erforderlichen Gebäuden und N.ebenflächen." 20 Die Aufstellung eines Schildes, wonach der Spürtbetrieb bzw. die Nutzung zu sportlichen Zwecken "auf eigene Gefahr" erfülge üder die Haftung ausgeschlossen sein soll, ist als Erlaubnis zu werten. Vgl. schon RG Gruch 57, 691,692 = Recht 1913 Nr. 173 und Nr. 188 (Tafel mit der Aufschrüt "Handeln auf eigene Gefahr" an einer "Rüdelbahn"). Zur Bedeutung des süg. "Handelns auf eigene Gefahr" allgemein siehe unten, S. 387 ff. (Haftungsausschluß) und S. 412 ff. (Mitverschulden). 21 Gemeint sind nur in sich geschlüssene, abgrenzbare Bereiche, also. nicht Wälder oder Wege, in bzw. auf denen gelaufen oder Fahrrad gefahren wird, Flüsse oder Seen, auf denen gepaddel~ gerudert, gesegelt wird usw. Zu Unfällen beim RoHschuhlaufen auf öffentlicher Straße: LG München VersR 1953,168; OLG Stuttgart VersR 1977, 456f. 22 Reichert, S. 198 - 200, unterscheidet dagegen zwischen dem Spürtbetrieb innerhalb und außerhalb besonders begrenzter Sportstätten (S. 199): "Dem Eigentümer üder Verfügungsberechtigten eines Grundstücks oder nicht schiffbaren Gewässers trüft grundsätzlich keine Verkehrssicherungspflicht, wenn er die Ausübung des Sports auf seinem Grundstück lediglich zuläßt, also. duldet" (S. 200). Diese Ansicht ist abzulehnen. Es gibt "Sportstätten kraft Duldung"; außerdem ist die Frage der Zurechenbarkeit eines unbefugten Sportbetriebs nicht vom Vürliegen der Spürtstätten-Merkmale abhängig (hierzu im einzelnen unten, S. 187 ff.).

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H. Teil: Grundlagen der allgemeinen Sportstätten-Haftung

eine "Sportstätte"!3. Fast in jedem Gemeindegebiet gibt es Bodenerhebungen, die sich im Winter zum Rodeln eignen und auf denen nach jedem Schneefall tatsächlich gerodelt wird: Derartige "Rodelhügel" sind "Sportstätten"u. Das gilt erst recht, wenn der Verantwortliche Vorkehrungen zur Regelung des Rodelbetriebs, die als Erlaubnis durch konkludentes Verhalten zu werten sind25, getroffen hat. Ähnlich wird sich vielfach die Sportstätten-Eigenschaft von Hängen, die dem Skibetrieb nicht ausdrücklich gewidmet sind, jedoch das Skifahren ermöglichen 26, oder von gefrorenen Gewässern, die sich zum Eislaufen eignen 27 , begründen lassen. Die Einordnung von Grundstücken unter den Sportstätten-Begriff ist zweifelhaft, wenn sich das Verhalten des Verantwortlichen nicht als Duldung des Sportbetriebs auslegen läßt. Hat es ein Grundstücksverantwortlicher lediglich unterlassen, ausreichende Maßnahmen zur Ver23 Zur Haftung eines Campingplatzunternehmers für Unfälle der Benutzer einer auf dem Platz befindlichen "Spietwiese" beim Sportbetrieb: LG Verden VersR 1976, 299, mit Anm. Gaisbauer, VersR 1977, 144 f. Zur "Spielwiesen"Eigenschaft von bestimmten Flächen in BadeanstaUen: RG SeuffArch 86 Nr. 125; RG SeuffArch 90 Nr. 111 (S. 231 ff.) = JW 1936, 2214 f.; siehe auch AG Kasset VersR 1969,168 (verbotenes Ballspiel). 24 Ebenso RG Recht 1913 Nr. 173 und Nr. 188 = Gruch 57 (1913) Nr. 31 (S. 691 ff.), wobei allerdings davon auszugehen war, daß eine Stadtgemeinde die Rodelbahn zum Gemeingebrauch angelegt hatte. a. A. Reichert, S. 201 f., für das Rodeln "außerhalb der erschlossenen Bergwelt". Zur Abgrenzung OLG Stuttgart VersR 1983, 932: Keine besondere Verkehrssicherungspfticht bei einer "willkürlichen Abfahrt im freien Gelände"; zu sichern sei aber ein Getände von einer "gewissen überörtHchen Bedeutung" für den Wintersport, das "rein faktisch ein besonderer Anziehungspunkt für Wintersportzwecke ist". 25 Ein "Rodethüget" wird zwar nicht als Sportstätte gekennzeichnet; die zu-

ständigen Behörden entschließen sich jedoch dazu, die am Rodelgelände vorbeiführenden öffentlichen Straßen für den Verkehr zu sperren. Dieser Vorgang ist als Erlaubnis auszulegen. Zur Verkehrssicherungspflicht des Eigentümers eines für den Rodelsport freigegebenen Parkgeländes: OLG Karlsruhe VersR 1970, 476. Zur Benutzung von Rodelschlitten auf öffentlichen Straßen siehe z. B.: Mühlhaus § 31 StVO Anm. 2 bund d; Jagusch § 31 StVO Rdn.6. ~6 Hierzu vor allem Rüth, S. 106 ff. und S. 116 (Eröffnung des Skiverkehrs durch Duldung bzw. Anschein einer Verkehrseröffnung). a. A. z. B. Kleppe, S. 262 f. (keine Verkehrssicherungspflichten bei Skilauf im "freien Gelände"), und Kettnaker, VersR 1964, 212. Siehe auch unten, S. 144 ff. 27 Reichert, S. 201, hält die Duldung des Eissport-Betriebs auf gefrorenen Gewässern nicht für pflichtenbegründend, versieht diesen Grundsatz jedoch - im Gegensatz zu den Ausführungen auf S. 199 f. - mit mehreren Einschränkungen; beispielhaft sei auf folgende Ausführungen verwiesen: "Eine Pflicht zum Einschreiten kann sich für die zuständige Ordnungsbehörde allgemein dann ergeben, wenn sie Kenntnis davon erlangt hat oder erlangen kann, daß Eisflächen mit zweifelhafter Tragfähigkeit fortlaufend zu Sportzwecken benutzt werden. Aus Gründen der Sicherheit und Ordnung kann es im Einzelfall geboten sein ... " Die beschriebenen Zustände deuten auf eine von der Tragfähigkeit unabhängige Verantwortlichkeit nach Duldungs- bzw. Anscheinsgrundsätzen hin. Daneben kommen öffentlich-rechtliche Pflichten nach den Sicherheits- und Ordnungs gesetzen in Betracht. Reichert unterscheidet nicht hinreichend zwischen Verkehrspflichten und öffentlich-rechtlichen Pflichten.

2. Kap.: Die Sportstätte als Gefahrenbereich

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hinderung der sportlichen Betätigung zu treffen, mag es nicht angebracht sein, von einer "Sportstätte" zu sprechen. Mit der Begriffswahl ist jedoch keine haftungsrechtliche Vorabbewertung verbunden. Im Einzelfall kann es geboten sein, zu prüfen, ob der Grundstücksverantwortliche einen pflichtenbegründenden Anscheinstatbestand gesetzt hat. Die Grenzbereiche der Gefahrenzurechnung beim allgemeinen Sportbetrieb sind nicht bei der Erläuterung des Begriffes "Sportstätte", sondern bei den Entstehungsgründen der allgemeinen Verkehrspflichten28 zu erörtern.

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Siehe unten, S. 156 ff.

3 Börner

3. Kapitel

Abgrenzung zwischen "Verkehrspflichten im Sport" und "Verkehrspflichten für den Sport" A. Die Erscheinungsformen der "Verkehrspftichten im Sport" Den Begriff "Verkehrspjlichten im Sport" hat Deutsch 1 geprägt. Er nennt als Beispiel die Sportregeln, welche bei der Sportausübung ein gefährliches Verhalten verbieten oder eine bestimmte sichernde Handlung gebieten2 • Im Hinblick auf die Lückenhajtigkeit der sportlichen Regelwerke3 und wegen des häufigen Vorkommens regelungebundener sportlicher Betätigung 4 sind die normierten Verhaltensregeln nicht als abschließend und vollständig zu beurteilen. Den Sporttreibenden können also weitere Verkehrspjlichten ("Sportpjlichten") obliegen5 • Sämtliche an den Sportler zu stellenden Verhaltensanforderungen werden 1 Deutsch, VersR 1974, 1045, 1048 f. Vgl. auch v. Bar, S. 61; Marburger, Regeln der Technik, S. 308. Nur die Mitspielerhaftung ist ausdrücklich dem Bereich der Verkehrspflichthaftung unterstellt worden. Ob das für den gesamten Sportbereich gelten soll, ist unklar; hiergegen vor allem Zimmermann, VersR 1980, 472, 480 f., der nur bei Unfällen außerhalb von Wettspielen eine verhaltensbezogene Betrachtung für zulässig hält. Das Problem bedarf hier keiner Vertiefung. Vgl. noch unten, S. 237 ff. 2 Deutsch, VersR 1974, 1045, 1048 f.; ähnlich Marburger, Regeln der Technik, S.308. S Darauf weist Deutsch, VersR 1974, 1045, 1049 f. (m. w. N.), hin. Siehe auch Marburger, Regeln der Technik, S. 307; Meiners, S. 139; MünchKomm / Mertens § 823 Rdn. 335 (" ... vielfach bedarf es daher der zusätzlichen Heraus-

arbeitung von einzelfallbezogenen Verhaltenspjlichten durch den Richter") und Rdn. 341. Vgl. noch: BGHZ 63, 140, 146 = NJW 1975, 109 (Sportregeln als maßgebliche Erkenntnisquelle für den Richter bei sinnvoller und sachgerechter Präzisierung der rechtlichen Vorsichts- und Rücksichtsgebote); auch Vieweg, JuS 1983, 825, 829 f. 'Meiners, S. 139; MünchKomm / Mertens § 823 Rdn. 335; Marburger, Regeln der Technik, S. 308, weist darauf hin, daß eine Unterwerfung unter

die Sportregeln fehle, wenn mehrere Sportler "unabhängig voneinander gleichzeitig dieselbe Sportanlage benutzen, beispielsweise beim als Freizeitsport betriebenen Skilaufen, Rodeln, Eislaufen oder Schwimmen". 5 So Deutsch, VersR 1974, 1045, 1049 f. Marburger, Regeln der Technik, S. 307, spricht von der "Möglichkeit und oft auch Notwendigkeit zur richterlichen Ausbildung zusätzlicher konkreter Verhaltenspflichten im Sport". Ähnlich F. ehr. Schroeder, in: Sport und Recht, S. 21, 26. Auch Weisemann, Rdn. 75, S. 30 (Entwicklung weiterer Sportpflichten).

3. Kap.: Verkehrspflichten "im Sport" und "für den Sport"

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von der Zielsetzung dieser Arbeit nicht erfaßt. Die Haftung der Sporttreibenden gegenüber Mitsponlern6 , Zuschauern und außenstehenden Personen7 gehört nicht zum Untersuchungsgegenstand. Das Verhalten der Sportler ist für die Haftung der SportstättenVerantwortlichen gegenüber Zuschauern und Außenstehenden von mittelbarer Bedeutung. Weder die vertragliche noch die deliktische Haftung des Verantwortlichen knüpft aber an sorgfaltswidriges Verhalten der Sporttreibenden an. Es ist nicht zu fragen, ob die Sporttreibenden Erfüllungs- oder Verrichtungsgehilfen des Sportstätten-Verantwortlichen sind, und ob eine Zurechnung über § 278 bzw. gern. § 831 in Betracht kommt. Es wird sich zeigen, daß die Annahme einer persönlichen Verkehrspflichtverletzung des Sportstätten-Verantwortlichen naheliegt, wenn sich die von einem allgemeinen Sportbetrieb ausgehenden Gefahren innerhalb oder außerhalb einer Sportstätte verwirklichen8 • Zu den Sportpflichten im weiteren Sinn sind zwn Beispiel auch die Sorgfaltspflichten der ReitsporUer zu zählen. Die Verhaltensregeln des Reitsports sind vor allem von praktischer Bedeutung, wenn das vom schädigenden Rei8 Siehe hierzu vor allem die auf S. 3 (Fußn. 17 und 18) aufgeführten Monographien und Aufsätze. Außerdem seien zur allgemeinen Sportler-Haftung genannt: v. Bar, S. 60 f. und S. 310 f.; Marburger, Regeln der Technik, S. 303 ff.; Reichert, S. 208 ff.; Stoll, Handeln auf eigene Gefahr, S. 76 ff.; MünchKomm I Mertens § 823 Rdn. 330 - 351. Zur Haftung beim Eislaufen: BGH VersR 1982, 1004 (Haftung eines Schlittschuhläufers für einen Unfall beim Überholen). Zur Mitspielerhaftung beim Fußball z. B.: BGH VersR 1957, 290 f.; BGHZ 63, 140 ff. = BGH NJW 1975, 109 ff. = VersR 1975, 137 ff.; OLG Bamberg NJW 1972, 1620 f.; OLG Neustadt MDR 1956,548 ff. Zur Haftung von Tennisspielern: LG Wuppertal VersR 1969, 237 (Ball in ein Auge des Gegners geschlagen); OLG München VersR 1970, 958f. = NJW 1970, 2297 f. Zur Haftung der Skiläufer untereinander: Siehe die auf S. 3 (Fußn. 18) Genannten; außerdem z. B.: OLG Düsseldorf MDR 1966, 504 f.; OLG Karlsruhe VersR 1959, 862 f. = NJW 1959, 1589 f.; OLG Köln VersR 1962, 791 ff.; OLG Oldenburg VersR 1979, 386; OLG München VersR 1960, 164 f.; Kleppe, S. 34 ff., 145 ff.; Rüth, S. 4 ff.; MünchKomm I Mertens § 823 Rdn. 334 (bei Fußn. 618 Abdruck der FIS-Regeln für den Skilauf). Zur rechtlichen Bedeutung der Skiregeln: Kleppe, S. 57 ff., 100 ff., 254 ff.; Rüth, S. 49 ff.; auch OLG München VersR 1979, 1014 (Anwendbarkeit der FISRegeln auf das Rodeln); OLG München VersR 1982, 198. Zur Haftung für Sportbootunfälle: BGH NJW 1952, 64 ff.; BGH NJW 1952, 1135 f.; BGH NJW 1961, 1526 = LM § 4 BSchG Nr. 7; KG OLGZ 70, 32 ff. = VersR 1969, 1018 f. (zu den Sorgfaltspflichten von Seglern und Ruderern). Zur Haftung von ReitsporUern untereinander: OLG Hamburg VersR 1982, 706 f. und 779 f. 7 Siehe neben den auf S. 3 (Fußn. 17 und 18) Genannten z. B.: Reichert, S. 234 f.; Stoll, Handeln auf eigene Gefahr, S. 70 ff.; MünchKomm I Mertens §823 Rdn. 352 - 355. Zur Haftung des Skiläufers gegenüber Personen, die nicht am Sportbetrieb beteiligt sind, z. B. Kleppe, S. 54 f. (Rdn. 57). 8 Vgl. unten S. 178 ff., 302 ff., 309 ff.

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1I. Teil: Grundiagen der aligemeinen Sportstätten-lla!tung

ter gerittene Pferd kein "Luxustier" i. S. v. § 833 Satz 1 ist9 , oder wenn der geschädigte Sportler beziehungsweise Außenstehende den schädigenden Reiter, der nicht gleichzeitig Tierhalter ist, in Anspruch nimmtto. Die aus der Unberechenbarkeit des tierischen Verhaltens folgenden Gefahren haben mit "Verkehrspflichten im Sport" nichts zu tun. Sie sind sachbezogen und können sowohl zu einer Verkehrspflichthaftung11 als auch zu einer Gefährdungshaftung12 führen. Der regelgerechte Gebrauch von Sportgeräten ist Sportpjlicht. Werden bei der Verwendung von Sportgeräten andere Sportler oder Außenstehende verletzt 13, kann es im Einzelfall angebracht sein, zu fragen, ob ein regelwidriges Fehlverhalten zu dem Unfall geführt hat l4 • Da eine neue, selbständige und vom Sporttreibenden nicht mehr kontrollierbare Sachgejahr entsteht, sobald das Gerät den Einwirkungsbereich des Sportlers verlassen hat, ist bei Gefahrverwirklichung (SportgeräteUnfall) auch eine Haftung des Sportstätten-Verantwortlichen in Erwägung zu ziehen. Die sportstättenbezogenen Verkehrspflichten gegenüber anderen Sportlern beziehungsweise Außenstehenden könnten verletzt sein l5 • Bei manchen Sportarten bilden Sportler und Sportgerät eine ungewöhnliche Gejahreneinheit. Das ist der Fall, wenn ein Sportgerät wäho Handelt es sich um ein "Haustier" i. S. v. § 833 Satz 2, kommt es nicht darauf an, ob der schädigende Reiter Tierhalter ist oder nicht. In beiden Fällen setzt die Haftung des Reitsportlers einen Sorgfaltsverstoß, also die Nichteinhaltung der Verkehrspjlichten im Reitsport voraus. Siehe hierzu LG München VersR 1953, 168 (Einhaltung der Verhaltensmaßregeln bei einem gemeinsamen "Ausritt" mehrerer Reiter); OLG Hamburg VersR 1982, 706, 707, u. 779 (zu den Reitregeln beim gemeinsamen "Jagdreiten"). Zur Haftung für Unfälle beim Pferdesport noch unten, S. 368 ff. und 444 ff. 10 Siehe z. B. SchlHOLG SchlHA 1958, 261 f. (Haftung eines Turnierreiters, dessen Pferd beim Sprung über ein Hindernis einen Zuschauer verletzt hatte; geprüft wurde die Einhaltung der gebotenen "Sorgfalt und Umsicht eines Turnierreiters"); Weimar, VN 1961, 102 (Sorgfaltspflichten der Rennreiter). Zu den Grundlagen der reiterlichen pflichten Fritzweiler, S. 79. Siehe auch Friedrich, NJW 1966, 755, 759; Reichert, S. 234. Vgl. im übrigen S. 35 (Fußn. 6). 11 Siehe hierzu unten, S. 368 ff. 12 Siehe unten, S. 444 ff. 13 Unfälle durch "abirrende" Leichtathletikgeräte (Diskus, Hammer, Kugel, Speer), einen "führerlosen" Ski auf der Skipiste, "Querschläger" bei allen Schießsportarten, durch Bälle und Kugeln jeder Art (Ballsportarten, Hockey, Bowling, Kegeln, Squash usw.), durch Eishockey-Pucks usw. Besonders gefährlich ist der Schießsport. Hierzu vor allem unten, S. 299 ff. 14 Vgl. BGH VersR 1960, 241 ff. (Haftung des ausübenden Sportlers für die bei einem "Diskustreiben" eingetretene Verletzung eines unbeteiligten Kindes durch eine von der Zielrichtung abirrende Diskusscheibe); Friedrich, NJW 1966, 755, 757 f. (Verkehrspflichten der Sportler bei Benutzung von Wurfgeräten), 759 ("tüchtiger und gewissenhafter Golfspieler"), 759 f. (Ballgefahr bzw. Puckgefahr beim Eishockey); Schmidt, VersR 1963, 1101 f. (Pflichten des Golfspielers); Fritzweiler, Haftung bei Sportunfällen, S. 96 f., 99; Reichert, S. 234 f.; Weisemann, Rdn. 118 (S. 44), 129 (S. 48), 209 (S. 81), 212 (S. 82). 15 Im einzelnen unten S. 163 ff., 165 ff., 299 ff.

3. Kap.: Verkehrspflichten "im Sport" und "für den Sport"

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rend der gesamten Sportausübung vom Sportler gesteuert wird 18 • Ver~ liert der Sportler die Kontrolle über das Sportgerät, gerät er auch selbst "außer Kontrolle", so daß zwischen dem nicht mehr steuerbaren Sportlerverhalten und der Sportgerätegefahr keine Unterscheidung möglich ist17 • Derartige Sportarten sind besonders gefährlich, so daß bei der Bestimmung von Inhalt und Umfang der "Verkehrspflichten im Sport" ein besonders strenger Maßstab angelegt werden muß. Ist der Sportler zur Steuerung nicht mehr in der Lage, bedarf die Begründung einer Sorgfaltspflichtverletzung überwiegend keiner zusätzlichen Feststellungen18 • Mit dem Zeitpunkt des Verlustes der Kontrollmöglichkeit entsteht eine neue, selbständige und einheitliche Sachgefahr, die sich aus den "außer Kontrolle geratenen" Sporttreibenden und dem Sportgerät zusammensetzt1 9 • Es gibt sogar Sportarten, bei denen die ausschließlich vom Sportler ausgehende Gefahr einer Sachgefahr gleichgestellt werden kann20 • Derartige "Sachgefahren"21 können den Sportstätten-Verantwortlichen nicht nur zu besonderen Gefahrvorsorgemaßnahmen verpflichten2!; sie sind auch von er1~ z. B. alpiner und nordischer Skilauf, Skispringen, Drachenjliegen, Windsurfing, Motorsport; auch Reitsport. 17 Ein Abfahrtsläufer kann die Geschwindigkeit nicht mehr kontrollieren und "rast" steuerungsunfähig die Piste hinunter. Ein Skispringer bekommt

"Oberluft", überschlägt sich in der Luft und verletzt beim Aufprall andere Personen. Ein Drachenjlieger stürzt ab. Ein Windsurfer kann einem Schwimmer nicht rechtzeitig ausweichen. Ein Motorradfahrer unterschätzt die Fliehkraft und "fliegt" mit der Maschine aus der Kurve. Ein Reiter wird "abgeworfen" und fällt auf einen Spaziergänger. 18 Eine weitergehende Prüfung ist unerläßlich, wenn das Verhalten eines anderen Sportlers oder eines Außenstehenden zumindest mit dazu beigetragen hat, daß die Steuerungsfähigkeit verloren gegangen ist: Ein Drachenflieger kollidiert mit einem anderen Drachenflieger; Zusammenstoß beim Motorsport oder zwischen Skiläufern usw. 19 Bei einem abstürzenden Drachenjlieger ist der fallende Körper gefährlicher als das Fluggerät. Bei einem unkontrolliert fahrenden Abfahrtsläufer geht die Gefahr von Mensch und Sache in gleichem Maße aus. Das gilt ebenso für einen stürzenden Motorradfahrer. Beim Reitsport überwiegt die von den Pferden ausgehende Sachgefahr. Deutsch, VersR 1971, 1, fragt zu Recht: "Weshalb wird die Entfaltung mäßiger Geschwindigkeit auf einer Straße mit einer Gefährdungshaftung belegt, während der Skifahrer frei ausgeht, obwohl er ein hohes Tempo entfalten kann und ihm mechanische Bremshilfen nicht zur Verfügung stehen?" 20 Beim Fallschirmspringen ist allein der fallende, nur bedingt steuerbare Körper eine Gefahrenquelle. Ähnlich, jedoch nicht so intensiv, ist die Gefahrenlage z. B. beim Turmspringen und Trampolinspringen. 21 überzeugend Deutsch, VersR 1971, 1, 5: Die Beschränkung der Gejährdungshaftung auf gefährliche Sachen widerspreche den Gegebenheiten des modernen Lebens, "insbesondere des Sports". Siehe auch Deutsch, Haftungsrecht I, S. 383 f.: "So fallen gefährliche Sportarten nicht unter die Sachhaftung; der Turmspringer, Skifahrer, Fallschirmspringer bleibt ungeschoren, obwohl die ansteigende Zahl von Sportunfällen die Verschärfung der Haftung nahelegt. " 22 Hierzu vor allem unten, S. 299 ff.

H. Teil: Grundlagen der allgemeinen Sportstätten-Haftung

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heblicher Bedeutung für die Gefährdungshaftung de lege lataeS und de lege ferenda u . Die Tätigkeit der Sportlehrer im Rahmen privatrechtZicher Unterrichts- und Betreuungsverhältnisse beziehungsweise innerhalb eines besonderen öffentlich-rechtlichen Gewaltverhältnisses steht mit der sportlichen Betätigung aller "Sportschüler" in einem engen, unmittelbaren Zusammenhang. Auf der Grundlage privatrechtlicher Beziehungen lehren zum Beispiel alle Trainer und 'Übungsleiter im Vereinssportbetrieb sowie alle sonstigen gewerblich oder im Rahmen eines Dienstverhältnisses tätigen SportlehrerU. Eng mit der Sportausübung verknüpft ist auch die Lehrtätigkeit beim Sportbetrieb innerhalb besonderer GewaltverhäZtnisse26 • In jedem Fall obliegen den betreuenden Sportlehrern Fürsorgepfiichten, die über die allgemeinen Sportpflichten hinausgehen und als besondere Verkehrspfiichten im Sport!1 bezeichnet werden können. Die Haftung der Sportlehrer28 für Verstöße gegen die besonderen Sportpflichten wird von der Zielsetzung dieser Untersuchung nicht erfaßt. Es soll deshalb bei der Feststellung, daß die Grundlagen der Sportlehrer-Haftung bei privaten Lehrverhältnissen29 bzw. beim Sport als Bestandteil eines besonderen Gewaltverhältnisseg30 unterschiedlich sind31 , verbleiben. Vgl. unten, S. 429 ff., 437 ff. Vgl. unten, S. 431 ff., 433 ff. 25 Reichert, S. 62 ff. und 187 ff.; Fritzweiler, S. 29 ff.; ders., Haftung bei Sportunfällen, S. 104 ff. 28 Zum Sportlehrer an öffentlichen Schulen: Klein, Die Haftung des Turnund Sportlehrers; Reichert, S. 181 f.; Fritzweiler, Haftung bei Sportunfällen, S. 114 ff. Nicht überzeugend Weisemann, Rdn. 234 ff. (S. 92 ff.). !17 MünchKomm I Mertens (§ 823 Rdn. 336) spricht von einer besonderen Verantwortung der Sportlehrer im Rahmen ihres Unterrichts; gleichzustellen seien Personen, denen eine Art "Gruppenführerfunktion" zukomme. Siehe auch Fritzweiler, Haftung bei Sportunfällen, S. 105: Der Sportlehrer habe die gleichen Pflichten zu erfüllen wie jeder andere Sportler; darüber hinaus seien die speziellen Berufspflichten zu beachten. !8 Sportlehrer sind z. B. auch die Fluglehrer. Zur Haftung des in einer Drachenflugschule als Kursleiter eingesetzten Fluglehrers für den Absturz eines Flugschülers bei ungünstigen Bedingungen: OLG München VersR 1982, 50 f. Im weitesten Sinn zählen auch die Bergführer, Tourenleiter usw. zu dieser Gruppe. Zur Haftung dieser Personen: Schünemann, VersR 1982, 1130 f.; Fritzweiler, Haftung bei Sportunfällen, S. 108 f. (mit weiteren Beispielen). zu Siehe zur Haftung privater Sportlehrer z. B.: BGH VersR 1958, 605 ff. (Sorgfaltspflichten eines Reitlehrers); BGH VersR 1958, 852 f. (Aufsichtspflichten eines angestellten Sportlehrers); OLG Köln VersR 1983, 929 (Haftung des Karatelehrers gegenüber einem Schüler); OLG München VersR 1977, 164 (FÜTsorgepflichten eines Skilehrers); Hummel, in: Sport und Recht, S. 71, 76 ff. (Skilehrer); Siebenhaar, VersR 1963, 116 ff. (Haftung des Skilehrers für Unfälle eines Skischülers); Kleppe, S. 107 ff., und Rüth, S. 28 ff. (Skilehrer, Skiführer); Reichert, S. 187 ff.; Fritzweiler, Haftung bei Sportunfällen, S. 104 ff. 30 Zur Staatshaftung aus § 839 i. V. m. Art. 34 GG wegen Amtspflichtver23 24

3. Kap.: Verkehrspflichten "im Sport" und "für den Sport"

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Nimmt der Sportlehrer gleichzeitig die dem Sportstätten-Verantwortlichen obliegenden Sorgfaltspflichten wahr, stehen keine "besonderen Sportpflichten" in Frage. Ob und in welchem Umfang sich der Sportstätten-Verantwortliche durch Einschaltung dritter Personen von der Verkehrspflichthaftung freizeichnen kann, ist ein Problem von zentraler Bedeutung, auf das an anderer Stelle zurückzukommen ist32 • Alle Personen, die im Sportstätten-Bereich zur GefahrenkontrolZe eingesetzt sind, haben ausschließlich33 oder neben den "Verkehrspflichten im Sport"34 sportstättenbezogene Pflichten zu erfüllen. Die Abgrenzung ist im allgemeinen nicht von praktischer Bedeutung, da entweder nur die Verletzung sportstättenbezogener Pflichten einer dritten Person zugerechnet werden kann, oder beide Arten von Pflichten für ein- und dieselbe Person erbracht werden. Es gibt allerdings eine für die Beurteilung der Haftung für Schulsportunfälle wichtige Ausnahme: Träger der Schulbaulast und damit auch der Verkehrspflichten sind die Gemeinden, während die Sportlehrer Beamte des jeweiligen Landes sind. Für den Schadensersatzanspruch eines geschädigten Schülers ist also entweder das Land (Amtspflichtverletzung des Sportlehrers) oder die Gemeinde (Verkehrspflichtverletzung)35 passiv legitimiert. Wegen dieser

letzung eines Sportlehrers: BGR VersR 1958, 705 f. (Turnunterricht; Unfall bei einer Hocke am quergestellten Kasten); BGR VersR 1969, 187 f. (Reckturnen in der Schule); Gaisbauer, VersR 1968, 634 f.; Reichert, S. 181 f.; Fritzweiler, Haftung bei Sportunfällen, S. 114 ff.; Weisemann, Rdn. 236 ff. (S. 93 f.), 241 f. (S. 95), 243 ff. (S. 35 ff.), 260 ff. (S. 103 ff.). 31 Das gilt nur für Sportlehrer, die Beamte i. S. v. § 839 I sind. Sowohl an öffentlichen Schulen als auch innerhalb anderer besonderer Gewaltverhältnisse sind neben oder anstelle der Beamten angestellte bzw. freiberufliche Sportlehrer tätig. In diesen Fällen gelten die Raftungsgrundsätze des Privatrechts. 32 Vgl. unten, S. 309 ff. 83 Der sog. "Bademeister" in Schwimmbädern hat den Badebetrieb zu überwachen; er soll außerdem gefährliche Verhaltensweisen von Schwimmern und Springern verhindern. Diese Sicherungspflichten müssen von anderen Personen wahrgenommen werden, wenn er bestimmten Badenen Schwimmunterricht erteilt, sich also nur auf seine Schwimmschüler konzentriert. Siehe unten, S. 293 ff. 34 Es ist nicht nur Aufgabe des Sportlehrers, den Sportbetrieb zu gestalten, und zu leiten: Er hat z. B. auch darauf zu achten, daß sich Sportstätte und Sportgerät in ordnungsgemäßem Zustand befinden, also besondere sportstättenbezogene Gefahren nicht bestehen. So auch Weisemann, Rdn. 238 (S. 93) und 240 (S. 94). 35 RG DR 1941, 256 f. (Abgrenzung zwischen öffentlicher Fürsorgepflicht eines Schulverbandes gegenüber Lehrern und Schülern sowie der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht einer Stadtgemeinde als Trägerin der Schulbaulast); BGR VersR 1957, 201 f. = FamRZ 1957, 132 f. (Haftung der Gemeinde als Trägerin der Volksschullasten wegen Verletzung der Pflicht zur Sicherung der Turngeräte; Verhältnis zur Haftung des Landes, wenn auch eine Sorgfaltspflichtverletzung des Lehrers zum Unfall beigetragen hat); auch OLG Oldenburg VersR 1968, 655 ff. (Haftung des Schulträgers wegen pflichtwidriger Nichtbeseitigung einer erheblichen und offensichtlichen Gefahrenquelle in einer Schulturnhalle). Siehe noch OLG Ramm VersR 1982, 152 f.

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H. Teil: Grundlagen der allgemeinen Sportstätten-Haftung

unerfreulichen " Zersplitterung " der Pflichtenzurechnung ist es im Einzelfall unumgänglich, zwischen Fürsorgepflicht des Lehrers und Verkehrspflicht der Gemeinde abzugrenzen. Hierzu ist vorab zu bemerken, daß im Zweifel beide Pflichten als verletzt angesehen werden sollten, um die Haftung nicht von einer formal-juristischen Bestimmung der Pflichtenzuständigkeit abhängig zu machen; § 839 I 2 ist in diesem Fall nicht anwendbar3 6 • B. Verkehrspftichten für Sportstätten und Sportbetrieb sowie sonstige Verkehrspftichten mit Sportbezug Den Sportpflichten im weitesten Sinn des Wortes stehen die Pflichten derjenigen Personen gegenüber, die nicht am aktiven Sportgeschehen beteiligt sind, sondern ihn nur ermöglichen, indem sie zum Beispiel eine Sportstätte zum Sportbetrieb zur Verfügung stellen. Wird ein Unfall unmittelbar von einem Sportler verursacht, setzt die persönliche Haftung des Sportlers eine Sportpflichtverletzung voraus. Unabhängig hiervon können auch dritte Personen die ihnen obliegenden, unabhängig .vom Verhalten der Sportler zu beurteilenden Pflichten verletzt haben und neben dem Sportler haftpflichtig sein. Die Pflichten dieser Personen können als Verkehrspflichten für den Sport oder als Sportstätten-Verkehrspflichten beziehungsweise Sportstätten-Pflichten, ohne deren Einhaltung ein gefahrloser Sportbetrieb nicht denkbar und möglich ist, bezeichnet werden. Die Verkehrspflichten für den Sport sind von umfassender praktischer Bedeutung. Als Träger der Pflichten kommt eine Vielzahl von Personen in Betracht. Die Zurechnungsgründe sind ebenso vielfältiger Natur. Es ist deshalb unmöglich, alle denkbaren Haftungsbeziehungen zu erfassen. Die Untersuchung soll sich auf die Haftung der für einen allgemeinen Sportbetrieb auf Sportstätten verantwortlichen Personen beschränken. Es geht um die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen dem Sportstätten-Verantwortlichen ein allgemeiner Sportbetrieb zugerechnet werden kann, und hinsichtlich welcher Unfallgefahren er Gefahrvorsorgemaßnahmen treffen muß. Beides ist unabhängig voneinander zu prüfen. Die Tatsache, daß ein Sportstätten-Betrieb zurechen38 So RG DR 1941, 2561 f., jedoch nur für den Fall, daß Grundlage beider Ansprüche § 839 sei: Zur erstrebten Nichtanwendbarkeit des § 839 I 2 konnte das RG nur unter Zuhilfenahme einer nicht überzeugenden Unterscheidung zwischen allgemeinen Verkehrssicherungspflichten und darüber hinausgehenden öffentlich-rechtlichen Pflichten zur Sicherung der Lehrer und Schüler gelangen (bei Inanspruchnahme eines Landes). Zum umgekehrten Fall (Inanspruchnahme einer Gemeinde) siehe BGH VersR 1957, 201 f. = FamRZ 1957, 132 f. (Es kam nur eine Haftung des Landes aus § 839 in Betracht, so daß kein Anlaß zur Prüfung von § 839 I 2 bestand.)

3. Kap.: Verkehrspflichten "im Sport" und "für den Sport"

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bar ist37, besagt noch nicht, daß der Sportstätten-Verantwortliche auch eine konkrete Verkehrspflicht verletzt hat. Aus der Zurechenbarkeit folgt eine umfassende Verkehrspflicht-Verantwortung: Die Pflichten sind nicht auf die Errichtung und Erhaltung

einer ordnungsgemäßen Sportstätte beschränkt, sondern beziehen sich auf alle Gefahren, die der Sportbetrieb für die Sportler selbst sowie für Zuschauer und Außenstehende mit sich bringt38 • Aktive Eingriffe von Zuschauern oder Außenstehenden in den Sportbetrieb können zwar auch zu Unfällen führen und eine deliktische Haftung auslösen39 • In diesen Fällen richtet sich die Haftung jedoch nach allgemeinen Grundsätzen und folgt nicht aus einem Verstoß gegen SportstättenPflichten. Das gilt auch für die Beurteilung der Haftung Außenstehender, die am Unfall eines Sporttreibenden außerhalb einer Sportstätte beteiligt sind. Stößt ein Kraftfahrer auf öffentlicher Straße mit einem vom Ski- beziehungsweise Rodelhang abgekommenen Skiläufer beziehungsweise Rodler zusammen, so richtet sich seine Haftung in erster Linie nach § 7 stVG; außerdem könnte er gegen Straßenverkehrsvorschriften (Verkehrspflichten im Straßenverkehr) verstoßen haben40 • Nach den gleichen Grundsätzen richtet sich die Haftung, wenn ein Kraftfahrer einen Sportler, der dem auf die Straße "abgeirrten" Ball nacheilt und dabei nicht auf den fließenden Verkehr achtet41 , oder ein Kind, das in der Nähe eines Kinderspielplatzes auf eine öffentliche Straße rennt42 , erfaßt. Derartige Unfälle hängen jedoch zuZu den Entstehungsgründen für Verkehrspflichten unten, S. 49 ff. Einzelheiten vor allem unten, S. 163 ff., 165 ff., 170 ff., 252 ff. 39 So auch MünchKomm I Mertens § 823 Rdn. 356, der zu Recht feststellt, daß Außenstehende, die in einen zu sportlichen Zwecken abgegrenzten Bereich eingedrungen seien, gegen eine Verkehrspflicht verstoßen und für Unfälle der Sporttreibenden, verursacht durch sein Dazwischentreten bzw. durch Schädigung des Sportgeländes (z. B. durch Fußspuren auf einer Skipiste), haften. Ähnlich Kubli, S. 76: Erforderlich sei immer ein vorschriftswidriges Verhalten, etwa "verbotenes Hinaustreten auf einen Sportplatz" oder Behinderung der Sportler. Siehe noch Rüth, S. 125 f. (Haftung Außenstehender für Schaffung von Hindernissen auf Skipisten bzw. Entfernung von SkipistenMarkierungen). 40 Hiervon zu unterscheiden ist die Pflicht der zuständigen Straßenverkehrsbehörde, die Teilnehmer am Straßenverkehr vor den Gefahren durch "abirrende" Skiläufer oder Rodler schützen: Hierzu z. B. RG SeuffArch 90, 110 f. (Nr. 52). Unabhängig hiervon sind die Sportstätten-Verantwortlichen verpflichtet, Rodelhügel bzw. Skipiste von öffentlichen Straßen abzugrenzen. Siehe unten, S. 165 ff., 302 f. Zur Abgrenzung derVerkehrspflichten für Rodelgelände und öffentliche Straße: OLG Karlsruhe VersR 1970, 476 f. 41 Hierzu vor allem BGR NJW 1960, 252 (Leitsatz b): "Rollt ein Fußball während eines Spieles von einem ungesicherten Platz aus auf die Fahrbahn, so muß ein Kraftfahrer damit rechnen, es könne ein Spieler oder Zuschauer dem Ball nacheilen und so unvorsichtig vor sein Fahrzeug geraten." 42 Zur Verpflichtung, Kinderspielplätze wirksam gegen die Gefahren eines angrenzenden Verkehrs zu schützen: BGR VersR 1977, 817 ff.; OLG Düsseldorf VersR 1982, 77; OLG Karlsruhe MDR 1972, 788; OLG Nürnberg MDR 1974, 667 f.; RGRK I Steffen § 823 Rdn. 228 a. E.; MünchKomm I Mertens § 823 Rdn.218. 37 38

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H. Teil: Grundlagen der allgemeinen Sportstätten-Haftung

mindest mittelbar mit dem Sportbetrieb zusammen. Es kann also nicht von vornherein ausgeschlossen werden, daß sie von einer Verletzung sportspätten- oder sportbetriebsbezogener Verkehrspflichten begünstigt worden sind. Eine sportstättenbezogene Haftungsprüfung entfällt nur dann, wenn es nicht zweifelhaft ist, daß sich der Unfall außerhalb einer Sportstätte ereignet hat43 und auch kein mittelbarer Zusammenhang mit einem Sportstätten-Betrieb besteht4f • Besondere Gefahren ergeben sich beim allgemeinen Sportbetrieb nicht nur aus sorgfaltswidrigen Verhaltensweisen der Sportler oder aus Zustandsmängeln der Sportstätte. Darüber hinaus führen mangelhafte, fehlgeleitete oder nicht mehr kontrollierbare Sportgeräte sehr häufig zu Unfällen. Die Sportgeräte-Gefahren lassen sich von den Sportstätten- beziehungsweise Sportbetriebs-Gefahren nicht abgren~ zen. Werden Sportler, Zuschauer oder Außenstehende von einem Sport~ gerät getroffen und verletzt'5, so hat sich eine vom Sportbetrieb auf der Sportstätte ausgehende Gefahr verwirklicht. Der Sportstätten~ Verantwortliche muß im Rahmen des Zumutbaren dafür Sorge tragen, daß niemand durch mangelhafte Sportgeräte46 oder durch Sportgeräte, die sich "selbständig gemacht" haben47 , gefährdet oder verletzt wird. Gleichgültig ist, ob die Unfallfolge innerhalb oder außerhalb der Sport~ stätte eingetreten ist48 • 43 Unfälle beim ..Jogging" im öffentlichen Verkehrsraum, bei Waldläufen, bei einem "Ausritt", beim Rudern und "Paddeln" auf öffentlichen Gewässern, beim Baden außerhalb von Schwimmbädern bzw. gekennzeichneten Badebereichen usw. 44 Zu Unfällen von Rollschuhläufern im öffentlichen Verkehrsraum: BGH VersR 1965, 385 f.; OLG Stuttgart VersR 1977, 456 f. OLG München OLGZ 1965, 23 ff., hat den Eigentümer und Verwalter eines Berggasthauses, das sich in einem Skigelände unterhalb eines Felsabbruches befand, gegenüber den sich über einen Skihang annähernden Skifahrern zu Unrecht nicht für verkehrspflichtig gehalten; vgl. auch unten, S. 149 (Fußn. 88). 45 Hierzu bereits oben, S. 36 f., und unten, S. 163 ff., 165 ff., 299 ff. (G Sportgeräte-Mängel im engeren Sinn gefährden den benutzenden Sportler und nicht andere Sportler oder Außenstehende: Ein Turngerät hält den mit der Benutzung verbundenen Belastungen nicht stand; das Holz einer Hochsprunglatte splittert; beim Gewichtheben sind die Gewichte unsorgfältig aufgelegt usw. 47 Vgl. die Verweisungen unter Fußn. 45. 48 Ebenso für Skipisten Rüth, S. 85 f.: Ein Vergleich zwischen Straße und Piste sei nicht uneingeschränkt möglich, da ein Abweichen von der Straße unter normalen Umständen nicht in Betracht komme (S. 86 Fußn. 1). Diese Unterscheidung leuchtet nicht ein. Ein Skiläufer gerät nicht "unter normalen Umständen", sondern nur bei Verlust der Steuerungsfähigkeit von der Piste. Auch der Straßenverkehrssicherungspflichtige ist verpflichtet, Fußgänger und angrenzende Grundstückseigentümer an besonders gefährlichen StraßensteIlen durch bauliche Abgrenzungsmaßnahmen (Leitplanken usw.) zu schützen. Gegen eine Heranziehung des Begriffes "Skipiste" : Nirk, in: Skirecht 1966, S. 43, 48; a. A. Kleppe, S. 250 ff., der das Bestehen von Verkehrspflichten für das Gelände außerhalb von Skipisten grundsätzlich verneint und eine Pisten-Verkehrs pflicht zur Errichtung von Sicherheits- bzw. Schutzzäunen nicht erörtert (Zäune werden von Kleppe, S. 240 f., lediglich als "besondere Art von künstlichen Hindernissen" dargestellt).

3. Kap.: Verkehrspfiichten "im Sport" und "für den Sport"

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Bei Mängeln der Sportausrüstung oder Sportgeräte liegt nicht nur eine Haftung der Sporttreibenden sowie der Sportstätten-Verantwort~ lichen nahe. Auch die Grundsätze zur Produzentenhajtung können in diesem Zusammenhang anwendbar sein. Die "Verkehrspflichten bei Herstellung und Inverkehrbringen von Produkten - Produkthaftung"49 sind Bestandteil eines selbständigen50 und besonders umstrittenen51 Haftungsgebietes. Der Sportstätten-Verantwortliche haftet selbst dann nicht nach den Grundsätzen der Produzentenhaftung, wenn er den Sportlern die Sportgeräte zur Verfügung gestellt hat 52 • Ersatzansprü~ che aus Produzentenhaftung bestehen nur gegen diejenigen Personen, welche im Produktionsbereich oder "im Rahmen eines öffentlichen Pro~ duktionszulassungs-, überwachungs- oder -Prüfungsverfahren" Ver~ kehrspflichten verletzt haben 53 • Die Haftung der Sportgeräte-Herstel~ ler 54 wird nicht untersucht. 49

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a.E.

MünchKomm / Mertens § 823 überschrift vor Rdn. 279 ff. So auch v. Bar, S. 52 und S. 265; MünchKomm / Mertens § 823 Rdn. 186

51 Grundlegend BGHZ 51, 91 ff. = JZ 1969, 387 ff. (mit Anm. Deutsch). Eine Aufzählung aller Gerichtsentscheidungen und Veröffentlichungen ist nicht möglich. Weitere Nachweise z. B. bei Diederichsen, NJW 1978, 1281 ff.; Kullmann, WPM 1978, 210 ff.; Leßmann, Jus 1979, 853 ff.; v. Bar, S. 51 f. und S. 265 ff.; Marburger, Regeln der Technik, S. 494 ff. u. 548 ff.; MünchKomm / Mertens § 823 vor Rdn. 279 ff.; Palandt / Thomas § 823 Anm. 16; RGRK / Steffen § 823 Rdn. 268 ff.; Soergel/ Zeuner § 823 Rdn. 99 ff.; Staudinger / Schäfer § 823 Rdn. 299 ff. und § 831 Rdn. 185 ff. S2 Die Ausgabe von Sportgeräten kann aber neben der Verantwortlichkeit für das Sportgerät - Sportstätten-Verkehrspflichten auslösen; siehe z. B. RG JW 1936, 2214 f. = SeuffArch 90, 231 ff. (Nr. 111) - Ausgabe von Kugeln für das Kugelstoßen durch den Bademeister einer Badeanstalt; BGH VersR 1960, 421 ff. - Ausgabe einer Diskusscheibe durch einen Sportverein. 53 So MünchKomm / Mertens § 823 Rdn. 288; siehe auch Plum, VersR 1979, 603. Die bei der Haftung des Produzenten zu berücksichtigenden technischen Normen und Regeln sind auch bei der Verkehrspfiichthaftung der Sportstätten-Verantwortlichen von Bedeutung; siehe unten, S. 222 ff. S( Zur gesamtschuldnerischen Haftung des Trägers der Verkehrspflichten für ein Turngerät und des Herstellers dieses Turngerätes: RG Recht 1920 Nr. 636. Der Geschädigte wird im Zweifel nur den Verkehrspflichtigen in Anspruch nehmen. Bei Turngeräten kann die Abgrenzung zwischen Herstellungs- und Aufbaufehlern im Einzelfall schwierig sein: Der "Zusammenbruch" eines Barrens oder eines Recks kann auf einem Herstellungsfehler und/oder einem Bau-, Unterhaltungs- bzw. Errichtungsmangel beruhen. Eine ausschließliche Hersteller- bzw. Bauunternehmerhaftung ist nur denkbar, wenn der Mangel so "verdeckt" war, daß er trotz Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt nicht erkannt werden konnte. Das ist ganz selten einmal der Fall: Vgl. z. B. BGH FamRZ 1957, 132 f. (Unfall beim Turnen an einem Reck, dessen einer Pfosten bereits seit längerer Zeit locker war, sich beim Turnen nach außen bog, so daß sich die Reckstange aus dem Verschluß lösen konnte und zu Boden fiel: Keine Herstellerhaftung); siehe auch OLG Bremen VersR 1973, 667 (Zur Haftung eines Wohnungsinhabers für eine unzureichend in eine Tür "eingeklemmte" Reckstange; es handelt sich um einen Grenzfall, denn die Annahme eines Konstruktionsfehlers des Produzenten lag nahe).

Zur Produzentenhaftung der Hersteller von Skisport-Geräten: Hummel,

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II. Teil: Grundlagen der allgemeinen Sportstätten-Haftung

Der Vollständigkeit halber ist hinzuzufügen, daß Mängel einer Sportanlage bzw. Mängel der Sportausrüstung oder Sportgeräte auch auf Pflichtverletzungen anderer, bisher nicht genannter Personen, denen keine Pflichten zur Sicherung des allgemeinen Sportbetriebs vor Sportstätten-Gefahren obliegt, beruhen können55 • Die Reparatur und Wartung von Sportgeräten wird vielfach von Sportfachgeschäften durchgeführt; als Beispiel sei die besonders wichtige Unfallverhütungsmaßnahme "Einstellung von Ski-Sicherheitsbindungen" genannt56 • Diesen "Drittverantwortlichen" obliegen nur bestimmte vertragliche Pflichten im Zusammenhang mit den von ihnen erbrachten Leistungen. Sie haben sportgerätebezogene Pflichten zu erfüllen51 • Diese Pflichten haben mit den Sportstätten-Verkehrspfiichten nichts zu tun. Ihre Einhaltung ist lediglich für die Frage von Bedeutung, ob ein geschädigter Sportler neben den oder an Stelle der Sportstätten-Verantwortlichen andere Personen mit Aussicht auf Erfolg in Anspruch nehmen kann, und ob für haftende Sportler oder Sportstätten-Verantwortliche eine Regreßmöglichkeit besteht.

in: Sport und Recht, S. 71, 80 ff.; auch Kleppe, S. 103 (Skibindung) und S. 207 ff. (Skilifthersteller); Gross, VersR 1971, 888, 895 f. (Haftung der Skilifthersteller nach französischem Recht). Siehe noch Weisemann, Rdn. 117 (S. 43 f.). 55 Der mangelhafte Zustand einer Sportanlage kann u. a. Folge eines Planungsfehlers, der auf die Tätigkeit des beauftragten Architekten zurückzuführen ist, oder Folge eines vom Bauunternehmer zu vertretenden Werkmangels sein. Sportgeräte sind nicht immer Eigentum des Sportlers bzw. des Sportstätten-Verantwortlichen, sondern werden häufig auch von Gewerbetreibenden gemietet (z. B. Ski-Vermietung). 56 Siehe LG Köln VersR 1975, 936 f., und OLG Köln VersR 1976, 1164 f. (Berufungsurteil zu LG Köln a.a.O.); schon der gleichlautende Leitsatz ist aufschlußreich: "Aus der Tatsache des Nichtauslösens der Ski-Sicherheitsbindung bei einem Sturz kann nicht ohne weiteres nach den Grundsätzen des ersten Anscheins auf eine unvorschriftsmäßige Montage oder Einstellung der Bindung geschlossen werden." Vgl. auch Fritzweiler, Haftung bei Sportunfällen, S. 133, 135 f.; Weisemann, Rdn. 189 ff. (S. 71 f.). 51 Zu den Aufklärungs- und Hinweispjlichten der Verkäufer von Skisicherheitsbindungen und Skistiefeln: OLG München NJW 1980, 2587 f. (Verkauf einer "Bindungskombination", die "unbrauchbar, weil beinbruchgefährdend" war); AG Bochum, Urt. v. 22.5.1979 - 44 C 754/77 (unveröffentlicht). Zur Haftung gewerblicher Skivermieter: Huber, NJW 1980, 2561 f. (m. w. N.).

4. Kapitel

Die Sportstätten-Verantwortlichen als Träger der Verkehrspflichten für den Sport Bisher wurde bewußt davon abgesehen, den allgemeinen und neu· tralen Begriff "Sportstätten-Verantwortlicher" durch eine konkretere Bezeichnung zu ersetzen. Zu denken ist zum Beispiel an die Begriffe "Sportstätten-Eigentümer", "Sportstätten-Besitzer", "Sportstätten-Hal· ter", "Sportstätten-Träger", "Sportbetriebs-Veranlasser" oder "Sportstätten-Vermieter". Diese Aufzählung ließe sich um viele andere Wortkombinationen erweitern. Es ist zu untersuchen, ob nur Personen, die in einer bestimmten Beziehung zur Sportstätte stehen, als Verantwort· liche in Betracht kommen. Die dingliche Zuordnung einer Sportstätte ist nicht von unmittelbarer haftungsrechtlicher Bedeutung. "Geburtsstätte der Verkehrspflichten"1 ist zwar § 836, also eine Vorschrift, die Eigenbesitz am Grundstück voraussetzt. Aus § 838 geht jedoch hervor, daß die Schadensersatzpflicht nicht aus dem Eigentumsrecht folgt: Der Gebäudeunterhaltspflichtige wird dem Eigentümer unter gewissen Voraussetzungen gleichgestellt2 • Das normative Tatbestandsmerkmal "Verkehrspflicht" gehört ausschließlich dem Haftungsrecht an, während das Tatbestandselement "Eigentum" auf das Sachenrecht verweist; dort wird der Schutz des Eigentums auch für das Haftungsrecht verbindlich festgelegt 3• Im methodischen Umgang mit dem nicht verweisenden normativen Merkmal "Verkehrspflicht" ist man im Haftungsrecht frei 4 • Auf das Eigentum kommt es nur an, wenn der Geschädigte eine Eigentumsverletzung i. S. v. § 823 I geltend macht, oder wenn der besondere Verkehrspflicht1 Siehe v. Bar, S. 18. Esser / Weyers, Schuldrecht BT 2, § 58 !II 2, S. 190, spricht von einer "frühzeitigen gesetzlichen Anerkennung einer Verkehrssicherungspflicht in einer wegweisenden Form"; vgl. auch StoH, Handeln auf eigene Gefahr, S. 88 ("gesetzliches Beispiel von Verkehrssicherungspflichten des Grundstücksbesitzers"); ähnlich Mertens, VersR 1980, 397, 400 f. 2 Nach MünchKomm / Mertens § 823 Rdn. 192 sei hinsichtlich der Person des Sicherungspflichtigen in §§ 836 - 838 ein allgemeiner Rechtsgedanke enthalten. 3 Deutsch, Haftungsrecht I, S. 115. 4 Deutsch, Haftungsrecht I, S. 115.

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H. Teil: Grundlagen der allgemeinen Sportstätten-Haftung

tatbestand des § 8365 geprüft wird 6 • Die Entstehung der allgemeinen Verkehrspflichten ist eigentumsunabhängig 7 • Die Verkehrspflichten sind eine Ausprägung des allgemeinen Gebotes, andere Personen in ihren Rechtsgütern nicht zu verletzen und nicht mehr als unvermeidbar zu gefährden - neminem laedere8 • Nach ständiger Rechtsprechung 9 trifft denjenigen, welcher eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält, insbesondere auf einem Grundstück oder in Räumen einen öffentlichen Verkehr duldet oder herbeiführt, die Verpflich-

tung, alle zur Abwehr von Gefahren für andere Personen zumutbaren und erforderlichen Vorkehrungenn zu treffen. Verantwortlich scheint danach zu sein, wer die tatsächliche Gewalt über eine Sportstätte ausübt. Das wäre in erster Linie der unmittelbare Sportstätten-Besitzer 1o • 5 Nach der Rechtsprechung sei § 836 ein Anwendungsfall des allgemeinen Rechtsgedankens der Verkehrssicherungspjlicht; vgI. z. B.: RG HRR 1935, 730; BGH MDR 1961, 843; BGH VersR 1969, 517, 518; BGHZ 58, 149, 156 = NJW 1972, 724; BGH WPM 1976, 1056. B Aus dem Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 836 ergibt sich nicht, daß eine Verkehrspflichtverletzung ausgeschlossen ist. Die allgemeine Verkehrspjlichthaftung ist ein gleichrangiger Haftungstatbestand (MünchKomm / Mertens § 836 Rdn. 2 und 3), der von größerer praktischer Bedeutung ist und die Haftung aus §§ 836 - 838 weitgehend verdrängt hat (Überzeugend v. Bar,

S. 19 f. und S. 243). Zu den Einzelheiten, insbesondere zur "Restbedeutung" der §§ 836 -- 838, noch unten, S. 379 ff. 7 VgI. BGHZ 9, 373, 386 f.; 16, 95, 96; 14, 83, 84 ff.; Müller-Erzbach, AcP 106, 309, 334; v. Bar, S. 110; Erman / Drees § 823 Rdn. 54; Palandt / Thomas § 823 Anm. 8 b; Soergel/ Zeuner § 823 Rdn. 124; Staudinger / Schäfer § 823 Rdn. 267; RGRK / Steffen § 823 Rdn. 151 ff. Unklar Reichert, S. 194 f. (Vertragspartner von Sportlern als "Verfügungsberechtigte"), S. 201 ("Eigentümer oder Verfügungsberechtigter") u. S. 232 ("Für die Abwehr von Gefahren, die durch die Sportausübung selbst entstehen können, ist nicht der Eigentümer, sondern der Veranstalter verantwortlich."). Bei Skipisten-UnfäHen ist die Verantwortlichkeit nach allg. Ansicht nicht auf den Grundstückseigentümer beschränkt: Siehe z. B. Hummel, in: Sport und Recht, S. 71 f.; ders., NJW 1974, 171 f.; Kleppe, NJW 1966, 237; Nirk, in: Skirecht 1966, 43, 47 f., 53; Padrutt, in: Skirecht 1972, 74, 78 f.; ders., SZS 1971, 63, 66 ff.; ders., in: Sport und Recht, S. 100, 108 ff.; Schlägelbauer, in: Skirecht 1972, 88, 94 f.; Walter, in: Skirecht 1966, 60, 117 f.; Kleppe, S. 232 ff.; Rüth, S. 70 ff., 114 ff.; a. A. nur Hepp, NJW 1973, 2085 ff., der allerdings nur den Skifahrer selbst "für sein Tun und Lassen" (a.a.O., 2088) für verantwortlich hält. 8 So z. B. Deutsch, Haftungsrecht I, S. 130; Larenz, Schuldrecht H, § 72 I d, S. 545. Vollmer, JZ 1977, 371, meint, die Gefahrabwendungspflichten gingen über dieses allgemeine Gebot hinaus. Kritisch auch: MünchKomm / Mertens § 823 Rdn. 178. • 9 RGZ 88, 433 f.; 163, 21, 26; BGHZ 9, 373, 386; 14, 83, 85; 16, 95, 98 und ständig. 10 Zumindest auf den Besitz einer Sache scheinen abzustellen: Erman / Drees § 823 Rdn. 54 u. 56 (Eigentümer, jeder sonst Verfügungsberechtigte u. jeder, der "auch nur die tatsächliche Verfügungsgewalt über sie ausübt"); Palandt / Thomas § 823 Anm. 8 b (jeder, "der in der Lage ist, über die Sache zu verfügen"); Soergel / Zeuner § 823 Rdn. 124 ("Verantwortlichkeit für die

4. Kap.: Verantwortliche für Sportstätten-Verkehrspfiichten

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Die Besitzverhältnisse sind jedoch nicht mehr als ein Anhaltspunkt l l : "Die Sachgefahr muß sogar auch der herabsetzen, der ihr, ohne Besitzer zu sein, zu begegnen in der Lage ist, wenn das Publikum sonst in einer schützenswerten Erwartungshaltung enttäuscht würde, die es von einer eigenverantwortlichen Steuerung des Geschehensablaufes abhält"12. Bei der Bestimmung des Verkehrspflicht-Trägers kommt es also nicht auf die besitz rechtliche Zuweisung an. Im Mittelpunkt der Verkehrspflichthaftung steht der Gefahrbegriff beziehungsweise die Gefahrerhöhung l3 . Auf den Entstehungsgrund der Gefahr kommt es nicht an l4 • Das deutet auf Ähnlichkeiten mit der Gefährdungshaftung 15 hin. Es liegt deshalb nahe, grundsätzlich den Sportstätten-Halter als Verkehrspflichtträger anzusehen16 • Auch dieser Begriff ist jedoch nicht geeignet, die als Verantwortliche in Betracht kommenden Personen einzugrenzen, abschließend zu bestimmen. Einerseits ist der Begriff zu eng, denn der Halterbegriff bezieht sich immer auf eine besonders gefährliche Sache 17 , während es für die Entstehung von Verkehrspflichten gleichgültig ist, ob die Gefahr von einer Sache oder von einem Menschen ausgeht1 8 • Andererseits ist der Begriff "Halter" für die Verkehrspflichthaftung zu weit: Diese setzt grundsätzlich die Beherrschbarkeit der Gefahr voraus, während es zur Begründung Verhältnisse des eigenen Herrschafts- und Zuständigkeitsbereichs"); Staudinger / Schäfer § 823 Rdn. 275 - 277. In diesem Sinne für bestimmte Sportstätten: Gaisbauer, VersR 1971, 505 (Kinderspielplätze), u. VersR 1979, 9 (Trimm-Dich-Pfade); Hepp, NJW 1973, 2085, 2086 (Skipisten: "Stimmt es denn, daß eine Bergbahn die ,Verfügungsgewalt über die Piste' ausübt?"); Schmalzl, NJW 1956, 205 (Skipisten). 11 Vor allem bei Skipisten-UnfäHen hilft die Frage nach dem Grundstücksbesitzer nicht weiter. Siehe hierzu die auf S. 46 (Fußn. 7) Genannten. Überzeugend v. Bar, S. 124: "In solchen Fällen ist es unerheblich, ob die Bergbahn die Verfügungsgewalt über die Piste insoweit hat, als ihr das Gelände gehört oder von ihr gemietet wurde. Denn der fehlende Besitz schließt die Beherrschbarkeit der Gefahr insoweit nicht aus, als auf sie hingewiesen werden kann." 12 v. Bar, S. 124. 13 v. Bar, S. 113. 14 Deutsch, ZRP 1978, 228, 229 f. 15 So vor allem v. Bar, S. 112 ff., 122 ff., 128 ff. Siehe auch unten, S. 429 ff., 433 ff. 15 Padrutt, SZS 1971, 63, 68, und in: Sport und Recht, S. 100, 109, verwendet den Begriff "Pistenhalter" zur Kennzeichnung des Trägers der Verkehrspfiichten für Skipisten. 17 Die Gefährdungshaftung wird in einem besonderen Teil erörtert, da sie sich - zumindest de lege lata - nicht auf Gefahrenbereiche, sondern nur auf ganz bestimmte, vom Gesetzgeber als besonders gefährlich eingestufte Sachen bezieht. Zur Sportstätten-Gefährdungshaftung de lege lata und de lege ferenda siehe unten, S. 429 ff., 437 ff. bzw. 431 ff., 433 ff. 18 v. Bar, S. 114, 118; Mertens, VersR 1980, 397, 404 ff.; siehe auch Deutsch, VersR 1971, 1, 4 u. 5. Zur Vergleichbarkeit von Sach- und Personengefahren bei bestimmten Sportarten bereits oben, S. 36 ff.

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II. Teil: Grundlagen der allgemeinen Sportstätten-Haftung

der Gefährdungshaftung des Halters nicht auf die Beherrschbarkeit ankommt19 • Der Begriff "Sportstätten-Inhaber" ist sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht unklar. Stoll untersucht im Zusammenhang mit dem Betreten fremder Grundstücke oder Anlagen nur - jedoch ohne Begründung - die Haftung des Grundstücksinhabers20 • Davon zu unterscheiden sei die Haftung des Veranstalters bei gefährlichen Veranstaltungen21 • Dieser Terminologie kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil Stoll auch Tätigkeiten, bei denen die veranstaltungstypischen Merkmale nicht erfüllt sind, als "Veranstaltung" bezeichnet22 • Außerdem würde die Verwendung des Inhaberbegriffes zu der nicht gerechtfertigten Annahme verleiten, daß für Unfälle beim allgemeinen Sportbetrieb nur Eigentümer und Besitzer von Sportstätten verantwortlich sein können. Den vorstehenden Ausführungen ist zu entnehmen, daß nicht alle als Träger von Verkehrspflichten für den allgemeinen Sportbetrieb auf Sportstätten in Betracht kommenden Personen unter einem bestimmten Oberbegriff erfaßbar sind. Der Begriff "Sportstätten-Verantwortlicher" läßt sich nicht durch eine konkretere Bezeichnung ersetzen. Verantwortlich können Eigentümer, Besitzer, Halter oder Inhaber einer Sportstätte, aber auch Personen, denen der Sportstätten-Betrieb aus anderen Gründen zuzurechnen ist, sein. Die genaue Bestimmung des beziehungsweise der Pflichtigen ist nur im jeweils zu entscheidenden Einzelfall möglich. Im Rahmen einer systematischen Arbeit könn'en nur typische Entstehungsgründe für Verkehrspjlichten aufgezeigt werden23 • An Stelle des Begriffes "Sportstätten-Verantwortlicher" könnte der Begriff "Sportbetriebs-Verantwortlicher" gebraucht werden. Es geht nicht allein um die Zurechnung der Sachgefahrenquelle "Sportstätte", sondern auch um die mit einem Sportbetrieb für andere Sportler, Zuschauer und Außenstehende verbundenen Sach- und Personengefahren. Beide Begriffe sind in diesem Sinne zu veTstehen. Welche der Bezeichnungen verwendet wird, ist von sprachlicher, nicht von rechtlicher Bedeutung.

19 So überzeugend v. Bar, S. 124. Zur Beherrschbarkeit der SportstättenGefahren noch unten, S. 162 ff. 20 StoH, Handeln auf eigene Gefahr, S. 81 ff. und S. 264 ff. 21 StoH, Handeln auf eigene Gefahr, S. 55 ff und S. 241 ff. 22 Zum Begriff "Veranstaltung" bereits oben, S. 14 ff. 23 Siehe unten, S. 49 ff., 105 ff., 137 ff.

Dritter Teil

Die Entstehung von Sportstätten-Verkehrspflichten heim allgemeinen Sporthetrieh 1. Kapitel

Die verkehrspflichtbegründenden Vertrauenstatbestände bei der Benutzung privater und öffentlicher Sportstätten A. Der Vertrauensschutzgedanke als Grundlage der Verkehrspftichtentstehung Die Gründe für die Entstehung von Verkehrspflichten für Sportstätten und Sportbetriebsgefahren sind vielfältiger Natur. Die Schaffung einer Gejahrenlage durch Verkehrseröjfnung, welche auch von der Rechtsprechung zu Sportstätten-Unfällen immer wieder als pflichtenbegründender Umstand genannt wird!, ist nur einer unter vielen anderen gleichwertigen und ebenfalls pflichtenbegründenden Tatbeständen2 • 1 Die Verkehrseröffnung wird in einer unübersehbaren Zahl von Urteilen zur Haftung für Unfälle in vielen Lebensbereichen als pflichtenbegründend genannt; bei der Beurteilung von Unfällen auf Sportstätten haben z. B. auf eine Verkehrseröffnung abgestellt: Eislaufplatz: LG München MDR 1959, 125 f. = VersR 1959, 280. Freizeitanlage: BGH VersR 1982, 492, 493. Go-Cart-Bahn: LG Mönchengladbach VersR 1973, 870 f. Kleingoljanlage: BGH VersR 1968, 281 f. Rodelbahn: RG Recht 1913 Nr. 173, 188 = Gruch 57, 691 ff. (Nr. 31); OLG Karlsruhe VersR 1970, 476 f. Schwimmbad: OLG München VersR 1972, 472, 473; OLG München VersR 1974,200, 201; OLG Stuttgart VersR 1972, 987 (Thermal-Hallenbad); LG Stuttgart VersR 1967, 193 (Freigabe eines Sprungturmes als Gefahreneröffnung). Seebad: RG JW 1938, 2542 f. = WarnRspr. 1938, 361 f. (Nr. 156); RG JW 1932, 2085, 2086 = RGZ 136, 228, 230. Skipiste: BGH NJW 1971, 1093, 1094 = MDR 1971, 411 = DB 1971, 962 ("Jenner-Fall"); BGH NJW 1973, 1379, 1380 (zweite Revisionsentscheidung zum "Jenner-Fall"); OLG München NJW 1974, 189, 190 = VersR 1973, 1170, 1171; auch OLG München OLGZ 65, 23, 25 f. Spielplatz: BGH VRS 53, 161 ff.; BGH VRS 55, 100 ff.; BGH VRS 55, 241 ff.;

4 Börner

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III. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

In der "modernen Verschuldungshaftung" kommt es nicht entscheidend auf einen gefahrbegründenden Eingangsakt an 3• Verkehrspflichten können auch ohne einen derartigen Akt entstehen4 • Der allgemeine Sport betrieb ist mit je nach Sportart beziehungsweise Sportstätte mehr oder weniger intensiven abstrakten und konkreten" Gefahren 6 verbunden. Von den Gefahren werden sowohl die Sporttreibenden als auch Zuschauer und außenstehende Dritte bedroht. Welche Personen für die Gefahren verantwortlich sind, also die abstrakten Gefahren unter Kontrolle halten müssen bzw. eine Konkretisierung abstrakter Gefahren zu verhindern haben, ist in erster Linie unter Vertrauensschutzgesichtspunkten7 zu entscheiden. OLG KarLsruhe VersR 1978, 970 f.; OLG KöLn VersR 1970, 577 ff. = JMBl. NRW 1970, 299 f. SporthaHe: OLG Bamberg VersR 1966, 738 ff. ("Turnstunden" in Schulräumen; Eisglätte im Bereich der Zugänge); OLG Bamberg VersR 1977, 477 (Glätte des Hallenbodens); OLG Tübingen VersR 1953, 152. SportpLatz: BGH VersR 1960, 421 f.; OLG Nürnberg VersR 1977, 1134 f. Strandbad: KG VersR 1967, 956 f. Trimm-Dich-Pfad: OLG KarLsruhe VersR 1975, 381, 382. 2 Vgl. etwa BGH VRS 16, 329, 330; BGH VersR 1965, 515 f.; Marburger, JurA 1971, 481, 483, 505, 507; Mertens, VersR 1980, 397, 402; Schröder, AcP 179, 567, 571 ff.; Schwab, JZ 1967, 13, 17, 19, 22; v. Bar, S. 17 f. sowie S. 88, 119, 186 f.; v. Caemmerer, Wandlungen des Deliktsrechts, S. 49, 72 ff.; Deutsch, Haftungsrecht I, S. 129 f.; Esser, Schuldrecht BT II 2, § 108 II, S. 413 ff.; Eike Schmidt, Grundlagen, S. 465, 484; MünchKomm I Mertens § 823 Rdn. 184 ff.; RGRK I Steifen § 823 Rdn. 151 ff.; Staudinger I Schäfer § 823 Rdn. 267. Unklar: Erman I B. Drees § 823 Rdn. 53 ff.; PaLandt I Thomas § 823 Anm. 8 b. 3 Deutsch, VersR 1971, 1,4. 4 v. Bar, S. 17. 5 Zur Unterscheidung zwischen abstrakter und konkreter Gefahr: v. Bar, S. 115 ff.; Deutsch, Haftungsrecht I, S. 186 f. Die Verkehrspflichten sind in erster Linie auf abstrakte Gefahren ausgerichtet, dienen aber auch der Vermeidung konkreter Gefahren, zumal "jede verwirklichte abstrakte Gefahr das Stadium der konkreten durchläuft, bevor sie sich in dem endlichen Schaden verwirklicht" (v. Bar, S. 115). Überzeugend Deutsch, Jus 1967, 152, 157: "Ihre Quelle liegt in der Zulassung gefährlichen Verhaltens ... Vielmehr ist das gefährliche Verhalten bis zu einer durch Güterabwägung zu gewinnenden Grenze zugelassen. Hier nun setzt der Bereich der Verkehrspflichten ein. Sofern sie die zulässige Gefährdung begrenzen, stellen sie konkrete Gefährdungsnormen dar. Soweit aber die Verkehrspflichten für die zugelassene Gefahr eine Kompensation bieten, haben sie abstrakte Gefährdungsnormen ausgebildet." Siehe noch Deutsch, in: Festschrift Honig, S. 33, 42 f. 6 Gefahr ist "mögliche Veränderung zum SchLechten": Vgl. Deutsch, Haftungsrecht I, S. 177, 180, 185, 188; ders., in: Festschrift Larenz, S. 885, 888. Der Begriff "Gefährdung" weist dagegen "auf die Einleitung des Gefahrenzustandes" hin: So Deutsch, Haftungsrecht I, S. 188. 7 Die maßgebliche Bedeutung des Vertrauensschutzaspektes hebt vor allem v. Bar. S. 117 f., hervor. Siehe auch Mertens, VersR 1980, 397, 402; Münch Komm I Mertens § 823 Rdn. 190 (Vertrauensgesichtspunkte als Abwägungskriterien bei der Bestimmung von Verkehrspflichten). ULmer, JZ 1969, 163, 171 ff., stellt auf Vertrauensgesichtspunkte bei der Verkehrspflichthaftung durch Übernahme bzw. trotz Übertragung ab.

1. Kap.: Vertrauenstatbestände bei Benutzung von Sportstätten

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Diese Gesichtspunkte berücksichtigen vorrangig den "Erwartungshorizont"8, also die Frage, "welche Erwartungen im Verhältnis zwischen potentiellen Schädigern und potentiell Geschädigten hinsichtlich der Rollenverteilung in der Vermeidung der Gefahren bestehen"u. Es geht um den "Schutz von Vertrauen im sozialen Kontakt"IO. Zu Recht stellt v. Bar l l folgendes fest: "Die Enttäuschung schutzwürdiger Erwartungshaltungen ist eines der zentralen Kriterien für die Entstehung von Verkehrspflichten, für die Vermittlung des Pflichtenträgers und für Art und Ausmaß der Pflicht. Die Schaffung eines Vertrauens tatbestandes führt zu einer ,sozialethischen Gebundenheit'12 desjenigen, der die wie auch immer entstandene eigentliche Gefahrenquelle beherrschen kann oder die Herabsetzung der Bereitschaft des Publikums zur Selbstverantwortung verursacht hat. Verkehrspflichten entstehen also dort, wo der Verkehr auf die Abwesenheit einer besonderen Gefahr vertraut oder vertrauen darf l3, einerlei, ob die Gefahr von einer Sache oder einem Menschen ausgeht, einerlei auch., wie diese Gefahr entstanden ist." Es kann nicht darauf ankommen, ob der Sportstätten-Verantwortliche willens ist, bestimmten Personenkreisen den Sportstätten- und Sportbetriebsgefahren auszusetzen und diesen Willen in geeigneter oder ausreichender Form kenntlich macht. Maßgeblich ist allein die objektivierte Sicht der potentiell Bedrohten. Wer unter Berücksichtigung aller erkennbarer Umstände darauf vertrauen darf, daß die abstrakten und konkreten Gefahren kontrolliert werden, stellt sich auf Gefahrlosigkeit ein14 • Die Sporttreibenden bemühen sich, den sportartund sportstättentypischen Gefahren auszuweichen, rechnen aber nicht damit, von einem Sportstätten-Mangel oder von außenstehenden Personen15 bedroht zu werden. Personen, die sich zufällig oder willentlich im Gefahrenbereich einer Sportstätte befinden, vertrauen darauf, daß die Sportstätten-Verantwortlichen alle erforderlichen Maßnahmen zur Vermeidung von Gefahren für Außenstehende getroffen haben 16 •

8 Begriff Mertens, VersR 1980, 397, 402; MünchKomm I Mertens § 823 Rdn.

190.

Mertens, VersR 1980, 397, 402. v. Bar, S. 119. 11 v. Bar, S. 117 f.

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12 Begriff zitiert von OLG CeHe NJW 1961, 1939, 1940. 13 An dieser Stelle verweist v. Bar, S. 118, auf BGH JZ 1971, 63, 64, und OLG CeHe VersR 1979, 1154, 1155. 14 Vgl. hierzu Deutsch, Haftungsrecht I, S. 180: "Notwendig ist ... , daß aus der gegenwärtigen Lage der relativen Harmlosigkeit durch Eingreifen (oder zurechenbares Nicht-Eingreifen) ein neuer Zustand entsteht, der den Eintritt der Verletzung oder des Schadens erwarten läßt." 15 Vgl. vor allem unten, S. 163 ff., 183 f. 18 Siehe hierzu unten, S. 165 ff., 302 f. 4·

!II. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

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B. Die vertraglichen und deliktischen Entstehungsgründe für judizielle Sportstätten-Verkehrspftichten (übersicht) Die Begriffe "allgemeiner Sportbetrieb"17 und "Sportstätte"18 sind von umfassender Bedeutung. Die Beschaffenheit einer Sportstätte richtet sich nach den jeweiligen "Zielsportarten". Es gibt eine nicht abschließend erfaßbare Zahl von Sportarten und Sportstätten. Dementsprechend vielgestaltig sind die verkehrspjlichtbegründenden Vertrauenstatbestände. Der Vertrauensschutz kann aus den verschiedensten Gründen erforderlich sein, so daß man nicht von einem fest umrissenen Haftungsmerkmal sprechen kann. Im Sport gibt es jedoch, wie in allen anderen Lebensbereichen, typische - d. h. nicht auf bestimmte Sportstätten beziehungsweise Sportarten bezogene - Entstehungsgründe für Verkehrspjtichten.

I. Verkehrspftichtentstehung durch Sportstätten-Nutzungsverträge

Das stärkste Vertrauensband zwischen Sportstätten-Verantwortlichen und Sporttreibenden wird durch den Abschluß 'eines Sportstätten-Nutzungsvertrages geschaffenlU. Es ist allgemein anerkannt, daß die Verkehrspflichten bereits mit Abschluß eines Vertrages begründet werden20 • Ein weiterer, gefahrbezogener Eingangsakt ist in diesen Fällen Oben, S. 12 ff. Oben, S. 28 ff. 19 Einzelheiten hierzu unten, S. 105 ff. 20 Die allgemeinen Verkehrspflichten bilden einen Teil der Nebenpjlichten in Vertragsverhältnissen aller Art: Vgl. z. B. Mertens, VersR 1980, 397, 406; v. Bar, S. 18, 252; Geigel, Kap. 14 Rdn. 193 (S. 540); Kötz, Deliktsrecht, S. 114. Es handelt sich um einen Bereich, in dem "die allgemeine Rechtspflicht, fremdes Gut nicht zu verletzen, mit der besonderen Vertragspflicht zusammenfällt" (Deutsch, Haftungsrecht I, S. 81). StolZ, Handeln auf eigene Gefahr, S. 61 und S. 66, stellt zu Recht fest, daß sich die vertraglichen und deliktischen Schutzpflichten (allgemeinen Verkehrssicherungspflichten) inhaltlich entsprechen. Steffen, VersR 1980, 409, spricht von "vertraglicher Delikthaftung". Unklar RGRK / Steffen § 823 Rdn. 125 - 127: Einerseits lasse sich die einheitliche Sozialbeziehung zwischen Vertragspartnern nicht in eine vertragliche und eine deliktische Ebene aufspalten (Rdn. 125); andererseits seien vertragliche und deliktische Verhaltenspflichten nicht identisch, sondern könnten lediglich konkurrieren (Wechselbezüglichkeit; Rdn. 125, 127). Es ist zwar richtig, daß die vertraglichen Nebenpflichten sich nicht in Verkehrspflichten erschöpfen. Wegen der Einheitlichkeit der Sozialbeziehung ist aber eine Aufspaltung in vertragliche und deZiktische Verkehrspjlichten unmöglich. Die Verkehrspflichten beschreiben generell die objektive, äußere Sorgfalt, bei deren Bestimmung es nicht auf vertragliche Beziehungen ankommt. Ein Vertrag ist lediglich - unter anderem - von verkehrspflichtenauslösender Bedeutung und weist auf vertragliche Haftungsgrundlagen hin. Es besteht keine Pflichtenkonkurrenz, sondern allenfalls eine Anspruchskonkurrenz. Zur äußeren und inneren Sorgfalt unten, S. 212 f. bzw. 347 ff. 17

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1. Kap.: Vertrauenstatbestände bei Benutzung von Sportstätten

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nicht erforderlich21 • Das gilt sowohl für die vertragliche als auch für die deliktische Verkehrspflichthaftung 22 • Beim allgemeinen Sportbetrieb beruht die Verkehrspflichtigkeit gegenüber Zuschauern23 und außenstehenden Dritten24 nicht auf einem Vertragsverhältnis. Zuschauer, die einem allgemeinen Sportbetrieb beiwohnen, hatten vor dem Betreten des Sportstätten-Bereiches weder rechtsgeschäftlichen noch tatsächlichen Kontakt mit dem SportstättenVerantwortlichen. Ihre Anwesenheit beruht entweder auf einer funktionellen Beziehung zum Sportbetrieb 25 oder auf einem sonstigen persönlichen Interesse am Sport, ist also eher zufälliger Natur und nicht vom Sportstätten-Verantwortlichen geplant oder gesteuert. Verträge mit Zuschauern werden nur bei Sportveranstaltungen geschlossen2'6. 11. Verkebrspflichten als gesetzliche Folge von Nutzungsverträgen und vertragliche Vbernahme von Verkebrspflichten

Leistungsgegenstand der Nutzungsvereinbarungen ist die Sportstätte nebst den dazugehörigen Einrichtungen und Sportgeräten. Die Einräumung der Nutzungsmöglichkeit ist vertragliche Hauptpflicht27 , während die Verkehrspflichten als Nebenpflichten aus dem Vertrag folgen28 • 21 So bereits RGZ 88, 433, 434; 89, 90, 98; 90, 65, 68; siehe auch v. Bar, S. 18 und S.1l8f. 22 Vgl. RGZ 89, 384, 385. Diese Auffassung entspricht dem tatsächlichen Erscheinungsbild. Sportstätten-Verantwortliche erlauben den Zugang zur Sportstätte häufig erst nach Abschluß eines Nutzungsvertrages. Kommen die Sportler der Aufforderung zum Vertragsschluß nach, können sich die Beziehungen zum Verantwortlichen nicht ein zweites Mal konkretisieren. Betritt ein Sportler die Sportstätte, ohne einen Vertrag zu schließen, hält er sich entweder befugt oder unbefugt im Sportstätten-Bereich auf; in beiden Fällen ist es mangels vertraglicher Beziehungen erforderlich, andere Gründe für die Verkehrspflichtentstehung zu ermitteln. 23 Kubli, S. 24, bezeichnet Personen, die einer "Veranstaltung wissentlich und willentlich beiwohnen", als Zuschauer. Dem ist mit der Maßgabe zuzustimmen, daß Zuschauer auch einem allgemeinen Sportbetrieb "beiwohnen" können. Mit dieser Einschränkung ist die Ansicht von Eichenberger, S. 13, ebenfalls zu versehen: Zuschauer sei jedermann, "der einem sportlichen Wettkampf wissentlich beiwohnt". Siehe auch bereits oben, S. 22 f. 24 Das sind alle Personen, die weder unmittelbar noch mittelbar am Sportbetrieb beteiligt und auch keine Zuschauer im weitesten Sinn sind. Gemäß RG JW 1932, 2527, 2528, seien "alle beliebigen Unbeteiligten" gegen Rechtsgutverletzungen durch einem vom Fußballplatz abirrenden fußball zu schützen. Siehe auch BGH VersR 1960, 421 ff. (Verletzung eines "unbeteiligten Kindes"; "Gefahren für Dritte"). 25 Vereinsfunktionäre, Betreuer usw. 26 Vgl. in diesem Zusammenhang die Nachweise unten, S. 269 Fußn. 427 (Pflichten der Veranstalter gegenüber Zuschauern). 27 Hierzu im einzelnen noch unten, S. 105 f. 28 Um der Identität von vertraglichen und deliktischen Sicherungsaufgaben Rechnung zu tragen, wird nur der Begriff "Verkehrspj!ichten", nicht aber der

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Ur. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

Hiervon zu unterscheiden ist die übernahme von Verkehrspjlichten durch Vertrag 2D • Bei einer übernahmevereinbarung verpflichtet sich der Übernehmende, die dem übertragenden obliegenden Verkehrspflichten für diesen zu erfüllen. Es ist umstritten, ob ein übernahmevertrag, bei dem die Verkehrspflichten Hauptpflichten sind, auch im Außenverhältnis, also gegenüber den von abstrakten Gefahren potentiell bedrohten Personen, pflichtenbegründend ist30 , oder ob der Vertrag keine unmittelbare Außenwirkung hat, also nicht als Rechtsgrund für die Entstehung von Verkehrspflichten in Betracht kommt 31 • Der letztgenannten Auffassung ist zu folgen. Die von abstrakten Gefahren bedrohten Sportler können nicht wissen, ob und mit welchen Personen der Sportstätten-Verantwortliche Verkehrspflicht-übernahmeverträge geschlossen hat. Das verkehrspflichtauslösende Vertrauen der Sportler kann nur auf Umständen, von denen er weiß beziehungsweise die für ihn erkennbar sind, beruhen. Entscheidend ist nicht, ob Gefahrvorsorgemaßnahmen auf Grund einer originären oder - aus einem übernahmevertrag - abgeleiteten Verpflichtung getroffen werden. Ein rechtswirksamer Übernahmevertrag hat nicht immer die Entstehung von Verkehrspflichten zur Folge32 ; umgekehrt können Verkehrspflichten trotz Unwirksamkeit einer Übernahmevereinbarung entstehen33• Verkehrspflichtauslösender Umstand ist also nicht der übernahmevertrag. zur Bezeichnung rechtsgutbezogener vertraglicher Nebenpflichten gebräuchliche Begriff "Schutzpflichten" verwendet. Beide Begriffe gebraucht StaU, Handeln auf eigene Gefahr, S. 61 ff. und S. 242 ff., ohne Unterscheidung zur Kennzeichnung einer vertraglichen bzw. deliktischen Verantwortlichkeit; siehe z. B. S. 61 ("vertragliche und deliktische Schutzpflichten"), S. 66 (" ... vertragliche Schutzpflicht ... allgemeinen Verkehrssicherungspflicht ... "), S. 242 (" ... deliktische Schutzpflichten ..."), S. 243 ("Grenzen der Schutzpflichten", "Schutzpflichten der für die Gefahrenquelle verantwortlichen Personen", "Schutzpflichten des Gefährders"), S. 246 ("Schutzpflichten des Gefährders", "Verkehrspflichten" der "Verkehrsteilnehmer"). Zur Identität von Verkehrspflichten und Schutzpflichten vor allem v. Bar, S. 312 ff. 29 Siehe hierzu Mertens, VersR 1980, 397, 408; Ulmer, JZ 1969, 163 ff.; VoHmer, JZ 1977, 371 ff.; v. Bar, S. 120 ff.; MünchKomm / Mertens § 823 Rdn. 198 f.; RGRK / Steffen § 823 Rdn. 128 - 130. 30 Ständige Rechtssprechung: RG JW 1906, 59; JW 1938, 3162; RGZ 156, 193 ff.; BGH VersR 1956, 621; 1967, 1199, 1201; BGH NJW 1979, 973. OLG Karlsruhe VersR 1979, 61, hat die Ansicht der h. M. auf das Vertragsanbahnungsverhältnis ausgedehnt. Siehe auch Esser-Weyers, Schuldrecht BT II 2, § 55 V 2 b, S. 109; Larenz, Schuldrecht II, § 72 I d, S. 542 (Fußn. 2); Erman / B. Drees § 823 Rdn. 59 und § 831 Rdn. 10 a; Palandt / Thomas § 823 Anm. 8 d und § 831 Anm. 7. 31 So Mertens, VersR 1980, 397, 408; Ulmer, JZ 1969, 163, 172; v. Bar, S. 121; MünchKomm / Mertens § 823 Rdn. 198, § 831 Rdn. 69 und § 832 Rdn. 13; RGRK / Steffen § 823 Rdn. 129. M v. Bar, S. 122. 33 RGRK / Steffen § 823 Rdn. 129.

1. Kap.: Vertrauenstatbestände bei Benutzung von Sportstätten

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Es gibt keine Verträge mit Schutzwirkung zugunsten eines nicht bestimmbaren, noch nicht einmal eingrenzbaren Personenkreisesu . Entscheidendes Zurechnungskriterium ist das schutzwürdige Vertrauen der betroffenen Verkehrsteilnehmers, nämlich die "Erwägung, daß sich der betroffene Personenkreis darauf verlassen darf, daß die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen auch von dem vorgenommen werden, der sich dazu - rechtsgeschäftlich bindend oder nicht - bereit erklärt hat und den ~fahrenherd zu beeinflussen vermochte"38. Daraus ergibt sich, daß allenfalls die tatsächliche Vbernahme und/ oder die tatsächliche Erfüllung ein Entstehungsgrund für Verkehrspflichten sein kann. Aus diesem Grund bedarf die Haftung des übernehmers keiner besonderen Prüfung. Der Begriff "V'bernehmer" hat gegenüber dem Begriff "Sportstätten-Verantwortlicher" keine besondere Bedeutung; auch der übernehmer ist ein Verantwortlicher. Es kommt nur darauf an, ob "die allgemeinen Entstehungsgründe der Verkehrspflichten auch auf die Person des vertraglich Gebundenen zutreffen"37. Ob die Haftung des originär Verkehrspflichtigen vom Abschluß eines Pflichten-übernahmevertrages beeinflußt wird, ist an anderer Stelle zu prüfen 38 • Es wird sich zeigen, daß die Haftung der Sportstätten-Verantwortlichen weder durch Einschaltung von Verrichtungs gehilfen noch durch Beauftragung selbständiger Unternehmer berührt wird 89 • Die Tätigkeit dieser 34 Ebenso, jedoch ohne rechtliche Bewertung, v. Bar, S. 121. Ulmer, JZ 1969, 163, 166 f., unterscheidet zwischen übernahmevertrag und Vertrag mit

Schutzwirkung für Dritte, weil die Übernahme nicht auf einen bestimmten Personenkreis beschränkt sei, sondern eine "beliebig große und unbestimmte Allgemeinheit" umfasse. 35 Auf Vertrauensschutzgesichtspunkte stellen ausdrücklich ab: Ulmer, JZ 1969, 163, 171 ("Vielmehr bindet sich der Übernehmer dadurch, daß er den Erstgaranten durch seine Zusage davon abhält, weitere schadensabwendende Maßnahmen zu treffen, zugleich gegenüber den von dieser Tätigkeit abhängigen Dritten; er schaltet sich in das zwischen ihnen und dem Erstgaranten bestehende Vertrauensverhältnis ein und übernimmt ihm gegenüber insoweit selbst die Rolle eines Garanten."), 173; Vollme1', JZ 1977, 371, 373 ("gerechtfertigtesVertrauen der geschützten Personen in Haftung desPflichtigen"), 375; v. Bar, S. 120; wohl auch MünchKomm I Mertens § 823 Rdn. 198 ("Schutz legitimer Verkehrserwartungen", "Vertrauensposition" des Übernehmers); a. A. insoweit RGRK I Steffen § 823 Rdn. 129 (" ... doch wird seine starke Betonung des Vertrauens schutzes nicht geteilt; deliktischer Bestandsschutz stellt Vertrauen her, nicht durchweg umgekehrt ... "), unter Bezugnahme auf BGH NJW 1974, 1503, 1504. 36

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v. Bar, S. 121. So v. Bar, S. 122; ähnlich RGRK / Steffen § 823 Rdn. 129, der die über-

nehmerhaftung zu Recht in die Nähe der Verkehrspflichtentstehung durch Eröffnung oder Aufrechterhaltung einer Gefahrenlage oder die Übernahme von Gestaltung oder Kontrolle eines Geschehens in die eigene Fachkunde rückt. 38 Vgl. unten, S. 309 ff. 39 Der von v. Bar, S. 270 f., 273 f., vertretenen Auffassung, daß Verkehrspflichten nicht haftungsbefreiend delegierbar seien, ist zu folgen; siehe unten, S. 316 f. Sehr weitgehend, aber nicht so konsesquent: MünchKomm I Mertens vor §§ 823 - 853 Rdn. 15, § 823 Rdn. 180 und § 831 Rdn. 5 a. E.; Mertens, VersR 1980, 397, 408.

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III. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

Personen führt deshalb allenfalls zu einer kumulativen Haftung der ursprünglich Verantwortlichen einerseits und der übernehmer beziehungsweise Verrichtungs gehilfen andererseits. 111. Verkehrspftichten als Bestandteil umfassender Fürsorgepftichten aus Dienstleistungs- und Arbeitsvertrag Mit dem Abschluß von Sportstätten-Nutzungsverträgen wird bestimmten Sportlern die Berechtigung eingeräumt, eine Sportstätte im Rahmen der Zweckbestimmung nutzen zu dürfen 40 • Hiervon zu unterscheiden sind Vertragsverhältnisse, bei denen die Sportstätten-überlassung nicht vertragliche Hauptpflicht ist, sondern lediglich ein mittelbarer, tatsächlicher Zusammenhang zwischen Sportstätten-Nutzung und vertraglichem Leistungsgegenstand besteht. Das ist beim Sportbetrieb im Rahmen eines Dienstleistungs- beziehungsweise Arbeitsverhältnisses, also beim Betriebs- und Berufssport der Fall.

1. Berufsrechtliche Vertrauensbeziehungen und Verkehrspflichten In haftungsrechtlicher Hinsicht ist festzustellen, daß zwischen den Arbeitnehmern eines Betriebes beziehungsweise den Berufssportlern und ihren Dienstherren oder Arbeitgebern eine aus dem Dienst-IArbeitsvertrag abzuleitende besondere Vertrauensbeziehung besteht. Daraus ergeben sich umfassende Fürsorgepflichten der Dienstherren und Arbeitgeber. Einen Teil dieser Pflichten bilden die sportstätten- und sportbetriebsbezogenen Verkehrspflichten 41 • Hinsichtlich der Gefahren für Leben und Gesundheit der Betriebs- beziehungsweise Berufssportler ergibt sich das unmittelbar aus § 618 42 • Der Schutz des Eigentums wird zwar nicht durch diese Vorschrift gewährleistet43, Vgl. auch unten, S. 105 f. MünchKomm I Söllner (§ 611 Rdn. 375 sowie überschriften vor Rdn. 380 u. Rdn. 388) schlägt vor, den Teil der Nebenpflichten des Arbeitgebers, welcher der Erhaltung von Rechtsgütern des Arbeitnehmers, "die anläßlich der Arbeitsleistung in den Einflußbereich des Arbeitgebers geraten", dient, nicht als "Fürsorgepflichten", sondern - wie in anderen Bereichen des Schuldrechts - als "Schutzpflichten" zu bezeichnen. Ebenso, jedoch ohne Begründung: Palandt I Putzo § 611 Anm. 8 b; Reichert, S. 170 f. Dem ist zuzustimmen. Allerdings besteht zwischen "Schutzpflichten" und "Verkehrspflichten" kein rechtlich bedeutsamer Unterschied. Im Interesse einer begrifflichen Harmonisierung sollte deshalb - zumindest bei haftungsrechtlichen Problemstellungen - nur der Begriff "Verkehrspflichten" gebraucht werden. 42 Sinn des § 618 ist es, die Dienstleistenden vor den mit der Dienstleistung verbundenen Gefahren für Leib und Leben zu schützen, also alle notwendigen Gefahrvorsorgemaßnahmen zu treffen: Vgl. MünchKomm I Lorenz § 618 Rdn. 1; Stau dinger I Neumann I Mohnen § 618 Rdn. 3. Normiert sind also bestimmte "Schutzpflichten", mithin Verkehrspflichten. '3 Nach allg. Ansicht ist § 618 nicht auf den Eigentumsschutz entsprechend übertragbar: So z. B. BAG AP § 618 Nr. 9; MünchKomm I Lorenz § 618 Rdn. 3; 40

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1. Kap.: Vertrauenstatbestände bei Benutzung von Sportstätten

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folgt jedoch aus der sogenannten "allgemeinen Fürsorgepflicht" des Dienstberechtigten44 , nach der hier vertretenen Auffassung aus den allgemeinen Verkehrspflichten, die in § 618 Abs. 1 lediglich ausschnittsweise und nicht abschließend normiert sind. Betriebssportstätten, Betriebssportanlagen usw. sind "Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften" im Sinne von § 618 145 • Klärungsbedürftig ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine

mittelbare rechtliche Beziehung zwischen Betriebs- beziehungsweise

Berufssport und dem jeweiligen Dienstleistungs- beziehungsweise Arbeitsvertrag besteht. Beruht der Sportbetrieb noch nicht einmal mittelbar auf dem Vertragsverhältnis, kann das schützenswerte und verkehrspflichtauslösende Vertrauen der Sporttreibenden nicht aus den Dienstleistungs- und Arbeitsverträgen, sondern nur aus einem allgemeinen sportstätten- oder sportbetriebsbezogenen Vertrauenstatbestand folgen. Im umgekehrten Falle ist zu beachten, daß die Haftung eines Sportstätten-Verantwortlichen, der Arbeitgeber eines geschädigten Sportlers ist, durch § 636 RVO modifiziert, unter bestimmten Voraussetzungen von der gesetzlichen Unfallversicherung abgelöst wird46 • 2. Sportstätten-Verkehrspflichten beim Betriebs- und Berufssport

a) Die verschiedenen Erscheinungsformen des Betriebssports Der Begriff "Betriebssport" verleitet zu der Annahme, daß nur die unmittelbar vom Betrieb organisierte, unternehmensbezogene sportliche Betätigung der Mitarbeiter eines Betriebs gemeint ist. In der Praxis kommt es jedoch nur verhältnismäßig selten vor, daß ein planmäßiger Sportbetrieb von Betriebsangehörigen unmittelbar auf das Arbeitsverhältnis zurückzuführen ist. Der Betriebssport findet fast ausschließlich außerhalb der betrieblichen Organisationen in BetriebsSoergell Wlotzke- Volze § 618 Rdn. 40; Staudinger I Neumann I Mohnen § 618 Rdn.35. 44 So z. B. MünchKomm I SöHner § 611 Rdn. 378 und MünchKomm I Lorenz § 618 Rdn. 2; Palandt I Putzo § 611 Anm. 8 b dd. Siehe auch § 72 II! 1 des Entwurfs für ein Arbeitsgesetzbuch (September 1977), abgedruckt in RdA 1977, 166 ff.; MünchKomm I SöHner § 611 Rdn. 380 ff. (Pflichten des Arbeitgebers zum Schutz eingebrachter Sachen vor Verlust und Beschädigung). 45 So Reichert, S. 171 f.; siehe auch § 2 Arbeitsstättenverordnung (Räume für körperliche Ausgleichsübungen als "Arbeitsstätte"). 46 Zum Verhältnis zwischen Sozialversicherung und Haftung allgemein: Deutsch, Haftungsrecht I, S. 402 f. Zu den allgemeinen Voraussetzungen des § 636 RVO z. B.: MünchKomm I Lorenz § 618 Rdn. 77 ff. Zum gesetzlichen UnfaHversicherungsschutz beim Betriebs- und Berufssport: Reichert, S. 256 ff. und S. 171, 172; Weisemann, Rdn. 285ff. (S.113f.) bzw. Rdn. 288ff. (S.114ff.). Grundsätzlich zur Anwendbarkeit der §§ 548 ff. RVO auf den Betriebssport im Rahmen einer unternehmensbezogenen Organisation bzw. eines aus Betriebsangehörigen bestehenden Vereins: BSG NJW 1962, 1174 = VersR 1962,

729. Zum Versicherungsschutz eines nicht organisierten FußbaHsportbetriebs: BSG VersN 1967, 96. Siehe im übrigen noch unten, S. 339 f.

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111. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

sportvereinen statt. In diesem Bereich ist nicht der Arbeitsvertrag, sondern die auf der Mitgliedschaft im Sportverein beruhende überlassung einer Sportstätte zur Nutzung verkehrspflichtauslösend 47 • Daneben kann auch der Betriebsinhaber aus allgemeinen deliktsrechtlichen Erwägungen - etwa, weil er den Sportbetrieb des Betriebssportvereins auf einer im Betriebsgelände gelegenen Fläche erlaubt oder geduldet hat 48 verkehrspflichtig sein49 • Das gilt für die nicht organisierte, "freie" sportliche Betätigung von Betriebsangehörigen50 oder Außenstehenden 51 auf einer Betriebssportstätte innerhalb oder außerhalb des Betriebsgeländes52 entsprechend. Der Betriebssport im engeren Sinn ist vor allem durch die organisatorische Eingliederung in den Betrieb gekennzeichnet. Findet die sportliche Betätigung im Rahmen einer "unternehmensbezogenen Organisation"53 statt, folgen die Verkehrspflichten unmittelbar aus dem Arbeitsverhältnis. Ein darüber hinausgehender innerer Zusammenhang ist nicht erforderlich. Es kommt nicht darauf an, ob der Sport wirklich "dem Zweck des Betriebes insofern dient, als die Sportausübung einen Ausgleich für die den Körper meist einseitig beanspruchende Betriebstätigkeit darstellen soll "54. Andere Zwecke beeinflussen nicht die Verkehrspflichtentstehung, sondern den gesetzlichen UnfaZZversicherungsschutz56 , also nur mittelbar die haftungsrechtlichen Beziehungen56 . Hat 47 Zur haftungsrechtlichen Bedeutung der Mitgliedschaft im Sportverein noch unten, S. 124 f., 126 f., 129 ff. 48 a. A. Reichert, S. 171: "Die so Sporttreibenden handeln nicht betriebsbezogen. Daß die Sportstätte innerhalb des Betriebsgeländes liegt, ist rechtlich nicht relevant; die Sportler sind für die Sportausübung mit all ihren Begleiterscheinungen selbst verantwortlich." Diese Aussage ist zu beanstanden, denn aus der fehlenden Betriebsbezogenheit ergibt sich nur, daß nicht der Arbeitsvertrag pflichtenbegründend, also eine weitergehende Zurechnungsprüfung erforderlich ist. Unklar auch Weisemann, Rdn. 304 (S. 121 f.). 49 Vgl. die allgemeinen Grundsätze unten, S. 139 ff., 141 ff. 50 Arbeitnehmer spielen nach BetriebsschLuß oder an arbeitsfreien Tagen Fußball usw. 51 Es geht um die Zurechnung kraft eines allgemeinen deliktischen Vertrauenstatbestandes, also vor allem um das Verhalten des Verantwortlichen für den Betrieb. Die Schutzbedürftigkeit Außenstehender entfällt nicht etwa deshalb, weil sie keine Arbeitnehmer sind. Auch das zurechenbare Unterlassen der Zugangsverhinderung ist pflichtenbegründend; siehe hierzu unten, S. 156 ff. Weisemann, Rdn. 304 (S. 121 f.), stellt die Haftungsfrage zu Unrecht nur für den Betriebssport, da er von versicherungsrechtlichen Fragestellungen ausgeht. 52 Entscheidend ist allein, ob der Sportbetrieb dem Betriebsinhaber zuzurechnen ist. Das kommt nur in Betracht, wenn es sich um eine Betriebssportstätte innerhaLb oder außerhaLb des BetriebsgeLändes handelt. 53 Begriff siehe BSG NJW 1962, 1174 = VersR 1962, 729. 54 So Reichert, S. 171. 55 Gern. BSG NJW 1962, 1174 = VersR 1962, 729, stehe der Betriebssport nicht unter Versicherungsschutz, wenn er nicht nur einen Ausgleich für die mit der betrieblichen Tätigkeit verbundenen Belastungen schaffe, sondern

1. Kap.: Vertrauens tatbestände bei Benutzung von Sportstätten

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der Betriebssport im engeren Sinn lediglich eine Ausgleichsfunktion, ist die Verkehrspflicht-Haftung des Betriebsinhabers im Hinblick auf § 636 RVO von geringer praktischer Bedeutung. Das trifft im übrigen auch für den allgemeinen Sportbetrieb im Rahmen von Betriebssportvereinen, denen der Betrieb die soziale Betreuung der Belegschaft übertragen hat, ZU 57 • Hotelmitarbeiter, denen die Benutzung der Hotelsportstätten in ihrer Freizeit erlaubt wird, treiben Ausgleichssport im Betrieb58 • Auch gemeinsames Kegeln von Arbeitnehmern kann Betriebssport sein59• b) Der Berufssport außerhalb von Sportveranstaltungen Die sportliche Betätigung wird zum Beruf, wenn sie nicht überwiegend auf ideellen Erwägungen60 , sondern auf einer wirtschaftlichen Zielsetzung beruht, also dem Gelderwerb beziehungsweise der Sicherung des Lebensunterhalts dient61 • Die Grenze zwischen Amateur- und Berufssport ist fließend. Sie wird jedenfalls nicht durch das Sportverbandsrecht bestimmt. Obwohl 'ein Sportler in verbands rechtlicher Hinsicht - aus welchen Gründen auch immer - als "Amateur" anerkannt ist, kann es sich aus dienst- beziehungsweise arbeitsvertraglicher Sicht um einen Berufssportlerf12 handeln63 • Die Bezeichnung "Amateur" ist vielfach nicht mehr als ein verbaler Vorbehalt, der allein darüber hinaus sportliche Spitzenleistungen erreicht werden sollen; das ergebe sich z. B. aus den übungszeiten und der jeweiligen Dauer der übung. Hierzu ausführlich Weisemann, Rdn. 288 ff. (S. 114 ff.); auch Krähe, S. 302 (Fußn.l). se Die Haftungsersetzung i. S. v. § 636 RVO greift nur ein, wenn der Betriebssport Ausgleichsfunktion hat; vgl. BSG NJW 1962, 1174 = VersR 1962. 729. Siehe noch unten, S. 339 f. 57 Gern. BSG NJW 1962, 1174 = VersR 1962, 729, erstreckt sich der gesetzliche Versicherungsschutz auch auf die den Ausgleich bezweckende sportliche Betätigung innerhalb eines aus Betriebsangehörigen bestehenden Vereins. Siehe hierzu: Weisemann, Rdn. 295 f. (S. 117 f.). 5B Es handelt sich um "Betriebssport" und nicht um eine vom Arbeitsverhältnis unabhängige, nach den allgemeinen Regeln zu beurteilende sportliche Betätigung. Sportstätten-Nutzungsverträge werden nicht geschlossen; a. A. Wiethaup, VersR 1971, 499: "Bei einem ggf. zu gewissen Zeiten zur Badebenutzung berechtigten Hotelpersonal dürfte die Gebühr regelmäßig im Gehalt mit einbegriffen sein." 59 Zu den Voraussetzungen Weisemann, Rdn. 302 f., S. 120 f. (mit weiteren Beispielen). 60 Zum Begriff ,,sport" siehe bereits oben, S. 6 ff. 61 Vgl. BSoZGE 16, 98 ff. (Fußball-Vertragsspieler als Arbeitnehmer); BAG AP § 138 Nr. 29 (Fußball-Lizenzspieler); Buchner, NJW 1976, 2242; L. Börner, S. 49; Fritzweiler, S. 24; Meiners, S. 8; Preis, S. 18, 19; Weisemann, Rdn. 285 (S. 113).

62 Weisemann, Rdn. 27 ff. (S. 10 ff.) bzw. Rdn. 30 ff. (S. 17 ff.) unterscheidet zwischen "Vertragssportler" und "Berufssportler". Ein Grund für diese Unterscheidung ist nicht ersichtlich. 63 Ebenso L. Börner, S. 43; unklar etwa Kubli, S. 31 f.; ohne Entscheidung Weisemann, Rdn. 24 ff. (S. 9 f.).

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III. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

dazu dient, sportverbandsrechtliche64 oder steuerrechtliche65 Schwierigkeiten zu "bewältigen"66. Als "Amateure" können nur Sportler bezeichnet werden, für die der Sport - einschließlich der damit verbundenen geschäftlichen Möglichkeiten 67 - nicht eine wesentliche Einnahmequelle darstellt, die also einen nicht mit ihren sportlichen Fähigkeiten im Zusammenhang stehenden Beruf ernsthaft, d. h., zur Erzielung des Lebensunterhaltes und nicht nur zum Schein68 , ausüben. Ist das - wenn auch nur vorübergehend 89 - nicht der Fall, handelt es sich um Berufssportler70 • Berufssport ist Hochleistungssport. Allen Berufssportlern ist das Streben nach einer möglichst erfolgreichen Teilnahme an Sportveranstaltungen gemeinsam. Sie versuchen in der Regel nur im Verlaufe von Sportveranstaltungen, die Grenzbereiche menschlichen Leistungsvermögens zu erreichen 71 • 84 Bei manchen Sportarten soll durch die "künstliche" Wahrung des Amateurstatus die Teilnahmemöglichkeit von Spitzensportlern an internationalen Veranstaltungen, die nur für Amateursportler "offen" sind, gewahrt werden (z. B. Teilnahme bestimmter Skirennläufer, Eishockeyspieler, Leichtathleten an olympischen Spielen oder Welt- und Europameisterschaften). &5 Honorare, Vergütungen, Einkünfte aus selbständiger bzw. abhängiger Tätigkeit sind - im Gegensatz zu "Aufwandsentschädigungen", "Verpflegungsbeihilfen", "Kostenbeteiligungen" usw. - lohn- bzw. einkommensteuerpflichtig. Rechtsgrund für die Befreiung der Sportvereine von der Körperschaftssteuer ist der ideelle Zweck i. S. v. § 21, die sog. "Gemeinnützigkeit". Um diesen Status nicht zu verlieren, sind z. B. Fußball-Lizenzspieler nicht Mitglieder ihrer Vereine: Vgl. hierzu z. B. Preis, S. 22 ff.; Füllgraf, S. 14, 15. 68 Zu den "mittelbaren Berufssportlern" und "Schein-Amateuren" vor allem L. Börner, S. 26 ff.; auch Weisemann, Rdn. 25 f. (S. 10). 67 Auch bekannte "Amateure" haben die Möglichkeit, Werbeverträge abzuschließen oder sog. "Autogrammstunden" zu geben; "Amateursportler" gehobener Leistungsklassen werden in Geld entlohnt, wenn sie die Sportausrüstung einer bestimmten Marke verwenden usw. Die auf diese Weise erzielten Einnahmen sind mittelbar sportbezogen. 68 Ein "Sponsor" bzw. "Mäzen" beschäftigt Sportler, die Mite;lieder des von ihm unterstützten Sportvereins sind, zum Schein in seiner Firma, d. h., er schließt mit ihnen Arbeitsverträge ab, verzichtet jedoch zugunsten des Vereins auf die Erbringung von Arbeitsleistungen: Die betreffenden Sportler gelten in verbandsrechtlicher Hinsicht als "Amateure", können jedoch täglich und zu beliebigen Zeiten trainieren. 69 Skirennläufer, die an den Weltcuprennen teilnehmen, sind Berufssportler. In der Wintersaison gehen sie keiner anderen Beschäftigung nach. Ihren Lebensunterhalt verdienen sie vorwiegend oder ausschließlich mit dem Skisport. Haupteinnahmequelle ist die unmittelbare und mittelbare Werbung für Skisport-Produkte. Zwischen Sportler und Produzenten ist der sog. "WerbePool" des Deutschen Skiverbandes, über den alle Werbeverträge mit den Ausrüstern geschlossen werden, geschaltet. Die Erlöse werden nach einem bestimmten Schlüssel an den Skiverband und die aktiven Sportler (Träger der Werbung) verteilt. 70 Eishockey-, Basketball-, Handball-, Tischtennisspieler, die von "ihren" Vereinen für die Erbringung sportlcher Leistungen eine Vergütung erhalten, sind Berufssportler, obwohl sie vom jeweiligen Sportverband als "Amateure" geführt werden usw. 71 Danach streben zwar auch AmateursportIer, die an Veranstaltungen teilnehmen. Amateure betreiben jedoch aus vorwiegend ideellen Gründen

1. Kap.: Vertrauenstatbestände bei Benutzung von Sportstätten

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Das ist mit besonderen Gefahren verbunden, so daß Berufssportler vor allem bei der Teilnahme an Sportveranstaltungen von Unfällen betroffen werden. Unfälle ereignen sich jedoch auch beim alLgemeinen Trainingsbetrieb von Berufssportlern. Auf die Besonderheiten der Verkehrspflichtenentstehung in diesem Bereich sportlicher Betätigung ist kurz einzugehen. Sportler sind freiberuflich, selbständig tätig, wenn sie sich nicht einer bestimmten Person gegenüber zur ständigen Erbringung sportlicher Leistungen verpflichtet haben, sondern ihren Lebensunterhalt im wesentlichen durch den Abschluß von Sportveranstaltungs-Teilnahmeverträgen verdienen72 • Als Beispiel sind die Tennis- und Golfprofis zu nennen. Für die sportliche Betätigung dieser Sportler außerhalb von Sportveranstaltungen gelten keine Besonderheiten. Sie sind häufig Mitglieder eines Sportvereins und trainieren unentgeltlich oder entgeltlich auf der Vereinssportstätte. In diesen Fällen sind die Verkehrspflichten nicht aus dem Dienst- oder Arbeitsverhältnis abzuleiten. Das gleiche gilt für Berufssportlehrer, die freiberuflich tätig sind, also Lehrverträge mit lernwilligen Sportlern abschließen, ohne in einem Dienstleistungs-/ Arbeitsverhältnis zum Sportstätten-Verantwortlichen zu stehen73 • Stellen Berufssportler ihre sportlichen Fähigkeiten einem Sportverein oder einer sonstigen natürlichen oder juristischen Person entgeltlich zur Verfügung, werden Dienst- bzw. Arbeitsverhältnisse und damit auch Verkehrspflichten begründeF4. Ein Dienstverhältnis liegt vor, wenn der Berufssportler die Dienste in wirtschaftlicher und sozialer Selbständigkeit und Unabhängigkeit leistet, also den Sport trotz vertraglicher Bindung freiberuflich ausübF5. Beispiele sind Verträge zwischen Sportvereinen und Berufssportlern, durch die sich die Sportler lediglich zur Teilnahme an bestimmten Veranstaltungen verpflichten, ihre sportlichen Fähigkeiten dem Dienstherrn jedoch ansonsten nicht zur Verfügung stellen76 • Sport. Sportliche Spitzenleistungen können sie schon mangels hinreichender Trainingsmöglichkeiten nicht erbringen. Im Vordergrund der sportlichen Betätigung innerhalb und außerhalb von Sportveranstaltungen steht das individuelle Leistungsvermögen, nicht der Versuch, das absolut Mögliche zu erreichen. 72 Weisemann, Rdn. 27 ff. (S. 10 ff.) bzw. Rdn. 30 ff. (S. 12 ff.), ist dagegen der Auffassung, daß alle Berufssportler Arbeitnehmer seien. Diese undifferenzierte Betrachtungsweise wird den verschiedenen Erscheinungsformen des Berufssports nicht gerecht. 73 Tennis-, Golf-, Ski-, Reitlehrer usw., die nicht von einem Sportverein angestellt sind, sondern im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Verträge mit lernwilligen Sportlern schließen. 74 Ähnlich, jedoch ohne Differenzierung zwischen Dienst- und Arbeitsvertrag: Reichert, S. 170 f. Zu den Fürsorgepflichten der Arbeitgeber von Sportlern: L. Börner, S. 117 -119. 75 Zur Abgrenzung zwischen Dienst- und Arbeitsvertrag z. B. Palandt / Putzo Einf. v. § 611 Anm. 1 e - g und 2 a. 78 Der Sportler darf auch auf andere Weise und ohne von der Entscheidung

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III. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

Ein Berufssportler ist Arbeitnehmer, wenn er eine vom Arbeitgeber abhängige und weisungsgebundene Tätigkeit ausübt77 • Die Abhängigkeit eines Berufssportlers geht zum Beispiel aus dem Umstand hervor, daß die strengen Disziplinarbestimmungen des jeweiligen Sportverbandes zu den vertraglich vereinbarten Bestandteilen des Beschäftigungsverhältnisses gehören 78 • Dieses Merkmal ist aber nicht mehr als ein Indiz, denn auch freiberuflich tätige Berufssportler sind unmittelbar oder mittelbar der Verbandsgewalt unterworfen 79 • Es kommt auch nicht darauf an, ob der Sport haupt- oder nebenberuflich ausgeübt wird79a • Entscheidend ist, ob der Sportler sich im sportlichen Bereich für einen bestimmten, nicht unerheblichen Zeitraum nur einer Person gegenüber verpflichtet, und diese Verpflichtung sich auch auf die ständige Teilnahme am allgemeinen Trainingsbetrieb erstreckt, die sportliche Leistungsfähigkeit also ausschließlich in den Dienst einer Person zu stellen ist. Das wird z. B. von Berufssportlern, die in einer Mannschaft zusammenwirken sollen, gefordert80 • Die Grenze zwischen Dienst- und Arbeitsverhältnis ist fließend81 • Aus haftungsrechtlicher Sicht ist es nur erforderlich, die Unterscheidungsmerkmale eines Dienstherrn abhängig zu sein, mit oder durch den Sport Geld verdienen. Berufs-Tennisspieler, die sich gegenüber einem Tennisverein zur Teilnahme an einer Bundesliga-Spielrunde verpflichten, brauchen nur selten am Vereinstraining teilzunehmen. Das Interesse des Vereins beschränkt sich darauf, die Spieler bei den Spielen einsetzen zu können. Demgemäß können die Spieler an anderen Tennisturnieren ihrer Wahl teilnehmen, beliebig viele Werbeverpflichtungen eingehen usw. Ähnliche Regelungen sind im Tischtennissport und bei anderen Individualsportarten - auch wenn die individuellen Ergebnisse in einer Mannschaftswertung zusammengefaßt werden - üblich. Beim Mannschaftssport sind derartige Regelungen unmöglich, da sich eine mannschaftliche Geschlossenheit nur durch intensives und gemeinsames "Mannschaftstraining" erarbeiten läßt. 77 Zu den Arbeitnehmer-Merkmalen z. B.: Palandt / Putzo Einf. v. § 611 Anm. 1 g. Zur Arbeitnehmereigenschaft von "Vertragssportlern" und "Berufssportlern": Weisemann, Rdn. 28 ff. (S. 12 f.) und 30 ff. (S. 13 f.). 78 So BSozGE 16, 98, 101 (Fußball-Vertragsspieler als Arbeitnehmer). Die Einführung des Fußball-Lizenzspielers hat insoweit nicht zu Änderungen geführt. 79 Sog. "Schein-Amateure" bleiben Mitglieder eines Sportvereins, auch wenn sie den Sport berufsmäßig betreiben, so daß sie über Vereinssatzung usw. unmittelbar der Verbandsgewalt unterliegen (z. B. Leichtathleten, Springreiter, Skirennläufer usw.). Fußball-Lizenzspieler sind dagegen z. B. nicht Mitglieder des Vereins, für den sie spielen, so daß die Unterwerfung unter die Verbandsgewalt über das System der Lizenzerteilung sichergestellt wird: Siehe hierzu Meiners, S. 8 Fußn. 2 (m. w. N.). 7ga Hierzu Weisemann, Rdn. 29 f. (S. 11 f.). 80 Fußball-Lizenzspieler sind Arbeitnehmer: Grundlegend BAG AP § 138 Nr. 29. Siehe auch Buchner, NJW 1976, 2242. Zum "Rechtsgebäude des deutschen Profifußballs": Krähe, S. 310 ff. Vgl. noch Weisemann, Rdn. 41 ff. (S. 16 ff.). 81 HandbaU-, Basketball-, Eishockey-Bundesligaspieler usw. sind an einen Sportverein vertraglich gebunden, dürfen aber überwiegend gleichzeitig einen

1. Kap.: Vertrauenstatbestände bei Benutzung von Sportstätten

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zwischen unselbständigen und selbständigen Berufssportlern aufzuzeigen. Die bei sportlicher Betätigung von Berufssportlern bestehenden Verkehrspflichten sind nur bei unselbständigen Berufssportlern Bestandteil umfassender Fürsorgepflichten aus einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis. Hinsichtlich der sportstätten- und sportbetriebsbezogenen Gefahren ist es gleichgültig, ob die Verkehrspflichten aus einem Dienstvertrag oder aus einem Arbeitsvertrag folgen. IV. Verkehrspftidlten durdl vertragsähnlidle Sonderbeziehungen

Zu fragen ist, ob Verkehrspflichten bei Nichtbestehen vertraglicher Beziehungen zwischen Sportstätten-Verantwortlichem und Sportler nur aus allgemeinen, deliktsrechtlichen Gründen entstehen können, oder ob es auch verkehrspflichtauslösende Vertrauensbeziehungen gibt, die ohne daß ein Vertragsschluß erstrebt wäre82 - sich zwar nicht zu einem Vertrag verdichtet haben, aber auch nicht mit der Neutralität des deliktsrechtlichen Haftungsverhältnisses, welches nach herkömmlicher Lehre erst durch die Tatsache einer erfolgten Schädigung entstehen soll83, gleichgesetzt werden können 84 • Zu denken ist vor allem an die nicht sportbezogenen Beruf ausüben. Ungeklärt ist z. B. die Rechtsstellung der Skirennläufer, deren Lebensgestaltung monatelang vom Trainings- und Wettkampfbetrieb bestimmt wird; während dieser Zeit haben sie keine Möglichkeit, sich den Anordnungen des Deutschen Skiverbandes bzw. den Forderungen der Skündustrie zu entziehen. Einen bekannten Skispringer hat das Magazin "Stern" Nr. 1/1982, S. 38, wie folgt beschrieben: " ... ein mediengerechter Athlet, der wie maßgeschneidert in die Werbe-Konzeption der Skifirma paßt, für die er auf dem Papier als Industriekaufmann tätig ist." Die arbeitsrechtlichen Probleme aus der Verknüpfung von Sport, Sportverbänden und Sportartikelindustrie sind bislang noch nicht in ausreichendem Maße diskutiert worden; siehe hierzu die Nachweise auf S. 3 (Fußn. 15). 82 Die zu einer Haftung aus culpa in contrahendo führende "vertragsähnliche" Sonderbeziehung steht also nicht in Frage. Diese Beziehung setzt nach h. M. den Eintritt in Vertragsverhandlungen (RGZ 95, 58, 60; 162, 129, 156; BGHZ 6, 330, 333 f. = NJW 1952, 1130; BaHerstedt, AcP 151, 501, 503) bzw. die

geschäftliche Kontaktaufnahme zur Vorbereitung eines möglichen Vertragsschlusses (so z. B. BGH NJW 1962, 31 f. = LM § 276 Fa Nr. 13; BGH VersR 1968, 993 f.; Larenz, MDR 1954, 515, 518; Erman / Battes § 276 Rdn. 108, 116; MünchKomm / Rohr § 242 Rdn. 194 f.; Palandt / Thomas § 276 Anm. 6 a; So ergel/Reimer Schmidt vor § 275 Rdn. 5) voraus. Für die Sportstätten-Haftung

ist dieses Rechtsinstitut ohne Bedeutung, da die Sportstätten-Nutzung entweder auf vertraglicher Grundlage oder vertragslos erfolgt, aber nicht der Aufnahme geschäftlicher Kontakte dient. Ausnahme: Das sog. "Probetraining" von Berufssportlern, die den Abschluß eines Dienstleistungs- bzw. Arbeitsvertrages anstreben. 83 Grundlegend H..-D. Fischer, S. 48 und 85: Das Deliktsrecht gehe von der Neutralität der Parteien, die erst mit dem schädigenden Ereignis und ausschließlich durch die Tatsache einer erfolgten Schädigung in eine besondere Beziehung treten, aus. Ähnlich grenzt Haupt, S. 14, ab. Staudinger / Jürgen Schmidt (Einl. zu §§ 241 ff. Rdn. 211 und § 242 Rdn. 1229) meint, daß im Deliktsrecht "außer der abstrakten Bürger-Bürger-Beziehung in der Gesamtgesellschaft, die durch die Standards der §§ 823 ff. funktionstüchtig gehalten wird" (§ 242 Rdn. 1229) keine Beziehungen der Bürger untereinander be-

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III. Teil: Entstehungsgrilnde für Sportstätten-Verkehrspftichten

durch das Mitgliedschaftsverhältnis institutionalisierte Beziehung 85 zwischen Sportvereinen und den Vereinsmitgliedern 86 • Auch zwischen den Betreibern von Bergbahnen, Sessel- sowie Skiliften und Skiläufern

wird durch die Beförderung zum Ausgangspunkt einer Skiabfahrtsstrecke beziehungsweise Skipiste ein besonderes Vertrauensband geknüpft87 • Im übrigen ist die Überlassung von Sportstätten im Einzelfall auch dann mit einem "sozialen Kontakt" zwischen Sportstätten-Verantwortlichen und nutzungswilligen Sportlern verbunden, wenn kein Sportstätten-Nutzungsvertrag geschlossen wird 88 •

1. Die Theorien zur Begründung vertragsähnlicher Beziehungen Die unterschiedliche Regelung der Haftung für Gehilfenversagen in

§ 831 einerseits und § 278 andererseits hat dazu geführt, "daß zahl-

reiche typische Deliktstatbestände in den Bereich der Vertragshaftung stünden. Derartige Unterscheidungen erscheinen willkürlich und berücksichtigen nicht die überragende Bedeutung des Vertrauensschutzgedankens für die deliktische Verkehrspflichthaftung: Siehe v. Bar, S. 118 ff. u. 312 ff.; MünchKomm I Mertens vor §§ 823 - 853 Rdn. 33 und § 823 Rdn. 475 (Fußn. 814); vgl. auch oben, S. 49 ff. 84 Zur Entwicklung besonderer Rechtsinstitute zwischen Vertrags- und Deliktsrecht insbesondere: Ballerstedt, AcP 151, 501 ff.; Canaris, JZ 1965, 475 ff.; DölZe, ZStW 103, 67 ff.; Gerhardt, Jus 1970, 597 f.; Hoffmann, AcP 167, 194 ff.; Schwerdtner, NJW 1971, 1673 ff.; Thiele, JZ 1967, 649 ff. Die Vielfalt der vertretenen Ansichten und Eingrenzungsversuche ist kaum noch übersehbar. Die umfassendsten und aktuellsten Überblicke über den derzeitigen Streitstand geben: MünchKomm I Kramer Einleitung Band 2 Rdn. 16 - 40 und 72 - 84; MünchKomm I Roth § 242 Rdn. 192 - 200; Staudinger I Jürgen Schmidt Einl. zu §§ 241 ff. Rdn. 174 - 212 und § 242 Rdn. 1203 - 1256. Der BGH schließt sich mehr und mehr der Tendenz zur Erweiterung der vertragsähnlichen Haftung an: Vgl. BGHZ 66, 51 ff. = NJW 1976, 712 = JZ 1976, 776 (culpa in contrahendo mit Schutzwirkung zugunsten Dritter); BGHZ 70, 337 ff. = NJW 1978, 836 ff. (Schadensersatz aus positiver Forderungsverletzung zugunsten eines nicht auf rechtsgeschäftlicher Ebene mitwirkenden Dritten). 85 Diese Beziehung kann als "gesellschaftliche Institution in dem Zwischenbereich zwischen Individuum und Gesellschaft" im Sinne des Abgrenzungsvorschlages von Staudinger I Jürgen Schmidt § 242 Rdn. 1223 gedeutet werden. Erstaunlicherweise wird das vereinsrechtZiche Mitgliedschaftsverhältnis - eigentlich ein Musterbeispiel für einen "verstärkten sozialen Kontakt" - nirgendwo als Beispiel angeführt. 88 Zu Vertragsschlüssen zwischen Sportvereinen und Vereinsmitgliedern noch unten, S. 124 f. 87 Ob durch den Erwerb von "Skipässen", "Punktekarten" usw. nicht nur ein Beförderungsvertrag, sondern auch ein Skipisten-Benutzungsvertrag zustandekommt, wird auf S. 118 ff. erörtert. Zu den deliktischen Entstehungsgründen für Skipisten-Verkehrspflichten siehe unten, S. 144 ff. 88 Das ist immer dann der Fall, wenn eine Sportstätte zwar grundsätzlich unentgeltlich genutzt werden darf, jedoch eine Genehmigung, Erlaubnis usw. eingeholt werden muß. Die unentgeltliche Nutzung kann auf vertraglicher Grundlage auf einer Gefälligkeit oder auf einer vereinsrechtlichen bzw. öffentlich-rechtlichen Verpflichtung beruhen. Im Einzelnen unten, S. 126 ff.

1. Kap.: Vertrauenstatbestände bei Benutzung von Sportstätten

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hineingezogen worden sind"89. So wird zum Beispiel seit langem die Ansicht vertreten, daß die nicht auf einem Vertrag beruhenden Gejälligkeitsverhältnisse 90 unter bestimmten Voraussetzungen als vertragsähnliche Sonderbeziehungen zu deuten seien91 . Inzwischen hat sich die Lehre längst von der Unterscheidung zwischen "Schuldverhältnis" und "Gefälligkeitsverhältnis" gelöstD2 • Die von Haupt D3 begründete Lehre vom "faktischen Vertrag" wird zwar einmütig abgelehnt 94. Das Bestehen vertragsähnlicher, gesetzlicherDS Sonderbeziehungen wird jedoch 88 So Deutsch, Haftungsrecht I, S. 86. Siehe auch v. Caemmerer, Wandlungen des Deliktsrecht, S. 49, 56 ff.; Schlechtriem, VersR 1973, 581, 582 f. Als weiterer Grund ist die Erweiterung des Vermögensschutzes durch ein Ausweichen auf das Vertragsrecht zu nennen: Vgl. v. Bar, S. 220 ff., und JZ 1979, 728 ff.; Deutsch, Haftungsrecht I, S. 87; auch Mertens, AcP 178, 227, 235 ff. Zur Entwicklung deliktischer Verkehrspjlichten für fremdes Vermögen: Mertens, AcP 178, 227 ff., und MünchKomm / Mertens § 823 Rdn. 475 ff.; Huber, Festschrift v. Caemmerer, S. 359 ff.; v. Bar, S. 233 ff. ("Deliktsrechtliche Berufspflichten zum Schutz fremden Vermögens"); derSo., JZ 1979, 728, 729 f. Anschaulich auch BGHZ 70, 337 ff. Vermögensschutzinteressen sind für die Sportstätten-Haftung nicht von praktischer Bedeutung. Es geht nur um den Schutz absoluter Rechtsgüter. 90 Vgl. BGHZ 21, 102, 106 f. = NJW 1956, 1313: Die Gefälligkeit sei zwar begriffsnotwendig unentgeltlich; aus der gesetzlichen Regelung von unentgeltlichen GefälHgkeitsverträgen (z. B. §§ 516, 598, 662, 690) ergebe sich jedoch, daß trotz Unentgeltlichkeit vertragliche Primärpftichten entstehen könnten. Siehe zur Abgrenzung auch: Reuss, AcP 154, 485, 496 ff.; Ftume, § 717, S. 91; Kallmeyer, S. 80 ff.; Pallmann, S. 29 ff.; Stoll, Handeln auf eigene Gefahr, S. 25 f.; MünchKomm / Kramer Einl. Bd. 2 Rdn. 28 ff.; Staudinger I Jürgen Schmidt Einl. zu §§ 241 ff. Rdn. 178 ff. (insbes. Rdn. 190 ff.). 91 Grundlegend BGHZ 21, 102, 107 = NJW 1956, 1313; Dölle, ZStW 103, 67 ff.; Hoffmann, AcP 167, 394, 398 ff.; P. Schwerdtner, NJW 1971, 1673, 1675; Seetzen, VersR 1970, I, 10 f.; Thiele, JZ 1967, 649, 652 f.; Blomeyer, § 22/2, S. 114; Enneccerus I Lehmann, § 27/6, S. 120; Flume, § 717, S. 90 ff.; Lehmann I Hübner, § 24 I, S. 141 f.; MünchKomm / Kramer Einl. Bd. 2 Rdn. 32 - 35; Palandt / Heinrichs § 254 Anm. 6 d; Soergel/ Heinrich Lange vor § 145 Rdn. 63, 65. a. A. z. B. Stoll, Handeln auf eigene Gefahr, S. 25; Erman / Sirp Ein!. v. § 241 Rdn. 21. Zur unentgeltlichen Sportstätten-Nutzung noch unten, S. 126 ff. 92 Staudinger / Jürgen Schmidt (Einl. zu §§ 241 ff. Rdn. 174) hält die Gegenüberstellung für "völlig irrelevant"; der Begriff "Gefälligkeitsverhältnis" sei "ganz unscharf" und werde in vielen Bedeutungen gebraucht (Rdn. 182). 8S Haupt, S. 9 und 14, spricht von "faktischen Vertragsverhältnissen kraft sozialen Kontakts"; ähnlich Simitis, S. 99 ff. 94 Vgl. DöHe, ZStW 103, 67, 85 ("Entwicklungshemmung"); KeHmann, NJW 1971, 265, 267 ff.; Canaris, Vertrauenshaftung, S. 445 ff.; Enneccerus / Lehmann, § 26 IV, S. 117; Fischer, S. 80; Fikentscher, § 18 III 2 a, S. 56, und § 18 III 6, S. 63; Flume, § 8/1, S. 96; Lehmann / Hübner, § 25 I 2 e, S. 154; Palandt / Heinrichs Einf. v. § 145 Anm. 5 (m. w. N.). 95 Canaris, JZ 1965, 475, 476 ff.; Gerhardt, Jus 1970, 597, 598, und JZ 1970, 535, 536; Honsell, Jus 1976, 621, 626; Seetzen, VersR 1970, 1, 10 f.; Schwerdtner, NJW 1971, 1673, 1675; Thiele, JZ 1967, 649, 650 f.; Eike Schmidt, Nachwort, S. 131, 134 ff.; MünchKomm / Kramer Einl. Bd. 2 Rdn. 33, 37, 73 ff.; Staudinger / J'Ürgen Schmidt Einl. zu § 241 ff. Rdn. 211. Für eine vertragliche Herleitung der "Schutzpflichten": BGHZ 21, 102, 108; Fikentscher, § 7/3, S. 26f. Kritisch hierzu: Flume, § 717, S. 91 ("Fiktion"); ebenso PaHmann, S. 29, 84 ff.;

5 Börner

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IU. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

mit unterschiedlicher Begründung und Abgrenzung für möglich gehalten96 • DöUe ll7 hält einen pflichten erzeugenden Tatbestand für gegeben, wenn jemand bei einem soziaLen Kontakt, der zur Erreichung eines von der Rechtsordnung nicht mißbilligten Zwecks herbeigeführt worden sei, einem anderen ein besonderes Vertrauen entgegenbringe, indem er seine Rechtsgüter dem Einfluß des anderen aussetze. Ähnlich differenziert Hojjmann 08, der ein gesetzliches Schuldverhältnis bei jedem intensiven Kontakt mit einer individuaLisierten Person annimmt, während es bei Beziehungen, die in der "Anonymität des allgemeinen Rechtsverkehrs" verbleiben, mit den §§ 823 ff. sein Bewenden haben solle. Der Vertrauensschutzgedanke steht im Mittelpunkt dieser sehr weitgehenden Aufjassung99 : Entscheidend sei, ob in Folge eines tatsächlich

begründeten Kontakts ein Vertrauen darauf erweckt wurde, daß der andere den Rechten und Rechtsgütern des Vertrauenden mit besonderer Sorgfalt gegenübertritt; dem wird das "mehr zufällige und flüchtige Nebeneinander der deliktischen Begegnung"100 beziehungsweise die Verkehrspflichten als "gewissermaßen abstrakte, jedenfalls aber ungezielte, nicht von vornherein auf bestimmte Personen abgestellte Sorgfaltspflichten "101 gegenübergestellt. ähnlich KaHmeyer, S. 80, und Staudinger 1 Jürgen Schmidt Einl. zu §§ 241 U. Rdn. 210, 212. 118 Zur Frage, ob zwischen Vereinen, die an bestimmten Sportveranstaltungen teilnehmen, Sonderbeziehungen bestehen: FüHgraj, VersR 1983, 705 f.; Grunsky, S. 35 ff. Siehe auch Krähe, S. 322 ff. 97 DöHe, ZStW 103, 67, 74 und 84. Ihm folgend: Enneccerus 1 Lehmann, § 27/6, S. 120; Esser 1 Schmidt, Schuldrecht AT Bd. 1, § 29 I, S. 89 ff.; SoergeL 1 Knopp, § 242 Rdn. 152 ff. Schwerdtner, NJW 1971, 1673, 1675, spricht von einem gesetzlichen Schuldverhältnis, "das im Gegensatz zu den Verkehrspflichten des Rechts der unerlaubten Handlungen Schädigungen aus gewollten und gezielten Kontakten reguliert". Vgl. noch MünchKomm 1 Kram er Einl. Bd. 2 Rdn. 82: " ... Schädigungen infolge gezielter, individualisierter Kontaktaufnahmen ... , wo ohne Fiktion davon gesprochen werden kann, daß der Geschädigte seine Rechtsgüter einer erhöhten Einwirkungsmöglichkeit ausgesetzt ... habe." 118 Hojjmann, AcP 167, 394, 401. Oll Alle Vertreter der "Lehre vom sozialen Kontakt" leiten die vertragsrechtlichen Folgerungen aus Vertrauensschutzerwägungen ab; siehe schon: BaHerstedt, AcP 151, 501, 506, 509 ff. (für culpa in contrahendo). Vgl. im übrigen: DöHe, ZStW 103, 67, 74, 87; Hojjmann, AcP 167, 394, 400; ThieLe, JZ 1967, 649, 650 ff.; BLomeyer, § 17/111, S. 72 f., und § 22/2, S. 114; Enneccerus 1 Lehmann, § 27/6, S. 120; Esser 1 Schmidt, Schuldrecht AT 1, § 27 I 3, S. 56 f., und § 29 I, S. 89 ff.; MünchKomm 1 Kramer Einl. Bd. 2 Rdn. 34, 78, 82, 84; SoergeL 1 Knopp § 242 Rdn. 152 ff. Mißverständlich Staudinger 1 Jürgen Schmidt Einl. zu §§ 241 ff. Rdn. 211 f. (im Hinblick auf § 242 Rdn. 1223). 100 ThieLe, JZ 1967, 649, 652, 653. 101 ThieLe, JZ 1967, 649, 651; Vgl. auch Staudinger 1 Jürgen Schmidt § 242 Rdn. 1229 (" ... kein System unterhalb der gesamtgesellschaftlichen Ebene ... , ... keine Beziehungen der Bürger untereinander, außer der abstrakten Bürger-Bürger Beziehung in der Gesamtgesellschaft ... ").

1. Kap.: Vertrauenstatbestände bei Benutzung von Sportstätten

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Nach einschränkender Ansicht102 könne nur dann von einem vertragsähnlichen Schuldverhältnis ausgegangen werden, wenn nicht lediglich ein "sozialer Kontakt" bestehe, sondern darüber hinaus eine Erklärung abgegeben worden sei, die in dem anderen ein berechtigtes V ertrauen auf die Einhaltung gewisser Fürsorgepjlichten erweckt habe; erforderlich sei ein gesteigerter Rechtsgüterkontakt, "der auf rechtsgeschäftliche oder zumindest mittelbar geschäftliche Zwecke abzielt"los. Nach neuester Auffassung 104 gehe es nicht darum, "individuelles Vertrauen oder sonstige individuelle Bezüge als solche zu schützen, sondern ... um einen Institutionenschutz für sinnvolle Institutionen unterhalb der gesamtgesellschaftlichen Ebene".

2. Kritik an den Theorien zur Ausweitung der Vertragshaftung Den vorstehenden Ausführungen ist zu entnehmen, daß alle vertretenen Auffassungen von Vertrauensschutzerwägungen ausgehen. Es sei einem "Schutzbedürfnis des Vertrauenden" Rechnung zu tragen1%; dem Vertrauensschutzgedanken wohne Allgemeinheit inne106 • Der maßgeblichen haftungsrechtlichen Bedeutung des Vertrauensschutzgedankens kann ohne Einschränkung zugestimmt werden. Die Vertrauensfrage ist jedoch bei jeder Verkehrspfiichthaftung, also auch bei der deliktischen, zu stellen107• So folgt zum Beispiel die deliktische Haftung aus Verkehrseröffnung aus der Inanspruchnahme und Gewährung von Vertrauen 108• Gegenseitiges Vertrauen ist ein allgemeines Prinzip des menschlichen Zusammenlebens und kann nur in Verbindung mit einem über den "sozialen Kontakt" hinausgehenden Merkmal zu einer außerdeliktischen Haftung führen 109 • Daran ändert auch der Hinweis auf die 102 So vor allem BGHZ 21, 102, 106 f. = NJW 1956, 1313; BGHZ 66, 51, 54 = NJW 1976, 712 (mit abI. Anm. Kreuzer, JZ 1976, 778, und Hohloch, Jus 1977, 302); BGHZ 70, 337 ff. = Jus 1978, 488 (mit Anm. Emmerich, a.a.O.); BGH NJW 1962,31,32; BGH JZ 1979, 725 ff. (mit abI. Anm. v. Bar, JZ 1979, 728 ff.); Canaris, JZ 1965,475, 476, 478 f.; ders., Vertrauenshaftung, S. 538 ff.; Larenz, MDR 1954, 515 ff.; ders., Schuldrecht I, § 9 I, S. 96 f. (Fußn. 4); ders., Festschrift für Ballerstedt, S. 398; Medicus, Jus 1965, 209, 213; Enneccerus / Nipperdey, § 145 III Alb, S. 898; Lehmann / Hübner, § 24 I, S. 142; Erman / Battes § 276 Rdn. 108; MünchKomm / Roth § 242 Rdn. 200; Palandt / Heinrichs § 276 Anm. 6 e (unklar allerdings EinI. v. § 241 Anm. 2 und § 254 Anm. 6 d); Soergel/ Reimer Schmidt vor § 275 Rdn. 5. 103 MünchKomm / Roth § 242 Rdn. 200. 104 Staudinger / Jürgen Schmidt § 242 Rdn. 1223. 106 Soergel/ Reimer Schmidt vor § 275 Rdn. 3; ähnlich MünchKomm / Roth § 242 Rdn. 195 (Einwirkungsgefahren, gegen die eine rein deliktische Haftung keinen Schutz biete). lOB Seetzen, VersR 1970, 1, 11. 107 VgI. oben, S. 49 ff. 108 überzeugend v. Bar, S. 118, 235, 248. 108 So bereits Larenz, MDR 1954, 515, 517.

5'

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IH. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrsptlichten

Notwendigkeit eines "besonderen Vertrauens"110 nichts. Ein Vertragsschluß löst zwar ein "besonderes Vertrauen" auf Rechtsgüterschutz aus111 ; er kann aber auch zustangekommen, wenn die Vertragsverhandlungen von gegenseitigem Mißtrauen und nicht von Vertrauen geprägt waren, oder man sich über die Person des Vertragspartners überhaupt keine Gedanken gemacht hat112 : Das Vertrauen bei den Vertragsverhandlungen ist im wesentlichen darauf gerichtet, ob der Vertragspartner die vertragliche Hauptleistungspfiicht erbringen wird oder nicht. Diese Auffassung steht mit der zunehmenden Kritik, der das gewohnheitsrechtlich anerkannte113 Rechtsinstitut culpa in contrahendo zumindest in Teilbereichen ausgesetzt ist114, im Einklang. Zu den sogenannten "Warenhaus:-FäUen"115 führt Huber110 zutreffend folgendes aus: "Bei Licht betrachtet kann keine Rede davon sein, daß auf Grund des Vertrages oder der Aufnahme der vorbereitenden Kontakte eine Pflicht des Verkäufers entsteht, den Käufer nicht an Leib und Gut zu gefährden. Diese Pflicht existiert schon ohnehin, und sie besteht nicht speziell gegenüber dem Käufer, sondern gegenüber Jedermann. Sie entsteht nicht durch den Vertragsschluß und nicht durch die Aufnahme sozialen Kontakts, sondern dadurch, daß der Verkäufer ... die Verkaufsräume für den allgemeinen Verkehr öffnet. Grund der Haftung des Verkäufers ist also nicht die Verletzung einer besonderen ,Schutzpflicht', sondern einer allgemeinen ,Verkehrspflicht'." 110 Döne, ZStW 103, 67, 84; Thiele, JZ 1967, 649, 652; MünchKomm / Kramer Einl. Bd. 2 Rdn. 82. 111 VgI. oben, S. 52 ff. 11! Der Einlaß zu Schwimmbädern wird häufig durch "Kartenautomaten" vermittelt: Die Schwimmbad-Benutzer machen sich vor dem Betreten des Bades keine Gedanken darüber, ob sie dem Betreiber trauen können oder nicht. 113 Larenz, Methodenlehre, S. 425. Mertens, VersR 1980, 397, 408, hält das "Deliktsrecht nach vertraglichen Grundsätzen" heute für "gefestigtes Richterrecht". 1U Sehr weitgehend v. Bar, S. 118 (genetische Verwandtschaft mit der Verkehrspflichthaftung) sowie S. 248 ff., 312 f. (Möglichkeit einer Problembewältigung mit deliktsrechtlichen Mitteln). Siehe auch StoU, AcP 176, 145, 150 f. (Fußn. 12); ders., Festschrift für Hippel, S. 517, 527; Medicus, Festschrift Kern, S. 313, 327 ff.; Mertens, AcP 178, 227,237 f.; MünchKomm/ Kramer Einl. Bd. 2 Rdn. 83 ("Einsicht in die deliktische Natur der ... Pflichten"); Staudinger / Jürgen Schmidt § 242 Rdn. 1232 ("In diesen Fällen müßte ... das Bestehen einer sozialen Beziehung institutioneller Art zwischen den Beteiligten eindeutig verneint werden ..."). Im Grundsatz auch Canaris, Vertrauenshaftung, S. 540, der das Institut im Ergebnis aber doch durch eine vertragsähnliche Vertrauenshaftung ersetzen will. Larenz, Festschrift für Ballerstedt, S. 397, 400 ff., und Deutsch, Haftungsrecht I, S. 86 f., 88, halten eine Anderung der deliktischen Gehilfenhaftung vor einer Rückführung der Fälle ins Deliktsrecht für erforderlich. 115 RGZ 78, 239 ff. (Linoleum); BGH NJW 1962, 31 f. (Bananenschale); BGH VersR 1968, 993 ff. (WurstpeUe); BGHZ 66, 51 ff. = NJW 1976, 712 = JZ 1976, 776, m. abI. Anm. Kreuzer, a.a.O. (Gemüseblatt - culpa in contrahendo mit Schutzwirkung zugunsten Dritter). Kritisch v. Bar, S. 251 f. (" ... eher ein

Rückschritt denn ein Fortschritt"). 116 Huber, AcP 177, 281, 319 f.

1. Kap.: Vertrauenstatbestände bei Benutzung von Sportstätten

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Der Anerkennung "vertragsähnIicher Schuldverhältnisse" stehen auch wegen des damit verbundenen Analogieschlusses111 Bedenken entgegen. Eine im Wege der Analogie auszufüllende Lücke118 ist nur anzuerkennen, wenn weder das Gesetz noch das Gewohnheitsrecht eine Regelung enthalten, obwohl diese von der Rechtsordnung in ihrer Gesamtheit gefordert wird 119 • Es muß eine "planwidrige Unvollständigkeit"120 vorhanden sein. Eine in diesem Sinne verstandene Unvollständigkeit ist nicht feststellbar. Von einer "übergangszone mit verstärktem Kontakt der miteinander in Berührung kommenden Personen"1l!1 kann man schon deshalb nicht sprechen, weil auch die deliktsrechtliche Begründung von Verkehrspflichten l22 einen "sozialen Kontakt", dessen Intensität bei der deliktischen Anspruchsgrundlage sogar größer sein kann als bei der vertraglichen 123 , voraussetzt. Es ist nicht systemehrlich111 und bedeutet eine Gesetzeskorrektur am falschen Ortll!ll, nach einem "eigenständigen Gebilde"126 zwischen Vertrags- und Deliktsrecht zu suchen, obwohl lediglich nach Wegen für eine mögliche Umgehung der als unbefriedigend empfundenen deliktsrechtlichen Normen gesucht wird. Die Begriffe "sozialer Kontakt", "soziale Beziehung institutioneller Art"U7

usw. sind kaum dogmatisch abgesichert und in erster Linie Vehikel, um den

Vertrauenden zu einer Rechtsposition zu verhelfen, die den deliktsrechtlichen Bestimmungen vermeintlich überlegen sei'!8. Wenn man von einer "höchsteTWÜnschten" Anwendung des § 278 anstelle des § 831 sprichtm, so gibt man zu erkennen, daß nicht die Lückenausfüllung, sondern die Suche Vgl. BGHZ 21, 102, 107; Hoffmann, AcP 167, 394, .400. Thiele, JZ 1967, 649 f., rechtfertigt die Lehre vom "sozialen Kontakt" mit "methodischen und systematischen Erkenntnissen zum Lückenproblem", die den Rückgriff auf Kategorien rechtfertigten, "deren legitime Stellung im Zivilrecht auch neben dem Gesetzestext in ihren Grundzügen längst anerkannt ist". Derartige Unterstellungen können eine dogmatisch gesicherte Lückenfeststellung nicht ersetzen. Aus diesen Gründen ist der Auffassung von Schlechtriem, VersR 1973, 581, 583, die Ausdehnung vertraglicher Haftungsprinzipien sei als "legitime Möglichkeit der Weiterentwicklung eines Haftungssystems" anzusehen, nicht zu folgen. 111 Canaris, Lückenfeststellung, S. 39. 120 Canaris, Lückenfeststellung, S. 39; Larenz, Methodenlehre, S. 358. 121 So Hoffmann, AcP 167, 394, 395. m Vgl. oben, S. 49 ff. und unten, S. 72 ff., 137 ff. 123 Vgl. v. Bar, S. 313. 124 v. Bar, JZ 1979, 728, 729. 125 v,. Bar, JZ 1979, 728, 729. m Begriff H.-D. Fischer, S. 84. 127 Begriff Staudinger I Jürgen Schmidt § 242 Rdn. 1232. 128 v. Bar, JZ 1979, 728, 729, stellt fest, daß culpa in contrahendo, Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter und "Vertragsfiktionen" den Vorzug böten, ,,§ 278 BGB auswendbar erscheinen zu lassen und primäre Vermögensschäden ersatzfähig zu machen". 1tO So MünchKomm I Kramer Einl. Bd. 2 Rdn. 73. 117

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!lI. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspftichten

nach Umgehungsmöglichkeiten im Vordergrund steht. Das druckt z. B. Jürgen Schmidt UO wie folgt aus: "Das Ziel der Begrundungsversuche bestand (und

besteht) immer darin, Anspruchsgrundlagen für Schadensersatzanspruche begründen zu können, bei denen die Haftungsvoraussetzungen für den Geschädigten günstiger gelagert sind als in den Anspruchsgrundlagen nach §§ 823 ff." HonselP31 ist zwar zuzustimmen, wenn er meint, daß "das Bedürfnis nach einer Vertragsfiktion schwindet, wenn man ... außerhalb eines Vertragsverhältnisses ... die Existenz von Schutzpflichten anerkennt". Die deliktsrechtlichen Verkehrspflichten stehen jedoch den vertraglichen "Schutzpflichten", die dem Schutz absoluter Rechtsgüter dienen, in nichts nach1S!, so daß man auch auf Lückenfiktionen außerhalb des rechtsgeschäftlichen Bereichs verzichten sollte. 3. Ergebnis und haftungsrechtliche Folgerungen

Die "Deliktshaftung nach vertraglichen Grundsätzen"1S3 beruht auf angreifbaren und inzwischen verzichtbaren dogmatischen Konstruktionen134. Das als entwicklungsbedürftig angesehene Deliktsrecht wird am "falschen Ort" korrigiert, denn "der wichtigste Katalysator unseres Deliktsrechts während der vergangenen 50 Jahre, die aus den Verkehrssicherungspflichten entwickelten Verkehrspflichten", vermögen "das Regelungsproblem s,ystemehrlich und angemessen zu lösen"136. Zu Recht stellt v. Bar 13l folgendes fest: "Grauzonen zwischen den Bereichen des Rechtsgeschäfts und der unerlaubten Handlungen werden sich beim gegenwärtigen Stande der Rechtsentwicklung wohl kaum mehr befriedigend aufhellen lassen. Man sollte jedoch in deutlichen Fällen den Mißbrauch des Vertragsrechts zugunsten einer angemessenen Fortentwicklung der deliktsrechtlichen Verhaltensnormen hintanstellen, was nicht nur die Systemkorrektur an die richtige Stelle legt, sondern auch den grundsätzlichen Wertungen des Deliktsrechts angemessen Raum verschafft." UO Staudinger I Jürgen Schmidt Einl. zu §§ 241 ff. Rdn. 206. m Honsell, Jus 1976, 621, 626. 13! Vgl. hierzu oben, S. 53 (Fußn. 28). us Kreuzer, JZ 1976, 778. Siehe auch Mel'tens, VersR 1980, 397, 408; Münch Komm I Mertens § 823 Rdn. 180. Vgl. außerdem v. Caemmerer, Wandlungen des Deliktsrechts, S. 49, 56 ff.; Deutsch, Haftungsrecht I, S. 86. 1U Vgl. MünchKomm I Mertens § 823 Rdn. 180. Allerdings hält Mertens bei bestimmten Sonderverbindungen, also trotz Fehlens einesVertrages, § 278 für anwendbar: Siehe MünchKomm I Mertens § 823 Rdn. 179 (" ... etwa im Rah-

men bestimmter Veranstaltungen oder bei der Eröffnung eines besonderen Verkehrs für einen bestimmten Personenkreis ... ") und Mertens, VersR 1980, 397, 408. a. A. insoweit BGHZ 4, I, 3 f.; Ulmer, JZ 1969, 163, 166 ff.; v. Bar, S. 240 f., 246, 260 ff. 135 So v. Bar, JZ 1979, 728, 729. Das wird noch nachzuweisen sein; siehe vor allem unten, S. 309 ff. (Delegation von Verkehrspftichten), 323 ff. (Kausalitätsbeweis), 355 ff. (Verschuldensbeweis). ue v. Bar, S. 221.

1. Kap.: Vertrauenstatbestände bei Benutzung von Sportstätten

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Im Hinblick auf die umfassende Bedeutung des Vertrauensschutzgedankens für die Ausbildung deliktischer Verkehrspflichten ist das Bedürfnis nach einem besonderen, vertragsrechtlich zu beurteilenden Institut der· Vertrauenshaftung grundsätzlich zweifelhaft. Dem Vertrauensschutzaspekt kommt innerhalb des Deliktsrechtes eine so hervorragende Bedeutung zu, daß "ein zwischen der Vertrags- und Deliktshaftung liegender Sonderbereich der Vertrauenshaftung allenfalls für bestimmte individualspezifische Situationen angebracht sein mag"1S7. Derartige Situationen bestehen bei Vertragsverhältnissen und können allenfalls für den rechtsgeschäftlichen Bereich anerkannt werden. Geht man darüber hinaus, entzieht man sich durch eine "Flucht ins Vertragsrecht" deliktsrechtlicher Problemstellungen 138 • Die "quasivertraglichen Pflichten"139 gehören dem Deliktsrecht an 140 ; "vertragsähnlich" kann nur "außervertraglich" heißen141 • Mit der Betonung deliktsrechtlicher Problemstellungen wird der gegenüber dem Vertragsrecht weitaus größeren praktischen Bedeutung der Deliktshaftung Rechnung getragen. Die durch Sportstätten-Unfälle hervorgerufenen materiellen Schäden sind häufig durch Versicherungen gedeckt, so daß es den Geschädigten vorwiegend um die Durchsetzung eines Schmerzensgeldanspruches gehtt 42 • Weder die vertragliche noch die vertrags ähnliche Haftung erstreckt sich auf den Ersatz immateriellen Schadenst43 . Die Gewährung von Schmerzensgeld setzt eine deliktische Haftung voraus, § 847 L V. m. § 253 144 . MünchKomm I Mertens vor §§ 823 - 853 Rdn. 33. Das hat v. Bar, S. 220 f., 226 ff., 312 ff., ausführlich und überzeugend nachgewiesen; siehe auch v. Bar, JZ 1979, 728 ff. liIV Begriff BGHZ 51, 91, 106. Vgl. hierzu Stoll, AcP 176, 145, 150 f. (Fußn. 121): Die "pseudo- und quasivertraglichen Schutzpflichten" seien nicht als "Ruhmesblatt der deutschen Zivilrechtsdogmatik" anzusehen. 140 v. Bar, S. 312. 141 v. Bar, S. 313. m v. Bar, S. 248, meint, daß es im Hinblick auf § 1542 RVO in einer großen Zahl von Fällen nur wegen des Schmerzensgeldes sinnvoll sei, zu prozessieren. U3 Vgl. Medicus, Festschrift Kern, S. 313, 328. Mertens, VersR 1980,-397; 406, stellt fest, daß die Einordnung deliktischer Pflichten in vertragsrechtliche Konzeptionen zu einem wenig sachgerechten Ausschluß des Schmerzensgeldanspruchs in gewissen Fällen der Verkehrspflichtverletzung geführt habe. Siehe auch MünchKomm I Mertens § 847 Rdn. 1, 11; Soergell Zeuner § 847 Rdn. 7 f.; Staudinger I Schäfer § 847 Rdn. 16 f. tu Vgl. insbes. Deutsch, Haftungsrecht I, S. 87. v. Bar, S. 248, vertritt die Ansicht, daß das im "angeblichen Vertragsrecht entwickelte Gedankengut im Hinblick auf § 847 wieder auf eine höhere Stufe in das Recht der unerlaubten Handlung zurückgeholt" werden müsse. Dem ist· unabhängig von den Bestrebungen, einen Schmerzensgeldanspruch auch für bestimmte Vertragsverletzungen zu gewähren, zuzustimmen. Zu den Reformbestrebungen z. B.: Staudinger I Schäfer § 847 Rdn. 17. 117

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IIr. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

Wohl aus diesem Grund ist in den meisten Gerichtsentscheidungen zu Sportstätten-Unfällen die Haftung des Verkehrspflichtigen ausschließlich oder zumindest schwerpunktmäßig mit deliktsrechtlichen Erwägungen begründet worden. Selbst die Vertreter der Lehre vom "sozialen Kontakt" nennen - soweit ersichtlich - den Sozialbereich Sport nicht als Beispiel für eine "vertragsähnliche Sonderbeziehung"145. Zumindest hinsichtlich der besonderen Beziehungen zwischen einem Sportverein und seinen Mitgliedern würde das nahe liegen. Es handelt sich zwar nicht um eine rechtsgeschäftliche, sondern um eine ausschließlich gesellschaftliche Beziehung148• Diese hebt sich jedoch aus der "allgemeinen Bürger-Bürger Beziehung" hervor; sie bewirkt soziale Kontakte zwischen bestimmten, individualisierbaren Personen und ist institutionalisiert. Dennoch wird sie dem Deliktsrecht zugewiesen lC7• Zusammenfassend ist festzustellen, daß innerhalb des SportstättenHaftungsrechtes auf die Entwicklung "vertragsähnlicher Sonderbeziehungen", die weder unmittelbare noch mittelbare rechtsgeschäftliche Bezugspunkte aufweisen, zu verzichten ist. Die Lösung deliktsrechtliche Probleme bleibt dem Deliktsrecht vorbehalten148• V. Deliktisdle Entstehungsgriinde ftlr sportstlttenund sportbetriebsbezogene Verkehrspflidlten Erfolgt die Sportstätten-Nutzung nicht auf vertraglicher Grundlage 149 , oder überschreiten Sporttreibende die ihnen vertraglich eingeräumten Befugnisse, ist zu prüfen, ob ein allgemeiner, nur deliktsrechtlich relevanter Entstehungsgrund für Sportstätten- und Sportbetriebs-Verkehrspflichten erfüllt ist. In diesem Bereich geht es um Vertrauensbeziehungen zwischen Sportstätten-Verantwortlichen und Sportlern, die nicht auf einem Vertrag beruhen150, mithin um einen "sozialen Kontakt". Bei der Bewertung und Entwicklung deliktsrechtlicher Zurechnungsgründe ist zu beachten, daß das Vertrauen ein zweiseitiger Tatbestand ist: Er beinhaltet auf der einen Seite ein Verhalten, das dazu geeignet ist, Vertrauen zu erwecken; auf der anderen Seite setzt er die Gewährung von Vertrauen in 145 Vgl. in diesem Zusammenhang aber auch: FüHgraf, VersR 1983, 705, 706; Grunsky, S. 35 ff. Krähe, S. 322 ff., entwickelt dagegen eine vertragsrechtliche Vereinbarung der DFB-Spielregeln. Siehe noch Fritzweiler, Haftung bei

Sportunfällen, S. 12 ff. 146 Fritzweiler, Haftung bei Sportunfällen, S. 16, spricht von personenrechtlichen Beziehungen zwischen Vereinen und ihren Mitgliedern. 147 Nur ausnahmsweise werden zwischen Sportverein und Vereinsmitglieden Verträge geschlossen; hierzu unten, S. 124 f. u. 126 f. 148 Zur Haftung der Sportstätten-Verantwortlichen bei Einschaltung von Verrichtungsgehilfen unten, S. 309 ff. u. 365 ff. 149 V gl. oben, S. 52 f., 56 ff. 150 Einzelheiten zur Entstehung von Sportstätten-Verkehrspflichten durch Vertrag noch unten, S. 105 ff.

1. Kap.: Vertrauenstatbestände bei Benutzung von Sportstätten

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eben dieses Verhalten voraus Ul • Demgemäß entstehen Sportstätten-Verkehrspflichten nicht schon deshalb, weil die Sportler darauf vertrauen, daß der Sportstätten-Sicherheitsstandard15!, eingehalten ist. Das Vertrauen muß vielmehr einen bestimmten, im Verhalten des Sportstätten-Verantwortlichen begründeten Bezugspunkt aufweisen und darf nicht lediglich allgemeiner Natur sein. Häufigster Vertrauenstatbestand und damit typischer deliktischer Entstehungsgrund für Verkehrspflichten ist die Verkehrseröffnung l53 beziehungsweise Zugangseröffnung 154 • Spiegelt ein Gefahrverantwortlicher durch Eröffnung des Verkehrs Risikofreiheit vor, stellt sich der betroffene Personenkreis darauf ein, sich in einer gefahrfreien Zone zu bewegen, auf die Abwesenheit besonderer Gefahren vertrauen zu dürfen 155 • Der zweite, gerade für das Sportstätten-Haftungsrecht besonders bedeutsame deliktische Zurechnungsgrund geht vom Nichtvorliegen einer Verkehrseröffnung aus; es handelt sich um das Unterlassen der Zugangsverhinderung oder Zugangserschwerung 15fl , also um eine zurechenbare, vom Willen des Verantwortlichen unabhängige Zugangsermöglichung. Diese grundsätzliche Abgrenzung ist vor allem für die rechtliche Bewertung der Verkehrspflichtenentstehung trotz "unbefugter" Sportstätten-Nutzung l57 von Bedeutung. Das Zurechnungsproblem bei "unbefugter" Nutzung Siehe Ballerstedt, AcP 151, 501, 507 (Fußn. 17). Der Standard wird von der Gesamtheit aller Verkehrspflichten für eine bestimmte Sportstätte gebildet. Zur Pflichtenbestimmung unten, S. 212 ff. 153 Vgl. die bereits auf S. 49 (Fußn. 1) zitierten Entscheidungen. Siehe außerdem: Deutsch, JZ 1968, 721, 722; ders., VersR 1971, 1, 4; Marburger, JurA 1971, 481, 483ff.; Schwab, JZ 1967, 13, 17ff.; Ermanl Drees § 823 Rdn. 56; MünchKomm I Mertens § 823 Rdn. 186; Palandt I Thomas § 823 Anm. 8 a und b; Soergell Zeuner § 823 Rdn. 104; Staudinger I Schäfer § 823 Rdn. 267, 273 ff. Hinzuweisen ist noch auf v. Bar, S. 118, 235, 248, der die Verkehrseröffnung ausdrücklich als Beispiel für einen Vertrauenstatbestand nennt (S. 248: "Sachhalterhaftung aus Verkehrseröffnung, welche der Inanspruchnahme und Gewährung von Vertrauen entspricht"). 154 Diesen Begriff setzt Schwab, JZ 1967, 13, 17 ff., dem Begriff "Verkehrseröffnung" gleich. 155 So v. Bar, S. 118. 158 Grundlegend Schwab, JZ 1967, 13, 17 u. 19 f.; ihm folgend Marburger, JurA 1971, 481, 505 ff. a. A. Schröder, AcP 179, 567, 570, 571, der schon die bloße "Beherrschung einer Gefahrenlage", die "Zumutbarkeit der Gefahrenabwehr" für pflichtenbegründend hält. Die Auffassungen dürften sich nur im dogmatischen Ansatz, nicht im Ergebnis unterscheiden: Die Beherrschbarkeit der Gefahr ist wesentliches Kriterium bei der Ermittlung des Pflichtenträgers und des Pflichtenumfangs (so überzeugend v .. Bar, S. 122), also lediglich Auslegungsmerkmal bei der Feststellung eines verkehrspflichtbe151

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gründenden Vertrauenstatbestandes. 157 Nach h. M. sei die Verkehrspf!ichthaftung gegenüber "Unbefugten" nicht von vornherein ausgeschlossen, sondern fordere eine besondere Zurechnungsprüfung; siehe: BGH VersR 1959, 732; BGH VersR 1975, 87 = NJW 1975, 108; LG Frankfurt VersR 1973, 728; Marburger, JurA 1971, 481, 483 ff.; Mertens, VersR 1980, 397, 402; Schröder, AcP 179, 567; 572 ff.; Schwab, JZ 1967, 13,

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II!. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspftichten

stellt sich sowohl bei einer beschränkten Verkehrseröffnung als auch bei einer Nutzung ohne feststellbare Verkehrseröffnung lS8 • Es geht also nicht um die Frage, ob eine Nutzung "befugt" oder "unbefugt" istm . Die Befugnis richtet sich nach dem Willen des Verantwortlichen, der seine Verantwortlichkeit nicht durch einseitige Erklärungen bestimmen oder begrenzen kann: "Art und Umfang der Verkehrssicherungspftichten sind jedoch, da es um deliktsrechtliche Verhaltensnormen geht, ohne Rücksicht auf den Willen des Inanspruchgenommenen rein objektiv zu bestimmen uo ." Auf die Verkehrspftichtentstehung trotz eines entgegenstehenden Willens des SportstättenVerantwortlichen wird an anderer Stelle zurückzukommen seinlU. Neben den vorgenannten Hauptgründen für eine Zurechnung der Sportstätten-Gefahren gibt es eine Vielzahl anderer Gründe für die Entstehung von sportstätten- bzw. sportbetriebsbezogenen Verkehrspflichten. Die Zweiteilung hat keinen abschließenden Charakter18!. Die Verkehrspflichthaftung ist eine Vertrauenshaftung 183 • Für die Begründung von Vertrauensbeziehungen lassen sich keine festen Regeln aufstellen. Das Vertrauen auf Verkehrssicherheit einer Sportstätte kann aus den verschiedensten Gründen gerechtfertigt sein. Die Verkehrseröffnung und das Unterlassen der Zugangsverhinderung bzw. der Zugangserschwerung sind nur Beispiele für die Begründung einer verkehrspflichtauslösenden Vertrauensbeziehung 184 • Im Bereich der Sportstätten-Haftung sind es zwar typische Zurechnungsgründe, aber keine abschließende und haftungsabgrenzende Grundsätze.

17 ff.; v. Bar, S. 119 u. S. 186 ff.; Esser I Weyers, Schuldrecht BT 2, § 55 V 2 d, S. 161 f.; MünchKomm/Mertens § 823 Rdn. 185; Soergell Zeuner § 823 Rdn. 118. Im Ergebnis ebenso, jedoch nur für bestimmte Fälle der Verkehrseröffnung: RGRK I Steffen § 823 Rdn. 161 - 164; Staudinger I Schäfer § 823 Rdn. 278 - 282. a. A. z. B.: Fikentscher, § 103 I!I 4, S. 632; Weisemann, Rdn. 118 (Keine Haftung für Verkehrssicherheit bei widerrechtlichem Betreten). Stoll, Handeln auf eigene Gefahr, S. 89 (m. w. N.), vertritt die Ansicht, unbefugten Grundstücksbesuchern gegenüber bestehe keine deliktische Sicherungspfticht. so daß diese Personen "auf eigene Gefahr" handelten. 1S8 So zu Recht Marburger, JurA 1971, 481, 483 ff. bzw. 505 ff.; Schwab, JZ 1967, 13, 17 ff. bzw. 19 f.; a. A. Mertens, VersR 1980, 397, 402, und Münch Komm I Mertens § 823 Rdn. 28, 186: Der Gedanke der Verkehrseröffnung begründe nur gegenüber dem zugelassenen Verkehr eine Haftung, greife jedoch gegenüber Unbefugten prinzipiell nicht ein. 159 v. Bar, S. 187; kritisch zu dieser Unterscheidung auch Marburger, JurA 1971, 481, 482 f. 180 v. Bar, S. 187; vgl. auch Schwab, JZ 1967, 13, 17. 1'1 Vgl. unten, S. 187 ff., 193 ff. IS! a. A. Marburger, JurA 1971, 481, 505 (Fußn. 105): Die Zweiteilung habe den Vorzug, daß sie die Haftungstatbestände der Verletzung einer Verkehrssicherungspfticht systematisch und erschöpfend in zwei Gruppen aufteile. 183 Vgl. oben, S.49 ff. m So wohl auchv. Bar, S. 117 ff. und S. 186 ff.

1. Kap.: Vertrauenstatbestände bei Benutzung von Sportstätten

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C. Die gesetzlichen Entstehungsgründe für gesetzlich geregelte Verkehrspftichten Zumindest begrifflich sind die Gründe für eine Zurechnung allgemeiner, judizieller Verkehrspflichten18S von den rechtlichen Gründen der Entstehung gesetzlicher Verkehrspflichten zu unterscheiden. Gesetzliche Haftungstatbestände, in denen Verkehrspflichten gesetzlich normiert werden, sind § 83pee und §§ 833 Satz 2, 834 187 sowie §§ 836838 188 • Das Verhältnis der gesetzlichen zu den judiziellen Pflichten hat Mertens 189 treffend in folgendem Satz zusammengefaßt: "Die gesetzlichen Verkehrspflichttatbestände sind heute schwimmende Bojen in der bewegten See der judiziellen Verkehrspflichten." Die §§ 831, 833 Satz 2, 834, 836 - 838 regeln nur einen kleinen Bereich aus dem umfassenden Anwendungsgebiet der Verkehrspflichten. Selbst in diesem kleinen Bereich sind sie nicht leges speciales, denn sie schränken den Anwendungsbereich der allgemeinen Verkehrspflichthaftung noch nicht einmal teilweise ein 170. Das gilt auch für § 83p71. 185 Begriff siehe z. B. Mertens, VersR 1980, 397 - 401; MünchKomm f Mertens § 823 Rdn. 2, 11, 21 f. So allgemein Mertens, VersR 1980, 397, 400: ,,§ 831 betrifft die Verkehrs-

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pflicht des Geschäftsherrn zu sachgerechter Personenauswahl und -kontrolle und zu einer darauf zugeschnittenen Organisation seines Unternehmens." Siehe auch v. Bar, S. 241 f.; MünchKomm f Mertens § 823 Rdn. 11 und § 831 Rdn. 1; unklar Staudinger I Schäfer § 831 Rdn. 15. 117 Im Grundsatz ebenso v, Bar, S. 22 f. und S. 124. Siehe auch die Ausführungen von MünchKomm I Mertens § 833 Rdn. 2: "Dogmatisch ist Satz 2 heute ... als Haftung wegen Verletzung einer Verkehrs(sicherungs)-pflicht ... einzuordnen, die darauf abzielt, den Verkehr vor den von den Tieren ausgehenden Gefahren zu bewahren ... " 188 Die §§ 836 - 838 werden auch von der Rechtsprechung als Anwendungsfall des' allgemeinen Rechtsgedankens der Verkehrssicherungspjlicht verstanden: So z. B. RG HRR 1935, 730; BGHZ 58, 149, 156; BGH WPM 1976, 1056. Siehe außerdem Mertens, VersR 1980, 397, 400; v. Bar, S. 19 f.; Münch Komm / Mertens § 836 Rdn. 1 und § 823 Rdn. 11. 110 Mertens, VersR 1980, 397, 401. 170 Durch die Entwicklung judizieller Verkehrspjlichten sind die Einschränkungen, mit denen alle gesetzlichen Verkehrspflichttatbestände versehen wurden, wieder abgebaut worden. Mertens hält die sich daraus ergebende Konkurrenz zwischen § 823 einerseits und den §§ 831 ff. andererseits für "merkwürdig" (Mertens, VersR 1980, 397, 401) und "schizophren" (Münch Komm / Mertens § 823 Rdn. 11). Zur Korrektur der gesetzlichen durch allgemeine Verkehrspjlichten vor allem v. Bar, S. 19 ff. und S. 241 ff. Siehe auch MünchKomm / Mertens § 836 Rdn. 3: Es sei jedenfalls eindringlich vor dem Mißverständnis zu warnen, daß in den Fällen, in denen ein Tatbestandsmerkmal des § 836 nicht erfüllt sei, keine Haftung aus Verletzung der Verkehrssicherungspflicht in Betracht kommen könne. 171 Nach h. M. werden die in § 831 geregelten Verkehrspflichten durch umfassende und vielfältige allgemeine Aufsichts-, V'berwachungs- und Organisationspjlichten usw. ergänzt: Vgl. z. B. RGZ 113, 293, 296 f;; BGHZ 4, 1,3; 24, 200, 213 f.; BGH BB 1970, 686, 687; BGH NJW 1962, 1245, 1246; BGHNJW

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IIr. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

Aus diesem Grund ist die praktische Bedeutung der gesetzlichen Verkehrspflichttatbestände sehr gering172 • Nicht nur der Verkehrspflichtinhalt, sondern auch die jeweiligen

Entstehungsgründe sind gesetzlich normiert. Die Haftung aus § 831

trifft denjenigen, welcher einen anderen zu einer Verrichtung bestellt. Für die Tiergefahren sind die Tierhalter (§ 833) oder Tieraufseher (§ 834) verantwortlich. Die besondere Verkehrspflichthaftung für Gebäude trifft den Eigenbesitzer (§ 836 III) bzw. andere dingliche Berechtigte (§ 837) und den Gebäudeunterhaltspflichtigen (§ 838). Die Verkehrspflichten beruhen also nicht - wie bei der allgemeinen Verkehrspflichthaftung - auf übergeordneten Erwägungen, die gewissermaßen "vor die Klammer" gezogen werden könnten. Die gesetzlich geregelten Entstehungsgründe für Verkehrspflichten sind nicht mehr als Tatbestandsmerkmale der gesetzlichen Verkehrspflichttatbestände. Sind im Einzelfall die Voraussetzungen dieser Zurechnungsgründe nicht erfüllt, oder ist die gesetzlich geregelte Verkehrspflicht nicht verletzt, bleibt immer zu prüfen, ob nicht ein allgemeiner Entstehungsgrund für Verkehrspflichten und ein Verstoß gegen eine judizielle Verkehrspflicht festgestellt werden kann 173 : "Das Anwendungsgebiet der Verkehrspflichten ist weder auf bestimmte Lebensgebiete noch auf eine Haftung für gefährliche Gegen1975, 533 ff. = MDR 1975, 391 ff. = LM Nr. 7 zu § 823 (H); BGH NJW 1980, 223 und 2810, 2811; Mertens, VersR 1980, 397, 408; Esser / Weyers, Schuldrecht BT 2, § 55 V 2 b, S. 159; Larenz, Schuldrecht II, § 72 I d, S. 542 (Fußn. 2); Medicus, Rdn. 356, S. 326; Erman / B. Drees § 823 Rdn. 5, 61; MünchKomm / Mertens § 831 Rdn. 3, 5 f., 22; Palandt / Thomas § 823 Anm. 8 d; RGRK / Steffen § 823 Rdn. 132, 156, 166 und 235 sowie § 831 Rdn. 6 f. und 52 f.; Soergel / Zeuner § 823 Rdn. 124 f.; Staudinger / Schäfer § 831 Rdn. 15, 170 - 172. Kritisch: Vollmer, JZ 1977, 371 ff.; Westen, Festschrift Hippel, S. 591 ff.; v. Bar, S. 23 ff., 34 ff. und 240 ff. Die Konstruktion von deliktischen Hilfspflichten zur überwindung des § 831 I 2 ist aus den gleichen Gründen zu kritisieren wie die "vertragsähnlichen Sonderbeziehungen": Es handelt sich um "unehrliche Lösungen", weil sie die restriktive Auslegung des § 831 I 2 an anderer Stelle rückgängig machen. Siehe noch unten, S. 309 ff. m So vor allem v. Bar, S. 19 f. (§§ 836 - 838), 22 (§§ 833 Satz 2, 834), 23 f., 243 (§ 831) und 25 (allgemein). 173 Besonders deutlich wird das bei der Beurteilung der "DachlawinenFälle" (vgl. BGH NJW 1955, 300 = VersR 1955, 82; OLG Celle VersR 1982, 775; AG Marburg VersR 1982, 103; AG Wangen VersR 1979, 723; Gaisbauer, VersR 1971, 199 ff.; v. Bar, S. 19 Fußn. 83 a; Staudinger / Schäfer § 836 Rdn. 33): Wird ein Passant durch eine vom Hausdach herabfallende "Schneelawine" verletzt, ist § 836 nicht anwendbar, weil es sich nicht um eine "Ablösung von Teilen des Gebäudes" handelt. Die Verkehrspflicht aus § 836 wird jedoch durch judizielle Verkehrspflichten ergänzt. Danach sind Passanten auch vor der Gefahr des Abgehens von "Dachlawinen" zu sichern. Die Gründe für die Zurechnung sind identisch. Die Passanten vertrauen in erster Linie darauf, daß sie der Eigenbesitzer des Hausgrundstücks als Zustandsverantwortlicher vor "Dachlawinen"-Gefahren schützt. Unerheblich ist, daß der Eigenbesitzer nichts mit dem öffentlichen Verkehr zu tun hat. Bei der Sportstätten-Haftung bedarf es nicht immer eines Rückgriffs auf dinglich Berechtigte, weil die von einer Sportstätte für außenstehende Dritte ausgehenden Gefahren immer von Sportlern, also den Teilnehmern an einem Verkehr, "vermittelt" werden. Die Gefahrenzurechnung richtet sich allein nach der Verantwortlichkeit für die-

1. Kap.: Vertrauenstatbestände bei Benutzung von Sportstätten

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stände beschränkt. Es geht in einem umfassenden Sinne um die Steuerung von Gefahren, einerlei, aus welcher Quelle sie stammen174."

D. Besonderheiten der Verkehrspflichtentstehung bei öffentlich-rechtlich verwalteten Sportstätten Es kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß die Zurechnung von Gefahren, die von einer nach öffentlich-rechtlichen Grundsätzen betriebenen Sportstätte ausgehen, grundsätzlich auf den gleichen Erwägungen beruht wie bei privaten Sportstätten. Die Entstehung von Verkehrspflichten oder entsprechender Pflichten des Öffentlichen Rechts beruht zwar auch dann auf Vertrauensschutzgesichtspunkten, wenn der Sportstätten-Verantwortliche eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist. Hinsichtlich der Entstehungsgründe fÜI diese Pflichten muß jedoch differenziert werden, da bereits durch sie die" Weichenstellung" in das private Haftungsrecht oder öffentlich-rechtliche Entschädigungsrecht erfolgt175 • Bei der Sportstätten-Nutzung innerhalb bereits bestehender besonderer Gewaltverhältnisse178 liegt die Annahme nahe, daß es einen besonderen öffentlich-rechtlichen Grund für die Gefahrenzurechnung gibt. Werden öffentliche Sportstätten außerhalb besonderer Gewaltverhältnisse benutzt177 , ist auf vertraglicher Ebene zwischen privatrechtLichen Sportstätten-Nutzungsverträgen und öffentlich-rechtlichen Verträgen bzw. Verwaltungs akten zu unterscheiden; auf deliktsrechtlicher Ebene ist danach zu fragen, ob die allgemeinen deliktischen Zurechnungsgründe unmittelbar anwendbar17s oder zumindest mittelbar auf öffentlich-rechtliche Haftungsverhältnisse übertragbar 179 sind l80 • sen Verkehr. Zu den Verkehrspflichten zum Schutz Außenstehender noch unten, S. 165 ff., 302 ff. 174 So überzeugend v. Bar, S. 21. 175 Siehe bereits oben, S. 39 f.

178 Sportunterricht an öffentlichen Schulen; Hochschul- und Polizeisport; Sport innerhalb des Bundeswehr- und Bundesgrenzschutzdienstes; Sport im Strafvollzug.. Siehe auch Fritzweiler, Haftung bei Sportunfällen, S. 17 f. 177 Sportbetrieb auf Gemeindesportplätzen oder in gemeindlichen Sporthallen, in öffentlichen Badeanstalten, auf öffentlichen Kinderspielplätzen, Rodelbahnen, Trimm-Dich-Pfaden usw.

178 Das wäre der Fall, wenn die deliktischen Zurechnungsgründe z. B. die Eröffnung des Sportstätten-Verkehrs - entweder privatrechtliehe Verkehrspflichten oder unmittelbar, ohne daß es noch eines zusätzlichen öffentlichrechtlichen Grundes bedürfte, Amtspflichten in Form von Verkehrspflichten auslösen würden. 179 Die deliktischen Zurechnungsgründe wären zwar nicht unmittelbar amtspflichtbegründend, jedoch zumindest von mittelbarer Bedeutung für die Entstehung von Amtspflichten, die sich inhaltlich nicht von den Verkehrspflichten unterscheiden würden. 180 Ohne jede Differenzierung Weisemann, Rdn. 234 ff. (S. 92 ff.), dessen Ausführungen aus dogmatischer Sicht nicht überzeugen können.

78

IH. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

I. Die Zurechnung der Sportstätten-Gefahren beim Sport innerhalb besonderer Gewaltverhiltnisse

Innerhalb besonderer GewaZtverhäZtnisse obliegen dem Gewalthaber gegenüber den Gewaltunterworfenen umfassende Fürsorgepjlichten181 • Inhalt und Umfang dieser Pflichten richten sich nach dem jeweils in Frage stehenden besonderen Gewaltverhältnis. Sie f~lgen aus einer besonderen Vertrauensbeziehung zwischen Gewalthaber und Gewaltunterworfenem. Zumindest die den gewaltunterworfenen Beamten gegenüber obliegenden Pflichten ähneln den Pflichten der Dienstherren beziehungsweise Arbeitgeber in privatrechtlichen Dienst- und Arbeitsverhältnissen. Insoweit ist der Rechtsgedanke des § 618 auf die öffentlich-rechtliche Beziehung übertragbar I8!. Es besteht eine "schuldrechtsähnliche Sonderverbindung"183, so daß die schuldhafte Verletzung von Fürsorgepflichten zur unmittelbaren Schadenshaftung des DienstherTn führtl 84 . Ähnlich könnte man - mit Ausnahme 181 Zu den Fürsorgepj!ichten der Schulträger, Sportlehrer und Träger der Schullasten gegenüber den Schülern an öffentlichen Schulen: RGZ 21, 254 ff. (Unterrichtsbezogene Wettkämpfe); RG JW 1938, 223 (Volksschul-Schwimmunterricht); RG DR 1941, 2561 f. (Abgrenzung öffentlich-rechtliche Fürsorge! privatrechtliche Verkehrssicherung); BGH VersR 1955, 742 (Schulsport); BGH VersR 1957, 201 f. = FamRZ 1957, 132 f. (überprüfung von Schulturngeräten durch den Träger der Schullasten); BGH VersR 1958, 705 f. = MDR 1958, 752 f. = LM § 839 (e) Nr. 40 (Amtspflichten einer Lehrkraft beim Schulsport); BGH VersR 1962, 825 (Unfall eines Schülers durch fehlerhaftes Spielgerät auf dem Schulhof); BGH VersR 1963, 1146 = NJW 1963, 1828 = LM § 839 (Fd) Nr. 12 (Amtspflichten der Lehrer an öffentlichen Schulen); BGH VersR 1969, 187 f. (Fürsorgepflichten des Lehrers beim Reckturnen); OLG Celle VersR 1962, 1187 (Startsprünge in zu flaches Wasser beim Schwimmunterricht); OLG Frankfurt NJW 1967, 632 (Völkerballspiel mit schwerem Medizinball); OLG otdenburg VersR 1968, 655 f. (tiefreichendes Drahtglasfenster in Schulturnhalle); OLG Düsseldorf VersR 1965, 1179 ff. (Langstreckenlauf während des Turnunterrichts); Reichert, S. 178 ff. (m. w. N.); Fritzweiler, Haftung bei Sportunfällen, S. 114 ff.; Weisemann, Rdn. 236 ff. (S. 93 ff.), 243 ff. (S. 95 H.) und 260 ff. (S. 103 H.). Zu den Fürsorgepj!ichten gegenüber Beamten und Soldaten: BVerwGE 13, 17 ff. = NJW 1961, 2364 ff. (Abgrenzung zwischen Fürsorgepflichten des öffentlich-rechtlichen Dienstherrn und Amtspflichten); BGH NJW 1965, 929 f.; BGHZ 43, 178 ff.; Reichert, S. 175 f. (Beamte) und S. 177 f. (Soldaten); Palandt I Thomas § 839 Anm. 5 A (Fürsorgepflichten gegenüber Beamten allgemein). Siehe auch § 79 BBG (für Bundesbeamte). Zu den Fürsorgepjlichten innerhalb des Strafvollzugs: BGH NJW 1956, 1399 f.; Reichert, S. 183 f. (Sport im Strafvollzug). 182 BVerwG NJW 1961, 2364, 2365 f.; BGH NJW 1965, 929 f.; BGHZ 43, 178, 184; Reichert, S. 176; Palandt I Thomas § 839 Anm. 5 A. Zur Entwicklung Ossenbühl, S. 224 ff. 183 Palandt I Thomas § 839 Anm. 5 A. 184 So BGHZ 43, 178, 184 f., unter Aufgabe der in BGHZ 29, 310, 312, ge-

äußerten Rechtsauffassung und unter Berufung auf die allgemeinen Grundsätze "der deutschen Rechtsordnung, wie sie in den §§ 276, 278, 618 Abs. 3 BGB zum Ausdruck gelangt und im öffentlichen Dienstrecht anzuwenden sind ......

1. Kap.: Vertrauenstatbestände bei Benutzung von Sportstätten

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des Strafvollzugsverhältnisses 18ö und vielleicht auch nicht unter Rückgriff auf § 618 - bei allen anderen besonderen Gewaltverhältnissen argumentieren. Auf die Einzelheiten ist hier nicht einzugehen. Die Beziehung zwischen Gewalthaber und Gewaltunterworfenen ist zwar "schuldrechtsähnlich" bzw. "vertragsähnlich", jedoch öffentlich-rechtLicher Natur. Die Haftung des Gewalthabers richtet sich nach besonderen öffentlich-rechtlichen Grundsätzen und nicht nach den Haftungsregeln des Privatrechts. Daß die Verwaltungsgerichte nur in Teilbereichen für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten zuständig sind18B, ändert hieran nichts. Die aus dem besonderen Gewaltverhältnis abgeleiteten Fürsorgepflichten können nicht von den Verkehrspjlichten abgegrenzt werden. Die Verkehrspjlichten bilden einen Teilbereich 187 der umfassenden Fiirsorgepjlichten 188 • Aus diesem Grund handelt es sich im Verhältnis Gewalthaber - Gewattunterworfener

um öffenUich-rechUiche Pjlichten.

Die Verkehrspflichten folgen unmittetbar aus dem besonderen Gewaltverhältnis, sind hinsichtlich der sportstätten- und sportbetriebsbezogenen Pflichten bei aUen Gewaltverhmtnissen gleichartig 189 und unter185 Zu den Besonderheiten des Inhalts der Fürsorgepjlichten im Strafvollzugsverhältnis gegenüber anderen Gewaltverhältnissen: BGHZ 21, 214 ff. = NJW 1956, 1399 f.; BGHZ 25, 231, 238 = NJW 1957, 1925; BGH NJW 1962, 1053,

1054.

18B Gem. § 40 II VwGO sind grundsätzlich die ordentLichen Gerichte für Schadensersatzansprüche aus Amtspflichtverletzung zuständig. Unberührt bleiben die in Sondergesetzen enthaltenen Zuständigkeitsvorschriften: So sind z. B. für Schadensersatzansprüche von Beamten gegen ihren Dienstherrn aus dem Beamtenverhältnis die Verwaltungsgerichte zuständig; vgl. §§ 126 I BRRG, 172 BBG. Zur Abgrenzung der Zuständigkeiten (Zivil- oder Verwaltungsgericht) bei Schadensersatz- bzw. Schmerzensgeldklagen von Beamten: BGH NJW 1961, 2364 f.; BGH NJW 1965, 929 f.; BGHZ 43,178,186 f. 187 So wohl auch Reichert, S. 175 ff., der die Verkehrssicherheit von Sportstätten mehrfach als Beispiel für eine Fürsorgepjlicht nennt: "Bereitstellung sportgemäßer und verkehrssicherer Sportstätten" (S. 175: Fürsorgepjlicht des Dienstherrn von Beamten); "Vorhandensein einwandfreier Sportgeräte" (S. 178: Fürsorgepjlicht gegenüber Soldaten); "Der Schulträger muß verkehrssichere Sporträume und Geräte zur Verfügung stellen" (S. 179); "Spiel- und Sportgeräte müssen so beschaffen sein, daß mit ihrer sachgemäßen Benutzung keine Gefahr ... verbunden ist" (S. 180: Fürsorgepjlicht des Schulträgers); "Eine evtl. vorhandene Sport anlage muß verkehrssicher sein ... " (S. 184: Fürsorgepjlicht des Staates gegenüber Personen im Strafvollzug). Unklar Fritzweiler, Haftung bei Sportunfällen, S. 114 ff., und Weisemann, Rdn. 236 ff. (S. 93 f.), 236 ff. (S. 96 ff.), 252 f. (S. 99 f.) und 260 ff. (S. 103 ff.). 188 a. A. wohl BGH VersR 1957, 201 (Leitsatz), wonach die überprüfung von Schulturngeräten durch den Träger der Schullasten eine öffentlich-rechtliche Fürsorgepjlicht gegenüber den Schülern und keine Verkehrssicherungspjlicht sei. Es kann sich allerdings auch um ein redaktionelles Versehen handeln, denn das gleiche Urteil ist in FamRZ 1957, 132, ohne diese Unterscheidung abgedruckt. Anders BGH NJW 1963, 1828 = LM § 839 (Fd) BGB Nr. 12; Weisemann, Rdn. 278 (S. 108). 18t a. A. Reichert, S. 183 f.: "Diese Freiheitsentziehung hat eine Fürsorgepflicht des Staates zur Folge ... Diese Fürsorgepflicht des Staates besteht auch bei den Sportausübungen von Gefangenen und Arrestanten ... Die Fürsorgepflicht des Staates kann aber nicht so weit gehen, wie etwa bei Beamten. Es

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III. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

scheiden sich inhaltlich nicht von den Pflichten, die den privaten Sportstätten-V erantwortZichen obliegen. Zu beachten ist lediglich, daß bei Verletzung von Verkehrspflichten, die aus öffentlich-rechtlichen Gewaltverhältnissen abgeleitet werden, andere Anspruchsgrundlagen als bei zivilrechtlich begründeten Verkehrspflichten in Betracht kommen. Darauf ist noch zurückzukommen190• Die Verkehrspflichten der Gewalthaber erstrecken sich nicht nur auf den planmäßigen Sport, das heißt, auf die in einem Dienst-, Lehr- beziehungsweise sonstigen Organisationsplan angeordnete sportliche Betätigung, welche unmittelbarer Bestandteil des besonderen Gewaltverhältnisses ist191 • Der außerplanmäßige Sportbetrieb ist dem besonderen Gewaltverhältnis mittelbar zuzurechnen, wenn er mit dem Gewaltverhältnis in einem engen Zusammenhang steht. Das ist zum Beispiel der Fall, wennn die sportliche Betätigung vom Gewalthaber angeordnet bzw. genehmigt worden ist192 , überwiegend den Interessen des Gewaltverhältnisses und nicht privaten Interessen dient1 93 und/oder von einer der Sphäre des Gewalthabers angehörenden Person geleitet bzw. bemüssen aber gewisse Mindestvoraussetzungen zum Schutz von Gefangenen bei der Sportausübung gefordert werden." Der Einschränkung kann nicht gefolgt werden. Die Fürsorgepflichten haben zwar bei jedem besonderen GewaUverhäUnis einen anderen Inhalt. Hinsichtlich der Verkehrspjlichten für Sportstätten fehlt es aber an einem sachlichen Grund für eine Ungleichbehandlung. Sie beschreiben den objektiv gebotenen Sicherheitsstandard, der von der zugrundeliegenden personellen Beziehung, die lediglich verkehrspflichtauslösend ist, nicht beeinflußt wird. uo VgI. unten, S. 334 ff. bzw. S. 340 ff. 181 VgI. auch Reichert, S. 175 (unmittelbarer Zusammenhang zwischen Unfall und Beamtendienst erforderlich), 178 (sportliche Betätigung im Rahmen des Schulunterrichts), 177 (sportliche Betätigung von Soldaten im Rahmen eines Dienstplans). 192 Ebenso wohl Reichert, S. 178, der dem dienstlich angeordneten bzw. außerhalb des Dienstplans genehmigten Soldaten-Sport die dienstlich erwünschte oder geförderte sportliche Betätigung gegenüberstellt. Die Abgrenzungskriterien sind auf alle besonderen GewaltverhäUnisse übertragbar. Beispiel sind die sportlichen "Arbeitsgemeinschaften" an öffentlichen Schulen: Ein Teilnahmezwang besteht für die Schüler nicht. Sie bedürfen jedoch einer Genehmigung und sind deshalb mittelbare Bestandteile des Lehrverhältnisses. Für den Sport im Strafvollzug ist ein genehmigungsfreier Sport undenkbar, so daß er immer zumindest mittelbar Bestandteil des Strafvollzugs ist. 183 So auch Reichert, S. 176 (Beamte) und S. 178 (Soldaten); auch dieses Merkmal gilt für alle besonderen Gewaltverhältnisse gleichermaßen. So ist z. B. beim Hochschulsport zu fragen, ob der außerplanmäßige Sport mittelbar Studienzwecken, der Erreichung des Studienziels dient oder nicht. Bei Sportstudenten, die auf dem Universitäts-Sportgelände Sport treiben, wird man die Studienbezogenheit kaum einmal verneinen können. Studenten anderer Fachrichtungen verfolgen dagegen überwiegend private Interessen, so daß der Sport auf der Universitäts-Sportstätte auch nicht mittelbarer Bestandteil des Gewaltverhältnisses ist. (Ausnahme: Zurverfügungstellung der sportlichen Leistung für eine Universitäts-Mannschaft usw.). Die Verkehrspflicht-Entstehung ist nach allgemeinen privatrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen.

1. Kap.: Vertrauenstatbestände bei Benutzung von Sportstätten

81

aujsichtigt 19 4, also von der Autorität des Gewalthabers getragen wird190 •

Die auf dem Gewaltverhältnis beruhende und daher schutzwürdige Erwartungshaltung der sporttreibenden Gewaltunterworfenen besteht auch in diesem Bereich. Eines Rückgriffs auf die allgemeinen Entstehungsgründe für Verkehrspflichten bedarf es nicht. Kann die sportliche Betätigung der Gewaltunterworfenen nicht als mittelbarer Bestandteil des besonderen Gewaltverhältnisses gedeutet werden, ist sie der privaten Sphäre der Gewaltunterworjenen zuzurechnen 196 • Sportstätten-Verkehrspflichten des Gewalthabers sind dann nicht - als Bestandteil der Fürsorgepflichten - aus öffentlich-rechtlichen Erwägungen herzuleiten. Es ist jedoch möglich, daß ein allgemeiner Entstehungsgrund jür Verkehrspflichten erfüllt ist und eine nach allgemeinen Regeln zu beurteilende Sportstätten-Verantwortlichkeit des Gewalthabers begründet1 97 • Eine derartige Annahme liegt nahe, wenn der Gewalthaber über eine Sportstätte verfügungsberechtigt ist und sie Gewaltunterworfenen198 oder anderen Personen199 zur Nutzung überläßt2oo • Die Gefahrenzurechnung rich194

Gemeint ist die Wahrnehmung der aus dem Gewaltverhältnis folgenden

Aufsichts- und Leitungsbefugnisse, nicht die Leitung im Sinne der sportver-

bandsrechtlichen Bestimmungen (Schiedsrichter usw.) und auch nicht die Aufsicht in Erfüllung einer privatrechtlichen Verkehrspflicht. 195 Ähnlich Reichert, S. 176, jedoch nur für Beamte und in Zusammenhang mit dem Begriff "DienstunfaU" i. S. v. § 135 II Nr. 3 BBG. 196 V gl. Reichert, S. 176 (Beamte) und S. 178 (Soldaten). 197 Das übersieht Reichert, S. 175 ff., weil er die Haftung für Verkehrspfiicht- und sonstige Fürsorgepflichtverletzungen nicht aus allgemeinen, übergreifenden Rechtsgedanken, sondern aus konkret bezeichneten besonderen Gewaltverhältnissen ableitet. Die Einteilung ist zwar in tatsächlicher Hinsicht nicht zu beanstanden, führt jedoch in rechtlicher Hinsicht zu einer Ungleichbehandlung gleichgelagerter Fragestellungen. 198 Der Gewalthaber ist damit einverstanden, daß die Gewaltunterworfenen in ihrer Freizeit die Sportstätten benutzen. Das ist keine mittelbar auf dem Gewaltverhältnis beruhende Erlaubnis bzw. Genehmigung. Einziger "Berührungspunkt" ist die Sportstätte: Das Einverständnis begründet eine vom GewaUverhäUnis unabhängige Vertrauens beziehung, die im übrigen auch aus anderen Gründen entstehen kann (Einzelheiten siehe unten, S. 105 ff. bzw. S. 137 ff. 199 Die theoretisch möglichen und tatsächlich praktizierten Kombinationen sind nicht vollständig erfaßbar: Vereinssport und Hochschulsport in SchuLturnhaLLen oder auf Bundeswehr-Sportstätten: Privatpersonen in einer HochschuL-Schwimmhalle usw. Zu den "anderen Personen" zählen auch andere juristische Personen des öffentlichen Rechts, denen bzw. deren Gewaltunterworfenen der Gewalthaber eine Sportstätte zur Verfügung stellt. 200 Die bereits auf S. 56 f., 57 ff. dargestellten Grundsätze zum Betriebssport im engeren Sinne gelten entsprechend, wenn sich z. B. Beamte zu einem Betriebssportverein bzw. zu einer Betriebssportgemeinschaft zusammenschließen. Der Betriebssport hat mit dem besonderen Gewaltverhältnis nichts zu tun. Reichert, S. 176, hält zu Recht eine private ("eigenwirtschaftliche") Tätigkeit für gegeben, "wenn Bedienstete einer Behörde in losem freiwilligem Zusammenschluß eine ,Betriebssportgemeinschaft' bilden und ein Fußballspiel durchführen - wobei der Dienststellenleiter lediglich als Zuschauer anwesend ist - und wenn hierbei ein fußballspielender Beamter einen Un6 Börner

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III. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

tet sich dann nach anderen Regeln, da die öffentlichen Sportstätten außerhatb eines bestimmten GewaUverhäUnisses genutzt werden201 • Es geht allerdings zunächst nur um die Frage, ob hinsichtlich der Sportstätten-Gefahren überhaupt Verkehrspflichten bestehen. Ob die den Verantwortlichen für öffentliche Sportstätten obliegenden Verkehrspflichten öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur sind, ist damit noch nicht geklärt202 •

D. öflentIlch-rechtlicher Kompetenzkonftikt und Verkehrspftichtentstehung bei Schulsportstätten

Bereits an anderer Stelle203 wurde darauf hingewiesen, daß bei öffentlichen Schulen eine "Pflichtenzersplitterung" zwischen Fürsorgepflichten des Landes gegenüber den gewaltunterworfenen Lehrern und Schülern (besonderes Gewaltverhältnis im engeren Sinn'e) einerseits und den "Restpflichten" der Gemeinden als Träger der Schulbaulasten gegenüber Gewaltunterworfenen und Außenstehenden andererseits feststellbar ist204 • Sowohl die erstgenannten als auch die letztgenannten Pflichten beinhalten zumindest partiell auch Verkehrspflichten. Es fragt sich j'edoch, ob und inwieweit diese Pflichten auf das besondere Gewaltverhältnis zurückgeführt werden können, und ob die Sportstätten-Verkehrspflichten der Länder mit denen der Gemeinden identisch sind, oder bei den weiteren Untersuchungen eine atypische Spaltung der Gefahrenabwehrzuständigkeiten für die einheitliche Gefahrenquelle "Schulsportstätte" berücksichtigt werden muß. Bei anderen besonderen Gewaltverhältnissen tritt dieses Problem nicht auf, weil die Gewalthaber auch Träger der Bau- und Unterhaltslasten sind205 •

1. Die Rechtsprechung zum Kompetenzkonflikt Das Reichsgericht21K1 hat eine Pflichten-Dreiteilung vorgenommen und zwischen öffenaich-rechtlicher Fürsorge des Landes, privatrechtHcher Verkehrs-

sicherungspjlicht sowie öffenaicher Fürsorgepjlicht der Gemeinden (Schutverbände) unterschieden:

"Durch den hierin liegenden Zwang zum Besuche der Volksschule wird ... ein obrigkeitliches Verhältnis zwischen dem Lande ... und dem betroffenen fall erleidet". Er nimmt Bezug auf ein nicht veröffentlichtes Urteil des VI C 96/63). 201 Vgl. hierzu unten, S. 86 ff. 202 Vgl. unten, S. 86 ff., 106 ff., 133 ff. 203 Vgl. oben, S. 39 f. 204 Weisemann, Rdn. 234 ff. (S. 92 ff.), berücksichtigt die unterschiedlichen Zuständigkeiten von Ländern und Gemeinden nicht, so daß öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Haftungsfragen ohne erkennbare Ordnung und mit teilweise nicht vertretbaren Aussagen aneinandergereiht werden. 205 Hochschuten werden von den Ländern errichtet und betrieben. Ein "Kompetenzkonflikt" besteht also nicht. 208 RG DR 1941, 2561 f.

BVerwG (Urt. v. 19.4.1967 -

1. Kap.: Vertrauenstatbestände bei Benutzung von Sportstätten

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Schüler begründet, daß ihm gegenüber eine öffentlich-rechtliche Fürsorge des Landes zur Abwendung der mit dem Schulbesuch verbundenen etwaigen besonderen Gefahren in sich schließt. Eine privatrechtliche Fürsorgepflicht des Landes gegenüber dem Besucher der Volksschule scheidet damit ... aus ... Jene als öffentlich-rechtliche Fürsorge des Landes gegenüber dem Besucher der Volksschule enthält ihm gegenüber eine im Rahmen der öffentlichen Gewalt liegende Amtspflicht ... , für deren Verletzung danach das Land, ... , einzutreten hat. Neben dieser Haftungsgrundlage kommt nach der feststehenden Rechtssprechung des RG (...) eine Haftung des Landes nach den allgemeinen Bestimmungen über die unerlaubten Handlungen ... nicht in Frage!07." "Das BG, das nicht weiter geprüft hat, ob vorliegend eine schuldhafte Verletzung der bezeichneten Amts- und Fürsorgepflicht durch Beamte des bekl. Landes gegenüber der Kl. gegeben ist, hat den Anspruch der Kl. gegen das bekl. Land aus dem Gesichtspunkt einer Verletzung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht bejaht, wonach es auch die Pflicht zur Einfriedung des Schulspielplatzes ... , nach §§ 823, 31, 89 BGB einen Schadensersatzanspruch gegen die Stadtgemeinde ... habe ...208." "Hierbei hat das BG aber verkannt, daß die in der Schulbaulast erfolgende Zurverfügungstellung und Herrichtung des Schulgebäudes neben den dazugehörigen Anlagen (Spielplatz usw.) für eine Schule hinsichtlich der Unfälle von Lehrern und Schülern nicht ohne weiteres und allgemein, ... , aus dem Gesichtspunkt der privatrechtlichen Verkehrssicherungspfiicht ... zu beurteilen ist. Dieser rechtliche Gesichtspunkt kommt für die Beurteilung der Haftung des Trägers der Schulbaulast (Gemeinde) regelmäßig nur in Betracht, soweit es sich um die Herstellung der Verkehrssicherheit auf dem Schulgrundstück in dem allgemeinen Sinne handelt, wie sie jedem Eigentümer eines für den Verkehr zur Verfügung gestellten Grundstücks obliegt (...). Davon ist aber zu scheiden, die Anpassung des Schulgebäudes mit seinen Nebenanlagen an die besonderen Zwecke der Schule. Diese schließt die Verpflichtung des Trägers der Schulbaulast in sich, das Schulgebäude - über jene allgemeine Verpflichtung des Eigentümers hinausgehend - so einzurichten, daß die Lehrer und Schüler bei der Benutzung des Grundstücks im Rahmen des Schuldienstes nicht gefährdet werden. Dazu gehört auch die Einrichtung des Schulspielplatzes für das Spielen der Schulkinder in einer Weise, die sie beim Spielen möglichst vor Gefahren ... behütet .... 208a." Dieser Unterscheidung hat sich der Bundesgerichtshof angeschlossen!OU und zum Beispiel - jedoch ohne Abgrenzung zu "allgemeinen Verkehrssicherungspflichten" - festgestellt, daß es sich bei der einer Gemeinde obliegenden Pflicht zur Sicherung deT Turngeräte "im Verhältnis zu den Schülern um eine öffentlich-rechtliche Fürsorgepflicht, die eine im Rahmen der öffentlichen Gewalt liegende Amtspflicht sei", handele!1O. RG DR 1941, 2561. RG DR 1941, 2561, 2562. 208a RG DR 1941, 2561, 2562. 20P Vgl. vor allem: BGH FamRZ 1957, 132 = VersR 1957, 201 ("Reckstange"); BGH VersR 1962, 825, 826 ("Drehwippe"); BGH NJW 1963, 1828 f. = LM § 839 (Fd) BGB Nr. 12. Siehe auch OLG Köln VersR 1970, 577, 578. 210 BGH FamRZ 1957, 132 = VersR 1957, 201 (Unfall durch "wackelnde", beim Turnen zu Boden gefallene Recktstange). Siehe auch BGH NJW 1963, 1828 f. = LM § 839 (Fd) BGB Nr. 12 (TurnhallenunfaH beim Schulsport); 207

208

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III. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

Die begriffsjuristischen Abgrenzversuche zwischen Fürsorge- und Verkehrssicherungspflichten, allgeme'inen und besonderen Pflichten, Gewaltverhältnis und allgemeinen Eigentümerpflichten können nicht überzeugen. Sie beruhen nicht auf haftrechtlichen, systematischen Erwägungen, sondern sind eine "Brücke zum Ergebnis", nämlich die dogmatische Rechtfertigung für den von vornherein erstrebten, mit "ehrlicher" Begründung nicht für möglich gehaltenen Ausschluß des § 839 I 2211 • Ausgehend von der Erkenntnis, daß die allgemeinen, judiziellen Verkehrspftichten Bestandteil der aus dem besonderen Gewaltverhältnis folgenden Fürsorgepftichten sind und nicht neben diesen Pflichten bestehen, sind die als "Spaltungsversuche" zu kennzeichnenden Unterscheidungen der Rechtssprechung abzulehnen.

2. Einheitlichkeit der Aufgaben von Ländern und Gemeinden Die Länder sind gegenüber den gewaltunterworfenen Schülern verkehrspftichtig. Die Verkehrspftichten werden von den Lehrern wahrgenommen. Für deren Fehlverhalten hat das Land nach Amtshaftungsgrundsätzen 'einzustehen212 • Die Gemeinden sind zwar kraft landesgesetzlicher Regelung Träger der Schulbau- und Schulunterhaltslasten213 , jedoch weder unmittelbar noch mittelbar in das besondere Gewaltverhältnis zwischen Land und Lehrern beziehungsweise Schülern einbezogen214 • Dennoch sind sie verkehrspftichtig215 • Entstehungsgrund für die OLG Oldenburg VersR 1968, 655 ff. (tief reichendes Drahtglasfenster in einer Schulturnhalle als besondere Gefahrenquelle, die von den zuständigen Bediensteten des Schulträgers in pflichtwidriger Weise nicht beseitigt worden ist); a. A. OLG Tübingen VersR 1953, 152 (Verkehrssicherungspflicht einer Stadtgemeinde hinsichtlich ihrer Turnhalle sei privatrechtliche Pflicht). 211 Dieser Mißstand ist bereits auf S. 40 kritisiert worden (siehe insbes. Fußn.36). 212 Die Verkehrspflichten sind unmittelbarer Bestandteil des öffentlichrechtlichen Gewaltverhältnisses, werden also in Ausübung hoheitlicher Tätigkeiten erfüllt. Man kann insoweit von "Verkehrssicherungspflichten kraft Amtes" bzw. "amtsspezifischen Verkehrssicherungspflichten der öffentlichen Hand, die sich aus dem öffentlichen Recht ergeben", sprechen (zu den Begriffen siehe MünchKomm / Mertens § 823 Rdn. 189 bzw. 203). 213 BGH VersR 1957, 201 = FamRZ 1957, 132. 214 Davon geht aber wohl Weisemann, Rdn. 236 ff. (S. 93 f.), 262 (S. 103) und 278 (S. 108) zu Unrecht aus. 215 Die Rechtsstellung der Gemeinden ist vergleichbar mit dem Status der Straßenbaulastträger: Die Straßenbaulast beinhaltet auch die Unterhaltspflichten, welche mit den Verkehrssicherungspflichten in Ansehung öffentlicher Straßen inhaltlich identisch sind; vgl. MünchKomm / Papier § 839 Rdn. 116. Dennoch wird nach h. M,. (BGH NJW 1967, 1325, 1326; Salzwedel, DÖV 1963, 241, 248; Soergel/ Glaser § 839 Rdn. 128; Staudinger / Schäfer § 839 Rdn. 110) zwischen der Straßenbaulast, die deren Trägern als selbst Gewaltunterworfenen gegenüber den Trägern der Straßenaufsicht obliegen (verwaltungsinterne Pflicht), und den nach außen gerichteten Verkehrssicherungspflichten unterschieden. Eine begriffliche Abgrenzung sei erforderlich, weil die Unterhaltspflichten "keine dritt- oder bürgergerichteten Amtspflichten sein kön-

1. Kap.: Vertrauenstatbestände bei Benutzung von Sportstätten

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Verkehrspflichten der Gemeinden ist nicht das Beamten- oder Lehrverhältnis, sondern die aus der gesetzlichen Zuweisung folgende funktionelle Zuständigkeit bzw. tatsächliche Verantwortlichkeit; dieser Umstand stellt einen verkehrspfiichtbegründenden Vertrauensbestand dar216 • Zwischen den Verkehrspflichten des Landes - erfüllt von den Beamten und den Verkehrspflichten einer Gemeinde bestehen in materiell-rechtlicher Hinsicht keine grundsätzlichen Unterschiede217 ; überwiegend sind sie deckungsgleich 218 • Die Fürsorgepflichten des Landes und der Beamten sind nicht auf die Verkehrspflichten beschränkt219 ; auch die Schullasten der Gemeinden gehen darüber hinaus22 °.Die Verkehrspflichten der Gemeinden sind nicht teilweise öffentlich-rechtlicher und teilweise privatrechtlicher Natur. Sie haben entweder öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Charakter. nen" (so MünchKomm / Papier § 839 Rdn. 117). RGRK / Steffen § 823 Rdn. 167 meint, die Pflicht zur Sicherung der Verkehrswege sei zu unterscheiden von der Straßenbaulast als eine gegenüber der Allgemeinheit bestehende hoheitliche Aufgabe der Daseinsvorsorge, dem öffentlichen Verkehr Verkehrswege zur Verfügung zu stellen, sie zu bauen, zu unterhalten und zu finanzieren. 216 Zur "Verkehrssicherungspflicht der öffentlichen Hand" führt Münch Komm / Mertens § 823 Rdn. 200 u. a. folgendes aus: "Wer tatsächlich für die Verkehrssicherung verantwortlich ist und wem der Rechtsverkehr das Vertrauen in die Verkehrssicherung entgegenbringt, darf dem sich nicht unter Berufung darauf, daß er einern spezifischen Organisationsrecht unterliege, entziehen." Damit soll die Ausschaltung des § 839 I 2 durch eine privatrechtliehe Einordnung der Pflichten gerechtfertigt werden. Das ist zu beanstanden. Das Vertrauen ist zwar verkehrspflichtbegründend, jedoch nicht auf bestimmte Modalitäten der Haftung gerichtet. Vertrauenstatbestände sind das Ergebnis juristischer Wertungen und können nicht an deren Stelle treten, also die Auslegung ersetzen. 217 Neuerdings vertritt der BGH (BGHZ 75, 134, 137 f. = NJW 1979, 2043, 2044 f.) die Auffassung, daß die in vielen Landesstraßengesetzen öffentlichrechtlich qualifizierte Amtspflicht zur Sorge für die Verkehrssicherheit inhaltlich der allgemeinen privatrechtlichen Verkehrssicherungspflicht entspreche und § 839 I 2 unter dem Gesichtspunkt einer haftungsrechtlich gebotenen Gleichbehandlung der Opfer zurückzutreten habe. Zustimmend MünchKomm / Mertens § 823 Rdn. 201, nach dessen Auffassung der verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG fordere, daß das öffentliche Recht im Rahmen der Haftung für Unfallsicherheit auch über den Bereich der Verkehrswege hinaus nicht hinter den Haftungsregelungen des allgemeinen Deliktsrechts zurückbleiben dürfe. Ebenso schon Stoll, Festschrift für Hauß, S. 349, 364. Kritisch zu diesem Ansatz MünchKomm I Papier § 839 Rdn. 198, obwohl die hoheitlichen Verkehrssicherungspflichten mit den öffentlichrechtlichen Bau- und Unterhaltungspflichten des Straßenrechts identisch seien bzw. jedenfalls durch diese Pflichten inhaltlich konkretisiert würden. 218 Identität besteht, soweit sich die Pflichten decken. Die Verkehrspflichten der Gemeinde beziehen sich nur auf die Sportstätte, nicht auf den Sportbetrieb. Aus dem Sportbetrieb folgen zusätzliche Verkehrspflichten, die von den Sportlehrern bzw. sonstigen vorn Land eingesetzten Amtsträgern erfüllt werden; siehe bereits oben, S. 38 f. 219 Als Beispiel sind die umfassenden Fürsorgepflichten im pädagogischen und psychologischen Bereich zu nennen. 220 Der Bau von Schulen nebst den dazugehörigen Anlagen und Einrichtungen ist der Unterhaltungspflicht "vorgeschaltet". Die Entstehung von Verkehrspflichten gegenüber Lehrern und Schülern setzt die Aufnahme des Schulbetriebs durch das Land voraus.

III. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

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Hinsichtlich der öffentlichen Schulen nehmen Land und Gemeinde eine gemeinsame Aufgabe wahr und sind "zur Erfüllung ihrer gemeinsamen Funktion derart eng miteinander verbunden oder verzahnt, daß sie im Rahmen dieser Aufgabenstellung ein ,Verwaltungsinternum' darstellen"221. Es ist gleichgültig, ob ein durch Verkehrspflichtverletzung geschädigter Schüler das Land, die Gemeinde oder beide Körperschaften als Gesamtschuldner in Anspruch nimmt=. Das gilt grundsätzlich auch für geschädigte Lehrer; insoweit sind allerdings die unterschiedlichen Rechtswegverweisungen in §§ 126 BRRG, 172 BBG (Zuständigkeit der Verwaltungs gerichte für Klagen aus dem Beamtenverhältnis) einerseits und § 40 11 VwVG (Zuständigkeit der Zivilgerichte für Schadensersatzklagen von Lehrern gegen eine ~meinde) zu beachten. Die "anderweitige Ersatzmöglichkeit" im Sinne von § 839 I 2 führt heute nicht mehr zu praktischen Schwierigkeiten. Könnte eine aus Amtshaftung in Anspruch genommene juristische Person des öffentlichen Rechts auf die Haftung einer anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaft verweisen, würde dies im Ergebnis nicht zu der vom Gesetzgeber erstrebten Entlastung der öffentlichen Hand führen; aus diesem Grund greift das Verweisungsprivileg unter juristischen Personen des öffentlichen Rechts selbst dann nicht ein, wenn sich die "anderweitige Ersatzmöglichkeit" nicht aus Art. 34 GG i. V. m. § 839, sondern aus anderen Anspruchsgrundlagen ergibt223 .

m. Die Gefahrenzuremnung bei Nutzung BffentUcher Sporistitten außerhalb besonderer GewaItverhiItnisse Fast alle Sportstätten, die unter der Verwaltung von juristischen Personene des öffentlichen Rechts stehen, werden ausschließlich, überwiegend oder zumindest gelegentlich von Personen, die nicht in besondere Gewaltverhältnisse einbezogen sind, genutzt. Die Nutzung erfolgt auf der Grundlage einer "Abstimmung"224 mit dem Sportstätten-Verantwortlichen des öffentlichen Rechts oder aufgrund der aus dem Gemeingebrauch folgenden Ausübungsberechtigung; das ist die jedermann zustehende Berechtigung, "eine öffentliche Sache ohne besondere Zulassung gemäß ihrer hoheitlichen Zweckbestimmung nut-

MünchKomm I Papier § 839 Rdn. 169. Zu den Voraussetzungen und zum Umfang des gesetzlichen Haftungsausschlusses gern. § 539 I Nr. 14 RVO noch unten, S. 344 f. 123 Grundlegend BGHZ 13, 188, 104, 105 = NJW 1954, 993, 996; siehe auch BGHZ 49, 267, 275; MünchKomm I Papier § 839 Rdn. 194; Palandt I Thomas § 839 Anm. 7 a ("Einheitlichkeit der öffentlichen Hand"). 224 Dieser Begriff ist rechtlich neutral und soll zum Ausdruck bringen, daß die Kontaktaufnahme zwischen Sportstätten-Verantwortlichen und nutzungswilligen Sportlern sowohl von öffentlich-rechtlicher (Verwaltungsakt, öffentlich-rechtlicher Vertrag) als auch von privatrechtlicher Bedeutung (Vertrag, Verkehrseröffnung usw.) sein kann. 221

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1. Kap.: Vertrauenstatbestände bei Benutzung von Sportstätten

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zen zu dürfen"2l!5. Zu den erstgenannten Sportstätten zählen zum Beispiel Badeanstalten, Sporthallen und viele Sportplätze; öffentliche Sportstätten im Gemeingebrauch sind etwa gemeindliche Kinderspielplätze, Trimm-Dich-Pfade und Rodelbahnen2l!8. Während bundes-2l!7 und landeseigene228 Sportstätten vorwiegend für die Belange eines besonderen Gewaltverhältnisses benötigt werden, also dem Sport innerhalb des Gewaltverhältnisses dienen, sind kommunale Sportstätten2l!9 in erster Linie für die Allgemeinheit bestimmt23o • Am Beispiel der gemeindlichen Sportstätten, soll geprüft werden, ob die Zurechnung der sportstätten- und sportbetriebsbezogenen Gefahren auch bei Nutzung öffentlicher Sportstätten außerhalb besonderer Gewaltverhältnisse auf öffentlich-rechtlichen Erwägungen beruht, oder ob auch in diesem Bereich die aus Vertrauensschutzgesichtspunkten abgeleiteten, allgemeinen privatrechtlichen Entstehungsgründe für Verkehrspflichten231 unmittelbar oder entsprechend anwendbar sind.

1. Die öffentlich-rechtliche Aufgabe des Sportstätten-Baus als Entstehungsgrund für Verkehrspflichten

Die Bereitstellung von Sportstätten durch Gemeinden gehört zu den Angelegenheiten der kommunalen Selbstverwaltung=, ist also öffentlich-rechtlicher Natur233 • Öffentliche Sportstätten werden von den Ge225 Vgl. Forsthoff, Verwaltungsrecht I, § 20/3, S. 390; ähnlich Wolff, Verwaltungsrecht I, § 58 II a 2, S. 507. 228 Ähnlich Gaisbauer, VersR 1977, 505 (Kinderspielplätze); Wiethaup, VersR 1972, 718 (öffentliche Badeanstalten); ders., VersR 1972, 817 (TrimmDich-Pfade). Vgl. auch Reichert, S. 127: "Nach dem Wasserrecht gehört die Ausübung des Eissports grundsätzlich zum Gemeingebrauch des Wassers." Eingehend zum Gemeingebrauch des Wassers: Reichert, S. 120 ff. !!7 Sportstätten der Bundeswehr, des Bundesgrenzschutzes, der Bundesbehörden usw. 228 Sportstätten der Universitäten, der Polizei; auch Schulsportstätten nach Maßgabe der Ausführungen auf S. 82 ff. 2129 Städtische Stadien, Sportplätze und Sporthallen; kommunale "Badeanstalten" bzw. "Schwimmbäder" und "Schwimmhallen" bzw. "Hallenbäder"; Kinderspielplätze; Trimm-Dich-Pfade; Rodelbahnen. Auch die Schulsportstätten werden privaten Vereinen und Interessengruppen zur Verfügung gestellt; die Nutzung im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Schulverhältnisses überwiegt jedoch. 230 Vgl. Gaisbauer, VersR 1979, 9 (Trimm-Dich-Pfade): "Sie sollen den Bürger zu sportlicher Betätigung in der freien Natur anregen." Siehe auch Wietha.up, VersR 1972, 817: Trimm-Dich-Pfade seien "Freisportanlagen ... für jedermann". Vgl. auch ders., VersR 1972, 718 (öffentliche Hallen- und Freibäder, die der Allgemeinheit zur Verfügung stehen). 231 Vgl. oben, S. 49 ff. 232 SO Z. B. Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht II, § 85 II a, S. 189. 233 Ebenso für öffentliche Kinderspielplätze - z. B.: Hußla, VersR 1971, 877; Gaisbauer, VersR 1977, 505 ("Wahrnehmung hoheitlicher Funktionen"); RGRK / Kreft § 839 Rdn. 91 ("schlicht-hoheitlicher Tätigkeitsbereich").

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III. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

meinden in Erfüllung der ihnen den Bürgern gegenüber obliegenden Aufgabe der Daseinsvorsorge 234 errichtet und unterhalten 235 • Aus der öffentlich-rechtlichen, hoheitlichen Aufgabenstellung folgern das OLG Düsseldorf36 und das LG Kleve 237 , daß die Sicherungspflichten hoheitlich wahrgenommen würden; die Haftung für Pflichtverletzungen richte sich ausschließlich nach § 839 i. V. m. Art. 34 GG238. Diese Entscheidungen sind in der Begründung und im Ergebnis abzulehnen. Die Feststellung einer hoheitlichen Funktion macht die Suche

nach einem Entstehungsgrund für Verkehrspflichten nicht überflüssig und sagt auch nichts über die Rechtsnatur dieser Pflichten aus. Hußla stellt zu Recht folgendes fest: "Die Anlage eines Kinderspielplatzes und seine Ausstattung mit Spielgeräten mag eine öffentliche Einrichtung und in Wahrnehmung hoheitlicher Funktionen geschehen sein. Der durchschlagende Haftungsgrund ist aber, daß die Gemeinde den Kindern diese Einrichtung zur Verfügung stellt und damit einen Tatbestand ,schafft', von dem nach den konkreten Verhältnissen eine (potentielle) Gefahr für Dritte ausgeht, wie di:ese von dem Zustand oder der Lage irgendeiner anderen Sache drohen kann, in deren Gefahrenkreis sie gelangen239." Das gilt nicht nur für Kinderspielplätze, sondern für alle öffentlichen Sportstätten. Der "durchschlagende Haftungsgrund", mit dem ein Entstehungsgrund für Verkehrs234 Es handelt sich um einen soziologischen Begriff ohne rechtsnormativen Inhalt; er umschreibt das "Endziel einer Verwaltungstätigkeit", nicht deren Rechtsformen (So erg el / Glaser § 839 Rdn. 85). 235 So BGH VersR 1977, 817, 818 = VRS 53, 161, 162 (öff. Kinderspielplatz); OLG Düsseldorf VersR 1976, 1160, 1161 (Trimm-Dich-Pfad); LG Kleve VersR 1972, 1035 (städt. Spielplatz); Wiethaup, VersR 1972, 718 (öff. Badeanstalten); ders., VersR 1972, 817 (gemeindliche "Trimm-Dich-Strecken"). 238 OLG Düsseldorf VersR 1976, 1160, 1161; OLG Düsseldorf VersR 1982, 980. 237 LG Kleve VersR 1972, 1035. 238 Legt man das StHG (nichtig gemäß BVerfG NJW 1983, 25 ff.) bei der Beurteilung zugrunde, wäre § 1 I StHG als Anspruchsgrundlage heranzuziehen. Das stünde allerdings im Widerspruch zu § 17 II Nr. 1 StHG. Danach hafte der Staat "bei der Verletzung seiner Verkehrssicherungspflicht für Grundstücke, Gewässer, Bauwerke und sonstige Anlagen" nur nach den Vorschriften des Privatrechts. Wegen der Beschränkung auf unbewegliche Sachen und der Verwendung des Begriffes "Verkehrssicherungspflicht" anstelle des Begriffs "Verkehrspflichten" wären Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht, die gerade abgebaut werden sollten, wieder "vorprogrammiert" gewesen. Das beträfe auch die Abgrenzung zwischen § 17 II Nr. 1 und § 17 III StHG (Verkehrssicherungspflichten für Straßen, Wege, Plätze sowie für Wasserstraßen und Wasserflächen als Pflichten des öffentlichen Rechts i. S. v. § 1 I StHG). Zur Unterscheidung zwischen "Verkehrssicherungspflichten" und "Verkehrspflichten" : Mertens, VersR 1980, 397; v. Bar, S. 3 (Fußn. 1), 43 ff.; v. Caemmerer, Wandlungen des Deliktsrechts, S. 49, 72; Deutsch, Haftungsrecht I, S. 129 f.; MünchKomm / Mertens § 823 Rdn. 183. 239 Hußla, VersR 1971, 877. Ihm folgend: BGH VersR 1977, 817, 818 = VRS 53, 161, 162; Gaisbauer, VersR 1977, 505.

1. Kap.: Vertrauenstatbestände bei Benutzung von Sportstätten

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pflichten gemeint ist, kann sich allerdings sowohl aus dem öffentlichen Recht

als auch aus dem Privatrecht ergeben.

Die öffentlich-rechtliche Widmung und Indienststellung kommt bei öffentlichen Sportstätten als besonderer Grund für die Gefahrenzurechnung nicht in Betracht. Bei der Widmung handelt es sich um einen Staatsakt, durch den der Zweck, dem die öffentliche Sache dienen soll, bestimmt wird240 • Die Zweckbestimmung ist eine verwaltungsinterne Angelegenheit, die keine Außenwirkung hat 24 t, also weder gefahrenbegründend noch vertrauenauslösend sein kann242 • Sie ist zu unterscheiden von der Indienststellung, durch die erst der Gemeingebrauch begründet wird243 • Auch die Indienststellung ist von geringer haftungsrechtlicher Bedeutung. Es handelt sich um einen verwaltungsrechtlich gebotenen Vorgang mit vorwiegend verwaltungsrechtlichen Konsequenzen. Er ist vergleichbar mit der sogenannten "Schlüsselübergabe" bei privaten Sportstätten. Die Indienststellung kann allenfalls bei öffentlichen Sportstätten, die jedermann ohne besondere Zulassung im Einzelfall nutzen darf 244 , ein öffentlichrechtlicher Entstehungsgrund für Verkehrspflichten sein. Bei diesen Sportstätten werden Verkehrspflichten spätestens durch die förmliche Indienststellung ausgelöst. Mit der Indienststellung wird zum einen den verwaltungsrechtlichen Erfordernissen genüge getan, zum anderen der SportstättenVerkehr eröffnet, also mittelbar ein verkehrspflichtbegründender Vertrauenstatbestand gesetzt. Hielte man die Indienststellung bei Trimm-Dich-Pfaden, Kinderspielplätzen, Rodelbahnen usw. für einen besonderen, den allgemeinen deliktischen Tatbestand "Verkehrseröffnung" verdrängenden Zurechnungsgrund, hätte das eine nicht begründbare Begrenzung des Haftungsrechts durch das VerwaZtungsrecht zur Folge. Bereits vor der förmlichen, möglicherweise mit erheblicher Verspätung erklärten Indienststellung kann eine öffentliche Sportstätte tatsächlich benutzbar sein beziehungsweise benutzt werden. In diesen Fällen können trotz nicht erfolgter Indienststellung die Merkmale einer Verkehrseröffnung erfüllt sein245 • Außerdem ist es nicht ausgeschlossen, daß die Gefahren dem Sportstätten-Verantwortlichen des öffentlichen Rechts aus anderen Gründen zurechenbar sind 24&. Das gleiche gilt für 240 Wolff, Verwaltungsrecht I, § 56 III, S. 490; Salzwedel, in: Erichsen I Martens, S. 358. 241 Unklar § 17 111 StHG: Der Gesetzgeber nannte bei Straßen und Wasser die Widmung für den öffentlichen Verkehr als Entstehungsgrund für öffentlich-rechtliche Verkehrssicherungspflichten. Kritisch zu Recht: SchuZZan, VersR 1980, 216, 217 f. Nicht überzeugend auch: BGH VersR 1978, 739 = VRS 55, 241 (keine Amtshaftung, weil der Abenteuerspielplatz nicht dem öffentlichen Verkehr gewidmet gewesen sei). 242 Zum umgekehrten Fall (Entwidmung eines Kinderspielplatzes) stellt BGH VersR 1978, 762 = VRS 55, 100, 101, zu Recht fest, daß die Verkehrspflichten fortbestehen, wenn die Entwidmung nicht hinreichend kenntlich gemacht wird. 243 So Wolft, Verwaltungsrecht I, § 56 III, S. 490. 244 Kinderspielplätze, Trimm-Dich-Pfade, Rodelbahnen usw. 245 Vgl. die allgemeinen Grundsätze (unten, S. 138 ff.). 246 Siehe noch unten, S. 156 ff., 162 ff., 170 ff. und 184 ff.

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III. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

öffentliche Grundstücke, die im Hinblick auf eine ständige Nutzung zu sportlichen Zwecken auch ohne Widmung und Indienststellung als Sportstätten

anzusehen sindl!47. Die Nichteinhaltung der von den Verwaltungsbehörden zu beachtenden verwaltungsrechtlichen Formalien ist also auf die Entstehung von Verkehrspflichten ohne Einfluß248. Ist eine Indienststellung erfolgt, kann sie nicht als besonderer Zurechnungsgrund, sondern lediglich als Indiz für eine erfolgte Verkehrseröffnung gewertet werden249 . Noch nicht einmal diese Bedeutung haben Widmung und Indienststellung, wenn die Sportstätten-Benutzung von einer besonderen Zulassung im Einzelfall abhängig ist25o . Wird ein Sportler zur Benutzung "zugelassen", ist dieser Vorgang für die rechtliche Begründung der Verkehrspflichtenentstehung bedeutsam251 • Nutzt ein Sportler die Sportstätte unter Umgehung der Zulassungsvoraussetzungen, betritt er die Sportstätte "unbefugt". Auch in diesem Fall können Verkehrspflichten nur aus allgemeinen Erwägungen abgeleitet werden252 • Durch Widmung und Indienststellung wird lediglich der berechtigte Personenkreis, also der "befugte Verkehr", bestimmt. Zwischen "unbefugter" Nutzung öffentlicher und privater Sportstätten besteht kein Unterschied.

247 Vgl. hierzu bereits oben, S. 30 ff. 248 Andernfalls wäre die Verkehrspflichtentstehung für die zuständigen Behörden über die öffentZich-rechtliche Widmung und Indienststellung "steuerbar". Das widerspräche dem judiziellen Konzept der allgemeinen Verkehrspflichthaftung. Danach obliegt die Entwicklung von Verkehrspflichten den Gerichten. Für die Frage, ob und aus welchen Gründen Verkehrspfiichten entstehen, kann nichts anderes gelten. Zur judiziellen Konzeption der Verkehrspflichtverletzung siehe insbesondere: Mertens, VersR 1980, 397 ff.; Münch Komm I Mertens vor §§ 823 - 853 Rdn. 4 und § 823 Rdn. 2 f., 10 f., 13 ff., 21 f. U9 Im Ergebnis und in der Begründung ist HußZa, VersR 1972, 877, und Gaisbauer, VersR 1977, 505, zuzustimmen, obwohl sie Widmung und Indienststellung noch nicht einmal erwähnen: Für die rechtliche Einordnung kommt es nicht darauf an, ob und welche hoheitlichen Aufgaben mit der Anlage und Ausgestaltung von KinderspieZplätzen erfüllt werden; entscheidend ist allein der aus der Zurverfügungstellung folgende Vertrauens tatbestand, also die Verkehrseröffnung. Ebenso - jedoch ohne Erörterung des öffentlich-rechtlichen "Hintergrundes" - für Trimm-Dielt-Pfade: Gaisbauer, VersR 1979, 9 f.; Wiethaup, VersR 1972, 817. Überzeugend OLG Köln VersR 1970, 577, 578: Mit der Einrichtung des Spielplatzes sei der öffentliche Zweck erreicht, so daß

die Benutzung der SpieZgeräte nicht öffentlichen Zwecken dienen könne. 250 Das ist bei öffentlichen Sportplätzen und -hallen häufig, bei öffentlichen Badeanstalten immer der Fall. Die rechtliche Bedeutung einer "Zu-

lassung" bedarf an dieser Stelle keiner Klärung. 251 Aus der "Zulassung" kann sich ein vertraglicher Entstehungsgrund für Verkehrspflichten ergeben (vgl. unten, S. 105 ff., 127 ff.); zur Verkehrseröffnung unten, S. 137 ff. 252 Wird eine Widmungsbeschränkung nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht bzw. deren Befolgung nicht in ausreichender Weise sichergestellt, gilt der Verkehr auch gegenüber "Unbefugten" als eröffnet (vgl. hierzu insbes. BGH VersR 1978, 762 = VRS 55, 100, 101), oder dieser ist den Verantwortlichen wegen einer ebenfalls pflichtenbegründenden Ermöglichung des Sportstätten-Betriebs zuzurechnen (Einzelheiten noch unten, S. 156 ff. bzw. 193 ff.).

1. Kap.: Vertrauenstatbestände bei Benutzung von Sportstätten

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2. Privatrechtliehe bzw. öffentlich-rechtliche Sportstätten-Organisation und Verkehrspflichtentstehung

Obwohl weder die öffentliche Aufgabenstellung noch die Widmung und Indienststellung von haftungsrechtlicher Bedeutung sind, bestehen bei der Frage der Entstehung von Verkehrspflichten für öffentliche Sportstätten erhebliche Rechtsunsicherheiten. Diese Unsicherheiten wären durch § 17 II Nr. 1, III StH('~53 nicht beseitigt, sondern eher verstärkt worden254 . Sollte es neben den privatrechtlichen Verkehrssicherungspflichten auch (Verkehrs)Pflichten des öffentlichen Rechts (§ 1 I StHG) geben255 , so kämen "schuldrechtliche Sonderverbindungen des Verwaltungsrechts"256 als - bisher nicht erwähnte - Entstehungsgründe für Verkehrspflichten in Betracht. "Amtsspezifische Verkehrssicherungspflichten der öffentlich'en Hand, die sich aus dem öffentlichen Recht ergeben"257, sind von vornherein ausgeschlossen, wenn der Staat bzw. die Gemeinde von dem ihnen bei Wahrnehmung der materiellen Verwaltungsziele zustehenden Wahlrecht zwischen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Handlungsformen 258 Gebrauch macht und sich für eine privatrechtliche Handlungs-

form 259 entscheidet: "Ist nämlich eine privatrechtliche Unternehmensrechtsform gewählt, so kann das Benutzungsverhältnis grundsätzlich 253 Die Regelungen des StHG sind durch BVerfG NJW 1983, 25 ff., nicht gegenstandslos geworden, da die materiell-rechtlichen Fragen nicht Entscheidungsgegenstand waren. Die aus ihnen hervorgehenden Rechtsgedanken werden auch in Zukunft die Auslegung im Rahmen anderer Anspruchsgrundlagen beeinflussen. 254 Hinzuweisen ist zunächst auf die unglückliche Begriffswahl, die zu einer restriktiven Auslegung "verleitet" hätte (hierzu oben, S. 88, Fßn. 238). 255 Der Gesetzgeber hat nicht bedacht, daß sich Verkehrssicherungspflichten z. B. auch aus öffentlich-rechtlichen Verträgen i. S. v. § 15 Nr. 1 StHG und aus anderen Sonderbeziehungen des öffentlichen Rechts (hierzu Bender, Rdn. 805 ff., S. 276 ff.; RGRK I Kreft § 839 Rdn. 171 ff.) ergeben können. In diesen Fällen hätten sich unauflösbare Wertungswidersprüche ergeben, wenn § 17 11 Nr. 1 StHG angewendet worden wäre. Bemerkenswert ist im übrigen, daß die privatrechtliche Verkehrssicherungspflicht in § 17 11 StHG mit der Haftung "für hoheitliches" Verhalten in Verbindung gebracht wurde. 256 Begriffe siehe Bender, Rdn. 805 (S. 276). 257 So MünchKomm I Mertens § 823 Rdn. 203. 258 Vgl. BGHZ 9, 145, 147 = NJW 1953, 778, 779; BGHZ 60, 54, 59 = NJW

1973, 460, 462; Papier, S. 41 f.; Ossenbühl, S. 29 f.; MünchKomm I Papier § 839

Rdn. 96; Soergell Glaser § 839 Rdn. 90 ff., 97, 107, 110. Ebenso für Sportstätten z. B.: Gaisbauer, VersR 1977, 505 (öff. Kinderspielplätze); Wiethaup, VersR 1972, 718 f. (öff. Badeanstalten); wohl auch Künnell, VersR 1982, 1119

(Badeanstalten).

259 Eine Badeanstalt wird nicht der allgemeinen Verwaltung unterstellt, sondern als GmbH oder AG betrieben. Unklar Wiethaup, VersR 1972, 718 f., der sowohl eine Haftung aus § 823 (bzw. Vertrag) als auch aus § 839 für möglich zu halten scheint, wenn Gemeinden den Betrieb öffentlicher Badeanstalten einer juristischen Person des Privatrechts übertragen haben.

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III. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

ebenfalls nur privatrechtlicher Natur sein"26o. Wird zum Beispiel eine Badeanstalt von einer "Stadtwerke GmbH" betrieben, sind die Rechtsbeziehungen zu den einzelnen Benutzern immer nach privatrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen261 • Die Lösung des umgekehrten Falles bereitet Schwierigkeiten. Aus dem Vorhandensein einer öffentlich-rechtlichen Sportstätten-Organisation läßt sich nicht ohne weiteres schließen, daß auch die Rechtsbeziehungen zwischen Sportstätten-Verantwortlichen und Sportlern öffentlichrechtlicher Natur sind262 • Zur Erläuterung ist hinzuzufügen, daß von einer öffentlich-rechtlichen Organisation auch dann auszugehen ist, wenn eine Sportstätte aus der allgemeinen Verwaltung ausgegliedert und als rechtsfähige Anstalt betrieben oder als organisatorisch verselbständigter, jedoch nicht rechtsfähiger Eigenbetrieb institutionalisiert wird263 • Die Organisationsform muß von der Rechtsform des Benutzungsverhältnisses unterschieden werden264 ; es ist zu beachten, "daß eine öffentlich-recht-

liche Organisation des Unternehmens kein entscheidendes Kriterium für die rechtliche Natur des Leistungs- und Wirkungsverhältnisses ist"265.

260 MünchKomm / Papier § 839 Rdn. 101; ähnlich Soergel/ Glaser § 839 Rdn. 107. § 1 I StHG wäre nicht einschlägig, weil keine Pflichten des öffentlichen Rechts entstehen können. § 17 II StHG wäre von § 17 I StHG "verdrängt"

worden, denn juristische Personen des Privatrechts können begriffsnotwendig nur aus einer "Teilnahme am Privatrechtsverkehr" haften. 261 Unklar LG Stuttgart VersR 1967, 193: Eine privatrechtZiche Organisation der Badeanstalt sei gegeben, wenn sie durch die "Stadtwerke", welche ihrerseits dem Privatrecht zugeordnet seien, betrieben werde, und die Benutzung auf freiwilliger Basis gegen Entrichtung eines Entgelts erfolge. Bei privatrechtlichem Betrieb der "Stadtwerke" steht die ziviZrechtZiche Einordnung fest. Das Entgelt ist nur für die Frage einer vertraglichen Haftung von Bedeutung (vgl. unten, S. 105 ff., 117 ff.). 262 Ebenso bei öffentlich-rechtlicher Organisation: Soergel / Glaser § 839 Rdn. 97. a. A. wohl Wiethaup, VersR 1972, 718 (ähnlich 719): Falls öffentliche Badeanstalten einer Gemeinde nach öffentlich-rechtlichen Grundsätzen betrieben würden, seien die Rechtsbeziehungen betr. Benutzung der Badeanstalten zwischen der Gemeinde und den Badebenutzern nach öffentlichrechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilen. Fast gleichlautend: Künnell, VersR 1982, 1119.

263 So allgemein MünchKomm / Papier § 839 Rdn. 100. Siehe auch Soergel/ Glaser § 839 Rdn. 107. 264 Forsthoff, Verwaltungsrecht I, § 22 II, S. 412; Papier, S. 41; Erman / B. Drees § 839 Rdn. 23; MünchKomm / Papier § 839 Rdn. 101; Soergel/ Glaser § 839 Rdn. 97, 107. 265 Soergel / Glaser § 839 Rdn. 97.

1. Kap.: Vertrauenstatbestände bei Benutzung von Sportstätten

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3. Die Leerformel von der öffentlich-rechtlichen Verkehrspjlichtorganisation a) Zur Rechtsnatur der Verkehrspfiichten für öffentliche Sportstätten Das Benutzungsverhältnis zwischen dem Träger einer öffentlichen Einrichtung und den "Nutznießern" ist immer öffentlich-rechtlicher Natur, wenn die öffentliche Aufgabe ihrem Wesen nach nur mit öffentlich-rechtlichen Mitteln erfüllt werden kann, also ein Verhältnis der Vb er- und Unterordnung besteht266 • Aus den Eigenarten und Besonderheiten der bei Einrichtung und Betrieb öffentlicher Sportstätten zu beachtenden Grundsätze des öffentlichen Rechts ergibt sich nicht, daß die Beziehungen zwischen dem Sportstätten-Verantwortlichen und den einzelnen Sportlern nur öffentlich-rechtlich gestaltet werden können267 • Ist eine öffentliche Einrichtung öffentlich-rechtlich organisiert, besteht ein Wahlrecht zwischen privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Gestaltung der Benutzungsverhältnisse 268 • Das Leistungs- bzw. Benutzungsverhältnis unterliegt dem öffentlichen Recht, wenn im Einzelfall nicht nur die Zulassung269 , sondern auch die Einräumung der Nutzungsberechtigung aufgrund eines Rechtssatzes gewährt wird, der nicht jedermann, sondern nur einen Träger öffentlicher Verwaltung berechtigt oder verpfiichtet270 • Danach scheint die Rechtsform des Benutzungsverhältnisses für die Frage, ob Verkehrspfiichten aus allgemeinen privatrechtlichen Erwägungen abzuleiten oder Bestandteil besonderer öffentlich-rechtlicher Beziehungen sind271 , von besonderer Bedeutung zu sein. 286 Vgl. Soergell Glaser § 839 Rdn. 97. Auf das Bestehen eines Über-/Unterordnungsverhältnisses stellt z. B. auch Wiethaup, VersR 1972, 718, 719, ab (öffentliche Badeanstalt). 267 So zu Recht HansOLG MDR 1958, 689 (für öffentliche Badeanstalten). 268 Forsthoff, Verwaltungsrecht I, § 22 11, S. 412; Ossenbühl, S. 29; Papier, S. 41 f.; Wolff I Bachof, Verwaltungsrecht 11, § 99 Va 3, S. 399; MünchKomm I Papier § 839 Rdn. 101; Soergell Glaser § 839 Rdn. 107. Vgl. auch Gaisbauer, VersR 1977, 505 f., und Wiethaup, VersR 1972, 718 f. (beide für öffentliche Badeanstalten). 289 Zur Zweistujigkeit der Rechtsverhältnisse bei Benutzung öffentlicher Einrichtungen: Papier, S. 42 f.; MünchKomm I Papier § 839 Rdn. 102. Kritisch zur Unterscheidung zwischen Zulassungs- und Nutzungsverhältnis ("Zweistufentheorie") z. B.: Soergell Glaser § 839 Rdn. 90. 270 Siehe Wolff I Bachof, Verwaltungsrecht I, § 99 Val, S. 398 (sog. "einheitliches verwaltungsrechtliches Benutzungsverhältnis"). 271 Diese Möglichkeit schien bei § 17 11 Nr. 1 StHG von vornherein ausgeschlossen zu sein. Gern. dieser Vorschrift richtete sich die Haftung für Verletzung einer Verkehrs sich erungs pflicht u. a. auch bei allen öffentlichen Sportstätten (vgl. Bender, S. 286, Fußn. 553 u. 555, für "konventionelle Kinderspielplätze", "Abenteuerspielplätze", "Freibäder", "Skipisten", "Trimm-DichPfade" usw. sowie für "Klettergerüste oder Schaukeln auf Kinderspielplätzen, Sprungbretter in Badeanstalten" usw.) selbst bei hoheitlichem Verhalten nur

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III. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-VerkehrspfliChten

An dieser Stelle ist es nicht möglich, die Argumentation folgerichtig fortzusetzen. Eigentlich müßte jetzt die Frage beantwortet werden, unter welchen Voraussetzungen bei Benutzung öffentlicher Einrichtungen öffentlich-rechtliche Beziehungen bestehen. Wäre ein Sportstätten-Benutzungsverhältnis öffentlich-rechtlich zu qualifizieren, würden dem Sportstätten-Verantwortlichen gegenüber den einzelnen Sportlern ähnlich wie beim Sport innerhalb besonderer Gewaltverhältnisse:?72 besondere öffentlich-rechtliche "Fürsorgepjlichten", die sowohl quantitativ als auch qualitativ mit den allgemeinen privatrechtlichen Verkehrspflichten identisch wären273 , obliegen. Der Untersuchungsschwerpunkt hat sich jedoch - beeinflußt durch die Tatsache, daß die Straßenverkehrssicherungspflicht in einigen Landesstraßengesetzen274 als öffentlich-rechtliche Pflicht ausgestaltet worden ist275 - auf die Frage verlagert, ob die Verkehrspjlichten privatrechtlicher oder öffentlichrechtlicher Natur sind276 • Anstatt nach der Rechtsnatur des Benutzungsnach den Vorschriften des Privatrechts. Das hätte der Rechtswirklichkeit widersprochen. Bei öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnissen hätte sich die Haftung aus § 1 StHG sowie "aus öffentlich-rechtlichen Verträgen und ähnlichen Rechtsverhältnissen einschließlich Dienstverhältnissen" (§ 15 Nr.l StHG) ergeben. Geht man von der Identität aller Sicherungspjlichten aus, konnte in diesem Bereich § 17 II Satz 1 Nr. 1 StHG trotz § 17 I Satz 2 die Auslegung nicht beeinflussen; andernfalls hätte man die Pflichten ohne dogmatische Rechtfertigung in einen öffentlich-rechtlichen und einen privatrechtlichen Teil "gespalten" (vgl. die Ausführungen zur "Pflichtenzersplitterung" bei Schulsportstätten auf S. 82 ff. 272 Oben, S. 77 ff. 273 Innerhalb besonderer Gewaltverhältnisse bilden die Verkehrspflichten nur einen Pflichtenbereich unter mehreren, nach Art des Gewaltverhältnisses unterschiedlichen Pflichtenkreisen (vgl. bereits S. 79 f.). Überläßt der Verwaltungsträger lediglich eine Sportstätte nach öffentlich-rechtlichen Grundsätzen, besteht keine "individuelle Sonderverbindung" (Begriff siehe Bender, Rdn. 810, S. 277), so daß keine über die Verkehrspflichten hinausgehenden Fürsorgepflichten bestehen. 274 § 67 Bad.-Württ. StraßenG; Art. 72 Bay. Straßen- und WegeG; § 5 Hamb. WegeG; § 10 I Nds. StraßenG; § 9 a LandesstraßenG NRW; § 48 II StraßenG Rh.-Pf.; § 10 IV Schl.-H. StraßenG. 275 Der Bundesgesetzgeber hatte sich mit § 17 III StHG dem "Diktat" der Landesgesetzgeber "gebeugt". Zustimmend v. Bar, S. 32 (Fußn. 35). Kritisch vor allem Schullan, VersR 1980, 216, 218: Die landesrechtlichen Bestimmungen enthielten nichts anderes als einen Organisationsakt. Die Kompetenz zum Erlaß organisationsrechtlicher Normen liege aber ausschließlich bei den Län-

dern ("Eingriff in das Organisations- und Dienstrecht der Länder und kommunalen Gebietskörperschaften"). 276 Nach allgemeiner Ansicht sind die landesrechtlichen Vorschriften über

die Straßverkehrssicherungspflichten weder unmittelbar noch analog auf öffentliche Sportstätten anwendbar; siehe z. B.: BGH NJW 1978, 1626, 1627 = VersR 1978, 739 = VRS 55, 241 (zu § 9 a LandesstraßenG NRW); BGH VersR 1977, 817, 818 = VRS 53, 161, 162 (zu Art. 72 Bay. Straßen- u. WegeG). Das OLG Karlsruhe VersR 1978, 970, hat die privatrechtliche Einordnung der Verkehrspjlichten für Kinderspielplätze damit begründet, daß eine dem LandesstraßenG entsprechende Regelung im Kinderspielplatzgesetz für Bad.Württ. fehle.

1. Kap.: Vertrauenstatbestände bei Benutzung von Sportstätten

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verhältnisses zu fragen, wird nur geprüft, ob die Verkehrspflichten Amtspflichten i. S. v. § 839 sind277 , und die Haftung aus § 823 von die-

ser Vorschrift "verdrängt" wird278 •

Nur wenige, vor allem öffentlich-rechtliche 27U Autoren28o halten die Verkehrspflichten der Träger öffentlicher Verwaltungsaufgaben ohne Einschränkung für öffentlich-rechtliche Pflichten. Nach h. M. in Rechtsprechung 281 und Literatur 282 handele es sich bei den Verkehrspflichten grundsätzlich um privatrechtliche Pflichten; es sei jedoch zulässig, sie durch Gesetz oder bekanntgemachten Organisationsakt in den hoheitlich wahrgenommenen Aufgabenbereich zu übernehmen und so zu Amtspflichten auszugestalten. Die Verkehrspflichten für öffentliche Sportstätten werden von der Rechtsprechung283 überwiegend28 4, jedoch ohne gen aue dogmatische Be-

gründung, als privatrechtliche Pflichten beurteilt. Das soll sogar dann gelten, wenn der Sportstättenbetrieb durch Satzung dem hoheitlichen

277 Im StHG ist dieser Begriff durch den Begriff "Pflicht des öffentlichen Rechts" ersetzt worden (§ 1 I StHG). Im Hinblick auf die Nichtigkeit des StHG (BVerfG NJW 1983, 25 ff.) verbleibt es bei den "Amtspflichten". 278 Es ist heute allgemein anerkannt, daß § 839 lex specialis zu §§ 823 ff. ist: Vgl. BGHZ 34, 99, 104; Palandt / Thomas § 839 Anm. 1; Staudinger / Schäfer § 839 Rdn. 4 ff. 278 Siehe z. B. Forsthoff, Verwaltungsrecht I, § 21/1, S. 402; Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht I, § 57 V b 2, S. 402; a. A. wohl Salzwedel, in: Erichsen /

Martens, S. 375.

280 Hinzuweisen ist vor allem auf Esser / Weyers, Schuldrecht BT II, § 55 V 2 b, S. 159: Wegen der gesetzlichen Regelungen in den Ländern solle der

öffentlich-rechtliche Charakter als allgemeine Rechtslage angesehen werden und die Entscheidung nicht einzelnen Instanzen überlassen bleiben. 281 BGHZ 9, 373, 388 = NJW 1953, 1297, 1298; 20, 57, 59 = NJW 1956, 946; 27, 278,281; 32, 352 ff.; 35, 111, 113; 60, 54, 60 und ständig. 282 Fikentscher, § 103 III 1 e, S. 644; Larenz, Schuldrecht II, § 73 VII a, S. 581; Erman / B. Drees § 823 Rdn. 73; Palandt / Thomas § 823 Anm. 8 c; So ergel / Zeuner § 823 Rdn. 106 (mit Tendenz zu öff.-rechtl. Einordnung in Rdn. 108); Staudinger / Schäfer § 839 Rdn. 95 a, 112, 117; MünchKomm / Papier § 839 Rdn. 119. 283 Öffentliche Badeanstalten: RG Recht 1920 Nr. 636; RG SeuffArch 90, 231 (Nr. 111); RG JW 1936, 2214; BGHZ 35, 111, 113; 34, 206, 210; BGH VersR 1974, 1049, 1050; OLG Düsseldorf VersR 1965, 918; OLG Hamm VersR 1978, 1147; VersR 1977, 260; VersR 1954, 419; OLG München VersR 1954, 532; VersR 1972, 472, 473; VersR 1974, 200, 201; OLG Nürnberg VersR 1959, 574, 575; OLG Stuttgart VersR 1961, 1061, 1062; OLG Zweibrücken VersR 1977, 483; LG Ravensburg VersR 1964, 878. Öffentliche Sporthallen: OLG Hamm VersR 1982, 152; AG Düsseldorf VersR 1983, 274. Öffentliche Schulsportplätze: OLG Celle VersR 1983, 46 f. Öffentliche Spielplätze: BGH VersR 1977, 817, 818 = VRS 53, 161 f. = NJW 1977, 1965; BGH VersR 1978, 739 = VRS 55, 241 = NJW 1978, 1626; OLG Karlsruhe VersR 1978, 970; OLG Köln VersR 1970, 577 = JMBINRW 1970, 299. Öffentliche Trimm-Dich-Pfade: OLG Karlsruhe VersR 1975, 381. 284 a. A. nur: OLG Düsseldorf VersR 1976, 1160, 1161 (Trimm-Dich-Pfad); LG Kleve VersR 1972, 1035 (öff. Spielplatz); auch OLG Düsseldorf VersR 1982, 980 (Sporthalle).

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III. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

Aufgabenbereich zugeordnet, die Verkehrssicherungspflicht jedoch nicht durch ausdrückliche Satzungsnorm als hoheitlich zu erfüllende Amtspflicht bezeichnet wird 285 • In der Literatur zur Haftung für Unfälle auf öffentlichen Sportstätten ist entweder ohne nähere Begründung nur von privatrechtlichen Pflichten die Rede281!, oder es wird die Unterscheidung der h. M. wiedergegeben 287 • Nur selten288 wird in hinreichend deutlicher Form zwischen der Rechtsnatur des Benutzungsverhältnisses und den Verkehrspflichten als gesetzliche Folge der entweder öffentlichrechtlich oder privatrechtlich einzuordnenden Vertrauensbeziehung zwischen Sportstätten-Verantwortlichem und Sporttreibenden (Benutzungsverhältnis) unterschieden. b) Wertungswidersprüche bei Anwendung der Organisationsakttheorie Die "Organisationsaktlehre der Rechtsprechung"289 vermag nicht zu überzeugen. Durch diese Theorie wird den Verwaltungsbehörden die Befugnis eingeräumt, eine "objektbezogene Aufspaltung der Verkehrssicherungspflicht"290 vorzunehmen. Das ist aus verschiedenen rechtlichen Gründen zu beanstanden291 • Der Bundesgesetzgeber hatte sich dazu entschlossen, den Rechtsgedanken der Organisationsakttheorie zumindest in Teilbereichen im Staatshaftungsgesetz zu normieren292 • Die in dieser Hinsicht verfehlte Vorschrift des § 17 285 Vgl. OLG München VersR 1974, 200, 201, und VersR 1972, 472 (jeweils öff. Badeanstalt). 286 Öffentliche Badeanstalten: Geigel, S. 473 f. und S. 529 f.; Wussow, Rdn. 250 (S. 130); Palandt / Thomas § 823 Anm. 14 (Stichwort "Badeanstalt"); RGRK / Steffen § 823 Rdn. 229; auch Künnell, VersR 1982, 1119, 1120 f. Öffentliche Rodelbahnen: Weimar, VP 1962, 5. Skipiste auf öffentlichem Grundstück: Nirk, in: Skirecht 1966, 43, 47. Öffentliche Spielplätze: Gaisbauer, VersR 1977, 505, 506; Hußla, VersR 1971, 877; Geigel, S. 531 f.; RGRK / Steffen § 823 Rdn. 228. Siehe auch Künnell VersR 1982, 1119, 1120 f.; Weisemann, Rdn. 132 ff. (S. 49 f.), 252 f. (S. 99 f.),

262 f. (S. 103) und 269 (S. 104 f.).

Öffentliche Trimm-Dich-Pfade: Gaisbauer, VersR 1979, 9; Wiethaup, VersR 1972,817; RGRK / Steffen § 823 Rdn. 231. 287 So z. B. Palandt / Thomas § 823 Rdn. 14 (Stichwort "Kinder" bzw. "Kinderspielplätze); wohl auch Wiethaup, VersR 1972, 718 f. (Badeanstalten), jedoch insgesamt unklar; ebenso Künnell, VersR 1982, 1119 f. (Badeanstalten). 288 Vgl. vor allem Gaisbauer, VersR 1977, 505, 506 (überführung des Benutzungsverhältnisses bei kommunalen Spielplätzen - nicht der Verkehrspflichten - in das öffentliche Recht); vgl. auch Schneider, NJW 1962, 705, 706, 709; Soergel / Glaser § 839 Rdn. 97, 107, 110. 289 Staudinger / Schäfer § 839 Rdn. 117. 290 Begriffe siehe Schullan, VersR 1980, 216, 217. 291 Kritisch z. B. auch v. Bar, S. 231 f.; Stall, in: Festschrift für Hauß, S. 349 ff.; MünchKomm / Mertens § 823 Rdn. 200 f. 292 Die Theorie wurde durch § 17 UI StHG für "Straßen, Wege, Plätze und

für Wasserstraßen und Wasserflächen, die dem öffentlichen Verkehr ge-

1. Kap.: Vertrauenstatbestände bei Benutzung von Sportstätten

97

StHG wäre sicherlich aus materiell-rechtlichen Gründen auch dann nicht lange unbeanstandet geblieben, wenn das BVerfG das StHG nicht aus formellen Gründen für nichtig erklärt hätte283 • Die kaum lösbaren Schwierigkeiten20 4, mit denen die Anwendung der Organisationsakttheorie verbunden ist, lassen sich am Beispiel der Sportstätten, die in erster Linie dem Sport innerhalb besonderer Gewaltverhältnisse dienen206 , zeigen. Die Gewalthaber nehmen im Ver-

hältnis zu den Gewaltunterworfenen Amtspflichten beziehungsweise öffentlich-rechtliche Pflichten, zu denen auch die aus den Fürsorgepflichten abzuleitenden Verkehrspflichten gehören298 , wahr. Die Haftung für

Unfälle der Gewaltunterworfenen richtet sich nach den Regeln über die "schuldrechtlichen Sonderverbindungen des Verwaltungsrechts''207 bzw. wäre aus der neben diesen Grundsätzen anwendbaren (§ 15 Nr. 1 StHG) Vorschrift des § 1 I StHG abzuleiten gewesen208 • Würde man die Organisationsakttheorie - entgegen § 17 II Satz 1 Nr. 1 StHG - konsequent anwenden, könnte man von der öffentlich-rechtlichen Einordnung der Verkehrspflichten auch dann nicht abrücken, wenn die in Frage stehende Sportstätte außerhalb des besonderen Gewaltverhältnisses208 also zum Beispiel von Sportvereinen oder sonstigen privaten Interessengruppen - benutzt wird. Die Erfüllung der Verkehrspflichten wird nur einmal organisiert und gewährleistet. Ein- und dieselbe Verwaltungswidmet sind", bundeseinheitlich "manifestiert"; für "Grundstücke, Gewässer, Bauwerke und sonstige Anlagen" wäre ihre Fortgeltung ausgeschlossen gewesen, soweit Verkehrssicherungspflichten in Frage stehen, § 17 II Satz 1 Nr.l StHG. 29S BVerfG NJW 1983, 25 ff., hat sich nicht mit den im StHG geregelten Haftungsproblemen befaßt, sondern eine Grundgesetzverletzung mangels Gesetzgebungskompetenz des Bundes festgestellt. 294 Schullan, VersR 1980, 216, 218, hatte vorgeschlagen, § 17 III StHG zu streichen und die dort normierten Pflichten in den Katalog des § 17 II Nr. 1 StHG aufzunehmen. Das wäre grundsätzlich begrüßenswert gewesen, hätte aber den haftungsrechtlichen Besonderheiten bei öffentlich-rechtlichen Gewaltverhältnissen nicht Rechnung getragen. Der Vorschlag ist durch BVerfG NJW 1983,25 ff., gegenstandslos geworden. 295 Vgl. bereits oben, S. 78 ff., 82 ff. 2gB Vgl. oben, S. 79. 297 Begriff Bender, S. 278. 298 § 17 II Satz 1 Nr. 1 StHG wäre in diesem Bereich nicht anwendbar gewesen, obwohl dieses Ergebnis dem Wortlaut ("für hoheitliches Verhalten") zu widersprechen scheint. Andernfalls hätte die Staatshaftung (§ 15 Nr.l StHG) mit der privatrechtlichen Deliktshaftung (§ 17 II Satz 1 StHG) konkurriert. Das hätte bei Schadensersatzforderungen bis zu DM 5 000,- sogar zu einer "Rechtswegspaltung" führen können: Für Schadensersatzklagen aus Amtspflichtverleztung sind die Landgerichte ausschließlich zuständig (§ 71 II Nr. 2 GVG bzw. § 19 I des nichtigen StHG), während zivilrechtliche Schadensersatzansprüche vor dem zuständigen Amtsgericht erhoben werden müssen (§ 23 I Nr. 1 GVG in der Fassung von Art. 1 des Gesetzes zur Erhöhung von Wertgrenzen in der Gerichtsbarkeit vom 8. Dezember 1982, BGBl. I, S. 1615). 2g9 Hierzu oben, S. 86 ff. 7 Börner

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III. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

tätigkeit kann nicht gleichzeitig öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Natur sein30o • Die Wertungswidersprüche liegen auf der Hand: Entscheidet man sich für eine öffentlich-rechtliche Einordnung, ist das Rechtsverhältnis zwischen Behörde und privatem Sportstätten-Benutzer festgelegt, ohne daß das konkrete Benutzungsverhältnis gewürdigt worden wäre; werden die Verkehrspflichten dem Privatrecht unterstellt, besteht bei der Bewertung der aus dem besonderen Gewaltverhältnis folgenden Fürsorge(verkehrs)pflichten die Gefahr einer fehlerhaften rechtlichen Einordnung. Noch schwieriger ist die Rechtslage bei den Schulsportstätten30 t, die von jedermann ohne besondere Schwierigkeiten betreten werden können. Beispiele sind die Sportplätze sowie Sport- und Spielgeräte auf Schulhöfen, welche zur - befugten oder unbefugten - Benutzung reizen. Die rechtliche Einordnung der Verkehrspflichten kann nicht davon abhängen, ob sich der öffentliche Sport- beziehungsweise Spielplatz innerhalb oder außer halb eines SchulgeLändes befindet. In beiden Fällen ist die verkehrspflichtbegTÜndende Vertrauensbeziehung identisch. Im Gegensatz zur Nutzung innerhalb eines besonderen Gewaltverhältnisses302 besteht kein "besonderes Benutzungsverhältnis".

Allein aus diesem Grund wäre § 17 II Satz 1 Nr. 1 StHG unmittelbar anwendbar gewesen: "Das Handeln der öffentlichen Verwaltung in diesen Bereichen ist nicht Ausfluß einer Sonderrechtsstellung der öffentlichen Gewalt, die darauf gerichtet ist, in Rechtspositionen des Bürgers einzugreifen. Es handelt sich vielmehr um die Erfüllung von Pflichten der Verwaltung gegenüber dem Bürger, wie sie auch privaten Rechtspersonen obliegen303 ." Diese unterschiedliche rechtliche Bewertung ist nicht widersprüchlich, wenn man - entgegen der h. M. - nicht die Rechtsnatur der Verkehrspflichten, sondern allein die Rechtsnatur des in Frage stehenden BenutzungsverhäUnisses für haftungsrechtlich erheblich hält. In welcher Form die Verkehrspflichten wahrgenommen werden, ist für die konkreten Haftungsverhältnisse ohne Bedeutung. Auch die in § 15 Nr. 1 StHG angesprochene Haftung des Staates aus öffentlich-rechtlicher Sonderverbindung erstreckt sich auf Verkehrspflichtverletzungen. Insoweit kann nichts anderes gelten als bei der privatrechtlichen Vertragshaftung 304 • So z. B. Soergel / Glaser § 839 Rdn. 83 und 95. Hierzu oben, S. 82 ff. 30! Zur Abgrenzung der Zurechnungsgründe bei planmäßigem und außerplanmäßigem Sport bereits oben, S. 80 ff. 303 Schullan, VersR 1980, 216, 217. 304 Zu der verkehrspflichtbegründenden Wirkung des Abschlusses von Sportstätten-Nutzungsverträgen oben, S. 52 f. Die Rechtslage ists vergleichbar mit privatrechtlichen Dienstleistungs- und Arbeitsverhältnissen, bei denen die Verkehrspflichten ebenfalls Bestandteil umfassender Fürsorgepflichten sind (so bereits auf S. 56 ff.). 300 301

1. Kap.: Vertrauenstatbestände bei Benutzung von Sportstätten

99

c) Verfassungsrechtliche Bedenken an der Organisationsakttheorie Noch aus einem anderen Grund ist die Organisationsakttheorie, mit deren Hilfe die Landesgesetzgeber, Gemeinden und Behörden mittelbar zur rechtlichen Einordnung der Verkehrspflichten in eigener Zuständigkeit ermächtigt werden würden305 , zu beanstanden. Die Verkehrspflichten dienen generell der Sicherung fremder Rechtsgüter, die von einem gefährlichen Zustand oder einer gefährlichen Tätigkeit bedroht werden300 . Sie sind also unmittelbarer Bestandteil des Haftungsrechts307 • Weder das private Haftungsrecht308 noch das öffentlich-rechtliche Entschädigungsrecht (Staatshaftungsrecht)309 steht zur Disposition der Landesgesetzgeber. Die Gemeinden und sonstigen Träger von Verwaltungsaufgaben sind erst recht nicht für die Konkretisierung der Verkehrspflichten zuständig. Auch dem Staat obliegen nur die von jeder Privatperson zu erfüllenden, von der Rechtsprechung zu konkretisierenden Sicherungsaufgaben. Er muß in welcher organisatorischen Form auch immer - für die Beachtung aller Verkehrspflichten im eigenen Interesse Sorge tragen, um bei einem Unfall keiner privatrechtlichen (Vertrag, Delikt) oder öffentlich-rechtlichen (§ 839 bzw. öffentlich-rechtliche Sonderverbindung i. S. v. § 15 Nr. 1 StHG) Haftung ausgesetzt zu sein. Eß ist allein Aufgabe der Rechtsprechung, den für öffentliche und private Sportstätten identischen Sicherheitsstandard herauszuarbeiten und die Verkehrspflichten rechtlich zu bestimmen310•

30. Schullan, VersR 1980, 216, 218, stellt zu Recht fest, daß die landesgesetzlichen Regelungen der Verkehrssicherungspflicht in den Straßengesetzen "nichts anderes als einen Organisationsakt kraft Gesetzes" enthielten. 306 Vgl. Deutsch, Haftungsrecht I, S. 130; ähnlich v. Caemmerer, Wandlungen des Deliktsrechts, S. 49, 94. S07 Deutsch, Jus 1967, 152, 157, bezeichnet sie als "Wildwuchs im System des Deliktsrechts"; v. Bar, S. I, spricht von einem "generalklauselartig weit gefaßten Haftungsprinzip". v. Caemmerer, Wandlungen des Deliktsrechts, S. 49, 71, 72, weist darauf hin, daß mit den Verkehrspflichten eine Lücke im Deliktssystem des BGB von der Rechtsprechung ausgefüllt worden sei. S08 Das private Haftungsrecht ist Teil des Bürgerlichen Rechts als Gegenstand der Bundesgesetzgebung, Art. 74 Nr.1, 72 1 GG. Das BGB ist gem. Art. 123 I, 125 GG Bundesrecht geworden. 309 Der Bundesgesetzgeber hielt sich für den Erlaß des am 2. 7. 1981 verkündeten (BGBL I, S. 553) und am 1. 1. 1982 in Kraft getretenen Staatshaftungsgesetzes zuständig. Nach überwiegender Ansicht ergab sich die Gesetzgebungskompetenz unmittelbar aus Art. 74 Nr.1, 72 11 GG: So z. B. Badura, NJW 1981, 1337 ff. (unter ausführlicher Darlegung der geschichtlichen Zusammenhänge und des Streitstandes); Schäfer, DB 1981, 1499, 1508. Zu den rechtlichen Bedenken Bender Rdn. 149 f. (S. 57 f.), der diese im Ergebnis jedoch nicht teilt; vgl. Rdn. 152 (S. 58). Gern. BVerfG NJW 1983, 25 ff., war der Bund nicht kompetent; das Gesetz mußte deshalb für nichtig erklärt werden. 310 Zur Bestimmung und Systematisierung der Sportstätten-Verkehrspflichten unten, S. 212 ff.

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111. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

Auch vor Inkrafttreten des für nichtig erklärten Staatshajtungsgesetzes 311 konnten auf Verwaltungs ebene nicht die Verkehrspflichten, sondern nur die Benutzungsverhältnisse in rechtswirksamer Form geregelt und dem öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Bereich zugeordnet werdenS1!. Diese Befugnis besteht nach wie vor. Der Bundesgesetzgeber ist in § 17 I StHG von der Zulässigkeit einer Teilnahme am Privatrechtsverkehr, also von einem Wahlrecht des Verwaltungsträgers ausgegangen. Um so unverständlicher ist es, daß sich der Bundesgesetzgeber durch die Organisationsakttheorie und die Landesgesetzgeber zur Normierung der Verkehrssicherungspflichten in § 17 II Satz 1 Nr. 1, III StHG hat "verleiten" lassen. Bei konsequenter Anwendung dieser Vorschriften hätte die Gefahr juristischer Zirkelschlüsse bestanden313. Auf Grund des zugestandenen Wahlrechtes könnten die von der öffentlichen Verwaltung im Rahmen der Daseinsvorsorge erbrachten Leistungen "sowohl zur schlichten Hoheitsverwaltung (öffentlich-rechtliche Daseinsvorsorge ... ) als auch zum sogenannten Verwaltungsprivatrecht (privatrechtliche Daseinsvorsorge ...)"314 gehören; der in § 17 II Satz 1 Nr. 1, III StHG zum Ausdruck kommende Rechtsgedanke würde bei begriffsjuristischer Auslegung zur Einordnung bestimmter Verkehrssicherungspflichten in das Privatrecht oder öffentliche Recht zwingen, ohne daß die rechtlichen Merkmale des konkreten Benutzungsverhältnisses zuvor - in Erkenntnis des Wahlrechtesuntersucht worden wären. d) Die Organisationsakttheorie in der Literatur zum Sportstätten-Haftungsrecht

Wiethaup315 meint, daß die rechtliche Einordnung der Beziehung zwischen Gemeinde und Benutzern einer öffentlichen Badeanstalt davon abhänge, ob das Benutzungsverhältnis dem privaten oder öffentlichen Recht angehöre; dieses sei immer öffentlich-rechtlich, wenn die Badeanstalt nach öffentlich-rechtlichen Grundsätzen betrieben werde. Unter "Verletzung der Verkehrs- und Betriebssicherheitspflicht"316 hält 311 Gemäß BVerjG NJW 1983, 25 ff., ist das StHG zwar nichtig. Die Auseinandersetzung mit den im StHG zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken ist jedoch nicht entbehrlich geworden. Alle geregelten staatshaftungsrechtlichen Probleme bestanden lange vor Erlaß des StGH. Durch die Nichtigkeit des StHG sind diese wieder zur Diskussion "freigegeben". In die Abwägung aller Argumente dürfen auch die Rechtsansichten einbezogen werden, die der Bund gesetzlich normieren wollte. 312 Vgl. noch unten, S. 106 ff., 133 ff. Siehe auch schon oben, S. 91 f., 93 ff. 313 Vor der Gefahr eines "Zirketschtusses" warnt auch Soerget I Gtaser § 839 Rdn. 97 im Zusammenhang mit der Organisationsakttheorie. 314 Soerget I Glaser § 839 Rdn. 85. 315 Wiethaup, VersR 1972, 718 f. Ähnlich KünneH, VersR 1982, 1119 f. 316 Wiethaup, VersR 1972, 718 f.

1. Kap.: Vertrauenstatbestände bei Benutzung von Sportstätten

101

er zwar eine privatrechtliche Vertragshaftung grundsätzlich für möglich, unterstellt jedoch bei öffentlich-rechtlicher Organisation der Badeanstalt die Anwendbarkeit der Amtshaftungsgrundsätze, ohne das Benutzungsverhältnis auch nur zu erwähnen. Nicht recht verständlich sind auch die Ausführungen von Gaisbauer zu öffentlichen Kinderspielplätzen317 : Hinsichtlich der grundsätzlich privatrechtlieh einzuordnenden Verkehrssicherungspflichten könne die Gemeinde bestimmen, daß sich die Benutzung und die kommunale Verantwortlichkeit nach den Regeln des öffentlichen Rechts richten; das Benutzungsverhältnis werde damit im Ganzen in das öffentliche Recht überführt3J8• Es wird übersehen, daß der Wille - abgesehen von der Möglichkeit, Enthaftungsverträge abzusch1ießen319 - auf die haftungsrechtliche Beurteilung ohne Einfluß ist. Er ist nur im Zusammenhang mit dem konkreten Benutzungsverhältnis, welches öffentlich-rechtlicher Natur und damit ein besonderer öffentlich-rechtlicher Entstehungsgrund für Verkehrspflichten sein kann, von BedeutungUil. IV. Zusammenfassende Wertung der Ergebnisse und tiberleitung

Es hat sich gezeigt, daß es bei der Frage nach den Entstehungsgründen für "öffentlich-rechtliche" Sportstätten-Verkehrspflichten nicht auf die "Rechtsnatur" dieser Pflichten, sondern auf das Ergebnis einer vorrangigen Prüfung der Rechtsbeziehungen zwischen öffentlich-rechtlichem Sportstätten-Verantwortlichen und den Benutzern ankommt. Die Untersuchung der Rechtsbeziehungen wäre durch § 17 II Satz 1 Nr. 1, III StHG nicht entbehrlich geworden. Das ergibt sich schon aus §§ 15 Nr. 1, 17 I StHG. Im übrigen hätten die Regelungen der Verkehrssiche317 318

709f.

Gaisbauer, VersR 1977, 505 f. Gaisbauer, VersR 1977, 505, 506. Ebenso Schneider, NJW 1962, 705, 706,

319 Zu den privatrechtlichen Enthaftungsverträgen unten, S. 387 ff. Auch bei öffentlich-rechtlichen Leistungs- und Benutzungsverhältnissen sind Haftungsbeschränkungen nach Maßgabe der im bürgerlichen Vertragsrecht geltenden Grundsätze möglich, es sei denn, die Besonderheiten des verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnisses stehen dieser Folgerung entgegen; vgl.: BGHZ 61, 7, 12 f. = NJW 1973, 1741, 1742; Bender, Rdn. 824 (S. 282); RGRK I Kreft vor § 839 Rdn. 176. Im Bereich der Staatshaftung i. S. v. § 1 StHG waren Beschränkungen grundsätzlich ausgeschlossen; Kommunalkörperschaften und sonstige mit Autonomie ausgestattete juristische Personen des öffentlichen Rechts seien daran gehindert, "für ihre Verwaltung die Staatshaftung durch Satzung einzuschränken"; So Bender, Rdn. 825 (S. 283). Die von Bender, a.a.O., angenommene Einschränkung dieses Grundsatzes ist abzulehnen, obwohl er die Begrenzungsmöglichkeit bei öffentlichen Einrichtungen für "relativ eng" hält. Gesetzliche Haftungsbeschränkungen kann nur der Bundesgesetzgeber normieren; vgl. hierzu unten, S. 357 ff. 320 Siehe S. 106 ff., 133 ff.

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IIr. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

rungspflicht im StHG eine verfehlte Rechtsprechung des BGH als Bundesgesetz manifestiert. Das BVerfG hat zwar das StHG mit Urteil vom 30.10.1982 für nichtig erklärt321 • Die Bedenken bleiben jedoch auf anderer Grundlage (§ 839 i. V. m. Art. 34 GG) bestehen. Die Begründung eines besonderen Gewaltverhältnisses ist ein dem öffentlichen Recht zuzuordnender Entstehungsgrund für Verkehrspflichten. Die Ausführungen zur Begründung eines privatrechtlichen Dienstleistungs- bzw. Arbeitsverhältnisses322 sind sinngemäß auf die personenrechtlichen Beziehungen des öffentlichen Rechts übertragbar. Die Haftung für Verkehrspflichtverletzungen richtet sich ausschließlich nach Staatshaftungsgrundsätzen. In Betracht kommt in erster Linie ein dem öffentlichen Recht zuzuordnender Schadensersatzanspruch aus "öffentlich-rechtlicher Forderungsverletzung"S23. Mit diesem Anspruch konkurriertSM - insoweit gegen den Wortlaut des § 17 II Satz 1 Nr. 1 StHG - ein Anspruch aus § 1 I StHG3'25 bzw. - nach Feststellung der Nichtigkeit dieser Vorschrift 82' - aus § 839 i. V. m. Art. 34 GG. Bei Nutzung öffentlicher Sportstätten außerhalb von besonderen Gewaltverhältnissen richtet sich die Frage, ob der Entstehungsgrund für Verkehrspflichten dem öffentlichen Recht zu entnehmen ist oder nicht, nach dem Ergebnis der Auslegung des konkreten Rechts(Benutzungs)verhältnisses 327 • Die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Aufm BVerfG NJW 1983, 25 ff.

m Vgl. oben, S. 56 ff.

323 Begriff Bender, Rdn. 809 (S. 276), der diesen Anspruch für ein besonderes Rechtsinstitut neben der Staatshaftung zu halten scheint. Die sprachliche Einordnung ist jedoch nicht von rechtlicher Bedeutung. Vgl. auch unten, S. 340 ff. 314 Vgl. Bender, Rdn. 809 (S. 276) und Rdn. 821 (S. 281). 325 a. A. Bender, Fußn. 548 (S. 281) und Rdn. 832 (S. 285 f.): Die in § 17 II 1 Nr. 1 - 5 StHG angeordnete Anwendung des Privatrechts gelte - entgegen § 17 II 2 i. V. m. § 15 Nr.l StHG - auch für die "vertragliche bzw. quasivertragliche" Haftung. Es sei "ein rechtspolitisches Bedürfnis" dafür anzuerkennen, daß das Haftungsregime jeweils von gleichen Grundsätzen beherrscht werde; vgl. Bender, Rdn. 832 (S. 285). Dieser - gegenüber der hier vertretenen Auffassung - "umgekehrte Weg" wird zumindest bei besonderen Gewaltverhältnissen nicht konsequent beibehalten werden können; andernfalls müßte man - was kaum möglich sein dürfte - die Verkehrspflichten aus den Fürsorgepflichten "herausflltern" und einem anderen "Haftungsregime" unterstellen oder die teilweise Identität von Fürsorge- und Verkehrspflichten aus begriffsjuristischen Erwägungen leugnen. Beide Lösungen wären gleichermaßen unbefriedigend, so daß es vorzugswürdig erscheint, die Verkehrspflichten dem "Schicksal" der Rechtsbeziehung zwischen Staat und Gewaltunterworfenen bzw. Bürgern folgen zu lassen. Zu den Merkwürdigkeiten einer Abgrenzung zwischen "allgemeinen Verkehrspflichten" und "besonderen Fürsorgepflichten" oben, S. 82 ff. (Schulsportstätten). 328 BVerfG NJW 1983, 25 ff. 327 So auch Ossenbühl, S. 29, der allerdings m. E. zu Unrecht - meint, die Rechtsprechung teile diese Auffassung.

1. Kap.: Vertrauenstatbestände bei Benutzung von Sportstätten

103

gabe, Sportstätten herzurichten und den Bürgern zur Verfügung zu steHen, ist kein Entstehungsgrund für Verkehrspftichten. Widmung und Indienststellung haben lediglich zur Folge, daß die Sportstätte eingerichtet und damit der öffentliche Zweck erreicht ist328 • Eine über den öffentlich-rechtlichen, haftungsrechtlich jedoch nicht erheblichen Gemeingebrauch hinausgehende Rechtsbeziehung zwischen Verwaltungsträger und Sporttreibenden besteht nicht, wenn eine öffentliche Sportstätte ohne besondere Zulassung im Einzelfall benutzt werden darf329. Einziger "Berührungspunkt" ist die tatsächliche, durch den Verwaltungsträger

lediglich

ermöglichte

Sportstätten-Nutzung.

Diese Nutzung kann nicht dem öffentlichen Recht unterstellt werden, da "ein über den möglichen deliktischen Kontakt hinausgehendes besonderes, enges Verhältnis zwischen den Beteiligten, d. h. eine individuelle Sonderverbindung"330 nicht besteht. Die Benutzbarkeit und tatsächliche Nutzung der öffentlichen Sportstätten hat mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse, mit Leistungsgewährung nichts zu tun. Es geht allein um die Zurechnung der Sportstätten- und Sportbetriebsgefahren,

also um eine haftungsrechtliche Frage, die nur von den zuständigen Gerichten zu beantworten ist und nicht auf Verwaltungsebene entschieden werden kann. Folgende Ausführungen Hußlas zu öffentlichen Kinderspielplätzen S31 sind auf alle öffentlichen Sportstätten im Gemeingebrauch übertragbar: "Der

durchschlagende Haftungsgrund ist aber, daß die Gemeinde den Kindern diese Einrichtung zur Verfügung stellt und damit einen Tatbestand ,schafft', von dem nach den konkreten Verhältnissen eine (potentielle) Gefahr für Dritte ausgeht ... damit greift eine Rechtspflicht desjenigen ein, der die Gefahr schafft, hier, indem er den Kinderspielplatz eröffnet und beläßt, die notwendigen VOTkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer tunlichst abzuwenden. Die Gemeinde ist hierbei mit dem einzelnen, den Kinderspielplatz und die Spielgeräte benutzenden Kind nicht durch besondere Beziehungen verbunden, wie dies etwa im Verhältnis Schule und Schüler ... in Betracht gezogen werden kann ...332." Zur KlarsteIlung ist zu sagen, daß es auf eine förmliche "Zurverfügungstellung" nicht ankommt, sondern die allgemeinen deliktischen Entstehungsgründe für Verkehrspflichten 333 insgesamt und mittelbar anwendbar sind. Die Verantwortlichkeit richtet sich ausschließlich nach den deliktsrechtlichen Vgl. OLG Köln VersR 1970, 577, 578 (Kinderspielplätze). Trimm-Dich-Pfade, Rodelhügel, Kinderspielplätze usw. 330 So Bender, Rdn. 810 (S. 277), zur Abgrenzung zwischen "schuldrechtlichen Sonderverbindungen des Verwaltungsrechts" und allgemeinen öff.rechtl. Leistungsbeziehungen (§ 1 StHG). 831 Hußla, VersR 1971, 877, der die vom OLG Köln VersR 1970, 577, 578, vertretene Rechtsauffassung teilt. 33! Diese Formulierung hat der BGH (VersR 1977, 817, 818 = VRS 53, 161, 162) übernommen (ebenfalls öffentlicher Kinderspielplatz). 333 Hierzu unten, S. 137 ff. 828

329

104

III. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

Grundsätzen des Privatrechts 334 • Das gilt auch dann, wenn eine öffentliche Sportstätte unter Umgehung von Zulassungsvoraussetzungen - also "unbefugt" - benutzt wird335• Mit Personen, die sich den Zutritt "erschleichen", kann ein öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis nicht begründet werden.

Das Wahlrecht zwischen öffentlich-rechtlicher oder privatrechtZicher Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses ist nur dann von praktischer Bedeutung, wenn zwischen Verwaltung und Sporttreibenden bereits vor der Sportstätten-Nutzung ein rechtlicher Kontakt3 36 besteht. So wird zum Beispiel der Zutritt zu öffentlichen Badeanstalten individuell geregelt337, so daß eine öffentlich-rechtliche Gestaltung der einzelnen Benutzungsverhältnisse möglich ist. Als besondere öffentlich-rechtliche Entstehungsgründe für Verkehrspflichten kommen öffentlich-rechtliche Sportstätten-Nutzungsverträge oder Verwaltungsakte in Betracht. Die Abgrenzungsmerkmale sind bei den Einzelheiten zur Verkehrspflichtentstehung durch Sportstätten-Nutzungsvertrag zu erörternSS8 •

33' Das wäre durch § 17 II 1 Nr. 1 StHG bestätigt worden. Im Ergebnis ebenso: Gaisbauer, VersR 1979,9 f.; Wiethaup, VersR 1972,817 (Trimm-Dich-Pfade); Nirk, in: Skirecht 1966, S. 43, 47 (Skipisten); Weimar, VP 1962, 5 (Rodelbahnen). a. A. wohl Gaisbauer, VersR 1977, 505, 506, und Schneider, NJW 1972, 705, 706, 709 f., die bei Kinderspielplätzen eine "Überführung des Benutzungsverhältnisses in das öffentliche Recht" für möglich halten. Unklar: Künnell, VersR 1982, 1119 f. 335 Ein Begrenzungszaun wird "überklettert", um auf der öffentlichen Sportstätte Sport treiben zu können. Eine öffentliche Badeanstalt wird ohne Entrichtung des "Eintrittsgeldes" betreten. Einzelheiten unten, S. 187 ff. 33S ZU den Begriffen "sozialer Kontakt", "geschäftlicher Kontakt" usw. bereits oben, S. 63 ff. (Verkehrspjlichten durch vertragsähnZiche Sonderbeziehungen). Der Begriff "rechtlicher Kontakt" kennzeichnet sowohl öffentlich-rechtliche als auch privatrechtliche Handlungsmöglichkeiten; es geht nicht um die Abgrenzung zwischen Vertragshaftung und Deliktsrecht. 337 Als weitere Beispiele sind zu nennen: Überlassung kommunaler Sportplätze und -hallen an Sportvereine; Vergabe gemeindlicher Tennisplätze usw. 338 Vgl. unten, S. 105 ff.

2. Kapitel

Einzelheiten zur Verkehrspflichtentstehung durch Sportstätten-Nutzungsvertrag Bereits an anderer Stelle wurde festgestelW, daß Sportstätten-Nutzungsverträge verkehrspflichtbegründend sind. Zu klären bleibt, ob und unter welchen Voraussetzungen derartige Verträge geschlossen werden. Bei der rechtlichen Bewertung ist nicht auf bestimmte Sportstätten abzustellen. Die für den Abschluß eines Nutzungsvertrages sprechenden Merkmale sind bei fast allen Sportstätten gleich. Nutzungsverträge sind sogenannte "Gestattungsverträge"!, bei denen im wesentlichen danach zu unterscheiden ist, ob die überlassung der Sportstätte entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt.

A. Direktes Nutzungsentgelt und Sportstätten-Nutzungsvertrag I. Die Sportstätte a.ls direkter Bezugspunkt des Entgelts

Der Zutritt zu Sportstätten, deren Betrieb auf kommerziellen oder fiskalischen Erwägungen beruht, wird im allgemeinen nur gegen Zahlung eines sogenannten "Eintrittsgeldes" gestattet. Das gilt sowohl für Sportstätten, die gewerblich betrieben werden3 , als auch für die überlassung bestimmter Sportstätten durch juristische Personen des öffentlichen Rechts 4 • Die Erhebung eines "Eintrittsgeldes" spricht bei privaten Sportstätten für den Abschluß eines Sportstätten-Nutzungsvertrages 5 , während 1 2

Vgl. oben, S. 52 f. Begriff Staudinger / Volker Emmerich Vorbem. zu §§ 535, 536 Rdn. 29.

3 z. B. BowHng- und Kegelbahnen, Squash-HaUen, "Mini-Golf"-Anlagen, "Go-Cart"-Bahnen, private Eisbahnen usw. 4 Ein Entgelt wird z. B. bei kommunalen Badeanstalten, Eisbahnen, Tennisplätzen usw. "erhoben". 5 Reichert, S. 194. Siehe auch StoU, Handeln auf eigene Gefahr, S. 124, für

Einrichtungen, "deren Benutzung nicht ganz ungefährlich ist (... Rutschbahn, Badeanstalt, Skilift usw.)". Vgl. auch Weisemann, Rdn. 182, S. 68 (entgeltliche Anlagenbenutzung als Mietvertrag).

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II!. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

bei öffentlichen Sportstätten zwischen privatrechtlichen und öffentlichrechtlichen Verträgen sowie Verwaltungsakten zu unterscheiden ist. Gegen Entrichtung eines "Eintrittsgeldes" wird regelmäßig ein zeitlich 6 oder sachlich7 beschränktes beziehungsweise unbeschränktes8 Recht zur Nutzung einer Sportstätte insgesamt' oder eines bestimmten Teils der SportstättelO eingeräumt l1 • Eine entgeltliche Sportstätten-Nutzung liegt nicht vor, wenn sich das Entgelt ausschließlich auf die überlassung von Sportgeräten und weder unmittelbar noch mittelbar auf die Sportstätte selbst bezieht. Durch die entgeltliche Ausgabe von Skiern wird auch dann kein Recht zur Benutzung von Pisten und Loipen eingeräumt, wenn die Ausgabe in unmittelbarer Nähe der sportstätte erfolgt. Das für die zeitweise überlassung eines Ruder- oder Paddelbootes gezahlte Entgelt bezieht sich nicht auf die Benutzung eines Gewässers. Bei einigen Sportarten sind Sportgeräte unmittelbare Bestandteile der Sportstätten12 oder werden den Sporttreibenden gegen Zahlung des "Eintrittsgeldes" zur Verfügung gestellt l3 . In diesen Fällen ist die Benutzung von Sportstätte und Sportgeräten entgeltlich. Es handelt sich um einen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einheitlichen Vorgang. Eine Abgrenzung ist nicht möglich, aber auch nicht erforderlich, wenn das Entgelt zumindest auch für den Gebrauch der Sportstätte selbst gefordert wird. ß. Privatredltlidler Vertrag oder 8ffentIldl-redltlidles

BenutzungsverhäItnis bei öffentlidlen Sportstätten

Wird die Benutzung einer öffentlichen Sportstätte nur gegen Zahlung eines Entgelts gestattet, hat die zuständige Verwaltungsbehörde die Möglichkeit, von dem ihr zustehenden Wahlrecht zwischen öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Ausgestaltung des Benutzungse Stundenweise "Vergabe" von Tennisplätzen, Squash-Hallen usw.; zeit!iche Beschränkungen bei Hallenbädern, Kegelbahnen usw. 7 Nur eine "Bahnrunde" beim "Mini-Golf". Bei Bowling-Bahnen dürfen dagegen z. B. beliebig viele Spiele durchgeführt werden; es wird erst nach Beendigung des Spielbetriebs "abgerechnet". 8 Als Beispiel sind vor allem die öffentlichen Badeanstalten zu nennen. 9 Hallen- und Freibäder, Eisbahnen, "Mini-Golf"-Anlagen, "Go-Cart"Bahnen usw. 10 Zuweisung bestimmter Tennisplätze, Bowling- bzw. Kegelbahnen,

Squash-Hallen. 11 Sehr häufig ist damit eine Berechtigung zur Benutzung von Gemeinschajtseinrichtungen (Umkleidekabinen, Duschräume usw.) verbunden. Die Benutzung dieser Einrichtungen ist "mittelbar entgeltlich", ihre Zurverfügungstellung also eine vom Sportstätten-Verantwortlichen vertraglich geschuldete Leistung.

Bowling- und Kegelbahnen. Bälle und Schläger beim "Mini-Golf", Kugeln beim Kegeln und Bowling, "Go-Carts" usw. 12

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2. Kap.: Verkehrspflichten durch Sportstätten-Nutzungsvertrag

107

verhältnisses Gebrauch zu machen14 • Diese Möglichkeit hätte § 17

Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StHG nicht "abgeschnitten", denn gemäß § 15 Nr. 1 StHG wäre "die Haftung aus öffentlich-rechtlichen Verträgen und ähnlichen Rechtsverhältnissen" unberührt geblieben 15 • Ob die Rechtsbeziehungen zwischen Anstalt und Benutzer im Einzelfall öffentlichrechtlicher oder privatrechtlicher Natur sind, kann mangels ausdrücklicher und rechtlich eindeutiger Erklärungen nur im Wege der Auslegung, also unter Berücksichtigung aller erkennbaren äußeren Merkmale festgestellt werden. Von besonderer praktischer Bedeutung sind die Benutzungsverhäl1nisse bei

öffentlichen Badeanstalten. Zur Haftung für Unfälle in kommunalen Schwimmbädern ist eine Vielzahl von Gerichtsentscheidungen veröffentlicht

worden. Die Gerichte sind überwiegend ohne nähere Begründung davon ausgegangen, daß die Gemeinden nach den Grundsätzen des privaten Haftungsrechts, nämlich aus Vertrag oder Delikt, haften16 • In anderen Entscheidungen 17 wurde das Abgrenzungsproblem erkannt und mit dem Ergebnis gewürdigt, daß ein privatrechtlicher Nutzungsvertrag und kein öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis vorliege. Es gibt - soweit ersichtlich - kein Urteil, in dem das Rechtsverhältnis zwischen dem Träger einer Badeanstalt und den Benutzern als öffentlich-rechtlich beurteilt worden ist. Die bei anderen öffentlichen Sportstätten vereinzeW 8 vertretene gegenteilige Auffassung beruht nicht auf einer Auslegung der konkreten Rechtsbeziehungen, sondern auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung der öffentlich-rechtlichen Pflicht zur Einrichtung von Sportstätten 19• Es kann also festgestellt werden, daß die Träger öffentlicher Sportstätten von dem theoretisch bestehenden Wahlrecht 20 praktisch keinen Gebrauch machen beziehungsweise die RechtsVgl. oben, S. 91 f., 93. Siehe hierzu noch unten, S. 340 ff. 18 RG JW 1911, 42 (Seebad) = Recht 1911 Nr. 1717; RG JW 1932, 2085, 2086; JW 1938, 2542 f. (Seebad); RG WarnRspr. 1913, 167 f. (Nr. 133); WarnRspr. 1938, 361 f. (Nr. 156); WarnRspr. 1940, 68 ff. (Nr.39); RG SeuffArch 86, 226 f.; BGH VersR 1960, 944 f.; BGH NJW 1978, 1629; BGH NJW 1980, 392; BGH NJW 1980, 1159 f.; OLG Celle VersR 1969, 1049, 1050; OLG Düsseldorf VersR 1965, 818 f.; OLG Frankfurt VersR 1983, 881 f.; OLG Hamm VersR 1954, 419; VersR 1977, 260; VersR 1978, 1147; OLG Karlsruhe VersR 1978, 529; OLG München VersR 1954, 532 f.; OLG Nürnberg VersR 1959, 574, 575; OLG Stuttgart VersR 1961, 1026, 1027; OLG Zweibrücken VersR 1977, 483; LG Freiburg VersR 1978, 529; LG Ravensburg VersR 1964, 878 f.; LG Aachen VersR 1977, 1112 f.; LG Wuppertal VersR 1958, 855 f.; AG Kassel VersR 1969, 168; AG Lübbecke MDR 1963,500. 17 HansOLG MDR 1958, 689; OLG Karlsruhe VersR 1976, 894; OLG München VersR 1972, 472, 473; VersR 1974, 200, 201; VersR 1976, 894; LG Stuttgart VersR 1967, 193. 18 OLG Diisseldorf VersR 1976, 1160, 1161 (Trimm-Dich-Pfad); LG Kleve VersR 1972, 1035 (Kinderspielplatz). Neuerdings OLG Düsseldorf VersR 1982, 980 (Sporthalle). 1& Siehe bereits oben, S. 87 ff. 20 Auch aus dem bereits an anderer Stelle kritisierten (vgl. oben, S. 100 f.) - Abgrenzungsversuch Wiethaups, VersR 1972, 718 f., geht hervor, daß öffentlich-rechtliche Benutzungsverhältnisse eher von theoretischer Bedeutung sind: "Bei von den Gemeinden betriebenen Badeanstalten wird man regelmäßig davon ausgehen können, daß mit den Besuchern ein privates Rechts14

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III. Teil: Entstehungsgründe für' Sportstätten-Verkehrspftichten

beziehungen nach den nicht mit Formalien belasteten Regeln des Privatrechts abwickeln!l und sich nicht darum bemühen, verwaltungsrechtliche Schwierigkeiten und Beschränkungen2! zu überwinden, um hoheitlich handeln zu können.

Die Bewertung der Benutzungsform hängt in erster Linie vom erklärten Willen des Anstaltsträgers ab 23 • Indizien für eine öffentlich-

rechtliche Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses sollen die Regelung der Benutzung durch öffentlich-rechtliche Satzung (statt allgemeiner Geschäftsbedingungen)24, die Erhebung von Verwaltungsgebühren 25 (statt privatrechtlicher Entgelte26 ), die Möglichkeit von Zwangsanwendung gegenüber den Benutzern27 sein. Es sei ausreichend, daß "die wesentlichen Grundlagen der Benutzungsverhältnisse durch die Satzung, die Einzelheiten durch Anstalts- oder Benutzungsordnung festgesetzt werden"28. Diese Abgrenzungsversuche können schon deshalb nicht überzeugen, weil die Gefahr besteht, daß die Entscheidung von verwendeten Begriffen und nicht von materiell-rechtlichen Erwägungen abhängig gemacht wird. Das Entgelt kann ungeachtet seiner Bezeichnung als "Gebühr" privatrechtlicher Natur sein2 '. Auch die Bezeichnung "Badeordnung" spricht nicht zwingend für eine öffentlich-rechtliche Regelung: verhältnis besteht" (a.a.O., 719). Vgl. auch: Reichert, S. 196; RGRK I Steffen § 823 Rdn. 229. 21 Schneider, NJW 1962, 705, 706, meint, daß eine Vermutung eher für privatrechtliche Beziehungen spreche. Diese Aussage bezieht sich auf kommu-

nale Einrichtungen wie z. B. "Sportanlagen, Kinderspielplätze, Schwimmbäder ... " (705). 22 Vgl. §§ 9 ff. (Verfahrensvorschriften), 35 ff. (Verwaltungsakt), 54 ff. (öffentlich-rechtlicher Vertrag) VwVfG: Bei öffentlich-rechtlichem Handeln sind besondere Formvorschriften zu beachten, denen auch in organisatorischer Hinsicht Rechnung zu tragen ist. 23 So Forsthoff, Verwaltungsrecht I, § 22 II, S. 412; Ossenbühl, S. 29. 24 Auch nach Ansicht Forsthoffs, Verwaltungsrecht I, § 22 II, S. 413, ergebe sich der Wille aus den Regelungen in Anstaltssatzungen, Benutzungsbedingungen usw. Vgl. auch Wiethaup, VersR 1972, 718 ("Badesatzung nebst Gebührenordnung"). MünchKomm / Papier § 839 Rdn. 101 (allgemeines zu Benutzungsregelungen "im Satzungswege"). Siehe noch OLG Karlsruhe VersR 1976, 894 (Unterscheidung öff.-rechtl. Satzung - Allgemeine Geschäftsbedingungen); auch Künnell, VersR 1982, 1119 f. 25 BGHZ 4, 138, 148 = NJW 1952. 382, 383; BGHZ 25,200,205 ff. = NJW 1958, 53, 60; MünchKomm / Papier § 839 Rdn. 101. 2B Vgl. etwa Wiethaup, VersR 1972, 718, 719: "Die Entrichtung eines Eintrittspreises (keine Gebühr) spricht ebenfalls für den zivilrechtlichen Charakter." Siehe auch Schneider, NJW 1962, 705, 709: "Die Entgelte für die Benutzung müßten als Gebühren bezeichnet werden, ... " Vgl. noch Münch Komm / Papier § 839 Rdn. 101 ("Benutzungsgebühren", nicht "Entgelte"). Wohl auch Künnell, VersR 1982, 1119. 27 So Ossenbühl, S. 29. 28 Schneider, NJW 1962, 705, 710. 29 Wolff I Bachof, Verwaltungsrecht I, § 42 VI a.

2. Kap.: Verkehrspfiichten durch Sportstätten-Nutzungsvertrag

109

"Sie enthält die allgemeinen Benutzungsbedingungen, die jedem Benutzungsangebot ... zugrunde liegen und die anzunehmen den Badegästen um einer reibungslosen, schnellen Abwicklung des Verkehrs in ähnlicher Weise zugemutet werden darf und muß wie den Benutzern von öffentlichen Verkehrsmitteln und allgemeinen Krankenhäusern die Unterwerfung unter allgemeine Bedingungen, obgleich sich auch insoweit der Rechtsverkehr in privatrechtlicher Form vollzieht30• " Es spreche zum Beispiel für die Anwendbarkeit des Privatrechts, wenn in einer "Benutzungsordnung" der ordentliche Rechtsweg vorgesehen sept. Die begrifflichen Unklarheiten lassen nur den Schluß zu, daß auch "Badeordnungen" einer Auslegung zugänglich sind und allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des Privatrechts sein können. Für die Abgrenzung kommt es nicht auf die verfolgten Ziele und den Inhalt der wahrgenommenen Aufgaben, sondern allein auf die Rechtsform des Verwaltungshandelns an32 • "Allein beim Einsatz des öffentlich-rechtlichen Handlungsinstrumentariums nimmt die öffentliche Verwaltung im Verhältnis zu den Privatsubjekten eine die Anwendung eines besonderen Haftungsrechts rechtfertigende Sonderstellung ein33 ." Aus diesem Grund erscheint es richtiger, zunächst zu fragen, ob die Rechtsverhältnisse zwischen Trägern öffentlicher Sportstätten und den Sporttreibenden durch einseitige Zulassung zur Benutzung, also durch Verwaltungsakt 34, oder zweiseitig, also durch Vertrag S5 , begründet werden. Durch einen Verwaltungs akt wird ein Verhältnis der 'Überund Unterordnung 36 geschaffen. Er hat eine rechtliche überlegenheit zur Folge, "dieeine besondere Schutz bedürftigkeit des Bürgers begründet und die den Grund für die verfassungsrechtliche Garantie der Haftungsübernahme durch den Staat darstellt"37. Ein in diesem Sinne verstandenes hoheitliches Handeln der Badeverwattung ist kaum vorstellbar. Das Sportstätten-Personal "regelt" nicht den Zutritt, sondern "kassiert" lediglich das Eintrittsgeld, ohne eine Auswahl zu treffen oder ein Ermessen auszuüben. Es handelt sich um einen äußerst einHansOLG MDR 1958, 689. Forst hoff, Verwaltungsrecht I, § 22 H, S. 413. 82 BGHZ 60, 54, 59 = NJW 1973, 460, 461; BGH NJW 1973,1650,1651; Münch Komm / Papier § 839 Rdn. 90; Soerget / maser § 839 Rdn. 85; Staudinger / Schäfer § 839 Rdn. 73; a. A. wohl Ossenbüht, S. 17 f. 38 MünchKomm / Papier § 839 Rdn. 91. 34 So definiert Bender, Rdn. 810 (S. 278), das entscheidende Merkmal für 30

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obrigkeitliches Handeln. 35 Vgl. Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht H, § 99 Va, S. 399. 36 Nach der Subjektionstheorie ist eine Rechtsbeziehung öffentlich-rechtlich, wenn ein Verhältnis der Vb er- bzw. Unterordnung besteht; vgl.: BGHZ 14, 222, 227; BGHZ 53, 184, 186 = NJW 1970, 811, 812. Auch Wiethaup, VersR 1972, 718, 719, meint, es komme letzten Endes darauf an, "ob die Gemeinde und die Benutzer einer Badeanstalt im Verhältnis der Gleichordnung oder der über- und Unterordnung zueinander stehen". 37 So MünchKomm / Papier § 839 Rdn. 91.

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II!. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

fachen, standardisierten und alltäglichen Vorgang, der nur dem Leistungsaustausch - Entgegennahme des Eintrittsgeldes und Ausgabe der Eintrittskarte

beziehungsweise Einräumung des Nutzungsrechtes - dient. Darüber hinausgehende Zwecke, die auf obrigkeitliches Handeln hindeuten könnten, sind nicht ersichtlich. Ein verwaltungsrechtlicher Anknüpfungspunkt fehlt selbst dann, wenn das Eintrittsgeld nicht auf RentabHitätserwägungen beruhtS8 • Die Annahme einer einseitigen ZuLassung durch Verwattungsakt liegt nur nahe, wenn sich der Kontakt nicht im Leistungsaustausch erschöpft, sondern zum Beispiel dem GLeichheitsgrundsatz des Art. 3 GG Rechnung zu tragen, eine Auswaht zu treffen ist, oder die verwattungsrechUichen Ermessensgrundsätze zu beachten und anzuwenden sind usw. Das kann zum Beispiel bei öffentLichen SportpLätzen und SporthaHen, die nicht jedermann, sondern allenfalls einer beschränkten Anzaht von Sportvereinen oder anderen Interessengruppen zu bestimmten Zeiten zur Verfügung gestellt werden, der Fall sein39•

Die Rechtsbeziehungen zwischen den Trägern öffentlicher Sportstätten und ihren Benutzern werden also in der Regel nicht einseitig, sondern zweiseitig begründet. Bei zweiseitiger Begründung ist im Zweifel auf ein verwaltungsprivatrechtliches Leistungsverhältnis zu schließen40 • "Verwaltungsprivatrechtlich" bedeutet privatrechtlich:es Handeln mit der haftungsrechtlich nicht interessierenden Maßgabe, daß "gewisse öffentlich-rechtliche Bindungen, etwa an die Grundrechte bestehen"41. Öffentlich-rechtliche Verträge (Austauschverträge im Sinne von § 56 VwVfG) werden auch dann nicht geschlossen, wenn die Nutzung der Badeanstalt durch gemeindliche Satzung, also von der Rechtsordnung öffentlich-rechtlich geregelt ist, und die Voraussetzungen des § 54 VwVfG vorzuliegen scheinen. Öffentlich-rechtliche Verträge bedürfen der Schriftform, § 57 VwVfG. Diesem Erfordernis wird nicht schon durch die Ausgabe von Eintrittskarten Rechnung getragen42 • Hat die Verwaltung - wie zum Beispiel bei Badeanstalten - einen Rechtsverkehr mit Massencharakter abzuwickeln, so kann die Wahl eines möglichst einfachen, rationellen Mittels zur Durchführung des Leistungsaustausches43 nur dahingehend gedeutet werden, daß bei zwei38 Nach HansOLG MDR 1958, 689, spreche es nicht für ein öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis, wenn das Eintrittsgeld bei öffentlichen Badeanstalten nicht auf Rentabilitätserwägungen beruhe, und der Staat zu den Betriebskosten erheblich zuschieße. Ebenso Reichert, S. 196. 3Q Diese Fallgruppe ist nur insoweit von haftungsrechtlichem Interesse, als möglicherweise Nutzungsverträge mit Schutzwirkung zugunsten der MitgHeder von Vereinen bzw. Gruppen geschlossen werden oder verwaltungsrechtLiche Sonderbeziehungen mit Schutzwirkung zugunsten der Sportler bestehen. Siehe hierzu noch unten, S. 129 ff. bzw. 133 ff. 40 So WoLff / Bachof, Verwaltunsrecht H, § 99 Va, S. 399. 41 MünchKomm / Papier § 839 Rdn. 96 m. w. N. 42 "Eintrittskarten" sind Inhaberkarten i. S. v. § 807 Satz 1; vgl. Palandt / Thomas § 807 Anm. 2. Sie haben also nur eine Legitimierende und keine rechtsbegründende Funktion. 43 Sehr häufig wird sogar versucht, "Kassenpersonal" einzusparen und durch eine automatisierte EinLaßkontroHe (Kombination von "Eintrittskar-

2. Kap.: Verkehrspflichten durch Sportstätten-Nutzungsvertrag

111

seitiger Begründung des Benutzungsverhältnisses im Interesse einer

Vereinfachung und Rationalisierung des VerwaZtungshandelns selbst

dann auf eine Inanspruchnahme der sich aus §§ 54 ff. VwVfG ergebenden, formalisierten und daher "schwerfälligen" Möglichkeit verzichtet werden soll, wenn eine "Badesatzung" nebst "Badeordnung" vorhanden ist44 • Das gilt auch für die entgeltliche', formlose Vergabe anderer kommunaler Sportstätten an nutzungswillige Sportler45 • III. Typisierung des privatrechtlicb.en Sportstätten-Nutzungsvertrages

Die rechtliche Einordnung des - sowohl bei privaten als auch bei öffentlichen Sportstätten - privatrechtlichen Sportstätten-Nutzungsvertrages bereitet keine Schwierigkeiten. Wird gegen Zahlung eines Entgelts eine Sache zum Gebrauch überlassen, kommt ein - nicht formgebundener46 - Mietvertrag i. S. v. § 535 zustande47 • Folglich ist der entgeltliche Sportstätten-Nutzungsvertrag grundsätzlich als Mietvertrag zu werten48 • Das gilt zum Beispiel für die entgeltliche Zurverfügungstellung von BadeanstaUen4lil, "Schwimmbädern"50, "Freibädern"51, "Strandbädern"5!, "HaHen-

ten-Automaten" und mechanischen Einlaßsperren) zu ersetzen. Die bloße Ausgabe von Beweisurkunden durch einen Automaten kann kein Hoheitsakt sein. Die Rechtsbeziehung wird bereits durch das Einwerfen von Münzen in einen bereitgestellten Automaten (konkludentes Angebot) begründet. Mit diesem Vorgang sind die für "automatisierte Verwaltungsakte" i. S. v. § 37 IV VwVfG (bzw. der entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften) vorgeschriebenen Wirksamkeitsvoraussetzungen nicht erfüllt. 44 Insoweit richtig OLG München VersR 1972, 472, 473, und VersR 1974, 200, 201. Die Ansicht, Verkehrspftichten könnten als Amtspflichten "deklariert" werden (OLG München VersR 1972, 472), ist jedoch abzulehnen; siehe bereits oben, S. 93 ff. 45 Als weiteres Beispiel ist die entgeltliche überlassung kommunaler Tennisplätze an einzelne, nicht gewaltunterworfene Spieler zu nennen. 48 So z. B. Palandt / Putzo § 535 Anm. 1 a. § 566 ist ohne praktische Bedeutung. 47 BGHZ 19, 85, 93; Trenk-Hinterberger, Jus 1975, 501, 502; Palandt / Putzo Einf. v. § 535 Anm. 1 a und b; Staudinger / Volker Emmerich Vorbem. zu §§ 535, 536 Rdn. 29. 48 Vgl. Reichert, S. 194: "Wer gegen Entgelt eine Anlage benutzt, auf der er eine Sportart betreiben kann, schließt in der Regel einen Mietvertrag mit dem Verfügungsberechtigten der Sportanlage ab." Ähnlich RGRK / Gelhaar vor § 535 Rdn. 268: Die entgeltliche Zurverfügungstellung von Sportanlagen könne mietvertragliche Elemente enthalten. Vgl. auch Palandt / Putzo Einf. v. § 535 Anm. 3 b: Die Benutzung von Sporteinrichtungen, z. B. Sprungschanzen und Schwimmbädern, sei im wesentlichen Mietvertrag (soweit nicht öffentlich-rechtliche Nutzungsverhältnisse vorlägen). Siehe noch Weisemann, Rdn. 182 (S. 68). 49 RG Recht 1911 Nr. 1717 und 1739; BGH VersR 1958, 166 f., und 1960, 524 f. (jeweils für "Dampfbadeanstalten", jedoch ohne Typisierung des Vertrages); OLG München VersR 1954, 532; LG Wuppertal VersR 1958, 855 f. (ohne Typisierung). Siehe auch Wiethaup, VersR 1972, 718 (Mietvertrag und Verwah-

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III. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspftichten

bädern"53, "Sommerbädern"54, "Go-Cart"-Bahnen"55, Kegetbahnen 58 , "MiniGotf"-Bahnen57, Rutschbahnen58 . Vermietet werden auch Bowting-Bahnen, Squash-Hallen, kommunale und gewerblich betriebene Tennisptätze, Universitäts-Sportstätten (Tennisplätze, Schwimmhalle usw.) und viele andere

Sportstätten.

Wenn sich bei entgeltlicher Sportstätten-Nutzung ein Unfall ereignet, ist die strenge Haftungsvorschrift des § 538 auf ihre Anwendbarkeit zu prüfen59 • Das ist nur dann entbehrlich, wenn der Geschädigte lediglich Zahlung eines Schmerzensgeldes, nicht aber Ersatz materieller Schäden verlangt60 • Ob der Nutzungsvertrag im Einzelfall neben den mietvertraglichen Elementen auch noch die Merkmale eines anderen Vertragstypus aufweist81 , kann dahingestellt bleiben. Bei verbundenen Verträgen 62 ist für jeden Teil das Recht des jeweils zutreffenden Vertragstypus anzuwenden63 • Gemischte Verträge sind nach den mietrechtlichen Vorschriften zu beurteilen, wenn die wesentliche Leistung in rungsvertrag); Künnell, VersR 1982, 1119, 1120; OLG Kartsruhe VersR 1976, 894 (Thermalbad). 50 BGH VersR 1978, 561 f. (Hinweis, daß Schwimmbad-Benutzungsverträge auch mietvertragHche Etemente enthalten); OLG Kartsruhe VersR 1976, 894 (Mietvertrag bei Verwendung allgemeiner Geschäftsbedingungen); AG Kasset VersR 1969, 168. 51 BGH VersR 1960, 944 f. (Benutzungsvertrag besonderer Art, der dem Gastaufnahmevertrag ähnele und Etemente des Miet- und Dienstvertrages enthalte). 52 AG Lindau VersR 1954, 247 f.; siehe auch OLG Zweibrücken VersR 1977, 483 (ohne Typisierung). 53 LG Stuttgart VersR 1967, 193 (mit dem Lösen der Eintrittskarte begründeter, privatrechtlicher Nutzungsvertrag mit vorwiegend mietvertragHchen Etementen). 54 Vgl. HansOLG MDR 1958, 689 (Anstaltsbenutzungsvertrag). 55 LG Mönchengtadbach VersR 1973, 870 f. (ohne Typisierung). 58 RGZ 88, 433; BGH VersR 1972, 399, 400 = LM Nr. 19 zu § 537 (Mietvertrag zwischen "Kegelgruppe" und Gastwirt über Gebrauch der Kegetbahn) mit zustimmender Anmerkung von Trenk / Hinterberger, Jus 1975, 501; Reichert, S. 197; Staudinger / Votker Emmerich Vorbem. zu §§ 535, 536 Rdn. 81. 57 BGH VersR 1968, 285. 58 RG DR 1940, 1425 f. 59 So ausdrücklich BGH VersR 1978, 561, 562. 80 Bereits auf S. 71 wurde darauf hingewiesen, daß Schmerzensgeldktagen von großer praktischer Bedeutung, jedoch immaterielle Schäden im Rahmen der Vertragshaftung nicht ersatzfähig sind. Vgl. auch: BGH VersR 1972, 399, 400, 401 (Garantiehaftung des Vermieters einer Kegelbahn aus § 538 Abs.

1 für materielle Schäden bzw. Deliktshaftung für die Schmerzensgeldforderung). 61 Vgl. BGH VersR 1960, 944 f. ("Freibad"); KünneH, VersR 1982, 1119, 1120; Wiethaup, VersR 1972, 718 (jeweils "Badeanstalt"). 82 Patandt / Putzo Einf. v. § 535 Anm. 3 a: Einheitlicher Vertrag, der zu einem Teil Miete und im übrigen einem oder mehreren anderen Vertragstypen zuzuordnen sei. M So z. B. Palandt / Putzo Einf. v. § 535 Anm. 3 a.

2. Kap.: Verkehrspflichten durch Sportstätten-Nutzungsvertrag

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der entgeltlichen Gebrauchsüberlassung besteht64 • Das ist immer der Fall, wenn für die Benutzung einer Sportstätte nebst den dazugehörigen Einrichtungen ein "direktes" beziehungsweise "offenes" EntgeltOli zu zahlen ist. Ob es sich im Einzelfall um einen "reinen" Mietvertrag oder um einen verbundenen bzw. gemischten Vertrag 68 handelt, ist demnach unerheblich. IV. Atypische Nutzungsverträge mit Beförderungscharakter im Skisport

Ein atypischer Sportstätten-Nutzungsvertrag ist der Vertrag über die Benutzung von Skischleppliften87 und - mit Einschränkungen Sesselliften 68 • Die Benutzung von Skischleppliften hat zwar Beförderungscharakter, ist jedoch gleichzeitig sportliche Betätigung, da die Skifahrer lediglich "hinaufgezogen" werden. Für ungeübte Skifahrer ist es nicht einfach, die Liftspur zu "halten" und den Bewegungsablauf zu koordinieren; Stürze mit und ohne Verletzungsfolgen kommen deshalb verhältnismäßig häufig vor. Das gilt auch für den "Ein- und Ausstieg" von SkisesselZiften. Wer seine Skier nicht beherrscht, gerät sowohl beim Beginn als auch bei der Beendigung der eigentlichen Beförderung in Schwierigkeiten: "Die Sessel folgen einander in geringen Vgl. Palandt / Putzo Einf. v. § 535 Anm. 3,b. Das Entgelt ist unmittelbare Gegenleistung für die überlassung einer Sportstätte. Das erklärt der Sportstätten-Vermieter ausdrücklich oder es geht aus den Umständen eindeutig hervor. Zur Rechtslage bei "indirekten" bzw. "verdeckten" Nutzungsentgelten wird unter B. Stellung genommen (S. 117 ff.). 66 Wiethaup, VersR 1972, 718, hält den Badeanstalts-Benutzungsvertrag für einen gemischten Vertrag (Miete und Verwahrung). Ebenso wohl Palandt / Putzo Einf. v. § 535 Anm. 3 b für Sporteinrichtungen, z. B. Sprungschanzen und Schwimmbäder. Siehe zu Badeanstalten auch: BGH VersR 1960, 944 f. (miet- und dienstvertragliche Elemente; Ähnlichkeiten mit Gastaufnahmevertrag); BGH VersR 1978, 561 f. (auch mietvertragliche Elemente); LG Stuttgart VersR 1967, 193 (vorwiegend mietvertragliche Elemente). Der vor Betreten einer Badeanstalt geschlossene Vertrag dürfte eher ein verbundener Vertrag sein, da die einzelnen Leistungen voneinander abgrenzbar (Verwahrung von Sachen, Benutzung der Badeeinrichtungen usw.) bzw. nicht Gegenstand des "Grundvertrages" (z. B. Teilnahme am Schwimmunterricht, die auf einem gesonderten "Lehrvertrag" beruht) sind. Vgl. noch Künnel, VersR 1982, 1119, 1120. 87 Zur Definition des Begriffes: BGH NJW 1960, 1345, 1346 = VersR 1960, 642, 643; OLG München VersR 1959, 838, 839; Schmalzl, VersW 1954, 528; Kleppe, S. 157. 68 Schmalzl, VersW 1954, 528, und Scholten, NJW 1960, 558, 560 f., sehen den Begriff "Skilift" als Oberbegriff für "Sessellifte" und "Schlepplifte" an; dagegen Kleppe, S. 158, der die Begriffe "Skilift" und "Skischlepplift" gleichsetzt. Richtig Rüth, S. 137 ff., der den ungenauen Begriff "Skilift" vermeidet und nur zwischen "Schleppliften" und "Sesselliften" unterscheidet. Zur Definition des Begriffes "Sessellift": Scholten, NJW 1960, 558, 560; Rüth, S. 138 f. Siehe auch Wachendorf, VersR 1982, 117, 118; Fritzweiler, Haftung bei Sportunfällen, S. 123 f.; Weisemann, Rdn. 201 f. (S. 76 f.). 64

65

8 Börner

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!Ir. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspfiichten

Abständen und mäßiger Geschwindigkeit. Ein- und Aussteigen erfolgt ohne Unterbrechung des Betriebs am Start und Ziel ...69."

1. Typisierung des Skischlepplijtvertrages Der Skischleppliftvertrag ist kein - die Anwendbarkeit des Mietvertragsrechts ausschließenderIO - Beförderungsvertrag71 • Der Benutzer einer Schleppliftanlage wird nicht "befördert"72. Ob ein Skifahrer zur Bergstation gelangt, hängt entscheidend von der Fähigkeit und dem Willen zur aktiven Mitwirkung ab 73 : "Er vertraut sich hier nicht einem sein Gewicht tragenden Fahrzeug an. Auch spielt er nicht eine nur passive Rolle. Vielmehr setzt die Benutzung eines Schlepplifts eine aktive Mitwirkung des Skiläufers voraus. Diese Mitwirkung ist für den Erfolg weitgehend mitbestimmend. Der Benutzer ist somit nicht schicksalhaft einem Fahrzeug ausgeliefert, das allein, ohne jede eigene Einflußnahme des Benutzers, die Fortbewegung bewirkt. Das Zurücklegen der Strecke zwischen Tal- und Bergstation hängt auch von der eigenen Geschicklichkeit des Benutzers wie von der Beschaffenheit seiner Skier, der witterungsbedingten Gleitfähigkeit des Schnees und dem Vorhandensein entsprechender Spuren im Schnee ab. Der Skiläufer bleibt dabei am Schneebelag, also am Boden. Sein Gewicht ruht somit auf der Erde. Das Drahtseil dient nur dazu, ihm eine Kraft zum Bewegungsvorgang, den er selbst gestaltet, zur Verfügung zu stellen. Der Skiläufer ist folglich bei Benutzung eines Schlepplifts nicht Gegenstand der ,Beförderung'. Daher liegt ... die Verantwortung für die überwindung der Strecke zum großen Teil beim Benutzer selbst7t." Die aktive Beteiligung der Sportler kann nicht als eine werkvertragliehe Mitwirkungspjlicht gewertet werden75 . Die Annahme einer "Durch-

haltepflicht" wäre abwegig. Die Skiläufer können eine Schleppliftan89

Scholten, NJW 1960, 558, 560.

Der Beförderungsvertrag ist im wesentlichen Werkvertrag, so daß das Mietrecht auch nicht ergänzend anwendbar ist; vgl. Staudinger / Volker Emmerich Vorbem. zu §§ 535, 536 Rdn. 85. 71 a. A. Kettnaker, VersR 1964, 363, 365, der ausdrücklich von "Beförderungsvertrag" spricht; ebenso Schmalzl, VersW 1954, 528. Siehe auch Wachendorf, VersR 1982, 117, 122; Fritzweiler, Haftung bei Sportunfällen, S. 124. 72 a. A. Rüth, S. 144: Alleiniger Zweck des Schleppliftvertrages sei es, dem Skiläufer zur Bergstation zu befördern; jede andere Leistung diene dem Skiläufer nicht. So auch Fritzweiler, Haftung bei Sportunfällen, S. 124. 73 Ebenso Kleppe, Rdn. 156 (S. 163). Siehe auch: Scholten, NJW 1960, 558, 561: "Der Erfolg selbst hängt von der Mitwirkung des Benutzers ab." Vgl. noch: Wachendorf, VersR 1982, 117, 118; Weisemann, Rdn. 202 (S. 77). 74 So BGH NJW 1960, 1345, 1346 = VersR 1960, 642, 643, jedoch in anderem rechtlichen Zusammenhang (Leitsatz: "Ein Skischlepplift ist keine Eisenbahn i. S. des § 1 RHaftpfiG"). 75 Vgl. aber Rüth, S. 144: Man dürfe den Mitwirkungsanteil beim Schleppliftvertrag nicht überschätzen, weil die Anforderungen normalerweise von jedem sorgfältigen Vertragspartner gemeistert würden. a. A. auch Fritzweiler, Haftung bei Sportunfällen, S. 124. 70

2. Kap.: Verkehrspflichten durch Sportstätten-Nutzungsvertrag

115

lage - trotz entgegenstehender "Geschäftsbedingungen" - an geeigneten Stellen ohne übermäßige Eigen- oder Fremdgefährdung verlassen76 • Von dieser Möglichkeit sollten sie zum Beispiel im eigenen Interesse Gebrauch machen, wenn die Liftspur gefährlich vereist ist77 , oder sie meinen, den Schwierigkeiten der Abfahrtspiste nicht gewachsen zu sein7B • Die Benutzer brauchen sich weder den Gefahren des Liftes78 noch denen der Pisten "ausliefern". Nicht nur die werkvertraglichenSO, sondern auch die dienstvertraglichens1 Elemente des Schlepplijtvertrages sind ohne selbständige rechtliche Bedeutung. Das Betreten und der Betrieb von Schleppliftanlagen ist automatisiert. "Hilfestellungen" durch das Personal sind nur beim "Einstieg" üblich. Wesentliche Leistung des Betreibers eines Skischleppliftes ist allein die entgeltliche Zurverfügungstellung einer fehlerfrei beschaffenen und fehlerfrei funktionierenden Anlage82, also einer aus technischen Einrichtungen und Liftspur zusammengesetzten Sache. Es handelt sich um eine Gebrauchsüberlassung i. S. v. § 535. 76 Siehe BGH NJW 1960, 1345, 1346 = VersR 1960, 642, 643; ebenso Rüth, S.143. 77 Die Zurverfügungstellung einer vereisten Liftspur bzw. die Nichtbeseitigung der Gefahrenstellen ist Verkehrspflichtverletzung: Vgl. Scholten, NJW 1960, 558, 561 (Vereisung der "Gleitbahn" bei "gefährlichen Hängen"); Kleppe, Rdn. 180, S. 189 (Pflichtverletzung bei steiler Fahrspur, oder wenn diese "quer zu einem stärker geneigten Hang" verlaufe); Rüth, S. 147 (Vereisung gefährlicher Stellen). Siehe auch Fritzweiler, Haftung bei Sportunfällen, S.124. 78 Das ist bei Schleppliften, die nicht in ihrer ganzen Länge vom "Einstieg" aus eingesehen werden können, von Bedeutung. 79 Vgl. Schotten, NJW 1960, 558, 561: Die Benutzung bestimmter Schlepplifte sei "für gewöhnlich unschwierig", während andere Lifte "immerhin ein gewisses Maß skiläuferischen Könnens und etwas übung" erforderten und besonders gefährliche Lifte "reifliches Können und große Aufmerksamkeit" voraussetzen sollen. Kettnaker, VersR 1964, 363, 365, meint, die Benutzung erfordere "gewisse" Fertigkeiten, so daß Unfälle "in aller Regel allein durch Selbstverschulden" verursacht würden. Diesen Ausführungen kann zwar nicht gefolgt werden, da sie den Benutzer als "Opfer" der technischen Gegebenheiten darstellen, ohne mögliche Pflichtverletzungen der Liftbetreiber zu berücksichtigen; aus ihnen geht jedoch hervor, daß die Skiläufer in unerwartete, für sie besonders gefährliche Situationen geraten können, denen sie u. U. durch rechtzeitiges "Aussteigen" ausweichen sollten und dürfen. 80 Rüth, S. 137, 144, bezeichnet den Vertrag dagegen ausdrücklich als Werkvertrag. Ebenso Schmalzl, VersW 1954, 528; Fritzweiler, Haftung bei Sportunfällen, S. 124. a. A. Kleppe, Rdn. 156 (S. 162). 81 Nach Ansicht Schottens, NJW 1960, 558, 561, handele es sich um einen Dienstvertrag. Auch Weisemann, Rdn. 202 (S. 77) meint, mit dem Schleppliftunternehmer würden Dienstverträge geschlossen. Unklar: Kleppe, Rdn. 156 (S. 163). 82 So Stall, in: Festschrift von Hippel, S. 517, 543; wohl auch Kleppe, Rdn. 156 (S. 163); ansatzweise ebenso Schalten, NJW 1960, 558, 561, jedoch mit nicht zutreffender Typisierung.

116

ur. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

Wenn kein "Zeitvertrag"83, sondern lediglich ein Vertrag über eine Fahrt84 geschlossen wird, darf der Skiläufer die Schleppvorrichtung bis zum Erreichen der Bergstation benutzen; bei einem sturz oder freiwilligem Verlassen der Liftspur liegt nachträgliche Unmöglichkeit vor, so daß die §§ 323 - 325 gelten85 • Bei der rechtlichen Beurteilung von Skischlepplift-Unfällen ist die strenge mietvertragliche Haftung (§ 538)88 zu beachten87 .

2. Typisierung des Sesselliftvertrages Beim Vertrag über die Benutzung von SkisesseZliften steht nicht die überlassung eines Sessels zum Gebrauch, sondern die Beförderung von der Tal- zur Bergstation im Vordergrund. Es handelt sich um einen Werkvertrag 88 : "Während der eigentlichen Fahrt wirkt der Benutzer in keiner Weise an der Beförderung mit, und sein aktiver Teil beschränkt sich auf ein mehr oder weniger gekonntes Aufsitzen beziehungsweise Abspringen von diesem perpetuum mobile, daß man Sessellift nennt89 ."

3. Bewertung des "Skipass"-Vertrages Der "Erwerb" eines "Skipasses" ist ein verbundener Vertrag mit miet- und werkvertraglichen Teilen. Eine haftungsrechtliche Ungleichbehandlung90 von Schlepp- bzw. SesselliftunfäHen, die sich aus der mietrechtlichen Garantiehaftung gem. § 538 I 1 zu ergeben scheint, ist nicht zu befürchten: Während es früher umstritten war, ob die Sessellifte den Eisenbahnen i. S. v. § 1 RHG gleichzusetzen sind81 , dürfte 83 Der "Erwerb" eines sog. "Skipasses" berechtigt zur beliebig häufigen Benutzung eines, mehrerer oder aller Skilifte in einem bestimmten Skigebiet innerhalb eines bestimmten Zeitraumes. 84 Beim "Erwerb" sog. "Punktekarten" ist das Vertragsverhältnis nicht immer von vornherein auf bestimmte Lifte konkretisiert. Es handelt sich um eine Art Vorvertrag. Der Hauptvertrag wird mit der Abgabe von "Abschnitten" vor der Benutzung eines bestimmten Liftes geschlossen. Aus den Urkunden geht hervor, daß das Entgelt bereits gezahlt wurde. 85 Die Ansicht Rüths, die in der Liftspur gestürzten Skiläufer würden "ohne neue Bezahlung" wieder hochgeschleppt werden (S. 144 Fußn. 3), ist wohl unzutreffend: Der Skiliftbetrieb ist ein Massenbetrieb, so daß es dem Personal unmöglich ist, die auf der Fahrt gestürzten Skiläufer zu "identifizieren" bzw. einzelne Sachverhalte zu beurteilen. Das gilt natürlich nicht für Stürze im Einstiegsbereich, die wegen der besonderen Gefährlichkeit des Anfahrvorganges grundsätzlich nicht zum Verlust des Anspruches führen (§ 323 r 1). 88 Schmalzl, VersW 1954, 528 (Fußn. 1), hält § 538 nicht für anwendbar. 87 Zur Gefährdungshaftung aus § 1 HaftpflG für Skischlepplift-Unfälle siehe unten, S. 437 ff. 88 Scholten, NJW 1960, 558, 561; Rüth, S. 137; Weisemann, Rdn. 202 (S. 77). 89 Gross, VersR 1971, 888, 891; ebenso Wachendorf, VersR 1982, 117, 118. 90 Zur Beeinflussung des Haftungsrechts durch den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG siehe z. B.: Hohloch, VersR 1979, 199 ff.; Stoll, in: Festschrift für Hauß, S. 349 ff. 91 Bejahend Goltermann, MDR 1957, 20, 21; Schmalzl, VersW 1954, 528;

2. Kap.: Verkehrspfiichten durch Sportstätten-Nutzungsvertrag

117

seit Ersetzung des Begriffes "Eisenbahn" durch die Begriffe "Schienenund Schwebebahnen"9! kein Zweifel mehr daran bestehen, daß die Sessellifte der Gefährdungshaftung gemäß § 1 HaftpflG unterliegen 93 • Die beförderten Skiläufer haben nur beim "Ein- und Ausstieg" Bodenkontakt; ansonsten "schweben" sie mit dem Sessel über der Sch.needecke 94 •

B. Indirektes Nutzungsentgelt und vertragliche Sportstätten-Nutzung In einigen Fällen scheint die Sportstätten-Nutzung lediglich in Wahrnehmung einer sich tatsächlich bietenden, aus einem Vertrag mit anderem Leistungsgegenstand mittelbar folgenden Möglichkeit zu erfolgen. Ein für die Erbringung dieser Leistung zu zahlendes Entgelt könnte aber ein indirektes Entgelt für die Sportstätten-Nutzung beinhalten, so daß die Verkehrspflichtentstehung aus dem "Hauptvertrag" folgen würde. Das ist vor allem im Hinblick auf § 538 I 1 von praktischer Bedeutung, so daß die bei den in Frage kommenden Fallgruppen bestehenden Auslegungsprobleme kurz zu erörtern sind.

Deutsch, Haftungsrecht I, S. 371; Rüth, S. 139. a. A. OLG München VersR 1959, 838; Scholten, NJW 1960, 558, 560. Die Frage ist in BGH NJW 1960, 1345, 1346, ausdrücklich offen gelassen worden (Revisionsentscheidung zu OLG

München a.a.O.). 92 Durch Art. 6 des Gesetzes zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 16.8.1977 (BGBl. I, 1577 ff.) wurde der Begriff "Eisenbahn" durch die Begriffe "Schienenbahn" und "Schwebebahn" ersetzt. Der geänderte Wortlaut trat am 1. 1. 1978 in Kraft und ist in BGBl. I 1978, 145 ff., bekanntgemacht worden. Nach Schulz, NJW 1978, 255, sollte durch die Neufassung lediglich klargestellt werden, daß von Anfang an eine weite Auslegung des Begriffes "Eisenbahn" gewollt war. Für eine weite Auslegung auch Esser, Schuldrecht BT 2, § 64/2 b, S. 248. Siehe noch Wachendorf, VersR 1982, 117,

122 f.

93 Abwegig Weisemann, Rdn. 201 (S. 76 f.), der die Änderung der Rechtslage nicht berücksichtigt. 94 Vgl. Schutz, NJW 1978, 255. Geiget / Schtegetmilch, Kap. 22 Rdn. 4 (S. 692), nennt die Sessellifte "Kleinseilschwebebahnen". In Ziffer 2 des Entwurfes August 1981 der DIN-Norm 32911 ("Graphische Symbole und Schilder zur Information der Fahrgäste von Seilbahnen und Schleppliften") wird dagegen wie folgt unterschieden: ,,2.1 Seilbahn Eine Seilbahn ist eine Anlage aus Stützen, Seil und TransportbehäItnis, in dem die Fahrgäste ohne Erdkontakt befördert werden. Man unterscheidet z. B. Standseilbahnen, Seilschwebebahnen mit Pendel- oder Umlaufbetrieb, Sesselbahnen und Sessellifte. 2.2 Schlepplift Ein Schlepplift ist eine Anlage aus Stützen, Seil und Schleppbügel, mit dem der Skifahrer auf seinen Ski stehend bergauf geschleppt wird."

118

!II. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten I. Verträge fiber die Benntzung von Aufstiegshilfen und vertragliche Skipisten-Nutzung

Auf den ersten Blick haben die Verträge über die Benutzung von Aufstiegshilfen95 nichts mit dem Skipisten-Betrieb zu tun. Diese Aussage scheint nicht nur für die Beförderung inSeilbahnen96 , sondern auch für die Benutzung von Schlepp- und Sesselliften auf der Grundlage eines "Skipasses" oder eines "Punkteabonnements" zutreffend zu sein. Dennoch soll geklärt werden, ob es rechtlich möglich und richtig ist, "Auffahrt" und "Abfahrt" getrennt zu bewerten, obwohl beide Vorgänge in einem engen Zusammenhang stehen. Eine rechtliche Unterscheidung hält zum Beispiel Rüth D7 mit folgender Begründung für erforderlich: "Der Seilbahn- beziehungsweise Liftunternehmer gibt bei Vertragsschluß gewiß nicht eine dahingehende Willenserklärung ab, daß er dem Skiläufer außer der Beförderung nach Oben auch noch eine lohnende und insbesondere ungefährliche Abfahrt bieten will. Ein solcher Wille kann schon deshalb nicht unterstellt werden, weil die Unternehmer im allgemeinen sogar die deliktische Haftung aus Verletzung der Verkehrssicherungspflicht ablehnen wollen; eine noch weitergehende Vertragshaftung wollen sie sich daher keinesfalls aufbürdenD8." Die allein aus dem Willen des Verantwortlichen abgeleiteten Erwägungen können nicht geteilt werden. Rüth verwechselt zwei Probleme, die nichts miteinander zu tun haben: Ob jemand eine auf Vertragsschluß gerichtete Willenserklärung abgegeben hat, hängt nicht davon ab, ob er nach bestimmten Grundsätzen haften will. Eine Haftung nach Vertragsgrundsätzen wäre die gesetzliche Folge eines bestimmten Auslegungsergebnisses. Ob diese Folge eintritt, ergibt sich nicht aus einer ergänzenden Auslegung des "Beförderungsvertrages"D9, sondern aus einer Auslegung der vom Unternehmer vor Fahrtantritt abgegebenen Willenserklärung, § 133. Zu berücksichtigen ist das Gesamtverhalten einschließlich aller sonstigen Umstände und der erkennbaren wirtschaftVgl. oben, S. 113 ff. Die Verträge über die Beförderung in "Standseilbahnen" und "Seilschwebebahnen" (Begriffe Geigel! Schlegelmilch, Kap. 22 Rdn. 4, S. 692, und Entwurf August 1981 der DIN-Norm 32911 Ziff. 2.1.) sind nur in diesem Zusammenhang von mittelbarer rechtlicher Bedeutung. Ihre Benutzung ist in den "Skipässen" regelmäßig eingeschlossen. 97 Rüth, S. 66. 98 Im Ergebnis ebenso Padrutt, in: Skirecht 1972, S. 74, 77; ders., in: Sport und Recht, S. 100, 108. Siehe auch Gross, VersR 1971, 888, 890 (zur Rechtslage in Frankreich): "Andererseits bedeutet diese Lösung, daß die vertraglichen Schutzpflichten des Unternehmers sich nicht auf die Abfahrt, auf der unter Umständen von ihm unterhaltenen und ausgezeichneten Piste erstrecken. Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich der Pisten und vertragliche Schutzpflichten werden daher streng geschieden." 88 So aber Rüth, S. 67, der den "rechtlichen Hebel" zu spät ansetzt, nämlich von einem bereits geschlossenen Beförderungsvertrag ausgeht. 05

08

2. Kap.: Verkehrspflichten durch Sportstätten-Nutzungsvertrag

119

lichen Zwecke, so daß sogar eine Ergänzung mündlich oder schriftlich ausgesprochener Erklärungen möglich ist100 • Entscheidend ist der objektive Erklärungswertlot, der "Empfängerhorizont"102; es kommt darauf an, wie der Erklärungsempfänger sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung verstehen mußI03.

Danach erstreckt sich der "Aufstiegsvertrag" auf die Zurverfügungstellung aller von der Bergstation ausgehenden Skipisten104 , wenn die

Skiläufer unter Beachtung aller erkennbarer Umstände davon ausgehen können, daß ihnen der Bergbahnunternehmer gegen Zahlung des Entgelts auch ein Recht zum Befahren der Skipisten105 einräumen will10e • Das wird man schon wegen des untrennbaren tatsächlichen und wirtschaftlichen Zusammenhanges zwischen "Auffahrt" und "Abfahrt" bejahen müssen107 • Der Betrieb von "Aufstiegshilfen" ist nur dann sinnSo z. B. Palandt / Heinrichs § 133 Anm. 2 und 4 a. BGHZ 36,30,33. 102 Begriff siehe z. B. Staudinger / Hermann Dilcher §§ 133, 157 Rdn. 30. 103 RGZ 86, 86, 88; 91, 423, 426; BGHZ 47, 75, 78; MünchKomm / Mayer-Maly § 133 Rdn. 10; Staudinger / Hermann Dilcher §§ 133, 157 Rdn. 30. 104 Nachweise zum Begriff Skipiste bereits oben, S. 30 Fußn. 15. Der Begriff ist nur für die Verkehrspflichtentstehung durch Vertrag, aber nicht für 100 101

die deliktischen Entstehungsgründe für Verkehrspflichten von Bedeutung. 105 Der Begriff wird in Ziff. 2 des Entwurfs August 1981 der DIN-Norm 32912 ("Graphische Symbole und Schilder zur Information der Skifahrer auf Skipisten") wie folgt definiert und abgegrenzt: "Skipisten sind allgemein zugängliche, zur Abfahrt mit Ski vorgesehene und geeignete Strecken, die markiert, kontrolliert, vor atypischen Gefahren, insbesondere Lawinengefahren, gesichert und nach Möglichkeit präpariert werden. Anmerkung: Neben Skipisten gibt es auch andere Arten von Skiabfahrten, nämlich Skirouten und Wilde Abfahrten. Skirouten: Allgemein zugängliche, zur Abfahrt mit Ski vorgesehene und geeignete Strecken, die nur vor Lawinengefahren gesichert sind, aber weder präpariert noch kontrolliert werden müssen. Als Markierung wird die Verwendung des Schildes ,Skiroute' empfohlen. Wilde Abfahrten: Im freien Skigelände entstandene Skistrecken, die nicht präpariert, nicht kontrolliert, nicht markiert und nicht gesichert sind." Diese normierten Definitionen des DIN (hierzu noch unten, S. 222 ff.) sind von erheblicher haftungsrechtlicher Bedeutung. Das gilt sowohl für die Verkehrspflichtentstehung (Verkehrspflichten aus Vertrag bei der Benutzung von "Skipisten" und deliktsrechtliche Entstehungsgründe bei Benutzung von "Skirouten" und "Wilden Abfahrten") als auch für den Inhalt der Verkehrspflichten.

106 Ähnlich Padrutt, SZS 1971, 63, 65 (Fußn. 12): "Den Grund der Haftung im Transportvertrag zu erblicken, ... , kann nur durchschlagen, wenn die Zurverfügungstellung einer gefahrfreien Abfahrtspiste nach den konkreten Verhältnissen des Einzelfalls Vertragsinhalt bildet." 107 Die strafrechtliche Verantwortlichkeit des "Pistenchefs" und des "Präsidenten der Bergbahn" hat das schweizerische Kantonsgericht Graubünden im sog. "Flimser-Urteil" (SJZ 1968, 118, 120) erstmals auch aus dem "Transportvertrag" und nicht nur aus der "Verkehrseröffnung" abgeleitet. Der

120

II!. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

voll und wirtschaftlich vernünftig, wenn eine möglichst große Anzahl von hergerichteten und unterhaltenen Skipisten vorhanden ist und befahren werden darf. Die Benutzung der Pisten wird den Skiläufern beim "Erwerb" von "Skipässen" oder "Punktekarten" usw. angeboten. Das ergibt sich bereits aus dem durch die übe'rregionale Werbung vermittelten Kontakt108, der dem konkreten Vertragsschluß vorausgeht und Grundlage der Entscheidung, in einem bestimmten Skigebiet Sport zu treiben, ist. Darüber hinaus werden an den Talstationen der Bergbahnen "Pistenpläne" ausgegeben. Diese Pläne hängen in den Tal- und Bergstationen auch aus. Dort wird außerdem auf die Schwierigkeitsgrade 109 und den aktuellen Zustand der Ski pisten hingewiesen. Alle Skipisten gehen von Bergstationen aus; sie enden an mindestens einer Talstation. Die wirtschaftlichen Verhältnisse bestätigen, daß die Benutzung von Skipisten auf vertraglicher Grundlage erfolgt. Die Pistenp'ftege ist kostenintensiv. Es werden sogenannte "Pistenraupen" benötigt; zusätzliches Personal ist einzustellen usw. Die für die Pistenunterhaltung aufzuwendenden Beträge sind neben den Kosten des eigentlichen Bergbahnbetriebs maßgebliche Grundlage für die Kalkulation der Nutzungsentgelte llo . Das setzen alle Benutzer als selbstverständlich voraus; zu Recht bewerten sie Bergbahnen und Skipisten als eine wirtschaftliche Einheit. Unter Berücksichtigung der bei-

Rechtsgedanke ist auf die zivilrechtliche Haftungsbegründung übertragbar. Kritisch zu diesem Urteil z. B. Pichler, SJZ 1968, 281, 285. Gross, VersR 1971, 888, 890, weist darauf hin, daß auch einige französische Gerichte den Bergbahnunternehmern hinsichtlich der Skipisten vertragliche Sicherungsp'ftichten aufgebürdet hätten; er hält diese Auslegung "seit der Überlassung der Verkehrssicherungspflicht der Pisten auf die öffentliche Gewalt und insbesondere die Gemeinden" nicht mehr für vertretbar. Diese Argumentation ist nicht auf das deutsche Recht übertragbar, da es eine öffentlich-rechtliche Ausgestaltung der Verkehrspflichten für Skipisten - ähnlich wie in § 17 II! StHG für die Straßenverkehrssicherungspflicht beabsichtigt - nicht gibt. Diese Pflicht wäre sogar ausdrücklich dem privatrechtlichen Bereich zugewiesen worden, § 17 I! Nr. 1 StHG. 108 Zeitschriften-Werbung der Skisport-Gemeinden, Veröffentlichung der "Pistenpläne" in einem "Ski-At,as" usw. 109 In Ziff. 4 des DIN-Entwurfes 32912 (August 1981) werden Skipisten in folgende Schwierigkeitsgrade eingeteilt: "Leichte Pisten (blau markiert) ... Mittelschwierige Pisten (rot markiert)... Schwierige Pisten (schwarz markiert) ... " Die Begriffe werden definiert; außerdem enthält der Normentwurf Vorschläge zur Beschilderung von Skipisten und Skirouten. Für Skiloipen gibt es im DIN-Entwurf 32913 (April 1982) entsprechende Regelungen. 110 Zur Wechselwirkung zwischen den Kosten der Pistenp'ftege und Entgelt hat z. B. Schlägelbauer, in: Skirecht 1972, 88, folgendes festgestellt: "Derzeit betragen die Ausgaben für die Pisten zwischen 8 und 15 G/o der Gesamteinnahmen. Welch besondere Bedeutung man den Pisten und ihrer Bedeutung zumißt, mag daraus ersichtlich sein, daß zwischen den Jahren 1966 und 1971 die Tarife um 30 %, die Pistenkosten aber um 70 Ofo gestiegen sind." Wegen der aus Konkurrenzgründen festzustellenden Tendenz zur Ausweitung der "Pistennetze" dürften die "Pistenkosten" inzwischen erheblich gestiegen sein. Die Entgelte sind entsprechend der Kostensteigerungen für die Pistenpflege laufend erhöht worden. Die "Skipässe" usw. werden u. a. auch deshalb von Jahr zu Jahr "teurer".

2. Kap.: Verkehrspflichten durch Sportstätten-Nutzungsvertrag

121

derseitigen Interessenlage ist festzustellen, daß die als "Bergbahngebühren" usw. gekennzeichneten Entgelte sowohl für die Zurverfügungstellung der Aufstiegshilfen als auch für die Überlassung der Skipisten gefordert und gezahlt werden. Ein Anlaß zur Korrektur dieses Auslegungsergebnisses besteht selbst dann nicht, wenn die Anlage und Pflege der Pisten nicht unmittelbar Sache der Bergbahnunternehmer ist, sondern zum Beispiel von Gemeinden oder Fremdenverkehrsvereinen organisiert und durchgeführt wird. Wäre diese Tätigkeit nicht Grundlage der Kalkulation, müßten die "Skipässe" usw. deutlich "preiswerter" sein als in anderen Skiorten. Es ist kaum vorstellbar, daß es derartige "Preisunterschiede" in der Praxis gibt. Die Kostenabwälzung auf die einzelnen Benutzer wird regelmäßig durch Absprachen im Inne'nverhältnis, mit denen der Bergbahnunternehmer verpflichtet wird, die Kosten der Pistenpflege in die Preiskalkulation aufzunehmen und einen Teil der erzielten Einnahmen abzuführen, sichergestellt. Im Außenverhältnis zu den Benutzern ist die Ausgestaltung des Innenverhältnisses ohne Bedeutung: Für die Skiläufer stellt sich die Pistenbenutzung immer als entgeltlich dar. Ob der Bergbahnunternehmer gegen denjenigen, welcher die Pisten tatsächlich unterhält, einen Freistellungs- oder Regreßanspruch hat, wirkt sich auf die Rechtsbeziehungen zwischen Bergbahnunternehmer und Benutzern nicht aus. Bei dieser Rechtsbeziehung überwiegen die mietvertraglichen Elemente. Auch Skipisten sind Sachen im Sinne von §§ 535, 90 111 , deren Gebrauch zwar nicht grundsätzlich nur gegen Zahlung eines Entgelts gestattet wird, jedoch bei Bestehen eines Vertrages über die Benutzung von Aufstiegshilfen entgeltlicher Natur ist. Es handelt sich um verbundene Verträge. Der "Aufstieg" ist rechtlich anders zu bewerten als die entgeltliche Benutzung der Skipisten. Ob der "Aufstieg" auf werk- oder mietvertraglicher Grundlage beruht, ist gleichgültig. Auf jeden Vertragsteil können unterschiedliche Vorschriften anwendbar sein112 ; hinsichtlich der Nutzung von Skipisten sind die mietvertraglichen Bestandteile vorrangig. 11. Sportstätten in Wohnanlagen als mitvermietete Sachen

Die Nutzung öffentlicher Sportstätten im Gemeingebrauch ist unentgeltlich und erfolgt nicht auf vertraglicher Grundlage. Das gilt zum 111 Sache i. S. v. § 90 ist jeder im Raum abgrenz bare und beherrschbare Gegenstand: Palandt / Heinrichs § 90 Anm. 1; Staudinger / Hermann Dilcher Vorbem. zu § 90 Rdn. 8 und § 90 Rdn. 1. Diese Voraussetzungen erfüllt der Schnee, solange er körperlich ist, sich also nicht in Wasser "verwandelt" hat. Das fließende Wasser ist keine Sache: MünchKomm / Holch § 90 Rdn. 34; Staudinger / Hermann Dilcher Vorbem. zu § 90 Rdn. 29 und § 90 Rdn. 9. Der gesamte Skisport beruht auf der je nach Wetterlage unterschiedlichen Sacheigenschaft des Schnees. 112 Vgl. oben, S. 112 f.

122

IIr. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

Beispiel für öffentliche Kinderspielplätze 1l3 . Bei privaten Kinderspielplätzen, die Bestandteile bebauter Grundstücke sind, ist die Rechtslage nur scheinbar ähnlich. Die Kosten der Spielplatzerrichtung sind Teil der Gesamtkosten des Baus von Wohnhäusern beziehungsweise Wohnanlagen, die - mit hier nicht interessierenden Einschränkungen Grundlage der Mietzinsberechnung sind. Außerdem wird den Wohnungsmietern in den Formular-Mietverträgen ausdrücklich ein Spielplatz-Nutzungsrecht eingeräumt, oder ein derartiges Recht läßt sich aus Nutzungsbeschränkungen in der Hausordnung ableiten. Kinderspielplätze, die einzelnen Mietwohnhäusern beziehungsweise Mietwohnanlagen zugeordnet sind, gehören also zu den mitvermieteten Sachen 114 • Zu Recht stellt Weimar ll5 fest, daß der Wohnraummietvertrag Schutzwirkung zugunsten der den Spielplatz benutzenden Kinder habe, also die Kin-

der der Mieter in den Schutzbereich der Mietverträge einbezogen seien. Der Vermieter haftet für Unfälle der Kinder von Wohnungsmietern auch nach Maßgabe des § 538 118• Die Verkehrspflichten folgen aus dem Mietvertrag. Das ist nur dann nicht der Fall, wenn "fremde" Kinder von einem Unfall betroffen werden. Insoweit verbleibt es bei den allgemeinen deliktischen Entstehungsgründen für Verkehrspflichten 1l7• Ein privater Mieterspielplatz ist nur Beispiel für eine mitvermietete Sportstätte. Für andere Sportstätten, die Bestandteil einer Mietwohnanlage sind, kann nichts anderes gelten. Ein Schwimmbecken ist mitvermietet, wenn es zur Ausstattung eines Mehrfamilienhauses gehört118• Mietsache sind sowohl Schwimmbecken im Freien als auch eingebaute "Hallenbäder" nebst allen Einrichtungen. Auch "Tischtennisräume" usw. sind mitvermietet. In den genannten Fällen kann § 538 als haftungsrechtliche Sondervorschrift herangezogen werden. 111. Beherhergungsverträge und entgeltliche Sportstätten-Nutzung

Fast jedes Hotel der gehobenen Kategorie ist mit einem Hallenschwimmbad ausgestattet. Zum Sportangebot von Hotels, Pensionen 113

10).

Gaisbauer, VersR 1977, 505, 506; Schneider, NJW 1962, 705, 706 (Fußn.

114 Grundlegend Weimar, ZMR 1974, 228, 229. Ebenso LG Freiburg ZMR 1976, 210; Staudinger I Volker Emmerich §§ 535, 536 Rdn. 11 a. Schnitzerling, FWW 1971, 10 f., leitet die Verkehrssicherungspflichten für Kinderspielplätze in Wohnanlagen nur aus § 823 ab und prüft die Anwendbarkeit der miet-

vertraglichen Haftungsvorschriften nicht. 115

Weimar, ZMR 1974, 228, 229.

m So ausdrücklich Weimar, ZMR 1974, 228, 229. 117 Vgl. unten, S. 137 ff. 118 Wiethaup, VersR 1971, 499, 500 ff., beurteilt die Rechtslage beim Betrieb von HaHen- und Freibädern in Hotels und Privathäusern, berücksichtigt dabei jedoch nicht die Sportstätten-überlassung durch Wohnungsmietvertrag.

2. Kap.: Verkehrspflichten durch Sportstätten-Nutzungsvertrag

123

usw. gehören vielfach Tennisplätze. Zu klären ist, ob und unter welchen Voraussetzungen sich das Recht zur Sportstätten-Nutzung aus dem Beherbergungsvertrag, der nach allgemeiner Ansicht 119 als gemischter Vertrag mit überwiegend mietvertraglichen Bestandteilen gedeutet wird, ergibt, die sportliche Betätigung also in Wahrnehmung mietvertraglicher Rechte erfolgt. Wird der Zutritt zu den Hotelsportstätten nur gegen Zahlung eines gesondert erhobenen Entgelts gestattet, wird ein vom Beherbergungsvertrag unabhängiger Sportstätten-Nutzungsvertrag geschlossen l2o • Dieser Vertrag ist Grundlage der Verkehrspflichtenentstehung. Es sind "direkte Entgelte" zu zahlen, so daß mit deren Erhebung Mietverträge zustandekommen1!1. Stehen die Sportstätten von Hotels und Pensionen den Gästen zur Benutzung offen, nehmen diese nicht nur eine sich tatsächlich bietende Nutzungsmöglichkeit, sondern Rechte, die mittelbar aus dem Beherbergungsvertrag folgen, wahr. Die Kosten der Sportstätten-Errichtung und -Unterhaltung werden bei der Preiskalkulation berücksichtigt und wirken sich preiserhöhend aus l22 • Das ist für jeden Gast erkennbar. Die Überlassung der Sportstätten ist also selbst dann Bestandteil des Beherbergungsvertrages, wenn in der Werbung, auf Anschlägen usw. ausdrücklich von "unentgeltlicher Benutzung" die Rede ist. Der Beherbergungspreis beinhaltet ein "indirektes Entgelt" für die SportstättenNutzung. Bei der rechtlichen Beurteilung von Unfallhaftungsfragen ist § 538 zu beachtenl23 .

119 RGZ 169, 84, 87 f.; BGH NJW 1963, 1449; Palandt / Putzo Einf. v. § 535 Anm. 3 b; Palandt / Thomas Einf. v. § 701 Anm. 2; RGRK / Gelhaar vor § 535 Rdn. 255; Staudinger / Volker Emmerich Vorbem. zu §§ 535, 536 Rdn. 59; a. A. Mittelstein, S. 67 ff. Einschränkend Staudinger / Olaf Werner Vorbem. zu § 701 Rdn. 7 f: Alle Pflichten seien gleichwertig, so daß nicht vorwiegend die §§ 535 ff. angewendet werden könnten. 120 Unklar Wiethaup, VersR 1971, 499 u. 501, der allerdings davon ausgeht, daß die Badegebühr im allgemeinen im Pensionspreis inbegriffen sei (499). 121 Vgl. oben, S. 111 f. 12! Im Ergebnis wohl ebenso Wiethaup, VersR 1971, 499. Allerdings ist in den Preisen keine gesonderte "Badegebühr" enthalten. Für die Preisbildung sind zwar die Kosten von entscheidender Bedeutung. Die Erhebung eines gesonderten Entgelts ("Gebühr") ist aber nur bei getrennter Kalkulation erforderlich, also wenn die Sportstätten-Kosten bei der Zimmerpreisberechnung nicht berücksichtigt werden. 123 Auch Wiethaup, VersR 1971, 499, 501, bejaht für Unfälle in Hotelschwimmbädern die Möglichkeit einer Haftung aus dem Beherbergungsvertrag. Die mietvertragliche Haftung aus § 538 erwähnt er jedoch nicht. Unklar Staudinger / Olaf Werner Vorbem. zu § 701 Rdn. 18, der lediglich feststellt, daß sich die Haftung des Gastwirts für Schäden, die durch Benutzung von Hoteleinrichtungen (z. B. Schwimmbädern, Kegelbahnen) entstehen, nicht nach den §§ 701 ff., sondern nach den "allgemeinen Grundsätzen" richte.

124

IH. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten IV. Reisevertragsrecht und vertragliche Sportstätten-Nutzung

Immer beliebter wird der sogenannte "Sporturlaub" bzw. "Aktivurlaub". Das Bedürfnis, im Urlaub in verstärktem Maße Sport zu treiben, wird von den Reiseveranstaltern berücksichtigt. In ihrer Prospektwerbung stellen sie klar, daß die Benutzung bestimmter Sportstätten oder Sportgeräte "im Reisepreis inbegriffen" sei. Mit dem Vorhandensein von Sportstätten wird aber auch geworben, wenn am Reiseort für die Sportstätten-Nutzung oder die Zurverfügungstellung von Sportgeräten ein gesondertes Entgelt zu zahlen ist. Im letztgenannten Fall werden im Einzelfall Verträge mit dem Leistungsträger i. S. v. § 651 a H geschlossen. Darüber hinaus kann die SportstättenNutzung auch in der "Gesamtheit von Reiseleistungen", zu deren Erbringung der Reiseveranstalter gemäß § 651 a I 1 verpflichtet ist, enthalten sein. Auch hinsichtlich der Zurverfügungstellung von Sportstätten und Sportgeräten ist der Reiseveranstalter nur dann "Vermittler", wenn er das in dem Werbeprospekt, der Grundlage des Reisevertrages ist, in unmißverständlicher Form klargestellt hat124 • Deuten die Umstände auf eine Leistungserbringung in eigener Verantwortung hin, ist die "Vermittlungsklausel" unbeachtlich, § 651 a H. Danach gehört die Sportstätten-Überlassung im Zweifel zu den reisevertraglich geschulten Leistungen des Veranstalters. Kann die Verantwortlichkeit nicht aus dem Reisevertrag abgeleitet werden, ist eine deliktische Verkehrspflichthaftung nicht von vornherein ausgeschlossen125• Der Reisevertrag ist ein Entstehungsgrund für Verkehrspfiichten, wenn die Nutzung von Sportstätten und Sportgeräten als "im Reisepreis inbegriffen" oder "unentgeltlich" bezeichnet wird. Das Nutzungsrecht folgt aus dem Reisevertrag. Die rechtliche Bewertung der Überlassung von Hotel-Sportstätten l26 gilt entsprechend. Allerdings besteht ein Spannungsverhältnis zwischen § 651 f I und § 538 I 1. Alt. Der auch im Haftungsrecht geltende127 Gleichheitssatz des Art. 3 I GG

könnte verletzt sein, wenn die Haftung für Unfälle auf Hotelsportstätten aus § 538 und auf Sportstätten, deren Zurverfügungstellung "Reiseleistung" i. S. v. § 651 a I ist, aus § 651 f I abgeleitet werden würde, obwohl der unfallursächliche Sportstätten-Mangel bereits bei Vertragsschluß vorhanden war (§ 538 I 1. Alt.). Dieses spezielle Konkurrenzproblem kann im Rahmen einer systematischen Abhandlung nicht vertieft werden. V. Vereinssport und entgeltliche Sportstätten-Nutzung

Die Mitglieder von Sportvereinen haben Vereinsbeiträge nach Maßgabe der Satzung zu leisten, § 58 Ziff. 2. Der Begriff "Beitrag" beinPalandt / Thomas § 651 a Anm. 3 ("Besuch einer Sportveranstaltung Die Sportstätten-Werbung in den Reiseprospekten könnte ein Entstehungsgrund für Sportstätten-Verkehrspflichten sein; hierzu unten, S. 184 ff. 126 Siehe S. 122 f. 127 Siehe vor allem Hohloch, VersR 1979, 199 ff. 124

125

U ).

2. Kap.: Verkehrspftichten durch Sportstätten-Nutzungsvertrag

125

haltet alle mitgliedschaftlichen Pflichten der Vereinsmitglieder, den Vereinszweck zu fördern l2B • Dazu zählt auch die Pflicht zur Entrichtung bestimmter Geldleistungen, z. B. von Aufnahmegebühren, Umlagen, Nachschüssen oder Monatsbeiträgen l29 • Derartige Zahlungen sind auf das personenrechtliche Verhältnis zwischen Verein und Mitgliedern 130 zurückzuführen, also weder unmittelbares noch mittelbares Entgelt für die Nutzung der Vereinssportstätten. Manchmal wird von den Vereinsmitgliedern neben dem Beitrag auch noch ein gesondertes Entgelt für die Sportstätten-Nutzung gefordert. So werden z. B. Hallen-Tennisplätze auch den Vereinsmitgliedern nur entgeltlich zur Verfügung gestellt. Die Errichtung von Hallenplätzen ist besonders teuer. Es gibt regelmäßig nur eine geringe Zahl überdachter Tennisplätze. Diese stehen nur einer begrenzten Zahl von Mitgliedern zur Verfügung. Die "privilegierten" Sportler sollen auch den überwiegenden Teil der Kosten tragen. Aus diesem Grund werden Stundenmietverträge 131 oder Dauermietverträge 132 geschlossen l33 • Hinzuweisen ist noch auf die unterschiedlichen Rechtsgrundlagen des Sportunterrichts in Sportvereinen. Das sogenannte "Vereinstraining" ist Bestandteil des organisierten Vereinssports. Es handelt sich um planmäßigen, von Sportlehrern 134 geleiteten Sportunterricht, durch den die Leistungsfähigkeit der Vereinsmitglieder aus Gründen, die dem Vereinszweck zu entnehmen sindl35, gefördert werden soll. Die Teilnahme am Vereinstraining ist unentgeltlich. Das gilt allerdings nicht, wenn ein individuelles Einzeltraining allein den persönlichen Interessen des Vereinsmitglieds und nicht der Förderung des Vereinszwecks dientt 36• Es werden dann im allgemeinen Verträge mit den Sportlehrern und nicht mit den Vereinen 137 geschlossen.

So z. B. Soergel / Schultze von Lasaulx § 58 Rdn. 3. Vgl. Reichert / Dannecker / Kühr, Rdn. 277 (S. 109). 130 RGZ 100, 1, 2 f.; 163, 200, 203; Reichert / Dannecker / Kühr, Rdn. 221 (S. 89). Siehe hierzu auch: Fritzweiler, Haftung bei Sportunfällen, S. 15 f.; Weisemann, Rdn. 15 ff. (S. 6 ff.). 131 Ein bestimmter Hallenplatz wird für eine Stunde gemietet. 132 Ein bestimmter Platz darf für die Dauer des Winterhalbjahres immer wieder am gleichen Wochentag und für eine bestimmte Zeit genutzt werden. 133 Diese Verträge übersieht FTitzweiler, Haftung bei Sportunfällen, S. 92. 134 übungsleiter, Betreuer, Trainer usw. 135 Allgemeine "Körperertüchtigung", Steigerung der Leistungsfähigkeit, Vorbereitung einer am Verbandsspielbetrieb teilnehmenden Mannschaft usw. 136 Die sog. "Trainerstunden" im Tennis-, Golf- oder Reitsport sind auch dann entgeltlich, wenn sie auf einer Vereinssportstätte "gegeben" werden. 137 Vor allem beim Tennisunterricht auf Hallenplätzen ist es denkbar, daß der Tennislehrer auch das Entgelt für die Platzbenutzung entgegen nimmt, also insoweit als Vertreter des Sportstätten-Vermieters handelt. 128 129

126

III. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

c. Sportstätten-Nutzungsverträge bei unentgeltlicher Sportstätten-Nutzung I. Sportstätten-Nutzung ohne Kontakt zum Sportstätten-Verantwortlichen

Nehmen Sportler eine sich tatsächlich bietende Nutzungsmöglichkeit wahr, ohne daß sie zuvor Kontakt zum Sportstätten-Verantwortlichen aufgenommen und eine "Erlaubnis" eingeholt haben, mangelt es an Anhaltspunkten für eine Wertung unter rechtsgeschäftlichen Gesichtspunkten. Als Beispiel ist die Nutzung öffentlicher Sportstätten im Gemeingebrauch 138 zu nennen l39 • Auch die "unbefugte"140 Nutzung von Sportstätten braucht nicht unter vertragsrechtlichen Gesichtspunkten untersucht zu werden. Die fehlende Befugnis ist selbst dann von ausschließlich deliktsrechtlicher Bedeutung, wenn auf einer Sportstätte über die vertraglich vereinbarte Nutzungszeit hinaus Sport getrieben wird14 t, oder Nutzungsverbote beziehungsweise -beschränkungen nicht beachtet werden l42 . D. UnentgeItlidle Nutzung von Vereinssportstätten

Die überwiegend l43 unentgeltliche Sportstätten-Nutzung im Rahmen eines Vereinssportbetriebs weist keine konkreten rechtsgeschäftlichen Bezugspunkte auf144, obwohl durch den Vereinsbeitritt ein personenrechtlicher Vertrag auf Begründung der Mitgliedschaft abgeschlossen wird145 • Die Mitgliedschaft umfaßt alle körperschaftlichen Beziehungen zwischen einem Verein und seinen Mitgliedern146 ; es handelt sich um ein personenrechtliches Verhältnis 147 • 13B Spielplätze, Trimm-Dich-Pfade, Rodelbahnen; auch ständig als "FußbaUplatz" genutzte Rasenjlächen in öffentlichen Parkanlagen (siehe bereits oben, S. 31 f.), Skiloipen usw. 139 Bei unentgeltlicher Nutzung öffentlicher Sportstätten lehnen z. B. Gaisbauer, VersR 1977, 505, 506 (Kinderspielplätze), und VersR 1979, 9, 10 (TrimmDich-Pfade), sowie Schneider, NJW 1962, 705, 706 Fußn. 10 (Kinderspielplätze), das Bestehen vertraglicher Beziehungen ausdrücklich ab; unklar Reichert, S. 198. 140 Hierzu unten, S. 187 ff. 141 Mißachtung zeitlicher Beschränkungen beim Tennis, Squash, Kegeln, Baden in HaUenschwimmbädern usw.

142 Befahren gesperrter Skipisten; Benutzung eines gesperrten Sprungturms bzw. Verstoß gegen sonstige Sprungverbote in Schwimmbädern usw.

Abgrenzung siehe S. 124 f. So auch Reichert, S. 9 f. u. 164 ff.; Fritzweiler, Haftung bei Sportunfällen, S. 92. Knefeli, S. 49 (m. w. N.), weist darauf hin, daß einige Autoren die Rechtsbeziehungen zwischen Sportvereinen und den Vereinssportlern als Vertragsverhältnisse deuten, teilt diese Ansicht jedoch nicht. 145 So z. B. BGHZ 28, 131, 134; Reichert / Dannecker / KiLhr, Rdn. 228 (S. 92). UD RGZ 100, I, 2; Erman / Westermann § 38 Rdn. 1. 143

144

2. Kap.: Verkehrspflichten durch Sportstätten-Nutzungsvertrag

127

Die Grundlagen der Beziehung Verein-Mitglied sind in der Vereinssatzung normiert, § 25. In den Satzungen der Sportvereine werden auch die Rechte der VereinsmitgUeder zur Mitbenutzung der Vereinssportstätten geregelt1 4B • Die aus dem Mitgliedschaftsverhältnis abzuleitende allgemeine Berechtigung zur Sportstätten-Nutzung unterscheidet sich grundlegend von dem durch individuellen schuldrechtlichen Vertrag begründeten Nutzungsrecht 148 • Aus der Satzung geht nicht hervor, daß bestimmte Mitglieder die Vereinssportstätte an bestimmten Tagen, zu bestimmten Stunden usw. benutzen dürfen. Auch der Vereinsbeitrag löst keinen Anspruch auf Gegenleistungen ausl50 • Die Festlegung bestimmter Nutzungszeiten und sonstige organisatorische Maßnahmen sind nicht von vertragsrechtlicher Bedeutungl51. Grundsätzlich ist es zwar möglich, den Vereinsmitgliedern in der Satzung schuldrechtliche Ansprüche einzuräumen152 • Es ist allerdings in der Praxis nicht üblich, daß sich Sportvereine durch Satzung zur Sportstätten-überlassung verpflichten, sich also über die allgemeine vereinsrechtliche Regelung hinaus rechtsgeschäftlich binden wollen. Die Annahme "vertragsähnlicher Sonderbeziehungen" zwischen einem Sportverein und seinen Mitgliedern kommt aus den bereits dargestellten Gründen153 nicht in Betracht. 111. Remt zur unentgeltlichen Sportstätten-Nutzung aus sozialem oder rechtlichem Kontakt Von der bloßen Wahrnehmung einer sich bietenden Nutzungsmöglichkeit und dem Vereinssportbetrieb ist die zwar unentgeltliche, jedoch auf einer "Absprache", "Genehmigung", "Vereinbarung" USW. 154 beruhende, unentgeltliche Sportstätten-Nutzung zu unterscheiden. Der mit diesen Begriffen umschriebene Bereich ist verhältnismäßig klein. Die gewerblich betriebenen Sportstätten werden regelmäßig nur gegen 147 RGZ 100, 1, 2; 163, 200, 203; Reichert / Dannecker / Kühr, Rdn. 221 (S. 89). Zum personenrechtlichen Verhältnis zwischen Sportverein und Sportlern: Fritzweiler, Haftung bei Sportunfällen, S. 16, 92; Knefeli, S. 49; Reichert, S. 9; Weisemann, Rdn. 15 ff. (S. 6 ff.). 148 Vgl. Reichert, S. 9; auch Weisemann, Rdn. 15 (S. 6). 149 Fritzweiler, Haftung bei Sportunfällen, S. 16, stellt ebenfalls fest, daß es sich nicht "um ein Verhältnis der Gleichordnung wie etwa im Vertrags- und Schuldrecht" handele. 150 Vgl. RGZ 100, 1, 3: Die Vereinsbeiträge seien einseitige Verpflichtungen der Mitglieder gegenüber dem Verein; ein Anspruch auf Gegenleistungen ergebe sich aus den Satzungen nicht. Vgl. auch MünchKomm / Reuter § 38 Rdn. 17; RGRK / Steffen § 38 Rdn. 2. 151 Zur entgeltlichen überlassung von Vereinssportstätten vgl. oben, S. 124 f. 152 Hierzu BaHerstedt, in: Festschrift Knur, S. 1 ff. 153 So bereits oben, S. 67 ff., 70 ff. 154 Mit diesen Begriffen soll nur ausgedrückt werden, daß der Nutzung ein "sozialer Kontakt" mit dem Sportstätten-Verantwortlichen vorausgegangen ist. Das kann sowohl von rechtsgeschäftlicher Bedeutung sein als auch eine Kontaktaufnahme im gesellschaftlichen Bereich darstellen.

128

IH. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspftichten

Zahlung eines Entgelts zur Benutzung freigegeben l55 • Widmung und öffentlicher Sportstätten im Gemeingebrauch sind keine rechtsgeschäftlich bedeutsamen Vorgänge156 ; es werden weder ausdrückliche noch aus konkludentem Verhalten abzuleitende Willenserklärungen beziehungsweise rechtlich unbeachtliche Erklärungen abgegeben. Bei unentge'ltZicher Sportstätten-Vberlassung ist zu fragen, ob die Gestattung der unentgeltlichen Benutzung ein rechtsgeschäftlich bedeutsamer Vorgang mit verpflichtender Wirkung ist, oder ob lediglich im gesellschaftlichen Bereich Erklärungen mit Gefälligkeitscharakter abgegeben werden. Willenserklärungen sollen eine bestimmte Rechtsfolge herbeiführen 157 , müssen also bei schuld rechtlichen Verträgen die Verpflichtung zur Leistung beinhalten158 . Der unentgeltlich Leistende will sich vertraglich verpflichten, wenn er einen - für den Empfänger der Leistung erkennbaren - Rechtsbindungswillen hat159 • Indienststellung

Vereinbarungen, die "ausschließlich auf einen außerrechtlichen Geltungsgrundsatz wie Freundschaft, Anstand oder Ehre zurückgehen"160, sind als GefäHigkeitsverhäUnisse ohne rechtsgeschäftliche Verpflichtung zur Ausführung der Gefälligkeit161 zu werten. Die UnentgeWichkeit der Leistung ist - wie s.ich schon aus der gesetzlichen Nonnierung von Gefälligkeitsverträgen in §§ 516, 598, 677, 690 ergibt - kein Auslegungskriterium für die Abgrenzung Vertrag-Gefälligkeit162 • Stellen Privatpersonen ihre Sportstätten unentgeltlich zur Verfügung, wird kaum einmal ein Rechtsbindungswille feststellbar sein. Private "swimming-pools" oder Tennisplätze, die sich nicht im Besitz von Sportvereinen oder Gewerbetreibenden befinden, werden nur von Personen, die dem Freundes- und Bekanntenkreis des Sportstätten-Verantwortlichen zuzurechnen sind, mitbenutztl63 • Es bestehen also per155 So schon oben, S. 105 ff. 156 Vgl. oben, S. 89 f. 157 Larenz, Methodenlehre, S. 283 f.; ähnlich Enneccerus / Nipperdey § 145 III A, S. 896. 158 Vgl. den Hinweis bei Mugdan II, Mot., S. 2 f.; Mot. II, S. 2, 5. Siehe auch Fischer, S. 27. 159 Grundlegend BGHZ 21, 102, 106 f. Siehe auch MünchKomm / Kramer Einl. Band II Rdn. 28 - 31; Palandt / Heinrichs Einl. v. § 241 Anm. 2; Soergel/ Reimer Schmidt § 241 Rdn. 3 (jeweils m. w. N.). Besonders ausführlich, jedoch kritisch zur Gegenüberstellung Schuldverhältnis-Gefälligkeitsverhältnis: Staudinger / Jürgen Schmidt Einl. zu §§ 241 ff. Rdn. 174 - 212. Siehe hierzu noch: Fritzweiler, Haftung bei Sportunfällen, S. 14; Krähe, S. 332 f. 160 So Palandt / Heinrichs Einl. § 241 Anm. 2 (ähnlich Einf. v. § 145 Anm. 1 a, bb). 161 Vgl. MünchKomm / Kramer Einl. Band II Rdn. 29. 162 BGHZ 21, 102, 106; BGH NJW 1961, 1866, 1867; Fikentscher, § 7/3, S. 27; Erman / Sirp Einl. § 241 Rdn. 22; MünchKomm / Kramer Einl. Band II Rdn. 30; Staudinger / Jürgen Schmidt Einl. zu §§ 241 ff. Rdn. 191.

183 Zu "Haftpflichtfragen beim Betrieb von Hallen- und Freibädern in Privathäusern": Wiethaup, VersR 1971, 499 ff.

2. Kap.: Verkehrspflichten durch Sportstätten-Nutzungsvertrag

129

sönliche Beziehungen im gesellschaftlichen Bereich, die als typische Gefälligkeitsverhältnisse zu deuten sind.

Verpflichtet sich ein privater Sportstätten-Verantwortlicher ausnahmsweise einmal zur unentgeltlichen überlassung einer Sportstätte, wird ein Leihvertrag i. S. v. § 598 geschlossen. Gegenstand der Leihe können nicht nur bewegliche, sondern auch unbewegliche Sachen sein184• Liegt keine Sportstätten-Leihe vor, kommt nur eine deliktische Haftung in Betracht. Die Annahme einer "vertragsähnlichen Sonderbeziehung aus sozialem Kontakt" scheidet nach der hier vertretenen Auffassung l80 aus.

D. Die rechtlichen Besonderheiten der Sportstätten-tJberlassung an Sportvereine und andere sportliche Interessengruppen Von den unmittelbaren Rechtsbeziehungen zwischen SportstättenVerantwortlichen und Sporttreibenden ist die Oberlassung Öffentlicher oder privater Sportstätten an Sportvereine oder andere sportliche Interessengruppen (BGB-Gesellschaften) zu unterscheiden. Von praktischer Bedeutung ist insbesondere die "Vergabe" öffentlicher Sportplätze und SporthaZlen sowie von gewerblich betriebenen Sportstätten186 an Vereine oder sonstige Sportlergruppen. Soweit zwischen Sportstätten-Betreiber und Vereinen bzw. Gesellschaften Nutzungsverträge geschlossen werden, kommt eine Einbeziehung der einzelnen Sportler in den vertraglichen Schutzbereich in Betracht. I. Nutzungsverträge mit Sdlutzwirkung zugunsten Dritter bei privaten Sportstätten

Gewerblich betriebene Sportstätten werden auch Sportvereinen und Sportgesellschaften in der Regel nur gegen Zahlung eines Entgelts zur Benutzung überlassen. Den Betreibern geht es um die Erzielung von Umsatz und Gewinn, so daß sie bei Gruppenbenutzung allenfalls "Sonderpreise" gewähren. Mit der Entgeltzahlung kommt ein Mietvertrag zustande; es kann auf die bereits dargestellten allgemeinen Grundsätze verwiesen werden187 • Die Vereinssportler sind an den VertragsAnm. 2. Vgl. hierzu oben, S. 67 ff., 70 ff. 166 Squash-Hallen werden immer gewerblich betrieben, so daß die SquashVereine Nutzungsvereinbarungen mit dem Betreiber treffen müssen. Das gilt auch für die Benutzung gewerblicher Bowling-Bahnen durch Bowling-Vereine. Kegelbahnen gehören zur Ausstattung von Gastwirtschaften; sie werden nicht von einzelnen Sportlern, sondern ausschließlich von Vereinen, Gesellschaften und sonstigen Gruppen genutzt. 1G7 Vgl. oben, S. 105 f., 111 ff. 184

Palandt / Putzo § 598

185

9 Bömer

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III. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

schlüssen zwischen "ihrem" Sportverein168 und privaten SportstättenVerantwortlichen nicht beteiligt. Sollte es sich jedoch um Verträge mit Schutzwirkung zugunsten Dritter handeln, wären diese auch im Verhältnis zu den sporttreibenden Vereinsmitgliedern unmittelbar verkehrspfiichtbegründend. Bei Sportstätten-Mietverträgen169, an denen keine rechtsfähigen Vereine, sondern BGB-Gesellschaften 170 oder andere sportliche Interessengruppen "beteiligt" sind, müssen zunächst die Vertragspartner auf Seiten der Sportler festgestellt werden: Wird der Mietvertrag von einem Gesellschafter im eigenen Namen geschlossen, kann der Vertrag nur bei Anwendbarkeit der Schutzbereichslehre auch im Verhältnis zu den anderen Gesellschaftern verkehrspflichtbegrundend sein. Handelt ein Gesellschafter sowohl im eigenen als auch im fremden Namen, sind alle Gesellschafter berechtigt und verpflichtet. Bestehen allen Gesellschaftern gegenüber vertragliche Hauptflichten, bedarf es keines Rückgriffs auf die Schutzbereichslehre l7l • Nach h. M. hat ein Vertrag Schutzwirkung zugunsten Dritter, wenn der Dritte durch die Vermittlung des Gläubigers mit der Leistung des Schuldners in Berührung kommt172 , und der Dritte redlicherweise darauf vertrauen kann, daß die ihm geschuldete Obhut in gleicher Weise 168 Das gilt zumindest für Verträge, an denen eingetragene und damit rechtsfähige (§ 21) Sportvereine beteiligt sind. 169 Von praktischer Bedeutung sind in erster Linie die Rechtsbeziehungen zwischen Gastwirten und "Kegelgruppen" über die Benutzung einer Kegelbahn. Siehe hierzu BGH VersR 1972, 399, 400: "Dem Berufungsgericht ist darin zu folgen, daß zwischen der Kegelgruppe, welcher der Kl. angehörte und dem Beklagten jeweils mietvertragliche Beziehungen entstanden, wenn die Gruppe die Kegelbahn benutzte und hierfür ein Entgelt an den Bekl. zahlte. Der Gruppe wurde der Gebrauch der Kegelbahn gegen Zahlung des Entgelts für eine bestimmte Zeit ... - sogar unter Ausschluß anderer Kegler - gewährt. Die zwischen der Kegelgruppe und dem Bekl. jeweils abgeschlossene Vereinbarung enthält mithin alle notwendigen Bestandteile eines Mietvertrages, nämlich die Gewährung des Gebrauchs einer Sache während einer bestimmten Mietzeit gegen Entgelt... Zu dieser Entscheidung TrenkHinterberger, JuS 1975, 501 ff. 170 BGH VersR 1972, 399, 400, meint, die zu einer Gruppe zusammengeschlossenen Kegler hätten sich zu einer Gesellschaft i. S. v. § 705 zusammengeschlossen. Ob eine gegenseitige Verpflichtung i. S. v. § 705 gewollt war, ist eine Frage der Auslegung des Einzelfalles. 171 Unklar insoweit BGH VersR 1972, 399, 400: Einerseits sei der Geschädigte aus dem "mit der Gruppe, der er angehörte, abgeschlossenen Mietvertrag ... unmittelbar berechtigt und verpflichtet"; andererseits könne "jedes Mitglied der Gesellschaft, weil es in die Schutzwirkungen des Mietvertrages einbezogen ist . .. , Ersatz des ihm persönlich entstandenen Schadens verlangen,. .. ". Diese Formulierung deutet darauf hin, daß der BGH vom Vorliegen eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten aller Kegler ausging, obwohl alle Kegler einen Anspruch auf überlassung der Kegelbahn hatten. Der BGH wäre dann über einen dogmatisch angreifbaren und überflüssigen "Umweg" zum richtigen Ergebnis gelangt. Kritisch auch Trenk-Hinterberger, Jus 1975, 501, 502f. 172 Vgl. MünchKomm / Gottwald § 328 Rdn. 60 ("gewisse Leistungsnähe") und 68 ("Vertragsnähe").

2. Kap.: Verkehrspflichten durch Sportstätten-Nutzungsvertrag

131

auch dem Dritten entgegengebracht wird173 • Diese Voraussetzungen seien zumindest dann erfüllt, wenn der Gläubiger dem Dritten Schutz und Fürsorge schulde, für sein Wohlergehen verantwortlich sei, also eine Beziehung mit persönlichem Einschlag 174 bestehe 175 • Die Haftungsausdehnung müsse für den Schuldner erkennbar und zumutbar sein176 ;

aus ihr ergebe sich, daß der Dritte in einer Weise in die vertraglichen Sorgfalts- und Obhutspflichten177 einbezogen sei, die ihm bei deren Verletzung eine Geltendmachung vertraglicher SchadensersatzanspTÜche erlaube 178 •

Die Schutzbereichslehre setzt zwar das Vorhandensein eines Vertrages voraus, so daß die zur Lehre von den "vertragsähnlichen Sonderbeziehungen" geäußerten Bedenken179 nicht in vollem Umfang übertragbar sind. Dennoch ist festzustellen, daß auch die Verträge mit Schutzwirkung zugunsten Dritter dazu dienen, eine angebliche "Unzulänglichkeit des Deliktsrechts, insbesondere die unbefriedigende Regelung der Gehilfenhaftung in § 831 "180 auch dann umgehen zu können, wenn der geschädigte Dritte mit dem Synallagma nichts zu tun hat, also allenfalls ein deliktsrechtlich relevanter, nämlich zur Entstehung deliktischer Verkehrspflichten führender Vertrauenstatbestand vorliegt l81 • "Nur um Verkehrspflichten des Deliktsrechts handelt es BGHZ 66, 48, 57. BGHZ 49, 350, 354; 51, 91, 96; 56, 269, 273; BGH NJW 1959, 1676 f.; NJW 1970, 38, 40; NJW 1974, 1189, 1190; NJW 1977, 2208, 2209; Palandt / Heinrichs § 328 Anm. 2 b. Siehe auch Krähe, S. 345 f. 175 Weitergehend BGHZ 69,82 ff.: Die Forderung eines "personenrechtlichen Einschlags" sei bei bestimmten Massengeschäften, die aus Vereinfachungsl7S

174

gründen in einem einheitlichen Verfahren abgewickelt werden, nicht aufrecht zu erhalten (BGH, a.a.O., 85 f.); die Schutzkrafterstreckung sei in diesen Fällen aus den "Rechtsverhältnissen, ihrem Vertragszweck und dem Grundsatz von Treu und Glauben" abzuleiten (BGH, a.a.O., 89). Zustimmend z. B. MünchKomm / Gottwald § 328 Rdn. 69. Zu Recht kritisch v. Bar, S. 224 ff., 225: "Der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter dient hier jenseits aller vertragsrechtlichen Konstruktionen allein als Vehikel zur Fortentwicklung deliktsrechtlicher Verhaltensnormen. " 178 BGHZ 49, 350, 354; BGH NJW 1969, 269, 272; Erman / H. P. Westermann § 328 Rdn. 12. 177 Nach der hier vertretenen Auffasung sind die Verkehrspflichten ein nicht abgrenzbarer Bestandteil dieser Pflichten; vgl. oben S. 52 (Fußn. 20) und S. 53 (Fußn. 28). 178 BGHZ 49, 350, 353; BGH NJW 1959, 1676, 1677; Larenz, NJW 1965, 1757, 1758; Larenz, NJW 1960, 78 ff.; Medicus, NJW 1962, 2081, 2083 ff. 179 Vgl. oben, S. 67, 70 ff. 180 So Palandt / Heinrichs § 328 Anm. 2 b. 181 Vgl. die überzeugende Kritik v. Bars, S. 221 ff., 251 ff. und 312 ff.: Er weist nach, daß es in den meisten der über das Rechtsinstitut "Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter" gelösten Fällen dogmatisch nicht gerechtfertigt sei, die Verkehrspflichten aus dem Vertrag abzuleiten; es mangele zumeist an einem "wie auch immer gearteten inneren Zusammenhang mit Leistungspflichten", so daß "die Ferne zu den am Leistungsaustauschgedanken orientierten Vertragsrecht offensichtlich" sei ( v. Bar, S. 226). Kritisch auch: v. Caemmerer, Wandlungen des Deliktsrechts, S. 49; Medicus, in: Festschrift Kern, S. 313, 329; Deutsch, Haftungsrecht I, S. 86 f.

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III. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

sich immer dann, wenn die verordnete Fürsorge für die Rechtsgüter des anderen Teils in dem jeweiligen Vertrage bei vernünftiger Auslegung keine Stütze mehr flndett 8ll ." Dieser Grundsatz ist auf den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter entsprechend übertragbar: Fehlt es an jedem inneren Zusammenhang mit den vertragHchen Leistungsinteressen183 , ist eine Einbeziehung in den Vertrag ausgeschlossen. Es spricht einiges dafür, bei Sportstätten-Mietverträgen zwischen privaten Sportstätten-Betreibern und Sportvereinen ausnahmsweise eine Schutzwirkung zugunsten aller aktiven Vereinsmitglieder anzuerkennen. Das Mitgliedschaftsverhältnis zwischen einem Sportverein und seinen Mitgliedern ist personenrechtlicher Naturl84, weist also einen "persönlichen Einschlag" auf. Außerdem kommen die Vereinsmitglieder mit der vertraglichen Hauptleistung "Sportstätten-überlassung zum Gebrauch" nicht lediglich "in Berührung"; sie sind vielmehr die eigentlichen Nutznießer des vertraglichen Leistungsgegenstandes. Sportvereine mieten Sportstätten in Erfüllung der ihnen gemäß Vereinssatzung obliegenden Aufgabe, dem einzelnen Mitglied Gelegenheit zur sportlichen Betätigung in bestimmten Sportarten zu geben. Alle Mitglieder haben nicht nur ein Interesse an der Erhaltung ihrer Rechtsgüter, sondern - wie sich aus der Satzung ergibt - auch ein Interesse am Vorhandensein und der Benutzbarkeit von Sportstätten. Dieses potentielle Leistungsinteressel85 wird von den "zwischengeschalteten" Sportvereinen "in geordnete Bahnen gelenkt", d. h., in konkrete Vertragsschlüsse umgesetzt18G• Formal-juristisch sind zwar nur die Sportvereine Sportstätten-Mieter. Dem Umstand, daß der Leistungsgegenstand ausschließlich den einzelnen Vereinsmitgliedern zugute kommt, sollte man jedoch in haftungsrechtlicher Hinsicht Rechnung tragen und die Verkehrspjlichten aus den Sportstätten-Mietverträgen ableiten. Ein schutzwürdiges Interesse der Sportstätten-Verantwortlichen steht dieser Folgerung nicht entgegen; sie setzen es als selbstverständlich voraus, daß Sportvereine lediglich als "Leistungsmittler" auftreten. Bei Vertragsschlüssen zwischen Sportstätten-Verantwortlichen und den "Vertretern" eines nicht rechtsfähigen Vereins, einer BGB-Gesell-

v. Bar, S. 314. Auf diesen Zusammenhang stellt auch v. Bar, S. 226, ab. 184 Vgl. oben, S. 126 f. 185 Vgl. v. Bar, S. 252: "Um Vertragsrecht handelt es sich jedoch nur dann, wenn das Erhaltungsinteresse zum Leistungsinteresse aufgewertet worden ist." 188 Die Verträge werden vom Vorstand des Sportvereins als dessen gesetzlichem Vertreter (§ 26 II 1) geschlossen. Beschränkungen derVertretungsmacht durch Satzung (§ 26 II 2) werden erst mit Eintragung ins Vereinsregister rechtswirksam (§ 70 i. V. m. § 68). Beschränkungen durch Beschluß der Mitgliederversammlung sind möglich, wirken aber nur im Innenverhältnis; vgl. Palandt / Heinrichs § 26 Anm. 2. 182

183

2. Kap.: Verkehrspflichten durch Sportstätten-Nutzungsvertrag

133

schaft oder einer sonstigen sportlichen Interessengruppe kann nichts anderes gelten. Es besteht eine vergleichbare Ausgangssituation, wenn der geschädigte Sportler nicht unmittelbar in das vertragliche Leistungsverhältnis einbezogen ist1 87 . Der Entscheidung des BGH im "Kegelgruppen-Fall"188 ist also im Ergebnis zuzustimmen 189 .

u. Remtsbeziehungen mit Smutzwirkung zugunsten Dritter bei öffentlichen Sportstätten Fast alle öffentlichen Sportstätten, die nicht dem Gemeingebrauch gewidmet sind 190 , werden nicht nur für den Sportbetrieb innerhalb besonderer Gewaltverhältnisse 1U1 benötigt, sondern vor allem auch Sportvereinen zur Nutzung überlassen. Als Beispiel ist die "Zuweisung" öffentlicher Sportplätze, Sporthallen, Badeanstalten und Hallenbäder zu nennen. Sowohl bei entgeltlicher als auch bei unentgeltlicher Sportstätten-Überlassung durch juristische Personen des öffentlichen Rechts bestehen rechtlichen Besonderheiten, so daß die Ausführungen über Verträge mit Vereinsbeteiligung usw. über die Nutzung privater Sportstätten192 nicht ohne weiteres übertragbar sind. Auch bei der Vberlassung öffentlicher Sportstätten an Sportvereine usw. ist zunächst zu fragen, ob der Verwaltungsträger die Benutzungsverhältnisse in Ausübung des ihm zustehenden Wahlrechtes 193 öffentlich-rechtlich oder 187 Im Ergebnis ebenso BGH NJW 1965, 1757, 1758: Bei Raummiete durch den Vorstand eines nicht rechtsfähigen Vereins seien die Vereinsmitglieder als "Dritte" i. S. d. Schutzbereichslehre anzusehen; eine Gesamthandsforderung des Vereins sei etwas anderes als die persönliche Forderung eines Einzelmitgliedes. Vgl. auch RGZ 160, 153, 155. 188 BGH VersR 1972, 399, 400. 180 Eine Problemvertiefung, insbesondere die Klärung atypischer Abgrenzungsprobleme mit Ausnahmecharakter, erscheint entbehrlich. Im Einzelfall ist es Sache der Gerichte, zu entscheiden, ob ein Rückgriff auf den Vertrag erforderlich und zulässig ist. Erforderlich ist er, wenn der Geschädigte nicht nur Schmerzensgeld fordert (siehe bereits oben, S. 71) und die Entscheidung des Rechtsstreits z. B. von der Anwendbarkeit des § 538 I 1. Alt. abhängt, weil ein Verschulden nicht festgestellt werden kann bzw. der Entlastungsbeweis gelungen ist. Zulässig dürfte die Haftungsausdehnung z. B. dann nicht sein, wenn nicht ein Mitglied, sondern ein "Gast" des Vereins oder ein Mitglied eines "gastierenden" Vereins (Punktspiel im Rahmen des Verbandsspielbetriebs) verletzt worden ist: Diese Sportler sind weder unmittelbar noch mittelbar an den Leistungsbeziehungen des für sie "fremden" Vereins beteiligt (insoweit a. A. Füllgraf VersR 1983, 705, 706; ausführlich zu diesem Problemkreis Krähe, S. 309 ff.). Einschränkend wohl auch Larenz, Schuldrecht AT, § 17 II, S. 276 f.; a. A. MünchKomm / Gottwald § 328 Rdn. 71: "Jedoch kann auch ein großer Personenkreis in den Drittschutz einbezogen sein, soweit ein Saal, eine Halle oder ein Sportstadion für eine Massenveranstaltung gemietet werden." 190 Vgl. oben, S. 86 ff. 191 Hierzu oben, S. 78 ff. 192 Vgl. oben, S. 129 ff. 193 Siehe oben, S. 91 f., 93.

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II!. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

privatrechtlich ausgestaltet hat. Fordert er für die überlassung der Sportstätte ein Entgelt, können Mietverträge oder durch Verwaltungsakte bzw. öffentlich-rechtliche Verträge begründete öffentlich-rechtliche, "vertragsähnliche" Schuldverhältnisse des Verwaltungsrechts 1l4 mit Schutzwirkung zugunsten Dritterl95 vorliegen. Bei unentgeltlicher Nutzungsüberlassung geht es vorwiegend um die Abgrenzung Leihvertrag - "vertragsähnliches Schuldverhältnis": Die Bereitstellung und Zurverfügungstellung öffentlicher Sportstätten erfolgt immer in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben, in Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten198 ; demgemäß können Absprachen zwischen Verwaltungsträger und Sportvereinen usw. über die unentgeltliche Nutzung einer öffentlichen Sportstätte niemals als Gefälligkeitserklärungen gedeutet werden U7• Die der Vberlassung öffentlicher Sportstätten an Sportvereine zugrundeliegenden Rechtsbeziehungen unterscheiden sich grundlegend von den zum Beispiel bei kommunalen Badeanstalten üblichen, unpersönlichen und alltäglichen Massengeschäften, die wahllos mit jedem Nutzungswilligen geschlossen werden. Den Sportvereinen wird nicht nur ein Mitbenutzungsrecht, sondern für einen bestimmten Zeitraum ein Recht zur ausschließlichen Nutzung der gesamten Sportstätte oder eines abgrenzbaren Teilbere'iches eingeräumt. Im Hinblick auf die beschränkte Anzahl der vorhandenen Sportstätten übersteigt die "Sportstätten-Nachfrage" das "Sportstätten-Angebot" bei weitem. Es obliegt der Sportstätten-Verwaltung, die Nutzungswünsche mit den überlassungsmöglichkeiten zu koordinieren. Dabei können sich die Verwaltungsbehörden nicht auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit berufen, sondern müssen dem Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG) und den verwaltungsverfahrensrechtlichen Vorschriften Rechnung tragen. Behörden und SportlD4 Vgl. Bender, Rdn. 808 (S. 276) und 810 (S. 277), der u. a. die durch verwaltungsrechtliche Verträge (§§ 54 ff. VwVfG bzw. LVwVfG) und Verwaltungsakte begründeten Schuldverhältnisse ("Sonderverbindungen") des Verwaltungsrechts als "vertragsähnlich" bezeichnet. Siehe auch Staudinger I Schäfer § 839 Rdn. 96. Mit "vertragsähnlich" ist also etwas anderes gemeint als von den Vertretern der privatrechtlichen Lehre von den "vertragsähnlichen" Schuldverhältnissen (siehe hierzu oben, S. 63 ff.): Wird der Begriff in Zusammenhang mit öffentlich-rechtlichen "Sonderverbindungen" gebraucht, bestehen konkrete, aus verwaltungsrechtlich einzuordnenden Willenserklärungen abzuleitende Rechtsbeziehungen, so daß "vertragsähnlich" auf eine Parallele zu den privatrechtlichen Willenserklärungen und Verträgen hindeutet (vgl. § 15 Nr. 1 StHG). Bei Verwendung im privatrechtlichen Sinn bedeutet dieser Begriff das Gegenteil: Er kennzeichnet das Fehlen einer individualisierten, vertraglichen Beziehung (so bereits auf S. 71, unter Hinweis auf v. Bar, S. 313). m Nach h. M. kommt auch bei öffentlich-rechtlichen Verhältnissen eine Schutzkrafterstreckung zugunsten Dritter in Betracht: So BGH NJW 1974, 1816, 1817; Bender, Rdn. 813 (S. 279); Palandt I Heinrichs § 276 Anm. 8 a und § 328 Anm. 2 b (a. E.); MünchKomm I Gottwald § 328 Rdn. 66; RGRK I BaUhaus § 328 Rdn. 100. m So bereits oben, S. 87 ff. m Zu Recht stellt Deutsch, Haftungsrecht I, S. 333, fest, daß die Zurverfügungstellung öffentlicher Sportstätten, welche von der Allgemeinheit finanziert werden, nicht als Gefälligkeit zu werten sei.

2. Kap.: Verkehrspflichten durch Sportstätten-Nutzungsvertrag

135

vereine stehen sich also nicht als Verhandlungspartner auf gleicher Ebene gegenüber; vielmehr werden den Vereinen Sportstätten und Nutzungszeiten "vorgeschrieben". Eine Zustellung von "Bescheiden" sowie die Forderung von "Gebühren" ist üblich.

Aus den vorgenannten Gründen wird häufig die Annahme nah~ liegen, daß ein öffentlich-rechtliches, also durch Verwaltungsakt oder öffentlich-rechtlichen Vertrag begründetes Benutzungsverhältnis vorliegt. Führt die Auslegung im Einzelfa1l198 zu dem Ergebnis, daß die öffentliche Verwaltung vom "öffentlich-rechtlichen Handlungsinstrumentarium"199 Gebrauch gemacht hat, folgen die Verkehrspflichten aus der "schuldrechtlichen Sonderverbindung des Verwaltungsrechts":oo. Diese "Sonderverbindungen" zwischen Verwaltungsträgern und Sportvereinen unterscheiden sich inhaltlich zumindest dann nicht von den vergleichbaren Rechtsverhältnissen bei privaten Sportstätten, wenn eine "Gebühr" beziehungsweise ein "Entgelt" gefordert wird: Sowohl der Mietvertrag als auch die entsprechende verwaltungsrechtliche Beziehung haben Schutzwirkung zugunsten der VereinsmitgZieder. Die Tatsache, daß Kegelbahnen, Tennisplätze usw. nicht von Privatpersonen, sondern von Gemeinden betrieben werden, rechtfertigt keine haftungsrechtliche Ungleich behandlung. Bei unentgeltlicher überlassung öffentlicher Sportstätten an Sportvereine oder andere Gruppen ist eine haftungsrechtliche Privilegierung der einzelnen Sportler nicht ausgeschlossen, falls ein öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis zwischen Verwaltung und Sportverein festgestellt wird. Bei unentgeltlicher überlassung privater Sportstätten ist in der Regel kein Rechtsbindungswille feststellbar 01 ; die Annahme "vertragsähnlicher Sonderbeziehungen aus sozialem Kontakt" scheidet wegen der grundsätzlichen Ablehnung dieser Lehre202 von vornherein aus. Wird eine öffentliche Sportstätte durch Verwaltungsakt "gebührenfrei" überlassen, besteht eine verwaltungsrechtliche Sonderverbindung mit Schutzwirkung zugunsten der Sportler. Entscheidet sich die zuständige Behörde für eine privatrechtliche Regelung der Rechtsbeziehungen, so ist infolge der besonderen öffentlich-rechtlichen Aufgabenstellung auch bei unentgeltlicher Nutzungsüberlassung immer zu folgern, daß die Verwaltung sich rechtlich binden, also einen Leihver198 Nach der Zweistufentheorie (vgl. oben, S. 93 Fußn. 269) ist zwischen der allgemeinen Zutassung zur Nutzung und dem konkreten BenutzungsverhäUnis zu unterscheiden. Auch wenn der öffentlich-rechtliche Zulassungsan-

spruch durch ungerechtfertigte Zurückweisung verletzt ist, sind privatrechtliche Nutzungsbeziehungen möglich: Vgl. MünchKomm / Papier § 839 Rdn. 102. Demzufolge kann kein algemeingültiger Grundsatz aufgestellt werden. 199 Begriff siehe MünchKomm / Papier § 839 Rdn. 91. 200 Begriff Bender, Rdn. 810 (S. 278). 201 Vgl. oben, S. 127 ff. 202 Vgl. oben, S. 67 ff., 70 ff.

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II!. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

trag i. S. v. § 598 schließen will und muß. Die Zulassung im Einzelfall führt zur Selbstbindung der Verwaltung und zu einem Anspruch des Begünstigten auf Begründung des konkreten Benutzungsverhältnisses. Die Erfüllung dieses Anspruches setzt voraus, daß die verwaltungsrechtliche Gebundenheit entweder durch öffentlich-rechtlichen Akt bestätigt oder in eine privatrechtliche Rechtsbindung umgesetzt wird. Privatrechtliche Erklärungen der Verwaltung können nicht als unverbindliche Gefälligkeitszusagen ausgelegt werden. Ist das Benutzungsverhältnis zwischen Verwaltungsträger und Sportverein öffentlich-rechtlicher Natur, besteht der bereits erörterte!03 Wertungswiderspruch zwischen tatsächlichem Entstehungsgrund der Verkehrspflichten und § 17 I! Nr. 1 StHG. Wäre diese Vorschrift konsequent angewandt worden, hätte dem gemäß § 15 Nr.1 StHG anwendbaren Anspruch aus Verletzung einer vertraglichen oder vertragsähnlichen Sonderverbindung des Verwaltungsrechts die privatrechtliche Deliktshaftung aus Verkehrspflichtverletzung (§ 823) gegenübergestanden. Dieser Schluß wäre nur zu vermeiden gewesen, wenn man § 17 I! Nr. 1 StHG wegen eines "redaktionellen Versehens" nicht angewendet hätte. Im Hinblick auf die Nichtigkeit des StHG!04 kann der Widerspruch im Wege richterlicher Auslegung vermieden werden.

203 Vgl. oben, S. 96 ff. 204 BVerlG 1983, 25 ff.

3. Kapitel

Einzelheiten zu den allgemeinen deliktischen Entstehungsgründen für Sportstätten-Verkehrspflichten Folgen die Verkehrspflichten nicht aus einem Vertragt oder aus öffentlich-rechtlichen Sonderverbindungen2 , hängt ihre Entstehung von allgemeinen deliktsrechtlichen Vertrauensschutzerwägungen3 ab. Entscheidend ist, ob der Sportstätten-Verantwortliche bei den Sportlern durch ein ihm zurechenbares Verhalten das Vertrauen auf Einhaltung bzw. Wahrung des Sportstätten-Sicherheitsstandards erweckt hat. Die möglichen Bezugspunkte des Vertrauens sind vielfältiger Natur. Es wäre jedoch nicht sinnvoll, die Vertrauenstatbestände auf bestimmte Sportstätten zu beziehen. Das würde zu unnötigen Wiederholungen führen, weil die Zurechnung bei allen Sportstätten auf den gleichen rechtlichen Erwägungen beruht; außerdem ließe sich die erstrebte Vollständigkeit niemals erreichen. Mit "Einzelheiten" sind also dogmatische Grundsatzfragen gemeint. Als Beispiele werden auch Sachverhalte herangezogen, bei denen die Verkehrspflichten üblicherweise bereits aus einem Nutzungsvertrag folgen: Zum einen wird von der Rechtsprechung4 auch in diesen Fällen überwiegend auf deliktsrechtliche Erwägungen abgestelJt5; zum anderen beinhaltet das "stärkere" Vertrauensband des Vertrages auch die "schwächeren" deliktischen Entstehungsgründe oder wird - etwa bei vertragswidriger Nutzung - durch diese ergänzt. Der übergang ist fließend und erfordert keine Abgrenzung.

Hierzu oben, S. 52 f., 60 ff. und 105 fi. Vgl. oben, S. 106 ff. und 133 ff. 3 Siehe bereits oben, S. 49 ff. und 72 ff. 4 Vgl. hierzu die auf S. 49 (Fußn. 1) zitierten Entscheidungen zu Eisbahnen, Go-Cart-Bahnen, Kleingolfanlagen, Schwimm-, See- und Strandbädern. S Wird nur Schmerzensgeld gefordert, können die vertraglichen Beziehungen dahingestellt bleiben (vgl. oben, S. 71). 1

2

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III. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

A. Die Verkehrspßichtentstehnng durch Verkehrs eröffnung I. Allgemeine Grundsätze zur Sportstätten-Verkehrseröffnung 1. Die haftungsrechtliche Bedeutung der Verkehrseröffnung

Die Verkehrseröffnung ist der in Rechtsprechung6 und Literatur7 am häufigsten genannte Entstehungsgrund für Verkehrspflichten. Das mag daran liegen, daß die Verkehrs(sicherungs)pflichten ursprünglich nur aus Verkehrs eröffnung abgeleitet worden sind8 . Es handelt sich um den historischen Kernbereich der besonderen richterlichen Gefahrsteuerungsgebote9 • Heute ist die Verkehrseröffnung nicht mehr als eine Auslegungshilfe, ein Indiz lO für das Vorhandensein schutzwürdiger Vertrauensbeziehungen aus "sozialem Kontakt"l1, auf denen auch die Entstehung deliktsrechtlicher, nicht aus einer vertraglichen Beziehung abzuleitendenl! Verkehrspflichten letztlich beruhen 13 . Die sog. "Verkehrseröff6 Vgl. die auf S. 49 (Fußn. 1) zitierten Entscheidungen zu Sportstätten-Unfällen. 7 Die Verkehrseröffnung wird fast immer als entscheidender, in der Praxis häufigster Grund für die Entstehung von Verkehrs(sicherungs)pflichten genannt. Siehe z. B. die auf S. 73 (Fußn. 153) genannten Autoren. Vgl. außerdem die sportstättenbezogene Literatur: Gaisbauer, VersR 1977, 505 (Spielplätze); ders., VersR 1979, 9 (Trimm-Dich-Pfade); Hußla, VersR 1971, 877 (Spielplätze); W. Schmidt, VersR 1963, 1101, 1103 (Golfplätze); Weimar, VP 1962, 5 (Rodelbahnen); ders,., MDR 1966, 114 (Badeanstalten); ders., ZMR 1974, 228, 229 (Spielplätze); Wiethaup, VersR 1971, 499, 502 (Schwimmbäder in Hotels und Privathäusern); ders., VersR 1972, 817 ("Trimm-Dich-Strecken", jedoch unklar); ders., VersR 1972, 718, 719 (Badeanstalten); KnefeZi, S. 40, und Reichert, S. 200 (beide allgemein zum Verhältnis zwischen Sportbetrieb und Verkehrseröffnung); Weisemann, Rdn. 118 (S. 44). Zur Eröffnung des Verkehrs auf Skiabfahrtsstrecken unten, S. 144 ff. S v. Bar, S. 16 ff. und 118. 9 v. Bar, S. 248. 10 Im Ergebnis wohl auch BGH VersR 1959, 467, VersR 1965, 515 und VersR 1967, 801, 802: Bei den Verkehrspflichten aus Verkehrseröffnung handele es sich um einen UnterfaH der Sicherungspflichten, die alle darauf beruhen, daß nach der konkreten Lage der Verhältnisse eine Gefahrenlage bestehe, für die derjenige einzustehen habe, der den gefährlichen Zustand herbeigeführt habe. 11 Zur überragenden Bedeutung des Vertrauensschutzgedankens für die Verkehrspftichthaftung bereits oben, S. 49 ff. Vgl. auch v. Bar, S. 18: Es gehe um den Schutz von Vertrauen im sozialen Kontakt, so daß es nicht so sehr auf eine Verkehrseröffnung im Sinne eines gefahrerhöhenden Tuns ankomme. 12 Bei Sportstätten-Nutzungsverträgen (S. 52 f. und 105 ff.), beim Sport im Rahmen von Dienst- bzw. Arbeitsverhältnissen (S. 56 ff.) sowie besonderen Gewaltverhältnissen (S. 77 ff.) erübrigt sich die Frage nach einer "Verkehrseröffnung". Das Vertrauensverhältnis besteht bereits aufgrund der rechtsgeschäftlichen bzw. öffentlich-rechtlichen Beziehung und wird nicht durch eine .. Verkehrseröffnung" manifestiert oder verstärkt; vgl. oben, S. 52 f. und 72 f.

3. Kap.: Deliktsrechtliche Entstehungsgründe für Verkehrspflichten

139

nung" hat also nicht "ausgedient", sondern lediglich eine veränderte haftungsrechtliche Bedeutung erlangt: Sie ist nicht mehr Merkmal des deliktischen Haftungstatbestandes mit abschließender und abgrenzender Bedeutung, sondern ein in der Praxis besonders häufiges Beispiel für die Entstehung verkehrspfiichtauslösender Vertrauensbeziehungen.

2. Unmittelbare Verkehrseröffnung durch Zulassung des Verkehrs Der Zugang zu einer Gefahrenquelle wird eröffnet, wenn der Berechtigte seinen Willen kundbar macht, anderen Personen den Zutritt zum Bestimmungsbereich zu gestatten, also zuzulassen, daß andere ihre Rechtsgüter in den Bestimmungsbereich verbringen und damit den dort wirkenden Gefahren aussetzen t4 • Die Verkehrseröffnung ist keine auf den Einzelfall bezogene Erklärung, sondern die Kundgabe eines generellen Willens t5 • Der Wille ist nicht rechtsgeschäftlicher Natur t8 , so daß die für Willenserklärungen und Verträge maßgeblichen Auslegungsregeln - insbesondere die §§ 133, 157 - nicht anwendbar sind. Die Willensbetätigung muß auch kein Willensakt sein, "vermöge dessen der Grund und Boden oder das Gebäude dem Verkehrszweck gewidmet wird, daß aber durch stillschweigende Willensäußerung, die in der tatsächlichen Widmung liegt, erfolgen kann"17. "Widmung" ist ein aus dem öffenHichen Recht abgeleiteter Begrifft8 • Er deutet zwar auf das Vorhandensein eines generellen Zulassungswillens hin, kennzeichnet aber nur einen formalen Akt, der allein vom subjektiven Willen des Verantwortlichen abhängt und keinen 13 Vor allem aus diesem Grund ist die Lehre von den "vertragsähnlichen Schuldverhältnissen" abzulehnen; vgl. oben, S. 67 f. Die auf S. 64 ff. dargestellten Begründungen für eine angebliche "Lücke" zwischen Vertrags- und Deliktsrecht könnten ohne weiteres auch unter dem Oberbegriff "deliktsrechtliche Entstehungsgründe für Verkehrspflichten" erörtert werden. 14 Vgl. Schwab, JZ 1967, 13, 17. 15 So zutreffend Schwab, JZ 1967, 13, 17. 18 Richtig Schwab, JZ 1967, 13, 19: "Zwar beruht die Zugangseröffnung auf einer Willensbetätigung, der Wille ist aber nicht rechtsgeschäftlicher Art ... ". Nicht ganz klar insoweit v. Bar, S. 187, der die verengende Anknüpfung an eine Verkehrs eröffnung nicht für zulässig hält, weil sie im wesentlichen auf dem Willen des Sachherrn beruhe, so daß die verfehlte Schlußfolgerung nahe liege, daß der Pflichtenträger selbst das Maß der von ihm zu erwartenden Gefahrensteuerung bestimmen könne. Wird diese Folgerung vermieden und die Verkehrseröffnung nur als ein Anwendungsfall der "Vertrauenslehre" verstanden, ist gegen dieses Merkmal m. E. nichts einzuwenden: Es dient dazu, den unbestimmten Begriff "Vertrauen" zu konkretisieren, das Vorhandensein eines Vertrauenstatbestandes zu begründen; so wohl auch

v. Bar, S. 118. 17 Erman I B. Drees § 823 Rdn. 56; ähnlich Stau dinger / Schäfer § 823 Rdn. 274. Einschränkend z. B. auch Rüth, S. 73: "Eine Eröffnung des Skiverkehrs

ist dann gegeben, wenn jemand eine begrenzte oder unbegrenzte Anzahl von Personen zum Befahren der Pistengrundstücke auffordert." Diese Aufforderung geschehe meist konkludent dadurch, "daß er ihnen die tatsächliche Möglichkeit verschafft, über bestimmte Grundstücke abzufahren" (so auf S. 75). 18 Siehe bereits oben, S. 89.

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III. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

unmittelbaren Bezug zur Gefahrenquelle herstelW'. Bei der Frage, ob eine Verkehrseröffnung vorliegt, ist ein objektiver Maßstab anzulegen, also der hypothetische Wille zu ermitteln!o. Die Verkehrseröffnung "äußert sich in einem gewissen Tun (Vornahme oder Aufrechterhaltung einer Zweckwidmung), dessen haftungsrechtliche Relevanz von einem objektiven Standpunkt aus zu ermessen ist"!l.

Ein Sportbetrieb dürfte regelmäßig auf einer Verkehrseröffnung beruhen, wenn die Merkmale des Begriffes "Sportstätte"22 erfüllt sind, diese betreten werden kann, und die Sportler sich im Rahmen der objektiv erkennbaren Zweckbestimmung bewegen!3. Ein "Trimm-DichPfad" entsteht mit Aufstellung der Geräte und Anbringung von Hinweisschildern; damit wird ein Anreiz zur Benutzung geschaffen, mithin der Verkehr eröffnet24• Das ist auf alle öffentlich zugänglichen Sportstätten21 entsprechend übertragbar. Sind keine Sportgeräte vorhanden, 'ergibt sich die Verkehrseröffnung aus der Aufstellung von Schildern, wonach die Ausübung bestimmter Sportarten erlaubt ist beziehungsweise Außenstehende vor dem Sportbetrieb gewarnt werden28• Ist eine öffentlich zugängliche Sportstätte tatsächlich mit Sportgeräten ausgestattet, kommt es nicht darauf an, ob Erlaubnisschilder aufgestellt sind oder nicht; die "Gestattung" ergibt sich aus den äußeren Umständen. Mit überzeugender Begründung hat der BGH!7 zum Beispiel die Entfernung eines Schildes mit der Aufschrift "Kinderspielplatz" für haftungsrecht-

lich unbeachtlich gehalten: "Es kann schon fraglich sein, ob ... überhaupt erkennbar war, daß das Gelände nicht mehr als Spielplatz dienen sollte. Im Hinblick auf dessen Ausstattung mit Turngeräten ... machte die bloße Beseitigung des Schildes ,Kinderspielplatz .. .' späteren Besuchern die Absicht

19 Die Bedenken v. Bars, S. 187, werden in Zusammenhang mit dem Begriff "Widmung" geteilt, da der subjektive Wille des Verantwortlichen die haftungsrechtliche Beurteilung nur beeinflussen kann, wenn er zum Abschluß eines Enthaftungsvertrages (hierzu oben, S. 387 ff.) geführt hat. Der Begriff "Verkehrseröffnung" ist neutral und schließt eine objektive Deutung nicht von vornherein aus. 20 Schwab, JZ 1967, 13, 17. 21 Schwab, JZ 1967, 13, 19. !! Vgl. oben, S. 28 H. U Hasler, S. 95, stellt folgenden Grundsatz auf: "Wer eine Sportanlage einrichtet und für das Publikum bereitstellt, schafft den gefährlichen Zustand in dem Moment, wo er zuläßt, daß sich die Sportler auf die Anlage begeben." 24 So wohl auch Wiethaup, VersR 1972, 817, der zu Recht feststellt, daß sich die Pflichtenentstehung auch auf die Verbindungswege zwischen den Geräten beziehe. Vgl. noch OLG Düsseldorf VersR 1983,542,543. 25 Spielplätze, nicht eingezäunte Sportplätze usw. 26 Rodelbahnen werden entweder ausdrücklich als Sportstätte gekennzeichnet, oder es wird vor dem Betreten gewarnt: Beide Formulierungen sind als "Rodelerlaubnis" zu werten. 27 BGH NJW 1978, 1628.

3. Kap.: Deliktsrechtliche Entstehungsgründe für Verkehrspfiichten

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der Entwidmung als Spielplatz nicht hinreichend deutlich, zumal das Gelände weiterhin öffentlich zugänglich war28."

Diese Ausführungen sind verallgemeinerungsfähig. Der Sportbetrieb ist nur dann nicht zurechenbar, wenn alle auf eine Erlaubnis hindeutenden äußeren Merkmale beseitigt, also sowohl die Schilder als auch die Sportgeräte 29 entfernt worden sind. Das Schild "Benutzung auf eigene Gefahr" ist als Erlaubnis unter dem Vorbehalt, nicht haften zu wollen, zu deuten30• 3. Mittelbare Verkehrseröffnung durch Duldung des Verkehrs StolP 1 meint, der Begriff "Verkehrseröffnung" setze eine Aufforderung an eine begrenzte oder unbegrenzte Zahl von Personen zum Betreten eines Grundstücks voraus und sei von der "Duldung eines Verkehrs aus Gefälligkeit" zu unterscheiden32 • Diese Abgrenzung überzeugt nicht. Zum einen muß eine "Gestattung", "Erlaubnis" bzw. "Zulassung", die zu einer unmittelbaren Verkehrseröffnung führt, keine rechtsgeschäftZiche Willenserklärung sein33 , kann mithin auch eine Gefälligkeitshandlung34 darstellen35 • "Auch die gefälligkeitshalber erfolgte 28 BGH NJW 1978, 1628. Auf einen juristischen Zirkelschluß deutet die Formulierung von MünchKomm / Mertens § 823 Rdn. 186 hin: "Doch kann die Haftung auch nach Schließung eines Verkehrs andauern, soweit es um Gefahren geht, die ohne die frühere Verkehrseröffnung nicht eingetreten wären." 29 Vgl. in diesem Zusammenhang LG Schweinfurt VersR 1954, 14: In einer Badeanstalt war eine alte Rutschbahn als Sitz- und Liegegelegenheit aufgestellt. Die Verkehrseröffnung wurde also nicht "aufgehoben". Die Rutschbahn diente zwar nicht mehr sportlichen, jedoch immer noch anderen Zwekken. Das hat das LG Schweinfurt, a.a.O., nicht erkannt, sondern lediglich festgestellt, daß die Aufstellung "an sich" keine Sorgfaltsverletzung darstelle. Die Entstehung von Verkehrspfiichten hat mit "Sorgfalt" nichts zu tun. Die Sorgfaltspfiichten folgen erst aus einer Verkehrseröffnung oder anderen Vertrauenstatbeständen. Im Grundsatz richtig OLG Stuttgart VersR 1961, 1026,

1027 (Sprungturmunfall). so So OLG Stuttgart VersR 1961, 1026, lO27, für das Schild "Achtung. Die

Benutzung des Sprungturms auf eigene Gefahr". Ähnlich RG Recht 1913 Nr. 173 = Gruch 57, 691, 692 (Nr. 31). Vgl. schon oben, S. 31 (Fußn.20). 31 Stoll, Handeln auf eigene Gefahr, S. 88 ff. und 264 ff. 32 Stoll, Handeln auf eigene Gefahr, S. 84. Ähnlich Erman / B. Drees § 823 Rdn. 56. Siehe auch Reichert, S. 200: "Wer einen mehr oder weniger ungebetenen Verkehr auf einem Grundstück oder Gewässer duldet, eröffnet damit keinen Verkehr." Rüth, S. 73 f., unterscheidet ebenfalls zwischen Verkehrseröffnung und "Duldung", hält jedoch beide Tatbestände für pfiichtenbegründend. S3 SO aber wohl Erman / B,. Drees § 823 Rdn. 56, der die "unverbindliche und widerrufliche" Duldung von der Verkehrseröffnung abgrenzt. 34 Der Begriff "Gefälligkeit" wird vorwiegend zur Kennzeichnung der Abgrenzungsprobleme zwischen rechts geschäftlichem Bereich (entgeltliche Verträge, "Gefälligkeitsverträge" usw.), "vertragsähnlichen Sonderbeziehungen" und gesellschaftlichem Bereich ("Gefälligkeiten des täglichen Lebens" usw.) verwendet; siehe oben, S. 63 ff. und 127 ff. 35 Ebenso z. B. Staudinger / Schäfer § 823 Rdn. 274.

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II!. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspfiichten

Gestattung des Zugangs ist Verkehrseröffnung und stellt den Haftungskonnex her"36. Zum anderen drückt der Begriff " Gefälligkeit " eine bestimmte innere Haltung des Verantwortlichen aus. Dessen Beweggründe sind aber ohne haftungsrechtliche Bedeutung, denn bei der Abwägung ist allein "auf den legitimen Erwartungshorizont und das berechtigte Vertrauen der Verkehrsteilnehmer hinsichtlich der Gewährleistung ihrer Sicherheit"37 abzustellen38 . Der Ansicht Stolls kann auch deshalb nicht gefolgt werden, weil er den aus äußeren Umständen abzuleitenden Anscheinstatbeständen eine stärkere Wirkung beimißt als der "Duldung aus Gefälligkeit", durch die ein stärkeres Vertrauensband geknüpft wird 38 : "Spricht dagegen der äußere Schein für die Eröffnung eines Verkehrs, so muß der Grundstücksinhaber, der diesen Schein aufrecht erhält, sich dabei behaften lassen; dem Grundstücksinhaber obliegt hier eine unverminderte Verkehrssicherungspfiich1;4o." Die Duldung eines Verkehrs steht einer ausdrücklichen Verkehrseröffnung gleich, wenn sie unter Berücksichtigung aller objektiv erkennbarer Umstände als Gestattung aufzufassen ist 41 • Man kann in diesem Fall von einer mittelbaren, aus einer zusammenfassenden Betrachtung aller äußeren Merkmale abgeleiteten Verkehrseröffnung 42 sprechen. 36 Schwab, JZ 1967, 13; a. A. z. B. Reichert, S. 200: "Der Eigentümer oder Verfügungsberechtigte eines Grundstücks oder Gewässers, der zuläßt, daß auf diesem Sport betrieben wird, eröffnet in der Regel keinen Verkehr; er duldet diesen Sportverkehr vielmehr nur." Weitergehend und überzeugend Rüth, S. 73 f. und 115 f. (zur Entstehung von Verkehrspfiichten für Skiab-

fahrtsstrecken). 37 Vgl. MünchKomm / Mertens § 823 Rdn. 190 (unter "allgemeine Abwägungsgesichtspunkte"); v. Bar, S. 187, der grundsätzlich feststellt, daß delikts-

rechtliche Verhaltensnormen ohne Rücksicht auf den Willen "rein objektiv" zu bestimmen seien. 38 a. A. wohl Reichert, S. 200, der z. B. beim "Reiten über das flache Land, beim Wildwasserfahren und beim Baden und Schwimmen außer halb der Bereiche von Badeanstalten" die Entstehung von Verkehrspfiichten für ausgeschlossen hält und damit die Möglichkeit einer rechtlichen Bewertung von außergewöhnlichen Umständen von vornherein ausschließt. Unklar Wussow, S. 130 (Rdn. 250 Nr. 1). 38 Die "Duldung" steht gewissermaßen zwischen den Vertrauenstatbeständen "Vertrag" sowie "Gestattung" einerseits und dem bloßen "Anschein einer Gestattung" andererseits. 40 StaU, Handeln auf eigene Gefahr, S. 85; ihm folgend z. B. Rüth, S. 116, der allerdings auch die Duldung als weiteren Zurechnungsgrund ansieht. 41 OLG Hamburg MDR 1957, 423; Marburger, JurA 1971, 471, 506; Schwab, JZ 1967, 13, 19; Stau dinger / Schäfer § 823 Rdn. 274. Im Ergebnis ebenso für Skiabfahrtsstrecken: Hummel, in: Sport und Recht, S. 71; ders., NJW 1974, 170 f.; Kleppe, NJW 1966, 237; Padrutt, in: Sport und Recht, S. 100, 110; Rüth, S. 73 f., 83, 115 ff. Für Sportstsätten allgemein a. A. Reichert, S. 200. . 42 Insoweit wohl a. A. Staudinger / Schäfer § 823 Rdn. 274, der auf eine fortgesetzte Duldung, also auf eine ständige Billigung und nicht auf äußere Umstände abstellt. Unklar auch Erman / B. Drees § 823 Rdn. 56, der bei fortgesetzter Duldung eine "Widmung" und eine Verkehrseröffnung durch "stillschweigende Willensäußerung, die in der tatsächlichen Widmung liegt", für möglich hält.

3. Kap.: Deliktsrechtliche Entstehungsgründe für Verkehrspflichten

143

Bedeutet die Duldung keine Gestattung4ll, "sondern besteht sie in einem bloßen Nichteinschreiten gegen unbefugten Zutritt - das übrigens keineswegs auf ,Gefälligkeit' beruhen muß, sondern etwa aus Nachlässigkeit geschehen kann - so ist keine Verkehrseröffnung gegeben"44. Ist eine Verkehrseröffnung nicht feststellbar, schließt das eine Verkehrspflichtentstehung aus anderen Gründen nicht aus45. Die Duldung eines Sportbetriebs ist als Gestattung aufzufassen, wenn

keine Ge- bzw. Verbotsschilder, mit denen ganz allgemein oder be-

stimmten Personen die Benutzung untersagt bzw. bestimmte Nutzungsbeschränkungen "verfügt" werden46, aufgestellt sind. Das gilt erst recht, wenn eine Sportstätte nicht eingezäunt ist, so daß der Zutritt nicht kontrolliert werden kann. Gibt ein Sportstätten-Verantwortlicher Sportgeräte aus, gestattet er die Benutzung dieser Geräte auf der Sportstätte. Ein Schwimmbad-Verantwortlicher eröffnet den Sportbetrieb auf einer Liegewiese41 , wenn er Stahlkugeln für das Kugelstoßen ausgibt48 • Das Dulden des Fußballspielens auf der Liegewiese einer Badeanstalt ist schon deshalb als Gestattung aufzufassen48, weil eine ständige überwachung üblich ist und andernfalls mit einem Einschreiten zu rechnen wäre. Ein Sportverein läßt einen außerplanmäßigen Sportbetrieb auf der Vereinssportstätte zu, wenn er im konkreten Fall den Sportlern ein Sportgerät ausgehändigt hat50• Das Dulden des Fußballspielens auf den Rasenfl,ächen eines öffentlichen Parks ist als Erlaubnis zu werten, wenn aus dem Zustand des Rasens hervorgeht, daß er ständig "bespielt" wird, und weder Verbotsschilder aufgestellt noch Ab43 Reichert, S. 200, entzieht sich der gebotenen Auslegung, indem er die Duldung nur mit einem "mehr oder weniger ungebetenen Verkehr" in Beziehung setzt. 44 Schwab, JZ 1967, 13, 19; ihm folgend Rüth, S. 116. 45 So kann es der Sportstätten-Verantwortliche z. B. unterlassen haben, den Zugang in ausreichendem Maße zu erschwerden, so daß er diesen in zurechenbarer Weise ermöglicht hat (vgl. unten, S. 156 ff.). 46 Wird die Verkehrs eröffnung "beschränkt", ergeben sich besondere Zurechnungsprobleme (vgl. unten, S. 193 ff.). 41 Zu diesem Beispiel aus der Rechtsprechung sei angemerkt, daß der Verantwortliche gegenüber allen Benutzern schon aufgrund des Vertrages (siehe oben, S. 52 f.) verkehrspflichtig ist. Eine "Verkehrs eröffnung durch Duldung oder Gestattung" ist nur bei der Frage, ob dem Verantwortlichen bei einem nicht vom Vertrag "gedeckten" Sportbetrieb auch Verkehrspflichten zum Schutz der Sporttreibenden obliegen, zu erörtern. 48 So auch RG SeuffArch 90, 231 (Nr. 111). Praktische Bedeutung hat dieses Beispiel nur für vergleichbare FäHe, bei denen die Verkehrspflichten nicht aus einem Nutzungsvertrag abgeleitet werden können: Durch das Kugelstoßen werden die ohnehin schon kraft Vertrages Geschützten erheblich gefährdet; zur deliktischen Haftungsbegründung bedarf es keiner "Verkehrseröffnung" (siehe bereits oben, S. 53). 48 Ebenso RG SeuffArch 86,226 (Nr. 125). 50 BGR VersR 1960, 421 ff. (außerplanmäßiges "Diskustreiben" auf einer Vereinssportstätte mit "vereinseigenem" Diskus).

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II!. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

sperrmaßnahmen getroffen worden sind51 • Das gilt für andere Grundstücke, die sich zur Ausübung bestimmter Sportarten eignen und gemäß aller äußeren Anzeichen inliner wieder von Sportlern benutzt werden, ohne daß der Grundstücksverantwortliche dies zu verhindern versucht, entsprechend52• U. Die redltlldlen Besonderheiten der Eröffnung des Verkehrs auf Skiabfahrtsstrecken

Die Verkehrspfiichthajtung jür SkiunjäZle auf "Skipisten", Skirouten" und "wilden Abfahrten"53 ist von großer praktischer und haftungsrechtlicher Bedeutung. Die tatsächlichen und rechtlichen Besonderheiten sollen deshalb gesondert, jedoch nur grundrißartig dargestellt werden. Der Skisport hat sich in den letzten 20 Jahren, begünstigt durch vielfältige kommerzielle InteressenM, zu einer Massenbewegung, einem Volkssport entwickelt56 • Um dem wachsenden Bedarf gerecht zu werden, die Umsatz- und Gewinnmöglichkeiten zu verbessern, sind immer mehr geeignet erscheinende Berghänge durch Errichtung von Bergbahnen sowie Ausschilderung, Herrichtung und ständige Unterhaltung von Skipisten für den alpinen Skisport erschlossen worden. Die Zahl der Unfälle beim Skisport hat sich - wohl auch wegen der besonderen Gefährlichkeit dieses Sports - ständig erhöht. Folglich sind auch die haftungsrechtlichen Fragen immer mehr in den Blickpunkt des Interesses gerückt.

1. Grundsätzliches zur Entstehung von Verkehrspfiichten im Skisport Die Ansicht, daß Bergbahnunternehmer, Gemeinden und Fremdenverkehrsvereine auch für Skipisten-Unfälle auf vertraglicher Grundlage haften56, hat sich bis heute nicht durchgesetzt. Auch die sehr engen, überwiegend auf begriffsjuristischen Erwägungen beruhenden Auffassungen67 haben jedoch keine Zustimmung gefunden. Vgl. oben, S. 31 f. Bereits auf S. 29 ff. wurde untersucht, unter welchen Voraussetzungen Grundstücke ohne sportbezogene Bebauung als "Sportstätten" anzusehen sind. Da es auch insoweit darauf ankommt, ob die äußeren Umstände auf eine Erlaubnis hindeuten, sind die Merkmale für die Begriffe "Sportstätte" und "Verkehrseröffnung" bei nicht feststellbaren Zugangsbeschränkungen identisch. 63 Unterscheidung gern. Ziff. 2 der DIN-Norm 32912 (Entwurf August 1981); Wortlaut siehe S. 119 (Fußn. 105). St Umsatz- und Gewinnerwartungen der Gewerbetreibenden in den Skisportzentren, der Bergbahnunternehmer, der Skisportartikel-Industrie; Einnahmemöglichkeiten der "Skisportgemeinden" (z. B. durch Erhebung von Kurtaxe, Sonderst eu ern; erhöhte Steuereinnahmen allgemein). 55 So schon auf S. 1. 56 Vgl. oben, S. 118 ff. 57 Hepp, NJW 1973, 2085, 2086 ff.; Schnell, NJW 1961, 99; Scholten, NJW 1960. 558. Grundsätzlich ablehnend, jedoch Ausnahmen anerkennend: Kett51

52

3. Kap.: Deliktsrechtliche Entstehungsgründe für Verkehrspflichten

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Soweit ersichtlich, hat zuletzt Hepp58 die Ansicht vertreten, daß "eine Verkehrssicherungspflicht der Bergbahn- und Skilift-Besitzer für den Zustand der Gebiete und Strecken, über die von der Endstation hinab gefahren werden kann, und für das Verhalten der Fahrgäste nach Beendigung des Transportes" nicht bestehe, sondern der einzelne Skiläufer "für sein Tun und Lassen" selbst verantwortlich sei. Die von Hepp geschilderten tatsächlichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten, aus denen sich bei "vorurteilsfreier Prüfung" ergeben solle, daß die Bahnunternehmer nur den Bahn- und Liftverkehr, aber nicht den Abfahrtsverkehr eröffnenS9, lassen bei objektiver, nicht an den kommerziellen Interessen der Bergbahnunternehmer orientierter Auslegung nur den Schluß zu, daß bei allen - wie auch immer bezeichnetenGO - Skiabfahrten mindestens ein Grund, regelmäßig sogar mehrere Gründe für die Entstehung von Verkehrspttichten gegeben sind e1 • Im Grundsatz besteht heute in der Literatur62 Einigkeit darüber, daß auch die Sicherheit des alpinen Skisports zu gewährleisten ist und Verkehrspflichten bestehen. Die "WeichensteUung" in der Rechtsprechung erfolgte durch die Entscheidungen zum sog. "Jenner-FaU"63: Innerhalb kurzer Zeit waren auf einem völlig vereisten Teilbereich einer vom Jenner herabführenden Skipiste zwei Skiläufer unabhängig voneinander tödlich verunglückt. Der BGH hat die jeweils zugrundeliegenden Verurteilungen des Bergbahn-Betriebsleiters wegen fahrlässiger Tötung zwar im Ergebnis nicht bestätigt84, jedoch grundsätzlich anerkannt, "daß der Annaker, VersR 1964, 212; ebenso Gritschneider, VN 1966, 21. Vgl. auch OLG München NJW 1966, 240 = OLGZ 23, 24 f. 58 Hepp, NJW 1973, 2085, 2088.

Hepp, NJW 1973, 2085, 2088. Zu den verwendeten Begriffen bereits oben, S. 30 (Fußn. 15) und 119 (Fußn. 105) sowie unten, S. 148 (Fußn. 79). Vgl. außerdem BGH NJW 1982, 762 f. = VersR 1982, 346 f. 61 Hummel, NJW 1974, 170 ff., kritisiert zu Recht, daß Hepp eine Auseinandersetzung mit einer inzwischen gefestigten Literatur und Rechtsprechung völlig vermissen lasse (170): "So hat seine Meinung in der neueren Literatur nur einen Vorzug: sie wird von ihm exklusiv vertreten" (Hummel, a.a.O., 172). 62 Dannegger, in: Festgabe für Schönberger, S. 223, 231 ff.; Hummel, NJW 1965, 525, 526; ders., NJW 1974, 170, 171; ders., in: Sport und Recht, S. 71, 72, 74 f.; Kleppe, NJW 1966, 237 f.; Nirk, NJW 1965, 526, 527; ders., in: Skirecht 1966, S. 43, 52 f.; Padrutt, SZS 1971, 63, 65 f., 68; ders., in: Skirecht 1972, S. 74, 78 f.; ders., in: Sport und Recht, S. 100, 109 f.; Pichler, ÖJZ 1966, 114; ders., SJZ 1968, 283, 285; SchlägelbaueT, in: Skirecht 1966, S. 146; ders., in: Skirecht 1972, S. 88, 92, 94 f.; WaLter, in: Skirecht 1966, S. 111, 118; v. Bar, S. 118, 124; Kleppe, S. 216 ff. (Rdn. 203 ff.; französisches Recht), 223 ff. (Rdn. 219 ff.; deutsches Recht), 225 ff. (Rdn. 222 ff.; schweizerisches Recht), 228 ff. (Rdn. 226 ff.; österreichisches Recht) und 230 f. (Rdn. 227; italienisches Recht); Rüth, S. 73 ff., 118 ff.; Weisemann, Rdn. 139 ff. (S. 151 f.); Fikentscher, § 103 IV 3 a, S. 632; Wussow, S. 135 (Rdn. 257); MünchKomm/ Mertens § 823 Rdn. 222; Palandt / Thomas § 823 Anm. 14 (Stichwort "Skiläufer"); RGRK / Steffen § 823 Rdn. 232; Staudinger / Schäfer § 823 Rdn. 369. 63 BGH NJW 1971, 1093 ff. = MDR 1971, 411 ff. = DB 1971, 962 ff. (erste Revisionsentscheidung); BGH NJW 1973, 1379 ff. (zweite Revisionsentscheidung). Ebenso FritzweileT, Haftung bei Sportunfällen, S. 128. 64 Zur "wechselhaften Prozeßgeschichte" des "Jenner-Falles" Hummel, in: Sport und Recht, S. 71, 74 ff. 59

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10 Börner

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III. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

geklagte als verantwortlicher Betriebsleiter der Jennerbahn grundsätzlich verpflichtet war, für die Sicherheit des Verkehrs auf den von der Bergstation herabführenden Skiabfahrtsstrecken zu sorgen"G5. Das OLG München 66 hat diesen Grundsatz auf die zivilrechtliche Haftung übertragen. Vom BGH ist in der sog. "Weidezaun-Entscheidung"67 klargestellt worden, daß die Verkehrspfiichten nicht nur für "Skipisten im eigentlichen Sinne", sondern auch für "empfohlene Abfahrten", die über "gewissermaßen verkehrsoffene" Grundstücke führen, bestehen68 •

2. Die Träger der Verkehrspjlichten im Skisport Nach wie vor besteht keine Einigkeit darüber, aus welchem rechtlichen Grund die Skipisten-Verkehrspfiichten entstehen und von welchen Personen sie zu erfüllen sind. Die Ansicht69 , daß Verkehrspfiichten für den Skisport nur Personen obliegen, welche die tatsächliche Verfügungsgewalt über ein Skiabfahrtsgelände ausüben, ist als zu eng abzulehnen. Eigentümer und Besitzer von Berggrundstücken können zwar verkehrspfiichtig sein70 ; die Verkehrspfiichtenentstehung ist jedoch grundsätzlich von sachenrechtlichen Erwägungen unabhängig 71 • Ein umfassendes Prinzip kann auch nicht aus dem Satz hergeleitet werden, daß Träger der Verkehrspfiichten derjenige sei, welcher 65 BGH NJW 1973, 1379, 1380. 66 OLG München VersR 1973, 1170, 1171 = NJW 1974, 189, 190; VersR 1978, 725 f. und 831. Vgl. auch LG Waldshut-Tiengen VersR 1980, 755. Neuerdings hinsichtlich der Verkehrspflichtentstehung sehr weitgehend BGH VersR 1985,

64.

BGH NJW 1982, 762 f. = VersR 1982, 346 ff. BGH NJW 1982, 762, 763 = VersR 1982, 346, 347. Bei einer "willkürlichen Abfahrt im freien Gelände" solle gemäß BGH, a.a.O., keine "besondere Verkehrssicherungspflicht" bestehen. a. A. wohl Weisemann, Rdn. 140 (S. 141). 89 Kleppe, NJW 1966, 237; Schlägelbauer, in: Skirecht 1966, S. 135, 149; ders., in: Skirecht 1972, S. 88, 95; Fikentscher, § 103 IV 3 a, S. 632 ("So haften 67

118

im Falle der verschneiten, vermieteten Skiwiese Eigentümer und Vermieter wegen Nichtbeseitigung der Stacheldrahtzäune. "); Kleppe, Rdn. 221 (S. 224 f.) und Rdn. 228 f. (S. 231 ff.); Reichert, S. 204 f. (Voraussetzung der Haftung sei eine "Einwirkungsmöglichkeit auf das oder die Pistengrundstücke"); Staudinger / Schäfer § 823 Rdn. 369. Im Grundsatz ebenso, jedoch mit erheblichen Einschränkungen: Kettnaker, VersR 1964, 212; Gritschneider, VP 1966, 21. Unklar auch BGH NJW 1971, 1093, 1095: "Die Bergbahn übte die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Piste aus." Ohne Erwähnung der sachenrechtlichen Bezugspunkte dann aber BGH NJW 1973, 1379, 1380. 70 Zu Recht hält es Rüth, S. 73 f., für pflichtenbegründend, wenn ein dinglich oder obligatorisch Berechtigter einen bereits bestehenden Pistenverkehr, etwa das ständige Befahren eines erschlossenen Hanges hinnehme und damit dulde. Das kann allerdings sogar als Gestattung zu werten sein; bei ablehnender Einstellung zum Skibetrieb ist möglicherweise ein zurechenbarer Anscheinstatbestand festzustellen (vgl. die allgemeinen Grundsätze oben, S. 141 ff. bzw. unten, S. 156 ff. 7l So bereits oben, S. 45 f., für Sportstätten allgemein.

3. Kap.: Deliktsrechtliche Entstehungsgründe für Verkehrspflichten

147

unabhängig von Eigentums- und Besitzfragen - die Pisten tatsächlich anlegt, betreut und den Skifahrern zur Verfügung steZZt72 • Dieser An-

satz geht vom Vorhandensein einer "Sportanlage" aus78, leitet also die Verantwortlichkeit aus bestimmten Tätigkeiten und nicht aus einer schutzwürdigen Erwartungshaltung der Skifahrer ab. Die Verkehrspflichtentstehung beruht jedoch grundsätzlich auf Vertrauensschutzerwägungen und ist von einer objektiven Warte aus zu beurteilen74 • Richter erscheint es, die besonderen Merkmale der verschiedenen Skiabfahrtsstrecken zunächst außer Acht zu lassen und mit der herrschenden Meinung75 von den bereits dargestellten76 allgemeinen Grundsätzen zur Verkehrseröffnung auszugehen. 3. Räumlicher Schutzbereich der Verkehrspjlichten für den Skisport

Trotz grundsätzlicher Anerkennung des Bestehens von Verkehrspflichten wird überwiegend die Ansicht vertreten, es seien nur bestimmte, von vornherein genau abzugrenzende Bereiche zu sichern77 • 72 VgI. z. B. Dannegger, in: Festgabe Schönberger, S. 225, 234; Gritschneider, VP 1966, 21, und Kettnaker, VersR 1964, 212 (beide jedoch mit erheblichen Einschränkungen); Schlägelbauer, in: Skirecht 1972, S. 88, 95; wohl auch OLG München OLGZ 65, 23, 25 f. = NJW 1966, 240; OLG München VersR 1973, 1170, 1171 = NJW 1974, 189, 190; OLG München VersR 1977, 882. Siehe auch Weisemann, Rdn. 139 (S. 51). 73 Zur Frage, ob Skipisten und Skiloipen "Sportanlagen" sind, vgI. oben, S.29. 74 So vor allem oben, S. 49 ff. 75 VgI. Hummel, NJW 1974, 170 f.; ders., in: Sport und Recht, S. 71; Padrutt, SZS 1971, 63, 66 ff.; ders., in: Skirecht 1972, S. 74, 78 f.; ders., in: Sport und Recht, S. 100, 110 f.; Rüth, S. 73, 75 f., 114 ff.; MünchKomm / Mertens § 823 Rdn. 222; Palandt / Thomas § 823 Anm. 14 (Stichwort "Skiläufer"); RGRK / Steffen § 823 Rdn. 232; unklar Nirk, in: Skirecht 1966, S. 43, 48, 53, und Walter, in: Skirecht 1966, S. 111, 116 f. v,. Bar, S. 118 und 124, leitet die Verkehrspflichten für Skipisten sowohl aus dem verkehrspflichtbegründenden Vertrauenstatbestand "Verkehrseröffnung" (S. 118) als auch aus dem - von einer Verkehrseröffnung kaum abgrenzbaren - Gesichtspunkt "Beherrschbarkeit der Gefahr" (S. 122, 124) ab. 76 VgI. oben, S. 138 ff. 77 BGH NJW 1971, 1093, 1094, und NJW 1973, 1379, 1380 ("Skipisten"); OLG München VersR 1973, 1170, 1171 = NJW 1974, 189, 190 ("Skipisten" und "Skiabfahrtsstrecken"); BGH NJW 1982, 762 f. = VersR 1982, 346, 347 ("empfohlene Abfahrtsstrecke" im Gegensatz zu einer "willkürlichen Abfahrt im freien Gelände"); LG Waldshut-Tiengen VersR 1980, 755. In der Literatur wird die Verkehrspflichtfrage überwiegend nur für "Skipisten" gestellt bzw. die Verkehrspflichtentstehung ausdrücklich auf "Skipisten" beschränkt: VgI. Hummel, NJW 1965, 525 f.; ders., NJW 1974, 170 f.; ders., in: Sport und Recht, S. 71 ff.; Kleppe, NJW 1966, 237; Padrutt, in: Sport und Recht, S. 100, 110; ders., in: Skirecht 1972, S. 74, 79 (weitergehend jedoch ders., SZS 1971, 63, 70); Schlägelbauer, in: Skirecht 1972, S. 88 ff.; Fritzweiler, Haftung bei Sportunfällen, S. 130; Kleppe, Rdn. 212 (S. 215 f.) und 220 (S. 223 f.); Weisemann, Rdn. 140 (S. 52); Palandt / Thomas § 823 Rdn. 14 (Stichwort "Skiläufer");

148

III. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

Ausgehend vom Begriff "Skipiste"78 ist eine fast unübersehbare Zahl weiterer Begriffe zur Kennzeichnung und pflichtbezogenen Einteilung bestimmter Gruppen von Skiabjahrtsstrecken geprägt worden7~. Die vielfältigen Einteilungs- und Abgrenzungsversuche dienen allein dem Zweck, die sichernden Bereiche bereits vorab und unabhängig von einer konkreten Verkehrspflichtprüfung im Einzelfall möglichst genau zu bestimmen. Skiunfälle in anderen Bereichen können nach dieser Auffassung nicht auf einer Verletzung von Verkehrspflichten beruhen80 • Die begrijjsjuristische Begrenzung der Verkehrspjlicht-Entstehung ist abzulehnen81 • Die Zurechenbarkeit der mit dem alpinen Skisport verbundenen Gefahren hängt nicht von Begriffsinhalten, sondern - wie RGRK / Steifen § 823 Rdn. 232. Wohl auch Staudinger / Schäfer § 823 Rdn. 367 ff., der die Begriffe "Skipiste" und "Skiabfahrten" für gleichbedeutend

hält.

18 Der Begriff ist von Hummel (NJW 1965, 525), Nirk (NJW 1965, 526 f.) und Kleppe (NJW 1966, 237 f.) in die haftungsrechtlichen Erörterungen eingeführt worden. Seitdem haben Rechtsprechung und Literatur diesen Begriff laufend

"fortgeschrieben". Entsprechend häufig hat man sich um eine Erarbeitung des Begriffsinhaltes bemüht; vgl. neben den bereits auf S. 30 (Fußn. 15) Genannten und Ziff. 2 des Entwurfes 1981 der DIN-Norm 32912 (zitiert auf S. 119 Fußn. 105) noch folgende Definitionsversuche: Dannegger, in: Festgabe Schönberger, S. 232, 233; Padrutt, in: Sport und Recht, S. 100, 110 f.; ders., in: Skirecht 1972, S. 74, 79 f.; ders., SZS 1971, 63, 69 f.; Schlägelbauer, in: Skirecht 1972, S. 88, 89 ff.; WaU er, in: Skirecht 1966, S. 111, 116 f. Die Definition von Hepp, NJW 1973, 2085, 2087 (vgl. oben, S. 29 Fußn. 8) geht an den tatsächlichen Gegebenheiten vorbei und ist in jeder Hinsicht unbrauchbar. 19 Padrutt, in: Skirecht 1972, S. 74, 79, spricht neben den Skipisten von "Abfahrtsrouten" und dem "freien offenen Gelände" (ebenso ders., in: Sport und Recht, S. 100, 110). Siehe auch Schlägelbauer, in: Skirecht 1972, S. 88, 89 ff., der von den Skipisten die "Abfahrtsstrecken", "Abfahrtsrouten", "Tourenabfahrten" ("oder wie man sonst diese Strecken bezeichnet") unterscheidet. Kleppe, Rdn. 254 (S. 262 f.), stellt den Skipisten das "freie Gelände" gegenüber Fritzweiler, Haftung bei Sportunfällen, S. 130, spricht von "faktischen Abfahrtsvarianten" . Rüth, S. 106 ff., fragt, ob auch im "Skitourengelände" Verkehrspflichten bestehen. In Ziff. 2 der DIN-Norm 32912 (Entwurf August 1981) werden die Begriffe "Skirouten" und "Wilde Abfahrten" erläutert. In der "Weidezaun-Entscheidung" stellt der BGH fest, daß Verkehrspflichten nicht nur für "Skipisten im eigentlichen Sinn", sondern auch für "empfohlene Abfahrten", nicht aber für eine "willkürliche Abfahrt im freien Gelände" bestünden: BGH NJW 1982, 762 f. = VersR 1982,346,347. Vgl. noch: LG Waldshut-Tiengen VersR 1980, 755; Weisemann, Rdn. 140 (S. 52). 80 Sehr anschaulich Kleppe, Rdn. 254 (S. 262 f.): "Die Verkehrssicherungspflicht auf der Piste ist eine Ausnahme gegenüber der freiwilligen übernahme aller Risiken durch den Skiläufer, der sich im freien Gelände bewegt." Mit diesem nicht näher begründeten Grundsatz wird die Möglichkeit einer abweichenden Beurteilung von atypisch gelagerten Einzelfällen ausgeschlossen. 81 Ebenso Nirk, in: Skirecht 1966, S. 43, 48 f.; Rüth, S. 85 ff. Im Ergebnis wohl auch: WaUer, in: Skirecht 1966, S. 88, 110; MünchKomm / Mertens § 823 Rdn. 222. Padrutt, SZS 1971, 63, 70, läßt zumindest erkennen, daß er Ausnahmen für möglich hält und die "Besonderheiten des Einzelfalles" zu berücksichtigen seien.

3. Kap.: Deliktsrechtliche Entstehungsgründe für Verkehrspflichten

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bei anderen Sportstätten82 - von allgemeinen Vertrauensschutzerwägungen ab: "Denn dieVerkehrssicherungspflicht ist nicht mit dem Begriff und dem Tatbestand einer ,Skipiste' verbunden, vielmehr kommt es ausschließlich darauf an, ob nach der konkreten Lage der Verhältnisse von der Abfahrtsstrecke eine Gefahr für die Skiläufer ausgeht ... ".83 So sind zum Beispiel SkiunfäHe, die sich außerhalb von Pisten ereignen, häufig zumindest mittelbar auf den Pistenbetrieb zuruckzuführen 84 : Ein Skiläufer gerät von der Piste und "rast" in einen Wald oder gegen einen Felsen, stürzt in einen Abgrund usw.Bs. Ein derartiger Zusammenhang kann etwa auch dann bestehen, wenn ein "Pistenhalter"8S den Pistenbereich nicht deutlich sichtbar abgrenzt oder absperrt, obwohl sich das äußere Erscheinungsbild von "Piste" und einer hiervon ausgehenden "wilden Abfahrt"87 durch fortwährende Benutzung angeglichen hat88. Die Verkehrspflichtfrage bezieht sich auf die "erschlossene Bergwelt"89 insgesamt. "Erschlossen ist die Bergwelt dann, wenn der Ausgangspunkt der Wintersportbetätigung in einem Gebiet liegt, das durch Bergverkehrsmittel (z. B. Bergbahnen, Lifte) erreicht werden kann"80. Dem Skisport "erschlossen" sind alle von den Bergstationen aus talwärts führenden Hänge und Flächen, die bei objektiver Betrachtungs81 Siehe oben, S. 49 ff. 83 So überzeugend Nirk, in: Skirecht 1966, S. 43, 48. Siehe auch Padrutt, SZS 1971, 63, 70: "Der Hinweis zeigt, daß nicht eine Definition, sondern nur die tatsächlichen Verhältnisse im konkreten Fall auch hinsichtlich Beschränkung und Ausdehnung weiterhelfen können." 84 So auch Rüth, S. 86 ff.; unklar Kleppe, Rdn. 247 f. (S. 250 ff.). 85 Vgl. Walter, in: Skirecht 1966, S. 111, 120: "Wenn am Rande der Piste besondere Gefahrenstellen sind wie Lawinengräben, Felsabstürze o. ä., dann gehört selbstverständlich eine deutliche, sichere Abgrenzung der Piste gegen dieselben zur ordnungsgemäßen Pistensicherung. " Zustimmend Padrutt, SZS 1971, 63, 70, der diesen Fall als "seitliches Abgrenzungsproblem" bezeichnet. 8S Diesen Begriff verwendet Padrutt, in: Sport und Recht, S. 100, 109, sowie in: Skirecht 1972, S. 74,78, als Synonym für "Pisteneröffner". 87 In diesem Sinne ist wohl auch Rüth, S. 87, zu verstehen: Er meint, die Verkehrspflichten würden sich auch über den Bereich der "eigentlichen Abfahrtsstrecke" hinaus erstrecken, wenn es die Anlage bzw. der Zustand der Piste mit sich bringe, daß Skiläufer von der eigentlichen Piste abweichen; im Zusammenhang mit den Ausführungen auf S. 106 ff. ("Verkehrssicherungspflicht im Skitourengelände") ist das unklar, weil nicht zwischen Pflichtenentstehung und Pflichtenumfang unterschieden wird. 88 Anschaulich OLG München OLGZ 65, 23 ff.: Ein Skiläufer befuhr einen Verbindungsweg zwischen Skipiste und einem Berggasthof, den er jedoch nicht erreichte, weil er über einen Felsabbruch auf den Vorplatz des Gasthauses stürzte. Das Gericht verneinte eine Verkehrssicherungspflicht des Gastwirts (a. A. Nirk, in: Skirecht 1966, S. 26, 36). m. E. war sowohl der Gastwirt als auch der für den Skibetrieb Verantwortliche wegen Gestattung bzw. Duldung der Benutzung des Verbindungsweges verkehrspflichtig. So auch Rüth, S. 88 f., der es zu Recht für bedeutsam hält, daß bereits mehrere Skispuren in Richtung auf den Gasthof "gelegt" waren. 89 Begriff von Reichert, S. 201 f., 203 f. 90 So Reichert, S. 202.

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IIr. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

weise als tatsächlich zugänglich und zum Skilaufen geeignet erscheinen D1 • Der Begriff "Skiabfahren"D2 ist neutral und zur Bereichsabgrenzung brauchbar. Verkehrspflichten bestehen für alle Skiabfahrten nach Maßgabe der allgemeinen RegelnDs . 4. Die Eröffnung des Skiverkehrs in der erschlossenen Bergwelt als umfassender Zurechnungsgrund a) Verkehrseröffnung durch Bergbahnunternehmer - Der Verkehr auf den Skiabfahrten in der erschlossenen Bergwelt ist mittelbar auf den Betrieb der Bergbahnen zurückzuführen: "Das Interesse der Bahn erschöpft sich indessen nicht in der Hinauf- und Hinabbeförderung des skifahrenden Publikums. Zum Zwecke einer möglichst intensiven Sportausübung, die den Massenbetrieb anregt und fördert, gleichzeitig auch die Frequenz und Rentabilität des Unternehmens steigert, stellt die Bahn dem Skifahrer Pisten zur Verfügung. Aus legitimen wirtschaftlichen Gründen nimmt sie die Herrichtung solcher Skiabfahrten in ihr Programm auf. Nicht selten werden diese Strecken so angelegt, daß sie den Skiläufer direkt wieder einer Bahnstation zuführen. Die Bahn öffnet damit Pisten dem Skiverkehr, reizt zur Benutzung an, beschickt sie mit Fahrern jeden Ausbildungsstandes und schafft damit einen Zustand, der Gefahren in sich bergen kann, deren Abwendung der Bahn ebenso zufällt wie die Absicherung vor eigentlichen Betriebsgefahren94 ." Diesen Ausführungen ist - aus den bereits genannten Gründen1a mit der Maßgabe zuzustimmen, daß die den Bergbahnunternehmern UI Richtig der Ausgangspunkt von Walter, in: Skirecht 1966, S. 111, 119: "Der Umfang der Pistensicherungspflicht wird begrenzt... in räumlicher Hinsicht auf das ganze Gelände, das zwischen Berg- und Talstation abwärts gleitend berührt werden kann ... " Die folgende Einschränkung, daß dies nicht gelte, wenn bestimmte Strecken markiert seien, weil der Verantwortliche dadurch zu erkennen gebe, was er "als seine Piste" ansehen wolle, wird nicht geteilt; abgesehen von der unnötigen Beschränkung auf "Pisten" ist festzustellen, daß die Pflichtenentstehung Folge einer Gestattung des Skibetriebs sein kann, aber grundsätzlich wiHensunabhängig und objektiv zu beurteilen ist (vgl. oben, S. 49 ff.). Vgl. auch MünchKomm / Mertens § 823 Rdn. 222, der sowohl die Markierung als auch die bloße Zugänglichmachung des Geländes für pflichtenbegründend hält. 92 Begriff Staudinger / Schäfer § 823 Rdn. 367 ff. (Synonym für den engen Begriff "Skipiste Ähnlich "wertneutral ist der Begriff "Skiabfahrtsstrecke"; vgl. MünchKomm / Mertens § 823 Rdn. 222. Beide Begriffe gebraucht z. B. auch Nirk, in: Skirecht 1966, S. 43, 48 f., 53 f. 93 Oben, S. 138 ff., sowie unten, S. 56 ff., 162 ff., 170 ff. und 184 ff. 94 Padrutt, SZS 1971, 63, 66. Ähnlich Padrutt, in: Sport und Recht, S. 100, 109 f., und in: Skirecht 1972, S. 74, 78 f. (gleichlautend): "Wer als Direktinteressierter dermaßen unterschiedslos Skifahrer ins Gebirge befördert und sie massenweise auf Skiern ins Tal fahren läßt, muß für einen geordneten Ablauf und die Sicherheit der Benutzer besorgt sein ... Vgl. auch Hummel, NJW 1974,170,171; Hasler, S. 95 f. 95 Vgl. S. 147 ff. U

).

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3. Kap.: Deliktsrechtliche Entstehungsgründe für Verkehrspflichten

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zuzurechnende Verkehrseröffnung nichts mit der Zurverfügungstellung von Ski pisten zu tun hat und auch nicht auf den Bereich von Ski pisten beschränkt ist. Die Verkehrseröffnung ergibt sich vielmehr aus der Aussetzung einer unbestimmten Zahl von Skiläufern in Wintersportgebieten 96 . Dieses "Aussetzen" müssen die Skifahrer unter Berücksichtigung aller Umstände als Aufforderung zur Benutzung der

Skiabfahrtsmöglichkeiten zur Aufrechterhaltung des "Kreisverkehrs"97 zwischen Bergbahnbetrieb und Abfahrtsgelände verstehen. Die Bergbahnunternehmer erwecken bereits durch den Transport auf den Gipfel das Vertrauen der Läufer auf das Vorhandensein einer von atypischen Gefahren freien Abfahrt98 . Zu Recht stellt RüthDD folgendes fest: "Vielmehr unterhält jeder Lift- und Seilbahnunternehmer seinen Betrieb doch ausschließlich im Hinblick auf die von der BeTgstation möglichen Abfahrten, weil sein Unternehmen nur dann wirtschaftlich und gewinnbringend arbeiten kann, wenn die an der Bahn entlangführenden und regelmäßig an den Talstationen endenden Skiabfahrten benutzt werden. Allein die Lift- und Seilbahnunternehmer sind es daher, die den Skiverkehr in den überwältigenden Ausmaßen eröffnen und unterhalten und damit auch die daraus resultierende Gefahrenlage schaffen."loo ue Vgl. Padrutt, SZS 1971, 63, 67, der diesen Vertrauenstatbestand jedoch um das Merkmal "Öffnung von Pisten" ergänzt, weil er den Begriff "Piste" für haftungsrechtlich erheblich hält. Vgl. auch Weisemann, Rdn. 139 (S. 51), der es zwar einerseits für bedeutsam hält, daß die Bergbahnunternehmer den Zugang ermöglichen, aber andererseits nicht entscheidet, ob dieser Umstand verkehrspflichtbegrundend ist. 97 Begriff Walter, in: Skirecht 1966, S. 111, 118. Vgl. auch Rüth, S. 118 (Fußn. 3): "Auch der vielfach verwendete Begriff ,Skizirkus' drückt diesen perfekten Kreislauf treffend aus." 98 So überzeugend v. Bar, S. 118. Unklar Padrutt, SZS 1971, 63, 66 f., der einerseits meint, daß mit dem Hinauftransport der Skiläufer an sich noch keine größere Gefahrenquelle geschaffen werde, als sie dem Bahnbetrieb inhärent sei (a.a.O., 66), andererseits jedoch feststellt, daß die Bergbahnunternehmer "für (möglichst gefahrfreie) Geländeanlagen, die das Hinunterfahren ermöglichen", sorgen müßten, weil sie die Skifahrer im Gebirge aussetzen, ihnen Abfahrtsstrecken erschließen und damit einer gefährlichen Situation überlassen (a.a.O., 67). a. A. Schlägelbauer, in: Ski recht 1972, S. 88, 92. Ebenso Reichert, S. 204, weil nicht der Beförderungsvorgang durch die Bergbahnunternehmen haftungsbegründend sei; es komme entscheidend darauf an, ob eine rechtliche Einwirkungsmöglichkeit auf das oder die Pistengrundstücke bestehe. Dem ist nicht zuzustimmen: Der Skiverkehr kann immer durch Einstellung des Liftbetriebs, Pistensperrung oder Warnung beeinflußt werden; vgl. v. Bar, S. 124. 99 Rüth, S. 118. 100 Für Nirk, in: Skirecht 1966, S. 43, 53, stehe es "außer Zweifel, daß die Seilbahnbetriebe die Verkehrssicherungspflicht für die Skiabfahrten zur Talstation trifft". Ebenso wohl Hummel, NJW 1974, 170, 171, der zu Recht feststellt: "Die Erschließung bringt es mit sich, daß die Bergbahn Personen in alpine Regionen befördert, in die diese aus eigener Kraft nie gelangen könnten." überzeugend Walter, in: Skirecht 1966, S. 111,118: "Es wird daher wegen des natürlichen geographischen und wirtschaftlichen Zusammenhangs von Lift und Piste de lege lata festzustellen sein, daß die Verkehrs sicherungspflicht für die Piste grundsätzlich dem Unternehmer des Bergverkehrsmittels

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III. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

b) Verkehrs eröffnung durch andere Personen Der aufgestellte Grundsatz ist nicht so zu verstehen, daß nur die Bergbahnunternehmer als Verkehrspflichtige in Betracht kommentot. Das ist zwar im Ergebnis richtig, wenn nur die Bergbahnunternehmer für die Unterhaltung und Pflege der Skipisten Sorge tragen. Die Herrichtung und Unterhaltung von Skipisten ist jedoch ein selbständiger, von der Verkehrseröffnung durch "Aussetzung in de1· erschlossenen Bergwelt" zu unterscheidender Zurechnungsgrund. Legen Ge'meinden, Fremdenverkehrsvereine oder andere natürliche bzw. juristische Personen "Skipisten", die von den Bergstationen der Bergbahnen ausgehen, an, so erfüllen sie ebenfalls den verkehrspflichtbegründenden Tatbestand "Verkehrseröffnung" 102. Der von diesen Personen zu sichernde Bereich ist ebenfalls nicht mit dem Begriff "Skipiste" beschrieben; insoweit ist eine haftungsrechtliche Gleichbehandlung von Bergbahnunternehmern und anderen für Skiabfahrten verantwortlichen Personen geboten. Wegen dieses Grundsatzes kann im übrigen der Ansicht, daß die Bergbahnunternehmer nicht verkehrspflichtig seien, wenn die Anlage und Sicherung der Skiabfahrten tatsächlich von anderen Personen wahrgenommen wird 103, nicht gefolgt werden. Auch eine vertragliche Übertragung bzw. Übernahme der Verkehrspflichten durch andere Personen entlastet den Bergbahnunternehmer nichtt 04 • obliegt, welches die Skiläufer vom Endpunkt der Piste wieder an den Ausgangspunkt transportiert." Von einer grundsätzlichen Verantwortlichkeit der Bergbahnunternehmer aus Verkehrseröffnung gehen z. B. auch aus: v. BaT, S. 118, 124; MünchKomm I MeTtens § 823 Rdn. 222; RGRK I Steffen § 823 Rdn. 232; wohl auch FTitzweileT, Haftung bei Sportunfällen, S. 127. 101 Rüth, S. 118, drückt sich etwas mißverständlich aus; auf S. 120 f. stellt er aber klar, daß neben den Bergbahnunternehmern auch andere Personen Träger der Verkehrssicherungspflicht für Skipisten sein könnten. Weisemann, Rdn. 139 (S. 51), meint dagegen, daß neben einem Fremdenverkehrsverband oder einer ähnlichen Einrichtung u. U. auch die Bergbahnunternehmer sicherungspflichtig seien. Umgekehrt FTitzweileT, Haftung bei Sportunfällen, S. 128: Neben den Bergbahnunternehmern kämen auch Fremdenverkehrsvereine oder Gemeinden als Verkehrssicherungspflichtige in Betracht. 102 Eine kumulative Verkehrspflichthaftung halten neben Rüth, S. 120 f., für möglich: OLG München VersR 1973, 1170, 1171 = NJW 1974, 189, 190; Hummel, NJW 1974, 170, 171; deTs", in: Sport und Recht, S. 71, 72; FritzweileT, Haftung bei Sportunfällen, S, 128; MünchKomm I Mertens § 823 Rdn. 222. Im Grundsatz wohl ebenso Weisemann, Rdn. 139 (S. 51). 103 NiTk, in: Skirecht 1966, S. 43, 54; RGRK I Steffen § 823 Rdn. 232. So im Grundsatz auch: Kleppe, Rdn. 227 f. (S. 231 ff.), und NJW 1966, 237 (jedoch im einzelnen unklar); Padrutt, SZS 1971, 63, 68 f. (unklar ders., in: Sport und Recht, S. 100, 109 f., und in: Skirecht 1972, 74, 78 f.); Schlägelbauer, in: Skirecht 1972, S. 88, 94 f.; Reichert, S. 204 f. Die Gegenmeinung beruht auf dem abzulehnenden rechtlichen Ausgangspunkt, daß die Verkehrspflichtentstehung von einer "Verfügungsrnacht" über bzw. "Zurverfügungstellung" von "Skipisten " abhänge. 104 Die bereits auf S. 53 ff. dargestellten Grundsätze zum sog. "übernahmeveTtrag" sind wie folgt anzuwenden: Der "übernehmer" ist - unabhängig

3. Kap.: Deliktsrechtliche Entstehungsgründe für Verkehrspflichten

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Es bedarf keiner weiteren Begründung, daß auch den Eigentümer eines von Skiabfahrten "berührten" Grundstücks Verkehrspflichten obliegen, wenn er den Sportbetrieb "aktiv fördert, insbesondere wenn er aus diesem einen unmittelbaren Nutzen zieht"105. Die Zurechenbarkeit ist in diesen Fällen aber nicht aus dem Eigentum, sondern aus dem Betrieb eines Skilifts bzw. der Herrichtung und Unterhaltung von Skipisten abzuleiten1°O. Trifft weder das eine noch das andere zu, sind die dinglich Berechtigten bei Gestattung bzw. einer als Erlaubnis zu wertender Duldung des Skibetriebs 107 verkehrspflichtig 108, jedoch nur für die von ihren Grundstücken ausgehenden Sachgefahren109 . Die Entfer1tung eines Weidezaunes ist als Gestattung des Skibetriebs zu werten. Etwas anderes kann auch dann nicht gelten, wenn der Weidezaun lediglich niedergelegt wird; Verkehrspflichtentstehung und Verkehrspflichtverletzung sind ein einheitlicher Vorgang, weil der Draht für die Skiläufer bei nicht ausreichender Schneehöhe in besonderem Maße unfallgefährlich istl1O • Wenn der Eigentümer seine Zäune weder entfernt noch niederlegt, ist von einer im Innenverhältnis zum Bergbahnunternehmer bestehenden rechtlichen Verpflichtung - wegen der tatsächlichen Wahrnehmung von Sicherungsaufgaben verkehrspflichtig; die Verkehrspflichthaftung der Unternehmer wird hiervon nicht berührt. OLG München VersR 1973,1170,1171 = NJW 1974, 189, 190, bejaht die Haftung eines "übernehmers" von Verkehrspflichten für Skiabfahrtsstrecken, weil er die "Sachherrschaft über die Abfahrtsstrecke" ausübe, läßt jedoch ausdrücklich dahingestellt, ob dem ebenfalls verklagten Bergbahnunternehmer trotz übertragung noch KontroH- und Aufsichtspflichten oder überhaupt keine Pflichten oblagen. Für das Bestehen von "Restpflichten" bei übernahmeverträgen: Padrutt, in: Skirecht 1972, S. 74, 78; ders., SZS 1971, 63, 69 (hinsichtlich des übernehmenden hält er ebenfalls die "vertragliche übernahme" und nicht den förmlichen Vertrag für pflichtenbegründend). An anderer Stelle (Sport und Recht, S. 100, 109) vertritt Padrutt allerdings die Ansicht, der übernehmer trete durch die förmliche vertragliche übertragung in alle Rechte und Pflichten des übertragenden ein. Siehe noch Rüth, S. 127 f. 105 So Reichert, S. 204. 108 Im Ergebnis auch Reichert, S. 204 f.; seine Argumentation kommt einem Zirkelschluß nahe. Ebenso wohl Nirk, in: Ski recht 1966, S. 43, 48; Rüth, S. 116. 107 Vgl. oben, S. 139 ff. bzw. 141 ff. lOS Ob und in welchem Umfang andere Personen verkehrspflichtig sind, beeinflußt die Verantwortlichkeit des dinglich Berechtigten nicht; a. A. wohl Nirk, in: Skirecht 1966, S. 43, 53: "Wenn außer dem Grundstückseigentümer niemand diesen Ski betrieb zugelassen hat, muß der betreffende Grundstückseigentümer als Träger der Verkehrssicherungspflicht angesehen werden. Sofern er sich dieser Pflicht nicht unterziehen will, hat er dafür Sorge zu tragen, daß auf seinem Grundstück ein Skibetrieb nicht stattfindet." Ebenso wohl Rüth, S. 116; weitergehend jedoch ders., S. 73 ff. Kleppe, Rdn. 228 (S. 232), meint, daß der Eigentümer des jeweiligen Grundstücks zunächst als Verkehrspflichtiger in Betracht komme, dessen Haftung jedoch gegenüber der Haftung anderer Pistenbetreiber subsidiär sei. 109 Vgl. Rüth, S. 117: " ... so ist jeder Eigentümer hinsichtlich der von seinem Grundstück drohenden Gefahren allein verantwortlich ... ". 110 Bereits Fikentscher, § 103 IV 3 a, S. 632, hat die Nichtbeseitigung eines Stacheldrahtzaunes im Falle einer verschneiten Skiwiese für haftungsbegründend gehalten. Zur Haftung einer Wintersportgemeinde für den Unfall einer

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IIr. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

er nicht etwa von jeder Verantwortlichkeit frei: Schreitet er monatelang nicht gegen einen Skibetrieb ein, muß der objektive Betrachter von einer Erlaubnis ausgehen 111, so daß für die Beseitigung der von den Zäunen ausgehenden Gefahren Sorge getragen werden muß. Die Verantwortlichkeit "ruht", solange die Gnmdstücksgefahren unter einer ausreichend hohen Schneedecke "verborgen" sind11!.

Skisportgemeinden können verkehrspflichtig sein, auch wenn sie weder Skipisten herrichten noch dinglich berechtigt sind 113 • So stellt die bloße Ausschilderung einer Abfahrtsmöglichkeit auch ohne zusätzliche vertrauensbegründende Merkmale eine Verkehrseröffnung dar. Es kann nichts anderes gelten als für öffentliche "Trimm-Dich-Pfade", "Jogging-Strecken" oder Rodelbahnen 114• Hinsichtlich der Rechtsnatur der den Gemeinden obliegenden Verkehrspflichten kann auf die allgemeinen Ausführungen zur Gefahrenzurechnung bei öffentlichen Sport~ stätten verwiesen werden115 • 5. Zusammenfassende Betrachtung zur Haftung, Freistellung und Versicherung im Skisport Zusammenfassend ist festzustellen, daß neben den grundsätzlich auch für die Skiabfahrtsmöglichkeiten verantwortlichen Bergbahnunternehmern auch andere Personen verkehrspflichtig sein können. "Um eindeutige Abgrenzungen der Befugnisse und Verpflichtungen zu erreichen, ist den wirtschaftlich am Pistenbetrieb Interessierten zu empfehlen, durch Verträge eindeutige Rechtsverhältnisse zu schaffen"u8. Diese Verträge können allerdings nur das Innenverhältnis zwischen den verschiedenen Verkehrspflichtigen, die grundsätzlich als GesamtSkiläuferin, die an einem im Winter niedergelegten Weidezaundraht hängen geblieben war: BGH NJW 1982, 762 f. = VersR 1982, 346 ff. 111 Vgl. den richtigen Ansatz von Rüth, S. 116: "Unternimmt der Eigentümer oder der sonst unmittelbar am Grundstück Berechtigte nichts gegen den tatsächlichen Skiverkehr, so ist er aufgrund der darin liegenden Duldung ebenfalls als Träger der Verkehrssicherungspflicht anzusehen." 112 Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, daß der Skibetrieb gewissermaßen auf einer "zweiten Ebene", deren Gefahren dem Grundstückseigentümer grundsätzlich nicht zuzurechnen sind, stattfindet. Nur wenn sich die Ebenen bei Tauwetter "annähern" oder wegen zu geringen Schneefalls nicht weit genug "voneinander entfernt" haben, werden die latent vorhandenen Grundstücksgefahren (Felsen, Zäune, Baumstümpfe usw.) wirksam, so daß die Grundstücksverantwortlichkeit "auflebt". 113 Kleppe, S. 233 (Rdn. 229) u. NJW 1966, 237 f., meint dagegen, die Gemeinden würden nur haften, wenn sie "Einrichtung und Betrieb der Skipisten" übernommen hätten, um sie der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen. Auch in diesem Zusammenhang führt der Pistenbegriff zu einer nicht verständlichen Begrenzung der Gefahrenzurechnung. 114 Vgl. oben, S. 140. 11S S. 77, 86 ff. 118 Hummel, in: Sport und Recht, S. 71, 72.

3. Kap.: Deliktsrechtliche Entstehungsgründe für Verkehrspflichten

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schuldner haften 117, regeln. Auch die vertragliche übernahme von Verkehrspflichten hat keine Außenwirkung, da es Verträge "zu Lasten Dritter" nicht gibt118 • Es geht allein um den Abschluß von Freistellungsvereinbarungen 119 • Mit Freistellungsverträgen sollten sich auch die nicht wirtschaftlich am Skibetrieb Interessierten - etwa die am "Skizirkus" nicht beteiligten Grundstückseigentümer - sichern, also die Gestattung des über ihr Grundstück verlaufenden Skiverkehrs davon abhängig machen, daß sie vom "zuständigen" Bergbahnunternehmer und sonstigen als Verantwortliche in Betracht kommenden Personen von etwaigen Schadensersatzansprüchen geschädigter Skifahrer freigestellt werden. Selbst das Bestehen besonderer öffentlich-rechtlicher Beziehungen zwischen Bergbahnunternehmern und Gemeinden beeinflußt die Verkehrspflichthaftung nicht. Ein gesetzlicher Freistellungsanspruch mag einem Bergbahnunternehmer allenfalls dann zugestanden werden, wenn die Skiabfahrtsstrecken von einer Gemeinde in Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Daseinsvorsorgeaufgaben!20 unterhalten werden, und der Bergbahnunternehmer zur "Abschöpfung" der sich aus diesem Umstand für ihn ergebenden wirtschaftlichen Vorteile zu einer örtlichen Sondersteuer herangezogen wird!21. Bei einer derartigen Sachlage wäre es wirtschaftlich unbillig, vom Bergbahnunternehmer auch noch eine Versicherung gegen Haftpflicht zu erwarten. Allen potentiell Verantwortlichen, die sich auf keinen vertraglichen oder einen gesetzlichen Freistellungsanspruch berufen können, ist zu empfehlen, eine Haftpflichtversicherung mit ausreichender Deckungssumme abzuschließen. Von den in erster Linie als Haftungsträger in Betracht kommenden Bergbahnunternehmern kann das schon deshalb erwartet werden, weil es ihnen freisteht, die zu zahlenden Versicherungsprämien in das von ihnen geforderte NutzungsentgeIt einzukalkulieren: "Die Behauptung, es sei ohne Haftung kalkuliert worden, ist unbeachtlich. Eine zutreffende Kalkulation bezieht das Haftungsrisiko ein. Das gilt insbesondere für Sport- und Vergnügungsstätten ... "1!! 117 VgI. Rüth, S. 121( mehrere Bergbahnunternehmer); unklar jedoch ders., S. 123 ff. (Haftung der Unternehmer - Haftung der Gemeinden und Fremdenverkehrsvereine). 118 So bereits oben, S. 54 ff. und unten, S. 401. 119 Padrutt, in: Sport und Recht, S. 100, 108 f., meint, die verschiedenen Nutznießer, "wie Gemeinden, Bahnen, Kurvereine, Gastwirtschaftsbetriebe etc.", könnten sich durch vertragliche Vereinbarung "der grundsätzlich eigenen Verpflichtung auf diesem Wege aber nicht ganz entschlagen". Das betrifft nur die Haftung (Außenverhältnis), nicht Freistellungsverträge (Innenver-

Mltnis).

VgI. oben, S. 87 ff. Hummel, NJW 1974, 170, 171, verweist auf Art. 96 und 97 der französischen Gemeindeordnung: Danach obliege den Gemeinden die "Verpflichtung der Sicherung und Sicherheit des Skisports"; als "Gegenleistung" könne von den Bahnunternehmern eine "Sondersteuer von höchstens 5 6/0 des Umsatzes" verlangt werden. 122 So zu Recht Deutsch, Haftungsrecht I, S. 333. 120 121

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IH. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

B. Die Verkehrspflichtentstehung durch Ermöglichung des Sporlstätten-Zugangs I. Pflidltwidrige Nidltverhinderung bzw. unzureidlende Ersdlwerung des Sportstitten-Zugangs

Ergibt sich aus den äußeren Umständen nicht, daß eine Verkehrseröffnung vorliegt, muß nach einer anderen Grundlage für die Gefahrverantwortlichkeit gesucht werden. Als Anknüpfungspunkt bietet sich die im Zusammenhang mit der Haftung gegenüber "Unbefugten" von Schwab 123 herausgearbeitete und von Marburger 124 übernommene Unterscheidung zwischen Verkehrseröffnung und pjlichtwidriger Unterlassung der Zugangsverhinderung bzw. -erschwerung 125 an. Die Verkehrspjlichtentstehung durch Unterlassen 126 setze voraus, daß der Verkehr vom Verantwortlichen nicht geduldet werde, also keine Verkehrseröffnung vorliege l27 • Das könne nur ausnahmsweise bejaht werden, wenn der Bestimmungsberechtigte die von seinem Herrschaftsbereich ausgehenden Gefahren kenne bzw. kennen müsse l28 und mit einem Zutritt" Unbefugter" zu rechnen seP29. Dieser Unterscheidung ohne abschließende Bedeutung 130 ist nur in ihrem Ansatzpunkt zuzustimmen. Für die Verkehrspftichtentstehung kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob der Zutritt "unbefugt" erfolgt oder nicht l31 • Wer die Beachtung eines Zugangsverbotes nicht durch wirksame Kontroll- oder Absperrmaßnahmen sicherstellt, erweckt den Anschein, als dulde er den Verkehr l32 . Der sich aus diesem 123

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Schwab, JZ 1967, 13, 17 ff., 19 f. Marburger, JurA 1971, 481, 483 ff., 505 ff.; siehe auch BGH NJW 1975,

108. m Schwab, JZ 1967, 13, 19, spricht in diesem Zusammenhang vom "Haftungskonnex unzureichender Betätigung der Bestimmungsgewalt". 12& Es scheint um Unterlassen zu gehen, weil die bloße Ermöglichung des Zutritts zu einem bestimmten Bereich gefahrneutral ist. Vgl. Deutsch, Haftungsrecht I, S. 133: "Dagegen unterläßt, wer durch sein Verhalten die Gefahr für das fremde Rechtsgut nicht erhöht, wobei Sicherungen nicht von der Gefahr abgerechnet werden." 1!7 Schwab, JZ 1967, 13, 19; Marburger, JurA 1971, 481, 506. 128 Schwab, JZ 1967, 13, 19, verlangt positive Kenntnis von der Gefahr; a. A. BGH NJW 1975, 108, 109. 129 Schwab, JZ 1967, 13, 19; Marburger, JurA 1971, 481, 506. Vgl. auch v. Bar, S. 46. Stoll, Handeln auf eigene Gefahr, S. 268; MünchKomm I Mertens § 823 Rdn. 185; Staudinger I Schäfer § 823 Rdn. 280, 281. 130 Vgl. bereits oben, S. 73 f. 181 Vgl. oben, S. 73 f. und unten, S. 187 ff. 132 Schwab, JZ 1967, 13, 19, unterscheidet zwischen "Anschein der Verkehrseröffnung" und der "Duldung des Zutritts, wenn sie nicht als Verkehrseröffnung anzusehen ist". Nur den letztgenannten Fall greift Marburger, JurA 1971, 481, 506, auf. Die Unterscheidung überzeugt nicht: Duldung be-

3. Kap.: Deliktsrechtliche Entstehungsgründe für Verkehrspflichten

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Anschein ergebende Vertrauenstatbestand unterscheidet sich von dem durch eine Verkehrseröffnung ausgelösten Vertrauen nicht. Die Anbringung von Verbotsschildern 133 kann zwar die pflichtenbegründende Vertrauensgrundlage zerstören134 • Sind aber derartige Schilder - etwa bei nicht eingezäunten Sportstätten - nicht in ausreichender Zahl aufgestellt135 oder in Gestaltung und Aussagekraft nicht hinreichend deutlichl36, können sie die ihnen zugedachte Aufgabe nicht erfüllen und die Schutzwürdigkeit des Vertrauens nicht in Frage stellen 137 • Das gilt erst recht für das rechtlich unerhebliche und inhaltlose Schild "Handeln auf eigene Gefahr"l38.

Die Verwendung des Begriffes "pftichtwidrig"l39 scheint darauf hinzudeuten, daß die Pflichtenentstehung nicht aus der bloßen Passivität des Verantwortlichen abzuleiten ist140, sondern davon abhängt, daß bereits durch die Ermöglichung des Zugangs eine konkrete Gefahr geschaffen wird l41. Dann aber würde sich die Verantwortlichkeit von vornherein nur auf diese Gedeutet Zustimmung, also mittelbare Verkehrseröffnung. StoU, Handeln auf eigene Gefahr, S. 83 ff., hält zwar den Anschein einer Verkehrs eröffnung für

pflichtenbegrüodend (S. 85), nicht aber die "Duldung eines Verkehrs aus Gefälligkeit" (S. 83 f.); hierzu bereits oben, S. 141 ff. 133 Verbotsschilder sollen unerwünschte Personen fernhalten und kennzeichnen keine Gefahrenlage ("Betreten des Sportplatzes verboten!" usw.): Vgl. BGH VersR 1963, 532; v. Bar, S. 85; StoU, Handeln auf eigene Gefahr, S.272. 134 Marburger, JurA 1971, 483, 497 (m. w. N.), meint, das Anbringen von Schildern mit der Aufschrift "Betreten verboten" usw. sei eine im allgemeinen geeignete Maßnahme zum Ausschluß Unberechtigter; er bezeichnet diese Schilder jedoch als Warnschilder. 135 Das gilt vor allem für sehr weitläufige Sportstätten, die nicht ohne weiteres als solche erkennbar sind (z. B. Golfplätze). 136 Besonders auffällig ist z. B. das in DIN-Norm 32912 (Entwurf August 1981) Ziff. 6 (lfd. Nr. 2) abgedruckte Verbotsschild "Skipiste (Skiroute) gesperrt"; es wird als Hinweis darauf verstanden, daß "aus Sicherheitsgründen aller Art die betreffende Piste oder Route gesperrt ist". Siehe noch unten, S. 264 f. 137 Vgl. auch Kleppe, NJW 1966, 237, 239: Es sei zu beobachten, daß Schilder "Wegen Lawinengefahr gesperrt" oftmals das ganze Jahr über am Ausgangspunkt einer Skipiste stehen. Ein solches Verbot setze sich in Widerspruch zur Duldung eines ständigen Skibetriebs auf der Piste und könne die Haftung nicht ausschließen, weil es von der wirklichen Gefahr unabhängig sei. Siehe auch unten, S. 266. 138 StoU, Handeln auf eigene Gefahr, S. 273, bezeichnet ein derartiges Schild zu Recht als "unsubstantiierten Hinweis", weil das Publikum nicht erfahre, welche besonderen Gefahren drohen. Zu diesem Schild auch unten, S. 258, 389 f. 13g Kritisch etwa Schröder, AcP 179, 567, 570: Es bleibe ungelöst, woraus sich die "Pflichtwidrigkeit" ergebe. 140 So Schwab, JZ 1967, 13, 19: Wer gegen den Verkehr aus welchen Gründen auch immer - nicht einschreite, sei "nur wegen seiner Passivität an sich zur Sorgfaltswahrung im Bestimmungsbereich nicht verpflichtet ... ". lU Vgl. Schwab, JZ 1967, 13, 19: ..... anders, wenn er weiß, daß dem Eindringenden eine Gefahr droht ... "; als Beispiel wird die erkannte Gefährdung durch "Blindgänger" genannt. Siehe auch BGH NJW 1975, 109 (Anreiz zum Spielen mit gefährlichen Gegenständen).

158

III. Teil: EntstehungsgrÜllde für Sportstätten-Verkehrspflichten

fahr und nicht auf den gesamten Bestimmungsbereich beziehen. Man könnte die Herbeiführung der besonderen Gefahrenlage als ein unmittelbar haftungsbegründendes Handeln142 werten, denn das "Fehlen oder Ungenügen einer Schutzmaßnahme bei gefährlichem Tun stempelt das Handeln nicht zum Unterlassen"143. stellt man nicht auf die Handlung, sondern auf die Nichtverhinderung bzw. -erschwerung des Zugangs ab, so kann dieser Umstand nur dann pflichtwidrig sein, wenn er mit einer bestimmten Gefahr, die den Eindringendeni" bedroht, in Beziehung gesetzt wird l45. Das Unterlassen wäre nicht Verkehrspflicht-Entstehungsgrund, sondern pjlichtwidrig, also Verstoß gegen eine Verkehrspjlicht, die ein konkretes Handlungsgebot beinhaltetU8 • Würde die Prüfung trotz des Zwischenergebnisses "pflichtwidrig" fortgesetzt werden, käme das einer Verkehrspflichtprüfung "auf zweiter Ebene" gleich. Das wäre nicht nur überflüssig, sondern auch dogmatisch angreifbar. Die Haftung setzt keinen doppelten Verstoß gegen Verkehrspflichten voraus. Zur Vermeidung von Mißverständnissen sollte bei der Frage nach den Verkehrspfiicht-Entstehungsgründen nicht auf das Handeln (Verkehrs eröffnung) bzw. Unterlassen (unzureichende Zugangsverhinderung bzw. -erschwerung) abgestellt werden. Verkehrspflichten können auch ohne einen gefahrbegründenden Eingangsakt entstehen147 • Das Verhalten148 des Verantwortlichen ist nur ein Auslegungskriterium 142 Zur Verkehrspflichtverletzung durch Schaffung besonderer Gefahrenlagen noch unten, S. 170 ff. 143 So Deutsch, Haftungsrecht I, S. 133. 144 Gegenüber anderen auf der Sportstätte befindlichen Personen oder Außenstehenden kann die Zugangsermöglichung nicht pflichtwidrig sein, weil durch das bloße Betreten der Sportstätte keine zu vermeidende abstrakte Gefahrenlage "mit potentieller Schadensneigung" (Begriff v. Bar, S. 18) hervorgerufen wird. Zur Verkehrspjlichtentstehung gegenüber Außenstehenden unten, S. 165 ff. 1(5 Schwab, JZ 1967, 13, 19, meint, die Pflicht zur Zugangsverhinderung bzw. -erschwerung verschärfe sich erheblich, wenn sich auf dem Grundstück eine ihrer Natur nach gefährliche Anlage (z. B. Lager mit explosiven Stoffen) befinde oder erhebliche Gefahren (z. B. Sprengkörper aus dem Krieg) drohten. Ähnlich: Marburger, JurA 1971, 481, 505 f. Mit dieser Argumentation wird der im Grundsatz richtige Ansatz - Gleichwertigkeit von Verkehrs eröffnung und sonstigen objektiven Umständen, die das Vertrauen auf Sicherheit rechtfertigen - nicht erweitert, sondern eingeschränkt: Die Verkehrspflichtentstehung wird bei besonderen Gefahren nicht auf den gesamten Bestimmungsbereich, sondern auf diese Gefahrenquellen bezogen. 146 Nach herkömmlicher Ansicht sollen die Verkehrspflichten die Rechtsgüter des § 823 I gegen Verletzungen durch Unterlassen schützen (Handlungspjlichten): Vgl. z. B. Enneccerus / Lehmann, § 234 II 2, S. 945 ff.; Fikentscher, § 103 III I, S. 630 f. Nach richtiger Ansicht gibt es aber auch Verkehrspflichten, die ein Unterlassen gebieten, also ein Handeln verbieten (Verbotspjlichten): Siehe z. B. v. Bar, S. 63 ff., 88 f.; v. Caemmerer, Wandlungen des Deliktsrechts, S. 49, 74 f.; Deutsch, Haftungsrecht I, S. 130; Marburger, Regeln der Technik, S. 443; MünchKomm / Mertens § 823 Rdn. 177; RGRK / Steffen § 823 Rdn.134f. 147 Vgl. v. Bar, S. 17, der diese Aussage aber nur auf die Schaffung einer Gefahrenlage durch Verkehrseröffnung, nämlich durch Tun, bezieht. 148 Es wird also zwischen Handlung bzw. Tun und Unterlassung (Oberbegriff: Verhalten) unterschieden. Hierzu v. Ba?', S. 67 ff.; Deutsch, Haftungs-

3. Kap.: Deliktsrechtliche Entstehungsgründe für Verkehrspflichten

159

bei der Suche nach einem Vertrauenstatbestand als Pflichtengrundlage. Das gilt nicht nur für den Entstehungsgrund "Verkehrseröffnung", der nicht im Sinne einer wiIIensabhängigen und gefährdungsbezogenen TätigkeW" aufzufassen, sondern als Beispiel für einen verkehrspflichtauslösenden Vertrauenstatbestand 160 , bei dessen Ermittlung es auf eine Unterscheidung zwischen Handeln und Unterlassen nicht ankommtl6l , zu verstehen ist. Auch wenn eine Verkehrseröffnung nicht festgestellt werden kann und weitergehende Vertrauensschutzerwägungen anzustellen sind, ist eine Unterscheidung zwischen Tun und Unterlassen überflüssig. Ob das Vertrauen der Sportler schutzwürdig ist oder nicht, hängt nicht davon ab, ob die vorhandenen Maßnahmen zur Zugangsverhinderung als Handlungen oder unter dem Gesichtspunkt des Unterlassens weitergehender Maßnahmen beurteilt werden.

n.

Von der Verkehrs(Zugangs)eröffnung zur Verkehrs(Zugangs)ermöglichung

Aus den vorgenannten Gründen ist bei unzureichenden Anhaltspunkten für eine Verkehrseröffnung nicht zu fragen, ob der SportstättenVerantwortliche es pflichtwidrig unterlassen hat, den Zugang zu verhindern bzw. zu erschweren. Dem verhaltensneutralen152 Begriff "Verkehrs(Zugangs)eröffnung 153 " ist vielmehr der ebenfalls verhaltensneutrale Begriff "Verkehrs(Zugangs)ermöglichung" gegenüberzustellen. Dabei sind Verkehrseröffnung und Verkehrsermöglichung nicht als Gegensatz aufzufassen. Beide Entstehungsgründe gehen ineinander über; einer Abgrenzung bedarf es nicht. In den Grenzbereichen des Begriffes "Verkehrseröffnung" muß nicht endgültig entschieden werden, ob das Verhalten des Verantwortlichen als Duldung oder Gestattung des Zugangs aufzufassen ist, wenn den äußeren Umständen zumindest der recht I, S. 120 ff.; MünchKomm / Mertens § 823 Rdn. 17 f.; Soergel / Zeuner § 823 Rdn. 1. a. A. (Handlung als Oberbegriff für Tun und Unterlassen) etwa: Fikentscher, § 102 IV, S. 620; Eike Schmidt, in: Grundlagen des Vertrags- und Schuldrechts, S. 465, 483. UD Deutsch, Haftungsrecht I, S. 124: "Handlung ist jede willensabhängige Tätigkeit, die in der Außenwelt als Gefährdung eines Interesses oder Rechts (guts) erscheint." 150 So v. Bar, S. 118; vgl. im übrigen oben, S. 137 ff. 151 Es ist gleichgültig, aus welchem Verhalten das Vorliegen einer Verkehrseröffnung abgeleitet wird. 152 Aus den Ausführungen auf S. 138 ff. ergibt sich, daß die Verkehrseröffnung zwar eine Erklärung beinhaltet, diese jedoch auch aus den äußeren Umständen, zu denen Handlungen (Aufstellung von Schildern oder Sportgeräten, öffnen der Eingangstore) und Unterlassungen (Nichtbeseitigung von Schildern oder Geräten, Nichtverschließen der Sportstätte, Nichteinschreiten gegen den Sportbetrieb usw.) zu zählen sind, abgeleitet werden kann. 153 Gleichsetzung von Schwab, JZ 1967, 13, 17.

160

IH. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

Anschein einer Verkehrseröffnung l64 , welcher ein gleichwertiges und schutzwürdiges Vertrauen der Sporttreibenden in die Verkehrssicherheit der Sportstätte auslöst155 , zu entnehmen ist. Die Aufstellung von Warnschildern 156 an einem Sportstätten-Eingang kennzeichnet kein Zutritssverbot 157 • Zur Aufstellung dieser Schilder hat nur Anlaß, wer einen Verkehr nicht verhindern will oder nicht

in der Lage ist, "den ... nichtgewollten Zustrom von Menschen zu unterbinden"158, sich aber dennoch für verantwortlich hält. Eine Warnung bedeutet die "schwächste Form der Sicherung"159. Gleichzeitig ist die Anbringung von Warnschildern ein äußerer Umstand, der zumindest den Anschein einer Verkehrseröffnung160 hervorruft161. Die hieraus folgende Vertrauensbeziehung zwischen Sportstätten-V erantwortlichen und Sporttreibenden ist Verkehrspflicht-Entstehungsgrund. Mit einem Sportstätten-Zutritt muß auch gerechnet werden, wenn der Verantwortliche Verbotsschilder 162 oder kombinierte Warn-/Verbotsschilder163 angebracht, die Durchsetzung des Verbots jedoch nicht durch physisch wirksame MitteP64 sichergestellt hat. Bei eingezäunten Sportstätten oder Sporthallen werden an den Eingängen Verbotsschilder befestigt, ohne jene zu verschließen. Die bei nicht eingezäunten Sportstätten an verschiedenen Stellen aufgestellten Verbotsschilder werden von vielen Sportlern mißachtet; das schlechte Vorbild reizt zur Nachahmung. Am Ausgangspunkt einer Skipiste steht zwar ein Schild 154 So auch Schwab, JZ 1967, 13, 17, unter Ziff. 5 b); der unter Ziff. 5 a) aufgeführte Fall (nicht erkennbares Abstecken des Bestimmungsbereiches) ist nur ein Beispiel für einen Anscheinstatbestand. 155 Vgl. Stoll, Handeln auf eigene Gefahr, S. 85, der zu Recht den Anschein einer Verkehrseröffnung für pflichtenbegründend hält ("unverminderte Verkehrssicherungspflicht"). 156 "Vorsicht, gefährliche Glätte!", "Achtung, Lawinengefahr!" usw. 157 v. Bar, S. 85, 88; wohl auch Stoll, Handeln auf eigene Gefahr, S. 270 f. (vgl. dagegen ders., a.a.O., S. 90: Zutrittsverbot durch Warnschild). a. A. Staudinger / Schäfer § 823 Rdn. 281 (Zutrittsverbote durch Warnschilder oder Absperrung). Unklar Schwab, JZ 1967, 13, 19: Warnschilder, die auf besondere Gefahren hinweisen, seien "besondere Maßnahmen gegen den Zutritt anderer". 158 Formulierung v. Bar, S. 17. 159 So v. Bar, S. 85. 160 v. Bar, S. 17, bewertet die Aufstellung eines Warnschildes sogar als "faktische Freigabe des Geländes", womit eine Verkehrseröffnung gemeint ist; a. A. BGH LM 3 zu § 823 (Ea). tU Unklar Schwab, JZ 1967, 13, 19. 182 Hierzu oben, S. 157; vgl. auch unten, S. 193 ff. und 262 ff. 183 Etwa "Piste wegen akuter Lawinengefahr gesperrt!"; "Betreten wegen gefährlicher Glätte verboten!"; "Betreten der Eisfläche verboten! Einbruchgefahr!". 164 Schwab, JZ 1967, 13, 19, bezeichnet "Verschlüsse, Absperrungen" als "physische Mittel".

3. Kap.: Deliktsrechtliche Entstehungsgründe für Verkehrspfiichten

161

mit der Aufschrüt "Piste wegen Lawinengefahr gesperrt!"; trotz der erkannten Lawinengefahr wird jedoch der Lütbetrieb nicht eingestellt165 • Ob in den vorgenannten Fällen umfassende Sportstätten-Verkehrspfiichten entstehen, kann nur im jeweils zur Entscheidung stehenden Einzelfall geklärt werden. Die bloße Ermöglichung eines Verkehrs ist nur pfiichtenbegründend, wenn dieser auf die Abwesenheit besonderer Gefahren vertraut oder vertrauen darflK. Während eine Verkehrseröffnung ohne weiteres zu einem Vertrauensverhältnis führt, mangelt es bei Wahrnehmung einer Nutzungsmöglichkeit ohne Verkehrseröffnung an einem offensichtlichen Bezugspunkt für das Vertrauen. Bei der erforderlichen Auslegung ist zu fragen, ob "die Interessen des potentiell Geschädigten die des potentiellen Schädigers überwiegen"ll7. Von allen Sportstätten geht ein erheblicher Benutzungsanreiz aus. Die Intensität dieses Anreizes ist von Sportstätte zu Sportstätte verschieden. Ist der Anreiz unter Berücksichtigung aller objektiven Umstände größer als die Wirkung eines Verbotsschildes, ist das Vertrauen der Sportler schutzwürdig l88 • Bei Sportstätten, die nicht eingezäunt sind, werden vereinzelt aufgestellte Verbotsschilder erfahrungsgemäß nicht ernstgenommen oder überhaupt nicht bemerkt. Ein Anlaß, an der Schutzwürdigkeit ein'es Sportlers zu zweüeln, besteht allenfalls, wenn ein ohnehin geringer Nutzungsanreiz durch ein Verbotsschild weiter reduziert oder aufgehoben wird189 • Kein verständiger Skiläufer benutzt eine Skisprungschanze; ist ihr Betreten verboten, weiß er, daß die bei Durchführung eines Springens üblichen und erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen nicht getroffen worden sind. Regelmäßig vertrauen Sportler auch dann darauf, sich keinen besonderen Gefahren auszusetzen, wenn sie eine Sportstätte in Kenntnis der Verbotsschilder betreten. Ein unsubstantiiertes Verbot besagt nur, daß der Verantwortliche keinen Sportstätten-Verkehr will, jedoch nicht, daß ungewöhnliche Gefahren drohen. Wird die Warnung vor einer besonderen Gefahr mit einem Verbot verbunden, können die Sportler zumindest darauf vertrauen, daß nur diese eine Gefahr besteht, der Verwirklichung aller sonstigen besonderen Gefahren aber vorgebeugt ist. 185 Nachweise zum Meinungsstreit, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Verkehrspjlicht zur Einstellung des Seilbahn- und Liftbetriebs besteht, unten, S. 163 (Fußn. 181), 248 (Fußn. 261), 268 (Fußn. 422). 166 v. Bar, S. 118; vgl. auch oben, S. 49 ff. (Vertrauensschutz und Verkehrspfiichthaftung). 187 So Schröder, AcP 179, 567, 574, für den die Verkehrspfiichtentstehung entscheidend vom Ergebnis einer Interessenabwägung abhänge. 168 Vgl. auch MünchKomm / Mertens § 823 Rdn. 185: "Je stärker der Bereich Unbefugte anreizt, um so mehr muß auf ihren Schutz Bedacht genommen werden." 169 Ähnlich der Grundsatz von MünchKomm / Mertens § 823 Rdn. 185: Normalerweise bestehe keine Veranlassung zu zustandssichernden Maßnahmen, wenn erwartet werden könne, daß Dritte ein Verbotsschild respektieren.

11 Börner

162

III. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

c.

Die Beherrschung des Gefahrenbereichs "Sportstätte"170 als umfassender Verkehrspßicht-Entstehungsgrund L Von der Zupngserm6gHduUlg zar gefahrenbezogenen Verkehrspflichtentstehung

Bestehen im Einzelfall Zweifel an der Schutzwürdigkeit von Sportlern, die eine nicht dem Verkehr eröffnete Sportstätte in Wahrnehmung einer sich tatsächlich bietenden Möglichkeit betreten und nutzen, braucht weder vom Willen noch von einem mutmaßlichen Willen des Verantwortlichen ausgegangen zu werden. Ein ausdrücklich geäußerter, möglicherweise sogar vertraglich festgelegter Wille, Sportlern die Nutzung zu gestatten, ist zwar pflichtenbegründend und erübrigt zusätzliche Erwägungen. Je zweifelhafter das Auslegungsergebnis ist, desto näher liegt jedoch der verfehlte Umkehrschluß, daß der Sachherr in der Lage sei, "gewissermaßen aus eigener Machtvollkommenheit seine Verantwortlichkeit zu begrenzen oder sogar völlig auszuschließen"171. Das kann er nicht, denn unabhängig vom Zulassungswillen ist jeder verantwortlich, der einen bestimmten Verkehrsbereich beherrscht und demgemäß auch die Gefahren kontrollieren kann172. Geht man von diesem objektiven Ansatzpunkt aus t7a, vermögen weder Verbotsschilder noch Absperrmaßnahmen die Entstehung von Verkehrspflichten für den Sach- und Gefahrenbereich "Sportstätte" zu verhindern. Der Sportstätten-Verantwortliche kontrolliert die Sportstätten-Gefahren nur dann, wenn er entweder den Zutritt verhindert oder die Verkehrspjlichten in bezug auf die Sportstätte erfüllt174 • Allein durch die Aufstellung von Verbotsschildern kann das Betreten einer nicht eingezäunten oder abgeschlossenen Sportstätte nicht verhindert werden176, so daß der Verantwortliche im eigenen Interesse für eine wirk170 Erläuterungen zum Begriff siehe oben, S. 28 ff. 171 v. Bar, S. 187. Vgl. auch Schröder, AcP 179, 567, 573: Es gebe keinen Freiraum mehr, "innerhalb dessen der Eigentümer privatautonom über das Entstehen oder Nichtentstehen einer deliktischen Pfiichtenlage disponieren könnte". 172 Mertens, VersR 1980, 397, 402; Schröder, AcP 179, 567, 571; v. Bar, S. 122 ff.; Deutsch, Haftungsrecht I, S. 130; MünchKomm / Mertens § 823 Rdn. 185, 192. Unklar RGRK / SteHen § 823 Rdn. 153, weil der Gesichtspunkt "Beherrschung eines Verkehrsbereichs" mit der Bestimmungsgewalt über den Zugang verknüpft wird. 171 Eine genaue Abgrenzung zwischen den einzelnen Entstehungsgründen ist nicht erforderlich, weil sie ineinander übergehen und jeder für sich zur Haftungsbegründung ausreicht; vgl. MünchKomm / Mertens § 823 Rdn. 184. 174 Vgl. den allgemeinen Grundsatz v. Bars, S. 182. 175 Es ist denkbar, daß bei anderen Gefahrenbereichen die Aufstellung von Verbotsschildern ausreicht, um den Anreiz zum Betreten auszuschalten. Mit dem Betreten einer Baustelle durch Erwachsene braucht z. B. nicht gerechnet zu werden, denn gewöhnlich werden Verbotsschilder respektiert: Vgl. BGH

3. Kap.: Deliktsrechtliche Entstehungsgründe für Verkehrspflichten

163

same Absperrung Sorge tragen muß, wenn die Sicherheit der Sporttreibenden im Sportstätten-Bereich nicht gewährleistet ist. Im Vordergrund steht nicht die Frage nach der Verkehrspflichtentstehung, sondern nach den im Einzelfall zu treffenden Maßnahmen zur Beherrschung des Gefahrenbereichs 178 •

n. Beherrschbarkelt der von außen einwirkenden bzw. außerhalb der Sportstätte drohenden Gefahren Die aus der Beherrschbarkeit des Sportstättenbereiches abgeleitete Verantwortlichkeit unterscheidet sich von der aus einem SportstättenNutzungsvertrag, einer Verkehrseröffnung usw. folgenden, umfassenden Verantwortlichkeit nicht. Es wäre verfehlt, anzunehmen, daß nur den von Sportanlagen oder Sportgeräten ausgehenden Gefahren zu begegnen sei177 • Beherrschbar sind aUe Gefahren, auf die zumindest hingewiesen werden kann 178 • Auch Gefahren, die von außen drohen und nicht unmittelbar beeinflußt werden können, sind beherrschbar179 : Bei akuter Lawinengefahr oder starkem Nebel ist der Skiabfahrtsbetrieb in vollem Umfang oder teilweise einzustellen180, was durch Einstellung des Betriebs von Skischlepp- und Sesselliften bzw. durch "Unterlassung des Transports von Personen mit Skiern" sicherzustellen wäre181 • NJW 1957, 499; MilnchKomm I Mertens § 823 Rdn. 185. Erwachsene können auf einer Baustelle keiner sinnvollen und vernünftigen Tätigkeit nachgehen, wenn sie dort "unbefugt" sind. 17& Zur Typisierung der judiziellen Sportstätten-Verkehrspflichten unten, S. 252 ff. 177 Nicht zuzustimmen ist etwa RGRK I Steffen (§ 823 Rdn. 153, 159), der von einer "Zuständigkeit für die Verkehrssicherheit von Grund und Boden" spricht, hierzu zwar auch die Sicherheit gefährlicher Geräte, Maschinen usw., die sich auf dem Grundstück befinden, zählt (Rdn. 159), jedoch die Verantwortlichkeit nur unter bestimmten Voraussetzungen auf bewegliche Sachen erstreckt (Rdn. 153 f.). Vgl. auch MilnchKomm I Mertens § 823 Rdn. 185, der von einer "Zustandsverantwortlichkeit" spricht, das aber wohl in einem umfassenden Sinn meint. 178 So v,. Bar, S. 124. 17' Richtig MilnchKomm I Mertens § 823 Rdn. 211: "Unter Umständen kann auch eine Haftung des für das Grundstück Sicherungspflichtigen im Hinblick auf von außen kommende Gefahren für diejenigen, die an dem Verkehr auf dem Grundstück teilnehmen, begründet sein." 180 Das gilt auch für natürliche Gefahren, die sich auf den Zustand der Skiabfahrtsstrecken selbst auswirken: Vgl. Kleppe, Rdn. 238, S. 242 f. (Schneemangel, Schneetreiben, starke Vereisung, Nebel) und Rdn, 240, S, 244 f. (Pistenschließung bei Lawinengefahr); Rilth, S. 103 f. (sofortige Sperrung bei akuter Lawinengefahr). Siehe auch Hummel, in: Sport und Recht, S. 71, 75; Kleppe, NJW 1966, 237, 238 (Schneemangel, starke Vereisung). Padrutt, SZS 1971, 61, 75 f,; ders", in: Sport und Recht, S, 100, 113. Einschränkend BGH NJW 1971, 1093, 1095; Schlägelbauer, in: Skirecht 1972, S. 88, 93 f. 181 So zu Recht Kleppe, Rdn. 243, S. 248 f. Vgl. auch Hummel, in: Sport und

164

III. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten .

Selbst Gefahren, von denen die Sporttreibenden nicht innerhalb, sondern außerhaZb bestimmter Sportstätten bedroht werden, sind vom Verantwortlichen zu kontrollieren, wenn er sie beherrschen kann. So ist z. B. der für einen Sport- oder KinderspieZpZatz Verantwortliche verpflichtet, durch wirksame Abgrenzungsmaßnahmen zu verhindern, daß sich Kinder durch unbedachtes Verlassen dieses Gefahrenbereichs den Gefahren eines anderen, angrenzenden Verkehrsbereichs aussetzenl82 • Wenn bei bestimmten Sportarten damit gerechnet werden muß, daß Sportler bei der Sportausübung gegen ihren Willen von der Sportstätte geraten und in angrenzenden Bereichen Unfallgefahren ausgesetzt sind, hat der Verantwortliche auch für die Abwendung dieser nicht unmittelbar sportstättenbezogenen Gefahren Sorge zu tragen, weil er sie durch wirksame Abschirmungsmaßnahmen steuern kann. Geländeabbrüche, Bäume, Felsen und sonstige Hindernisse außerhalb von

Skiabfahrtsstrecken sind durch ausreichend hohe und flexible Fangnetze zu

sichern, wenn "z. B. auf Grund des Verlaufs der Abfahrtsstrecke (gefährliche Kurve, aus der der Skiläufer unter Umständen hinausgetragen werden könnte) oder der natürlichen Gegebenheiten die Gefahr eines Absturzes über den Geländeabbruch - wenn auch nur entfernt - in Rechnung zu stellen ist" 183 bzw. die Gefahr eines Zusammenstoßes mit einem Hindernis außerhalb der Piste besteht184 • Dieser Grundsatz gilt z. B. entsprechend für den Sportbetrieb auf Rodel-1Bobbahnenl86 und Motorsportrennbahnen188• Recht, S. 71, 75; Padrutt, SZS 1971, 75. a. A. wohl BGH NJW 1971, 1093, 1095; Schtägelbauer, in: Skirecht 1972, S. 88, 93 f. Siehe zum Problem "Einstellung des Seilbahn- und Liftbetriebs" auch oben, S. 161, und unten, S. 248 (Fußn. 261) und 268 (Fußn. 422). 182 BGH VersR 1956, 520; BGH VersR 1977, 817, 818; OLG Hamm VersR 1977, 970; OLG Karlsruhe MDR 1972, 798; Gaisbauer, VersR 1977, 505, 506 f.; Weisemann, Rdn. 252, S. 99; MünchKomm / Mertens § 823 Rdn. 221; RGRK / Steffen § 823 Rdn. 228 a. E.; Staudinger / Schäfer § 823 Rdn. 364 (Gefahren "aus dem umherjlutenden Verkehr und sonstigen GefahrenqueHen außerhalb des Spielplatzes"). a. A. nur OLG Nürnberg MDR 1974, 667 f.: Die Forderung, zur Einrichtung eines Spielplatzes gehöre ein für kleine Kinder sicherer Abschluß zu anderen Verkehrsftächen, sei überspannt, weil der Spielplatz "als solcher" nicht als Gefahrenbereich zu gelten habe. Die in sich widersprüchliche und formaljuristische Argumentation ist abzulehnen. Gegen OLG Nürnberg, a.a.O.: Gaisbauer, VersR 1975, 648. Siehe noch OLG Düsseldorf VersR 1982,78. 183 So Rüth, S. 93 f., der zu Recht feststellt, daß Warntafeln in solchen Fäleln nicht ausreichen; vgl. auch oben, S. 149. Im "Berggasthof-FaW' (S. 149, Fußn. 88) hätte der Verantwortliche für die Skiabfahrtsstrecken den gefährlichen, nicht rechtzeitig sichtbaren Abbruch durch Fangnetze sichern, zusätzlich rechtzeitig vor der Gefahrenstelle ein Warn-/Verbotsschild aufstellen müssen (insoweit a. A. Rüth, S. 88: " ... zumindest Warntafeln " ....). Siehe auch Kleppe, S. 236 (Rdn. 232); Padrutt, in: Sport und Recht, S. 100, 112; ders., SZS 1971, 61, 70; Walter, in: Skirecht 1966, 111, 120. 184 Im Grundsatz ebenso Kleppe, S. 238 (Rdn. 233: Bäume, Waldschneise)' Rüth, S. 87 (Baumstämme neben der Piste). ' 185 Vgl. OLG Karlsruhe VersR 1970, 476 f.: Die Verkehrssicherungspfticht eines für den Rodelsport freigegebenen Parkgeländes könne sich auf den Verkehrsraum einer am Rand der Anlage entlangführenden Straße erstrek-

3. Kap.: Deliktsrechtliche Entstehungsgriinde für Verkehrspftichten

165

Im Einzelfall kann sich die Verantwortlichkeit sogar auf anqrenzende Verkehrsbereiche erstrecken, die von Sportlern während 187 bzw. vor oder nachl88 der sportlichen Betätigung betreten werden. Wer einen Gefahrenbereich beherrscht, ist auch verpflichtet, zu verhindern, daß sich die den Bereich verlassenden Personen sogleich ungewarnt den besonderen Gefahren eines angrenzenden Verkehrsbereichs aussetzen 18D•

m.

Beherrschbarkelt eIer Gefahren fllr AußensteheneIe eIurch eIen Sportbetrieb

Die Verkehrseröffnung schafft einen Vertrauenstatbestand zwischen Sportstätten-Verantwortlichen und SporttreibendenlDO • Das gleiche gilt für die aus den tatsächlichen Zugangsverhältnissen abgeleitete, gleichermaßen pflichtenbegründende Vertrauensbeziehung191 • Die Entstehung von Verkehrspflichten gegenüber unbeteiligten Außenstehenken, wenn die Gefahr eines Hineinfahrens in die Straße und damit Kollisionsgefahren bestünden. 188 Der Motorsport wird fast ausschließlich im Rahmen von Sportveranstaltungen ausgeübt, so daß die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz von Zuschauern und Außenstehenden hier nicht zu vertiefen sind (vgl. die Abgrenzung auf S. 12 ff.). Nachweise zu den Verkehrsuflichten gegenüber den Zuschauern von Sportveranstaltungen unten, S. 269 (Fußn. 427). 187 Bei BGH VersR 1968, 823, war zu prüfen. ob Tennis- oder Golfspieler auch vor Gefahren der Umgebung, denen die Sportler beim Aufsuchen verschlagener Fälle ausgesetzt sind. geschützt werden müssen: das wurde nur im Grundsatz verneint. Aus BGH NJW 1960. 252, geht zumindest mittelbar hervor, daß ein genügend hoher Suortplatz-Zaun auch die Spieler vor den Gefahren angrenzender Straßen (Unfalll!efahr beim Verfollten "verschossener" Bälle) bewahren soll; hierzu Staudinger I Schäfer § 823 Rdn. 366. Vgl. noch Kleppe, S. 237 ffidn. 232), und Rüth, S. 95: Niveaugleiche Kreuzungen von Skipisten und öffentlichen Straßen oder Wegen müßten so angele!!t werden, daß Skiläufer vor ihrem 'überqueren zum Halten gezwungen seien. Bei Badeanstalten ist sicherzustellen, daß die Benutzer nicht in den Einwirkungsbereich von Gefahren außerhalb der Sportstätte geraten: OLG Düsseldorf VersR 1965, 818 f.; OLG Hamm VersR 1977, 260 f.; RGRK I SteHen § 823 Rdn. 229 a. E. 188 Dies betrifft vor allem die Zu- und Abgänge außerhalb des Sportstätten-Geländes: KG VersR 1967, 956 f. (Sicherung einer Bahnanlage, die auf dem Weg zu einem Strandbad überquert werden muß); MünchKomm I Mertens § 823 Rdn. 221. 181 BGH NJW 1966, 40; MünchKomm I Mertens § 823 Rdn. 211; Staudinger ! Schäfer § 823 Rdn. 292. ltO Vgl. v. Bar, S. 117: Wer einen Verkehr eröffne, vermindere die eigenverantwortliche Vorsorge des betroffenen Personenkreises. Siehe auch Münch Komm! Mertens § 823 Rdn. 186: Die Verkehrseröffnung sei als "faktische Verantwortungsübernahme für die verkehrsübliche Sicherheit der Verkehrsteilnehmer", deren Sicherheitserwartungen geschützt werden müßten, zu werten. 1D1 Die äußeren Merkmale, aus denen sich der Anschein einer Verkehrseröffnung ergibt, gleichen denen, die bei einer Verkehrseröffnung festzustellen sind.

166

UI. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

den uI2 läßt sich mit diesen Erwägungen nicht begründen19l1 • Bei Verletzung Außenstehender ist ergänzend zu fragen, ob der Verantwortliche auch die von der Sportstätte ausgehenden Gefahren, die sich in einem angrenzenden Verkehrsbereich verwirklichen, beherrschen kann. Das ist im Grundsatz ohne weiteres zu bejahen l84 • Bei Un:fällen, die von Sportstätten ausgehen, bestehen jedoch gewisse Zweifel, weil sie fast immer unmittelbar auf ein Verhalten von Sporttreibenden, das der SportstättenVerantwortliche nur in sehr eingeschränktem Maß beeinflussen kann, zurückzuführen sind: Fußbälle werden in die Fensterscheiben benachbarter Häuser oder auf angrenzende Straßen geschossen; ein Golfspieler "verzieht" den Golfball, so daß ein Spaziergänger außerhalb des Golfplatzes getroffen wird

usw.

In entsprechender Anwendung der unter II. dargestellten Grundsätze11& ist festzustellen, daß der Sportstätten-Verantwortliche die den Außenstehenden drohenden Gefahren zumindest mittelbar beeinflussen und eingrenzen kann, indem er die Sportstätte durch geeignete, an den Gegebenheiten der ausgeübten Sportarten sowie Art und Ausmaß der drohenden Gefahren ausgerichtete Abgrenzungsmaßnahmen sichert. Sportplätze sind durch Anbringung hoher Schutzqitter oder Schutznetze so abzuschirmen, daß der Verkehr außerhalb der Sportstätte118 bzw. die Rechtsgüter der Nachbarn1t7 nicht durch überfliegende Bälle 19! Die Besucher einer Liegewiese im Badeanstaltsbereich, die sich nicht an Snielen beteilhren, sind keine Außenstehenden. weil auch sie sich auf das durch den BenutzunJtsvertra~ entstandene Vertrauen berufen können. Vgl. hierzu: RG Seuff'Arch 86. 226 f. (Nr. 125); RG SeuffArch 90, 231ff. (Nr. 111) = JW 1936, 2214 f. Siehe im übrigen oben, S. 53 (Fußn. 24). 193 v. Bar, S. 17. nennt das "Einschießen" von Fensterscheiben benachbarter Häuser als Beispiel für eine Gefahr, die nicht durch eine Verkehrseröffnung geschaffen werde. 114 Mertens stellt zu Recht fest, daß der Sicherungspflichtige hinsichtlich der von einem Grundstück ausgehenden Gefahren auch für den das Grundstück um".ebenden Verkehrsbereich verantwortlich sei; vgl. MünchKomm f Mertens § 823 Rdn. 211. 195 Vgl. oben, S. 163 ff. 198 BGH NJW 1960. 252 f. (Abschirmung durch genügend hohen Zaun erforderlich, damit keine Bälle auf die Straße gelangen können). Siehe auch Ziff. 4.5.2 der Vomorm DIN 18035 Teil 1 "Sportplätze: Planung und Maße"; diese Norm wird an anderer Stelle (S. 224) im Wortlaut wiedergegeben. 187 Grundlegend RGZ 138, 21 ff. = JW 1932, 1927 f. (mit ablehnender Anmerkung von Süß, ebenda) : Ein Fußball wurde über die Sportplatzgrenze hinaus in eine Fensterscheibe des Nachbarhauses geschossen; die Wohnungsinhaberin erlitt Verletzungen durch umherfliegende Glassnlitter. Das RG (a.a.O., 23 f.) hat festgestellt. daß die aus dem Gebrauch des Sportplatzes folgenden Gefahren von der Nachbarschaft femzuhalten seien, und der Unfall sich aus der ungünstigen Lage sowie mangelhaften Absicherung des Sportplatzes gegen "abirrende" Bälle ergeben habe. Ebenso MünchKomm f Mertens § 823 Rdn. 218 ("gewisser Anliegerschutz"); Staudinger f Schäfer § 823 Rdn. 366. a. A. RGRK I Steffen § 823 Rdn. 230. dessen Bezugnahme auf LG Trier VersR 1964. 879, und H. W. Schmidt, VersR 1965, 97, jedoch fehlgeht: LG Trier (a.a.O.) und H. W. Schmidt (a.a.O.) vertreten die Auffassung, daß der

3. Kap.: DeliktsrechtIiche Entstehungsgründe für Verkehrspflichten

167

gefährdet werden1118. Ist das nicht möglich, muß der Verantwortliche dafür sorgen, daß der Sportbetrieb in ausreichender Entfernung zur Sportstättengrenze stattfindet1119 . Golfbahnen müssen so gestaltet sein, daß abirrende Golfbälle nicht außerhalb der Platzanlage auftreffen und dort Dritte gefährden können!oo. Wenn unvorsichtige Benutzer von Trimm-Dich-Pfaden Schäden auf benachbarten

Grundstücken hervorrufen oder unbeteiligte Spaziergänger gefährden, sollte die Sportanlage gesperrt oder verlegt werden!01. Der Sportstätten-Verantwortliche hat sicherzustellen, daß Sportzuschauer Nachbargrundstücke nicht betreten und nicht beschädigen, also auch Gefahren abzuwenden, die mit dem bestimmungsgemäßen Gebrauch der Sportstätte nichts zu tun haben!O!. Bei Schießsportstätten muß eine Gefährdung Dritter durch den Schießsportbetrieb mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen sein!O!. IV. Gefahrbeherrscb.ung und erhöhte Scb.utzbedtirftigkeit von Kindern

Der Sportstätten-Verantwortliche ist gegenüber Außenstehenden unabhängig von der Frage, ob er die Sportstätte zur Benutzung freigeVeranstalter eines Fußballspiels nicht verpflichtet sei, bauliche Vorkehrunnen zum Schutz der Zuschauer vor abirrenden Fußbällen zu treffen. Bei Außenstehenden kann nicht davon ausgegangen werden. daß sie die Flugbahn von Bällen bzw. anderen Sportgeräten beobachten oder verfolgen können. Vgl. noch OLG Karlsruhe VersR 1981, 692. Siehe im übrigen unten. S. 302 U. 188 Das gilt entsprechend für Tennisplätze; a. A. Süß, :JW 1932, 2527 f. 108 Eine Absicherung gegen einen abirrenden Sveer. Diskus oder Hn.mmer ist nur im Abwurfbereich (durch Aufstellung eines Gitters am Wurfkreis) möglich. Es wäre zu gefährlich. sich auf die Haltbarkeit und genii"ende Höhe von Sportstätten-Begrenzungszäunen zu verlassen. so daß die Wll"ffelder in sicherer Entfernung zur Grenze einzurichten sind. Vgl. hierzu: BGH VersR 1960. 421 ff. (Verletzung eines unbeteiligten Kindes dl1"ch einen von der Zielrichtung abirrenden Diskus): Staudinger I Schäfer § 823 Rdn. 366. Siehe auch OLG München VersR 1982. 1105 f. !oo H. W. Schmidt, VersR 1963, 1101, 1103; Weisemann, Rdn. 129 (S. 48). !01 Gaisbauer, VersR 1979, 9, 11; Wiethaup, VersR 1972. 817. !O! Beim allaemeinen Sportbetrieb sind regelmäßig nur wenilte Zuschauer anwesend. Verkehrspflichten zur Steueruna des Zuschauerverhaltens sind allein bei Svortveranstaltunaen mit Massencharakter von erheblicher Bedelltunl!. Deutsch, JZ 1972. 553. hat die Ansicht vertreten. daß ein Veranstalter für die Verwüstungen von Nachbargrundstücken durch dIe Zuschmler hafte 'Ballonfahrt-Veranstaltung). Der Ansicht Deutschs hat sich der RnH in einer neueren Grundsatzentscheidung ane:eSchlossen; VI!1. BGH N:JW 1980. 223 f. (Haftung des Veranstalters eines Flugtal!es für Beschädiqunaen eines Nachbargrundstücks bejaht). Ve:l. auch: OLG Karlsruhe VersR 1982. 452 'Haftung einer Gemeinde für Beschädiaungen von NachbararundsWcken durch die Besucher einer Badeanstalt verneint); Weisemann, Rdn. 126 (S. 47). 201 Vgl. hierzu Ziff. 3.2.5 der "Richtlinien Schießstandbau" (siehe unten, S. 242 f.): "Grundsätzlich ist die Uml!ebung von Schießbahnen, soweit ihre Vorsichtsbereiche nicht gegen ein Betreten durch eine Einzäunung oder anderweitig abgesperrt sind, derart zu sichern, daß Geschosse ... , die von den Schützenständen innerhalb der abzuschirmenden Sicherheitswinkel gefeuert werden, die Schießbahnen oder deren nach außen abgesperrten Umgebung nach menschlichem Ermessen nicht verlassen können •• ,"

168

ur. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspftichten

geben oder sie "gesperrt" hat, verkehrspflichtig. Gegenüber Sporttreibenden, die in eine eingezäunte, verschlossene oder auf sonstige Weise abgesperrte Sportstätte eindringen, kann die Entstehung von Verkehrspflichten für den Sportstättenbereich im Einzelfall zu verneinen sein, wenn die Sportler wegen der Sperrung nicht mit weitergehenden, sportstättenbezogenen Sicherungsmaßnahmen rechnen können'o,. Die aus der Beherrschbarkeit eines Gefahrenbereiches abgeleitete Verkehrspflichtentstehung wird also durch Vertrauensschutzgesichtspunkte ergänzt und beschränkt20&. Die für erwachsene Sportler maßgeblichen Beurteilungskriterien sind auf Kinder nicht übertragbar. Bei Erwachsenen darf der Verantwortliche darauf vertrauen, daß von der "Möglichkeit zu erhöhter eigenverantwortlicher Vorsorge"!011 Gebrauch gemacht wird, also z. B. keine Zäune überklettert oder sonstige Hindernisse überwunden werden, um auf eine Sportstätte zu gelangen!07. Kinder verfügen dagej:!;en über einen noch unterentwickelten Gefahrsteuerungsmechanismus208 • Ihre Verhaltensweisen sind von einer altersbedingten Arg- und Sorglosigkeit geprägt. "Sie handeln erfahrungsgemäß häufig Zutrittsverboten zuwider, weil sie dessen Bedeutung und die ihnen drohende Gefahr nicht hinreichend erfassen können"!"'. Bei Erwachsenen ist ein gewisses Maß an Einsichtsfähigkeit, Vernunft und Vorsicht in eigenen Belanj:!;en vorauszusetzen, während kindliche und jugendliche Verhaltensweisen von Unerfahrenheit, Leichtsinn und dem Spieltrieb geprägt sind!10. Das gilt auch und erst recht für Abenteuerspielplätze, bei denen kein Anlaß zur Herabsetzung der Sicherheitsanforderungen besteht!11. Kinder Einzelheiten noch unten. S. 262 ff. Vgl. hierzu v. Bar, S. 124. der im Zusammenhang mit dem Entstehunl!sgrund "Beherrschbarkeit der Gefahr" feststellt. daß die Sachgefahr herabzusetzen sei, "wenn das Publikum sonst in einer schützenswerten Erwartunvshaltung enttäuscht würde. die es von einer eigenverantwortlichen Steuerun~ des Geschehensablaufes abhält". t08 v" Bar, S. 185. Zu weitl!ehend LG Hannover VersR 1983, 765 (Unfall t04

tO&

eines Erwachsenen auf einem Spielplatz).

t07 Das gilt allerdings nur für Sportstätten, die für die Allqemeinheit gesperrt sind. Bei Sportstätten, die zumindest einem beschränkten Personenkreis zur Verfü!tung stehen. kann auch der "Eindringling" darauf vertrauen, daß der Sicherheitsstandard eingehalten ist. Vgl. noch unten, S. 193 ff. Siehe auch Weisemann, Rdn. 130 (S. 48 f.). t08 So v. Bar, S. 88, 120. tOD Staudinger I Schäfer § 823 Rdn. 281 (in Anlehnung an Schwab, JZ 1967, 13. 19). Vgl. auch RG SeuffArch 88, 272, 273 (Nr. 144); Marburger, JurA 1971,

481,506. " . !10 BGH VersR 1965, 768; 1973, 621; 1975. 108; BGH NJW 1978, 1629 = VersR 1978. 561: NJW 1980, 1159. 1160; OLG Celle VersR 1983, 46. 47; OLG Karlsruhe VersR 1979, 382: Gaisbauer, VersR 1977. 505, 507; v. Bar, S. 120; Knefeli, S. 22 u. 45; Stall, Handeln auf eigene Gefahr, S. 91; MünchKomm I Mertens § 823 Rdn. 191 und 228; RGRK I SteHen § 823 Rdn. 146. al1 Nicht überzeugend BGH NJW 1978, 1626, 1627: Abenteuerspielplätze, die

3. Kap.: Deliktsrechtliche Entstehungsgründe für Verkehrspflichten

169

vertrauen "blind", bedürfen eines umfassenden Vertrauensschutzegl!1!, um sie vor den Folgen ihrer Unerfahrenheit zu bewahren. Das Bestehen und der Umfang213 der Verkehrspflichten hängen von dem auf die Kinder ausgeübten Anreiz und von der Frage, ob sie die ihnen drohenden Gefahren trotz verminderter Steuerungsfähigkeit erkennen können und müssen, ab214 . Spielplätze werden so angelegt, daß sie den Spieltrieb der Kinder fördern!15. Dementsprechend stark ist der von ihnen ausgehende Benutzungsanreiz. Die Verantwortlichen müssen immer damit rechnen, daß Kinder auch Absperrungen überwinden, um sich den Zutritt zu verschaffen 218 • Das gilt selbst dann, wenn der Anreiz nicht von einem besonders gefährlichen Spielgerät, sondern von der Spielplatzeigenschaft als solcher ausgeht!l7. Zur Verhinderung der Verkehrspflichtentstehung ist also eine absolut wirksame Abschirmung erforderlich!l8. Zäune, die von Kindern überklettert oder durch "kriechen"!I' vorwiegend von älteren Kindern benutzt werden, sollten "Freude am Abenteuer und am Bestehen eines Risikos" vermitteln, die Kinder frühzeitig auf die "Gefahren des täglichen Lebens" einstellen, so daß sie lernen müßten, "diese zwar zu wahren, sie aber auch zu beherrschen"; eine ungesicherte Hängebrücke über einem Bach sei nicht verkehrswidrig, weil die Anlage das Risiko in Kauf genommen habe, "daß ein Kind infolge ihrer bewußt Mut erfordernden Konstruktion auch einmal aus geringer Höhe in den flachen Bach fallen konnte". Es ist sehr bedenklich, daß der BGH die Sicherheitsan-

forderungen unter Berufung auf erzieherische Erwägungen von zweifelhaftem Wert herabgesetzt hat, anstatt auf die besondere Schutzbedürftigkeit der Kinder Rücksicht zu nehmen. Abzulehnen auch LG Hannover VersR 1983,

765.

Zu Recht stellt v. Bar, S. 119, fest, daß die ständilte Rechtsprechung, nach der Kindern gegenüber eine besondere Sorgfalt gewahrt werden müsse, vom Vertrauensschutzgedanken getragen werde. !13 Siehe hierzu vor allem die umfassende Darstellung von Gaisbauer, VersR 1977, 505 ff. Vgl. auch RGRK! Steffen § 823 Rdn. 228: Staudinger ! Schäfer § 823 Rdn. 363 ff. Weitere Nachweise unten, S. 261 (Fußn. 365) und S.269f. !14 Ähnlich v. Bar, S. 88, 120. m Richtig RGRK! Steffen § 823 Rdn. 228: Die Einrichtung von Spielplätzen fordere den Spieltrieb heraus. Im Grundsatz ebenso, jedoch mit der abzulehnenden Folgerung, daß bei Abenteuerspielplätzen - wohl aus pädagogischen Gründen - trotz erhöhten Spielanreizes kein strenger Beurteilungsmaßstab geboten sei: BGH NJW 1978, 1626, 1627. !18 So MünchKomm! Mertens § 823 Rdn. 185 (ohne Beschränkung auf Spielplätze). !17 Vgl. BGH NJW 1975, 108, 109; MünchKomm / Mertens § 823 Rdn. 185 (Fußn. 267). !18 So z. B. auch Weimar, MDR 1966, 114, 115 (Ab sicherung privater Schwimmbecken gegenüber Kindern). Der Grundsatz, daß auch Kindern gegenüber keine absolute Absicherung in Betracht komme (vltl. MünchKomm ! Mertens § 823 Rdn. 185 Fußn. 271; ähnlich RGRK! Steffen § 823 Rdn. 146 und 228) betrifft den Pflichtenumfang, ist aber m. E. nicht auf die Ptlichtenentstehung übertragbar. Siehe noch OLG Köln VersR 1983, 190 ("erweiterte Verkehrssicherungspflicht" bei einer "verwilderten Parzelle"). tIO Vgl. den Sachverhalt bei OLG Nürnberg MDR 1974, 667 f.: Ein Kind hatte sich unter dem Abgrenzungszaun "hindurchgebückt", lief auf die Straße und wurde dort von einem Kfz erfaßt. Der umgekehrte Weg wäre auch bei einem verschlossenen Spielplatz pflichtenbegründend. Die Ermöglichung des tIt

170

UI. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspftichten

umgangen werden können, hindern die Entstehung umfassender Pflichten nicht. Eine "Entwidmung" vermag den Verantwortlichen erst recht nicht zu entlastenuo . Erfahrungsgemäß versuchen Kinder auch, sich anderen Sportstätten anzunähern, um dort entweder zu spielen oder dem Sportbetrieb zuzuschauen. Gelingt es Kindern, in den Sportstätten-Bereich einzudringen, obliegen dem Verantwortlichen immer umfassende Pflichten zu deren Sicherung221 • Bei gefährlichen Sportstätten muß gewährleistet sein, daß sich Kinder nicht annähern und selbst gefährden können!!!.

D. Die Entstehung und Verletzung von Sportstätten-Verkehrspflichten durch Schaffung besonderer Gefahren bzw. Gefahrerhöhung I. Allgemeine GruncJsltze 1. Die Unerheblichkeit des Gefahrbegriffs für die vertrauensbezogenen Entstehungsgründe für Verkehrspflichten Nach ständiger Rechtsprechung!23 sei derjenige, welcher eine Gefahrenquelle schafft, z. B. durch Verkehrseröffnung, verpflichtet, alle erforderlichen Sicherungsvorkehrungen zum Schutze anderer Personen zu treffen. Diese stereotyp gebrauchte Formel2u ist eine Tautologie: "Es

gibt keinen Verkehr ohne Gefahren und keine rechtserheblichen Gefahren ohne Verkehr; der eine Begriff ist Bestandteil des anderen und umgekehrl"w.

Hinauslaufens ist Pflichtverletzuna; a. A. die abzulehnende Entscheidung OLG Nürnberg, a.a.O., die von BGH VersR 1977. 817 ff., aufl!ehoben sowie zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen wurde. no V!!l. BGH VRS 55, 100 = MDR 1978, 827 = VersR 1978. 726 = NJW 1978, 1628: Die in der Entfernung des Schildes "Kinderspielvlatz" zu sehende Entwidmung sei ohne Einfluß auf das Bestehen der Verkehrsnflichten. Im Grundsatz ebenso: v. Bar, S. 46; MünchKomm I Mertens § 823 Rdn. 186. Siehe auch oben, S. 140 f. Hl Vl!l. RG SeuffArch 88, 273 = HRR 1934 Nr. 797: Ein Sportverein sei verpflichtet, den Sportplatz gegen ein Betreten durch Kinder, die durch die Art des Sports gefährdet werden können, zu sichern; es komme nicht darauf an, wie das Kind auf den Platz l!elangt sei. Ablehnend Knefeli, S. 54. Siehe auch BGH VersR 1960, 421 ff. (Unfall beim Diskuswerfen). m Weimar, MDR 1966, 114, 115, hält z. B. die Verkehrspflichten des Eigentümers eines nicht abgesicherten, privaten Schwimmbeckens bereits dann für verletzt. wenn fremde Kinder ohne Schwierigkeiten Zutritt zu seinem Grundstück hätten. Das sei bei einer Grundstücksabgrenzung mit einer leicht zu übersteigenden Mauer, mit zu kleinen Hecken bzw. allgemein bei einer ungenüaenden Einzäunung der Fall. Ein Eindringen fremder Kinder müsse grundsätzlich unmöglich gemacht werden. zu BGHZ 5. 378, 380; 14, 83, 85; 16, 95, 98; 60, 54, 55, und ständig. Vgl. noch die auf S. 49 (Fußn. 1) zitierten Entscheidungen zur Sportstätten-Haftung. m So zu Recht v. Bar, S. 17. us v. Bar, S. 1.

3. Kap.: Deliktsrechtliche Entstehungsgründe für Verkehrspflichten

171

Weder die Verkehrseröffnung noch die anderen verkehrspflichtauslösenden Vertrauenstatbestände sind als "Schaffung einer Gefahrenlage" zu verstehen. Die Rechtsprechung verwendet, ohne es zu bemerken oder kenntlich zu machen, zwei unterschiedliche Gefahrbegriffe, von denen der z. B. im Zusammenhang mit einer Verkehrseröffnung genannte ohne eigenständige haftungsrechtliche Bedeutung ist und dort ersatzlos gestrichen werden kann. Wer eine Sportstätte betritt, setzt sich willentlich bestimmten sportartbzw. sportstättentypischen Gefahren!!8 aus. Diese Gefahren sind je nach Sportart H7 und Sportstätte U8 unterschiedlich groß. Verminderten Gefahren setzt sich aus, wer, aus dem öffentlichen Straßenverkehr kommend, einen Sportplatz betritt. Diese bewußt eingegangenen Gefahren sind im wesentlichen gemeint, wenn davon die Rede ist, daß durch die Verkehrs eröffnung eine Gefahrenlage geschaffen werde!!II. Mit ihnen rechnen die Sporttreibenden; sie stellen ihr Verhalten darauf ein. Durch eine Verkehrseröffnung usw. wird aber gerade ein berechtigtes Vertrauen auf die Abwesenheit sonstiger Gefahren!3O, von denen die Sportler unerwarteter Weise bedroht werden, begründet. Die eine Gefahr hat mit der anderen Gefahr nichts zu tun. Daraus ergibt sich, daß zwischen den ein Sicherheitsvertrauen auslösenden Tatbeständen "Verkehrseröffnung" , "Verkehrsermöglichung" oder "Beherrschung eines Verkehrsbereichs" und der "Schaffung einer Gefahrenlage" unterschieden werden muß. Die Entstehung der Verkehrspflichten ist gefahrunabhängig, weil "die moderne Verschuldenshaftung nicht mehr auf den Akt abstellt, mit dem die Gefahr begründet wird"l!31. Die Pflicht zur Steuerung sportart- und sportstättenatypischer Gefahren folgt nicht aus deren "Schaffung", sondern aus einer allgemeinen, auf die Sicherheit der Sportstätte bezogenen und schutzwürdigen Erwartungshaltung der Sporttreibenden. Zum Gefahrbegriff bereits oben, S. 50 (Fußn. 5 und 6). Besonders gefährlich sind z. B. der Motorsport, das Skilaufen, Boxen, Reiten usw. Vgl. Deutsch, VersR 1971, I, 4: Das Auto- und Skifahren sei schlechthin abstrakt gefährlich. !!8 Gefährliche Sportstätten sind etwa Sprungtürme (Wasser- und Skispringen), Skilifte, Schießstände, künstliche Bob- und Rodelbahnen usw. Die Benutzung dieser Sportstätten ist immer abstrakt gefährlich. !H Vgl. v. Bar, S. 17: "Gemeint ist indes eine Sachgefahr, die denen droht, denen der Verkehr eröffnet wurde." zao v. Bar bezeichnet die Verkehrseröffnung als einen Vertrauenstatbestand (S. 118 f.), der keinen gefahrbegründenden Eingangsakt erfordere, und grenzt hiervon die "Schaffung oder Unterhaltung einer Gefahr" (S. 113 f.) sowie die "Beherrschbarkeit der Gefahr" (S. 122) ab. Mertens, VersR 1980, 397, 402, und MünchKomm / Mertens § 823 Rdn. 185 ff. unterscheidet ebenfalls zwischen "Beherrschung eines bestimmten Verkehrsbereichs", "Schaffung einer besonderen Gefahrenlage" und "Verkehrseröffnung". Vgl. auch RGRK / Steifen § 823 Rdn. 151 ff.: Die Verkehrseröffnung sei nicht an gefährliches Verhalten geknüpft (Rdn. 153). 131 So Deutsch, VersR 1971, I, 4; vgl. auch v. Bar, S. 17. !!8

!!7

172

II!. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspftichten

2. Die Schaffung unzulässiger oder übermäßiger

Gefahren als besondere Haftungsgrundlage

In der Verkehrspflichthaftung wird auf die Tatsache, daß eine Gefahr für andere geschaffen worden ist, nur noch mittelbar abgestellt, "nämlich in der Notwendigkeit, diese Gefahr nun auch unter Kontrolle zu halten"232. Diese "Wandlung des Sorgfaltsbegriffs von der Vermeidung zur Steuerung der Gefahr"23l1 gilt nicht für jedes gefährliche Verhalten, denn dieses ist nur "bis zu einer durch Güterabwägung zu gewinnenden Grenze zugelassen"234. Gefahren, die den Einzelnen persönlich überfordern oder die erheblich bzw. unbekannt sind, dürfen nicht geschaffen werden235 . "Aber auch soweit im Regelfall die Gefahr zugelassen ist, gibt es ein übermaß an konkreter Gefahr, das zur Unterlassung des gefährlichen Tuns zwingt. Der Maßstab wird durch eine Abwägung bestimmt, welche die soziale oder persönliche Nützlichkeit der gefährdenden Handlung in Relation setzt zur Wahrscheinlichkeit und Größe des erwarteten Nachteils"236. Unter Schaffung einer Gefahr im Sinne eines haftungs- bzw. verkehrspflichtauslösenden Verhaltens sind nur Gefahrerhöhungen287 , also die Schaffung unzulässiger oder übermäßiger, außergewähnlicher23fJ bzw. besonderer239 Gefahren zu verstehen. Werden derartige Gefahren geschaffen, also bestimmte Rechte oder Rechtsgüter im Einzelfall wirklich und unmittelbar bedroht240, so handelt es sich um konkrete Gefährdungen durch Tun, die unmittelbar haftungsbegründend sind, "weil es für sie der Haftung wegen Verkehrspflichtwidrigkeit nicht bedarf"ul. Für die Feststellung eines abstrakt gefährlichen Verhaltens ist es dagegen ohne Bedeutung, ob im entscheidenden Zeitpunkt wirklich ein bestimmtes Gut oder Interesse bedroht ist!4\!. "Angelpunkt der Wertung 232

233 234

Deutsch, VersR 1971, 1, 4. Deutsch, VersR 1971, 1, 4. So Deutsch, Jus 1967, 152, 157; ders., in: Festschrift Honig, S. 33, 42 f.;

ders., Haftungsrecht I, S. 187 f. 235 Vgl. Deutsch, Haftungsrecht I, S. 187. ue Deutsch, Haftungsrecht I, S. 187 f. Vgl. auch Weyers, S. 508. v. Bar, S. 113, meint, daß eine Gefahrensituation "erst ab einem durch Einzelfallstudien zu ermittelnden Grad der Schadenswahrscheinlichkeit" eine Ver-

kehrspfticht erzeuge; eine Fallgruppenbildung erweise sich hier als nützlich. 237 Begriff siehe Deutsch, Haftungsrecht I, S. 177, 189; auch v. Bar, S. 113. 238 v. Bar, S. 113. 239 Mertens, VersR 1980, 397, 402; MünchKomm / Mertens § 823 Rdn. 187. Vgl. auch BGH VersR 1956, 794 ff. 240 Vgl. Deutsch, Haftungsrecht I, S. 185; ders., in: Festschrift Larenz, S. 885, 894; v .. Bar, S. 116; Stall, Kausalzusammenhang und Normzweck, S. 23. 241 v. Bar, S. 114. m Deutsch, Haftungsrecht I, S. 185; ders., in: Festschrift Larenz, S. 885, 894; v. Bar, S. 116; Stall, Kausalzusammenhang und Normzweck, S. 23.

3. Kap.: Deliktsrechtliche Entstehungsgründe für Verkehrspflichten

173

ist hier ein bestimmtes Verhalten, das wegen seines allgemeinen Schadenspotentials verboten und Haftungsgrundlage ist"243. Der Sportstätten-Verantwortliche ist für die von ihm herbeigeführten abstrakten und konkreten Gefahren unabhängig davon verantwortlich, ob ein Grund für die Entstehung allgemeiner, umfassender Sportstätten-Verkehrspftichten vorliegt. Ist das nicht der Fall, bezieht sich die Verantwortlichkeit aber nur auf die unzulässige oder übermäßige Gefahr und nicht auf alle sonstigen Sach- und Personengefahren im Sportstätten-Bereich. D. Maßnahmen zur Verhinderung des Sporistltten-Zutritts als verbotene (verkehrspflichtwidrige) Gefahrerhöhungen

Der Verantwortliche darf zur Abgrenzung des Sportstätten-Bereichs oder zur Durchsetzung einer Sportstätten-Sperrung keine Maßnahmen treffen, die als übermäßig gefährlich einzustufen sind244 • So ist es dem Verantwortlichen nicht gestattet, bei der Einzäunung von Kinderspielplätzen Stacheldraht oder aufragende Eisenspitzen zu verwenden2 ", weil mit einem überklettern der Zäune durch Kinder gerechnet werden muß. Das gleiche gilt für andere Sportstätten, die auf Kinder einen ähnlichen Anreiz ausüben. Die Verwendung von einzelnen Drähten bzw. Stacheldraht zur Abgrenzung von Sportstätten oder einzelner Sportstätten-Bereiche ist immer verboten, weil diese nicht hinreichend deutlich erkennbar sind246 bzw. zur überwindung anreizen. Es ist z. B. verboten, einen Sportstätten-Bereich mit einem in unzureichender Höhe gespannten Draht zu begrenzen247 • So Deutsch, Haftungsrecht I, S. 185; ähnlich v. Bar, S. 116, 117. m Vgl. Marburger, JurA 1971, 481, 497 (Fußn. 72 m. w. N.): Zum Ausschluß "Unbefugter" seien Maßnahmen unzulässig, durch die erst eine Gefahr erzeugt werde. So wohl auch der Grundgedanke bei Stall, Handeln auf eigene Gefahr, S. 89 f. 245 OLG Karlsruhe VersR 1978, 1174; v. Bar, S. 63; RGRK / Steffen § 823 Rdn. 228 a. E. !48 Richtig BGH VersR 1956, 794 f.: Ein Motorradfahrer befuhr einen gesperrten Weg und stürzte über ein Drahtseil, das quer über den Weg gespannt war; zu Recht hat der BGH festgestellt, daß das Seil eine besondere Gefahrenquelle gewesen sei, die jedermann bedroht habe. Zustimmend Marburger, JurA 1971, 481, 490; Schröder, AcP 179, 567, 575; Stall, Handeln auf eigene Gefahr, S. 92 ("Verbot der aktiven Gefährdung"). !47 Falsch KG VersR 1957, 722: Ein Badegast war über einen 40 cm hohen Draht zur Eingrenzung eines neu ausgesäten Rasenstücks gestolpert; der Unternehmer der Badeanstalt hafte nicht, weil der Verletzte nicht berechtigt gewesen sei, das Rasenstück zu betreten. Das KG hat nicht erkannt, daß die Verantwortlichkeit für die besondere Gefahrenquelle "Draht" nichts mit dem Rasenstück und der Berechtigung, dieses zu betreten, zu tun hat. BGH VersR 1956, 794 f., unterscheidet richtig zwischen den aus einer Verkehrseröffnung folgenden, umfassenden Pflichten und der "Schaffung einer besonderen Gefahrenlage". Vgl. auch Marburger, JurA 1971, 489 f., jedoch insgesamt unklar (vor allem wegen S. 505, Fußn. 105). 243

174

III. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspftichten

Gefährliche Maßnahmen zur Zugangsverhinderung führen zu "latenten Gefahrsituationen"248. Ausgangspunkt der Gefährdung ist ein positives Tun, nämlich das Spannen des Drahtes usw. Diese Handlung konkretisiert sich aber nicht sofort, sondern - wenn überhaupt2U - erst nach mehr oder weniger tanger Zeit zu einer Verletzung!60. Es ist nicht ganz klar, ob das einteitende Handetn unmittelbar haftungsbegrÜlldend oder lediglich Entstehungsgrund für Verkehrspftichten zur Sicherung der Gefahrenstelle ist. Im letztgenannten Fall könnte nur das Unterlassen der erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen pftichtwidrig und Haftungsgrundlage sein. Bei der Beurteilung von "Grauzonen, in denen positives Tun und Unterlassen ineinander übergehen"251, geht es nicht an, "mit der Einebnung des Gegensatzes von Handlung und Unterlassung die eingeschränkte Unterlassenshaftung auf die Zwitterfälle auszudehnen, will man nicht zugleich die Verkehrspftichten besonders streng ausgestalten"252. Bei Schaffung einer unzutässigen oder übermäßigen Gefahr ist immer bereits das einteitende Handetn haftungsrechtlich erheblich. Der Handlungsbegriff ist an der Gefahr auszurichten; Handlung bedeutet nichts anderes als Gefahrerhöhung253 • "Dagegen unterläßt, wer durch sein Verhalten die Gefahr für das fremde Rechtsgut nicht erhöht, wobei Sicherungen nicht von der Gefahr abgerechnet werden. Das Fehlen oder Ungenügen einer Schutzmaßnahme bei gefährlichem Tun stempelt das Handeln nicht zum Unterlassen1l54 ." Die Gefahrerhöhung durch unzulässiges Tun ist haftungsbegründend256 • Das Fehlen gefahrsteuernder Maßnahmen, also das Andauernlassen des gefährlichen Zustands, ist für die Haftung des Gefahrveranlassers ohne Bedeutung266 • Dennoch sind die hier in Frage stehenden Gefahrerhöhungen durch Tun dem Verkehrspjlichtbereich zuzuordnen, ohne daß damit eine überfrachtung des Verkehrspflichtbegriffs verbunden wäre2 51• Wer "einen abnormen Zustand, aus dem sich für ein sachkundiges Urteil die naheliegende Möglichkeit einer Verletzung er248 Begriff RGRK / Steifen § 823 Rdn. 134; v. Bar, S. 117, spricht von einer "latenten Schadensneigung" . 20 Vgl. Deutsch, Haftungsrecht I, S. 186: Obwohl kein Ersatzverlangen gestellt werde, wenn es nicht zu einem Unfall mit Rechts(gut)verletzung komme, bleibe das Handeln rechtswidrig. 250 Vgl. hierzu Deutsch, Haftungsrecht I, S. 132. 261 So v. Bar, S. 68; vgl. auch v. Caemmerer, Wandlungen des Deliktsrechts.

S. 49,75.

252 So überzeugend Deutsch, Haftungsrecht I, S. 132. 253 Vgl. Deutsch, Haftungsrecht I, S. 132 f.: "Derjenige handelt, der sich dem fremden Rechtsgut oder Interesse gefährlich nähert." 254 Deutsch, Haftungsrecht I, S. 133. 266 So auch v. Bar, S. 68; v. Caemmerer, Wandlungen des Deliktsrechts, S. 49, 74 f.; Deutsch, Haftungsrecht I, S. 130; ders., Jus 1967, 152, 157; Larenz, Schuldrecht BT, § 72 I d, S. 545 f.; Marburger, Regeln der Technik, S. 443. 256 v. Bar, S. 68, stellt zu Recht fest, daß in diesen Fällen ebensogut auf den "gefahrbegründenden Eingangsakt" abgestellt werden könne. !S7 Vor einer überfrachtung der Verkehrspflichthaftung durch Einbeziehung von positivem Tun warnt v. Bar, S. 64, 67: "Dort, wo § 823 Abs. 1 BGB ohne weiteres zur Haftung führt, sollte man nicht mit einer verletzten Verkehrspflicht operieren" (S. 64). Vgl. auch Stoll, AcP 162, 203, 235; ders., Handeln auf eigene Gefahr, S. 288.

3. Kap.: Deliktsrechtliche Entstehungsgründe für Verkehrspflichten

175

gibt"2G8, schafft, verstößt gegen eine Verkehrspjlicht in Form eines Verbotes26ll, also gegen eine Verhaltensnorm, die das Unterlassen eines übermäßig gefährlichen Tuns gebietet26o . Unabhängig vom Eintritt einer Rechts(gut)verletzung261 stellt bereits der Verstoß gegen die abstrakte Verhaltensnorm eine Verkehrspjlichtverletzung dar2 62• Werden unzulässige oder übennäßige Gefahren geschaffen, sind Verkehrspjlichtentstehung und Verkehrspjlichtverletzung identisch. Wegen der besonderen Gejährlichkeit wird der Rechtsgüterschutz vorverlegt, um deren Inte-

grität schon durch das Verbot eines schadenträchtigen Tuns zu wahrenl83, die Rechte und Rechtsgüter zusätzlich und weitergehend schützenl64 • Nur wenn die Gefährlichkeit des einleitenden Handelns durch sichernde Maßnahmen soweit gemindert worden ist, daß die geschaffene Gefahr nicht mehr als unzulässig bewertet werden kann, kommt es auf die Geeignetheit und Wirksamkeit der Schutzvorkehrungen anHli• In. Die Erricbtaug tibermi8ic gefihrUcber Sportgeräte und Sportanlagen als verbotene Gefahrerhöhungen

Die Bereitstellung von Sportstätten286 führt grundsätzlich nicht zu übermäßigen oder unzulässigen Gefahrensituationen. Durch Handlungen des Sportstätten-Verantwortlichen, die das Betreten ermöglichen oder fördernl!87, werden die zugelassenen bzw. zur richtigen Steuerung freigegebenen288, allgemeinen Sportstätten-Gefahren nicht erhöht. Aus158 So die Franksche Formel (Frank, § 1 II 1, S. 9); zitiert auch bei Deutsch, Haftungsrecht I, S. 180 (m. w. N. zur Definition des Gefahrbegrüfs), und v. Bar, S. 113 f., der mit dieser Definition die pflichtenauslösende Grenze der Gefahr kennzeichnet. Siehe auch v. Caemmerer, Wandlungen des Deliktsrechts, S. 49, 78 H. 268 Vgl. die auf S. 174 (Fußn. 255) sowie auf S. 158 (Fußn. 146) Genannten. 280 Verbotsnormen untersagen ein bestimmtes Tun, "um eine Gefahr für Dritte zu vermeiden oder herabzusetzen"; so Deutsch, Haftungsrecht I, S. 47, 130. Siehe auch v. Caemmerer, Wandlungen des Deliktsrechts, S. 49, 74 f.;

v. Bar, S. 64 f.

181 Vgl. vor allem Deutsch, Jus 1967, 152, 157, unter Bezugnahme auf BGH NJW 1965, 197 = LM Nr. 70 (zu § 823 rDC] - Bad Neundorfer Großfeuerwerk). v. Bar, S. 65 f., weist überzeugend nach, daß in der Rechtsprechung kaum ein Fall bekanntgeworden sei, "in dem zur Haftung mehr erwartet worden wäre, als eine schuldhafte Verletzung der verbietenden Verkehrspflicht". 282 Deutsch, Haftungsrecht I, S. 130; v. Bar, S. 63 !f., 115 ff. 288 Deutsch, Haftungsrecht I, S. 186.

v. Bar, S. 117. v. Bar, S. 68, meint, die Gejahrerhöhung durch Tun müsse durch gejahrsteuernde Maßnahmen kompensiert werden; fehlen diese, "so kann bis284

!eil

weilen ebensogut auf den gefahrbegrÜDdenden Eingangsakt (Tun) abgestellt werden". Siehe auch v. Caemmerer, Wandlungen des Deliktsrechts, S. 49, 74 f. 286 Zum Begriff oben, S. 28 ff. m Öffnen der Eingangstore, Verkauf von Eintrittskarten usw. 218 Formulierung von Deutsch, Haftungsrecht I, S. 177; vgl. auch Deutsch, Fahrlässigkeit und erforderliche Sorgfalt, S. 121 !f.

176

IH. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspfüchten

nahmen sind denkbar. Der Betrieb von Skischlepp- und Sesselliften ist wegen übermäßiger Gefährdung der Skiläufer verboten, wenn diese nur über die Skiabfahrtsstreck.en wieder ins Tal gelangen können und bei der Abfahrt von akuten Lawinengefahren, unzureichenden Sichtverhältnissen oder gefährlicher Vereisung bedroht werden2611 • Mit den verbotenen Maßnahmen zur Zugangsverhinderung270 vergleichbar sind besonders gefährliche Fehler bei der Planung und Konstruktion von Sportgeräten und Sportanlagen. Bereits deren Errichtung ist verboten, wenn die mit der Benutzung verbundenen Gefahren weder vom Verantwortlichen noch von den Sporttreibenden in hinreichendem Maße gesteuert werden können271 • Die Nichtbeachtung dieser Verhaltensnorm ist Verstoß gegen eine verbietende Verkehrspjlicht und unabhängig von der Frage, ob ein Entstehungsgrund für allgemeine Sportstätten-Verkehrspflichten vorliegt, haftungsbegründend. Es ist verboten, ein Sprungbrett oder einen Sprungturm zu errichten272 bzw. errichten zu lassen273 , wenn die Wassertiefe des Beckens unter Berücksichtigung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse nicht als ausreichend beurteilt werden kann274, weil ein AufpraU der Springer auf dem Beckengrund nicht 269 Siehe hierzu bereits oben, S. 160 f. u. 163, sowie unten, S. 248 (Fußn. 261) und 268 (Fußn. 422). 270 Oben, S. 173 ff. 271 Vgl. auch v,. Caemmerer, Wandlungen des Deliktsrechts, S. 49, 78: "Die Frage, welche Handlungen trotz der Gefährdungen, die sie mit sich bringen, erlaubt sind, ist ... eine Frage der Interessenabwägung zwischen der Größe des Risikos und den Zwecken, denen die Handlung dient, insbesondere auch ihrer Bedeutung für die Allgemeinheit." 272 Auch die fehlerhafte Planungstätigkeit von Architekten und die Tätigkeiten der bauausführenden Firmen im Zusammenhang mit der Errichtung sind gefährliche Handlungen, die mittelbar zur Gefahrerhöhung und Verkehrspflichthaftung führen können. Alle Beteiligten sind für unterschiedliche Gefahren verantwortlich, so daß sich auch Inhalt und Umfang der Verkehrspflichten unterscheiden: "Bauunternehmer und Architekt nehmen nicht Gefahrsteuerungsaufgaben des Bauherrn wahr, vielmehr hat jeder selbständig den Bereich gefahrlos zu halten, den er selber beherrschen kann" (v. Bar, S.274). 273 Bereits die Erteilung des Auftrages, eine übermäßig gefährliche Sportanlage zu errichten, ist Verstoß gegen die Verhaltensnorm. Auf die Zurverfügungstellung kommt es nicht entscheidend an, weil die latente Schadensneigung nicht vom Willen des Verantwortlichen, also einer "Freigabe" abhängt; insoweit nicht ganz klar v. Bar, S. 63. 274 Nach richtiger Ansicht wird bereits die Errichtung einer derart gefährlichen Anlage für pflichtwidrig gehalten; so vor allem: OLG Celle VersR 1969, 1049 f.; OLG Nürnberg VersR 1959, 574 f.; v. Bar, S. 63; wohl auch Weisemann, Rdn. 122 (S. 46); unklar Fritzweiler, Haftung bei Sportunfällen, S. 139 f. Nach a. A. sei die Sprunganlage bei unzureichender Wassertiefe nur besonders zu sichern, ihre Errichtung also nicht verboten und nur ein späteres Unterlassen pflichtwidrig: So wohl BGH VersR 1957, 521 f.; BGH NJW 1973, 896, 898; LG Ravensburg VersR 1964, 878; Reichert, S. 196; RGRK / Steften § 823 Rdn. 229; Staudinger / Schäfer § 823 Rdn. 325. Abwegig LG Krefeld, Urt. v. 24.11.1953, zitiert bei Wiethaup, VersR 1972, 718, 721: Auch eine unzurei-

3. Kap.: Deliktsrechtliche Entstehungsgründe für Verkehrspflichten

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mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen ist27S • Das gilt auch für Sprungturmanlagen in einem See, wenn bei wechselndem Wasserstand die Gefahr des Unterschreitens der erforderlichen Mindesttiefe besteht21G • Für Wasserrutschbahnen gelten diese Grundsätze entsprechend277 • Der Bau eines Schwimmbeckens mit geringer Wasser tiefe bedeutet dagegen keine übermäßige Gefährdung, obwohl das Springen vom Beckenrand mit erhöhter Unfallgefahr verbunden ist; die Gefahren sind durch Hinweise und/oder Warnungen hinreichend steuerbar!78. Gegen eine Verbotspflicht verstößt jeder, der eine Sportstätte mit Turn- oder Spielgeräten (Sportgeräten) ausstattet, welche die Sporttreibenden selbst bei bestimmungsgemäßer Nutzung wegen konstruktiver oder anlagenbezogener Mängel übermäßig gefährden27U• Gegen diese Verbotsnorm verstößt auch der GerätehersteHer280, auf den sich der Sportstätten-Verantwortliche nicht verlassen darf 281 • Im Hinblick auf die chende Wassertiefe gewährleiste Sicherheit, sofern der Schwimmer die Übung für das Sprungbrett habe. 215 Den Ausschluß dieser Gefahr fordern zu Recht: OLG CeHe VersR 1969, 1049,1050; Palandt / Thomas § 823 Anm.14 (Stichwort "Badeanstalt"). Zu einem Unfall trotz Einhaltung der empfohlenen Wassertiefe: LG Freiburg und OLG Karlsruhe VersR 1978, 529. 210 OLG Stuttgart VersR 1961, 1026, meint dagegen, die Anlage sei bei ungenügender Wassertiefe gegen eine gefahrbringende Benutzung in geeigneter Weise abzusichern. Ebenso Reichert, S. 195 f.; Staudinger / Schäfer § 823 Rdn. 325. 211 Vgl. hierzu RG WarnRspr. 1913, 167 (Nr. 133): Keine sachgemäße Herstellung der Rutschbahn bei 11/4 m Meerestiefe, wenn 2 m erforderlich seien. 218 Im Ergebnis ebenso BGH NJW 1980, ll59, ll60 (Warnung vor Sprüngen in ein Mehrzweckschwimmbecken); OLG Zweibrücken VersR 1977, 483 (Kopfsprung in zu flaches Wasser); LG Aachchen VersR 1977, ll12 f. (ungenügende Warnung vor Kopfsprüngen in einen flachen Beckenbereich); LG Dortmund, Urtl. v. 24. ll.1967, zitiert bei Wiethaup, VersR 1972, 718, 722; RGRK / Steffen § 823 Rdn. 229. 219 Vgl. hierzu RG Recht 1920 Nr. 626 und 657 (fehlerhaft gebautes Turngerät in Badeanstalt); BGH VersR 1962, 825, 826 f. (Bereitstellung einer übermäßig gefährlichen, zum Spielen ungeeigneten Drehwippe); BGH NJW 1980, ll26 f. = VersR 1978, 739 f. = VRS 55, 241 ff. (Hängebrücke über Flüßchen auf einem Abenteuerspielplatz - Pflichtwidrigkeit mit bedenklicher Begründung verneint); OLG München VersR 1974, 200, 201 (Bereitstellung einer Rutschbahn, bei der schon aufgrund Konstruktion und Aufstellungsart erhöhte Unfallgefahr bestand); OLG Köln VersR 1970, 577, 578 (4 m hohe Rutschbahn mit Betonfundament sowie unzureichender Seitensicherung) ; OLG Koblenz VersR 1980, 1051 (Rutschbahn); OLG Nilrnberg VersR 1975, 287 (Rutschbahn); LG Heidelberg VersR 1974, 505 (Klettergerüst auf Abenteuerspielplatz); Gaisbauer, VersR 1979, 9, 10 (Sicherheitsanforderungen an Sport- und übungsgeräte auf Trimm-Dich-Pfaden); ders., VersR 1977, 505, 507 ff. (Beschaffenheit, Eignung und Aufstellung von Spielgeräten auf Kinderspielplätzen); Hußla, VersR 1971, 877 f. (Rutschbahnen auf Kinderspielplätzen); SchnitzerUng, FWW 1971, 10 f. (Turn- und Spielgeräte auf Kinderspielplätzen); Wiethaup, VersR 1972, 817 (Sport- und übungsgeräte auf Trimm-Dich-Pfaden); RGRK / Steffen § 823 Rdn. 228 u. 231; Staudinger / Schäfer § 823 Rdn. 363 u. 365. Siehe auch OLG Bremen VersR 1973, 667 ff. (unzureichend befestigtes Turnreck in einer Wohnung). Nicht überzeugend LG Hannover VersR 1983, 765; Knefeli, S. 39 ff. 280 So schon RG Recht 1920 Nr. 636; vgl. auch LG Kleve VersR 1972, 1035 f. 281 Vgl. RG Recht 1920 Nr. 636 u. 657; BGH VersR 1962, 825, 827; OLG Köln VersR 1970, 577, 578; OLG Stuttgart VersR 1972, 987; LG Heidelberg VersR 12 Börner

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III. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

kindlichen Eigenarten lBZ ist bei der Frage, ob die mit der Errichtung von SpieLgeräten verbundenen Gefahren 283 hingenommen werden können, ein besonders strenger Maßstab geboten284 ; ihre Bereitstellung ist selbst dann

verboten, wenn zwar nur bei bestimmungswidriger Benutzung erhöhte Unfallgefahren drohen, mit einem gefährlichen Mißbrauch jedoch zu rechnen ist, weil die Kinder hierzu herausgefordert, gereizt, verlockt werden285.

Als weitere Beispiele für die Schaffung verbotener Sportstätten-Gefahren sind zu nennen: Anlage einer künstlichen RodeLbahn, die an beiden Seiten abfällt und in Kurven durch Waldschneisen geführt wird288. Eine Skisprungschanze mit falsch berechnetem Winkel am "Absprungtisch" oder Aufsprunghang; künstLiche "EiskanäLe" für den Bob- und Rodetrennsport, bei denen "Kurvendächer" fehlen oder die Kurven falsch berechnet sind; Anlegung von Skipisten287 im Wirkungsbereich von sog. "Lawinenhängen"188; 1974, 505; Gaisbauer, VersR 1979, 9, 12; ders., VersR 1977, 505, 508; Schnitzerting, FWW 1971, 10, 11; Wiethaup, VersR 1972, 817; a. A. LG KLeve VersR 1972, lO35 f. Siehe noch Gross, VersR 1971, 888, 895 f.: Auch nach französischem Recht könne sich der Skitiftunternehmer von seiner Haftung nicht durch den Nachweis eines Konstruktionsmangels befreien. 281 Vgl. hierzu oben, S. 187 fi. 283 Die Illustrierte "Stern" hat in Heft Nr. 23/1982 (S. 30 ff.) die Ergebnisse einer Sicherheitsüberprüfung von KinderspieLplätzen veröffentlicht ("Spielplatz-Unfallplatz"). Getestet wurden 116 Plätze mit insgesamt 740 Geräten in 22 Städten und Gemeinden. 55,5 % der Geräte sind als gefährliches Sicherheitsrisiko einstuft worden. Folgende Mängel wurden besonders häufig festgestellt: 22 Ofo Fehtkonstruktionen (Gefahr von Stürzen auf Eisenteile und Beton); 35 Ofo faLsche Montage (hervorragende Fundamente und Betonkanten sowie sich überschneidende Spielbereiche); 20 Ofo gefährlicher Untergrund (Beton statt Sand); 27 Ofo hervorstehende Nägel und Schrauben sowie spitzwinklige Stahlrohre; 42,5 Ofo WartungsfehLer. Bei allen Mängeln - mit Ausnahme der Wartungsfehler - liegen Verstöße gegen Verbotspjlichten vor. 284 Einschränkend BGH NJW 1978, 1626, 1627: Es sei nicht zunächst zu fragen, ob ein unbesonnenes Verhalten vorauszusetzen war, weil Kopfsprünge in das seichte Wasser (50 cm) in Kauf genommen werden dürften; "gerade weil derartige Sprünge so gefährlich waren und weil dies auch Jugendlichen ersichtlich war, bestand nur eine geringe Wahrscheinlichkeit, daß sie einen solchen Sprung wagten". Die Gefahr des Hineinfallens sei zulässigerweise eingeplant worden und wäre selbst durch Warnschilder "allzusehr beschnitten" gewesen. Diese Argumentation, der nicht zu folgen ist, steht nicht mit den Begründungen anderer Entscheidungen zu Unfällen spielender Kinder im Einklang: Vgl. z. B. BGH NJW 1975, 108 f. ("Kletterbaum"), und oben, S. 167 ff., sowie unten, S. 269 f. 285 RG WarnRspr. 1940, 68, Nr. 39 (Verletzung der Pfiicht zur Anbringung gefahrloser Badeeinrichtungen wegen Anreizes zum Klettern); BGH VersR 1962, 825, 826 f. ("Drehwippe"); BGH NJW 1975, 108,109 ("KLetterbaum"); BGH NJW 1978, 1628 (keine Vorsorge gegen alle sich bietenden Möglichkeiten erforderlich; keine Sicherung von "Tarzan-Spielen"); OLG München VersR 1974, 200, 201 (Rutschbahn); Gaisbauer, VersR 1977, 505, 507 f.; Schnitzerling, FWW 1971, 10, 11; RGRK / Steffen § 823 Rdn. 228, 229; Staudinger / Schäfer § 823 Rdn. 363. Siehe auch v. Bar, S. 195: "So dürfen auf Abenteuerspielplätzen erhöhte, aber offensichtliche Gefahren geschaffen werden, es sei denn, die jeweilige Anlage sei geeignet, ein unvernünftiges Verhalten der Jugendlichen herauszufordern." 188 RG Gruch 57, 691 ff. (Nr. 31) = Recht 1913 Nr. 173 und Nr. 188. 287 Zu diesem Begriff schon oben, S. 30 (Fußn. 15) und S. 148 (Fußn. 78). 288 Gemeint sind Abfahrtshänge und benachbarte Hänge, die selbst bei

3. Kap.: Deliktsrechtliche Entstehungsgründe für Verkehrspflichten

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Bereitstellung zu kurzer oder gefährlich begrenzter289 bzw. mangelhaft verfüllter 290 Weitsprunggruben; Verwendung nicht rutschfester Materialien bei der Verlegung von Turnhallen-Fußböden 291 sowie der Anlaufflächen von BowHng- und Kegelbahnen 292 ; Bereitstellung eines Fußballplatzes, der gefährliche Bodenunebenheiten aufweist293 ; Disk.us- und Hamme'rwurjringe ohne Schutzgitter(netze)294 bzw. mit zu kurz bemessenen Wurfbereichen2V5 ; Annicht außergewöhnlichen Verhältnissen in erhöhtem Maße lawinengefährdet sind. Eine absolute Lawinensicherheit gibt es zumindest im Hochgebirge nicht. Ein allzu strenger Maßstab ist nicht geboten, zumal die Grenze zwischen angelegten Pisten und "wilden Abfahrten" (vgl. oben, S. 119, Fußn. 105) fließend ist, so daß das Schwergewicht der Prüfung bei den Gefahrsteuerungsgeboten liegen sollte. Vgl. hierzu Kleppe, S. 243 f. (Rdn. 239), und Rüth, S. 99 ff., die eine Pistenanlage im lawinengefährdeten Gebiet grundsätzlich nicht für verboten halten, jedoch möglichst wirksame Schutzvorkehrungen gegen Lawinengefahren fordern. Nicht vertretbar ist die Ansicht von Hepp, NJW 1973, 2085, 2086, der eine rechtliche Pflicht zur Gefahrsteuerung noch nicht einmal dann anerkennen will, wenn sich der Bergbahnunternehmer selbst für verantwortlich hält und Sicherungsmaßnahmen trifft. 289 Sehr anschaulich OLG Düsseldorf VersR 1976, ll60 f.: Unfall auf einer Weit-/Tiefsprunggrube im Verlaufe eines Trimm-Dich-Pfades, die nur 4,60 m lang und von senkrecht stehenden Baumstämmen eingegrenzt war; zu Recht ist die Pflichtwidrigkeit bereits aus den k.onstruk.tionsbedingten Verletzungsrisik.en abgeleitet worden. Siehe auch Gaisbauer, VersR 1979, 9, 11; Wiethaup, VersR 1972, 817. 280 Verboten sind Sprunggruben mit ungeeigneter und unzureichender Füllung, während es bei späteren Veränderungen durch Natureinwirk.ung um Gefahrsteuerung geht: Vgl. hierzu OLG Karlsruhe VersR 1975, 381, 382 f.; OLG Koblenz VersR 1975, 669 f.; AG Usingen VersR 1977, 484; Gaisbauer, VersR 1979, 9, 10 f.; RGRK / Steifen § 823 Rdn. 231 (jeweils zur Errichtung und Wartung von Weitsprunggruben auf Trimm-Dich-Pfaden). 2V1 Vgl. OLG Bamberg VersR 1977, 477; RGRK / Steifen § 823 Rdn. 230. 292 So wohl auch BGH VersR 1972, 399, 400: Eine Kegelbahn sei nicht gebrauchstauglich, wenn der Bodenbelag bei Witterungsumschwüngen zum "Schwitzen" neige, und die Benutzer durch die Feuchtigkeit gefährdet werden, so daß den Vermieter der Kegelbahn die Garantiehaftung aus § 538 Abs. 1 treffe. Der objektive Tatbestand des § 823 ist durch den Verstoß gegen eine entsprechende Verbotspflicht erfüllt. Das Verschulden braucht sich nur auf das "Kennenmüssen" dieses Verstoßes, nicht aber auf das konkrete Vorhandensein von Feuchtigkeit zu beziehen; a. A. insoweit BGH VersR 1972, 399,401. Sehr deutlich OLG Düsseldorf VersR 1973, 527, 528: Die Anlauffläche müsse so rutschfest sein, daß für Kegler mit gängigem Schuhwerk die Gefahr des Ausrutschens nicht bestehe; es gebe im Handel Material, das absolut rutschfest und trittsicher sei. Kritisch Liecke, VersR 1973, 672: Das OLG Düsseldorf, a.a.O., habe die "Gefährdungshaftung für Unfälle auf Kegelbahnen" eingeführt. 298 OLG Nürnberg VersR 1977, 1134 f.: Ein Platz müsse den durchschnittlichen Gegebenheiten auf den Fußballfeldern im Bereich des betreffenden Landesverbandes entsprechen. Siehe auch Knefeli, S. 21. Vgl. noch LG Verden VersR 1976, 299 (Spielwiese auf einem Campingplatz), mit Anm. von Gaisbauer, VersR 1977, 144 f. 294 Durch die Verbotspflicht werden Außenstehende und Zuschauer geschützt: Siehe RGRK / Steifen § 823 Rdn. 230; Staudinger / Schäfer § 823 Rdn. 366. Zur Haftung für einen Unfall beim Diskuswerfen: OLG München VersR 1982, 1105 f.

295 Das betrifft vor allem das Hammer-, Diskus- und Speerwerfen. Steifen (RGRK / Steifen § 823 Rdn. 230) stellt zu Recht fest, daß das Spielfeld für die 12·

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III. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

legung von Golfspielbahnen, bei denen trotz regelgerechter Benutzung erhebliche Unfallgefahren für andere Golfspieler oder den Verkehr außerhalb der Platzanlage bestehen296 ; Nichteinhaltung des erforderlichen Sicherheitsabstandes bei der Aufstellung von BHlardtischen297 • Boxringe dürfen nicht nur behelfsmäßig gesichert sein298, sondern müssen dem Gewicht der Boxer bei allen in Betracht kommenden Situationen standhalten. Verboten ist die Errichtung eines Skischteppliftes mit ungenügender Abschirmung der Seilumkehrrolle in der Bergstation298 sowie die Eingrenzung einer Go-CartBahn mit Rohren, Stützpfeilern und Maschendraht in Bahnnähe300 usw.

Es würde zu weit führen, sich um eine vollständige Auflistung aller in Betracht kommenden Verbote, gegliedert nach Sportstätten und Sportgeräten, zu bemühen. Von dogmatischem Interesse wäre eine derartige Aufzählung ohnehin nicht. Es ist Sache des Richters, im Einzelfall zu entscheiden, ob die Errichtung von Sportanlagen bzw. -geräten mit noch hinnehmbaren Gefahren verbunden ist, oder bereits dieses Tun zu unzulässigen bzw. übermäßigen Gefahren führt, die auch durch nachträgliche Steuerungsmaßnahmen nicht aufgehoben oder hinreichend gemindert werden können. Verstöße gegen verbietende Verkehrspfiichten kommen bei allen Sportstätten-Zustandsmängeln in Betracht. Der Sportstätten-Verantwortliche sollte in diesen Fällen nicht dadurch begünstigt werden, daß auf eine Bewertung des gefahreinleitenden Handelns unter Sorgfaltsgesichtspunkten verzichtet und nur nach der Pflichtwidrigkeit des späteren301 Unterlassens, also nach Vorhandensein und Tauglichkeit der Sicherungsvorkehrungen, gefragt wird302 • erwarteten Würfe lang genug sein müsse. Zu Unfällen beim Werfen außerhalb gekennzeichneter Bereiche siehe: HG SeuffArch 88, 272 ff. Nr. 144 = HRR 1934 Nr. 797 (Kind wurde von einem Speer in die Brust getroffen); BGH VersR 1960, 421 ff. (Unfall beim "Diskustreiben"); OLG München VersR 1982, 1105, 1106 (Unfall beim Diskuswerfen). 298 Vgl. H. W. Schmidt, VersR 1963, 1101, 1103: Die Bahnen müßten so beschaffen sein, daß die Bälle nicht in den Bereich anderer Bahnen gelangen können; es dürfe nicht die Gefahr bestehen, daß abirrende Bälle außerhalb der Anlage auftreffen und dort Dritte, z. B. die Benutzer eines benachbarten öffentlichen Weges, gefährdet werden. Siehe auch Weisemann, Rdn. 129 (S.48). 297 v'. Bar, S. 70, meint dagegen, der Gastwirt hafte wegen einer unterlassenen Warnung, zu der er kraft seiner beruflichen Stellung verpflichtet gewesen sei, beurteilt also die Aufstellung des Tisches nicht als Gefahrerhöhung. Vgl. auch RGZ 85, 185 ff. 2ge BGH VersR 1961, 276 ff. (Sturz eines Teilnehmers an einem Trainingsboxkampf aus dem nur behelfsmäßig gesicherten Ring). 299 Vgl. hierzu BGH VersR 1959, 732, 733 (ungenügende Sicherung und Warnung). 300 a. A. LG Mönchengladbach VersR 1973,870,871. 301 Für Unterlassen haftet man "später" als für Tun: Vgl. v. Bar, S. 70; Deutsch, Haftungsrecht I,S. 133. Die Pflichten setzen erst mit "Schaffung" der Gefahrenquelle, welche selbst noch nicht als pflichtwidrig bewertet wird, ein, so daß nur ein bestimmtes späteres Verhalten pflichtwidrig sein kann. 302 Vgl. etwa OLG Oldenburg VersR 1968, 655 (Leitsatz 1): "Tiefreichende

3. Kap.: Deliktsrechtliche Entstehungsgründe für Verkehrspflichten

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Das Verbot, übermäßige oder unzulässige Gefahren zu setzen, betrifft im übrigen nicht nur die unmittelbar der Sportausübung dienenden Bereiche, sondern auch allen sonstigen Anlagen, Wege und Einrichtungen auf dem sportstätten-Gelände. So ist es z. B. verboten, im Schwimmbeckenbereich Marmorfliesen zu verlegen S03, weil die erhöhten Unfallgefahren durch nachträgliche sichernde Maßnahmen nicht gesteuert werden können 304 . Sofern mehrere geeignete Materialien zur Verfügung stehen, ist dem Verantwortlichen die Auswahl freigestellt; es ist jedoch geboten 30S , die Beckenumrandung mit gleitsicherem Material zu versehen B08 • Der BGH307 hat den Einbau einer sog. "Kleiderrutsche" aus Glas, die bei bestimmungswidriger Benutzung durch ein Kind gebrochen war, als pflichtwidrig bezeichnet: "Bei der Gestaltung von Schwimmbadeinrichtungen ist im Rahmen des wirtschaftlich zumutbaren auch auf solche Gefahren Bedacht zu nehmen, die Kindern nur bei einer zwar mißbräuchlichen, aber nicht ganz fernliegenden Benutzung drohen können."308 IV. Die Verantwortlidlkelt fllr sonstige verbotene Gefahrerhöhungen im Sportstitten-Bereich Nicht nur die Errichtung übermäßig gefährlicher Sportgeräte und Sportanlagen ist pflichtwidrig. Es besteht eine allgemeine Verbotspflicht des Inhalts, alle denSportbetrieb übermäßig gefährdenden HandDrahtglasfenster in einer Schulturnhalle stellen eine erhebliche und offensichtliche Gefahrenquelle dar, deren Nichtbeseitigung ... den Vorwurf der Amtspflichtverletzung begründen kann." Auch Knefeli, S. 20 f. u. 39 f .. me;nt, bei Sportstätten-Zustandsmängeln werde grundsätzlich nur für das Nichtbeseitigen der Gefahrenquelle, also für Unterlassen, gehaftet. Unklar, im Ergebnis jedoch richtig: OLG Hamm VersR 1982, 152 f. a03 Vgl. RG Recht 1911 Nr. 1739 u. 1717: Bei der Einrichtung eines Bades müßten Gefahren soweit als möglich vermieden werden; Marmorplatten seien gefährlich, weil erhöhte Sturzgefahren wegen besonderer Glätte bestünden. Siehe auch AG Garmisch-Partenkirchen VersR 1971, 327; Staudinger ! Schäfer § 823 Rdn. 325. 304 Anders RG Recht 1911 Nr. 1717: Die Marmorplatten könnten mit Matten bedeckt werden; das müsse allerdings vollständig und fachgerecht geschehen. Diese Maßnahme dient nicht mehr der Steuerung von Glättegefahren durch feuchten Marmor, sondern ist Neuverlegung und Beseitigung der Gefahrenquelle. 301 Zum Verhältnis von Gebot und Verbot Deutsch, Haftungsrecht I, S. 47: "Wir sprechen von Gebotsnorm, wenn ein bestimmtes Tun verlangt wird, dagegen von Verbotsnorm, wenn ein bestimmtes untersagt wird. Bei der Gebotsnorm ist das Verhalten speziflsch angeordnet. Die Verbotsnorm läßt gewöhnlich eine Anzahl von Verhaltensweisen offen; untersagt ist zwar ein bestimmtes Verhalten, nicht aber wird exakt vorgeschrieben, was zu tun

seL"

300 Vgl. LG Wuppertal VersR 1958, 855 f.: Der Fliesenbelag müsse bei normaler Beanspruchung ausreichend gleitsicher sein, aber nicht den jeweils modernsten Erkenntnissen entsprechen. Siehe auch RGRK! Steffen § 823 Rdn.229. 307 BGH VersR 1978, 561 f. 108 BGH VersR 1978, 561 (Leitsatz).

182

III. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

lungen in einem als Sportstätte gekennzeichneten oder erkennbaren Bereich zu unterlassen. Dieses Verbot haben nic.'lt nur die SportstättenVerantwortlichen, sondern auch Sportzuschauer und außenstehende Personen zu beachten. "Sofern ein bestimmtes Gelände zum Zwecke

der Ausübung einer bestimmten Sportart abgegrenzt ist, wie z. B. eine Skipiste oder eine Autorennstrecke, verstößt auch der Außenstehende, der in diesen Bereich eindringt, gegen eine Verkehrspflicht und haftet für Unfälle der Sporttreibenden, die auf sein Dazwischentreten oder eine Schädigung des Sportgeländes ... zurückzuführen sind"aot. Das gilt für Zuschauer310 und nicht abgegrenzte Sportstätten, sofern sich die Sportstätten-Eigenschaft aus anderen äußeren Merkmalen ergibt, entsprechend. Die Niederlequnq eines Zaundrahtes auf einer Bergwiese, die seit Jahren im Winter als Skiabfahrtsstrecke3U genutzt wird3lt, ist als äußerst gefährliche Handlunl1 sI1 anzusehen, mit der unmittelbar gegen eine verbietende Verkehrspjlicht verstoßen wird31'. Selbst die Errichtunl1 von Zäunen im Bereich beschilderter oder allgemein bekannter Skiabfahrtsstrecken kann verboten sein 315 • Ist das der Fall, kommt es auf die Wirksamkeit etwaiger Maßnahmen zur Sicherung der Gefahrenstelle nicht mehr an, denn die Verkehrspflichtverletzung kann nicht durch späteres Handeln "neutralisiert" 301 310

So zu Recht MünchKomm I Mertens § 823 Rdn. 356. MünchKomm I Mertens § 823 Rdn. 356 erwähnt in der Überschrift auch

Zuschauer. 311 Zur Verkehrseröffnung bei Skiabfahrtsstrecken allgemein bereits oben,

S. 144 ff. Iit Sachverhalt siehe BGH NJW 1982, 762 = VersR 1982, 346 ("WeidezaunFall"). alS Unklar BGH NJW 1982. 762 f. = VersR 1982. 346, 347: Einerseits sei die Pflichtverletzung in der Nichtbeseitigung der Drähte, also in einem Unterlassen zu sehen; andererseits wird von einer Gefahr durch den lose abgelegten Draht gesprochen, die zu vermeiden gewesen sei. m. E. stellt bereits die Niederlegung ein gefahrerhöhendes Handeln dar, weil abgelegte Drähte noch weniger sichtbar sind als gespannte Drähte. Nicht zu folgen ist Kleppe, S. 257 ffidn. 250 Grundsatz 9), der es für geboten hält. Stacheldrahtzäune und andere Zäune im Bereich der Piste niederzulegen; auf S. 240 (Rdn. 236) spricht Kleppe dagegen von einer Pflicht zur Wegschaffung von Stacheldrahtzäunen. 31C a. A. BGH NJW 1982, 762 f. = VersR 1982, 346, 347: Allerdings sei die "Nichtbeseitigung" pflichtwidrig, so daß nicht auf das Unterlassen späterer Sicherungsvorkehrungen, sondern auf das mit dem gefährlichen Handeln verbundene Unterlassen eines weitergehenden HandeIns abgestellt wird. Das ist "Manipulation" im Sinne von Deutsch, Haftungsrecht I, S. 131 f. 315 Kleppe, S. 241 (Fußn. 6), weist darauf hin, daß derartige Verbote in vielen Wintersportgebieten nach Maßgabe der örtlichen Sondervorschriften bestehen. Diese Verbote beruhen auf der abstrakten, übermäßigen Gefährlichkeit der Zäune für die Sicherheit des Skiverkehrs, beinhalten also Verkehrspflichten. Nicht zu folgen ist Dannegger, S. 29 ff. (32), der die Grenzen der aus dem Eigentum folgenden Rechte verkennt: "Wenn sich nun der Skifahrer an einem in Übereinstimmung mit den Vorschriften erstellten Stacheldraht verletzt, kann eine Haftung des Grundeigentümers nicht in Frage kommen."

3. Kap.: Deliktsrechtliche Entstehungsgründe für Verkehrspftichten

183

werden. Bedeutet die Errichtung oder Niederlegung von Zäunen kein verbotenes Handeln, so ist bei VerkehrseröffnungSli, Zugangsennöglichung3l1 bzw. GefahrbeherrschungSI8 zu fragen, ob nicht eine allgemeine Pfficht zur BeseitigungSI' oder Sicherung der Drähte besteht. Zuschauer bzw. Außenstehende handeln verbots- und pflichtwirlrig, wenn bereits ihre bloße Anwesenheit zu einer nicht hinnehmbaren Gefährdung der Sporttreibenden8!O führt321 • Es ist auch verboten, Skipisten-Markierungen3!! oder Warn-/Verbotsschilder3!3 zu entfernen, in Skiabfahrtsstrecken Fußspuren zu legen3U, Skiloipen zu zerstören, Sicherheits(fang)netze zu beseitigen oder zu beschädigen. Wer in einer Badeanstalt Glasscherben hinterläßt oder andere scharfkantige Ge~en­ stände achtlos fortwirft, handelt verbotswidrig3!5. Wegen übermäßi~er Gefährdung anderer ist es z. B. auch verboten, auf Skiabfahrtsstrecken

sie Siehe oben, S. 138 ff., 144 ff.

Vgl. oben, S. 156 ff. Hierzu oben, S. 162 ff. S10 Unter dieser Voraussetzung zutreffend BGH NJW 1982. 762 f. = VersR 1982. 346, 347: Es bestehe eine Pflicht zum Entfernen, Beschweren oder Eingraben des Drahtes, die den Eipentümer des "in gewisser Hinsicht verkehrsoffenen Grundstücks" treffe. Vgl. auch Fikentscher, § 103 IV 3 a. S. 632 (Stacheldraht auf verschneiter Skiwiese); Kleppe, S. 240, Rdn. 236 (Starheldrahtzäune seien vor jeder Skisaison zur Verkehrssicherung wegzuschaffen); ebenso wohl Rüth, S. 98; a. A. Reichert, S. 202: "Die Grundstiirl{seipentümer sind nicht verpftichtet, vom ersten Schneefall an die an den Hängen beftndlichen Zäune oder Drähte, mit denen das Grundstück abgegrenzt wurde, zu entfernen, damit kein Skifahrer an diesen Schaden erleiden kann." 320 Mit der Fremdgefährdung ist eine Selbstgefährdung, ein "Handeln auf eiaene Gefahr", verbunden. Zum ,.Handeln auf eigene Gefahr" unten, S. 387 ff. fHaftungsausschluß) u. 412 ff. (Mitverschulden). 3!1 Vgl. Hummel, NJW 1965, 525. 526 ("Zuschauer haben ... auf Sk1'Pisten nichts verloren"); ders., a.a.O., Fußn. 19 ("Zuschauer haben in keiner Snortart etwas auf dem Spielfeld zu suchen"): Kle'Ppe, S. 54. Rdn. 57 ("Verbot für Fußgänger, sich - mit Ausnahme von Notfällen - auf der Ski'Piste aufzuhalten"). Gegenbeispiel sind Golfplätze: Außenstehende und Zuschauer gefährden nur sich selbst; Vgl. hierzu Schmidt, VersR 1963, 1101, 1103. 3!t Siehe BGH MDR 1956, 724. ns Skipisten-Markierungen sollen den einzelnen Skiläufer auch vor dem Befahren einer für ihn zu schwierigen Strecke warnen. Aus diesem Grund ist die Entfernung verboten. Für alle sonstigen Warn- und Verbotsschilder gilt das entsprechend. 32' Hummel, NJW 1965, 525, 526; MünchKomm I Mertens § 823 Rdn. 356. 315 Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob der Sportstätten-Verantwortliche bei Nichtbeseitigung von Glasscherben oder anderen scharfkantigen Gegenständen eine Verkehrspfticht verletzt: Vgl. BGH VersR 1963. 814: OLG Hamm VersR 1954, 419; OLG Frankfurt VersR 1960, 238: OLG München VersR 1972. 472 ff.; OLG Zweibrücken VersR 1977, 483; AG Lindau VersR 1954. 247 ff,; AG Lübbecke MDR 1963, 500; Reichert, S. 196; Palandt I Thomas § 823 Anm. 14 (Stichwort "Badeanstalt"); RGRK I Steffen § 823 Rdn. 229; Staudinger I Schäfer § 823 Rdn. 327, 328. Weitere Nachweise bei Wiethaup, VersR 1972,718,721 (unveröffentlichte Urteile des LG Hagen und AG Dortmund). 117

118

184

III. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspftichten

zu rodeln3l!8, einen gesperrten Sprungturm in einer Badeanstalt zu benutzen 327, auf Liegewiesen das Kugelstoßen zu betreiben328 usw. Die letztgenannten Fälle betreffen bereits die "Ve-rkehrspjlichten im Sport"3!9, also nicht die Sportstätten-Verantwortlichkeit. Außerdem ist zu

beachten, daß konkrete Gefährdungen durch Tun im "normalen Anwendungsbereich" des § 823 I verbleiben, "weil es für sie der Haftung wegen Verkehrspftichtwidrigkeit nicht bedarf"aso.

E. Die Entstehung von Sportstätten-Verkehrspßichten durch Werbung Im Tatbestand einer Reichsgerichtsentscheidung aus dem Jahre 1938 331 heißt es, daß der in Frage stehende Badestrand in einer Werbeschrift als "ungefährlich beim Baden" bezeichnet worden sei. Diese Werbeschrift habe sich allerdings nur auf die "Ungefährlichkeit des Strandes als solchem" bezogen und deshalb keine Verantwortlichkeit begründen können332 • Grundsätzlich ist festzustellen, daß auch die Sportstätten-Werbung von selbständiger haftungsrechtlicher Bedeutung ist, im Einzelfall pflichtenbegTÜndend sein kann. Jede Werbung dient zwar unmittelbar oder mittelbar der Umsatzsteigerung. Notwendiges "Durchgangsstadium" ist jedoch, im angesprochenen Personenkreis Vertrauen zu erwecken, etwa zur Benutzung von Sportstätten aufzufordern, die sich in einem "hervorragenden" oder "erstklassigen" Zustand befinden. Das auf Werbung beruhende Sicherheitsvertrauen der Benutzer steht dem z. B. durch eine Verkehrseröffnung ausgelösten Vertrauenstatbestand nicht nach. Neben anderen Sportstätten-Verantwortlichen kann also 328 Vgl. Kle1Jpe, Rdn. 58, S. 55 f., der darauf hinweist, daß das Rodeln auf Ski nisten in Bayern sogar gesetzlich verboten ist. 317 Zur Haftung der Gemeinde und des Bademeisters für einen Zusammenstoß zwischen Springer und einer Schwimmerin bei erlaubter Turmbenutzung: LG Stuttgart VersR 1967, 193 ff.; auch Knefeli, S. 54 ff. U8 Das Kuaelstoßen führt zu unzulässigen Gefahren, weil andere Besucher in Lebensgef8hr Itebracht werden. Daran ändert auch eine ausdrückliche Erlaubnis des Badeunternehmers nichts: Hierzu RG SeuffArch 90, 231 ff. (Nr. 111) = JW 1936, 2214 f. und oben, S. 143. 329 Beltriff Deutsch, VersR 1974. 1045. 1049: ihm folgend z. B. v. Bar, S. 61, und Marburger, Regeln der Technik, S. 308. Siehe auch oben, S. 34 ff. sao So v. Bar, S. 115. Siehe aber auch v. Bar, S. 69, in Anlehnung an Deutsch, VersR 1971, 1, 4: "Der Skifahrer hat durch positives Tun eine Verkehrspfticht des Inhalts verletzt, am befahrenen Hang nur so schnell zu fahren. daß er rechtzeitig anhalten, jedenfalls Zusammenstöße vermeiden kann. Der verkürzte Verschuldensbezug entspricht der erhöhten Gefährlichkeit des Skisports". Vgl. auch unten, S. 237 ff. 331 RG JW 1938, 2542 f. = WarnRspr. 1938, 361 f. (Nr. 156). 33t RG JW 1938. 2542 f. = WarnRspr. 1938, 361 f. (Nr. 156).

3. Kap.: Deliktsrechtliche Entstehungsgründe für Verkehrspflichten

185

auch 'ein für die Sportstätte Werbender bei Unfällen durch Verkehrspflichtverletzung Träger der Haftung sein. Von besonderer praktischer Bedeutung ist die Werbung der Wintersportgemeinden für ihre Skigebiete. Rüth33a meint, in der Werbung einer Ge-

meinde oder eines Fremdenverkehrsvereins für bestimmte Abfahrten sei eine Aufforderung zur Benutzung und damit eine Eröffnung des Skiverkehrs zu sehen. Dieses "Umweges" bedarf es nicht, weil die beiden genannten Vertrauenstatbestände jeweils allein pflichtenbegrundend sind. Auch Rüth scheint der Werbung an anderer Stelle334 eine gewisse selbständige Bedeutung einräumen zu wollen, führt die Ptrüfung jedoch letztlich wieder auf den Begriff "Verkehrseröffnung" zurück. Kettnaker 33S deutet an, daß derjenige eine "gewisse Verantwortung" habe, welcher mit seinen "erstklassigen Abfahrten" Reklame mache. Während Hepp3311 seine ablehnende Haltung mit einer unbeantworteten und deshalb bedeutungslosen Frage zum Ausdruck bringt, stellt K~eppe337 zu Recht auf den Vertrauensschutzgedanken ab: "Vertrauen können darf der durch die Werbung angezogene Winterurlauber auf eine sorgfältige, keine unvorhersehbaren Gefahren in sich bergende Anlage der Piste." Die vorstehenden Gesichtspunkte sind auf andere Sportstätten übertragbar. Nicht jede Werbung rechtfertigt allerdings ein Sicherheitsvertrauen der angesprochenen Sportler. So ist es z. B. ohne haftungsrechtliche Bedeutung, wenn der Freizeitsport, die "Trimm-Dich-Bewegung" und "Jogging-Bewegung" oder ganz allgemein der Breitensport durch Werbung gefördert werden sollen338 • Es wird in diesen Fällen für den Sport und nicht für die Benutzung bestimmter Sportstätten geworben. Die Werbung ist nur pflichtenbegründend, wenn sie sich auf bestimmte Sportstätten bezieht, und die Werbeaussage bei objektiver Betrachtungsweise den Schluß rechtfertigt, daß der Werbende die Sicherheit des Sportstätten-Betriebs gewährleistet, für diese zumindest mitverantwortlich ist.

Versichert eine Seebadgemeinde in ihrem Werbeprospekt, daß das Baden

im Meer völlig ungefährlich sei 339 , muß sie alle erdenklichen Vorkehrungen

treffen, um eine Verwirklichung von besonderen Gefahren, die nicht erwähnt werden, zu verhindern. So muß z. B. die Sicherheit des Badens auch 333 334 335

Rüth, S. 73. Rüth, S. 123 f. (vor allem S. 123 Fußn. 4). Kettnaker, VersR 1964, 212.

330 Hepp, NJW 1973, 2085, 2086, scheint es für abwegig zu halten, der Werbung eine h;:tftungsrechtliche Bedeutung beizumessen; er fragt, worin wohl der Rechtsgrund für eine Pflicht der Bergbahnunternehmer zur Pistenpflege liegen könne: "Etwa in den Prospekten, mit denen der Unternehmer um Fahrgäste wirbt?" Ablehnend auch Reichert, S. 203. 331 Kleppe, NJW 1966, 237, 238; vgl. auch ders., NJW 1966, 237: Die Rechtspflicht zum Handeln werde durch Werbung verstärkt. 338 OLG Düsseldorf VersR 1983, 542, 543, spricht von "Aufrufen ... im Interesse der Volksgesundheit", mit der in haftungsrechtlich unerheblicher Weise auf eine "Gelegenheit zum Trimmen" aufmerksam gemacht werde. lau Vgl. hierzu RG JW 1938, 2542 f. = WarnRspr. 1938, 361 f. (Nr. 156).

186

IU. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

bei starkem Seegang 340 oder bei ungewöhnlichen Meeresströmungen Nl gewährleistet seinN !. Weist eine Wintersportgemeinde in ihrer Werbung auf die Zahl, Streckenführung und hervorragende Präparierung bzw. Unterhaltung der an die Gemeinde angeschlossenen Skiabfahrtsstrecken hin, ist sie für die Einhaltung des Skipisten-Sicherheitsstandards verantwortlich l4S• Wer mit dem "erstklassigen Zustand" von Sportanlagen oder Sportgeräten wirbt, hat sicherzustellen, daß Werbeaussage und Wirklichkeit übereinstimmen. Unter diesem Gesichtspunkt kann die Werbung der Reiseveranstalter selbst dann von haftungsrechtlicher Bedeutung sein, wenn die Sportstätten-Nutzung nicht Bestandteil des Reisevertrages ist344 , sondern lediglich auf das Vorhandensein, die Benutzbarkeit und den Zustand der Sportstätten am Leistungsort hingewiesen wird. Die aus der Werbung folgenden Verkehrspflichten bedürfen einer genauen Eingrenzung. Sie sind die "Kehrseite" der Werbung, mithin durch Auslegung des Werbeinhalts zu ermitteln. Ein gutes Beispiel für eine auf Werbeaussagen bezogene Pflichtenbestimmung sind folgende Ausführungen des Reichsgerichts S45 : "Die Ungefährlichkeit des Badens, auf die dort unter Hervorhebung badender Kinder hingewiesen wird, bezieht sich auf die Beschaffenheit des Strandes als solche, so daß auch Kinder in das Wasser bei Innehaltung der gebotenen Grenze hinausgehen können; das sich jene Stellen der Werbeschriften auch auf die ohne weiteres mit einer gewissen Gefahr verbundenen, zur Ebbezeit unternommenen Schwimmversuche eines des Schwimmens nicht hinreichend Kundigen beziehen sollten, ist nicht anzunehmen."

SfO Vgl. zur Haftung von Gemeinden aus Verkehrseröffnung also nicht aufgrund von Werbeaussagen - für Unfälle in Seebädern bei starkem Seegang: RG JW 1911, 42 (pflichtenverstoß wegen unterlassener Schließung trotz Seegangs); OLG Kiel DJZ 1913, 872 (Organisation des Rettungswesens ungenügend: Der Rettungsschwimmer kam nicht gegen die Brandung an; ein Hinweis auf die Gefährlichkeit des Badens bei starkem Seegang fehlte). sn Vgl. RGZ 136, 228 ff. = JW 1932, 2085 f. (Warnung vor gefährlichen Sogströmungen in Seebädern). 34! Auf die Werbung kommt es nicht an, wenn der Werbende mit den Benutzern Verträge schließt, oder er für den Badebetrieb aufgrund einer Verkehrs eröffnung verantwortlich ist, so daß ihn ohnehin umfassende Verkehrspflichten treffen; vgl. oben S. 53 Fußn. 2 (Stichwort "Seebad") und S. 119 f. 343 Nirk, in: Skirecht 1966, S. 43, 52, stellt zu Recht fest, daß hohe Anforderungen an einen möglichst gefahrlosen Zustand der Skiabfahrten zu stellen seien, wenn Wintersportgemeinden ihre "präparierten Skipisten" anpreisen, "um aus dem Aufenthalt der Skifahrer in ihrem Ort gewerblichen Nutzen zu ziehen". 344 Zur vertraglichen Sportstätten-Nutzung im Reisevertragsrecht oben, S. 124f. 3es RG JW 1938, 2542 f. = WarnRspr. 1938, 361 f. (Nr. 156).

4. Kapitel

Verkehrspflichtentstehung bei "unbefugtem" Betreten und/oder "unbefugter" Benutzung von Sportstätten Es hat sich gezeigt, daß die Entstehung von Sportstätten-Verkehrspflichten im wesentlichen auf vertragliche bzw. vergleichbare öffentlich-rechtliche Beziehungen und auf andere, nicht individualisierte Vertrauenstatbestände zurückzuführen ist. In diesem Zusammenhang ist ein der Sportstätten-Nutzung im konkreten Fall oder allgemein entgegenstehender Wille des Sportstätten-Verantwortlichen nur dann von haftungsrechtlicher Bedeutung, wenn er ihn durchgesetzt, also von seinem Bestimmungsrecht in ausreichendem Maße Gebrauch gemacht hat!. Die Haftung des Pflichtigen gegenüber Personen, "die sich ohne oder gar gegen seinen Willen in den Gefahrenbereich begeben haben"l! bzw. aus sonstigen Gründen dort "nichts zu suchen haben"', wird zumeist unter dem Oberbegriff "Verkehrssicherungspflichten gegenüber Unbefugten"· oder als Problem der Verkehrspflichtbeschränkung 5 gesondert erörtert. Ehe zur Haftung für Unfälle bei "unbefugter" SportstättenNutzung Stellung genommen wird, sind einige .grundsätzliche Bemerkungen erforderlich. Auszugehen ist von dem bereits ausgesprochenen Grundsatze, daß ein genereller Ausschluß von Verkehrspflichten gegenüber Unbefugten nicht in Betracht kommt7.

1

Vgl. oben, S. 141 ff., 156 fi.

v. Bar, S. 186. S So RGZ 87, 128, 129: Mit dieser Begründung wies das RG die Klage eines auf dem Weg zum Damen-Abort gestürzten Herren ab. Kritisch z. B. v. Bar, S. 186 (Fußn. 25); Mertens, VersR 1980, 397, 402 (Fußn. 17). , Vgl. z. B. Marburger, JurA 1971, 481 ff.; Schröder, AcP 179, 567 ff.; v. Bar, S. 186 ff.; Stoll, Handeln auf eigene Gefahr, S. 89 ff. S Siehe etwa RGRK I Steffen § 823 Rdn. 161 ff.; Staudinger I Schäfer § 823 t

Rdn.278ff. 8 Siehe oben, S. 73 f. (mit Nachweisen zum Streitstand). 7 So Mertens, VersR 1980, 397, 402.

188

111. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten A. Allgemeine Grundsätze zu den "Befugnissen" und deren haftungsrechtlichen Bedeutung L Arten und Rechtsnatur der Befugnisbeschränkungen

"Unbefugte" halten sich entweder gegen den Willen des Verantwortlichen im Gefahrenbereich auf, gehören also nicht zum zugelassenen Personenkreis, oder sie verstoßen durch die Art und Weise der konkreten Sportstätten-Nutzung gegen sachbezogene Nutzungsbeschränkungen. Ein Sportler ist "unbefugt", wenn er sich den Zutritt zu einer Sportstätte "erschleicht", indem er sie betritt, ohne zuvor das Eintrittsgeld entrichtet zu haben8 • Am Eingang einer Vereinssportstätte steht ein Schild mit der Aufschrift "Nur für Mitglieder!", so daß Nichtmitglieder, die auf der Vereinssportstätte ohne konkrete Nutzungserlaubnis Sport treiben, "Unbefugte" sind. Kinderspielgeräte werden nur Kindern zur Verfügung ~stellt: Erwachsene sind "unbefugt". Gegenständliche Beschränkungen sind bei vielen Sportstätten zu beachten. Sie gehen überwiegend schon aus den äußeren Umständen, den baulichen Gegebenheiten9 hervor. Weitere Quellen sind die Sportstätten-Benutzungsordnungen und Anschläge, Schilder im Sportstätten-Bereich: Es darf z. B. auf Skipisten nicht gerodelt werden. Das Fußballspielen in Sporthallen wird untersagt. In öffentlichen Parks stehen Schilder mit der Aufschrift "Fußballspielen verboten!". In vielen Badeanstalten darf nicht vom Beckenrand ins Wasser gesprungen werden usw. Über Art und U,mfang aller Zulassungs- und Nutzungsbeschränkungen entscheiden allein die dinglich Berechtigten, also die Eigentümer und Besitzer der Sportstätten, in Ausübung des ihnen zustehenden Bestimmungsrechtes1o . Die Befugnisse werden also von denjenigen Personen, die das sog. "Hausrecht" ausüben, eingeräumt, beschränkt oder entzogen. Die Einräumung und Beschränkung kann sich aus Sportstätten-Nutzungsverträgen l l oder aus einseitigen Erklärungen des Ein die Sportstätte abschließender Zaun wird überklettert usw. Das ist bei Sportanlagen (Begriff S. 28 f.), die nur für ganz bestimmte Sportarten bestimmt sind und sich nur zur Ausübung dieser Sportarten eignen ("spezialisierte Sportstätten") der Fall: Bowling- und Kegelbahnen, 8

9

"Mini-Golf"-Plätze, Squash-Hallen, Tennisplätze, Schießstände, künstliche Bob- und Rodelbahnen, Skiloipen, Eisbahnen usw. 10 Schwab, JZ 1967, 13, 15, stellt zutreffend fest, daß die "Bestimmungs-

gewalt über den Zugang" den Inhaber in die Lage versetze, "anderen Personen den Zutritt nach seiner Wahl zu gestatten oder zu verbieten". Diese Aussage ist auf gegenständliche Beschränkungen übertragbar. Kritisch Schröder, AcP 179, 567, 569 f., der jedoch übersieht, daß Schwab, a.a.O., 18 f., zwischen Ausübung der Bestimmungsgewalt und dem Haftungskonnex der Verkehrseröffnung, welcher von einem objektiven Standpunkt aus zu beurteilen sei, grundsätzlich unterscheidet. Unklar RGRK I Steffen § 823 Rdn. 161: Die Befugnis hänge in erster Linie davon ab, welchem Verkehr der Herrschaftsbereich gewidmet sei. 11 Zu den Einzelheiten siehe oben, S. 105 ff.

4. Kap.: Verkehrspflichten bei "unbefugtem" Sportstätten-Aufenthalt

189

Verantwortlichen ergeben. Besteht keine vertragliche Beziehung, ist der Bestimmungsberechtigte bei der Ausübung seiner Befugnisse nicht gebunden: Er kann z. B. auch Personen von der Sportstätte weisen, die sich widmungsgerecht verhalten, ihm aber aus anderen Gründen nicht genehm sind 1!. 11. Befugnisse und Verkehrspßichthaftung

1. Haftungsrechtliche Relevanz der eingeräumten Befugnisse Die Befugnisse sind willensabhängig; die Gefahrenzurechnung als Grundlage der Haftung erfolgt nicht nur dann, wenn der Verantwortliche einen Verkehr gewollt oder geduldet hat13 • Verkehrspflichten entstehen zwar auch durch den Abschluß von Sportstätten-Nutzungsverträgen und bei sonstigen Vertragsbeziehungen14 ; ihre Entstehung hängt aber nicht davon ab, daß ein Vertragsverhältnis besteht15 • Festzustellen ist deshalb, daß die Befugnisse und deren Beschränkungen nicht von unmittelbarer haftungsrechtlicher Bedeutung sind. So können z. B. auch einem "Unbefugten" gegenüber die Merkmale des Begriffes "Verkehrseröffnung" erfüllt sein16• Die Verkehrseröffnung ist ein verkehrspflichtauslösender Vertrauenstatbestand17 ; ein der Nutzung entgegenstehender Wille des Sachherrn ist unbeachtlich18, wenn bei objektiver Betrachtungswise von einer Duldung des Verkehrs auszugehen ist19 • Will der Bestimmungsberechtigte seinen Beschränkungswillen durchsetzen, muß er ihn in irgendeiner Form erklären, bekanntmachen. Nur 12 Unzutreffend deshalb RGRK / Steffen § 823 Rdn. 161. Die Widmung führt nicht zur Selbstbindung des Berechtigten; Befugnisse und Widmung sind nicht in jedem Einzelfall deckungsgleich. 13 Vgl. oben, S. 49 ff., 77 ff. 14 Siehe oben, S. 52 f., 56 ff., 105 ff. 15 Verkehrspflichten entstehen kraft Gesetzes. Die Willenserklärungen erstrecken sich nicht auf die Erfüllung der Sicherungsaufgaben. 16 Schwab, JZ 1967, 13, 16 f.; Marburger, JurA 1971, 481, 483 ff.; wohl auch RGRK / Steffen § 823 Rdn. 163; unklar Schröder, AcP 179, 567, 571 ff. Eine Verkehrseröffnung gegenüber "Unbefugten" halten nicht für möglich: Mertens, VersR 1980, 397, 402; v. Bar, S. 186 f.; Stoll, Handeln auf eigene Gefahr, s. 83 (Unterscheidung zwischen "unbefugtem" Betreten und Verkehrseröffnung); MünchKomm / Mertens § 823 Rdn. 28 und 186. 17 v. Bar, S. 118, 235, 248; vgl. auch bereits oben, S. 73 (Fußn. 153). 18 Unklar v. Bar, S. 187: Die Verkehrseröffnung hänge im wesentlichen vom Willen des Sachherrn ab. Das ist mit der an anderen Stellen getroffenen Feststellung, es handele sich um einen Vertrauenstatbestand (vgl. v. Bar, S. 118, 235, 248) nicht ganz vereinbar. Im Ergebnis ist es jedoch gleichgültig, ob man die Vertrauensschutzerwägungen unter dem Begriff "Verkehrseröffnung" erörtert oder andere Oberbegriffe heranzieht. Vjll. oben. S. 141 ff.

I.

190

III. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

Form, Inhalt und Aussagegehalt dieses Bekanntmachungsaktes sind in die haftungsrechtlichen überlegungen einzubeziehen. Es handelt sich um einen äußeren Umstand, der sich auf den "legitimen Erwartungshorizont und das berechtigte Vertrauen der Verkehrsteilnehmer hinsichtlich der Gewährleistung ihrer Sicherheit"20 auswirken kann. Von einer objektiven Warte aus ist zu beurteilen, ob und in welchem Zusammenhang die Kundgabe des Beschränkungswillens die Beurteilung der Haftungsvoraussetzungen beeinflußt. Haftungsrechtlicher Anknüpfungspunkt ist also nicht die dem Benutzer eingeräumte Befugnis, sondern der "faktische Zustand und die hierdurch geweckte Verkehrserwartung"21. 2. Verkehrspflichthaftung gegenüber "Unbefugten" als Schutzbereichsproblem

Zweifelhaft ist, auf welcher Ebene des Haftungstatbestandes Zuwiderhandlungen gegen den Willen des Bestimmungsberechtigten zu berücksichtigen sind. Es hat sich eingebürgert22 , zu fragen, ob die Gefahrverantwortlichen auch "Unbefugten" gegenüber haften. Stellt man der Untersuchung das überflüssige Werturteil "unbefugt" voran, besteht die Gefahr, daß die Prüfung nach einem konkreten Verkehrspflicht-Entstehungsgrund im Einzelfall vernachlässigt und statt dessen sofort eine "Negativ korrektur" der als bestehend unterstellten Pflichten durchgeführt wird. Schröder!3 stellt z. B. fest, daß "von einem grundsätzlichen Fortfall der

Verkehrssicherungspflicht gegenüber Unbefugten" nicht mehr die Rede sein könne und schließt eine Interessenabwägung an. Auch Schäfer2 4 meint, daß "nicht jedes unbefugte Verweilen in einem Gefahrenbereich zum Wegfall einer Verkehrssicherungspfiicht" führe. Die Annahme StoUs, daß eine Haftung gegenüber "Unbefugten" nur in drei Ausnahmefällen in Betracht komme25, überzeugt ebenfalls nicht. Abzulehnen ist auch die Ansicht Steffens 28, der eine "Beschränkung auf Schutz befugter Personen" untersucht und ebenfalls Schutzbereichserwägungen anstellt. 20

!l I!

MünchKomm I Mertens § 823 Rdn. 190. RGRK I Steffen § 823 Rdn. 161. SO Marburger, JurA 1971, 481, 482 (mit umfangreichen Nachweisen); allein

aus diesem Grund untersucht auch er die "Verkehrssicherungspflicht gegenüber Unbefugten", obwohl er die Fragestellung unter Berufung auf Schwab, JZ 1967, 13 ff., zu Recht nicht für erschöpfend hält. Kritisch zum "Kriterium des widerrechtlich im Gefahrenbereich Verweilens" auch v. Bar, S. 186; er verwendet es ebenfalls nur, "weil es sich eingebürgert hat". 23 Schröder, AcP 1979, 567, 572. 24 Staudinger / Schäfer § 823 Rdn. 279. !S Stoll, Handeln auf eigene Gefahr, S. 89 f. ("Verbot von Selbstschutzanlagen"), S. 90 ff. ("Warn- und Absperrpflichten in besonderen Fällen") und S. 92 ("Verbot der aktiven Gefährdung"). !8 RGRK I Steffen § 823 Rdn. 161 ff. Vgl. auch Esser I Weyers, Schuldrecht

4. Kap.: Verkehrsptlichten bei "unbefugtem" Sportstätten-Aufenthalt

191

V. Bar7 führt zu Recht folgendes aus: "Die Lehre vom Schutzbereich hat ... höchstens dort für den Bereich der Verkehrssicherungspflichten ihren systematischen Wert, wo ein Verhalten als rechtswidriges feststeht und nun die weitere Frage zu stellen ist, ob der Verletzte am Schutze der übertretenen Norm teilhaben soll." Die Anwendung der Lehre vom Schutzzweck bzw. Schutzbereich der Norm28 bedeutet eine teleologische Reduktion29• "Als allgemeine Teleologie stellen Normzweck, Schutzzweck bzw. Schutzbereich lediglich eine Besinnung auf den methodologischen Grundsatz zweckausgerichteter Interpretation dar ... "30. Auf die Zwecke allgemeiner Verkehrspflichten kann es erst ankommen, wenn ihre Entstehung und Verletzung im konkreten Fall feststeht. Im Rahmen der richterrechtlichen Verkehrspflichthaftung31 ergibt sich bereits bei der Normfeststellung und der Frage nach einer Pflichtverletzung eine Vielzahl von Auslegungsproblemen. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, daß der Verletzte "Unbefugter" warU. 3. Verkehrspjlichtentstehung und Verkehrspjlichtbestimmung bei "Unbefugten"

Die Schutzbereichserwägungen beruhen vielfach auf dogmatischen Unsicherheiten, die mit BiUigkeitserwägungen33 überwunden werden sollen: "Das gewünschte Ergebnis regiert, als Schutzzweck verkleidet, die Haftung. "34 Die Prüfung der Verkehrspflichthaftung sollte nicht von Schutzbereichserwägungen, sondern von den Entstehungsgründen der BT II, § 55 V 2 d, S. 161 f. v. Bar, S. 186, untersucht die "Verkehrssicherungspflichten gegenüber den unbefugt im Gefahrenbereich Verweilenden" unter der überschrift "Der persönliche Schutzbereich"; er weist einen großen Teil der Problematik aber zuvor dem Bereich der Verkehrspflicht-Entstehungsgründe zu (S. 182 ff.) und spricht sich gegen eine voreilige Einordnung eines Falles "in die Hülle des persönlichen Schutzbereichs" aus (S. 185). !7 v. Bar, S. 184. 28 Zur allgemeinen Abgrenzung von Schutzzweck, persönlichem/gegenständlichem Schutzbereich der Norm und Rechtswidrigkeitszusammenhang siehe vor allem: Deutsch, Haftungsrecht I, S. 234 ff. !I Vgl. v. Bar, S. 184; Deutsch, Haftungsrecht I, S. 237 f. 30 Deutsch, Haftungsrecht I, S. 237. 31 Einzelheiten zur rechtsetzenden Tätigkeit der Richter unten, S. 213 ff. 32 v .. Bar, S. 181 ff. und 190 ff., weist überzeugend nach, daß die Schutzbereichsproblematik im Bereich der richterlichen Gefahrsteuerungsgebote fast immer den Entstehungsgründen und der Bestimmung der konkreten Verkehrspjlichten zuzuweisen ist. Die Entstehungsgründe gäben Aufschluß darüber, "ob ein Schaden im ,Schutzbereich' der Norm liegt - ein Ausdruck, den man beibehalten mag, wenn man um seine inhaltliche Auffüllung bemüht ist" (v. Bar, S. 191). aa Vgl. v. Bar, S. 191; offen ausgesprochen in BGHZ 3, 261, 267; 18, 286. M Deutsch, Haftungsrecht I, S. 237.

192

IH. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

BarsS', daß die Entstehungsgründe der Verkehrspflichten bereits eine "Relativierung im Hinblick auf bestimmte Personenkreise" mit sich bringe, so daß es sehr häufig keiner zusätzlichen Schutzbereichserwägungen bedürfe, überzeugt. Gleichgültig ist, unter welchem Oberbegriff ein der Nutzung entgegenstehender Wille bei der Suche nach einem Grund für die Entstehung von Verkehrspfiichten herangezogen wird. So kann man fragen, ob eine Verkehrs eröffnung bzw. eine unzureichende Betätfgung der Bestimmungsgewalt auch gegenüber "Unbefugten" wirkt bzw. eine Pflichtwidrigkeit darstelltS7 • Mertens 38 prüft, ob die von ihm herausgearbeiteten Entstehungsgründe auch gegenüber "Unbefugten" anwendbar seien. v. Ba"sv stellt fest, daß "hier wie auch sonst die Kriterien der Gefahrerhöhung, des Vertrauensschutzes, der Beherrschbarkeit und der Vorteilsziehung aus der Gefahr" entscheidend seien; die mangelnde Befugnis könne allein haftungsrechtlich relevant sein, "wenn gerade das Moment der Widerrechtlichkeit zu einer vom Opfer selbst veranlaßten Gefahrerhöhung bzw. zur Minderung eines schutzwürdigen Vertrauens in die Abwesenheit von eigenverantwortlich nicht zu meisternden Gefahren führt"40.

Verkehrspflichten bestimmt werden 35 • Die Feststellung v.

Haben Sportler als "Unbefugte" zu gelten, obwohl sie die Sportstätte auf der Grundlage eines Vertrages nutzen, verlagert sich der Schwerpunkt auf die Frage nach einer im konkreten Fall verletzten Verkehrspflicht. Auf den grundsätzlichen Bestand der Verkehrspflichten als Teil der vertraglichen Nebenpflichten41 wirkt 'es sich nicht aus, wenn ein Sportler z. B. die Sportstätte über die vereinbarte Zeit hinaus nutzt42 • Das gleiche gilt, wenn Besucher einer Badeanstalt verbotswidrigerweise auf der Liegewiese Fußball spielen, vom Beckenrand ins Wasser springen oder den gesperrten Sprungturm benutzen. Durch ein allgemeines oder im Einzelfall ausgesprochenes Verbot können die dem Zuwiderhandelnden gegenüber bestehenden Verkehrspflichten erfüllt sein". Wird 35 Vgl. v. Bar, S. 197 (im Zusammenhang mit dem "gegenständlichen Schutzbereich"). 88 87

19 f.

v. Bar, S. 182 f. Marburger, JurA 1971, 481, 483 ff., 505 ff.; Schwab, JZ 1967, 13, 17 ff.,

38 Mertens, VersR 1980, 397, 402; MünchKomm / Mertens § 823 Rdn. 28, 184 ff., 191. 39 v. Bar, S. 188 f. 40 v. Bar, S. 189. < 41 Vgl. oben, S. 52 f., 53 (unten). 42 Zeitliche Beschränkungen sind z. B. bei der vertraglichen Benutzung von Tennisplätzen, Kegelbahnen, Squash-Hallen und Hallenbadeanstalten

üblich. 43 Das Springen vom Beckenrand kann letztlich nicht verhindert werden, so daß es bei zu geringer Wassertiefe ausreicht, im Beckenbereich ein deutlich sichtbares Verbots- bzw. Warnschild aufzustellen. Bei Sprungtürmen genügt eine Warnung vor zu geringer Wassertiefe niemals, weil zum einen schon die Errichtung einer derartigen Anlage pflichtwidrig ist, zum anderen die Be-

4. Kap.: Verkehrspfiichten bei "unbefugtem" Sportstätten-Aufenthalt

193

der Verantwortliche für den Badebetrieb von einem durch die verbotene Betätigung verletzten Badegast in Anspruch genommen, ist das Verbot jedoch nur ausnahmsweise als ausreichende Schutzmaßnahme zu werten··. Die Zurechnungsgründe für die gesetzlich geregelten Verkehrspfiichten sind in den jeweiligen Tatbeständen normiert45 • Wegen der gesetzlichen Festlegung ist es dem Richter im Einzelfall nicht möglich, ein widerrechtliches Verhalten des Verletzten auf Tatbestandsebene zu berücksichtigen. In diesem Bereich der Verkehrspfiichthaftung ist deshalb eine eingrenzende Bewertung unter Schutzbereichsgesichtspunkten noch von gewisser Bedeutung'l. Im Hinblick auf die überlagerung der gesetzlichen Verkehrspfiichten durch die judiziellen Verkehrspfiichten47 gilt das aber nur in eingeschränktem Maße.

B. Einzelheiten zur Verkehrspßichtentstehung gegenüber "Unbefugten" I. Besdlrinkungen des Sportstltten-Zupnp und beschränkte Verkehrspßichtentstehung

1. "Unbefugter" Zutritt bei öffentlichen Sportstätten im Gemeingebrauch Beschränkungen des Sportstätten-Zugangs sind begrifflich nur vorstellbar, wenn eine Sportstätte nicht jedermann ohne besondere Erlaubnis zur Benutzung offen steht. Das ist etwa bei öffentlichen Sachen, die der Benutzung durch die Allgemeinheit gewidmet sind48, der Fall4'. Sind öffentliche Einrichtungen dem Gemeingebrauch gewidmet, können einzelne Benutzer nicht ausgeschlossen werden50 • Das gilt z. B. für öffentliche Trimm-Dich-Pfade und natürliche Rodelbahnen, aber auch für öffentliche Kinderspielplätze, die von Erwachsenen schon wegen der nutzung verhindert werden kann und muß; vgl. hierzu: BGH VersR 1957, 521 f.; OLG Celle VersR 1969, 1049 ff.; OLG Nürnberg VersR 1959, 574 f.; OLG Stuttgart VersR 1961, 1026 ff.; LG Ravensburg VersR 1964, 878 f. 4& a. A. wohl AG Kassel VersR 1969, 168: Die Regelbefolgung sei durch das konkrete Verbot des Fußballspielens sichergestellt, so daß eine Haftung der Badeverwaltung gegenüber einem am Spiel unbeteiligten Badegast ausscheide. Die Befolgung war, wie sich schon aus der Tatsache des Unfalls ergibt, nicht sichergestellt. Das Spielen hätte unterbunden werden müssen. 45 Vgl. oben, S. 75 ff. 4. Vgl. v. Bar, S. 191, der eine wertende Zurechnung "zur Vermeidung eines versari in re illicita bei fest umrissenen Tatbeständen" noch für erforderlich hält. Siehe auch Deutsch, Haftungsrecht I, S. 234 f. 47 Siehe bereits oben, S. 75. 48 Siehe hierzu oben, S. 86 ff. 48 So Marburger, JurA 1971, 481, 493. Vgl. auch Schwab, JZ 1967, 13, 18: Jedermann gehöre zum zutrittsberechtigten Personenkreis, wenn der Zugang für die Allgemeinheit eröffnet sei. 50 Marburger, JurA 1971, 481, 493. 13 Bömer

:94

III. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

ihnen obliegenden Aufsichtspflichten betreten werden dürfen und müssenG1 • Die am Schutzbedürfnis der Kinder ausgerichteten Verkehrspflichten52 schützen deshalb grundsätzlich auch Jugendliche und Erwachsene, die sich auf dem Spielplatz aufhalten. "Man müßte sonst annehmen, daß ein- und dasselbe Verhalten ... im einen Fall rechtswidrig, im anderen dagegen rechtmäßig wäre. Das aber sollte man vermeiden".51 Stürzt ein Erwachsener in eine auf dem Kinderspielplatz liegende Glasscherbe, "so haftet die Gemeinde, wenn sie einem Kind den gleichen Schaden zu ersetzen hätte"64. Bei der Frage nach einem mitwirkenden Verschulden wäre allerdings ein wesentlich strengerer Maßstab als bei Kindern geboten55. Außerdem braucht der Sportstätten-Verantwortliche keine Vorkehrungen für eine "unbefugte" Benutzung der Spielgeräte durch Erwachsene zu treffen, so daß er z. B. lediglich sicherzustellen hat, daß die Geräte Kinder gefahrlos tragen könnenG8 •

2. "Unbefugter" Zutritt bei allgemein zugänglichen Privatsportstätten Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend für private Sportstätten, bei denen die äußeren Gegebenheiten mit den bei öffentlichen Sportstätten im Gemeingebrauch herrschenden Verhältnissen vergleichbar sind. Wenn der Zutritt zu einem privaten Herrschaftsbereich einem generell nicht begrenzten Personenkreis gestattet ist, bezieht sich die aus der Verkehrseröffnung abgeleitete Verantwortlichkeit ohne Rücksicht auf ein im Einzelfall bestehendes Zutrittsverbot67 auf alle PersoSI Die Aufsichtspjlichten der Eltern sind von den Verkehrspjlichten des Spielplatz-Verantwortlichen zu unterscheiden. Verkehrspflichtverletzungen werden von Aufsichtspflichtverletzungen nicht "aufgehoben". Allerdings können diese für die Bestimmung der Verkehrspflichten von Bedeutung sein, wenn damit zu rechnen ist, daß Kinder üblicherweise beaufsichtigt zu werden pflegen. Mißverständlich BGH NJW 1975, 108, 109 (Ziff. 2). Zu den Aufsichtspjlichten: Weisemann, Rdn. 156 ff. (S. 57 ff.). 6Z Gaisbauer, VersR 1977, 505, 508. 53 v. Bar, S. 185. 54 v .. Bar, S. 189. 65 v. Bar, S. 185, meint dagegen, bei Spielplatz-Unfällen von Erwachsenen sei die Frage nach dem Schutzbereich der objektiv verletzten Versicherungspflicht als Annex ausnahmsweise von eigenständigem dogmatischen Wert. 68 Vgl. v. Bar, S. 183: "Bricht ein Erwachsener auf einem solchen Gerät ein, so wäre es gekünstelt anzunehmen, der Schutzbereich der Verkehrssicherungspflicht erstrecke sich nicht auf Erwachsene. Offenbar liegt hier schon kein rechtswidriges Unterlassen vor, wenn das Gerät zu seinem Zweck tauglich war." n Der Verantwortliche hat seinen Beschränkungswillen nicht in ausreichender Form kenntlich gemacht: Vgl. Schwab, JZ 1967, 13, 19; siehe auch oben,

S. 156 f., 160 f.

4. Kap.: Verkehrspflichten bei "unbefugtem" Sportstätten-Aufenthalt

195

nen, die sich innerhalb des mit der Verkehrseröffnung verfolgten Zwecks bewegen58, also auf der Sportstätte Sport treiben oder sich dort als Zuschauer aufhalten. Dieser Grundsatz ist bei allen nicht eingezäunten und auch nicht auf sonstige Weise von anderen Verkehrsbereichen abgegrenzten Sportstätten58 ein-

schlägig. Bei den "freigelegenen" Sportstätten ist der Zutritt praktisch nicht kontrollierbar. Ein Sportler kann an jeder Stelle ungehindert auf die Sportstätte gelangen, so daß der Bestimmungsberechtigte nicht in der Lage ist, "durch einzelne Zugangsverbote, deren Gründe mit der Zweckwidmung nicht wesentlich zusammenhängen, ... die haftungsrechtliche Tatsache der Verkehrseröffnung zu beseitigen"60. Selbst wenn die Zulassung zur Benutzung bei einer im vorgenannten Sinne öffentlichen Privatsportstätte nur gegen Zahlung eines Entgelts ausgesprochen wird, sind die Voraussetzungen für eine Verkehrseröffnung auch "unbefugten" Benutzern gegenüber erfüllt. Bei Forderung eines Entgelts kommt es nicht darauf an, ob die Zahlung des Eintrittsgeldes eine nach der Zweckwidmung zu erfüllende Voraussetzung des Zutritts ist, "weil das Streben nach Gewinn oder Kostendeckung in den Zweckzusammenhang der Verkehrseröffnung gehört"61. Mit der Zahlung des Entgelts kommt zwar ein pflichtauslösender Sportstätten-Nutzungsvertrag zustande62 ; die Tatsache der Nichtzahlung schließt aber nur das Vorliegen eines Nutzungsvertrages, jedoch nicht die Verkehrspflichtentstehung durch Verkehrseröjjnung 63 oder VerkehrsermögZichung 64 aus. Für die Begründung der deliktischen Verantwortlichkeit ist nicht der Wunsch, Eintrittsgelder einzunehmen, sondern nur das gesamte äußere Erscheinungsbild entscheidend65 • 68 So Marburger, JurA 1971, 481, 495, 501 ff., 503, jedoch nur für "Geschäftsgrundstücke oder -räume mit generell unbegrenztem Kreis zutrittsberechtigter Personen". Für die Pflichtenbegründung sind nur die tatsächlichen Verhältnisse - ohne Rücksicht auf einen geschäftlichen oder gefälligen "Hintergrund" - von Bedeutung, so daß der Grundsatz z. B. auf private Sportstätten, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, übertragbar ist. Schwab, JZ 1967, 13, 18, unterscheidet ebenfalls ganz allgemein zwischen exklusivem Zugang und Eröffnung des Zugangs für die Allgemeinheit. 69 Sportplätze, Skiloipen, Skipisten, private Kinderspielplätze als Bestandteile von Wohnanlagen, Golfplätze im freien Gelände usw. BO Schwab, JZ 1967, 13, 18. 61 So Schwab, JZ 1967, 13, 18; ebenso Marburger, JurA 1971, 481, 502. 62 Oben, S. 52 f., 105 ff. B3 Insoweit zutreffend Schwab, JZ 1967, 13, 18: "Wird aber die Erbringung der Gegenleistung überhaupt nicht kontrolliert oder ist sie nicht kontrollierbar, müssen auch solche Personen dem eröffneten Verkehr zugerechnet werden, welche die Gegenleistung nicht zu erbringen bereit sind ... " a. A. Marburger, JurA 1971, 481, 502 f. B4 Das ergibt sich aus den Ausführungen auf S. 156 ff. es Die Frage, ob der verunglückte Sportstätten-Benutzer das Entgelt gezahlt hat, kann nur beweisbedürftig sein, wenn es um die vertragliche Haf-

196

III. Teil: EntstehungsgrÜßde für Sportstätten-Verkehrspflichten

Die Entstehung von Verkehrspflichten für Skiabfahrtsstrecken" ist nicht davon abhängig, ob die Skifahrer einen "Skipaß" erworben und damit das Streben des Verantwortlichen, die erheblichen Kosten für die Pistenunterhaltung zu decken und darüber hinaus Gewinn zu erzielen, unterstützt haben07 • Verkehrspflichten entstehen auch bei "unbefugter" Benutzung von verkehrsofjenen Vereinssportstätten durch Nichtmitglieder. Ein nicht eingezäunter Vereinssportplatz steht jedermann zur Benutzung offen, so daß der Wille, den Sportplatz nur Vereinsmitgliedern zur Verfügung zu stellen68 , nicht geeignet ist, das Vertrauen anderer Sportplatzbenutzer in Frage zu stellens9 •

Wird ein aHgemein zugängliches Grundstück immer wieder von Kindern betreten, weil die dort befindlichen Gegenstände einen Anreiz zum Spielen ausüben, so ist der Verantwortliche sicherungspflichtig, obwohl das Grundstück nach seinem Willen eigentlich nicht betreten werden durfte70 : "Jeder Grundstückseigentümer muß wirksame und auf Dauer angelegte Schutzmaßnahmen ergreifen, um Kinder vor den Folgen ihrer Unerfahrenheit und Unbesonnenheit zu schützen, wenn ihm bekannt ist, daß die - trotz Verbots seitens des Grundeigentümers, der Eltern oder anderer Personen - immer wieder sein Grundstück zum Spielen benutzen ... "71. Die Verkehrspflichtentstehung hängt nicht davon ab, ob sich auf dem Grundstück gefährliche Gegenstände befinden71 •

tung (z. B. aus § 538) geht. a. A. Marburger, JurA 1971, 481, 502 f. (insbes. S. 501,

Fußn. 93), der dem Gefahrverantwortlichen die Möglichkeit einräumt, zu beweisen, daß der Verletzte wegen Nichterfüllung der Zutrittsvoraussetzungen - z. B. bei Nichtzahlung des Eintrittsgeldes - von der Verkehrseröffnung nicht erfaßt werde. Diese Ansicht ist mit der hier vertretenen objektiven Deutung des Begriffes "Verkehrseröffnung" (vgl. oben, S. 72 ff. und S. 138 ff.) nicht vereinbar. 88 Oben, S. 144 ff. n Zur Auslegung der mit dem Erwerb von "Skipässen, "Punktekarten" usw. zustandekommenden Verträgen oben, S. 113 ff., 118 ff. 88 Zu den rechtlichen Grundlagen der Benutzung von Vereinssportstätten durch Vereinsmitglieder oben, S. 124 f. (entgeltliche Nutzung), 126 f. (unentgeltliche Nutzung) und 129 ff. (Schutzkrafterstreckung zugunsten der Vereinsmitglieder). 89 Im einzelnen kann auf die Ausführungen auf S. 138 ff. (Verkehrseröffnung) und S. 156 ff. (Verkehrsermöglichung) verwiesen werden. 70 So zu Recht BGH NJW 1975, 108 f: "Motiv" für das Betreten war ein nach seinem Wuchs zum Klettern geeigneter Baum ("Kletterbaum"), während sich der Unfall beim Spielen mit einer Stahlbaumatte ereignete. 71 BGH NJW 1975, 108, 109; vgl. auch OLG Köln VersR 1983, 190. 72 a. A. wohl BGH NJW 1975, 108, 109 (m. w. N.). Die aus "unzureichender Zugangsverhinderung" abgeleitete Verkehrspfiichtentstehung ist vertrauensund nicht gefahrbezogen, so daß es auf das Bestehen einer "besonderen Gefahrenlage" nicht ankommt (vgl. oben, S. 157 f.).

4. Kap.: Verkehrspfiichten bei "unbefugtem" Sportstätten-Aufenthalt

197

3. "Unbefugtes" Betreten von eingezäunten Sportstätten und Sporthallen Die "Kanalisierung" des Zutritts ist ein gemeinsames Merkmal von eingezäunten Sportstätten7S und Sporthallen: Die Sportstätten sollen nur durch die gekennzeichneten Eingänge bzw. Eingangstore betreten werden. Schon aus diesen baulichen Besonderheiten geht hervor, daß der Zugang exklusiv74 sein soll, und es sich der Verantwortliche grundsätzlich vorbehalten will, den Grad der Exklusivität zu steuern. also bestimmte Personen oder Personengruppen vom Zutritt zur Sportstätte auszuschließen. Ob und in welchem Umfang der Verantwortliche von dieser Möglichkeit76 Gebrauch gemacht hat, ergibt sich nicht aus dem Willen78, sondern aus den im Eingangsbereich getroffenen Maßnahmen zur Regelung des Zutritts, die unter Vertrauensschutzgesichtspunkten zu würdigen sind77 • Ein Grundsatz des Inhalts, daß sich bei exklusivem Zugang "jeder. dem der Zugang nicht gestattet wurde, eben um der Exklusivität willen außerhalb des eröffneten Verkehrs"78 befinde, so daß in aIIer Regel für den Gefahrverantwortlichen mangels Verkehrseröffnung "jede Pflicht, für den gefahrlosen Zustand seines Bestimmungsbereichs gegenüber Dritten zu sorgen", entfaIIe7', ist nicht anzuerkennen. Befindet sich im Eingangsbereich eine "Eintrittskasse"so oder ein "Kartenautomat"Sl, so ist für die Sportstätten-Besucher erkennbar. daß ihnen der Sportstätten-Zutritt el'St nach "Erwerb einer Eintrittskarte"&! 7S Damit sind auch Sportstätten ohne besondere Abgrenzung gemeint. die auf einem eingezäunten Privatgrundstück nur eine nebensächliche Funktion (Freizeitl!estaltung) haben, also z. B. private Schwimmbecken (hierzu Weimar, MDR 1966, 114 f.; Wiethaup, VersR 1971, 499. 502 f.) oder private Spiel'Dlätze in kleineren Wohnanlal!en. Zur Haftune: für UnfäIIe auf mitvermieteten Kinders'Dielplätzen: Weimar, ZMR 1974, 228 f. 7C Begriff siehe Schwab, JZ 1967, 13, 18; Marburger, JurA 1971, 481, 494. 75 Mißverständlich Marburger, JurA 1971, 481, 497, der feststellt. es sei dem Sicherungspfiichtigen gestattet, "die Zahl der Personen zu beschränken, denen er Obhut schuldet". 71 So aber wohl Marburger, JurA 1971, 481, 494: "Der Gefahrverantwortliche will und muß sich darauf verlassen können, ... daß auch der Kreis der Personen, denen gegenüber er obhutpfiichtig ist, nicht oder gar gegen seinen Willen erweitert werden kann ..." 77 Die Ausführungen auf S. 138 ff. und 156 ff. sind auch in diesem rechtlichen Zusammenhang maßgebend. 78 Marburger, JurA 1971, 481, 494. 71 Schwab, JZ 1967, 13, 18. 80 Öffentliche Badeanstalten, Hallenbäder, Squash-Hallen, Bowling-Bahnen, Mini-Golf-Plätze usw. 81 Vor aIIem bei Frei- und Hallenbädern wird der Zutritt häufig mit Hilfe von Automaten "geregelt". 8! Mit dem "Kauf einer Eintrittskarte" - so die Umgangssprache - wird ein Sportstätten-Nutzungsvertrag geschlossen; vgI. oben,S. 105 f.

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111. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

gestattet wird. Wer bei einer derartigen Sachlage Zäune übersteigt, die Kassen "umgeht" oder sich auf sonstige Weise den Zutritt "erschleicht", ist "Unbefugter", kann aber dennoch wie jeder "zahlende" SportstättenBesucher darauf vertrauen, sich in einen sicheren bzw. gesicherten Bereich zu begeben83 • Soll durch die "Kanalisierung" des Zutritts nur sichergestellt werden, daß möglichst alle Benutzer das geforderte Entgelt auch tatsächlich entrichten, wird der Verkehr nicht beschränkt, sondern aus wirtschaftlichen Gründen kontrolliert M . Maßnahmen, die ausschließlich der Verwirklichung des Strebens nach Gewinn und Kostendeckung dienen, führen nicht zu einer "beschränkten Verkehrseröffnung"85. Solange die Kassen geöffnet sind, Eintrittskarten "verkauft" werden, gibt der Verantwortliche zu erkennen, daß die allen Sportstätten-Besuchern drohenden Gefahren von ihm gesteuert werden. Wenn in anderen Fällen88 im Eingangsbereich weder zugangsregelnde Schilder aufgestellt sind 87 noch eine Zugan(lskontrolle stattfindet, ist wie bei öf-

fentlichen Sportstätten im Gemeingebrauch88 und allgemein zugänglichen privaten Sportstätten" grundsätzlich von einer unbeschränkten Verkehrseröffnung auszugehen. Das Vorhandensein einer Einzäunung spricht im all-

81 Der "Unbefu/rte" weiß, daß der Verantwortliche für die Sicherheit des Snortstätten-Verkehrs Sorge tral!en muß, und auch er durch die getroffenen Sicherheitsvorkehrungen geschützt wird. Obwohl er die Zugangskontrolle uml!eht, bewegt er sich nicht außerhalb des eröffneten Verkehrs, sondern bel!ibt sich in den eröffneten Verkehr und wird damit zu einem von den "beful!ten" Personen nicht mehr zu unterscheidenden Verkehrsteilnehmer unter vielen. a. A. Schwab, JZ 1967, 13, 18: Wer sich den Eintritt zu einer Ausstellung durch die Hintertür erschleiche, sei nicht in die Verkehrseröffnung einbezol!en, weil die Erbringunl! der Geltenleistung kontrolliert werde bzw. kontrollierbar sei. Noch weitergehend Marburger, JurA 1971, 481 502 f.: Wenn der Bestimmunl!sberechtigte die Erbringung der Gegenleistung nicht kontrollieren könne, dürfe nicht von vornherein der diesem obliegende Beweis der Nichtzahlung abgeschnitten werden, weil die Voraussetzungen der Verkehrseröffnung dann nicht erfüllt seien. 84 Von einer Beschränkung kann nur die Rede sein, wenn die Erlaubnis des Zutritts Ausnahmecharakter hat, also nicht jedermann, sondern nur die Angehörigen eines bestimmten Personenkreises zutrittsberechtigt sind. Unter dieser Voraussetzung wird ein auch für die Entstehung und den Umfang der Pflichten erhebliches Maß an Exklusivität !1ewahrt. Vgl. hierzu Schwab, JZ 1967, 13, 18, und Marburger, JurA 1971, 481, 495 ff., 500 ff., die nicht nur auf das äußere Erscheinungsbild abstellen. 85 So aber Schwab, JZ 1967, 13, 18; Marburger, JurA 1971, 481, 502. 88 "Eintrittskassen" sind nicht vorhanden oder nicht besetzt. Die Zugänge sind jedoch geöffnet. 87 Mit diesen Schildern soll bestimmten Personen der Zugang gestattet, anderen Personenkreisen der Zutritt verboten werden (z. B. "Nur für Mit-

glieder!", "Nur für Hotelgäste!", "Unbefugten ist der Zutritt verboten", "Das Betreten ist nur Golfspielern gestattet!" usw.). Sie sind von den Verbots- und Warnschildern zur allgemeinen Sportstätten-Sperrung bzw. Sicherung des Sportbetriebs zu unterscheiden; siehe hierzu bereits oben, S. 160 f., und unten, S. 253 ff. sowie 262 ff. 88 Siehe oben, S. 193 f. 88 Vgl. oben, S. 194 ff.

4. Kap.: Verkehrspfiichten bei "unbefugtem" Sportstätten-Aufenthalt

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gemeinen nicht für eine personelle Zugangsbeschränkung", es sei denn, aus sonstigen Umständen geht hervor, daß nur ein exk~usiver Personenkreis zutrittsberechtigt sein soll81. Zu unbestimmt und daher regelmäßig unbeachtlich ist das Schild mit der Aufschrift "Betreten für Unbefugte verboten"'!. Verbotsschilder, die gut sichtbar angebracht sind und deutlich zu erkennen geben, welchen Personen der Zutritt untersagt istea, schließen lediglich eine aus Gestattung abgeleitete Verkehrseröffnung 94 aus. Auch in diesen Fällen führt jedoch eine Du~dunge5 bzw. eine zurechenbare Ermöglichung" des Zutritts "Unbefugter" zur Entstehung umfassender Sportstätten-Verkehrspfiichten. Art und Umfang der vom Verantwortlichen getroffenen Maßnahmen zur Kennzeichnung der von ihm gewollten Exklusivität des Zugangs sind dafür entscheidend, ob und welche "Unbefugten" im Einzelfall schutzwürdig sind oder nicht, ob das Vertrauen in die Wirksamkeit der Beschränkung oder das Sicherheitsvertrauen der Benutzer vorrangig ist. Ist das Vertrauen eines "unbefugten" Benutzers nicht schutzwürdig, liegt die Folgerung nahe, daß eine Haftung des Verantwortlichen bereits von vornherein ausgeschlossen ist97 ; ein als Unfallursache in Betracht kommendes Verhalten müßte dann nicht rechtlich bewertet werden. Dieses Ergebnis wäre wegen der Möglichkeit einer ausschließlich gefahrbezogenen Haftungsbegrundungverfehlt. Wenn vom Verantworteo Auch öffentliche Sportstätten im Gemeingebrauch sind vielfach eingezäunt. Die Zäune können zur Erfüllung von Verkehrspjlichten gegenüber Sporttreibenden und Außenstehenden - also nicht zum Zwecke des Ausschlusses "Unbefugter" - errichtet worden sein; hierzu oben, S. 163 ff., 165 ff. U Befinden sich Sportstätten innerhalb eingezäunter Privatgrundstücke, auf denen sich Ein- oder Mehrfamilienhäuser befinden, ist ohne weiteres erkennbar, daß das Betreten und die Sportstätten-Nutzung nur Bewohnern und eingeladenen Gästen gestattet ist. Vgl. zu privaten Schwimmbecken in diesem Bereich Weimar, MDR 1966, 114, 115, und Wiethaup, VersR 1971, 499, 502: Man könne nur dann von einer "beschränkten Verkehrseröffnung" sprechen, wenn neben dem Eigentümer auch anderen Personen der Zutritt gestattet sei. Bei Hotelsportstätten ist es offensichtlich, daß nur Hotelgäste "befugt" sind; Wiethaup, a.a.O., verneint bei Schwimmbädern in Hotels, Feriensiedlungen usw. eine "generelle" Verkehrssicherungspfiicht, weil die Badeanlagen nur einem "geschlossenen Personenkreis" zur Verfügung stünden. Bei Vereinssportstätten ist die auf Mitglieder beschränkte Zutrittserlaubnis ohne besondere Kennzeichnung nicht erkennbar. e! BGH NJW 1957, 499, hält dieses Schild bei einer Baustelle für rechtlich bedeutsam. Das gilt auch für die soeben (Fußn. 91) genannten Sportstätten. es Schilder, die den Willen des Verantwortlichen nicht deutlich werden lassen oder nur mit Mühe entziffert werden können, sind unbeachtlich. Das ergibt sich aus §§ 2 I Nr. 1, 5 AGBG: Diese Vorschriften sind zwar nicht unmittelbar anwendbar, da die Schilder keine Vertragsbedingungen i. S. v. § 1 I AGBG beinhalten, sondern bestimmte Personen vom zugelassenen Verkehr ausschließen sollen; der ihnen zugrundeliegende Rechtsgedanke ist jedoch auf Erklärungen an die Allgemeinheit "unterhalb der Vertragsebene" übertragbar.. .. Vgl. oben, S. 139 ff. 85 Hierzu oben, S. 141 ff. et Siehe oben, S. 156 ff. 17 So wohl Marburger, JurA 1971, 481, 494 und 495.

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UI. Teil: Entstehungsgründe für Sportstättea-Verkehrspftichten

lichen unzulässige Sportanlagen oder Sportgeräte errichtet und freigegeben worden sind, hat er verbotene Gefahren geschaffen98 , so daß er jedem Benutzer gegenüber haftet, bei dem sich die Gefahr konkretisiert und zu einer Rechtsgutverletzung geführt hat. Bereits die Herbeiführung der Gefahrenlage ist pflichtwidrig, so daß es nicht auf das Vorliegen sonstiger Verkehrspflicht-Entstehungsgründe91 und damit auch nicht auf die "Befugnis" ankommt. Will der Verantwortliche einer Haftung wegen Verbotspflichtverletzung entgehen, muß er die Gefahrenquelle beseitigen oder das Betreten und die Benutzung durch "befugte" bzw. "unbefugte" Personen unmöglich machen, also die Gefahr "neutralisieren"loo. Personelle Beschränkungen sind auch dann ohne haftungsrechtliche Bedeutung, wenn der Verantwortliche im konkreten Fall selbst einem "befugten" Benutzer gegenüber keine Verkehrspflicht verletzt hätte, etwa weil "der später Geschädigte sich aus eigenem Antrieb in eine tür ihn erkennbare und daher eigenverantwortlich vermeidbare Gefahrensituation begeben hat, wobei sich die Erkennbarkeit der Gefahr entweder aus den Umständen oder aus einer erfüllten Hinweispfticht ergibt"lOl. D. Verkehnpftlehtentltehunc pcen8ber "unbefugten" Zuscllauern und Außenstehenden

1. Zuschauer und Außenstehende als "Unbefugte" Der Sportstätten-Verantwortliche haftet für Unfälle außer halb des Sportstätten-Geländes, soweit sich eine von ihm beherrschbare und deshalb vermeidbare Gefahr verwirklicht hat102 • Die Beherrschbarkeit ergibt sich im wesentlichen aus der Möglichkeit einer baulichen oder räumlichen Abgrenzung der Sportstätte nach außen103 • Vgl. oben, S. 175 ff. Marburger, JurA 1971, 481, 505 (Fußn. 105), leitet dagegen die Haltung nur aus dem pflichtwidrigen Unterlassen der Abwendung drohender Gefahren ab und hält auch bei "Schaffung einer besonderen Gefahrenlage" oder Gefahrbeherrschung zusätzlich eine Verkehrseröffnung oder unzureichende Zugangserschwerung für erforderlich. Dieser Ansicht ist nicht zu folgen, weil sie die Möglichkeit der Verkehrspflichtentstehung für eine ganz bestimmte, individualisierte Gefahr, vor allem die Existenz verbietender Verkehrspflichten, nicht hinlänglich berücksichtigt. 100 Vgl. hierzu BGH NJW 1975, 108, 109: "Diese Umstände zusammengenommen begründeten hier eine Verpflichtung ... , entweder durch geeignete Maßnahmen (z. B. eine entsprechend hohe Einzäunung) Kinder am Zugang zu dem Grundstück zu hindern oder die Gefahrenquelle zu beseitigen." Im Gegensatz zur Ansicht des BGH (a.a.O., 108) beruhen diese Pflichten nicht auf einer unzureichenden Betätigung der "Bestimmungsgewalt hinsichtlich des Zugangs zum Grundstück", sondern auf der Schaffung oder Beherrschbarkeit einer unzulässigen Gefahr. 101 v. Bar, S. 188. 10! Vgl. oben, S. 163 ff. und 165 ff. lOS Siehe vor allem S. 164, 166 f. 88

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4. Kap.: Verkehrs pflichten bei "unbefugtem" Sportstätten-Aufenthalt

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Diese Maßnahmen sind nicht mehr wirksam, wenn Außenstehende das Sportstätten-Gelände betreten und sich den Sportbetriebsgefahren - wissentlich oder versehentlich - unmittelbar aussetzen. Ein wirksamer Schutz dieser Personen erfordert besondere bauliche und organisatorische Vorkehrungen, mit denen sich Sportstätten-Verantwortliche außerhalb von Sportveranstaltungen l04 regelmäßig nicht belasten wollen. Aus diesem Grund ist bei vielen Sportstätten Personen, die auf der Sportstätte nicht Sport treiben wollen, der Zutritt untersagt. Beachtet ein Außenstehender das Zutrittsverbot nicht, verstößt er gegen den Willen des Verantwortlichen zur personellen Beschränkung des Zugangs und verletzt eine gegenständliche Beschränkung, nämlich die Bereitstellung der Sportstätte allein zum Zwecke der Sportausübung105 • Dennoch ist die Verkehrspflichtentstehung bei "unbefugtem" Betreten einer Sportstätte durch NichtsportIer grundsätzlich ebenso zu beurteilen wie ein "unbefugtes" Betreten durch Personen, die sich zumindest an die gegenständliche Zweckbestimmung halten, also auf der Sportstätte Sport treiben wollen l08 .

2. Öffentliche bzw. allgemein zugängliche Sportstätten und Schutz von Nichtsportlern Bei öffentlichen Sportstätten im Gemeingebrauch l07 und der Allgemeinheit zugänglichen privaten Sportstättenl08 rechtfertigt das Fehlen einer Sportstätten-Abgrenzung gegenüber anderen Verkehrsbereichen nicht nur ein Sicherheitsvertrauen der Sporttreibenden. Auch die Sicherheitserwartungen von Personen, die sich zum Zwecke des Zuschau104 Bei Sportveranstaltungen ist die Anwesenheit von Zuschauern vorwiegend aus wirtschaftlichen Gründen - erstrebt (vgl. oben, S. 22 f.). Deshalb sind die VerkehrsP:flichten zum Schutz der Zuschauer vor den Veranstaltungsgefahren im engeren Sinn (Sportbetriebsgefahren) von besonderer Bedeutung (Nachweise unten, S. 269 Fußn. 427). 105 Bei sinngemäßer Anwendung der von Marburger, JurA 1971, 481, 495 ff., aufgestellten Grundsätze wäre wie folgt zu argumentieren: Sportstätten dürfen nach ihrer Zweckbestimmung nur von Personen, die Sport treiben wollen, betreten werden. Andere Personen sind ohne besondere Erlaubnis nicht zutrittsberechtigt, so daß die Haftung wegen Verstoßes ge/ten eine personelle Beschränkung entflele. Es bestehe erkennbar nur eine Pflicht, die Sportler vor atypischen Sportstätten-Gefahren zu schützen, während der Verantwortliche nicht verpflichtet sei, NichtsportIer vor den Gefahren durch den Sport zu bewahren. 108 Es ist nicht von haftungsrechtlicher Bedeutung, ob ein Sportplatz mit oder ohne Sportkleidung bzw. Sportgeräte, ein Golfplatz mit oder ohne Golfschläger usw. betreten wird. Haftungsrechtlich erhebliche Unterschiede ergeben sich nur dann, wenn Außenstehende die Sporttreibenden gefährden: Fußgänger betreten eine Skiabfahrtsstrecke oder Rodelbahn usw.; siehe hierzu oben, S. 183 f. 107 Vgl. oben, S. 86, 89 f., 193 f. 108 Vgl. oben, S. 194 ff.

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III. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

ens auf die Sportstätte begeben oder wegen nicht hinreichender Erkennbarkeit der Grenze zwischen den Verkehrsbereichen versehentlich auf die Sportstätte geraten, sind gerechtfertigt.

Ein Trimm-Dich-Pfad ist für jedermann, nicht nur für Sportler, frei zugänglich, so daß dieVerkehrseröffnung unbeschränkt istl° 9• Skiabfahrtsstrecken können in ihrer gesamten Länge auch von Fußgängern betreten werden, so daß den Verantwortlichen auch diesen Personen gegenüber zumindest Warnpflichten obliegen llO ; die Haftung entfällt nur, wenn im konkreten Fall keine Verkehrspflicht verletzt worden istt ll • Die Aufstellung des normierten Schildes mit der Aufschrift "Begehen verboten"112 vermag die Verkehrspflichtentstehung nicht zu verhindern, kann jedoch z. B. bei Skiabfahrtsstrecken eine ausreichende Sicherungsmaßnahme sein 113• Bei Golfplätzen, die regelmäßig nicht in vollem Umfang eingezäunt sind, ist eine hinreichend sichere Unterscheidung zwischen Sportstätte und angrenzenden Verkehrsbereichen

im Hinblick auf die räumliche Ausdehnung und wegen der Heranziehung aller natürlichen Gegebenheiten zu Spielzweckenll4 nicht möglich. Der Golfplatz-Verantwortliche ist nicht nur für die Sicherheit von Golfspielern und Personen außerhalb des Golfplatzes 115, sondern auch "unbefugten" Nichtsportlern im Golfplatzbereich gegenüber sicherungspflichtig118• Bei Golfplätzen ll7 und anderen gefährlichen Sportstätten 118 kann bereits die Freigabe trotz ungenügender baulicher Vorkehrungen zur 109 Davon geht auch Gaisbauer, VersR 1979, 9, 11, aus: Er fordert geeignete Sicherungsmaßnahmen für den Fall, daß beim Betrieb einer Trimm-DichStrecke auch Gefahren für "andere Spaziergänger" bestehen (Verlegung der Sportstätte; Absperrung für Nichtsportler). Wiethaup, VersR 1972, 817, nennt dagegen nur die Pflicht, benachbarte Grundstücke vor Beschädigungen zu schützen (hierzu oben, S. 165 ff., und unten, S. 302 f.). 110 Wenn der "eindringende" Spaziergänger einem abfahrenden Skiläufer wegen Verstoßes gegen eine Verbotspflicht (vgl. oben, S. 183 Fußn. 321) haftet, wird der Verantwortliche für eine Abfahrt keine Verkehrspflicht gegenüber dem Fußgänger verletzt haben: Eine Warnung vor erkannten Gefahren erübrigt sich; das Betreten muß nicht verhindert werden. Unklar Weisemann, Rdn. 118 (S. 44). 111 Vgl. OLG München VersR 1977, 382: Haftung des Bergbahnunternehmers für den Unfall eines Fußgängers, der auf einer eisglatten Stelle in der Nähe der Talstation eines vorwiegend von Skifahrern benutzten Sessellifts im Auslauf einer Skiabfahrtsstrecke gestürzt war. m Für Skipisten normiert in Ziff. 6 lfd. Nr. 10 der DIN-Norm 32912 (Entwurf August 1981). Das Schild soll darauf hinweisen, daß das überqueren der Ski piste durch Fußgänger und der Aufenthalt von Fußgängern auf der Ski piste verboten sind. Siehe auch unten, S. 265 (Fußn. 404). 113 Vgl. unten, S. 265 f. 114 Die einzelnen Golfbahnen sind mehrere 100 m lang. Auch natürliche Hindernisse sind in das Spiel einbezogen, von den Golfspielern zu "überwinden". Es werden sogar künstliche Seen, Sandgruben usw. angelegt, um den Schwierigkeitsgrad einer Bahn zu erhöhen. Nur das sog. "Grün", der Zielbereich einer Bahn, wird in typischer Weise "aufbereitet". Alle sonstigen Grünflächen unterscheiden sich nicht von anderen Grünanlagen. 115 Zum Schutz Außenstehender oben, S. 165 ff., und unten, S. 302 ff. ue So auch H. W. Schmidt, VersR 1963, 1101, 1103; Weisemann, Rdn. 129 (S.48). 117 Folgende Formulierungen von H. W. Schmidt, VersR 1963, 1101, 1103,

4. Kap.: Verkehrspflichten bei "unbefugtem" Sportstätten-Aufenthalt 203 Verhinderung eines Sportstätten-Zutritts durch "unbefugte" Außenstehende verbotswidrig und damit haftungsbegründend sein. Eine derart strenge Beurteilung ist aber nur angebracht, wenn die mit dem Sportbetrieb für "unbefugte Eindringlinge" verbundenen Gefahren weder vom Sportstätten-Verantwortlichen noch von den Sporttreibenden in ausreichendem Maße gesteuert werden können, und auch die Gefährdeten selbst nicht in der Lage sind, die drohenden Gefahren rechtzeitig zu erkennen und ihnen auszuweichen119 •

3. Sportstätten mit exklusivem Zugang und Schutz von Nichtsportlern Bei Sporthallen und eingezäunten oder auf sonstige Weise von anderen Verkehrsbereichen abgegrenzten Sportstätten braucht nur ein willentliches, nicht aber ein versehentliches Betreten durch Außenstehende in Betracht gezogen zu werden. Auch in diesem Bereich gelten die für ein "unbefugtes" Betreten zum Zwecke der Sportausübung dargestellten Grundsätze ·entsprechend1l!o. Es ist gleichgültig, ob der "Unbefugte" auf einer Vereinssportstätte Sport treiben oder unberechtigterweise am sonstigen "Vereinsleben" teilnehmen will; auch Vereinsmitglieder betreten das Vereinsgelände nicht nur zum Zwecke der Sportausübung. Will der Verantwortliche bei anderen Sportstätten gegenüber Zuschauern nicht sicherungspflichtig sein, darf er deren Zutritt weder dulden noch ermöglichen. Da es nicht üblich ist, Zuschauern das Betreten ausdrücklich zu untersagen, wird der Verantwortliche regelmäßig auch diesen "Unbefugten" gegenüber verkehrspflichtig sein. Die Verkehrspflichten sind nicht verletzt, solange sich die Zuschauer in Bereichen aufhalten, die ohnehin - wenn auch nur bei Sportveranstaltungen '"- für Zuschauer bestimmt sind und in ausreichendem Maße Schutz bieten 1!1. Wird ein "unbefugter" Besucher im Zuschauerbereich deuten auf eine Verbotspflicht hin: "Zum anderen muß es unmöglich gemacht werden, daß fremde Personen auf die Spielfelder gelangen können. Eine bloße Beschilderung reicht hierzu nicht aus." 118 Schießsportanlagen, künstliche Bob- und Rodelbahnen, Sprunqschanzen usw. VgI. auch unten, S. 429 ff. (Gefährdungshaftung für Sportstätten-Unfälle). 119 Aus diesem Grunde ist es verboten, auf einem nicht eingezäunten Sportplatz das Hammer-, Diskus- oder Speerwerfen zu gestatten. Das Fußballspielen ist hingegen erlaubt, weil die Gefahren sowohl von den Spielern als auch von den Zuschauern gesteuert werden können. Vgl. auch oben, S. 165 ff. (Gefahrverwirklichung außerhalb des Sportstätten-Geländes). 120 Vgl. oben, S. 197 U. m Zuschauertribünen, Stehränge usw., die dem Sicherheitsstandard entsprechen. Eichenberger, S. 75 f., meint, daß die ungenügende Distanz zwischen Zuschauern und Sportstätte oder eine fehlende bzw. mangelhafte Abschrankung fast immer die Ursache von Zuschauer-Unfällen sei. Zuschaueranlagen sind deshalb nur dann ordnungsgemäß, wenn auch die Sicherheit der Zu-

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ur. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

von einem abirrenden Sportgerät getroffen, so beruht der Unfall jedenfalls dann nicht auf einer Pflichtverletzung, wenn der Verantwortliche auch einem gedachten, "befugten" Zuschauer einer Sportveranstaltung gegenüber nicht haften würde!!!. Bei unerlaubt zuschauenden Kindern, die sich nicht an die für Zuschauer vorgesehenen Bereiche zu halten pflegen, ist auch in diesem Zusammenhang ein strengerer Beurteilungsmaßstab geboten123• Bereits das RGI!4 hat es für pflichtwidrig gehalten, gefährliche sportliche übungen zuzulassen, obwohl die den Sportplatz abgrenzende Hecke lückenhaft war und mit einer unbedachten Annäherung von Kindern gerechnet werden mußte.

m.

Verkebnpftidlten bel Nldltbeadltnnl' von Beschränkungen des Sportbetriebs

1. Personelle Beschränkungen im Sportstätten-Bereich

Sportler, die auf einer Sportstätte als "Befugte" Sport treiben, haben die personellen Beschränkungen im Sportstätten-Bereich zu beachten. Sie werden zu "Unbefugten", wenn sie die vertraglich festgelegte1!1 oder sich aus den Umständen ergebende!!6 Nutzungsdauer überschreiten oder sich nicht an die ihnen zugewiesenen bzw. erlaubten Nutzungszeiten halten 1!7. Durch Schilder mit der Aufschrift "Nur für Schwimmer" schauer vor den Sportbetriebsgefahren gewährleistet ist (Sicherheitsabstand, Schutzzäune oder -gitter, Fangnetze usw.). m VgI. hierzu BGH VersR 1984, 164 ff. (Plexiglasscheiben über den Banden der Längsseiten bei Eishockey-Bundesligaspielen); BGH NJW 1975, 533 ff. (Sicherheitszone bei Motorsportbahnen); BGH MDR 1975, 219 f. (Trennung der von Reitern und Zuschauern genutzten Wege); BGH VersR 1960, 22 f. (ungenügende SeilabsperTUng bei einer Skisprungschanze); OLG Bremen VersR 1955, 644 f. = DAR 1955, 192 (Strohballen beim Motorsport; heute ungenügende Schutzvorkehrung); OLG Karlsruhe VersR 1954, 463 f. (Sicherheitsstreifen); OLG Koblenz VersR 1952, 236 (räumlicher Schutzbereich); Reichert, S. 228; Kubli, S. 42, 50. Siehe auch LG Trier VersR 1964, 879, mit zustimmender Anm. von Schmidt, VersR 1965, 97: Der Veranstalter eines Fuß-

ballspiels sei nicht verpflichtet, besondere Vorkehrungen zum Schutz von Zuschauern vor einem abirrenden Fußball zu treffen. Ebenso OLG Karlsruhe VersR 1981. 962 (Sicherheitsabstand gewahrt). Weitere Nachweise unten, S. 269 (Fußn. 427). 1!3 VgI. oben, S. 169 f. tu RG SeuffArch 88, 272 ff.: Ein in den Sportplatzbereich "eingedrungenes" Kind wurde von einem Speer in die Brust getroffen. Ebenso BGH VersR 1960, 421, 422 f.: Ein "eingedrungenes" Kind wurde von einem "abgeirrten" Diskus am Kopf getroffen und lebensgefährlich verletzt. 125 Zeitliche Beschränkungen bestehen z. B. bei gewerblich betriebenen Tennisplätzen, Squash-Hallen, Kegelbahnen; sie sind auch bei öffentlichen Hallenbädern üblich. Die Hallenplätze von Tennisvereinen werden ebenfalls nur entgeltlich "vergeben". l!8 Beim Mini-Golf bezieht sich das Entgelt auf eine Spielrunde; auch beim Bowling müssen die Spieler für jeden "Durchgang" gesondert zahlen. 1!7 Sporthallen werden Sportvereinen und anderen Personengruppen zu genau festgelegten Zeiten zur Verfügung gestellt. Auch der Sportbetrieb auf

4. Kap.: Verkehrspflichten bei "unbefugtem" Sportstätten-Aufenthalt

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sollen Nichtschwimmer ferngehalten und von der Benutzung ausgeschlossen werden. Skiabfahrtsstrecken sind durch Hinweisschilder als "leicht", "mittelschwer" oder "schwer" gekennzeichnet128, um leistungsschwächere Skiläufer von der Benutzung einer für sie ungeeigneten Abfahrt abzuhalten. Verstöße gegen zeitliche Beschränkungen beeinflussen die Haftungsprüfung nicht. Der Ablauf einer vertraglich vereinbarten Nutzungszeit hat keine "Pflichtenbefreiung" gegenüber Personen, die wegen Zeitüberschreitung zu " unbefugten " Benutzern werden, zur Folge. Mit Zeitablauf hat der Verantwortliche die ihm obliegende Hauptleistungspfiicht erbracht. In haftungsrechtlicher Hinsicht besagt das allerdings noch nicht einmal, daß bei späteren Unfällen Schadensersatzansprüche aus § 538 ausscheiden1!9. Die umfassende deliktische Verantwortlichkeit bleibt ohnehin bestehen, solange sich die Sportler im Sportstätten-BeBereich aufhalten. Das Zeitkriterium ist gefahrenunabhängig180 und damit ohne Einfluß auf Bestand sowie Inhalt der judiziellen Verkehrspflichtenl3l • Im Schwimmbad-Beispiel ist die Beschränkung nicht nur personeller, sondern auch gegenständlicher Natur; erlaubt ist nur das Schwimmen. Ginge man von dem Grundsatz aus, daß unter dem Gesichtspunkt mangelnder VerVereins-Tennisplätzen wird zeitlich organisiert, um hinsichtlich der Platzbenutzung allen aktiven Mitgliedern die gleichen Möglichkeiten einzuräumen. 128 Gem. Znf. 6 lid. Nr. 1 der DIN-Norm 32912 (Entwurf August 1981) sollen Skipisten zur Markierung und Angabe des Schwierigkeitsgrades wie folgt gekennzeichnet werden: Blaue Schilder für leichte, rote Schilder für mittelschwierige und schwarze Schilder für schwierige Pisten. Zum Warncharakter der Schilder unten, S. 259. 129 Im ..Kleiderrutschen-Fall" (BGH NJW 1978, 1629 = VersR 1978, 561 f.) wäre es für die von BGH VersR 1978, 561 f., angesprochene Garantiehaftung aus § 538 I 1 sicherlich nicht von Bedeutung gewesen, wenn sich der Unfall nach Ablauf der ..Badezeit" ereignet hätte. Der Mangel war seit Errichtung des Hallenbades vorhanden (Konstruktionsfehler). Wann sich die Gefahr verwirklicht hat, ist unerheblich. Entscheidend ist nur, daß überhaupt ein Vertrag geschlossen wurde, und der Verletzte auf dieser Grundlage in das Bad gelangt war. Das gilt z. B. auch für mängelbedingte Unfälle auf dem Weg zu den Umkleidekabinen oder beim Duschen: Es kann den Verantwortlichen nicht entlasten, daß der Verunglückte diesen Weg, den er ohnehin hätte zurücklegen müssen, "verspätet" gegangen ist. 180 Ebenso für Arbeitsunfälle nach Arbeitsschluß: BGH MDR 1967, 663; Marburger, JurA 1971, 481, 499. a. A. noch BGH BB 1956, 771, und VersR 1962, 720. Zu UnfäHen nach Eintritt der Ladenschlußzeit bzw. nach Eintritt der Sperrzeit bei Gaststätten: Marburger, a.a.O., 504 (m. w. N.). 181 Vgl. auch LG Hannover Recht 1910, 36 ("Kegeljungen-FaH"): Ein Anspruch aus § 823 11 in Verbindung mit den Arbeitsnormen sei nicht gegeben, wenn ein verbotswidrig nach 20 Uhr beschäftigter "Kegeljunge" von einer Kugel verletzt werde; "unbedachte Kegeljungen" könnten zu jeder Tageszeit vorkommen. Zustimmend Deutsch, JZ 1968, 721, 722, und Haftungsrecht I, S. 236, der zu Recht feststellt, daß der Unfall nicht vom Normzweck des Schutzgesetzes gedeckt sei. Bei der judiziellen Verkehrspflichthaftung steht die Norm nicht von vornherein fest, sondern muß ermittelt werden, so daß einschränkende Gesichtspunkte bereits in diese Prüfung einzubeziehen sind.

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111. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

kehrssicherheit kein Ersatz verlangt werden kann, wenn sich mit der eingetretenen Verletzung eine Gefahr konkretisiert hat, um deren Verhütung willen die Verkehrsbeschränkung erlassen worden war 132, so müßte man konsequenter Weise zu dem nicht vertretbaren Ergebnis gelangen, daß den Verantwortlichen der Badeanstalt keine Verkehrspftichten gegenüber Nichtschwimmern, die sich im Schwimmbecken aufhalten, obliegen. Die Pflicht, der Ertrinkungsgefahr durch ständige Beaufsichtigung des Badebetriebs l33 vorzubeugen134, obliegt den Verantwortlichen selbstverständlich auch und gerade gegenüber Nichtschwimmern 133, die zu einer hinreichenden Gefahrsteuerung selbst nicht in der Lage sind 138• Die Schutzbedürftigkeit von Nichtschwimmern ist nicht auf den Schwimmunterricht beschränkt137• Wegen der Gefahr des Ertrinkungstodes für "unbefugte" Kinder, die nicht schwimmen können, kann die Errichtung eines nicht ausreichend nach außen abgesicherten und nicht ständig überwachten Schwimmbeckens außerhalb einer geschlossenen Badeanstalt sogar als Schaffung einer unzulässigen, verbotenen Gefahr 138 gedeutet werden 13V• 132 So vor allem Marburger, JurA 1971, 481, 488, 490, 491, 493, 503, 504; vgl, auch Schwab, JZ 1967, 13, 18 ff. 133 Die Aufsicht und überwachung obliegt in geschlossenen Badeanstalten den Bademeistern, während an öffentlichen Gewässern Rettungsschwimmer eingesetzt sind. Die Verantwortlichkeit der unmittelbar für den Gefahrenbereich Verantwortlichen bleibt nach der hier vertretenen Ansicht unberührt, geht also nicht in eine Pflicht zur Beaufsichtigung der beaufsichtigenden Personen über; vgl. oben, S. 53 ff., und unten, S. 309 ff. (Verkehrspflichtdelegation). Zu den Hilfs- und Rettungspftichten unten, S. 305 ff. 134 MünchKomm / Mertens § 823 Rdn. 215 meint, die Ertrinkungsgefahr sei ein offensichtlicher Gefahrenherd, für den der Sicherungspflichtige nicht aufzukommen habe; erforderlich seien nur zumutbare Vorkehrungen für eine rasche und wirksame Hilfeleistung im Falle der Realisierung einer solchen Gefahr (Rettungsschwimmer, Bademeister, Wiederbelebungsgeräte). Sicherlich gehen Aufsichts- und Hilfeleistungspftichten ineinander über; zumindest in Badeanstalten ist jedoch mehr zu fordern als eine Hilfe in Notlagen: Die Schwimmübungen von Nichtschwimmern sind entweder zu beaufsichtigen oder zu verhindern. Siehe noch unten, S. 294, 306 ff. 135 a. A. wohl OLG München VersR 1983, 887, 888: Jeder, der sich in ein "nicht für Nichtschwimmer gekennzeichnetes Wasser" begebe, nehme die "damit im allgemeinen verbundenen Gefahren" auf sich. 138 In den Entscheidungen zu Ertrinkungsunfällen wird bei der Prüfung von Pflichtenentstehung bzw. -umfang nicht zwischen Schwimmern und Nichtschwimmern unterschieden: Vgl. BGH NJW 1954, 1119 f. = VersR 1954, 153 f.; BGH NJW 1962, 959 f. = VersR 1962, 541 ff. = LM § 823 (J) Nr. 16; BGHVersR 1980, 392 f.; OLG Hamm VersR 1954, 419; LG Augsburg VersR 1953, 501 f. Zur Abgrenzung der Pftichtenbereiche von Bademeistern und Sportlehrern beim Schulschwimmunterricht in einem kommunalen Hallenbad: OLG Frankfurt VersR 1983, 881 f. 187 In diesem Rahmen ist die Pflicht allerdings besonders streng, denn es ist die "vornehmste Berufspflicht" eines Bademeisters, seine Schwimmschüler nicht in einer Situation allein zu lassen, die zum Ertrinkungstod zu führen geeignet ist: So BGH NJW 1962, 959, 960 = LM § 823 (J) Nr. 16. Vgl. auch OLG Frankfurt VersR 1983, 881 f. 138 Auch Weimar, MDR 1966,114,115, spricht in diesem Zusammenhang von einer schuldhaften Unterlassung in doppelter Hinsicht (ungenügende Einzäu,.. nung des Grundstücks einerseits und unzureichende Absicherung des Schwimmbeckens andererseits). 138 Hierzu oben, S. 175 ff.

4. Kap.: Verkehrspflichten bei "unbefugtem" Sportstätten-Aufenthalt

207

Auch die Einteilung von Skiabfahrtsstrecken in Schwierigkeitsgrade ist nicht geeignet, "unbefugte Abfahrer" aus dem vom Verantwortlichen zu schützenden Personenkreis auszuschließen. Es mangelt bereits an objektiven Anhaltspunkten für eine Unterscheidbarkeit zwischen "unbefugten" und "befugten" Benutzern. Die Leistungsfähigkeit von Skifahrern ist nicht "verbrieft". Die einzelnen Skifahrer müssen vielmehr ihre individuelle Leistungsgrenze selbst feststellen und eigenverantwortlich entscheiden, ob sie sich den üblichen Schwierigkeiten einer "roten" oder "schwarzen" Abfahrtsstreche aussetzen können oder nicht. Allgemein ist festzustellen, daß Versuche einer personellen Beschränkung des Sportstätten-Verkehrs die Verkehrspflichtentstehung nicht beeinflussen. Sie können allenfalls als Maßnahmen zur Erfüllung der Verkehrspjlichten durch Informationen, Hinweise und Warnungen 140 von haftungsrechtlicher Bedeutung sein. Der Grundsatz, daß sich der Verantwortliche um so mehr darauf verlassen könne, daß sich das Publikum aus einem natürlichen Angstgefühl heraus einer Gefahr nicht aussetze, je offensichtlicher sich die Gefahr aufdränge141 , ist nicht anwendbar, weil der mit jeder Sportstätte verbundene und gewollte Benutzungsanreiz nicht gleichzeitig für eine bestimmte Gruppe von Sportlern aufrechterhalten und für andere Sportler beseitigt werden kann142 • Der Verantwortliche muß also auch mit einer Sportstätten-Nutzung durch Personen, die er von der Benutzung ausschließen will, rechnen. Erst bei der konkreten Verkehrspjlichtprüfung entscheidet sich, ob er genug für die Sicherheit der "unbefugten" Sportler getan hat.

2. Gegenständliche Beschränkungen des Sportbetriebs Sportler, die auf der Sportstätte andere als die zugelassenen Sportarten ausüben 143 oder nicht in den ihnen zugewiesenen Bereichen Sport treiben 144 , sind "Unbefugte", weil sie sich über den Willen des Verantwortlichen hinwegsetzen. In diesen Fällen ist zwischen einem haftungsbegründenden Fehlverhalten der Sportler selbst und den Verkehrspjlichten des Verantwortlichen gegenüber den "Unbefugten" zu unterscheiden. Wer sich über eine gegenständliche Beschränkung hinwegsetzt, verstößt gegen ein Verbot, wenn die Sportausübung - unabhängig vom Grad der Selbstgefährdung - mit übermäßigen Gefahren für andere Personen verbunden ist. Zu den Warn- und Instruktionspjlichten noch unten, S. 253 ff. bzw. 270 ff. v. Bar, S. 189 f., in Anlehnung an BGH NJW 1978, 1628 = MDR 1978, 827 (Unfall beim "Tarzanspiel" auf einem entwidmeten Spielplatz). l4! Auch v. Bar, S. 189, geht wohl davon aus, daß der Grundsatz in Herausforderungsfällen nicht anwendbar sei. 143 Beispiele bereits oben, S. 188 f. 144 Hammer- und Diskuswerfen, Kugelstoßen außerhalb der Wurfringe; Ballspielen auf der Liegewiese einer Badeanstalt usw. 140

141

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III. Teil: EntstehungsgrÜDde für Sportstätten-Verkehrspflichten

Wer einen wegen Massenbetriebs gesperrten Sprungturm benutzt, haftet einem durch den Sprung verletzten Schwimmer wegen einer Verbotspjfichtverletzung 145 ; das gilt entsprechend, wenn ein Skiläufer auf der Skipiste von einem Rodler angefahren oder der Benutzer einer Liegewiese von der Stahlkugel eines Kugelstoßers getroffen14G wird. Zweifelhaft erscheint es, ob dem Sportstätten-Verantwortlichen, der in den vorgenannten Fällen für die Befolgung des von ihm ausgesprochenen Verbotes Sorge zu tragen hat, auch Verkehrspjfichten gegenüber Sporttreibenden, die ein Verbot mißachten, obliegen. Der Ansicht Marburgers14.7, durch gegenständliche Beschränkungen des Verantwortlichen werde die Verkehrseröffnung und damit auch der Umfang der Verkehrssicherungspflicht auf das Maß, welches für die Sicherheit des bestimmungsgemäßen Verkehrs erforderlich ist, beschränkt, ist schon wegen der Notwendigkeit einer objektiven Deutung des Begriffes "Verkehrseröffnung"l48 nicht zuzustimmen. Aus dem Vorhandensein einer gegenständlichen Beschränkung ist im Wege eines Umkehrschlusses zu folgern, daß bestimmte andere Nutzungsarten erlaubt sind, und der "Unbefugte" sich in personeller Hinsicht "befugt" auf dem Sportstätten-Gelände aufhält, also ein vertraglicher oder deliktischer Entstehungsgrund für Verkehrspflichten gegeben ist. Demgemäß kann es im Einzelfall nur um die Frage gehen, ob und in welchem Umfang dem Verantwortlichen auch bezüglich derjenigen sportlichen Betätigungen, welche er verhindern will und/oder muß, Sicherungspflichten obliegen. Mit einer beschränkten Verkehrseröffnung bzw. beschränkten Verkehrspflichten149 hat das nichts zu tun; es geht allein um die Herausarbeitung konkreter Verkehrspflichten und um die Frage, ob in einem zur Entscheidung stehenden Fall die Pflichten als verletzt zu beurteilen sind oder nicht150• Gegenständliche Beschränkungen, die der Verhütung bestimmter UnfalZabläufe dienen, sind Gefahrsteuerungsmaßnahmen und in dieser Eigenschaft von haftungsrechtlicher Bedeutung l6l . Vgl. oben, S. 183 f. Oben, S. 183 f. 147 Marburger, JurA 1971, 481, 493 (unter Ziff. 1. d ausdrücklich für öffentliche Sachen im Gemeingebrauch, jedoch ergibt sich aus Ziff. 2. a. A., daß die Ausführungen auch für den "privaten Bereich" gelten sollen) und 507. 148 Vgl. oben, S. 138 ff. ug Marbrger, JurA 1971, 481, 484, stellt dagegen die Frage, "ob mit der Beschränkung der Verkehrseröffnung zugleich auch die Verkehrssicherungspflicht begrenzt ist". 150 Marburger, JurA 1971, 481, 484 ff., erörtert die gegenständlichen Beschränkungen ausschließlich unter Schutzbereichsgesichtspunkten, denn bei der Frage nach dem Schutzbereich der jeweiligen Verkehrssicherungspflicht handele es sich um "den richtigen dogmatischen Ansatzpunkt" (487). M. E. besteht kein Anlaß, nach dem Schutzbereich zu fragen, weil die einschränkenden Merkmale bereits bei der Ermittlung einer konkreten Verkehrspjficht und der Prüfung, ob diese verletzt worden ist, berücksichtigt werden können und müssen; vgl. auch oben, S. 190 f. 151 Das entspricht der Fallgruppe a) bei Marburger, JurA 1971, 481, 484, 145 146

4. Kap.: Verkehrspflichten bei "unbefugtem" Sportstätten-Aufenthalt

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Das Verbot, in Becken mit unzureichender Wassertiefe zu springen, soll Unfälle infolge eines unkontrollierten Aufpralls auf den Beckengrund verhindern. Mit der Zurverfügungstellung von Becken mit geringer Wassertiefe werden regelmäßig15Z - soweit die Wassertiefe nicht wegen einer mit dem Becken verbundenen Sprungturmanlage als unzureichend anzusehen ist153 keine verbotenen Gefahren geschaffen t54 • Eine Haftung des Verantwortlichen gegenüber einem durch verbotswidrigen Sprung verletzten Badegast kommt deshalb nur in Betracht, wenn die Sprunggefahren durch die gegenständliche Beschränkung alleinl55 oder im Zusammenhang mit anderen Sicherheitsvorkehrungen 158 nicht in hinreichendem Maße gesteuert worden sind. Bei einem "reinen" Nichtschwimmerbecken sind geringere Anforderungen zu stellen als bei Mehrzweckschwimmbecken, die sowohl für Schwimmer als auch für Nichtschwimmer bestimmt sind und demgemäß in den beiden Teilen unterschiedliche Wassertiefen aufweisen157• 485 ff.: Der "Unbefugte" hat gegen eine Verkehrsbeschränkung verstoßen, mit der die eingetretene Rechts(gut)verletzung verhütet werden sollte. 152 Vgl. dagegen den atypischen Sachverhalt und die angreifbare Begründung des "Hängebrücken-Urteils" (BGH NJW 1978, 1626 f.): Die Teile des an beiden Ufern eines ca. 50 cm tiefen Baches angelegten Abenteuerspielplatzes waren mit einer Hängebrücke, die einem Knüppeldamm ähnelte und keine Seitensicherung hatte, verbunden worden; bei der "Umwandlung" eines Sturzes in einen Kopfsprung prallte ein Kind auf den Grund des viel zu seichten Wassers und erlitt eine Querschnittslähmung. Im Gegensatz zur Ansicht des BGH, a.a.O., hätte die Gefahr des Hineinfallens nicht eingeplant werden dürfen, sondern durch geeignete Vorkehrungen ausgeschlossen sein müssen. Es überzeugt nicht, daß eine "schwankende Brücke über seichtem Wasser" nur dann bedenklich sei, wenn sie in einem "Freibadgelände" errichtet werde (so BGH, a.a.O.). Das Springen in Becken mit geringer Wassertiefe ist nicht "Selbstzweck", sondern verboten. Folglich dürfen Kinder hier wie dort nicht durch bauliche Einrichtungen zum Springen herausgefordert werden. Die Brücke war eine verbotene Gefahr. Abzulehnen ist auch LG Hannover VersR 1983, 765 (Unfall eines Erwachsenen auf einem Abenteuerspielplatz). 153 Die Errichtung derart gefährlicher Sprungturmanlagen ist verboten; vgl. hierzu oben, S. 176 f. 154 Ebenso v. Bar, S. 188, für "Kinderbecken": "Für den Jugendlichen hat die Gemeinde schon keine unzulässige Gefahr geschaffen, für Kinder ebenfalls nicht." Für Erwachsene gilt das erst recht, denn bei ihnen kann vernünftiges Handeln vorausgesetzt werden. 155 Marburger, JurA 1971, 481, 490, fragt dagegen nur, welche Art Gefahr sich im Unfall konkretisiert hat: "Nur wenn sie zu jenen Risiken gehörte, die durch die Verkehrsbeschränkung abgewehrt werden sollten, entfällt die Haftung." Dem ist nicht zu folgen, weil die Anerkennung einer gegenständlich begrenzten Verkehrseröffnung im Ergebnis bedeuten würde, daß sich Art und Umfang der erforderlichen Gefahrsteuerungsmaßnahmen nach dem Willen des Verantwortlichen richten (hiergegen zu Recht v. Bar, S. 187). Die Beschränkung ist eines von vielen möglichen Mitteln zur Kontrollierung einer bestimmten Gefahr. Ob das zur Sorgfaltswahrung ausreicht, ist im Einzelfall im Wege der Auslegung zu ermitteln. 156 Die möglichen Maßnahmen zur Steuerung der Sprunggefahren sind bei BGH NJW 1980, 1159 f., dargestellt. Vgl. auch LG Aachen VersR 1977, 1112 f. 157 Derartige Becken haben entweder einen "schrägen Grund", so daß die

Wassertiefe von einer "Stirnseite" zur anderen kontinuierlich zunimmt, oder an einer Stelle des Grundes ist zusätzlich eine "Stufe" eingebaut. Die Bereitstellung eines Mehrzweckbeckens ohne schrägen Grund ist verboten, weil plötzliche "Tiefensprünge" für Nichtschwimmer lebensgefährlich sind.

14 Börner

210

III. Teil: Entstehungsgründe für Sportstätten-Verkehrspflichten

Der BGH158 meint, daß bei Mehrzweckschwimmbecken eine einheitliche, für Schwimmer übliche und ausreichende Wassertiefe nicht vorgetäuscht werde, weil Mehrzweckbäder "die weithin übliche Art von Freibädern sind", bei denen jeder Badegast zumindest dann mit unterschiedtichen Wassertiefen rechne, wenn auf dem Gelände kein besonderes Nichtschwimmerbecken vorhanden sei; aus diesem Grund genüge es, durch Schilder das Springen zu untersagen und die unterschiedlichen Wassertiefen anzuzeigen: "Indessen läßt es sich erfahrungsgemäß durch noch so deutliche Warnungen und Mahnungen nicht verhindern, daß Kinder und Jugendliche in Freibädern trotz aller Verbote vom Beckenrand, vor allem von der Stirnseite des Beckens aus, ins Wasser springen. Dagegen hilft auch keine Vermehrung der Warnschilder ... Eine Seilabsperrung mit Flatterfähnchen am Beckenrand der stirnseite des Nichtschwimmerteils, ... , kann letztlich ebenfalls das Springen von dort aus nicht verhindern. Sie schränkt aber die Bewegungsfreiheit der Badegäste am Schwimmbecken ein, würde als störend empfunden werden und ist auch ganz unüblich. "158

Diese Ausführungen beruhen auf dem unausgesprochenen Grundsatz, daß die Maßnahmen zur Durchsetzung gegenständlicher Beschränkungen lediglich Auslegungskriterien im Rahmen der konkreten Verkehrspjlichtprüfung sind. Das geht auch aus dem "Obersatz" hervor: "Bei Beachtung dieser Grundsätze hat die bekl. Gemeinde ... nach dem Erkenntnisstand auch in Fachkreisen mindestens zur Unfallzeit alles getan, was von ihr zur Abwehr möglicher Gefahr durch Kopfsprünge vom Beckenrand aus in das Nichtschwimmerbecken hat gefordert werden können. "160 Diese Aussage ist auf alle gegenständlichen Sportstätten-Nutzungsbeschränkungen, die zumindest auch dem Schutz der "unbefugten" Sportler selbst dienen181 , entsprechend übertragbar. Allein auf die Einhaltung des objektiv zu ermittelnden Sportstätten-Sicherheitsstandards kommt es an. Nur in diesem Zusammenhang sind die Maßnahmen zur Manifestierung eines gegenständlichen Beschränkungswillens von Bedeutung. Verstöße gegen gegenständliche Beschränkungen, mit denen eine Benutzung fehlerhafter Sportanlagen oder Sportgeräte verhindert werden soll, beeinflussen weder die Verkehrspflichtentstehung noch die konkrete Verkehrspflichtprüfung, wenn der Verantwortliche bereits mit der Errichtung und BereitsteLlung gegen eine Verbotspjlicht verstoßen hat182 , so daß es auf die Maßnahmen zur Verhinderung von Un158 158 180 181

BGH NJW 1980, 1159, 1160. BGH NJW 1980, 1159, 1160. BGH NJW 1980, 1159, 1160 (vor II 1). Das Verbot, einen wegen Massenbetriebs gesperrten Sprungturm zu be-

nutzen, soll "Zusammenstöße" zwischen Schwimmern und Springern verhindern, also auch der mit einer "unbefugten" Benutzung verbundenen Selbstgefährdung entgegenwirken. Dagegen dient z. B. das Verbot des Speer-, Diskusoder Hammerwerfens bzw. des Kugelstoßens oder Fußballspielens auf einer Liegewiese ausschließlich dem Schutz anderer Personen, soll also eine Fremdgefährdung ausschließen. 112 Hierzu oben, S. 175 ff.

4. Kap.: Verkehrspflichten bei "unbefugtem" Sportstätten-Aufenthalt

211

fällen durch Verwirklichung der nicht zur Steuerung freigegebenen Gefahren nicht ankommt18S • Gegenständliche Beschränkungen, die mit einem eingetretenen Unfall nicht in Zusammenhang gebracht werden können l114 , sind keine Maßnahmen zur Steuerung der im konkreten Fall veTWirklichten Gefahr und schon deshalb

ohne haftungsrechtliche Bedeutung. Mit dem Verbot, vom Beckenrand zu springen, soll nicht der Gefahr des Ertrinkungstodes oder der Gefahr, im Wasser einen Herzschlag zu erleiden u5, begegnet werden166• Das BaHspielverbot auf einer Liegewiese ist nicht betroffen, wenn einer der "unbefugt" Spielenden auf eine Glasscherbe tritt U7 oder über einen in geringer Höhe gespannten Draht stolpert18S• Gerät ein Sportler beim unerlaubten Fußballspiel in ein Loch im Fußbodenbelag einer Sporthalle, so ist die Behauptung des Verantwortlichen ,die Sportlergrupp'e habe nicht Fußball spielen dürfen, unerheblich. Die vom Boden ausgehende Gefahr wirkt nicht bei Ausübung bestimmter Sportarten, sondern gegenüber jedem, der in der Sporthalle Sport treibt. Das gilt entsprechend für gefährliche Fußbodengl.ätte 1s8•

Vgl. oben, S.174f. Diese Fälle faßt Marburger, JurA 1971, 481, 484 f., 488 ff., unter Fallgruppe b) zusammen: Der "Unbefugte" verstößt gegen Verkehrsbeschränkungen, die in keinem Zusammenhang zur eingetretenen Rechts(gut)verletzung stehen. 185 Zur Abgrenzung zwischen Ertrinkungstod und Herztod sowie zur Anwendbarkeit der Grundsätze des Anscheinsbeweises: BGH VersR 1965, 713 f. 111 Die Vberwachungs- und Rettungspjlichten beziehen sich auf alle Personen, die sich im Wasser befinden; wie sie ins Wasser gelangt sind, ist gleichgültig. Vgl. noch unten, S. 306 f. Siehe auch OLG Hamm VersR 1978, 1147, 1148: Kein Zusammenhang zwischen Spungverbot und einer defekten, unfallursächlichen Fliese auf dem Beckengrund. 187 Siehe'hierzu AG Lübbecke MDR 1963, 500 (Fußverletzung beim Barfußlaufen durch zerbrochene Flasche); AG Lindau VersR 1954, 247 f. (Glasscherben auf dem Seegrund eines Strandbades). Vgl. auch unten, S. 256 und 284 f. 18S Der Draht ist eine unzulässige Gefahrenquelle (siehe oben, S. 173 f.). Im übrigen hat das mit dem gespannten Draht bekanntgegebene Verbot, einen bestimmten Bereich zu betreten, mit den vom Draht ausgehenden Gefahren nichts zu tun; unzutreffend daher KG VersR 1957, 722. In Vgl. OLG Bamberg VersR 1977, 477 (SporthaHen-UnfaH wegen angeblicher Glätte des Fußbodens). 183

18'

Vierter Teil

Die Feststellung und haftungsrechtlichen Folgen von Sportstätten-Verkehrspflichtverletzungen 1. Kapitel

Die Haftung für Verletzung judizieller Verkehrspflichten A. Bestimmung und Systematisierung der judiziellen Sportstätten-Verkehrspflichten1 Die Verkehrspflichten beschreiben das Höchstmaß an äußerer Sorgfalt (§ 276 I 2)2. Die Wahrung dieser Sorgfalt setzt sachgemäßes Verhalten voraus3 • Bei Verstößen gegen das "Verhaltensprogramm"4, dessen Erfüllung dem Verkehrspflichtigen obliegt, ist die äußere Sorgfalt im Höchstmaß nicht gewahrt. Nicht sachgemäßes Verhalten ist zumindest bei mittelbaren5 Rechts(gut)verletzungen Voraussetzung für die Rechtswidrigkeit des Verhaltens 8• Bei der Sportstätten-Verkehrspjlicht1

Zu diesem Begriff bereits oben, S. 75 (Fußn. 165).

v. Bar, S. 172 ff.; Deutsch, Haftungsrecht I, S. 130; ders., Fahrlässigkeit und erforderliche Sorgfalt, S. 94; Engisch, S. 302, 336; Marburger, Regeln der Technik, S. 443; ders., VersR 1983, 597, 605. Der Begriff "äußere Sorgfalt" stammt von Engisch, S. 273. Zur Unterscheidung zwischen äußerer und innerer Sorgfalt: v. Bar, S. 175 ff.; Deutsch, Haftungsrecht I, S. 276 ff.; ders., Fahrlässigkeit und erforderliche Sorgfalt, S. 93 ff.; Engisch, S. 266 ff. 3 v. Bar, S. 175; Deutsch, Haftungsrecht I, S. 130, 201, 276; Marburger, Re2

geln der Technik, S. 430, 439. 4 Begriff siehe Steffen, VersR 1980, 409; v. Bar, S. 175; Deutsch, Haftungsrecht I, S. 276; RGRK / Steffen § 823 Rdn. 137. 5 Zur Abgrenzung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Eingriffen: v. Caemmerer, Wandlungen des Deliktsrechts, S. 49, 77 f., 131 f.; Larenz, in: Festschrift DöHe, S. 169, 183 ff.; v. Bar, S. 156 f.; Deutsch, Haftungsrecht I, S. 197; ders., Fahrlässigkeit und erforderliche Sorgfalt, S. 229 f., 259, 261 ff.; Marburger, Regeln der Technik, S. 434 f. 8 So z. B. v. Bar, S. 173, 174 f.; Deutsch, Haftungsrecht I, S. 197; ders., Fahrlässigkeit und erforderliche Sorgfalt, S. 210 ff., 229 f., 273, 298; ders., Jus 1967, 152, 157; ders., JZ 1978, 277, 278; Larenz, in: Festschrift DöHe, S. 169, 183 ff.; Marburger" Regeln der Technik, S. 435 ff.; StolZ, Handeln auf eigene Gefahr, S. 280, 283 ff., 288; ders., AcP 162, 203 ff.

1. Kap.: Haftung für Verletzung judizieller Verkehrspflichten

213

haftung geht es fast ausschließlich um die Haftung für mittelbare Eingriffe 7 • Das gilt auch für die Schaffung unzulässiger oder übermäßiger Gefahren durch positives Tuns, denn derartige Handlungen führen zu abstrakten Gefahren, die unabhängig vom Eintritt einer Rechts(gut)verletzung rechtswidrig sind 9 • I. Die richterliche Verkehrsp8ichtreststellung als rechtsetzende Einzelfallentscheidung

1. Zur Brauchbarkeit allgemeiner Grundsätze bei der Verkehrspjlichtbestimmung Die Feststellung der Sportstätten-Verkehrspflichten ist im konkreten Fall mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Die unbestimmten Rechtsbegriffe "äußere Sorgfalt" bzw. "sachgemäßes Verhalten" enthalten keine subsumtionsfähigen Rechtssätze10 , so daß der zur Entscheidung im Einzelfall berufene Richter erst nach Entwicklung und Festlegung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes ll zur Subsumtion des Sachverhaltes übergehen kann 12 • "Die Rechtsetzung vollzieht sich hier in zwei Schritten: In der abstrakt-generellen Regelung des Gesetzes und der konkreten richterlichen Entscheidung"13. 7 Die Sportstätten-Verkehrspjlichten sollen bereits ein übermaß an abstrakter Gefahr vermeiden; derartige Pflichten können nur mittelbar Verletzungen zur Folge haben (so v. Bar, S. 274). Verletzungen sind die durch "mancherlei Zwischenursachen vermittelte entfernte Folge eines bestimmten Verhaltens" i. S. der Definition von Larenz, Festschrift Dölle, S. 169. 195; zitiert auch bei v. Bar, S. 156, und Marburger, Regeln der Technik, S. 435 (ähnlich Deutsch, Haftungsrecht I, S. 197). Das gilt auch für unmittelbare Verletzungen Außenstehender durch Sporttreibende, zu denen der Sportstätten Verantwortliche mittelbar beigetragen haben kann: Vgl. BGH NJW 1975, 133 (Verletzung eines Zuschauers durch ein Pferd beim Reittraining, begünstigt durch unzureichende Absperrung der Reitbahn). Siehe noch Marburger, a.a.O., S. 436, der "die Errichtung von Gebäuden und ortsfesten Anlagen, soweit durch deren Beschaffenheit Schäden hervorgerufen werden", und "Schäden, die beim Betrieb einer potentiell gefährlichen Anlage ... auftreten", als Beispiele für mittelbare Eingriffe nennt. 8 Hierzu oben, S. 170, 172 f. , Vgl. oben, S. 174 f. Siehe auch v. Bar, S. 175: "Rechtswidrig ist schon die in unzulässiger Weise erhöhte oder nicht beseitigte übermäßige abstrakte Gefahr." 10 So auch Marburger, Regeln der Technik, S. 345 (allgemein für gesetzliche Generalklauseln und unbestimmte Gesetzesbegriffe). 11 Der Richter muß erst festlegen, welche Verkehrspjlichten bestehen, ehe er zu der Frage, ob diese Pjlichten im konkreten Fall verletzt sind, übergehen kann. Das ist "gesetzes-konkretisierendes Richterrecht" i. S. v. Ipsen, S. 63 ff. Vgl. auch Marburger, Regeln der Technik, S. 345 (Fußn. 34). Mertens, VersR 1980, 397, 401, spricht von einer in bestimmten Fällen notwendigen "Statuierung" der Verkehrspflichten durch die Rechtsprechung. 12 Vgl. noch Mertens, AcP 178, 227, 229 ("Phänomen des gesetzesvertretenden Richterrechts"). Siehe auch v. Bar, S. 1. 11 So Marburger, Regeln der Technik, S. 346.

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IV. Teil: Haftung für Sportstätten-Verkehrspflichtverletzungen

Die richterliche Verkehrspflichtermittlung, also die Rechtsfindung, wird häufig mit unbestimmten Formulierungen eingeleitetl4 • Der Verantwortliche müsse "alle nach Lage der Verhältnisse e-rforderlichen Sicherungsmaßnahmen zum Schutze anderer Personen" treffen l5 • Er brauche aber nur Gefahren, die über das übliche Risiko bei der Anlagenbenutzung hinausgehen, von den Benutzern nicht vorhersehbar und nicht ohne weiteres erkennbar seien, vorzubeugen l8 • Die Sportstätten-Benutzer seien vor vermeidbaren Gefahren zu bewahren l7• Der Umfang der Sicherungspflichten bemesse sich im Einzelfall

"nach den besonderen Umständen (Größe der Gefahr, Grad ihrer Erkennbarkeit, Zumutbarkeit d~r Sicherungsmaßnahmen und Leistungsfähigkeit des Pflichtigen)"18. Ähnlich unbestimmte Grundsätze werden überwiegend auch von der Literatur zur Verkehrspflichthaftung aufgestelltlD•

Der Aussagegehalt der vorgenannten, gefahrbezogenen Eingrenzungsversuche ist zwar im Grundsatz richtig20 , jedoch zu unbestimmt!1 und deshalb nicht geeignet, einen Beitrag zur Konkretisierung und Systema~ tisierung der Sportstätten-Verkehrspflichten zu leisten!!. Durch die Unklarheit des von der Rechtsprechung immer wieder vorangestellten Haftungsprinzips sind die Verkehrspflichten zu einem "schillernden Institut, das sich einer Fallgruppenbildung weitgehend entzieht"", ge~ worden. Dennoch erscheint es möglich, die Verkehrspflichtbestimmung

Siehe bereits oben, S. 170. BGH NJW 1975, 108 m. w. N. (Unfall beim Spielen auf unbebautem Grundstück). 18 SO Z. B. BGH NJW 1978, 1626, 1627 m. w. N. (Unfall auf Abenteuerspielplatz; "Hängebrücken-Fall"). 17 BGH NJW 1977. 1965 = VersR 1977, 817 (Unfall auf Kindersnielplatz); BGH N.TW 1978. 1629 (Unfall in Badeanstalt; "Kleiderrutschen-Fall"). Vgl. auch OLG Köln VersR 1970. 577, 578 (Unfall bei Rutschbahnbenutzung). Andererseits sei ein Sportler für Gefahren, die für ihn "ohne weiteres erkennbar und vermeidbar" seien, selbst verantwortlich: So BGH NJW 1971, 1093, 1095 (Unfall eines Skiläufers; "Jenner-Fall"). 18 BGH NJW 1982, 762, 763 (Unfall auf Skiabfahrtsstrecke; "WeidezaunFall"). 18 Verwiesen sei nur auf Erman I B. Drees § 823 Rdn. 53; Palandt I Thomas § 823 Anm. 8 a): RGRK I Steffen § 823 Rdn. 141 ff.; Soergell Zeuner § 823 Rdn. 103 f.: Staudinger I Schäfer § 823 Rdn. 265 ff. Aus der Literatur zur Sportstätten-Haftung: H.. W. Schmidt, VersR 1963, 1101,1103 (Golfplätze); Schnitzerlino, FWW 1971, 10 (Kinderspielplätze); Weimar, MDR 1966, 114, 115 (private Schwimmbecken); Wiethaup, VersR 1972, 718, 719 (Badeanstalten); ders., VersR 1972. 817 (Trimm-Dich-Pfade); Fritzweiler, Haftung bei Sportunfällen, S. 96 f., 139: Weisemann, Rdn. 118 (S. 44),132 (S. 49). zo Vgl. Mertens, VersR 1980, 397, 401: Aus den generalklauselartigen Formeln t