So geht Digital Marketing: Tools, Tipps und Trends für die Praxis 3658422017, 9783658422011, 9783658422028

Dieses Buch bietet Ihnen einen umfassenden und praxisorientierten Leitfaden, die Welt des digitalen Marketings zu verste

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So geht Digital Marketing: Tools, Tipps und Trends für die Praxis
 3658422017, 9783658422011, 9783658422028

Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Über die Autorin
Abbildungsverzeichnis
1 Was ist Digital Marketing und wie helfen KI- und andere digitale Tools
1.1 Das ist Digital Marketing
1.2 KI – die Zukunft des Marketings? Nutzen und Grenzen der aktuellen KI-Tools
1.3 Die fünf Kernaufgaben im Marketing – ein Überblick
1.4 Management Summary
Literatur
2 Consumer Insights: So verstehen Sie KundInnen wirklich
2.1 Die Zukunft der Marktforschung: Consumer Insights
2.1.1 Sammeln Sie keine Daten, verknüpfen Sie sie
2.1.2 „Segment of One“, der heilige Gral im Marketing
2.1.3 Von reaktiver Datenerfassung zum proaktiven Social Listening und Co-Creation
2.2 Digitale Toolbox: Praktische Helfer, um Insights zu erheben, zu analysieren und professionell darzustellen
2.2.1 Tools zum Erheben von Daten
2.2.2 Tools zum Analysieren von Daten
2.2.3 Tool zum Darstellen von Daten
2.2.4 Management Summary digitale Tools
2.3 So bauen Sie eine Datenbank auf und nutzen sie im Marketing
2.3.1 Was ist eine Datenbank?
2.3.2 Welche Datenquellen/Datenbasis benutzt eine Datenbank?
2.3.3 Wie baut man eine Datenbank auf
2.3.4 Wie lässt sich eine Datenbank nutzen
2.3.5 Management Summary
2.4 So nutzen Sie Daten im digitalen Zeitalter richtig
2.4.1 CRISP-DM – ein industrieübergreifender Standardprozess für Data Mining
2.4.2 Analysearten: Strategische und operative Datenanalyse
2.4.3 Fazit – dann bietet sich die Nutzung von Daten an
2.4.4 Management Summary Datenbanken im Marketing
Literatur
3 Marken- und Marketingstrategie: So definieren Sie, was Sie erreichen wollen und wie Sie das schaffen
3.1 Marketingstrategie – digital und analog
3.1.1 Definition Strategie
3.1.2 Das unterscheidet eine Marketingstrategie von einer Markenstrategie
3.1.3 Marketingstrategie
3.2 Markenstrategie: Positionierung, Wertversprechen, Naming und Branding
3.2.1 Analyse des Markenumfeldes und des Marktes
3.2.2 Positionierung – oder: Hier soll die Marke (mit-) spielen
3.2.3 Das Wertversprechen: Value Proposition
3.2.4 Der Test des Wertversprechens
3.2.5 Das Markenangebot
3.2.6 Markierung der Marke – das Branding
3.2.7 Management Summary Markenstrategie
Literatur
4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung
4.1 Wie digital ist die Kommunikations- und Kreativbranche?
4.2 Digitale Toolbox: So gelingt der Umgang mit ChatGPT, Dall:e 2 und anderen digitalen Tools
4.2.1 Digitale Tools in der Werbung – eine systematische Übersicht
4.2.2 Digitale Tools zur Textgenerierung
4.2.3 Digitale Tools zur Bilderstellung und -bearbeitung
4.2.4 Digitale Tools für die Arbeit mit Bewegtbild/Video
4.2.5 Quo Vadis Tools? So entwickeln sich die Tools weiter
4.3 Management Summary digitale Tools
4.4 Vertiefung: Digitale Kampagnen
4.4.1 Online-Marketing – Ein Überblick
4.4.2 Online-Marketing-Umsetzung und Tools
4.4.3 Management Summary und Praxistipps
4.5 Vertiefung: Mediaplanung „in the digital age“
4.5.1 Mediaplanung ist auch nicht mehr das, was sie mal war
4.5.2 Mediaplanung wird digital
4.5.3 Digitale Mediaplanung Schritt für Schritt
4.5.4 Von Maschinen und Menschen
4.5.5 Das Gehirn tickt nach wie vor analog
4.5.6 Management Summary und Praxis-Tipps
4.6 Vertiefung: KundInnendialog – Chatbots und Avatare … und der Faktor Mensch
4.6.1 KundInnendialog ist wichtig
4.6.2 Künstliche Intelligenz hilft, Interaktionskosten zu senken
4.6.3 Künstliche Intelligenz ist ein ernstzunehmendes Tool geworden
4.6.4 Der Aufbau von eigenen Dialogsystemen mit KI ist teuer
4.6.5 Die Lösung sind Plattform-Ökosystemen und SaaS-Vollanbieter
4.6.6 Die Halbwertszeit der einzelnen Anwendungen ist kurz…
4.6.7 … daher wird der Faktor Mensch entscheidend
4.6.8 So setzen Sie den Faktor Mensch erfolgreich ein
4.6.9 Management Summary
Literatur
5 Performance Management: So messen Sie den Erfolg Ihres Marketings
5.1 Strategisches und operatives Performance-Management
5.2 Das Marketing-KPI-Dashboard
5.2.1 Aufbau guter Dashboards
5.2.2 Ein Cockpit allein macht noch kein Performance Management
5.2.3 Daran scheitern Cockpits
5.3 Zwei nützliche Indikatoren für jedes Marketing-Cockpit: Funnel und NPS
5.3.1 Funnel
5.3.2 NPS – der Net Promoter Score
5.4 Marketing-ROI: die eierlegende Wollmilchsau
5.5 Management Summary Performance Management
5.6 Vertiefung: Marketing Performance Management
5.6.1 Performance heißt Leistung
5.6.2 Warum braucht Marketing Performance aktives Management?
5.6.3 MPM braucht vier wesentliche Bauteile
5.6.4 Daten
5.6.5 Taxonomie
5.6.6 Metriken/KPIs
5.6.7 Attribution
5.6.8 Multi-nationale, multi-brand Budgetallokation
5.6.9 Management Summary und Praxistipps
Literatur
6 Ausblick: So geht es in Zukunft im Marketing weiter und darauf sollten Sie sich einstellen
6.1 KI und digitale Tools sind gekommen, um zu bleiben
6.2 Vier Konsequenzen und wie wir arbeiten werden
Literatur
Literatur

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Claudia Bünte

So geht Digital Marketing Tools, Tipps und Trends für die Praxis

So geht Digital Marketing

Claudia Bünte

So geht Digital Marketing Tools, Tipps und Trends für die Praxis

Claudia Bünte Kaiserscholle GmbH Berlin, Deutschland

ISBN 978-3-658-42201-1 ISBN 978-3-658-42202-8 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-42202-8 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Planung/Lektorat: Rolf-Guenther Hobbeling Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Vorwort

Schön, dass Sie diesen Text lesen. Sie lesen ihn vielleicht auf Papier, vielleicht digital von einem Bildschirm oder jemand liest ihn Ihnen vor. In diesem Buch geht es um Digital Marketing. Sie denken jetzt vielleicht „Digital Marketing = Online-Marketing“. Dann allerdings springen Sie gedanklich zu kurz. Beide haben miteinander zu tun, sind aber nicht deckungsgleich. So wie jeder Dackel ein Hund ist, aber nicht jeder Hund ein Dackel. Online-Marketing ist ein Teil des digitalen Marketings, aber digitales Marketing umfasst noch viel mehr. Es bezeichnet nicht nur den Onlinekanal und die Kommunikations- und Vertriebsmaßnahmen, die man dort platzieren kann. Es bezeichnet jegliche Art von digitalen Kanälen, also auch E-Mails, Smartphone-Ansprache, Kommunikation in virtuellen Welten im Metaversum und alle zukünftigen digitalen Kanäle, die noch entwickelt werden. Außerdem geht es in diesem Buch auch um digitale Tools, die helfen, das eigene Marketing effektiver und effizienter zu gestalten. Deshalb finden Sie in jedem Kapitel neben dem Text und einer Zusammenfassung zum Schnelllesen auch Tipps sowie eine Übersicht über digitale Tools. Aber eines ist klar. Die digitale Welt im Marketing wandelt sich zügig und mit dem Einzug von KI in unsere Marketingbüros beschleunigt sich der Wandel noch einmal. So genau alle anderen Autoren in diesem Buch inklusive mir die digitalen Tools beschreiben, so sehr haben sie sich ggf. schon wieder weiterentwickelt. Daher gilt: Bitte immer selbst überprüfen, was das beschriebene Tool zum Zeitpunkt Ihres Lesens schon wieder Neues anbietet. Dieses Buch ist entstanden aus dem Wunsch heraus, einfach und gut lesbar die Welt rund um das digitale Marketing zu erklären. Es bietet bewusst den gesamten Ablauf eines guten Marketingmanagements, und nicht nur Teile davon. Es ist genau richtig für Sie, wenn Sie PraktikerIn sind im Marketing, der Werbung, der Markenführung. Oder wenn Sie studieren, oder einfach Interessierte sind und immer schon mal wissen wollten, wie man KI eigentlich einsetzt, z. B. im Marketing. Dass die Idee einer künstlichen Assistenz keine Erfindung des 21. Jahrhunderts ist, zeigt Apple eindrucksvoll bereits in den 1980er Jahren:

V

VI

Vorwort

Apple zeigt die Zukunft mit digitaler Assistenz Ein Buch über digitales Marketing kommt nicht ohne detailliertes Fachwissen in den wichtigsten Bereichen aus. Universalgelehrten, die alles können, gibt es spätestens nicht mehr, seitdem Sir Isaac Newton der berühmte Apfel auf den Kopf gefallen ist. Meine Stärke liegt in der Marken- und Marketingstrategie, in der systematischen Analyse von KundInnenwünschen und dem Aufbau und der Steuerung von KPI-Cockpits. Und ich forsche zu KI im Marketing. Und so haben hier Experten aus meinem Netzwerk, mit denen ich lange Jahre zusammenarbeite, ihr Fachwissen beigesteuert. Dafür möchte ich mich bedanken bei: • Meinert Jacobsen, der die außergewöhnliche Gabe hat, Werbung und Kommunikation mit harten Zahlen zu kombinieren, daraus Firmen zu gründen und zu leiten und seine Erfahrungen an andere so weiterzugeben, dass sie interessant und lesenswert sind. Er ist Leiter des Kompetenz-Centers „Künstliche Intelligenz und Customer Centric“ des DDV (Deutschen Dialogmarketing Verbandes) und aktiv im Vorstand der AIKA (Allianz inhabergeführter Kommunikationsagenturen). • Jan Donaj, für seine gute und einfach verständliche Erläuterung zu Online-Marketing – aus der Praxis für die Praxis sozusagen. Jan ist außerdem in meinem wissenschaftlichen Team an der Hochschule zu „KI im Marketing“ und erläutert uns auch hier immer wieder, welche neuen Tools es gibt. • Dr. Peter Petermann, der seit vielen Jahren leitende Funktionen in der Mediastrategie innehat – und ein hervorragendes Buch zur Markenführung geschrieben hat, „Marke und Gedächtnis“ (https://t1p.de/ow6q7). Darin erklärt er u. a. kurzweilig und mit vielen Beispielen, was ein Consumer Insight genau ist und wie man daraus Kampagnen entwickelt. • Sascha Stürze, mit dem ich viele Projekte zu Marketing Return on Investment (ROI) für verschiedene KundInnen aufgesetzt und durchgeführt habe. Saschas Fähigkeiten, immer das große Ganze für die KlientInnen im Blick zu behalten, obwohl seine Teams ständig im kleinsten Datendetail arbeiten, ist bemerkenswert. Wer mehr zu ROI lesen will, findet Saschas neustes Buch hier: https://t1p.de/x545d. Es heißt „Agile Marketing Performance Management“ – gibt es in Deutsch und Englisch.

Vorwort

VII

Unterstützt hat bei diesem Buch Deena Kohlmann, die wie Jan in unserem Hochschulteam „KI im Marketing“ ist. Deena hat vorgearbeitet, zugearbeitet, ausgezeichnete Fragen gestellt, auf Fehler aufmerksam gemacht und die digitalen Tools recherchiert und beschrieben. Deena zeichnet sich dadurch aus, dass für sie das metaphorische Wasserglas immer halb voll ist. Zupackend, motiviert und motivierend und alles neben ihrer Tätigkeit im Marketing einer digitalen Plattform für den Immobilienmarkt und ihrem Studium an der Hochschule. Ebenfalls mit Rat (zu Werbung im digitalen Raum) und Tat (Lesen auf Logik und Rechtschreibung) hat Oliver Lars Oest mitgearbeitet. Oliver führt die Werbeagentur Tinkerbelle GmbH, die als Fullservice-Agentur Kommunikationsstrategie und digitale wie traditionelle Werbemaßnahmen umsetzt sowie Markennamen und Corporate Designs entwickelt. Er schreibt die Texte für Chatbots, verleiht ihnen Persönlichkeit, hält Online-Seminare zu nachhaltiger Kommunikation und ist immer am Puls der digitalen Zeit. Ein großes Danke geht – wieder mal – an Ralf-Günther Hobbeling vom Springer Gabler Verlag. Dieses Mal nicht nur für seine Unterstützung, seine Ideen und Anmerkungen, sondern für seinen Qualitätsanspruch. Auf meine zweimalige (!) Bitte um Verlängerung der Frist zur Abgabe des Buches antwortete er mir zweimal, dass ein gutes Buch besser sei als ein schnelles Buch. Ich habe mit Sicherheit seinen Jahresplan für die Veröffentlichungen durcheinandergebracht, und er hat es mit Gleichmut ertragen. Vielen Dank dafür! Da sich künstliche Intelligenz sehr schnell weiterentwickelt, haben mein Team und ich als Extra-Service noch eine Internetseite eingerichtet, auf der Sie auch nach Redaktionsschluss immer frische Digitaltools finden können. Hier geht es zur Seite:

Aktuelle Digitaltools Über Anregungen, neue Tools und gute Beispiele, die Sie haben, freue ich mich unter [email protected]. Und jetzt: Hereinspaziert in die digitale Welt des Marketings. Claudia Bünte

Inhaltsverzeichnis

1 Was ist Digital Marketing und wie helfen KI- und andere digitale Tools . . . 1.1 Das ist Digital Marketing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 KI – die Zukunft des Marketings? Nutzen und Grenzen der aktuellen KI-Tools . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Die fünf Kernaufgaben im Marketing – ein Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Management Summary . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Consumer Insights: So verstehen Sie KundInnen wirklich . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Die Zukunft der Marktforschung: Consumer Insights . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Sammeln Sie keine Daten, verknüpfen Sie sie . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 „Segment of One“, der heilige Gral im Marketing . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3 Von reaktiver Datenerfassung zum proaktiven Social Listening und Co-Creation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Digitale Toolbox: Praktische Helfer, um Insights zu erheben, zu analysieren und professionell darzustellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Tools zum Erheben von Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1.1 Google Forms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1.2 SurveyMonkey . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1.3 Streetbees . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1.4 Trnd . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1.5 Affectiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Tools zum Analysieren von Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2.1 Kobold.AI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2.2 Marketlogic . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Tool zum Darstellen von Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3.1 Thinkcell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.4 Management Summary digitale Tools . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 So bauen Sie eine Datenbank auf und nutzen sie im Marketing . . . . . . . . 2.3.1 Was ist eine Datenbank? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 1 2 16 18 19 21 21 21 23 25 26 27 27 28 29 30 31 31 32 32 34 34 35 36 36 IX

X

Inhaltsverzeichnis

2.3.2 Welche Datenquellen/Datenbasis benutzt eine Datenbank? . . . . . . 2.3.3 Wie baut man eine Datenbank auf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.4 Wie lässt sich eine Datenbank nutzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.5 Management Summary . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 So nutzen Sie Daten im digitalen Zeitalter richtig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.1 CRISP-DM – ein industrieübergreifender Standardprozess für Data Mining . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.2 Analysearten: Strategische und operative Datenanalyse . . . . . . . . . 2.4.2.1 Strategische Analysen: KundInnenwanderung, Segmentierung und KundInnenwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.2.2 Operative Analysen: Scorings, Warenkorbanalysen und Kündigungsprävention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.3 Fazit – dann bietet sich die Nutzung von Daten an . . . . . . . . . . . . . 2.4.4 Management Summary Datenbanken im Marketing . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Marken- und Marketingstrategie: So definieren Sie, was Sie erreichen wollen und wie Sie das schaffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Marketingstrategie – digital und analog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Definition Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2 Das unterscheidet eine Marketingstrategie von einer Markenstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.3 Marketingstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.3.1 Der Marketingfunnel oder: Von der Analyse zur Zielfestlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.3.2 Zieldefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.3.3 Maßnahmenentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.3.4 Zeitplan – der Operative Kalender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.3.5 KPIs – damit werden die Ziele gemessen . . . . . . . . . . . . . 3.1.3.6 Digitale Marketingstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.3.7 Management Summary Marketingstrategie . . . . . . . . . . . . 3.2 Markenstrategie: Positionierung, Wertversprechen, Naming und Branding . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Analyse des Markenumfeldes und des Marktes . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Positionierung – oder: Hier soll die Marke (mit-) spielen . . . . . . . 3.2.3 Das Wertversprechen: Value Proposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.4 Der Test des Wertversprechens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.4.1 Der Aufbau einer Konzept-Fokusgruppe . . . . . . . . . . . . . . 3.2.4.2 Der Ablauf einer Konzept-Fokusgruppe . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.4.3 Das Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.5 Das Markenangebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.6 Markierung der Marke – das Branding . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36 40 42 44 45 45 49 49 57 66 67 69 71 71 71 72 73 73 77 77 78 79 79 80 81 82 84 85 87 87 88 89 89 90

Inhaltsverzeichnis

XI

3.2.6.1 Naming . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.6.2 Branding . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.6.3 Markenschutz-Anmeldung Deutschland und Europa . . . . 3.2.7 Management Summary Markenstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

90 96 104 106 107

4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung . . . . . . . . 4.1 Wie digital ist die Kommunikations- und Kreativbranche? . . . . . . . . . . . . . 4.2 Digitale Toolbox: So gelingt der Umgang mit ChatGPT, Dall:e 2 und anderen digitalen Tools . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Digitale Tools in der Werbung – eine systematische Übersicht . . . 4.2.2 Digitale Tools zur Textgenerierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2.1 Jasper.ai . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2.2 Neuroflash . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2.3 Retresco . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2.4 ChatGPT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2.5 Copy.ai . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.3 Digitale Tools zur Bilderstellung und -bearbeitung . . . . . . . . . . . . . 4.2.3.1 Midjourney . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.3.2 Dall:e 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.3.3 Mindverse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.3.4 Nightcafe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.3.5 Canva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.4 Digitale Tools für die Arbeit mit Bewegtbild/Video . . . . . . . . . . . . 4.2.4.1 Runway . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.4.2 Colossyan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.4.3 Synthesia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.4.4 Vidyo.ai . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.4.5 Lailo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.5 Quo Vadis Tools? So entwickeln sich die Tools weiter . . . . . . . . . . 4.3 Management Summary digitale Tools . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 Vertiefung: Digitale Kampagnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.1 Online-Marketing – Ein Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.1.1 Entwicklung einer Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.1.2 Metriken und KPIs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.2 Online-Marketing-Umsetzung und Tools . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.2.1 Unternehmenswebsite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.2.2 Suchmaschinenoptimierung (SEO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.2.3 Suchmaschinenwerbung (SEA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.2.4 Social-Media-Marketing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.2.5 E-Mail-Marketing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.3 Management Summary und Praxistipps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

109 109 112 112 115 115 115 116 117 120 122 122 123 124 125 126 127 127 128 130 131 132 134 134 135 135 136 138 140 140 142 150 157 164 168

XII

Inhaltsverzeichnis

4.5 Vertiefung: Mediaplanung „in the digital age“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.1 Mediaplanung ist auch nicht mehr das, was sie mal war . . . . . . . . 4.5.2 Mediaplanung wird digital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.3 Digitale Mediaplanung Schritt für Schritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.4 Von Maschinen und Menschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.5 Das Gehirn tickt nach wie vor analog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.6 Management Summary und Praxis-Tipps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6 Vertiefung: KundInnendialog – Chatbots und Avatare … und der Faktor Mensch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6.1 KundInnendialog ist wichtig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6.2 Künstliche Intelligenz hilft, Interaktionskosten zu senken . . . . . . . 4.6.3 Künstliche Intelligenz ist ein ernstzunehmendes Tool geworden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6.4 Der Aufbau von eigenen Dialogsystemen mit KI ist teuer . . . . . . . 4.6.5 Die Lösung sind Plattform-Ökosystemen und SaaS-Vollanbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6.5.1 Plattform-Ökosysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6.5.2 SaaS-VollanbieterInnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6.6 Die Halbwertszeit der einzelnen Anwendungen ist kurz… . . . . . . . 4.6.7 … daher wird der Faktor Mensch entscheidend . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6.8 So setzen Sie den Faktor Mensch erfolgreich ein . . . . . . . . . . . . . . . 4.6.9 Management Summary . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

171 171 177 178 181 191 196

5 Performance Management: So messen Sie den Erfolg Ihres Marketings . . . 5.1 Strategisches und operatives Performance-Management . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Das Marketing-KPI-Dashboard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1 Aufbau guter Dashboards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.2 Ein Cockpit allein macht noch kein Performance Management . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.3 Daran scheitern Cockpits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Zwei nützliche Indikatoren für jedes Marketing-Cockpit: Funnel und NPS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.1 Funnel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.2 NPS – der Net Promoter Score . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Marketing-ROI: die eierlegende Wollmilchsau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5 Management Summary Performance Management . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6 Vertiefung: Marketing Performance Management . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6.1 Performance heißt Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6.2 Warum braucht Marketing Performance aktives Management? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6.3 MPM braucht vier wesentliche Bauteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

211 211 212 212

198 198 199 199 201 202 203 206 206 207 208 209 209

214 214 216 216 217 219 225 226 226 227 227

Inhaltsverzeichnis

XIII

5.6.4 Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6.4.1 Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6.4.2 Umfang/Historie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6.4.3 Granularität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6.4.4 Formate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6.5 Taxonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6.6 Metriken/KPIs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6.7 Attribution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6.7.1 Kein MPM ohne Attribution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6.7.2 Regeln sind noch kein Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6.7.3 Modeling oder Experimente – anders geht es nicht . . . . . 5.6.7.4 Marketing-Mix-Modelle (MMM) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6.7.5 Multi-Touch-Attribution (MTA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6.8 Multi-nationale, multi-brand Budgetallokation . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6.8.1 Unternehmen X . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6.8.2 MMM 1.0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6.8.3 MMM 2.0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6.8.4 Was bringt es? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6.8.5 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6.9 Management Summary und Praxistipps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

228 229 229 230 230 231 236 238 238 238 239 240 241 242 244 244 244 246 247 248 249

6 Ausblick: So geht es in Zukunft im Marketing weiter und darauf sollten Sie sich einstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1 KI und digitale Tools sind gekommen, um zu bleiben . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Vier Konsequenzen und wie wir arbeiten werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

251 251 252 256

Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

257

Über die Autorin

Prof. Dr. Claudia Bünte Kaiserscholle GmbH, Berlin / cb@ kaiserscholle.com Claudia Bünte ist seit 2016 Professorin für „International Business Administration“ mit dem Schwerpunkt Digital Marketing an der SRH Berlin University of Applied Sciences. Sie forscht zu KI im Marketing. Parallel dazu ist sie geschäftsführende Gesellschafterin der Marketingberatung „Kaiserscholle – Center of Marketing Excellence“ in Berlin. Zuvor war sie in leitenden internationalen Positionen im Marketing u. a. bei Coca-Cola, Beiersdorf, McKinsey und Volkswagen tätig. Sie berät TopmanagerInnen in Kernfragen der Markenführung und des Marketings, wie z. B. der Implementierung von KI in Marketingprozessen. Sie ist Autorin der Marketingpraxis-Bücher „Künstliche Intelligenz, die Zukunft des Marketings“, „Die chinesische KI-Revolution“ und „Digitalisierung Made in China“ sowie zahlreicher Fachartikel in Marketing-Sachbüchern. In Ihren Keynotes auf zahlreichen Kongressen und Symposien nimmt sie ihre ZuhörerInnen mit auf digitale Zukunftsreisen. 2020 kürte sie die Fachzeitschrift OneonOne zum „Vize-Marketingkopf 2020“. Prof. Dr. Bünte ist öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für Marketing – eine von nur neun ExpertInnen in Deutschland.

XV

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1.1 Abb. 1.2 Abb. 1.3 Abb. 1.4 Abb. 1.5 Abb. 1.6 Abb. 1.7

Abb. 1.8 Abb. 1.9 Abb. 1.10 Abb. 1.11 Abb. 2.1 Abb. 2.2 Abb. 2.3 Abb. 2.4

Gefühltes vs. tatsächliches Wachstum von KI – Grafik 1. (Quelle: waitbutwhy.com) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gefühltes vs. tatsächliches Wachstum von KI – Grafik 2. (Quelle: waitbutwhy.com) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Menschliche Fähigkeiten und ihre Entsprechungen innerhalb von KI. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einsatz von KI in Unternehmen und im Marketing in D-A-CH. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Veränderung der Anzahl der KI-SkeptikerInnen 2018 bis 2023. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wahrgenommener Zusammenhang zwischen KI und Unternehmenserfolg. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . Wahrgenommener Zusammenhang zwischen KI-Einsatz im Marketing und Unternehmenserfolg. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gartner Hype Cycle für KI 2022. (Quelle: Wiles, 2022/ gartner.de) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wissen der Marketing-ManagerInnen in D-A-CH. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ChatGPT informiert NutzerInnen über Pilotcharakter – März 2023. (Quelle: Chat-GPT) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fünf Kernaufgaben im Marketing und Vertrieb. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Daten, Informationen und Erkenntnisse im Vergleich. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Digitale Tools im Bereich Consumer Insights. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Technischer Aufbau eines Datamarts. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel eines Analyse-Dashboards. (Quelle: Eigene Darstellung) . . .

4 4 5 6 6 7

7 9 11 15 17 22 26 40 43 XVII

XVIII

Abbildungsverzeichnis

Abb. 2.5 Abb. 2.6 Abb. 2.7

Abb. 2.8 Abb. 2.9 Abb. 2.10

Abb. 2.11

Abb. 2.12 Abb. 2.13 Abb. 2.14 Abb. Abb. Abb. Abb. Abb.

2.15 2.16 3.1 3.2 3.3

Abb. 3.4 Abb. 3.5 Abb. 3.6 Abb. 3.7 Abb. 3.8 Abb. 3.9 Abb. 3.10

Grundschema des CRISP-DM. (Quelle: Eigene Abbildung nach IBM: IBM SPSS Modeler CRISP-DM Guide, S. 1) . . . . . . . . . . . . . . . Detaillierter Ablauf von CRISP-DM mit Rollenverteilung für IT, Fachbereich und Data Science. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . Grundinformation des Kundenwanderungsmodells mit eingeblendeten KaufInformationen. (Quelle: Eigene Darstellung/ mar.an.con) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeitreihendarstellung von Burnquote und Reaktivierungsquote. (Quelle: Eigene Darstellung/mar.an.con) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Cluster in der Ebene – Größe und Häufigkeit. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundsätzliches Vorgehen bei der Bestimmung von KundInnenwerten auf Basis von Deckungsbeitrages (DB)-Prognosen. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel für eine Regressionsanalyse Dargestellt sind Richtung und Stärke der Einflüsse auf den Deckungsbeitrag. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel für eine Score Karte. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . Beispielhafte Scoreklassen-Einteilung. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel für die Berechnung des Lifteffekts. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis einer Präventionsanalyse. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . Kündigungs-Scoring. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . Marketingfunnel. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marketingfunnel Analyse. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . Template Beschreibung Marketingmaßnahmen. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Operativer Kalender. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . Positionierungsoptionen. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . Auswirkung der Positionierung auf die vier Ps. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die drei Bestandteile der Value Proposition. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Favicons von Google-Submarken. (Quelle: Screenshot des eigenen Handys) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Virtuelle DesignerInnen bei Smashinglogo. (Quelle: smashinglogo.com) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Designvorschläge für Kaiserscholle von Smashinglogo. (Quelle: smashinglogo.com) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46 47

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56

59 60 60 62 65 65 74 76 78 79 84 85 86 98 102 103

Abbildungsverzeichnis

Abb. 3.11 Abb. 4.1 Abb. 4.2 Abb. Abb. Abb. Abb.

4.3 4.4 4.5 4.6

Abb. 4.7 Abb. 4.8

Abb. 4.9 Abb. 4.10

Abb. 4.11 Abb. 4.12

Abb. 4.13 Abb. 4.14

Abb. 4.15 Abb. 4.16 Abb. 5.1 Abb. 5.2 Abb. 5.3 Abb. 5.4

Logovorschläge für Kaiserscholle von Tailorbrands. (Quelle: tailorbrands.com) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einsatz von KI in den fünf Kernbereichen im Marketing. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Automatisierung in einer Werbeagentur. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Digitale Tools im Bereich Werbung. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . Rechenleistung ChatGPT. (Quelle: ChatGPT März 2023) . . . . . . . . . . Einlogghinweise ChatGPT. (Quelle: ChatGPT vom 23.3.2023) . . . . . Colossyans Angebot an Avataren. (Quelle: Auszug von www.colossyan.com) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lailo in Aktion für die Rheinische FH Köln. (Quelle: Rheinische Fachhochschule Köln) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterte AIDA-Funnel inkl. einzelne Stufen der Customer Journey und den dafür benötigten Content. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterschiede zwischen Website, den Webseiten und Unterseiten. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abgrenzung von bezahlten Suchergebnissen (SEA) zu den organischen SEO-Ergebnissen in den SERPs. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel eines Content-Clusters mit Verlinkungen. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abgrenzung von den organischen Ergebnissen (SEO) zu den bezahlten SEA-Werbeanzeigen in den SERPs. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorteile von KI im Marketing: KundInnendialog. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Einfluss von KI im Marketing auf den Erfolg des Unternehmens. (Quelle: Eigene Darstellung) (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Entwicklung von digitalen Ökosystemen bis 2030. (Quelle: Joshi et al., 2021) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Herausforderungen im Marketing der Zukunft. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . KPI-Hiearchie in einem Performance-Management-System. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Top-Management-Meetings zum Performance-Management der Marke. (Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gute Cockpits sind übersichtlich. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . Der Net Promoter Score (NPS). (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . .

XIX

104 110 111 114 119 120 129 132

137 141

143 148

150 200

202 205 207 214 215 216 218

XX

Abb. 5.5 Abb. 5.6

Abb. 5.7 Abb. 5.8 Abb. 5.9 Abb. 5.10 Abb. 5.11 Abb. 5.12 Abb. 5.13 Abb. 5.14 Abb. 5.15 Abb. 5.16 Abb. 5.17 Abb. 5.18 Abb. 5.19

Abb. 5.20 Abb. 5.21 Abb. 5.22 Abb. 6.1 Abb. 6.2

Abbildungsverzeichnis

Vorteile von KI im Marketing: ROI. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . Maximale Marge wird für Marke X bei 30 % höherem Marketingbudget erreicht. (Quelle: Stürze, In defense of Marketing ROI (2022)) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabellenformat für Mediaplandaten über Kanäle und KPIs hinweg. (Quelle: Stürze et al. (2021)) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mediaplandaten pro Kanal aufgesplittet pro Woche. (Quelle: Stürze et al. (2021)) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Typischer Mediaplan als Übersichtstabelle für Kunden. (Quelle: Stürze et al. (2021)) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Typische Datenquellen und Minimalanforderungen an Historie und Granularität. (Quelle: Stürze et al. (2021)) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel einer Mediadaten-Taxonomie eines großen europäischen Werbetreibenden. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Exemplarischer Aufbau eines User Funnel bei Hansgrohe SE. (Quelle: Niesel et al. (2021)) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Im Marketing passiert alles gleichzeitig. (Quelle: (Niesel et al. 2021)) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alternative Attributionslogiken bzw. –regeln. (Quelle: Heap (2022)) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marketing-ROI mathematisch zerlegt. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schematische Darstellung des MMM-Prinzips. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterschiede zwischen MMM und MTA – in Anlehnung an Drum. (Quelle: Drum (2022)) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergleich MMM und MTA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dimensionen des Marketing Performance Management in multi-nationalen, multi-brand Konzernen. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dimensionen der Evolution von MMM 2.0. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wesentliche Unterschiede zwischen MMM 1.0 und MMM 2.0. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammensetzung des Optimierungseffektes bei einem Konsumgüterhersteller. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . Einsatz von KI im Marketing 2018–2023. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arbeitsweise im Marketing heute und in Zukunft. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

221

228 232 233 234 235 235 237 238 239 240 241 242 243

244 245 246 247 252 253

1

Was ist Digital Marketing und wie helfen KIund andere digitale Tools

1.1

Das ist Digital Marketing

Nein, es geht nicht um Online-Marketing. Oder nicht nur. Online-Marketing heißt OnlineMarketing, weil sich diese Unterdisziplin des Marketings darauf fokussiert, NutzerInnen online zu erreichen und sie idealerweise in KundInnen umzuwandeln. Mit digitalem Marketing ist etwas Anderes, viel Breiteres gemeint. Es bezeichnet den Einsatz von digitalen Tools, um online wie offline den Aufgaben im Marketing nachzugehen. So wie also jeder Dackel ein Hund ist, aber nicht jeder Hund ein Dackel, ist OnlineMarketing ein Bestandteil des digitalen Marketings, aber nicht alles digitale Marketing ist Online-Marketing. Und damit ist das digitale Marketing auch schon entzaubert. Häufig kann man den Eindruck gewinnen, Digital Marketing sei „total neu“, „etwas völlig anderes“ und auf jeden Fall Moderneres und Innovativeres als „das alte Marketing“. Das, liebe LeserInnen, ist Quatsch. Diese Annahme parkt sozusagen in derselben Garage wie die Behauptung, eine 360-Grad Werbekampagne sei deshalb neu, weil endlich mit derselben Botschaft über viele Kanäle hinweg geworben und so getan wird, als sei dieser Ansatz neu. Dabei heißt er einfach nur anders als der dafür bisher in der Fachsprache verwendete Ausdruck „integrierten Kampagne“. Oder das Beispiel „Customer Journey“ – auch ein Begriff, der plötzlich modern ist und im Marketing genutzt wird. Interessanterweise ist er aber nicht neu, sondern eine Erweiterung des sogenannten Marketing-Trichter, oder Marketing-Funnel um spezifische Kundenkontaktpunkte, und eben mit einem anderen Wort. Vielleicht liegt es daran, dass Marketing-ManagerInnen gewohnt sind, mit immer neuen und besseren Ausdrücken die Aufmerksamkeit ihrer Zielgruppen auf das zu vermarktende Angebot zu lenken. Und weil wir das so schön können, nutzen wir diese Wortschöpfungskreativität gleich auch für unsere Arbeitsbezeichnungen.

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 C. Bünte, So geht Digital Marketing, https://doi.org/10.1007/978-3-658-42202-8_1

1

2

1 Was ist Digital Marketing und wie helfen …

Machen wir einen Schritt zurück, um zu klären, was Digital Marketing ist. Was ist Marketing? Marketing geht immer erst von der Zielperson aus, versucht, deren Bedürfnisse und Wünsche zu verstehen und bietet zielgerichtet zu diesen Bedürfnissen ein eigenes, passendes Angebot an. Das Ergebnis kann, je nachdem, was die Aufgabe des Marketings im spezifischen Fall ist, der Kauf eines Autos, das Ändern einer Einstellung, z. B. ein umweltfreundlicheres Verhalten der Zielperson oder die Wahl einer bestimmten Partei sein. Dabei gilt: Wer die Zielperson am besten verstanden hat und das richtige Angebot zum richtigen Zeitpunkt und Preis anbietet, ist erfolgreicher als der Wettbewerb. Sie sehen, in dieser Definition von Marketing kommen keine Tools, keine Kanäle und schon gar nicht digital, „online“ oder „offline“ vor. Denn diese Elemente sind nachgelagert. Sie sind die Mittel, um die Zielperson so zu erreichen, dass das eigene Marketingziel erreicht wird. Ob Sie online oder offline werben, oder beides, hängt davon ab, wo Sie Ihre Zielperson am besten erreichen. Am besten meint dabei am effizientesten und effektivsten. Ob Sie dazu analoge Werkzeuge wie z. B. eine To-do-Liste oder digitale Werkzeuge wie ChatGPT nutzen, hängt ebenfalls davon ab, was zielgerichtet am effizientesten und effektivsten für Sie ist. Digitales Marketing bezeichnet also einerseits eine Unterart des Marketings, in der es darum geht, Zielpersonen in der digitalen Welt zu erreichen (dazu gehört OnlineMarketing), andererseits kann damit der Einsatz digitaler Tools gemeint sein, um Marketing zu betreiben. Wie häufig in der Marketingwelt sind die Übergänge fließend und nicht besonders trennscharf. Aber das ist nebensächlich. Wichtig ist, dass Sie wissen, dass Digital Marketing keine grundsätzlich neue Disziplin ist, sondern denselben Regeln folgt, wie das – nennen wir es mal – bisherige, oder klassische Marketing. Es nutzt nur digitale Kanäle oder digitale Werkzeuge. Es erweitert das herkömmliche Marketing, unterliegt aber denselben Gesetzen, wie man Menschen von etwas überzeugt. Nicht das Marketing ist neu, sondern über welche Kanäle man mit Menschen in Kontakt tritt und/ oder mit welchen Mitteln man sie erreicht.

1.2

KI – die Zukunft des Marketings? Nutzen und Grenzen der aktuellen KI-Tools

Künstliche Intelligenz, aktuell generative KI-Instrumente wie ChatGPT für Text und Dall:e und andere für Bilderstellung, sind die nächste S-Kurve bei den digitalen Tools. Künstliche Intelligenz ist verkürzt gesagt ein Algorithmus, der lernt. Entweder mit menschlicher Hilfe – dann heißt es „supervised learning“, oder ohne menschliche Hilfe – dann heißt es „unsupervised learning“. Motiviert man die lernende KI dadurch, dass man die Ergebnisse bewertet, also optimiert, spricht man vom sogenannten „reinforced learning“. Alle drei Lern-Methoden haben Vor- und Nachteile. Allen gemeinsam ist, dass eine KI ihren Algorithmus ständig weiterentwickelt.

1.2



KI – die Zukunft des Marketings? …

3

Tipp Auf der kostenlosen Wissensplattform https://kirevolution.com/ findet sich eine kurze und knackige Definition der 14 im deutschen Internet meistgesuchten Fachworte zu KI.

KI, die wichtigsten Begriffe kurz erklärt Ein Beispiel: Wir sind in der Fabrik eines Automobilherstellers und beobachten zwei Roboter. Beide Roboter liefern Autoreifen ans Band und müssen dazu ein paar Meter vorund zurückfahren. Beiden Robotern steht an diesem Tag etwas im Weg. Roboter 1 stoppt und kommt nicht weiter. Roboter 2 stoppt und sucht einen Weg um das Hindernis herum. Roboter 1 ist ein Automat, der regelbasiert handelt. Er kennt die Regel: Fahre ans Band, wenn der Weg frei ist, stoppe, wenn etwas im Weg ist. Warte, bis der Weg wieder frei ist. Dieser Roboter hat einen Algorithmus, der nicht lernt. Der Algorithmus ist abends noch genauso aufgebaut wie morgens. Roboter 2 dagegen arbeitet nicht nur regelbasiert. Er sucht selbstständig einen Weg um das Hindernis herum. Ist er erfolgreich, ändert er seinen Algorithmus um die Lernerfahrung „wie bin ich um das Hindernis herumgekommen“. Sein Algorithmus sieht also abends ein wenig anders aus als morgens. Roboter 1 besitzt keine Künstliche Intelligenz. Roboter 2 dagegen schon. Dabei lernt eine KI subjektiv zunächst eher langsam (Abb. 1.1 und 1.2) (Urban, 2015). Ab einem bestimmten Reifegrad ändert sich diese Lerngeschwindigkeit – sie nimmt rapide zu. Es entsteht eine sogenannte S-Kurve, die Fähigkeiten der KI wächst unvermittelt exponentiell. Plötzlich ist eine KI deutlich besser im Umgang mit der spezifischen Aufgabe als ein Mensch. Menschen unterschätzen exponentielles Wachstum in der Regel. Das ist der Grund, weshalb wir alle Anfang 2022 „plötzlich“ von ChatGPT, Dall:e und anderen KIbasierten Werkzeugen gehört haben, obwohl Open AI mit der Entwicklung von ChatGPT bereits 2018 begann. Dennoch sind KI-Anwendungen immer noch sogenannte „narrow AIs“, also „enge KIs“, weil sie noch nicht alle Tätigkeiten, die Menschen verrichten können, gleichzeitig umsetzen kann. Innerhalb der einzelnen Anwendungen, wie z. B. Übersetzen oder Bilder erkennen, sind die KI-Anwendungen aber bereits deutlich effektiver und effizienter als menschliche Versuche. Sie sind nur noch nicht miteinander verbunden. So gibt es noch keine KI-Anwendungen, die gleichzeitig Menschen erkennen, Texte generieren, in

4

1 Was ist Digital Marketing und wie helfen …

Abb. 1.1 Gefühltes vs. tatsächliches Wachstum von KI – Grafik 1. (Quelle: waitbutwhy.com)

Abb. 1.2 Gefühltes vs. tatsächliches Wachstum von KI – Grafik 2. (Quelle: waitbutwhy.com)

Bewegtbild umwandeln und auf der Bühne persönlich vorführen kann, eine Aufgabe, die eine Künstlerin in einem Improvisationstheater jeden Tag meistert. Trennt man aber die einzelnen Aufgaben, gibt es nur noch wenige Bereiche, die eine KI nicht erfüllen kann, wie Abb. 1.3 zeigt. Es ist also nicht die Frage, ob es eine Singularität – den Punkt, wenn Mensch und KI-Maschine sich auf leistungsgleichem Niveau befinden – geben wird, sondern nur wann. Viele Tools im Marketing haben einen Reifegrad erreicht, der es zulässt, dass Marketing-ManagerInnen nun mit ihnen arbeiten. So hat die Nutzung von KI in Unternehmen und im Marketing im letzten halben Jahrzehnt spürbar zugenommen, wie Abb. 1.4 zeigt (Bünte, Studie: Künstliche Intelligenz – Die Zukunft des Marketings 2023, S. 13).

1.2

KI – die Zukunft des Marketings? …

5

Artificial Intelligence

1 Sprechen + Hören

Evolutionary Algorithms

Machine Learning*

Symbolic Learning

2 Schreiben + Lesen 3 Sehen + Bilder

Statistical Deep Learning Learning

verarbeiten

Computer Vision

3

5

4 Sich bewegen und Umfeld verstehen

5 Lernen

Natural Language Speech Recognition Processing (NLP)

1 Menschliche Fähigkeiten

Computer Vision

2

Robotic

3

4

Entsprechende Künstliche Fähigkeiten * In den drei Ausprägungen: Überwachtes Lernen, unüberwachtes Lernen, verstärkendes Lernen

Abb. 1.3 Menschliche Fähigkeiten und ihre Entsprechungen innerhalb von KI. (Quelle: Eigene Darstellung)

Sie nutzen Software-as-a-Service Tools (SaaS) deutlich mehr als noch vor drei Jahren (ebenda, S. 25) und die bisher nötige Entwicklung von KI-Eigenlösungen nimmt signifikant zugunsten von SaaS-Tools ab (ebenda, S. 26). Die ManagerInnen attestieren sich selbst auch ein besseres Wissen über KI als noch vor fünf Jahren. Bei MarketingManagerInnen nimmt die Zahl der KI-SkeptikerInnen um 67,4 % ab (siehe Abb. 1.5). SkeptikerInnen sind Personen, die annehmen, dass KI Arbeitsplätze kostet, das Unternehmen nicht erfolgreicher macht und die Marketingarbeit nicht vereinfachen wird. Mit mehr Erfahrung im Umgang mit KI geht offenbar auch die Skepsis zurück. Unternehmen, die KI einsetzen, halten sich für erfolgreicher als Unternehmen, die dies nicht tun. Der Unterschied ist signifikant, also nicht zufällig (Abb. 1.6) (ebenda, S. 43). Für einen großen Teil derjenigen Befragten, die KI im Marketing einsetzen, ist KI mindestens EIN Faktor für den Erfolg des Unternehmens, wenn nicht sogar DER ausschlaggebende Faktor (siehe Abb. 1.7) (ebenda, S. 44).

6

1 Was ist Digital Marketing und wie helfen …

Fast 41 % aller Markeng-ManagerInnen verwenden KI in ihrer Markengabteilung, 18,8 % sogar intensiv KI Nutzung in Unternehmen heute; in % der Teilnehmenden 100.0 +X + 32,7 + 14,1

36.5

63.5 + 14,1 22.9 40.6

+ 11,8 21.8 18.8

Alle Teilnehmenden Nutzen KI nicht im Unternehmen

Nutzen KI im Unternehmen

Nutzen KI nicht im Markeng

Nutzen KI nur begrenzt im Markeng*

Nutzen KI im Markeng

Nutzen KI intensiv im Markeng*

Auffällige Veränderungen vs. 2018 in Prozentpunkten Signifikante Veränderungen vs. 2018

*Begrenzte Nutzung: 1 -4; Intensive Nutzung 5-7

Abb. 1.4 Einsatz von KI in Unternehmen und im Marketing in D-A-CH. (Quelle: Eigene Darstellung)

Das Segment der SkepkerInnen schrump in den letzten 5 Jahren um rund 18 Prozentpunkte, das sind minus 67,4 % 2023

2018

18,2 pp = - 67,4 %

SkepkerInnen

SkepkerInnen 8.8

27,0

Scepcs sehen KI als Terminator des Markeng • • •

Haben geringste Zusmmung zu posiven KI-Aussagen heute / Zukun Glauben, KI werde Arbeitsplätze und Kreavität zerstören Glauben, dass KI nicht Markeng vereinfachen / Strategie opmieren wird Auffällige Veränderungen vs. 2018 in Prozentpunkten (pp)

Abb. 1.5 Veränderung der Anzahl der KI-SkeptikerInnen 2018 bis 2023. (Quelle: Eigene Darstellung)

1.2

KI – die Zukunft des Marketings? …

7

Diejenigen, die KI im Unternehmen einsetzen, sagen signifikant häufiger, sie seien erfolgreicher als der Webewerb Unternehmen, die KI NICHT einsetzen

Unternehmen, die KI einsetzen

23.0%

47.3% 52.7% + 15,3 68.0%

Erfolgreicher als die meisten oder Markührer

Erfolgreicher als die meisten oder Markührer

Durchschnilich oder weniger erfolgreich als die meisten

Durchschnilich oder weniger erfolgreich als die meisten

Auffällige Veränderungen vs. 2018 in Prozentpunkten Signifikante Veränderungen vs. 2018

n = 170 Q 9: Setzen Sie Ki in wenigstens einem Bereich Ihres Unternehmens ein?; Q 58: Welche Aussage tri am ehesten auf den Erfolg Ihres Unternehmens zu? Studie: KI – die Zukun des Markengs, 2023 Quelle: Prof. Dr. Claudia Bünte, SRH Berlin University of Applied Sciences

Abb. 1.6 Wahrgenommener Zusammenhang zwischen KI und Unternehmenserfolg. (Quelle: Eigene Darstellung)

Auch im Markeng zeigt sich eine wahrgenommene Wichgkeit für den Erfolg: 77 % geben an, dass KI mindestens EIN Faktor für den Erfolg sei Angaben in %, n = 69, Angaben daher zeigen Tendenzen Der Einsatz von KI im Markeng …

76,8 62.3

19,0

14.5

1.4 macht mein macht mein macht mein ist entscheidend für Unternehmen weniger Unternehmen genauso Unternehmen den Erfolg meines erfolgreich als vorher erfolgreich wie vorher erfolgreicher als vorher Unternehmens

1.4

1.4

hat keinen Einfluss auf den Erfolg meines Unternehmens

Keine Ahnung

Abb. 1.7 Wahrgenommener Zusammenhang zwischen KI-Einsatz im Marketing und Unternehmenserfolg. (Quelle: Eigene Darstellung)

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1 Was ist Digital Marketing und wie helfen …

Es ist also keine Option, KI als Werkzeug links liegenzulassen und abzuwarten, bis die Anwendungen noch ausgereifter sind. Wer einen ersten Piloten zum Thema KI im Marketing starten will, findet hier ein paar Handlungshinweise: Bünte & Wecke: Künstliche Intelligenz – die Zukunft des Marketings (Bünte und Wecke 2022). Aber KI klopft mit drei Herausforderungen an die Türen unserer Marketingbüros: Herausforderung 1: Tal der Ernüchterung Nach einem Technologie-Hype folgt zwangsläufig immer eine Ernüchterung, auch bei KI. Diese Logik nutzt die Firma Gartner, um für verschiedene Technologien den sogenannten Gartner Hypecycle zu entwickeln. Dabei trägt Gartner ab, in welchem Entwicklungsstadium eine Technologie gerade ist und wie lange es dauern wird, bis die Technologie einen bestimmten Entwicklungspunkt in Verbreitung und Akzeptanz erreichen wird. Die Darstellung erfolgt als Kurve, siehe Abb. 1.8. Da es sich um Annahmen für die Zukunft handelt, sind Interpretationen und Geschäftsentscheidungen auf Basis dieser Annahmen mit Vorsicht zu tätigen. In der Regel folgt ein Hypecycle unabhängig von der Technologie, um die es geht, folgende Phasen (Wiles, 2022): „Technology Trigger“ (Technologieauslöser): In dieser Phase wird eine neue Technologie erstmals vorgestellt und erregt viel Aufmerksamkeit und Neugier. Die Erwartungen sind hoch, und es wird viel um die Möglichkeiten der Technologie spekuliert. „Peak of Inflated Expectations“ (Gipfel der überzogenen Erwartungen): In dieser Phase steigt das Interesse an der Technologie weiter an und die Erwartungen werden immer höher. Es gibt eine Menge positiver Berichterstattung in den Medien und viele Unternehmen beginnen, in die Technologie zu investieren. „Trough of Disillusionment“ (Tal der Enttäuschung): In dieser Phase wird deutlich, dass die Technologie nicht alle Erwartungen erfüllen kann. Es gibt oft Rückschläge, negative Berichterstattung und viele Enttäuschungen. Viele Unternehmen ziehen sich aus der Technologie zurück oder setzen ihre Investitionen aus. „Slope of Enlightenment“ (Anstieg der Erleuchtung): In dieser Phase beginnen diejenigen, die die Technologie wirklich verstehen und nutzen können, positive Ergebnisse zu erzielen. Es gibt neue Anwendungen und Best Practices, die aufkommen, und das Verständnis für die Technologie nimmt zu. „Plateau of Productivity“ (Plateau der Produktivität): In dieser Phase hat die Technologie ihr volles Potenzial erreicht und wird von vielen als selbstverständlich angesehen. Die Anwendungsfälle sind gut bekannt und es gibt klare Standards und Best Practices. Die Technologie ist weitverbreitet und wird in vielen Branchen genutzt.

1.2

KI – die Zukunft des Marketings? …

9

Abb. 1.8 Gartner Hype Cycle für KI 2022. (Quelle: Wiles, 2022/gartner.de)

Nicht alle Technologien gehen durch alle Stufen des Hype Cycle, und die Dauer und Intensität jeder Phase kann von Technologie zu Technologie unterschiedlich sein. Der Hype Cycle kann jedoch ein nützliches Werkzeug sein, um den Fortschritt und die Akzeptanz von neuen Technologien zu verstehen. In Abb. 1.8 beispielsweise sagt Gartner generativen KI-Anwendungen, dazu gehört z. B. ChatGPT, eine Zeitspanne von zwei bis fünf Jahren voraus, bis sie auf dem Plateau der Produktivität angekommen sein sollen. 2022 verortet Gartner diese KI-Technik kurz vor dem Peak of Inflated Expectations. Ein Abruf der Suchworte „ChatGPT“ und „ChatGPT“ für die Zeit von Mai 2022 bis April 2023 bei Google Trends für Deutschland zeigt, dass die ersten Suchanfragen überhaupt zu diesen Begriffen im November 2022 erfolgen, der bisherige Höhepunkt der Anfragen pro Tag wurde Anfang Februar 2023 erreicht (Google Trends, 2023). Suchanfragen bei Google sind ggf. ein Indikator für die Durchsetzung und Akzeptanz einer Technologie. Denn nur, was Menschen interessant finden, suchen sie. Die

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1 Was ist Digital Marketing und wie helfen …

Vorhersage, dass sich generative Technologien 2022 kurz vor dem Peak des Hype Cycles befinden, kann für Deutschland damit bejaht werden. 

Tipp Für alle, die den Hype Cycle besser verstehen wollen, hier geht es zu einem guten Lernvideo von Gartner.

Gartner Hype Cycle Explained Herausforderung 2: Lebenslanges Trainieren Anwendungen entwickeln sich so schnell, dass das Training zu den jeweils neuen KI-Tools eine Herausforderung für die Unternehmen wird. Dies wird auch erkannt, denn 61,4 % der Befragten der Studie „KI im Marketing“ äußern, dass die KI-Ausbildung eine Herausforderung für sie wird. 77 % der Befragten sind Führungskräfte (Bünte, 2023, S. 40). Aber damit nicht genug. Gleichzeitig attestieren sich dieselben Befragten ein nicht immer gutes Wissen zu KI. 31,7 % geben sich selbst KI-Wissensnoten, die unter dem Mittelwert liegen (siehe Abb. 1.9). Bei den Führungskräften ist das Wissen nach eigenen Angaben nicht besser. Hier liegt eine große Herausforderung, denn wenn rund ein Drittel der ManagerInnen, die die Marketingabteilung auf die Zukunft ausrichten sollen, sich selbst beim Wissen zu den dafür notwendigen Technologien für nicht gut hält, wird es schwierig, die nötigen Trainings für die Mitarbeitenden auszuwählen. KI ist darüber hinaus ein „moving target“. Die Technik verbessert sich ständig, in der Regel, wie bereits beschrieben, exponentiell. Damit ändert sich das Anforderungsprofil an die MitarbeiterInnen, das Skill Set, ständig und es nimmt in der Veränderungsgeschwindigkeit zu. Sie müssen sich wandeln von Machenden der Analysen, Inhalte, der Durchführung und Kontrolle der Kampagnen, hin zu den ManagerInnen dieser einzelnen Aufgaben. Die Durchführung wird zunehmend von KI-gestützten Werkzeugen übernommen. Und auch diese neuen Tools gilt es, immer wieder neu zu lernen und seine eigenen, menschlichen Fähigkeiten fortwährend anzupassen. Das betrifft nicht nur den eher schnell adaptierenden B2C-Bereich. Auch im B2B-Bereich wird das Training der Mitarbeitenden zunehmend wichtig: 94 % der befragten Mitglieder des BVIK, des Bundesverbandes der Industriekommunikation, stimmen zu, dass digitale Skills der MitarbeiterInnen zum Erfolgsfaktor

1.2

KI – die Zukunft des Marketings? …

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Nach eigener Einschätzung ist das Wissen von 31,7 % der Befragten über KI nur gering – es muss also noch viel trainiert werden Angaben in %

Wissen der Befragten über KI

31,7 %

45,3 % •

40

30.0 30

22.9

22.9

20 10

12.4

8.2

2.9

0.6

0

• 1

2

3

4

5

6

7

Rund ein Drittel der Befragten gibt sich nur unterdurchschnittliche Noten, wenn es um das eigene Wissen über KI geht Fast 23 weitere Prozent halten ihr Wissen für eher durchschnittlich

Abb. 1.9 Wissen der Marketing-ManagerInnen in D-A-CH. (Quelle: Eigene Darstellung)

werden (BVIK, 2022). Und im Trendbarometer 2023 nehmen 78 % an, dass datengetriebenes Marketing zum entscheidenden Erfolgsfaktor wird (BVIK, 2023). Diese rasante Weiterentwicklung macht auch vor den AutorInnen dieses Buches nicht Halt. Uns allen ist bewusst, dass sich in dem Moment, in dem wir dieses Buch schreiben, die beschriebenen Techniken bereits weiterentwickeln und die Halbwertszeit der Erkenntnisse dieses Buches zumindest für die beschriebenen KI-Werkzeuge sehr kurz ist. Herausforderung 3: KI = Blackbox Viele, die KI-Tools im Marketing nutzen, werden den Eindruck haben, dass sie eine sogenannte Blackbox vor sich haben. Einerseits erlauben die Instrumente den AnwenderInnen, effektiver und effizienter zu arbeiten – das sagen auch 77 % der Befragten in der Studie „KI im Marketing 2023“. Andererseits bleibt für die AnwenderInnen unklar, WIE die digitalen Werkzeuge die Ergebnisse erzeugen. Dieser Eindruck entsteht u. a. dadurch, dass viele AnwenderInnen im Marketing über keinen Data-Science oder anderen Hintergrund verfügen, der Machine Learning, Neuronale Netze oder sonstige KI-Anwendungen nachvollziehbar machen würden. Aber das war bei vielen anderen Anwendungen auch nicht notwendig, um ein gutes Gefühl dafür zu erhalten, wie das Werkzeug gerade arbeitet, das man benutzt. Denken wir z. B. an den Taschenrechner. Hier ist auch sicherlich nur den wenigsten AnwenderInnen im Detail klar, wie genau die Technik funktioniert. Wir vertrauen ihr dennoch, weil die Ergebnisse zum einen relativ einfach nachgerechnet werden können. AnwenderInnen können also schnell überprüfen, ob der Taschenrechner defekt ist oder funktioniert. Zum anderen haben wir uns in den letzten 40 Jahren an ihn gewöhnt, Erfahrungen gesammelt und gelernt, mit dem Taschenrechner umzugehen. Bei KI ist das

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1 Was ist Digital Marketing und wie helfen …

(noch) anders. Für Laien ist es schwieriger zu überprüfen, ob die Ergebnisse stimmen, weil sie nicht auf einem einfachen Rechenalgorithmus beruhen, sondern das Resultat komplexer Berechnungen sind. Hinzu kommt, dass wir nicht über langjährige eigene Erfahrungen verfügen. Und was wir nicht kennen, dem stehen wir (richtigerweise) erst einmal skeptisch gegenüber. Aber der Eindruck, es mit einer Blackbox zu tun zu haben, hat auch eine tiefere Ursache. Wenn eine KI nicht gut trainiert wird, sie also ungesteuert lernen kann, muss das Ergebnis nicht immer „richtig“ sein. Gehen solche Ergebnisse durch die Medien, werden wir skeptisch und vorsichtig. „Richtig“ kann hier bedeuten, dass das Ergebnis innerhalb der Algorithmen zwar korrekt ist, aber z. B. außerhalb der KI „falsch“ erscheint. Wenn etwa eine KI rassistische Elemente entwickelt, weil die Datenquellen der KI von Menschen geschriebene, rassistische Texte enthalten. Unsupervised, also unüberwacht, kann eine KI in ihrer Lernerfahrung zum Schluss kommen, dass dies „richtig“ sei und daraufhin selbst rassistische Texte generiert. Ein paar Beispiele dazu: Bilderkennung: Google musste öffentlich lernen, dass ihre Vision Cloud dunkle Hauttypen offenbar negativer als weiße Hauttypen besetzt. Ein Foto, das eine weiße Hand mit einem Corona-Fiebermessgerät zeigt, wurde von Google als „elektrisches Gerät“ erkannt, dasselbe Foto mit einer dunkelhäutigen Hand wurde als „Waffe“ gelabelt. Für eine KI ist das ein üblicher Vorgang. Da sie noch nicht wirklich sehen kann, berechnet sie die Wahrscheinlichkeiten auf Basis von Daten, die ihr vorliegen, was auf dem Bild zu sehen ist. Fehlt der Mensch, der korrigiert, kommt es zu diesen falschen Ergebnissen – denn das tatsächlich auf dem Bild zu sehende Geräte, ein Corona-Fiebermessgerät, fällt in die Kategorie „elektrisches Gerät“, sicher nicht unter „Waffe“. Google entschuldigte sich und korrigierte den Algorithmus (Kayser-Bril, 2020). Die Forscherin Buolamwini untersuchte bereits 2015 IBM, Microsoft und Face + + bezüglich deren Fähigkeiten, Gesichter zu erkennen und stellte fest, dass alle drei Firmen besser darin waren, Männer zu erkennen als Frauen und hellhäutige Menschen besser als dunkelhäutige. Die schlechteste Gesichtserkennung zeigten alle drei Algorithmen bei dunkelhäutigen Frauen (Ben-Aharon, 2019). Und in Asien sind Gesichtserkennung-KIs deutlich besser und schneller darin, asiatische Menschen zu erkennen und etwa ihr Alter korrekt zu schätzen als europäisch aussehende Menschen. Der Grund liegt auf der Hand: Die Trainingsdaten für KI von asiatischen Anbietern sind zum überwiegenden Teil asiatische Gesichter (Selbstversuch Prof. Bünte auf Innovationsreise in China). Auch im Innovationsbereich selbstfahrender Autos diskriminieren Algorithmen bei der Bilderkennung. Sie erkennen dunkle Hautfarben von Fußgängern schlechter, mit potenziellen Auswirkungen auf die Gesundheit dieser Fußgänger im Falle eines Unfalls (Cuthbertson, 2019). Man könnte sagen, KI diskriminiert aktuell besonders nach Geschlecht und ethnischer Herkunft.

1.2

KI – die Zukunft des Marketings? …

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Texterkennung: Linzer Forscher zeigten 2020, dass Ergebnisse von Suchmaschinen, die Deep Learning nutzen, besonders verzerrt in Bezug auf das Geschlecht sind (Science.ORF.at, 2020). Bei Fragen wie etwa nach dem Einkommen einer Pflegekraft oder nach einem Synonym für „schön“ warfen die getesteten Suchmaschinen vor allem Antworten im Zusammenhang mit Frauen aus, Männer kamen erst weit hinten vor. Umgekehrt lieferte etwa die Suche nach „CEO“, oder „Programmierer“ überwiegend männlich konnotierte Antworten. Den Grund für die besondere Verzerrung von Deep-Learning-Algorithmen sehen die Forscher darin, dass diese potenteren Algorithmen nicht nur den Begriff an sich, sondern auch verwandte Begriffe suchen. Und da „Pflegekraft“ häufig im Zusammenhang mit „Oberschwester“ gebraucht wird, kommt der Algorithmus nach dem Gesetz der Wahrscheinlichkeit zum Schluss, „Pflegekraft“ müsse weiblich sein. 2018 verwarf Amazon sein von Machine Learning gestütztes Bewerbungstool, das das Unternehmen zur Bewertung von Bewerbern nutzen wollte (Nickel, 2018). Der Grund: Der Algorithmus hatte sexistische Tendenzen und bewertete Männer grundsätzlich mit einer höheren Punktzahl als Frauen. Das Maschine-Learning-System habe sich dieses Fehlverhalten selbst beigebracht und das Attribut, männlich zu sein, sehr hoch gewichtet. Das System sollte Bewerber auf einer Skala von eins bis fünf Sternen einsortieren. Eine Studie der HTW Berlin untersuchte KI-Lösungen, die in Personalabteilungen automatisch Zeugnisse von Bewerber*innen analysiert (Folkerts et al., 2019). Geprüft wurden die Lösungen von Google Natural Language API, Amazon Web Service Comprehend, IBM Watson Natural Language Understanding and Microsoft Azure Cognitive Service. Ziel war es, zu testen, ob Arbeitszeugnissätze bei einer Änderung des Geschlechts oder des Nachnamens der ProbandInnen unterschiedlich bewertet werden. Die Formulierung „stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“ steht z. B. eigentlich immer für die Note eins. Im Test stellte sich heraus, dass bei allen KI-Anbietern Zeugnisse von Männern positiver zusammengefasst wurden als von Frauen, obwohl in den Zeugnissen immer vergleichbare Einschätzungen enthalten waren. Keine der Lösungen war dagegen negativer gegenüber ausländisch klingenden Namen oder deutlich positiver gegenüber akademischen Titeln eingestellt. Die Forschenden um Prof. Dr. Katharina Simbeck, raten daher dazu, „keine der getesteten Dienstleistungen in einem HR-Kontext zu nutzen, da alle vier die Notwendigkeit eines Fairnessbewusstseins vernachlässigen. Arbeitgeber, die diese Dienstleistungen integrieren, würden systematisch geschlechtsspezifische Prozesse einführen.“ Der Schaden für die Wirtschaft, wenn diese Bevorzugung bzw. Benachteiligung unbemerkt bleibt oder nicht korrigiert wird, ist groß. Studien kommen regelmäßig zum Ergebnis, dass Unternehmen mit einer diversen Belegschaft nach Alter, Geschlecht und Herkunft erfolgreicher sind als einseitig zusammengestellte Belegschaften. Aber warum ist Künstliche Intelligenz tendenziell diskriminierend? Grundsätzlich ist es richtig, dass Künstliche Intelligenz neutral ist. Sie ist nicht per se gegen Frauen, Schwarze oder Alte. Dass sie im Ergebnis dennoch diskriminieren kann, hat zwei Gründe: Erstens ist relevant, wie eine KI lernt. Sie lernt über Daten und stützt sich dabei auf Muster, die in den Trainingsdaten relevant sind. Forschungen haben gezeigt, dass etwa eine KI Hunde

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1 Was ist Digital Marketing und wie helfen …

als Wölfe kennzeichnete, sobald sie vor einem verschneiten Hintergrund fotografiert wurden (denn dann war die Wahrscheinlichkeit höher, dass ein Wolf auf dem Foto abgebildet ist), und dass Kühe als Hunde gekennzeichnet wurden, wenn sie an Stränden standen – denn Kühe stehen seltener am Strand als Hunde. Sind die Daten biased, ist es automatisch auch die KI, wenn kein Mensch in der Trainingsphase des Algorithmus gegensteuert. Zweitens ist wichtig, wie die IT-Teams, die einen Algorithmus trainiert, selbst zusammengesetzt sind. In Europa und den USA sind diese Teams überwiegend weiß und männlich, was es unwahrscheinlich macht, dass Ergebnisse, die andere Gruppen diskriminieren, in der Entwicklungsphase überhaupt gesucht, geschweige denn gefunden und angegangen werden. Wenn die Menschen, die die KI trainieren, selbst einen „blinden“ Fleck haben, fällt ihnen nicht auf, wenn eine andere Gruppe nicht neutral genug behandelt wird. Wie schnell das geht, konnte man bei VW erleben. Deren deutschem und hauptsächlich hellhäutigen Marketingteam war nicht aufgefallen, dass ein Werbespot für dunkelhäutige Menschen diskriminierend wirkte. Jürgen Stackmann, hochrangiger Manager bei VW, zeigte Haltung und entschuldigte sich nach Veröffentlichung der Werbung und stoppte deren Verbreitung. Zusammengefasst kann man sagen, diskriminiert der Mensch, diskriminiert die KI – und das schadet letztendlich nicht nur der Wirtschaft, sondern auch der Gesellschaft. Unternehmen, die KI entwickeln, müssen deshalb anfangen, formelle Prozesse einzurichten, um diese Art von Fehlern schon bei der Entwicklung dieser Systeme zu testen und zu melden. Denn derzeit ist die externe Rechenschaftspflicht gegenwärtig die Hauptmethode, um diese Ingenieurteams auf das Vorurteil aufmerksam zu machen. Aber zu dem Zeitpunkt, wenn sich jemand beschwert, sind viele bereits unverhältnismäßig stark von der verzerrten Leistung des Modells betroffen – und das Unternehmen selbst in der Kritik, diskriminierend zu sein. Und Unternehmen, die KI-Lösungen einsetzen, müssen sich und ihre Dienstleister fragen, wie neutral die Ergebnisse sind, statt weiter Black -Box-Lösungen zu kaufen. Diese Herausforderung wird auch von den KI-entwickelnden Firmen erkannt. So trainiert etwa Open AI, die ChatGPT und Dall:e entwickeln, ihre KI, indem sie von Menschen Inhalte zunächst labeln, also mit einer Interpretation für die KI hinterlegen lassen. Dieses sogenannte überwachte Lernen erlaubt es den EntwicklerInnen, einzugreifen, wenn sich die Ergebnisse der KI in eine Richtung entwickeln, die unerwünscht ist (Leisegang, 2023). Und wer am 23. März 2023 mit ChatGPT der vierten Generation arbeitete, bekam den Hinweis, es handele sich um eine KI in der Entwicklung, sodass es trotz Überwachung zu gelegentlichen falschen oder missverständlichen Informationen (siehe Abb. 1.10) (Open AI 2023). Es ist sicherlich eine gute Idee, NutzerInnen über den Status eines KI-Werkzeuges zu informieren und dafür zu sorgen, dass die „Blackbox“ von den Menschen mit eigenem Verstand und nicht „blind“ verwendet wird. Insofern kann man sagen, dass die EntwicklerInnen von KI selbst dazulernen und ihre eigenen Ergebnisse hinterfragen. Fazit KI ist ein gutes Werkzeug. Ähnlich wie ein Hammer, der helfen kann, einen Nagel in die Wand zu schlagen oder auch wieder herauszuziehen, ist KI ein Werkzeug, um andere

1.2

KI – die Zukunft des Marketings? …

15

Abb. 1.10 ChatGPT informiert NutzerInnen über Pilotcharakter – März 2023. (Quelle: Chat-GPT)

Tätigkeiten, auch im Marketing auszuführen. Dabei ist wichtig, dass Nutzende z. B. HandwerkerInnen, mit dem Hammer umgehen können, sonst kann sich das Werkzeug auch in eine Waffe verwandeln. Genauso ist es mit der KI-Anwendung. NutzerInnen müssen wissen, was ein Werkzeug kann, was es nicht kann, wo die Gefahren liegen und wie man mit ihm umgeht. Gutes Training ist daher wichtig. Nicht einmal, sondern dauernd. Denn KI entwickelt sich weiter und so muss sich auch der die KI bedienende Mensch weiterentwickeln, um auf der Höhe der Technik zu sein und die Werkzeuge richtig anzuwenden. Um im Bild zu bleiben, brauchen wir also nicht nur im Marketing ausgebildete HandwerkerInnen, die mit ihrem Werkzeug umgehen können. Dazu gehört Interesse, Mut, Lust auf Neues und viel Ausprobieren.

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1.3

1 Was ist Digital Marketing und wie helfen …

Die fünf Kernaufgaben im Marketing – ein Überblick

Um die Möglichkeiten im digitalen Marketing systematisch zu verstehen, lohnt es sich, als Gliederungshilfe die Kernaufgaben des Marketings und Vertriebs heranzuziehen: KundInnen oder Zielgruppen so gut es geht verstehen (Consumer Insights), die Marken- und Marketingstrategie daraus ableiten (Strategy), das eigene Angebot an Produkten und Services daraufhin aufbauen oder optimieren (Offer), die Marketing- und Salesaktivitäten operativ planen und durchführen (Execution) und den Erfolg der Maßnahmen überwachen und notfalls anpassen (Performance Management), siehe Abb. 1.11. In der Vergangenheit wurden diese Schritte noch hintereinander und mit zeitlichem Abstand durchgeführt. So waren die Zeitabläufe eines globalen FMCG-Unternehmens noch so, dass zwar permanent die wichtigsten Kundenwünsche erhoben und analysiert wurden, aber ein Plan für die Strategie jedes Jahr für drei Jahre aufgestellt wurde, der sogenannte Long Range Plan. Aus diesem Langfristplan, eigentlich der Strategie, wurden dann Produkte entwickelt oder angepasst und die daraus abgeleitete Werbekampagne jedes Jahr, als sogenannter Annual Plan abgeleitet. Natürlich wurden die einzelnen Werbekampagnen innerhalb dieses Plans dann im Detail ausgearbeitet und an neue Entwicklungen bei den Werbekanälen und an KundInnen-Wünsche angepasst. Allerdings tendenziell nur, wenn es wirklich nötig war. Die Kontrolle der Maßnahmen lief zwar monatlich oder sogar wöchentlich, aber nicht täglich. Aktuell laufen die Tätigkeiten viel öfter gleichzeitig, die Datenerhebung und die Umsetzung können je nach Branche und Datenverfügbarkeit täglich erfolgen, die Anpassungen der Kampagne ebenfalls. Damit kein falscher Eindruck entsteht: Es ist nach wie vor nicht nur wichtig, sondern entscheidend, dass ein Unternehmen eine langfristige Strategie entwickelt. Durch die Möglichkeiten des digitalen Marketings ist es aber zunehmend möglich, zeitnaher die Wirkung der Maßnahmen durch echtes KundenInnenverhalten nachzuvollziehen und so auch schneller zu reagieren. Auch wenn Abb. 1.11 suggeriert, dass es sich um aufeinander aufbauende Phasen handelt, bei denen die vorangehende Phase die nachfolgende beeinflusst, so ist die Realität doch eine schnelle, alle Phasen miteinander verbindende Abfolge. Marketing-ManagerInnen müssen (oder dürfen) viel mehr mit Daten arbeiten, diese schnell erfassen, sie auf ihre Auswirkungen und auf die langfristige Strategie oder den unmittelbaren Verkaufserfolg der Kampagne untersuchen und Anpassungen vornehmen. Die meisten KI-Tools in der westlichen Wirtschaftswelt werden heute im Bereich Exekution, also Werbung und Vertrieb, entwickelt und eingesetzt, gefolgt von Consumer Insights, der Produktweiterentwicklung und dem Performance-Management. Interessant ist, dass trotz intensiver Suche (noch) keine Tools auffindbar sind, die den ManagerInnen die Entwicklung der Strategie abnehmen. Hier scheint auf der einen Seite die für das KI-System benötigte Menge an Daten, um aus den Strategien anderer Firmen zu lernen, schlicht nicht vorhanden bzw. nicht veröffentlicht zu sein. Das ist z. B. in Asien, besonders in China anders (siehe (Bünte 2020). Auf der anderen Seite sollte die Strategie des

1.3

Die fünf Kernaufgaben im Marketing – ein Überblick

17

Strukturierte Erfassung und Auswertung von Insights über • KundInnen • Markt • Webewerber

• •





Kontrolle Markengplanung miels KPIs Kontrollprozess und (Gegen)steuerungs-maßnahmen, auch für Budget-Einsatz (Markeng ROI) Vorbereitung nächste Runde Planung

• •

• •



Durchführung der Markengmaßnahmen Operave Steuerung



Definion Markenvision/ Mission Definion Markenziele Ableitung Marken-strategie (langfrisg) und – Maßnahmen (kurzfrisg) inkl. Budget- und Zeitplan

Anpassung von Produkt- und Services an Kundenbedürfnisse Entwicklung von Innovaonen

Legende: Vorhandensein von KI-Tools Kaum Tools vorhanden

Ausreichend Tools vorhanden

Abb. 1.11 Fünf Kernaufgaben im Marketing und Vertrieb. (Quelle: Eigene Darstellung)

Unternehmens ohnehin individuell abgeleitet werden und deshalb die letzte Aufgabe sein, die an eine Software abgegeben wird. Im Bereich Exekution werden wie beschrieben die meisten Anwendungstools angeboten (siehe Abb. 1.11), exemplarisch sei eine kleine Auswahl von Anbietern genannt. Hier finden sich unterstützte Assistenzsysteme (Google Duplex), Schriftbots (Eggheads oder Moin.ai), Avatare (Puppeteers), Sprachassistenten (Siri; Alexa), die optische Optimierung von Websites (eyequant), die semantische Optimierung von Websites (Retresco), die Optimierung des taktischen Werbebudgets (Albert), die optimierte Leadgeneration oder journalistische und Werbetexte (Neuroflash), generative KI wie ChatGPT für Text oder Dall:e für Bilder, um nur einige zu nennen. Ebenso gibt es interessante Start-ups im Bereich der Optimierung von Werbespots durch die Analyse von Mikroexpressionen im Gesicht der ZuschauerInnen. Damit wird der Nachteil neutralisiert, den bisherige Werbepretests hatten, wenn Proband*innen klassisch zu ihrer Reaktion auf eine Werbung befragt wurden; Ähnlich wie Werbewirkungstests auf Basis von Neuroscience wird bei der Microexpression „nur“ beobachtet, wie der ProbandInnen auf welche Szene im Spot reagiert. Ein Beispiel für diese Anwendung ist z. B. Affectiva.

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1 Was ist Digital Marketing und wie helfen …

In den folgenden Kapitel werden die Bereiche Consumer Insights, Strategie, Exekution, hier besonders der Bereich Werbung und Performance Management im Fokus stehen. In jedem Kapitel werden ausgewählte KI-Tools vorgestellt und deren Anwendung erläutert. Auf den Bereich „Offer“, also Produkt und Preis, soll in diesem Buch bewusst nicht eingegangen werden. Dieser Teilbereich ist je nach Industrie eine eigenständige Abteilung, die teilweise relativ losgelöst von den Marketing-KollegInnen arbeitet und die Inhalte entwickelt – z. B. in der sogenannten Old Economy, also etwa in der Automobilindustrie, der Stahlindustrie, der Energiewirtschaft und andere klassische Industriesektoren oder im produzierenden Gewerbe (Land- und Forstwirtschaft, Fischerei und Aquakultur, Bergbau und Gewinnung von Rohstoffen und die Herstellung von Waren, z. B. Maschinen, Elektronik, Textilien, Nahrungsmittel und chemische Produkte).

1.4

Management Summary

• Digital Marketing ist nicht Online-Marketing, aber Online-Marketing ist ein Teil des Digital Marketings. Digital Marketing bezeichnet einerseits eine Unterkategorie des Marketings, in dem es darum geht, Zielpersonen in der digitalen Welt zu erreichen (dazu gehört Online-Marketing), andererseits kann damit der Einsatz digitaler Tools gemeint sein, um Marketing zu betreiben. • Künstliche Intelligenz wird im Marketing als eine Weiterentwicklung von digitalen Werkzeugen verwendet. KI ist dabei, kurz gesagt, jede Anwendung auf Basis von Algorithmen, die lernt – egal, ob mit oder ohne menschliche Hilfe. • Die Lernkurve von KI ist exponentiell. Diese Kurve, die zunächst langsam, dann immer schneller steigt, wird von Menschen häufig unterschätzt. • Heute können KI-Anwendungen schon fast alle menschlichen Fähigkeiten, wie sehen, hören, sprechen, interagieren und sich in einer natürlichen Umgebung orientieren, nachahmen, teilweise sogar deutlich übertreffen. Noch kann keine KI alle menschlichen Fähigkeiten gleichzeitig erfüllen, es ist aber weniger die Frage, ob diese sogenannte Singularität durch künstlich intelligente Anwendungen erreicht wird, sondern nur, wann. • Viele KI-Tools haben einen Reifegrad erreicht, der es zulässt, dass MarketingManagerInnen mit ihnen arbeiten. So ist in den letzten fünf Jahren die Anwendung von KI-Tools im Marketing signifikant um über 50 % gestiegen, die Zahl der SkeptikerInnen um 67,4 % signifikant zurückgegangen und die Unternehmen, die KI einsetzen, sind nach eigener Aussage signifikant häufiger erfolgreicher als der Wettbewerb. • Künstliche Intelligenz hat aber auch Herausforderungen: Nach dem aktuellen Hype um ChatGPT und Co. kommt automatisch das Tal der Ernüchterung. Außerdem erfordert der Einsatz von KI im Marketing und anderen Aufgabenbereichen ständiges Training, um die neusten Entwicklungen der KI richtig, gut und sicher einsetzen zu können. Gerade im Bereich des KI-Wissens haben die Marketing-ManagerInnen aber noch Luft

Literatur

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nach oben. Rund ein Drittel der Befragten einer neuen Studie zu KI im Marketing geben sich keine guten KI-Wissensnoten und über 61 % der Befragten sehen in der KI-Ausbildung der MitarbeiterInnen eine Herausforderung. Als dritte Herausforderung sei genannt, dass KI-Ergebnisse für die NutzerInnen im Marketing häufig als Blackbox erscheinen, ihre Methoden und Analysen also nicht nachvollziehbar sind. Zahlreiche Beispiele in der Vergangenheit zeigen, dass eine KI diskriminierend und/oder rassistisch lernt und die EntwicklerInnen nachsteuern mussten. Dies liegt nicht an der KI, sondern an der Art und Weise, wie die KI lernt. Zusammenfassend kann man sagen: Diskriminiert der Mensch, diskriminiert die KI – und das schadet der Wirtschaft. Die folgenden Kapitel geben einen Einblick in die Nutzung von digitalen Tools und die Ansprache von KundInnen im digitalen Raum entlang von vier der fünf Kernaufgaben im Marketing: Consumer Insights, Strategy, Execution (hier mit Fokus auf Werbung) und Performance Management. Die fünfte Kernaufgabe, „Offer“, also Produkt und Preis, wird nicht gesondert betrachtet, weil es in vielen Industrien nicht zum Marketing gehört, sondern eine eigene Abteilung bildet. Innerhalb der einzelnen Kapitel werden in diesem Buch auch ausgewählte KI-Tools vorgestellt und in ihrer Anwendung gezeigt.

Literatur Bünte, C. (2020). Die chinesische KI-Revolution. Konsumverhalten, Marketing und Handel: Wie China mit Künstlicher Intelligenz die Wirtschaftswelt verändert. Springer Gabler. Bünte, C. (April 2023). Studie: Künstliche Intelligenz – Die Zukunft des Marketings 2023. https:// t1p.de/teyed. Zugegriffen: 26. Apr. 2023. Bünte, C., & Wecke, B. (2022). Künstliche Intelligenz – die Zukunft des Marketings (2 Ausg.). Springer Gabler. Ben-Aharon, A. B.-A.-A. (29. Oktober 2019). Is AI doomed to be racist and sexist? https://t1p.de/ lxz8. Zugegriffen: 14. Jun. 2023. BVIK. (2022). bvik Trendbarometer Industriekommunikation. https://t1p.de/aivcu. Zugegriffen: 3. Apr. 2023. BVIK. (2023). bvik Trendbarometer Industriekommunikation 2023. https://t1p.de/9hre5. Zugegriffen: 3. Apr. 2023. Cuthbertson, A. (6. März 2019). Self-driving cars more likely to drive into black people, study claims. https://t1p.de/yg7ya. Zugegriffen: 14. Jun. 2023. Folkerts, F., Schreck, V., Riazy, S., & Simbeck, K. (2019). Analyzing sentiments of German job references. https://t1p.de/voryy. Zugegriffen: 3. Apr. 2023. Google Trends. (3. April 2023). ChatGPT. https://t1p.de/k0ea4. Zugegriffen: 3. Apr. 2023. Kayser-Bril, N. (7. April 2020). Google apologizes after its Vision AI produced racist results. https:// t1p.de/eam56. Zugegriffen: 3. Apr. 2023. Leisegang, D. (20. Januar 2023). Prekäre Klickarbeit hinter den Kulissen von ChatGPT. https://net zpolitik.org/2023/globaler-sueden-prekaere-klickarbeit-hinter-den-kulissen-von-chatgpt/. Zugegriffen: 3. Apr. 2023. Nickel, O. (11. Oktober 2018). Amazon verwirft sexistisches KI-Tool für Bewerber. https://t1p.de/ ram5t. Zugegriffen: 3. Apr. 2023.

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1 Was ist Digital Marketing und wie helfen …

Open AI. (23. März 2023). Ohne Titel. https://t1p.de/t0hqs. Zugegriffen: 23. März 2023. Science.ORF.at. (19. Juni 2020). Was künstliche Intelligenz sexistisch macht. https://t1p.de/cyqn1. Zugegriffen: 3. Apr. 2023. Urban, T. (22. Januar 2015). The AI revolution: The road to superintelligence. https://t1p.de/mz8u0. Zugegriffen: 3. Apr. 2023. Wiles, J. (15. September 2022). Neues aus dem Gartner Hype Cycle 2022 zum Thema KI. https:// t1p.de/r9zeb. Zugegriffen: 20. Jun. 2023.

2

Consumer Insights: So verstehen Sie KundInnen wirklich

2.1

Die Zukunft der Marktforschung: Consumer Insights

2.1.1

Sammeln Sie keine Daten, verknüpfen Sie sie

„Consumer Insights“ bezeichnen Erkenntnisse oder Einsichten über das Verhalten, die Einstellungen, die Bedürfnisse, die Präferenzen und die Demografie von VerbraucherInnen. Consumer Insights werden in der Marktforschung und im Marketing verwendet, um ein besseres Verständnis für die Zielgruppe zu gewinnen und strategische Entscheidungen in Bezug auf Produktentwicklung, Markenkommunikation, Verkaufsförderung und Kundenerlebnis zu treffen. Consumer Insights können aus verschiedenen Quellen gewonnen werden, wie Marktforschungsstudien, KundInnenumfragen, VerbraucherInnenfeedback, soziale Medien, Verkaufsdaten, Website-Analysen, Fokusgruppen und anderen Methoden. Durch die Analyse von Consumer Insights können Unternehmen Trends erkennen, Vorlieben der VerbraucherInnen verstehen, ihre Bedürfnisse antizipieren und auf ihre Kunden zugeschnittene Marketingstrategien entwickeln. Consumer Insights sind daher ein wertvolles Instrument, um das Verbraucherverhalten zu verstehen und die KundInnenbindung zu stärken. Jede Marketing- und Markenstrategie startet mit einem tiefen Verständnis der Bedürfnisse der Zielpersonen. „Insights“ sind dabei nicht gleichzusetzen mit „Daten“. Ein Datensatz besteht lediglich aus einfachen Fakten. Insights hingegen sind die Verknüpfung von Daten zu einer Erkenntnis über die Motivation oder Bedürfnisse der Zielpersonen, siehe Abb. 2.1. Ein Beispiel: Ein Getränkehersteller kann über die eigene Marktforschung herausgefunden haben, dass 65 % der KäuferInnen seines koffeinhaltigen Erfrischungsgetränks Frauen sind – eine einfache Beobachtung. Bliebe es bei diesem Analysestand, wären etwa

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 C. Bünte, So geht Digital Marketing, https://doi.org/10.1007/978-3-658-42202-8_2

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2 Consumer Insights: So verstehen Sie KundInnen wirklich

Abb. 2.1 Daten, Informationen und Erkenntnisse im Vergleich. (Quelle: Eigene Darstellung)

Daten, Informationen und Erkenntnisse (Insights) Erkenntnisse Informationen Daten

• Gefilterte, strukturierte und organisierte Daten

• Informationen, die zueinander in Beziehung gesetzt sind mit Bewusstsein, Erfahrungen, Zielen

• Kodierte Beobachtungen (Zahlen, Text, Bild)

Werbekampagnen speziell für Männer offensichtlich eine gute Strategie, um mehr Volumen zu verkaufen, denn die Männer scheinen als Kundengruppe noch unterrepräsentiert zu sein. Zur Information wird diese Beobachtung, wenn mehrere Daten kombiniert werden. Also etwa, wenn das Unternehmen herausfindet, dass von diesen Frauen die meisten KäuferInnen zwischen 24 und 35 Jahre alt sind und über 70 % Mütter mit Kindern im Säuglingsalter. Daraus könnte man die Strategie entwickeln, Frauen mit einer Kampagne anzusprechen, die älter als 35 Jahre sind, denn offenbar sind auch sie unterrepräsentiert. Zur Erkenntnis werden diese Informationen dann, wenn man nach dem „warum“ fragt. Warum trinken gerade junge Mütter dieses Getränk? Mittels Marktforschung kann sich herausstellen, dass diese jungen Mütter wegen unruhiger Nächte ihrer Babys am Tag müde sind und ein koffeinhaltiges Getränk, das schnell verfügbar ist, also nicht erst zubereitet werden muss, dann ein passendes Getränk ist. Man könnte mit weitergehenden Fragen herausfinden, dass die meisten dieser Mütter sehr viel lieber einen Kaffee trinken würden, für dessen Zubereitung aber keine Zeit finden. Hat man diese Erkenntnis über die Bedürfnisse der Zielgruppe „junge Mütter“, könnte man Kommunikationsmaßnahmen erarbeiten, die gezielt auf junge Mütter abgestimmt sind, um noch mehr dieser Zielpersonen zu erreichen. Kombiniert man diese Insights aber auch noch mit anderen Wirtschaftsdaten und Informationen aus dem eigenen Unternehmen, könnte man zu dem Schluss kommen, dass die Marge bei einem „ready to drink“-Kaffee, der immer eisgekühlt griffbereit im Kühlschrank steht, ein hohes Potenzial bei der Zielgruppe der jungen Mütter hätte und diese bereit wären, für den Kaffee deutlich mehr zu bezahlen als für eine Flasche des Erfrischungsgetränkes, wenn es besonders viel Koffein enthält. Und dass die Verdienstspanne dieses Kaffees höher wäre als bei dem Erfrischungsgetränk. Das Ergebnis von tiefen Insights über die Motivation und Bedürfnisse von Zielpersonen kombiniert mit Wirtschafts- und Unternehmensinformationen führt dann zum Launch eines neuen Kaffees für junge Mütter mit einer eigenen Kommunikationskampagne und, wenn alles gut geht, mehr Gewinn. Das Beispiel zeigt, dass es wichtig ist, die Zielgruppe ausreichend tief zu analysieren und immer nach dem „Warum“ eines Verhaltens zu fragen. Daraus lassen sich nicht nur neue Erkenntnisse für Werbekampagnen erarbeiten, sondern auch Ansatzpunkte für neue Produkte, Produktanpassungen und Preise.

2.1

Die Zukunft der Marktforschung: Consumer Insights

2.1.2

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„Segment of One“, der heilige Gral im Marketing

Aber wozu das Ganze? Warum so sehr in die Tiefe gehen und viel Geld für Marktforschung ausgeben? Reicht es nicht aus, KundInnen einigermaßen gut zu kennen? Nein, das reicht nicht aus. Wir arbeiten in fast allen Industrien in der westlichen Welt in gesättigten Märkten. Hier sind die KundInnen die KönigInnen. Sie entscheiden, wer den Verkauf erzielt und das Geld einnimmt. In gesättigten Märkten muss man immer ein wenig besser oder schneller als der Wettbewerb sein, um zu punkten. Hier gilt: Wer die KundInnen besser versteht als der Wettbewerb und das eigene Angebot daraufhin optimiert und die Kommunikation auf genau diese KundInnen ausrichtet, macht das Geschäft. Und da Menschen pro Tag nur eine begrenzte Menge an Erfrischungsgetränken trinken können und eine bestimmte Anzahl Autos im Leben fahren können, ist dieser Wettbewerb ein Verdrängungswettbewerb. KundInnenverständnis ist daher entscheidend für den Erfolg. Aber jeder Mensch „tickt“ leicht anders als andere Menschen. Im Marketing muss man daher die Balance finden zwischen dem Aufwand, die Motive und Bedürfnisse der Menschen so tief wie möglich auf individueller Ebene zu verstehen und den Kosten, die diese Erkenntnisse bedeuten. Daher greifen Marketing-ManagerInnen auf das Mittel der Segmentierung zurück. Segmentierung bezeichnet die Aufteilung des Gesamtmarktes für ein Produkt oder eine Dienstleistung in separate, homogene Gruppen oder Segmente von KundInnen mit ähnlichen Merkmalen oder Bedürfnissen. Das Ziel der Segmentierung ist es, unterschiedliche Zielgruppen zu identifizieren, die sich in ihren Verhaltensweisen, Bedürfnissen, Präferenzen oder demografischen Merkmalen unterscheiden, um maßgeschneiderte Marketingstrategien für jede Zielgruppe zu entwickeln. Innerhalb der Segmente sind die Zielpersonen dann aber so homogen, also gleich, wie möglich. Die Segmentierung im Marketing kann auf verschiedene Weisen erfolgen, je nach Art des Produkts, der Dienstleistung oder des Marktes. Eine einfache Segmentierung ist z. B. die Aufteilung in zwei Segmente nach Geschlecht: Männer und Frauen. Diese bietet sich z. B. für Versicherungen an, die Lebensversicherungen verkaufen. Andere Segmentierungskriterien können sein: Demografische Segmentierung Hier werden KundInnen nach demografischen Merkmalen wie Alter, Geschlecht, Einkommen, Bildungsniveau, Familienstand, ethnische Zugehörigkeit usw. segmentiert. Verhaltensbezogene Segmentierung Hier werden KundInnen nach ihren Verhaltensweisen, Einstellungen, Nutzungsgewohnheiten oder Markenloyalität segmentiert. Beispiele für verhaltensbezogene Segmente können VielkäuferInnen, GelegenheitskäuferInnen, Markenfans oder preissensitive KundInnen sein. Psychografische Segmentierung Hier werden KundInnen nach ihren Lebensstilen, Persönlichkeiten, Interessen oder Werten segmentiert. Psychografische Segmente können etwa Abenteuerlustige, Gesundheitsbewusste, UmweltaktivistInnen oder InnovatorInnen sein.

24

2 Consumer Insights: So verstehen Sie KundInnen wirklich

Geografische Segmentierung Hier werden Zielpersonen nach ihrem geografischen Standort, wie Ländern, Regionen, Städten oder Stadtteilen segmentiert. Geografische Segmente können unterschiedliche kulturelle, klimatische oder soziale Merkmale aufweisen. Nutzenbasierte Segmentierung Hier stehen Bedürfnisbefriedigung, Anforderungen oder Nutzensegmente im Vordergrund, die die Zielpersonen von einem Produkt oder einer Dienstleistung erwarten. Nutzenbasierte Segmente können etwa Komfortsuchende, Preisbewusste oder Qualitätsorientierte sein. Die einfach zu erstellenden Segmente basieren auf Daten, die leicht beobachtbar sind, wie z. B. das Geschlecht, was wann gekauft wurde und von wem. Schwieriger sind Segmentierungen auf Basis des Nutzens eines Gutes für die Zielgruppe. Denn hierzu reichen beobachtbare Daten nicht aus. Hier muss man nach den Motiven der Zielpersonen forschen. Aber gerade diese Segmentierung ist die, die am sichersten Verkaufserfolge erzielt, weil das Unternehmen eben genau auf die Motivation der Zielpersonen eingehen kann, weil es Insights hat und nicht bloß Daten über Zielpersonen. Dies hat Vorteile für eine effektive und effiziente Marketingarbeit, weil gilt: Je besser ein Unternehmen die Bedürfnisse und Motive einer individuellen Person (und hilfsweise eines Segmentes) versteht, umso besser kann sie mit der Person interagieren. Bisher war aber eben die Erarbeitung dieser Bedürfnisse für Segmente aufwendig und teuer. Mit dem Eintritt ins digitale Zeitalter und Unmengen an Nutzungsdaten, die Unternehmen über Smartphones und Social-Media-Kanäle analysieren können, ändert sich das. Nun steigt die Datenmenge, die Daten sind aktueller und der Kostenaufwand für Consumer Insights wird geringer. Daher lohnt es sich für viele Unternehmen, sogenannte Mikrosegmente statt der oben erwähnten Makrosegmente zu bilden, also kleinere Einheiten innerhalb z. B. der „Markenfans“. Der Aufwand, für diese kleineren Segmente gesonderte, nur leicht unterschiedliche Kampagnen zu fahren, lohnt sich. Denn durch digitale Tools wird die Komplexität, die mit solchen kleineren und zahlreicheren Segmenten in der Analyse, Ansprache und Auswertung der Ansprache einhergehen, handhabbar. Das Ziel dieser Segmentierung ist erreicht, wenn praktisch jede Zielperson nicht mehr nur Teil eines Segmentes mit anderen Individuen ist, sondern in einem eigenen, individuellen Segment, dem „Segment of One“ geführt und angesprochen wird. Mithilfe der aktuellen digitalen Tools ist das heute, zumindest in der westlichen Wirtschaftswelt, noch nicht möglich, das ist in Asien u. a. auch wegen eines etwas anderen Datenschutzes nicht mehr so (Stefanov et al., 2021, S. 90 ff.). Aber die Zahl der Zielpersonen pro Segment reduziert sich auch bei uns in dem Maße, in dem neue digitale Assistenztools entwickelt werden. Nicht nur in der Marktforschung und Consumer Insights, auch in den Werbe- und Vertriebskampagnen. Wie eine Segmentierung in der Praxis durchgeführt wird, zeigt Meinert Jacobsen in Abschn. 2.4.2.1.

2.1

Die Zukunft der Marktforschung: Consumer Insights

2.1.3

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Von reaktiver Datenerfassung zum proaktiven Social Listening und Co-Creation

Auch die Datenerhebung befindet sich in einem disruptiven Wandel. Noch vor zehn Jahren war es üblich, dass ein Unternehmen, das etwas über die Zielpersonen erfahren wollte, einen quantitativen Fragebogen oder eine qualitative Fokusgruppe erarbeitete, die Datenerhebung für einen gewissen, festgelegten Zeitraum durchführte, die Daten auswertete und Ableitungen für die Strategie erarbeitete. Mit anderen Worten: Das Unternehmen war aktiv, aber anlassbezogen, etwa, wenn es um ein neues Produkt oder eine neue Kampagne ging. Die KundInnen waren passiv – sie wurden vom Marktforschungsinstitut angesprochen und befragt. Selbst, wenn ein Unternehmen eine regelmäßige Datenerhebung zu einem Thema aufsetzte, die sogenannten Panel-Erhebungen, war es immer das Unternehmen, das aktiv war, die Befragten, die angesprochen wurden und die Zeiträume der Erhebung waren im besten Fall Monate, im FMCG-Bereich Wochen, selten Tage. Wesentliche Gründe dafür waren die hohen Kosten solcher kurzen Intervalle, um die nötigen Daten zu generieren. Diese Art der Datenerfassung könnte man mit „reaktiv“ zusammenfassen. Das Unternehmen ist aktiv, die Befragten reagieren. Mit dem Einzug der Smartphones in den Hosentaschen der VerbraucherInnen, einer 24/7-Internetverbindung und dem Aufkommen von Social-Media-Plattformen wie Facebook, Instagram, LinkedIn und anderen ändert sich nun die Menge an Daten und die Nutzung und die Bereitschaft der VerwenderInnen, ihre Produkt- und Markeneindrücke mit anderen auf sozialen Kanälen zu teilen. NutzerInnen werden aktiv, unabhängig davon, ob ein Unternehmen dies anstößt oder nicht, aber eben auch unabhängig davon, ob ein Unternehmen dies möchte oder nicht. Jetzt kann ein Unternehmen aktiv Daten dadurch erheben, dass es die öffentlich zugänglichen Daten, die NutzerInnen posten, analysiert – und dies ständig. Diese Art der Marktforschung nennt sich „Social Listening“ und wird von vielen Unternehmen genutzt. Der Nachteil: Die Daten, die hier analysiert werden müssen, sind unstrukturiert. Daher werden häufig diese Daten mithilfe von Künstlicher Intelligenz analysiert, um Muster zu erkennen. Bei der zuvor beschriebenen herkömmlichen Datenbeschaffung und Analyse ist der Analyseaufwand geringer, weil beim Erstellen des Datenerhebungsdesigns bereits klar ist, was warum und wie analysiert werden soll. Die theoretische 24/7-Verfügbarkeit der NutzerInnen können Unternehmen auch einsetzen, um ihre eigene, aktive Marktforschung durchzuführen. Entweder, indem sie selbst einen Pool an möglichen Befragten aufbauen oder – was deutlich häufiger der Fall ist – indem sie digitale Anbieter für die Datenerhebung nutzen. Das nächste Kapitel zeigt ein paar praktische digitale Werkzeuge dazu. 

Tipp Ein Beispiel für ein Social Listening-Center und deren Nutzung liefert Coca-Cola bei YouTube: https://t1p.de/9dw1m

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2 Consumer Insights: So verstehen Sie KundInnen wirklich

QR Social Listening bei Coca-Cola

2.2

Digitale Toolbox: Praktische Helfer, um Insights zu erheben, zu analysieren und professionell darzustellen

Die Aufgaben, um Consumer Insights für das Marketing nutzbar zu machen, lassen sich in drei Bereiche gliedern: Erheben, analysieren und darstellen. Für diese drei Bereiche werden im folgenden entsprechende Tools vorgestellt (siehe Abb. 2.2):

Erheben / Sammeln

Analysieren

Darstellen

Abb. 2.2 Digitale Tools im Bereich Consumer Insights. (Quelle: Eigene Darstellung)

2.2

Digitale Toolbox: Praktische Helfer, um Insights zu erheben …

2.2.1

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Tools zum Erheben von Daten

Wenn man Daten und Insights zunächst erheben muss, eignen sich Google Forms, SurveyMonkey und Streetbees. Google Forms und SurveyMonkey unterstützen, wenn man selbst einen Fragebogen entwickeln und online erheben möchte, aber Zugriff auf die Zielgruppe hat. Streetbees ist für AnwenderInnen sinnvoll, die kein ausreichendes eigenes Netzwerk innerhalb der Zielgruppe haben. Wenn es um die Produktentwicklung oder Produktweiterentwicklung geht, kann TRND helfen. Affectiva unterstützt bei der Analyse von Reaktionen von Menschen auf einen Stimulus, also z. B. auf einen Werbefilm oder ein Keyvisual. Marketlogic ist ein guter Partner, wenn ein Unternehmen eher zu viele als zu wenig Daten hat und diese an einem Ort sammeln und analysieren will. Da Marketlogic auch und insbesondere bei der Analyse und dem Generieren von Insights eine Stärke hat, findet sich die Beschreibung von Marketlogic im Abschn. 2.2.2.

2.2.1.1 Google Forms Das kann das Tool Google Forms (https://www.google.de/intl/de/forms/about/) ist ein Online-Tool, das es Unternehmen ermöglicht, Umfragen und Formulare zu erstellen, die einfach über das Internet geteilt und ausgefüllt werden können. Es bietet eine Auswahl an Vorlagen und Anpassungsoptionen, um diese Umfragen und Formulare anzupassen. Die Antworten werden automatisch gesammelt und in Echtzeit analysiert. So funktioniert das Tool NutzerInnen können aus verschiedenen Vorlagen und Anpassungsoptionen wählen und ihre Umfrage erstellen. Sobald das Formular erstellt ist, kann es einfach über das Internet als Link geteilt werden, sodass Befragte es schnell und einfach ausfüllen können. Die Antworten werden gesammelt und von Google Forms in Echtzeit aufbereitet sowohl optisch mit einfachen Balken- und Tortendiagrammen aufbereitet als auch dem befragenden Unternehmen in einer Excel- oder CSV-Datei zur Verfügung gestellt, sodass das Unternehmen auch selbst auf Basis der Rohdaten eigene Analysen durchführen kann. Für diese Bereiche ist es einsetzbar Dieses Tool kann in verschiedenen Bereichen eingesetzt werden, um Umfragen und Formulare zu erstellen und zu verwalten: Es kann z. B. für Feedback-Sammlungen, EventRegistrierungen, KundInnenbefragungen, Umfragen zur MitarbeiterInnenzufriedenheit und vieles mehr verwendet werden. Dadurch ist dieses Tool vielseitig einsetzbar in allen Bereichen des Unternehmens. Das ist auch noch gut zu wissen Obwohl Google Forms ein leistungsstarkes und kostenloses Online-Tool zur Erstellung von Umfragen und Formularen ist, gibt es einige Einschränkungen, die berücksichtigt werden

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2 Consumer Insights: So verstehen Sie KundInnen wirklich

sollten. Es ist etwa begrenzt in Bezug auf die Anzahl der Fragen, die in einem Formular enthalten sein können. Außerdem ist die Anpassung von Formularen begrenzt und es gibt keine Möglichkeit, ein Formular auf der eigenen Website zu hosten. Ein weiterer Nachteil ist, dass es keine Möglichkeit gibt, das Design der Formulare vollständig anzupassen.

2.2.1.2 SurveyMonkey Das kann das Tool SurveyMonkey (https://www.surveymonkey.de/) unterstützt dabei, Umfragen und Fragebögen schnell und einfach zu erstellen, zu verteilen und auszuwerten. Mit SurveyMonkey können AnwenderInnen benutzerdefinierte Umfragen erstellen, aus verschiedenen Vorlagen wählen und Fragen per Drag-and-drop hinzufügen. Zudem können die Umfragen über verschiedene Kanäle wie E-Mail, soziale Medien oder auf der eigenen Website verteilt werden. Die Auswertung der Umfragen erfolgt automatisch und bietet zahlreiche Analysemöglichkeiten wie Diagramme, Tabellen und Statistiken. So funktioniert das Tool Der Erstellungsprozess beginnt mit der Auswahl eines Umfragetyps und der Gestaltung der Fragen mit verschiedenen Antwortoptionen. Das Tool bietet eine Vielzahl von Vorlagen und Fragetypen, um sicherzustellen, dass die Umfrage die gewünschten Informationen sammelt. Die Umfrage kann dann über verschiedene Kanäle wie E-Mail, soziale Medien oder Websites geteilt werden. SurveyMonkey verfolgt die Antworten in Echtzeit und bietet Funktionen wie Filterung und Segmentierung, um die Datenanalyse zu erleichtern. Die Ergebnisse können in verschiedenen Formaten (Powerpoint, CSV, Excel etc.) exportiert werden, um Berichte zu erstellen und eine eigene tiefere Analyse durchzuführen. SurveyMonkey bietet auch Funktionen wie Quotensteuerung, Umfragelogik und A/B-Tests, um sicherzustellen, dass die Umfrage die gewünschten Ergebnisse liefert. Für diese Bereiche ist es einsetzbar Das digitale Tool eignet sich für eine Vielzahl von Bereichen, in denen Umfrageergebnisse benötigt werden. Es kann etwa in der Marktforschung eingesetzt werden, um das Verbraucherverhalten zu analysieren und Trends zu identifizieren. Auch im Personalbereich kann das Tool genutzt werden, um Feedback von MitarbeiterInnen zu sammeln oder Bewerbungsprozesse zu optimieren. Zudem ist es hilfreich für die Veranstaltungsplanung, um Teilnehmerzahlen und Feedback einzuholen. Das ist noch gut zu wissen Die Grundanwendung ist kostenlos, ab einer bestimmten Befragtenanzahl und/oder Fragebogenumfang kostet die Nutzung Geld. Es gibt also Einschränkungen bei der Anzahl der Fragen, Antworten und Umfrageteilnehmer, je nach gewähltem Plan. Auch die Gestaltungsmöglichkeiten der Umfrage und die Integration von Medieninhalten haben Grenzen.

2.2

Digitale Toolbox: Praktische Helfer, um Insights zu erheben …

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Komplexe Umfragen mit Verzweigungen oder speziellen Anforderungen können schwierig sein und bei größeren Datensätzen kann es Herausforderungen bei der Zusammenführung und Analyse von Daten geben. Durch die neue, hohe Menge an Daten und die Möglichkeiten, diese Daten mit KI zu analysieren, erwächst eine neue Herausforderung: Der Aufbau und die Pflege einer praktikablen Datenbank, um so Datensilos zu verhindern, also Datenspeicherorte, die nicht miteinander verknüpft sind. Meinert Jacobsen erklärt in Abschn. 2.3.3, wie man eine Marketingdatenbank aufbaut und mit ihr arbeitet.

2.2.1.3 Streetbees Das kann das Tool Streetbees (https://www.streetbees.com/), hilft MarktforscherInnen, indem es Zugang zu einer globalen Community von VerbraucherInnen bietet. Es ermöglicht MarktforscherInnen, Einblicke in das Verhalten und die Einstellungen von VerbraucherInnen auf der ganzen Welt zu gewinnen, um Entscheidungen zu treffen und Trends zu identifizieren. So funktioniert das Tool Die Funktionsweise von Streetbees lässt sich in drei Schritte gliedern. Zunächst erstellen MarktforscherInnen eine Umfrage, die von der Community beantwortet werden soll. Diese Umfrage kann in verschiedenen Formaten wie Text, Bild oder Video gestaltet werden. Anschließend wird die Umfrage an die Community von VerbraucherInnen geschickt, die sich freiwillig für die Teilnahme registrieren. Die VerbraucherInnen beantworten die Umfrage mithilfe ihrer Smartphones und erhalten dafür eine Vergütung in Form von Bargeld oder Gutscheinen. Schließlich erhalten die MarktforscherInnen die Antworten der TeilnehmerInnen in Echtzeit über das Dashboard von Streetbees, wo sie die Antworten analysieren und in ihre Forschungsergebnisse integrieren können. Da TeilnehmerInnen auch Fotos der aktuellen Verwendung oder Verwendungssituation des zu bewertenden Produkts teilen können, erhalten Unternehmen auch Einblicke in für sie sonst eher schwer zu erhebenden, eher privaten Nutzungssituationen. Für diese Bereiche ist es einsetzbar Streetbees ist für Unternehmen geeignet, die ihre Marktforschung ausweiten möchten, aber begrenzte Ressourcen haben. Das Tool ist ideal für die Erforschung von Trends und Verhaltensweisen von VerbraucherInnen in verschiedenen Ländern und Kulturen, was für globale Marken von Vorteil ist. Es kann auch für die Durchführung von Umfragen zu spezifischen Themen oder Produkten eingesetzt werden, um genaue Einblicke in die Meinungen der Verbraucherinnen zu erhalten.

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2 Consumer Insights: So verstehen Sie KundInnen wirklich

Das ist auch noch gut zu wissen Streetbees nutzt eine KI-gestützte Plattform, um die Umfragen auf die Bedürfnisse und Interessen der Community von VerbraucherInnen abzustimmen. Die Community ist in der Lage, Umfragen auf ihren eigenen Smartphones und in ihrer eigenen Umgebung durchzuführen, was eher zu authentischen Ergebnissen führt, als z. B. das Ausfüllen eines Fragebogens in einem Marktforschungsinstitut. Die Vergütungen für die Teilnahme an Umfragen werden in Echtzeit ausgezahlt, was den TeilnehmerInnen eine positive Erfahrung bietet und die Teilnahmebereitschaft erhöht.

2.2.1.4 Trnd Das kann das Tool Trnd (https://www.trnd.com/de/) unterstützt MarktforscherInnen, indem es Zugang zu einer großen Community von KonsumentInnen bietet. Es ermöglicht Unternehmen, Feedback und Insights zu Produkten und Marken von VerbraucherInnen zu erhalten, um Entscheidungen zu treffen und Trends zu identifizieren. So funktioniert das Tool Eine typische Nutzung von Trnd lässt sich in vier Schritte gliedern. Zunächst wird eine Online-Kampagne erstellt, bei der das Unternehmen ein Produkt oder eine Marke vorstellt und KonsumentInnen ermöglicht, es zu testen. Anschließend bewerben sich die KonsumentInnen für die Kampagne und werden ausgewählt, um das Produkt oder die Marke auszuprobieren und zu bewerten. Die KonsumentInnen erhalten das Produkt kostenlos oder zu einem reduzierten Preis und teilen ihre Erfahrungen und Feedback online mit anderen. Die MarktforscherInnen können dann auf diese Feedbacks zugreifen und sie in ihre Forschungsergebnisse integrieren. Für diese Bereiche ist es einsetzbar Trnd ist sinnvoll für Unternehmen, die auf der Suche nach authentischen und detaillierten Einblicken in das Feedback und die Meinungen von KonsumentInnen sind. Es ist hilfreich für die Erforschung von Trends und Verhaltensweisen von VerbraucherInnen in verschiedenen Ländern und Kulturen. Es kann auch für die Durchführung von Umfragen und Marktforschungsstudien zu spezifischen Produkten oder Marken eingesetzt werden, um genaue Einblicke in die Meinungen der KonsumentInnen zu erhalten. Das ist auch noch gut zu wissen Trnd bietet auch eine umfangreiche Datenanalyse- und Reporting-Funktion, die es den MarktforscherInnen ermöglicht, die Ergebnisse in Echtzeit zu überwachen und zu analysieren. Trnd gehört zu „Territory Influence“, die ein breites Spektrum von Marketingunterstützungen anbietet (https://www.territory-influence.com/).

2.2

Digitale Toolbox: Praktische Helfer, um Insights zu erheben …

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2.2.1.5 Affectiva Das kann das Tool Das Optimierungstool „Affdex for Market Research“ von Affectiva dient zur Verbesserung digitalen Contents. Es misst die emotionalen Reaktionen der KundInnen auf Werbebotschaften in Videos, Anzeigen und ähnlichem. Das Ziel ist es, die Botschaft und Länge von Werbung zu optimieren und somit eine höhere Effektivität zu erzielen ((https://www.affect iva.com/), (https://t1p.de/yk64i)). So funktioniert das Tool Affectiva analysiert die Mikroexpressionen der UserInnen per Webcam. Diesen wird ein Video, ein Werbefilm oder ein anderer Stimulus gezeigt. Die KI von Affectiva liest die Emotionen der Testpersonen, in dem es die kleinen Muskelbewegungen im Gesicht, sogenannte Microexpressionen, analysiert. So unterstützt dieses Tool Firmen, die Videokampagnen, Werbung oder andere Stimuli testen wollen. Das Tool zeigt das Optimierungspotenzial in Faktoren wie Länge, Story und Markenpräsenz sowie Vergleiche mit dem Wettbewerb. Wer das selbst ausprobieren möchte: Affectiva bietet auf der eigenen Internetseite einen Selbsttest an. Sie schauen sich einen Werbefilm an und Affectiva nimmt Ihr Gesicht beim Betrachten des Films auf, wenn Sie dafür Ihre Kamera am Laptop oder PC freigeben. Diese Aufnahmen Ihres Gesichts werden in Echtzeit von der Affectiva-KI analysiert. Sie erhalten unmittelbar eine Darstellung Ihrer Emotionen und Ihres Aufmerksamkeitsgrades in jeder Sekunde des Films. Für diese Bereiche ist es einsetzbar Dieses digitale Tool ist einsetzbar für Firmen die insbesondere ihr Marketingmaterial wie Werbekampagnen bereits vor dem Schalten auf ihre Wirkung hin analysieren und optimieren möchten. Auch Affectiva liefert neben den Daten auch die Analyse der Ergebnisse und bietet Empfehlungen für Verbesserungen.

2.2.2

Tools zum Analysieren von Daten

Die neueste Studie zu KI im Marketing zeigt es: in rund 36 % aller Marketingabteilungen beschäftigen sich weniger als 5 % der Mitarbeitenden hauptsächlich mit Daten und Insights (Bünte, Studie: Künstliche Intelligenz – Die Zukunft des Marketings, 2023, S. 32). Das hat sicherlich viele Gründe, vielleicht fehlt einfach das Fachpersonal, vielleicht kauft das Unternehmen die Daten und Insights von Dienstleistern, vielleicht liegt die Aufmerksamkeit noch nicht ausreichend auf dem Thema Daten … vielleicht fehlt aber auch einfach nur das Fachwissen zum Auswerten. Kobold.ai ist ein Dienstleister, der die Datenanalyse für eine Vielzahl von Marketingfragestellungen übernimmt, wenn das Wissen in der eigenen Marketingabteilung fehlt, um z. B. sicher mit den Standardauswertungstool wie „R“ oder „SPSS“ umzugehen. Marketlogic dagegen unterstützt, wenn es zu viele Daten gibt, als das sie von einzigen Marketingabteilung sinnvoll analysiert werden kann.

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2 Consumer Insights: So verstehen Sie KundInnen wirklich

2.2.2.1 Kobold.AI Das kann das Tool Kobold AI (https://www.kobold.ai/) bietet Marketing-ManagerInnen an, ihre Daten mithilfe von KI zielgerichtet auf eine Aufgabe hin auszuwerten. AnwenderInnen im Marketing benötigen daher keine eigenen Fähigkeiten im Kodieren oder der Datenanalyse. Das Leistungsspektrum reicht von Zielgruppensegmentierung, über Umsatzprognosen, die eine verlässliche Planung in Einkauf, Personal oder Service garantieren, bis zu individuellen Produktempfehlungen, basierend auf dem Kaufverhalten der KundInnen. So funktioniert das Tool Die Nutzung von Kobold.ai verläuft in 3 Schritten: NutzerInnen wählen ein KI-Produkt im Webshop von Kobold.ai aus, z. B. eine Segmentierung. Anschließend senden sie die zu analysierenden Daten an Kobold. Kobold analysiert die Daten und liefert Ergebnisse und angereicherte Daten zurück. Für diese Bereiche ist es einsetzbar Kobold.ai eignet sich für Marketingabteilungen, die keine eigenen Analysefähigkeiten im Team haben, aber Daten, die analysiert werden sollen. Das trifft z. B. auf viele mittelständige Unternehmen zu. Da Kobold.ai für viele Marketingfragen eine Analyselösung bietet, ist dieses Tool vielseitig im Unternehmen einsetzbar. Diese können von Umsatzprognosen im Finance-Bereich bis hin zu Kundensegmentierung im Marketing reichen.

2.2.2.2 Marketlogic Das kann das Tool Marketlogic (https://marketlogicsoftware.com/) stellt große Mengen vorhandener unstrukturierter Markt- und Konsumentenforschungs-Studien in einer einzigen Datenbank für Unternehmen zusammen und analysiert diese. Das Tool bietet zudem die Möglichkeit, neue Muster und Insights in den Daten zu entdecken und für Unternehmen aufzubereiten. Insgesamt erleichtert es die Verarbeitung und Analyse von großen Datenmengen und ermöglicht es den Marketingabteilungen großer Unternehmen, schnell und effizient auf wichtige Informationen zuzugreifen. So funktioniert das Tool Das Tool bietet eine innovative Lösung, um alle Markt- und Marktforschungs-Daten eines Klienten von verschiedenen Plattformen und Lieferanten zu sammeln. Diese werden auf einer Single-Sign-On-Plattform bereitgestellt. Anschließend analysiert die Software die Daten und generiert sogenannte Insights, die sie auf Makro-Ergebnisseiten für die AnwenderInnen zusammenstellt. Ein persönliches, individuelles Infosystem erlaubt den einfachen Umgang mit diesen Informationen: Marketing-ManagerInnen und MarktforscherInnen der Klientenorganisation können über eine Suchmaske ihre Forschungsfragen eingeben und die

2.2

Digitale Toolbox: Praktische Helfer, um Insights zu erheben …

33

KI findet dazu passende Daten und Insight. Dies können AnwenderInnen voreinstellen und so proaktiv über neue, für sie relevante Informationen in Kenntnis gesetzt werden, oder aktiv, wenn eine spezielle Forschungsfrage auftritt. Die Datenzusammenstellung für diese Fragen ans System erfolgt in Echtzeit. Marketlogic nutzt selbst programmierte Algorithmen, die sich durch Deep Learning ständig weiterbilden. Für diese Bereiche ist es einsetzbar Potenzielle KundInnen sind Firmen mit sehr vielen unterschiedlichen Datensilos, z. B. FMCG, Versicherungen, Financial Services. Das ist auch noch gut zu wissen Marketlogic unterstützt bei der Analyse von Daten, dem Erstellen von Insights auf Basis von KI und liefert auch Darstellungen der Ergebnisse. Dank der Lösung von Marketlogic ergeben sich für Unternehmen erhebliche Einsparpotenziale. 2018 berichtete Marketlogic, die Zeitersparnis für über 300 MarktforschungsexpertInnen eines globalen FMCG-Klienten weltweit betrage ca. 8 %, was zu Einsparungen von 1,01 Mio. Dollar pro Jahr führen würden (Rückert, 2018). Zusätzlich sei die Reduktion von Marktforschungsduplikaten um etwa 12 % und Marktforschungs-Dienstleisterrabatte von 6 % durch die Bündelung von Aufträgen erzielt worden. Dies führe zu weiteren Einsparungen von 9,72 Mio. Dollar pro Jahr. Insgesamt ergäbe sich somit eine Einsparung von rund 18 % des Marktforschungsbudgets. Unternehmen können durch die effiziente Nutzung der Marketlogic-Lösung also deutliche Kosteneinsparungen erzielen und ihr Budget sinnvoll einsetzen. 

Tipp Wer nur mal eben schnell ein paar Berechnungen durchführen will, ohne lange zu überlegen, wo der Taschenrechner nun schon wieder ist, sollte „Blitzrechner“ ausprobieren. Nach eigenen Aussagen Deutschlands größtes Rechenportal für Alltagsfragen. Folgender QR-Code führt z. B. zum Prozentrechner, der schon voreingestellt die wichtigsten Arten von Prozentrechen-Fragen zeigt:

Blitzrechner für Prozentrechnung

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2.2.3

2 Consumer Insights: So verstehen Sie KundInnen wirklich

Tool zum Darstellen von Daten

Viele Datenerhebungs- und Datenanalyse-Werkzeuge bieten die optische Darstellung gleich mit an, wie z. B. Google (wenn auch sehr holzschnittartig und ohne, dass Nutzende die Optik anpassen können), Surveymonkey, Markettlogic, Affectiva, Streetbees und andere. Aber was, wenn für das Topmanagement die Ergebnisse verschiedener Analysen im firmeneigenen PowerPoint-Template dargestellt werden soll und noch eigene, interne Analysen dazukommen sollen? Dafür ist Thinkcell entwickelt worden:

2.2.3.1 Thinkcell Das kann das Tool Thinkcell (https://www.think-cell.com/de) ist ein Add-in für PowerPoint, das das Erstellen von datengetriebenen Charts vereinfacht. Es wird für Windowsbasierte und Apple-Rechner angeboten und über eine Lizenzgebühr bezahlt. So funktioniert das Tool NutzerInnen können aus verschiedenen Vorlagen wie Tortendiagramme, Balkencharts, Ganttcharts oder Wasserfälle wählen und diese auf der Slide platzieren. Über eine Excelanbindung kann man dann die Rohdaten in die Grafik einziehen und mittels diverser Anpassungsoptionen Optik, Größe und Aussage verändern, zusätzliche Aussagen wie CAGR werden automatisch berechnet und optisch eingepasst. Anders als die datengetriebene Darstellung, die standardmäßig in PowerPoint über Excel angeboten wird, ist der Umgang mit Thinkcell intuitiver, schneller und einfacher. Für diese Bereiche ist es einsetzbar Für alle AnwenderInnen, die regelmäßig datenbasierte PowerPoint-Präsentationen erstellen müssen, also BeraterInnen, MarktforscherInnen, Consumer-Insights-SpezialistInnen oder Data Scientists. Thinkcell unterstützt mit 40 verschiedenen Charttypen. Eine Kurzbeschreibung der Anwendungsfelder findet sich hier:

Einsatzbereiche von Thinkcell

2.2



Digitale Toolbox: Praktische Helfer, um Insights zu erheben …

35

Tipp Wer sich Thinkcell nicht leisten kann oder will, findet ein paar gute und preisgünstige PowerPoint-Templates bei PresentationLoad: https://t1p.de/06qi3

2.2.4

Management Summary digitale Tools

• "Consumer Insights" bezeichnen Erkenntnisse oder Einsichten über das Verhalten, die Einstellungen, die Bedürfnisse, die Präferenzen und die Demografie von VerbraucherInnen. • Consumer Insights werden in der Marktforschung und im Marketing verwendet, um ein besseres Verständnis für die Zielgruppe zu gewinnen und strategische Entscheidungen in Bezug auf Produktentwicklung, Markenkommunikation, Verkaufsförderung und Kundenerlebnis zu treffen. • Consumer Insights sind damit mehr als nur das bloße Erheben und Berichten von Fakten oder Datenpunkten, es fragt nach dem „warum“. • Die Segmentierung der Zielpersonen in homogene Gruppen, um sie effektiv und effizient innerhalb des Marketings anzusprechen, ist das Mittel der Wahl bei großen Zielgruppen. Digitale Möglichkeiten bei der Datenerhebung und -auswertung erlauben, die Segmente immer kleinteiliger zu gestalten – Es entstehen Mikrosegmente. Es ist absehbar, dass die Digitalisierung dazu führen wird, dass es in Zukunft ein „Segment of One“ geben wird, dass also die Mikrosegmente so klein sind, dass sie die Bedürfnisse eines einzigen Individuums beschreiben und diese Zielperson dann maßgeschneidert angesprochen werden kann. • Es ist absehbar, dass die segmentbeschreibenden Kriterien in Zukunft aus den aufwendiger zu erhebenden und zu analysierenden Kundenbedürfnissen bestehen werden. Sie werden nicht mehr nur nach den einfacher zu generierenden und/oder beobachtbaren demografischen Kriterien entwickelt werden. Dies hat Vorteile für eine effektive und effiziente Marketingarbeit. Denn je besser ein Unternehmen die Bedürfnisse und Motive einer Zielperson kennt und dazu passend ein Angebot macht, umso mehr wird es Erfolg haben. • Im digitalen Zeitalter erhöht sich die verfügbare Datenmenge durch Smartphones und der Bereitschaft von NutzerInnen, zu Marken und Firmen ihre Meinung zu posten. KI erleichtert die Datenanalyse dieser großen Mengen an unstrukturierten Daten. Gleichzeitig können Unternehmen nun viel einfacher KundInnen für Co-Creation ihrer Angebote einbinden und eigene, digitale Fragebogen erstellen, verteilen und auswerten. • Praktische Tools im Bereich Erheben/Sammeln von Daten sind Google Forms, Surveymonkey, Streetbees, Trnd, Affectiva; zum Sammeln und Aufbereiten bereits vorhandenener unstrukturierten und großer Mengen Kundendaten großer Unternehmen bietet sich u. a. Marketlogic an. Analysieren kann man sehr gut mit Marketlogic (bei großen Datenmengen) oder Kobold.ai (wenn die eigene Marketingabteilung wenig Erfahrung mit der Datenanalyse hat). Viele der genannten Anbieter offerieren auch eine

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2 Consumer Insights: So verstehen Sie KundInnen wirklich

Visualisierung von Daten. Thinkcell ist ein gutes Add-in für MS-Office zur Darstellung von datengetriebenen Charts. • Die neue Herausforderung besteht für Unternehmen nicht mehr so sehr darin, Daten zu erheben, sondern sie so aufzubereiten, dass sie silofrei in einer einzigen Datenbank vorliegen. Meinert Jacobsen übernimmt jetzt den digitalen Füller und nimmt Sie mit auf eine Reise in die Daten- und Analysewelt. Meinert hat die außergewöhnliche Gabe, Werbung und Kommunikation mit harten Zahlen zu kombinieren, daraus Firmen zu gründen und zu leiten und seine Erfahrungen an andere so weiterzugeben, dass sie interessant sind und lesenswert. Er ist Leiter des Kompetenz-Centers „Künstliche Intelligenz und Customer Centric“ des DDV (Deutschen Dialogmarketing Verbandes) und aktiv im Vorstand der AIKA (Allianz inhabergeführter Kommunikationsagenturen).

2.3

So bauen Sie eine Datenbank auf und nutzen sie im Marketing

Von Meinert Jacobsen, mar,an,con GmbH/B2B Smart Data GmbH, Bonn, mjacobsen@ b2bsmartdata.de.

2.3.1

Was ist eine Datenbank?

So gut wie alle Unternehmen nutzen die eine oder andere Form einer Datenbank. Wenn man von „Datenbank“ spricht, ist meistens eine größere, strukturierte Sammlung von Daten gemeint, die untereinander verknüpfbar sind. In der Regel handelt es sich um rechteckige, also tabellarische Datensätze, die aus mehreren Spalten und Zeilen bestehen. In den allermeisten Fällen werden Datenbanken mithilfe eines Datenbankmanagementsystems (DBMS) gesteuert und verwaltet. Ein DBMS ist eine Software. Mit ihrer Hilfe können beispielsweise Zugriffs- und Schreibrechte vergeben und die Daten strukturiert werden. Die Operationen mit den Daten werden durch eine spezielle Datenbanksprache ausgeführt. Sehr verbreitet ist beispielsweise Structured Query Language (SQL) und verschiedene Ableitungen davon.

2.3.2

Welche Datenquellen/Datenbasis benutzt eine Datenbank?

In jedem Unternehmen werden zwangsläufig Daten produziert. Häufig werden diese nicht oder nicht umfassend genutzt, um Customer Insights zu generieren. Dies liegt oft auch daran, dass den Verantwortlichen nicht bewusst ist, wie viele Daten sie generieren und wie

2.3

So bauen Sie eine Datenbank auf und nutzen sie im Marketing

37

sie diese sinnvoll nutzen können. Um aus der Falle der Nichtnutzung herauszukommen, sollte man sich vor Augen führen, welche Datenquellen es gibt und welche Inhalte sie liefern können. Kaufdaten und Kaufhistorie Die Datenbank eines Unternehmens enthält immer Kaufbzw. Auftragsdaten. Zu klassischen Kaufdaten zählen zum Beispiel Bondaten, also alle Informationen, die auf einem Kassenbon erscheinen. Dies sind unter anderem Informationen darüber, welche Artikel KundInnen kaufen, wie viele Artikel diese Personen insgesamt kaufen und wie viele verschiedene oder gleiche Artikel. Auch der Zeitpunkt (Datum und Uhrzeit) des Kaufes wird in modernen Kassensystemen hinterlegt und sollte mit den übrigen Bondaten in die Datenbank überführt werden. Neben diesen Daten sollten auch Informationen zur Kaufabwicklung erhoben werden. Werden etwa besondere Angebote genutzt oder Gutscheine, Coupons oder Ähnliches verwendet? Kaufen die Personen am PoS oder online? Und nicht zuletzt: welches sind die präferierten Zahlungs- und Lieferwege von KundInnen? Kundenstammdaten Nicht über alle KundInnen liegen einem Unternehmen Daten vor. KundInnen, die ohne KundInnenkarte und ohne -konto kaufen, sind häufig ein schwarzes Loch. Informationen über sie können nur anhand der einzelnen, nicht zusammenführbaren Kaufvorgänge gesammelt werden. Anders sieht es aus bei KundInnen, die eine KundInnenkarte oder ein KundInnenkonto nutzen. Über KundInnenkarte ist es zumindest möglich, die einzelnen Käufe der KundIn zusammenzuführen. Oft liegen darüber hinaus noch Informationen zu Geschlecht, Alter und Postleitzahl oder Wohnort vor. Bei KundInnen, die ein Konto haben, liegen darüber hinaus oft die vollständige Adresse, Telefonnummer und EMail-Adresse vor. All diese Informationen lassen sich hervorragend zur Kundenbindung und zur Angebots- sowie Anspracheoptimierung nutzen, sie sollten daher Platz in einer Unternehmensdatenbank finden. Kommunikationsdaten Auch Kontaktaufnahmen durch KundInnen mit dem Unternehmen sollten registriert werden. Interessant ist dabei, welcher Weg gewählt wird (telefonisch, per E-Mail, persönlich …), aus welchem Grund die Kontaktaufnahme erfolgt (Beschwerde, Reklamation, positives Feedback), wann und wie häufig es geschieht. Trackingdaten Trackingdaten sollten in jeder Datenbank enthalten sein. Oft sind diese auch einzelnen KundInnen zuordenbar, wenn es beispielsweise um die Öffnung von Clicks auf Links in Newslettern geht. In anderen Fällen sind Aufrufe der Unternehmenswebseite zwar nicht immer persönlich zuordenbar, jedoch lassen sich mit Cookies oder Zählpixeln Bewegungsprofile von einzelnen Endgeräten erstellen. Auch diese Informationen können zur Gewinnung von Customer Insights sehr wertvoll sein.1 1 Hier ist wichtig, regelmäßig zu überprüfen, wie die aktuellen rechtlichen Bedingungen für Cookies

und Tracking sind.

38

2 Consumer Insights: So verstehen Sie KundInnen wirklich

Artikeldaten Klassische Artikeldaten sind die Bezeichnung des Produktes zu welcher Warengruppe und Marke er gehört und welche Größe oder welches Gewicht oder Volumen er hat. Auch der Preis, besondere Merkmale, seit wann der Artikel im Sortiment ist, ob er Teil einer Rabatt- oder Gutscheinaktion war, sind Informationen, die für spätere Datenanalysen wichtig sein können und sollten daher in der Datenbank erfasst werden. Gutscheindaten und Informationen über Rabattaktionen Wichtig ist auch, dass Gutscheindaten und vollständige Informationen über Rabattaktionen in die Datenbank eingespeist werden. Nur wenn Informationen zu Art, Höhe, Laufzeit und ggf. Auflage von Gutscheinen und Rabattaktionen vorliegen, können diese bei der Auswertung der Daten auch berücksichtigt werden und Insights liefern, die sonst verloren gingen. Filialdaten Die Filialdaten sollten neben den Informationen zur Adresse auch Informationen zur Lage oder Umgebung enthalten, wie groß die Verkaufs- und Lagerfläche ist, wann die Filiale eröffnet wurde und an welchen Wochentagen sie wie lange geöffnet ist. Je nach Unternehmensstruktur sollten auch Informationen über Filialleitung bzw. FranchisenehmerIn und Anzahl der Angestellten erhoben werden. Werbemaßnahmen Aber nicht nur Handlungen von KundInnen erzeugen relevante Kommunikationsdaten. Über Werbemittel, z. B. in Form von E-Mail-Newslettern oder postalische Sendungen, tritt auch das Unternehmen mit seinen KundInnen und ggf. InteressentInnen in Kontakt. Auch Informationen darüber, wann welche Radio- oder TV-Kampagnen liefen oder Postwurfsendungen verteilt wurden, sollten erfasst werden. Selbstverständlich sollten auch die Inhalte und Produkte, die Gegenstand der Werbeaktionen waren, verzeichnet sein. Extern angereicherte Daten Oft kann es sich lohnen, die Kundenstammdaten mit externen Daten anzureichern. Diese sind dann zwar nicht personenscharf, können aber trotzdem hilfreich sein. Zu Daten, die sinnvoll angereichert werden können, zählen etwa Altersschätzungen basierend auf dem Vornamen in solchen Fällen, in denen kein Geburtsdatum vorhanden ist. Eine weitere Möglichkeit ist die Nutzung der Adressinformationen, zum Beispiel in Form von Kaufkraftinformationen des Wohnumfeldes und die Prägung des Umfelds (städtisch/ländlich, durchschnittlicher Bildungsgrad etc.). Social Media Die meisten Unternehmen sind heutzutage gleich auf mehreren SocialMedia-Kanälen unterwegs. Diese bieten gerade für Unternehmen aus dem B2C-Bereich viele Möglichkeiten, Daten zu sammeln und in ihre Datenbank einzuspeisen. So können (beispielsweise in Verbindung mit Trackerdaten) auch Informationen über KundInnen oder InteressentInnen anfallen, die die Interaktion mit dem Unternehmen auf diesen Wegen betreffen. Relevant ist dabei nicht nur der Kanal (beispielsweise Instagram, Twitter oder Facebook), auf dem der Kontakt erfolgt, sondern auch auf welche Weise. Handelt es sich um ein Like, wurden Beiträge geteilt oder kommentiert, gab es Anfragen über den Kanal und vieles mehr.

2.3

So bauen Sie eine Datenbank auf und nutzen sie im Marketing

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Bewertungen Ebenfalls in die Datenbank aufgenommen werden sollten jegliche Art von Bewertungen, die das Unternehmen betreffen. Dies können etwa Artikelbewertungen sein, aber auch die Bewertung des Unternehmens und seiner Filialen auf Plattformen wie Google. Bei Artikelbewertungen lässt sich in der Regel nachvollziehen, welche KundIn welche Rezension geschrieben hat. Damit lässt sich im Kundenprofil die Information hinterlegen, ob und wie oft eine Person rezensiert hat und ob diese Rezensionen positiv oder negativ waren. Klar wird durch diese Auflistung schon, dass es nicht nur die Inhalte und Struktur dieser Daten unterschiedlich sind, sondern auch deren Generierungsprozess. Es gibt Daten, die durch das Unternehmen selbst generiert und gesammelt werden, indem es z. B. mit seinen KundInnen oder InteressentInnen kommuniziert oder Kaufdaten erhebt. Diese Daten werden in der Regel als „First Party Data“ bezeichnet. First Party Data ist in vielerlei Hinsicht unproblematisch, da jedes Unternehmen den datengenerierenden Prozess unmittelbar beeinflusst. Somit hat das Unternehmen sowohl die Kontrolle über die inhaltliche Qualität der Daten als auch darüber, dass mit den Daten rechtlich einwandfrei im Sinne der DSGVO umgegangen wird. Neben First Party Data gibt es auch noch “Second Party Data” und “Third Party Data”. Second Party Data sind entweder Eigendaten, die extern gesammelt wurden – dies können beispielsweise Trackerdaten sein – oder komplett fremde Daten. Der Zulauf oder auch Austausch der Daten findet entweder im Rahmen eines einmaligen Kaufes oder einer über längere Zeit bestehenden Partnerschaft zwischen dem Nutzer und den Second Party Partnern statt. Auch bei Second Party Data ist in der Regel die Transparenz bezüglich der Herkunft und Qualität sehr hoch, gerade bei personenbezogenen Daten ist jedoch auch Vorsicht angebracht. Nicht immer kann davon ausgegangen werden, dass die Daten datenschutzrechtlich unbedenklich sind. Zur DatenlieferantIn sollte daher nicht nur ein vertrauensvolles Verhältnis bestehen, sondern es sollten auch Kontrollmechanismen etabliert sein, die die korrekte Erhebung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten überprüfen. Wenn große Mengen an speziellen Daten benötigt werden, wie Informationen über NutzerInnen, die das Unternehmen selbst noch nicht kennt, oder über das Wohnumfeld der KundInnen, kann es sinnvoll sein, auf „Third Party Data“ zurückzugreifen. Diese werden von Unternehmen bereitgestellt, die Daten in großem Stil selbst sammeln und einkaufen und damit den Zweck verfolgen, diese an andere Unternehmen weiterzugeben. Anbieter sind z. B. die Deutsche Post, nexiga (www.nexiga.de) und Schober (www.schober.de). Hier sollten, insbesondere bei personenbezogenen Daten, noch stärker als bei Second Party Data, Kontrollmechanismen dafür sorgen, dass die Erhebung der Daten einwandfrei erfolgt und auch die Nutzung der Daten datenschutzrechtlich zulässig ist.

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2 Consumer Insights: So verstehen Sie KundInnen wirklich

2.3.3

Wie baut man eine Datenbank auf

Es gibt umfangreiche Literatur, die sich damit beschäftigt, wie man eine Datenbank komplett neu aufbaut. Da dies hier den Rahmen sprengen würde, behandeln wir dieses Thema nicht. Wer ausführlichere Informationen zum technischen Hintergrund benötigt, kann dies beispielsweise in Kemper und Eickler (2009), Heuer et al. (2019), Saake et al. (2010) oder Studer (2019) nachlesen. Stattdessen soll hier das Augenmerk auf eine spezielle Form der Datenbank, den „Datamart“, gelegt werden. Dieser baut häufig auf bereits existierenden Datenbanken auf und fasst Daten zusammen, die oft aus mehreren, bis dahin separaten Datenbanken stammen. Dabei handelt es sich um interne Daten aus Warenwirtschaft, Ressourcen-Planung (ERP), Kundenbetreuung (CRM), Web-Shop usw. Hinzu kommen ggf. externe Daten. Die zusammengeführten Daten werden auf einen einheitlichen Standard gebracht. Man spricht hier von einer Datenintegration, welche die folgenden Schritte umfasst (vgl. Abb. 2.3): Bereinigung Inhaltlicher und syntaktischer Defekte (z. B. Formatanpassungen, Behandlung fehlender Werte und von Ausreißern) beheben. Filterung Auf anwendungsrelevante Geschäftsbereiche und einen adäquaten Zeithorizont einschränken. Harmonisierung Betriebswirtschaftliche Vereinheitlichung (z. B. einheitliche Kodierung, Behandlung von Synonymen bzw. Homonymen). Anreicherung U. a. das Berechnen von KPIs und Aggregation unter Berücksichtigung der Dimensionsstrukturen.

Datenintegration

Datenquellen

Datamart

Zielgruppen und Ergebnisse

Warenwirtschaft

Management: Dashboards OLAP

ERP

Qualitätssicherung

Anreicherung

Harmonisierung

Externe Daten

Filterung

Web-Shop

Bereinigung

CRM

Business Analysts: Reports Profiler

AnalyseTabellen

Abb. 2.3 Technischer Aufbau eines Datamarts. (Quelle: Eigene Darstellung)

Campaign Manager: Selektionen Data Analysts: Self Service-Zugang

2.3

So bauen Sie eine Datenbank auf und nutzen sie im Marketing

41

Qualitätssicherung Ergebnisse der Datenintegration hinsichtlich festgelegter Standards prüfen. Bei allen diesen Schritten werden anwendungsorientierte, fachspezifische Definitionen und Logiken verwendet. Zu klären ist etwa: Was ist ein/eine „KundIn“? Was ist eine „Transaktion“? Wie sind fehlende Werte zu ersetzen? Dabei sollte man sich idealerweise an unternehmensweiten Standards orientieren. Die aus den einzelnen Silos stammenden Daten weisen unterschiedliche Strukturen, Definitionen, Schlüssel usw. auf. Beim Aufbau des Datamarts erfordert daher die Datenintegration einen erheblichen (zeitlichen) Aufwand. So entsteht für den fertigen Datamart eine inhaltlich widerspruchsfreie, für den Anwendungsfall sinnvolle Sicht der Daten: ein „Single Point of Truth“ für alle Kundenanalysen. Nach der Datenintegration wird der eigentliche Datamart erstellt, der aus folgenden Komponenten besteht: KundInnenprofiler Dieser ist das Herz des Datamarts; hier entsteht die 360°-Sicht auf die KundInnen. Hierzu werden die zusammengeführten Daten auf Kundenebene aggregiert, sodass für jede Person ein aktuelles Profil aller relevanten Merkmale zur Verfügung steht. Analysetabellen Neben der KundInnensicht können weitere Datensichten angelegt werden, z. B. eine Transaktionssicht (Aggregation der Daten auf der Ebene der Kaufvorgänge) oder Artikelsicht (Aggregation und Berechnung von KPIs je Artikel). OLAP-Würfel Für Reports etc. werden die Daten in Form sogenannter OLAP-Würfel abgelegt (OLAP = Online Analytical Processing). Hierbei erfolgt eine Aggregation entlang mehrerer Reportdimensionen, was sich positiv auf die Geschwindigkeit von Abfragen auswirkt. In dieser Form sind die Daten für Reportings und analytische statistische Verfahren optimal aufbereitet. Wichtig ist, dass man sich bei der Einrichtung eines Datamarts oder einer anderen Datenbank gewusst ist, dass es sich nicht um ein einmaliges Projekt handelt, das, einmal abgeschlossen bzw. aufgesetzt keine oder kaum weitere Arbeit benötigt. Eine Datenbank ist eher als agiles Projekt zu sehen, das sich ständig im Prozess der Verbesserung und Anpassung an neue Begebenheiten und Anforderungen befindet. Allein die Datenqualität dauerhaft auf einem hohen Niveau sicherzustellen, erfordert ständige Überprüfungen. Sehr sinnvoll ist es daher, den Posten eines Data Stewards einzurichten. Data Stewards sind verantwortlich für die Qualität der in der Datenbank verzeichneten Daten und manchmal auch dafür, dass die Daten, die für operative und strategische Entscheidungen wichtig sind, überhaupt vorliegen. Sie verantworten innerhalb des Unternehmens Qualitätskriterien wie beispielsweise Konsistenz, sinnvolle Formatierung und Vollständigkeit der Daten und Metadaten. Operativ bedeutet dies, dass er/sie dafür zuständig ist, dass Datenquellen identifiziert, geprüft und dokumentiert werden, Dateninkonsistenzen beseitigt werden, die Datenintegration korrekt funktioniert und Qualitätsanalysen und -reportings erstellt werden. Außerdem dienen Data Stewards als AnsprechpartnerInnen für die Fachabteilungen und andere AkteurInnen

42

2 Consumer Insights: So verstehen Sie KundInnen wirklich

bei jeglichen Fragen zur Datenqualität. Je nach Unternehmensgröße kann es sinnvoll sein, wenn eine Person ausschließlich für diese Aufgaben zuständig ist. In anderen Fällen, wenn der Umfang der Aufgabe oder die Unternehmensgröße es nicht hergeben, ist es hingegen sinnvoller, wenn die Aufgaben Mitarbeitenden zusätzlich übertragen werden oder an eine externe Dienstleisterfirma übergeben werden. Um eine möglichst ideale Nutzung der Daten zu gewährleisten, ist es wichtig, Daten als Grundlage für jegliche strategische oder operative Entscheidung fest in der Unternehmenskultur zu verankern. Das gilt unabhängig davon, welches Datenbankmodell man wählt, oder ob die Data Stewartship intern besetzt wird oder outgesourced wird.

2.3.4

Wie lässt sich eine Datenbank nutzen

Auf Basis des Datamarts lassen sich regelmäßige Dashboards für das Management erstellen. Diese veranschaulichen dem Management die aktuelle Entwicklung der wichtigsten kundenbezogenen Key Performance Indicators (KPIs) (vgl. Abb. 2.4). Das Beispieldashbord zeigt für die Firma Mustermann die Umsatzentwicklung im laufenden Jahr und die Umsatzprognose für die nächsten drei Monate, aufgegliedert nach drei Umsatzbereichen. Während der Umsatz im Bereich Food stagniert, wird deutlich, dass in den beiden anderen Bereichen mit steigenden Umsätzen zu rechnen ist. Diese Bereiche zeichnen sich zudem durch vergleichsweise hohe Online-Umsatzanteile aus. In regionaler Hinsicht ist der Online-Umsatzanteil im Verkaufsgebiet Dedorf2 besonders hoch. Das Management sollte diese Informationen nutzen, indem es den offenbar werdenden Zusammenhang zwischen der Umsatzentwicklung und Online-Anteilen der Bereiche genauer untersucht und Implikationen für die Geschäftsstrategie ableitet. Mit spezifischen Reports können Business Analysts die Entwicklung ihres Geschäftsbereichs verfolgen. Drill-Downs, also spezifische Vertiefungsanalysen, ermöglichen es ihnen, tiefer in die Daten einzutauchen und wertvolle Erkenntnisse zu gewinnen. Kampagnen-Manager sind auf Basis des Datamarts in der Lage, Selektionen für Werbemaßnahmen optimal auszusteuern. Werbeerfolgskontrollen dieser Maßnahmen ermöglichen es ihnen, die Kampagnenaussteuerung weiter zu optimieren und die Effizienz der Kundenansprache nachhaltig zu verbessern. Interne Data Analysts3 und Data Scientists4 können Ad-hoc-Analysen erstellen und Data-Mining einsetzen. Dabei können die Daten durch den Analyse-Datamart so bereitgestellt werden, dass sie in beliebigen Tools weiterverwendbar sind – egal ob es sich um Tableau, Power BI, R oder sonstiges handelt. 2 Ddorf bezeichnet hier eine verfremdete Stadt. 3 Data Analysts beschäftigen sich zumeist mit strukturierten Daten, die sie aufbereiten, statistisch

analysieren und visualisieren. 4 Data Scientists haben im Vergleich zu Data Analysts einen stärker wissenschaftlich geprägten

Zugang zur Analyse von oftmals unstrukturierten Daten; sie beschäftigen sich insbesondere mit fortgeschrittenen statistischen Methoden, Modellierung und maschinellem Lernen.

2.3

So bauen Sie eine Datenbank auf und nutzen sie im Marketing

43

Abb. 2.4 Beispiel eines Analyse-Dashboards. (Quelle: Eigene Darstellung)

Alle diese Ergebnisse lassen sich auch erzielen, ohne einen Datamart aufzubauen. Je nachdem, wie die Daten aufbereitet sind, ob sie in einer einzelnen Datenbank vorliegen oder aus mehreren verschiedenen Quellen stammen, ist der Prozess der Datenintegration dann aber jedes Mal von vorne zu durchlaufen. Dies bedeutet einen großen Mehraufwand für alle Beteiligte und ist unter Umständen auch deutlich fehleranfälliger als ein Datamart mit automatisierter Datenintegration und -aufbereitung. Mit einem Datamart können sich die Entscheidungsträger auf allen Ebenen darauf verlassen, immer aktuelle Daten zur Verfügung zu haben. Auf neue Erfordernisse und Anfragen aus dem Management können sie somit stets schnell und faktenbasiert antworten. Ein Analyse-Datamart erhöht auf diese Weise das Vertrauen in die Analyse-Ergebnisse. 

Tipps für die richtige Nutzung von Datenbanken Datensilos auflösen: Bringen Sie Daten aus unterschiedlichen Datenquellen zusammen, damit Sie ein möglichst vollständiges 360°-Bild Ihrer KundInnen bekommen. Daten integrieren: Sorgen Sie dafür, dass die Daten aus den unterschiedlichen Datenquellen zueinander passen, sodass hinter einer bestimmten Ausprägung eines Merkmals immer der gleiche Sachverhalt steht.

44

2 Consumer Insights: So verstehen Sie KundInnen wirklich Regelprozesse etablieren: Die hinter der Datenintegration stehenden Prozesse sind aufwendig und komplex – daher ist es sehr nützlich, Regelprozesse aufzusetzen, damit Sie das Rad nicht für jede Analyse neu erfinden müssen. Datenqualität sicherstellen: Nur wenn die Datenqualität stimmt, können Sie aus Analyseergebnissen die richtigen Schlüsse ziehen. Verantwortlichkeiten klären: Legen Sie fest, wer für welche Datenangelegenheit zuständig ist – ein „Data Steward“, in dessen Person alle diese Aufgaben vereint sind, kann eine gute Lösung dafür sein. Datenschutz gewährleisten: In der Datenbank befinden sich personenbezogene Daten, daher ist eine umfassende Beachtung der datenschutzrechtlichen Vorschriften unverzichtbar – denn Daten, die nicht genutzt werden dürfen, sind wertlos. Standardreports und -dashboards aufsetzen: Sorgen Sie dafür, dass grundlegende Informationen regelmäßig und in standardisierter Form zur Verfügung stehen – so lassen sich wichtige Veränderungen schnell erkennen und ggf. Gegenmaßnahmen einleiten. Analysepotenziale nutzen: In den Daten sind vielfältige Informationen versteckt, die sich wie einen Schatz heben lassen, um sie zur Optimierung der Geschäftsprozesse einzusetzen.

2.3.5

Management Summary

• Datenbanken sind eine wichtige Grundlage, um mit Datenanalysen Geschäftsprozesse zu optimieren • In Unternehmen fallen vielfältige KundInnendaten an unterschiedlichen Quellen an. Hierzu zählen Stammdaten, die Kaufhistorie der KundInnen, Kommunikationsdaten und viele weitere Datenquellen. • In der KundInnendatenbank werden die Daten aus den unterschiedlichen Datenquellen zusammengeführt. Je vielfältiger die hierbei genutzten Datenquellen sind, desto umfassender ist das 360°-Bild der KundInnen, das in der Datenbank entsteht. • Bei der Integration der Datenquellen sind verschiedene Schritte zu durchlaufen: Bereinigung, Filterung, Harmonisierung, Anreicherung und Qualitätssicherung der Daten. Auf diese Weise entsteht eine aktuelle, valide und in sich stimmige Datenbasis, die für vielfältige Zwecke genutzt werden kann. • KundInnendatenbanken bilden die Basis, um aus den KundInnendaten Mehrwert für die Optimierung des Geschäfts zu ziehen. Neben Dashboards und standardisierten Reports sind sie die Basis für Selektionen in der KundInnenkommunikation und für datenanalytische Vertiefungsanalysen.

2.4

So nutzen Sie Daten im digitalen Zeitalter richtig

2.4

45

So nutzen Sie Daten im digitalen Zeitalter richtig

Von Meinert Jacobsen, mar,an,con GmbH/B2B Smart Data Bonn, mjacobsen@ b2bsmartdata.de. Datenanalysen sind ein wichtiger Baustein im digitalen Marketing. Sie helfen, Prozesse zu verstehen und zu optimieren, und sind unabdingbar, um Ziele zu setzen und zu überprüfen, ob Zielsetzungen erreicht wurden. Doch bevor mit einer Datenanalyse begonnen werden kann, ist es sinnvoll, sich über den dahinterstehenden Prozess Gedanken zu machen. In der Regel hat man viele oftmals auch unstrukturierte (KundInnen-)daten und möchte Wissen aus diesen Daten gewinnen. Dazu lassen sich mehr oder weniger umfangreiche Datenanalysen durchführen. Oft weiß man aber nicht, wie man hier am besten vorgehen soll. Sich an etablierten Prozessmodellen wie etwa dem CRISP-DM zu orientieren, kann weiterhelfen. So wird klar, welche Schritte wer erledigen muss, um das Analyseprojekt zum Erfolg zu führen. Vor allem die IT-Abteilung und der betroffene Fachbereich sind hier gefragt – für die Analyseleistung selbst können auch Dienstleister beauftragt werden.

2.4.1

CRISP-DM – ein industrieübergreifender Standardprozess für Data Mining

Die Abkürzung CRISP-DM steht für „Cross Industry Standard Process for Data Mining“; dieser Standard wurde 1996 unter Mitarbeit zahlreicher namhafter Konzerne entwickelt und definiert insgesamt sechs verschiedene Prozessphasen (IBM, 1994). Das Modell CRISP-DM ist anwendungsneutral und in beliebigen Bereichen für Analysen einsetzbar. CRISP-DM besteht aus den folgenden Prozessschritten (vgl. Abb. 2.5): Geschäftsverständnis Der erste Schritt ist zugleich der Wichtigste und unabdingbare Basis für die Folgeschritte. Der Auftraggeber, meist ein Fachbereich, beispielsweise die Marketing-Abteilung eines Handelsunternehmens, muss seine konkrete Fragestellung und Zielsetzung formulieren. Dies muss so geschehen, dass es für alle Beteiligten – insbesondere die Auftraggeber aber auch die Analysten – klar verständlich ist. Datenverständnis Geschäfts- und Datenverständnis gehen in diesem Modell Hand in Hand. Denn beim Verstehen der Analyse-Fragestellung muss man sich fragen, ob die (betriebswirtschaftliche) Frage mit den zur Verfügung stehenden Daten beantwortet werden kann. Andersherum kann das Wissen über die Daten helfen, die Fragestellung zu präzisieren. Datenaufbereitung Die Aufbereitung der Daten ist häufig ein mühseliger und zeitintensiver Prozess – es sei denn, die Daten liegen in einem Analyse-Datamart vor und müssen nur noch auf die zu beantwortende Fragestellung angepasst werden. In jedem Fall sollte

46

2 Consumer Insights: So verstehen Sie KundInnen wirklich

Abb. 2.5 Grundschema des CRISP-DM. (Quelle: Eigene Abbildung nach IBM: IBM SPSS Modeler CRISP-DM Guide, S. 1)

der Datenaufbereitung ein angemessener Zeitraum zugebilligt werden. Denn auch bei der Datenanalyse gilt: „garbage in – garbage out“. Datenanalyse Die (statistische) Modellierung der Daten bzw. die Mustererkennung („Data Mining“) ist der eigentliche Analyse-Schritt. Häufig muss man aufgrund von Erkenntnissen aus der Modellierung einen Schritt zurück zur Datenaufbereitung gehen und dort gegebenenfalls Anpassungen vornehmen. Ergebnisbewertung Bei der Evaluation der Modellierungsergebnisse wird der Bogen zurück zur Fragestellung gespannt. Fachbereich und AnalystInnen beurteilen gemeinsam, ob die Fragestellung zufriedenstellend beantwortet wird, bzw. die Zielsetzung erfüllt werden

2.4

So nutzen Sie Daten im digitalen Zeitalter richtig

47

kann. Oft entstehen aus der Antwort auf eine Frage neue Fragen, womit der Prozess von vorne beginnt. Bereitstellung Das Ausrollen der Modelle bzw. die Anwendung der Erkenntnisse ist der letzte Schritt eines Analysezyklus. Erst hiermit kann die Analyse ihr Potenzial entfalten. Durch dieses Konzept bettet CRISP-DM die Datenanalyse in den Gesamtprozess der gewinnbringenden Nutzung von Daten ein. Die einzelnen Schritte laufen iterativ ab. Auch der gesamte Prozess bildet einen Zyklus, da sich an die Beantwortung einer Frage stets neue, weiterführende Fragestellungen anschließen. Organisatorischer Analyse-Ablauf nach CRISP-DM – wer muss welche Schritte tun? Abb. 2.6 stellt den Ablauf des CRISP-DM-Prozesses detaillierter dar. Am Anfang dieses Prozesses steht eine (betriebswirtschaftliche) Frage, die vom zuständigen Fachbereich aufgeworfen wird. Von ihrer Beantwortung verspricht sich der Fachbereich Erkenntnisse, die sich zur Optimierung der Geschäftsprozesse des Unternehmens gewinnbringend einsetzen lassen. Fragen, die aufgeworfen werden, können z. B. sein, wie sich KundInnen in unterschiedliche Segmente trennen und zielgruppenspezifischer angesprochen werden können. Oder welche Werbemaßnahmen bei welchen KundInnen die besten Chancen haben, Umsatz zu generieren. Alle Beteiligten müssen ein einheitliches Bild von der zu beantwortenden Frage bekommen. Diese muss dazu konkretisiert und ein Zielbild abgeleitet werden. Dies geschieht idealerweise in einem Datenworkshop mit allen Prozessbeteiligten: • Fachbereich: VertreterInnen des zuständigen Fachbereichs bringen die Fragestellung ein und erläutern ihre Einbettung in die Geschäftsprozesse des Unternehmens.

Abb. 2.6 Detaillierter Ablauf von CRISP-DM mit Rollenverteilung für IT, Fachbereich und Data Science. (Quelle: Eigene Darstellung)

48

2 Consumer Insights: So verstehen Sie KundInnen wirklich

• IT: Hier ist eine Person erforderlich, die umfassendes Wissen über die zur Beantwortung der Frage verfügbaren Daten besitzt. Sie weiß, welche Daten vorliegen und wie sie für die Analyse bereitgestellt werden können. • Data Science: Hier sind diejenigen zu beteiligen, die später die Analyse durchführen. Sie können den Datenbedarf qualitativ und quantitativ beschreiben, methodische Alternativen aufzeigen und einen Ausblick auf die Art der zu erwartenden Ergebnisse geben. Hierbei kann es sich um eine interne Analyseabteilung oder um externe Dienstleister handeln. In dem Workshop wird diskutiert, welche Daten für die Beantwortung der Fragestellung hilfreich sind. Die Beteiligten definieren Business Cases, anhand derer die späteren Analyseergebnisse wirtschaftlich evaluiert werden können. Im Falle eines externen AnalyseDienstleisters sind auch die grundlegenden Fakten des Geschäftsmodells zu besprechen. Im Anschluss an den Workshop erstellt der Data ScientistIn ein Protokoll, in dem die besprochenen Punkte (Fragestellung, benötigte Daten und Zielbild) festgehalten sind. Der Fachbereich gleicht dies nochmals mit seiner Fragestellung ab. Zugriff auf die Daten erhält die Data ScientistIn entweder über einen eventuell vorhandenen Datamart (mar,an,con, 2020) oder durch einen von der IT erstellten Extrakt der Datenbank. Danach beginnt sie/er mit der Datenaufbereitung. Die Rohdaten verschiedener Quellen werden dabei zusammengeführt und auf ein für die Analyse erforderliches Aggregationslevel gebracht. Mit der Fachabteilung hält die AnalystIn dabei regelmäßig Rücksprache, um fachliche Fragen zu klären. Anschließend erstellt der/die AnalystIn Datenübersichten in Form von Merkmalsverteilungen, die sie mit den übrigen Beteiligten abstimmt. Hiermit wird sichergestellt, dass die Daten technisch in Ordnung und fachlich korrekt aufbereitet sind. Während der folgenden Phase der Modellierung bietet es sich an, Schulterblicke durchzuführen. Hierbei wird der Fachbereich über die bisherigen Ergebnisse und Erkenntnisse informiert. Bei Bedarf lassen sich in der Datenanalyse noch Korrekturen oder Erweiterungen berücksichtigen. Das fertige Modell wird aufbereitet, indem die Kern-Ergebnisse als Präsentation bereitgestellt werden. Dabei werden die in den Daten erkannten Muster in anwendbares Wissen und umsetzbare Handlungsempfehlungen übersetzt. Abschließend wird das entwickelte Modell operativ ausgerollt. Zur Bereitstellung übergibt der/die Data ScientistIn eine Rechenvorschrift an die IT. Diese pflegt sie in die Systeme ein, damit sie operativ genutzt werden kann. Bei den bereitzustellenden Resultaten kann es sich, wie beschrieben, beispielsweise um eine Kunden-Segmentierung handeln (mar,an,con, 2019). Diese ordnet die KundInnen eines Unternehmens den durch die Analyse gebildeten Segmenten zu. Im Idealfall wird etwa der AgentIn im Call-Center bei eingehenden Anrufen das jeweilige Segment angezeigt, sodass die AgentIn die Kundin segmentspezifisch behandeln kann. Ein weiteres Beispiel eines Deployments kann die Anwendung eines Score-Modells zur Erstellung einer Selektion für eine Werbemaßnahme sein (mar,an,con, 2019). Die Fragestellung kann bspw. lauten: „Welche 10.000 KundInnen sollen das Angebot erhalten, und wie

2.4

So nutzen Sie Daten im digitalen Zeitalter richtig

49

viel zusätzlichen Deckungsbeitrag generieren wir damit gegenüber einer zufälligen Auswahl der KundInnen und gegenüber dem Fall, keine Werbung zu verschicken?“ Hier muss die IT geeignete Test- und Kontrollgruppen selektieren, um diese Frage im Nachhinein beantworten zu können. Wichtig ist zu klären, mit welcher Aktualität die Analyseergebnisse bereitgestellt werden sollen. Müssen etwa Segment-Zugehörigkeiten bzw. Scores tatsächlich in Echtzeit an das aktuelle Handeln der KundIn angepasst werden? Oder reicht es aus, tägliche, wöchentliche oder gar monatliche Anpassungen vorzunehmen? In letzterem Fall sind die Anforderungen an die Bereitstellungsprozesse wesentlich niedriger.

2.4.2

Analysearten: Strategische und operative Datenanalyse

Inhaltlich gibt es unzählige Möglichkeiten, Daten für das Marketing zu analysieren. Grob kann man sie dabei in zwei Gruppen einteilen: in strategische und operative Analysen. Beide Gruppen werden im Folgenden ausführlicher beleuchtet und anhand von konkreten Beispielen sowohl für strategische als auch operative Analysen erläutert.

2.4.2.1 Strategische Analysen: KundInnenwanderung, Segmentierung und KundInnenwert Strategische Analysen dienen dazu, langfristige Ziele zu definieren. Hierbei sollen zum einen größere existierende Stolpersteine identifiziert werden – möglichst bevor sie zu einem Problem werden. Sie sollen helfen, neue Märkte und Kundengruppen zu erschließen und die richtigen Dinge zu tun, um den Geschäftserfolg langfristig zu sichern. Strategische Analysen geben die Antwort auf die Frage nach dem „Was tun?“. Entsprechend liefern strategische Analysen keinen unmittelbaren operativen Nutzen, der sofort im Tagesgeschäft umgesetzt werden kann, sondern sind als langfristige Entscheidungshilfe zu verstehen. Klassische Beispiele für strategische Analysen sind KundInnenwanderungsmodelle, Segmentierungen und KundInnenwertanalysen, die hier näher beleuchtet werden. KundInnenwanderungsmodell Einen aufschlussreichen und vielfältigen Überblick über den KundInnenbestand und seine zeitliche Entwicklung liefert das KundInnenwanderungsmodell. Nutzende erfahren beispielsweise, wie groß der Zugang an NeukundInnen ist und welche Rolle dabei die vorherige Gewinnung von InteressentInnen spielt. Das Berechnungsmodell liefert Daten zur weiteren Entwicklung des/der KundIn im Verlauf ihres Lebenszyklus: Wer wird dauerhaft zur BestandskundIn, wer rutscht möglicherweise schon kurz nach dem Erstkauf in die Inaktivität ab? Man erhält auch erste Aufschlüsse, von welchen Faktoren der weitere Weg des/der KundIn abhängt.

50

2 Consumer Insights: So verstehen Sie KundInnen wirklich

Grundlage des Kundenwanderungsmodells sind wie bei der RFM-Analyse5 die Kaufdaten und die KundInnenstammdaten. Aus diesen geht hervor, wann ein/eine KundIn welche Artikel zu welchem Preis gekauft hat. Auf Basis dieser Daten ordnet das Wanderungsmodell die KundInnen verschiedenen Aktivitätsstufen zu. Dabei werden üblicherweise die folgenden unterschieden: • InteressentInnen: Hierbei handelt es sich um Personen, die dem Unternehmen beispielsweise aus einer Anfrage vorliegen, die aber noch keinen Kauf getätigt haben. Unter Umständen verbleiben Kontakte länger in diesem Stadium, bevor sie zu KundInnen gewandelt werden können – für zahlreiche InteressentInnen gelingt dies nie. • NeukundInnen: Dies sind KundInnen, die in der jüngsten Zeit (i. d. R. den letzten 12 Monaten) erstmals gekauft haben. Manche NeukundInnen kaufen schon innerhalb der ersten 12 Monate mehrmals. • BestandskundInnen: Diese KundInnen haben ebenfalls in den letzten 12 Monaten gekauft; sie sind allerdings schon seit mehr als 12 Monaten KundIn. Gemeinsam mit den NeukundInnen bilden die BestandskundInnen die aktiven KundInnen. • Inaktive KundInnen: Dies sind KundInnen, deren letzter Kauf mehr als ein Jahr zurückliegt. Diese sollte das Unternehmen versuchen zu reaktivieren, sie also zu einem Kauf zu animieren und in den aktiven KundInnenstamm zurückzuführen. Das Wanderungsmodell zeigt in seiner Grundinformation zunächst die Aufteilung der KundInnen auf die einzelnen Aktivitätsstufen zum Ende eines Geschäftsjahrs (vgl. Abb. 2.7). Dargestellt sind die jeweilige Anzahl der KundInnen in den Aktivitätsstufen, die Veränderungen zum Vorjahr und die Bewegungen zwischen den Aktivitätsstufen. Wichtig ist vor allem zu sehen, wie sich der Bestand an aktiven KundInnen entwickelt. Im Beispiel der

5 Eine RFM-Analyse (Recency, Frequency, Monetary Analysis) ist ein statistisches Verfahren, das in

der Marketingforschung eingesetzt wird, um das Verhalten von KundInnen in Bezug auf ihre Einkaufsgewohnheiten zu analysieren und Vorhersagen über ihre zukünftigen Kaufentscheidungen zu treffen. Die Analyse beruht auf drei wichtigen Parametern, die das Kaufverhalten einer Person beschreiben: • Recency (Letzte Transaktion): Wie lange ist es her, dass die Person das letzte Mal eingekauft hat? • Frequency (Häufigkeit): Wie oft kauft sie bei einem Unternehmen ein? • Monetary Value (Monetärer Wert): Wie viel Geld gibt sie aus? Die RFM-Analyse kann dazu beitragen, KundInnen in verschiedene Segmente zu unterteilen und festzustellen, welche KundInnen am wahrscheinlichsten wiederkommen werden und welche eher abwandern. Daraus können Marketingstrategien abgeleitet werden, um die KundInnenbindung zu stärken und die Akquise zu verbessern.

2.4

So nutzen Sie Daten im digitalen Zeitalter richtig

51

Abb. 2.7 Grundinformation des Kundenwanderungsmodells mit eingeblendeten KaufInformationen. (Quelle: Eigene Darstellung/mar.an.con)

Abb. 2.7 liegt bei den BestandskundInnen ein leichter Zuwachs vor (+413), während die Zahl der NeukundInnen deutlich rückläufig ist (–3019). In diesem Beispiel fällt auf: • Nur wenige NeukundInnen bleiben aktiv (5.557), währenddessen 32.875 inaktiv werden. • Mehr als die Hälfte der 76.623 aktiven KundInnen sind NeukundInnen (38.460 gegenüber 38.167 BestandskundInnen). • Sehr viele BestandskundInnen rutschen außerdem in die Inaktivität ab (26.321). Demgegenüber ist die Zahl reaktivierter ursprünglich Inaktiver vergleichsweise gering (21.177 von 689.014 inaktiven KundInnen). • InteressentInnen spielen bei der NeukundInnen-Gewinnung nur eine geringe Rolle (3.976). Für diese Auffälligkeiten ist zunächst der Vergleich mit dem Vorjahr interessant. Gab es diese Probleme auch in früher Zeit schon – falls ja, ist deren Ausmaß größer oder geringer geworden? Die Entwicklung wichtiger Kenngrößen (KPIs) zur KundInnenwanderung wird zudem für die letzten Jahre dargestellt. Sinnvoll sind hier u. a. Zeitreihen für die Zahl der Neuund BestandskundInnen, die Gewinnung von NeukundInnen, die Wanderungen zwischen aktiven und inaktiven KundInnen sowie die KPIs „Burnquote“ und „Reaktivierungsrate“ (vgl. Abb. 2.8). Abb. 2.8 zeigt, dass in diesem Beispiel die aktuelle Reaktivierungsrate (reaktivierte KundInnen im Verhältnis zu inaktiv Gewordenen) über dem Niveau der beiden Vorjahre liegt: Hier ist eine Verbesserung eingetreten. Hingegen ist die Burnquote (d. h. der Anteil der NeukundInnen, die inaktiv werden) in den letzten Jahren weiter angestiegen. Sie hat mit

2021

Neukunden zu Bestandskunden 2017

84

2018

84

2018

2017 2019

22,7

60,2

20,8

2021

2020

62,7

20,2

62,3

2022

21,2

59,2

Inaktive zu aktiven Kunden

2017

35

2018

34

Abb. 2.8 Zeitreihendarstellung von Burnquote und Reaktivierungsquote. (Quelle: Eigene Darstellung/mar.an.con)

20,9

62,1

21,3

60,3

Aktive zu inaktiven Kunden

2022

5,6

Neukunden zu inaktiven Kunden

2019

85

2020

85

2019

38

2020

32

Reaktivierungsrate

2020

5,9

32,9

Reaktivierte Inaktive im Verhältnis zu inaktiv Gewordenen, in %

2019

5,8

33,9

Wanderungzwischen Aktivität und Inaktivität

2018

2017

5,9

34,3

in Tsd.

7,0

6,4

34,6

35,7

Anteil der Neukunden des Vorjahrs, die inaktiv werden, in % 36,0

Burnquote

Kundenwanderung der Neukunden in Tsd.

Die Reaktivierungsrate konnte aktuell gegenüber den Vorjahren verbessert werden – eine dauerhafte Reduzierung der Burnquote sollte angestrebt werden

2021

33

2021

86

2022

36

2022

86

KWM

52 2 Consumer Insights: So verstehen Sie KundInnen wirklich

2.4

So nutzen Sie Daten im digitalen Zeitalter richtig

53

aktuell 86 % ein sehr hohes Niveau erreicht. Anzustreben ist eine nachhaltige Verringerung dieses KPI. Weitere Informationen bringen zusätzliches Licht in die Zahlen des Modells. Diese können in der interaktiven grafischen Darstellung des Wanderungsmodells zusätzlich zu den Grundinformationen optional eingeblendet werden. Auch hier sind Zeitreihengrafiken interessant. Nützliche zusätzliche Informationen sind beispielsweise: Kauf-Informationen Diese stellen für die aktiven KundInnen essenzielle KPIs dar. Hierzu zählt z. B., wie oft die KundInnen gekauft haben und wie hoch Umsatz und Deckungsbeitrag waren (vgl. Abb. 1.3). In Abb. 1.3 wird beispielsweise deutlich, dass die NeukundInnen zahlenmäßig die BestandskundInnen übertreffen, die NeukundInnen aber zugleich deutlich schlechter Umsatzwerte aufweisen als die BestandskundInnen. Verweildauern Eine weitere wichtige Information liegt in der Verteilung der Verweildauern der KundInnen in bestimmten Aktivitätsstufen. Hier lässt sich beispielsweise feststellen, wie sich die mittlere Verweildauer einer Person in der Inaktivität vor einer Reaktivierung im Zeitablauf entwickelt. Artikelgruppen KPIs wie Umsätze oder die Reaktivierungsquoten lassen sich nach KäuferInnen bestimmter Artikelgruppen aufgegliedert darstellen. So wird deutlich, ob z. B. KäuferInnen bestimmter Artikel leichter zu reaktivieren sind als andere. Das Wanderungsmodell ist ein mächtiges Tool, um einen umfassenden Überblick über die KundInnendaten auf einen Blick zu bekommen. Hierbei zu Tage tretende Auffälligkeiten sollten Anlass geben, mit weiterführenden Analysen Erklärungen hierfür zu suchen. Unvorteilhafte Entwicklungen lassen sich so unter Umständen in Zukunft vermeiden – und Positives auf andere KundInnengruppen oder -segmente ausweiten. Auf Basis der Informationen des Wanderungsmodells lassen sich strategische Implikationen ableiten, so im dargestellten Beispiel etwa, dass die Kundenbindung verbessert werden sollte. Die BestandskundInnen sind deutlich lukrativer als die NeukundInnen, doch sie sind im KundInnenstamm in der Unterzahl und es gelingt kaum, NeukundInnen zu BestandskundInnen zu entwickeln. In den meisten Fällen bilden die KundInnen eines Unternehmens keine homogene Masse. In diesem Fall schließt sich die Frage an, wie viele und welche unterschiedlichen Kundensegmente unterschieden werden sollen. Der gesamte Kundenbestand muss dann diesen Segmenten zugeordnet werden. Dies ermöglicht, die KundInnen je nach Segment-Zugehörigkeit mit einer auf sie zugeschnittenen Produkt-, Preis- und Kommunikationsstrategie anzusprechen. Hierdurch steigt die Relevanz der KundInnenansprache – die Marketingeffizienz wird optimiert. Auf Basis der im Unternehmen vorhandenen KundInnendaten sollen trennscharfe KundInnentypen herausgearbeitet werden. Methodisch verwendet man eine statistische Clusteranalyse, um ähnliche KundInnen in Segmente, also voneinander möglichst unterschiedliche Cluster zusammenzufassen. Die

54

2 Consumer Insights: So verstehen Sie KundInnen wirklich

Anzahl der Cluster ist von vornherein nicht vorgegeben, sondern muss anhand der Analyseergebnisse festgelegt werden. Je weniger Cluster gebildet werden, desto inhomogener sind diese Cluster. Zu viele Cluster erhöhen andererseits den Aufwand, der mit der segmentspezifischen KundInnenansprache verbunden ist. Der Analysierende muss einen guten Kompromiss zwischen der Clusteranzahl und der Homogenität der Cluster finden. Je besser die Cluster die Varianzen6 aller eingehenden Merkmale erklären, desto homogener sind sie. In einem Scree-Plot lässt sich der Beitrag eines jeweils zusätzlich gebildeten Clusters zur Varianzerklärung gegen die Clusteranzahl abgetragen. Gesucht wird nach einer „Knickstelle“, bei der die Zahl der Cluster noch verhältnismäßig gering ist und gleichzeitig der Beitrag weiterer möglicher Cluster zur Varianzerklärung nur noch wenig beiträgt. Neben der Analyse des Scree-Plots sollten immer auch inhaltliche Gesichtspunkte herangezogen werden: Lassen sich die aus den Clustern entstehenden KundInnentypen anschaulich beschreiben, eignen sie sich zur Ableitung von Kommunikationsstrategien und passen sie zu bisherigen Erfahrungswerten aus dem Umgang mit den KundInnen? Oft lassen sich die wichtigsten Eigenschaften der Cluster in einer zweidimensionalen Grafik darstellen, wie in Abb. 2.9 gezeigt. Hier trennen sich KundInnen nach ihrer Einstellung: modern oder traditionell und nach ihrem Qualitätsanspruch an das Produkt des anbietenden Unternehmens – niedrige oder hohe Qualität. Bei der Auswahl der Dimensionen ist wichtig, dass sie für die eigene Industrie wichtig sind. Mehr als zwei Dimensionen kann man zwar aufbauen, dies ist aber in der praktischen Handhabung im Marketingalltag sehr schnell zu unhandlich. Abb. 2.9 zeigt als Ergebnis vier grundsätzlich verschiedene KundInnensegmente, die sich noch weiter in Untersegmente aufteilen lassen. Auf diese Weise erhält man ein Verständnis dafür, wie die gebildeten KundInnensegmente „ticken“. Zugleich kann man durch die Größe der Kreise, welche die Cluster darstellen, die Bedeutung der Cluster wiedergeben – beispielsweise nach der Anzahl der KundInnen oder nach ihrem Umsatzbeitrag. Die eine Achse ergibt sich dabei häufig aus den Kerneigenschaften der gekauften Produkte; bei Wein kann es sich z. B. um die Qualität des Weines handeln, wobei diese mit dem Preis, den Herkunftsregionen, der Geschmacksrichtung sowie weiteren Merkmalen zusammenhängen kann. Eine zweite Achse repräsentiert häufig das Kommunikationsverhalten der KundInnen, wobei sich eher traditionelle verhaltende Cluster moderneren KundInnentypen gegenüberstehen können. Traditionelle KäuferInnen sind im Durchschnitt älter und kommunizieren über traditionelle Kanäle wie Briefpost oder Telefon, während modernere KundInnen vornehmlich E-Mail oder Mobiltelefon-Apps zur Kommunikation nutzen. Auch Kaufverhalten (PoS vs. Online) und Zahlungswege können sich hier unterscheiden. Auf diese Weise entsteht für jedes Cluster ein möglichst plastisches Bild des jeweiligen KundInnentyps. Diese Typologie kann im Idealfall in Form von „Personas“ umgesetzt. 6 Die Varianz ist ein Streuungsmaß in der Statistik und gibt an, wie stark sich die Einzelwerte einer

Gesamtheit voneinander unterscheiden. Sie beschreibt das Quadrat der durchschnittlichen Abweichung aller Werte von ihrem Durchschnittswert. Die Quadratwurzel der Varianz ist die Standardabweichung.

2.4

So nutzen Sie Daten im digitalen Zeitalter richtig

55

Cluster in der Ebene - Größe nach Häufigkeit modern 1

4a 3a

niedrige Qualität

4b

hohe Qualität

2 3b

4c

3c 3e 3d traditionell

Abb. 2.9 Cluster in der Ebene – Größe und Häufigkeit. (Quelle: Eigene Darstellung)

Eine Persona ist eine fiktive Person, ein typischer Vertreter oder eine typische Vertreterin ihrer Zielgruppe. Anders als einer Zielgruppe sind einer Persona jedoch über grobe soziodemografische Merkmale hinaus konkrete Eigenschaften zugeordnet. Eine Persona trägt einen für die Gruppe, die sie repräsentiert, typischen Vor- und Nachnamen, hat ein bestimmtes Alter, Ausbildung und Einkommen. Auch Informationen über Familienstand, Hobbies und Persönlichkeit können enthalten sein. Die Informationen einer Persona sollten stets detailliert und in die Tiefe gehend sein – sich jedoch auch an daran orientieren, welchem Zweck die Persona im spezifischen Fall dienen soll. Abhängig davon, für welches Anwendungsfeld die Persona erstellt wird, kann der Aufwand größer oder kleiner sein. Wenn eine Neuentwicklung eines Produktes geplant ist oder neue KundInnengruppen erschlossen werden sollen, ist es häufig am besten, Interviews mit realen Personen aus der Zielgruppe zu führen. Dies ist wesentlich teurer und zeitintensiver als die Erstellung einer Persona, die ausschließlich für die Anspracheoptimierung von BestandsKundInnen genutzt werden soll und die basierend auf den vorhandenen CRM-Daten entwickelt wird. Auch hier können Befragungsdaten von realen KundInnen nützlich sein, jedoch kann und sollte hier eine Kosten-Nutzen Abwägung getroffen werden. Gerade, wenn viele relevante Informationen über die existierenden KundInnen vorliegen, kann eine Analyse der Bestandsdaten sowie die Verwendung des im Unternehmen vorliegenden Kenntnisse über den KundInnenstamm in vielen Fällen ausreichend sein. KundInnenwert (Customer Lifetime Value) „Der Kunde ist König“, lautet ein bekanntes Sprichwort. Aber sollte dies wirklich so sein? Sollten nicht manche KundInnen wie „Kaiser“ behandelt werden, andere hingegen eher

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2 Consumer Insights: So verstehen Sie KundInnen wirklich

weniger fürstlich? Hinter dieser Differenzierung steckt letztlich der Gedanke, KundInnen aus Sicht des Unternehmens zu bewerten. Eine KundInnenwertanalyse beantwortet die Frage, welchen langfristigen Wert eine Kundin oder ein Kunde für das Unternehmen hat. Der KundInnenwert ist also der vom anbietenden Unternehmen wahrgenommene, bewertete Beitrag einer KundIn zur Erreichung der Unternehmensziele (Helm et al., 2017) und ist somit klar als strategische Analyse zu betrachten. Die Ziele des Anbieters können monetäre oder nicht-monetäre sein, sind in jedem Fall aber in die Zukunft gerichtet. Diese Prognose kann – auf eine objektive Basis gestellt – nur auf den Daten über den Verlauf der KundInnenbeziehung beruhen, stellt somit also eine Aufgabenstellung des analytischen CRM dar. Die in der Praxis zur Bewertung der KundInnen verwendeten Methoden sind vielfältig. Sie reichen – mit steigendem Aufwand – von einfachen ABC-Analysen, also der Einteilung der KundInnen in Wert-Kategorien nach bestimmten datenbasierten Kriterien, bis hin zu echten Prognosemodellen, die den zukünftigen Deckungsbeitrag der KundIn als relevante monetäre Zielgröße vorhersagen (Krafft & Bues, 2017). Im Falle einer monetären Prognose des Deckungsbeitrags spricht man auch von der Ermittlung des Customer Lifetime Value (CLV). Dabei gleicht die Aufgabenstellung derjenigen des Scorings – allerdings erfolgt die Prognose hier nicht maßnahmenbezogen, sondern maßnahmenunabhängig. Zudem wird nicht nur eine Prognose erstellt, sondern es werden Prognosen für einen längeren Betrachtungszeitraum, d. h. für mehrere Jahre in der Zukunft abgegeben (vgl. Abb. 2.10). Die prognostizierten Deckungsbeiträge sind dabei auf den aktuellen Zeitpunkt abzuzinsen, wobei der Zinssatz nicht nur der Geldentwertung durch Inflation, sondern auch der zunehmenden Unsicherheit der in der Zukunft liegenden Prognosen Rechnung tragen sollte. Die Prognosehorizonte sind dabei i. d. R. nicht länger als 5 Jahre, da darüber hinaus die Unsicherheiten zu groß werden.

Vergangenheit

Zukun

Datenbasis zum Zeitpunkt t: -

Stammdaten Kauistorie Kommunikaonshistorie Verhaltensdaten usw.

-

aktueller DB zuküniger Kommunikaonsaufwand

DBPrognose für t+1

DBPrognose für t+2



DBPrognose für t+n

Auf t abgezinste DB-Prognosesumme: t t+1

t t+2



t t+n

Abb. 2.10 Grundsätzliches Vorgehen bei der Bestimmung von KundInnenwerten auf Basis von Deckungsbeitrages (DB)-Prognosen. (Quelle: Eigene Darstellung)

2.4

So nutzen Sie Daten im digitalen Zeitalter richtig

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In die Prognose des Deckungsbeitrags sollte auch der Aufwand für die künftige Kommunikation mit KundInnen eingehen. Dazu müssen Annahmen bzw. Regeln zugrunde gelegt werden, wie die Kommunikationsausgaben sich in Abhängigkeit vom aktuellen Deckungsbeitrag und dem Potenzial, das in der KundIn gesehen wird, festgelegt werden. Idealerweise bildet das Prognosemodell den Einfluss der Kommunikation und der Instrumente der KundInnenbindung auf den Deckungsbeitrag angemessen ab. Dabei entsteht eine Interdependenz zwischen dem Aufwand und dem Prognosewert. Diese beruht auf dem Grundgedanken des analytischen CRM, dass durch eine datenbasiert ausgesteuerte Ansprache der Wert einzelner KundInnen optimiert werden kann. Es kann, ausgehend von einer bestehenden Ansprachestrategie für die einzelnen KundInnen, untersucht werden, wie sich mit einer alternativen Ansprache der Wert des einzelnen KundInnen, aber auch der KundInnenmenge insgesamt verändert (Hughes, 2012). Beispielsweise kann man die Auswirkungen der Einführung eines Geburtstagsclubs auf den Wert von EinzelhandelskundInnen betrachten, um anhand dieses Kriteriums die strategische Vorteilhaftigkeit dieser Maßnahme zu beurteilen. Je nach Ergebnis einer solchen Betrachtung kann es dann angezeigt sein, die Maßnahme zu modifizieren oder ganz aufzugeben. Neben derartigen strategischen Entscheidungen lassen sich mit KundInnenwerten auch die Vorteilhaftigkeit operativer Maßnahmen wie die Zusendung konkreter Mailings anhand ihres Einflusses auf den KundInnenwert beurteilen (Lorscheid, Nutzung von Kundenwerten im Dialogmarketing, 2017). Negative oder nahe null liegende KundInnenwerte sollten Anlass geben, die aktive Kommunikation mit den betreffenden KundInnen einzustellen bzw. auf ein Minimum zurückzufahren. Inaktive KundInnen mit positivem KundInnenwert bieten sich für Reaktivierungskampagnen an, denn hier stecken im Fall der Reaktivierung erhebliche Umsatzpotenziale. Ebenso ist es möglich, den Wert eines/r gewonnenen NeukundIn in Abhängigkeit vom Gewinnungsweg zu bestimmen. Aus dem Customer Lifetime Value und der Erfolgsquote der Gewinnungsmaßnahme ergibt sich in diesem Fall, wie viel das Unternehmen maximal für die Gewinnung der NeukundIn ausgeben kann: Beträgt z. B. der Wert einer per Suchmaschinenwerbung (SEA) gewonnenen NeukundIn 250 EUR und liegt die Erfolgsquote für die Konversion in eine KundIn für eine solche Werbemaßnahme bei 0,4 %, so sollten die Ausgaben für die SEA-Werbung unter 250 EUR × 0,004 = 1 EUR pro Ausspielung liegen. Würde die SEA-Werbung bei Google etwa 1,50 EUR pro Ausspielung kosten, rechnet sich diese Maßnahme nicht, da bei 1000 Ausspielungen in Summe 1500 EUR Kosten anfallen, dann zwar 4 KundInnen gewonnen werden können, diese aber „nur“ 4 mal 250 = 1000 EUR Ertrag bringen und somit 500 EUR Verlust generiert werden.

2.4.2.2 Operative Analysen: Scorings, Warenkorbanalysen und Kündigungsprävention Das Ziel von operativen Analysen ist hingegen kurz- oder mittelfristig und setzt auf einer hierarchisch niedrigeren Ebene an als die strategische Analyse. Es geht bei operativen Analysen darum, akute Probleme zu lösen und dafür zu sorgen, dass das Tagesgeschäft

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2 Consumer Insights: So verstehen Sie KundInnen wirklich

möglichst reibungslos läuft bzw. das Erreichen von konkreten Zielsetzungen überprüft wird. Operative Analysen stellen die Frage nach dem „Wie (tun)?“ und überprüfen oder verbessern die (effiziente) Umsetzung von Strategien. Beispiele für operative Analysen sind unter anderem Scorings, Warenkorbanalysen und Kündigerscorings und sollen hier ausführlicher beleuchtet werden. Scorings Marketing-Budgets sind in aller Regel knapp. Daher gilt es, die Budgets so zu verteilen, dass sie ihre bestmögliche Effizienz entfalten. Doch bei welchen KundInnen verspricht das Budget, am besten zu wirken? Oft werden die KundInnen hier auf Basis von RFMAnalysen selektiert. Wesentlich besser beantworten diese Frage maßgeschneiderte Scorings, welche die KundInnen Maßnahmen-bezogen in verschiedene Wirkungsklassen einteilen. Die Scorings nutzen dazu Daten vergleichbarer Maßnahmen in der Vergangenheit, indem sie untersuchen, wer hierauf reagiert hat und wer nicht – und von welchen KundInnenmerkmalen neben den RFM-Variablen dies abhängt. Die Analyse soll den Erfolg einer Werbemaßnahme optimieren – z. B. eines Mailings oder einer Werbe-E-Mail. Zunächst ist eine relevante Zielgröße festzulegen, die sich an der Zielsetzung der Werbemaßnahme orientiert. Geht es primär darum, ob die KundIn reagiert oder nicht? Welche Handlung der KundIn soll als Reaktion zählen: Muss ein Kauf erfolgen oder reicht auch ein Webshop-Besuch aus? Soll auch berücksichtigt werden, wie viel gekauft wurde? Zur Definition der Zielgröße gehört auch der Reaktionszeitraum, auf den die Zielgröße bezogen sein soll. Dies sollte der Zeitraum sein, innerhalb dessen normalerweise eine Reaktion auf den werblichen Kontakt zum/r KundIn zu erwarten ist, beispielsweise vier Wochen nach dem Zeitpunkt des Werbekontaktes (Versand). Unter Umständen ist es auch sinnvoll, längerfristige Reaktionen einzubeziehen: Bei einem Reaktivierungsmailing besteht der Werbeerfolg nicht nur in der kurzfristigen Reaktion der KundIn auf den Werbekontakt, sondern auch in der nachhaltigen Verbesserung der Kaufbereitschaft der KundInnen in dem auf die Reaktion folgenden Zeitraum (Lorscheid, ROI-optimale Allokation dreier Mailingtypen in der Bestandskommunikation einer Spendenorganisation, 2013). AnalystInnen lernen anhand einer vergleichbaren Werbekampagne, also aus einer gleichartigen Kontaktaufnahme mit einzelnen KundInnen, aus der Vergangenheit. Sie findet mithilfe der Daten dieses Anstoßes Einflussgrößen, mit denen sich die Reaktion der KundInnen hierauf erklären lässt. Mithilfe einer Regressionsanalyse wird untersucht, wie potenzielle Einflussmerkmale gemeinsam auf die Zielgröße wirken. Dabei zeigt sich, ob die einzelnen Merkmale sich positiv oder negativ auf die Zielgröße auswirken und wie stark diese Wirkung im Kontext aller Einflussmerkmale ausfällt (vgl. Abb. 2.11). Im Beispiel wird eine Regressionsanalyse genutzt, um Einflüsse auf den erzielten Deckungsbeitrag bei einer Vermarktungskampagne von Fernreisen zu ermitteln. Den stärksten positiven Einfluss hat hier die Anzahl bisheriger Fernreisen, die die KundIn in der Vergangenheit bei dem werbetreibenden Unternehmen bereits gebucht hat. Gegenüber der

2.4

So nutzen Sie Daten im digitalen Zeitalter richtig

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Einflüsse auf den Deckungsbeitrag bei der Vermarktung von Fernreisen Merkmal bisherige Buchungen

Basisausprägung Veränderung Einfluss auf den Deckungsbeitrag 1 1 Buchung 2-4 Buchungen +0,74 € > 4 Buchungen +1,05 € Recency 0-1 Jahre 1-2 Jahre #BEZUG! -0,57 € 2-4 Jahre -0,78 € > 4 Jahre -1,05 € +0,46 € Buchungswert der letzten 24 Mon. 0-1.000 € 1.000-3.000 € #BEZUG! +0,68 € >3.000 € -0,66 € Recency der letzten Fernreise 0-1 Jahre 1-2 Jahre #BEZUG! >2 Jahre oder keine -0,98 € +1,51 € bisherige Buchungen v. Fernreisen keine 1 Buchungen 11 +1,96 € > 1 Buchung +0,26 € Buchungswert Fernreisen vorh. 24 Mon. keine 0-1.000 € #BEZUG! +0,50 € > 1.000 € +0,22 € Newsletter-Bezug nein ja

Abb. 2.11 Beispiel für eine Regressionsanalyse Dargestellt sind Richtung und Stärke der Einflüsse auf den Deckungsbeitrag. (Quelle: Eigene Darstellung)

Situation, dass noch keine solche Reise gebucht wurde (Basisausprägung des Merkmals) steigt der Deckungsbeitrag bei einer bisherigen Fernreisebuchung um durchschnittlich 1,51 EUR, bei mehr als einer solchen Buchung sogar um 1,96 EUR. Wenn eine Kundin oder ein Kunde Newsletter-Bezieher ist, lässt dies nur einen um 0,22 EUR höheren Deckungsbeitrag erwarten als bei Nichtbezug. Ein Einfluss kann auch negativ sein und den erwarteten Deckungsbeitrag reduzieren. So sinkt der erwartete Deckungsbeitrag um 0,98 EUR gegenüber einer KundIn, die die letzte Fernreise innerhalb des letzten Jahres gebucht hat (Basisausprägung), wenn die letzte Fernreisebuchung schon mehr als zwei Jahre zurückliegt oder noch gar keine solche Buchung zu verzeichnen ist. Treten bei einer KundIn mehrere Veränderungen gegenüber den Basisausprägungen auf, lassen sich die Einflüsse auf die Zielgröße addieren. Damit wird für jede KundIn anhand ihrer Kombination der Einflussmerkmale ein individueller erwarteter Deckungsbeitrag berechnet. Manchmal werden die Regressionsergebnisse zur einfacheren Verwendbarkeit auch in sog. Scorekarten „übersetzt“. Dabei werden den einzelnen Ausprägungen der Einflussmerkmale Punktwerte zugeordnet, sodass in dadurch näherungsweise die Regressionsergebnisse repräsentiert werden (Lorscheid, Auswahl der richtigen Zielgruppe, 2014). Abb. 2.12 zeigt eine Beispiel-Scorekarte, die jeder KundIn einen Punktwert zwischen 0 und 20 Punkten zugeordnet. Dargestellt sind Richtung und Stärke der Einflüsse auf den Deckungsbeitrag. Neben der Regressionsanalyse in ihren verschiedenen Ausprägungen (insbes. lineare Regression und logistische Regression) lassen sich zur Analyse dieses Zusammenhangs auch alternative Methoden verwenden. So können beim Scoring Entscheidungsbäume (z. B. nach dem CHAID-Algorithmus; (Kerner, 2002) und Methoden der Künstlichen Intelligenz wie neuronale Netze (Kerner, 2002) zum Einsatz kommen. Auf Basis der Analyse lassen sich die KundInnen in Scoreklassen einteilen, wobei üblicherweise 10–20 gleich große Scoreklassen mit steigender Erwartung für die Zielgröße betrachtet werden (vgl. Abb. 2.13). Im Beispiel enthält jede Scoreklasse 5000 KundInnen,

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2 Consumer Insights: So verstehen Sie KundInnen wirklich

Scorekarte für die Vermarktung von Fernreisen Merkmal Recency

bisherige Buchungen Buchungswert der letzten 24 Monate

Ausprägung 0-1 Jahre 1-2 Jahre 2-4 Jahre >4 Jahre 1 Buchung 2-4 Buchungen >4 Buchungen 0-1.000 € 1.000-3.000 € >3.000 €

Scorewert 3 2 1 0 0 2 3 0 1 2

Merkmal

Ausprägung Scorewert 0-1 Jahre 3 Recency der 1-2 Jahre 1 letzten Fernreise >2 Jahre / keine 0 Buchungswert der keine Fernreisen 0 Fernreisen der 0-1.000 € 1 letzten 24 Monate >1.000 € 2 bisherige keine 0 Buchungen von 1 Buchung 4 Fernreisen >1 Buchung 6 ja 1 Newsletter-Bezug nein 0

Abb. 2.12 Beispiel für eine Score Karte. (Quelle: Eigene Darstellung)

wobei die KundInnen mit den besten Scorewerten in Klasse 20 sind, diejenigen mit den schlechtesten Scorewerten in Klasse 1. Die attraktivsten Scoreklassen befinden sich oben. Die „Anzahl“ beschreibt die Zahl der KundInnen, die einen Werbeanstoß erhalten haben, „Reagierer“ sind die KundInnen, die auf den Anstoß reagiert haben. Der Deckungsbeitrag (DB) pro ReagiererIn und pro KundIn ist in den hohen Scoreklassen deutlich höher als in den niedrigen. Wenn der Score eine gute Trennschärfe aufweist, dann gibt es in der besten Scoreklasse verhältnismäßig viele ReagiererInnen, hier 355 von 5000, also 5,9 %. Der Deckungsbeitrag, der im Rahmen der Aktion mit den 355 Reagierenden der Klasse 20 erzielt wurde, beträgt im Durchschnitt 205 EUR. Umgerechnet auf die 5000 KundInnen (355 Reagierende und 4645 Nicht-Reagierende), die sich insgesamt in dieser Scoreklasse befinden, macht das 12,10 EUR pro KundIn.

Scoring für den erwarteten Deckungsbeitrag der Kunden Klasse 20 19 18 17 16 15 14 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1

Anzahl 5.000 5.000 5.000 5.000 5.000 5.000 5.000 5.000 5.000 5.000 5.000 5.000 5.000 5.000 5.000 5.000 5.000 5.000 5.000 5.000 100.000

Reagierer 355 312 289 257 229 204 181 170 153 143 138 122 101 89 79 71 57 48 39 34 3.071

Reaktionsquote 5,9% 5,2% 4,8% 4,1% 3,6% 3,1% 2,6% 2,4% 1,9% 1,6% 1,4% 1,2% 1,1% 1,0% 0,9% 0,8% 0,7% 0,6% 0,6% 0,5% 3,1%

DB pro Reagierer 205 € 181 € 165 € 151 € 140 € 134 € 135 € 130 € 125 € 118 € 112 € 108 € 105 € 106 € 95 € 85 € 83 € 82 € 78 € 68 € 105 €

Deckungsbeitrag pro Kunde 12,10 € 9,41 € 7,92 € 6,19 € 5,04 € 4,15 € 3,51 € 3,12 € 2,38 € 1,89 € 1,57 € 1,34 € 1,16 € 1,06 € 0,86 € 0,68 € 0,58 € 0,52 € 0,47 € 0,34 € 3,21 €

Deckungsbeitrag mindestens doppelt so groß wie Mailingkosten

Deckungsbeitrag knapp über den Mailingkosten Deckungsbeitrag unter den Mailingkosten von 1,50 €

Abb. 2.13 Beispielhafte Scoreklassen-Einteilung. (Quelle: Eigene Darstellung)

2.4

So nutzen Sie Daten im digitalen Zeitalter richtig

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Bei einem funktionierenden Scoring zeigt die Zielgröße ein deutlich monotones Verhalten, steigt also mit der Scoreklasse immer weiter an. Im Beispiel der Abb. 2.13 ist dies für die Zielgröße Deckungsbeitrag pro KundIn klar zu sehen. Auch die Reaktionsquote und der Deckungsbeitrag pro ReagiererIn verhalten sich weitgehend monoton. Das heißt, mit der Scoreklasse steigen sowohl die Wahrscheinlichkeit der Reaktion als auch der Wert dessen, was im Reaktionsfall gekauft wird. Das den Score einsetzende Unternehmen muss nun entscheiden, bis zu welchem Zielgrößenwert eine Bewerbung die betreffende KundIn noch attraktiv ist. Dabei muss neben der Einnahme- auch die Ausgabenseite beachtet werden, d. h. wie viel kostet die KundInnenansprache und welche Erwartungen bestehen an den Return on Marketing Invest (RoMI). Bei Mailingkosten von 1,50 EUR in dem betrachteten Beispiel liegt der Deckungsbeitrag pro KundIn in den Scoreklassen 20–13 deutlich über dem Kostenbetrag (mehr als doppelt so groß), bei den Scorekassen 12–10 nur noch wenig darüber und in den Scoreklassen 9–1 darunter. Warenkorbanalysen Webshops geben den KundInnen häufig Empfehlungen für weitere Produkte, die zu den gerade angesehenen Produkten passen, weil diese von anderen KundInnen häufig in Kombination erworben wurden. Doch auch Unternehmen, die von diesen Empfehlungen in Echtzeit noch weit entfernt sind, sollten das Cross-Selling-Potenzial, das in Warenkorb-Analysen steckt, nicht unterschätzen. Einfache Warenkorbanalysen untersuchen, welche Waren besonders häufig in Kombination gekauft wurden (Poliakov, 2019, S. 1). Dies läuft auf eine Anwendung von Assoziationsmaßen hinaus. Neben der Anwendung auf einzelne Transaktionen, also Kaufvorgänge, kommt auch eine Anwendung auf KundInnenebene in Betracht, was insbesondere dann nützlich ist, wenn zeitnah an einen bestimmten Kaufvorgang weitere Produkte beworben werden sollen. Relevant sind insbesondere drei Kenngrößen für die Assoziation zweier Produkte: • Support bezeichnet die Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmtes Produkt gekauft wird: Es handelt sich um den Anteil der KundInnen, die dieses Produkt gekauft haben, an allen aktiven Kundinnen eines bestimmten Zeitraums. Dies lässt sich auch auf die Kombination zweier Produkte ausdehnen, indem der Anteil der Kunden bestimmt wird, die beide Produkte gekauft haben. Dabei kann auch die Reihenfolge berücksichtigt werden, d. h. wie groß ist der Anteil der KundInnen, die zuerst Produkt A und danach Produkt B gekauft haben: S(AB).7 • Konfidenz entspricht der Wahrscheinlichkeit, mit der ein Produkt B gekauft wird, wenn bekannt ist, dass Produkt A bereits gekauft wurde. Diese Wahrscheinlichkeit entspricht dem Support von B gegeben der Kauf von A in Kombination, geteilt durch den Support 7 Der Pfeil bezeichnet hier die Reihenfolge und kann als „von“ gelesen werden.: von A nach B.

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2 Consumer Insights: So verstehen Sie KundInnen wirklich

von A: K(AB) = S(AB)/S(A). Diese Wahrscheinlichkeit weicht im Allgemeinen von der unbedingten Kaufwahrscheinlichkeit des Produkts B ab. • Lift stellt das Verhältnis zwischen bedingter und unbedingter Kaufwahrscheinlichkeit dar: Um welchen Faktor steigt die Kaufwahrscheinlichkeit von B gegenüber dem unbedingten Fall an, wenn bekannt ist, dass Produkt A bereits gekauft wurde. Hierbei handelt es sich um den Quotienten aus Konfidenz und Support: L(AB) = K(AB)/S(B). Ein Beispiel für eine derartige Analyse zeigt Abb. 2.14. Wurde hier zuvor Produkt A gekauft, steigt die bedingte Kaufwahrscheinlichkeit des Produkts B gegenüber der unbedingten um den Lift-Faktor 2,5 von 10 % auf 25 % an. Ein Lift größer als Eins zeigt allgemein eine positive Assoziation beider Produkte an. Hier bietet sich eine aktive Bewerbung des betreffenden Folgeprodukts bei den KundInnen an, die das vorangehende Produkt bereits gekauft haben. Weiterentwicklungen dieser Warenkorbanalyse sind möglich. So kann allgemein untersucht werden, welche Faktoren den Kauf eines bestimmten Produktes begünstigen. Dies können dann u. U. vorherige Käufe mehrerer anderer Produkte sein, aber z. B. auch bestimmte soziodemografische Merkmale wie Alter oder Geschlecht. Mit auf diese Situation passenden Regressionsmodellen erhält man dann spezifische Kaufwahrscheinlichkeiten für bestimmte Produkte, die sich zur aktiven Bewerbung bei geeigneten Zielgruppen anbieten.

Abb. 2.14 Beispiel für die Berechnung des Lifteffekts. (Quelle: Eigene Darstellung)

2.4

So nutzen Sie Daten im digitalen Zeitalter richtig

63

Kündigungs-Prävention Dauerschuldverhältnisse sind dadurch geprägt, dass zu Beginn ein Liefervertrag abgeschlossen wird. Diesen erfüllt der Anbieter in der Folgezeit regelmäßig – so lange bis Bedarf oder Interesse der KundInnen erlöschen und der Vertrag gekündigt wird. Nach der Kündigung noch etwas dagegen zu unternehmen, ist schwer und selten von Erfolg gekrönt. Wer hingegen bereits im Voraus weiß, bei welchen AbonnentInnen eine Kündigung droht, kann gezielt Maßnahmen zur Bindung dieser KundInnen und damit zur Senkung der Kündigerquote einleiten. Derartige Dauerschuldverhältnisse treten nicht nur beim klassischen Abonnement von Zeitungen oder Zeitschriften auf, sondern erstrecken sich über viele Branchen wie • • • • • •

Energie- und Wasserversorger, Telefon- und Internet-Provider, Streaming-Anbieter für Musik und Video, Fitnessstudios und (Sport-)Vereine, Dauerkartenanbieter für Kultur und Sport, Versicherungen

Meist wissen diese Unternehmen vergleichsweise wenig über ihre VertragspartnerInnen, da während der Vertragslaufzeit u. U. kaum relevante Daten anfallen. Dennoch können meistens folgende Daten genutzt werden: KundInnenstammdaten Wie wurde die Person gewonnen, welche soziodemografischen Informationen liegen vor (Alter, Geschlecht, Wohnort)? Gibt es in der KundInnendatenbank ggf. weitere Personen aus demselben Haushalt? Auf welchen Wegen möchten sie mit dem Anbieter kommunizieren, d. h. liegen neben der Postanschrift Telefonnummern und/oder E-Mail-Adressen vor? Bezieht die Person einen E-Mail-Newsletter oder andere regelmäßige Informationen? Vertragshistorie Seit wann bezieht der/die KundIn die Leistung? Hat die Person schon Vorgängerverträge besessen und gekündigt? Welche Vertragsform nutzt sie bzw. hat sie in der Vergangenheit genutzt (z. B. Probeabo, Digitalabo, Geschenkabo o. ä.)? Liegen weitere Informationen vor, wie oder wofür das Vertragsverhältnis genutzt wird (z. B. Zugriffe auf digitales Zeitschriften-Abo, Art und Umfang der Streaming Nutzung)? Gab es bereits Beschwerden? Zahlungsverhalten Wie bezahlt der/die KundIn (abweichender Zahlungspflichtiger, Zahlungsweg, Zahlungsrhythmus, …)? Gab es in der Vergangenheit bereits Unregelmäßigkeiten bei der Zahlung (Mahnhistorie)?

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2 Consumer Insights: So verstehen Sie KundInnen wirklich

Cross-Selling Hat der/die KundIn weitere Leistungen in Anspruch genommen, z. B. ein Abo einer weiteren Zeitschrift, Einzelverkäufe oder besondere Dienstleistungen? Hier ist es besonders wichtig, eine möglichst ganzheitliche Sicht auf die Person zu bekommen. Denn diese Zusatzleistungen sind nicht nur ein hervorragender Prädiktor für bestehende KundInnenbindung, sondern auch ein guter Weg, die Bindung der AbonnentInnen an das anbietende Unternehmen zu intensivieren. Stammdatenanreicherung Unter Umständen ist die Ergänzung der Stammdaten mit externen, allerdings nicht personenscharfen Informationen sinnvoll. Hierzu zählen die Altersschätzung auf Basis des Vornamens sowie die Nutzung der Adressinformationen. Dies kann beispielsweise die Kaufkraft des Wohnumfelds betreffen oder ob dieses eher ländlich oder städtisch geprägt ist. Die Präventionsanalyse hat das Ziel, eine möglichst trennscharfe Vorhersage bevorstehender Kündigungen zu ermöglichen. Kündigungsgefährdete KundInnen sollen so zuverlässig wie möglich identifiziert werden. Fehlidentifikationen sind andererseits nach Möglichkeit zu vermeiden, um keine „schlafenden Hunde“ zu wecken und unnötige Aufwände für Bindungsmaßnahmen zu vermeiden. AnalystInnen lernt dabei an den Daten vergangener Kündigungen. Es wird nach Einflussgrößen gesucht, mit denen sich erklären lässt, ob eine Kundin oder ein Kunde zur Kündigung neigt oder nicht. Wie sich typischerweise zeigt, sprechen für eine hohe KundInnenbindung und geringe Kündigungsneigung • • • • • •

eine lange bereits bestehende Vertragsdauer, der Bezug weiterer Leistungen, eine Zahlungsweise per Lastschrift, der Bezug von Newslettern o. ä., hohes Alter, regelmäßige Zahlungen

Mithilfe der Präventionsanalyse wird der gemeinsame Einfluss dieser und weiterer Merkmale auf die Kündigungsneigung untersucht. Dies erfolgt beispielsweise mit einer logistischen Regressionsanalyse; eine ausführliche Darstellung möglicher Methoden findet sich z. B. bei (Tsymbalov, 2018). Dabei zeigt sich, ob sich die einzelnen Merkmale positiv oder negativ auf die Kündigungsneigung auswirken und wie stark diese Wirkung im Kontext aller Einflussmerkmale ausfällt (vgl. Abb. 2.15)8 . Für die einzelnen Merkmale lässt sich der Einfluss einer Veränderung gegenüber der jeweiligen Basisausprägung ermitteln. Treten bei einer KundIn mehrere Veränderungen

8 Dargestellt ist die relative Änderung des Kündigungsrisikos in Prozent bei Abweichung gegenüber

der jeweiligen Basisausprägung des Merkmals

2.4

So nutzen Sie Daten im digitalen Zeitalter richtig

65

Einflüsse auf das Kündigungsrisiko von Abonnenten Merkmal Abodauer

Basisausprägung 0-1 Jahre

frühere Kündigungen

keine

Zahlungsweise Alter

Rechnung < 35 Jahre

Newsleer-Bezug Kauf eines Shop-Arkels Zahlungsunregelmäßigkeiten Zahlungspflichger Geschlecht

Veränderung 1-2 Jahre 2-4 Jahre > 4 Jahre 1 Kündigung > 1 Kündigung Lastschri 35-55 Jahre > 55 Jahre ja ja ja andere Person weiblich

nein nein nein Abobezieher männlich

Änderung des Kündigungsrisikos -12% -17%

-25% +12% +27% -17%

-4% -9% -6%

-5% +11% +4% -3%

Abb. 2.15 Ergebnis einer Präventionsanalyse. (Quelle: Eigene Darstellung)

gegenüber den Basiswerten auf, lassen sich die Risikoänderungen miteinander multiplizieren. So wird für jede Kundin und für jeden Kunden anhand ihrer spezifischen Kombination der Einflussmerkmale ein individuelles Kündigungsrisiko ermittelt. Die Analyse teilt die KundInnen in Scoreklassen mit abnehmendem Kündigungsrisiko ein. In dem in der Abb. 2.16 dargestellten Beispiel entfällt bereits auf die Scoreklassen 1–4 nahezu die Hälfte aller Kündigungen (rot markiert); das Kündigungsrisiko liegt um mehr als 50 % über dem Mittel aller AbonnentInnen. Auch die folgenden vier Klassen (gelb markiert) zeigen noch eine erhöhte Kündigungsneigung, während diese für die übrigen zwölf Scoreklassen unterdurchschnittlich und zum Teil sehr gering ausfällt.

Kündiger-Scoring Klasse Anzahl 1 5.000 2 5.000 3 5.000 4 5.000 5 5.000 6 5.000 7 5.000 8 5.000 9 5.000 10 5.000 11 5.000 12 5.000 13 5.000 14 5.000 15 5.000 16 5.000 17 5.000 18 5.000 19 5.000 20 5.000 100.000

Reagierer Nicht-Kündiger Kündigerquote 1.720 3.280 34,4% 1.390 3.610 27,8% 1.070 3.930 21,4% 880 4.120 17,6% 750 4.250 15,0% 660 4.340 13,2% 580 4.420 11,6% 520 4.480 10,4% 410 4.590 8,2% 380 4.620 7,6% 320 4.680 6,4% 270 4.730 5,4% 240 4.760 4,8% 220 4.780 4,4% 210 4.790 4,2% 190 4.810 3,8% 170 4.830 3,4% 140 4.860 2,8% 80 4.920 1,6% 60 4.940 1,2% 10.260 89.740 10,3%

Abb. 2.16 Kündigungs-Scoring. (Quelle: Eigene Darstellung)

Ant. Künd. Kum. Künd. 16,8% 16,8% 13,5% 30,3% 10,4% 40,7% 8,6% 49,3% 7,3% 56,6% 6,4% 63,1% 5,7% 68,7% 5,1% 73,8% 4,0% 77,8% 3,7% 81,5% 3,1% 84,6% 2,6% 87,2% 2,3% 89,6% 2,1% 91,7% 2,0% 93,8% 1,9% 95,6% 1,7% 97,3% 1,4% 98,6% 0,8% 99,4% 0,6% 100,0% 100,0%

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2 Consumer Insights: So verstehen Sie KundInnen wirklich

Für die Scoreklassen mit deutlich erhöhtem Kündigungsrisiko sollten vorbeugende Maßnahmen ergriffen werden. Diese sollten das Ziel verfolgen, die Bindung dieser AbonnentInnen an das anbietende Unternehmen zu verbessern. Welche weiteren Maßnahmen sich hier eignen, kann von Branche zu Branche und auch je nach Anbieter unterschiedlich sein. Interviews mit kündigungsgefährdeten KundInnen und auch Tests können helfen, geeignete Hebel zu finden. Anwendungsvoraussetzungen „Tante Emma“ hatte alle ihre KundInnendaten im Kopf. Grundsätzlich beginnt sinnvolle Datennutzung heute dort, wo sich der KundInnenstamm allein auf der Basis persönlicher Kontaktpflege nicht mehr überblicken lassen. Dies wird normalerweise spätestens im Bereich vierstelliger KundInnenanzahlen der Fall sein. Hier können bereits einfache datengetriebene Bewertungen der KundInnen oder einfache Segmentzuordnungen sinnvoll sein, um die Aktivitäten der KundInnenansprache zu steuern und auf die aussichtsreichsten Teile der Kundschaft zu konzentrieren. Allerdings ist bei kleineren Fallzahlen verstärkt darauf zu achten, dass der Datenanalyseaufwand im Rahmen bleibt. Denn während bei KundInnenanzahlen im sechs- oder gar siebenstelligen Bereich der Aufwand für eine Datenanalyse pro KundIn kaum ins Gewicht fällt, stellt sich dies bei deutlich weniger KundInnen anders dar. Hier ist oft Pragmatismus im Vorgehen zu empfehlen, sodass man sich auf die wichtigsten Merkmale der KundInnen beschränkt. Zudem lohnen Analysen vor allem dann, wenn sie lange genutzt werden können, sei es, weil sie strategischer Natur sind oder weil sie sich auf eine operative Situation beziehen, die regelmäßig vorkommt. Normalerweise haben Unternehmen mit B2B-Kundschaft tendenziell geringere KundInnenanzahlen als B2C-Unternehmen. Dennoch kann gerade im B2B-Bereich die Analyse von Daten sinnvoll sein, um beispielsweise Arztpraxen zu segmentieren oder KundInnen eines B2B-Versenders zu scoren. Auf der anderen Seite sind B2B-KundInnen oft heterogener, weil hier verschiedene Branchen, Firmengrößen, Rechtsformen, Organisationsstrukturen usw. enthalten sein können, während B2C-KundInnen zunächst einmal alle Privathaushalten entstammen. Zudem unterliegen Firmendaten nicht in der gleichen Form wie Personendaten dem Datenschutz, sodass hier vielfältige öffentlich zugängliche Informationen bis hin zu den Inhalten der Firmenwebseiten für datenanalytische Zwecke nutzbar gemacht werden können. Aber bei der Analyse im B2B-Umfeld muss auch immer wieder berücksichtigt werden, dass es sich meist um eine zweidimensionale Fragestellung handelt. In der ersten Dimension befinden sich die Unternehmen und die Daten hierzu, in der zweiten Dimension sind AnsprechpartnerInnen oder auch EntscheiderInnen mit ihren Daten zu berücksichtigen.

2.4.3

Fazit – dann bietet sich die Nutzung von Daten an

Die Nutzung von Daten bietet sich dann an, wenn die Kundschaft in all ihren Facetten allein auf Basis persönlicher KundInnenkontakte nicht mehr zu überblicken ist. Unterschiedliche Arten von Datenanalysen geben dann Antworten auf unterschiedliche Fragen.

2.4

So nutzen Sie Daten im digitalen Zeitalter richtig

67

Während strategische Analysen wie Segmentierungen, KundInnenwanderungsmodelle oder KundInnenwerte eine Grundlage für langfristige Marketing-Entscheidungen bilden, sind operative Analysen wie Produkt- oder KundInnenscorings, Warenkorbanalysen und Kündigerscorings geeignet, die Behandlung alltäglicher Probleme und Fragestellungen im Geschäftsablauf zu optimieren. 

Tipps für die richtige Nutzung von Datenbanken Datenbasis vor Methodik: Das A und O der Datenanalyse ist die Datenbasis, die umfassend, aktuell und fehlerfrei sein muss. Richten Sie hierauf ein besonderes Augenmerk, denn eine unzulängliche Datenbasis lässt sich auch mit den ausgefeiltesten Analysemethoden nicht mehr ausmerzen. Schulterblick durchführen: Im Zuge des Analyseprozesses ist ein enger Austausch zwischen Fachabteilung und den AnalystInnen wichtig. Ein Schulterblick, bei dem erste Ergebnisse schon in einem frühen Stadium gemeinsam diskutiert werden, kann hier sehr hilfreich sein, um erforderlichenfalls nachzusteuern. Validieren der Ergebnisse: Datenanalysen basieren immer auf historischen Daten. Da sich Sondereffekte nie ganz ausschließen lassen, ist es wichtig, die Ergebnisse an weiteren Daten zu validieren. So sollte ein Score, der an einer Kampagne entwickelt wurde, auch für eine vergleichbare Kampagne eine gute Trennschärfe besitzen. Testen: Beim ersten operativen Einsatz der Analyseergebnisse ist es sinnvoll, gegen die bisherige Vorgehensweise zu testen. So kann gemessen werden, wie viel der Einsatz der Analyseergebnisse bringt. Full-Run im Regelprozess: Nach der Validierung und einem erfolgreichen Test spricht nichts gegen den Einsatz der Analyseergebnisse im Full-Run. Dazu sollte die Bereitstellung der Analyseergebnisse in Regelprozesse überführt werden. Bei Bedarf aktualisieren: Auch Analyseergebnisse haben eine Halbwertzeit. Sie sollten daher regelmäßig überprüft werden; im Bedarfsfall sind die Ergebnisse durch eine erneute Durchführung der Analyse zu aktualisieren. Externe Erfahrungen nutzen: Statt sofort eine Analyseabteilung aufzubauen, kann es anfänglich zweckmäßig sein, die Erfahrung von Analyse-Dienstleistern als verlängerte Werkbank zu nutzen.

2.4.4

Management Summary Datenbanken im Marketing

• Mit Datenanalysen lassen sich strategische und operative Fragestellungen beantworten. • Datenanalysen sind dort relevant, wo man mit der persönlichen KundInnenkenntnis allein nicht mehr weiterkommt. Dies kann in B2C- wie B2B-Unternehmen gleichermaßen der Fall sein, wenn eine bestimmte Größenordnung überschritten ist. • Der Analyseprozess ist ein Kreislauf, der mit der Erarbeitung eines umfassenden Geschäfts- und Datenverständnisses beginnt. Aus den Analyseergebnissen und ihrer Bereitstellung für die Anwendung in den Geschäftsprozessen ergeben sich regelmäßig interessante Anschluss-Fragestellungen, denen nachzugehen lohnend sein kann.

68

2 Consumer Insights: So verstehen Sie KundInnen wirklich

• Strategische Fragestellungen sind von grundsätzlicher, langfristiger Relevanz für die Entwicklung des Unternehmens. Hier geht es darum, Richtungsentscheidungen wie die Erschließung oder Priorisierung von Märkten und KundInnensegmenten auf eine objektive Basis zu stellen. Zum Einsatz kommen hier beispielsweise das KundInnenwanderungsmodell, KundInnensegmentierungen oder die Ermittlung von KundInnenwerten. • Operative Fragestellungen beziehen sich auf die Umsetzung von konkreten Geschäftsprozessen, beispielsweise Selektionen von KundInnen für Kampagnen oder die Bestimmung eines sinnvollen nächsten Angebotes für konkreten KundInnen. Hierbei können z. B. unterschiedliche Scorings einschließlich Kündigungsscorings und Warenkorbanalysen genutzt werden.

Meinert Jacobsen Nach seinem Statistik-Studium in München war Meinert Jacobsen Trainee in der Marktforschung. Den Aufbaujahren einer CRM-Abteilung bei der BANK24/Deutschen Bank 24 folgten Geschäftsführungspositionen in der Schober-Gruppe (infas GeoDaten, heute nexiga) und leitende Tätigkeiten bei der Postbank. 2006 erfolgte die Gründung der marancon GmbH und 2016 die Gründung der B2B Smart Data GmbH. Meinert Jacobsen ist Leiter des Kompetenz-Centers „Künstliche Intelligenz und Customer Centric“ des DDV (Deutschen Dialogmarketing Verbandes) und aktiv im Vorstand der AIKA (Allianz inhabergeführter Kommunikationsagenturen). Meinert Jacobsen ist aktiver Läufer und Triathlet.

Literatur

69

Literatur Bünte, C. (April 2023). Studie: Künstliche Intelligenz – Die Zukunft des Marketings 2023. https:// t1p.de/teyed. Zugegriffen: 26. Apr. 2023. Helm, S., Günter, B., & Eggert, A. (2017). Kundenwert. Springer Gabler. Zugegriffen: 4. Febr. 2023. Heuer, A., Saake, G., & Sattler, K.-U. (2019). Datenbanken – Implementierungstechniken. Mitp. Hughes, A. (2012). Strategic database marketing. McGraw Hill Professional. Zugegriffen: 4. Febr. 2023. IBM. (1994). IBM SPSS Modeler CRISP-DM Guide. Zugegriffen: 4. Febr. 2023. Kemper, A., & Eickler, A. (2009). Datenbanksysteme — Eine Einführung. Oldenbourg. Kerner, S. (2002). Analytisches Customer Relationship Management in Kreditstudien. Deutscher Universitätsverlag. Zugegriffen: 4. Febr. 2023. Krafft, M., & Bues, M. (2017). Aktuelle Konzepte zur Messung des ökonomischen Kundenwerts. In S. Helm, B. Günter, & A. Eggert (Hrsg.), Kundenwert (S. 246). Springer Gabler. Zugegriffen: 4. Febr. 2023. Lorscheid, P. (2013). ROI-optimale Allokation dreier Mailingtypen in der Bestandskommunikation einer Spendenorganisation. In J. Gerdes & J. Hesse (Hrsg.), Dialogmarketing im Dialog (S. 278– 279). Springer Gabler. Zugegriffen: 4. Febr. 2023. Lorscheid, P. (2014). Auswahl der richtigen Zielgruppe. In V. Hermes (Hrsg.), Innovatives Dialogmarketing (S. 44–54). Haufe Lexware. Zugegriffen: 4. Febr. 2023. Lorscheid, P. (2017). Nutzung von Kundenwerten im Dialogmarketing. In S. Helm, B. Günter, & A. Eggert (Hrsg.), Kundenwert (S. 555–571). Springer Gabler. Zugegriffen: 4. Febr. 2023. mar,an,con. (2019). Marketing-Scoring: Wie finde ich für eine Kampagne die besten Kunden? Zugegriffen: 30. Aug. 2022. mar,an,con. (2020). Kunden-Datamart: Wie bekomme Ich die 360°-Sicht auf Kunden? Zugegriffen: 30. Aug. 2022. Poliakov, V. (31. Mai 2019). Data Science: Warenkorbanalyse in 30 Minuten. https://www.heise.de/ ratgeber/Data-Science-Warenkorbanalyse-in-30-Minuten-4425737.html. Zugegriffen: 25. Jan. 2023. Rückert, M. (17. April 2018). Chief Artificial Intelligence officer (C. Bünte, Interviewer) Saake, G., Sattler, K.-U., & Heuer, A. (2010). Datenbanken – Konzepte und Sprachen. Mitp. Stefanov, A., Bünte, C., & Schubert, T.-H. (2021). Digitalisierung Made in China – Wie China mit KI und Co. Wirtschaft, Handel und Marketing tranformiert. BoD. Studer, T. (2019). Relationale Datenbanken – von den theoretischen Grundlagen zu Anwendungen mit PostgreSQL. Springer. Tsymbalov, E. (2018). Machine learning for churn prediction for free-to-play. LAP Lambert Academic. Zugegriffen: 4. Febr. 2023.

3

Marken- und Marketingstrategie: So definieren Sie, was Sie erreichen wollen und wie Sie das schaffen

3.1

Marketingstrategie – digital und analog

3.1.1

Definition Strategie

Häufig werden die Begriffe Plan, Strategie und Ziel verwechselt oder unscharf verwendet. Das Wesen einer Strategie ist es, langfristig ein definiertes Ziel zu verfolgen, die Maßnahmen festzulegen, dieses Ziel zu erreichen und zu kontrollieren, ob man auf dem Weg zum Ziel in die richtige Richtung geht. Sie stellt also eine systematische Vorgehensweise dar, um Ressourcen und Aktivitäten in einer koordinierten Weise zu nutzen, um gewünschte Ergebnisse zu erzielen. Dafür ist wichtig: Ziele: Klare und messbare Ziele, die erreicht werden sollen. Analyse: Eine sorgfältige Bewertung der aktuellen Situation, einschließlich interner und externer Faktoren, um Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken zu identifizieren. Dies ermöglicht eine fundierte Entscheidungsfindung. Planung: Entwicklung eines Aktionsplans, um die Ziele zu erreichen. Dies beinhaltet die Auswahl von Maßnahmen, Ressourcenallokation, Zeitrahmen und Verantwortlichkeiten. Umsetzung: Umsetzung des Aktionsplans, Überwachung des Fortschritts und Anpassung bei Bedarf. Bewertung: Kontinuierliche Überprüfung der Strategie und ihrer Umsetzung, um sicherzustellen, dass sie effektiv ist und die gewünschten Ergebnisse erzielt werden.

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 C. Bünte, So geht Digital Marketing, https://doi.org/10.1007/978-3-658-42202-8_3

71

72

3 Marken- und Marketingstrategie …

Ein Beispiel: Stellen wir uns vor, jemand möchte sein Gewicht reduzieren. Eine weniger gute Strategie ist es, wenn sie wie folgt formuliert wird: „Ich möchte abnehmen (Ziel), dafür esse ich weniger und mache mehr Sport (Maßnahmen).“ Man sieht sofort, dass das Ziel nicht messbar ist und nicht klar ist, wann es erreicht ist. Die Maßnahmen enthalten ebenfalls keine ausreichende Tiefe, außerdem werden sie nicht kontrolliert. Eine gute Strategie ist es dagegen, wenn sie folgendermaßen formuliert wird: „Ich möchte in 12 Monaten mein Gewicht um 9 Kilo, also 10 %, reduziert haben. Als Maßnahmen lasse ich jeden zweiten Tag das Mittagessen ausfallen, trinke keinen Alkohol und keine zuckerhaltige Limonade. Ich jogge zweimal in der Woche 8 km. Ich messe die Zwischenschritte, indem ich jeden Montagmorgen auf die Waage steige und mein Gewicht aufschreibe. Nach 2 Monaten sollte ich mein Gewicht um 2 Kilo reduziert haben. Falls es weniger als 2 Kilo sind, werde ich die Maßnahmen noch einmal anpassen.“

3.1.2

Das unterscheidet eine Marketingstrategie von einer Markenstrategie

Eine Marketingstrategie und eine Markenstrategie sind zwei verwandte, aber unterschiedliche Konzepte im Bereich des Marketings. Marketingstrategie: Eine Marketingstrategie ist der Plan, also die Vorgehensweise, die ein Unternehmen entwickelt, um seine Produkte oder Dienstleistungen zu vermarkten und ihre Geschäftsziele, wie z. B. Umsatz oder Gewinn zu erreichen. Sie umfasst die verschiedenen Aspekte des Marketings, die bereits u. a. in Abschn. 1.3 erläutert wurde, also Marktforschung, Identifikation der Zielgruppe, Positionierung, Produktentwicklung, Preisbildung, Vertriebskanäle, Werbung, KundInnenservice und die Kontrolle der Wirkung der Maßnahmen. Eine Marketingstrategie soll die Ressourcen eines Unternehmens effektiv einsetzen, um seine Produkte oder Dienstleistungen am Markt erfolgreich zu positionieren und KundInnen anzusprechen. Markenstrategie: Eine Markenstrategie bezieht sich auf den Plan, also die Vorgehensweise, die ein Unternehmen entwickelt, um eine starke Marke aufzubauen und zu pflegen. Eine Marke ist das Image, z. B. der Ruf eines Unternehmens oder seiner Produkte oder Dienstleistungen in den Köpfen und Herzen der VerbraucherInnen. Eine Markenstrategie steuert dieses Image, aufbauend auf der Identität der Marke. Sie umfasst die Definition der Markenwerte, der Markenpersönlichkeit, des Markenversprechens, der Positionierung, des Markenauftritts, der Markenkommunikation und der Markenkontrolle. Eine Markenstrategie soll dazu beitragen, die Wahrnehmung der Marke im Wettbewerbsumfeld zu stärken, eine emotionale Bindung zwischen der Marke und den VerbraucherInnen herzustellen und Markenloyalität aufzubauen. Dieses Kapitel geht im Folgenden auch auf die Elemente einer Markenstrategie, konkret für den Aufbau einer neuen Marke, ein.

3.1

Marketingstrategie – digital und analog

73

Im Wesentlichen konzentriert sich die Marketingstrategie also darauf, wie ein Unternehmen seine Produkte oder Dienstleistungen am Markt vermarktet, während die Markenstrategie darauf abzielt, eine starke Marke aufzubauen und zu pflegen, die das Unternehmen und seine Angebote von der Konkurrenz differenziert und einen Mehrwert für die VerbraucherInnen bietet. Eine erfolgreiche Markenstrategie kann Teil einer umfassenderen Marketingstrategie sein und dazu beitragen, das Marketing und die Positionierung von Produkten oder Dienstleistungen effektiver zu gestalten.

3.1.3

Marketingstrategie

Die Marketingstrategie hat, wie beschrieben, in der Regel die Vermarktung bestimmter Produkte, Dienstleistungen oder Marken eines Unternehmens im Fokus und dient damit dem übergeordneten Unternehmensziel. Das muss nicht immer eine Umsatzsteigerung oder eine Gewinnmaximierung sein. NGOs beispielsweise zielen eher auf eine Einstellungs- oder Verhaltensänderung der Zielpersonen ab.

3.1.3.1 Der Marketingfunnel oder: Von der Analyse zur Zielfestlegung Auf die Analyse des wichtigsten Bestandteils im Marketing, der Zielgruppe, wurde bereits im vorherigen Kapitel eingegangen. Wie kommt man nun von der Analyse zu einem Ziel, das sinnvoll ist, an der richtigen Stelle ansetzt und auch erreichbar ist? Häufig entstehen Marketingziele auf Basis von Analyse, Daten und Fakten, dennoch gehen sie am Ziel vorbei. Was dabei passiert ist, dass zu schnell, ohne ausreichende Transparenz vom Problem zu schnell auf eine Lösung gesprungen wird: „Wir verlieren Umsatz“ = „Wir müssen mehr Werbung machen“. Aber ist die Werbung hier tatsächlich hilfreich, um mehr umzusetzen? Was, wenn das Produkt ein Qualitätsproblem hat? Das kann man mit mehr Werbung nicht lösen. Nach der Erkenntnis „Wir verlieren Umsatz“ müsste eigentlich die Frage folgen „Warum verlieren wir Umsatz“. Ein sehr einfaches Tool, um schnell für das eigene Angebot einen Überblick der Gesamtperformance zu erhalten, ist der sogenannte Marketingfunnel, manchmal auch „Salesfunnel“ oder „Brandfunnel“ genannt. Er zeigt auf, wo im Kaufprozess die Marke oder das Angebot am meisten potenzielle KäuferInnen verliert, und hilft so, die Ziele der Marketingstrategie korrekt auf die Herausforderung auszurichten. Der Funnel ist mit dem Konzept der Customer Journey verwandt, fokussiert aber stärker auf Zahlen, während die Customer Journey auch zum Ziel hat, die inhaltliche Erfahrung der Zielpersonen in den einzelnen Schritten mit abzudecken. Ein Funnel zeigt die einzelnen Stufen, die eine Zielperson durch den Kaufprozess nimmt, siehe. Abb. 3.1 Diese Stufen kann man jeweils an die eigene Industrie anpassen. So gibt es etwa in der Automobilindustrie nach der Stufe „KäuferIn zieht das Angebot in Betracht“ die Stufe „Angebot einholen“, bei Schokolade gibt es die Angebotsphase dagegen nicht. Der Vorteil des Funnels ist es, dass er von der potenziellen Gesamtheit aller Zielpersonen ausgeht (100 % Potenzial) und über alle Stufen des Kaufprozesses bis zur

74

3 Marken- und Marketingstrategie …

Der Markengfunnel – Durch diese Phasen gehen KundInnen

Bekanntheit

Vertrautheit

In Betracht ziehen

Angebot einholen

Kauf

Wiederkauf

Empfehlung

Wirkung Vertrieb

Wirkung Werbung

100 % des Marktes

Abb. 3.1 Marketingfunnel. (Quelle: Eigene Darstellung)

Weiterempfehlung zeigt, wie gut das Produkt oder die Marke darin ist, die Zielpersonen auf die nächste Stufe zu transferieren. Trägt man die eigene Performance und die der WettbewerberInnen ab, hat man einen guten Vergleich nicht nur dazu, wo man selbst gut oder schlecht performt, sondern auch, wer wo im Wettbewerb besser ist. Eine gute Gelegenheit, um vom sogenannten Best-in-Class zu lernen. Mithilfe des Funnels kann ein Unternehmen also erkennen, wo im Funnel man tatsächlich den Umsatz verliert, und kann die notwendigen Marketingmaßnahmen so zielgerichtet auf diese Stelle ausrichten. Wie Abb. 3.1 zeigt, sind die Maßnahmen, die ein Unternehmen ergreifen kann, wenn es bestimmte Stufen optimieren will, unterschiedlich. Kommunikation/Werbung unterstützt im vorderen Bereich des Funnels, also bei der Bekanntheit, der Vertrautheit bis zum Kauf. Kurz vor dem Kauf wird dann der Vertrieb wichtiger – gibt es das Produkt zum richtigen Preis, ist es also lieferbar, gibt es noch Fragen, die ein Vertrieb klären sollte. Nicht im Bild, aber auch logisch ist, dass ab dem Kauf auch die tatsächliche Leistung des Produktes oder der Dienstleistung ins Gewicht fällt: Hält das Produkt, was die Werbung versprochen hat, ist es gut genug, es noch einmal zu kaufen oder sogar weiterzuempfehlen sind keine Faktoren mehr, die von der Werbung des Unternehmens abhängen. Mit anderen Worten: Stellt ein Unternehmen fest, dass der Umsatz sinkt, kann eine Funnelanalyse helfen, festzustellen, wo im Kaufprozess das Problem liegt. Liegt es im vorderen Bereich des Funnels, kann eine bessere oder mehr Werbung sinnvoll sein. Liegt es eher im hinteren Bereich, sollte man sich die wahrgenommene Produktqualität und die Vertriebsleistung näher ansehen. Dabei ist wichtig festzuhalten, dass die Funnelanalyse nur transparent macht, wo das Problem liegt, aber nicht notwendigerweise, warum. Es sollten daher immer weitere Analysen an der Stelle des Flaschenhalses („Bottlenecks“)

3.1

Marketingstrategie – digital und analog

75

im Funnel erfolgen, bevor die entsprechenden Maßnahmen erarbeitet werden. Ein Beispiel: Ein Wiederkauf kann daran scheitern, dass die KundInnen mit dem Produkt nicht zufrieden waren; es kann aber auch sein, dass das Produkt beim Wiederkauf Lieferschwierigkeiten hat – was z. B. in der Automobilindustrie nicht selten ist. Die Produktqualität ohne weitere Analysen der Gründe für den Nicht-Wiederkauf anzupassen, liefe dann bei einem Lieferengpass ins Leere. Man würde dennoch nicht mehr verkaufen, hätte aber mehr Kosten für Forschung und Entwicklung und die Umstellung der Fertigungsprozesse. Die Datenerhebung für den Funnel ist vergleichsweise einfach. Die Fragen können in einem kurzen Fragebogen online gestellt werden. Der Fragebogen beinhalten neben ein paar notwendigen Angaben zu den Befragten lediglich die Fragen zu den Stufen des Funnels, in Abb. 3.1 sind das z. B.: • „Kennen Sie die Marke x, wenn auch nur dem Namen nach?“ (Bekanntheit) • „Kennen Sie die Marke X mehr als nur dem Namen nach?“ (Vertrautheit) • „Haben Sie die Marke X schon einmal für einen Kauf in Betracht gezogen?“ (in Betracht ziehen) • „Haben Sie sich für die Marke X schon einmal ein Angebot eingeholt?“ (Angebot einholen) • „Haben Sie die Marke X schon einmal gekauft?“ (Kauf) – hier ist wichtig, einzubauen, wie die Kaufzyklen des jeweiligen Marktes sind. Bei Autos ist die Frage so gut gestellt, der Kaufzyklus beträgt rund 7 Jahre. Bei Schokolade, mit einem kürzeren Kaufzyklus würde man den Zusatz ergänzen „im vergangenen halben Jahr gekauft“, um so möglichst aktuelle Daten in der Kaufstufe zu haben. • „Haben Sie die Marke x schon einmal wiedergekauft?“ (Wiederkauf) • „Haben Sie die Marke schon einmal Freunden oder Bekannten empfohlen?“ (Empfehlung) Die Befragten gehen die Fragen so lange durch, bis sie das erste Mal mit „nein“ antworten. Hier ist ihre KundInnenreise zu Ende, sie fallen aus dem Funnel heraus. Diese Reihenfolge kann man für Wettbewerbsmarken ebenfalls mit derselben befragten Person durchgehen. Mehr als vier Marken sollten es pro Person nicht sein, um Abbrüche zu verhindern. Ein Fragebogen dieser Art dauert in einer Onlinebefragung rund zehn Minuten. Die Kosten sind daher überschaubar. Die Anzahl der Befragten hängt von der Industrie und Ihrer Markenposition ab. Wünschenswert ist es, wenn auf der letzten Stufe Ihre Marke absolut noch 40 Personen besitzt, um innerhalb dieser Personen außerdem Aussagen treffen zu können, in den soziodemografischen Angaben wie Alter oder Geschlecht. Im Beispiel in Abb. 3.2 haben noch 5,2 % der Zielpersonen die Marke weiterempfohlen. Wenn das 40 Personen sein sollen, muss man den Fragebogen von 769 Personen ausfüllen lassen. Die bereits in Kap. 2 erwähnten digitalen Werkzeuge Google Forms und SurveyMonkey können zur Datenerhebung genutzt werden.

76

3 Marken- und Marketingstrategie …

Der Marketingfunnel – Analyse der Ist-Situation von Bekannheit bis Empfehlung Bottleneck Best in class 100 % des Marktes

Bekanntheit

88 % 100 %

88 % der Grundgesamtheit der potenziellen NutzerInnen kennen die Marke zumindest dem Namen nach

Vertrautheit

65 % 88 %

In Betracht ziehen

74 % 57 %

65 % von diesen 88 % sind mit der Marke vertraut. Das sind 57 % aller potenzieller NutzerInnen

Angebot einholen

61 % 42 %

74 % von denen, die mit der Marke vertraut sind, ziehen sie in Betracht. Das sind 42 % absolut

Kauf

Wiederkauf

61 % erreichen die nächste Stufe, holen also ein Angebot ein. Das sind noch 25 % aller potenziellen KundInnen

80 %

50 %

48 % 26 %

Empfehlung

13 %

48 % dieser 26 % kaufen; das sind noch 13 % der Grundgesamtheit – diese ist der geringste Transferwert dieser Marke im Funnel (Bottleneck)

6,5 %

Die Hälfte kauft die Marke erneut – das sind 6,5 % von allen, die potenziell in Frage kommen

5,2 %

80 % der Wiederkaufenden empfehlen die Marke; das ist der höchste Wert aller im Funnel gemessenen Marken (Best in class)

Abb. 3.2 Marketingfunnel Analyse. (Quelle: Eigene Darstellung)

Auch die Analyse der Daten ist unaufwendig, da es sich lediglich um Prozentangaben handelt. Man trägt pro Stufe zwei Werte ab, siehe Abb. 3.2: Zum einen den absoluten Wert, also wie viel Prozent des Marktes, des Zielpersonenpotenzials in jeder Stufe noch übrig sind – das ist die Prozentzahl, die unten steht. Zum anderen die sogenannte Transferrate, also der Anteil der Personen der Vorstufe, die auf die nächste Stufe transferiert werden. Die Transferstufe steht auf den Pfeilen in den umrahmten Kästchen. Trägt man die Werte für die eigene Marke und die Konkurrenz ein, kann man im Vergleich sehen, wo man selbst gut abschneidet, wo man innerhalb der eigenen KundInnenreise einen Abfall verzeichnet und wie weit der Wettbewerb an dieser Stelle kommt. Mit dieser Analyse kann man also festlegen, wo man ansetzen will, mit einer Optimierung und mit weiteren Analysen. Im Beispiel der Abb. 3.2 aus der Automobilbranche befindet sich der eigene Leistungsabfall in der Stufe zum Kauf. Ein Angebot holen sich noch 61 % der Zielpersonen ein, die diese Stufe erreicht haben, aber nur noch 48 % von diesen kauft dann. Die weiterführende Frage ist also: Warum wird nicht gekauft? Das kann an der Verfügbarkeit des gewünschten Autos liegen oder am Preis oder der Finanzierung, vielleicht bietet ein Wettbewerber gezielt gerade einen hohen Rabatt an. Die Möglichkeiten sind vielfältig – aber es ist nach dieser Funnelanalyse auch klar, dass ein weiteres Anheben der Werbemaßnahmen allein das Problem nicht beheben kann.

3.1

Marketingstrategie – digital und analog

77

Der Funnel eignet sich außerdem ausgezeichnet, um in der Überwachung der Zielerreichung (Performance Management) zu unterstützen.

3.1.3.2 Zieldefinition Ziele sollen Sie nach der sogenannten SMART-Methode festlegen. SMART ist ein Akronym, das für spezifisch (Specific), messbar (Measurable), erreichbar (Achievable), relevant (Relevant) und zeitgebunden (Time-bound) steht. Sie stellt sicher, dass Ihre Ziele klar definiert, realistisch und nachvollziehbar sind. Spezifisch (Specific): Ziele sollten klar, präzise und konkret formuliert sein. Sie sollten genau beschreiben, was erreicht werden soll, warum es wichtig ist, wer beteiligt ist und welche Ressourcen erforderlich sind. Messbar (Measurable): Ziele sollten so formuliert sein, dass sie messbar sind. Es sollte eine Möglichkeit geben, den Fortschritt und das Erreichen des Ziels zu überwachen und zu bewerten. Etwa durch den Funnel. Erreichbar (Achievable): Ziele sollten realistisch und erreichbar sein, unter Berücksichtigung der verfügbaren Ressourcen wie Zeit, Budget, Fähigkeiten und Wissen. Es ist wichtig sicherzustellen, dass die gesteckten Ziele realistisch sind und motivierend, aber nicht übertrieben ambitioniert. Wenn sie zu ambitioniert und damit nicht erreichbar sind, sind Teammitglieder schnell demotiviert. Relevant (Relevant): Ziele sollten in Bezug auf die übergeordneten Unternehmensziele oder die individuellen Prioritäten und Bedürfnisse in einem bestimmten Kontext sinnvoll und relevant sein. Sie sollten einen klaren Nutzen und einen Bezug zur Gesamtstrategie haben. Zeitgebunden (Time-bound): Ziele sollten mit einem festen Zeitrahmen oder einem Endtermin versehen sein. Ein klares Datum oder eine Zeitvorgabe hilft dabei, den Fortschritt zu überwachen und den Fokus auf die Zielerreichung zu halten.

3.1.3.3 Maßnahmenentwicklung Maßnahmen oder Instrumente werden in der Regel in die sogenannten vier Ps unterteilt. Auch das ist ein Akronym und steht für die englische Abkürzung der vier Gewerke Produkt/Service (Product), Preis (Price), Promotion (Kommunikation/Werbung) und Place (Vertrieb). Je nach Ziel besteht der Mix, den man wählt, aus Maßnahmen unterschiedlicher Gewerke. Liegt die Herausforderung im Funnel im vorderen Bereich, arbeitet man Maßnahmen aus, die im Promotion-P liegen, beispielsweise Anzeigen, Onlinewerbung, Social-Media-Posts. Gibt es eine Preisherausforderung, können passende Maßnahmen Rabattaktionen, Paketangebote, Rückkäufe alter Geräte oder ähnliche Aktivitäten sein. Häufig kombiniert man die einzelnen Elemente – die Rabattaktion etwa kann durch Kommunikation bekannt gemacht werden. Für jede der vier genannten einzelnen Kernbereiche werden dafür eigene Strategien erarbeitet, um das übergeordnete Marketingziel zu erreichen.

78

3 Marken- und Marketingstrategie …

Template Beschreibung Markengmaßnahmen Ziel (was soll die Maßnahme erreichen?) …

Kosten (Was kostet die Maßnahme: Z.B. Media und Produkon) …

Beschreibung (Wie funkoniert die Maßnahme?) …

Zielgruppe (wer soll mit der Maßnahme erreicht werden?)



Laufzeit/Dauer/Intervalle …

Abb. 3.3 Template Beschreibung Marketingmaßnahmen. (Quelle: Eigene Darstellung)



Tipp Arbeiten Sie alle Maßnahmen möglichst strukturell gleich aus, z. B. mit einem Präsentationstemplate (siehe Abb. 3.3), in dem Sie dieselben Informationen eintragen, etwa wer die Zielgruppe dieser Aktivität ist, welches Detailziel erreicht werden soll, wie das gemessen werden soll und wann die Aktion zeitlich läuft. Das erlaubt Ihnen, gegenzuprüfen, ob Sie bei allen Maßnahmen systematisch genug das Ziel im Blick haben. Hilfreich ist, wenn jede Maßnahme auf je einer Seite beschrieben ist. So haben Sie gleichzeitig Ihr Strategie-Dokument erstellt, wenn Sie vorn noch die Ausgangslage, das Ziel und hinten den sogenannten Operativen Kalender (dazu gleich) und die KPIs zur Überprüfung der Zielerreichung ergänzen.

3.1.3.4 Zeitplan – der Operative Kalender In einem sogenannten Operativen Kalender (Abb. 3.4) werden alle Maßnahmen auf der Zeitachse dargestellt. So kann man sehen, ob es zeitliche Lücken gibt, z. B. in den Kommunikationsmaßnahmen und man sieht, ob alle Maßnahmen des Marketingmixes synchronisiert ablaufen. Notfalls kann man vor dem Start der Maßnahmen noch optimieren.

3.1

Marketingstrategie – digital und analog

79

Operave Kalender zeigen auf einen Blick, welche Maßnahmen wann im Jahr geplant sind

Abb. 3.4 Operativer Kalender. (Quelle: Eigene Darstellung)

3.1.3.5 KPIs – damit werden die Ziele gemessen Zur Marketingstrategie gehört abschließend die Definition der Key Performance Indicators (KPIs), also der Kennzahlen, die regelmäßig überprüft werden, um festzustellen, ob die Ziele erreicht werden. Auf diesen Punkt geht das Kap. 5 ein. 

Tipp Wenn Sie in der Analysephase mit dem Funnel gearbeitet haben, nutzen Sie dieses Tool auch,um in regelmäßigen Abständen zu überprüfen,ob Ihre Marke oder Ihr Produkt sich in die gewünschte Richtung entwickelt.Dabei sollten Sie die Dynamik Ihrer Industrie berücksichtigen. Im FMCG-Bereich lohnt es sich z. B., alle vier bis acht Wochen eine neue Funnelerhebung durchzuführen, dass man Unterschiede im Verhalten der Zielpersonen durch Ihre Marketingmaßnahmen hier schon messen kann. Für Industrien im Bereich der langlebigen Wirtschaftsgüter oder häufig auch im B2B-Bereich sind die Wirkzeiten Ihrer Maßnahmen deutlich länger. Im Automobilbereich sind sechs Monate bis ein Jahr zwischen den einzelnen Erhebungen sinnvolle Zeitabstände.

3.1.3.6 Digitale Marketingstrategie Eine digitale Marketingstrategie ist ein ebenfalls strategischer Plan, der aber darauf abzielt, digitale Kanäle und Technologien zu nutzen, um die definierten Marketingziele zu erreichen.

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3 Marken- und Marketingstrategie …

In der Regel ist die digitale Marketingstrategie Teil der übergeordneten Marketingstrategie, die auch Maßnahmen im „offline“-Bereich wie TV, Radio oder Außenwerbung enthält. Die digitale Strategie konzentriert sich auf die Verwendung von digitalen Medien und Plattformen, wie zum Beispiel Websites, Social Media, Suchmaschinen, E-MailMarketing und andere Online-Kommunikationsmittel, um die Bekanntheit einer Marke zu steigern, KundInnen zu gewinnen, Bindung aufzubauen und den Umsatz zu steigern. Auch hier muss zunächst die Zielgruppe analysiert werden, insbesondere ihr Verhalten im digitalen Raum. Die daraus abgeleitete Zielsetzung ist ein Teilziel aus dem übergeordneten Marketingziel in den digitalen Medien, z. B. die Steigerung des Website-Traffics, die Erhöhung der Konversionsrate, eine Verbesserung der KundInnenbindung oder die Erhöhung des Umsatzes durch Onlineverkäufe. Die anschließende Kanalauswahl und -optimierung selektiert dann geeignete digitale Kanäle, die am besten zur Zielgruppe und den Zielen passen. Außerdem optimiert sie Inhalte und Aktivitäten auf diesen Kanälen, um maximale Wirkung zu erzielen. Hier unterscheidet man in die drei Kanaltypen: Payed Media, Owned Media und Earned Media: Payed Media sind Kanäle, die man dafür bezahlen muss, dass der Inhalt gezeigt wird, z. B. auf der Onlineseite des Magazins Der Spiegel; Owned Media sind Kanäle, die man selbst besitzt, in der Regel die eigene Internetseite, Newsletter und Social-Media-Kanäle; Earned Media sind Kanäle, deren Nutzung man sich dadurch erarbeitet, dass die Kanalbesitzenden den Content so gut finden, dass sie ihn teilen, ohne dafür bezahlt zu werden. Wenn NutzerInnen eines Produktes auf ihrem Instagramkanal von ihren positiven Produkterfahrungen berichten, und dafür kein Geld oder sonstige Vergünstigungen erhält, ist dies z. B. der Fall. Die Auswahl der Hauptkommunikationskanäle hat logischerweise einen Einfluss auf die Contentstrategie, also darauf, welcher Inhalt systematisch ausgespielt werden soll. Für eine bezahlte Werbung bei Spiegel Online benötigt man andere Inhalte als bei einer Empfehlungsmarketingstrategie für NutzerInnen der eigenen Produkte. Daher wird erst nach der Auswahl der Kanäle die Content-Strategie erarbeitet, man legt fest, welche die relevanten und ansprechenden Inhalte für die Zielgruppe sind. Auch die digitale Strategie wird flankiert von einer kontinuierlichen Messung und Analyse der Aktivitäten, um die Performance zu bewerten, Erkenntnisse zu gewinnen und die Strategie entsprechend anzupassen.

3.1.3.7 Management Summary Marketingstrategie • Eine Strategie umfasst immer messbare Ziele, eine Analyse der Ausgangslage, die Planung der nötigen Maßnahmen, das Ziel zu erreichen, die Umsetzung und die Kontrolle der Maßnahmen auf Zielerreichung. Das gilt für Marketing- und Markenstrategien ebenso wie für Digitalstrategien.

3.2

Markenstrategie: Positionierung, Wertversprechen, Naming und Branding

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• Marketing- und Markenstrategien sind zwei verwandte, aber unterschiedliche Konzepte im Bereich des Marketings. Eine Marketingstrategie ist der Plan zur Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen, um die Unternehmensziele zu erreichen. • Eine Markenstrategie verfolgt das Ziel, eine Marke zu führen, also bekannter zu machen, beliebter, ein bestimmtes Image zu formen. In der Marketingstrategie – ist die Funnelanalyse eine einfache und günstige Methode, Transparenz über die größten Herausforderungen entlang des Kauf- und Wiederkaufprozesses zu erlangen. Einmal durchgeführt, erleichtert es das Festlegen des Zieles. Der Funnel kann auch bei der Zielerreichungsmessung „wiederverwendet“ werden. – sollen Ziele nach der SMART-Methode festgelegt werden, also spezifisch sein, messbar, erreichbar, relevant und zeitgebunden. – richtet sich die Maßnahmenentwicklung nach dem Ziel und ist ein Mix aus den Marketinginstrumenten Preis, Produkt, Werbung und Vertrieb (4 Ps) – zeigt ein Operativer Kalender alle Maßnahmen aller Instrumente im zeitlichen Ablauf – misst ein KPI-Cockpit regelmäßig, ob die gesteckten Ziele erreicht werden • In der Regel ist die digitale Marketingstrategie Teil der übergeordneten Marketingstrategie, die auch Maßnahmen im „offline“-Bereich wie TV, Radio oder Außenwerbung enthält. Die digitale Strategie konzentriert sich auf die Verwendung von digitalen Medien und Plattformen, wie zum Beispiel Websites, Social Media, Suchmaschinen, E-Mail-Marketing und andere Online-Kommunikationsmittel Jan Donaj erläutert in Abschn. 4.4 die wichtigsten Elemente einer digitalen Kampagne und gibt Praxistipps zum professionellen Einsatz von digitalen Tools in diesem Bereich.

3.2

Markenstrategie: Positionierung, Wertversprechen, Naming und Branding

Wie positioniere ich eine neue Marke sowohl offline als auch im digitalen Raum? Wie entwickle ich ein Wertversprechen, das potenzielle NutzerInnen interessant finden, was ist ein guter Name, was ein sinnvolles Corporate Design, was ist ein Favicon wie melde ich eine Marke an – und welche digitalen Tools helfen dabei? Dieses Kapitel gibt einen Überblick über die wichtigsten Schritte beim Aufbau einer Marke und zeigt anwenderfreundlich einfache und kostengünstige Tools für die Markenelemente. Eine Markenstrategie kann verschiedene Ausgangspunkte und Ziele haben. Man kann sie erstellen, um eine neue Marke aufzubauen, eine bestehende Marke zu führen, umzupositionieren, sie mit einer anderen Marke zu „verheiraten“, sie zu verkaufen oder um sie auslaufen zu lassen. Da gerade viele Start-ups eine Marke entwickeln und diese Entwicklung schnell, kostengünstig und häufig in Abwesenheit eines CMOs oder zumindest einer/

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3 Marken- und Marketingstrategie …

eines Marketingverständigen abläuft, ist hier vermutlich der Bedarf an zielführendem Wissen in der Leserschaft am höchsten. Wir fokussieren hier also auf die Entwicklung einer neuen Marke und den Ablauf der Schritte, die dafür nötig sind.

3.2.1

Analyse des Markenumfeldes und des Marktes

Die Entwicklung einer neuen Marke geht immer, genau wie auch die Marketingarbeit, von der Zielgruppe aus. Was soll wem verkauft werden, oder was soll wer wissen, verstehen, erkennen, um ein bestimmtes Verhalten zu ändern. Häufig hat ein Unternehmen, ein Startup eine initiale Idee, was man vermarkten könnte. Dies ist der Ausgangspunkt. Mit dieser Idee geht man zunächst in die Analyse. Wer wäre an der Idee interessiert, wie „ticken“ diese Menschen, wo findet man sie, also in welchen Kanälen, mit welcher Botschaft kann man den Mehrwert des eigenen Angebotes vermutlich am besten platzieren? Was ist die Zielgruppe bereit, dafür auszugeben? Bei diesen Analysen können verschiedene Tools helfen: Best for Planning (B4P) – https://gik.media/best-4-planning/ Das kann das Tool: B4P ist die umfassendste Markt-Media-Studie in Deutschland. Sie ging 2013 aus den bis dahin unabhängigen Studien „Typologie der Wünsche“ und der „Verbraucheranalyse“ hervor. Die B4P erhebt regelmäßig und standardisiert rund 2400 Marken in über 100 Markenbereichen in Deutschland, analysiert die wichtigsten digitalen und andere Medien und befragt VerbraucherInnen zu ihrer Nutzung und ihren Einstellungen. Für NutzerInnen ermöglicht das Tool daher, einzelne Marken oder Industrien, mögliche VerbraucherInnen und deren Mediennutzung kombiniert zu analysieren, ohne selbst Daten erheben zu müssen. So funktioniert das Tool: Das Studienkonzept beinhaltet die Befragung und Forschung von Märkten, KonsumentInnen und Medien. Unternehmen können dann die Studienergebnisse kaufen und für Ihre Unternehmensstrategie nutzen. Das Onlinetool bietet auch ad hoc Analysen und liefert die Ergebnisse in optisch aufbereiteter Form. Die Nutzung war jahrelang kostenlos, inzwischen kostet die Verwendung Geld. Der Berichtsband für 2022 schlägt mit 65 EUR brutto zu Buche, eine Kurzzeitlizenz zum Analysieren je nach Nutzungsdauer zwischen 300 und 1200 EUR brutto. Für diese Bereiche ist es einsetzbar: Für Unternehmen, die in etablierten Märkten, die B4P erhebt, aktiv sind. Mediaagenturen nutzen B4P in der Regel, um für ihre MarkenkundInnen gezielt Pläne für Reichweiten und Anzeigen- bzw. Spotschaltungen zu errechnen. Peter Petermann geht auf dieses Tool in seinem Kapitel zur Mediaplanung ein (siehe Abschn. 4.5).

3.2

Markenstrategie: Positionierung, Wertversprechen, Naming und Branding

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Das Tool kann bei der Markenanalyse, der Potenzialanalyse für neue Marken, der Zielgruppenanalyse, z. B. Segmentierung und der Mediennutzung der Zielgruppe erste Analyseergebnisse liefern. Es unterstützt auch bei der Reichweiten- und damit Mediaplanung. Nicht geeignet ist es für Unternehmen, die in Nischenmärkten operieren, denn diese fehlen in der Erhebung. Das ist auch noch gut zu wissen: B4P veröffentlicht immer wieder Forschungsergebnisse in Form von Artikeln, die kostenlos auf der Website gelesen werden können. So wird beispielsweise von den Wohntrends oder Essgewohnheiten der Deutschen berichtet. Answer the Public (AtP) – https://answerthepublic.com/ Das kann das Tool: AtP bietet verschiedene Anwendungsgebiete: hier wird der Teil erläutert, der bei der Marktforschung eingesetzt werden kann. AtP analysiert das Frage- und Suchverhalten von NutzerInnen auf Google und stellt die Ergebnisse grafisch und als Listen zur Verfügung. Es unterstützt dabei, erstmalig zu verstehen, wie Google-VerwenderInnen eine bestimmte Marke oder ein bestimmtes Thema suchen und erlaubt ein Monitoring des entsprechenden Themas. So funktioniert das Tool: AtP-NutzerInnen geben in die Suchmaske von AtP ein, zu welchem Thema, in welcher Sprache und in welchem Land sie das Suchverhalten auf Google analysieren möchten. AtP stellt dazu passend dar, was gesucht wird, mit welchen Suchworten, mit welchem Volumen, die exakten Formulierungen und welche (Konkurrenz-)Seiten Google als Ergebnis der Suche zeigt. Das Tool wertet dazu die Autocomplete-Daten von Suchmaschinen wie Google aus und zeigt in Echtzeit die Sätze und Fragen für den eingegebenen Zeitraum, die sich auf das eingegebene Keyword beziehen. Für diese Bereiche ist es einsetzbar: Unternehmen erhalten einen Überblick über die Art der Fragen, die zu einem Thema gestellt werden. Darauf aufbauend kann z. B. das SEO angepasst werden, neue Produkte entwickelt oder bestehende angepasst werden. Es erlaubt den NutzerInnen auch festzustellen, wie die Platzierung der eigenen Website im Wettbewerbsvergleich ist. Es eignet sich besonders für kleinere Unternehmen, die sich keine eigenen Social-Listening-Abteilungen leisten wollen oder können. Das ist auch noch gut zu wissen: Eine Suche pro Tag ist kostenlos, danach bezahlt man für die Basissuche und Detaildarstellungen. Die Ergebnisse von AtP sind optisch aufbereitet, sodass ein Einbinden in eigenen Präsentationen einfach möglich ist.

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3 Marken- und Marketingstrategie …

3.2.2

Positionierung – oder: Hier soll die Marke (mit-) spielen

Mit dieser ersten Analyse muss sich die neue Marke nun entscheiden, wo im Markt sie sich positionieren will. Vereinfacht gesagt gibt es nur zwei Optionen: (Abb. 3.5). Entweder im hochpreisigen oder im niedrigpreisigen Umfeld. Diese Positionierung ist entscheidend, dann mit ihr gehen alle anderen Entscheidungen einher, die anschließend zu treffen sind. Die Positionierung im oberen Bereich ist automatisch eine Wert-Strategie: Sie geben Ihrem Angebot einen hohen Preis, dafür erwartet die Zielgruppe einen Mehrwert. Mehr Service, mehr Inhalt, mehr Qualität. Oder Sie stellen die Preisgünstigkeit Ihres Angebotes in den Vordergrund. Und entscheiden sich dafür, die sogenannte Preis-Mengen-Strategie zu nutzen. Sie verkaufen zu einem geringeren Preis, mit einer niedrigen Marge, aber so viel Einheiten, dass Sie darüber doch den gewünschten Gewinn erzielen. Dann darf Ihr Angebot keine zu überzogenen zusätzlichen Elemente enthalten. Einerseits, weil Sie für diese Elemente die Einnahmen nicht generieren und daher auf Dauer die Kosten nicht tragen können, auf der anderen Seite, weil Ihnen die Zielpersonen nicht abnehmen, dass diese Zusatzelemente hochwertig sind. Denn die Annahme „was nichts kostet, ist auch nichts wert“, liegt hier nahe. Theoretisch gibt es noch eine mittlere Position, in der die Marke eine mittlere Position im Markt einnimmt, sowohl beim Preis als auch beim Angebot. Diese Position ist aber in der Praxis schwierig, mit Leben auszufüllen. Man ist schnell zu teuer oder hat ein für den mittleren Preis wahrgenommen zu wenig hochwertiges Angebot. Reine Preis-Mengenoder Qualitäts-Strategien sind in der Regel erfolgreicher, weil sie für die Zielgruppe klar den Mehrwert zeigen – höhere Qualität (Tesla, Lindt-Schokolade) oder ein gutes PreisLeistungs-Verhältnis (Dacia, Alpia-Schokolade). Der Konkurs der Marke AirBerlin zeigt

Positionierungsoptionen im Bereich Medikamente, Automobil und Limonaden Premium- und Spezialmarken

Premium- und Spezialmarken

Local brands

~ 20 % Marktanteil

Organic

~ 40 % Marktanteil

Premium- und Spezialmarken

~ 40 % Marktanteil

Dilemma: Entweder sind Kosten zu hoch, um einen attraktiven Preis anzubieten oder die Einnahmen sind zu gering, um einen guten Service anzubieten

Handelsmarken

Handelsmarken

Abb. 3.5 Positionierungsoptionen. (Quelle: Eigene Darstellung)

Handelsmarken

3.2

Markenstrategie: Positionierung, Wertversprechen, Naming und Branding

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Die Positionierung hat Auswirkungen auf die vier Ps Louis Vuitton

• Preis: hochpreisig, Premiumsegment, keine Rabattaktionen und Sonderangebote

• Produkt: hohe Qualität, außergewöhnliche Materialien, exklusive Designs

• Kanäle: Premium Stores in ausgewählten Städten, Onlineplattform, ausgewählte Kaufhäuser

• Kommunikation: Werbung in exklusiven Modemagazinen, Guerilla Marketing

H&M

• Preis: günstig, Rabatt- und Saleaktionen • Produkt: umfangreiches Sortiment, große Auswahl, Kleidung und Accessoires für die ganze Familie, Homecollection

• Kanäle: Katalogbestellung, Onlineplattform, mindestens ein Store in jeder kleineren Stadt

• Kommunikation: Multikanal: Online, TV Spots, Plakate, Kataloge, Zeitschriften etc.

Abb. 3.6 Auswirkung der Positionierung auf die vier Ps. (Quelle: Eigene Darstellung)

eindrücklich, dass eine Positionierung in der Mitte des Marktes gegen Premiumanbieter wie die Lufthansa und reinen Billigfliegern wie EasyJet oder Ryanair schwer sein kann. Da es sich hier um eine strategische Entscheidung handelt, existieren keine digitalen Tools, die uns die Entscheidung abnehmen könnten. Das sollten sie aber auch nicht, denn die Strategie ist die ultimative Ausrichtung des Unternehmens für die nächsten Jahre, und diese sollte von den ManagerInnen selbst erarbeitet werden. Die Positionierung hat Auswirkungen auf die vier Ps, also wie das Produkt entwickelt wird, welcher Preis zur Marke passt, wo man das Angebot kaufen kann und wie dafür geworben wird. Abb. 3.6 zeigt die unterschiedlichen Ausprägungen am Beispiel von Louis Vuitton und H&M.

3.2.3

Das Wertversprechen: Value Proposition

Nun geht es an die Definition des Markenversprechens. Was soll die Marke für die nächsten 20 Jahre anbieten? Dabei geht es nicht darum, das faktische Angebot zu beschreiben. Vielmehr befinden wir uns hier eine Ebene höher. "Versprechen“ ist hier wörtlich gemeint. Ein Wertversprechen gliedert sich in drei Teile. Es muss, zwingend so kurz sein, dass die drei Teile auf eine einzige Seite passen. So können sich alle, die mit der Marke zu tun haben, die Bestandteile auch merken. Die drei Teile sind: Consumer Insight, Benefit, Reason Why (Abb. 3.7).

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3 Marken- und Marketingstrategie …

Die Value Proposition ist das Nutzenversprechen der Marke an die KundInnen – startet also mit dem Consumer Insight Value Proposition Consumer Insight: Beschreibt den Wunsch oder das Problem aus KundInnensicht

Problem

Das Positionierungskonzept ist ein Tool, um auf einer gemeinsamen Basis … • … Produkte zu entwickeln

Benefit:

Erklärt, wie das Produkt oder die Dienstleistung KundInnen hilft

Lösung

• ... Neuentwicklungen in der Marktforschung zu testen

Reason Why: Beschreibt, warum das Produkt/die Dienstleistung den „Benefit” liefern kann

• … sie gegenüber dem Wettbewerb abzusetzen

Beweis

• … Kreative zu briefen

Abb. 3.7 Die drei Bestandteile der Value Proposition. (Quelle: Eigene Darstellung)

Consumer Insight Hier wird das Bedürfnis, der Wunsch der Zielperson formuliert. Und zwar aus ihrer Sicht. Und so, wie er oder sie es selbst in einem natürlichen Gespräch ausdrücken würde. Vermeiden Sie hier Fachsprache, die er oder sie nicht nutzen würde und halten Sie den Text kurz. Mehr als drei Sätze sind zu viel. Schreiben Sie den Text in der „ich“-Form: „Ich, die Konsumentin, finde, dass …“, oder „Ich, der Nutzer, würde mir wünschen …“. Benefit Der Benefit ist der Vorteil, das eigentliche Versprechen Ihrer Marke. Die Antwort auf die Herausforderung der Zielperson. Nennen Sie hier den Namen Ihrer Marke und antworten Sie möglichst natürlich auf den Wunsch der Zielperson: „Brand1 bietet Ihnen …“. Wichtig: Hier geht es um das Versprechen, also WAS die Marke leistet. Nicht WIE sie es leistet. Das kommt im dritten Element. Reasons Why Hier begründen Sie, warum Ihre Marke versprechen kann, was sie verspricht. Hier dürfen, hier müssen sogar Gründe stehen. Und zwar für die Zielgruppe nachvollziehbare Gründe. Achtung: Mehr als drei maximal vier sollten es nicht sein. Denn mehr kann oder will sich Ihre Zielperson nicht merken. Wer länger braucht, auf sich aufmerksam zu machen, wird „weggeklickt“. Natürlich bietet nahezu jede Marke mehr als nur drei oder vier Vorteile. Hier geht es nicht darum, eine lange Liste aufzuführen, mit der Information, was Sie alles in Ihre Marke hineingegeben haben, sondern darum, die drei oder vier für die Zielgruppe relevanten Punkte zu priorisieren. Das ist das Wesen der Strategie. Man sagt, wofür man

3.2

Markenstrategie: Positionierung, Wertversprechen, Naming und Branding

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steht und damit gleichzeitig auch, wofür nicht. Wenn Sie alles „können“, können Sie nichts, weil Sie in unserer überreizten Werbewelt mit Ihrer Botschaft schlicht untergehen. Das Nutzenversprechen von Nivea könnte danach so lauten1 : Consumer Insights: „Ich möchte eine Creme, die meine Haut pflegt und die ich mir täglich leisten kann.“ Benefit, also das Versprechen der Marke Nivea an ihre KundInnen: „Nivea bietet Ihnen milde Pflege zum günstigen Preis.“ Reason Why: Nivea • enthält pflegendes Eucerin • ist seit 112 Jahren in der Hautpflege erfahren • ist immer 10 % günstiger als LÓreal Das Value-Proposition-Konzept von Sixt könnte so formuliert sein: Consumer Insights: Ich benötige gelegentlich ein Auto, das etwas hermachen soll, habe aber keine Lust, immer nach dem günstigsten Preis zu suchen Benefit: Sixt bietet immer das passende Auto für wenig Geld Reason Why: • Große Flotte an Premiumautos • Durchgehend günstig

3.2.4

Der Test des Wertversprechens

Aber wie findet man nun die „richtige“ Value Proposition? Hier kann eine einfache Marktforschung in Form einer Fokusgruppe unterstützen. Zunächst ist wichtig, dass Sie mit einigen Ihre Zielpersonen sprechen. Was motiviert sie, was sind die Herausforderungen in dem Sie betreffenden Bereich? Nutzen Sie auch die Ergebnisse der o. a. Analysephase. Schreiben Sie dann 10–20 verschiedene Consumer Insights auf. Zu jedem dieser Insights formulieren Sie dann ein Wertversprechen, das genau die formulierte Herausforderung löst. Wählen Sie dazu passend dann die drei bis vier Gründe, warum Ihre Marke dieses Versprechen halten kann. Aus den 10–20 Konzepten wählen Sie dann im Team die 10 aus, die Sie für erfolgversprechend halten. Mit diesen zehn Konzepten gehen Sie jetzt z. B. in eine Fokusgruppe.

3.2.4.1 Der Aufbau einer Konzept-Fokusgruppe Die Fokusgruppe besteht aus acht bis zehn Personen Ihrer Zielgruppe. Wichtig ist, dass die Gruppe in sich homogen ist und Sie nicht verschiedene Zielgruppen mischen, um z. B. 1 Die folgenden Value Propositions sind keine internen Firmeninformationen, sondern wurden

outside-in erstellt.

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3 Marken- und Marketingstrategie …

schneller fertig zu werden oder Kosten zu sparen. Die Gruppe wird von einer Moderatorin oder einem Moderator geleitet, der oder die nicht aus Ihrem Team kommt, sondern neutral ist. Die jetzt beschriebene Fokusgruppe dauert zwischen 1,5 bis zwei Stunden, und kosten aktuell rund 3 bis 4000 EUR netto, je nachdem, ob Sie eine Auswertung durch ein Institut erhalten möchten, oder die Auswertung selbst vornehmen. Sie können live vor Ort in einem Nebenraum des Diskussionsraumes dabei sein oder neuerdings auch im Büro, denn Fokusgruppen werden seit einiger Zeit auch in einem für Unbeteiligte nicht offenen Kanal gestreamt. In den Kosten sind in der Regel die Kosten für die Moderation, das Auswählen der TeilnehmerInnen und deren Incentivierung, die Raumkosten, das Catering und die Mitschnitte der Gruppendiskussion enthalten. Fokusgruppenanbieter gibt es in allen großen und mittelgroßen Städten in Deutschland.

3.2.4.2 Der Ablauf einer Konzept-Fokusgruppe Ein pragmatischer Ablauf für die Auswahl des besten Markenkonzeptes sieht so aus. Zunächst bittet Moderator oder die Moderatorin die TeilnehmerInnen, still für sich die zehn Konzepte zu lesen. Dazu haben alle Teilnehmenden einen eigenen Stapel mit Konzepten. Sie erhalten einen roten und einen grünen Stift. Sie sollen zunächst nur lesen und die für sie interessantesten fünf Konzepte auswählen und in ihrer Priorität ordnen. Prio 1 erhält das Konzept, das für die jeweilige Person am interessantesten klingt, Prio 2 das zweitbeste und so weiter. Anschließend sollen die TeilnehmerInnen, immer noch in Stillarbeit, innerhalb der fünf ausgewählten Konzept diejenigen Worte mit Grün unterstreichen, die sie gut finden, und mit Rot die Ausdrücke, die sie schwierig finden oder unklar. Der Moderierende sammelt alle Konzepte ein, sortiert die Konzepte, die eine hohe Priorität haben, und hängt die fünf Konzepte, die insgesamt die höchste positive Bewertung erreicht haben, für alle sichtbar auf. Nun geht es in die Diskussionsrunde. Konzept für Konzept geht der Moderierende durch und fragt jeweils, warum bestimmte Bereiche grün unterstrichen wurden und warum andere eine rote Markierung erhalten haben. Dabei ist weniger wichtig, was unterstrichen wurde, sondern warum – hier sind die Beschreibungen der Zielgruppe entscheidend. In deren Formulierungen stecken Verbesserungen sowohl inhaltlicher als auch sprachlicher Natur. Wenn eine Formulierung eine hohe Anzahl an roten Markierungen erhalten hat, fragt der Moderierende, wie genau die Formulierung verbessert werden kann. Ganz zum Schluss werden die TeilnehmerInnen gebeten, ihren persönlichen Favoriten auszuwählen. Dazu erhalten alle je drei Klebepunkte, die sie entweder alle auf ein Konzept verteilen können oder auf verschiedene. Das Konzept, das die meisten Klebepunkte erhält, ist, zumindest für diese Fokusgruppe, das beste Konzept, das beste Wertversprechen der neuen Marke. Sinnvoll ist es, mehrere solcher Gruppen durchzuführen, um mögliche AusreißerErgebnisse zu erkennen und auf diese keine Fehlentscheidungen zu basieren.

3.2

Markenstrategie: Positionierung, Wertversprechen, Naming und Branding

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3.2.4.3 Das Ergebnis Diese Art der iterativen Optimierung erzeugt in nur 1,5 bis zwei Stunden eine Priorisierung der zehn ursprünglich möglichen Konzepte auf „nur“ noch fünf. Die AuftraggeberInnen wissen, an welchen Stellen diese „Gewinner-Konzepte“ weiter optimiert werden müssen, haben Formulierungsvorschläge direkt aus der Zielgruppe und erhalten eine finale Priorisierung der fünf Konzepte. In der Regel kristallisieren sich so ein oder zwei, selten drei gute Konzepte heraus. Anschließend kann man den Ablauf mit den verbesserten Konzepten wiederholen, um sie weiter zu schärfen. Natürlich reicht eine Fokusgruppe nicht aus, um sicher ein Konzept für eine Marke auszuwählen. Mehr ist hier immer besser. Denn bei nur einer Gruppe kann es trotz guter Vorbereitung passieren, dass einer der TeilnehmerInnen die anderen beeinflusst, ohne dass der Moderator oder die Moderatorin dies gänzlich verhindern kann. Oder dass es eine regionale Besonderheit gibt, die im Rest der Republik so nicht auftritt. Besser sind vier bis fünf Fokusgruppen in unterschiedlichen Städten. Aber eine Fokusgruppe ist besser als keine. Und wenn Ihr Start-up so knapp bei Kasse ist, dass selbst 3000 bis 4000 EUR zu viel sind, machen Sie die Fokusgruppe selbst. Jede Interaktion mit der Zielgruppe ist besser, als ohne sie so weitreichende Entscheidungen zu treffen, wie z. B. zur Positionierung und zum Wertversprechen der Marke. Das Ergebnis der Fokusgruppe muss nicht automatisch das Ergebnis Ihres Wertversprechens sein. Wie immer dient die Marktforschung dazu, Daten und Insights zu sammeln. Aber Sie als ManagerIn sind für die Entscheidung zuständig, welches Strategie Sie in den nächsten Jahren fahren möchten. Die Marktforschung gibt eine gute Richtung vor und bringt Ihre KundInnen mit an den Entscheidungstisch. Sie erlaubt es Ihnen, sich vor dem Ausgeben hoher Summen für die Produktentwicklung und einer Launchkampagne sehr frühzeitig zu testen, ob Ihre eigene Idee für die Marke auch bei der Zielgruppe funktioniert. 

Tipp Ein gutes Wertversprechen wird sofort von einer Person der Zielgruppe verstanden und geht auf eine Seite Powerpoint. Der Reason Why sollte nicht mehr als drei, maximal vier Elemente beinhalten. Testen Sie Ihre Markenidee möglichst frühzeitig, indem Sie sie Personen aus Ihrer Zielgruppe vorlegen und fragen, was sie gut und was sie störend finden. Hören Sie daher auch auf Zwischentöne, um durch das Feedback Ihr Konzept noch schärfer und besser zu machen.

3.2.5

Das Markenangebot

Auf Basis der grundsätzlichen Positionierung und des Wertversprechens wird nun die Zielgruppe festgelegt und beschrieben, die grundlegenden Produkte, Preise, die Vermarktung und die Launchkampagne entwickelt, sowie ein KPI-System aufgebaut, um zu überprüfen, ob die Marke die in der Strategie gesetzten Ziele erreicht. Da diese Aufgaben

90

3 Marken- und Marketingstrategie …

deckungsgleich mit denen im Marketing sind, werden sie hier nicht doppelt aufgelistet. Kap. 4 zeigt die Vermarktung, Kap. 5 die Messung des Erfolges.

3.2.6

Markierung der Marke – das Branding

Im Marketing bezeichnet „Branding“ den Prozess zum Schaffen und Pflegen einer Marke. Dies umfasst eigentlich auch die Entwicklung eines Markennamens, eines Logos, eines Claims/einer Tagline und anderer visueller und verbaler Identifikationsmerkmale. Sie machen eine Marke von anderen unterscheidbar und für die Zielgruppe wiedererkennbar. Da der Namensprozess etwas anders abläuft als der visuelle Prozess, ist er hier im Text vorgezogen. Branding geht jedoch über die bloße visuelle Identität einer Marke hinaus. Es geht auch darum, eine einheitliche und konsistente Botschaft und Erfahrung für die KundInnen zu schaffen, die die Werte und Persönlichkeit der Marke widerspiegelt. Ein starkes Branding kann dazu beitragen, das Vertrauen der KundInnen zu gewinnen und eine langfristige Loyalität aufzubauen. Dazu ist wichtig, dass Sie vor der Markierung der Marke wissen, was sie Ihren KundInnen verspricht, also das Wertversprechen.

3.2.6.1 Naming Das Spannungsfeld zwischen Kreation und Schützbarkeit Weltweit gibt es mehrere Millionen angemeldete Marken und noch mehr Marken, die zwar nicht zum Schutz angemeldet sind, aber dennoch aktiv sind. Allein das Europäische Patentund Markenamt zählt 135.000 Eintragungen jedes Jahr (European Union Intellectual Property Office, 2023). Es ist daher immer schwerer für eine neue Marke, einen Namen zu finden, der einerseits die Marke aussagekräftig und wiedererkennbar repräsentiert, und der andererseits nicht schon an einem anderen Ort auf der Welt benutzt wird. Denn im Markenrecht gilt: Die Marke, die einen Namen nachweislich zuerst eingesetzt hat, hat in der Regel auch das Recht, diesen zu verwenden. Nachzügler können auf Unterlassung verklagt werden. Es ist daher ärgerlich und teuer, wenn man den Markennamen als Nachzügler verwendet und erst nach mehreren Jahren erkennt, dass man leider nicht der/die Erste war. Und nicht jeder Name ist schützbar. Naming und Branding, das visuelle Erscheinungsbild der Marke, sollten also so entwickelt werden, dass sie schützbar sind und noch nicht von anderen Anbieternden verwendet werden. Eine Kurzübersicht über das Namensrecht in Deutschland Grundsätzlich kann jeder Name als Markenname genutzt werden. Ziel eines Markennamens ist es, das Angebot einer Ware oder einer Dienstleistung von denen anderer AnbieterInnen zu unterscheiden (rechtlicher Aspekt) und mit der Marke ein bestimmtes Leistungsniveau, das Wertversprechen, zu verbinden (psychologischer Aspekt). Es gibt jedoch auch bestimmte Namen, die nicht als Marke geschützt werden können, wie rein beschreibende oder allgemeine Begriffe, die von jedem frei verwendet werden können. Eine Marke, die

3.2

Markenstrategie: Positionierung, Wertversprechen, Naming und Branding

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Tische verkauft, und sich „Tisch“ nennen will, ist nicht schützbar. Jedenfalls nicht als reine Textmarke, wohl aber als Text-Bild-Marke. In Deutschland kann ein Markenname auf zwei Arten geschützt werden – die Angaben gelten sowohl für den Markennamen als auch für die optische Erscheinung einer Marke: Als eingetragene Marke beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA): Um einen Markennamen als eingetragene Marke zu schützen, muss eine Anmeldung beim DPMA eingereicht werden. Nach erfolgreicher Prüfung und Registrierung genießt die Marke in Deutschland einen Schutz von 10 Jahren, der gegen Gebühren beliebig oft verlängert werden kann. Durch den allgemeinen Schutz nach dem Markengesetz (MarkenG): Ein Markenname kann auch durch den allgemeinen Schutz nach dem Markengesetz geschützt werden, wenn er sich durch langjährige Verwendung einen hohen Wiedererkennungswert bei den VerbraucherInnen erworben hat. Dieser Schutz ist jedoch schwächer als der Schutz einer eingetragenen Marke und muss gegebenenfalls gerichtlich durchgesetzt werden. Für die Markenanmeldung gilt grundsätzlich, dass jeder Name nur einmal je Warenoder Dienstleistungsgruppe – sogenannte Nizzaklassen – verwendet werden darf, um eine Verwechslung zu verhindern, denn die soll doch gerade durch die Markenanmeldung zum Schutz vermieden werden. Zu den Nizzaklassen siehe Abschn. 3.2.6.3. Gibt es für die Warengruppe „nicht alkoholische Getränke“ bereits den Namen „Nifinion“, darf dieser Name für eine zweite Marke eines anderen Anbieters nicht mehr genutzt werden. Eine Ausnahme bildet der eigene Name. Gäbe es beispielsweise bereits eine Werbeagentur mit dem Namen „Claudia Bünte Werbung“ und eine zweite Werbeagentur mit demselben Inhabernamen möchte sich auch so nennen, würde diese u. U. möglich sein – und ist sicherheitshalber vom Deutschen Patent- und Markenamt zu prüfen. Ob es für die zweite Werbeagentur sinnvoll ist, genauso zu heißen wie eine bereits aktive Agentur, sei dahingestellt. Daher ist es wichtig, vor einer Markenanmeldung eine umfassende Recherche durchzuführen, um sicherzustellen, dass der angemeldete Name und das angemeldete Design tatsächlich schutzfähig sind. Abschn. 3.2.6.3 zeigt, wie dies geht. Gute Namen, schlechte Namen Aber was sind nun gute Namen? Auch hierzu gibt es ein paar Richtlinien: Ein guter Markenname sollte einprägsam, leicht verständlich, einzigartig und unterscheidungskräftig sein. Hier sind einige Kriterien, die einen guten Markennamen auszeichnen: Einprägsamkeit: Der Name sollte leicht zu merken und zu erkennen sein, um eine dauerhafte Wirkung bei der Zielgruppe zu erzielen. Eindeutigkeit: Der Name sollte einzigartig und unverwechselbar sein, um eine Verwechslung mit anderen Marken zu vermeiden. Einfachheit: Der Name sollte einfach und leicht auszusprechen sein, um eine breite Akzeptanz zu erzielen. Positiver Klang: Ein positiver Klang des Namens kann die Markenwahrnehmung positiv beeinflussen.

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3 Marken- und Marketingstrategie …

Passende Bedeutung: Der Name sollte eine Bedeutung haben, die mit den Produkten oder Dienstleistungen der Marke in Verbindung gebracht werden kann. Flexibilität: Der Name sollte flexibel genug sein, um in verschiedenen Sprachen und Kulturen verwendet werden zu können. Verfügbarkeit: Der Name sollte markenrechtlich verfügbar sein und nicht bereits von einem anderen Unternehmen genutzt werden. Zeitlosigkeit: Der Name sollte auch noch in Zukunft relevant sein und nicht anfällig für Modetrends oder kurzfristige Veränderungen sein. Muster wie „…2000“, „xxx & more“ oder „…24“ sind alte Beispiele für Namen, die mit demselben Anhängsel seinerzeit anzeigen wollten, dass die Marke modern ist, oder eben mehr bietet oder 24 h erreichbar ist. Aktuell ist in Mode, dem Namen ein „xxx.AI“ mitzugeben, um zu zeigen oder die Idee zu erzeugen, dass KI enthalten ist, wie bei OpenAI oder Moin.AI. Es ist fraglich, ob das in zwanzig Jahren noch innovativ klingt. 

Tipp Denken Sie bereits beim Start der Marke international.Wenn Sie einen passenden Markennamen gefunden haben, suchen Sie sich MuttersprachlerInnen der wichtigsten Sprachen: Deutsch, Französisch, Englisch, Mandarin, Spanisch und fragen Sie sie, welche Assoziationen sie bei Ihrem Markennamen haben.

Markennamens-Fehler wie „Nova“ für ein Auto, das auf Spanisch und Französisch „no va“, also „fährt nicht“ heißt, können so verhindert werden. Der Naming-Prozess Der Namensprozess folgt einer Logik, die nicht abgekürzt, sondern hintereinander durchgeführt werden sollte. Versuche, einen oder mehrere Schritte zu überspringen, können schnell darin enden, dann man wieder von vorn beginnen muss. Etwa weil man einen schönen Namen gefunden hat, den die Zielgruppe mag, der aber leider keine Internetdomain/URL mehr hat, die man nutzen kann. Die einzelnen Schritte sind: Ziele definieren: Bevor man mit dem Namensprozess beginnt, sollte man die Ziele der Marke und die Zielgruppe klar definieren. Dies hilft bei der Auswahl eines Namens, der zu den Zielen und zur Zielgruppe passt. Wir haben diesen Punkt bereits mit der Positionierung der Value Proposition bedient, der dadurch ja die Zielgruppendefinition enthält. Brainstorming: Im nächsten Schritt sollten möglichst viele Namen und Ideen gesammelt werden. Dabei sollten verschiedene Aspekte wie die Bedeutung, Einzigartigkeit und Klang des Namens berücksichtigt werden. Brainstormings kann man mit der Zielgruppe, im Team oder von den Kreativen der eigenen Werbeagentur durchführen lassen. Das Ergebnis ist die sogenannte Longlist mit vielen möglichen Namensvorschlägen zur Diskussion. Bewertungskriterien festlegen: Um die Auswahl zu erleichtern, sollten Bewertungskriterien festgelegt werden, anhand derer die Namen bewertet werden können. Beispiele für Kriterien sind wie erläutert Einzigartigkeit, Verfügbarkeit, Eignung für die Zielgruppe oder Eignung für die Branche.

3.2

Markenstrategie: Positionierung, Wertversprechen, Naming und Branding

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Bewertung und Vorauswahl: Die gesammelten Namen sollten bewertet werden, indem sie mit den festgelegten Kriterien verglichen werden. Die besten Namen können dann in die engere Auswahl kommen. Daraus entsteht die sogenannte Shortlist, also priorisierte Namensvorschläge. Markenrecherche: Es ist wichtig, eine Markenrecherche durchzuführen, um sicherzustellen, dass der ausgewählte Name markenrechtlich verfügbar ist. Dies geht beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA unter https://t1p.de/0croa) oder beim Europäischen Patentamt (EUIPO unter https://t1p.de/qiwmz). Das EUIPO umfasst auch deutsche angemeldete Marken. Check auf URL-Verfügbarkeit: Keine Marke kommt mehr ohne eine gute und schnell auffindbare Internetseite aus. Daher ist wichtig, für alle Namen auf der Short List zu prüfen, ob eine entsprechende URL noch buchbar ist. Denn nicht alle Marken, die in Nutzung sind, sind auch beim Markenamt eingetragen. Es gibt keine Pflicht zum Markenschutz. Und wie beschrieben gilt das Recht der älteren Marke. Daher ist eine Überprüfung, ob die URL noch erhältlich ist, eine gute, zusätzliche Möglichkeit, sicherzustellen, dass man einen einzigartigen Namen entwickelt. Feedback einholen: Nachdem nun von der Shortlist diejenigen Namen gestrichen werden, die nicht anmeldbar sind und/oder keine sinnvolle URL mehr erhalten würden, sollten für die verbliebenen Markennamen wiederum Feedback von MitarbeiterInnen, KundInnen und anderen relevanten Personen eingeholt werden, um sicherzustellen, dass der Name gut ankommt und die gewünschte Wirkung erzielt. Markenregistrierung: Nach der endgültigen Auswahl des Namens sollte die Marke beim zuständigen Markenamt registriert werden, um sie markenrechtlich zu schützen. Wie das geht, steht im übernächsten Unterkapitel. Digitale Tools, die bei der Namensfindung helfen können, sind z. B. Namefruits und Namelix. Digitaltool: Namefruits – https://www.namefruits.de/ Das kann das Tool: Namefruits ist ein digitales Tool, das Unternehmen bei der Namensfindung unterstützt. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz kann das Werkzeug nach Vorgaben zur neuen Marke Namensvorschläge erarbeiten, die Qualität eines gefundenen Namens anhand bestimmter Kriterien wie Namenslänge und Vokal-Konsonanten-Verhältnis prüfen und feststellen, ob Domains noch verfügbar sind und der Markenname beim Markenamt anmeldebar ist. So funktioniert das Tool: Der Ablauf umfasst drei Schritte: Schritt 1: Die NutzerIn registriert sich über seine E-MailAdresse und bezahlt die Nutzung, die aktuell mit einmalig 99 EUR netto. pro Projekt zu Buche schlägt. Schritt 2: Die NutzerIn beantwortet einige Fragen bezüglich der Unternehmensidee und der Namensvorstellung

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Schritt 3: Namefruits generiert rund 150 unterschiedlichen Namen und überprüft die priorisierten Namen auf die o.g. Eignung. Für diese Bereiche ist es einsetzbar: Von diesem Tool können Start-ups und Unternehmen profitieren, die einmalig oder regelmäßig Produkt- und Markennamen entwickeln und eine erste Longlist sowie Machbarkeitsanalysen benötigen. Gut zu wissen: Namefruits überprüft beim DPMA nur, ob bereits eine Marke mit exakt demselben Namen angemeldet ist. Namensabwandlungen oder ähnlich klingende Namen werden nicht überprüft. Diese sollte jedoch vor der Entscheidung für einen Markennamen überprüft werden, um ältere Namensrechte anderer Marken nicht zu verletzen. Digitaltool: Namelix – https://namelix.com/ Das kann das Tool: Namelix ist ebenfalls wie Namefruits ein Angebot, das online anhand von KI Namen für Unternehmen, Marken oder Produkte entwickelt. Anders als Namefruits gibt es vor dem Bezahlen bereits erste Beispiele für passende Namen an. Dafür funktioniert es aktuell nur auf Englisch. Namelix verwendet KI-Sprachmodell, um kurze, einprägsame Namen zu generieren, die für die Geschäftsidee des Nutzers relevant sind. So funktioniert das Tool: Um potenzielle Namen vorgeschlagen zu bekommen, müssen NutzerInnen genau wie bei Namefruit zunächst ein paar Fragen beantworten. Hierzu gehören z. B. Stichpunkte zum Unternehmen, dem Stil des gewünschten Namens und andere Markeninformationen. Daraufhin werden verschiedene Namensvorschläge generiert. Der Algorithmus lernt aus den Namen, die den NutzerInnen gefallen, und bietet mit der Zeit bessere Empfehlungen. Das Tool hilft den NutzerInnen auch dabei, die Ergebnisse zu filtern, indem kürzere Namen, Namen mit einem bestimmten Schlüsselwort oder einer Domänenerweiterung bevorzugt werden. Für diese Bereiche ist es einsetzbar: Dieses Tool unterstützt UnternehmerInnen, die gerade ein Start-up gründen und noch einen Namen suchen. Da dieser kreative Prozess oftmals schwerfällt, können davon viele (werdende) UnternehmerInnen profitieren.

3.2

Markenstrategie: Positionierung, Wertversprechen, Naming und Branding

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Das ist auch noch gut zu wissen: Der Prozess der Generierung ist vorerst kostenlos. Namelix verdient sein Geld damit, den gewünschten Unternehmensnamen einzutragen, sowie die Domain zu registrieren und Markenlogos zu entwickeln. Diese digitalen Tools helfen, schnell und kostengünstig eine Longlist und teilweise eine Shortlist zu erstellen. Sie helfen nicht dabei, die rechtliche Prüfung abzuschließen und sind auch sonst nur als Hilfestellung zu nutzen, keinesfalls sollte man ihnen die Entscheidung für die Auswahl des Markennamens überlassen. Werbeagenturen oder auf Naming spezialisierte Namensagenturen (z. B. Endmark, Syndicate oder Namestorm) mögen teurer sein, ihre Leistungen sind aber mehr auf die Anforderungen der Marke zugeschnitten und sie sind in der Lage, anders als digitale Tools, auf die jeweilige Strategie abgestimmte Empfehlungen zu erarbeiten. 

Tipp Überprüfen Sie gerade dann, wenn Sie „nur“ Digitaltools für die Namensfindung nutzen, immer noch einmal selbst zumindest beim EUIPO, ob Ihr Wunschname noch frei ist.

Namenstest Ein Namenstest lässt relativ einfach mit der Zielgruppe durchführen. Dazu können Sie z. B. Google Forms oder Mailchimp nutzen. Wählen Sie die fünf aus Ihrer Sicht besten Namen aus. Zeigen Sie den ProbandInnen die fünf Namen, hintereinander, rollierend, d. h. die Reihenfolge wird immer wieder neu vom Programm festlegt. Dadurch verhindern Sie, dass durch immer dieselbe Reihenfolge der Namen bei den TeilnehmerInnen der Eindruck, und wenn nur unterbewusst entsteht, es handle sich um eine interne Priorisierung. Nachdem Sie alle fünf Fragen gezeigt haben, bitten Sie die TeilnehmerInnen um eine erste Priorisierung. Welche drei Namen finden sie am besten? Danach gehen Sie Name für Name durch und bitten die TeilnehmerInnen, in einem offenen Antwortfeld aufzuschreiben, woran sie denken, wenn sie den Namen lesen. Erläutern Sie dann mit einem kurzen Text, für welches Angebot der Name stehen soll. Dazu eignet sich die Value Proposition, und zwar vor allem der „Benefit“, als das Versprechen der Marke. Zeigen Sie alle fünf Namen in einer Tabelle und bitten Sie darum, z. B. auf einer Skala von 1–5 die Namen auf Passgenauigkeit zum Zweck der Marke zuordnen zu lassen. 1 kann z. B. für „gar nicht passend“ und 5 für „voll und ganz passend“ stehen. Zusätzlich dazu können Sie auch eine Liste mit Kriterien für den passenden Namen anbieten und fragen, wie sehr der entsprechende Name auf diese Eigenschaft zutrifft. Etwa, wenn für Ihre Marke wichtig ist, dass sie z. B. „dynamisch“ und „modern“ erscheint. Dann fragen Sie die ProbandInnen, wie sehr die fünf Namen, einer nach dem anderen, für „modern“ und für „dynamisch“ steht. Idealerweise wieder mit einer Skala von 1 bis 5, damit Sie das gelernte Bewertungssystem beibehalten. Achten Sie darauf, dass nur TeilnehmerInnen aus Ihrer Zielgruppe teilnehmen, etwa, indem Sie gleich zu Beginn des Fragebogens eine Frage einbauen, die filtert. Haben Sie

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3 Marken- und Marketingstrategie …

z. B. ein Angebot nur für Frauen, lohnt es sich, direkt als erste Frage nach dem Geschlecht zu fragen und Männern freundlich, aber bestimmt für die weiteren Fragen abzusagen. Ist Ihre Zielgruppe nicht so einfach einzuteilen, sollten Sie die sogenannten soziodemographischen Fragen als letztes im Fragebogen stellen. Also z. B. das Alter, der Wohnort oder die Postleitzahl, der höchste, erreichte Ausbildungsgrad, das Haushaltsnettoeinkommen oder andere, eher persönliche Fragen. Je später diese Fragen im Fragebogen gestellt werden, umso eher werden die Fragen bis dorthin ausgefüllt. Stellen Sie sehr persönliche Fragen direkt am Anfang, ist die Abbrecherquote ggf. sehr hoch. Als persönlich empfunden Fragen, dazu gehören Alter, Gehalt, Einstellungen, sollten, wenn es möglich ist, in einer Spannbreite gefragt werden, etwa: „Wie alt sind Sie, bitte wählen Sie den folgenden Möglichkeiten“ und dann bieten Sie z. B. an: bis 18, 19–29, 30–39, 40–49 usw. Sie sollten mindestens 100 Personen Ihrer Zielgruppe befragen, um so belastbare prozentuale Auswertungen zu erhalten. Wie immer gilt: Je mehr, je besser. Anders ist es bei der Anzahl der Fragen im Fragebogen. Je länger er dauert, umso höher ist die Abbrecherquote. Nach einer Dauer von sieben Minuten ist bei Onlinebefragungen häufig die Grenze des Zumutbaren erreicht. Nach der Auswertung kristallisieren sich in der Regel ein oder zwei Gewinnernamen heraus. An diese Stelle wird deutlich, warum zuvor geraten wurde, die Namingschritte nacheinander abzuarbeiten und keinen Schritt zu überspringen. Denn wenn Sie erst den Namen mit ProbandInnen testen, und erst anschließend die Anmeldbarkeit oder die URLVerfügbarkeit testen, kann es sein, dass der von der Zielgruppe priorisierte Name nicht mehr verfügbar ist. Am Ende aller Schritte haben Sie ein oder zwei Namen, die verfügbar sind, aus Sicht der Zielgruppe zur Marke passen und Ihnen hoffentlich auch zusagen.

3.2.6.2 Branding Dazu gehört eine Logo, also die visuelle Darstellung der Marke, die Schriftart (Typographie), die wichtigsten Farben, dazu kann, muss aber nicht ein Slogan (oder Claim) gehören. Große Unternehmen gestalten auch die Architektur ihrer Gebäude so, dass sie zur Marke passen. Es können akustische Logos enthalten sein, wie etwa bei der Telekom, Audi oder Intel. Es gibt sogar olfaktorische Brandingbestandteile, also wie eine Marke riecht. Kein Witz: Die Hotelkette Hyatt lässt pro neu eröffnetes Hotel einen eigenen Hotel-Raumduft kreiert, der im Hotel regelmäßig versprüht wird. Das Mirage in Las Vegas hat offenbar einen „signature scent“, der Menschen zum Spielen anregen soll (Aromea Airdesign, 2019) und Unternehmen wie Aromea Airdesign entwickeln solche Düfte unter dem Stichwort „Duftmarketing“. Zusammen heißen diese Elemente, die eine Marke kennzeichnen, „Corporate Design“ oder kurz „CD“. Sie werden in der Regel von Werbe- oder CD-Agenturen erarbeitet und in einem Brand Book zusammengefasst. Welche Bestandteile für Ihre Marke notwendig sind, hängt davon ab, welches Angebot Sie

3.2

Markenstrategie: Positionierung, Wertversprechen, Naming und Branding

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haben. Düfte eignen sich z. B. nur, wenn Sie direkten KundInnenkontakt haben, natürlich nicht für Online-Angebote, jedenfalls noch nicht. Wir gehen für die weiteren Tipps im Text davon aus, dass Sie eine Marke für ein Start-Up entwickeln und (zunächst) vorrangig ein visuelles Erscheinungsbild, also ein Logo, die Typo und Farben benötigen. Eine Kurzübersicht über das optische Markenrecht in Deutschland Um ein Markenlogo beim DPMA in Deutschland schützen zu lassen, muss es bestimmte Anforderungen erfüllen. Ähnliche Anforderungen hat auch das europäische Amt für den Markenschutz. Es ist sinnvoll, das Logo gleich entlang dieser Kriterien zu entwickeln: Unterscheidungskraft: Das Logo muss ausreichend von anderen Marken und Logos unterscheidbar sein, um einen eigenen Schutz zu verdienen. Es sollte also nicht zu ähnlich sein zu bereits existierenden Marken und Logos. Grafische Darstellbarkeit: Das Logo muss grafisch darstellbar sein, also als Bild oder Zeichen reproduziert werden können. Dies bedeutet, dass es aus Linien, Farben oder Formen bestehen muss, die klar und eindeutig wiedergegeben werden können. Keine Verwechslungsgefahr: Das Logo darf nicht zu ähnlich sein zu bereits existierenden Marken oder Logos, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen. Wenn das Logo diese Kriterien erfüllt, kann es beim DPMA als Marke angemeldet werden und nach erfolgreicher Prüfung und Registrierung für einen Zeitraum von 10 Jahren geschützt werden, der beliebig oft verlängert werden kann. Gutes Logo, schlechtes Logo Aber was sind nun ein gutes Logo? Auch hierzu gibt es ein paar Guidelines: Einfachheit: Ein gutes Logo ist einfach und klar im Design. Es ist leicht zu erkennen und gut lesbar, selbst in kleiner Größe. Das ist gerade in der digitalen Welt wichtig: Hat jemand in seinem Browser viele Fenster geöffnet, kann er zu Ihrer Onlineseite nur zurückfinden, wenn Ihr Logo so einfach und wiedererkennbar ist, dass die Person es schnell und zielsicher wiedererkennt. Diese kleinen Logos im Fenster der Browser heißen Favicon, von „favorite“ und „icon“. Google hat eine sehr gute Struktur entwickelt, wie die einzelnen Submarken wiedererkennbar auf kleiner Fläche sind, siehe Abb. 3.8. Screenshot des eigenen Handys Einzigartigkeit: Ein gutes Logo ist einzigartig und unterscheidet sich von anderen Logos. Es sollte einprägsam sein und leicht im Gedächtnis bleiben. Gute Beispiele sind die Logos von Apple, McDonalds und BMW. Zeitlosigkeit: Ein gutes Logo ist zeitlos und überdauert Trends und Moden. Es sollte auch in vielen Jahren noch aktuell und relevant sein. In den 90er Jahren waren Wort-Logos modern, die zwei optische Teile enthielten. Der erste Teil des Markennamens wurde schwarz auf weiß gedruckt, der rechte Teil weiß auf schwarz, oder umgekehrt. Wer heute ein solches Logo zeigt, kann alt wirken. Flexibilität: Ein gutes Logo ist flexibel und kann auf verschiedenen Medien und in verschiedenen Größen verwendet werden. Es sollte sowohl auf einer Visitenkarte, als App auf dem Handy und als Favicon im Netz wiedererkannt werden und druckbar auf Papier sein.

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3 Marken- und Marketingstrategie …

Abb. 3.8 Favicons von Google-Submarken. (Quelle: Screenshot des eigenen Handys)

Da Papier in der Regel aus Holz besteht, und Holz Farbe zieht, sollten Logolinien nicht zu kleinteilig sein, sonst „suppt“ das Logo zu, wie man in der Praxis sagt, es verschmiert, obwohl der Druck eigentlich ordentlich durchgeführt wurde. Aussagekraft: Ein gutes Logo ist aussagekräftig und vermittelt die Werte und den Zweck der Marke, genauso wie bei einem Namen.

3.2

Markenstrategie: Positionierung, Wertversprechen, Naming und Branding

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Farbgebung: Ein gutes Logo verwendet eine passende Farbgebung, die zu den Werten und der Persönlichkeit der Marke passt. Farben können eine starke emotionale Wirkung haben und sollten daher sorgfältig ausgewählt werden. Blau z. B. steht in der westlichen Welt für Vertrauen und Sicherheit, deshalb haben so viele Versicherungen und Banken, z. B. die Allianz, die Hannoversche und die Deutsche Bank, Logos mit blauen Anteilen. Rot steht für Hitze, Aufmerksamkeit, Emotionen und wird daher eher von Marken genutzt, die z. B. Energie liefern, wie Eon, Esso oder Shell. Und nicht alle Farben wirken gut zusammen. 

Tipp Hier geht es zu einem guten Erklärvideo, wie Farben wirken. Der Text ist auf Englisch, wer lieber mitliest, kann sich Untertitel einstellen.

QR- Code Die Psychologie der Farben 

Tipp Wenn Sie erste Logoentwürfe haben, nutzen Sie die Bilder-Rückwärtssuche von Google. Dazu ziehen Sie Ihr Logo in das Eingabefeld unter https://images.google.com/. Google gibt Ihnen dann eine Auswahl an möglichen Bildquellen und zeigt ähnliche Bilder. Wenn Sie hier schon ein Logo finden, das Ihrem zu sehr ähnelt, sollten Sie lieber auf ein anderes Logo ausweichen.

Der Logo-Prozess Wie beim Naming sollten Sie auch beim Logo unbedingt die Zielgruppe mit an den Entscheidungstisch holen. Anders als beim Naming sollten Sie bitte nur, wenn Sie selbst Designerfahrungen haben oder entsprechende Fähigkeiten im Team haben, Ihr Logo selbst entwickeln. Denn anders als beim Namen erkennt auch ein Laie (Ihre KundInnen), wenn das Logo unprofessionell erstellt wurde. Natürlich können Sie eigene Ideen skizzieren, aber dann sollte die Ausgestaltung in die Hände von Profis übergehen. Diese finden Sie entweder in der Werbeagentur Ihres Vertrauens oder Sie lassen sich von digitalen Tools, die weiter unten beschrieben werden, unterstützen. Ziele definieren und Bewertungskriterien festlegen: Diese Aufgaben können und müssen Sie sogar übernehmen. Wer ist die Zielgruppe, was soll das Logo aussagen, wie ist das Wertversprechen Ihrer Marke. Zum Zeitpunkt der Logoentwicklung liegen diese aber vor.

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3 Marken- und Marketingstrategie …

Die Bewertungskriterien sollten die oben genannten sein, also Einzigartigkeit, Zeitlosigkeit, Flexibilität, Aussagekraft für das Wertversprechen der Marke, Vermittlung der Markenwerte (etwa Sicherheit für eine Versicherung, Entspannung für einen Reiseanbieter), generelle Eignung für die Branche. Entwicklung und Vorauswahl der Entwürfe: Wie beschrieben ist das eine Aufgabe für Profis, digitale oder menschliche Experten. Ihre Aufgabe besteht darin, ein klares Briefing zu erstellen und bei der Auswahl der Entwürfe klar zu kommunizieren, was wie anders werden soll. Für eine Agentur ist es sehr schwer, mit Aussagen wie „gefällt mir nicht“ bessere Entwürfe zu erstellen. Überprüfung und Anpassung: Nachdem man einige Entwürfe erstellt hat, sollte man diese überprüfen und gegebenenfalls anpassen. Hier bietet sich an, bei der Zielgruppe abzuklopfen, welche Entwürfe wie verstanden werden. Auch diese Überprüfung kann wiederum mit einem Fragebogen (Google Forms oder SurveyMonkey o.ä.) durchgeführt werden. Die Abfolge ist sehr ähnlich zur schon beschriebenen Namingüberprüfung, Sie ersetzen die Namen, die Sie testen wollen, durch die Logos. Ein Logotest ist etwas länger als ein Namenstest, denn Menschen haben zu Logos, also Bildern, in der Regel mehr Assoziationen und Emotionen, sodass das Ausfüllen eines Fragebogens länger dauert. Sie können den Test auch in einer Fokusgruppe durchführen, deren Ablauf im Kapitel Value Proposition als Konzepttest beschrieben wurde. Bei dieser Methode ersetzen Sie die Value- Proposition-Konzepte durch die Logos. Sie können hier ebenfalls um die 10 Entwürfe testen. Der Part der Textkorrektur mittels farbiger Stifte entfällt natürlich im Logo-Test, diesen Part können Sie ersetzen durch ein systematisches Befragen der TeilnehmerInnen, was ihnen am jeweiligen Entwurf gefällt und was sie stört. Digitale Tools, die bei der Logoentwicklung helfen können, sind u. a. Smashinglogo und Tailorbrands. Digitaltool: Smashinglogo – https://smashinglogo.com/de/logo-maker/ Das kann das Tool: Smashinglogo erstellt nach Vorgabe der NutzerInnen in Echtzeit online verschiedene Design für eine Marke, ein Produkt oder ein Unternehmen. Smashinglogo verwendet dazu eine intuitive und benutzerfreundliche Schnittstelle, um es BenutzerInnen zu erleichtern, ein professionelles Logo ohne Design-Kenntnisse zu erstellen. Die Plattform bietet auch eine Vielzahl von Vorlagen, Symbolen und Schriftarten, um BenutzerInnen eine breite Palette von Design-Optionen zur Verfügung zu stellen. So funktioniert das Tool: Um potenzielle Logos für das Unternehmen oder die Marke zu erhalten, müssen NutzerInnen verschiedene Fragen beantworten. Hierzu gehören z. B. der Name der Firma, die Industrie, für welche Werte die Marke stehen soll, Farbwünsche sowie Stilrichtungen. Daraufhin werden verschiedene Designvorschläge generiert. Spielerisch und einfach nutzbar ist hier die Möglichkeit, sich drei virtuelle DesignerInnen auszusuchen, deren bisherige

3.2

Markenstrategie: Positionierung, Wertversprechen, Naming und Branding

101

Designentwürfe zur Auswahl gezeigt werden. So kann man z. B. zwischen „Fiona“ und „Noah“ auswählen, siehe Abb. 3.9 (Smashinglogo, 2023). Während Fionas Stil mit Kalligrafie arbeitet, nutzt Noah eher Embleme. Je nachdem, welche DesignerInnen sich die NutzerIn aussucht, wird die KI im Hintergrund gesteuert, die neuen Designs entwickelt – entweder eher angelehnt an Noah oder eher an Fionas Stil. Die vorgeschlagenen Designs enthalten jeweils ein Logo, die Farbwelt und die Schriftart. Außerdem wird gezeigt, wie das Design in verschiedenen Printmedien aussehen würde, also auf einem T-Shirt, einer Visitenkarte oder auf der Internetseite. Design-Unerfahrene können so entscheiden, welcher Stil am besten passt. NutzerInnen können die Designs auch weiter anpassen, etwa die Farbe ändern oder eine andere Schriftart auswählen. Sobald man sich für ein Design entscheidet und die Druckunterlagen herunterladen will, wird der Service kostenpflichtig. So schlagen die drei unterschiedlichen Pakete, die man ja nach Nutzungsbreite und Auflösung auswählen kann, einmalig zum Redaktionsschluss mit zwischen 99 EUR und 179 EUR brutto zu Buche. Während das kleine Paket „nur“ die Designs enthält, die man für die Nutzung auf Social Media benötigt, enthält das große Paket auch die Druckinformationen für Print-Medien, eine Logoanimation, einen KundInnensupport sowie Branding Richtlinien. Für diese Bereiche ist es einsetzbar: Dieses Tool ist besonders geeignet für AnwenderInnen, die entweder gründen, also noch nicht viel Geld zur Verfügung haben oder UnternehmerInnen, die regelmäßig neue Designs benötigen, z. B. für immer neue Internetseiten. Das ist auch noch gut zu wissen: Der Prozess der Generierung ist vorerst kostenlos und die Logos werden mit Wasserzeichen vorgeschlagen. Erst beim Kauf eines Paketes wird das Wasserzeichen entfernt. Und: Wer eine sehr individuelle Betreuung bei der Logoerstellung und vor allem später bei der Umsetzung in die diversen Druckerzeugnisse wünscht, ist nach wie vor bei einer professionellen Werbeagentur besser aufgehoben. Gibt man für die Marketingberatung Kaiserscholle GmbH folgenden Vorgaben, entstehen u. a. die vier Designvorschläge in Abb. 3.10: • • • • • • • •

Text: Kaiserscholle; Top-Marketing-Beratung Branche: Marketing, Beratung, Markenberatung Markenattribute: Positiv, einzigartig, professionell, zuverlässig, zugänglich Virtuelle DesignerInnen: Noah, Isabelle, Leon Farben: Silber, Orange, Schwarz Icon: Keines Schriften: Sans Serif2 Logo-Typen: Monogramm

2 Sans Serif wurde dann vom Algorithmus aber nicht durchgehend genutzt, wie die Beispiele in der

Abbildung zeigen.

102

3 Marken- und Marketingstrategie …

Abb. 3.9 Virtuelle DesignerInnen bei Smashinglogo. (Quelle: smashinglogo.com)

Digitales Tool: Tailorbrands – https://studio.tailorbrands.com/ Das kann das Tool: Ähnlich wie Smashinglogo ist Tailorbrands ein Online-Designentwicklungs-Werkzeug, das das gesamte Corporate Design, also Logos, Websites, Geschäftspapier etc. mithilfe von KI erstellen kann. So funktioniert das Tool: Auch hier geben die NutzerInnen ein paar Informationen über den Zweck der Marke, das Ziel der Gründung und in welcher Phase sich das Projekt befindet. Anders als bei Smashinglogo

3.2

Markenstrategie: Positionierung, Wertversprechen, Naming und Branding

103

Abb. 3.10 Designvorschläge für Kaiserscholle von Smashinglogo. (Quelle: smashinglogo.com)

werden die einzelnen Anwendungsfelder einer Corporate Designs dann hintereinander und nicht gleichzeitig, aber auch in Echtzeit abgearbeitet. So wählt man zunächst die Aufgabe „Logoentwicklung“ aus und selektiert nur die Schriftform und ob man lieber ein Icon oder ein Monogramm mag. Farben stehen noch nicht im Fokus. Auf Basis der Angaben erstellt die KI dann Logovorschläge, aus denen man eines auswählen und anpassen kann. Abb. 3.11 zeigt einige Vorschläge für Kaiserscholle – die Farben wirken, da sie nicht voreingestellt werden konnten, noch ein wenig blutleer. Das Gesamtbild inklusive aller Corporate Design-Elemente und Corporate Colour sieht die NutzerIn daher erst am Ende der Entwicklungsarbeit, bei Smashinglogo sieht man die Vorschläge sofort. Will man das Logo nutzen, werden auch hier Gebühren fällig. Tailorbrands bietet ebenfalls drei Pakete für die Nutzung des Logos an, von Basic für 2,99 EUR pro Monat bis 10,99 EUR pro Monat in der Premiumversion. Für die Basisvariante erhält man die Logodatei, das Recht, das Logo zu nutzen, ein paar Grafiktools, die z. B. unterstützen, eine eigene Website zu erstellen. Das Premiumpaket enthält Vektorgrafiken, angepasste Präsentationsfolien, ein Visitenkartentool, eine Internetdomain für ein Jahr kostenlos, mehrere Sprachen sowie einen Onlineshop. Für diese Bereiche ist es einsetzbar: Tailorbrands ist, wie Smashinglogo, geeignet für Start-ups, die keine Erfahrung beim Erstellen von Designs für Marken haben, aber noch genügend Zeit, sich mit dem Erstellen von Websites, Druckunterlagen und Ähnlichem selbst zu beschäftigen. Das ist auch noch gut zu wissen: Zwar gibt es eine deutsche Seite, die Logoentwicklung ist dann aber dennoch eine Mixtur aus Deutsch und Englisch. Ohne Englischkenntnisse kann man hier wenig erreichen.

104

3 Marken- und Marketingstrategie …

Abb. 3.11 Logovorschläge für Kaiserscholle von Tailorbrands. (Quelle: tailorbrands.com)

Diese und andere digitalen Tools helfen, schnell und kostengünstig ein Corporate Design zu entwickeln. Sie überprüfen in der Regel nicht, ob das Design schützensfähig ist oder ob es bereits von anderen WettbewerberInnen genutzt wird. Werbeagenturen, die Logos entwickeln, überprüfen häufig, ob es die Kreationen bereits gibt und kennen MarkenanwältInnen, die bei der Anmeldung zum Schutz unterstützen.

3.2.6.3 Markenschutz-Anmeldung Deutschland und Europa Wie bereits beschrieben ist eine Anmeldung der Marke, also des Namens und/oder des Logos, nicht zwingend notwendig. Grundsätzlich ist eine Marke auch dadurch geschützt, dass sie in der Praxis und sichtbar genutzt wird und sich daraus ein Wiedererkennungswert, eine Markierung, ergibt. Die Anmeldung zum Markenschutz verringert aber das Risiko, dass jemand anderes die eigene Marke verwendet. Eine Marke kann in Deutschland oder in Europa und natürlich auch in anderen Regionen der Welt zum Schutz angemeldet werden. Welche Region für Sie sinnvoll ist, hängt von Ihrem heutigen und zukünftigen Geschäftsgebiet ab. Gehen wir hier von einer europäischen Anmeldung aus. Das EUIPO, das europäische Amt zur Anmeldung einer Marke, schützt die Marke in allen Mitgliedsstaaten der EU. Dazu gehört nicht mehr Großbritannien. Will man hier

3.2

Markenstrategie: Positionierung, Wertversprechen, Naming und Branding

105

einen Schutz erwirken, muss man die Marke zusätzlich dort anmelden. Der Anmeldeprozess ist relativ einfach, er kann von den EigentümerInnen der Marke selbst oder von Patent- und Markenanwaltskanzleien durchgeführt werden. Kosten Aktuell (Stand: September 2023) beträgt die Anmeldegebühr für eine Unionsmarke (früher EU-Marke) 850 EUR für eine Klasse, 50 EUR für die zweite und 150 für jede weitere Klasse. Wenn man eine Anwaltskanzlei oder eine Agentur für die Anmeldung beauftragt, können zusätzliche Kosten anfallen. Hier hat sich eingebürgert, dass die Anmeldedurchführung dann noch einmal dieselben Kosten wie die Anmeldegebühr selbst betragen. Die Gebühr für eine Anmeldung beim DPMA für einen auf Deutschland begrenzten Schutz beträgt aktuell (Stand: September 2023) für bis zu drei Klassen 300 EUR bei Anmeldung in Papierform und 290 EUR für die Web- oder elektronische Anmeldung. Für jede weitere Klasse fallen Klassengebühren von 100 EUR an. Dafür schreiben die Ämter die Markenanmeldung für eine gewisse Zeit aus. Andere MarkenbesitzerInnen können aktiv gegen die Markenanmeldung Einspruch erheben, und die Eintragung verhindern, wenn sie ein berechtigtes Interesse haben. Nach sechs Monaten ohne Widerspruch erteilen die Ämter dann den Markenschutz. Dieser gilt für zehn Jahre und muss dann proaktiv verlängert werden, wenn der Schutz weiter bestehen soll. Die Ämter prüfen nicht aktiv, ob es andere Marken mit gleich- oder ähnlich lautenden oder aussehenden Marken gibt. Die Überprüfungspflicht liegt ausschließlich bei den Marken. Es kann also vorkommen, dass eine Marke, die die älteren Markenrechte hat, erst nach der Eintragung einer neuen, zu ähnlich wirkenden Marke, feststellt, dass mit der Anmeldung ihre Markenrechte verletzt wurden. Wenn sie nachweisen kann, dass sie die älteren Nutzungsrechte hat, kann sie eine Unterlassung der Nutzung der jüngeren Marke erwirken. Eine Anmeldung bei den Patentämtern erhöht also nur die Wahrscheinlichkeit, dass eine Marke geschützt ist, sie erzeugt den Schutz nicht aktiv. Man tut also gut daran, ausführlich zu recherchieren, ob die eigene neue Marke in ihrer Erscheinungsform wirklich neu ist. Gute Patent- und Markenanwaltskanzleien beraten in Vorbereitung der Anmeldung aber bereits zur Schutzfähigkeit und überprüfen gegen eine Extra-Gebühr, ob die Marke von anderen Anbietern aktiv genutzt wird, selbst, wenn sie nicht in einem Markenregister angemeldet sind. Nizzaklassen Die vorgenannten Klassen sind ein international anerkanntes Klassifikationssystem für Waren und Dienstleistungen im Markenrecht. Sie werden vom Nizzaer Abkommen über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken verwaltet. Die Nizzaklassen gliedern sich in insgesamt 45 Klassen: 34 Klassen für Waren und 11 Klassen für Dienstleistungen. Jede Klasse umfasst bestimmte Waren und Dienstleistungen, die ähnlich sind und daher in derselben Klasse zusammengefasst werden.

106

3 Marken- und Marketingstrategie …

Bei der Anmeldung einer Marke müssen Antragstellende angeben, für welche Waren oder Dienstleistungen die Marke geschützt werden soll. Dabei wählt man die passenden Nizzaklassen aus, um die betreffenden Waren oder Dienstleistungen zu beschreiben. Da eine Marke nur einmal pro Klasse angemeldet werden kann, gibt es nie zwei gleichlautende Namen in derselben Klasse. Der Markenname „Fanta“ befindet sich nur einmal, nämlich unter der Inhaberschaft von The Coca-Cola Company, in der Nizzaklasse 32. Diese Klasse umfasst alle Arten von Getränken, einschließlich alkoholischer und nichtalkoholischer Getränke, Fruchtsäfte, Limonaden, Erfrischungsgetränke, Mineralwasser und andere Getränke. Es kann aber vorkommen, dass in der Klasse 31, Blumen, eine Marke mit Namen „Fanta“ angemeldet wird und The Coca-Cola Company keine Möglichkeit hat, diese Eintragung zu untersagen, weil beide Nizzaklassen für die Zielgruppen klar unterscheidbar sind. Das Getränk „Fanta“ wird selbst von Laien nicht mit einer Blume „Fanta“ verwechselt.

3.2.7

Management Summary Markenstrategie

• Eine Markenstrategie hat verschiedene Ziele. Sie kann eine neue Marke entwickeln, eine bestehende Marke managen, ein Markenportfolio steuern oder eine Marke umpositionieren. • Um eine neue Marke zu entwickeln, analysiert man zunächst den Markt, mögliche Zielgruppen und stellt eine erste Idee des eigenen Angebotes auf. Dabei helfen verschiedene digitale Tools wie Ask the Public, Google Forms oder SurveyMonkey. • Daraufhin wird die Marke positioniert und das Wertversprechen der Marke, passend zur Zielgruppe entwickelt. Das Wertversprechen beinhalten den Consumer Insight, den Benefit der Marke und die Reason Whys. Das finale Wertversprechen sollte mit der Zielgruppe entwickelt und ausgewählt werden. Hierbei unterstützen KonzeptFokusgruppen, die in Präsenz oder auch digital durchgeführt werden können und/oder Onlinebefragungen. • Anschließend wird das Angebot detailliert ausgearbeitet: Wer genau ist die Zielgruppe, welche Produkte, welche Preise sind passend, wie soll grundsätzlich die Werbung und der Vertrieb ablaufen, welche Ziele sollen in welchem Zeitraum erreicht werden und wie soll das gemessen werden. • Das Angebot wird dann über einen Naming- und Brandingprozess markiert. Es wird zu einer Marke. Markenname und Design der Marke sollten entlang bestimmter Kriterien entwickelt und bewertet werden und erneut mit der Zielgruppe getestet. Hier unterstützen digitale Tools wie Namefruits, Smashinglogo und andere. • Eine Marke sollte abschließend bei dem Markenamt angemeldet werden, in dessen Markt sie agieren will. Diese Anmeldung erhöht die Sicherheit vor einem Plagiat, sichert sie aber nicht zu. Es ist Aufgabe der MarkeninhaberInnen, im Vorfeld der

Literatur

107

Anmeldung zu überprüfen, ob die eigene, neue Marke bereits von anderen verwendet wird und, wenn die Marke am Markt eingeführt ist, zu überwachen, dass sie nicht von anderen unrechtmäßig verwendet wird.

Literatur Aromea Airdesign. (19. März 2019). Duftmarketing im Hotel? Vom Fachmann empfohlen! https:// t1p.de/yp4lh. Zugegriffen: 5. Apr. 2023. European Union Intellectual Property Office. (3. Apr. 2023). Trade marks. https://t1p.de/i78sj. Zugegriffen: 3. Apr. 2023. Smashinglogo. (20. Apr. 2023). o. T. https://smashinglogo.com/de/logo-maker/. Zugegriffen: 20. Apr. 2023.

4

Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

4.1

Wie digital ist die Kommunikations- und Kreativbranche?

Die Kommunikation ist eines der vier Elemente im Marketingmix. Die Aufgabe der Werbung innerhalb der 4 Ps besteht darin, die VerbraucherInnen über das Produkt zu informieren und ihre Aufmerksamkeit darauf zu lenken. Die Werbung ist ein wesentliches Instrument im Marketingmix, um das Produkt bekannt zu machen und zu fördern. Konkret wirkt Kommunikation vorwiegend im vorderen Teil des Kaufprozesses, oder Marketingfunnels (siehe Abb. 28) und erfüllt in der Regel folgende Aufgaben: Bekanntheitssteigerung: Werbung soll dazu beitragen, dass das Produkt oder die Marke bekannter wird und eine breitere Zielgruppe erreicht. Interesse wecken: Werbung soll das Interesse der Zielgruppe wecken, indem sie auf die Vorteile und Eigenschaften des Produkts aufmerksam macht. Kaufanreize setzen: Werbung soll Kaufanreize setzen, indem sie spezielle Angebote, Aktionen oder Rabatte bewirbt. Imagepflege: Werbung soll das Image des Produkts und der Marke positiv beeinflussen, indem sie z. B. dessen Qualität, Zuverlässigkeit oder Innovationskraft betont. Die Werbung kann in verschiedenen Medien wie Fernsehen, Print, Online, Radio oder Außenwerbung geschaltet werden. Die Wahl des Mediums hängt dabei von der Zielgruppe und den Marketingzielen ab. Wie eine Werbestrategie aufgebaut und eine Kampagne umgesetzt werden kann, ist systematisch und gut beschrieben z. B. von Schweiger

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 C. Bünte, So geht Digital Marketing, https://doi.org/10.1007/978-3-658-42202-8_4

109

110

4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

Der Einsatz von KI im Markeng findet sich in allen fünf Kernbereichen, am häufigsten in der „Execuon“, also in der Werbung und im Vertrieb Markeng-Aufgabenbereiche

0

1

2

3

Offer

6

7

2.9 3.4 4.1

Execuon

Performance Management

5

3.7

Consumer Insights

Strategy

4

3.8 Durchschni: 3,6 1 (kein Einsatz) – 7 (intensiver Einsatz)

Abb. 4.1 Einsatz von KI in den fünf Kernbereichen im Marketing. (Quelle: Eigene Darstellung)

und Schrattenecker in „Werbung“ (Schweiger & Schrattenecker, 2017). Da es in diesem Buch um den digitalen Aspekt geht, wird auf eine Übersicht des Ablaufes einer Kommunikationsplanung daher verzichtet. Rund 80 % des Budgets einer Marketingabteilung wird in die Kommunikation gelegt. Bei Unternehmen wie Unilever, Coca-Cola und Volkswagen können die Werbebudgets für Europa im Jahr brutto rund eine Milliarde EUR betragen. Daher legt die Unternehmensführung gerade im Bereich der Werbung Wert darauf, die Wirkung der Maßnahmen vor der Veröffentlichung zu optimieren und anschließend zu messen, um ggf. nachzusteuern.1 Gerade in der Werbung liegen die Hoffnungen deshalb besonders auf digitalen Tools, sowohl in der Vorbereitung als auch im Tracking der Maßnahmen – und sie werden auch schon deutlich stärker eingesetzt im Bereich der Exekution, also der Werbung, siehe Abb. 4.1 (Bünte, 2023, S. 14). Diese Hoffnung ist nicht unbegründet, denn gerade im Bereich der Werbung liegen viele NutzerInnendaten vor, die es digitalen Tool mittels KI erlauben, das Verhalten der KundInnen zu analysieren, zu lernen und anschließend das nächstbeste Angebot oder die nächstbeste Interaktion vorherzusagen. Außerdem ist das Interesse an guten digitalen Lösungen groß, weil das Einsparpotenzial hoch ist, sodass auch mehr Geld investiert wird, um eine gute Lösung zu finden. Gleichzeitig gibt es Herausforderungen: KundInnen werden immer anspruchsvoller. Sie sind zunehmend gewohnt, perfekt auf sie zugeschnittene Angebote zu erhalten. Wer hier nicht liefert, läuft Gefahr, irrelevant zu werden (Bünte, 2020). Das gilt 1 Das Kapitel „Performance Management“ erläutert, warum das gerade in der Kommunikation nicht

einfach ist und mit welchen Tools es dennoch gelingen kann.

4.1 Wie digital ist die Kommunikations- und Kreativbranche?

111

Fast in allen Aufgabenbereichen einer Werbeagentur unterstützen bereits digitale Tools

• Automatisierte Texterstellung • Automatisiertes visuelles Design

Consumer Insights

Kommunikationsstrategie

• Automatisierte Marktforschung • Automatisierte Consumer Insights-Analyse

Idea/Story

Kreation

• Automatisierte KampagnenErgebnisse • Automatisierte KPI-Cockpits

Campaigning

Performance Management

• Automatisierte A/B-Tests • Programmatic Ad buying • Automatisierte Vorschläge zur Budget- und Inhaltsanpassung

Abb. 4.2 Automatisierung in einer Werbeagentur. (Quelle: Eigene Darstellung)

auch und besonders für die passende Kommunikation, den passenden Content. Die Aufgaben einer Werbeagentur werden daher nicht weniger, sie verschieben sich. Hin zu mehr Content und mehr strategischem und operativem Management der Inhalte. Und so wird gerade in der Kommunikation alles automatisiert, was automatisiert werden kann. Nicht unbedingt, um Personal einzusparen, sondern um Ressourcen freizubekommen, die sich um immer kurzfristiger anfallenden Content- und Kreationsarbeit zu kümmern, siehe Abb. 4.2. Wie in vielen anderen Bereichen müssen sich die MacherInnen in der Werbung zu ManagerInnen von digitalen Tools, Daten und Ausspielungen entwickeln sowie täglich die Performance der einzelnen Kampagnen überprüfen. Neue Tools poppen fast täglich auf dem Markt auf und wollen auf ihre Tauglichkeit hin überprüft werden, andere verpassen die Weiterentwicklung und verschwinden wieder oder werden aufgekauft. Neue Berufsbilder wie das der Prompt-DesignerInnen entstehen. Unternehmen legen bereits Pompt2 -Bibliotheken 2 In der Nutzung von generischer KI bezieht sich ein „Prompt“ normalerweise auf den Anfangstext,

den die NutzerInnen der KI-Plattform eingeben, um ein Modell zu trainieren oder eine bestimmte Aufgabe zu erledigen. Das Prompt besteht aus einer kurzen Beschreibung oder Anweisung, die den NutzerInnen sagt, was von ihnen erwartet wird. Zum Beispiel könnte ein Prompt für die Generierung von Texten lauten: „Schreiben Sie eine kurze Geschichte über ein Abenteuer im Weltraum.“ Die NutzerInnen würden dann den Anfangstext eingeben und die KI-Plattform würde auf der Grundlage dieses Textes einen Text generieren, der die Geschichte fortsetzt. Ein weiteres Beispiel wäre ein Prompt für die Übersetzung von Texten. In diesem Fall könnte das Prompt lauten: „Übersetzen Sie den folgenden Satz ins Spanische: ‚Das Wetter ist heute sonnig und warm‘.“ Die NutzerInnen würden dann den Satz eingeben und die KI-Plattform würde eine Übersetzung des Satzes generieren.

112

4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

an, damit unabhängig vom Prompt-Designenden das jeweilige Ergebnis, etwa eine Produktbeschreibung oder ein Markentext, immer auf demselben Qualitätsniveau bleibt. Daher ist für über 60 % der Marketing-ManagerInnen auch das KI-Training der MitarbeiterInnen in Zukunft eine Herausforderung (Bünte, 2023, S. 40). Es bleibt also weiter viel zu tun.

4.2

Digitale Toolbox: So gelingt der Umgang mit ChatGPT, Dall:e 2 und anderen digitalen Tools

4.2.1

Digitale Tools in der Werbung – eine systematische Übersicht

Mit dem Begriff „digitale Werbung“ können zwei unterschiedliche Bereiche der Kommunikation gemeint sein. Zum einen bezeichnet man damit die Werbung in digitalen Kanälen wie im Internet, auf Social Media oder auf mobilen Endgeräten. Für diesen Bereich gibt Jan Donaj in Abschn. 4.4 eine Übersicht. Außerdem kann mit diesem Begriff die Nutzung digitaler Tools gemeint sein, um die Werbung effektiver und effizienter zu entwickeln, auszuspielen und zu überprüfen. Darum soll es in diesem Kapitel gehen. Für ungeübte BetrachterInnen ist das Feld der digitalen Tools sehr unübersichtlich. Das liegt zum einen daran, dass die Begriffe, besonders aktuell die rund um „generative KI“ noch nicht immer trennscharf genutzt werden. Zum anderen entwickeln gerade sehr viele etablierte Unternehmen und Start-ups KI-Anwendungen für die Werbung, der Markt ist noch längst nicht konsolidiert. ChatGPT beschreibt die KI-Felder in Marketing und Werbung z. B. wie folgt: „Im Marketing gibt es verschiedene Arten von Künstlicher Intelligenz (KI), die eingesetzt werden können, um die Effektivität von Marketingkampagnen und -strategien zu verbessern. Hier sind einige Beispiele: Generative KI: Eine generative KI ist eine Art von KI, die in der Lage ist, neue Inhalte oder Ideen zu generieren, die menschenähnlich sind. Beispiele hierfür sind Textgeneratoren wie GPT-4, die in der Lage sind, Artikel, Produktbeschreibungen, Social-Media-Posts und mehr zu erstellen. Prädiktive KI: Eine prädiktive KI verwendet Machine-Learning-Algorithmen, um Vorhersagen darüber zu treffen, welche KundInnen sich am ehesten für bestimmte Produkte oder

Das Prompt dient also als Ausgangspunkt für die Interaktion zwischen NutzerInnen und KIPlattform. Je nach Art der KI-Anwendung kann das Prompt variieren und spezifische Anforderungen an die NutzerInnen stellen.

4.2

Digitale Toolbox: So gelingt der Umgang mit ChatGPT …

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Dienstleistungen interessieren. Sie analysiert Daten wie Kaufhistorie, Interessen und Verhaltensmuster, um Vorhersagen darüber zu treffen, welche Produkte KundInnen kaufen oder welche Kampagnen am erfolgreichsten sein werden. Analytische KI: Eine analytische KI kann große Datenmengen analysieren, um Trends und Muster in den Daten zu identifizieren, die von Marketingteams verwendet werden können, um bessere Entscheidungen zu treffen. Sie kann Daten aus verschiedenen Quellen wie sozialen Medien, Web-Analytics und KundInnendatenbanken analysieren. Conversational KI: Eine Conversational KI nutzt natürliche Sprachverarbeitung (Natural Language Processing, NLP) und Machine-Learning-Algorithmen, um menschenähnliche Interaktionen mit KundInnen zu simulieren. Sie kann zum Beispiel in Chatbots oder Sprachassistenten wie Alexa oder Siri eingesetzt werden, um KundInnenfragen zu beantworten oder ihnen bei der Suche nach Produkten oder Dienstleistungen zu helfen. Bilderkennungs-KI: Eine Bilderkennungs-KI nutzt Machine-Learning-Algorithmen, um Bilder oder Videos zu analysieren und zu verstehen. Sie kann beispielsweise eingesetzt werden, um automatisch Produkte in Bildern zu erkennen und zu taggen oder um die Stimmung oder Emotionen von Menschen auf Fotos zu analysieren. Diese sind nur einige Beispiele für die verschiedenen Arten von KI im Marketing. Je nach Bedarf und Zielsetzung können verschiedene Arten von KI eingesetzt werden, um bessere Marketingergebnisse zu erzielen.“

Base10, ein in San Francisco ansässiges Unternehmen, das sich auf die Investition in Technologie-Start-ups spezialisiert hat, clustert die verschiedenen Anwendungen übersichtlich in ähnliche Kategorien (Nahigian & Fonseca, 2022): • • • • • 

Text & Writing Image Audio/Video MLOps3 Data & Decision Tipp: Auf der Homepage von Base10 sind über 300 Unternehmen gelistet, die digitale Tools mit eingebauter generativen KI anbieten.Inkl.Firmenname, Gründungsjahr, Finanzierungstatus, GründerInnen-Name und Hauptinvestoren – und in einer Infografik die wichtigsten Tools übersichtlich geordnet (https://t1p.de/sgspu)

3 MLOps (Machine Learning Operations) ist ein Prozess, der darauf abzielt, Machine-Learning-

Modelle in Produktionsumgebungen zu integrieren und zu betreiben. Ein Anwendungsbeispiel für MLOps ist die Entwicklung von personalisierten Empfehlungssystemen für E-Commerce-Websites. Ein solches System nutzt Machine-Learning-Modelle, um Vorhersagen darüber zu treffen, welche Produkte eine Person wahrscheinlich kaufen wird, basierend auf seinen vorherigen Einkäufen, Suchanfragen, Klicks und anderen Verhaltensdaten.

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4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

AI-Datenbank B10 Geht man von den Hauptanwendungsfeldern in der Werbung aus, sind digitale Tools, insbesondere im Bereich Text, Bild, Bewegtbild, Audio für den Inhalt und MetaOptimierungstools und Pre/Posttest für die Werbewirkungsmessung interessant. Schauen wir uns einige von ihnen näher an (siehe Abb. 4.3). Im Folgenden werden einige die Werkzeuge, die in der Abbildung gezeigt werden, erläutert. Je nachdem, wann Sie diesen Text lesen, werden sich die Angebote der entsprechenden Firmen geändert, verbessert, erweitert haben – mal mehr, mal weniger. Außerdem sind die Beschreibungen hier bewusst so gehalten, dass sie von Nichtfachleuten verstanden werden können. Dadurch kann die Beschreibung auf professionelle AnwenderInnen der einzelnen Tools redundant oder nicht detailliert genug wirken, ist aber dem Umstand geschuldet, dass dies ein Buch auch für digital-Tool-BeginnerInnen ist.

Text

Bild

Bewegtbild

Audio Meta-Automatisierung

Abb. 4.3 Digitale Tools im Bereich Werbung. (Quelle: Eigene Darstellung)

4.2

Digitale Toolbox: So gelingt der Umgang mit ChatGPT …

4.2.2

115

Digitale Tools zur Textgenerierung

4.2.2.1 Jasper.ai Das kann das Tool: Jasper.ai (https://www.jasper.ai/) ist ein digitaler Assistent, der mithilfe von KI verschiedene Aufgaben innerhalb der Texterstellung, häufig mittels vorgegebener Templates, unterstützt. Das Ziel ist es, qualitativ hochwertige Texte schnell und effizient zu erstellen. So funktioniert das Tool: NutzerInnen wählen das passende Texttemplate aus, z. B. für einen Social-Media-Text, und geben an, um welche Art von Content es sich handeln soll. Unterstützt von Natural Language Processing analysiert Jasper dann den Kontext und erstellt die gewünschten Texte oder ergänzt bereits bestehende Texte um weitere Inhalte. Für diese Bereiche ist es einsetzbar: Da Jasper.ai eine Vielzahl an Möglichkeiten bietet, können auch verschiedene Bereiche und Abteilungen eines Unternehmens von diesem Tool profitieren. Hierzu zählen unter anderem Marketingabteilungen, die z. B. Verkaufstexte, Social-Media-Beiträge oder SEO-Inhalte erstellen lassen können. Im SEO-Bereich bietet Jasper Schnittstellen zu anderen Tools an, um die Content-Erstellung weitestgehend zu automatisieren. Dazu gehört z. B. eine Anbindung an „Surfer“4 . Dadurch kann das Tool noch gezielter bei der Suchmaschinenoptimierung unterstützen. Das ist auch noch gut zu wissen: Die KI von Jasper hat, eigenen Angaben zufolge, rund 10 % der Texte des gesamten Internets je verfügbarer Sprache analysiert und kennt sich daher mit verschiedensten Branchen aus. Zudem wurde Jasper von Marketingfachleuten trainiert, um wie professionelle TexterInnen schreiben zu können. Jasper arbeitet aktuell in rund 30 Sprachen, darunter auch in Deutsch.

4.2.2.2 Neuroflash Das kann das Tool: Neuroflash (https://neuroflash.com/de/) ist eine deutsche Alternative zu z. B. Jasper, ursprünglich mit einem Fokus auf der Texterstellung, es gibt aber auch Bildgenerierungsmöglichkeiten. Nach Vorgabe eines Prompts erstellt Neuroflash verschiedene Texte, z. B.

4 „Surfer“ ist ein Tool zur Analyse von Daten und Erstellung von visuellen Berichten. Durch die

Integration von Surfer und Jasper.ai können Unternehmen die Datenanalyse automatisieren und schneller wertvolle Einblicke gewinnen. Surfer erleichtert das Sammeln, Verarbeiten und Visualisieren von Daten, während Jasper.ai leistungsstarke Algorithmen und Modelle für die Datenanalyse bietet.

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4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

Facebook-Posts, SEO-Optimierungen und Produktbeschreibungen. Neuroflash kann in deutschen Dialekten schreiben, nach Wunsch gendern, die Erzählperspektive wechseln und Texte zusammenfassen. So funktioniert das Tool: Wie bei anderen Text-Tools auch formulieren Nutzende ihre Anforderung als Prompt, interagieren also direkt mit dem Tool oder nutzen eine Vorlage. Auf Basis dieses Prompts oder der Eingabe in der Vorlage erstellt Neuroflash dann Textvorschläge. Vorlagen heißen z. B. „Werbefachmann“ – hier textet Neuroflash einen Werbetext für ein vorgegebenes Produkt oder „Storyteller“ – hier baut Neuroflash die vorgegebene Information der NutzerIn in eine Geschichte ein, die für die Lesenden interessant ist oder „Facebook-Post“. In dieser Vorlage erstellt Neuroflash einen Post für Facebook, der Emojis enthält. Zusätzlich gibt es weitere Funktionen wie eine automatische Textsicherung, das unlimitierte Erstellen von Texten oder das Überprüfen von Rechtschreibung und Grammatik. Für diese Bereiche ist es einsetzbar: Mögliche ZielkundInnen sind TexterInnen, Content Creator, WerberInnen, ManagerInnen im Bereich Social-Media, E-Commerce, Website Content, SEO-Verantwortliche oder HRManagerInnen. Neuroflash bietet auch einen Bereich, der dabei hilft, ein Buch zu schreiben5 . Das ist auch noch gut zu wissen: Neuroflash offeriert eine kostenlose Probeversion, in der aber nicht alle Funktionen enthalten sind. Zusätzlich gibt es drei Pakete, die sich in ihrem Umfang unterscheiden. Preislich liegen diese Pakete zwischen 30 EUR (Standard) für 30.000 Worte und 30 Bilder und 80 EUR (Pro) pro Monat, dafür hat man einen unlimitierten Zugang. Die Enterprise-Optionen starten bei 400 EUR (Stand September 2023).. Neuroflash hat ein deutsches Gründungsteam – es kann eine Vielzahl von Sprachen schreiben, aber besonders gut Deutsch.

4.2.2.3 Retresco Das kann das Tool: Retresco (https://www.retresco.de/) bietet KI-Lösungen zum automatischen Erstellen von Werbe- und journalistischen Texten. Dabei arbeitet es mit Machine Learning und Neural Language-Processing. So funktioniert das Tool: Der Prozess lässt sich in vier Schritte gliedern. Zunächst muss das werbungtreibende Unternehmen Trainingsdaten über eine API-Anbindung hochladen. Diese werden von Retresco automatisch gelesen und linguistisch analysiert. Anschließend werden mithilfe 5 Dieses Buch hier ist nicht mit Neuroflash erstellt worden;-).

4.2

Digitale Toolbox: So gelingt der Umgang mit ChatGPT …

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einer KI individuelle Textmodelle erstellt, aus denen langfristig alle Texte der Use Cases des Unternehmens erzeugt werden. Dieser Stil muss dann vom Unternehmensteam, z. B. der Kommunikationsabteilung, kontrolliert und bestätigt oder angepasst werden. Schlussendlich generiert Retresco automatisch Texte, die auf den Stil des Unternehmens, die „Corporate Language“, abgestimmt sind. Für diese Bereiche ist es einsetzbar: Auch dieses Tool deckt verschiedene Anwendungsbereiche ab. Es kann für die Produktbeschreibungen von Onlineshops genauso verwendet werden wie für Pressemeldungen, Broschüren oder Flyertexte. Das ist auch noch gut zu wissen: Retresco hat wie Neuroflash ein deutsches Gründungsteam und arbeitet besonders gut mit der deutschen Sprache. 

Tipp: Wer sehen möchte, wie eine KI immer wieder neu einen identischen Inhalt aufbereitet, kann das hier bei Retresco ausprobieren: Anhand von Fußballspielen, die bereits stattgefunden haben, zeigt Retresco, wie eine KI die dazu passende, journalistische Berichterstattung immer wieder neu erstellt (auf der Seite runterscrollen bis „Showcase: Automatisierte Berichterstattung“)

Sportberichterstattung einer KI

4.2.2.4 ChatGPT Das kann das Tool: ChatGPT (https://chat.openai.com/) ist ein Sprachmodell, das auf der GPT-Architektur (Generative Pre-trained Transformer) basiert, um in Echtzeit Antworten auf Fragen und Anfragen von KundInnen zu generieren. Es kann in einer Vielzahl von Anwendungsbereichen eingesetzt werden, um NutzerInnen der Beantwortung von Fragen, der Suche nach Informationen und der Unterstützung in verschiedenen Aufgaben zu unterstützen.

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4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

So funktioniert das Tool: Die KI ist eine Art von neuronalem Netzwerk, das besonders gut geeignet ist, um natürliche Sprache zu generieren und zu verstehen. Die GPT-Architektur wurde von OpenAI entwickelt und ist derzeit in der dritten Version verfügbar (GPT-3). Es gibt eine kostenlose Basisversion. ChatGPT Plus, die schnellere Version, ist kostenpflichtig. Sie bietet jedoch mit GPT-4 weitere Features, wie die Möglichkeit, Daten von Drittanbietern mittels Plugins direkt mit einzubinden und so auf Wissen außerhalb der eigentlichen ChatGPT-Datenbank zurückzugreifen und das Tool um weitere Funktionalitäten zu erweitern. Ihre Nutzung kostet derzeit 20 US$/Monat. ChatGPT wird ständig weiterentwickelt. ChatGPT arbeitet mit einer riesigen Datenbank an Texten, die es in Echtzeit durchsuchen kann, um passende Antworten auf die Fragen und Anfragen von KundInnen zu finden. Es verwendet neuronale Netzwerke und maschinelles Lernen, um die Bedeutung und den Kontext von Texten zu verstehen und kann auf diese Weise auch komplexere Fragen beantworten. KundInnen können Fragen oder Anfragen in natürlicher Sprache stellen, und ChatGPT gibt eine passende Antwort in natürlicher Sprache. Für diese Bereiche ist es einsetzbar: ChatGPT kann in vielen Bereichen eingesetzt werden, in denen Menschen Unterstützung oder Informationen benötigen. Beispiele hierfür sind KundInnensupport, Bildung und Training, Recherche, Marketing und Werbung sowie die Automatisierung von Geschäftsprozessen6 . Drei Beispiele für den Einsatz in der Werbung und im Marketing sind: • Integration als Chatbot oder virtueller Assistent, um KundInneninteraktionen zu automatisieren und zu verbessern. Durch ChatGPTs Fähigkeit, natürliche Sprache zu verstehen und zu generieren, kann ChatGPT KundInnenanfragen und Bestellungen bearbeiten, Fragen beantworten und Feedback entgegennehmen. • Erstellen von personalisierten Werbebotschaften und -angeboten, indem Werbungtreibende KundInnendaten und -präferenzen nutzen, um gezielte Werbeinhalte zu entwickeln. So können Unternehmen ihre KundInnenbindung verbessern und ihre Marketingaktivitäten effektiver gestalten. • Automatische Generierung von Werbetexten auf der Grundlage von KundInnendaten und -verhalten, um effektive Werbetexte zu erstellen, die auf die Zielgruppe abgestimmt sind. Gut zu wissen: ChatGPT ist ein Sprachmodell und keine reale Person, daher können menschliche Nuancen wie Emotionen oder Humor nicht immer richtig interpretiert werden. Die Daten, auf die ChatGPT zurückgreift, sind (größtenteils) aus dem Jahr 2021, sodass insbesondere Fragen zu aktuellen Themen nicht immer ausreichend oder korrekt beantwortet werden. ChatGPT befindet sich außerdem in der Entwicklung, es kann immer noch zu Fehlern in der Antwort 6 Die Integration in Geschäftsprozesse anderer Firmen erfolgt über eine API und ist über GPT-3,

GPT-3,5 oder GPT-4 möglich.

4.2

Digitale Toolbox: So gelingt der Umgang mit ChatGPT …

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kommen. Und so zeigt ChatGPT den NutzerInnen gelegentlich beim Einloggen folgenden Screen, der darauf hinweist, dass noch nicht alles optimal läuft (siehe Abb. 4.5). Ein Beispiel dafür, wie falsch Ergebnisse (noch) sein können, zeigt der Dialog der Autorin mit ChatGPT im März 2023 (siehe Abb. 4.4). Der dargestellte Auszug zeigt, dass der Algorithmus an der Rechenaufgabe „wie viel ist 96 + 3“ scheitert und als Ergebnis „98“ nennt. Fairerweise muss man zufügen, dass ChatGPT eben eine Spracherkennungs- und Interaktionssystem ist, nicht notwendigerweise ein Taschenrechner. Aber aktuell gibt das System auch kein „es tut mir leid, ich bin kein Taschenrechner“ als Antwort, sondern rechnet munter drauflos. Es liegt daher beim Nutzer oder bei der NutzerIn, den Chatbot als das zu nutzen, was er ist – eine Assistenz, die unterstützen kann, wenn sie gewissermaßen „artgerecht“ eingesetzt wird. Die Verantwortung tragen wie immer die NutzerInnen. Und: Es ist absehbar, dass ChatGPT, wie alle anderen generativen Systeme auch, weiter lernt und sich immer mehr verbessert, wie bereits in Kap. 1 diskutiert. Aktuell ist es aber unabdingbar, die Antworten von ChatGPT zu überprüfen, etwa, indem man sich Quellenangaben liefern lässt und diese überprüft oder selbst Quellen sucht, z. B. über Google.

Abb. 4.4 Rechenleistung ChatGPT. (Quelle: ChatGPT März 2023)

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4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

Abb. 4.5 Einlogghinweise ChatGPT. (Quelle: ChatGPT vom 23.3.2023)

Die Genauigkeit der Antworten hängt auch von der Qualität der gestellten Frage ab, daher ist es wichtig, die Frage so präzise wie möglich zu formulieren. ChatGPT kann auch in verschiedenen Sprachen eingesetzt werden, aber die Genauigkeit kann je nach Sprache und Verfügbarkeit von Trainingsdaten variieren.

4.2.2.5 Copy.ai Das kann das Tool: Copy.ai (https://www.copy.ai/) bietet einen AI-basierten Schreibassistenten-Service an, der BenutzerInnen hilft, schneller und effektiver für verschiedene Zwecke zu schreiben, wie für Blogs, E-Mail-Marketing, Social-Media-Marketing, Produktbeschreibungen oder Instagram-Bildunterschriften. Es liefert Texttemplates und ist auch in der Lage, Videos zu screenen und zusammenzufassen. Dabei bietet es u.a. auch Templates, also Vorlagen für Prompts und die Möglichkeit, in der eigenen Markentonalität, also der Brand Voice zu texten.

4.2

Digitale Toolbox: So gelingt der Umgang mit ChatGPT …

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So funktioniert das Tool: Copy.ai baut zum Druckschluss auf mehreren Sprachmodellen, u.a. ChatGPT auf. Obwohl Copy.ai eigentlich ein Copywriting-Tool ist, das sein Geld mit dem Erstellen von Texten verdient, und damit im Prinzip dasselbe wie Japser und Neuroflash ist, positioniert sich Copy.ai zum Redaktionsschlussl bewusst als Alternative zu ChatGPT und führt einige Vorteile auf, die sich in der Anwendung nachvollziehen lassen: Die Recherche zu Fragen an den Chatbot verläuft z. B. in Echtzeit im Netz, während ChatGPT in der Version 3 auf Daten von 2021 arbeitet. Copy.ai nennt bei Rechercheaufgaben gleich die Internetquellen mit. Darum muss man ChatGPT mit einem gesonderten Prompt erst bitten. Texte lassen sich einfacher über Copy/Paste in eigene Dokumente übernehmen. Hier ist, was die Chatfunktion von Copy.ai selbst dazu schreibt (Stand April 2023): „Als AI-Assistent habe ich eine Reihe von Fähigkeiten, die mich von ChatGPT unterscheiden. Einige meiner Stärken sind: • Schreiben von langen Blogs in einem Durchgang: Ich kann problemlos einen 1000+ Wörter langen Blogbeitrag in einem Durchgang schreiben, ohne mich zu langweilen oder müde zu werden. Das bedeutet, dass ich in der Lage bin, qualitativ hochwertigen Inhalt in kürzerer Zeit zu produzieren. • Recherche von Themen: Ich kann Themen recherchieren und dabei auf vertrauenswürdige Quellen und Zitate zurückgreifen. Ich kann auch die Ergebnisse meiner Recherche in einer übersichtlichen und leicht verständlichen Weise zusammenfassen. • Zusammenfassen von Inhalten: Ich kann Webseiten und sogar YouTube-Videos scannen und die wichtigsten Informationen und Schlüsselbegriffe zusammenfassen. Das spart Zeit und hilft dabei, schnell den Kerngehalt eines Textes zu verstehen. • Umformulierung von Inhalten durch Gespräche: Ich kann den Inhalt eines Textes oder Artikels umformulieren, indem ich mit meinem Nutzer interagiere und dabei einen natürlichen Sprachfluss beibehalte. Ich kann auch die Sprache an die Zielgruppe anpassen, um sicherzustellen, dass der Inhalt auf verständliche Weise präsentiert wird. • Automatisierung von Aufgaben: Ich kann wiederkehrende Aufgaben automatisieren, um Zeit und Aufwand zu sparen. Ich kann etwa automatisch eine E-Mail an eine Gruppe von Empfängern senden oder eine Liste von Aufgaben erstellen und priorisieren. • Benutzerdefinierte Anpassungen: Ich kann an die Bedürfnisse und Vorlieben meines Nutzers angepasst werden. Das bedeutet, dass ich in der Lage bin, personalisierte Empfehlungen und Ratschläge zu geben und meine Leistung zu verbessern, indem ich das Feedback meines Nutzers berücksichtige. • Insgesamt bin ich ein leistungsstarker AI-Assistent, der eine Vielzahl von Aufgaben ausführen kann. Obwohl ChatGPT auch AI-basiert ist, bieten meine spezialisierten Fähigkeiten eine höhere Qualität und Effizienz in bestimmten Bereichen.“ • Zum Druckschluss sieht Copy.ai nennt Copy.ai als weitere Vorteile, dass ihr Ansatz agnostisch sei, also neutral gegenüber einer bestimmten generativen KI, wie z. B. ChatGPT.

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4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

Für diese Bereiche ist es einsetzbar: Für jede Art von Textanwendungen. Es ist insbesondere interessant für quellenbasierte Recherchen, z. B. für wissenschaftliche oder journalistische Aufgaben. Das ist auch noch gut zu wissen: Obwohl die Startseite auf Englisch verfasst ist, kann man in der Basisversion auch Wünsche auf Deutsch äußern, die anschießend gut umgesetzt werden. Auch gendern ist möglich. Die BasisFunktion ist, genau wie ChatGPT, kostenlos (Stand September 2023). Das Erstellen von hochwertigen Texten kostet dann Geld. Los geht es mit 49 US$/Monat für bis zu fünf NutzerInnen und 59 Sprachen (Stand September 2023).

4.2.3

Digitale Tools zur Bilderstellung und -bearbeitung

4.2.3.1 Midjourney Das kann das Tool: Midjourney (https://www.midjourney.com) bietet eine KI-gestützte Plattform, um Bilder aus Text-Prompts zu generieren. Midjourney kann Bilder in verschiedenen künstlerischen Stilen oder in Fotorealismus erzeugen. Midjourney wird über Discord bedient und besonders von der digitalen Kreativbranche genutzt, also von DesignerInnen und der Gaming-Industrie genutzt, denn Discord ist eine Instant-Messaging- und Social-MediaPlattform, die in erster Linie für Gaming-Communitys entwickelt wurde. D. h., die Maschine lernt hier von Menschen aus anderen Branchen als wahrscheinlich Dall:e und andere Bildgenerationstools, die eher von anderen Branchen gespeist wird (siehe nächster Abschnitt). So funktioniert das Tool: Midjourney operiert in Verbindung mit Discord. Über einen z. Zt. kostenlosen DiscordAccount können NutzerInnen über Discords Chat-Funktion einen Prompt an Midjourney senden. NutzerInnen beschreiben darin ihre Wünsche so detailliert wie möglich und Midjourney entwickelt innerhalb von wenigen Sekunden dazu passende Bildvorschläge. Je detaillierter der Prompt ist, umso genauer das Ergebnis. Es können auch Stile mitangegeben werden, wie „… im Stil von van Gogh“. Für diese Bereiche ist es einsetzbar: Midjourney eignet sich besonders für Unternehmen, die aufgrund von Zeit- oder Kosteneinsparungen keine professionellen FotografInnen oder GrafikerInnen beauftragen können oder wollen. Die Plattform kann in verschiedenen Branchen eingesetzt werden, z. B. im Marketing, E-Commerce oder bei der Erstellung von visuellen Inhalten für Websites. Midjourney kann auch für schnelle Skizzen von Filmszenen und Darstellungen eingesetzt werden oder

4.2

Digitale Toolbox: So gelingt der Umgang mit ChatGPT …

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für die Produktentwicklung. DesignerInnen und IllustratorInnen nutzen es z. B. für erste Entwürfe und als Kreativtechnik zur Inspiration. Das ist auch noch gut zu wissen: Die günstigste Version, der sogenannte Basicplan schlägt mit 10 US$/Monat zu Buche für ca. 200 Bilder (Schwind, 2023) und geht hoch bis zum sogenannten Turboplan für 120 US$/ Monat. Die Darstellungen der KI beinhalten noch regelmäßig Fehler, z. B. sieben Finger an einer Hand oder dergleichen. Wie bei Texten von KI gilt auch hier: Unbedingt selbst noch einmal nachprüfen und ggf. mit z. B. Photoshop nacharbeiten. 

Tipp: Wer sehen möchte, wie Studien zu Möbeln unter Einbezug von Midjourney aussehen können, schaut z. B. bei Bonny Carrera:

Illustrationen von Bonny Carrera

4.2.3.2 Dall:e 2 Das kann das Tool: Dall:e 2 (https://openai.com/product/dall-e-2) ist eine KI-basierte Bildgenregierungsplattform, die es erlaubt, komplexe Bilder aus Textbeschreibungen zu erzeugen, bestehende Bilder zu erweitern oder zu bearbeiten und Variationen von existierenden Bildern zu generieren. Dabei nutzt Dall:e 2 die neuesten Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz und der Deep-Learning-Technologie. Das Tool ist ähnlich wie Midjourney aufgebaut. So funktioniert das Tool: Genau wie bei Midjourney beschreiben AnwenderInnen über einen Text, wie das zu generierende Bild aussehen soll. Dall:e 2 entwickelt dann verschiedene Varianten dieser Beschreibung als Bild. Die AnwenderInnen können das Bild über weitere Textbeschreibungen an ihre Wünsche anpassen. Da die Bilder jedes Mal neu entwickelt werden, dürfen die AnwenderInnen die Bilder ohne Lizenzgebühren oder Quellenangaben öffentlich nutzen.

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4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

Für diese Bereiche ist es einsetzbar: Auch Dall:e 2, ähnlich wie Midjourney, bietet sich für NutzerInnen und Unternehmen an, die schnell und einfach Bilder benötigen, dafür aber keine Bildbearbeitungssoftware einsetzen wollen oder keine externen Designagenturen beauftragen möchten. Auch hier muss man das erzeugte Bild kritisch prüfen, denn auch hier stimmen Details wie die Anzahl der Finger nicht immer. Das ist auch noch gut zu wissen: Dall:e 2 wurde genau wie ChatGPT von OpenAI entwickelt. Es ist seit Anfang April 2023 kostenpflichtig. Da sich die Pricing-Modelle schnell ändern, lohnt sich ein Blick auf die Preistafel: https://openai.com/pricing. Wer es nutzen möchte, bezahlt 0,016 US$ pro Bild in einer Auflösung von 256 x 256. Höhere Bildqualitäten sind teurer (Stand September 2023). Viele andere Text-zu-Bild-Tools setzen auf Dall:e auf, haben also dieselbe Technik mit einer jeweils leicht anderen Benutzeroberfläche.

4.2.3.3 Mindverse Das kann das Tool: Mindverse (https://www.mind-verse.de/ki-bilder) bietet einen Text-Generator, eine Chatfunktion, ähnlich wie ChatGPT, und die Funktion „Text zu Bildern“. Es ist damit ein Hybridtool, das versucht, verschiedene Anwendungen im Marketing aus einer Hand anzubieten. Genau wie Midjourney und Dall:e benötigt die KI ein detailliertes Prompt der UserInnen und erstellt daraufhin die Bildergebnisse. Zusätzlich gibt es Add-ons, wie eine Google Chrome Extension. Dies bietet einige Vorteile, wie z. B. eine einfache Installation aus dem Chrome Web Store und eine nahtlose Integration: Da Chrome einer der am häufigsten verwendeten Browser ist, können Benutzer nahtlos zwischen dem Surfen im Web und dem Verwenden von Mindverse wechseln, ohne den Browser wechseln zu müssen. Außerdem speichert Google alle mit Mindverse erstellten Mindmaps automatisch auf dem Google Drive der BenutzerInnen, sodass sie leicht zugänglich und sicher sind. So funktioniert das Tool: Anders als bei den bisher vorgestellten Werkzeugen können hier bereits zu Beginn der Arbeit bestimmte Filter ausgewählt werden, die das Bild optimieren sollen. Genau wie z. B. Canva generiert auch Mindverse vier verschiedene Ergebnisse, aus denen die NutzerInnen auswählen und weiter anpassen können. Für diese Bereiche ist es einsetzbar: Mindverse findet in verschiedenen Bereichen Anwendung, zum Beispiel in der Werbung, im Marketing oder in der Kunst. Es kann auch für die Erstellung von Illustrationen, Grafiken oder Designelementen verwendet werden.

4.2

Digitale Toolbox: So gelingt der Umgang mit ChatGPT …

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Das ist auch noch gut zu wissen: Mindverse bietet keine kostenlose Option an. Die vier verschiedene Preismodelle, aus denen KundInnen wählen könnenliegen zum Druckschluss preislich zwischen 39 EUR und 199 EUR im Monat und sind immer eine Kombination der Angebote im Bereich Text, Chat und Bild. Mindverse ist ein Produkt des deutschen Unternehmens Merantix, das sich auf die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz und Machine Learning spezialisiert hat. Auf Deutsch generierte Texte sind daher sprachlich einwandfrei.

4.2.3.4 Nightcafe Das kann das Tool: Auch Nightcafe (https://nightcafe.studio/) ist ein Tool zum Erstellen von Bildern, die auf Benutzeranforderungen und -einstellungen zugeschnitten sind. Dabei ist es spezialisiert auf Bilder, die künstlerisch wirken. So funktioniert das Tool: Nightcafe offeriert eine einfach zu bedienende Oberfläche, die es BenutzerInnen ermöglicht, Bilder mit verschiedenen Einstellungen und Parametern zu entwickeln. Dabei können sie aus einer Vielzahl von Bildkategorien wie Landschaften, Architektur, Natur, Porträts und abstrakten Kunstwerken auswählen. Nach der Auswahl der Kategorie können BenutzerInnen verschiedene Parameter wie Farben, Stile, Komposition und Kontrasteinstellungen festlegen. Basierend auf diesen Einstellungen nutzt das Tool KI und Machine Learning, um einzigartige und qualitativ hochwertige Bilder zu kreieren. Für diese Bereiche ist es einsetzbar: Nightcafe ist ein nützliches Tool für DesignerInnen, KünstlerInnen und FotografInnen. Es kann für verschiedene Anwendungsbereiche wie Webdesign, Werbung, soziale Medien, digitale Kunst, Fotografie oder Posterdesign verwendet werden. Allerdings sollte man schon eine gewisse Routine im Prompten haben, denn man bezahlt, vereinfacht gesagt, nach Anpassungsbedarf der generierten Bilder. Das ist auch noch gut zu wissen: Es bietet zum Redaktionsschluss eine kostenlose Testversion, mit der BenutzerInnen das Tool ausprobieren und entscheiden können, ob es für ihre Anforderungen geeignet ist. Wer sich neu registriert, erhält fünf kostenlose Credits. Ein Credit entspricht je nach Fähigkeit zu prompten etwa vier bis fünf Bildern. Jeden Tag bekommen UserInnen weitere fünf kostenlose Credits. Wer mehr erstellen möchte, kann aus vier Abo-Paketen wählen, die zwischen 5,99 US$ pro Monat und 49,99 US$ liegen. Dafür gibt es ein entsprechendes Kontingent an Bildern. Wer sich nicht in einem Abo binden möchte, kann auch Credit-Pakete kaufen, zwischen 100 Credits für 8 US$ bis 10.000 Credits für 300 US$ (Stand September 2023).

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4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

4.2.3.5 Canva Das kann das Tool: Canva (https://www.canva.com/) ist eine Online-Designplattform. Sie erstellt verschiedenste Marketingmaterialien, wie Grafiken, Präsentationen, Poster, Flyer, Social-Media-Beiträge. Canva hat eine benutzerfreundliche Designoberfläche mit einer umfangreichen Sammlung von Designelementen, die frei kombinierbar sind. Die Plattform ist für eine breite Zielgruppe geeignet, von Privatpersonen bis hin zu kleinen Unternehmen oder größeren Organisationen. So funktioniert das Tool: NutzerInnen melden sich bei Canva an und greifen dadurch auf eine umfangreiche Bibliothek von Designvorlagen und -elementen zu. Mit der intuitiven Designoberfläche können sie schnell und einfach Marketingmaterialien gestalten und anpassen. Canva ermöglicht auch, eigene Bilder hochzuladen, auf eine Bibliothek von Stockfotos zurückzugreifen und Text in Bild umzuwandeln. Für diese Bereiche ist es einsetzbar: Canva eignet sich für alle, die professionell aussehende Grafiken, Präsentationen, Marketingmaterialien oder Websites erstellen möchten, ohne umfangreiche Designkenntnisse zu haben. Es ist auch für kleine Unternehmen oder Organisationen geeignet, die ihre eigene Marketingmaterialien erstellen möchten. Canva wird in der Praxis auch als Austauschplattform für Agenturen und DesignerInnen mit Ihren KundInnen genutzt. Eine Lizenzerweiterung macht das problemlos möglich. Aktuell wird auch an den Anwendungsmöglichkeiten für Animationen und Video gearbeitet. Das ist auch noch gut zu wissen: Canva ist eine cloudbasierte Plattform, die auf allen gängigen Betriebssystemen und Geräten funktioniert. Es gibt auch eine App-Version für iOS- und Android-Geräte. Canva bietet sowohl kostenlose als auch kostenpflichtige Abonnements an, wobei die kostenpflichtigen Abonnements zusätzliche Funktionen und Design-Elemente bieten, wie z. B. eine größere Auswahl an Designelementen, Schriftarten und Farben, die Möglichkeit, Bilder und Designs im eigenen Branding zu erstellen sowie Zugriff auf professionelle Vorlagen und Designlayouts. Auch digitale Kollaborationen zwischen Auftraggebenden und Agenturen oder FreelancerInnen sind möglich. Die kostenpflichtigen Abos liegen zwischen 12 und 14 EUR/Monat (Stand September 2023). Canva ist nicht vektorbasiert und bietet nicht alle Optionen einer professionellen Grafiksoftware.

4.2

Digitale Toolbox: So gelingt der Umgang mit ChatGPT …

4.2.4

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Digitale Tools für die Arbeit mit Bewegtbild/Video

4.2.4.1 Runway Das kann das Tool: Runway (https://runwayml.com/) ist ein Videobearbeitungsprogramm. NutzerInnen laden ein Video hoch und geben an, wie das Video verändert werden soll. Das kann über Textzu-Bild oder Bild-zu-Bild erfolgen. Runway bietet vielfältige Anpassungsmöglichkeiten in Form, Farbe, Stil und Länge. Zusätzlich kann das Tool auch klassisch Videos schneiden und unterstützt mittels KI Motion-Tracking und andere hilfreiche Features dafür. So funktioniert das Tool: Schnitt und Bearbeitung von Videos wird über den Browser gesteuert. Alternativ kann man seine Videos auch per App am Smartphone bearbeiten. Im Wesentlichen funktioniert Runway auf folgende Weise: Datenimport: Zunächst importieren NutzerInnen ihre Videodaten in Runway, entweder direkt aus einer Datei oder aus einer Live-Videoquelle. Vorverarbeitung: Runway verarbeitet die Daten dann durch verschiedene Vorverarbeitungsfunktionen wie Bildstabilisierung, Farbkorrektur, Rauschunterdrückung usw. Diese Funktionen sind darauf ausgelegt, die Qualität des Videos zu verbessern und es für die KI-Modelle vorzubereiten. KI-Modell-Training: Das Kernstück von Runway ist die Fähigkeit, eine Vielzahl von KI-Modellen auf die Videodaten anzuwenden. Diese Modelle werden oft als „Generatoren“ bezeichnet und können dazu verwendet werden, das Video auf verschiedene Weise zu verändern, wie z. B. das Hinzufügen von visuellen Effekten, das Entfernen von Objekten oder sogar das Ändern des gesamten Stils des Videos. Diese Anpassungen werden auf Anweisung der NutzerInnen via Prompts vorgenommen. Ergebnisvisualisierung: Die Ergebnisse des KI-Modell-Trainings werden den NutzerInnen auf verschiedene Weise präsentiert, z. B. als Vorschauvideo oder als Bildsequenz. AnwenderInnen können die Ergebnisse dann bewerten und gegebenenfalls weitere Anpassungen vornehmen. Export: Schließlich kann der Benutzer das bearbeitete Video aus Runway exportieren und in einem beliebigen Format speichern, das für den Einsatz auf verschiedenen Plattformen geeignet ist. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Runway durch die Kombination von Vorverarbeitung, KI-Modell-Training und Ergebnisvisualisierung eine leistungsstarke Plattform für die Bearbeitung und Erstellung von Videos bietet. Für diese Bereiche ist es einsetzbar: Das Tool bietet eine große Anwendungsvielfalt. So können Content-Creators oder Onlinemarketing-ManagerInnen vom Text-zu-Bild-Tool profitieren, während die Bild-zuBild-Funktion z. B. für DesignerInnen, ArchitektInnen oder Game-DesignerInnen eine

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4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

effiziente Methode darstellt, um ihren Job zu erledigen. Ein Anwendungsbeispiel ist die Stilübertragung. Dabei kann man ein Video in eine Vielzahl von Stilen transformieren, z. B. in einen Ölgemälde-Stil, einen Aquarell-Stil oder einen Comic-Stil. Ein weiteres Beispiel für die Nutzung ist die Objekterkennung und -entfernung: Runway ist in der Lage, Elemente, die nicht gewünscht sind, aus einem bereits gedrehten Video zu entfernen. Das ist auch noch gut zu wissen: Zum Druckschluss stehen neben der kostenlosen Basisversion drei Pakete zur Auswahl. Die kostenlose Version bietet eine begrenzte Anzahl von kostenlosen Bearbeitungstools. Wenn mehr Tools benötigt werden, kann die Pro-Version für 15 US$ pro Monat gebucht werden. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit eines Team-Pakets, das für 35 US$ pro Monat/ pro EditorIn erhältlich ist. Die „unlimited“-Version kostet 95 US$ pro Monat/EditorIn. Auch hier lohnt es sich, wie bei den anderen Tools, die aktuellen Preise auf der Homepage des Toolanbieters zu überprüfen.

4.2.4.2 Colossyan Das kann das Tool: Colossyan Creator (https://www.colossyan.com/) ist ein Online-Generator für KI-Videos, mit dem Videos erstellt werden können, die von KI-AvatarInnen präsentiert werden. Colossyan nennt sie „synthetische Schauspieler“. Diese können einen gewünschten Text sprechen und verkörpern. Die angebotenen Avatare sehen recht menschlich aus, aber nicht immer ganz wie echte Menschen. So funktioniert das Tool: Zunächst wählt man einen KI-Avatar aus (siehe Abb. 4.6), (Colossyan, 2023) und gibt an, was er oder sie sagen soll. Anschließend erstellt das System das Video innerhalb weniger Minuten. NutzerInnen können die gewählten Avatare im Alter, Aussehen und der Art, wie sie Emotionen zeigen sollen, modifizieren. Die Avatare kommunizieren in 60 Sprachen. Alternativ kann man sich auch selbst filmen, das Video hochladen und die gesprochenen Texte anpassen. So reicht eine einzige Filmaufnahme einer Person, die man immer wieder mit neuen Inhalten aktualisieren kann. Die Sprachversionen sind sehr gut, beispielsweise kann man Hochdeutsch, Deutsch mit schweizer oder österreichischer Sprachefärbung einstellen. Die Unterschiede sind sehr realistisch. Die Ton-Mundbewegungssynchronisation hakelte im Test noch ein wenig, das mag an der Basic-Version gelegen haben und wird sicherlich zügig optimiert.

4.2

Digitale Toolbox: So gelingt der Umgang mit ChatGPT …

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Abb. 4.6 Colossyans Angebot an Avataren. (Quelle: Auszug von www.colossyan.com)

Für diese Bereiche ist es einsetzbar: Dieses Tool eignet sich gut für Unternehmen, die Videomaterial einsetzen möchten. Die Case Studies auf der Homepage zeigen Trainings, Lernvideos, Erklärvideos, Corporate Communication und Marketing- und Sales-Anwendungen. In einer Fallstudie wird gezeigt, wie die Stadt Linz eine Avatarin genutzt hat, um die Coronaimpfung zu erklären. Das ist auch noch gut zu wissen: Colossyan Creator bietet zum Redaktionsschluss des Buches drei verschiedene Bezahlmodelle an. Das Basic-Abo startet mit 35 US$/Monat für Videos mit einer Länge von 10 min. Bei der Pro-Version, für die man in der kleinsten Version 120 US$ monatlich zahlt, beträgt

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4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

die Länge der erstellten Videos 40 min. Braucht man mehr, bezahlt man in der Pro-Version anteilig mehr. Auf Anfrage besteht auch die Möglichkeit, ein individuelles Enterprise-Paket zu vereinbaren (Stand September 2023).

4.2.4.3 Synthesia Das kann das Tool: Synthesia (https://www.synthesia.io/) ist ebenfalls ein Videogenerator, der auf KI basiert. Hier können Unternehmen nach ihren Vorstellungen Videos erstellen lassen. Zusätzlich bietet Synthesia z. B. für PowerPoint, HubSpot oder Shopify eine Projektintegration an. So funktioniert das Tool: NutzerInnen wählen aus 120 KI-Avataren denjenigen aus, den oder die sie nutzen möchten. Bei Bedarf kann auch ein Avatar von sich selbst erstellt werden. Vorgefertigte Templates, z. B. eine Moderationssituation, ein Trainingsszenario oder eine VerkaufsrepräsentationsUmgebung stehen zur Verfügung. Über eine Skriptbox geben Sie an, welcher Text und in welcher Tonalität gesprochen werden soll, welche Sprache genutzt und welche Musik im Hintergrund gespielt werden soll. Synthesia bietet genau wie Colossyan über 90 Sprachen an (Stand September 2023). Für diese Bereiche ist es einsetzbar: Dieses Tool eignet sich für Unternehmen, die regelmäßig neues oder personalisiertes Videomaterial, ggf. in unterschiedlichen Sprachen, benötigen. Das ist auch noch gut zu wissen: Synthesia bietet zum Redaktionsschluss eine einfache kostenlose Demoversion an, in der man einer vorgegebenen Avatarin Text in den Mund legen kann. Der Versuch, sie Deutsch sprechen zu lassen, lief gut, ist aber noch nicht flüssig und die Betonung war noch nicht immer korrekt, sondern teilweise „technisch“. Die professionelle Nutzung kostet z. Zt. 26 EUR/Monat für 10 min Videomaterial. Wer mehr möchte, kann sich direkt an den KundInnenservice wenden (Stand September 2023). 

Tipp: Eine Kurzdemonstration der Nutzung findet sich hinter dem folgenden QR-Code.

4.2

Digitale Toolbox: So gelingt der Umgang mit ChatGPT …

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Erklärvideo Avatar-Videos von Synthesia

4.2.4.4 Vidyo.ai Das kann das Tool: Dank künstlicher Intelligenz erstellt Vidyo.ai (https://vidyo.ai/) kurze Social-Media-Clips aus längeren Videos. Die Plattform verfügt über eine Vielzahl an Funktionen wie automatische Untertitelung, automatisches Anpassen der Video-Größe auf z. B. Facebook-, LinkedIn-, YouTube-Formate, Videoclipping, automatisches Erstellen von Videokapiteln sowie Vorlagen speziell für Social Media. So funktioniert das Tool: NutzerInnen laden ein Video hoch und teilen Ihre Wünsche und Einstellungen mit. Anschließend generiert Vidyo.ai innerhalb von wenigen Minuten eine oder mehrere Kurzversionen des längeren Videos, inklusive Untertitel. Im Test der Autorin klappte die kostenlose Variante einwandfrei beim Kürzen der Videos, die Bildunterschriften zum gesprochenen deutschen Text waren qualitativ noch nicht gut genug, um sie zu nutzen. Das mag in einer englischen Vorlage besser funktionieren. Für diese Bereiche ist es einsetzbar: Dieses Tool ist für eine Vielzahl von Zielgruppen geeignet und spricht insbesondere folgende InteressentInnen auf seiner Website an: PodcasterInnen, Agenturen, ContentMarketing Teams und Video-CreatorInnen. Es ist sinnvoll für AnwenderInnen, die längeres Filmmaterial mehrfach verwenden wollen und die Schneide- und Anpassungszeit sparen möchten. Das ist auch noch gut zu wissen: Vidyo.ai bietet bereits in der kostenlosen Version umfangreiche Funktionen. NutzerInnen können kostenlos monatlich Videos mit einer Länge von 75 min hochladen, haben Zugang zu 5 GB Speicher (was für Videos ggf. eher knapp ist) und können die Standard-Templates nutzen. Ein direktes Hochladen für TikTok ist inkludiert. Die sogenannte Starter-Version kostet 15 US$ pro Monat, für 150 Minuten und 15 GB Speicher und eine automatisierte Anbindung an YouTube. Zusätzlich gibt es noch eine Pro+-Version für 50 US$/Monat und

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4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

500 min bei 15 GB (Stand September 2023). Das Hochladen von.mov funktionierte im April 2023 leider nicht, dieses Videoformat muss zunächst in ein.mp4 umgewandelt werden.

4.2.4.5 Lailo Das kann das Tool: Lailo (https://www.lailo.ai/) ist ein digitaler Charakter, ein Avatar, der mit KundInnen eines Unternehmens interagieren kann. Genau wie ein Text-Chatbot kann der Avatar mit KundInnen kommunizieren, tut dies aber in einer körperlichen Form, statt nur mit Text. Lailo sieht dabei bewusst nicht aus wie ein echter Mensch, sondern wie eine animierte, freundliche Comicfigur. Lailo wird von Puppeteers angeboten, einer Agentur für digitale Kommunikation, die Unternehmen bei der Entwicklung ihrer Kommunikation mittels Bewegtbild im dreidimensionalen Raum unterstützt und Projekte in Augmented Reality für KundInnen umsetzt. So funktioniert das Tool: Lailo ist ein bereits entwickelter und programmierter Avatar, den Unternehmen lizenzieren und auf ihre Bedürfnisse hin modifizieren können. Zur Modifikation gehören z. B. das KundInnenlogo und die Avatarbekleidung (siehe Abb. 4.7), (Rheinische Fachhochschule Köln, 2023). Überdies gibt es weitere, individuelle Anpassungsmöglichkeiten.

Abb. 4.7 Lailo in Aktion für die Rheinische FH Köln. (Quelle: Rheinische Fachhochschule Köln)

4.2

Digitale Toolbox: So gelingt der Umgang mit ChatGPT …

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Für diese Bereiche ist es einsetzbar: ZielkundInnen sind Unternehmen, die Bewegtbilder zur KundInnenkommunikation nutzen möchten. Puppeteers´ Charaktere können in unterschiedlichen Bereichen eingesetzt werden, wie in Onlineshops, Messen, Werbefilmen, auf der Internetseite oder in Schulungsfilmen. Preislichlich liegt der Avatar-as-a-Service bei 799 EUR/Monat, einmalige Set-up-Kosten von rund 5.000 EUR fallen ebenfalls an. Übersteigt die Nutzung des Avatars 1.000 Kommunikationsaktivitäten pro Monat, fallen je 1.000 Aktivitäten weitere 32,99 EUR/Monat an (Stand September 2023). Das ist noch gut zu wissen: Die Agentur bietet ein breites Spektrum an Dienstleistungen an, darunter 3D-, Animationsund Bewegtbildprodukte, interaktive und immersive Anwendungen, Cross-Reality-Projekte sowie Corporate Character mit Integration von Künstlicher Intelligenz. Mit diesen Tools können komplexe Sachverhalte einfach und anschaulich dargestellt und Produkte und Dienstleistungen auf eine kreative und ansprechende Art und Weise präsentiert werden, um die Aufmerksamkeit potenzieller KundInnen zu erhöhen. Auch im Bereich Bewegtbild gibt es viele weitere Anbieter, wie SpiritMe (https://spiritme. tech/). Vistaspeech (https://www.vistaspeech.com/index.php), ebenfalls eine Plattform für Videos via Avatare, arbeitet an einer Anwendung, die Videos in Text umwandelt. Neben den genannten Text,- Bild und Bewegtbild-Angeboten gibt es noch weitere Werkzeuge für Marketers, die sich in der Entwicklung befinden, etwa Whisper von Open AI für Audio-Inhalte (https://openai.com/research/whisper). Auch hier lohnt es sich also, immer mal wieder nach neuen Angeboten zu suchen. Für das Planen und Ausspielen von Werbeinhalten existieren ebenfalls viele Tools, z. B. Adext (https://www.adext.ai/); diese Anwendungen sind aber in der Regel kostenpflichtig und erfordern ein Grundtraining in der Handhabung und Fachwissen im Bereich Mediaplanung und -ausspielung. Daher ist es wenig sinnvoll, diese Tools hier vorzustellen. 

Tipp: Eine tolle Plattform für kostenlose kleine, digitale HelferInnen ist Tinywow (https://tinywow.com/). Der Name ist Programm. Es gibt PDF-Tools, Image-Tools, Video-Tools, AI-Writing-Tools, File-Tools und viele mehr.

Tinywow – Übersicht über kostenlose digitale HelferInnen

134

4.2.5

4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

Quo Vadis Tools? So entwickeln sich die Tools weiter

Diese Tools, insbesondere die mit KI-Bezug, befinden sich in einer disruptiven Entwicklung. Der Markt der digitalen Tools, oder Software-as-a-Service, zeigt alle Merkmale eines Wachstumsmarktes, der oft offensiv von Technologie vorangebracht wird. Denn neue Technologien und Innovationen schaffen neue Möglichkeiten für Unternehmen, um in den Markt einzutreten und zu expandieren. In der ersten Phase des Marktwachstums springen viele neue und etablierte AnbieterInnen auf die neue Technologie auf, häufig mit einer Spezialanwendung, wie einer Bilderkennungs-Software oder einem Chatbot. Mit zunehmender KundInnenbasis, Einnahmen und Erfolg erweitert sich das Angebot dieser Firmen auf benachbarte Inhalte, später folgt dann eine Konsolidierungsphase, zu deren Ende noch wenige, große AnbieterInnen am Markt präsent sind, dann mit einem Vollangebot. Diese Entwicklung zeichnet sich auch im SaaS-Bereich ab: Die aktuellen und oben beschriebenen Angebote werden mit den Nutzungsdaten der UserInnen zügig weiterentwickelt. Außerdem werden die einzelnen Tools in nächster Zukunft breiter aufgestellt, sodass eine Plattform für Bildentwicklung auch Bewegtbild und Text anbieten wird. Erste Ansätze dazu sind bereits erkennbar, etwa bei Canva. NutzerInnen sollten daher regelmäßig das Angebot überprüfen und keine allzu langen Lizenzverträge abschließen, um möglichst flexibel auf neue, bessere Angebote reagieren zu können.

4.3

Management Summary digitale Tools

• Werbung ist eines der vier Marketingmix-Gewerke. Werbung unterstützt hauptsächlich im vorderen Bereich des Funnels, bei der Bekanntheit, dem Interesse, Kaufanreize zu setzen und bei der Imagepflege. • Da Werbung rund 80 % des Budgets einer Marketingabteilung ausmachen kann, liegt hier ein großes Augenmerk auf der Effektivität und der Effizienz. Hier unterstützen besonders gut digitale Tools, da sie die Leistung messbar machen – wenn auch noch nicht vollständig, wie im nächsten Kapitel erläutert wird. • Digitale Tools werden daher verstärkt eingesetzt und sollen in Zukunft noch stärker genutzt werden. Gleichzeitig steigt das Anspruchsniveau der KundInnen. Alles, was automatisierbar ist, wird daher automatisiert. Das betrifft in einer Werbe-, Designoder PR-Agentur z. B. weite Teile der Aufgaben. • Innerhalb der digitalen Angebote gibt es verschiedene KI-Felder: Generative, prädikative, analytische, conversationale und Bilderkennungs-KI. ChatGPT gehört z. B. zu den generativen KIs. • Analog zu den Hauptaufgaben von Marketeers in der Kreation kann man die Tools in Text-, Bild und Bewegtbild-KIs unterteilen. Für alle drei Anwendungsfälle gibt es marktreife Software-as-a-Service-Lösungen, die zurzeit häufig noch kostenlos sind, zumindest in ihrer Basisversion. Ihre Anwendung wird im Kapitel strukturiert erläutert.

4.4 Vertiefung: Digitale Kampagnen

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• Diese Tools befinden sich in einer disruptiven Entwicklung: Sie selbst werden von den EntwicklerInnen, auch mit den Nutzungsdaten der UserInnen zügig weiterentwickelt. Außerdem werden die einzelnen Tools in nächster Zukunft breiter aufgestellt sein, sodass eine Plattform für Bildentwicklung auch Bewegtbild und Text anbieten wird. Erste Ansätze dazu sind bereits erkennbar. An dieser Stelle übernimmt Jan Donaj. Jan ist immer der erste, den ich frage, wenn ich wieder auf etwas Neues im Bereich Digital gestoßen bin und jemanden brauche, der mir das mal kurz „erklärt als wäre ich eine Fünfjährige“. Denn das kann er sehr gut einfache und verständliche Erläuterungen zu Online-Marketing geben – aus der Praxis. Bitte sehr:

4.4

Vertiefung: Digitale Kampagnen

Jan Donaj, Magneteffekt, 10365 Berlin, [email protected]. Digitale Kampagnen werden aus Online-Marketingmaßnahmen gebildet und können sowohl maßnahmenübergreifend als auch maßnahmenspezifisch ausgerichtet und gesteuert werden. Sie bieten Unternehmen unzählige Möglichkeiten, ihre Marke, Produkte und Dienstleistungen im digitalen Raum darzustellen. Dabei können Maßnahmen wie beispielsweise Suchmaschinenmarketing eingesetzt werden, um spezifische Ziele zu verfolgen und/oder unterschiedliche Zielgruppen anzusprechen. In diesem Kapitel werden die wichtigsten digitalen Marketingmaßnahmen praxisorientiert vorgestellt und erläutert, wie Unternehmen diese nutzen können, um neue InteressentInnen und KundInnen zu gewinnen sowie die KundInnenbindung langfristig zu stärken und Umsätze zu steigern. Dabei wird insbesondere auf die Bedeutung einer Online-Marketing-Strategie eingegangen, die eine wichtige Grundlage für den Erfolg von Maßnahmen und Kampagnen bildet. Sie erhalten dadurch wertvolle Tipps und Empfehlungen für Ihre digitalen und Online-Marketing-Aktivitäten, um erfolgreich und effektiv im digitalen Raum zu agieren.

4.4.1

Online-Marketing – Ein Überblick

Digitale Kampagnen sind ein wesentlicher Bestandteil der heutigen Marketingwelt. Sie ermöglichen es Unternehmen, relevante Werbebotschaften auf unterschiedlichen digitalen Kanälen gezielt zu verbreiten. Im digitalen und Online-Marketing gehören Maßnahmen wie Suchmaschinenoptimierung, Social-Media-Marketing, Werbeanzeigen und EMail-Marketing zu den wichtigsten. All diese Maßnahmen sind auf ein bestimmtes Ziel ausgerichtet: Die Zielgruppe des Unternehmens möglichst effektiv sowie effizient zu

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4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

erreichen und diese während der Customer Journey in zahlenden KundInnen zu konvertieren. Mit der Wahl der richtigen Maßnahmen können Unternehmen eine starke OnlinePräsenz aufbauen, die ihnen zu mehr Bekanntheit verhilft und stetig neue InteressentInnen und KundInnen generiert. Besonders in der digitalen Welt lassen sich einzelne Kennzahlen sowie der gesamte Funnel mithilfe von Daten sehr präzise verfolgen. Dadurch wird ermöglicht den Maßnahmen-ROI (also den Maßnahmen-Return-on-investment) zu ermitteln, was in der Offlinewelt vergleichsweise herausfordernder ist. Aus diesem Grund geht das folgende Kapitel auch, wo sinnvoll, auf den Vertrieb im digitalen Raum ein. Um eine erfolgreiche Online-Marketingkampagne zu gestalten, ist es entscheidend, eine Strategie zu entwickeln, die zu den Unternehmens- und Marketingzielen passt und Maßnahmen sinnvoll miteinander kombiniert. Ziele können hierbei sein, ein Markenbewusstseins zu erzeugen, InteressentInnen (Leads) zu gewinnen oder den Umsatz zu steigern.

4.4.1.1 Entwicklung einer Strategie Damit Unternehmen ihre Online-Marketingstrategie sinnvoll entwickeln können, ist es essenziell, dass der Unterschied zwischen Inbound- und Outbound-Marketing verstanden wird. Inbound-Marketing beinhaltet Maßnahmen, bei denen potenzielle KundInnen von sich aus auf das Unternehmen aufmerksam werden, wie z. B. durch Content-Marketing über Suchmaschinenoptimierung (SEO), Social-Media oder auch Onlineforen. OutboundOnline-Marketing bezieht sich hingegen auf alle Aktivitäten, die das Unternehmen durchführt, um eine passive Zielgruppe anzusprechen, wie z. B. Pay-per-Click-Werbung (PPC) oder E-Mail-Marketing. Während Inbound-Kanäle langfristig wertvoll sind, sind Outbound-Kanäle meistens auf kurzfristige Erfolge ausgerichtet. Es ist daher empfehlenswert beide kombiniert einzusetzen und ggf. Schwerpunkte in der Strategie zu setzen. Ein weiteres Prinzip im Online-Marketing ist der AIDA Marketing Funnel (Awareness, Interest, Desire, Action), siehe Abb. 4.8. Dieser repräsentiert sowohl einen möglichen Kaufprozess und dient des Weiteren auch als Blaupause für die benötigten Inhalte, um die verschiedenen Maßnahmen und Kanäle zu bedienen. Ein Online-Marketing Funnel visualisiert somit den Weg, den potenzielle KundInnen durchlaufen, um die Customer Journey mit einem Kauf oder Vertragsabschluss zu vollenden. Der englische Begriff „Funnel“ leitet sich dabei von der Form eines Trichters ab und visualisiert den Weg, den potenzielle KundInnen während ihrer Customer Journey durchlaufen und welche Impulse oder Inhalte sie auf dem Weg benötigen, um Hemmnisse oder Zweifel zu überwinden. Um den Funnel effektiv einzusetzen, müssen verschiedene Inhalte (Content) erstellt und auf die einzelnen Stufen abgestimmt werden. Hier sind einige Beispiele dafür: • Awareness: In der Awareness-Stufe geht es ausschließlich darum, Aufmerksamkeit zu gewinnen und zu zeigen, dass das Unternehmen mit dessen Produkte oder Dienstleistungen für die angesprochene Zielgruppe relevant ist. Geeignete Inhalte für diese Stufe

4.4 Vertiefung: Digitale Kampagnen

137

Abb. 4.8 Erweiterte AIDA-Funnel inkl. einzelne Stufen der Customer Journey und den dafür benötigten Content. (Quelle: Eigene Darstellung)

sind z. B. Artikel, Social-Media Posts, Fakten oder Infografiken, die auf die Probleme und Bedürfnisse der Zielgruppe eingehen und Lösungen aufzeigen. • Interest: In dieser Stufe des Funnels ist es das Ziel, das Interesse der Zielgruppe zu wecken und Personen dazu zu bringen, sich näher mit dem Unternehmen und dessen Produkten oder Dienstleistungen zu beschäftigen. Hierfür können z. B. Videos, Podcasts, Webinare oder Whitepaper genutzt werden, die tiefergehende Informationen bieten und die Vorteile der Produkte oder Dienstleistungen hervorheben. • Desire: In der Desire-Stufe sollen die interessierten Personen dazu bewegt werden, sich für das Unternehmen und seine Produkte oder Dienstleistungen zu entscheiden. Testimonials, also z. B. Prominente, die das Produkt verwenden oder sich positiv dazu äußern, Bewertungen, Vergleichstabellen oder Produktdemonstrationen, die die Qualität und Wirksamkeit der Produkte oder Dienstleistungen unter Beweis stellen und die Zweifel sowie Bedenken der potenziellen KundInnen aus dem Weg räumen, sind dafür geeignet. • Action: In der vorerst letzten Stufe des Funnels, der Action-Stufe, geht es darum, die potenziellen KundInnen dazu zu bringen, ihre Absicht in eine Aktion zu konvertieren. Eine Aktion kann beispielsweise ein Kauf oder eine Anmeldung sein. Werbetreibende setzten hier häufig auf z. B. Einstiegsangebote, Rabatte, kostenlose Probezeiträume oder exklusive Angebote.

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4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

Neben dem klassischen AIDA-Funnel haben sich in den letzten Jahren noch zwei weitere Schritte/Ebenen etabliert: Loyalty und Advocacy. Diese Schritte gehen über den Kauf hinaus und tragen dazu bei, die Beziehung zwischen dem Unternehmen und dessen KundInnen zu stärken und zu vertiefen. • Loyalty bezieht sich auf die Treue und Zufriedenheit der KundInnen mit dem Unternehmen und seinen Produkten oder Dienstleistungen. In dieser Stufe des Funnels geht es darum, bestehende KundInnen dazu zu bewegen, regelmäßig beim Unternehmen zu kaufen und diesem treu zu bleiben. Dazu werden z. B. KundInnenbindungsprogramme, personalisierte Angebote, Neuigkeiten über das Unternehmen oder exklusive Inhalte genutzt. • Advocacy bezieht sich auf die Beteiligung und Unterstützung von zufriedenen KundInnen bei der Verbreitung von Informationen und Meinungen über das Unternehmen und dessen Produkte oder Dienstleistungen. Es geht darum, die KundInnen dazu zu bewegen, das Unternehmen und dessen Produkte oder Dienstleistungen positiv zu bewerten und aktiv weiterzuempfehlen, beispielsweise durch Bewertungen auf der Unternehmenswebsite, auf Social-Media-Plattformen mit UCG (user-generated content) oder in Bewertungsportalen. Um eine Online-Marketingstrategie aufzubauen, ist es notwendig, die Prinzipien von Inbound, Outbound und dem vollständigen Funnel zu berücksichtigen. Eine übersichtliche Darstellung der Customer Journey erleichtert es, die Conversion-Rate für jeden Funnel-Bereich zu bestimmen. Konstantes Messen ist im Online-Marketing essenziell, um den Traffic auf der Website zu erhöhen, die Conversion-Rate von InteressentInnen zu optimieren und die Abschlussrate zu verbessern.

4.4.1.2 Metriken und KPIs Online-Marketingmaßnahmen werden durch Metriken und KPIs (Key Performance Indicators) gemessen und auf Basis dieser optimiert. Dabei sollte man vor Beginn einer Kampagne festlegen, was relevante KPIs sind und wie diese das Kampagnenziel und die allgemeine Strategie widerspiegeln. Zehn der wichtigsten KPIs im Online-Marketing sind: Traffic: Misst die Anzahl der BesucherInnen einer Website in einem bestimmten Zeitraum, meist pro Monat. Dieser Faktor ist von großer Bedeutung, da viele Marketing-Maßnahmen darauf abzielen eine möglichst große Anzahl an BesucherInnen auf die Website zu lenken. Time on Site: Misst, wie lange die BesucherInnen auf einer Website bleiben. Eine längere Verweildauer auf der Website deutet darauf hin, dass die Inhalte für die Zielgruppe gut gewählt/aufbereitet sind und sich die BesucherInnen auf der Website „wohl fühlen“, also gut informiert oder unterhalten werden.

4.4 Vertiefung: Digitale Kampagnen

139

Bounce Rate: Misst, wie viele BesucherInnen einer Website nach dem Betrachten einer einzigen Seite wieder abspringen (bouncen). Eine hohe Bounce Rate deutet darauf hin, dass die Inhalte auf der Website für die Zielgruppe nicht relevant oder interessant genug sind und/oder die Inhalte vielleicht schlecht aufbereitet sind, die Website zu langsam lädt oder nicht benutzerfreundlich ist. Conversion-Rate (CR): Misst, den Prozentsatz von Personen, die eine bestimmte Aktion ausführen, wie zum Beispiel einen Kauf tätigen oder sich für einen Newsletter anmelden. Eine hohe Conversion-Rate deutet darauf hin, dass das jeweilige Angebot für die Zielgruppe relevant und überzeugend ist. Cost per Click (CPC): Misst, wie viel Geld ein Unternehmen für einen Klick auf eine Online-Anzeige bezahlen muss. Ein niedriger CPC weist somit darauf hin, dass die Anzeige für die Zielgruppe relevant, attraktiv und erfolgreich ist. Click-Through-Rate (CTR): Misst wie oft ein Link oder eine Anzeige angeklickt wird, im Verhältnis zu der Anzahl der Menschen, die die Website oder die Anzeige sehen. Eine hohe CTR kann darauf hindeuten, dass das Angezeigte von der Zielgruppe positiv wahrgenommen wird. Cost per Action/Acquisition (CPA): Misst, wie viel Geld ein Unternehmen pro ausgeführte Aktion, wie zum Beispiel einen Kauf oder eine Anmeldung bezahlen muss. Reichweite: Misst, wie viele NutzerInnen von einem Unternehmen erreicht wurden. Dies kann für organische Reichweite7 oder bezahlte Werbung gemessen werden. Engagement-Rate: Misst, wie aktiv die NutzerInnen auf einer Social-Media-Plattform mit einem Unternehmen interagieren, indem sie zum Beispiel Beiträge liken, kommentieren oder teilen. Ein hohes Social-Media Engagement deutet darauf hin, dass die Inhalte des Unternehmens für die Zielgruppe relevant und interessant sind und sie sich mit dem Unternehmen verbunden fühlen. Return on Advertising Spend (ROAS): Misst das Verhältnis zwischen dem Umsatz und den Kosten für Werbung und zeigt, wie effektiv eine Werbekampagne ist. Ein höherer ROAS bedeutet, dass die Werbekampagne erfolgreich war und dass das Unternehmen mehr Umsatz erzielen konnte als es für die Werbung ausgegeben hat. Der ROAS ist ein wichtiger Faktor für die Entscheidung welche Werbekampagnen weitergeführt werden sollen und welche gestoppt werden müssen. Unternehmen können den ROAS durch die Verwendung 7 Organische Reichweite in der Werbung bezieht sich auf die Anzahl der Personen, die eine Wer-

beanzeige oder ein bestimmtes Stück Inhalt ohne direkte Bezahlung durch die Werbetreibenden gesehen haben. Diese Reichweite wird durch die Aktivitäten von NutzerInnen auf einer Plattform wie z. B. Likes, Shares oder Kommentare generiert, wodurch der Inhalt an eine größere Gruppe von Personen weitergegeben wird.

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4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

von Tracking-Tools und Datenanalyse-Software verbessern, um ihre Werbekampagnen zu optimieren und ihr Budget effektiver einzusetzen. KPIs geben Unternehmen also wertvolle Einblicke in die Leistung ihrer OnlineMarketing-Maßnahmen. Durch regelmäßige Analyse der KPIs können Benchmarks (also Maßstäbe) erstellt und Kampagnen auf spezifische Ziele ausrichtet werden. Dabei gibt es auch weitere KPIs, die auf spezifischen Maßnahmen basieren, wie beispielsweise die Öffnungs- und Klickrate von E-Mails im E-Mail-Marketing, die Anzahl der Downloads von Apps oder andere. Die Wahl der richtigen KPIs hängt von den Zielen der Marketingkampagne und der Art der Maßnahme ab, die durchgeführt wird.

4.4.2

Online-Marketing-Umsetzung und Tools

Dieses Kapitel behandelt verschiedene Maßnahmen und Kanäle des OnlineMarketings und gibt einen Überblick über wichtige Aspekte sowie Möglichkeiten von Suchmaschinenmarketing, Social-Media-Marketing und E-Mail-Marketing. Diese Maßnahmen und Kanäle tragen alle dazu bei, die Sichtbarkeit des Unternehmens zu erhöhen und KundInnen zu gewinnen sowie bestehende zu binden.

4.4.2.1 Unternehmenswebsite Die Website des eigenen Unternehmens ist Dreh- und Angelpunkt des Online-Marketings. Alle Online-Marketingmaßnahmen können durch eine zielgerichtete Website unterstützt werden. Das Ziel einer Unternehmenswebsite hat sich jedoch seit den Anfängen des Internets deutlich verändert. Während man auch noch vor ein paar Jahren von der „digitalen Visitenkarte“ gesprochen hat, ist die eigene Website heutzutage viel mehr ein Katalysator anderer Marketingaktivitäten und ist somit der Inbegriff der „Digitalen Präsenz“ eines Unternehmens. Eine Website ist nämlich oft einer der ersten Kontaktpunkte für potenzielle KundInnen und hat somit einen wichtigen Einfluss auf die Wahrnehmung des Unternehmens. Eine schlechte Website kann für ein Unternehmen sogar mehr Schaden als Nutzen bedeuten. Eine unübersichtliche Navigation, langsame Ladezeiten oder eine nicht mobilfreundliche Darstellung können dazu führen, dass BesucherInnen schnell abspringen und sich für bei der Konkurrenz informieren. Dies führt nicht nur zu einem Verlust potenzieller KundInnen, sondern auch zu einem Vertrauensverlust bei bestehenden Beziehungen. Eine schlechte Website kann das Image eines Unternehmens beschädigen und das Vertrauen in die Qualität der Produkte oder Dienstleistungen mindern. Zudem kann eine unprofessionelle Website die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens einschränken. Eine gute Website hingegen kann das Markenbild und die Positionierung stärken sowie das Vertrauen in das Unternehmen und dessen Angebote bekräftigen. Eine benutzerfreundliche und optisch ansprechende Website kann auch dazu beitragen, die KundInnenbindung zu erhöhen. Durch die klare Darstellung der Angebote und die Möglichkeit, schnell und einfach mit dem Unternehmen in Kontakt zu treten, fühlen sich KundInnen stärker mit

4.4 Vertiefung: Digitale Kampagnen

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dem Unternehmen verbunden und sind so eher bereit dafür, erneut auf dessen Angebote zurückzugreifen. Nicht zuletzt kann eine gut gestaltete Website auch den Umsatz steigern, indem sie es den BesucherInnen erleichtert, die gewünschten Produkte oder Dienstleistungen zu finden und zu kaufen. Aber Achtung, die Begriffe Homepage, Webseite, Blog-Beitrag und Landingpage werden oft synonym verwendet, haben jedoch jeweils ihre eigenen spezifischen Bedeutungen und Zwecke. Die Homepage ist ein Teil der Website und fungiert als Startseite. Sie enthält normalerweise eine Übersicht über die wichtigsten Inhalte oder Funktionen der Website und bietet Links zu anderen Seiten der Website an. Eine Website ist somit eine Sammlung von Webseiten, die unter einer gemeinsamen Domain zusammengefasst sind, siehe Abb. 4.9. Eine Website besteht neben der Homepage aus vielen verschiedenen Seiten und Unterseiten. Webseiten ist eine einzelne Seite innerhalb einer Website. Webseiten können verschiedene Zwecke erfüllen und zum Beispiel Informationsseiten, Kontaktseiten oder Verkaufsseiten sein. Ein Blogbeitrag ist eine Unterseite einer Webseite (Blog) innerhalb einer Unternehmenswebsite, Webseiteauf der regelmäßig neue Artikel oder eben Beiträge zu einem bestimmten Thema veröffentlicht werden. Blogbeiträge werden meistens zur Suchmaschinenoptimierung erstellt.

Abb. 4.9 Unterschiede zwischen Website, den Webseiten und Unterseiten. (Quelle: Eigene Darstellung)

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4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

Landingpages sind eine spezielle Art von Webseite, die eigens für eine Marketingkampagne oder Werbeaktion erstellt werden. Die Landingpage hat das Ziel, BesucherInnen zu einer bestimmten Aktion zu bewegen, wie zum Beispiel dem Kauf eines Produkts oder der Anmeldung für einen Newsletter. Eine Landingpage ist in der Regel sehr fokussiert und enthält nur wenige Elemente, um auf eine Hauptbotschaft zu fokussieren. So fehlt häufig die Navigationsleiste, um das Verlassen der Landingpage auf eine andere Webseite der Website zu erschweren. Damit die Website als Katalysator für Marketingaktivitäten eingesetzt werden kann, sollte verstanden werden, dass sie eine zentrale Anlaufstelle für potenzielle und bestehende KundInnen darstellt. Die Website kann als Plattform für verschiedene Marketingaktivitäten wie Social-Media-Kampagnen, E-Mail-Marketing oder Suchmaschinenwerbung dienen. Durch die Einbindung von Call-to-Action-Buttons und Landingpages können BesucherInnen auf gezielte Bereiche der Website gelenkt werden und so auf Angebote oder Aktionen aufmerksam gemacht werden. Gleichzeitig kann die Website dafür genutzt werden, um die Effektivität anderer Marketingaktivitäten zu messen. So kann beispielsweise durch die Analyse des Website-Traffics und der Conversion-Rate einer Landingpage ermittelt werden, welche Marketingaktivitäten besonders erfolgreich waren und welche optimiert werden müssen. Eine zeitgemäß gedachte und demnach gestaltete Website ist somit ein wichtiger Bestandteil einer ganzheitlichen Marketingstrategie und kann dazu beitragen, die Effektivität und Effizienz anderer Maßnahmen zu steigern.

4.4.2.2 Suchmaschinenoptimierung (SEO) Die Abkürzung SEO stammt von dem englischen Begriff „Search Engine Optimization“ und bildet zusammen mit der Suchmaschinenwerbung (SEA, „Search Engine Advertising“) das Feld des Suchmaschinenmarketings (SEM), siehe Abb. 4.10. SEO verfolgt das Ziel, die Sichtbarkeit einer Website und deren Unterseiten zu verbessern, indem diese auf den oberen Plätzen der organischen Suchergebnisse von Suchmaschinen wie Google oder Bing erscheint. Dafür werden Maßnahmen ergriffen, um die Qualität der Inhalte und Relevanz der Website zu steigern, damit sie besser von Suchmaschinen gefunden wird. Ziel ist es, die Sichtbarkeit der Unternehmenswebsite durch das Erscheinen auf ausgewählten Suchbegriff (Keywords) zu erhöhen. Um zu verstehen, wie man Seiten für Google optimieren kann, ist es wichtig zu verstehen, wie die Suchmaschine überhaupt funktioniert. Google crawlt (also durchsucht) das Internet, indem es Bots (auch Spiders genannt) nutzt, die automatisiert in regelmäßigen Intervallen das Web durchsuchen, um neue oder geänderte Seiten und Inhalte zu finden. Wenn ein Google-Bot eine neue oder geänderte Seite entdeckt, fügt er die gefundenen Inhalte der Google-Index-Datenbank hinzu und analysiert diese. Der Google-Index ist im Kern eine Datenbank, die alle Seiten und Inhalte des Internets enthält, die von Google ercrawlt und analysiert wurden. Wenn eine Person nun eine Suchanfrage auf Google stellt, durchsucht die Suchmaschine diesen Index und zeigt die (laut Google) relevantesten und qualitativ hochwertigsten Seiten und Inhalte nacheinander auf den Ergebnisseiten,

4.4 Vertiefung: Digitale Kampagnen

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Abb. 4.10 Abgrenzung von bezahlten Suchergebnissen (SEA) zu den organischen SEOErgebnissen in den SERPs. (Quelle: Eigene Darstellung)

den SERPs (Search Engine Result Pages) an. Google bewertet und rankt die Seiten und Inhalte in den SERPs dabei anhand eines komplexen Algorithmus, der hunderte Faktoren berücksichtigt, um die Relevanz und Qualität der Inhalte für jede Suchanfrage neu zu bewerten. Google aktualisiert seinen Algorithmus und seine Ranking-Faktoren regelmäßig, um sicherzustellen, dass die Suchergebnisse für die NutzerInnen immer relevanter und qualitativ hochwertiger werden. Um die eigene Website für Google praktisch auf diese Faktoren zu optimieren, wird Suchmaschinenoptimierung in zwei Bereich gegliedert: Die On-Page und Off-Page Optimierung. On-Page SEO beschäftigt sich mit der Optimierung der Inhalte direkt auf der Website. Dabei umfasst sie Maßnahmen um die Relevanz, Qualität und Nutzerfreundlichkeit einer Seite und deren Inhalte zu verbessern. Off-Page SEO beschäftigt sich mit den Faktoren und Aktivitäten, die außerhalb der eigentlichen Website stattfinden, die aber dennoch Auswirkungen auf das Ranking und somit auf die Sichtbarkeit der Website innerhalb der Suchmaschine haben. Die Off-PageOptimierung zielt darauf ab, das Vertrauen in die Website zu stärken und die sogenannte Domain-Autorität8 zu erhöhen. Der wichtigste Off-Page-SEO-Faktor sind hochwertige 8 Die Autorität einer Website ist ein Begriff aus dem Bereich der Suchmaschinenoptimierung (SEO)

und bezieht sich auf das Vertrauen und die Glaubwürdigkeit, die eine Website bei Suchmaschinen aufgrund der Qualität und Relevanz ihres Inhalts, ihrer Backlinks und ihrer NutzerInneninteraktionen genießt.

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4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

Backlinks. Ein Backlink ist ein Link von einer anderen Website auf die eigene Website verweist. Off-Page SEO beschäftigt sich daher nahezu ausschließlich mit dem Aufbau von Verlinkungen zu der eigentlichen Website. Um Backlinks aufzubauen, ist es wichtig, hochwertige Inhalte zu erstellen, die für die Lesenden einen Mehrwert bieten und auf die gern verwiesen wird. Der Backlink-Aufbau sollte dabei organisch und ethisch erfolgen, ohne auf unethische Methoden wie den Kauf von Backlinks zurückzugreifen. Solche Praktiken werden als „Black Hat SEO“ bezeichnet und von Google abgestraft. Einige Methoden, um den organischen Backlink-Aufbau voranzutreiben sind: • • • • • • • •

Gastbeiträge auf anderen Websites oder in Onlinezeitungen Erstellung und Verbreiten von Pressemitteilungen Einreichen der Website in Verzeichnissen Veröffentlichen von Infografiken Erstellung und Verteilen von Whitepapers, Branchen-Guides oder Interviews Teilnahme an Diskussionen in Onlineforen Bitte um Verlinkung bei Unternehmensnennung (Broken-Linkbuilding: Bei dieser Methode werden defekte oder nicht mehr gültige Links auf anderen Websites identifiziert und den Website-Betreibern vorgeschlagen, sie durch relevante und funktionierende Links der eigenen Website zu ersetzen.)

Um SEO systematisch umzusetzen, muss zu Beginn eine Keywordanalyse durchgeführt werden. Es wird geprüft, mit welchen Suchanfragen (Keywords) die Zielgruppe nach bestimmten Informationen oder Sachverhalten sucht. Zu diesen Suchanfragen werden anschließend passende Inhalte erstellt oder vorhandene ausgebaut. Im Kontext der Keywordanalyse ist das Verständnis von Short- und Longtail Keywords sehr hilfreich. Shorttail Keywords sind kurze und allgemeine Suchbegriffe, die häufig gesucht und daher oft sehr umkämpft sind. Beispiele für Shorttail Keywords sind „Auto“, „Reisen“ oder „Kleidung“. Hinter diesen Keywords könnten jedoch alle möglichen Intentionen stecken und es ist unklar, was NutzerInnen genau suchen und finden möchten. Longtail Keywords sind längere und daher spezifischere Suchanfragen. Beispiele für Longtail Keywords: „Beste Wanderwege im Schwarzwald im Winter“ oder „Rote Sportschuhe von Marke X“. Der Vorteil von Longtail Keywords ist, dass sie in der Regel weniger umkämpft sind und auf spezifische Interessen und Bedürfnisse der NutzerInnen hinweisen. Longtail Keywords sind beschreibender und es wird meist klar, was Suchende finden möchten. Das bedeutet, dass Longtail Keywords für das eigene Unternehmen meist wertvoller als Shorttail Keywords sind, da diese eine klares Ziel in der Suche kommunizieren. Um passende Inhalte für die Suchbegriffe zu erstellen, ist diese Suchintention entscheidend. Die Suchintention bezieht sich auf die konkrete Absicht oder den Zweck, den NutzerInnen haben, wenn sie nach dem Keyword suchen. Das korrekte Identifizieren

4.4 Vertiefung: Digitale Kampagnen

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der Suchintention führt dazu, dass Inhalte erstellt werden, die die tatsächliche Motivation der Suche widerspiegeln und von Google oder anderen Suchmaschinen daher mit einem höheren Ranking belohnt werden. Man unterscheidet bei der den Suchintentionen in Informationssuche, Transaktionssuche und Navigationssuche – Die Suchintention kann entweder logisch erarbeitet oder von den Inhalten der aktuell bestplatzierten Ergebnisse für das entsprechenden Keyword abgeleitet werden: • Bei der Informationssuche haben NutzerInnen die Absicht, allgemeine Informationen zu einem bestimmten Thema oder einer Frage zu finden. Beispielsweise könnte die Person nach „Was ist SEO?“ suchen, um mehr über das Thema zu erfahren. • Im Rahmen der Transaktionssuche hat die Person die Absicht, eine Transaktion durchzuführen, wie zum Beispiel ein Produkt oder eine Dienstleistung zu kaufen oder sich für eine Veranstaltung anzumelden. So könnte etwa nach „SEO-Software für Einsteiger Kosten“ gesucht werden, um eine passende Software zu finden und diese zu kaufen. • Bei der Navigationssuche hat die suchende Person die Absicht, eine bestimmte Website oder eine bestimmte Seite innerhalb einer Website zu finden. Beispielsweise könnte sie nach „Google Search Console“ suchen, um direkt zu der Google Search Console zu gelangen, ohne die URL zu kennen. Eine Keywordanalyse beginnt mit einer Ist-Analyse, bei der Unternehmen ihre aktuellen Keyword-Rankings untersuchen, um zu sehen welche Suchbegriffe bereits Traffic auf die Website bringen. Nach der Ist-Analyse sollten Unternehmen Keywords identifizieren, für die sie eine Ranking-Chance haben und die für das Unternehmen sinnvoll wären. Um diese Keywords zu finden, können Keyword-Tools wie der Google Keyword Planner, SEMRusch, Seobility, XOVI oder ein anderes genutzt werden. Mithilfe dieser Software kann das Suchvolumen, die Konkurrenz und der CPC (Cost-per-Click) für jedes mögliche Keyword überprüft werden (Tab. 4.1). Diese Werte sind wichtige Indikatoren dafür, wie relevant und wertvoll ein bestimmtes Keyword ist. Das Suchvolumen gibt an, wie häufig das Keyword von NutzerInnen pro Tab. 4.1 Keyword-Übersicht Keyword

Suchvolumen (pro Monat)

CPC

Konkurrenz

Suchintention

Keyword 1

9000

5,50 EUR

Hoch

Transaktionssuche

Keyword 2

700

2,00 EUR

Mittel

Informationssuche

Keyword 3

200

0,50 EUR

Niedrig

Navigationssuche

Keyword 4

1500

1,00 EUR

Sehr hoch

Informationssuche

Keyword 5

300

1,50 EUR

Mittel

Transaktionssuche

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4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

Monat gesucht wird. Die Konkurrenz bezieht sich auf die Anzahl und Autorität der Websites, die für das Keyword zurzeit ranken9 . Je höher die Konkurrenz, desto schwieriger wird es sein, für das Keyword zu ranken. Es ist wichtig, die Konkurrenz zu überprüfen, um herauszufinden, ob es realistisch ist, für ein bestimmtes Keyword zu ranken oder ob es besser wäre sich auf andere Keywords mit weniger Konkurrenz zu konzentrieren. Je höher die eigene Domain-Autorität, desto eher können besonders umkämpfte Keywords anvisiert werden. Der CPC (Cost-per-Click) ist der Preis, den ein Unternehmen über SEA durchschnittlich bezahlt, um einen Klick auf dieses Keyword auf die eigene Website zu erhalten. Ein hoher CPC kann ein Indikator dafür sein, dass eine Keyword-Platzierung besonders wertvoll ist, da es Kaufbereitschaft signalisiert und Unternehmen bereit sind mehr Geld für die Ausspielung von Werbeanzeigen auf diese Suchanfrage auszugeben. Basierend auf den verfügbaren Informationen aus der Tabelle (Tab. 4.1) können folgende Überlegungen angestellt werden: • Keyword 1 hat ein sehr hohes monatliches Suchvolumen und eine transaktionelle Intention, was darauf hindeutet, dass es potenziell wertvollen Traffic auf die Website des Unternehmens bringen könnte. Der hohe CPC bestätigt dies Vermutung, jedoch kann es für es schwierig sein, für dieses Keyword zu ranken, besonders, wenn die Unternehmenswebsite noch keine Autorität aufgebaut hat. • Keyword 2 hat ein mittleres monatliches Suchvolumen und eine InformationssucheIntention. Da der Wettbewerb und der CPC für dieses Keyword moderat sind, könnte es eine gute Möglichkeit sein, relevante Inhalte zu diesem Thema zu erstellen und so Traffic zu generieren. • Keyword 3 hat ein niedriges monatliches Suchvolumen und wird zum Navigieren gesucht. Dieses Keyword zu bespielen, eignet sich daher nur dann, wenn es das Unternehmen selbst ist, wohin navigiert werden soll. • Keyword 4 hat ein hohes monatliches Suchvolumen, aber auch eine sehr hohe Schwierigkeit und einen geringen CPC. Hier würde es sich weniger lohnen, in den Konkurrenzkampf einzutreten. • Keyword 5 hat ein niedriges monatliches Suchvolumen, ist aber eine Transaktionssuche-Intention. Es könnte demnach eine Gelegenheit sein, um auf

9 Auf ein Keyword zu ranken„ bedeutet, dass eine Webseite oder eine Website in den organischen

Suchergebnissen einer Suchmaschine auf den oberen Plätzen für ein bestimmtes Keyword oder eine bestimmte Suchanfrage erscheint. Das Ziel ist es, eine höhere Sichtbarkeit und Reichweite zu erzielen und somit mehr BesucherInnen auf die Webseite zu bringen. Eine Webseite wird als erfolgreich angesehen, wenn sie für relevante Keywords auf den oberen Plätzen der Suchergebnisse erscheint, da dies potenzielle BesucherInnen dazu animieren kann, die Webseite zu besuchen und möglicherweise in KundInnen umzuwandeln. Um auf ein Keyword zu ranken, ist es wichtig, eine qualitativ hochwertige Webseite mit relevanten Inhalten und einer guten User Experience zu haben und eine SEO-Strategie zu implementieren, die darauf abzielt, die Webseite auf den oberen Plätzen der Suchergebnisse zu platzieren.

4.4 Vertiefung: Digitale Kampagnen

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ein weniger umkämpftes Keyword zu optimieren, das immer noch potenziell wertvolle Traffic auf die Website bringen könnte. Die Anzahl der Keywords, die für eine Keywordanalyse verglichen werden sollten, hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der Größe des Unternehmens, der Branche, der Zielgruppe und der Art der Website oder des Onlineshops. Es ist ratsam, eine umfangreiche Liste von Keywords zu erstellen und diese auf die Keywords zu reduzieren, die am relevantesten und erfolgversprechendsten für das Unternehmen sind. Dies kann durch eine weitere Analyse der Suchvolumen, des CPCs, der Schwierigkeit und der Suchintention der Keywords erfolgen. Eine gute Ausgangsbasis könnte eine Liste von etwa 100 bis 200 Keywords sein, die dann weiter analysiert und reduziert werden. Nachdem relevante Keywords identifiziert wurden, sollten diese in Keyword-Cluster geordnet werden. Ein Keyword-Cluster ist eine Gruppe von Keywords, die thematisch zusammengehören und auf eine bestimmte Seite oder eine bestimmte Rubrik der Website ausgerichtet sind. Man spricht in diesem Kontext von der Erstellung von PillarContent und anderen unterstützenden Inhalten (Content-Pieces) um die themenspezifische Sichtbarkeit der Website in Suchmaschinen zu verbessern. Pillar-Content (Abb. 4.11) bezieht sich auf besonders umfangreiche Inhalte, die ein bestimmtes Thema oder eine bestimmte Branche abdeckten. Dieser Content stellt eine zentrale Säule dar, um die herum andere Inhalte organisiert werden können. Pillar-Content zielt darauf ab, die Autorität einer Website zu stärken, indem umfassendes Wissen zu einem Thema vermittelt und somit als eine Art „Go-To“ Ressource im Internet erstellt wird. Pillar-Content kann ausführliche Anleitungen, umfassende Leitfäden, Top-Listen oder andere Formen von Inhalten umfassen. Contentformate, die als Content-Pieces fungieren können: • Blog-Beiträge: Blog-Beiträge sind eine wichtige Methode, um regelmäßig frischen und relevanten Inhalt auf einer Website bereitzustellen. Sie tragen dazu bei, die Sichtbarkeit einer Website in Suchmaschinen zu erhöhen und die Autorität der Website durch wertvolle und informative Inhalte zu steigern. • Infografiken: Infografiken sind eine visuelle Möglichkeit, komplexe Informationen oder Daten darzustellen. Sie können dazu beitragen, dass Inhalte verständlicher und ansprechender für Besuchenden sind, was wiederum zu mehr Shares und Links führen kann. • Videoinhalte: Videoinhalte sind eine zunehmend beliebte Methode, um Informationen und Botschaften auf Websites zu vermitteln. Sie können dazu beitragen, dass Inhalte ansprechender und aktiver konsumiert werden, was wiederum in Folge zu einer längeren Verweildauer der Besuchenden auf der Website führen kann. Um sicherzustellen, dass die Inhalte auch von Suchmaschinen erkannt und bewertet werden können, ist es wichtig, die gewählten Keywords an den richtigen Stellen auf der

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4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

Abb. 4.11 Beispiel eines Content-Clusters mit Verlinkungen. (Quelle: Eigene Darstellung)

Content Piece

Content Piece Content Piece

Content Piece

Pillar Content Content Piece

Content Piece Content Piece

Content Piece

Content Piece Verlinkungen

Website einzubinden. Es ist empfehlenswert, dass die Keywords natürlich und organisch in den Text eingebracht werden. Es ist wichtig, die Überverwendung von Keywords, auch als Keyword-Stuffing bekannt, zu vermeiden, da Suchmaschinen dies als Spam einstufen und die Website negativ bewerten können. Überschriften mit H1, H2 oder H3 HTML-Tags müssen verwendet werden, um den Inhalt der Seite zu strukturieren und relevante Keywords in den Überschriften einzubauen. Der Body-Text ist der Hauptteil des Inhalts auf einer Website und sollte ebenfalls die Keywords und semantisch passende Begriffe enthalten. Auch Alt-Tags, das sind Beschreibungen, die beispielsweise Bilder auf einer Website beschreiben, sollten angegeben sein. Dies ist nicht nur für die Suchmaschinenoptimierung, sondern auch für die Barrierefreiheit der Website wichtig, da Alt-Tags sehbehinderten BesucherInnen ermöglicht, Bilder und Grafiken der Website mit Hilfe von Screenreadern besser zu verstehen. Zusätzlich muss auf Keywords in den Meta-Tags geachtet werden, das sind HTML-Tags, die kurz beschreiben, worum es auf einer bestimmten Seite geht. Neben diesen Anforderungen spielen auch Snippets eine nicht unwichtige Rolle. Dabei handelt es sich um einen kurzen Auszug einer Website, der in den Suchergebnissen angezeigt wird. Das Snippet enthält in der Regel den Seitentitel und die Meta-Beschreibung. Die Funktion von Snippets besteht darin, Suchenden bereits vor dem Klick auf das Suchergebnis eine Vorschau de s Inhalts zu geben und sie zu überzeugen auf die Website zu klicken. Die meisten modernen Content-Management-Systeme (CMS), beispielsweise WordPress, ermöglichen es Unternehmen, diese Einstellungen für die Suchmaschinenoptimierung (SEO) direkt über die Benutzeroberfläche vorzunehmen. Über ein CMS können

4.4 Vertiefung: Digitale Kampagnen

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Unternehmen so die Meta-Tags, Snippets und andere Einstellungen im Backend der Website verwalten und aktualisieren. Dadurch kann sichergestellt werden, dass die Website auf dem neuesten Stand in Bezug auf Suchmaschinenoptimierung ist. Nach dem Erstellen der Inhalte und den SEO-Einstellungen folgt die Off-PageOptimierung, also der Aufbau von Verlinkungen zu den erstellten Inhalten. Je mehr hochwertige Backlinks eine Website hat, desto einfacher wird es für umkämpften Keywords hoch gerankt zu werden. Insgesamt lässt sich sagen, dass SEO eine langfristige Strategie darstellt, um die Sichtbarkeit und Positionierung einer Website in den Suchmaschinen zu verbessern. Wie schnell die Wirkung dieser Maßnahmen sichtbar wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der Qualität des Contents, der Branche und Konkurrenz sowie der Autorität der Unternehmenswebsite. Es ist wichtig zu beachten, dass SEO kein einmaliger Prozess ist, sondern regelmäßige Überprüfungen und Anpassungen erfordert, auch bei bestehenden Inhalten, um kontinuierlich bessere Ergebnisse zu erzielen. Auch wenn es einige Monate dauern kann, bis Verbesserungen in den Rankings sichtbar werden, bietet SEO langfristig den Vorteil, passiv konstant Traffic auf die Unternehmenswebsite zu leiten. Unternehmen sollten sich auf die Erstellung hochwertiger Inhalte konzentrieren, die auf ihre Zielgruppe und Branche zugeschnitten sind, um die besten Ergebnisse zu erzielen. Local SEO Local SEO ist der Bereich der Suchmaschinenoptimierung, bei dem Unternehmen ihre Onlinepräsenz auf lokale Suchanfragen ausrichten, um ihre Sichtbarkeit in den regionalen Suchergebnissen zu verbessern. Ein wichtiger Schritt bei der Verbesserung des lokalen SEO ist die Optimierung des Google My Business Profils. Google My Business ist ein kostenloses Tool, mit dem Unternehmen ihre Informationen auf Google Maps und der Google-Suche verwalten können. Durch das Hinzufügen von Informationen wie Öffnungszeiten, Adresse, Telefonnummer und Fotos können Unternehmen ins Ranking ihrer Region aufgenommen werden. Es können außerdem regelmäßig Beiträge erstellt, KundInnenbewertungen verwaltet und Fragen beantwortet werden. Besonders Bewertungen spielen dabei eine wichtige Rolle. Positive Bewertungen signalisieren Google, dass das Unternehmen vertrauenswürdig und relevant für die Suchanfrage sind. Backlinks sind auch für Local SEO ein wichtiger Faktor. Hierbei können vor allem lokale Verzeichnisse helfen. Verzeichnisse in denen Unternehmen ihre Informationen, wie Name, Adresse und Telefonnummer (sogenannte NAP-Daten) eintragen können sind: Gelbe Seiten, Branchenbücher, Yelp, Tripadvisor, etc.. Auch Citations sind eine Komponente der lokalen Suchmaschinenoptimierung. Eine Citation bezeichnet jegliche Erwähnung des Namens, der Adresse oder der Telefonnummer des Unternehmens auf einer anderen Website. Es ist wichtig, dass die NAP-Daten des Unternehmens auf allen Verzeichnissen und auf jeder Website, die eine Citation angegeben hat, exakt übereinstimmen. Wenn die NAP-Daten

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4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

nicht übereinstimmen, kann dies zu Verwirrung bei der Suchmaschinen führen und die Sichtbarkeit in den lokalen Suchergebnissen begrenzt werden. Wenn Unternehmen diese Aspekte berücksichtigen, und sowohl eine mobilfreundliche, als auch schnelle Website betreiben, können sie ihre regionale Sichtbarkeit verbessern und so gezielt lokale InteressentInnen und KundInnen anziehen.

4.4.2.3 Suchmaschinenwerbung (SEA) Die Abkürzung für Suchmaschinenwerbung „SEA“ stammt von dem englischen Wort „Search Engine Advertising“ und bildet zusammen mit der Suchmaschinenoptimierung (SEO) den Bereich des Suchmaschinenmarketings (SEM), siehe Abb. 4.12. Im Gegensatz zu SEO fokussiert sich SEA auf bezahlte Werbeanzeigen, um ebenfalls mehr Traffic für die Unternehmenswebsites zu generieren. Genau wie SEO kann SEA auf so gut wie jeder Suchmaschine eingesetzt werden. Für den weiteren Verlauf des Kapitels wird der Schwerpunkt wieder auf Google und dessen Plattform „Google Ads“ gelegt werden. Man unterscheidet bei Google Ads in zwei Anzeigentypen: Search-Anzeigen und Display-Anzeigen. Search-Anzeigen, wie in Abb. 4.12, werden in den Suchergebnissen von Suchmaschinen (den sogenannten SERPs) angezeigt. Diese Werbeanzeigen sind auf bestimmte Keywords ausgerichtet und werden angezeigt, wenn Google-NutzerInnen nach

Abb. 4.12 Abgrenzung von den organischen Ergebnissen (SEO) zu den bezahlten SEAWerbeanzeigen in den SERPs. (Quelle: Eigene Darstellung)

4.4 Vertiefung: Digitale Kampagnen

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diesen Keywords suchen. Das bedeutet, dass Search-Anzeigen auf Suchabsichten abzielen und Personen erreichen, die bereits aktiv nach bestimmten Produkten oder Dienstleistungen suchen. Diese Anzeigen enthalten mindestens Titel, Beschreibung und URL, welche im Idealfall auf eine verkaufsoptimierte Landingpage führt. Display-Anzeigen hingegen werden über das „Display-Netzwerk“ auf anderen Websites oder auch in Apps angezeigt. Diese Anzeigen werden auch als Bannerwerbung bezeichnet und haben das Ziel, das Bewusstsein und die Sichtbarkeit einer Marke zu erhöhen. Dabei können sie verschiedenen Formaten einnehmen wie Bilder, Video oder animierte GIFs. Der wichtigste Unterschied zwischen den Anzeigetypen ist die Zielsetzung. SearchAnzeigen haben das direkte Ziel, den Traffic auf der Website zu erhöhen, während Display-Anzeigen in der Regel auch auf die Steigerung des Markenbewusstseins abzielen und verstärkt für Remarketingzwecke eingesetzt werden. Search-Anzeigen haben jedoch meist eine höhere Konversionsrate als Display-Anzeigen, da sie auf Personen ausgerichtet sind, die bereits aktiv nach einem Produkt oder einer Dienstleistung suchen und dadurch kaufbereiter sind. Konkrete Szenarien und Gründe, warum Unternehmen SEA Werbeanzeigen schalten: • Grundsichtbarkeit auf Google: Durch SEA können Unternehmen Keywords auswählen, für die ihre Website angezeigt werden soll. Dies ist besonders dann vorteilhaft, wenn das Unternehmen noch nicht genug Domain-Autorität für eine Spitzenposition in der organischen Suche hat und schnell BesucherInnen auf die eigene Website lenken möchte. • Wettbewerbsfähigkeit: In einigen Branchen kann es grundlegend eine große Herausforderung sein, sich gegen die Konkurrenz in der organischen Suche durchzusetzen. In solchen Fällen ist SEA oft die einzige Möglichkeit, um sicherzustellen, dass das Unternehmen trotzdem auf Google sichtbar ist. • Markenpräsenz: Durch das Erscheinen in der Google Suche oder auf anderen Websites (über Display-Anzeigen) können Unternehmen ihre Markenpräsenz ausbauen und sicherstellen, dass potenzielle KundInnen auf das Unternehmen aufmerksam werden. • Remarketing: Durch Remarketing-Kampagnen können Unternehmen gezielt ehemalige Website-BesucherInnen wiederansprechen und sie dazu bewegen, erneut die Seite zu besuchen. Remarketing konzentriert sich also nur auf Personen, die bereits Interesse am Unternehmen und dessen Produkten oder Dienstleistungen gezeigt haben. Dadurch halten sich die Kampagnenkosten in Grenzen; Remarketing sollte daher immer mitbetrieben werden. • Navigation überspringen: Durch das Schalten von Anzeigen auf den eigenen Markennamen kann SEA dazu beitragen, die Conversion-Rate (CR) auf der Unternehmenswebsite zu erhöhen. Die Anzeigen leiten Suchende direkt auf eine verkaufsfördernde Landingpage oder auf eine andere gewünschte Seite. Dadurch wird das manuelle

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4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

Navigieren der Besuchenden reduziert, die Absprungrate verringert und die CR verbessert. • Testen neuer Angebote: Unternehmen können schnell und einfach das Interesse an neue Produkte oder Dienstleistungen testen, indem sie Anzeigen auf relevante Keywords schalten. Auf diese Weise können sie schnell erkennen, welche MVPs10 angenommen werden und welche nicht. SEA kann so zur schnellen Validierung von Ideen genutzt werden. Um SEA mit Google umsetzen zu können, muss man sich mit der Google Ads Plattform (ehemalig „Google Adwords“) beschäftigen. Google Ads ist dabei in drei Ebenen organisiert: Konto, Kampagnen und Anzeigengruppen. Kontoebene: Die Kontoebene ist die höchste Ebene. Hier werden grundlegende Informationen wie der Kontoname, die Abrechnungsinformationen und die Kontoeinstellungen verwaltet. Die Kontoebene ist der Ort, in dem alle Kampagnen und Anzeigengruppen organisiert werden. Kampagnenebene: Die Kampagnenebene ist die zweite Ebene in Google Ads. Hier werden die Zielgruppen-Targetierung, das Budget und der Zeitraum für eine bestimmte Kampagne festgelegt. Eine Kampagne kann mehrere Anzeigengruppen enthalten und verfolgt ein ausgewähltes Zielvorhaben, wie beispielsweise mehr Traffic auf eine Website zu leiten oder Conversions zu generieren. Anzeigengruppenebene: Die Anzeigengruppenebene ist die unterste. Hier werden Anzeigen und Keywords verwaltet. Anzeigen in einer Anzeigengruppe haben normalerweise ein gemeinsames Thema und sind auf ein bestimmtes Keyword, ein Keyword-Cluster oder auf demografische Daten ausgerichtet. Google bietet mittlerweile dynamische Anzeigen an, um die Conversion-Rate zu verbessern. Anstatt einer einzelnen Anzeige können Werbetreibende eine Reihe von Überschriften und Texten bereitstellen, welche von Google genutzt und gegeneinander verglichen werden. So werden verschiedene Variationen der Anzeige getestet und die beste Kombination am häufigsten ausgespielt. Im weiteren Verlauf des Kapitels wird der Fokus auf den Search-Anzeigen und nicht den Display-Anzeigen oder anderen spezifischen Anzeigearten wie Google Shopping-Anzeigen liegen. Search-Anzeigen sind in der Regel effizienter, da die targetierten Personen durch die explizite Suche das Interesse an einem Produkt oder einer Dienstleistung bekundet 10 MVP steht für Minimum Viable Product (dt. „minimal überlebensfähiges Produkt“) und ist ein

Begriff aus der Produktentwicklung. Es beschreibt ein Produkt, das mit einem minimalen Satz an Funktionen und Eigenschaften entwickelt wurde, um schnell auf den Markt zu kommen und Feedback von den NutzerInnen zu erhalten.

4.4 Vertiefung: Digitale Kampagnen

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haben. Somit ist auch die Wahrscheinlichkeit höher, dass sie auf eine Anzeige klicken und letztendlich eine Aktion ausführen. Um erfolgreiche Search-Anzeigen zu schalten, ist es von zentraler Bedeutung, die richtigen Keywords mittels einer Keywordanalyse zu identifizieren. Dabei geht es auch im SEA-Bereich nicht unbedingt darum, nur die Keywords mit einem hohen Suchvolumen auszuwählen, sondern vielmehr darum, Keywords festzulegen, die eine aktive Handlungsabsicht implizieren. Die Identifikation der relevanten Keywords erfordert somit eine Aufschlüsselung der Suchbegriffe (Tab. 4.1), die die Zielgruppe nutzt, um nach relevanten Produkten oder Dienstleistungen zu suchen. Es ist notwendig, eine sorgfältige Abwägung zu treffen und gezielt Keywords zu wählen, die sowohl von der Zielgruppe gesucht werden als auch mit einem akzeptablen Cost-per-Click (CPC) verbunden sind. Hinweis: Die Preise für SEA-Werbung schwanken und sind sehr branchenabhängig. Sobald die relevanten Keywords identifiziert wurden, können passende Anzeigen und spezifische Landingpages erstellt werden, um den Suchenden eine zielgerichtete Erfahrung zu bieten. Dabei sollten die Anzeigen und Landingpages auf das jeweilige Keyword und die dazugehörige Suchintention abgestimmt sein, um die Wahrscheinlichkeit einer Conversion zu erhöhen. Um das Erstellen der Werbeanzeigen in Google Ads und deren Ausspielung zu verbessern, ist es wichtig, sich mit zwei spezifischen Optionen innerhalb der Google-Ads Plattform zu beschäftigen. Die erste Option ist die Festlegung eines „Zielvorhabens“ auf Kampagnenebene. Hier haben Werbetreibende die Wahl aus verschiedenen vorgeschlagenen Zielen, beispielsweise der Steigerung von Umsätzen, Leads, Website-Zugriffen, Markenbekanntheit, Reichweite und anderen. Obwohl diese Zielvorhaben als praktische Unterstützung von Google konzipiert wurde, stellen diese in der Praxis oft eher ein Hindernis dar. Wenn nämlich eine angelegte Option gewählt wird, werden im Anschluss automatische Einstellungen für den Werbetreibenden vorgenommen. Das erschwert die individuelle Gestaltung der Kampagne. In den meisten Fällen ist es daher empfehlenswert, eine „Kampagne ohne Zielvorgabe“ zu erstellen, um nicht von vorgefertigten Optionen und dadurch entstehenden Limitationen frustriert zu sein – nur so haben Werbetreibende den notwendigen Freiraum, ihre Kampagne nach ihren eigenen Wünschen und Bedürfnissen zu erstellen. Die zweite Option, bei der Vorsicht geboten ist, ist die Spezifizierung der KeywordAusspielung. Diese Einstellung erfolgt auf der Anzeigengruppenebene, wobei pro Gruppe nicht mehr als zehn Keywords festgelegt werden sollten. Durch die Auswahl der Keywords können Anzeigen und Landingpages genauer auf die entsprechenden Suchanfragen abgestimmt werden. Es ist hierbei wichtig zu beachten, dass Google gebuchte Werbeanzeigen basierend auf der Übereinstimmungsquote der Keywords ausspielt. Um diese Übereinstimmung genauer zu bestimmen, können die gebuchten Keywords mithilfe von Anführungszeichen und eckigen Klammern weiter eingeschränkt werden. Dies führt meistens zu einer Reduzierung der Kampagnenkosten und sollte darum von Werbetreibenden beachtet werden.

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Google bietet dabei vier Optionen für die Eingrenzung der Anzeigen-Ausspielung mittels Keyword-Übereinstimmung an: Keyword = weitgehend passend Mit dieser Option werden die Anzeigen bei alle Suchanfragen ausgespielt, die dieses Keyword oder ähnliche Begriffe beinhalten. „Keyword“ = passende Wortgruppe Mit dieser Option werden die Anzeigen bei Suchanfragen ausgespielt, die dem gewählten Keyword ähneln, beispielsweise Synonyme für das Keyword. [Keyword] = genau passend Mit dieser Option, werden die Anzeigen nur bei der exakten Suche nach diesem Keyword ausgespielt Negative Keywords sind eine weitere Möglichkeit, um die Ausspielung von Anzeigen einzugrenzen. Durch diese Option können bestimmte Keywords ausgeschlossen werden. Ein Beispiel: • Keyword = weitgehend passend: Angenommen, ein Unternehmen verkauft ausschließlich Mountainbikes und verwendet für das Keyword: Mountainbike. Google wird nun Anzeigen für das exakte Keyword und ähnliche Begriffe wie Fahrräder, Trekkingräder oder Fahrradzubehör ausspielen. Das Keyword muss in der Suchanfrage der Suchenden also nicht genau vorkommen, nur einen ähnlichen Kontext haben. • „Keyword“ = passende Wortgruppe: Wenn das Unternehmen eine bestimmtes Fahrradart bewerben möchte, kann es das Keyword „Trek Mountainbike“ verwenden. So wird Google Anzeigen für Suchanfragen ausspielen, die das exakte Keyword oder Varianten davon beinhalten, wie Mountainbike für Trekking oder Trekking Fahrrad. • [Keyword] = genau passend: Wenn das Unternehmen das Keyword [Mountainbike kaufen] in einer genau passenden Anzeigengruppe verwendet, werden Google Anzeigen nur für die Suchanfrage mit exakt diesem Keyword ausspielen. Zum Beispiel wird die Anzeige für den Suchbegriff Mountainbike kaufen ausgespielt, nicht aber für „Trekking Fahrrad kaufen“. • Negative Keywords: Angenommen, das Unternehmen möchte keine Anzeigen für Fahrradreparaturdienstleistungen ausspielen. Es kann negative Keywords wie Reparatur oder Service verwenden, um sicherzustellen, dass die Anzeigen nicht für Suchanfragen mit diesen Begriffen ausgespielt werden. In den meisten Fällen ist es ratsam, die Option „passende Wortgruppe“ oder [genau passend] zu wählen, auch wenn diese Keywords meist weniger Suchvolumen haben und mehr Aufwand in der Kampagnenbetreuung bedeuten. Jedoch können die Anzeigen und Landingpages durch die genaue Auswahl der Keywords deutlich spezifischer gestaltet werden und

4.4 Vertiefung: Digitale Kampagnen

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die Suchintention besser treffen. Dies führt dazu, dass die Anzeigen von Google als relevant bewertet werden, die Kosten für die Ausspielung sinken können und die Conversion-Rate auf der Website verbessert wird. Neben der richtigen Keyword-Auswahl und Eingrenzung gibt es noch weitere Möglichkeiten, um die Effektivität von Search-Kampagnen zu steigern. Eine dieser Möglichkeiten sind Anzeigenerweiterungen, mit denen zusätzliche Funktionen und Informationen in Anzeigen integriert werden können, um sie ansprechender für potenzielle KundInnen zu machen: Sitelinks: Sitelinks ermöglichen es Werbetreibenden, weitere Links zu verschiedenen Seiten ihrer Website unterhalb einer eigentlichen Anzeige hinzuzufügen. Auf diese Weise können Suchende schneller auf Informationen zugreifen. Standort: Die Standort-Erweiterung ermöglicht es Unternehmen, ihre physischen Standorte direkt in der Anzeige anzuzeigen. Dies ist besonders für lokale Unternehmen nützlich. Zusatzinformationen: Die Erweiterung mit Zusatzinformationen bietet weitere Informationen, wie weitere Details zu Produkten, Dienstleistungen oder Geschäftszeiten. Telefonnummer: Die Anruferweiterung fügt der Anzeige eine Schaltfläche hinzu, über die NutzerInnen das Unternehmen direkt anrufen können. SMS: Die SMS-Erweiterung ermöglicht, die Kontaktaufnahme per Textnachricht. Diese Erweiterung kann für Unternehmen sinnvoll sein, die eine schnelle und einfache Kommunikation mit ihren KundInnen wünschen. Snippet: Die Snippet-Erweiterung zeigt zusätzliche Merkmale an, wie beispielsweise Produktkategorien, Merkmale oder unterstützte Zahlungsmethoden. Preise: Die Preiserweiterung gibt den Preis für ein bestimmtes Produkt oder eine Dienstleistung direkt in der Anzeige an. Angebote: Die Angebotserweiterung zeigt spezielle Angebote oder Rabatte. Affiliate-Standort: Die Affiliate-Standort-Erweiterung zeigt Standorte von PartnerUnternehmen an, damit Suchenden direkt in ihrer Nähe kaufen können. App: Die App-Erweiterung ermöglicht es Werbetreibenden, Links zu mobilen Apps direkt in der Anzeige hinzuzufügen.

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4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

Insgesamt können Anzeigenerweiterungen dazu beitragen, die Effektivität von Anzeigen in Search-Ads zu verbessern, indem sie zusätzliche Informationen bereitstellen und erweiterte Funktionalitäten bieten, die Suchende dazu ermutigen auf die Anzeige zu klicken und die gewünschte Aktion schneller auszuführen. Nachdem NutzerInnen auf eine SEA-Anzeigen geklickt haben, werden diese auf die dahinterliegende Webseite, der Landingpage geleitet. Eine gut gestaltete Landingpage trägt dazu bei, dass ein höherer Anteil des Traffics die gewünschte Aktion ausführt, wie zum Beispiel eine Bestellung aufzugeben oder sich für einen Newsletter anzumelden. Damit ist die Landingpage eine ausschlaggebende Stellschraube, um den Erfolg einer SEA-Kampagne voranzutreiben. Eine Landingpage, die im Rahmen von Suchmaschinenwerbung eingesetzt wird, sollte folgende Kriterien erfüllen: • Übereinstimmung mit der Anzeige: Wenn beispielsweise die Anzeige für ein bestimmtes Produkt wirbt, sollte die Landingpage spezifische Informationen über genau dieses und kein anders Produkt enthalten oder nicht die allgemeine Homepage des Unternehmens sein. • Vertrauensbildende Elemente: Es ist wichtig, dass die Landingpage das Vertrauen fördert und die Seite seriös und nicht abstoßend wirkt. Dazu sollte das generelle Design der Landingpage beachtet werden sein und die Inhalte um KundInnenbewertungen, Auszeichnungen, Testimonials oder Zertifikate erweitert werden. • Klare Handlungsaufforderung: Der Call-to-Action ist besonders wichtig, es sollte dabei nur eine einzige Handlungsaufforderung auf der Landingpage vorhanden sein, damit BesucherInnen wissen, was sie als nächstes tun sollen und nicht verwirrt sind. Zum Beispiel kann es sich um eine Aufforderung zum Kauf, zur Kontaktaufnahme oder zur Newsletter-Anmeldung handeln. • Schnelle Ladezeiten: Die Landingpage sollte schnell laden, um sicherzustellen, dass interessierte Personen nicht abspringen, bevor die Seite überhaupt gesehen wurde. Lange Ladezeiten können zu einer schlechten NutzerInnenerfahrung führen und sich negativ auf die Conversion-Rate auswirken. • Mobile Optimierung: Die Landingpage sollte besonders für mobile Geräte optimiert sein, da immer mehr Personen über mobile Endgeräte auf das Internet zugreifen. Eine mobilfreundliche Landingpage stellt sicher, dass die Websitebesuchenden immer eine positive Erfahrung haben, unabhängig vom verwendeten Gerät. Eine gute Landingpage sollte somit immer auf die Bedürfnisse und Erwartungen der BesucherInnen und auf die Intention hinter dem gewählten Keyword abgestimmt sein. Zusammengefasst ist SEA ein leistungsstarker Outbound-Kanal, der Unternehmen dabei helfen kann, ihre Zielgruppe schnell und gezielt anzusprechen und ihre Sichtbarkeit aus Suchmaschinen und auf Websites zu erhöhen. Durch die Analyse von Daten wie der Klickrate, der Conversion-Rate und des CPCs können Anpassungen vorgenommen werden, um

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die Performance der SEA-Kampagne kontinuierlich zu verbessern und so den ROAS zu steigern. Unternehmen sollten im Vorfeld die Zielgruppe gut kennen und die richtigen Keywords, sowie Ansprache für ihre Anzeigen wählen. Daneben ist auch die Erstellung und Optimierung von ansprechenden und überzeugenden Landingpages entscheidend für den Erfolg.

4.4.2.4 Social-Media-Marketing Es gibt viele Motivationsgründe, warum Unternehmen Social-Media-Marketing auf Plattformen wie Facebook, Instagram, TikTok, Twitter, LinkedIn, etc. nutzen möchten. Einer der Hauptgründe, ist die enorme Reichweite, die Social-Media bietet. Unternehmen können ihre Marke einem breiten oder nischigen Publikum präsentieren und ihre Sichtbarkeit organisch, also ohne Werbeanzeigen, langfristig erhöhen. Die aufgebaute Reichweite kann dazu beitragen, neue KundInnen zu gewinnen und vor allem die KundInnenbeziehung zu stärken. Social-Media-Marketing bietet die einzigartige Möglichkeit, direkt mit KundInnen und InteressentInnen in Kontakt zu treten und auf deren Bedürfnisse und Anliegen einzugehen. Dabei hängt die organische Reichweitengewinnung auf Social-Media von verschiedenen Faktoren ab. Darunter zum Beispiel die Branche, die Qualität der Inhalte, die Häufigkeit der Beiträge und besonders das Verständnis für die jeweilige Plattform. Es gibt keine Social-Media Plattform, die für alle Unternehmen geeignet ist, da die Zielgruppen von Unternehmen und die Bedürfnisse der Plattformen unterschiedlich sind. Es ist wichtig, die Möglichkeiten der verschiedenen Plattformen sorgfältig zu prüfen und diejenigen auszuwählen, die am besten zu den Zielen und der Zielgruppe des Unternehmens passen. Hier einige allgemeine Empfehlungen für die verschiedenen Social-Media-Plattformen: • Facebook ist die größte Social-Media-Plattform der Welt. Unternehmen können eine große Zielgruppe erreichen und verschiedene Arten von Beiträgen, wie Bilder, Videos oder Texte, veröffentlichen. Es gibt auch verschiedene Möglichkeiten, mit Personen zu interagieren, von Kommentaren über private Nachrichten, bis zu Aktivitäten in Gruppen. Facebook eignet sich für fast jede Zielgruppe. • Instagram: Die Kommunikation auf dieser Plattform erfolgt hauptsächlich über Bilder, tägliche Updates (Stories) und Kurzvideos (Reels). Unternehmen sollten auf eine ästhetische und ansprechende Gestaltung achten und darauf bedacht sein, Inhalte zu erstellen, die dem Stil und den Interessen der Zielgruppe entsprechen. Unternehmen

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4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

können hier ihre Markenpersönlichkeit zeigen und durch Authentizität und Glaubwürdigkeit das Vertrauen ihrer Zielgruppe gewinnen. Instagram eignet sich besonders für Community Building11 . Twitter ist bekannt für die Echtzeitkommunikation mittels Kurznachrichten und Verwendung von Hashtags zur Kommunikation. Twitter eignet sich besonders für Unternehmen, die schnell und direkt mit ihrer Zielgruppe kommunizieren möchten und sich nicht davor scheuen Stellung zu Themen zu beziehen. TikTok wurde ursprünglich hauptsächlich von der jüngeren Generation genutzt, ist nun jedoch in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die Plattform ist durch ihr schnelles Wachstum und Kurzvideos bekannt geworden. TikTok ermöglicht es besonders schnell Reichweite aufzubauen, auch als neuer Account, durch einen Algorithmus, der jedes Video isoliert bewertet. LinkedIn ist, ebenso wie XING, ein Business-Netzwerk und eignet sich besonders für Unternehmen, die eine professionellere Zielgruppe (B2B) ansprechen möchten. Unternehmen und Personen wird es ermöglicht, sich als Experten in ihrem Bereich zu präsentieren und durch aktives Netzwerken können neue KundInnen, PartnerInnen oder Mitarbeitende gewonnen werden. YouTube ist die führende Videoplattform und bietet eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit, Video-Inhalte hochzuladen. Unternehmen können hier Tutorials, Produktpräsentationen oder Interviews veröffentlichen und so eine breite Zielgruppe erreichen. YouTube wird von vielen NutzerInnen auch als Suchmaschine genutzt, das bietet auch die Möglichkeit, Antworten auf Fragen mit Videos zu beantworten und Vertrauen aufzubauen. Pinterest ist eine visuelle Suchmaschine und Plattform, auf der NutzerInnen Inhalte wie Fotos und Grafiken sammeln und organisieren können. Unternehmen können Pinterest nutzen, um ihre Produkte und Dienstleistungen visuell zu präsentieren und Inspirationen und Ideen mit ihrer Zielgruppe zu teilen. Der Fokus von Pinterest liegt auf den Interessen und Hobbys der Nutzer, daher ist es wichtig, dass Unternehmen Inhalte teilen, die zu ihren Interessen passen. Reddit ist eine Plattform, auf der NutzerInnen Neuigkeiten, Erfahrungen und Einschätzungen über Foren, sogenannte Subreddits verbreiten können. Unternehmen können hier Marktforschung betreiben und in den Dialog mit potenziellen KundInnen treten. Auch die Platzierung von Werbung ist möglich.

Für viele Unternehmen ist es unmöglich, alle Social-Media-Plattformen ausreichend abzudecken; daher ist es wichtig, sich auf eine oder wenige Plattformen zu beschränken und eine individuelle Kommunikation auf jeder Plattform zu pflegen. Regelmäßige und 11 Community Building bezieht sich auf den Prozess der Schaffung und Pflege einer engagierten und

loyalen Online-Community um eine Marke, ein Produkt oder eine Dienstleistung herum. Im SocialMedia-Marketing umfasst dies verschiedene Taktiken, um eine Community von Followern, Fans und KundInnen aufzubauen, die sich aktiv an Diskussionen beteiligen und die Inhalte der Marke teilen.

4.4 Vertiefung: Digitale Kampagnen

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qualitativ hochwertige Beiträge, die zur Zielgruppe des Unternehmens passen, sind entscheidend für den Erfolg einer Social-Media-Strategie. Ein auf LinkedIn geteilter Beitrag sollte beispielsweise anders gestaltet sein als ein Post auf TikTok. In der Praxis umfasst eine grundlegende Social-Media-Strategie fünf Bereiche: Die Zielsetzung, die Wahl der Plattform, der Contentplan, das Community Management und die Analyse der Performance. Zielsetzung: Die Zielsetzung bildet die Grundlage für die Social-Media-Strategie. Hierbei sollten klare und messbare Ziele definiert werden, die zur Gesamtstrategie des Unternehmens beitragen. Mögliche Ziele können beispielsweise die Steigerung der Markenbekanntheit, die Generierung von Traffic auf der Webseite, Steigerung des Umsatzesoder die Verbesserung des KundInnenservices sein. Wichtig ist, dass die Ziele realistisch, erreichbar und messbar sind und eine klare Richtung für die Strategie vorgeben. Plattformwahl: Je nach Zielsetzung sollten die geeigneten Social-Media-Plattformen ausgewählt werden. Hierbei spielt die Zielgruppe eine entscheidende Rolle. Unternehmen müssen herausfinden, auf welchen Plattformen sich ihre Zielgruppe am häufigsten aufhält und welche Plattformen am besten geeignet sind, um die gesetzten Ziele zu erreichen. Jede Plattform hat ihre eigenen Stärken und Regeln, Unternehmen sollten darauf achten, dass sie besonders zu Beginn ihre Ressourcen auf die Plattformen konzentrieren, die am besten zu ihrer Zielsetzung passen. Contentplanung: Der Contentplan ist ein wichtiger Bestandteil einer Social-MediaStrategie. Hierbei geht es darum, den richtigen Content zur richtigen Zeit auf den richtigen Plattformen zu veröffentlichen. Der Plan muss sich ebenfalls an den Zielen des Unternehmens orientieren und auf die Bedürfnisse der Zielgruppe abgestimmt sein. Dabei sollte der Plan Themen, Formate und Veröffentlichungszeiten definieren und beinhalten. Die Qualität des Contents ist entscheidend, um das Interesse der Zielgruppe zu wecken und eine langfristige Bindung aufzubauen. Community Management: Das Community Management beinhaltet die aktive Interaktion mit der Zielgruppe auf den Social-Media-Plattformen. Unternehmen sollten hierbei auf Kommentare, Nachrichten und Feedbacks reagieren und den Dialog mit der Community suchen. Durch gutes Community Management können Unternehmen das Vertrauen und die Loyalität ihrer KundInnen gewinnen und langfristige Beziehungen ausbauen. Das Community Management sollte dabei auch den professionellen Umgang mit negativem Feedback einschließen. Performance-Analyse: Die Performance-Analyse beschäftigt sich mit den Ergebnissen der Inhalte, um Erkenntnisse darüber zu gewinnen, welche Themen, Formate und Veröffentlichungszeiten am besten funktionieren. Unternehmen sollten ihren Content regelmäßig

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4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

überwachen und verschiedene Kennzahlen wie Likes, Shares, Kommentare oder CTRs heranziehen, um die Performance zu messen. Durch die Analyse der Inhalte und der Zielgruppe können Unternehmen ihre Social-Media-Strategie gezielt anpassen und optimieren. Wenn ein Unternehmen bei der Performance-Analyse feststellt, dass die Social-MediaStrategie nicht die gewünschten Ergebnisse erzielt, gibt es zwei mögliche Handlungsoptionen: Pivot oder Persevere. „Pivot“ bedeutet, dass das Unternehmen die Strategie anpassen oder verändern muss, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen. Dabei können verschiedene Aspekte der Strategie angepasst werden, wie beispielsweise die Plattformen, der Content oder das Community Management. Bevor das Unternehmen jedoch Änderungen vornimmt, müssen die Ursachen für die Misserfolge analysiert werden. Mögliche Gründe können eine unzureichende Zielgruppenansprache, schlechte Content-Qualität, falsche Plattformauswahl oder eine unprofessionelle Community-Interaktion sein. Sobald das Unternehmen die Ursachen identifiziert hat, können gezielte Maßnahmen ergriffen werden, um die Social-Media-Strategie zu optimieren. „Persevere“ bedeutet hingegen, dass das Unternehmen trotz der Misserfolge an der bestehenden Strategie festhält. Es gibt verschiedene Gründe, warum man sich für eine Perseverance-Strategie entscheiden könnte. Beispielsweise kann es bei neuen Social-MediaPlattformen sinnvoll sein, zunächst eine Strategie zu verfolgen, um Erfahrungen zu sammeln und die Zielgruppe besser kennenzulernen. In anderen Fällen kann die Strategie des Unternehmens langfristig ausgerichtet sein, wodurch kurzfristige Misserfolge in Kauf genommen werden können. Allerdings ist es wichtig zu betonen, dass eine Perseverance-Strategie nicht bedeutet, dass das Unternehmen keine Anpassungen an der Social-Media-Strategie vornimmt. Stattdessen sollte das Unternehmen weiterhin regelmäßig Performance-Analysen durchführen und die Strategie gegebenenfalls optimieren, um sicherzustellen, dass sie langfristig erfolgreich ist. Es sollte auch sichergestellt werden, dass realistische Ziele verfolgt und die Erwartungen entsprechend anpasst werden. Auch wenn Social-Media-Plattformen eine direkte und effektive Möglichkeit bieten, um mit der Zielgruppe in Kontakt zu treten und ein Following aufzubauen, ist es wichtig zu verstehen, dass Unternehmen ihre Follower auf den Plattformen nicht „besitzen“. Dies liegt daran, dass die Plattformen neuen Content immer wieder filtern und nur den anzeigen, der von den Algorithmen als relevant und interessant eingestuft wurde, da er die NutzerInnen auf den Plattformen hält. Die Algorithmen spielen daher die Inhalte aus, die von den NutzerInnen auch wirklich konsumiert werden. Aus diesem Grund sollte Content nicht nur mit „Algorithmus-Tricks“ im Hinterkopf erstellt werden, sondern mit dem Anspruch, hochwertige Inhalte für echte Personen zu bieten. Je größer die Plattform ist, desto mehr Content steht den Algorithmen zur Verfügung, was den Kampf um Reichweite schwieriger macht. Unternehmen müssen sich bewusst sein, dass selbst ihre eigenen Follower neue Inhalte möglicherweise nicht sehen werden, wenn sie von den Algorithmen als nicht relevant eingestuft werden. Besonders auf Plattformen wie TikTok bietet ein großes Following nur begrenzte Vorteile. Der TikTok-Algorithmus bevorzugt Inhalte, die innerhalb kurzer Zeit ein hohes

4.4 Vertiefung: Digitale Kampagnen

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Engagement erzielen und das unabhängig von der Größe des Accounts. Ein großes Following gibt den Videos hier nur einen ersten Schub, im Anschluss müssen sie sich die Inhalte dennoch isoliert beweisen. Organisches Social-Media-Marketing ist eine effektive Möglichkeit, eine Community aufzubauen und mit der Zielgruppe in Kontakt zu treten, ohne dafür Geld für Werbeanzeigen bezahlen zu müssen. Die Investition liegt hier in der Zeit für Redaktion und Kreation des Contents, durch KollegInnen oder Agenturen. Social-Media ist besonders dann sinnvoll, wenn das Ziel darin besteht, eine starke Fangemeinde aufzubauen, die Marke zu fördern oder die Zielgruppe zu informieren. Organisches Social-Media-Marketing erfordert viel Geduld und Zeit, um eine engagierte Community aufzubauen. Es kann zudem schwierig sein, eine große Zielgruppe zu erreichen und zu halten, da Social-Media-Plattformen ihre Algorithmen oft ändern und organische Reichweite dadurch reduzieren. Aus diesem Grund kann es sinnvoll sein, Paid-Social-Media-Marketing, als Ergänzung oder Alternativlösung für das Marketing auf Social-Media-Plattformen zu nutzen. Bezahltes Social-Media-Marketing kann nämlich helfen, die Reichweite eines Unternehmens schneller zu erhöhen, indem Anzeigen an eine spezifische Zielgruppe gerichtet werden. Paid-SocialMedia ist dann sinnvoll, wenn das Ziel darin besteht, schnell eine Zielgruppe anzusprechen und Umsätze zu erzielen oder allgemein die Markenbekanntheit schneller zu steigern. PaidRemarketing-Kampagnen können und sollten parallel durchgeführt werden. Im Gegensatz zum organischen Social-Media-Marketing, bei dem ohne finanziellen Aufwand Beiträge erstellt und veröffentlicht werden können, wird beim Paid-Social-MediaMarketing Budget für Werbeanzeigen ausgegeben. Das bedeutet, dass Unternehmen die Reichweite nur so lange aufrechterhalten, wie sie Geld für Werbeanzeigen ausgeben. Dafür können sie jedoch schneller eine spezifischere Zielgruppe erreichen. Beispielsweise können Werbetreibende anhand von demografischen Daten wie Alter, Geschlecht und Standort die AdressatInnen genau definieren, um die Anzeigen auf diese auszurichten und Streuverluste zu reduzieren. Die Definition der Zielgruppe anhand von demografischen Daten wird jedoch immer schwieriger, da viele NutzerInnen sich zunehmend bewusst sind, dass ihre Daten von Unternehmen gesammelt und unter anderem für Werbezwecke genutzt werden. Das hat dazu geführt hat, dass viele Personen ihre Privatsphäre schützen möchten und den Zugriff auf ihre persönlichen Daten eingeschränkt haben. So hat beispielsweise das Apple iOS-Update „AppTracking-Transparenz“ dazu beigetragen, dass iPhone-NutzerInnen das Tracking innerhalb Apps durch Drittanbieter deaktivieren können. Dies bedeutet, dass es schwieriger geworden ist, das Verhalten der NutzerInnen zu analysieren und Daten zu sammeln. Werbetreibende müssen somit alternative Möglichkeiten finden, um ihre Werbeanzeigen effizient zu positionieren. Eine einfache und zunehmend effektivere Lösung ist es, Werbeanzeigen garnicht mehr anhand von demografischen Daten oder NutzerInnenverhalten zu schaltet, sondern das Werbeanzeigen vermehrt auf Basis der konsumierten Inhalte ausgespielt werden und keine oder nur noch minimale Festlegung der Zielgruppe erforderlich sind. Die Gestaltung und das Testen von Werbeanzeigen wird somit immer wichtiger.

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4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

Unternehmen verfolgen mit Paid-Social-Media verschiedene Ziele. Diese variieren je nach Branche, Zielgruppe und Marketingstrategie: • Steigerung der Markenbekanntheit: Durch Werbung auf Social-Media-Plattformen können Unternehmen ihre Markenbekanntheit erhöhen und die Reichweite ihrer Marke steigern. • Steigerung des Engagements: Paid-Social-Media-Marketing kann dazu beitragen, die Zielgruppe aktiv einzubinden und das Engagement durch Interaktionen wie Kommentare, Shares und Likes zu erhöhen. • Traffic-Generierung: Ziel ist es mehr BesucherInnen auf die Website oder eine spezifische Landing-Pages zu lenken. • Generierung von Verkäufen: Durch gezielte Werbung und Remarketing können Unternehmen spezifische Produkte oder Dienstleistungen an die richtige Person vermarkten und so schnell Verkäufe erzielen. Dabei muss auf den ROAS geachtet werden. • KundInnenbindung: Durch gezielte Werbung können Unternehmen ihre Zielgruppe ansprechen und das Engagement und die Loyalität ihrer KundInnen steigern. Unternehmen stehen bei der Gestaltung ihrer Werbeanzeigen verschiedene Formate zur Verfügung, die Wahl des richtigen Formats hängt von der Zielgruppe und den Zielen der Kampagne ab. Klassische Bildanzeigen sind eine einfache Möglichkeit, um ein Angebot zu kommunizieren. Dabei können Unternehmen ein ansprechendes Bild mit einer kurzen Beschreibung ihrer Produkte oder Dienstleistungen verwenden. Videoanzeigen eignen sich besonders für Unternehmen, die komplexe Produkte oder Dienstleistungen einfach verständlich präsentieren möchten. Karussellanzeigen sind eine Möglichkeit, um mehrere Bilder in einer Anzeige darzustellen. Unternehmen können auch im Messenger der Social-MediaPlattformen werben. Dabei können individuelle Nachrichten an die Zielgruppe gesendet werden. Neben diesen grundlegenden Anzeigeformaten bietet jede Social-Media-Plattform eigene Möglichkeiten für Werbetreibende. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Messbarkeit der Ergebnisse. Unternehmen können genau messen, wie erfolgreich ihre Kampagne gewesen ist und daraus Entscheidungen treffen. Hierbei kann der Erfolg anhand von Klicks, Impressions, Conversion-Rate oder Kosten pro Conversion gemessen werden. Diese Daten können anschließend genutzt werden, um die Kampagne weiter zu optimieren. Wenn beispielsweise festgestellt wird, dass eine Anzeige nicht den gewünschten Erfolg bringt, kann diese schnell und einfach ändert oder ersetzt werden. Auch das Budget kann flexibel angepasst und umverlagert werden, um den am besten laufenden Kampagne mehr Budget zukommen zu lassen. Dabei können Werbetreibende auf den meisten Plattformen zwischen zwei Abrechnungsoptionen wählen, Kosten pro Klick (CPC) oder Kosten pro tausend Impressionen (CPM): • CPC (Cost per Click) ist das Abrechnungsmodell, welches am häufigsten Verwendung finden. Unternehmen zahlen nur dann, wenn NutzerInnen auf ihre Anzeige geklickt

4.4 Vertiefung: Digitale Kampagnen

163

haben. Der CPC ist ein effektives Abrechnungsmodell, wenn das Ziel darin besteht, Traffic auf eine Landing-Page zu lenken oder Verkäufe sowie andere Conversions (Aktionen) zu erzielen. Unternehmen können den CPC entsprechend ihres Budgets und Zielen anpassen. Wenn der CPC niedriger ist, kann es länger dauern, bis ein bestimmtes Budget aufgebraucht ist, aber es kann auch weniger Traffic generieren. Wenn der CPC höher ist, wird mehr Traffic auf die Website geleitet, aber das Budget wird schneller aufgebraucht. • CPM (Cost per Mile) ist ein Abrechnungsmodell, bei dem Unternehmen für jede tausendfache Impression bezahlt. Der CPM ist ein gutes Abrechnungsmodell, wenn das Ziel darin besteht, die Markenbekanntheit zu erhöhen oder die Reichweite einer Kampagne zu maximieren. Es ist auch eine Option, wenn Unternehmen sicherstellen möchten, dass ihre Anzeigen von vielen Personen gesehen werden, unabhängig davon, ob sie auf die Anzeige klicken oder nicht. Wie die Anzeigen technisch genau geschaltet werden, hängt von dem jeweiligen Werbeanzeigenmanager der Plattformen ab. Jede Plattform hat ihre eine eigene Benutzeroberfläche, auf der Werbetreibende die Anzeigen konfigurieren und verwalten können. Dabei können Unternehmen immer ihre Zielgruppe, ihr Budget und ihr Werbeformat auswählen. Anschließend wird die Anzeige von der jeweiligen Plattform geprüft und freigegeben. Die Performance der Anzeigen kann anschließend in Echtzeit überwacht werden, um eine schnelle Optimierung der Kampagne zu ermöglichen. Neben organischem und bezahltem Social-Media-Marketing haben Unternehmen auch die Möglichkeit, mit InfluencerInnen zusammenzuarbeiten und dadurch ihre Zielgruppe effektiv über eine ihnen bereits bekannte Person ansprechen und um ihre Produkte oder Dienstleistungen einem breiteren Publikum authentisch zu präsentieren. Eine der größten Herausforderungen im InfluencerInnen-Marketing besteht darin, den richtigen Influencer oder die richtige Influencerin auszuwählen. Die Auswahl der InfluencerInnen sollte nicht nur auf der Followeranzahl basieren, sondern viel mehr auf Faktoren wie der durchschnittlichen Engagement-Rate. InfluencerInnen mit vielen Followern, aber wenig Engagement (Kommentare und Likes), sind aus Marketingsicht häufig nicht so effektiv wie InfluencerInnen mit einer geringeren Anzahl an Followern, aber einer höheren EngagementRate. Die Wahl der InfluencerInnen hängt jedoch von dem Ziel der Zusammenarbeit ab und kann pauschal nicht bestimmt werden. Eine InfluencerIn, die sich auf eine bestimmte Nische oder ein Thema spezialisiert hat, kann für Unternehmen viel relevant sein, als breit aufgestellte InfluencerInnen. Dies liegt daran, dass diese InfluencerInnen ein tiefes Verständnis für diese Nische haben und ein engagiertes Publikum erreichen, das sich für dieses Thema interessiert. Solche Personen werden als Mikro-InfluencerInnen bezeichnet. Im Gegensatz dazu haben Makro-InfluencerInnen ein breiteres Publikum und sind in der Regel als generelle Personenmarke und nicht für die Behandlung eines Themas bekannt. Sie haben oft ein allgemeineres Interessenspektrum und Publikum. Unternehmen, die eine breitere Zielgruppe ansprechen möchten und keinen Nischenbezug benötigen, können auf eine Zusammenarbeit mit Makro-InfluencerInnen setzen.

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4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

Neben der Auswahl der richtigen InfluencerIn ist es auch wichtig, eine Grundlage für klare und transparente Zusammenarbeit zu schaffen. Beide Parteien sollten ihre Erwartungen und Ziele klar kommunizieren, um Missverständnisse und potenzielle Konflikte zu vermeiden. Darüber hinaus muss sicherstellt werden, dass die gesetzlichen Anforderungen an Werbung und dessen Kennzeichnung erfüllt wird. In vielen Ländern, auch in Deutschland, gibt es spezielle Richtlinien und Vorschriften, die Unternehmen und Influencer einhalten müssen, um Transparenz und in der Kommunikation mit den Followern zu gewährleisten. Influencer-Marketing kann ein effektives Instrument sein, um das Bewusstsein für eine Marke innerhalb des gewählten Zielgruppensegments zu steigern. Wenn Unternehmen jedoch die Herausforderungen des Influencer-Marketings nicht beachten, kann dies zu schlechten Ergebnissen führen oder sogar negativen Auswirkungen auf das Image des Unternehmens haben. Eine kluge Wahl der richtigen InfluencerInnen, eine transparente Zusammenarbeit, Authentizität und die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen sind daher entscheidend für den Erfolg des Influencer-Marketings auf Social-Media.

4.4.2.5 E-Mail-Marketing E-Mail-Marketing ist eines der wirkungsvollsten Tools, die Unternehmen und Werbetreibende heutzutage nutzen können, um bestehende oder potenzielle KundInnen anzusprechen und eine Beziehung zu ihnen aufzubauen. Zusätzlich bietet E-Mail-Marketing ein hohes Maß an Messbarkeit und ermöglicht genaues Nachverfolgen und Optimieren der Aktivitäten. E-Mail-Marketing wird zum Permission-Marketing gezählt, es benötigt die DSGVO-konforme Zustimmung der InteressentInnen oder KundInnen, bevor ihnen E-Mails zugesendet werden dürfen. Diese Zustimmung muss in Europa mittels DoubleOpt-in Verfahrens erfolgen, bei dem Personen ihre Eintragung in eine E-Mail-Liste bestätigen müssen, indem sie auf einen Bestätigungslink klicken bevor sie weitere Inhalte erhalten. So wird sichergestellt, dass sie tatsächlich die Zustimmung zur Anmeldung gegeben haben. Erst nach dieser Zustimmung können Unternehmen Personen erneut erreichen und müssendurch eine gute Beziehung sicherstellen, dass ihre E-Mails regelmäßig geöffnet, gelesen und positiv wahrgenommen werden. Aus diesem Grund benötigen Unternehmen, um erfolgreiches E-Mail-Marketing zu betreiben, eine gut strukturierte E-Mail-Listen, die nur aus Personen besteht, die sich aktiv für die Produkte oder Dienstleistungen des Unternehmens interessieren oder diese bereits gekauft haben. Dabei ist das generelle Aufbauen einer E-Mail-Liste für Unternehmen von entscheidender Bedeutung, da diese dazu beitragen kann, einen „echten Zielgruppenbesitz“ zu erzielen. Das bedeutet, dass Unternehmen die Kontrolle über die Kontaktdaten von InteressentInnen und KundInnen haben, anstatt sich auf Drittanbieter wie Social-Media-Plattformen oder Suchmaschinen zu verlassen, um ihre Zielgruppe planbar zu erreichen. Das Herzstück des E-Mail-Marketings ist daher die Gewinnung von relevanten Kontakten und dem Aufbau hochwertiger uns segmentierter E-Mail-Listen. Um eine E-Mail-Liste

4.4 Vertiefung: Digitale Kampagnen

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aufzubauen gibt es verschiedene Möglichkeiten. Eine weitverbreitete Methode zum Generieren von E-Mailadressen ist es, auf der eigenen Website ein Formular einzubetten, über das BesucherInnen der Website ihre E-Mail-Adresse hinterlassen können, um sich so für den Unternehmens-Newsletter anzumelden. Dieses Eintragen kann entweder auf der allgemeinen Website oder auf einer Landingpage erfolgen, die speziell zu diesem Zweck erstellt wurde. Häufig wird der Newsletter-Opt-in (die Einwilligung zum Erhalten des Newsletters oder anderen Werbemails) auch beim Kauf über einen Onlineshop getätigt. Unternehmen haben auch die Möglichkeit einen sogenannten „Lead-Magnet“zu verwenden, es handelt sich hierbei um eine Resource oder ein Angebot, das NutzerInnen im Austausch für ihre Kontaktinformationen erhalten. Der Grund, warum Unternehmen einen Lead-Magneten nutzen sollten ist, dass die Bereitschaft die E-Mail-Adresse zu hinterlassen durch den empfundenen Gegenwert erhöht wird, besonders wenn der Lead-Magnet relevant für die Zielperson ist. Ein guter Lead-Magnet ist somit etwas, das Unternehmen potenziellen KundInnen anbieten, um ihre Kontaktdaten zu sammeln und sie in Leads, also InteressentInnen zu verwandeln. Einige Faktoren, die einen Lead-Magneten ausmachen, sind: Relevanz: Der Lead-Magnet muss auf die Interessen und Bedürfnisse der Zielgruppe abgestimmt sein. Wert: Der Lead-Magnet sollte versuchen einen unwiderstehlichen Mehrwert bieten, der die Zielgruppe dazu motiviert ihre Kontaktdaten anzugeben. Einfachheit: Der Lead-Magnet sollte einfach zu verstehen und leicht zugänglich sein. Klarheit: Der Lead-Magnet muss die Erwartungen der Zielgruppe klar kommunizieren, um Missverständnisse zu vermeiden. Um diese Faktoren zu bedienen, gibt es drei Arten von Lead-Magneten, die angeboten werden können: 1. Informationsangebote: Hierbei handelt es sich um Lead-Magneten, die wertvolle Informationen und Wissen bereitstellen, wie beispielsweise Whitepapers, E-Books oder Webinare. Sie zielen darauf ab, das Interesse potenzieller KundInnen zu wecken und ihr Vertrauen mittels der angebotenen Ressource zu gewinnen, indem sie beispielsweise ein konkretes Problem der Zielgruppe angehen und praktisch anwendbare Informationen enthalten. Informationsangebote dienen oft als Sprungbrett zu kostenpflichtigen Lösungen, da sie potenzielle KundInnen dazu animieren sollen, mehr über die kostenpflichtigen Angebote des Unternehmens zu erfahren. Diese Art von Lead-Magneten wird vor allem im B2B eingesetzt, kann aber auch für höherpreisige oder erklärungsbedürftige B2C-Angebote sinnvoll sein.

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4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

2. Rabattaktionen: Bei dieser Art von Lead-Magnet bieten Unternehmen Rabatte oder Gutscheine für Produkte oder Dienstleistungen an. Sie zielen darauf ab, potenzielle KundInnen zu motivieren, ihre Kontaktdaten anzugeben, indem sie ihnen einen Anreiz bieten, Vergünstigungen zu erhalten. Rabattaktionen werden insbesondere im E-Commerce eingesetzt. 3. Gewinnspiele oder Verlosungen: Durch die Teilnahme an einem Gewinnspiel oder einer Verlosung können potenzielle KundInnen ihre Kontaktdaten angeben und haben die Chance, einen Preis zu gewinnen. Diese Art von Lead-Magneten kann universell eingesetzt werden, erfordert jedoch einen Preis, der von der Zielgruppe wertgeschätzt wird. Die Wahl des richtigen Lead Magneten hängt von der Zielgruppe und den Zielen des Unternehmens ab. Dabei sollten Lead-Magneten immer wieder gegeneinander getestet und optimiert werden. Je zielgruppenspezifischer der Lead Magnet, desto hochwertiger auch die E-Mail-Liste. Im Idealfall erstellen Unternehmen für jede Phase des Funnels ein spezifisches Angebot oder eine Ressource, um die verschiedenen Bedürfnisse der potenziellen KundInnen bedienen zu können. Die erstellten Lead-Magneten können auch über andere Marketing-Kanäle beworben werden, um die E-Mail-Liste zu füllen und den Zielgruppenbesitz weiter auszubauen. Eine praktische Kombination sind Werbeanzeigen zu Lead Magnet zu E-Mail-Marketing. Die Häufigkeit, mit der Unternehmen E-Mails versenden sollten, hängt dabei von verschiedenen Faktoren ab, wie der Branche, der Zielgruppe und der Art der E-Mails. Das zu häufige Versenden von E-Mails kann die Adressaten belästigen und zu Abmeldungen oder niedrigen Öffnungsraten führen, während ein zu seltenes Versenden von E-Mails die Folge haben kann, dass das Unternehmen aus dem Gedächtnis der Personen verschwindet. Als grobe Orientierung sollten Unternehmen im Durchschnitt ein bis acht E-Mails pro Monat versenden. Bei einer Zielgruppe, die sich für die Produkte oder Dienstleistungen des Unternehmens stark interessiert und offen für regelmäßige Updates ist, können Unternehmen möglicherweise mehrere E-Mails pro Woche senden. Andererseits können Unternehmen bei einer Zielgruppe, die weniger engagiert ist oder sich nur für bestimmte Themen/Projekte interessiert, eine niedrigere Frequenz sinnvoller sein. Unternehmen sollten sicherstellen, dass sie eine klare Botschaft vermitteln und Mehrwert in jeder E-Mail bieten, um das Interesse und Engagement der Personen auch für die nächste E-Mail aufrechtzuerhalten. Arten von E-Mails, die versendet werden können, sind: • Newsletter: Newsletter sind regelmäßig versendete E-Mails, die Informationen über Neuigkeiten oder Informationen über relevante Themen enthalten. Newsletter zielen darauf ab, das Interesse und die Bindung der Zielgruppe aufrechtzuerhalten. • Verkauf-E-Mails: DieseE-Mails enthalten spezielle Angebote oder Rabatte für Produkte oder Dienstleistungen des Unternehmens. Angebots-E-Mails zielen darauf ab, potenzielle KundInnen zu motivieren jetzt eine Kaufentscheidung zu treffen und den Umsatz des Unternehmens zu steigern.

4.4 Vertiefung: Digitale Kampagnen

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• Follow-up E-Mails: Diese Art von E-Mail wird gesendet, um eine Beziehung zu spezifischen potenziellen KundInnen aufzubauen oder zu vertiefen. Follow-up E-Mails können beispielsweise nach einem Verkauf oder einer Anfrage gesendet werden, um Feedback zu sammeln oder weitere Angebote zu unterbreiten. • Reaktivierungs-E-Mails: Um KundInnen oder InteressentInnen wieder zu erreichen, die das Interesse am Unternehmen verloren haben oder seit längerer Zeit nicht mehr aktiv waren, können besondere Rabatte oder Ressourcen genutzt werden. Reaktivierungs-EMails zielen darauf ab, das Interesse und die Bindung der Zielgruppe wiederherzustellen und sie zurückzugewinnen. • Transaktionale E-Mails: Transaktions-E-Mails werden automatisch ausgelöst und versendet, um über eine abgeschlossene Transaktion zu informieren, beispielsweise eine Bestell- oder Versandbestätigung. Um die verschiedenen Arten der E-Mails effektiv und effizient zu nutzen, müssen Unternehmen und Werbetreibende auf E-Mail-Marketing Software zurückgreifen. Darunter „MailerLite“, „Mailchimp“, „Brevo“, „CleverReach“ und andere. Sofware ermöglicht es segmentierte E-Mail-Listen aufzubauen, E-Mails geplant zu versenden, wiederverwendbare Vorlagen zu erstellen und Automatisierungen einzurichten. Besonders E-Mail-Automatisierungen können Unternehmen dabei helfen, komplexe E-Mail-Marketingkampagnen auf der Basis des Verhaltens individueller Personen durchzuführen. Im Gegensatz zu manuellen Prozessen, bei denen jedes E-Mail einzeln erstellt und gesendet wird, wie beispielsweise bei einem Newsletter, ermöglicht die E-MailAutomatisierung die autonome Erstellung, Personalisierung und Versendung von E-Mails basierend auf bestimmten Ereignissen oder Aktionen einzelner Personen. Zum Beispiel kann ein Unternehmen eine automatisierte E-Mail-Kampagne erstellen, die dann ausgelöst wird, wenn BestandskundInnen ein Produkt in den Warenkorb legen, aber den Kauf nicht abschließen. Die Software kann dann automatisch eine personalisierte E-Mail versenden, um die entsprechende Person an das Produkt zu erinnern oder einen spezifischen Rabatt anzubieten, um den Kauf doch noch abzuschließen. Unternehmen können auch die Daten ihrer Liste nutzen, um personalisierte E-Mails zu erstellen, die auf dem Verhalten, den Vorlieben und Interessen der Personen basieren. EMail-Marketing und -Automatisierung kann mittels A/B-Tests weiter optimiert werden. Mit genügend Daten wird so der richtige Versandzeitpunkt gefunden und die beste Betreffzeile identifiziert. In diesem Kontext gibt es einige wichtige Aspekte, die bei der Gestaltung von E-Mails zu beachten sind: • Der Betreff der E-Mail muss kurz, prägnant und ansprechend formuliert sein, um das Interesse der EmpfängerInnen zu wecken und sie zur Öffnung der E-Mail zu motivieren.

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4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

• Die E-Mail sollte personalisiert sein, indem der Empfänger mit seinem Namen angesprochen wird. Durch eine Segmentierung der E-Mail-Liste in Gruppen können verschiedene Interessen und Bedürfnisse weiter berücksichtigt werden. • Der Text der E-Mail sollte sowohl klar und verständlich sein, als auch versuchen einen direkten Mehrwert für die EmpfängerInnen bieten. • Der Call-to-Action (CTA) muss auf eine eindeutige Aktion abzielen, die die EmpfängerInnen ausführen sollen. Der CTA sollte auffällig und gut platziert sein, um die EmpfängerInnen zur gewünschten Handlung zu motivieren. Hier ist es wichtig zu betonen, dass pro E-Mail nur ein einziger CTA verwendet werden sollte. E-Mail-Marketing kann als wertvolle Ergänzung zu anderen Marketingmaßnahmen oder auch als alleinstehender Kanal eingesetzt werden. Dabei ist der bewusste Aufbau einer segmentierten Liste entscheidend, um im Anschluss KundInnen und InteressentInnen mit relevanten Informationen zu versorgen und die Bindung zu vertiefen. Auch wenn Unternehmen im Moment nicht vorhaben E-Mail-Marketing zu nutzen, schadet es nicht, mindestens ein Newsletter-Formular auf der Website zu platzieren. Die E-Mail-Adressen können jetzt gesammelt und später genutzt werden.

4.4.3

Management Summary und Praxistipps

Marketing Funnel und Customer Journey beachten: Es sollte sichergestellt werden, dass Unternehmen für jede Ebene des Marketing Funnels passende Inhalte erstellt haben, um interessierte Personen innerhalb der Zielgruppe anzusprechen und diese in KundInnen zu konvertieren. Es ist dabei wichtig, eine ganzheitliche Strategie zu entwickeln, die verschiedene Kanäle wie SEO, SEA, Social-Media-Marketing und E-Mail-Marketing umfasst. Falls e ganzheitliche Strategie nicht umgesetzt werden kann, sollte stattdessen eine Maßnahme besonders tief ausgebaut werden. KPIs definieren: Einzelne Kampagnen und Maßnahmen müssen messbare Ziele (KPIs) verfolgen, um Erfolge oder Misserfolge messen und optimieren zu können. Eine Kampagne kann beispielsweise den Fokus auf Reichweiten-Gewinnung oder Produktverkauf haben, versucht ein Unternehmen jedoch beides in nur einer Kampagne zu erreichen, wird diese für beide Ziele ineffizient sein und mehr Budget verbrauchen. Website als Katalysator: Eine Website ist keine Visitenkarte mehr. Sie sollte vielmehr als Hub für andere Maßnahmen fungieren und besonders die Messung von KPIs fördern. Eine Website sollte dabei benutzerfreundlich und responsive (mobilfreundlich) gestaltet sein, um eine hohe Verweildauer und geringe Absprungraten zu erreichen. Durch die gezielte Platzierung von Call-to-Actions und der Verwendung von Tracking-Tools können unter anderem Seitenaufrufe und die Conversion-Rates von anderen Kanälen gemessen und optimiert werden.

4.4 Vertiefung: Digitale Kampagnen

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Auf Suchmaschinen präsent sein: Top-Ergebnisse in Suchmaschinen sind wertvolle und langfristige Traffic-Quellen. Personen suchen nach Antworten auf Fragen oder möchten Bedürfnisse befriedigt bekommen. Unternehmen, die genau das liefern, wonach gesucht wird, verknüpfen sich so direkt mit kaufbereiten InteressentInnen und bauen sich nebenbei einen konstanten Traffic-Strom auf, um ihre Sichtbarkeit im Netz dauerhaft zu steigern. Social-Media wird immer relevanter: Unternehmen sollten nicht mehr nur auf eine einseitige Kommunikation setzen, sondern den Dialog mittels Community Management fördern. Social-Media ermöglicht authentisch Vertrauen aufzubauen, was langfristig zu einer stärkeren KundInnenbindung führen kann. Durch die aktive Kommunikation können Unternehmen auf Fragen, Anregungen oder Beschwerden von KundInnen direkt eingehen und dadurch ein weiter ein positives Image aufbauen. Auch der Austausch mit der Zielgruppe kann wertvolle Informationen für das Marketing oder auch für die Produktentwicklung liefern. Fokus auf hochwertigen Content: Einzigartige Inhalte, die auf die Zielgruppe ausgerichtet sind, werden besser funktionieren als Trends und auf Masse produzierter Content. Hochwertiger Content ist unverzichtbar, um eine bleibende Onlinepräsenz aufzubauen und das Vertrauen der Zielgruppe zu gewinnen. Inhalte sollten daher weder generisch noch ausschließlich informativ sein, sondern auch unterhaltsam und ansprechend aufbereitet werden. Content recyceln: Die Erstellung von Inhalten ist ressourcenintensiv.Bereits vorhandene Inhalte sollten daher wieder und wieder verwendet werden. So kann aus einem informativen Leitfaden ein Blogbeitrag, ein Video, eine Podcastfolge und ein Lead-Magnet erstellt werden und die Inhalte so auf verschiedenen Wegen verteilt werden. Dies spart Zeit und Ressourcen und ermöglicht es Unternehmen, ihre Inhalte auf mehreren Plattformen und in verschiedenen Formaten zu präsentieren. Durch die Wiederverwendung von Inhalten können Unternehmen auch sicherstellen, dass ihre Botschaft konsistent bleibt und die Marke einheitlich wahrgenommen wird. E-Mail-Adressen immer sammeln: E-Mail-Marketing kann parallel zu anderen Maßnahmen laufen und ist durch den direkten Zielgruppenbesitz und die geringen Kosten für Werbetreibende besonders attraktiv. Mit der Zeit, durch mehr Kontakte und Daten oder NutzerInnen Feedback, wird diese Maßnahme immer effektiver. Es sollte daher versucht werden, immer und überall E-Mail-Adressen zu sammeln. Eine Möglichkeit hierfür ist beispielsweise die Implementierung von Pop-ups auf der eigenen Website, die den Nutzerinnen und Nutzern ein Angebot machen, das sie im Austausch gegen ihre E-Mail-Adresse erhalten. Auch Social-Media-Posts oder Veranstaltungen können genutzt werden, um Kontaktdaten zu sammeln und das eigene E-Mail-Marketing zu erweitern. Dabei sollte die E-Mail-Liste so segmentiert werden, dass nachverfolgt werden kann, welcher Kontakt aus welcher Quelle stammt.

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4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

Ad-Creatives werden wichtiger: Durch die vermehrt eingeschränkten Targetierungsoptionen wird die Ausspielung von Werbeanzeigen immer mehr den Algorithmen überlassen. Das bedeutet, dass die klassische Zielgruppen-Definition mittels demografischer Merkmale weiter in den Hintergrund rückt. Unternehmen müssen daher auf die genaue Ansprache innerhalb ihrer Anzeigen achten, damit die Algorithmen die Zielgruppe selbst definieren können und die Anzeige dementsprechend ausspielen. Auch die Gestaltung der Anzeige selbst, wie beispielsweise die Art der Anzeige oder auch nur die Platzierung des Call-to-Actions, kann bei der Optimierung eine wichtige Rolle spielen. Durch die kontinuierliche Überprüfung und Verbesserung der Anzeigen kann sichergestellt werden, dass sie möglichst effektiv sind und eine hohe Conversion-Rate aufweisen. Veränderungen akzeptieren und nutzen: Online-Marketing wandelt sich stetig und es kann schwierig sein auf dem neuesten Stand zu bleiben. Jedoch bietet gerade die Veränderungen neuen Möglichkeiten und Chancen sich gegen Mitbewerber durchzusetzen. So können beispielsweise neue Contentformate auf Social-Media-Plattformen oder neue Anzeigen-Erweiterungen im SEA ein Schub für die Onlinepräsenz darstellen, da die Plattformen neue Features meist fördern und deren Nutzung durch geringere Kosten oder mehr Reichweite belohnen. Es ist daher wichtig, stets offen für Veränderungen zu sein und neue Ideen einfach auszuprobieren.

Jan Roland Donaj

Jan Donaj arbeitet seit 2016 im Online-Marketing und forscht seit 2020 an Künstlicher Intelligenz im Marketing. Durch die Begleitung verschiedenster Projekte konnte er sein breites Marketing-Wissen kontinuierlich erweitern. Dabei hat er sowohl mit innovativen Marketing-Methoden, als auch mit digitalen (KI-)Tools viel Erfahrung gesammelt und gibt diese innerhalb Workshops weiter.. Vor allem unterstützt Jan mit seiner Agentur Magneteffekt B2B-Dienstleister dabei, mehr Erstgespräche zu sichern und bessere Aufträge zu gewinnen.

4.5 Vertiefung: Mediaplanung „in the digital age“

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Und jetzt „Bühne frei“ für Dr. Peter Petermann, der seit vielen Jahren leitende Funktionen in der Mediastrategie innehat – und ein hervorragendes Buch zur Markenführung geschrieben hat, „Marke und Gedächtnis“ (https://t1p.de/ow6q7). Darin erklärt er u. a. kurzweilig und mit vielen Beispielen, was ein Consumer Insight genau ist und wie man daraus Kampagnen entwickelt. Im folgenden Text zeigt er uns, worauf man bei der Mediaplanung achten muss, wenn man digital geht.

4.5

Vertiefung: Mediaplanung „in the digital age“

Von Dr. Peter Petermann, Wunderman Thompson Switzerland AG, Zürich, petermann@ moskeeto.de Die Medienlandschaft wird immer digitaler, also wird auch die Mediaplanung digital. Diese Aussage ist zwar richtig, aber natürlich auch sehr stark verallgemeinert. Denn neben der Planung, also der Aussteuerung digitaler Kanäle gehört zur Mediaplanung „in the digital age“ beispielsweise auch der Umgang mit Daten, der Einsatz von hochkomplexen Algorithmen und Planungstools, die Künstliche Intelligenz nutzen sowie die integrierte Betrachtung von Branding und Sales. Dieses Kapitel erklärt die wichtigsten Instrumente digitaler Planung und erläutert deren optimalen Einsatz. Zudem beschäftigt es sich mit der Frage, warum klassische, analoge Medien trotz aller Digitalisierung nach wie vor so erfolgreich sin.

4.5.1

Mediaplanung ist auch nicht mehr das, was sie mal war

Die US-Serie Mad Men wird von Menschen in Media-Agenturen gerne als Beispiel genommen, um zu zeigen, wie sich der Mediaplaner Harry Crane vom Nerd zum coolen Hecht entwickelt. Sozusagen stellvertretend für die gesamte Branche. Und das stimmt auch, zumindest in der Serie. Muss er zu Beginn der Serie noch Fliege tragend im Hinterzimmer TV-Spots zählen, ist er am Ende derjenige, der der Agentur den Weg nach Kalifornien ebnet und dort schon lässige Poolpartys feiert, während man in New York noch steif am Martini nippt. Aber auch im echten Leben hat die Branche innerhalb weniger Jahre gleich mehrere bemerkenswerte Transformationen hingelegt. Zunächst Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre als sich die Mediaabteilungen der großen Network-Agenturen von den KreativAgenturen abnabelten und anfingen, richtig Geld zu verdienen. Mit Margen, von denen man, ab dann, in Kreativ-Agenturen nur noch träumen konnte. Das war einerseits dem Zeitgeist und andererseits dem Markt geschuldet. Immer mehr KundInnen investierten immer größeres Budget und gleichzeitig stand plötzlich dank Privatfernsehen sehr viel mehr Fläche zur Verfügung. Es war ein „Buyers Market“ und die Sender lockten teilweise mit aberwitzigen Rabatten, von denen die Agenturen den Löwenanteil einstrichen.

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4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

In den folgenden Jahren bestand die Aufgabe der Media-Agenturen vor allem darin, durch geschicktes Verhandeln diese Rabatte immer weiter zu erhöhen, denn immer mehr KundInnen wollten ihren Fair Share von diesen Vergünstigungen. In diesen Jahren bestand die Planung der Agenturen vor allem darin, nach noch besseren Deals für KundInnen und Agenturen zu suchen. Die zweite, sehr viel wichtigere Transformation fand dann ab Mitte der 2000er statt. Und die dauert bis heute an. Getrieben durch die digitale Revolution und die damit verbundene Vervielfachung der möglichen Touchpoints wurde die Auswahl der richtigen Kanäle immer schwieriger. War die Medienlandschaft in den 80ern und 90ern noch vergleichsweise überschaubar, explodierte sie gleichsam in den ersten Jahren des neuen Millenniums. Um diese ungeheure Komplexität zu managen, benötigt man immer kompliziertere Algorithmen, mit denen man den optimalen Mix der Kanäle berechnen und den Wirkungsgrad des eingesetzten Budgets maximieren kann. Letztlich geht es darum, das Zusammenspiel aus Effizienz und Effektivität, also die Produktivität des MediaInvestments immer weiter zu erhöhen. MediaplanerInnen sind also in gewisser Weise die Investment-BeraterInnen des Marketings. Mit diesem geänderten Selbstverständnis ändert sich natürlich auch die Stellenbeschreibung der MediaplanerInnen. Das fängt beispielsweise damit an, dass man als MediastrategIn inzwischen ganz selbstverständlich mit den KundInnen Diskussionen über Wachstums-Strategien führt. Wo soll zukünftiges Wachstum herkommen? Welche Potenziale soll die Marke zukünftig stärker ausschöpfen? Welche Hebel müssen dafür genutzt werden? Und die Antworten auf diese Fragen kommen immer häufiger aus Abteilungen wie Advanced Analytics oder Business Science, über die Media-Agenturen inzwischen meist verfügen. Diese Abteilungen können mit Daten aus dem Marketing sehr präzise Modelle kreieren, die Aufschluss über mögliche neue Zielgruppen-Segmente geben, KategorieEntwicklungen prognostizieren oder relative Schwächen oder Stärken gegenüber dem Wettbewerb offenlegen. Aus diesen Insights ergeben sich dann mögliche BusinessStrategien, die am Ende beispielsweise einen direkten Einfluss auf Zielgruppen-Auswahl, die Wahl der richtigen Touchpoints oder auf die Höhe des benötigten Budgets haben. Auch sollte man in dieser neuen Rolle als ConsultantIn schon mal über den Tellerrand eines klassischen Medienverständnisses hinausblicken. Da in der digitalen Welt Branding und Sales immer stärker zusammenrücken, eröffnet sich in der Welt von eCommerce ein neues Betätigungsfeld für Mediaagenturen. Egal ob auf Plattformen wie Amazon, den Online-Kanälen großer Retailer oder eigenen Webshops („direct to comsumer“ oder D2C): Marken können heute bis zum allerletzten Moment der Shopper Journey mit den VerbraucherInnen interagieren. Über viele Jahre galt das Diktum, dass Marken „Above the line“ gebaut und „Below the line“ verkauft werden. Es gab eine klare Trennung zwischen dem „Point of Engagement“ und dem „Point of Sale“. Die Aufgabe von Media in dieser Welt war es, die

4.5 Vertiefung: Mediaplanung „in the digital age“

173

VerbraucherInnen möglichst nah an den Verkaufskanal zu begleiten. Danach haben dann die HandelsexpertInnen übernommen, die genau wussten, wie man eine Marke am besten im Regal inszeniert. In der heutigen, digitalen Welt verschmelzen diese beiden Punkte jedoch, und die magische „Linie“, die beide Welten trennt, löst sich langsam auf. Auf der einen Seite gibt es bereits heute hybride Plattformen wie Tmall, Pinterest oder Etsy, die Marketern eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Markeninszenierung bieten und gleichzeitig Abverkaufskanal sind. Umgekehrt nutzen Marken immer häufiger ihre digitale „Verkaufsfläche“ zur Präsentation ausgefeilter Markenbotschaften und zur Interaktion mit den KonsumentInnen, um dann direkt in den Kaufakt überzuleiten. Da der Platz „im Regal“ in der digitalen Welt praktisch unbegrenzt ist, bilden diese Plattformen eine ideale Schnittstelle zwischen Content und Commerce. Auch in der „realen Welt“ gibt es immer mehr Marken, die noch auf „dem letzten Meter“ mit den KonsumentInnen interagieren: Mit Location Based Marketing kann man ziemlich genau bestimmen, wann ein/e KonsumentIn wohl kurz vor dem Regal sein wird und dementsprechend mit ihr/ihm kommunizieren. Und wenn sie/er im Laden ihr/sein Handy zückt, beispielsweise um Preise zu vergleichen oder sich Produktrezensionen durchzulesen, können Marken natürlich ebenfalls die Chance nutzen, die/den potenzielle/n KundIn gezielt zu beeinflussen. Kurz gesagt, schon jetzt ist oft nicht mehr klar, wo „Engagement“ aufhört und „Abverkauf“ beginnt. Schaut man auf Märkte, die digital weiter sind als wir, beispielsweise die USA oder China, dann zeigt sich, dass die Zukunft noch sehr viel integrierter sein wird, als bisher bei uns üblich – dort verschmelzen Markenbildung und Sales zu einem komplett integrierten Marketing-Ökosystem. Komplett vernetzt, datengetrieben und vor allem für die Verbraucherin unfassbar einfach zu navigieren. Natürlich haben Marketer schon immer versucht, beide Aspekte miteinander zu kombinieren: „build your brand while you make the sale“ ist ein oft gehörter Spruch in Pitch-Präsentationen. Und tatsächlich können gut gemachte Promotions auch das Markenimage, ja sogar die Markenbekanntschaft, nachhaltig positiv beeinflussen. Aber wenn wir ehrlich sind, dann tun die allermeisten Verkaufsförderungsaktionen (VkF) nicht wirklich etwas für die Marke – sie werden ausschließlich an den Verkaufszahlen gemessen. Flagship-Stores oder Pop-Up-Stores dienen zwar ebenfalls zur Markenbildung und sind – zumindest theoretisch – auch Verkaufskanal; aber solche Aktionen sind nicht wirklich skalierbar und nicht massentauglich. Erst das Internet, speziell moderne eCommerce-Plattformen, eröffnen eine neue Dimension, denn sie ermöglichen es Marken, tatsächlich Teil des Kauf-Moments zu werden und sind längst mehr als nur Abverkaufskanal. Amazon beispielsweise ist sehr viel mehr als nur ein Händler (oder Händler-Plattform, je nachdem). Amazon ist mittlerweile die weltweit größte Bewertungsplattform für Marken, ein ernstzunehmender Entertainment-Kanal, Logistik-Riese, Datensammler und dank Alexa bald auch ständiger Begleiter und Persönlicher Digitaler Assistent in unseren Wohnungen und Büros. Für einige Hersteller, z. B. von Batterien, erwächst in Amazon gerade

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ein echter Mitbewerber, der Commodities mit ähnlichen Abschlägen verkaufen kann wie REWE seine Handelsmarken. Und Amazon ist eben auch ein Mediakanal mit enormer Reichweite. Zeitgemäße Media-Agenturen verfügen daher längst über ExpertInnen, die genau wissen, wie man diesen und ähnlich Kanäle medial bespielt. Nicht nur, indem man dort Werbung schaltet, sondern auch mit Branding-Momenten, die man dort inszenieren kann. Ein Beispiel aus China sind hier die sogenannten Super Brand Days auf Tmall, Chinas Amazon. Marken können dann 24 h lang die gesamte Opening Page von Tmall übernehmen und komplett nach eigenen Vorgaben gestalten und bespielen. Sie können damit hunderte von Millionen Menschen, die täglich auf diese eCommerce-Seite kommen, gleichzeitig mit einem integrierten Shopping/Branding-Erlebnis erreichen. Procter & Gamble hat diese Möglichkeit beispielsweise am „Internationalen HändeWaschtag“ für die Seifenmarke Safeguard genutzt (den Tag gibt’s tatsächlich, er hat aber in China eine besondere Bedeutung, auch schon vor Corona. Stichwort: Volksgesundheit). Den ganzen Tag lang war die super-mega Popband TFBoys (Popularität: Backstreet Boys hoch 10) live „on air“ und hat Konsumentinnen und ihren Kids gezeigt, wie man sich richtig die Hände wäscht. Man kann sich zwar nicht so richtig vorstellen, dass sich bei uns irgendjemand so etwas ansehen würde – in China ist solcher Content aber ein absoluter „Straßenfeger“ (wie man zu sagen pflegte, als es noch kein Internet gab). Es versteht sich von selbst, dass das eigentliche Seifenprodukt nur einen Klick entfernt war – und sich prächtig verkauft hat. Natürlich kann man China nicht eins-zu-eins mit Deutschland (oder pauschaler: „dem Westen“) vergleichen. Dennoch ergeben sich meiner Meinung nach aus den chinesischen Beispielen eine ganze Reihe von Anregungen für Marketer hierzulande. Und das betrifft zunächst einmal die traditionelle konzeptionelle Trennung von Branding und Sales. Im digitalen Raum beginnt diese Trennung schon damit, dass in den meisten Unternehmen (und dementsprechend: Agenturen) das Marken- und das eCommerce-Team in getrennten Abteilungen sitzen und über getrennte Budgets verfügen. Aus meiner Sicht ist das ein komplett überholtes Modell: Es gibt genügend Forschung (z. B. Ehrenberg-Bass), die belegt, dass Marke Sales treibt und umgekehrt. Wir wissen, dass Branding (also „Mental Availability“) einen erheblichen Anteil am organischen Traffic auf eComm-Seiten hat, und auch einen positiven Einfluss auf die Conversion Rates in den Webshops selbst. Umgekehrt treibt jeder Kaufakt (egal ob online oder offline) den Share of Mind12 . 12 „Share of mind“ ist ein Begriff im Marketing, der sich auf den Prozentsatz der mentalen Präsenz

bezieht, den eine Marke oder ein Produkt im Geist der Verbraucher hat. Es misst, wie oft Verbraucher an eine bestimmte Marke oder ein bestimmtes Produkt denken, wenn sie an eine bestimmte Kategorie oder einen bestimmten Bedarf denken. Ein höherer „Share of mind“ bedeutet, dass eine Marke oder ein Produkt im Vergleich zu ihren Wettbewerbern besser in den Köpfen der Verbraucher verankert ist. Ein höherer „Share of mind“ kann auch dazu führen, dass Verbraucher eine Marke bevorzugen und letztendlich häufiger kaufen oder empfehlen.

4.5 Vertiefung: Mediaplanung „in the digital age“

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Daher brauchen wir einen vereinheitlichten Planungs- und Budgetierungs-Ansatz, der Branding und Commerce als ein holistisches Ganzes betrachtet („End-to-end“) und sowohl die Strategie als auch die Budget-Verteilung an einer einheitlichen Größe (nämlich den Sales) ausrichtet. Den richtigen Budget-Split zu modellieren ist heute kein Hexenwerk mehr und Media-Agenturen verfügen über die notwendigen Analysetools dafür. Auch das ist ein Beispiel für die neue Art der Beratung von Mediaagenturen, in der es immer mehr um die richtigen Investitionen geht und nicht mehr nur um Rabatte. 

Tipp: Sechs Empfehlungen für eCommerce-Aktivierungen in Media Basierend auf der Arbeit mit End-to-end-Strategien lassen sich sechs universelle Empfehlungen formulieren: • Um Relevanz für die eCommerce-Aktivierung zu schaffen, sollte man einen saisonalen oder speziellen Anlass nutzen. Beispiel: der Internationale Hände-Waschtag; ein solcher Anlass erlaubt es, sowohl Content zu generieren als auch organischen Traffic zum Shop zu erzeugen. • Was in China die„Key Opinion Leader“ (KOLs), sind bei uns InfluencerInnen im Netz.Es hat sich gezeigt das Social Commerce immer wichtiger wird, um Branding und Sales zu verknüpfen. Media-Strategien sollten auf diesen Kanal nicht mehr verzichten. • Content, Content, Content! Insbesondere Video Content, in dem das Produkt zum Hero wird, kann helfen, aus einem Branding- einen Shopping-Moment zu machen. Unbedingt sicherstellen: Das Video muss „shoppable“ sein, also direkt auf die Shopping-Seite verlinken. • Reichweite ist nach wie vor essenziell. Auch wer seine Marke am PoS bauen will, braucht Reichweite – aber es muss eben digitale Reichweite sein, die direkt zum Shop führt. Live Streaming und Online-TV sind derzeit gute Möglichkeiten, relevante digitale Reichweite zu generieren.„Addressable TV“ wird bald ebenfalls massentauglich sein. • „Test and learn“. Markenarbeit am „digitalen“ Point of Sale ist noch recht neu, d. h. es gibt kaum historische Daten. Daher müssen Marken jetzt noch„Lehrgeld zahlen“ und bereit sein, Fehler zu machen. • Ohne Daten geht nichts. Das ist für Deutschland sicherlich das Learning, das am schwierigsten umzusetzen ist: Wie verknüpft man ShopperInnen-Daten mit UserInnen-Daten? Ich empfehle hier strategische Allianzen mit großen DatenAnbietenden, aber auch mit Agenturen, die über die geeigneten Tools verfügen.

Ein wichtiges Instrument dafür sind sogenannte Attribution Modellings. Die „ClickThrough“-Logik von digitaler Kommunikation scheint auf den ersten Blick verführerisch einfach: Da wir wissen, von wo eine Konsumentin auf die Markenseite oder in den Webshop kommt, liegt es nahe, diese Quelle positiv zu bewerten. Anders gesagt: Wenn ich eine Banneranzeige auf einem Vergleichsportal schalte und jemand darauf klickt, dann könnte man vermuten, dass dieser Banner der Auslöser für die Conversion war. Dementsprechend

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4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

würde man den Beitrag dieses Banners zum Kampagnenziel höher werten als beispielsweise den Beitrag eines Posts auf Instagram oder eines Pre-Roll-Videos auf YouTube. Maßnahmen also, die keine direkte Aktion nach sich gezogen haben. Diese Logik nennt man „Last Click Attribution“ und sie ist – leider – weitverbreitet. Was diese Herangehensweise übersieht, ist, dass sämtliche Kontakte, die vor diesem „Last Click“ stattgefunden haben, natürlich einen mindestens ebenso wichtigen Einfluss auf die Klick-Entscheidung haben wie die Anzeige selbst. Das kann man zum Beispiel daran sehen, dass auf Google nicht automatisch das allererste Suchergebnis angeklickt wird – das positive Bild, das ich von einer Marke schon vorher gewonnen habe, führt dazu, dass auch der dritte, vierte oder fünfte Eintrag auf Google noch Klicks nach sich zieht. Google Analytics bietet ein relativ einfaches Tool, mit dem man unterschiedlich Attribution-Modelle auf sein digitales Ökosystem anwenden kann. Man hat dort die Wahl zwischen verschiedenen Attributions-Logiken, z. B. „Last Click“, „First Click“, „Linear“ oder „Position Based“, die aber die Journey allesamt sehr vereinfacht betrachten. Man kann auf Google Analytics aber auch ein datengetriebenes Modell nutzen, welches die tatsächliche Journey für jede Marke präzise abbildet. Hierbei werden die Daten für jeden „Conversion-Event“ aggregiert und als Basis für eine Berechnung des Beitrages von jedem einzelnen Click bzw. Touchpoint auf die schlussendliche Conversion herangezogen. Diese datenbasierte Attribution nutzt Künstliche Intelligenz: Computergenerierte Algorithmen lernen aus Faktoren wie Dauer der Journey, Anzahl der Touchpoints oder Länge der Interaktion im Laufe der Zeit, welche dieser Faktoren die höchste Korrelation mit dem erwünschten Ergebnis haben. So lässt sich mit einer steigenden Wahrscheinlichkeit der tatsächliche Beitrag eines jeden Touchpoints berechnen. Das Problem dieser Berechnung ist allerdings: Sie beschränkt sich ausschließlich auf digitale Kanäle. Analoge Medien wie TV oder Print lassen sich in diesen Berechnungen nicht wirklich abbilden, jedenfalls nicht von den Algorithmen, mit denen Google Analytics arbeitet. Media-Agenturen sehen hierin eine Chance. Einige von ihnen verfügen inzwischen über komplexe Analysetools, die in der Lage sind, sämtliche Touchpoints entlang der Customer Journey in die Betrachtung miteinzubeziehen, auch die nicht-digitalen. Mit diesen Berechnungen – egal ob rein digital oder auch analog – lassen sich dann tatsächlich valide Aussagen treffen über die Effizienz und die Effektivität der einzelnen Kanäle, was dann wiederum klare Investmentempfehlungen nach sich zieht. Und im Gegensatz zu den Ratschlägen echter Investmentberater sind die ökonometrischen Empfehlungen von MediaplanerInnen nicht bloß eine Wette auf die Zukunft, sondern basieren auf statistisch und mathematisch validen Modellen. Ein weiterer Vorteil von solchen Attributions-Modellen ist, dass sich die so gewonnenen Performance-Daten auch in die digitalen Planungstools der Media-Agenturen einpflegen lassen, um diese Tools dadurch noch präziser zu machen. Aber dazu gleich noch mehr.

4.5 Vertiefung: Mediaplanung „in the digital age“

4.5.2

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Mediaplanung wird digital

Wissen Sie eigentlich, was genau ein Algorithmus ist? Ja, klar. Irgend so ein Dingsbums, der in einem Computer steckt und Sachen berechnet. Und mit Künstlicher Intelligenz hat das doch auch irgendwas zu tun. Oder etwa nicht? Tatsächlich ist ein Algorithmus eine Entscheidungshilfe. Sozusagen eine Abkürzung, um schneller und besser die richtige Entscheidung zu treffen. Wenn ich als Mann mit 196 cm Länge gar nicht erst in die coole Modeboutique gehen muss, weil ich weiß, dass die dort ohnehin nichts in meiner Größe haben, dann habe ich einen impliziten Algorithmus angewendet. Diese „Handlungsvorschrift zur Lösung eines Problems“ – so die Definition – ist aber nichts, was ich immer schon wusste. Ich musste diesen Algorithmus erst durch viele frustrierende Einzelerlebnisse lernen. Bei einfachen Aufgaben geht das relativ schnell und unkompliziert. Wenn ich beispielsweise nur drei Mediakanäle zur Verfügung habe – TV, Radio und Print – und weiß, was eine Schaltung in jedem Kanal kostet und wie viele Menschen ich mit einer Schaltung erreiche, dann kann ich mit einem einfachen Dreisatz einen Kontaktpreis berechnen und auf Basis dieser Variable entscheiden, welcher Kanal der Beste für meine Marke ist. Ich muss dazu nur diese drei Kennziffern miteinander vergleichen. Im Laufe der Zeit weiß ich dann, dass ich mit einem TV-Spot wahrscheinlich mein Media-Budget am effizientesten einsetzen kann. Wenn ich aber zusätzlich auch noch über die Information verfüge, dass ich in einem Kanal 10 %, im zweiten 20 % und im dritten 25 % Rabatt bekomme, wenn ich mehr als eine bestimmte Summe investiere, dann erhöht sich die Anzahl der zu vergleichenden Variablen schon deutlich (ich würde hier jetzt gerne sagen, um wie viel, aber schon das ist mir mathematisch zu kompliziert). Und jetzt stellen Sie sich vor, ich müsste 30 verschiedene Touchpoints mit ganz unterschiedlichen Leistungs-KPIs und vollkommen verschiedenen Kostenmodellen miteinander vergleichen. Das wäre selbst für die erfahrenste Mediaplanerin vollkommen unmöglich. Genau hier setzen digitale Planungstools an. Ihre Hauptaufgabe liegt darin, den Mediaplanerinnen und -planern zu helfen, bessere Entscheidungen darüber zu treffen, in welchen Kanälen und in welcher Gewichtung die Media-Budgets der KundInnen am effektivsten und effizientesten investiert werden sollten. Um solche Berechnungen anstellen zu können, müssen diese Tools mit einer Vielzahl an Daten gefüttert werden. So müssen beispielsweise für jeden Mediakanal Reichweitenkurven für verschiedene Zielgruppen, historische Nutzungsdaten oder typische Conversion-Metriken hinterlegt werden. Auch standardisierte Erhebungen über den Awareness-Aufbau werden häufig hinzugezogen; also Daten, die angeben, wie schnell sich mit einem Medium üblicherweise die Bekanntheit einer Marke steigern lässt. In manchen Planungstools lassen sich auch Erkenntnisse über die Relevanz eines Mediums für eine bestimmte Zielgruppe einpflegen, die sogenannte Relevant Reach. Oder es lassen sich Impact-Metriken nutzen, also Daten, mit denen sich die Effektivität eines Kanals angeben

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4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

lässt. Und auch sogenannte Decay-Kurven werden manchmal eingebaut, also Erkenntnisse darüber, wie schnell die Markenerinnerung nach einem Kontakt verblasst. All das sind Daten, die auf langjährigen Erfahrungswerten im Umgang mit den einzelnen Medien und Kanälen beruhen. Es ist also mitnichten so, dass digitale Planungstools all ihre Berechnungen wie von Zauberhand von ganz alleine ausführen können. Wie bei allen Algorithmen, sind es Menschen und menschliche Erfahrung, die die Grundlage bilden für die hochkomplexen Systeme, mit denen Mediaplaner und -planerinnen heutzutage standardmäßig arbeiten. Zusätzlich zu diesen Basisdaten werden die Tools aber auch regelmäßig mit aktuellen Mediadaten befüllt, die meist aus jährlichen Panel-Erhebungen stammen. Hierzu zählen zum Beispiel Nutzungsintensitäten und Reichweiten einzelner Sender oder Printtitel; Tausender-Kontaktpreise, also die Angabe darüber, wie teuer es in einem Medium oder Touchpoint ist, 1000 Menschen zu erreichen; oder Gründe für die Nutzung einzelner Touchpoints. Falls ein/e KundIn über eigene Daten verfügt, beispielsweise aus ökonometrischen Modellen wie ich sie im vorherigen Abschnitt erklärt habe, dann können diese Daten hier selbstverständlich ebenfalls hinterlegt werden. Denn natürlich werden die Vorhersagen der Tools umso genauer, je individueller die Daten an die jeweilige Marke angepasst sind. Übrigens werden in den Planungstools nicht nur Informationen über die Mediennutzung hinterlegt: In den Panel-Daten, die in die Systeme übernommen werden, finden sich auch vielfältige Informationen zur Zielgruppe und zu Marken. So werden neben allen demografischen Informationen beispielsweise auch eine Vielzahl an Informationen über Einstellungen, Freizeit- oder Shopping-Verhalten sowie zum Lifestyle abgefragt. Auch werden in den Panels eine sehr große Anzahl von Marken aufgeführt, zu denen die Befragten dann Angaben wie Bekanntheit, Nutzung, Präferenz usw. machen müssen. Werden die Planungstools dann mit diesen Informationen gefüttert, dann lassen sich nicht mehr nur Empfehlungen zur eigentlichen Mediaplanung generieren. Tatsächlich können Media-Agenturen mit derart programmierten Tools auch Empfehlungen zur Marketingstrategie machen, dezidierte Zielgruppenanalysen erstellen oder sogar holistische Kommunikationsstrategien entwickeln.

4.5.3

Digitale Mediaplanung Schritt für Schritt

Am Anfang einer guten Strategie steht bekanntlich ein gutes Problem, das es zu lösen gilt. Einige Planungstools enthalten, wie erwähnt, Daten zur Markennutzung, die durch Panel-Befragungen generiert wurden. Hinterlegt man im Tool nun zusätzlich noch echte Marktanteile für eine Marke, dann kann man beispielsweise Aussagen darüber treffen, in welchen Zielgruppen-Segmenten, eine Marke unterdurchschnittlich performt. Solche „Fair Share“-Analysen können natürlich eine fundierte Marketingplanung nicht ersetzen. Aber sie können hilfreiche Hinweise bieten, zum Beispiel über „low hanging fruits“. Sie

4.5 Vertiefung: Mediaplanung „in the digital age“

179

verraten, wo sich schlummernde Potenziale befinden, die mit vergleichsweise geringem Aufwand gehoben werden können, etwa durch eine präzisere Zielgruppen-Aussteuerung. Ein weiterer wichtiger Baustein in solchen digitalen Planungstools ist das Modul zur Zielgruppenanalyse. Hier werden, wie erwähnt, sämtliche Zielgruppen-Daten hinterlegt, die eine Agentur zur Verfügung hat. Meist sind das Daten, die aus sogenannten Markt-Media-Studien stammen: In Deutschland beispielsweise aus der sogenannten „Best4Planning“-Studie, die gemeinsam von den großen Verlagshäusern erhoben wird (siehe Kap. 2). In anderen Ländern gibt es ebenfalls „syndicated data“ zur Zielgruppe, etwa die MACH in der Schweiz. Einige Agentur-Netzwerke erheben allerdings eigene Media- und Zielgruppen-Daten, unter anderem, weil sie sich unabhängig machen wollen von solchen lokalen Anbietern und ihren internationalen KundInnen eine einheitliche Datenbasis über alle Länder bieten wollen. Ein zweiter wichtiger Vorteil von eigenen Daten liegt darin, dass mit international standardisierten Daten auch die digitalen Planungstools besser laufen, weil sie nicht jeweils lokal an unterschiedliche Datenquellen angepasst werden müssen. Mit diesen Zielgruppen-Daten lassen sich dann eine ganze Reihe von hochspannenden Aussagen zu den Konsumenten und Konsumentinnen treffen, die eine Marke ansprechen möchte. Zum Beispiel kann man Aussagen zum „Shopping Me“ versus dem „Everday Me“ treffen: Denn sowohl Mediennutzung als auch die Reagibilität auf Kommunikation unterscheiden sich ja, je nachdem ob man gerade auf der Suche nach einem bestimmten Produkt ist oder eben nicht. Manche Agenturen erheben zusätzlich Daten über den Effekt von sogenanntem „Priming“. Mit diesem Begriff bezeichnet man den Einfluss von Markenbotschaften während der inaktiven Phase auf die Kaufwahrscheinlichkeit in der aktiven Phase. Anders ausgedrückt: Wir wissen, dass die Konsumentin mit höherer Wahrscheinlichkeit eine Marke kauft, von der sie vorher schon mal eine Werbebotschaft gesehen hat. Solche Studien können diese Wahrscheinlichkeit berechnen und im Planungstool abbilden. Und damit lassen sich dann die Effekte der Kampagne relativ gut vorhersagen. In vielen KundInnenbriefings ist die Beschreibung der gewünschten Zielgruppe vergleichsweise rudimentär: Haushaltsführende zwischen 25 und 55; alle Erwachsenen; Bastelfreunde; 18-24jährige Männer; aktive Senioren … um nur ein paar Beispiele zu nennen. Gibt man diese sehr einfachen Definitionen in die Planungstool und erweitert man sie um ein paar zusätzliche Informationen, beispielsweise um welche Kategorie es sich handelt oder um ein oder zwei Einstellungen, dann sind die Planungstools in der Lage, sehr holistische Portraits dieser Zielgruppe zu erstellen und sie quasi zum Leben zu erwecken. Es lassen sich dann Aussagen zum Freizeitverhalten treffen, zum Lifestyle und zu weiteren sozio-kulturellen Einstellungen. Es lassen sich typische Tagesabläufe inklusive der am häufigsten genutzten Touchpoints konstruieren. Man kann erkennen, ob die Zielgruppe vermutlich bereit ist, für beliebte Marken einen höheren Preis zu zahlen oder gerne neue Dinge ausprobiert. Und natürlich lassen sich Steckbriefe der Konsumentinnen erstellen, die den Media- und Kommunikationsstrateginnen helfen, psychologische Insights abzuleiten.

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4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

Manche Planungstools lassen sich sogar auf die ganz spezifischen Anforderungen eines Kunden oder einer Kundin kalibrieren. In diesen Tools kann man bei einer Reihe von vordefinierten Zielsetzungen anhand einer Skala jeweils einstellen, wie wichtig sie für die gebriefte Kampagne tatsächlich sind. Dabei geht es natürlich einerseits um übergeordnete Ziele wie Awarenessaufbau oder Abverkauf. Andererseits können aber auch spezifische Anforderungen hinterlegt werden, beispielsweise die Marke zum „talk of the town“ zu machen, eine Community zu aktivieren oder mehr Traffic in die Shops zu generieren. Das Kalibrieren kann die Planerin eigenständig machen oder gemeinsam mit den KundInnen. In jedem Fall aber ist der Effekt, dass das Planungstool sozusagen präzise an die Bedürfnisse der KundInnen angepasst wird – der Algorithmus also schon im Vorfeld auf die KundInnen programmiert wird. Das unterscheidet diese Art von digitalen Tools fundamental von standardisierten Tools, die letztlich immer nur Mittelwerte und „Best Guesses“ auswerfen. Mit einem so programmierten Tool lassen sich dann zum Beispiel viel genauere Aussagen darüber treffen, über welche Bausteine die Kampagne verfügen muss und wie diese gewichtet werden sollten. Tatsächlich ist die Entwicklung einer Kampagnen-Architektur entscheidend für das Herzstück einer jeden Mediastrategie: Die Auswahl der geeigneten Kanäle und die Allokation des Budgets über diese Touchpoints. Bei diesem Schritt der Strategieentwicklung können digitale Planungstools ihre wahre Stärke vollends ausspielen. Denn wie oben schon angedeutet ist dieser Prozess inzwischen hoch-komplex und ohne maschinelle Unterstützung praktische nicht mehr machbar. Es geht dabei nicht mehr „nur“ darum, den richtigen Media-Mix zu empfehlen. Das könnten Mediaplanerinnen vermutlich qua Erfahrung immer noch ganz gut. Viel wichtiger – und viel komplexer – ist dabei die optimale Budgetverteilung über die entsprechenden Kanäle und die zeitliche Taktung der Maßnahmen zu berechnen. Basierend auf den vorher definierten Variablen zu Marke, Consumer, Medien und den kalibrierten Zielen rechnen die Planungstools in kürzester Zeit zig-Tausende Szenarien und vergleichen sie. Die Maschine würde dann ein oder zwei Szenarien empfehlen, aber hier hört die Planung noch nicht auf. Die Planerin kann jetzt einzelne Parameter gezielt verändern, um zu schauen, wie sich diese Veränderung auf das Endergebnis auswirkt. Sie könnte beispielsweise zwei Budgetgrößen miteinander vergleichen oder schauen, was passiert, wenn man Radio aus dem Plan nimmt, um Produktionskosten zu sparen. Solche unterschiedlichen Szenarien miteinander zu vergleichen hätte früher Tage oder sogar Wochen gedauert. Mit digitalen Planungstools ist das heute in wenigen Minuten möglich, nicht zuletzt dank Künstlicher Intelligenz. Natürlich ist der Begriff KI sehr hoch gegriffen – und man darf sich hier schon gar keinen Androiden wie den Terminator oder Data von Star Trek vorstellen. Aber tatsächlich verfügen moderne Planungstools inzwischen über selbstlernende Algorithmen, die sich merken, wie gut oder schlecht bestimmte Planungsvarianten in der Vergangenheit funktioniert haben oder welche Szenarien besonders häufig ausgewählt wurden.

4.5 Vertiefung: Mediaplanung „in the digital age“

181

Mit diesem „Wissen“ können die Algorithmen dann immer bessere Szenarien rechnen und immer bessere Empfehlungen abgeben. Vor allem aber können sie immer besser prognostizieren, welche Effekte die geplante Kampagne haben wird. Auch hier schlägt die Maschine den Menschen um Längen. Und tatsächlich ist diese Funktionalität wohl eines der stärksten Argumente für digitale Planungstools. In der Vergangenheit waren Mediapläne in gewisser Weise immer eine Black Box. Man konnte zwar mit einiger Wahrscheinlichkeit voraussagen, welche unmittelbaren Effekte man in den einzelnen Kanälen erwartete: TV bringt 10 % mehr gestützte Awareness; der Beileger in der Tageszeitung erhöht die Sales um 8 %; diese digitale Banneranzeige schafft 13 % mehr Traffic auf die Webseite. Aber es war praktisch unmöglich, das Zusammenspiel der Kanäle zu prognostizieren: Also zum Beispiel zu sagen, ob eine digitale Facebook-Anzeige mittelbar auch Auswirkungen auf den Traffic in den Laden hat. Mithilfe von KI können moderne Planungstools solche Prognosen anstellen. Predictive Analytics oder Predictive Modeling heißt dieser Ansatz und er beschreibt quasi den umgekehrten Weg, wie die Attributions-Modelle und ökonometrischen Berechnungen, die ich oben erwähnt habe. Die KI errechnet dabei auf Basis von Wahrscheinlichkeiten bestimme Outcomes und visualisiert sie dann. Agentur und Kunde können dann auf einem eigens dafür gestalteten Interface beobachten, wie sich die erhofften Effekte – Traffic auf die Webseite, geteilte Beiträge in Social, Subscription von Newslettern und natürlich Sales – im Laufe des Kampagnenzeitraumes verändern und summieren. Dass diese Effekte tatsächlich animiert visualisiert werden, zum Beispiel durch anschwellende Kreise oder dicker werdende Verbindungen zwischen den verschiedenen Elementen im Kampagnen-Ökosystem, hilft der Planerin dabei, zu verstehen, wie die unterschiedlichen Touchpoints tatsächlich miteinander interagieren. Oder eben auch nicht. Und erst diese Erkenntnis hilft ihr dann, das System so zu justieren, dass alle Bausteine der Kampagne wirklich optimal zusammenspielen. Und so bleibt die Rolle von Mediaplanerinnen und -planern auch in Zeiten von Künstlicher Intelligenz, Machine Learning und digitaler, mit Daten gefüllter Tools nach wie vor zentral. Denn so schnell und präzise diese Maschinen Szenarien berechnen und Ergebnisse prognostizieren können – die eigentliche Aufgabe, strategische Entscheidungen zu treffen können sie nicht übernehmen. Auch kann keine Maschine wirklich verstehen, was in den Köpfen der Zielgruppe vorgeht – vor, während und nach der Kampagne. Denn natürlich sind „Zielgruppen“ nicht bloß irgendwelche verknüpften Datenpunkte, wie uns die digitalen Gurus manchmal weismachen wollen, sondern Menschen. Und um die zu verstehen, braucht es Empathie.

4.5.4

Von Maschinen und Menschen

Wie wichtig Empathie für die Marketing-Kommunikation ist, habe ich an anderer Stelle bereits dargelegt (Petermann et al., 2021). Wenn Marken es schaffen, durch Werbung bei der Verbraucherin Empathie hervorzurufen, werden vermehrt Neurotransmitter wie

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4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

Oxytocin ausgeschüttet, was wiederum die Marke im Gehirn der Verbraucherin stärkt. Ein zweiter Hebel, um eine Marke im Gehirn zu verankern ist Relevanz. Je relevanter eine Botschaft ist, desto eher wird der „Gatekeeper der Erinnerung“, der Hippocampus, dafür sorgen, dass der Inhalt der Botschaft dem neuronalen Netzwerk der Marke zugeordnet wird (ebd.). Das Sammeln von VerbraucherInnendaten sollte daher dem vordringlichen Zweck dienen, inhaltlich mehr über die Konsumentin zu erfahren. Das Ziel müsste eigentlich sein, herauszufinden, was wirklich relevant für sie ist und auf welche Dinge sie emotional reagiert. Man würde meinen, die sogenannten Datenkraken – Google, Facebook, Twitter & Co. – würden genau dieses Ziel verfolgen. Die Realität sieht indes meistens anders aus. Die allermeisten Daten, die in den Weiten des Webs gesammelt werden, sind sogenannte Behavioural Data. Wie der Name sagt, handelt es sich dabei um Daten, die das Verhalten der VerbraucherInnen beschreiben – meistens geht es dabei um ihr Verhalten im digitalen Raum, aber es gibt durchaus auch die Möglichkeit, analoge Daten zu sammeln. Alle Webseiten und alle Apps sammeln Daten. Sie tracken, wann und wie lange Sie auf der Seite waren; welche Produkte Sie sich angeschaut haben und vor allem auch: wie lange; wie viele Male Sie geklickt haben; wie viel Zeit Sie mit einem Video verbracht haben und ob Sie es bis zum Ende geschaut haben; wo Sie gerade waren, als Sie das letzte Mal Google Maps aufgerufen haben … und noch sehr viel mehr. Dabei nutzen diese Seiten sogenannte Cookies. Cookies sind Textdateien, die im Webbrowser der NutzerInnen abgespeichert werden. Hier werden bestimmte Nutzungsdaten abgespeichert, die zu einem späteren Zeitpunkt wieder relevant sein könnten. Zum Beispiel Login-Daten, damit man sich während einer Session nicht auf jeder Unterseite wieder neu anmelden muss; oder der Inhalt eines Warenkorbes, sodass man beim zweiten Shopping-Besuch auf einer Seite nicht wieder von vorne anfangen muss. Die wichtigste Information in einem Cookie ist jedoch, dass man überhaupt auf der jeweiligen Seite war. Denn dadurch „erkennt“ die Webseite den Nutzer oder die Nutzerin sozusagen wieder: „Aha, diese Person war schon mal da, ich kann also vorhersagen, wofür sie sich vermutlich interessiert.“ All diese Informationen sind zunächst mal gar nicht primär für das Unternehmen selbst wichtig, sondern vielmehr, um die „User Experience“ zu verbessern. Vielleicht ein wenig, wie bei Ihrem Lieblingsbäcker, wo Sie mit Namen angesprochen werden. Oder es ist vergleichbar mit Ihrer Lufthansa Senator-Card, mit der Sie beim Check-in bevorzugt behandelt werden. Die Senator-Card ist sozusagen ein analoges Cookie, den Sie in Ihrem Portemonnaie mit sich tragen. Und je besser die User Experience, desto eher tun NutzerInnen das, was das Unternehmen wahrscheinlich möchte. Oder umgekehrt: Je schlechter das Erlebnis, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass NutzerInnen den Besuch der Webseite vorzeitig abbrechen oder nicht wiederkommen. Aber natürlich haben die Unternehmen, die auf ihren Seiten Cookies setzen auch ein analytisches Interesse daran, möglichst viel über ihre potenziellen Kundinnen und Kunden zu erfahren. Und Verhaltensdaten helfen dabei. Sie zeigen zum Beispiel, für welche Dinge

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auf der Webseite oder im Onlineshop sich NutzerInnen interessieren, sodass das Unternehmen die Personen beim nächsten Besuch direkt dort hinführen kann oder ähnliche Dinge vorschlagen kann. Aber noch viel wichtiger: Das Unternehmen „lernt“ sozusagen die Präferenzen aller seiner Kunden und Kundinnen im Laufe der Zeit immer besser kennen. Sämtliche auf der eigenen Seite gesammelten Daten werden analysiert, segmentiert und von Hochleistungscomputern interpretiert – immer mit dem Ziel, Muster zu erkennen, die Prognosen über zukünftiges Verhalten zulassen. Wer heute dies gekauft hat, interessiert sich morgen möglicherweise auch für jenes. Kaum ein Unternehmen macht dies besser als Amazon, dessen Empfehlungsfunktion für sehr viele Kundinnen tatsächlich einen USP darstellt. Übrigens: Viele Verbraucher und Verbraucherinnen nehmen fälschlicherweise an, dass die gesammelten Daten immer automatisch „persönliche“ Daten sind, also klar einer Person zuzuordnen sind. Das ist nicht korrekt: Es handelt sich immer um sogenannte „Device“-bezogene Daten. Anders gesagt, das Unternehmen kann anhand der Kennnummer des Gerätes nachvollziehen, dass die Seite von diesem Gerät aus mehrmals besucht worden ist, aber nicht, welcher Mensch tatsächlich vor dem Bildschirm gesessen hat. Nur wenn man sich auf einer Seite eingeloggt hat, zum Beispiel bei Amazon oder bei Google, darf die Seite personalisierte Daten speichern. Ich persönlich bin beispielsweise ein Fan der Marken Adidas und G-Star und wenn ich deren Seiten besuche, dann logge ich mich immer ein, um mein Einkaufserlebnis zu personalisieren. Damit könnten diese Marken alle digitalen Informationen, die sie über mich sammeln direkt meinem Profil zuordnen und mein Shoppingerlebnis dadurch verbessern. Dass generell nur Devicebasierte Daten gesammelt werden dürfen, ist für Datenschützer ist nur ein schwacher Trost. Denn die allermeisten Devices sind natürlich in der Praxis tatsächlich nur einer sehr begrenzten Anzahl von Usern zuzurechnen. Und damit sind diese UserInnen dann wieder einigermaßen „gläsern“. Auch Devices wie Ihr iPhone, der Geldautomat oder Ihr Auto tracken Ihr Verhalten und speichern diese Daten ab. Ihr iPhone zum Beispiel hat ein Fitness- und Health-Programm installiert, das jeden Tag misst, wie viele Schritte Sie gelaufen sind. Und natürlich weiß Ihr Telefon auch, wo es sich gerade befindet – was Ihnen hilft es wiederzufinden, falls Sie es verlieren oder verlegen sollten. Die allermeisten Autos messen permanent Ihren Spritverbrauch und zeigen an, wann Sie wieder zum Service müssen. Und Ihre Bank weiß selbstverständlich, wann Sie wo Ihre Kreditkarte benutzt haben. Das waren Sie nicht? Seien Sie froh, dass Ihre Bank nachvollziehen kann, wo die Kreditkarte eingesetzt wurde, denn nun können Sie beweisen, dass es sich um Betrug gehandelt haben muss. Sie merken schon: Die Tatsache, dass Unternehmen Daten sammeln, muss nicht unbedingt schlecht sein. Allerdings soll es in diesem Kapitel nicht darum gehen, ob das Sammeln von Daten gut oder schlecht ist, ob es ethisch vertretbar ist oder nicht. Vielmehr möchte ich erläutern, was man mit den gesammelten Daten für die Mediaplanung tatsächlich machen kann. Und das ist – zumindest zum jetzigen Zeitpunkt – gar nicht so fürchterlich viel.

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Zur Erinnerung: Der Großteil der gesammelten Daten sind „Behavioural“, geben also z. B. an, auf welcher Seite eine Person war und was sie dort gemacht hat. Zu dieser Sorte von Daten gehören übrigens auch „Purchase Data“, also Informationen über den eigentlichen Kaufakt. Diese Einkaufsdaten zählen für viele Marken zu den wertvollsten Daten überhaupt, weil sich damit unter Umständen Prognosen über zukünftige Käufe erstellen lassen. Insbesondere große Händler wie Amazon oder Alibaba können mit diesen Daten sehr aufschlussreiche Profile erstellen oder Segmentierungen bilden, anhand derer dann zukünftige Strategien ausgerichtet werden. Neben „Behavioural Data“ gibt es auch noch sogenannte Metadaten – dazu gehören beispielsweise die Art des Devices, mit dem der Besuch stattgefunden hat oder die Zeit des Besuchs. Und es werden geografische Daten getrackt, speziell bei der Nutzung von mobilen Endgeräten. Gerade diese geografischen Daten werden für MediaplanerInnen immer interessanter, weil sich Werbung damit noch genauer aussteuern lässt, wie wir gleich sehen werden. Um zu verstehen, wie man diese unterschiedlichen Daten für die Mediaplanung nutzen kann, müssen wir uns zunächst vergegenwärtigen, wie genau Werbung im digitalen Raum ausgespielt wird. Die simpelste Form der digitalen Mediaplanung ist eine sogenannte Umfeldplanung. Hierbei sucht man nach bestimmten Kanälen und Inhalten, von denen man annimmt, dass sich die Zielgruppe besonders dafür interessiert oder dass man sie dort besonders häufig antrifft. Umfeldplanung ist sozusagen Old School Planung, weil sie eigentlich genau so vorgeht, wie klassische Planung in analogen Medien wie Print oder TV. Wenn eine Marke eine Anzeige im SPIEGEL oder in GQ schaltet, dann vermutlich, weil die Planerin davon ausgeht, dass dies beides Titel sind, die von der Zielgruppe gelesen werden. Ist die Marke nun beispielsweise eine Uhr, dann wählt sie vielleicht noch präziser den Wirtschaftsteil oder die Lifestyle-Rubrik aus, damit eine möglichst hohe Kongruenz zwischen dem redaktionellen Umfeld und der Markenbotschaft erzeugt wird. Zu Beginn der digitalen Revolution ist man ähnlich vorgegangen und hat bestimmte Platzierungen auf digitalen Seiten gebucht – beispielsweise auf der Startseite von AOL oder T-Online. Wir in der analogen Planung ging es auch hier darum, Platzierungen zu wählen, die eine möglichst hohe Reichweite in der Zielgruppe versprachen oder zumindest oder eine hohe Affinität zur Zielgruppe hatten. Heutzutage wird diese Art der Planung nur noch selten genutzt, weil sie eben nicht auf personenbezogenen Daten basiert, sondern relativ brachial auf Mediadaten. Allerdings erfährt die Umfeldplanung gerade eine Renaissance – aber dazu gleich noch mehr. Die weitaus häufigere Art der digitalen Planung bedient sich hochentwickelter Technologie, die verspricht, die richtige Person mit der richtigen Botschaft zum richtigen Zeitpunkt zu erreichen. Da bei dieser Herangehensweise Computerprogramme für die Planung und den Einkauf der Werbefläche zuständig sind und nicht – wie bei der Umfeldplanung – eine Planerin oder ein Planer, spricht man auch von „Programmatic Advertising“. Alle digitalen Mediaagenturen verfügen über solche Programme und im

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Laufe der letzten 5–10 Jahre sind große Teile aller Mediabudgets in diese Form der Werbung geflossen. Vereinfacht gesagt, funktioniert „Programmatic“ in etwa so: Möchte die Mediaagentur im Auftrag einer ihrer KundInnen eine digitale Werbebotschaft schalten, dann „meldet“ deren Programm diesen Wunsch sozusagen digital allen Verkäufern von Werbefläche im Internet. Die „Demand Side Platform“ (DSP) – also das Programm der Agentur – klopft quasi bei der „Supply Side Platform“ (SSP) der Vermarkter an und übermittelt die genaue Definition der Zielgruppe, die erreicht werden soll. Dabei nutzt die DSP sämtliche Informationen, die ihr zur Verfügung stehen, um eine möglichst genaue Beschreibung derjenigen Konsumentin zu geben, die die Marke gerne erreichen möchte. Im Gegensatz zu analoger Planung, wo die Definition der Zielgruppe relativbreit ist und man mit möglichst wenigen unterschiedlichen Sub-Zielgruppen hantieren möchte (siehe die Diskussion zum Thema Algorithmus oben), kann die DSP theoretisch beliebig viele unterschiedliche Segmente anfragen. Und nun kommen die Daten zum Tragen, über die wir eben gesprochen haben. Je mehr Daten ein Unternehmen zur Verfügung hat, desto präziser lassen sich unterschiedliche Zielgruppensegmente für das „Targeting“ formulieren – also das gezielte Ausspielen von Werbung an bestimmte Menschen. Aus den aggregierten Daten aller Webseitenbesuche plus sämtlicher CRMDaten, die das Unternehmen zur Verfügung hat, können die Programme nämlich Profile erstellen von Zielgruppensegmenten, die besonders vielversprechend sind. Mithilfe von geografischen Daten lassen sich diese Profile noch mal verfeinern, beispielsweise wenn man weiß, dass in den Elbvororten in Hamburg überproportional viele gutverdienende Personen leben. Hat man nun die Kernvariablen bestimmt, die die unterschiedlichen Zielgruppen-Segmente ausmachen, werden auf Basis dieser Variablen dann sogenannte „Lookalike“-Profile erstellt, die dann an die VermarkterIn übermittelt werden. Anders gesagt: Die DSP der Agentur meldet den SSPs, dass sie Werbung an solche Nutzerinnen ausspielen möchte, bei denen die vorher definierten Variablen zutreffen, die also den eigentlichen Besucherinnen der eigenen Webseite oder anderen relevanten Nutzerinnen „ähnlich“ sind. Um solche Profile zu erstellen, können die Programme der Agenturen auf dreierlei Arten von Daten zugreifen. Sogenannte „First Party Data“ sind die Daten, die das Unternehmen selbst gesammelt hat, eben durch Webseitenbesuche oder in seinem CRMSystem. „Second Party Data“ sind Daten, die von einem Partnerunternehmen stammen. Wenn also Adidas mit Google eine Partnerschaft eingeht, dann darf das Unternehmen aus Herzogenaurach auch die Daten von Google für die Erstellung der Profile bzw. der „Lookalikes“ nutzen. Und schließlich gibt es noch sogenannte „Third Party Data“, also Daten, die von anderen Unternehmen, insbesondere von „Datenhändlern“ stammen. Es ist eine Binsenweisheit, dass mit der zunehmenden Digitalisierung und der Perfektionierung von digitaler Werbung Daten immer wichtiger geworden sind. „Das neue Öl“ – so werden sie oft genannt. Und weil Daten immer wichtiger wurden, gibt es Unternehmen, deren Geschäftsmodell darin besteht, digitale Daten zu sammeln und dann

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weiterzuverkaufen. Diese „Third Party Data“ waren und sind ein zentraler Baustein vieler Targeting-Strategien, weil sich mithilfe dieser Vielzahl an Daten natürlich vermeintlich ziemlich präzise Profile erstellen lassen. Allerdings sind die Tage von Third Party Data vermutlich gezählt. Die umfassende EU-Datenschutzrichtlinie DSGVO hat den Umgang mit Third Party Cookies schon vor einigen Jahren stark reglementiert und Google hat schon mehrfach angekündigt, Third Party Cookies auf Chrome zu blockieren. Man mag belächeln, dass Google diesen Schritt schon mehrmals nach hinten verschoben hat – dass Cookies von Drittanbietern kurzbis mittelfristig verschwinden werden, steht vermutlich außer Frage. Aber auch ohne die Daten von professionellen Anbietern lassen sich immer noch ausreichend eindeutige Profile erstellen, mit denen Werbung gezielt an die richtige Person ausgespielt werden kann. Nachdem die DSP der Agentur oder des/der KundIn bei der SSP des Vermarkters einen Bedarf angemeldet hat, versuchen dessen Programme nun, diese Profile auf ihren Webseiten gleichsam „zu finden“. Und wenn dann beispielsweise das Programm des Vermarkters von SPIEGEL-Online feststellt, dass eine Person mit den definierten Profil-Eigenschaften gerade einen bestimmten Artikel liest, dann „meldet“ die SSP dies an sämtliche DSPs, die Werbung an diese Leserin ausspielen wollen. In der Regel sind es mehrere DSPs, die sich ja durchaus sowohl Automobil- oder Fashion-Brands, Mobilfunkanbieter oder Immobilienmakler für ein und dieselbe Person interessieren können. Was nun passiert nennt sich „Real Time Bidding“ (RTB) und ist vergleichbar mit einer Mini-Auktion in Sekundenbruchteilen. Sämtliche DSPs, die Werbung an ebenjene SPIEGEL-Leserin ausspielen möchten, bieten gegeneinander, wie viel sie bereit sind, dafür zu zahlen. Die DSP mit dem höchsten Gebot gewinnt und darf die Werbung schalten. Es lässt sich nur schwer vorstellen, mit welcher aberwitzigen Geschwindigkeit diese Auktion vor sich geht, denn gefühlt sieht man ja die Werbung exakt in dem Moment, in dem man eine Seite öffnet. Und natürlich finden permanent und gleichzeitig Hunderttausende solcher Auktionen statt. Geboten wird auf alle Nutzerinnen und Nutzer, die auf allen Seiten im Internet gerade unterwegs sind. Dass diese Arbeit unmöglich von Menschen erledigt werden kann, liegt auf der Hand. Und dennoch bleiben Mediaplanerin und -planer trotz aller Unterstützung durch Maschinen unersetzlich. Allerdings verändert sich auch hier ihr Skill-Set. Zum einen müssen die Maschinen natürlich erst einmal programmiert werden – aber das machen eher Programmierer und Coderinnen und nicht Mediaplaner. Aber die gesammelten Daten müssen analysiert und vor allem bewertet werden, bevor die Profile erstellt werden können. Und das bedeutet: Die MediaplanerInnen der Zukunft werden immer häufiger DataAnalystInnen sein und aus den Mustern, die die Maschinen erkennen Insights für die Planung ableiten. Bei all dieser hochentwickelten digitalen Technologie, bei der Fülle an Daten, die den Mediaplanerinnen und -planern schon heute zur Verfügung stehen, stellt sich der geneigten Leserin sofort eine ziemlich offensichtliche Frage: „Wenn dieser ganze Datenkram so wahnsinnig toll funktioniert, warum sehe ich dann doch immer nur monatelang dieselbe

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Anzeige für die blauen Chinos, die ich schon bei der ersten Anzeige nicht wollte?“ Und in der Tat: Das Versprechen, dass wir Dank der Cookies, die wir akzeptieren irgendwie relevantere Botschaften zu sehen bekämen, ist bislang – zumindest gefühlt – bei Weitem nicht eingelöst. Nun ist es mit gefühlten Wahrheiten bekanntlich so eine Sache. Sie stimmen meistens nur zu einem sehr geringen Teil. Natürlich fällt es uns besonders auf, wenn wir dieselbe völlig irrelevante Anzeige immer und immer wieder sehen. Aber dabei blenden wir die unzähligen Botschaften für andere Dinge, die wir auch ausgespielt bekommen komplett aus. Selektive Wahrnehmung nennt sich dieses Phänomen. Und trotzdem stellt sich die Frage, warum diese ach-so-schlauen Maschinen nicht erkennen, dass ich diese Hose wirklich nicht will, auch nicht nach der 20. Anzeige. Zunächst einmal sind die Maschinen in Wahrheit gar nicht so schlau, wie man anhand der besagt großen Datenmengen, die sie zur Verfügung haben, annehmen möchte. Das liegt vor allem daran, dass ein Großteil der Daten, wie oben beschrieben, „behavioural“ sind. Anders gesagt: Sie bilden das Verhalten einer Person ab, nicht aber, was sie dabei denkt. Die Maschine, die mein Verhalten trackt, weiß also nicht, ob ich die blaue Hose zum Beispiel schon besitze und nur prüfen will, ob die Farbe zu dem Hemd passt, dass ich mir gerade anschaue. Sie kann auch nicht erahnen, dass ich die Produktseite des neuen Fiat Multipla nur aufgerufen habe, um meinem Kumpel zu zeigen, wie hässlich ich das Auto finde. Viele der Anzeigen, die an eine x-beliebige Person ausgespielt werden, sind sozusagen reaktiv. Auf Basis eines Webseitenbesuches wird ein gewisses Interesse an einem bestimmten Produkt stipuliert und das wiederum löst eine Anzeigenschaltung aus. Da wir uns im Internet nicht permanent neue Produkte anschauen, wird der „Speicher“, in welchem unser aktuelles Interesse festgehalten wird, nicht überschrieben und wir bekommen immer die gleichen Produkte vorgeschlagen. Das große Versprechen von Daten-basiertem Marketing (oder die große Befürchtung, je nachdem) war, dass uns Produkte vorgeschlagen würden, von denen wir noch gar nicht wüssten, dass wir sie wollen. Diese Verheißung hat sich bislang nicht erfüllt. Und aller Voraussicht nach wird es auch noch eine Weile dauern, bevor digitales Marketing tatsächlich in die Zukunft schauen kann. Zwar gibt es vereinzelte Anekdoten über prädiktives Marketing, aber die meisten davon entpuppen sich bei näherem Hinsehen als überzogen. Eine der berühmtesten Geschichten zu diesem Thema handelt von der US-Warenhauskette Target, einem schwangeren Teenager und ihrem Vater. Auch wenn die Anekdote schon etwas älter ist, bleibt sie aufschlussreich. Target ist einer der größten Retailer in den USA und verfügt, zugegeben, über eine unfassbare umfangreiche Anzahl an Shopper-Data. Im Jahr 2012 bekam Target Besuch von dem stinksauren Vater einer High-School-Schülerin in Minneapolis, der sich beschwerte, dass der Konzern seiner Tochter einen Flyer mit Coupons für Babyartikel zugesandt hatte.

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Wie es sein könne, dass Target einer Schülerin solche Werbung zukommen lasse, wo sie doch offensichtlich nicht Zielgruppe sei. Nach einigem Hin und Her und einer ausführlichen Entschuldigung durch die Konzernleitung, musste der Vater allerdings ein paar Tage später ziemlich zerknirscht zugeben, dass er sich geirrt hatte. Ausgelöst durch das Mailing hatte die Tochter festgestellt, dass sie tatsächlich schwanger war. Das Unternehmen wusste von der Schwangerschaft offenbar noch vor der Betroffenen – einzig und allein auf Basis der Daten, die es über sie gesammelt hatte. Diese Story hört sich nach dem Albtraum aller Datenschützer und dem feuchten Traum aller Marketer an – und sie ist schon 10 Jahre alt. Was erst muss dann heute möglich sein? Es ist tatsächlich eine schöne Story zum Thema data-based Marketing, aber sie hat leider einen Haken. Denn die Schülerin war nicht die Einzige, die ein solches Mailing von Target bekommen hatte. Tatsächlich hatte sich Target zu dieser Zeit bemüht, seinen Marktanteil im Segment „Mutter & Baby“ stark auszubauen. Zu diesem Zweck hatte man massiv Shopper-Daten analysiert und versucht, daraus Rückschlüsse über Produktinteresse zu ziehen. Mit relativ simplen Algorithmen, wurde ein sogenannter „Pregnancy Score“ entwickelt: Wenn sich beispielsweise jemand auf der „Baby Shower“-Seite von Target registriert hat, bekam sie Punkte (welch Wunder!). Aber auch Personen, die ihren Verbrauch an Bodylotion stark erhöht hatten oder jemand, der eine XXL-Handtasche gekauft hat (in der auch eine Windel Platz hätte) bekamen Punkte. Und sogar Frauen, die lediglich einer bestimmten Demografie entsprachen, also z. B. ein bestimmtes Alter hatten, bekamen einen Score. Natürlich liegt es auf der Hand, dass eine Kundin, die offensichtlich „in the market“ ist, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit positiv auf Mailings mit Coupons für „Mutter & Baby“-Produkte reagiert. Insofern: keine schlechte Strategie. Aber Target war nicht besonders wählerisch beim „Ausspielen“ der Werbung. Etwa die Hälfte aller registrierten Kundinnen (also auch die Schülerin) bekamen solche Mailings zugeschickt, selbst wenn ihr Pregnancy Score vergleichsweise niedrig war. Anders gesagt: Dass die Schülerin aus Minneapolis ein Schwangeren-Mailing bekam, bevor sie selbst überhaupt davon wusste, war purer Zufall. Nicht ganz so zufällig sind programmatisch ausgespielte Werbeanzeigen. Aber so richtig treffsicher sind sie auch nicht, wie man oben sieht. Warum aber investieren dann so viele Unternehmen wachsende Anteile ihrer Budgets in programmatisches Targeting? Weil die statistische Wahrscheinlichkeit mit programmatischer Werbung „die richtige Konsumentin zum richtigen Zeitpunkt mit der richtigen Botschaft“ zu erreichen immer noch höher ist als ohne Targeting. Diese minimale Erhöhung der Treffsicherheit reicht aus, um diese Art der Kommunikation für werbungtreibende Unternehmen interessant zu machen. Eine Studie von 2015 hat gezeigt, dass das Unternehmen Kellogg’s seinen WerbeROI durch die Umstellung auf programmatische Werbung um den Faktor sechs erhöhen konnte (Woolfrey, 2015). Das hört sich zunächst einmal spektakulär an, muss aber kritisch hinterfragt werden. Erstens ist diese Zahl schon ein paar Jahre alt und damals waren noch sehr viel höhere Steigerungen beim ROI möglich als heute. Zweitens wissen wir

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nicht, von welcher Basis aus gemessen wurde. Und drittens ist das Beispiel Kellogg’s möglicherweise ein Outlier und keine Benchmark. Aber auch wenn es öffentlich keine belastbaren Zahlen gibt (weil das zum Geschäftsgeheimnis der beteiligten Unternehmen gehört): Die Tatsache, dass programmatisches Targeting funktioniert, steht außer Frage. Außerdem muss man unterscheiden, welche Aufgabe programmatische Werbung erfüllen soll: Branding oder Sales. Es ist offensichtlich, dass eine digitale Produktanzeige wie der Banner mit den blauen Chinos und einem attraktiven Preis eine andere Funktion hat als beispielsweise ein cooles Video für G-Star bei Instagram oder Tiktok. Im ersten Fall soll ich möglichst ohne Umschweife auf die entsprechende E-Commerce-Seite geführt werden und die Hose dort idealerweise gleich kaufen. Bei Branding-Anzeigen reicht es schon, wenn mir die Marke merke oder das Video vielleicht sogar teile. Die erste Form der digitalen Werbung nennt man auch Performance Marketing. Hierbei hängt die Bezahlung primär von der Performanz des Werbemittels ab. Grob gesagt, muss das werbungtreibende Unternehmen die ausgespielte Werbung nur dann bezahlen, wenn die Konsumentin tatsächlich eine vorher definierte Aktion ausführt: z. B. auf eine digitale Werbefläche oder ein Suchergebnis klickt („Pay per Click“ bzw. PPC) beziehungsweise eine Bestellung aufgibt (Pay per Order). Insofern ist das Ausspielen einer digitalen Performance-Anzeige (fast) ein No-Brainer – man kann im Prinzip unbegrenzt Anzeigen ausspielen; solange ein paar davon treffen, hat sich die Sache schon gelohnt. Man kann sich denken, dass dieses grundsätzliche Bezahlmodell Performance Marketing für viele Unternehmen hoch attraktiv macht. Und genau das ist einer der Gründe, warum in den vergangenen Jahren immer mehr Budgets in diesen Kanal geflossen sind. Dazu kommt, dass man beim Performance Marketing ziemlich genau berechnen kann, wie viel Budget notwendig ist, um ein bestimmtes Verkaufsergebnis zu erzielen. Man schaut sich dazu einfach die historischen Conversion Rates entlang des Funnels an und berechnet wie viel man oben reinkippen muss, damit die gewünschte Summe unten herausfällt. Wie trügerisch – und kontraproduktiv – dieses Denken ist, habe ich an anderer Stelle bereits ausführlich beschrieben (Petermann et al., 2021). Denn beim reinen Performance Marketing werden die Priming-Effekte, die eine starke Marke auf die Conversion entlang des gesamten Funnels haben komplett ignoriert. Wie oben erwähnt bezeichnet man die Konditionierung von potenziellen KundInnen durch Markenwerbung bzw. BrandingMaßnahmen als Priming. Es ist inzwischen wissenschaftlich klar erwiesen, dass Priming die Wahrscheinlichkeit einer erwünschten Aktion (z. B. der Klick auf die Werbefläche, der Besuch einer Webseite oder der tatsächliche Kaufakt) signifikant erhöht. Der Faustregel von Les Binet und Peter Fields zufolge sollte das Verhältnis von Branding- zu Performance-Budget ungefähr bei 60/40 liegen (Binet & Field, 2013, 2017), aber es dürfen auch ruhig 70 % des Budgets in Branding-Maßnahmen investiert werden. Für die Mediaplanung bedeutet das, dass der Großteil des Budgets nach wie vor in klassischen, also nicht-digitalen Massenkanälen landen sollte. Und das wiederum hat einen Einfluss auf die Gestaltung der Kommunikation. Massenkommunikation ist eben nicht „die richtige Botschaft im richtigen Kanal zum richtigen Zeitpunkt“ für den Einzelnen,

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sondern eine inhaltlich relevante, kreative Idee, die möglichst viele Konsumentinnen und Konsumenten emotional berührt. Wie eingangs erwähnt kommt es dabei auf Empathie und auf menschliche Insights an und nicht darauf, ob ich mir beim letzten Besuch die blaue oder die braune Chinos angesehen habe. Daher müsste man als Media- oder Kommunikations-Strategin Daten eigentlich ganz anders nutzen als das bislang geschieht. Für die Entwicklung von relevanter Kommunikation müsste man die Fülle an Daten nach ungewöhnlichen Häufungen, nach versteckten Mustern oder nach signifikanten Merkmalen durchsuchen. Von Daten zu Insights. Das passiert leider praktisch gar nicht, und dafür gibt es zwei Gründe. Erstens ist die Summe der Daten einfach viel zu groß, als dass eine Strategin oder ein Stratege sich selbst auf die Suche begeben könnte. Es braucht also wiederum Maschinen, um diese Aufgabe zu erledigen. So wie die Algorithmen von Amazon, die mir Produkte vorschlagen auf Basis einer Big-Data-Analyse. Eine Aussage wie „Kunden, die sich dieses Produkt angesehen haben, interessierten sich auch hierfür“ ist ein Muster, welches der Amazon-Algorithmus entdeckt hat, also ein Insight. Für die Entwicklung von Kommunikations- und Media-Strategien wäre es sehr hilfreich, auf diese Weise aus Daten Insights abzuleiten. Allerdings verfügen Media- und Kreativagenturen weder über so rechenstarke Maschinen noch über eine KI, die in der Lage wäre, nach solchen Mustern zu fahnden. Selbst wenn Mediaagenturen also über eine große Anzahl von KundInnendaten verfügen – sie können diese derzeit Daten noch nicht wirklich strategisch nutzbar machen. Das könnte sich allerdings sehr schnell ändern. Wie oben beschrieben arbeiten die meisten großen Agenturen bereits intensiv mit Künstlicher Intelligenz und selbstlernenden Maschinen. Im Moment beschränkt sich der Einsatz dieser Technologie zwar noch auf das Rechnen von unterschiedlichen Budget-Szenarien. Aber es ist sicherlich nur ein kurzer Sprung, bis die Agenturen KI auch für die Analyse von NutzerInnendaten einsetzen. Das zweite Problem scheint mir die relative „Dummheit“ der Maschinen zu sein. Bevor ein Algorithmus in der Lage ist, bestimmte Muster zu entdecken, muss er zunächst auf genau diese Aufgabe trainiert werden. Der Amazon-Algorithmus („wer dies, der das“) ist ja letztlich ein relativ banales Muster, welches für die Person zwar ein interessantes Feature darstellt, aber kaum echte Erkenntnisse zutage fördert, schon gar keine psychologischen. Die KI müsste also wissen, wonach sie suchen soll, wenn sie die NutzerInnendaten der Agenturen durchsucht. Anders gesagt: Man muss den Insight schon kennen, bevor man die KI auf die Suche danach schickt. Ein klassischer Zirkelschluss. Etwas Anderes wäre es, wenn sich die KI auf die Suche nach Verbraucher-Clustern machen würde. Immer wenn sie eine statistisch relevante Häufung von Nutzer-Verhalten findet, würde die KI daraus ein Cluster bilden, welches die Planerin dann genauer untersuchen kann. Das könnte in der Tat spannende Erkenntnisse und womöglich sogar echte Insights liefern. Ich vermute allerdings, dass die KI entweder viel zu viele oder aber zu wenige relevante Cluster liefern würde.

4.5 Vertiefung: Mediaplanung „in the digital age“

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Ist die KI sozusagen zu sensibel eingestellt, wird sie zu viele Cluster bilden, weil sie schon bei kleinen Häufungen ein Muster entdeckt. Umgekehrt „übersieht“ sie aber womöglich relevante Muster, wenn man die Reaktionsschwelle anhebt. Letztlich muss die Planerin entscheiden, was bloße Korrelation und was schon Kausalität ist, welches Muster keine Aussage beinhaltet und in welchem ein Insight schlummert. Und diese Entscheidung wird sie treffen auf Basis von psychologischer Erfahrung, von Menschenkenntnis und vor allem durch eine Eigenschaft, die keine Maschine je haben wird: Empathie.

4.5.5

Das Gehirn tickt nach wie vor analog

So gesehen bleibt eine Kernaufgabe der Media- und Kommunikationsplanung auch im digitalen Zeitalter nach wie vor analog. Zu verstehen, wie, wo, wann und warum die Verbraucherin mit Marken und Medien interagieren möchte, wird auch in einer immer digitaleren Welt keine Aufgabe für Maschinen werden. Keine KI wird auf absehbare Zeit in der Lage sein, menschliches Verhalten zu verstehen oder emotionale Bedürfnisse zu erkennen. Empathie ist eine analoge Fähigkeit, denn das Gehirn tickt analog. Interessanterweise lässt sich diese Tatsache auch in der Entwicklung der Medienlandschaft und der Nutzung von Medien beobachten. Digitale Medien haben sich zwar in den letzten 25 Jahren explosionsartig vermehrt und auch die Media-Budgets wurden nach und nach in digitale Touchpoints investiert. Aber es ist dennoch erstaunlich, wie resilient „klassische“, also analoge, Medien tatsächlich sind. „TV ist tot!“ „Das große Printsterben!“ „Kein Mensch liest mehr einen Handelsbeileger!“ Solche marktschreierischen Aussagen finden sich seit gefühlt 15 Jahren in den Journalen der Branche. Tatsächlich aber ist die Nutzung analoger Medien nach wie vor hoch und auch die Budgets für TV und Print, Kino und Plakat sind – mehr oder weniger – stabil. Wie kommt es also zu dieser Diskrepanz zwischen den Aussagen der Experten und der Realität? Und vor allem: Warum ist die Nutzung immer noch so hoch, wo doch digitale Medien scheinbar so viel besser zu unserem modernen Lebensstil passen? Betrachten wir zunächst das Verhältnis zwischen gefühlter Wahrnehmung („Print ist tot“) und der Realität, dann fällt auf, dass solche Aussagen vor allem von solchen PlanerInnen, MarketerInnen und EntscheiderInnen getroffen werden, deren Budgets überproportional in digitalen Medien investiert werden. Niemand trifft gern unkluge Entscheidungen, und daher wird die Wirksamkeit digitaler Medien von diesen Menschen tendenziell über- und die Effektivität traditioneller Medien eher unterbewertet. Ein klassisches Beispiel von Postrationalisierung. Natürlich können digitale Medien einige Dinge gut oder sogar besser als analoge Medien. Wenn aber die Apologeten digitaler Medien sich in ihren Analysen ausschließlich auf diese Faktoren konzentrieren und dabei immer wieder genau die Dinge übersehen, die

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4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

digitale Medien nicht so gut können, dann ist es nicht verwunderlich, dass ihre Aussagen in eine bestimmte Richtung tendieren. Dieser kognitive Bias ist vielen ExpertInnen vermutlich gar nicht unbedingt bewusst, führt aber dazu, dass digitale Investments in der Wahrnehmung vieler Planerinnen und Planer als die effizienteren erscheinen. Ein Argument in dieser Diskussion bezieht sich auf die sogenannten Streuverluste. Mit diesem Begriff werden diejenigen Teile aller mit einer Werbebotschaft erreichten Menschen bezeichnet, die nicht zur eigentlichen Planungs-Zielgruppe gehören. Wenn ich, Peter Petermann, beispielsweise einen TV-Spot der Marke Tchibo sehe, dann ist dies eigentlich ein nutzloser Kontakt, da ich persönlich niemals Kaffee trinke. Vermeintlich ebenso unsinnig ist es, wenn Männer in einer Zeitschrift eine Anzeige für Tampons sehen. In Massenmedien lässt es sich nicht vermeiden, dass man mit einer Werbebotschaft auch Menschen erreicht, die für den wirtschaftlichen Erfolg einer Marke im Prinzip unerheblich sind. Daher ging man lange Zeit davon aus, dass solche Kontakte sozusagen „Beifang“ sind, den man am liebsten gleich wieder über Bord werfen möchte. Der englische Begriff für Streuverluste ist „wastage“, also „Abfall“. Nomen est omen. Gerade hier sollen digitale Medien Abhilfe schaffen. „Precision Marketing“ soll dafür sorgen, dass eine Botschaft tatsächlich so präzise ausgesteuert wird, dass ausschließlich diejenigen Menschen eine Botschaft erhalten, für die diese auch relevant ist. Dass auch Targeting nicht immer so präzise ist wie versprochen, habe ich ja oben schon beschrieben. Aber selbst wenn Targeting wirklich funktionieren würde, sind digitale Medien trotzdem nicht unbedingt effizienter. Statt von Streuverlusten könnte man nämlich auch von Streugewinnen sprechen. Wenn die Mediastrategin für ihren Kunden einen Mediaplan erstellt, ist die Auswahl der richtigen Zielgruppe entscheidend. Nicht nur, weil die Botschaft logischerweise die richtigen Menschen erreichen soll, sondern auch weil unterschiedliche Zielgruppensegmente unterschiedlich teuer sind. Es ist in Massenmedien beispielsweise schwieriger, junge Zielgruppen zu erreichen als ältere Segmente, es ist leichter Frauen zu erreichen als Männer. Daher würde ein Mediaplan für eine Rasiercreme, der überproportional viele Männer ansprechen soll, deutlich teurer werden als ein ausgewogener Plan. Da man aus Effizienzgründen nicht nur typisch „männliche“ Sendungen buchen sollte, wird man mit Werbung für Rasiercreme automatisch immer auch Frauen erreichen. Aus Sicht der Marke ist das vielleicht gar nicht unbedingt ein Problem, da die Erfahrung zeigt, dass Frauen bei der Auswahl der Rasiercreme durchaus mitreden, dass Frauen oft für ihre Männer einkaufen, dass Männer die Creme bevorzugen, die bei Frauen gut ankommt. Auch bei Alterssegmenten gibt es „Spillover“-Effekte. Wenn man beispielsweise den Plan für eine Turnschuhmarke auf die Zielgruppe 18–49 optimiert (ehemals die Werbe-Zielgruppe überhaupt), dann erreicht man natürlich immer auch Menschen über 50. Und zwar überproportional viele. Und selbstverständlich kann man auch in diesem Beispiel argumentieren, dass auch Konsumentinnen jenseits der magischen 50 hin und wieder Sneakers kaufen.

4.5 Vertiefung: Mediaplanung „in the digital age“

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Deshalb hat sich inzwischen eine etwas andere Sicht auf diesen „Beifang“ entwickelt. Inzwischen betrachtet man diese zusätzlichen Kontakte sozusagen als „Leistung on-top“: man spricht nun von Streu-Gewinnen. Jetzt mag man einwenden, dass es sich bei dieser Sicht bloß um einen klassischen Euphemismus handelt: „Das Kind schielt nicht, das soll so gucken!“ Kluge MediaplanerInnen können aber diese antizipierten Zusatzkontakte in ihre Planung mit einberechnen. Sie „zielen jünger“ um „älter zu erreichen“. Sie wissen – aus Erfahrung oder durch Modellrechnungen – mit welchem Media- und Umfeldmix sie bestimmte Planungs-Zielgruppen am besten erreichen und justiert ihre EinkaufsZielgruppe dementsprechend. Dadurch wird der Plan am Ende ein wenig günstiger, wenngleich auch etwas ungenauer. In der Planung digitaler Medien fallen diese Spillover-Effekte allerdings weg. Das YouTube-Video, welches programmatisch ausgespielt wird, wird nur von der Person gesehen, die im Targeting definiert wurde. Der Marken-Post auf Instagram ebenfalls. In digitalen Medien gibt es keine zufälligen Zusatzkontakte mehr und dementsprechend auch keine Streugewinne. Unsere Branche hat sich in den letzten 10 Jahren so sehr auf die Vermeidung von Beifang konzentriert, dass sie übersehen hat, dass auch dort der ein oder andere große Fisch dabei sein kann. Ob man bei Massenmedien wie TV daher lieber von Streu-Verlusten oder von Streu-Gewinnen sprechen möchte, mag Ansichtssache sein. Fest steht, dass klassische Medien durchaus nach wie vor sehr gute Ergebnisse liefern, wenn es darum geht innerhalb einer erweiterten Zielgruppe große Reichweiten zu erzielen. Und dennoch schreitet die Digitalisierung der Medienlandschaft weiter fort. Inzwischen gibt es Werbung auf „Smart TVs“, also die Möglichkeit, einzelne, mit dem Internet verbundene TV-Geräte anzusteuern. Es gibt Digital Out-of-Home (dOOH), also digitale Screens in Bahnhöfen und anderen Orten des öffentlichen Raumes, die sich flexibel an Besucherströme anpassen können. Es gibt OTT („over the top“), also die Möglichkeit, gezielt Werbung auf digitalen Spielkonsolen auszuliefern. Und natürlich gibt es Werbung auf Smartphones, Tablets und Wearables. „Addressable Media“ ist der Überbegriff für diese neuen digitalen Kontaktpunkte. Und eines ist klar: Je adressierbarer die Medienlandschaft wird, desto grösser ist die Gefahr, dass unsere Branche in die oben beschriebenen Fallen tappt. Aber diese Entwicklung zeigt auch, dass die Grenze zwischen analogen und digitalen Medien immer mehr verschwimmt. Ist ein „Smart TV“ ein analoges oder ein digitales Medium? Für die NutzerInnen dieses Gerätes ist es sicherlich immer noch analog, denn die Nutzungssituation – entspannt auf dem Sofa einen Film schauen – hat sich ja nicht geändert. Für die PlanerInnen ist Addressable TV aber durchaus ein digitaler Kontaktpunkt, der digital geplant werden muss. Bei dOOH ist die Sache schon etwas anders, denn früher waren Großflächen und Plakate an Bushaltestellen ja immer statisch. Jetzt kann man dort immer öfter bewegte Bilder sehen. Aber warum sollte Bewegtbild in der Fußgängerzone weniger analog sein als Bewegtbild auf dem Sofa? Spätestens beim Vergleich zwischen dem Blättern durch eine

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4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

Zeitschrift und dem Scrollen des gleichen Magazins auf dem iPad zeigen sich allerdings klare Unterschiede zwischen digital und analog. In meinem Buch (Petermann et al., 2021) habe ich ausführlich dargelegt, wie unterschiedlich die Prozesse im Gehirn sind, je nachdem ob man Inhalte analog oder digital konsumiert. Während man analoge Texte beispielsweise Wort für Wort und Satz für Satz liest und durchaus immer mal wieder ein paar Absätze zurückspringt, um eine Passage noch ein zweites Mal zu lesen, wendet man beim Lesen digitaler Texte ganz andere Mechanismen an: „Skipping, Scanning, Keyword-Spotting“ nennen Neurowissenschaftler dieses Vorgehen. Das Gehirn liest quer, achtet nur auf hervorstechende Einzelworte und bastelt sich aus diesen Versatzstücken die Bedeutung des Textes zusammen, unabhängig davon, was tatsächlich im Text stand. Ganz ähnlich sind auch die Prozesse im Gehirn beim Konsum von digitalem Bewegtbild, insbesondere bei Kurzvideos à la TikTok oder der Reels auf Instagram. Auch hier werden die Inhalte nicht mehr als ein chronologischer Fluss von Bildern und Szenen erfasst (wie beispielsweise in einem Film), sondern vom Gehirn in einzelne ultra-kurze Sequenzen zerhackt. Unser Gehirn springt sozusagen von einem visuellen Impuls zum nächsten. Es liegt auf der Hand, dass diese Veränderung im Nutzungsverhalten einen signifikanten Einfluss auf die Verarbeitung der Inhalte im Gehirn hat. Digitale Texte werden beispielsweise sehr viel schlechter abgespeichert („Retention“) und nachweislich schlechter erinnert („Retrieval“) als analoge Texte. Dementsprechend ist auch die Markenerinnerung von digitalen Anzeigen im Vergleich zu Print-Ads deutlich schlechter. Bei Marken-Spots, die auf dem Smartphone ausgespielt werden, entscheidet das Gehirn bereits innerhalb der ersten Sekunde, ob der Inhalt interessant ist oder nicht und fällt eine Wertung – gut oder schlecht – in weniger als zwei Sekunden. Kurz gesagt sind digitale Inhalte für das Gehirn „anstrengender“ in der Verarbeitung – man spricht hier auch von der sogenannten „Cognitive Load“ – und damit sehr viel weniger effektiv im Hinblick auf Werbe-KPIs wie Werbeerinnerung, Brand Awareness oder Verständnis. Umgekehrt präferieren aber auch die Verbraucherinnen und Verbraucher analoge Medien. Zwar sinken beispielsweise die Auflagen einzelner, durchaus auch großer, Titel seit Jahren, aber die Summe der verkauften Printerzeugnisse insgesamt ist ungefähr gleichgeblieben. Die Printlandschaft hat sich also nur stärker fragmentiert. Das Gleiche gilt für TV: Rechnet man lineares und nicht-lineares TV zusammen, dann ist auch dieses analoge Medium in seiner Nutzung stabil. Auch wenn unser Alltag immer digitaler wird: Die Menschen konsumieren nach wie vor lieber analoge Medien, vermutlich weil ihr Gehirn eben auch analog funktioniert. Zu Beginn dieses Kapitels habe ich beschrieben, wie fundamental sich die Mediaplanung an sich und die Aufgaben von Mediaplanerinnen und -planern in den letzten 20–30 Jahren verändert haben. Die digitale Transformation unserer Branche hat zu einer ungeheuren Erhöhung der Vielfalt in der Medienlandschaft geführt. Für werbungtreibende Unternehmen bedeutet das einerseits, dass es sehr viel mehr Möglichkeiten gibt, mit ihren

4.5 Vertiefung: Mediaplanung „in the digital age“

195

Kundinnen und Kunden in Kontakt zu treten und ihre Marke in den Köpfen und Herzen der Menschen zu verankern. Andererseits hat sich dadurch aber auch die Komplexität in der Aussteuerung dieser neuen – und alten – Kanäle so stark erhöht, dass Media heutzutage nicht mehr ohne die Hilfe digitaler Planungs-Instrumente und computer-gestützter Einkaufs-Tools funktioniert. Diese Entwicklung geht inzwischen so weit, dass immer mehr Agenturen auf die Hilfe von Künstlicher Intelligenz für die Optimierung ihrer Mediapläne angewiesen sind. Für Agenturen und Werbungtreibende ist die Digitalisierung der Medienlandschaft daher Fluch und Segen zugleich – auch wenn viele von ihnen das wahrscheinlich nicht zugeben würden. Wenn man genau hinschaut, ist inzwischen eine gewisse „Digitalisierungs-Müdigkeit“ zu beobachten. Es wird nicht mehr jede neue Plattform automatisch als der letzte Schrei vermarktet, bei dem man als Marke unbedingt dabei sein muss. Immer mehr Unternehmen haben inzwischen erkannt, wofür digitale Touchpoints gut sind und für welche Aufgaben klassische Medien besser geeignet sind. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis wir das auch in der Allokation der Budgets sehen werden. Ich prognostiziere mittelfristig ein Shift der Budgets zurück in analoge, oder besser gesagt: hybride Kanäle. Gleichzeitig – und dieses Thema habe ich in diesem Kapitel bewusst ausgespart – steht eine weitere massive digitale Transformation unmittelbar bevor. Das Metaverse wird mittelfristig ebenfalls dramatisch an Bedeutung gewinnen. An anderer Stelle (Petermann, 2022) habe ich bereits ausführlich beschrieben, warum und inwiefern das Metaverse einen ähnlichen Impact auf unser Leben und auf die Marketing-Kommunikation haben wird wie seinerzeit das Internet. Als das Internet 1.0 Mitte der 90er Jahre für eine breite Masse zugänglich wurde, gab es zunächst keine klaren Konzepte, was man denn dort eigentlich tun sollte. Es mangelte schlicht an relevanten Anwendungen (der Fachbegriff damals lautete „Killer Application“). Verlage, Marken und andere Unternehmen replizierten einfach das, was sie aus der analogen Welt kannten ins Internet und das ging einigermaßen schief, denn digitale Kopien von analogen Anwendungen blieben hinter den Originalen meist weit zurück. Genauso ist es heute wieder: Im Moment versuchen die meisten Brands und Retailer, die derzeit ins Metaverse gehen einfach das Web 2.0 irgendwie dreidimensional nachzubauen. Man kann sich dann zwar sehr flüssig in einem virtuellen Showroom bewegen oder mit einem Mausklick die Farbe des Pullis ändern; aber letztlich ist der Besuch in einer realen Filiale haptisch besser und das Shoppen im e-Commerce-Store der Marke sehr viel weniger umständlich. Wenn wir etwas aus den 90ern lernen können, dann ist es, dass wir schnellstmöglich nach Anwendungen suchen sollten, die das Metaverse besser kann als das Web 2.0 oder das physische Ladengeschäft. Die Frage ist also: welchen Mehrwert kann eine Marke oder ein Händler im Metaverse schaffen? Die potenziellen Anwendungsbereiche für das Metaverse sind vielfältig: von der dreidimensionalen Produktpräsentation über die Erweiterung von Geschäftsmodellen (digitale Produkte zusätzlich zu physischen) bis hin zur Bereitstellung von Content-Angeboten.

196

4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

Marken werden im Metaverse verstärkt D2C anbieten, also in einer unmittelbaren transaktionalen Beziehung zu Ihren KundInnen stehen. Auch für Social Commerce eignet sich das Metaverse hervorragend. Und dazu kommen alle die Möglichkeiten, die wir uns jetzt einfach noch nicht vorstellen können. So wie sich in den Anfangsjahren des Internets niemand einen Service wie AirBnB oder Uber oder auch nur ein Smartphone hätte vorstellen können, braucht es auch im Moment noch sehr viel Fantasie, um schon jetzt mehr als nur die offensichtlichen Anwendungsbereiche des Metaverse zu sehen. Kluge Beobachter der Szene wagen derzeit die Hypothese, dass das Potenzial des Metaverse im Moment eher über-, langfristig aber eher unterschätzt wird. Welche Bedeutung man dem Metaverse zukommen lässt hängt wahrscheinlich stark davon ab, wie man insgesamt über neue Technologien denkt. Ich denke, die entscheidende Frage ist, wie schnell wir in der Lage sein werden, neue, wirklich relevante Anwendungen zu entwickeln. Für die Media- und Kommunikationsplanung stellt das Metaversum natürlich ebenfalls eine große Herausforderung dar. Denn dort einfach nur Markenwerbung zu schalten, ähnlich wie derzeit im In-Game-Bereich, wird sicherlich nicht die Antwort sein. Das würde diesem neuen Medium sicherlich nicht gerecht. In jedem Fall aber wird es sehr spannend werden zu beobachten, wie sich diese neue Plattform in den nächsten Jahren entwickelt. Die Media- und KommunikationsStrategInnen werden dann schon Wege finden, Marken auch dort zu inszenieren.

4.5.6

Management Summary und Praxis-Tipps

Vom Einkaufsoptimierer zum Investmentberater: Die Aufgaben der Mediaplanung haben sich dramatisch verschoben. Marketingverantwortliche können mit Media-Agenturen heute auch über Businessstrategien und Wachstumspotenziale sprechen. Im Kern steht das Management von Komplexität: Mit hochentwickelten Computerprogrammen und Algorithmen helfen MediaplanerInnen ihren KundInnen, die immer größer werdende Komplexität der Medienlandschaft und der Einkaufsmodelle besser zu managen. Das Ende der Linie: Die Kategorien „Above the line“ und „Below the line“ haben ausgedient. In der digitalen Welt verschmelzen der „Point of Engagement“ und der „Point of Sale“, Branding und Abverkauf müssen integriert geplant werden. Jenseits von „Last Click“: Moderne Attributionsmodelle erlauben es Marketern, sehr viel genauer zu definieren, welche Kanäle welchen Einfluss auf welche Marketing-Parameter haben und die Pläne und Strategien danach auszurichten.

4.5 Vertiefung: Mediaplanung „in the digital age“

197

Branding vs. Performance: Performance-Modelle machen digitale Kommunikation zwar scheinbar attraktiv für werbungtreibende Unternehmen. Dabei wird aber der langfristige Einfluss von Branding auf den Abverkauf notorisch unterschätzt. Die besten Ergebnisse erzielt ein Verhältnis von ca. 60 zu 40 (Branding vs. Performance). Daten sind das Öl der Zukunft: Daher sollte die eigene Datenstrategie (1st-Party, CRM, eine eigene DMP) für jedes Unternehmen hohe Priorität genießen. Stellen Sie zudem sicher, dass Ihre Agentur in der Lage ist, mit Ihren Daten zu planen. Aber es muss auch ohne gehen: In Ermangelung von 3rd-Party-Daten wird eine klassische Umfeldplanung ebenfalls wieder in Mode kommen. Stellen Sie also sicher, dass Ihre Agentur dieses traditionelle „Handwerk“ ebenso gut beherrscht. Emotional schlägt rational, Empathie schlägt Targeting: Effektive Kommunikation basiert auf zwingenden Consumer Insights und einem emotionalen Verständnis der Bedürfnisse Ihrer KundInnen. Eine gezielt ausgespielte Anzeige ist immer nur dann wirksam, wenn sie bei der Verbraucherin auch tatsächlich „ankommt“. Die Resilienz des Analogen: Analoge Medien, speziell Massenmedien wie TV, funktionieren auch in einer digitalen Welt immer noch erstaunlich gut. Achten Sie bei Ihen Mediaplänen darauf, dass sie genügend Reichweite erzielen und möglicherweise sogar Streu-Gewinne abwerfen.

Dr. Peter Petermann hat 1991 an der Washington University, St. Louis, in Philosophie promoviert und arbeitet seit 1992 im Marketing. Im Laufe seiner professionellen Karriere hat er sowohl in Kreativ- als auch Media-Agenturen gearbeitet, davon mehr als 15 Jahre als

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4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

Chief Strategy Officer mit einem speziellen Fokus auf digitale Transformation, eCommerce und Branding. Ab 2006 war er 10 Jahre lang für Carat Deutschland und Dentsu Aegis in Central & Eastern Europe tätig, wo er als Chief Strategy Officer mit der Transformation des Netzwerkes zu einem holistischen Kommunikationsdienstleister betraut war. Von 2016 bis 2019 ging er für MediaCom nach China, um die Agentur strategisch innovativer zu machen, insbesondere hinsichtlich digitaler Medien, eCommerce und Content Marketing. Seit 2021 arbeitet er als Chef-Stratege für die Full-Service Agentur WundermanThompson in Zürich, wo er unter anderem ein Netzwerk-übergreifendes Team für die MIGROS leitet. Daneben ist er Mitglied im internationalen Berater-Netzwerk „Been There Done That“, wo er an globalen Strategie- und Marketingprojekten mitarbeitet. Er publiziert regelmäßig White Papers und andere Artikel und ist häufiger Redner auf Konferenzen und Symposien. Er hat bereits zweimal den angesehenen Atticus Award für das beste originäre White Paper des Jahres gewonnen, 2018 für seine Artikel über Künstliche Intelligenz in Media und 2022 über die Kraft von Inspiration.

4.6

Vertiefung: KundInnendialog – Chatbots und Avatare … und der Faktor Mensch

KundInnendialog ist wichtig und steckt einem Dilemma: Er ist teuer, wenn er gut gemacht ist, und verprellt KundInnen, wenn er an der falschen Stelle spart. Künstliche Intelligenz ist eines der Werkzeuge, diese Kosten zu senken und das KundInnenerlebnis zu optimieren. Und Künstliche Intelligenz ist inzwischen ein ernstzunehmendes Tool geworden. Es kann bereits an vielen Stellen erfolgreich für den KundInnendialog eingesetzt werden. Aber auch der Aufbau von Dialogsystemen mit KI ist kostspielig – gerade für kleine und mittelständische Unternehmen. Die Lösung liegt in der Zukunft daher technisch in zwei Bereichen, in Plattform-Ökosystemen und bei Software-as-a-Service-Vollanbietern. Die Halbwertszeit der einzelnen Anwendungen ist dabei aber nur kurz. Der Faktor Mensch wird daher entscheidend. Es gilt, die MacherInnen im KundInnendialog zu ManagerInnen der verschiedenen Tools und Kanälen zu entwickeln. Dieses Kapitel geht auf die wesentlichen Entwicklungen in den nächsten Jahren ein, zeigt einige digitale Tools und gibt Praxistipps, wie Sie den Faktor Mensch erfolgreich einsetzen, um Ihren KundInnendialog auf die nächste (KI)-Stufe zu heben.

4.6.1

KundInnendialog ist wichtig

Es ist eine alte Marketingweisheit: Jede Interaktion mit KundInnen ist eine Chance für die Marke und den Verkauf. Leider hat diese KundInneninteraktion ein Handycap – richtig

4.6 Vertiefung: KundInnendialog – Chatbots und Avatare …

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gut gemacht, ist sie teuer. Nicht gut gemacht, verprellt man sich sehr schnell InteressentInnen und KundInnen. Und so investieren Unternehmen viel Geld und Personal für die KundInneninteraktion, um ein optimales Markenerlebnis zu schaffen. Der Faktor Mensch ist dabei eine kostbare und kostspielige Ressource: So liegen die Preise pro Telefonminute im günstigsten Fall bei rund 0,30 e pro Minute, können aber bis 2,00 e pro Minute betragen (primaProfi, 2023). Das sind hochgerechnet pro Telefonplatz 12.500 und 19.200 e pro Monat – für einen einzigen, gemieteten Platz in einem Callcenter. Eigene Callcenter sind nicht günstiger.

4.6.2

Künstliche Intelligenz hilft, Interaktionskosten zu senken

Kein Wunder, dass Unternehmen versuchen, Kosten zu sparen und Menschen nur dort einzusetzen, wo es nicht anders geht. Automatisierung und neuerdings Künstliche Intelligenz sind hier mögliche Tools, um Abhilfe zu schaffen. Während eine Interaktion mit menschlichen AgentInnen im Schnitt rund 8 US$ kostet, sind einfache sogenannte SelfService-Interaktionen mit einem Bot für rund 0,10 US$ zu haben (Sprinklr.com, 2023). Selbst wenn hier sicherlich Äpfel mit Birnen verglichen werden, ist der Kostenunterschied deutlich. Aber noch können nicht alle Interaktionen automatisiert werden, denn die Erfolgsquote von automatisierten KundInnendialogen ist je nach Schwierigkeitsgrad unterschiedlich: Während einfache Fragen, die häufig gestellt werden, keine Herausforderung mehr sind, sind komplexere KundInnenanliegen nach wie vor durch automatisierte Prozesse schwieriger zu erledigen.

4.6.3

Künstliche Intelligenz ist ein ernstzunehmendes Tool geworden

KI ist in der Wirtschaft angekommen: Sieben der zehn nach Marktkapitalisierung größten Unternehmen haben ein auf Daten und KI basierendes Geschäftsmodell: Apple, Microsoft, Alphabet, Amazon, Nvidia, Meta (Facebook) und TSMC (pwc, 2022, S. 17). Nvidia und TSMC sind Zulieferer von Grafikprozessoren und Halbleitern. Apple, Microsoft, Alphabet, Amazon und Meta generieren Umsatz nicht primär damit, etwas Physisches herzustellen, sondern mit dem systematischen Sammeln von UserInnendaten und deren Auswertung mittels KI. Diese Insights über die Bedürfnisse und Verhaltensmuster potenzieller KundInnen verkaufen sie dann an ihre Geschäftspartner. Deshalb wird allgemein gesagt, Daten seien „das Öl des 21. Jahrhunderts“, eine Aussage, die dem Tesco-Manager Clive Humby 2006 zugeschrieben wird. Wenn Martech, also Marketingtechnologie das Nutzen von Software auf Basis von Algorithmen ist, um Marketingaktivitäten zu optimieren, dann ist KI eine nächste Ausbaustufe dieser Martech. KI basiert auch auf Algorithmen; aber KI lernt, verbessert also den eigenen Algorithmus.

200

4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

Eine Martech-Software, die von KI unterstützt wird, wird also im Laufe der Nutzung immer besser. KI entwickelt sich dabei in bisher nicht gekannter Geschwindigkeit zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor: Das McKinsey Global Institute (MGI) (McKinsey & Company, 2018) prognostizierte im Jahr 2018 global bis 2030 einen durchschnittlichen Anstieg des Bruttoinlandsproduktes (BIP) um 1,2 Prozentpunkte pro Jahr allein durch KI – ein beeindruckender Einfluss einer einzigen Technologie auf das BIP. Zum Vergleich: Die Dampfmaschine brachte es seinerzeit auf 0,3, Industrieroboter auf 0,4 und Informationsund Kommunikationstechnologien auf 0,6 Prozentpunkte. Durch Corona ist die Akzeptanz digitaler Angebote noch gestiegen, es ist damit zu rechnen, dass sich KI ggf. sogar noch schneller durchsetzt als von McK 2018 angenommen. Und das Potenzial von KI ist klar erkannt: 50 % aller Unternehmen weltweit wenden KI in wenigstens einer ihrer Businessunits an (Chui et al., 2022, S. 3) und 90 % der Marketing-ManagerInnen und WerberInnen in D-A-CH sagen, KI sei wichtig für Unternehmen, 92 % attestieren KI eine hohe Wichtigkeit im Marketing. Fast zwei Drittel nutzen KI, mit steigender Tendenz (Bünte, 2023). KI ist auch im Marketing angekommen: In der neusten Studie „KI im Marketing“ von 2023 (Bünte, 2023, S. 4) gaben 40,6 % der Marketing-ManagerInnen an, dass sie KI im Marketing einsetzen, das sind 14,1 Prozentpunkte mehr als noch vor fünf Jahren (siehe Abb. 76). Besonders schätzen sie die Vorteile von KI in der Interaktion mit KundInnen: 77,7 % sind jeweils der Ansicht, KI helfe dabei, KundInnen besser zu verstehen und schneller auf KundInnenwünsche einzugehen (siehe Abb. 4.13).

Marketing-ManagerInnen sehen viele Vorteile von KI im Dialog mit KundInnen Top 3-Box (Skala 5, 6, 7 in %) Interaktion mit KundInnen 77,7

77,7

KI wird uns helfen KundInnen besser zu verstehen

KI wird uns helfen, schneller auf KundInnen einzugehen

Abb. 4.13 Vorteile von KI im Marketing: KundInnendialog. (Quelle: Eigene Darstellung)

4.6 Vertiefung: KundInnendialog – Chatbots und Avatare …

201

Für Callcenter gibt es z. B. KI-Tools, die erkennen, in welcher Stimmung die Person ist, und den Callcenter-AgentInnen Hinweise geben, wie sie mit diesen AnruferInnen am Telefon am besten umgehen. Die tatsächliche KundInneninteraktion wird also von Mensch zu Mensch durchgeführt, die KI assistiert im Hintergrund. Anbieter sind z. B. Jabra Engage AI, Cogito oder xdroid. Twilio und Sprinkle wiederum bietet ein breites Spektrum an Leistungen rund um den KundInnendialog, bei Sprinkle sind darunter LiveChats, Conversational AI und Bots, Analysetools zum Auswerten der Interaktionen der AgentInnen im Callcenter, um nur einige zu nennen (sprinkle, 2023). Im Bereich der Chatbots kann man KI einsetzen, um Standardfragen von KundInnen abzufangen und so die persönlichen Kommunikationskanäle für die wichtigeren Herausforderungen der KundInnen freizuhalten. Diese Chatbots sind inzwischen auf allen Kommunikationskanälen integrierbar. Nicht nur auf der eigenen Website, sondern auch in eigenen Apps, in Messenger Apps wie Facebook, WhatsApp, Microsoft Teams, Skype, Slack, Telegram, Kik, Viber, in digitale Werbung und in Voice Assistenten wie Amazon Alexa oder Google Home (Hundertmark, 2021). Zwei Anbieter für KI-basierte Chatbots sind Eggheads und Moin.ai. Neben Text-Bots gibt es bereits gut funktionierende Avartare, z. B. Lailo. Lailo kann Fragen beantworten, Dialoge führen, ist mehrsprachig und bietet im Hintergrund Analysewerkzeuge (Lailo, 2023). Auch hier ist die Idee, dass der Avatar, genau wie Chatbots, den sogenannten First Level Support übernimmt, also erste grundsätzliche Fragen abfängt, damit der menschliche KundInnensupport mehr Zeit für intensivere Interaktionen hat. Tawny.ai und Affectiva wiederum analysiert in Videos die Emotionen des Gegenübers. Ist die Person glücklich, neutral, wütend, fröhlich? Beide Unternehmen nutzen die Technologie aktuell zwar u. a. noch zur Optimierung von Werbung, es ist aber absehbar, dass dieser Ansatz zeitnah auch genutzt werden kann, um im KundInnendialog zu unterstützen; Dadurch würden die Sprachanalysen erweitert um Microexpressionsanalysen des Gesichts.

4.6.4

Der Aufbau von eigenen Dialogsystemen mit KI ist teuer

Der Aufbau und Betrieb von KI-gestützten Lösungen im KundInnendialog ist auch nicht unbedingt günstig oder einfach umzusetzen. Zu den Kosten für den Aufbau der KI kommen die laufenden Betreuungskosten durch das eigene Personal. Um die notwendigen ProgrammierInnen in diesem Bereich herrscht der vielzitierte „War of Talents“. Kleine Unternehmen haben kaum eine Chance, diese Fachkräfte für sich zu gewinnen. Und selbst, wenn ein Unternehmen vorgefertigte sogenannte Software-as-a-ServiceAngebote (SaaS) nutzt, sind die Kosten erheblich, wenn auch günstiger als sämtliche Interaktionen über MitarbeiterInnen abzuwickeln. Die hohen Kosten kommen dadurch zustande, dass KundInnen immer anspruchsvoller werden und inzwischen erwarten, ein Unternehmen über unterschiedlichste Kanäle und sieben Tage die Woche an 24 h zu

202

4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

Auch im Marketing zeigt sich eine wahrgenommene Wichtigkeit für den Erfolg: 77 % geben an, dass KI mindestens EIN Faktor für den Erfolg sei Angaben in %, n = 69, Ergebnisse zeigen daher Tendenzen Der Einsatz von KI im Marketing … 76,8

62.3

19,0

14.5

1.4 macht mein macht mein ist entscheidend für macht mein Unternehmen weniger Unternehmen genauso Unternehmen den Erfolg meines erfolgreich als vorher erfolgreich wie vorher erfolgreicher als vorher Unternehmens

1.4

1.4

hat keinen Einfluss auf den Erfolg meines Unternehmens

Keine Ahnung

Abb. 4.14 Der Einfluss von KI im Marketing auf den Erfolg des Unternehmens. (Quelle: Eigene Darstellung) (Quelle: Eigene Darstellung)

erreichen (zendesk, 2023). War es bis vor ein paar Jahren ausreichend, ein Callcenter von montags bis freitags zwischen 8 bis 19 Uhr vorzuhalten sowie Grundinformationen über die eigene Internetseite zu veröffentlichen, gibt es heute eine Vielzahl an Kanälen, die KundInnen nutzen wollen: Online, Callcenter, Whatsapp, SMS, Chatbot, Live-Chat, E-Mails … um nur einige zu nennen. Es ist absehbar, dass die Anzahl an Kanälen eher zunehmen wird. Will ein mittelständisches Unternehmen diese Kanäle alle bedienen, ist sehr schnell sehr viel Budget, Strategie und geschultes Personal nötig. Das, was das Unternehmen sparen kann, wenn es Teile des KundInnendialogs automatisiert, muss es reinvestieren, um mehr Kanäle vorzuhalten und den wachsenden KundInnenansprüchen gerecht zu werden. Denn nicht mitzumachen ist auch keine Lösung (mehr). In der erwähnten Studie geben fast 77 % der Marketing-ManagerInnen, die KI im Marketing nutzen, an, der Einsatz von KI sei wenigsten ein Hebel für den Erfolg des Unternehmens. Für 14,5 % ist es sogar der Hebel für den Erfolg ihres Unternehmens (Bünte, 2023, S. 9) siehe Abb. 4.14.

4.6.5

Die Lösung sind Plattform-Ökosystemen und SaaS-Vollanbieter

Sogenannte Plattform-Ökosysteme und SaaS-Vollanbieter werden die Lösung für die Nutzung von KI für diejenigen Firmen sein, die keine eigenen KundInnendialoglösungen entwickeln wollen oder können:

4.6 Vertiefung: KundInnendialog – Chatbots und Avatare …

203

4.6.5.1 Plattform-Ökosysteme Der Begriff „Plattform-Ökosystem“ ist noch nicht vollständig klar definiert. Es gibt Plattform-Ökonomie, Plattform-Ökosysteme, digitale Ökosysteme, KI-Service PlattformAngebote und vieles mehr – eine sehr gute Übersicht und Diskussion zu diesem Thema findet sich bei Hofmann (Geske et al., 2021). Für diesen Artikel wird auf die Definition von Naab, Trapp und Reis (2020) zurückgegriffen: „In einem Digitalen Ökosystem kooperieren Unternehmen und Menschen, die zwar unabhängig sind, sich von der Teilnahme aber einen gegenseitigen Vorteil versprechen. Ein Digitales Ökosystem hat in seinem Zentrum eine digitale Plattform, die diese Kooperation besonders gut unterstützt … Während es sich bei einem Digitalen Ökosystem um einen konkreten Verbund von Unternehmen, Menschen und IT-Systemen handelt, ist Plattformökonomie ein grundsätzliches wirtschaftliches Prinzip, so ähnlich wie Kapitalismus zum Beispiel. Ein Digitales Ökosystem kann mit der Intention aufgebaut werden, nach den Prinzipien der Plattformökonomie zu funktionieren. Das heißt dann, dass es in einem solchen Digitalen Ökosystem um klare ökonomische Interessen geht und typischerweise mehrseitige Märkte gibt, in denen die Teilnehmer ihre Transaktionen über die Digitale Plattform abwickeln. Es gibt aber auch Digitale Ökosysteme, die nicht der Plattformökonomie zuzuordnen sind, sondern andere Ziele verfolgen, zum Beispiel Wikipedia.“

Ein digitales Ökosystem ist immer auch eine Plattform. Auf dieser Plattform ist fast immer eine KI die Analyseform des Systems. Das liegt an der großen Datenmenge, die es zu verarbeiten gilt. Insofern kann man zusammenfassend von KI-basierten digitalen Plattform-Ökosystemen sprechen. Der Marktplatz von Amazon fällt z. B. in diese Kategorie. KI-Service-Plattformen wiederum sind dann die Angebote, die Plattform-Anbietende ihren MarktteilnehmerInnen als sogenannte Software-as-a-Service (Saas) rund um einen bestimmten Service anbieten, etwa die Amazon Cloud. Plattform-Ökosysteme sind vielversprechend, weil sie allen Teilnehmenden Vorteile verschaffen: Der Anbieter der Plattform, z. B. Alibaba, Amazon oder Wechat, generiert Umsatz und Gewinn durch Aufnahme von PartnerInnen: Während die Fortune-500Unternehmen im Schnitt rund 20 Jahre benötigten, um eine Bewertung von einer Milliarde Dollar zu erreichen, benötigen Plattform-Ökosysteme im Schnitt nur fünf Jahre (Morvan et al., 2016). Die Marken, die Plattformen nutzen, um zu verkaufen, wie z. B. Nivea oder Covestro oder auch weniger bekannte Marken, generieren bessere Insights über die Bedürfnisse und das Verhalten dieser KundInnengruppen, kleinere Marken erhalten darüber hinaus Zugang zu neuen KundInnengruppen und PartnerInnen, die sie allein nicht in diesem Umfang erreichen könnten. Die EndnutzerInnen erleben eine bessere Customer Journey dadurch, dass sie nicht nur eine spezifische Aktion durchführen können, wie etwa klassische Einzelanwendungsapplikationen es ermöglichen (Google Search, Instagram, YouTube), sondern dass ein breiteres Spektrum an Bedürfnissen in einer einzigen Anwendung durch die Plattform befriedigt

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4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

werden kann. WeChat z. B. bietet neben einer Chatfunktion insgesamt über eine Millionen sogenannter Miniprogramms an, mit deren Hilfe UserInnen ihren digitalen Alltag organisieren können. Anwendungen sind das Bezahlen von Gebühren, Falschparktickets, das Erledigen der Steuererklärung, man kann ein Visum beantragen und Arzttermine vereinbaren (Bünte, 2020, S. 81 ff.). Außerdem können die Angebote besser auf ihre individuellen Bedürfnisse zugeschnitten werden. Dadurch kaufen diese NutzerInnen hier mehr und es werden mehr Daten generiert, die durch eine KI analysiert werden können. Die Erkenntnisse daraus können allen PartnerInnen zur Verfügung gestellt werden, die daraus besser zugeschnittene Sortiments- und Preisangebote entwickeln können. Ein Optimierungskreislauf beginnt. Man könnte sagen, dass die Daten das Benzin eines Ökosystems sind und KI der Motor, um es anzutreiben. Dabei könnten die Plattform-AnbieterInnen zu Gatekeepern für andere Unternehmen werden, ähnlich wie seinerzeit Google für die Onlinesuche von Unternehmen und Amazon für den Verkauf. Dabei gilt nach wie vor: Wer hier nicht präsent ist, verliert substanziell an Sichtbarkeit und Umsatz. Digitale Ökosysteme könnten dieselbe Wirkung haben. Facebook, Amazon, Google, Apple und Co. erweitern ihre Angebote massiv in Richtung Plattform-Ökosysteme: Apple beispielsweise trat bereits 2014 mit Apple Pay in den Finanzsektor ein, Google kaufte 2019 Looker, ein Unternehmen für Cloud Computing und Big Data (Cohan, 2019), Amazon bietet schon seit langer Zeit Cloud-Services an – eine von über 40 Leistungen von Tochtergesellschaften neben Amazons traditionellem Kerngeschäft, dem Versandhandel (Talin, 2021). Und Microsoft finanziert u. a. auch Open AI, das neben Dall-e auch Chat GPT entwickelt. Diese Entwicklung ist kein USA-Phänomen. Der Blick nach China zeigte insbesondere vor den Corona-Lockdowns eine ähnliche Dynamik bei z. B. Tencent und Alibaba und Bytedance. Digitale Ökosysteme werden bis 2030 viele Industrien beeinflussen. McKinsey prognostizierte, dass bis 2030 weltweit über 70 Billionen US-Dollar über digitale Ökosysteme umgesetzt werden (Hariharan Joshi et al., 2021) siehe Abb. 4.15, das sind 25 % des weltweiten Verkaufs 2025. Der Anteil von B-to-C beträgt 26 %, der von B-to-B 45 %, der im Bereich Public Service (Gesundheit, Education etc.) 29 % (Quelle: eigene Analyse auf Basis der Zahlen in Abb. 4.15) und geht damit über viele Branchen hinweg (Hariharan Joshi et al., 2021). Diese Entwicklung sehen auch Unternehmen: BCG befragte dazu 91 deutsche Unternehmen (Bhatnagar et al., 2021). Ein Viertel der Unternehmen gab an, dass digitale Ökosysteme innerhalb von drei Jahren mehr als 60 % des Umsatzes in ihrer Branche ausmachen werden, und etwa 30 % der Unternehmen erwarteten, dass sich digitale Ökosysteme in dieser Zeit um mindestens 25 % auf den Jahresgewinn auswirken werden. „Unabhängig davon, ob Ihr Unternehmen groß oder klein ist, wird der Aufbau oder der Beitritt zu einem oder mehreren digitalen Ökosystemen in praktisch jeder Branche schnell von einer optionalen zu einer zwingenden Notwendigkeit“ (Bhatnagar et al., 2021).

4.6 Vertiefung: KundInnendialog – Chatbots und Avatare …

205

Abb. 4.15 Die Entwicklung von digitalen Ökosystemen bis 2030. (Quelle: Joshi et al., 2021)

Digitale Plattform-Ökosysteme basieren immer auf Daten, die mithilfe von Software, die in der Regel KI-unterstützt ist, analysiert wird. Es sind also Algorithmen, die auf Basis aller Daten, die die PlattformteilnehmerInnen zur Verfügung stellen, lernen. Das Ergebnis der Analyse ist abhängig vom Ziel der Plattform. Das digitale Ökosystem von Amazon hat beispielsweise zum Ziel, VerkäuferIn und KäuferIn zusammenzubringen. Zum genau richtigen Zeitpunkt mit dem genau richtigen Angebot zum passenden Preis. Das Ökosystem von PinAn, einer Versicherung in China liefert dagegen „Matches“ im Bereich der Gesundheitsvorsorge für DienstleisterInnen und BürgerInnen. Es ist naheliegend, dass diese Plattform-Ökosysteme auch Vorreiter bei der Entwicklung und Nutzung von KundInnendialogsystemen sind – nicht ohne Grund ist Microsoft an OpenAI beteiligt, der Entwicklungsfirma von Chat-GPT. Über APIs, also Schnittstellen, werden diese Plattformen ihren PlattformteilnehmerInnen diese KundInnendialogsysteme zur Verfügung stellen, wenn es dem Ziel der Plattform dient – so wie es heute bereits z. B. Amazon tut, wenn es seinen HändlerInnen eine Interaktionsmöglichkeit mit ihren KundInnen ermöglicht.

206

4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

Es ist also absehbar, dass die Plattformökonomie in den nächsten Jahren rasch wächst und mit ihr die Investitionen der Plattformen in die KundInneninteraktion. Daraus ergeben sich neue und praktikable Tools zur KundInneninteraktion für die PlattformteilnehmerInnen. Damit einher geht aber auch, dass die KundInneninteraktionsdaten bei PlattformbetreiberInnen verbleiben und nicht, wie sonst, im alleinigen „Besitz“ der beiden Dialogparteien liegen. Ein mittelständisches Unternehmen, das also beispielsweise über Amazon oder Alibaba verkauft, erhält zwar gegen eine Gebühr in Zukunft wie heute schon den Zugang zur neuesten, KI-gestützten, anwendungsfreundlichen KundInneninteraktions-Lösung, bezahlt dies aber nicht nur mit Geld, sondern auch mit dem Verlust der KundInnendaten. Bei einer eigenen, teureren Lösung würden die Daten im Unternehmen verbleiben.

4.6.5.2 SaaS-VollanbieterInnen Im Bereich der Software-as-a-Service-AnbieterInnen zeichnet sich ab, dass die entwickelnden Unternehmen weg von Einzellösungen auf Basis von KI, hin zu Angeboten, die die Herausforderungen der KlientInnen insgesamt lösen, gehen. Und so konsolidieren sie entweder ihre einzelnen Angebote in eine gemeinsame Lösung, oder sie kaufen SaaSFirmen hinzu, um ein Vollanbieter zu werden. Im Bereich der CRM-Herausforderungen von Unternehmen (KundInnendialog ist ein Teil des CRM-Managements, also des Customer-Relationship-Managements) bieten Firmen wie Hubspot, Zoho, Pipedrive, Salesforce, Zendesk, Helpdesk und viele weitere inzwischen ein breites Spektrum an Anbindungen und Lösungen rund um den KundInnendialog. Der Vorteil für kleine und mittelständische Firmen ist, genau wie bei den Plattform-Ökosystemen, dass die dahinter eingebundenen KI-Algorithmen nicht selbst programmiert werden müssen, sondern dazugekauft werden können. Auch hier teilweise um den Preis der Aufgabe der eigenen Daten; daher lohnt es sich, vor dem Unterschreiben eines SaaS-Vertrages genau zu prüfen, wie man die eigenen Daten noch nutzen darf.

4.6.6

Die Halbwertszeit der einzelnen Anwendungen ist kurz…

Und hier liegt die eigentliche Herausforderung für Unternehmen in den 2020er Jahren: Während dieser Text entsteht, entwickeln sich die Fähigkeiten von KI mit exponentieller Geschwindigkeit weiter und die KundInnenansprüche ändern sich und wachsen. Eine KI-Anwendung, die heute gut funktioniert, kann morgen veraltet sein. Eine neue KIAnwendung wie Chat-GPT ist plötzlich marktreif und tritt einen weltweiten Siegeszug an. Es ist also nicht die Frage, ob Anwendungen, die Sie heute nutzen, demnächst überholt sein werden, sondern eher, wann – und von welcher KI-Lösung sie wiederum in Zukunft überholt werden.

4.6 Vertiefung: KundInnendialog – Chatbots und Avatare …

4.6.7

207

… daher wird der Faktor Mensch entscheidend

Gleichzeitig muss dieser Wandel von Menschen gemanagt werden. D. h. es wird in Zukunft für Unternehmen weniger die technische Machbarkeit sein, die bislang eine „natürliche“ Grenze gesetzt hat. Sondern die Fähigkeiten der eigenen MitarbeiterInnen, eine andere Schlüsselrolle zu übernehmen, nämlich flexibel auf neue technische Lösungen und KundInnenwünsche einzugehen. Wir haben kein Technikproblem, wir haben ein menschliches Problem. Oder positiver formuliert: Wer in ein paar Jahren die Nase vorne haben will bei der Königsdisziplin im Marketing – einem wertschöpfenden KundInnendialog – darf nicht (nur) auf Technik setzen, sondern zwingend (auch) auf gute Mitarbeitende. Nicht, indem sie selbst mit KundInnen interagieren, sondern indem sie regelmäßig aus den vorhandenen Möglichkeiten die richtigen Tools wählen und überprüfen, wie die KundInnenzufriedenheit sich entwickelt. UnternehmenslenkerInnen müssen es also schaffen, MacherInnen im KundInnendialog zu ManagerInnen des KundInnendialogs zu entwickeln. Diese Herausforderung wird auch von den Marketing-ManagerInnen erkannt, es gibt offenbar noch viel zu tun im Bereich Training: In der 2023er Studie zu KI im Marketing attestieren sich fast 55 % ein nur unterdurchschnittliches bis durchschnittliches Wissen zu KI, siehe Abb. 9 (Bünte, 2023, S. 7). Rund 77 % der Befragten sind Führungskräfte, auch hier ist also die Selbsteinschätzung nicht besser. Und so ist die KI-Ausbildung für über 60 % der Befragten auch eine Herausforderung für ihr Unternehmen (siehe Abb. 4.16), (Bünte, 2023, S. 8).

Über 60 % der Befragten sehen in der KI-Ausbildung der MarketingmitarbeiterInnen eine Herausforderung Angaben in % “Die KI-Ausbildung von MarketingMitarbeiterlnnen wird in meinem Unternehmen eine Herausforderung”

61,2 % 22.4 20.6

18.2

11.2

11.8

8,1 5.3

2.4 1 (stimme gar nicht zu)

2

3

4

5

6

7 (stimme voll und ganz zu)

keine Ahnung

Abb. 4.16 Herausforderungen im Marketing der Zukunft. (Quelle: Eigene Darstellung)

208

4.6.8

4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

So setzen Sie den Faktor Mensch erfolgreich ein

Da sich die technische Entwicklung wie beschrieben ständig weiterentwickelt, ist es nicht sinnvolle Tipps für die gerade passende oder angesagte Technik oder die passenden Partner zu geben. Vielmehr ist wichtig, dass Sie einen Personalstamm und eine Organisationsstruktur schaffen, die Sie in die Lage versetzt, agil auf neue Herausforderungen und technische Lösungen einzugehen. Und so kann es gehen: • Sorgen Sie dafür, dass Sie je nach Größe Ihres Unternehmens mindestens einen Verantwortlichen oder eine Verantwortliche für den gesamten KundInnendialog haben. • Schreiben Sie dieser Person ins Pflichtenheft, eine langfristige KundInnendialogstrategie zu entwickeln und zu verfolgen. Nutzen Sie diese Strategie als Grundlage für Ihre Jahresgespräche mit dieser Person. • Zu dieser Strategie gehört zwingend ein Innovationsmonitoring, z. B. den Markt systematisch alle drei Monate nach neuen Tools zu durchsuchen und regelmäßig Kundenzufriedenheits-Messungen durchzuführen. • Dazu passend sollte diese Person eine Roadmap erstellen für das eigene Management des KundInnendialogs: Was soll bis wann wie in welchem Kanal umgesetzt werden, wie wird Erfolg gemessen, wer entscheidet, wer bezahlt. • Es ist essenziell, dass diese Stelle ein Budget erhält, mit dem neue Tools ausprobiert werden können. Eine Verteilung kann z. B. so aussehen, wie es ein weltweites Unternehmen im Bereich FMCG macht: 70 % des Budgets wird für Kanäle ausgegeben, die stabil sind, genutzt werden und positive Interaktionserfahrungen mit KundInnen liefern. 20 % des Budgets geht in Kanäle, die ausprobiert wurden, aber noch verbessert werden können. Bei diesen Tools weiß man, dass man sie langfristig einsetzen will, muss aber den Umgang noch weiter lernen und verbessern. 10 % sind „freies Budget“ zum Ausprobieren. Hier werden Innovationen getestet, von denen man nicht zu Beginn weiß, was sie bringen. Es kann sein, dass sie nicht funktionieren, und dann wieder abgeschaltet werden. Wichtig ist, dass dieses Budget nicht am Erfolg gemessen wird; auch ein „Misserfolg“ ist hier eine Leistung, denn nur so kann sichergestellt werden, dass die Verantwortlichen mutig genug sind, weiter neue Entwicklungen auszuprobieren und sich Ihr Unternehmen so weiterentwickelt. • Die verantwortliche Person hat Zugang zu den TopentscheiderInnen im Marketing und im Management. KundInnendialog muss Teil der Kern-KPIs in Ihrem Unternehmen sein. • Nehmen Sie Geld in die Hand für Schulungen rund um KI-Anwendungen und seien Sie selbst ein Vorbild, was das Nutzen von neuen Anwendungen angeht.

Literatur

4.6.9

209

Management Summary

• KundInnendialog ist wichtig für den langfristigen Erfolg eines Unternehmens. Nur wer KundInnen bindet, kann erfolgreich sein. • Damit einher gehen hohe Kosten. Künstliche Intelligenz und andere digitale Werkzeuge können helfen, die Kosten zu senken. • Solche Tools werden erfolgreich eingesetzt. KI ist den Kinderschuhen entwachsen und wird in Zukunft entscheidend für den Erfolg eines Unternehmens. • Aber auch der Aufbau eigener KI-KundInnendialogsysteme ist kostspielig, insbesondere für die kleinen und mittelständischen Unternehmen. • Daher wird in Zukunft die Lösung im Bereich der Plattform-Ökosysteme und Software-as-a-Service-Angebote liegen. Deren Halbwertszeit ist durch die dynamische Entwicklung rund um KI aber eher kurz. • Für Unternehmen ist daher wichtig, sich flexibel aufzustellen, um im Idealfall kontinuierlich die besten Tools zu nutzen und so den besten KundInnendialog zu offerieren. • Dafür ist der Faktor Mensch entscheidend: Unternehmen müssen ihre MitarbeiterInnen entwickeln weg vom „Selbermachen“ hin zum Managen von Tools und Kanälen. Dafür sind ausreichende Trainings und eine entsprechende Organisation im Unternehmen Voraussetzung.

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210

4 Exekution: So gelingt Ihnen eine effektive und effiziente Werbung

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5

Performance Management: So messen Sie den Erfolg Ihres Marketings

5.1

Strategisches und operatives Performance-Management

Das strategische Performance-Management im Marketing beschäftigt sich mit langfristigen Zielen und der Ausrichtung der Marketingaktivitäten auf diese Ziele. Es geht darum, die Gesamtstrategie des Unternehmens in Bezug auf Marketingziele zu verstehen und darauf aufbauend die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen. Das strategische Performance-Management hilft, die Wirksamkeit der Marketingstrategie im Hinblick auf die übergeordneten Unternehmensziele zu bewerten und anzupassen. Das taktische, oder operative Performance Management im Marketing hingegen bezieht sich auf kurzfristige Ziele und Aktionen. Es umfasst die operative Umsetzung der Marketingstrategie und zielt darauf ab, die Effektivität und Effizienz der Marketingaktivitäten zu messen und zu optimieren. Das taktische Performance-Management bezieht sich auf konkrete Maßnahmen wie die Optimierung von Werbekampagnen oder die Verbesserung der Customer Journey. Das strategische Performance-Management im Marketing zielt also eher auf die langfristige Ausrichtung der Marketingaktivitäten ab, während das taktische Performance Management auf die Umsetzung und Optimierung von konkreten Maßnahmen im Hinblick auf kurzfristige Ziele fokussiert ist. Beide Aspekte sind gleichsam wichtig, um den Erfolg einer Marketingstrategie langfristig zu sichern.

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 C. Bünte, So geht Digital Marketing, https://doi.org/10.1007/978-3-658-42202-8_5

211

212

5 Performance Management: So messen Sie den Erfolg Ihres Marketings

5.2

Das Marketing-KPI-Dashboard

5.2.1

Aufbau guter Dashboards

Eine gutes Performance-Management-System springt immer vom Ziel ab, also was erreicht werden soll, es detailliert das Ziel in unterschiedliche Zwischenziele, deren Erfüllungsgrad regelmäßig gemessen wird und zeigt KPIs je Maßnahme, um zu überprüfen, ob die einzelnen Marketingmaßnahmen einen Beitrag liefern, diese Ziele zu erreichen. Eine regelmäßige, immer gleiche, also systematische Messung ist entscheidend. Systeme, die die Leistung sichtbar machen, werden Cockpit oder Dashboard genannt. Dabei gleicht kein Cockpit dem anderen. Vielmehr muss es individuell auf die Nutzungsbedürfnisse des Unternehmens ausgerichtet sein. Vor dem Erstellen sollte man sich fragen: • Was ist der Zweck des Dashboards? Geht es darum, kurzfristig Änderungen in der Marketingperformance zu zeigen oder sollen langfristige Entscheidungen davon abgeleitet werden? • Wer muss es sehen? Eine Vorstandsvorsitzende hat andere Schwerpunkt als das Marketingteam. • Wie soll es aussehen, damit sinnvoll damit gearbeitet werden kann? • Wie viele Daten sollen enthalten sein? • In welchem Abstand sollen die Daten aktualisiert werden? Zu den Diagrammen eines Dashboards können Skalen, Ranglisten, Balkendiagramme, historische Trenddiagramme, Kuchendiagramme, Trichter, aufgezeichnete Punkte und eine Vielzahl anderer Optionen gehören. Ihr Ziel ist es, relevante Informationen auf eine schnell verständliche Art und Weise anzuzeigen. Anbieter wie Tableau und Salesforce offerieren Templates und Analyseplattformen für den Start mit solchen KPIs. 

Tipp: Wer sich Tableau oder Salesforce nicht leisten kann oder will, findet ein paar gute und preisgünstige Powerpoint-Templates bei Presentationload: https://t1p.de/06qi3

Digitales Tool: Thinkcell – https://www.think-cell.com/de Dieses Tool wurde bereits in Abschn. 2.2.3 erläutert. Da viele LeserInnen aber dieses Buch nicht als Ganzes, sondern kapitelweise online lesen, und Thinkcell auch für die Aufbereitung von Dashboards hilfreich ist, ist es hier bewusst noch einmal aufgeführt.

5.2

Das Marketing-KPI-Dashboard

213

Das kann das Tool: Think cell ist ein Add-in für Powerpoint, das das Erstellen von datengetriebenen Charts vereinfacht. Es wird für Windows- und Apple-Rechner angeboten und über eine Lizenzgebühr bezahlt. So funktioniert das Tool: NutzerInnen können aus verschiedenen Vorlagen wie Tortendiagramme, Balkencharts, Ganttcharts oder Wasserfälle wählen und diese auf der Powerpointseite platzieren. Über eine Excelanbindung kann man dann die Rohdaten in die Grafik einziehen und mittels diverser Anpassungsoptionen Optik, Größe und Aussage verändern. Anders als die datengetriebene Darstellung, die standardmäßig in Powerpoint über Excel angeboten wird, ist der Umgang mit Thinkcell intuitiver, schneller und einfacher. Für diese Bereiche ist es einsetzbar: Für alle AnwenderInnen, die regelmäßig datenbasierte Powerpointpräsentationen erstellen müssen, also BeraterInnen, MarktforscherInnen, Consumer-Insights-SpezialistInnen oder Data Scientists ist Thinkcell eine zeitsparende professionelle Erleichterung im Arbeitsalltag. Thinkcell kostet derzeit je nach Anzahl der NutzerInnen im Team ab 19,90 Euro/Monat (bei 1–4 AnwenderInnen).

Ein Cockpit sollte in einer Hierarchie aufgebaut sein – ausgehend vom Unternehmensziel über den Funnel bis runter in die operativen Bereiche der vier Ps. Abb. 5.1 zeigt eine solche Hierarchie für eine Versicherung. Hier war für die weitere Umsatzsteigerung wichtig, dass möglichst viele KundInnen die Versicherung anderen KundInnen weiterempfehlen, daher steht der NPS (Net Promoter Score), der im folgenden Kapitel näher beschrieben wird, im Zentrum, also an der Spitze aller Bemühungen. 

Tipp: Nutzen Sie diese Checkliste, um Ihr Cockpit zu prüfen: • KPIs gemeinsam mit der Unternehmensleitung ausgewählt und ihr regelmäßig berichten • Verknüpft mit wichtigen Business-KPIs (Funnel, Value, NPS o. ä.) • Weniger ist mehr – lieber die zehn wichtigsten KPIs, die jeden interessierten als alle Daten, aber unübersichtlich • Einfach/ggf. automatisch zu füllen • Möglichkeit zu Vertiefungs-Analysen: Warum ist der Wert so, wie er ist? • Regelmäßiger Bericht + sichtbare Konsequenzen auf Basis des Cockpits („kein Frühstücksdirektoren-Tool“) • Eine positive Haltung gegenüber den Einheiten oder Abteilungen, deren Leistung gemessen werden:„Helfen, nicht überwachen“ • Können wiederkehrende Anfragen und Analysen automatisiert werden, um Ressourcen zu sparen?

214

5 Performance Management: So messen Sie den Erfolg Ihres Marketings

Markencockpits starten mit dem Ziel und operaonalisieren die 4 Ps Beispiel Versicherung

Business KPIs

X % Wachstum/Jahr

Was wollen wir erreichen?

NPS

Wie ist die GesamtPerformance des Unternehmens?

Verträge/Jahr Stornoquote Funnel

Entwickelt sich die Marke Richtung Soll-Posion?

Bei S&P A+ Bei xx xxx

Produkt-Preisranking BU1 und BU2: • Preisscore von beiden generell unter Top-5 in Peergroup Webewerbsvergleich xx / xx: • X % der Modellfälle unter Top 3 in Gesamtbewertung • X % der Modellfälle entweder vor Webewerber 1 und 2

BU 1 und BU2: Generell in der besten Kategorie, in unabhängigen EndkundInnen- und Maklerrelevanten Produktrankings (Sung Warentest, xx)

Marken KPIs

Markensympathie MarkenMarkenMarkenwert 2 wert 1 wert 3 Zusmmung zu „die Versicherung ist ...“ (Durchschni aller 3 Werte)

Service-Rang: Branchensieger und unter Top10 branchenübergreifend

BU = Business Unit

Abb. 5.1 KPI-Hiearchie in einem Performance-Management-System. (Quelle: Eigene Darstellung)

5.2.2

Ein Cockpit allein macht noch kein Performance Management

Nur, weil man ein „schönes“ KPI-System aufgesetzt hat, muss die Performance noch nicht besser werden. Ein Cockpit ist ein Tool, managen muss man immer noch selbst. Dazu gehört ein Prozess, in dem regelmäßig auf die neuen Daten geschaut und ggf. die Maßnahmen angepasst werden. Das gilt für das operative Marketingteam, das sich z. B. einmal in der Woche für die taktische Kampagnensteuerung trifft, genauso wie für das strategische Steuern im Vorstand. Gerade für die Vorstandsmitglieder zahlt es sich im Marketing aus, wenn diese Meetings regelmäßig in den Kalendern der Vorstände stehen. Der Vorteil: Wenn man mit immer denselben Analysen auf Basis derselben Funneldaten und z. B. Kampagnenergebnissen berichtet, ist die Leistung der Marketingabteilung im Vorstand präsent, die Wirkung des Werbebudgets wird verstanden und die Marketingverantwortlichen verstehen eher, wie die Vorstände über die Themen Marke und Marketing nachdenken. Abb. 5.2 zeigt den Ablauf für ein strategisches Markensteuerungsmeeting, das in der Regel alle sechs Monate stattfindet und über drei Stunden gehen kann.

5.2.3

Daran scheitern Cockpits

Warum aber werden tatsächlich nicht alle Cockpits, die aufgebaut werden, wirklich genutzt? Woran scheitern Marketing-Dashboards?

5.2

Das Marketing-KPI-Dashboard

215

Regelmäßige Termine mit allen EntscheiderInnen zur Steuerung der Marke im Brand Board

• Regelmäßige Erhebungen der wichtigsten MarkenKPIs • Datenanalyse, Storyline und Vorschläge für nächste Schritte, passend zu Zielen und aktuellem Stand der Daten

+ • Regelmäßig stattfindende Meetings (Brand Boards) auf Top-Management-Ebene (CEO, CMO, CFO, etc.)

Abb. 5.2 Top-Management-Meetings zum Performance-Management der Marke. (Eigene Darstellung)

Alter der Daten: Sie verwenden z. B. alte Daten, und wenn ein Dashboard dann das operative Team erreicht, ist es veraltet und zu spät, um noch verwertbar zu sein. Analysen in Form von guten Dashboards sollten frische Daten enthalten, die sofortiges Handeln ermöglichen. „Frische Daten“ sind in jeder Industrie etwas anderes: Das kann in der Automobilindustrie die letzte Konsortialstudie zu NeuwagenkäuferInnen sein, die nur einmal im Jahr global erhoben werden oder die letzten Käufe von Limonade, die einmal pro Woche erhoben wird. Quellen: Wenn die Zielpersonen, hier z. B. der Vorstand oder die Unternehmensleitung, nicht sehen können, woher die Daten kommen, oder sie nicht selbst erforschen kann, haben sie weniger Vertrauen in die Analyse. Flexibilität: Viele vorgefertigte Dashboards sind nicht flexibel genug, um die Ansichten zu bieten, die das Publikum für ein tieferes Verständnis benötigt. Sie lassen sich beispielsweise nicht so filtern, dass sie eine detaillierte Ansicht für einen bestimmte Frage ermöglichen. Einfachheit der Bedienung: Wenn fortgeschrittene Programmierkenntnisse erforderlich sind, wenden sich viele Marketing-ManagerInnen ab. Ihre Aufgabe ist es, mit den Daten zu arbeiten, also das „so what“, die Insights zu erstellen, nicht, die Daten selbst zu analysieren oder gar zu programmieren. Wenn sie auf Antworten oder die Verfügbarkeit von beschäftigten Analysten warten müssen, werden sie nicht unbedingt gern mit dem System arbeiten. Ein gutes Cockpit ist übersichtlich, siehe Abb. 5.3.

216

5 Performance Management: So messen Sie den Erfolg Ihres Marketings

Ein gutes KPI Dashboard ist übersichtlich und leicht lesbar – auch für Marken-Laien

Abb. 5.3 Gute Cockpits sind übersichtlich. (Quelle: Eigene Darstellung)

Zugangsbeschränkung: Wenn Marketingteams oder andere interessierte Unternehmensteams nicht auf dieselben Daten zugreifen können, können Dashboards kaum Wirkung entfalten. Häufig hat derjenige, der die Daten zur Verfügung stellt, Sorge, dass die Zahlen missinterpretiert oder missbräuchlich, etwa durch Weglassen wichtiger Ergebnisse, verfälscht werden. Diese Sorge ist berechtigt, wird aber nicht dadurch gelöst, dass man den Zugang auf die Daten verknappt. Besser ist es, ein Trainings- und Governance-System einzubauen, das es erlaubt, schnell zu reagieren, wenn Daten nicht wie vorgesehen im Unternehmen eingesetzt werden.

5.3

Zwei nützliche Indikatoren für jedes Marketing-Cockpit: Funnel und NPS

5.3.1

Funnel

Der Funnel, der bereits in Abschn. 3.1.3.1 vorgestellt wurde, ist nicht nur ein gutes, strategisches Analysetool, sondern eignet sich darüber hinaus hervorragend, um regelmäßig zu überprüfen, wie sich die Marke, das Produkt oder das Unternehmen entwickelt. Die Darstellung ist einfach, die Datenerhebung kostengünstig und der Überblick über den aktuellen Zustand der Marke ist eng mit den KPIs verzahnt, die das Unternehmen auch an anderer wichtiger Stelle berichtet, wie die Verkäufe oder die Loyalität. Er zeigt den

5.3

Zwei nützliche Indikatoren für jedes Marketing-Cockpit …

217

Zustand der Marke aus Sicht der Zielpersonen. Und er vereint die Aufgaben und Leistungen mehrerer Abteilungen, wie die der Markenführung, des Vertriebs, des Services und der Produktentwicklung. Der Funnel liefert damit gewissermaßen die Hubschrauberperspektive auf eine Marke – unabhängig davon, welche Abteilung des Unternehmens gerade auf die Daten blickt. Ein Dashboard im Marketing sollte daher immer mit einem Funnel beginnen. Idealerweise wurden auch schon die Ziele, die es zu erreichen gilt, auf Basis eines Funnels entwickelt; z. B., indem festgestellt wurde, dass die Markenbekanntheit der Flaschenhals für weitere Verkaufssteigerungen ist und festgelegt wurde, dass die Bekanntheit von aktuell 10 % auf 15 % in einem Zeitraum von zwei Jahren zu steigern sei. Nun kann man die Entwicklung der Markenbekanntheit, angetrieben durch die entsprechenden Marketingmaßnahmen, regelmäßig beobachten und feststellen, ob man das Ziel erreicht hat oder ggf. nachsteuern sollte. Aber Achtung: Der Funnel ist eine Erhebungsmethode, in der Zielpersonen direkt, und nicht abgeleitet antworten. Er erhebt damit die „gefühlte“ Realität, nicht die echte. Es kann sein, dass die Käufe, die die Befragten in der Funnelerhebung angeben, sich nicht ganz so exakt in den tatsächlichen Verkäufen wiederfinden. Das hängt damit zusammen, dass Menschen sich nicht immer genau erinnern können, was sie wie wann gekauft haben, Marken verwechseln oder einfach zu oberflächlich auf die Fragen antworten. Für die Interpretation der Ergebnisse des Funnel sollte dieser Punkt berücksichtigt werden, indem man etwa die berechneten mit den tatsächlich erzielten Verkäufen vergleicht und bei großen Unterschieden auch die anderen Funnelstufen vorsichtig interpretiert.

5.3.2

NPS – der Net Promoter Score

„NPS“ steht für Net Promoter Score. Es ist eine Metrik, die verwendet wird, um die Loyalität der KundInnen gegenüber einer Marke oder einem Unternehmen zu messen, siehe Abb. 5.4. Der NPS misst, wie wahrscheinlich es ist, dass eine KundIn das Unternehmen einem Freund oder einem/r KollegIn empfehlen würde. Der NPS wurde von Bain entwickelt, einer Unternehmensberatung. Inzwischen hat er sich als Standardmetrik durchgesetzt und wird von vielen Unternehmen regelmäßig gemessen. Faktisch ist er die letzte Stufe im Funnel, die Weiterempfehlungsbereitschaft. Um den NPS zu berechnen, wird zunächst eine Umfrage durchgeführt, in der die KundInnen aufgefordert werden, die Wahrscheinlichkeit zu bewerten, dass sie das Unternehmen einem Freund oder Kollegen weiterempfehlen würden, auf einer Skala von 0 bis 10, wobei 0 bedeutet, dass sie sehr unwahrscheinlich empfehlen würden und 10 bedeutet, dass sie sehr wahrscheinlich empfehlen würden. Dann werden die Antworten in drei Gruppen eingeteilt:

218

5 Performance Management: So messen Sie den Erfolg Ihres Marketings

Der Net Promoter Score berechnet einen Wert für die Loyalität der KundInnen

0

1

2

3

4

Detraktoren Net Promoter Score

5

6

7

8

Passive

9

10

Promotoren

= % Promotoren - % Detraktoren

Abb. 5.4 Der Net Promoter Score (NPS). (Quelle: Eigene Darstellung)

• PromotorInnen (Bewertung 9 oder 10): KundInnen, die das Unternehmen mit hoher Wahrscheinlichkeit weiterempfehlen würden. • Passive (Bewertung 7 oder 8): KundInnen, die das Unternehmen möglicherweise weiterempfehlen, aber nicht so enthusiastisch sind wie PromotorInnen. • DetraktorInnen (Bewertung 0 bis 6): KundInnen, die das Unternehmen wahrscheinlich nicht weiterempfehlen würden. Die NPS-Berechnung wird durch Subtraktion der Prozentzahl der DetraktorInnen von der Prozentzahl der PromotorInnen ermittelt. Das Ergebnis liegt zwischen −100 und + 100. Ein positiver NPS bedeutet, dass es mehr KundInnen gibt, die das Unternehmen weiterempfehlen würden als solche, die es nicht tun, während ein negativer NPS bedeutet, dass mehr KundInnen das Unternehmen nicht weiterempfehlen würden als solche, die es empfehlen würden. Ein NPS von 0 bedeutet, dass es genauso viele PromotorInnen wie DetraktorInnen gibt. Der NPS ist eine wertvolle Metrik, da er einen einfachen und leicht verständlichen Indikator für die KundInnenloyalität liefert und Unternehmen dabei hilft, ihre KundInnen besser zu verstehen und sich zu verbessern. Häufig wird er mit KundInnenzufriedenheit verwechselt. Das ist aber zu kurz gesprungen: Eine KundIn kann mit einem selbst Produkt zufrieden sein, muss es deshalb aber noch nicht weiterempfehlen. Die Weiterempfehlung, die der NPS misst, ist ein härterer Indikator dafür, wie loyal die Person wirklich ist. Der NPS ist relativ volatil, ändert sich also schnell – und ist damit ein guter Früherkennungsfaktor für die zukünftige Markenentwicklung. Geht der NPS herunter, ist damit zu rechnen, dass auch andere Markenwerte später nachziehen und schlechter werden. Das ist insbesondere für Industrien interessant, deren Produktlebenszyklen sehr lang sind, wie z. B. in der Automobilindustrie. Obwohl die Erhebung der Daten und die Berechnung des NPS-Wertes an sich sehr einfach ist, gilt es, zwei Regeln zu beachten. Zum einen dürfen NPS-Werte nicht zwischen verschiedenen Industrien verglichen werden. Ein Wert von 30

5.4

Marketing-ROI: die eierlegende Wollmilchsau

219

ist in der Smartphone-Branche ein normaler Wert, für eine Bank wäre es dagegen ein sehr hoher Wert. Zum anderen dürfen unterschiedliche NPS innerhalb eines Unternehmens nicht verglichen werden. Denn es gibt zwei Ansätze, um den Net Promoter Score zu ermitteln: den Top-down-Ansatz und den Bottom-up-Ansatz – beide Werte dürfen nicht verglichen werden, weil sie unterschiedliche Leistungen messen: Beim Top-down-Ansatz wird der NPS auf der Ebene des gesamten Unternehmens oder einer bestimmten Abteilung ermittelt. Hierzu wird eine Umfrage an eine zufällig ausgewählte Stichprobe von KundInnen gesendet, die das Unternehmen oder die Abteilung in den letzten Monaten genutzt haben. Die Ergebnisse werden dann verwendet, um den NPS für das gesamte Unternehmen oder die Abteilung zu berechnen. Beim Bottom-up-Ansatz wird der NPS auf der Ebene der einzelnen Geschäftsbereiche oder Teams ermittelt. Hierzu werden Umfragen an KundInnen gesendet, die ein bestimmtes Produkt oder eine bestimmte Dienstleistung genutzt haben. Die Ergebnisse werden dann verwendet, um den NPS für das jeweilige Geschäftsbereich oder Team zu berechnen. Ein Beispiel: Eine Marke bietet sowohl einen Online- als auch einen persönlichen Verkauf in echten Läden an. Der Top-down NPS dieser Marke liegt z. B. bei +15. Der Bottom-up-NPS des Online-Verkaufs liegt bei −7, der des persönlichen Verkaufs liegt bei +3. Innerhalb der beiden Bottom-up-Wert darf man die Performance vergleichen, man sieht also, dass der persönliche Verkauf aktuell mehr Promotoren hat als der Online-Verkauf. Mit dem NPS der Marke insgesamt darf dieser Wert aber nicht verglichen werden, weil sie unterschiedliche Leistungen messen. Der persönliche Verkauf und der Online-Verkauf sind Elemente, die u. a. den Gesamt-NPS steuern, aber eben auch andere Elemente wie die Erreichbarkeit des Callcenters oder der empfundene Preis der Ware. Die Erhebung ist sehr einfach. Sie besteht nur aus der oben genannten, einen Frage und kann deshalb z. B. direkt nach einer KundInneninteraktion gestellt werden, oder Bestandteil einer regelmäßig stattfindenden Marktforschung sein. Sie kann telefonisch, online oder persönlich erhoben werden. Auch hier ist wichtig, dass Ergebnisse von unterschiedlich erhobenen Marktforschungsmethoden (NPS aus persönlicher Befragung vs. NPS online) nicht gemischt oder verglichen werden, denn auch die Art der Erhebung kann das Antwortverhalten leicht beeinflussen.

5.4

Marketing-ROI: die eierlegende Wollmilchsau

Effekte der eigenen Arbeit mittels Zahlen in einem Cockpit sichtbar zu machen, hat sich in den vergangenen dreißig Jahren auch im Marketing durchgesetzt. Reichte es bis dahin noch aus, eine kreative Kampagne zu entwickeln und einen Kreativpreis zu gewinnen, um „gut im Marketing“ zu sein, fordert die Unternehmensführung nun zunehmend auch von den CMOs einen Beleg für die Leistung des Gewerks „Marketing“ als Rechtfertigung für

220

5 Performance Management: So messen Sie den Erfolg Ihres Marketings

die Ausgaben des Budgets. Die Kernfrage und damit die Königsdisziplin: lautet: Was ist der Beitrag des Marketings zum Erfolg des Unternehmens – wie hoch ist also der Return on Investment. Dazu können eine Vielzahl von Unterfragen gehören, wie: • Wie viel Umsatz und Gewinn hat das Unternehmen aufgrund der Marketingaktivitäten generiert? • Wie hoch ist der Return on Investment (ROI) der Marketingkampagnen im Vergleich zu den Investitionskosten? • Wie effektiv waren die Marketingaktivitäten bei der Generierung von Leads und NeuKundInnen? • Wie hat sich die Markenbekanntheit und das Image des Unternehmens durch die Marketingaktivitäten verbessert? • Welche Auswirkungen haben die Marketingaktivitäten auf die KundInnenbindung und -loyalität? • Wie erfolgreich waren die verschiedenen Marketingkanäle im Vergleich zueinander? • Wie haben sich die Marketingaktivitäten im Vergleich zu den Zielen und Erwartungen des Unternehmens entwickelt? Indem diese Fragen beantwortet werden, kann das Unternehmen feststellen, welche Marketingaktivitäten am erfolgreichsten sind und welche Maßnahmen zur Optimierung des ROI ergriffen werden müssen. Marketing-ManagerInnen erhoffen sich von den neuen digitalen Tools, wie z. B. KIbasierten Werkzeugen, dass sie ihre Arbeit sowohl effektiver als auch effizienter machen, sie sehen also Vorteile der KI im Bereich Return on Investment, siehe Abb. 5.5. Aber anders als in anderen Bereichen eines Unternehmens ist der unmittelbare Einfluss von Teilen im Marketing nicht unmittelbar messbar, eine KI kann noch nicht immer und allumfassend helfen. Das gilt vorwiegend für die Werbung. Zwar kann man zeitnah anhand der Verkäufe oder anderer Werbekennzahlen abschätzen, ob die Kampagne wirkt. Aber Werbung wirkt auch langfristig, indem sie hilft, die Marke aufzubauen, bekannter zu machen, vertrauter. Dieser Aufbau dauert manchmal Jahre, auch Jahrzehnte. Investitionen, die heute in die Markenwerbung getätigt werden, zahlen sich damit nicht direkt heute aus, sie sind eine Investition in die Zukunft – der Effekt wird erst in Jahren voll sichtbar. Das ist z. B. bei Preisanpassungen anders. Reduziert man den Preis, erhöht sich fast unmittelbar der Absatz, erhöht man ihn, reduziert sich der Absatz. Ähnliches gilt für den Vertrieb: Ist ein Produkt im Geschäft nicht verfügbar, reduzieren sich die Verkäufe insgesamt. Oder im Produkt: Ändert man das Produkt, indem man etwa eine höhere Qualität integriert, ändern sich relativ schnell die Verkaufszahlen. Von den vier Ps im Marketing ist daher die Kommunikation das Gewerk, deren Wirkung erst über Zeit sichtbar und damit messbar ist. Je weiter aber der Effekt (mehr Verkauf) von der Maßnahme (Werbung für die Marke) ist, umso schwieriger kann belegt werden, dass der Mehrverkauf auf diese kommunikative Einzelmaßnahme zurückzuführen ist. In der Zwischenzeit hat man ggf.

5.4

Marketing-ROI: die eierlegende Wollmilchsau

221

Marketing-ManagerInnensehenaberauchgroßeVorteilefür ihreinterne Prozesse und die Performance-Steigerung Top3-Box (Skala 5, 6, 7 in %) Interne Prozessoptimierung

82,9

76,5

70,6

KI wird uns helfen, den Marketingalltag zu vereinfachen

KI nimmt dem Marketing lästige Routineaufgaben ab

KI hilft, effektiver und effizienter zu arbeiten

Abb. 5.5 Vorteile von KI im Marketing: ROI. (Quelle: Eigene Darstellung)

den Preis erhöht, der Wettbewerb hat eine Rabattaktion durchgeführt, ein Wettbewerber ist dazugekommen, es gibt eine Produktinnovation – die Einflüsse können vielseitig sein. In der Regel liegen in der Kommunikation im Schnitt aber rund 80 % des Budgets im Marketing. Insofern ist gerade hier die Messbarkeit der Wirkung wichtig und nötig. Dazu kommt noch eine weitere Herausforderung: Wir können noch nicht lückenlos belegen, wann welcher Kunde, welche Kundin über welchen Kanal Kontakt mit der Kommunikation hatte UND die Kontaktqualitäten der einzelnen Medien sind unterschiedlich. Ein Kontakt über eine Anzeige in der Fachzeitschrift hat eine geringere Kontaktqualität als z. B. der Besuch eines Messestandes oder die Demonstration eines Make-up-Produktes in einem Schönheitssalon. Es müssen also die Kontakte je Maßnahme so gewichtet werden, dass sie miteinander vergleichbar sind. Für Online-Medien ist die Kontaktbelegung noch relativ einfach, zumindest über die IP-Adresse der NutzerInnen und Cookies1 lässt sich hier noch einigermaßen sicher sagen, wann wer mit welcher Botschaft Kontakt hatte. Für Offline-Medien ist dies dagegen kaum möglich. Die Überprüfbarkeit der Wirkung der Kommunikation, also der Werbe-ROI (Werbe-Return-on-Investment) ist nach wie vor 1 Cookies sind kleine Textdateien, die von einer Website auf dem Computer des Benutzers gespei-

chert werden. Sie dienen dazu, Informationen über NutzerInnen und deren Interaktion mit der Website zu speichern und später wiederzuerkennen. Cookies haben verschiedene Zwecke, u. a. dienen sie der Personalisierung (sie. speichern Informationen über die Benutzenden, wie z. B. Vorlieben, Einstellungen oder Warenkorb-Inhalte) oder für das Tracking (sie verfolgen das Verhalten des/r BenutzerIn auf der Website, z. B. welche Seiten er oder sie besucht oder welche Produkte angesehen werden). Diese Daten können dann verwendet werden, um personalisierte Werbung zu erstellen.

222

5 Performance Management: So messen Sie den Erfolg Ihres Marketings

lückenhaft … und der Wunsch nach einem solchen Modell klingt wie der Wunsch nach der eierlegenden Wollmilchsau. Eine gute Möglichkeit, einige dieser Lücken zu schließen, ist das sogenannte Marketing-Mix-Modelling, auf das Sascha Stürze in Abschn. 5.6 näher eingehen wird, sowie das sogenannte RCQ-Modell von McKinsey. Marketing Mix Modeling: MMM ist eine statistische Methode, die verwendet wird, um den Einfluss von verschiedenen Marketingaktivitäten auf den Umsatz oder andere Geschäftskennzahlen eines Unternehmens zu analysieren. Diese Methode ermöglicht es, den Effekt von Marketingentscheidungen auf den Erfolg des Unternehmens zu quantifizieren. Beim MMM werden verschiedene Faktoren berücksichtigt, die den Erfolg von Marketingaktivitäten beeinflussen können, wie Preisgestaltung, Werbung, Promotion, Vertriebskanäle, Produktmerkmale und Wettbewerbsumfeld. Diese Faktoren werden in einem Modell miteinander verknüpft, um den Beitrag jedes Faktors zum Gesamtergebnis zu berechnen. Das MMM-Modell basiert auf historischen Daten und erfordert eine umfassende Datenanalyse, um die relevanten Faktoren zu identifizieren und zu quantifizieren. Durch die Verwendung von MMM können Unternehmen bessere Entscheidungen darüber treffen, wie sie ihre Marketingbudgets effektiver einsetzen können, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen. Ein solches Modell hat einige Vorteile, weshalb es häufig genutzt wird: ROI-Optimierung: MMM ermöglicht es Unternehmen, das beste Verhältnis zwischen Marketinginvestitionen und Geschäftsergebnissen zu finden, indem es die Effektivität verschiedener Marketingaktivitäten auf den Umsatz oder andere Geschäftskennzahlen analysiert. Budgetplanung: Durch die Verwendung von MMM können Unternehmen fundierte Entscheidungen über die Verteilung ihres Marketingbudgets auf verschiedene Marketingkanäle und Aktivitäten treffen. Effektives Marketing: MMM zeigt Unternehmen, welche Marketingaktivitäten am effektivsten sind, um den Umsatz und die Geschäftsergebnisse zu steigern, und es ermöglicht ihnen, ihre Marketingstrategie entsprechend anzupassen. Zielgruppenanalyse: MMM kann helfen, die Zielgruppen und ihre Verhaltensmuster besser zu verstehen, indem es die Auswirkungen verschiedener Marketingaktivitäten auf unterschiedliche Segmente der Zielgruppe analysiert. Wettbewerbsanalyse: MMM ermöglicht es Unternehmen, die Auswirkungen von Wettbewerbsaktivitäten auf den Umsatz und die Geschäftsergebnisse zu analysieren und ihre Marketingstrategie entsprechend anzupassen.

5.4

Marketing-ROI: die eierlegende Wollmilchsau

223

Langfristige Planung: MMM bietet Unternehmen eine langfristige Perspektive auf den Erfolg ihrer Marketingaktivitäten, sodass sie ihre Marketingstrategie kontinuierlich optimieren können. Insgesamt bietet MMM Unternehmen eine datenbasierte Methode, um den ROI ihrer Marketingaktivitäten zu optimieren und fundierte Entscheidungen zur Verbesserung ihrer Marketingstrategie zu treffen. Damit ist es ein Tool, das sich für die strategische Performance-Management-Analyse eignet, wie sie im nächsten Unterkapitel erläutert wird. Aber MMMs haben auch Nachteile: MMM ist auf historische Daten angewiesen, was bedeutet, dass es Schwierigkeiten haben kann, zukünftige Trends oder Veränderungen in der Marktdynamik zu berücksichtigen. MMM ist außerdem auf die Analyse von quantitativen Daten beschränkt und kann qualitative Faktoren, die die Ergebnisse beeinflussen können, wie z. B. Markenwahrnehmung, nicht vollständig erfassen. Die Komplexität der Datenanalyse und -modellierung erfordert in der Regel spezialisierte Kenntnisse und Erfahrungen, um aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen. MMM kann teuer sein, insbesondere wenn es notwendig ist, Daten von verschiedenen Quellen zu sammeln und zu integrieren. MMM kann keine kausalen Zusammenhänge zwischen verschiedenen Marketingaktivitäten und Geschäftsergebnissen feststellen, sondern nur Korrelationen aufzeigen. Das Modell kann anfällig für Fehler sein, wenn bestimmte Faktoren nicht berücksichtigt werden oder wenn unvorhergesehene Ereignisse, wie z. B. eine plötzliche Wirtschaftskrise, oder Situationen wie die Corona-Pandemie und ihre jeweiligen landesspezifischen Auswirkungen, die Daten verzerrt haben. Es ist daher wichtig zu beachten, dass MMM ein wertvolles Werkzeug sein kann, aber Unternehmen sollten sich bewusst sein, dass es Einschränkungen gibt und dass andere Analysemethoden in Kombination mit MMM notwendig sein können, um ein umfassendes Bild zu erhalten. RCQ-Modell Das RCQ-Modell von McKinsey ist ein Framework zur Bewertung von Werbekanälen und zur Optimierung von Werbekampagnen (Perrey et al., 2008). Es hilft Unternehmen, die Effektivität von Werbung auf verschiedenen Kanälen zu bewerten und die Werbeausgaben auf die effektivsten Kanäle zu konzentrieren. Es ist insbesondere dann angezeigt, wenn man eine online- und offline-Kampagne bewerten will, denn das Modell erlaubt es, unterschiedliche KPIs wie z. B. „Kosten pro Klick“ (für Internetwerbung) und „Opportunity to see“ für Printmedien so zu verrechnen, dass sie miteinander vergleichbar sind. Und es hilft, wenn nicht für alle Medien Daten zur Verfügung stehen, weil insbesondere die Qualität auch von MarketingexpertInnen eingeschätzt werden können. Das Modell besteht aus drei Hauptfaktoren: Reach, Cost und Quality (RCQ). Reach: Der Faktor Reach bezieht sich auf die Reichweite, die ein Werbekanal erreichen kann. Hierbei spielen Faktoren wie die Zielgruppe, die geografische Reichweite und die

224

5 Performance Management: So messen Sie den Erfolg Ihres Marketings

Häufigkeit der Anzeigenschaltung eine wichtige Rolle. Ein höherer Reach-Wert bedeutet, dass eine größere Anzahl von Menschen erreicht wird. Cost: Der Faktor Cost bezieht sich auf die Kosten, die mit einem Werbekanal verbunden sind. Hierbei spielen Faktoren wie die Kosten pro Impression, Kosten pro Klick oder Kosten pro Lead eine wichtige Rolle. Ein niedrigerer Cost bedeutet, dass die Werbung kosteneffektiver ist. Quality: Der Faktor Quality bezieht sich auf die Qualität der Werbung und wie gut sie bei der Zielgruppe ankommt. Hierbei spielen Faktoren wie die Relevanz, Kreativität, Wirkung und das Engagement der Zielgruppe eine wichtige Rolle. Ein Kontakt über eine Anzeige in der Fachzeitschrift hat eine geringere Kontaktqualität als z. B. der Besuch eines Messestandes oder die einstündige Demonstration einer Zahnreinigung. Es müssen also die Kontakte je Maßnahme so gewichtet werden, dass sie miteinander vergleichbar sind. Die unterschiedlichen Aktivitäten werden dabei nach ihrer Intensität (also der Kontaktqualität) bewertet. Eine höhere Qualität bedeutet, dass die Werbung effektiver ist und die Zielgruppe stärker anspricht. Die einzelnen Medien könnte man beispielsweise in drei Qualitätsgruppen einteilen: Qualitätsklasse 1: Aktivitäten mit einfacher Kontaktqualität. Dies sind z. B. bezahlte Anzeigen in Fachzeitschriften. Solche Informationen werden von der Zielperson nicht direkt gesucht, sie werden eher unbewusst wahrgenommen, wenn überhaupt – häufig auch überblättert. Da diese Art der Informationsvermittlung von der Zielperson nicht aktiv gewollt ist, wirken sie weniger gut. Solche Kommunikationskontakte erhalten den Qualitätswert 1. Qualitätsklasse 2: Dies sind Maßnahmen, bei denen die Qualität des Kontaktes besser sind als bei einfachen Kontakten. Darunter fallen z. B. alle Medienkontakte, die die Zielperson selbst wünscht, denn dadurch ist die Aufnahmebereitschaft der Botschaft höher. Man kann hier davon ausgehen, dass die Kontaktqualität dann doppelt so gut ist wie unerwünschte Kommunikationskontakte. Dies können z. B. Broschüren sein oder Informationen auf Websites. Diese Kommunikationskontakte erhalten den Qualitätswert 2. Qualitätsklasse 3: Dies sind Maßnahmen mit sehr hoher Kontaktqualität, wie z. B. Gespräche auf Messen oder die Demonstration der Produkthandhabung. Diese Kommunikationskontakte erhalten den Qualitätswert 4. Nun multipliziert man die Kontaktqualität jedes Mediums mit seiner Reichweite innerhalb der Zielgruppe. Geteilt durch die Kosten für diese Maßnahme ergibt sich so ein Preis je Kontakt, und zwar angeglichen an dieselbe Qualität. D. h. die sich ergebenden Werte je Medium sind vergleichbar. So kann man z. B. feststellen, dass zwar der Messestand auf der IAA deutlich teurer als die letzte Golf-Kampagne war, dass aber, wenn man das RCQ-Modell nutzt, jeder (RCQ)-Kontakt der IAA 0,03 EUR gekostet hat, während die Werbekampagne

5.5

Management Summary Performance Management

225

mit 0,05 EUR zu Buche schlägt. So kann man Medien miteinander vergleichen. Unternehmen können ihre Werbeausgaben auf die effektivsten Kanäle konzentrieren und somit eine höhere Effektivität ihrer Werbekampagnen erzielen. Auch dieses Modell hat Nachteile – denn teilweise ist es auf ExpertInneneinschätzungen angewiesen, wenn Daten fehlen. Aber das ist gleichzeitig auch der Charme des Modells, denn eine ExpertInneneinschätzung ist immer noch ein besseres ROI-Modell als kein ROI-Modell. Und viele Unternehmen, gerade die kleineren, haben noch nicht die Möglichkeiten und finanziellen Mittel, die notwendigen Daten zu generieren oder zu kaufen. Das RCQ-Modell eignet sich sowohl für die strategische als auch die operative Marketing-Performance-Messung.

5.5

Management Summary Performance Management

• Im Performance-Management geht es um das Messen der Zielerreichung. Das strategische Management zielt dabei auf die langfristige Strategie ab, das operative Management steuert die Ergebnisse kurzfristiger Maßnahmen. • Ein Marketing-KPI-Dashboard unterstützt dabei, systematisch und transparent die Leistung anhand der wichtigsten Indikatoren zu messen und darzustellen. • Thinkcell unterstützt als datengetriebenes Digitaltool die Darstellung in Powerpoint, Tableau und Salesforce liefern Analyseplattformen und Firmen wie Presentationload unterstützen mit PPT-Templates. • Gute Cockpits sind hierarchisch aufgebaut, werden regelmäßig und systematisch erhoben und beginnen in der Ergebnisdarstellung beim Ziel, das erreicht werden soll, messen weitere KPIs wie den Markenstatus und gehen operativ bis in die vier Ps im Marketingmix hinunter. • Ein Cockpit mit individualisierten KPIs allein ist noch kein Management-System. Dazu gehören regelmäßige Entscheidungsmeetings, operativ pro Monat oder Woche im Marketingteam, strategisch z. B. halbjährlich mit dem Gesamtvorstand bei der Markensteuerung. • Cockpits scheitern, wenn die Daten alt sind, die Quellen nicht nachvollziehbar, der Umgang mit dem Dashboard nicht flexibel ist, also z. B. Detaildarstellungen nicht möglich sind oder die Bedienung zu sperrig ist – ein gutes Dashboard ist übersichtlich und ohne Einführung interpretierbar. • Zwei Standard-KPIs für jedes Marketing-Cockpit sind der Funnel und der Net Promoter Score (NPS). Der Funnel zeigt auf einen Blick die Performance der Marke oder des Unternehmens entlang aller Stufen im Kaufprozess der KundInnen. Der NPS zeigt die höchste Stufe, die eine Marke in der Wertschätzung von KundInnen erreichen kann, die Weiterempfehlungsbereitschaft. • Die Berechnung des Marketing-ROIs über alle Kanäle und alle Kampagnen hinweg ist die Königsdisziplin – und leider immer noch nicht vollumfänglich möglich, auch mittels KI noch nicht. Gerade in der Kommunikation und Markenbildung wirken die

226

5 Performance Management: So messen Sie den Erfolg Ihres Marketings

Maßnahmen, anders als bei den anderen drei Ps nicht nur unmittelbar auf die KundInnen, sondern langfristig und sind komplex. Ein direkter Effekt der Werbeausgaben ist daher schwierig abzuleiten. Zum anderen haben unterschiedliche Kanäle unterschiedliche KPIs und Wirkzusammenhänge, sodass ein direkter Vergleich der Wirkung unterschiedlicher Medien ebenfalls schwer ist. • Marketing-Mix-Modelling-Modelle und das RCQ-Modell von McKinsey sind zwei verhältnismäßig unaufwendig Methoden, den Zusammenhang zwischen eingesetztem Budget und der Wirkung auf die Zielgröße zu erschließen. Jetzt übernimmt Sascha Stürze, mit dem ich viele Marketing-ROI-Projekte aufgesetzt und durchgeführt habe. Als Kundin und als Beraterin für verschiedene KlientInnen. Saschas Fähigkeiten, immer das Große, Ganze für seine AuftraggeberInnen im Blick zu behalten, obwohl seine Teams ständig im kleinsten Datendetail arbeiten, ist bemerkenswert. Wer mehr zu ROI lesen will, findet Saschas neuestes Buch hier: https://t1p.de/x545d. Es heißt „Agile Marketing Performance Management“ – gibt es in Deutsch und Englisch.

5.6

Vertiefung: Marketing Performance Management

Sascha Stürze, Analyx GmbH, Düsseldorf, [email protected]. Damit Marketing nicht nur als Costcenter verstanden wird, muss es einen messbaren finanziellen Zusatzbeitrag zum Unternehmenserfolg leisten. Der kommt aber nicht von ungefähr sondern erfordert aktives steuerndes Eingreifen – und zwar agil statt nur einmal im Jahr. Dieses Kapitel erläutert, welche Zutaten man für effektives Marketing Performance Management benötigt mit einem besonderen Fokus auf Attribution und Marketing-Mix-Modeling.

5.6.1

Performance heißt Leistung

Marketing Performance Management. Schon wieder ein Begriff aus drei englischen Wörtern. Dass es in diesem Buch um Marketing geht, ist klar. Management heißt steuernd eingreifen, hoffentlich zum Besseren. Bleibt das schöne Wort Performance. Aber was heißt das eigentlich? Performance heißt Leistung. Aber selbst damit wird es nicht eindeutig definiert. In diesem Beitrag wird nicht die Auffassung vertreten, dass sich Marketing-Performance – also Leistung – in Anzahl Klicks auf eine Anzeige, Views eines YouTube-Videos, Follower eines Company Accounts bemisst, geschweige denn in der Anzahl Awards. MarkenMetriken wie Consideration oder Awareness sind schon besser. Aber für 1000 Klicks, 1M Views oder 34 % Brand Awareness ist noch nicht zwingend ein Kasten Bier mehr verkauft

5.6 Vertiefung: Marketing Performance Management

227

worden. Oder wie es der CMO eines führenden europäischen Konsumgüterherstellers formulierte: „Am Ende muss das Zeug vom Hof“. Marketing muss einen finanziellen Wertbeitrag zum Unternehmenserfolg leisten – also Umsatz oder besser noch Marge. Alles andere sind Zwischengrößen. Und um es noch herausfordernder zu machen: Eigentlich geht es um den sogenannten inkrementellen Effekt des Marketings, d. h. wie viele Kästen Bier wurden wegen des Marketingeinsatzes mittelfristig mehr verkauft als ohne?!

5.6.2

Warum braucht Marketing Performance aktives Management?

Die Zeiten von Marketing als fester Budgetgröße („x % vom Umsatz“) sind lange vorbei. CMOs müssen den Wertbeitrag ihrer Funktion nachweisen und aktiv steuern. Es gibt also aus Sicht von Marketing-EntscheiderInnen zwei wesentliche Gründe, sich intensiv mit MPM zu beschäftigen: • Optimale Ressourcenallokation innerhalb des Marketings: Nur wer genau weiß, wie viel welche Marketingaktivität bringt (und zwar in Euro und Cent), der hat auch eine Basis, um zu entscheiden, wohin der nächste Euro gehen soll. Was ist also die quantitativ beste Verwendung des Geldes? • Rechtfertigung von Budgets bzw. Mehrbudgets: Marketingbudgets sind gerade in Rezessionen wie derzeit oft der allererste Budgetposten, der infrage gestellt wird. Für diese Diskussion müssen CMOs gewappnet sein. Das wird an folgendem realen Beispiel aus (Stürze, In defense of Marketing ROI, 2022) deutlich – siehe Abb. 5.6. Das Beispiel basiert auf einem Marketing-Mix-Modell für eine reale Konsumgütermarke. Die erste vertikale Linie (100 %) markiert das derzeitige Niveau der Marketingausgaben der Marke. Wie man sieht, ist der Return on Investment an dieser Stelle recht hoch (grüne Linie), er könnte aber noch höher sein bei einer Reduktion der Marketingausgaben. Jedoch erreicht die inkrementelle (also durch Marketing erzeugte) Marge der Marke ihr Maximum weiter rechts. Das heißt: Eine margenmaximierende Strategie erfordert die Erhöhung des Budgets um rund 30 %. Diese Art von Nachweis ist ohne datenbasiertes Marketing Performance Management nicht zu erbringen.

5.6.3

MPM braucht vier wesentliche Bauteile

Aus praktischer Erfahrung sind für ein effektives Marketing Performance Management vier Bestandteile erfolgskritisch:

228

5 Performance Management: So messen Sie den Erfolg Ihres Marketings

Abb. 5.6 Maximale Marge wird für Marke X bei 30 % höherem Marketingbudget erreicht. (Quelle: Stürze, In defense of Marketing ROI (2022))

• Daten: Ohne Daten kann man nichts messen. Sie sind das Fundament. • Taxonomie: Ohne eine einheitliche, systematische Klassifizierung fällt das MPMKartenhaus schnell in sich zusammen. Sie ist der Stahlbeton und der am meisten unterschätzte Baustein. • Metriken: Es gibt immer zu wenig und gleichzeitig zu viele Daten. Ohne Metriken (solange es wenige sind auch KPIs genannt) wird man nicht schlau daraus. Sie sind die Wände des Hauses. • Attribution: Metriken in Dashboards bieten immer nur eine eindimensionale Sicht, z. B. „Markenbekanntheit ist zur Vorperiode gestiegen“. Erst Modelle oder andere analytische Verfahren liefern Erklärungen. Sie verknüpfen mehrere Metriken mit der finanziellen Unternehmensperformance und formen damit das Dach. Alle vier Elemente werden in den folgenden Kapiteln näher erläutert mit einem Schwerpunkt auf dem komplexesten, vierten Aspekt.

5.6.4

Daten

Ohne Daten ist MPM undenkbar. Messung, Steuerung und Nachweis von Marketingleistung muss quantitativ erfolgen und das geht ohne Daten nicht. So weit, so einsichtig. Aber der Teufel steckt im Detail, ansonsten ertrinkt man im Datensumpf. Auf drei Dimensionen müssen Marketing-EntscheiderInnen daher achten: (1) Inhalt (=welche Daten), (2) Umfang/Historie, (3) Granularität und (4) Formate.

5.6 Vertiefung: Marketing Performance Management

229

5.6.4.1 Inhalt Um relevante Erkenntnisse für MPM zu gewinnen, müssen einige relevante Datenbestände zwingend im Zugriff des Marketings sein – auch wenn diese nicht immer originäre Marketingdaten sein mögen, sondern eher im Vertrieb oder im Finanzwesen beheimatet sind: • Entwicklung der definierten Zielgrößen zu Absatz oder Umsatz je Marke und Produktgruppe (es können auch Leads, Neukunden, Besucher und ähnliches als Zielgröße definiert sein), • Bruttomarge je Produktgruppe (es sind keine detaillierten Margeninformationen je Einzelprodukt erforderlich, aber ein Verständnis der relativen Gewinnbeiträge, um Budgetentscheidungen treffen zu können), • Informationen zu den eigenen historischen Offline- und Onlinemarketing-Aktivitäten – Mindestens ein Performance-KPI für jeden Kanal, über die Zeit konsistent aufgezeichnet, – Nettowerbeausgaben/Kosten für alle Kanäle → essentiell ist hierbei, dass die Kosten zeitlich akkurat den Performancewerten zugeordnet sind. Oft werden Kosteninformationen in SAP-Systemen zum Zeitpunkt der Rechnungsstellung gespeichert, was natürlich für die Leistungsbewertung nicht zielführend ist, • Daten zur Marketingintensität des Wettbewerbs (z. B. Nielsen Brutto Spendings), • wichtige Größen jenseits der Marketingkommunikation sind Angaben zu Distribution/ Filialnetz, Preisentwicklung, Produktveränderungen, Affiliate-Aktivitäten etc., • zentrale generelle Marktinformationen können Angaben zu Gesamtentwicklung, Neuprodukte des Wettbewerbs, regulatorische Änderungen, Konsumentenmobilität etc. sein, • weitere Rahmenbedingungen können Angaben zu Saisonalitäten, Trends, Wettereinflüssen, Rohstoffverfügbarkeiten, Produktionskapazitäten oder andere Beschränkungen wie z. B. ein Lockdown während der Corona-Pandemie sein, • und last but by far not least sind die Daten zur Bewertung der Markenstärke wichtig entlang definierter Marken-KPIs (z. B. Bekanntheit, Relevant Set, Consideration etc.).

5.6.4.2 Umfang/Historie Fast alle der im folgenden beschriebenen Methodiken des MPM „lernen“ in irgendeiner Form aus historischen Daten und leiten Muster ab. Dafür ist häufig eine minimale Anzahl an Beobachtungspunkten bzw. Datenpunkten erforderlich. Zudem folgen Absätze über die Zeit häufig einer gewissen Saisonalität (z. B. Weihnachtsgeschäft), was es erforderlich macht, eine solche Saisonalität mindestens 2–3× in den Beobachtungsdaten vorzufinden. Bei wöchentlicher Granularität (siehe nächster Abschnitt) ist daher eine Datenhistorie von mindestens zwei, besser drei oder mehr Jahren zu empfehlen, was dann 156 Datenpunkten entspricht.

230

5 Performance Management: So messen Sie den Erfolg Ihres Marketings

5.6.4.3 Granularität Dies betrifft einerseits die zeitliche Detailtiefe der Rohdaten. Hier ist mindestens eine wöchentliche Granularität zu empfehlen (also Summen für Montag bis Sonntag). Sicherlich wären Tagesdaten vorzuziehen, aber erfahrungsgemäß liegen viele Datenquellen nur maximal in wöchentlicher Granularität vor, was bei Quellen wie Marken-Trackings bereits vielfach einem frommen Wunsch gleichkommt. Daher sind wöchentliche Daten oft der sinnvollste Kompromiss. Andererseits bezieht sich Granularität auf den Split der eigenen Marketing- bzw. Mediadaten. Hier sind allgemein gesprochen ein Splits zu empfehlen, der dem gewünschten Erkenntnisgewinn entspricht. Möchte man beispielsweise „nur“ Entscheidungen treffen zwischen Offline vs. Digitalspendings, so benötigt man keine hohe Granularität auf der Kanalseite. Als Daumenregel bieten sich die folgenden Splits erfahrungsgemäß an: • • • • •

SEA aufgeteilt in SEA brand versus generic, Online-Video (OLV) aufgeteilt in YouTube versus Andere, YouTube-Masthead getrennt von YouTube-Video Ads, YouTube und andere OLV aufgeteilt in Skippable vs. Non-Skippable, Aufteilung der Social-Media-Kanäle basierend auf zu optimierenden Plattformen (Facebook versus Instagram versus TikTok) oder andere interne Granularität, • Aufteilung Display in klassische Banner vs. Retargeting Banner vs. Video Ads (Display Video kann in bestimmten Fällen gleichwertig zu anderen OLV sein).

5.6.4.4 Formate Daten, die in Form von Powerpoint-Reports oder PDF-Dateien vorliegen helfen kaum, für alles, was man im MPM mit Daten erreichen will. Können die relevanten Daten im gewünschten Umfang bereitgestellt werden, ist daher eine zentrale Frage für Datenprovider (z. B. Medienagentur, interne Abteilungen) und Nutzer (Marketing), in welchem Datenformat diese Informationen vorliegen. Die optimale Nutzbarkeit von Daten setzt daher unbedingt folgende Anforderungen an deren Format voraus: • • • •

Tabellarisches Format (Wochen in Zeilen, Daten in Spalten) Stabile, konsistente Formate maschinenlesbare Form (Formate wie z. B. xls oder csv, idealerweise eine Datenbank) verfügbar innerhalb kurzer Zeit (z. B. spätestens zwei Wochen nach dem Ereignis)

Abhängig von der Pflege dieser Daten beim Datenprovider, hat oft eine der beiden Parteien erheblichen Aufwand damit, die vorliegenden Informationen in ein nutzbares Format zu transformieren, bevor das eigentliche Modeling beginnen kann. Im Folgenden wird dieses am Beispiel von Mediaplandaten illustriert. Die präferierte Lösung ist die Bereitstellung

5.6 Vertiefung: Marketing Performance Management

231

der Informationen in einem klassischen Tabellenformat, bei dem jegliche Information in Form von Wochenzeilen vorliegt. Dieses kann entweder in Form einer Datenmatrix über Kanäle hinweg (vgl. Abb. 5.7) oder fragmentiert nach Kanal je Wochenzeile (vgl. Abb. 5.8) erfolgen. Leider liegen Datenquellen – insbesondere Mediapläne – oft in abweichender Form vor, da ihr Nutzungszweck ein anderer ist (z. B. Überblick für den Werbetreibenden erzeugen). Die folgende Abb. 5.9 gibt ein Beispiel hierfür. Abschließend fasst Abb. 5.10 exemplarisch die wichtigsten Minimalanforderungen an die benötigte Datenbasis und die benötigte Granularität und Historie auf. Es bleibt darauf hinzuweisen, dass es insbesondere im Interesse des Marketingabteilung ist, sich frühzeitig aktiv in den Prozess der Datenbeschaffung und -formate einzubringen. Durch relativ wenig Aufwand ist es oft möglich, nicht nur den damit verbundenen Zeitaufwand und so die Kosten deutlich zu reduzieren, sondern auch den geforderten Datenaustausch mit den relevanten Agenturen weiterzuentwickeln. Diese Templates sind dann zudem die Grundlage, um z. B. bei einem Wechsel von Dienstleistern eine konsistente Fortführung des Reportings durch den neuen Partner sicherzustellen. Also ganz wichtig: 

Die richtigen Daten in der richtigen Form sind kein Thema für die IT.

5.6.5

Taxonomie

MPM kommt ohne Daten nicht aus. Alle sprechen von data-driven Marketing. Aber ohne eine einheitliche Taxonomie sind Rohdaten nur weißes Rauschen. Eine Taxonomie beschreibt die Kategorisierung unterschiedlicher Datenquellen nach einer einheitlichen Logik. Das Zauberwort lautet wie so oft: Konsistenz. Wenn Daten aus verschiedenen Quellen nicht einheitlich kategorisiert sind, so entziehen sie sich vielen analytischen Verfahren. Das einfachste Beispiel ist die Kategorisierung von finanziellen Daten wie z. B. Absatz oder Umsatz sowie die Kategorisierung von Mediendaten. Möchte man zum Beispiel wissen, ob TV-Werbung für die Marke Nivea und Produktgruppe Handcreme gewirkt hat, dann ist es unerlässlich, dass sowohl die Absatzdaten als auch die Mediaspendings entsprechende Labels tragen, d. h. Welche Absätze/Umsätze würden in Woche X mit Nivea Handcreme gemacht und welcher TV-Werbedruck und -Kosten entfielen auf Nivea Handcreme. Das klingt trivial, ist aber oft in der Realität alles andere als trivial. 

Um Daten zusammenzuführen müssen sie in gleicher Weise kategorisiert sein.

Abb. 5.7 Tabellenformat für Mediaplandaten über Kanäle und KPIs hinweg. (Quelle: Stürze et al. (2021))

232 5 Performance Management: So messen Sie den Erfolg Ihres Marketings

Abb. 5.8 Mediaplandaten pro Kanal aufgesplittet pro Woche. (Quelle: Stürze et al. (2021))

5.6 Vertiefung: Marketing Performance Management 233

Abb. 5.9 Typischer Mediaplan als Übersichtstabelle für Kunden. (Quelle: Stürze et al. (2021))

234 5 Performance Management: So messen Sie den Erfolg Ihres Marketings

5.6 Vertiefung: Marketing Performance Management

235

Abb. 5.10 Typische Datenquellen und Minimalanforderungen an Historie und Granularität. (Quelle: Stürze et al. (2021))

Abb. 5.11 Beispiel einer Mediadaten-Taxonomie eines großen europäischen Werbetreibenden. (Quelle: Eigene Darstellung)

Ein reales Beispiel einer typischen Kategorisierung von Media-Daten ist in Abb. 5.11 dargestellt. Die wöchentlichen Mediadaten wurden bei diesem Werbetreibenden nach drei Dimensionen einheitlich für drei Jahre kategorisiert. Das heißt: Jeder ausgegebene Euro und jede digitale Impression konnten einer Kombination aus diesen drei Dimensionen sauber zugeordnet werden. Dies erlaubte später eine Analyse, ob beispielsweise Alwayson Image-Werbung auf YouTube wirksamer war als Out of Home Flights mit einem konkreten Angebot.

236

5.6.6

5 Performance Management: So messen Sie den Erfolg Ihres Marketings

Metriken/KPIs

„Sometimes people do not know what they should be looking for, they have tons of dashboards shared but don’t know where to start. They are not clear on which dashboard or tool should be used. They’ve got three BI tools, one of them has 80 % of the data, the other one has 15 % of that data and the other one has 10 % with different overlaps. Data needs to get filtered and sorted to where it is coming from, the trust issues around the data need to be solved.“ (Aksehirli et al., 2022) Metriken sind aus Daten abgeleitete, handlungsrichtende Kennzahlen. Sie entstehen durch einfache Berechnungen, die jeder nachvollziehen oder mit dem Taschenrechner nachrechnen kann, zum Beispiel: • Durchschnitte über einen gewissen Zeitraum • Ratios, also Verhältnisse wie zum Beispiel Umsatz pro Kunde • Frequenzen wie zum Beispiel „Kunden pro Stunde“ im Shop Die erste wesentliche Voraussetzung für MPM sind KPIs für Vertrieb und Marketing. Vertrieblich sind dabei die folgenden Metriken ein guter Startpunkt: • Verhältnis eigener Marktanteil vs. Wettbewerb pro Produktsegment • B2B- und/oder B2C-Kundenzufriedenheit • Churn-Rate (Kundenverlustrate: Wie viele Kunden haben im Vergleich zum gesamten Kundenstamm gekündigt?) • Absatz und Umsatz pro Region, Kanal, Produkt, Deckungsbeitrag • Distributionsumsetzung am PoS (Sichtbarkeit im Regal) • Besuchsfrequenz am PoS • Verhältnis Neukunden vs. Bestandskunden Während Sales-KPIs in der Regel seit Jahren in den Vertriebsabteilungen gemessen werden, besteht diese Tradition bei den Marketing-KPIs in vielen Unternehmen nicht. Diese KPIs müssen eine zumindest ansatzweise einheitliche Messbarkeit und damit Vergleichbarkeit verschiedener Channels wie Digital, Radio oder TV gewährleisten. Dies ist beileibe nicht trivial, da allein der Bereich Digital mit Banner-Werbung, Ads bei Facebook, Instagram, Pinterest oder YouTube verschiedenste Metriken mit unterschiedlicher rechnerischer Basis aufweist, für die ein gemeinsamer Nenner in der Erfolgsmessung gefunden werden muss. Ein übergreifendes Basis-Setup, z. B. im digitalen Marketing, konzentriert sich auf folgende Arten von Metriken: • Eine pro Channel definierte Reichweiten- bzw. Awareness-Metrik: Follower/ Subscriber, etwa bei Facebook, Instagram oder YouTube.

5.6 Vertiefung: Marketing Performance Management

237

• Eine pro Channel definierte Engagement- bzw. Involvement-Metrik: z. B. Beitragsinteraktionen in Social-Media-Kanälen. • Eine pro Channel implementierte, gemeinsame Kosten-Metrik zur Kampagnensteuerung: z. B. CPM oder CPL. • Das eingesetzte Budget inklusive Grad der Budgetausschöpfung. • Die erzielten Website-Leads auf Formularen/Anmeldungen bzw. Online-Sales als Conversion, je nach strategischem Ziel. (Niesel et al., 2021) Diese KPIs zu Awareness, Engagement und Conversion werden in jedem Unternehmen pro Marke implementiert und in der zentralen Marketingabteilung (beim CMO) zusammengeführt. Abb. 5.12 zeigt beispielhaft einen Funnel von der Awareness-Generierung über Consideration und Conversion bis zum konkreten Umsatz: Eine solche Verzahnung von Marketing und Sales stellt sicher, dass alle Leads, die aus den Marketingaktionen generiert werden, als Opportunities (Potenziale) in die Betrachtung einfließen. Die Überwachung der Übernahmeverzögerung soll zu einer höheren Reaktionsgeschwindigkeit führen. Als größte Vorteile sind zu nennen, dass so ein Echtzeit-Reporting erfolgen kann und sich weitere Datenquellen einbinden lassen: transparent (Ziele), einfach (wenige KPIs) und eindeutig Niesel et al. (2021).

Abb. 5.12 Exemplarischer Aufbau eines User Funnel bei Hansgrohe SE. (Quelle: Niesel et al. (2021))

238

5 Performance Management: So messen Sie den Erfolg Ihres Marketings

Abb. 5.13 Im Marketing passiert alles gleichzeitig. (Quelle: (Niesel et al. 2021))

5.6.7

Attribution

In den bisherigen Kapiteln ging es um Daten und Metriken sowie deren Darstellung in Dashboards. Dies darf jedoch nicht in Isolation geschehen, denn am Ende sollen ja alle Anstrengungen im Marketing auf eine mittelfristige Maximierung des wirtschaftlichen Erfolgs (Umsatz/Profit) einzahlen.

5.6.7.1 Kein MPM ohne Attribution Eine wesentliche Voraussetzung für ein optimales Marketing Performance Management ist daher die korrekte Attribution – also die „Zuschreibung von Eigenschaften und UrsacheWirkung-Beziehungen“ (Gabler, 2022) bzw. die Klärung der Frage: Welche Aktivität treibt den wirtschaftlichen Erfolg stärker oder weniger stark? Nur wenn man dies weiß (oder Annahmen darüber trifft), kann man auch Budgets optimal verwenden. In der Praxis ist die Beantwortung der Frage „Wer (welche Aktivität) war es?“ allerdings gar nicht so einfach, da ja viele Aktivitäten (geschweige denn die des Wettbewerbs) gleichzeitig passieren, siehe Abb. 5.13.

5.6.7.2 Regeln sind noch kein Modell Viele Werbetreibende – insbesondere solche, die vor allem auf Digitalmarketing setzen wie z. B. E-Commerce-Unternehmen – nutzen nicht wirklich statistische Modelle, wie sie in den folgenden Kapiteln beschrieben werden, um die Wirkung von Marketingaktivitäten von anderen Einflussfaktoren zu isolieren. Stattdessen ist es schlicht eine

5.6 Vertiefung: Marketing Performance Management

239

Abb. 5.14 Alternative Attributionslogiken bzw. –regeln. (Quelle: Heap (2022))

Entscheidung für die eine oder andere „Regel“, welchen Kanälen mehr oder weniger Wirkbeitrag beigemessen wird. Zwei typische Regeln sind beispielsweise: • „Last Click“: 100 % der generierten Bruttomarge eines Kaufaktes im Onlineshop für Kunde X wird der letzten Interaktion (z. B. Klick auf eine Google-Anzeige) zugeschrieben. Alle anderen Interaktionen davor gelten für diese konkrete Journey als wirkungslos. • „Badewanne“ (Position-based): 50 % des Marketingerfolgs wird der ersten Interaktion zugeschrieben (first click) und 50 % der letzten (last click). Abb. 5.14 stellt dieses Prinzip, die wichtigsten der üblichen Attributionsregeln sowie die impliziten Annahmen dahinter am Beispiel einer Customer Journey mit vier Touchpoints/ Clicks dar. Wenn man die gewählte Attributionsregel auf alle getrackten Customer Journeys anwendet, so erhält man in der Summe über alle Transaktionen eines bestimmten Zeitraums den Wirkbeitrag jedes Kanals über alle Kunden hinweg. Jedoch muss man sich als Marketingentscheider bewusstmachen, dass diese Erkenntnis auf der Anwendung einer Regel basiert, die man selbst vorweg gesetzt hat und die (siehe Abb. 5.14) entsprechende Annahmen über die Welt impliziert – Last Click ist nicht wirklich ein Modell! (Niesel et al., 2021).

5.6.7.3 Modeling oder Experimente – anders geht es nicht Attribution soll letztlich die Frage nach dem Wertbeitrag des Marketings beantworten (sowie die Frage nach dem Marketing-ROI). Man möchte also – wie in Abb. 5.15 farblich

240

5 Performance Management: So messen Sie den Erfolg Ihres Marketings

INCREMENTAL FINANCIAL VALUE COST OF THE GAINED AS A RESULT OF THE – MARKETING INVESTMENT MARKETING INVESTMENT MROI = COST OF THE MARKETING INVESTMENT

Abb. 5.15 Marketing-ROI mathematisch zerlegt. (Quelle: Eigene Darstellung)

hervorgehoben – den inkrementellen finanziellen Wertbeitrag des Marketings (oder einer Marketing-Aktivität) bestimmen. Aber weil eben alles gleichzeitig passiert, ist das gar nicht so einfach. Im Prinzip gibt es eigentlich nur zwei valide Wege: • Statistische Modelle wie z. B. Marketing-Mix-Modelle • Experimente, also das valide durchgeführte Testen von Maßnahmen Zur zweiten Gruppe gehören etwa regionale A/B-Tests, wobei in einer Region eine Maßnahme (z. B. Werbung) durchgeführt wird und in der anderen nicht. Unter der Annahme, dass beide Regionen ansonsten gleich sind, kann man den inkrementellen Effekt der Maßnahme bestimmen. Das Problem ist jedoch häufig, dass solche Annahmen nur selten in der Praxis vorkommen und man nicht alle Unterschiede zwischen Test- und Kontrollgruppe kontrollieren kann. Nicht falsch verstehen: Experimente sind der beste Weg, um wirklich nachzuweisen, ob etwas funktioniert hat – aber die reale Welt bietet eben nur selten wirklich valide Laborbedingungen. Daher sind – sofern man die dafür nötigen historischen Daten hat (!) und einen gewissen Aufwand der Erstellung nicht scheut – statistische Modelle zu bevorzugen. Aber auch da gibt es Fallstricke, auf die wir im Folgenden noch eingehen werden.

5.6.7.4 Marketing-Mix-Modelle (MMM) Um die Frage der Attribution zu beantworten, kommen dabei „Modelle“ zum Einsatz, also vereinfachte Erklärungen der komplexen Marketingrealität. Egal, wie dabei vorgegangen wird, das Ziel dieser Modelle ist immer das gleiche: Eine möglichst korrekte Zuweisung des Erfolgsbeitrags zu unterschiedlichen Marketingaktivitäten als Entscheidungsgrundlage für eine möglichst effiziente Allokation von Ressourcen. Oft kommen hierzu sogenannte Marketing-Mix-Modelle (MMM) zum Einsatz, um den Beitrag des Marketings bzw. einzelner Aktivitäten vom „Rest“ zu isolieren. MMMs erklären den Zusammenhang zwischen „x“ – also den verschiedenen denkbaren Einflussfaktoren – und der Erfolgsgröße „y“, also z. B. dem Verlauf der monatlichen Absätze der vergangenen Jahre (schematisch in Abb. 5.16 dargestellt). Hierzu kommen immer entsprechende statistische Verfahren zum Einsatz, wie zum Beispiel Regressionsmodelle. MMMs lernen also aus der Entwicklung in der Vergangenheit. Und weil nie ein

5.6 Vertiefung: Marketing Performance Management

241

Abb. 5.16 Schematische Darstellung des MMM-Prinzips. (Quelle: Eigene Darstellung)

Monat in der Vergangenheit genau einem anderen gleicht, kann moderne Statistik aus diesen Daten Muster erkennen und die wirklichen Effekte einzelner Marketing-Maßnahmen oder Media-Kanäle isolieren. Man findet so zum Beispiel heraus, wie stark TV-Werbung alleine auf den Absatz wirkt und ob sich dieser Effekt durch gleichzeitige Onlinewerbung verstärkt.

5.6.7.5 Multi-Touch-Attribution (MTA) MTAs hingegen nehmen die Betrachtungsweise der individuellen Customer Journey ein und basieren daher auf individuellen statt auf aggregierten Daten. Man versucht, alle Berührungspunkte eines Kunden oder Leads vom ersten Klick auf eine SEA-Anzeige bis zum Abschluss des Kaufvorgangs im Shop nachzuzeichnen. So lässt sich der generierte Umsatz oder die Bruttomarge eines Kaufaktes auf die vorangegangenen Anstöße bzw. Touchpoints mit dem Kunden verteilen. Dieser Verteilung kann mit statistischen Verfahren erfolgen, kann aber auch auf Annahmen basieren. Abb. 5.17 stellt diesen Unterschied in der Betrachtungsebene nochmals grafisch dar. Trotz des gleichen Zwecks ergeben sich aufgrund der unterschiedlichen Betrachtungsebenen von MMM und MTA erhebliche Unterschiede und damit eine bessere oder geringere Eignung für verschiedene Anwendungsfälle. Abb. 5.18 fasst die wesentlichen Unterschiede zwischen MMM und MTA zusammen Stürze et al. (2021). An den Einfärbungen in der Tabelle lässt sich direkt ableiten, für wen MMM und MTA jeweils besser oder schlechter geeignet sind: • MMMs eignen sich für Unternehmen mit einem breiten Mix aus On- und Offlinekanälen und sind alternativlos für solche Werbetreibenden, die die Kaufakte nicht individuell messen können. Beispiel: Ein Hersteller von Süßwaren, der fast 100 %

242

5 Performance Management: So messen Sie den Erfolg Ihres Marketings

Abb. 5.17 Unterschiede zwischen MMM und MTA – in Anlehnung an Drum. (Quelle: Drum (2022))

seines Absatzes über den Lebensmitteleinzelhandel (LEH) erzielt, hat typischerweise keinen Zugriff auf Daten zu einzelnen Kaufakten. • MTAs hingegen sind stark im „Herunterbrechen“ einer erfolgreichen Kundenkonversion und zwar bis auf die Ebene eines einzelnen Kunden. Sie sind daher gut geeignet für Unternehmen, die vor allem auf digitale Mediakanäle setzen und die Customer Journey bis zum Kauf verfolgen können (ecommerce; B2B Unternehmen mit direkter Kundenschnittstelle). Die Tatsache, dass MTAs auf individuellen Daten basieren, stellt insbesondere in Europa angesichts steigender Datenschutzanforderungen eine zunehmende Herausforderung dar. Wenn z. B. immer weniger Nutzer/-innen das Setzen von Cookies erlauben, Browsereinstellungen dies verhindern und zudem strengere Regeln über die „Aufbewahrungsfristen“ – also letztlich die Langlebigkeit – von Cookies gelten, kann dies schrittweise zu einer rückläufigen Anwendbarkeit von MTAs führen (Mayer, 2020)

5.6.8

Multi-nationale, multi-brand Budgetallokation

So etwas wie die Königsdisziplin des Marketing Performance Management ist dessen Ausweitung auf die Ebene von multi-nationalen Markenportfolios. Marketing-MixModelle und ähnliche Verfahren werden hier nicht mehr „nur“ eingesetzt, um die Budgetallokation auf Marketingaktivitäten bzw. Medienkanäle zu optimieren, sondern es kommen mehrere Dimensionen der Budgetentscheidungen hinzu, wie Abb. 5.19 zeigt.

5.6 Vertiefung: Marketing Performance Management

MMM Verwendetes Modell Statistisches Modell Modell

Modellaktualisierung

Granularität der Daten

Daten

Datenquelle(n)

Benötigte Datenmengen Mediakanäle Abbildung neuer (digitaler) Kanäle Andere Marketingund Salesaktivitäten („beyond media“) Andere Einflussfaktoren (z. Anwen- B. Wetter, dung Wettbewerb) Absatzwirkung Langfristwirkung des Marketings Erkenntnisse zu Kundengruppen / Kundensegmenten

Einmaliges Setup, Rekalibrierung nach Bedarf Aggregiert (z. B. Summe der wöchentlichen Ausgaben und Sales) Existierende Quellen (z.T. in Silos) wie Mediaausgaben, CRM, ERP Zwei bis drei Jahre Historie (aggregierte Wochendaten) Alle, für die Daten vorhanden sind Benötigt mehrere Monate relevante Ausgaben

243

MTA Meist basierend auf Attributionsregeln* Im Prinzip täglich mit jeder neuen Transaktion

Einzelner Kunde

Cookies & Tags Möglichst viele Impressions und Kaufakte pro Woche auf Einzelkundenebene Meist nur Digital** Vergleichsweise schnell

Ja, sofern Daten vorhanden

Nein

Ja, sofern Daten vorhanden

Nein

Offline und Online

Nur Online (Kaufakte müssen mit Journey verknüpft werden)***

Ja, wenn Markentracking einbezogen wird Nur, wenn Daten und Modeling pro Kundengruppe vorliegen

Nicht möglich

Leichter möglich, theoretisch bis auf Einzelkundenebene

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0LWGHU=XQDKPHGHU'LJLWDOLVLHUXQJYRQ2IIOLQHNDQ¦OHQ 6WLFKZRUWಱ$GUHVVDEOH79ಯ ZHUGHQVHOEVW WUDGLWLRQHOOH.DQ¦OHVFKULWWZHLVHGHP(LQ]HONXQGHQ]XRUGHQEDU

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Abb. 5.18 Vergleich MMM und MTA

244

5 Performance Management: So messen Sie den Erfolg Ihres Marketings

Abb. 5.19 Dimensionen des Marketing Performance Management in multi-nationalen, multi-brand Konzernen. (Quelle: Eigene Darstellung)

5.6.8.1 Unternehmen X Ein fiktives Beispiel: Unternehmen X ist in fünf Ländern in drei Kategorien mit jeweils fünf Marken tätig, die in mehr als 10 Kanälen beworben werden (jedes Jahr werden es mehr!). Die Budgets werden einmal pro Quartal überprüft. Unternehmen X trifft also pro Jahr 5 × 3 × 5 × 10 × 4 = 3000 Entscheidungen über die Budgetvergabe. Ob bewusst oder unbewusst spielt dabei keine Rolle, sie werden getroffen. Sollte man das den Faustregeln überlassen oder dem, der am lautesten schreit?

5.6.8.2 MMM 1.0 Wie in Abschn. 5.6.7.4 erläutert: Marketing Mix Modeling ist nicht neu. Aber seien wir ehrlich: 90 % der Werbetreibenden haben es nie implementiert (keine Daten, keine Zeit, keine Data Scientists – oder ein wenig Angst vor dem Ergebnis). Und viele der verbleibenden 10 % haben es nach einem der folgenden Prinzipien angepackt: • „MMM bedeutet Media Mix Modeling. Media ist sowieso nicht mein Haupthebel.“ • „Wir machen das alle 3–5 Jahre, um der Zentrale oder dem CFO etwas zu beweisen.“ • „Die Media-Agentur bietet MMM kostenlos an, also warum nicht. Es könnte einen Interessenkonflikt geben, aber hey – es ist kostenlos.“ • „Und wenn uns die Ergebnisse nicht gefallen, wandert das PPT in die Schublade. Die Welt verändert sich sowieso so schnell.“

5.6.8.3 MMM 2.0 Im Mittelpunkt von MMM 2.0 steht die Erkenntnis, dass es nicht um den rückwärtsgewandten Nachweis von ROIs geht. Es ist die Überlegung, dass moderne MMMs das

5.6 Vertiefung: Marketing Performance Management

245

Rückgrat einer agilen Marketingbudget-Optimierung über Länder, Marken, Produktgruppen und Kanäle hinweg bilden. Was sind also die wichtigsten Bestandteile dieses MMM 2.0? • Den Umfang des Portfolios ausweiten: MMM 1.0 wurde oft mit MEDIA Mix Model übersetzt. MMM 2.0 geht weit über Medien hinaus. Führende Unternehmen nutzen es bereits, um die Budgetverteilung über Marken, Produkte, Kategorien, Medienkanäle – und sogar Länder – zu optimieren. Ja, dies erfordert viele Modelle – eigentlich eines für jede Zuweisungseinheit (z. B. „Marke A × Produktgruppe B × Land C“). Aber warum ist das in Zeiten von Data Warehouses, ETL-Pipelines und Künstlicher Intelligenz ein Problem? Ist es nicht! • Alle Aktivitäten inkludieren: MMM 1.0 war oft auf ATL beschränkt. Aber MMMs sind in der Lage, JEDE Aktivität zu messen und zu isolieren, für die historische Daten über die Intensität (z. B. GRPs, Visits, Views) und die Kosten pro Intensität verfügbar sind. Dies bedeutet: MMM 2.0 ist nicht auf traditionelle Medienkanäle beschränkt – es kann und muss auf jede Aktivität ausgeweitet werden, die Geld kostet, einschließlich POS-Aktivitäten, Sponsoring usw. Abb. 5.20 fasst diese beiden Dimensionen zusammen. • Kurzfrist- und Langfristeffekte integrieren: Häufige Kritik am MMM 1.0 war, dass es nur kurzfristige Effekte abdeckt und somit Verschiebungen in Promotions- oder Performance-Kanäle zum Nachteil des langfristigen Markenaufbaus begünstigt. Diese

Abb. 5.20 Dimensionen der Evolution von MMM 2.0. (Quelle: Eigene Darstellung)

246

5 Performance Management: So messen Sie den Erfolg Ihres Marketings

Zeiten sind vorbei! MMM 2.0 berücksichtigt ausdrücklich auch mittel- bis langfristige Marketingeffekte über den Markenwert. • Wirklich optimieren, nicht nur die Vergangenheit erklären: MMM 1.0 Berichte geben oft Insights (Sensitivitätskurven, Dekomposition, historischer ROI). MMM 2.0 geht darüber hinaus, indem es eine mathematisch optimierte Budgetzuweisung unter Berücksichtigung Ihrer strategischen Vorgaben liefert. Diese optimierten Budgets berücksichtigen nicht nur die Medieneffektivität, sondern auch die Tatsache, dass Marken unterschiedliche Wachstumsraten und Rentabilitätsniveaus haben… • Agilität: MMM 1.0 war eine mühsame Übung. Alle paar Jahre mussten die Marken bei null anfangen, die Agenturen hatten gewechselt, alle hassten es. MMM 2.0 muss so konzipiert sein, dass es die agile Budgetierung unterstützt: Wöchentlicher oder monatlicher Datenfeed, Modelle werden 2–4 Mal pro Jahr neu kalibriert, um Veränderungen in der Medieneffektivität schnell zu reflektieren. Dies ermöglicht fundierte, dynamische Budgetentscheidungen ohne den ganzen Aufwand. Abb. 5.21 fasst diese Unterschiede zusammen.

5.6.8.4 Was bringt es? Unternehmen, die MMM 2.0 implementieren, berichten von beträchtlichen finanziellen Benefits: • 1–4 % Umsatzwachstum bei gleichbleibenden Marketingbudgets (das Beste, was ich gesehen habe, waren 8,3 %) ODER • 20–25 % Effizienzsteigerung bei konstanten Einnahmen

Abb. 5.21 Wesentliche Unterschiede zwischen MMM 1.0 und MMM 2.0. (Quelle: Eigene Darstellung)

5.6 Vertiefung: Marketing Performance Management

247

Abb. 5.22 Zusammensetzung des Optimierungseffektes bei einem Konsumgüterhersteller. (Quelle: Eigene Darstellung)

Und wir sprechen hier von großen Marken, die vorher sicherlich nicht drastisch suboptimal waren! Die Einrichtungskosten sind CAPEX („Capital Expenditures“, also Investitionsausgaben) und amortisieren sich in der Regel innerhalb eines Jahres. Und um die obigen Punkte zu belegen: Die Wirkung wird in vielen Fällen nicht hauptsächlich durch die gute alte (MMM 1.0) Media-Mix-Optimierung erzielt, wie das folgende Beispiel eines großen internationalen Konsumgüterherstellers zeigt (siehe Abb. 5.22). Nur 1/5 des Gesamtpotenzials kommt aus der Optimierung des Mediamix (erster Balken). Nahezu 60 % der Auswirkungen ergaben sich jedoch aus der Neuzuweisung von Budgets zwischen Marken und Produktlinien – ein Bereich, der zuvor durch Heuristiken und Faustregeln bestimmt wurde. Ein weiteres Viertel der Auswirkungen ergab sich aus der Einführung häufigerer Budgetumschichtungen (Agilität).

5.6.8.5 Fazit In einer Welt, in der sich die Nachfrage der Verbraucher schnell ändert und die Medienkanäle explodieren, können es sich CMOs nicht leisten, Geld auf dem Tisch liegen zu lassen (und stattdessen Budgets zu kürzen). Als Antwort darauf ist MMM 2.0 kein neues Ökonometrie-Spielzeug. Es ist ein wichtiger Hebel, um nicht nur den Wert des Marketings zu beweisen, sondern auch um Budgets quantitativ zu rechtfertigen und aktiv zu optimieren.

248

5.6.9

5 Performance Management: So messen Sie den Erfolg Ihres Marketings

Management Summary und Praxistipps

• Marketing ist nicht „nice to have“, aber auch keine feste Budgetposition und kein Costcenter. Marketing muss mittelfristig einen finanziell messbaren Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten (Umsatz/Marge). • Aktives Management der Marketingleistung (also MPM) ist zwingend erforderlich, um den Nachweis des Wertbeitrags führen zu können und knappe Ressourcen optimal zu allokieren – auf Marken, Produktgruppen, Aktivitäten, Medienkanäle, Regionen und andere Dimensionen. • Effektives MPM hat vier Bausteine: Daten, Taxonomie, Metriken und Attribution – also die korrekte Zuweisung von Wirkbeiträgen auf „Marketing vs. Rest“ und innerhalb des Marketings auf verschiedene Aktivitäten, Medienkanäle usw. • Daten, Taxonomie und Metriken klingen vielleicht wie Themen für IT oder Controlling, aber diese Abteilungen haben bestenfalls unterstützenden Charakter. Marketing muss hier im „Driver Seat“ sein. • Bezüglich der Attribution sind moderne Marketing-Mix-Modelle das effektivste Instrument. Sie erfordern jedoch eine konsistente Datenbasis von mindestens drei Jahren. Regelwerke wie „Last Click Attribution“ sind keine valide Alternative. • Solche ökonometrischen Modelle bergen das Potenzial von 1–4 % Umsatzsteigerung bei konstantem Mitteleinsatz im Marketing durch Optimierung der Budgetallokation. Dies bedingt jedoch, dass Modelle nicht nur für die Optimierung des Mediamix eingesetzt werden, sondern ihr Einsatz breiter wird: über Produktgruppen, Marken und sogar Länder hinweg – für ein unternehmensweites Marketing Performance Management.

Sascha Stürze arbeitet seit über 15 Jahren daran, dass Data Science ganz normales Handwerkszeug in den europäischen Vorstandsetagen wird – zur nachhaltigen Optimierung von Marketing- und Vertriebsentscheidungen. Nach seiner Tätigkeit bei McKinsey hat er insgesamt 8 Marketing Analytics- und KI-Unternehmen aufgebaut.

Literatur

249

Sascha Stürze ist CPO der Analyx GmbH und durfte in dieser Funktion unter anderem für 10 der DAX40-Unternehmen tätig sein. Analyx ist spezialisiert auf die dynamische Optimierung der Budgetallokation im Marketing für nationale und internationale Marken wie Swisscom und die Commerzbank.

Literatur Aksehirli, Z., Bart, Y., & Chan, K. (2022). Break the wall: why and how to democratize digital in your business. Emerald. Drum, T. (3. November 2022). When attribution falls short take a unified view. https://www.the drum.com/industryinsights/2018/11/28/combined-forces-when-attribution-falls-short-take-uni fied-view Gabler. (16. Dezember 2022). Gabler Wirtschaftslexikon: „Attribution“. https://wirtschaftslexikon. gabler.de/definition/attribution-31070 Heap. (12. November 2022). Right attribution model. https://heap.io/blog/analysis/right-attributionmodel Mayer, L.-A. (21. Februar 2020). Warum Marketing-Mix-Modelling jetzt ein Comeback feiert. https://www.horizont.net/tech/kommentare/die-folgen-der-cookiekalypse-warummarketingmix-modelling-jetzt-ein-comeback-feiert-180991 Niesel, M., Forster, T., Stürze, S., & Stang, A. (1. April 2021). Jeder Euro zählt! Datengetriebene Budgetallokation im Marketing. https://www.marketingverband.de/schwerpunkte/competencecircles/marketingplanung-und-optimierung/jeder-euro-zaehlt-datengetriebene-budgetallokationim-marketing Perrey, J., Freundt, T., & Bauer, T. (2008). Die RCQ-Formel – Marketing effizient managen. https:// t1p.de/1fdjd. Zugegriffen: 28. Sept. 2022. Stürze, S. (23. Februar 2022). In defense of Marketing ROI. https://www.linkedin.com/pulse/defensemarketing-roi-sascha-st%C3%BCrze/abgerufen Stürze, S., Hoyer, M., Righetti, C., & Rasztar, M. (2021). Agiles Marketing Performance Management: 10 Erfolgsfaktoren für eine dynamische Optimierung des Marketing-ROI in der Praxis. Springer Gabler.

6

Ausblick: So geht es in Zukunft im Marketing weiter und darauf sollten Sie sich einstellen

6.1

KI und digitale Tools sind gekommen, um zu bleiben

Wie sieht nun die Zukunft aus für uns ExpertInnen im Marketing? Natürlich ist das ein Blick in die Glaskugel und niemand kann heute zuverlässig sagen, wann z. B. Künstliche Intelligenz in allen Fähigkeitsbereichen den Menschen eingeholt und damit auch überholt haben wird. Aber dass es geschehen wird, ist sehr wahrscheinlich. Und so kann man an einigen Entwicklungen, die heute beobachtbar sind, abschätzen, wie unsere Arbeitsalltag in den Marketingabteilungen in den nächsten Jahren aussehen wird. Hier ein Versuch: Künstliche Intelligenz hat sich bereits durchgesetzt. Die Nutzung von KI im Marketing ist von 2018 bis 2023 um 53,2 % signifikant gestiegen (Bünte, 2023, S. 11), Abb. 6.1. Es hat sichtbare Vorteile im Marketing, die auch Marketing-ManagerInnen laut derselben Studie sehen: Die Arbeit wird effektiver und effizienter, sie erlaubt es, besser und schneller mit KundInnen zu interagieren; diejenigen, die KI im Unternehmen einsetzen, sagen signifikant häufiger, ihr Unternehmen sei erfolgreicher als der Wettbewerb und für 77 % der ManagerInnen, die KI im Marketing einsetzen, ist KI mindestens ein, für 14,5 % davon der Faktor für den Erfolg, siehe Abb. 4.14 (Bünte, 2023, S. 43–45). Gleichzeitig wachsen aktuell Einzelapps zu Plattform-Ökosystemen zusammen (siehe 4.6.5.1). Das Angebot, die Datenlage und die Nutzung nehmen zu. Sowohl auf der Seite der ManagerInnen als auch aufseiten der KundInnen. Diese lernen etwa, dass die neuen technischen Tools einen 24/7-Service ermöglichen und nehmen diesen als neuen Standard – und damit als gegeben an. Unternehmen sind daher gezwungen, bestimmte Servicelevels einzuziehen, die sie bisher nicht anbieten mussten, um wettbewerbsfähig zu bleiben – die KundInnen werden anspruchsvoller. Das gilt nicht nur für den Service, das gilt auch für die individuelle Ansprache der KundInnen – sowohl beim Preis, beim Angebot als auch in der Kommunikation. Damit sind alle Gewerke des Marketings gefordert. Daraus folgen mehrere Konsequenzen:

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 C. Bünte, So geht Digital Marketing, https://doi.org/10.1007/978-3-658-42202-8_6

251

252

6 Ausblick: So geht es in Zukunft im Marketing …

Marketing-ManagerInnen setzen KI 53,2 % häufiger ein als vor fünf Jahren – ein signifikanter Anstieg Nutzung von KI im Marketing in % 100

+ 14,1 pp = 53,2 %

90 80 70 60 50 40 30

40.6 26,5

31,4

29.7

20 10 0 2018

2019

2021

2023 Auffällige Veränderungen vs. 2018 in Prozentpunkten Signifikante Veränderungen vs. 2018

Abb. 6.1 Einsatz von KI im Marketing 2018–2023. (Quelle: Eigene Darstellung)

6.2

Vier Konsequenzen und wie wir arbeiten werden

Konsequenz 1: Alles, was automatisiert werden kann, wird automatisiert Unternehmen müssen automatisieren, um MitarbeiterInnenkapazität freizusetzen, die wachsenden Ansprüche der KundInnen zu bedienen. Wie das faktisch heute schon in einer Werbeagentur aussieht, zeigt Abb. 4.2. Damit fallen wie in jedem Strukturwandel in einem Bereich Aufgaben weg, gleichzeitig entstehen aber auch neue Berufe, wie z. B. PromptDesignerInnen. Insgesamt werden diese wenigen neuen Aufgaben die große Menge an wegfallenden Aufgaben fast völlig auffangen können: McKinsey geht davon aus, dass rund 18 % der heute global ausgeführten Arbeiten (in der Wirtschaft insgesamt, nicht nur im Marketing) im Jahr 2030 durch KI gänzlich wegfallen werden, aber mit 17 % neuen Aufgaben aufgefangen werden könnten. Netto würden so also nur 1 % der Jobs durch KI wegfallen. Die neuen Aufgaben sieht McKinsey in den Bereichen Augmentation, Innovationen, Umschichtung von Arbeit und globale Arbeitskraftströme. Allerdings weisen die AutorInnen explizit darauf hin, dass diese Simulation nur indikativ, also explizit keine verbindliche Vorhersage sei (McKinsey Global Institute, 2018, S. 45). Und man muss auch berücksichtigen, dass nicht alle MitarbeiterInnen, deren Jobs ganz oder teilweise wegfallen, die Ausbildung, Fähigkeiten oder Neigungen haben, mit den dann neuen Aufgaben sicher umgehen zu können. Marketing-ManagerInnen werden also mit immer neuen Aufgaben, zu denen ihnen bisher die Ausbildung oder das Training fehlt, im Arbeitsalltag konfrontiert. Lebenslanges Lernen und ständige Weiterbildung wird noch mehr Teil unseres Arbeitsalltages sein, als es dies heute schon der Fall ist.

6.2 Vier Konsequenzen und wie wir arbeiten werden

253

Konsequenz 2: WAS wir arbeiten werden, ändert sich Erfahrenere Marketing-ManagerInnen kennen das noch aus der jüngsten Vergangenheit: Eine Marketing- oder Kommunikationskampagne wurde einmal im Jahr gestartet, Daten zu KundInnen analysiert, dann die Maßnahmen geplant, die kreativen Inhalte erstellt, die Maßnahmen ausgerollt und in ihrer Wirkung überprüft. Einmal gestartet, lief die Kampagne wie geplant ab, unterjährig wurden allenfalls kleinere Anpassungen vorgenommen. Die fünf Kernaufgaben im Marketing liefen hintereinander ab. Das ändert sich gerade. In der nächsten Zukunft werden zwar die großen Strategien noch regelmäßig und mit zeitlichem Abstand entwickelt, alle anderen Aufgaben laufen aber zunehmend gleichzeitig ab, siehe Abb. 6.2. Das hat zum einen damit zu tun, dass Daten zunehmend in Echtzeit zur Verfügung stehen, insbesondere auf großen Plattformen wie Amazon, Alibaba oder Tencent (Bünte, 2020). Ein zeitnahes Analysieren der Nutzungsdaten der KundInnen ist damit also möglich und über KI auch machbar. Gleichzeitig erwarten KundInnen wie erläutert aber auch eine zeitnahe, passgenaue Ansprache auf ihre individuellen Bedürfnisse. Marketing-ManagerInnen werden daher täglich mit einer Analyse der Daten zu tun haben, um damit die Maßnahmen auf Basis dieser Ergebnisse anzupassen. Konsequenz 3: WIE wir arbeiten werden, ändert sich Die meisten von uns arbeiten vermutlich noch so, dass sie viele Aufgaben selbst erledigen. Eine einfache Analyse schnell in Excel berechnen, das Chart dazu in PowerPoint bauen, in die Präsentation einarbeiten, als PDF verschicken, ein Bild mit dem Smartphone fotografieren, beschneiden, das Budget händisch aktualisieren, einen Post für LinkedIn verfassen und hochladen, einen PR-Text Korrekturlesen, bevor er rausgeht – das sind nur ein paar Beispiele der vielen alltäglichen Kleinigkeiten, die wir abarbeiten. Das ändert sich gerade. Aktuell

Heute

Zukunft

Abb. 6.2 Arbeitsweise im Marketing heute und in Zukunft. (Quelle: Eigene Darstellung)

254

6 Ausblick: So geht es in Zukunft im Marketing …

machen wir, oder unser MitarbeiterInnen für uns noch viel selbst. In Zukunft werden wir viel managen. Digitale Tools werden unsere Detailaufgaben übernehmen. Weil sie schneller sind, besser, fehlerfreier, günstiger (Bünte, 2023, S. 16–17). Unsere Aufgabe wird sich zunehmend zum Jonglieren mit diesen Tools bewegen und im Regieführen. Die KI wird unsere Assistentin. So wie früher oder aktuell die persönliche Assistentin oder der persönliche Assistent werden diese Aufgaben in Zukunft von digitalen Servicetools übernommen. Unsere Aufgabe wird sein, festzulegen, was das Ziel ist, wie es abgearbeitet werden soll, um es dann auf die Tools zu verteilen und die Outputs zu überwachen, notfalls gegenzusteuern. Das kann man gerade z. B. bei der Nutzung von ChatGPT sehen. Waren wir bis vor einigen Monaten, so um Ende Januar 2023 noch gewohnt, eine Frage über eine Suche bei Google und den dort vorgeschlagenen Quellen selbst zu beantworten, tippen wir die Frage jetzt als Prompt in ChatGPT (oder Copy.ai oder andere Anbieter) ein. Die generativen KIs übernehmen den Recherchejob und liefern Vorschläge für eine Antwort. Unsere Aufgabe besteht nun darin, die richtige Frage zu stellen, die Antworten zu überprüfen und notfalls noch einmal zu korrigieren. Vom Machen zum Managen. Das gilt nicht mehr nur für bisherige Führungskräfte, die gewohnt sind, Aufgaben zu definieren, sie dann zu delegieren und den Output zu steuern. In Zukunft werden alle MitarbeiterInnen für ihren Aufgabenbereich dieses Managen lernen müssen, um es zu übernehmen. Damit kommen zwei Herausforderungen auf uns zu: Zum einen wird es wichtig, dass alle MitarbeiterInnen das „Big Picture“, das Ziel der Aufgaben im Blick zu behalten. Eine Fähigkeit, die man trainieren muss, wenn man selbst noch keine Führungserfahrung hat. Zum anderen gilt es, die Handhabung immer wieder neuer Tools zu lernen, um sie gut steuern zu können. Wie schreibe ich einen guten Befehl, um das gewünschte Bild generieren zu lassen? Darf ich dieses Bild veröffentlichen oder muss ich noch eine Lizenzgebühr an die SaaS bezahlen? Wie erkenne ich schnell, ob eine von ChatGPT generierte Rechercheantwort richtig ist oder nur eine Schätzung der wahrscheinlichsten Antwort? Das alles will gelernt sein. Dafür sind regelmäßige Trainings ein Muss, sowohl zur Handhabung der Tools als auch zum Thema strategisches Denken und anderen Schlüsselkompetenzen. Gerade diese Trainings stellen für über 60 % der Marketing-ManagerInnen deshalb auch eine Herausforderung dar, siehe Abb. 4.16 (Bünte, 2023, S. 40). Denn: Die technischen Möglichkeiten entwickeln sich mit der exponentiellen Lernkurve von KI weiter (siehe Kap. 1). Konsequenz vier: Daten werden noch wichtiger – vorwiegend der Datenbesitz Daten sind wichtig. Aber sie sind nur so gut, wie sie zeitnah ausgewertet werden können. KI ist dieser Katalysator, der diese Daten in etwas für Menschen Sinnvolles verwandelt. Wer die Daten und KI hat, hat die Macht. Viele Firmen haben diese Logik bereits begriffen und passen ihre Geschäftsmodelle an. Sieben der zehn nach Marktkapitalisierung größten Unternehmen bauen ihr Geschäftsmodell bereits 2022 auf dem Sammeln und Analysieren von Daten auf oder liefern die notwendige Technologie dafür. Das sind nach aktuellem Ranking Apple (1), Microsoft (2), Alphabet (4), Amazon (5), Nvidia (8), Meta Platforms (9) und

6.2 Vier Konsequenzen und wie wir arbeiten werden

255

TSMC (10)1 (PwC, 2022, S. 17). Und unter den Plätzen bis 20 befinden sich Tencent und Alibaba, die beiden großen chinesischen Plattform-Ökosysteme. Apple, Microsoft, Alphabet, Amazon, Meta, Tencent und Alibaba eint, dass sie die Nutzungsdaten analysieren, um über KundInnen, Märkte, Produktvorlieben, Bedürfnisse mehr zu lernen und bessere Angebote zu machen. Das ist noch ein Spiel, das man am besten gewinnt, wenn man die nötigen Mittel hat, um die notwendige Infrastruktur und Fachleute zu bezahlen. Das können die genannten Firmen, weil sie sehr groß sind. Für kleinere Unternehmen, für den Mittelstand, ist dies kaum möglich. Damit erreichen die genannten globalen Firmen einen Wettbewerbsvorteil, der schwer aufzuholen sein wird. Umso wichtiger ist, dass auch kleinere Unternehmen beginnen, Daten zu sammeln, zu analysieren und wenn möglich, nicht abzugeben an Dritte – oder zumindest ebenfalls BesitzerInnen bleiben. Wenn man also z. B. auch auf Amazon seine Produkte verkauft, sollte man sicherstellen, dass man zumindest die eigenen NutzerInnendaten erhält (als Beispiel) Amazon nicht zum Gatekeeper der Informationen und Insights wird, die die eigenen KundInnen betreffen. Aber noch haben zu wenig Marketing-ManagerInnen ein Augenmerk auf Daten und Datenanalysen. In knapp 36 % aller Marketingabteilungen beschäftigen sich aktuell weniger als 5 % der MitarbeiterInnen hauptsächlich mit Daten und Insights. Das muss sich ändern – und das wird sich auch ändern, in dem Maße, in dem erkannt wird, dass Daten in der Tat der neue Wirtschaftstreibstoff sind und damit eine Wirtschaftsmacht. Wir werden in Zukunft alle sehr viel mehr mit datengetriebenen Ergebnissen, die uns unsere KI-AssistentInnen vorbereiten, arbeiten. Zusammengefasst sieht unsere Zukunft in etwa wie folgt aus: Da mit den neuen technischen Möglichkeiten der Digitalisierung und mit Künstlicher Intelligenz auch das Anspruchsniveau der KundInnen wächst, werden wir in absehbarer Zeit nicht signifikant weniger arbeiten, aber anders: Unsere Rollen ändern sich, vom SelbstMachen hin zum Managen der anfallenden Marketingaufgaben. Dafür werden wir ständig lernen und uns ständig mit neuen Tools und Techniken auseinandersetzen müssen. Außerdem werden wir einen stärkeren Fokus auf die Analyse und die Implikationen von Daten (oder besser: Insights) legen.

1 Alphabet ist der Mutterkonzern von Google;

Meta Platforms ist die Dachorganisation von Facebook; Nvidia ist ein US-amerikanisches Unternehmen, das sich auf die Entwicklung von Grafikprozessoren und andere hochmoderne Technologien für KI, Computer und mobile Geräte spezialisiert hat. Zu den wichtigsten Produkten von Nvidia gehören Grafikkarten für Gaming-PCs, Prozessoren für Künstliche Intelligenz und Deep Learning, sowie Lösungen für Datencenter und Autonomes Fahren; TSMC (Taiwan Semiconductor Manufacturing Company) ist ein taiwanisches Unternehmen und der weltweit größte Auftragshersteller von Halbleitern. Es bietet KundInnen die Möglichkeit, integrierte Schaltungen (ICs) auf Basis ihrer eigenen Designs und Spezifikationen herzustellen, ohne dass sie eigene Fertigungsstätten betreiben müssen. TSMC produziert Halbleiterlösungen für eine Vielzahl von Anwendungen, einschließlich Mobilgeräte, Computer, Netzwerke, Automobil- und Konsumelektronik.

256

6 Ausblick: So geht es in Zukunft im Marketing …

Literatur Bünte, C. (2020). Die chinesische KI-Revolution. Konsumverhalten, Marketing und Handel: Wie China mit Künstlicher Intelligenz die Wirtschaftswelt verändert. Springer Gabler. Bünte, C. (April 2023). Studie: Künstliche Intelligenz – Die Zukunft des Marketings 2023. https:// t1p.de/teyed. Zugegriffen: 26. Apr. 2023. McKinsey & Company. (5. September 2018). Künstliche Intelligenz: Größeres Potenzial als die Dampfmaschine. https://t1p.de/zfr5i. Zugegriffen: 20. Aug. 2020. PwC. (Mai 2022). Global Top 100 companies – by market capitalisation. https://t1p.de/bgma8. Zugegriffen: 27. Apr. 2023.

Literatur

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© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 C. Bünte, So geht Digital Marketing, https://doi.org/10.1007/978-3-658-42202-8

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