Solutio als causa: Die Frage des Abstraktionsprinzips im römischen Recht 9783412216801, 9783412222352

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Solutio als causa: Die Frage des Abstraktionsprinzips im römischen Recht
 9783412216801, 9783412222352

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F O R S C H U N G E N Z U M R ÖM I S C H E N R E C H T Herausgegeben von Rolf Knütel und Ulrich Manthe 57. Abhandlung

MARTIN LABORENZ

SOLUTIO ALS CAUSA Die Frage des Abstraktionsprinzips im römischen Recht

2014 BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN

Gedruckt mit Unterstützung des Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG Wort sowie der Universität Mainz

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2014 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln Weimar Wien Ursulaplatz 1, D-50668 Köln, www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Korrektorat: Frank Schneider Gesamtherstellung: WBD Wissenschaftlicher Bücherdienst, Köln Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier ISBN 978–3–412–22235–2

V orwort Diese Abhandlung ist im Wintersemester 2011/2012 vom Fachbereich Rechtsund Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz als Dissertation angenommen worden. Ganz besonderer Dank gilt meinem verehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. Peter Gröschler, der meine Begeisterung für das römische Recht bereits in den ersten Studiensemestern geweckt hat. Durch seine stete Hilfsbereitschaft und seine ungemein erkenntnisfördernde Art der Diskussionsführung wurde er für mich zu einem prägenden fachlichen und persönlichen Vorbild. Meine Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an seinem Lehrstuhl schuf den Rahmen, in dem die vorliegende Arbeit gedeihen konnte. Für die angenehme Arbeitsatmosphäre sei auch dem Lehrstuhlkollegium gedankt. Herrn Professor Dr. Andreas Roth danke ich herzlich für die rasche Erstellung des Zweitgutachtens. Einen Teil der Arbeit habe ich während eines Forschungsaufenthalts 2009 an der Facoltà di Giurisprudenza der Università del Salento in Lecce verfasst, weshalb ich an dieser Stelle allen Institutsangehörigen, namentlich Frau Professor Dr. Francesca Lamberti und Herrn Dr. Pierangelo Buongiorno, für die außerordentliche Gastfreundschaft danken möchte. Dank gebührt ferner den Professoren Dr. Rolf Knütel und Dr. Ulrich Manthe für die Aufnahme der Arbeit in diese Reihe sowie für die Übermittlung wertvoller Kritik im Vorfeld der Veröffentlichung. Dem Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG Wort danke ich für die Übernahme der Druckkosten. Meiner Mutter Helga Laborenz-Bächle und meinen Schwiegereltern Josef und Katharina Kisner danke ich herzlich für die großzügige Unterstützung in vielerlei Hinsicht. Die Arbeit ist meiner Frau Maria in Liebe gewidmet. Mainz, im Juli 2013

Martin Laborenz

I nhaltsverzeichnis Einleitung ........................................................................................................ 15

Erster Teil: iusta causa traditionis .............................................................. 18 § 1. EINFÜHRUNG IN DEN STAND DER MEINUNGEN .......................... 18 A. Äußerlich kausale traditio .......................................................................... 19 I. Streng obligationsbezogene Kausallehre ............................................. 19 II. Modifizierte obligationsbezogene Kausallehre ................................... 19 B. Inhaltlich kausale und äußerlich abstrakte traditio .................................... 20 I. Zweckbestimmung als rechtsgeschäftliche causa ............................... 20 II. Die Lehre von der kausalen dinglichen Einigung ............................... 21 C. Inhaltlich abstrakte traditio ........................................................................ 22 I. Die Lehre vom abstrakten dinglichen Vertrag ..................................... 22 II. Leugnung der Zugehörigkeit der causa-Problematik zur klassischen Dogmatik .......................................................................... 23 D. Resümee und Ausblick ............................................................................... 24 § 2. AUSGANGSPUNKTE IN DEN QUELLEN ........................................... 25 A. Paul. D. 41.1.31 pr. ..................................................................................... 25 I. praecedere als zeitliches Prius? ........................................................... 26 II. propter quam als Argument für eine causa vera?................................ 28 III. venditio als Beispiel eines typischen obligatorischen Grundgeschäfts .................................................................................... 29 IV. Echtheitszweifel................................................................................... 30 V. nuda traditio als Hinweis auf den lediglich indiziellen Charakter der iusta causa? ................................................................................... 31 VI. Fazit zu Paul. D. 41.1.31 pr. ................................................................ 31 B. Ulp. Epit. 19.7 und Gai. 2.20 ..................................................................... 31 C. Gai. D. 41.1.9.3 .......................................................................................... 33 D. Die Antinomie Jul. D. 41.1.36 – Ulp D. 12.1.18 pr..................................... 35 I. Einführung und Sachverhaltsparaphrase.............................................. 35 II. Der erste Fall bei Julian ....................................................................... 36 III. Der zweite Fall bei Julian – Lösung der Antinomie auf kausaler Ebene?.................................................................................................. 42 1. In maiore minus inest – Darlehen trotz Dissens? ........................... 43 2. causa donandi ohne Schenkung? ................................................... 47

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3. Der consensus in corpore als Schlüssel zum Verständnis der Lösung Julians ......................................................................... 49 IV. Abschließende Beurteilung der Antinomie.......................................... 53 E. Justinian....................................................................................................... 54 F. Resümee zu § 2 – Formulierung einer Hypothese zur iusta causa traditionis.................................................................................................... 56

§ 3. Dogmengeschichtliche Entwicklung der causa-Lehre................... 60 A. Die Glossatoren (ca. 1100–1250 n. Chr.).................................................... 60 I. Der Causa-Begriff der Glossatoren und das Problem der condictio indebiti ................................................................................................. 60 II. Die Lehre von der causa putativa ....................................................... 61 III. Die causa solvendi bei den Glossatoren? ............................................ 62 IV. Anfänge der Idee einer dinglichen Einigung ....................................... 63 V. Der animus dominii transferendi ......................................................... 64 VI. Zusammenfassung ............................................................................... 65 B. Die Kommentatoren (ca. 1250–1500 n. Chr.) ............................................ 66 I. causa remota – causa proxima ............................................................ 66 II. Die causa solvendi bei den Kommentatoren ....................................... 69 III. Zusammenfassung ............................................................................... 71 C. Der mos gallicus (ca. 1500–1700 n. Chr.)................................................... 71 I. Franciscus Duarenus ............................................................................ 72 II. Hugo Donellus (1527–1591 n. Chr.) ................................................... 72 1. Die zentrale Rolle des auf Übereignung gerichteten Willens ........ 72 2. Die iusta causa als psychologische Grundlage des Übereignungswillens...................................................................... 73 3. Das Zusammentreffen beider Übereignungswillen: Die dingliche Einigung ......................................................................... 75 4. Erfordernis eines kausalen Konsenses?.......................................... 75 5. Zusammenfassung der Traditionslehre des Donellus .................... 76 III. Jacobus Cujacius (1522–1590 n. Chr.)................................................. 76 IV. Zusammenfassung zum mos gallicus .................................................. 77 D. Die gemeinrechtliche Lehre vom titulus und modus adquirendi (ca. 1500–1830) .......................................................................................... 78 I. Die germanischen Wurzeln der Lehre.................................................. 78 II. Erste Formulierungen Anfang des 16. Jh. n. Chr. ................................ 79 III. Aufschwung und Blüte der Lehre im Naturrecht ................................ 80 IV. Exkurs: Hugo Grotius als Vater des Konsensualprinzips .................... 81 V. Auswirkungen auf die vernunftrechtlichen Kodifikationen ................ 82 VI. Niedergang mit Beginn des 19. Jh. ...................................................... 83

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VII. Zusammenfassung .............................................................................. 84 E. Savigny: Der abstrakte dingliche Vertrag ................................................... 85 I. Rahmenbedingungen zur Zeit der Entstehung der Lehre .................... 85 II. Die Lehre vom abstrakten dinglichen Vertrag ..................................... 85 III. Übernahme der Lehre Savignys durch die Rechtswissenschaft .......... 88 IV. Schlussbemerkungen ........................................................................... 89

Zweiter Teil: solutio als iusta causa traditionis ......................................... 90 § 1. DIE SOLUTIO IN DEN QUELLEN ......................................................... 91 A. solutio im engeren und im weiteren Sinne ................................................. 91 B. Zu den Ursprüngen der solutio mit einem Exkurs zum Konträraktsprinzip ...................................................................................... 93 C. solutio in der Bedeutung traditio solvendi causa ....................................... 98 D. Zum Begriff der causa solvendi ................................................................. 99 § 2. EIN ARGUMENTUM E CONTRARIO FÜR DIE CAUSA SOLVENDI ALS ÜBEREIGNUNGSKAUSA: DAS FEHLEN ÜBERZEUGENDER ALTERNATIVEN ZUR AUFLÖSUNG DES VERMEINTLICHEN PARADOXONS DER CONDICTIO INDEBITI ....................................... 100 A. Anwendung der condictio indebiti durch den Eigentümer? ....................... 101 I. Argumente gegen eine obligationsbezogene Kausallehre ................... 102 II. condictio indebiti als condictio possessionis? ..................................... 103 B. condictio indebiti sine traditione ................................................................ 113 I. condictio indebiti sine datione ............................................................ 113 1. Die datio als allgemeine Voraussetzung der klassischen condictio..... 114 a. M. Tulli Ciceronis pro Q. Roscio Comoeda oratio.................... 114 b. Die Kategorie der obligatio re als Hinweis auf das datio Erfordernis ................................................................................. 116 c. Das negotium contractum bei Julian als Beleg für das datio Erfordernis ................................................................................. 120 aa. negotium contractum und Eigentumsübergang ................... 120 bb. condictio nach consumptio nummorum .............................. 121 cc. condictio als allgemeine Bereicherungsklage auf prinzipieller Grundlage ....................................................... 128 dd. Ergebnisse zu c. und 1. ........................................................ 134 2. Schlussfolgerungen für die solutio indebiti ................................... 135 a. condictio indebiti aufgrund consumptio nummorum ................. 135 b. condictio indebiti als Billigkeitsklage ....................................... 138

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c. Fehlendes Identitätserfordernis zwischen geleistetem und eingeklagtem Gegenstand als Hinweis auf eine condictio indebiti sine datione?................................................................. 141 3. Ergebnis zu I. ................................................................................. 144 II. Condictio indebiti nach mancipatio und in iure cessio ....................... 145 C. Zur traditio sine causa als Erklärung des Eigentumsübergangs vor der condictio indebiti .................................................................................. 148 I. Historisch-systematische Einordnung des Savigny-Dogmas............... 148 II. Gegenüberstellung und Bewertung einzelner Quellenbefunde............ 149 III. Über den Schluss von der deskriptiven auf die normative Kausalität ............................................................................................. 151 IV. Die condictio sine causa als Argument für eine abstrakte traditio?....... 153 1. Einordnung der condictio sine causa in das kondiktionenrechtliche System ...................................................... 153 2. Zur übereignungsrechtlichen Aussagekraft der in D. 12.7 überlieferten Fälle........................................................................... 153 3. Fazit zu D. 12.7: causa nicht als Übereignungs-, sondern als Behaltensgrund ......................................................................... 160 4. Exkurs: Zur Einordnung von Afr. D. 19.1.30 pr. ........................... 161 V. Ausnahme vom Kausalprinzip bei Geldzahlungen ................................ 163 1. Einführung in die Problematik ....................................................... 163 2. rem tradere – pecuniam dare ......................................................... 164 3. Zahlung von in Miteigentum stehendem Geld............................... 165 4. Zahlung an einen Minderjährigen .................................................. 166 5. Preiszahlung beim nichtigen Kauf ................................................. 169 6. Fazit zur Kausalbindung der Geldübereignung ............................. 174 VI. Ergebnis zu C.: condictio indebiti aufgrund traditio sine causa?........ 174 D. Zusammenfassung von § 2: causa solvendi und condictio indebiti ........... 176 § 3. EIN ARGUMENTUM A SIMILI FÜR DIE CAUSA SOLVENDI ALS ÜBEREIGNUNGSKAUSA: DIE IUSTA CAUSA IM BEREICH DER HONORARRECHTLICHEN ÜBEREIGNUNG UND IM ERSITZUNGSRECHT.............................................................................. 178 A. Die solutio als iusta causa des Honorar- und Ersitzungsrechts.................. 178 I. Die Begründung bonitarischen Eigentums durch traditio solvendi causa .................................................................................................... 179 II. Die usucapio pro soluto ....................................................................... 180 1. Ausdrückliche Belege für den Titel pro soluto .............................. 180 2. Weitere Anwendungsfälle der usucapio pro soluto........................ 183 3. Abgrenzung des titulus pro soluto von der possessio pro suo ....... 191

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B. Übertragbarkeit der Ergebnisse auf die traditio ......................................... 198 I. Zur Vergleichbarkeit von iusta causa usucapionis und traditionis im Allgemeinen ................................................................................... 198 1. Die Schlüsselrolle des ius honorarium bei der Verknüpfung beider causae ................................................................................. 198 2. Stellungnahme zu den Argumenten gegen eine ............................. Vergleichbarkeit ............................................................................. 199 a. Keine Entsprechungen zu originären Erwerbstiteln im Traditionsrecht ........................................................................... 200 b. Kein Katalog an iustae causae traditionis................................. 200 c. Unterschiedliche Interessenlage ................................................ 203 d. Das Fehlen der Putativtiteldiskussion bei der traditio............... 204 aa. Zur Entstehung des Begriffs der causa putativa im Zusammenhang mit der solutio indebiti ............................. 204 bb. Stellungnahme zum Putativtitelproblem bei der usucapio .............................................................................. 205 cc. Übertragbarkeit des Putativtitelproblems auf die traditio ................................................................................. 206 dd. Aussagekraft der Putativtitelproblematik hinsichlich des Verhältnisses zwischen causa traditionis und causa usucapionis ......................................................................... 207 e. Resümee zur allgemeinen Vergleichbarkeit zwischen causa traditionis und causa usucapionis ............................................. 208 II. Schlussfolgerungen für die causa solvendi ......................................... 208 1. Paulus und Hermogenian ............................................................... 208 2. Julian .............................................................................................. 209 3. Pomponius...................................................................................... 209 4. Ulpian ............................................................................................ 211 § 4. RESÜMEE ZUM ZWEITEN TEIL .......................................................... 214

Dritter Teil: Die Rechtsnatur der causa solvendi .................................... 216 § 1. EINSEITIGKEIT ODER ZWEISEITIGKEIT DER CAUSA SOLVENDI? ............................................................................................... 216 A. Bilateralität der causa solvendi als Arbeitshypothese ................................ 216 B. Einwände gegen die Zweiseitigkeit ............................................................ 217 I. Ein Argument aus dem Minderjährigenrecht....................................... 217 II. Argumente aus „Kausaldissensfällen“................................................. 218 1. animus solvendi nur auf Seiten des Veräußerers ............................ 219

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2. animus solvendi nur auf Seiten des Erwerbers .............................. 220 C. Fazit ............................................................................................................ 223 § 2. INHALTLICHE GESTALT DER CAUSA SOLVENDI ............................ 224 A. Zur solutio als Gegenstand des consensus.................................................. 225 B. Konkreter oder abstrakter Solutionskonsens? ............................................ 226 C. Zum Erfordernis einer (kausalen) dinglichen Einigung ............................. 228 § 3. ZUR GENAUEREN JURISTISCHEN QUALIFIZIERUNG DER CAUSA SOLVENDI ................................................................................... 229 A. Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse ............................................ 229 B. Zum rechtsgeschäftlichen Charakter der causa solvendi ........................... 230 I. Geschäftsfähigkeit als Voraussetzung der causa solvendi?.................. 230 II. Zur Rolle des Parteiwillens im Rahmen der causa solvendi ............... 231 C. Fazit ............................................................................................................ 233 § 4. EXKURS: SCHLÜSSE AUS DER RECHTSNATUR DER SOLUTIO INDEBITI ................................................................................. 234

Vierter Teil: Anwendungsbereich der causa solvendi ............................. 238 § 1. ANWENDUNGSBEREICH HINSICHTLICH DER ZU ERFÜLLENDEN OBLIGATIONEN ....................................................... 238 A. Einführung in die Problematik ................................................................... 238 B. Die einzelnen auf dare gerichteten Obligationen ....................................... 239 I. Stipulation ........................................................................................... 239 1. Quellen zur solutio indebiti ........................................................... 240 2. Quellen zur usucapio pro soluto..................................................... 241 3. Jul. D. 24.1.39 ................................................................................ 242 a. Text und Sachverhaltsparaphrase .............................................. 242 b. Exkurs: Stellungnahme zur Interpretation der Anfrage im Grundfall ................................................................................... 243 c. Julians Kommentierung: Scheitern der Übereignung als Widerspruch zur Eigenständigkeit der causa solvendi? ............ 247 d. Resümee zu Jul. D. 24.1.39........................................................ 250 II. legatum per damnationem ................................................................... 250 1. Vorbemerkungen............................................................................. 250 2. Rückforderungsausschluss.............................................................. 251

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3. usucapio pro legato ........................................................................ 252 4. Fazit .............................................................................................. 252 III. fideicommissum .................................................................................. 253 IV. Judikatsschuld .................................................................................... 253 V. Gesetz ................................................................................................. 255 VI. transactio............................................................................................. 255 VII. Darlehensrückzahlung ........................................................................ 256 VIII. Gegenleistung bei locatio conductio .................................................. 258 IX. fideiussio ............................................................................................. 261 X. Dotis dictio/dotis promissio ................................................................ 262 XI. Schenkungsversprechen und sonstige formlose pacta ....................... 262 C. Die Sonderstellung der Erfüllung eines Konsensualkaufs ......................... 263 I. Einführung in die Problematik ........................................................... 263 II. Terminologische Argumente .............................................................. 264 III. Argumente aus dem Ersitzungsrecht .................................................. 265 1. Die Kausalbindung von usucapio pro soluto und usucapio pro emptore .................................................................................... 265 2. Übertragbarkeit der Sonderstellung der usucapio pro emptore auf das Recht der traditio .............................................................. 268 IV. Argumente aus der Natur der Verkäuferobligation............................. 269 V. Argumente aus dem (alten) Kaufrecht................................................ 271 VI. Argumente aus dem Kondiktionenrecht ............................................. 275 VII. Argumente aus der Eigenart des Geldes ............................................. 276 VIII. Resümee zu C. .................................................................................... 277 D. Exkurs: Die Abstraktion der Bestellung beschränkter dinglicher Rechte ......................................................................................................... 277 E. Resümee zu § 1 .......................................................................................... 278 § 2. ANWENDUNGSBEREICH HINSICHTLICH DER ZU ÜBEREIGNENDEN SACHE ................................................................... 279 A. Einführung in die Problematik ................................................................... 279 B. Terminologische Argumente ...................................................................... 279 C. Die Parallele mutui datio – solutio indebiti in Gai. 3.90 f. ........................ 279 D. Die Objekte der condictio indebiti ............................................................. 280 E. traditio solvendi causa von res mancipi ..................................................... 282 F. Resümee zu § 2 .......................................................................................... 282

Fünfter Teil: Erklärungsversuche zur causa solvendi ............................ 283 § 1. Einführung ................................................................................................ 283

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§ 2. ERKLÄRUNGEN AUF DER BASIS RECHTSGESCHÄFTLICHER KAUSALVORSTELLUNGEN................................................................. 283 A. Gleichordnung der solutio indebiti mit dem mutuum (Ehrhardt)................ 283 B. Modell der mancipatio und in iure cessio (Pugliese).................................. 284 C. Die causa solvendi als Relikt der solutio per aes et libram (Kunkel)......... 285 D. Vergleichscharakter der solutio (Kaser)...................................................... 286 E. Geschichte der condictio (Lange, Kupisch)................................................ 288 F. Resümee zu § 2........................................................................................... 290 § 3. ERKLÄRUNG AUF DER GRUNDLAGE DER BISHERIGEN ERGEBNISSE........................................................................................... 290 A. Anpassung der Fragestellung...................................................................... 290 B. Ansätze einer Beantwortung....................................................................... 291 Zusammenfassung............................................................................................. 294 Literaturverzeichnis.......................................................................................... 296 Sachregister ...................................................................................................... 325 Quellenregister ................................................................................................. 329

Einleitung Nulla itaque in omnibus praedicti codicis membris antinomia (…) aliquem sibi vindicet locum, sed sit una concordia, una consequentia, adversario nemine constituto.1 Diese Anordnung des oströmischen Kaisers Justinian, gerichtet an die tribonianischen Kommissionen, sollte die Einheit und Widerspruchslosigkeit seines später Corpus Iuris Civilis genannten Gesetzeswerks gewährleisten. Die Meinungsverschiedenheiten der klassischen Juristen, deren Schriften es im Gesetzgebungsverfahren auszuwerten galt, wurden aufgrund der durch sie zu befürchtenden Rechtsunsicherheit als iniquissima erachtet.2 Die Aufgabe, welche die Kompilatoren unter diesen Vorzeichen erwartete, war angesichts der Masse der zu berücksichtigenden Juristenschriften3 und der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit4 kaum zu bewältigen. Es darf daher nicht verwundern, wenn die angestrebte concordia et consequentia nicht durchgängig erzielt werden konnte. Zu keiner Rechtsfrage – so scheint es – ist das gesetzte Ziel jedoch so weit verfehlt worden wie hinsichtlich der Kausalbindung der traditio. Die einschlägigen Digestenstellen sind unklar bis explizit widersprüchlich: So findet sich im Titel D. 41.1 (De adquirendo rerum dominio) einerseits die Forderung des Paulus (D. 41.1.31 pr.) nach dem praecedere einer iusta causa, andererseits – wenige Fragmente weiter – die Bescheinigung der Unerheblichkeit eines Kausaldissenses durch Julian (D. 41.1.36) im Rahmen eines konkreten Falles, welcher wiederum von Ulpian (D. 12.1.18 pr.) aufgegriffen wird, um die Übereignung an eben diesem Kausaldissens scheitern zu lassen. Anschaulich und relevant wird das Problem insbesondere im Falle der traditio solvendi causa, d.h. der Übergabe zwecks Erfüllung einer auf Übereignung gerichteten Schuld. Nähme man hier Paulus (D. 41.1.31 pr.) beim Wort, bedeutete dies eine Abhängigkeit des Übereignungserfolgs von der Wirksamkeit des zugrunde liegenden Verpflichtungsgeschäfts. Dagegen steht jedoch – wie es bereits die Glossatoren ausgedrückt haben5 – der ganze Titel D. 12.6 zur condictio indebiti, einer Klage, welche gerade die Übereignung einer nicht geschuldeten Sache voraussetzte. Zumindest in diesen Fällen war die römische 1

Constitutio ‘Deo Auctore’ 8; ähnlich auch Constitutio ‘Dedoken’ pr. Constitutio ‘Deo Auctore’ 1. 3 Justinian spricht in der Constitutio ‘Dedoken’ 1 von drei Millionen Zeilen, verteilt auf zweitausend Bücher. 4 530–533 n. Chr., vgl. Behrends, in: Behrends/Knütel/Kupisch/Seiler (Hrsg.), Corpus Iuris Civilis II, XIII. 5 Glosse iusta causa zu D. 41.1.31: Vera vel putativa; alioquin si dicas ex putativa non transferri dominium, totus titulus de condictione indebiti obstaret, qui titulus habet locum quando transfertur dominium alicuius rei ex putativa causa; s.u. Erster Teil, § 3. A. II. 2

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Einleitung

traditio offenbar „abstrakt“: Das Eigentum konnte ohne wirksames Verpflichtungsgeschäft übergehen und der wirtschaftliche Ausgleich erfolgte mittels einer bereicherungsrechtlichen Klage. Zur Umgehung der Konsequenz der Anerkennung des Abstraktionsprinzips im römischen Recht hat sich eine – seit etwa 1930 herrschende – Auffassung herausgebildet, welche den Widerspruch zwischen den Quellen zur iusta causa traditionis und jenen zur condictio indebiti mit einer abstrakt verstandenen causa solvendi aufzulösen versucht: Sei zwecks Erfüllung einer Schuld geleistet worden, so habe allein dieser Umstand zur Rechtfertigung des Eigentumsübergangs genügt; das tatsächliche Bestehen der Schuld sei hingegen nur für die Frage des endgültigen Behaltendürfens von Belang gewesen. Rein formal ist damit das Kausalprinzip zwar gewahrt; hinsichtlich des Grades der Loslösung der Übereignung vom wirtschaftlichen Grundgeschäft wäre eine solche traditio solvendi causa jedoch kaum minder abstrakt gewesen als die Übereignung nach § 929 BGB. Ferner stützt sich die Theorie der causa solvendi auf eine äußerst dürftige Quellenbasis: Für die Übertragung des quiritischen Eigentums durch traditio ist eine eigenständige Solutionskausa überhaupt nicht belegt, als iusta causa des Honorar- und Ersitzungsrechts explizit nur in insgesamt vier Stellen, welche wiederum allesamt aus der Spätklassik stammen.6 Es erscheint daher zweifelhaft, ob das Paradoxon der condictio indebiti abschließend mit dieser Rechtsfigur erklärt werden kann. Andere Beobachtungen legen vielmehr nahe, dass sich dahinter ein allgemeines Prinzip des römischen Vermögensrechts verbirgt: So ist kein einziger Fall überliefert, in welchem die traditio aufgrund eines ungültigen Rechtfertigungstatbestandes scheitert.7 Umgekehrt liefern die Quellen reichhaltig Belege für wirksame Übereignungen mittels traditio trotz Fehlens eines Rechtfertigungstatbestandes, etwa bei der datio ob rem oder der Preiszahlung bei nichtigem Kauf. Wenn aber die Rechtfertigungsfrage für die traditio keine entscheidende Rolle gespielt zu haben scheint, muss dem tradere ex iusta causa eine andere Bedeutung zukommen, als sie bislang von der herrschenden Meinung angenommen wird. Aus alledem wird deutlich, dass die Lehre von der causa solvendi eng mit der Lehre von der iusta causa traditionis im Allgemeinen verwoben und ohne diese nicht zu verstehen ist. Die Untersuchung wird daher an diesem Punkt ansetzen, wobei der Meinungsstand sowie die einschlägigen Quellen weitgehend wertungsneutral wiedergegeben werden. Die inhaltliche Auseinandersetzung mit den verschiedenen Auffassungen erfolgt sodann im zweiten Teil bei der Auflösung des 6



Paul. D. 6.2.4; Paul. D. 41.3.48; Herm. D. 41.3.46. Zu diesen s.u. Zweiter Teil, § 3. A.; ferner Ulp. D. 10.3.7.3, s.u. Zweiter Teil, § 3. B. II. 4. 7 Dies ist selbst für Ulp. D. 12.1.18 pr. anzunehmen, da Ulpian das Scheitern der Übereignung nicht auf die Unwirksamkeit des mutuum, sondern auf das Nichtzustandekommen der Zweckvereinbarung stützt: cum alia opinione acceperit. Dazu s.u. Erster Teil, § 2. D. IV.

Einleitung

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Paradoxons der condictio indebiti. Ebenfalls im zweiten Teil werden die Hinweise auf die causa solvendi im Honorar- und Ersitzungsrecht ausgewertet. Der dritte Teil der Arbeit widmet sich der Rechtsnatur des vermeintlichen Kausalelementes der traditio solvendi causa, bevor im vierten Teil der Anwendungsbereich jener quasi-abstrakten Übereignungsart analysiert wird. Fünftens endlich wird den verschiedenen, bisher vertretenen Erklärungen des Phänomens auf den Grund gegangen, um ihnen abschließend eine eigene entgegenzusetzen.

§ 1. Einführung in den Stand der Meinungen

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abstrakten traditio vorausgesetzt, welche daher lediglich – um überhaupt noch als Übereignungsakt erkannt zu werden – einer zweckneutralen dinglichen Einigung bedürfte.

A. Äußerlich kausale traditio I. Streng obligationsbezogene Kausallehre Von Cujaz bis heute wurde immer wieder vertreten, die klassische traditio sei abhängig gewesen von einem abtrennbaren kausalen Rechtsverhältnis, die traditio solvendi causa mithin vom Bestand der zugrunde liegenden Obligation.5 Mit der Lehre vom titulus und modus erreichte diese Auffassung im 17./18. Jh. n. Chr. sogar die Stellung der „herrschenden Meinung“ in der romanistischen Wissenschaft und fand infolgedessen ihren Niederschlag in einigen der bedeutsamsten vernunftrechtlichen Kodifikationen.6 II. Modifizierte obligationsbezogene Kausallehre Bereits die Glossatoren haben auf den Widerspruch einer solch strengen Kausalbindung mit den Stellen zur condictio indebiti aufmerksam gemacht und forderten daher bei der traditio solvendi causa keine wirksame, sondern nur eine für wirksam gehaltene Obligation.7 Folglich erhoben sie in diesen Fällen die existimatio der Parteien im Zeitpunkt der Übergabe zur entscheidenden Voraussetzung für das Gelingen des Eigentumsübergangs. Damit war die Vorstufe gebildet für die bis heute stark vertretene Auffassung von der Sonderstellung der Erfüllung altziviler Verbindlichkeiten (namentlich stipulatio und Damnationslegat), bei welchen ausnahmsweise nicht die Obligation, sondern die solutio selbst, d.h. ein verselbständigter Solutionskonsens, als iusta causa traditionis angesehen worden sei.8 5

Cujacius, libros IV priores Codicis Justiniani, zu C. 4.50, Opera Omnia, Neapel 1722, Bd. 10, 1017; Kindel, JherJb 29 (1890), 397 ff.; Wubbe, in: Contractus e pactum (1990), 114 f.; Schanbacher, TR 60 (1992), 17 ff.; van Vliet, ERPL 3–2003, 365. 6 S.u. § 3. D. V. 7 Glosse iusta causa zu D. 41.1.31: Vera vel putativa; alioquin si dicas ex putativa non transferri dominium, totus titulus de condictione indebiti obstaret, qui titulus habet locum quando transfertur dominium alicuius rei ex putativa causa. S.u. § 3. A. I. und II. 8 Rabel, Grundzüge (1915), 440 f.; Lange, Das kausale Element (1930), 42 ff., 97; Ehrhardt, Iusta causa traditionis (1930), 48 ff.; Honsell/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht4 (1987), 158; Evan-Jones/Maccormack, in: Birks (Hrsg.): New perspectives in the Roman law of property (1989), 99 ff.; Kupisch, in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà II (1991), 446 ff.; Söllner, SZ 77 (1960), 228.

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Erster Teil: iusta causa traditionis

B. Inhaltlich kausale und äußerlich abstrakte traditio Eine derartige Sonderstellung der causa solvendi bestreiten die Vertreter einer lediglich inhaltlich kausalen traditio. Diesen zufolge besteht die iusta causa traditionis stets in der Zweckbestimmung hinsichtlich der traditio. Da dem Solutionskonsens die Funktion zukomme, der traditio einen Erfüllungszweck zuzuordnen, füge er sich ohne weiteres in diese Konzeption der iusta causa traditionis ein. Da eine Zweckerreichung für den Übereignungserfolg generell nicht gefordert worden sei, habe der Nichtbestand der zugrunde liegenden Obligation bereits nach der Regel keinen Hinderungsgrund dargestellt. Wenn demnach allein die Zweckbestimmung maßgeblich ist, rücken deren Merkmale und Voraussetzungen in den Mittelpunkt des Interesses. Diesbezüglich lassen sich im Großen und Ganzen zwei Meinungen voneinander abgrenzen: I. Zweckbestimmung als rechtsgeschäftliche causa Für die heute wohl herrschende Auffassung9 ist es gerade der Kausalbezug innerhalb der Zweckbestimmung, welchem entscheidende Bedeutung für den Übereignungserfolg zukomme. Hierdurch entfalte die Zweckbestimmung eine Rechtfertigungswirkung für den Eigentumsübergang. Die meisten Autoren dieses Lagers, welche zur Rechtsnatur der Zweckbestimmung Stellung nehmen, verlangen eine Verkörperung derselben in einem gültigen Rechtsverhältnis.10 Im Falle der Erfül-

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Bekker, System des heutigen Pandektenrechts II (1889), 148 f.; 158 f.; Strohal, JherJb. 27 (1889), 357 f.; Karlowa, Römische Rechtsgeschichte II (1901), 417; Salkowski, Institutionen9 (1907), 236; de Francisci, Il trasferimento della proprietà (1924), 153 f.; Bonfante, Corso II/2 (1928/1968), 224 f.; Betti, Studi Riccobono IV (1936), 117 f.; Ferrini, Pandette4 (1953), 307; Talamanca, RISG VI (1953), 442; ders., Istituzioni (1990), 436; Kaser, BIDR 64 (1961), 61 f., 87, 93 ff.; ders., RP I (1971), 416; Schwarz, Grundlage der condictio (1952), 223; Benedek, AJ IV (1962), 154; Wolf, Causa stipulationis (1970), 343; Behrends, in: Labruna, Tradere (1998), 37, 54 ff.; Cristaldi, Il contenuto dell’obbligazione del venditore (2007), 47 ff. 10 Repräsentativ Kaser, BIDR 64 (1961), 94: „Diese Zwecksetzung erschöpft sich aber nicht in einer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Beziehung, sondern verkörpert sich in einem Rechtsverhältnis: emptio venditio, donatio, dotis datio, solutio, creditum usw. Dieses Rechtsverhältnis muss gültig sein; das trifft für die solutio in dem vorhin dargelegten Sinn zu, dass ihre Gültigkeit von der der ihr zugrundegelegten obligatio nicht abhängt.“ Ähnlich Bekker, System des heutigen Pandektenrechts II (1889), 148 f.; Karlowa, Römische Rechtsgeschichte II (1901), 417 f.; Bonfante, Corso II/2 (1928/1968), 244; Volterra, Istituzioni (1961), 334 f.; Talamanca, Istituzioni (1990), 436; Molkenteller, Die These vom dinglichen Vertrag (1991), 65. Deutlich weiter gefasst ist die Definition bei Betti, Studi Riccobono IV (1936) 117, welcher lediglich

§ 1. Einführung in den Stand der Meinungen

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lung einer auf dare gerichteten Obligation wird die solutio selbst als ein solches Rechtsverhältnis angesehen. II. Die Lehre von der kausalen dinglichen Einigung Demgegenüber findet sich eine Akzentverschiebung bei der Lehre von der kausalen dinglichen Einigung. Deren Vertreter11 halten primär den animus dominii transferendi als entscheidend für den Eigentumsübergang. Dieser existiere jedoch nicht isoliert, sondern sei notwendig mit der Zweckbestimmung verbunden.12 Die „dingliche Einigung“ tauche in den Quellen folglich „nur als Einigung über die Übereignung venditionis, donationis, fiduciae, dotis, solutionis causa“13 auf. Da demnach die Funktion der Zweckbestimmung lediglich darin besteht, die „Weise der Übereignung“ zu kennzeichnen,14 erscheint ihre Verkörperung in einem gültigen Rechtsverhältnis überflüssig. Eine Spielart dieser Lehre verlegt die kausale dingliche Einigung bei speziell bestimmten Obligationen in das Verpflichtungs-

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“un determinato tipo di rapporto economico-sociale (rapporto causale) fra le due parti” fordert. Unter anderem gegen ihn richtete Kaser daher das obige Zitat. Huschke, AcP 62 (1879), 324 ff.; Salkowski, Institutionen9 (1907), 236; Beseler, Beiträge IV (1920), 126 f.; ders., SZ 45 (1925), 226; Hazewinkel-Suringa, Mancipatio en Traditio (1931), 174 ff.; Schulz, SZ 52 (1932), 546 ff.; Pflüger, Zur Lehre vom Erwerbe des Eigentums (1937), 30; Volterra, Istituzioni (1961), 333 ff.; Sustmann, Rückabwicklung nichtiger Kaufverträge (2000), 129; Cannata, Istituzioni I (2001), 305 ff.; Jakobs, SZ 119 (2002), 269 ff., insb. 317 ff. Salkowski, Institutionen9 (1907), 236: „Traditio ist (…) die Überlassung der tatsächlichen Herrschaft über eine Sache an jemand in der übereinstimmenden – einen bestimmten, rechtlich statthaften, rechtsgeschäftlichen Zweck (iusta causa traditionis), z.B. Schenkung, Erfüllung oder Begründung einer Verbindlichkeit, verfolgenden – Absicht, Eigentum an ihr zu übertragen und zu erwerben.“ Pflüger, Zur Lehre vom Erwerbe des Eigentums (1937), 30: „Ohne den Willen Eigentum zu übertragen keine Übertragung des Eigentums. Nur ist der Wille Eigentum zu übertragen nicht ein drittes neben der iusta causa und der Übergabe, sondern in der iusta causa, als der Verbindung eines Willens Eigentum zu übertragen mit einem auf Erlangung eines Gegenwertes gerichteten Willen, enthalten.“ Schulz, SZ 52 (1932), 545. So wörtlich Jahr, SZ 80 (1963), 169, der damit – und aufgrund seiner sonstigen Ausführungen (vgl. etwa S. 146 f., wo er sich explizit gegen Kasers Definition der iusta causa als „Rechtsverhältnis“ wendet) – der Lehre von der kausalen dinglichen Einigung zuzurechnen ist. (Vgl. insb. die Nähe zu Schulz, SZ 52 (1932), 544 f.: „Einigung über die kaufweise Übereignung“.) Zwar bezeichnet Jahr die Lehre in einem Aspekt als falsch (16354: „Falsch ist an dieser Theorie die Vorstellung, der ‚kausale Konsens’ dürfe ‚misslingen’“), wobei er jedoch Beseler, SZ 45 (1925), 226, falsch zitiert. Auf die Nähe Jahrs zur Theorie der kausalen dinglichen Einigung machte bereits Jakobs, SZ 119 (2002), 317 f.126 aufmerksam.

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Erster Teil: iusta causa traditionis

geschäft, welches daher „auch Zuwendungsakt“ mit „Verfügungscharakter“ sei.15 Nur bei generisch bestimmten Obligationen sei demnach noch ein dinglicher Konsens im Zeitpunkt der Übergabe erforderlich gewesen. Durch diese Differenzierung versuchen die betreffenden Autoren insbesondere eine Erklärung für die vermeintliche Sonderstellung des Kaufs zu liefern.16

C. Inhaltlich abstrakte traditio I. Die Lehre vom abstrakten dinglichen Vertrag Zu einer Abstrahierung der dinglichen Einigung von der Zweckbestimmung gelangt schließlich die Lehre vom abstrakten dinglichen Vertrag. Diese geht auf Friedrich Carl von Savigny17 zurück und war etwa von 1840 bis 1930 „herrschende Meinung“ in der deutschen Romanistik.18 Savigny bezeichnete bisweilen die dingliche Einigung selbst als iusta causa: „Justa causa müssen wir also nur nennen, die Absicht des Eigenthümers mit der Tradition das Eigentum zu übertragen. Dies ist der allgemeine Begriff von justa causa, der bei allen Geschäften in allen Fällen passt. (…) Hierauf gründet sich der Satz, dass jede Tradition ihrer Natur nach ein wahrer Vertrag ist und dass die justa causa nichts als diesen Vertrag ausdrückt. 15

Jahr, SZ 80 (1963), 168; Wesel, SZ 85 (1962), 103 f.; Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 57 f. 16 Hierzu s.u. Vierter Teil, § 1. C. 17 System III (1840), 312 ff.; Obligationenrecht II (1853), 257 ff. 18 Savigny folgten – teilweise bereits vor seiner eigenen Veröffentlichung der Lehre – ein Großteil der deutschen Pandektenwissenschaft, vgl. etwa Regenbrecht, Commentatio (1820), passim; Warnkönig, AcP 6 (1823), 111–134; Vangerow, Pandekten6 (1851), § 311; Strempel, Über die justa causa bei der Tradition (1856), passim; Exner, Die Lehre vom Rechtserwerb durch Tradition (1867), passim; Puchta, Institutionen II10 (1893), 216 f.; Dernburg, Pandekten I7 (1902), 493 ff.; Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts I9 (1906), § 1713. Auch nach dem Sturz des Savigny-Dogmas von dem Thron der „herrschenden Meinung“ wurde und wird von einer beachtlichen Zahl an Autoren das Erfordernis einer iusta causa traditionis für das klassische Recht verneint und eine abstrakte dingliche Einigung für ausreichend gehalten: Perozzi, Istituzioni I (1928), 673; Hupka, SZ 52 (1932), 1 ff.; Thayer, BIDR 44 (1936/37), 441 f.; Voci, Modi di acquisto della proprietà (1952), 143 ff.; Albanese, Gli atti negoziali nel diritto privato romano (1982), 252 ff.; Burdese, Manuale di diritto privato romano4 (1993), 305 f.; Marrone, Istituzioni di Diritto Romano2 (1994), 332; Vacca, in Mannino (Hrsg.): L’arricchimento senza causa (2005), 7 ff., bestreitet zwar ausdrücklich den abstrakten Charakter der traditio (32), zählt aber zu den causae auch die dingliche Einigung (33) und macht deutlich, dass es weder eines Grundgeschäfts, noch eines consensus in causa über dasselbe bedürfe (35).

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Erster Teil: iusta causa traditionis

geschäft, welches daher „auch Zuwendungsakt“ mit „Verfügungscharakter“ sei.15 Nur bei generisch bestimmten Obligationen sei demnach noch ein dinglicher Konsens im Zeitpunkt der Übergabe erforderlich gewesen. Durch diese Differenzierung versuchen die betreffenden Autoren insbesondere eine Erklärung für die vermeintliche Sonderstellung des Kaufs zu liefern.16

C. Inhaltlich abstrakte traditio I. Die Lehre vom abstrakten dinglichen Vertrag Zu einer Abstrahierung der dinglichen Einigung von der Zweckbestimmung gelangt schließlich die Lehre vom abstrakten dinglichen Vertrag. Diese geht auf Friedrich Carl von Savigny17 zurück und war etwa von 1840 bis 1930 „herrschende Meinung“ in der deutschen Romanistik.18 Savigny bezeichnete bisweilen die dingliche Einigung selbst als iusta causa: „Justa causa müssen wir also nur nennen, die Absicht des Eigenthümers mit der Tradition das Eigentum zu übertragen. Dies ist der allgemeine Begriff von justa causa, der bei allen Geschäften in allen Fällen passt. (…) Hierauf gründet sich der Satz, dass jede Tradition ihrer Natur nach ein wahrer Vertrag ist und dass die justa causa nichts als diesen Vertrag ausdrückt. 15

Jahr, SZ 80 (1963), 168; Wesel, SZ 85 (1962), 103 f.; Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 57 f. 16 Hierzu s.u. Vierter Teil, § 1. C. 17 System III (1840), 312 ff.; Obligationenrecht II (1853), 257 ff. 18 Savigny folgten – teilweise bereits vor seiner eigenen Veröffentlichung der Lehre – ein Großteil der deutschen Pandektenwissenschaft, vgl. etwa Regenbrecht, Commentatio (1820), passim; Warnkönig, AcP 6 (1823), 111–134; Vangerow, Pandekten6 (1851), § 311; Strempel, Über die justa causa bei der Tradition (1856), passim; Exner, Die Lehre vom Rechtserwerb durch Tradition (1867), passim; Puchta, Institutionen II10 (1893), 216 f.; Dernburg, Pandekten I7 (1902), 493 ff.; Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts I9 (1906), § 1713. Auch nach dem Sturz des Savigny-Dogmas von dem Thron der „herrschenden Meinung“ wurde und wird von einer beachtlichen Zahl an Autoren das Erfordernis einer iusta causa traditionis für das klassische Recht verneint und eine abstrakte dingliche Einigung für ausreichend gehalten: Perozzi, Istituzioni I (1928), 673; Hupka, SZ 52 (1932), 1 ff.; Thayer, BIDR 44 (1936/37), 441 f.; Voci, Modi di acquisto della proprietà (1952), 143 ff.; Albanese, Gli atti negoziali nel diritto privato romano (1982), 252 ff.; Burdese, Manuale di diritto privato romano4 (1993), 305 f.; Marrone, Istituzioni di Diritto Romano2 (1994), 332; Vacca, in Mannino (Hrsg.): L’arricchimento senza causa (2005), 7 ff., bestreitet zwar ausdrücklich den abstrakten Charakter der traditio (32), zählt aber zu den causae auch die dingliche Einigung (33) und macht deutlich, dass es weder eines Grundgeschäfts, noch eines consensus in causa über dasselbe bedürfe (35).

§ 1. Einführung in den Stand der Meinungen

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Aber es braucht nicht ein obligatorischer Vertrag zu seyn, denn sonst würden wir wieder in den gerügten Fehler verfallen, sondern sie ist ein wahrer dinglicher Vertrag, ein Vertrag des Sachenrechts.“19 Savigny war sich hierbei durchaus darüber im Klaren, dass er den Begriff der iusta causa in einem anderen Sinne verwendet als die römischen Juristen. Für diese sei iusta causa „dasjenige Rechtsgeschäft, mit welchem die Tradition in Verbindung steht“, gewesen, allerdings nicht im Sinne einer echten Übereignungsvoraussetzung, sondern lediglich im Sinne eines Indizes für den beiderseitigen Übereignungswillen, welchen bereits die Römer als maßgeblich angesehen hätten.20 In dieser Bedeutung gebrauchen gewöhnlich auch die modernen Vertreter des Abstraktionsprinzips den Begriff der iusta causa.21 Angesichts dessen bewegen sich die Unterschiede zur Lehre von der kausalen dinglichen Einigung mehr auf der deskriptiven als auf der normativen Ebene: Für beide Theorien ist die dingliche Einigung entscheidend für den Übereignungserfolg; nur wird sie von der einen als ein eigenständiger, isolierter Vertrag, von der anderen als notwendig mit der kausalen Zwecksetzung verbunden erklärt. II. Leugnung der Zugehörigkeit der causa-Problematik zur klassischen Dogmatik Mit der Konsequenz einer „abstrakten“ traditio wird schließlich auch vertreten, die gesamte bis hierher dargestellte Problematik um die iusta causa traditionis 19

Vorlesungen über das Pandektenrecht im Wintersemester 1815/16, Wörtliche Nachschrift von G.C. Burchardi, abgedruckt bei: Felgentraeger, Savignys Einfluß auf die Übereignungslehre (1927), 34; ebenso Puchta, Institutionen II10 (1893), 216 f. 20 Savigny, Obligationenrecht II (1853), 258 f.; vgl. auch die Vorlesungsmitschrift von Wilhelm Theodor Kraut, Wintersemester 1820/21, abgedruckt bei: Felgentraeger, Savignys Einfluß auf die Übereignungslehre (1927), 35 f.; ähnlich auch Savignys Schüler Warnkönig, AcP 6 (1823), 127: „Diese Beweggründe, die ja auch causae genannt werden, welche den Willen zu veräußern erzeugen, geben daher der Veräußerung einen besonderen Zweck, einen besonderen Charakter. Kauf, Schenkung, Tausch, Darlehen usw. werden daher selbst Veräußerungen genannt. Wer also eine Sache durch Tradition erworben zu haben behauptet, wird sich natürlich immer auf solch eine spezielle Veräußerung, oder auf einen speziellen Veräußerungsgrund berufen, - nicht weil das etwaige darin enthaltene Rechtsgeschäft ihn zum Eigenthümer machte, sondern weil in diesem der Wille des Tradenten ausgesprochen ist, ihm Eigentum zu übertragen. Deshalb kommt es also auch gar nicht darauf an, dass ein solches Rechtsgeschäft wirklich vor der Tradition existiert habe, oder gültig sey (…).“ 21 Vgl. etwa Voci, SDHI 15 (1949), 154: „Iusta causa traditionis è solo l’indizio esteriore, che esista la volontà delle parti diretta al trasferimento della proprietà. Che poi questa causa sia effettiva, voluta da entrambe le parti, e possa produrre efficacemente il passaggio della proprietà, è un problema che non attiene alla validità della traditio ma ai suoi effetti, come in realtà vi attiene la iusta causa.”

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Erster Teil: iusta causa traditionis

sei gar kein Bestandteil der klassischen Dogmatik gewesen.22 Dies zeige sich zum einen an der geringen Anzahl an einschlägigen Zeugnissen in den Quellen, insbesondere im Vergleich mit den Stellen zur causa usucapionis.23 Zum anderen ermangele es den wenigen vorhandenen Quellen an Aussagekraft.24

D. Resümee und Ausblick Das beobachtete – von einem Extrem zum anderen reichende – Meinungsspektrum lässt schon erahnen, dass die Ergiebigkeit der dem Problem zugrunde liegenden Quellen tatsächlich recht begrenzt ist. So waren es bis zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts denn auch weniger die Quellen selbst als vielmehr philosophischgeistige Strömungen, Bedürfnisse der Praxis und nicht zuletzt herausragende Autoritäten, welche die Dogmatik zur iusta causa traditionis bestimmten.25 Die moderne Romanistik, die sich weitgehend – wenn auch nicht vollständig – von jenen Hemmnissen emanzipiert hat, sieht sich dem bereits in der Einleitung beschriebenen Konflikt zwischen Quellen zur iusta causa traditionis einerseits und zur condictio indebiti andererseits ausgesetzt. Hierauf sind die Zweckvereinbarungsansätze und insbesondere die Lehre von der eigenständigen causa solvendi zurückzuführen. Unterschieden wird zwischen einem Zuwendungsgrund (causa dandi, causa proxima) und einem Behaltensgrund (causa retinendi, causa remota), wobei Ersterer im Übereignungs-, Letzterer hingegen nur im Kondiktionenrecht von Bedeutung sei.26 Obschon also offensichtlich das Kondiktionenrecht als der Ort erkannt wird, in welchem die iuris consulti über die Rechtfertigung der Vermögensverschiebung entschieden, fordert die herrschende Meinung dem Zuwendungsgrund ebenfalls eine Rechtfertigungswirkung ab,27 worauf die häufig zu beobachtende Identifizierung der iusta causa traditionis mit einem gültigen Rechtsverhältnis zurückzuführen ist. Ein zentrales Anliegen der vorliegenden Untersuchung besteht in der Überprüfung dieser Auffassung.

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Gordon, in: New Perspectives in the Roman Law of Property (1989), 123 ff.; Pugsley, in: Americans are aliens (1989), 27 ff.; Barton, in: Cairns/Robinson (Hrsg.): Critical Studies in Ancient Law (2001), 15 ff. 23 Zur Erklärung dieses Phänomens s.u. Zweiter Teil, § 3. B. I. 2. b. 24 Diese These wird sogleich unter § 2 untersucht. 25 Zur dogmengeschichtlichen Entwicklung s.u. § 3. 26 Gegen diese Unterscheidung vgl. Kupisch, Ungerechtfertigte Bereicherung (1987), 8 ff. 27 Vgl. Lange, Das kausale Element (1930), 42 f.; Betti, Studi Riccobono IV (1936), 117; Talamanca, RISG VI (1953), 442; Volterra, Istituzioni (1961), 334 f.; Kaser, BIDR 64 (1961), 94; Behrends, in: Labruna, Tradere (1998), 54.

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Erster Teil: iusta causa traditionis

sei gar kein Bestandteil der klassischen Dogmatik gewesen.22 Dies zeige sich zum einen an der geringen Anzahl an einschlägigen Zeugnissen in den Quellen, insbesondere im Vergleich mit den Stellen zur causa usucapionis.23 Zum anderen ermangele es den wenigen vorhandenen Quellen an Aussagekraft.24

D. Resümee und Ausblick Das beobachtete – von einem Extrem zum anderen reichende – Meinungsspektrum lässt schon erahnen, dass die Ergiebigkeit der dem Problem zugrunde liegenden Quellen tatsächlich recht begrenzt ist. So waren es bis zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts denn auch weniger die Quellen selbst als vielmehr philosophischgeistige Strömungen, Bedürfnisse der Praxis und nicht zuletzt herausragende Autoritäten, welche die Dogmatik zur iusta causa traditionis bestimmten.25 Die moderne Romanistik, die sich weitgehend – wenn auch nicht vollständig – von jenen Hemmnissen emanzipiert hat, sieht sich dem bereits in der Einleitung beschriebenen Konflikt zwischen Quellen zur iusta causa traditionis einerseits und zur condictio indebiti andererseits ausgesetzt. Hierauf sind die Zweckvereinbarungsansätze und insbesondere die Lehre von der eigenständigen causa solvendi zurückzuführen. Unterschieden wird zwischen einem Zuwendungsgrund (causa dandi, causa proxima) und einem Behaltensgrund (causa retinendi, causa remota), wobei Ersterer im Übereignungs-, Letzterer hingegen nur im Kondiktionenrecht von Bedeutung sei.26 Obschon also offensichtlich das Kondiktionenrecht als der Ort erkannt wird, in welchem die iuris consulti über die Rechtfertigung der Vermögensverschiebung entschieden, fordert die herrschende Meinung dem Zuwendungsgrund ebenfalls eine Rechtfertigungswirkung ab,27 worauf die häufig zu beobachtende Identifizierung der iusta causa traditionis mit einem gültigen Rechtsverhältnis zurückzuführen ist. Ein zentrales Anliegen der vorliegenden Untersuchung besteht in der Überprüfung dieser Auffassung.

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Gordon, in: New Perspectives in the Roman Law of Property (1989), 123 ff.; Pugsley, in: Americans are aliens (1989), 27 ff.; Barton, in: Cairns/Robinson (Hrsg.): Critical Studies in Ancient Law (2001), 15 ff. 23 Zur Erklärung dieses Phänomens s.u. Zweiter Teil, § 3. B. I. 2. b. 24 Diese These wird sogleich unter § 2 untersucht. 25 Zur dogmengeschichtlichen Entwicklung s.u. § 3. 26 Gegen diese Unterscheidung vgl. Kupisch, Ungerechtfertigte Bereicherung (1987), 8 ff. 27 Vgl. Lange, Das kausale Element (1930), 42 f.; Betti, Studi Riccobono IV (1936), 117; Talamanca, RISG VI (1953), 442; Volterra, Istituzioni (1961), 334 f.; Kaser, BIDR 64 (1961), 94; Behrends, in: Labruna, Tradere (1998), 54.

§ 2. Ausgangspunkte in den Quellen

§ 2. Ausgangspunkte

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in den

Q uellen

Im Folgenden sollen die wichtigsten Grundlagen der Lehre von der iusta causa traditionis in den Quellen dargestellt werden. Die Darstellung wird dabei bewusst wertungsneutral und ergebnisoffen vorgenommen, da sich viele der zur Bewertung notwendigen Befunde erst im Verlauf der weiteren Untersuchung ergeben werden. Ziel dieses Abschnitts soll es sein, die mangelnde Eindeutigkeit und Aussagekraft der einschlägigen Quellen herauszustellen und als Ursache für die bis heute anhaltende Meinungsvielfalt zur causa-Frage auszumachen.

A. Paul. D. 41.1.31 pr. Quellen mit unmittelbaren dogmatischen Aussagen zur causa-Frage sind sehr selten. Eine Definition der iusta causa findet sich nirgends. Die deutlichste Stellungnahme liefert Paulus im 31. Buch zum Edikt: D. 41.1.31 pr. Paulus libro 31 ad edictum Numquam nuda traditio transfert dominium, sed ita, si venditio aut aliqua28 iusta causa praecesserit, propter quam traditio sequeretur.

Niemals – so Paulus – übertrage die bloße Übergabe Eigentum, sondern nur, wenn ein Verkauf oder irgendeine (andere) rechtmäßige Ursache vorangegangen sei, deretwegen die Übergabe erfolge. Das Übereignungsgeschäft der traditio besteht demzufolge aus zwei Elementen, einem faktischen (der traditio im engeren Sinne) und einem rechtlichen (der iusta causa).29 Der Übereignungserfolg soll nur ein28

Die wörtliche Übersetzung des aut aliqua legt nahe, dass Paulus die venditio als eigenständigen Erwerbsgrund neben die eigentlichen iustae causae traditionis stellen und folglich gerade nicht als Beispiel für dieselben anführen wollte. Dagegen spricht Gai. 2.20, wo die venditio ohne Zweifel in den Kreis der iustae causae gestellt wird. Es ist ferner nicht notwendig, das aliqua für byzantinisch bzw. als falsche Auflösung einer Sigle zu erklären und in alia qua zu transformieren, da aliqua auch an anderen Stellen (z.B. Ulp. D. 3.4.2) in der Bedeutung von alia gebraucht wird, vgl. Benedek, AJ IV (1962), 1206; Savigny, Obligationenrecht II (1853), 254 f.K. 29 Behrends, in: Labruna, Tradere (1998), 37 f. und - ihm folgend - Avenarius, liber singularis regularum (2005), 368 f., sehen in dieser Gegenüberstellung von erfahrbarer Welt und juristischer Form eine charakteristische Ausprägung der Lehre des Servius Sulpicius. Kaser, BIDR 64 (1961), 63, betont das „beträchtliche Maß fachjuristischer Abstraktion“, welches dem Terminus traditio (i.w.S.) innewohne und schließt daraus, er könne „nicht sehr alt sein“. Honsell/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht4 (1987), 157, meinen dazu, die traditio (i.w.S.) sei erst von der Elementarliteratur des 2. Jhs. n. Chr. und von den spätklassischen Autoren in ein System der Arten des Eigentumserwerbs eingebaut worden.

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Erster Teil: iusta causa traditionis

treten, wenn beide Elemente zusammenkommen. Auch über die Art der Verknüpfung liefert die Stelle Hinweise: Die iusta causa soll der Übergabe „vorangehen“; ferner soll die Übergabe „wegen“ der iusta causa erfolgen. Die venditio wird als Beispiel angeführt. Wer eine allgemeine Definition der iusta causa sucht, ist aufgrund dieser Informationen versucht, wiederum die zugrunde liegende Obligation heranzuziehen, geht sie doch der Leistung voran, ist Rechtsgrund derselben und findet im Konsensualkauf geradezu ein Paradebeispiel. Diese Hürden müssen von der Gegenmeinung, welche die Konstituierung der iusta causa traditionis als Rechtsakt im Zeitpunkt der Übergabe ansieht, erst einmal überwunden werden. I. praecedere als zeitliches Prius? So lässt sich praecedere30 nicht nur zeitlich, sondern auch im Sinne einer logischen Verknüpfung deuten,31 gemäß der aristotelischen Unterscheidung zwischen tempore und ratione praecedens.32 Dagegen spricht jedoch die durchweg zeitliche Verwendung des Ausdrucks in den juristischen Quellen.33 Miquel versucht das Problem zu umschiffen, indem er mit processerit eine andere Lesung der Stelle vornimmt.34 Zwar sei processerit 30

Gleiches gilt für das Verb sequi am Ende der Stelle. Schwarz, Grundlage der condictio (1952), 223 f.27, übersetzt praecedere mit „vorhanden sein bzw. vorliegen“; ähnlich Gordon, in: New Perspectives in the Roman Law of Property (1989), 126. Kaser, BIDR 64 (1961), 6620, liest in seiner „logischen“ Deutung aus dem praecedere heraus, das tradere bedeute den „realen Vollzug der causa“. Für Lambertini, Studii Labruna IV (2007), 2748, ist das Prius „essentialmente logico“ weil causa und Übergabe im selben Akt zusammenfielen. Damit vollzieht er einen Zirkelschluss, ist dies doch gerade die Vorstellung der causa, welche er mit der Auslegung der Stelle stützen will. Cannata, Scritti Sacco I (1994), 156 f., stützt die These mit dem Hinweis, der Substantiv causa leite sich vom gleichlautenden Ablativ ab, welcher – in Verbindung mit einem Genitiv – einen Zweck zum Ausdruck bringe, in diesem Fall den Zweck der Übergabe; Schanbacher, TR 60 (1992), 3, spricht von einer „ontologischen“ Verknüpfung zwischen causa und traditio im Sinne einer Grund/Folge-Beziehung. 32 Diese Idee wurde bereits von Cicero aufgegriffen und war Paulus sicherlich bekannt. Cic. De fato 15.34: Quodsi concedatur nihil posse evenire nisi causa antecedente, quid proficiatur si ea causa non ex aeternis causis apta dicatur? Causa autem ea est quae id efficit cuius est causa, ut vulnus mortis, cruditas morbi, ignis ardoris. Itaque non sic causa intellegi debet ut quod cuique antecedat id ei causa sit, sed quod cuique efficienter antecedat, nec quod in campum descenderim id fuisse causae cur pila luderem, nec Hecubam causam interitus fuisse Troianis quod Alexandrum genuerit, nec Tyndareum Agamemnoni quod Clyteamnestram. 33 Nachweise umfassend aufgeführt bei Lange, Das kausale Element (1930), 193. 34 Miquel, SZ 80 (1963), 233 ff.; zustimmend und mit eigener Begründung Jakobs, SZ 119 (2002), 325145. 31

§ 2. Ausgangspunkte in den Quellen

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gegenüber praecesserit die lectio difficilior, doch biete dieser Begriff einen weiteren Interpretationsspielraum.35 Miquel selbst sieht Übergabe und iusta causa in einer – wie er es nennt – „retrospektiven“ Beziehung, d.h., die Parteien müssten bei Übergabe der Meinung sein, dieselbe aus einem Rechtsgrund heraus vorzunehmen.36 Subjektivierende Interpretationen des praecedere sind keineswegs neu; bereits Donellus37 und Savigny38 haben das praecedere mit der Figur einer psychologischen causa erklärt, im Sinne eines Motivs für den animus dominii transferendi. Mit einem „motivo ideologico“ erklärt auch Bonfante das praecedere.39 Die dargestellten Begründungsversuche haben – auch wenn unverkennbar von einem gewünschten Ergebnis (Verkörperung der iusta causa in einem Rechtsakt im Zeitpunkt der Übergabe) her argumentiert wird – durchaus ihre Berechtigung. Denn auch, wenn man nicht davon ausgeht, dass die iusta causa stets im Zeitpunkt der Übergabe produziert wird, so bleiben dennoch die Fälle der datio ob rem oder der Handgeschäfte (donatio, mutui datio, dotis datio etc.), in denen dies zweifellos der Fall ist. Ein Willenselement im Zeitpunkt der Übergabe ist aber auch bei einer zeitlich vorangehenden Obligation unverzichtbar, um die Übergabe mit der Obligation zumindest zu verknüpfen. Möglicherweise hat dieses verknüpfende Element, d.h. der kausale Konsens, bereits ausgereicht, um den Eigentumsübergang zu rechtfertigen; die Obligation würde dann in der Tat zum bloßen Motiv degradiert. Die zahlreichen Zeugnisse zur condictio indebiti lassen eine solche Interpretation jedenfalls nicht als fernliegend erscheinen. Das geschilderte Problem um die Bedeutung des praecedere für die Beziehung zwischen Übergabe und causa kommt freilich nur auf, wenn man Paulus unterstellt, praecedere als generalisierbaren Begriff verwendet zu haben. Ein solches Verständnis wird durch den entsprechend formulierten einleitenden Halbsatz (numquam …) nahegelegt.40 Berücksichtigt man hingegen den palingenetischen Kontext der Stelle, erscheint die Wortwahl in einem anderen Licht: Im Zusammenhang mit der überlieferten Stelle erörterte Paulus wohl die Möglichkeit des Eigentum35

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Miquel, Studii Labruna VI (2007), 3639 ff. Miquel, Estudios Suarez (1978), 264, allerdings am Bsp. von Gai. 2.20. Donellus, Comm. IV. XVI § 7, Opera Omnia (Lucca 1762–70) I, 741 f. Savigny, Obligationenrecht II (1853), 258 ff. Bonfante, Corso II/2 (1928/1968), 245; vgl. ferner Volterra, Istituzioni (1961), 3352, der auf das der traditio vorangehende Wissen der Parteien um den Verfügungszweck abstellt. Die iusta causa selbst gehe der traditio aber nicht voran, sondern entstehe gleichzeitig mit ihr. Es handele sich mithin um eine bloße „precedenza psicologica ed ideologica“. 40 Die Authentizität dieser regelhaften Formulierung ist fragwürdig; vgl. Schulz, Prinzipien des römischen Rechts (1934), 28; Ehrhardt, Iusta causa traditionis (1930), 135; Kaser, BIDR 64 (1961), 66; Benedek, AJ IV (1962), 120. 36

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Erster Teil: iusta causa traditionis

serwerbs an einer hinterlegten Sache.41 Der Akt der Hinterlegung liegt aus dieser Perspektive in der Vergangenheit, geht dem fraglichen Eigentumserwerb zeitlich voraus. Jedoch stellt das depositum keine iusta causa traditionis dar. Um zu einem Eigentumsübergang zu kommen, hätte im konkreten Fall kein depositum, sondern eine venditio oder eine andere iusta causa vorausgehen müssen. Als Paulus praecedere schrieb, wollte er damit möglicherweise lediglich den Gegensatz zum vorausgehenden depositum veranschaulichen, nicht jedoch die allgemeine Regel aufstellen, dass die iusta causa immer zeitlich vorhergehen müsse. Eine solche Regel hätte sich schließlich nicht mit der zweifellos anerkannten traditio brevi manu verstanden, bei welcher die Übergabe der iusta causa stets vorangeht.42 II. propter quam als Argument für eine causa vera? Der letzte Halbsatz der Stelle hebt besonders deutlich die kausale Verknüpfung zwischen iusta causa und Übergabe hervor. Die Übergabe muss „wegen“ der iusta causa erfolgen; erfolgt sie aus einem anderen Grund, soll das Eigentum nicht übergehen. Die Formulierung propter quam legt folglich nahe, dass zusätzlich zu diesem Grundgeschäft und der Übergabe noch ein drittes Erfordernis hinzukommen müsse, nämlich das einer Zweckbestimmung, welche die beiden Ersteren miteinander verknüpft.43 Die causa würde dann „mit der Leistungszweckbestimmung vom nur möglichen zum wirklichen Grund der traditio“.44 Unter dieser Prämisse verbietet es sich, causa und Zweckbestimmung gleichzusetzen. Schanba41

Dies legt § 1 des Fragments nahe, wo es heißt: thesaurus est vetus quaedam depositio pecuniae; vgl. Lenel, Pal. I, 1027; Schanbacher, TR 60 (1992), 2; Lange, Das kausale Element (1930), 175; Schönbauer, KritV 61 (1932), 192; Hupka, SZ 52 (1932), 3 m.w.N. in Anm. 4. 42 Ulp. D. 6.2.9.1: Si quis rem apud se depositam vel sibi commodatam emerit vel pignori sibi datam, pro tradita erit accipienda, si post emptionem apud eum remansit. 43 In diese Richtung weist auch Jav. D. 44.7.55: In omnibus rebus, quae dominium transferunt, concurrat oportet affectus ex utraque parte contrahentium: nam sive ea venditio sive donatio sive conductio sive quaelibet alia causa contrahendi fuit, nisi animus utriusque consentit, perduci ad effectum id quod inchoatur non potest. Aus der Verwendung des Perfekt (fuit) ergibt sich, dass die geforderte Einigung (animus utriusque consentit) nicht diejenige des obligatorischen Grundgeschäfts sein kann. Gegen das Erfordernis eines zusätzlichen Willenselementes im Zeitpunkt der Übergabe Peters, SZ 96 (1979), 185 ff. 44 Schanbacher, TR 60 (1992), 4, definiert damit die causa ebenso wie die Vertreter der Lehre vom titulus & modus adquirendi, nämlich als ein Rechtsverhältnis, qui infert nudam possibilitatem juris acquisiti (Wolff, Jus naturae III [1743], § 1034, S. 717), während der modus diese Möglichkeit in eine Wirklichkeit verwandele. Bei Schanbacher ist jener modus allerdings nicht die Übergabe, sondern die diese begleitende Leistungszweckbestimmung.

§ 2. Ausgangspunkte in den Quellen

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cher sieht in der iusta causa daher das (zumeist obligatorische) Grundgeschäft, welches „nach der strengen Formulierung des fr. 31“ zudem wirksam sein müsse.45 Die Logik dieses letzten Schlusses ist allerdings brüchig: Selbst wenn man aus dem propter quam das Erfordernis einer – gegenüber der iusta causa eigenständigen – Zweckbestimmung herausliest, ist damit noch nichts über das Erfordernis der Wirksamkeit der causa gesagt. Im Gegenteil: Gerade das Vorhandensein eines Willenselements im Zeitpunkt der Übergabe könnte ein eigenständiges Element zur Begründung des Eigentumsübergangs liefern und das Fehlen eines gültigen Grundgeschäftes kompensieren. Bereits die mittelalterlichen Juristen haben diese Idee mit der Trennung zwischen causa remota und causa immediata beschrieben.46 Um die Übergabe als Übereignung zu qualifizieren, genügt eine irgendwann in der Vergangenheit abgeschlossene Obligation in der Tat nicht; es bedarf – wie bereits festgestellt – eines verknüpfenden Elements, welches den Grund der Übergabe in der Verpflichtung, ihren Zweck in der Erfüllung definiert. Ob Paulus darüber hinaus die Wirksamkeit der von ihm als iusta causa bezeichneten Obligation forderte, ist aufgrund von lex 31 pr. nicht mit Sicherheit zu sagen. Die Tatsache, dass Paulus – zusammen mit Ulpian – den Digestentitel de condictione indebiti (12.6) dominiert, lässt eher auf das Gegenteil schließen.47 Immerhin ist aber denkbar, dass er der venditio eine Ausnahmestellung einräumte. III. venditio als Beispiel eines typischen obligatorischen Grundgeschäfts Als problematisch erweist sich schließlich das Beispiel der venditio, welches Paulus für die iustae causae anführt. Aufgrund des Perfekts praecesserit ist es unwahrscheinlich, dass er einen Barkauf im Sinn hatte. Demnach ist der Konsensualkauf – und damit ein typisches obligatorisches Grundgeschäft – für Paulus iusta causa traditionis. Bedeutet dies, dass Paulus für das Gelingen der traditio einen wirksamen Kauf forderte? Zwei Paulus-Fragmente aus dem Ersitzungsrecht, welche für die usucapio pro emptore eine vera emptio fordern, legen dies nahe.48 Dort allerdings begründet Paulus seine Lösung mit dem maßgeblichen Zeitpunkt für die bona fides, mithin spezifisch ersitzungsrechtlich, was eine pauschale Über45

Schanbacher, TR 60 (1992), 2 ff.

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Auch in neuerer Zeit fand dieses Modell Anklang: vgl. Bonfante, Corso II/2 (1928/1968), 244; Sanfilippo, Condictio indebiti (1943), 78 f. 47 Von Paulus und Ulpian sind in diesem Titel jeweils 15 Fragmente überliefert, gefolgt von Pomponius und Papinian mit jeweils acht. 48 Paul. D. 41.3.48: Si existimans debere tibi tradam, ita demum usucapio sequitur, si et tu putes debitum esse. Aliud, si putem me ex causa venditi teneri et ideo tradam: hic enim nisi emptio praecedat, pro emptore usucapio locum non habet (…). Paul. D. 41.4.2 pr.: Pro emptore possidet, qui re vera emit, nec sufficit tantum in ea opinione esse eum, ut putet se pro emptore possidere, sed debet etiam subesse causa emptionis (…).

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Erster Teil: iusta causa traditionis

tragung der Entscheidung auf das Traditionsrecht verbietet.49 Anknüpfend an das im vorigen Abschnitt (2.) erzielte Ergebnis, wonach propter quam auf die Berücksichtigung einer Zweckbestimmung („venditionis causa“) durch Paulus schließen lässt, ließe sich der Übereignungserfolg auch auf diese stützen.50 Dann käme der Verkaufsobligation lediglich Motivwirkung zu; ihre zivilrechtliche Wirksamkeit wäre unerheblich. Ebenso ist denkbar, dass Paulus mit venditio im Sinne einer iusta causa traditionis nicht den schuldrechtlichen Kaufvertrag meinte, sondern den dinglichen Rechtsakt im Rahmen desselben, was ebenfalls eine Übereignung trotz unwirksamer Obligation ermöglichte.51 Wer demgegenüber für den Übereignungserfolg ein wirksames kausales Rechtsverhältnis fordert, kommt nicht umhin, aufgrund D. 41.1.31 pr. eine gültige emptio venditio für die Wirksamkeit des Eigentumsübergangs zu verlangen und damit dem Kauf eine gewisse Sonderstellung zuzusprechen angesichts der Kasuistik zur condictio indebiti. IV. Echtheitszweifel Dem Unbehagen, welches die Stelle aufgrund der obigen Beobachtungen auszulösen geeignet ist, wird ferner durch die Annahme diverser nachklassischer Eingriffe begegnet: Kaser etwa hält den Text aufgrund seiner „unscharfen Formulierung“ und „schulmäßigen Verallgemeinerung“ für frühnachklassisch.52 Insbesondere der erste Halbsatz (numquam … dominium) stand aus diesen Gründen auch im Zentrum der Interpolationenkritik.53 Gegen die Authentizität des letzten Halbsatzes (propter quam …) wird eingewandt, der echte Paulus hätte sich hier nicht im Imperfekt (sequeretur), sondern im Präsens (sequatur) ausgedrückt.54 Das praecesserit wird zumeist mit einem Verweis auf die anders lautende Formulierung in Gai. 2.20 bzw. in Ulp. Epit. 19.7 (ex causa) für unecht erklärt.55 Großer Beliebtheit erfreut sich auch der schlichte Hinweis auf die Unvereinbarkeit der Stelle mit der – nach der 49

Hierzu ausführlich Vierter Teil, § 1. C. III. Hazewinkel-Suringa, Mancipatio en traditio (1931), 200 ff.; Schulz, SZ 52 (1932), 544: „Wenn ‚emptio venditio’ als causa traditionis gefordert wird, so ist damit nicht der obligatorische Kaufvertrag gemeint, sondern die kaufweise Übereignung.“ 51 Jakobs, Festschrift Flume I (1978), 52 f.; ders., SZ 119 (2002), 309; Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 60 f. 52 Kaser, BIDR 64 (1961), 66. 53 Schulz, Prinzipien des römischen Rechts (1934), 28; Ehrhardt, Iusta causa traditionis (1930), 135; Kaser, BIDR 64 (1961), 66; Benedek, AJ IV (1962), 120. 54 Pflüger, Zur Lehre vom Erwerbe des Eigentums (1937), 4; Lange, Das kausale Element (1930), 18. 55 de Francisci, Il trasferimento della proprietà (1924), 154; Riccobono, Studi Bonfante I (1930), 152; Betti, Studi Riccobono IV (1936), 1186 mit entsprechendem Rekonstruktionsversuch: „Numquam nuda traditio transfert dominium, sed si ex venditionis sive alia qua iusta causa fiat.“ Andere Stimmen sehen in der vergleichbaren Grundaussage dieser 50

§ 2. Ausgangspunkte in den Quellen

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Meinung des jeweiligen Autors – „klassischen Lehre“.56 Doch schon in der Hochphase der Interpolationenkritik gab es Stimmen, die für die grundsätzliche Echtheit der Stelle eintraten;57 die neueren Beiträge gehen auf die Interpolationenfrage gar nicht mehr ein und setzen die Echtheit von lex 31 pr. voraus. V. nuda traditio als Hinweis auf den lediglich indiziellen Charakter der iusta causa? Obschon fr. 31 pr. bei unbefangener Lektüre die Kausalität der traditio eindrücklicher als alle anderen Quellen bezeugt, fehlte es im 19. Jahrhundert nicht an Stimmen, die sie für die Lehre vom abstrakten dinglichen Vertrag nutzbar machen wollten. Die Erwähnung der iusta causa wurde hier wie in den weiteren Zeugnissen nicht im Sinne einer konstitutiven Voraussetzung der traditio, sondern nur als ein Hilfsmittel zum Nachweis der dinglichen Einigung verstanden. Da diese nämlich nur selten ausdrücklich erklärt werde, bedürfe es äußerer Anhaltspunkte, die auf sie schließen lassen.58 Entsprechend könne auch fr. 31 pr. „gewiß nicht für die Nothwendigkeit der justa causa angeführt werden (…), da diese Quellenstelle schon nach ihrem Wortlaute ‚nuda traditio‘ unzweifelhaft angiebt, daß nur die Thatsache der Uebergabe stattgefunden hat, und nunmehr eine Interpretation eintreten soll.“59 VI. Fazit zu Paul. D. 41.1.31 pr. Die Exegese hat ergeben, dass die Quelle eine Vielzahl von Ansatzpunkten für die verschiedensten Deutungen birgt. Keiner der dargestellten interpretativen Ansätze ist ohne weiteres von der Hand zu weisen. Paul. D. 41.1.31 pr. liefert folglich weder für die kausale noch für die abstrakte Theorie einen Beweis oder Gegenbeweis.

B. Ulp. Epit. 19.7 und Gai. 2.20 Ulp. Epit. 19.7 Traditio propria est alienatio rerum nec mancipii. Harum rerum dominium ipsa traditione adprehendimus, scilicet si ex iusta causa traditae sunt nobis.

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Stellen gerade ein Indiz für die Originalität der lex 31pr: Pflüger, Zur Lehre vom Erwerbe des Eigentums (1937), 4; Benedek, AJ IV (1962), 117, 120 f.; Levy, IURA 14 (1963), 4. So etwa de Francisci, Il trasferimento della proprietà (1924), 153 f.; Ehrhardt, Iusta causa traditionis (1930), 135. Pringsheim, Der Kauf mit fremdem Geld (1916), 61; Lange, Das kausale Element (1930), 18 ff.; Pflüger, Zur Lehre vom Erwerbe des Eigentums (1937), 4. Savigny, Obligationenrecht II (1853), 258 f. Strempel, Über die justa causa bei der Tradition (1856), 28.

§ 2. Ausgangspunkte in den Quellen

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Meinung des jeweiligen Autors – „klassischen Lehre“.56 Doch schon in der Hochphase der Interpolationenkritik gab es Stimmen, die für die grundsätzliche Echtheit der Stelle eintraten;57 die neueren Beiträge gehen auf die Interpolationenfrage gar nicht mehr ein und setzen die Echtheit von lex 31 pr. voraus. V. nuda traditio als Hinweis auf den lediglich indiziellen Charakter der iusta causa? Obschon fr. 31 pr. bei unbefangener Lektüre die Kausalität der traditio eindrücklicher als alle anderen Quellen bezeugt, fehlte es im 19. Jahrhundert nicht an Stimmen, die sie für die Lehre vom abstrakten dinglichen Vertrag nutzbar machen wollten. Die Erwähnung der iusta causa wurde hier wie in den weiteren Zeugnissen nicht im Sinne einer konstitutiven Voraussetzung der traditio, sondern nur als ein Hilfsmittel zum Nachweis der dinglichen Einigung verstanden. Da diese nämlich nur selten ausdrücklich erklärt werde, bedürfe es äußerer Anhaltspunkte, die auf sie schließen lassen.58 Entsprechend könne auch fr. 31 pr. „gewiß nicht für die Nothwendigkeit der justa causa angeführt werden (…), da diese Quellenstelle schon nach ihrem Wortlaute ‚nuda traditio‘ unzweifelhaft angiebt, daß nur die Thatsache der Uebergabe stattgefunden hat, und nunmehr eine Interpretation eintreten soll.“59 VI. Fazit zu Paul. D. 41.1.31 pr. Die Exegese hat ergeben, dass die Quelle eine Vielzahl von Ansatzpunkten für die verschiedensten Deutungen birgt. Keiner der dargestellten interpretativen Ansätze ist ohne weiteres von der Hand zu weisen. Paul. D. 41.1.31 pr. liefert folglich weder für die kausale noch für die abstrakte Theorie einen Beweis oder Gegenbeweis.

B. Ulp. Epit. 19.7 und Gai. 2.20 Ulp. Epit. 19.7 Traditio propria est alienatio rerum nec mancipii. Harum rerum dominium ipsa traditione adprehendimus, scilicet si ex iusta causa traditae sunt nobis.

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Stellen gerade ein Indiz für die Originalität der lex 31pr: Pflüger, Zur Lehre vom Erwerbe des Eigentums (1937), 4; Benedek, AJ IV (1962), 117, 120 f.; Levy, IURA 14 (1963), 4. So etwa de Francisci, Il trasferimento della proprietà (1924), 153 f.; Ehrhardt, Iusta causa traditionis (1930), 135. Pringsheim, Der Kauf mit fremdem Geld (1916), 61; Lange, Das kausale Element (1930), 18 ff.; Pflüger, Zur Lehre vom Erwerbe des Eigentums (1937), 4. Savigny, Obligationenrecht II (1853), 258 f. Strempel, Über die justa causa bei der Tradition (1856), 28.

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Erster Teil: iusta causa traditionis

Gai. 2.20 Itaque si tibi vestem vel aurum vel argentum tradidero sive ex venditionis causa sive ex donationis sive quavis alia ex causa, statim tua fit ea res, si modo ego eius dominus sim.

Beide Stellen werden auf der einen Seite aufgrund ihrer anders lautenden Formulierung gegen, auf der anderen Seite aufgrund ihrer vergleichbaren Grundaussage für die Authentiziät von Paul. D. 41.1.31 pr. angeführt. Jedenfalls sind beide von byzantinischer Hand verschont geblieben und damit zuverlässigere Zeugen einer kausalen Tradition als lex 31 pr.60 Allerdings sind sie auch weniger aussagekräftig, da sie nicht von einem der Übergabe vorangehenden Rechtsgrund, sondern von der Übergabe aus einem Rechtsgrund sprechen. Damit scheint der objektive Bestand dieses Rechtsgrunds nicht mehr zwingend gefordert, denn ex causa kann ebenso gut als innerer Beweggrund des Leistenden aufgefasst werden. Definiert wird auch hier die iusta causa nicht; Gaius nennt mit Verkauf und Schenkung lediglich zwei Beispiele für dieselbe und macht durch die Wendung sive quavis alia ex causa zudem deutlich, dass eine abschließende Aufzählung der causae nicht intendiert, möglicherweise nicht einmal möglich ist.61 In einem Anfängerlehrbuch hätte man eigentlich ein genaueres Eingehen auf den Begriff erwartet. Barton62 schließt daraus, die iusta causa traditionis habe in der Praxis nur selten Schwierigkeiten bereitet. Causa als Rechtsbegriff habe offenbar kaum eine andere Bedeutung als causa im umgangssprachlichen Sinne gehabt. Hier könne causa auch Beweggrund bzw. Anlass bedeuten und rein subjektiv verstanden werden.63 Nach dieser Interpretation löst sich der Widerspruch zur Existenz der condictio indebiti ohne weiteres auf. Eine andere Frage ist, mit welcher Berechtigung man die traditio unter dieser 60

Die Ulpiani Epitome galten lange Zeit als nachklassisch, vgl. Ehrhardt, Iusta causa traditionis (1930), 126. Avenarius, Liber singularis regularum (2005), 13, 76 ff., hat hingegen wahrscheinlich gemacht, dass sie in der Zeit um 180 n. Chr. entstanden sind und damit eine „erstrangige Erkenntnisquelle klassischen Rechts“ darstellen. Pugsley, in: Americans are aliens (1989), 30, glaubt ohne nähere Anhaltspunkte, die Passage scilicet – nobis gehöre eigentlich in fr. 19.8 (zur usucapio) und sei nur aufgrund eines Fehlers des Kopisten in fr. 19.7 gerutscht. Zur Verlässlichkeit der Gaius-Institutionen als klassischer Rechtsquelle vgl. Kaser, SZ 70 (1953), 127 ff. 61 Vgl. auch Pomp. D. 41.2.26: (…) vel ex emptione vel ex donatione vel qualibet alia ex causa (…) 62 in: Cairns/Robinson (Hrsg.): Critical Studies in Ancient Law (2001), 24. 63 Vgl. Cic. De fato 11.24 Communi igitur consuetudine sermonis abutimur cum ita dicimus, velle aliquid quempiam aut nolle sine causa; ita enim dicimus sine causa ut dicamus sine externa et antecedente causa, non sine aliqua. (…) cum sine causa animum moveri dicimus, sine antecedente et externa causa moveri, non omnino sine causa dicimus. 11.25 (…) motus enim voluntarius eam naturam in se ipse continet ut sit in nostra potestate nobisque pareat, nec id sine causa, eius enim rei causa ipsa natura est.

§ 2. Ausgangspunkte in den Quellen

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Prämisse noch als kausales Übereignungsgeschäft bezeichnen kann.64 Die Vertreter einer streng kausalen Theorie lehnen daher eine solch subjektive Deutung ab und interpretieren die Präposition ex ontologisch,65 zeitlich oder partitiv,66 womit das objektive Erfordernis der causa unterstrichen werden soll.

C. Gai. D. 41.1.9.3 D. 41.1.9.3 Gaius libro secundo rerum cottidianarum sive aureorum Hae quoque res, quae traditione nostrae fiunt, iure gentium nobis adquiruntur: nihil enim tam conveniens est naturali aequitati quam voluntatem domini volentis rem suam in alium transferre ratam haberi.

Ob die res cottidianae, aus welchen die Stelle entnommen ist, tatsächlich Gaius67 oder einem nachklassischen Bearbeiter68 zugeschrieben werden können, ist umstritten. Das fr. 3 selbst stand – insbesondere aufgrund des Begründungsmusters der naturalis aequitas – lange Zeit unter Interpolationenverdacht.69 Grund hierfür sind die abstrakten, wenig fallorientierten Begrifflichkeiten, welche in der Tat ungewöhnlich für einen klassischen Juristen wirken. Unter anderem auf diese Stelle stützte Savigny seine Theorie des abstrakten dinglichen Vertrags.70 Nichts – so lehrt sie – sei der natürlichen Billigkeit so entsprechend, als dass der Wille des Eigentümers, der seine Sache auf einen Andern übertragen will, bestätigt werde. Mäße man diesem Ausspruch normative Kraft bei, reduzierten sich die Erfordernisse einer wirksamen traditio auf den Übereignungswillen allein 64

Die Stellen bereiteten daher den Vertretern der Lehre vom animus dominii transferendi keine großen Schwierigkeiten. Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts I9 (1906), § 1715, hat Gai. 2.20 die Beweiskraft zugunsten einer kausalen Tradition abgesprochen mit dem Hinweis, die jeweils mit sive eingeleitete Aufzählung könne auch schlichten Beispielscharakter haben; Gaius habe hier lediglich die Hauptfälle aufgezählt und die abstrakte Übereignung als Sonderfall gar nicht erörtert. 65 Schanbacher, TR 60 (1992), 4, übersetzt ex mit „aufgrund“ und sieht damit die Grund/ Folge-Beziehung zwischen causa (vera) und traditio bestätigt. 66 Pflüger, Zur Lehre vom Erwerbe des Eigentums (1937), 4, zieht eine zeitliche (traditio folgt causa nach) und eine partitive (traditio als vollendender Teil der causa) Deutung in Erwägung. Zum Doppeltatbestand des ‘vendere tradere’ s. Levy, IURA 14 (1963), 3 ff. 67 So Krüger, Geschichte der Quellen2 (1912), 210 f.; Nelson, Studia Gaiana VI (1981), 308 ff.; Nelson/Manthe, Studia Gaiana VIII (1999), 65 f. 68 So Arangio-Ruiz, Studi Bonfante I (1930), 495 ff.; Wieacker, Textstufen klassischer Juristen (1960), 187 f.; Honsell/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht4 (1987), 159 f.; Molkenteller, Die These vom dinglichen Vertrag (1991), 70. 69 Dazu und mit Widerlegung desselben: Wagner, Studien zur allgemeinen Rechtslehre des Gaius (1978), 153 ff. 70 Savigny, Obligationenrecht II (1853), 257n.

§ 2. Ausgangspunkte in den Quellen

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Prämisse noch als kausales Übereignungsgeschäft bezeichnen kann.64 Die Vertreter einer streng kausalen Theorie lehnen daher eine solch subjektive Deutung ab und interpretieren die Präposition ex ontologisch,65 zeitlich oder partitiv,66 womit das objektive Erfordernis der causa unterstrichen werden soll.

C. Gai. D. 41.1.9.3 D. 41.1.9.3 Gaius libro secundo rerum cottidianarum sive aureorum Hae quoque res, quae traditione nostrae fiunt, iure gentium nobis adquiruntur: nihil enim tam conveniens est naturali aequitati quam voluntatem domini volentis rem suam in alium transferre ratam haberi.

Ob die res cottidianae, aus welchen die Stelle entnommen ist, tatsächlich Gaius67 oder einem nachklassischen Bearbeiter68 zugeschrieben werden können, ist umstritten. Das fr. 3 selbst stand – insbesondere aufgrund des Begründungsmusters der naturalis aequitas – lange Zeit unter Interpolationenverdacht.69 Grund hierfür sind die abstrakten, wenig fallorientierten Begrifflichkeiten, welche in der Tat ungewöhnlich für einen klassischen Juristen wirken. Unter anderem auf diese Stelle stützte Savigny seine Theorie des abstrakten dinglichen Vertrags.70 Nichts – so lehrt sie – sei der natürlichen Billigkeit so entsprechend, als dass der Wille des Eigentümers, der seine Sache auf einen Andern übertragen will, bestätigt werde. Mäße man diesem Ausspruch normative Kraft bei, reduzierten sich die Erfordernisse einer wirksamen traditio auf den Übereignungswillen allein 64

Die Stellen bereiteten daher den Vertretern der Lehre vom animus dominii transferendi keine großen Schwierigkeiten. Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts I9 (1906), § 1715, hat Gai. 2.20 die Beweiskraft zugunsten einer kausalen Tradition abgesprochen mit dem Hinweis, die jeweils mit sive eingeleitete Aufzählung könne auch schlichten Beispielscharakter haben; Gaius habe hier lediglich die Hauptfälle aufgezählt und die abstrakte Übereignung als Sonderfall gar nicht erörtert. 65 Schanbacher, TR 60 (1992), 4, übersetzt ex mit „aufgrund“ und sieht damit die Grund/ Folge-Beziehung zwischen causa (vera) und traditio bestätigt. 66 Pflüger, Zur Lehre vom Erwerbe des Eigentums (1937), 4, zieht eine zeitliche (traditio folgt causa nach) und eine partitive (traditio als vollendender Teil der causa) Deutung in Erwägung. Zum Doppeltatbestand des ‘vendere tradere’ s. Levy, IURA 14 (1963), 3 ff. 67 So Krüger, Geschichte der Quellen2 (1912), 210 f.; Nelson, Studia Gaiana VI (1981), 308 ff.; Nelson/Manthe, Studia Gaiana VIII (1999), 65 f. 68 So Arangio-Ruiz, Studi Bonfante I (1930), 495 ff.; Wieacker, Textstufen klassischer Juristen (1960), 187 f.; Honsell/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht4 (1987), 159 f.; Molkenteller, Die These vom dinglichen Vertrag (1991), 70. 69 Dazu und mit Widerlegung desselben: Wagner, Studien zur allgemeinen Rechtslehre des Gaius (1978), 153 ff. 70 Savigny, Obligationenrecht II (1853), 257n.

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Erster Teil: iusta causa traditionis

des Eigentümers.71 Eine solche Interpretation wird heute zumeist abgelehnt.72 Die Betonung des Übereignungswillens (wie er übrigens auch noch an anderen Stellen vorkommt)73 muss nicht bedeuten, dass der Autor alle weiteren Elemente ausschließen wollte.74 Der Übereignungswille ist nicht einmal zwingend als Tatbestandsmerkmal zu denken; er kann auch aufgefasst werden als ein „in abstrahierender Reflexion gewonnenes Gemeinsames aller Übereignungsfälle“.75 Die Abstraktion dieser Stelle läge demnach eher auf der deskriptiven als auf der normativen Ebene.76 Fragwürdig erscheint hierbei allerdings, wie ein solches Vorgehen des Gaius mit der gängigen klassischen Methode der Problemdarstellung vereinbar gewesen sein sollte, welche gerade nicht durch systematisierende Abstraktion, sondern durch konkreten Fallbezug auszeichnete. Demnach wäre für die Beschreibung einer „abstrakten“ traditio die Verwendung abstrakter Begriffe bereits ungewöhnlich.77 Dies muss umso mehr gelten unter Zugrundelegung einer „kausalen“ traditio. Welche Veranlassung sollte ein klassischer Jurist gehabt haben, diese abstrakt zu beschreiben? Nicht fernliegend ist daher die Annahme, Gaius habe dem Übereignungswillen tatsächlich eine maßgebliche Bedeutung für den Übereignungserfolg beigemessen. Dazu passt auch seine ausdrückliche Berufung auf das ius gentium, dem gemäß der Wille als Ausdruck der naturalis ratio Vorrang genoss gegenüber dem altzivilen Formalismus.78

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Das Erfordernis einer (dinglichen) Einigung mit dem Erwerber schloss die Pandektistik ergänzend aus Jav. D. 44.7.55; vgl. Dernburg, Pandekten I7 (1902), 4932. 72 Vgl. aber noch Voß, Recht und Rhetorik (1982), 178535; Honsell/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht4 (1987), 160: „Wären dagegen beide Texte (Gai. D. 41.1.9.3 und Jul. D. 41.1.36) als klassisch anzusehen, so müsste ihnen entnommen werden, dass sich bereits im 2. Jh. n. Chr. – und zwar durch Julian und Gaius – eine am Übertragungswillen statt an der causa orientierte Auffassung von der traditio entwickelt hätte.“ 73 Vgl. etwa Gai. D. 41.1.9.5 und 7; Diocl./Max. C. 4.50.6. 74 Bonfante, Corso II/2 (1928/1968), 243. 75 Schanbacher, TR 60 (1992), 24123. 76 Gegen eine normative Abstraktion wird auch das vendiderit et tradiderit im § 4 der gleichen lex angeführt, vgl. Ehrhardt, Iusta causa traditionis (1930), 144. Miquel, Estudios Suarez (1978), 266, liest aus dem Anfang des § 4 gar heraus, Gaius habe gar keine Aussage hinsichtlich der iusta causa treffen wollen, sondern lediglich über die potestas alienandi des Eigentümers: Nihil autem interest, utrum ipse dominus per se tradat alicui rem an voluntate eius aliquis. 77 Vgl. etwa D. 41.1.36 (2. Fall): Hier beschreibt Julian eine „abstrakte“ traditio am konkreten Fallbeispiel. 78 Wesel, SZ 85 (1968), 101; Karlowa, Römische Rechtsgeschichte II (1901), 417 f.; vgl. auch Behrends, in: Labruna, Tradere (1998), 42.

§ 2. Ausgangspunkte in den Quellen

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D. Die Antinomie Jul. D. 41.1.36 – Ulp D. 12.1.18 pr. D. 41.1.36 Iulianus libro 13 digestorum Cum in corpus quidem quod traditur consentiamus, in causis vero dissentiamus, non animadverto, cur inefficax sit traditio, veluti si ego credam me ex testamento tibi obligatum esse, ut fundum tradam, tu existimes ex stipulatu tibi eum deberi. Nam et si pecuniam numeratam tibi tradam donandi gratia, tu eam quasi creditam accipias, constat proprietatem ad te transire nec impedimento esse, quod circa causam dandi atque accipiendi dissenserimus. D. 12.1.18 pr. Ulpianus libro septimo disputationum Si ego pecuniam tibi quasi donaturus dedero, tu quasi mutuam accipias, Iulianus scribit donationem non esse: sed an mutua sit, videndum. Et puto nec mutuam esse magisque nummos accipientis non fieri, cum alia opinione acceperit. Quare si eos consumpserit, licet condictione teneatur, tamen doli exceptione uti poterit, quia secundum voluntatem dantis nummi sunt consumpti.

I. Einführung und Sachverhaltsparaphrase Im Zentrum der Diskussion um die Kausalbindung der traditio stehen seit Anbeginn der romanistischen Wissenschaft diese beiden konfligierenden Digestenstellen.79 Obschon kaum einem anderen Quellenproblem eine vergleichbare Masse an Literatur gewidmet ist, konnte keine Einigkeit in seiner Bewertung erzielt werden; im Gegenteil scheinen sich die Meinungen mit jedem neuen Beitrag ein Stück weiter voneinander entfernt zu haben. Es ist daher schon vor einiger Zeit die Forderung erhoben worden,80 die Antinomie bei der causaDiskussion überhaupt nicht mehr zu berücksichtigen, was von einigen neueren Beiträgen81 auch beherzigt wird. In Anbetracht der spärlichen Quellenlage zur 79

Die Literatur ist kaum überschaubar; vgl. nur unter den neueren Beiträgen: Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 54 ff.; Molkenteller, Die These vom dinglichen Vertrag (1991), 66 ff.; Cannata, SDHI 57 (1991), 344 f.; ders., in: Incontro Pugliese (1992), 67 ff.; Schanbacher, TR 60 (1992), 16 f.; Behrends, in: Labruna, Tradere (1998), 57 ff.; Schermaier, SZ 115 (1998), 254 ff.; Sustmann, Rückabwicklung nichtiger Kaufverträge (2000), 16 ff., 122 f.; Barton, in: Cairns/Robinson (Hrsg.): Critical Studies in Ancient Law (2001), 26 ff.; Lovato, SDHI 67 (2001), 123 ff.; Saccoccio, Si certum petetur (2002), 333 ff.; van Vliet, ERPL 3–2003, 343 ff.; Schrage, FS Nörr (2003), 926 f., 943 f.; Harke, Si error aliquis intervenit (2005), 104 ff.; Huber, FS Canaris I (2007), 486 f.; Meissel, in: Falk/Luminati/Schoeckel, Fälle aus der Rechtsgeschichte (2008), 62 ff.; Bremkamp, Causa (2008), 45 ff.; Cortese, Indebiti solutio ed arricchimento ingiustificato (2009), 127; Lambertini, Testi e percorsi (2010), 30 ff. 80 Hupka, SZ 52 (1932), 30; Schulz, SZ 52 (1932), 546. 81 Cannata, Scritti Sacco I (1994), 153 ff.; Lambertini, Studii Labruna IV (2007), 2745 ff. „Ohne ausschlaggebende Bedeutung“ ist die Antinomie auch für Huber, FS Canaris I

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Erster Teil: iusta causa traditionis

iusta causa traditionis sollte man aber nicht gerade das Zeugnis unberücksichtigt lassen, welches die causa-Problematik am deutlichsten in einem konkreten Fall zur Sprache bringt. Der Julian-Text beginnt mit der These, die Wirksamkeit der Eigentumsübertragung durch traditio werde durch einen dissensus in causa nicht beeinträchtigt, sofern nur ein consensus in corpore bestehe. Als Beispiel (veluti) wird die Übereignung eines Grundstücks von Ego auf Tu angeführt, wobei Ego glaubt, aufgrund eines Damnationslegats dazu verpflichtet zu sein, während Tu eine Stipulation im Sinn hat. In Gestalt eines Arguments (nam et si) findet sich sodann ein zweiter Fall angeschlossen: Ego zahlt in Schenkungsabsicht Geld an Tu aus, der es jedoch in Darlehensabsicht annimmt; auch hier werde der Eigentumsübergang nicht durch den Kausaldissens gehindert. Ulpian knüpft an diesen zweiten Fall an, lässt aber die Geldübereignung am Kausaldissens scheitern. Nach Verbrauch82 der Münzen sei der Empfänger zwar grundsätzlich durch die condictio zur Rückzahlung gehalten, könne dem Kläger jedoch die exceptio doli entgegenhalten, da die Münzen dessen Willen gemäß verbraucht worden seien. Bis heute nimmt man die Antinomie ungern als echte Meinungsverschiedenheit zwischen Julian und Ulpian hin, sondern ist bestrebt, durch Interpolationsbehauptungen oder hypothetische Interpretation einen der Texte (zumeist Jul. D. 41.1.36) so umzudeuten, dass er zum anderen passt, um das Bild einer einheitlichen klassischen Auffassung zur Kausalbindung der traditio aufrechtzuerhalten. Gewisse formale Auffälligkeiten bei beiden Texten sind nicht abzustreiten; zumindest Kürzungen wurden im Kompilationsverfahren sicherlich vorgenommen. II. Der erste Fall bei Julian Anstößig im ersten von Julian geschilderten Fall ist die Anwendung der traditio für die Übertragung eines Grundstücks. Italische Grundstücke gehörten zu den res mancipi und konnten in klassischer Zeit folglich nur mittels mancipatio oder in iure cessio zivilrechtlich wirksam übereignet werden. Bereits im Laufe der Klassik kamen diese förmlichen Übereignungsakte jedoch außer Gebrauch. Bei der Zusammenstellung der Digesten verordnete Justinian daher die Ersetzung derselben durch die traditio. Grundsätzlich ist daher durchaus denkbar, dass D. 41.1.36 ursprünglich von der mancipatio und nicht von der traditio handelte.83 Dann (2007), 486, der sie aber dennoch – wenn auch kurz – abhandelt. Auch Bremkamp, Causa (2008), 46, will den Streit „nicht wieder ausgraben“, widmet ihm aber dennoch drei Seiten. 82 Zur consumptio nummorum s.u. Zweiter Teil, § 2. B. I. 1. c. bb. 83 Eine entsprechende Interpolation nehmen an: Lenel, SZ 3 (1882), 179; ders., Pal. I, 355; Strohal, JherJb 27 (1889), 364 f.; Beseler, Beiträge III (1913), 56 f.; de Francisci,

§ 2. Ausgangspunkte in den Quellen

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jedoch müsste auch der Einleitungssatz, für welchen der erste Fall als Beispiel dient, auf die mancipatio bezogen sein. Der erste Teil der Stelle wäre demnach etwa – mit Cannata – folgendermaßen zu rekonstruieren:84 Cum in corpus quidem quod mancipio datur consentiamus, in causis vero dissentiamus, non animadverto, cur inefficax sit mancipatio, veluti si ego credam me ex testamento tibi obligatum esse, ut fundum dem, tu existimes ex stipulatu tibi eum deberi.

Fasst man die mancipatio mit der herrschenden Meinung auf als einen Übereignungsakt, dessen Wirksamkeit auf seiner Form und nicht auf einer causa bzw. einem consensus in causa beruhte, erscheint die Unerheblichkeit eines dissensus in causa jedoch als Selbstverständlichkeit und Rekonstruktionen wie die soeben zitierte als „eine unerträgliche Trivialität“.85 Darin sieht Cannata aber kein Problem, sondern eine tiefere Absicht Julians, der mit den Worten ‚non animadverto cur inefficax sit mancipatio‘ „la banalità del problema e l’assoluta ingiustificabilità della soluzione opposta“ habe verdeutlichen wollen.86 Mit animadverto drückt Julian aber gerade keine feststehende Selbstverständlichkeit, sondern seine subjektive Meinung aus und weist damit auf die Existenz einer Gegenmeinung hin, welche also die Übereignung bei einem Kausaldissens hätte scheitern lassen. Darüber hinaus wäre nicht nachvollziehbar, warum Julian zur Verdeutlichung einer Selbstverständlichkeit einen Beispielsfall hätte heranziehen sollen. Dies wiederum erklärt Cannata folgendermaßen: Julian habe mit seinen beiden Fällen die Abstraktion der mancipatio der Kausalität der traditio gegenüberstellen wollen. In dem zweiten von ihm geschilderten Fall habe Julian nämlich ebenso entschieden wie Ulpian, also den Eigentumsübergang aufgrund des Kausaldissenses verneint. Die jetzige Textfassung sei auf eine Interpolation zurückzuführen. Cannatas Erklärung basiert mithin auf zwei Prämissen: Erstens müsste der Kausaldissens (donatio – mutuum) für Julian einen Traditionshinderungsgrund dargestellt haben.

Il trasferimento della proprietà (1924), 154; Ehrhardt, Iusta causa traditionis (1930), 136 ff.; Kreller, SZ 62 (1942), 184 f.; Voci, SDHI 15 (1949), 149; ders., Modi di acquisto della proprietà (1952), 145; van Oven, TR 20 (1952), 445 f.; van Warmelo, Studi Sanfilippo I (1982), 649; Cannata, in: Incontro Pugliese (1992), 70 ff. 84 Cannata, in: Incontro Pugliese (1992), 71. 85 Beseler, SZ 45 (1925), 222; Monier, Studi Bonfante III (1930), 223; Betti, Studi Bonfante I (1930), 324 f.; Benedek, AJ IV (1962), 141 f. Selbst Lenel, SZ 3 (1882), 179, der den Interpolationenverdacht als Erster äußerte, bemerkte: „Freilich will uns andererseits nicht ein, dass ein römischer Jurist darüber, ob der Dissens über die Causa die Mancipation ihrer eigentumsübertragenden Kraft beraube oder nicht, auch nur habe zweifeln können.“ 86 Cannata, in: Incontro Pugliese (1992), 71.

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Erster Teil: iusta causa traditionis

Zweitens müssten die Kompilatoren einen Grund für die behauptete Umgestaltung des zweiten Falles gehabt haben. Die erste Prämisse begründet Cannata mit der Art und Weise, wie Ulpian Julian wiedergibt.87 In Ulpians Worten et puto – non fieri sieht er keinen Widerspruch, sondern lediglich eine Ergänzung zu Julian, welcher sich hauptsächlich auf die Verneinung der Schenkung beschränkt habe. Auf der Grundlage der überlieferten Fassung des fr. 36 lässt sich sicher sagen, dass sich Julian explizit mit der Eigentumsfrage auseinandergesetzt und diese nicht offen gelassen hat. Sollte er sich aber tatsächlich gegen eine wirksame Übereignung entschieden haben, wäre Ulpians magisque nummos accipientis non fieri folglich keine Ergänzung, sondern eine Bestätigung. Dass magis(que) eine Bestätigung eingeleitet haben soll, ist indes kaum denkbar. Gegen eine ablehnende Entscheidung durch Julian spricht ferner, dass er an anderer Stelle in einem ähnlich gelagerten Fall ebenfalls das Eigentum trotz kausalen Dissenses übergehen ließ: D. 46.3.34.7 Iulianus libro 54 digestorum Si debitorem meum iussero pecuniam Titio dare donaturus ei, quamvis Titius ea mente acceperit, ut meos nummos faceret, nihilo minus debitor liberabitur: sed si postea Titius eandem pecuniam mihi dedisset, nummi mei fient.

Ego weist seinen Schuldner an, Geld an Titius zu zahlen, in der Absicht, es diesem zu schenken. Titius nimmt das Geld jedoch nicht als Geschenk an, sondern als Darlehen (Titius ea mente acceperit, ut meos nummos faceret).88 Rechtsfolge ist die Befreiung des Schuldners, was sinnvoll nur mit einer erfolgreichen Übereignung an Titius zu erklären ist.89 Dass das Geld in das Eigentum des Titius 87

„È evidente che Ulpiano, riprendendo il caso e la motivazione di Giuliano, lo fa per giungere alla sua stessa conclusione“ (72); „Dalla citazione e discussione, che Ulpiano faceva del caso e del pensiero di Giuliano, si desume dunque che l’originale di quella che attualmente è la seconda frase di D. 41,1,36 era scritto, nel senso che l’assenza della causa traditionis impediva, nella situazione proposta, il passaggio della proprietà.“ (73). 88 Dass Titius später eandem pecuniam an Ego zahlt, spricht allerdings gegen ein Darlehen. Möglicherweise fungierte Titius schlicht als Zahlstelle. Auch in diesem Fall läge jedoch ein kausaler Dissens vor und die Analogie zu D. 41.1.36 bliebe bestehen. Die Passage Titius ea mente – faceret spricht nicht gegen den Erwerbswillen des Titius (a.A. Bremer, Leistung an einen Nichtberechtigten [1970], 74 f.); der Konjunktiv faceret lässt durchaus die Deutung zu, dass die Münzen erst später an Ego übereignet werden sollen. 89 Ebenso Sacconi, Ricerche sulla delegazione (1971), 43125 und Kaser, LABEO 26 (1980), 4598. Hingegen nehmen Mitteis, Die Lehre von der Stellvertretung (1885), 58; Lenel, JherJb 36 (1896), 102 ff. und Betti, BIDR 41 (1933), 221 ff., 248 ff., an, der Schuldner habe das Eigentum gar nicht verloren. Diese Ansicht ist jedoch unvereinbar mit der Befreiung des Schuldners ipso iure. Haymann, BIDR 51/52 (1948), 406; v.

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übergegangen ist, zeigt auch die am Ende beschriebene Möglichkeit der Weiterübereignung (dedisset, nummi mei fient). Die Besonderheit der Anweisungssituation bringt es mit sich, dass der Schuldner sowohl solvendi causa (zwecks Erfüllung seiner Schuld gegenüber Ego) als auch donandi causa (zwecks Vermittlung der von Ego beabsichtigten Schenkung) leistet. Titius hingegen empfängt credendi causa. Somit ist die traditio nicht von einem kausalen Konsens getragen. Die einzig ersichtliche Willensübereinstimmung, welche die Übergabe zu einer Eigentumsübertragung macht, besteht im Einigsein hinsichtlich des Eigentumsübergangs. Wenn Julian hier folglich eine Übereignung trotz Kausaldissenses zuließ, ist nicht ersichtlich, weshalb er in D. 41.1.36 anders entschieden haben sollte. Doch auch unterstellt, Julian habe tatsächlich die Übereignung am Kausaldissens scheitern lassen: Welchen Grund sollten die Kompilatoren gehabt haben, jene kausale Entscheidung in eine abstrakte umzuwandeln, wenn sie doch mit der Übernahme von Paul. D. 41.1.31 pr.90 ihr grundsätzliches Einverständnis mit dem Kausalprinzip erklärten? Cannata sucht die Antwort in einem „Zufall“:91 Nachdem die Kompilatoren im ersten Fall mechanisch mancipatio durch traditio ersetzt gehabt hätten und Letztere dadurch abstrakt hätten erscheinen lassen, sei ihnen der Widerspruch zum zweiten Fall aufgefallen, welchen sie sodann kurzerhand ebenfalls im Sinne des Abstrationsprinzips umgestaltet hätten. Der Widerspruch zu dem wenige Stellen zuvor eingefügten Fragment 31 pr. sei ihnen in der Eile nicht aufgefallen. Dem lässt sich entgegnen, dass der zuständige Redaktor gerade aufgrund der gebotenen Eile beide Stellen in recht kurzer Zeit nacheinander behandelt haben muss. Dies macht es unwahrscheinlich, dass ihm der Widerspruch tatsächlich entgangen ist. Wenn er aber um den Widerspruch wusste, ist kaum zu erklären, weshalb er den zweiten Julian-Fall im Sinne des Abstraktionsprinzips und nicht den ersten im Sinne des Kausalprinzips umgestaltet haben sollte. Geht man ferner mit der heute herrschenden Lehre92 davon aus, dass die Lübtow, Die Entwicklung des Darlehensbegriffs (1965), 45 f. und Bremer, Leistung an einen Nichtberechtigten (1970), 73 ff., gehen davon aus, Ego sei im Wege des Durchgangserwerbs unmittelbar mit Zahlung an Titius Eigentümer geworden. Hiergegen steht der klare Wortlaut des letzten Satzes (sed si – mei fient), welcher daher von den genannten Gelehrten für interpoliert erklärt werden muss. Wacke, BIDR 79 (1976), 74108, weicht dem Problem aus durch die Annahme, die Eigentumsfrage bleibe „solange in der Schwebe, bis der Anweisende durch Inempfangnahme der Münzen seinen Schenkungswillen konkludent widerruft.“ 90 (lib. 31 ad ed.) Numquam nuda traditio transfert dominium, sed ita, si venditio aut aliqua iusta causa praecesserit, propter quam traditio sequeretur. 91 Daher auch der Titel seines Aufsatzes: „Iul. D. 41,1,36: Una interpolazione occasionale“. 92 Huschke, AcP 62 (1879), 328; Rabel, Grundzüge (1915), 441; Kaser, BIDR 64 (1961), 71; Benedek, AJ IV (1962), 156112; Jahr, SZ 80 (1963), 17071; Siber, Römisches Recht

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iusta causa traditionis bei der traditio solvendi causa nicht in dem Konsens hinsichtlich der Erfüllung einer konkreten Obligation, sondern lediglich hinsichtlich des Erfüllungscharakters der Leistung bestand, wäre der erste Fall durch die Einfügung der traditio überhaupt nicht zu einem abstrakten geworden; damit hätte das von Cannata unterstellte Harmonisierungsbedürfnis hinsichtlich des zweiten Falles niemals bestanden. Auch Cannatas zweite Prämisse kann somit nicht überzeugen. Als einziger Weg, der Manzipationsthese einen Sinn zu belassen, verbleibt schließlich das Bestreiten der Abstraktheit der mancipatio. Die Diskussion um die Erheblichkeit des Kausaldissenses ist nämlich nur sinnvoll für solche Übereignungsgeschäfte, für die zumindest ein Teil der Jurisprudenz einen Kausalkonsens forderte. Eine generelle Anerkennung der (inhaltlichen) Kausalität der mancipatio durch die klassische Jurisprudenz vertritt Hazewinkel-Suringa.93 Er stützt sich auf die Beobachtung, dass in den erhaltenen Manzipationsurkunden stets der Rechtsgrund der Eigentumsübertragung angegeben sei:94 emptionis, donationis, dotis causa etc. Hierdurch sei nicht lediglich „verwezen wordt naar een rechtsgrond, die aan de abstracte mancipatio ten grondslag ligt en die zich als `t ware bij de zakelijke overdracht indringt, maar dat daarmee het karakter der mancipatio zelve in een concreet geval wordt aangegeven“.95 Demnach sei die mancipatio kein abstraktes Übereignungsgeschäft gewesen, sondern habe als Bargeschäft den Kauf, die Schenkung, die solutio selbst dargestellt. Aufgrund dessen nimmt Hazewinkel-Surringa für die mancipatio dieselbe Kausalbindung an wie für die traditio: Beide Übereignungsarten seien abhängig gewesen von einer kausalen dinglichen Einigung.96 Diese habe in Form des Solutionskonsenses97 im ersten

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(1968), 74; Honsell/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht4 (1987), 158; Gordon, in: New Perspectives in the Roman Law of Property (1989), 127; Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 55. Zu dieser Frage s.u. Dritter Teil, § 2. B. Mancipatio en traditio (1931), 114 ff.; ihm folgend: Schulz, SZ 52 (1932), 544, 548; Schwarz, Grundlage der condictio (1952), 223; van Oven, TR 20 (1952), 446. Bruns, Fontes Nr. 130–140; FIRA III Nr. 87–95 ; die Beobachtung findet sich bereits bei Lenel, SZ 3 (1882), 179. Mancipatio en traditio (1931), 120. Mancipatio en traditio (1931), 236: „Zoowel bij de mancipatio als bij de traditio valt geheel de nadruk op den wederzijdschen will om eigendom te doen overgaan, bij beide niet in abstracten vorm opgevat, maar zooals hij in het dagelijksch leven zich pleegt voor te doen, n.l. als schenkings-, koop-, betalingswil. Beide kunnen gebaseerd zijn op voorafgaande afspraken of andere verbintenis-scheppende gebeurtenissen, maar zoowel bij de mancipatio als ook bij de traditio staan deze buiten de eigenlijke overdracht.“ Einigung der Parteien hinsichtlich des Erfüllungscharakters der Leistung.

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Julian-Fall vorgelegen, weshalb das Eigentum „kausal“ sowohl bei Zugrundelegung einer traditio als auch einer mancipatio habe übergehen können.98 In der Tat ist in den meisten erhaltenen Manzipationsurkunden der Rechtsgrund angegeben; nicht jedoch in allen.99 Es wird sich folglich um einen Zusatz gehandelt haben, der zwar üblich, aber nicht zwingend war.100 Wäre die Zweckvereinbarung tatsächlich unabdingbare Manzipationsvoraussetzung gewesen, sollten sich entsprechende Spuren in Ritual oder Formel101 finden; auch dies ist nicht der Fall.102 Wie in der Urkunde, so ist auch in der Formel die Angabe des Rechtsgrundes allenfalls als fakultativer Zusatz denkbar.103 Der Vorteil der mancipatio (wie auch der in iure cessio) gegenüber der traditio ex iusta causa bestand gerade darin, dass sie in ihrer Wirksamkeit von einer causa unabhängig war und der Erwerber sich hierauf verlassen konnte.104 Dass Julian im ersten Fall von einer mancipatio anstatt von einer traditio gehandelt haben sollte, ist nach alledem äußerst unwahrscheinlich. Die traditio auch eines fundus italicus war im Übrigen nicht schlechthin inefficax, da sie jedenfalls zum bonitarischen Eigentum führen konnte.105 Möglicherweise dachte Julian bei dem fundus an ein Provinzialgrundstück, welches als res nec mancipi formfrei übereignet werden konnte.106 Das Fehlen entsprechender Hinweise im Text ist nicht weiter verwunderlich, ließ Justinian doch alle Spuren der Unterscheidung zwischen res mancipi und nec mancipi tilgen.107 Wahrscheinlich jedoch kam es Julian auf die Art des Eigentums (quiritisch oder bonitarisch) gar nicht an, da das causa-Problem gleichermaßen den Erwerb des quiritischen wie des bonitarischen 98

Mancipatio en traditio (1931), 123 f., 135 ff., wobei sich Hazewinkel-Suringa jedoch von der Manzipationsthese distanziert. 99 Vgl. etwa Bruns, Fontes Nr. 134 und 139. 100 Kreller, SZ 62 (1942), 184 f.; Kaser, Eigentum und Besitz (1956), 1366. 101 Vgl. Gai. 1.113, 119–122. 102 Kaser, RP I (1971), 414. 103 Honsell/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht4 (1987), 103. 104 v. Lübtow, FS Jur. Fak. Berlin (1955), 169 ff.; Kreller, SZ 62 (1942), 184 f., erkennt in der Abstraktheit der mancipatio insbesondere deren Eignung als Treuhandgeschäft, welche der traditio gefehlt habe. Kaser, Eigentum und Besitz (1956), 135, weist auf den Vorteil des im Vindikationsprozess verklagten Erwerbers hin, sich „auf die Frage des Klägers nach der causa seines Kontravindizierens einfach auf die Manzipation berufen“ zu können, „ohne das ihr zugrunde liegende Verhältnis angeben und beweisen zu müssen“. 105 Eisele, JherJb 23 (1885), 74; van Oven, TR 20 (1952), 445, sieht hierin gerade ein Indiz für eine Interpolation, da Julian im Bewusstsein um die Möglichkeit des Erwerbs des bonitarischen Eigentums nicht von der inefficacitas der traditio gesprochen hätte. 106 Pflüger, Zur Lehre vom Erwerbe des Eigentums, 18; Cuignet, RIDA 6 (1959), 30315; Benedek, AJ 4 (1962), 141 f.; Harke, Si error aliquis intervenit, 112 f. 107 Kaser, RP II, 282.

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Eigentums betrifft.108 Damit behält der erste Fall seine Brisanz, bestehend in der Frage, ob die traditio solvendi causa „bei Dissens über den Entstehungsgrund der obligatio mißrät“.109 Auffällig ist, dass nicht die Frage gestellt wurde, ob zumindest eine der beiden angenommenen Obligationen tatsächlich bestehen müsse. Obschon ein abstrakter Solutionskonsens, d.h. eine Willensübereinstimmung hinsichtlich des Tilgungscharakters der Leistung, vorliegt, stützt Julian seine Lösung nicht auf diesen, sondern – wiederum um eine Abstraktionsebene emporsteigend – auf den consensus in corpore110. III. Der zweite Fall bei Julian – Lösung der Antinomie auf kausaler Ebene? Wie bereits gesagt, wurde und wird die Antinomie zwischen Julian (2. Fall) und Ulpian von den wenigsten als solche hingenommen. Bei den mittelalterlichen Juristen,111 aber auch noch in der Pandektistik,112 findet sich der Versuch, den Widerspruch durch Distinktion einzuebnen, d.h. durch das Aufsuchen von Unterschieden im Sachverhalt. Hierfür gibt es jedoch keinerlei Anhaltspunkte im Text; im Gegenteil zwingt Ulpians ausdrücklicher Bezug auf Julian geradezu zu der Annahme, es handele sich um denselben Fall. Heute geht man daher davon aus, dass Julian und Ulpian demselben Sachverhalt eine divergierende – oder gar die gleiche – rechtliche Würdigung zukommen ließen. Dennoch tut man sich nach wie vor außerordentlich schwer damit, Julian als einem herausragenden Repräsentanten der klassischen Jurisprudenz eine abstrakte Auffassung der traditio zuzuschreiben.113 Noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mangelte es daher nicht an Versuchen, durch Interpolationsbehauptungen darzulegen, „dass Iulian das schnurgerade Gegenteil von dem gemeint und etwas völlig anderes geschrieben habe, als was uns in der D. 41.1.36 überliefert ist“.114 Die Mehrheit unter den Romanisten versucht demgegenüber, die überlieferte Falllösung durch entsprechende Interpretation mit dem Kausalprinzip zu vereinbaren. 108

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Vgl. zum Erfordernis der iusta causa traditionis im Honorarrecht nur den Titel D. 6.2. Beseler, SZ 45 (1925), 222. Zur Bedeutung desselben im Sinne einer dinglichen Einigung s.u. III. 3. S. u. § 3. A. und B. Dernburg, AcP 40 (1857), 3 ff. Unter den Wenigen: Hupka, SZ 52 (1932), 1, 12 ff, insb. 18 f.; Barton, in: Cairns/Robinson (Hrsg.): Critical Studies in Ancient Law (2001), 28; Honsell/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht4 (1987), 159 (die allerdings betonen, es handele sich um eine „sehr persönliche Auffassung Julians“, welchem allein ein so starkes Abweichen von einer herrschenden Meinung zuzutrauen sei, wie etwa auch seine Haltung zur Eviktionshaftung des Verkäufers [Afr. D. 19.1.30.1] zeige.). 114 Hupka, SZ 52 (1932), 18 f., gegen Betti, Studi Bonfante I (1930), 305 ff.

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1. In maiore minus inest – Darlehen trotz Dissens? Die prominenteste und bis heute von den meisten115 befolgte Interpretation wurde von Eisele116 entwickelt. Ihm zufolge „lässt sich die causa donandi mit der causa credendi oder solvendi in quantitativem Sinne vergleichen, und als das maius im Gegensatz zu dem minus auffassen“.117 Das Darlehen sei folglich in der Schenkung enthalten, ja die Schenkung sei definierbar „als unverzinsliches Darlehen rückzahlbar nach unendlich langer Zeit“. In dem dissensus in causa sei also bei genauerem Hinsehen ein Konsens enthalten: „Ist in der Schenkungsabsicht der animus credendi als ein minus mitenthalten, so mußte Julian Konsens auf das minus annehmen, und folglich statuieren, daß zwar keine Schenkung, wohl aber ein mutuum zu Stande komme.“ Der Fall sei vergleichbar mit dem in Pomp. D. 19.2.52118 geschilderten: Hier kommt es bei Abschluss eines Pachtvertrages zu einem Dissens hinsichtlich der Pachtsumme. Dieser führt gemäß Pomponius jedoch nur dann zur Nichtigkeit des Vertrags, wenn der Verpächter von einer höheren Summe ausging als der Pächter. Im umgekehrten Fall jedoch kommt der Vertrag zustande, nämlich über die vom Verpächter angenommene niedrigere Pachtsumme. Diese sei – wie das Darlehen in Jul. D. 41.1.36 – das minus quod in maiore inest. Schließlich sei auch bei Ulpian (D. 12.1.18 pr.) ein Hinweis auf Julians Annahme der Darlehenskausa enthalten: sed an mutua sit videndum habe Ulpian nur schreiben können, weil Julian das Zustandekommen des mutuum befürwortete.119 Hätte er es scheitern lassen, hätte Ulpian etwa schreiben müssen: Iulianus scribit, nec donationem nec mutuum esse. Sed an nummi fiant accipientis,

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Rabel, Grundzüge (1915), 440; Ferrini, Pandette4 (1953), 308; Lange, Das kausale Element (1930), 68 f.; Ehrhardt, Iusta causa traditionis (1930), 139; Kreller, RE Suppl. VI (1935) s.v. mutuum, 577 f.; Backhaus, SZ 100 (1983), 165 f.; Behrends, in: Labruna, Tradere (1998), 58 ff.; ders., SZ 95 (1978), 209; Cannata, Istituzioni I (2001), 308; Schermaier, SZ 115 (1998), 254 ff.; Harke, Si error aliquis intervenit (2005), 114 ff.; Meissel, in: Falk/Luminati/Schoeckel, Fälle aus der Rechtsgeschichte (2008), 62, 75; ablehnend: Kriegsmann, Der Rechtsgrund der Eigentumsübertragung (1905), 37 ff.; Beseler, SZ 45 (1925), 222; Betti, Studi Bonfante I (1930), 316 ff.; Hupka, SZ 52 (1932), 1, 12 ff.; Schönbauer, KritV 61 (1932), 140 f.; van Oven, TR 20 (1952), 447 f. ; Benedek, AJ IV (1962), 143 f.; Cannata, in: Incontro Pugliese (1992), 7311. 116 JherJb 23 (1885), 6 ff.; vgl. aber bereits Cujacius, Opera omnia, Neapel 1722, Bd. VI, 82 f. 117 Eisele, JherJb 23 (1885), 11. 118 Lib. 31 ad Qu. Muc.: Si decem tibi locem fundum, tu autem existimes quinque te conducere, nihil agitur: sed et si ego minoris me locare sensero, tu pluris te conducere, utique non pluris erit conductio, quam quanti ego putavi. 119 Eisele, JherJb 23 (1885), 13; ähnlich auch Wolf, Error im römischen Vertragsrecht (1961), 104 ff., der dies jedoch vor allem Ulpians Entgegnung nec mutuam esse entnimmt.

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videndum.120 Der Grund der Meinungsverschiedenheit sei in dem formal-juristischen Standpunkt Ulpians begründet, welcher als iusta causa traditionis keine materiale Zweckübereinstimmung, sondern nur anerkannte causa-Typen habe genügen lassen.121 Ohne Zweifel hat die dargestellte Theorie ihren intellektuellen Reiz; nichtsdestoweniger sieht sie sich schwerwiegenden Einwänden ausgesetzt: Die quantitative Vergleichbarkeit von donatio und mutuum, auf welcher sie basiert, ist zunächst nichts weiter als eine rechtstheoretische Fiktion. Mit der gleichen Argumentation ließe sich die donatio auch der venditio annähern und definieren als „Verkauf um einen unendlich kleinen Preis“.122 In Wahrheit liegen die Unterschiede nicht auf quantitativer, sondern auf qualitativer Ebene; das Darlehen ist gegenüber der Schenkung kein minus, sondern ein aliud.123 Daher fehlt es auch an einer Vergleichbarkeit mit Pomp. D. 19.2.52, wo sich der Dissens tatsächlich auf einen quantitativen Aspekt beschränkt, die Parteien aber hinsichtlich der causa, d.h. der locatio conductio, einig sind. Bei Julian hingegen geht es um zwei verschiedene causae, die sich in ihrer Motivation,124 ihren Voraussetzungen125 und ihren Rechtswirkungen wesentlich unterscheiden und als Gemeinsamkeit lediglich die Eigentumsübertragung aufweisen.126 Aufgrund dieser objektiven Unterschiede ist die Qualifikation des Darlehens als minus gegenüber der Schenkung auch dann ausgeschlossen, wenn man die willenstheoretische Ebene verlässt und im Vertragskon120

Eisele, JherJb 23 (1885), 137. Eisele, JherJb 23 (1885), 15; Behrends, SZ 95 (1978), 20952. Hupka, SZ 52 (1932), 131. Eisele, JherJb 23 (1885), 16, ist der Auffassung, nur Ulpian habe dies erkannt und durch alia (opinione) bekräftigt. Ähnlich Harke, Si error aliquis intervenit (2005), 114 ff., der Julians Entscheidung jedoch nicht willenstheoretisch, sondern mit den Parteivorstellungen hinsichtlich der Risikosphären begründet. 124 So wenig zwingend man dem darlehenswilligen Empfänger die Bereitsschaft unterstellen kann, er wolle sich die Summe auch schenken lassen, so wenig zwingend ist es umgekehrt, dem schenkungswilligen Geber zu unterstellen, er wolle auch darleihen. Vgl. dazu Betti, Studi Bonfante I (1930), 316 f.: “Inoltre, chi dona vuole spesso dare alla controparte una dimostrazione di simpatia o di umanità: ora è chiaro che tale scopo verebbe interamente frustrato se, contro il proposito del tradente, il dono si dovesse convertire in un prestito.” 125 Man denke insbesondere an die Schenkungsverbote; dazu Kaser, RP I (1971), 602 ff. Ferner ergeben sich Unterschiede, wenn auf Empfängerseite ein beschränkt Geschäftsfähiger steht, da nur für den Abschluss des Darlehens-, nicht aber des Schenkungsvertrages das Vollwort des Vormunds erforderlich ist; vgl. Gai. 2.83; Inst. 1.21 pr. Van Oven, TR 20 (1952), 448, weist ferner auf den besonderen Inhalt des Darlehenskonsenses hin (res quae numero, pondere, mensura constant…in hoc, ut quandoque reddantur), welcher eben nicht als minus im Schenkungskonsens enthalten war. 126 Schönbauer, KritV 61 (1932), 140 f.; Benedek, AJ IV (1962), 144. 122 123 121

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sens eine „unteilbare Einheit“ mit „objektivem Geschäftsinhalt“ erkennt.127 Wenn Julian dennoch ein Darlehen zustande kommen ließ, dann allenfalls, weil es ihm „einfach als die bessere Lösung“128 erschien, d.h. ohne dogmatisch-willenstheoretische Begründung, sondern schlicht als Billigkeitsentscheidung. Indessen fehlt es bereits an durchschlagenden Argumenten für die Ansicht, Julian habe überhaupt ein Darlehen befürwortet. Den einzigen Anhaltspunkt, welcher auf Erwägungen Julians zur causa schließen lässt, liefert das Mittelstück bei Ulpian: Iulianus scribit donationem non esse: sed an mutua sit, videndum. Et puto nec mutuam esse magisque nummos accipientis non fieri, cum alia opinione acceperit. Demnach steht, wenn wir Ulpian Glauben schenken dürfen, fest, dass Julian die Schenkung verneinte. Aus seiner Auseinandersetzung mit dieser die causa betreffenden Frage wird deutlich, dass Julian den Rechtsgründen der Übereignung – und sei es auch nur aufgrund ihres indiziellen Charakters bezüglich des Übereignungswillens – Beachtung schenkte. Vor diesem Hintergrund erscheint die Annahme zulässig, Julian habe sich auch die Frage nach dem Darlehen gestellt.129 Wie er sie beantwortete, darüber lässt sich trefflich spekulieren. Gegen eine ausdrückliche Verneinung des Darlehens lässt sich in der Tat130 Ulpians Reaktion anführen, der in diesem Falle Julian wohl einfach zugestimmt oder dessen Meinung zur Untermauerung der eigenen herangezogen hätte. Wenn er stattdessen mit et puto nec mutuam esse antwortet, kann dies nur bedeuten, dass Julian die Frage entweder offen gelassen oder zugunsten des Darlehens beantwortet hat. Gegen eine Befürwortung des Darlehens durch Julian sprechen indes noch gewichtigere Gründe als gegen eine Ablehnung: Zunächst wäre schwerlich zu erklären, warum Ulpian in einem derart neutralen Ton (sed an mutua sit, videndum) von einer Meinung berichtet haben sollte, welche der seinen (und wohl auch derjeni127

Harke, Römisches Recht (2008), 55; ders., Si error aliquis intervenit (2005), 114 ff., befürwortet dennoch den Größenschluss auf das mutuum: „Was Julian herausdestilliert, ist keine Übereinstimmung im Willen, sondern der gemeinsame Kern der Parteivorstellungen, der für die Annahme eines consensus reicht. Dieser gilt für das mutuum als contractus unmittelbar…“ (117). 128 Wolf, Error im römischen Vertragsrecht (1961), 107; ähnlich auch Schönbauer, KritV 61 (1932), 203. 129 Ob Ulpian mit den Worten sed an mutua sit, videndum Julian wiedergeben oder selbst erst die Frage nach dem Darlehen aufwerfen wollte, ist umstritten; vgl. Wolf, Error im römischen Vertragsrecht (1961), 105 f. m.w.N. Ein Verständnis im Sinne von videndum [scil. esse] (= Fortführung der indirekten Rede) dürfte vorzugswürdig sein gegenüber videndum [scil. est] (=Wechsel in die direkte Rede): eine Fortführung der indirekten Rede, der es nicht auf eine pedantische Wiederholung von esse ankommt, ist wahrscheinlicher als ein äußerlich nicht erkennbarer Wechsel. 130 Eisele, JherJb 23 (1885), 13; Pflüger, Zur Lehre vom Erwerbe des Eigentums (1937), 19 f.; Kaser, TR 29 (1961), 226; Wolf, Error im römischen Vertragsrecht (1961), 105 f.; Harke, Si error aliquis intervenit (2005), 116.

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gen des größten Teils der klassischen Jurisprudenz) auf solch unkonventionelle Weise widerspricht.131 Warum hätte er seinen Lesern Julians Entscheidung vorenthalten sollen, wenn es denn eine gab? Eine Tilgung derselben durch Tribonian ist unwahrscheinlich: Hätte Julian tatsächlich ein Darlehen ohne Darlehenskonsens angenommen, so hätten die Kompilatoren die Stelle wahrscheinlich aufgrund ihrer Brisanz in den Titel D. 12.1 (de rebus creditis) aufgenommen, in dem das Ulpianfragment steht. Jedenfalls hätten sie keinen Grund gehabt, jene interessanten Ausführungen zu streichen und an ihre Stelle eine diametral entgegengesetzte Begründung des Eigentumsübergangs zu setzen.132 Hält man die überlieferte Begründung aber für julianisch,133 liefert sie das Hauptargument gegen den Größenschluss auf das mutuum: Julian hätte unmöglich die Unerheblichkeit des dissensus in causa gleich zweimal134 hervorgehoben, um den Eigentumsübergang nichtsdestotrotz auf einen kausalen Minimalkonsens zu stützen. Mit der Heranziehung des consensus in corpore zur Begründung seiner Falllösung macht er vielmehr deutlich, dass er nur diesem und keinem Kausalelement eine entscheidende Bedeutung für die Wirksamkeit der Übereignung beimisst. Auf die Beantwortung der Darlehensfrage kam es für ihn folglich gar nicht an; er konnte sie ohne weiteres offen lassen135 und musste dies vielleicht sogar, um nicht den Rahmen seiner spezifisch sachenrechtlichen Erörterungen136 zu sprengen. Hierin ist denn auch der wahre Kern von Eiseles Theorie zu sehen: Offenbar sah sich Julian aus bestimmten Gründen gehindert, die causa credendi ohne weiteres zu verwerfen; diese Gründe trafen auf die causa donandi nicht zu. Die Überlegung in maiore minus inest könnte hierbei eine Rolle gespielt haben, zumal die Annahme eines Darlehens durchaus sachgerechte Konsequenzen nach sich zöge: Bedient wird der sachenrechtliche 131

Savigny, System IV (1841), 161; Hupka, SZ 52 (1932), 16: „Die Sätze tragen nicht den leisesten Schein einer Polemik an sich.“ 132 Hupka, SZ 52 (1932), 17 f.; a.A. Lange, Das kausale Element (1930), 73 f., der die Streichung damit begründet, dass Justinian „ein Freund der Schenkung“ gewesen sei. Dann aber bliebe unverständlich, weshalb sed an mutuam sit, videndum im UlpianText nicht gestrichen wurde. 133 Zum diesbezüglichen Streit s.u. 3. 134 (…) in causis vero dissentiamus, non animadverto, cur inefficax sit traditio; (…) constat proprietatem ad te transire nec impedimento esse, quod circa causam dandi atque accipiendi dissenserimus. 135 Wunner, Contractus (1964), 209 f. 136 Ein schuldrechtlicher Kontext liegt nach dem überlieferten Wortlaut der Stelle fern und ergibt sich nur bei entsprechender Voreingenommenheit. Nach Lenel, Pal. I, 355, stand das Fragment ursprünglich im Kontext fiduziarischer (Sicherungs)übereignungen. Um einen Zusammenhang mit dem mutuum herzustellen, müsste man das Fragment unter Annahme einer Falschbezifferung in das 10. Buch der julianischen Digesten verorten, wo von der condictio die Rede ist; so Wolf, Error im römischen Vertragsrecht (1961), 10146.

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Wille beider Parteien, der schuldrechtliche Wille des Empfängers und faktisch – da er zur Erhebung der condictio mutui nicht gezwungen ist – auch der Wille des Gebers. Zu einem entsprechenden Ergebnis gelangt man allerdings auch unter der Annahme, Julian habe den Eigentumsübergang nur aufgrund des dinglichen Konsenses befürwortet und dem Veräußerer anschließend – aufgrund des Kausaldissenses – die condictio indebiti gegeben, welche er nach seiner Wahl erheben konnte oder auch nicht. Eine alternative Erklärung der Julian’schen Darlehenserwägung kann im Ersitzungsrecht gefunden werden: Wie uns durch seinen Schüler Afrikan137 übermittelt ist, gehörte Julian zu den Befürwortern der Ersitzung bei Fällen, in denen keine causa vorlag, deren Fehlen aber durch eine entsprechende existimatio138 des Empfängers ausgeglichen wurde. Möglicherweise erwog er ebendies auch für den vorliegenden Fall, in dem das Geld in der Meinung empfangen wurde, es komme ein mutuum zustande. Er musste eine solche Begründung des Eigentumsübergangs über die existimatio allein des Empfängers jedoch ablehnen, weil die traditio als translativer Akt139 zwingend auch einer Mitwirkung von Seiten des Veräußerers bedarf. 2. causa donandi ohne Schenkung? Da Julian – Ulpians Bericht gemäß (Iulianus scribit donationem non esse) – eine Schenkung ausdrücklich verneinte, erscheint es schon per se fernliegend, die causa donandi zur Erklärung des Eigentumsübergangs heranzuziehen. Eben diesen Weg schlägt jedoch Schanbacher140 ein mit folgender Begründung: Die Bestimmung der iusta causa traditionis habe Julian zufolge einseitig durch den Veräußerer erfolgen können. Zur Wirksamkeit einer traditio donandi causa habe folglich der Schenkungswille des Gebers ausgereicht. Diese unilaterale causa donandi sei zu trennen von dem bilateralen Rechtsgeschäft der Schenkung. Nur Letzteres habe Julian für nichtig erklärt. Demnach lautete die Gretchenfrage der Antinomie nicht: „kausale oder abstrakte traditio?“, sondern „Ein- oder Zweiseitigkeit der causa traditionis?“. Für eine Trennbarkeit von Schenkung und causa donandi fehlt es indes an Belegen. Dem klassischen Recht war die Schenkung als besonderer Geschäfts137

D. 41.4.11 (lib. 7 quaest.): Quod volgo traditum est eum, qui existimat se quid emisse nec emerit, non posse pro emptore usucapere, hactenus verum esse ait, si nullam iustam causam eius erroris emptor habeat: nam si forte servus vel procurator, cui emendam rem mandasset, persuaserit ei se emisse atque ita tradiderit, magis esse, ut usucapio sequatur. 138 Der Glaube an den Bestand einer causa; vgl. Hausmaninger, Die bona fides des Ersitzungsbesitzers (1964), 42 ff. 139 Vgl. dazu Harke, Römisches Recht (2008), 248. 140 TR 60 (1992), 15 ff.; ähnlich bereits Perozzi, Istituzioni I (1928), 671 ff.

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typus vielmehr unbekannt; obligierende Wirkung entfaltete das Schenkungsversprechen nur, wenn es in Stipulationsform gekleidet war. Folglich existierte die Schenkung nur als causa donandi, als Rechtfertigungsgrund für unentgeltliche Zuwendungen.141 Bestand diese Zuwendung in einer traditio,142 so machte die causa donandi dieselbe zur „Handschenkung“143 und rechtfertigte zugleich den endgültigen Verbleib des Schenkungsobjekts beim Empfänger. Sie war causa traditionis und causa retinendi144 in einem Akt. Diesen Akt nun aufzuspalten und Julians donationem non est nur auf den für die Übereignung unerheblichen Teil zu beziehen, würde dem sachenrechtlichen Fallzusammenhang nicht gerecht. Auch mit Julians Einleitungssatz (Cum in corpus – traditio) verträgt sich Schanbachers Theorie nur bedingt: Zwar lässt sich die Irrelevanz des Kausaldissenses ohne weiteres mit ihr vereinen, nicht jedoch die stattdessen herangezogene Begründungsfigur des consensus in corpore quod traditur. Warum hob Julian den Veräußererwillen an dieser Stelle nicht ausdrücklich hervor, wenn dieser doch das entscheidende Element in Julians Falllösung darstellte? Auch Tribonian hätte eine solche Bemerkung sicherlich nicht gestrichen.145 Man wird Julian auf der Grundlage dieses Fragments daher nicht unterstellen können, er habe sich mit einer einseitigen iusta causa traditionis begnügt. Auch bei anderen Juristen findet sich ein solcher Satz nicht ausgesprochen.146 Demgegenüber ist das Gegenteil, nämlich das Erfordernis eines Konsenses, bei Javolen147 als Regel formuliert und es ist nicht ersichtlich, warum diese in der Hochklassik bereits veraltet gewesen sein sollte.148 Eine Abhängigkeit der Übereignung allein vom Veräußererwillen hätte ferner die nicht akzeptable Konsequenz, dass der Erwerber gegen seinen Willen zum Eigentümer gemacht werden könnte. Die entsprechende Fallkonstellation wird von Ulpian unmittelbar im Anschluss an die Antinomie angesprochen:

141

Kaser, RP I (1971), 602. Daneben sind unentgeltliche Zuwendungen denkbar als Abtretung einer Forderung, Übernahme einer fremden Verbindlichkeit, Zahlung einer fremden Schuld, Erlass etc. 143 Die traditio donandi causa ist nur als Bargeschäft denkbar. Die Erfüllung eines in Stipulationsform gekleideten Schenkungsversprechens ist eine traditio solvendi causa. 144 Der im Kondiktionenrecht relevante Rechtsgrund zum Behaltendürfen, welcher grundsätzlich von der causa traditionis zu unterscheiden ist; vgl. Sanfilippo, Condictio indebiti (1943), 52 f.; v. Lübtow, Condictio (1952), 25; Schwarz, Grundlage der condictio (1952), 212 ff.; ders., IURA 3 (1952), 300 f.; Kaden, SZ 71 (1954), 583 ff. 145 Zur Bedeutung des animus bei den Byzantinern vgl. Pringsheim, LQR 49 (1933), 43 ff. 146 Schanbacher, TR 60 (1992), 6 ff., unterstellt dies – nach entsprechend angepasster Übersetzung und Interpretation von Ulp. D. 24.1.3.12 – auch Celsus. 147 D. 44.7.55, s.o. Anm. 43. 148 So Schanbacher, TR 60 (1992), 23. 142

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12.1.18.1 Ulpianus libro septimo disputationum Si ego quasi deponens tibi dedero, tu quasi mutuam accipias, nec depositum nec mutuum est: idem est et si tu quasi mutuam pecuniam dederis, ego quasi commodatam ostendendi gratia accepi: sed in utroque casu consumptis nummis condictioni sine doli exceptione locus erit.

Will der Geber hinterlegen, der Empfänger jedoch als Darlehen annehmen, kommt ebenso wenig ein Geschäft zustande, wie wenn der Geber an ein Darlehen, der Empfänger hingegen an eine Leihe denkt. Dass auch der Eigentumserwerb in beiden Fällen scheitert, wird durch den Umstand unterstrichen, dass die condictio erst consumptis nummis gewährt wird. Schanbachers Lehre zufolge hätte Julian im zweiten hier geschilderten Fall den Eigentumsübergang aufgrund des Vorliegens einer einseitigen causa credendi bejahen müssen. Dass er dies aber wohl nicht tat, macht das Schweigen Ulpians hinsichtlich einer solchen Kontroverse wahrscheinlich, welche doch deutlich brisanter und daher erwähnenswerter gewesen wäre als diejenige um den Kausaldissens bei gleichzeitiger dinglicher Einigung.149 Eine Tilgung der Kontroverse durch die Kompilatoren ist wenig wahrscheinlich, weil dann unerklärlich bliebe, weshalb sie diejenige im principium beibehielten. 3. Der consensus in corpore als Schlüssel zum Verständnis der Lösung Julians Nachdem in fr. 36 folglich weder Darlehen noch Schenkung als iusta causa traditionis in Frage kommen, schlägt Flume150 einen Kompromiss vor, um für die von Julian befürwortete Übereignung dennoch den Schein der Kausalität zu wahren: „Es kann aber auch sehr wohl sein, dass Julian ungeachtet des Nichtzustandekommens von donatio und mutuum den Eigentumserwerb bejaht hat, weil Tradent und Empfänger jedenfalls übereinstimmend eine – wenn auch unterschiedliche – iusta causa für den Eigentumserwerb angenommen haben.“ Wie gegen jede andere kausale Deutung, so lässt sich auch gegen Flumes Vorschlag anführen, dass Julian seine Entscheidung mit dem consensus in corpore quod traditur und nicht mit einem wie auch immer gearteten Kausalbezug begrün149

Eine entsprechende Einschätzung der Fallbrisanz durch Ulpian ergibt sich aus dem Umstand, dass er im principium die exceptio doli gewährt, welche er hier versagt. Wenn er dort den Empfänger also faktisch so stellt, als hätte er wirksam erworben, hier hingegen die Rückforderung zulässt, so muss er der dort vorliegenden dinglichen Einigung eine gewisse Erwerbsrechtfertigungswirkung zugeschrieben haben, welche hier fehlt. Damit aber hätte er einen umso größeren Grund zum Widerspruch gehabt, hätte Julian den Eigentumserwerb auch hier bejaht. 150 Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 55 f.; vgl. auch Ferrini, Pandette4 (1953), 308, der von einem „negozio sui generis“ spricht.

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det. Darüber hinaus ist nicht unmittelbar zu ersehen, worin nach Flume die Willensübereinstimmung der Parteien bestehen soll. Hinsichtlich einer konkreten causa kam aus der Sicht Julians jedenfalls kein Konsens – und wohl auch kein so genannter Minimalkonsens – zustande. Auch ein übergeordnetes kausales genus, wie es etwa ein lediglich auf den Erfüllungscharakter der Leistung bezogener Solutionskonsens darstellt, scheidet hier aus. Die übereinstimmende Annahme unterschiedlicher causae hätte einer nackten dinglichen Einigung allenfalls dann etwas voraus, wenn es Letztere als solche gäbe. Wie die Eigentumsübertragung selbst, so ist auch die dingliche Einigung aber niemals Selbstzweck, sondern stets Mittel zur Verwirklichung dahinter stehender wirtschaftlicher Zwecke. Wer einem anderen ohne Kausalbezug die Übereignung eines Gegenstandes anträgt, der trägt ihm – sofern er nicht die Erwartung einer Gegenleistung äußert – wirtschaftlich gesehen eine Schenkung an; äußert er gleichzeitig die Erwartung einer Gegenleistung, so bestimmt sich nach dieser der Geschäftstyp.151 Die Hingabe oder Annahme eines Gegenstandes ohne damit einhergehende Verfolgung irgendeines Zwecks ist praktisch nicht denkbar. Damit jedoch ist das Vorhandensein eines die Übereignung tragenden Zwecks kein besonderes Plus hinsichtlich des animus dominii transferendi, sondern schlicht eine Selbstverständlichkeit.152 Wenn „Tradent und Empfänger jedenfalls übereinstimmend eine – wenn auch unterschiedliche – iusta causa für den Eigentumserwerb“153 annehmen, liegt folglich nichts weiter vor als der natürliche Umstand, dass mit Hingabe und Annahme des Gegenstandes zu Eigentum jeweils ein wirtschaftlicher Zweck verfolgt wird. Ein besonderer kausaler Tatbestand entstünde nur bei Übereinstimmung beider Zwecke, was im vorliegenden Fall gerade nicht gegeben ist. Die Schnittmenge aus einem Schenkungsangebot und einer Darlehensannahme besteht lediglich im Konsens hinsichtlich des Eigentumsübergangs; ein Konsens, der nicht ausdrücklich erklärt wird, sondern im Wege abstrahierender Auslegung zu ermitteln ist.154 Wenn aber über diesen dinglichen Konsens hinaus nichts übrig bleibt, worauf sich der Eigentumsübergang stützen ließe, so ist die Vermutung gestattet, dass

151

Jakobs, SZ 119 (2002), 319 f. Dernburg, AcP 40 (1857), 1: „Zwar daß ein vernünftiger Grund (causa) dem Geber im Geiste vorschwebe, ein Grund, welcher ihn zum Willen, Eigenthum zu übertragen, bestimmte, liegt in der Natur des bewußten Handelns. Wer sich selbst nachtheilige, einem Andern vortheilhafte Rechtsakte vornimmt, sei es nun, daß er Rechte aus seinem Vermögen übertrage oder eine Obligation übernehme, muß nach logischer Nothwendigkeit mit jenem Rechtsakt entweder weitere rechtliche Wirkungen für sich beabsichtigen, oder den Gegentheil umsonst bereichern – schenken wollen.“ 153 Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 56. 154 Gegen Flumes Argumentation vgl. bereits Cannata, SDHI 57 (1991), 345. 152

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er auch für Julians Entscheidung maßgeblich war.155 Diese Vermutung ist – im Gegensatz zu allen kausalen Deutungen – auch vereinbar mit dem überlieferten Text des fr. 36, dessen einziger positiver Anhaltspunkt zur Erklärung des Eigentumsübergangs im ersten Halbsatz liegt: Cum in corpus quidem quod traditur consentiamus (…). Der maßgebliche Konsens bezieht sich folglich auf die zu übereignende Sache, nicht auf einen kausalen Tatbestand. Der bloße Konsens hinsichtlich der Sache ist freilich noch kein Konsens hinsichtlich deren Übereignung. Zwar ist das Substantiv corpus nicht nur in der Bedeutung „Körper“ bzw. „körperliche Sache“ überliefert, sondern des Öfteren – im Ablativ – auch im Sinne einer körperlichen Handlung;156 hier jedoch wird diese Handlung, nämlich die traditio, bereits relativ (quod traditur) an corpus angeschlossen, womit eine entsprechende Übersetzung keinen Sinn ergäbe.157 Eben dieser Relativsatz legt andererseits nahe, dass der consensus nicht nur das corpus, sondern auch die traditio erfasst. Traditio wiederum wird von Julian in demselben Satz technisch für Übereignung gebraucht,158 was unwahrscheinlich macht, dass er mit quod traditur nur die untechnische Übergabe bezeichnen wollte. Dies wird bestätigt durch die oben besprochenen Fallbeispiele aus Ulp. D. 12.1.18.1, wo nur eine der Parteien eine iusta causa traditionis im Sinn hatte und der Eigentumsübergang daher unstreitig (d.h. auch von Julian) abgelehnt werden konnte, obschon auch hier beide Parteien über den Gegenstand einig waren. Wenn Julian folglich den als dingliche Einigung verstandenen consensus in corpore zum einzig entscheidenden Element der Eigentumsübertragung erhebt, bedeutet dies gleichzeitig, dass er die Übereignung von den dahinter stehenden Zwecken abstrahiert. Die von den Parteien intendierten iustae causae traditionis werden somit zu reinen Auslegungshilfen, deren Bedeutung für die Übereignung sich darin erschöpft, den unausgesprochenen dinglichen Konsens sichtbar zu machen. Rückt damit die Julian’sche Begründung gefährlich nahe an Savignys Vorstellung von der Rolle

155

Vacca, Sodalitas IV (1984), 1991 ff.; dieselbe in: Mannino (Hrsg.): L’arricchimento senza causa (2005), 32 f., sieht – nicht nur auf Julian beschränkt – in der dinglichen Einigung eine causa traditionis im Sinne eines „elemento minimo“ gegeben. Ihr folgend: Cortese, Indebiti solutio ed arricchimento ingiustificato (2009), 130 f. 156 Heumann/Seckel, 109, zitiert hier insbesondere Stellen zur Besitzergreifung, -ausübung und -aufgabe, vgl. etwa Paul. D. 41.2.1.21 (corpore et tactu necesse adprehendere possessionem); Paul. D. 41.2.3.1 (apiscimur possessionem corpore et animo); Pap. D. 41.2.44.2 (quidem, quod corpore nostro teneremus; possessionem amitti vel animo vel etiam corpore; quod servi vel etiam coloni corpore possidetur). 157 Es ist nicht die körperliche Handlung der traditio, welche tradiert wird, sondern der Gegenstand. 158 Non animadverto, cur inefficax sit traditio: Die bloße körperliche Übergabe kann nicht inefficax sein; traditio meint hier zwingend den Übereignungsakt.

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der iusta causa traditionis heran,159 waren es mit Pflüger und Beseler denn auch wenig überraschend dessen Gegner, welche den im Zentrum unserer Argumentation stehenden ersten Halbsatz des fr. 36 (Cum in corpus quidem quod traditur consentiamus) erstmals der Interpolation verdächtigten:160 Der consensus in corpore sei „ein Steckenpferd der Byzantiner“. Zum Beleg führt Beseler eine ganze Reihe von Stellen161 an, in denen „consentire in corpus und ähnliche Redewendungen“ unecht seien, wobei er anstelle einer Begründung zumeist nur eckige Klammern setzt.162 Die Interpolationsvermutung wurde in den darauffolgenden Jahrzehnten interessanterweise insbesondere von denjenigen geteilt, die Julian eine kausale Begründung des Eigentumsübergangs unterstellten.163 Ihre Haltlosigkeit wurde zuletzt ausführlich von Harke herausgestellt, der sich insbeson159

Savigny, Obligationenrecht II (1853), 258 f.: „Wenn es bei der Tradition üblich wäre, ausdrücklich zu sagen: durch diese Handlung soll Eigenthum übergehen (oder: nicht übergehen), so bedürfe es keiner weiteren Prüfung, der Übergang (oder Nichtübergang) des Eigenthums wäre dadurch allein völlig und sicher entschieden. Aber gerade ein solcher Ausdruck ist bei uns so wenig üblich, als er es bei den Römern war; man könnte sagen, er sey zu abstrakt, zu theoretisch für eine so naturale Handlung, wie die Tradition. Um in zweifelhaften Fällen eine sichere Entscheidung zu finden, bleibt nichts übrig, als auf die umgebenden Umstände, Absichten, Zwecke zu sehen, auf dasjenige Rechtsgeschäft, mit welchem die Tradition in Verbindung steht, wodurch sie herbeigeführt worden ist. Eben dieses nun ist die wahre Bedeutung der justa causa, denn hieraus wird sich stets mit Sicherheit erkennen lassen, ob die Absicht auf Übertragung des Eigenthums gerichtet war (wie bei Kauf oder Tausch), oder nicht (wie bei der Miete und dem Depositum).“ 160 Pflüger, Bonner Festgabe für Zitelmann (1923), 46; Beseler, SZ 45 (1925), 221 ff. 161 Gai. 3.153; Ulp. D. 18.1.9; Ulp. D. 18.1.11 pr.; Paul. D. 18.1.15 pr.; Paul. D. 19.1.21.2; Ulp. D. 20.6.4.1; Paul. D. 22.4.3; Ulp. D. 28.1.21.1; Ulp. D. 30.4 pr.; Ulp. D. 30.120.1; Ulp. D. 41.2.34 pr.; Mod. D. 44.7.52.3; Paul. D. 45.1.22; Paul. D. 45.1.35.2; Ulp. D. 4.8.17.4–6; Ulp. D. 13.7.1. 162 Beselers pauschalisierender Verdammung des consensus in corpore tritt Lange, Das kausale Element (1930), 71 f., entgegen, indem er die Verwendung von dissentire/consentire/errare in corpore in klassischer Zeit nachweist. Da ein entsprechender Beleg für Julian fehlt (und Lange ihm kein abstraktes Traditionsverständnis zutraut), schließt er sich letztlich dennoch Beselers Verdacht an. 163 Monier, Studi Bonfante III (1930), 222 f.; Lange, Das kausale Element (1930), 72; Ehrhardt, Iusta causa traditionis (1930), 136; Pflüger, Zur Lehre vom Erwerbe des Eigentums (1937), 18 f.; van Oven, TR 20 (1952), 4457; Wolf, Error im römischen Vertragsrecht (1961), 109; van Warmelo, Studi Sanfilippo I (1982), 647 ff.; Molkenteller, Die These vom dinglichen Vertrag (1991), 68 f.; Betti, Studi Bonfante I (1930), 332, lässt zwar den ersten Halbsatz unversehrt, ersetzt aber non animadverto cur durch quaeri potest an und kommt hierdurch zum gleichen Ergebnis. Saccoccio, Si certum petetur (2002), 351 ff., ist der Auffassung, Julian habe ursprünglich über die Voraussetzungen der condictio geschrieben und erst die Kompilatoren hätten die Stelle in einen sachenrechtlichen Kontext gestellt.

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dere auf Ulp. D. 41.2.34 pr.164 stützt und hierin ferner einen Beleg dafür erkennt, „daß Julian den consensus in corpore auch als Erfordernis des Übertragungsaktes selbst begreift“.165 Ehrhardt wendet gegen eine entscheidende Rolle der dinglichen Einigung ein, „es wäre unbegreiflich, dass Ulpian sich mit dieser Ansicht nicht auseinandergesetzt haben sollte“.166 Zur Entkräftung dieses Einwands genügt ein Blick auf den Digestentitel, in welchen die Kompilatoren das Ulpian-Fragment einordneten: In D. 12.1 (De rebus creditis si certum petetur et de condictione) geht es primär um das Entstehen einer Darlehensverpflichtung, erst sekundär – da das mutuum eine Eigentumsübertragung voraussetzt167 – um die Eigentumsfrage. Es sollte daher nicht verwundern, dass die Kompilatoren darüber hinaus keine spezifisch sachenrechtlichen Einlassungen Ulpians, soweit solche vorhanden waren, aufnahmen. Möglicherweise hat sich Ulpian auf den schuldrechtlichen Aspekt des Falles beschränkt, was ferner eine Erklärung dafür liefern könnte, dass die Kompilatoren die Antinomie übersahen. IV. Abschließende Beurteilung der Antinomie Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Ulpian für die Übereignung durch traditio eine Zweckvereinbarung zwischen Veräußerer und Erwerber forderte, Julian sich hingegen mit einer dinglichen Einigung begnügte. Ob Ulpian darüber hinaus verlangte, dass sich die Zweckvereinbarung in einem wirksamen Rechtsverhältnis verkörpere, darf aufgrund seiner eigenen Begründung (Et puto nec mutuam esse magisque nummos accipientis non fieri, cum alia opinione acceperit) angezweifelt werden: Ulpian führt nummos accipientis non fieri nicht kausal auf nec mutuam esse zurück, sondern stellt es mit magisque – mithin ohne jeglichen Kausalbezug – daneben. Dies ist verständlich, denn ein vollwirksames mutuum als iusta causa der traditio credendi causa anzusehen, wäre zirkelschlüssig: Es wäre letzt164

Lib. 7 disp.: Si me in vacuam possessionem fundi Corneliani miseris, ego putarem me in fundum Sempronianum missum et in Cornelianum iero, non adquiram possessionem, nisi forte in nomine tantum erraverimus, in corpore consenserimus. Quoniam autem in corpore consenserimus, an a te tamen recedet possessio, quia animo deponere et mutare nos possessionem posse et Celsus et Marcellus scribunt, dubitari potest: et si animo adquiri possessio potest, numquid etiam adquisita est? Sed non puto errantem adquirere: ergo nec amittet possessionem, qui quodammodo sub condicione recessit de possessione. Vgl. auch Raap, SZ 109 (1992), 501 ff. 165 Harke, Si error aliquis intervenit (2005), 107 ff., der trotzdem daran festhält, Julian habe den Eigentumsübergang auf die causa credendi gestützt. 166 Ehrhardt, Iusta causa traditionis (1930), 139. 167 Nur darum wurde auch magisque nummos accipientis non fieri beibehalten. Diesen Grund übersieht Hupka, SZ 52 (1932), 19 ff., der die Passage daher für byzantinisch hält.

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Erster Teil: iusta causa traditionis

lich der Eigentumsübergang Voraussetzung der iusta causa anstatt umgekehrt.168 Iusta causa der traditio credendi causa kann daher nur die im Darlehenskonsens bestehende Zweckvereinbarung sein. Allein deren Scheitern – von Ulpian durch alia opinione acceperit ausgedrückt – wird daher richtigerweise als Ursache des nummos accipientis non fieri präsentiert (… cum …).169

E. Justinian Inst. 2.1.40 Per traditionem quoque iure naturali res nobis adquiruntur: nihil enim tam conveniens est naturali aequitati, quam voluntatem domini, volentis rem suam in alium transferre, ratam haberi. Inst. 2.1.41 Sed si quidem ex causa donationis aut dotis aut qualibet alia ex causa tradantur, sine dubio transferentur.

Justinian selbst hatte zur causa-Frage offenbar ein gespaltenes Verhältnis. Das zeigen sowohl die nebeneinander beibehaltenen konfligierenden Digestenstellen der soeben behandelten Antinomie170 wie auch die vorliegenden Ausschnitte aus seinen Institutionen. Inst. 2.1.40, eine Nachbildung von Gai. D. 41.1.9.3, lässt sich – wenn man ihr überhaupt eine normative Aussage über die Tatbestandsvoraussetzungen der traditio entnehmen will – eher für eine abstrakte Tradition anführen, da ausschließlich der Übereignungswille des Eigentümers betont wird.171 Inst. 2.1.41 besagt zwar, dass „zweifellos“ das Eigentum übergehe, wenn der traditio eine causa zugrunde liege, lässt jedoch die entscheidende Frage offen, wie es sich im entgegengesetzten Fall verhielte. Kurzum: Ob ohne eine iusta causa Eigentum übergehen kann, lässt sich den Institutionenstellen nicht unmittelbar entnehmen.

168

Raber, TR 33 (1965), 73. Vgl. auch Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 56, der das „mutuum als Rechtsakt“ dem „Rechtsverhältnis des Darlehens“ gegenüberstellt. 170 Aus der Ansiedlung der Julian-Stelle im Titel D. 41.1 (und damit in sedes materiae) wird auf eine abstrakte Auffassung Justinians geschlossen von Lange, Das kausale Element (1930), 74; Gordon, in: New Perspectives in the Roman Law of Property (1989), 129; Saccoccio, Si certum petetur (2002), 356; a.A.: Eisele, JherJb 23 (1885), 12, 16. 171 Kupisch, in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà II (1991), 444; Kaser, BIDR 64 (1961), 66, 97; Gordon, in New Perspectives in the Roman Law of Property (1989), 129; a.A. Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 53. 169

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Erster Teil: iusta causa traditionis

lich der Eigentumsübergang Voraussetzung der iusta causa anstatt umgekehrt.168 Iusta causa der traditio credendi causa kann daher nur die im Darlehenskonsens bestehende Zweckvereinbarung sein. Allein deren Scheitern – von Ulpian durch alia opinione acceperit ausgedrückt – wird daher richtigerweise als Ursache des nummos accipientis non fieri präsentiert (… cum …).169

E. Justinian Inst. 2.1.40 Per traditionem quoque iure naturali res nobis adquiruntur: nihil enim tam conveniens est naturali aequitati, quam voluntatem domini, volentis rem suam in alium transferre, ratam haberi. Inst. 2.1.41 Sed si quidem ex causa donationis aut dotis aut qualibet alia ex causa tradantur, sine dubio transferentur.

Justinian selbst hatte zur causa-Frage offenbar ein gespaltenes Verhältnis. Das zeigen sowohl die nebeneinander beibehaltenen konfligierenden Digestenstellen der soeben behandelten Antinomie170 wie auch die vorliegenden Ausschnitte aus seinen Institutionen. Inst. 2.1.40, eine Nachbildung von Gai. D. 41.1.9.3, lässt sich – wenn man ihr überhaupt eine normative Aussage über die Tatbestandsvoraussetzungen der traditio entnehmen will – eher für eine abstrakte Tradition anführen, da ausschließlich der Übereignungswille des Eigentümers betont wird.171 Inst. 2.1.41 besagt zwar, dass „zweifellos“ das Eigentum übergehe, wenn der traditio eine causa zugrunde liege, lässt jedoch die entscheidende Frage offen, wie es sich im entgegengesetzten Fall verhielte. Kurzum: Ob ohne eine iusta causa Eigentum übergehen kann, lässt sich den Institutionenstellen nicht unmittelbar entnehmen.

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Raber, TR 33 (1965), 73. Vgl. auch Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 56, der das „mutuum als Rechtsakt“ dem „Rechtsverhältnis des Darlehens“ gegenüberstellt. 170 Aus der Ansiedlung der Julian-Stelle im Titel D. 41.1 (und damit in sedes materiae) wird auf eine abstrakte Auffassung Justinians geschlossen von Lange, Das kausale Element (1930), 74; Gordon, in: New Perspectives in the Roman Law of Property (1989), 129; Saccoccio, Si certum petetur (2002), 356; a.A.: Eisele, JherJb 23 (1885), 12, 16. 171 Kupisch, in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà II (1991), 444; Kaser, BIDR 64 (1961), 66, 97; Gordon, in New Perspectives in the Roman Law of Property (1989), 129; a.A. Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 53. 169

§ 2. Ausgangspunkte in den Quellen

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Eine Auslegungshilfe bietet die Paraphrasis Institutionum des Theophilos, welcher selbst als Redaktor an den Institutiones mitgearbeitet hat.172 Theoph. 2.1.40 (…) e„v d7 tÕ di¦ traditíonos metaqe‹na… me t¾n despote…an, de‹ taàta sundrame‹n, éste despÒthn e1nai tÕn traditeúonta kaˆ yucÍ toà boÚlesqai metaqe‹nai t¾n despote…an poie‹sqai t¾n traditíona kaˆ swmatikÕn e1nai tÕ traditeuómenon. (…)173

Hier ist – im Gegensatz zur kommentierten Stelle (Inst. 2.1.40) – nicht von der Übertragung der Sache (rem suam in alium transferre), sondern des Eigentums (despote…a) die Rede. Während Fuchs174 darin „lediglich (…) eine etwas abstrakte Formulierung“ erblickt, sieht Schanbacher175 in diesem Zeugnis den entscheidenden „Schritt von der deskriptiven zur normativen Abstraktion“. Mehr als dieses terminologische Argument dürfte für ein abstraktes Verständnis der abschließende Charakter sprechen, mit welchem Theophilos die Erfordernisse der traditio aufzählt: Anstatt einer iusta causa wird lediglich der Eigentumsübertragungswille (yucÍ toà boÚlesqai metaqe‹nai t¾n despote…an) gefordert. Glück176 sieht darin eine Umschreibung der causa praecedens, eine in jeder Hinsicht fernliegende Interpretation, welche der seinerzeit herrschenden titulus-Lehre geschuldet ist.177 Auch wenn man Theophilos mithin einen Hang zum Abstraktionsprinzip zuschreiben darf, bedeutet dies noch keineswegs, dass die byzantinische Jurisprudenz im Allgemeinen dem Kausalprinzip abgeneigt war. Dagegen spricht insbesondere die Übernahme von Paul. D. 41.1.31 pr. in die Kompilation.178 Wie in klassischer Zeit wird es also auch unter den Byzantinern Befürworter und Gegner des Abstraktionsprinzips gegeben haben. Die Verortung von Paul. D. 41.1.31 pr. und Jul. D. 41.1.36 in nahezu unmittelbarer Nachbarschaft – was dem zuständi-

172

Vgl. Constitutio ‘Imperatoriam maiestatem’ 3; Constitutio ‘Dedoken’ 11; zu Person und Werk des Theophilos vgl. auch Lokin, Analecta Groningana (2010), 89 ff. 173 Theophilos, Paraphrasis Institutionum, Ausg. Ferrini (1884), 115. Übersetzung: „Damit wirklich Eigentum durch traditio übertragen wird, muss Folgendes zusammenkommen, nämlich dass der Tradent Eigentümer ist, dieser mit Eigentumsübertragungswillen tradiert und dass es sich bei der zu übergebenden Sache um eine körperliche handelt.“ 174 Iusta causa traditionis (1952), 18 f. 175 TR 60 (1992), 24 f. 176 Pandekten VIII (1807), 9057. 177 Dagegen bereits Strempel, Über die justa causa bei der Tradition (1856), 27. 178 Kaser, BIDR 64 (1961), 67 schließt aus der im Vergleich zu Paul. D. 41.1.31 pr. „energischeren Fassung“ von Jul. D. 41.1.36 auf eine stärkere Neigung Justinians zur abstrakten Lösung, hält es aber auch für möglich, dass dieser die Frage nicht abschließend entscheiden wollte.

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Erster Teil: iusta causa traditionis

gen Redaktor unmöglich verborgen geblieben sein kann179 – legt gar den Schluss nahe, Justinian habe die schwierige, da in all ihren Konsequenzen kaum zu überblickende, Entscheidung zwischen Kausal- und Abstraktionsprinzip gescheut und bewusst Rechtsprechung und Rechtswissenschaft überlassen.180 Ein weiterer Grund hierfür liegt möglicherweise auch darin, dass man die Relevanz der causaProblematik schon damals mehr auf theoretisch-akademischer denn auf praktischökonomischer Ebene einstufte und daher in der Beibehaltung beider Prinzipien in den Digesten keine Gefahr für die Sicherheit des Rechtsverkehrs erblickte. Gelegentlich wird zugunsten einer abstrakten Auffassung Justinians auch ein Scholion181 des Nikaios zitiert.182 Im Gegensatz zu Theophilos wirkte dieser jedoch erst im 11./12. Jh. n. Chr.; der Schluss von Nikaios auf Justinian beruht damit auf der unwahrscheinlichen Prämisse, dass die Rechtsanschauungen der Byzantiner über ein halbes Jahrtausend hinweg unverändert geblieben seien.

F. Resümee zu § 2 – Formulierung einer Hypothese zur iusta causa traditionis Es hat sich gezeigt, dass den gewöhnlich zugunsten des Kausalprinzips zitierten Stellen (Paul. D. 41.1.31 pr.; Ulp. Epit. 19.7; Gai. 2.20) keine eindeutige Aussage zu entnehmen ist. Demgegenüber betont Gaius in D. 41.1.9.3183 den Übereignungswillen als Traditionsvoraussetzung. Gai. 2.20 stellt hierzu keinen Widerspruch, sondern eine Ergänzung dar: Selbstverständlich ist die Übereignung in der Rechtswirklichkeit niemals Selbstzweck, sondern stets Mittel zur Verwirklichung dahinter stehender – meist wirtschaftlicher – Zwecke; die traditio erfolgt sive ex venditionis causa sive ex donationis sive quavis alia ex causa. Aus diesen Zwecken ist überhaupt erst zu ersehen, dass mit der traditio das Eigentum übertragen werden soll. In der Angabe des Zwecks einer Handlung besteht denn

179

181 182

Dies gegen Cannata, in: Incontro Pugliese (1992), 75 f. Ähnlich bereits Jakobs, SZ 119 (2002), 320 f. Schol. 4 ad Bas. 23.1.18, BS 1539/26–1540/8. Ehrhardt, Iusta causa traditionis (1930), 12; Betti, Studi Bonfante I (1930), 305 ff.; Fuchs, Iusta causa traditionis (1952), 22 ff. 183 Ebenso in fr. 9.7: Hoc amplius interdum et in incertam personam collocata voluntas domini transfert rei proprietatem: ut ecce qui missilia iactat in vulgus, ignorat enim, quid eorum quisque excepturus sit, et tamen quia vult quod quisque exceperit eius esse, statim eum dominum efficit. 180

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Erster Teil: iusta causa traditionis

gen Redaktor unmöglich verborgen geblieben sein kann179 – legt gar den Schluss nahe, Justinian habe die schwierige, da in all ihren Konsequenzen kaum zu überblickende, Entscheidung zwischen Kausal- und Abstraktionsprinzip gescheut und bewusst Rechtsprechung und Rechtswissenschaft überlassen.180 Ein weiterer Grund hierfür liegt möglicherweise auch darin, dass man die Relevanz der causaProblematik schon damals mehr auf theoretisch-akademischer denn auf praktischökonomischer Ebene einstufte und daher in der Beibehaltung beider Prinzipien in den Digesten keine Gefahr für die Sicherheit des Rechtsverkehrs erblickte. Gelegentlich wird zugunsten einer abstrakten Auffassung Justinians auch ein Scholion181 des Nikaios zitiert.182 Im Gegensatz zu Theophilos wirkte dieser jedoch erst im 11./12. Jh. n. Chr.; der Schluss von Nikaios auf Justinian beruht damit auf der unwahrscheinlichen Prämisse, dass die Rechtsanschauungen der Byzantiner über ein halbes Jahrtausend hinweg unverändert geblieben seien.

F. Resümee zu § 2 – Formulierung einer Hypothese zur iusta causa traditionis Es hat sich gezeigt, dass den gewöhnlich zugunsten des Kausalprinzips zitierten Stellen (Paul. D. 41.1.31 pr.; Ulp. Epit. 19.7; Gai. 2.20) keine eindeutige Aussage zu entnehmen ist. Demgegenüber betont Gaius in D. 41.1.9.3183 den Übereignungswillen als Traditionsvoraussetzung. Gai. 2.20 stellt hierzu keinen Widerspruch, sondern eine Ergänzung dar: Selbstverständlich ist die Übereignung in der Rechtswirklichkeit niemals Selbstzweck, sondern stets Mittel zur Verwirklichung dahinter stehender – meist wirtschaftlicher – Zwecke; die traditio erfolgt sive ex venditionis causa sive ex donationis sive quavis alia ex causa. Aus diesen Zwecken ist überhaupt erst zu ersehen, dass mit der traditio das Eigentum übertragen werden soll. In der Angabe des Zwecks einer Handlung besteht denn

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Dies gegen Cannata, in: Incontro Pugliese (1992), 75 f. Ähnlich bereits Jakobs, SZ 119 (2002), 320 f. Schol. 4 ad Bas. 23.1.18, BS 1539/26–1540/8. Ehrhardt, Iusta causa traditionis (1930), 12; Betti, Studi Bonfante I (1930), 305 ff.; Fuchs, Iusta causa traditionis (1952), 22 ff. 183 Ebenso in fr. 9.7: Hoc amplius interdum et in incertam personam collocata voluntas domini transfert rei proprietatem: ut ecce qui missilia iactat in vulgus, ignorat enim, quid eorum quisque excepturus sit, et tamen quia vult quod quisque exceperit eius esse, statim eum dominum efficit. 180

§ 2. Ausgangspunkte in den Quellen

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auch eine der vielen Bedeutungen184 des Begriffs causa.185 Daneben verwendeten die römischen Juristen causa insbesondere186 auch im Sinne eines Rechtfertigungsgrundes der Vermögensverschiebung, welcher sich zumeist187 in einem Rechtsverhältnis manifestiert.188 Klar sichtbar wird diese Unterscheidung zwischen rechtfertigendem Rechtsverhältnis und definierender Zweckvereinbarung nur bei deren zeitlichem Auseinanderfallen, so etwa im Falle der traditio solvendi causa189 oder der dotis datio ante nuptias.190 Beide Übereignungsakte bestehen unabhängig von der Wirksamkeit bzw. dem Zustandekommen des Rechtsverhält-

184

In der römischen Rechtssprache existiert kaum ein Begriff mit einer derartigen Bedeutungsvielfalt, wie sie für causa zu beobachten ist. Ausführlich hierzu Georgescu, in: Études de philologie juridique et de droit romain I (1940), 127 ff.; Bei Heumann/ Seckel, 59 ff., sind die folgenden Bedeutungen aufgeführt: Grund, Ursache, Motiv, Rechtsgrund, Zweck, Angelegenheit, Geschäft, Zustand, Lage, die ganze juristische Beschaffenheit eines Rechtsobjekts, die damit verbundenen Lasten und Vorteile, Wesen, Inhalt, Bedeutung, Begriff, Fall, Art, Unterart, Punkt, Bestimmung. Angesichts dessen schreibt Pflüger, Zur Lehre vom Erwerbe des Eigentums (1937), 112: „Causa ist ein Wort, das alles und jedes bedeuten kann, was man nicht näher bezeichnen kann oder will.“ 185 So auch überall, wo causa auf einen Genitiv (meist als Gerundium) folgt; vgl. nur für solvendi causa: Jul. D. 12.1.19.1 (solvendi causa dederit); Jul. D.  13.6.13.2 (veluti cum per errorem indebitum solvendi causa datur); Gai. D. 16.1.5 (pecuniam solvendi causa numeret); Gai. 3.174 (veluti solvendi causa); Paul. D. 6.2.4 (vel solvendi causa). 186 Daneben bezeichnet causa hin und wieder das bloße Motiv, welches die Partei(en) zum Eingehen des der traditio zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts bewegte: Inst. 2.20.31; Gai. D. 19.2.25.1; Ulp. D. 35.1.12; Gai. D. 35.1.17.2; Pap. D. 35.1.72.6; Ulp. D. 39.5.3; vgl. zu dieser Verwendung von causa: Huschke, AcP 62 (1879), 324 f.; Georgescu, in: Études de philologie juridique et de droit romain I (1940), 144 ff.; Benedek, AJ IV (1962), 156 ff. 187 Bei der datio ob rem besteht der Rechtfertigungsgrund in der Verwirklichung des intendierten Zwecks. Letztlich ist dies jedoch die abstrakte Formulierung für sämtliche Rechtfertigungsgründe: Bei der dotis datio ante nuptias verwirklicht sich der Hingabezweck nur, wenn die Ehe geschlossen wird; bei der traditio solvendi causa ist die Verwirklichung des Erfüllungszwecks abhängig vom Bestehen der Obligation; ebenso verhält es sich bei allen traditiones, durch die ein kausales Rechtsverhältnis vollzogen werden soll: Ohne Wirksamkeit des Rechtsverhältnisses kann der Zweck nicht erreicht werden. Vgl. zur causa i.R.d. datio ob rem Ulp. D. 2.14.7.2 und 4. 188 Jav. D. 12.4.10; Pomp. D. 12.6.52; Marc. D. 25.2.25; Pomp. D. 41.10.3; sowie sämtliche Verwendungen von causa im Titel D. 12.7 (de condictio sine causa). 189 Hier besteht das rechtfertigende Rechtsverhältnis in der zu erfüllenden Obligation, die Zweckvereinbarung hingegen im Solutionskonsens bei Übergabe. 190 Hier besteht das rechtfertigende Rechtsverhältnis in der Ehe, die Zweckvereinbarung hingegen in der Dotalabrede bei Übergabe.

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Erster Teil: iusta causa traditionis

nisses, auf welches sie sich beziehen (obligatio, nuptiae).191 Stellt sich jedoch das Scheitern desselben heraus, wird der weitere Verbleib des Geleisteten im Empfängervermögen als ungerechtfertigt angesehen und zur Rückforderung die condictio und nicht etwa die rei vindicatio gewährt. Die klassische condictio hat aber grundsätzlich eine datio, d.h. ein accipientis facere, zum Erfordernis.192 Der Erfolg des Übereignungsaktes ergibt sich mithin unabhängig von der Rechtfertigung desselben.193 Gleiches ist, wenn auch weniger offensichtlich, bei Bargeschäften zu beobachten, deren Scheitern in einem anderen Punkt als dem des consensus begründet ist.194 Wenn die traditio folglich einerseits unabhängig ist von dem ihr zugrunde liegenden kausalen Rechtsverhältnis, andererseits aber ex iusta causa vorgenommen sein muss,195 so kann das übereignungserhebliche Kausalelement nur in der die traditio begleitenden Zweckvereinbarung bestehen. Die Parteien müssen sich demnach lediglich einig darüber sein, solvendi, donandi, credendi, vendendi etc. causa zu tradieren. Ohne diese Zweckvereinbarung läge eine nuda traditio vor, welcher nicht anzusehen wäre, ob sie die detentio, die possessio oder das dominium übertragen solle. Vor diesem Hintergrund eröffnet sich die Brisanz der Antinomie, welche nämlich in der Frage besteht, ob das Eigentum auch dann übergehen soll, wenn der traditio zwar keine Zweckvereinbarung zugrunde liegt, sie aber dennoch durch den Abgleich der beiden divergierenden Leistungszwecke als Übereignungsakt definiert werden kann. Jul. D. 41.1.36 und Ulp. D. 12.1.18 pr. gehören nicht zuletzt deshalb zu den meist diskutierten Stellen aus den Digesten, weil darüber hinaus keine Fälle zur Kausalbindung der traditio überliefert sind.196 Der Fall dieser Antinomie jedoch wirkt eher wie ein

191

Vgl. für die traditio solvendi causa den gesamten Titel D. 12.6 (de condictione indebiti) und für die dotis datio ante nuptias Jul. D. 12.4.7.1; D. 46.3.34.6; Ner. D. 12.4.8; Pap. D. 12.7.5 pr., 1; Call. D. 23.3.8; Ulp. D. 12.4.6; D. 23.1.10; D. 23.3.7.3; D. 23.3.9 pr., 1; D. 42.5.17.1; Paul. D. 22.1.38.1; Herm. D. 23.3.74. 192 s. u. Zweiter Teil, § 2. B. I. 193 Gleiches wird deutlich im Falle der Übereignung wegen einer Schadenstat: Ulp. D. 6.2.5: Vel ex causa noxae deditionis, sive vera causa sit sive falsa. Im ersten Halbsatz steht causa für den Zweck, der die Übergabe näher definiert, sie nämlich zur noxae deditio macht. Im zweiten Halbsatz hingegen bezieht sich causa auf die Schadenstat selbst. Ihr Vorliegen würde die mittels noxae deditio vorgenommene Vermögensverschiebung rechtfertigen, doch kommt es darauf offensichtlich nicht an: sive vera causa sit sive falsa. Für den Übereignungserfolg ist mithin auch hier nur die Vereinbarung über einen tauglichen Leistungszweck erforderlich. 194 Vgl. etwa Pomp. D. 18.1.16 pr.; Paul. D. 18.1.23 (i.V.m. Ulp. D. 18.1.22); Jul. D. 18.1.41.1; Paul. D. 18.1.57 pr. 195 Ulp. Epit. 19.7; Gai. 2.20; Ulp. D. 6.2.1 pr.; Ulp. D. 6.2.3.1; Paul. D. 41.1.31 pr. 196 Ulp. Epit. 19.7; Gai. 2.20; Gai. D. 41.1.9.3 und Paul. D. 41.1.31 pr. sind ohne konkreten Fallbezug formuliert.

§ 2. Ausgangspunkte in den Quellen

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konstruierter Schulfall denn wie ein Fall aus der forensischen Praxis.197 Mangelte es aber in der Praxis an solchen Fällen, können die Anforderungen an das kausale Element der traditio nicht sonderlich hoch gewesen sein. Hätte die traditio generell ein wirksames negotium zur Voraussetzung gehabt, wären aufgrund des damit einhergehenden Konfliktpotenzials zahlreiche Fälle zu dieser Frage vor Gericht gekommen und zumindest einige davon überliefert. Insbesondere wären solche Fälle bei der Behandlung der rei vindicatio zu erwarten; doch auch dort198 ist von einem Scheitern des Eigentumserwerbs aufgrund eines Mangels in der causa nicht die Rede.199 Auch diese Beobachtungen stützen die Annahme, dass die Eigentumsübertragung durch traditio nur von einem definierenden, nicht aber von einem rechtfertigenden Element abhängig war, dass mithin iusta causa traditionis nichts weiter bedeutet als: geeigneter Grund, die traditio als Übereignungsakt zu definieren. Es ist dies ein Grundsatz, der – bedingt durch die fallrechtliche Methode der römischen Rechtsfindung – nicht in eine abstrakt generelle Norm gegossen wurde und der ferner aufgrund der verschiedenen Verwendungen des Begriffs causa in den Quellen nicht immer klar zutage tritt. Er wird jedoch insbesondere sichtbar in der Kasuistik zur klassischen condictio, welche eine Trennung des Erfolgs und der Rechtfertigung der Übereignung voraussetzt: Auch wenn die Leistung sittenwidrig200 oder ungeschuldet201 war, sollte zunächst einmal das Eigentum übergehen, um ein Auseinanderfallen von tatsächlicher und rechtlicher Sachherrschaft zu verhindern und damit den durch Dritterwerber repräsentierten Rechtsverkehr zu schützen. Nicht zuletzt auf dieser Verlagerung der Rechtfertigungsfrage in das Kondiktionenrecht basiert auch das Regelungssystem der Ver197

van Oven, TR 20 (1952), 447; Gordon, in: New Perspectives in the Roman Law of Property (1989), 127 ff.; Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 55. 198 D. 6.1; C. 3.32. 199 Dies gilt auch für Diocl./Max. C. 3.32.24: Nullo iusto titulo praecedente possidentes ratio iuris quaerere prohibet dominium. Idcirco cum etiam usucapio cesset, intentio dominii non absumitur: unde hoc casu postliminio reverso citra beneficium actionis rescissoriae directa permanet integra vindicatio. Wie das Beispiel des Heimkehrers zeigt, ist die vorangestellte Regel auf Fälle der Inbesitznahme fremder Sachen ohne Wissen und Wollen des Eigentümers bezogen. Nullo iusto titulo praecedente bedeutet das Fehlen einer traditio (ex iusta causa). 200 Dies ergibt sich aus den in D. 12.5 und C. 4.7 überlieferten Fällen. Das Versagen der condictio im Falle der turpitudo dantis bzw. utriusque resultiert aus der mangelnden Schutzwürdigkeit des Klägers und nicht – wie Benedek, AJ IV (1962), 159, meint – aus einem Scheitern der iusta causa traditionis. Scheiterte hier nämlich die iusta causa traditionis, wäre ihr Gelingen im Falle der turpitudo accipientis nicht zu erklären: Warum sollte der Rechtsverlust des Tradenten ausgerechnet dann statthaben, wenn nicht er, sondern der Empfänger sittenwidrig handelt? 201 Über die in D. 12.6 und C. 4.5 überlieferten Fälle hinaus vgl. Gai. 3.91; Paul. D. 3.5.22; Gai. 4.4.25 pr.; Ulp. D. 15.3.3.1; Pap. D. 46.3.94.3.

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mögensverschiebung nach dem BGB. Anders als dort (vgl. § 929202) findet sich in den römischen Quellen die Figur der dinglichen Einigung nicht explizit ausgesprochen. Am nächsten stehen dieser Idee mit Gaius (D. 41.1.9.3, 7) und Julian (D. 41.1.36) zwei Juristen aus der sabinianischen Schultradition, was – wie sich im Laufe der Untersuchung noch ergeben wird – kein Zufall ist.203

§ 3. D ogmengeschichtliche Entwicklung der causa -L ehre A. Die Glossatoren (ca. 1100–1250 n. Chr.) I. Der Causa-Begriff der Glossatoren und das Problem der condictio indebiti204 Der Beginn der abendländischen Romanistik wird auf die Gründung der Rechtsschule von Bologna um 1100 n. Chr. durch Irnerius datiert. Die Arbeitsweise der Glossatoren ist durch eine starke Autoritätsgläubigkeit hinsichtlich des Corpus Iuris gekennzeichnet. Widersprüchliche Stellen wurden harmonisiert, indem man ihnen verschiedene Sachverhalte zugrunde legte. So geschah es auch bei der oben dargestellten Antinomie (Jul. D. 41.1.36 / Ulp. D. 12.1.18), obschon Ulpian seine Erörterungen explizit an den Julian-Fall anknüpft. Die Distinktion fiel bei den meisten Gelehrten dieser Epoche folgendermaßen aus: Ulpian habe bei seinem Szenario Bargeschäfte im Sinn gehabt, also eine Handschenkung bzw. eine Darlehensauszahlung. Julian hingegen sei davon ausgegangen, dass bereits eine zuvor begründete Schuld bestanden habe, also ein in Stipulationsform gekleidetes Schenkungsversprechen bzw. eine Rückzahlungsverpflichtung205 aus Darlehen. Damit ist die traditio im Julian-Fall nicht mehr „nackt“ i.S.v. Paul. D. 41.1.31 pr. und das Eigentum kann übergehen. Diese Gedanken finden sich ausdrücklich etwa bei 202

„Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll. Ist der Erwerber im Besitz der Sache, so genügt die Einigung über den Übergang des Eigentums.“ 203 S. u. Vierter Teil, § 1. C. VI., dort insb. Anm. 153. 204 Vgl. zur causa im Kondiktionen- und Vertragsrecht des Mittelalters Söllner, SZ 77 (1960). 205 Dass es in der Tat um die Rückzahlungsverpflichtung und nicht etwa um eine stipulierte Auszahlungsverpflichtung (was nach dem Wortlaut der Stelle eigentlich näher liegt) gehen soll, macht Accursius in seiner Glosse Dissentiamus zu D. 41.1.36 deutlich: Solutio: hic debebam tibi decem ex causa mutui: sed non recolens, decem tibi tradidi ex causa donationis: tu tamen ut debitum recepisti et sic putabas tibi numeratam: sed in l. contraria non eram debitor. Hic ergo in causam debiti assumemus …

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mögensverschiebung nach dem BGB. Anders als dort (vgl. § 929202) findet sich in den römischen Quellen die Figur der dinglichen Einigung nicht explizit ausgesprochen. Am nächsten stehen dieser Idee mit Gaius (D. 41.1.9.3, 7) und Julian (D. 41.1.36) zwei Juristen aus der sabinianischen Schultradition, was – wie sich im Laufe der Untersuchung noch ergeben wird – kein Zufall ist.203

§ 3. D ogmengeschichtliche Entwicklung der causa -L ehre A. Die Glossatoren (ca. 1100–1250 n. Chr.) I. Der Causa-Begriff der Glossatoren und das Problem der condictio indebiti204 Der Beginn der abendländischen Romanistik wird auf die Gründung der Rechtsschule von Bologna um 1100 n. Chr. durch Irnerius datiert. Die Arbeitsweise der Glossatoren ist durch eine starke Autoritätsgläubigkeit hinsichtlich des Corpus Iuris gekennzeichnet. Widersprüchliche Stellen wurden harmonisiert, indem man ihnen verschiedene Sachverhalte zugrunde legte. So geschah es auch bei der oben dargestellten Antinomie (Jul. D. 41.1.36 / Ulp. D. 12.1.18), obschon Ulpian seine Erörterungen explizit an den Julian-Fall anknüpft. Die Distinktion fiel bei den meisten Gelehrten dieser Epoche folgendermaßen aus: Ulpian habe bei seinem Szenario Bargeschäfte im Sinn gehabt, also eine Handschenkung bzw. eine Darlehensauszahlung. Julian hingegen sei davon ausgegangen, dass bereits eine zuvor begründete Schuld bestanden habe, also ein in Stipulationsform gekleidetes Schenkungsversprechen bzw. eine Rückzahlungsverpflichtung205 aus Darlehen. Damit ist die traditio im Julian-Fall nicht mehr „nackt“ i.S.v. Paul. D. 41.1.31 pr. und das Eigentum kann übergehen. Diese Gedanken finden sich ausdrücklich etwa bei 202

„Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll. Ist der Erwerber im Besitz der Sache, so genügt die Einigung über den Übergang des Eigentums.“ 203 S. u. Vierter Teil, § 1. C. VI., dort insb. Anm. 153. 204 Vgl. zur causa im Kondiktionen- und Vertragsrecht des Mittelalters Söllner, SZ 77 (1960). 205 Dass es in der Tat um die Rückzahlungsverpflichtung und nicht etwa um eine stipulierte Auszahlungsverpflichtung (was nach dem Wortlaut der Stelle eigentlich näher liegt) gehen soll, macht Accursius in seiner Glosse Dissentiamus zu D. 41.1.36 deutlich: Solutio: hic debebam tibi decem ex causa mutui: sed non recolens, decem tibi tradidi ex causa donationis: tu tamen ut debitum recepisti et sic putabas tibi numeratam: sed in l. contraria non eram debitor. Hic ergo in causam debiti assumemus …

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Vacarius, Glosse zu D. 12.1.18: Hic nulla precesserat causa quare mihi deberetur, nec ergo quare dominium transferretur, cum nuda traditio dominium non transferat. Infra206 precessit causa, et ideo translatum est dominium.

Ebenso bei Accursius, Glosse Dissentiamus zu D. 41.1.36: Alii dicunt, quod hic primo ex causa donationis tibi decem promiseram et postea ex ea causa solvo, sed tu quasi mutuum accipis, unde in graviorem cedit,207 ut liberer a promissione. Sed in l. contraria non promiseram, sed a donatione volebam incipere donationem …

Die iusta causa traditionis lag ihrer Meinung nach offenbar im vorausgehenden wirtschaftlichen Grundgeschäft, d.h. in der zugrunde liegenden Obligation. Lag eine solche vor, war der Eigentumsübergang gerechtfertigt. Wie aber erklärt sich vor dem Hintergrund dieser Prämisse die Existenz der condictio indebiti, welche gerade einen Eigentumsübergang ohne zugrunde liegende Obligation voraussetzt? Konnte in den Fällen der Zahlung einer Nichtschuld das Eigentum ohne iusta causa übergehen? Diese Annahme lag zwar nahe, verbat sich aber aufgrund von Paul. D. 41.1.31 pr., wonach „niemals“ ohne vorhergehende causa Eigentum übertragen werden konnte. Innerhalb der Glossatorenschule entwickelten sich nun verschiedene Ansätze, diesen Widerspruch als einen nur scheinbaren zu enttarnen. II. Die Lehre von der causa putativa Stark vertreten war die Ansicht, die Obligation müsse nicht wirklich, sondern nur in der Vorstellung der Parteien vorliegen. Die Möglichkeit des Eigentumserwerbs aufgrund einer solchen causa putativa wird deutlich ausgesprochen bei Accursius, Glosse iusta causa zu D. 41.1.31: Vera vel putativa; alioquin si dicas ex putativa non transferri dominium, totus titulus de condictione indebiti obstaret, qui titulus habet locum quando transfertur dominium alicuius rei ex putativa causa.208 206

Jul. D. 41.1.36. Vgl. Ulp. D. 46.3.5 pr.: In his vero, quae praesenti die debentur, constat, quotiens indistincte quid solvitur, in graviorem causam videri solutum … 208 Vgl. auch Vacarius, Glosse zu D. 41.1.23.1: Numquam nuda traditio transfert dominium, ut D.e. (i.e. D. 41.1.31), ubi nulla est causa, nec creditur, nec voluntas, ut in commodato et donatione. Das nec creditur macht deutlich, dass Vacarius auch eine causa putativa hinreichen ließ; Accursius, Glosse locum habere zu Ulp. D. 4.3.7 pr.: Item nonne rei vindicatio locum habet cum dolus dedit causam contractui? Respondeo non. Quia ex inutile contractu transit dominium. 207

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Damit verlagert sich der Anknüpfungspunkt zur Rechtfertigung des Eigentumsübergangs weg vom Grundgeschäft hin zum Zeitpunkt der Übergabe. Hier müssen die Parteien einen kausalen Konsens finden, welcher die Eigentumsübertragung mit einem (wenn auch nur vermeintlichen) Grundgeschäft verknüpft. Dieser consensus in causa wird nun zum konstitutiven Willenselement der Eigentumsübertragung und tritt als solches an die Stelle des Grundgeschäfts. Die Konsequenz, den consensus in causa – zumindest in diesen Fällen – als iusta causa traditionis zu bezeichnen, wollten die Glossatoren jedoch nicht ziehen; wohl in Anlehnung an die einschlägigen Quellen,209 welche als Beispiele auch nur die klassischen Grundgeschäfte anführen. Damit aber verliert der Begriff der iusta causa jegliche Relevanz innerhalb der dogmatischen Struktur der traditio und verblasst zur inhaltslosen Terminologie. Entscheidend ist nicht die iusta causa traditionis, sondern allein der consensus in causa. III. Die causa solvendi bei den Glossatoren? Von umso stärkerem Interesse innerhalb der Putativtitellehre ist demgegenüber die Beschaffenheit des consensus in causa, und zwar insbesondere dort, wo zur Erfüllung einer auf Eigentumsverschaffung gerichteten Schuld geleistet wurde. Erfolgt die Leistung unter beiderseitiger Bezugnahme auf ein solches Verpflichtungsgeschäft, liegt in jenem consensus in causa zugleich ein Solutionskonsens. Es wäre jedoch verfehlt, aus dieser Tatsache ableiten zu wollen, die Vertreter der Lehre vom Putativtitel hätten die causa solvendi bereits als eigenständige iusta causa traditionis anerkannt.210 Es genügte für sie grundsätzlich nicht die abstrakte Einigung über den Erfüllungscharakter der Leistung; vielmehr verlangten sie einen Konsens über die konkrete Obligation (z.B. stipulatio oder legatum per damnationem), auf welche geleistet wurde. Im gesamten Corpus Iuris wird die causa solvendi ferner nirgends als iusta causa traditionis bezeichnet, was für die Glossatoren bereits Grund genug war, sie nicht als solche anzuerkennen. Dagegen findet sich bei der Aufzählung der Ersitzungstitel ausdrücklich die causa solvendi.211 Ob man die Ersitzungstitel mit den iustae causae traditionis gleichsetzen kann, ist bis heute umstritten.212 Wer dafür eintritt, erkennt damit – zumindest für Paulus und Hermogenian – automatisch die solutio als iusta causa traditionis an. So scheint es Azo in seiner Summa Cod. 7.26.8213 gehalten zu haben: 209

Gai. 2.20; Inst. 2.1.41; Paul. D. 41.1.31 pr. So aber Fuchs, iusta causa traditionis (1952), 42 f. Er geht davon aus, dass „die Glosse“ in der Solutionseinigung eine hinreichende iusta causa traditionis erblickt habe. 211 Herm. D. 41.3.46; Paul. D. 41.3.48. 212 Dazu s.u. Zweiter Teil, § 3. 213 Summa Azonis super Cod. et Inst. (Venetiis 1498), 181. 210

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Item exigitur in usucapione titulus … Titulum autem accipe omnem, quo solet acquiri dominium, ut pro soluto, pro emptore, pro transacto … Et idem ex quacumque causa acquiri dominium, si fiat traditio a domino; nam si fiat a non domino, paratur iusta causa usucapiendi …

Ihm zufolge sind sämtliche Ersitzungstitel auch taugliche Traditionstitel, insbesondere auch der titulus pro soluto. Dass damit ausnahmsweise kein typisches Grundgeschäft, sondern ein Willensmoment im Zeitpunkt der Übergabe zur iusta causa traditionis erhoben wurde, empfand er offenbar nicht als störend. Damit legt er jenes unsystematische Fallgruppendenken an den Tag, welches geradezu kennzeichnend ist für die Methode der Glossatoren. Mag Azo die causa solvendi an dieser Stelle auch als iusta causa traditionis anerkannt haben, so zog er jedenfalls nicht die Konsequenz, mit ihr das Paradoxon der condictio indebiti zu erklären und ihr eine zentrale Rolle im Traditionssystem einzuräumen. IV. Anfänge der Idee einer dinglichen Einigung Deutlich abgeschwächt findet sich der Kausalbezug an anderer Stelle bei Vacarius. Während er bei der Glossierung von Ulp. D. 12.1.18 den Eigentumsübergang bei Julian (D. 41.1.36) auf ein vorheriges Grundgeschäft stützt (s.o.), wird in seiner Glosse zu D. 41.1.36 deutlich, dass er für mindestens ebenso wichtig die Willensübereinstimmung der Parteien im Zeitpunkt der Übergabe hält. Ferner wird deutlich, dass dieser consensus keinen konkreten Kausalbezug aufweisen muss: Vacarius, Glosse zu D. 41.1.36 Solutio: qui ex testamento se tibi obligatum putans fundum tradit, non de contractu ineundo cogitat, sed de dominio ex causa transferendo. Cum igitur et tu accipiendo fundum in idem consentias, licet ex alia causa, puta ex stipulatione, non debet esse traditio inefficax. Idem intelligas in donandi causa, ut non de causa donationis ineunda sit cogitatum, sed quasi precedente donationis causa sit pecunia numerate. Supra vero (id est in lege contraria) alter de donatione ipsa principaliter cogitabat, alter de ipsa mutui datione, ut sic in nullo reperiatur consensus.

Vacarius kommentiert hier Julians Lösungen der beiden Fälle in D. 41.1.36 und vollzieht zum Schluss die Distinktion zu Ulp. D. 12.1.18. Im ersten Julianfall gehe das Eigentum am Grundstück über, weil die Parteien bei Übergabe nicht im Sinn gehabt hätten, einen Vertrag einzugehen, sondern Eigentum ex causa zu übertragen. Da sie sich über die causa gerade nicht einig sind, kann Vacarius die Formulierung ex causa nicht im Sinne eines consensus in causa gemeint haben, sondern nur im Sinne einer dinglichen Einigung, welche auf „irgendeinem“ Rechtsgrund beruht. Wenn die Einigung aber auf den Eigentumsübergang gerichtet sein soll, so muss dies zwingend auch auf die jeweilige, von den Parteien ins Auge gefasste

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Obligation zutreffen. Den Konsens könnte man dann ebenso gut als abstrakten Solutionskonsens definieren, wie er von der herrschenden Auffassung in der heutigen Romanistik als iusta causa traditionis anerkannt wird. Die Überleitung zum zweiten Fall mit Idem intelligas macht deutlich, dass Vacarius dieselbe Begründung auch auf diesen übertragen will. Hier finden wir in der Formulierung quasi precedente donationis causa sit pecunia numerate, welche den Erfüllungswillen hervorhebt; ein weiteres Indiz dafür, dass Vacarius den Eigentumsübergang mit der Einigung über den Erfüllungscharakter der Leistung rechtfertigt. Damit fänden wir hier bereits ein Modell zur Kompensation eines fehlenden consensus in causa (remota), wie wir es später noch bei den Kommentatoren kennenlernen werden. Charakteristisch für die Glossatorenzeit ist bei Vacarius jedenfalls, dass für ihn der Parteiwille die zentrale Rolle bei der Distinktion der Antinomie spielt. Bei Julian wollen nach Vacarius beide Parteien den Eigentumsübergang aufgrund gleich welcher causa. Bei Ulpian wollen die Parteien hingegen den Eigentumsübergang nur aufgrund einer konkreten causa; sie haben ihn sozusagen bedungen mit einem consensus in causa. Damit ist nicht gesagt, dass Vacarius in allen Fällen, in denen obligatorisches Grundgeschäft und traditio zeitlich auseinander fallen, eine dingliche Einigung ex aliqua causa bzw. einen Solutionskonsens genügen lässt; für eine solch systematische Aussage argumentiert er zu nahe am Fall. Entscheidend ist, dass er dies zur Rechtfertigung des Eigentumsübergangs für möglich hält und als maßgebliches Kriterium hierfür den Parteiwillen bestimmt.214 Die Idee des animus dominii transferendi et accipiendi wird hier bereits greifbar. Ähnlich äußert sich auch Martinus Gosia, Glosse zu D. 41.1.36: Vel hic voluit dominium transferri omnino quacumque causa obligationis, sive ea qua putavit sive alia.

Wie Vacarius fordert er lediglich, dass das Eigentum nicht völlig ohne Grund übertragen werden soll; welcher Grund der Leistung jedoch genau zugrunde liegt, ist gleichgültig. V. Der animus dominii transferendi Den endgültigen Schritt zur abstrakten Tradition vollziehen diejenigen Glossatoren, die zur Rechtfertigung des Eigentumsübergangs ausschließlich auf den eben darauf gerichteten Willen des Eigentümers, den animus dominii transferendi, 214

Ähnlich wird auch in der Glossa ordinaria die Verneinung des Eigentumsübergangs bei Ulpian erklärt, vgl. Glosse non fieri zu D. 12.1.18: Solutio: hic erat certa causa, ex qua sola volebat dominium transferre, scilicet donatio, nec ex alia causa volebat rem ad alium pertinere; ibi etiam aliter volebat fieri rem accipientis.

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abstellen. So etwa Rogerius in seiner Glosse propter quam traditio sequeretur zu Paul. D. 41.1.31 pr.:215 Hoc ideo dicit, quoad eum, qui tradidit dominium transferre volisse facilius probari possit, non autem ideo quod dominium non transferatur quandoque, quamquam tradendi causa iusta non precesserit, veluti si te obligatum putans indebitum solveris.

Für eine erfolgreiche traditio, so erklärt er, sei keine iusta causa erforderlich: Die Forderung der iusta causa in den Quellen bedeute lediglich, dass durch sie der Übereignungswille des Eigentümers leichter beweisbar sei. Als Paradebeispiel führt er die Zahlung einer Nichtschuld an, welche das Eigentum am gezahlten Geld übergehen lässt und zur condictio indebiti führt. Damit nennt er eben die Fallgruppe, für welche heute die Solutionseinigung als iusta causa traditionis angesehen wird. Wenn Rogerius nun sagt, hier sei ohne iusta causa Eigentum übergegangen, zeigt dies, wie weit er von dieser Idee entfernt ist. Ein Willenselement mit Kausalbezug ist nach Rogerius auch im Zeitpunkt der Übergabe nicht erforderlich, ebenso wenig wie eine Einigung, gleich welcher Art. Der auf Eigentumsübertragung gerichtete Wille des Eigentümers wird zum einzig entscheidenden Element. VI. Zusammenfassung Das Anliegen der Glossatoren bestand weniger darin, das klassische Traditionssystem zu rekonstruieren, als vielmehr, die einzelnen Stellen im Corpus Iuris so zu interpretieren, dass sie widerspruchsfrei nebeneinander stehen konnten. Sie stellten sich nicht die Frage, was den Römern der Begriff iusta causa traditionis bedeutete und wo dieselbe im Ablauf der traditio zu verorten sei, sondern waren lediglich darum bemüht, den Eigentumsübergang in bestimmten Stellen zu erklären, ohne einen Widerspruch zu anderen Stellen aufkommen zu lassen. So bereitete es ihnen keine Probleme, das konstitutive Element für den Eigentumsübergang einmal im Grundgeschäft, einmal in einem Willensmoment im Zeitpunkt der Übergabe zu sehen, je nachdem welche Stelle sie gerade bearbeiteten. Die Existenz der condictio indebiti erklärten sie mit der Figur der causa putativa oder mit dem abstrakten animus dominii transferendi. Nach beiden Meinungen liegt das entscheidende Willenselement im Zeitpunkt der Übergabe; nach der Lehre von der causa putativa ist hier jedoch ein Konsens mit Kausal215

Vgl. auch Rogerius, Enodationes quaestionum super Codice, herausgegeben von Kantorowicz, Studies in the glossators of the roman law (1938/1969), 289: Si enim quis, ut venderet, dolo fuerit inductus, licet ipso iure venditio non valeat, traditio tamen, que ex ea sequitur, dominium ad accipientem transfert.

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bezug erforderlich, während die Lehre vom animus dominii transferendi weder einen Konsens noch einen Kausalbezug verlangt. Dazwischen liegt die Idee des Vacarius von der dinglichen Einigung ex aliqua causa bzw. dem abstrakten Solutionskonsens, welche jedoch nur auf einen Einzelfall bezogen war und nicht verallgemeinert werden kann. Über den Grad der kausalen Verwurzelung der klassisch römischen traditio gingen die Meinungen der Gelehrten damit deutlich auseinander.

B. Die Kommentatoren (ca. 1250–1500 n. Chr.) I. causa remota – causa proxima Mit den Figuren der causa putativa und des animus dominii transferendi verlegten die Glossatoren zwar das entscheidende Willensmoment für die traditio auf den Zeitpunkt der Übergabe, bezeichneten aber weiterhin das Grundgeschäft als iusta causa. Damit war der unbefriedigende Zustand geschaffen, dass das, was man als iusta causa bezeichnete, für die Frage des Eigentumsübergangs belanglos war. Gerade in den Fällen der Zahlung einer Nichtschuld konnte das Eigentum auch ohne Grundgeschäft, d.h. ohne iusta causa, übergehen. Der Widerspruch zu D. 41.1.31 pr. ist unübersehbar. Er ist auch nicht zu überwinden, indem man einfach das Willensmoment im Zeitpunkt der Übergabe als iusta causa bezeichnet, denn D. 41.1.31 pr. selbst führt mit der venditio ein typisches obligatorisches Grundgeschäft als Beispiel an. Und ist nicht aus Sicht der Parteien das Grundgeschäft – ob nun wirksam oder nicht – Zweck und Motivationsgrund der Übereignung und trägt damit zu Recht die Bezeichnung iusta causa? Der einzige Ausweg aus dieser terminologischen Sackgasse bestand für die Gelehrten darin, sowohl das Grundgeschäft als auch das Willensmoment im Zeitpunkt der Übergabe als causa zu bezeichnen. Die Vorlage hierfür lieferte die aristotelische und – auf dieser aufbauend – die mittelalterliche Philosophie mit ihrer Unterscheidung zwischen einer mittelbaren und einer unmittelbaren Ursache, wobei der unmittelbaren Ursache die größere Bedeutung für den Eintritt der Folge zukomme.216 Schon die Glossatoren verwendeten das Begriffspaar causa remota – causa proxima, jedoch bedeutete bei ihnen Letztere nichts anderes als die körperliche Übergabe: Azo, Glosse zu D. 41.2.3.4 Responde proximam causam inspici, id est traditionem sive acquisitionem possessionis, non remotam sc. causam, ex qua fit traditio.

216

Vgl. die knappe Darstellung bei Hofmann, Die Lehre vom titulus (1873), 38.

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bezug erforderlich, während die Lehre vom animus dominii transferendi weder einen Konsens noch einen Kausalbezug verlangt. Dazwischen liegt die Idee des Vacarius von der dinglichen Einigung ex aliqua causa bzw. dem abstrakten Solutionskonsens, welche jedoch nur auf einen Einzelfall bezogen war und nicht verallgemeinert werden kann. Über den Grad der kausalen Verwurzelung der klassisch römischen traditio gingen die Meinungen der Gelehrten damit deutlich auseinander.

B. Die Kommentatoren (ca. 1250–1500 n. Chr.) I. causa remota – causa proxima Mit den Figuren der causa putativa und des animus dominii transferendi verlegten die Glossatoren zwar das entscheidende Willensmoment für die traditio auf den Zeitpunkt der Übergabe, bezeichneten aber weiterhin das Grundgeschäft als iusta causa. Damit war der unbefriedigende Zustand geschaffen, dass das, was man als iusta causa bezeichnete, für die Frage des Eigentumsübergangs belanglos war. Gerade in den Fällen der Zahlung einer Nichtschuld konnte das Eigentum auch ohne Grundgeschäft, d.h. ohne iusta causa, übergehen. Der Widerspruch zu D. 41.1.31 pr. ist unübersehbar. Er ist auch nicht zu überwinden, indem man einfach das Willensmoment im Zeitpunkt der Übergabe als iusta causa bezeichnet, denn D. 41.1.31 pr. selbst führt mit der venditio ein typisches obligatorisches Grundgeschäft als Beispiel an. Und ist nicht aus Sicht der Parteien das Grundgeschäft – ob nun wirksam oder nicht – Zweck und Motivationsgrund der Übereignung und trägt damit zu Recht die Bezeichnung iusta causa? Der einzige Ausweg aus dieser terminologischen Sackgasse bestand für die Gelehrten darin, sowohl das Grundgeschäft als auch das Willensmoment im Zeitpunkt der Übergabe als causa zu bezeichnen. Die Vorlage hierfür lieferte die aristotelische und – auf dieser aufbauend – die mittelalterliche Philosophie mit ihrer Unterscheidung zwischen einer mittelbaren und einer unmittelbaren Ursache, wobei der unmittelbaren Ursache die größere Bedeutung für den Eintritt der Folge zukomme.216 Schon die Glossatoren verwendeten das Begriffspaar causa remota – causa proxima, jedoch bedeutete bei ihnen Letztere nichts anderes als die körperliche Übergabe: Azo, Glosse zu D. 41.2.3.4 Responde proximam causam inspici, id est traditionem sive acquisitionem possessionis, non remotam sc. causam, ex qua fit traditio.

216

Vgl. die knappe Darstellung bei Hofmann, Die Lehre vom titulus (1873), 38.

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Im Laufe der Kommentatorenzeit217 bekam die causa proxima, welche auch als causa immediata bezeichnet wurde, schließlich eine gewandelte, materielle Bedeutung: Baldus zu D. 12.4.3.8218 Nota quod in translatione dominii requiritur consensus. Item requiritur causa ad dominium transferendum, causa vera vel putativa … et dicit Jacobus Butrigarius quod consensus est causa immediata translationis dominii, titulus vero seu causa est remota, et secundum eum requiritur etiam traditio. Tria ergo requiruntur realiter in translatione dominii, requiritur et quartum quod tradens sit dominus.

Jacobus Butrigarius (ca. 1274–1347 n. Chr.) – hier wiedergegeben von Baldus – definierte die causa immediata offenbar als Erster als consensus im Zeitpunkt der Übergabe. Damit stellt er – neben dem „titulus“ im Sinne eines Grundgeschäfts, der körperlichen Übergabe und der Eigentümerstellung des Veräußerers – eine vierte Wirksamkeitsvoraussetzung für die traditio auf. An anderer Stelle wird jedoch klar, dass es eigentlich doch bei drei Voraussetzungen bleibt, da die causa remota bei bestehender causa proxima nicht erforderlich sei: Baldus zu D. 4.3.7 pr.219 Item ex hoc nota, quod ex inutili contractu transfertur dominium … et est ratio, quia causa proxima translationis dominii est voluntas tradentis, ut infra de condic. ob causam l. 3 § subtilius, unde sufficit quod causa proxima sit vera, licet remota sit falsa, secundum Jacobum Butrigarium, quod est veritas.

Inhaltlich ist damit gegenüber der Ansicht der Glossatoren nicht viel gewonnen. Der entscheidende Unterschied liegt darin, dass nun das, was als konstitutives Element der traditio angesehen wurde, auch als causa bezeichnet wurde. Die causa proxima wird zur eigentlichen iusta causa traditionis. Nun stellt sich natürlich die Frage, was genau die Kommentatoren sich unter dem Begriff causa proxima vorstellten. Jacobus Butrigarius spricht in der ersten zitierten Stelle schlicht von einem consensus, in der zweiten von der voluntas tradentis. Auf was sich die Willensübereinstimmung der Parteien bzw. der Wille des Veräußerers beziehen muss, bleibt unklar. Baldus bezieht bei seiner Kommentierung von C. 4.50.6 eine zwiespältige Position: (…) dominium autem potest transferri ex contractu putativo, nam proprie loquendo non transfertur ex contractu, sed ex consensu propter contractum: ita quod causa immediata, id est consensus in translatione dominii, est sufficiens ad do Bartolus hielt laut Hofmann, Die Lehre vom titulus (1873), 38, noch an Azos Definition fest. 218 Baldus, Comm. Omnia II (Venedig 1599), 56. 219 Baldus, Comm. Omnia I (Venedig 1599), 220. 217

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minium transferendum, non obstat, quod causa remota ipsius dominii sit invalida vel nulla.220

Einerseits beruhe also die Eigentumsübertragung nicht auf dem zugrunde liegenden Vertrag, sondern auf dem Konsens wegen des Vertrags (bei Übergabe). Andererseits sei die causa immediata, welche in der dinglichen Einigung liege, für den Eigentumsübergang ausreichend. Wenn sich beide Aussagen nicht widersprechen sollen, gibt es nur eine Möglichkeit, Baldus zu verstehen: Causa immediata bedeutet für ihn sowohl consensus propter contractum als auch consensus in translatione dominii. Es handelt sich um ein und denselben Konsens, welcher sowohl auf das Grundgeschäft als auch auf den Eigentumsübergang gerichtet ist.221 Darin liegt kein Widerspruch: Erfolgt die Leistung einvernehmlich aufgrund eines auf Eigentumsübertragung gerichteten Vertrags, ist darin notwendig eine Einigung über den Eigentumsübergang enthalten. Das gleiche Bild liefert Baldus’ Kommentierung von C. 2.4.19. Dort behandelt er die Frage, welche Rechtsfolgen es nach sich zieht, wenn ein auf Eigentumsübertragung gerichteter Vertrag aufgrund von Arglist nichtig ist und dennoch die Sache übergeben wurde:222 (…) sed quando ratio ordinatur ad impediendam obligationem, et non dominium impediendum, ibi impeditur obligatio, sed non dominium … nam obligatio non potest esse sine vero et efficaci contractu, sed dominium potest transferri ex causa putativa: unde non requirit efficaciam precedentis contractus. Fundatur enim solum in quadam sua immediata causa, scilicet in consensus transferendi dominii, et non in robore contractus.

Als causa immediata wird ausdrücklich und ausschließlich der consensus transferendi dominii bezeichnet. Der Schwerpunkt der erforderlichen Willensübereinstimmung scheint demnach auf der dinglichen Ebene zu liegen. Die Wendung sed dominium potest transferri ex causa putativa macht allerdings deutlich, dass die Parteien immerhin eine iusta causa im Sinn haben müssen, auch wenn dieselbe nicht besteht bzw. unwirksam ist.

220

Baldus, Comm. Omnia VI (Venedig 1599), 126. Kupisch, Ungerechtfertigte Bereicherung (1987), 3452; Cannata, in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà (1997), 33 und Schrage, FS Nörr (2003), 941 f., weisen in diesem Zusammenhang auf die zentrale Rolle der dinglichen Einigung für den Eigentumsübergang hin und stellen Baldus daher in eine Reihe mit Donellus und Savigny. 222 Baldus, Comm. Omnia V (Venedig 1599), 123. 221

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II. Die causa solvendi bei den Kommentatoren Da sich für Baldus das entscheidende Element zur Rechtfertigung des Eigentumsübergangs im Zeitpunkt der Übergabe konstituierte, gewinnt in diesem Zusammenhang die in D. 41.1.36 überlieferte Entscheidung Julians an Brisanz, in welcher es zu einer wirksamen traditio trotz dissensus in causa kommt. In der folgenden Kommentierung präsentiert Baldus zunächst seine Lösung der Antinomie zu Ulp. D. 12.1.18, um diese sodann anhand zweier ähnlich gelagerter Fälle zu verdeutlichen und zu begründen. Baldus zu D. 12.1.18:223 Solutio: hic erravit uterque, ibi tradens solus et non recipiens, quia recipiebat ex vera causa praecedente, licet tradens hoc nesciret. Sed accipiens sciebat et de ea recipiebat sic, quia ibi traditio non est nuda … Vel dic, quod aut erratur in contractu praeterito, et tunc transfertur dominium, quia est error causae de praeterito, ut infra de condictione indebiti l. indebi. § finalis. Aut erratur in contractu praesenti, et tunc non transfertur dominium ut hic. Ratio: Quia in primo casu concurrunt in eodem errore animi, hic autem sunt dissentientes. Aut unus errat, et alius non errat, et tunc transfertur dominium ut l. cum in corpus … Aut unus errat, et alter est in dolo, et tunc aut est dolus in tradente, et dic ut infra de sol. l. si cum aurum. Si recipientis, non transit dominium, ut infra de sol. l. cum quis § 1. Quia in titulo dominii transferendo non consentiunt, cum unus cogitet de titulo pro soluto, et alter non, quia sciet non deberi.

Gemäß dem Vorbild der Glossatoren sucht Baldus nicht nach Unterschieden in der rechtlichen Würdigung, sondern im zugrunde liegenden Sachverhalt. So habe bei Ulpian – neben dem offensichtlichen dissensus in causa – auch ein beiderseitiger Irrtum über die causa bestanden. Bei Julian hingegen gehe es nur um den Fall eines Dissenses, nicht dagegen um einen beiderseitigen Irrtum. Im Ulpian-Fall habe demnach keines der von den Parteien intendierten Geschäfte wirklich vorgelegen; es habe sowohl an einer causa remota als auch an einer causa proxima gefehlt. Bei Julian hingegen habe nur der Geber geirrt, nicht aber der Empfänger, welcher das Geld ex vera causa praecedente, mithin aufgrund einer tatsächlich bestehenden Darlehensschuld,224 empfangen habe. Hier liegt zumindest eine causa remota vor, über welche ausnahmsweise der Eigentumsübergang gerechtfertigt werden könnte (quia ibi traditio non est nuda). Wenn mit dieser causa remota der traditio eine Obligation zugrunde liegt, kann es aber auch ebenso gut sein, dass Baldus den Eigentumsübergang nicht auf die causa remota, sondern auf einen abstrakten Solutionskonsens stützt. Für die letztere Annahme sprechen die beiden Illustratio223 224

Baldus, Comm. Omnia II (Venedig 1599), 16. Das quasi creditam in D. 41.1.36 interpretiert Baldus damit ähnlich wie bereits Accursius (s.o. A. I.). Vgl. auch Fuchs, iusta causa traditionis (1952), 47.

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nen, welche Baldus seiner Lösung folgen lässt (Vel dic – ut hic). Zunächst stellt er den Irrtum über eine in der Vergangenheit begründete causa dem Irrtum über eine gegenwärtige, d.h. erst zu begründende causa gegenüber und merkt an, dass nur in ersterem Falle (in primo casu) das Eigentum übergehen könne. Das erscheint logisch, denn bei einem Irrtum über eine gegenwärtige causa entsteht dieselbe gar nicht erst, während bei einem Irrtum über eine vorangehende causa durchaus die Möglichkeit besteht, dass eine causa – wenn auch in anderer Form – vorliegt. Doch greift Baldus bei seiner Begründung nicht auf eine causa remota zurück, sondern sucht die Kompensation des Irrtums im Zeitpunkt der Übergabe: Quia in primo casu concurrunt in eodem errore animi. Im Falle des Irrtums über eine in der Vergangenheit liegende causa rechtfertigt offenbar gerade der gemeinsame Irrglaube an die nicht vorhandene causa den Eigentumsübergang. Die Absichten der Parteien „laufen zusammen“ im Solutionskonsens. Dieser ist aber im Falle des Irrtums über eine gegenwärtige, d.h. erst zu begründende causa nicht gegeben (hic autem sunt dissentientes), weshalb das Eigentum nicht übergehen kann. Zur weiteren Verdeutlichung zeichnet Baldus eine Alternative zum Ulpian-Fall, in welchem der Geber fälschlich von der Existenz einer causa ausgeht, der Empfänger dies erkennt und das Geld gleichwohl annimmt. Der Solutionskonsens ist aufgrund der Arglist des Empfängers ausgeschlossen, weil dieser weiß, dass ihm nichts geschuldet wird (quia sciet non deberi). Im Umkehrschluss heißt dies: Wäre der Empfänger nicht arglistig gewesen und hätte auch er an eine in Wirklichkeit nicht bestehende causa geglaubt, so wäre der Eigentumsübergang solvendi causa gerechtfertigt gewesen. Deutlicher als überall sonst wird hier, dass Baldus zur Rechtfertigung des Eigentumsübergangs einen Konsens hinsichtlich eines titulus dominii transferendo verlangt und darunter auch den titulus pro soluto225 fasst. Bereits bei seinem Lehrer Bartolus finden sich Gedanken in ähnlicher Richtung: Bartolus zu D. 12.1.18: 226 (…) quod enim hic dicitur, quod error in causa impedit translationem dominii, intellige, ubi traditio non tendebat ad liberationem. Secus si tenderet ad liberationem. Tum enim favore liberationis error causae non impedit dominii translationem, ut in legi contrariae. Sed hic solutio non tendebat ad liberationem, et hoc est quod voluit dicere glossa.

Werde mit Erfüllungsabsicht geleistet, solle ein error in causa dem Eigentumsübergang nicht im Wege stehen. Bartolus formuliert diesen Teil seiner Kommentierung aus der Perspektive des Leistenden. Wie später Baldus, setzte er bei D. 225

Da dieser Ausdruck nur bei den Ersitzungstiteln vorkommt (vgl. Herm. D. 41.3.46; Paul. D. 41.3.48) und Baldus ihn hier wie selbstverständlich als Traditionstitel verwendet, hat Baldus wahrscheinlich Ersitzungs- und Traditionstitel gleichgesetzt. 226 Bartolus, Opera Omnia I (Basel 1562), 525.

§ 3. Dogmengeschichtliche Entwicklung der causa-Lehre

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41.1.36 eine bestehende Darlehensschuld voraus, wobei der Leistende irrtümlich der Meinung gewesen sei, mit seiner Zahlung ein Schenkungsversprechen zu erfüllen, der Empfänger hingegen bei der Annahme des Geldes die Darlehensschuld im Sinn gehabt habe. Es bestünde demnach lediglich ein abstrakter Solutionskonsens, welcher ausnahmsweise zur Rechtfertigung des Eigentumsübergangs genügen soll. Und Bartolus macht explizit (favore liberationis) deutlich, dass es eben der solutorische Charakter der Leistung ist, welcher den Grund dafür liefert. III. Zusammenfassung Mit der Figur der causa proxima bzw. immediata zogen die Kommentatoren die terminologische Konsequenz aus der allgemeinen – schon seit den Glossatoren vorherrschenden – Auffassung, dass das konstitutive Willenselement der traditio nicht im Grundgeschäft (causa remota), sondern in einem die Übergabe begleitenden Willensakt zu suchen sei. Dieser Willensakt wird zumeist definiert als dingliche Einigung (consensus in translatione dominii), wobei stets deutlich gemacht wird, dass diese nicht isoliert den Eigentumsübergang herbeiführt, sondern nur in Verbindung mit einem kausalen Konsens. Dass grundsätzlich ein consensus in causa erforderlich war, zeigen auch die angestrengten Bemühungen der Kommentatoren, bei Julian (D. 41.1.36) den Eigentumsübergang trotz dissensus in causa zu rechtfertigen. Hier griffen sie weder auf die dingliche Einigung noch auf die causa remota zurück, sondern machten deutlich, dass die solutio als causa proxima fungieren kann. Ein vollkommen abstrakter Ansatz – wie er bei den Glossatoren durchaus vorkommt227 – findet sich bei den Kommentatoren nicht.

C. Der mos gallicus (ca. 1500–1700 n. Chr.) Mit dem Siegeszug der humanistischen Ideen und dem Aufschwung der französischen Philologie beginnt im Frankreich des 16. Jahrhunderts auch eine grundlegend veränderte juristische Arbeitsweise, insbesondere, was die Haltung den Quellen gegenüber angeht. Das Corpus Iuris wurde – auch aus politischen Gründen228 – nicht mehr länger als autoritatives Gesetz mit Geltungsanspruch, sondern als Quelle rechtshistorischer Erkenntnis angesehen. Dabei galten nicht die byzantinischen, sondern die klassischen Juristen als Vorbild, was zum Aufkommen einer gründlichen Interpolationenkritik führte. Im Zentrum der Darstellung soll der

227

Insbesondere bei Rogerius (s.o.). Vgl. Koschaker, Europa und das römische Recht4 (1966), 108 f.

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§ 3. Dogmengeschichtliche Entwicklung der causa-Lehre

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41.1.36 eine bestehende Darlehensschuld voraus, wobei der Leistende irrtümlich der Meinung gewesen sei, mit seiner Zahlung ein Schenkungsversprechen zu erfüllen, der Empfänger hingegen bei der Annahme des Geldes die Darlehensschuld im Sinn gehabt habe. Es bestünde demnach lediglich ein abstrakter Solutionskonsens, welcher ausnahmsweise zur Rechtfertigung des Eigentumsübergangs genügen soll. Und Bartolus macht explizit (favore liberationis) deutlich, dass es eben der solutorische Charakter der Leistung ist, welcher den Grund dafür liefert. III. Zusammenfassung Mit der Figur der causa proxima bzw. immediata zogen die Kommentatoren die terminologische Konsequenz aus der allgemeinen – schon seit den Glossatoren vorherrschenden – Auffassung, dass das konstitutive Willenselement der traditio nicht im Grundgeschäft (causa remota), sondern in einem die Übergabe begleitenden Willensakt zu suchen sei. Dieser Willensakt wird zumeist definiert als dingliche Einigung (consensus in translatione dominii), wobei stets deutlich gemacht wird, dass diese nicht isoliert den Eigentumsübergang herbeiführt, sondern nur in Verbindung mit einem kausalen Konsens. Dass grundsätzlich ein consensus in causa erforderlich war, zeigen auch die angestrengten Bemühungen der Kommentatoren, bei Julian (D. 41.1.36) den Eigentumsübergang trotz dissensus in causa zu rechtfertigen. Hier griffen sie weder auf die dingliche Einigung noch auf die causa remota zurück, sondern machten deutlich, dass die solutio als causa proxima fungieren kann. Ein vollkommen abstrakter Ansatz – wie er bei den Glossatoren durchaus vorkommt227 – findet sich bei den Kommentatoren nicht.

C. Der mos gallicus (ca. 1500–1700 n. Chr.) Mit dem Siegeszug der humanistischen Ideen und dem Aufschwung der französischen Philologie beginnt im Frankreich des 16. Jahrhunderts auch eine grundlegend veränderte juristische Arbeitsweise, insbesondere, was die Haltung den Quellen gegenüber angeht. Das Corpus Iuris wurde – auch aus politischen Gründen228 – nicht mehr länger als autoritatives Gesetz mit Geltungsanspruch, sondern als Quelle rechtshistorischer Erkenntnis angesehen. Dabei galten nicht die byzantinischen, sondern die klassischen Juristen als Vorbild, was zum Aufkommen einer gründlichen Interpolationenkritik führte. Im Zentrum der Darstellung soll der

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Insbesondere bei Rogerius (s.o.). Vgl. Koschaker, Europa und das römische Recht4 (1966), 108 f.

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Erster Teil: iusta causa traditionis

französische Jurist Hugo Donellus stehen, welchem – insbesondere für die Entwicklung der deutschen Übereignungslehre – eine wegweisende Rolle zukommt. I. Franciscus Duarenus Zunächst aber einige Worte zu seinem Lehrer Franciscus Duarenus. Seine Haltung zur causa-Problematik ist kompakt in dem folgenden Zitat zusammengefasst: Tertio voluntas dominii transferendi necessaria est (…) unde nudam traditionem, quam venditio aut alia iusta causa minime praecessit, dominium non dicimus transferre, quod non praesumatur dominii transferendi voluntas esse, l. numquam nuda. 31. hic. Quod multo magis erit dicendum, si quis ex causa depositi aut commodati rem tradit, ex aliave simili, qua ipsum nolle rei suae dominio carere appareat.229

Neben der Berechtigung des Veräußerers und der Übergabe bestimmt Duarenus als dritte Traditionsvoraussetzung lediglich die voluntas dominii transferendi. Paul. D. 41.1.31 pr. legt er ähnlich aus wie der Glossator Rogerius: Die iusta causa traditionis werde hier nur gefordert, weil sie eine Vermutung für das Vorliegen des Eigentumsübertragungswillens liefere. Für unbedingt erforderlich – so lässt sich im Umkehrschluss feststellen – hält er sie nicht. II. Hugo Donellus (1527–1591 n. Chr.) 1. Die zentrale Rolle des auf Übereignung gerichteten Willens Donellus stellt die Voraussetzungen der traditio in den Kapiteln 15 ff. des vierten Buchs seiner Commentarii De Iure Civili dar. Er unterscheidet hier zwischen solchen Voraussetzungen, die beim Veräußerer, und solchen, die beim Erwerber vorliegen müssen. In Kapitel 15, § 3 stellt er Erstere folgendermaßen dar:230 In dante tria necessaria ad transferendum. Primum, ut possit iure transferre; secundum, ut velit; tertium, ut quod potest, et vult, id ita transferat, quod fit traditione. Ita in summa in dante tria haec spectanda sunt, potestas rei transferendae, transferendi voluntas; et, quae ista perficit, traditio.

Auf Veräußererseite müssen demnach drei Voraussetzungen vorliegen: Erstens die Fähigkeit zur Veräußerung, d.h., der Veräußerer muss Eigentümer der Sache sein. Zweitens der Wille zur Veräußerung und drittens schließlich die von dieser Fähigkeit und diesem Willen getragene körperliche Übergabe der Sache. Von 229

Duarenus, Omnia quae quidem hactenus edita fuerunt opera, Frankfurt (1607), 603 (De acquir. rer. dom. Cap. XIII). 230 Donellus, Comm. IV, XV § 3, Opera Omnia (Lucca 1762–70) I, 731 f.

§ 3. Dogmengeschichtliche Entwicklung der causa-Lehre

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einer iusta causa wird hier noch nichts gesagt. Als voluntatives Element der traditio wird zunächst nur der Veräußerungswille genannt. Donellus begründet dies an anderer Stelle mit Inst. 2.1.40 (vgl. Gai. D. 41.1.9.3), also mit dem Gedanken der natürlichen Gerechtigkeit, welche es erfordere, den Willen des Eigentümers, der seine Sache einem anderen übereignen möchte, als wirksam anzuerkennen.231 Welch hohen Stellenwert dieser Wille für Donellus einnahm, zeigt die Tatsache, dass er ihm das komplette nächste Kapitel (XVI) widmete. Dort bestimmt er für den Übereignungswillen wiederum drei Voraussetzungen: Erstens das Wissen des Veräußerers um seine Eigentümerstellung (§§ 3 ff.), zweitens das Wissen um das Vorliegen einer iusta causa, aufgrund deren die Sache übereignet werden soll (§§ 7 ff.), und drittens – dies gilt allerdings nur beim Kauf – die Bedingung des Eigentumsübergangs mit der Kaufpreiszahlung. Und auch hier ist es die zweite Voraussetzung, welche eine nähere Betrachtung lohnt. 2. Die iusta causa als psychologische Grundlage des Übereignungswillens Secundum est ad voluntatem transferendi, ut qui rem suam esse sciet, huic iusta aliqua caussa praecedens constituta sit, ex qua dominium transferri solet. Neque enim unquam quisquam traderet rem suam transferendi caussa, nisi aliqua caussa eum moveret, ut id faceret; neque vero omnis caussae tradendi sunt eiusmodi, quibus id agatur, ut transferatur dominium.232

Die iusta causa stellt demnach den Grund dar, welcher den Veräußerer dazu „bewegt“, die Sache übereignen zu wollen. Doch sei eine ganze Reihe von causae nicht geeignet, den Übereignungswillen zu rechtfertigen. In diesem Zusammenhang zählt Donellus im Folgenden etwa die Verwahrung, die Leihe, die Miete, die Hinterlegung oder das Faustpfand auf.233 Nun stellt sich die Frage, welchen causae Donellus demgegenüber diese Eignung zusprach. Quaerimus igitur iustas caussas ad hoc comparatas, ut ex his dominium transferatur. Hae sunt ceterae omnes, quae in superiore aliqua causa non habentur. Sunt autem hae maxime, emptio & venditio, permutatio, dos, solutio, donatio, legatum, quae commemorantur in L. I. & deinceps 6. seqq. D. de Publician. In rem action.234 & L. pro soluto, D. de usurp. et usuc.235 & Tit. Pro emptore: pro donato: pro legato: pro dote. De quibus enucleatius dicetur, ut loco opportuniore, in usucapione Libro sequenti. Nisi qua, inquam, harum caussarum praecesserit: nec traditio secuta transferet dominium.236 231

233 234 235 236 232

Donellus, Comm. IV, XVI § 1, Opera Omnia (Lucca 1762–70) I, 738. Donellus, Comm. IV. XVI § 7, Opera Omnia (Lucca 1762–70) I, 741. Donellus, Comm. IV, XVI § 7, Opera Omnia (Lucca 1762–70) I, 741. D. 6.4.1 ff. D. 41.3.46. Donellus, Comm. IV, XVI § 7, Opera Omnia (Lucca 1762–70) I, 741 f..

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Erster Teil: iusta causa traditionis

Im Wesentlichen greift Donellus hier auf die Ersitzungstitel zurück und reiht in diesem Zusammenhang auch die solutio in die Gruppe der typischen, auf Eigentumsübertragung gerichteten Grundgeschäfte ein. Für Donellus liegt also dann ein tauglicher Übereignungswille vor, wenn ein Kauf, ein Tausch, eine Mitgift, eine Schenkung, ein Vermächtnis oder eine Zahlung zur Schuldtilgung seine Grundlage bilden. Letztere interessiert für die vorliegende Untersuchung in besonderem Maße, doch stellt sich zunächst noch die allgemeine Frage, welchen Stellenwert Donellus der iusta causa beimaß, insbesondere welche Folge ihr Fehlen haben sollte.237 Sine caussa autem praecedente nulla esse possit voluntas transferendi. Quo fit, ut qui caussam praecedentem exigit, nihil exigat tertium praeter illa duo, traditionem et voluntatem: sed voluntatem, quae requirebatur, confirmet et statuat, ostendatque, unde illa intelligatur… Nam si caussa praecedens requiritur solum, ut hinc declaratur voluntas transferentis… Semper enim manet voluntas, quam ratam haberi oportet.238

Den Übereignungswillen zu begründen, zu festigen, nach außen hin kenntlich zu machen und schließlich zu beweisen, dies sind nach Donellus die Funktionen der iusta causa. Sie dient mithin nur der Verdeutlichung des Übereignungswillens und nimmt innerhalb der dogmatischen Struktur der traditio lediglich eine Hilfsfunktion ein. Ihre Rolle liegt nicht auf der objektiven, sondern auf der subjektiven Ebene. So wenig innerhalb der Putativtitellehre der Glossatoren das Grundgeschäft tatsächlich vorliegen musste, sondern nur im Bewusstsein der Parteien, um einen consensus in causa zu erzielen, ebenso wenig musste es bei Donellus tatsächlich bestehen. Eine causa putativa genügte auch Donellus vollkommen, denn sie war ebenso wie eine causa vera geeignet, den Übereignungswillen hervorzurufen: Bene igitur Accursius239 superiorem definitionem Pauli240 de praecedente caussa exemplo indebiti soluti sic accepit, si caussa aliqua praecesserit, vera inquit, vel putativa. Plane qui per errorem solvit, ita transfert, si et qui accipit, sibi deberi, et hoc modo caussam subesse, existimat.241

237

Vgl. zu dieser Frage auch Donellus, Comm. IV, XVIII § 5, Opera Omnia (Lucca 1762– 70) I, 752. 238 Donellus, Comm. IV. XVI § 9, Opera Omnia (Lucca 1762–70) I, 742; vgl. zu dieser Stelle auch Cannata, in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà (1997), 33 f. 239 Glossa dissentiamus ad D. 41.1.36 (s.o.). 240 D. 41.1.31 pr. 241 Donellus, Comm. IV. XVI § 9, Opera Omnia (Lucca 1762–70) I, 743.

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Damit reduziert Donellus die Bedeutung der iusta causa auf ihre Rolle als psychologische Grundlage des Übereignungswillens. 3. Das Zusammentreffen beider Übereignungswillen: Die dingliche Einigung Auf Erwerberseite sind nach Donellus zwei Dinge zum Eigentumsübergang erforderlich: Erstens die dingliche Einigung mit dem Veräußerer, zweitens die Entgegennahme der Sache. Die dingliche Einigung muss zwei Dinge umfassen: Die Sache, welche übereignet werden soll, sowie die Tatsache, dass das Eigentum an der Sache auf den Erwerber übergehen soll: Consensus versatur in re et in voluntate acquirendi dominii.242 Innerhalb der dinglichen Einigung muss nicht nur die Willenserklärung des Veräußerers, sondern auch die des Erwerbers von einer iusta causa getragen sein. Dies wird insbesondere relevant im Fall des falsus creditor: Alioqui falsus creditor, hoc est, qui se simulat creditorem, si acceperit indebitum, furtum facit, nec nummi fiunt eius. Non sane, quia caussa debendi non subset, sed quia in accipientem quoque concurrere oportet dominii nanciscendi voluntatem. Quae voluntas ne in accipiente quidem ulla est sine iusta caussa, si is caussam non subesse, non ignorat.243

Im Gegensatz zur irrtümlichen stellt die vorsätzliche Annahme einer Nichtschuld ein furtum dar. Aber warum geht das Eigentum am gezahlten Geld nicht über, obschon eine dingliche Einigung vorliegt und sowohl Geber als auch Empfänger einen Verpflichtungsgrund im Sinn haben? An dieser Stelle wird erneut deutlich, dass die causa zwar nur subjektiv als Motivationsgrund der jeweiligen Partei vorliegen muss, es jedoch trotzdem ganz entscheidend auf ihre Qualität ankommt. Nicht jeder beliebige Motivationsgrund ist geeignet, einen rechtmäßigen Veräußerungs- bzw. Erwerbswillen hervorzurufen, sondern nur ein rechtlich anerkannter; nur dann ist die causa auch iusta. 4. Erfordernis eines kausalen Konsenses? Da nun geklärt ist, dass sowohl dem Veräußerer- als auch dem Erwerberwillen eine solche iusta causa zugrunde liegen muss, stellt sich als Nächstes die Frage, ob Donellus auch einen Konsens hinsichtlich dieser causa für erforderlich hielt. Mussten Veräußerer und Erwerber durch dieselbe iusta causa zum Übereignungsgeschäft motiviert werden? Diese Frage behandelt Donellus ausführlich244 am Bei242

Donellus, Comm. IV, XVIII § 1, Opera Omnia (Lucca 1762–70) I, 750. Donellus, Comm. IV, XVI § 9, Opera Omnia (Lucca 1762–70) I, 743 f. 244 Donellus, Comm. IV, XVIII §§ 6 – 12, Opera Omnia (Lucca 1762–70) I, 752–756. 243

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Erster Teil: iusta causa traditionis

spiel der Antinomie Jul. D. 41.1.36 / Ulp. D. 12.1.18, wobei sich die Quintessenz in den folgenden Worten wiederfindet: Dissensus quidem est in ipsis caussis, si speciem, et numerum spectes: sed non in eo, quod his caussis de dominio rei agitur. Id enim agitur, ut efficient inter contrahentes eumdem affectum dominii transferendi. Atqui hunc, ut dixi, iam habemus. Ita fit, ut in hoc genere caussarum nihil desit ad consensum necessarium, quo dominium transferatur.245

Der einzig erforderliche Konsens ist demnach derjenige über den Eigentumsübergang; ein consensus in causa ist darüber hinaus nicht erforderlich. Da im Fall der Antinomie beide Parteien den Übergang des Eigentums wollen, geht Donellus auch für Ulpians Lösung zunächst vom Übergang des Eigentums aus und erklärt das magisque nummos accipientis non fieri damit, dass der Empfänger die Münzen mangels causa retinendi nicht dauerhaft behalten könne, sondern dem Kondiktionsanspruch des Gebers ausgesetzt sei, sofern er die Münzen nicht gemäß dessen Willen verbraucht habe und ihm daher die exceptio doli entgegenhalten könne.246 5. Zusammenfassung der Traditionslehre des Donellus Donellus fordert für eine wirksame traditio drei Dinge: Eine dingliche Einigung, die Übergabe der Sache an den Erwerber und die Berechtigung des Veräußerers. Die Parallele zu den Erfordernissen der Übereignung nach § 929 S. 1 BGB ist unübersehbar und, wie im Zusammenhang mit den Überlegungen Savignys noch zu zeigen ist, auch kein Zufall. Hinter der Forderung des Donellus nach einer kausalen Motivation des Übereignungswillens verbirgt sich kein besonderer kausaler Tatbestand, sondern die Selbstverständlichkeit, dass mit jeder Übereignung ein – zumeist wirtschaftlicher – Zweck verfolgt wird. III. Jacobus Cujacius (1522–1590 n. Chr.) Jacobus Cujacius hat mit Donellus mancherlei gemein: Er lebte zur selben Zeit, war Franzose, studierte in Toulouse, lehrte – übrigens zur gleichen Zeit und in Auseinandersetzung mit Donellus – in Bourges und war seinerzeit einer der anerkanntesten Experten für römisches Recht. So zahlreich diese äußerlichen Parallelen sind, so verschieden sind die Auffassungen der beiden Juristen hinsichtlich der kausalen Natur der traditio: 245

Donellus, Comm. IV, XVIII § 6, Opera Omnia (Lucca 1762–70) I, 753; vgl. auch Donellus’ Auffassung zur Antinomie dort unter § 12. 246 Donellus, CDIC IV, XVIII § 11, Opera Omnia (Lucca 1762–70) I, 755 f.

§ 3. Dogmengeschichtliche Entwicklung der causa-Lehre

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Falsum est enim, quod tentat Accursius ex inutili contractu dominium acquiri per traditionem: nam si inutilis est contractus ergo et nuda traditio.247

Cujacius stellt sich gegen die abstrakten Ansätze seiner Zeitgenossen und Vorgänger, indem er für den Eigentumsübergang ein wirksames Grundgeschäft fordert. Nur dann sei die traditio nicht nackt im Sinne von Paul. D. 41.1.31 pr. Cujacius verwendet den Begriff der nuda traditio entsprechend dem nudum pactum in der Glossa ordinaria ‚sed cum nulla‘ zu D. 2.14.7.4; beides meint den Gegensatz zu dem, was Bracton248 mit vestimenta pactorum bezeichnet. Restat igitur, dolo ab emptore adhibito, ut ipso iure venditio nulla sit. Ubi autem ob eam causam nulla venditio est, quod dolo emptoris circumscriptus venditor servum vendiderit, et nulla manumissio est quasi facta a non domino: ex nullo enim contractu dominium non transfertur, licet possessio transferatur.249

Auch dieses Zitat spricht – im letzten Satz mit aller Deutlichkeit – die Sprache einer kausalen Tradition: Aufgrund eines nichtigen Vertrages kann kein Eigentum übertragen werden, wenn auch der Besitz übertragen werden kann. Cujacius erweist sich damit als Vertreter einer kausalen Lehre in Reinform. IV. Zusammenfassung zum mos gallicus Die diametral entgegengesetzten Standpunkte von Donellus und Cujacius zeigen beispielhaft die Meinungsvielfalt der Juristen im 16./17. Jahrhundert. Diese ist kein Zufall, sondern Ausdruck des neuen Geistes, welcher die romanistische Wissenschaft in Frankreich erfasst hatte. Die klassischen Juristen wurden als Individuen angesehen, mit deren persönlichen, auch voneinander abweichenden Meinungen zu rechnen ist. Die Glosse sowie der von byzantinischer Hand überarbeitete Text des Corpus Iuris stellen keine unanfechtbaren Autoritäten mehr dar.

247

Cuiacius, In libros IV priores Codicis Justiniani, zu C.4.50, Opera Omnia, Neapel 1722, Bd. X, 1017. 248 De Legibus 3.1.2 (ed. Twiss II 108): Contrahitur enim re, verbis, scripto, consensu, traditione, junctura, quae omnia dicuntur vestimenta pactorum. 249 Cuiacius, Commentarius ad titulos quosdam digestorum, Opera omnia, Neapel 1722, Bd. I, 975b.

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Erster Teil: iusta causa traditionis

D. Die gemeinrechtliche Lehre vom titulus und modus adquirendi (ca. 1500–1830) I. Die germanischen Wurzeln der Lehre Ab dem 17. Jahrhundert n. Chr. entwickelte sich in Deutschland eine rechtswissenschaftliche Strömung, die – nach dem gleichnamigen Werk Samuel Stryks – als Usus modernus pandectarum bezeichnet wird. Im Gegensatz zum französischen Humanismus konzentrierte man sich nun nicht mehr mit rein antiquarisch-romanistischem Interesse auf die Quellen, sondern auf das römische Recht in seiner rezipierten Form als geltendes Gewohnheitsrecht. Anders als bisher nach dem mos italicus wurde nun auch den einzelnen Partikularrechten Beachtung geschenkt.250 Die deutsch-rechtlichen Elemente des gemeinen Rechts wurden nicht mehr als Fremdkörper betrachtet, sondern ebenso wie das römische Recht als gewohnheitsmäßig (durch usus) anerkanntes Recht angesehen, welches gleichberechtigt neben und insbesondere auch verknüpft mit dem römischen Recht Geltung und Bestand haben sollte. So wurde auch die bereits um die Glossatorenzeit erfolgte Verquickung des deutsch-rechtlichen Instituts der sala mit der römisch-rechtlichen traditio in der Zeit des Usus modernus ihrem Höhepunkt entgegengeführt. Die sala in ihrer ursprünglichen Form war ein dinglicher Vertrag, welcher dem Erwerber ein relativ wirkendes Anwartschaftsrecht auf die Kaufsache, das so genannte ius ad rem, verschaffte.251 Erst mit Hinzutritt der rechten Gewere, d.h. durch Einweisung in den Besitz an der Kaufsache, wurde das ius ad rem zum Volleigentum (ius in re). Im römischen Recht hingegen gab es kein mit dem ius ad rem vergleichbares, teils persönliches, teils dingliches Recht, sondern entweder ein persönliches (obligatio) oder ein dingliches Recht (ius in re). Der Eigentumserwerb durch traditio bestand aber ähnlich wie die germanische sala aus zwei Komponenten: Während diese als dinglicher Vertrag noch die Einweisung in den Besitz zur Vervollkommnung brauchte, benötigte im römischen Recht das obligatorische Grundgeschäft (welches im Mittelalter und darüber hinaus als iusta causa traditionis angesehen wurde) ebenfalls die Besitzübertragung, um den Eigentumsübergang zu bewirken. Diese – wenn auch nicht inhaltliche, so doch formelle – Parallele zwischen deutscher sala und römischer traditio provozierte schon früh Begriffsvermengungen im gemeinen Recht. Diese wurden weiter begünstigt durch die Kategorien der causa remota und der causa 250

Schilters Theorie von der Existenz zweier gemeiner Rechte in Deutschland schuf die Grundlage für die selbständige Darstellung der deutsch-rechtlichen Bestandteile des Usus modernus, vgl. Wesenberg/Wesener, Neuere deutsche Privatrechtsgeschichte4 (1985), 117. 251 Hofmann, Die Lehre vom titulus (1873), 26.

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proxima. Da die Glossatoren und teilweise noch die Kommentatoren mit dem letzteren Begriff nur die körperliche Übergabe beschrieben, mussten sie in der causa remota alles vereinigen, was sie über die Besitzeinräumung hinaus für den Eigentumsübergang verlangten. Ius ad rem und obligatio wurden so unter dem Begriff der causa remota zusammengefasst und gleichgesetzt.252 Sie schuf nach dieser Vorstellung die Möglichkeit des Eigentumserwerbs, welche vermittelst der Übergabe als causa proxima zur Wirklichkeit wurde. Die später gebräuchlichen Begriffe titulus und modus sind nichts anderes als Synonyme der so verstandenen causa remota und proxima. II. Erste Formulierungen Anfang des 16. Jh. n. Chr. Die ersten Spuren der Lehre vom titulus & modus adquirendi finden sich zu Anfang des 16. Jahrhunderts bei Johann Apel (1486–1536).253 Dieser unterschied, von der mittelalterlichen Lehre von der causa proxima und remota ausgehend, zwischen einem faktischen und einem normativen Element bei der Eigentumsübertragung, dem modus und der causa. Den Begriff titulus verwendet er noch nicht. Auch dehnt er das causa-Erfordernis nicht über den derivativen Eigentumserwerb aus. Beides findet sich erstmals bei Johannes Oldendorp (1487–1567), der einen titulus etwa auch für die occupatio fordert.254 Auf jeglichen Rechtserwerb ausgedehnt erscheint die Lehre schließlich bei Dethard Horst (1548–1618), welcher nun auch deutlich macht, worin der titulus im Falle des originären Eigentumserwerbs (occupatio, accessio etc.) bestehen soll, nämlich in einer dispositio legis. Diese schaffe die „Möglichkeit“ des Eigentumserwerbs, welche durch den Besitzerwerb in eine „Wirklichkeit“ verwandelt werde, ebenso wie die auf Eigentumsübertragung gerichtete Obligation im Falle der traditio.255 In dieser Verallgemeinerung besteht die Besonderheit und das später vielfach kritisierte unrömische Element der titulus-Lehre.

252

Durch Abschluss der Obligation wird die Sache schon mittelbar (mediate demum) erworben; Wesenberg/Wesener, Neuere deutsche Privatrechtsgeschichte4 (1985), 127; Felgentraeger, Savignys Einfluß auf die Übereignungslehre (1927), 2. 253 Hofmann, Die Lehre vom titulus (1873), 23, erhebt Apel gar zum Urheber des Dogmas. Dies ist unwahrscheinlich, da Apel (übrigens in der ersten von Hofmann zitierten Stelle) die Einreihung der donatio unter die modi adquirendi als unlogisch tadelt. D.h. es muss bereits eine Kategorie der modi adquirendi gegeben haben. 254 Worin dieser besteht, sagt Oldendorp nicht; später wurde teils ein „tacitus ceterorum consensus“, teils der Satz „res nullius cedit primo occupanti“ angenommen, vgl. Hofmann, Die Lehre vom titulus (1873), 10. 255 Fuchs, Iusta causa traditionis (1952), 78; Hofmann, Die Lehre vom titulus (1873), 19 f.

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Erster Teil: iusta causa traditionis

III. Aufschwung und Blüte der Lehre im Naturrecht Gerade diese Verallgemeinerung war es auch, welche die Lehre für einige Vertreter des Naturrechts interessant machte. Wie die französischen Humanisten dem römischen Recht nicht ratione imperii, sondern imperio rationis folgten, so waren es für die Naturrechtsgelehrten vorrechtliche, allgemeingültige Elemente, welche ihr Interesse am römischen Recht begründeten. Sie strebten allerdings im Gegensatz zu den Humanisten nicht nach der Rekonstruktion des klassischen Rechts, sondern nach der Konstruktion eines neuen Rechts auf der Basis eines konstanten, überpositiven Wertesystems. In den Entwürfen der einzelnen Gelehrten variierten Gestalt und Inhalt dieses Wertesystems zum Teil erheblich. Dennoch bedienten sie sich alle der klassischen Quellen, um ihre jeweilige Lehre zu begründen. Das klassische römische Recht war folglich nur ein Mittel zu diesem Zweck und den Ideen der neuzeitlichen Philosophen nachgeordnet. Die Rechtsphilosophie Christian Wolffs (1679–1754) etwa hatte den abstrakten Begriff zum Ausgangspunkt, aus welchem im Wege der Deduktion immer konkretere Begriffe bis hin zu konkreten Rechtsfolgen abgeleitet wurden. So verwendete er auch das Begriffspaar Möglichkeit (possibilitas) und Wirklichkeit (actualitas) gleich einer mathematischen Formel, in welche die Begriffe der nächsten Konkretisierungsebene nur noch eingesetzt werden mussten. Den Begriff titulus definierte er mit dieser Methode folgendermaßen: Titulus justus est, qui infert nudam possibilitatem juris acquisiti, veluti dominii, non vero ipsam ejus actualem acquisitionem. Unde Titulum justum habere dicitur possessor, qui possessionem acquisivit istiusmodi facto, quo dominium a domino transferri posse lex declarat.256 Während der titulus also die Möglichkeit zum Rechtserwerb eröffne, werde diese durch den modus verwirklicht: Modus acquirendi est factum, quo iuris reddimur participes.257 Man beachte, dass das Eigentum lediglich als Beispiel für die jura genannt wird, als untergeordneter Begriff in der Deduktionsfolge. Auf der Ebene der Begriffe titulus und modus steht damit jeglicher Rechtserwerb. So sieht Wolff etwa im Zeugungsakt den modus, durch welchen die väterliche Gewalt erlangt werde.258 Wolffs Einfluss war prägend für die deutsche Rechtswissenschaft des 18. Jahrhunderts,259 auch wenn seine Lehre in ihrer ganzen Weite nicht nur Zuspruch gefunden hat.260 Die Ausdehnung der titulus-Lehre auf die originären Eigentumserwerbsarten wurde durch Wolff jedenfalls zementiert, was von den einflussreichsten Naturrechtsgelehrten vor sei256

Wolff, Jus Naturae III, § 1034, S. 717. Wolff, Jus Naturae I, § 112, S. 70 f.; Hofmann, Die Lehre vom titulus (1873), 4. 258 Hofmann, Die Lehre vom titulus (1873), 5. Den titulus konkretisiert er – ähnlich wie Dethard Horst – als „ratio legis“, im Falle der occupatio dann weiter als die „lex naturae, quod occupatione rerum nullius acquiratur dominium“ (Jus Naturae I, § 113). 259 Nachweise bei Hofmann, Die Lehre vom titulus (1873), 6. 260 Felgentraeger, Savignys Einfluß auf die Übereignungslehre (1927), 17 ff. 257

§ 3. Dogmengeschichtliche Entwicklung der causa-Lehre

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ner Zeit (etwa von Wolfgang Lauterbach [1618–1678]261 oder Samuel Pufendorf [1632–1694]262) noch abgelehnt wurde. IV. Exkurs: Hugo Grotius als Vater des Konsensualprinzips Da sich die Lehre vom titulus und modus aus entstehungsgeschichtlichen Gründen (s.o.) auf den deutschen Rechtsraum beschränkte, ist es kaum verwunderlich, dass etwa ein Hugo Grotius (1583–1645) sie überhaupt nicht kannte, sie zumindest nie erwähnte. Sein naturrechtlicher Ansatz ist ein grundlegend anderer: Für ihn besteht die Eigentumsübertragung nur aus einem Akt, dem Vertragsschluss: De venditione & emptione notandum etiam sine traditione, ipso contractus momento, transferri dominium posse, atque id esse simplicissimum.263 Der Kaufkonsens genügt demnach zur Übertragung des Eigentums; die Übergabe der Sache ist nicht erforderlich. Zur Begründung dieser Lehre zieht Grotius bemerkenswerterweise eben jene Digestenstelle heran, auf die Donellus und später Savigny die diametral entgegengesetzte Lehre einer abstrakten Tradition stützten: Gai. D. 41.1.9.3. Die voluntas domini volentis rem suam in alium transferre sieht er bereits im Kausalgeschäft vorliegen, weshalb dieses allein für den Übergang des Eigentums hinreichen müsse.264 Seine Ideen beeinflussten in erheblichem Maße die Jurisprudenz zu beiden Seiten des Rheins. In Deutschland entstanden in dieser Zeit eine Vielzahl von Dissertationen, welche die Lehre Grotius’ befürworteten;265 diese Stimmen stellten sozusagen die Opposition zur herrschenden titulus-Lehre dar, konnten sich aber letztlich nicht durchsetzen. Anders in Frankreich: Hier fällt die Lehre Grotius’ – auch bedingt durch das überlieferte droit coutumier, welches ebenfalls von einem einaktigen Erwerbstatbestand ausging266 – auf fruchtbareren Boden.

261

W. A. Lauterbach (1618–1678), Collegium Pandectarum (Tübinger Ausgabe 1784), Tom. III, lib. XLI, Tit. I, § 56 (S. 161): (…) apparet, Causas et Modos dominium transferendi differe. C. enim praecedit, ut efficiens minus principalis et impulsiva, per quam ius ad rem et personalis actio ad faciendam trad. oritur. Modus est instrumentum et actus, tu ipsum ius in re (…) acquiratur (…) Aliud est in modis originariis, ubi (causae a modis) separari nequeunt, sed simul coincident. 262 Pufendorf, De iure naturae et gentium (Frankfurt 1684), lib. IV cap. IX § 5, 602: ubi etiam aliqui observant, in adquistione originaria, puta occupatione, in idem concurrere titulum sive causa, et modum adquirendi. 263 Grotius, De iure belli ac pacis, lib. II cap. XII, § 15. 264 Grotius, De iure belli ac pacis, lib. II cap. VIII § 25. 265 Nachweise bei Felgentraeger, Savignys Einfluß auf die Übereignungslehre (1927), 13 ff. 266 Bucher, ZeuP 1998, 615, 638.

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Erster Teil: iusta causa traditionis

V. Auswirkungen auf die vernunftrechtlichen Kodifikationen Das im französischen Code Civil267 von 1804 verwirklichte Konsensualprinzip wird daher gewöhnlich auf Grotius und die von ihm in Gang gesetzte vernunftrechtliche Strömung zurückgeführt.268 Aus den überlieferten Motiven der Gesetzgebungskommission269 ergibt sich jedoch ein Anderes: Demnach ist das Konsensualprinzip des Code Civil primär eine Folge des Festhaltens an der niemals in Frage gestellten periculum emptoris-Regel270 des römischen Rechts.271 Der Gefahrübergang stand stets im Mittelpunkt des Interesses; der Eigentumsübergang ist lediglich als dessen Reflex verstanden worden. Dies zeigen – neben einschlägigen Äußerungen französischer Rechtsgelehrter272 – noch heute manche Regelungen im Code Civil.273 Die Tragweite der dinglichen Wirkung schuldrechtlicher Übereignungsverträge ist offenbar schlichtweg verkannt worden.274 Darüber hinaus spielte möglicherweise auch die herausragende Rolle des Eigentums eine Rolle, wie sie in Art. 17 der Déclaration des droits de l’homme et du citoyen vom 26. August 1789275 konstituiert und in Art. 545 CC.276 übernommen wurde. Die darin enthaltene Missbilligung (privaten) Zwanges zur Eigentumsaufgabe würde durch eine auf Eigentumsübertragung gerichtete Obligation konterkariert; durch

267

Art. 711: La propriété des biens s’aquiert et se transmet…par l’effet des obligations Art. 938: La donation dûment acceptée sera parfaite par le seul consentement des parties; et la propriété des objets donnés sera fransférée au donataire, sans qu’il soit besoin d’autre tradition. Art. 1538: Elle (la vente) est parfaite entre les parties, et la propriété est acquise de droit à l’acheteur à l’égard du vendeur, dès qu’on est convenu de la chose et du prix, quoique la chose n’ait pas encore été livrée ni le prix payé. 268 Vgl. etwa Ferrari, ZEuP 1993, 52, 61. 269 Fenet, Recueil complet des travaux préparatoires du Code civil XIII, 230 f. ; 320 ; 420 ; XIV,109 ff. 270 Paul. D. 18.6.8.pr: Necessario sciendum est, quando perfecta sit emptio: tunc enim sciemus, cuius periculum sit: nam perfecta emptione periculum ad emptorem respiciet. 271 Bucher, ZEuP 1998, 615, 624 ff.; Cannata, Materiali I (2005), 15. 272 Aufgeführt bei Bucher, ZEuP 1998, 615, 653. 273 Art. 1585: (...) la vente n’est point parfaite, en ce sens que les choses vendues sont aux risques du vendeur (…); Art. 1138 II: Elle (l’obligation de livrer la chose) rend le créancier propriétaire et met la chose à ses risques (…) 274 Unter anderem auch deshalb, weil das Konsensualprinzip – entgegen vorheriger Entwürfe – auf eigene Faust durch die aus vier (!) Mitgliedern (Tronchet, Portalis, Bigot de Préameneu, Maleville) bestehende Redaktionskommission eingefügt wurde. 275 La propriété étant un droit inviolable et sacré, nul ne peut en être privé, si ce n’est lorsque la nécessité publique, légalement constatée, l’exige évidemment, et sous la condition d’une juste et préalable indemnité. 276 Nul ne peut être contraint de céder sa propriété, si ce n’est pour cause d’utilité publique, et moyennant une juste et préalable indemnité.

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eine dingliche Wirkung des Grundgeschäfts entsteht ein solcher Zwang gar nicht erst.277 Der Einfluss des Code Civil auf Rechtsordnungen anderer Staaten wurde von keiner anderen vernunftrechtlichen Kodifikation übertroffen. Das Konsensualprinzip gelangte auf diese Weise unter anderem nach Belgien, Luxemburg, Ägypten, Algerien, Bolivien, Bulgarien, Haiti, Louisiana, Peru, Polen, Portugal, Rumänien, Venezuela und Italien. Seit Inkrafttreten des neuen italienischen Zivilgesetzbuchs von 1942 findet sich das Konsensualprinzip hier sogar noch klarer als in Frankreich verwirklicht: Zum einen wurde der das Konsensualprinzip statuierende Artikel 1376278 nicht im 3. Buch über das Sachenrecht,279 sondern im 4. Buch verankert, welcher das Schuldrecht regelt. Zum anderen wurde die Notwendigkeit einer traditio ficta (d.h. die Fiktion, der Kaufvertrag bewirke eine Verpflichtung, das Eigentum zu übertragen, die automatisch erfüllt sei) aufgegeben. Die politisch bedingte Breitenwirkung des Code Civil von 1804 darf indes nicht darüber hinwegtäuschen, dass die anderen vernunftrechtlichen Kodifikationen aus dieser Zeit der in Deutschland vorherrschenden Lehre vom titulus & modus adquirendi folgen. Sowohl der Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis (1756),280 das Preußische Allgemeine Landrecht (1794)281 als auch das Österreichische Allgemeine Gesetzbuch (1812)282 fordern Titel und Übergabe. VI. Niedergang mit Beginn des 19. Jh. Im letzten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts waren es insbesondere zwei Schriften, die an dem bis dato herrschenden Dogma vom titulus & modus acquirendi rüttelten: Gustav Hugos Kritik an Hoepfners Kommentar zu Heineccius im Band I 277

Cannata, Materiali I (2005), 16. Nei contratti che hanno per oggetto il trasferimento della proprietà di una cosa determinata, la costituzione o il trasferimento di un diritto reale ovvero il trasferimento di un altro diritto, la proprietà o il diritto si trasmettono e si acquistano per effetto del consenso delle parti legittimamente manifestato (…). 279 So im französischen Recht: Alle diesbezüglichen Regelungen befinden sich im Livre III: Des différentes manières dont on acquiert la propriété. 280 Teil II, Cap. III, § 7: Eine rechtmäßige Übergabe oder Einräumung, wodurch das Eigentum von einem auf den anderen gebracht wird, erfordert: (…) 2. Soll ein Titulus Dominii translativus, das ist, eine solche Ursache, wodurch man das Eigentum auf andere zu bringen pflegt, z.B. ein Tausch, Kauf, Darlehen, Schankung etc. vorhanden sein. 281 1. Teil, 9. Titel, § 2: Der gesetzliche Grund, vermöge dessen diese äußeren Handlungen die Kraft haben, dass dadurch das Eigenthum erworben werden kann, wird der Titel des Eigenthums genannt. 282 § 380: Ohne Titel und ohne rechtliche Erwerbungsart kann kein Eigentum übertragen werden. 278

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Erster Teil: iusta causa traditionis

seines Civilistischen Magazins283 aus dem Jahr 1791 sowie Anton Friedrich Justus Thibauts Aufsatz Nr. 11 aus seinen „Versuche[n] über einzelne Teile der Theorie des Rechts“284 aus dem Jahr 1798. Kritisiert wurde auf der formalen Ebene der unrömische Gebrauch der „Kunstbegriffe“ titulus und modus; auf der inhaltlichen Ebene die Ausdehnung der Lehre auf alle Erwerbsarten. Christian Friedrich von Glück fasst diese Kritik 1807 in seinem Pandektenkommentar wie folgt zusammen: „Allein es ist schon von andern [hier zitiert er Hugo und Thibaut] sehr gründlich gezeigt worden, dass sich nur bei den wenigsten Erwerbungsarten der titulus und modus adquirendi unterscheiden lassen, und dass man sich ganz unrichtige, den Römern unbekannte Begriffe von der Sache gemacht habe.“ Im Anschluss macht er jedoch – gleichfalls stellvertretend für die oben Genannten – deutlich, dass für die traditio als bedeutsamste aller Erwerbungsarten die Lehre nach wie vor gelten soll: „Nur allein bei der traditio und usucapio sprechen die Gesetze [hier verweist er auf Paul. D. 41.1.31 pr.] von einer iusta causa praecedens, propter quam traditio sequeretur, oder, wie man jetzt sagt, von einem titulus und modus adquirendi, und zwar aus Gründen, die schon in der Natur der Sache liegen. Denn beide sind ausschließlich auf vertragsmäßige Verhältnisse zwischen dem bisherigen Besitzer und dem neuen Erwerber berechnet.“285 Thibaut hat die Begriffe titulus und modus – trotz seiner ablehnenden Haltung gegen sie – noch 1834 in seinem Pandektenlehrbuch verwendet; wohl weil es durchaus noch dem Standard der damaligen Zeit entsprach.286 Dass Hugo „diese Lehre bekanntlich vernichtet hat“ (so Hofmann),287 lässt sich damit nicht ohne weiteres bestätigen. Durch seine Kritik an ihrer Terminologie und ihrem Anwendungsbereich hat er ihr allerdings einen spürbaren Schlag versetzt. Endgültig zum Stürzen gebracht hat sie erst Savigny. VII. Zusammenfassung Die Lehre vom titulus & modus entstand als Symbiose von germanischem und rezipierten römischen Recht und gelangte über das Naturrecht zur Blüte. Widersprüche der titulus-Lehre zu klassischen Quellen müssen auch vor eben diesem Hintergrund verstanden werden. Weder der Usus modernus288 noch das Naturrecht hatten die Wiederherstellung des klassischen römischen Rechts zum Ziel. Für die Vertreter des Usus modernus stand die Praxistauglichkeit und Handhabbarkeit des 283

Hugo, Civilistisches Magazin I, 228. S. 216 f. 285 Glück, Pandekten VIII (1807) 84 f.; auf S. 90 findet sich die ausdrückliche Gleichsetzung von titulus = Forderung, und modus = Übergabe. 286 Thibaut, Pandekten8 (1834), 254 f., §§ 736–738. 287 Hofmann, Die Lehre vom titulus (1873), 1. 288 Vgl. Kreittmayrs Vorrede zum Codex Bavaricus (S. VII), zit. bei Wesenberg/Wesener, Neuere deutsche Privatrechtsgeschichte4 (1985), 118. 284

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überlieferten Rechts im Mittelpunkt; die Gelehrten des Naturrechts waren an der Konstruktion eines in sich schlüssigen Systems am Maßstab der Vernunft interessiert. Auf der einen Seite stand die durch den mos italicus überlieferte und germanisch modifizierte Lehre von der causa remota und proxima, auf der anderen Seite der Rationalismus der Wolff’schen Schule. Die gemeinsame Schnittmenge lag im Begriffspaar Möglichkeit und Wirklichkeit; hier trafen sich beide Richtungen, hier schwang sich die Lehre vom titulus & modus adquirendi zur in Deutschland herrschenden auf. Ihr Untergang wiederum war maßgeblich bedingt durch eine erneute Hinwendung zu den Quellen.

E. Savigny: Der abstrakte dingliche Vertrag I. Rahmenbedingungen zur Zeit der Entstehung der Lehre Als Savigny in seinen Berliner Vorlesungen die Theorie vom abstrakten dinglichen Vertrag zu lehren begann (die erste dies bezeugende Mitschrift stammt von Burchardi aus dem Wintersemester 1815/16; dazu sogleich),289 traf er damit gewissermaßen den Nerv der Zeit. Hugo setzte mit seiner Kritik an Naturrecht und Usus modernus den Ausgangspunkt für eine neue Methode in der deutschen Rechtswissenschaft, nach welcher die klassischen Quellen wieder im Mittelpunkt stehen sollten.290 Im Gegensatz zur rein historischen Methode der Humanisten des 16. Jahrhunderts ging es nun aber nicht um die Rekonstruktion des klassischen Rechts, sondern um das Verständnis des „heutigen römischen Rechts als Produkt einer in beständigem Flusse befindlichen Entwicklung“.291 „Das, was noch Leben hat“ müsse von demjenigen abgesondert werden, „was schon abgestorben ist und nur noch der Geschichte angehört“,292 erklärte Savigny in der 1814 veröffentlichten Programmschrift der historischen Rechtsschule („Vom Beruf unserer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft“). Das Zitat lässt bereits erahnen, dass im Laufe der Zeit die dogmatisch-konstruktiven Ansätze dieser Bewegung über die historisch-deskriptiven dominieren sollten. Die Lehre vom abstrakten dinglichen Vertrag ist in erster Linie Ausdruck Savignys Schöpfergeistes, nicht seiner „streng historischen Methode“.293

Felgentraeger, Savignys Einfluß auf die Übereignungslehre (1927), 32. Zur Aufnahme von Hugos Kritik in der deutschen Rechtswissenschaft des beginnenden 19. Jh. s. Felgentraeger, Savignys Einfluß auf die Übereignungslehre (1927), 23 f. 291 Hölder, Pandekten (1891), 14. 292 Savigny, Vom Beruf unsrer Zeit, 117. 293 Savigny, Vom Beruf unsrer Zeit, 117. 289 290

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überlieferten Rechts im Mittelpunkt; die Gelehrten des Naturrechts waren an der Konstruktion eines in sich schlüssigen Systems am Maßstab der Vernunft interessiert. Auf der einen Seite stand die durch den mos italicus überlieferte und germanisch modifizierte Lehre von der causa remota und proxima, auf der anderen Seite der Rationalismus der Wolff’schen Schule. Die gemeinsame Schnittmenge lag im Begriffspaar Möglichkeit und Wirklichkeit; hier trafen sich beide Richtungen, hier schwang sich die Lehre vom titulus & modus adquirendi zur in Deutschland herrschenden auf. Ihr Untergang wiederum war maßgeblich bedingt durch eine erneute Hinwendung zu den Quellen.

E. Savigny: Der abstrakte dingliche Vertrag I. Rahmenbedingungen zur Zeit der Entstehung der Lehre Als Savigny in seinen Berliner Vorlesungen die Theorie vom abstrakten dinglichen Vertrag zu lehren begann (die erste dies bezeugende Mitschrift stammt von Burchardi aus dem Wintersemester 1815/16; dazu sogleich),289 traf er damit gewissermaßen den Nerv der Zeit. Hugo setzte mit seiner Kritik an Naturrecht und Usus modernus den Ausgangspunkt für eine neue Methode in der deutschen Rechtswissenschaft, nach welcher die klassischen Quellen wieder im Mittelpunkt stehen sollten.290 Im Gegensatz zur rein historischen Methode der Humanisten des 16. Jahrhunderts ging es nun aber nicht um die Rekonstruktion des klassischen Rechts, sondern um das Verständnis des „heutigen römischen Rechts als Produkt einer in beständigem Flusse befindlichen Entwicklung“.291 „Das, was noch Leben hat“ müsse von demjenigen abgesondert werden, „was schon abgestorben ist und nur noch der Geschichte angehört“,292 erklärte Savigny in der 1814 veröffentlichten Programmschrift der historischen Rechtsschule („Vom Beruf unserer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft“). Das Zitat lässt bereits erahnen, dass im Laufe der Zeit die dogmatisch-konstruktiven Ansätze dieser Bewegung über die historisch-deskriptiven dominieren sollten. Die Lehre vom abstrakten dinglichen Vertrag ist in erster Linie Ausdruck Savignys Schöpfergeistes, nicht seiner „streng historischen Methode“.293

Felgentraeger, Savignys Einfluß auf die Übereignungslehre (1927), 32. Zur Aufnahme von Hugos Kritik in der deutschen Rechtswissenschaft des beginnenden 19. Jh. s. Felgentraeger, Savignys Einfluß auf die Übereignungslehre (1927), 23 f. 291 Hölder, Pandekten (1891), 14. 292 Savigny, Vom Beruf unsrer Zeit, 117. 293 Savigny, Vom Beruf unsrer Zeit, 117. 289 290

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II. Die Lehre vom abstrakten dinglichen Vertrag Wann genau die Lehre vom abstrakten dinglichen Vertrag geboren wurde, ist nicht bekannt. Aus Vorlesungsmitschriften der Brüder Grimm wissen wir jedenfalls, dass Savigny im Wintersemester 1803/04 in Marburg noch die auf den derivativen Eigentumserwerb beschränkte titulus-Lehre vortrug, jedoch entgegen Hugo mit den Hinweis, der titulus müsse nicht in einer der traditio vorausgehenden Obligation bestehen, sondern könne vielmehr mit der traditio in einem Akt verbunden sein.294 Als Beispiel nannte er hier bereits die Handschenkung, ein später immer wieder gebrauchtes Element seiner Argumentation. Im Zusammenhang mit eben diesem Beispiel definierte er im Wintersemester 1815/16295 die iusta causa traditionis als „Absicht des Eigentümers, mit der Tradition das Eigentum zu übertragen“. Dies sei „der allgemeine Begriff von justa causa, der bei allen Geschäften in allen Fällen“ passe. Auch lehrte er hier bereits, dass „jede Tradition ihrer Natur nach ein wahrer Vertrag“ sei, und zwar „ein wahrer dinglicher Vertrag, ein Vertrag des Sachenrechts“. Obschon wir hier bereits die wesentlichen Bestandteile seiner Lehre verwirklicht sehen, ließ Savigny sie noch 25 Jahre reifen, bevor er sie 1840 in seinem „System des heutigen Römischen Rechts“ erstmals unter eigenem Namen veröffentlichte. Und selbst hier äußert er sich noch nicht zur Frage der Abhängigkeit der traditio von einem Kausalgeschäft; selbst bei der Behandlung der Antinomie (Jul. D. 41.1.36 – Ulp. D. 12.1.18 pr.)296 lässt er sie offen. Lediglich die Figur des dinglichen Vertrages wird hergeleitet und begründet, allerdings in einer die Methode Savignys kennzeichnenden Weise: Zunächst werden die Wesensmerkmale des Vertragsbegriffs bestimmt und die Tradition darunter subsumiert. Dann werden mögliche Einwände entkräftet und schließlich wird die Schlüssigkeit der Lehre anhand von Beispielen – unter anderem mit dem der Handschenkung an einen Bettler – veranschaulicht.297 Bei alledem findet sich kein einziger Quellenverweis. Erst einige Seiten später298 „belegt“ er anhand von Ulpians allgemeiner Vertragsdefinition299 die Quellenverträglichkeit seiner Lehre, macht aber sogleich deutlich, dass es gar nicht darauf ankomme, wie die Römer den Begriff gebrauchten. Entscheidend sei vielmehr, heute den „Vertrag“ als das Gemeinsame von Obligation, Felgentraeger, Savignys Einfluß auf die Übereignungslehre (1927), 27 ff.; vgl. aber Jakobs, SZ 119 (2002), 281 ff., der Hugo die Rolle eines Vorarbeiters bei der Entwicklung der Theorie vom dinglichen Vertrag zuschreibt. 295 Vorlesungen über das Pandektenrecht, Mitschrift von G. C. Burchardi, bei Felgentraeger, Savignys Einfluß auf die Übereignungslehre (1927), 32 ff. 296 Savigny, System IV (1841), 157 ff.: Die Besprechung der Antinomie erfolgt hier nur zur Verdeutlichung der Vertragsnatur der Schenkung. 297 Savigny, System III (1840), 312 ff. 298 Savigny, System III (1840), 315. 299 Ulp. D. 2.14.1.2: Et est pactio duorum pluriumve in idem placitum et consensus. 294

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Ehe, Tradition usw. anzuerkennen. Dieser „deutsche Kunstausdruck“ sei nämlich „so geschickt und bequem, dass es unnatürlich wäre, den Vorteil zu versäumen, den uns der Besitz eines passenden Ausdrucks für einen wichtigen Rechtsbegriff darbietet“.300 Das klassische römische Recht tritt damit hinter dogmatische Zweckmäßigkeitserwägungen zurück. Zur Frage der kausalen Verknüpfung der traditio nimmt Savigny erst 1853 im zweiten Band seines Obligationenrechts Stellung. Dort heißt es, die Tradition übertrage das Eigentum „durch den übereinstimmenden Willen beider handelnden Personen“. Dies werde „wörtlich eben so (…) ausgedrückt in einer Stelle des Gaius301 und in einer Stelle der Institutionen,302 die nur den Willen erfordern, und von einer justa causa daneben kein Wort sagen“.303 Weshalb einige Quellen304 dennoch eine iusta causa traditionis fordern, erklärt Savigny mit einem Vergleich mit der mancipatio: Dort sei die dingliche Einigung bereits in der Formel305 enthalten gewesen, weshalb es gar keiner iusta causa zur Verdeutlichung des Übereignungswillens bedurft habe. Bei der traditio hingegen sei eine ausdrückliche dingliche Einigung der Parteien „wenig üblich, (…) zu abstrakt, zu theoretisch für eine so naturale Handlung wie die Tradition. Um in zweifelhaften Fällen eine sichere Entscheidung zu finden“, so fährt er fort, „bleibt nichts übrig, als auf die umgebenden Umstände, Absichten, Zwecke zu sehen, auf dasjenige Rechtsgeschäft, mit welchem die Tradition in Verbindung steht, wodurch sie herbeigeführt worden ist. Eben dieses nun ist die wahre Bedeutung der justa causa, denn hieraus wird sich stets mit Sicherheit erkennen lassen, ob die Absicht auf Übertragung des Eigentums gerichtet war (wie bei Kauf oder Tausch) oder nicht (wie bei der Miete und dem Depositum).“306 Die Funktion der iusta causa traditionis beschränkt sich nach Savigny folglich darauf, „in zweifelhaften Fällen“ den Übereignungswillen bzw. die dingliche Einigung nachweisbar zu machen. Wir erinnern uns an Donellus, welcher ganz ähnlich erklärte: Nam si caussa praecedens requiritur solum, ut hinc declaratur voluntas transferentis. Es ist unwahrscheinlich, dass diese Parallele dem Zufall entspringt; die häufigen Verweise auf Donellus in Savignys Schriften307 und Vorlesungen308 zeugen von einer eingehenden Beschäftigung mit dessen Werk.

300

302 303 304 305 306 307 308 301

Savigny, System III (1840), 318. Gai. D. 41.1.9.3. Inst. 2.1.40 Savigny, Obligationenrecht II (1853), 257. Paul. D. 41.1.31.pr; Gai. 2.20; Ulp. Epit. 19. 7. Gai. 1.119. Savigny, Obligationenrecht II (1853), 258 f. Recht des Besitzes (1803), 18 f.; System III (1840), 314a. Felgentraeger, Savignys Einfluß auf die Übereignungslehre (1927), 31 (Vorlesungsmitschrift W. Grimms, in welcher Savigny insbesondere das “System” des comm. jur. civ. lobt. Hier klingt bereits die Bewunderung für Donellus’ Hang zur Konstruktion an,

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Erster Teil: iusta causa traditionis

III. Übernahme der Lehre Savignys durch die Rechtswissenschaft Auffällig ist, dass Savigny seiner Erfindung des abstrakten dinglichen Vertrags, welche als revolutionäre Neuerung durchaus eines eigenen Werkes wert gewesen wäre, an keiner Stelle auch nur ein eigenes Kapitel widmete, sie vielmehr geradezu beiläufig erwähnte.309 In Band III seines Systems310 (1840) nennt er den dinglichen Vertrag lediglich als Beispiel neben den völkerrechtlichen, staatsrechtlichen, familienrechtlichen und obligatorischen Verträgen; später311 veranschaulicht er an seinem Beispiel die Rechtswirkungen des Irrtums. In Band II seines Obligationenrechts312 (1853) behandelt er die Frage der iusta causa traditionis lediglich im Rahmen des Problems der causa stipulationis. Durch diese Vorgehensweise verlieh Savigny seiner Lehre den Schein einer Selbstverständlichkeit, deren gesonderter Erwähnung es gar nicht bedürfe. Zweitens gelang ihm dadurch eine geschickte Verwebung der neuen Lehre in die allgemein anerkannte Dogmatik, gleich als habe er lediglich ein dem System immanentes Prinzip entdeckt.313 Nicht zuletzt hat die Lehre vom abstrakten dinglichen Vertrag ihren Erfolg der überragenden Autorität ihres Schöpfers zu verdanken. „An ihrer raschen Verbreitung und Aufnahme merken wir, wie in der wissenschaftlichen Welt die Blicke nach Berlin gerichtet waren und wie jedes Wort des Meisters als geprägte Münze genommen und weitergegeben wurde.“314 Unter seinen Jüngern finden sich Namen wie Regenbrecht315, Warnkönig316, Vangerow317, Puchta318, Dernburg319 und Windscheid320. Zwar war die Lehre niemals unbestritten,321 doch hielt sie welcher später auch für Savigny charakteristisch werden sollte); 34 (Vorlesungsmitschrift Burchardi). 309 Dies konstatierte bereits Strempel, Über die justa causa bei der Tradition (1856), 1. 310 § 140 und § 141 (S. 307 ff.). 311 Savigny, System III (1840), 354 f. 312 Savigny, Obligationenrecht II (1853), 254 ff. 313 Jakobs, SZ 119 (2002), 280 ff., sieht im abstrakten dinglichen Vertrag in der Tat eine Konsequenz des römischen Systems, nämlich der „Trennung des Erwerbsgeschäfts von der Rechtsgrundabrede“ (325). 314 Felgentraeger, Savignys Einfluß auf die Übereignungslehre (1927), 37. 315 Commentatio (1820). 316 AcP 6 (1823), 111–134. 317 Pandekten6 (1851), § 311. 318 Institutionen II10 (1893), 216 f. 319 Pandekten I7 (1902), 493 ff., jedoch mit Einschränkung: „Das Richtige ist, daß die Tradition zwar einen abstrakten Charakter haben kann, aber keineswegs immer hat.“ Als Beispiel einer abstrakten traditio nennt er daraufhin die traditio solvendi causa. 320 Lehrbuch des Pandektenrechts I9 (1906), § 1713. 321 Krückmann, Archiv für bürgerl. Recht 13 (1897), 1 ff.; Karlowa, Römische Rechtsgeschichte II (1901), 417 f.; Lenel, SZ 3 (1882), 114 f.; Strohal, JherJb 27 (1889), 335 ff.; weitere Nachweise bei Fuchs, Iusta causa traditionis (1952), 106 ff.

§ 3. Dogmengeschichtliche Entwicklung der causa-Lehre

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sich – zumindest in Deutschland – als „herrschende Meinung“ der Wissenschaft des römischen Rechts bis Anfang der dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts.322 IV. Schlussbemerkungen Die Gründe, weshalb im Verlauf der Dogmengeschichte aufgrund desselben Quellenmaterials diametral entgegengesetzte Traditionsmodelle entstanden sind, sind vielfältiger Natur. Doch schon von Beginn an spielten Systematisierungsbestrebungen eine große Rolle, um das Recht fassbarer und praxistauglicher zu machen. Dieser Umstand beeinträchtigte die originalgetreue Auslegung der klassischen Quellen. Ernst Immanuel Bekker323 hat das Problem mit epochenübergreifender Aussagekraft in die folgenden Worte gefasst: „Bei dem Ausbau der Lehre von den Zuwendungen und deren Causa begegnen wir denselben Schwierigkeiten, die uns von andern Stellen her bekannt sind: eine fotografische Reproduktion der Details des Römischen Rechts vermag den praktischen Anforderungen der Gegenwart nicht zu genügen; schärfere Ausprägung der Begriffe und konsequentere Durchführung der allgemeinen Regeln sind unerlässlich, um dem Recht einfache und übersichtliche Gestalt zu geben, wie wir für unsern Gebrauch sie fordern zu müssen glauben. Praxis und Theorie drängen nach demselben Ziele, wobei aber selbstverständlich die Meinungen der einzelnen Vertreter so der einen wie der anderen weit auseinander gehen. Ohne sanften Nachdruck der Gesetzgebung wird die erforderliche Einigkeit kaum zu gewinnen sein.“ Als Bekker diese Zeilen schrieb, lag der erste Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuchs dem Reichstag bereits vor. Die „erforderliche Einigkeit“ wurde – insbesondere aufgrund des bestimmenden Einflusses Bernhard Windscheids – im Sinne Savignys gewonnen und wirkt bekanntlich bis heute fort.324

Nach Felgentraeger, Savignys Einfluß auf die Übereignungslehre, 45, waren die Gegner des Dogmas im Jahr 1927 noch lediglich im Vordringen befindlich. Ehrhardt, Iusta causa traditionis, 1, erklärt 1930 die Frage als „heute noch nicht endgültig beantwortet“. Lange, Das kausale Element (1930), 64, bezeichnet die abstrakte Lehre als „herrschende Meinung“; gemäß Hupka, SZ 52 (1932), 14, war im Jahr 1932 „nach den jüngsten Erfahrungen ernstlich zu besorgen“, dass die kausale Theorie zur herrschenden Meinung werden würde. 323 System des heutigen Pandektenrechts II (1889), 150. 324 Das Abstraktionsprinzip ist nicht positiv im BGB verankert, ergibt sich aber aus dessen Schweigen hinsichtlich des Erfordernisses einer iusta causa. Vgl. für das Fahrnisrecht § 929 S. 1 BGB: „Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll.“ 322

§ 1. Die solutio in den Quellen

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zur usucapio.6 Was den Erwerb des quiritischen Eigentums durch traditio anbelangt, fehlt es indessen an ausdrücklichen Belegen zugunsten jener causa solvendi. In diesem Teil der Arbeit soll daher die Vergleichbarkeit mit den einschlägigen Stellen des Honorar- und Ersitzungsrechts (§ 3) sowie die Möglichkeit eines Umkehrschlusses aus den Stellen zur condictio indebiti (§ 2) geprüft werden, mit dem Ziel, den Wirkungsmechanismus der traditio solvendi causa offenzulegen. Da der Zweck dieses Traditionstyps in der solutio besteht, erscheint es angebracht, mit einem Kapitel über deren Bedeutung (§ 1) zu beginnen.

§ 1. D ie

solutio in den

Q uellen

A. solutio im engeren und im weiteren Sinne Während die iusta causa traditionis in den Quellen nie definiert und äußerst selten genannt oder problematisiert wird, finden sich solche Belege für die solutio in nicht unbeträchtlicher Zahl, auch über den Titel D. 46.3 (de solutionibus et liberationibus) hinaus. Die überlieferten Definitionen lassen den Begriff der solutio allerdings in zwei verschiedenen Bedeutungen erscheinen: D. 50.16.176 Ulpianus libro 45 ad Sabinum (…) Solvere dicimus eum, qui fecit, quod facere promisit.

Im engeren Sinne bedeutet solvere demnach das einfache Vollziehen der geschuldeten Leistung. Es handelt sich um den Standardfall der liberatio, d.h. der Befreiung des Schuldners von seiner Verbindlichkeit. Daneben stehen eine Reihe weiterer Befreiungsmöglichkeiten, die freilich weitaus seltener vorkommen, so etwa Erlass, Novation, Delegation, Aufrechnung, Konfusion und concursus causarum. Nur die solutio führt indes zur Verwirklichung des Schuldinhalts. Die solutio einer auf Eigentumsübertragung gerichteten Obligation besteht daher grundsätzlich7 in einer datio und diese wiederum zumeist in einer traditio (solvendi causa). Darüber hinaus findet sich der Begriff aber auch in einer weiten Fassung, nämlich als Synonym für liberatio, wodurch er alle übrigen Befreiungsgeschäfte mitumfasst:

6



7

D. 6.2.4; D. 41.3.48; D. 41.4.2 pr. Ob der erst nach usucapio oder consumptio nummorum eingetretene Erfüllungserfolg als solutio bezeichnet wurde, ist unklar. Vgl. dazu Kretschmar, Die Erfüllung (1906), 82 ff.

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Zweiter Teil: solutio als iusta causa traditionis

D. 50.16.47 Paulus libro 56 ad edictum Liberationis verbum eandem vim habet quam solutionis.

Paulus fand diese weite Definition offenbar im prätorischen Edikt zur actio iudicati vor. In seiner Kommentierung fährt er fort,8 den weiten Solutionsbegriff durch Abgrenzung von dem engeren zu beschreiben:9 D. 46.3.54 Paulus libro 56 ad edictum Solutionis verbum pertinet ad omnem liberationem quoquo modo factam magisque ad substantiam obligationis refertur, quam ad nummorum solutionem.

Paulus bekräftigt zunächst die Gleichsetzung von solutio und liberatio. Dies begründet er sodann mit der stärkeren Bezogenheit des Solutionsbegriffs auf die Verbindlichkeit selbst als auf die Zahlung von Geld. Solutio nummorum steht ersichtlich für die engere Begriffsfassung, da sie die konkrete Verwirklichung des Obligationsinhalts darstellt. Ferner scheint es sich hierbei um einen feststehenden Ausdruck gehandelt zu haben; in der engen Bedeutung war solutio zur Zeit der Kommentierung demnach allgemein bekannt. Erklärungsbedarf bestand hingegen hinsichtlich der im Edikt verwendeten weiten Fassung, welche folglich in spätklassischer Zeit nicht mehr ohne weiteres verständlich war. Hier zeichnet sich bereits die Richtung der Begriffsentwicklung ab: Stand solutio einst für Befreiung/Lösung, bezeichnete sie später in erster Linie die hierauf gerichtete Leistung.10 In ihrer ursprünglichen Bedeutung wird die solutio von Paulus mit der substantia obligationis in Verbindung gebracht. Das ‚Wesen der Obligation‘ besteht ihm zufolge in der Verpflichtung, etwas zu geben, zu tun oder zu leisten.11 Die Obligation erscheint somit als rechtliches Band,12 auf dessen Lösung die solutio bezogen ist.

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Lenel, Pal. I, 1073. Ebenso Ulp. D. 42.1.4.7: Solvisse accipere debemus non tantum eum, qui solvit, verum omnem omnino, qui ea obligatione liberatus est, quae ex causa iudicati descendit. 10 Steiner, Datio in solutum (1914), 28 f. 11 Paul. D. 44.7.3 pr.: Obligationum substantia non in eo consistit, ut aliquod corpus nostrum aut servitutem nostram faciat, sed ut alium nobis obstringat ad dandum aliquid vel faciendum vel praestandum. 12 Inst. 3.13 pr.: obligatio est iuris vinculum (…). In der philosophischen Literatur begegnet iuris vinculum etwa bei Cic. De fin. 3.20.67 = v. Arnim, Stoicorum Veterum Fragmenta III Nr. 371. 9

§ 1. Die solutio in den Quellen

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B. Zu den Ursprüngen der solutio mit einem Exkurs zum Konträraktsprinzip Im archaischen Recht wird man sich dieses Band als ein tatsächliches vorzustellen haben, wodurch die Gegensätze ligare und solvere an Brisanz gewinnen.13 Der bereits verhaftete und gefesselte Schuldner war demnach angewiesen auf Auslösung und Entfesselung durch einen Dritten.14 Hinter dem an die mancipatio erinnernden Ritual der solutio per aes et libram15 steckt denn möglicherweise auch die Idee des Freikaufs.16 Ihre Formel zeigt indes, dass die Praxis der Drittlösung bereits im alten Zivilrecht derjenigen der Selbstlösung gewichen war: Gai. 3.174: (…) Quod ego

tibi tot milibus condemnatus sum, me eo nomine a te solvo li-

beroque hoc aere aeneaque libra. do, secundum legem publicam.

Hanc tibi libram primam postremamque expen(…)

Aus der Passage me eo nomine a te solvo geht hervor, dass es der Schuldner selbst ist, der seine Haftung löst. Dies setzt voraus, dass er hierzu noch in der Lage war, anstelle der bestehenden folglich eine erst drohende Verhaftung abwandte, nämlich durch Zahlung einer im Haftungsgeschäft vereinbarten oder durch den Richter festgesetzten Lösungssumme. Vor der Einführung der Münzprägung17 wurde diese mittels zuzuwiegenden Kupfers beglichen. Die solutio per aes et libram war daher nicht nur formelles Befreiungs-, sondern auch materielles Erfüllungsgeschäft. Als später die Waage ihre Funktion einbüßte, weil die Schuldsumme in Form geprägter Münzen hingezählt wurde (adnumeratio), verschwand das Element der materiellen Erfüllung aus dem Formalakt. Symbolisch berührte der Schuldner fortan die Waage mit einer Münze, welche er sodann dem Gläubiger übergab. Dennoch behielt die nunmehr ausschließlich formale solutio per aes et libram ihre schuld-

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Zu dieser alten Bedeutung von solutio vgl. Gai. D. 50.16.48: Solutum non intellegimus eum, qui, licet vinculis levatus sit, manibus tamen tenetur: ac ne eum quidem intellegimus solutum, qui in publico sine vinculis servatur. 14 Zur Theorie der Drittlösung vgl. Koschaker, SZ 37 (1916), 353 ff.; Kaser, Das altrömische ius (1949), 240 ff.; ders., RP I (1971), 172; Liebs, in: Sympotica Wieacker (1970), 128 ff. 15 Gai. 3.174: Adhibentur non minus quam quinque testes et libripens; deinde is, qui liberatur, ita oportet loquatur:(…) Deinde asse percutit libram eumque dat ei, a quo liberator, veluti solvendi causa. 16 Steiner, Datio in solutum (1914), 21 f., 26 f.; zu der sich anschließenden Frage der Rückgriffshaftung vgl. Koschaker, SZ 37 (1916), 361 ff. 17 Wohl zu Beginn des 3. Jh. v. Chr., vgl. Nelson/Manthe, Studia Gaiana VIII (1999), 409 ff.

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Zweiter Teil: solutio als iusta causa traditionis

befreiende Kraft. Wie die acceptilatio18 nahm sie als imaginaria solutio19 die Rolle eines Erlassvertrages ein. Wann daneben die formlose Erbringung der geschuldeten Leistung als solutio mit Befreiungswirkung anerkannt wurde, ist eine vieldiskutierte Frage, deren Beantwortung mangels klarer Quellenbelege weitgehend auf Spekulationen beruhen muss. In der Diskussion spielt regelmäßig auch die folgende, äußerst umstrittene Stelle eine Rolle:20 D. 46.3.80 Pomponius libro quarto ad Quintum Mucium Prout quidque contractum est, ita et solvi debet: ut, cum re contraxerimus, re solvi debet: veluti cum mutuum dedimus, ut retro pecuniae tantundem solvi debeat. Et cum verbis aliquid contraximus, vel re vel verbis obligatio solvi debet, verbis, veluti cum acceptum promissori fit, re, veluti cum solvit quod promisit. Aeque cum emptio vel venditio vel locatio contracta est, quoniam consensu nudo contrahi potest, etiam dissensu contrario dissolvi potest.

Das Fragment stammt aus dem vierten Buch des Pomponius zu den libri iuris civilis des republikanischen Juristen Quintus Mucius Scaevola. Der Text beginnt mit der Formulierung einer Regel, welche sodann anhand einiger Beispiele veranschaulicht wird. Die Regel besagt, dass alles so, wie es kontrahiert worden sei, auch aufgelöst werden müsse;21 es handelt sich um das von Jhering22 so genannte Gesetz der Korrespondenz der Form. Dem entspricht auch das erste Beispiel: Wird eine Verpflichtung durch Darlehenshingabe (obligatio re) geschaffen, muss sie durch die Rückzahlung des gleichen Betrags (solutio re) wieder aufgelöst werden. Gegenstand des zweiten Beispiels ist die Verbalobligation, d.h. eine durch förmliches Versprechen begründete Verbindlichkeit. Die Lösung einer solchen Obligation müsste gemäß der vorangestellten Regel ebenfalls verbis, durch förmliche Worte, erfolgen, nämlich in Form der acceptilatio. Diese wird auch erwartungsgemäß genannt, allerdings nicht allein: Als weitere Möglichkeit der Befreiung von einer Verbalobligation nennt der Text die Erbringung der versprochenen Leistung 18

Gai. 3.169 ff. Gai. 3.173: Est etiam alia species imaginariae solutionis, per aes et libram; quod et ipsum genus certis in causis receptum est, veluti si quid eo nomine debeatur, quod per aes et libram gestum est, sive quid ex iudicati causa debeatur. 20 Vgl. Kretschmar, Die Erfüllung (1906), 9 ff.; Solazzi, L’estinzione dell’obbligazione (1935), 16 f.; Grosso, Il sistema romano dei contratti (1963), 106 ff.; Knütel, Contrarius Consensus (1968), 10 ff.; Cannata, FG Lübtow (1970), 439 ff.; ders., in: Études Ankum (1995), 60 ff.; Gallo, Synallagma e conventio nel contratto I (1992), 23 ff.; Wunner, Contractus (1964), 57 ff.; Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 50; Saccoccio, Si certum petetur (2002), 153 ff.; und insbesondere die eingehende Exegese von Fiori, Studii Labruna III (2007), 1955 ff. 21 Vgl. auch Ner. D. 2.14.58; Pap. D. 41.2.46; Ulp. D. 46.4.8.3; D. 50.17.35; Gai. D. 50.17.100; Paul. D. 50.17.153. 22 Geist II/29 (1898/1968), 626. 19

§ 1. Die solutio in den Quellen

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(cum solvit quod promisit). Schließlich dienen als drittes Beispiel die Konsensualverträge Kauf/Verkauf und Verdingung, welche durch einfachen Konsens sowohl geschlossen als auch aufgehoben werden können. Jedenfalls die im zweiten Beispiel genannte Möglichkeit der solutio re einer obligatio verbis steht in Widerspruch zu dem Prinzip formaler Korrespondenz zwischen Begründungs- und Lösungsakt.23 Der Aufbau des Fragments legt nahe, dass es sich bei der vorangestellten Regel (prout – debet) um einen althergebrachten Rechtssatz handelt, welchen nun der Verfasser des Textes anhand des Rechts seiner Zeit zu veranschaulichen versucht. Dieses Recht – so lässt sich aufgrund der Nennung der solutio re mit Sicherheit sagen – erkennt bereits die Befreiungswirkung der formlosen solutio an. Die hier interessierende Frage nach dem Zeitpunkt dieser Anerkennung hängt folglich davon ab, wem der Text inhaltlich zuzuschreiben ist. Insbesondere die Zulassung der Realsolution im Rahmen der Verbalobligation wurde als byzantinischer oder zumindest nachklassischer Einschub angesehen, da ein solch offensichtlicher Widerspruch zur vorangestellten Regel einem klassischen Juristen nicht zuzutrauen sei.24 Es handelt sich hierbei aber um lediglich formale Einwände; von niemandem wird die Befreiungswirkung der formlosen solutio für die klassische Zeit bestritten. Zu zahlreich sind die Zeugnisse, nach welchen einer einfachen Erfüllungshandlung obligationstilgende Kraft zuerkannt wird.25 Gerade Verbalobligationen wie die stipulatio wurden häufiger durch Erbringung der geschuldeten Leistung denn durch acceptilatio gelöst.26 Das Korrespondenzprinzip kann von den klassischen Juristen mithin nicht als abschließende, positivrechtliche Norm verstanden worden sein. Dies bestätigen auch die 23

Gleiches gilt auch für das Beispiel der Konsensualverträge, sieht man durch die Verwendung von potest anstelle von debet die Öffnung für Alternativen angedeutet. 24 Perozzi, Studi Schupfer (1898/1975), 180 ff.; Beseler, Beiträge III (1913), 24; Brasiello, Studi Bonfante II (1930), 563 f.; Solazzi, L’estinzione dell’obbligazione (1935), 16 f.; Kaser, SZ 70 (1953), 160 f.; Knütel, Contrarius Consensus (1968), 15: „ein von mehreren Bearbeitern geformter nachklassischer Schultraktat”; Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 50; Gallo, Synallagma e conventio nel contratto I (1992), 29 f. Entgegen Gallo 2712 stellt die Verwendung von solvere im Sinne von ‚leisten’ (cum solvit quod promisit) anstelle von ‚lösen’ kein Interpolationsindiz dar. Erstens ist es in dieser Bedeutung eben kein Fremdkörper in fr. 80: In der Wendung pecuniae tantundem solvi debeat steht solvi ebenfalls für ‚leisten’. Zweitens ist solvere im Corpus Iuris deutlich häufiger im Sinne von ‚leisten’ denn von ‚lösen’ belegt, dazu s.u. Anm. 25. 25 Vgl. nur VIR V, 612 ff., wonach solvere bzw. solutio in der weit überwiegenden Zahl für die einfache Leistungserbringung steht. 26 Pomponius selbst bestätigt die Wirksamkeit der „natürlichen“ solutio neben der „zivilen“ acceptilatio in D. 46.3.107: Verborum obligatio aut naturaliter resolvitur aut civiliter: naturaliter veluti solutione aut cum res in stipulationem deducta sine culpa promissoris in rebus humanis esse desiit: civiliter veluti acceptilatione vel cum in eandem personam ius stipulantis promittentisque devenit.

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Zweiter Teil: solutio als iusta causa traditionis

anderen Stellen, welche das Prinzip referieren;27 keine derselben schließt weitere Befreiungsformen neben dem actus contrarius aus.28 Pomponius hat die zwingende Formulierung der Regel daher möglicherweise unverändert aus dem Werk des Quintus Mucius entnommen.29 Daraus wiederum wird bisweilen geschlossen, zu dessen Zeit30 habe das Konträraktsprinzip noch in Reinform bestanden.31 Allerdings ist bereits zweifelhaft, ob dies überhaupt jemals der Fall war: Dem Bericht des Gaius zufolge fand die solutio per aes et libram nicht nur auf Verbindlichkeiten aus Libralgeschäft, sondern etwa auch auf solche aus Damnationslegat oder Urteil Anwendung.32 Die acceptilatio diente auch der Befreiung von Schulden aus dotis dictio33 und promissio iurata,34 obwohl bei der Begründung dieser Obligationen – im Gegensatz zur acceptilatio – nur eine Partei spricht. Umgekehrt ist unwahrscheinlich, dass die acceptilatio die einzige Erfüllungsform für Schulden aus sponsio/stipulatio gewesen sein soll. Das förmliche Versprechen war nämlich unmittelbar auf dare facere praestare gerichtet, stellt also unmittelbar auf die Leistung ab und bezeugt damit „die materiellrechtliche Denkweise gerade der älteren Jurisprudenz“.35 Der Weg für die Anerkennung der Befreiungswirkung der formlosen solutio wurde geebnet durch die Wandlung von der Fremdlösung zur Selbstlösung, von der unbedingten zur bedingten Haftung im Sinne eines iuris vinculum.36 Konnte die Obligation als solche im Prozess geltend gemacht werden, musste ihr Erlöschen mehr von der Verwirklichung ihres Inhalts als von der Wahrung einer Form abhängen.37 Die ersten Fälle einer solchen verselbständigten, bedingten Haftung traten wohl im Deliktsrecht auf in der Form richterlich festgesetzter Kompositionen.38 Lange vor der Zeit des Quintus Mucius bestand folglich für eine zunehmende Zahl von Obligationen die Möglichkeit, Befreiung auch 27

S.o. Anm. 21. Besonders deutlich wird die Unverbindlichkeit der Regel bei Paul. D. 50.17.153: Fere quibuscumque modis obligamur, isdem in contrarium actis liberamur (…). 29 D. 46.3.80 wird Quintus Mucius daher von einigen (Voci, La dottrina romano del contratto [1946], 80 ff.; Gallo, Synallagma e conventio nel contratto I [1992], 33 ff.; Fiori, Studii Labruna III [2007], 1957 ff.) vollständig, von anderen (Kretschmar, Die Erfüllung [1906], 9 ff.; Sargenti, ED XXXI s.v. pagamento, 5336; Liebs, in: Sympotica Wieacker [1970], 150162;Cannata, FG Lübtow [1970], 440 ff.; ders., in: Études Ankum [1995], 60 f.) teilweise zugeschrieben. 30 Quintus Mucius bekleidete das Konsulat 95 v. Chr. und verstarb 82 v. Chr. 31 Kretschmar, Die Erfüllung (1906), 9 ff. 32 Gai. 3.173–175. 33 Ulp. D. 23.3.36 und 38; Paul. D. 23.3.41.4. 34 Ulp. D. 46.4.13 pr. 35 Liebs, in: Sympotica Wieacker (1970), 135108. 36 Steiner, Datio in solutum (1914), 27, 45; Koschaker, SZ 37 (1916), 363. 37 Liebs, in: Sympotica Wieacker (1970), 131, 134 f. 38 Steiner, Datio in solutum (1914), 44 f.; Koschaker, SZ 37 (1916), 365 ff. 28

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ohne die Einhaltung einer bestimmten, etwa der im Begründungsgeschäft gewahrten, Form zu erlangen. Man wird den Ausgangspunkt dieser Tendenz daher nicht – gestützt auf das Konträraktsprinzip – erst in der Anerkennung der obligatio re zu suchen haben, welcher als Gegenstück die formlose solutio re entspricht.39 Die Entwicklung der formlosen solutio verlief vielmehr unabhängig von dieser Regel, welche zur Zeit des Quintus Mucius ebenso wenig volle Gültigkeit beanspruchen konnte wie zur Zeit der klassischen Jurisprudenz. D. 46.3.80 hat mithin keine Aussagekraft hinsichtlich des Zeitpunktes der Anerkennung der formlosen solutio. Dennoch bleibt interessant, warum das Konträraktsprinzip hier und in vielen anderen Stellen zitiert wird, obwohl es nicht dem geltenden Recht entsprach. Die Übereinstimmung von Lösungs- und Begründungsakt erscheint als eine rechtliche Projektion natürlicher Symmetrie.40 Als solche war sie gerade bei den „für die Solennisierung der sozialen Ordnung besonders empfänglichen Römern“ besonders geeignet, einzelne Entscheidungen oder neue Rechtsinstitute naturphilosophisch – möglicherweise sogar magisch – zu untermauern.41 Die gesetzesgleiche Formulierung des Prinzips in fr. 80 wurde zuletzt von Fiori42 – gestützt auf den palingenetischen Kontext43 und die entsprechende Basilikenstelle44 – mit einer Interpretation des ‚solvere obligationem‘ im Sinne eines Schuldenerlasses erklärt: Wie eine Verbindlichkeit eingegangen wurde, so muss sie auch erlassen werden können.45 Gegen eine solche Deutung spricht die Nennung der solutio re, welche der Autor des Textes ausweislich des Beispiels der Darlehensrückzahlung gerade nicht als Erlass-, sondern als Erfüllungsgeschäft verstanden wissen wollte. Dass hinter der solutio re ursprünglich ein Bezug zu dem Erlassgeschäft der solutio per aes et libram gestanden habe, ist nicht sinnvoll begründbar.46 Es spricht daher mehr dafür, die richtige Erklärung nicht auf der juristischen, sondern auf der rhe39

So aber Kretschmar, Die Erfüllung (1906), 15 f.; Sargenti, ED XXXI s.v. pagamento, 533 f.; dagegen: Steiner, Datio in solutum (1914), 44; Solazzi, L’estinzione dell’obbligazione (1935), 15 ff. 40 Vgl. Ulp. D. 50.17.35: Nihil tam naturale est quam eo genere quidque dissolvere, quo colligatum est. Ideo verborum obligatio verbis tollitur: nudi consensus obligatio contrario consensu dissolvitur. 41 Liebs, in: Sympotica Wieacker (1970), 150. 42 Studii Labruna III (2007), 1968 ff. 43 Lenel, Pal. II, 635: liberatio legata (= Vermächtnis, durch welches dem Bedachten eine Schuld erlassen wird). 44 B. 26.5.80: Hier steht katabolh für den Erlass einer Schuld. 45 Ähnlich bereits Beseler, Beiträge III (1913), 24 (solvere = rückgängig machen). 46 Fiori, Studii Labruna III (2007), 1972, versucht diese These zu stützen, indem er Quintus Mucius eine – freilich nicht mehr überlieferte – Rückschau auf das alte ius civile und dessen Parallelen zum „modernen“ mutuum unterstellt. Hier falle das Libralgeschäft des nexum ins Auge, welchem der Erlass mittels solutio per aes et libram entsprochen habe. Gegen diese Erklärung ist einzuwenden, dass die solutio per aes et

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Zweiter Teil: solutio als iusta causa traditionis

torischen Ebene zu erkennen und die gesetzesgleiche Formulierung als Ausdruck der bei Quintus Mucius hervortretenden stoischen Methode der Bildung von Allgemeinbegriffen aufzufassen.47

C. solutio in der Bedeutung traditio solvendi causa Nach diesem Exkurs in die Begriffsgeschichte lässt sich die Entwicklung der solutio zusammenfassend in drei Schritten skizzieren: Ursprünglich stand sie für die Lösung der Fesseln des verhafteten Schuldners durch einen Dritten. Nachdem das unmittelbare Zugriffsrecht des Gläubigers auf die Person des Schuldners abgelöst wurde durch eine bedingte Haftung, wurde die solutio zur Lösung des nur mehr rechtlichen Bandes der Obligation. Da dies gewöhnlich durch Verwirklichung des Schuldinhalts geschah, wurde solutio immer häufiger als Synonym für die Erbringung der geschuldeten Leistung gebraucht. In dieser Bedeutung wurde solutio in klassischer Zeit am häufigsten verwendet.48 Mit der Konzentration auf die Leistung ging jedoch ein weiterer, sozusagen der vierte, Entwicklungsschritt des Solutionsbegriffs einher, nämlich seine Abstraktion vom Bestand der zugrunde liegenden Obligation. Erst nachdem der Gebrauch von solvere auch unabhängig von einem Erfüllungserfolg anerkannt war, bot sich der Begriff auch für die Beschreibung der Leistung auf eine Nichtschuld an.49 Der Ausdruck solutio indebiti wäre zuvor ein Widerspruch in sich gewesen, da es ohne Schuld nichts zu erfüllen gibt. In ihrer neuen Bedeutung hat sich die solutio von der schuldrechtlich definierten liberatio entfernt und sich inhaltlich stark der numeratio angenähert.50 Von Letzterer unterscheidet sich die solutio jedoch durch die Implikation eines wenigstens psychologischen Bezugs zu einer Schuld als Leistungsgrund. Somit meint solutio auch nach der neuen Bedeutung nicht die farblose Leistung, sondern stets die Leistung zum Zwecke der Erfüllung einer Ver-

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libram (= nexi liberatio) in Bezug auf das nexum gerade nicht als Erlass, als imaginaria solutio, sondern als echtes Haftungslösungsgeschäft fungierte. Liebs, in: Sympotica Wieacker (1970), 150 f. Vgl. nur die zahlreichen Nachweise im VIR V, 613–626 zu solvere in der Bedeutung dependere, dare, praestare, numerare, im Vergleich zu den Nachweisen zu solvere in der Bedeutung dissolvere, dirimere, rescindere, tollere (612 f.). Vgl. auch die Zusammenstellung der einschlägigen Stellen bei Steiner, Datio in solutum (1914), 285. Gai. 3.91; Paul. D. 3.5.22; Gai. 4.4.25 pr.; Paul. D. 12.6.13; Pomp. D. 12.6.19 pr.; Ulp. D. 12.6.26.9; Afr. D. 12.6.38.1; Jav. D. 12.6.46; Cels. D. 12.6.47; Ulp. D. 15.3.3.1; Pap. D. 46.3.94.3, Diokl./Max. C. 4.5.6; betreffend Naturalobligationen: Paul. D. 35.2.1.17; Paul. D. 35.2.21 pr.; Pomp. D. 36.1.49; Marcian. D. 36.1.66 pr.; Pap. D. 36.2.25.1; Marcell. D. 39.5.20.1. Vgl. Marc. D. 46.3.49: Solutam pecuniam intellegimus utique naturaliter, si numerata sit creditori.

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torischen Ebene zu erkennen und die gesetzesgleiche Formulierung als Ausdruck der bei Quintus Mucius hervortretenden stoischen Methode der Bildung von Allgemeinbegriffen aufzufassen.47

C. solutio in der Bedeutung traditio solvendi causa Nach diesem Exkurs in die Begriffsgeschichte lässt sich die Entwicklung der solutio zusammenfassend in drei Schritten skizzieren: Ursprünglich stand sie für die Lösung der Fesseln des verhafteten Schuldners durch einen Dritten. Nachdem das unmittelbare Zugriffsrecht des Gläubigers auf die Person des Schuldners abgelöst wurde durch eine bedingte Haftung, wurde die solutio zur Lösung des nur mehr rechtlichen Bandes der Obligation. Da dies gewöhnlich durch Verwirklichung des Schuldinhalts geschah, wurde solutio immer häufiger als Synonym für die Erbringung der geschuldeten Leistung gebraucht. In dieser Bedeutung wurde solutio in klassischer Zeit am häufigsten verwendet.48 Mit der Konzentration auf die Leistung ging jedoch ein weiterer, sozusagen der vierte, Entwicklungsschritt des Solutionsbegriffs einher, nämlich seine Abstraktion vom Bestand der zugrunde liegenden Obligation. Erst nachdem der Gebrauch von solvere auch unabhängig von einem Erfüllungserfolg anerkannt war, bot sich der Begriff auch für die Beschreibung der Leistung auf eine Nichtschuld an.49 Der Ausdruck solutio indebiti wäre zuvor ein Widerspruch in sich gewesen, da es ohne Schuld nichts zu erfüllen gibt. In ihrer neuen Bedeutung hat sich die solutio von der schuldrechtlich definierten liberatio entfernt und sich inhaltlich stark der numeratio angenähert.50 Von Letzterer unterscheidet sich die solutio jedoch durch die Implikation eines wenigstens psychologischen Bezugs zu einer Schuld als Leistungsgrund. Somit meint solutio auch nach der neuen Bedeutung nicht die farblose Leistung, sondern stets die Leistung zum Zwecke der Erfüllung einer Ver-

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libram (= nexi liberatio) in Bezug auf das nexum gerade nicht als Erlass, als imaginaria solutio, sondern als echtes Haftungslösungsgeschäft fungierte. Liebs, in: Sympotica Wieacker (1970), 150 f. Vgl. nur die zahlreichen Nachweise im VIR V, 613–626 zu solvere in der Bedeutung dependere, dare, praestare, numerare, im Vergleich zu den Nachweisen zu solvere in der Bedeutung dissolvere, dirimere, rescindere, tollere (612 f.). Vgl. auch die Zusammenstellung der einschlägigen Stellen bei Steiner, Datio in solutum (1914), 285. Gai. 3.91; Paul. D. 3.5.22; Gai. 4.4.25 pr.; Paul. D. 12.6.13; Pomp. D. 12.6.19 pr.; Ulp. D. 12.6.26.9; Afr. D. 12.6.38.1; Jav. D. 12.6.46; Cels. D. 12.6.47; Ulp. D. 15.3.3.1; Pap. D. 46.3.94.3, Diokl./Max. C. 4.5.6; betreffend Naturalobligationen: Paul. D. 35.2.1.17; Paul. D. 35.2.21 pr.; Pomp. D. 36.1.49; Marcian. D. 36.1.66 pr.; Pap. D. 36.2.25.1; Marcell. D. 39.5.20.1. Vgl. Marc. D. 46.3.49: Solutam pecuniam intellegimus utique naturaliter, si numerata sit creditori.

§ 1. Die solutio in den Quellen

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bindlichkeit. Eine solche Leistung ist auch die traditio solvendi causa; hier stellt die Schulderfüllung (solutio i.w.S.) den Zweck der Übereignung dar.

D. Zum Begriff der causa solvendi Von der traditio donandi, credendi oder vendendi causa unterscheidet sich die traditio solvendi causa insbesondere dadurch, dass der wirtschaftliche Rechtfertigungsgrund der Übereignung im Dunkeln bleibt; die Zweckbestimmung „um zu erfüllen“ sagt nichts über die konkrete Obligation aus. Es erscheint daher durchaus fragwürdig, ob die Erfüllung als ein im Vergleich zu Kauf, Schenkung oder Darlehen abstrakter Verfügungszweck eine iusta causa traditionis darstellen kann. Wirtschaftlicher Rechtfertigungsgrund der traditio solvendi causa ist die zu erfüllende Obligation. Davon zu trennen ist die Frage, welches Element entscheidend für die Wirksamkeit der traditio solvendi causa ist. Die vorherrschende Ansicht stellt hierbei auf die mit der Übergabe einhergehende Zweckvereinbarung über den schuldbefreienden Charakter der Übereignung ab und bezeichnet diese überwiegend51 mit dem Begriff der causa solvendi, welcher der Terminologie der Quellen zum Erfüllungszweck entspricht52 und daher vorzugswürdig ist gegenüber dem Ausdruck causa solutionis,53 welcher in den Digesten nur an drei Stellen54 vorkommt. Die Besonderheit dieser causa solvendi besteht – wie oben bereits 51

Kaser, RP I (1971), 417; ders., BIDR 64 (1961), 69 ff.; Honsell/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht4 (1987), 15819; Kupisch, Ungerechtfertigte Bereicherung (1987), 17 ff.; ders. in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà II (1991), 447, stellt causa solutionis und causa solvendi als offenbar gleichwertig nebeneinander, benutzt aber im Folgenden causa solvendi, bisweilen auch solutio; Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 55; Pool, Een kwestie van titels (1995), 51; Behrends, in: Labruna, Tradere (1998), 5940; Schermaier, SZ 115 (1998), 25590. Andere Autoren verwenden causa solvendi im Sinne des „zu lösenden Rechtsgrundes“, d.h. der zugrunde liegenden Obligation: Wacke, BIDR 79 (1976), 132; ders. in SZ 109 (1992), 433; Jakobs, SZ 119 (2002), 298, 308. 52 Jul. D. 12.1.19.1 (solvendi causa dederit); Jul. D. 12.1.20 (quia ex solvendi causa magis daretur); Jul. D. 41.3.33.3 (cedendo mihi possessione, si solvendi causa id fecerit); Pomp. D. 13.6.13.2 (veluti cum per errorem indebitum solvendi causa datur); Gai. D. 16.1.5 (pecuniam solvendi causa numeret); Gai. 3.174 (veluti solvendi causa); Paul. D. 6.2.4 (vel solvendi causa); vgl. auch Pap. D. 50.16.218. 53 Diesen verwenden jedoch: Fuchs, Iusta causa traditionis (1952), 117; Wubbe, TR 32 (1964), 559; Pugliese, in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà I (1991), 54; Harke, Si error aliquis intervenit (2005), 114; Cortese, Indebiti solutio ed arricchimento ingiustificato (2009), 119 ff. 54 Stets im Zusammenhang mit dem solutionis causa adiectus: Jul. D. 45.1.56.2; Marc. D. 46.1.23; Paul. D. 46.3.98.5; vgl. ferner PS 12.8.

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bindlichkeit. Eine solche Leistung ist auch die traditio solvendi causa; hier stellt die Schulderfüllung (solutio i.w.S.) den Zweck der Übereignung dar.

D. Zum Begriff der causa solvendi Von der traditio donandi, credendi oder vendendi causa unterscheidet sich die traditio solvendi causa insbesondere dadurch, dass der wirtschaftliche Rechtfertigungsgrund der Übereignung im Dunkeln bleibt; die Zweckbestimmung „um zu erfüllen“ sagt nichts über die konkrete Obligation aus. Es erscheint daher durchaus fragwürdig, ob die Erfüllung als ein im Vergleich zu Kauf, Schenkung oder Darlehen abstrakter Verfügungszweck eine iusta causa traditionis darstellen kann. Wirtschaftlicher Rechtfertigungsgrund der traditio solvendi causa ist die zu erfüllende Obligation. Davon zu trennen ist die Frage, welches Element entscheidend für die Wirksamkeit der traditio solvendi causa ist. Die vorherrschende Ansicht stellt hierbei auf die mit der Übergabe einhergehende Zweckvereinbarung über den schuldbefreienden Charakter der Übereignung ab und bezeichnet diese überwiegend51 mit dem Begriff der causa solvendi, welcher der Terminologie der Quellen zum Erfüllungszweck entspricht52 und daher vorzugswürdig ist gegenüber dem Ausdruck causa solutionis,53 welcher in den Digesten nur an drei Stellen54 vorkommt. Die Besonderheit dieser causa solvendi besteht – wie oben bereits 51

Kaser, RP I (1971), 417; ders., BIDR 64 (1961), 69 ff.; Honsell/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht4 (1987), 15819; Kupisch, Ungerechtfertigte Bereicherung (1987), 17 ff.; ders. in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà II (1991), 447, stellt causa solutionis und causa solvendi als offenbar gleichwertig nebeneinander, benutzt aber im Folgenden causa solvendi, bisweilen auch solutio; Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 55; Pool, Een kwestie van titels (1995), 51; Behrends, in: Labruna, Tradere (1998), 5940; Schermaier, SZ 115 (1998), 25590. Andere Autoren verwenden causa solvendi im Sinne des „zu lösenden Rechtsgrundes“, d.h. der zugrunde liegenden Obligation: Wacke, BIDR 79 (1976), 132; ders. in SZ 109 (1992), 433; Jakobs, SZ 119 (2002), 298, 308. 52 Jul. D. 12.1.19.1 (solvendi causa dederit); Jul. D. 12.1.20 (quia ex solvendi causa magis daretur); Jul. D. 41.3.33.3 (cedendo mihi possessione, si solvendi causa id fecerit); Pomp. D. 13.6.13.2 (veluti cum per errorem indebitum solvendi causa datur); Gai. D. 16.1.5 (pecuniam solvendi causa numeret); Gai. 3.174 (veluti solvendi causa); Paul. D. 6.2.4 (vel solvendi causa); vgl. auch Pap. D. 50.16.218. 53 Diesen verwenden jedoch: Fuchs, Iusta causa traditionis (1952), 117; Wubbe, TR 32 (1964), 559; Pugliese, in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà I (1991), 54; Harke, Si error aliquis intervenit (2005), 114; Cortese, Indebiti solutio ed arricchimento ingiustificato (2009), 119 ff. 54 Stets im Zusammenhang mit dem solutionis causa adiectus: Jul. D. 45.1.56.2; Marc. D. 46.1.23; Paul. D. 46.3.98.5; vgl. ferner PS 12.8.

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Zweiter Teil: solutio als iusta causa traditionis

angedeutet – darin, dass sie nicht unmittelbar auf den wirtschaftlichen Rechtfertigungsgrund der traditio, d.h. auf die konkret zu erfüllende Obligation, hinweist, sondern nur mittelbar, nämlich über den Leistungszweck der solutio. Nur verstanden als ein solcher Leistungszweck ist es mithin legitim, von der solutio als causa zu sprechen.55 Die Eigenschaft der Tilgungsbestimmung (causa solvendi), zusammen mit der Übergabe den Eigentumsübergang herbeizuführen, ist in den Quellen nicht explizit belegt. Wenn die herrschende Meinung diese Eigenschaft dennoch voraussetzt und die Tilgungsbestimmung entgegen dem Sprachgebrauch der Quellen sogar als iusta causa traditionis bezeichnet, resultiert dies aus der Beobachtung, dass die Quellen einerseits eine iusta causa für die traditio fordern, andererseits aber die condictio indebiti bezeugen. Dieses vermeintliche Paradoxon soll im folgenden Abschnitt untersucht werden.

§ 2. Ein argumentum e contrario für die causa solvendi Ü bereignungskausa : Das F ehlen überzeugender A lternativen zur Auflösung des vermeintlichen P aradoxons der condictio indebiti56

als

Die condictio stellt sich in den Quellen dar als eine persönliche und strengrechtliche Klage, welche in der Regel auf die Rückforderung einer bestimmten Sache oder eines bestimmten Geldbetrages gerichtet war. Die wichtigsten Anwendungsfälle dieser Klage wurden von Justinian mit eigenen Titeln in den Digesten bzw. auch im Codex versehen; so findet sich etwa eine Sammlung jener condictiones, bei denen es um die Rückforderung des auf eine Nichtschuld Geleisteten geht, unter dem Titel de condictione indebiti in D. 12.6 und C. 4.5. Dieser Abschnitt ist für Erkenntnisse im Hinblick auf die causa solvendi von besonderer Bedeutung. Denn sofern wir mit der herrschenden Lehre von der kausalen Natur der traditio, d.h. von ihrer Abhängigkeit von einem Kausalgeschäft, ausgehen, so liegt es aus dem Blickwinkel der heutigen Privatrechte nahe, dieses zunächst einmal außerhalb des Traditionsgeschäftes zu suchen.57 Die der Verfügung zugrunde liegende 55

Bonfante, Corso II/2 (1928/1968), 244 f. Zur Klassizität der begrifflichen Aufspaltung der condictio nach ihren einzelnen Anwendungsbereichen vgl. Mayr, Condictio (1900), 287 f.; Voci, La dottrina romana del contratto (1946), 100²; Schwarz, Grundlage der condictio (1952), 46 ff.; Wolf, Causa stipulationis (1970), 36; Fargnoli, Alius solvit alius repetit (2001), 6 ff.; Vacca, in Mannino (Hrsg.): L’arricchimento senza causa (2005), 2944; Cannata, Materiali I (2005), 104. 57 Diejenigen europäischen Rechtsordnungen, die nicht – in Anlehnung an den Code Civil – das Eigentum bereits mit dem kausalen Konsens übergehen lassen, sondern zusätzlich eine Übergabe fordern (Traditionsprinzip), erkennen als Rechtsgrund der56

§ 2. argumentum e contrario für die causa solvendi

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Obligation drängt sich hierbei geradezu auf und ist somit größter „Konkurrent“ der causa solvendi. Im Falle der condictio indebiti ist nun eben diese Obligation nicht vorhanden, so dass das kausale Element der Eigentumsübertragung an anderer Stelle gesucht werden muss. Allein aus dieser Tatsache auf die Anerkennung einer causa solvendi zu schließen, wäre jedoch verfrüht, da es durchaus noch eine Reihe weiterer Wege gibt, die betreffenden Stellen zu interpretieren. Im Folgenden sollen diese Alternativen untersucht und die Wahrscheinlichkeit ihres Zutreffens im Vergleich zur causa solvendi beurteilt werden.

A. Anwendung der condictio indebiti durch den Eigentümer? So wird bisweilen in Erwägung gezogen, ein Eigentumserwerb an dem geleisteten indebitum sei überhaupt nicht erfolgt.58 Diese Idee entspringt einem streng obligationsbezogenen Traditionsverständnis, nach welchem als iusta causa traditionis ausschließlich die wirksame, der Leistung zugrunde liegende Obligation anerkannt wird.59 Wenn ohne eine solche kein Eigentum übergeht, kann die condictio indebiti, bei welcher es naturgemäß an einer wirksamen Obligation fehlt, auf Rückübertragung nicht des Eigentums, sondern lediglich des Besitzes gerichtet sein. Die Prämisse und insbesondere das Ergebnis dieses Syllogismus60 sind kaum mit den Quellen vereinbar:

selben zumeist das vorangegangene Verpflichtungsgeschäft an; vgl. Eccher, in: Koziol/ Bydlinski/Bollenberger (Hrsg.): Kurzkommentar zum ABGB, § 424 Rn. 2. Die klare Trennung zwischen der traditio und ihrem kausalen Element haben sie übernommen von der Lehre vom titulus und modus adquirendi, welche bis ins 19. Jahrhundert hinein die herrschende Übereignungslehre in Zentraleuropa darstellte, s.o. Erster Teil, § 3. D. 58 Kindel, JherJb 29 (1890), 436 ff.; Stone, SZ 83 (1966), 357 ff.; Liebs, in: Essays Honoré (1986), 170, 177; Schanbacher, TR 60 (1992), 15 ff.; van Vliet, ERPL 3–2003, 365 m.w.N. in Anm. 106/107. 59 Kindel, JherJb 29 (1890), 397 ff.; Schanbacher, TR 60 (1992), 15 ff.; Kupisch, in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà II (1991), 442 f. sieht darin zwar die Ideallösung, zu der die Römer aufgrund historischer Zwänge jedoch nicht durchgedrungen seien. 60 Schon hier sei darauf hingewiesen, dass der beschriebene Syllogismus in sich nicht wirklich stimmig ist: Eine auf Rückübereignung gerichtete condictio indebiti ist nämlich auch unter der Voraussetzung denkbar, dass ohne wirksame Obligation kein Eigentum durch traditio übertragen werden kann. Zum einen kann – nach der Übertragung des bloßen Besitzes – Eigentum originär (durch consumptio) beim Empfänger entstanden sein. Zum anderen ist theoretisch denkbar, dass das Eigentum nicht durch traditio, sondern im Wege eines abstrakten Übereignungsgeschäfts (mancipatio, in iure cessio) übertragen worden ist.

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Zweiter Teil: solutio als iusta causa traditionis

I. Argumente gegen eine obligationsbezogene Kausallehre61 Eine streng obligationsbezogene Kausallehre ist denselben Einwänden ausgesetzt, welche Savigny bereits gegen die Lehre vom titulus und modus vorgebracht hatte: Die traditio kann schon allein deshalb keine Obligation zur generellen Wirksamkeitsvoraussetzung haben, weil bei einer ganzen Reihe von Fällen zu keinem Zeitpunkt eine solche besteht. Bei dem praktisch wichtigsten Fall des Barkaufs ließe sich über die Figur der juristischen Sekunde wenigstens auf theoretischer Ebene eine sogleich wieder erlöschende Obligation konstruieren.62 Allerdings besteht die Obligation des Verkäufers aus der venditio nicht in einem rem dare, sondern in einem facere, nämlich in der Verschaffung des habere licere.63 Von Inhalt und Wirksamkeit der Obligation kann die traditio venditionis causa daher schwerlich abhängen.64 Gleiches gilt für die traditio credendi causa, welche eine Obligation nicht voraussetzt, sondern entstehen lässt. Als unmöglich erweist sich die Anknüpfung an eine Obligation ferner bei allen dationes ob rem, bei welchen naturgemäß zu keinem Zeitpunkt eine Obligation gedacht werden kann. Auch bei dem gerne von Savigny vorgebrachten Beispiel der Handschenkung an einen Bettler (traditio donandi causa) bleibt die Verpflichtung des Schenkers unerfindlich. Eine Schenkungsverpflichtung existierte per se im klassischen Recht überhaupt nicht; allenfalls das in eine Stipulation eingekleidete Schenkungsversprechen hatte obligierende Kraft, dessen Erfüllung dann jedoch nicht donandi, sondern solvendi causa erfolgte.65 Daneben spricht auch ein rechtspolitisches Argument gegen die Abhängigkeit der Übereignung von einer wirksamen Obligation: In Kombination mit dem Fehlen der Möglichkeit eines gutgläubigen Eigentumserwerbs hätte eine solche äußerlich kausale traditio die Zirkulation des Warenverkehrs erheblich gehemmt; kein Dritterwerber hätte sich seiner Sache sicher sein können. Vielmehr hätte ein solches System den Veräußerer geradezu ermuntert, unter Berufung auf die vermeintliche Unwirksamkeit des ursprünglichen Verpflichtungsgeschäfts eine rei vindicatio gegen den aktuellen Besitzer anzustrengen, wenn er im Nachhinein das Geschäft bereute.66 Der damit einhergehende hohe Grad an Rechtsunsicherheit ist für eine entwickelte Verkehrswirtschaft wie die römische kaum denkbar. Unterstellt man 61

Vgl. Warnkönig, AcP 6 (1823), 115 ff.; Kaser, BIDR 64 (1961), 96; Jahr, SZ 80 (1963), 144 ff. Für eine Untersuchung des Abstraktionsgrades der Erfüllung der einzelnen auf dare gerichteten Obligationen s.u. Vierter Teil, § 1. 62 Jahr, SZ 80 (1963), 146. 63 Paul. D. 19.4.1 pr.; Ulp. D. 18.1.25.1 ; Afr. D. 19.1.30.1 ; Ulp. D. 19.1.11.8. 64 Voci, SDHI 15 (1949), 147 f.; Vacca, Annotazioni, in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà (1997), 1307. 65 Kaser, BIDR 64 (1961), 84. 66 Schönbauer, KritV 61 (1932), 141 f.; Benedek, AJ IV (1962), 164 f.

§ 2. argumentum e contrario für die causa solvendi

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ihn doch, wäre zu erwarten, dass viele Erwerber um ihrer Rechtssicherheit willen auf der in iure cessio bestanden hätten.67 Hierfür gibt es weder im Corpus Iuris68 noch in den vorjustinianischen Quellen irgendwelche Belege.69 Der verpflichtende Charakter scheidet mithin als Wesensmerkmal der iusta causa traditionis aus. Die Gründe, weshalb das kausale Element der Eigentumsübertragung bis heute zumeist außerhalb des Übereignungsgeschäfts gesucht wird, sind im Verlauf der Privatrechtsgeschichte zu finden.70 Hierzu sei insbesondere auf den Abschnitt zur Entstehung der Lehre vom titulus und modus adquirendi verwiesen.71 Die Prämisse, welche die dargestellte Lehre dazu nötigt, den Eigentumserwerb im Falle der condictio indebiti zu leugnen, ist nach alledem kaum haltbar. II. condictio indebiti als condictio possessionis? Die Folgerung selbst, d.h. die Klassifizierung der condictio indebiti als condictio possessionis, sieht sich nicht minder schweren Einwänden ausgesetzt. So lehrt Gaius unmissverständlich, dass die condictio auf Rückübertragung des Eigentums gerichtet sei und die Passivlegitimation daher die Eigentümerstellung voraussetze:72 Gai. 4.4 sic itaque discretis actionibus certum est non posse nos rem nostram ab alio ita petere: si paret eum dare oportere; nec enim quod nostrum est, nobis dari potest, cum scilicet id dari nobis intellegatur, quod ita datur, ut nostrum fiat; nec res, quae nostra iam est, nostra amplius fieri potest. plane odio furum, quo magis pluribus actionibus teneantur, receptum est, ut extra poenam dupli aut quadrupli rei recipiendae nomine fures ex hac actione teneantur: si paret eos dare oportere, quamvis sit etiam adversus eos haec actio, qua rem nostram esse petimus. 4.5 appellantur autem in rem quidem actiones vindicationes, in personam vero actiones, quibus dari fierive oportere intendimus, condictiones.

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Ohne Angabe von Belegen gehen hiervon aus: Jhering, Geist III9 (1906/1968), 212263; v. Lübtow, FS Jur. Fak. Berlin (1955), 170 f. 68 Hier geht das Fehlen von Zeugnissen über die in iure cessio sicherlich auch auf Interpolationen zurück. 69 Gai. 2.25 zeugt zwar von der geringen Bedeutung der in iure cessio, jedoch nur im Vergleich zur ebenfalls abstrakten mancipatio. Zum Text der Stelle s.u. Anm. 263. 70 Jahr, SZ 80 (1963), 146. 71 S.o. Erster Teil, § 3. D. 72 So auch Ulpian (D. 7.9.12; D. 13.3.1.1), Julian (D. 12.6.33) und Pomponius (D. 12.4.15).

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Zweiter Teil: solutio als iusta causa traditionis

Gaius stützt seine Begründung auf die Formel der condictio certae rei bzw. certae pecuniae, deren intentio auf dare oportere gerichtet ist.73 Wäre die condictio ohne weiteres als Besitzkondiktion einsetzbar, müsste das dare der Formel die weite und untechnische Bedeutung von „übergeben“ haben. Um ein eben solches Begriffsverständnis auszuschließen, definiert Gaius eigens, was hier unter dare zu verstehen sei: cum scilicet id dari nobis intellegatur, quod ita datur, ut nostrum fiat. Die Wendung meum/nostrum esse/fieri war bereits lange vor dem klassischen Zeitalter üblich, um Eigentumsverhältnisse auszudrücken und taucht in dieser Bedeutung zahlreich in den Quellen auf.74 Gaius benutzt sie, um deutlich zu machen, dass das dare der Kondiktionsformel die spezifisch juristische Bedeutung ‚Eigentum übertragen‘ habe, mit der condictio demnach grundsätzlich das Eigentum und nicht etwa nur der Besitz eingeklagt werden könne.75 Eine solche Definition ist keineswegs selbstverständlich, taucht dare doch in vielfältigen Bedeutungen auf, etwa im Sinne der Einräumung beschränkter Sachenrechte76 oder der bloßen Besitzübertragung77. Im Bezug auf die Kondiktionsformel scheint die gaianische Definition allerdings der damals „herrschenden Meinung“ entsprochen zu haben, sonst hätte Gaius sie nicht mit einer derartigen Selbstverständlichkeit in seinem Anfängerlehrbuch präsentiert.78 Lediglich die condictio furtiva wird 73

Formel für certa pecunia: Si paret NmNm AoAo sestertium X milia dare oportere, iudex NmNm AoAo sestertium X milia condemnato, si non paret absolvito. Vgl. Gai. 4.41,51; Lenel, EP3, 237. Formel für certa res: Si paret NmNm AoAo tritici Africi optimi modios centum dare oportere, quanti ea res est, tantam pecuniam iudex NmNm AoAo condemnato, si non paret absolvito. Vgl. Gai. 4.4; Ulp. D. 45.1.75.8; Paul. D. 8.3.19; Lenel, EP3, 240; Mantovani, Le formule del processo privato romano2 (1999), 48 f. 74 Heumann/Seckel, 342; Kaser, RP I (1971), 120. 75 Die ganz überwiegende Ansicht interpretiert das dare oportere denn auch in diesem technischen Sinne. Vgl. Savigny, System V (1841), 515; Blume, SZ 19 (1898), 5; Koschembahr-Lyskowski, Condictio II (1907), 195; Donatuti, StParm. I (1950), 45; v. Lübtow, Condictio (1952), 114; Schwarz, IURA 3 (1952), 298 f.; Kaser, RP I (1971), 489 bei Anm. 3.; a.A.: Mitteis, Römisches Privatrecht I (1908), 5850; Schlossmann, SZ 29 (1908), 290; Liebs, Klagenkonkurrenz (1972), 97. 76 Vgl. Gai. D. 7.1.3 pr. (dare usum fructum). 77 Vgl. Gai. 3.200 (pignori dare); Gai. 3.143, 3.162 (custodiam dare); Gai. 3.144 (utendum dare); Gai. 3.32, Ulp. D. 25.4.1.10, Ulp. D. 38.14.1 pr. (bonorum possessionem dare); Gai. 1.35, Ulp. D. 43.2.1 pr. (possessionem dare). 78 Vgl. die negative Definition der datio in Paul. D. 50.17.167 pr.: Non videntur data, quae eo tempore quo dentur accipientis non fiunt. Auch das dare oportere im Rahmen der Klagformel der actio ex testamento drückt offenkundig die Verpflichtung zur Übereignung aus, vgl. Gai. 2.204: (…) et ideo legatarius in personam agere debet, id est intendere heredem sibi dare oportere, et tum heres rem, si mancipi sit, mancipio dare aut in iure cedere possessionemque tradere debet; si nec mancipi sit, sufficit, si tradiderit (…). Speziell für die condictio indebiti ist diese technische Bedeutung erkennbar in Gai.

§ 2. argumentum e contrario für die causa solvendi

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als rechtspolitisch motivierte Ausnahme zu diesem Grundsatz dargestellt;79 gegen den Dieb soll eine Vielzahl von Klagen offenstehen: Neben der rei vindicatio und der actio furti wird dem Bestohlenen demnach auch die condictio gewährt, um die Sache oder zumindest ihren Wert wiederzuerlangen.80 Der Umstand, dass auch die Formel der condictio furtiva auf dare oportere gerichtet ist, obschon es hier offensichtlich nicht um eine Rückübereignung gehen kann, ist möglicherweise mit einer sukzessiven Vertechnisierung des Ausdrucks dare oportere zu erklären: Wurde er ursprünglich in einem allgemeinen Sinne für „dem Zugriff freigeben“ gebraucht, konkretisierte er sich im Laufe der Rechtsentwicklung zum terminus technicus für die Pflicht zur Eigentumsverschaffung, von welchem nur noch vereinzelt Ausnahmen anerkannt waren.81 Vor dem Hintergrund dieses Prozesses erscheint es nicht weiter verwunderlich, dass auch außerhalb des Anwendungsbereichs der condictio furtiva Besitzkondiktionen überliefert sind. Dennoch sahen sich diese Stellen in der Vergangenheit – insbesondere aufgrund von Gai. 4.4. – starker Echtheitskritik ausgesetzt.82 Dabei ist festzustellen, dass die meisten dieser Fälle in einem delik-

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3.91: Is quoque, qui non debitum accepit ab eo, qui per errorem solvit, re obligatur; nam proinde ei condici potest: si paret eum dare oportere, ac si mutuum accepisset. Wenn Gaius die Rückforderung des indebitum solutum gleichstellt mit der eines mutuum, so liegt nahe, dass die condictio indebiti – ebenso wie die condictio mutui – auf Übertragung des Eigentums gerichtet war. Stone, SZ 83 (1966), 357 ff., bemüht sich – wenig überzeugend – um den Nachweis, dass die Aussage des Gaius (4.4) insbesondere aufgrund logischer Inkongruenz nicht der herrschenden Klassikermeinung entsprochen haben könne. Darüber hinaus spricht Gaius in 2.79 noch von quidam alii possessores als Passivlegitimierten der condictio, wobei Echtheit und Bedeutung dieses Passus umstritten sind, vgl. van Oven, TR 22 (1954), 291 ff. Daneben standen dem Kläger auch verschiedene interdicta (uti possidetis, utrubi, unde vi) zur Verfügung, um zunächst den Besitz an der entwendeten Sache zurückzuerlangen. Dies verschaffte ihm im darauf folgenden Eigentumsprozess die im Hinblick auf die Beweislast günstigere Rolle des Beklagten. Dazu s. Kaser, RP I (1971), 396 ff. Donatuti, StParm. I (1950), 41 ff.; v. Lübtow, Condictio (1952), 114 f.; Cannata, IURA 21 (1970), 58; Pika, Ex causa furtiva condicere (1988), 13 ff. Bei den Fällen, in denen es um die Besitzkondiktion durch den Nichteigentümer geht, bestand einer der Hauptkritikpunkte darin, dass die condemnatio der condictio certae rei auf den vollen Sachwert gerichtet ist, welchen der Nichteigentümer aber gerade nicht zu seinem Vermögen zählen darf. Sein individuelles Interesse, welches er am ungestörten Besitz der Sache hat, kann nur im Rahmen der condictio incerti berücksichtigt werden (so bereits Savigny, System V [1841], 605, 617; dagegen KoschembahrLyskowski, Condictio II [1907], 193 ff.) Die Klassizität der condictio incerti wurde seit den Untersuchungen von Trampedach, SZ 17 (1896), Pflüger, SZ 18 (1897) und Mayr, Condictio (1900), 215 ff. lange von der herrschenden Meinung abgelehnt; vgl. Lenel, EP3, 156 ff.; Schwarz, Grundlage der condictio (1952), 204 f. Heute wird sie zumindest der Sache nach anerkannt, vgl. Wolf, Causa stipulationis (1970), 156 ff.; Nelson/Man-

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Zweiter Teil: solutio als iusta causa traditionis

tischen Kontext gelagert sind und der condictio furtiva damit zumindest nahestehen.83 Die wenigen im gänzlich nicht-deliktischen Bereich überlieferten Besitzkondiktionen sind bis heute umstritten und stellen auffällige Ausnahmen, wenn nicht gar „Fremdkörper“84 im Kondiktionenrecht dar.85 Unter diesen findet sich auch ein Fragment, in dem Paulus explizit von der Kondiktion des zuvor ungeschuldet übertragenen Besitzes spricht: D. 12.6.15.1 Paulus libro decimo ad Sabinum Sed et si nummi alieni dati sint, condictio competet. Ut vel possessio eorum reddatur: quemadmodum si falso existimans possessionem me tibi debere alicuius rei tradidissem, condicerem. Sed et si possessionem tuam fecissem ita, ut tibi per longi temporis praescriptionem avocari non possit, etiam sic recte tecum per indebitam condictionem agerem.

Unter den überlieferten Quellen ist dies der einzige Fall dieser Art; nirgendwo sonst sind Besitzkondiktionen so weit entfernt vom Anwendungsbereich der – von Gaius als einziger Ausnahme zugelassenen – condictio furtiva zu finden. Aus diesem Grund unterlag die Stelle lange Zeit radikalen Echtheitszweifeln.86

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the, Studia Gaiana VIII (1999), 88; Müller-Ehlen, Hereditatis petitio (1998), 105 ff.; Grzimek, Studien zur Taxatio (1998), 9 ff.; Fargnoli, Alius solvit alius repetit (2001), 48 f.; Heine, Condictio sine datione (2006), 33 ff.; kritisch, aber ohne Begründung Saccoccio, Si certum petetur (2002), 1843. Zur Besitzkondiktion durch den Eigentümer s.u. Anm. 90. Vgl. zur Kondiktion gegen den arglistigen Verwahrer Paul. D. 16.3.13.1; zur Kondiktion gegen den Pfandgläubiger, der nach Ablösung die Herausgabe der Sache verweigert Ulp. 12.1.4.1; zur fundi deiectio Sab./Cels./Ulp. D. 13.3.2; Lab./Cels./Ulp. D. 47.2.25.1; zur alluvio Ulp. D. 12.1.4.2; zur Kondiktion innerhalb der Ehe entwendeter Sachen Paul. D. 25.2.6.5; Marc. D. 25.2.25; zur Kondiktion gegen den Herrn eines diebischen Sklaven Afr. D. 19.1.30 pr.; Vgl. ferner Gai. 2.79 (quidam alii possessores); Sab./Ulp. D. 19.5.17.5; Ner./Ar./Ulp. D. 13.1.12.2. An anderer Stelle verweigert Ulpian dem Nichteigentümer, dem die Sache deliktisch entzogen wurde, die condictio und verweist ihn auf die actio furti: Ulp. D. 47.2.14.16. Vgl. Müller-Ehlen, Hereditatis petitio (1998), 96 ff.; Heine, Condictio sine datione (2006), 128 ff. So Heine, Condictio sine datione (2006), 136, bezogen auf die condictio possessionis beweglicher Sachen. Neben der sogleich zu besprechenden – in Paul. D. 12.6.15.1 überlieferten – condictio possessionis indebiti ist dies insbesondere die Kondiktion gegen den Prekaristen auf Herausgabe der precario besessenen Sache: Jul. D. 43.26.19.2, dazu KoschembahrLyskowski, Condictio II (1907), 98 f., 188 f.; Artner, Agere praescriptis verbis (2002), 141 ff. Vgl. auch Tryph. D. 16.3.31.1 a.E. (dazu Trampedach, SZ 17 [1896], 107 ff.) und Ulp. 12.1.4.1: Res pignori data pecunia soluta condici potest. Angegriffen wurde die Stelle insbesondere in sachlicher Hinsicht: Pflüger, SZ 18 (1897), 106 ff.; Mayr, Condictio (1900), 220; Haymann, JherJb 77 (1927), 222 ff.; Schulz, SZ 52 (1932), 548; v. Lübtow, Condictio (1952), 591; Schwarz, Grundlage der condictio

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Ein näheres Eingehen auf die Interpolationenkritik erscheint im Rahmen dieser Untersuchung jedoch nicht erforderlich. Ist die Stelle unecht, fällt mit ihr der deutlichste Beleg für eine Besitzkondiktion im außerdeliktischen Bereich. Doch auch bei unterstellter Echtheit liefert sie mitnichten ein Indiz dafür, dass es sich bei den übrigen condictiones indebiti – wie die zu widerlegende Meinung behauptet – ebenfalls um Besitzkondiktionen handelt: Paulus schildert zunächst den Fall der ungeschuldeten87 Zahlung fremder Münzen. Mangels Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbes88 konnte lediglich der Besitz an den Münzen übertragen werden. Da dem zahlenden Nichteigentümer die rei vindicatio versperrt ist, er aber mit dem Besitz durchaus einen Vermögenswert eingebüßt hat, soll ihm „wenigstens“89 dieser im Wege der condictio zurückerstattet werden. Die Wendung vel possessio legt bereits nahe, dass die Klage auf mehr als die bloße Besitzübertragung gerichtet gewesen wäre, hätte es sich nicht um nummi alieni gehandelt. Gleichzeitig wird damit auch der Ausnahmecharakter des Falles gegenüber den Standardfällen der condictio indebiti deutlich. In der fehlenden Eigentümerstellung des Leistenden, nicht etwa in dem bei allen condictiones indebiti gegebenen Fehlen einer wirksamen Obligation, liegt der Grund, weshalb nur der Besitz und nicht das Eigentum kondiziert werden kann. Im zweiten Fall geht es darum, dass sich der Leistende irrtümlich für verpflichtet hält, dem Empfänger den Besitz zu übertragen. Hier ist es nicht die mangelnde Berechtigung des Leistenden,90 sondern der Charakter der vermeintlichen (1952), 19813; Kaser, TR 29 (1961), 19481; Siber, Römisches Recht (1968), 215; Dagegen treten für die Klassizität der Stelle ein: Trampedach, SZ 17 (1896), 106 f.; Krüger, SZ 21 (1900), 424 f.; Koschembahr-Lyskowski, Condictio II (1907), 189 ff.; Donatuti, StParm. I (1950), 72 f.; Wacke, BIDR 79 (1976), 131 ff.; Bauer, Ersitzung und Bereicherung (1988), 19; Müller-Ehlen, Hereditatis petitio (1998), 89 ff. 87 Der Charakter einer Nichtschuld ergibt sich aus dem Zusammenhang mit dem principium der Stelle: Indebiti soluti condictio naturalis est (…). Dass die condictio nicht – wie in zahlreichen anderen Fällen der Zahlung fremder Münzen – auf einer consumptio nummorum beruht, wird durch den Verweis auf die possessio ausgeschlossen, da der Empfänger andernfalls originär Eigentum erworben hätte. 88 Ulp. D. 50.17.54; D. 41.1.20 pr.: Nemo plus iuris ad alium transferre potest, quam ipse haberet. 89 Zu vel i.S.v. „wenigstens“ s. Heumann/Seckel, 615. Wacke, BIDR 79, 131346, unterstreicht diese Bedeutung durch die Vermutung, Paulus habe durch vel die im dritten Fall vorgenommene Zuweisung des Ersitzungserwerbs an den Leistenden vorbereitet. 90 Allerdings ist die Annahme einer Besitzkondiktion durch den Eigentümer nicht unproblematisch im Hinblick auf eine womöglich vorrangige Anwendbarkeit der rei vindicatio. Nach der früher herrschenden Ansicht kann die condictio – mit Ausnahme der condictio furtiva (vgl. Gai. 4.4) – nur außerhalb des Anwendungsbereiches der rei vindicatio zum Zuge kommen; so Savigny, System V (1841), 515; Koschembahr-Lyskowski, Condictio I (1903), 34 f.; de Francisci, Synallagma II (1916), 386; Ehrhardt, Iusta

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Obligation, welchen Paulus in den Mittelpunkt seiner Begründung der Besitzkondiktion stellt: Diese ist von vornherein nur auf Besitzverschaffung gerichtet.91 Es versteht sich von selbst, dass die Übergabe aufgrund einer solchen Obligation keine Eigentumsübertragung bewirkt; nach allen Ansichten fehlt es an einer iusta causa traditionis. Damit jedoch verliert der Fall seine Relevanz aus der Perspektive der Ansicht, welche die iusta causa traditionis in einer wirksamen Obligation erkennt. Denn dass ohne eine solche kein Eigentum übergehen und folglich nur der Besitz kondiziert werden kann, ist ihr zufolge selbstverständlich. Ob die unwirksame Obligation nun auf Eigentums- oder auf Besitzübertragung gerichtet war, macht dabei keinen Unterschied. Warum im Gegensatz zu allen anderen Fällen der condictio indebiti ausgerechnet hier ausdrücklich auf den Umstand der Besitzkondiktion hingewiesen wird, muss aus dieser Sicht unverständlich erscheinen. Dagegen ergibt der Fall durchaus einen Sinn unter der Annahme, dass die iusta causa traditionis nicht in der Obligation, sondern in einem auf Eigentumsübertragung gerichteten Willenselement im Zeitpunkt der Übergabe causa traditionis (1930), 37; Sanfilippo, Condictio indebiti (1943), 54; v. Lübtow, Condictio (1952), 59; Fuchs, Iusta causa traditionis (1952), 165. Koschembahr-Lyskowski, Condictio II (1907), 190, nimmt daher auch für den zweiten Fall in Paul. D. 12.6.15.1 eine Leistung durch den Nichteigentümer an. Die alte Meinung kann sich auf eine Reihe von Stellen stützen, die in der Tat von einem Subsidiaritätsverhältnis ausgehen: Ulp. D. 12.1.11.2; Ulp. D. 12.6.29; Jul. D. 24.1.39; Ulp. D. 7.9.7 pr.; Ulp. D. 7.9.12; Ulp. D. 10.4.9.4; Ulp. D. 13.7.22.2; Ulp. 24.1.5.18; Proc. D.12.6.53. Neuere Beiträge gehen hingegen davon aus, dass Besitzkondiktionen durch den Eigentümer auch jenseits des Anwendungsbereichs der condictio furtiva hinaus zumindest von einigen klassischen Juristen befürwortet worden seien: Van Vliet, ERPL 3–2003, 365; Müller-Ehlen, Hereditatis petitio (1998), 93 ff. Schanbacher, TR 60 (1992), 14 ff., interpretiert den Plural actiones in Jul. D. 24.1.39 als Beleg eines Nebeneinanderbestehens von rei vindicatio und condictio indebiti. Gegen die Annahme einer mehr oder weniger gleichberechtigten Koexistenz von rei vindicatio und condictio indebiti (im Sinne einer Besitzkondiktion) bleibt aber der Einwand bestehen, dass das indebitum solutum regelmäßig kondiziert und nicht vindiziert wird (dazu Müller-Ehlen, Hereditatis petitio [1998], 66 m.w.N. in Anm. 7). Wesel, SZ 85, 102 f. (unter Berufung auf eine mündliche Äußerung Kunkels), erklärt diesen Umstand mit der bei der condictio günstigeren „Passivlegitimation“ (er meinte wohl Aktivlegitimation) und dem römischrechtlichen Traditionalismus (condictio als die ältere, für die Fälle der solutio indebiti übliche, Klage). Bereits Kindel, JherJb 29 (1890), 440 f., ging als konsequenter Vertreter einer obligationsbezogenen Kausallehre von einer condictio indebiti possessionis des Eigentümers aus, welche nur im Falle abhanden gekommenen Geldes subsidiär zur rei vindicatio gestanden habe. 91 Damit dürften insbesondere Fälle unwirksamer, auf Besitzübertragung gerichteter Stipulationen gemeint sein. Aus diesem Grund hat Lenel, Pal. I, 1281, wohl auch das in D. 45.1.28 überlieferte Paulusfragment (Si rem tradi stipulamur, non intellegimur proprietatem eius dari stipulatori, sed tantum tradi) unmittelbar an diesen zweiten Fall angeschlossen.

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besteht. Dieses ist nämlich in den übrigen Fällen der condictio indebiti ohne weiteres vorhanden, will hier doch der Leistende in Erfüllung einer (vermeintlichen) auf Eigentumsübertragung gerichteten Obligation Eigentum übertragen und will der Empfänger entsprechend erwerben. An einer solchen Willenslage fehlt es im zweiten Fall unserer Stelle, da die vermeintliche Schuld nicht auf Eigentums-, sondern auf Besitzübertragung gerichtet war (existimans possessionem me tibi debere). Vor diesem Hintergrund erscheint die Besitzkondiktion im vorliegenden Fall als – aus der Sicht des Paulus erwähnenswerte – Ausnahme zu den gewöhnlichen Fällen der condictio indebiti. Im dritten und letzten Fall der Stelle wird dem Empfänger der Besitz an einer Sache verschafft, die sodann im Wege der longi temporis praescriptio „ersessen“ wird. Anders als mittels usucapio konnte der Ersitzende durch die longi temporis praescriptio nicht quiritisches Eigentum, sondern lediglich eine eigentumsähnliche Rechtsposition erwerben.92 Auf Rückübereignung kann die condictio daher kaum gerichtet gewesen sein;93 wenn Paulus dies hätte zeigen wollen, hätte er sicherlich einen Usukapionsfall gewählt.94 Allerdings hat der Besitzer nach der „Ersitzung“ durch longi temporis praescriptio eine deutlich stärker gesicherte Rechtsposition als vorher. Dieses Plus ist daher auch von der Kondiktion umfasst, was sie von der einfachen condictio possessionis der beiden ersten Fälle abhebt.95 Gemeinsam zumindest mit dem ersten Fall hat der dritte den Umstand, dass die Leistung durch den Nichteigentümer erfolgte.96 Dass der Eigentumsübergang eben daran und nicht etwa (auch) an der Unwirksamkeit des zugrunde liegenden Kausalverhältnisses scheiterte, wird durch die Tatsache bestätigt, dass die longi temporis praescriptio ein iustum initium possessionis zur Voraussetzung hatte.97

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Partsch, Longi temporis praescriptio (1906), 22; Kaser, RP I (1971), 425. So aber die überwiegende Ansicht: Honsell/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht4 (1987), 35210; Kaser RP I (1971), 5947; Wacke, BIDR 79 (1976), 132 f.; KoschembahrLyskowski, Condictio II (1907), 190; Trampedach, SZ 17 (1896), 107. 94 Bauer, Ersitzung und Bereicherung (1988), 2132. 95 Die Frage, ob es sich bei der Kondiktion dieses Ersitzungserwerbs um eine condictio certi (mit untechnisch verstandenem dare oportere) oder um eine condictio incerti handelte, bedarf noch einer näheren Untersuchung, vgl. Müller-Ehlen, Hereditatis petitio (1998), 73. 96 Die Kondiktion wird durch Ersitzung ausgeschlossen für den Eigentümer, nicht aber für den Nichteigentümer, vgl. Jul. D. 39.6.13 pr. Wenn also im vorliegenden Fall von der Kondiktion des Ersitzungserwerbs die Rede ist, muss der Kläger als Nichteigentümer geleistet haben; Koschembahr-Lyskowski, Condictio II (1907), 1901. 97 Vgl. BGU I 267; Pap. Straßburg 22; Pap. Columbia Inv. 181/2 I Z. 5 und 10; PS 5.2.4; Inst. 2.6.12; Pap. D. 44.3.11; Ulp. D. 44.3.5 pr.; Diocl. C. 7.22.2; 7.33.8.1; Siber, Römisches Recht (1968), 92; Nörr, Longi temporis praescriptio (1969), 85 ff. 93

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Dieses ist vergleichbar98 mit der causa usucapionis, welche wiederum weitgehende Parallelen zur causa traditionis aufweist. Fassen wir zusammen: Die Besonderheit der in Paul. D. 12.6.15.1 überlieferten Fälle liegt darin, dass im außerdeliktischen Bereich eine Kondiktion gegen den Nichteigentümer entsteht, eine condictio indebiti possessionis. Der Widerspruch zu den Grundsätzen des traditionellen Kondiktionenrechts99 ist offensichtlich, da mit Ausnahme der condictio furtiva nur der Eigentümer passivlegitimiert sein sollte. Auf den ersten Blick erscheint die Stelle mithin als einsame Stütze für die Meinung, welche – in Verleugnung dieser Grundsätze und motiviert durch ein streng obligationsbezogenes Kausalverständnis – die condictio indebiti als Besitzkondiktion charakterisiert. Jedoch muss bereits die Tatsache, dass unter den zahlreichen Stellen zur condictio indebiti einzig diese ausdrücklich den Besitz als Klageobjekt bezeugt, ernsthafte Zweifel an einer breiten Anerkennung jener Idee unter den klassischen Juristen wecken.100 Aber auch Paulus selbst kann – obschon er sich in der Tat mit seiner Entscheidung bewusst101 gegen den in Gai. 4.4 ausgesprochenen Grundsatz stellt – nicht als Zeuge für die hier zu widerlegende Ansicht herangezogen werden. Denn er nennt in jedem der drei in D. 12.6.15.1 überlieferten Fälle einen spezifischen Grund, weshalb die traditio scheitert. Zumindest im ersten und dritten Fall ist es die fehlende Eigentümerstellung des Leistenden, im zweiten Fall war eine Eigentumsübertragung von vornherein nicht intendiert und es fehlte an einer iusta causa traditionis. Wäre der Eigentumserwerb ohnehin aufgrund der – in allen drei Fällen gegebenen – Unwirksamkeit der zugrunde liegenden Obligation gescheitert, hätte Paulus diese spezifischen Gründe nicht nennen müssen. Im Umkehrschluss erweist sich die Stelle damit als starkes Indiz dafür, dass auch ohne wirksame Obligation Eigentum übertragen werden konnte und die condictio indebiti im Regelfall auf Rückübereignung gerichtet war. Die Gründe, welche Paulus zu seiner unkonventionellen Entscheidung bewogen, finden sich möglicherweise in einem verstärkt prinzipiellen Denken, welches in der Spätklassik zu dem zuvor überwiegenden institutionellen Denken hinzu98

Im Einzelnen vgl. Partsch, Longi temporis praescriptio (1906), 19 ff.; Nörr, Longi temporis praescriptio (1969), 88 f. 99 Gai. 4.4; Jul. D. 12.6.33. 100 Verstärkt werden diese Zweifel durch die ebenfalls recht häufig in den Quellen auftauchenden Fälle, in denen der Nichteigentümer leistet und die condictio erst consumptis nummis entsteht. S.u. unter B. I. 1. c. bb. 101 Dass Paulus seine Aussagen mit sed et si einleitet, weist darauf hin, dass er nun der seinerzeit gängigen Auffassung widerspricht und die condictio über ihren anerkannten Anwendungsbereich hinaus ausdehnt; vgl. Partsch, Longi temporis praescriptio (1906), 214.

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trat.102 Paulus selbst nennt im principium der Stelle103 das ius naturale, welches neben dem bonum et aequum als Grundlage des Kondiktionenrechts anerkannt war104 und sich daher als Ansatzpunkt anbot, um die strenge gaianische Regel in bestimmten Fällen zu korrigieren. Die in fr. 15 pr. genannten Fruchtkondiktionen sind nicht ohne weiteres mit dem klassischen Kondiktionenrecht vereinbar, da die Früchte nicht unmittelbar durch eine datio an den Beklagten gelangt sind.105 Nichtleistungskondiktionen wurden allerdings des Öfteren im Rahmen von prinzipiell begründeten Ausnahmeentscheidungen zugelassen.106 Die Besitzkondiktionen in § 1 stellen demgegenüber eine Steigerung dar, denn im gänzlich außerdeliktischen Bereich waren sie bislang noch nicht einmal in Form einer solchen Ausnahme anerkannt. Papinian gewährte dem mit fremden Münzen zahlenden Schuldner – neben der rei vindicatio des Eigentümers – ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Gläubiger, welcher zu fordern fortfuhr, ohne dem Schuldner den Besitz an

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Dazu Behrends, SZ 95 (1978), 192 ff., welcher jedoch zu pauschal die Sabinianer auf das prinzipielle und die Prokulianer auf das institutionelle Denken festlegt. So finden sich etwa bei Julian und Celsus durchaus vergleichbare methodische Ansätze: Im Kondiktionenrecht waren beide dem institutionellen Denken verhaftet, ließen aber in Einzelfällen Ausnahmen auf der Grundlage übergeordneter Prinzipien zu, s.u. B. I. 1. c. 103 Indebiti soluti condictio naturalis est et ideo etiam quod rei solutae accessit, venit in condictionem, ut puta partus qui ex ancilla natus sit vel alluvione accessit: immo et fructus, quos is cui solutum est bona fide percepit, in condictionem venient. 104 Pap. D. 12.6.66: Haec condictio ex bono et aequo introducta, quod alterius apud alterum sine causa deprehenditur, revocare consuevit; Paul. D. 12.6.65.4: Quod ob rem datur, ex bono et aequo habet repetitionem (…); Pomp. D. 50.17.206 (ähnlich auch Pomp. D. 12.6.14): Iure naturae aequum est neminem cum alterius detrimento et iniuria fieri locupletiorem; vgl. allgemein dazu Cannata, in: Vacca (Hrsg.): Arricchimento ingiustificato e ripetizione dell’indebito (2005), 13 ff.; Kupisch, Ungerechtfertigte Bereicherung (1987), 7 f.; speziell zu D. 12.6.15.1: Müller-Ehlen, Hereditatis petitio (1998), 108. In diesen Zusammenhang gehört auch Ulp./Sab./Cels. D. 12.5.6: Perpetuo Sabinus probavit veterum opinionem existimantium id, quod ex iniusta causa apud aliquem sit, posse condici: in quia sententia etiam Celsus est. Die hier statuierte Kondiktionsvoraussetzung des ex iniusta causa apud aliquem esse ist für klassische Verhältnisse außerordentlich weit gefasst. Insbesondere kann apud te auch ein bloßes Besitzverhältnis ausdrücken; vgl. Ulp. D. 50.16.63. Heine, Condictio sine datione (2006), 111 ff., interpretiert die Stelle daher als Zeugnis für die generelle Möglichkeit sowohl einer Nichtleistungskondiktion als auch einer Besitzkondiktion im republikanischen wie im klassischen Recht. Damit stellt sie sich gegen die herrschende Meinung, welche der Stelle aufgrund des palingenetischen Kontextes eine Ausnahmestellung zuweist; vgl. nur Schwarz, Grundlage der condictio (1952), 276 f. 105 Zum grundsätzlichen Erfordernis einer datio s.u. B. I. 1. 106 Dazu s.u. B. I. 1. c. cc.

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den empfangenen Münzen zurückzuerstatten.107 Paulus entwickelte diesen Gedanken nun konsequent weiter, indem er dem Leistenden einen über jenes Zurückbehaltungsrecht hinausgehenden Rückforderungsanspruch in Form der condictio possessionis zusprach.108 Dass er diese Entscheidung in einem Akt origineller Rechtsschöpfung aus einem offenen Prinzip (ius naturale) heraus traf und sich nicht etwa auf ein geformtes Rechtsinstitut stützte, zeigt neben dem doppelten sed et si109 auch die Formulierung etiam sic recte, durch welche Paulus offensichtlich eine Wertung zum Ausdruck bringt.110 Nach alledem dürfte es fernliegen, das Paradoxon der condictio indebiti damit zu erklären, dass mit dieser Klage nicht das Eigentum, sondern lediglich der Besitz an einer Sache eingeklagt worden sei. Damit scheidet auch die ferner denkbare Erklärung aus, dem Kläger sei aus Praktikabilitätsgründen die condictio anstelle der rei vindicatio gewährt worden, um ihm den für letztere Klage erforderlichen Eigentumsbeweis zu ersparen. Für eine derartige Privilegierung des Klägers bieten die Quellen keine Anhaltspunkte; im Gegenteil wäre in diesem Falle die rei vindicatio wohl innerhalb kürzester Zeit gänzlich außer Gebrauch gekommen und hätte nicht die zahlreichen vorhandenen Spuren in den Quellen hinterlassen können. Aus denselben Gründen verbietet sich auch die Annahme, der Kläger habe vorsichtshalber die condictio anstelle der rei vindicatio erheben können, wenn er sich nicht sicher war, ob sich seine Sache noch unterscheidbar im Vermögen des Beklagten befand. Denkbar ist dies insbesondere für die Rückforderung von Geld, welches durch ununterscheidbare Vermischung mit Münzen des Besitzers in dessen Eigentum überging, woraufhin dem ursprünglichen Eigentümer nicht mehr die rei vindicatio, sondern die condictio auf den Wert der konsumierten Münzen zustand.111 Bei diesbezüglicher Unsicherheit stand es dem Kläger indes frei, zunächst eine actio ad exhibendum zu erheben: War der Beklagte in der Lage, die Münzen des Klägers auszusondern und vorzuweisen, war der einschlägige Rechtsbehelf zur Rückforderung derselben die rei vindicatio; nur im negativen Fall war die Erhebung der condictio möglich.

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Pap. D. 46.3.94 pr.: Si is, cui nummos debitor solvit alienos, nummis integris pergat petere quod sibi debeatur, nec offerat quod accepit, exceptione doli summovebitur. 108 Vgl. Wacke, BIDR 79 (1976), 133, welcher die Besitzkondiktion jedoch als Weiterentwicklung des Kondiktionsanspruchs des Nichteigentümers nach erfolgter Konsumtion beim Empfänger deutet und in ihr somit den Abschluss einer (dreistufigen) Entwicklung des klassischen Kondiktionenrechts sieht. 109 Dazu bereits oben Anm. 101. 110 Vgl. Ulp. D. 50.16.73: (…) recte enim verbum pro viri boni arbitrio est. Durch das vorangestellte etiam bezieht Paulus die Wertung auf alle drei Fälle. 111 Zur consumptio nummorum s. u. B. I. 1. c. bb.

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B. condictio indebiti sine traditione Die streng obligationsbezogene Kausallehre ist damit jedoch noch nicht widerlegt. Dass die condictio indebiti auf Rückübereignung gerichtet war, bedeutet zunächst nur, dass der Beklagte Eigentümer der rückzuübereignenden Sache ist. Auf welchem Wege er das Eigentum erlangte, ist weiterhin klärungsbedürftig. Eine traditio freilich könnte mangels zugrunde liegender Obligation nur abstrakt gedacht werden. Es bleibt daher zu untersuchen, ob der Beklagte nicht auch ohne traditio Eigentum erworben haben kann. Zunächst soll geprüft werden, ob der condictio indebiti überhaupt ein derivativer112 Eigentumserwerb (datio) vorangehen musste, danach, ob sich dieser in den uns interessierenden Fällen auch über die formalabstrakten Übereignungsgeschäfte der mancipatio und in iure cessio vollzogen haben könnte. I. condictio indebiti sine datione Die condictio indebiti ist auf verschiedenen Wegen als Nichtleistungskondiktion denkbar: Erstens könnte das Eigentum – nach der Übertragung des bloßen Besitzes – originär bei dem Empfänger entstanden sein; im Falle der Geldzahlung spielt hier die consumptio bzw. commixtio nummorum die wichtigste Rolle.113 Zweitens ist die condictio indebiti möglicherweise – unabhängig von der Eigentumsfrage – aus Billigkeitsgründen bzw. allgemeinen Prinzipien wie der naturalis aequitas, dem bonum et aequum, ius naturale, ius gentium oder der bona fides heraus gewährt worden.114 Drittens schließlich ließe sich die Identität des einzuklagenden Gegen112

Der Streit über die Frage, ob das klassische Recht überhaupt derivative Rechte, insbesondere ein unmittelbar von einem Vorgänger abgeleitetes Eigentumsrecht, kannte, kann hier dahinstehen. Vgl. dazu de Francisci, Il trasferimento della proprietà (1924), 121 ff.; Brasiello, SDHI 15 (1949), 116 f.; Gallo, Studi sul trasferimento della proprietà (1955), passim; Behrends, in: Labruna, Tradere (1998), 48. Entscheidend ist die Frage, ob das Paradoxon der condictio indebiti („kausale Tradition ohne Kausalgeschäft?“) mit der Annahme alternativer Erwerbsarten umschifft werden kann. 113 Wendt, JherJb 29 (1890), 44 (allerdings nur auf die dort zitierten Stellen bezogen); gegen ihn bereits Kindel, JherJb. 29 (1890), 436 ff., insb. 438.; Koschembahr-Lyskowski, Condictio I (1903), 39, geht in dieser Frage von einem Meinungsstreit unter den klassischen Juristen aus; Wubbe, in: Contractus e pactum (1990), 111, macht den Eigentumsübergang bei der solutio indebiti von einer anschließenden Vermischung abhängig. 114 Santoro, Ann. Pal. 32 (1971), 181 ff., zur aequitas als Grundlage der condictio insb. 389 ff.; Saccoccio, Si certum petetur (2002), 98 ff. und 416 ff.; Heine, Condictio sine datione (2006), 55, 111 ff.; Vacca, in: Mannino (Hrsg.): L’arricchimento senza causa (2005), 7 ff.

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standes mit dem geleisteten bestreiten und auf diese Weise ebenfalls zu einer auf Rückübereignung gerichteten condictio gelangen, ohne dass zuvor Eigentum übertragen worden wäre.115 Wie zu zeigen sein wird, kann keiner dieser drei Ansätze eine überzeugende Erklärung für die Masse der überlieferten Kondiktionsfälle, insbesondere nicht derjenigen der condictio indebiti, liefern. Anhand einiger zentraler Quellen wird im Folgenden das Erfordernis einer datio als allgemeiner Kondiktionsvoraussetzung erörtert, um sodann auf dieser Grundlage konkrete Schlussfolgerungen für die solutio indebiti ziehen zu können. 1. Die datio als allgemeine Voraussetzung der klassischen condictio a. M. Tulli Ciceronis pro Q. Roscio Comoeda oratio Am deutlichsten gibt zur Frage des datio-Erfordernisses eine nichtjuristische Quelle Auskunft, nämlich eine Passage aus Ciceros Rede für den Schauspieler Q. Roscius. Letzterer ist Ciceros Mandant und muss sich im Prozess gegen eine Geldforderung seines einstigen Mitgesellschafters Fannius erwehren. Cic. Pro Rosc. 4.13 (…) Iam duae partes causae sunt confectae; adnumerasse sese negat, expensum tulisse non dicit, cum tabulas non recitat. Reliquum est ut stipulatum se esse dicat; praeterea enim quem ad modum certam pecuniam petere possit non reperio. Stipulatus es — ubi, quo die, quo tempore, quo praesente? quis spopondisse me dicit? Nemo. 5.14 Hic ego si finem faciam dicendi, satis fidei et diligentiae meae, satis causae et controversiae, satis formulae et sponsioni, satis etiam iudici fecisse videar cur secundum Roscium iudicari debeat. Pecunia petita est certa; cum tertia parte sponsio facta est. Haec pecunia necesse est aut data aut expensa lata aut stipulata sit. Datam non esse Fannius confitetur, expensam latam non esse codices Fanni confirmant, stipulatam non esse taciturnitas testium concedit. (…)

Die im Raum stehende Klage ist die actio certae creditae pecuniae, welche mit der condictio certae pecuniae identisch ist.116 Um die Klage zu entkräften, schließt Cicero nacheinander die drei – offenbar einzigen – Gründe aus, aus denen Geld mit einer condictio eingeklagt werden kann: Weder handelte es sich bei der Klagsumme um pecunia data (übereignetes Geld) noch um pecunia expensa lata (verbuchtes Geld) noch um pecunia stipulata (versprochenes Geld). Schenkt man Cicero Glauben und hält diese Aufzählung für abschließend, kann die condictio nur auf diesen drei Gründen beruhen. Nach Hingabe einer nichtgeschuldeten 115

Schanbacher, TR 60 (1992), 1 ff. Dazu ausführlich Hähnchen, Causa condictionis (2003), 44 ff. und 70 ff.; Watson, Law of obligations (1965), 14 f.

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Sache in das Vermögen des Empfängers wäre die darauf entstehende condictio indebiti folglich – da weder Stipulation noch Litteralkontrakt in Betracht kommen – stets auf eine datio zurückzuführen. Gegen die Beweiskraft der Quelle sprechen allerdings einige – mehr oder weniger gewichtige – Aspekte: Zunächst die Art der Quelle: Es handelt sich um ein parteiisches Plädoyer eines Nichtjuristen117, aus welchem sich schwerlich dogmatische Grundsätze ableiten lassen.118 Zudem gibt sie allenfalls Zeugnis über die Rechtslage zu Ciceros Zeiten,119 sagt aber unmittelbar nichts für das klassische Recht aus. Darüber hinaus liefert auch der Inhalt Gründe, um an der Vollständigkeit der aufgezählten Klaggründe für die condictio zu zweifeln: Insbesondere fehlt die damals zweifellos anerkannte120 condictio ex causa furtiva.121 Der Einwand, dass diese nach der Lagerung des Falles überhaupt nicht in Betracht gekommen sei, lässt sich auch auf die Nichtleistungskondiktion erstrecken.122 Nichtsdestoweniger kam H. H. Pflüger bei seiner „rechtlichen Beleuchtung und Verwertung“ der Rede (1904) zu dem Ergebnis, dass sie in der Tat Zeugnis von einem auch in klassischer Zeit geltenden datio-Erfordernis gebe. Dieses Ergebnis musste er allerdings – wie zu dieser Zeit üblich – auf weitreichende Interpolationsannahmen stützen, denn es sind durchaus nicht wenige Fälle überliefert, in denen eine condictio auch ohne Leistungsbeziehung zwischen Kläger und Beklagtem entsteht.123 Auf der anderen Seite wird die datio in den juristischen Quellen allenfalls indirekt als Kondiktionsvoraussetzung postuliert. Dennoch sieht sich die herrschende Meinung seit Pflügers Beitrag dazu veranlasst, die datio grundsätzlich als allgemeine Kondiktionsvoraussetzung anzuerkennen.124 Im Folgenden soll 117

Das von Sturm, Abalienatio (1958), 60 ff., gesammelte Material zeigt, dass Cicero kein iuris consultus, sondern ein Rhetor war. 118 van Oven, TR 22 (1954), 289; Hähnchen, Causa condictionis (2003), 73; Heine, Condictio sine datione (2006), 25. 119 Der Prozess fand wahrscheinlich im Jahr 76 v. Chr. statt, vgl. Fuhrmann (Hrsg.), Cicero: Prozessreden I, 824. 120 Kaser, RP I (1971), 593 und 5946, begreift sie gar als den Ausgangsfall der condictio. 121 D’Ors, SDHI 19 (1953), 149 f., sieht hingegen auch im Falle des furtum eine datio gegeben, wobei er sich allerdings einer abwegigen Interpretation des Begriffs der datio bedienen muss. 122 Heine, Condictio sine datione (2006), 23. 123 Dazu ausführlich unter c. 124 Savigny, System V (1841), 515; Koschembahr-Lyskowski, Condictio I (1903), 38; de Francisci, Synallagma II (1916), 386 f.; Brasiello, Studi Bonfante II (1930), 580 f.; Ehrhardt, Iusta causa traditionis (1930), 37; Sanfilippo, Condictio indebiti (1943), 54; Donatuti, StParm. I (1950), 45 ff.; Schwarz, Grundlage der condictio (1952), 2, 191; Niederländer, Die Bereicherungshaftung (1953), 16; Fuchs, Iusta causa tra-

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geprüft werden, ob diese Annahme berechtigt ist. Die Quellen sprechen lediglich davon, dass die condictio re entstehe und auf einem negotium contractum basiere. b. Die Kategorie der obligatio re als Hinweis auf das datio-Erfordernis Beide Elemente finden sich in: Gai. 3.91 Is quoque, qui non debitum accepit ab eo, qui per errorem solvit, re obligatur; nam proinde ei condici potest: si paret eum dare oportere, ac si mutuum accepisset. Unde quidam125 putant pupillum aut mulierem, cui sine tutore auctore non debitum per errorem datum est, non teneri condictione, non magis quam mutui datione; sed haec species obligationis non videtur ex contractu consistere, quia is, qui solvendi animo dat, magis distrahere vult negotium quam contrahere.

Gaius beschreibt im ersten Teil der Stelle die Rechtsfolge der Leistung einer Nichtschuld: Der Empfänger sei re obligatus und man könne ebenso mit der condictio gegen ihn vorgehen, wie wenn er ein Darlehen erhalten hätte. Der Ablativ re drückt den Verpflichtungsgrund („wodurch?“), nicht den Verpflichtungsinhalt („wozu?“) aus: Wie bei den anderen Obligationsarten ex contractu der Schuldner durch formgebundenes mündliches Versprechen (verbis), durch schriftliche Ermächtigung (litteris) oder durch formlose Einwilligung (consensu) verpflichtet wird, so wird er im vorliegenden Fall re verpflichtet. Es stellt sich die Frage, was sich genau hinter diesem knappen Ausdruck verbirgt. Die wörtliche Übersetzung „durch eine Sache“ hilft jedenfalls nicht weiter. Für die vorliegende Untersuchung interessiert, ob dem Begriff re ein translativer Charakter innewohnt, er mithin soviel bedeutet wie „durch Sachübertragung“,126 oder ob re lediglich die Tatsache des rechtsgrundlosen Vorhandenseins der Sache im Vermögen des Verpflichteten meint. Aus semantischer Sicht sind beide Übersetzungen denkbar; res taucht in vielerlei Zusammenhängen auf und kann für eine Sache selbst, für die Tätigkeit ihrer Hingabe, aber auch für eine Situation bzw. eine Tatsache stehen.127 Aus dem Textzusammenhang erscheint zunächst eine translative Bedeutung näher liegend; ditionis (1952), 165; Simonius, FS Lewald (1953), 165; Voci, SDHI 19 (1953), 415; van Oven, TR 22 (1954), 278; Wunner, Romanitas 9 (1970), 461 f.; Wacke, BIDR 79 (1976), 60 f.; Sargenti, ED XXXI s.v. pagamento, 536 ff.; Honsell/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht4 (1987), 352; Kupisch, Ungerechtfertigte Bereicherung (1987), 27; a.A. Heine, Condictio sine datione (2006), 13 ff.; Vacca, in: Mannino (Hrsg.): L’arricchimento senza causa (2005), 10 ff.; nach Epochen differenzierend: Saccoccio, Si certum petetur (2002), 98 ff. 125 Pomp. D. 46.3.66; Jul. D. 26.8.13. 126 So die Übersetzung von Nelson/Manthe, Studia Gaiana VIII (1999), 80. 127 Heumann/Seckel, 512.

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unmittelbar zuvor führt Gaius (3.90) die mutui datio als Paradebeispiel des re contrahere an: re contrahitur obligatio velut mutui datione. Nun ist ein wesentliches Charakteristikum der mutui datio die Hingabe in das Eigentum des Empfängers, was Gaius am Ende der Stelle im Rahmen einer pseudoetymologischen Herleitung des Begriffs mutuum ausdrücklich unterstreicht: unde etiam mutuum appellatum est, quia quod ita tibi a me datum est, ex meo tuum fit.128 Hat er hier folglich klargestellt, dass die obligatio re im Falle des mutuum durch Hingabe einer Sache in das Eigentum, mithin durch ein technisch verstandenes dare, entstehe, so zieht er gleich darauf im ersten Teil von Gai. 3.91 eine auffallend deutliche Parallele zum Fall der solutio indebiti. Dies wird bisweilen dahingehend gedeutet, dass auch die solutio indebiti eine datio darstelle, mithin unmittelbar Eigentum übertrage.129 Dass nicht nur Gaius mutuum und indebitum solutum gleichordnete, beweist Ulpians Ediktskommentar, wo der Abschnitt über das indebitum solutum in das Kommentarbuch zu Ediktstitel XVII (de rebus creditis) eingegliedert ist.130 Es ist folglich anzunehmen, dass sich beide Obligationsgründe im prätorischen Edikt unter demselben Titel befanden. Die klassische Parallelisierung von mutuum und indebitum solutum lässt sich allerdings auch unabhängig von der Frage der Art des Eigentumserwerbs interpretieren. Cannata131 misst ihr für die solutio indebiti nur insofern Aussagekraft bei, als auch hier der Empfänger Eigentum erworben haben müsse. Dies geschehe zwar in der Regel, aber nicht immer mittels datio, welche folglich auch nicht Grundlage der condictio sein könne. Infolge dessen verwirft er für re die Bedeutung „durch Sachhingabe“ und erkennt als Verpflichtungsgrund der condictio allein die Tatsache des ungerechtfertigten Vorhandenseins der Sache im fremden Vermögen an.132 Den Sinn des re obligari sieht er mit der altzivilen Konzeption des aes alienum verknüpft, welche – unabhängig von der Eigentümerstellung – das Recht eines anderen an einem bestimmten Geldbetrag zum Ausdruck brachte. Diese Vorstellung ist nicht unproblematisch im Vergleich mit den übrigen Verpflichtungsarten, entsteht dort doch die Obligation durch Rechtsakte (Stipulation, briefliche Ermächtigung und Eintragung im Hausbuch, Konsens),

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Diese Etymologie begegnet uns auch an anderen Stellen, vgl. Paul. D. 12.1.2.2; Inst. 3.14 pr. Heute wird sie weitgehend abgelehnt, der Begriff mutuum wird stattdessen auf movere, mutare zurückgeführt; vgl. v. Lübtow, Die Entwicklung des Darlehensbegriffs (1965), 15 ff.; Kaser, RP I (1971), 1701; Honsell/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht4 (1987), 2978; Hähnchen, Causa condictionis (2003), 74. 129 Fuchs, Iusta causa traditionis (1952), 236 ff. 130 Ulpian ad ed. liber XXVI; Lenel, Pal. II, 572 ff. (Nr. 774 ff.). 131 in: Vacca (Hrsg.): Arricchimento ingiustificato e ripetizione dell’indebito (2005), 15 f. 132 In diesem Punkt knüpft er an die „objektive Theorie“ der Grundlage der condictio an, vgl. dazu Anm. 134.

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während hier nun ein Zustand die Obligation hervorbringen soll.133 Auf der anderen Seite ist jedoch offensichtlich, dass die Sachhingabe als solche nicht genügt, um die condictio zu generieren; die große Mehrheit der dationes haben den endgültigen Verbleib der Sache beim Empfänger zur Folge. Vielmehr muss bei allen Realobligationen ein zusätzlicher Grund, eine causa condictionis, hinzutreten. Dieser besteht bei der condictio mutui in der Darlehensabrede der Parteien, bei der condictio indebiti in der Tatsache der ungerechtfertigten Bereicherung,134 bei der condictio ob rem im Nichteintritt des bezweckten Erfolges usw. Die causae condictionis divergieren folglich je nach Kondiktionstyp; hingegen haben alle Kondiktionen und darüber hinaus alle Realobligationen eine Gemeinsamkeit: Die Beziehung zwischen Gläubiger und Schuldner wird „durch eine Sache“ vermittelt, welche vom Gläubiger- in das Schuldnervermögen überging.135 In diesem äußeren Umstand liegt das maßgebliche, aber auch hinreichende Abgrenzungskriterium zu den übrigen Obligationsarten. Hingegen ist die Frage, ob durch die Hingabe der Sache auch Eigentum übertragen wurde, erst auf einer nachgeordneten Ebene von Relevanz. Aus der besonderen Charakteristik der obligatio re lässt sich folglich kein zwingendes Argument für eine datio als Voraussetzung der condictio gewinnen. Das quoque, mit welchem Gaius (3.91) die solutio indebiti „ebenso“ wie das mutuum unter die Kategorie der obligatio re einordnet, sagt somit nicht unbedingt etwas über die Art des Eigentumserwerbs aus. Der darauf folgende Halbsatz (nam 133

Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 23 ff., wendet sich gegen die Vorstellung der obligatio als modernrechtlich gedachtes Schuldverhältnis und nimmt an, dass in klassischer Zeit mit diesem Begriff vielmehr der Obligationsakt bezeichnet wurde. Kaden, SZ 71 (1954), 586, kritisiert die zustandsbezogene Kondiktionenlehre dahingehend, dass die verschiedenen Kondiktionstatbestände sowohl hinsichtlich ihrer Benennung als auch in ihrer Behandlung durch die Klassiker stets mit dem Akt der Hingabe verknüpft gewesen seien. 134 Die herrschende „objektive Theorie“ erkennt allein die Tatsache des Fehlens eines Behaltensgrundes als Grundlage der condictio indebiti an, vgl. Sanfilippo, Condictio indebiti (1943), 52 f.; v. Lübtow, Condictio (1952), 25; Schwarz, Grundlage der condictio (1952), 212 ff.; ders., IURA 3 (1952), 300 f.; Kaden, SZ 71 (1954), 583 ff.; Heine, Condictio sine datione (2006), 152 ff. Cannata, in: Vacca (Hrsg.): Arricchimento ingiustificato e ripetizione dell’indebito (2005), 39 f.75, und ihm folgend Vacca, in: Mannino (Hrsg.): L’arricchimento senza causa (2005), 23, sehen nicht das Fehlen einer causa retinendi, sondern das Vorhandensein eines (objektiven) Obligierungsgrundes in Form des aes alienum als Grundlage der condictio an. Die „subjektiven Theorien“ legen der condictio indebiti demgegenüber eine stillschweigende Rückgabevereinbarung oder zumindest einen stillschweigenden Rückgabevorbehalt des Leistenden zugrunde, vgl. Ehrhardt, Iusta causa traditionis (1930), 37 ff.; Donatuti, StParm. I (1950), 53 f., 96, 103 f.; van Oven, TR 22 (1954), 283 ff. 135 Ähnlich Wubbe, in: Contractus e pactum (1990), 109.

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proinde ei condici potest: si paret eum dare oportere, ac si mutuum accepisset) stellt mutuum und solutio indebiti ersichtlich nur auf prozessualer Ebene gleich: Die condictio indebiti ist gleich wie die condictio mutui auf Rückübereignung gerichtet.136 Die Frage, wie sich der Eigentumserwerb vollzog, bleibt auch hier unklar. Reichweite und Bedeutung der Parallele zwischen mutuum und condictio indebiti waren offenbar bereits in klassischer Zeit umstritten, wie der zweite Teil der Stelle zeigt. Hier diskutiert Gaius die Frage, ob ein Mündel oder eine Frau, dem oder der ohne Zustimmung des Vormunds etwas nicht Geschuldetes irrtümlich hingegeben worden ist, aufgrund der Kondiktion hafte. Einige Rechtsgelehrte (quidam) verneinten die Haftung in Analogie zum mutuum, welches bei Beteiligung beschränkt Geschäftsfähiger auch nur cum tutoris auctoritate zustande kommen und eine condictio hervorbringen könne. Nach dieser Ansicht wird die solutio indebiti folglich als zustimmungspflichtiges Rechtsgeschäft angesehen. Wenn Gaius unmittelbar im Anschluss schreibt: sed haec species obligationis non videtur ex contractu consistere, so scheint er sich gegen diese Meinung zu stellen. Bejaht Gaius hier die Haftung der Frau und des Mündels, indem er den Vertragscharakter und damit die Zustimmungsbedürftigkeit der solutio indebiti verneint?137 Sicher ist die Frage nicht zu beantworten, nimmt Gaius doch zu der Haftungsfrage nicht ausdrücklich Stellung. Ebenso gut ist denkbar, dass er die Zustimmungsbedürftigkeit bejahte, sich aber gegen eine von den quidam vertretende Begründung derselben mit der contractus-Natur der solutio indebiti oder mit der Analogie zum mutuum wandte.138 Vor dieser Annahme erscheint auch der Schluss der Stelle (sed haec species…) sinnvoller, da Gaius hier mit dem Willen des auf eine Nichtschuld Leistenden argumentiert, sich aber hinsichtlich einer konkreten Rechtsfolge ausschweigt. Doch auch, wenn man in der Begründung quia is, qui solvendi animo dat, magis distrahere vult negotium quam contrahere die Verneinung eines negotium contractum erblickt, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass Gaius die solutio indebiti nicht als (zustimmungsbedürftiges) negotium eigener Art angesehen hätte.139 Ob und inwiefern Gaius ein negotium als Voraussetzung der condictio angesehen hat, ist aus diesem zweiten Teil der Stelle jedenfalls nicht mit Sicherheit zu bestimmen.140 Erst recht bleibt unklar die Bedeutung dieses negotium für die hier interessierende Frage des Eigentumsübergangs. 136

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Dieser Umstand war im vorigen Abschnitt von Relevanz, s. Anm. 78. So etwa Betti, BIDR 25 (1912), 68 f. Wunner, Contractus (1964), 90; Nelson/Manthe, Studia Gaiana VIII (1999), 89 ff. Gegen die Gleichsetzung der Begrifflichkeiten negotium – negotium contractum – contractus vgl. Wunner, Contractus (1964), 91. 140 Da es insbesondere der letzte Satz der Stelle (sed haec species…) ist, welcher Verwirrung stiftet, wurde er des öfteren der nachklassischen Bearbeitung verdächtigt, vgl.

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c. Das negotium contractum bei Julian als Beleg für das datio-Erfordernis aa. negotium contractum und Eigentumsübergang Deutlicher äußert sich Julian hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen negotium contractum und Eigentumsübergang: D. 12.6.33 Iulianus libro 39 digestorum Si in area tua aedificassem et tu aedes possideres, condictio locum non habebit, quia nullum negotium inter nos contraheretur: nam is, qui non debitam pecuniam solverit, hoc ipso aliquid negotii gerit: cum autem aedificium in area sua ab alio positum dominus occupat, nullum negotium contrahit. Sed et si is, qui in aliena area aedificasset, ipse possessionem tradidisset, condictionem non habebit, quia nihil accipientis faceret, sed suam rem dominus habere incipiat. Et ideo constat, si quis, cum existimaret se heredem esse, insulam hereditariam fulsisset, nullo alio modo quam per retentionem impensas servare posse.

Wer auf fremdem Grund und Boden ein Gebäude errichtet, könne keine Kondiktion gegen den bereicherten Grundstückseigentümer richten, weil kein negotium zwischen ihm und dem Bauherrn kontrahiert worden sei.141 Dabei mache es keinen Unterschied, ob der Eigentümer das Gebäude von vornherein besessen oder den Besitz erst später vom Bauherrn übertragen bekommen habe; denn auch in letzterem Falle habe der Bauherr nichts zum Eigentum des Empfängers gemacht (nihil accipientis faceret). Ebenso wenig könne ein Scheinerbe vom wahren Erben im Wege der condictio Aufwendungen ersetzt verlangen, die er auf ein erbschaftliches Haus gemacht habe. Julian liefert zwei Begründungen für die Versagung der condictio: Das fehlende negotium contractum auf der einen, das fehlende accipientis facere auf der anderen Seite. Im Umkehrschluss sieht er folglich beide Elemente als Voraussetzung für die Gewährung der condictio an.142 Die Wendung van Oven, IURA 1 (1950), 21 ff.; Donatuti, StParm. I (1950), 55; v. Lübtow, Condictio (1952), 142 ff; dagegen Kaden, SZ 71 (1954), 579 f. 141 Der Grundstückseigentümer erwarb das Eigentum an dem Gebäude automatisch nach dem Grundsatz superficies solo cedit, vgl. Gai. 2.73. 142 Vgl. in diesem Zusammenhang auch Jul. D. 30.60, welche nach Lenel, Pal. I, 419, in unmittelbarem Zusammenhang mit fr. 33 stand: Quod si nulla retentione facta domum tradidisset, incerti condictio ei competet, quasi plus debito solverit. Hier geht es um Aufwendungen auf ein Grundstück, welches einem Dritten (dem Fideikommissar) zusteht, diesem aber noch nicht gehört. Wird das Grundstück nun ohne Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts an den Fideikommissar übereignet, steht dem Leistenden zur Erstattung der Impensen die condictio offen. Der augenfälligste Unterschied zu fr. 33 liegt im Vorliegen einer datio, weshalb fr. 60 gewöhnlich als Stütze für das datioErfordernis herangezogen wird, vgl. van Oven, TR 22 (1954), 295. Heine, Condictio sine datione (2006), 36, welche das datio-Erfordernis bei der condictio bestreitet, er-

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accipientis facere wird regelmäßig im Sinne einer unmittelbaren Eigentumsübertragung, d.h. einer datio, verwendet.143 Fr. 33 statuiert damit in durchaus deutlicher Sprache das Erfordernis einer datio für die Gewährung der condictio.144 Der Zusammenhang der Begründungen legt zudem nahe, die datio als Synonym oder zumindest Bestandteil des negotium contractum aufzufassen. Damit würden alle Stellen zum Zeugnis für eine datio als Kondiktionsvoraussetzung erhoben, wo als solche nur das negotium contractum genannt wird.145 Auch die solutio indebiti, welche Julian in fr. 33 ausdrücklich als Beispiel anführt,146 wäre folglich stets als datio zu charakterisieren. Allerdings sprechen auch Gründe gegen die Annahme, Julian habe die datio als unabdingbare Kondiktionsvoraussetzung postulieren wollen. So finden sich an diversen anderen Stellen Aussagen Julians, welche zu jenem in D. 12.6.33 aufgestellten Postulat in Widerspruch stehen. bb. condictio nach consumptio nummorum D. 12.1.19.1 Iulianus libro decimo digestorum Si pupillus sine tutoris auctoritate crediderit aut solvendi causa dederit, consumpta pecunia condictionem habet vel liberatur non alia ratione, quam quod facto eius intellegitur ad eum qui acceperit pervenisse: quapropter si eandem pecuniam is, qui in creditum vel in solutum acceperat, alii porro in creditum vel in solutum dederit,

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klärt die condictio hier (und die Versagung derselben in D. 12.6.33) demgegenüber folgendermaßen: „Kondizierbar sind Impensen nur dann, wenn sie dem Bereicherten im Rahmen der Erfüllung einer Verbindlichkeit gleichsam als Übererfüllung zugeflossen sind.“ Heumann/Seckel, 204; vgl. auch die zahlreichen Nachweise bei Schlossmann, SZ 24 (1903), 1691, welcher an gleicher Stelle jedoch auch Stellen anführt, in welchen accipientis facere lediglich „die Überführung einer Sache in das Vermögen einer Person im wirtschaftlichen Sinne“ bedeuten soll, unter diesen – ohne nähere Begründung – auch fr. 33. Aus Jul. D. 12.6.33 wird das Erfordernis einer datio abgeleitet von Pflüger, Ciceros Rede pro Roscio (1904), 33 ff.; Betti, BIDR 28 (1915), 62; Fuchs, Iusta causa traditionis (1952), 238 ff.; Donatuti, StParm. I (1950), 45 f.; Schwarz, Grundlage der condictio (1952), 192 f.; ders., IURA 3 (1952), 299 ff.; v. Lübtow, Condictio (1952), 146; Wunner, Contractus (1964), 91 f.; van Oven, TR 22 (1954), 293 ff. (allerdings streng auf Julian beschränkt); a.A.: Trampedach, SZ 17 (1896), 113 ff.; KoschembahrLyskowski, Condictio II (1907), 219 ff.; Saccoccio, Si certum petetur (2002), 288 ff.; Heine, Condictio sine datione (2006), 26 ff., setzt sich mit dem Halbsatz quia nihil accipientis faceret nicht auseinander, obschon (oder weil?) gerade dieser ihre These von der condictio ohne datio bei Julian am heftigsten erschüttert. Dies bemängelte bereits Sturm, SZ 126 (2009), 547. Vgl. etwa Ulp. D. 12.6.2 pr.; Cels. D. 12.1.32; Paul. D. 39.6.35.3; andere Quellen sprechen – wie fr. 33 – das datio-Erfordernis offen aus: Ulp. D. 12.1.14; Pomp. D. 12.4.15. Zur Bedeutung des aliquid negotii s.u. I. 2. c.

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consumpta ea et ipse pupillo obligatur vel eum a se liberabit et eum cui dederit obligatum habebit vel se ab eo liberabit. Nam omnino qui alienam pecuniam credendi causa dat, consumpta ea habet obligatum eum qui acceperit: item qui in solutum dederit, liberabitur ab eo qui acceperit.

Eine condictio soll nach dieser Stelle auch dann entstehen, wenn ein Unmündiger ohne Ermächtigung des Vormunds oder wenn der Nichteigentümer gezahlt haben sollte, sobald die gezahlten Münzen jeweils verbraucht worden seien. Da weder der Unmündige147 ohne Ermächtigung des Vormunds noch der Nichteigentümer148 (ohne Ermächtigung des Eigentümers) Eigentum übertragen kann, scheidet hier zunächst eine (technisch verstandene) datio als Grundlage der condictio aus; Letztere muss vielmehr mit der Konsumtion der gezahlten Münzen zusammenhängen. Zur Frage, was genau unter dem Begriff der consumptio nummorum zu verstehen sei, haben sich verschiedene Ansichten herausgebildet, die sich grob in zwei Gruppen einteilen lassen: Die erste149 versteht unter consumere grundsätzlich das Ausgeben, die zweite150 das ununterscheidbare Vermischen des Geldes mit eigenem. Dabei stützt sich die erste Meinung auf das Argument, consumere gehe bei gewöhnlichen verbrauchbaren Sachen (Öl, Getreide etc.) mit einem Substanzverlust einher. Bei bloßer Vermischung seien die Münzen, wenn auch nicht mehr identifizierbar, so doch substantiell noch vorhanden. Nur durch das Ausgeben mache sich der Verbraucher den Tauschwert des Geldes in einer Weise zunutze, bei der er die Substanz verliere.151 Ferner spreche gegen die Vermischungstheorie die bei den Römern gängige Praxis, empfangenes Geld gesondert (in sacculo) auf-

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Vgl. Ulp. D. 46.3.14.8: Pupillum sine tutoris auctoritate nec solvere posse palam est: sed si dederit nummos, non fient accipientis vindicarique poterunt. Plane si fuerint consumpti, liberabitur. Ebenso Gai. 2.84 (nullius rei alienatio ei sine tutoris auctoritate concessa est); Gai. D. 26.8.9.2 (quia nullum dominium transferre potest) und Paul. D. 46.3.15 (nec alienare ullam rem potest). 148 Ulp. D. 50.17.54: Nemo plus iuris ad alium transferre potest quam ipse haberet. 149 v. Lübtow, Condictio (1952), 35 ff.; Kaser, TR 29 (1961), 193 ff.; Burdese, Riv. Dir. Comm. 51 (1953), 269 ff.; Talamanca, RISG VI (1953), 443 f.; Manthe, Die libri ex Cassio des Iavolenus Priscus (1982), 45 ff.; Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 79. 150 Gl. acceperit D. 46.3.78: quasi sunt consumpti per immixtionem cum aliis; Dernburg, Pandekten I7 (1902), 490; Fuchs, Iusta causa traditionis (1952), 192; Wacke, BIDR 79 (1976), 123; Bauer, Ersitzung und Bereicherung (1988), 156 f.; Schanbacher, TR 60 (1992), 14; Schmidt-Ott, Pauli Quaestiones (1993), 2313. 151 Vgl. Inst. 2.4.2.: (…) quibus proxima est pecunia numerata: namque in ipso usu

adsidua permutatione quodammodo extinguitur.

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zubewahren und es wiederum in Verkehr zu bringen, ohne es jemals mit eigenem vermischt zu haben.152 Das Argument des Substanzverlustes überzeugt mangels Vergleichbarkeit der Sachlagen nicht: Geld kann im Gegensatz zu Getreide und anderen verbrauchbaren Sachen nicht verzehrt werden; es ist „niemals unmittelbarer Gegenstand der Bedarfsbefriedigung“.153 Die Besonderheit des Geldes liegt vielmehr in seiner gesteigerten Vertretbarkeit, wodurch es zum universellen Mittel der Bedarfsdeckung wird, nicht hingegen in einer Beschaffenheit seiner Substanz.154 Außerdem ist die Einverleibung des Tauschwertes gerade keine zwingende Folge der Zahlung; wird mit fremden Münzen auf eine Schuld geleistet, so erlischt diese nicht ohne weiteres; vielmehr muss der Leistende eigene Münzen nachzahlen, um Erfüllung zu bewirken und sich somit den Tauschwert des Geldes anzueignen.155 Vor diesem Hintergrund ist es unwahrscheinlich, dass der Umstand des Substanzverlustes für die rechtliche Bewertung der Geldkonsumtion entscheidend gewesen sein soll.156 Gegen die Annahme, dass jegliches Ausgeben von Geld als consumptio den Eigentumserwerb beim Empfänger bewirkt haben soll, spricht ferner das zahlreiche Auftauchen dinglich unwirksamer Geldzahlungen in den Quellen.157 Diese Fälle kann die „Ausgabetheorie“ nur mit einer die Konsumtionswirkung hindernden mala fides des Verbrauchers erklären, welche aber in der Mehrzahl der betreffenden Stellen nicht genannt wird und schlicht unterstellt

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Zu dieser Praxis vgl. Mitteis, SZ 19 (1898), 2051; Fuchs, Iusta causa traditionis (1952), 196 ff.; Kaser, TR 29 (1961), 177 ff. 153 Wacke, BIDR 79 (1976), 53. 154 Das relativ häufige Auftauchen der vindicatio nummorum in den Quellen stellt hierzu kein schlagkräftiges Gegenargument dar, da erstens ihre praktische Relevanz als eher gering einzuschätzen ist und sie sich zweitens nicht auf das individuelle Geldstück, sondern immer auf einen corpus nummorum bezog, d.h. auf einen „abgesonderten Geldvorrat, welcher aufgrund besonderer Merkmale seines Behältnisses individualisiert und als dem Kläger gehörig identifiziert werden kann. Die einzelnen Münzen innerhalb eines solchen Vorrats gelten dagegen als beliebig vertretbar“; Wacke, BIDR 79 (1976), 142. 155 Vgl. Pap. D. 46.3.94 pr., Text s.o. Anm. 107. 156 Manthe, Die libri ex Cassio des Iavolenus Priscus (1982), 48, weist ferner darauf hin, dass ein Substanzverlust bei der Geldvermengung durchaus vorliege, da die Spezies „Diese nummi des A” in ihrer Substanz in der Gattung „Geld“ aufgehe. 157 Mangelnde Berechtigung des Leistenden: Ulp. D. 12.1.13; D. 12.1.14; Pap. D. 23.3.81; Ulp. D. 40.7.3.9; Paul. D. 46.1.56.2; Pomp. D. 46.3.17; mangelnde Geschäftsfähigkeit des Leistenden: Pomp. D. 12.1.12; Iul. D. 12.1.19.1; Gai. D. 26.8.9.2; Ulp. D. 46.3.14.8; D. 12.6.29; Gai. 2.82; Inst. 2.8.2; Schenkung unter Ehegatten: Iul. D. 24.1.39; dissensus in causa: Ulp. D. 12.1.18; vgl. dazu Fuchs, Iusta causa traditionis (1952), 218 ff.

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werden muss.158 Überzeugender erscheint es demgegenüber, sich auf diejenigen Kriterien zu berufen, welche die Quellen explizit nennen. So wird der Zustand vor der Konsumtion regelmäßig mit dem exstare der Münzen und der damit einhergehenden Vindikationsmöglichkeit umschrieben. Die Konsumtion der Münzen führt sodann zu einem non exstare und einem Verlust der Vindikationsmöglichkeit.159 Exstare meint die Identifizierbarkeit, d.h. das unterscheidbare Vorhandensein der Münzen beim Empfänger. Wird Geld lediglich ausgegeben, verliert es dadurch – gerade aufgrund der häufig praktizierten traditio in sacculo – nicht zwangsläufig seine Identifizierbarkeit und es ist kein Grund ersichtlich, weshalb dem Eigentümer gegenüber dem (neuen) Besitzer die rei vindicatio versagt sein sollte. Im Falle der Zahlung fremder Münzen würde die „Ausgabetheorie“ ferner aufgrund des Eigentumserwerbs des Zweitempfängers in krassem Widerspruch zu dem nemo-plus-iuris-Grundsatz160 stehen und eine diesen verdrängende – in den Quellen nirgends erwähnte – Sonderregel für Geld erfordern.161 Gegen eine solche Sonderregel sprechen insbesondere auch solche Stellen, in denen von der consumptio durch den Empfänger die Rede ist, obschon dieser gemäß der Sonderregel schon durch die Zahlung an ihn Eigentum an den Münzen hätte erwerben müssen.162 Vor diesem Hintergrund erscheint die „Vermischungstheorie“ überzeugender, denn sie erkennt in dem non exstare der Münzen das entscheidende Kriterium für den originären Eigentumserwerb. Mit dem Wegfall der rei vindicatio als des prozessualen Mittels zur Durchsetzung des Eigentumsrechts wird Letzteres bedeutungslos, erlischt beim alten Eigentümer und entsteht neu bei demjenigen, in dessen Vermögen der Geldwert aufgeht.163 Konsument ist dabei stets derje158

Burdese, Riv. Dir. Comm. 51 (1953), 269 ff.; Kaser, FS Felgentraeger (1969), 280 f.; dagegen Fuchs, Mélanges Meylan I (1963), 134 f.; Wacke, BIDR 79 (1976), 66. 159 Gai. 2.82; Inst. 2.8.2; Ulp. D. 12.1.11.2; 12.6.29; 24.1.33.1; 42.5.24.2; Iul. D. 24.1.39; Paul. D. 12.1.31.1; Alex. C. 3.41.1; Diocl. C. 4.34.8. Zum antithetischen Gebrauch von exstare und consumere vgl. Wunner, GS Kunkel (1984), 587 ff. 160 Ulp. D. 50.17.54: Nemo plus iuris ad alium transferre potest quam ipse haberet. 161 Für eine solche Sonderregel: Burdese, Riv. Dir. Comm. 51 (1953), 269 ff.; Kaser, TR 29 (1961), 173, 193 ff., 201 f.; dagegen: Fuchs, Mélanges Meylan I (1963), 125 ff.; Wacke, BIDR 79 (1976), 49 ff., 64 ff.; Wunner, GS Kunkel (1984), 589 ff., 608 f.; Bauer, Ersitzung und Bereicherung (1988), 155 f.; Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 78. 162 Neben der soeben behandelten Jul. D. 12.1.19.1 (Nam omnino…) sind dies u.a. Pomp. D. 12.1.12; Ulp./Pap. D. 12.1.13.1; Pap. D. 23.3.81; Paul. D. 46.1.56.2 ; Pap. D. 46.3.94.2. 163 Die Frage des Eigentumserwerbs stand jedoch nicht im Mittelpunkt der Problematik, sondern ergab sich indirekt aufgrund des faktischen Wegfalls der rei vindicatio. Der Grund, weshalb die Römer im Falle der Vermischung von Geld – im Gegensatz zu derjenigen anderer verbrauchbarer Sachen – kein (im Wege der vindicatio pro parte oder der actio communi dividundo zu trennendes) Miteigentum, sondern Alleineigenntum

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nige, der die Vindikationsmöglichkeit beseitigt. Dies geschieht regelmäßig durch Vermischung, ausnahmsweise auch durch Aussonderung einzelner Münzen aus dem corpus nummorum, durch welchen sie einem bestimmten Geber zugeordnet werden konnten. Eine vermittelnde Meinung164 kennzeichnet das consumere als „qualifiziertes Ausgeben“ und versteht darunter das Aufgehenlassen der Geldstücke im Geldverkehr „unter Beseitigung ihrer Individualisierbarkeit und damit der Vindikationsmöglichkeit“.165 Es drängt sich hierbei die Frage auf, wie genau diese „Beseitigung“ vonstatten gehen soll. Die Übergabe der Münzen per se beseitigt ihre Individualisierbarkeit jedenfalls nicht;166 Letztere geht entweder schon vor oder erst nach der Zahlung verloren, und zwar zumeist durch Vermischung mit anderen Münzen des jeweiligen Inhabers. Ein wie auch immer qualifiziertes Ausgeben ist die consumptio nummorum folglich nie;167 demgegenüber ist in der commixtio nummorum ihr Hauptfall zu sehen. Dass Javolen Letztere in D. 46.3.78168 eigens erwähnt, steht dem nicht entgegen. Die Wendung si mixti essent, ita ut discerni non possent liefert keinen zwingenden Hinweis auf eine gegenüber der consumptio eigenständige originäre Erwerbsart, da es sich ebenso gut um eine untechnische Umschreibung des Konsumtionsvorgangs handeln kann. Im Gegenteil zeugt das gänzliche Fehlen sonstiger Hinweise auf eine commixtio nummorum von der fehlenden eigenständigen Bedeutung derselben gegenüber der consumptio nummorum. Aber zurück zum Kern unseres Problems: Wie lässt es sich vereinbaren, dass Julian an einer Stelle (D. 12.6.33) die datio als Kondiktionsvoraussetzung statuiert, an

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des Konsumenten annahmen, ist wohl in der gesteigerten Vertretbarkeit des Geldes zu sehen. Müller-Ehlen, Hereditatis petitio (1998), 81 und insbesondere 85 f.: Hier stellt sie die Meinung dar, welche die commixtio als Unter- bzw. Hauptfall der consumptio ansieht und kritisiert sie auf der Basis von Inst. 2.4.2. Zu Unrecht beruft sie sich auf Wacke, BIDR 79 (1976), 49 ff., welcher das commiscere als den Hauptfall des consumere beschreibt (vgl. insb. S. 127) und das „qualifizierte Ausgeben“ in Anlehnung an Hohenemser nur am Rande erwähnt, ohne es jedoch näher auszuführen. Müller-Ehlen, Hereditatis petitio (1998), 68 f.2. Dies führt auch Wacke, BIDR 79 (1976), 75, treffend aus: „So oft auch immer nur eandem pecuniam weitergegeben wird – und der jeweilige Empfänger foglich der Vindikation ausgesetzt ist – tritt n i e m a l s Konsumtion ein; mag es auch durch noch so viele Hände wandern.“ Dem steht auch nicht Paul. D. 25.2.3.3 entgegen, da consumere sich hier erstens nicht auf Geld bezieht und zweitens nicht nur einen Oberbegriff, sondern ebensogut auch eine weitere Alternative zu comedere, vendere und donare darstellen kann. Si alieni nummi inscio vel invito domino soluti sunt, manent eius cuius fuerunt: si mixti essent, ita ut discerni non possent, eius fieri qui accepit in libris Gaii scriptum est, ita ut actio domino cum eo, qui dedisset, furti competeret.

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anderer Stelle (D. 12.1.19.1) jedoch eine condictio gewährt, obschon es an einer datio fehlt? Zur Auflösung des Widerspruchs lässt sich hier wie dort ansetzen. Die Ansicht, welche im Anschluss an Pflüger die datio zur zwingenden Kondiktionsvoraussetzung erhebt, kann natürlich keine Stelle gelten lassen, in welcher eine condictio ohne datio entsteht. Diese Stellen werden entweder für interpoliert erklärt oder man erblickt in ihnen einen Tatbestand, welcher die „unvollkommene datio“ konvaleszieren lässt. Insbesondere die consumptio nummorum wird als ein solcher Tatbestand aufgefasst.169 Dies zeige sich bei Jul. D. 12.1.19.1 insbesondere durch das facto eius, welches dafür spreche, den Eigentumserwerb auf eine Handlung des Unmündigen zurückzuführen.170 Durch die Konsumtion der Münzen durch den letzten Empfänger seien alle dationes in der Leistungskette geheilt worden, wodurch der Weg für die condictio in den jeweiligen Leistungsbeziehungen geebnet worden sei. Auch die nach der consumptio eingetretene Erfüllungswirkung im Falle der Zahlung solvendi causa sei auf diese Weise zu erklären. Gegen die Konvaleszenztheorie ist einzuwenden, dass das klassische römische Recht Heilungen einst unwirksamer rechtlicher Tatbestände grundsätzlich ablehnend gegenüberstand.171 Auch der Wortlaut des fr. 19.1 ist nur schwerlich mit ihr vereinbar: Zwar drängt sich das facto eius in der Tat als Kondiktionsvoraussetzung auf, doch macht Julian durch das nachfolgende intellegitur sehr deutlich, dass die condictio nicht auf eine tatsächliche, sondern nur auf eine fingierte Zuwendung zurückgeführt wird.172 Dies spricht im Umkehrschluss gegen die Vorstellung einer Konvaleszenz der datio, welche – wenn auch nachträglich – zu einer tatsächlich wirksamen Eigentumsübertragung geführt hätte. Wenn aber – und hier liegt der wahre Kern der Konvaleszenztheorie – offensichtlich Bedarf Cujacius, Opera omnia, Neapel 1722, Bd. VI, 83; Pflüger, Ciceros Rede pro Roscio (1904), 36; ders., FS Krüger (1911), 20 ff.; Siber, Studi Riccobono III (1936), 253 ff.; Sanfilippo, Condictio indebiti (1943), 52; Donatuti, StParm. I (1950), 71 f.; Schwarz, Grundlage der condictio (1952), 191; Niederländer, Bereicherungshaftung (1953), 14 ff.; Kaser, TR 29 (1961), 206; Fuchs, Iusta causa traditionis (1952), 219; ders., Mélanges Meylan I (1963), 11; Wacke, BIDR 79 (1976), 59, 90; Müller-Ehlen, Hereditatis petitio (1998), 81; Für eine Beschränkung auf eine Konvaleszenz der schuldrechtlichen Wirkungen der datio: v. Lübtow, Condictio (1952), 36; Burdese, Riv. dir. comm. 51 (1953), 272 ff.; Kaden, SZ 71 (1954), 572. Gänzlich gegen die Vorstellung einer Konvaleszenz sprechen sich aus: Wunner, GS Kunkel (1984), 607 f.; Bauer, Ersitzung und Bereicherung (1988), 159. 170 Pflüger, FS Krüger (1911), 24; Niederländer, Bereicherungshaftung (1953), 1411; Kaser, TR 29 (1961), 209; Wacke, BIDR 79 (1976), 61 f. 171 Paul. D. 50.17.29: Quod initio vitiosum est, non potest tractu temporis convalescere. 172 Wacke, BIDR 79 (1976), 61; Bauer, Ersitzung und Bereicherung (1988), 159 ff.; Heine, Condictio sine datione (2006), 101. Vgl. als weiteres Beispiel einer solchen Fiktion den Fall der legitimen Leistung einer Nichtschuld an einen Dritten: Paul. D. 46.3.59: (…) dum enim adiecto solvitur, mihi solvi videtur (…). 169

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an einer Fiktion des rechtsgeschäftlichen Zuwendungsaktes bestand, so bedeutet dies, dass es grundsätzlich eines solchen bedurfte.173 Dafür spricht auch die Tatsache, dass die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung im zweiten Fall unserer Stelle (fr. 19.1 ab quapropter) innerhalb der Zahlungsverhältnisse, also zwischen Zweitempfänger und Erstempfänger sowie zwischen Erstempfänger und Mündel, erfolgt. Wäre einzige Kondiktionsvoraussetzung ein ex iniusta causa apud aliquem esse,174 so bliebe hier unerklärlich, warum der Ausgleich nicht unmittelbar zwischen ursprünglichem Eigentümer und Konsumenten erfolgt.175 Im Vergleich mit Jul. D. 12.6.33 drängt sich jedoch die Frage auf, weshalb eine entsprechende Fiktion der datio nicht auch zugunsten des Bauherrn erfolgte. Hier ausschließlich auf die Verschaffung der „occasio consumptionis“ durch den jeweiligen Geber in fr. 19.1 abzustellen,176 überzeugt nicht, da auch der Bauherr facto eius dem Grundstückseigentümer die Möglichkeit des (gesetzlichen) Eigentumserwerbs verschaffte. Zunächst liegt nahe, auf die Übereinstimmungen mit den „echten“ Leistungsfällen hinzuweisen, welche in fr. 19.1 – wo es lediglich an der vollen Geschäftsfähigkeit bzw. an der Eigentümerstellung fehlt – stärker sind als im Fall der inaedificatio, in welchem weder ein Zuwendungs- noch ein Annahmewille, im Grundfall noch nicht einmal eine Übergabe vorliegt. Neben den weitgehenden äußerlichen Übereinstimmungen spricht noch ein weiterer Grund für die analoge Behandlung von wirksamer datio und von consumptio gefolgter Besitzübertragung: Neben der usucapio stellte die consumptio nummorum eine der wenigen und zugleich eine der bedeutendsten Möglichkeiten des römischen Rechts dar, um zu einem Eigentumserwerb vom Nichtberechtigten zu gelangen.177 Insbesondere im Falle von Geld178 besteht hierfür im entwickelten Rechtsverkehr ein unabweisliches Bedürfnis und es ist davon auszugehen, dass Geldvermischungen zu diesem Zweck häufig absichtlich vorgenommen wurden. Mit der Sachevidenz entfällt die Vindikationsmöglichkeit, was nach dem aktionenrechtlichen Denken der Römer einem Eigentumsverlust gleichkommt. Gleichzeitig sieht sich der Konsument um den Wert der Münzen bereichert, er kann sich ihrer fortan wie ein Eigentümer bedienen. Ihn dennoch nicht als Eigentümer anzusehen, hätte ein praktisch nicht zu handhabendes dauerhaftes Auseinanderfallen von Besitz und Eigentum an den 173

Diese Schlussfolgerung übersieht Heine, Condictio sine datione (2006), 100 f.; vgl. Sturm, SZ 126 (2009), 554. 174 Vgl. Ulp./Sab./Cels. D. 12.5.6. 175 Heine, Condictio sine datione (2006), 102, welche diese Meinung verficht, muss sich zur Erklärung der Rückabwicklung innerhalb der Zahlungsverhältnisse auf eine nicht weiter belegbare „feststehende Regel“ berufen. 176 Bauer, Ersitzung und Bereicherung (1988), 163; ihr folgend Heine, Condictio sine datione (2006), 101. 177 Vgl. Wacke, BIDR 79 (1976), 130. 178 Vgl. §§ 932, 935 II BGB.

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Münzen und damit eine erhebliche Rechtsunsicherheit zur Folge. Aufgrund dieses Umstands muss dem faktischen Vorgang der consumptio nummorum die dingliche Wirkung der tatsächlichen Eigentumsverschaffung zukommen. Hinsichtlich dieser Wirkung steht sie der datio gleich. Die in fr. 19.1 vorgenommene Fiktion dürfte sich nicht zuletzt aus dieser Vergleichbarkeit rechtfertigen. cc. condictio als allgemeine Bereicherungsklage auf prinzipieller Grundlage Über seinen Schüler African ist uns eine weitere Entscheidung Julians überliefert, in welcher er eine condictio gewährt, obwohl zwischen Kläger und Beklagtem ebenso wenig eine datio erfolgte wie im Fall der inaedificatio: D. 12.1.23 Africanus libro secundo quaestionum Si eum servum, qui tibi legatus sit, quasi mihi legatum possederim et vendiderim, mortuo eo posse te mihi pretium condicere Iulianus ait, quasi ex re tua locupletior factus sim.

EGO verkauft einen – wie er glaubt – ihm vermachten Sklaven, der in Wirklichkeit dem TU vermacht war. Nun stirbt der Sklave und es stellt sich die Frage, ob TU den Kaufpreis179 von EGO kondizieren könne. Die Aktivlegitimation des TU und nicht etwa des Erben zeigt, dass es sich bei dem Vermächtnis um ein Vindikationslegat handelte, TU also mit dem Erbfall zum Eigentümer des Sklaven wurde.180 Auch nach der – wegen des nemo-plus-iuris-Grundsatzes unwirksamen – Veräußerung des Sklaven durch EGO hätte TU ihn folglich vom Käufer vindizieren können; EGO wäre sodann der Eviktionsklage durch den Käufer ausgesetzt gewesen. Das Ableben des Sklaven machte jedoch die Vindikation unmöglich; EGO ist folglich von der Eviktionshaftung befreit und um den erzielten Kaufpreis bereichert. Von einem rechtsgeschäftlichen oder einem tatsächlichen Kontakt zwischen TU und EGO erfährt man nichts; man wird daher davon ausgehen müssen, dass EGO den Sklaven unmittelbar aus der Erbschaft entnommen hat. Mag man der Berichterstattung Africans Glauben schenken und kompilatorische Eingriffe ausschließen,181 hat Julian dennoch zugunsten einer condictio entschieden mit der schlichten Begründung, dass EGO aus dem Vermögen des TU bereichert sei. 179

Möglicherweise ist mit pretium auch der Wert des Sklaven gemeint, dazu ausführlich Heine, Condictio sine datione (2006), 87 ff. Zur Klassizität der condictio pretii vgl. Hähnchen, Causa condictionis (2003), 57217 und 79336. 180 Vgl. Cannata, Materiali I (2005), 10752. 181 Zumeist wird angenommen, African habe den Kläger auf eine actio in factum verwiesen: Pflüger, Ciceros Rede pro Roscio (1904), 87 ff.; ders., Zur Lehre vom Erwerbe des Eigentums (1937), 125; Donatuti, StParm. I (1950), 133 f.; v. Lübtow, Condictio (1952), 75; Schwarz, Grundlage der condictio (1952), 19926. Alternativ wird eine

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Wir haben hier folglich eine condictio überliefert, ohne dass ihr eine datio oder eine sonst wie zurechenbare Handlung des Klägers vorangegangen wäre. Für eine Fiktion der datio bestehen noch weniger Ansatzpunkte als bei der inaedificatio, welche wenigstens eine tatsächliche Handlung darstellt, an die man anknüpfen könnte. Um einen Widerspruch zu dem in D. 12.6.33 postulierten Negotienerfordernis zu vermeiden, verbleibt lediglich die Möglichkeit, den Begriff des negotium contractum auszuweiten und die datio aus ihm herauszunehmen. So wird er bisweilen im Sinne einer Zurechnungskategorie verstanden. Saccoccio etwa definiert das negotium contractum als die durch ein factum dantis herbeigeführte objektive Beziehung zweier Vermögenssphären.182 Den Fall der inaedificatio schließt er mit der Begründung aus, hier sei jene Beziehung nicht durch ein factum dantis entstanden, denn es gelte dominus rem suam habere incipit. Hingegen sei in D. 12.1.19.1 das Geld durch ein factum pupilli an den Empfänger gelangt, welches – vermittelt durch die consumptio – die notwendige objektive Vermögensbeziehung geschaffen habe. Saccoccios Erklärung krankt an mehreren Punkten: Julian stellt in fr. 33 durch die Fallabwandlung der Besitzübergabe, insbesondere durch die Begründung quia nihil accipientis faceret, sehr deutlich heraus, dass es für die Zulassung der condictio mehr bedarf als eines bloßen Faktums, dass insbesondere die Besitzübertragung nicht genügt. Der pupillus in fr. 19.1 tut aber genau dies: er überträgt nichts weiter als den Besitz. In beiden Fällen schafft der Entreicherte durch ein Faktum die Möglichkeit des Eigentumserwerbs; hier durch die Übergabe, welche den Erwerb durch consumptio ermöglicht, dort durch die Errichtung eines Bauwerks, welche den Erwerb über den Grundsatz superficies solo cedit ermöglicht. Ebenso ist nicht ersichtlich, welche „relazione obbiettiva di due individualità patrimoniali distinte“183 im Falle der consumptio, nicht aber im Falle der inaedificatio vorliegen soll. In beiden Fällen verschmilzt ein Vermögenswert des „Gebers“ mit dem Vermögen des „Empfängers“, welcher sodann von der Rechtsordnung als Eigentümer der Gesamtmasse angesehen wird. Auch fr. 23 ist nicht mit Saccoccios Vorstellung des negotium contractum zu erklären, da der Bereicherung des EGO ersichtlich kein factum des TU zugrunde liegt. Denselben oder ähnlichen Kritikpunkten sind auch verwandte Definitionen des negotium contractum ausgesetzt, welche durch eine möglichst weite Öffnung dieses Begriffs auch Nichtleistungsfälle miteinbeziehen wollen.184 D. 12.6.33, die Koncondictio furtiva in Erwägung gezogen: Mayr, Condictio (1900), 415; Sturm, SZ 126 (2009), 553. 182 Saccoccio, Si certum petetur (2002), 287 ff. 183 Saccoccio, Si certum petetur (2002), 289. Er zitiert hier Betti, BIDR 28 (1915), 62, welcher jedoch in unmittelbarem Zusammenhang ausdrücklich das datio-Erfordernis betont. 184 Behrends, SZ 95 (1978), 212 ff., definiert das negotium für die Sabinianer als ein „pflichtenbegründendes Rechtsgeschäft“, welches „Verantwortungsfähigkeit“ voraussetze.

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sumtionsfälle und D. 12.1.23 sind auf diese Weise schlicht nicht in Einklang zu bringen. Durch die Herausnahme des datio-Erfordernisses aus dem Begriff des negotium contractum wird dieses zu einem konturlosen und mit dem Wortlaut von fr. 33 nicht zu vereinbarenden Gebilde, welches sich nicht als Tatbestandsvoraussetzung der condictio eignet. Wenn die condictio aber grundsätzlich eine datio zur Voraussetzung hatte, so muss fr. 23 eine echte Ausnahmeentscheidung darstellen, mit welcher Julian bewusst von den althergebrachten und von ihm selbst in fr. 33 auch grundsätzlich anerkannten Kondiktionsgrundsätzen abrückt. Was Julians Entscheidungsmotive anbelangt, übermittelt uns African lediglich: quasi ex re tua locupletior factus sim. Diese lapidare Begründung, welche die condictio als allgemeine, von einem Negotienerfordernis freie, Bereicherungsklage erscheinen lässt, kann vor dem Hintergrund des fr. 33 per se nicht befriedigen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Julian sich auf ein übergeordnetes Prinzip stützte, um die Ausnahme von dem – von ihm selbst anerkannten – Negotienerfordernis zu begründen. Ein Anhaltspunkt zu dieser Frage findet sich in der viel diskutierten condictio Iuventiana, einer vergleichbar problematischen Entscheidung aus hochklassischer Zeit: D. 12.1.32 Celsus libro quinto digestorum Si et me et Titium mutuam pecuniam rogaveris et ego meum debitorem tibi promittere iusserim, tu stipulatus sis, cum putares eum Titii debitorem esse, an mihi obligaris? Subsisto, si quidem nullum negotium mecum contraxisti: sed propius est ut obligari te existimem, non quia pecuniam tibi credidi (hoc enim nisi inter consentientes fieri non potest): sed quia pecunia mea ad te pervenit, eam mihi a te reddi bonum et aequum est.

Nachdem TU sowohl EGO als auch Titius um ein Darlehen gebeten hatte, wies EGO seinen Schuldner an, TU die erbetene Summe stipulationsweise zu versprechen.185 Bei Vornahme der Stipulation glaubte TU jedoch irrtümlich, der Promittent sei ein Schuldner des Titius. Es stellt sich daher die Frage, ob TU dem EGO verpflichtet ist. Celsus hat Bedenken, da zwischen TU und EGO kein negotium kontrahiert worden ist; dennoch tritt er für eine Verpflichtung ein. Diese beruhe aber mangels Willenseinigung nicht auf einem Darlehen,186 sondern auf dem Prinzip des bonum et aequum, welches es gebiete, dass EGO sein an TU gelangtes Geld zurückerhalte. Die Parallele zwischen den Begründungssätzen quia pecunia mea ad te pervenit (fr. 32) und quasi ex re tua locupletior factus sim (fr. 23) ist 185

Zur Besonderheit der Anweisungssituation in diesem Fall vgl. Gröschler, Die tabellaeUrkunden (1997), 331 f.; Harke, Argumenta Iuventiana (1999), 138 ff.; Cannata, Materiali I (2005), 109. 186 Die Abgrenzung zum Darlehen macht deutlich, dass es sich bei der in Frage stehenden Klage nur um die condictio handeln kann, vgl. Harke, Argumenta Iuventiana (1999), 139.

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augenfällig und legt nahe, dass auch Julian sich von vergleichbaren Prinzipien leiten ließ.187 Seit den Untersuchungen Santoros188 wird verstärkt vertreten,189 Entscheidungen wie die soeben diskutierten190 seien keine Ausnahmen, sondern gewöhnliche Anwendungsfälle eines das Kondiktionenrecht beherrschenden, insbesondere in Ulp./Sab./Cels. D. 12.5.6191 ausgedrückten Prinzips, welches ein 187

Cannata, Materiali I (2005), 111, sieht die Grundlage der Julianischen Entscheidung (fr. 23) in dem durch Pomp. D. 50.17.206 überlieferten Prinzip: Iure naturae aequum est neminem cum alterius detrimento et iniuria fieri locupletiorem. Auf prinzipiellen Grundlagen basierende kondiktionenrechtliche Entscheidungen wurden von der Interpolationenkritik generell als byzantinisch herabgewertet; vgl. Pringsheim SZ 52 (1932), 138 ff., welcher als Argument hierfür das zahlreiche Auftauchen prinzipieller Begründungen in den Basilikenscholien ohne entsprechende Anhaltspunkte in den Digesten anführt. So findet sich auch im Stephanos-Scholion zu der fr. 23 entsprechenden Basilikenstelle (Bas. 2.620 f.) unvermittelt bonum et aequum. Gerade der Vergleich mit fr. 23 macht aber eine Interpolation der Begründung in fr. 32 unwahrscheinlich, denn warum sollten die Kompilatoren hier, aber nicht dort das bonum et aequum eingesetzt haben? Heute wird das bonum et aequum als typische Ausnahmebegründungsfigur des Celsus angesehen, vgl. Harke, Argumenta Iuventiana (1999), 134 ff.; Cannata, Materiali I (2005), 110 f. Dass Celsus und Julian zeitgleich die konkurrierenden Rechtsschulen der Prokulianer und Sabinianer anführten, könnte mit ein Grund dafür gewesen sein, dass Julian seine Ausnahmeentscheidungen nicht ausdrücklich mit den von Celsus verwendeten Prinzipien begründete. 188 Santoro, Ann. Pal. 32 (1971), 181 ff. 189 S.o. Anm. 114. 190 In diesem Zusammenhang sind noch zu nennen: Pap. D. 12.6.55 und Afr. D. 19.1.30 pr. 191 Perpetuo Sabinus probavit veterum opinionem existimantium id, quod ex iniusta causa apud aliquem sit, posse condici: in qua sententia etiam Celsus est. Die Stelle postuliert als allgemeine Kondiktionsvoraussetzung nicht die datio, sondern das deutlich weitere ex iniusta causa apud aliquem esse, welches nach Ulpians Definition (D. 50.16.63) sogar die detentio umfasst. Sie wird kontrovers diskutiert: Während die einen (de Francisci, Synallagma II [1916], 3791 und 382; Pringsheim, SZ 52 [1932], 150; Pflüger, Die Lehre vom Erwerbe des Eigentums [1937], 133; v. Lübtow, Condictio [1952], 145) lediglich einen deliktischen Spezialfall erkennen, sehen die anderen (van Oven, TR 22 [1954], 301; Saccoccio, Si certum petetur [2002], 109; Heine, Condictio sine datione [2006], 111 ff.; Cannata, in: Vacca [Hrsg.]: Vendita e trasferimento della proprietà [1997], 14 ff.; Vacca, in Mannino [Hrsg.]: L’arricchimento senza causa, 10 ff.) ein allgemeines Prinzip formuliert. Saccoccio, Si certum petetur (2002), passim, konstatiert für die veteres und einen Teil der Klassiker das allgemeine Prinzip des ex iniusta causa apud aliquem esse als einzige Kondiktionsvoraussetzung; Heine, Condictio sine datione (2006), 111 ff., weitet dieses Prinzip auf das komplette klassische Recht aus; Vacca, in Mannino (Hrsg.): L’arricchimento senza causa (2005), 12, setzt das id, quod ex iniusta causa apud aliquem sit gleich mit dem iniuria fieri locupletiorem in Pomp. D. 50.17.206, womit sich die condictio als Instrument zur Korrektur der iniuria darstelle und – als Gebot der aequitas naturalis – unabhängig von einer datio gewährt werden müsse. Schwarz, Grundlage der condictio (1952), 276 f.,

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Verbot der ungerechtfertigten Bereicherung auf Kosten anderer beinhalte. Dass dieser Gedanke dem Kondiktionenrecht zugrunde lag, ist unbestritten. Das Besondere an jener neuen Meinung ist jedoch, dass das ex iniusta causa apud aliquem esse als einzig erhebliche Tatbestandsvoraussetzung der klassischen condictio angesehen wird, dass insbesondere daneben keine datio erforderlich gewesen sein soll.192 Dann jedoch ist kaum zu erklären, weshalb Celsus die Gewährung der condictio mit dem Bedenken hinauszögert, es sei kein negotium zwischen Kläger und Beklagtem kontrahiert worden: Subsisto, si quidem nullum negotium mecum contraxisti. Heine193 sieht die ratio dubitandi in dem Unterschied der hier vorliegenden Dreieckskonstellation zu den gewöhnlichen Zweipersonenverhältnissen. Denn durch die Besonderheit der Anweisungssituation sei TU hier in den Genuss der Darlehensvaluta gekommen, ohne dass ein wirksames mutuum zugrunde gelegen hätte. Dies sei im Zweipersonenverhältnis nicht denkbar, da dort die Darlehensabrede, welche Heine als das Celsinische negotium contractum ansieht, und die traditio (credendi causa) untrennbar zusammenhängen. Ein Scheitern der Darlehensabrede sei in diesen Fällen daher stets mit einem Scheitern der traditio einhergegangen. Dann aber sei zugunsten des Leistenden zunächst nur die rei vindicatio eröffnet; eine condictio komme erst nach einem originären Erwerb durch consumptio nummorum in Betracht. Aus diesem Grund habe Celsus die condictio im vorliegenden Fall nicht ohne weiteres, sondern erst nach einigem Zögern gewährt. Diese Erklärung verwundert, besitzt doch der Empfänger auch schon vor der consumptio ohne Rechtsgrund und konnte laut Heine (S. 116 f.) mit der condictio ohne weiteres auch der bloße Besitz eingeklagt werden. Außerdem bedeutet es einen – ersichtlich konstruierten – Umweg, das negotium contractum in der schuldrechtlichen Darlehensabrede und nicht in der datio zu erkennen. Auch wenn im Normalfall (traditio credendi causa) beide zusammenhängen, resultiert die Bereicherung doch aus der datio und nicht aus der Abrede. Es ist daher kaum zu erklären, weshalb Celsus im Vergleich mit den Zweipersonenkonstellationen das schuldrechtliche Anhängsel und nicht den bereichernden (sachenrechtlichen) Tatbestand selbst im Sinn gehabt haben sollte. Auch der Aufbau des Fragments spricht gegen die Annahme der schuldrechtlichen Darlehensabrede als negotium hält die Stelle offenbar für das einzige authentische Klassikerzeugnis einer condictio ex iniusta causa, sieht in ihr aber einen speziellen Ausnahmefall, welcher im palingenetischen Kontext (insb. im Zusammenhang mit D. 7.5.5.1) verstanden werden müsse. Im Unrechtsgedanken sieht er zwar „den letzten Ursprung der zivilrechtlichen Rückforderungsklage“, folglich also auch ein „allgemeines Prinzip“, jedoch keinen Grund, um auf das Erfordernis einer datio zu verzichten. Zu dieser und weiteren Stellen vgl. auch Anm. 104. 192 Vgl. insbesondere Heine, Condictio sine datione (2006), 50, welche das bonum et aequum im vorliegenden Fall als “den materialen Grund der Klage” bezeichnet. 193 Condictio sine datione (2006), 51 f.

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contractum, geht Celsus doch noch auf die Frage des (schuldrechtlichen) Konsenses ein, nachdem er sich bereits über das Erfordernis des negotium contractum hinweggesetzt hat: (…) non quia pecuniam tibi credidi (hoc enim nisi inter consentientes fieri non potest).194 Es spricht daher mehr dafür, dass Celsus grundsätzlich von dem Erfordernis einer datio ausging, dieses aber in Einzelfällen mit dem Prinzip des bonum et aequum korrigierte.195 Dieses ist – wie bereits gesehen196 – als Leitidee des Kondiktionenrechts bezeugt und eignete sich daher als „Generalklausel“, um die rigiden Schranken desselben punktuell auszudehnen. Dass Celsus diese zum Einsatz bringen musste, zeigt den Ausnahmecharakter der Entscheidung im institutionellen Gefüge des ius civile.197 Dieser Ausnahmecharakter zeigt sich auch darin, dass offenbar eine gleich noch näher zu kennzeichnende Erheblichkeitsschwelle bestand, unterhalb derer keine Nichtleistungskondiktion gewährt wurde. So versagt Julian die condictio im Fall der inaedificatio (fr. 33), was aus der Sicht des Bauherrn durchaus auch als „ungerecht“ empfunden werden könnte, kommen seine Impensen doch nun dem Grundstückseigentümer zugute, ohne dass dafür ein rechtlicher Grund bestünde.198 Van Oven ist gar der Meinung, „l’iniquité du refus de la condictio au bâtisseur est beaucoup plus grande que celle dont souffre le légataire de 12.1.23“.199 Zur Begründung führt er an, dass in fr. 23 dem (echten) Legatar im Falle des Versterbens des Sklaven VOR Verkauf gemäß dem Grundsatz casum sentit dominus keinerlei Ersatzansprüche zugestanden hätten und sich das Versterben des Sklaven NACH Verkauf daher lediglich als einen glücklichen Zufall für ihn darstelle. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Bereicherung des Scheinlegatars unmittelbar aus dem Verkauf, nicht aus dem Tod des Sklaven resultiert.200 Der Verkauf des Sklaven stellt aber keinen casus im Sinne der Regel, sondern ein dem Scheinlegatar zurechenbares Verhalten dar. Er hat sich den Wert des Sklaven kraft eigener Willensentscheidung einverleibt. Hingegen stellt sich die inaedificatio aus Sicht des Grundstückseigentümers als eine aufgedrängte Berei194

Harke, Argumenta Iuventiana (1999), 139. Cannata, in: Vacca (Hrsg.): Arricchimento ingiustificato e ripetizione dell’indebito (2005), 47 ff.; ders. in Materiali I (2005), 108 ff. 196 S.o. bei Anm. 104. 197 Dafür lässt sich entgegen Heine, Condictio sine datione (2006), 49, durchaus das einleitende sed propius est anführen, vgl. Harke, Argumenta Iuventiana (1999), 140; Sturm, SZ 126 (2009), 548. 198 Van Oven, TR 22 (1954), 297, wirft Julian daher einen “certain excès de doctrinarisme” vor. 199 Van Oven, TR 22 (1954), 296. 200 Die Eviktionshaftung führt per se (vor ihrer Durchsetzung) noch nicht zu einer Entreicherung, weshalb im Wegfall derselben durch den Tod des Sklaven auch nicht das bereichernde Moment erblickt werden kann. 195

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cherung dar, welche ihm unter Umständen sogar ungelegen kommt, etwa wenn er das Grundstück anderweitig nutzen wollte. Wer ein Bauwerk errichtet, ohne sich zuvor Klarheit über die Eigentumsverhältnisse am Grundstück zu verschaffen, ist evident weniger schutzwürdig als der Eigentümer einer Sache, welche ohne seinen Willen von einem Dritten verwertet wird. Es ist daher durchaus nachvollziehbar, wenn Julian dem Legatar in fr. 23 die condictio pretii gewährt, den Bauherrn in fr. 33 hingegen leer ausgehen lässt bzw. auf sein Zurückbehaltungsrecht verweist. Dass auch Julians in fr. 23 überlieferte Entscheidung nicht ohne weiteres mit dem institutionalisierten klassischen Kondiktionenrecht vereinbar, jedenfalls nicht allgemein anerkannt war, zeigt D. 3.5.48201, wo African einen fast identischen Fall mit der Gewährung einer actio negotiorum gestorum löst.202 dd. Ergebnisse zu c. und 1. Als Ergebnisse lassen sich bislang festhalten: Die klassische condictio hatte grundsätzlich ein negotium contractum zum Erfordernis, welches eine datio, d.h. ein accipientis facere, zumindest mitumfasste. Diese institutionelle Schranke verhinderte ein Ausufern des Anwendungsbereichs der Rückforderungsklagen und bewahrte einen gewissen Grad an Bestimmtheit und Berechenbarkeit derselben, diente mithin der Rechtssicherheit.203 Wo sich die Schranke jedoch als zu starr erwies, so dass ihre strikte Beachtung zu einem unüberwindlichen Konflikt mit den dem Kondiktionenrecht zugrunde liegenden Prinzipien (naturalis aequitas, bonum et aequum, ius naturale, ius gentium, bona fides)204 geführt hätte,205 wurde eine punktuelle Durchbrechung zugelassen. Vor diesem Hintergrund sind die Nichtleistungskondiktionen zu erklären, wie sie etwa206 in Afr./Jul. D. 12.1.23 und 201

Si rem, quam servus venditus subripuisset a me venditore, emptor vendiderit eaque in rerum natura esse desierit, de pretio negotiorum gestorum actio mihi danda sit, ut dari deberet, si negotium, quod tuum esse existimares, cum esset meum, gessisses: sicut ex contrario in me tibi daretur, si, cum hereditatem quae ad me pertinet tuam putares, res tuas proprias legatas solvisses, quandoque de ea solutione liberarer. 202 Dazu Koschembahr-Lyskowski, Condictio II (1907), 223 ff.; Hähnchen, Causa condictionis (2003), 79 f. 203 Cannata, Materiali I (2005), 106; Sturm, SZ 126 (2009), 557 f. 204 Zu diesen Prinzipien als Grundlage der klassischen condictio vgl. Kaser, RP I (1971), 5945; Kupisch, Ungerechtfertigte Bereicherung (1987), 11, 26. 205 Vgl. Cic. De off. I.10.33: Existunt etiam saepe iniuriae calumnia quadam et nimis callida, sed malitiosa iuris interpretatione. Ex quo illud ‚summum ius summa iniuria’ factum est iam tritum sermone proverbium; Paul./Cels. D. 45.1.91.3: (…) esse enim hanc quaestionem de bono et aequo: in quo genere plerumque sub auctoritate iuris scientiae perniciose, inquit, erratur. 206 Vgl. ferner Pomp. D. 12.1.12; D. 44.7.24 pr. (condictio des furiosus); Jav. D. 12.4.10 (Bereicherung durch acceptilatio).

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Cels. D. 12.1.32 überliefert sind.207 Eine allgemeine condictio ex bono et aequo war dem klassischen Recht hingegen fremd.208 Im Falle der unwirksamen Zahlung mit anschließender consumptio nummorum wurde die datio fingiert, was sich insbesondere aus der funktionellen Vergleichbarkeit mit den Leistungsfällen rechtfertigte. Die Notwendigkeit einer Fiktion liefert wiederum ein Zeugnis für das grundsätzlich bestehende Erfordernis einer datio. Eine generelle Ausnahme stellte die condictio furtiva dar, welche als Besitz- und Nichtleistungskondiktion sicherlich nicht mit den Grundsätzen des klassischen Kondiktionenrechts vereinbar war und – wie wir von Gaius wissen – lediglich gewährt wurde, um gegen den fur eine zusätzliche Klage bereitzustellen.209 2. Schlussfolgerungen für die solutio indebiti Im Besonderen stellt sich nun die Frage, ob die solutio indebiti ein solches, eine datio mitumfassendes negotium contractum darstellte, das Eigentum folglich unabhängig von einer Obligation übergehen konnte, oder ob sie unter einen der dargestellten Ausnahmetatbestände fällt. a. condictio indebiti aufgrund consumptio nummorum Insbesondere im Falle von Geldzahlungen ist denkbar, dass durch die solutio indebiti nur der Besitz an den Münzen übertragen wurde und sich der Eigentumser207

Liebs, in: Essays Honoré (1986), 171 f., geht von einer sukzessiven Anerkennung der Eingriffskondiktion, hingegen von einer Ablehnung der Verwendungskondiktion aus und erklärt damit die Versagung der condictio im Fall der inaedificatio (Jul. D. 12.6.33). Letztlich gesteht aber auch er die Ausnahmestellung der Nichtleistungskondiktion ein: „For immediate rules of liability on particular facts the old definitive figures remained, as before, indispensable.“ (S. 180) 208 Insoweit richtig Pringsheim, SZ 52 (1932), 138 f. Unzutreffend ist jedoch seine Bemerkung (140), die klassische condictio habe „mit Äqualität nichts zu tun“. Zur byzantinischen condictio de bono et aequo vgl. auch Saccoccio, Si certum petetur (2002), 577 ff. Simonius, FS Lewald (1953), 161, führt die Ausweitung der condictio in nachklassischer Zeit auf „den seit der Wandlung des Prozesses unvermeidlichen Mangel an Verständnis für die alten Klagformeln“ zurück, „war doch die klassische condictio ausschließlich auf certa pecunia oder certa res gerichtet.“ 209 Vgl. Gai. 4.4, dazu oben A. II. D’Ors, SDHI 19 (1953), 149 ff., gelingt es, durch eine Definition der datio als passiv geprägten Realakt selbst die condictio furtiva zu einer Leistungskondiktion zu machen. Durch die Erhebung der condictio gebe der Kläger seinen Vindikationsanspruch auf und verzichte dem Dieb gegenüber auf sein Eigentum. Solche Begriffsaufweichungen führen indessen nicht weiter; im Ergebnis erscheint auch hier die condictio als allgemeine Bereicherungsklage mit einem uferlosen Anwendungsbereich.

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werb erst danach mittels consumptio vollzog. Für die Annahme, dass eine consumptio regelmäßig unmittelbar nach der Zahlung stattgefunden habe, ließe sich anführen, dass nach einer solutio indebitae pecuniae210 in den Quellen stets die condictio, nie aber die rei vindicatio eröffnet ist. Dann jedoch ist unerfindlich, weshalb nach Zahlungen durch einen Geschäftsunfähigen oder den Nichteigentümer häufig die vindicatio nummorum auftaucht.211 Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb die Münzen hier, nicht aber im Falle der solutio indebiti noch eine Weile identifizierbar aufbewahrt worden sein sollen. Denn die Konsumtion der Münzen geschah als faktischer Vorgang unabhängig davon, ob – und erst recht aus welchem Grund – das Übereignungsgeschäft scheiterte. Wenn also nach einer solutio indebitae pecuniae das Geld nicht schneller und häufiger konsumiert wurde wie nach jeder anderen Zahlung auch und dennoch unmittelbar die condictio eröffnet war, vollzog sich der Eigentumsübergang offensichtlich nicht erst consumptis nummis, sondern bereits mit der traditio. Dafür spricht ferner, dass nach solchen Zahlungen an keiner Stelle die consumptio thematisiert, sie folglich auch nicht von Relevanz gewesen sein wird. Ihre stillschweigende Unterstellung212 liegt allein schon ob der Masse der überlieferten condictiones indebiti fern, insbesondere aber aufgrund des Umstandes, dass in den Fällen der Leistung durch einen Geschäftsunfähigen oder den Nichteigentümer offenbar regelmäßig Bedarf an ihrer ausdrücklichen Erwähnung bestand. Nur in der bereits behandelten Ulpianstelle (Antinomie) wird die consumptio erwähnt, nachdem die traditio wegen eines Mangels der iusta causa traditionis gescheitert war: D. 12.1.18 pr. Ulpianus libro septimo disputationum Si ego pecuniam tibi quasi donaturus dedero, tu quasi mutuam accipias, Iulianus scribit donationem non esse: sed an mutua sit, videndum. Et puto nec mutuam esse magisque nummos accipientis non fieri, cum alia opinione acceperit. Quare si eos consumpserit, licet condictione teneatur, tamen doli exceptione uti poterit, quia secundum voluntatem dantis nummi sunt consumpti.

In diesem Fall geht es, wie bereits dargestellt, um die Frage, ob Eigentum an Geld übergehen kann, wenn der Zahlende es schenken, der Empfänger es aber als Darlehen annehmen will. Allerdings handelt es sich hier ersichtlich um ein Handgeschäft, nicht um die Erfüllung einer zuvor begründeten Obligation. Als iusta causa traditionis kommt daher von vornherein weder eine Obligation noch eine diesbe210

Der Begriff der solutio indebiti (bzw. solutio indebitae pecuniae) wird in diesem Abschnitt unter der Voraussetzung gebraucht, dass daneben kein Mangel im Traditionsgeschäft besteht, dass die Leistung mithin durch den voll geschäftsfähigen Eigentümer vorgenommen wurde und nicht gegen ein Verbotsgesetz verstieß. 211 Auf diesen Widerspruch hingewiesen hat bereits Fuchs, Iusta causa traditionis (1952), 166 ff., die Quellen zur vindicatio nummorum untersucht er auf S. 218 ff. 212 Auf diese Möglichkeit weist Wacke, BIDR 79 (1976), 128332, hin.

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zügliche causa solvendi, sondern nur die Handschenkung oder das Darlehen in Betracht. Ulpian verneint beide Optionen aufgrund des Dissenses und kommt zum Ergebnis nummos accipientis non fieri. Das Scheitern der traditio wird durch den Umstand unterstrichen, dass die condictio erst nach Konsumtion erwogen wird; vorher wäre offenbar die rei vindicatio einschlägig gewesen. Die Stelle bezeugt damit einzig die Relevanz eines Kausalkonsenses (sei er nun „causa“ selbst oder nur auf sie bezogen) im Zeitpunkt der Übergabe, keineswegs aber das Erfordernis einer wirksamen Obligation. Was die consumptio nummorum anbelangt, so zeigt Ulpian immerhin, dass sie auch geeignet war, über einen causa-Mangel hinwegzuhelfen. Aufgrund des Wesensmerkmals der consumptio, auf faktische Weise die Möglichkeit der rei vindicatio zu beseitigen, ist dieser Umstand auch wenig verwunderlich. Dennoch ist die Stelle in diesem Zusammenhang wertvoll, denn sie zeigt, dass es offenbar eines Schulbeispiels bedurfte, um die dingliche Wirkung der consumptio nummorum nach Scheitern der traditio aufgrund eines causa-Mangels zu verdeutlichen. Allzu oft wird die traditio folglich in der Praxis nicht an der iusta causa traditionis gescheitert sein. Dass zu der Konstellation ‚consumptio nach solutio indebiti‘ noch nicht eimal ein Schulfall existiert, macht es wahrscheinlich, dass hier Probleme mit der causa geradezu undenkbar waren, was wiederum kaum vorstellbar ist unter der Annahme, dieselbe habe in einer wirksamen Obligation bestanden. Die consumptio nummorum wird relevant, wenn die traditio an der Eigentümerstellung213 oder an der Geschäftsfähigkeit214 des Leistenden, an der Hürde eines Verbotsgesetzes215, selten auch wegen eines dissensus in causa216 scheitert.217 Eine consumptio nummorum nach erlaubter, ungeschuldeter traditio solvendi causa durch den voll geschäftsfähigen Eigentümer ist hingegen nicht überliefert. Nur ein solcher Quellenbeleg könnte aber dafür sprechen, den Eigentumsübergang vor der condictio indebiti auf eine consumptio anstatt auf eine traditio solvendi causa zurückzuführen. Da in den Stellen zur condictio indebiti gewöhnlich nicht von einer consumptio nummorum die Rede ist, scheint es jedenfalls nicht auf sie angekommen zu sein.

213

Ulp. D. 7.1.25.1; Ulp. 12.1.11.2 ; Pomp. 12.1.12 a.E.; Ulp. 12.1.13 pr./1; Jul. D. 12.1.19.1 (2. Fall) ; Pap. D. 23.3.81; Ulp. D. 40.7.3.9; Pomp. D. 44.7.24.2; Paul. D. 46.1.56.2; Pomp. D. 46.3.17; Pap. D. 46.3.94.2. 214 Gai. 2.82; Inst. 2.8.2; Pomp. D. 12.1.12 (1. Fall); Jul. D. 12.1.19.1 (1. Fall); Ulp. D. 12.6.29; Gai. D. 26.8.9.2; Ulp. D. 46.3.14.8. 215 Ulp. D. 12.1.14; Jul. D. 24.1.39. 216 Ulp. D. 12.1.18 pr. 217 Zu den Fallgruppen vgl. Donatuti, StParm. I (1950), 73 ff.; Fuchs, Iusta causa traditionis (1952), 218.

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b. condictio indebiti als Billigkeitsklage Weiterhin ist denkbar, dass die condictio indebiti – ähnlich wie die oben betrachteten Nichtleistungskondiktionen (Jul. D. 12.1.23; Cels. D. 12.1.32 etc.) – aus Billigkeitsgründen unabhängig von einer datio gewährt wurde. Im Titel D. 12.6 finden sich denn auch eine ganze Reihe von Fragmenten, welche diese Annahme nahelegen. D. 12.6.66 Papinianus libro octavo quaestionum Haec condictio ex bono et aequo introducta, quod alterius apud alterum sine causa deprehenditur, revocare consuevit.

So erklärt Papinian, „diese Kondiktion“, die nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit eingeführt worden sei, sei der übliche Rechtsbehelf geworden, um rückgängig zu machen, was von dem Vermögen des einen sich ohne Rechtsgrund bei einem anderen befinde. Der weite Tatbestand des quod alterius apud alterum sine causa deprehenditur umfasst ohne weiteres auch Nichtleistungs-, ja sogar Besitzkondiktionen. Die Stelle liefert manchen Anhaltspunkt für Interpolationsannahmen.218 Besonders auffällig ist das haec condictio, welches suggeriert, es gebe mehrere derselben; doch war es erst Justinian, der die ursprünglich einheitliche condictio nach ihren jeweiligen Anwendungsfeldern klassifizierte und entsprechend benannte.219 Aber auch wenn man den Grundgedanken Papinian zuschreiben will, ist offensichtlich, dass die Stelle aus ihrem ursprünglichen Zusammenhang gerissen und von den Kompilatoren mit Bedacht auf ihre jetzige Stelle platziert wurde, insbesondere auch mit Blick auf die Entscheidungen im vorhergehenden fr. 65 (Paulus libro 17 ad Plautium).220 Dort wird in den §§ 5 – 8 die Kondiktion der Früchte 218

Im Einzelnen vgl. Ehrhardt, Iusta causa traditionis (1930), 43; Pringsheim, SZ 52 (1932), 152 ff.; Donatuti, StParm. I (1950), 136; Schwarz, Grundlage der condictio (1952), 216 ff.; Santoro, Ann. Pal. 32 (1971), 44155; Saccoccio, Si certum petetur (2002), 523 f. 219 So die wohl überwiegende Ansicht: Schwarz, Grundlage der condictio (1952), 46 ff.; Wolf, Causa stipulationis (1970), 36; Vacca, in: Mannino (Hrsg.): L’arricchimento senza causa (2005), 2944; Cannata, Materiali I (2005), 104. Andere Autoren beschränken die Einheitlichkeit der condictio auf die formal-prozessuale Ebene und nehmen eine Differenzierung nach verschiedenen Fallgruppen bereits für die klassische Jurisprudenz an: Mayr, Condictio (1900), 287 f.; Voci, La dottrina romana del contratto (1946), 100²; Fargnoli, Alius solvit alius repetit (2001), 6 ff. Saccoccio, Si certum petetur (2002), 520 ff., will aus fr. 66 darüber hinaus ableiten, Papinian selbst habe den Begriff der condictio indebiti eingeführt. 220 Pflüger, Ciceros Rede pro Roscio (1904), 60; Pringsheim, SZ 52 (1932), 152; Schwarz, Grundlage der condictio (1952), 217; v. Lübtow, Condictio (1952), 2325; Saccoccio, Si certum petetur (2002), 523.

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bzw. des Wertes der geleisteten Sache behandelt;221 die Klage ist demnach auf eine Sache gerichtet, die nicht unmittelbar durch eine datio in das Vermögen des Beklagten gelangt ist. Die Begründungsbedürftigkeit solcher Kondiktionen war anscheinend noch bei den tribonianischen Kommissionen anerkannt, erst recht aber bei den Klassikern. Für Paulus wird dies in der folgenden, bereits besprochenen222 Stelle deutlich: D. 12.6.15 pr. Paulus libro decimo ad Sabinum Indebiti soluti condictio naturalis est et ideo etiam quod rei solutae accessit, venit in condictionem, ut puta partus qui ex ancilla natus sit vel alluvione accessit: immo et fructus, quos is cui solutum est bona fide percepit, in condictionem venient.

Paulus begründet die Kondiktion dessen, was zu der geleisteten Sache als Zuwachs hinzugekommen ist, mit dem Prinzip des ius naturale. Es ist augenfällig, dass das Prinzip nicht bemüht wird, um die condictio indebiti per se zu rechtfertigen, denn die Kondiktion der res soluta selbst steht nicht in Frage und war offenbar unproblematisch. Die Kondiktion des Sachzuwachses hingegen war nicht ohne weiteres mit den Grundsätzen des klassischen Kondiktionenrechts vereinbar, da dieser nicht unmittelbar auf eine datio zwischen Kläger und Beklagtem zurückzuführen ist. Dennoch erscheint die Erstreckung des Kondiktionsanspruchs auf den Sachzuwachs als evidente Forderung der „natürlichen Gerechtigkeit“, da der Kläger auch in seinen Genuss gekommen wäre, hätte er die Sache nicht geleistet. Aus diesem Umstand rechtfertigt sich im vorliegenden Fall die ausnahmsweise Gewährung einer condictio sine datione.223 Wie Cels. D. 12.1.32 für die condictio im Allgemeinen, so unterstreicht damit diese Entscheidung des Paulus für die condictio indebiti im Besonderen den Ausnahmecharakter sowohl der condictio sine datione als auch der sie rechtfertigenden prinzipiellen Begründungsmuster. Dass Papinian demgegenüber mit seinem in fr. 66 geäußerten Gedanken einen umfassenden, das datio-Erfordernis verdrängenden Kondiktionstatbestand einführen wollte, erscheint umso unglaubwürdiger, als von ihm keine konkreten Nichtleistungs- oder Besitzkondiktionen überliefert sind. Vor diesem Hintergrund liegt es näher, den Gedanken entweder ebenfalls als Begründung einer – nicht mitüberlieferten – Ausnahme aufzufassen, oder ihn als gänzlich undogmatische Äußerung 221

D. 12.6.65.5–8 : (5) Ei, qui indebitum repetit, et fructus et partus restitui debet deducta impensa. (6) In frumento indebito soluto et bonitas est et, si consumpsit frumentum, pretium repetet. (7) Sic habitatione data pecuniam condicam, non quidem quanti locari potuit, sed quanti tu conducturus fuisses. (8) Si servum indebitum tibi dedi eumque manumisisti, si sciens hoc fecisti, teneberis ad pretium eius, si nesciens, non teneberis, sed propter operas eius liberti et ut hereditatem eius restituas. 222 S.o. bei Anm. 103. 223 Weitere Fruchtkondiktionen finden sich in Ulp. D. 12.6.26.12; Pap. D. 12.6.55 und Paul. D. 12.6.65.5.

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zur ideengeschichtlichen Grundlage der condictio zu begreifen, wie sie etwa in der Einleitung des betreffenden Abschnitts der Quaestionen gestanden haben könnte. Ähnlich verhält es sich mit dem vielzitierten Ausspruch des Pomponius:224 D. 12.6.14 Pomponius libro 21 ad Sabinum Nam hoc natura aequum est neminem cum alterius detrimento fieri locupletiorem.

Das hier abstrakt von irgendwelchen sonstigen Voraussetzungen ausgesprochene Bereicherungsverbot zum Nachteil anderer ließe sich – verstanden als dogmatisch definierter Kondiktionstatbestand – ebenfalls gegen das datio-Erfordernis bei der condictio ins Felde führen. Insbesondere das fieri locupletiorem macht die Stelle jedoch auch der Interpolation verdächtig, war doch die klassische condictio grundsätzlich auf certa pecunia oder certa res gerichtet und wäre eine abstrakte Bereicherung lediglich mit der umstrittenen condictio incerti einklagbar gewesen.225 Die Kompilatoren haben ihn ersichtlich als Stütze zu fr. 13.1226 (Paulus libro 10 ad Sabinum) an dieser Stelle der Digesten platziert.227 Lenels Palingenesie zufolge stand die Aussage auch ursprünglich im Zusammenhang mit der condictio.228 Auf der Grundlage des Wortlauts ist in der Tat schwer vorstellbar, dass der Satz isoliert und nicht zur Rechtfertigung einer Rückforderungsklage gestanden haben sollte.229 Auf diese Weise rechtfertigungsbedürftig sind aber nur Einzelfälle. Die Formulierung eines allgemeingültigen materiellen Kondiktionstatbestandes wäre in der dargebotenen Offenheit und Unbestimmtheit für das ius civile äußerst untypisch. Dies bestätigt auch Modestin: D. 12.6.49 Modestinus libro tertio regularum His solis pecunia condicitur, quibus quoquo modo soluta est, non quibus proficit.

Nur von denjenigen wird Geld kondiziert, an die es in irgendeiner Weise gezahlt worden ist, nicht von denjenigen, denen es zugutekommt. Diese Regel ist nicht mit den offenen Tatbeständen der abstrakten „Bereicherung auf Kosten anderer“ (Pomp. D. 12.6.14), des quod alterius apud alterum sine causa deprehenditur (Pap. D. 12.6.66) oder auch des quod ex iniusta causa apud aliquem sit (Ulp./ Sab./Cels. D. 12.5.6) zu vereinbaren, denn es gäbe jenen zufolge keinen Grund, denjenigen, der ungerechtfertigt von einer Sache profitiert, von der Rückforde224

Vgl. auch die ähnliche Formulierung in Pomp. D. 50.17.206: Iure naturae aequum est neminem cum alterius detrimento et iniuria fieri locupletiorem. 225 Simonius, FS Lewald (1953), 161. Zur Klassizität der condictio incerti vgl. Anm. 82. 226 Item quod pupillus sine tutoris auctoritate mutuum accepit et locupletior factus est, si pubes factus solvat, non repetit. 227 Sanfilippo, Condictio indebiti (1943), 61 ff. 228 Lenel, Pal. II, 129. 229 Cannata, in: Vacca (Hrsg.): Arricchimento ingiustificato e ripetizione dell’indebito (2005), 22 f.; Vacca, in: Mannino (Hrsg.): L’arricchimento senza causa (2005), 13 f.

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rung auszuschließen, nur weil nicht an ihn geleistet wurde. Dagegen stimmt die Regel ohne weiteres mit dem Konzept des datio-Erfordernisses überein, da sie die Rückabwicklung innerhalb der Leistungsverhältnisse vorschreibt. Dass Modestin hier – im Gegensatz zu den soeben Zitierten – einen abstrakt-generellen Grundsatz mit dogmatischem Charakter formuliert, beweist der ursprüngliche Standort des Fragments:230 In den regularum libri X finden sich keine konkreten Fallbezüge, sondern ausschließlich abstrakte Regeln. Folglich unterstreicht die Stelle den Grundsatz der Leistungskondiktion auch für die solutio indebiti. Damit ist die Vorstellung der condictio indebiti als – von einer datio unabhängigen – Billigkeitsklage schwerlich zu vereinbaren. Vielmehr ist für sie das bereits für die allgemeine condictio beobachtete Nebeneinander von institutioneller Form und prinzipieller Grundlage charakteristisch: Das Erfordernis einer datio gehörte auch bei der condictio indebiti zum traditionellen Tatbestand und wurde grundsätzlich geachtet. Prinzipien wie das ius naturale oder das bonum et aequum gehörten hingegen nicht zum Tatbestand, sondern zur dahinter stehenden, rechtstheoretischen Grundlage der condictio indebiti. Sie wurden herangezogen, um in Einzelfällen Ausnahmen von dem strengen Erfordernis der datio zu begründen. Als solche Ausnahmen lassen sich im Bereich der condictio indebiti nur Frucht- und Wertkondiktionen nachweisen, welche sich aber immerhin mittelbar auf eine datio der Hauptsache zurückführen lassen. Die – oben betrachteten – echten Ausnahmefälle, d.h. Kondiktionen ohne jeglichen Zusammenhang mit einer datio, tauchen meist in den Fällen der heute so genannten Eingriffskondiktion auf.231 Nicht zuletzt dürfte ihre verhältnismäßig starke Präsenz in den Quellen auch damit zu erklären sein, dass es insbesondere die problematischen Ausnahmefälle waren, welche die klassischen Juristen wie die Kompilatoren für erwähnenswert hielten. c. Fehlendes Identitätserfordernis zwischen geleistetem und eingeklagtem Gegenstand als Hinweis auf eine condictio indebiti sine datione? Ist die solutio indebiti folglich als ein eigentumsübertragendes negotium contractum zu qualifizieren? Julian (D. 12.6.33)232 bezeichnet die solutio indebitae pecuniae als aliquid negotii, was gewöhnlich mit „eine Art Geschäft“ übersetzt

230

Lenel, Pal. I, 734. Darauf macht auch Liebs, in: Essays Honoré (1986), 171 f., aufmerksam, der darüber hinaus annimmt, die Eingriffskondiktion sei – im Gegensatz zu der Verwendungskondiktion – bei den Klassikern generell anerkannt gewesen. Für die Sabinianer vertritt dies auch Behrends, SZ 95 (1978), 214. Dagegen spricht indes das quia nihil accipientis faceret (Jul. D. 12.6.33), welches mit der Eingriffskondiktion noch weniger als mit der Verwendungskondiktion zu vereinbaren ist. 232 s.o. 1. c. aa. 231

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wird.233 Jedenfalls macht er durch das aliquid deutlich, dass sie nicht gerade als das Paradebeispiel eines negotium contractum angesehen wird. Schanbacher will dieser Wendung darüber hinaus entnehmen, Julian habe in der solutio indebitae pecuniae überhaupt keine datio gesehen, sondern sie als ein „auf Eigentumsverschaffung lediglich hinzielendes Handeln“ verstanden.234 Eben darauf beschränke sich folglich auch die Voraussetzung für die condictio certae creditae pecuniae, deren Formel – im Gegensatz zu derjenigen der condictio certae rei – nicht die Verpflichtung zur Verschaffung des Eigentums gerade an der hingegebenen Sache, sondern lediglich an einer entsprechenden Summe ausgesprochen habe.235 Damit sei zurückbleibendes Eigentum verträglich gewesen. Die Begründung quia nihil accipientis faceret im Fall der inaedificatio, welche auch Schanbacher als klaren Hinweis auf den translativen Charakter des negotium contractum auffasst, habe Julian lediglich auf die condictio certae rei bezogen. Aus der condictio indebitae pecuniae könne man folglich nicht auf den zuvor erfolgten derivativen Eigentumsübergang an dem gezahlten Geld schließen. Abgesehen davon, dass Schanbacher in der Konsequenz unter Verwerfung der Solutionskausa auf die zugrunde liegende Obligation als iusta causa traditionis rekurrieren muss, hat seine These insbesondere zwei Schwächen: Zum einen hätte die Vorstellung zurückbleibenden Eigentums eine absurde Rechtslage zur Folge: Sind die nummi noch exstantes (und davon geht Schanbacher aus)236, müsste man entweder eine Besitzkondiktion unterstellen (was im nichtdeliktischen Bereich kaum denkbar ist237 und Schanbacher daher auch nicht tut238) oder aber von einer Kondiktion anderer als der geleisteten Münzen ausgehen, d.h. solcher, die von vornherein im Eigentum des Beklagten standen. Dann aber wäre Letzterer auch nach Vollstreckung der condictio weiterhin im Besitz der Münzen des Klägers, welche aufgrund ihrer Identifizierbarkeit nach wie vor mit

233

Schneider in: Otto/Schilling/Sintenis (Hrsg.), Corpus Iuris Civilis, Bd. II, 67: „eine Art Geschäft“; Hausmaninger in: Behrends/Knütel/Kupisch/Seiler (Hrsg.), Corpus Iuris Civilis, Bd.III, 121: „eine Art [von bereicherndem] Rechtsgeschäft“. 234 Schanbacher, TR 60 (1992), 18 f. 235 Zu den Formeln s. Anm. 73. 236 Dies ergibt sich unmissverständlich aus der Behandlung der Problematik unter der Überschrift unter a) „Der Fall pecunia exstat“ (S. 14 ff.). Eine Unterstellung der consumptio nummorum in allen Fällen der condictio indebitae pecuniae wäre zudem – wie oben gezeigt – nicht zulässig. 237 S.o. A. II. 238 Die Möglichkeit einer condictio possessionis verwirft Schanbacher zwar nicht explizit, aber implizit durch seine Aussage, die intentio der condictio certae creditae pecuniae sei „nicht auf die Verschaffung des Eigentums gerade an den hingegebenen Geldstücken gerichtet, vielmehr auf die Verschaffung von Eigentum an einer entsprechenden Summe“ (S. 18 f.).

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der rei vindicatio einforderbar wären.239 Eine doppelte Bereicherung des Klägers könnte allenfalls mit der exceptio doli abgewehrt werden, was jedoch ein mit den Bedürfnissen eines entwickelten Rechtsverkehrs nicht zu vereinbarendes dauerhaftes Auseinanderfallen von Besitz und Eigentum an den Münzen nach sich zöge. Die consumptio nummorum erscheint in dieser Situation als einziger Ausweg für den Beklagten, sich das Geld zuzueignen.240 Dies dürfte kaum die Standardlösung der Klassiker für die Fälle ungeschuldeter Geldleistungen gewesen sein. Zweitens ist die Übersetzung von aliquid negotii (fr. 33) mit „auf Eigentumsverschaffung lediglich hinzielendes Handeln“ unter Berücksichtigung des Textzusammenhangs nicht überzeugend. Julian begründet die Versagung der condictio im Fall der inaedificatio zunächst mit dem Nichtvorliegen eines negotium contractum (quia nullum negotium inter nos contraheretur). Später macht er deutlich, dass sich nur ein solches negotium contractum zur Begründung der condictio eignet, durch welches Eigentum übertragen wurde (quia nihil accipientis faceret). Wenn Julian in diesem Punkt zwischen Geld und sonstigen Sachen unterschieden hätte, wäre nicht nachvollziehbar, warum er das Gegenbeispiel der solutio indebitae pecuniae zur Begründung der Versagung der condictio im Fall der inaedificatio herangezogen haben sollte. Aussagekräftig sind nur vergleichbare Beispiele, im vorliegenden Fall also eine Kondiktion mit gleichen Voraussetzungen. Folglich ist davon auszugehen, dass Julian auch für die condictio indebitae pecuniae von der Voraussetzung eines accipientis facere ausging. Dass er die solutio indebitae pecuniae trotz ihrer uneingeschränkt translativen Natur lediglich als ‚eine Art‘ negotium (aliquid negotii) bezeichnet, ist dennoch nicht „geradezu falsch“241, sondern findet ihre Rechtfertigung in der besonderen Willenslage der Parteien im Vergleich zu den sonstigen negotia, aus welchen eine condictio hervorgeht, quia is, qui solvendi animo dat, magis distrahere vult negotium quam contrahere.242 Damit hängt auch die Natur der Solutionskausa zusammen, welche lediglich in einer Einigung über den schuldbefreienden Charakter der Leistung und nicht – wie die übrigen iustae causae – in einem konkreten Kausalkonsens bestand.243 Vor diesem Hintergrund erscheint das aliquid weder ungewöhnlich noch von überragender Bedeutung, sondern schlicht als Hinweis auf die besondere Natur der solutio indebiti, den Julian für die Fallbehandlung auch hätte 239

Schanbacher, TR 60 (1992), 14 f. und 17 f., geht ausdrücklich von einer Konkurrenz von condictio (nicht possessionis!) und rei vindicatio aus. Er schließt dies aus dem Plural actiones in Jul. D. 24.1.39; hierzu s.u. Vierter Teil, § 1. B. I. 3. 240 Die dingliche Wirkung der consumptio nummorum wird durch die Bösgläubigkeit des Konsumenten nicht beseitigt; dieser sieht sich lediglich der Haftung wegen furtum oder der Exhibitionsklage ausgesetzt, vgl. Wacke, BIDR 79 (1976), 125 f. 241 Heine, Condictio sine datione (2006), 30. 242 Gai. 3.91. 243 Gerade für Julian ergibt sich dies aus D. 41.1.36 (1. Fall).

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unterlassen können. Entsprechend findet sich die solutio indebiti bei Ulpian ohne Einschränkung als negotium contractum bezeichnet: D. 12.6.2 pr. Ulpianus libro 16 ad Sabinum Si quis sic solverit, ut, si apparuisset esse indebitum (…) reddatur, repetitio locum habebit: negotium enim contractum est inter eos.

Die Bezeichnung der solutio indebiti als volles negotium ist nicht etwa damit zu erklären, dass eine von Geld verschiedene Sache geleistet worden sei. Geldzahlungen stellten bei Weitem den Hauptfall der solutiones dar, weshalb die Wahl dieses Beispiels bei Julian nicht verwundert. Hier formuliert Ulpian jedoch kein Beispiel, sondern einen Grundsatz; hätte sich dieser nur auf Sach- und nicht auf Geldleistungen bezogen, so hätte er Letztere ausdrücklich ausschließen müssen. Dass Ulpian gerade nicht zwischen Sach- und Geldleistungen differenziert, kann vielmehr als weiterer Hinweis für das Erfordernis eines vollen negotium contractum und damit einer datio auch für die condictio indebitae pecuniae gedeutet werden. Nach dem Wortlaut der vorliegenden Stelle ist es freilich möglich, dass die Parteien hier bei der Leistung eine bedingte Rückgabeabrede trafen, welche die Rolle des negotium contractum eingenommen haben könnte. Doch lässt sich dieser Gedanke sicher nicht für alle Fälle der solutio indebiti verallgemeinern im Sinne einer stets zugrunde liegenden stillschweigenden bzw. mutmaßlichen Rückgabeabrede für den Fall des Nichtbestehens der Schuld.244 Eine solche Annahme verträgt sich nicht mit dem Erfordernis des error solventis245: Wer irrtümlich auf eine Nichtschuld leistet, geht gerade von deren Bestehen aus und hat keine Veranlassung, mit dem Empfänger eine Rückgabeabrede zu treffen. Ein solcher Verpflichtungskonsens ist bei einer solutio im Gegenteil äußerst untypisch, da die Parteien – wie Gaius246 bereits bemerkte – vielmehr eine Verpflichtung auflösen als begründen wollen. 3. Ergebnis zu I. Nach alledem darf angenommen werden, dass der Beklagte bei der condictio indebiti das Eigentum an dem indebitum im Wege einer datio erlangt hat. Ließe 244

Vgl. bereits Donellus, Comm. XIV, XVI, § 9, Opera Omnia (Lucca 1762–70) III, 1147: „Quisquis indebitum solvit per errorem, is dat hac conditione et conventione tacita interposita, ut reddatur si est indebitum.” In der modernen Romanistik findet sich die These insbesondere bei Pernice, Labeo E III 1 (1892/1963), 244 ff.; Perozzi, Istituzioni II (1928), 260 f.; Donatuti, StParm. I (1950), 53 f., 96, 103 f. und bei van Oven, TR 22 (1954), 279 ff. vertreten. Ablehnend: Sanfilippo, Condictio indebiti (1943), 44 ff.; Schwarz, Grundlage der condictio (1952), 191 ff.; ders., IURA 3 (1952), 300 f.; Simonius, FS Lewald (1953), 166; Kaden, SZ 71 (1954), 583 ff. 245 Dazu Schwarz, Grundlage der condictio (1952), 17 ff., 73 ff. 246 Gai. 3.91.

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sich ferner nachweisen, dass diese datio im Rahmen einer traditio erfolgte, wäre für die betreffenden Fälle die Abstraktheit derselben von der zugrunde liegenden Obligation nicht mehr abzustreiten. II. Condictio indebiti nach mancipatio und in iure cessio247 Da der abstrakte Begriff der datio nichts anderes als „Verschaffung des (quiritischen) Eigentums“ bedeutet, erfasst er alle eigentumsübertragenden Verfügungsgeschäfte, folglich auch mancipatio und in iure cessio.248 Die Wirkung dieser Übereignungsakte ist vom Bestand einer Kausalbeziehung unabhängig; es bedarf weder einer wirksamen Obligation noch eines kausalen Konsenses im Zeitpunkt der Übergabe.249 Der Eigentumsübergang bei der Leistung auf eine Nichtschuld ist demnach im Rahmen dieser Geschäfte nichts Besonderes. Durch die so erleichterte Möglichkeit rechtsgrundloser Vermögensverschiebungen gewinnt das Kondiktionenrecht in diesem Feld eine umso größere Bedeutung. Die Stellen zur condictio indebiti sprechen meist250 nur von solvere und bezeichnen die Übereignungsgeschäfte nicht näher, so dass sich durchaus darüber nachdenken lässt, ob als solche nicht auch mancipatio und in iure cessio in Betracht kommen. Insofern wäre die Existenz der condictio indebiti als Argument für eine von der Obligation abstrakte traditio entwertet bzw. zumindest relativiert. Die Frage verschärft sich vor dem Hintergrund der bekannten Tatsache, dass die Kompilatoren mancipatio und in iure cessio in großem Stil aus den Quellen tilgten. Anhaltspunkte hinsichtlich des ursprünglichen Vorliegens jener Geschäfte können sich bei der Analyse der Stellen zur condictio indebiti, die – wie oben festgestellt251 – eine wirksame datio voraussetzt, allenfalls aus dem Übereignungsobjekt ergeben.

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Ehrhardt, Iusta causa traditionis (1930), 62 ff.; Cannata, Materiali I (2005), 94; Kupisch, Ungerechtfertigte Bereicherung (1987), 6. 248 Kaser, RP I (1971), 414 f. 249 Bonfante, Corso II/2 (1928/1968), 193; Voci, Modi di acquisto della proprietà (1952), 57; Kaser, RP I (1971), 414 f.; Müller-Ehlen, Hereditatis petitio (1998), 66. Dagegen fordert Hazewinkel-Suringa, Mancipatio en traditio (1931), 114 ff., für die Wirksamkeit der mancipatio eine kausale dingliche Einigung; ihm folgend Schulz, SZ 52 (1932), 544, 548; Schwarz, Grundlage der condictio (1952), 223. Im Rahmen dieses Abschnitts ist die Meinungsverschiedenheit aber nicht von Relevanz, da beide Ansichten jedenfalls die Unabhängigkeit der mancipatio von der Wirksamkeit einer vorangegangenen Obligation anerkennen. 250 Die beiden Stellen, in denen die traditio explizit als Übereignungsform genannt wird, sind wahrscheinlich interpoliert, da es hier um die Übereignung eines fundus (= res mancipi) geht: Pomp. D. 12.6.22.1; Ulp. D. 12.6.26.7. 251 S.o. B. I.

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Als solche tauchen im Titel D. 12.6 (de condictione indebiti) in der Tat auch recht häufig res mancipi, namentlich Sklaven252 und Grundstücke253, auf. Das quiritische Eigentum an diesen Sachen konnte nicht mittels traditio verschafft werden;254 ein verzögerter Erwerb durch usucapio, welcher im Falle der Rechtsgrundlosigkeit („Putativtitel“) durchaus auch eine condictio indebiti nach sich ziehen konnte,255 muss mangels näherer Anhaltspunkte außer Betracht bleiben. Aller Wahrscheinlichkeit nach wurde das Eigentum in den genannten Fällen durch mancipatio256, möglicherweise auch durch in iure cessio übertragen. Weitaus häufiger geht es aber um die Kondiktion von res nec mancipi, wobei es sich hierbei fast immer um Geld257 handelt. Von Geld verschiedene res nec mancipi werden nur selten258 genannt; nicht etwa, weil diese Sachen weniger oft übereignet oder kondiziert worden wären als res mancipi; vielmehr ist anzunehmen, dass Streitigkeiten um die bedeutenderen res mancipi lediglich häufiger bis zu den kaiserlichen Juristen durchzudringen vermochten, um sodann zur Grundlage ihrer Beispielsfälle zu werden. Den rechtlichen Alltag dominierte aber der Handel mit res nec mancipi. In dem weit überwiegenden Teil der Stellen wird das konkrete Objekt der Übereignung bzw. der Kondiktion nicht genannt, sondern es bei abstrakten Bezeichnungen wie indebitum, aliquae res, res soluta oder auch schlicht bei einem Pronomen (quod, quid) oder einer Umschreibung belassen.259 Wenn die Juristen die Sachnatur und damit das einschlägige Übereignungsgeschäft bewusst abstrahierend offen ließen, kam es ihnen offenbar nicht hierauf, sondern nur auf den Umstand der ungerechtfertigten Bereicherung und deren Rückabwicklung an. In der Regel dürften sie folglich auch solche Bereicherungsgeschäfte in ihre Aussage mit eingeschlossen haben, welche mittels traditio vollzogen wurden. In Theorie und Praxis wird Geld das häufigste Objekt der Rückforderung gewesen sein. An 252

fr. 21; 26.12; 26.13; 26.14; 32 pr.; 32.3; 63; 65.5; 65.8. fr. 22.1; 26.4; 26.7; 26.12; ferner Paul. D. 22.1.38.2. 254 Hieran ändert auch nichts die Tatsache, dass trotzdem aus Vereinfachungsgründen häufig nur eine traditio vorgenommen wurde. Der Erwerber erlangte hierdurch nur das bonitarische Eigentum. Der quiritische Eigentümer konnte die Sache mittels rei vindicatio, nicht hingegen mittels condictio, herausverlangen. 255 Dazu Bauer, Ersitzung und Bereicherung (1988), 123 ff. 256 Nicht zu verwechseln ist eine solche, zwecks Schulderfüllung vorgenommene mancipatio mit der solutio per aes et libram (vgl. Gai. 3.173), deren Anwendungsbereich sich in klassischer Zeit weitgehend auf Erlassgeschäfte, z.B. die Aufhebung von nuncupationes, beschränkte; vgl. Nelson/Manthe, Studia Gaiana VIII (1999), 406. 257 „pecunia“: fr. 21; 26.12; 32.1; 33; 36; 37; 38; 40; 43; 47; 49; 52; 55; 57.1; 58; 59; 60.1; 67 pr., 2, 4. „nummi“: fr. 15.1; 19.2; 26.9; 46; 53. „denaria“: fr. 21. Aus dem Zusammenhang: fr. 26 pr.-2; 42 (poenae); 57 pr. (numerare). 258 Vgl. etwa Paul. D. 12.6.21 (toga); Ulp. D. 12.6.26.5 (oleum); Paul. D. 12.6.65.6 (frumentum). 259 Vgl. nur D. 12.6.1–15. 253

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zweiter Stelle standen in der Praxis wohl die sonstigen res nec mancipi, in den Beispielsfällen der Jurisprudenz hingegen res mancipi. Die weitaus größte Bedeutung kam im Kondiktionenrecht des klassischen Zeitalters mithin den res nec mancipi zu, welche gewöhnlich durch traditio übereignet wurden. Die Übereignung von res nec mancipi mittels mancipatio wurde zwar aus Beweissicherungs- oder auch Prestigegründen, vielleicht auch schlicht aus rechtlicher Unkenntnis hin und wieder vorgenommen,260 doch ist äußerst fraglich, ob eine solche mancipatio Wirksamkeit entfalten konnte.261 Die Ulpiani epitome unterscheiden in klarer Sprache den Anwendungsbereich der drei Übereignungsgeschäfte: Ulp. epit. 19.3 Mancipatio propria species alienationis est rerum mancipi; eaque fit certis verbis, libripende et quinque testibus praesentibus. Ulp. epit. 19.7 Traditio propria est alienatio rerum nec mancipi. harum rerum dominia ipsa traditione adprehendimus, scilicet si ex iusta causa traditae sunt nobis. Ulp. epit. 19.9 In iure cessio quoque communis alienatio est et mancipi rerum et nec mancipi. Quae fit per tres personas, in iure cedentis, vindicantis, addicentis.

Demnach war die mancipatio ausschließlich auf res mancipi, die traditio ausschließlich auf res nec mancipi und nur die in iure cessio auf beide Sacharten anwendbar. Wurde auf res nec mancipi die Manzipation angewandt, konnte das Eigentum folglich nur übergehen, wenn zugleich auch die Voraussetzungen der traditio vorlagen.262 Die in iure cessio war zwar auch für die Übereignung von res nec mancipi anwendbar, doch wird dies selten vorgekommen sein. Denn wenn Gaius263 die geringe Bedeutung der in iure cessio gegenüber der mancipatio mit der größeren Umständlichkeit der Ersteren begründet, so galt dies erst recht gegenüber der traditio. Demnach erscheint für alle Stellen zur condictio indebiti, welche die Rückforderung von res nec mancipi betreffen, grundsätzlich die Annahme zulässig, 260

Vgl. die Perlenmanzipation bei Plinius, Nat. hist. 9.58.117 und 9.60.124 oder die Manzipation eines Provinzialgrundstücks in einer siebenbürgischen Kaufurkunde: Bruns, Fontes Nr. 133. 261 Dagegen explizit Cic. Top. 10.45. 262 Bonfante, Corso II/2 (1928/1968), 190 ff.; Voci, Modi di acquisto della proprietà (1952), 55; Kaser, SZ 75 (1958), 4126. 263 Gai. 2.25: (…) quod enim ipsi per nos praesentibus amicis agere possumus, hoc non est necesse cum maiore difficultate apud praetorem aut apud praesidem provinciae agere.

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dass diese mittels traditio in das Eigentum des Beklagten gelangt sind. Damit bleibt die Problematik der iusta causa traditionis für den weit überwiegenden Teil der Fälle der condictio indebiti bestehen.264 Da dieselbe in der zugrunde liegenden Obligation nicht bestanden haben kann, verbleiben zwei Möglichkeiten: Entweder war eine iusta causa traditionis überhaupt nicht erforderlich; dann stünden Übereignung und Kondiktion in demselben abstrakten Verhältnis wie im heutigen BGB; oder aber die iusta causa traditionis ist in einem von der Obligation verschiedenen Element zu suchen.

C. Zur traditio sine causa als Erklärung des Eigentumsübergangs vor der condictio indebiti In diesem Abschnitt soll nun die These untersucht werden, eine iusta causa sei für die Wirksamkeit der traditio überhaupt nicht erforderlich gewesen, Letztere sei mithin ein ebenso abstraktes Erwerbsgeschäft gewesen wie mancipatio und in iure cessio. Dann wäre die Translativität der solutio indebiti ohne weiteres zu erklären, ohne die Figur einer eigenständigen causa solvendi bemühen zu müssen. Hierzu soll im Folgenden die Klassizität der Lehre vom abstrakten dinglichen Vertrag erörtert werden mit einem Exkurs zur condictio sine causa und schließlich einer Diskussion der Theorie von der Abstraktheit der Geldübereignung. I. Historisch-systematische Einordnung des Savigny-Dogmas Unter dem Vorverständnis der Begrifflichkeiten des geltenden Zivilrechts tritt das Spannungsverhältnis zwischen condictio indebiti und den Stellen, die eine kausale Tradition bezeugen, in vollem Umfang zutage. Nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ist die Leistungskondiktion abhängig vom Fehlen eines Rechtsgrundes, welcher nach der herrschenden objektiven Betrachtungsweise i.d.R. in einem wirksamen, der Leistung zugrunde liegenden Verpflichtungsgeschäft besteht.265 Entsprechend wird in der deutschen Lehre vom Abstraktionsprinzip regelmäßig die Unabhängigkeit des Verfügungsgeschäfts von seinem Rechtsgrund, nämlich dem zugrunde liegenden Verpflichtungsgeschäft, betont.266 Das Verpflichtungsgeschäft wird auch nach den Rechtsordnungen mit Kausalprinzip zumeist als Rechtsgrund der Übereignung angesehen, eine Nachwirkung der diesen Kodifikationen zugrunde liegenden Lehre vom titulus und modus adquirendi. Ein solches Begriffsverständnis Cannata, in: Vacca (Hrsg.): Arricchimento ingiustificato e ripetizione dell’indebito (2005), 18. 265 Vgl. MünchKomm/Schwab, § 812 Rn. 336 ff. 266 Vgl. Wieling, Sachenrecht I, 2. Aufl. (2006), 42. 264

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dass diese mittels traditio in das Eigentum des Beklagten gelangt sind. Damit bleibt die Problematik der iusta causa traditionis für den weit überwiegenden Teil der Fälle der condictio indebiti bestehen.264 Da dieselbe in der zugrunde liegenden Obligation nicht bestanden haben kann, verbleiben zwei Möglichkeiten: Entweder war eine iusta causa traditionis überhaupt nicht erforderlich; dann stünden Übereignung und Kondiktion in demselben abstrakten Verhältnis wie im heutigen BGB; oder aber die iusta causa traditionis ist in einem von der Obligation verschiedenen Element zu suchen.

C. Zur traditio sine causa als Erklärung des Eigentumsübergangs vor der condictio indebiti In diesem Abschnitt soll nun die These untersucht werden, eine iusta causa sei für die Wirksamkeit der traditio überhaupt nicht erforderlich gewesen, Letztere sei mithin ein ebenso abstraktes Erwerbsgeschäft gewesen wie mancipatio und in iure cessio. Dann wäre die Translativität der solutio indebiti ohne weiteres zu erklären, ohne die Figur einer eigenständigen causa solvendi bemühen zu müssen. Hierzu soll im Folgenden die Klassizität der Lehre vom abstrakten dinglichen Vertrag erörtert werden mit einem Exkurs zur condictio sine causa und schließlich einer Diskussion der Theorie von der Abstraktheit der Geldübereignung. I. Historisch-systematische Einordnung des Savigny-Dogmas Unter dem Vorverständnis der Begrifflichkeiten des geltenden Zivilrechts tritt das Spannungsverhältnis zwischen condictio indebiti und den Stellen, die eine kausale Tradition bezeugen, in vollem Umfang zutage. Nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ist die Leistungskondiktion abhängig vom Fehlen eines Rechtsgrundes, welcher nach der herrschenden objektiven Betrachtungsweise i.d.R. in einem wirksamen, der Leistung zugrunde liegenden Verpflichtungsgeschäft besteht.265 Entsprechend wird in der deutschen Lehre vom Abstraktionsprinzip regelmäßig die Unabhängigkeit des Verfügungsgeschäfts von seinem Rechtsgrund, nämlich dem zugrunde liegenden Verpflichtungsgeschäft, betont.266 Das Verpflichtungsgeschäft wird auch nach den Rechtsordnungen mit Kausalprinzip zumeist als Rechtsgrund der Übereignung angesehen, eine Nachwirkung der diesen Kodifikationen zugrunde liegenden Lehre vom titulus und modus adquirendi. Ein solches Begriffsverständnis Cannata, in: Vacca (Hrsg.): Arricchimento ingiustificato e ripetizione dell’indebito (2005), 18. 265 Vgl. MünchKomm/Schwab, § 812 Rn. 336 ff. 266 Vgl. Wieling, Sachenrecht I, 2. Aufl. (2006), 42. 264

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legt eine Gleichsetzung des Erwerbsrechtsgrundes mit dem im Kondiktionenrecht relevanten Rechtsgrund zum Behaltendürfen nahe; beide werden in dem wirksamen Verpflichtungsgeschäft gesehen. Wenn die Stellen zur condictio indebiti eben dieses als iusta causa traditionis ausschließen, erscheint unter dem beschriebenen modernen Vorverständnis das römisch-rechtliche Kausalprinzip insgesamt erschüttert. Hieraus bezogen Savigny und seine Gefolgsleute die Motivation, der überkommenen Lehre vom titulus und modus adquirendi „im polemischen Übereifer“267 das radikale Gegenmodell des abstrakten dinglichen Vertrags entgegenzusetzen.268 Diesem zufolge ist neben der Berechtigung des Veräußerers und der Übergabe lediglich eine Einigung der Parteien über den Eigentumsübergang erforderlich, um denselben zu bewirken. Dem wirtschaftlichen Grundgeschäft als der causa der Übereignung käme demnach allenfalls eine Beweisfunktion hinsichtlich des Vorliegens der dinglichen Einigung zu; für die Übereignung selbst wäre es unbedeutend.269 II. Gegenüberstellung und Bewertung einzelner Quellenbefunde Die streng systematisierende Unterscheidung zwischen der Rechtfertigung der Übereignung und ihrem Gewolltsein findet in der Tat – auch über die condictio indebiti hinaus – diverse Anhaltspunkte in den Quellen: Im Falle der datio ob rem ist zum Zeitpunkt der traditio noch gar nicht klar, ob dieselbe (durch Zweckerreichung) gerechtfertigt sein würde.270 Auch von der Rechtfertigung einer sittenwidrigen Übereignung lässt sich schwerlich sprechen; dennoch war sie wirksam.271 Freilich wurde die Abstraktion der Übereignung von ihrem Rechtfertigungsgrund nicht von allen Juristen an allen Stellen konsequent ausgeführt; insbesondere in der Spätklassik ist eine verstärkte Betonung des Kausalbezugs zu beobachten. So vertraten Paulus und Ulpian die Auffassung, der mit der Übereignung einer Sache Beauftragte könne das Eigentum nicht unter Missachtung des zugrunde liegenden

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Strohal, JherJb 27 (1889), 358. Vgl. Warnkönig, AcP 6 (1823), 117 f.; Strempel, Über die justa causa bei der Tradition (1856), 31 ff.; ablehnend Hofmann, Die Lehre vom titulus (1873), 121. 269 Vgl. Strempel, Über die justa causa bei der Tradition (1856), 21 f. 270 Vgl. hierzu den Titel D. 12.4 (de condictione causa data causa non secuta). Ein anschauliches Beispiel liefert ferner die dotis datio ante nuptias, welche – sofern nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart war (Ulp. D. 23.3.7.3; D. 23.3.9; Call. D. 23.3.8) – unabhängig vom tatsächlichen Zustandekommen der Ehe zur Übereignung der dos führte, vgl. Ulp. D. 12.4.6; Jul. D. 12.4.7; Ner. D. 12.4.8; Paul. D. 12.4.9 pr.; Jul. D. 46.3.34.6. 271 Vgl. die in D. 12.5 überlieferten Fälle. 268

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Kausalgeschäfts übertragen.272 Nach Savigny müsste das Eigentum jedoch aufgrund des Vorliegens einer dinglichen Einigung übergehen und es ist anzunehmen, dass bereits Julian dieser Meinung war.273 Die entsprechende Meinungsverschiedenheit ist zwischen Ulpian und Julian im Falle des versteckten Kausaldissenses zu beobachten.274 Vor diesem Hintergrund ist die Konsequenz der Lehre vom abstrakten dinglichen Vertrag, dass bei gleichzeitiger dinglicher und kausaler Offerte die Erstere angenommen und die Letztere abgelehnt werden kann, mit dem spätklassischen Rechtsdenken kaum vereinbar.275 Um einen solchen Fall handelt es sich etwa auch bei der wissentlichen Annahme einer Nichtschuld. Diese wurde von den römischen Juristen als furtum beurteilt und zumindest Ulpian ließ daher den Eigentumsübergang scheitern.276 Da in der Tat nur dieses eine Ulpian-Fragment277 die Rechtsfolge des nec nummi eius fient ausspricht, gehen die Vertreter des Savigny-Dogmas von einer das allgemeine Prinzip durchbrechenden, singulären Entscheidung aus.278 Nun ist aber wenig wahrscheinlich, dass die Römer den fur für seine Tat regelmäßig mit dem Erwerb des Eigentums belohnt hätten. Es ist daher davon auszugehen, dass für die anerkannten Fälle des furtum eine Sonderregel bestand, welche den Eigentumsübergang unabhängig von der causa-Frage versagte.279 Um eine historisch zu erklärende Sondernorm dürfte es sich ferner bei dem Erfordernis der Kaufpreiszahlung für den Erfolg der traditio vendendi causa gehandelt haben.280 Justinian führt sie in Inst. 2.1.41 auf einen Zwölftafelsatz281 zurück, welcher jedoch bereits die Ersetzung der Zahlung des Kaufpreises durch 272

Paul. D. 17.1.5.3–4; Ulp./Cels. D. 21.3.1.3: In diesen Fällen verkauft der Beauftragte die Sache des Auftraggebers für weniger, als dieser ihm aufgetragen hatte, woraufhin die Übereignung scheitert. Möglicherweise handelt es sich hier jedoch weniger um ein causa- als um ein Berechtigungsproblem, wenn man nämlich annimmt, der Beauftragte sei nur unter der vom Auftraggeber bestimmten Bedingung zur Übereignung ermächtigt gewesen. Vgl. auch Ulp./Jul. D. 7.1.25.1. 273 Jul. D. 46.3.34.7 (Unerheblichkeit des dissensus in causa bei Zahlung durch den Delegaten). 274 Ulp. D. 12.1.18 pr.; Jul. D. 41.1.36 ; zu dieser Antinomie s.o. Erster Teil, § 2. D. 275 Vgl. etwa Florent. D. 46.3.2; Ulp. D. 46.3.1; Eisele, JherJb 23 (1885), 8 f.; Strohal, JherJb 27 (1889), 344 f., 350 f. 276 Ulp. D. 47.2.43 pr.; vgl. dazu Kaser, BIDR 64 (1961), 7761 m.w.N. 277 D. 47.2.43 pr.: Falsus creditor (hoc est is, qui se simulat creditorem) si quid acceperit, furtum facit nec nummi eius fient. Demgegenüber weniger deutlich: Scaev. D. 13.1.18. 278 vgl. etwa Exner, Die Lehre vom Rechtserwerb durch Tradition (1867), 335. 279 Eine entsprechende Sonderregel bestätigt auch Gai. 4.4 (s.o. A. II.), wo Gaius mit odio furum die Gewährung der condictio furtiva als Besitzkondiktion begründet. 280 Dazu instruktiv und m.w.N. Honsell/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht4 (1987), 161 ff. 281 XII 7.11.

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dessen Kreditierung zugelassen habe. In dieser Form dürfte die Regel auch in klassischer Zeit gegolten haben.282 Allerdings ist zu beachten, dass sie trotz ihrer Verknüpfung der traditio vendendi causa mit der Gegenleistung aus dem Kausalgeschäft nicht die Wirksamkeit des Letzteren verlangt und mithin kein durchschlagendes Gegenargument zum Abstraktionsprinzip darstellt.283 Ähnlich verhält es sich mit an die causa der Übereignung anknüpfenden Verbotsgesetzen, etwa dem über die Schenkung unter Ehegatten284: Die traditio scheitert hier aufgrund einer unzulässigen Zweckbestimmung; die Übereignung zu anderen Zwecken, z.B. kaufweise285, ist erlaubt. Dieser Umstand spricht aber nur auf den ersten Blick für das generelle Erfordernis einer wirksamen Zweckbestimmung. Die dingliche Wirkung des Schenkungsverbots, mithin die Verknüpfung zwischen traditio und causa, kann nämlich ebenso gut erst durch das Verbotsgesetz hergestellt worden sein. Der Schluss von diesen Fällen auf die inhaltliche Kausalität als Strukturmerkmal der traditio ist daher unzulässig. III. Über den Schluss von der deskriptiven auf die normative Kausalität Gegen den abstrakten dinglichen Vertrag als Gegenstand des klassischen römischen Rechts wird ferner angeführt, es handele sich um ein lebensfremdes und „blutloses Gebilde“286, das es in Wirklichkeit gar nicht gebe und den praktisch orientierten Römern folglich nicht zuzutrauen sei. Das Abstellen auf den animus als eigentlichen Übereignungsgrund widerspreche „der klassischen Forderung, dass die Rechtsgeschäfte typisch sein müssen“.287 Hätte die Übereignung tatsächlich keine iusta causa, sondern nur den Übereignungswillen vorausgesetzt, seien die Bezugnahmen der Quellen auf Erstere nicht zu erklären. Neben Paul. D. 41.1.31

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Ulp. D. 6.1.72; Ulp. D. 14.4.5.18; Pomp. D. 18.1.19; Gai. D. 18.1.53; Ulp. D. 19.1.11.2; Paul. D. 40.12.38.2. Die radikalen Interpolationsannahmen von Pringsheim, Der Kauf mit fremdem Geld (1916), 50 ff., werden heute von niemandem mehr geteilt. 283 Dies gegen Ehrhardt, Iusta causa traditionis (1930), 10. 284 Vgl. insb. Ulp. D. 24.1.3.10. 285 Ulp. D. 24.1.5.5: Nur bei herabgesetztem Kaufpreis war die Wirksamkeit umstritten. 286 Krause, AcP 145 (1939), 316; dagegen Jakobs, SZ 119 (2002), 318: „(…) und zu dieser Logik: diesem Schluss nicht von dem dinglichen Vertrag auf dessen Abstraktheit, sondern von dieser auf den dinglichen Vertrag – dazu gehört nur nicht auch noch, dass dieser Vertrag „rein“ abstrakt ist – so rein, wie er uns heute im deutschen Recht erscheint, so rein, dass diese Annahme denjenigen, die es gern natürlich-blutig haben, als ein „blutloses Gebilde“ verwerflich ist.“ 287 Rebro, in: Gesellschaft und Recht im griechisch-römischen Altertum I (1968), 207; noch deutlicher bereits Pringsheim, LQR 49 (1933), 55 f.: „The recognition here only of the typical intention, and the consequent total neglect of the real intention, are both characteristically Roman.“

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pr., Gai. 2.20 und Ulp. Epit. 19.7288 wird als Beleg auch das folgende Gaius-Fragment angeführt:289 D. 41.1.9.5 Gaius libro secundo rerum cottidianarum sive aureorum Interdum etiam sine traditione nuda voluntas domini sufficit ad rem transferendam, veluti si rem, quam commodavi aut locavi tibi aut apud te deposui, vendidero tibi: licet enim ex ea causa tibi eam non tradiderim, eo tamen, quod patior eam ex causa emptionis apud te esse, tuam efficio.

Geschildert wird ein Fall der so genannten brevi manu traditio: Eine Sache wird verliehen, vermietet oder hinterlegt. Zur Übereignung derselben an den aktuellen Inhaber bedarf es nun nicht der erneuten traditio, sondern lediglich der nuda voluntas domini, welche sich hier in einem Kaufkonsens manifestiert. Dadurch, dass der Veräußerer dem Erwerber die Sache ex causa emptionis belässt, bewirkt er die Übereignung, gleichsam als hätte er sie ex ea causa tradiert. Unter Geltung des Abstraktionsprinzips – wird nun eingewandt – hätte Gaius nicht von vendere, sondern von einer dinglichen Einigung sprechen müssen, ähnlich der Formulierung in § 929 S. 2 BGB: „Ist der Erwerber im Besitz der Sache, so genügt die Einigung über den Übergang des Eigentums.“ Die genannten Argumente machen wahrscheinlich, „daß eine rein abstrakte Einigung über den Eigentumsübergang den Klassikern unbekannt gewesen ist. (…) Die Einigung über den Eigentumsübergang (erscheint ihnen) nur als Einigung über die Übereignung venditionis, donationis, fiduciae, dotis, solutionis causa.“290 Wie in der Lebenswirklichkeit mit jeder Übereignung ein – zumeist rechtsgeschäftlicher – Zweck verfolgt wird, erfassten auch die klassischen Juristen den Übereignungsvorgang auf diese Weise, beschrieben ihn also nicht abstrakt, sondern eingebettet in seinen kausal typisierten Hintergrund. Mehr lässt sich aus den getroffenen Beobachtungen zugunsten des Kausalprinzips jedoch nicht ableiten. Insbesondere liefern sie keinen Beleg für die Annahme, die Römer hätten dem – jeder auf Übereignung gerichteten Zweckbestimmung immanenten – animus dominii transferendi auch der Sache nach keine Bedeutung beigemessen,291 geschweige denn, sie hätten den Übereignungserfolg 288

Zu diesen Stellen s.o. Erster Teil, § 2. A. und B. Strohal, JherJb 27 (1889), 353 f. 290 Schulz, SZ 52 (1932), 545; ihm folgend: Jakobs, SZ 119 (2002), 318; zuvor bereits: Hazewinkel-Suringa, Mancipatio en traditio (1931), 215. 291 Für die Relevanz einer dinglichen Einigung im Rahmen der traditio sprechen: Jul. D. 41.1.36: Cum in corpus quidem quod traditur consentiamus (…); Gai. D. 41.1.9.3: (…) nihil enim tam conveniens est naturali aequitati quam voluntatem domini volentis rem suam in alium transferre ratam haberi; Gai. D. 41.1.9.7: (…) voluntas domini transfert rei proprietatem; Pomp. D. 41.1.21.1: Si rem meam possideas et eam velim tuam esse, fiet tua, quamvis possessio apud me non fuerit; Jav. D. 44.7.55: In omnibus rebus, quae dominium transferunt, concurrat oportet affectus ex utraque parte contrahentium (…). 289

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von der Wirksamkeit eines kausalen Rechtsgeschäfts abhängig gemacht.292 Nach eben diesen Kriterien bestimmt sich aber der materielle bzw. normative Abstraktionsgrad der traditio, welcher für deren rechtlich-funktionelle Beurteilung allein entscheidend ist. IV. Die condictio sine causa als Argument für eine abstrakte traditio? 1. Einordnung der condictio sine causa in das kondiktionenrechtliche System „Diese (…) condictio zeigt endlich schon durch ihren Namen, daß der Eigentumsübergang auch ohne alle causa geschehen kann, so daß man kaum zu begreifen im Stande ist, wie neben dieser condictio (…) die Irrigkeit der alten Lehre, daß es zum Existentwerden des Eigenthumsvertrages einer causa bedürfe, sich erhalten konnte.“293 So einfach, wie Strempel sie hier darstellt, liegen die Dinge indes nicht. In den fünf Fragmenten des Titels D. 12.7 (de condictio sine causa) geht es um verschiedene Sonderfälle der condictio; es handelt sich sozusagen um ein Sammelbecken für Texte, welche in die anderen Kategorien nicht so recht passten.294 Da die Byzantiner das retinere sine (bzw. ex iniusta) causa als gemeinsame Voraussetzung aller Kondiktionen ansahen,295 ist ihre Kennzeichnung jener Auffangkategorie als condictio sine causa durchaus nachvollziehbar; mit dem Traditionsverständnis der Klassiker hat der Name hingegen nichts zu tun. Möglicherweise ergeben sich aber aus dem Inhalt der einzelnen Stellen Hinweise auf eine traditio sine causa. Im Folgenden sollen die Stellen, welche am stärksten in diese Richtung weisen, besprochen werden. 2. Zur übereignungsrechtlichen Aussagekraft der in D. 12.7 überlieferten Fälle D. 12.7.1.3 Ulpianus libro 43 ad Sabinum Constat id demum posse condici alicui, quod vel non ex iusta causa ad eum pervenit vel redit ad non iustam causam.

292

Dagegen steht – neben Jul. D. 41.1.36 – die reichhaltige Kasuistik des Kondiktionenrechts: Zur condictio ob rem s.o. Anm. 270; zur condictio sine causa s. sogleich u. IV.; zur condictio indebiti im Allgemeinen s.o. A. und B.; im Besonderen s.u. Vierter Teil, § 1. Selbst Ulp. D. 12.1.18 pr. spricht nicht für das Erfordernis eines wirksamen kausalen Rechtsgeschäfts, s.o. Erster Teil, § 2. D. IV. 293 Strempel, Über die justa causa bei der Tradition (1856), 36. 294 Söllner, SZ 77 (1960), 190; Wolf, Causa stipulationis (1970), 40; Wunner, Romanitas 9 (1970), 480. 295 Dazu Schwarz, Grundlage der condictio (1952), 212 ff.

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Zweiter Teil: solutio als iusta causa traditionis

Ulpian beschreibt zwei alternative Anwendungsgebiete der condictio: Zurückgefordert werden kann zum einen, was nicht aus einem rechtmäßigen Grund an einen anderen gelangt ist, zum anderen, was auf einen unrechtmäßigen Grund zurückgeht. Es fragt sich, was iusta causa jeweils bedeutet. Verstanden als iusta causa traditionis müsste die Übereignung – sofern man eine solche für die condictio voraussetzt – abstrakt stattgefunden haben. Um die Vorstellung einer wenigstens inhaltlich kausalen traditio zu retten, lassen sich verschiedene Wege beschreiten. Der einfachste liegt darin, mehr oder weniger starke Veränderungen des Ulpiantextes durch die Kompilatoren zu behaupten und davon ausgehend die Stelle entweder ganz zu verwerfen296 oder sie so abzuändern, dass sie wieder in das eigene „klassische“ Konzept passt. Letzteres ist etwa dahingehend möglich, dass als Übereignungsvorgang die ohnehin abstrakten Geschäfte der mancipatio oder in iure cessio angenommen werden oder dass von dem Scheitern der Übereignung und einem anschließendem originären Erwerb (z.B. durch consumptio nummorum) ausgegangen wird.297 Solche Erklärungen sind jedoch rein spekulativ und finden keinerlei Anhaltspunkte im Textzusammenhang. Etwas fundierter ist demgegenüber die Interpretation Ehrhardts, welcher auf die Parallele der Formulierung non ex iusta causa zu den deliktisch gelagerten Fällen in Paul. D. 25.2.6.5298 und Marc. D. 25.2.25299 und damit auf die Möglichkeit einer Besitzkondiktion (in Gestalt der condictio furtiva) hinweist.300 Im 43. Buch zu Sabinus behandelt Ulpian in der Tat auch deliktische Sachverhalte.301 Gegen Ehrhardt spricht indes, dass Tribonian das Fragment unter diesen Voraussetzungen wohl in einen spezielleren Digenstentitel, wie etwa D. 13.1 (de condictione furtiva), eingeordnet hätte. Die deliktischen Stellen im 43. Buch zu Sabinus gehören ferner anderen Themenblöcken an; lediglich bei der (gemäß Lenel) unmittelbar vorausgehenden D. 12.6.23 steht noch die condictio im Mittelpunkt.

Pflüger, Ciceros Rede pro Roscio (1904), 61; ders., Zur Lehre vom Erwerbe des Eigentums (1937), 128. 297 Beides wird in Erwägung gezogen von Cannata, Materiali I (2005), 94 ff., 104 f.; ders. in: Vacca (Hrsg.): Arricchimento ingiustificato e ripetizione dell’indebito (2005), 29 ff. 298 Sed si morte mariti solutum sit matrimonium, heres mariti hereditatis petitione vel ad exhibendum actione eas consequi poterit. Aristo et condici ei posse recte putat, quia ex iniusta causa apud eam essententiarum. 299 Rerum quidem amotarum iudicium sic habet locum, si divortii consilio res amotae fuerint et secutum divortium fuerit. Sed si in matrimonio uxor marito res subtraxerit, licet cessat rerum amotarum actio, tamen ipsas res maritus condicere potest: nam iure gentium condici puto posse res ab his, qui non ex iusta causa possident. 300 Ehrhardt, Iusta causa traditionis (1930), 44. 301 D. 18.1.29 (Leistungsumfang beim Sklavenverkauf); D. 47.1.2 (Klagekonkurrenz bei deliktischen Handlungen). Zur Palingenesie vgl. Lenel, Pal. II, 1173. 296

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D. 12.6.23 Ulpianus libro 43 ad Sabinum pr. Eleganter Pomponius quaerit, si quis suspicetur transactionem factam vel ab eo cui heres est vel ab eo cui procurator est et quasi ex transactione dederit, quae facta non est, an locus sit repetitioni. Et ait repeti posse: ex falsa enim causa datum est. Idem puto dicendum et si transactio secuta non fuerit, propter quam datum est: sed et si resoluta sit transactio, idem erit dicendum. 1. Si post rem iudicatam quis transegerit et solverit, repetere poterit idcirco, quia placuit transactionem nullius esse momenti: hoc enim imperator Antoninus cum divo patre suo rescripsit. Retineri tamen atque compensari in causam iudicati, quod ob talem transactionem solutum est, potest. Quid ergo si appellatum sit vel hoc ipsum incertum sit, an iudicatum sit vel an sententia valeat? Magis est, ut transactio vires habeat: tunc enim rescriptis locum esse credendum est, cum de sententia indubitata, quae nullo remedio adtemptari potest, transigitur. 2. Item si ob transactionem alimentorum testamento relictorum datum sit, apparet posse repeti quod datum est, quia transactio senatus consulto infirmatur. 3. Si quis post transactionem nihilo minus condemnatus fuerit, dolo quidem id fit, sed tamen sententia valet. Potuit autem quis, si quidem ante litem contestatam transegerit, volenti litem contestari opponere doli exceptionem: sed si post litem contestatam transactum est, nihilo minus poterit exceptione doli uti post secuti: dolo enim facit, qui contra transactionem expertus amplius petit. Ideo condemnatus repetere potest, quod ex causa transactionis dedit. Sane quidem ob causam dedit neque repeti solet quod ob causam datum est causa secuta: sed hic non videtur causa secuta, cum transactioni non stetur. Cum igitur repetitio oritur, transactionis exceptio locum non habet: neque enim utrumque debet locum habere et repetitio et exceptio. 4. Si qua lex ab initio dupli vel quadrupli statuit actionem, dicendum est solutum ex falsa eius causa repeti posse.

Dort geht es im principium und in den drei ersten Paragraphen um die Rückforderung des auf einen Vergleich Geleisteten, im vierten um die durch einen Tatbestandsirrtum motivierte Zahlung aufgrund eines Gesetzes. In § 3 stellt Ulpian klar, dass es sich bei der Leistung auf einen (wirksamen) Vergleich um eine datio ob causam („wegen eines in der Vergangenheit liegenden Grundes“)302 handele, und diskutiert die Rückforderbarkeit einer solchen Leistung. Pomp. D. 12.6.52303 nennt als Beispiel für eine datio ob causam die Leistung aufgrund einer (wenn auch nur vermeintlich erbrachten) Gegenleistung. War diese Gegenleistung in Wirklichkeit nicht oder nicht wie geschuldet erfolgt (etiamsi falsa causa sit), führt dies Pomponius zufolge nicht zu einem Rückforderungsrecht hinsichtlich der Leistung 302 303

Pomp. D. 12.6.52: „ob causam praeteritam“. Damus aut ob causam aut ob rem: ob causam praeteritam, veluti cum ideo do, quod aliquid a te consecutus sum vel quia aliquid a te factum est, ut, etiamsi falsa causa sit, repetitio eius pecuniae non sit: ob rem vero datur, ut aliquid sequatur, quo non sequente repetitio competit.

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(repetitio eius pecuniae non sit). Die Tatsache, dass Ulpian demgegenüber die Rückforderbarkeit des ob causam Geleisteten befürwortet, wirft die Frage auf, ob er hier nicht die Begrifflichkeiten verwechselte und in Wirklichkeit die datio ob rem meinte, d.h. die Leistung wegen eines erwarteten Erfolgs, bei dessen Nichteintritt auch Pomponius die Rückforderung bejaht.304 In der Tat wurde in fr. 23.3 auch wegen eines zukünftig erwarteten Erfolges geleistet, welcher in der Einhaltung des Vergleichs besteht. Durch die vergleichswidrige Klageerhebung wurde der Leistungszweck verfehlt und – gemäß Ulpian – die condictio (ob rem) eröffnet. Allerdings handelt es sich nicht um den Standardfall einer datio ob rem, da die Leistung – auch wenn zukunftsgerichtete Erwartungen mit ihr verbunden sind – von ihrem Wesen her doch ob causam praeteritam, nämlich wegen des zuvor abgeschlossenen Vergleichs, erfolgt. Der Leistung aufgrund eines wirksamen Vergleichs kommt somit eine Sonderstellung zwischen datio ob causam und datio ob rem zu. War der Vergleich unwirksam, handelt es sich zugleich auch um eine solutio indebiti; diesen Fall schildert Ulpian in fr. 23 pr. und berichtet, dass Pomponius die Rückforderbarkeit bejaht. Darüber hinaus ist er selbst der Meinung (idem puto dicendum et si …), dass die condictio auch dann statthaben müsse, wenn der Vergleich, auf den bereits geleistet worden war, später nicht zustande gekommen ist (dies ist der Fall einer „echten“ datio ob rem) oder wenn der Vergleich zunächst bestand, aber später aufgehoben wurde („condictio ob causam finitam“). Damit diskutiert Ulpian in dieser Stelle am Beispiel der transactio die verschiedenen Varianten der ungerechtfertigten Bereicherung. Wenn er von causa spricht, meint er stets die kondiktionenrechtliche causa, d.h. den Rechtsgrund zum Behaltendürfen, nicht aber die iusta causa traditionis. Das Eigentum geht in allen geschilderten Fällen zunächst auf den Empfänger über; das Vorliegen der causa entscheidet lediglich über die Rückforderbarkeit. In diesem Punkt besteht eine auffällige Parallele zwischen D. 12.6.23 pr., 3 und D. 12.7.1: Auch hier findet sich zunächst (im principium) eine condictio indebiti, sodann (§ 1) eine condictio ob rem, gefolgt von einer „condictio ob causam finitam“ (§ 2), jeweils mit der Besonderheit, dass es nicht um die Rückforderung einer Sache, sondern um die Befreiung von einer Verpflichtung geht („condictio liberationis“). Führt man diese Parallele nun weiter, liegt die Deutung des in Frage stehenden fr. 1.3 auf der Hand: Hier werden die zuvor besprochenen Fallgruppen auf der nächsthöheren Abstraktionsebene zusammengefasst. Die erste Alternative (vel non ex iusta causa ad eum pervenit) bezieht sich auf die Fallkonstellationen, in denen es bereits bei Übergabe eines Rechtsgrundes zum Behaltendürfen ermangelte, insbesondere auf die condictio indebiti. Dafür, dass mit iusta causa hier nicht etwa die iusta causa 304

Dieser Meinung ist offenbar Hausmaninger in: Behrends/Knütel/Kupisch/Seiler (Hrsg.), Corpus Iuris Civilis III, 114, wenn er causa in fr. 23.3 mit „Erfolg“ übersetzt und somit aus der datio ob causam eine datio ob rem macht.

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traditionis gemeint ist, spricht auch die ähnliche Formulierung in D. 12.6.23 pr.: ex falsa enim causa datum est. Hier ist mit causa ersichtlich die transactio gemeint, welche – wie der Umkehrschluss aus der dort bejahten condictio indebiti zeigt – nicht als causa traditionis, sondern nur als causa retinendi bzw. aufgrund ihrer Unwirksamkeit als causa condiciendi von Bedeutung ist. Die zweite Alternative (vel redit ad non iustam causam) umfasst die Fälle, in denen der Rechtsgrund später wegfiel („condictio ob causam finitam“) oder sich nicht wie geplant verwirklichte (condictio ob rem).305 Die ungewöhnliche Verwendung des redire, welches gemäß seiner gewöhnlichen Wortbedeutung eher auf die Vergangenheit als auf die Zukunft bezogen ist,306 erklärt sich möglicherweise daraus, dass Ulpian auch die Fälle der fehlgeschlagenen datio ob causam miteinbeziehen wollte, für welche er die Rückforderbarkeit bereits in D. 12.6.23.3 am Beispiel der transactio befürwortete. Eine weitere Deutungsmöglichkeit für redire und damit für die zweite Alternative besteht in der Annahme einer Kondiktion von Früchten, die aus einer Sache gezogen wurden, welche non ex iusta causa an den Empfänger gelangt war. Jedenfalls ist für diese Fallgruppen der Eigentumsübergang unbestritten. Auch die zweite Alternative betrifft demnach nicht den Problemkreis der iusta causa traditionis. Für fr. 1.3 lässt sich folglich insgesamt festhalten, dass Ulpian hier in knappen Worten die Voraussetzungen der condictio aus ungerechtfertigter Vorenthaltung zusammenfasst und sich entsprechend abstrakt ausdrücken muss. Iusta causa bedeutet in beiden Alternativen nicht iusta causa traditionis, sondern die iusta causa retinendi.307 Damit steht die Stelle mit der Vorstellung einer zumindest inhaltlich kausalen traditio nicht in Widerspruch. Auch ist unter Zugrundelegung dieser Deutung gut nachvollziehbar, weshalb die Kompilatoren das Fragment in den Titel D. 12.7 einordneten, da hier die Abgrenzung der condictio indebiti von anderen Fallgruppen der condictio eines der Hauptthemen darstellt. In fr. 2 schildert Ulpian ein konkretes Fallbeispiel, aus welchem die dargelegte Bedeutung von causa im Sinne eines Rechtsgrundes zum Behaltendürfen unmittelbar deutlich wird: D. 12.7.2 Ulpianus libro 32 ad edictum Si fullo vestimenta lavanda conduxerit, deinde amissis eis domino pretium ex locato conventus praestiterit posteaque dominus invenerit vestimenta, qua actione debeat consequi pretium quod dedit? Et ait Cassius eum non solum ex conducto agere, verum condicere domino posse: ego puto ex conducto omnimodo eum ha305

Schwarz, Grundlage der condictio (1952), 276; Cannata, Materiali I (2005), 105; Vacca, in: Mannino (Hrsg.): L’arricchimento senza causa (2005), 28. 306 Heumann/Seckel, 498. 307 Zu diesem Ergebnis gelangt auch Kupisch, Ungerechtfertigte Bereicherung (1987), 16 ff. Wunner, Romanitas 9 (1970), 472 ff., bestreitet zwar für diese Fälle die Gleichsetzung von causa mit causa retinendi, kommt aber schließlich (479) doch zum Ergebnis, dass der Begriff sine causa dann verwendet wurde, wenn „das Innehaben der Leistung ungerechtfertigt“ war.

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bere actionem: an autem et condicere possit, quaesitum est, quia non indebitum dedit: nisi forte quasi sine causa datum sic putamus condici posse: etenim vestimentis inventis quasi sine causa datum videtur.

Ein Walker leistet einem Kunden aufgrund seiner dem Werkvertrag entspringenden Schadensersatzpflicht Ersatz für verlorene Kleidung. Nach Wiederauffinden derselben sind die Voraussetzungen dieses Anspruchs (nachträglich) weggefallen. Dennoch ist fraglich, ob dem Walker die condictio offensteht, da zur Zeit der Leistung ein Rechtsgrund bestand. Jedoch könne man es so ansehen (videtur), als sei das Geld quasi sine causa datum. Durch diese Fiktion wird deutlich, dass das Geld in Wirklichkeit eben doch cum causa gegeben wurde. Selbst wenn man unter causa hier die iusta causa traditionis verstünde, lieferte die Stelle folglich kein Argument für eine abstrakte traditio. Causa meint hier den Schadensersatzanspruch aus dem Werkvertrag. Dieser war zum Zeitpunkt der Leistung noch ohne weiteres gegeben; erst nachträglich wurde ihm durch das Wiederauffinden der Kleidung die Grundlage entzogen. Die Notwendigkeit, diesen Rechtsgrundverlust mittels Fiktion auf den Zeitpunkt der Übergabe zurückzuprojizieren, zeigt, dass eine „condictio ob causam finitam“ nicht ohne weiteres anerkannt war. Grundsätzlich musste der Rechtsgrund zum Behaltendürfen schon bei Übergabe fehlen, damit die condictio gewährt werden konnte.308 Der Problemschwerpunkt des Falles liegt ausschließlich im Bereich der causa retinendi bzw. deren Negation, der causa condiciendi. Die Wendung quasi sine causa datum bezieht sich offensichtlich auf diese causa und liefert folglich kein Argument gegen das Erfordernis einer iusta causa traditionis.309 Das Gleiche gilt für das ähnlich formulierte Fragment 4: D. 12.7.4 Africanus libro octavo quaestionum Nihil refert, utrumne ab initio sine causa quid datum sit an causa, propter quam datum sit, secuta non sit.

Während Ulpian in fr. 2 eine condictio ob causam finitam befürwortete, tritt African hier für die Zulässigkeit der condictio ob rem ein. Die causa, propter quam datum sit, ist der Leistungszweck, welcher sich nicht wie geplant verwirklichte (secuta non sit) und daher keine causa retinendi darstellen kann. Beide Juristen begründen ihre Entscheidung mit der Vergleichbarkeit der jeweils problematischen Fallkonstellation mit derjenigen der allgemein anerkannten condictio indebiti.310 308

Die condictio ob rem stellt hierzu kein Gegenargument dar; denn da erst mit der Zweckverwirklichung die causa retinendi vorliegt, sie zuvor folglich fehlt, erfolgt auch hier die Leistung sine causa (retinendi). 309 Unter der Annahme einer inhaltlich kausalen traditio käme als iusta causa traditionis im vorliegenden Fall der Solutionskonsens in Betracht, da die traditio in Erfüllung der (vermeintlichen) Schadensersatzverpflichtung erfolgt. 310 Saccoccio, Si certum petetur (2002), 526, sieht in der condictio indebiti daher „il perno intorno al quale ruota l’intero sistema delle condictiones che si affiancano a quella da

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African umschreibt Letztere mit der Formulierung ab initio sine causa quid datum sit. Die fehlende causa ist folglich die nichtige Obligation, auf welche geleistet wurde. Der Begriff der causa wird mithin auch hier nicht im Sinne der causa traditionis, sondern der causa retinendi gebraucht. D. 12.7.5 pr.-1 Papinianus libro 11 quaestionum Avunculo nuptura pecuniam in dotem dedit neque nupsit: an eandem repetere possit, quaesitum est. Dixi, cum ob turpem causam dantis et accipientis pecunia numeretur, cessare condictionem et in delicto pari potiorem esse possessorem: quam rationem fortassis aliquem secutum respondere non habituram mulierem condictionem: sed recte defendi non turpem causam in proposito quam nullam fuisse, cum pecunia quae daretur in dotem converti nequiret: non enim stupri, sed matrimonii gratia datam esse. (1) Noverca privigno, nurus socero pecuniam dotis nomine dedit neque nupsit. Cessare condictio prima facie videtur, quoniam iure gentium incestum committitur: atquin vel magis in ea specie nulla causa dotis dandae fuit, condictio igitur competit.

Papinian berichtet in zwei Varianten von der Mitgiftbestellung im Hinblick auf eine Verwandtenehe und behandelt die Frage der Rückforderbarkeit des Hingegebenen mittels condictio. Die Problematik des Falles liegt darin, dass es sich möglicherweise um eine datio ob turpem causam mit beiderseitig vorliegender Sittenwidrigkeit handelt. In einem solchen Fall müsste die condictio ausscheiden.311 Ulpian befürwortet hingegen die condictio mit dem Argument, dass es sich bei einer Verwandtenehe als der causa der Mitgiftbestellung weniger um einen sittenwidrigen als um einen nichtigen Rechtsgrund handele. Da nämlich eine Verwandtenehe nicht wirksam geschlossen werden konnte, hätte sich die Mitgiftbestellung als Zweck der Hingabe niemals verwirklichen können (cum pecunia quae daretur in dotem converti nequiret). Aus dieser Begründung geht klar hervor, in welcher Bedeutung Papinian den Begriff der causa vorliegend gebraucht. Durch die dotis datio wurde – ebenso wie in allen anderen Fällen der datio ob rem – das Eigentum schon allein deshalb übertragen, weil man sich bei der Übergabe über einen zukünftig zu verwirklichenden Hingabezweck einigte.312 Ob dieser Zweck, z.B. die Eingehung der Ehe, sich tatsächlich verwirklichte, war nur im Kondiktionenrecht relevant. Selbst bei einer datio ob turpem causam wurde der Eigentumsüber-

mutuo“. Paul. D. 12.5.1.2; D. 12.5.3. 312 Dies galt als Grundsatz, vgl. Ulp. D. 12.4.6; Jul. D. 12.4.7; Ner. D. 12.4.8; Paul. D. 12.4.9 pr. Sollte das Eigentum ausnahmsweise erst mit der Eheschließung übergehen, so musste dies ausdrücklich vereinbart werden. Vgl. Ulp. D. 23.3.7.3; D. 23.3.9; Call. D. 23.3.8. 311

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gang zugelassen;313 Wertungsfragen wie etwa die wirtschaftliche Gerechtigkeit oder die Schutzwürdigkeit des Gebers spielten erst auf einer zweiten Ebene, nämlich für die Gewährung der condictio, eine Rolle.314 Dahinter stand das Bedürfnis nach Rechtssicherheit: Auch wenn die Leistung sittenwidrig oder ungeschuldet war, sollte zunächst einmal das Eigentum übergehen, um ein Auseinanderfallen von Besitz und Eigentum zu verhindern und somit Drittempfänger zu schützen.315 Wenn Papinian im vorliegenden Fall von der nichtigen causa dotis dandae spricht, kann er sinnvollerweise auch nur die causa retinendi meinen. Unter der Annahme einer inhaltlich kausalen traditio liegt mit der Zweckbestimmung jeweils eine iusta causa traditionis vor, und zwar selbst für die Gegenmeinung, welche den Zweck der Hingabe, das heißt die Förderung der Verwandtenehe, als sittenwidrig erachtet. Es bedarf folglich auch zur Erklärung dieser Stelle nicht zwingend der Bemühung des abstrakten dinglichen Vertrages. 3. Fazit zu D. 12.7: causa nicht als Übereignungs-, sondern als Behaltensgrund Es hat sich gezeigt, dass die Fragmente des Digestentitels 12.7 zumindest mit der Vorstellung einer inhaltlich kausalen traditio vereinbar sind, sofern eine Verwendung des causa-Begriffs im Sinne einer von der causa traditionis zu unterscheidenden causa retinendi zugrunde gelegt wird. Da eine solche Verwendung auch an zahlreichen anderen Stellen nachweisbar ist,316 erweist sich diese Erklärung als vorzugswürdig gegenüber weitreichenden Interpolationsannahmen317, also der Methode, die für gewöhnlich von den Savigny-Gegnern zur Deutung der condictio sine causa aufgeboten wird. Wenn auch folglich die Bezeichnung sine causa nicht gegen das Erfordernis einer iusta causa traditionis schlechthin spricht, war in den untersuchten Stellen dennoch – in Übereinstimmung mit der Lehre Savi-

313

Strempel, Über die justa causa bei der Tradition (1856), 36 und Voci, SDHI 15 (1949), 146 sehen darin abermals ein Argument zugunsten einer traditio sine causa, da ein sittenwidriger Rechtsvorgang keine wirksame iusta causa habe liefern können. 314 Cannata, in: Vacca (Hrsg.): Arricchimento ingiustificato e ripetizione dell’indebito (2005), 21 f. und 28. 315 Nicht überzeugend ist es daher, mit Benedek, AJ IV (1962), 159, die iusta causa traditionis im Falle der turpitudo dantis bzw. utriusque zu verneinen und sie – im Umkehrschluss aus der condictio – im Falle der turpitudo accipientis zu bejahen. Warum sollte der Rechtsverlust des Tradenten ausgerechnet dann statthaben, wenn nicht er, sondern der Empfänger sittenwidrig handelt? 316 Vgl. etwa Pap. D. 12.6.66; Ulp. D. 19.1.11.6; Afr. D. 23.3.50 pr.; Gai. D. 24.1.6; Jul. D. 37.6.3.5. 317 Vgl. Wolf, Causa stipulationis (1970), 5113 m.w.N.

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gnys – eine Abkopplung des wirtschaftlichen Rechtfertigungselements aus dem Übereignungstatbestand zu beobachten. 4. Exkurs: Zur Einordnung von Afr. D. 19.1.30 pr. Im Zusammenhang mit der condictio sine causa verdient schließlich eine durch African referierte, außerhalb des Titels D. 12.7 eingeordnete Entscheidung Julians Beachtung: D. 19.1.30 pr. Africanus libro octavo quaestionum Servus, quem de me cum peculio emisti, priusquam tibi traderetur, furtum mihi fecit. Quamvis ea res quam subripuit interierit, nihilo minus retentionem eo nomine ex peculio me habiturum ait, id est ipso iure ob id factum minutum esse peculium, eo scilicet, quod debitor meus ex causa condictionis sit factus. Nam licet, si iam traditus furtum mihi fecisset, aut omnino condictionem eo nomine de peculio non haberem aut eatenus haberem, quatenus ex re furtiva auctum peculium fuisset, tamen in proposito et retentionem me habiturum et, si omne peculium penes te sit, vel quasi plus debito solverim posse me condicere. Secundum quae dicendum: si nummos, quos servus iste mihi subripuerat, tu ignorans furtivos esse quasi peculiares ademeris et consumpseris, condictio eo nomine mihi adversus te competet, quasi res mea ad te sine causa pervenerit.

TU kauft von EGO einen Sklaven mitsamt peculium, welches jedoch um eine Sache vermehrt ist, die der Sklave EGO gestohlen hat. In der ersten Fallalternative fand dieser Diebstahl vor, in der zweiten fand er nach der traditio des Sklaven statt. Vor der traditio steht ein Zurückbehaltungsrecht, danach eine condictio in Höhe der duch den Diebstahl bewirkten Mehrung des Sonderguts in Frage.318 Die condictio liefert einen Hinweis auf den Eigentumserwerb des TU, weshalb die zweite Fallvariante im Zentrum unseres Interesses steht. Hier spaltet sich die Darstellung wiederum in zwei Teile:319 Zunächst wird die res furtiva nicht näher bestimmt; die condictio wird gegeben,320 quasi plus debito solverim. Dann konkretisiert African die res furtiva unvermittelt zu Geld (nummi) und hält die condictio – hier auffälligerweise erst nach consumptio nummorum – für zulässig, quasi res mea ad te sine causa pervenerit. Dieser letzte Halbsatz erinnert sogleich an Ulp. D. 12.7.1.3 (quod vel non ex iusta causa ad eum pervenit), wo causa eine rein kondiktionen Cannata, in: Vacca (Hrsg.): Arricchimento ingiustificato e ripetizione dell’indebito (2005), 46, ignoriert schlichtweg die zweite Fallvariante und ordnet den Schlusssatz ohne Begründung unter die erste. 319 Dies ignoriert Hähnchen, Causa condictionis (2003), 83 f., welche die zweite Fallvariante daher auf den Schlusssatz beschränkt. 320 Die Ablehnung der ‚condictio de peculio’ dient der Abgrenzung von der ersten Fallvariante, sowie der Klarstellung der Passivlegitimation, vgl. Saccoccio, Si certum petetur (2002), 388 f. 318

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rechtliche Bedeutung zukommt.321 Jedoch ist im vorliegenden Fall nicht zu verkennen, dass der Kauf als iusta causa traditionis wohl kaum die Übereignung der gerade nicht mitverkauften res furtiva rechtfertigen konnte. TU erwarb die nummi vielmehr originär im Wege der consumptio. Die condictio erklärt sich daher über eine Fiktion der datio322 (daher auch das quasi), möglicherweise gestützt durch prinzipielle Begründungsmuster323. Vor der consumptio wäre folglich die rei vindicatio zur Rückforderung der nummi exstantes einschlägig gewesen. Dies eröffnet jedoch die Frage, weshalb im ersten Teil der zweiten Fallvariante, wo von der consumptio noch nicht die Rede ist, dennoch die condictio und nicht die rei vindicatio gewährt wird. Eine stillschweigende Unterstellung der consumptio durch African verbietet sich schon deshalb, weil unklar ist, ob es sich bei der res überhaupt um nummi handelt. Aus dem Begründungssatz quasi plus debito solverim könnte ferner geschlossen werden, African habe hier erneut den Fall des Diebstahls vor der traditio im Sinn gehabt, denn nur dann hätte das „Plus“ von EGO an TU mitübereignet werden können; im Falle des Diebstahls nach der traditio kann von einer solutio der res furtiva durch EGO keine Rede mehr sein. Die Verwendung des Konjunktivs (solverim) in Verbindung mit quasi macht jedoch deutlich, dass die Mehrleistung nicht tatsächlich erfolgt ist, dass vielmehr im Nachhinein die Lage so beurteilt wird, als wäre sie erfolgt. Es geht also um den Fall des Diebstahls nach der traditio und die Frage bleibt bestehen, warum African die condictio und nicht die rei vindicatio gewährt. Ein Hinweis zur Lösung dieses Rätsels findet sich bei Ulpian, der im 43. Buch seines Sabinuskommentars den gleichen Fall behandelt: D. 18.1.29 Ulpianus libro 43 ad Sabinum (…) Unde si qua res fuerit peculiaris a servo subrepta, condici potest videlicet quasi furtiva: hoc ita, si res ad emptorem pervenit.

Ulpian charakterisiert die condictio mit den Worten quasi furtiva und macht damit auf die Besonderheit der Fallkonstellation aufmerksam: Einerseits wurde die Sache dem Eigentümer durch Diebstahl entwendet, was ihm im Normalfall eine Rückforderung mittels condictio furtiva eröffnet; andererseits richtet sich seine Klage nicht gegen den Dieb324 selbst, sondern gegen dessen Herrn, der die Sache gutgläubig an sich genommen hat. Es handelt sich folglich um eine quasi-delik321

S.o. 2. Dazu s.o. B. I. 1. c. bb. 323 Vgl. Afr. D. 12.1.23 (quasi ex re tua locupletior factus sim) und Cels. D. 12.1.32 (quia pecunia mea ad te pervenit, eam mihi a te reddi bonum et aequum est). Dazu s.o. B. I. 1. c. cc. 324 Diesem fehlte als Sklave die Prozessfähigkeit: Cels. D. 13.1.15; Ulp. D. 28.8.1 pr.; Marc. D. 48.10.7; Gai. D. 50.17.107: Cum servo nulla actio est. Zu Ausnahmen von diesem Grundsatz, insb. hinsichtlich der actio furti, vgl. Pika, Ex causa furtiva condicere (1988), 76 f., welcher jedoch ausdrücklich die Passivlegitimation des Sklaven 322

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tische condictio des Eigentümers, welche mit der rei vindicatio in Konkurrenz steht.325 Dass Letztere unerwähnt bleibt, ist mit der im Vergleich zur condictio ungünstigeren Aktivlegitimation zu erklären: Der Kläger bei der rei vindicatio musste seine Eigentümerstellung durch eine lückenlose, bis zu dem originären Erwerber zurückführende Erwerbskette nachweisen,326 was – sprichwörtlich – teuflisch schwer war (probatio diabolica). Da EGO folglich in der problematischen Variante aus D. 19.1.30 pr. sein Eigentum gar nicht verloren hat, vermag diese Stelle noch weniger über die Kausalbindung der traditio auszusagen als die zuvor analysierten Stellen aus dem Titel D. 12.7 zur so genannten condictio sine causa. V. Ausnahme vom Kausalprinzip bei Geldzahlungen 1. Einführung in die Problematik Einige Autoren327, die im Übrigen durchaus als Verfechter einer kausalen traditio zu qualifizieren sind, vertreten eine Ausnahme von diesem Prinzip für den Bereich der Geldzahlungen. Geld habe im römischen Sachenrecht eine Sonderstellung eingenommen, weshalb die Regeln der traditio hier nicht oder zumindest nur stark eingeschränkt gegolten hätten. So habe die Geldübereignung auch ohne iusta causa traditionis stattgefunden bzw. sei sie selbst „als Geldzahlung iusta causa traditionis“328 gewesen. Kaser begründet dies mit dem rechtspolitischen Argument des Bedürfnisses des entwickelten Rechtsverkehrs nach Rechtssicherheit bei der Geldübereignung.329 Fuchs untermauert die These mit der Erwägung, die leichte Konsumtibilität des Geldes habe hier zu einer generellen Anerkennung des Eigentumsüberganges geführt.330 Gegen beide Argumente spricht, dass sie in ihrer Weite nicht nach Nichtigkeitsgründen differenzieren, insbesondere nicht zwischen einem Mangel in der causa einerseits und in der Verfügungsberechtigung andererseits. Kaser setzt diese Verallgemeinerung konsequent – wenn auch quellenwidrig331 – fort, indem er den nemo-plus-iuris-Grundsatz für (gutgläubig

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bei der condictio ausschließt und dies mit der sachverfolgenden Natur dieser Klage in Verbindung mit der Rechtlosigkeit des Sklaven begründet. Zu weiteren Fällen der condictio im quasi-deliktischen Bereich s.o. Anm. 83. Alternativ kam auch ein Nachweis der Ersitzungsvoraussetzungen in Betracht. Ehrhardt, Iusta causa traditionis (1930), 54 ff.; ders. in RE VI (1937) s.v. Traditio, 1880; Fuchs, Iusta causa traditionis (1952), 163 ff., 249 f.; Kaser, TR 29 (1961), 216 ff. Fuchs, Iusta causa traditionis (1952), 167. Kaser, TR 29 (1961), 228. Fuchs, Iusta causa traditionis (1952), 167. S.o. bei Anm. 161.

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erfolgende) Geldzahlungen außer Kraft gesetzt sieht.332 Eine solche Konsequenz lässt Fuchs vermissen, wenn er das Konsumtibilitätskriterium nur im Falle des causa-Mangels, nicht aber in dem des Berechtigungsmangels anwendet, obschon es in beiden Fällen gleichermaßen einschlägig ist.333 Gerade dies macht es aber unwahrscheinlich, dass die Römer den Eigentumsübergang bei der solutio indebitae pecuniae mit der Konsumtibilität des Geldes begründeten, weshalb dieser Begriff auch nirgends in den Quellen zu finden ist.334 Im Folgenden soll untersucht werden, wie es um die quellenmäßige Fundierung der These von der Sonderstellung des Geldes im Allgemeinen und von der Abstraktheit der Geldzahlungen im Besonderen bestellt ist. 2. rem tradere – pecuniam dare Für die Sonderstellung des Geldes und gegen ihre Eingebundenheit in die Regeln der traditio zitiert Ehrhardt335 D. 41.2.1.21336, wo Paulus von rem tradere, aber von nummos dare spricht. Bemerkenswerterweise setzt er seinem Beweisstück daraufhin selbst eine ganze Reihe von Stellen337 entgegen, welche ausdrücklich von pecuniam tradere sprechen, selbstredend mit dem Ziel, diese für unecht oder wenigstens unbrauchbar zu erklären. Letzteres betrifft die Stellen, in denen Eigentum gerade nicht übergeht und wo folglich traditio die bloße Übergabe der Münzen bezeichnet.338 Da sich diese Stellen eignen, um sie gemäß seinem Konzept dem translativen pecuniam dare gegenüberzustellen, hält Ehrhardt sie für echt. Der implizit vollzogene Umkehrschluss, dass nämlich dare stets auf einen Eigentumsübergang hindeute, ist leicht widerlegbar.339 Insbesondere ist es aber die Angewiesenheit auf offensichtlich willkürliche Interpolationsbehauptungen, welche Ehrhardts terminologisches Argument entkräftet.

332

Kaser, TR 29 (1961), 193 ff. Wesel, SZ 85 (1968), 102, setzt Fuchs daher einige Stellen zur vindicatio nummorum (Ulp. D. 12.6.26.9; D. 14.6.3.2; Paul. D. 15.1.52) entgegen, in denen nach konsequenter Durchführung der Konsumtibilitätsthese das Eigentum ebenfalls hätte übergehen müssen. Gegen Fuchs vgl. auch Huber, FS Canaris I (2007), 47944. 334 Talamanca, RISG VI (1953), 443 ff. 335 RE VI (1937) s.v. Traditio, 1880. 336 Si iusserim venditorem procuratori rem tradere, cum ea in praesentia sit, videri mihi traditam priscus ait, idemque esse, si nummos debitorem iusserim alii dare (…). 337 Jav. D. 46.3.79; Ulp. D. 36.4.5.29; Ulp. D. 33.8.8.5; Proc. D. 23.3.67; Jav. D. 12.6.46; Diocl./Max. C. 4.10.8. 338 Proc. D. 23.3.67 und Jav. D. 12.6.46. 339 Vgl. nur die in Anm. 76 und 77 zusammengestellten Nachweise. 333

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3. Zahlung von in Miteigentum stehendem Geld Ferner wird darauf hingewiesen, dass auch in Miteigentum stehendes Geld wirksam übereignet werden könne.340 Geschieht die Zahlung zwecks Erfüllung einer vermeintlichen Schuld, stellt sich lediglich ein Berechtigungsproblem: Da jede einzelne Münze zur Hälfte fremd ist, kann sie wegen des nemo-plus-iuris-Grundsatzes nicht wirksam übereignet werden. Eine condictio müsste daher scheitern. Die rei vindicatio wiederum könnte allenfalls von den Miteigentümern zusammen erhoben werden. Dem einzelnen Miteigentümer ist es folglich bei strikter Rechtsanwendung unmöglich, den ungerechtfertigterweise eingebüßten Vermögenswert zurückzuerlangen. Pomponius löst dieses Problem sachgerecht und praktisch, indem er dem Leistenden die condictio auf die Hälfte der Summe gewährt: D. 12.6.19.2 Pomponius libro 22 ad Sabinum Si falso existimans debere nummos solvero, qui pro parte alieni, pro parte mei fuerunt, eius summae partem dimidiam, non corporum condicam.

Der auf diese Weise zurückerlangte Wert entspricht exakt dem eingebüßten Miteigentumsanteil an der Hälfte der einzelnen Münzen. Da Letzterer wirksam übereignet werden konnte, liegt auch keine condictio sine datione vor; der innovative Schritt liegt darin, den Miteigentumsanteil von den einzelnen Münzen auf die Summe umzuschichten. Aus dieser Fiktion erwächst sodann die Möglichkeit der vollwirksamen Übereignung der Hälfte der Summe. Dieser Gedankengang wird bei Papinian unmittelbar greifbar: D. 46.3.94.1 Papinianus libro octavo quaestionum341 Sin autem communes nummos credam aut solvam, confestim pro parte mea nascetur et actio et liberatio, sive in singulis nummis communionem pro indiviso quis esse intellegat sive in pecunia non corpora cogitet, sed quantitatem.

Im Vergleich zu D. 12.6.19.2 finden sich hier nun zwei bemerkenswerte Zusätze: Erstens macht Papinian durch intellegat ausdrücklich auf die soeben beschriebene Fiktion aufmerksam. Zweitens behandelt er nicht nur die Leistung solvendi, sondern auch credendi causa. An dieser Stelle ist man versucht, neben dem Berechtigungsproblem auch ein causa-Problem zu sehen, da das mutuum als Realvertrag zu seiner Wirksamkeit eine Eigentumsübertragung voraussetzt. Ein vollwirksames mutuum als iusta causa der traditio credendi causa anzusehen, wäre jedoch zirkelschlüssig, denn dann wäre letztlich der Eigentumsübergang Voraussetzung der 340 341

Kaser, TR 29 (1961), 220 ff. Hierauf verweist Ulp. D. 12.1.13.2: (…) nam et si communes tibi nummos credidero centum, posse me quinquaginta condicere libro octavo quaestionum Papinianus scribit, etiamsi singula corpora communia fuerint.

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iusta causa anstatt umgekehrt.342 Iusta causa der traditio credendi causa kann daher nur die im Darlehenskonsens bestehende Zweckvereinbarung sein, welche hier vorliegt. Auch ungeachtet der Fiktion liefern die Miteigentumsfälle daher kein causa-Problem und folglich keinen Hinweis auf eine abstrakte Geldübereignung. 4. Zahlung an einen Minderjährigen Weiterhin wird gegen eine Kausalbindung der Geldübereignung die Möglichkeit der wirksamen Zahlung an einen pupillus sine tutoris auctoritate ins Feld geführt.343 Dies gilt insbesondere für die traditio solvendi344 und credendi345 causa: Wie sollte der Minderjährige hier ohne Zustimmung seines Vormunds einen wirksamen Kausalkonsens (Solutionskonsens, Darlehenskonsens) schließen können? Ansatzpunkte zur Lösung des Problems finden sich möglicherweise in der Stelle, welche dasselbe mit am deutlichsten eröffnet: Gai. 2.84 Itaque si debitor pecuniam pupillo solvat, fecit quidem pecuniam pupilli, sed ipse non liberatur, quia nullam obligationem pupillus sine tutoris auctoritate dissolvere potest, quia nullius rei alienatio ei sine tutoris auctoritate concessa est: sed tamen si ex ea pecunia locupletior sit et adhuc petat, per exceptionem doli mali summoveri potest.

Gaius stellt zunächst fest, dass die Geldübereignung an einen Minderjährigen ohne weiteres wirksam ist. Wurde diese jedoch ohne Zustimmung des Vormunds vorgenommen, erlischt die Forderung trotz des Übereignungserfolges nicht,346 denn es ist dem pupillus nicht gestattet, irgendeine Sache ohne Zustimmung des Vormunds zu veräußern. Diese auf den ersten Blick merkwürdig anmutende Begründung ist zu verstehen im Rahmen der Lehre des Gaius, welcher auch Forderungen als „Sachen“, nämlich als res incorporales, bezeichnet.347 Durch Erfüllung wird die Forderung gewissermaßen veräußert. Zur Verhinderung einer doppelten Bereicherung des Mündels wird dem Schuldner die Arglisteinrede gegen eine erneute Inanspruchnahme gewährt.348 Aber zurück zur Ausgangsfrage: Wie kann das Eigentum 342

344 345

Raber, TR 33 (1965), 73. Kaser, TR 29 (1961), 218 f. Gai. 2.84, 3.91; Gai. D. 44.7.5.3. Ausdrückliche Belege für eine traditio credendi causa an einen pupillus sine tutoris auctoritate gibt es zwar nicht, doch ist dies u.U. aus Gai. 3.91 und Gai. 2.83 zu schließen. Beseler, Beiträge IV (1920), 126 f.; Jahr, SZ 80 (1963), 172 und Jakobs, SZ 119 (2002), 310107 gehen mit Selbstverständlichkeit vom Bestehen dieser Fallgruppe aus. 346 ebenso Marcell. D. 46.3.68. 347 Gai. 2.12 und 14. 348 Zu Einzelfragen der Bereicherung des Mündels vgl. Marc. D. 46.3.47. 343

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am Geld solvendi causa übergehen, wenn die solutio gerade scheitert?349 Die Antwort kann nur darin gefunden werden, dass jedenfalls die Erreichung des Leistungszwecks kein essentieller Bestandteil der iusta causa traditionis sein kann. In diesem Punkt liegt die gleiche Situation wie im Falle der solutio indebiti vor: Die Leistung erfolgt zwecks Erfüllung, doch der Erfüllungserfolg tritt (dort: wegen Nichtexistenz der Schuld) nicht ein. Die traditio solvendi causa ist mithin äußerlich abstrakt, d.h. unabhängig von der Erreichung des Leistungszwecks. Fraglich ist, ob sich aus der Möglichkeit der Zahlung an einen pupillus sine tutoris auctoritate darüber hinaus die inhaltliche Abstraktion dieser traditio herleiten lässt, d.h. ihre Unabhängigkeit von einer Zweckvereinbarung. Dies wäre dann der Fall, wenn das Mündel ohne Vollwort des Vormunds nicht fähig wäre, eine Zweckvereinbarung zu treffen. Gai. 2.83 Et ex contrario omnes res tam mancipi quam nec mancipi mulieribus et pupillis sine tutore auctore solvi possunt, quoniam meliorem condicionem suam facere eis etiam sine tutore auctore concessum est.

Gaius verneint pauschal die Zustimmungsbedürftigkeit von Leistungen an einen Minderjährigen, insbesondere unterscheidet er nicht zwischen solutio debiti und indebiti. Bemerkenswerterweise ist das Leistungsobjekt nicht auf Geld beschränkt, sondern ausdrücklich auf alle res mancipi und res nec mancipi ausgedehnt, so dass die Geltung einer Sonderregel für Geld in diesem Punkt unwahrscheinlich ist. Gaius begründet die Zustimmungsfreiheit damit, dass es Minderjährigen gestattet sei, ihre Rechtslage auch ohne Zustimmung des Vormunds zu verbessern. Versteht man die Zweckvereinbarung als unabdingbaren Teil des Erwerbsgeschäfts, hängt ihre Vorteilhaftigkeit von derjenigen des Erwerbsgeschäfts ab. Isoliert betrachtet stellt der Eigentumserwerb in jedem Fall einen Vorteil für den Minderjährigen dar. Nachteilig können sich allenfalls die sich anschließenden schuldrechtlichen Folgen auswirken: Bei der solutio debiti das Erlöschen der Schuld, bei der solutio indebiti und der datio mutui die Entstehung der condictio. Fraglich ist, ob es für die Bewertung der Vorteilhaftigkeit des Erwerbsgeschäfts auf diese schuldrechtlichen Folgen ankommt oder ob das Erwerbsgeschäft vielmehr abstrakt, d.h. unabhängig von denselben beurteilt werden muss. Für eine Antwort im zuletzt genannten Sinne spricht die pauschale Verneinung der Zustimmungsbedürftigkeit in Gai. 2.83 ohne Abwägung der schuldrechtlichen Konsequenzen. Dies wird untermauert durch Gai. 2.84, wo das Scheitern der liberatio nicht als Bedingung des Eigentumserwerbs formuliert wird, sondern der Anschluss mit sed Folgendes 349

Voci, SDHI 15 (1949), 143 f., hält das Ausbleiben des Erfüllungserfolgs für ein Argument gegen die causa solvendi und erklärt die Wirksamkeit der traditio stattdessen mit dem abstrakten dinglichen Vertrag.

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zeigt: Trotz des (offenbar feststehenden) Eigentumsübergangs tritt keine Befreiung ein, sofern keine Zustimmung des Vormunds erfolgt. Gleiches lässt sich in einer bereits besprochenen350 Stelle der Gaius-Institutionen für die solutio indebiti und die mutui datio beobachten: Gai. 3.91 Is quoque, qui non debitum accepit ab eo, qui per errorem solvit, re obligatur; nam proinde ei condici potest: si paret eum dare oportere, ac si mutuum accepisset. Unde quidam putant pupillum aut mulierem, cui sine tutore auctore non debitum per errorem datum est, non teneri condictione, non magis quam mutui datione; sed haec species obligationis non videtur ex contractu consistere, quia is, qui solvendi animo dat, magis distrahere vult negotium quam contrahere.

Im Mittelpunkte des Interesses steht diesmal der Beispielsfall (unde quidam…), in welchem Gaius erörtert, ob ein Mündel oder eine Frau, dem oder der ohne Zustimmung des Vormunds etwas nicht Geschuldetes irrtümlich hingegeben worden ist, aufgrund der Kondiktion hafte. Einige Rechtsgelehrte (quidam) verneinten die Haftung in Analogie zum mutuum, welches bei Beteiligung beschränkt Geschäftsfähiger auch nur cum tutoris auctoritate eine condictio hervorbringen könne. Ob Gaius sich im Schlusssatz (sed haec species…) gegen diese Entscheidung oder lediglich gegen deren Begründung stellt, kann abermals dahingestellt bleiben.351 Entscheidend ist vielmehr, dass auch hier offensichtlich nicht der Eigentumsübergang, sondern die Gewährung der condictio von der auctoritas tutoris abhängig gemacht wird. Die wirksame Übereignung wird durch die Wendungen non debitum (…) datum est und mutui datione gleichsam als Selbstverständlichkeit für die condictio vorausgesetzt. Ob die condictio nun gegeben wird oder nicht, ändert jedenfalls nichts mehr am Übereignungserfolg. Demnach kann für alle betrachteten Konstellationen der Zahlung an Minderjährige festgehalten werden: Die Wirksamkeit des Erwerbsgeschäfts wurde unabhängig von dessen – unter Umständen nachteiligen – schuldrechtlichen Wirkungen beurteilt. Die Zweckvereinbarung (Solutionskonsens, Darlehenskonsens) als Teil dieses Erwerbsgeschäfts bedurfte demnach ebenso wenig einer Zustimmung des Vormunds wie eine lediglich auf den Eigentumserwerb gerichtete (dingliche) Einigung. Eine inhaltlich kausale traditio lässt sich mithin ebenso gut zur Erklärung dieser Fälle heranziehen wie eine abstrakte.

350

S.o. B. I. 1. b. Wahrscheinlicher ist ein Streit um die Begründung des Haftungsausschlusses, s.o. B. I. 1. b.

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5. Preiszahlung beim nichtigen Kauf Schließlich ergibt sich aus einigen überlieferten Fällen, dass die Übereignung des Kaufpreises auch bei nichtigem Kaufvertrag funktioniert. Dies als Argument für eine abstrakte Geldübereignung ins Feld zu führen, setzt aber voraus, hier den Kaufvertrag als einzig in Betracht kommende iusta causa traditionis anzusehen. Bei der Erfüllung einer Kaufobligation, d.h. für die Fälle des Konsensualkaufs, kommt aber nicht nur die causa emptionis, sondern auch die causa solvendi als iusta causa traditionis in Betracht.352 Da die zu übereignenden Geldstücke zumeist erst bei Übergabe individualisiert werden, ist die Tauglichkeit eines in der Vergangenheit abgeschlossenen Kaufvertrags als iusta causa traditionis ohnehin in Zweifel zu ziehen.353 Ursprünglich existierte der Kauf allerdings – zumindest rechtlich gesehen – nur als Barkauf, bei welchem Kaufkonsens und Übergabe in einem Zeitpunkt zusammenfallen. Eine theoretische Aufspaltung desselben in Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft, wie er in der heutigen Zivilrechtsdogmatik üblich ist, liegt für diese frühe Epoche fern. Sinnvoll vorstellbar ist eine solche Aufspaltung erst seit der Einführung der Klagbarkeit des Konsensualkaufs spätestens im 2. Jh. v. Chr.,354 da bei diesem Vertragsschluss und Übergabe auch zeitlich auseinanderfallen. Allerdings bleibt unerfindlich, weshalb die Römer nach der Entwicklung des Konsensualkaufs auch dem Barkauf eine andere dogmatische Beurteilung hätten zuteil werden lassen sollen. Es gibt in den Quellen keine Anhaltspunkte dafür, dass der den Barkauf begleitende Konsens in einen Verpflichtungs- und einen Erfüllungskonsens aufgespalten worden wäre.355 Auch unter Zugrundelegung einer natürlichen Betrachtungsweise existiert in diesen Fällen lediglich ein einziger Konsens, nämlich der Kaufkonsens, auf welchen sich die Eigentumsübertragung kausal zurückführen lässt. Wenn hier die Übereignung des Kaufpreises auch bei nichtigem Kaufvertrag funktioniert, muss sich das Modell einer abstrakten Übereignung geradezu aufdrängen. Die folgenden – von Kaser vorgebrachten – Stellen werden daher nun zunächst daraufhin untersucht, ob sie von einem Bar- oder von einem Konsensualkauf handeln.356 In einem zweiten Schritt wird diese Unterscheidung im Hinblick auf den 352

354 355

Meylan, RIDA 1948, 144; ders., RIDA 1956, 311. Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 58. Honsell/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht4 (1987), 3052. Im Gegenteil zeigt sich der Barkaufgedanke auch in klassischer Zeit als ein weite Teile des Kaufrechts durchziehendes Prinzip. Dazu s. u. Vierter Teil, § 1. C. V. 356 Kaser, TR 29 (1961), 219 f. selbst nimmt diese Differenzierung nicht vor, sondern bezeichnet „die Preiszahlung beim Kauf“ pauschal als „Anwendungsfall der causa solvendi“. Er beruft sich hierbei auf Meylan (s.o. Anm. 352), welcher allerdings nur vom Fall des Konsensualkaufs ausgeht. Dass Kaser sich überhaupt auf eine causa stützt, 353

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jeweiligen Parteiwillen relativiert und auf dieser Grundlage geprüft, ob auch ein unwirksamer Kaufvertrag als (inhaltliche) iusta causa traditionis dienen kann, sofern sich die Unwirksamkeit nicht aus einem Konsensmangel ergibt. D. 18.1.22 Ulpianus libro 28 ad Sabinum Hanc legem venditionis „si quid sacri vel religiosi est, eius venit nihil“ supervacuam non esse, sed ad modica loca pertinere. Ceterum si omne religiosum vel sacrum vel publicum venierit, nullam esse emptionem. D. 18.1.23 Paulus libro quinto ad Sabinum (et quod solverit eo nomine, emptor condicere potest)

Ulpian beschreibt das Scheitern eines Kaufvertrags aufgrund besonderer Eigenschaften des Kaufobjekts, hier eines Grundstücks. War dieses als Grabstätte religiös (religiosum), kraft Weihung sakral (sacrum) oder als Eigentum des römischen Volkes oder einer Gemeinde öffentlich (publicum), so war der Kaufvertrag nichtig.357 Stimmt der von den Kompilatoren hergestellte Zusammenhang, hat Paulus für diese Fälle die Kondizierbarkeit des Kaufpreises vertreten, was auf einen Eigentumsübergang hindeutet. Um die Frage zu beantworten, ob dieser auch durch die causa solvendi gerechtfertigt sein kann oder gänzlich abstrakt stattgefunden haben muss, ist festzustellen, ob es sich um einen Bar- oder um einen Konsensualkauf handelt. Ulpian diskutiert die Bedeutung einer Klausel (‚si quid sacri vel religiosi est, eius venit nihil‘) in einem schriftlichen Grundstückskaufvertrag. Die Schriftlichkeit des Vertrags stellt einen deutlichen Hinweis auf den obligierenden Charakter des vorliegenden Kaufs dar; die schriftlich verfasste Einigung und der Leistungsaustausch lassen sich zeitlich klar voneinander trennen; auf die vertragliche Verpflichtung folgt die traditio als Erfüllungsgeschäft. Der palingenetische Kontext358 um fr. 23 legt nahe, dass auch Paulus von einer solchen Fallkonstellation ausging: Unmittelbar zuvor (D. 18.1.21)359 geht es um die Lastenverteilung bei unklarer Formulierung von Vertragsbedingungen; diese Unklarheiten kamen offenbar bei der erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgenden Übergabe zum Vorschein. In dem unmittelbar nachfolgenden Fragment (D. 18.6.5)360 geht es um die Gefahrtragung im Falle der nicht termingerechten Abholung der Kaufsache

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mutet zumindest merkwürdig an in einem Abschnitt, in welchem er darlegen will, dass die Geldübereignung auch „ohne gültigen Rechtsgrund“ (S. 217) habe stattfinden können. Vgl. zu diesen Eigenschaften Gai. 2.3–11. Lenel, Pal. I, 1265. Labeo scripsit obscuritatem pacti nocere potius debere venditori qui id dixerit quam emptori, quia potuit re integra apertius dicere. Si per emptorem steterit, quo minus ad diem vinum tolleret, postea, nisi quod dolo malo venditoris interceptum esset, non debet ab eo praestari. Si verbi gratia amphorae

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(Wein) durch den Käufer; mangels traditio ist hier evident, dass es sich um einen Konsensualkauf handelt. Damit dürfte es eher unwahrscheinlich sein, dass die Kompilatoren fr. 23 einem Barkauffall entnahmen. Ein weiteres Paulus-Fragment, welches als Beleg für die abstrakte Geldübereignung herangezogen wird, handelt ebenfalls von einem nichtigen Grundstückskaufvertrag: D. 18.1.57 pr. Paulus libro quinto ad Plautium Domum emi, cum eam et ego et venditor combustam ignoraremus. Nerva Sabinus Cassius nihil venisse, quamvis area maneat, pecuniamque solutam condici posse aiunt. (…)

Die Nichtigkeit ergibt sich aus anfänglicher objektiver Unmöglichkeit,361 denn das Haus, welches laut Vertrag auf dem Grundstück stehen sollte, war bei Vertragsschluss bereits abgebrannt. Aus diesen Umständen ist bereits ersichtlich, dass es auch hier nicht um einen Barkauf gehen kann. Ein Irrtum über die Existenz der Kaufsache ist nur denkbar, wenn sie bei Vertragsschluss nicht vor Augen ist, mithin noch nicht übergeben werden soll. Die traditio eines Grundstücks erfolgt durch Betreten362 oder durch Besichtigung von einem Turm aus363. Bei dieser Gelegenheit hätten die Vertragsparteien die Zerstörung des Hauses bemerkt und den Vertrag so nicht geschlossen. Es handelt sich folglich auch hier um einen Konsensualkauf; der Preis wurde solvendi causa gezahlt, was die wirksame Übereignung trotz nichtiger Kaufobligation auch ohne abstrakten dinglichen Vertrag erklären kann. Ebenso anfänglich unmöglich und daher nichtig364 ist ein Kaufvertrag über eine dem Käufer bereits gehörende Sache: D. 18.1.16 pr. Pomponius libro nono ad Sabinum Suae rei emptio non valet, sive sciens sive ignorans emi: sed si ignorans emi, quod solvero repetere potero, quia nulla obligatio fuit.

Die Wirksamkeit der Geldübereignung ergibt sich aus dieser Stelle nicht ohne weiteres. Erschloss sie sich bei Paulus durch die ausdrückliche Nennung der condictio, lässt Pomponius nun die Art der Rückforderungsklage durch das unbestimmte repetere im Unklaren. Ferner sagt der Tatbestand ‚Kauf einer eigenen Sache‘ nichts darüber aus, ob ein Bar- oder ein Konsensualkauf gemeint ist. Einen

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centum ex eo vino, quod in cella esset, venierint, si admensum est, donec admetiatur, omne periculum venditoris est, nisi id per emptorem fiat. Cels. D. 50.17.185: inpossibilium nulla obligatio est. Paul. D. 41.2.3.1. Cels. D. 41.2.18.2. Honsell/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht4 (1987), 2614, begründet die Nichtigkeit mit dem concursus causarum.

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Zweiter Teil: solutio als iusta causa traditionis

Anhaltspunkt zur Beantwortung dieser offenen Fragen bietet die Begründung quia nulla obligatio fuit. Wenn die Gewährung einer Rückforderungsklage mit dem Nichtbestehen der Schuld begründet wird, liegt nichts näher als die Annahme einer condictio indebiti. Wenn von einer Obligation die Rede ist, scheint ferner die zweite Frage im Sinne eines Konsensualkaufs beantwortet zu sein. Bei genauerem Hinsehen passt die Begründung allerdings ebenso auf einen Barkauf: Auch hier fehlt es an einer zugrunde liegenden Obligation und die Zahlung ist nicht minder eine solutio indebiti. Die Parallele lässt sich noch weiter ziehen durch die Analyse des den Leistungsaustausch jeweils begleitenden Willens: In beiden Fällen zahlt der Käufer den Kaufpreis in Vollzug eines vermeintlichen Kaufs. Sind sich die Parteien hinsichtlich dieses Kaufs einig, besteht hier ein Solutionskonsens, dort ein Kaufkonsens. In beiden Fällen ist mithin eine einvernehmliche, auf die konkreten Münzen bezogene Leistungszweckbestimmung gegeben.365 Erreicht wird dieser Leistungszweck weder in dem einen noch in dem anderen Fall: Die solutio scheitert am Fehlen der zu tilgenden Obligation, der Barkauf am untauglichen Objekt. War die Translativität der solutio indebiti selbst bei Fehlen einer konkreten Tilgungsbestimmung366 oder gar bei einem Dissens hinsichtlich der zurückliegenden Obligation367 anerkannt, ist nicht einzusehen, warum der Konsens hinsichtlich eines unwirksamen Barkaufs diese Rechtsfolge nicht sollte nach sich ziehen können; der Abstraktionsgrad einer solchen Übereignung wäre jedenfalls nicht höher als der jeder anderen solutio indebiti. Es kann daher nicht verwundern, wenn die gleiche Fallkonstellation – diesmal von Julian – im Titel D. 12.6 (de condictione indebiti) überliefert ist: D. 12.6.37 Iulianus libro tertio ad Urseium Ferocem Servum meum insciens a te emi pecuniamque tibi solvi: eam me a te repetiturum et eo nomine condictionem mihi esse omnimodo puto, sive scisses meum esse sive ignorasses.

Wieder geht es um den Kauf einer eigenen Sache, nur dass diese hier auf einen Sklaven konkretisiert ist. Mehr noch als Pomponius lässt Julian offen, ob er mit 365

Auf diese Weise sind die Voraussetzungen erfüllt, welche die heute überwiegende Meinung an die iusta causa traditionis stellt, s.o. Erster Teil, § 1. B.; in der Sache übereinstimmend Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 58, der den unwirksamen, aber einvernehmlich gewollten Kauf als Rechtsakt bezeichnet, welchen er in Gegensatz zu dem nicht erforderlichen wirksamen Rechtsverhältnis stellt; ähnlich Jakobs, SZ 119 (2002), 310 ff., der dies für die usucapio pro emptore bereits in der Festschrift Flume I (1978), 53 ff., vertreten hatte. 366 Vgl. aus dem Titel D. 46.3 die Fragmente 3 – 8. 367 Vgl. Jul. D. 41.1.36 1. Fall. Ulpians Widerspruch (D. 12.1.18 pr.) bezieht sich nur auf den 2. Fall.

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dem Kauf ein obligierendes oder ein Bargeschäft meint. Offenbar scheint es darauf nicht angekommen zu sein. In jedem Fall (omnimodo) geht der Kaufpreis in das Eigentum des Verkäufers über und kann kondiziert werden. Während Pomponius sich nur zur Wissensseite des Käufers äußerte (sive sciens sive ignorans emi), geht Julian im letzten Halbsatz explizit auch auf diejenige des Verkäufers ein: sive scisses meum esse sive ignorasses. Damit erklärt er die Kenntnis des Verkäufers von der Zugehörigkeit des Sklaven zum Eigentum des Käufers und damit von der Nichtigkeit des Kaufs für belanglos hinsichtlich der Gewährung der condictio. Im Falle der Kenntnis des Verkäufers ist – jedenfalls unter Zugrundelegung einer willenstheoretischen Sichtweise368 – weder ein Kauf- noch ein Solutionskonsens denkbar. Wie kann der Kaufpreis unter diesen Voraussetzungen ex iusta causa in das Eigentum des Verkäufers übergegangen sein? Vor dem Hintergrund von Jul. D. 41.1.36 (Fall 2) und Jul. D. 46.3.34.7 liegt die Annahme nicht fern, Julian habe auch in diesem Fall den Eigentumsübergang auf die bloße dingliche Einigung gestützt, welche zwar nicht hinsichtlich des Sklaven,369 wohl aber hinsichtlich der gezahlten Münzen gegeben war. Wenn der Verkäufer diese Münzen jedoch annahm, obwohl er von der Nichtigkeit des Kaufs wusste, beging er ein furtum. Es ist für diese Fallvariante folglich die condictio ex causa furtiva einschlägig, welche keinen Eigentumsübergang voraussetzt, womit sich das causa-Problem erübrigt. Bei Unkenntnis des Verkäufers hingegen liegen die Dinge wie soeben zu Pomp. D. 18.1.16 pr. dargelegt, d.h. der Kauf- bzw. Solutionskonsens kann – trotz Nichtigkeit des Kaufvertrags – als inhaltliche causa den Eigentumsübergang bewirken. Ebenfalls aus dem dritten Buch zu Urseius Ferox stammt die folgende Entscheidung Julians, in welcher die Nichtigkeit des Kaufvertrags durch error in materia begründet wird: D. 18.1.41.1 Iulianus libro tertio ad Urseium Ferocem Mensam argento coopertam mihi ignoranti pro solida vendidisti imprudens: nulla est emptio pecuniaque eo nomine data condicetur.

TU verkauft EGO einen lediglich mit Silber belegten Tisch, den aber beide für massiv silbern halten. Der Kauf ist nichtig und der gezahlte Kaufpreis kann kondiziert werden. Wiederum ist fraglich, wie das Eigentum an den Münzen übergehen konnte, wenn der Zahlung kein wirksamer Kaufvertrag zugrunde lag. Da auch hier der Kaufvertrag nicht an einem Mangel im Konsens, sondern aufgrund eines 368

Theoretisch ist auch denkbar, dass Julian aufgrund einer objektiven Konsensbestimmung zu einem Kauf- oder Solutionskonsens gelangt ist, denn aus der objektivierten Sicht des Käufers leistete der Verkäufer venditionis bzw. solvendi causa. Zur Abgrenzung von objektiver und subjektiver Konsensbestimmung im Rahmen von Erfüllungsgeschäften s. u. Dritter Teil, § 1. B. II. 2. 369 Wenn TU weiß, dass der Sklave bereits EGO gehört, ist sein animus dominii transferendi logisch ausgeschlossen.

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anderen Kriteriums370 scheiterte, lautet die Antwort entsprechend: Dem Eigentumsübergang liegt jedenfalls die inhaltliche causa des Solutions- oder Kaufkonsenses zugrunde, je nachdem ob man dem Fall einen Konsensual- oder einen Barkauf zugrunde legt.371 Ob Julian seine Entscheidung hierauf oder auf die implizit ebenfalls vorliegende dingliche Eingung stützte, ist unklar, allerdings auch nicht von Relevanz. 6. Fazit zur Kausalbindung der Geldübereignung Die besprochenen Stellen zur Geldübereignung schließen zwar eine äußerlich kausale traditio aus, sind aber ebenso gut mit einer inhaltlich kausalen wie mit einer abstrakten traditio vereinbar. Eine Sonderstellung des Geldes ergab sich allenfalls aus faktischen, nicht aber aus normativen Gründen. So führte die zweifellos gegebene gesteigerte Konsumtibilität des Geldes dazu, dass sich der originäre Erwerb an Münzen regelmäßig durch consumptio und nicht – wie bei sonstigen Sachen – durch usucapio vollzog. Besitz- bzw. Ersitzungstitel spielten bei Geld daher geradezu selbstverständlich eine geringere Rolle.372 Dass aufgrund der erhöhten Konsumtibilität jedoch eine Sonderregel für die Geldübereignung gegolten hätte, ist nicht zu beobachten.373 Kaum zu erklären wäre unter der gegenteiligen Annahme auch die Tatsache, dass der einzige überlieferte Fall, in welchem ein römischer Jurist die Übereignung an einem Kausaldissens scheitern lässt, Geld zum Gegenstand hat.374 Die Einordnung von pecunia in die Kategorie der res nec mancipi durch Gaius375 zeigt schließlich ausdrücklich die Eingebundenheit der Geldübereignung in das Gefüge des römischen Sachenrechts. VI. Ergebnis zu C.: condictio indebiti aufgrund traditio sine causa? Es konnten in diesem Abschnitt zahlreiche Fälle beobachtet werden, in denen die römischen Juristen dem Eigentumsübergang auch dann stattgaben, wenn das 370

Auch hier liegt anfängliche Unmöglichkeit vor, da der konkrete Tisch, über dessen Kauf man sich einigte, nicht als massiv silberner existierte. Zu dem vermeintlichen Widerspruch zu Ulp. D. 18.1.14 vgl. Schermaier, SZ 115 (1998), 260 f. 371 Meylan, RIDA 1948, 144; RIDA 1956, 311. 372 vgl. aber Pomp. D. 35.1.110: Etiamsi invitis heredibus ex peculio statuliber pecuniam Titio det, liber quidem fit: sed Titius, qui invitis heredibus sciens accepit, pro possessore videtur eam pecuniam possidere, ut avocare eam hi, qui inviti fuerunt, possint. 373 Dies gegen Fuchs, Iusta causa traditionis (1952), 167. 374 Ulp. D. 12.1.18 pr. 375 Gai. 2.81: Ideoque si quando mulier mutuam pecuniam alicui sine tutoris auctoritate dederit, quia facit eam accipientis, cum scilicet pecunia res nec mancipi sit, contrahit obligationem.

§ 2. argumentum e contrario für die causa solvendi

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Rechtsgeschäft, welches den Zweck der Übereignung lieferte, ungültig war oder sich der Leistungszweck aus anderen Gründen nicht verwirklichen konnte. Von einer „Rechtfertigung“ des Eigentumsübergangs kann in diesen Fällen schwerlich die Rede sein, was gerade auch den Grund für die Rückforderbarkeit des Geleisteten mittels condictio darstellt. Angesichts dieses Befundes stellt sich die Frage, worauf die iuris consulti den Übereignungserfolg stattdessen stützten. In Frage kommt erstens die von Jahr376 so genannte „inhaltliche causa“, d.h. eine anerkannte Leistungszweckvereinbarung, und zweitens der übereinstimmende Wille der Parteien, Eigentum zu übertragen und zu empfangen. Unter III. wurde gezeigt, dass die abstrakte dingliche Einigung in der römischen Rechtssprache nicht explizit auftaucht und zur Begründung der Lösung von konkreten Übereignungsfällen stattdessen der jeweilige Leistungszweck herangezogen wird.377 Hieraus zu schließen, es sei über eine dingliche Einigung hinaus auch eine Vereinbarung über einen anerkannten Leistungszweck erforderlich gewesen, wäre verfrüht. Es wäre dies der ungeprüfte Schluss von der deskriptiven auf eine normative Kausalität. Die kausal geprägte Falldarstellung der Römer ist nicht zuletzt ein Produkt ihrer juristischen Methode, welche sich nicht durch abstraktes Systemdenken, sondern durch den konkreten Fallbezug auszeichnet.378 Vor diesem Hintergrund muss die Verwendung abstrakter Rechtsbegriffe in den Quellen geradezu anstößig erscheinen:379 So etwa, wenn Gaius in D. 41.1.9.5 (s.o. unter III.) die brevi manu traditio mit einer dinglichen anstatt mit einer kausalen Einigung erklärt hätte.380 Die Frage des Ausreichens einer reinen dinglichen Einigung war (und ist) in dem weit überwiegenden Anteil der Fälle irrelevant, weil darüber hinaus auch ein gemeinsamer Leistungszweck verfolgt wird. Da der Zweckvereinbarung – wie gezeigt – nicht einmal zwingend rechtsgeschäftlicher Charakter zukommen musste, dürfte sich ein Scheitern derselben auf seltene Ausnahmefälle beschränkt haben. Diese wiederum dürften kasuistisch beurteilt worden sein, weshalb systematische Schlussfolgerungen aus diesen Fällen problematisch erscheinen. Der Antinomie Ulp. D. 12.1.18 pr. / Jul. D. 41.1.36 kommt daher nur begrenzte Aussagekraft zu. Sie und ähnlich gelagerte Fälle eignen sich allenfalls als Objekt der Beurteilung aus der 376

SZ 80 (1963), 147 ff. Dies gilt übrigens auch für Jul. D. 41.1.36, wo im konkreten Fallbezug nur die jeweiligen Leistungszwecke (causa solvendi, credendi und donandi) genannt werden, während der abstrakte consensus in corpore nur im regelhaft formulierten Einleitungssatz auftaucht. 378 Rittner, FS Nörr (2003), 807. 379 Der damit einhergehende Interpolationenverdacht kommt etwa zum Ausdruck in den Wortmonographien Fritz Pringsheims zu animus in: LQR 49 (1933), 43 ff. und zu bonum et aequum in: SZ 52 (1932), 78 ff. 380 Bemerkenswert sind daher die §§ 3 und 7 desselben Fragments, wo Gaius den Eigentumsübergang ohne jeglichen Kausalbezug auf die voluntas domini stützt. 377

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Perspektive einer ausgeformten Kasuistik, wie sie etwa das Kondiktionenrecht liefert. Der umgekehrte Schluss von diesen Einzelfallentscheidungen auf die Erklärung der condictio ist dagegen äußerst unsicher. Die Rückführung der condictio indebiti auf einen abstrakten dinglichen Vertrag ist jedenfalls nicht belegbar.

D. Zusammenfassung von § 2: causa solvendi und condictio indebiti Für das klassische römische Recht lassen sich bislang die folgenden Ergebnisse festhalten: ● Die condictio indebiti setzt grundsätzlich einen Eigentumserwerb voraus, ist also keine condictio possessionis. ● Das Eigentum wurde grundsätzlich mittels datio vom Kläger (condictio indebiti) auf den Beklagten übertragen. ● Diese datio erfolgte in dem Großteil der Fälle durch traditio und nicht in den Formen der mancipatio oder in iure cessio. ● Die traditio wurde von den römischen Juristen grundsätzlich mit einer causa in Verbindung gebracht. Diese musste nicht zwingend in einem gültigen Rechtsgeschäft bestehen. Ob der Eigentumsübergang auf eine Zweckvereinbarung oder nur auf die in dieser enthaltenen dinglichen Einigung gestützt wurde, war in der Mehrzahl der Fälle unerheblich. Wo die Frage ausnahmsweise doch entscheidend war, wurde sie kasuistisch und uneinheitlich beantwortet. Für die Standardfälle der condictio indebiti ergibt sich damit folgendes Bild: Der vermeintliche Schuldner übergibt eine Sache zwecks Erfüllung einer – in Wirklichkeit nicht bestehenden – Obligation an den vermeintlichen Gläubiger, welcher sie in der gleichen Absicht annimmt. Da die Obligation auf Eigentumsverschaffung gerichtet ist, ist mit dem Einvernehmen über den Erfüllungszweck ‚solutio‘ automatisch auch das Einvernehmen über den Eigentumsübergang verbunden. Die Frage, welches dieser beiden Elemente als entscheidend für den Übereignungserfolg angesehen wurde, ist kaum zu beantworten. Dies gilt selbst für die Fälle, in denen die Parteien sich zwar über den Erfüllungscharakter der Leistung einig sind, jedoch hinsichtlich der konkreten Obligation dissentieren,381 weil ein „abstrakter Solutionskonsens“ – d.h. bezogen eben auf den Erfüllungscharakter der Leistung – auch hier vorliegt. Die Frage, ob ein solcher Solutionskonsens als iusta causa traditionis habe fungieren können, hängt davon ab, welche Vorausset381

Ein solcher Fall ist lediglich in Jul. D. 41.1.36 überliefert. Aufgrund des singulären Charakters des Falles ist Julians Begründung (cum in corpus quidem quod traditur consentiamus) jedoch nicht verallgemeinerungsfähig.

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Perspektive einer ausgeformten Kasuistik, wie sie etwa das Kondiktionenrecht liefert. Der umgekehrte Schluss von diesen Einzelfallentscheidungen auf die Erklärung der condictio ist dagegen äußerst unsicher. Die Rückführung der condictio indebiti auf einen abstrakten dinglichen Vertrag ist jedenfalls nicht belegbar.

D. Zusammenfassung von § 2: causa solvendi und condictio indebiti Für das klassische römische Recht lassen sich bislang die folgenden Ergebnisse festhalten: ● Die condictio indebiti setzt grundsätzlich einen Eigentumserwerb voraus, ist also keine condictio possessionis. ● Das Eigentum wurde grundsätzlich mittels datio vom Kläger (condictio indebiti) auf den Beklagten übertragen. ● Diese datio erfolgte in dem Großteil der Fälle durch traditio und nicht in den Formen der mancipatio oder in iure cessio. ● Die traditio wurde von den römischen Juristen grundsätzlich mit einer causa in Verbindung gebracht. Diese musste nicht zwingend in einem gültigen Rechtsgeschäft bestehen. Ob der Eigentumsübergang auf eine Zweckvereinbarung oder nur auf die in dieser enthaltenen dinglichen Einigung gestützt wurde, war in der Mehrzahl der Fälle unerheblich. Wo die Frage ausnahmsweise doch entscheidend war, wurde sie kasuistisch und uneinheitlich beantwortet. Für die Standardfälle der condictio indebiti ergibt sich damit folgendes Bild: Der vermeintliche Schuldner übergibt eine Sache zwecks Erfüllung einer – in Wirklichkeit nicht bestehenden – Obligation an den vermeintlichen Gläubiger, welcher sie in der gleichen Absicht annimmt. Da die Obligation auf Eigentumsverschaffung gerichtet ist, ist mit dem Einvernehmen über den Erfüllungszweck ‚solutio‘ automatisch auch das Einvernehmen über den Eigentumsübergang verbunden. Die Frage, welches dieser beiden Elemente als entscheidend für den Übereignungserfolg angesehen wurde, ist kaum zu beantworten. Dies gilt selbst für die Fälle, in denen die Parteien sich zwar über den Erfüllungscharakter der Leistung einig sind, jedoch hinsichtlich der konkreten Obligation dissentieren,381 weil ein „abstrakter Solutionskonsens“ – d.h. bezogen eben auf den Erfüllungscharakter der Leistung – auch hier vorliegt. Die Frage, ob ein solcher Solutionskonsens als iusta causa traditionis habe fungieren können, hängt davon ab, welche Vorausset381

Ein solcher Fall ist lediglich in Jul. D. 41.1.36 überliefert. Aufgrund des singulären Charakters des Falles ist Julians Begründung (cum in corpus quidem quod traditur consentiamus) jedoch nicht verallgemeinerungsfähig.

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zungen man an diese stellt. Eine wirtschaftliche Rechtfertigung der Übereignung kann der reine Solutionskonsens jedenfalls ebenso wenig liefern wie die abstrakte dingliche Einigung. Wirtschaftlich gerechtfertigt ist die traditio solvendi causa nur bei Bestand der zu erfüllenden Obligation, was in den Fällen der solutio indebiti gerade nicht der Fall ist. Wenn also die traditio solvendi causa von einer wirtschaftlichen Rechtfertigung unabhängig ist, stellt sich die Frage, in welcher Hinsicht sonst eine Rechtfertigung des Eigentumsübergangs denkbar ist. In Betracht kommt zum einen der Parteiwille selbst als privatautonomer382 Rechtsgrund der Güterverschiebung; hiervon geht die Lehre vom abstrakten dinglichen Vertrag aus. Zum anderen – und dies wird von der heute herrschenden Meinung vertreten383 – kommt eine formale Rechtfertigung über die obrigkeitliche Anerkennung des Solutionskonsenses als eine unter mehreren typisierten Erwerbs-causae in Frage. Die überlieferten Zeugnisse bezüglich des prätorischen Edikts zur actio Publiciana erwecken in der Tat den Anschein, als habe ein solcher Katalog anerkannter – d.h. iustae – causae traditionis existiert. Die causa solvendi taucht im Rahmen dieser Zeugnisse allerdings nur in einem Paulus-Fragment auf.384 Ähnlich sieht es bei der usucapio pro soluto aus, welche als eigenständige Ersitzungskategorie nur bei Paulus und dessen Schüler Hermogenian ausdrücklich belegt ist.385 Sollte die Typisierung der causa solvendi aber tatsächlich erst in der Spätklassik vorgenommen worden sein,386 verbleibt für die Zeit zuvor als Grundlage des Eigentumsübergangs nur der hierauf gerichtete Parteiwille. Freilich äußern die Parteien ihren animus dominii transferendi in den konkreten Solutionsfällen nicht abstrakt, sondern verpackt in der Erfüllungsabsicht, welche daher auch zumeist Objekt der juristischen Falldarstellung ist. Damit erweist sich der Solutionskonsens auch schon vor der Zeit des Paulus als primärer Anknüpfungspunkt zur Erklärung des Eigentumsübergangs bei der traditio solvendi causa. Ihn als „Rechtfertigungsgrund“ zu bezeichnen, ist aus den genannten formal-juristischen und willenstheoretischen Gründen zwar möglich, wird aber im Folgenden dennoch bewusst vermieden. Der Begriff iustificatio ist der römischen Rechtssprache unbekannt.387 Die inhaltlich am nächsten stehenden Ausdrücke tauchen vornehmlich im Kondiktionenrecht auf,388 was nahelegt, dass die iuris consulti von einer „Rechtferti382

384 385 386

Zur Privatautonomie im römischen Recht vgl. Baldus, AcP 210 (2010), 2 ff. S.o. Erster Teil, § 1. A. II. und B. I. D. 6.2.4; s.u. § 3. A. I. Paul. D. 41.3.48; Herm. D. 41.3.46; s.u. § 3. A. II. 1. Entsprechendes gilt für die enger gefasste causa indebiti soluti bei Ulp. D. 10.3.7.3, s.u. § 3. B. II. 4. 387 Jedenfalls ist er weder bei Heumann/Seckel aufgeführt, noch in den gängigen Verzeichnissen (VIR, BIA, FIURIS) anzutreffen. 388 Vgl. etwa: (…) eam mihi a te reddi bonum et aequum est (Cels. D. 12.1.32); (…) quod ex iniusta causa apud aliquem sit (Ulp. D. 12.5.6); Nam hoc natura aequum est nemi383

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gung“ der Vermögensverschiebung nur dann ausgingen, wenn sie endgültig war. Wenn die klassisch römische traditio von einer Zweckvereinbarung abhängig war und diese – wie nachgewiesen – nicht in einem wirksamen Rechtsgeschäft bestehen musste, war sie letztlich auf eine definitorische Funktion beschränkt. Dies leuchtet nach dem willenstheoretischen Ansatz unmittelbar ein, da hiernach die Funktion der causa lediglich in der Offenlegung des animus dominii transferendi besteht. Aber auch der formal-juristische Ansatz läuft letztlich auf dasselbe Ergebnis hinaus: Der „Katalog“ der iustae causae traditionis ist nämlich keineswegs ein numerus clausus, welcher einige typisierte Übereignungsabsichten anerkennt und andere nicht.389 Vielmehr wird mit den Auffangtatbeständen der datio ob causam und datio ob rem deutlich, dass jeglicher in der Vergangenheit und in der Zukunft liegende Grund geeignet ist, die traditio in einen Übereignungsakt zu verwandeln, sofern er nur die Rechtsfolge des Eigentumsübergangs impliziert. Diese Eignung kommt auch dem Solutionskonsens zu, sofern er auf eine auf Übereignung gerichtete Obligation bezogen ist. Seine Aufnahme in den „Katalog“ der iustae causae war möglicherweise einem Faible des Paulus für Kategorienbildung geschuldet,390 änderte aber an der materiellen Rechtslage nichts.

§ 3. Ein argumentum a simili für die causa solvendi als Ü bereignungskausa : Die iusta causa im Bereich der honorarrechtlichen Ü bereignung und im E rsitzungsrecht A. Die solutio als iusta causa des Honorar- und Ersitzungsrechts Die Bedeutung der iusta causa ist nicht auf den Erwerb des quiritischen Eigentums durch traditio beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf das bonitarische Eigentum und die usucapio. Während die Solutionskausa als iusta causa für den Erwerb des quiritischen Eigentums durch traditio nirgends ausdrücklich bezeugt ist, finden sich solche Zeugnisse in den beiden letztgenannten Bereichen durchaus. Zwar sind auch hier die Belege nicht gerade in üppiger Menge vorhanden, dennem cum alterius detrimento fieri locupletiorem (Pomp. D. 12.6.14); Haec condictio ex bono et aequo introducta, quod alterius apud alterum sine causa deprehenditur, revocare consuevit (Pap. D. 12.6.66). 389 S.u. § 3. A. I. 390 Dies ist etwa auch zu beobachten bei Paulus’ Auffassung zur usucapio pro suo, welche er weitgehend auf die Fälle der so genannten natürlichen Erwerbsarten beschränkte und ihn als Auffangtatbestand weitgehend entbehrlich machte, indem er den Titel pro soluto schuf, dessen Fälle zuvor noch in die Kategorie pro suo eingeordnet wurden. Dazu s.u. § 3. A. II. 3. und § 3. B. II.

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gung“ der Vermögensverschiebung nur dann ausgingen, wenn sie endgültig war. Wenn die klassisch römische traditio von einer Zweckvereinbarung abhängig war und diese – wie nachgewiesen – nicht in einem wirksamen Rechtsgeschäft bestehen musste, war sie letztlich auf eine definitorische Funktion beschränkt. Dies leuchtet nach dem willenstheoretischen Ansatz unmittelbar ein, da hiernach die Funktion der causa lediglich in der Offenlegung des animus dominii transferendi besteht. Aber auch der formal-juristische Ansatz läuft letztlich auf dasselbe Ergebnis hinaus: Der „Katalog“ der iustae causae traditionis ist nämlich keineswegs ein numerus clausus, welcher einige typisierte Übereignungsabsichten anerkennt und andere nicht.389 Vielmehr wird mit den Auffangtatbeständen der datio ob causam und datio ob rem deutlich, dass jeglicher in der Vergangenheit und in der Zukunft liegende Grund geeignet ist, die traditio in einen Übereignungsakt zu verwandeln, sofern er nur die Rechtsfolge des Eigentumsübergangs impliziert. Diese Eignung kommt auch dem Solutionskonsens zu, sofern er auf eine auf Übereignung gerichtete Obligation bezogen ist. Seine Aufnahme in den „Katalog“ der iustae causae war möglicherweise einem Faible des Paulus für Kategorienbildung geschuldet,390 änderte aber an der materiellen Rechtslage nichts.

§ 3. Ein argumentum a simili für die causa solvendi als Ü bereignungskausa : Die iusta causa im Bereich der honorarrechtlichen Ü bereignung und im E rsitzungsrecht A. Die solutio als iusta causa des Honorar- und Ersitzungsrechts Die Bedeutung der iusta causa ist nicht auf den Erwerb des quiritischen Eigentums durch traditio beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf das bonitarische Eigentum und die usucapio. Während die Solutionskausa als iusta causa für den Erwerb des quiritischen Eigentums durch traditio nirgends ausdrücklich bezeugt ist, finden sich solche Zeugnisse in den beiden letztgenannten Bereichen durchaus. Zwar sind auch hier die Belege nicht gerade in üppiger Menge vorhanden, dennem cum alterius detrimento fieri locupletiorem (Pomp. D. 12.6.14); Haec condictio ex bono et aequo introducta, quod alterius apud alterum sine causa deprehenditur, revocare consuevit (Pap. D. 12.6.66). 389 S.u. § 3. A. I. 390 Dies ist etwa auch zu beobachten bei Paulus’ Auffassung zur usucapio pro suo, welche er weitgehend auf die Fälle der so genannten natürlichen Erwerbsarten beschränkte und ihn als Auffangtatbestand weitgehend entbehrlich machte, indem er den Titel pro soluto schuf, dessen Fälle zuvor noch in die Kategorie pro suo eingeordnet wurden. Dazu s.u. § 3. A. II. 3. und § 3. B. II.

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noch ergeben sich recht fruchtbare Ansatzpunkte, welche im Folgenden dargestellt werden. Darauf aufbauend wird unter B. untersucht, inwiefern sich die gefundenen Ergebnisse auf die causa solvendi beim Erwerb des quiritischen Eigentums übertragen lassen. I. Die Begründung bonitarischen Eigentums durch traditio solvendi causa Der Titel D. 6.2 (de Publiciana in rem actione) besteht zum größten Teil aus einer abwechselnden Reihung von Fragmenten aus Ulpians 16. und aus Paulus’ 19. Buch zum Edikt. Durch die auffällige und sicher nicht zufällige abwechselnde Wiedergabe der beiden Zitierjuristen beabsichtigte Tribonian wohl, eine homogene „herrschende“ Klassikermeinung darzustellen. Gleich zu Beginn des Digestentitels findet sich ein Auszug aus dem prätorischen Edikt zu den Voraussetzungen des bonitarischen Eigentums: Si quis id quod traditur ex iusta causa non a domino et nondum usucaptum petet, iudicium dabo.391 Geschützt wird derjenige, dem eine Sache von einem Nichteigentümer aus rechtmäßigem Grund übergeben wurde, auch wenn er sie noch nicht ersessen hat. Näher definiert oder mit Beispielen versehen wurde der abstrakte Begriff der iusta causa im Edikt allerdings nicht; lediglich der Kauf findet sich im Zusammenhang angeführt.392 Es gab folglich keinen numerus clausus an iustae causae; welche weiteren Rechtsgründe für den prätorischen Schutz in Betracht kommen sollten, wurde offen gelassen. Dennoch gab es offenbar einen „harten Kern“ an iustae causae, welche als Standard für die Begründung des bonitarischen Eigentums anerkannt waren. Ulpian und Paulus nennen in ihren Ediktskommentaren neben dem Hauptfall der emptio venditio393 das legatum394, die donatio (mortis causa)395, die dos396, das iudicium397, die noxae deditio398, die permutatio399 und – inmitten dieses Kreises400 – die solutio: D. 6.2.4 Paulus libro 19 ad edictum vel solvendi causa

391

393 394 395 396 397 398 399 400 392

Ulp. D. 6.2.1 pr. Ulp. D. 6.2.7.11: Praetor ait: ‘qui bona fide emit’. (…) Ulp. D. 6.2.3; D. 6.2.7.2, 4, 11 und 14; Paul. D. 6.2.10. Ulp. D. 6.2.1.2. Paul. D. 6.2.2; Ulp. D. 6.2.7.3. Ulp. D. 6.2.3. Ulp. D. 6.2.3; D. 6.2.7 pr. Ulp. D. 6.2.5; Paul. D. 6.2.6. Ulp. D. 6.2.7.5. Vgl. auch die palingenetische Stellung des Fragments zwischen D. 6.2.2 und D. 6.2.6: Lenel, Pal. I, 999.

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Zweiter Teil: solutio als iusta causa traditionis

Dieses kurze Fragment liefert leider keinerlei nähere Konkretisierung hinsichtlich jener causa solvendi. Denkbar sind die Übersetzungen „um zu bezahlen“401 und „zwecks Erfüllung [einer Verbindlichkeit]“402. „Causa“ drückt jedenfalls den Zweck der traditio aus. Der Sinn von „solvere“ wird mit der allgemeinen Bedeutung „zahlen“ bzw. „leisten“ nicht ganz getroffen, weil im vorliegenden Zusammenhang das Ziel der Leistung im Vordergrund steht. Als solches kommt nur die „Erfüllung“ bzw. „Lösung“ in Betracht. Die traditio solvendi causa ist die Übergabe zwecks Erfüllung einer Obligation bzw. zwecks Lösung einer Haftung. Ganz passend geht es in den beiden nachfolgenden Fragmenten (5 und 6) um die noxae deditio, d.h. um die Übereignung wegen einer Schadenstat. Dieser Schadenstat bzw. dem auf sie gründenden Urteil entspricht bei der traditio solvendi causa die Obligation, zwecks deren Erfüllung geleistet wird. Und so wenig diese für die Übereignung wirksam sein muss, so wenig muss die Schadenstat tatsächlich begangen worden sein bzw. wirklich eine Verurteilung stattgefunden haben, um durch noxae deditio wirksam (bonitarisches) Eigentum an dem ausgelieferten Menschen übertragen zu können:403 D. 6.2.5 Ulpianus libro 16 ad edictum vel ex causa noxae deditionis, sive vera causa sit sive falsa.

Auch für die causa noxae deditionis trifft damit die bereits an anderen Stellen getroffene Beobachtung zu, dass die traditio, hier bezüglich der Übertragung des bonitarischen Eigentums, von ihrer kausalen Grundlage losgelöst ist und ihre Wirksamkeit nicht von materiellen Wertungen, sondern nur von einer die Übergabe begleitenden Zweckbestimmung abhängig ist. Der Zusammenhang des Fragments 4 mit der noxae deditio legt mithin noch stärker als sein bloßer Wortlaut nahe, dass es sich bei der „causa solvendi“ um eben jene iusta causa handelt, welche – wie oben im Rahmen der Untersuchungen zur condictio indebiti wahrscheinlich gemacht wurde und hier nun weiter nachgewiesen werden soll – auch als Erwerbsgrund für das quiritische Eigentum anerkannt war. II. Die usucapio pro soluto 1. Ausdrückliche Belege für den Titel pro soluto Weitere Zeugnisse für die causa solvendi finden sich im Ersitzungsrecht. Die römische usucapio war ein bereits im Zwölftafelgesetz (XII 6.3) vorgesehenes 401

Sintenis in: Otto/Schilling/Sintenis (Hrsg.), Corpus Iuris Civilis I, 658. Wollschläger in: Behrends/Knütel/Kupisch/Seiler (Hrsg.), Corpus Iuris Civilis II, 582. 403 Auch Kaser, BIDR 64 (1961), 75 f., rückt die Stelle in den Zusammenhang mit der causa solvendi. 402

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Mittel, um Rechtssicherheit404 für den redlichen Besitzer zu schaffen, indem sie ihm den Erwerb des quiritischen Eigentums binnen Jahres- bzw. Zweijahresfrist405 ermöglichte. Sie war – ohne dass hier auf mögliche Entwicklungsstufen eingegangen werden soll – anwendbar zum einen406 auf lediglich tradierte res mancipi, zum anderen407 auf vom Nichteigentümer veräußerte Sachen. Eingeschränkt wurde ihr Anwendungsbereich durch folgende Voraussetzungen:408 Erstens musste es sich um eine ersitzungsfähige Sache handeln, insbesondere musste sie des quiritischen Eigentums fähig und durfte nicht gestohlen bzw. unterschlagen sein.409 Beim Erwerb vom Nichtberechtigten musste der Besitzer zweitens gutgläubig hinsichtlich der Eigentümerstellung des Veräußerers sein. Drittens wurde Eigenbesitz vorausgesetzt, d.h., der Besitzer musste die Sache als ihm gehörig besitzen. Der Eigenbesitz wiederum entsteht niemals ohne Grund, sondern weil der Besitzer aufgrund eines bestimmten Erwerbstatbestandes – und sei es die pro herede gestio – Veranlassung hat, sich als Eigentümer zu wähnen. Entsprechend den verschiedenen Erwerbstatbeständen wurde der Ersitzungsbesitz bereits von den klassischen Juristen unterteilt und klassifiziert. Da die Funktion der usucapio nicht im Schutz des rechtsgeschäftlichen Veräußererinteresses, sondern in der Herstellung überschaubarer Eigentumsverhältnisse (Rechtssicherheit, Rechtsfrieden) bestand, verwundert es nicht, dass einige der klassischen Juristen nicht auf der Wirksamkeit des Erwerbsgeschäfts bestanden, sondern die Ersitzung aufgrund eines in der späteren Lehre so genannten „Putativtitels“ zuließen.410 Andere411 verlangten dagegen einen – von der fehlenden Berechtigung des Veräußerers bzw. dem Formmangel abgesehen – wirksamen Erwerbstatbestand (causa usucapionis), aus welchem sich die Ersitzung rechtfertigen sollte. Den aus seiner Sicht wichtigsten causae usucapionis widmete Tribonian jeweils einen eigenen Digestentitel: pro emptore (D. 41.4), pro herede vel pro possessore (D. 41.5), pro donato (D. 41.6), 404

406 407 408

Vgl. Gai. 2.44; Gai. D. 41.3.1. Gai. 2.42: …mobilium quidem rerum anno completur, fundi vero et aedium biennio… Gai. 2.41. Gai. 2.43. Vgl. dazu Bonfante, Corso II/2 (1928/1968), 273 ff.; Voci, Modi di acquisto della proprietà (1952), 159 ff.; Kaser, RP I (1971), 418 ff. 409 XII 8.17; Gai. 2.45 ff. 410 Paul. D. 41.4.2.15 f. (Ersitzungsmöglichkeit nach Kauf von pupillus oder furiosus); Afr./Jul. D. 41.4.11 (Putativtitelersitzung pro emptore bei Vorliegen einer iusta causa erroris); Herm. D. 41.8.9 (Putativtitelersitzung pro legato); Ner. D. 41.10.5 (Putativtitelersitzung bei Vorliegen eines error probabilis et tolerabilis). 411 Paul. D. 41.6.1 pr. (keine usucapio pro donato ohne Schenkung); Jul. D. 41.7.6 (keine usucapio pro derelicto bei in Wirklichkeit nicht aufgegebener Sache); Paul. D. 41.8.2 und Pap. D. 41.8.3 (keine usucapio pro legato bei fehlendem Vermächtnis); Ulp./Cels. D. 41.3.27 (kein Ausweichen auf den Auffangtatbestand pro suo bei Unwirksamkeit des primären Ersitzungstitels). 405

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Zweiter Teil: solutio als iusta causa traditionis

pro derelicto (D. 41.7), pro legato (D. 41.8), pro dote (D. 41.9) und schließlich pro suo (D. 41.10). Der Ersitzungstitel pro soluto findet sich nicht darunter, doch ist seine Existenz durch einzelne Stellen bezeugt, am deutlichsten in einem Fragment aus den iuris epitomae des Spätklassikers Hermogenian: D. 41.3.46 Hermogenianus libro quinto iuris epitomarum Pro soluto usucapit, qui rem debiti causa recipit: et non tantum quod debetur, sed et quodlibet pro debito solutum hoc titulo usucapi potest.

Pro soluto können demnach alle Sachen ersessen werden, die „wegen einer Schuld“ (debiti causa) empfangen wurden. Da unter diese Formulierung sämtliche Obligationen fallen, scheint dem so beschriebenen Ersitzungstitel ein denkbar weiter Anwendungsbereich zuzukommen. Dies gilt umso mehr, als es auf das tatsächliche Bestehen der Schuld nicht ankommen (non tantum quod debetur), sondern es vielmehr genügen soll, dass pro debito geleistet und debiti causa empfangen wurde.412 So kann auch eine Ersitzung nichtgeschuldeter Sachen pro soluto stattfinden, wenn sie nur in Erfüllungsabsicht geleistet und empfangen wurden. Damit ist die Brücke zur solutio indebiti geschlagen. Scheiterte dort die Übertragung des quiritischen Eigentums an der Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Form (mancipatio, in iure cessio) oder an der mangelnden Berechtigung des Veräußerers, so konnte die Sache – bei Vorliegen der sonstigen Ersitzungsvoraussetzungen – pro soluto ersessen werden. Dies legt nahe, dass zwischen der traditio solvendi causa und dem Ersitzungstitel pro soluto Identität oder zumindest eine enge Verwandtschaft bestand. Mit der Wendung non tantum quod debetur lässt Hermogenian das Bestehen der Schuld allerdings als Grundsatz, das Nichtbestehen derselben als Ausnahme für die Ersitzung pro soluto erscheinen. Ausdrücklich wird die usucapio pro soluto noch in einem weiteren Fragment genannt:413 D. 41.3.48 Paulus libro secundo manualium Si existimans debere tibi tradam, ita demum usucapio sequitur, si et tu putes debitum esse. Aliud, si putem me ex causa venditi teneri et ideo tradam: hic enim nisi emptio praecedat, pro emptore usucapio locum non habet. Diversitatis causa in illo 412

Voci, SDHI 15 (1949), 171, sieht in der Formulierung debiti causa hingegen einen Hinweis auf das Erfordernis einer wirksamen Obligation und zieht die Stelle folglich als Argument heran, um die Vorstellung eines abstrakten Ersitzungstitels pro soluto zu verwerfen. Dem ist entgegen zu halten, dass sich debiti causa auch sehr gut als Ausdruck der lediglich subjektiven Zweckrichtung des Empfängers lesen lässt, da dieser gleichermaßen „wegen einer Schuld“ empfängt, ob diese nun tatsächlich besteht oder nicht. 413 Vgl. ferner Marcell. D. 46.3.48: (…) pro soluto enim magis habendum est (…). Die Formulierung scheint hier untechnisch zu sein. In dem Fall geht es um die Einrechenbarkeit bestimmter Vermögenswerte in das Heiratsgut.

§ 3. argumentum a simili für die causa solvendi

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est, quod in ceteris causis solutionis tempus inspicitur neque interest, cum stipulor, sciam alienum esse nec ne: Sufficit enim me putare tuum esse, cum solvis: in emptione autem et contractus tempus inspicitur et quo solvitur: Ne potest pro emptore usucapere, qui non emit, nec pro soluto, sicut in ceteris contractibus.

Paulus schildert zunächst eine Konstellation, welche gemäß der soeben betrachteten Hermogenian-Stelle eben diejenige der usucapio pro soluto darstellt: Wird im Glauben an das Bestehen der Schuld geleistet und empfangen, so soll die Ersitzung möglich sein, auch wenn die Schuld in Wirklichkeit nicht bestand. Während dieser Ausspruch bei Hermogenian in seiner ganzen Weite überliefert ist, weist Paulus nun auf eine Ausnahme im Falle des Kaufs hin: Hier soll der bloße Glaube an das Bestehen der Obligation nicht für die Ersitzung hinreichen, sondern es muss tatsächlich ein Kauf zugrunde liegen.414 Ansonsten – so heißt es schließlich am Ende des Fragments – kann weder pro emptore noch pro soluto ersessen werden. Der Anschluss sicut in ceteris contractibus unterstreicht die Ausnahmestellung des Kaufs und den ansonsten offenbar alle Obligationen umfassenden Anwendungsbereich der Ersitzung pro soluto. Dass das kausale Element der usucapio pro soluto im Zeitpunkt der Übergabe und nicht in der zugrunde liegenden Obligation zu finden ist, kommt durch die Wendung in ceteris causis solutionis tempus inspicitur klar zum Ausdruck. 2. Weitere Anwendungsfälle der usucapio pro soluto Über diese beiden ausdrücklichen Belege hinaus tauchen in den Quellen zahlreiche weitere unter Hermogenians Definition (D. 41.3.46) subsumierbare Fälle auf, bei welchen die Ersitzung aber nicht „pro soluto“ genannt wird: D. 41.4.2 pr. Paulus libro 54 ad edictum Pro emptore possidet, qui re vera emit, nec sufficit tantum in ea opinione esse eum, ut putet se pro emptore possidere, sed debet etiam subesse causa emptionis. Si tamen existimans me debere tibi ignoranti tradam, usucapies. Quare ergo et si putem me vendidisse et tradam, non capies usu? Scilicet quia in ceteris contractibus sufficit traditionis tempus, sic denique si sciens stipuler rem alienam, usucapiam, si, cum traditur mihi, existimem illus esse: at in emptione et illud tempus inspicitur, quo contrahitur: igitur et bona fide emisse debet et possessionem bona fide adeptus esse.

Hier behandelt Paulus abermals die Sonderstellung des Kaufs als Ersitzungstitel gegenüber den „übrigen Verträgen“ (ceteris contractibus). Wie in D. 41.3.48 stellt er auch hier gleich zu Beginn klar, dass die Ersitzung pro emptore nur auf414

Zur Übertragbarkeit dieser Sonderregel auf die traditio s.u. Fünfter Teil, § 1. C. Unter diesem Aspekt werden Paul. D. 41.3.48 und D. 41.4.2 pr. dort (§ 1. C. III.) erneut besprochen.

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grund eines tatsächlich zugrunde liegenden Kaufs statthabe, während ansonsten der Glaube an die zu tilgende Schuld genüge (Si tamen existimans me debere tibi ignoranti tradam, usucapies).415 Noch deutlicher als in fr. 48 zieht er hier nun eine Parallele zum Erfordernis der bona fides hinsichtlich der Berechtigung des Veräußerers, welche gewöhnlich nur im Zeitpunkt der Übergabe, bei der Ersitzung pro emptore hingegen auch bei Kaufvertragschluss vorliegen müsse. Aus dem Gedanken der bona fides heraus erklärt sich in beiden Fragmenten das Beispiel der Ersitzung einer zuvor stipulierten fremden Sache. Da eine solche stipulatio lediglich subjektiv unmöglich und daher wirksam ist,416 käme auch sie als iusta causa usucapionis in Betracht. Doch ist kaum denkbar, dass Paulus in einer identischen Fallkonstellation die Ersitzungstitel unterschiedlich benannte; wenn er den Besitzer in D. 41.3.48 pro soluto ersitzen lässt, so muss dies auch für die vorliegende Stelle gelten. Entsprechend fordert Paulus auch nur für den Zeitpunkt der solutio das Vorliegen der doppelten bona fides, einmal bezogen auf die vermeintliche Obligation, zum anderen auf die Eigentümerstellung des Veräußerers. Die Fixierung auf den Besitzerwerbsakt in der paulinischen Dogmatik lässt eine usucapio pro stipulato als Fremdkörper erscheinen, da nicht durch die stipulatio, sondern durch die solutio der Besiz verschafft wird. D. 46.3.60 Paulus libro 4 ad Plautium Is, qui alienum hominem in solutum dedit, usucapto homine liberatur.

Auch in diesem kurzen Fragment zur datio in solutum beschreibt Paulus die usucapio pro soluto:417 Wer einen fremden Sklaven an Erfüllungs statt leistet, wird (erst) durch die Ersitzung des Sklaven von seiner Schuld befreit. Über die Art des gescheiterten unmittelbaren Übereignungsgeschäfts wird nichts gesagt. Mancipatio und in iure cessio scheiterten an der fehlenden Eigentümerstellung des Veräußerers, die traditio zusätzlich am Traditionsobjekt (Sklave = res mancipi). Da aber zwecks Erfüllung einer Schuld geleistet wurde, lagen – unabhängig vom

Dass Paulus als Adverb vor emit nicht etwa rate (gültig) oder efficaciter (wirksam), sondern vera (wirklich) wählt und für die causa emptionis lediglich ein subesse (vorhanden sein) fordert, spricht für die These, dass der Kauf nicht als wirksames Rechtsverhältnis, sondern nur als Rechtsakt vorgenommen sein muss, um eine iusta causa usucapionis zu liefern; vgl. Jakobs, Festschrift Flume I (1978), 52 f. Dagegen lässt sich indessen anführen, dass Paulus gerade das (Nicht-)Zutreffen des Glaubens an den Bestand der Obligation, nicht lediglich an den Abschluss des Rechtsakts, thematisiert: Si tamen existimans me debere… In diesem Zusammenhang ergibt nur die Kaufobligation als Voraussetzung der usucapio pro emptore einen Sinn. 416 Vgl. Venul. D. 45.1.137.4 f.; Paul. D. 41.3.15.3. 417 Vgl. auch Paul. D. 41.3.4.17. 415

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ursprünglich intendierten Übereignungsgeschäft – die Voraussetzungen für die Ersitzung pro soluto vor. D. 41.3.33.3 Iulianus libro 44 digestorum Si mihi Titius, a quo fundum petere volebam, possessione cesserit, usucapionis causam iustam habebo. Sed et is, a quo ex stipulatu fundum petere volebam, cedendo mihi possessione, si solvendi causa id fecerit, eo ipso efficiet, ut fundum longo tempore capiam.

In diesem von Julian überlieferten Fall wird ein Landgut geleistet, um eine Klage abzuwenden. Diese Konstellation zeigt, dass beide Parteien vom Bestehen einer entsprechenden Obligation ausgingen, ansonsten hätte der Empfänger nicht gefordert und der Leistende wäre nicht auf die Forderung eingegangen. Zur tatsächlichen Wirksamkeit jener Obligation wird nichts gesagt; offenbar war die Frage nicht entscheidend. Entscheidend für das Entstehen eines Ersitzungstitels war vielmehr, dass das Grundstück solvendi causa418 geleistet wurde, denn eben dadurch setzt der Leistende die Ersitzung in Gang (eo ipso efficiet). Zur Art der Obligation äußert sich Julian erst im zweiten Fall: Hier liegt der Leistung eine stipulatio zugrunde; die usucapio pro soluto war in solchen Fällen (zumindest von Paulus) anerkannt.419 Im allgemein formulierten Ausgangsfall bleibt die Frage offen; geleistet wird hier schlicht zur Abwendung einer Klage. Über den Grund der Klage wird nichts gesagt; man könnte sich jedwede Obligation vorstellen. Damit käme der Ersitzung pro soluto ein denkbar weites Anwendungsfeld zu. Ein solcher Standpunkt wäre jedoch nicht unproblematisch, berührte er doch im Kern die kausale Natur der usucapio. Fraglich ist daher, weshalb Julian den auf die stipulatio beschränkten und damit weniger problematischen Fall mit sed et is einleitet, was vielmehr eine Steigerung der Problematik erwarten ließe. Es handelt sich hierbei möglicherweise um ein auch in D. 41.1.36 zu beobachtendes rhetorisches Stilmittel: Julian parallelisiert zwei Falllösungen: eine allgemein anerkannte (hier: usucapio pro soluto aufgrund einer Leistung ex stipulatu) und eine problematische, von ihm jedoch befürwortete (hier: usucapio pro soluto aufgrund jedweder Obligation). Dabei stellt er die anerkannte Falllösung als zweifelhaft und problematisch dar, die in Wahrheit problematische hingegen als feststehend und selbstverständlich. Dieses verkehrte Verhältnis verstärkt er durch eine Verknüpfung (sed et, nam et), welche die problematische Falllösung als bloßes Argument für die unproblematische erscheinen lässt. Da die Leser der von Julian künstlich problematisierten, in Wirklichkeit aber allgemein anerkannten Falllösung zustim418

Julian verwendet den Ausdruck solvendi causa hier wahrscheinlich untechnisch; zweifellos technisch findet sich der Begriff erst in der Spätklassik bei Paulus und Hermogenian. Vgl. Bonfante, Scritti II (1918/1926), 558. 419 Vgl. oben: Paul. D. 41.3.48; D. 41.4.2 pr.

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men, verliert das vermeintliche Nebenproblem in ihrem Bewusstsein an Brisanz. Es erscheint als Anhängsel zu einer Meinung, welche sie bereits teilen und von der Julian sie nicht mehr überzeugen muss. Auf subtile Weise verleiht Julian somit der von ihm vertretenen problematischen Auffassung den Schein einer Selbstverständlichkeit. Darüber hinaus stellt sich noch eine rechtliche Frage: Warum kommt es im vorliegenden Fall überhaupt zu einer usucapio? Hätte das Eigentum nicht bereits durch traditio solvendi causa übergehen müssen? In Betracht kommen grundsätzlich zwei Erklärungen: Entweder hat ein Nichtberechtigter oder es wurde eine res mancipi tradiert. Für die erste Erklärung finden sich keine Anhaltspunkte im Text. Auch die zweite Erklärung erzeugt auf den ersten Blick Unbehagen, deutet der letzte Halbsatz (ut fundum longo tempore capiam) doch auf ein Provinzialgrundstück hin,420 welches als res nec mancipi ohne weiteres mittels traditio übertragen werden konnte. Merkwürdig erscheint vor dieser Annahme jedoch, dass daneben von der iusta causa usucapionis die Rede ist. Diese Begrifflichkeit hätte Julian bei der Behandlung der longi temporis praescriptio nicht gebraucht.421 Auch in Anbetracht der Tatsache, dass die Byzantiner das Wort usucapio auf die Fahrnisersitzung beschränkten und die Liegenschaftsersitzung longi temporis praescriptio nannten,422 erscheint an dieser Stelle eine Interpolationsannahme berechtigt. Anstatt longo tempore muss im Originaltext usu gestanden haben. Traditionsobjekt war mithin ein italisches Grundstück;423 dieses konnte als res mancipi nicht durch traditio übereignet werden, was den Bedarf an der usucapio erklärt. Schließlich ist die Verwendung von possessione cedere anstelle von tradere auffällig.424 Voci, welcher die causa solvendi wie auch den titulus pro soluto ablehnt, sieht hierdurch einen bloßen Verzicht auf die Sache ausgedrückt, welcher keine Grundlage für eine usucapio habe darstellen können.425 Dagegen ist einzuwenden, dass es sich bei dem Ersitzungsobjekt um ein Grundstück handelte, deren Besitz ganz gewöhnlich durch Räumung und Überlassung auf einen anderen übertragen wurde.426 Dass dies im vorliegenden Fall nicht lediglich mit Aufgabe-, sondern durchaus mit Übertragungswillen geschah, zeigt mit aller Deutlichkeit 420

Bei Provinzialgrundstücken erfolgte die Ersitzung nicht durch usucapio, sondern durch longi temporis praescriptio, Kaser, RP I (1971), 424. 421 Bei der longi temporis praescriptio ist nicht die Rede von einer causa, schon gar nicht von einer causa usucapionis, sondern vielmehr von einem iustum initium possessionis, dazu s.o. Anm. 97 f. 422 Honsell/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht4 (1987), 179 f. 423 Bonfante, Scritti II (1918/1926), 558. 424 Vgl. D. 41.1.36, wo Julian von fundum tradere spricht. 425 Voci, SDHI 15 (1949), 171. 426 Kaser, RP I (1971), 391.

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der Halbsatz si solvendi causa id fecerit. Es handelt sich folglich um eine traditio solvendi causa, welche lediglich aufgrund ihres Objekts (res mancipi) keine sofortige Wirksamkeit entfaltete.427 Auch aus letzterem Umstand ergibt sich eine Erklärung der Verwendung von possessione cedere: Julian unterstreicht damit, dass trotz Vorliegens der causa solvendi zunächst nicht das Eigentum, sondern nur der Besitz übergehen konnte. D. 17.1.47.1 Pomponius libro tertio ex Plautio Si is, qui pro te hominem dare fideiussit, alienum hominem stipulatori dederit, nec ipse liberatur nec te liberat et ideo mandati actionem tecum non habet. Sed si stipulator eum hominem usuceperit, dicendum esse Iulianus ait liberationem contingere: eo ergo casu mandati actio post usucapionem demum tecum erit.

Pomponius schildert einen Fall, in welchem ein Bürge zwecks Erfüllung einer Verbindlichkeit des Hauptschuldners einen fremden Sklaven an den Gläubiger leistet. Die direkte Übereignung scheitert zumindest am nemo-plus-iuris-Grundsatz; verbirgt sich hinter der datio eine traditio, so scheitert diese zusätzlich am Übereignungsobjekt (Sklave = res mancipi). Da der Gläubiger aber rem debiti causa recipit (vgl. Herm. D. 41.3.46), ist die Bahn für die Ersitzung geebnet. Mit der Ersitzung treten auch erst die schuldrechtlichen Konsequenzen (Erfüllung/ Befreiung, Regressanspruch) ein, welche für die vorliegende Untersuchung aber von untergeordnetem Interesse sind.428 Entscheidend ist vielmehr, dass Pomponius der Ersitzung in einer solchen Fallkonstellation ohne weiteres stattgibt. Dies macht er auch an anderer Stelle deutlich: D. 41.10.3 Pomponius libro 22 ad Sabinum Hominem, quem ex stipulatione te mihi debere falso existimabas, tradidisti mihi: si scissem mihi nihil debere, usu eum non capiam: quod si nescio, verius est, ut usucapiam, quia ipsa traditio ex causa, quam veram esse existimo, sufficit ad efficiendum, ut id quod mihi traditum est pro meo possideam. Et ita Neratius scripsit idque verum puto.

Zwecks Erfüllung einer vermeintlichen Stipulationsschuld wird ein Sklave tradiert. Die traditio scheitert an der res-mancipi-Eigenschaft des Sklaven. Ob es nun zur Ersitzung kommt, hängt vom guten Glauben des Empfängers zum Zeitpunkt der Übergabe ab, denn der wissentliche Empfang einer Nichtschuld stellt 427

Dass possessione cedere und tradere bisweilen in der gleichen Bedeutung gebraucht wurden, zeigt deutlich Paul. D. 41.2.1.20. 428 Vgl. dazu Bauer, Ersitzung und Bereicherung (1988), 14 ff. Bemerkenswerterweise qualifiziert sie übrigens die usucapio des vorliegenden Falles als pro soluto, obschon sie später (S. 126 ff.) zu D. 41.10.3 demselben Pomponius bescheinigt, er habe jene causa nicht anerkannt.

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ein furtum dar und schließt die Ersitzung aus.429 Glaubt der Empfänger hingegen an den Bestand der Stipulationsschuld, empfängt er den Sklaven mithin debiti causa, so kann er ersitzen. Dass es hierfür auf das tatsächliche Bestehen der Verbindlichkeit nicht ankommt, verwundert unter Berücksichtigung von Hermogenians (D. 41.3.46) Definition der usucapio pro soluto nicht, denn non tantum quod debetur, sed et quodlibet pro debito solutum hoc titulo usucapi potest. Pomponius selbst drückt dies in Anlehnung an Neraz sogar noch deutlicher aus: quia ipsa traditio ex causa, quam veram esse existimo, sufficit ad efficiendum ... Damit fügte sich das Fragment ohne weiteres in die Lehre von der Solutionskausa ein, wären da nicht die Worte pro meo possideam. Warum schreibt Pomponius hier nicht pro soluto? Die gleiche Besonderheit findet sich im darauf folgenden Fragment desselben Juristen: D. 41.10.4.2 Pomponius libro 32 ad Sabinum Quod legatum non sit, ab herede tamen perperam traditum sit, placet a legatario usucapi, quia pro suo possidet.

Was nicht vermacht, jedoch vom Erben aus Versehen übergeben worden ist, das kann vom Vermächtnisnehmer ersessen werden, weil er es als ihm gehörig besitzt. Die Interpretation der Stelle hängt davon ab, ob es sich bei dem legatum um ein Verfügungs- oder um ein Verpflichtungsvermächtnis handelt. Beides ist denkbar.430 Zwar scheinen Stellen wie Paul. D. 41.8.2 und Pap. D. 41.8.3 die Putativtitelersitzung aufgrund eines vermeintlichen Vindikationslegats auszuschließen, jedoch bezieht sich dieser Ausschluss nur auf die usucapio pro legato. Dass schlechthin nicht ersessen werden kann, etwa pro suo, wird dort nicht gesagt. Die vorliegende Stelle würde diese Möglichkeit demnach explizit eröffnen: Ist der Erbe der Auffassung, ein Erbschaftsgegenstand sei durch Vindikationslegat ipso iure in das Eigentum des Vermächtnisnehmers übergegangen und übergibt ihn diesem infolgedessen, so ist die Ersitzung (pro suo) eröffnet. Bei Zugrundelegung eines Damnationslegats vollzöge sich der Eigentumsübergang nicht ipso iure; das Vermächtnis begründete lediglich eine Verpflichtung für den Erben, den vermachten Gegenstand an den Vermächtnisnehmer zu übereignen. Erfolgt die Erfüllung einer solchen – wenn auch nur vermeintlichen – altzivilen, auf Übereignung gerichteten Obligation durch traditio, fungiert die solutio als iusta causa traditionis. Scheitert die traditio an Traditionsobjekt (res mancipi) oder Nichtberechtigung des Veräußerers, ist eine Ersitzung pro soluto möglich. Dies wäre der Parallelfall zu der eben betrachteten Stelle D. 41.10.3;

Scaev. D. 13.1.18: Quoniam furtum fit, cum quis indebitos nummos sciens acceperit... Vgl. die Übersicht des Meinungsstandes bei Bauer, Ersitzung und Bereicherung (1988), 132.

429 430

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dort wie auch hier spricht Pomponius nicht von pro soluto, sondern von pro suo possidere, obschon beide Fälle im Anwendungsbereich der Solutionskausa liegen. Gegen die Annahme eines Damnationslegats spricht die fehlende Nennung von Gründen für das Scheitern der traditio. Die Unwirksamkeit eines Damnationslegats (Quod legatum non sit) hinderte die Wirksamkeit der in Erfüllung desselben vorgenommenen traditio (solvendi causa!) jedenfalls nicht.431 Man wäre folglich gezwungen, sonstige Unwirksamkeitsgründe (fehlendes Eigentum des Veräußerers; traditio einer res mancipi) ohne Anhaltspunkte im Text zu unterstellen. Dies ist unter der Annahme eines Vindikationslegats nicht notwendig; hier wird nämlich gar keine traditio im Sinne eines Übereignungsgeschäfts vorgenommen, weil die Parteien glauben, das Eigentum sei bereits ipso iure übergegangen. Traditum sit stünde demnach für die schlichte Übergabe im Sinne einer Besitzverschaffung. Für diese gibt es freilich keine iusta causa: Das Vermächtnis existiert nicht und es wird auch nicht in Erfüllung des Vermächtnisses (solvendi causa) übergeben, sondern lediglich aufgrund der vermeintlichen Vindikationslage. Somit scheiden die Ersitzungstitel pro legato und pro soluto aus und Pomponius muss auf den Auffangtatbestand pro suo zurückgreifen. Gegen ein Vindikationlegat wird jedoch Pomp. D. 41.3.29 ins Feld geführt: D. 41.3.29 Pomponius libro 22 ad Sabinum Cum solus heres essem, existimarem autem te quoque pro parte heredem esse, res hereditarias pro parte tibi tradidi. Propius est, ut usu eas capere non possis, quia nec pro herede usucapi potest quod ab herede possessum est neque aliam ullam habes causam possidendi. Ita tamen hoc verum est, si non ex transactione id factum fuerit. Idem dicimus, si tu quoque existimes te heredem esse: nam hic quoque possessio veri heredis obstabit tibi.

Hier schließt Pomponius die Ersitzung durch den Scheinerben aus, und zwar sowohl pro herede als auch aufgrund jedes anderen Grundes. Der bloße Glaube an die Erbenstellung genügt nicht, um die Ersitzung zu bewirken. Da es hier wie auch bei einem Vindikationslegat um einen Fall geht, in welchem der Besitzer fälschlich glaubt, unmittelbar mit dem Erbfall Eigentum erworben zu haben und es ansonsten an einem Erwerbsvorgang fehlt, sieht Bauer432 eine hinreichende Vergleichbarkeit gegeben, um die Ergebnisse zu übertragen: Wenn hier also die Ersitzung nicht nur pro herede, sondern schlechthin ausgeschlossen werde, so dürfe im Fall des Vindikationslegats auch weder pro legato noch aufgrund eines sonstigen 431

a.A. Bauer, Ersitzung und Bereicherung (1988), 134, welche aus D. 41.10.3 entnimmt, Pomponius habe die causa solvendi im Falle des Damnationslegats nicht anerkannt. Abgesehen davon, dass es in jener Stelle um eine stipulatio geht, basiert die Meinung auf dem unsicheren Schluss von Pomponius’ spezifisch ersitzungsrechtlicher Terminologie pro suo auf dessen Verständnis der materiell-rechtlichen Struktur der traditio. 432 Ersitzung und Bereicherung, 13327.

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Titels (z.B. pro suo) ersessen werden. Eine solch pauschale Gleichsetzung jener Fälle gerade durch Bauer verwundert, ist sie doch kurz zuvor selbst im Rahmen einer ausführlichen Untersuchung433 zum Ergebnis gekommen, dass die Putativtitelersitzung pro herede kategorisch ausgeschlossen, diejenige pro legato hingegen zumindest von einigen Juristen zugelassen war. Für Pomponius selbst wird diese Anerkennung vereinzelt aus D. 41.8.6 (lib. 32 ad Sab.)434 entnommen,435 doch handelt es sich hierbei um ein stark verkürztes und aus dem ursprünglichen Zusammenhang gerissenes Fragment mit entsprechend geringer Beweiskraft. Jedenfalls bestätigt aber Hermogenian die Durchsetzung der Ansicht, dass auch aufgrund eines unwirksamen Vermächtnisses ersessen werden könne: D. 41.8.9 Hermogenianus libro quinto iuris epitomarum Pro legato usucapit, cui recte legatum relictum est: sed et si non iure legatum relinquatur vel legatum ademptum est, pro legato usucapi post magnas varietates optinuit.

Beachtenswert ist, dass Hermogenian trotz des unwirksamen Vermächtnisses nicht nur von der Möglichkeit der Ersitzung schlechthin, sondern aufgrund des Titels pro legato spricht. Es kann danach nicht als unwahrscheinlich gelten, dass Pomponius eine solche Ersitzung wenigstens pro suo zuließ. Gleiches gilt übrigens für Paulus, welcher in D. 41.8.2 (lib. 54 ad ed.) die Putativtitelersitzung „pro legato“ ablehnt: Si possideam aliquam rem, quam putabam mihi legatam, cum non esset, pro legato non usucapiam.

Hätte Paulus die Ersitzung schlechthin abgelehnt, hätte er lediglich non usucapiam schreiben und sich das pro legato sparen können.436 Es gibt mithin keinen Grund, in Pomp. D. 41.10.4.2 die Möglichkeit eines Vindikationslegats auszuschließen. Die Verwendung von pro suo anstelle von pro soluto erklärte sich unter dieser Annahme ohne weiteres. Hingegen wäre bei Zugrundelegung eines Damnationslegats fraglich, warum solvendi causa geleistet, aber nicht pro soluto ersessen wurde. Eben dieser Umstand ist allerdings auch in Pomp. D. 41.10.3 zu beobachten und kann daher nicht als Argument gegen ein Damnationslegat dienen. Als solches bleibt damit lediglich die fehlende Nennung von Gründen des Scheiterns der traditio bestehen. Völlige Gewissheit lässt sich in dieser Frage jedoch nicht erzielen. Eine Festlegung ist für die vorliegende Unter433

Ersitzung und Bereicherung, 90 ff. mit einer Zusammenfassung auf S. 121 f. Si is, cui tradita est, mortui esse existimaverit. 435 Mayer-Maly, Das Putativtitelproblem bei der usucapio (1962), 142; dagegen Bauer, Ersitzung und Bereicherung (1988), 902, 9210. 436 Das übersieht Bauer, Ersitzung und Bereicherung (1988), 94 f. 434

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suchung aber auch nicht erforderlich; die Annahme eines Damnationslegats würde lediglich eine Wiederholung der Problematik aus D. 41.10.3 bedeuten, welche im Folgenden ohnehin untersucht werden muss. 3. Abgrenzung des titulus pro soluto von der possessio pro suo Zumindest für D. 41.10.3 bleibt also die Frage bestehen, weshalb Pomponius nicht von der usucapio pro soluto, sondern von der possessio pro suo spricht, obwohl in Erfüllung einer stipulatio geleistet wurde und damit ein Standardfall der causa solvendi vorliegt. Bevor hierauf eine Antwort gegeben werden kann, muss geklärt werden, was sich hinter der possessio pro suo verbirgt. Gleich zu Beginn des Titels D. 41.10 (Pro suo) finden sich zwei anschauliche Definitionen von Ulpian und Paulus: D. 41.10.1 pr. Ulpianus libro 15 ad edictum Pro suo possessio talis est. Cum dominium nobis adquiri putamus, et ex ea causa possidemus, ex qua adquiritur, et praeterea pro suo: ut puta ex causa emptionis et pro emptore et pro suo possideo, item donata vel legata vel pro donato vel pro legato etiam pro suo possideo. D. 41.10.2 Paulus libro 54 ad edictum Est species possessionis, quae vocatur pro suo. hoc enim modo possidemus omnia, quae mari terra caelo capimus aut quae alluvione fluminum nostra fiunt. Item quae ex rebus alieno nomine possessis nata possidemus, veluti partum hereditariae aut emptae ancillae, pro nostro possidemus: similiter fructus rei emptae aut donatae aut quae in hereditate inventa est.

Zunächst ist auffällig, dass Ulpians Definition weiter gefasst ist als die des Paulus. Possessio pro suo bedeutet ihm zufolge schlicht Besitz mit Eigenbesitzwillen.437 Demnach abstrahiert die usucapio pro suo von der zugrunde liegenden causa, denn der Eigenbesitzwille kann aufgrund mannigfaltiger Sachverhalte entstehen. Insbesondere liegt er auch bei allen übrigen Ersitzungsarten vor; die von Ulpian genannten Titel pro emptore, pro donato und pro legato sind lediglich Beispiele. Bei Ulpian stellt die possessio pro suo damit eine Art Auffangtatbestand dar, welcher die Ersitzung ermöglichen kann, wenn ein speziellerer Titel nicht vorliegt.438

437 438

Vacca, Sodalitas IV (1984), 1959 ff. Mayer-Maly, Das Putativtitelproblem bei der usucapio (1962), 130. Demgegenüber hält Pflüger, Zur Lehre vom Erwerbe des Eigentums (1937), 43 f., die Stelle für gänzlich interpoliert und sieht in der Folge auch keine Meinungsverschiedenheit mit Paulus gegeben.

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Paulus hingegen scheint den Anwendungsbereich der Ersitzung pro suo weitgehend auf die originären Erwerbsarten zu beschränken.439 Insofern erscheint die possessio pro suo als ein spezieller Ersitzungstitel neben anderen, nicht als ein subsidiärer Auffangtatbestand. Dies bestätigt auch ein anderer Text: D. 41.2.3.21 Paulus libro 54 ad edictum Genera possessionum tot sunt, quot et causae adquirendi eius quod nostrum non sit, velut pro emptore: pro donato: pro legato: pro dote: pro herede: pro noxae dedito: pro suo, sicut in his, quae terra marique vel ex hostibus capimus vel summa magis unum genus est possidendi, species infinitae.

Die Einreihung der possessio pro suo neben den übrigen Beispielen der Besitzarten sowie der anschließende Bezug auf den originären Erwerb unterstreicht die Auffassung des Paulus von der possessio pro suo als einem speziellen Usukapionstitel, der nicht etwa als Auffangtatbestand hinter den übrigen diente. Dass es über diese Frage einen auch dem Paulus bekannten Streit gab, zeigt das folgende Fragment: D. 41.2.3.4 Paulus libro 54 ad edictum Ex plurimis causis possidere eandem rem possumus, ut quidam putant et eum, qui usuceperit et pro emptore, et pro suo possidere: sic enim et si ei, qui pro emptore possidebat, heres sim, eandem rem et pro emptore et pro herede possideo: nec enim sicut dominium non potest nisi ex una causa contingere, ita et possidere ex una dumtaxat causa possumus.

Paulus berichtet, einige (quidam) seien der Meinung, man könne eine Sache ex plurimis causis besitzen, so etwa gleichzeitig pro emptore und pro suo, oder pro emptore und pro herede. Während das letztere Beispiel einer ganz bestimmten Fallkonstellation geschuldet ist, nämlich der Erbschaft einer vom Erblasser pro emptore besessenen Sache, ist die Nebeneinanderstellung von pro emptore und pro suo im ersten Beispiel nur nach dem bei Ulpian (D. 41.10.1 pr.) beobachteten Verständnis der possessio pro suo denkbar: Sie ist selbst keine causa, sondern ein Auffangtatbestand, welcher die Ersitzung bei Vorliegen des bloßen Eigenbesitzwillens ermöglichen kann. Wer – zutreffend oder nicht – meint, eine Sache gekauft zu haben, besitzt sie gleichzeitig immer auch „als sein“. Die existimatio wird somit zum zentralen materiellen Ersitzungserfordernis. Während Paulus dies nur in den Fällen des originären Erwerbs gestattete, in denen keine vorrangigen bilateralen Rechtsgeschäfte als causa verdrängt werden konnten, lassen die von 439

Vgl. zu den von Paulus genannten Fallgruppen originären Erwerbs die aus dem zweiten Buch der res cottidianae des Gaius überlieferten Fragmente in D. 41.1.1.1 und D. 41.1.7.1.

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ihm zitierten quidam die Ersitzung pro suo gerade auch im Bereich des derivativen Erwerbs zu.440 Ein besonders deutliches Bekenntnis zu dieser Auffassung findet sich bei Neratius: D. 41.10.5 pr.-1 Neratius libro quinto membranarum Usucapio rerum, etiam ex aliis causis concessa interim, propter ea, quae nostra existimantes possideremus, constituta est, ut aliquis litium finis esset. 1. Sed id, quod quis, cum suum esse existimaret, possederit, usucapiet, etiamsi falsa fuerit eius existimatio. quod tamen ita interpretandum est, ut probabilis error possidentis usucapioni non obstet, veluti si ob id aliquid possideam, quod servum meum aut eius, cuius in locum hereditario iure successi, emisse id falso existimem, quia in alieni facti ignorantia tolerabilis error est.

Im principium der Stelle vollzieht Neratius mit der Wendung ex aliis causis eine Abstraktion: Nicht nur aufgrund der üblichen, anerkannten causae, sondern aufgrund jedweder causa soll ersessen werden können, solange der Besitzer nur im Glauben steht, die Sache gehöre ihm. Als Begründung der mit jener Abstraktion einhergehenden Erleichterung der Ersitzungsmöglichkeit führt Neratius den Rechtsfrieden an: ut aliquis litium finis esset.441 In § 1 des Fragments geht Neratius vertieft auf die zentrale Ersitzungsvoraussetzung der existimatio ein: Zunächst stellt er klar, dass der Grund, weshalb der Besitzer meint, die Sache 440

Das Vorliegen einer Meinungsverschiedenheit zwischen Paulus und den quidam wird bisweilen bestritten: Hausmaninger, Die bona fides des Ersitzungsbesitzers (1964), 51 ff., schließt dies aus Vat. 111 (Paul. 8 resp.), wo Paulus in der Tat in Anlehnung an Julian die usucapio pro suo der dos ante nuptias data zulässt, sofern es bis zum Ablauf der Ersitzungsfrist nicht zur Hochzeit gekommen ist. Diese Fallgruppe der usucapio pro suo war offenbar derart gefestigt, dass Paulus sie nicht einfach abschaffen konnte. Jedoch schränkt er sie eben in Vat. 111 deutlich ein, indem er die voreheliche Ersitzung einer res aestimata in dotem data ausschließt; vgl. Mayer-Maly, Das Putativtitelproblem bei der usucapio (1962), 86 f. Pool, Een kwestie van titels (1995), 1 ff., 13 ff., zieht Paul. D. 41.3.13.2 heran, um die genannte Meinungsverschiedenheit zu bestreiten: Si mandavero tibi, ut fundum emas, ex ea causa traditum tibi diutina possessione capis, quamvis possis videri non pro tuo possidere, cum nihil intersit, quod mandati iudicio tenearis. Hier stellt Paulus in Frage, ob der zum Kauf Beauftragte die Sache anschließend „als ihm gehörig“ besitzt. Dass er als Ersitzungsgrund aber nicht das pro suo possidere, sondern die emptio ansah, zeigt schon das auf Letztere bezogene ex ea causa traditum. Für gewöhnlich wird die missverständliche Wendung daher als Abgrenzung zur possessio pro alieno interpretiert; so Mayer-Maly, Das Putativtitelproblem bei der usucapio (1962), 136; Hausmaninger, Die bona fides des Ersitzungsbesitzers (1964), 53 f. Dafür spricht auch das principium der Stelle, wo die Ersitzung einer res pignoris mit eben dieser Begründung ausgeschlossen wird: Pignori rem acceptam usu non capimus, quia pro alieno possidemus. 441 Vgl. auch Cic. Pro Caec. 26.74.

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gehöre ihm, mithin die causa usucapionis, nicht wirklich gegeben sein müsse. Die possessio pro suo wird folglich nicht als eine solche causa verstanden, sondern als Ausprägung der possessio bonae fidei, welcher von Neratius die Kraft zugemessen wurde, das Fehlen der causa zu kompensieren. Letzteres sei jedoch nur dann möglich, wenn der Irrtum hinsichtlich des Vorliegens eines rechtmäßigen Erwerbsgrundes erweislich (probabilis) und entschuldbar (tolerabilis) sei.442 Mit diesen beiden Hürden wird eine uferlose Zulassung der so genannten Putativtitelersitzung verhindert. Insbesondere im Zweipersonenverhältnis dürfte ein solcher Nachweis schwierig gewesen sein, was der Umkehrschluss aus den von Neratius angeführten Beispielen zeigt. Dennoch liegt auf der Hand, dass diese Meinung dem Richter einen erheblich weiteren Entscheidungsspielraum bei der Zulassung der usucapio zubilligt als die Gegenmeinung, welche auf dem Erfordernis einer causa vera beharrt. Ihren deutlichsten Ausdruck gewinnt die Polemik um die Funktion der possessio pro suo in dem folgenden Ulpian-Fragment: D. 41.3.27 Ulpianus libro 31 ad Sabinum Celsus libro trigensimo quarto errare eos ait, qui existimarent, cuius rei quisque bona fide adeptus sit possessionem, pro suo usucapere eum posse nihil referre, emerit nec ne, donatum sit nec ne, si modo emptum vel donatum sibi existimaverit, quia neque pro legato neque pro donato neque pro dote usucapio valeat, si nulla donatio, nulla dos, nullum legatum sit, idem et in litis aestimatione placet, ut, nisi vere quis litis aestimationem subierit, usucapere non posit.

Demnach sprach sich Celsus ausdrücklich gegen die Rolle der usucapio pro suo als Auffangtatbestand aus. Wenn keine usucapio pro emptore, pro donatio oder pro legato stattfinden kann, soll nicht auf die usucapio pro suo zurückgegriffen werden können. Die Meinung, welche Celsus bekämpft (errare eos ait, qui existimarent…), ist offensichtlich auch diejenige des Neratius. Dies ist beachtlich, da Celsus gleichzeitig mit oder unmittelbar nach Neratius die prokulianische Schule anführte;443 möglicherweise wollte er sich durch gegensätzliche Standpunkte von der Autorität seines Vorgängers emanzipieren und sich gleichzeitig von einer putativtitelfreundlichen Haltung der Sabinianer444 abgrenzen.

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Die Übersetzungen von probabilis und tolerabilis stammen von Sintenis in: Otto/ Schilling/Sintenis (Hrsg.), Corpus Iuris Civilis IV, 342. 443 Kunkel, Herkunft und soziale Stellung der römischen Juristen (1967), 146 f. 444 Vgl. Afr. D. 41.4.11: Quod volgo traditum est eum, qui existimat se quid emisse nec emerit, non posse pro emptore usucapere, hactenus verum esse ait, si nullam iustam causam eius erroris emptor habeat: nam si forte servus vel procurator, cui emendam rem mandasset, persuaserit ei se emisse atque ita tradiderit, magis esse, ut usucapio sequatur.

§ 3. argumentum a simili für die causa solvendi

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Damit aber zurück zu unserem Ausgangspunkt in Pomp. D. 41.10.3. Zur Einordnung des Pomponius in ein Lager der soeben geschilderten Meinungsverschiedenheit verhilft ein Hinweis im Fragment selbst: Et ita Neratius scripsit idque verum puto. Wenn sich Pomponius ausdrücklich Neratius anschließt, liegt nahe, dass er ein ähnliches Verständnis von der Funktion der possessio pro suo für die Ersitzung hatte, sie somit nicht als speziellen, auf die Fälle des originären Erwerbs beschränkten Ersitzungstitel auffasste, sondern sie insbesondere auch im Bereich des derivativen Erwerbs als Auffangtatbestand zuließ. Ein solcher greift ein, wenn ein speziellerer, den Besitzerwerb rechtfertigender Titel nicht vorhanden ist. Liegt ein gerechtfertigter Irrtum über das Vorliegen desselben vor, ist die usucapio pro suo eröffnet. Von eben diesem Fall geht Pomponius in D. 41.10.3 offenbar aus. Fraglich ist nur, welcher dieser speziellere Titel im Falle der Wirksamkeit der stipulatio gewesen wäre. Ein vom Bestand der zu erfüllenden Obligation abstrakter Solutionskonsens, welcher sich nach der Lehre Hermogenians und Paulus hinter dem Titel pro soluto verbirgt, scheidet aus, denn ein solcher liegt auch im vorliegenden Fall, d.h. bei Unwirksamkeit der stipulatio, vor und es wäre unverständlich, weshalb Pomponius dann das subsidiäre pro suo gebrauchen musste. Daher bleibt allein die stipulatio als Anknüpfungspunkt für die causa usucapionis übrig; bei ihr handelt es sich um die „causa, quam veram esse existimo“. Ein Titel pro stipulato ist zwar nirgends belegt, völlig auszuschließen ist seine Existenz jedoch nicht; die Bezeichnung pro soluto taucht erst in der Spätklassik auf und es ist nicht klar, ob Pomponius sie überhaupt kannte. Wenn er sie verwendete, dann jedenfalls nur im Bezug auf eine wirksame Obligation. Auf einen Streit um den Anwendungsbereich der usucapio pro soluto in eben dieser Hinsicht weist auch die Fassung von Hermogenians Definition (D. 41.3.46) hin: Wenn dieser die Unerheblichkeit des Bestehens der Schuld ausdrücklich betonen musste (non tantum quod debetur), gab es wohl einige, die den Anwendungsbereich der usucapio pro soluto eben doch auf die Ersitzung eines debitum beschränken wollten. Trotz dieses deutlichen Unterschiedes ist nicht zu verkennen, wie nahe die beiden Meinungen – nicht nur im Ergebnis – zusammenliegen, wenn es um die Ersitzung einer indebite geleisteten Sache geht: Auch wenn Pomponius als causa usucapionis nicht auf den Solutionskonsens, sondern auf die stipulatio Bezug nimmt,445 ist für ihn letztlich der gleiche Umstand für die Ersitzung entscheidend wie für Paulus und Hermogenian: Die existimatio im Hinblick auf die Schuld, zwecks deren Erfüllung die Sache übergeben bzw. empfangen wurde. Gerade im unmittel445

„Causa, quam veram esse existimo“ kann sich – wie soeben gezeigt – nur auf die stipulatio beziehen.

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baren Vergleich der Stellen D. 41.10.3 und D. 41.3.46 bzw. 41.3.48 fällt es schwer, Unterschiede zwischen der usucapio pro suo des Pomponius und der usucapio pro soluto des Hermogenian und des Paulus auszumachen. Hier wie dort findet sich als zentrale Ersitzungsvoraussetzung der Glaube des Empfängers an das Bestehen der Schuld, wobei derselbe Glaube des Gebers stets ausdrücklich vorausgesetzt wird:446 Pomp. D. 41.10.3 Hominem, quem ex stipulatione te mihi debere falso existimabas, tradidisti mihi: si scissem mihi nihil debere, usu eum non capiam: quod si nescio, verius est, ut usucapiam, quia ipsa traditio ex causa, quam veram esse existimo, sufficit ad efficiendum, ut id quod mihi traditum est pro meo possideam. (…)

Herm. D. 41.3.46 Pro soluto usucapit, qui rem debiti causa recipit: et non tantum quod debetur, sed et quodlibet pro debito solutum hoc titulo usucapi potest. Paul. D. 41.3.48 Si existimans debere tibi tradam, ita demum usucapio sequitur, si et tu putes debitum esse. (…)

Auch für Pomponius ist folglich der Solutionskonsens447 die entscheidende Ersitzungsvoraussetzung nach einer solutio indebiti. Damit reduziert sich die Meinungsverschiedenheit hinsichtlich dieser Fälle auf einen rein terminologischen Aspekt, welcher bereits bei der Behandlung des Begriffs der iusta causa traditionis zu beobachten war:448 Soll als causa der Tatbestand bezeichnet werden, welcher tatsächlich konstitutiv zur Begründung der iusta possessio war (= traditio solvendi causa mit entsprechender existimatio) oder das (vermeintliche) obligatorische Grundgeschäft, auf welches sich dieser Tatbestand bezieht und welches daher die Ursache des gesamten Vorgangs darstellt? Je nachdem, wie die Frage beantwortet wird, fällt auch die Benennung des einschlägigen Ersitzungstitels aus: Paulus und Hermogenian beantworten sie gemäß der erstgenannten Alternative, benennen also die auf eine solutio indebiti folgende usucapio nach dem für ihre Wirksamkeit maßgeblichen Tatbestand „pro soluto“. Hinsichtlich dieses Tatbestandes stimmt Pomponius mit den beiden anderen Juristen überein, bezeichnet aber nicht diesen, sondern die für den Ersitzungserfolg unerhebliche stipulatio als causa usucapionis, da sie das Motiv des ganzen Erwerbsvorgangs darstellt.449 446

Bonfante, Scritti II (1918/1926), 560: “Paolo si esprime quasi negli stessi termini”. Zum Schluss vom beiderseitigen Glauben an die Schuld auf den Solutionskonsens s.u. Dritter Teil, § 2. A. 448 S.o. Erster Teil, § 2. F. 449 Nach Bonfante, Scritti II (1918/1926), 559 f., erklärt sich dieses Phänomen “dalla natura della solutio, colorita e quasi soppressa dalla causa remota, e dal non essersi forse 447

§ 3. argumentum a simili für die causa solvendi

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Die Anwendungsbereiche der usucapio pro soluto und der usucapio pro suo verschieben sich folglich in einander verdrängender Art und Weise, je nachdem welcher Auffassung gefolgt wird. Die Fälle der solutio indebiti sind aber stets – entweder von dem einen oder von dem anderen Tatbestand – umfasst. Damit wird der (hohe) Abstraktionsgrad der Ersitzung einer solvendi causa geleisteten Sache durch den Streit nicht berührt. Das Verhältnis zwischen usucapio pro soluto und usucapio pro suo lässt sich nach alledem entwicklungsgeschichtlich beschreiben: Da die causa solvendi bzw. der Titel pro soluto erstmals bei Paulus450 als terminus technicus auftauchen, darf angenommen werden, dass er es war, welcher den Fällen der solutio (indebiti) einen eigenen Ersitzungstitel (pro soluto) zuordnete und im gleichen Zug die zuvor weitgehend unbestimmte usucapio pro suo in festgefügte Schranken verwies.451 Dem Umstand, dass diese erst relativ spät aufgekommene Theorie auch in der Spätklassik nicht über die zuvor herrschende Meinung zu dominieren vermochte (vgl. Ulp. D. 41.10.1 pr.), ist es wohl auch geschuldet, dass Justinian der usucapio pro soluto im 41. Buch der Digesten keinen eigenen Titel widmete.452

ancora svolta e fissata nella mente, mercè la designazione specifica pro soluto, quale iusta causa dell’usucapione”. 450 D. 6.2.4; D. 41.3.48. 451 Nach Mayer-Maly, Das Putativtitelproblem bei der usucapio (1962), 131 ff., verlief die Entwicklung genau umgekehrt: Die paulinische Meinung sei die herrschende gewesen, während Ulpians weiter pro suo-Begriff als exotische Mindermeinung hinzugetreten sei. Belegen will er dies mit Stellen (Gai. 2.67–79; Paul. D. 41.2.1.1), welche zwar in der Aufführung originärer Erwerbsarten an die pro suo-Definition in Paul. D. 41.10.2 erinnern, jedoch nichts mit der usucapio, sondern eben nur mit dem unmittelbaren originären Erwerb zutun haben. Auf dieser unsicheren Grundlage präsentiert er sodann Paul. D. 41.2.3.23, in welcher lediglich eine Diskussion um die genera possessionum angedeutet ist, als schlagenden Beweis dafür, dass die paulinische Meinung bis in die Zeit Qu. Mucius Scaevolas zurückgereicht habe. Dagegen spricht insbesondere das späte Auftauchen des Begriffs pro soluto in Verbindung mit den zahlreichen und bis in die Frühklassik (vgl. Proc. D. 23.3.67) zurückreichenden Belegen für die usucapio pro suo; eine Erklärung hierfür bleibt Mayer-Maly bezeichnenderweise schuldig. 452 Voci, SDHI 15 (1949), 171 f., will unter anderem aus diesem Umstand auf die Nichtexistenz des Titels pro soluto und auf eine strenge (obligationsbezogene!) Kausalität der usucapio schließen. Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, liegt er damit selbst im Hinblick auf diejenigen Klassiker (Pomponius, Ulpian etc.) falsch, für welche anzunehmen ist, dass sie den Begriff pro soluto überhaupt nicht oder zumindest nicht in gleich abstrakter Weise wie Paulus verwendeten. Denn auch für jene stand fest: Wer eine Sache solvendi causa empfing, der sollte – falls die unmittelbare Übereignung am Traditionsobjekt (res mancipi) oder der Eigentümerstellung des Veräußerers scheiterte – jedenfalls im Wege der usucapio Eigentum erwerben, wie auch immer diese usucapio bezeichnet wurde.

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B. Übertragbarkeit der Ergebnisse auf die traditio Nach der nun vollzogenen Untersuchung der causa solvendi im Bereich der honorarrechtlichen Übereignung und des Ersitzungsrechts stellt sich die Frage, inwiefern sich die gewonnenen Ergebnisse auf den unmittelbaren Erwerb des quiritischen Eigentums durch traditio übertragen lassen. In welchem Grade sind die Rechtsgründe von Ersitzung und Tradition vergleichbar? Welche Besonderheiten gelten in diesem Zusammenhang für die causa solvendi? I. Zur Vergleichbarkeit von iusta causa usucapionis und traditionis im Allgemeinen 1. Die Schlüsselrolle des ius honorarium bei der Verknüpfung beider causae Zunächst stellt sich die Frage, ob dieselben Tatbestände, welche als iusta causa traditionis anerkannt waren, auch als Ersitzungstitel dienten (und umgekehrt). Einen Hinweis hierauf liefert die gaianische Beschreibung der actio Publiciana: Gai. 4.36 Item usucapio fingitur in ea actione, quae Publiciana vocatur. datur autem haec actio ei, qui ex iusta causa traditam sibi rem nondum usu cepit eamque amissa possessione petit; nam quia non potest eam ex iure Quiritium suam esse intendere, fingitur rem usu cepisse, et ita, quasi ex iure Quiritium dominus factus esset, intendit velut hoc modo: Iudex esto. Si quem hominem Aulus Agerius emit et is ei traditus est, anno possedisset, tum se eum hominem, de quo agitur, eius ex iure quiritum esse oporteret et reliqua.

Im Einklang mit der Klagformel der actio Publiciana erklärt Gaius die Anerkennung des bonitarischen Eigentums aus der Fiktion des Ablaufs der Ersitzungsfrist. Wenn aber nur noch der Fristablauf für die Vollendung der usucapio fehlt, liegen ansonsten offenbar alle Voraussetzungen vor, insbesondere auch ein gültiger Ersitzungstitel.453 Die Passage qui ex iusta causa traditam sibi rem nondum usu cepit führt unmittelbar vor Augen, dass die iusta causa traditionis auch als kausales Element der usucapio geeignet war. Gaius lehnt sich hierbei eng an den Wortlaut des prätorischen Edikts an: D. 6.2.1 pr. Ulpianus libro 16 ad edictum Ait praetor: Si quis id quod traditur ex iusta causa non a domino et nondum usucaptum petet, iudicium dabo.

Vgl. auch Ulp. D. 41.9.1.2: (…) ut statim res eius fiant et, si alienae sint, usucapi possint.

453

§ 3. argumentum a simili für die causa solvendi

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Der Prätor schließt damit die Schutzlücke, welche nach ius civile durch das Fehlen der Möglichkeit eines redlichen Erwerbs bestand. Das bonitarische Eigentum stellt mithin ein Korrektiv zu dem überkommenen nemo-plus-iuris-Grundsatz dar. Dieser hemmte den Güterumsatz erheblich, da sich ein Erwerber nur dann seines Eigentums sicher sein konnte, wenn er in der Lage war, das Eigentum aller seiner Vorgänger zu beweisen. Mit dem entwickelten Rechtsverkehr der klassischen Zeit war eine solche Rechtslage nicht vereinbar. Die Lösung des Problems erfolgte typisch römisch, indem der nemo-plus-iuris-Grundsatz nicht abgeschafft, sondern vom Prätor lediglich durch die Schaffung eines gegenläufigen Parallelrechts abgemildert wurde.454 Auf diese Weise steht die Entstehung des bonitarischen Eigentums mit dem quiritischen Eigentum in Zusammenhang, was sich auch in den Erwerbsvoraussetzungen widerspiegelt: Die fehlende Eigentümerstellung des Veräußerers wird für den Erwerb des bonitarischen Eigentums ausgeglichen durch die bona fides des Erwerbers. Von diesem Unterschied abgesehen muss als Basis für den Erwerb sowohl des quiritischen als auch des bonitarischen Eigentums eine traditio ex iusta causa vorliegen. Es sind keine Gründe ersichtlich, weshalb das Erfordernis der iusta causa traditionis in dem einen Fall anders hätte bewertet werden sollen als im anderen. Wenn folglich Identität zwischen der iusta causa traditionis des ius civile und derjenigen des ius honorarium besteht, Letztere andererseits auch eine taugliche iusta causa usucapionis abgibt, liegt eine Gleichsetzung der iusta causa traditionis des ius civile mit der iusta causa usucapionis nahe. 2. Stellungnahme zu den Argumenten gegen eine Vergleichbarkeit Die Literatur ist zur Frage der Vergleichbarkeit von iusta causa traditionis und iusta causa usucapionis gespalten.455 Insbesondere die folgenden Gegenargumente spielen in der Diskussion eine Rolle: 454

Entsprechendes gilt für das bonitarische Eigentum an tradierten res mancipi. Die Regel, dass Letztere nur durch mancipatio oder in iure cessio übereignet werden konnten, wurde in klassischer Zeit als ebenso unangemessen und verkehrsfeindlich angesehen wie der nemo-plus-iuris-Grundsatz. 455 Pro: Fitting, AcP 52 (1869), 409; Huschke, AcP 62 (1879), 330; Rabel, Grundzüge (1915), 440 f.; Bonfante, Scritti II (1918/1926), 593; Ehrhardt, Iusta causa traditionis (1930), 9 f., 25; Hazewinkel-Surringa, Mancipatio en traditio (1931), 167; Fuchs, Iusta causa traditionis (1952), 164, 251; Jahr, SZ 80 (1963), 141 f.; Wesel, SZ 85 (1968), 103; Miquel, Estudios Suarez (1978), 263 ff.; Vacca, Sodalitas IV (1984), 1996. Kontra: Schulz, SZ 52 (1932), 547; Betti, Studi Riccobono IV (1936), 125; Voci, Modi di acquisto della proprietà (1952), 143 f.; ders. SDHI 15 (1949), 147, 184; Talamanca, RISG VI (1953), 442; Hoetnik, TR 29 (1961), 234 ff.; Kaser, BIDR 64 (1961), 91 ff.; Mayer-Maly, Das Putativtitelproblem bei der usucapio (1962), 2; Benedek, AJ IV

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Zweiter Teil: solutio als iusta causa traditionis

a. Keine Entsprechungen zu originären Erwerbstiteln im Traditionsrecht Gegen eine uneingeschränkte Gleichsetzung spricht die usucapio pro derelicto, welcher naturgemäß kein Traditionstitel entsprechen kann, da sie sich auf einen originären Erwerbsakt (occupatio einer nicht derelinquierten Sache) stützt.456 Originären Erwerbsakten entspricht nach paulinischem Verständnis auch die usucapio pro suo, für welche sich auch nach der weiteren Auffassung (Ulpian, Neraz etc.) nur begrenzt Entsprechungen im Traditionsrecht finden lassen.457 Gleiches gilt für die Titel pro herede und pro legato, welchen auf der Ebene des unmittelbaren Erwerbs auch nicht die traditio, sondern die Erbschaft und das Vindikationslegat entsprechen. Die Menge der causae usucapionis übersteigt offensichtlich diejenige der causae traditionis; denn während Letztere auf den Anwendungsbereich der traditio beschränkt sind, kann der Ersitzungsbesitz auf vielerlei anderen Gründen beruhen.458 Entscheidend für die Beurteilung der Vergleichbarkeit konkreter causae sind aber nicht diese anderen Gründe, sondern die gemeinsame Schnittmenge, d.h. diejenigen Ersitzungsfälle, denen eine (wegen Formmangels oder mangelnder Berechtigung des Veräußerers unwirksame) traditio zugrunde liegt. Warum sollte auch die Existenz des Titels pro derelicto gegen eine Vergleichbarkeit des Titels pro soluto mit der causa solvendi des Traditionsrechts sprechen? Auf der anderen Seite gibt es keine iusta causa traditionis, welcher nicht auch ein Ersitzungstitel entspräche; die Menge der iustae causae traditionis ist also vollumfänglich in der Menge der iustae causae usucapionis enthalten. Das für die Rechtfertigung des Ersitzungsbesitzes entscheidende Element muss folglich auch in jeder iusta causa traditionis enthalten zu sein. Es ist dies die notwendige Konsequenz der Funktion der usucapio als Mittel des gutgläubigen Erwerbs: Derjenige gutgläubige Erwerber, der im Falle der Berechtigung des Veräußerers Eigentum durch traditio ex causa erworben hätte, soll ersitzen können. b. Kein Katalog an iustae causae traditionis Eine abstrakte traditio und eine kausale usucapio vertretend, argumentiert Voci459 gegen die Vergleichbarkeit von causae traditionis und causae usucapionis mit

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(1962), 137 f., 148; Wubbe, TR 32 (1964), 558 ff.; Gordon, in: New Perspectives in the Roman Law of Property (1989), 131 ff.; Pool, Een kwestie van titels (1995), 20 ff. Hoetnik, TR 29 (1961), 234; Vacca, Sodalitas IV (1984), 1995. So etwa die causa solvendi, welche nach Pomponius (D. 41.10.3) die possessio pro suo begründet, s. o. A. II. 2. Für weitere Fallgruppen der usucapio aufgrund von Titeln, die sich nicht auf ein bilaterales Erwerbsgeschäft gründen, vgl. die Übersicht bei Voci, SDHI 19 (1953), 161 ff. Modi di acquisto della proprietà (1952), 143 f.; ders. SDHI 15 (1949), 147, 184; ebenso: Gordon, in: New Perspectives in the Roman Law of Property (1989), 129 ff.

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der Existenz eines ganzen Kataloges der Letzteren bei gleichzeitigem Mangel an Hinweisen auf Erstere. Wäre die traditio wirklich abhängig von einer iusta causa gewesen, so folgert er, müsste für sie ebenfalls eine Auflistung existieren, welcher derjenigen der causae usucapionis im 41. Buch der Digesten entspricht. In der Tat besteht ein auffälliges Missverhältnis an Zeugnissen für causae traditionis auf der einen und für causae usucapionis auf der anderen Seite. Hierbei handelt es sich möglicherweise um ein Problem der Überlieferung. Denn es ist nicht zu vergessen, dass Tribonian den Katalog in D. 41 erstellte und die magere Auswahl an Digestenstellen zur iusta causa traditionis zu verantworten hat.460 Demgegenüber fehlt es gerade in den Institutionen des Gaius als dem zuverlässigeren Zeugnis klassischer Jurisprudenz weitgehend an Hinweisen auf die Kausalbindung der usucapio, während diejenige der traditio ausdrücklich bezeugt ist.461 Andererseits ist das System der Ersitzungstitel, wie es sich aus den einzelnen Digestenfragmenten zusammensetzt, nicht denkbar ohne klassische Vorlage. An der Kausalität der usucapio ist daher ebenso wenig zu zweifeln wie an den überlieferten Kontroversen hinsichtlich der causa usucapionis. Die demgegenüber äußerst spärliche Überlieferung zur causa traditionis mag zwar auch mit einer abstrakteren Auffassung der traditio zur Zeit Justinians zusammenhängen; als alleinige Erklärung überzeugt dies jedoch nicht: Stellen wie Paul. D. 41.1.31 pr. oder Inst. 2.1.41 sichern die Annahme, dass das Erfordernis einer iusta causa traditionis auch in Byzanz noch zum festen Bestandteil der Zivilrechtsdogmatik gehörte. Die spärliche Überlieferung zur causa traditionis im Vergleich zur causa usucapionis liegt daher nicht ausschließlich im Kompilationsverfahren begründet. Vielmehr dürften drei sachliche Ursachen maßgeblich sein:462

460

Mit einer stärkeren Zuneigung der Byzantiner zur abstrakten Lösung erklärt das Phänomen Kaser, BIDR 64 (1961), 67. 461 Gai. 2.20. 462 Gordon, in: New Perspectives in the Roman Law of Property (1989), 130 f., führt als eine solche Ursache an, der Eigentumsbeweis im Vindikationsprozess sei bevorzugt über die usucapio geführt worden, weil bei ihr die probatio diabolica, d.h. der schwierige Nachweis einer lückenlosen Eigentümerkette bis hin zum Tradenten, nicht erforderlich gewesen sei. Habe daher eine Partei die Möglichkeit gehabt, ihr quiritisches Eigentum entweder über die traditio oder über die usucapio zu beweisen, sei die Wahl regelmäßig auf Letztere gefallen. Jene von Gordon vorausgesetzte Wahlmöglichkeit bestand indes nicht, da sich die Anwendungsbereiche von traditio und usucapio gegenseitig ausschlossen: Keine traditio (und fasste man sie noch so abstrakt auf) bewirkte einen zivilrechtlich wirksamen Erwerb vom Nichtberechtigten bzw. einer res mancipi. Umgekehrt konnte eine vom Eigentümer tradierte res nec mancipi niemals ersessen werden, da die Übereignung bereits unmittelbar durch traditio gelang. Damit konnten traditio und usucapio niemals dieselben Fälle erfassen und zueinander in Konkurrenz treten.

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Zweiter Teil: solutio als iusta causa traditionis

Erstens gibt es eine ganze Reihe von Stellen, welche (auch) die iusta causa traditionis betreffen, als solche aber nicht erkannt werden, weil das Problem in einem anderen Gewand daherkommt. Es sind dies insbesondere die Stellen, in denen die traditio an der Unmündigkeit des Veräußerers scheiterte.463 Selbstverständlich scheiterte hier auch das Kausalgeschäft, etwa der Kauf. Dennoch wird die Unmündigkeit nicht im Rahmen der iusta causa traditionis, sondern als Mangel des Veräußerungsgeschäfts als solchem thematisiert, da dem Unmündigen die Fähigkeit zur alienatio fehlte.464 Bei der usucapio hingegen konnten solche unmittelbar die Translativität des Erwerbsvorgangs betreffenden Aspekte keine eigenständige Rolle spielen, sondern nur unter dem Punkt der causa Berücksichtigung finden. Klammerte man all jene Stellen zur usucapio aus bzw. schlösse man die entsprechenden Stellen zur traditio ein, relativierte sich die quantitative Diskrepanz bereits erheblich. Übrig blieben die Fälle, in denen die causa aufgrund eines Dissenses scheiterte. In diesen Fällen jedoch war – und nun kommen wir zur zweiten Ursache – das Konfliktpotential bei der Veräußerung durch den Nichtberechtigten (mit der sich anschließenden Frage nach der usucapio) deutlich höher als bei der Veräußerung durch den Eigentümer. Lag in letzterem Falle trotz kausalen Dissenses ein dinglicher Konsens, d.h. eine Einverständnis über den Eigentumsübergang vor, war es eher unwahrscheinlich, dass der Veräußerer die rei vindicatio erhob.465 Hier wird sich der Streit vielmehr auf schuldrechtlicher Ebene abgespielt haben, insbesondere wenn es um eine streitige Gegenleistung für die übereignete Sache ging.466 Wurde die Sache jedoch vom Nichteigentümer veräußert, dürfte der wahre Eigentümer stets Interesse an einer Rückforderung gehabt haben. Dieser typische Interessenkonflikt zwischen Eigentümer und gutgläubigem Erwerber verlangte im entwickelten Rechtsverkehr der klassischen Zeit nach einer angemessenen Lösung. Das Bedürfnis nach der Möglichkeit eines Gutglaubenserwerbs wurde von den klassischen Juristen erkannt, der nemo-plus-iuris-Grundsatz als Einschränkung empfunden. Die Anerkennung des bonitarischen Eigentums löste 463

Gleiches gilt für Verbotsgesetze mit dinglicher Wirkung, welche ebenfalls meist als Veräußerungshindernis und nicht als spezielles causa-Problem dargestellt werden, obschon selbstverständlich auch die causa scheitert. 464 S. u. Dritter Teil, § 1. B. I. 465 Diese Annahme wird erhärtet durch die Tatsache, dass zur Eigentumsfrage nach einem dissensus in causis ausschließlich in der Antinomie Jul. D. 41.1.36 / Ulp. D. 12.1.18 pr. Stellung genommen wird, wobei es sich höchst wahrscheinlich noch nicht einmal um einen Fall aus der forensischen Praxis, sondern um einen konstruierten Schulfall handelt. 466 Gordon, in: New Perspectives in the Roman Law of Property (1989), 123 ff., erwägt aufgrund eines Vergleichs mit dem schottischen Recht, dass im römischen Recht causa-Probleme bei der traditio weniger im Wege dinglicher als schadensersatzrechtlicher Klagen gehandhabt wurden: „…the issue was seen, not as a question of transfer of property, but as one of the appropriate compensation.“

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das Problem nur zum Teil, insbesondere ließ es den gutgläubigen Erwerber gegenüber dem dritten Eigentümer schutzlos. Für von Geld verschiedene Sachen467 war hier die usucapio das bedeutsamste Rechtsinstitut, um zu einem gutgläubigen Erwerb des quiritischen Eigentums zu gelangen. Diese rechtspolitische Dimension der usucapio erklärt schließlich als dritte Ursache ein gesteigertes Interesse gerade der klassischen Juristen, welche in einem ständigen Spannungsverhältnis zwischen überkommenen Rechtsinstituten und den Bedürfnissen einer pulsierenden Volkswirtschaft standen. Obwohl es in der Praxis weitaus mehr traditiones als usucapiones gab,468 dominierte die usucapio folglich in der Quantität der juristischen Abhandlungen über die traditio, was sich auch auf die Behandlung der causa-Frage niederschlug. c. Unterschiedliche Interessenlage Insbesondere Kaser469 argumentiert ferner mit der Art der römischen Rechtsfindung, welche auf einem Fallrecht und nicht auf einem geschlossenen System beruhe. Demnach könne sich eine Gleichbehandlung von traditio und usucapio lediglich aus der Vergleichbarkeit der zu schützenden Interessen ergeben. Eine solche Vergleichbarkeit bestehe jedoch nicht, da durch die usucapio ein unbeteiligter Dritter sein Eigentum verliere, während bei einer regulären traditio nur die Interessen von Veräußerer und Erwerber betroffen seien. Aus dieser Drittwirkung der usucapio heraus rechtfertige sich die Stellung höherer Anforderungen an die causa usucapionis als an die causa traditionis. Akzeptierte man Kasers Argumentation, hätte dies zum Ergebnis, dass zumindest der Schluss von der causa traditionis auf die causa usucapionis verboten wäre. Umgekehrt gälte allerdings: Wenn ein Tatbestand als causa usucapionis angesehen wurde, erfüllte er erst recht die weniger strengen Anforderungen an die causa traditionis. Eben dies ist für die vorliegende Untersuchung von Relevanz, da von der usucapio pro soluto auf die causa solvendi geschlossen werden soll. Kasers Gegenargument würde diesen Schluss folglich selbst dann nicht behindern, wenn es überzeugend wäre. Was die inhaltliche Richtigkeit der Argumentation Kasers betrifft, erscheint es höchst fraglich, ob das Titelerfordernis bei der usucapio tatsächlich in irgendeiner Weise dazu diente, den Dritteigentümer zu schützen. Diese Rolle übernahmen, wie es scheint, andere Regeln, nämlich zum einen der nemo-plus-iuris-Grundsatz, welcher einen sofortigen Erwerb vom Nichtberechtigten verhinderte, zum anderen das Ersitzungsverbot von res furti467

Was Geld anbelangt, bestand die bedeutsamste Art des gutgläubigen Erwerbs in der consumptio nummorum, s.o. § 2. B. I. 1. c. bb. 468 Vgl. Gai. 2.50; Inst. 2.6.3. 469 BIDR 64 (1961), 91 ff.

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vae. Ein Zusammenhang zwischen Titelerfordernis und Schutz des Dritteigentümers ist allein schon aufgrund der Tatsache unwahrscheinlich, dass es in vielen Ersitzungsfällen gar keinen Dritteigentümer gab, da die Sache, nämlich eine res mancipi, vom wahren Eigentümer übergeben wurde. In diesen Fällen ergibt sich kein Unterschied zur Interessenlage bei der traditio, dennoch wurde hinsichtlich des Titelerfordernisses kein Unterschied zu den Fällen der Übergabe durch den Nichteigentümer gemacht.470 d. Das Fehlen der Putativtiteldiskussion bei der traditio aa. Zur Entstehung des Begriffs der causa putativa im Zusammenhang mit der solutio indebiti Weiterhin wird gegen eine Vergleichbarkeit von causa traditionis und causa usucapionis ins Feld geführt, dass nur bei Letzterer um die Zulässigkeit eines so genannten Putativtitels gestritten worden sei.471 Der Begriff der causa putativa stammt nicht aus den römischen Quellen, sondern formte sich erst bei den Glossatoren.472 Diese beschrieben damit eine für wahr gehaltene, in Wirklichkeit aber nicht vorliegende Obligation, zwecks deren Erfüllung eine Sache geleistet wurde. Damit wurde die causa putativa zum kausalen Element des auf einer solutio indebiti basierenden Eigentumserwerbs, d.h. sowohl der traditio solvendi causa als auch der usucapio pro soluto. Den titulus pro soluto betrachteten sie als Auffangtatbestand, der nur eingriff, wenn kein speziellerer Titel im Sinne einer wirksamen Obligation vorhanden war.473 Diese Interpretation erinnert stark an die usucapio pro suo in D. 41.10.3, welche Pomponius ebenfalls als Ersatztitel anstelle der stipulatio bzw. der solutio (im Sinne einer echten Haftungslösung) einsetzte. Die usucapio nach solutio indebiti erfolgte Pomponius – sowie möglicherweise474 auch dem von ihm zitierten Neraz – zufolge in der Tat ex causa putativa und er 470

Wubbe, TR 32 (1964), 568 ff. Schulz, SZ 52 (1932), 547; Wubbe, TR 32 (1964), 576, schließt daraus auf strengere Anforderungen beim Traditionstitel; bei der traditio sei das Erfordernis einer causa vera selbstverständlich gewesen, weshalb nicht darüber gestritten werden musste. Auf die gleiche Weise wäre allerdings auch die Selbstverständlichkeit einer Putativtitelanerkennung bei der traditio begründbar. 472 Vgl. die Glosse iusta causa zu D. 41.1.31, s.o. Erster Teil, § 3. A. II. 473 Paulus de Castro, Glosse pro soluto zu D. 41.3.46: Cum datur res in solutum ex causa quae non cadit in titulum specialem, usucapitur titulo pro soluto. 474 Hausmaninger, Die bona fides des Ersitzungsbesitzers (1964), 47, entnimmt dem idque verum puto (Pomp. D. 41.10.3), dass Pomponius sich nicht auf eine konkrete, gleichgeartete Falllösung, sondern auf eine für die Putativtitelfälle allgemeingültige Begründung des Neraz stützte. 471

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sah in ihr eine Fallgruppe der usucapio pro suo. Für Paulus hingegen standen diese Fälle außerhalb der Putativtitelproblematik, da ihnen ein spezieller Titel (pro soluto) zugeordnet war. Welche usucapio als ex causa putativa angesehen wurde, hing folglich ganz vom causa-Verständnis des jeweiligen Juristen ab. Was für Pomponius eine Putativtitelersitzung war, war für Paulus unter Umständen eine gewöhnliche usucapio pro soluto. bb. Stellungnahme zum Putativtitelproblem bei der usucapio475 Worum geht es aber nun genau bei dem Putativtitelstreit, dessen Protagonisten auf der einen Seite bei Celsus (Ulp. D. 41.3.27), auf der anderen Seite bei Neratius (D. 41.10.5) und Julian (Afr. D. 41.4.11) zu finden sind? Die Zulassung der Putativtitelersitzung bedeutet die Möglichkeit einer Kompensation der fehlenden causa usucapionis durch die existimatio des Besitzers:476 Nur wenn dieser einem probabilis/tolerabilis error hinsichtlich des Vorliegens der causa unterliegt, kommt eine Ersitzung in Betracht. Gerechtfertigt wird sie aus Gründen der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens (ut aliquis litium finis esset).477 Die Befürworter der Putativtitelersitzung schließen mit der causa usucapionis den Veräußerer komplett vom Erwerbsvorgang aus und beurteilen die Begründung der iusta possessio ausschließlich aus der Perspektive des Besitzers. Dies ist auch nicht weiter tragisch: Ist der Veräußerer Nichteigentümer, droht ihm ohnehin kein Rechtsverlust. Der wahre Eigentümer hat in diesem Fall immerhin bis zum Ablauf der Ersitzungsfrist die Möglichkeit zur Erhebung der rei vindicatio. Ist der Veräußerer Eigentümer und hat eine res mancipi tradiert, steht seiner rei vindicatio im Falle der Unwirksamkeit des Kausalgeschäfts keine exceptio entgegen, so dass ihm ebenfalls bis zum Ablauf der Ersitzungsfrist Zeit zur Rechtsverfolgung bleibt. Auch die zumindest in der Spätklassik allgemein anerkannte478 Putativtitelersitzung nach einem Kauf vom Unmündigen (furiosus, pupillus) stellt für diesen, selbst wenn er Eigentümer ist und somit einen Rechtsverlust zu befürchten hat, keine unbillige Härte dar. Denn ihm ist von Rechts wegen ein tutor zur Seite gestellt, dessen Pflicht es ist, ungünstige Veräußerungsgeschäfte vor Ablauf der Ersitzungsfrist

475

Mayer-Maly, Das Putativtitelproblem bei der usucapio (1962), passim; Hausmaninger, Die bona fides des Ersitzungsbesitzers (1964), 42 ff.; Jakobs, Festschrift Flume I (1978), 43 ff.; Vacca, Sodalitas IV (1984), 1955 ff.; Bauer, Ersitzung und Bereicherung (1988), 61 ff. 476 Hausmaninger, Die bona fides des Ersitzungsbesitzers (1964), 42 ff, erkennt in jener existimatio eine besondere Ausprägung der bona fides. 477 Ner. D. 41.10.5 pr. 478 Ulp. D. 6.2.7.2; Paul. D. 41.3.13.1; D. 41.4.2.15–16.

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rückabzuwickeln; widrigenfalls haftet er im Vormundschaftsverfahren,479 so dass dem Unmündigen letztlich kein Schaden entsteht. Durch die genannten Aspekte wird das Putativtitelproblem bei der usucapio weitgehend entschärft. In der Regel dürfte die Ersitzungsfrist von einem Jahr bzw. zwei Jahren genügen, um dem Eigentümer die Rechtsverfolgung zu ermöglichen, zumal es nur um Fälle des freiwilligen Besitzverlustes gehen kann.480 Wartet er länger, ist er des Schutzes durch die Rechtsordnung in keinem höheren Maße mehr würdig als der gutgläubige Besitzer. cc. Übertragbarkeit des Putativtitelproblems auf die traditio Übertrüge man die Putativtiteldiskussion unverändert auf die traditio, verschärfte sich das Problem unvermittelt. Denn hier lautete die Frage, ob ein direkter Eigentumserwerb vom veräußernden Eigentümer möglich sei, wenn allein der Erwerber fälschlicherweise an das Bestehen einer iusta causa traditionis glaubte. Dagegen spricht schon die Rechtsnatur der traditio als eines translativen Aktes, an welchem – im Gegensatz zur usucapio – zwingend zwei Parteien beteiligt sein müssen.481 Die Eigentumsübertragung durch traditio muss daher nicht nur auf dem Willen des Erwerbers, sondern gerade auch auf demjenigen des Veräußerers basieren. Die Berücksichtigung seines Willens betrachteten die Römer als ein Gebot der aequitas naturalis.482 Ferner erleidet er durch die traditio einen unmittelbaren Rechtsverlust und ist mithin schutzbedürftiger als im Falle der usucapio, wo sich sein Rechtsverlust entweder gar nicht483 oder erst nach Ablauf einer hinreichend bemessenen Frist vollzieht. Die Kompensation der iusta causa traditionis durch die existimatio allein des Erwerbers wird deshalb nie diskutiert;484 insofern existiert die Putativtiteldiskussion, wie sie bei der usucapio geführt wird, bei der traditio nicht. Dort war stattdessen die erforderliche Qualität des die traditio begleitenden Konsenses umstritten.485 Nach Julian (D. 41.1.36) konnte hier der Kausalkonsens 479

Gai. 1.191, 199. Ansonsten handelte es sich um eine res furtiva, deren Ersitzung ausgeschlossen war: XII 8.17; Gai. 2.45 ff. 481 Harke, Römisches Recht (2008), 248. 482 Gai. D. 41.1.9.3.; Inst. 2.1.40. 483 Dies ist der Fall bei der Ersitzung einer vom Nichteigentümer tradierten Sache. 484 Aus sed an mutua sit, videndum (Ulp. D. 12.1.18 pr.) könnte sich ergeben, dass Julian (D. 41.1.36) die Übertragung der Putativtitellösungen aus dem Ersitzungsrecht auf die traditio in Erwägung zog, denn eine auf das mutuum gerichtete existimatio des Empfängers war vorhanden. Dass er diese Idee jedoch verwarf und den Eigentumsübergang stattdessen mit der dinglichen Einigung rechtfertigte, zeigt der Einleitungssatz: Cum in corpus quidem quod traditur consentiamus (…). 485 Vgl. Jul. D. 41.1.36 / Ulp. D. 12.1.18 pr.; s.o. Erster Teil, § 2. D. 480

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durch die bloße dingliche Einigung (consensus in corpore quod traditur) ersetzt werden. Vergleicht man diese Meinung Julians mit derjenigen, welche bei der usucapio eine weitgehende Putativtitelersitzung zuließ (insb. Ner. D. 41.10.5; Afr. D. 41.4.11), so erscheinen die Voraussetzungen an die traditio auf der einen Seite strenger, auf der anderen Seite milder. Strenger insofern, als eine Mitwirkungshandlung des Veräußerers erforderlich ist; weniger streng andererseits, weil die Kausalbindung der traditio aufgehoben und noch nicht einmal eine entsprechende existimatio des Erwerbers gefordert wird. Man wird daher – jedenfalls was die Position Julians betrifft – nicht mit Wubbe486 von der fehlenden Putativtiteldiskussion bei der traditio auf strengere Voraussetzungen an die causa traditionis als an die causa usucapionis schließen können. dd. Aussagekraft der Putativtitelproblematik hinsichlich des Verhältnisses zwischen causa traditionis und causa usucapionis Die genannten Gründe, weshalb das Putativtitelproblem nicht für die traditio diskutiert wird, sind also in einem strukturellen Unterschied von usucapio und traditio verwurzelt, nämlich in der hier vorhandenen und dort fehlenden Translativität. Fraglich ist nun, ob diese Begründung nicht auch generell gegen eine Vergleichbarkeit von causa traditionis und causa usucapionis angeführt werden kann. Da die causa traditionis den translativen Akt der Eigentumsübertragung, die causa usucapionis hingegen lediglich den Ersitzungsbesitz begründen soll, so könnte man meinen, bedürfe Letztere generell nur die Beurteilung aus der Besitzerperspektive. Dass diese Konsequenz aber nicht mit den Quellen vereinbar ist, zeigen die einzelnen überlieferten Ersitzungstitel, welche zumeist auf bilaterale Erwerbsgeschäfte zurückgehen. Durch eine traditio ex iusta causa wird auch ein gewichtigerer Rechtfertigungstatbestand für die iusta possessio begründet als durch die bloße existimatio des Besitzers. Dahinter steht die auch in medias res487 überlieferte Regel plus est in re quam in existimatione. Mit ihr erklärt sich die Subsidiarität der Putativtitelersitzung hinter der auf einer traditio ex iusta causa basierenden usucapio. Man wird also sagen können: Wenn die Ersitzung vornehmlich aus der Besitzerperspektive gerechtfertigt wird, ist das Ergebnis nicht auf das Recht der traditio übertragbar. Ansatzpunkte für eine Vergleichbarkeit bestehen aber überall dort, wo in der causa usucapionis insbesondere auch der Veräußererwille zum Ausdruck kommt. Dies ist der Fall bei allen bilateralen Kausalgeschäften und damit bei einem weit überwiegenden Teil aller Ersitzungsfälle.

486 487

TR 32 (1964), 576. Paul. D. 41.4.2.15.

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e. Resümee zur allgemeinen Vergleichbarkeit zwischen causa traditionis und causa usucapionis Für die Standardfälle lässt sich jedenfalls festhalten: Scheiterte eine ex iusta causa vorgenommene traditio an einem Form- oder Berechtigungsmangel, erlangte der Erwerber unmittelbar bonitarisches Eigentum und konnte binnen Jahres- bzw. Zweijahresfrist das quiritische Eigentum ersitzen. Der Ersitzungstitel, die causa usucapionis, richtete sich dabei nach eben dem Erwerbsgrund, welcher auch der traditio zugrunde lag. Eine traditio ex iusta causa führte zur iusta possessio und diese wiederum nach Fristablauf zur usucapio.488 Die Aussagen zur causa traditionis sind daher grundsätzlich auf die usucapio übertragbar.489 Umgekehrt lässt sich dies nicht ohne weiteres behaupten, da es eine Reihe von Ersitzungstiteln gibt, die keine Entsprechung im Traditionsrecht finden.490 Insbesondere bei der usucapio pro suo ist zu differenzieren, denn sie wird je nach Jurist auf unterschiedliche Tatbestände angewandt. Entspringen ansonsten die causae usucapionis typischen bilateralen Erwerbsgeschäften, ist hingegen grundsätzlich eine Übertragbarkeit der Ergebnisse auf das Recht der traditio erlaubt.491 In diesem Sinne ist es auch zu verstehen, wenn Paulus (D. 41.2.3.21) schreibt: Genera possessionum tot sunt, quot et causae adquirendi eius quod nostrum non sit (…).492 Bevor im folgenden Abschnitt Schlussfolgerungen hinsichtlich der einzelnen Juristen gezogen werden sollen, lässt sich an dieser Stelle bereits festhalten: Der Schluss von der usucapio pro soluto auf die causa solvendi ist im Grundsatz als zulässig anzusehen. II. Schlussfolgerungen für die causa solvendi 1. Paulus und Hermogenian Ausgehend von einer grundsätzlichen Zulässigkeit des Schlusses von der usucapio pro soluto auf die causa solvendi, ist für Paulus (D. 41.3.48; 41.4.2 pr.; 46.3.60) und Hermogenian (D. 41.3.46) die Annahme berechtigt, dass diese die causa solvendi auch im Traditionsrecht als eigenständige iusta causa traditionis anerkannt haben. Zwar nimmt die existimatio des Empfängers in den genannten 488

Am Beispiel der causa transactionis wird dieser Zusammenhang deutlich in Diocl./ Max. C. 7.26.8: Ex causa transactionis habentes iustam causam possessionis usucapere possunt. 489 Zu den Befürwortern und Gegnern dieser These s.o. Anm. 455. 490 S.o. unter a. 491 Vorsicht ist jedoch geboten bei spezifisch ersitzungsrechtlichen Begründungsmustern, wie etwa dem maßgeblichen Zeitpunkt für die bona fides, mit welchem Paulus (D. 41.3.48; D. 41.4.2 pr.) die Sonderstellung der usucapio pro emptore begründet. 492 Zur Stelle s.o. A. II. 3.

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Stellen eine bedeutende Rolle ein, die Juristen vergessen aber nie, auch auf den animus solvendi des Leistenden hinzuweisen. Damit ist die Vergleichbarkeit mit dem translativen Erwerbsakt der traditio gegeben. 2. Julian Für Julian lässt sich dieser Schluss nicht ohne weiteres ziehen, da er den Begriff der causa solvendi in D. 41.3.33.3 wohl untechnisch gebraucht. Ferner weist seine Begründung des Eigentumsübergangs im ersten Fall aus D. 41.1.36 mit der dinglichen Einigung darauf hin, dass er die causa solvendi noch nicht als eigenständige Kategorie anerkannte. Möglich ist aber auch, dass er sie zwar anerkannte, aber in diesem Fall die Begründung auf einer höheren Abstraktionsebene suchte, unter welche sich auch der zweite in D. 41.1.36 überlieferte Fall fassen ließ. 3. Pomponius Als noch schwieriger erweist sich der Schluss auf die causa solvendi für Pomponius. Wenn dieser bei der Bezeichnung der causa usucapionis in D. 41.10.3 offensichtlich (causa, quam veram esse existimo) nicht auf die causa solvendi, sondern auf die stipulatio abstellte, ist die Vermutung gestattet, dass er auch zur Kennzeichnung der causa traditionis die zugrunde liegende Obligation anstelle der causa solvendi heranzog. Dies gilt sowohl für die Fälle der solutio debiti als auch für die Fälle der solutio indebiti. Für die Frage, was Pomponius – abgesehen von dieser terminologischen Frage – als für die Wirksamkeit der traditio maßgeblichen Tatbestand betrachtete, ergibt sich gemäß den für die usucapio ermittelten Ergebnissen Folgendes: Im Falle der solutio debiti wäre dieser Tatbestand die stipulatio; im Falle der solutio indebiti wäre es der Solutionskonsens. Da im Rahmen dieses Solutionskonsenses insbesondere auch dem Willen des Gebers Rechnung getragen wird (te mihi debere falso existimabas), dürfte nichts weiter gegen eine Übertragung auch der materiellen Seite der in D. 41.10.3 überlieferten Lösung auf die traditio sprechen. Es bleibt also dabei: Im Falle der solutio debiti würde Pomponius wohl die stipulatio als den für die Wirksamkeit der traditio erheblichen Tatbestand betrachten; im Falle der solutio indebiti würde er als materielle causa den Solutionskonsens ansehen, wobei er dies wohl – vergleichbar mit der Darstellung in D. 41.10.3 – nominell durch eine Bezugnahme auf die stipulatio zum Ausdruck bringen würde. Die Lösung Pomponius’ zur causa solvendi, die indirekt aus der Behandlung der usucapio in D. 41.10.3 abgeleitet werden konnte, lässt sich damit schematisch wie folgt darstellen:

210

usucapio traditio

Zweiter Teil: solutio als iusta causa traditionis

Nominelle causa

Materielle causa

Solutio debiti stipulatio stipulatio

Solutio debiti stipulatio stipulatio

Solutio indebiti stipulatio stipulatio

Solutio indebiti Solutionskonsens Solutionskonsens

Dass Pomponius als Motivation für den Rückgriff auf die subsidiäre possessio pro suo nicht auf die materielle, sondern auf die nominelle causa abstellt, ist keine Besonderheit:493 Die durch den Eigentümer vorgenommene dotis datio ante nuptias bewirkt in der Regel den sofortigen Eigentumsübergang;494 als (materielle) iusta causa traditionis dient die Dotalabrede bei Übergabe, während die nominelle causa in der Ehe selbst zu sehen ist. Tradiert hingegen der Nichteigentümer und stellt sich daher die Frage nach der usucapio, kann pro dote erst nach Eheschließung ersessen werden; zuvor erfolgt die usucapio – trotz Vorliegens einer iusta causa traditionis – lediglich pro suo.495 Für den Abstraktionsgrad des Eigentumserwerbs im Hinblick auf die zugrunde liegende Obligation ist die rechte Spalte der Tabelle zur materiellen causa im Falle der solutio indebiti maßgebend. Hier unterscheidet sich Pomponius nicht von Paulus und Hermogenian, welche die solutio nicht nur als materielle causa ansehen, sondern sie auch als solche bezeichnen. Auch für Pomponius kommt der Wirksamkeit der Obligation keine entscheidende Bedeutung zu – weder für die usucapio noch für die traditio, weshalb die stipulatio für ihn nur nominelle causa ist. Auf andere Weise wäre auch kaum nachvollziehbar, weshalb von Pomponius – nach Paulus und Ulpian – die meisten Fragmente zur condictio indebiti stammen.496 Auf der Basis der bei Pomponius getroffenen Beobachtungen lässt sich ferner eine These formulieren, welche das Fehlen ausdrücklicher Zeugnisse für die solutio als iusta causa traditionis bei gleichzeitiger Anerkennung der condictio indebiti erklärt: Wahrscheinlich wurde bis in die Spätklassik stets die Obligation als iusta causa traditionis (im Sinne von Motiv bzw. psychologischer Ursache) bezeichnet, obschon nicht sie, sondern der Solutionskonsens für den Übereignungserfolg als entscheidend angesehen wurde. Erst Paulus fasste diese Sichtweise schließlich in ein terminologisches Konzept, indem er die auf einer solutio beruhende usucapio

Die Divergenz zwischen nomineller und materieller causa findet keine Berücksichtigung bei Bauer, Ersitzung und Bereicherung (1988), 126 ff., die daher von der usucapio pro suo in D. 41.10.3 auf ein Fehlen der (materiellen) iusta causa traditionis und damit auf eine entsprechend „kausale“ Auffassung der traditio durch Pomponius schließt. 494 S.o. Anm. 312. 495 Ulp. D. 41.9.1.2. 496 Vgl. aus dem Titel D. 12.6 die Fragmente 7, 14, 16, 19, 22, 50, 51, 52; fernder D. 46.3.25. 493

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„pro soluto“497 und die entsprechende traditio „solvendi causa“498 nannte.499 Die Ursprünge dieser neuen Kategorie gehen möglicherweise auf die Kritik an der uferlosen Weite und Unbestimmtheit der usucapio pro suo zurück, welche bei Celsus500 ihren deutlichsten Ausdruck findet. 4. Ulpian Bei der Wiedergabe der eben angesprochenen celsinischen Position drückt sich Ulpian bemerkenswert neutral aus, gleichsam als halte er diese Meinung für gleichberechtigt neben der noch von ihm vertretenen Auffassung der possessio pro suo als Auffangtatbestand.501 Gerade aufgrund seiner Befürwortung des Kausalprinzips dürfte Ulpian jedenfalls im Traditionsrecht der Idee einer eigenständigen causa solvendi gegenüber nicht abgeneigt gewesen sein, ermöglicht sie doch wenigstens eine formale Aufrechterhaltung dieses Prinzips bei gleichzeitiger Akzeptanz der anerkannten Kasuistik des Kondiktionenrechts.502 Für Ulpians Anerkennung der causa solvendi zumindest im Bereich der solutio indebiti spricht der folgende Fall, dessen Lösung er auf eine „causa indebiti soluti“ stützt: D. 10.3.7.3 Ulpianus libro 20 ad edictum Ex quibusdam autem causis vindicatio cessat, si tamen iusta causa est possidendi, utile communi dividundo competit, ut puta si ex causa indebiti soluti res possideatur.

Das Fragment stammt laut Inskription503 aus dem 20. Buch des ulpianischen Ediktskommentars und handelt von einem iudicium communi dividundo utile, d.h. einer zur actio communi dividundo analogen Klage. Mit der actio communi dividundo konnten die Gemeinschafter einer communio das Gemeinschaftseigentum504 in Alleineigentum überführen, wenn eine rechtsgeschäftliche Regelung fehlgeschlagen war. In der Regel standen sich die Gemeinschafter folglich als Mitei497

D. 41.3.48. D. 6.2.4.; vgl. auch D. 41.1.31 pr., wo er – als einziger unter den römischen Juristen überhaupt – das übereignungserhebliche Element als iusta causa bezeichnet. 499 Bonfante, Scritti II (1918/1926), 558 ff., 597; Faure, Justa causa et bonne foi (1936), 52 f., 88 ff. 500 Ulp./Cels. D. 41.3.27; s.o. A. II. 3. 501 Ulp. D. 41.10.1; s.o. A. II. 3. 502 Ulp. D. 12.1.18 pr.; s.o. Erster Teil, § 2. D. 503 Berger, Teilungsklagen (1912), 70 ff., geht von einer versehentlichen Falschinskription aus und ordnet das Fragment – entsprechend der vorhergehenden Ulpianstellen zur actio communi dividundo – in das 19. Buch ad edictum ein. 504 Bei der communio hat jeder Gemeinschafter einen rechnerischen Anteil (pars pro indiviso), über den er unabhängig von den anderen Gemeinschaftern verfügen kann; vgl. Kaser, RP I (1971), 590. 498

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gentümer gegenüber. Wenn vorliegend die actio communi dividundo nicht direkt, sondern nur analog erteilt wird, fehlte es dem Kläger möglicherweise an dieser (Mit-)Eigentümerstellung. Hierfür spricht, dass Ulpian am Anfang des Fragments klarstellt, dass es im Folgenden um Fälle geht, in denen die vindicatio nicht in Betracht kommt.505 Gestritten wird offenbar um eine Sache, die nicht in gemeinschaftlichem, sondern in fremdem Eigentum steht. Die Aktivlegitimation des Klägers kann sich daher nicht aus dem Eigentum ergeben. Anstelle des Eigentums nennt Ulpian die iusta possessio als Voraussetzung der utilis communi dividundo actio. Die iusta possessio wiederum könne sich beispielsweise (ut puta) aus der Leistung einer Nichtschuld (ex causa indebiti soluti) ergeben. Genau an diesem Punkt eröffnet sich nun die Relevanz der Stelle für das Thema der vorliegenden Untersuchung: Wenn die Gemeinschafter die im Streit stehende Sache durch solutio indebiti erhalten haben, warum erwarben sie dann kein dominium, sondern lediglich iusta possessio? Widerspricht die Stelle damit der Eigenschaft der solutio als iusta causa traditionis?506 Dies wäre nur dann der Fall, wenn die traditio tatsächlich an der causa scheiterte. Ebenso ließe sich ein Scheitern aufgrund Form- oder Berechtigungsmangels denken. Dann spielte der Fall im Bereich des bonitarischen Eigentums, welcher bereits in dem unmittelbar vorhergehenden Abschnitt (§ 2) desselben Fragments behandelt wird.507 Dort jedoch ist nicht von einer actio utilis die Rede. Aus diesem Umstand wird bisweilen geschlossen, § 2 handele von einer actio directa.508 Das Vorliegen einer actio directa hier und einer actio utilis dort wiederum spräche gegen die Annahme derselben Fallgestaltung in beiden Abschnitten. Dieser Argumentation setzt Berger509 die Beobachtung entgegen, dass es in § 2, ebenso wie in § 3, um den bloßen Besitz geht; warum sollte nun in § 2 eine actio directa gegeben werden, in § 3 aber nicht? Lenel510 führt dieses Argument noch weiter aus: „Wenn das iudicium directum hier Platz gegriffen hätte, so hätte Ulpian dies sicher schon bei Besprechung seiner demonstratio fest505

Die rei vindicatio ist theoretisch auch unter Miteigentümern denkbar, sofern dem Kläger der größere Anteil gehört; vgl. Paul. D. 6.1.2. 506 Wegen dieses vermeintlichen Widerspruchs sah sich die Interpolationenkritik berechtigt, den entscheidenden letzten Halbsatz zu verwerfen. Auch im Übrigen fand die Stelle wenig Erbarmen: So nahm man Anstoß an dem quibusdam, welches entweder um ein ubi ergänzt oder durch ein quibus ersetzt werden müsse, an autem anstelle von enim, an der Verbindung des Zeitwortes competere mit einem iudicium utile, sowie an dem Fehlen der Bezeichnung iudicium. Vgl. Berger, Teilungsklagen (1912), 72 ff.; Lenel, EP3, 212 f.; Lange, Das kausale Element (1930), 78; Pflüger, Zur Lehre vom Erwerbe des Eigentums (1937), 14 ff. 507 Ulp. D. 10.3.7.2: Qui in rem publicianam habent, etiam communi dividundo iudicium possunt exercere. 508 Pflüger, Zur Lehre vom Erwerbe des Eigentums (1937), 14. 509 Teilungsklagen (1912), 67. 510 EP3, 213.

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gestellt; es konnte aber bei diesen nichtzivilen Rechtsverhältnissen gar nicht Platz greifen, weil seine intentio und adiudicatio auf ziviles oportere abgestellt waren. Was der Jurist in den zit. Paragraphen behandelte, das wird die demonstratio des utile iudicium gewesen sein, die ebenfalls die Worte de communi dividundo, hier etwa mit einem das konkrete Teilungsobjekt bezeichnenden Zusatz, enthalten haben mag. Erst nachdem so die Reichweite des utile iudicium festgestellt war, hatte Ulpian Veranlassung auf die besondere Fassung seiner intentio und adiudicatio einzugehen, und darum beginnt fr. 7 § 3 mit den Worten: (…)“. Demnach spräche nichts mehr gegen die Annahme bonitarischen Eigentums auch für § 3. Das Scheitern der Übertragung quiritischen Eigentums wäre damit unabhängig von der causa solvendi erklärt, womit die Stelle ihr nicht mehr entgegenstünde. Die Glosse will dennoch zusätzlich auf einem Scheitern der causa beharren; sie sieht in der fehlenden Anwendbarkeit der actio Publiciana in § 3 den entscheidenden Unterschied zu § 2 und führt dies darauf zurück, dass die Sache nicht ex iusta causa an den Kläger tradiert worden sei.511 Dem ist entgegenzuhalten, dass die solutio indebiti in § 3 ausdrücklich als Beispiel für iustae causae possessionis aufgeführt wird. Letztere wurden, soweit sie auf typische bilaterale Erwerbsgeschäfte zurückgehen, im Bereich des derivativen Erwerbs auch als taugliche iustae causae traditionis anerkannt.512 Dieser Umstand verwandelt die Stelle gar in ein wahrscheinliches Zeugnis für die Anerkennung der solutio indebiti nicht nur als iusta causa possessionis, sondern auch traditionis durch Ulpian.513 Auffällig ist, dass Ulpian mit der causa indebiti soluti aus den von der causa solvendi abgedeckten Fällen nur die einer ungeschuldeten Leistung herausgreift. Bestand die zugrunde liegende Obligation, sah Ulpian folglich wohl diese als iusta causa an, ebenso wie es bei Pomponius zu beobachten war. Auf der anderen Seite steht – unter dem Einfluss seines Lehrers Paulus – Hermogenian (D. 41.3.46), der mit der Wendung non tantum quod debetur gerade auch geschuldete Leistungen in den Anwendungsbereich des titulus pro soluto miteinbezog. Der Umstand, dass 511

Glosse ex quibusdam autem zu D. 10.3.7.3: Vel dic, dixit dari hanc actionem, si habeat iure praetorio utilem rei vindicationem (…) et hic dicit, quando a non domino soluta est et cessat Publiciana, quia non est ex iusta causa tradita. 512 Paul. D. 41.2.3.21; s.o. A. II. 3. 513 Nicht zu folgen ist daher Lange, Das kausale Element (1930), 44, wenn er meint, Ulpian habe die causa solvendi „nicht gekannt, zum mindesten nicht anerkannt, denn sonst wäre in dem Digestentitel über die actio Publiciana die Darstellung seines Ediktskommentars nicht durch die von Paulus herrührenden Worte vel solvendi causa unterbrochen worden“. Gegen Langes Argumentation mit dem Titel D. 6.2 spricht die bereits oben (A. I.) getroffene Beobachtung, dass dort Ulpian und Paulus fast durchgängig abwechselnd zitiert werden. Führt man dies nicht auf Zufall, sondern auf eine Absicht Tribonians zurück, war Paulus bei fr. 4 demnach einfach an der Reihe; von einer Unterbrechung der Ulpian’schen „Darstellung“ kann folglich nicht die Rede sein.

214

Zweiter Teil: solutio als iusta causa traditionis

Ulpian in D. 10.3.7.3 von einer causa indebiti soluti und nicht von dem Irrtum über das Vorliegen einer konkreten Obligation spricht, kann auch darauf zurückzuführen sein, dass er die Unerheblichkeit der konkreten Identität der Obligation in diesem Fall unterstreichen wollte, er also hier bewusst abstrahierte; durch eine solche begriffliche Abstraktion wird zweifellos die Prägnanz der Problemdarstellung gesteigert. Die von seinem Zeitgenossen Paulus geschaffene Kategorie der causa solvendi eignete sich hierfür ausgezeichnet, wurde von Ulpian aber offenbar als zu weit empfunden, da sie auch geschuldete Leistungen einschloss.

§ 4. Resümee

zum

Zweiten Teil

Die Untersuchung der solutio indebiti sowie der usucapio pro soluto hat ergeben, dass in diesen Fällen das entscheidende Kausalelement des Eigentumserwerbs nicht in einem obligatorischen Grundgeschäft, sondern in dem die Übergabe begleitenden Solutionskonsens zu finden ist. Dieser wird als solcher in den Quellen allerdings nirgends unmittelbar beschrieben. Wie er in der Rechtswirklichkeit auch selten explizit erklärt worden sein dürfte, sondern konkludent erfolgte, so haben sich auch die klassischen Juristen darüber ausgeschwiegen. Dieses Schweigen weist aber insbesondere darauf hin, dass es sich bei der causa solvendi um keine Ausnahmeerscheinung handelte, sondern sie den übrigen iustae causae strukturell glich.514 Dies ist bedeutsam für die allgemeine Lehre von der iusta causa traditionis. Es wird hier nämlich das in diesem Teil der Arbeit zahlreich beobachtete Prinzip bestätigt, dass es zur Wirksamkeit der traditio nur deren kausal motivierter Definition als eines Übereignungsaktes bedarf, nicht hingegen ihrer wirtschaftlichen Rechtfertigung. Die im Ersten Teil der Arbeit515 betrachteten Stellen Paul. D. 41.1.31 pr., Ulp. D. 12.1.18 pr. und Ulp. Epit. 19.7, in welchen eine iusta causa traditionis bzw. ein consensus in causa gefordert wird, erwecken den Anschein, Ulpian und Paulus hätten das genannte Prinzip zugunsten einer stärkeren Kausalbindung der traditio eingeschränkt. Dies ist insofern bemerkenswert, als eben diese Juristen – abgesehen von Paulus’ Schüler Hermogenian (D. 41.3.46) – die einzigen sind, bei denen die causa solvendi ausdrücklich bezeugt ist.516 Vermutlich handelte es sich bei der traditio solvendi causa bis zur Spätklassik um 514

Dagegen spricht auch nicht Paul. D. 41.3.48 bzw. D. 41.4.2 pr., denn hier wird nicht die causa solvendi, sondern die causa emptionis auf eine Ausnahmestellung verwiesen. Im Übrigen sind aufgrund des spezifisch ersitzungsrechtlichen Begründungsmusters jener Unterscheidung Zweifel an der Vergleichbarkeit mit dem Traditionsrecht berechtigt. Dazu s.u. Vierter Teil, § 1. C. III. 515 Dort: § 2. A. und C. 516 Paul. D. 6.2.4 (solvendi causa); D. 41.3.48 (pro soluto); Ulp. D. 10.3.7.3 (causa indebiti soluti). Bei Julian, Gaius, Pomponius (Quellen s.o. Anm. 52) und Marcellus (D.

214

Zweiter Teil: solutio als iusta causa traditionis

Ulpian in D. 10.3.7.3 von einer causa indebiti soluti und nicht von dem Irrtum über das Vorliegen einer konkreten Obligation spricht, kann auch darauf zurückzuführen sein, dass er die Unerheblichkeit der konkreten Identität der Obligation in diesem Fall unterstreichen wollte, er also hier bewusst abstrahierte; durch eine solche begriffliche Abstraktion wird zweifellos die Prägnanz der Problemdarstellung gesteigert. Die von seinem Zeitgenossen Paulus geschaffene Kategorie der causa solvendi eignete sich hierfür ausgezeichnet, wurde von Ulpian aber offenbar als zu weit empfunden, da sie auch geschuldete Leistungen einschloss.

§ 4. Resümee

zum

Zweiten Teil

Die Untersuchung der solutio indebiti sowie der usucapio pro soluto hat ergeben, dass in diesen Fällen das entscheidende Kausalelement des Eigentumserwerbs nicht in einem obligatorischen Grundgeschäft, sondern in dem die Übergabe begleitenden Solutionskonsens zu finden ist. Dieser wird als solcher in den Quellen allerdings nirgends unmittelbar beschrieben. Wie er in der Rechtswirklichkeit auch selten explizit erklärt worden sein dürfte, sondern konkludent erfolgte, so haben sich auch die klassischen Juristen darüber ausgeschwiegen. Dieses Schweigen weist aber insbesondere darauf hin, dass es sich bei der causa solvendi um keine Ausnahmeerscheinung handelte, sondern sie den übrigen iustae causae strukturell glich.514 Dies ist bedeutsam für die allgemeine Lehre von der iusta causa traditionis. Es wird hier nämlich das in diesem Teil der Arbeit zahlreich beobachtete Prinzip bestätigt, dass es zur Wirksamkeit der traditio nur deren kausal motivierter Definition als eines Übereignungsaktes bedarf, nicht hingegen ihrer wirtschaftlichen Rechtfertigung. Die im Ersten Teil der Arbeit515 betrachteten Stellen Paul. D. 41.1.31 pr., Ulp. D. 12.1.18 pr. und Ulp. Epit. 19.7, in welchen eine iusta causa traditionis bzw. ein consensus in causa gefordert wird, erwecken den Anschein, Ulpian und Paulus hätten das genannte Prinzip zugunsten einer stärkeren Kausalbindung der traditio eingeschränkt. Dies ist insofern bemerkenswert, als eben diese Juristen – abgesehen von Paulus’ Schüler Hermogenian (D. 41.3.46) – die einzigen sind, bei denen die causa solvendi ausdrücklich bezeugt ist.516 Vermutlich handelte es sich bei der traditio solvendi causa bis zur Spätklassik um 514

Dagegen spricht auch nicht Paul. D. 41.3.48 bzw. D. 41.4.2 pr., denn hier wird nicht die causa solvendi, sondern die causa emptionis auf eine Ausnahmestellung verwiesen. Im Übrigen sind aufgrund des spezifisch ersitzungsrechtlichen Begründungsmusters jener Unterscheidung Zweifel an der Vergleichbarkeit mit dem Traditionsrecht berechtigt. Dazu s.u. Vierter Teil, § 1. C. III. 515 Dort: § 2. A. und C. 516 Paul. D. 6.2.4 (solvendi causa); D. 41.3.48 (pro soluto); Ulp. D. 10.3.7.3 (causa indebiti soluti). Bei Julian, Gaius, Pomponius (Quellen s.o. Anm. 52) und Marcellus (D.

§ 4. Resümee zum Zweiten Teil

215

eine zwar anerkannte, aber nicht kategorisierte Form der Eigentumsübertragung. In der Spätklassik scheint das Bestreben aufgekommen zu sein, alle denkbaren Typen der traditio in eine bestimmte causa-Kategorie einzuordnen und damit eine stärkere Formalisierung der Traditionsvoraussetzungen herbeizuführen. Dieses Bestreben nahm möglicherweise bereits bei dem hochklassischen Juristen Celsus aus der prokulianischen Rechtsschule seinen Ausgangspunkt.517 Dieser Tendenz entspricht im Ersitzungsrecht die Schöpfung des Titels pro soluto und die damit einhergehende Eingrenzung des Anwendungsbereichs der usucapio pro suo durch Paulus.518 Die in der Spätklassik erfolgte Einordnung der causa solvendi in die Reihe der anerkannten iustae causae traditionis änderte jedoch nichts an der materiellen Rechtslage, denn die Voraussetzungen der traditio solvendi causa wurden weder erleichtert noch verschärft. Die translative Wirkung der solutio indebiti wurde auch zuvor ohne weiteres anerkannt,519 obschon es bei dieser Fallgruppe an einem anerkannten kausalen Tatbestand fehlte. In diesem Zusammenhang zeigt sich die – insbesondere in der sabinianischen Rechtsschule betonte520 – Bedeutung des animus dominii transferendi als zentrale Voraussetzung des Eigentumserwerbs durch traditio. Hinter dem Konzept der iusta causa traditionis verbirgt sich letztlich nichts anderes als eine rechtsgeschäftliche Typisierung der verschiedenen Erscheinungsformen des animus dominii transferendi.521

517

518



520 521 519

46.3.48) sind die entsprechenden Wendungen in sachenrechtlicher Hinsicht untechnisch. Vgl. Ulp./Cels. D. 21.3.1.3 (hierzu s.o. § 2. C. II. Anm. 272) und Ulp./Cels. D. 41.3.27 (hierzu s.o. § 3. A. II. 3.). S.o. § 3. A. II. Dazu im Einzelnen s.u. Vierter Teil, § 1. Jav. D. 12.6.45; Jul. D. 41.1.36; Jul. D. 46.3.34.7; Afr. D. 41.4.11; Gai. D. 41.1.9.3, 7. Vgl. auch die Zusammenfassung von § 2 (dort unter D.), welche hier nicht mehr im Einzelnen wiederholt werden soll.

D ritter Teil: Die Rechtsnatur

der causa solvendi

Nachdem im vorstehenden Abschnitt die Anerkennung einer eigenständigen Solutionskausa zumindest durch die spätklassischen Juristen befürwortet werden konnte, stellt sich nun weiter die Frage nach der genauen Rechtsnatur dieser causa, d.h. insbesondere nach einem möglichen rechtsgeschäftlichen Charakter: Wurde die Zweckbestimmung einseitig (durch den Leistenden oder gar durch den Empfänger) oder beiderseitig – d.h. durch beide Parteien einvernehmlich – bestimmt? Wie ist diese Erfüllungsbestimmung juristisch zu qualifizieren? Schließlich stellt sich die Frage nach dem Inhalt der Erfüllungsbestimmung: Muss sie die konkrete zu erfüllende Obligation umfassen oder genügt die Bestimmung, dass die Leistung Erfüllungscharakter hat? Bestand darüber hinaus das Erfordernis einer dinglichen Einigung? Für diejenigen klassischen Juristen, welche die causa solvendi nicht beim Namen nannten, fragt sich entsprechend, wie die Zweckbestimmung im Zeitpunkt der traditio solvendi causa beurteilt wurde.

§ 1. Einseitigkeit

oder

Zweiseitigkeit

der causa solvendi ?

A. Bilateralität der causa solvendi als Arbeitshypothese Unter der herrschenden Meinung in der Literatur, welche in der iusta causa traditionis die Zweckbestimmung im Zeitpunkt der Übergabe erkennt, besteht Einigkeit darüber, dass diese Zweckbestimmung von beiden Parteien grundsätzlich einvernehmlich getroffen werden müsse.1 Gleichviel, ob eine Sache zwecks Verkaufs, zwecks Schenkung oder zwecks Darlehensgewährung übergeben werde, müsse in der Regel Einigkeit zwischen Veräußerer und Erwerber hinsichtlich dieses 1

Bekker, System des heutigen Pandektenrechts II (1889), 148 f.; 158 f.; Strohal, JherJb 27 (1889), 357 f.; Karlowa, Römische Rechtsgeschichte II (1901), 417; Salkowski, Institutionen9 (1907), 236; de Francisci, Il trasferimento della proprietà (1924), 153 f.; Bonfante, Corso II/2 (1928/1968), 224 f.; Betti, Studi Riccobono IV (1936), 117 f.; ders., Studi Arangio-Ruiz IV (1953), 100; Talamanca, RISG VI (1953), 442; ders., Istituzioni (1990), 436; Kaser, BIDR 64 (1961), 61 f., 87, 93 ff.; ders., RP I (1971), 416; Schwarz, Grundlage der condictio (1952), 223; Benedek, AJ IV (1962), 154; Wolf, Causa stipulationis (1970), 343. Als kausale dingliche Einigung wird jene Zweckvereinbarung interpretiert von: Beseler, Beiträge IV (1920), 126 f.; ders., SZ 45 (1925), 2261; Hazewinkel-Suringa, Mancipatio en traditio (1931), 174 f., 235, 200 ff., 213 ff.; Schulz, SZ 52 (1932), 544; Pflüger, Zur Lehre vom Erwerbe des Eigentums (1937), 30; Volterra, Istituzioni (1961), 333 ff.; Jahr, SZ 80 (1963), 165 ff.; Wesel, SZ 85 (1962), 103 f.; Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 57 f.; Behrends, in: Labruna, Tradere (1998), 37, 54 ff., 73; Cannata, Istituzioni I (2001), 305 ff.; Jakobs, SZ 119 (2002), 269 ff., insb. 317 ff.

§ 1. Einseitigkeit oder Zweiseitigkeit der causa solvendi?

217

Übergabezwecks bestehen. Diese Ansicht kann sich insbesondere auf die folgende Digestenstelle stützen: D. 44.7.55 Iavolenus libro 12 epistularum In omnibus rebus, quae dominium transferunt, concurrat oportet affectus ex utraque parte contrahentium: nam sive ea venditio sive donatio sive conductio sive quaelibet alia causa contrahendi fuit, nisi animus utriusque consentit, perduci ad effectum id quod inchoatur non potest.

Demnach ist für eine Eigentumsübertragung in jedem Falle eine Willensübereinstimmung der Parteien erforderlich. Worauf diese konkret bezogen sein muss, lässt Javolen freilich offen. Insbesondere bleibt unklar, ob eine kausale oder eine dingliche Einigung gefordert wird. Bei Javolens Schüler Julian2 jedenfalls liegt der Schwerpunkt auf der dinglichen Komponente des consensus, was eine ähnliche Auffassung seines Lehrers durchaus möglich erscheinen lässt. Eben für Julian konnte auch die Vorstellung einer unilateralen Begründung des Übereignungserfolgs verworfen werden.3 Im ersten Fall von Jul. D. 41.1.36 besteht – trotz Dissenses über den Entstehungsgrund der Obligation – immerhin ein Konsens hinsichtlich des Tilgungscharakters der Leistung. In Anbetracht dieser Beobachtungen spricht viel für den bilateralen Charakter der causa solvendi.

B. Einwände gegen die Zweiseitigkeit Jedoch sind in den Quellen bisweilen Phänomene zu beobachten, die gegen die zweiseitige Natur der Solutionskausa zu sprechen scheinen. I. Ein Argument aus dem Minderjährigenrecht Zum einen fällt auf, dass ein pupillus sine tutoris auctoritate mittels traditio solvendi causa kein Eigentum übertragen,4 aber durchaus erwerben5 kann. Führt man diese Beobachtung auf die Unfähigkeit des Mündels zur Vornahme eines Solutionskonsenses zurück, hat es den Anschein, als sei die causa solvendi einseitig vom Veräußerer bestimmt worden. Indes hat die Differenzierung der traditio solvendi causa nach der Position des pupillus auf Veräußerer- oder Erwerberseite einen anderen Grund: Dem pupillus fehlt die Fähigkeit zur alienatio; er kann daher 2

4 5 3

D. 41.1.36; s.o. Erster Teil, § 2. D. S.o. Erster Teil, § 2. D. III. 2. Gai. 2.80; 2.82; 2.84; Ulp. D. 12.6.29; Gai. D. 26.8.9.2; Ulp. D. 46.3.14.8. Gai. 2.84; 3.91; Marc. D. 41.1.11: Pupillus quantum ad adquirendum non indiget tutoris auctoritate.

§ 1. Einseitigkeit oder Zweiseitigkeit der causa solvendi?

217

Übergabezwecks bestehen. Diese Ansicht kann sich insbesondere auf die folgende Digestenstelle stützen: D. 44.7.55 Iavolenus libro 12 epistularum In omnibus rebus, quae dominium transferunt, concurrat oportet affectus ex utraque parte contrahentium: nam sive ea venditio sive donatio sive conductio sive quaelibet alia causa contrahendi fuit, nisi animus utriusque consentit, perduci ad effectum id quod inchoatur non potest.

Demnach ist für eine Eigentumsübertragung in jedem Falle eine Willensübereinstimmung der Parteien erforderlich. Worauf diese konkret bezogen sein muss, lässt Javolen freilich offen. Insbesondere bleibt unklar, ob eine kausale oder eine dingliche Einigung gefordert wird. Bei Javolens Schüler Julian2 jedenfalls liegt der Schwerpunkt auf der dinglichen Komponente des consensus, was eine ähnliche Auffassung seines Lehrers durchaus möglich erscheinen lässt. Eben für Julian konnte auch die Vorstellung einer unilateralen Begründung des Übereignungserfolgs verworfen werden.3 Im ersten Fall von Jul. D. 41.1.36 besteht – trotz Dissenses über den Entstehungsgrund der Obligation – immerhin ein Konsens hinsichtlich des Tilgungscharakters der Leistung. In Anbetracht dieser Beobachtungen spricht viel für den bilateralen Charakter der causa solvendi.

B. Einwände gegen die Zweiseitigkeit Jedoch sind in den Quellen bisweilen Phänomene zu beobachten, die gegen die zweiseitige Natur der Solutionskausa zu sprechen scheinen. I. Ein Argument aus dem Minderjährigenrecht Zum einen fällt auf, dass ein pupillus sine tutoris auctoritate mittels traditio solvendi causa kein Eigentum übertragen,4 aber durchaus erwerben5 kann. Führt man diese Beobachtung auf die Unfähigkeit des Mündels zur Vornahme eines Solutionskonsenses zurück, hat es den Anschein, als sei die causa solvendi einseitig vom Veräußerer bestimmt worden. Indes hat die Differenzierung der traditio solvendi causa nach der Position des pupillus auf Veräußerer- oder Erwerberseite einen anderen Grund: Dem pupillus fehlt die Fähigkeit zur alienatio; er kann daher 2

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D. 41.1.36; s.o. Erster Teil, § 2. D. S.o. Erster Teil, § 2. D. III. 2. Gai. 2.80; 2.82; 2.84; Ulp. D. 12.6.29; Gai. D. 26.8.9.2; Ulp. D. 46.3.14.8. Gai. 2.84; 3.91; Marc. D. 41.1.11: Pupillus quantum ad adquirendum non indiget tutoris auctoritate.

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Dritter Teil: Die Rechtsnatur der causa solvendi

keine Sache ohne Zustimmung des Vormunds veräußern.6 Das Scheitern der traditio solvendi causa im Falle des pupillus auf Veräußererseite ist mithin weniger ein Problem der causa als vielmehr der mangelnden Berechtigung des pupillus, sine tutoris auctoritate über sein Eigentum zu verfügen. Hingegen ist ihm der Eigentumserwerb gestattet, da er seine Rechtsposition auch ohne Zustimmung des Vormunds verbessern darf.7 Aus diesem Grund muss der pupillus auch fähig zu einem consensus in causa sein, sofern dieser lediglich zu rechtlichen Vorteilen führt. Der sachenrechtliche Erwerb an sich stellt einen reinen rechtlichen Vorteil dar. Damit einhergehende schuldrechtliche Nachteile, wie etwa das Erlöschen der Forderung oder das Entstehen einer Rückgabeverpflichtung, wurden separat beurteilt und begründeten daher kein Erwerbshindernis.8 II. Argumente aus „Kausaldissensfällen“ Als Kausaldissens im weiteren Sinne lässt sich auch der Fall betrachten, dass beide Parteien zwecks Erfüllung leisten bzw. annehmen, dabei jedoch an verschiedene Obligationen denken. Schanbacher9 bemüht zur Lösung des diese Konstellation betreffenden ersten Falles aus Jul. D. 41.1.36 die Figur der einseitigen Leistungszweckbestimmung, d.h. der einseitigen causa solvendi, von Seiten des Veräußerers. Diese Interpretation findet im Text aber keinen Anhaltspunkt; im Gegenteil begründet Julian den Eigentumsübergang ausdrücklich mit einem consensus (in corpore).10 Die Preisgabe des Konsenserfordernisses erscheint auch im Rahmen der Lehre von der causa solvendi überflüssig, sofern man diese nicht zwingend auf den Entstehungsgrund der zu erfüllenden Obligation, sondern lediglich auf den Erfüllungscharakter der Leistung bezogen sieht.11 Problematischer erscheinen demgegenüber die Fälle des Kausaldissenses im engeren Sinne, in denen der animus solvendi nämlich nur auf einer Seite vorhanden ist.

6

Gai. 2.82; 2.84: (…) quia nullius rei alienatio ei sine tutoris auctoritate concessa est (…). Gai. D. 26.8.9.2: Pupillus ex omnibus causis solvendo sine tutoris auctoritate nihil agit, quia nullum dominium transferre potest. Ulp. D. 46.3.14.8: Pupillum sine tutoris auctoritate nec solvere posse palam est: sed si dederit nummos, non fient accipientis vindicarique poterunt. 7 Gai. 2.83: Et ex contrario omnes res tam mancipi quam nec mancipi mulieribus et pupillis sine tutore auctore solvi possunt, quoniam meliorem condicionem suam facere eis etiam sine tutore auctore concessum est. 8 Vgl. Gai. 2.84; 3.91. S. auch o. Zweiter Teil, § 2. C. V. 4. 9 TR 60 (1992), 15 f. 10 S.o. 1. Teil, § 2. D. III. 2. 11 Zu dieser Frage s.u. § 2. B.

§ 1. Einseitigkeit oder Zweiseitigkeit der causa solvendi?

219

1. animus solvendi nur auf Seiten des Veräußerers Fälle, in denen der Veräußerer solvendi causa leisten, der Erwerber hingegen donandi, credendi etc. causa empfangen will, sind nicht überliefert.12 Derartige – verdeckte – Kausaldissense wurden möglicherweise ähnlich kontrovers beurteilt wie im Falle der Antinomie Jul. D. 41.1.36 / Ulp. D. 12.1.18 pr, wo donandi causa geleistet und credendi causa angenommen wurde. Wenn Ulpian dort den Eigentumsübergang mangels consensus in causa scheitern ließ, während ihn Julian aufgrund des Vorliegens eines consensus in corpore quod traditur befürworten konnte, liegt nahe, dass die beiden Juristen in der vorliegend interessierenden Fallkonstellation ähnlich entschieden hätten. Recht sichere Aussagen lassen sich zu einer verwandten, jedoch in einem wesentlichen Punkt verschiedenen Sachlage treffen: Wenn der Empfänger weiß, dass die Schuld, zwecks deren Erfüllung der Geber leistet, nicht besteht, nimmt er die Leistung ebenso wenig solvendi causa an wie in der zuvor betrachteten Konstellation. Jedoch begeht er mit der Annahme des indebitum ein furtum, welches den Übereignungserfolg ausschließt.13 Zur Frage der causa gelangt man hier folglich gar nicht erst. Über die Rechtsnatur der causa solvendi sagen diese Fälle somit nichts aus. Der entscheidende Unterschied der zweiten im Vergleich zur ersten Fallkonstellation besteht darin, dass der Empfänger nicht nur von dem Nichtbestehen einer Schuld, sondern auch von der Intention des Leistenden („solvendi causa“) weiß und die Leistung gleichwohl annimmt. Eben hierin ist die das furtum begründende Arglist zu sehen.14 Die bloße Kenntnis vom Nichtgeschuldetsein der Sache kann hierfür nicht genügen, denn sonst läge in jeder wissentlichen Annahme eines Geschenks bereits ein furtum. Ebenso wenig kann es ein furtum darstellen, wenn auch der Veräußerer um die Nichtigkeit der Schuld weiß und dem Erwerber dies bekannt ist. Diese Situation taucht in den Quellen etwa auf in Form von Leistungen des libertus gegenüber seinem ehemaligen Herrn, welchem er sich zwar nicht rechtlich, jedoch moralisch verpflichtet fühlt.15 Hier fehlt es jedoch – wie im Falle

12

Unverständlich erscheint daher die Selbstverständlichkeit, mit welcher Schönbauer, KritV 61 (1932), 210, in diesen Fällen – freilich ohne Nennung von Nachweisen – den Übereignungserfolg annimmt. 13 Ulp. D. 5.3.13.1 (letzter Satz); Ulp. D. 47.2.43 pr. (nec nummi eius fient); Scaev./Pomp. D. 13.1.18. Vgl. Bonfante, Corso II/2 (1928/1968), 245 ff.; Strohal, JherJb 27 (1889), 345; Cannata, Materiali I (2005), 103; Nelson/Manthe, Studia Gaiana VIII (1999), 83; 14 Zum dolus als elementarem Bestandteil im Tatbestand des furtum vgl. Gai. 3.197: (…) quod furtum sine dolo malo non committitur; PS 2.31.1: Fur est qui dolo malo rem alienam contrectat. 15 Val. D. 38.1.47

220

Dritter Teil: Die Rechtsnatur der causa solvendi

der regulären Schenkung – nicht nur am animus solvendi des Erwerbers, sondern auch an demjenigen des Veräußerers. Aus den überlieferten Fällen, in denen nur der Veräußerer, nicht jedoch der Erwerber mit animus solvendi handelt, ist jedenfalls kein Beweis zugunsten der Einseitigkeit der causa solvendi zu gewinnen. Gegen die alleinige Maßgeblichkeit des Veräußererwillens sprechen die Argumente, die oben16 bereits gegen Schanbachers Lehre der Einseitigkeit der iusta causa traditionis vorgebracht wurden. 2. animus solvendi nur auf Seiten des Erwerbers Fälle, in denen der Erwerber die Sache solvendi causa annimmt, der Veräußerer sie aber donandi, credendi etc. causa leistet, sind ebenfalls (wie auch die oben angesprochene umgekehrte Fallkonstellation) nicht überliefert. Auch hier läge ein dissensus in causa bei gleichzeitiger dinglicher Einigung vor, was wiederum eine entsprechende Lösung wie im Falle der Antinomie Jul. D. 41.1.36 / Ulp. D.12.1.18 pr. erwarten ließe. Auf den ersten Blick merkwürdig erscheint es daher, dass Ulpian den Eigentumsübergang offenbar für den verwandten Fall bejaht, dass der Empfänger eine nicht geschuldete Leistung solvendi causa annimmt, der Leistende jedoch vom Nichtbestehen der Schuld weiß:17 D. 12.6.1.1 Ulpianus libro 26 ad edictum Et quidem si quis indebitum ignorans solvit, per hanc actionem condicere potest: sed si sciens se non debere solvit, cessat repetitio.

Auffällig ist die Gewährung der „condictio“ im Falle der ignorantia solventis gegenüber der Versagung der „repetitio“ im Falle der scientia solventis. Es wird in letzterem Falle folglich nicht nur die condictio, sondern die Rückforderung schlechthin versagt. Der Rückforderungsausschluss umfasst mithin auch die rei vindicatio. Ist hieraus ein Argument für oder gegen den Eigentumserwerb zu gewinnen? Gegen den Eigentumsübergang könnte sprechen, dass Ulpian gerade nicht die condictio erwägt, welche einen Eigentumsübergang voraussetzt. Dann wäre mit repetitio die rei vindicatio gemeint. Wie sollte diese aber versagt werden? Von einer Einrede ist nichts gesagt; offenbar ergibt sich der Rückforderungsausschluss ipso iure. Dies spricht gegen das Bestehen einer Vindikationslage. Es 16

1. Teil, § 2. D. III. 2. Zu dieser Konstellation, allerdings unter dem Aspekt der Rückforderbarkeit einer solchen Leistung, vgl. Simonius, FS Lewald (1953), 170 f.; Liebs, in: Essays Honoré (1986), 177 f. Vgl. ferner Paul. D. 46.3.50: Hier leistet der solvens wissentlich ein aliud (Erz statt Gold) und kann dieses daher nicht zurückfordern.

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§ 1. Einseitigkeit oder Zweiseitigkeit der causa solvendi?

221

wäre ferner der Rechtssicherheit nicht gerade zuträglich, sowohl die Rückforderung als auch den Eigentumsübergang zu versagen, da dies ein dauerhaftes Auseinanderfallen von tatsächlicher und rechtlicher Sachherrschaft zur Folge hätte. Wahrscheinlicher ist daher, dass Ulpian den Begriff repetitio nur der Abwechslung wegen anstelle von condictio gebrauchte und die Übereignung folglich im Falle der scientia solventis ebenso gelingen ließ wie in dem der ignorantia. Hier stellt sich nun die Frage, worin der – von Ulpian in D. 12.1.18 pr. für den Übereignungserfolg geforderte – consensus in causa bestehen soll, wenn der animus solvendi zwar beim Empfänger, nicht aber beim Geber vorhanden ist. Letztlich gibt es nur zwei mögliche Antworten: Entweder verneinte Ulpian das Vorliegen eines consensus und stellte seine Entscheidung damit in einen problematischen Kontrast zu der in D. 12.1.18 pr. getroffenen, wo er den Eigentumsübergang eben aufgrund des Fehlens eines consensus in causa scheitern ließ. Oder aber Ulpian befürwortete einen consensus, stützte diesen aber nicht auf den Willen der Parteien, sondern auf objektive Kriterien. In letzterem Falle fragt sich aber, wie er den consensus in D. 12.1.18 pr. verneinen und hier bejahen konnte. Eine Antwort liefert möglicherweise ein in Paul. D. 32.25.1 überlieferter Topos zur Auslegung rechtsgeschäftlicher Erklärungen: Cum in verbis nulla ambiguitas est, non debet admitti voluntatis quaestio. Demnach soll ein Rekurs auf den hinter der Erklärung stehenden Willen nur dann erforderlich sein, wenn die Erklärung selbst mehrdeutig ist. Dies ist in der in D. 12.1.18 pr. überlieferten Konstellation offensichtlich der Fall: Es wird lediglich ein Geldbetrag gezahlt; zu welchem Zweck dies erfolgt, wird von den Parteien nicht vereinbart, da jede es zu wissen glaubt. Die Geldzahlung als das äußerlich erkennbare Verhalten der Parteien lässt aber vielerlei Schlüsse zu und ist mithin mehrdeutig. Daher kommt es in diesem Fall auf den tatsächlichen Willen der Parteien an; da hier keine Übereinstimmung vorliegt, scheitert der consensus in causa und mit ihm der Eigentumsübergang. Als Ulpian den in D. 12.6.1.1 überlieferten Fall zu entscheiden hatte, bot sich ihm hingegen ein anderes Bild: Zwar wusste der Leistende vom Nichtbestand der Schuld, dennoch stellt sich die Situation objektiv als ein solvere dar. Während es sich bei den von den Parteien in D. 12.1.18 pr. intendierten Geschäften um Bargeschäfte handelt, die keinerlei vorherigen geschäftlichen Kontakt voraussetzen, welcher Aufschluss über den Leistungszweck hätte geben können, liegt der Leistung in D. 12.6.1.1 immerhin ein vermeintliches Schuldverhältnis zugrunde. Aus der objektivierten Perspektive des „Gläubigers“, welcher an den Bestand der Schuld glaubt, muss die Leistung des „Schuldners“ als solutio erscheinen; umso mehr, da der wissende „Schuldner“ seinerseits nichts unternimmt, um diesen Schein zu entkräften. Das objektive Erscheinungsbild der Hingabe und Annahme des vermeintlichen debitum lässt keine ambiguitas zu. Zur Bestimmung des con-

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Dritter Teil: Die Rechtsnatur der causa solvendi

sensus kommt es auf die wahren Motive des Leistenden18 daher gar nicht an – so jedenfalls das Ergebnis der Exegese unter Zugrundelegung eines objektivierten Konsensbegriffs, welcher den objektiven Erklärungsinhalt über den inneren Willen stellt und sich aus Paul. D. 32.25.1 (s.o.) ableiten lässt. Dieses Rangverhältnis findet sich jedoch im umgekehrten Sinn in Pap. D. 50.16.219: In conventionibus contrahentium voluntatem potius quam verba spectari placuit. Demnach soll es nun doch mehr auf den Willen als auf die Worte der Parteien ankommen.19 Ist Ulpian diesem Topos bei der Konsensbestimmung in dem in D. 12.6.1.1 überlieferten Fall gefolgt, muss er zu einem negativen Ergebnis gekommen sein. Wenn er aber den consensus in causa an der mangelnden Willensübereinstimmung scheitern ließ und den Eigentumsübergang nichtsdestotrotz bejahte, steht seine Entscheidung in unmittelbarem Kontrast zu der in D. 12.1.18 pr. getroffenen. Zugunsten der Bejahung des Eigentumsübergangs in D. 12.6.1.1 trotz dissensus in causa ließe sich immerhin ein sachlicher Grund anführen, nämlich derselbe, den Ulpian dort auch zur Versagung der condictio bewogen hat: Wer leistet, obschon er vom Nichtbestehen der Schuld weiß, ist nicht schutzwürdig und hat zudem hinreichend deutlich zu verstehen gegeben, dass er das Eigentum trotz Kenntnis aller Umstände auf den Empfänger übertragen will. Demgegenüber weiß der Leistende in D. 12.1.18 pr. nichts von dem dissensus; insofern ist er in seiner Willensbildung beeinträchtigt. Während der animus dominii transferendi des Leistenden in D. 12.1.18 pr. mithin durch einen Willensmangel mitverursacht wurde, liegt er in D. 12.6.1.1 ungetrübt vor. Aufgrund dieses Unterschiedes ist Ulpians unterschiedliche Behandlung der beiden betrachteten Kausaldissensfälle auch unter Zugrundelegung des willenstheoretischen Modells der Konsensbestimmung nachvollziehbar. Die Stattgabe des Eigentumsübergangs in D. 12.6.1.1 stellt sich unter dieser Voraussetzung als Ergebnis einer fallbezogenen Wertung dar,

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Möglicherweise leistete er mit animus donandi, vgl. insb. Val. D. 38.1.47; Jul. 41.4.7.2; Paul. D. 46.2.12; Paul. D. 50.17.53. In diesen Stellen wird der Ausschluss der Rückforderung des wissentlich geleisteten indebitum damit begründet, dass eine solche Leistung wie eine Schenkung angesehen werde. Da der Empfänger in der Leistung aber jedenfalls keine Schenkung erblickte, liegt ein Konsens über die causa donandi fern. Unverständlich erscheint daher dessen Annahme durch Lange, Das kausale Element (1930), 79. 19 Um diesen Fragenkreis dreht sich auch der Streit zwischen Identifikations- und Dissenstheorie um die Funktion des Irrtums im römischen Vertragsrecht; vgl. hierzu Harke, Si error aliquis intervenit (2005), 15 ff. m.w.N. Im BGB findet das Spannungsverhältnis zwischen Willens- und Erklärungstheorie Anhaltspunkte in § 133 auf der einen und § 157 auf der anderen Seite; vgl. hierzu Wolf/Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts10 (2012), § 35 Rn. 2 ff.

§ 1. Einseitigkeit oder Zweiseitigkeit der causa solvendi?

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mitnichten jedoch als Ausdruck einer Regel, wonach Ulpian die Unilateralität der causa solvendi befürwortet hätte. Bei alledem ist zu beachten, dass der Eigentumsübergang in beiden Entscheidungen Ulpians nicht im Zentrum des Interesses stand, sondern sich lediglich als Vorfrage stellte – dort (D. 12.1.18 pr.) für die Wirksamkeit des mutuum, hier (D. 12.6.1.1) implizit als Voraussetzung der condictio indebiti. Auch bei allen anderen Stellen zur condictio indebiti, in denen das Wissen um die Nichtschuld angesprochen wird, geschieht dies zur Erläuterung der Erfordernisse bzw. Hindernisse nicht des Eigentumsübergangs, sondern der Rückforderbarkeit.20 Es ist daher äußerst schwierig, diesen Stellen dogmatische Aussagen zur Rechtsnatur der causa solvendi abzugewinnen. Für die Konsensbestimmung Ulpians in D. 12.6.1.1 jedenfalls ist sowohl der erklärungs- als auch der willenstheoretische Ansatz denkbar, d.h., es ist nicht mit Sicherheit zu sagen, ob Ulpian den consensus nach dem äußeren Erscheinungsbild des Rechtsvorgangs oder nach der Übereinstimmung des inneren Willens der Parteien bestimmte.

C. Fazit Für die Unilateralität der causa solvendi liefern die Quellen keine Belege. Aufgrund der in D. 41.1.36 überlieferten Entscheidung ist jedoch wahrscheinlich, dass Julian eine traditio, welche nur von einer Seite als solvendi causa qualifiziert wurde, gelingen ließ, sofern in der Zweckbestimmung der anderen Seite ebenfalls der animus dominii transferendi zu ermitteln war. Grundlage hierfür ist aber – wie bei der Exegese von D. 41.1.36 gesehen – nicht eine einseitige causa, sondern der consensus in corpore quod traditur, d.h. der gemeinsame Wille der Parteien zur Übereignung, welcher durch Auslegung aus den einzelnen Zweckbestimmungen zu ermitteln ist. Die Beteiligung beider Parteien an der Konstituierung des Übereignungstatbestandes war mithin auch für Julian essentiell. Wenn Ulpian in D. 12.1.18 pr. darüber hinaus eine Einigung der Parteien über die iusta causa traditionis fordert, ist anzunehmen, dass er dies auch für die traditio solvendi causa gelten lassen wollte, dass also auch hier die Parteien über den Leistungszweck ‚solutio‘ einig sein müssen. 20

Die scientia solventis als Rückforderungsausschlussgrund ist außer in Ulp. D. 12.6.1.1 noch in Pomp. D. 12.6.50; Paul. D. 46.3.50; Diokl./Max. C. 4.5.9 pr. genannt. Gewöhnlich findet sich umgekehrt der error bzw. die ignorantia solventis als positive Voraussetzung der condictio formuliert: Gai. 3.91; Jul. D. 12.6.37; Pap. D. 12.6.54; Pomp. D. 18.1.16 pr.; Gai. D. 44.7.5.3; Paul. D. 46.2.12; Afr. D. 46.3.38.3; Paul. D. 50.17.53; Anton. C. 4.5.1 pr.; Diokl./Max. C. 4.5.3–7; Just. C. 4.5.10 pr.; C. 4.5.11 (zum Fall des über den Bestand der Schuld zweifelnden Leistenden).

§ 1. Einseitigkeit oder Zweiseitigkeit der causa solvendi?

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mitnichten jedoch als Ausdruck einer Regel, wonach Ulpian die Unilateralität der causa solvendi befürwortet hätte. Bei alledem ist zu beachten, dass der Eigentumsübergang in beiden Entscheidungen Ulpians nicht im Zentrum des Interesses stand, sondern sich lediglich als Vorfrage stellte – dort (D. 12.1.18 pr.) für die Wirksamkeit des mutuum, hier (D. 12.6.1.1) implizit als Voraussetzung der condictio indebiti. Auch bei allen anderen Stellen zur condictio indebiti, in denen das Wissen um die Nichtschuld angesprochen wird, geschieht dies zur Erläuterung der Erfordernisse bzw. Hindernisse nicht des Eigentumsübergangs, sondern der Rückforderbarkeit.20 Es ist daher äußerst schwierig, diesen Stellen dogmatische Aussagen zur Rechtsnatur der causa solvendi abzugewinnen. Für die Konsensbestimmung Ulpians in D. 12.6.1.1 jedenfalls ist sowohl der erklärungs- als auch der willenstheoretische Ansatz denkbar, d.h., es ist nicht mit Sicherheit zu sagen, ob Ulpian den consensus nach dem äußeren Erscheinungsbild des Rechtsvorgangs oder nach der Übereinstimmung des inneren Willens der Parteien bestimmte.

C. Fazit Für die Unilateralität der causa solvendi liefern die Quellen keine Belege. Aufgrund der in D. 41.1.36 überlieferten Entscheidung ist jedoch wahrscheinlich, dass Julian eine traditio, welche nur von einer Seite als solvendi causa qualifiziert wurde, gelingen ließ, sofern in der Zweckbestimmung der anderen Seite ebenfalls der animus dominii transferendi zu ermitteln war. Grundlage hierfür ist aber – wie bei der Exegese von D. 41.1.36 gesehen – nicht eine einseitige causa, sondern der consensus in corpore quod traditur, d.h. der gemeinsame Wille der Parteien zur Übereignung, welcher durch Auslegung aus den einzelnen Zweckbestimmungen zu ermitteln ist. Die Beteiligung beider Parteien an der Konstituierung des Übereignungstatbestandes war mithin auch für Julian essentiell. Wenn Ulpian in D. 12.1.18 pr. darüber hinaus eine Einigung der Parteien über die iusta causa traditionis fordert, ist anzunehmen, dass er dies auch für die traditio solvendi causa gelten lassen wollte, dass also auch hier die Parteien über den Leistungszweck ‚solutio‘ einig sein müssen. 20

Die scientia solventis als Rückforderungsausschlussgrund ist außer in Ulp. D. 12.6.1.1 noch in Pomp. D. 12.6.50; Paul. D. 46.3.50; Diokl./Max. C. 4.5.9 pr. genannt. Gewöhnlich findet sich umgekehrt der error bzw. die ignorantia solventis als positive Voraussetzung der condictio formuliert: Gai. 3.91; Jul. D. 12.6.37; Pap. D. 12.6.54; Pomp. D. 18.1.16 pr.; Gai. D. 44.7.5.3; Paul. D. 46.2.12; Afr. D. 46.3.38.3; Paul. D. 50.17.53; Anton. C. 4.5.1 pr.; Diokl./Max. C. 4.5.3–7; Just. C. 4.5.10 pr.; C. 4.5.11 (zum Fall des über den Bestand der Schuld zweifelnden Leistenden).

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Dritter Teil: Die Rechtsnatur der causa solvendi

Dem widerspricht seine in D. 12.6.1.1 überlieferte Entscheidung, in welcher er die Übereignung trotz scientia solventis statthaben lässt, allenfalls dann, wenn man den consensus in causa als Übereinstimmung des inneren Willens der Parteien definiert: Da der Leistende vom Nichtbestand der Schuld weiß, fehlt ihm nämlich der animus solvendi. Ein Abweichen vom Grundsatz des Konsenserfordernisses erscheint im Fall von D. 12.6.1.1 jedoch nicht nur nachvollziehbar, sondern evident geboten, denn es fehlt in jeder Hinsicht an der Schutzwürdigkeit des Leistenden, der seine Sache trotz Kenntnis der Nichtschuld übereignen will. Unter Zugrundelegung des willenstheoretischen Modells der Konsensbestimmung wäre der Eigentumsübergang in D. 12.6.1.1 folglich mit einer korrigierenden Wertung zu erklären. Die Annahme, Ulpian hätte den Eigentumsübergang ausschließlich auf den animus solvendi des Empfängers gestützt, erscheint demgegenüber unwahrscheinlich. Erachtet man hingegen, wie es Paul. D. 32.25.1 nahelegt, den objektiven Erklärungswert als vorrangiges Kriterium der Konsensbestimmung, lässt sich der in D. 12.6.1.1 überlieferte Fall ohne weiteres auch ohne Annahme einer normativen Ausnahme von dem Konsenserfordernis erklären. Unter dieser Prämisse steht das Wissen des Veräußerers um die Nichtschuld dem Zustandekommen eines consensus nämlich nicht entgegen, sofern sich sein Verhalten nur aus objektivierter Perspektive des Erwerbers als ‚solutio‘ darstellt. Dieses Bild ergibt sich auch unter Zugrundelegung der in der neueren Romanistik verbreiteten Vorstellung, die Römer hätten den consensus als Einheit und nicht als Produkt zweier übereinstimmender Willenserklärungen angesehen:21 Der einheitliche Vorgang der auf eine – wenn auch nur vermeintliche – Obligation bezogenen Übergabe lässt eben durch diesen Bezug keine andere Wertung zu, als dass er solvendi causa erfolge.

§ 2. I nhaltliche G estalt

der causa solvendi

Nachdem die causa solvendi im vorigen Abschnitt als consensus – sei es, dass dieser objektiv oder subjektiv verstanden wurde – qualifiziert werden konnte, stellt sich nun die Frage nach dem Inhalt desselben. Über welche Punkte mussten sich die Parteien einigen? 21

Schermaier, SZ 115 (1998), 253: „Es scheint also, als hätten die römischen Juristen nur Vertragsauslegung, nicht aber die Auslegung von Willenserklärungen betrieben.“ Harke, Römisches Recht (2008), 55: „Sieht man dagegen im consensus eine unteilbare Einheit, die weder in Willensäußerungen noch innere Entschlüsse zerfällt, muß seine Feststellung von der äußerlich erkennbaren Einigung der Parteien ausgehen (…).“ [Hervorhebungen im Original]

§ 2. Inhaltliche Gestalt der causa solvendi

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A. Zur solutio als Gegenstand des consensus Bei seiner Untersuchung des Tatbestandes der condictio indebiti stieß Wunner auf die Beobachtung, „dass in den Texten zur condictio mit dem dort erwähnten error ausschließlich der Irrtum über das indebitum, nicht aber der Irrtum über das Ausbleiben des Liberationseffektes gemeint ist“.22 In der Tat sprechen die einschlägigen Quellen nicht etwa von einem consensus de solvendo der Parteien, sondern von deren error bzw. ignorantia hinsichtlich des indebitum.23 Die Unterstellung eines positiven Solutionskonsenses ist auf dieser Grundlage nur möglich durch Vornahme eines zweifachen interpretativen Schrittes: Erstens muss der (negativen) ignorantia hinsichtlich des indebitum eine (positive) existimatio hinsichtlich des vermeintlichen debitum entsprechen. Zweitens muss aus dieser existimatio der animus solvendi folgen. Abstrakt betrachtet ist nur der erste der beiden Schlüsse zwingend: Das Nichtwissen um eine Nichtschuld setzt – gleich der Multiplikation zweier Negativwerte – den Glauben an eine Schuld voraus, ist also niemals reines Nichtwissen.24 Hingegen folgt hieraus nicht ohne weiteres der Erfüllungswille. Der solvens kann die Leistung nämlich theoretisch – trotz seines Glaubens an die Schuld – zu einem anderen Zweck, etwa donandi oder credendi causa, erbringen. Im konkreten Bezug der überlieferten Fälle erscheint eine solch hypothetische Annahme jedoch ausgeschlossen. Wenn die Rechtsgelehrten eine Leistung im Glauben an eine Schuld beschreiben und keine weiteren Anhaltspunkte liefern, welche auf eine abweichende Zweckbestimmung schließen lassen, gibt es zum animus solvendi der Parteien keine sinnvolle Alternative. Da sich die solutio als Leistungszweck im unmittelbaren Bewusstsein der Parteien jedoch hinter dem Leistungsmotiv des debitum verbirgt25 (die Leistung erfolgt primär, weil sie geschuldet ist, erst sekundär, um zu erfüllen), verwundert es kaum, dass nach der praktischen und fallrechtlichen Methode der römischen Problemdarstellung nicht der abstrakte Erfüllungswille, sondern der konkrete Glaube an bzw. der Irrtum über die Schuld im Vordergrund steht.26 Hier wird eine Parallele sichtbar zum 22

Wunner, Romanitas 9 (1970), 467. Nachweise s.o. in Anm. 20. 24 Bestätigt wird dies durch das nahezu gleichmäßige Nebeneinander von positiver und negativer Fassung des Erfordernisses der existimatio in den Stellen zur usucapio pro soluto, s.o. Zweiter Teil, § 3. A. II. Die meist negative Formulierung in den Stellen zur condictio indebiti resultiert wohl aus der begrifflichen Etablierung des error solventis als fester Tatbestandsvoraussetzung dieser Klage. 25 Wunner, Romanitas 9 (1970), 467. 26 Ausdrücklich angesprochen wird der Erfüllungswille daher nur an wenigen Stellen, vgl. etwa Jul. D. 41.3.33.3 (si solvendi causa id fecerit); Tryph. D. 46.1.69 (pro se solvendi animo); Gai. 3.91 (qui solvendi animo dat): Bemerkenswert ist das Fehlen dieser Formulierung aus Gai. 3.91 in der Parallelstelle der justinianischen Digesten 23

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Dritter Teil: Die Rechtsnatur der causa solvendi

Verhältnis zwischen animus dominii transferendi und iusta causa traditionis: Wer eine Sache ex iusta causa tradiert, hat selbstverständlich auch den Willen, sie zu übereignen, auch wenn sich dieser Wille unausgesprochen hinter dem konkreten Geschäftszweck (Kauf, Tausch, Schenkung etc.) verbirgt. Als Übereignungsvoraussetzung wird in den Quellen aber zumeist die konkrete causa anstelle des abstrakten animus genannt, was zu der römischen Abneigung gegen abstrakte Darstellungen passt. Gleichermaßen liegt im Falle der traditio solvendi causa stets ein Solutionskonsens vor, auch wenn die Quellen nur von einem beiderseitigen Glauben an bzw. Irrtum über die Schuld sprechen.

B. Konkreter oder abstrakter Solutionskonsens? Weiterhin ist fraglich, ob der Solutionskonsens den konkreten Entstehungsgrund der zu erfüllenden Obligation27 oder lediglich den Erfüllungscharakter der Leistung28 umfassen musste. In der Regel wird zwischen den Parteien Einigkeit hinsichtlich der konkreten zu erfüllenden Obligation bestanden haben. Relevant wird die Frage daher nur in solchen Fällen, in denen verschiedene Obligationen im Raum standen und bei der Leistung keine Absprache darüber getroffen wurde, welche dieser Obligationen nun erfüllt werden soll. Die Auffassung29, die römischen Juristen hätten hier den Eigentumsübergang verneint, sieht sich insbesondere einem Einwand ausgesetzt: Es ist die Möglichkeit der nachträglichen Leistungszweckbestimmung nach objektiven Kriterien, welche in zahlreichen Stellen des Titels D. 46.3 (De solutionibus et liberationibus) überliefert ist.30 Hier ist eben an die Fälle gedacht, in denen der Schuldner zwar solvendi causa leistet, ohne jedoch zu bestimmen, welche unter mehreren Verbindlichkeiten getilgt werden soll. Wurden sich die Parteien auch im Nachhinein über diese Frage nicht einig,



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(Gai. D. 44.7.5.3), was eine Rückführung sämtlicher Bezüge zum animus auf Interpolationen – wie es etwa von Pringsheim, LQR 49 (1933), 43–60 und 379–412, vertreten wird – unwahrscheinlich wirken lässt. Pflüger, Zur Lehre vom Erwerbe des Eigentums (1937), 13; Wolf, Error im römischen Vertragsrecht (1961), 11079; Cannata, in: Incontro Pugliese (1992), 74; Schanbacher, TR 60 (1992), 1581; Harke, Si error aliquis intervenit (2005), 114. Huschke, AcP 62 (1879), 328; Rabel, Grundzüge (1915), 441; Kaser, BIDR 64 (1961), 71. Benedek, AJ IV (1962), 156112; Jahr, SZ 80 (1963), 17071; Siber, Römisches Recht (1968), 74; Honsell/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht4 (1987), 158; Gordon, in: New Perspectives in the Roman Law of Property (1989), 127; Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 55; Cannata, in: Vacca (Hrsg.): Arricchimento ingiustificato e ripetizione dell’indebito (2005), 18. S. o. Anm. 27. Vgl. dort die Fragmente 1 – 5 pr.; 6 – 8; 24; 97; 102.2–3; 103.

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Dritter Teil: Die Rechtsnatur der causa solvendi

Verhältnis zwischen animus dominii transferendi und iusta causa traditionis: Wer eine Sache ex iusta causa tradiert, hat selbstverständlich auch den Willen, sie zu übereignen, auch wenn sich dieser Wille unausgesprochen hinter dem konkreten Geschäftszweck (Kauf, Tausch, Schenkung etc.) verbirgt. Als Übereignungsvoraussetzung wird in den Quellen aber zumeist die konkrete causa anstelle des abstrakten animus genannt, was zu der römischen Abneigung gegen abstrakte Darstellungen passt. Gleichermaßen liegt im Falle der traditio solvendi causa stets ein Solutionskonsens vor, auch wenn die Quellen nur von einem beiderseitigen Glauben an bzw. Irrtum über die Schuld sprechen.

B. Konkreter oder abstrakter Solutionskonsens? Weiterhin ist fraglich, ob der Solutionskonsens den konkreten Entstehungsgrund der zu erfüllenden Obligation27 oder lediglich den Erfüllungscharakter der Leistung28 umfassen musste. In der Regel wird zwischen den Parteien Einigkeit hinsichtlich der konkreten zu erfüllenden Obligation bestanden haben. Relevant wird die Frage daher nur in solchen Fällen, in denen verschiedene Obligationen im Raum standen und bei der Leistung keine Absprache darüber getroffen wurde, welche dieser Obligationen nun erfüllt werden soll. Die Auffassung29, die römischen Juristen hätten hier den Eigentumsübergang verneint, sieht sich insbesondere einem Einwand ausgesetzt: Es ist die Möglichkeit der nachträglichen Leistungszweckbestimmung nach objektiven Kriterien, welche in zahlreichen Stellen des Titels D. 46.3 (De solutionibus et liberationibus) überliefert ist.30 Hier ist eben an die Fälle gedacht, in denen der Schuldner zwar solvendi causa leistet, ohne jedoch zu bestimmen, welche unter mehreren Verbindlichkeiten getilgt werden soll. Wurden sich die Parteien auch im Nachhinein über diese Frage nicht einig,



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(Gai. D. 44.7.5.3), was eine Rückführung sämtlicher Bezüge zum animus auf Interpolationen – wie es etwa von Pringsheim, LQR 49 (1933), 43–60 und 379–412, vertreten wird – unwahrscheinlich wirken lässt. Pflüger, Zur Lehre vom Erwerbe des Eigentums (1937), 13; Wolf, Error im römischen Vertragsrecht (1961), 11079; Cannata, in: Incontro Pugliese (1992), 74; Schanbacher, TR 60 (1992), 1581; Harke, Si error aliquis intervenit (2005), 114. Huschke, AcP 62 (1879), 328; Rabel, Grundzüge (1915), 441; Kaser, BIDR 64 (1961), 71. Benedek, AJ IV (1962), 156112; Jahr, SZ 80 (1963), 17071; Siber, Römisches Recht (1968), 74; Honsell/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht4 (1987), 158; Gordon, in: New Perspectives in the Roman Law of Property (1989), 127; Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 55; Cannata, in: Vacca (Hrsg.): Arricchimento ingiustificato e ripetizione dell’indebito (2005), 18. S. o. Anm. 27. Vgl. dort die Fragmente 1 – 5 pr.; 6 – 8; 24; 97; 102.2–3; 103.

§ 2. Inhaltliche Gestalt der causa solvendi

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gab es eine anerkannte Rangfolge an Kriterien zur Bestimmung der Schuld.31 Auch wenn man hierin die Feststellung des hypothetischen Parteiwillens zum Zeitpunkt der Leistung erkennt, ändert dies nichts daran, dass in Wirklichkeit eben kein konkreter Solutionskonsens getroffen wurde. Dennoch lassen diese Stellen keinen Zweifel hinsichtlich des Übereignungserfolgs zu, denn das „Ob“ der Erfüllung einer auf Übereignung gerichteten Verbindlichkeit steht bereits fest. Geht es mithin nur noch um die nachträgliche Bestimmung einer bereits erfüllten Verbindlichkeit, muss die Vermögensverschiebung bereits erfolgt sein. Die Übereignung geschah in diesen Fällen folglich ohne Einigung über die konkret zu erfüllende Obligation. Gegen die Irrelevanz eines konkreten Solutionskonsenses lässt sich auch nicht anführen, dass Julian im ersten Fall von D. 41.1.36 den Eigentumsübergang nicht nur abstrakt auf eine „causa solutionis“ stützt, sondern mit Stipulation und Damnationslegat konkrete Bespiele anführt.32 Abgesehen davon, dass die Bildung von Beispielen ein Charakteristikum der klassischen Problemdarstellung ist, ergibt sich gerade unter der Annahme, dass lediglich ein abstrakter, die wirtschaftlichen Zwecke verschweigender Solutionskonsens erforderlich war, eine gesteigerte Fallbrisanz und das Bedürfnis der Veranschaulichung anhand eines konkreten Beispiels.33 Da Julian den Eigentumsübergang trotz eines lediglich abstrakten Solutionskonsenses gelingen lässt, liefert die Stelle vielmehr ein starkes Argument gegen die Erforderlichkeit eines konkreten Solutionskonsenses. Auf der anderen Seite sieht sich die Vorstellung eines abstrakten, völlig von der zu erfüllenden Obligation losgelösten Solutionskonsenses jedoch ebenfalls einem Einwand ausgesetzt: Hinter der Einigung über den schuldbefreienden Charakter 31

Vgl. hierzu insb. Pap. D. 46.3.97: Cum ex pluribus causis debitor pecuniam solvit, utriusque demonstratione cessante potior habebitur causa eius pecuniae, quae sub infamia debetur: mox eius, quae poenam continet: tertio quae sub hypotheca vel pignore contracta est: post hunc ordinem potior habebitur propria quam aliena causa, veluti fideiussoris. Quod veteres ideo definierunt, quod verisimile videretur diligentem debitorem admonitum ita negotium suum gesturum fuisse. Si nihil eorum interveniat, vetustior contractus ante solvetur. Si maior pecunia numerata sit, quam ratio singulorum exposcit, nihilo minus primo contractu soluto, qui potior erit, superfluum ordini secundo vel in totum vel pro parte minuendo videbitur datum. 32 Harke, Si error aliquis intervenit (2005), 114: „[Die Verschiedenheit der Parteivorstellungen] wäre irrelevant, gäbe es nur den völlig verselbständigten Begriff der causa solutionis, welcher unterschiedslos für Stipulations- und Legatsverbindlichkeiten gilt. Die Natur des Schuldverhältnisses bleibt trotz Emanzipation des Erfüllungsgrundes wesentlich und die causa solutionis darauf bezogen.“ 33 Im Übrigen ist es nicht wahr, dass die Problematik stets mit konkretem Fallbezug erörtert wird: In Herm. D. 41.3.46, Paul. D. 41.3.48 und Paul. D. 41.4.2 pr. wird nicht der Glaube an eine konkret benannte Verbindlichkeit, sondern nur an das Geschuldetsein als solches verlangt (s.o.).

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Dritter Teil: Die Rechtsnatur der causa solvendi

der Leistung könnte ohne weiteres auch eine Schuld zur bloßen Gebrauchsüberlassung (Pacht, Miete, Leihe etc.) stehen. Ein solcher consensus wäre aber untauglich, die traditio als Übereignungsakt zu definieren. Man wird die Abstraktheit des Solutionskonsenses daher insoweit einschränken müssen, als aus ihm ersichtlich bleiben muss, dass die zu erfüllenden Obligationen auf Eigentumsübertragung gerichtet sind.34

C. Zum Erfordernis einer (kausalen) dinglichen Einigung Diese Einschränkung der Abstraktheit des Solutionskonsenses wäre nicht erforderlich, wenn ihm eine dingliche Einigung zur Seite stünde, wenn also zum einen die Einigung über den Erfüllungscharakter der Leistung, zum anderen die Einigung über den Eigentumsübergang gefordert wäre. Durch diese beiden consensus wäre es möglich, völlig losgelöst von einer konkreten Obligation einen Tatbestand zu schaffen, welcher der von diesem begleiteten traditio die Attribute „zwecks Erfüllung“ und „zwecks Übereignung“ zuweisen würde. Allerdings ist nicht zu verkennen, dass weder der abstrakte Solutionskonsens noch die abstrakte dingliche Einigung als solche in der Lebenswirklichkeit existieren. Es wäre eher untypisch, wenn römische Juristen das Problem derart abstrakt-analytisch erfasst hätten. Sie werden sich die Frage zumeist – wie in Jul. D. 41.1.36 (1. Fall) ersichtlich – in einem konkreten Fallbezug gestellt haben: Der Veräußerer meint, mit seiner Leistung eine Legatsschuld zu erfüllen, der Erwerber hingegen glaubt, es werde eine Stipulationsschuld getilgt. Ausdrücklich erklären hier die Parteien bei der Übergabe weder ihre Einigung hinsichtlich des Erfüllungscharakters der Leistung noch hinsichtlich des Eigentumsübergangs. Dennoch stimmen die Parteivorstellungen in eben diesen Punkten überein. Beide consensus existieren nicht unmittelbar qua Einigung, sondern werden erst durch abstrahierende Auslegung der konkreten Erfüllungsabsichten sichtbar.35 Bei der Abstrahierung des animus dominii transferendi von dem animus solvendi handelt es sich wiederum um eine rechtstheoretische Fiktion, welche einen einheitlichen Lebenssachverhalt entgegen seiner Natur in einzelne Elemente aufspaltet. In Wirklichkeit – und so werden es wohl auch die fallrechtlich und praktisch orientierten Römer gesehen haben36 – handelt es sich 34

Benedek, AJ IV (1962), 156, spricht von einer Bezogenheit des consensus auf den Geschäftstypus. 35 Cannata, in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà II (1991), 430: “Un accordo solutorio non è un vero accordo causale, ma solo il titolo – e magari il titolo putativo – di un dinglicher Vertrag, per usare un termine della dottrina tedesca.” 36 Es ist daher zumindest irreführend, wenn Cannata, Istituzioni I (2001), 306, der dinglichen Einigung „una propria, precisa autonomia” gegenüber dem kausalen Konsens zuschreibt.

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Dritter Teil: Die Rechtsnatur der causa solvendi

der Leistung könnte ohne weiteres auch eine Schuld zur bloßen Gebrauchsüberlassung (Pacht, Miete, Leihe etc.) stehen. Ein solcher consensus wäre aber untauglich, die traditio als Übereignungsakt zu definieren. Man wird die Abstraktheit des Solutionskonsenses daher insoweit einschränken müssen, als aus ihm ersichtlich bleiben muss, dass die zu erfüllenden Obligationen auf Eigentumsübertragung gerichtet sind.34

C. Zum Erfordernis einer (kausalen) dinglichen Einigung Diese Einschränkung der Abstraktheit des Solutionskonsenses wäre nicht erforderlich, wenn ihm eine dingliche Einigung zur Seite stünde, wenn also zum einen die Einigung über den Erfüllungscharakter der Leistung, zum anderen die Einigung über den Eigentumsübergang gefordert wäre. Durch diese beiden consensus wäre es möglich, völlig losgelöst von einer konkreten Obligation einen Tatbestand zu schaffen, welcher der von diesem begleiteten traditio die Attribute „zwecks Erfüllung“ und „zwecks Übereignung“ zuweisen würde. Allerdings ist nicht zu verkennen, dass weder der abstrakte Solutionskonsens noch die abstrakte dingliche Einigung als solche in der Lebenswirklichkeit existieren. Es wäre eher untypisch, wenn römische Juristen das Problem derart abstrakt-analytisch erfasst hätten. Sie werden sich die Frage zumeist – wie in Jul. D. 41.1.36 (1. Fall) ersichtlich – in einem konkreten Fallbezug gestellt haben: Der Veräußerer meint, mit seiner Leistung eine Legatsschuld zu erfüllen, der Erwerber hingegen glaubt, es werde eine Stipulationsschuld getilgt. Ausdrücklich erklären hier die Parteien bei der Übergabe weder ihre Einigung hinsichtlich des Erfüllungscharakters der Leistung noch hinsichtlich des Eigentumsübergangs. Dennoch stimmen die Parteivorstellungen in eben diesen Punkten überein. Beide consensus existieren nicht unmittelbar qua Einigung, sondern werden erst durch abstrahierende Auslegung der konkreten Erfüllungsabsichten sichtbar.35 Bei der Abstrahierung des animus dominii transferendi von dem animus solvendi handelt es sich wiederum um eine rechtstheoretische Fiktion, welche einen einheitlichen Lebenssachverhalt entgegen seiner Natur in einzelne Elemente aufspaltet. In Wirklichkeit – und so werden es wohl auch die fallrechtlich und praktisch orientierten Römer gesehen haben36 – handelt es sich 34

Benedek, AJ IV (1962), 156, spricht von einer Bezogenheit des consensus auf den Geschäftstypus. 35 Cannata, in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà II (1991), 430: “Un accordo solutorio non è un vero accordo causale, ma solo il titolo – e magari il titolo putativo – di un dinglicher Vertrag, per usare un termine della dottrina tedesca.” 36 Es ist daher zumindest irreführend, wenn Cannata, Istituzioni I (2001), 306, der dinglichen Einigung „una propria, precisa autonomia” gegenüber dem kausalen Konsens zuschreibt.

§ 3. Zur genaueren juristischen Qualifizierung der causa solvendi

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nur um einen Willen bzw. um einen Konsens, nämlich einen kausalen, welcher den dinglichen aufgrund der Natur der causa zwingend mitumfasst. Besteht – wie in Julians Beispiel – ein Dissens hinsichtlich des Entstehungsgrundes der Obligation (Damnationslegat/Stipulation), so verbleibt ein Konsens hinsichtlich der Erfüllung einer auf Eigentumsübertragung gerichteten Obligation. Es ist dies, wenn man so will, eine „kausale dingliche Einigung“.37 Das Erfordernis des dinglichen Elements innerhalb des Solutionskonsenses wird auch von Ulpian unterstrichen: D. 46.3.55 Ulpianus libro 61 ad edictum Qui sic solvit, ut reciperet, non liberatur, quemadmodum non alienantur nummi, qui sic dantur, ut recipiantur.

Wer so gezahlt hat, dass er es zurückerhalte, wird weder von seiner Schuld befreit, noch geht das Eigentum auf den Empfänger über. Der beschriebenen Leistung liegt offenbar eine auf Eigentumsübertragung gerichtete Schuld zugrunde. Will der Geber die Sache (hier: Münzen) dem Empfänger jedoch nicht dauerhaft, sondern nur vorübergehend zukommen lassen, fehlt ihm der erforderliche animus solvendi, welcher nämlich – gemäß der Natur der zugrunde liegenden Obligation – den animus dominii transferendi enthalten müsste. Hier leistet der Geber vielmehr mit animus commodandi. Obschon die Sache selbst (bzw. der Geldbetrag) der zugrunde liegenden Obligation entspricht und die Übergabe wohl auch mit Blick auf diese Obligation vorgenommen wurde, scheitert die traditio solvendi causa als Übereignungsakt folglich am Fehlen des animus dominii transferendi, welcher den Solutionskonsens überhaupt erst zu einer iusta causa traditionis gemacht hätte.

§ 3. Zur

genaueren juristischen

Q ualifizierung

der causa solvendi

A. Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse Bislang konnte die causa solvendi strukturell als ein consensus definiert werden, d.h. als bilateraler Tatbestand. Ob dieser als eine untrennbare Einheit aufzufassen oder in zwei korrespondierende Willenserklärungen zerlegbar ist, ist umstritten und kann im Rahmen dieser Untersuchung nicht geklärt werden.38 Ebenso wenig klar zu beantworten ist die Frage, ob die römischen Juristen für die Konsens37

Die gleichlautende Lehre (dazu s.o. Erster Teil, § 1. B. II.) ist im Bereich der causa solvendi weitgehend unbestritten. 38 Vgl. die Darstellung des entsprechenden Streitstandes im Zusammenhang mit der Irrtumslehre bei Harke, Si error aliquis intervenit (2005), 15 ff.

§ 3. Zur genaueren juristischen Qualifizierung der causa solvendi

229

nur um einen Willen bzw. um einen Konsens, nämlich einen kausalen, welcher den dinglichen aufgrund der Natur der causa zwingend mitumfasst. Besteht – wie in Julians Beispiel – ein Dissens hinsichtlich des Entstehungsgrundes der Obligation (Damnationslegat/Stipulation), so verbleibt ein Konsens hinsichtlich der Erfüllung einer auf Eigentumsübertragung gerichteten Obligation. Es ist dies, wenn man so will, eine „kausale dingliche Einigung“.37 Das Erfordernis des dinglichen Elements innerhalb des Solutionskonsenses wird auch von Ulpian unterstrichen: D. 46.3.55 Ulpianus libro 61 ad edictum Qui sic solvit, ut reciperet, non liberatur, quemadmodum non alienantur nummi, qui sic dantur, ut recipiantur.

Wer so gezahlt hat, dass er es zurückerhalte, wird weder von seiner Schuld befreit, noch geht das Eigentum auf den Empfänger über. Der beschriebenen Leistung liegt offenbar eine auf Eigentumsübertragung gerichtete Schuld zugrunde. Will der Geber die Sache (hier: Münzen) dem Empfänger jedoch nicht dauerhaft, sondern nur vorübergehend zukommen lassen, fehlt ihm der erforderliche animus solvendi, welcher nämlich – gemäß der Natur der zugrunde liegenden Obligation – den animus dominii transferendi enthalten müsste. Hier leistet der Geber vielmehr mit animus commodandi. Obschon die Sache selbst (bzw. der Geldbetrag) der zugrunde liegenden Obligation entspricht und die Übergabe wohl auch mit Blick auf diese Obligation vorgenommen wurde, scheitert die traditio solvendi causa als Übereignungsakt folglich am Fehlen des animus dominii transferendi, welcher den Solutionskonsens überhaupt erst zu einer iusta causa traditionis gemacht hätte.

§ 3. Zur

genaueren juristischen

Q ualifizierung

der causa solvendi

A. Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse Bislang konnte die causa solvendi strukturell als ein consensus definiert werden, d.h. als bilateraler Tatbestand. Ob dieser als eine untrennbare Einheit aufzufassen oder in zwei korrespondierende Willenserklärungen zerlegbar ist, ist umstritten und kann im Rahmen dieser Untersuchung nicht geklärt werden.38 Ebenso wenig klar zu beantworten ist die Frage, ob die römischen Juristen für die Konsens37

Die gleichlautende Lehre (dazu s.o. Erster Teil, § 1. B. II.) ist im Bereich der causa solvendi weitgehend unbestritten. 38 Vgl. die Darstellung des entsprechenden Streitstandes im Zusammenhang mit der Irrtumslehre bei Harke, Si error aliquis intervenit (2005), 15 ff.

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Dritter Teil: Die Rechtsnatur der causa solvendi

bestimmung einen objektiven oder subjektiven Maßstab anlegten. Funktional lässt sich die causa solvendi jedenfalls als eine typische iusta causa traditionis beschreiben, indem sie nämlich den animus dominii transferendi (et accipiendi) offenbart und damit die traditio als Übereignungsakt definiert.39 Die dingliche Einigung wird jedoch nur mittelbar, nämlich durch Auslegung der beiderseitigen Erfüllungsabsichten, sichtbar, welche sich jeweils auf die Tilgung einer auf Übereignung gerichteten Obligation beziehen.

B. Zum rechtsgeschäftlichen Charakter der causa solvendi Noch nicht geklärt wurde bislang, ob an diesen consensus die Maßstäbe eines modernen Rechtsgeschäfts angelegt werden können. Dies betrifft zum einen die Frage, ob er Geschäftsfähigkeit voraussetzt, zum anderen, welche Rolle der Parteiwille für die Rechtsfolge des Eigentumsübergangs spielt. I. Geschäftsfähigkeit als Voraussetzung der causa solvendi? Es wurde bereits festgestellt,40 dass ein pupillus sine tutoris auctoritate mittels traditio solvendi causa kein Eigentum übertragen, aber durchaus erwerben kann. In den einschlägigen Quellen wird dieser Umstand jedoch nicht mit einer hier vorhandenen und dort fehlenden iusta causa traditionis begründet, sondern auf die mangelnde Berechtigung des pupillus zur alienatio zurückgeführt.41 Es finden sich keine Anzeichen dafür, dass darüber hinaus die Fähigkeit des pupillus zur Vornahme eines Solutionskonsenses problematisiert worden wäre. Die Möglichkeit des Eigentumserwerbs des pupillus mittels traditio solvendi causa wird in Gai. 2.83 damit begründet, dass es dem pupillus gestattet sei, seine Rechtslage auch ohne Zustimmung des Vormunds zu verbessern. Auch hier findet sich kein Wort zu einem rechtsgeschäftlichen Element der Übereignung; der Vorgang der Eigentumsübertragung wird vielmehr in seiner Gesamtheit betrachtet. Die römische Herangehensweise an das Problem der Eigentumsübertragung durch bzw. an Minderjährige unterscheidet sich mithin wesentlich von derjenigen im geltenden deutschen Recht, welches maßgeblich auf die Fähigkeit zur Vornahme von Willenserklärungen abstellt: Nach § 107 BGB bedarf der Minderjährige nur für solche 39

Unwesentlich für die Funktion der iusta causa traditionis ist es hingegen, den Eigentumsübergang zu rechtfertigen, s.o. Zweiter Teil, § 2. D. Verfehlt ist es daher, mit Kupisch, Ungerechtfertigte Bereicherung (1987), 20, die causa solvendi als „eine unselbständige Hilfs- und Abwicklungskausa“ zu bezeichnen. 40 S.o. § 1. B. I. 41 Gai. 2.84: quia nullius rei alienatio ei sine tutoris auctoritate concessa est; Gai. D. 26.8.9.2: quia nullum dominium transferre potest.

230

Dritter Teil: Die Rechtsnatur der causa solvendi

bestimmung einen objektiven oder subjektiven Maßstab anlegten. Funktional lässt sich die causa solvendi jedenfalls als eine typische iusta causa traditionis beschreiben, indem sie nämlich den animus dominii transferendi (et accipiendi) offenbart und damit die traditio als Übereignungsakt definiert.39 Die dingliche Einigung wird jedoch nur mittelbar, nämlich durch Auslegung der beiderseitigen Erfüllungsabsichten, sichtbar, welche sich jeweils auf die Tilgung einer auf Übereignung gerichteten Obligation beziehen.

B. Zum rechtsgeschäftlichen Charakter der causa solvendi Noch nicht geklärt wurde bislang, ob an diesen consensus die Maßstäbe eines modernen Rechtsgeschäfts angelegt werden können. Dies betrifft zum einen die Frage, ob er Geschäftsfähigkeit voraussetzt, zum anderen, welche Rolle der Parteiwille für die Rechtsfolge des Eigentumsübergangs spielt. I. Geschäftsfähigkeit als Voraussetzung der causa solvendi? Es wurde bereits festgestellt,40 dass ein pupillus sine tutoris auctoritate mittels traditio solvendi causa kein Eigentum übertragen, aber durchaus erwerben kann. In den einschlägigen Quellen wird dieser Umstand jedoch nicht mit einer hier vorhandenen und dort fehlenden iusta causa traditionis begründet, sondern auf die mangelnde Berechtigung des pupillus zur alienatio zurückgeführt.41 Es finden sich keine Anzeichen dafür, dass darüber hinaus die Fähigkeit des pupillus zur Vornahme eines Solutionskonsenses problematisiert worden wäre. Die Möglichkeit des Eigentumserwerbs des pupillus mittels traditio solvendi causa wird in Gai. 2.83 damit begründet, dass es dem pupillus gestattet sei, seine Rechtslage auch ohne Zustimmung des Vormunds zu verbessern. Auch hier findet sich kein Wort zu einem rechtsgeschäftlichen Element der Übereignung; der Vorgang der Eigentumsübertragung wird vielmehr in seiner Gesamtheit betrachtet. Die römische Herangehensweise an das Problem der Eigentumsübertragung durch bzw. an Minderjährige unterscheidet sich mithin wesentlich von derjenigen im geltenden deutschen Recht, welches maßgeblich auf die Fähigkeit zur Vornahme von Willenserklärungen abstellt: Nach § 107 BGB bedarf der Minderjährige nur für solche 39

Unwesentlich für die Funktion der iusta causa traditionis ist es hingegen, den Eigentumsübergang zu rechtfertigen, s.o. Zweiter Teil, § 2. D. Verfehlt ist es daher, mit Kupisch, Ungerechtfertigte Bereicherung (1987), 20, die causa solvendi als „eine unselbständige Hilfs- und Abwicklungskausa“ zu bezeichnen. 40 S.o. § 1. B. I. 41 Gai. 2.84: quia nullius rei alienatio ei sine tutoris auctoritate concessa est; Gai. D. 26.8.9.2: quia nullum dominium transferre potest.

§ 3. Zur genaueren juristischen Qualifizierung der causa solvendi

231

Willenserklärungen der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters, durch die er nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt. Die rechtliche Vorteilhaftigkeit der dinglichen Einigung nach § 929 BGB hängt davon ab, ob der Minderjährige auf Veräußerer- oder Erwerberseite steht. Damit kommen klassisches römisches und geltendes deutsches Recht freilich zum gleichen Ergebnis, jedoch auf unterschiedlichen Wegen. Ein Interesse der römischen Juristen an der Frage des rechtsgeschäftlichen Charakters der causa solvendi ist an dieser Stelle jedenfalls nicht zu beobachten. II. Zur Rolle des Parteiwillens im Rahmen der causa solvendi Nach moderner Definition zeichnet sich ein Rechtsgeschäft wesentlich dadurch aus, dass eine Rechtsfolge gerade deshalb eintritt, weil sie gewollt ist.42 Damit wird eine Abgrenzung vollzogen zur geschäftsähnlichen Handlung und zum Realakt, bei denen die Rechtsfolge nicht auf dem Parteiwillen, sondern auf einer gesetzlichen Anordnung basiert. Eine solche Differenzierung ist freilich nur denkbar im Rahmen einer systematisierenden Rechtsgeschäftslehre, wie sie der klassisch-römischen Jurisprudenz noch fremd war. Wie am Beispiel von Ulp. D. 12.6.1.1 beobachtet,43 ist bereits kaum mit Sicherheit zu bestimmen, welche Rolle die Römer dem Parteiwillen bei der Konsensbestimmung beimaßen. Inwiefern die Rechtsfolge des Eigentumsübergangs spezifisch auf den sich im Solutionskonsens manifestierenden Parteiwillen zurückgeführt wurde, erscheint vor diesem Hintergrund als eine zumindest ebenso schwierige Frage. Speziell zur causa solvendi findet sich ein konkreter Hinweis lediglich in D. 41.3.33.3 Iulianus libro 44 digestorum44 Si mihi Titius, a quo fundum petere volebam, possessione cesserit, usucapionis causam iustam habebo. Sed et is, a quo ex stipulatu fundum petere volebam, cedendo mihi possessione, si solvendi causa id fecerit, eo ipso efficiet, ut fundum longo tempore capiam.

Die usucapio pro soluto45 wird darauf gestützt, dass die Übergabe solvendi causa, d.h. zum Zweck der Erfüllung, erfolgte. Dass der Ersitzungserfolg eben auf dieser finalen Handlung und nicht etwa auf gesetzlicher Anordnung beruht, macht 42

Wolf/Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts10 (2012), § 28 Rn. 2; vgl. auch Mot. I, 126 (= Mugdan I, 421). 43 S.o. § 1. B. II. 2. 44 S. zu der Stelle bereits oben Zweiter Teil, § 3. A. II. 2. 45 Zur Interpolation des longo tempore s.o. Zweiter Teil, § 3. A. II. 2.

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Dritter Teil: Die Rechtsnatur der causa solvendi

Julian durch die Wendung eo ipso efficiet deutlich. Diese bezieht sich zunächst auf den gesamten Übertragungsvorgang (corpore et animo), nicht nur auf den begleitenden animus solvendi des Leistenden. Nun ist es aber gerade die causa solvendi, welche die traditio als einen (zum Zwecke der Erfüllung erfolgenden) Übereignungsakt definiert und folglich auch die causa usucapionis für den Ersitzungsbesitz liefert. Die bloße körperliche Übergabe ist juristisch neutral und kann daher nur ein äußeres Formerfordernis, nicht jedoch eine inhaltliche Wesentlichkeit der Eigentumsübertragung darstellen. Mit eo ipso efficiet wird Julian daher in erster Linie eine Verknüpfung der Rechtsfolge mit der Zweckbestimmung, nicht mit der Übergabe, haben ausdrücken wollen. In der Bestimmung der causa solvendi kommt jedoch unmittelbar nicht die Rechtsfolge des Eigentumsübergangs, sondern der wirtschaftliche Zweck der Schulderfüllung zum Ausdruck. Benedek46 vertritt daher die Auffassung, „der Übergang des Eigentumsrechts“ gehöre „schon zu den Rechtswirkungen, deren Bestimmung aber nicht den Parteien, sondern der Rechtsordnung“ obliege, „welche die Parteien in diesen Fragen nicht mitreden“ lasse. Damit qualifiziert er den consensus in causa – modernrechtlich gesprochen – als geschäftsähnliche Handlung. Er begründet dies damit, dass die Privatautonomie der Parteien im römischen Recht nur die Bestimmung der typischen Wirtschaftsfunktion der traditio, nicht aber deren Rechtswirkungen umfasst habe. Da sich diese Behauptung nicht mit den Quellen belegen lässt, beruft Benedek sich auf die Beobachtung, den Parteien falle der Eigentumsübergang als Rechtswirkung der Tradition gar nicht ein; ihre Vereinbarung könne daher nur auf die Besitzübertragung und deren wirtschaftlichen Zweck gerichtet sein. Dies trifft indes auch auf die Mobiliarübereignung in heutiger Zeit zu, so dass man demnach auch der dinglichen Einigung nach § 929 BGB den rechtsgeschäftlichen Charakter absprechen müsste. Benedek übersieht, dass die Einigung über den wirtschaftlichen Zweck stets auch diejenige über den Eigentumsübergang enthält, sofern Letztere zur Erreichung des Ersteren erforderlich ist. Wer verkaufen oder schenken möchte, will dem Empfänger die Sache um der Erreichung dieses Zweckes willen stets auch übereignen. Wie Gai. D. 41.1.9.347 zeigt, war den Römern die Existenz dieses Willens nicht nur bewusst, sie empfanden ihn darüber hinaus auch für bedeutsam im Bezug auf den Übereignungserfolg. Schließlich ist er das genus proximum aller iustae causae traditionis und das differentium specificum, welches die iustae causae traditionis von allen anderen causae unterscheidet. Der animus dominii transferendi ist wesentlicher Bestandteil jeder Zweckbestimmung, durch welche die traditio als Übereignungsakt definiert wird. Insofern ist er für 46

Benedek, AJ IV (1962), 149. Hae quoque res, quae traditione nostrae fiunt, iure gentium nobis adquiruntur: nihil enim tam conveniens est naturali aequitati quam voluntatem domini volentis rem suam in alium transferre ratam haberi.

47

§ 3. Zur genaueren juristischen Qualifizierung der causa solvendi

233

die Rechtsfolge des Eigentumserwerbs unverzichtbar. Allerdings ist zu beachten, dass für die Römer wohl mehr der – in der causa vorhandene – typisierte Wille zählte als der tatsächliche. Hier besteht der Hauptunterschied zur Übereignung nach BGB.

C. Fazit Viel mehr lässt sich zur Rechtsnatur des kausalen Elements innerhalb der traditio solvendi causa nicht sagen. Eine nähere juristische Charakterisierung ist bereits für das moderne Recht eine schwierige Aufgabe48 und erweist sich für das römische ungleich schwieriger, denn eine allgemeine Rechtsgeschäftslehre, welche die einzelnen Begriffe abstrakt, d.h. losgelöst vom konkreten Fallbezug, in ein System gebracht hätte, ist den Quellen nicht zu entnehmen; sie wäre mit dem römischen Rechtsdenken auch schwerlich vereinbar gewesen.49 Ein solches System mit klar umrissener Begriffsbildung entstand erst in der Pandektenwissenschaft des 18. und 19. Jahrhunderts.50 Vor diesem Hintergrund erschiene es selbst dann schwierig, von den in den Quellen anzutreffenden Begriffen auf eine bestimmte Rechtsnatur der causa solvendi zu schließen, wenn solche Begriffe vorhanden wären. Noch nicht einmal dies ist jedoch der Fall. Nirgends wird in den Quellen ausdrücklich zur Rechtsnatur der causa solvendi Stellung genommen. Hieran wird abermals deutlich, dass es sich bei der causa solvendi nicht um eine außergewöhnliche Rechtsschöpfung der römischen Jurisprudenz handelte, durch welche der Ausnahmefall einer quasi-abstrakten traditio ermöglicht worden wäre. Vielmehr ist sie nur eine Ausprägung des auch an anderen Stellen zu beobachtenden Prinzips, dass es zur Wirksamkeit der traditio nur deren kausal motivierter Definition als eines Übereignungsaktes bedarf. Diese Definition wiederum wurde wohl in den seltensten Fällen ausdrücklich vorgenommen, ergab sie sich doch stets aus der die traditio begleitenden Zweckbestimmung. Selbst Letztere konnte in bestimmten Fällen konkludent vorgenommen werden. Der Solutionskonsens etwa ergibt sich stillschweigend aus dem bereits bestehenden geschäftlichen Kontakt. Ausdrücklich muss er nur erklärt werden, wenn mehrere Obligationen im Raum stehen. Strukturell fügt sich die causa solvendi jedenfalls ohne weiteres in die Reihe der übrigen causae traditionis ein. Hieraus erklärt es sich auch, dass dem spärlichen Quellenbefund zur causa solvendi eine ähnlich geringe Zahl an Stellen 48

Vgl. hierzu und zur Rechtsnatur rechtsgeschäftlicher Zweckvereinbarungen im Allgemeinen: Bremkamp, Causa (2008), 144 ff. 49 Kaser, RP I (1971), 227 f.; Honsell/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht4 (1987), 86 f.; Sargenti, ED XXXI s.v. pagamento, 535. 50 Hier ist insbesondere die Rolle Gustav Hugos hervorzuheben; dazu Jakobs, SZ 119 (2002), 280 ff.

§ 3. Zur genaueren juristischen Qualifizierung der causa solvendi

233

die Rechtsfolge des Eigentumserwerbs unverzichtbar. Allerdings ist zu beachten, dass für die Römer wohl mehr der – in der causa vorhandene – typisierte Wille zählte als der tatsächliche. Hier besteht der Hauptunterschied zur Übereignung nach BGB.

C. Fazit Viel mehr lässt sich zur Rechtsnatur des kausalen Elements innerhalb der traditio solvendi causa nicht sagen. Eine nähere juristische Charakterisierung ist bereits für das moderne Recht eine schwierige Aufgabe48 und erweist sich für das römische ungleich schwieriger, denn eine allgemeine Rechtsgeschäftslehre, welche die einzelnen Begriffe abstrakt, d.h. losgelöst vom konkreten Fallbezug, in ein System gebracht hätte, ist den Quellen nicht zu entnehmen; sie wäre mit dem römischen Rechtsdenken auch schwerlich vereinbar gewesen.49 Ein solches System mit klar umrissener Begriffsbildung entstand erst in der Pandektenwissenschaft des 18. und 19. Jahrhunderts.50 Vor diesem Hintergrund erschiene es selbst dann schwierig, von den in den Quellen anzutreffenden Begriffen auf eine bestimmte Rechtsnatur der causa solvendi zu schließen, wenn solche Begriffe vorhanden wären. Noch nicht einmal dies ist jedoch der Fall. Nirgends wird in den Quellen ausdrücklich zur Rechtsnatur der causa solvendi Stellung genommen. Hieran wird abermals deutlich, dass es sich bei der causa solvendi nicht um eine außergewöhnliche Rechtsschöpfung der römischen Jurisprudenz handelte, durch welche der Ausnahmefall einer quasi-abstrakten traditio ermöglicht worden wäre. Vielmehr ist sie nur eine Ausprägung des auch an anderen Stellen zu beobachtenden Prinzips, dass es zur Wirksamkeit der traditio nur deren kausal motivierter Definition als eines Übereignungsaktes bedarf. Diese Definition wiederum wurde wohl in den seltensten Fällen ausdrücklich vorgenommen, ergab sie sich doch stets aus der die traditio begleitenden Zweckbestimmung. Selbst Letztere konnte in bestimmten Fällen konkludent vorgenommen werden. Der Solutionskonsens etwa ergibt sich stillschweigend aus dem bereits bestehenden geschäftlichen Kontakt. Ausdrücklich muss er nur erklärt werden, wenn mehrere Obligationen im Raum stehen. Strukturell fügt sich die causa solvendi jedenfalls ohne weiteres in die Reihe der übrigen causae traditionis ein. Hieraus erklärt es sich auch, dass dem spärlichen Quellenbefund zur causa solvendi eine ähnlich geringe Zahl an Stellen 48

Vgl. hierzu und zur Rechtsnatur rechtsgeschäftlicher Zweckvereinbarungen im Allgemeinen: Bremkamp, Causa (2008), 144 ff. 49 Kaser, RP I (1971), 227 f.; Honsell/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht4 (1987), 86 f.; Sargenti, ED XXXI s.v. pagamento, 535. 50 Hier ist insbesondere die Rolle Gustav Hugos hervorzuheben; dazu Jakobs, SZ 119 (2002), 280 ff.

234

Dritter Teil: Die Rechtsnatur der causa solvendi

zur iusta causa traditionis im Allgemeinen entspricht. Hier wie dort handelt es sich mehr oder weniger um eine Selbstverständlichkeit, welche keiner genaueren dogmatischen Fassung bedurfte. Hätte die traditio einen wirksamen Rechtfertigungstatbestand vorausgesetzt, wäre eine eingehende und ausdrückliche Beschäftigung mit der Rechtsnatur desselben in den Quellen zu erwarten. Doch die Rechtfertigungsfrage wurde in der Regel dem Eigentumserwerb nachgeordnet und erst im Kondiktionenrecht berücksichtigt. So findet sich eben die Diskussion der römischen Juristen um die Rechtsnatur, welche wir zur causa solvendi vergeblich suchten, in aller Ausführlichkeit zur solutio indebiti als Grundlage der condictio. Hierauf soll im folgenden Abschnitt im Rahmen eines Exkurses eingegangen werden.

§ 4. Exkurs : Schlüsse

aus der

Rechtsnatur

der solutio indebiti

Gai. 3.91 Is quoque, qui non debitum accepit ab eo, qui per errorem solvit, re obligatur; nam proinde ei condici potest: si paret eum dare oportere, ac si mutuum accepisset. Unde quidam putant pupillum aut mulierem, cui sine tutore auctore non debitum per errorem datum est, non teneri condictione, non magis quam mutui datione; sed haec species obligationis non videtur ex contractu consistere, quia is, qui solvendi animo dat, magis distrahere vult negotium quam contrahere.

Wenn Gaius im ersten Satz dieser bereits besprochenen51 Stelle die condictio indebiti unter die Kategorie der obligationes re contracta einordnet, spricht dies zunächst dafür, dass es sich bei der solutio indebiti um einen contractus handelt. Dem widerspricht Gaius allerdings selbst, wenn er im letzten Satz der Stelle die Vertragsnatur der solutio indebiti mit der Begründung ablehnt, der zwecks Erfüllung Leistende wolle vielmehr eine Verbindlichkeit auflösen als begründen. Die Widersprüchlichkeit wird durch zwei weitere Aspekte verschärft: Erstens durch die Anlehnung der solutio indebiti an das mutuum als dem Paradebeispiel eines Realkontrakts. Zweitens durch die kurz zuvor getroffene summa divisio, mit welcher Gaius alle Obligationen (omnis obligatio) in zwei Arten einteilt: ex contractu vel ex delicto.52 Damit verbleibt für die condictio indebiti – welche evident nicht deliktischen Ursprungs ist – nur die Kategorie ex contractu. Zur Auflösung des Widerspruchs schlägt van Oven kurzerhand die Streichung des letzten Satzes als 51

S.o. Zweiter Teil, § 2. B. I. 1. b. Gai. 3.88: Nunc transeamus ad obligationes, quarum summa diuisio in duas species diducitur: omnis enim obligatio uel ex contractu nascitur uel ex delicto.

52

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Dritter Teil: Die Rechtsnatur der causa solvendi

zur iusta causa traditionis im Allgemeinen entspricht. Hier wie dort handelt es sich mehr oder weniger um eine Selbstverständlichkeit, welche keiner genaueren dogmatischen Fassung bedurfte. Hätte die traditio einen wirksamen Rechtfertigungstatbestand vorausgesetzt, wäre eine eingehende und ausdrückliche Beschäftigung mit der Rechtsnatur desselben in den Quellen zu erwarten. Doch die Rechtfertigungsfrage wurde in der Regel dem Eigentumserwerb nachgeordnet und erst im Kondiktionenrecht berücksichtigt. So findet sich eben die Diskussion der römischen Juristen um die Rechtsnatur, welche wir zur causa solvendi vergeblich suchten, in aller Ausführlichkeit zur solutio indebiti als Grundlage der condictio. Hierauf soll im folgenden Abschnitt im Rahmen eines Exkurses eingegangen werden.

§ 4. Exkurs : Schlüsse

aus der

Rechtsnatur

der solutio indebiti

Gai. 3.91 Is quoque, qui non debitum accepit ab eo, qui per errorem solvit, re obligatur; nam proinde ei condici potest: si paret eum dare oportere, ac si mutuum accepisset. Unde quidam putant pupillum aut mulierem, cui sine tutore auctore non debitum per errorem datum est, non teneri condictione, non magis quam mutui datione; sed haec species obligationis non videtur ex contractu consistere, quia is, qui solvendi animo dat, magis distrahere vult negotium quam contrahere.

Wenn Gaius im ersten Satz dieser bereits besprochenen51 Stelle die condictio indebiti unter die Kategorie der obligationes re contracta einordnet, spricht dies zunächst dafür, dass es sich bei der solutio indebiti um einen contractus handelt. Dem widerspricht Gaius allerdings selbst, wenn er im letzten Satz der Stelle die Vertragsnatur der solutio indebiti mit der Begründung ablehnt, der zwecks Erfüllung Leistende wolle vielmehr eine Verbindlichkeit auflösen als begründen. Die Widersprüchlichkeit wird durch zwei weitere Aspekte verschärft: Erstens durch die Anlehnung der solutio indebiti an das mutuum als dem Paradebeispiel eines Realkontrakts. Zweitens durch die kurz zuvor getroffene summa divisio, mit welcher Gaius alle Obligationen (omnis obligatio) in zwei Arten einteilt: ex contractu vel ex delicto.52 Damit verbleibt für die condictio indebiti – welche evident nicht deliktischen Ursprungs ist – nur die Kategorie ex contractu. Zur Auflösung des Widerspruchs schlägt van Oven kurzerhand die Streichung des letzten Satzes als 51

S.o. Zweiter Teil, § 2. B. I. 1. b. Gai. 3.88: Nunc transeamus ad obligationes, quarum summa diuisio in duas species diducitur: omnis enim obligatio uel ex contractu nascitur uel ex delicto.

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§ 4. Exkurs: Schlüsse aus der Rechtsnatur der solutio indebiti

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einer nachklassischen Bearbeitung vor.53 Dieser Vorschlag überzeugt nicht. In den res cottidianae, der neuen Auflage seines Anfängerlehrbuchs, macht Gaius nämlich deutlich, dass er den Widerspruch in der Vorauflage als solchen erkannte, und bessert seine Darstellung an zwei entscheidenden Punkten aus: Erstens ergänzt er das duale Obligationensystem aus Gai. 3.88 um eine dritte Kategorie: Obligationen können demnach nicht nur aus Vertrag oder Delikt, sondern auch proprio quodam iure ex variis causarum figuris entstehen:54 D. 44.7.1 pr. Gaius libro secundo aureorum Obligationes aut ex contractu nascuntur aut ex maleficio aut proprio quodam iure ex variis causarum figuris.

Diese dritte Kategorie erscheint wie geschaffen für Tatbestände wie die solutio indebiti, welche weder Kontrakt noch Delikt darstellen. Zweitens mildert Gaius den Vergleich mit dem mutuum durch den Einschub eines quasi ab: D. 44.7.5.3 Gaius libro tertio aureorum Is quoque, qui non debitum accipit per errorem solventis, obligatur quidem quasi ex mutui datione et eadem actione tenetur, qua debitores creditoribus: sed non potest intellegi is, qui ex ea causa tenetur, ex contractu obligatus esse: qui enim solvit per errorem, magis distrahendae obligationis animo quam contrahendae dare videtur.

Bereits in den vorhergehenden Abschnitten des Fragments nennt Gaius Beispiele für obligationes quasi ex contractu: Die Klage aus Geschäftsführung ohne Auftrag (pr.), die Vormundschaftsklage (§ 1) und das Damnationslegat (§ 2). Zusammen mit den ab § 4 aufgeführten obligationes quasi ex maleficio zählen diese Fälle zu der neu geschaffenen Kategorie der obligationes ex variis causarum figuris. Justinian übernahm das System der res cottidianae, stellte aber die Trennung der obligationes quasi ex contractu und quasi ex maleficio noch deutlicher heraus, indem er von einer Vierteilung der Obligationsarten ausging: Inst. 3.13.2 Sequens divisio in quattuor species diducitur: aut enim ex contractu sunt aut quasi ex contractu aut ex maleficio aut quasi ex maleficio. prius est, ut de his quae ex contractu sunt dispiciamus. harum aeque quattuor species sunt: aut enim re contrahuntur aut verbis aut litteris aut consensu.

Die Vierteilung hier und die Dreiteilung dort spricht gegen substantielle Eingriffe in den Text der res cottidianae, wie er in den Digesten überliefert ist. Die Kenn53

Van Oven, IURA 1 (1950), 21 ff.; ders., TR 25 (1957), 196 ff. Nelson/Manthe, Studia Gaiana VIII (1999), 64 ff.

54

236

Dritter Teil: Die Rechtsnatur der causa solvendi

zeichnung der solutio indebiti als Quasi-Kontrakt, welche bereits Gai. D. 44.7.5.3 zugrunde liegt,55 wird von Justinian nun explizit ausgesprochen: Inst. 3.27.6 Item is, cui quis per errorem non debitum solvit, quasi ex contractu debere videtur. Adeo enim non intellegitur proprie ex contractu obligatus, ut, si certiorem rationem sequamur, magis ut supra diximus ex distractu, quam ex contractu posit dici obigatus esse: nam qui solvendi animo pecuniam dat, in hoc dare videtur, ut distrahat potius negotium quam contrahat. Sed tamen proinde is qui accepit obligator, ac si mutuum illi daretur, et ideo condictione tenetur.

Doch auch ohne Justinians Verdeutlichung tritt aus den Schriften des Gaius klar zutage, dass dieser die solutio indebiti nicht als contractus, sondern allenfalls als ein Analogon desselben verstanden haben will. Dem entspricht es, wenn Julian die solutio indebiti nicht als negotium, sondern lediglich als aliquid negotii bezeichnet: D. 12.6.33 Iulianus libro 39 digestorum Si in area tua aedificassem et tu aedes possideres, condictio locum non habebit, quia nullum negotium inter nos contraheretur: nam is, qui non debitam pecuniam solverit, hoc ipso aliquid negotii gerit: cum autem aedificium in area sua ab alio positum dominus occupat, nullum negotium contrahit. Sed et si is, qui in aliena area aedificasset, ipse possessionem tradidisset, condictionem non habebit, quia nihil accipientis faceret, sed suam rem dominus habere incipiat. Et ideo constat, si quis, cum existimaret se heredem esse, insulam hereditariam fulsisset, nullo alio modo quam per retentionem impensas servare posse.56

Auffällig ist ferner, dass Julian im Zusammenhang mit aliquid negotii nicht das Verb contrahere, sondern gerere verwendet. Der Grund für die Vermeidung der Begriffe contractus und negotium (contractum) liegt offensichtlich darin, dass der Wille der Parteien, der animus solvendi, eben nicht auf die Begründung, sondern auf die Auflösung einer Obligation gerichtet ist. Hieraus wird deutlich, worauf die bis hierher dargestellte Diskussion in den Quellen bezogen ist: Es geht um die Rechtsnatur der solutio indebiti in ihrer Funktion als Auslöserin der condictio, nicht aber als eines Übereignungsaktes.57 Bezeichnenderweise fehlt eine entsprechende Diskussion in den Quellen zur solutio debiti:58 Ob diese negotium, contractus oder quasi-contractus ist, war den klassischen Juristen offenbar völlig gleichgültig. Für die Rechtsnatur des kausalen Elementes der 55

Zur Klassizität der Denkform des quasi: Nörr, SZ 90 (1973), 421 ff.; Wesener, Studi Donatuti III (1973), 1387 ff. 56 Zu dieser Quelle s.o. Zweiter Teil, § 2. B. I. 1. c. aa. 57 Dass diese beiden Aspekte getrennt beurteilt wurden, wird auch in Gai. 3.91 und Gai. 2.84 deutlich. 58 Zur Rechtsnatur der solutio s.o. Zweiter Teil, § 1.

§ 4. Exkurs: Schlüsse aus der Rechtsnatur der solutio indebiti

237

traditio solvendi causa sagen diese Begriffe folglich ebenfalls nichts aus. Sie betreffen ferner den gesamten Tatbestand der solutio indebiti (= traditio solvendi causa) und nicht nur lediglich das hier interessierende kausale Element desselben.

V ierter Teil: Anwendungsbereich

der causa solvendi

Voraussetzung für die Ermittlung der Bedeutung der causa solvendi ist die Erforschung ihres Anwendungsbereichs. Dies betrifft zum einen die Frage, welche Obligationen auf jene quasi-abstrakte Weise erfüllt werden konnten. Zum anderen stellt sich unter diesem Punkt die Frage nach der Beschränkung dieser causa auf die Übereignung bestimmter Sachtypen.

§ 1. Anwendungsbereich hinsichtlich erfüllenden O bligationen

der zu

A. Einführung in die Problematik Wird eine Obligation erfüllt, so geschieht dies stets solvendi causa, d.h. zum Zwecke der Erfüllung. Eine Leistung ohne eine solche – zumindest konkludente – Zweckbestimmung könnte keiner Obligation zugeordnet und müsste ob des Fehlens weiterer Anhaltspunkte als Schenkung aufgefasst werden. Ob durch eine traditio solvendi causa Eigentum übertragen wird, hängt zunächst davon ab, worauf die zu erfüllende Obligation gerichtet ist. Durch die Realkontrakte commodatum, depositum und pignus wird der Empfänger der hingegebenen Sache nicht zum Eigentümer und kann mithin auch nicht zur Rückübereignung, sondern nur zur bloßen Rückgabe verpflichtet werden. Es fehlt diesen Rückgabeobligationen die Qualität einer iusta causa traditionis; der ihre Erfüllung begleitende Solutionskonsens kann die traditio daher nicht zum Übereignungsakt machen. Gleiches gilt für solche Konsensualkontrakte, die lediglich eine Verpflichtung zur Gebrauchsüberlassung enthalten, wie insbesondere Pacht und Miete (locatio conductio). Auch die Erfüllung von Stipulationen stellt nur dann einen Übereignungsakt dar, wenn diese ein dare zum Inhalt hatten. Es liegt daher nahe, den Anwendungsbereich der causa solvendi vorab auf solche Obligationen zu begrenzen, die auf dare, d.h. auf Verschaffung des quiritischen Eigentums, gerichtet sind. Damit wäre jedoch auch der Konsensualkauf ausgeklammert, welcher den Verkäufer nicht zur Übereignung,1 sondern nur zur Verschaffung des ungestörten Besitzes2 verpflichtete. Käme man hier zum Ergebnis, dass zu einem wirksamen Eigentumsübergang nicht nur ein Solutionskonsens, sondern auch ein wirksamer Kaufvertrag erforderlich ist, verlöre die causa solvendi erheblich an Bedeutung.

1



2

Ulp. D. 18.1.25.1; Afr. D. 19.1.30.1; Paul. D. 19.4.1 pr. Habere licere: Ulp. D. 19.1.11.8; uti frui habere possidereque licere: Bruns, Fontes Nr. 130, 132 = FIRA III Nr. 88 f.

§ 1. Anwendungsbereich hinsichtlich der zu erfüllenden Obligationen

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In der Literatur wird der Anwendungsbereich nicht einheitlich beurteilt. Es lassen sich im Großen und Ganzen drei Auffassungen voneinander abgrenzen: Die erste beschränkt den Anwendungsbereich der causa solvendi auf die Erfüllung von altzivilen Verbindlichkeiten, namentlich stipulatio und legatum per damnationem.3 Die zweite – inzwischen wohl vorherrschende – Auffassung dehnt den Anwendungsbereich auch auf die Erfüllung aller anderen auf dare gerichteten Verbindlichkeiten aus.4 Die dritte Meinung sieht schließlich auch die Erfüllung der (nicht auf dare gerichteten) Verkäuferpflicht aus der emptio venditio vom Anwendungsbereich der causa solvendi umfasst.5 Im Folgenden soll zunächst (unter B.) geprüft werden, für welche der auf dare gerichteten Obligationen sich positiv nachweisen lässt, dass die zu ihrer Erfüllung erfolgende traditio solvendi causa nicht von der (wirksamen) Obligation selbst, sondern nur von einem Solutionskonsens abhängig war. Hierbei wird sich klären, ob die von der erstgenannten Literaturmeinung vertretene Beschränkung des Anwendungsbereichs der causa solvendi auf die Erfüllung altziviler Verbindlichkeiten haltbar ist. Sodann wird (unter C.) untersucht, ob die Erfüllung der Verkäuferverbindlichkeit aus der emptio venditio ebenfalls unabhängig vom Bestand der letzteren translative Wirkung entfalten konnte und mithin dem Anwendungsbereich der causa solvendi zugeordnet werden kann.

B. Die einzelnen auf dare gerichteten Obligationen I. Stipulation Die Unerheblichkeit einer wirksamen Stipulation für das Gelingen einer auf sie bezogenen traditio solvendi causa ergibt sich aus Quellen zur condictio indebiti 3



Rabel, Grundzüge (1915), 440 f.; Lange, Das kausale Element (1930), 42 ff.; Ehrhardt, Iusta causa traditionis (1930), 48 ff.; Betti, Studi Riccobono IV (1936), 119 ff.; Benedek, AJ IV (1962), 125; Honsell/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht4 (1987), 158; Kupisch, in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà II (1991), 446 ff. 4 Bonfante, Scritti II (1918/1926), 555 ff., 595 ff.; Beseler, SZ 45 (1925), 226; Pflüger, Zur Lehre vom Erwerbe des Eigentums (1937), 7 ff.; Kaser, BIDR 64 (1961), 83; Jahr, SZ 80 (1963), 142; Pugliese, in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà I (1991), 54 f.; Vacca, Annotazioni, in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà (1997), 130 ff.; Cannata, in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà (1997), 31 f.; ders., Istituzioni I (2001), 310 ff. 5 Hazewinkel-Suringa, Mancipatio en traditio (1931), 200 ff., 213 ff.; Schulz, SZ 52 (1932), 543 ff., 548; Sustmann, Rückabwicklung nichtiger Kaufverträge (2000), 129; Jakobs, SZ 119 (2002), 317 ff.

§ 1. Anwendungsbereich hinsichtlich der zu erfüllenden Obligationen

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In der Literatur wird der Anwendungsbereich nicht einheitlich beurteilt. Es lassen sich im Großen und Ganzen drei Auffassungen voneinander abgrenzen: Die erste beschränkt den Anwendungsbereich der causa solvendi auf die Erfüllung von altzivilen Verbindlichkeiten, namentlich stipulatio und legatum per damnationem.3 Die zweite – inzwischen wohl vorherrschende – Auffassung dehnt den Anwendungsbereich auch auf die Erfüllung aller anderen auf dare gerichteten Verbindlichkeiten aus.4 Die dritte Meinung sieht schließlich auch die Erfüllung der (nicht auf dare gerichteten) Verkäuferpflicht aus der emptio venditio vom Anwendungsbereich der causa solvendi umfasst.5 Im Folgenden soll zunächst (unter B.) geprüft werden, für welche der auf dare gerichteten Obligationen sich positiv nachweisen lässt, dass die zu ihrer Erfüllung erfolgende traditio solvendi causa nicht von der (wirksamen) Obligation selbst, sondern nur von einem Solutionskonsens abhängig war. Hierbei wird sich klären, ob die von der erstgenannten Literaturmeinung vertretene Beschränkung des Anwendungsbereichs der causa solvendi auf die Erfüllung altziviler Verbindlichkeiten haltbar ist. Sodann wird (unter C.) untersucht, ob die Erfüllung der Verkäuferverbindlichkeit aus der emptio venditio ebenfalls unabhängig vom Bestand der letzteren translative Wirkung entfalten konnte und mithin dem Anwendungsbereich der causa solvendi zugeordnet werden kann.

B. Die einzelnen auf dare gerichteten Obligationen I. Stipulation Die Unerheblichkeit einer wirksamen Stipulation für das Gelingen einer auf sie bezogenen traditio solvendi causa ergibt sich aus Quellen zur condictio indebiti 3



Rabel, Grundzüge (1915), 440 f.; Lange, Das kausale Element (1930), 42 ff.; Ehrhardt, Iusta causa traditionis (1930), 48 ff.; Betti, Studi Riccobono IV (1936), 119 ff.; Benedek, AJ IV (1962), 125; Honsell/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht4 (1987), 158; Kupisch, in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà II (1991), 446 ff. 4 Bonfante, Scritti II (1918/1926), 555 ff., 595 ff.; Beseler, SZ 45 (1925), 226; Pflüger, Zur Lehre vom Erwerbe des Eigentums (1937), 7 ff.; Kaser, BIDR 64 (1961), 83; Jahr, SZ 80 (1963), 142; Pugliese, in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà I (1991), 54 f.; Vacca, Annotazioni, in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà (1997), 130 ff.; Cannata, in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà (1997), 31 f.; ders., Istituzioni I (2001), 310 ff. 5 Hazewinkel-Suringa, Mancipatio en traditio (1931), 200 ff., 213 ff.; Schulz, SZ 52 (1932), 543 ff., 548; Sustmann, Rückabwicklung nichtiger Kaufverträge (2000), 129; Jakobs, SZ 119 (2002), 317 ff.

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Vierter Teil: Anwendungsbereich der causa solvendi

sowie zur usucapio pro soluto. Deren Darstellung wird sich – aufgrund der ausführlichen abstrakten Vorprüfung dieser Rechtsinstitute6 – auf das Wesentliche beschränken. Abschließend wird Stellung zu Schanbachers Interpretation von Jul. D. 24.1.39 bezogen, um Julians Standpunkt zu stipulatio und causa solvendi zu klären. 1. Quellen zur solutio indebiti Unter allen Rechtsgründen, deren Fehlen eine condictio indebiti auslöst, ist die stipulatio am zahlreichsten in den Quellen vertreten.7 Unter diesen betreffen jedoch die wenigsten das gänzliche Fehlen einer Stipulationsschuld. Meist geht es um Fälle, in denen eine stipulatio zwar vorhanden ist, aber nicht hinreicht, um die Vermögensverschiebung zu rechtfertigen. Dies ist etwa der Fall, wenn das Geleistete nicht vom Inhalt der Stipulation umfasst wird,8 wenn der Stipulation eine Einrede entgegenstand9 oder wenn die Bedingung, unter welcher die Stipulation abgeschlossen wurde, noch nicht eingetreten ist.10 In diesen Fällen ist zwar unwahrscheinlich, aber immerhin theoretisch denkbar, dass der Übereignungserfolg auf diese vorhandene stipulatio gestützt wurde. Dies ist hingegen ausgeschlossen, wo eine stipulatio gänzlich fehlt: D. 12.6.22 pr. Pomponius libro 22 ad Sabinum Sed et si me putem tibi aut Titio promisisse, cum aut neutrum factum sit aut Titii persona in stipulatione comprehensa non sit, et Titio solvero, repetere a Titio potero.

Ego nimmt an, Tu oder Titius versprochen zu haben, und leistet daher an Titius. Die condictio indebiti ist gemäß Pomponius nicht nur dann eröffnet, wenn Titius der falsche Stipulationsgläubiger ist, sondern auch dann, wenn die stipulatio überhaupt nicht besteht. Causa der traditio kann in diesem Fall nicht die stipulatio, sondern nur die causa solvendi sein. D. 46.3.5.2 Ulpianus libro 43 ad Sabinum (…) Sed si forte usurae non sint debitae et quis simpliciter solverit, quas omnino non erat stipulatus, imperator Antoninus cum divo patre suo rescripsit, ut in sortem cedant. (…).

6

S.o. Zweiter Teil, § 2 und § 3. Vgl. nur im Titel D. 12.6 (de condictione indebiti) die Fragmente: 20; 21; 22 pr.; 24; 26.4; 26.13; 31; 32; 41; 47; 48; 60.1; 62. 8 Paul. D. 12.6.21; Ulp. D. 12.6.26.4; Jul. D. 12.6.32 pr. und 3. 9 Jul. D. 12.6.32.1. 10 Cels. D. 12.6.48. 7

§ 1. Anwendungsbereich hinsichtlich der zu erfüllenden Obligationen

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Ulpian berichtet in diesem Fragment von einem kaiserlichen Reskript, wonach ungeschuldet gezahlte Zinsen auf den Hauptstamm anzurechnen seien. Dies ist nur denkbar, wenn das Eigentum an dem gezahlten Geld auf den Empfänger übergehen konnte. Wiederum lässt sich der Eigentumsübergang mangels zugrunde liegender Stipulation nur auf die causa solvendi stützen. D. 12.6.41 Neratius libro sexto membranarum Quod pupillus sine tutoris auctoritate stipulanti promiserit solverit, repetitio est, quia nec natura debet.

Auch in diesem durch Neraz überlieferten Fall fehlt es an einer wirksamen stipulatio, denn ein pupillus kann sich ohne Ermächtigung des Vormunds nicht verpflichten. Das Gleiche gilt jedoch auch für die traditio solvendi causa, da dem pupillus sine tutoris auctoritate die Berechtigung zur alienatio fehlt. Durch den unmittelbaren Anschluss von solverit an promiserit ist anzunehmen, dass die Leistung des pupillus ebenso wenig vom Vollwort des Vormunds abgedeckt war wie sein Stipulationsversprechen. Wenn folglich kein Eigentum durch traditio übertragen werden konnte, steckt hinter der repetitio entweder gar keine condictio (sondern die rei vindicatio), oder aber es handelt sich um einen der Ausnahmefälle einer condictio sine datione (z.B. aufgrund einer consumptio nummorum) oder gar der condictio possessionis.11 Zur genaueren Klassifizierung der repetitio und der Leistungshandlung fehlen uns Informationen; die Stelle ist sicherlich verkürzt überliefert. Für oder gegen die Eigenständigkeit der causa solvendi gegenüber der stipulatio kann sie mithin keinen Beweis liefern. 2. Quellen zur usucapio pro soluto D. 41.3.48 Paulus libro secundo manualium Si existimans debere tibi tradam, ita demum usucapio sequitur, si et tu putes debitum esse. Aliud, si putem me ex causa venditi teneri et ideo tradam: hic enim nisi emptio praecedat, pro emptore usucapio locum non habet. Diversitatis causa in illo est, quod in ceteris causis solutionis tempus inspicitur neque interest, cum stipulor, sciam alienum esse nec ne: Sufficit enim me putare tuum esse, cum solvis: in emptione autem et contractus tempus inspicitur et quo solvitur: Ne potest pro emptore usucapere, qui non emit, nec pro soluto, sicut in ceteris contractibus. D. 41.4.2 pr. Paulus libro 54 ad edictum Pro emptore possidet, qui re vera emit, nec sufficit tantum in ea opinione esse eum, ut putet se pro emptore possidere, sed debet etiam subesse causa emptionis. Si tamen existimans me debere tibi ignoranti tradam, usucapies. Quare ergo et si putem me vendidisse et tradam, non capies usu? Scilicet quia in ceteris contractibus sufficit 11

Vgl. Zweiter Teil, § 2. A. und B.

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Vierter Teil: Anwendungsbereich der causa solvendi

traditionis tempus, sic denique si sciens stipuler rem alienam, usucapiam, si, cum traditur mihi, existimem illus esse: at in emptione et illud tempus inspicitur, quo contrahitur: igitur et bona fide emisse debet et possessionem bona fide adeptus esse.

In diesen beiden Fragmenten nennt Paulus die usucapio pro soluto aufgrund einer stipulatio als Beispiel der ceteris causis, in welchen es – im Gegensatz zur usucapio pro emptore – nicht auf ein wirksames Grundgeschäft, sondern nur auf eine entsprechende Vorstellung der Parteien im Zeitpunkt der Übergabe ankommen soll.12 Da der Ersitzungsbesitz hier auf eine traditio ex causa zurückgeht, lassen sich Traditions- und Ersitzungstitel gleichsetzen.13 Demnach ist für Paulus anzunehmen, dass er auch das kausale Element der auf eine (vermeintliche) stipulatio hin erfolgenden traditio solvendi causa im Zeitpunkt der traditio selbst gegeben sah. Dies wird bestätigt durch D. 6.2.4, wo Paulus die causa solvendi ausdrücklich als iusta causa traditionis anerkennt.14 3. Jul. D. 24.1.39 Konnte die Unabhängigkeit der traditio solvendi causa von der ihr zugrunde liegenden stipulatio für Pomponius, Ulpian und insbesondere Paulus nachgewiesen werden, ergeben sich aus der nun zu besprechenden Stelle Zweifel hinsichtlich der Auffassung Julians zu dieser Frage: a. Text und Sachverhaltsparaphrase D. 24.1.39 Iulianus libro quinto ex Minicio Vir uxori pecuniam cum donare vellet, permisit ei, ut a debitore suo stipuletur: illa cum id fecisset, priusquam pecuniam auferret, divortium fecit: quaero, utrum vir eam summam petere debeat an ea promissione propter donationis causam actio nulla esset. Respondi inanem fuisse eam stipulationem. Sed si promissor mulieri ignorans solvisset, si quidem pecunia exstat, vindicare eam debitor potest: sed si actiones suas marito praestare paratus est, doli mali exceptione se tuebitur ideoque maritus hanc pecuniam debitoris nomine vindicando consequetur. Sed si pecunia non exstat et mulier locupletior facta est, maritus eam petet: intellegitur enim ex re mariti locupletior facta esse mulier, quoniam debitor doli mali exceptione se tueri potest.

Thema des Falles ist der Versuch einer Umgehung des Schenkungsverbots zwischen Ehegatten durch Einschaltung einer dritten Person. Zunächst wird der Grundfall geschildert, wie er wohl im Werk des Minicius gestanden hat: Ein Ehe12

Für eine ausführlichere Besprechung der Stellen s.o. Zweiter Teil, § 3. A. II. S.o. Zweiter Teil, § 3. B. I. 2. e. 14 S.o. Zweiter Teil, § 3. A. I. 13

§ 1. Anwendungsbereich hinsichtlich der zu erfüllenden Obligationen

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mann möchte seiner Frau Geld schenken. Anstatt ihr aber unmittelbar etwas aus seinem Vermögen zukommen zu lassen, gestattete er ihr, sich von seinem Schulder den entsprechenden Betrag stipulationsweise versprechen zu lassen. Nachdem diese Stipulation vorgenommen wurde, jedoch vor Auszahlung des versprochenen Geldbetrags, ließ die Frau sich scheiden. Die Anfrage, welche Minicius zu beantworten hatte, lautet nun, ob der Ehemann diese Summe fordern solle oder ob im Hinblick auf dieses Versprechen, wegen der causa der Schenkung, die actio15 nichtig gewesen sei. Minicius beschied den Fall mit der Feststellung, dass die Stipulation unwirksam gewesen sei; offenbar genügte diese Auskunft, um die Frage zu beantworten. Nun folgt der julianische Kommentar,16 begonnen mit einer Abwandlung bzw. Ergänzung des Sachverhalts: Der versprochene Geldbetrag wird vom Schuldner an die Frau ausgezahlt. Die weitere rechtliche Beurteilung hängt nun davon ab, ob die hingegebenen Münzen noch unterscheidbar im Vermögen der Frau vorhanden sind (pecunia exstat) oder ob es bereits zu einer Vermischung mit eigenen Münzen gekommen ist (pecunia non exstat). Ersterenfalls hat der Schuldner zwei Möglichkeiten: Entweder er vindiziert das – folglich nicht in das Eigentum der Frau übergegangene – Geld selbst, oder aber er tritt seine Klagen (man beachte den Plural) dem Ehemann ab und kann ihm fortan die Arglisteinrede entgegenhalten. Im Falle der ununterscheidbaren Vermischung sind die hingegebenen Münzen der Vindikation mangels Identifizierbarkeit nicht mehr zugänglich und es kann nur noch um die Einforderung des Geldwertes gehen. Diese Klage, deren Natur im Unklaren bleibt,17 spricht Julian schließlich dem Ehemann zu und verweist den Schuldner auf die Arglisteinrede. b. Exkurs: Stellungnahme zur Interpretation der Anfrage im Grundfall Zunächst einige Worte zum Grundfall: Die Schilderung des Sachverhalts ist klar und verständlich, ebenso der Bescheid des Minicius. Probleme bereitet aber die Anfrage mit Fallvarianten, welche auf verschiedenartige Weise interpretiert werden kann. Unklar sind insbesondere die folgenden Punkte: 1. Hat der Schuldner zwischen Scheidung und Anfrage den versprochenen Geldbetrag an die Frau ausgezahlt? 2. Ist die in der ersten Alternative erwogene Klage des Ehemannes (utrum vir eam summam petere debeat) gegen den Schuldner oder gegen die Frau gerich15

Der Begriff actio wird an dieser Stelle gewöhnlich mit „Klage“ übersetzt, vgl. Schneider in: Otto/Schilling/Sintenis (Hrsg.), Corpus Iuris Civilis, Bd. II, 762; Misera in: Behrends/Knütel/Kupisch/Seiler (Hrsg.), Corpus Iuris Civilis, Bd. IV, 258. Schanbacher, TR 60 (1992), 12, übersetzt actio hingegen mit ‚Absicht’ bzw. ‚Leistungszweckbestimmung’. 16 Zum Aufbau des Fragments vgl. Lenel, Pal. I, 4882. 17 Schanbacher, TR 60 (1992), 22 f.: condictio incerti; v. Lübtow, Die Entwicklung des Darlehensbegriffs (1965), 41; Thielmann, SZ 100 (1983), 245: actio in factum.

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Vierter Teil: Anwendungsbereich der causa solvendi

tet? 3. Worin liegt demgegenüber die Bedeutung der zweiten Alternative (an ea promissione propter donationis causam actio nulla esset)? Gewöhnlich wird die Auszahlung des Geldbetrags für den Grundfall verneint; ferner wird actio mit Klage übersetzt und auf die petitio des Ehemannes im Beginn der Anfrage bezogen. Der Erfolg dieser Klage ist abhängig von der Beurteilung der stipulatio zwischen Schuldner und Frau. Denn ist die stipulatio wirksam, ist der Schuldner gegenüber dem Ehemann im Wege der Novation befreit; die Klage des Letzteren könnte sich dann nur noch gegen die Frau richten.18 Bei Unwirksamkeit der stipulatio hingegen bleibt alles beim Alten: Der Schuldner bleibt dem Ehemann gegenüber verpflichtet. Die Passivlegitimation der erwogenen Klage (utrum vir eam summam petere debeat) hängt folglich davon ab, ob die stipulatio für diesen Fall als wirksam gedacht ist oder nicht. Diese Frage wiederum hängt vom Verständnis des zweiten Halbsatzes der Anfrage (an ea promissione propter donationis causam actio nulla esset) ab, welcher als Gegensatz zu dem ersten formuliert ist (utrum … an). Wird hier (d.h. im zweiten Halbsatz) eine wirksame stipulatio subintellegiert,19 bezieht sich der erste Halbsatz (vir eam summam petere debeat) auf eine Klage des Ehemannes gegen den Schuldner,20 im umgekehrten Fall21 auf eine Klage gegen die Frau. Von dem grammatischen Standpunkt her ist beides denkbar: Die Klage (gegen den Schuldner) könnte „wegen des Versprechens, das aufgrund der Schenkung [des Mannes] erteilt wurde“,22 nichtig sein. Nach dieser Übersetzung wird ea promissione als ablativus causae aufgefasst und die Nichtigkeit der Klage ausschließlich auf die (als wirksam subintellegierte) stipulatio gestützt; propter donationis causam hätte dann keine unmittelbare juristische Relevanz und würde allenfalls einer genaueren Kennzeichnung der promissio dienen, was jedoch aufgrund des Fehlens 18

Die Natur einer solchen Klage bleibt fraglich. Aufgrund vergleichbarer Fallkonstellation zu Ulp. D. 12.7.1 ist ein Sonderfall der condictio (von Tribonian mit „sine causa“ tituliert) wahrscheinlich. 19 Sacconi, Ricerche sulla delegazione (1971), 101; Misera, Der Bereicherungsgedanke bei der Schenkung unter Ehegatten, 33; Thielmann, SZ 100 (1983), 245; Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis, 33 f.19. 20 Gleiches gilt, wenn man zwar von einer unwirksamen stipulatio ausgeht, dieser aber dennoch novatorische Wirkung zuschreibt und somit die Altschuld erlöschen lässt. Auf diese Weise wird die zweite Alternative der Anfrage gedeutet von Sturm, SZ 79 (1962), 117 f.; H.J. Wolff, in Mél. Meylan I (1963), 415 ff.; Kaser, FS Felgentraeger (1969), 29283. 21 Diesen nehmen an: Beseler, Beiträge III (1913), 187; v. Lübtow, Die Entwicklung des Darlehensbegriffs (1965), 41 f.; Kupisch, SZ 93 (1976), 89 f.; Schanbacher, TR 60 (1992), 10 ff. 22 Misera in: Behrends/Knütel/Kupisch/Seiler (Hrsg.), Corpus Iuris Civilis, Bd. IV, 258.

§ 1. Anwendungsbereich hinsichtlich der zu erfüllenden Obligationen

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weiterer promissiones unnötig erscheint. Durchaus von unmittelbarer Bedeutung wäre die causa donandi hingegen, gründete man auf sie die Nichtigkeit der stipulatio und darauf aufbauend die Nichtigkeit der Klage, nämlich der Klage gegen die Frau. Die Nichtigkeit der Klage würde sich dann „im Hinblick auf dieses Versprechen, wegen der causa der Schenkung“23 ergeben. In dieser Übersetzung wird ea promissione nicht mehr als ablativus causae, sondern als ablativus limitationes aufgefasst. Hierdurch wird die begriffliche Kausalbindung zwischen der promissio und dem Scheitern der Klage gelockert; kausal kann nun auch der bloße Gegenstandsbereich der promissio sein, folglich auch ihre Nichtigkeit. Die Nichtigkeit des Stipulationsversprechens folgt logisch aus der Kombination zweier anerkannter Grundsätze im Recht der Ehegattenschenkung: Erstens steht das Eingehen einer stipulatio der Sachübereignung gleich.24 Zweitens macht es keinen Unterschied, ob der Ehemann die Schenkung selbst oder durch Einschaltung einer anderen Person vornimmt.25 Es darf davon ausgegangen werden, dass Julian die Kenntnis beider Grundsätze bei seinen Lesern voraussetzte, als er propter donationis causam unmittelbar an ea promissione anschloss, was es wahrscheinlich macht, dass er für die zweite Alternative der Anfrage die Nichtigkeit der stipulatio subintellegierte.26 Für die erste Alternative (utrum vir eam summam petere debeat) unterstellte er folglich die Wirksamkeit der stipulatio, was die Passivlegitimation des Schuldners ausschließt. Letztlich ist die so verstandene Anfrage eine Frage nach der Passivlegitimation: In der ersten Alternative kann der Ehemann den Betrag von der Frau, in der zweiten (wie gehabt) von seinem Schuldner fordern. Entgegen allen vertritt Schanbacher27 die Auffassung, der versprochene Geldbetrag sei im Grundfall bereits vom Schuldner an die Frau ausgezahlt worden. Unter dieser Voraussetzung kommt die Passivlegitimation der Frau auch und insbesondere 23

Schanbacher, TR 60 (1992), 9. Ulp. D. 24.1.3.10: Sciendum autem est ita interdictam inter virum et uxorem donationem, ut ipso iure nihil valeat quod actum est: proinde si corpus sit quod donatur, nec traditio quicquam valet, et si stipulanti promissum sit vel accepto latum, nihil valet: ipso enim iure quae inter virum et uxorem donationis causa geruntur, nullius momenti sunt. 25 PS 2.23.3; Ulp. D. 24.1.3.9. 26 Ähnlich auch Schanbacher, TR 60 (1992), 11 ff., der die Nichtigkeit der stipulatio in der zweiten Alternative der Anfrage aber dadurch stützen zu müssen meint, dass er actio mit Leistungszweckbestimmung übersetzt und damit die folgende Kausalkette entwirft: Causa donandi → Nichtigkeit der Leistungszweckbestimmung im Rahmen der stipulatio → Nichtigkeit der stipulatio selbst. Das Scheitern der Klage (gegen die Frau) verstehe sich dann von selbst; Julians Schweigen hierzu verrate „ein hohes Maß juristischen Vorverständnisses“. 27 Schanbacher, TR 60 (1992), 9 ff. 24

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Vierter Teil: Anwendungsbereich der causa solvendi

bei Unwirksamkeit der stipulatio in Betracht. Schanbacher interpretiert die Anfrage daher als Frage nach der Aktivlegitimation, nämlich ob der Ehemann oder dessen Schuldner berechtigt sei, das – inzwischen ausgezahlte – Geld von der Frau zurückzufordern. Im Falle der Wirksamkeit der Stipulation sei der Ehemann aktivlegitimiert, da es sich um eine gewöhnliche Anweisungssituation mit unwirksamem Valutaverhältnis (Schenkung unter Ehegatten) handele, innerhalb dessen die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung stattzufinden habe. Der Schuldner hingegen sei nur im Falle der Unwirksamkeit der Stipulation zur Rückforderung berechtigt. Haltbar ist eine solche Interpretation allenfalls unter der Voraussetzung, der Geldbetrag sei tatsächlich vor der Anfrage vom Schuldner an die Frau ausgezahlt worden. Doch warum sollte Julian die Zahlung – wenn er sie doch bereits im Grundfall als selbstverständlich voraussetzte – zu Beginn seiner Kommentierung noch einmal ausdrücklich erwähnen? Schanbachers Erklärung lautet folgendermaßen: „Sed (si promissor mulieri ignorans solvisset) braucht keinen Übergang von einem Fall der Nichtzahlung zu einem Fall der Zahlung zu kennzeichnen; neu kann auch der Umstand der ignorantia des Schuldners sein.“28 Im Umkehrschluss heißt das, dass der Schuldner im Grundfall wissentlich auf die Nichtschuld leistete. „Die Kenntnis von der Nichtschuld“ aber – so bemerkt Schanbacher29 selbst – „schloß eine Rückforderung des Leistenden aus“. Wenn Schanbacher im Grundfall eine condictio indebiti des Schuldners annimmt, so kann für ihn folglich auch die ignorantia keine Neuerung im Sachverhalt, sondern allenfalls eine Klarstellung desselben durch Julian bedeuten. Der ganze Halbsatz (Sed si promissor mulieri ignorans solvisset) käme damit verspätet oder wäre – wenn man die darin enthaltenen Informationen als selbstverständlich voraussetzt – schlicht überflüssig. Dafür, dass es sich um eine echte Sachverhaltsabwandlung handelt, spricht durchaus das einleitende Sed si, welches im vorliegenden Fragment noch zwei weitere Male vorkommt und stets eine entscheidende Neuerung einführt: Zum einen die Abtretung, welche einen Wechsel in der Aktivlegitimation bewirkt; zum anderen die ununterscheidbare Vermischung der Münzen, welche die rei vindicatio ausschließt und den Anwendungsbereich der (nicht näher definierten) Bereicherungsklage eröffnet. Es ist daher unwahrscheinlich, dass das Geld im Grundfall bereits ausgezahlt worden ist. Die von Minicius zu beantwortende Anfrage ist nach alledem auf folgende Weise zu verstehen: Quaero, utrum vir eam summam petere debeat an ea promissione propter donationis causam actio nulla esset. 28

Schanbacher, TR 60 (1992), 11. TR 60 (1992), 13.

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§ 1. Anwendungsbereich hinsichtlich der zu erfüllenden Obligationen

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Ich frage, ob der Ehemann die Summe (von der Frau) einklagen soll oder ob die Klage scheitert, weil die stipulatio (welche zu einer Bereicherung der Frau geführt hätte) aufgrund des Schenkungszwecks unwirksam ist.

Minicius spricht sich zugunsten der zweiten Alternative aus. c. Julians Kommentierung: Scheitern der Übereignung als Widerspruch zur Eigenständigkeit der causa solvendi? Julian knüpft nun an diese Entscheidung an, geht also ebenfalls von der Unwirksamkeit der stipulatio aus. Darauf aufbauend, untersucht er nun die Rechtslage für den Zeitpunkt, nachdem der Schuldner nach der Scheidung den unwirksam versprochenen Betrag an die Frau ausgezahlt hat. Erst nach dieser Zahlung kommt eine Klage des Schuldners überhaupt in Betracht und es ist bezeichnend, dass dieser erst hier als Kläger erwähnt wird. Unter den von Julian durchgespielten Varianten ist für die vorliegende Untersuchung gleich die erste von Bedeutung: Ist das gezahlte Geld bei der Frau noch unterscheidbar vorhanden, kann der Schuldner es vindizieren. Die Gewährung der rei vindicatio lässt auf das Scheitern der (solvendi causa erfolgten) Geldtradition schließen. Fraglich ist der Grund dieses Scheiterns. In Betracht kommt zunächst die dingliche Wirkung des Schenkungsverbotes unter Ehegatten, welche eine wirksame traditio donandi causa ausschloss.30 Hiergegen spricht weder der Umstand, dass nicht der Ehemann, sondern dessen Schuldner zahlte, noch die Tatsache, dass diese Zahlung nicht donandi, sondern solvendi causa erfolgte. Beide Aspekte resultieren nämlich lediglich daraus, dass sich der Ehemann zur Durchführung der Schenkung eines Dritten bediente, was der direkten Schenkung ausdrücklich gleichgestellt wurde.31 Die traditio des Schuldners wird demnach nicht isoliert betrachtet, sondern als letzter Teilakt des Delegationsgeschäfts, welches seinerseits donandi causa erfolgte und daher in seiner Gesamtheit von dem zur Nichtigkeit führenden Verbot umfasst ist. Schwerer wiegt hingegen der Einwand, dass die Ehe zum Zeitpunkt der traditio gar nicht mehr bestand.32 Unmittelbare Folge der dinglichen Wirkung des Schenkungsverbotes kann das Scheitern der traditio mithin nicht sein. Führt man das Scheitern der Übereignung hingegen auf die Unwirksamkeit der unmittelbar vom Schenkungsverbot betroffenen stipulatio zurück,33 akzeptiert man damit zugleich die Abhängigkeit der tradi30

Ulp. D. 24.1.3.10. S.o. Anm. 25. 32 Um dieses Problem zu umschiffen, nehmen Aru, BIDR 44 (1936/37), 3471 und Sturm, SZ 79 (1962), 118 ff., an, die Zahlung sei bereits vor der Scheidung erfolgt. 33 So ausdrücklich Schanbacher, TR 60 (1992), 15 f., der daraus schließt, „daß die Lehre von der Solutionscausa bei Leistung auf eine Schuld aus stipulatio die Auffassung Juli31

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Vierter Teil: Anwendungsbereich der causa solvendi

tio solvendi causa von der ihr zugrunde liegenden Obligation. Damit aber schriebe man Julian eine Auffassung zu, welche im Widerspruch zu derjenigen der anderen klassischen Juristen (s.o.) stünde und im Übrigen auch kaum vereinbar wäre mit seinen in D. 41.1.3634 und D. 12.6.3335 überlieferten Entscheidungen: In D. 41.1.36 (1. Fall)36 bejaht Julian die Wirksamkeit der traditio solvendi causa trotz Dissenses hinsichtlich der zugrunde liegenden Obligation; der Veräußerer hat ein Damnationslegat, der Erwerber eine stipulatio im Sinn. Zur Wirksamkeit dieser Obligationen wird nichts gesagt; die Frage war offenbar irrelevant für den Übereignungserfolg. Dies gesteht auch Schanbacher ein, der darüber hinaus in den Worten credam und existimes sogar einen Hinweis auf die Unwirksamkeit beider Obligationen erkennen will.37 Wenn folglich die zugrunde liegende Obligation für Julian ohne Belang für den Übereignungserfolg ist, stellt sich die Frage nach der Vereinbarkeit dieser Entscheidung mit der in D. 24.1.39 überlieferten. Schanbacher begegnet diesem Problem mit zwei Unterstellungen: Erstens habe Julian die von der Obligation abstrakte causa solvendi zwar nicht im Bereich der stipulatio, durchaus aber im Bereich des legatum per damnationem anerkannt. Zweitens habe die causa solvendi einseitig durch den Leistenden bestimmt werden können. Keine der beiden Thesen lässt sich weiter mit Quellen belegen;38 dass der zweiten nicht gefolgt werden kann, wurde bereits dargelegt.39 Wenn aber beide Parteien an der Konstituierung der causa solvendi beteiligt sein mussten, im vorliegenden Fall folglich auch der eine Stipulationserfüllung beabsichtigende Erwerber, so muss die erste These ebenfalls in sich zusammenbrechen. Im Übrigen sind auch keine sachlichen Gründe ersichtlich, weshalb Julian die Erfüllung einer Legatsschuld abstrakt, diejenige einer Stipulationsschuld hingegen kausal beurteilt haben sollte. In D. 12.6.3340 statuiert Julian als zentrale Voraussetzungen für die Gewährung der condictio ein accipientis facere mittels negotium contractum, wofür er als Beispiel

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ans nicht trifft“. Dieser habe vielmehr „die stipulatio selbst als causa traditionis angesehen“. S.o. Erster Teil, § 2. D. S.o. Zweiter Teil, § 2. B. I. 1. c. aa. Cum in corpus quidem quod traditur consentiamus, in causis vero dissentiamus, non animadverto, cur inefficax sit traditio, veluti si ego credam me ex testamento tibi obligatum esse, ut fundum tradam, tu existimes ex stipulatu tibi eum deberi (…). Schanbacher, TR 60 (1992), 1580. Entgegen allen meint Schanbacher, TR 60 (1992), 7 f., 16, auch in Ulp./Cels. D. 24.1.3.12 eine einseitige Leistungszweckbestimmung zu erkennen. s.o. Dritter Teil, § 1. B. II.; vgl. auch Erster Teil, § 2. C. III. 2. Si in area tua aedificassem et tu aedes possideres, condictio locum non habebit, quia nullum negotium inter nos contraheretur: nam is, qui non debitam pecuniam solverit, hoc ipso aliquid negotii gerit: cum autem aedificium in area sua ab alio positum do-

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die solutio indebiti anführt. Hierbei differenziert er nicht hinsichtlich verschiedener Obligationen; offenbar hatte diese Frage für den translativen Charakter der solutio indebiti keine Bedeutung. Demnach müsste Julian auch in D. 24.1.39 den Eigentumserwerb an dem ausgezahlten Geld unabhängig von der aufgrund des Schenkungsverbotes unwirksamen stipulatio befürwortet haben. Es stellt sich die Frage, warum er die Übereignung dennoch scheitern ließ. Schanbacher unterstellt ihm, das Erfordernis des accipientis facere auf die condictio certae rei beschränkt zu haben. Dies habe Julian deutlich gemacht, indem er die solutio indebitae pecuniae als aliquid negotii bezeichnet und damit ein „auf Eigentumsverschaffung lediglich hinzielendes Handeln“ gemeint habe.41 Da D. 24.1.39 ebenfalls einen Fall der solutio indebitae pecuniae betreffe, sei auch hier die condictio (indebiti) eröffnet, ohne dass es zu einem Eigentumsübergang habe kommen müssen. Nur auf diese Weise sei der Plural actiones, welcher auf mindestens eine weitere Klage (neben der rei vindicatio) des Schuldners gegen die Frau hinweist, ohne Schwierigkeiten zu erklären. Gegen Schanbachers Übersetzung von aliquid negotii in D. 12.6.33 und gegen die hierauf aufbauende Vorstellung des zurückbleibenden Eigentums bei der solutio indebitae pecuniae wurde bereits Stellung genommen.42 Die condictio indebiti kann in D. 24.1.39 folglich nicht mit der rei vindicatio konkurrieren. Dann aber fragt sich erstens, warum die Übereignung scheiterte, und zweitens, wie stattdessen der Plural actiones zu erklären ist. Die meisten Antworten zur zweiten Frage basieren auf einer recht spekulativen Grundlage: Kaser43 zieht die Verwendung gängiger Klagabtretungsformulare durch Julian in Erwägung. Haeberlin44 und Sturm45 schließen in den Plural die condictio nach consumptio nummorum ein, obschon diese Alternative von Julian an diesem Punkt der Falldarstellung noch gar nicht genannt wurde. Beseler46, Aru47 und von Lübtow48 schließlich halten die Wendung schlicht für unecht. Demgegenüber liegt eine andere Erklärung zum Greifen nahe: Als die Frau sich von dem Schuldner versprechen ließ, wusste sie, dass hiermit eine verbotene Schenkung

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minus occupat, nullum negotium contrahit. Sed et si is, qui in aliena area aedificasset, ipse possessionem tradidisset, condictionem non habebit, quia nihil accipientis faceret, sed suam rem dominus habere incipiat (…). Schanbacher, TR 60 (1992), 18 f. S.o. Zweiter Teil, § 2. B. I. 2. c. Römische Rechtsquellen und angewandte Juristenmethode (1986), 285108. SZ 74 (1957), 130119 SZ 79 (1962), 136 ff. Beiträge III, 187; SZ 45 (1925), 470. BIDR 44 (1936/37), 348 f. Die Entwicklung des Darlehensbegriffs (1965), 41148.

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Vierter Teil: Anwendungsbereich der causa solvendi

unter Ehegatten vollzogen wurde, welche anerkanntermaßen49 keine Wirksamkeit entfaltete. Wenn sie aber von der Unwirksamkeit der stipulatio wusste, beging sie mit der Annahme der auf diese Nichtschuld gezahlten Münzen ein furtum.50 Dies schloss zum einen die Übereignung aus, was die Gewährung der rei vindicatio erklärt; zum anderen finden sich weitere, speziell mit dem furtum zusammenhängende Klagen eröffnet: Mit actio furti und condictio ex causa furtiva standen dem Schuldner gleich zwei „actiones“ neben der rei vindicatio zur Verfügung.51 d. Resümee zu Jul. D. 24.1.39 Da der Eigentumserwerb mithin nicht an der iusta causa traditionis scheitert, verliert D. 24.1.39 jegliche Aussagekraft zur causa solvendi. Was Julians Auffassung zur Abstraktion der traditio solvendi causa von der ihr zugrunde liegenden stipulatio anbelangt, bleibt es bei dem bisher Beobachteten: D. 41.1.36 und D. 12.6.33, ferner D. 41.3.33.3 und D. 12.6.32 machen wahrscheinlich, dass Julian eine solche traditio abstrakt, d.h. vom Bestand der stipulatio unabhängig, beurteilte. II. legatum per damnationem 1. Vorbemerkungen Durch das Verpflichtungsvermächtnis berechtigt der Erblasser den Vermächtnisnehmer, (vom Erben) die Übereignung einer bestimmten Sache aus dem Nachlass zu fordern. Das römische Recht kannte ferner das Vindikationslegat, durch welches die betreffende Sache ipso iure mit dem Erbfall in das Eigentum des Vermächtnisnehmers überging.52 Neben der Stipulation gilt das Verpflichtungsvermächtnis als Prototyp der altzivilen Obligation;53 die Abstraktion der Erfüllung einer solchen wird weitgehend anerkannt.54 Während sich die Abstraktion der Stipulationserfüllung anhand von 49

Ulp. D. 24.1.1: Moribus apud nos receptum est, ne inter virum et uxorem donationes valerent. Es bedurfte daher keines höheren juristischen Sachverstandes, um die Unwirksamkeit solcher Geschäfte einzusehen. 50 Ulp. D. 5.3.13.1 (letzter Satz); Ulp. D. 47.2.43 pr. (nec nummi eius fient); Scaev./Pomp. D. 13.1.18. 51 Vgl. Gai. 4.4; s.o. Zweiter Teil, § 2. A. II.; vgl. auch Afr. D. 46.3.38.1. Ebenfalls mit der Diebstahlskondiktion erklären den Plural actiones: Misera, Der Bereicherungsgedanke bei der Schenkung unter Ehegatten, 35 f.; Thielmann, SZ 100 (1983), 24646. 52 Vgl. Gai. 2.192 ff. Das BGB kennt hingegen nur das Verpflichtungsvermächtnis, vgl. §§ 2147 ff., 2174. 53 Vgl. die paarweise Nennung in Paul. D. 41.3.15.3; Jul. D. 41.2.38.2.; Pomp. D. 46.3.92 pr. 54 S.o. Anm. 3 - 5.

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Quellen zur condictio indebiti und zur usucapio belegen lässt, scheinen gerade jene Quellen gegen die Abstraktion der Damnationslegatserfüllung zu sprechen. 2. Rückforderungsausschluss Für das aufgrund eines nichtigen Damnationslegates Geleistete bestand nach aller Wahrscheinlichkeit ein Rückforderungsausschluss bis in die Zeit der Hochklassik.55 Mithin war auch die condictio indebiti als bedeutender Indikator des Eigentumsübergangs56 ausgeschlossen. Die Gründe des Ausschlusses liegen weitgehend im Dunkeln; lediglich in den Institutionen Justinians findet sich ein Hinweis: Inst. 3.27.7: Ex quibusdam tamen causis repeti non potest, quod per errorem non debitum solutum sit. namque definiverunt veteres, ex quibus causis infitiando lis crescit, ex his causis non debitum solutum repeti non posse, veluti ex lege Aquilia, item ex legato. quod veteres quidem in his legatis locum habere voluerunt quae certa constituta per damnationem cuicumque fuerant legata (…).

Demnach geht der Rückforderungsausschluss auf die vorklassische Zeit („veteres“) zurück und fand seine Begründung auf prozessrechtlicher Ebene: In den Fällen, in denen durch Bestreiten des Anspruchs der Streitgegenstand auf das Doppelte wächst, kann das irrtürmlich Geleistete nicht zurückgefordert werden. Wäre nämlich in diesen Fällen die condictio indebiti gewährt worden, hätte der Schuldner, der hinsichtlich seiner Leistungspflicht unsicher war, stets zunächst die Leistung erbracht, um die Litiskreszenz sicher zu vermeiden, und anschließend sofort mit der condictio indebiti seine Leistung zurückgefordert. Dem Eigentumsübergang an der geleisteten Sache steht der Rückforderungsausschluss aber nicht entgegen. Im Gegenteil kommt durch den Rückforderungsausschluss gerade die Wertung zum Ausdruck, dass der geleistete Gegenstand auch unabhängig vom tatsächlichen Bestand des Vermächtnisses dauerhaft im Vermögen des Empfängers verbleiben soll. Die allmähliche Anerkennung der Rückforderbarkeit ab der Hochklassik57 ist Ausdruck eines veränderten Rechtsempfindens: Dem materiellrechtlichen Aspekt der ungerechtfertigten Bereicherung wird größeres Gewicht beigemessen als der Gefahr der Umgehung eines althergebrachten prozessualen 55

Vgl. für die Hochklassik: Gai. 2.283; demgegenüber für die Spätklassik: Ulp. D. 12.6.2.1; Pap. D. 12.6.3; Paul. D. 12.6.4; Afr./Jul. D. 12.6.38.3; Diocl./Max. C. 4.5.7. In Verbindung mit testamentarischer Bedingung: Ulp. D. 12.4.1.1; Herm. D. 12.4.2; Paul. D. 12.6.65.3. 56 S.o. Zweiter Teil, § 2. 57 Ulp. D. 12.6.2.1; Pap. D. 12.6.3; Paul. D. 12.6.4; Afr./Jul. D. 12.6.38.3; Diocl./Max. C. 4.5.7. In Verbindung mit testamentarischer Bedingung: Ulp. D. 12.4.1.1; Herm. D. 12.4.2; Paul. D. 12.6.65.3.

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Vierter Teil: Anwendungsbereich der causa solvendi

Grundsatzes. Berücksichtigt wurde der Bereicherungsaspekt jedoch ausschließlich bei der Frage der Rückforderbarkeit, nicht bereits bei derjenigen des Eigentumserwerbs. 3. usucapio pro legato Als Beispiel für Obligationen, auf deren Grundlage die usucapio pro soluto erfolgen kann, wird in den spärlichen Quellen zu dieser Ersitzungsart lediglich die stipulatio genannt. Zwar legt das paulinische ceteris causis (D. 41.3.48)58 einen – abgesehen vom Konsensualkauf – alle Obligationen umfassenden Anwendungsbereich nahe, ausdrücklich genannt wird das Damnationslegat jedoch nicht. Gegen seine Einbeziehung in den Anwendungsbereich der usucapio pro soluto scheint auf den ersten Blick die Existenz des Ersitzungstitels pro legato zu sprechen. Wenn den Vermächtnisleistungen nämlich ein spezieller Titel zugeordnet war, so könnte man meinen, sollte dieser doch vorrangig Anwendung finden gegenüber dem allgemeineren Titel pro soluto. Das dargestellte Spezialitätsverhältnis bestünde jedoch nur dann, wenn Vindikations- und Damnationslegat gleichermaßen als causa usucapionis für die usucapio pro legato in Betracht kämen. Dies ist indes nicht der Fall; der Anwendungsbereich der usucapio pro legato war auf Vindikationslegate beschränkt.59 Nur für diese war ein eigener Ersitzungstitel erforderlich; eine usucapio pro soluto kommt in diesen Fällen mangels Obligation nicht in Betracht. Das Damnationslegat hingegen konstituierte eine Obligation des Erben; die traditio der vermachten Sache erfolgte mithin solvendi causa, der Ersitzungstitel lautete pro soluto. 4. Fazit Die scheinbaren Einwände aus dem Kondiktionen- und Ersitzungsrecht gegen die Anwendbarkeit der causa solvendi auf die „Erfüllung“ von vermeintlichen Legatsschulden haben sich damit im Ergebnis als Pro-Argumente erwiesen. Wie bei der stipulatio handelt es sich auch bei dem Verpflichtungsvermächtnis um eine Obligation, welche eine klare Selbstständigkeit gegenüber der zwecks ihrer Erfüllung vorgenommenen traditio aufweist, was sich zumeist auch in einer deutlichen zeitlichen Distanz niederschlägt. Insofern stehen diese Obligationen außerhalb der traditio. Sie liefern zwar die wirtschaftliche Rechtfertigung für die Übereignung, können jedoch – und darauf kommt es für den Übereignungserfolg an – die tradi58

S.o. § 1. B. I. 2 und Zweiter Teil, § 3. A. II. 1. Arangio-Ruiz, Istituzioni14 (1966), 212; Bonfante, Scritti II (1918/1926), 500; Brasiello, SDHI 15 (1949), 125; Kaser, RP I (1971), 421; Bauer, Ersitzung und Bereicherung (1988), 35 ff.; a.A.: Faure, Justa causa et bonne foi (1936), 67 ff.

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tio selbst nicht als Übereignungsakt definieren. Letzteres übernimmt der die traditio begleitende Solutionskonsens. Er stellt die Verbindung zu der auf Übereignung gerichteten Obligation her und liefert damit implizit die für die Definition erforderliche dingliche Komponente. Diese Begründung ist allerdings nicht auf die so genannten altzivilen Obligationen (stipulatio und Damnationslegat) beschränkt, sondern muss für alle auf dare gerichteten Obligationen Geltung beanspruchen. III. fideicommissum Ähnlich wie das Damnationslegat begründete auch das Fideikommiss – seit der Anerkennung seiner Rechtsverbindlichkeit – eine Verbindlichkeit des Erben oder Vermächtnisnehmers gegenüber einem Dritten, welche unter anderem die Übereignung einer Sache betreffen konnte. Allerdings handelte es sich nicht um eine altzivile Obligation. Entstanden als lediglich sittliche Pflicht des Erben gegenüber dem Erblasser, wurde das fideicommissum erst ab Augustus im Rahmen eines außerordentlichen Kognitionsverfahrens einklagbar.60 Die zwecks Erfüllung eines Fideikommisses tradierte Sache ging jedenfalls unabhängig von dessen tatsächlichem Bestand in das Eigentum des Empfängers über, was durch zahlreiche Stellen über die Kondizierbarkeit des Geleisteten belegt wird.61 Auch bei der Fideikommisserfüllung darf damit die Anwendbarkeit der causa solvendi unterstellt werden. IV. Judikatsschuld Abgesehen von den zahlreichen rechtsgeschäftlichen Obligationen konnte Bezugspunkt der traditio solvendi causa auch ein Urteil sein. Gerechtfertigt ist eine solche Übereignung nur bei Bestand des Urteils. Fraglich ist, ob auch hier die Wirksamkeit der Übereignung unabhängig von ihrer Rechtfertigung war und sich lediglich aus dem die Übergabe begleitenden Solutionskonsens ergab. D. 12.6.11 Ulpianus libro 35 ad Sabinum Si is, cum quo de peculio actum est, per imprudentiam plus quam in peculio est solverit, repetere non potest.

Mit der actio de peculio konnten Geschäftsschulden des Gewaltunterworfenen (Haussohn, Sklave) von dem Gewalthaber eingeklagt werden, wobei die Haftung auf den Wert des Sonderguts im Zeitpunkt der Verurteilung beschränkt war. Da 60

Kaser, RP I (1971), 757 ff. Gai. 2.283; Paul. D. 5.2.21.1; Marc. D. 12.6.39; D. 12.6.40.1; Pap. D. 12.6.58; Paul. D. 22.6.9.5; Ulp./Cels. D. 24.1.5.15; Pomp. D. 35.2.31; Paul. D. 36.1.62; Val. D. 36.1.70.1; Diocl. C. 4.5.7; Ant. C. 6.42.2; Gord. C. 6.50.9. Zu diesen Stellen vgl. Schwarz, SZ 68 (1951), 266 ff.

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diese Beschränkung in der Urteilsformel enthalten war,62 waren nur Zahlungen aus dem peculium von dem Urteil gedeckt. Für weitergehende Zahlungen konnte das Urteil keine Rechtfertigungswirkung entfalten. Dennoch versperrt Ulpian für diesen Fall dem Gewalthaber die Rückforderung. Wie bereits im Abschnitt zum Damnationslegat ausgeführt,63 steht der Rückforderungsausschluss der Annahme des Eigentumsübergangs jedoch nicht entgegen. Im Gegenteil kommt durch den Rückforderungsausschluss gerade die Wertung zum Ausdruck, dass der geleistete Gegenstand auch unabhängig vom tatsächlichen Bestand des Vermächtnisses dauerhaft im Vermögen des Empfängers verbleiben soll. Insbesondere im Falle eines Rückforderungsausschlusses ist mithin von einem Übergang des Eigentums an dem plus debitum solutum auszugehen. Auch für den vorliegenden Fall gilt demnach: Was zwecks Erfüllung eines Urteils geleistet wurde, geht in das Eigentum des Empfängers über, unabhängig vom tatsächlichen Bestand bzw. der tatsächlichen Reichweite des Urteils. D. 12.6.42 Ulpianus libro 68 ad edictum Poenae non solent repeti, cum depensae sunt.

Einen generellen Rückforderungsausschluss verordnet Ulpian auch bei Strafzahlungen. Die Frage nach der Rückforderung stellt sich, wenn offenbar wird, dass die Strafe nicht bzw. nicht in dem angenommenen Umfang besteht. Wenn die Strafsumme dennoch übereignet werden konnte, geschah dies somit unabhängig von der Strafe als dem Rechtsgrund der Leistung selbst. Entscheidend ist wiederum, dass zum Zwecke ihrer Erfüllung geleistet worden ist. 12.6.26.10 Ulpianus libro 26 ad edictum Si quis quasi ex compromisso condemnatus falso solverit, repetere potest.

Ulpian gewährt die repetitio hingegen demjenigen, der eine Leistung erbracht hat, weil er irrtümlich annahm, aufgrund eines Schiedsvertrags verurteilt worden zu sein. Aus dem palingenetischen Kontext der Stelle wird deutlich, dass es sich bei der Rückforderungsklage um die condictio indebiti handelt.64 Folglich kann die wirksame Übereignung unterstellt werden; die traditio solvendi causa gelang mithin auch hier trotz Ermangelung des sie rechtfertigenden Urteils. D. 6.2.5 Ulpianus libro 16 ad edictum vel ex causa noxae deditionis, sive vera causa sit sive falsa. 62

Vgl. die Musterformel bei Lenel, EP3, 282; Mantovani, Le formule del processo privato romano2 (1999), Nr. 99: (…) eius C. Aquilius iudex N. Negidium A. Agerio dumtaxat de peculio et si quid dolo malo N. Negidii factum est quo minus peculii esset (…) condemnato s. n. p. a. 63 S. o. II. 2. 64 Lenel, Pal. II, 573.

§ 1. Anwendungsbereich hinsichtlich der zu erfüllenden Obligationen

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Im weiteren Zusammenhang ebenfalls aussagekräftig ist diese bereits betrachtete65 Stelle zur noxae deditio. Beging ein Gewaltunterworfener eine Schadenstat, so sah sich der Gewalthaber einer Strafklage ausgesetzt. Der haftende Gewalthaber konnte hier den Verletzten nach seiner Wahl durch Bußzahlung oder durch Auslieferung des Täters (noxae deditio) befriedigen. Dessen Übereignung war zivilrechtlich nur wirksam mittels mancipatio, jedoch konnte das bonitarische Eigentum auch durch traditio ex iusta causa übertragen werden; eben hierum geht es im vorliegenden Fall. Iusta causa traditionis ist zwar nicht die causa solvendi, sondern die causa noxalis; doch ebenso wenig wie der Solutionskonsens vermag das Einigsein über die Auslieferung wegen der begangenen Schadenstat per se einen Rechtfertigungsgrund der Übereignung darzustellen. Letzterer liegt vielmehr in der Schadenstat selbst bzw. in dem hierauf gründenden Urteil. Darauf ist das „causa“ des zweiten Halbsatzes bezogen: sive vera causa sit sive falsa. Deutlicher könnte Ulpian nicht ausdrücken, dass es für den Erwerb des (bonitarischen) Eigentums auf das Bestehen eines Rechtfertigungstatbestandes nicht ankommt: Es genügt bei der noxae deditio – wie bei der traditio solvendi causa – ein definierender Konsens im Zeitpunkt der Übergabe. V. Gesetz Entsprechendes gilt auch für die Übereignung zwecks Erfüllung einer vermeintlichen gesetzlichen Verpflichtung. Treffen die Tatbestandsmerkmale des Gesetzes auf die Situation des Leistenden nicht zu, so kann das Gesetz keinen Rechtfertigungsgrund für den Eigentumsübergang liefern. Dennoch ist auch eine solche traditio wirksam und eröffnet dem Leistenden lediglich die Möglichkeit der Rückforderung mittels condictio indebiti.66 VI. transactio Als Rechtfertigungsgrund für eine Übereignung konnte ferner ein wirksamer Vergleich dienen. Auch hier galt jedoch, dass der Übereignungserfolg unabhängig von einer solchen Rechtfertigung Bestand hatte. Entscheidend war lediglich, dass die Sache transactionis nomine übergeben wurde, sich die Parteien mithin einig darüber waren, mit der traditio eine Verpflichtung aus einem bestimmten Vergleich zu erfüllen. Die Unwirksamkeit des Vergleichs führte lediglich zur bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung mittels condictio indebiti.67 65

S.o. Zweiter Teil, § 3. A. I. Ulp. D. 12.6.23.4: Si qua lex ab initio dupli vel quadrupli statuit actionem, dicendum est solutum ex falsa eius causa repeti posse. 67 Ulp. D. 12.6.23 pr.-3; Paul. D. 12.6.65.1. 66

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Vierter Teil: Anwendungsbereich der causa solvendi

VII. Darlehensrückzahlung Das römische mutuum zeichnet sich dadurch aus, dass eine bestimmte Menge vertretbarer Sachen (z.B. Geld) in das Eigentum des Empfängers hingegeben wird und sich die Parteien einig sind, dass die entsprechende Menge von Sachen gleicher Art und Qualität (tantundem eiusdem generis) zurückerstattet werden muss.68 Diese Rückerstattungspflicht ist eine obligatio re, basiert also maßgeblich auf der Sachhingabe. Ebenso wie in deren Rahmen Eigentum auf den Darlehensnehmer übertragen wurde, ist dieser nun seinerseits verpflichtet, das Eigentum an dem tandundem auf den Darlehensgeber zu übertragen. Fraglich ist, ob solche Übereignungen auch unabhängig von dem tatsächlichen Bestand der Darlehensverbindlichkeit wirksam waren, ob die klassischen Juristen folglich auch sie auf die causa solvendi stützten. Unter den Stellen zur condictio indebiti, welche ein mutuum betreffen, besitzen die meisten eine nur eingeschränkte Aussagekraft, da die Wirksamkeit des Darlehens zwar eingeschränkt, aber nicht völlig beseitigt ist. Dies ist etwa der Fall bei der Darlehensgewährung an einen Haussohn. Letzterem wird durch das S.C. Macedonianum eine Einrede gegen die Rückforderungsklage des Darlehensgebers gewährt. Zivilrechtlich bleibt ein solches mutuum jedoch wirksam.69 Zahlt der Haussohn den Darlehensbetrag trotz der Einredemöglichkeit zurück, kann der Hausvater das Geld vindizieren.70 Die Übereignung scheitert nämlich an der fehlenden Verfügungsmacht des Haussohnes.71 Dieser Grund steht der Wirksamkeit der Rückzahlung freilich nicht mehr entgegen, nachdem der Sohn selbst zum pater familias geworden ist. Im Gegenteil wird die Wirksamkeit einer solchen Vermögensverschiebung durch einen Rückforderungsausschluss bekräftigt.72 Ob für die dingliche Wirksamkeit der Rückzahlung die causa solvendi oder das mutuum erheblich war, lässt sich aufgrund der zivilrechtlichen Wirksamkeit des Letzteren nicht sagen. Ähnliches gilt für die Darlehensrückzahlung durch einen mündig Gewordenen, der das mutuum als pupillus sine tutoris auctoritate abgeschlossen hatte.73 Ein solches mutuum war zwar zivilrechtlich unwirksam, stellte jedoch eine Naturalobligation dar und wurde folglich als Rechtsgrund im Kondiktionenrecht angesehen. Mithin ist auch hier denkbar, dass das mutuum und nicht die causa

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Gai. 3.90; Paul. D. 12.1.2 pr.; D. 44.7.3.1. Wacke, SZ 112 (1995), 294. 70 Ulp. D. 12.1.14; vgl. auch Ulp. D. 12.6.26.9: Hier will der Haussohn die Gelder selbst vindizieren, nachdem er Erbe des Vaters geworden ist. In diesem Fall spricht Ulpian dem Darlehensgeber eine exceptio zu. 71 Wacke, SZ 112 (1995), 305. 72 Marc. D. 12.6.40 pr. 73 Paul. D. 12.6.13.1. 69

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solvendi als wirksamkeitserhebliches Element der traditio erachtet wurde. Völlig ausgeschlossen erscheint dies hingegen in der folgenden Stelle: D. 12.6.38 pr.-2 Africanus libro nono quaestionum Frater a fratre, cum in eiusdem potestate essent, pecuniam mutuatus post mortem patris ei solvit: quaesitum est, an repetere possit. Respondit utique quidem pro ea parte, qua ipse patri heres exstitisset, repetiturum, pro ea vero, qua frater heres exstiterit, ita repetiturum, si non minus ex peculio suo ad fratrem pervenisset: naturalem enim obligationem quae fuisset hoc ipso sublatam videri, quod peculii partem frater sit consecutus (…). 1. Quaesitum est, si pater filio crediderit isque emancipatus solvat, an repetere possit. Respondit, si nihil ex peculio apud patrem remanserit, non repetiturum: nam manere naturalem obligationem argumento esse, quod extraneo agente intra annum de peculio deduceret pater, quod sibi filius debuisset. 2. Contra si pater quod filio debuisset eidem emancipato solverit, non repetet: nam hic quoque manere naturalem obligationem eodem argumento probatur, quod, si extraneus intra annum de peculio agat, etiam quod pater ei debuisset computetur. Eademque erunt et si extraneus heres exheredato filio solverit id, quod ei pater debuisset.

Das principium handelt von einem mutuum zwischen zwei gewaltunterworfenen Brüdern (B1 und B2)74, welches zivilrechtlich unwirksam ist und lediglich eine Naturalobligation entstehen lässt. Nach dem Tod des Vaters zahlt B1 das Darlehen an B2 zurück. Nun wird die Frage nach der Kondizierbarkeit des gezahlten Betrages gestellt. Julian betrachtet diesen Betrag nicht einheitlich, sondern differenziert in seinem Gutachten zwischen den Erbteilen von B1 auf der einen und von B2 auf der anderen Seite. Hierdurch wird deutlich, dass Gläubiger der Naturalobligation vor dem Erbfall nicht B2 als tatsächlicher Darlehensgeber, sondern der Vater als wahrer Rechtsinhaber war. Wenn B1 diese Gläubigerstellung für den seinem Erbteil entsprechenden Teil der (naturalen) Darlehensobligation nun erbte, sich mithin Schuldner- und Gläubigerrolle in einer Person vereinigten, so musste die Naturalobligation in dieser Höhe durch Konfusion erlöschen. Zum Zeitpunkt der Rückzahlung fehlte es folglich an einem Rechtsgrund, was zum einen die Gewährung der condictio erklärt, zum anderen aber zeigt, dass der Eigentumsübergang nicht auf das mutuum, sondern lediglich auf die causa solvendi gestützt worden sein kann. Hinsichtlich des dem Erbteil des B2 entsprechenden Anteils des zurückgezahlten Geldes lässt Julian die Rückforderung nur dann zu, wenn aus dem im Nachlass befindlichen Sondergut des B1 ein diesem Anteil entsprechender Betrag an B2 gelangt ist. Indem B2 nämlich diesen Betrag an sich nahm, übte er als Erbe 74

Um der Übersichtlichkeit der Darstellung willen wird der Darlehensgeber B2 und der Darlehensnehmer B1 genannt.

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Vierter Teil: Anwendungsbereich der causa solvendi

das väterliche Deduktionsrecht aus, wodurch die Naturalobligation erlosch. Die anschließende Zahlung des B1 geschah mithin ohne Rechtsgrund und B1 kann die gezahlte Summe kondizieren. Die dingliche Wirksamkeit der Zahlung ist wiederum nur mit der causa solvendi zu erklären, weil das mutuum zum Zeitpunkt der Zahlung noch nicht einmal als Naturalobligation vorhanden war. In § 1 liegt ein ganz ähnlicher Fall vor, nur dass hier das Darlehensverhältnis direkt zwischen Vater und Sohn abgeschlossen wird und das Erlöschen der Naturalobligation durch Ausübung des väterlichen Deduktionsrechts unmittelbar vor Augen liegt. Nur wenn aus dem Sondergut etwas beim Vater verblieben ist und dieser sich hierdurch befriedigen konnte, erlosch die Naturalobligation; die Rückzahlung des inzwischen emanzipierten Sohnes geschah ohne Rechtsgrund und das Geld kann folglich kondiziert werden. Auch in diesem Fall ist die dingliche Wirksamkeit der Rückzahlung nur mit einer eigenständigen causa solvendi plausibel zu machen. In § 2 betrachtet Afrikan den umgekehrten Fall, dass nämlich der Vater auf eine Schuld gegenüber dem inzwischen emanzipierten Sohn zahlt. Hier kann das väterliche Deduktionsrecht keine Rolle spielen; die Naturalobligation bleibt über die Emanzipation hinaus bestehen. Damit jedoch ist die Aussagekraft dieses Falles ebenso beschränkt wie die desjenigen zur Darlehensrückzahlung durch den mündig Gewordenen.75 Die im principium und in § 1 der Stelle überlieferten Entscheidungen belegen jedenfalls ohne weiteres, dass die dingliche Wirksamkeit der Darlehensrückzahlung (zumindest von Afrikan) unabhängig vom Bestand der Darlehensverbindlichkeit beurteilt wurde. Dies verwundert angesichts der bisher erzielten Ergebnisse kaum, ist doch die in der Vergangenheit liegende Darlehensobligation per se nicht geeignet, die traditio als Übereignungsakt zu definieren. Hierzu bedarf es eines die traditio begleitenden Solutionskonsenses der Parteien. VIII. Gegenleistung bei locatio conductio Mit dem Begriff der locatio conductio bezeichneten die Römer einheitlich, was heute in Miete und Pacht, Dienst- und Werkvertrag aufgegliedert wird. Es handelt sich um einen Konsensualkontrakt, gerichtet auf den Austausch der verdungenen Leistung gegen den Zins oder Lohn. Die Obligation des Entgeltschuldners ist auf Übereignung gerichtet. Nach den bisher beobachteten Grundsätzen der causa solvendi müsste der in Erfüllung einer solchen Obligation gezahlte Zins bzw. Lohn in das Eigentum des Empfängers übergehen, unabhängig von dem tatsächlichen Bestand der Obligation. Unter den Quellen zur condictio indebiti finden sich zwei, welche die locatio conductio betreffen: 75

S. o. bei Anm. 73.

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D. 12.6.65.7 Paulus libro 17 ad Plautium Sic habitatione data pecuniam condicam, non quidem quanti locari potuit, sed quanti tu conducturus fuisses.

„Wurde eine Wohnung überlassen, kondiziere ich Geld, und zwar nicht den Betrag, um den ich hätte vermieten können, sondern den Betrag, um den du gemietet hättest.“ Aus locari potuit wird unmittelbar deutlich, dass der Überlassung der Wohnung kein wirksamer Mietvertrag zugrunde lag. Allerdings geht es hier nicht um die Kondiktion des gezahlten Mietzinses, was allein die Abstraktion dieser Zahlung von der Wirksamkeit des Mietverhältnisses bewiesen hätte. Vielmehr geht es um einen Mietzinsersatz, welcher vom Vermieter im Wege der condictio eingeklagt wird. D. 12.6.55 Papinianus libro sexto quaestionum Si urbana praedia locaverit praedo, quod mercedis nomine ceperit, ab eo qui solvit non repetetur, sed domino erit obligatus. Idemque iuris erit in vecturis navium, quas ipse locaverit aut exercuerit, item mercedibus servorum, quorum operae per ipsum fuerint locatae. Nam si servus non locatus mercedem ut domino praedoni rettulit, non fiet accipientis pecunia. Quod si vecturas navium, quas dominus locaverat, item pensiones insularum acceperit, ob indebitum ei tenebitur, qui non est liberatus solvendo. Quod ergo dici solet praedoni fructus posse condici, tunc locum habet, cum domini fructus fuerunt.76

Thema dieser Stelle ist die Fruchtziehung durch einen praedo, d.h. einen bösgläubigen Besitzer. Papinian unterscheidet drei Fallgestaltungen: Zunächst vermietet der praedo selbst Grundstücke, Schiffe oder Sklaven und zieht von seinen Vertragspartnern den Mietzins ein. In der zweiten Konstellation geht es um einen servus non locatus, der dem bösgläubigen Besitzer seinen Lohn ablieferte, gleich als wäre es sein Eigentümer. Drittens schließlich wird der Fall geschildert, dass ein Mietvertrag vom Eigentümer abgeschlossen, der Mietzins jedoch vom praedo eingezogen wird. Stets geht es um die Frage, wie der Ausgleich zwischen Mieter, praedo und Eigentümer erfolgt. Für die vorliegende Untersuchung interessiert, ob aus den Zahlungen an den praedo Argumente zugunsten einer eigenständigen causa solvendi zu gewinnen sind. Im ersten Fall liegt zwischen praedo und conductor eine wirksame locatio conductio vor.77 Der conductor war dem praedo gegenüber zur Entrichtung des Mietzinses verpflichtet und es ist kein Grund ersichtlich, weshalb er zur Rück76

Literatur: Lange, Das kausale Element (1930), 91; Voci, Modi di acquisto della proprietà (1952), 153 f.; Bremer, Leistung an einen Nichtberechtigten (1970), 19 ff.; Santoro, Ann. Pal. 32 (1971), 431 (255) ff.; D’Ors, IURA 25 (1974), 37 ff.; Cardilli, La nozione giuridica di fructus (2000), 267 ff.; Heine, Condictio sine datione (2006), 78 ff. 77 Die mangelnde Berechtigung des locators hindert die Wirksamkeit nicht: vgl. Paul. D. 19.2.7; Tryph. D. 19.2.8; Ulp. D. 19.2.9 pr.; D. 19.2.15.8.

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Vierter Teil: Anwendungsbereich der causa solvendi

forderung berechtigt sein sollte. Dementsprechend gewährt Papinian nicht ihm, sondern dem Eigentümer der vermieteten Sache die Ausgleichsklage78 gegen den praedo, denn ihm standen die von diesem gezogenen Rechtsfrüchte eigentlich zu. Die wirksame Zahlung an den praedo erfolgte zwar solvendi causa, basierte jedoch auf einer wirksamen locatio conductio, die damit ebenfalls als iusta causa traditionis in Betracht kommt. Der zweite Fall fällt gegenüber den beiden anderen aus der Reihe, da hier die locatio conductio überhaupt keine Rolle spielt. Der praedo empfängt keinen Mietzins, sondern den Lohn eines nicht vermieteten Sklaven, welcher den praedo irrtümlicherweise für seinen Herrn hält. Das Eigentum an diesem Geld ist jedoch mit der Aushändigung des Geldes an den Sklaven auf den wahren Dominus übergegangen; der praedo konnte mithin kein Eigentum erwerben. Papinian begnügt sich mit der Feststellung non fiet accipientis pecunia, ohne darauf einzugehen, auf welchem Wege der Dominus das Geld einklagen könne. Vor consumptio nummorum kommt die rei vindicatio, danach die condictio in Betracht. Aufgrund der wissentlichen Annahme fremden Geldes dürfte der praedo ferner durch die condictio furtiva zur Zahlung gehalten gewesen sein. Zur causa solvendi sagt diese Alternative gar nichts aus, da erstens nicht solvendi causa geleistet wird und zweitens der Eigentumserwerb bereits anderweitig scheitert. Im dritten Fall geht es wiederum um die Einziehung des Mietzinses durch den praedo. Im Unterschied zum ersten Fall war jedoch nicht er, sondern der Eigentümer der Mietsache Vertragspartei und folglich Mietzinsgläubiger. Gegenüber dem praedo stellt die Zahlung mithin eine solutio indebiti dar. Gegenüber dem wahren Gläubiger wird der conductor nicht befreit. Dann aber erscheint es nur folgerichtig, wenn Papinian ihm gegenüber dem praedo eine Rückforderungsklage gewährt. Die Natur derselben bleibt wiederum im Dunkeln. Die zunächst naheliegende condictio indebiti scheitert am fehlenden Eigentumserwerb des praedo: Dieser weiß um seine fehlende Inkassoermächtigung und begeht mit der wissentlichen Annahme des indebitum ein furtum. Damit ist jedoch der Anwendungsbereich der condictio furtiva eröffnet.79 Das Scheitern des Eigentumserwerbs nimmt dieser dritten Fallvariante wiederum jegliche Aussagekraft zur causa solvendi. Insgesamt vermögen Paul. D. 12.6.65.7 und Pap. D. 12.6.55 keinen Hinweis für oder gegen die Abstraktion des zwecks Erfüllung einer Schuld aus locatio conductio gezahlten Entgelts zu liefern.

78

Obschon hier kein negotium contractum zwischen praedo und Eigentümer vorliegt, ist eine condictio denkbar; auch bei Paul. D. 12.6.15 pr. konnte eine Fruchtkondiktion sine datione beobachtet werden, s.o. Zweiter Teil, § 2. B. I. 2. b. 79 Gegen die Unterstellung einer consumptio nummorum zur Erklärung der condictio s. o. Zweiter Teil, § 2. B. I. 2. a.

§ 1. Anwendungsbereich hinsichtlich der zu erfüllenden Obligationen

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Ein Argument gegen die causa solvendi und für die Erheblichkeit des Rechtsverhältnisses der locatio conductio für den Eigentumserwerb enthält aber möglicherweise die folgende – bereits betrachtete80 – Stelle: D. 44.7.55 Iavolenus libro 12 epistularum In omnibus rebus, quae dominium transferunt, concurrat oportet affectus ex utraque parte contrahentium: nam sive ea venditio sive donatio sive conductio sive quaelibet alia causa contrahendi fuit, nisi animus utriusque consentit, perduci ad effectum id quod inchoatur non potest.

Javolen nennt hier die conductio neben venditio und donatio als eigenständige iusta causa traditionis. Da die Miet- bzw. Pachtsache selbst nicht übereignet wird, scheint als Bezugsobjekt dieser causa lediglich die Leistung des Entgelts in Betracht zu kommen. Dann aber hätte Javolen bei der Erfüllung von Verbindlichkeiten aus locatio conductio der causa solvendi zumindest begrifflich keine Eigenständigkeit beigemessen. Nicht zu vergessen ist allerdings, dass die locatio conductio auch Werkverträge umfasst. Bei diesen kann es durchaus vorkommen, dass zur Verarbeitung hingegebenes Material in das Eigentum des Werkunternehmers übergehen soll, wenn dieser nämlich anstelle des erhaltenen Materials auch anderes derselben Art verwenden kann (genus conductionis ut eiusdem generis redderetur).81 Die Hingabe solchen Materials stellt ferner keine Erfüllungshandlung im eigentlichen Sinne dar, sondern eine Bedingung derselben; geleistet wird in der Tat nicht solvendi, sondern conducendi causa, zum Zwecke der (Ermöglichung der) Werkverrichtung. Vor diesem Hintergrund löst sich der Widerspruch in Javolens Aufzählung der causae zur Eigenständigkeit der causa solvendi im Bereich der Mietzinszahlung ohne weiteres auf. Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass sich die Anwendbarkeit der causa solvendi auf die monetäre Gegenleistung bei der locatio conductio nicht positiv nachweisen, jedoch ebenso wenig widerlegen lässt. IX. fideiussio Auch die Übereignung zwecks Erfüllung einer Bürgschaftsschuld war wirksam unabhängig von der Bürgschaft selbst. Gleich, ob der Bürge nur ope exceptionis82

80

Dritter Teil, § 1. A. Benke, SZ 104 (1987), 156 ff., 226 ff.; Schanbacher, TR 60 (1992), 5 f. 82 Jul. D. 12.6.32.1: Fideiussor cum paciscitur, ne ab eo pecunia petatur, et per imprudentiam solverit, condicere stipulatori poterit et ideo reus quidem manet obligatus, ipse autem sua exceptione tutus est. (…) 81

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Vierter Teil: Anwendungsbereich der causa solvendi

oder ipso iure83 befreit war, verlor er durch eine irrtümliche Leistung sein Eigentum und war auf die Kondiktion verwiesen. X. Dotis dictio/dotis promissio Die traditio dotis causa (= dotis datio) geschieht als Bargeschäft ohne vorhergehende Obligation. Sie konnte bereits ante nuptias wirksam vollzogen werden, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht feststand, ob die Ehe als Rechtfertigungsgrund der Übereignung überhaupt zustande kommt.84 Auch hier wird deutlich, dass es für die Wirksamkeit der traditio auf einen Rechtfertigungstatbestand nicht ankam. Die Dotalabrede liefert das für den Übereignungserfolg hinreichende definiens (Zweckbestimmung mit immanenter dinglicher Einigung), ohne aber per se einen wirtschaftlichen Rechtfertigungsgrund zu beinhalten. Dotis causa kann aber auch ein Versprechen abgegeben werden (dotis dictio, dotis promissio). Die Erfüllung dieses Versprechens geschieht solvendi causa;85 insofern gilt das zur stipulatio Gesagte entsprechend. XI. Schenkungsversprechen und sonstige formlose pacta Im numerus clausus der klagbaren contractus war das Schenkungsversprechen nicht enthalten. Zivilrechtlich anerkannt und einklagbar war es daher nur, wenn es in Stipulationsform gekleidet war. Insofern sei auf die Ausführungen zur stipulatio verwiesen. In Ermangelung der Stipulationsform handelte es sich bei dem Schenkungsversprechen um ein nudum pactum, aus welchem keine Obligation erwachsen konnte.86 Die „Erfüllung“ eines solchen pactum dürfte mithin nicht als solutio, sondern als Handschenkung qualifiziert worden sein. Was die dingliche Wirkung der traditio aufgrund eines formlosen pactum anbelangt, schweigen sich die Quellen jedoch weitgehend aus. Die bisherigen Beobachtungen erlauben die Vermutung, dass es auch hier auf die Qualität des Konsenses im Zeitpunkt der Übergabe ankam: Wenn der Grund der Übergabe, über welchen sich die Parteien einig sind, geeignet ist, die traditio als einen Übereignungsakt zu definieren, Pap. D. 12.6.59: Si fideiussor iure liberatus solverit errore pecuniam, repetenti non oberit. (…) 84 Jul. D. 12.4.7.1; D. 46.3.34.6; Ner. D. 12.4.8; Pap. D. 12.7.5 pr., 1; Call. D. 23.3.8; Ulp. D. 12.4.6; D. 23.1.10; D. 23.3.7.3; D. 23.3.9 pr., 1; D. 42.5.17.1; Paul. D. 22.1.38.1; Herm. D. 23.3.74. 85 Bonfante, Scritti II (1918/1926), 596; Kaser, BIDR 64 (1961), 84. 86 Ulp. D. 2.14.7.4: (…) nuda pactio obligationem non parit (…). Eine Ausnahme bestand nach Aristo (Ulp. D. 2.14.7.2) für synallagmatische pacta, z.B. den Tausch. Einzuklagen waren solche pacta allerdings mit besonderen Klagen, nämlich mit actiones in factum oder praescriptis verbis. 83

§ 1. Anwendungsbereich hinsichtlich der zu erfüllenden Obligationen

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steht einem Eigentumsübergang nichts im Wege. Insbesondere scheitert er nicht daran, dass dieser Grund nicht im numerus clausus der klagbaren Obligationen aufgelistet ist. Wie Ulp. D. 6.2.7.587 zeigt, hatte auch der Tausch (als Bargeschäft) die Qualität einer iusta causa traditionis. Der nackte Tauschkonsens schuf indes keine Verbindlichkeit.88 Leisteten die Parteien dennoch in Erfüllung dieses nudum pactum, dürfte es außer Frage gestanden haben, dass damit Eigentum übertragen wurde, denn der animus dominii transferendi et accipiendi ist klar aus dem kausalen Konsens ersichtlich. Ob eine solche traditio die Bezeichnung solvendi causa oder permutandi causa trug, ist eine aus heutiger Perspektive kaum mehr zu klärende Detailfrage,89 die aber am Ergebnis nichts ändert.

C. Die Sonderstellung der Erfüllung eines Konsensualkaufs I. Einführung in die Problematik Unter den der traditio zugrunde liegenden Kausalgeschäften dürfte der Kauf das mit Abstand häufigste und bedeutsamste gewesen sein. In seinen Anfängen existierte er nur als Barkauf, bei welchem der Kaufkonsens mit dem Austausch von Preis und Ware zusammenfällt. Spätestens im 2. Jh. v. Chr. taucht der Kauf auch als klagbarer Konsensualkontrakt auf.90 Die Voraussetzungen der Kaufpreisübereignung wurden oben91 bereits untersucht mit dem Ergebnis, dass lediglich ein Kaufkonsens, keineswegs aber ein wirksamer Kauf gefordert wurde. Dieses Phänomen wird in der Literatur überwiegend auf die causa solvendi zurückgeführt,92 ist jedoch unabhängig davon zu beobachten, ob es sich um einen Bar- oder Konsensualkauf handelt. Hieraus wird wiederum deutlich, dass es sich bei der Abs87

Sed et si permutatio facta sit, eadem actio competit. Paul. D. 19.4.1.2: Item emptio ac venditio nuda consentientium voluntate contrahitur, permutatio autem ex re tradita initium obligationi praebet: alioquin si res nondum tradita sit, nudo consensu constitui obligationem dicemus, quod in his dumtaxat receptum est, quae nomen suum habent, ut in emptione venditione, conductione, mandato. 89 Bonfante, Scritti II (1918/1926), 595 f., verwirft die Bezeichnung causa solvendi bzw. pro soluto für alle traditiones / usucapiones, die nicht auf einem “negozio tipicamente e veramente obbligatorio” beruhen, folglich auch für Leistungen aufgrund von permutatio, divisio, transactio und noxae deditio. 90 Kaser, RP I (1971), 546. 91 Zweiter Teil, § 2. C. V. 5. 92 Pflüger, Zur Lehre vom Erwerbe des Eigentums (1937), 10; Meylan, RIDA 1948, 144; ders. RIDA 1956, 311; Volterra, Istituzioni (1961), 3361; Kaser, TR 29 (1961), 219 f.; ders., BIDR 64 (1961), 77; Jahr, SZ 80 (1963), 142; Wesel, SZ 85 (1968), 102; Cannata, in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà II (1991), 427 f.; ders., Istituzioni I (2001), 312. 88

§ 1. Anwendungsbereich hinsichtlich der zu erfüllenden Obligationen

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steht einem Eigentumsübergang nichts im Wege. Insbesondere scheitert er nicht daran, dass dieser Grund nicht im numerus clausus der klagbaren Obligationen aufgelistet ist. Wie Ulp. D. 6.2.7.587 zeigt, hatte auch der Tausch (als Bargeschäft) die Qualität einer iusta causa traditionis. Der nackte Tauschkonsens schuf indes keine Verbindlichkeit.88 Leisteten die Parteien dennoch in Erfüllung dieses nudum pactum, dürfte es außer Frage gestanden haben, dass damit Eigentum übertragen wurde, denn der animus dominii transferendi et accipiendi ist klar aus dem kausalen Konsens ersichtlich. Ob eine solche traditio die Bezeichnung solvendi causa oder permutandi causa trug, ist eine aus heutiger Perspektive kaum mehr zu klärende Detailfrage,89 die aber am Ergebnis nichts ändert.

C. Die Sonderstellung der Erfüllung eines Konsensualkaufs I. Einführung in die Problematik Unter den der traditio zugrunde liegenden Kausalgeschäften dürfte der Kauf das mit Abstand häufigste und bedeutsamste gewesen sein. In seinen Anfängen existierte er nur als Barkauf, bei welchem der Kaufkonsens mit dem Austausch von Preis und Ware zusammenfällt. Spätestens im 2. Jh. v. Chr. taucht der Kauf auch als klagbarer Konsensualkontrakt auf.90 Die Voraussetzungen der Kaufpreisübereignung wurden oben91 bereits untersucht mit dem Ergebnis, dass lediglich ein Kaufkonsens, keineswegs aber ein wirksamer Kauf gefordert wurde. Dieses Phänomen wird in der Literatur überwiegend auf die causa solvendi zurückgeführt,92 ist jedoch unabhängig davon zu beobachten, ob es sich um einen Bar- oder Konsensualkauf handelt. Hieraus wird wiederum deutlich, dass es sich bei der Abs87

Sed et si permutatio facta sit, eadem actio competit. Paul. D. 19.4.1.2: Item emptio ac venditio nuda consentientium voluntate contrahitur, permutatio autem ex re tradita initium obligationi praebet: alioquin si res nondum tradita sit, nudo consensu constitui obligationem dicemus, quod in his dumtaxat receptum est, quae nomen suum habent, ut in emptione venditione, conductione, mandato. 89 Bonfante, Scritti II (1918/1926), 595 f., verwirft die Bezeichnung causa solvendi bzw. pro soluto für alle traditiones / usucapiones, die nicht auf einem “negozio tipicamente e veramente obbligatorio” beruhen, folglich auch für Leistungen aufgrund von permutatio, divisio, transactio und noxae deditio. 90 Kaser, RP I (1971), 546. 91 Zweiter Teil, § 2. C. V. 5. 92 Pflüger, Zur Lehre vom Erwerbe des Eigentums (1937), 10; Meylan, RIDA 1948, 144; ders. RIDA 1956, 311; Volterra, Istituzioni (1961), 3361; Kaser, TR 29 (1961), 219 f.; ders., BIDR 64 (1961), 77; Jahr, SZ 80 (1963), 142; Wesel, SZ 85 (1968), 102; Cannata, in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà II (1991), 427 f.; ders., Istituzioni I (2001), 312. 88

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Vierter Teil: Anwendungsbereich der causa solvendi

traktion der traditio solvendi causa nicht um eine Ausnahme im kausalen System handelt, sondern um eine schlichte Ausprägung des Prinzips, wonach es für die Wirksamkeit der traditio auf deren Rechtfertigung nicht ankommt. Von diesem Prinzip wird nun aber überwiegend eine Ausnahme für die Leistung des Verkäufers angenommen.93 Indessen fehlt es an unmittelbaren Belegen für das Erfordernis eines wirksamen Kaufvertrags für die Tradition der Kaufsache. Aus dem vorhandenen Quellenmaterial lassen sich sowohl in die eine als auch in die andere Richtung Argumente entwickeln. Diese sollen im Folgenden dargestellt und erörtert werden. II. Terminologische Argumente Gegen eine Einbeziehung der Verkäuferleistung in den Anwendungsbereich der causa solvendi wird angeführt, nur die Kaufpreiszahlung sei mit solutio bezeichnet worden.94 Zwar existieren auch einige Stellen in den Digesten, welche auch die Verkäuferleistung mit solutio benennen,95 doch steht diesen in der Tat ein erhebliches Übergewicht an Stellen zur Kaufpreiszahlung gegenüber.96 Dieses Phänomen wird von Steiner auf das alte Solutionsrecht zurückgeführt,97 aufgrund dessen solvere weit überwiegend für die Bezeichnung von Geldleistungen verwendet worden sei.98 Der Schluss von der bloßen Bezeichnung einer Vermögensverschiebung auf deren Abstraktionsgrad ist stets ein unsicheres Unterfangen.99 Für eine stärkere Kausalbindung der traditio venditionis causa spräche dieser Schluss zudem nur dann, wenn die „solutio“ (d.h. die traditio solvendi causa) im Vergleich zu den anderen Traditionstypen einen besonders 93

Zum Meinungsstand s.o. Anm. 3–5. Steiner, Datio in solutum (1914), 32; Meylan, RIDA 1948, 144; Kaser, BIDR 64 (1961), 77 f. 95 Paul. D. 12.1.31.1; Jav. D. 12.6.45; Paul. D. 41.3.48; Pap. D. 46.3.95.12. Eine Interpolation nehmen jeweils an: Solazzi, L’estinzione dell’obbligazione (1935), 28 f.; Pflüger, Zur Lehre vom Erwerbe des Eigentums (1937), 12; Kaser, BIDR 64 (1961), 77 f. 96 Vgl. allein aus dem 18. Buch der Digesten: Pomp. D. 18.1.16 pr.; Pomp. D. 18.1.19; Paul. D. 18.1.23; Paul. D. 18.1.52; Gai. D. 18.1.53; Paul. D. 18.1.57 pr., 2; Lab. D. 18.1.78.2; Pomp. D. 18.3.2; Ulp. D. 18.3.4.4; Ner. D. 18.3.5; Scaev. D. 18.4.22; Pomp. D. 18.5.2; Scaev. D. 18.5.9; Scaev. D. 18.5.10 pr., 1; Paul. D. 18.6.8 pr.; Jav. D. 18.6.17 (16); Pap. D. 18.6.19 (18); Hermog. D. 18.6.20 (19). 97 Steiner, Datio in solutum (1914), 32 f.: „Die Leistung des Verkäufers war nicht Haftungslösung, sondern die Nichtleistung Voraussetzung der Haftungsentstehung.“ 98 Dazu s.u. § 2. B. 99 Dies war auch im Hinblick auf das Verhältnis zwischen den Ersitzungstiteln pro soluto und pro suo zu beobachten (s. o. 2. Teil, § 3. A. II. 3.), sowie bei der Bedeutungsvielfalt des Begriffs causa (s.o. 1. Teil, § 2. F.). Zur Begriffsentwicklung von solutio/solvere und der damit einhergehenden Mehrdeutigkeit s.o. 2. Teil, § 1. 94

§ 1. Anwendungsbereich hinsichtlich der zu erfüllenden Obligationen

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hohen Abstraktionsgrad aufwiese. Daran bestehen jedoch – etwa mit Blick auf die datio ob rem – begründete Zweifel. III. Argumente aus dem Ersitzungsrecht Für eine Sonderstellung der Verkäuferleistung gegenüber sonstigen Erfüllungsleistungen spricht möglicherweise die Existenz eines eigenständigen Ersitzungstitels pro emptore. Dieser ist nicht auf die Fälle des Barkaufs beschränkt, sondern umfasst auch jene, in denen der Verkäufer seine Schuld aus Konsensualkauf erfüllt.100 Dieser Umstand spricht jedoch per se noch nicht für eine stärkere Kausalbindung der usucapio pro emptore im Vergleich zur usucapio pro soluto. Die Spezialität (und das Erfordernis) des Titels pro emptore könnte nämlich gerade darin begründet sein, dass er eben auch den Barkauf erfasst, welcher – mangels Verbindlichkeiten – ersichtlich nicht unter den Titel pro soluto subsumiert werden kann.101 Ein Auseinanderreißen der Bar- und Konsensualkauffälle hätte zu Abgrenzungsschwierigkeiten geführt. Außerdem erscheint es für den Kauf mit seiner – gegenüber allen übrigen Rechtsgründen – gesteigerten Bedeutung für die römische Volkswirtschaft durchaus nachvollziehbar, eine eigene Ersitzungskategorie einzurichten. Die entscheidenden Fragen lauten: Inwiefern unterscheiden sich usucapio pro emptore und usucapio pro soluto hinsichtlich ihrer Kausalbindung? Ist eine Übertragung dieser Unterscheidung auf den unmittelbaren Erwerb des quiritischen Eigentums durch traditio gestattet? 1. Die Kausalbindung von usucapio pro soluto und usucapio pro emptore Zu dieser Frage äußert sich Paulus in einem bereits betrachteten102 Stellenpaar: D. 41.3.48 Paulus libro secundo manualium Si existimans debere tibi tradam, ita demum usucapio sequitur, si et tu putes debitum esse. Aliud, si putem me ex causa venditi teneri et ideo tradam: hic enim nisi emptio praecedat, pro emptore usucapio locum non habet. Diversitatis causa in illo est, quod in ceteris causis solutionis tempus inspicitur neque interest, cum stipulor, sciam alienum esse nec ne: Sufficit enim me putare tuum esse, cum solvis: in emptione autem et contractus tempus inspicitur et quo solvitur: Ne potest pro emptore usucapere, qui non emit, nec pro soluto, sicut in ceteris contractibus. D. 41.4.2 pr. Paulus libro 54 ad edictum Pro emptore possidet, qui re vera emit, nec sufficit tantum in ea opinione esse eum, ut putet se pro emptore possidere, sed debet etiam subesse causa emptionis. Si ta100

Vgl. Paul. D. 41.3.48; D. 41.4.2 pr.; dazu sogleich. Fitting, AcP 52 (1869), 1. 102 S.o. Zweiter Teil, § 3. A. II.; Dritter Teil, § 1. C. 101

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Vierter Teil: Anwendungsbereich der causa solvendi

men existimans me debere tibi ignoranti tradam, usucapies. Quare ergo et si putem me vendidisse et tradam, non capies usu? Scilicet quia in ceteris contractibus sufficit traditionis tempus, sic denique si sciens stipuler rem alienam, usucapiam, si, cum traditur mihi, existimem illus esse: at in emptione et illud tempus inspicitur, quo contrahitur: igitur et bona fide emisse debet et possessionem bona fide adeptus esse.

Paulus stellt die Ersitzung aufgrund eines Kaufs der Ersitzung aufgrund aller übrigen Kontrakte (ceteris contractibus) gegenüber. Während bei Letzterer der Glaube an das Bestehen der Schuld genüge, müsse bei der Ersteren tatsächlich ein Kauf vorliegen. Dies erkläre sich daraus, dass es bei der Ersitzung aufgrund der übrigen Kontrakte hinsichtlich des guten Glaubens an die Eigentümerstellung des Veräußerers nur auf den Zeitpunkt der Übergabe ankomme, während bei der usucapio pro emptore auch der Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses berücksichtigt werde. Fordert Paulus demnach eine gültige Kaufobligation als Grundlage der usucapio pro emptore?103 Jakobs verneint dies mit dem Hinweis, dem überlieferten Text sei zwar durchaus das Erfordernis eines wirklichen Kaufkonsenses (i.S. eines Rechtsakts), nicht jedoch einer gültigen Kaufobligation (i.S. eines Rechtsverhältnisses) entnehmbar.104 In der Tat ist auffällig, dass Paulus als Adverb vor emit (fr. 2 pr.) nicht etwa rate (gültig) oder efficaciter (wirksam), sondern vera (wirklich) wählt und für die causa emptionis lediglich ein subesse (vorhanden sein) fordert. Ferner liefert Jakobs’ Rechtsakttheorie eine Erklärung für die Fälle, in denen – nicht zuletzt auch von Paulus – die Ersitzung105 bzw. die actio Publiciana106 nach dem Kauf vom Minderjährigen oder Geisteskranken zugelassen wird:107 Hier ist 103

So die weit überwiegende Auffassung, vgl. etwa Ehrhardt, Iusta causa traditionis (1930), 27; Kaser, BIDR 64 (1961), 79; Mayer-Maly, Das Putativtitelproblem bei der usucapio (1962), 90; Hausmaninger, Die bona fides des Ersitzungsbesitzers (1964), 82 ff.; Bauer, Ersitzung und Bereicherung (1988), 696. 104 Jakobs, Festschrift Flume I (1978), 52 f.; ders., SZ 119 (2002), 309; Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 60 f. Die Rechtsakttheorie nimmt in diesem Zusammenhang ersichtlich Anleihen bei der Theorie von der Doppelfunktion des Kaufs; vgl. dazu Windscheid, Kritische Zeitschrift für die gesamte Rechtswissenschaft II (1855), 136 f.; Bonfante, Scritti II (1918/1926), 575 ff.; Betti, Studi Riccobono IV (1936), 119 f.; Jahr, SZ 80 (1963), 163 ff.; Cannata, in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà II (1991), 425 ff. 105 Vat. 1; Paul. D. 41.3.13.1; Paul. D. 41.4.2.15–16. 106 Ulp. D. 6.2.7.2; Gai. D. 6.2.13.2. 107 Mayer-Maly, Das Putativtitelproblem bei der usucapio (1962), 140, führt diese Fälle auf fallgruppenspezifische Differenzierungen zurück. Ähnliche Ansätze finden sich auch bei Hausmaninger, Die bona fides des Ersitzungsbesitzers (1964), 80, und Hoetnik, TR 29 (1961), 240, die als maßgebliches Kriterium zur Bildung jener Fallgruppen aber nicht – wie Mayer-Maly – den Verkehrsschutz heranziehen, sondern verschiedene Irrtumstypen (Hausmaninger) bzw. die Funktion der bona fides (Hoetnik). Bauer, Er-

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der Kauf als Rechtsakt durchaus vorhanden; lediglich die Entstehung der Obligation scheitert an der Geschäftsunfähigkeit eines Beteiligten. Dennoch ist Jakobs’ These nicht mit dem Wortlaut der beiden Stellen vereinbar.108 Paulus thematisiert das Erfordernis des Zutreffens des Glaubens gerade an den Bestand der Obligation, nicht lediglich an die Vornahme des Rechtsakts: Si existimans debere tibi tradam, ita demum usucapio sequitur, si et tu putes debitum esse (fr. 48); Si tamen existimans me debere tibi ignoranti tradam, usucapies (fr. 2 pr.). Wenn er nun an diese Regel jeweils unmittelbar die Ausnahme des Kaufs anschließt, ergibt dies nur einen Sinn im Hinblick auf eine Kaufobligation, auf welche der Schuldner – existimans debere – leistete. Dass der Unterschied nur in den beim Kauf erforderlichen zwei Zeitpunkten der bona fides gelegen haben sollte, ist unwahrscheinlich; denn Paulus bezeichnet die beiden Zeitpunkte der bona fides nicht als die diversitas, sondern führt sie lediglich als diversitatis causa an. Die diversitas selbst muss also offenbar im Erfordernis einer wirksamen Obligation liegen. Folglich lässt sich festhalten, dass Paulus als Grundlage für die usucapio pro emptore nicht nur einen wirklichen, sondern einen wirksamen Kaufvertrag forderte. Damit stellt sich Paulus in die Tradition der Putativtitelgegner: Wenn Papinian109 und Celsus110 für die usucapio pro emptore ein emere forderten, werden auch sie einen wirksamen Kauf und nicht lediglich den hierauf gerichteten Rechtsakt gemeint haben.

sitzung und Bereicherung (1988), 706, 136 ff., geht insbesondere auf die Frage der Kondizierbarkeit der auf diese Weise ersessenen Sache ein; in der Ersitzbarkeit selbst sieht sie eine utilitatis causa gewährte Ausnahme. Burdese, in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà I (1991), 13021, weist darauf hin, dass zwar die usucapio, nicht jedoch die actio Publiciana ohne weiteres befürwortet wurde und sieht eine Erklärung dieses Phänomens darin, dass die Existenz einer iusta causa für die actio Publiciana ausdrücklich normativ gefordert worden sei, für die usucapio hingegen das Hauptgewicht auf der bona fides gelegen habe. Cannata, SDHI 57 (1991), 348, differenziert in diesen Fällen zwischen pupillus und furiosus: Bei Letzterem habe keine vera emptio als causa usucapionis vorgelegen; die usucapio sei vielmehr utilitatis causa gewährt worden. Die wohl überzeugendste Erklärung liefert Wubbe, TR 32 (1964), 564 ff., der die Ersitzbarkeit gerade solcher von schutzbedürftigen Personen erworbenen Sachen mit dem auch tatsächlich von Rechts wegen vorhandenen Schutz jener Personen begründet, s.o. Zweiter Teil, § 3. B. I. 2. d. bb. 108 Gegen Jakobs vgl. auch Behrends, SZ 97 (1980), 476 f.; Bauer, Ersitzung und Bereicherung (1988), 706. 109 D. 41.8.3: Non magis quam si quis emptum existimet, quod non emerit. Im vorhergehenden Fragment lehnt Paulus die Putativtitelersitzung pro legato ab. Die Aussagekraft der Papinian-Stelle hängt folglich davon ab, ob der von Tribonian hergestellte Sachzusammenhang stimmt. 110 Ulp. D. 41.3.27, s.o. Zweiter Teil, § 3. A. II. 3.

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Vierter Teil: Anwendungsbereich der causa solvendi

Ihnen gegenüber stehen die Putativtitelbefürworter Julian111 und Neraz112, welche die bloße auf den Kauf bezogene existimatio des Erwerbers zur Ersitzung genügen ließen, sofern diese nur in einem entschuldbaren Irrtum begründet lag. Ein entsprechender Streit ist für die Ersitzung aufgrund der ceteris contractibus (Paul. D. 41.3.48; 41.4.2 pr.) nicht überliefert.113 Die Ersitzung aufgrund Kaufs nahm folglich – zumindest für die Putativtitelgegner – eine Sonderstellung im Sinne einer erhöhten Kausalbindung ein. 2. Übertragbarkeit der Sonderstellung der usucapio pro emptore auf das Recht der traditio Eine Übertragung der dargestellten Lösungen auf das Recht der traditio bedeutete, Paulus und den anderen Putativtitelgegnern die Annahme einer Abhängigkeit der Übereignung der Kaufsache114 von der Wirksamkeit des zugrunde liegenden Kaufvertrags zu unterstellen. Die Übertragbarkeit von Phänomenen aus dem Recht der usucapio auf das Recht der traditio setzt Vergleichbarkeit voraus. Diese ist grundsätzlich bei der Ersitzung aufgrund eines bilateralen Erwerbsgeschäfts gegeben, da hier der Veräußererwille und die Translativität der traditio Berücksichtigung

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Afr. D. 41.4.11: Quod volgo traditum est eum, qui existimat se quid emisse nec emerit, non posse pro emptore usucapere, hactenus verum esse ait, si nullam iustam causam eius erroris emptor habeat: nam si forte servus vel procurator, cui emendam rem mandasset, persuaserit ei se emisse atque ita tradiderit, magis esse, ut usucapio sequatur. Durch ait wird deutlich, dass Afrikan hier die Meinung seines Lehrers Julian wiedergibt. Mit volgo traditum liefert er zudem einen Hinweis darauf, dass die Ablehnung der Putativtitelersitzung beim Kauf die ältere und wohl auch überwiegende Auffassung darstellt. 112 D. 41.10.5, s.o. Zweiter Teil, § 3. A. II. 3. Zwar nennt Neraz den Kauf nicht ausdrücklich, doch kann er ihn aus seiner denkbar weit formulierten Putativtitelzulassung schwerlich ausgeschlossen haben. 113 Ulp./Cels. D. 41.3.27 nennt als Beispiele ausschließlich Tatbestände, die ersichtlich nicht in den Anwendungsbereich der usucapio pro soluto fallen. 114 Da in Paul. D. 41.3.48 und D. 41.4.2 pr. nicht zwischen Käufer- und Verkäuferleistung differenziert werde, sieht Fuchs, Iusta causa traditionis (1952), 161, in diesen Stellen ein Argument für das causa-vera-Erfordernis auch bezüglich der Wirksamkeit der Kaufpreiszahlung. Damit entstünde jedoch ein offensichtlicher Widerspruch zu den im Zweiten Teil unter § 2. C. V. 5. erörterten Stellen. Die von Fuchs bestrittene Differenzierung ist indessen vorhanden: Sie findet sich bereits in den Worten pro emptore: „Als Käufer“ ersitzt man selbstverständlich nicht den Kaufpreis, sondern die Kaufsache. Ferner erscheint es unwahrscheinlich, dass die Ersitzung von Geld diskutiert worden sei: An Münzen vollzog sich der gutgläubige Erwerb nämlich gewöhnlich mittels consumptio. Schließlich ist von der res aliena die Rede, womit – allein schon aufgrund der Verwendung des Singulars – nicht die Münzen gemeint sein können.

§ 1. Anwendungsbereich hinsichtlich der zu erfüllenden Obligationen

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finden.115 Die traditio vendendi causa stellt ein solches dar und überträgt mithin aus derselben causa entweder das quiritische oder – wenn eine res mancipi tradiert wurde bzw. der Veräußerer Nichteigentümer war – das bonitarische Eigentum, Letzteres mit anschließender Ersitzungsmöglichkeit. Demnach müssten die Aussagen des Paulus zur emptio venditio für deren Eigenschaft sowohl als causa usucapionis wie auch als causa traditionis gelten. Aus D. 41.3.48 und D. 41.4.2 pr. ließe sich mithin das Erfordernis einer gültigen Kaufobligation für die Wirksamkeit der traditio vendendi causa ableiten. Generelle Geltung kann einer solchen Regel jedoch schon deshalb nicht zugekommen sein, weil sie sämtliche Fälle des Barkaufs ignoriert, bei welchen zu keinem Zeitpunkt eine Obligation besteht. Doch auch an ihrer Übertragbarkeit auf die Konsensualkauferfüllung müssen Zweifel aufkommen, sobald man die paulinische Begründung der Regel näher ins Auge fasst. Ihr zufolge resultiert das Erfordernis der vera emptio aus einer Parallele zum maßgeblichen Zeitpunkt der bona fides. Der gute Glaube des Erwerbers an das Eigentum des Veräußerers musste gewöhnlich nur im Zeitpunkt der Übergabe vorliegen;116 bei der usucapio pro emptore forderte jedoch der überwiegende Teil der römischen Juristen das Vorliegen der bona fides auch im Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses.117 Für den unmittelbaren Erwerb des quiritischen Eigentums durch traditio war der gute Glaube an die Eigentümerstellung des Veräußerers jedoch irrelevant, da diese bereits objektive Erwerbsvoraussetzung war. Folglich ist die Begründung des vera-emptio-Erfordernisses nicht auf das Recht der traditio übertragbar. Sollte die Regel auch hier gegolten haben, dann jedenfalls nicht aus den Gründen, die Paulus in D. 41.3.48 und D. 41.4.2 pr. nennt. Damit aber ist die Aussagekraft beider Stellen in diesem Punkt auf das Recht der usucapio beschränkt. Ob die traditio vendendi causa zu ihrer zivilrechtlichen Wirksamkeit eines wirksamen Kaufvertrages bedurfte oder ob auch ein Solutionskonsens im Zeitpunkt der Übergabe genügte, lässt sich auf ihrer Basis nicht sicher sagen. IV. Argumente aus der Natur der Verkäuferobligation Die Quellen unterscheiden mit bemerkenswerter Deutlichkeit zwischen der Obligation des Käufers und derjenigen des Verkäufers: Während der Käufer zur Übereignung des Kaufpreises (pecuniam dare) verpflichtet war,118 beschränkte sich die Verpflichtung des Verkäufers auf vacuam possessionem tradere bzw. 115

S.o. Zweiter Teil, § 3. B. I. 2. e. Paul. D. 41.3.15.3; Pap. D. 41.3.44.1 f. 117 Ulp./Pomp. D. 6.2.7.14; Ulp. D. 6.2.7.16 f. Gegenmeinung: Ulp./Sab./Cass. D. 41.3.10 pr.; Jul. D. 41.4.7.4. Zu diesem Meinungsstreit vgl. Bonfante, Scritti II (1918/1926), 581 ff., 598 ff.; Pflüger, Zur Lehre vom Erwerbe des Eigentums (1937), 40 ff.; Burdese, in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà I (1991), 123 ff. 118 Ulp. D. 19.1.11.2.; Paul. D. 19.4.1 pr. 116

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Vierter Teil: Anwendungsbereich der causa solvendi

Ermöglichung des habere licere.119 Dieser Umstand soll nun nach weit verbreiteter Ansicht120 gegen die Anwendbarkeit der causa solvendi auf die Verkäuferleistung sprechen. Dahinter steht die Überlegung, dass ein Solutionskonsens, welcher auf eine nicht auf dare gerichtete Obligation bezogen ist, keine taugliche iusta causa traditionis darstellen könne. Als solche komme daher nur die emptio venditio selbst in Betracht, welche für ein Gelingen der traditio zudem wirksam sein müsse. Hiergegen drängen sich allerdings zwei Einwände auf: Wenn die Verkäuferobligation nur zur Besitzverschaffung zwang, warum sollte ausgerechnet sie wirksam gewesen sein müssen, um das Eigentum zu verschaffen?121 Wenn man der causa solvendi die Eigenschaft als iusta causa traditionis abspricht, weil die Obligation, auf die sie sich bezieht, nicht auf dare gerichtet ist, muss man dann nicht umso mehr dieser Obligation selbst die Eigenschaft als iusta causa traditionis absprechen?122 Diese Fragen sind allein aus der Natur der Verkäuferobligation heraus nicht zu beantworten und zeigen die innere Widersprüchlichkeit jener Argumentation. Die Untersuchungen Cristaldis dürften ihr darüber hinaus auch die Grundlage entzogen haben:123 Demnach ist davon auszugehen, dass habere als Inhalt der Verkäuferobligation mehr als nur die bloße Besitzverschaffung meint, sondern eine „situazione reale definitiva“ bezeichnet, welche sich als possessio vel usufructus bei Provinzialgrundstücken, als bonitarisches Eigentum nach der traditio einer res mancipi oder aber auch als quiritisches Eigentum nach der traditio einer res nec mancipi darstellen kann. In letzterem Falle unterscheidet sich die Verkäuferobligation folglich nur begrifflich, nicht jedoch inhaltlich von jeder anderen auf dare gerichteten Obligation.

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Ulp. D. 18.1.25.1; D. 19.1.11.8; Afr. D. 19.1.30.1; Paul. D. 19.4.1 pr.; Bruns, Fontes Nr. 130, 132 = FIRA III Nr. 88 f. 120 Bonfante, Scritti II (1918/1926), 578 ff.; Betti, Studi Riccobono IV (1936), 120; MayerMaly, Das Putativtitelproblem bei der usucapio (1962), 94; Jakobs, in: Festschrift Flume I (1978), 53; ders., SZ 119 (2002), 312; Pugliese, in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà I (1991), 54 f.; Vacca, Annotazioni, in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà (1997), 13311; Cannata, in: Vacca (Hrsg.): Arricchimento ingiustificato e ripetizione dell’indebito (2005), 18, 32. 121 Vacca, Annotazioni, in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà (1997), 1307, spricht daher von einem “salto logico” zwischen Obligationsinhalt und dinglicher Wirkung. 122 Voci, SDHI 15 (1949), 147; Cristaldi, Il contenuto dell’obbligazione del venditore (2007), 56. 123 Cristaldi, Il contenuto dell’obbligazione del venditore (2007), 277 ff. und passim.

§ 1. Anwendungsbereich hinsichtlich der zu erfüllenden Obligationen

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V. Argumente aus dem (alten) Kaufrecht124 Zu Beginn der Rechtsentwicklung existierte der Kauf ausschließlich als Barkauf, bei welchem Kaufkonsens und traditio in einem Zeitpunkt zusammenfallen.125 Zur Bezeichnung des Erwerbsaktes wurde „vermutlich nicht von traditio gesprochen, sondern die ihr zugrunde liegenden Tatbestände für sich genommen und genannt, wie ja diese Tatbestände, Kauf, Schenkung usw. in der Tat die wirklichen und individuellen Gründe bilden, aus denen das Eigentum übertragen wird“.126 Demnach war der Kauf nach diesem frühen Rechtsverständnis per se ein dinglicher Erwerbsakt und nicht lediglich die schuldrechtliche causa desselben. Gleiches ist bei der mancipatio zu beobachten, welche – bevor sie nummo uno durchgeführt und auf diese Weise zur imaginaria venditio werden konnte – einen echten Barkauf darstellte. Aufgrund dieser Frühgeschichte waren Kauf und Übergabe im römischen Rechtsbewusstsein unmittelbar miteinander verknüpft. Hieraus wird nun geschlossen, auch nach der Anerkennung des Konsensualkaufs seien Kaufkonsens und Übergabe trotz ihres zeitlichen Auseinanderfallens weiterhin als ein einheitlicher Erwerbstatbestand angesehen worden.127 Das übereignungserhebliche Element der traditio venditionis causa sei daher der zeitlich zurückliegende Kaufvertrag, nicht etwa der Solutionskonsens im Zeitpunkt der Übergabe gewesen.128 Dem Kaufvertrag komme auf diese Weise eine Doppelfunktion (nämlich eine dingliche und obligatorische) zu, welche bei rein obligatorischen Geschäften (z.B. Stipulation, Damnationslegat) nicht zu beobachten sei.129 Letztere seien daher nicht Teil des Erwerbstatbestandes, weshalb es hier einer separaten causa solvendi bedürfe. Die Kaufsache hingegen werde bereits ab Kaufvertragsschluss, auch wenn sie – aufgrund des Traditionsprinzips – noch im Eigen-

124

Meylan, Studi Riccobono IV (1936), 310 f.; Faure, Justa causa et bonne foi (1936), 233; Cannata, in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà II (1991), 425 ff. 125 S. o. Zweiter Teil, § 2. C. V. 5. 126 Jahr, SZ 80 (1963), 143; in Anlehnung an Kaser, BIDR 64 (1961), 63 f.; ders. RP I (1971), 417. 127 Bonfante, Scritti II (1918/1926), 598, 600, spricht von einer „unità continuativa“; zustimmend: Meylan, RIDA 1948, 1451. 128 Huschke, AcP 62 (1879), 329; Rabel, Grundzüge (1915), 440; Bonfante, Scritti II (1918/1926), 576 ff.; Kaser, BIDR 64 (1961), 83; Mayer-Maly, Das Putativtitelproblem bei der usucapio (1962), 94 f.; Jakobs, in: Festschrift Flume I (1978), 53; Pugliese, in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà I (1991), 54; Cannata, in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà II (1991), 429 f. 129 Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte (1974), 69; Peters, SZ 96 (1979), 185.

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Vierter Teil: Anwendungsbereich der causa solvendi

tum des Verkäufers bleibe, nicht mehr zu dessen Vermögen gerechnet.130 Aus dieser dinglichen Funktion des Kaufvertrags ergebe sich ferner eine Erklärung für die merkwürdige Beschränkung der Verkäuferobligation auf Besitzverschaffung:131 Da die iusta causa bereits im Kaufvertrag vorliege, bedürfe es zur Vervollständigung des Erwerbstatbestandes nichts weiter als der nuda traditio; eine Übereignungspflicht sei daher überflüssig gewesen.132 Die historische Herleitung einer dinglichen Funktion des Barkaufs erscheint durchaus plausibel. Hieraus jedoch abzuleiten, diese habe im Konsensualkauf fortexistiert, ist nicht schlüssig. Gerade aufgrund der ursprünglich unmittelbaren Verknüpfung des dinglichen Elements mit der Übergabe liegt es näher, das dingliche Element auch für den Fall des Konsensualkaufs im Zeitpunkt der Übergabe zu suchen. Doch selbst, wenn die emptio venditio ein dingliches Element aufzuweisen hätte, spräche dies für das Erfordernis des Vorliegens nur eben desselben,133 nicht jedoch darüber hinaus auch einer wirksamen Obligation. Ein dingliches Element im Zeitpunkt der Übergabe ist nur dann verzichtbar bzw. in den Zeitpunkt des Vertragsschlusses verlegbar, wenn die Kaufsache bereits bei Vertragsschluss individualisierbar ist; dies ist jedoch nur beim Spezieskauf, nicht hingegen beim Gattungs- und Vorratskauf der Fall. Dem wird entgegengehalten, der reine Gattungskauf habe im römischen Recht nicht existiert.134 Die emptio venditio sei grundsätzlich Spezieskauf gewesen, ausnahmsweise auch Vorratskauf, wobei Letzterer erst mit der Individualisierung der Kaufsache in Wirksamkeit erwachsen sei.135 Das unabstreitbare Bedürfnis des entwickelten Rechtsverkehrs 130

Kaser, RP I (1971), 552, führt auf diesen Umstand ferner die merkwürdige Regelung des Gefahrübergangs zurück: Obschon der Verkäufer zwischen Vertragschluss und Übergabe noch die Sachherrschaft ausübt, geht die Preisgefahr bereits bei Vertragschluss über (vgl. Paul. D. 18.6.8 pr.; Inst. 3.23.3). Paul. D. 18.6.3 stellt den Verkäufer ausdrücklich dem Entleiher gleich; wie dieser haftet er für custodia. 131 Gegen diese enge Interpretation des habere als Inhalt der Verkäuferobligation s. bereits oben bei Anm. 123. 132 Peters, SZ 96 (1979), 185 f.; Cannata, in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà II (1991), 428 ff. 133 So die Rechtsakttheorie bei Jakobs, Festschrift Flume I (1978), 43 ff.; ders., SZ 119 (2002), 309 ff.; Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 60; s.o. III. 1. 134 Seckel/Levy, SZ 47 (1927), 122 ff.; Jahr, SZ 80 (1963), 166; Kaser, RP I (1971), 547 f.; Peters, SZ 96 (1979), 186; a.A.: Haymann, JherJb. 79 (1928/29), 95 ff.; Siber, Römisches Recht (1968), 195; Honsell/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht4 (1987), 305 f. 135 Kaser, RP I (1971), 552 f. Die von Kaser (Anm. 66) angeführten Nachweise stützen die Behauptung allerdings nur indirekt, indem nämlich der Gefahrübergang auf die Individualisierung verschoben wird: Pap. Vat. 16 (2. Satz; hier ist allerdings von einer Beschränkung auf einen bestimmten Vorrat nicht die Rede); Gai. D. 18.1.35.7; Paul.

§ 1. Anwendungsbereich hinsichtlich der zu erfüllenden Obligationen

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nach der Figur des Gattungskaufs habe durch wechselseitige Stipulationen befriedigt werden können. Sichere Belege für den reinen Gattungskauf fehlen in der Tat;136 Gleiches gilt jedoch für wechselseitige Stipulationen in dieser Funktion. Letztere zeichnen sich gegenüber der emptio venditio durch einen deutlich erhöhten Aufwand aus, was es unwahrscheinlich macht, dass der „enorme römische Groß- und Distanzhandel“ alle Gattungsgeschäfte auf diese Weise durchgeführt haben sollte.137 Die Perfektionierung des Vorratskaufs erst mit Individualisierung der Kaufsache lässt sich ebenfalls nicht belegen.138 Sprechen damit gute Gründe dafür, den (zumindest beschränkten) Gattungskauf der römischen Rechtswirklichkeit zuzusprechen, so kam die emptio venditio in diesen Fällen als eine reine Obligation ohne dingliches Element daher. Letzteres kann also schwerlich ein Strukturmerkmal der emptio venditio gewesen sein. Entgegen Wesel139 ist auch kein Argument aus den Rücktrittsvorbehalten beim Kauf zu ziehen. Bei diesen handelte es sich um – durch pacta adiecata an den Kaufvertrag angeschlossene – Resolutivbedingungen, welche – etwa im Falle ausbleibener Kaufpreiszahlung oder eines besseren Angebots – zur Auflösung des Kaufvertrages führten.140 Wesel ist der Auffassung, der Resolutiveffekt habe sich auch auf die dingliche Rechtslage bezogen und sieht hierin einen Beleg für seine These, das dinglich entscheidende Element bei der traditio vendendi causa sei der Kaufvertrag selbst gewesen. Ob den Rücktrittsvorbehalten überhaupt dingliche Wirkung zukam, ist indes umstritten.141 Doch selbst, wenn man dies befürwortet, ergibt sich hieraus noch nicht, dass das dinglich entscheidende Element im Kaufvertrag gelegen habe. Die in den einschlägigen Quellen gebräuchlichen Formulierungen inempta esset, sed sub condicione resolvitur und sub condicione resolvi emptio können sich nämlich – gerade unter der Annahme einer dinglichen Wirkung des jeweiligen Rücktrittsvorbehalts – auf den gesamten Erwerbstatbestand des „Kaufs“ beziehen, der auch die Zweckbestimmung im Zeitpunkt der Übergabe umfasst. Diese Erklärung erscheint auch unter dem Aspekt des Barkaufgedankens überzeugender.

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138 139 140 141 137

D. 18.6.5; Alex. C. 4.48.2 (als imperfecta wird hier der reine Gattungskauf im ersten Satz bezeichnet; erst im zweiten Satz kommt der Vorratskauf zur Sprache). Vgl. aber immerhin Pap. Vat. 16 und Diocl. C. 4.49.12. Honsell/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht4 (1987), 306. S.o. Anm. 135. SZ 85 (1968), 94 ff. Vgl. Ulp. D. 18.1.3; Ulp. D. 18.2.2 pr.; Ulp. D. 18.3.1. Dafür (neben Wesel): Peters, Die Rücktrittsvorbehalte des römischen Kaufrechts (1973), 164 ff.; Honsell/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht4 (1987), 9319. Dagegen: Flume, FS Kaser (1976), 309 ff.; Ernst, SZ 99 (1980), 222 f.; Talamanca, Istituzioni (1990), 592.

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Vierter Teil: Anwendungsbereich der causa solvendi

Letzterer beinhaltet ferner die „Zug-um-Zug-Idee“, d.h. die Vorstellung des gleichzeitigen Leistungsaustauschs, welche aus der synallagmatischen Verknüpfung142 von emptio und venditio entspringt. Mit dieser Idee ist es jedoch unvereinbar, auf der Grundlage eines unwirksamen Kaufvertrags die Käuferleistung gelingen, die Verkäuferleistung hingegen scheitern zu lassen.143 Die vermeintliche Ungleichbehandlung von Käufer- und Verkäuferleistung wird auch auf das alte Manzipationsrecht zurückgeführt:144 Das meum esse aio der Manzipationsformel145 beziehe sich ausschließlich auf die Kaufsache; spätestens ab Einführung der mancipatio nummo uno sei die eigentliche Kaufpreiszahlung ohnehin durch traditio außerhalb des Manzipationsritus geschehen. Daher habe sich die dingliche Wirkung des Manzipationsaktes nur auf die Übereignung der Kaufsache, nicht hingegen des Kaufpreises erstrecken können. Ein derartiger Einfluss des Manzipationsaktes auf die emptio venditio ist jedoch unwahrscheinlich: Hätte die mancipatio tatsächlich Pate für die Entwicklung der emptio venditio gestanden, wäre als Konsequenz vielmehr der Eigentumsübergang bereits im Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses zu erwarten.146 Das Festhalten am Traditionsprinzip bei gleichzeitiger Übernahme einer quasi-dinglichen Wirkung aus dem Manzipationsakt in den Konsensualkauf erscheint widersprüchlich. Die emptio venditio dürfte sich vielmehr unabhängig von der mancipatio entwickelt haben: Wie auch die übrigen Konsensualkontrakte entstand sie auf der Grundlage der bona fides als Institut des ius gentium.147 Auch die traditio ist ein Institut des ius gentium.148 Die mancipatio hingegen ist ein Formalakt des alten ius civile. Die Wechselwirkungen zwischen ius gentium und ius civile waren in der Entstehungszeit der emptio venditio recht begrenzt.149 Wenn Anleihen im Manzipationsrecht gemacht wurden, ist dies eher denkbar in Bezug auf Institute des ius civile, wie etwa der usucapio. Hierin ist möglicherweise eine Erklärung der Forderung einer vera emptio für die usucapio pro emptore durch Paulus zu sehen, welche er in Gegensatz zu den übri142

Kaser, RP I (1971), 529 f.; Honsell/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht4 (1987), 255 f. Fuchs, Iusta causa traditionis (1952), 160 f.; Jakobs, SZ 119 (2002), 312 f. 144 Meylan, Studi Riccobono IV (1936), 310 f.; Faure, Justa causa et bonne foi (1936), 233; Cannata, in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà II (1991), 413 ff., insb. 425 ff. 145 Vgl. Gai. 1.119. 146 Fuchs, iusta causa traditionis (1952), 173. 147 Ulp. D. 2.14.7 pr.; Paul. D. 18.1.1.2; Marcian. D. 48.22.15; Karlowa, Römische Rechtsgeschichte I (1885), 451 ff.; Lauria, FS Koschaker I (1939), 258 ff.; Pugliese, in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà I (1991), 35 f. 148 Vgl. etwa Paul. Vat. 47a. 149 Pugliese, in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà I (1991), 36: „La continuità col ius civile appare, dunque, problematica e, in ogni caso, limitata.“ 143

§ 1. Anwendungsbereich hinsichtlich der zu erfüllenden Obligationen

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gen Kontrakten stellt. Auf das Recht der traditio ist diese Forderung jedoch aus den genannten Gründen nicht ohne weiteres übertragbar. VI. Argumente aus dem Kondiktionenrecht Auffällig ist ferner das weitgehende Fehlen von Quellen zur condictio indebiti der Kaufsache. Im Vergleich zu den oben unter B. untersuchten Obligationen dürfte der Kauf häufiger und bedeutsamer gewesen sein. Wenn dennoch weniger Fälle der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung akut wurden, könnte dies dafür sprechen, dass die Rechtfertigungsfrage beim Kauf ausnahmsweise schon „im Vorwärtsgang“, d.h. als Wirksamkeitserfordernis der traditio vendendi causa, berücksichtigt, mithin ein gültiger Kaufvertrag gefordert, wurde. Dann ginge mit der Unwirksamkeit des Kaufvertrags auch das Scheitern der Übereignung einher; für die Rückforderung der übergebenen Kaufsache wäre nicht mehr die condictio indebiti, sondern die rei vindicatio einschlägig. Die Vindikation einer Kaufsache, deren Übereignung an der Wirksamkeit des zugrunde liegenden Kaufvertrags scheiterte, ist allerdings in keiner einzigen Stelle überliefert, was wiederum gegen eine starke Kausalbindung der traditio vendendi causa spricht. Das Fehlen der condictio indebiti und das Fehlen der rei vindicatio als Argumente für und gegen das Erfordernis eines wirksamen Kaufvertrags heben sich gegenseitig auf. Nun wird dieses Gleichgewicht allerdings gestört durch die Existenz immerhin eines überlieferten Falles zur condictio indebiti des Kaufgegenstandes: D. 12.6.45 Iavolenus libro secundo ex Plautio Si is, qui hereditatem vendidit et emptori tradidit, id, quod sibi mortuus debuerat, non retinuit, repetere poterit, quia plus debito solutum per condictionem recte recipietur.150

Hier wird eine komplette Erbschaft als solche durch den Erben an einen Dritten verkauft. Was der Erblasser dem Erben (= Nachlassverkäufer) schuldete, wird – trotz der Subjektsvereinigung151 – so angesehen, als gehörte es gar nicht erst zur Erbschaft. Folglich ist der Gegenstand dieser Nachlassschuld auch nicht Gegenstand der Verkäuferobligation. Der Verkäufer kann die betreffenden Sachen zurückbehalten oder sie – falls er sie dennoch geleistet hat – mittels condictio zurückfordern. Die Gewährung der condictio weist auf den erfolgreichen Eigen150

Literatur: Pernice, Labeo E III 1 (1892/1963), 2512; Koschembahr-Lyskowski, Condictio II (1907), 145 f.; Solazzi, L’estinzione dell’obbligazione (1935), 294; Cugia, La confusione dell’obbligazione (1943), 168 ff.; Nardi, Studi sulla ritenzione (1947), 131 f.; Schwarz, Grundlage der condictio (1952), 19817; Daube, SZ 74 (1957), 254 ff.; Torrent, Venditio hereditatis (1966), 191 f.; Kieß, Die confusio im klassischen römischen Recht (1995), 141 ff. 151 Hierzu Schwarz, Grundlage der condictio (1952), 19817.

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Vierter Teil: Anwendungsbereich der causa solvendi

tumserwerb seitens des Nachlasskäufers hin.152 Die Rechtfertigungswirkung des Kaufvertrages konnte sich jedoch nur auf das tatsächlich durch ihn Geschuldete erstrecken. Damit ist das Eigentum an dem plus debitum solutum ohne Rechtfertigung durch einen wirksamen Kaufvertrag übergegangen. Auch hinsichtlich der Erfüllung einer Verkäuferobligation zeigt sich hier folglich das Prinzip, dass es für den Eigentumsübergang durch traditio nicht auf die Rechtfertigung, sondern nur auf das Gewolltsein desselben ankommen soll. Der Wille zur Eigentumsübertragung wiederum manifestiert sich in dem auf den Kaufvertrag bezogenen Solutionskonsens. Aufgrund der Singularität der Stelle ist ihre Aussagekraft bezüglich der Meinung der übrigen klassischen Juristen entsprechend beschränkt. Insbesondere in der sabinianischen Schultradition dürfte das genannte Prinzip jedoch – auch im Hinblick auf die zwecks Verkaufserfüllung vorgenommene traditio – Anerkennung gefunden haben.153 VII. Argumente aus der Eigenart des Geldes Fuchs154 erklärt sich die unterschiedliche Behandlung von Käufer- und Verkäuferleistung mit der Eigenart des Geldes, gewöhnlich unmittelbar nach Erhalt ununterscheidbar mit eigenem vermischt zu werden. In dieser erhöhten „Konsumtibilität“ des Geldes habe die Ursache dafür gelegen, dass die römischen Juristen – aktionenrechtlich gedacht – von vornherein (also unabhängig von einer tatsächlich erfolgten consumptio) die vindicatio nummorum ausgeschlossen und dem ungerechtfertigt Entreicherten die das Wertschuldprinzip berücksichtigende condictio certae creditae pecuniae gewährt hätten. Auf diese und verwandte Auffassungen von einer rechtlichen Sonderstellung der Geldleistungen wurde bereits eingegangen.155 Dagegen sprechen insbesondere die Stellen, in denen die vindicatio nummorum nach Zahlung durch einen Geschäftsunfähigen oder einen Nichteigentümer gewährt wird, obschon die Eigenschaften des Geldes (Konsumtibilität etc.) hier ungeschmälert vorliegen.156

152

Gegen die Unterstellung einer consumptio nummorum zur Erklärung des Eigentumsübergangs s. o. Zweiter Teil, § 2. B. I. 2. a. 153 Vgl. die „abstrakten“ Lösungen bei Javolens Schüler Julian (D. 41.1.36; D. 46.3.34.7) und dessen Schüler Afrikan (D. 41.4.11), sowie bei Gaius (D. 41.1.9.3, 7). 154 Fuchs, Iusta causa traditionis (1952), 246; vgl. auch Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte (1974), 69: „…denn die Geldschuld folgte eigenen Regeln.“ 155 S.o. Zweiter Teil, § 2. C. V. 156 Vgl. etwa Ulp. D. 12.6.26.9; D. 14.6.3.2; Paul. D. 15.1.52.

§ 1. Anwendungsbereich hinsichtlich der zu erfüllenden Obligationen

277

VIII. Resümee zu C. Die Besonderheit des Kaufs im römischen Recht bestand darin, dass er sowohl als Bargeschäft als auch als klagbare Obligation vorkam. Dies war bei keinem anderen Rechtsgeschäft der Fall. Daher eröffnete sich auch nur bei der Erfüllung der Verkaufsobligation die Frage, ob sie wie ein Erfüllungsgeschäft oder wie ein Barkauf gehandhabt werden sollte. Das Problem entstand offenbar zunächst hinsichtlich des maßgeblichen Zeitpunktes für das Vorliegen der bona fides als Ersitzungsvoraussetzung; Paulus157 dehnte es von hier aus auf die Frage der causa usucapionis aus. Bereits im Ersitzungsrecht war die Lösung des Paulus zugunsten des Erfordernisses einer vera emptio nicht unumstritten. Ob dieser Streitstand auf das Recht der traditio übertragbar ist, darf zweifelhaft erscheinen, da er eng mit dem spezifisch ersitzungsrechtlichen Erfordernis der bona fides zusammenhängt. Bejaht man die Übertragbarkeit, bedeutete dies, dass Paulus, möglicherweise auch Celsus und Papinian, einen wirksamen Kaufvertrag forderten, während Julian, Afrikan und wohl auch Neratius sich mit einem Solutionskonsens begnügten. Lehnt man die Übertragbarkeit hingegen ab, bleiben kaum noch verwertbare Quellen übrig. Lediglich Jav. D. 12.6.45158 belegt die condictio indebiti einer Kaufsache; immerhin diese Stelle spricht folglich gegen das Erfordernis eines wirksamen Kaufvertrags. Wenn sich in der übrigen Kasuistik das Prinzip der Unabhängigkeit der traditio von einem Rechtfertigungsgrund zeigt, sollte es gestattet sein, dies als „widerlegbare Vermutung“ auch der Verkaufserfüllung zugrunde zu legen. Die betrachteten Argumente aus dem Sprachgebrauch der Quellen, der Natur der Verkäuferobligation, dem Barkaufgedanken, dem Kondiktionenrecht und der Eigenart des Geldes haben sich als untauglich für eine Widerlegung dieser Vermutung herausgestellt. Die vorherrschende Auffassung, wonach die zwecks Verkaufserfüllung vorgenommene traditio eines wirksamen Kaufvertrages bedurft habe, vermag nach alledem – jedenfalls in dieser allgemeinen Fassung – nicht zu überzeugen.

D. Exkurs: Die Abstraktion der Bestellung beschränkter dinglicher Rechte Gegenstand der Untersuchung ist der Abstraktionsgrad der traditio. Zur Untermauerung der bislang entwickelten These bietet sich jedoch ein Blick über den Tellerrand an, nämlich auf die Bestellung beschränkter dinglicher Rechte.

157 158

D. 41.3.48; D. 41.4.2 pr. S.o. unter VI.

§ 1. Anwendungsbereich hinsichtlich der zu erfüllenden Obligationen

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VIII. Resümee zu C. Die Besonderheit des Kaufs im römischen Recht bestand darin, dass er sowohl als Bargeschäft als auch als klagbare Obligation vorkam. Dies war bei keinem anderen Rechtsgeschäft der Fall. Daher eröffnete sich auch nur bei der Erfüllung der Verkaufsobligation die Frage, ob sie wie ein Erfüllungsgeschäft oder wie ein Barkauf gehandhabt werden sollte. Das Problem entstand offenbar zunächst hinsichtlich des maßgeblichen Zeitpunktes für das Vorliegen der bona fides als Ersitzungsvoraussetzung; Paulus157 dehnte es von hier aus auf die Frage der causa usucapionis aus. Bereits im Ersitzungsrecht war die Lösung des Paulus zugunsten des Erfordernisses einer vera emptio nicht unumstritten. Ob dieser Streitstand auf das Recht der traditio übertragbar ist, darf zweifelhaft erscheinen, da er eng mit dem spezifisch ersitzungsrechtlichen Erfordernis der bona fides zusammenhängt. Bejaht man die Übertragbarkeit, bedeutete dies, dass Paulus, möglicherweise auch Celsus und Papinian, einen wirksamen Kaufvertrag forderten, während Julian, Afrikan und wohl auch Neratius sich mit einem Solutionskonsens begnügten. Lehnt man die Übertragbarkeit hingegen ab, bleiben kaum noch verwertbare Quellen übrig. Lediglich Jav. D. 12.6.45158 belegt die condictio indebiti einer Kaufsache; immerhin diese Stelle spricht folglich gegen das Erfordernis eines wirksamen Kaufvertrags. Wenn sich in der übrigen Kasuistik das Prinzip der Unabhängigkeit der traditio von einem Rechtfertigungsgrund zeigt, sollte es gestattet sein, dies als „widerlegbare Vermutung“ auch der Verkaufserfüllung zugrunde zu legen. Die betrachteten Argumente aus dem Sprachgebrauch der Quellen, der Natur der Verkäuferobligation, dem Barkaufgedanken, dem Kondiktionenrecht und der Eigenart des Geldes haben sich als untauglich für eine Widerlegung dieser Vermutung herausgestellt. Die vorherrschende Auffassung, wonach die zwecks Verkaufserfüllung vorgenommene traditio eines wirksamen Kaufvertrages bedurft habe, vermag nach alledem – jedenfalls in dieser allgemeinen Fassung – nicht zu überzeugen.

D. Exkurs: Die Abstraktion der Bestellung beschränkter dinglicher Rechte Gegenstand der Untersuchung ist der Abstraktionsgrad der traditio. Zur Untermauerung der bislang entwickelten These bietet sich jedoch ein Blick über den Tellerrand an, nämlich auf die Bestellung beschränkter dinglicher Rechte.

157 158

D. 41.3.48; D. 41.4.2 pr. S.o. unter VI.

278

Vierter Teil: Anwendungsbereich der causa solvendi

D. 12.6.12 Paulus libro septimo ad Sabinum Si fundi mei usum fructum tibi dedero falso existimans me eum tibi debere et antequam repetam decesserim, condictio eius ad heredem quoque meum transibit.

EGO bestellt TU den Nießbrauch an seinem Grundstück in der irrigen Annahme, ihm dies zu schulden. Es fehlt folglich an einer wirksamen Obligation, die ihn dazu verpflichtet. Als kausale Anknüpfung der Nießbrauchbestellung besteht lediglich der Solutionskonsens. Aus diesem ergibt sich der beiderseitige Wille zur Nießbrauchbestellung, so wie er im Falle der traditio (solvendi causa) den animus dominii transferendi offenbart. Die abstrakte Handhabung der Nießbrauchbestellung verwundert nicht: Wenn schon die Übertragung des Eigentums durch traditio ungerechtfertigt geschehen konnte, dann doch erst recht die Bestellung beschränkter dinglicher Rechte.

E. Resümee zu § 1 Es konnte nachgewiesen werden, dass die traditio zwecks Erfüllung einer auf dare gerichteten Obligation im klassischen römischen Recht auch dann wirksam war, wenn diese Obligation nicht bestand. Die Quellen schildern das Phänomen aus der Perspektive des Kondiktionenrechts und schweigen sich hinsichtlich der genauen Begründung des Eigentumsübergangs aus. Die causa solvendi als dogmatisches Konzept wurde wahrscheinlich erst in der Spätklassik durch Paulus entwickelt.159 Die Geltung des dahinter stehenden Prinzips, nämlich der Unabhängigkeit der traditio solvendi causa von einem Rechtfertigungstatbestand, lässt sich durch die oben untersuchten Quellen jedoch für den gesamten Zeitraum der klassischen Jurisprudenz positiv nachweisen. Aufgrund dieses Prinzips verliert die causaFrage im Bereich der traditio an Brisanz; sie dürfte selten in der Rechtspraxis relevant geworden sein, was das weitgehende Fehlen entsprechender Zeugnisse in den Quellen bestätigt. Eben dieses Fehlen liefert ferner ein weiteres Argument gegen eine Sonderstellung der Verkaufserfüllung, wie sie die herrschende Meinung – im Sinne einer erhöhten Kausalbindung – vertritt. Hätten nämlich bedeutsame strukturelle Unterschiede zwischen den verschiedenen causa-Typen bestanden, wären diese sicherlich von den Juristen diskutiert worden. Eine solche Diskussion findet sich aber nur zur usucapio pro emptore mit einer spezifisch ersitzungsrechtlichen und daher nicht auf die traditio übertragbaren Begründung. Auch für die Verkäuferleistung ist mithin die Annahme eines den übrigen Solutionsfällen entsprechenden Abstraktionsgrades gestattet. Gleiches gilt – wie Paul. D. 12.6.12 zeigt – für die Bestellung beschränkter dinglicher Rechte. 159

S.o. Zweiter Teil, § 3. B. II.

278

Vierter Teil: Anwendungsbereich der causa solvendi

D. 12.6.12 Paulus libro septimo ad Sabinum Si fundi mei usum fructum tibi dedero falso existimans me eum tibi debere et antequam repetam decesserim, condictio eius ad heredem quoque meum transibit.

EGO bestellt TU den Nießbrauch an seinem Grundstück in der irrigen Annahme, ihm dies zu schulden. Es fehlt folglich an einer wirksamen Obligation, die ihn dazu verpflichtet. Als kausale Anknüpfung der Nießbrauchbestellung besteht lediglich der Solutionskonsens. Aus diesem ergibt sich der beiderseitige Wille zur Nießbrauchbestellung, so wie er im Falle der traditio (solvendi causa) den animus dominii transferendi offenbart. Die abstrakte Handhabung der Nießbrauchbestellung verwundert nicht: Wenn schon die Übertragung des Eigentums durch traditio ungerechtfertigt geschehen konnte, dann doch erst recht die Bestellung beschränkter dinglicher Rechte.

E. Resümee zu § 1 Es konnte nachgewiesen werden, dass die traditio zwecks Erfüllung einer auf dare gerichteten Obligation im klassischen römischen Recht auch dann wirksam war, wenn diese Obligation nicht bestand. Die Quellen schildern das Phänomen aus der Perspektive des Kondiktionenrechts und schweigen sich hinsichtlich der genauen Begründung des Eigentumsübergangs aus. Die causa solvendi als dogmatisches Konzept wurde wahrscheinlich erst in der Spätklassik durch Paulus entwickelt.159 Die Geltung des dahinter stehenden Prinzips, nämlich der Unabhängigkeit der traditio solvendi causa von einem Rechtfertigungstatbestand, lässt sich durch die oben untersuchten Quellen jedoch für den gesamten Zeitraum der klassischen Jurisprudenz positiv nachweisen. Aufgrund dieses Prinzips verliert die causaFrage im Bereich der traditio an Brisanz; sie dürfte selten in der Rechtspraxis relevant geworden sein, was das weitgehende Fehlen entsprechender Zeugnisse in den Quellen bestätigt. Eben dieses Fehlen liefert ferner ein weiteres Argument gegen eine Sonderstellung der Verkaufserfüllung, wie sie die herrschende Meinung – im Sinne einer erhöhten Kausalbindung – vertritt. Hätten nämlich bedeutsame strukturelle Unterschiede zwischen den verschiedenen causa-Typen bestanden, wären diese sicherlich von den Juristen diskutiert worden. Eine solche Diskussion findet sich aber nur zur usucapio pro emptore mit einer spezifisch ersitzungsrechtlichen und daher nicht auf die traditio übertragbaren Begründung. Auch für die Verkäuferleistung ist mithin die Annahme eines den übrigen Solutionsfällen entsprechenden Abstraktionsgrades gestattet. Gleiches gilt – wie Paul. D. 12.6.12 zeigt – für die Bestellung beschränkter dinglicher Rechte. 159

S.o. Zweiter Teil, § 3. B. II.

§ 2. Anwendungsbereich hinsichtlich der zu übereignenden Sache

§ 2. Anwendungsbereich

279

hinsichtlich der zu

übereignenden

S ache

A. Einführung in die Problematik Wurde im vorigen Kapitel die Beschränkung der causa solvendi auf bestimmte Obligationstypen hin untersucht, stellt sich nun weiter die Frage, ob eine solche Beschränkung im Hinblick auf bestimmte Sachtypen besteht. In Betracht kommen derer drei: Geld, sonstige generisch bestimmte Sachen (Gattungsschulden) und individuell bestimmte Sachen (Stückschulden).

B. Terminologische Argumente Für eine Beschränkung des Anwendungsbereichs der causa solvendi auf die Erfüllung von Geldschulden ließe sich anführen, dass die römischen Juristen solvere bzw. solutio in den weitaus überwiegenden Fällen im Sinne von Geldzahlungen und nur ausnahmsweise für Sachleistungen verwendeten.160 Dies ist insbesondere auf die ursprüngliche Verwendung des Begriffs zurückzuführen: Die solutio per aes et libram (nexi liberatio) war auf Geldzahlungen zugeschnitten; jede Haftungslösung war ursprünglich Geldzahlung.161 Zweck derselben war in archaischer Zeit nämlich nicht die Erfüllung des Anspruchs, sondern die Auslösung des Schuldners aus der Gewalt des Gläubigers, der zwischenzeitlich auf den säumigen Schuldner zugegriffen hatte.162 Die Begriffsgeschichte liefert folglich eine Erklärung für die enge Verknüpfung des Begriffs der solutio mit Geldleistungen im Sprachgebrauch der klassischen Juristen. Mit den materiellen Wirkungen der Geldleistung hat die Begriffswahl hingegen nichts zu tun.163

C. Die Parallele mutui datio – solutio indebiti in Gai. 3.90 f. Gai. 3.90 f. 90. Re contrahitur obligatio velut mutui datione; mutui autem datio proprie in his fere rebus contingit, quae res pondere, numero, mensura constant, qualis est pe160

Steiner, Datio in solutum (1914), 34. Steiner, Datio in solutum (1914), 34 f.; vgl. auch Emunds, Solvendo quisque pro alio liberat eum (2007), 296 f. m.w.N. 162 Koschaker, SZ 37 (1916), 354; s.o. Zweiter Teil, § 1. B. 163 Gegen die ausschließliche Ableitung von Rechtswirkungen aus bloßen Begriffen s.o. Anm. 99. 161

§ 2. Anwendungsbereich hinsichtlich der zu übereignenden Sache

§ 2. Anwendungsbereich

279

hinsichtlich der zu

übereignenden

S ache

A. Einführung in die Problematik Wurde im vorigen Kapitel die Beschränkung der causa solvendi auf bestimmte Obligationstypen hin untersucht, stellt sich nun weiter die Frage, ob eine solche Beschränkung im Hinblick auf bestimmte Sachtypen besteht. In Betracht kommen derer drei: Geld, sonstige generisch bestimmte Sachen (Gattungsschulden) und individuell bestimmte Sachen (Stückschulden).

B. Terminologische Argumente Für eine Beschränkung des Anwendungsbereichs der causa solvendi auf die Erfüllung von Geldschulden ließe sich anführen, dass die römischen Juristen solvere bzw. solutio in den weitaus überwiegenden Fällen im Sinne von Geldzahlungen und nur ausnahmsweise für Sachleistungen verwendeten.160 Dies ist insbesondere auf die ursprüngliche Verwendung des Begriffs zurückzuführen: Die solutio per aes et libram (nexi liberatio) war auf Geldzahlungen zugeschnitten; jede Haftungslösung war ursprünglich Geldzahlung.161 Zweck derselben war in archaischer Zeit nämlich nicht die Erfüllung des Anspruchs, sondern die Auslösung des Schuldners aus der Gewalt des Gläubigers, der zwischenzeitlich auf den säumigen Schuldner zugegriffen hatte.162 Die Begriffsgeschichte liefert folglich eine Erklärung für die enge Verknüpfung des Begriffs der solutio mit Geldleistungen im Sprachgebrauch der klassischen Juristen. Mit den materiellen Wirkungen der Geldleistung hat die Begriffswahl hingegen nichts zu tun.163

C. Die Parallele mutui datio – solutio indebiti in Gai. 3.90 f. Gai. 3.90 f. 90. Re contrahitur obligatio velut mutui datione; mutui autem datio proprie in his fere rebus contingit, quae res pondere, numero, mensura constant, qualis est pe160

Steiner, Datio in solutum (1914), 34. Steiner, Datio in solutum (1914), 34 f.; vgl. auch Emunds, Solvendo quisque pro alio liberat eum (2007), 296 f. m.w.N. 162 Koschaker, SZ 37 (1916), 354; s.o. Zweiter Teil, § 1. B. 163 Gegen die ausschließliche Ableitung von Rechtswirkungen aus bloßen Begriffen s.o. Anm. 99. 161

§ 2. Anwendungsbereich hinsichtlich der zu übereignenden Sache

§ 2. Anwendungsbereich

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hinsichtlich der zu

übereignenden

S ache

A. Einführung in die Problematik Wurde im vorigen Kapitel die Beschränkung der causa solvendi auf bestimmte Obligationstypen hin untersucht, stellt sich nun weiter die Frage, ob eine solche Beschränkung im Hinblick auf bestimmte Sachtypen besteht. In Betracht kommen derer drei: Geld, sonstige generisch bestimmte Sachen (Gattungsschulden) und individuell bestimmte Sachen (Stückschulden).

B. Terminologische Argumente Für eine Beschränkung des Anwendungsbereichs der causa solvendi auf die Erfüllung von Geldschulden ließe sich anführen, dass die römischen Juristen solvere bzw. solutio in den weitaus überwiegenden Fällen im Sinne von Geldzahlungen und nur ausnahmsweise für Sachleistungen verwendeten.160 Dies ist insbesondere auf die ursprüngliche Verwendung des Begriffs zurückzuführen: Die solutio per aes et libram (nexi liberatio) war auf Geldzahlungen zugeschnitten; jede Haftungslösung war ursprünglich Geldzahlung.161 Zweck derselben war in archaischer Zeit nämlich nicht die Erfüllung des Anspruchs, sondern die Auslösung des Schuldners aus der Gewalt des Gläubigers, der zwischenzeitlich auf den säumigen Schuldner zugegriffen hatte.162 Die Begriffsgeschichte liefert folglich eine Erklärung für die enge Verknüpfung des Begriffs der solutio mit Geldleistungen im Sprachgebrauch der klassischen Juristen. Mit den materiellen Wirkungen der Geldleistung hat die Begriffswahl hingegen nichts zu tun.163

C. Die Parallele mutui datio – solutio indebiti in Gai. 3.90 f. Gai. 3.90 f. 90. Re contrahitur obligatio velut mutui datione; mutui autem datio proprie in his fere rebus contingit, quae res pondere, numero, mensura constant, qualis est pe160

Steiner, Datio in solutum (1914), 34. Steiner, Datio in solutum (1914), 34 f.; vgl. auch Emunds, Solvendo quisque pro alio liberat eum (2007), 296 f. m.w.N. 162 Koschaker, SZ 37 (1916), 354; s.o. Zweiter Teil, § 1. B. 163 Gegen die ausschließliche Ableitung von Rechtswirkungen aus bloßen Begriffen s.o. Anm. 99. 161

280

Vierter Teil: Anwendungsbereich der causa solvendi

cunia numerata, vinum, oleum, frumentum, aes, argentum, aurum; quas res aut numerando aut metiendo aut pendendo in hoc damus, ut accipientium fiant et quandoque nobis non eaedem, sed aliae eiusdem naturae reddantur. unde etiam mutuum appellatum est, quia quod ita tibi a me datum est, ex meo tuum fit. 91. Is quoque, qui non debitum accepit ab eo, qui per errorem solvit, re obligatur; nam proinde ei condici potest Si Paret Eum Dare Oportere, ac si mutuum accepisset. (…)

In § 90 behandelt Gaius das mutuum als Beispiel für eine obligatio re. Darlehensobjekte seien gewöhnlich solche, die in Gewicht, Zahl oder Maß bestünden, wie es bei Bargeld, Wein, Öl, Getreide, Erz, Silber und Gold der Fall sei. Damit liefert Gaius die Vorlage für die Definition vertretbarer Sachen in § 91 BGB.164 Die Darlehensverpflichtung wird als typische Gattungsschuld beschrieben: (…) et quandoque nobis non eaedem, sed aliae eiusdem naturae reddantur. In § 91 nennt Gaius als weiteres Beispiel für Realkontrakte die solutio indebiti und vergleicht sie unmittelbar mit dem Darlehen (ac si mutuum accepisset). Hier besteht möglicherweise ein Anknüpfungspunkt, um Aussagen über den Anwendungsbereich der causa solvendi zu treffen.165 Allerdings zieht Gaius den Vergleich mit dem mutuum ersichtlich nur hinsichtlich der einschlägigen Klagformel. Den Gegenstand der Hingabe wie der Rückforderung lässt Gaius durch den weiten Begriff des non debitum offen. Jedenfalls aber wird man hieraus schließen können, dass Gaius den Anwendungsbereich der solutio indebiti als Obligationsbegründungsakt nicht kleiner fassen wollte als den des Darlehens, da er § 91 ansonsten um der Klarheit Willen mit einer Einschränkung hätte versehen müssen, zumal es sich bei den Institutionen um ein Anfängerlehrbuch handelte. Gleiches gilt folglich auch für die causa solvendi als causa der solutio indebiti.

D. Die Objekte der condictio indebiti Die in Gai. 3.91 getroffene Beobachtung findet sich auch in dem Titel D. 12.6 (de condictione indebiti) wieder. Wird das Objekt der Rückforderung ausdrücklich genannt, handelt es sich zwar zumeist um Geld;166 in den weitaus überwiegenden Fällen jedoch unterbleibt eine ausdrückliche Nennung. Stattdessen belässt es der jeweilige Autor bei abstrakten Bezeichnungen wie indebitum, aliquae res, res soluta oder auch schlicht bei einem Pronomen (quod, quid) oder einer Umschrei164

„Vertretbare Sachen im Sinne des Gesetzes sind bewegliche Sachen, die im Verkehr nach Zahl, Maß oder Gewicht bestimmt zu werden pflegen.“ 165 Pflüger, Zur Lehre vom Erwerbe des Eigentums (1937), 16 f. 166 „pecunia“: fr. 21; 26.12; 32.1; 33; 36; 37; 38; 40; 43; 47; 49; 52; 55; 57.1; 58; 59; 60.1; 67 pr., 2, 4. „nummi“: fr. 15.1; 19.2; 26.9; 46; 53. „denaria“: fr. 21. Aus dem Zusammenhang: fr. 26 pr.-2; 42 (poenae); 57 pr. (numerare).

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Vierter Teil: Anwendungsbereich der causa solvendi

cunia numerata, vinum, oleum, frumentum, aes, argentum, aurum; quas res aut numerando aut metiendo aut pendendo in hoc damus, ut accipientium fiant et quandoque nobis non eaedem, sed aliae eiusdem naturae reddantur. unde etiam mutuum appellatum est, quia quod ita tibi a me datum est, ex meo tuum fit. 91. Is quoque, qui non debitum accepit ab eo, qui per errorem solvit, re obligatur; nam proinde ei condici potest Si Paret Eum Dare Oportere, ac si mutuum accepisset. (…)

In § 90 behandelt Gaius das mutuum als Beispiel für eine obligatio re. Darlehensobjekte seien gewöhnlich solche, die in Gewicht, Zahl oder Maß bestünden, wie es bei Bargeld, Wein, Öl, Getreide, Erz, Silber und Gold der Fall sei. Damit liefert Gaius die Vorlage für die Definition vertretbarer Sachen in § 91 BGB.164 Die Darlehensverpflichtung wird als typische Gattungsschuld beschrieben: (…) et quandoque nobis non eaedem, sed aliae eiusdem naturae reddantur. In § 91 nennt Gaius als weiteres Beispiel für Realkontrakte die solutio indebiti und vergleicht sie unmittelbar mit dem Darlehen (ac si mutuum accepisset). Hier besteht möglicherweise ein Anknüpfungspunkt, um Aussagen über den Anwendungsbereich der causa solvendi zu treffen.165 Allerdings zieht Gaius den Vergleich mit dem mutuum ersichtlich nur hinsichtlich der einschlägigen Klagformel. Den Gegenstand der Hingabe wie der Rückforderung lässt Gaius durch den weiten Begriff des non debitum offen. Jedenfalls aber wird man hieraus schließen können, dass Gaius den Anwendungsbereich der solutio indebiti als Obligationsbegründungsakt nicht kleiner fassen wollte als den des Darlehens, da er § 91 ansonsten um der Klarheit Willen mit einer Einschränkung hätte versehen müssen, zumal es sich bei den Institutionen um ein Anfängerlehrbuch handelte. Gleiches gilt folglich auch für die causa solvendi als causa der solutio indebiti.

D. Die Objekte der condictio indebiti Die in Gai. 3.91 getroffene Beobachtung findet sich auch in dem Titel D. 12.6 (de condictione indebiti) wieder. Wird das Objekt der Rückforderung ausdrücklich genannt, handelt es sich zwar zumeist um Geld;166 in den weitaus überwiegenden Fällen jedoch unterbleibt eine ausdrückliche Nennung. Stattdessen belässt es der jeweilige Autor bei abstrakten Bezeichnungen wie indebitum, aliquae res, res soluta oder auch schlicht bei einem Pronomen (quod, quid) oder einer Umschrei164

„Vertretbare Sachen im Sinne des Gesetzes sind bewegliche Sachen, die im Verkehr nach Zahl, Maß oder Gewicht bestimmt zu werden pflegen.“ 165 Pflüger, Zur Lehre vom Erwerbe des Eigentums (1937), 16 f. 166 „pecunia“: fr. 21; 26.12; 32.1; 33; 36; 37; 38; 40; 43; 47; 49; 52; 55; 57.1; 58; 59; 60.1; 67 pr., 2, 4. „nummi“: fr. 15.1; 19.2; 26.9; 46; 53. „denaria“: fr. 21. Aus dem Zusammenhang: fr. 26 pr.-2; 42 (poenae); 57 pr. (numerare).

§ 2. Anwendungsbereich hinsichtlich der zu übereignenden Sache

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bung.167 Umfasste der Anwendungsbereich der causa solvendi nur Geldschulden, wäre unerklärlich, warum die klassischen Juristen solche offenen, mithin auch sonstige Gattungs- und sogar Stückschulden umfassenden Formulierungen hätten wählen sollen. Vielmehr hätte es die Rechtsklarheit geboten, das Geld beim Namen zu nennen. Die solutio indebiti einer gattungsmäßig bestimmten, von Geld verschiedenen res nec mancipi ist denn auch manches Mal belegt.168 Individuell bestimmt sind im Titel D. 12.6 hingegen fast ausschließlich res mancipi,169 die wahrscheinlich mittels mancipatio oder in iure cessio übereignet wurden. Nur eine Stelle zur condictio indebiti eröffnet auch hinsichtlich einer res nec mancipi einen interpretativen Spielraum, welcher die Annahme einer Stückschuld zulässt: D. 12.6.21 Paulus libro tertio quaestionum Plane si duos reos non eiusdem pecuniae, sed alterius obligationis constitueris, ut puta Stichi aut Pamphili, et pariter duos datos, aut togam vel denaria mille, non idem dici poterit in repetitione ut partes repetant, quia nec solvere ab initio sic potuerunt. Igitur hoc casu electio est creditoris, cui velit solvere, ut alterius repetitio impediatur.

Paulus schildert den Fall einer Gesamtschuld mit alternativem Schuldinhalt. In dem zweiten – hier allein interessierenden – Beispiel sind die beiden Schuldner verpflichtet, entweder eine Toga oder tausend Denare zu leisten. Nun leistet der eine Schuldner das Geld, der andere die Toga.170 Da aber die Schuld bereits mit Empfang der ersten Leistung erloschen ist, fehlt es an einem Rechtsgrund für die zweite Leistung. Erwogen wird nun die Frage, ob das plus debitum solutum anteilsmäßig von den beiden Gesamtschuldnern zurückverlangt werden könne. Paulus verneint dies und gibt dem Gläubiger stattdessen das Recht, eine der beiden Leistungen komplett an den jeweiligen Schuldner zurückzugeben. Dies kann folglich auch die Toga sein, welche also zuvor in das Eigentum des Gläubigers übergegangen ist. Ob eine ganz bestimmte oder nur irgendeine Toga geschuldet war, lässt sich auf der Grundlage des überlieferten Textes nicht sicher sagen. Vielmehr scheint es Paulus auf diese Abgrenzung nicht angekommen zu sein. Dann aber sah er offenbar auch kein Problem darin, die Toga als eine individuell bestimmte Sache und die auf sie bezogene Schuld mithin als Stückschuld aufzufassen. Aufgrund des Fehlens sonstiger Zeugnisse zur condictio indebiti einer individuell bestimmten res nec mancipi ließe sich Paulus natürlich auch unterstellen, er habe 167

Vgl. nur D. 12.6.1 – 15. frumentum: Paul. D. 12.6.65.6; Cels. D. 17.1.50.1; oleum: Ulp. D. 12.6.26.5. 169 Sklaven: fr. 21; 26.12; 26.13; 26.14; 32 pr.; 32.3; 63; 65.5; 65.8; Grundstücke: fr. 22.1; 26.4; 26.7; 26.12; ferner Paul. D. 22.1.38.2. 170 Dies steht zwar nicht ausdrücklich im Text, ergibt sich aber aus dem Vergleich mit dem ersten Beispiel, in dem sowohl Stichus als auch Pamphilus übereignet wurden. 168

282

Vierter Teil: Anwendungsbereich der causa solvendi

an eine Gattungsschuld gedacht. Einen sicheren Beleg liefert die Stelle jedenfalls weder in die eine noch in die andere Richtung.

E. traditio solvendi causa von res mancipi Für die Bezogenheit der causa solvendi auch auf individuell geschuldete res nec mancipi spricht indessen ein Vergleich mit dem Honorar- und Ersitzungsrecht: Die causa solvendi wurde oben bereits als iusta causa traditionis für den Erwerb des bonitarischen Eigentums sowie als Ersitzungstitel nachgewiesen. Bonitarisches Eigentum und usucapio dienten insbesondere dem Schutz dessen, dem eine res mancipi nicht manzipiert, sondern ex iusta causa tradiert worden war. In diesem Zusammenhang erstreckte sich die causa solvendi folglich auch auf res mancipi. Bei diesen handelte es sich um italische Grundstücke, Sklaven, Großvieh und Feldservituten.171 Diese Sachen waren meist individualisiert und nicht lediglich generisch bestimmt; die Verpflichtung zu ihrer Übereignung stellt folglich eine Stückschuld dar. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb die eigentumsübertragende Wirkung der causa solvendi hätte versagen sollen, wenn anstatt einer individualisierten res mancipi eine individualisierte res nec mancipi geschuldet war.172

F. Resümee zu § 2 Als gesichert darf mithin gelten, dass die causa solvendi in ihrem Anwendungsbereich nicht nur Geld-, sondern auch Sachleistungen erfasste.173 Dies entspricht dem oben getroffenen Ergebnis, wonach die Geldübereignung gegenüber der Sachübereignung keine rechtliche Sonderstellung genoss.174 Was die traditio von res nec mancipi anbelangt, ist jedenfalls die Erfüllung von (vermeintlichen) Gattungsschulden auf die causa solvendi zurückzuführen. Während sich dies recht sicher durch Gai. 3.90 f. und die in Anm. 168 genannten Stellen nachweisen lässt, kann ein solcher Beleg für die Erfüllung von (vermeintlichen) Stückschulden nicht erbracht werden. Paul. D. 12.6.21 sowie der zuletzt gezogene Vergleich mit dem Honorar- und Ersitzungsrecht liefern aber zumindest Indizien, die für einen Einschluss derselben sprechen. 171

Gai. 2.14a-17; Ulp. Epit. 19.1; Kaser, RP I (1971), 382. Zur Identität der causa solvendi im Traditions-, Honorar- und Ersitzungsrecht s.o. Zweiter Teil, § 3. B. I. 2. e. 173 Koschembahr-Lyskowski, Die condictio als Bereicherungsklage I (1903), 38; Ehrhardt, Iusta causa traditionis (1930), 61; Pflüger, Zur Lehre vom Erwerbe des Eigentums (1937), 16 f.; Talamanca, RISG VI (1953), 445; Liebs, in: Essays Honoré (1986), 177. 174 S.o. Zweiter Teil, § 2. C. V. 6. 172

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Vierter Teil: Anwendungsbereich der causa solvendi

an eine Gattungsschuld gedacht. Einen sicheren Beleg liefert die Stelle jedenfalls weder in die eine noch in die andere Richtung.

E. traditio solvendi causa von res mancipi Für die Bezogenheit der causa solvendi auch auf individuell geschuldete res nec mancipi spricht indessen ein Vergleich mit dem Honorar- und Ersitzungsrecht: Die causa solvendi wurde oben bereits als iusta causa traditionis für den Erwerb des bonitarischen Eigentums sowie als Ersitzungstitel nachgewiesen. Bonitarisches Eigentum und usucapio dienten insbesondere dem Schutz dessen, dem eine res mancipi nicht manzipiert, sondern ex iusta causa tradiert worden war. In diesem Zusammenhang erstreckte sich die causa solvendi folglich auch auf res mancipi. Bei diesen handelte es sich um italische Grundstücke, Sklaven, Großvieh und Feldservituten.171 Diese Sachen waren meist individualisiert und nicht lediglich generisch bestimmt; die Verpflichtung zu ihrer Übereignung stellt folglich eine Stückschuld dar. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb die eigentumsübertragende Wirkung der causa solvendi hätte versagen sollen, wenn anstatt einer individualisierten res mancipi eine individualisierte res nec mancipi geschuldet war.172

F. Resümee zu § 2 Als gesichert darf mithin gelten, dass die causa solvendi in ihrem Anwendungsbereich nicht nur Geld-, sondern auch Sachleistungen erfasste.173 Dies entspricht dem oben getroffenen Ergebnis, wonach die Geldübereignung gegenüber der Sachübereignung keine rechtliche Sonderstellung genoss.174 Was die traditio von res nec mancipi anbelangt, ist jedenfalls die Erfüllung von (vermeintlichen) Gattungsschulden auf die causa solvendi zurückzuführen. Während sich dies recht sicher durch Gai. 3.90 f. und die in Anm. 168 genannten Stellen nachweisen lässt, kann ein solcher Beleg für die Erfüllung von (vermeintlichen) Stückschulden nicht erbracht werden. Paul. D. 12.6.21 sowie der zuletzt gezogene Vergleich mit dem Honorar- und Ersitzungsrecht liefern aber zumindest Indizien, die für einen Einschluss derselben sprechen. 171

Gai. 2.14a-17; Ulp. Epit. 19.1; Kaser, RP I (1971), 382. Zur Identität der causa solvendi im Traditions-, Honorar- und Ersitzungsrecht s.o. Zweiter Teil, § 3. B. I. 2. e. 173 Koschembahr-Lyskowski, Die condictio als Bereicherungsklage I (1903), 38; Ehrhardt, Iusta causa traditionis (1930), 61; Pflüger, Zur Lehre vom Erwerbe des Eigentums (1937), 16 f.; Talamanca, RISG VI (1953), 445; Liebs, in: Essays Honoré (1986), 177. 174 S.o. Zweiter Teil, § 2. C. V. 6. 172

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Vierter Teil: Anwendungsbereich der causa solvendi

an eine Gattungsschuld gedacht. Einen sicheren Beleg liefert die Stelle jedenfalls weder in die eine noch in die andere Richtung.

E. traditio solvendi causa von res mancipi Für die Bezogenheit der causa solvendi auch auf individuell geschuldete res nec mancipi spricht indessen ein Vergleich mit dem Honorar- und Ersitzungsrecht: Die causa solvendi wurde oben bereits als iusta causa traditionis für den Erwerb des bonitarischen Eigentums sowie als Ersitzungstitel nachgewiesen. Bonitarisches Eigentum und usucapio dienten insbesondere dem Schutz dessen, dem eine res mancipi nicht manzipiert, sondern ex iusta causa tradiert worden war. In diesem Zusammenhang erstreckte sich die causa solvendi folglich auch auf res mancipi. Bei diesen handelte es sich um italische Grundstücke, Sklaven, Großvieh und Feldservituten.171 Diese Sachen waren meist individualisiert und nicht lediglich generisch bestimmt; die Verpflichtung zu ihrer Übereignung stellt folglich eine Stückschuld dar. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb die eigentumsübertragende Wirkung der causa solvendi hätte versagen sollen, wenn anstatt einer individualisierten res mancipi eine individualisierte res nec mancipi geschuldet war.172

F. Resümee zu § 2 Als gesichert darf mithin gelten, dass die causa solvendi in ihrem Anwendungsbereich nicht nur Geld-, sondern auch Sachleistungen erfasste.173 Dies entspricht dem oben getroffenen Ergebnis, wonach die Geldübereignung gegenüber der Sachübereignung keine rechtliche Sonderstellung genoss.174 Was die traditio von res nec mancipi anbelangt, ist jedenfalls die Erfüllung von (vermeintlichen) Gattungsschulden auf die causa solvendi zurückzuführen. Während sich dies recht sicher durch Gai. 3.90 f. und die in Anm. 168 genannten Stellen nachweisen lässt, kann ein solcher Beleg für die Erfüllung von (vermeintlichen) Stückschulden nicht erbracht werden. Paul. D. 12.6.21 sowie der zuletzt gezogene Vergleich mit dem Honorar- und Ersitzungsrecht liefern aber zumindest Indizien, die für einen Einschluss derselben sprechen. 171

Gai. 2.14a-17; Ulp. Epit. 19.1; Kaser, RP I (1971), 382. Zur Identität der causa solvendi im Traditions-, Honorar- und Ersitzungsrecht s.o. Zweiter Teil, § 3. B. I. 2. e. 173 Koschembahr-Lyskowski, Die condictio als Bereicherungsklage I (1903), 38; Ehrhardt, Iusta causa traditionis (1930), 61; Pflüger, Zur Lehre vom Erwerbe des Eigentums (1937), 16 f.; Talamanca, RISG VI (1953), 445; Liebs, in: Essays Honoré (1986), 177. 174 S.o. Zweiter Teil, § 2. C. V. 6. 172

F ünfter Teil: Erklärungsversuche

zur causa solvendi

§ 1. Einführung Nachdem bislang gezeigt werden konnte, dass im klassischen Recht bei der traditio solvendi causa nicht die zugrunde liegende Obligation, sondern der consensus im Zeitpunkt der Übergabe als entscheidend für den Übereignungserfolg angesehen wurde, soll diesem Phänomen nun auf den Grund gegangen werden. Aus dem Blickwinkel der – wohl herrschenden – Auffassung, welche für ein Gelingen der traditio ein gültiges Rechtsverhältnis fordert, handelt es sich um eine außergewöhnliche Erscheinung, da als Rechtsverhältnis im Rahmen des Übereignungsvorgangs zunächst nicht der Solutionskonsens, sondern die Obligation ins Auge springt. Vor diesem Hintergrund ergeben sich grundsätzlich zwei Erklärungsmöglichkeiten: Erstens könnte die solutio (indebiti) selbst als ein solches Rechtsverhältnis gedeutet und ihr somit der Ausnahmecharakter genommen werden. Zweitens besteht die Möglichkeit, den Ausnahmecharakter der causa solvendi einzugestehen und wiederum nach Erklärungen desselben zu suchen. Beide Wege wurden in verschiedenen Varianten beschritten und sollen unter § 2 untersucht werden. Beide sind jedenfalls problematisch angesichts ihrer Prämisse, wonach der Übereignungserfolg grundsätzlich von einem gültigen Rechtsverhältnis abhängen soll – eine Vorstellung, welche im bisherigen Verlauf der Untersuchung bereits mehrfach widerlegt werden konnte. Unter § 3 wird daher eine alternative Erklärung der causa solvendi präsentiert, wie sie durch die bislang erzielten Ergebnisse nahegelegt wird.

§ 2. Erklärungen auf der Basis rechtsgeschäftlicher K ausalvorstellungen A. Gleichordnung der solutio indebiti mit dem mutuum (Ehrhardt)1 Ehrhardt kommt nach einem auf Gai. 3.91 aufbauenden Vergleich der solutio indebiti mit dem mutuum zum Ergebnis, Erstere sei gleichermaßen negotium und infolgedessen iusta causa traditionis gewesen wie Letztere. Nun ergibt sich aus Gai. 3.91 aber lediglich eine Gleichsetzung von solutio indebiti und mutuum in ihrer Eigenschaft als Obligierungsgrund:



1

Iusta causa traditionis (1930), 60; vgl. auch Pflüger, Zur Lehre vom Erwerbe des Eigentums (1937), 13.

F ünfter Teil: Erklärungsversuche

zur causa solvendi

§ 1. Einführung Nachdem bislang gezeigt werden konnte, dass im klassischen Recht bei der traditio solvendi causa nicht die zugrunde liegende Obligation, sondern der consensus im Zeitpunkt der Übergabe als entscheidend für den Übereignungserfolg angesehen wurde, soll diesem Phänomen nun auf den Grund gegangen werden. Aus dem Blickwinkel der – wohl herrschenden – Auffassung, welche für ein Gelingen der traditio ein gültiges Rechtsverhältnis fordert, handelt es sich um eine außergewöhnliche Erscheinung, da als Rechtsverhältnis im Rahmen des Übereignungsvorgangs zunächst nicht der Solutionskonsens, sondern die Obligation ins Auge springt. Vor diesem Hintergrund ergeben sich grundsätzlich zwei Erklärungsmöglichkeiten: Erstens könnte die solutio (indebiti) selbst als ein solches Rechtsverhältnis gedeutet und ihr somit der Ausnahmecharakter genommen werden. Zweitens besteht die Möglichkeit, den Ausnahmecharakter der causa solvendi einzugestehen und wiederum nach Erklärungen desselben zu suchen. Beide Wege wurden in verschiedenen Varianten beschritten und sollen unter § 2 untersucht werden. Beide sind jedenfalls problematisch angesichts ihrer Prämisse, wonach der Übereignungserfolg grundsätzlich von einem gültigen Rechtsverhältnis abhängen soll – eine Vorstellung, welche im bisherigen Verlauf der Untersuchung bereits mehrfach widerlegt werden konnte. Unter § 3 wird daher eine alternative Erklärung der causa solvendi präsentiert, wie sie durch die bislang erzielten Ergebnisse nahegelegt wird.

§ 2. Erklärungen auf der Basis rechtsgeschäftlicher K ausalvorstellungen A. Gleichordnung der solutio indebiti mit dem mutuum (Ehrhardt)1 Ehrhardt kommt nach einem auf Gai. 3.91 aufbauenden Vergleich der solutio indebiti mit dem mutuum zum Ergebnis, Erstere sei gleichermaßen negotium und infolgedessen iusta causa traditionis gewesen wie Letztere. Nun ergibt sich aus Gai. 3.91 aber lediglich eine Gleichsetzung von solutio indebiti und mutuum in ihrer Eigenschaft als Obligierungsgrund:



1

Iusta causa traditionis (1930), 60; vgl. auch Pflüger, Zur Lehre vom Erwerbe des Eigentums (1937), 13.

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Fünfter Teil: Erklärungsversuche zur causa solvendi

Is quoque, qui non debitum accepit ab eo, qui per errorem solvit, re obligatur; nam proinde ei condici potest: si paret eum dare oportere, ac si mutuum accepisset. Beide führen mithin zu einer obligatio re und einer Eröffnung der condictio, welche freilich den Übergang des Eigentums voraussetzt. Auf welche Weise sich Letzterer zu vollziehen hat, bleibt in der Stelle jedoch unklar.2 Wenn Ehrhardt ihn auf die in der solutio indebiti verkörperte iusta causa traditionis stützt, ist dies bereits in sich unschlüssig. Die solutio indebiti ist nämlich selbst traditio (solvendi causa) und wäre nach Ehrhardts Konzeption folglich ihre eigene causa. Causa der solutio indebiti (wie auch jeder anderen traditio solvendi causa) ist vielmehr der Erfüllungszweck, über den sich die Parteien einigen müssen. Spätestens hier endet die Parallele mit dem mutuum, bei welchem der Parteiwille im Gegenteil auf die Errichtung einer Verbindlichkeit gerichtet ist.3 Die Zweckbestimmung der jeweiligen Sachhingabe konstituiert überhaupt erst deren rechtliche Gestalt, welche Ehrhardt ignoriert, wenn er eine „Ausschaltung der Willensfrage“4 fordert und die Eigenschaft eines Aktes als iusta causa traditionis aus dessen objektiver Eigenschaft als Obligierungsakt schließt. Es ist kaum zu verkennen, dass die aufgezeigten Schwachstellen in Ehrhardts Theorie nicht zuletzt der zwanghaften Suche nach einem schuldrechtlichen Rechtfertigungstatbestand des Übereignungserfolgs geschuldet sind.

B. Modell der mancipatio und in iure cessio (Pugliese)5 Pugliese greift zur Erklärung der eigenständigen Solutionskausa auf die mittelalterliche Unterscheidung zwischen causa proxima und causa remota zurück und ist darüber hinausgehend der Auffassung, die Römer hätten sich bei der abstrakten Ausgestaltung der traditio solvendi causa am Modell der mancipatio und in iure cessio orientiert. Zunächst einmal ist die Kongruenz beider Erklärungen zweifelhaft, bedurften die zuletzt genannten abstrakten Übertragungsgeschäfte doch überhaupt keiner causa, auch keiner so genannten causa proxima. Wenn die Strukturen von mancipatio und in iure cessio – welche typischerweise Bar- und keine Erfüllungsgeschäfte waren – tatsächlich auf die traditio übertragen wurden, fragt sich ferner, warum sie sich nur und gerade auf die traditio solvendi causa erstreckt haben sollen. Die künstliche Unterscheidung zwischen causa proxima und remota bringt letztlich nur zum Ausdruck, dass durch traditio auch bei Fehlen der causa 2

S.o. Zweiter Teil, § 2. B. I. 1. b. Gai. 3.91: (…) sed haec species obligationis non videtur ex contractu consistere, quia is, qui solvendi animo dat, magis distrahere vult negotium quam contrahere. 4 Ehrhardt, Iusta causa traditionis (1930), 55. 5 in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà I (1991), 55. 3

§ 2. Erklärungen auf der Basis rechtsgeschäftlicher Kausalvorstellungen

285

remota als des eigentlichen Rechtfertigungsgrundes der Vermögensverschiebung Eigentum übertragen werden kann. Konsequenterweise abstrahierte bereits Baldus als Essenz der causa proxima den consensus transferendi dominii.6 Hinter diese Erkenntnis fällt die moderne Romanistik zurück, wenn sie auch der causa proxima eine besondere kausale Rechtfertigungswirkung zuschreibt.

C. Die causa solvendi als Relikt der solutio per aes et libram (Kunkel) 7 Anknüpfend an Rabel8, erklärt Kunkel „die Rolle der solutio als causa des Eigentumserwerbs“ mit einer „Eigenart des altrömischen Haftungsrechts“: „Die solenne Verpflichtung durch die altzivilen Formalgeschäfte begründete nämlich ursprünglich für den Schuldner einen Zustand des Gebundenseins (…), der nur durch ein besonderes Lösungsgeschäft (solutio) aufgehoben werden konnte.“9 „Daraus, dass sich das Geschäft zur Aufhebung der Verbindlichkeit von jenem seiner Begründung so weitgehend verselbständigte, erklärt es sich dann, dass die Römer bei der Suche nach der causa der traditio nicht bis auf die Begründung der Verbindlichkeit, auf die stipulatio oder auf das legatum per damnationem zurückgriffen, sondern hier die causa traditionis in der solutio selbst zu finden glaubten.“10 Als jenes „besondere Lösungsgeschäft“ zur Lösung solenner altziviler Verpflichtungen kommen insbesondere solutio per aes et libram und acceptilatio in Betracht. Bemerkenswerterweise spricht Kunkel – ebenso wie alle anderen Verfechter seiner Lehre – aber nur von „solutio“ und es scheint, als wolle er hierdurch die nicht zu verkennenden Differenzen zwischen jenen altzivilen Lösungsgeschäften und der formlosen solutio begrifflich einebnen. Die Besonderheit der Ersteren bestand gerade darin, den Liberationseffekt herbeizuführen unabhängig von einer materiellen Erfüllungshandlung. Wenn Kunkel nun umgekehrt die Abstraktion der Erfüllungshandlung (d.h. der traditio solvendi causa) vom Liberationseffekt auf die altzivilen Lösungsgeschäfte zurückführen will, geht er an diesem Mechanismus vorbei. Ein solcher Schluss ergäbe nur dann einen Sinn, wenn sich die formlose solutio aus der solutio per aes et libram oder aus der acceptilatio entwickelt hätte. Dies liegt jedoch fern, weshalb Kunkel einen entsprechenden Nachweis auch 6

S.o. Erster Teil, § 3. B. I. Jörs/Kunkel/Wenger, Römisches Recht3 (1949), 128; entsprechend Honsell/MayerMaly/Selb, Römisches Recht4 (1987), 158; Benedek, AJ IV (1962), 126; Wesel, SZ 85 (1968), 102. 8 Rabel, Grundzüge (1915), 441. 9 Jörs/Kunkel/Wenger, Römisches Recht3 (1949), 128; entsprechend Honsell/MayerMaly/Selb, Römisches Recht4 (1987), 158. 10 Benedek, AJ IV (1962), 126. 7

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Fünfter Teil: Erklärungsversuche zur causa solvendi

überhaupt nicht erst zu führen versucht. Im Übrigen ist oben11 bereits dargestellt worden, dass das Konträraktsprinzip in Reinform wohl niemals bestanden hat, die formlose solutio vielmehr bereits in ältester Zeit Anerkennung fand.12

D. Vergleichscharakter der solutio (Kaser)13 Da die Eigenständigkeit der Solutionskausa folglich nicht als Relikt der alten Formalgeschäfte erklärt werden kann, verbleibt nur eine Anknüpfung an die formlose solutio selbst. Deren Ursprung sieht Kaser mit dem Gedanken der transactio verknüpft. In Anlehnung an Koschaker14 weist er auf die Verbindung des damnum decidere (= ‚eine Buße bezahlen‘) mit transigere und pacisci hin. Zur Abwendung des Gläubigerzugriffs sei bereits im altrömischen Recht ein formloses pactum mit gleichzeitiger Bußgeldzahlung des Schuldners üblich gewesen. Dies komme etwa in XII 8.215 zum Ausdruck, wonach die Talionsfolge durch ein Vergleichspactum, d.h. gegen Zahlung einer verabredeten Abstandssumme, abgewendet werden könne. Auch das dezemvirale (duplione) damnum decidere aus furtum nec manifestum (XII 8.16)16 und aus vindicia falsa (12.3)17 beziehe sich auf einen solchen Vergleich. Sinn des Vergleichs sei die Niederlegung des Streits zwischen Schuldner und Gläubiger; auf jede weitere Prüfung der Obligation solle verzichtet werden. Als sich nun aus der Bußgeldzahlung die schuldrechtliche solutio entwickelt habe, sei deren dingliche Wirkung weiterhin unabhängig von der Obligation beurteilt worden. Kasers Lehre ist bezüglich der Lösung deliktischer Haftung plausibel, wenn auch nicht weiter belegbar. Hingegen erscheint es – gerade für das alte Recht – allzu artifiziell, der Erfüllung auch sonstiger Schulden, etwa aus sponsio oder Damnationslegat, Vergleichscharakter zuzuschreiben.18 Zwar war die Bußschuld wohl der praktisch wichtigste Fall der Geldschuld und mochte für die Ausbildung der formlosen solutio von besonderer Bedeutung gewesen sein;19 eine umfas11

Zweiter Teil, § 1. B. Gegen Kunkel bereits Kaser, BIDR 64 (1961), 73, 75. 13 BIDR 64 (1961), 74 f.; ihm folgend: Mayer-Maly, Das Putativtitelproblem bei der usucapio (1962), 93 f. 14 SZ 37 (1916), 365 f. 15 Si membrum rupsit, ni cum eo pacit, talio esto. 16 Si adorat furto, quod nec manifestum erit…, duplione damnum decidito. 17 Si vindiciam falsam tulit, si velit is … tor arbitros tris dato, eorum arbitrio … fructus duplione damnum decidito. 18 Jahr, SZ 80 (1963), 17381; Barton, in: Cairns/Robinson (Hrsg.): Critical Studies in Ancient Law (2001), 17. 19 Koschaker, SZ 37 (1916), 367. 12

§ 2. Erklärungen auf der Basis rechtsgeschäftlicher Kausalvorstellungen

287

sende Verallgemeinerung wird hierdurch aber noch nicht zulässig. Koschaker, auf dessen Ideen Kasers Theorie fußt, beschränkt den Einfluss des Kompositionenrechts auf die Entwicklung der formlosen solutio ferner auf Geldzahlungen, während er bei Sachschulden schon für das alte Recht „kein(en) Zweifel“ an der befreienden Wirkung der schlichten Verwirklichung des Schuldinhalts gestattet.20 Im Übrigen liefert die Unterstellung des Vergleichsgedankens noch kein Argument für die dingliche Abstraktion der traditio von ihrer causa, da nicht die obligatio, sondern der Vergleich selbst hier die causa darstellt. Die spannende Frage lautet, ob die in klassischer Zeit anerkannte Unabhängigkeit der traditio solvendi causa von der obligatio auf den alten Vergleichsgedanken zurückführbar ist. Dies wird von Kaser schlicht unterstellt, obschon hier der größte Begründungsbedarf bestanden hätte. Wenn die solutio überhaupt jemals als transactio angesehen wurde, so hatte sie diese Eigenschaft in klassischer Zeit jedenfalls längst abgestreift.21 Die Beibehaltung des Vergleichsgedankens für die Frage des Eigentumserwerbs auf den römischen Traditionalismus zurückzuführen, wirkt willkürlich, da zu kurz gegriffen: Der Sinn der transactio bestand und besteht in der Friedensstiftung (pactum – pax) durch Ausschluss jeder erneuten „Erörterung des nun aus der Welt geschafften Haftungsverhältnisses“.22 Aus diesem Grund stellt die wirksame transactio in klassischer Zeit einen Rechtsgrund zum Behaltendürfen dar und schließt als solcher die condictio indebiti aus.23 Wenn die solutio nach altem Recht tatsächlich als transactio angesehen wurde, wäre gemäß dem römischen Traditionalismus folglich zu erwarten, dass die Klassiker auf eine traditio solvendi causa hin nicht nur die Frage des Eigentumserwerbs, sondern gerade auch diejenige des endgültigen Behaltendürfens bejaht hätten. Da Letzteres bekanntlich nicht der Fall ist, verliert der Vergleichsgedanke als historische Grundlage der Abstraktion der traditio solvendi causa insgesamt an Überzeugungskraft. Dass Kaser mit der transactio ein Rechtsgeschäft konstruieren muss, um den Übereignungserfolg trotz Fehlens einer obligatio erklären zu können, ist offensichtlich seinem Verständnis von der Voraussetzungen der traditio geschuldet.24

20

Koschaker, SZ 37 (1916), 362 f. Barton, in: Cairns/Robinson (Hrsg.): Critical Studies in Ancient Law (2001), 16. Zu Begriff und Wesen der solutio s.o. Zweiter Teil, § 1. 22 Mayer-Maly, Das Putativtitelproblem bei der usucapio (1962), 94. 23 Vgl. nur Paul. D. 12.6.65.1: Et quidem quod transactionis nomine datur, licet res nulla media fuerit, non repetitur: nam si lis fuit, hoc ipsum, quod a lite disceditur, causa videtur esse (…). 24 Zu Kasers Theorie der iusta causa traditionis s.o. Erster Teil, § 1. B. I. 21

288

Fünfter Teil: Erklärungsversuche zur causa solvendi

E. Geschichte der condictio (Lange, Kupisch)25 Lange geht davon aus, „dem römischen Rechte (sei) ursprünglich eine Klage auf Rückerstattung des indebitum solutum unbekannt gewesen“, was „auf der härteren Denkweise des primitiven Rechts“ beruhe, „das den Handelnden an seinem Handeln endgültig“ festgehalten habe. Mit der fehlenden Rückforderbarkeit jedoch sei als „notwendige Kehrseite“ der Eigentumserwerb an dem indebitum solutum verbunden gewesen. Lange führt die Translativität der solutio indebiti mithin nicht auf eine besondere Solutionskausa zurück, sondern fasst sie auf als einen „Reflex davon, dass vor Einführung der condictio indebiti das indebitum solutum unverfolgbar war“.26 Weiterentwickelt wird Langes Theorie von Kupisch: „Aller Wahrscheinlichkeit nach hat es in der Geschichte der römischen Versprechensgeschäfte eine Zeit gegeben, in der die (Vornahme des Akts der) solutio einen definitiven Schlusspunkt bedeutete, das heißt als Zuwendungsgrund wie als Rechtfertigungsgrund fungierte und das auch dann, wenn eine Verbindlichkeit nur irrtümlich angenommen worden war; eine condictio indebiti war dieser Zeit fremd.“27 Letztere sei später ex bono et aequo (Pap. D. 12.6.66) eingeführt worden als Ausdruck eines „fortentwickelte(n) Rechts- und Gerechtigkeitsgefühl(s) der Römer“. Da folglich die eigentumsübertragende solutio indebiti älter sei als die condictio indebiti, sei das von der herrschenden Meinung vorausgesetzte „zufriedenstellend anmutende Zusammenspiel von causa solvendi (als Zuwendungsgrund, der in jedem Fall Eigentum überträgt) und Versprechensgeschäft (das über die Rechtfertigung der Zuwendung entscheidet)“28 nicht überzeugend. Ein System von causa proxima/causa remota bzw. Zweckbestimmung/Zweckverwirklichung mit der damit einhergehenden Trennung von Zuwendungs- und Rechtfertigungsgrund sei den praktisch denkenden Römern nicht zuzutrauen. Auch nach Einführung der condictio indebiti habe eine solche Trennung nicht stattgefunden; vielmehr sei der einheitliche Zuwendungs- und Rechtfertigungsgrund fortan in dem (nicht existenten) Verpflichtungsgeschäft gesehen worden. Trotz Fehlens des Zuwendungsgrundes hätten die Römer jedoch – „traditionalistisch-pragmatisch“ – an der translativen Wirkung der solutio indebiti festgehalten.29 In der Konsequenz bezeichnet Kupisch die traditio solvendi causa als eine „Form des abstrakten

25

Lange, Das kausale Element (1930), 77 f.; Kupisch, Ungerechtfertigte Bereicherung (1987), 19 f.; ders., in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà II (1991), 447 f. 26 Kritisch: Kaser, BIDR 64 (1961), 73; Fuchs, Iusta causa traditionis (1952), 241 ff. 27 Kupisch, Ungerechtfertigte Bereicherung (1987), 19. 28 Kupisch, Ungerechtfertigte Bereicherung (1987), 18. 29 Kupisch, Ungerechtfertigte Bereicherung (1987), 20.

§ 2. Erklärungen auf der Basis rechtsgeschäftlicher Kausalvorstellungen

289

Eigentumsübergangs“,30 welche in einem historisch bedingten Gegensatz zu dem ansonsten geltenden „Prinzip der kausalen Übereignung“31 stehe. Kupisch ist ohne weiteres beizupflichten, wenn er der causa solvendi keine besondere Rechtfertigungswirkung zuschreibt und den Römern das von der herrschenden Meinung vertretene Modell einer abgestuften Rechtfertigung (Übereignungskausa/Behaltenskausa) nicht zutraut, zumal in den Quellen jegliche Hinweise hierauf fehlen. Gleiches gilt in Bezug auf die datio ob rem, welche Eigentum überträgt unabhängig von dem sie rechtfertigenden Eintritt des mit der Leistung verfolgten Zwecks. Auch hier ist mit Kupisch festzustellen, dass die Quellen in der bloßen Zweckvereinbarung keinen eigenständigen Rechtfertigungstatbestand erkennen. Kupisch sieht hier eine analoge Entwicklung gegeben wie bei der solutio indebiti, d.h., er führt den Übereignungserfolg bei der datio ob rem ebenfalls auf den römischen Traditionalismus und eine entsprechende Handhabung vor Einführung der condictio zurück.32 Wenn Kupisch folglich die nicht gerade unbedeutenden Übereignungsformen der datio ob rem und der traditio solvendi causa als abstrakt anerkennt, fragt sich, inwiefern das von ihm unterstellte „Prinzip der kausalen Übereignung“ noch Gültigkeit beanspruchen kann. Im Übrigen statuiert Kupisch mit der Unterstellung dieses Prinzips – entgegen seiner „historischen“ und systemnegierenden Argumentation – doch wieder ein System, nur eben eines, das ihm richtig erscheint.33 Dies wird allzu deutlich, wenn er die Lehre vom titulus und modus als konsequente Perfektionierung der römischen Übereignungskonzeption lobt, zu welcher die Römer selbst freilich nie durchgedrungen seien.34 Kupischs Lehre liegt die gleiche petitio principii zugrunde, die auch schon bei den zuvor betrachteten Theorien zu beobachten war, nämlich, dass es ohne gültigen Rechtfertigungstatbestand grundsätzlich keinen Eigentumsübergang gegeben habe. Nur unter dieser – nicht beweisbaren – Prämisse erscheint der Übereignungserfolg bei solutio indebiti und datio ob rem als Ausnahme und bedarf einer – ebenso wenig beweisbaren – „historischen“ Begründung. Aus dem Fehlen 30

32 33

Kupisch, Ungerechtfertigte Bereicherung (1987), 7. Kupisch, Ungerechtfertigte Bereicherung (1987), 20. Kupisch, Ungerechtfertigte Bereicherung (1987), 12 ff. Seine diesbezügliche Voreingenommenheit gesteht Kupisch, in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà II (1991), 434, unverhohlen ein, wenn er schreibt: „(…) devo ammettere una simpatia per il trasferimento causale. (…) Ma certo devo fare attenzione a che la mia simpatia per il trasferimento causale non rechi danno allo sviluppo dell’argomento storico. La ricerca della verità storica oggettiva è, purtroppo, spesso e, quasi inevitabilmente, un po’ offuscata da pregiudizi e preferenze, anche se si sforza di eliminarli. Si scopre più facilmente che una verità è una verità oggettiva, quando questa verità piace.” Auf die in Wahrheit dogmatische Natur von Kupischs “historischer” Erklärung machte bereits Cannata, in: Vacca (Hrsg.): Arricchimento ingiustificato e ripetizione dell’indebito (2005), 2223, aufmerksam. 34 Kupisch, in: Vacca (Hrsg.): Vendita e trasferimento della proprietà II (1991), 449 f. 31

290

Fünfter Teil: Erklärungsversuche zur causa solvendi

einer Rückforderungsklage ergibt sich noch nicht zwingend, die Römer hätten die solutio vor Einführung der condictio als „Rechtfertigungsgrund“35 angesehen. Wahrscheinlicher ist die Annahme, dass sie sich die Rechtfertigungsfrage vor Einführung der condictio überhaupt nicht gestellt hatten und dies hinsichtlich des Übereignungserfolgs – in traditionalistischer Manier – auch weiterhin nicht taten.

F. Resümee zu § 2. Rabels Problemstellung („Ein Problem ist es nur, warum der Titel pro soluto so abstrakt aufgefaßt wird“)36 ergibt sich nur unter der Prämisse, dass die zu anderen Zwecken als erfüllungsweise vorgenommene traditio eine stärkere Kausalbindung aufweise, insbesondere ein gültiges kausales Rechtsverhältnis zur Voraussetzung habe. Erst geleitet durch eine solche Vorstellung muss man der traditio solvendi causa eine Ausnahmestellung zuordnen und sich auf die Suche nach einer Erklärung für dieselbe machen, etwa in der „Geschichte der Haftungslösungen“. Die dort (vermeintlich) gefundenen Phänomene mit schlichtem Verweis auf den römischen Traditionalismus auf die solutio der klassischen Zeit zu übertragen, wirkt allzu willkürlich. Abgesehen von den im Einzelnen festgestellten Unstimmigkeiten spricht denn auch insbesondere ihre mangelnde Beweisbarkeit gegen die dargestellten Theorien.37

§ 3. Erklärung

auf der

G rundlage

der bisherigen

Ergebnisse

A. Anpassung der Fragestellung Gegen die Vorstellung der traditio solvendi causa als „abstrakter“ Fremdkörper in einem ansonsten „kausalen“ System spricht zunächst die entsprechende Rechtslage bei der Ersitzung, für welche Paulus unmissverständlich deutlich macht, dass nicht die „Abstraktheit“ der usucapio pro soluto, sondern die „Kausalität“ der usucapio pro emptore eine Ausnahmestellung einnimmt.38 Während die Übertragung dieser Ausnahme auf das Recht der traditio aufgrund der spezifisch ersitzungsrechtlichen Begründung problematisch und auch nicht weiter aus den Quellen 35

Kupisch, Ungerechtfertigte Bereicherung (1987), 19. Rabel, Grundzüge (1915), 441. 37 Jahr, SZ 80 (1963), 17381; Cannata, in: Vacca (Hrsg.): Arricchimento ingiustificato e ripetizione dell’indebito (2005), 2223; Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 58. 38 Paul. D. 41.3.48; D. 41.4.2 pr., s.o. Zweiter Teil, § 3. A. II; Vierter Teil, § 1. C. III. 1. 36

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Fünfter Teil: Erklärungsversuche zur causa solvendi

einer Rückforderungsklage ergibt sich noch nicht zwingend, die Römer hätten die solutio vor Einführung der condictio als „Rechtfertigungsgrund“35 angesehen. Wahrscheinlicher ist die Annahme, dass sie sich die Rechtfertigungsfrage vor Einführung der condictio überhaupt nicht gestellt hatten und dies hinsichtlich des Übereignungserfolgs – in traditionalistischer Manier – auch weiterhin nicht taten.

F. Resümee zu § 2. Rabels Problemstellung („Ein Problem ist es nur, warum der Titel pro soluto so abstrakt aufgefaßt wird“)36 ergibt sich nur unter der Prämisse, dass die zu anderen Zwecken als erfüllungsweise vorgenommene traditio eine stärkere Kausalbindung aufweise, insbesondere ein gültiges kausales Rechtsverhältnis zur Voraussetzung habe. Erst geleitet durch eine solche Vorstellung muss man der traditio solvendi causa eine Ausnahmestellung zuordnen und sich auf die Suche nach einer Erklärung für dieselbe machen, etwa in der „Geschichte der Haftungslösungen“. Die dort (vermeintlich) gefundenen Phänomene mit schlichtem Verweis auf den römischen Traditionalismus auf die solutio der klassischen Zeit zu übertragen, wirkt allzu willkürlich. Abgesehen von den im Einzelnen festgestellten Unstimmigkeiten spricht denn auch insbesondere ihre mangelnde Beweisbarkeit gegen die dargestellten Theorien.37

§ 3. Erklärung

auf der

G rundlage

der bisherigen

Ergebnisse

A. Anpassung der Fragestellung Gegen die Vorstellung der traditio solvendi causa als „abstrakter“ Fremdkörper in einem ansonsten „kausalen“ System spricht zunächst die entsprechende Rechtslage bei der Ersitzung, für welche Paulus unmissverständlich deutlich macht, dass nicht die „Abstraktheit“ der usucapio pro soluto, sondern die „Kausalität“ der usucapio pro emptore eine Ausnahmestellung einnimmt.38 Während die Übertragung dieser Ausnahme auf das Recht der traditio aufgrund der spezifisch ersitzungsrechtlichen Begründung problematisch und auch nicht weiter aus den Quellen 35

Kupisch, Ungerechtfertigte Bereicherung (1987), 19. Rabel, Grundzüge (1915), 441. 37 Jahr, SZ 80 (1963), 17381; Cannata, in: Vacca (Hrsg.): Arricchimento ingiustificato e ripetizione dell’indebito (2005), 2223; Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 58. 38 Paul. D. 41.3.48; D. 41.4.2 pr., s.o. Zweiter Teil, § 3. A. II; Vierter Teil, § 1. C. III. 1. 36

§ 3. Erklärung auf der Grundlage der bisherigen Ergebnisse

291

begründbar ist,39 finden sich Zeugnisse für die Geltung der Regel durchaus: Das Gelingen der Eigentumsübertragung mittels traditio trotz Fehlens eines Rechtfertigungstatbestandes ist längst nicht nur bei der solutio indebiti zu beobachten. Es findet ferner statt bei der Darlehensgewährung an einen impubes ohne tutoris auctoritas40, der Preiszahlung beim nichtigen Kauf41, der noxae deditio42 sowie bei allen dationes ob rem, insbesondere auch bei der dotis datio und der datio ob turpem causam43. Demgegenüber ist – vielleicht44 mit Ausnahme von Ulp. D. 12.1.18 pr. – kein einziger Fall überliefert, in dem die traditio mangels gültigen Rechtfertigungstatbestandes scheitert. Angesichts dieser Quellenlage muss die eigentliche Frage nicht lauten: „Warum wurde die traditio solvendi causa so abstrakt aufgefasst?“, sondern: „Warum wurde die traditio so abstrakt aufgefasst?“, oder genauer: „Warum ließen die iuris consulti die Eigentumsübertragung durch traditio auch bei Fehlen eines gültigen Rechtfertigungstatbestandes gelingen?“ Flume45 führt dies auf die Rechtsaktbezogenheit des römischen Denkens zurück: Für die Frage des Eigentumsübergangs sei nicht das zugrunde liegende kausale Rechtsverhältnis, sondern der mit der traditio verbundene Rechtsakt entscheidend gewesen. Zwar liefert Flume nirgends eine Definition dieses „Rechtsaktes“; aufgrund seiner Berufung46 auf Jahr47 ist jedoch anzunehmen, dass er eine Zweckvereinbarung darunter versteht. Sowohl Flumes Rechtsakttheorie als auch Jahrs Theorie von der inhaltlichen Kausalität und äußerlichen Abstraktion48 mögen zwar brauchbare deskriptive Modelle darstellen, um das historische Phänomen in modernen Begriffskategorien fassbar zu machen, beantworten jedoch nicht die Frage nach dem „Warum?“

B. Ansätze einer Beantwortung Hier mag ursprünglich in der Tat die „härtere Denkweise“ des alten Zivilrechts eine Rolle gespielt haben, welches sich noch nicht mit Rechtfertigungsfragen 39

41 42 43 44 40

45

47 48 46

S.o. Vierter Teil, § 1. C. S.o. Zweiter Teil, § 2. C. V. 4, dort insb. Anm. 345. S.o. Zweiter Teil, § 2. C. V. 5. S.o. Zweiter Teil, § 3. A. I. S.o. Zweiter Teil, § 2. C. IV. 2 zu Pap. D. 12.7.5. Auch Ulpian fordert kein wirksames mutuum, sondern nur eine Zweckvereinbarung, s.o. Erster Teil, § 2. D. IV. Ob diese per se die Funktion einnehmen sollte, den Eigentumsübergang zu rechtfertigen, ist zweifelhaft, s.u. B. Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 53 ff. Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 532. SZ 80 (1963), 141 ff. S.o. Erster Teil, § 1. B.

292

Fünfter Teil: Erklärungsversuche zur causa solvendi

beschäftigte, sondern „den Handelnden an seinem Handeln endgültig festhielt“.49 Diese Erklärung befriedigt aber nur für die Zeit bis zur Einführung der condictio. Ab hier ist erklärungsbedürftig, warum die Römer – obschon sie offensichtlich ein verfeinertes Gerechtigkeitsgespür entwickelt hatten – nicht bereits die ungerechtfertigte Übereignung verhinderten, sondern „nur“ eine Klage auf Rückübereignung schufen. Eine der denkbaren Antworten liegt in der Natur dieser Klage – der condictio – selbst, deren abstrakte intentio den Verpflichtungsgrund nicht nennt und die daher vielfältig einsetzbar ist. Ihr gegenüber steht die rei vindicatio, welche erstens das Gelingen der probatio diabolica50 und zweitens die Identifizierbarkeit des hingegebenen Gegenstandes voraussetzt. Bereits aus prozessökonomischen Gründen erscheint daher eine Befürwortung des Eigentumsübergangs sinnvoll.51 Durch die Verbesserung seiner Aktivlegitimation erleidet der Veräußerer, der „seine Sache“ zurückhaben möchte, trotz des Eigentumsverlustes auch keinen wesentlichen Nachteil. Auf einen weiteren möglichen Sinn hinter der Zulassung des ungerechtfertigten Eigentumsübergangs hat neuerdings Cannata aufmerksam gemacht: “Anzi, è proprio una caratteristica del sistema dei diritti reali di essere concepito come un insieme di regole di struttura, nelle quali la soddisfazione dell’esigenza di certezza è affatto dominante, mentre le esigenze della giustizia trovano raramente spazio. (…) che l’accipiens diventi proprietario di quel denaro è ingiusto; ma questo problema di giustizia è rinviato al diritto delle obbligazioni, la sede naturale della tutela delle esigenze di giustizia.”52 Cannata geht mithin von einem Vorrang der Rechtssicherheit vor der Gerechtigkeit im römischen Sachenrecht aus. Gerechtigkeitsbelange seien im Obligationen-, genauer: im Kondiktionenrecht berücksichtigt worden. In der Tat hätte das Erfordernis eines wirksamen kausalen Rechtsgeschäfts für das Gelingen der traditio die Sicherheit des durch den Erwerber repräsentierten Rechtsverkehrs eingeschränkt: Aufgrund des Fehlens der Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs hätte sich jeder Erwerber nicht nur um die Eigentümerstellung, sondern auch um die Erwerbskausa seiner Vorgänger sor49

51 52 50

Lange, Das kausale Element (1930), 77 f. D.h. den Nachweis einer lückenlosen, bis zum Kläger hinreichenden, Erwerbskette. Ähnlich Jahr, SZ 80 (1963), 173; Wesel, SZ 85 (1968), 102 f. Cannata, in: Vacca (Hrsg.): Arricchimento ingiustificato e ripetizione dell’indebito (2005), 21 f.; vgl. auch Bonfante, Scritti II (1918/1926), 556 f., welcher die Unerheblichkeit einer „giustificazione assoluta“ des Eigentumsübergangs mit „il bisogno di certezza del commercio giuridico“ begründet, welcher erfordert habe, das hinter dem animus dominii transferendi stehende Rechtsverhältnis in den Hintergrund zu rücken: „e pertanto gli è solo a questa volontà, che si ha l’occhio, e la causa resta quasi nell’ombra. La intuizione immediata e la considerazione pratica della volontà di alienare da parte di chi è vero proprietario risparmiano la ricerca più sottile della causa.“

§ 3. Erklärung auf der Grundlage der bisherigen Ergebnisse

293

gen müssen. Die Brisanz dieser Problematik steigt mit den Anforderungen, welche an die causa gestellt werden. Der entscheidende und in den Quellen mehrfach hervortretende53 Grund für die Zulassung des Eigentumsübergangs dürfte hingegen der hierauf gerichtete Wille der Parteien – insbesondere des Veräußerers – gewesen sein, dessen Berücksichtigung als ein Gebot der natürlichen Billigkeit angesehen wurde.54 Wenn Gaius den Übereignungserfolg nicht nur auf die voluntas domini, hinter der sich auch die mit der Übereignung verfolgten Zwecke hätten verbergen können, sondern ausdrücklich auf die voluntas domini volentis rem suam in alium transferre zurückführt, wird deutlich, dass er eben im Übereignungswillen den eigentlichen Grund des Eigentumsübergangs erkennt. Die Kausalabrede kann demgegenüber nur eine Hilfsfunktion einnehmen, jedoch eine praktisch bedeutsame, da aus ihr der Übereignungswille überhaupt erst erkennbar wird. Selbst für Ulpian – dem nach Quellenlage einzigen römischen Juristen, der die Übereignung an einem Kausaldissens scheitern ließ55 – ist nicht belegbar, dass er der von ihm geforderten Zweckvereinbarung Rechtfertigungswirkung beimaß.56 Denkbar ist auch, dass er die Beweisvoraussetzungen für den animus dominii transferendi lediglich formalisieren wollte, indem er einen Konsens forderte, der einem bestimmten Vertragstypus entsprach.

53

55 56 54

S.o. Zweiter Teil, § 2. C. III., insb. Anm. 291. Gai. D. 41.1.9.3, s.o. Erster Teil, § 2. C. Ulp. D. 12.1.18 pr., s.o. Erster Teil, § 2. D. Ein wirksames mutuum forderte er jedenfalls nicht, s.o. Erster Teil, § 2. D. IV.

Zusammenfassung Das Gelingen der traditio solvendi causa wird von der herrschenden Meinung in der Romanistik auf eine eigenständige Solutionskausa zurückgeführt. Diese Lehre stützt sich auf eine äußerst schwache Quellenbasis, taucht doch die solutio in der Eigenschaft als iusta causa nur im Bereich der honorarrechtlichen Übereignung und im Ersitzungsrecht auf, wohingegen entsprechende Zeugnisse für den Erwerb des quiritischen Eigentums durch traditio fehlen. Aufgrund einer weitgehenden Vergleichbarkeit von causa usucapionis und causa traditionis dürften jedoch diejenigen iuris consulti, welche die causa solvendi im Ersitzungsrecht anerkannten, ihr diese Anerkennung im Traditionsrecht nicht verwehrt haben.1 Ferner schließt die umfangreiche Kasuistik zur condictio indebiti die Qualifikation der Obligation als iusta causa traditionis aus.2 Letztere ist mithin nur als ein die traditio begleitendes Element denkbar. Als solches genügte den klassischen Juristen ein consensus über den Tilgungscharakter der Leistung, wobei aus der jeweils zugrunde gelegten Obligation die Übereignungsabsicht erkennbar sein musste. Die Rechtsnatur jener causa solvendi wird in den Quellen allerdings nie explizit thematisiert, insbesondere scheint es den iuris consulti gleichgültig gewesen zu sein, ob ihr ein rechtsgeschäftlicher Charakter innewohnt.3 In diesem Punkt widerspricht die causa solvendi der Vorstellung der herrschenden Meinung von der iusta causa traditionis als eines gültigen Rechtsverhältnisses.4 Sie muss daher der causa solvendi eine Ausnahmestellung gegenüber den anderen iustae causae zuweisen und dieselbe aufwendig begründen, was zumeist mit Verweis auf die Geschichte der Haftungslösungen geschieht. Keine dieser Begründungen ist überzeugend, geschweige denn beweisbar.5 Angesichts dieses Befundes erscheint eine Kritik der Prämisse der herrschenden Meinung erlaubt. Gegen ein gültiges Rechtsverhältnis als Übereignungserfordernis spricht nicht nur die condictio indebiti, sondern auch zahlreiche weitere Beobachtungen in den Quellen.6 Umgekehrt findet sich kein einziges klares Zeugnis zugunsten eines solchen Erfordernisses.7 Mit Paul. D. 41.1.31 pr. und Ulp. D. 12.1.18 pr. stammen die beiden Quellen, die noch am ehesten in diese Richtung weisen, aus der spätklassischen Epoche. Bemerkenswerterweise stammen auch sämtliche expliziten Belege für eine eigenständige causa solvendi aus 1

3 2

4

6 7 5

S.o. Zweiter Teil, § 3. S.o. Zweiter Teil, § 2; Vierter Teil, § 1. S.o. Dritter Teil, § 3. B. Nicht zu verwechseln ist diese Frage mit derjenigen der Rechtsnatur der solutio indebiti als eines Obligationsbegründungsaktes, welche durchaus diskutiert wurde, s.o. Dritter Teil, § 4. S.o. Erster Teil, § 1. A. und B. I. S.o. Fünfter Teil, § 2. S.o. Fünfter Teil, § 3. A. Für die Besprechung der Quellen zur iusta causa traditionis s.o. Erster Teil, § 2.

Zusammenfassung

295

dieser Zeit.8 Zwar war auch zuvor der Eigentumsübergang bei der solutio indebiti unbestritten, doch sahen die früh- und hochklassischen Juristen offenbar keinen Bedarf zur Begründung dieses Ergebnisses mit einer iusta causa. Insbesondere in der sabinianischen Schultradition ist eine Befürwortung des Übereignungserfolgs auch unabhängig von einem kausalen Tatbestand erkennbar.9 Hingegen scheint die Idee einer stärkeren Formalisierung der Traditionsvoraussetzungen erst in der Hochklassik – vielleicht bei dem Prokulianer Celsus10 – entstanden zu sein, um schließlich in der Spätklassik verbreitete Anerkennung zu finden.

8

Paul. D. 6.2.4; Paul. D. 41.3.48; Herm. D. 41.3.46. Zu diesen s.o. Zweiter Teil, § 3. A.; ferner Ulp. D. 10.3.7.3, s.o. Zweiter Teil, § 3. B. II. 4. 9 Jav. D. 12.6.45; Jul. D. 41.1.36; Jul. D. 46.3.34.7; Afr. D. 41.4.11; Gai. D. 41.1.9.3, 7. 10 Vgl. Ulp./Cels. D. 21.3.1.3; Ulp./Cels. D. 41.3.27.

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S achregister A ablativus – causae 244 f. – limitationis 245 Abstrakter dinglicher Vertrag 22 f., 85 ff., 148 ff. Abstraktion (bzw. Kausalität) – der traditio 18 ff., 148 ff., 174 ff., 232 f., 289 ff. – der mancipatio 36 ff., 10369 – bei den Glossatoren 64 f. – in der Philosophie Christian Wolffs 80 – bei Savigny 85 ff. – der solutio 98 – der Geldübereignung 163 ff. • an Minderjährige 166 ff. • Kaufpreiszahlung 169 ff. – der usucapio pro soluto 197 – des Solutionskonsenses 226 ff. – der Bestellung beschränkter dinglicher Rechte 277 f. – normative/deskriptive 33 f., 151 ff., 174 ff. Abstraktionsprinzip 88 f., 149 ff. actio – communi dividundo 211 f. – de peculio 253 f. – furti 103 ff., 250 – negotiorum gestorum 134 – Publiciana 177 ff., 198 f., 212 f., 266 aequitas naturalis 33 f., 113, 134, 206 aes alienum 117 adnumeratio 93 alienatio 202, 217 f., 230, 241 aliud 44, 22017 animus 22526 – dominii transferendi 21 ff., 33 f., 64 f., 151 f., 176 ff., 228, 232 f., 293 – solvendi 208 f., 217 ff.

Antinomie 35 ff., 58 ff., 75 f. aristotelische Philosophie 26, 66 B Bargeschäft 40, 48143, 58, 169 ff., 262 f., 277 Bereicherungsrecht 100 ff., 275 f., 288 ff. bonum et aequum 111, 130 f. C causa 56 f. – iusta causa (s. dort) – condictionis/condiciendi 118, 153 ff. – credendi 43 ff., 165 f. – dandi 24 – donandi 43 ff., 22218, 244 f. – dotis dandae 159 f. – emptionis 169 ff. – immediata 29, 66 ff. – noxae deditionis/noxalis 180, 254 f. – proxima 24, 66 ff., 284 f. – putativa 61 f. – remota 24, 66 ff., 284 f. – retinendi 24, 48, 157 ff. – solutionis 99 – solvendi • Anwendungsbereich 238 ff. • Begriff 57185, 99 f. • in der Dogmengeschichte 62, 210 f., 214 f. • Erklärungsversuche 283 ff. • als iusta causa traditionis 90 ff. • Rechtsnatur 216 ff. commixtio nummorum 125 commodatum 18, 73, 227 f., 238, 272130 condictio – certae rei/pecuniae 103 f., 114, 141 ff., 249 – furtiva 103 ff., 161 ff., 249 f. – incerti 10582, 10995, 140 – indebiti 18 ff., 60 ff., 100 ff., 275 f., 288 ff.

326

– Iuventiana 130 ff. – mutui 47, 104 f.78, 118 – ob causam finitam 156 – ob rem 118 – possessionis 103 ff. – sine causa 153 ff. consensus 216 ff. – in causa 35 ff., 60 ff., 260 ff. – in corpore 35 ff. – Solutionskonsens  solutio consumptio nummorum 121 ff., 163 f. contractus 119 f., 234 ff. corpus 49 ff. – nummorum 123154, 125 D Damnationslegat 188 ff., 250 ff. dare 103 ff., 164, 238 ff. datio – in solutum 184 – als Kondiktionsvoraussetzung 114 ff. – mutui datio 116 ff. – ob causam 155 ff. – ob rem 57187, 149, 155 ff., 178, 289 – ob turpem causam 159 f. depositum 28, 238 dingliche Einigung 21 f., 63 f., 228 f. dissensus in causa 35 ff., 218 ff. Distinktion 42, 60, 64 donatio 35 ff., 102, 262 f. – Schenkung unter Ehegatten 151, 250 ff. – Schenkungsversprechen 262 f. dotis datio ante nuptias 57 f.187, 190 f., 149270, 159 f., 210 dotis dictio/promissio 262 droit coutumier 81 E Eigentum – Quiritisch/bonitarisch 41, 90 f., 109, 145 f., 178 ff., 198 ff., 211 ff., 282 emptio venditio 29 f., 263 ff. error – in causa 70

Sachregister

– in materia 173 – solventis 144, 22524 exceptio 205, 256, 261 – doli 35 ff., 49149, 76, 143 existimatio 19, 47, 193 ff. exstare 124 F fideicommissum 253 fideiussio 261 f. fundus italicus 41 G Glossatoren 60 ff. H Handgeschäfte 27, 86 Historische Rechtsschule 85 Humanismus 71 ff. I inaedificatio 120 ff. in iure cessio 103, 145 ff., 199454, 284 f. in maiore minus inest 43 ff. ius – ad rem 78 f. – civile 9746, 133, 140, 199, 274 – gentium 33 f., 113, 134, 274 – honorarium 178 ff., 198 f. – in re 78 – naturale 111 f., 134, 139 iusta causa (passim) – iusta causa traditionis 18 ff., 56 ff., 215, 233 f. – iusta causa usucapionis 178 ff. iustum initium possessionis 109 f., 186421 J Judikatsschuld 253 f. Justinian 15, 54 ff. K Kasuistische Methodik 33 f., 152, 174 ff., 225 ff. Kauf  emptio venditio Kausale dingliche Einigung (Lehre) 21 f., 145249, 2161, 228 f.

Sachregister

Kausalität  Abstraktion Kommentatoren 66 ff. Konsensualprinzip 81 ff. Konträraktsprinzip 94 ff. Konvaleszenztheorie 126 f. L Leihe  commodatum liberatio 91 ff. Litiskreszenz 251 locatio conductio 44, 238, 258 ff. longi temporis praescriptio 106 ff., 186 M mancipatio 36 ff., 145 ff., 271 ff., 284 f. – Manzipationsurkunden 40 f. Miete  locatio conductio mos gallicus 71 ff. mos italicus 60 ff. mutuum 35 ff., 116 ff., 256 ff., 279 f., 283 f. N Natur-/ Vernunftrecht 80 f. negotium (contractum) 116 ff. nemo plus iuris (Grundsatz) 124, 163 f., 199 noxae deditio 58193, 180, 254 f. numeratio 98 O Obligation 18 ff., 91 ff., 100 ff., 238 ff. – obligatio re 116 ff. Originärer Eigentumserwerb 79, 113 ff., 191 ff. P Pacht  locatio conductio pactum 262 f. Pandektistik 42, 85 ff. pecunia 114, 120 ff., 146257, 163 ff. periculum emptoris 82 permutatio 263 praecedere 26 f. Prokulianer 111102, 131187, 194, 215, 295 R rechte Gewere 78

327

Rechtfertigungstatbestand 56 ff., 148 f., 174 ff., 233 f., 291 Rechtsakt 25169, 291 Rechtsverhältnis 18 ff., 56 ff., 283 ff. rei vindicatio 58, 102 ff., 124, 136 f., 161 ff., 246 ff. – probatio diabolica 41104, 163, 201462, 292 – vindicatio nummorum 123154, 136, 164333, 276 res – cottidianae 33, 192439, 235 – incorporales 166 – (nec) mancipi 36, 41, 146 f., 167, 186 f., 282 S Sabinianer 60, 111102, 129184, 131187, 141231, 194, 215, 276, 295 sala 78 Savigny 85 ff. Schenkung  donatio Senatus Consultum Macedonianum 256 solutio 91 ff. – indebiti 234 ff. – per aes et libram 93 ff., 146256, 279, 285 – Solutionskonsens 19 f., 40 ff., 62 ff., 136 ff., 172 ff., 195 f., 209 f., 225 ff. solutionis causa adiectus 9954 Spätklassik 16, 110, 149, 177 ff. stipulatio 239 ff. T Tilgungsbestimmung 18, 100, 172 titulus & modus (Lehre) 78 ff., 148, 289 traditio (passim) – brevi manu 28, 152, 175 – donandi causa 47 ff. – ficta 83 – eines Grundstücks 170 f. – in sacculo 122, 124 – nuda 25 ff., 77 – solvendi causa passim – vendendi causa 29 f., 150, 263 ff. Traditionsprinzip 18, 10057, 271 ff.

328

U Übereignungswille  animus dominii transferendi usucapio – pro derelicto 182, 200 – pro emptore 29, 181 ff., 192, 241 f., 265 ff. – pro legato 188 ff., 200, 252 – pro soluto 180 ff., 195 ff., 265 ff. – pro suo 189 ff. – Putativtitelersitzung 181, 193 ff., 204 ff., 267 f. usufructus 270 Usus modernus pandectarum 78

Sachregister

V venditio  emptio venditio Verpflichtungsgeschäft 15 f., 62, 10157, 102, 148 f. vestimenta pactorum 77 Vindikation  rei vindicatio Vindikationslegat 128, 188 ff., 250 ff. W Werkvertrag  locatio conductio Z Zweckbestimmung 20 ff., 151 f., 216 f., 232 ff. Zwecksetzung/Zweckerreichung 18 ff., 174 ff.

Q uellenregister I. Vorjustinianische Quellen Fragmenta Vaticana (Vat.) 1 266105 16 272135f. 47a 274148 111 193440 Gai institutiones (Gai.) 1.35 10477 1.113 41101 1.119 87305, 274145 1.119-122 41101 1.191 206479 1.199 206479 2.3-11 170357 2.12 166347 2.14 166347 2.14a-17 282171 2.20 2528, 31 f., 56, 58195, , 62209,87304, 152, 201461 2.25 10369,147263 2.41 181406 2.42 181405 2.43 181407 2.44 181404 2.45 ff. 181409, 206480 2.50 203468 2.67-79 197451 2.73 120141 2.79 10579, 10683 2.80 2174 2.81 174375 2.82 123157, 124159, 137214, 2174, 2186 2.83 44125, 166345, 167, 2187, 230 2.84 122147, 166, 2174, 2175, 2186, 2188, 23041, 23657 2.192ff. 25052 2.204 10478

2.283 25155, 25361 3.32 10477 3.88 235 117, 25668, 279 f., 282 3.90 3.91 59201, 9849, 10478, 116, 143242, 144246, 166344, 166345, 168, 2175, 2188, 22320, 22526, 234, 23657, 280, 283 3.143 10477 3.144 10477 3.153 52161 3.162 10477 3.169 ff. 9418 3.173 9419, 146256 3.173-175 9632 3.174 57185, 93, 9952 3.197 21914 3.200 10477 4.4f. 103, 135209, 150279, 25051 4.36 198 4.41 10473 4.51 10473 Pauli sententiae (PS) 2.23.3 24525 2.31.1 21914 5.2.4 10997 12.8 9954 Ulpiani epitome (Ulp. Epit.) 19.1 282171 19.3 147 19.7 31, 56, 58195f., 87304, 147, 152, 214 19.8 3260 19.9 147

330

Quellenregister

6.2.7.14 269117 6.2.7.16 f. 269117 Institutiones (Inst.) 6.2.9.1 2842 1.21 pr. 44125 6.2.13.2 266106 2.1.40 55, 73, 87302, 6.4.1 ff. 73234 206482 7.1.3 pr. 10476 2.1.41 54, 62209, 150 f., 7.1.25.1 137213, 150272 201 7.5.5.1 132191 2.4.2 122151, 125164 7.9.7 pr. 107 f.90 2.6.3 203468 7.9.12 10372, 107 f.90 2.6.12 10997 8.3.19 10473 2.8.2 123157, 124159, 10.3.7.2 212 137214 10.3.7.3 166, 177385, 211, 186 2.20.31 57 214516, 2958 3.13 pr. 9212 10.4.9.4 10890 3.13.2 235 12.1.2 pr. 25668 3.14 pr. 117128 12.1.2.2 117128 3.23.3 272130 12.1.4.1 10683, 10685 3.27.6 236 12.1.4.2 10683 3.27.7 251 12.1.11.2 10790, 124159, Digesta (D.) 137213 2.14.1.2 86299 12.1.12 123157, 124162, 134206, 2.14.7 pr. 274147 137213, 137214 187 86 2.14.7.2 57 , 262 12.1.13 pr. 137213 187 86 2.14.7.4 57 , 77, 262 12.1.13 pr.-2 123157 21 2.14.58 94 12.1.13.1 124162, 137213 3.4.2 2528 12.1.13.2 165341 3.5.22 59201, 9849 12.1.14 121145, 123157, 137215, 3.5.48 134 25670 4.3.7 pr. 67 12.1.18 pr. 15, 167, 35, 69,76, 201 49 4.4.25 pr. 59 , 98 86, 136, 150274, 161 4.8.17.4-6 52 153292, 172367, 175, 61 5.2.21.1 253 202465, 206484, 206485, 5.3.13.1 21913, 25050 211502, 214, 219 ff., 6.1.2 212505 291–293 6.1.72 151282 12.1.18.1 49 6.2.1 pr. 58195, 198 12.1.19.1 57185, 9952, 121 f., 195 6.2.3.1 58 137213, 137214 6 185 6 52 6.2.4 16 , 57 , 91 , 99 , 12.1.20 9952 450 498 179 f., 197 , 211 , 12.1.23 128 ff., 138, 162323 213513, 214516, 242, 12.1.31.1 124159, 26495 2958 12.1.32 121145, 130, 139, 193 6.2.5 58 , 180, 254 162323, 177388 478 106 6.2.7.2 205 , 266 12.4.1.1 25155, 25157 6.2.7.5 263 12.4.2 25155, 25157 II. Corpus IurisCivilis

Quellenregister

12.4.3.8 67 12.4.6 58191, 149270, 159312, 26284 12.4.7 pr.-1 149270, 159312 12.4.7.1 58191, 26284 12.4.8 58191, 149270, 159312, 26284 12.4.9 pr. 149270, 159312 12.4.10 57188, 134206 12.4.15 10472, 121145 12.5.1.2 159311 12.5.3 159311 12.5.6 111104, 127174, 140, 177388 12.6.1.1 220, 231 12.6.2 pr. 121145, 144 12.6.2.1 25155, 25157 12.6.3 25155, 25157 12.6.4 25155, 25157 12.6.7 210496 12.6.11 253 12.6.12 278 12.6.13 9849 12.6.13.1 140, 25673 12.6.14 111104, 140 f., 177 f.388, 210496 12.6.15 pr. 111, 139 f., 26078 12.6.15.1 106, 146257, 280166 12.6.16 210496 12.6.19 210496 12.6.19 pr. 9849 12.6.19.2 146257, 165, 280166 12.6.20 2407 12.6.21 146252, 146257, 146258, 2407, 2408, 281 12.6.22 210496 12.6.22 pr. 240 12.6.22.1 145250, 146253, 281169 12.6.23 pr. 155 f., 25567 12.6.23.1 155 f., 25567 12.6.23.2 155 f., 25567 12.6.23.3 155 f., 25567 12.6.23.4 155 f., 25566 12.6.24 2407 12.6.26. pr.-2 146257, 280166

331

12.6.26.4 146253, 2407, 2408, 281169 12.6.26.5 146258, 281168 12.6.26.7 145250, 146253, 281169 12.6.26.9 9849, 146257, 164333, 25670, 276156, 280166 12.6.26.10 254 12.6.26.12 139223, 146252, 146253, 146257, 280166, 281169, 281169 12.6.26.13 146252, 2407, 281169 12.6.26.14 146252, 281169 12.6.29 10790, 123157, 124159, 137214, 2174 12.6.31 2407 12.6.32 2407, 153 12.6.32 pr. 146252, 2408, 281169 12.6.32.1 146257, 2409, 26182, 280166 12.6.32.3 146252, 2408, 281169 12.6.33 10372, 11099, 120, 125–135, 141–144, 146257, 236, 248, 280166 12.6.36 146257, 280166 12.6.37 146257, 172, 22320, 280166 12.6.38 pr. 146257, 257, 280166 12.6.38.1 9849, 257 12.6.38.2 257 12.6.38.3 25155, 25157 12.6.39 25361 12.6.40 146257, 280166 12.6.40 pr. 25672 12.6.40.1 25361 12.6.41 2407, 241 12.6.42 146257, 254, 280166 12.6.43 146257, 280166 12.6.45 215520, 26495, 275, 2959 12.6.46 9849, 146257, 164337, 164338, 280166 12.6.47 9849, 146257, 2407, 280166 12.6.48 2407, 24010

332

12.6.49 140, 146257, 280166 12.6.50 210496, 22320 12.6.51 210496 12.6.52 57188, 146257, 155, 210496, 280166 12.6.53 107 f.90, 146257, 280166 12.6.54 22320 12.6.55 131190, 139223, 146257, 259, 280166 12.6.57 pr. 146257, 280166 12.6.57.1 146257, 280166 12.6.58 146257, 25361, 280166 12.6.59 146257, 26283, 280166 12.6.60.1 146257, 2407, 280166 12.6.62 2407 12.6.63 146252, 281169 12.6.65.1 25567, 28723 12.6.65.3 25155, 25157 12.6.65.4 111104 12.6.65.5 138 f., 139223, 146252, 281169 12.6.65.6 138 f., 146258, 281168 12.6.65.7 138 f., 259 138 f., 146252, 281169 12.6.65.8 12.6.66 111104, 138, 160316, 177 f.388, 288 12.6.67 pr., 2, 4 146257, 280166 12.7.1 pr.-2 156, 24418 12.7.1.3 153, 161, 24418 12.7.2 157 f. 12.7.4 158 12.7.5 pr. 58191, 159, 26284 12.7.5.1 159 , 26284 13.1.12.2 10683 13.1.15 162324 13.1.18 150277, 188429, 21913, 25050 13.3.1.1 10372 13.3.2 10683 13.6.13.2 57185, 9952 13.7.1 52161 13.7.22.2 107 f.90 14.4.5.18 151282 14.6.3.2 164333, 276156 15.1.52 164333, 276156

Quellenregister

15.3.3.1 59201, 9849 16.1.5 57185, 9952 16.3.13.1 10683 16.3.31.1 10685 17.1.5.3-4 150272 17.1.47.1 187 17.1.50.1 281168 18.1.1.2 274147 18.1.3 273140 18.1.9 52161 18.1.11 pr. 52161 18.1.14 174370 18.1.15 pr. 52161 18.1.16 pr. 58194, 171, 22320, 26496 18.1.19 151282, 26496 18.1.21 170 18.1.22 58194, 170 18.1.23 58194, 170, 26496 18.1.25.1 10263, 2381, 270119 18.1.29 154301, 162 18.1.35.7 272135 18.1.41.1 58194, 173 18.1.52 26496 18.1.53 151282, 26496 18.1.57 pr. 58194, 171, 26496 18.1.57.2 26496 18.1.78.2 26496 18.2.2 pr. 273140 18.3.1 273140 18.3.2 26496 18.3.4.4 26496 18.3.5 26496 18.4.22 26496 18.5.2 26496 18.5.9 26496 18.5.10 pr.-1 26496 18.6.3 272130 18.6.5 170, 172 f.135 18.6.8.pr 82270, 26496, 272130 18.6.17 26496 18.6.19 26496 18.6.20 26496 19.1.11.2 151282, 269118 19.1.11.6 160316

Quellenregister

19.1.11.8 10263, 2382, 270119 19.1.21.2 52161 19.1.30 pr. 10683, 131190, 161 19.1.30.1 42113, 10263, 2381, 270119 19.2.7 25977 19.2.8 25977 19.2.9 pr. 25977 19.2.15.8 25977 19.2.25.1 57186 19.2.52 43 19.4.1 pr. 10263, 2381, 269118, 270119 19.4.1.2 26388 19.5.17.5 10683 20.6.4.1 52161 21.3.1.3 150272, 215517, 29510 22.1.38.1 58191, 26284 22.1.38.2 146253, 281169 22.4.3 52161 22.6.9.5 25361 23.1.10 58191, 26284 23.3.7.3 58191, 149270, 159312, 26284 23.3.8 58191, 149270, 159312, 26284 23.3.9 pr.-3 149270, 159312 23.3.9 pr. 58191, 26284 23.3.9.1 58191, 26284 23.3.36 9633 23.3.38 9633 23.3.41.4 9633 23.3.50 pr. 160316 23.3.67 164337, 164338, 197451 23.3.74 58191, 26284 23.3.81 123157, 124162, 137213 24.1.1 25049 24.1.3.9 24525 24.1.3.10 151284, 24524, 24730 24.1.3.12 48146, 24838 24.1.5.5 151285 24.1.5.15 25361 24.1.5.18 107 f.90 24.1.6 160316 24.1.33.1 124159

333

24.1.39 107 f.90, 123157, 124159, 137215, 240–250 25.2.3.3 125167 25.2.6.5 10683, 154 25.2.25 57188, 10683, 154 25.4.1.10 10477 26.8.9.2 122147, 123157, 137214, 2174, 2186, 23041 26.8.13 116125 28.1.21.1 52161 28.8.1 pr. 162324 30.4 pr. 52161 30.60 120142 30.120.1 52161 32.25.1 221–224 33.8.8.5 164337 35.1.12 57186 35.1.17.2 57186 35.1.72.6 57186 35.1.110 174372 35.2.1.17 9849 35.2.21 pr. 9849 35.2.31 25361 36.1.49 9849 36.1.62 25361 36.1.66 pr. 9849 36.1.70.1 25361 36.2.25.1 9849 36.4.5.29 164337 37.6.3.5 160316 38.1.47 21915, 22218 38.14.1 pr. 10477 39.5.3 57186 39.5.20.1 9849 39.6.13 pr. 10996 39.6.35.3 121145 40.7.3.9 123157, 137213 40.12.38.2 151282 41.1.1.1 192439 41.1.7.1 192439 41.1.9.3 33, 54 f., 58196, 60, 73, 81, 87301, 152291, 175380, 206482, 215520, 232, 276153, 29354, 2959

334

41.1.9.4 3476 41.1.9.5 3473, 152,175 41.1.9.7 56183, 60, 152291, 175380, 215520, 276153, 2959 41.1.11 2175 41.1.20 pr. 10788 41.1.21.1 152291 41.1.31 pr. 15, 182, 25-32, 39, 55, 58195f., 61, 62209, 65, 72, 74240, 77, 84, 87304, 151 f., 201, 211498, 214 41.1.36 15, 35 ff., 64–71, 76, 86, 143243, 150274, 152291, 153292, 172367, 173–175, 185, 186424, 202465, 206 f., 215520, 218, 223, 227 f., 248, 250, 276153, 294 41.2.1.1 197451 41.2.1.20 187427 41.2.1.21 51156, 164 41.2.3.1 51156, 171362 41.2.3.4 66, 192 41.2.3.21 192, 208, 213512 41.2.3.23 197451 41.2.18.2 171363 41.2.26 3261 41.2.34 pr. 52161, 53 41.2.38.2 25053 41.2.44.2 51156 41.2.46 9421 41.3.1 181404 41.3.4.17 184417 41.3.10 pr. 269117 41.3.13 pr. 193440 41.3.13.1 205478, 266105 41.3.13.2 193440 41.3.15.3 184416, 25053, 269116 41.3.27 181411, 194 f., 205, 211500, 215517, 267110, 268113, 29510 41.3.29 189 f.

Quellenregister

41.3.33.3 9952, 185 f., 209, 22526, 231, 250 41.3.44.1 f. 269116 41.3.46 166, 62211, 70225, 73235, 177385, 182 f., 187, 195f., 208, 213 f., 22733, 2958 41.3.48 166, 2948, 62211, 70225, 916, 177385, 182 f., 185419, 196, 208, 211497, 214514, 214516, 22733, 241, 252, 26495, 265100, 265–269, 277157, 29038, 2958 41.4.2 pr. 2948, 916, 183414, 183, 185419, 208, 214514, 22733, 241 f., 265100, 265–269, 277157, 29038 41.4.2.15 f. 181410, 205478, 207487, 266105 41.4.7.2 22218 41.4.7.4 269117 41.4.11 47137, 181410, 194444, 205f., 215520, 268111, 276153, 2959 41.6.1 pr. 181411 41.7.6 181411 41.8.2 181411, 188 41.8.3 181411, 188, 267109 41.8.6 190 41.8.9 181410, 190 41.9.1.2 198453, 210495 41.10.1 211501 41.10.1 pr. 191, 197 41.10.2 191, 197451 41.10.3 57188, 187–196, 200457, 204, 209 41.10.4.2 188 f. 41.10.5 pr.-1 181410, 193, 205 f., 268112 42.1.4.7 929 42.5.17.1 58191, 26284 42.5.24.2 124159

Quellenregister

43.2.1 pr. 10477 43.26.19.2 10685 44.3.5 pr. 10997 44.3.11 10997 44.7.1 pr. 235 44.7.3 pr. 9211 44.7.3.1 25668 44.7.5 pr. 235 44.7.5.1 235 44.7.5.2 235 44.7.5.3 166344, 22320, 22626, 235 44.7.5.4 235 44.7.24 pr. 134206 44.7.24.2 137213 44.7.52.3 52161 44.7.55 2843, 3471, 48147, 152291, 217 f., 261 45.1.22 52161 45.1.28 10891 45.1.35.2 52161 45.1.56.2 9954 45.1.75.8 10473 45.1.91.3 134205 45.1.137.4 f. 184416 46.1.23 9954 46.1.56.2 123157, 124162, 137213 46.1.69 22526 46.2.12 22218, 22320 46.3.1-5 pr. 22630 46.3.1 150275 46.3.2 150275 46.3.3-8 172366 46.3.5 pr. 61207 46.3.5.2 240 46.3.6-8 22630 46.3.14.8 122147, 123157, 137214, 2174, 2186 46.3.15 122147 46.3.17 123157, 137213 46.3.24 22630 46.3.25 210496 46.3.34.6 58191, 149270, 26284 46.3.34.7 38, 150273, 173, 215520, 276153, 2959

335

46.3.38.1 25051 46.3.38.3 22320 46.3.47 166348 46.3.48 182413, 214 f.516 46.3.49 9850 46.3.50 22017, 22320 46.3.54 92 46.3.55 229 46.3.59 126172 46.3.60 184, 208 46.3.66 116125 46.3.68 166346 46.3.78 122150, 125 46.3.79 164337 46.3.80 94 46.3.92 pr. 25053 46.3.94 pr. 112107, 123155 46.3.94.1 165 46.3.94.2 124162, 137213 46.3.94.3 59201, 9849 46.3.95.12 26495 46.3.97 22630, 22731 46.3.98.5 9954 46.3.102.2-3 22630 46.3.103 22630 46.3.107 9526 46.4.8.3 9421 46.4.13 pr. 9634 47.1.2 154301 47.2.14.16 10683 47.2.25.1 10683 47.2.43 pr. 150276, 150277, 21913, 25050 48.10.7 162324 48.22.15 274147 50.16.47 92 50.16.48 9313 50.16.63 111104, 131191 50.16.73 112110 50.16.176 91 50.16.218 9952 50.16.219 222 50.17.29 126171 50.17.35 9421, 9740 50.17.53 22218, 22320

336

50.17.54 10788, 122148, 124160 50.17.100 9421 50.17.107 162324 f. 50.17.153 9421, 9628 50.17.167 pr. 10478 50.17.185 171361 50.17.206 111104, 131187, 131191, 140224 Codex (C.) 2.3.20 181 2.4.19 68 3.32.24 59199 3.41.1 124159 4.5.1 pr. 22320 4.5.3-7 22320 4.5.6 9849 4.5.7 25155, 25157, 25361 4.5.9 pr. 22320 4.5.10 pr. 22320 4.5.11 22320 4.10.8 164337 4.34.8 124159 4.48.2 273135 4.49.12 273136 4.50.6 3473, 67 6.42.2 25361 6.50.9 25361 7.22.2 10997 7.26.8 208488 7.33.8.1 10997 III. Byzantinische Quellen Basiliken (B.) 26.5.80 9744 Basilikenscholien Sch. 4 ad Bas. 23.1.18 56181 Sch. (Stephanos) ad Bas. 131187 2.620 f. Theophilus, Paraphrasis Institutionum ad Inst. 2.1.40 55

Quellenregister

IV. Literarische Quellen Cicero (Cic.) De fato 11.24f. 3263 15.34 2632 De finibus (De fin.) 3.20.67 9212 De officiis (De off.) I.10.33 134205 Pro Caecina (Pro Caec.) 26.74 193441 Pro Roscio Comoedo (Pro Rosc.) 4.13 114 f., 5.14 114 f., Topica (Top.) 10.45 147261 Plinius Naturalis historia (Nat. hist.) 9.58.117 147260 9.60.124 147260 V. Epigraphische Quellen Zwölftafeln (XII) 6.3 180 f. 7.11 150281 8.2 286 8.16 286 8.17 181409, 206480 12.3 286 Bruns, Fontes Nr. 130-140 Nr. 130 Nr. 132 Nr. 133 Nr. 134 Nr. 139

4094 2382, 270119 2382, 270119 147260 4199 4199

FIRA III Nr. 87-95 III Nr. 88f.

4094 2382, 270119

337

Quellenregister

VI. Papyri B.G.U. I 267

10997

Pap. Straßburg 22 10997 Pap. Columbia Inv. 181/2 I Z. 5, 10 10997 VII. Neuzeitliche Gesetze Bürgerliches Gesetzbuch § 91 280 § 107 230 § 133 22219 § 157 22219 § 812 148 § 929 60, 76, 89324, 152, 231 § 932 127178 § 935 127178 § 2147 25052 § 2174 25052

Code Civil Français (1804) Art. 545 82 Art. 711 82267 Art. 938 82267 Art. 1138 82273 Art. 1538 82267 Art. 1585 82273 Déclaration des droits de l’homme et du citoyen vom 26. August 1789 Art. 17 82 Codice Civile Italiano (1942) Art. 1376 83 Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis (1756) Teil II, Cap. III, § 7 83280 Preußisches Allgemeines Landrecht (1794) 1. Teil, 9. Titel, § 2 83281 Österreichisches Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (1812) § 380 83282

PETER APATHY, GEORG KLINGENBERG, MARTIN PENNITZ

EINFÜHRUNG IN DAS RÖMISCHE RECHT 5., VERBESSERTE UND ERGÄNZTE AUFLAGE 2012 (BÖHLAU STUDIENBÜCHER)

Das römische Recht hat das österreichische Zivilrecht nachhaltig geprägt. Es steht daher in Österreich traditionell am Beginn der Juristenausbildung. Das Buch führt vor allem den Studienanfänger in das römische Privatrecht (insbesondere das der klassischen Jurisprudenz) und die von den römischen Juristen entwickelte juristische Denkweise ein. Es setzt keine juristischen Kenntnisse des Lesers voraus. Lateinische Begriffe und Quellentexte werden mit einer Übersetzung wiedergegeben. Die Autoren verbinden die Darstellung des römischen Privatrechts mit zahlreichen Hinweisen auf die vielfältigen Nachwirkungen des römischen Rechts im österreichischen Zivilrecht. 2012. X + 350 S. BR. 148 X 210 MM | ISBN 978-3-205-78886-7

böhlau verlag, wiesingerstrasse 1, a-1010 wien, t: + 43 1 330 24 27-0 [email protected], www.boehlau-verlag.com | wien köln weimar

WILLEM J. ZWALVE, BOUDEWIJN SIRKS

GRUNDZÜGE DER EUROPÄISCHEN PRIVATRECHTSGESCHICHTE EINFÜHRUNG UND SACHENRECHT

Die verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedern der Europäischen Union hat auch Auswirkungen auf den juristischen Unterricht und die juristische Praxis ebenso wie auf das traditionelle Privatrecht. Dies sollte Anlass geben, nicht nur den Unterschieden, sondern auch den systematischen Ähnlichkeiten in den zivilrechtlichen Kodifi kationen der EU-Mitgliedsländer nachzugehen. Die Autoren verfolgen mit ihrer Untersuchung drei Ziele: den Nachweis, wie groß – trotz scheinbarer Rechtsvielfalt – der Zusammenhang zwischen den unterschiedlichen westeuropäischen Rechtssystemen ist; die Gewichtung der rechtspolitischen Überlegungen, die den unterschiedlichen Kodifi kationen zu Grunde liegen; und schließlich den Leser in einige Grundbegriffe des kontinentalen »civil law« und des englischen »common law« einzuführen und auf die gemeinsamen Traditionen mit dem kontinentaleuropäischen Rechtssystem zu verweisen. Das Buch soll nicht nur im akademischen Unterricht Verwendung finden, sondern richtet sich zugleich an interessierte praktizierende Juristen. 2012. 537 S. BR. 170 X 240 MM. | ISBN 978-3-205-78640-5

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ZEITSC HRIF T DE R SAVIGNY-S TIF TUNG F ÜR REC HTSGESC HIC HTE (2013)

Der erste Vorgänger der heute vorliegenden ZRG wurde im Jahr 1815 von Friedrich Carl von Savigny und C. F. Eichhorn im Geiste der Historischen Rechtsschule ins Leben gerufen und gefördert. Heute stellt die ZRG einen festen Bestandteil der europäischen rechtshistorischen Forschung dar. Der Aufsatzteil mit grundsätzlich unveröffentlichten Beiträgen über neu entdeckte Quellenfunde neue Wertungen von Bekanntem oder vergleichende Beobachtungen prägt maßgeblich den aktuellen Stand der Disziplin. Der Literaturteil berichtet nach Möglichkeit umfassend von den einschlägigen Neuerscheinungen am internationalen Medienmarkt.

PETER OESTMANN, JOACHIM RÜCKERT,

2013. 848 S. BR.

GERHARD KÖBLER (HGG.)

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GERHARD THÜR, MARTIN JOSEF SCHER-

2013. 492 S. BR.

MAIER, WOLFGANG KAISER (HGG.)

€ 210,00 | ISBN 978-3-205-78956-7

ROMANISTISCHE ABTEILUNG 130. BAND, 2013

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Norm uNd struk tur Studien zum Sozialen Wandel in mit tel alter und Früher neuzeit Herausgegeben von gert Melville in verbindung Mit gerd altHoff, Heinz ducHHardt, Peter landau, Klaus scHreiner und gerd scHwerHoff

eine auswaHl

bd. 33 | ulricH niggeMann immigratioNspolitik

bd. 28 | friederiKe neuMann

ZwischeN koNflikt uNd koNseNs

ÖffeNtliche süNder iN der kirche

die huGenottenanSiedlunG in

des späteN mittel alters

deutSchland und enGland

VerFahren, Sanktionen, rituale

(1681–1697)

2008. 200 s. gb. | isbn 978-3-412-21706-8

2008. Xii, 627 s. gb. isbn 978-3-412-20198-2

bd. 29 | brigitte Kasten (Hg.) herrscher- uNd fürsteN-

bd. 34 | benjaMin steiner

testameNte im west europäischeN

die ordNuNg der geschichte

mittelalter

hiStoriSche tabellenWerke in der

2008. Xi, 864 s. gb.

Frühen neuzeit

isbn 978-3-412-20062-6

2008. X, 385 s. 14 s/w-abb. auf 12 taf. gb. | isbn 978-3-412-20227-9

bd. 30 | stefan dicKer laNdesbewusstseiN uNd

bd. 35 | MicHael HoHlstein

ZeitgescheheN

soZiale ausgreNZuNg im medium

Studien zur bayeriSchen chroni­

der predigt

Stik deS 15. JahrhundertS

der FranziSkaniSche

2009. 453 s. 4 s/w-abb. auf 4 taf. gb.

antiJudaiSmuS im Spätmittel­

isbn 978-3-412-20103-6

alterlichen italien

bd. 31 | lucas burKart

isbn 978-3-412-20297-2

2012. viii, 305 s. gb. das blut der märtyrer

|

GeneSe, bedeutunG und Funktion

bd. 36

mittelalterlicher Schätze

waNdelbare traditioNeN –

2009. 446 s. 51 s/w-abb. auf 32 taf. gb.

tradierter waNdel

isbn 978-3-412-20104-3

PatricK scHMidt

zünFtiSche erinnerunGS kulturen in der Frühen neuzeit

bd. 32 | wolfgang forster

2009. 486 s. 20 s/w-abb. auf 16 taf. gb.

koNkurs als VerfahreN

isbn 978-3-412-20302-3

FranciSco SalGado de Somoza in der GeSchichte deS inSolVenz­ rechtS 2009. Xiv, 430 s. gb.

SG835

isbn 978-3-412-20187-6

böhlau verlag, ursulaplatz 1, d-50668 köln, t: + 49 221 913 90-0 [email protected], www.boehlau-verlag.com | wien köln weimar

Norm uNd struk tur Studien zum Sozialen Wandel in mit tel alter und Früher neuzeit

bd. 37,1 | orazio condorelli, francK

bd. 39 | sita stecKel

rouMy, MatHias scHMoecKel (Hg.)

kultureN des lehreNs im früh-

der eiNfluss der kaNo Nistik auf

uNd hoch mittel alter

die euro päische rechtskultur

autorität, WiSSenSkonzepte und

bd. 1: ziVil­ und ziVilprozeSS recht

netzWerke Von Gelehrten

2009. Xviii, 445 s. gb.

2011. 1295 s. gb. | isbn 978-3-412-20567-6

isbn 978-3-412-20433-4 bd. 40 | Klaus scHreiner bd. 37,2 | francK rouMy, MatHias

rituale, ZeicheN, bilder

scHMoecKel, orazio condorelli (Hg.)

Formen und Funktionen

der eiNfluss der kaNo Nistik auf

SymboliScher kommunikation im

die euro päische rechtskultur

mittelalter

bd. 2: ÖFFentlicheS recht

Hg. v. ulricH Meier, gerd scHwer-

2011. Xii, 446 s. gb.

Hoff und gabriela signori

isbn 978-3-412-20574-4

2011. 343 s. 27 s/w-abb. gb. isbn 978-3-412-20737-3

bd. 37,3 | MatHias scHMoecKel, orazio condorelli, francK rouMy (Hg.)

bd. 41 | nicolas discH

der eiNfluss der kaNo Nistik auf

hauseN im wildeN tal

die euro päische rechtskultur

alpine lebenSWelt am beiSpiel der

bd. 3: StraF­ und StraFprozeSS­

herrSchaFt enGelberG (1600–1800)

recht

2012. 548 s. 10 s/w-abb. gb.

2012. Xviii, 522 s. gb.

isbn 978-3-412-20979-7

isbn 978-3-412-20576-8 bd. 42 | andreas büttner, andreas bd. 37,4 | yves Mausen, orazio

scHMidt, Paul töbelMann (Hg.)

condorelli, francK rouMy,

greNZeN des rituals

MatHias scHMoecKel (Hg.)

WirkreichWeiten – GeltunGSbe­

der eiNfluss der kaNo Nistik auf

reiche – ForSchunGSperSpektiVen

die euro päische rechtskultur

2014. 363 s. 5 s/w-abb. gb.

bd. 4: prozeSSrecht

isbn 978-3-412-20920-9

2014. Xviii, 361 s. gb. isbn 978-3-412-22236-9

bd. 43 | cristina andenna,

SG835

gert Melville (Hg.) bd. 38 | Harriet rudolPH

idoNeität – geNealogie –

das reich als ereigNis

legitimatioN

Formen und Funktionen der

beGründunG und akzeptanz Von

herrSchaFtSinSzenierunG bei

dynaStiScher herrSchaFt im

kaiSereinzüGen (1558–1618)

mittelalter

2011. 691 s. 40 s/w u. 26 farb. abb. auf

2014. ca. 472 s. ca. 30 s/w-abb. gb.

44 taf. gb. | isbn 978-3-412-20534-8

isbn 978-3-412-21053-3

böhlau verlag, ursulaplatz 1, d-50668 köln, t: + 49 221 913 90-0 [email protected], www.boehlau-verlag.com | wien köln weimar

Forschungen zum römischen recht Herausgegeben von rolf Knütel und ulricH mantHe

eine auswaHl

bd. 52 | arnold Kränzlein

bd. 47 | marKus wimmer

Hg. von JoHannes micHael rainer

Das Prälegat

2010. 276 s. gb.

2004. 336 s. gb. | isbn 978-3-205-77272-9

isbn 978-3-205-77752-6

bd. 48 | inge Kroppenberg

bd. 53 | JaKob fortunat stagl

Die insolvenz im klassischen

Favor Dotis

schriFten

römischen recht

die privilegierung der miTgifT im

TaTbesTände und Wirkungen

sysTem des römischen rechTs

ausserhalb des

2009. Xviii, 386 s. gb.

konkursverfahrens

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bd. 55 | andreas m. flecKner

bd. 49 | ulriKe malmendier

ein beiTrag zu den konzepTio­

antike kaPitalvereinigungen societas Publicanorum

nellen und hisTorischen grund­

sTaaTliche WirTschafTsakTiviTäTen

lagen der akTiengesellschafT

in den händen

2010. Xvii, 779 s. gb.

privaTer unTernehmer

isbn 978-3-412-20474-7

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bd. 56 | wolfram bucHwitz servus alienus heres

bd. 50 | gerd Krämer

die erbeinseTzung fremder

Das besitzlose PFanDrecht

sklaven im klassischen römischen

enTWicklungen in der römischen

rechT

republik und im frühen prinzipaT

2012. Xiv, 334 s. gb.

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isbn 978-3-412-23705-9 bd. 57 | martin laborenz bd. 51 | sebastian loHsse

solutio als causa

ius aDcrescenDi

die frage des absTrakTions­

die anWachsung im römischen

prinzips im römischen rechT

vermächTnisrechT

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RB056

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