Sämtliche Werke: Band 3 Dichtungen 1634–1642 9783110420210, 9783110425451

Edited by Alfred Noe and Hans-Gert Roloff, this volume presents the early poetry of Johann Rist, along with Paul Gerhard

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Polecaj historie

Sämtliche Werke: Band 3 Dichtungen 1634–1642
 9783110420210, 9783110425451

Table of contents :
Musa Teutonica 1634
Capitan Spavento 1635
Poetischer Lustgarte 1638
Kriegs- und Friedensspiegel 1640
Holstein vergiß es nicht 1640
Der Daphnis aus Cimbrien 1642
Nachwort
Varianten und Eingriffe der Herausgeber
Inhalt

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r i s t, säm tl ic h e werke iii

ausgaben deutscher literatur des xv. bis xviii. jahrhunderts Herausgegeben von Hans-Gert Roloff

j o h ann rist, s ämtl iche wer k e

De Gruyter

johann rist sämtliche werke Herausgegeben von Alfred Noe und Hans-Gert Roloff

drit ter band dichtungen 1634–1642

De Gruyter

Gedruckt mit Unterstützung des Förderungsfonds Wissenschaft der VG WORT.

ISBN 978-3-11-042545-1 e-ISBN (PDF) 978-3-11-042021-0 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-042031-9 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2017 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Satz: SatzBild, Sabine Taube, Kieve Druck und Bindung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen ♾ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

Musa Teutonica 1634

Johannis Ristii Holsati

Musa Teutonica Das ist:

Teutscher Poetischer Miscellaneen

ERSTER THEIL / Jn welchem begriffen Allerhandt Epigrammata, Oden, Sonnette, Elegien, Epitaphia, Lob / Trawr- vnnd Klag Gedichte etc.

Gedruckt zu Hamburg bey Jacob Rebenlein / Jm Jahr 1634.

Dem WolEdlen / Gestrengen / vesten und Manhafften / H. Ernst von Witersheim / Grflichen Holstei: wolbestaltem Rath vnd Drosten auff Pinnenberg. Denen auch Edlen / Ehrnvesten / Hochgelahrten / Hochweisen / Ehrwrdigen / Wolgelahrten Herrn / H. Francisco Stapelio J. U. Doctori, Grfflichen Holstei: Wolbestaltem Rath vnd Amptman auff Pinnenberg / H. Alberto Kirchofio, Medicinæ Doctori felicissimo H. Johanni Viethen, Frstl. Holstein: Landtvoigt in Dittmarschen. H. Heinrico Sagern /Frstl. Holstein: Landtschreibern in Dittmarschen. H. Arnoldo Scheplero, Wolverordnetem Pastori dero Kirchen zu Ottensen. H. Justo Cramero, Jurium Practico experientissimo. Meinen gebietenden / Hochgeehrten Herren vnd Respectivè Freundlichen lieben Schwgeren vnd Freunden.

WOledler / Gestrenger / Manhaffter / Edle / Ehrnveste / Hochgelahrte / Hochweise / Ehrwrdiger / Wolgelahrte / Hochgeehrte Herren / wann wir den wunderbahren Zustandt der jtzigen Welt / da fast alles vber vnd vber gehet / vnd tglich jmmer mehr vnd mehr ­vicissitudines vnd enderungen der Regimenter / Policeien vnd Herrschafften sich hervorthun / aufs fleißigste betrachten / vnd selbiges mit den Propheceyungen der heiligen Schrifft / vnd anderer erleuchteter Mnner conferiren, vnd also eins gegen daß ander halten; So mssen wir gantz gerne gestehen / vnd bekennen / daß das Ende der Welt nunmehr gewißlich heran nahe / vnd wir / die wir jetzo leben / fast die allerletzte Zeit erreichet haben. Diese Meinung mit mehrern zu bekrfftigen / so halten viel hochgelahrte Mnner davor / daß vber die jetztgedachte vnd mehr andere Anzeigungen / auch die grossen vollenkommenheit / die fast in allen scientien vnd Wissenschafften zu spren / ein sehr merckliches Zeichen deß herannahenden Endes der Welt sey / angesehen selbige Perfection dermassen groß / daß sehr zu zweiffelen / ob wir auch der Posteritt, (so anders eine zu hoffen) in denen so mancherley seltzamen inventionibus hher zukommen / oder auch mehr newes zu erfinden / etwas nachlassen werden. Daß es aber in der Warheit damit also beschaffen / mssen die jenige bekennen / so da verstehen / wie hoch zu diesen zeiten die Schiffahrten / Architectur, Kriegeskunst / vnnd dergleichen Wissenschafften gekommen. Ja es haben nunmehr hochgelahrte ­Leute von allen Scientien / dermassen herrlich / vollenkmlich vnd außfhrlich geschrieben / daß alle Kunstliebende Gemther sich hchlich zu verwunderen haben / es sey / daß wir die vortreffliche Scripta in den hohen Faculteten, oder auch andre Philosophische Bcher von Historischen / Chymischen / Mathematischen / vnd andren dergleichen Sachen durchbletteren. Vnter anderen ntzlichen vnd dabenebenst sehr anmuthigen Wissenschafften / ist auch die Edle / vnnd von den Alten hochgeehrte Poeterey / dergestalt zu diesen letzten Zeiten wieder er-

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hoben / daß zu zweiffelen / ob auch in jenigem Seculo so vortreff­ liche Ingenia gelebet / vnnd ob jemahlen so liebliche vnnd schne Sachen / so wol bey den Griechen / als den Lateineren hervor kommen / vnnd geschrieben worden. Es haben sich aber frembde Nationen, als sonderlich die Jtaliner / Frantzosen / vnnd Niederlnder / in jhren eigenen Sprachen / durch jhre so schne Poeterey sehr berhmet gemachet / so / daß jhre Schrifften mit Lust von vns gelesen werden; Wir Teutschen aber / ob wir schon in der Lateinischen vnnd Griegischen Sprache so vortreffliche Poeten gehabt / vnnd noch zur Zeit haben / daß wir auch keinen frembden Nationen in denselben etwas bevor geben; So ist doch fast niemand gefunden / der sich vmb vnsre so schne vnd wortreiche Muttersprache hette bekmmeren / oder dieselbe durch die Gtt­liche Poesin berhmt machen wollen / biß endtlich vor wenig Jahren der hochgelahrte Opitius hervor kommen / den Weg zur selbigen gebahnet / daß Eiß gebrochen / vnd vns Teutschen die rechte Art gezeiget / wie auch wir in vnsrer Sprache / Petrarchas, Ariostos, vnd Ronsardos haben knnen. Zwar es ist vns Teutschen nicht allein sehr nachtheilig / sondren auch fast schimpfflich / daß wir der frembden Vlcker vortreffliche Poetische Bcher mit grosser verwunderung durchlesen / mit nichten aber vns bekmmeren / wie doch wir in vnserer Sprache es jhnen gleich thun wollen / da es doch sehr wol geschehen kan / wie die heutige erfahrung solches klrlich bezeuget / vnd ist demnach durchauß nicht zu zweiffelen / daß / gleich wie die Jtaliner mit jhrem Petrarcha, Anguillara, den beyden Taxis, Vatter vnnd Sohne / dem Alamano, Ariosto, Bembo, Veniero, Goselino, Perotto, Politiano, Sanazario, &c. Die Frantzosen mit jhrem Marotto, Bartasio, Rabelais, Ronsardo &c. Die Engellnder mit jhrem Herren Sydnei, die Niederlnder mit jhrem fast mehr als Menschlichen Heinsio, Schriverio, Catzio, Starter &c. prangen / vnd sich durch die gantze Welt berhmt machen; Also auch wir in kurtzem mehr Opitios haben werden / wie den viel herrliche Poetische Ingenia, bey diesen Martialischen betrbten zeiten hin vnd wider in Teutschland verborgen / ja gleich-

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samb verstecket liegen / welche aber verhoffentlich mit der zeit hervor brechen werden. Gleich aber wie es gemeinlich geschicht / daß das ansehen aller Knste vnd Wissenschafften / durch den schdlichen vnd schndtlichen Mißbrauch nicht ein geringes wird verkleinert / also geht es auch der vortrefflichen Poesi. Den nachdem der berhmter ­Opitius angefangen in Teutscher Sprache sehr schne / liebliche vnnd ntzliche Sachen / geist- vnd weltlich herauß zu geben /vnd jhme hierauff etliche gelahrte Mnner (vnter welchen sonderlich einer auß Francken / dessen Sachen wol zulesen / auch viel andere / derer Getrckte Wercklein vorhanden) hierinnen nachgefolget sein / sihe / da finden sich Leute / die sonst in jhren Professionen vor Gelahrte wol passiren / wie sie denn auch so weit von mir (als der ich mich zuschlecht vnd geringe dazu achte) nicht getadelt werden / dieselbige vermeinen / daß ein Teutscher Poet / vnnd ein Reimenmacher ein Ding sey / vnnd alsdann jhre Verse auch wol bestehen knnen / wann sie nur zu Außgange vnnd Ende sich ­reimen / wie mir den noch neulicher Zeit etliche Teutsche Hochzeit-Getichte sind zuhanden kommen / in derer einem ­alleine ich vber 200. Vitia gemercket / vnd hatte der ­Autor offt zwlff oder mehr Verse allzumahl Fœminini Generis nach ­einander hingesetzet vnd bald darauff 8. oder 10. Masculinos, bald fandt ich vnter den Alexandrinis einen kurtzen Verß von 10. ­Syllaben / welche die Frantzosen sonst Verß communs nennen / vnterweilen hatte ein Versus ­Fœmininus 15. oder 16. ­Syllaben / welche an stat daß sie Trochaisch sein solten / Jambisch gesetzet wahren / der so harten Ellypsium, ­Pleonasmorum, vnd anderer verdrießlichen Figuren / die heuffig darin zufinden / zugeschweigen / vnd ist gleichwol diß elende Lappenwerck von denen / die der Teutschen Poeterey vnd derselben Legum vnerfahren / vor ein gutes Carmen gehalten vnd außgeruffen worden. Ja es ist mir einer vorkommen / (der aber so klug gewesen / daß er seinen Nahmen verschwiegen) der hat ein Hochzeit Gedicht lassen trucken / das nennet er deß vortrefflichen Poeten Heinsij Sonnet. Nun wissen die / welche Poesin verstehen / daß ein Sonnet

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(­welches die Niderlnder auch etliche Teutsche Poeten nach dem Frantzsischen ein Klinggedichte nennen) durchauß nicht mehr als 14. Verse haben muß / also daß sich der erste / vierde / fnffte / vnd achte / den auch widerumb der ander / dritte / sechste vnd siebende reimen / vnd daß so fortan / wie so wol bey dem Opitio vnnd anderen / als auch in diesen meinen Miscellaneis zu ersehen: Dieses Carmen aber / welches der Autor ein Sonnet tauffet / hat 136. Alexandrinischer Verß / auß welchen man bald 10. Sonnetten schmeltzen knte / vnnd hat er vornher ein Epigramma an den Leser gesetzet / welches etwa 8. Verß / vnnd doch in denselben wenig Versen 10. grobe Vitia hat / darinnen der Teutsche Carminifex meldet / er wolle solches / deß Heinsij Getichte / in Niederlndischer Sprache geschrieben / verdeutschen / eben wie Opitius deß Heinsij Lobgesang von dem ­Bacchus verdolmetschet habe / gerade als wehre er der Mann / der es dem Opitio nachthun wrde / da doch ein viel grsser vnterscheidt zwischen jhnen / als dem berhmten Virgilio vnd dem groben vngeschickten Mœvio zu finden: Nachdem ich mich aber nur ein wenig besonnen / ist mir bald eingefallen / daß eben dasselbe Carmen Heinsij, (welches er an die Jungfrawen in Hollandt geschrieben /) vnser Opitius bereit lengst in die hochdeutsche Sprache vbergesetzet / dannenhero ich mich nicht wenig vber deß Sonnetten Schmiedes vermessenheit verwundert / als der sich hat vnterstehen drffen vnsren Teutschen Horatium (denn also nenne ich den Sinnreichen Opitium billich) gleichsamb zu corrigieren / vnd an stadt dessen lauteren Korns / vns seine Sprew vnnd Hlsen beyzubringen / doch weiß er vielleicht / daß / ob gleich seine Sonnette noch so schlecht vnnd erbrmlich gebacken / doch gleichwol Leute gefunden werden / die auß Mangel besseren Vnterrichtes vnnd Verstandes jhnen dieselbe gefallen lassen. Dieses alles aber erwehne ich darumbe / damit man sehen mge / woher es kommen das heut zu Tage so viel elender Poeten vnd Reimemacher gefunden werden / alldieweil sie vermeinen / es bestehe die gantze Kunst darinn / daß man nur einen Verß hinzuschmieren wisse / da doch eben dieses fast daß aller geringste an einem Poeten ist: Aber / auff eine vorgenom-

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mene Materi, die Poeti­schen Figmenta der alten fein Mythologicè accommodieren / vnnd nach Art derselben / auch jetztlebenden rechtschaffenen Poe­ten / in einer stetigen / continuirenden Allego­rien schreiben / die Gemther der Menschen mit zier­lichen exclamationen, artlichen Prosopopæjen vnnd dergleichen Retorischen Figuren bewegen knnen / daß heisset eigentlich ein guter Poet sein / davon aber solche Reimenmacher nichtes / oder ja sehr wenig wissen / als die auch das metrum der Verse nicht einmahl in acht haben / besonderen jhrem gefallen nach / den einen Verß von 14 den anderen von 15. Syllaben hinflicken / vermeinende / an einer Syllaben sey so groß nicht gelegen / gerade als weren sie Tyrannen vber die Sprachen / vnnd drfften sich von keinen Gesetzen meisteren vnd vnterrichten lassen. Ja man findet etliche gelahrte Leute / die drffen wol fragen / wer dem Opitio befohlen habe / gewisse Leges von der Teutschen Poeterey auffzusetzen / es mchte wol ein jedweder eine eigene Prosodey schreiben / vnd was solcher vnbedachten reden mehr sein? Denen wird aber krtz­lich geantwortet / daß es jhre Ratio, die Vernunfft befohlen / vnd daß er seinem hohen Verstande nach leicht verspret / wie vnmglich es sey / ohne Legibus gute Verse zumachen / darumb hat er auß der Sprachen Natur solche Regulen auffgesetzet / nach welchen sich der Teutschen Poeterey gefliessene / billich richten sollen. Jch wil hie nicht sagen / daß er ja nicht der erste gewesen / der eine Teutsche Prosodey geschriben / angesehen auch anderer / als deß Johannis Claij von Hertzberg / Ernst Schwabens zu Franckfurth / vnd Johan. Engerdi Poetæ Laur. Anno 1583. zu Jngolstadt getruckte teutsche Prosodeyen noch heute zu Tage verhanden. Vnd wenn man also Procediren wolte / mchte ein anderer fragen / wer es dem vmb die Schulen wolverdientem Herren Rhenio vnd anderen Gelahrten Leuten befohlen / Teutsche Grammatiken zu schreiben? Es hat ja die Griegische / Lateinische / Jtalinische / Frantzsische vnd andere Sprachen eine jedwedere jhre sonder­ liche Leges zu reden vnd zuschreiben / so wol in prosa als ligata oratione, darnach sich ein jeder zu richten hat / wie ­solte den eben vnsere Teutsche eine so Barbarische Sprache sein / daß man

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dieselbe keinen gewissen Regulen vnterwerffen knte? Daß aber wir Teutschen vnsere so schne Sprache verachten / vnd dagegen vns mit newen Jtalinischen vnnd Frantzsischen t ­ erminis, alamodo belusttigen / ist nicht der Sprachen selbst / besonderen vnserer Thorheit schuldt / wie solches Petrus Schriverius in seiner Vorrede vber deß Hochgelahrten Heinsij Niederteutsche Poemata an den Herren von Dyck / vnd Mart. Opitius in seinem ­Aristarcho de contemtu Lingvæ Teutonicæ, weitleufftiger erwiesen. Damit ich aber widerumb zu der Teutschen Poesi komme / so befindet sichs daß der grsseste Hauffe / der sich darauff begibt / nicht allein wenig gutes machet / besonderen auch nur gemeiniglich bey dem einzigen Genere, welches man Alexandrinum von seinem erfinder Alexandro nennet / verbleibet / so daß auch dieser Orter fast kein eintziger zufinden / der Epigrammata, ­Elegien, Sonnetten, vnd insonderheit Oden in vielen vnterschiedlichen Generibus geschrieben hette / da doch offte in denselbigen die allermeiste vnd grsseste Liebligkeit stecket / wie solches die jenige bekennen mssen / die der Sachen rechten Verstandt haben. Denn / ob wol jhrer viel in der Meynung sind / daß die gemeine Lieder / so hin vnd wider außgestrewet / vnd von dem gemeinen Volcke gesungen werden / mit vnseren Oden eine grosse Verwandschafft haben / so sollen sie doch wissen / daß zwischen den gemeinen Reimen / vnd nach der Kunst gesetzten Gedichten / eben ein so grosser vnterscheidt zu finden / als zwischen den einfeltigen Hirtenliederen / eines hinder der Pflug leirenden Bawren / vnnd den knstlich-gesetzten Concerten eines in Frstlichen Capellen wolbestalten Musici, bevorauß weil man im Teutschen so viel vnter­schiedliche genera odarum (welchen gleichwol die Musick jhr rechtes Leben vnd Seel geben muß) kan haben / daß wir es auch damit dem Pindaro, Horatio, vnd anderen bevorthun kndten / davon aber vielgedachte Reimenmacher weniger den nichts wissen noch verstehen. Was nun ferner die Elegien, Epigrammaten vnnd dergleichen Genera betrifft / so sind derselben Art vnnd Eigenschafften den

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gelahrten ohn mein Erinneren gnugsamb bekandt / wiewol sich in diesen Lnderen bißhero noch keiner hervorgethan / der zwar meines Wissens etwas sonderliches darinnen præstieret hette / in Hochteutschlandt aber ist diese edle Wissenschafft nicht ­alleine embsiger getrieben / vnnd in ein grssers ansehen gebracht / besonderen es sind auch daselbst die Teutsche Poeten von Frstlichen vnd anderen hohen Personen herrlich befdert / vnd mit stadlichen Belohnungen / zu forttreibung dieser anmuhtigen scientz auffgemuntert worden. Jch / der ich mich billich vor den schlechtesten vnter allen denen so dieses Studium lieb haben / halte / habe zwar gesehen / wie sich in diesem Niederschischen Lnderen etliche vnterwunden haben / Alexandrinische auch wol andere Verse zuschreiben / aber gemeiniglich invita Minerva. Denn ob es schon etliche schlecht vnnd geringe genug halten mgen / ist es doch nicht eines jeden thun / besonderen es erfodert sonderliche / vnd dazu wolgeschickte Ingenia, vnnd ist sehr wol in acht zu nehmen / daß nicht eben die jenige welche zwar in Prosa Oratione, einen schnen Teutschen Stilum schreiben / auch eben darumbe alsbaldt gute Teutsche Verse machen: Solches beweiset das Exempel deß jenigen der deß Garzonij Piatza Universal, oder Schawplatz aller Professio­nen, Wissenschafften / vnnd Knsten / (zwar ein herr­liches vnnd hochrhmliches Werck) auß dem Jtalianischen verdeutschet / da der Interpres in verdolmetschung dieses ­Buches zwar grosse Ehre eingeleget / aber fast kein eintziges deren Epigrammaten, welche dem Wercke zu Ehren vorher gesetzet / auch sonsten den Discursen einverleibet seyn / also verteutschet hat / daß nicht baldt vnzehliche errores vnnd vitia darinnen zu finden. Diesem allem nach bin ich bewogen worden / diese meine Teutsche Poetische Miscellanea ans Liecht kommen zu lassen / vnnd dieselbe allen rechtschaffenen gelahrten Poeten zu Censuriren / vnd davon zu Vrtheilen vbergeben / Anfnglich darumb / auff daß deß bermbten Opitij lblicher Nahme / vnnd seine in Teutscher Sprache publicirte Poemata (welche denn durch solche vnd der-

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gleichen Poetastros, deren wir oben gedacht haben / erbrmlich zurissen vnnd mißbrauchet werden) vor den verleumbdungen der Mißgnstigen vnnd der Poeterey vnerfahrnen Zoilorum mchten befreiet werden. Es ist zwar nicht ohn / daß auch zu diesen Zeiten / auch mitten vnter den Waffen viel hochgelahrter verstndiger ­Leute / ja auch wol grosse Knige vnnd Frsten die Poeterey vnnd derselben Cultores hchlich lieben / ehren / vnnd befoderen: Denn daß ich der alten geschweige / als Alexandri deß Grossen / der eine so hertzliche Lust vnnd Liebe zu dieser Wissenschafft getragen / daß er auch dem Chœrulo vor einen jeden guten Verß eine Krohne / vnd der Octaviæ deß Augusti Schwester / welche der Lateinischen Poeten Adeler dem Virgilio vor etliche wenig Verse / von jhrem Sohne Marcello gemachet / eine grosse Summa Goldes vngezehlet hat reichen lassen; so ist annoch in frischer Gedchtnsse was massen die hochlbliche Respublic der Venetianer, dem vortrefflichem Poeten Sanazario nur vor drey Disticha (die er zu lobe jhrer Stadt Venedig gemachet vnnd also anfangen; Viderat Adriacis Venetam Neptunus in undis, &c.) sechs hundert Ducaten / nemblich vor ein jedes Distichon 200. Ducaten / geschencket: vnd der Monsieur de Bassompiere, Capitain vber die Guarde deß jetzigen Kniges in Franckreich dem Comædianten Vauderò dreißig tausendt Ducaten hat verehret. Jch wil jetz mit stillschweigen vorbeygehen die grosse Ehr / belohnung vnd befoderunge / damit vnser Opitius sebst von vielen Herren / Frsten vnnd andern vornehmen Leuten in der Schlesien vnnd anderswo ist angesehen worden. Ob nun zwar diesem allem also / muß doch gleichwol ein jeder (zwar schmertzlich genug) bekennen / daß man auch nicht wenig Leute findet / die auß eigener selbst eingebildeter Weißheit / diese edle Wissenschafft der Gestalt verachten / daß wenn es bey jhnen stnde / sie wol hertzlich wnscheten / daß vorlengst die Kunst vnd alle derselben Liebhabere weren vntergangen vnd verdorben / denen aber als groben ignoranten sol man billich zum Trotz vnd Spott je mehr vnd mehr hierinnen fortfahren / vnnd alle solche mißgnstige Neider mit einem hohen Gemth verachten vnnd verlachen.

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Ferner so haben mich auch / diese meine geringschtzige Arbeit hervor zugeben bewogen / die gewaltige vnd ritterliche Thaten etlicher vortrefflicher Helden / die sie zu vnseren zeiten lblich verrichtet haben / welche billich zu jhren vnsterblichen Lob vnd Ruhm / bey der Posteritt, sonderlich an diesen rteren / sollen fortgeplantzet vnnd erhalten werden / angesehen ein grosses vnd Heroisches Gemhte / vnter allen zeitlichen vnnd jrdischen gteren nichtes hher helt / als daß auch nach seinem Todte sein Nahme vnd herrliche Thaten mgen gepriesen werden / in betrachtung auff solche weise auch hier auff Erden die Ewigkeit wird erworben / zwar ein solches Gut / nach dem von vielen wird gestrebet / von wenigen aber erlanget. Billich sollen derowegen alle vnd jede liebhabere deß Vatterlandes sich hchstes fleisses bemhen / daß ja das Lob der jenigen / welche sich vmb die gemeine Christenheit zu vnseren zeiten so vortrefflich verdienet gemachet haben / theils auch noch machen / durch jhre vnverweßliche Schrifften (wann sie gleich eines schlechten vnnd geringen ansehens sein) ewiglich mge erhalten werden. Endlich haben mich auch diesen ersten Theil meiner Poetischen Miscellaneen zu publiciren viel vortrefflicher gelahrter Mnner angereitzet / welche dieses Studium hchlich beliben / denen ich dann ein solches rmbliches begehren nicht habe abschlagen sollen noch wollen. Die Ordnung aber in diesem meinem Bchlein betreffendt / vnd daß ich nicht allezeit einerley materien tractiret, noch auch bey einem Genere geblieben / ist vornemblich darumb geschehen / damit der verstendige Leser desto mehr ergetzligkeit darauß haben / vnnd sich bald mit einem geschwinden Sonnet, bald einer frlichen Ode, bald mit einem kurtzen Epigrammate &c. belstigen mchte. Was nun aber die Amatoria belanget / als nemlich etliche Hirtenlieder / Nachtklagen vnd dergleichen / bin ich der gntzlichen Zuversicht es werde sich niemand dieselbige Mißfallen lassen / außgenommen diejenige / welche jhrem Gott Momo zugefallen alles gerne zum rgesten deuten. Von solchen zwar zweiffele ich gantz vnnd gar nicht / sie werden von solchen (amatorijs) Vrsache nehmen / die-

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ses ­Wercklein / wo nicht gntzlich zu verwerffen / jedoch spttlich zu reformieren / in betrachtung meines Studij Theologici, als welches ernsthafftere Hndel vnd materien erfodere. Ob mirs nun zwar gegen solche Cávillanten an viellen vnnd stadtlichen Schutzreden nicht mangelen solte / wil ich mich doch (selbige alle hindan gesetzet) nur bloß mit den Exemplen vieler hochgelahrter / vortrefflicher vnnd weitbermbter Mnner behelffen / welche sich nicht geschewet haben / fast jhre gantze Poesin mit Pa
­ storellen, Elegien, vnd anderen dergleichen von der liebe Handlenden Poematibus zu durchsssen. Ja gleich wie der Gttliche Scaliger seine Lesbien, Crispillen, Telesillen, der Sinnreiche Taubmannus seine Pasicompen, der hochgelahrte Heinsius seine Phyllis, der beredte Petrarccha viel vnterschiedliche Amasien zugleich / sonderlich aber seine Lauram, vnser Opitius seine Vandalen, Flavien, Asterien, &c. hchlich gerhmet / vnd mit jhren Versen gepriesen / welche Nymphen doch nichtes als nur blosse Namen sein / ja niemahls gewesen / auch in Ewigkeit nicht kommen werden; Also wann ich der Amaryllis, Charitnis, Silvia vnd anderer mehr in meinen Miscellaneen gedencke / so folge ich (wie billich) dem Exempel der hochberhmtesten Mnner / zwar solche Leute / denen auch nur auffzuwarten ich mich viel zuschlecht erkenne. Verhoffe demnach es werden gelahrte / auffrichtige vnd ohn passionierte Gemther gantz vnd gar keinen Mißfallen an solchen amatorijs viel weniger den Nahmen / (welche nur die einfltige Liebe der Schffer vnd Schfferinnen anzudeuten / gebrauchet werden) haben vnd tragen / wie sie sich den auch vber das zu entsinnen wissen / daß der Anfang aller Dinge / in Gemein von lustigen / frlichen vnd freundlichen Hndlen sol gemachet werden / wiewol ich sonsten mit dem Opitio durchauß nicht in Abrede bin / quod hoc genus Scriptionis in adolescente alacritas sit, in viro, paulò minus quam levitas, vnnd demnach solche Art zuschreiben wol denen / so in ffent­lichen Amptern sitzen / mit nichten aber jungen Kunstbegierigen Studiosis ist zuverweisen.

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Daß ich aber Woledler / Edle / hoch vnnd wolgelhrte / hochgeehrte Herren vnd mchtige Befderers / den ersten Theil dieser meiner Poetischen Miscellaneen vnter jhrem hochlb­ lichen Nahmen habe ans Liecht bringen / auch sie jhnen zugleich ­præsentiren wollen / dazu haben mich vor allen Dingen gereitzet deren Heroische Tugenden / vortreffliche Geschickligkeit / herrlicher Verstand / nebenst vielen anderen hochrhmlichen qualitten, mit welchen sie von dem Hchsten reichlich sind begabet / vnd die sie durch jhr embsiges studiren / weites vnnd gefehrliches peregriniren / durch Jtalien / Franckreich / Deutschlandt / Polen vnnd Niederlandt zu wegen gebracht haben / insonderheit auch / weil ich mit hchsten frewden vernommen / daß sie nach dem ­Exempel vieler hoher Potentaten / vnd anderer berhmter Leute / die Poeterey hertzlich belieben vnnd jhnen dieselbe gefallen lassen. Jch wil geschweigen wie sie theils mit jhrem grossen Ruhm / vornehmen Herren vnd Frsten bedienet sein / deren ansehnlichen Provin­cien vnd Lnderen sie lblich vnnd wol vorstehen. Schließlich so hat sich auch gebhren wollen / meine schuldige Danckbarkeit gegen meine gebietende hochgeehrte Herren / vnd respectivÈ freundliche liebe Schwgere / mit diesem zwar geringen / jedoch wolgemeintem geschencklein vnd papierenen Gaben an Tag zu geben vnd blicken zu lassen / angesehen mir vnd den meinigen von theils derselbigen viel grosse vnnd angenehme Wolthaten nun viel Jahr hero biß auf gegenwertige ­Stunde sind wiederfahren. Ob ich nun zwar wol weiß / das solche tapfere / hochge­lahrte / vnnd hochverstndige Mnner eines viel hheren geschenckes vnnd ansehnlicher Materien wrdig / mich auch dabenebenst erinnere / daß es mit Versen nicht außgerichtet / in Betrachtung / weder dem gemeinen Nutzen / Land vnd Leuten / noch auch Kirchen vnd Schulen damit kan vorgestanden werden; Jedoch / alldieweil ich verhoffe / es mge vielleicht noch etwas ntzliches vnter diesen meinen Nugis stecken / nach dem bekandten Verßlein: Et prodesse volunt & delectare &c. Dabenebenst vermercke / daß diese Juvenilia meinen anderen viel hheren Studijs

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mit nichten hinderlich / sondren vielmehr befderlich sein / also / daß mit der Zeit durch Gottes Gnade etwas mehrers vnnd hhers erfolgen mchte; Als habe ich kein bedencken getragen / solche Miscellanea meinen gebietenden vnd hochgeehrten Herren / vnd respectivè freundlichen lieben Schwgeren zuzuschreiben / hchlich vnd vnter­ dienstlich bittend / dieselbe wollen solches mein geringes vnansehnliches præsent, jhrer gewhnlichen Leutseligkeit nach freundlig von mir annehmen / vnnd es jhnen Großgnstig gefallen lassen. Dadurch werden sie mir Vrsache geben / in meinen Studijs embsiglich forthzufahren / vnd in diesem meinem jetzigen ­Alter (deme die Jugendt vmb so viel mehr Freyheit vergnnet) den andren Theil dieses Werckleins / wie im gleichen mein Opus Comicum, vnd den folgends die Pericula Principum ins knfftig zu publiciren, damit das Vatterland / was es von einem zwar schlechten vnnd geringen / jedoch einbrnstigen Liebhaber der Wissenschafften / mit der Zeit zugewarten habe / erlernen mge. Womit ich den E. W. H. vnnd W. Gnsten dem Schutze vnd Obacht deß Allerhchsten / dabenebenst mich vnd meine Studia deroselben hochansehnlichen Patrocinio, favor vnd befderung / fleissig vnnd getrewlich wil empfohlen haben. Gegeben zu Heide in Ditmarschen den 1. Aprilis deß 1634. Jahrs. E. W. H. E. Herrlich: vnd Gunsten Vnter Dienstgefliessener Johannes Rist.

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Eximio Doctissimoque Viro Dno. JOHANNI RISTIO Poematum Teutonicorum Editionem maturanti. HOr credo RISTIO che siete nel seno De le Muse nodrito, e di vaghezza Dotato da Febo con gentilezza, E di molta gratia arrichito à pieno. L’ingegno vostro hà nulla di terreno, Mà spira e stilla celeste dolcezza, E con la sua mirabile bellezza, Al rapido corso del Sol pon freno. La penna vostra con sì dolci accenti Scrive che stupa la natura, e l’arte. Ammiri de’ suoi tratti il bel tesoro. Specchio lucente di questo a’ viventi Son vostre dilettose e dotte carte Degne d’honor, e di fregio d’alloro.

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II. Le grand Dieu Apollon d’une belle Couronne De Myrthe & de Laurier vos cheveux environne Mon RISTE, puisque vous de genereux amour A vos vers allemands donez clarté du jour: Oeuvre tres excellent, qvi n’a point de seconde, De qui les fleurs & lis arrestent tout le monde; Oeuvre thresor du Ciel riant & gracieux A contenter l’esprit & recreer les Dieux. Donques perseverez avec ce bon courage RISTE l’amour des Dieux, aux Muses rendre hommage, Et en usant de mesme liberalitè Vous ouvrez le chemin à l’immortalitè.

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Quid fit dum RISTI ventura in secula promis Carmina Teutonicis emodulata sonis? Phœbus ovat Charitesque novos meditantur honores Texentes capiti laurea serta tuo. Laurea serta parant nullis marcentia seclis, Quæque vehet niveis fama superba rotis. Hoc fit dum patriæ & nobis tua carmina donas RISTI teutonicæ gloria magna lyræ.

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So lang der Sterne liecht am firmament wird stehn / Vnd der helle Titan mit seinen gldnen Wagen Deß Himmels blawe Feldt ohn’ vnterlaß durchjagen / Wird der Poeten Lob vnd Ruhm nicht vntergehn. gratulatur Johannes Dow. J. U. D. Brunsw. ad S. Blas. Canonicus.

In Præstantisimi atque Erudisimi Jvvenis, Dni. JOHANNIS RISTII Miscellanea Poetica.

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TEutonicè benè plectra movet logodædala linguæ RISTIUS, Augustis plectra dicata Viris. Nam benè conveniunt, & in unâ sede morantur Sceptrigeri cultus Regis, amorque DEI. Germanæ FIDEI sedet hoc Fiducia templo, Pectore & ore canit RISTIUS: Euge, benè. Benevolentiæ Contestandæ causâ faciebat Petrus Lüdenius, Borealis Dithmarsiæ Præpositus.

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VIderat ut Ristî Musarum Præses Apollo Carmina Teutonicis emodulata tubis, Qvis novus his, inqvit, se prodit Opitius oris? Fallor, an è Batavis Heinsius alter adest? Phœbe pater, ter tres mox respondere puellæ, Phœbe pater, non tu falleris; alter adest Heinsius, his alter se prodit Opitius oris: Audijt hoc Vatum furfur, & ingemuit. Sed Phœbus, procul hinc, procul hinc, ait oste maligni: RISTIUS est lauro dignus & elogio.

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Idem Epigramma Sonnetto germanicè ­redditum. ALs Phœbus hat gesehn das RISTIUS gesetzet Jn seiner MutterSprach viel lieblicher Gedicht; Wie (sprach er) geht diß zu / ist das mein Opitz nicht? Vielleicht mein Heinsius der mich so oft ergetzet? Ja Vatter sagten bald die Schwestren / die genetzet Der Brun’ auff Helicon: bey vnser Augen Liecht Es ist der Schwan von Gent / dem nichts an Kunst gebricht / Ja Opitz / der euch selbst so manigmahl verletzet. Da dieses Neidhart hrt’ in der Poeten Schaar Wolt’ er vor grossem Grimm zubersten gantz vnd gar. Gott Phœbus aber sprach: Wie kanstu das nit leiden? Es sol doch gleichwol noch ein grner Laurberkrantz Auff seinem Haupte stehn bey meiner Tchter Tantz / Drumb Neidhart trolle dich / thue schnell von hinnen scheiden. Gratulabundus apponebat. M. Mauritius Rachelius, Londinensium Pastor & Poeta Laureat. Cæsar.

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Johannes Ristus | Johannes Ristius Per Anagram. | Per Anagram. An Risus Honesti? Resp. Is Honesta In Risu.

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TEutonica in lucem dum noster carmina mittit RISTIUS, incepti rationem reddere multis Cogitur, & subitò variæ contraria mentis Judicia invitus mœsto sentire dolore. Nam factum probat hic, contra mox improbat ille, Quærit & AN RISUS liciti sint, sint & HONESTI? Concessumque pijs encomia sacra Deorum Exprimere optato germanâ carmine linguâ? Verum innupta tui meminit mi JANE Minerva, Judicijs pressum tacito dum cernit ocello Alloqvitur tali Empæctas anagrammate, dicens; Judicium supende tuum, mi Lector, abundè Desine mirari, scripti mage respice finem; IN RISU atque Jocis IS enim moralia HONESTA Plurima pertractat, mente hinc servanda fideli. Sic Pallas: sed queis verbis ornavero quem jam Dia Minerva virum tali defendit amore? Addere nil nostrum; mihi longum tu modo SALVE Musarum atque VALE pulcer per secula cultor. Aliud JOHANNES RISTIUS Per Angram. ANNITOR, JESUS HIS. Cuncta Dei ut laudem referant mea carmina votis ANNITOR, JESUS annuat HIS precibus. Amoris ergò faciebat Melchior Ludenius Ecclesiastes Heidanus.

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Προσϕώνημα Ad Erudissimi Viri Dni. Johannis Ristii Poetica Miscellanea. AN Germania non habet Poetas? Aut solis Italis datum est habere Nasum? Flosculus ille amœniorum, TAUBMANNUS, decus & politiorum Vatum, sic lepido rogat Cachinno Ventosos Italos. Idem revolvam. An tot Ausoniæ superba tellus Vidit aut aluit bonos Poetas? (Andinum excipio senem, & Calabri Flacci carmina, principes Poetas) Quot nostrum, media inter arma doctum, (Bucco plange) solum fuit paternum? Imò fert & adhuc graves, politos, Argutos, faciles, piosque Vates: Sive sub numeros citos, latinas Sive Teutonias vocant Camœnas, Palmam præripiunt, Apolline ipso Teste, toti Heliconiæ Minervæ Turbæ; Vin’ specimen profatus Dem tibi? Ecce Melanthonem, Chytræum, Frischlinum, Camerarium, Melissum Gruterum, Rododendrum, Opitiumque Hessum, Lottichium, Racheliosque Queis Musæ facilem dedere venam, Ut juncto pede tot sales modosque Vulgarent lepido lepore tinctos; Sexcentosque alios, anus per ævum Quos diffusa loquetur, omne, Fama.

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Horum tu numerum diserte J A N E, Auges innumerum, sed herclè tali, Qui non est numerus, sed eminenter Ornat qui numerum Novem sororum: Dum, quas Grajugenum ingenj facultas, Teucrorumque vigor diu repostas Gazas possidet aureas Sophiæ, Oris Teutonijs Ovante prodis Plebe: jamque opus exigis perenne, Quod nec imber edax, nec ignis æstus, Annorum aut series dabit ruinæ. Nisus gratulator hos tibi secundos, RISTI, vivat honos tuus, laborque Hostiles fugiat rogos & ausus. Fraterni amoris ergo editum â M. Stephano Schulteto. NVn sicht man endtlich auch / daß auch die Teutsche haben Von Gott vnd der Natur erlanget schne gaben: Daß sie in jhrer Sprach’ in Teutscher zierligkeit Jn gwisser Maß vnd Zahl zu dieser letzten Zeit Auch schreiben schne Verß; Nun kan mans endlich sehen Worinn die meiste Zier der Sprachen thue bestehen / Zwar nicht im blossem Klang’, in eusserlichem Schall Den hat man sonsten auch in andren Sprachen all / Denn / worinn ist die Zier der Griechen wol zu grnden Worinn ist im Latein die liebligkeit zu finden / Jn blossen Literen? Ach nein die ist gar schlecht Man muß was weiter gehn / wil man sie finden recht. Ein Geist von oben her / ein Geist von Gott regieret Der Gottes groß geschpff’ vnd Wercke contemplieret Der weiß worinn die Zier der sprach zufinden sey GOtt hat in seim Geschpff obs jhm zwar stunde frey / Dennoch an gwisse Zahl vnd Masse sich gebunden Ja man hat auch darinn ein recht Gewicht befunden /

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Das war die rechte Zier / darumb hat sein mensur, Sein recht Gewicht’ vnd Zahl ein jede Creatur / Vnd wo man die nicht hat da kan man klrlich sehen Ein rechte Mißgeburt: Drumb thut die Zier bestehen Jn Zahl / Maß’ vnnd Gewicht. Demselben folget nach Ein Geist von Gott begabt / er bindet seine Sprach Auch an die Zahl’ vnd Maß / wie solches observieret Homerus nicht allein / der sonsten Triumphieret Vber die Griechen all / nach jhm Hesiodus Bey den Lateinren auch Naso, Virgilius; Sondern in heiligr Sprach’ hat man auch Leute funden / Die jhre Sprachen auch an Zahl vnd Maß gebunden / Denn wann man jetzund recht die Wort’ examinirt Die David der Prophet’ in seinen Psalmen fhrt / Muß man bekennen frey / daß man bey jhm befinde Wie er auch seine Sprach’ an Zahl vnd Masse binde. Weil dann wir Teutschen nun bißhero nicht versprt Was doch dasselbe sey / daß vnsre Sprache ziert / So ists kein Wunder / daß man solche Verß gemachet / Die man nur hin vnd her in Krgen außgelachet / Die Vrsach war allein / daß man versaumbte nur Bißweiln der Sylben Zahl / zu zeiten jhr mensur. Drumb konts nit anders sein man must ein Faut begehen Wie man den solches kan an solchen Liedern sehen / Man meint’ es wer genug / wenn man nur reimen knt So hett’ ein solches Lied erreicht ein schnes End. Aber das Gegentheil JOHANNES RIST bekennet / Jn seinem Buch / daß er die Teutsche MUSA nennet / Darinnen wirst du sehn die rechte Zierligkeit / Die rechten Veneres, vnd Teutsche Liebligkeit; Worinn dieselb besteh. Wer wolt nun lieber Lesen Homeri groß Gedicht’ ob er schon ist gewesen Der best’ in seiner Sprach / ja wer wolt nicht so gern RISTI Sonnetten schn als’ andre Verse hrn? Frwar / der da betracht der Teutschen schne Gaben /

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Die sie in jhrer Sprach fr andren knnen haben / (Der auch diß Buch ist voll) der muß bekennen frey / Daß vnsre Teutsche Sprach die aller schnste sey. Nun jhr O wehrter Freund fahrt forth ewr sprach zu zieren / Fahrt forth ein ewigs Lob vnd Ehr zu meritiren / Apollo helt euch schon vor seinen liebsten Sohn Sein Tchter flechten euch (frwar kein schlechter Lohn) Ein grnen Laurbeerkrantz / der ewig wird florieren Damit nach ihrem Brauch’ ewr Haupt zu Coroniren, Denn wird ewr Nahm’ vnd Ruhm bestehen in der Welt / So lang die schne Sonn / den schnellen lauf behelt. Præstantis. Dno. Autori Poetæ suavissimo posuit Friedericus Büxten Philiater.

An die Liebhabere der Teutschen Poeterey.

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DAß auff dem Erdreich nichts bestendigs sey zu finden / Daß / was noch heute steht / offt morgen muß verschwinden / Ja / daß so bald eins kompt / daß ander felt dahin; Das lehret vns die Zeit / der dinge Meisterin. Ein jede Monarchey hat jhre Jahr’ vnd Zeiten / Wann die verflossen seynd / so wird durch Krieg’ vnd Streiten Was newes angericht. Als’ Assur war davon / Fieng sichs mit Elam an / doch wars auch bald gethan. Den Griechen hrt die Welt / biß daß die Rmer kommen / Die Rmer / die zuletzt fast alles eingenommen / Doch hatt’ es auch sein Ziel: Rom ward in kurtzer Zeit Der Longobarden raub / jhr’ alte Herrligkeit Flog hin gleich wie der Rauch. Man sah’ ins Osten prangen Daß mchtige Bysantz, bald ist es auch vergangen Bleibt jtzt der Trcken sitz. Was Teutschland vormahls war / Als es noch nicht zerrieß der frembden Vlcker schar

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Das weiß die gantze Welt / jtz muß sichs lassen plagen Von denen die es pflag vor diesem zu verjagen Doch / daß hat auch sein Ziel  / was gilts ob wir nicht sehn Diß Reich in kurtzer zeit / wils Gott / in freyheit stehn? Daß eine klimt empor / daß ander felt zu boden / Daß eine lebt vnd schwebt / daß ander hat kaum Odem / Vor achzehnhundert Jahr da war im Griechenland Daß hochgelahrt’ Athen der gantzen Welt bekandt / Es war ein auffenthalt der drey mahl drey Gttinnen / Da der gelahrten Hauff die Kunst pflag außzusinnen / Da schloß man nach der Kunst deß disputirens wol / Warumb man diß vnd daß also verstehen sol Da that man die Natur der Creaturen grnden / Da war vornemblich der Poeten Volck zu finden / Da war der Weißheit sitz / der lieblich’ Helicon Da wohnt’ Apollo selbst in grosser frewd’ vnd wonn Mit allen Gratien, nun hat sichs gar verkehret / Athen vnd Griechenlandt ist leider gantz verheret / Helt nichts nicht mehr von Zucht / Kunst / Tugendt / Wissenschafft / Der Trcken grawsahmkeit hat alles weggerafft / Auch Phœbus Edles Volck mit Spott vnd Hohn vertrieben / Vnd ist an jhrer stadt Mars vnd Bellona blieben / Sampt aller Laster schaum. Was den das Teutsche Landt Betrifft / so wars damit vor Tausend Jahr bewand Als nunmehr mit Athen / man thete nichts studieren / Man sah das Kriegrisch Volck ein wstes Leben fhren Ohn’ alle Lehr’ vnd Kunst / da fand sich keiner nicht Der den nachkommen het verlassen ein Bericht Von jhrer Policey / von jhrem Krieg’ vnd thaten / Ach nein / es war dahin bey diesem Volck gerahten / Daß man die Wissenschafft hielt vor ein Nrrisch Werck / Jhr hchster Schatz war nur der Waffen pracht vnd strck. Nun hats ein andren Sinn / nun ists dahin gekommen / Mit Teutschlandt / daß es auch fast hat den Preiß benommen

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Rom selbst / vnd auch Athen / vnd das durch Pallas Kunst / Nunmehr hats auch erlangt der Pierinnen Gunst. Hie sicht man Socrates, vnd dort Platones lehren / Hie muß man Maro selbst / vnd dort Homerus ehren / Hie ist der Ascra Sohn / hie ist deß Flacci Geist Vnd der vns lieben lehrt / ist auch hieher gereist. Nun hret man / das Volck / das eh so grob gewesen Die Teutschen / gut Latein / Hebraisch / Griechisch lesen Vnd solcher Sprachen mehr / doch nemen sie in acht Zu dieser letzten Zeit auch jhrer Sprachen pracht / Vnd haben nun so schn vnd zierlich drein geschrieben Das Rom vnnd auch Pariß der Teutschen Sprache lieben Von wegen jhrer Zier / ja man hat kaum ein Landt Da nicht / der Teutschen Ruhm / der Opitz ist bekand. Wiewol sich krtzlich noch derselben mehr gefunden / Die sich in dieser Sprach zuschreiben vnterwunden / Daß ja der Teutschen Lob doch nimmer mg vergehn / Wie auß den Bchren den gantz klrlich ist zusehn. Jch / der ich Phœbus mich zu dienen gantz ergeben Von meiner Kindheit an / vnd fort durch all mein Leben / Habs auch zu letzt gewagt /vnd Momus vngeacht Zwar diese schlechte Verß in Teutscher Sprach gemacht. Nun wnsch’ vnd bitt’ ich nicht wie mancher / daß sie allen Besondren nur allein den guten wol gefallen Vnd der gelahrten Schar / daß ist schlecht mein begehr; Was Momus sonst betrifft / vnd auch der neider heer So pflegt ein groß Gemth dieselbe zu verlachen / Wer weiß ob sie vielleicht es auch so gut noch machen? Drumb acht’ ichs lauter nichts / wie mich Pasquinus List Vnd was deß Zoilus sein Vrtheil von mir ist. Der Anfang ist zwar schlecht / die Zeit wirds besser geben / Wer eh’ er Flgel hat / wil in den Lfften schweben Der nimbt ein bses End / mein wnschen ist allein Nur der Poeten Volck lieb vnd wilkomb zu seyn.

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An sein Bchlein /auß dem Oweno. Epigramma. MEin Bchlein hr mir zu / thu deines Vatters willen / So kanst du dich zugleich im Glck’ vnnd Vnglck stillen / Du findest zwar vielleicht noch einen trewen Freund Entgegen wirst du sehn auch manchen der dir Feind / So dich nun jemandt wil mit Worten streng’ vmbtreiben Sprich: hr / du darffst dich nur an meinem Herren reiben.

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An die Augen seiner Liebsten. Sonnet. WOl mir / die Nacht ist hin / jetzt kan ich wider sehen Das helle tages Liecht / weil nunmehr gehn hervor Zwey Sternlein die ich mit der Sonnenschein verlohr / Hilff Venus, hilff wie wol ist mir dadurch geschehen! Charitni liebstes Hertz dein’ hellen Auglein stehen Am schnen Firmament deß runden Haupts empor Wie Diamanten rein am gldenen Thresor / Wann sie mit klarem Schein deß Morgens fre auffgehen So bald sie aber sich verkriechen vnd abweichen / Jst meiner Seelen quaal kein schmertze zu vergleichen / Drumb O jhr Augelein / O jhr Sapphieren rundt Ach weichet nicht von mir / sonst muß ich Armer sitzen Jm finstren / vnnd vor Angst Blutstropffen von mir schwitzen Ewr gegenwart allein’ erhelt mein Hertz gesundt.

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Haß der Freyheit / vnd Begierde der Gefngnsse.

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OB wol die Menschen zwar vor sich empfangen haben Von Gott vnnd der Natur viel außerlesen Gaben / Als Weißheit vnd Verstandt / Reichthumb vnnd grosses Gut / Gesundheit / schnheit / Ehr / dazu ein freyen Muth; So ist fr allen doch die Freyheit hoch zu achten / Wann wir den grossen Nutz derselben recht betrachten: Den nicht allein der Mensch begehret frey zu seyn / Vnd fleucht die Knechtschaft / als deß Lebens schwerste Pein; Sondren die wilden Thier / die Vgelein daneben / Stellen der Freyheit nach in Lfften nur zu schweben / Die leichte Nachtigal / die schne Singerin / So bald sie kompt ins Netz’ ist jhr Gesang dahin / Vnd lesset man sie gleich in schnen Hußlein wohnen / Daran man den nicht pflegt der Zierligkeit zu schonen Weil sie vol Speiß’ vnnd Tranck mit Thr vnnd Fensterlein Gleich wie der Knige Pallst versehen sein; So sicht man sie dennoch solch’ Eitelkeit verachten / Jn dem sie vielmehr thut nach alter Freyheit trachten / Sie hupffet hin vnd her / sie sicht daß weite Feldt / Sie wnschet zu entgehn ins grosse raum der Welt / Daß schne Gitterhauß wil jhr gar nicht gefallen / Jhr Stimmelein thut doch im Busch viel heller schallen; Das richtet auß allein der Freyheit edles Gut / Ein Gut daß allem fleisch so lebt gefallen thut: Doch nehm’ ich einen auß / noch einer ist verhanden Der wnschet allezeit in Feslen vnd in Banden Gantz fest geschlossen ein sein Leben bringen zu / Den Freyheit ist sein Todt / Gefengnuß seine ruh. Wann er mit Leib vnd Seel gantz festiglich gebunden Sitzt in dem Krcker nur / ist all sein Leid verschwunden Der Krcker ist das Hertz der allerliebsten sein Die Ketten / Band’ vnd Strick / der sssen liebe pein / Hoffnung ist seine Speiß / sein tranck die bittre Trnen

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Cupido thut jhn jetzt zur Frewd den Leid gewehnen Weil er Stockmeister ist: Doch helt er diesen Streit Vor seine beste Ruh / die Pein vor frligkeit. Er wnschet nicht mit List von hinnen zu entrinnen / Cupido mag mit jhm’ auch was er wil beginnen / Er hasset frey zu sein / der Kercker thut jhm wol / Der sssen liebe Pein macht jhn der Frewden vol. So bald deß Krckers Thr nur einmahl offen stehet / Dem gfangen alle Lust ja Frewd vnd Trost vergehet / Drumb ist sein einig Wunsch nur stets gebunden sein So darf er frchten nicht Noth / Tod / Leid / Schmertz’ vnd Pein.

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Es ist doch alles Vergnglich. Ode Trochaica. JSt daß nicht ein Nrrisch leben Daß man sich der Eitelkeit So gantz hefftig thut ergeben / Ach bedenckts zu jederzeit: Wie der Schatten nicht bleibt stehen So muß auch der Mensch vergehen. Alle die jhr lebt auff Erden Stetz in frewden / Ehr’ vnd Pracht / Endlich mst jhr Aschen werden / Drumb so nembt es wol in Acht: Wie der Schatten nicht bleibt stehen / So muß auch der Mensch vergehen. Die jhr tglich zanckt vnd krieget / Die kein Mensche stillen kan / Die jhr in den Lfften flieget Voller ehrgeitz / denckt daran: Wie der Schatten nicht bleibt stehen /

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So muß auch der Mensch vergehen. O jhr karge Menschen schinder / Die jhr sucht daß schnde Geldt / Schtz’ auffklauber / Mammons Kinder Es heist doch mit aller Welt: Wie der Schatten nicht bleibt stehen / So muß auch der Mensch vergehen. Alle die jhr schnheit liebet Zart von Leib’ in Kleidren rein / Die jhr euch im schmincken bet / Last es euch ein Warnung sein: Wie der Schatten nicht bleibt stehen So muß auch der Mensch vergehen. Die jhr Crœsus Gter habet Vnd Darius Herrligkeit / Die jhr prechtig einher trabet / Jhr seyd auch noch nicht gefreyt. Wie der Schatten nicht bleibt stehen / So muß auch der Mensch vergehen. Die jhr euch so trotzig brstet / Groß von Muth / von Gliedren starck / Die jhr heut zum Streit’ euch rstet; Morgen sicht man euch im Sarck: Wie der Schatten nicht bleibt stehen So muß auch der Mensch vergehen. Die jhr alle Welt durchlauffet Die jhr ber Sandt vnd Meer Guth vnd wahren vor vns kauffet / Morgen kombt der Todt daher: Wie der Schatten nicht bleibt stehen So muß auch der Mensch vergehen. Die jhr andren knnet rathen / Weil jhr so verstendig seyd Die jhr auch von grossen Thaten Seid berhmet weit vnd breit:

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Wie der Schatten nicht bleibt stehen So muß auch der Mensch vergehen. Es hilfft weder zanck vnd kriegen Wann der Todt verhanden ist Den kan keine Pracht betriegen / Keine Weißheit / Goldt noch List. Wie der Schatten nicht bleibt stehen / So muß auch der Mensch vergehen. Drumb jhr Menschen thuts bedencken Weil jhr frlich lebet noch Bald wird sichs zum Ende lencken / Vnd alsdenn so heist es doch: Wie der Schatten nicht bleibt stehen So muß auch der Mensch vergehen.

Auff ein altes / bses / vnd heßliches Weib. Epigramma. DAß du noch kein Gespenst jemahls hast angeschawet / Kompt daher / weil vor dir den Geistren selber grawet.

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An den Hochgelahrten Theologum. H. Johannem Giessenium der heiligen Schrifft Doctorem auch ­ Professorem Publicum bey der Universität Rintelen / vnd Grffl: Holsteinischen General ­Superintendenten.

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WJe / das sich allzumahl so wunderlich verkehret GIESSENI, der jhr vns die hohe Weißheit lehret Die auß dem Himmel kompt? Wie / das in aller Welt So bald sich eins erhebt / das ander stndlich flt? Man sicht doch nichts allhie fest’ vnd bestendig bleiben / Daß eine thut geschwind daß andre gar vertreiben / Daß eine klimbt empor / vnd wann das ander steht / So neiget sich das dritt’ vnnd was jhm folgt / vergeht. So bald Apollo kompt mit seinen neun Gttinnen / So muß Bellona fort / vnd Mars der weicht von hinnen: Kompt aber Mars, so gibt Apollo gute Nacht Es wird der ein doch stets vom andren Theil veracht. Zwlffmahl hat ohngefehr die glden Sonn geendet Deß schnellen Jahres lauff / zwlffmahl hat sich gewendet Die warme Sommerszeit / das Phœbus Tchterlein Vom schnen Helicon herab gekommen sein / Sie giengen hin vnd her / biß daß zu letzt fr allen Dem klugen Gtter Volck nur Rintlen hat gefallen Das an den Bergen ligt / dem auch der schne Fluß Den man die Weser heist / die Mauren netzen muß / Da sampt der Flora, selbst die Ceres hat jhr wesen / Da auch Pomona pflegt die Oepffel auff zu lesen / Da sich Diana offt mit grossem Lust ergetzt Vnd bey der Nymphen Volck auch Pan sich nidersetzt. Nun dieser war der Orth den Phœbus hat erwehlet / Die Stadt / die schne Stadt / so jetzt Bellona qulet /

Musa Teutonica

Hier (sprach Apollo) soll stets sein mein auffenthalt / Hier ist ein schner Fluß / hier ist ein dicker Wald / Hier ist mein Libethris vnd Helicon zu schawen / Hier ist mein Cynthius, hier wil ich khnlich bawen Auff Aon hin mein Schloß / hier ist mein Casinus, Mein Aganippe selbst / ja mein Castalius. So ward der Grundt gelegt; Bald kam mit grossen hauffen Nach vnsrem Rintlen hin der Musen Volck gelauffen Zu kauffen Pallas wahr / dieweil durch alle Landt Ewr nahm’ / ewr grosser Nam GIESSENI war bekandt. Vnd wer ist vnsres Volcks / der noch nicht solte kennen Den jenen / welchen wir ein Seul der Kirchen nennen? Den Wittenberg geliebt / ja den die grosse Stadt Deß Elsaß hchste Zier so lang gehret hat / Der auch mit grossen Nutz zu Giessen hat gelehret Das was die Welt nicht weiß / den selbst die Weißheit ehret Sampt der gelahrten Schar: O grosser GOttes Freundt / O vnsrer Kirchen Heldt / O Antichristes Feind! Euch hat die lose Rott zwar hefftig vmbgetrieben / Jhr habt hingegen daß auch jhr zum Trotz geschrieben / Daß weder Zeit / Mordt / Schwert noch Fewr vertilgen kan; Ja das viel fester steht / als aller Pbste Bann. Apollo der ist zwar auch von euch weg gejaget / Man hrts mit schmertzen an wie sehr Minerva klaget / Daß sie den schnen Ort / den schnellen Weserfluß / Die Wlder Berg vnd Thal so bald verlassen muß. Ach wie hat sichs verkehrt / da man zuvor gesehen Der Professoren Sthl’ in feiner Ordnung stehen / Da liegen nun Geschtz’ / hie steht ein dicker Wall / Auff jhm’ ein Schantzen Korb / vnd dort ein Pferdestall. Ja da zuvor fein still deß Phœbus Diener giengen / Da sicht man leider nun Mars vntersassen springen / Vnd da der Musen Volck hielt seinen Lobgesang / Da brummet jetzt herein Tromlen vnd Paucken klang. Ach alles ist verkehrt zu diesen Martis zeiten

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Johann Rist

Da man hrt lauter nichts / als nur von Krieg vnnd streiten / So das drob manchem Held vergehet Hertz’ vnnd Muth / Wann er den rauhen Standt der Welt betrachten thut / Wil drumb bald dieß / bald das / hat mancherley Gedancken / GIESSENI ewren Muth hat keiner je sehn wancken; Jhr habt mit grossem Muth vnd Ruhm in lieb vnd leid Erzeiget daß bey euch noch ist Bestndigkeit. Vnd weil jhr Ritterich fr Gottes Ehr gestritten / Habt jhr vom Antichrist so manchen Spott erlitten / Jedoch bleibt euch der Sieg / denn ewre strck’ ist Gott / Der euch erlset vnd die Feind erwrget hat. Drumb O jhr Gottes Freund / fahrt forth fr vns zu streben / Mit Feder / Mund vnd Hertz / der hchste laß’ ewr leben Starck / frisch vnnd frlich sein / er laß die schne Stadt Ewr Rintlen friedlich stehn / jedoch nach seinem rath. Gott wolle gndiglich den bittren Mars vertreiben / Damit der Musen schar mg’ allzeit bey euch bleiben / So wird die edle Stadt im Schawenburger Landt Mit euch GIESSENI sein durch alle Welt bekandt.

Militat omnis amans. Ode Jambica.

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WJe ist doch zwischen Lieb’ vnd Streit Ein so gar schlechter Vnterscheidt / Denn wie Soldaten streiten sollen Wann an sie kompt deß Feindes macht; So mssen jhre Schantz’ in acht Auch nehmen / die / so lieben wollen. Ein Kriegsman helt bey Tag’ vnd Nacht Fr seines Herren Zelt die wacht; Der Buhler muß nicht vnterlassen /

Musa Teutonica

Stets fr der liebsten Ther zustehn / Vnd wann die Leut zu Bette gehn / Leufft er nach seiner schnsten Gassen. Ein Kriegsman reiset weit von Hauß’ Offt vber Berg’ vnd Thal hinauß; Ein Buhler geht durch alle Wlder / Er folget seiner Schfferin Wann jhm ist trawrig Hertz’ vnd Sinn / Wann er sie sucht durch Aw’ vnd Felder. Ein Kriegsman leidet frost vnd hitz’ Jm Regen / Hagel / Schnee vnd Blitz; Der Buhler pflegt auch nichts zu fhlen / Liegt er gleich kalt vor liebes Thr / So brennet er doch fr vnd fr Biß jhn sein Gttin thut erkhlen. Gleich wie der Kriegsman diese Stadt / Vnd jenes Schloß belagert hat; Gleich wie er hat den Wall zerschossen / Ja alle Thor’ erobert schnell; So liegt auch auff der liebsten Schwell Ein trewer Buhler vnverdrossen. Wann offt der Feind in ssser ruh Die lange schwartze Nacht bringt zu / So wird er pltzlich auffgewecket; Wer liebet / helt alsdenn die Hut / Wann sonst ein jeder schlaffen thut / Vnd Finsternuß die Nacht bedecket. Wie der so in dem Lager ligt Die Wchter gar muß schewen nicht / So alle Nacht die Runde lauffen; So muß der Buhler manche Nacht / Mit vollen Buben vnd der Wacht / Wenn er zur Gttin wil / sich rauffen. Gleich wie auch Glck vnd Ehr vergeht / Wenn man im Kmpffen nicht besteht /

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Johann Rist

Weiß mit den Feinden nicht zu kriegen; Also muß der / der lieben wil / Erdulden Noth vnd Schmertzen viel / Ja offtmahls gntzlich vnten liegen. Wer sagt daß lieben Faulheit sey / Von solchen darff ich sagen frey: Daß er die Liebe nie empfunden; Achilles den so khnen Heldt Den nie ein tapffrer Mann gefelt Hat nur ein Weibsbildt vberwunden. Hector thet nie zur Schlacht hingehn / Andromache must bey jhm stehn / Vnd jhm den Harnisch fest zu binden: Was mehr? Vulcan der lahme Gott That selbst den Mars mit Hohn vnd Spott Bey Venus seinem Weibe finden. Heist lieben dennoch mßig sein / Da so viel Arbeit / Noth vnd Pein / Da man verzehrt sein gantzes Leben Mit lauffen / streiten ohne Ziel? Nein / nein / wer Faulheit meiden wil / Sol sich dem lieben nur ergeben.

Auff den heran-nahenden Frling. Ode Trochaica.

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EY nun wil ich lassen schwinden Alle Sorg’ vnd Trawrigkeit / Weil die schne Frlingszeit Sich nun bald wird lassen finden / Weil der Winter wil vergehen / Eiß vnd Schnee zu Wasser wird /

Musa Teutonica

Vnd die Garten wol geziert Sind sehr lieblich anzusehen. Hievon thut die Zeitung bringen Aller Vglein Frligkeit / Die zu dieser Frlingszeit Jhre Stimmlein lassen klingen / Da die Lerchen sich erfrewen / Da der Bawr zu Felde zeucht / Vnd auß Schewr’ vnd Stllen kreucht Der Menalcas mit den Sewen. Alles thut jetzt muthig werden / Es kompt wider an den Tag / Was zuvor verborgen lag Jn dem tieffen Koth der Erden: Man sicht alles hervor kriechen Kraut vnd Blumen mannigfalt / Die so lieblich von Gestalt Vnd anmuthig sind zu riechen. Ey so wil ich in den Garten Mit dem schnen Seitenspiel Vnd der andren Kurtzweil viel Nur der Frligkeit abwarten / Jch wil suchen solche Gsellen / Die da wissen Lust vnd Frewd’ Jn der grnen Frlingszeit Fein gebhrlich anzustellen. Last vns guten Wein hergeben / Lauten / Geigen / Jungfrwlein Mssen alle bey vns sein: Das ist recht Studentenleben; Wer solt daß nicht lieber wollen Als’ arbeiten Nacht vnd Tag Stetig fhren grosse Klag Wer weiß wann wir sterben sollen?

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Johann Rist

Das Meer ist schneller als die Sonn. Auß dem Oweno. Epigramma.

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DJe wunder schne Sonn thut jhren lauff vollfhren Jn Eil’ / in schneller Eil / dennoch das wilde Meer Jst viel geschwinder noch / die Sonne kompt nur her Einmahl den gantzen Tag / den thut sie sich verliehren; Das Meer mit seiner Fluth zweymahl sich stellet ein Vnd zweymal leuffts zu rck / solts den nicht schneller sein?

Auff den weitberhmten Niederlndischen ­Seeheldt vnd tapfferen General Peter Hein / Sonnet.

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DEin Tugendt / edler Held / dein Wissenschafft zu streiten / Dein vnerschrockner Muth / dein ritterliche That / Die dich O Thetys Kind so hoch erhoben hat / Thut dir die glden Kron der Ewigkeit bereiten. Du hast das grosse Meer beherscht zu deinen zeiten / So / daß der starcke Feind wust keinen Trost noch rath / Er floh wohin er wolt / du folgtest seinen Pfadt; Neptunus that dich selbst als seinen Freundt begleiten; Der hchste stund dir bey / biß du mit kleiner Macht Hast der Maranen Goldt in Niederland gebracht: Deß frewet sich der Lew / das Pferdt begint zu klagen / Weils von dir ist gejagt / sein grosser Printz’ erschrickt / Dich leider hat der Todt nun auch hinweck gerckt / Doch weiß die gantze Welt von deiner That zu sagen.

Musa Teutonica

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An H. Heinrich Sager Frstlich: Holsteinisch: Landschreiber in Dithmarschen. Auff seinen Nahmens Tag. PHœbus der schne Gott mit seinem gldnen Wagen / Wird an dem Firmament deß Himmels vmbgetragen Gar schnell vnd wunderlich / er bringet vns den Tag Vnd wann er geht davon kompt Cynthia hernach / Vnd fhret mit sich auff die grosse Schar der Sterne So da den Erdenkreiß erleuchten weit vnd ferne / Sie scheiden von dem Tag die schwartze stille Nacht Biß das Aurora kompt / vnd alle Welt erwacht / Dann blicken bald hervor die gldne Sonnenstrahlen Die das Chrystallin Hauß deß Himmels schn bemahlen Vnd auch den Erdenkloß erquicken wunderlich Daß Menschen / Vgel / Thier / zumal erfrewen sich. Wann nun zuletzt die Sonn / das Jahr ist durchgegangen Deß Himmels Zeichen all / so kompt sie mit verlangen Dahin / da sie zuvor daß letzt verflossen Jahr (Deß Wieders Zeichen ists) schnell abgelauffen war. Dann bringet sie daher den Frling in den Mertzen Darnach vns allen zwar verlanget hat von Hertzen / Der zeucht den weissen Rock der schwartzen Erden auß Vnd legt jhr wider an ein Kleid das grn vnd krauß. Die Wasserflß’ vnd See / so gleich verkehret wahren Jn Eisenhart metall, die lassen schleunig fahren Jhr strenge hrtigkeit / der warme Sonnen glantz Erweichet Eiß vnd Schnee / daß es wird Wasser gantz Die Hgel die zuvor wahren gantz weiß bedecket / Blicken jetzt grn hervor / das Feld gleich von sich strecket Den Acker wolbeseht / mit Frchten mannigfalt / Es bringen jhre Knpff die Bewm’ im Busch’ vnd Wald. Denn thut die kleine Welt / der Mensch / vor Frewden springen / Die Vglein lassen auch bald jhre Stimm’ erklingen /

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Johann Rist

Man hrt die Nachtigal wie sie in Garten singt Man sicht die Lerche die sich in die Lufft erschwingt Der Ackerman fengt an das Feld mit lust zu bawen / Der Schiffer khnes Volck darff sich den Wellen trawen Der Bawren Corydon zeucht in das weite Feldt Mit seiner Khe heer / als wers ein Kriegesheld; Mirtillo folget jhm mit grosser Herde Schaffen / Menalcas vnd sein Volck die wollen auch nicht schlaffen / Hie sicht man wie die Kuh den Stier verjagen kan / Dort geht mit brllen Heer jhr dickpffigter Mann / Hier stehn zween starcker Bck’ vnd stossen gantz verwegen Einander auff die Haut / dort thut sich niderlegen Ein muthigs geiles Pferdt / vnd weltzet sich herumb Die Ziegen springen auch all in die quer vnd krum. Diß alles schawet an der Corydon mit lachen Thut vnter deß ein Lied von seiner Phyllis machen Bald auff der hirten Pfeiff / bald auff der Dorffschalmei Zu zeiten singt er drein wie schn sein Phyllis sey. Charitnis hinterm Busch thut Corydon zu lauschen / Vnd sicht den klaren Bach zugleich vorber rauschen / Daß gantze Feld das lacht / die Thierlein groß vnnd klein Die springen durch die Saat vnd gehn zum Wald’ hinein. Der Jger blest sein Horn / vnd jaget mit den Winden Den schnellen Hasen nach / den Hirschen mit den Hinden / Der kluge Vogeler / geht leiß’ vnd gar geheim Der Vgel leichte schaar zu fangen mit dem Leim: Vnd so thut jederman zu dieser Zeit sich vben / Es kan bey solcher Lust fast keiner sich betrben / Wehrt aber nur so lang / biß daß der Sonnen Liecht Am allerhchsten steht / vnd nun der Tag abbricht / Wann Phœbus nun begint von vns hinweg zugehen Vnd auch deß feldes Frcht fast vollenkommen stehen Wann nach deß Jahres lauff Sanct Heinrichs Tag kompt an / Da seiner Arbeit nutz der Bawr geniessen kan / Sanct Heinrich ist der Mann / der vberflssig zeiget

Musa Teutonica

Deß Feldes fruchtbarkeit / die sich ohnlengst ereuget / Sanct Heinrichs Tag ist der / nach dem der Hundestern / Gelauffen kompt mit Hitz’ vnd brennet weit vnnd fern Herr Sager der auch jhr den Nahmen Heinrich traget / Sagt an wie doch der Mann Sanct Heinrich euch behaget: Ohn’ allen zweiffel wol; wars nicht ein guter rath Daß man euch dazumahl Heinrich genennet hat? Viel tapffrer Helden zwar die haben auch gefhret Den Nahmen Heinrich vnd mit Lob’ vnd Ruhm regieret Daß Rmisch Keiserthumb gleich sieben an der Zahl Sie wahren / muthig / starck Soldaten allzumahl. Doch / sie sind nicht allein gewesen solche Helden / Wir mssen dißmal auch von andren krtzlich melden: Weiß nicht die gantze Welt was Heinrich lobesahm Der Knig von Navarr’ vnd Franckreich hat gethan? Deß Atlas hchste Spitz kan ewig nicht erreichen Sein Lob / wie solt’ es denn mein schwache faust außstreichen? Du aber grosses Reich / daß du jhm Meere schwebst Daß du der Inslen Schar fast an einander klebst / O frlichs Engelland / wie viel hast du gesehen Die Heinrich sind genand mit Kron vnd Scepter stehen / Die sich vnd dich gemacht berhmet vberall? Jhr wahren wo mir recht acht Knig’ an der Zahl. Wie kompts denn / daß man nie zu Rom hat sehen sitzen Ein Pabst Heinrich genand? Ey solte der beschmitzen Deß Nahmens wrdigkeit? Frwar das wer mir leidt / Was fragt der Antichrist nach Ehr’ vnd redligkeit? Die Helden die von vns jetzt krtzlich sind beschrieben / Die pflegen sich in Kunst vnd Tugenden zu vben Die welche Pallas, vnd auch Mars der KriegeGott / Die Tugend vnd das Schwert so groß gemachet hat. Herr Sager / was hat euch zu Wrden doch erhoben / Was / msset nicht auch jhr die weise Pallas loben? Nicht das Poesis euch soll machen Keisren gleich / Wie kan der / der nichts hat ein andren machen reich?

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Johann Rist

Poeten schreiben viel / gar wenig sie besitzen / Es sey den daß der Wein sie pfleget zu erhitzen / Die blosse meinung’ ist Herr Sager wo jhr wolt / Daß jhr Sanct Heinrigs Tag heut nicht vergessen solt Wir wissen daß jhr sehr der Musen Diener liebet. Als’ einer der sich selbst bey jhnen lang gebet / Vnd wann Apollo geigt mit seiner Tchter Schar / So folgt jhr nach der Leyr vnd stelt euch selber dar. O Pallas du mein Schatz / du Tochter außerkohren Deß grossen Jupiters, ins Vatters Haupt gebohren / Jhr Nymphen, Charites, wir bitten euch zugleich: Thut wiedrumb gutes dem / der hertzlich liebet euch. Ach lasset noch viel Jahr / viel Tag’ vnd Monat spinnen Die Parcas, wolte Gott sie mchten erst beginnen / Laßt jhn Sanct Heinrichs Tag noch vielmahls wider sehn / So wird ewr Lob vnd Ruhm bey vns nicht vntergehn.

Auff den Zoilum, auß dem Ovveno. Epigramma. SO lang die Welt thut stehn / wird Zoilus gescholten / Der doch zwey tausendt Jahr’ im Grab gelegen Todt / Weil aber er sehr viel’ Erben verlassen hat / Solt’ jhm deßwegen wol ein solchs werden vergolten?

Musa Teutonica

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An seine CHARITNIS, daß sie jhn so flschlich betrogen. Sonnet. CHaritni falsches Hertz was hat dich doch bewogen! Daß du so manches mahl mit grossem schweren Eidt Versprochen mir in Lieb’ hast dein standhafftigkeit / Vnd werde doch so gar spttlich von dir betrogen? Ach weh der bsen stundt / da ich von dir gesogen Daß ssse liebe Gifft / dadurch so schweres Leidt Jn mir geboren ward / vnd nunmehr ist bereit / Ach Amor het’ ich doch dein gldne Pfeil geflogen! Charitni falsches Hertz bedenck die schwere Rach / Die dich wird treffen noch mit klagen weh’ vnd ach / Doch weiß ich das gewiß die liebe zeit wird kommen / Da du gantz schmertzlich wirst beweinen / daß du mich Vnd mein getrewes Hertz verlassen jmmerlich Ja mir durch hrtigkeit mein Leben hast genommen.

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MIRTILLO Nachtklage / vber daß abwesen seiner Amaryllis. ode trochaica. NEwlich ist Mirtillo kommen An den schnen Weser Fluß / Der der langen Zeit verdruß Jhm so offt hat weggenommen Er saß mit betrbtem Sinn / Sang von seiner Schfferin: Es sind nun drey Jahr verflossen / Daß ich letztmahls war bey dir

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Johann Rist

Amarylli meine Zier / Ach was hab’ ich doch vergossen Seither trnen ohne Zahl Vnd gelitten grosse quaal! Zwar ich hab dich mssen lassen / Vnd die edlen Schfferlein / Die noch jtzo bey dir sein / Die die wolbekandte Gassen Mannigmahl frvber gehn Amarylli dich zu sehn. Nun so bald’ ich von dir kommen / Ward auß lachen Trawrigkeit Auß dem frewen Hertzeleidt / Weil mir alle Lust benommen / Frewd vnd Lust / der ich sonst pflag Zu geniessen alle Tag. Phœbus Liecht hab’ ich geflogen / Bin offt in der Finsternuß Vnd der schwartzen Nacht verdruß An den Flssen vmbgezogen / Wann sonst alles lag vnd schlieff / Saß ich an dem Bach’ vnd rieff. Jch saß an deß Wassers rande Jn so grosser stilligkeit / Daß auch schwiegen zu der Zeit Alle Thier im gantzen Lande: Stille war der Vgel gsang / Vnd der nassen Frsche klang. Zwar ich sah’ an gar betrbet / Wie der liechten Sterne schaar Vnter sich so einig war / Wie der ein den andren liebet: Du mein Gttin lessest mich Hie verderben jmmerlich. Jch saß schawte mit verlangen

Musa Teutonica

Dahin da die Sonne pflegt Auff zu gehen / da sich legt Luna mit den bleichen Wangen / Aber Phœbus klares Liecht Wolte leider kommen nicht. Da vermeint’ ich zu verderben Jn der langen Finsternuß / Soll ich den am Wasserfluß (Sprach ich) nun noch endlich sterben? Ach wenn kompt Aurora doch / Eh’ ich gar verzweiffle noch? Boreas fieng an zu khlen Auß der schwartzen Wolcken klufft / So daß ich die khle Lufft Vnd den Regen konte fhlen; Dazumahl gieng auch der Mond Mit den Sternen gar davon. Dieses that mich sehr betrben / Dieses warlich hats gemacht / Daß ich tausendtmahl gedacht’ Amarylli an dein lieben / Welches wie die schnelle zeit Nur ist vnbestendigkeit. Damahls that ich dich vergleichen Auch dem kalten Norden Wind Der im Frling gar geschwind Pflegt fr Hitze Frost zu reichen; Der die warme Zeit verdringt / Vnd offt kalten Hagel bringt. Endtlich sah’ ich doch den Wagen Von Aurora gehn herfr / Wie ich war erstorben schier / Vnd gantz mde lag von klagen: Da kam Phœbus klares Liecht Gab der Welt sein Angesicht.

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Johann Rist

Alle Menschen die zuvoren Jm verborgen schlieffen still’ Auch der Thier’ vnd Vgel viel Die sich gleichsahm gar verlohren / Kamen in der Morgenstund Frlich wieder vnd gesundt. Corydon kam’ auch gegangen Mit den Schfflein zu der Aw Die noch voller Sylber taw’ Vnd erwartet mit verlangen / Wann sein liebste Phyllis km’ Vnd jhn in die Arme nehm. Corydon fieng an zu singen Von der Phyllis freundtligkeit / Wie sie pflegt zu jeder zeit Jhm sein Hertz’ vnd Muth zu zwingen / Was sie jhm vor Lust erregt / Wann er sie zu kssen pflegt. Da gedacht’ ich an mein Leiden / Sprach: O welch ein Hertzeleidt Daß ich so zu dieser zeit Muß mein’ Amarylli meiden / Amarylli meine Zier, Die mich hat ertdtet schier! Corydon hat sein gengen Stets bey seiner Schfferin / Die so trew von Hertz vnd Sinn Nicht gelernet zu betriegen: Vnd ich leider muß allein Gantz vnd gar verlassen sein. Corydon der hrt mich weinen / Kam drauff eilendt her zu mir Sprach: Was machst du doch allhier Liegendt auff den harten Steinen An dem kalten Wasserbach’

Musa Teutonica

Jn so grossem vngemach? Jst mir recht / ich soll dich kennen / Bist du der Mirtillo nicht? Jch sprach: Bey der Augen Liecht Die dir in dein Hertze brennen Es ist je getroffen recht / Jch bin Amarylli Knecht. Solt’ ich nicht mein Vnglck klagen / Meiner Schffrin hartigkeit / Daß ich auch so lange Zeit Jhren Grimm noch muß ertragen / Ja daß ich so manchen Tag Leider sie nicht schawen mag? Du bist selig / darffst nur lieben Deine Phyllis, die so fein Weiß zu lindren deine Pein Darffst dich nimmermehr betrben; Jch hergegen leb’ in Noth / Lieb’ vnd bin lebendig Todt. Nun ich wil zwar nicht Mißgnnen Dir dein Glck’ vnd stille Ruh’ Jch geh nach den Wldren zu / Oder nach den khlen Brunnen / Auch wol nach der wilden See An den Strandt voll Eiß vnd Schnee. Damit bin ich weggezogen / Corydon den ließ ich stehn Vnd zu seiner Phyllis gehn / Jch bin aber hier geflogen An deß grossen Meeres rand Da ich wenig Schffer fandt. Nun daselbst bin ich gewesen Warlich eine lange Zeit / Hoffendt von dem hertzeleid Endlich einmahl zu genesen;

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Johann Rist

Aber (O der schweren Pein!) Hie wil kein vergessen sein. Ach wann wird es doch geschehen Amarylli meine zier / Das ich werde mit Begier Dich / vnd du mich wider sehen? Ach wenn kompt der gldne Tag / Daß ich dich auch kssen mag? Zwar es ist mein gantzes Leben Lauter nichts den Trawrigkeit / Angst vnd stetigs Hertzeleidt / Tag vnd Nacht herumb her schweben; Reisen muß ich hin vnd her Ob ichs gleichwol nicht begehr. Vnter dessen steht mein hoffen Amarylli noch zu dir / Endlich wirst du zeigen mir / Daß mein Vnglck hat betroffen / Selbsten dich / ja deine Seel. Der ich meine Seel befehl. Werd’ ich denn den Tag erleben Nach so langer Trawrigkeit / Ey so wirst du dich mit Frewd Mir ja selbsten wider geben; Dann soll alle Noth vnd Pein Gantz bey mir vergessen seyn. Dann solt du mein Schffrin bleiben / Jch wil dein Mirtillo sein / Wollen bey den Schffelein Vnsre zeit mit Lust vertreiben / An den Bchlein da der Pan Ehmahls Nymphen lieb gewan. Vnd daß war Myrtillo singen Wann er an den Wassren lag Wann er nur den gantzen Tag

Musa Teutonica

Ließ sein Amarylli klingen Biß zu letzt in stiller Nacht Morpheus jhm sein Schlaffkraut bracht.

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Auff ein geiles vnnd plauderhafftiges Weib. Epigramma. WAnn der verbuhlte Pan an Geilheit seines gleichen Wolt’ haben / knt’ ich jhm dieselbe leichtlich reichen: Wann Zoilus begehrt solch’ ein zu sehen an Die vielmehr als’ er selbst die Leute schmehen kan; So komm’ er nur zu mir / ich wil jhn lassen schawen Ein Weibesbild die selbst Pasquinus mchte trawen / Der bleiche Momus zwar mit seinem Hoffgesind’ Jst gegen sie frwar zu rechnen nur ein Kind. Jhr Gott ist Priapus, die schaar der Ruffianen Sind jhre Prediger / die sie mit fleiß vermahnen zu Venus Dienst’ vnd Ehr’: Jhr Gottesdienst vnd frewd’ Jst Vppigkeit vnd Schand / Verleumbdung’ / Haß vnd Neid.

Auff die Alanam auß dem Ovveno. Epigramma. DEn gantzen langen Tag thut die Alana klagen / Wie daß der Ehestand sey daß allergrst beschwer / Wann aber auff den Tag die finstre Nacht geht her / Kan sie die liebligkeit deß Ehestandts nicht außsagen.

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Johann Rist

Von der Mhseligkeit seiner Liebe. Sonnet.

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O Lieb’ O blinde Lieb wie hast du mich verfhret Daß ich mein’ arme Seel / mein Leben vnd mein Gut Hab’ auffgeopffert gantz mit vnerschrocknem Muth Der allerliebsten / nur so bald ich sie berhret! Ach Amor du Tyrann / das heist mehr als vexieret / Daß du mein junges Hertz gebracht in solche Gluth Darinn es Tag vnd Nacht erbrmlich brennen thut Vnd daß durch ein Gttin / die Himlisch ist gezieret. Nun muß ich fort vnd fort / mit Trnen / Angst vnd Pein Mich martren biß ans End’ vnd lebendig Tod sein. Doch weiß ich daß zuletzt von dieser liebe Banden Der grawsahm bleiche Tod mich wird erretten bald / Wenn nun mein schwacher Leib / liegt geistloß / blind / vnd kalt / Denn bin ich einmal frey / vnd Amor wird zuschanden.

Auff ein hoffertiges doch heßliches Weib. Epigramma. ACh wunderschnes Bildt / wie wol seydt jhr gezieret Gleich wie deß Himmels Saal / schwartz / blaw / gelb / roth vnd graw An Hlslein / Lippen / Haut / Stirn / Auglein: Schnste Fraw’ Jsts wunder das in euch so viel veramorieret?

Musa Teutonica

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Trawrige Nachtklage deß verzweiffelten ­Mirtillo. Auß dem Frantzsischen. ACh dasz mein steter Wunsch mir gar nicht wil gelingen / Ach weh / dasz ich musz stets mit Sorg’ vnd Hoffnung ringen / Vnd gleichwol nimmermehr das End’ erreichen kan / Den lieben nicht betrifft / der ist ein selig Mann! Nichts ist in aller Welt / dasz mehr den Menschen krencket / Als’ Hoffnung wann sie ist verlohren / wann sichs lencket Zur Wiederwertigkeit / vnd man erfahren musz / Dasz liben nichtes sey / den nur ein schwer Verdrusz. Viel Monden / Tag’ vnd Stund / viel Jahre sind verflossen / Jn welchen ich geliebt / doch nichts als Pein genossen / Die Trnen haben mich erhalten / vnd der Schmertz Mit seufftzen angethan / ernehret noch mein Hertz. Nunmehr nach dem’ ich spr das Hoffnung gar verlohren / Nun wnsch’ ich dasz ich nie hie zeitlich wer geboren! Ach es ist offenbahr / mein Krffte nehmen ab / Vnd mein verzehrter Leib der eilet hin ins Grab; Dann weil ich endlich spr / dasz gar nichts ist auf Erden / Dadurch mein matte Seel erfrewet konte werden; Ey lieber was soll mir das Leben ntze sein / Ein Leben da nichts ist / als trbsal / schmertz vnd pein: Den flg’ ich schon dahin / da Phœbus thut auffgehen / So wrde doch zur stund’ auch Hoffnung bey mir stehen Die doch verlohren ist: Vnd wenn ich lieffe fort Dahin / da Zephyrus hat seinen Sitz vnd Orth; So wrde doch mein Schmertz’ imm wenigsten auffhren / Knt’ ich mich auch so gar zun Antipoden kehren Ja wenn der schwartze Mohr mir all sein rohtes Gold Vnd was sonst Peru gibt zugleich verehren wolt; So wrde gleichwol noch mein Hertzleid bey mir bleiben / Es lest der liebe Pein durchs Gelt sich nicht vertreiben /

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Ja gebe man mir gleich ein gantzes Keyserthumb / Die grssest’ Ehr der Welt / der Potentaten Ruhm; Wurd’ ich von allem doch kein Steubelein begehren / Wann ich danebenst solt mein liebstes Hertz’ entbehren: So gar ist auff der Welt zu finden keine Frewd. Die ohne mein Gttin kan wenden ab mein Leidt; Denn / km’ auch Orpheus selbst / der sonsten kan bewegen Die Wlder / Berg’ vnd Thier / bey mir wird’ er erregen Kein frligkeit durchauß / vnd brcht’ er auch so gar Apollo mit sich her / vnd seiner Tchter schaar. O ssser Musen Gsang thu nur von hinnen fliehen / Jch wil zum Cacus hin in seine Hlen ziehen / Vnd leben Tag vnd Nacht in steter Finsternusz / Was gilts daselbsten weicht der bittren Lieb verdrusz? Ach dasz in aller Welt so gar nicht ist zu finden Frewd’ in Bestendigkeit / sie fleugt hin mit den Winden / Vnd dasz im Augenblick / den kompt an jhre stell Schmertz / Marter / Pein vnnd Quahl daher geflogen schnell / Vnd das bringt Amor mit: Man thut in lieblich nennen / Viel anders wissen die / so seine Macht erkennen / Er ist von grawsambkeit der grewlichste Tyrann / Wie manches trawrigs Hertz das von jhm zeugen kan. Mir hat er alle Lust vnd Freyheit weggenommen / So dasz mein’ arme Seel’ ins tieffste trawren kommen / Jch sterbe tausendtmal / vnd sterbe nimmer doch / Jch bin lebendig todt / ich sterb vnd lebe noch: Jch sitz’ in einsamkeit ohn’ alle Witz vnd Sinnen / Ohn rath / hlff’ vnnd verstandt / die Seele fleugt von hinnen Nach jhrer Gttin zu / der Crper bleibet mir Vnd liegt erstaunet gar / ein klgliche Figur? Kaum hat sich den zu mir mein Seelchen wider funden / Kaum war mein schwacher Leib von seinem schmertz’ entbunden / Da fengt sich wiederumb daß schwere klagen an: Ach weh mir daß ich nicht erlset werden kan? Jch brenne grausamlich / vnd kan doch nicht verbrennen /

Musa Teutonica

Jch fhle raßlend Fewr vnd kans doch nicht erkennen / Jch trage Wasser zu auß meinem Angesicht, Jch giesse fort vnd fort / aber es leschet nicht. Jch schlaff’ vnd wache doch / Diana thut mich wecken So bald sie kompt hervor / mein Hertz’ vnd Sinn’ erschrecken / Wann Hesperus aufgeht / vnd bringt die Nacht daher / Wann jederman zur ruh sich leget ohn beschwer; Dann fengt mein Elend an: Jch such vnd kan nicht finden / Mein Lieb / das vor mir steht / daß eilig thut verschwinden / Jch greiff den Schattten an / ich ksse daß nichts ist / Was hilffts / es ist Betrug / es ist Cupido List. Dann fahr’ ich armer fort mein Elendt zu beklagen / So daß die Sternen selbst erbrmde mit mir tragen / Vnd meiner seufftzen Schall hin durch die Wolcken dringt / Vnnd meiner Trnen klag’ hoch in die Lufft sich schwingt / Biß das Aurora kompt Phœbus den Weg zu bahnen / Vnd muß die Vgelein deß lieben Tags ermahnen / So frewet sich die Welt / Vieh / Menschen / Laub vnd Thier / Nur ich von Trnen mat vergeh’ vnd sterbe schier. Jch suche meinen Geist / er ist hinweg geflogen Zu der / die jhn vorlengst hat in jhr Hertz gezogen / Bald kompt er wieder her / bringt mir zum Morgenbrodt Hoffnung / doch die mir ist viel schwerer als der Tod / Diß’ ist die grawsambkeit / die mich so lang verzehret / Biß man den Todten Leib mit schwartzen Koth beschweret: Doch weiß ich daß gewiß / wann man mich tregt zu Grab / Daß ich elender Mensch kom’ eins der Marter ab. O bleicher / ssser Todt / O letztes Ziel der schmertzen / Lß’ auff (wie du den pflegst) die sehr verliebten Hertzen. Jhr aber O Gttin’ erregerin der Pein Die ich erdulden muß / last mich ein Opffer sein Vor euch / durch meinen Todt: Ach thut doch offt’ anschawen Das Grab / in welchem der so senfftiglich wird rowen Den jhr ertdtet habt: Ade ich fahr dahin Da ich von aller Pein errettet / frlich bin /

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Omnia vincit Amor, & nos cedamus Amori ode jambica.

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WAs thut man mirs viel wehren Daß ich nicht lieben soll / Dazu mein Hertz beschweren So ohn das trawrens voll / Soll ich die Schuldt den tragen Die ich verdienet nicht / Thut Venus Sohn anklagen Den kleinen Bsewicht. Sagt mir wo ist zu finden Ein solcher khner Mann / Der diesen kleinen Blinden Gott wiederstehen kan? Wer ist der in der Jugend Niemahls empfunden hat Cupido grosse Tugendt Vnd pfeile mit der That? Ein Thorheit ists zu nennen Wann man sich wiedersetzt Der Macht / so wir nicht kennen Frwahr der wird verletzt / Der wenig recht betrachtet Mit wem’ er streiten sol / Der seinen Feindt verachtet / Zuletzt empfindets wol. Als’ ehemahls die Giganten Mit Bergen vnd Geschoß Heuffig zusammen ranten / Vnd meinten also bloß Die Gtter zu bezwingen Jn jhrem Himmels sitz; Da that man jhnen bringen

Musa Teutonica

Zum Wilckom Fewr vnd Blitz; Da Jupiter vernommen Dasz nun der Hauffe gar Der Riesen war ankommen / Rieff er der Gtter schaar; Schawt’ an die grosse Menge Dort in der Ordnung stehn Mit Eiffrigem getrenge Den Himmel anzugehn. Vulcan der muste schmieden Blitz / Fewr vnd Donnerstrall / Die wolte man dort nieden Schencken den Riesen all / Die fielen an mit Schnauben Gleich wie ein Windes brauß / Vermeinten zu berauben Olympi schnstes Hauß. Die Gtter aber liessen Die starcke Donnerstrall Auff diese Strmer schiessen Auß jhres Himmels Saal / Biß das ward abgetrieben Der Riesen grosse Zahl / Ja endlich auffgerieben Die Schnarcher allzumahl. O Menschen ohne Sinnen / Die durch den khnen streit Vermeinen zu gewinnen Was zu der Herrligkeit Der Gtter thut gehren / Es ist ein eitles Werck / Wie sehr lest sich bethren Menschliche Witz vnd Strck! Wer wil den wiederstreben Amor dem starcken Gott /

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Vnd jhm sich nicht ergeben / Sondren viel eh mit Spott Vnd Schaden innen werden / Daß niemand vor jhm frey Mag leben hier auff Erden / Vnd er der strckste sey Kan er die Gtter zwingen / Daß sie so offt’ er wil Sein Liedlein mssen singen / Ey lieber schweig du still; Thu dich doch nicht vergleichen Dem grossen Jupiter / Der aller Knigreiche Jst ein Monarch’ vnd Herr. Noch dann hat jhn bewogen Cupido mannigmahl Daß er herab geflogen Von seinem hohen Saal’ / Vnd hat der Gtter Orden Verlassen lange zeit / Ja ist zum Ochsen worden Jn seinem gldnen Kleid. Pflegt Mars nicht auffzuhangen Die Waffen / vnd das schwert / Wann er offt mit verlangen Venus allein begehrt / Vnd war er noch von Sinnen So grawsam vnd gefehr; Amor kont’ jhn gewinnen / Ja binden ohn beschwer. Ob schon Apollo fhret Das gantze Regiment Am Himmel / vnd auch ziehret Die Erd’ an allem End / Noch da jhm’ Amor zeiget

Musa Teutonica

Daphne die schne Magd / Sein Hertz sich zu jhr neiget / Daß er jhr auch nachjagt Echo ward auch betrogen Von diesem Knbelein / Wie Narcissus geflogen Das zarte Jungfrwlein / Die sein doch so begehret / Lieff’ ber Berg vnd Thal Biß daß sie ward verkehret Jn einen Wiederschall. Hievon weiß auch zu sagen Actæon, der da pflag Jm finstren Busch zu jagen / Da er die Nymphen sach / Die thaten jhn begiessen / Darauff er also baldt Von Hunden ward zerrissen Jn einem dicken Waldt. Was Arethusa klaget Das ist auch wol bekandt / Alpheus jhr nachjaget Durchs gantze Griechenlandt Sie ward von lautren Thrnen Ein schneller Wasserfluß Daß macht’ Alpheus sehnen Vnd jhrer Lieb verdruß. Hat Amor nicht betrogen Tereus deß Knigs Hertz / Daß er durch jhn bewogen Sich selbst in grossen Schmertz’ Vnd Philomel daneben Gebracht elendiglich / Da er jhr’ Ehr vnd Leben Geraubet jmmerlich.

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Vnd wer kan doch beschreiben Cupido Wunderspiel / Daß er tglich thut treiben Ohn alle Maß’ vnd Ziel; Er schonet nicht der Jugendt / Vnschuldt / noch frommigkeit / Kein alter / Zucht noch Tugendt / Vor jhm’ ist nichts befreit. Mein Hertz so du wilt schweben Friedlich in guter ruh / Vnd fein im sanfften Leben Dein Alter bringen zu / Cupido must du meiden / Daß er dich treffe nicht / Vnd etwa bring’ in leiden Durch ein zart Angesicht. Der ist ein Mann zu schetzen / Der ist von Tugendt groß / Der sich nicht lest verletzen / Amor das Knblein bloß / Der seine Pfeil verachtet / Vnd durch Bestndigkeit Jhn selbst zum Schlaven machet / Seins gantzen Lebens Zeit. Ade du Gott der Liebe Mit deiner tollen Hitz’ / Hinfort wil ich mich ben Auff deß Parnassus Spitz’ / Jch wil nun Lieb gewinnen Apollo Tchterlein / Die dreymal drey Gttinnen / So bleib’ ich sonder Pein.

Musa Teutonica

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Suum cuique pulchrum, sola mihi Pallas ­placet. ode jambica. OB wir schon alle / die wir Leben / Auß einer Erde sein gemacht; Hat doch ein jeder sich ergeben Dem / was zu lieben er bedacht: Ein jeder thut was jhm gefelt / Jch habe Pallas Außerwehlt. Ein Kriegsman thut nach Ehren streben / Geht nach dem Feldt’ vnd Lgren zu / Vnd wie nur streiten ist sein Leben / So ist sein ergster Feind die Ruh. Ein jeder thut was jhm gefelt / Jch habe Pallas Außerwehlt. Dem Ackermann behagt sein Pflgen / Dem Corydon der Ziegen Stall / Sein Lust ist bey den Schaffen ligen / Vnd zwingen seiner Pfeiffen schall. Ein jeder thut was jhm gefelt / Jch habe Pallas Außerwehlt. Der Schiffer liebt die wilde Wellen / Vnd schwimmend’ Huser auff der See / Sein Volck / die khnen Boßgesellen Verachten Regen / Hitz’ vnd Schnee. Ein jeder thut was jhm gefelt / Jch habe Pallas Außerwehlt. Der Kauffmann holt die frembde Wahren Weit auß dem reichen China her / Thut offt den sssen Schlaff ersparen / Vnd lest jhm nichtes sein zu schwer. Ein jeder thut was jhm gefelt / Jch habe Pallas Außerwehlt /

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Der Jger leufft durch alle Wlder / Vnd sucht das Wildt mit vngemach / Er jaget ber weite Felder Den Hirschen / Reh’ vnd Hasen nach. Ein jeder thut was jhm gefelt / Jch habe Pallas Außerwehlt. Dem Fischer thuts im Hertzen frewen Wann jhm sein fang gelinget wol Man sicht jhn keine klte schewen / Hat er nur Netz’ vnd Reusen voll. Ein jeder thut was jhm gefelt / Jch habe Pallas Außerwehlt. Der Vogler lest sein Pfeiff’ erklingen / Daß er die Vglein mannigfalt Fein listig mg’ ins Netze bringen / Vnd den sie greiff’ vnd wrge baldt. Ein jeder thut was jhm gefelt / Jch habe Pallas Außerwehlt. Der Buhler Volck thut allzeit liegen Trostloß fr jhrer liebsten Thr / Muß jmmer mit sich selber kriegen / Ja seufftzen / klagen / fr vnd fr. Ein jeder thut was jhm gefelt / Jch habe Pallas Außerwehlt. Jch laß den Bawren Acker pflgen / Den Rittersman zu Felde ziehn / Den Corydon beyn Schafen liegen / Den Schiffer fahren weit dahin. Ein jeder thut was jhm gefelt / Jch habe Pallas Außerwehlt. Der Kauffman mag nach China reisen Der Fischer in den Flssen stehn / Der Jger Wildt vnd Hunde preisen / Der Buhler zu der liebsten gehn. Ein jeder thut was jhm gefelt / Jch habe Pallas Außerwehlt.

Musa Teutonica

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Auff den tdtlichen Abgang / deß hochgelahrten vnd weitberhmten Theologi, JOHANNIS TARNOVII, der H. Schrifft Doctoris vnd Professoris bey der Universitet Rostock / seines Weilandt hochgeehrten H. Præceptoris. Ode Mixta ex Alexandrinis & Jambicis Versibus. WO sichs in dieser Zeit geziemet recht vnnd wol / Daß man der Helden Tod schmertzlich betrawren soll; So mag ich billich klagen O Tarnow, daß man dich Bereits hat hingetragen Jns Grab so jmmerlich. Wann Weißheit / Lehr’ vnd Kunst deß bleichen Todes macht Knt stillen / werst du nicht in Tellus Schoß gebracht; Nun hast du mssen weichen Deß wrgers grawsambkeit: Dein scheiden thut gereichen Der Welt zur Klag’ vnd Leid. Wann dir der grosse Schatz / der Sprachen Wissenschafft Het knnen Hlffe thun / werst du nicht hingerafft; Der Todt kan nicht verstehen Hebrisch noch Latein / Was er nur thut ansehen / Muß jhm ein Opffer sein. Dein edles Rostock heult / daß du O wehrter Gast Jhr’ hochberhmte Schul so bald verlassen hast; Minerva kan vor Trnen Jhr Ampt verrichten nicht / Die Kirche thut sich sehnen Nach dir du Sprachen Liecht.

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Wo nur gelahrte stehn / da redet man von dir / Es bleibt dein Lob vnd Ruhm bey jhnen fr vnd fr: Sie sind betrbt von Hertzen / Weil sie dich nicht mehr sehn / Ja wnschen offt vor Schmertzen Nur deinen Weg zu gehn. Wer lehret vns denn nun / was gut Chaldeisch sey Arabisch / Syrisch / vnd Hebrisch mancherley? Der Doctor ist gestorben / Der Meister ist dahin / Doch bleibt noch vnverdorben Der Edlen Sprachen Sinn. Es war O hoher Geist dein grosser Nahm bekandt Nicht nur / wie mancher meint / in deinem Vaterland; Es wuste dich zu nennen Der sonst von Salem war / Du selber pflegst zu kennen Auch der Rabinen schaar. Zwar Teutschland hat an dir ein Himmelklares Liecht Verlohren / kan mans schon annoch vermercken nicht; Wann letzlich wird vergehen Der Sprachen Wissenschafft / Dann werden wir erst sehen Was vns ist hingerafft. Dann werden wirs beklagn zu spte / das wir nicht Jn diesem hohen Werck’ ein mehres außgericht. Es wird noch mancher fragen Nach dir du Sprachen Zier: Dann wird ein ander sagen: Ach er ist nicht mehr hier. O wehrter Himmels Gast / du bist jetzt angethan Mit einer solchen Kron / die nicht vergehen kan / Du bist im frewden Leben / Wir stehn in Angst vnd Noth / Du thust im Himmel schweben /

Musa Teutonica

Wir leben vnd sind Todt. Du hast die hchste Schul der Weißheit Sitz erreichet / Davor die gantze Welt mit jhrem Witz verbleichet: Wol dir / du bist gerissen Auß diesem Trnen Thal / Jehova ist dein Wissen Jn seinem frewden Saal. Dein einig all ist Gott / die Seraphim mit dir / Vnd der Propheten Volck / die ruffen fr vnd fr: Sie singen all dort oben: Heilig ist vnser Gott / Wir wollen ewig loben Den HErren Zebaoth. O Allerschnste Seel / beherscherin der Welt / Du hast den Teuffel selbst mit Snd vnd Tod gefelt / Du / du hast vberwunden Der stercksten Feinde macht / Du hast in wenig Stunden Den Sieg davon gebracht. Es wird doch alles Fleisch ohn’ vnterlaß gequehlt / Ey du hast recht gethan / du hast die ruh’ erwehlt Wol dem der so zum sterben Jst frewdig vnd bereit: Der kan zu letzt ererben Die Kron der Ewigkeit.

EPIGRAMMA Auß dem Ovveno. DAs Holtz nimb weg vom Fewr / thu deinen Leib Casteien / Sitz von den Weibren fern / wie von deß Fewers Gluth; Wann aber deren keins die Brunst noch leschen thut / Such dir Khlwasser bald / vnd schicke dich zum freyen.

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Als der Durchleuchtigster / vnd Vnvberwindtlichster Frst vnd Außerwehlter Heldt Gottes / GUSTAVUS ADOLPHUS MAGNUS, der Schweden / Gothen vnd Wenden Knig / in der berhmten vnnd gewaltigen Schlacht vor Ltzen / gantz Ritterlich vor die Evangelische Warheit vnnd Teutsche Freyheit streitendt / war vmbkommen / vnd auß dem ­Vergnglichen in die Ewigkeit auffgenommen. Klag-Gedicht.

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ACh weh / das auch zuletzt der Wrger kan bezwingen Die Gtter dieser Welt! Ach daß er sie kan bringen Zu sich ins finster Grab! Ach er hat vnsren Heldt / Der Potentaten Kron / ja den die gantze Welt Mit Forcht verehren that / den helffer vnd erretter / Den grossen Capitein / der libertt vertretter Zu sich gerissen hin! Ach Martis grawsambkeit / Deß Frsten Lwen Muth / der vnerhrte Streit Hat dieses Edle Blut so jmmerlich vergossen: Ach weh daß wir den Sieg / den grossen Sieg genossen Mit blutigem Triumph / dadurch in kurtzer frist Der Vberwinder selbst hinweg gerissen ist. Schawt an die gantze Welt / sie hat all’ jhre Sinnen Gerichtet auff sein thun / sein lassen vnd beginnen; Europa stehet still / der Trckischer Tyrann Gantz Orient mit jhm schawt diesen Helden an; Der Spanische Monarch mit zittren ist vmbgeben / Er spricht: Wenn finden wir der da kan widerstreben Dem Held’ auß Schwedenreich? Der Pabst zu Rom er­schrickt Vor einem / den er doch zuvor noch nie erblickt; Gantz Osterreich das bebt / es fliehen die Ligisten / Sie richten nichtes auß mit Waffen noch mit Listen:

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Die Pfaffen halten rath / Prælaten samblen sich / Sie finden keinen Trost / sie lauffen embsiglich Zu jhren Abgott’ hin / da wils auch nicht gelingen / Der Antichrist weiß selbst kein rath zu diesen dingen Jhr beten ist vmbsonst / die Messen taugen nicht / Was hilffts / es kompt herzu deß grossen Gotts Gericht; Es ist die letzte Zeit das Babylon sol fallen / Daß die verfolgte Kirch mit frewden wird erschallen Diß schne Siegeslied: Das Vrtheil gehet jetzt Vber die Hure auß / die auff den Bergen sitzt / Die truncken worden ist vom Blut der Außerwehlten / So vnter jhrem Reich in der Verfolgung quehlten / Nun wird der Antichrist daß siebenkpffig Thier / Der vngehewre Trach werden zertretten schier. Wolauff sie brennet all / sie wird im Grimm zerrissen / Sie wird beraubet gantz / vnd jhre Macht zerschmissen / Bald wollen wir mit Lust (Hilff Gott) anschawen auch Wie die verbrandte Stad lest gehen auf den Rauch: Der Held auß Schwedenreich / der hat die Mawr gebrochen Der schnden Babylon / er hat das Blut gerochen Der frommen Martyrer / so durch deß Thieres macht Gantz vnerhrter weiß wurden zum Todt gebracht. Sein Knigliches Hertz nicht lenger kont ertragen Die grosse Tyranney; Gustavus wolt es wagen / Er hat sein tapffres Volck in eil zusammen bracht / Sein Volck / das von dem Feind gantz hnisch ward veracht / Ein Volck / zwar klein von Zahl / jedoch sehr groß von Thaten / Ein Volck dem (Gott sey lob) sein Anschlag ist gerathen. Deß Volckes fhrer war ein Lew / ein khner Held / Gottsfrchtig / trew / gerecht / berhmt in aller Welt / Vorsichtig / vnverzagt / großmechtig / hochgezieret Mit Weißheit vnd Verstandt / ja dessen Lob berhret Deß hohen Himmels Spitz / weil er mit grossem Muth Die Teutsche Freyheit hielt in Kniglicher Huth. Es war das Vatterlandt fast gantz vnd gar verzehret /

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Es war der Frsten Macht durch frembden Neid verheeret / Der erste ward ein Schlav’ / der ander ward verjagt / Der drit’ gar abgethan / der letzte sehr geplagt Von dem Barbarschem Volck / den glaublosen Croaten / Da muste Gott zu letzt den grossen Potentaten Den Heldt auß Nordenlandt erwecken / daß er bald Sein wolgeplagtes Volck erlste mit gewalt. Er kam in Gottes Gleid mit den Sieghafften Waffen / Der armen Kirchen ruh / rath / hlff / vnnd Trost zu schaffen / Es war sein gantzes Heer mit einer grossen Schaar Der Himmelsgeisterlein vmbgeben gantz vnd gar / Er schreckte seine Feind / vnd zog daher mit braussen / Gleich wie von Norden pflegt der Boreas zu sausen / Er kam / sah vnnd bezwang die Vesten ohne zahl / Die Schantzen wurden auch gewonnen allzumahl / Ja gantze Frstenthumb’ vnd was je war genommen Den edlen Printzen ab / must zu der Freyheit kommen / Ein jeder kriegt daß sein / ein jeder Herr sein Landt / Sein Hauß / Ehr / gut vnd macht / ja hochfrstlichen Standt. Die / so das frembde Land ein kleine zeit besessen / Die musten schleunig fort / jhr ward so bald vergessen / Jhr’ Herrschafft hat’ ein End’ / jhr Frstenstandt war auß / Der grosse General floh wieder hin nach Hauß. Jn dessen fuhr der Held frisch fort den Feind zu zwingen / Vnd Teutschland zu der lang-gewnschten ruhe bringen / Er trieb den Feind hinweg / der Oderstromb ward frey / Die Elbe ward erlst / die Weser kam herbey / Der weitberhmte Rhein must auch die Schweden grssen / Die Bischffliche Stdt die musten auch einbssen / Der Feind floh vberall / es war durchs gantze Land Deß grossen Gideons Triumph vnd Sieg bekandt. Da kam zuletzt heran der alte Fuchs geschlichen Jns werte Sachsenlandt / darauß der Held gewichen / Das Land lid grosse noth / mord / raub / vnd Tyranney / Der Antichristisch hauff war aller Sorge frey;

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Biß vnser Josua in Eil sich that begeben Den Feinden ins Gesicht’ vnd wolt’ Ehr / Leib vnnd Leben Auffsetzen / ja so gar die Knigliche Kron Vor Teutsche Libertet vnd die Religion. Er vnd sein gantzes Heer die rieffen an den Nahmen Deß HErren Zebaoth / biß daß die Feind’ ankamen / Da fieng der khne Heldt / den Kampff mit frewden an / Vnnd schlug mit solcher Macht / daß beydes Roß vnd Mann Daß Erdreich ksseten / ließ drauff Mußqueten klingen / Vnd den ohn vnterlaß auch die Canonen singen / Da war Fewr / Rauch / vnd Dampff / Menschen vnd Thier geschrey Das brausen der Geschtz / Stein / Hagel / Eisen / Blei / Ein grewliches Gethn der Tromlen vnd Trompeten / Es schwebten in der Lufft viel Fahnen vnd Corneten / Gott halff von oben her / die Feinde lieffen vor / Die Vberwinder nach der alte Fuchs verlohr Lob / Ehr’ vnd allen Ruhm / es ward viel Bluts vergossen / Die trewen Rittersleut die fochten vnverdrossen / Biß daß sie wunderlich durch Gottes grosse Macht Den vollenkommen Sieg rhmblich davon gebracht: Da haben sie mit Lust ein Lobgesang gesungen Dem allerhchsten Gott / weils jhnen war gelungen; Noch wars vollendet nicht, der Held auß Nordenlandt Zog fort mit grossem Ruhm / biß er die Feinde fand: Der wunder schne Strom die Donaw sah’ ankommen Das Gttlich Kriegesheer / da daß der Feindt vernommen / War er bemhet sehr bald zuentrinnen noch / Oder im Walde ja sich zu befreyen doch; Aber es war vmbsonst / der Feind ist vberwunden / Vnd seine grosse Macht gedempfft in wenig Stunden / Es war ein herrlich Sieg / dabey den auch zu letzt Der alte Colonel sein leben zugesetzt. Jn solcher grossen Noth die Babel hatte troffen / Da wolte doch der Feind noch gleichwol Sieg verhoffen;

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Johann Rist

Der Antichrist beriefff sein gantz geschornes Heer / Der Feind erholte sich / die Liga grieff zur Wehr / Der ehmahls Admiral ward abermahl erkohren / Daß er das wiederbrcht was schendtlich war verlohren / Der rstet sich ins Feldt / der samblet Roß’ vnd Mann / Vnd zwar ein grosses Volck er fieng es tapffer an; Er kam mit seinem Heer / den grossen Held zuschlagen / Verhofft’ ein ewigs Lob vnd Nahmen zu erjagen; Aber O starcker Herr / heiliger Zebaoth / Der du im Himmel sitzst / dir war es nur ein Spott / Du hast deß Gideons sein arme Lehren streiten / Du thust jhm’ abermahl ein newen Sieg bereiten / Mit Zuversicht auff dich vnnd Hoffnung hat der Heldt Deß Feindes grosse Macht jetzt abermahl gefelt. Der Feind / der grosse Feindt so baldt er hat gesehen Den Siegesfrsten selbst jhm’ vnter Augen gehen; Jst er geflohen hin / doch folget jhm mit Macht Deß vberwinders Heer / vnd reiset Tag vnd Nacht / Biß es den Feindt antrifft / der war voll Angst vnnd schrecken / Da thut der hchste GOtt deß Helden Muth erwecken / Daß er zum letzten mal (ach weh) die grosse Schaar Viel tausend khner Mann erleget gantz vnd gar. Der Sieg war trefflich groß / nach dem der Feind geschlagen / Noch mssen wir zumahl (ach leider) schmertzlich klagen / Der Held / der Siegesfrst / die Kron in Jsrael / Der Knig ist dahin / er ist gestorben schnell: Er leider hat der frewd deß Sieges nicht genossen / O weh / der grossen noth / er hat sein Blut vergossen / Sein Blut / sein edles Blut / daß er sampt Reich vnd Kron Gewaget hat fr vns vnd die Religion. Ach schawet an den Leib wie liegt er außgezogen Nach dem der hohe Geist von jhm’ hinweg geflogen / Hie ist sein tapffre Brust / hier ist sein Angesicht / Hie sind die starcken Arm / hie seiner Augen liecht. Seht / hie liegt Hannibal, Hector, vnd Alexander,

Musa Teutonica

Gottfriedus, Carolus, vnd David mit einander / Hie Keyser Julius, hie Josua der Held / Hie Scipio von Rom / hie liegt das Haupt der Welt. Hie liegt die Frommigkeit / die Gottesforcht daneben / Hie liegt Gerechtigkeit / mit wahrer Lieb’ vmbgeben; Lauff Fama, lauff geschwind / fleug schnell durch alle Land’ Vnd mach deß Helden Todt / (ach weh) der Welt bekandt. Steht still’ jhr Wasserflß’ vnd schawet doch mit Trnen Den Todten Crper an / jhr Wlder thut euch sehnen Nach diesem Gideon, O Lufft verendre dich / Vnd deck den Himmel zu mit Wolcken jmmerlich; Jhr Winde seufftzet doch / jhr Vglein in den Lfften Singt ewren Trawrgesang / jhr Thier in finstren klfften Betrbet euch mit vns jhr Fisch’ im tieffen See / Verlasset ewre Stell’ / jhr Geister schreyet weh; O helleuchtende Sonn / verbirg doch deine Stralen / Jhr Sternlein die jhr pflegt den Himmel schn zu mahlen / Verkriechet euch zugleich / Diana Kleide dich Mit deinem bleichen Rock / O Firmament zubrich. Du aber hoher Geist du bist hinweg genommen An einen solchen Orth / da nimmer wird hinkommen Der Thrnen schwere klag / du bist im frewden Saal / Du bist in ssser Lust /wir bleiben in der Qual. Dir ist mit grossem Pracht’ vnd Ehren auffgesetzet Die Kron der Ewigkeit / die dir niemand verletzet / Du schawest nunmehr an den HErren Zebaoth / Den Knig aller Welt / den drey einigen Gott / Der Crper ruhet sanfft / biß das in jenem Leben Jhm wirdt sein’ Edle Seel mit frewden wieder geben. Wir leben hier in Noth / in Trbsal vnd Gefahr / Vnd bitten hchlich Gott / daß er vns doch bewahr Sein kleines Heuffelein: Ach HErr laß dichs erbarmen / Daß in der letzten Zeit verlassen sein wir Armen! HErr der du in der Noth ein trewer Helffer bist / Erhalt dein Kirchelein / vnd stewr den Antichrist /

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Johann Rist

Erwecke doch den Muth der Teutschen Potentaten / Laß’ all’ jhr Werck vnnd Thun glcklich vnnd wolgerathen Gib daß sie bleiben stets in rechter Einigkeit / So bleibt dein heiligs Wort vnnd Vatterlandt befreyt.

Auff die vnbewegliche vnd gantz verstockte Sylvia. ode jambica.

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DEr Sommer ist vergangen Die glden Frewdenzeit / Jtzt thut der Herbst anfangen Daß kalte Winterleidt: Die Hitz’ ist nun verschwunden Hin ist der Sonnen gluth / Die zeit deß Tages stunden Jetzt sehr verkrtzen thut. Es fengt zwar an zu khlen Der rauhe Norden Windt / Vnd ich muß dennoch fhlen Ein Fewr daß mich verbrent; Kan dazu nicht mehr sehen Der liebsten Angesicht / Daß macht sie thut weggehen Jetzt mit der Sonnen Liecht. Der grosse Kloß der Erden Wird klter fr vnd fr / Viel klter thut noch werden Die schnste gegen mir: Ja wie man nicht kan regen Das Eiß / vnd tragens hin; So lest sich nicht bewegen

Musa Teutonica

Mein stoltze Schfferin. Gleich wie man sicht verstieben Den schne ins weite Landt / So ist es mit dem lieben Der schnsten auch bewandt; Der Schnee pflegt zu verschwinden Baldt in der Frlings Zeit; So ist bey jhr zufinden Auch nur Trewlosigkeit. Zwar wann zu letzt vergangen Frost / Hagel / Reiff vnd Eiß / So sicht man mit verlangen Wie fein der Erdenkreiß Sein grnes Kleidt anleget / Wie alles blht so schn; Das Eiß so mein Lieb treget Wil bey jhr nicht vergehn. Das Fewr kan noch erweichen Reiff / Hagel / Eiß vnd Schnee / Was Phœbus kan erreichen Auch mitten in der See / Das muß zu Wasser werden; Diß schawt mein Schffrin an / Vnd ist doch nichts auff Erden / Das sie erweichen kan. Doch einer kompt geflogen Vom Himmel / der ist gut / Der hat so viel betrogen Durch seiner Fackel Gluth: Cupido der kan brennen Die Gtter dieser Welt; So lang biß sie bekennen / Er sey der strckste Heldt. Jhm wil ich dich befehlen O edle Schfferin /

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Der soll dir stetig qulen Hertz / Leben / Muth vnd Sinn / Was gilts der sol erweichen Dein Hertz’ in kurtzer Zeit Jst schon dasselb zu gleichen Deß Eisen hartigkeit.

Er wnschet ein Hirsch zu seyn. ode jambica.

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JHr Gtter in den Feldren Sylvanus vnd du Pan, Jhr Nymphen in den Wldren Hrt doch mein klagen an. Jch armer Heldt muß sterben Vnd daß wol tausendtmahl / Kan doch nicht gar verderben / Verbleib’ in steter Qual. Die Thier’ in Finstren Klfften Erdulden nicht so viel / Die Vglein in den Lfften Die haben noch jhr Ziel. Der Hirsch wird offt gejaget / Kompt auch noch offt davon; Jch lebe gar verzaget Amor zu Spott’ vnd Hohn / Wirdt’ schon der Hirsch getroffen / Lebt er doch gleichwol noch / Jch leb’ ohn’ alles hoffen / Jch sterb’ vnd lebe doch. Wird schon dem Hirsch gestellet / Fengt sichs doch nicht allzeit; Jch werde stets gefellet /

Musa Teutonica

Wann Amor ist bereit. Das Wildt wird wol geschossen / Doch nur ein eintzigs mahl: Cupido vnverdrossen Scheust auff mich ohne Zahl. Wird schon der Hirsch verwundet / Fhlt er doch wenig schmertz; Mir ist so gar entzndet Mit heisser Gluth mein Hertz. Dem Hirschlein wird genommen Sein Leben weg in Eil; Mir wil der Todt nicht kommen Mit seinem Jger Pfeil. O wol den schnellen Thieren / Die in den Wldren sein / Sie drffen gar nicht fhren Schmertz / Klagen / Leidt vnd Pein. Sie leben nur in frewden / Die Freyheit ist jhr Gut / Wol dem der so ohn Leiden Stets fhrt ein frischen Muth. Ey wil denn meine Schmertzen Mein Lieb nicht lindren bald; So wnsch’ ich mir von Hertzen Zu sein ein Hirsch im Wald.

Auff ein sehr Geiles vnd Leichtfertiges Weib. epigramma. GLeich wie deß Baders Thr bey Tag vnnd Nachtes zeiten / Wann man sich waschen wil / steht offen allen Leuten Also diß schnde Weib lest alle Menschen ein / Sie sein jung / heßlich / alt / reich / arm / groß oder klein.

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Wer sie nur redet an / hat freyen Paß erlanget / Jhr Leib die Badstub’ ist / mit welchem sie so pranget / Die Geilheit ist das Fewr / welches erhitzet sehr Die schnelle snden Lust / so brennet mehr vnd mehr / Wer sich hie baden wil / der mag sich hten eben / Daß er nicht in der Hitz verbrenne Leib vnd Leben; Gwiß ist es wer eingeht zu dieses Bades Thor / Vnreiner kompt er drauß / mehr den er war zuvor.

Trost-Gedicht’ An H. Heinrich Sager / Frstl. Holsteinischen Landtschreiber in Dithmarschen / vber frhe­ zeitigen Abgang seines vielgeliebten jungen Tchterleins.

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SO gehts / daß alte Werck / daß tglich sich ernewet / Deß sich der ein betrbt /der ander hoch erfrewet / Das hret noch nicht auff: Es frist noch jmmer forth Die Menschenkinder weg der Tod an jedem Orth. Vnd ob es schon gewiß / daß alle mssen sterben So je gebohren sind / vnd nach dem Leib verderben; So ist dennoch die Art deß Todes mancherley / Viel zwar sind vor dem Schwert / nicht vor dem Tode frey; Viel drffen sich nicht lang’ im Kranckenbette plagen / Viel wissen nicht ein Wort von Todesangst zu sagen / Mars bittre grawsambkeit raubet jhr Leben hin / Vnd daß im Augenblick / das Seel / Verstand / vnd Sinn Den Crper lassen Lr / wann sie gantz eilig fliegen Gen Himmel / da zuvor die frommen hin gestiegen. Der fewrig Donnerknal / der groben Feldgeschtz / Vnd deren grosse macht vnd schnellfliegende Hitz Strtzet in schneller Eil viel’ außerwehlter Helden /

Musa Teutonica

Was sollen wir von Gwalt deß wilden Meeres melden? Es weiß ein jeder wol / wie seiner Wellen macht Viel hundert tausend Mann in Abgrund hat gebracht. Vnd wer vermag zuletzt außfhrlich noch beschreiben Die vnterschiedne Art deß Todes? Es wird bleiben Daß alte Sprichwort war: der Tod der kommet zwar / Wann aber / vnd auch wie / ist vns verborgen gar. Er ist der snden Sold / denn alle die gebohren Vom alten Adam her / in Snden sein verlohren / Doch ist es zeitlich nur / die ewig’ Hellen Noth Hat Gott deß Vaters Wort gestilt durch seinen Tod: Gleichwol ist jederzeit mit Thrnen zu beklagen Deß Menschen-wrgers trotz / er thut nach niemandt fragen / Er respectiret auch das Eißgrau’ Alter nicht / Kein Tugend / frommigkeit / zucht / schnheit er ansicht / Den aller strcksten Mann thut er danieder legen / Die zarte Kindheit kan jhn auch gar nicht bewegen / Er war / er ist / er bleibt noch allzeit gleiche wild / Vnd hat er schon vor sich der Vnschuld ebenbild / Das hat er jetzt frwar gantz grimmiglich erwiesen / Nicht an den Alten / noch an grossen starcken Riesen / Ach nein / ach nein / es war ewr allerliebstes Kind Herr Sager / daß er hat erwrget so geschwindt! O du bleicher Tyrann / das dich nicht kont’ erweichen Daß lieblich Angesicht / den Perlen zu vergleichen / Die zarte Kindheit / noch die wahre Frommigkeit / Vnschuldt / die keusche Seel / der Eltren Hertzeleid! Gleich wie / wann in dem Mertz gar lieblich hervor dringet Ein Krutlein / das zugleich ein Blmlein mit sich bringet / Vnd nun steht in der Blth / so schawts ein jeder an Mit Lust / weils doch so fein den Garten schmcken kan / Es ist so wunderschn mit Farben außgezieret / So lieblich von Geruch / das Kraut so woll formiret, Daß es den Menschen gleich auff seiner Stell’ anlacht / Vnd jhm je mehr vnd mehr ein Lust zun Krutern macht;

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Johann Rist

Bald aber / wann die Sonn sich heimlich thut verkriechen Hinter die Wockendeck / kompt Boreas geschlichen Der kalte Nordenwind / vnd bringet mit sich her Den Hagel / hart wie Stein / der felt so mechtig schwer / Daß auch die kleine Bluhm’ erzittrend sich thut beugen / Vnd vor dem Windesbrauß’ jhr zartes Huptlein neigen. Da felt im Augenblick daß schne Blmelein Mit Farben vnd Geruch / bedeckt mit Hagelstein / So / daß die Liebligkeit in einem nuh verschwindet / Vnd man noch Kraut noch Blum / ja kaum die stelle findet / Die Wurtzel bleibet nur / die auff daß knfftig Jahr Das Krutlein (jhr Gewechs) vnd Blumen stellet dar; So giengs mit diesem Kind / kaum wars hervor gesprossen / Kaum hat es in der Welt die khle Lufft genossen / Gleich einer zarten Bluhm zu blhen es anfieng / Das auch zu seiner Zeit noch keinen Fehl begieng; Es lacht’ / es lebte wol / in Hoffnung hielt’ es eben Die Eltern / als ein Lust knfftig in jhrem Leben; Da kam der bleiche Tod / der nam so gar geschwind’ Auß Mutterlichem Schoß daß allerliebste Kind. Wie denn / solts darumb sein durch diesen Tod verlohren? Ach nein / es ist vorlengst zum Leben außerkohren / Der hohe schnelle Geist ist nun in Gottes Hand / Vnd lebet ewiglich im rechten Vatterlandt. Herr Sager / wist jhr das / was wolt jhr euch betrben? Es sol vns nur allein / was Ewig heist / belieben. Wir Pilgrim sein noch hie / biß daß die letzte Zeit Auch vnsre Seelen bringt zur wahren Ewigkeit / Den werden wir mit Lust den Vrsprung aller dingen Anschawen / vnd zugleich daß hohe Dancklied singen. Sey noch O Edle Seel zuletzt gegrst von mir / Ruh’ sanfft du zarter Leib / wir werden folgen dir.

Musa Teutonica

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Grabschrifft deß selig-verstorbnen Kindeleins. HJe ligt ein schne Bluhm’ / ein liblichs Rselein / Die nun verdorret ist; Kaum war es außgeschlagen / Da brachs der Wrger ab / hier wards gescharret ein. Wer muß den grossen Grimm deß Wrgers nicht beklagen?

Trawrige Nachtklage. JEtzt geht hinweg die Finsternuß / Der langen schwartzen Nacht verdruß / Der sylbern Monn verleurt sich gar / Apollo stelt sich wieder dar. Der Lucifer geht auch davon / Es kompt zuvor die gldne Sonn / Die gantze Welt wird auffgeweckt / Deß Himmels runder Saal entdeckt. Die Creaturen groß vnd klein Sind durch die Ruh erquicket fein / Sie sind erquicket allzumahl / Nur ich empfinde meine Qual. Wann alle Menschen ruhen wol / Dann bin ich Angst vnd Schmertzen voll / Wenn alle Welt sich schlaffen legt / Dann wird mir meine Pein erregt. Jch lieg’ vnd seufftze jmmerlich / Amor kompt zu besuchen mich / Es kompt die kleine Creatur / Daß sie mich mge Martren nur. Jch fhle baldt die heisse Glut / Wie seine Fackel brennen thut / Die mir mein’ arme Seel beschwert / Vnd jmmerlich das Hertz verzehrt.

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Mit Thrnen ich zwar leschen wil Das Fewr / so mich in grosser still’ Ertdten wil durch seine Brunst / Das leschen aber ist vmbsonst. Ach weh’ ich leb’ in grosser Noth / Wol tausendtmahl leid’ ich den Todt / Den Tod den ich mir wnschen thu / Daß ich mcht’ einmahl finden ruh. Jch suche die mein Hertze plagt / Die so mir allen Trost versagt / Jhr Bild seh’ ich zwar vor mir stehn / Der Schatten aber thut vergehn. Dann ruff’ ich aller liebstes Bild / Erbarm dich mein / sey nicht so wild / Ach fleug doch nicht so schnelliglich / Laß mich nur einmahl kssen dich. Die Sternlein die am Firmament Mein klagen / heulen vnd Elend Anhren / auch der bleiche Mond Erbarmde mit mir tragen thun. Die flchtig’ Echo vberall Antwortet mir mit jhrem Schall / Der Himmel der auch hret an Mein klagen / gar nicht ruhen kan. Die Wasserflsse stehen still / Neptunus sich nicht regen wil / Die Wlder / Stein’ vnd wilde Thier Die trawren allzumahl mit mir. Die Kugelrunde grosse Welt / Vnd was der Atlas sonsten helt / Das sicht mich zwar mit schmertzen an; Mein Lieb ich doch nicht zwingen kan. Die Thrnen die durch jhre Macht Ein harten Felß dahin gebracht / Daß er erweichet / knnen nicht

Musa Teutonica

Bewegen nur jhr Angesicht. Die seufftzer die mit grossem Schall Die Berg’ vnd Thler allzumahl Durchdringen / finden keinen Platz Bey meinem allerliebsten Schatz. Mein klagen das Dianam gleich Mit jhren Sternlein machet bleich / Jhr Hertz doch gar nicht miltren kan; So gar nimpt sie kein bitten an. Die Lieder / die Apollo mir Gegeben hat / die wilde Thier Damit zu zehmen / wil sie nicht / Ob mir gleich Hertz’ vnd Seel zubricht. Ach weh mir daß so jmmerlich Mein hartes Lieb muß tdten mich! Ach daß der sssen liebe Pein Muß meines Todes Vrsach sein. Nicht klag’ ich daß ich sterben soll / Nur ist mein Seele trawrens voll / Daß mir deß bleichen todes Pfeil Nicht werden noch viel eh zu Theil. Ach es vergehet kein Minut / Das Hertz’ vnd Seel nicht fhlen thut Ein solche Pein / wie der außsteht / Den Todes Angst vnd Schmertz angeht. So komm O Menschenwrger her / Komm bald vnd Ende mein beschwer / Komm gib mir nur den letzten stoß / Mach’ mich von liebes banden loß. Jhr harte Gttin nehmet hin Mein armes Leben zum Gewin / Nehmt hin mein abgemattet Hertz’ Vmbgeben mit deß Todes schmertz. Doch schawet erst den Crper an / Der sich kaum mehr bewegen kan /

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Vnd gleichwol leidet mit Gedult Daß was jhr habt vorlengst verschuldt. O grawsamb’ Vnbarmhertzigkeit / O bitter Zorn / O Haß vnd Neid / Nun mget jhr besitzen nur Ein solche schne Creatur! Vnd jhr meins Hertzen Knigin / Wie ists doch mglich / daß ewr Sinn Noch so viel Monat / Jahr’ vnd Tag Ergrimmet sein vnd bleiben mag? Muß meine trew’ O edle Kron Von euch erwarten solchen Lohn? Muß den mit solcher Angst vnd Pein Mein trewe Lieb’ vergolten sein? Wollan mein Hertz so schicke dich / Daß du den letzten todes stich Empfahest / der vor langer Zeit Dir durch die schnste ist bereit. Zwar du bist jung / doch must du dran / Kein Mensche dich erretten kan / Ohn deine Gttin der du dich Zum Opffer giebest williglich. Dein Todt sie nun befrieden sol / Drumb liebstes Lieb gehabt euch wol. Mein Vrtheil ist gesprochen schon / Jch leb’; Jch sterb’ vnd fahr davon.

Musa Teutonica

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Als er einsmahls nach empfangener guter ­Vertrstung von Hertzen frlich war. ode trochaica. ALles klagen / Pein vnd Schmertz / So mein hochbetrbtes Hertz’ Hat’ vmbfangen / ist dahin / Weil ich einmahl frlich bin. Meine Gttin hette mich Schier ertdtet jmmerlich / Schier wer’ ich durch jhre Macht Hin zum Todt’ ins Grab gebracht. Jhrer klaren Augen Liecht Offtmahls mir mein Hertz zubricht / Wann es den zubrochen ist / Heilt sies mir in kurtzer frist. Alles was jhr starcker Muth Wrgen vnd ertdten thut / Kan der schnen Augen glantz / Lebendt wider machen gantz. Wie das grosse Liecht der Welt Grn bekleidet alles Feldt / Das zuvoren gantz vnd gar Durch die klt’ erstorben war; Wie der khle Meyen Thaw Jn der schwartzen drren Aw’ Alles Graß vnd Laub erquickt / Daß der Sonnen Hitz’ erstickt; Wie den mden Wandersmann / Wann er nicht mehr reisen kan Bacchus klarer ssser Safft Wieder gibt deß Lebens Krafft; So wird auch mein mattes Hertz Wann es durch der liebe Schmertz

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Schier erstorben / auffgericht Durch der schnsten Angesicht. Sie ist meiner Seelen Fewr / Daß ich mir erworben thewr / Das mich offtmahls zndet an / Vnd doch nicht verbrennen kan. Sie ist mir ein khle Lufft / Wenn mein Hertz vor ngsten pufft Sie ist mir ein ssser Tranck / Wann ich bin vor Liebe kranck. Sie beherschet meinen Sinn / Sie ist meine Knigin / Jch bin jhr / vnd sie ist mein / Warumb wolt’ ich trawrig sein? Drumb mein Hertz verzage nicht / Schaw der schnsten Angesicht / Schmertz’ vnd Klagen fahrt dahin / Weil ich einmahl frlich bin.

Grabschrifft eines geilen Weibes. Die Todte redet.

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MEin guter Wandersmann / steh doch ein wenig stille / Eh du fr vber gehst / so thu vor meinen willen / Vernimb doch wer ich bin: Mein Nahm’ ist wol bekandt Bey jung / alt / groß vnnd klein durchs gantze Cimberlandt. Ein stets lauffende Vhr war ich in meinem leben / Venus dem schnden Weib’ hatt’ ich mich gantz ergeben / Der Ruhe war ich Feind / bewegung liebt’ ich sehr / Jch ward jhr niemals md / sondren je mehr vnd mehr Sucht’ ich mein Lust darinn; Gleich wie die gldne Sonne Den grossen Himmelskreiß durchleufft mit Frewd’ vnd Wonne; Also war daß mein Wunsch / daß ich dem Firmament

Musa Teutonica

Nur werden mchte gleich. Ein jeder der mich kent / Wird sagen / daß ich mehr als Thais hab geliebet / Ja mehr als Rodope vnd Chryseis mich gebet / Vnd Lais noch dazu; Nun muß ich stille sein / (Geh fort mein Wandersman) daß bringt mir grosse Pein.

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Lobgedicht auff den Hochberhmten tapfferen Frsten vnd Ritterlichen Heldt / Herren Bernhardt / Hertzogen von Sachsen-­ Weimar &c. General FeldtObristen. OB schon die schwere Noth (die Teutschlandt lengst besessen Mit Krieg / Raub / Mordt vnd Brand) hat jmmerlich gefressen Viel tapffrer Helden auff / ob gleich an manchem Orth Das Landt ist durchgenetzt mit grosser Frsten Mordt; Will doch der hchste Gott vns niemals lassen stecken Jn solcher Kriegesangst / er thut noch stets erwecken Ein Hertz’ ein Frstlichs Hertz voll Weißheit vnd Verstandt / Daß tglich Kriegt vnd Siegt vors Teutsche Vatterlandt. Der Feind / der starcke Feind kompt abermal mit hauffen So gar auß Dacien vnd Welschland her gelauffen / Vermeint daß Teutsche Reich durch seine grawsambkeit Gantz zuverschlucken nur / vnd daß in kurtzer Zeit. Man sicht der Lnder Zier die grossen Stte brennen / Jhr’ Herrligkeit vnd Pracht ist nicht mehr zu erkennen / Die Schlsser fliegen auch im Rauch’ hin in die Lufft / Vnd vieler Flecken Spitz bedecket hie ein Klufft Vnd dort ein hoher Berg / die Drffer sind verheeret / Jhr vorrath weggeraubt / ja Speiß’ vnd Tranck verzehret / Es wird das schne Reich / ein Reich daß sonst so frey Durch frembde grausamkeit fast gar zur wsteney / So / daß es alles lengst zu trmren wer gegangen /

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Vnd was nur Menschlich ist / erwrget vnd gefangen / Wann nicht der grosse Gott der Teutschen Helden macht Erwecket / vnd zuletzt het’ in das Feldt gebracht. Ach war nicht vnser Stand ins grste trawren kommen Nachdem der tewre Held auß Schweden weggenommen Durch Martis leichtes Volck / war nicht mit seinem Blut Zugleich verschwunden auch bey vns Hertz / Seel’ vnd Muth? Biß aller Herren Herr der kleinen Schar gegeben Die Helden die nach jhm’ auch Manlich vor vns streben / So gar jhr Gut vnd Blut (frwar ein hohes Pfand) Auffsetzen ritterlich vors arme Vatterlandt. Gleich aber wies geschicht / wanns nun begint zu tagen / So bald Aurora spannt die Hengste vor den Wagen / Das daß so schne Liecht der helle Morgenstern Vor andren Liechtren scheint gantz prechtig weit vnd fern / Erfrewt den Wandersman / der nun so lang gegangen Jn schwartzer Finsternuß’ vnnd stillet sein verlangen Daß er nach Phœbus tregt / erquicket was kaum lebt / Auch den / der offt mit noth in tieffen Wellen schwebt / Jst aller Sternlein Zier vnd lieblich anzusehen; So thut der edle Frst bey andren Printzen stehen Der Frst’ auß Sachsenlandt / der Heldt von Gott geliebt; Der Teutschen Ruhm vnnd Kron / der Heldt den Weymar giebt; Der zwar auß solchem Stamm der Frsten ist entsprossen / Die ehmahls auch vor vns gestritten vnverdrossen; Der tapffer Carol selbst empfand deß Sachsen Blut Ein Blut daß nichts so sehr als Freiheit lieben thut; Es weiß die gantze Welt Jan Friederich den Helden Auch seine Frewdigkeit vnd Tugendt zu vermelden Die alles hat gewagt; Jhm war an Muth gantz gleich Sein Sohn der ehmals hat gepocht das gantze Reich. Jch wil vor dißmal nichts von jhnen weiter schreiben / Es wird auch wol ohn mich jhr thewrer Nahm verbleiben / Weil keiner sich mit recht von andren rhmen kan / Es sey denn daß er selbst was grosses hab gethan.

Musa Teutonica

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Das findet sich bey euch / O Teutsches Reichs vertreter Frst Bernhart / vnser trost / schutz / helffer vnd erretter Von Gott vns außvorsehn: Bey euch ist weiser rath / Bey euch ist Hertz’ vnnd Muth / bey euch sicht man die That / Bey euch ist Wissenschaft der rechten Kunst zu kriegen / Dadurch ewr tapffre Faust gewohnet ist zu siegen Wie vormahls nur Gustav / der dieser Kunst so gar Vnd was jhr klebet an ein grosser Meister war. Jhr habt der Feinde macht zum fftren nun gebrochen / Vnd vnsres Knigs Blut an jhnen so gerochen / Daß wann ewr hoher Nahm’ in jhren Heer erklingt; Jhr Hertz von stunden an mit schrecken ist vmbringt. Gleich wie wann Africa den Scipio sah kommen / So war dem gantzen Land’ all seine sterck benommen / Die Stdte schloß man zu / die Tempel that man auff / Vnd rieff die Gtter an / hie stund ein grosser Hauff Von Brgren die sich gantz erschrocken raths erholten / Dort war der Krieger schaar die gerne fliehen wolten / Hie lag der Weiber Volck mit jhrer kleinen Zucht Die heulten jmmerlich / dort kamen auß der Flucht Zum engen Thor herein die Ackerleut gelauffen / Die auch vor grosser Angst sich mchten kaum erschnauffen / Daß gantze Land daß schrie: Der Rmer kompt heran Der grosse Scipio, den niemand zwingen kan / Der vnsers Landes Kron Carthago wird zerstren / Ja auch gantz Africa bestreiten / vnd verheeren Er ist von Tugendt reich / er ist halb Mensch halb Gott Wer kan jhm widerstehn? O weh der grossen Noth! So geht es auch mit euch jhr Held von Gott erkohren Jhr vnsrem Teutschen Reich zur Hlff’ vnnd Trost gebohren Jhr andrer Scipio, die Tugendt macht euch groß (Der Printzen hchster Ruhm) nicht nur daß streiten bloß; Euch weiß die Knigin der Stdte selbst zu nennen / Ja Thule, Thracia, vnd Zembla thut euch kennen / So daß ewr tapffres Hertz / daß auch im Vnglck steht

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So weit vnd breit bekandt / so weit der Himmel geht. Gantz Teutschlandt stehet still die Thaten zu beschawen Die jhr mit macht betreibt / dem Antichrist thut grawen / Der Liga noch viel mehr / gantz Osterreich das bebt / Der trotzige Maran, der sonst in Lfften schwebt / Lest bald vor grosser Forcht die stoltzen Flgel sincken / Wann er die Waffen sicht in ewren Feusten blincken; Auch der Croaten Volck fleugt ewren Helden muth Gleich wie das Teubelein deß Adlers Klawen thut. Sie kennen gar zu wol den / der sie pflegt zu schlagen Vnd sich nicht schlagen lest / denn / der sie pflegt zu jagen Vnd nie gejaget wird / der tglich ist bereit Fr GOtt / frs Vatterlandt zu sterben auch im Streit. O hochgeborner Frst’ jhr seid mit recht’ erkohren Daß Edle Franckenlandt / das schier zuvor verlohren Zu schtzen ritterlich / drumb ehrt euch auch die Stadt Die von den Wrtzen sonst den Ruhm vnnd Nahmen hat. Es wird der Francken Lob von Alters noch gelesen / Bey jhnen ist die Macht deß Reichs zuvor gewesen Schawt wie der grosse Gott nach seinem weisen rath Dem Land’ jetzt abermahl zum Trost’ erhalten hat Diß Blut / diß Helden Blut von Frsten her gesprossen Ja dessen tapffre Hlf gantz Deutschland hat genossen Der jetzt mit hohen Muth auß Francken hat gejagt Die Hur von Babylon, drumb sie auch schmertzlich klagt. Er lest an stadt der Meß mit Frewd’ vnd Sieg erschallen / Das Wort / daß vnsrem Gott vnd Herrscher thut gefallen. Daß so viel hundert Jahr (frwar ein lange zeit) Der Drach verfinstert hat durch Babels eitelkeit. Jetzt bist du Franck vnnd frey / O Francken thues erkennen / Du magst mit fug vnd recht den Printzen Vatter nennen Der dich so rhmlich schtzt / der auß so manchem Leid Der frembden Tyrannen hat dich vnd vns gefreyt. O Printz von Gott geliebt / O Babels vberwinder / O vnsrer Lnder schutz / beschirm die Gottes Kinder

Musa Teutonica

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Fortan mit aller Macht / der hchste wil allein Dein starcker Arm vnd Schild / Schutz / Trost / vnd Helffer sein. Dir ist auff Erden zwar ein schner Krantz gebunden / Der Krantz der Ewigkeit / weil du hast vberwunden / Jm Himmel ist dein Ziel / da ist kein kriegen nicht / Hie bist du lobens werth / vnd dort ein ewigs Liecht.

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Auff einen Elenden Nrrischen Poeten. epigramma. DV meinest grober Narr / daß dich die Leute lieben / Weil du mit Vnverstandt Poeterey thust vben / Ja wahrlich deine Verß sindt so Kunstreich gemacht / Daß einer der sie list sich bald zum Narren lacht. O wie viel besser wers / daß du nicht kndtest schreiben So wurd dein Eselskopff vielleicht verborgen bleiben.

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An die Lesbia auß dem Oweno. epigramma amatorium. DV schnste Lesbia mchtst du der Himmel werden / So wolt’ ich sein die Sonn; hier sicht man zwar auff Erden Wie daß das grosse Liecht am blawen Himmels Sahl Den Horizont durchleufft daß gantze Jahr einmal; Wann aber mir mein Wunsch vnd Hoffnung solt gelingen So wolt’ ich alle Nacht den lauff zum Ende bringen.

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Felix qui non amat. ode jambica.

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O Wie glckselig ist der Mann / Wie wol stehn doch desselben Sachen; Den Amor nicht bezwingen kan / Noch jhn zu seinem Schlaven machen. Ein solcher bringt sein Leben zu Jn frewden / vnd darff niemand schewen / Sein Leib vnd Geist bleibt nur in ruh Sein thun sicht man jhn nie gerewen. Wann er Apollo dienen wil Vnd seinen Tchtren den Gttinnen / So sitzet er fein in der still / Thut schnen Knsten nur nachsinnen. Er schawet an die grosse Welt / Bemhet sich recht zu betrachten Was droben ist / daß schnde Geldt Pflegt er gantz hnisch zu verachten. Wenn andre bey des Mondes liecht Fr jhrer liebsten Thr hergehen Weil sie vor Liebe schlaffen nicht / Thut er das Firmament ansehen. Wann andre sehr beklagen sich / Daß sie vor liebe gar verbrennen; So mhet er sich embsiglich Die schne Kruter zuerkennen. Wann andre mit betrbtem Sinn Sehr weit durch alle Felder lauffen / Vnd suchen jhre Schfferin; Pflegt dieser Pallas wahr zukauffen. Sein hoher Geist vnd tapffrer Muth Verlachet nur den blinden Knaben / Cupido mit dem Pfeil vnd Glut

Musa Teutonica

Der muß fein vor jhm vbertraben: Sein hchstes Gut ist Weißheit nur / Sein beste Frewd’ ist zu erknden Der Vgel / Fisch’ vnd Thier Natur Ja alles was sonst ist zu finden. Er wandelt auch ins Himmels Saal Bey Sonne Mond’ vnd alle Sterne: Auff Erden kennt er Berg’ vnd Thal / Ja Stdt’ vnd Lnder in der ferne. Die Wasserflß’ vnd Brnnelein / Auch alle Meer weiß er zu nennen / Er kans dir auch erklehren fein Warumb die grossen Berge brennen. Vnd daß er alles recht erfahr / So kreucht er in die schwartzen Erden / Vnd sicht wie Metallen zwar Knstlich daselbst gebohren werden. Er kan durchs Fewr gantz wunderlich Auß Kreutren / Ertz / vnd andren Dingen Saltz / Wasser / Geist behendiglich Vnd andre schne Sachen bringen. Der Himmel ist sein Goldt vnd Geldt Der jhn allein kan frlich machen Dazu der Mensch die kleine Welt Verstendigt jhn von allen Sachen. Vnd so bringt er sein Leben zu / Helt nichts von seufftzen / weinen / klagen / Er bleibet bey der wahren ruh / Weiß von Cupido nichts zu sagen. Die Weißheit ist sein hchster Schatz / Von Venus mag er gar nicht hren / Vnd Amor findet keinen Platz Jn seinem Sinn / jhn zu bethren. Drumb / ey wie selig ist der Mann / Wie wol stehn doch desselben Sachen /

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Den Amor nicht bezwingen kan Noch jhn zu seinem Schlaven machen.

Letztes Grabliedt deß verzweiffelten Mirtillo. ode trochaica.

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ACh nun hab’ ich dir mein Leben Bleicher Todt ergeben / Nun wil ich abscheiden: Ach nun wil ich So jmmerlich Die schwere Straff’ erleiden. Ach mein Vrtheil ist gesprochen / Vnd der Stab gebrochen / Daß ich jetzt soll sterben; Die Schffrin mein Schafft diese Pein Sie wil ich soll verderben. Ach mein hoffen vnd mein flehen Mchte nicht bestehen / Nichts kont’ ich erlangen / Wann ich sie bath Einsmahls vmb Gnad So war sie weggegangen. Ach nun bin ich gar verlassen Weil mich die thut hassen Die sonst war mein Leben Nun thut sie mich So jmmerlich Dem bittren Todt hingeben. Nun Ade ich wil abweichen Todt / dein Ziel erreichen / Ach das heist gerochen!

Musa Teutonica

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Ade Gttin Seht / nehmet hin Mein Hertz daß nun durchstochen. Ach jhr Geister kompt herspringen / Kompt ein Liedt zu singen / Kompt mich zu beklagen: Singt in der still Wann man nun wil Mich hin zu Grabe tragen. Jmmerlich bin ich gestorben / Jmmerlich verdorben / Schreyet Rach mit Trnen O falsches Hertz Du wirst mit Schmertz Dich knfftig nach mir sehnen. Ach ich kan nicht wieder kommen Es ist dir benommen Falsches Lieb dein hoffen Du wirst frwahr Verzweifflen gar Wenn dich das Vnglck troffen.

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HochzeitGedicht / Auff daß Beylager einer berhmten Curtisanen. WOlauff du grosse Schaar der klugen Ruffianen / Wolauff / die jhr den Weg der Venus pflegt zu bahnen / Wolauff jetzt ist die Zeit / daß jhr die grosse Zahl Der Venus Dienerin beruffet allzumahl. Die Zeit / die frewdenzeit ist endlich heut gekommen / Dran ein verbuhltes Weib sich gntzlich vorgenommen Mit einem eignen Mann’ ehlich zu lassen ein / Laßt daß ein Wunder / vber alle Wunder sein.

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Ach daß in dieser Stadt auch mchte sein gebawet Der Venus Tempel / da sie selbst die Buhler trawet / Deßgleichen ehmals ward zu Epheso gesehn / Vnd Solon einen hat gebawet zu Athen: Weil jetzo ziehet auff mit grossem jubiliren Diß paar / diß liebe paar / vnd thut auch mit sich fhren Der Buhler grosse schaar: der Herold muß hie sein Naso / der stetig singt von ssser liebe Pein. Pan, der verbuhlte Pan, mit seiner Dorffschalmeyen / Vnd Faunus, sein Gesell / die fhren vns den Reyen Die geilen Satyri, die lauffen hin vnd her / Sylvanus vnd sein Volck hpfft in die leng vnd quer. Den folget nach die Braut / vnd lest die Augen schiessen Auf jederman / solts gleich dem Brutigam verdriessen. Sie spricht in jhrem Sinn: Solt ich nur einen Mann Lieb haben? Nein frwar ich das nicht halten kan; Der Wolff verendert zwar sein Fell / die Sinnen bleiben Wer wolte die Natur beginnen außzutreiben? Jch bleibe die ich bin; Vnd damit so zeucht forth Daß gantze leichte Heer: Es geht an jhrem Orth / Der Braudt zur rechten Hand / die Thais hochberhmet Zur lincken Rhodope, weil sichs also geziemet, Drauff folget Lesbia, Naias geht neben jhr / Corynna, Delia, Chryseis sind auch allhier / Lampris, Antycira, Leontia die kommen Mit Lais, die sich auch vorlengest vorgenommen An diesem Hochzeit Tag der Braut zu warten auff Vnd folgt von jhrem Gsind, ein vnzehlicher hauff. Cupido thut der Braut die Fackeln selbst vortragen Denn das gebhret jhm an solchen ehren Tagen / Der kleine blinde Schalck erfrewet sich so sehr / Weil er da vor jhm sicht sein Ausserwehltes Heer. Dann kompt der Brutigam von Venus fein begleitet / Demselben haben auch zu folgen sich bereitet Die / so der schnden Lust ergeben gantz vnd gar /

Musa Teutonica

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Darunter auch ein Theil der grossen Keiser war. Als Proclus, Commodus vnd Gordian, daneben Heliogabalus, die all Seel / Leib / vnd Leben Zum Venus-Spiel vnd Dienst schendtlich gegeben hin Von welchen dieses Volck hat seiner Freyheit gwin. Es kommen auch herzu von schnder Lust getrieben / Die von der Liebe Pein vnd jhrer art geschrieben: Propertius, Catul, Menander eilen sehr / Philotis, Martial, vnd der Poeten mehr. Die bringen jhre Verß / der geilen Wollust gaben / Die sie dem lieben paar zur Ehr gedichtet haben. Hie singet man ein Liedt von vnerhrter Lust Der Semiramidis, die nicht vor Geilheit wust Was sie beginnen solt. Da muß sich hren lassen Pasiphae Begierd’ vnd Sappho gleicher massen; Wie Messalina Brunst niemahls geleschet ward Durch fnff vnd zwantzig man / vnd was mehr solcher Art. Jn Summa so du wilt den Venus Berg besehen / So darffst du nur geschwind zu dieser Hochzeit gehen / Da sich gesamblet hat / der geilen Liebe schaum / Da Erbarkeit vnd Zucht hat weder platz noch raum: Es wil der Priapus allein daselbst regieren / Die leichte Venus Bursch muß diese Hochzeit ziehren Vnd bringen Brutigam vnd Braut ins Beth’ hinein / Da zugleich Schand’ vnd Ehr werden vermenget sein. Vnd so die liebe Braut vns wird ein Shnlein bringen; So wollen wir ein Lied vom jungen Ninus singen / Kompt den ein Tchterlein / so ist vns gar gewiß Gebohren zu der stund’ eine Semiramis. Doch schweig’ ich still davon: Die zeit wirdts endlich geben / Wir lassen vnter deß diß paar in frewden leben. Womit ich mein Gedicht frlich zum Ende lenck’ Vnd præsentir zugleich mein Hochzeitlich Geschenck.

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Auff die Lauß auß dem Ovveno. epigramma. DV Thierlein beissest mich / davor must du verderben / Die schuldt ist zwar gering / must doch ellendig sterben.

An Herrn M. Mauritium Rachelium Pastorem Londinensem, & Poetam Laur. Cæsar. Invide cum neqveas doctos lacerare Poetas, Latratu ostendis te tamen esse canem. ode trochaica.

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OB man schon zu diesen zeiten Der Poeten Volck anficht / Ob gleich Momus hefftig sticht Die / so doch der Welt bereiten Lob vnd Ruhm nach diesem Leben; Fragen wir doch nichts darnach / Es muß vnsre gute Sach Gleichwol endtlich oben schweben. Ob der Adler schon hrt bellen Vnter sich der Hunde schar Achtet ers doch nicht ein Har / Weil sie jhn nicht knnen fellen / Er thut nach der Sonnen fliegen / Lesset diese lose Thier Grawsamb schreien fr vnd fr / Vnd in jhren Stllen liegen. Ja so spttlich thut verlachen Phœbus Volck der Neider Heer / Daß von Schand’ vnd Lastren schwer

Musa Teutonica

Nichts versteht von hohen Sachen / Drumb die billich schweigen sollen / Die nur schlechte Hunde sein / Man fhr sie zum Stall’ hinein Die Poeten schelten wollen. Vns muß doch der Himmel bleiben / Da die hohen Geister sind / Da man keine Neider find; Andre die die zeit vertreiben Mit dem schnen Koth der Erden / Daß doch nur ein kleine Frist Jhrer Seelen Wollust ist / Mssen gantz zu schanden werden. Vnser Schatz der thut bestehen Nur in Weißheit / Lehr’ vnd Kunst / Achten nicht der Herren Gunst / Die wir offt verschwinden sehen, Wenn wir fest’ am Himmel kleben Finden wir die wahre Frewd / Nur das Lob der Ewigkeit Suchen wir in diesem Leben. Drumb jhr Hunde thut abweichen / Momus hat hie keinen Platz / Vnd Pasquin der lose Fratz Muß mit schanden von vns schleichen. Vnser Volck wird ewig bleiben / Hochberhmt in aller Welt / Ja es wird manch tapffrer Heldt Noch viel schner Verse schreiben.

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Grabschrifft Eines schnellauffenden Jagthundes.

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HJe lieg’ ich armer Hundt / von Wrmen schier verzehret Jn diesem Wasserland mit schwartzen Koth beschweret / Mein trewer dienst vnd fleiß den ich so manches Jahr Geleistet / der ist nun vergessen gantz vnd gar. Als’ ich noch jung vnd zart kein’ Arbeit kont’ ertragen / Vnd durch den schnellen lauff ein wildes Thier erjagen; War ich der Frwlein Lust / ich liebte mich fein zu / Jhr spielen that mir wol / vnd lebt’ also in ruh Jch ward so suberlich von jhnen aufferzogen / Daß auch die Menschen selbst wurden zum Neid bewogen / Vnd daß / dieweil ich offt daselbst gewesen bin / Da vielmahls der Galan nicht drffte kommen hin. So bald ich aber groß vnd strcker bin geworden / Da trat ich mit begier frisch in der Jger Orden / Man fhrte mich ins Feldt / man ließ mich lauffen schnell Jch jagt so manches Thier zu rpffen jhm sein Fell. Vnd wann es noch so frisch vermeinte zu entkommen / So hab’ ichs doch ertapt vnd jhm den Muth benommen. So war sein lauffen auß; Jch flog hin wie der Wind That drauff ein Jgersprung / vnd fieng das Thier geschwind / Gab jhm den letzten stoß / wolts gleichwol nicht zerreissen / Damit mich ja mein Herr mcht liebes Hndlein heissen / Vnd daß war meine Lust; Nun lieg’ ich armer Klick Mit meinem schwartzen Leib’ allhie im tieffen Schlick. Hr Leser der du fragst wie doch mein End gewesen? Frwar ich weiß es nicht / doch daß ich nicht genesen Halt’ ich die Vrsach sein / daß man mir armen Held Gegeben hat zu letzt den hchsten lohn der Welt.

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EPIGRAMMA auß dem Oweno. Auff einen Geitzigen. JSts wunder das dir ist deß Richters Ohr verschlossen; Jst doch dein Geitzig’ Hand zugeben jhm verdrossen.

An daß vnbestendige Glck. sonnet. O Vnbestendigs Glck / wann wiltu den auffhren Mein trawrigs leben so zuplagen Nacht vnd Tag / Daß mein verblichner Mund mit steter Trnenklag Dich schilt / daß du die Leut so grawsamb thust bethren? Ach Glck / Ach blindes Glck / du thust dich von mir kehren Jn so gar schneller Eil; Bald fhl ich schwere Plag / Baldt wiedrumb grosse Frewd / so daß ich sagen mag: Du kanst im Augenblick / den Leid / den Lieb vermehren. O vnbestendigs Glck / wie offt’ erfrewest du Mein hochbetrbtes Hertz / daß es nimbt seine ruh Jn stiller liebligkeit / wie die Westwinde sausen / Aber es wert nicht lang / der Boreas bey zeit Blst auff daß wilde Meer der wiederwertigkeit. Ach wanckelbahres Glck laß’ ab von deinem brausen.

Als er von seiner Schfferin hinweg reisen wolt. Ode Mixta ex Alexandrinis & Jambicis Versibus. O Du mein Edles Lieb / mein gldner Sonnenschein / Mein ander ich / mein Hertz’ / es muß doch einmahl sein; Nun muß ich endtlich scheiden /

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Ach weh der grossen Noth / Wie schmertzlich ist mein Leyden / Mein scheiden ist der Todt. Wie wird mirs mglich seyn zu reisen hin vnd her Ohn’ alle Sonn’ vnd Liecht? frwar das felt zu schwer. Vnd dennoch wird geschehen / Mir scheint die Sonne nicht / So lang ich nicht kan sehen Gttin dein Angesicht. Reiß’ ich den in der Nacht / daß geht mir auch nicht an / Weil ich am Firmament kein Sternlein spren kan: Die Sternen thu’ ich meinen / Die man nicht sicht allhier / Die Liechter die mir scheinen / Sind deiner Augen zier. Verharr’ ich den bey dir / daß ist auch gar kein rath / Jch weiß wie dein Gestalt mich eh verbrennet hat; Jch kenne deine Flammen / Die noch verletzen mich / Ja Leib vnd Seel zusammen Verzehren jmmerlich. Wie fang’ ichs endlich an / ohn dich kan ich nicht sein / Jch machs auch wie ich wil / so fhl’ ich schmertz vnnd pein: Denn wirst du mich vertreiben So leid ich schwere Noth / Vnd sol ich bey dir bleiben / Schaffst du mir auch den Todt. Du / du mein einig all / du selber weist es wol Dich frag’ ich nur allein / wie ichs beginnen soll? Wilt du mir Lieb’ erzeigen / Vnd deine Gunst zu mir Auß trewen Hertzen neigen / So scheid’ ich nicht von dir.

Musa Teutonica

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Auff den vortrefflichen / berhmten / vnd Kunstreichen Musicum JACOBUM PRÆTORIUM. elegia. ALs’ einst vor wenig zeit Apollo kam spatziren Vom hohen Berg herab der Helicon genandt / Da that er auch zugleich die Musen mit sich fhren Ein Volck / das vnsrem Volck sonst trefflich ist bekandt. Sie reisten hin vnd her / biß sie zuletzt gekommen Gen Hamburg in die Stadt / an einen guten Orth / Als sie nun ohngefehr den Schultzen da vernommen; Da schrye Apollo laut: fort / fort jhr Musen fort / Last vns von hinnen ziehn! Damit sind sie geflogen Nach jhrer Wohnung zu; Sie kamen bald zu Hauß. Gott Phœbus aber hat nicht lang darauff verzogen / Er warff vor grossen Zorn sein’ Orgel weit hinauß / Zerbrach das schne Werck; Die Musen voller zagen Verstunden nichts davon was jhrem Vatter war / Biß jhn in solcher Angst Thalia thte fragen: Warumb er alles doch zureissen thet so gar? Was (sagt’ er) solt’ ich nicht? Ein ander ist verhanden / Dem jetzt der Helicon vnd Cynthius gehrt: Frwar deß Schultzen Kunst macht vnsre gar zu schanden / Sein Geist / sein edler Geist der hat mich so bethrt.

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Auff die gewaltige Schlacht fr Hamelen / in welcher der Durchleuchtiger / hochgeborner vnd Tapfferer Frst / Herr Georg / Hertzog zu Braunschweig vnd Lneburg einen herrlichen vnd rhmlichen Sieg hat erhalten vnd davon ­getragen. Jm Jahr 1633.

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JHr Himmel Triumphirt / vnd thut fr frewden springen / Du helles Firmament laß Lob vnd Danck erklingen / Aurora zeig’ vns nun dein lieblichs Angesicht / Komb komb’ vnd bring’ heran deß gldnen Phœbus Liecht. Schawt an / wie thut die Nacht / die finstre Nacht vergehen / Man sicht den bleichen Mond am hohen Himmel stehen Jn seinem vollen schein / man sicht die grosse Schaar Der Himmelsliechterlein auffhpffen hie vnd dar. Neptunus hat gestilt der Wllen tolles brausen / Vnd Æolus helt ein der khlen Winde sausen / Die Finsternuß vergeht / der helle Tag bricht an / Der mit der Sonnen glantz die Welt erfrewen kan. Kein Wlcklein sicht man jtzt / der Himmel steht gemahlet Liechtblaw wie ein Saphier / der helle Phœbus strahlet Weit vber alle Berg’ / vnd lecket von der Aw (Die voller Blmlein steht) den klaren PerlenTaw. Man hrt daß leichte Volck der Vgel tirelieren / Man sicht den Corydon ins Feldt hinauß spatzieren / Der spielet von der Lieb’ auff seiner Bawrschalmey / Vnd singet drein wie schn sein’ edle Schffrin sey. Der Wald in voller Lust / die Hgel sind voll frewden / Ja alles was man sicht / thut sich mit Wollust kleyden. Komb’ ich den hin zum Mars dem grossen Kriegesheld Der mit dem starcken Heer’ vmbgeben liegt zu Feld /

Musa Teutonica

Da geht die Frewd’ erst an / da ist ein Triumphieren / Da sicht man Gold vnd Geld / (der Feinde raub) wegfhren / Da ist der Paucken klang / da ist Trompeten schall / Da ist der Roß geschrey / da ist der Bchsen knall / Da spielt man frlich auff; Jch seh die Fahnen fliegen / Die man gewonnen hat / der Feinde hauffen ligen Erschlagen hin vnd her / da singt ein jederman: Frisch auff jhr Rittersleut / wer ist der trawren kan? Frisch auf der grosse Gott hat vns den Sieg verliehen / Jehova ist mit vns / der macht die Feinde fliehen / Der strtzet Roß’ vnd Mann / er selber fhrt den Krieg / Er hilfft wann niemand hilfft / er gibt allein den Sieg. O Teutschlandt frewe dich / jtzt ist aufs new zerbrochen Die Macht deß Antichrists / es ist im Grimb gerochen Deß grossen Knigs Blut / das Blut / das edle Blut So noch ohn’ vnterlaß vmb Rache schreyen thut. Der Feindt vermeinte zwar das Hufflein zu verschlingen / Nun hat sichs vmbgekehrt / es wolt’ jhm nicht gelingen / Der Held von Lnenburg war muthig vnd bereit Zu leben / oder auch zu sterben in dem Streit. Er ließ sein tapffres Volck gantz vnerschrocken fhren Den Feinden ins Gesicht / Sprach: So wir den verlieren / So sterben wir mit ruhm vor Teutsche libertet / Vor Gott / vors Vatterlandt / Ehr dem der khnlich steht. Erhalten wir den Sieg / so weiß die Welt zu sagen Von vnsrem hohen Preiß / den wir von hinnen tragen / Nur dran jhr Rittersleut’ ich leb’ vnd sterb bey euch; Hiemit schwang er sein Pferd. Jhm war in allem gleich Sein Marschalck / der begunt die Ordnung anzustellen / Er hat ein guten Muth deß Feindes macht zufellen / Vnd damit fieng sichs an; Daß Donnern der Geschtz Vertebte Roß vnd Mann / der Mußquettirer Blitz Ließ Hagel / Fewr vnd Blei hin zu den Feinden fliegen / Bald sah man jhren Trotz mit grossem Spott’ erliegen. Der schweden khnes Volck schlug drein so grimmiglich /

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Daß von der Feinde Blut das Erdreich ferbte sich. Da halff kein bitten / noch kein flehen / kein vermahnen / Mit Picken / Schwerdten / Spieß / Mußquetten / Partisanen Hieß man sie wilkom sein. Deß grossen Knigs Sohn War selber auch dabey / gab jhrer viel den Lohn. Er schrye die Schweden an: Jhr Brder helfft mir rechen Den / der mich hat erzeugt / auff lasset vns zubrechen Der Wiedersacher trotz / jtzt ist die rechte Zeit / den hier Barmhertzig sein ist Vnbarmhertzigkeit. Vnd hiemit fiel er an mit reissen / wrgen / schlagen / Sein Volck stund wie ein Mawr / der Feind fieng an zu zagen. Der Printz von Rach ergrimt / schlug drauff mit solcher Macht / Daß er zu letzt den Feind in schwere Noth gebracht. Der gerne fliehen wolt’ vnd doch nicht kont’ entrinnen Ja wuste sich vor Angst kaum einmahl zu besinnen / Das Schwerd / daß hitzig Schwerd erwrgte groß vnd klein / Bey jhnen wolte doch gar kein erbarmen sein. Der Weserfluß stund still’ vnd sah die Feinde lauffen / Die Berge mchten kaum den weit erschlagnen hauffen Beschatten / ja das Blut hat alles roth gemacht / Biß man zu letzt den Sieg mit Gott davon gebracht. O Teutschlandt frewe dich / es ist in wenig stunden Jtzt abermahl dein Feind vnd Mrder vberwunden / Die Liga sitzt betrbt / vnd muß bekennen frey / Daß vnser Beystand selbst der HErr gewesen sey / Der HErr / der grosse Gott / der Abraham halff kriegen / Der David / Josua vnd Gideon ließ siegen / Der Pharao gestrtzt / der Ahitophels rath Durch seiner Weißheit Macht zum Spott gemachet hat. O Teutschland frewe dich / Westphalen ist entbunden / Von seiner schweren Last / die Feinde sind verschwunden / Die Mnche lauffen fort / die Pfaffen gehn zu Hauß / Die Meß’ ist abgethan / der Grewel ist herauß / Das Narrenwerck hrt auff / die Bilder sind entschlaffen; So weiß der Gtter Gott den Gtzendienst zu straffen /

Musa Teutonica

Der Gott der helffen kan / jhm bleibt die Ehr allein / Er sol stets vnser Hort / Schutz / Trost vnnd Helffer seyn. O Teutschland frewe dich / thu aller Welt vermelden Die hoch berhmte That deß Lnenburger Helden / Fleuch Fama, fleuch von hier / vnd mach durch alle Land Der Welt der grossen Welt deß Frsten Sieg bekandt. Vnd jhr / jhr Musen Volck / thut jhm die Kron bereiten Der langen Ewigkeit / damit sein tapffres streiten / Sein Siegen vnd sein Lob erschalle noch so weit / Als Phœbus selber leufft in seinem gldnem Kleidt. Wir ruffen all zu Gott / er wol’ euch lang’ erhalten O hochgeborner Frst’ / er laß euch ja veralten Jn solchem hohen Lob / daß es je mehr vnd mehr Auffwachse / weil jhr seyd der Teutschen Preiß vnd Ehr. Wir wnschen edler Heldt / daß jhr vns wider bringet Die Freyheit / da man nun so lange Zeit nachringet. Deß helff’ euch vnser Gott / der laß’ euch glcklich seyn Jn allem daß jhr thut / von jhm kompt Hlff’ allein.

Salum, Auß dem Oweno. epigramma. VJel Saltz erregt den Durst / das Meer ist Saltz vor allen / Drumb lest es sich allzeit sß Wasser wol gefallen.

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Auff das Absterben deß Hochgelarten ­Theologi, Herrn Josuæ Stegmans / der heiligen Schrifft berhmten Doctoris, vnd Professoris P. bey der Universitet Rintelen / auch Grffl. ­Schawenburgischen Superintendentis, seines hoch­geliebten H. Præceptoris. ode pindarica. Strophe I.

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O Du Fackel der Gelarten / Voller Weißheit vnd Verstandt / Mir vor diesem wol bekandt / Woltest du nicht lenger warten? Ach ist denn dein hoher Geist Gar von vns hinweg gereist An den sssen Orth der frewden / Da man weiß von keinem Leiden / Da er jtzund khnlich kan Alles Eitel’ gar verachten / Vnd was Ewig ist / betrachten Ja Gott selber schawen an!

Antistrophe I.

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Wie die glden Sonnenstralen Jn der schnen Frlingszeit / Wann sich alle Welt erfrewt / Thun das Himmelblaw vermahlen; So war Deine Lehr’ vnd Kunst: Phœbus der so grosse Gunst Gegen dir stets pflag zu tragen;

Musa Teutonica

Hrt man sehr erbrmlich klagen / Pallas weinet bitterlich / Rintlen fhlt die meisten schmertzen / Jhre Schul die trawrt von Hertzen / Vnd gedencket stets an dich.

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Epodos I. Der schnelle Weserfluß thut gleich zu rcke fliehen / Auch der Sonnen Liecht Wil jtzt leuchten nicht; Man sicht gantz bleich deß Monden Haupt auffziehen / Deß runden Himmels Schloß verendert sein Gestalt / Ja die Wlder / Busch’ vnd Felder Die werden gleich vor grossen trawren Alt.

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Strophe II. Pallas Kinder hrt man schreyen: Stegman / Stegman vnser Zier! Ach / er ist nicht mehr allhier / Er ist hin zum Todten Reyen. Muß der Westwindt gleich vergehn / Vnd an seiner Stell den stehn Boreas der Hitz bezwinger / Reiff erwecker / klt’ anbringer; Folgt doch drauff die Sommer lust; Hat der Todt vns hingenommen / Knnen wir nicht wieder kommen / Werden bald zu Koth vnd Wust.

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Kan man denn nicht wieder bringen Stegman dich der Musen zier / Ey so wil ich letzlich dir Noch ein trawrigs Grablied singen; Weil dein Nahm durchs gantze Landt Hin vnd wider ist bekandt. Ja ob du gleich bist gestorben / Hast du doch ein Lob erworben Das biß in die Wolcken geht / Daß so lange wird verbleiben / Als Poeten Verse schreiben / Vnd die Sonn am Himmel steht.

Epodos II.

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Jhr Wlder die jhr habt die schne Stadt vmbgeben Da mein Stegman ligt / Der mirs Hertze bricht; Ach lasset jhn doch ewig in euch leben. Jhr Berge voller Wild / jhr leichte Vgelein / Die jhr singet / Hpfft vnd springet / Ach lasset euch sein Lob befohlen sein.

Auff Herren C. W. vnd Jungfraw A. R. Hochzeit.

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WOl dem der wol vergngt in seinem Stande bleibet / Vnd fein in stiller Ruh die lange zeit vertreibet / Thut nur was jhm gebhrt / derselbe lernet wol / Wie alles nach Gebhr verrichtet werden sol. So that die alte Welt / in welcher ohne kriegen

Musa Teutonica

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Ein jeder pflag sein Gut das schwartze Feld zupflgen / Damahls hielt nicht allein ein jeder Mensch’ in acht Sein Thun / so daß der reich / ein ander groß von Macht / Der dritte von Verstand vortrefflich ward gehalten; Die Gtter musten selbst das jhrig’ auch verwalten: Pan, der verbuhlte Pan, war bey der Hirten schaar / Vnd Bacchus Wohnhauß stundt im Reben gantz vnd gar / Die Ceres ließ die Frucht im Felde wol gedeyen / Saturnus pflag im Herbst die Kruter abzumeyen / Apollo hielt die Leyr / vnd Mars sein blutigs Schwert / Vnd Juno schaffte Geldt / Neptunus saß zu Pferd / Pallas auß Jupiters jhrs Vatters Haupt gebohren / Gab Weißheit vnd Verstandt / Fraw Venus ward erkohren / Die Menschen beyderseits durch wahrer liebe Band Zu fgen ordentlich in den ehlichen Stand / Vnd daß so weiter fort. Der Mensche That sich ben Jn dem / daß seinem Sinn pflag einig zu gelieben; Nun hat sichs gar verkehrt: Der vor ein Kauffmann war Der bawet nun das Feld / der vor mit Martis schaar Viel Stdt’ vnd Frstenthumb so lang’ hat durchgelauffen / Der mhet sich jtzund die Wahren zu verkauffen. Der vor zu Acker gieng / geht nun den Krieg zu sehn / Nimbt Harnisch / Schwert vnd Spieß / lest Pflg’ vnd Eggen stehn. Der vor mit grosser mh’ im Schweiße must’ erlangen Sein Brod / dem ist die Lust zur Arbeit nun vergangen. Streicht bettlen hin vnd her / der vor ein Knstler war / Gibt sich jtzt williglich in Thetys nasse Gfahr. Ja der sich ehmals hat’ dem Phœbus gantz verlobet / Leufft jtzt der Trummel nach / sicht wie Bellona tobet / Vnd das geht also fort durch alle Reich’ vnd Land / Es hat die gantze Welt fast gar sich vmb gewandt / So daß ein jeder bald auß seinem Stand’ ist kommen / Vnd hat was anders vor / Cupido außgenommen / Der bleibet der er ist / Cupido ist der Mann /

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Dem weder Zeit noch Ort die Sinnen endren kan. Er hat viel tausendt Jahr sein Kauffmanschafft getrieben / Die bloß vnd schlecht besteht in rechter Kunst zu lieben. Die Wahren / die der Schalck sonst zu verkauffen pflegt / Sind Pfeile / die er stets im Kcher mit sich tregt: Der ein’ ist wunder sß mit Honigseim geschmieret / Dadurch so manches Hertz’ ist jmmerlich verfhret / Der ander ist gedunckt in schwartz vnd bittre Gall / Bringt dem / der schlffrig liebt sehr offtermahls zu Fall. Der dritt’ ist voller forcht / der vierdte lauter hoffen / Der fnffte Lust vnd Frewd / wol dem den dieser troffen! Der sechste brent wie Fewr / der letzt’ ist ohne Rath / O weh der armen Seel / die der verwundet hat! Nun daß ist all sein Gut / nun daß sind seine Wahren Mit welchen er die Welt pflegt durch vnnd durch zu fahren / Diß ist sein Kauffmanschafft / diß ist sein Thun vnd Werck / Diß ist sein Frewd’ vnnd Lust / sein Rstung / Gut / vnd Strck. Hierdurch verkaufft er vns Fewr / Wasser / Seufftzen / Trnen / Liebhaben / hoffen / klagen / eifren / heulen / sehnen. Hiedurch bezwingt diß Kindt so manchen thewren Heldt / So daß er selber bleibt ein Printz der gantzen Welt. Herr Brutigam auch jhr habt Kauffmanschafft gepflogen Mit diesem Handelsmann / seyd aber nicht betrogen / Er hat euch warlich jtzt mit solcher Wahr begabt / Daß jhr dem Hchsten stets dafr zu dancken habt; Nun rewet jhn der kauff / nach dem’ er hat verlohren Die Kron / die schne Kron / Venus zum Trotz geboren / Drumb leufft der blinde Gott jetzt zornig hin vnd her / Nur bey der Braut zu sein ist einig sein begehr / Er wil nicht von jhr gehn / ja wann er sie sicht netzen Jhr Mndlein / thut der Schalck sich in den Becher setzen / Daß er der schnsten nur dem Brutgam zum verdruß (Weil er sonst nichts nicht kan) verehr so manchen Kuß. Das merckt jhm Venus ab / beruffet die Gttinnen / Sie wil daß dieses Spiel der Brutgam sol gewinnen /

Musa Teutonica

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Vnd nicht jhr arger Sohn / drumb rufft sie ins gemein Den Nymphen, daß diß paar ja bald mg’ einig seyn.

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Venus an die Nymphen. ode trochaica. O Jhr Nymphen kompt doch springen / Jungfraw Braut die wil zu Bett’ / Eilet daß wir in die wett’ Jhrem Krantz’ ein Grablied singen / Kommet / schawt das Brutlein an / Wie sie doch so trawren kan. Nun wir wollen mit jhr gehen / Vnd wann den die Jungfrawschafft Geitzig wird hinweg gerafft / Werden wir zun Fssen stehen / Keine soll abweichen nicht / Biß daß zarte Glaß zubricht. Last vns eilen / last vns lauffen / Hesperus verlest die Wacht / Luna scheint nicht mehr die Nacht Mit der klaren Sternlein hauffen / Lucifer mit seinem Glantz Schicket sich zum Morgentantz’. O jhr zwey so liebe Hertzen / Nehmet wahr der frligkeit / Es ist nun die rechte Zeit Lieben / spielen / kssen / schertzen / Lasset alle Noth vnd Pein Nun im Bett vergraben seyn. Meinem Sohn’ hab’ ich befohlen Daß er fleissig halt’ in Hut Euch / die jhr Hertz / Seel’ vnd Muth

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Eins dem andren habt gestohlen / Er wird trewlich halten Wacht / Biß der Streit zum End gebracht. Nun wollan auß beyden lieben Zwoen Seelen / beyder Leib Wird nur eins / heist Mann vnd Weib / Jungfrawschafft ist gantz vertrieben / Hymen trawret inniglich Amor mein Sohn frewet sich. Jungfraw Braut hat sich ergeben Letzlich noch in meinen Schutz / Da sie mir zuvor mit trotz Pflag so starck zu wieder streben / Nun bleibt jhr der frewden Krieg / Mein ist der Triumph vnd Sieg. Sie hat jhren Krantz verlohren / All’ jhr seufftzen ist vmbsonst / Doch sie hat vor lange Brunst Sttigs lieben nun erkohren / Die zuvor ein Jungfraw war Wird dadurch ein Weib so gar. Nun jhr Nymphen last erschallen Ewre Stimm zu guter letzt / Weil jhr doch ein Lied gesetzt Beyden lieben zugefallen / Nun so singt zu dieser frist Weil der Krantz verlohren ist:

Musa Teutonica

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Chor der Nymphen. ode jambica. SO gehts / wann sich verlohren Daß grosse Himmels Liecht / So ist die Nacht geboren / Gott Phœbus sicht man nicht / Vnd ob schon kompt gegangen Diana seuberlich Mit jhren bleichen Wangen / Steht sie doch trawriglig. So schnell ist auch erstorben Die zarte Jungfrawschafft / Die Kron ist nun verdorben / Der Krantz hinweg gerafft / Die Braut thut nur beklagen Deß Brutgambs lose tck’ / Als der hat drffen wagen Ein so gar khnes Stck. Gott Hymen ist betrbet Vnd klagt in seinem Sinn: Das daß / was er geliebet Geraubet ist dahin; Die Braut hat vnsren Orden Verlassen gantz vnd gar / Jst nun ein Frewlein worden / Die vor ein Jungfraw war. Wir Nymphen’ die wir bleiben Junckfrewlein allezeit / Wir pflegen den zu treiben Viel klagen / Angst vnd Leid / Wann Amor vns verfhret Ein zartes Jungfrwlein Die keinen Mann berhret /

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Jst vns die schwerste Pein. Doch weils nun ist geschehen / So bleibts auch wol dabey / Alles muß doch vergehen / Es sey auch was es sey / Es wird offt hingenommen Jn so gar krtzer Zeit / Daß nicht kan wieder kommen Jn alle Ewigkeit. So ligt nun hier begraben Die edle Jungfrawschafft / O Brutlein danckt dem Knaben / Die ewren Trnensafft Daß thewre Pfand verwahret / Die tropffen allzumahl / Die sonsten Venus sparet Jn jhres Himmels Sahl. Fahrt fort jhr lieben Hertzen / Verbringt die lange Nacht Mit lieben / kssen / schertzen / Biß Phœbus wiedr erwacht / Der hchste wol’ euch geben Ein Pfand / das euch erfrewt Vnd auch nach langem leben Die Kron der Ewigkeit.

Auff einen stoltzen auffgeblasen Tropffen. Epigramma Johan: Oweni. JSts nicht ein wunder Ding / dort gehet auff der Gassen Ein grober stoltzer Tropff / vnd wil sich schawen lassen Jn Kleidren die gemacht von schnen Seiden Gwandt / Vnd hat doch kaum gesehn zwo Stdt’ im gantzen Landt;

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Ein ander der die Welt durchzogen hin vnd wieder / Der geht im schlechten Tuch die Gassen auff vnd nieder.

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Er beklagt sich / daß er so fern von seiner ­Liebsten sein muß. sonnet. ACh daß mein liebster Schatz ist so gar weit von hinnen! Ach daß vergangen ist so mannig Tag vnd Stund’ Jn der ich nicht gekst der schnsten rothen Mund! Jch weiß vor trawren nicht was ich bald sol beginnen; Jhr Berge / die jhr seyd viel hher als die Zinnen / Jhr Tler hellen tieff / jhr Hgel Kugel rundt So zwischen jhr vnd mir gelegen / thut jhr kundt / Daß ich nicht lenger kan bezwingen meine Sinnen. Vnd du Westwindelein / fhr jhr die seufftzen zu / Dazu den Trawrgesang / den ich stets fhren thu. Die Trnen die man mich so klglich sicht vergiessen / Zeuch zu dir in die Lufft O hell leuchtende Sonn / Vnd fhre sie geschwind zu meines Lebens wonn / Ob ich zu letzte noch mcht’ jhrer Lieb geniessen.

An die zrnige Sylvia. Daß sie jhm doch wieder Gndig sein wolle. ode jambica. KAn den mein trawrigs Hertz’ vnd Sinn O allerschnste Schfferin Nicht stillen deinen Grim? Sol ich den gantz vnd gar verzagen?

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Jch schrey mit heller Simm: Schaw selber wie du mich thust plagen / Daß auch der Trnenbach mit hauffen Muß ber meine Wangen lauffen. Jch habe zwar erzrnet dich / Davor plagst du mich Grimmiglich; Doch ist die schwerste Pein / Daß ich O Gttin dich sol meiden / Ach laß dein zrnen seyn / Jch kan die Straff nicht mehr erleiden / Viel lieber wil ich von der Erden Durchs Schwerdt hinweg gerissen werden. Kan den mein Schmertz vershnen nicht Hertzlieb dein fewrigs Angesicht! Sag was ist meine Buß? Wilt du mich gar zum Schlaven machen / Zum Schemel deiner Fß? Daß sind vor mich nur schlechte Sachen; Jch wil mich von dir tretten lassen Mit Fssen / wilt du mich nicht hassen. So offt’ ich O meins Lebens Liecht Bedencke was ich hab verricht / So bin ich nicht bey mir / Es war zu viel dich zu verletzen / Ach weh’ ich sterbe schier. Wirst du mich nicht mit Trost’ ergetzen / Ja lesset du mich lenger qulen / Muß ich mich nur dem Todt befehlen. Wie war ich doch so gantz bethrt / Daß ich die schnste hab versehrt O du mein tolles Hertz? Doch weil du ließest dich bewegen / So leid’ auch nun den Schmertz Den sie dir zornig thut aufflegen Es war ja billich sie zu lieben;

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Gttinen sol man nicht betrben. Wollan mein Lieb so rechne dich An meinen Gliedren grimmiglich / Zerreiß mir mein Gesicht / Du magst mein junges Blut vergiessen / Jch wil dirs wehren nicht / Ja solt’ ich auch mein Leben schliessen; Jch wil dir gar nicht wiederstreben / Dir thu ich Leib vnd Gut ergeben. Eins bitt’ ich noch von dir zu letzt / Wann dich mein Elend gnug ergetzt / So nimb mich wieder an / Vnd laß mich deinen Diener bleiben / Jch wil so lang’ ich kan Dein Lob in alle Bcher schreiben: Dein Ruhm sol weit vnd breit erschallen / Vnd du wirst Gott vnd mir gefallen.

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Glckwnschunge Als der Durchleuchtiger Hochgeborner Frst vnd Herr / H. Friederich / Erbe zu Norwegen / Hertzog zu Schleßwig / Holstein / der Stormaren vnd der Dithmarschen / Graff zu Oldenburg vnd ­Delmenhorst etc. mit seinem Frstlichen Gemahl nacher Dreßden verreiset. DEin Morden / Raub vnd Brandt / O Mars du Gott der Kriege / Du Feldherr dieser Welt / du geber aller Siege / Du grosser Capitain, dein wrgen hats gemacht / Daß vnser thewrer Printz zu reisen ist bedacht. Jhn jammert vnser Noth / damit Bellona plaget

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Daß edle Teutsche Reich / ein Reich daß gleich verzaget Vnd voller schrecken steht / ohn’ allen Muth vnnd Sinn / Ja gibt den frembden sich zum Raub’ vnd Opffer hin. Der edle Friederich thut eintzig darnach ringen / Daß den verlohrnen Fried’ er mge wieder bringen / Frwar ein solchen Schatz / der vber Gold vnd Gelt Den Frommen / ja Gott selbst im Himmel wol gefelt. Ach Phœbus mchtest du viel solcher Frsten schawen / Die Martis leichten Volck’ vnd Thaten nicht vertrawen; So wer’ Irene lngst zur Gttin vns gemacht / Vnd Teutschland seine Ruh’ vnd Leben wider bracht. Nun dieses vnd noch mehr hat vnsren Printz bewogen / Daß er O Holstein jetzt von dir ist weg gezogen / Drumb trawre nicht so sehr; zwar groß ist die Gefahr Jn welche sich begibt das Edle Frsten paar; Doch glaub’ ich festiglich / daß Gott sie so wird fhren / Daß sie kein’ Angst noch Noth deß Krieges wird berhren / Weil dessen Rath vnd Thun fest wie ein Mawr besteht / Der nur nach Ampts gebhr auff seinen Wegen geht. Das weiß der thewre Frst / der Gott von Hertzen liebet / Vnd sich in seiner Forcht / der hchsten Tugend bet / Vertrawet jhm’ allein / helt sein Gewissen rein / Drumb muß auch all sein Thun durchauß glckselig seyn. Fahrt hin O edler Printz der hchste wol’ euch gleiten / Der grosse Michael, der sonsten pflegt zu streiten Stets vor sein armes Volck / der fhr’ euch hin vnd her / Vnd wende von euch ab all Vnglck vnd beschwer. Er laß’ ewr liebstes Hertz mit Frewden bald anschawen Jhr werthes Vatterlandt. O Frstin aller Frawen / O Blume dieser Zeit / der gantzen Welt bekandt / Es sehnet sich nach euch daß werthe Meißnerlandt / Vnnd auch sein grosser Frst’. Ach mchtet jhr mit frewden Vnd gutem frieden baldt von Dreßden wieder scheiden! Fahr hin du werthes paar / gantz Holstein wartet dein / Vnd wnschet daß du bald mchtst wieder bey vns seyn.

Musa Teutonica

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Als jhre Frstliche Gnaden sampt deroselben vielgeliebten Frstlichen Gemahlin auch gantzen Comitat waren wiederumb frisch vnd gesundt anhero gelanget. ode pindarica. Strophe I. DV schner Gott vom Helicon Apollo, meine Frewd’ vnd Wonn / Du Musen Vatter / Himmels zier / Olymphus Liecht / eil’ her zu mir / Hilff Phœbus, hilff mir dißmahl singen Ein Frewdenlied / daß weit vnd breit Jn dieser glden Sommerzeit Mg’ vber Berg’ vnd Thal erklingen. Erreg’ in mir Hertz / Sinn’ vnd Muth / Durch deines hohen Geistes Gluth / Daß ich mich frlich kan erweisen / Vnd ewig bey mir selber preisen Die frewden Zeit / den schnen Tag / An welchem nun sind wieder kommen Die / so vns Meissen hat genommen / Die alle Welt hoch rhmen mag.

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Antistrophe I. Du schner Gott / nun ist es zeit / Daß deine Kunst vnd Liebligkeit Sich lasse hren vberall Jn vnserm Land mit grossem Schall / Dieweil vns nun sind wieder geben Die Edle Printzen / denen wir

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Zu dancken haben fr vnd fr / Daß wir noch frey vnd sicher leben; Die vns durch jhren weisen rath Erhalten / ja auch mit der That Beschtzen / schirmen / nehren / lieben / Vnd in der Gottesforcht sich ben. Drumb wir auch billich diese Stund’ Vns frewen / daß die liebe Seelen So nur der Tugendt Schatz erwehlen / Sind wiedrumb hier frisch vnd gesund.

Epodos I.

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O du Landt / daß du von Steinen Vnd von Holtz den Nahmen trgst / Wann du deine Frewd’ erwegst / Darffst du warlich gar nicht weinen / Du bist noch in Fried’ vnd Ruh / Sichst den schweren Kriegen zu / Wie sie alles so verheeren / Gut vnd Blut der Welt verzehren / Du hergegen lebest still / Daß du einig hast zu dancken Deinem Frsten / der in Schrancken Wahrer ruh dich halten wil.

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Gleich wie es ist ein groß beschwer Dem Schiffer auff dem wilden Meer / Wann Æolus die Wasserfluth Den Bergen gleich auffschwellen thut / So daß die Wellen hher stehen Als Fahnen / Siegel / Mast vnd Bawm / Ja man von solchen Strmen kaum

Musa Teutonica

Die Sonne kan am Himmel sehen So gieng es vns jhr Frsten zier / Nachdem’ jhr seyd gereist von hier / So bald jhr nur hinweg gezogen / Jst gleich daß gantze Land bewogen / Die Wlder / Felder / Berg’ vnd Thal / Die fiengen trawrig an zu klagen / Die Thierlein wolten gleich verzagen / Die Menschen seufftzten berall.

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Antistrophe II. Gleich aber wie / wann vns die Nacht Viel wieder Willen hat gebracht Mit Regen / Strmen / Finsternuß / Mit Reiff’ vnd andrem mehr verdruß / Es bald darauff begint zu Tagen / Der Wind wird still’ vnd regt sich fein / Aurora kompt mit gldnem Schein / Vnd spant die Hengste vor den Wagen / Bringt vns deß klaren Phœbus Liecht / So weiß man mehr von trawren nicht / Man hrt die leichte Vglein singen / Man sicht die Thier in Bschen springen / Die grosse Welt vergist jhr Leidt; So gehts mit vns weil wir vernommen / Daß vnsre Printzen wieder kommen; Nun ist daß gantze Landt erfrewt.

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Epodos II. Berg’ vnd Thler hrt man schreyen: Friedrich aller Frsten zier Vnd sein Schatz sind wieder hier / Edles Holstein thu dich frewen /

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Sing mit vns vnd dancke Gott / Der sie dir beschtzet hat / Schawt wie thut die Eyder fliessen / Vnd ohn brausen sich ergiessen An der schnen Awen rand. Seht wie grn die Wiesen stehen Vnd die Wlder / weil sie sehen Vnsern Printz in seinem Land.

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Ja billich wird ein solcher Herr Gerhmet ber Sandt vnd Meer / Der nichts als Ruh’ vnd Frieden sucht / Der Krieg’ vnd allen Zanck verflucht / Der Gottes Ehr’ vnd Wort fr allen Jhm lesset angelegen sein / Helt Leib / Seel vnd Gewissen rein / Der muß ja warlich Gott gefallen; Auff Erden bleibt er fr vnd fr Der Printzen allerhchste Zier / Jm Himmel kan er auch ererben Daß ssse Leben sonder sterben / Die lange Frewd’ vnd wahre Ruh’ / Vnd wann sie sind hinweg genommen / So sicht man junge Helden kommen / Die wachsen schnell vnd nehmen zu.

Antistrophe III. 105

Dir Holstein hat der hchste Gott Jn Teutschlandts schweren Kriegesnoth / Da Mars regiert fast alle Welt / Bescheret einen solchen Heldt / Der Kriege meidet / Frieden liebet /

Musa Teutonica

Bey dem der edlen Tugendt Schatz So gar allein behelt den Platz / Der sich in schnen Knsten bet; Der Himmel hat jhm zugestelt Ein Frstlichs Bildt das jhm gefelt / Nach dem’ er sich ein Pflantz genommen / So von dem Rautenstock gekommen / Dem edlen Krutlein / daß den Gifft Vom schwachen Hertzen kan weg nehmen / Ja Krten / Molch’ vnd Spinnen zehmen Daß alle Kruter vbertrifft.

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Epodos III. Der du alle Welt regierest / Der du scheidest Tag vnd Nacht / Der du alles hast gemacht / Der du Sonn’ vnd Wolcken fhrest; Ach laß doch diß Edle paar Bey vns bleiben so viel Jahr / Als es selbsten wird begehren. Thu jhm doch O Gott bescheren Fried’ vnd Frewd’ in dieser Zeit / Edle Pflntzlein Landes Erben / Ehr vnd Ruhm / ein Seligs sterben / Vnd die Kron der Ewigkeit.

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An den Ring / welchen jhm seine Charitnis vberschicket hatte. epigramma.

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O Pfandt / O edles Pfand / daß vormahls hat vmbringet Die schnste Fingerlein / der / die mein Hertz bezwinget / Biß wilkom tausendmahl / nun solt du meine Hand Auch zieren / weil du bist der Liebsten Trew’ ein Pfandt. Ach was beginn’ ich nun? Bald muß ich dich ansehen / Daß mir fast alle Frewd’ vnd Lust drob thut vergehen / Bald kß’ ich dich mit Lust / bald leg’ ich dich dahin / Bald nemb’ ich wieder dich / so daß mein Hertz’ vnd Sinn Durch dich verzaubert wird. Ach Ringlein laß doch kommen Die dich getragen hat / so wird mir bald benommen Die bitter ssse Pein / dann wil ich sonder schmertz Nicht (Ringlein) kssen dich / sondren mein Liebstes Hertz.

Er beklagt sich / daß er auch in der Frlings Zeit seiner Liebsten Hertz nicht kan erweichen. sonnet.

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JEtzt da daß grosse Liecht der Sonnen zu vns dringet / Verendert sich geschwind die kalte Winterszeit / Es weicht dem Phœbus auch deß Eises hrtigkeit / Die warme Frlings Lufft den liechten Schnee bezwinget; Mein abgemattet Hertz daß alle Stunden ringet Mit meiner liebsten Hertz’ / kan dessen grawsambkeit Erweichen nimmer doch / drumb hat sichs gantz bereit Zu sterben / weil sein Wunsch durchauß jhm nicht gelinget. Was je geschaffen war das endert sich zu letzt / Vnd wird ein jedes Ding nur durch die Zeit versetzt;

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Auß Erden wird ein Stein / das Wasser kan erweichen Der Steine hrtigkeit; kein Hitz / kein Sonnenschein / Kein Wasserfluth erweicht das Hertz der liebsten mein / Jhm mag kein Eiß / kein Schnee / kein Stein sein zu vergleichen /

Auff einen verlogenen Soldatischen ­Auffschneider. HJlff Mars du grosser Gott / daß abermahl ankommen Dein trewer Soldener / das haben wir vernommen Mit grosser Frewd’ vnd Lust. Es schawen allzumahl Mit forcht vnd zittren an den / der ohn’ alle Zahl Die Feinde wrgen tht / vor dem die Lwen wichen / Der alles was er fand mit ohnzehlichen Stichen Hinrichtete geschwind’ / er hielt mit dapffrem Muth Die Fahn’ in einer Hand / er suchte nur das Blut Mit seiner andren Faust / daß von dem Hertzen rinnet / So / daß sein Angesicht darob vor Knheit brinnet. Die Piecken / Spieß’ vnd Speer helt er wie leichtes Hew / Der Sbel / Dolch vnd Schwerd sind jhm nur lauter Sprew /

Das brausen vnd der knal der groben Feldgeschtzen / Die Mrser so das Fewer hoch in die Lufft außsprtzen / Helt er vor Kinderspiel / ja der Mußqueten klang Vnd Carabiner Thon / ist jhm’ ein Liebsgesang. Die Schtzen fliehen jhn / die Krissierer weichen / Biß daß er sie zu letzt gantz Eifrig thut erreichen / Dann schlegt er khnlich zu / ja fllet Roß vnd Mann / So das kein Mensch noch Thier vor jhm bestehen kan. Er bricht in schneller Eil viel Schwerdter / Spieß’ vnd Stangen / Man must jhm jmmer fort vnd fort mehr newer langen / Biß daß er gantz mit Blut gleichsamb geferbet war / Vnd er deß Feindes Heer erleget gantz vnd gar. Dann nimpt er nach begehr Siegreich zu seinen Hnden

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Die Schlsser / Vesten / Stdt’ in abgelegen Landen / Die Schantzen beben auch / vnd tragen diesem Held Die Schlssel selber zu; die Klster geben Geldt Vnd guten starcken Wein / biß er hat außgefochten / Dann wird dem khnen Mann’ ein Siegeskrantz geflochten Von denen die auch selbst geholffen jhm’ im Streit / Biß endlich geht heran die kalte Winterszeit / So kompt daß edle Blut / der Mann von großen Thaten Den wieder zu vns her / daß er den Martins Braten Verzehren helff’ vnd vns berichte Wunderding / Wie seltzam vnnd wie schwer es jhm’ im Krieg’ ergieng. Da hat er grosses Lob mit seiner Faust erworben / Er hat der Feinde Landt in seinem Grim verdorben / Nun kompt der thewre Held / vnd wil sich abermahl Außrsten eins zu Pferd / daß er mit grosser Zahl Der newen Reutersleut / die er zusammen bringen Auch selber fhren wil / die Leute mg bezwingen. O braver Capitain, O tapffrer Kriegesmann / Wer ist der deinen Ruhm gnugsamb erhhen kan? Wie weist du doch so wol Soldaten zu regieren? Wie knstlich weist du sie doch an vnd ab zu fhren? Glckselig ist der Herr / der solche Ritter hat / Bey deren worten auch zu finden ist die That. Ja warlich / wo mir recht / weiß ich mich zu entsinnen / Daß da man eine Stadt mit Lgen kan gewinnen / Da bist du Capitein / da hast du deine Macht Erwiesen / vnd das Lob allein davon gebracht. Jch wnsch’ es wolle dich bey Tag vnd Nachtes zeiten Der Lgen grosser Gott Mercurius begleiten / Den der ist dein Patron / doch ist der Lohn sehr schlecht / Den seinen Dienern er zu letzt zu geben pflegt. Nun hte du dich selbst / vnd kanst du Ruhm erjagen Mit deiner Lgen Kunst / so wollen wir frey sagen: Ach wie hat sich die Welt verkehrt so wunderlich / Komm’ edle Lgen / komm / geh Warheit / packe dich.

Musa Teutonica

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An den Edlen vnd Hochgelahrten Herren / ­Johannem Dow, J. U. D. vnnd Canonicum Brunswicensem. elegia. MAn zweiffelt offtmals sehr / worinn doch sey zu finden Deß Lebens wahre Ruh / man mhet sich mit fleiß Der Seelen hchste Frewd’ vnd Wollust zu ergrnden / Die allen zwar beliebt / doch vnterschiedner Weiß’. Ein jeder der da lebt / hat daß jhm’ außerkohren Was er am liebsten hat / vnd meint in seinem Sinn / Daß ders mit jhm nicht helt / hab seinen Witz verlohren / Ja lauf’ auß Vnverstand schlecht mit dem Pbel hin. Viel halten das fr groß / wann sie den Koth der Erden / Daß schnde Goldt vnd Geldt besitzen heuffig nur / Vnd mssen doch dadurch zu Schand’ vnd Spot’ offt werden / Gold ist ein eitels Ding vnd Mammons Creatur. Viel sicht man Tag vnd Nacht nur eintzig dahin trachten / Daß sie durch Krieg vnd Blut erlangen hohes Lob / Jhr Schwert behelt den Preiß / dagegen sie verachten Die Kunst vnd Wissenschafft / gantz hnisch / schlecht vnd grob / Vnd thut doch vnter deß jhr pochen bald verschwinden / Wann mit der Seelen auch zugleich jhr Ruhm vergeht / Den ist jhr trotzen auß; Noch andre sein zu finden / Die meinen daß jhr Glck in solcher Lust besteht / Die von Cupido kompt / sie halten das daß lieben Die hchste Wollust sey vnd beste Frewd der Welt; Ach nein / sie jrren weit / auff lieben folgt betrben / Das zeuget von sich selbst so mancher theurer Held. Viel halten / daß die Lust deß Lebens steh’ im jagen / Wann nemblich Hirsch’ vnd Reh frisch durch die Wlder gehn; Noch andre sein / den thut das spielen wol behagen /

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Sie lachen / wann sie nur die Wrffel kommen sehn. Viel lauffen Bacchus nach / vnd seinen sssen Reben / Sie jauchtzen vnd sind froh / wann nur jhr Kropff ist vol. Viel haben sich so gar dem Tantzen auch ergeben / Nicht wenigen gefelt daß znckisch fechten wol. Vnd wer kan allzumahl / was brig ist erzehlen? Ein jeder liebt daß sein / vnd helt es trefflich werth. Das Vrtheil wil ich zwar der Glarten schaar befehlen / Jch nenn’ es Eitelkeit / ja Thorheit hie auff Erdt. Jhr hochgeehrter Herr’ jhr warlich habt gefunden Die wahre Frewd’ vnd Lust / die nur allein besteht Jn Tugendt / Lehr’ vnd Kunst / Jhr habt euch vnterwunden Der edlen Wissenschafft / die ewig nicht vergeht. Jhr habt viel schne Theil der grossen Welt durchzogen / Zu kauffen Pallas Wahr’ vnd vieler Sprachen Zier / Frwar jhr seyd noch nicht in ewrem kauff betrogen / Das weiset jtzt die Zeit / vnd lehrt es fr vnd fr. Es war fr euch nicht gnug / das Themis hat gegeben Euch lngst den hchsten Preiß / der Kunst vnd Tugendt lohn; Jhr thatet mehr vnd mehr nach hoher Weißheit streben / Nach Weißheit die euch gibt die allerschnste Kron / Die Kron der Ewigkeit; Jhr habt mit fleiß ergrndet Die Wunder der Natur / deß Himmels eigenschafft / Ja daß auch / was im Meer / im Fewr vnnd Lufft sich findet / Dazu der Kruter / Tier / Fisch’ / vnnd Metallen krafft. O selig der also im Himmel mag regieren / Betrachtendt wie die Sonn / Mond / vnd der Sternen Heer Am schnen Firmament den schnellen Lauff vollfhren / Vnd wrcken wunderlich auff Erden vnd im Meer! O selig / der wie jhr die Seelen der Metallen Vnd jhr geheime Krafft recht zu erforschen weiß! Dem muß die Wissenschafft von Hertzen ja gefallen Die zwar verborgen ist / vnd doch behelt den Preiß. Was mancher hefftig sucht / daß habt jhr lengst gefunden / Was den? Deß Himmels Glantz / die Herrligkeit der Welt /

Musa Teutonica

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Bey vielen ist es zwar im Fewr vnnd Dampff verschwunden / Die suchten nicht die Kunst / nur bloß daß schnde Geldt; Doch ich geh fast zu weit / diß wird die Zeit wol lehren Obs gleich die Welt verlacht; Auch diß ist preisens wehrt / Daß so viel Sprachen noch ewr Lob vnd Ruhm vermehren / O schnste Wissenschafft / der mancher so begehrt! Was wil Petrarcha doch vnd Ariost viel prangen Mit jhrer Zierligkeit / die sonst Toscana gibt? Wer euch O ssser DOW zuhret mit verlangen / Der hat sich also bald in diese Sprach verliebt. Was wil Bartasius vnd Ronsard noch viel schreiben / Die Sternen vnser zeit / die Franckreich helt so hoch; Ewr Nahm’ / ewr grosser Nahm Herr DOW wird ewig bleiben; Jhr schreibet wie Marott, vnd seyd ein Teutscher doch. Jch wil gantz Cimerland durchauß glckselig preisen / Weils auch mit frembder Kunst so schn gezieret ist; Der hchste wol vns nur die grosse Gnad’ erweisen / Vnd euch O Pallas Kindt vns gnnen lange frist. Wol dir du Vaterland / wo mir mein Wunsch gelinget / Jch halt sein wissen hoch / doch thu ichs nicht allein; Hrt / hrt / was Phœbus selbst mit seinen Tchtern singet: Seyd froh / der edle DOW solt Printz auff Aon sein.

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An einen ruhmschtigen / großsprecherischen vngelehrten Pedanten. sonnet. DEin liegen / o Pedant, dein Ehrgeitz thut mich zwingen Daß ich die grosse kunst / lehr’ / vnd geschicklichkeit / Der du gantz vnverschmt dich rhmest weit vnd breit / Muß denen noch zu letzt / die dich nicht kennen / singen; Frwahr / der Tugend liebt / dem mcht das Hertz zuspringen

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Wann er dich schneiden hrt; du Hoffnung’ vnser Zeit / Du andrer Lipsius / deß sich Europa frewt / Du weist viel Sprachen schn vnd zierlich vorzubringen / Bey dir ist Paulus Geist / im Fall du lehren solt / Du newer Theophrast, du machst was mehr als Gold. Du Orpheus hast die Welt fast durch vnd durch gezogen / So daß auch hin vnd her durch Teutsch vnd Welsches Landt / Jn Franckreich vnnd zu Rom dein Nahm’ ist wol bekandt / Doch was hie gutes steht von dir / das ist erlogen.

An den Ehrnvesten vnnd Hochgelahrten Herren Albertum Kirchofium, Medicinæ Doctorem felicissimum.

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MAn sagt / das Phœbus Sohn (der erstlich hat erfunden / Wie man recht heilen sol Kranckheiten / Gifft vnd Wunden) Hab’ eh’ Hyppolitum nur durch der Kruter macht / Wie auch deß Minos Sohn / ins leben wider bracht. Frwar / daß wer zu viel / auch die vom Tod’ erwecken / So ohne Seel’ vnd Geist sich in den Sarck hinstrecken / Wenn daß noch knt’ ein Artzt / der het’ ein grssern Ruhm Als mancher’ wenn er schon beseß’ ein Keyserthumb. Den was hilfft Gold vnd Gelt / Kunst / Ehr’ vnd prechtigs leben / Wenn man den bleichen Todt nun vor sich her sicht schweben / Vnd fodren sein Gebr? Ja wo ist den der Mann / Der dieses Wrgers macht vnnd Grim bezwingen kan? Die Alten haben diß nur einem zu geschrieben / Dem Æsculpius, der sonsten hat betrieben Viel wunders durch die Kunst; Es ist zwar ein Gedicht / Dennoch so sind der viel / die es verstehen nicht / Sie haben / halt’ ich / nur hiemit schlecht wollen weisen / Wie hchlich die Artzney vnd auch der Artzt zu preisen / Wann mancher wird so schnel von seuchen angesteckt /

Musa Teutonica

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Wann manchem das Geblth’ ein Kranckheit hat erweckt. Nun dem sey wie jhm wol’; Jch selber muß bekennen / Daß man die guten Artzt mit fug mag Gtter nennen / Es hilfft der Hchste zwar durch seine Gt’ allein / Doch wissen wir / daß sie auch Gottes Diener seyn / Sein Zeug vnd Instrument. Wann dich die Seuch’ ergrieffen So daß dein Fleisch vergeht / das Marck begint zu trieffen / Der Odem wird zu kurtz / das Haupt fhlt grossen Schmertz / Die Leber brent wie Fewr / dir klopffet stets das Hertz / Der Magen muß die Speiß’ vnd Nahrung wider geben / Die Zunge thut fr Hitz’ am drren Gaumen kleben / Du voller angst vnd noth schawst weib vnd kinder an / Sag mir wer ist alsdenn der dir noch helffen kan? O edle Medicin, du bist vom Himmel kommen / Du / du bist aller Welt gemacht zu Nutz’ vnd Frommen / Du hilffst wann nichtes hilfft / kein’ Ehr / Pracht / Geldt noch Gut / Wiewol der hchste Gott diß alles durch dich thut. Herr Kirchhoff glaubt mir daß / ich selber habs erfahren / Als mich das tolle Fewr der Pest vor wenig Jahren Dermassen angesteckt / daß Witz / Verstandt vnnd Sinn / Ja schier die Seel’ vnd Geist selbst waren gar dahin / Kaum mcht’ ich mein Gestalt / noch auch die Freund’ erkennen / Jch lag in heisser Gluth / vnd meinte zu verbrennen Jn solcher Flamm’ vnd Gifft / da hat der grosse Gott Durch euch O werter Freund gelindert meine Noth; Jhr habt durch ewre Kunst vnnd Wissenschafft mein leben / Das schier verlohren war / mit Gott mir wieder geben. Man sagt’: Jch wer vorlengst in Tellus Schoß gebracht / So habt jhr mich in kurtz frisch vnd gesund gemacht. O jhr Machaon selbst / O Philon außerkohren / O Acron, nicht Athen, nur vns zum Trost gebohren! Dem / der mich hat erzeugt / dem danck’ ich / daß ich zwar Das Leben von jhm hab’ / daß aber so viel Jahr Nach dieser schweren Noth ich schweb’ in Phœbus Schrancken

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Das hab’ ich euch negst Gott / O thewrer Freund zu dancken / Drumb sol ewr hohes Lob bey mir auch nicht vergehn / So lang’ Apollo wird am blawen Himmel stehn. Jhr habt zur selben Zeit dem Tod mich auß dem Rachen Gerissen / solt auch nun gleich alle Welt verlachen Deß Theophrastus Kunst / so bleib’ ich doch dabey; Daß ein erfahrner Artzt noch mehr als Menschlich sey.

Auff den vortrefflichen / weitberhmten vnd Kunstreichen Musicum, Herren Johan. Schop. epigramma.

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ALs newlich ohngefehr Amphion war gekommen Mit Orpheus in die Stadt / so Hamburg wird genandt / Daß sie mit Phœbus Volck auch wrden da bekandt / Wie sie den nur darumb die Geigen mit genommen; So bald sie Schop gehrt: Auff / auff vnd laß’ vns gehn Rieff Orpheus, vnsre Kunst wird hier mit Spott bestehn.

An Cupidinem; daß er jhn doch verschonen wolle. sonnet.

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CUpido laß doch ab mein Hertz so zu beschweren / Es hilfft dich lauter nichts / daß ich so grosse Plag’ Erduld’ in Liebes pein vnd schmertz von Tag zu Tag’ / Jch kan doch leider nicht erlangen mein begehren; Cupido wilt du mir meins Hertzen Wunsch gewehren / So hilff daß endlich sich mg’ enden meine Klag / Daß mein’ betrbte Seel’ in trawren nicht verzag / Die sich zu jederzeit von Trnen muß ernehren.

Musa Teutonica

Ach het’ ich einmal ruh! ach wer mein Hertz befreyt / Wolt’ ich in schneller eil vergessen all mein Leid. Cupido kan ich dich mit zehren nicht erweichen / Daß du mit deinem Pfeil lest ab zu plagen mich / So laß die Fackel nur verbrennen jmmerlich Mein Hertz / so kan ich bald mein End’ vnd Todt erreichen.

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Weißheit gehet vber allen Reichthumb. ode trochaica. WEißheit ist der hchste Schatz / Der auff der Erden ist zu finden / Sie allein behelt den Platz / Wenn sonst alles muß verschwinden / Weißheit bleibt in aller Noth / Ja so gar biß in den Todt / Gibt Leben / Ehr’ vnd Brodt. Reichthumb dient doch nirgends zu / Als die Hertzen zu beschweren / Der viel hat / lebt ohne Ruh / Thut sich nur mit Forcht ernehren / Der ist ja ein armer Mann / Der sein Gelt nicht ntzen kan / Ja kaum darff greiffen an. Weißheit achtet keiner Gunst / So von Frsten pflegt zu kommen / Helt nicht viel auff liebes Brunst / Die sonst bringt so wenig Frommen / Sie hat jhren Sinn gestelt Nur auff Tugendt / nicht auffs Geldt / Weil jhr der Geitz misfelt. Wer nur reich von Weißheit ist / Kan die gantze Welt verlachen /

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Daß auch / was sich selber frist Rach vnd Neid zu schanden machen / Er kan trotzen was er sicht / Achtet Fewr vnd Wasser nicht / Die Weißheit ist sein Liecht. Suche / wer da suchen wil Ehr’ vnd Gut in diesem Leben / Mir gefelts fein in der still Sich der Tugendt zu ergeben. Die erfrewet Hertz’ vnd Muth / Wann der Schatz verschwinden thut / Die Weißheit ist mein Gut.

An den Woledlen / Gestrengen vnd Manhafften Herren / H. Marquardt Rantzow / Knigl. Majestt zu Dennemarck wolbestalten Obristen vnd Amptman auff Hanrow / als er jhm folgendes sein KlagGedicht berschickete. epigramma.

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MEin trawrigs KlagGedicht / voll seufftzen / Angst vnd Trnen / Daß sich so hefftig thut nach vnsrem Printzen sehnen / Dem thewren Printzen / den der Tod hat hingerafft / Das Lied daß schick’ ich euch O Kron der Ritterschafft. Jhr zwar woledler Herr / seyd werth viel grsser Gaben / Wist aber auch dabey was die Poeten haben / Nur Gaben von Papier / doch wird zu jederzeit Durch sie der Helden schaar geschenckt die Ewigkeit. So last euch nun diß Lied / diß Klaggedicht gefallen / Jhr / der jhr seyd berhmt im Fried’ vnd Krieg vor allen / Jch sterb’ in ewrem Dienst’ vnd daß ich mein begehr / Verzeiht mirs Edler Herr / daß ich euch so beschwer.

Musa Teutonica

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KlagGedicht Auff den vnverhofften tdtlichen Abgang deß Hochwrdigsten Durchleuchtigsten / Hochgebohrnen Frsten vnnd Herren / H. Vlrichs / Knigl. Printzen zu Dennemarck / Erben zu ­Norwegen / Hertzogen zu Schleßwig / Holstein etc. KriegsObristen in Schlesien. ACh Hertz’ / ach trawrigs Hertz / mit heissem Blut beflossen / Vnd meine Augen jhr / die jhr so lang vergossen Den bittren Trnen Bach / ach seyd doch einmal stil / Weil ich dem grossen Printz sein Grablied singen wil; Du aber meine Seel / wie sol ichs doch beginnen / Sag’ an was mach’ ich doch? Jch kan mich nicht besinnen / Daß Hertzleidt ist zu groß / der Vnfall ist zu schwer / Die heisse Augenquel lufft wie ein Fluth daher / Mein Angesicht verbleicht / es fangen an zu zittren Mir meine Glieder all / die schwachen Bein’ erschttren / Die Sinnen gehn hinweg / die Ohren hren nicht / Das Blut erstarret mir / mein Hertz’ im Leib zubricht / Vor meiner Augen liecht begint es schwartz zu werden / Jch taumle hin vnd her / ich fall fr Angst zur Erden / Jch ken mich selber nicht / ich weiß nicht wer ich bin / Wann mir der thewre Printz nur einmahl kompt in Sinn. O Knigliches Blut / entsprossen von den Helden / Von welcher hohen Lob der Himmel weiß zu melden / Die man daselbst auch kent / da Phœbus Liecht auffsteht / Vnd da der bleiche Mond zu seiner ruhstat geht. Jch muß hie Friederich den tapffren Frsten nennen / Den andren so genandt / den alle Welt thut kennen / Jhn hat die Fama lengst vom kalten Mitternacht Biß gar nach Thule hin so hoch berhmt gemacht /

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Daß sein wol wird gedacht so lang die Klippen stehen Die sonst Norwegen hat / so lange man wird sehen Die Schiffer auff dem Bellt / die Segel in der See / So lang der Heckelberg behelt den leichten Schnee. Jhm folget Christian / den jetzt die Welt anschawet / Vor welches grosser Macht dem Neidhart selber grawet / Ein Held im Fried’ vnd Krieg / sehr groß von rath vnd that / Der elteste Monarch, den jetzt Europa hat. Wer kan doch jmmermehr den Knig gnugsahm loben / Den seine Tugendt selbst gen Himmel hat erhoben / Die vber alle Meer’ vnd hohe Wolchen schwebt / Daß auch sein grosser Nahm’ im reichen China lebt / Den in America ein jeder weiß zu nennen / Den Eißlandt Herscher heist / den Gronlandt muß erkennen So mechtig / prchtig / starck / so reich in Mitternacht / Daß auch gantz Orient beneidet seine Macht; Den Teutschlandt hchlich liebt / den Welschlandt pflegt zu preisen / Dem Spanien / Niederland / vnd Franckreich Ehr’ erweisen / Den Engelland hoch helt; Ja der sein grosses Reich Mit gut’ vnd strengigkeit im fried’ erhelt zugleich. Der ists o edler Printz von dem’ jhr seyd entsprossen / Von dem’ ewr Blut herkam / daß nunmehr ist vergossen! Der euch so hoch geliebt / der euch mit weisen rath Jn ritterlicher Zucht selbst vnterwiesen hat; Von dem’ jhr habt zu gleich (o gldne Kron der Jugendt) Ererbt den grossen Schatz der Mannligkeit vnd Tugendt / Jhr anderer Gustav; Daher war auch kein Land / Da man den thewren Held auß Dennemarck nicht kant. Euch war an Gottesforcht Hiskias nicht zu gleichen / Auch Davids tapfferkeit mcht’ ewre kaum erreichen / Jhr andrer Salomon, jhr Printz von klugem rath / Der offt so grossen Nutz bey vns geschaffet hat. Jhr habt die Messigkeit der Tugendt grundt geliebet / Jhr habt euch vberal so ritterlich gebet /

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Daß wann der starcke Feind euch sah’ heran hergehn / So drffte keiner mehr vor ewren Waffen stehn. Jhr habt das Teutsche Reich / ein Reich daß gar erhitzet Durch innerlichen Krieg / mit ewrem Blut beschtzet; Jhr habt ewr Vatterlandt verlassen gantz vnd gar / Weil euch an vnsrem Heil so viel gelegen war. Jhr habt so williglich auch gute Nacht gegeben Deß Vatren Mayestt / jhr habt ewr eigen Leben So gar hindan gesetzt / jhr habt so manche Nacht Jn Regen / Hitz’ vnnd klt’ O Printz vor vns gewacht; Jhr habt deß Feindes macht durch ewren Muth gebrochen / Vnd an dem Drachenthier der Teutschen Noth gerochen / Drumb stund der grosse Gott selbst ewren Kriegen bey / Zu zeigen / daß sein Wort die lautre Warheit sey. Diß sah der Antichrist mit dem geschornem Hauffen / Fieng an fr grossem Zorn sein Hupthar außzurauffen / Ward gleich fr Bßheit toll’ vnd sprach in seinem Sinn: Jch meinte der Gustav wer ja vorlengst dahin / Wo kompt den dieser her? Der wirds noch rger machen! Was? Es ist hohe zeit zu rathen diesen Sachen / Frwar ich habs erdacht wie man jhm’ helffen kan: Es muß der Ketzerfrst nur werden abgethan. Nun dieses war sein rath / nemblich den Printz zu schlachten / Den hochgebornen Printz / wer diß recht wird betrachten / Der muß vor aller Welt bekennen rund vnd frey / Daß bey den Trcken kaum ein solche Falschheit sey. O Mrderisch geschlecht / man sol euch Christen nennen! Wie sol man nicht den Baum an seinen Frchten kennen? Der ist ein rechter Christ / der Gottes willen thut / Nicht / der so bßlich lest vergiessen Menschen Blut. Gleich wie der Vogel offt durchs Pfeiffen wird betrogen / Daß er gantz vnbedacht ins Netze kompt geflogen Vnd drinn sein Leben lest; So ist der junger Heldt Durch listigen Betrug von jhnen auch gefelt. Er ist in gutem Fried zu jhnen eingekommen /

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Verrthrisch hat man jhm sein leben weggenommen / Dem hochgebornen Printz / der sonst so muthig war / Der seinem Vatter gleich gantz schewte kein Gefahr. Man sah’ jhm ritterlich sein Pferd im Felde schwingen / Vnd mit jhm’ in die Lufft gantz khn vnnd hertzhafft springen / Heroisch war sein Geist / frisch seiner Augen liecht / Ein Kniglicher Muth / ein Frstlichs Angesicht / Ein ander Scipio / zwar jung vnd klein von Jahren / Doch groß von Tapfferkeit / deß Krieges wol erfahren / Ein thewrer Colonell, ein hochberhmter Heldt / Ein grosser Capitain, ein Wunderwerck der Welt / Ja dessen hohes Lob durch alle Welt gegangen / So bald der edle Frst zu Kriegen angefangen / Vnd daß verdroß dem Neid / bey dem war keine ruh / Biß er jhn’ endlich bracht’ (ach weh) dem Grabe zu. Der Printz / der sicherlich vermeint hinweg zu reiten / Ließ sich (es war ja Fried) von wenig Volck begleiten / Vnd wird verrtherlich (O weh der grossen Noth) Durch seinen edlen Leib fast gar geschossen Todt! O vnerhrte That / O Mensch kein Mensch zu nennen! O Mrder der nicht werth / daß dich die Menschen kennen! O grimmigs Tygerthier / O grewlichster Tyrann / Mit dem kein Creatur’ erbrmde tragen kan! Verfluchet sey der Tag / an welchem du gebohren / Die Nacht muß grawsahm sein / die Stund’ vnd Zeit verlohren /

Verflucht sey dein Geschoß / verflucht dein Mrders Handt / Werth / daß sie vor der Zeit vor tausendt Jahr verbrandt. Der muß verfluchet sein von dem du hast empfangen Den mrdtlichen Befehl / dich der du hast begangen Die lsterliche That / verflucht ein jederman / Jung / alt / klein / groß / reich / arm / ja der nur reden kan. Verfluchet sey das Bley / daß in die Haut gefahren Dem Kniglichem Printz’ in seinen besten Jahren; Verfluchet sey das Feur / daß auch durch seine krafft

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Hat vnsrer Helden Kron’ ein solchen Tod geschafft! O Mrder ohne Seel / dich sol hinfort nicht tragen Der Erden Element / die Lufft sol dir versagen Was sie sonst allen gibt / deß heissen Fewres Gluth Wird dich verzehren noch / dein Haut / dein Fleisch vnd Blut Daß sol den Hunger noch der Wlff’ vnd Beeren stillen / Du solt der Raben Kropff mit deiner Leber fllen; Fewr / Schweffel vnd Metal sol man dir giessen ein / Der allerstrckste Gifft sol deine Speise seyn. Dir sol Ixions Radt noch Hals vnd Bein zubrechen / Der Molch’ vnd Nattren Gifft sol dich zu Tode stechen / Ja Phalaris sein Ochs der muß’ empfangen dich / Daß dein verrthrisch Hertz verbrenne grawsahmlich. Aber ach vnser Printz! Wem thut doch nicht vergehen Hertz / Muth / Verstandt vnd Sinn / wenn wir jhn nur ansehen / Ach weh / der edle Leib / wie sicht er doch von Blut Daß auß den Wunden noch so heuffig quellen thut! Wo ist doch sein Verstandt? wo ist die Seel geblieben? Wer hat den werthen Gast auß seinem Schloß vertrieben? Was macht die tapffre Faust die niemals stille lag / Die mit so grossem Ruhm das Schwert zu fhren pflag? Wo ist die starcke Brust bereit zum Kriß tragen / Wo ist das frewdig’ Hertz / daß nimmer konte zagen? Wo ist der kluge Sinn / wo ist der weise Rath / Der offt mit kleiner macht den Feind erleget hat? Ach alles ist dahin / sein rathen / streiten / leben! Den Crper sicht man hie / die Seel’ im Himmel schweben / Die Welt erzittert drob / die Wolcken gehn gleich tod / Die gldne Sonn verbleicht / der bleiche Mond wird roth / Ocæanus helt ein der Thetÿs wilde Wellen / Neptunus seufftzet gleich; Man sicht die Flß geschwellen / Der schne Oderstraum / der nah’ an Breßlaw fleust / Vnd Ohla / der sich gar biß in die Stadt ergeust / Die lauffen an mit macht; die Felsen in Norwegen / Die in die Wolcken gehn / sicht man fr Angst sich regen /

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Die hohen Dannenbum verlassen jhren Orth / Die Hirsche stehen still / die Wlder lauffen forth. Man hrt die wilden Thier vor grossem Hertzleidt brllen / Es schweigt der Vgel Volck / doch wider seinen willen; Nur Echo schreyet laut / vnd heult mit grossem Schall Jn Wldren / Klippen / Busch vnd Thlern vberall: Ach (schreyt sie) daß der Held / der grosse Held verloren / Der andren Printzen war zum neid vnd trotz geboren / Der so vortrefflich war von muth / von rath vnd that / Den vnser mchtigs Reich so hoch gehalten hat! Der Teutschen Ehr vnnd Ruhm / die Herrligkeit der Dnen / Die sich (ach gar vmbsonst) so hertzlich nach jhm sehnen! O edles Schlesien / daß kaum mehr leben kan / Wer wird sich nun hinfort doch deiner nehmen an? Dein Heyland ist davon / dein Printz’ ist hingenommen; Wolan verzage nicht / es wird vom Himmel kommen Ein’ vnverhoffte Hlff / dein rechte strck’ ist Gott / Der Spieß vnd Schwert zubricht / der Herre Zebaoth. Die edle Frsten Seel’ ist zwar hinauff gestiegen Gen Himmel / da sie frey von schlagen / streiten / kriegen / Da Triumphiert sie nun / gezieret mit der Kron Der langen Ewigkeit / der wahren Tugendt Lohn. Da darff sie khnlich nun all’ Eitelkeit verlachen; Biß das an jenem Tag der Crper wird erwachen Mit Klarheit angethan / wann Frewd’ vnnd Herrligkeit / Wann stete Wonn’ vnd Ehr wird sein ohn’ End’ vnd Zeit. O hochgeborner Frst’ / O Phœnix vnsrer zeiten! Wie selig wers gewest / euch werthen Held zugleiten! Ach seyd von mir gegrst / jhr gldner Sonnenschein! Mein letzter wunsch ist diß: O Printz bey euch zu seyn.

Musa Teutonica

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An eine verliebte Jungfraw. epigramma. WArumb bemhst du dich dein’ liebe mir zu schencken / Vnd quelest Tag vnd Nacht dein Jungfrewliches Hertz’? Es ist doch gar vmbsonst dein klagen Pein vnnd Schmertz; Was hilffts? Jch kan frwar nicht eins an dich gedencken.

An sein falsches Lieb. sonnet. BEdenck’ / O falsches Lieb /wie offt’ hast du geschworen / Daß nichts in dieser Welt dein Hertze trennen sol Von meinem / welches ist rechtschaffner Liebe voll; Ach leider hat sich trew so bald bey dir verlohren? Wie offt’ hab’ ich es wol gehrt mit meinen Ohren / Daß der so Amor folgt sey lauter blind vnd toll; Daß diesem nun so sey hab’ ich erfahren wol / So daß ich offt gewnscht / ich’ were nie gebohren. Nun leider ist dahin mein Muth / Witz vnnd Verstandt / Ja werde noch dazu Cupido Schlav genandt. Wie / ist den das nicht gnug / daß du mir hast genommen Die Freyheit / vnd du suchst mein Leben noch dazu? Ach sey damit begngt / las mir ein wenig Ruh’; Jch werde doch dem Tod bald’ in die Gruben kommen.

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Johann Rist

Auff die nunmehr angekommene kalte Winterzeit. ode jambica.

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DEr Winter hat sich angefangen / Der Schnee bedeckt das gantze Landt / Der Sommer ist hinweg gegangen / Der Waldt hat sich in Reiff verwandt. Die Wiesen sind von Frost versehret / Die Felder glntzen wie Metall / Die Blumen sind in Eis verkehret / Die Flsse stehn wie harter Stahl. Wolan wir wollen von vns jagen Durchs Fewr das kalte Winterleid / Kompt / Last vns Holtz zum Herde tragen Vnd Kohlen dran / jetzt ist es zeit. Last vns den Frnewein hergeben Dort vnten auß dem grossen Faß / Daß ist das rechte Winterleben: Ein heisse Stub’ vnd khles Glaß. Wolan wir wollen musiciren Bey warmer Lufft vnd khlem Wein / Ein ander mag sein klagen fhren / Den Mammon nie lest frlich seyn. Wir wollen spielen / schertzen / essen / So lang’ vns noch kein Gelt gebricht / Doch auch der schnsten nicht vergessen / Den wer nicht liebt / der lebet nicht. Wir haben dennoch gnug zu sorgen Wann nun das Alter kompt heran / Es weiß doch keiner was jhm morgen Noch vor ein Glck begegnen kan. Drumb wil ich ohne Sorge leben / Mit meinen Brdren frlich seyn / Nach Ehr’ vnd Tugendt thu ich streben / Den rest befehl’ ich Gott allein.

Musa Teutonica

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Auff Herrn Jacob Guden / vnd Jungfraw Annen Jacobinen Hochzeit. Gedichte. MAn sagts / vnd helts davor / daß Jupiter regieret Deß hohen Himmels Schloß / vnd daß Neptunus fhret Die Herrschafft in der See / daß Pluto noch dabey (Jhr Bruder) gwaltiglich regent’ auff Erden sey; Der andren Gtter schaar / die hat sich gantz ergeben Dem grossen Jupiter, mit jhm’ allein zu leben Jn seinem gldnen Thron / da sie beym guten Wein / Der sonsten Nectar heist / rechtschaffen frlich seyn. Diß glaube wer da wil. Zween Gtter sind auf Erden / Durch die nur alle Ding’ allein regieret werden Vorauß zu dieser Zeit: Der erst’ ist Mars genant / Jtzt leider mnniglich mehr den zu viel bekant / Der / so die gantze Welt darff trotziglich erregen / Der / so sein schweres Joch darff jederman aufflegen / Er helt in seinem Dienst die Gtter dieser Welt / Er herschet vber Ehr / Leib / Leben / Gut vnd Geld. Ob Alexander schon hat mchtiglich bezwungen Den grossen Erdenkreiß / ob er gleich hat verdrungen Darius grosse Macht / vnd Porus tapfferkeit / So war er doch ein Schlav’ vnd Knecht der Eitelkeit Von Mars allein gefhrt; Ob schon der Nahm wird bleiben Von Hector, der da pflag die Griechen auff zu reiben / Als’ er fast gar allein Troja beschtzet hat / So war er doch deß Mars leibeigner in der That. Was? Kyser Julius der mag wol billich klagen / Der zwey vnd fnfftzig mahl den Feindt im Feld’ geschlagen / Vnd rhmlich hat gesiegt / den hat zu guter letzt Der eisenharte Mars vor trewe Dienst’ ergetzt Mit seinem eignen Blut. Was wollen wir ansehen Daß / was vor tausendt vnd mehr Jahren ist geschehen?

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Johann Rist

Schawt vnser eigen Zeit: Der / so deß Kriegs so gar Ja auch zu seiner zeit im Feld’ ein Meister war / Der Held auß Schwedenreich ist auch hinweg genommen / Der grosse Capitain, ja der hat auch bekommen Vor seine tapffre Dienst vom Mars ein schlechten Lohn: Er nam’ jhm weg zugleich Blut / leben / reich / vnnd Kron. Wir / die wir sttiglich Apollo Dienst’ erweisen / Vnd seiner Tchter schaar / die stille Musen preisen / So bald Mars zu vns kompt / so fliehen wir dahin / Sein Glantz / sein Waffenglantz bezaubert vnsern Sinn / So / daß die gldne Leyr in schneller Eil verstummet / Vnd Pallas selbst erschrickt wann seine Paucken brummet. Er raßlet trotziglich mit Harnisch / Schwerdt vnnd Schildt / Speyt von sich schwartzen Dampff / vnd sicht sehr schrecklich Wildt. Er metzchet durch vnd durch die alten mit den jungen / Er badet sich im Blut’ vnd lecket mit der Zungen Das weisse Knochenmarck / er frist sich sat vnd voll Jm rohen Menschen Fleisch / ja ist so grimmig toll / Daß er der Vnschuld selbst (der Kinder) nicht verschonet / O weh dem armen Land das dieser Gott bewohnet! Er schickt die grossen Stdt’ im Fewr den Wolcken zu / Er wacht wenn alles schlfft / weiß gar von keiner Ruh. Zu zeiten wann er sich eins frlich wil erzeigen / So hat er kein Musick / Pandoren / Lauten / Geigen / Ach nein / der Paucken klang / vnd der Trommeten schall / Ja der Musquetten Blitz / vnd Doppelhacken Knall Erfrewet jhm sein Hertz; wann die Carthaunen sausen / Wann Falconeten gehn / wann Serpentinen brausen / So gehts nach seinem Sinn; Wanns nur den gantzen Tag Mit Haglen / Kuglen / Stein vnd Fewer zuschneyen mag / So lachet jhm sein Hertz; Frisch wrgen ist sein Leben. Ey lieber wer ist den / der jhm kan widerstreben? Kein Keyser / Pabst / Soldat / kein grimmigs Tygerthier; Nur ein klein nackend Kind weiß guten rath dafr:

Musa Teutonica

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Cupido heist der Mann / der kan allein bezwingen Mars bittre grawsahmkeit / der kan herunter bringen Deß Wrgers hohen Muth / der machet jhn zum Knecht / Der ists der auff dem Kopff’ jhm Mars zu tantzen pflegt. Er ist zwar nur ein Kind / thut gleichwol Waffen fhren / Jst warlich ein Soldat / kan doch sein Heer regieren Mit lachen; Sein Gewehr ist nur ein Bgelein / Ein Kcher voller Pfeil / daß mag ein Kriegsman seyn! Kein Alexander war so groß von Muth vnd Thaten / Kein weiser Salomon konte so klglich rathen / Kein Crœsus war so reich / kein Herr so groß von Macht / Cupido hat sie doch all’ vnter sich gebracht. Den Eisenfresser Mars hat er ja selbst betrogen / Auch gegen Venus jhn zu schneller Lieb bewogen / Davon Vulcanus noch die krummen Hrner tregt / den wann der lahme Schmidt im Rauch’ zu stecken pflegt

Mit Brontes, Steropes, Pyracmon seinen Knechten / Thut Mars eins vnter deß mit seinem Weibe fechten. Ja ist Achilles schon vor grosser Khnheit toll / Cupido lehrt jhn bald wie er still sitzen soll. Was hilffts / es ist kein Gott / kein Mensch / kein Thier zu finden / Daß sich nicht meistren lest von diesem kleinen Blinden / Der krieget ohn Gewehr: Sein’ Arckoley vnd Stck Sind schnheit / Tugendt / vnd ein freundlicher Anblick. Die Schwerter die er braucht / sind Auglein der Jungfrawen / Sein Lantzen / Pfeil’ vnnd Spieß’ jhr liebliches anschawen. Sein Hagel / Blei vnd Stein sind seufftzen die die Gluth Der heissen liebes Flamm’ in jhnen zeugen thut. Sein Spiel vnd Pauckenklang sind die so ssse Stimmen Der halbGttinnen Volck / die in die Hertzen klimmen. Sein Farb’ ist roth vnd weiß / die an den Nymphen klebt / Sein Tranck der ssse Taw der auff den Lippen schwebt. Sein Fewr / sein Rauch vnd Dampff daß sind die heisse Trnen / Sein Streit / sein Kampff’ vnd Krieg ist lieben / kssen / sehnen /

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Vnnd daß wirs kurtz verstehn / so wird die gantze Schlacht Durch zweyer Menschen Kampff’ in Eil’ zum Ende bracht. Nun daß ists was ich sag / Cupido muß regieren / Vnd vber alles Fleisch allein den Scepter fhren. Jhr selbst her Brutigam / jhr warlich gebt mir recht / Jhr wahret auch zuvor Mars vntersaß vnd Knecht / Nun wist jhr zweiffels ohn sein grawsahm blutigs Leben / Frwar er hett’ auch euch den letzten Lohn gegeben Den er zu geben pflegt / wann euch Cupido nicht Nach seiner guten Art ein freundlichs Angesicht Hett’ endlich vorgestelt; Nun der hat euch gerissen Mars von der Seiten weg / nun der hat sich beflissen Ein außerwehltes Bild / ein Hertzen trsterin Euch beyzufgen / die jtzt ewren Geist vnd Sinn Hchlich erfrewen thut; Sie wil in Lieb vnd Leyden Standthafftig bey euch stehn / euch sol der Todt kaum scheiden Drumb seyd jhr billich froh / drumb sagt jhr wol vnd recht: Ade du Krieges Gott / ich bin nicht mehr dein Knecht / Hinfort dien’ ich dir nicht / ich hab nun Geld genommen Vom andren Colonel. So recht: Da seh’ ich kommen Die Braut / die schne Braut / ewr einig all / ewr Hertz / Geht nun Herr Brutigam zum angenehmen schertz. Geht / geht / jhr liebes paar / die Sonn’ hat sich verkrochen / Es ist an jhrer stell Diana durchgebrochen / Der Himmel ist bedeckt mit seinem schwartzen Kleid’ Vnd Venus selber zeigt der Welt die Abends zeit. Geht / geht / jhr liebes par / die Nymphen kommen springen / Der zarten Jungfrawschafft das Grabelied zu singen / Gott Hymen leufft vorher / helt mit der Hand empor Sein gldenes Geschir vnd Diamanten Rohr / Jn welchem er jetzundt die Thrnen wil auffangen / Die nun ablauffen thun der aller schnsten Wangen. Geht / geht jhr liebes Volck / der Streit ist ohn gefahr; Was gilts / daß macht vns kundt das nechst’ ankommend’ Jahr!

Musa Teutonica

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An eine Jungfraw Von dem Ehstand’ vnnd Jungfrawschafft. epigramma. JVngfraw / wie gehts doch zu / daß jederman thut klagen Vber das schwere Joch / so Ehleut’ mssen tragen? Frwar ich halts davor / daß noch viel schwrer sey Die Last der Jungfrawschafft; Denn alle die / so frey Vnd ohn verehlicht seyn / die wollen ehlich werden. Daher ich schliesse recht / daß nichts auff dieser Erden So schwer vnnd wiederlich als Jungfrawschafft muß seyn / Weil so gar niemand ist der schlaffen wol’ allein. Wann dann ein jederman so hchlich thut beklagen Deß Ehstands schwre Last / Jungfraw so muß ich fragen: Warumb wolt jhr so gern schwr tragen / sagt mir doch? Jst den die Jungfrawschafft nicht viel ein schwrer Joch?

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An sein eigen Hertz. sonnet. MEin Hertz / kanst du dennoch den grossen Spott ertragen / Damit dich alle Tag dein stoltzes Lieb thut plagen? Wie bist du noch so toll / daß dir die Dienstbarkeit Beliebet? Laß doch ab / ey lieber es ist zeit; Bedenck’ es einmal selbst wie du wirst vmbgetrieben / Vnd gleichwol wilt du noch die / so dich hasset / lieben? Frwar sie spottet dein / sie ist voll falscher List / Vnd lachet noch dazu daß du nicht klger bist. Laß’ ab O tolles Hertz / dich deren zu ergeben Die dich betrogen hat / die dir die sanffte Ruh Genommen / ja so gar die Freyheit auch dazu / Nun stellet sie zu letzt nach deinem jungen Leben.

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Johann Rist

Fahr hin o falsche Seel / fahr hin / nun bin ich frey / Nach dem ich hab’ erkand / wie klein dein’ trewe sey.

An den Neid / Daß der Poeten Lob ewig bleibe. ode mixta ex versibus communibus & jambicis.

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DV schnder Neid / der du die gldne Leyr Mit Hohn verspotten thust / Es krenckt dich sehr / daß man vns helt so thewr / Ja offtmahls leyden must / Wann wir zu zeiten prangen Mit vnser gldnen Kunst / Daß wir dadurch erlangen Der hchsten Printzen Gunst. Jhr die jhr stets in Martis diensten seyd / Jhr werdet selten Alt / Wir fragen nichts nach solcher Eitelkeit / Ewr Ruhm vergehet bald; Es thut so schnell verschwinden Ewr Lob / Ehr / Gut vnnd Gelt; Wo ist hernach zu finden Der tapffre Kriegesheldt? Du schnder Neid / du suchst was sterblich ist / Vnd nicht was ewig bleibt / Du liebst die Welt mit jhrem Trug’ vnd List / Die Kunst vnd Ehr vertreibt; Poeten die begehren Das Lob der Ewigkeit / Ein Lob daß sich vermehren Kan biß zur letzten Zeit. Homerus Nahm wird sein so lang bekant /

Musa Teutonica

So lange man wird sehn Das Landt im Meer / so Tenedos genant Vnd den Berg Ide stehn / So lang sich wird ergiessen Der Epiroter Fluß / Vnd Simois wird fliessen Hin zum Ocæanus. Der Ascra Sohn der klug’ Hesiodus Wird bleiben fr vnd fr / So lang’ vns Most der Bacchus geben muß / Vnd Ceres Brodt vnd Bier. Auch Sophocles wird leben So lang der Sonnen Liecht Am Himmel thut vmbschweben; Aratus stirbet nicht. Der Naso wird behalten auch sein Lob / So lang das lieben whrt / Vnd spielt er gleich zu zeiten etwas grob / Wirds jhm doch nicht verkehrt. Man wird von Maro singen So lang der Hirten Schaar Thut in den Wldren springen / Vnd leben ohn Gefahr. Tibullus Ruhm wird bleiben fort vnd fort So lang der Venus Sohn Treibt seine List an allem End’ vnd Ort / Vnd gibt vns seinen Lohn; Man wird so lange sagen Von deß Menanders Kunst / Als dieser Gott wird plagen Die Welt mit liebes Brunst. Zwar alles muß doch endlich gar vergehn / Die Zeit frist alles hin / Die schnen Verß / die werden ewig stehn / Daß ist ein groß Gewin /

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Weil daß auch / was sie fhren Jst vber Goldt vnd Geldt / Poeten Triumphiren Weit durch die gantze Welt. Ein ander such’ allhie was zeitlich ist; Mir bleibt die Ewigkeit / Reichthumb vnd Pracht wrt nur ein kurtze frist / Mir ist ein Krantz bereit / Der nimmer kan verderben / Er blet fr vnd fr / Vnd muß ich den schon sterben / Bleibt doch mein Nahm’ allhier.

Auff den Frezeitigen Tdtlichen Abgang deß Durchleuchtigen / Hochgebornen Frsten vnd Herleins / H. JOHAN ADOLPHEN, Erben zu ­Norwegen / Hertzogen zu Schleßwig / Holstein / Stormaren vnd der Dithmarschen / Grafen zu ­Oldenburg vnnd Delmenhorst etc. ode jambica.

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WJe / daß in dieser Eitelkeit Durchauß nichts ist zu finden / Daß nicht zu letzt die schnelle Zeit Gantz eilig macht verschwinden / Die Zeit die alle Welt bezwingt Vnd setzet sie in frewden / Vnd bald hernach sie wieder bringt Jn klagen / Schmertz vnd Leyden? Wie krtzlich ist es noch geschehn / (Ach was ist vnser leben?)

Musa Teutonica

Daß man in frewden hat gesehn Das Hauß von Holstein schweben! Nun hret man in Trawrigkeit Die edle Frsten klagen Jhr vber grosses Hertzeleidt / Daß sie jetzund ertragen. Es hat der allerhchste zwar / Der alles sonst verehret / Dem hochgebornem Frsten paar Ein jungen Printz bescheret / Den Eltren zur ergetzligkeit / Vnd zu deß Landes frommen / Ach weh der schnellen kurtzen Zeit / Er ist schon weggenommen! Wann Jugendt / Ehr’ / vnd hoher Standt / Die Frommigkeit daneben Wer vor den Tod’ ein sichres Pfandt / Das Herllein thet noch leben; Nun hat deß bleichen Todes macht Der keines wollen schewen / Er hat den Printz ins Grab gebracht / Solts vns gleich alle rewen. Jedoch so bald der schnste Geist Sich auß der Welt verlohren / Vnd von dem Crper ist gereist / Hat jhn der Hchst’ erkohren / Weil er die Welt / da nichts nicht ist Als kriegen / zancken / hassen / Betriegerey vnd falsche List / So willich hat verlassen. Es kam zur stund die Frommigkeit Zu vnserm Printz gegangen / Sie war gantz frlich vnd bereit Das Sehlchen zu empfangen / Sie fhrt’ es fr deß hchsten Thron

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Johann Rist

Da Frewd vnd Wonne schweben! Jehova sprach mein trawter Sohn / Hie solt du ewig leben. Bald hat der edle Printz gesehn Nach dem’ er auff genommen / Viel thewrer Frsten vor jhm stehn / Von welchen er gekommen / Die Frsten die das Sachsenlandt Vor pflagen zu regiren / Auch Holstein / die in Gottes Handt Jtzt frlich Triumphiren. Der Helden vnd Heldinnen Schaar Die kamen jhn zu kssen / Man sah so manches schnes paar Zu dienen jhm gefliessen / Sie sprachen all’: O liebstes Kind Du bist von vns entsprossen / Wir loben Gott du hast geschwind Der Ewigkeit genossen. So ward das edle Frsten Blut Von Frsten auch begleitet Hin zu dem allerhchsten Gut Daß Gott vns hat bereitet / Zur sssen Frewd’ ins Himmels Saal Die hie kein Ohr gehret / Zur Frewde die auch vns zumahl Jns knfftig ist bescheret. Wol dir du Geist von hohen Stam Du lebst in Gottes Hnden / Du sitzest bey dem weissen Lamb / Dem Anfang’ vnd dem Ende / Du herschest mit dem A vnd O, Weist gar von keinem leiden / Bist niemahls trawrig / allzeit froh / O welch ein seligs scheiden!

Musa Teutonica

Du preisest mit erhobner Stimm Der gantzen Welt Monarchen, Mit dir die schnelle Cherubim Vnd alle Patriarchen: Wie heilig ist doch vnser Gott / Wie mechtig ist erhoben Der Nahm deß HErren Zebaoth / Jhr Himmel thut in loben. Wol dir du edler FrstenSohn Dein Leid ist nun ergetzet / Dir ist die rechte Himmels Kron Von Gott selbst auffgesetzet / Du bist in Gott / vnd Gott in dir / Wir kriechen noch auff Erden; Bald kompt die Stunde / daß auch wir Zu dir versetzet werden. Wir / die wir billich diese zeit Der hohen Eltren Schmertzen Beklagen / nicht ohn trawrigkeit / Wir bitten Gott von Hertzen: Er wol dem edlen Frsten paar Nun wiedrumb Frewde geben / Daß sie Glckselig noch viel Jahr Holstein zur Wolfahrt leben.

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An den Durchleuchtigen / Hochgebornen Frsten vnd Herren / H. Friederich / Erben zu Norwegen / Hertzogen zu Schleßwig / Holstein / Stormaren vnd der Dithmarschen / Graffen zu Oldenburg vnd Delmenhorst. Vber Jhr Frstl. Gnaden Hochgeliebten jungen Printzen Frezeitiges absterben. TrostGedicht.

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WAs hilffts / es ist geschehn / der Wrger ist geschlichen Zu Thr vnd Schlssern ein / der Printz’ ist nun verblichen / Der Printz / das junge Blut / ein Blut von hohen Stamm / Daß nur von Knigen / von Chur vnnd Frsten kam. Ein Spiegel sicht man hier / ein Spiegel solcher frewden / Die sich im Augenblick’ in Trawrigkeit verkleiden / Hie ist bald weiß / bald schwartz / hie ist bald Tag bald Nacht / Baldt hat der Printz vns Frewd’ / bald wiedrumb Leyd gebracht. Gleich wie (wann alles sich zur FrlingsZeit ernewet / Da sich der Hirsch im Wald / der Fisch im Meer erfrewet) Eins kompt ein schner Tag: Man sicht das grne Feld Erleuchtet durch die Sonn / man sicht die gantze Welt Wie ein vergldt Thresor, man hrt die Lerchen singen / Man sicht auff grner Aw das Vieh vor frewden springen / Der Berg ist lauter Wald / die Hgel nichts den Graß / Die Wiesen gleichen Goldt / die Bchlein sind wie Glaß / Die Flsse wie Chrystall / die Hecken sind vmbgeben Mit Blumen weiß / wie Schnee / man sicht im Wasser schweben Der grnen Frsche schaar / es mischen jhr Geschrey Jm Garten / Busch’ vnd Rohr die Vglein mancherley / Der Himmel ist gleich selbst mit liebligkeit erfllet / Das Erdreich daß zuvor war gleichsamb gar verhllet Mit Eiß / Schnee / Reiff / vnd Frost / vergißt der Trawrigkeit /

Musa Teutonica

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Legt ab den weissen Rock / zeucht an sein grnes Kleid / Der Mensch / die kleine Welt thut sich vor allen frewen / Weil er das Winterleid nun weiter nicht darff schewen Er schawet Laub vnd Graß / Thier / Vgel ohne Zahl / Feld / Flsse / Wild vnd Wald / Vieh / Garten / Berg’ vnd Thal.

Bald aber ists gethan / der / so kaum war entwichen / Der strenge Boreas, kompt wieder her geschlichen Vom kalten Mitternacht / vnd fengt sein strmen an: Das Firmament wird krauß mit Wolcken angethan Die gleich wie Berge stehn / man hrt ein grewlichs sausen / Neptunus kompt dazu / Lest seine Thetys brausen / Die dicke Lufft bedeckt das klare Sonnenliecht / Biß daß ein starcker Knall zu letzt die Wolcken bricht: Dann sicht man Hagelstein mit grossem praslen fallen / So / daß der grawsahm Thon thut durch die Lufft erschallen / Das grne Feldt wird weiß / der liechte Tag wird Nacht / Von Blumen wird bald Schnee / von beumen Eiß gemacht / Die Vglein sicht man nicht mehr auff den Zweigen sitzen / Die Thier verbergen sich in Klfften vnd in Ritzen Myrtillo vnd sein Vieh leufft Scheur vnd Stllen zu / Ein jeder lest das Feld vnd eilet hin zur Ruh. Man sicht die schne Lust in schneller eil verschwinden / Daß man den Frling kaum hernach kan wider finden; So geht es auch mit vns: Deß hchsten Mildigkeit Hat euch O thewrer Frst zwar noch vor kurtzer zeit Vom Himmel eine Gab’ vnd grossen Schatz verehret / Jn dem’ er Euch vnd vns den edlen Printz bescheret / Gantz Holstein war erfrewt / vnd lobte diese Nacht / Die Nacht / darin sein Printz war auff die Welt gebracht. Man hrte jung vnd alt den Gott vom Himmel preisen / Der sich dem Lande noch so freundlich thut erweisen / Vor frewden wird der Wald / Felß’ / Holtz vnnd Stein erregt / Davon diß schne Land zum theil den Namen tregt. Nun leider ists gethan / das Frewen hat sein Ende /

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Johann Rist

Nach dem der edle Printz gebracht in Gottes Hnde / Die Seel’ ist nicht mehr hie / der Crper liegt im Sarck / Jhm war der gleiche Tod / der niemand schont / zu starck. Man sicht den gantzen Hoff / die Ritterschafft leid tragen / Man hret berall die Vnterthanen klagen: Ach vnser werther Printz’ ach vnsers Landes Kron’ / Ach Hoffnung vnser Zeit / bist du bereits davon? Ja billich mag diß Land nach dir sich schmertzlich sehnen / Viel billicher vergeust der Vatter seine Thrnen Der hochgeborner Frst / die Mutter noch viel mehr Die edle Princessin / dein Abschied krenckt sie sehr; Sie kan der zarten Seel’ auß liebe nicht vergessen / Vnd lieber wer kan doch der Eltren leid ermessen? Wer kan dem thewren paar sein grosses Hertzeleid Verkehren wie zuvor in alte frligkeit? Jehova ists alleins / der all ewr Leid kan wenden Der thut was jhm gefelt / hat alles das in Hnden Was wir vor Augen sehn / der hat ewr liebstes Hertz’ (O Printzen) seliglich auß aller Angst vnd Schmertz Zu sich gerissen hin / der thut jhn jtzt ergetzen / Vnd vor dem falschen Pracht die Himmelskron auffsetzen. Da Triumphirt er nun / nach dem’ er rittterlich Todt / Snde / Teuffel / Hell / getretten vnter sich. Wol dir du edle Seel / du bist hinweg genommen Dahin / da gar kein Todt / kein Streit noch Leid kan kommen / Du schawest stetiglich den Glantz deß hchsten an / Dir sind die Cherubim vnd Thronen vnterthan / Ja ber alles ist dein edler Geist erhoben / O selig / der wie du mag seinen Schpffer loben / Vnd in sein ewigs Reich / daß himlisch Salem gehn / Hilff Gott es kompt die Zeit daß wir auch bey dir stehn. Jehova der du dich weit ber alles breitest / Der du die Frsten selbst auß Frewd’ in trawren gleitest / Ach gib doch deinen Trost auch jhnen mildiglich / Daß sie durch deinen Geist mit Frewd’ erquicken sich;

Musa Teutonica

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Hilff daß sie friedlich doch zum End’ jhr Leben fhren / Gib daß sie vns zu Trost ein lange Zeit regieren / O Herr halt’ ber sie gantz krfftig deine Hand / So bleibt in Fried’ vnd Ruh daß werthe Vaterland.

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An einen berhmten Mahler / Auff sein sehr schn gemahltes Kunststcke. epigramma. JCh muß O schne Faust dein trefflichs Kunststck preisen / Vnd wer’ ich nicht allhie / so wolt’ ich darnach reisen Das Werck nur anzusehn; hie glaub’ ich ist viel mehr Als nur die Farb’ vnd Tuch / wanns nur der Geist nicht wer?

Dich muß drob jederman / ohn’ einen / hchlich lieben / Der ist der Himmel selbst / der thut sich sehr betrben / Weil du jhn hast gemahlt viel schner als’ er ist / So daß man nur das Bild ansicht vnd jhn vergist.

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An H. Mag. Mauritium Rachelium, Pastorem Londinensem, Poetam Laur. Cæsareum. sonnet. ALs mich fr kurtzer zeit ein guter Freund thet fragen Ob jhr / mein ander ich / mir wehret auch bekandt? Ja freylich sagt’ ich / der / so Rachel ist genandt Von jhm weiß nebenst mir gantz Cimberland zu sagen / Man sicht jhn ja mit Ruhm’ ein Lorbeerkrntzlein tragen / Den jhm’ auff dem Parnaß deß Phœbus eigne Hand

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Johann Rist

Gesetzet auff sein Haupt / frwar kein schlechtes Pfand. Wem wolt’ ein solcher Geist von Hertzen nicht behagen? Stirbt schon der Leib dahin / bleibt gleichwol jhm bereit Durch die so schne Verß die Kron der Ewigkeit. Auch der Poeten Volck wird jhn so lang’ erkennen / So lang die liechte Sonn’ am hohen Himmel geht / So lang der bleiche Mond bey seinen Sternen steht / So lang’ O werther Freund wird man euch Rachel nennen.

KlagGedicht Der verliebten Schfferin Sylvia, vber jhren ­abwesenden Ritter / den Edlen Filistel.

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ACh weh / mein zartes Hertz zum ersten mahl gebunden Durch Venus gldne Strick / das seufftzet alle stunden Nach seinen Filistel, der nun durch Martis List Von seiner Schfferin hinweg gerissen ist. Ach was ist nun mein Trost? Nur stets an jhn gedencken Nur mich biß in den Todt mit falscher Hoffnung krencken; So bald die schwartze Nacht den Himmel kleidet an Mit dem gestirntem Rock’ vnd man nun sehen kan Diana bleiches Liecht / so lig’ ich mit beschweren Vnd einig nur bemht mein Sehlchen zu ernehren Mit Thrnen / die die Lieb’ vnd vngefrbte Trew’ Jn mir geboren hat / vnd stets noch machet new. Frwar / Aurora selbst wird bleich von meinem klagen / Man sicht die Sternlein auch erbarmde mit mir tragen / Wann meiner seufftzen schal sich schwinget in die Lufft / Vnd mir mein trawrigs Hertz gleichsahm vor ngsten pufft. Jch schrey’: O ssser Todt / O endtschafft meiner Schmertzen Gib nur den letzten stoß dem hochbetrbten Hertzen Daß es Cupido doch nicht mehr mit seiner Macht

Musa Teutonica

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Vnd grossen Tyranney mg qulen alle Nacht. Dann wann Morpheus kompt mein Auglein zubestreichen Mit seinem sssen Straum / fengt Amor an zuschleichen / Vnd wenn den Lucifer Phœbus bereiten thut Den blaw gebahnten Weg / helt Amor seine hut / Thut drauff ein groß gereusch mit seinen Flglen machen Daß mein betrbter Geist vor ngsten muß erwachen. Gleich wie / wann Corydon, (so bald der Tag anbricht Vnd hergeschlichen kompt Aurora gldnes Liecht) Mit seinen Schffelein thut durch die Wiesen gehen / Darinn der silbern Taw annoch ist zu ersehen / Nimbt eilends seine Stell der grnen Awen ein / Vnd lest da grasen gehn die zarten Schffelein; Er Corydon der pflegt sich hin ins Graß zu strecken / Am schnen Wasserfluß bey weißblenden Hecken / Daselbsten hret er das rauschende Gethn Deß Bchleins wie Chrystall sanfft vor jhm’ vber gehn / Die leichte Vgelein mit jhren sssen singen Erregen sein Gemth / daß er auch lest erklingen Ein frlichs Hirtenlied von seiner Schfferin / Biß jhn deß Todes Bild der Schlaff legt gar dahin Vnd er nun ruhet fein ohn’ Angst ohn Forcht vnnd Schrecken / Lest sich der stauden Laub vnd grnes Kraut bedecken / Sein Wchter vnter deß / sein Hund wil Schffer seyn / Vnd geben fleissig acht auff Herd’ vnd Schffelein. Bald aber kompt der Wolff / der Wrger her geschlichen / Vermeinet / Corydon sey gar hinweg gewichen Zerreisset grimmiglich die schwachen kleinen Thier / Die schon von grosser Forcht halb tod erstarren schier / Ein Theil daß stehet still’ / ein Theil wil gerne lauffen / Die andre frist der Wolff / vnd wrget sie bey hauffen / Lycisca wehret sich / vnd bellet auch so hell / Daß endtlich Corydon vom Schlaff’ erwachet schnell. Bald sicht er die Gefahr / den Wolff die Schfflein fressen / Da machet jhn die Noth all seiner Lust vergessen /

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Der Mrdtliche Tumult verzaubert seinen Sinn / So / daß im Augenblick sein frligkeit ist hin. Nicht anders geht es mir / nach dem ich mich ergeben Dem / der mich tdten kan / dem / der mich machet leben / So bald der silbern Mond / nun in der schwartzen Nacht Am tuncklen Firmament hat seinen Lauff vollbracht / Vnd Phosphorus den Weg Apollo wil bereiten / Wann Liecht vnnd Finsternuß vmb die Regierung streiten; So kompt ein ssser Traum / erfllet meinen Sinn Mit Frewd’ vnd Liebligkeit / all trawren fehrt dahin. Jch schaw’! Es kompt heran mein Filistel gegangen / Es kompt mein edler Held mich freundlich zu vmbfangen / Baldt lauff’ ich zu jhm hin / heiß’ jhn wilkommen seyn / Er ksset mich / ich jhn / vnd tauschen also fein / Jch bin gleich gar verzuckt / ja lasse mich bedncken / Daß wir ins Himmels Saal der Gtter Nectar trincken / Vnnd daß der Sonnen Hauß / der Himmel / offen steht / Dieweil mein Filistel mit mir herumber geht / Es ist mein’ arme Seel so lang’ im Traum erfllet Mit ssser Liebes Frewd / biß Amor selbst verhllet Sein zartes Angesicht / vnd machet sich gleich blind / Kompt drauf geflogen her mit Waffen gar geschwind / Zerstret meinen Traum / mein frewen / kssen / lachen / Verjaget Philistel, vnd lesset mich erwachen / So ist mein Lieb davon / Cupido hat mich nur Betrogen mit dem Traum / dem Schatten vnd Figur, Jch arme Schfferin! Mein Schffer ist verschwunden / Mein Schffer / der mirs Hertz’ im Traum’ auch kan verwunden; Jch thu mein’ Augen auf / Gott Phœbus glentzt daher / Mein leiden kompt zugleich / vnd meiner Lieb beschwer; Aurora wil die Nacht die finstre Nacht verdringen / Man sicht zwo Brnnelein auß meinen Augen springen. Jch ruff’: Ach Filistel / ach Ritter / edler Heldt / Sagt an / wo find’ ich euch / an welchem ort der Welt? Ach eilet wieder her / knt jhr so lange lassen

Musa Teutonica

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Ewr trewe Sylvia, jhr thut sie ja nicht hassen? Sie liebet euch viel mehr vnd hher als’ jhr Hertz / Kompt selber liebt jhr mich / der Traum war nur ein schertz. Die Wlder ruff’ ich an / die Thler / Berg’ vnd Steine / Daß sie doch endlich euch thun kund mein stetigs weinen / Die Sonne bitt’ ich offt daß sie euch mahle fr Mein bleiches Angesicht dem Todt sich gleichend schier. O daß die Winde nur mein seufftzen euch zu fhrten / Daß jhr O Filistel mein trewes Hertze sprten! Die Wolcken so von hier hin schweben an den Ort Da jhr seyd / nehmen mit mein’ heisse Trnen fort. Kompt edler Filistel, kompt wieder zu erquicken Ewr’ arme Schfferin die Amor wil ersticken Mit seiner Fackel glut / doch wann jhr nur kompt her So knnet jhr O Held abwenden mein beschwer. Mein Geist der vmb’ euch schwebt / der wird euch warlich gleiten / Vnd ich wil ewrem Geist die Stell’ vnd Platz bereiten / Den meine Seel’ ist ewr / ewr Sehlichen ist mein / Vnd soll doch nur ein Geist in zweyen Leibern sein. Frwar ich bin bey euch vnd jhr bey mir zu finden / Wie knte man vns doch noch krfftiger verbinden? Kompt edler Filistel’ kompt lindren meine Pein / Kompt / zeiget euch mir selbst / so wil frlich sein.

GrabSchrifft Einer Blutdurstigen Kriegsgurgel. WEil sich der bleiche Tod selbst vor mir frchten muste / Als der ich sonsten nichts / den nur von wrgen wuste; Halff er mir endlich fort / nun frewt er sich so sehr / Daß er vor meinem trotz sich nicht darff frchten mehr.

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Auff eine sehr schne Fraw. sonnet.

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WAs wil ich doch noch viel in meinen Garten gehn Die Blmblein mancher Art mit frewden anzuschawen? Sicht man sie alle doch an dieser schnen Frawen. Die Blmlein welche sonst weit von einander stehn / Kan man hie allzumahl in einem Crper sehn / Wol dem der Tag vnd Nacht mag diesen Garten bawen Wol dem der khnlich jhn darff graben / seen / hawen! Doch acht’ ich / daß es nicht so leichtlich wird geschehn / Daß ich der grossen Lust deß Gartens werd geniessen / Ey wol / so lieb’ ich doch / solts gleich den Neid verdriessen; Gedancken die sind frey / die schweben hin vnd her / Vielleicht wird sie mir noch auß Gunst ein Blick vergnnen / Wann sie mein grosse Trew’ vnd Liebe wird erkennen / Vielleicht’ erlang’ ichs gar was ich so sehr begehr.

An die vngetrewe Amarylli, Daß sie jhm einen andren vorgezogen. ode trochaica.

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ACh nun hab’ ichs recht erfahren / Was es vor ein Hertzleid ist / Wann man nach so vielen Jahren Jnnen wird der falschen List / Die offt ein betrieglichs Hertz Gegen vns verbt im Schertz / Lest vns zwar in Hoffnung stehen / Vnd thut doch nach andren sehen. Amarylli du mein Leben /

Musa Teutonica

Wilt du so verlassen mich? Hatt ich mich doch gantz ergeben Dir zu dienen sttiglich; Nun hast du mir doch zu letzt Einen andren vorgesetzt / Den du liebest / den du preisest / Ja jhm’ alle Ehr beweisest. Wann ichs leider muß erfahren / Daß du diesen groben Klotz Schlecht von Sitten / jung von Jahren / Rhmest mir zu Hohn vnd trotz; Wann du sagst / daß in der Welt Keiner dir als’ er gefelt; So wil mir mein Hertz zuspringen / Ja zum Maul’ herausser dringen. Wann du pflegst herauß zu streichen Seiner Glieder zierligkeit / Wann du sprichst / daß jhres gleichen Sey doch nirgends weit vnd breit / Daß sie auch viel heller sein Als der Schnee vnd Helffenbein; So thut mir die Gall mit hauffen Offt vor Eifer vberlauffen. Lobst du denn die schnen Augen Daß sie glentzen wie die Sonn / Ja auch zuverletzen taugen Venus selbst in jhrem Thron / Preisest du der Wangen zier / Daß sie gehn dem Marmel fr; Ey so thu ich mit verdriessen Tausendt Thrnen offt vergiessen. Wann ich jhn nur hre nennen / Daß er dir der Liebster ist / Thut mirs Hertz’ im Leibe brennen / Weil man mich so gar vergist.

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Johann Rist

Jst daß recht / daß solch ein Knol Dich O schnste kssen sol / Ja den zarten Mund berhren Der die Gtter kan verfhren? Jst er doch von schlechten Sitten / Rauch vnd Bwrisch von Gestalt / Gleichwol lest du dich erbitten Meiner Seelen auffenthalt / So daß er den sssen Taw Von der schnsten lippen Aw Jetzo khnlich darff geniessen / Solt michs gleich noch mehr verdriessen. Amarylli laß jhn fahren / Laß mich deinen Schffer sein / Thu dich selber mir ersparen / Gnn mir deiner Augen schein / Laß den groben Mopsus stehn / Jst es doch sehr offt geschehen: Wenn er dich hat wollen kssen / Daß er deinen Mund gebissen. Ey so thu mir wieder geben Deine Lieb’ vnd Freundligkeit / Jch wil dir mein gantzes Leben Auffzuwarten sein bereit / Amarylli daß ist fein Jn der Lieb bestendig seyn / Ja das seligst’ ist auff Erden Lieben vnd geliebet werden.

Musa Teutonica

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An seinen Brieff / welchen die Liebste nicht ­annehmen wollen. O Du verworffner Brieff / bist du nun wieder kommen? Wie / daß der liebsten Hand dich nicht hat angenommen? Was war die Vrsach doch daß sie dich wolte nicht Anstrahlen / wie sie pflegt mit jhrer Augen Liecht? War den jhr stoltz Gemth so gar auff dich ergrimmet? Frwar dem wird so seyn; Jhr Angesicht das glimmet Wie liechte Flammen thun / es zndet offtmals an Vieh /Menschen / Holtz vnnd Stein / ja was kaum brennen kan. Ach hette doch mein Lieb an dir sich nur gerochen / So wrde jtzt mein Hertz so schmertzlich nicht zubrochen. Mein brieff / du hast die Schuld / dir / dir gehrt die Gluth / Die Glut / die meine Seel’ erbrmlich qulen thut. O du verfluchter Brieff / jtzt wil ich dich zerreissen / Vnd thust du noch so schon von Gold vnd Farben gleissen / So must du doch daran; Nein / nein / das ist zu schlecht / Die Rach muß schwerer seyn / das brennen ist dein recht; Doch wil ich dich zuvor hinwerffen auff die Gassen / Vnd da im schwartzen Koth so lang zutretten lassen / Biß du vermodert bist; Mir felt was anders ein / Was gilts / das ist noch wol die allergrste Pein? Jch wil dich geben hin den Wrmen auffzufressen / Daß gleich wie mich die Lieb’ ein lange Zeit besessen Auch noch stets qulen thut / so solt du Nacht vnd Tag Der Motten Speise sein / vnd das ist meine Rach.

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An die vberschne vnd Gttliche Sylvia. epigramma.

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DV schnste Sylvia, du klagst du seyst entzndet Vnd wissest nicht wovon; Jch hab vorlengst ergrndet Die Vrsach deiner Brunst: Es ist nicht lang geschehn / Daß dich die Venus selbst hat innig angesehn / Vnd weil sie von Gestalt dein gleichen nie gefunden / So ward jhr Hertz darob von Eifer vberwunden / Ja daß du Gttlich bist / ist jhr ein schwer verdruß / Noch schwerer / daß sie dir an schnheit weichen muß. Drumb hat sie sich bedacht von schneller Rach getrieben Wie sie dich straffen wil; Sie wil dich lassen lieben / Nun hat sie jhrem Sohn befohlen / daß er wol Mit seiner Fackel Glut sie an dir rechen sol.

An die vngetrewe Amaryllis Daß sie einen andern Lieb gewonnen. sonnet.

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WJrd den der Venus Sohn die falschheit niemahls finden Die mir erwiesen ist von dir O Schfferin / Die du so trotzig bist vnd stoltz in deinem Sinn / Was gilts der kleine Gott wird dich noch vberwinden? Muß doch der Gtter Volck von jhm sich lassen binden / Ja seine Mutter selbst; doch du mein Lieb fahr hin / Jch weiß wol daß ich dir nicht mehr der liebste bin / Ach daß bey dir die Trew so leichtlich kan verschwinden! Du hast dein falsches Hertz zwar andren vbergeben / Die sind mit Worten trew / ich wars mit Leib vnd Leben. Was gilts wo sie zu letzt dich nicht mit Spott vmbtreiben

Musa Teutonica

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Gleich wie du mir gethan? dann wird die spete rew Dich lehren / leichtes Hertz / was flschlich lieben sey / Fahr hin / mein Lieb / fahr hin / ich werd’ ohn dich wol bleiben.

Klaglied deß verliebten Myrtillo, wegen seiner Amarylli hrtigkeit. ode trochaica. NEwlich thet Myrtillo fragen / Wo sein Amarylli wer / Als’ er nun fand ohngefehr Sein Lieb / fieng er an zu klagen: Ach wie Steinhart ist dein Sinn / Allerschnste Schfferin! Kan ich dich noch nicht erweichen O du aller Nymphen zier / Schaw doch an / wie klglich mir Mein Gesichte thut verbleichen. Ach wie Steinhart ist dein Sinn Allerschnste Schfferin! Alles kan man zwar bewegen / Was man findet weit vnd breit Endtlich weicht es doch der Zeit / Ja die Felsen kan man regen; Steinhart aber bleibt dein Sinn Allerschnste Schfferin. Schawt den Himmel vnd die Erden / Wie daselbst zu jeder frist Aller Ding’ ein Wechsel ist / Wie sie offt verendert werden; Vnverendert bleibt dein Sinn / Allerschnste Schfferin.

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Wann Gott Phœbus ist gelauffen Durch das gantze Firmament / So hat den sein Lauff ein End’ / Es kompt denn der Sternlein hauffen; Vnbeweglich bleibt dein Sinn Allerschnste Schfferin. Wann Diana hat vollfhret Jhren Gang die lange Nacht / Tritt Aurora auff die Wacht Biß die Sonn die Berge rhret; Steiff vnd fest steht dir dein Sinn Allerschnste Schfferin. Nach dem Sonnenschein kompt regen / Nach dem lachen Trawrigkeit / Nach dem Strmen stille Zeit / Wann sich Wind vnd Wasser legen; Dir bleibt stets dein steiffer Sinn Allerschnste Schfferin. Kan man doch die Thier bezwingen Die sonst starck vnd grawsahm sein / Lwen / Hirsch’ vnd wilde Schwein Thut man offt’ ins Netze bringen; Vnbezwinglich ist dein Sinn Allerschnste Schfferin. Zwar sehr offt’ hab’ ich verjaget Wlff’ vnd Beeren / wann sie sich Stelten noch so grimmiglich / Jch bin annoch nicht verzaget; Du allein hast steiffen Sinn / Allerschnste Schfferin. Offtmahls pflegt mein lieblichs singen Zu erregen wunderlich Schaf’ vnd Ziegen / daß sie sich Frewen / vnd herumb her springen; Vnbeweglich bleibt dein Sinn

Musa Teutonica

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Allerschnste Schfferin. Pan ist selber nachgegangen Vielmahls meiner Pfeiffen schall / Ja die Nymphen allzumahl Hrten mir zu mit verlangen; Vnbeweglich ist dein Sinn Allerhchste Schfferin. Kan man den so gar erweichen Alles / was auff Erden lebt / Ja was in den Lfften schwebt; Sag wem sol ich dich vergleichen Daß so Steinhart ist dein Sinn Allerschnste Schfferin? Nun / ich thu beym Himmel schweren Amarylli O mein Liecht / Daß ich dich wil lassen nicht; Diß ist letzlich mein begehren: Laß mich zwingen deinen Sinn Allerschnste Schfferin.

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Als der Durchleuchtiger / Hochgeborner Frst vnnd Herr / H. Bernhardt / Hertzog zu ­Sachsen-Weimar FeldtObrister die gewaltige Stadt Regenspurg den 4. Tag Novemb. deß 1633. Jahrs Ritterlich erobert vnnd eingenommen. WO Trew’ vnd Tapffrigkeit / die Gottesforcht daneben Zu dieser letzten Zeit nur einem sind gegeben / So ists der thewre Printz Herr Berenhard genandt / Ein Frst (trotz sey dem Neid) der gantzen Welt bekandt. Kaum haben wir erhht das Lob deß grossen Helden /

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So thut man abermal von seinen Thaten melden / Die schnelle Fama kompt vnd schreyet laut vnd frey: Das Regenspurg mit Macht von jhm’ erobert sey / Die Stadt / die grosse Stadt die Claudius gebawet Der Nero sonst genandt / da man jtzt annoch schawet Die weitberhmte Brck / von Steinen auffgefhrt / Die von den strengen Fluß der Donaw wird berhrt. Von dieser alten Stadt wird noch mit Ruhm gelesen / Daß sie ehmahls das Haupt im Byerland gewesen / Dahin das starcke Volck der Hunnen sich gelegt / Vnd auch jhr Knig selbst zu wohnen hat gepflegt. Hie ist das Teutsche Reich sehr offt zusammen kommen / Wann sich sein hchstes Haupt / der Keyser vorgenommen Der Frsten streit vnd zanck / auch sachen mancherley Die niemand schlichten kont / gtlich zu legen bey. Nur hier hat vnser Printz sich tapffer lassen finden Daß edle Regenspurg von Knechtschafft zu entbinden; Er setzet an mit Macht / scheust dergestalt hinein / Daß auch die Feinde bald gewnscht hinweg zu seyn. Frst Weymars Tapfferkeit / (in dem’ er hat gewaget Ein so gar khnes Stck) die macht sie so verzaget / Daß sie die schne Stadt fast ohne Raub vnd Brand Hingeben williglich dem Printzen in die Handt / Bald ist der starcke Feind gen Jngolstadt geflogen Jm gegentheil das Heer deß Siegers eingezogen / Daß wird empfangen da mit hellen Glocken schall / Mit Paucken klang vnd auch der grossen Stcke knall / Die gantze Stadt ist froh / die Brger thun erheben Hertz / Hand vnd Mund zu Gott / der jhnen hat gegeben Den Heldt auß Sachsenlandt / der von der Tyranney Deß stoltzen Antichrists sie hat gemachet frey / Die Kinder preisen Gott / die Jngling sind vol frewden / Die Alten sehn zu rck noch auff jhr vorigs Leiden / Man sicht ein Thrnenbach auß jhren Augen gehn / Als sie das Vatterlandt in Ruh’ vnd Freyheit sehn.

Musa Teutonica

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Drauff hrt man hin vnd her diß Lobgedicht’ erschallen: Es msse Gott vnd vns der edle Printz gefallen / Der jetzt so Ritterlich durch seine khne That Vns von deß Beeren Macht vnd Grimm erlset hat. O Herscher aller Welt / der du jhn lehrest kriegen / Hilff jhm (wie du den pflegst) dem starcken Feind’ obsiegen / Gib jhm’ vnd seinem Heer doch Davids tapfferkeit Vnd Klugheit Salomons, auff daß in dieser Zeit / Da alles sich verkehrt was lebt vnd schwebt auff Erden / Durch jhn deins Namens Ehr befodert mge werden. HErr / der du nur allein der Sieg ein geber bist / Hilff deinem schwachen Volck’ vnd strtz den Antichrist. Jehovah laß’ vns nicht durch seinen Trotz verderben Gib daß wir endlich noch von jhm’ errettet / sterben / Ach laß den thewren Printz dein Werck vnd Rstzeug sein Dieweil er sich so gar auff dich verlest allein! Jehovah der du selbst pflegst auß vnd ein zu fhren Dein außerwehltes Heer / laß Weymar triumphieren / Gib jhm’ als’ Josua die Waffen in die Hand So wird durch seinen Dienst erlst das Vaterland.

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An eine alte sehr heßliche Jungfraw. epigramma. WAnn ich das schne Volck / ein Volck noch jung von Jahren Die zarte Jungfrwlein mag bey einander sehn; So deucht mir daß vmbher nur eitel Sternlein stehn; So bald du aber kompst in diese Zunfft gefahren Stein altes heßlichs Thier / vermein’ ich daß ein Wolck Kompt zu bedecken schnell das schne Sternen Volck.

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Sub melle fel. Kein Lieb ohn’ Leid. sonnet.

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GLeich wie / wann mit Begierd der Drostel kompt geflogen Sein’ angenehme Speiß die Behrlein Kirschen roth Zu schmecken / die jhm doch nichts bringen als den Todt / Dieweil so nah dabey viel Falstrick sind gezogen / Dadurch der Vogel wird in seiner Lust betrogen / So daß er sich erhengt / kompt in die grste Noth; Also Kriegt eben der auch solch ein Morgenbrodt / Den Amor listiglich zu lieben hat bewogen: Sicht er ein schnes Bild / so leufft er schnell hinzu / Gedenckt in seinem Sinn’: Ey hie ist wahre Ruh Sie sol mein trawrigs Hertz was es begehrt erlangen; Bald aber fhlet er die wunderbahre List / Daß sein verliebte Seel gantz fest verstricket ist / Was hilffts es ist geschehen / der Vogel ist gefangen.

Fortuna vitrea est, quæ cum maximè ­splendet, frangitur. ode jambica.

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WEh denen so da bawen Vnd setzen jhr vertrawen Nur auff daß blosse Glck; Daß hat so viel betrogen Die nicht zuvor erwogen Desselben lose Tck. Wie man nicht wieder findet Den Schatten / der verschwindet

Musa Teutonica

Wie Rauch vnd Dampff vergeht; So sind deß Glckes Gaben Auch denen die sie haben Weil nichts allhie besteht. Sardanapalus Leben War gantz vnd gar ergeben Deß Glckes Eitelkeit; Bald ist er von den Flammen Mit Schloß’ vnd Gut zusammen Verzehrt in kurtzer Zeit. Der Crœsus thate preisen Jn gegenwart deß weisen Sein Glck vnd hohen Standt; Bald wers dahin gekommen / Daß man jhn hett genommen Vnd gar zu Staub verbrandt. Darius ists gelungen Daß er mit Macht bezwungen Viel Stdt’ in Orient; Bald ist er sonder klagen Von seinem Knecht’ erschlagen / Frwar ein klglichs End. Von Alexanders Kriegen Macht / Glck’ vnd grossen Siegen Weiß fast die gantze Welt; Kaum hat’ er sich ergeben Jn Ruh’ vnd Fried zu leben Da starb der khner Heldt. Wie sind die grosse Thaten Dem Cæsar doch gerathen / Wo bleibt sein tapffres Hertz? Der Muth ward jhm gebrochen Sein edler Leib erstochen Mit grossen Hohn vnd Schmertz. Wo ist die Kron der Helden /

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Da Franckreich kan von melden Heinrich der groß genandt? Ach weh / durch Mrders Hnde Nahm dieser Printz sein Ende Jn seinem eignem Land. Wo ist der Welt bezwinger Der Freyheit wiederbringer Gustav, der Frsten Zier? Ach er ist hingerissen Sein edler Leib zerschmissen / Sein blosser Nahm’ ist hier. Noch thut die Welt vermeinen Wann sie das Glck sicht scheinen Die Sachen stehn gar wol; Ach nein / es ist diß Leben Mit Eitelkeit vmbgeben / Ja Noth vnd Klagens voll. O toller der du bawest Auffs Glck’ vnd jhm vertrawest / Frwar du wirst zu Spott; Jch laß’ in allen Sachen Durchauß nur einen machen Was er wil / der ist Gott.

Capitan Spavento 1635

Iohannis Ristii Holsati

Capitan Spavento Oder

Rodomantades Espagnolles. Das ist: Spanische Auffschneidereyen / auß dem Frantzsischen in deutsche Verß gebracht.

Gedruckt zu Hamburg / bey Heinrich Werner / Jn verlegung Tobiæ Gundermans Buchhndlers / 1635.

Dem Edlen / Vesten vnd Manhafften Herrn Hanß Petersen Knigl. Majestt zu Dennemarck Wolbestalten Capitain Meinen sonders hochgeehrten Herren vnd sehr werthen Freunde.

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EDler / Vester vnnd Manhaffter / sonders hochgeehrter Herr Capitain / man saget im gemeinen Sprichwort: Veritas odium parit, das ist: Wer die Warheit geiget / dem schlegt man die Geige vmb die Ohren / denn die Warheit zu diesen Zeiten dermassen verhasset ist / daß sie fast an keinem Orth der Welt eine sichere stelle mehr findet / ja auch schier alle die jenigen / so sich selbiger annehmen / keine Herberge noch auffenthalt berkommen knnen.

Ob es nun zwar zu diesen letzten vnnd hochbetrbten z­ eiten / vnter den Menschen also ist beschaffen / so finden sich doch gleichwol noch jmmer zu redliche Hertzen / welche alß auffrichtige liebhaber der Warheit nicht vnterlassen / so wol die fehler vnd gebrechen vnterschiedlicher Nationen vnnd Vlcker / als auch die allgemeinen Weltmngel fein bescheidenlich zu straffen vnd zu ­tadelen / inmassen denn heut zu Tage so wohl vnter den Teutschen / als Jtalineren / Spaniern vnd Frantzosen viel trefflicher Leute gefunden werden / die so wol jhrer eigenen Landsleute als anderer außlndischen Nationen Mngel vnd Gebrechen so zierlich vnd bescheidenlich zu corrigiren wissen. Zu dem ende nun schreiben etliche schne vnd scharffsinnige Apophtegmata, deren gleichen sein die vor weinig Jahren getruckte herrliche vnd kluge teutsche reden / so der berhmte Doctor Zincgrefius, auß den vornehmsten Autoren zusammen gebracht / ein Werck das vnser Teutschland billig hoch zu preysen hat / angesehen vnser Muttersprache nicht wenig dadurch wird excoliret.

Capitan Spavento

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Andere beschreiben vnd erdichten lustige Fabules vnnd Mehrlein / dadurch sie die Warheit gleich lachend hervor geben / wie solches zuersehen an dem edlen Bchlein / der Reinike Fuchs ge­ nandt / welches der gelahrte Nicolaus Bawman / weylandt Frstl. Glichser Secretarius, ein wolversuchter Hoffman / sehr lustig vnnd nachdencklich beschrieben; Jmgleichen an des Herrn Rollen­ hagen Froschmuseler / einem Buche / darinnen grosse Weißheit ist verborgen / vnd was mehr vor Bcher selbiger ahrt gefunden werden. Andere / damit sie die Warheit den Leuten etwas lieblicher vormahleten / haben allerhandt schne Comœdien vnnd Tragœdien, ertichtet / inn denen sie viele vnnd mancherley Personen / als bald einen alten kargen Geitzhalß / bald einen jungen verliebten Buhler / bald einen vngetrewen diebischen Knecht / bald­ ­einen auffschneiderischen Soldaten vnd Leimstengeler / vnd was solcher arth Menschen mehr seyn / eingefhret / vnnd deroselben Laster fein hfflich gestraffet / anderen aber zur Warnung vorgestellet haben / wie denn in diesem genere die alten Comici, Plautus vnd Terentius, heut zu tage aber die Jtaliner / insonderheit jhr Ariostus, imgleichen die Frantzosen vnnd Teutschen / sich trefflich wohl haben sehen lassen. Andere / damit sie etlicher sonderlicher Nationen mngel vnnd gebrechen / ohne grosse vnbescheidenheit straffen mchten / haben einen Capitan spavento oder Großsprecher auffgestellet / der mit vnerhrten Lgen vnd Auffschneidereien / nicht allein sein eigenes auffgeblasenes Gemth verachten / besondern was von seinen Landesleuten zu halten / aller Welt hat zuerkennen gegeben. Auß dieser Zahl ist nu auch gegenwertiges Bchlein / dessen fglicher titul ist: REDOMANTADES ESPAGNOLLES, oder Spanische Auffschneidereien / durch welche ein hochmtiger / jedoch verzagter Spanischer Eysenfresser vnd Auffschneider seine hohe / ritterliche / ja Gttliche Thaten / dergestalt weiß herauß zustreichen / daß ein jetweder verstndiger Mensche / wann er solche lieset / leichtlich erkennen kan / zu was ende selbige / von einem

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feinen / lustigen / Poetischen Ingenio sein zusammen gebracht worden. Daß nun aber ich dieselbe in Teutsche Alexandrinische Verß berzusetzen mir habe gelsten lassen / kommet daher / alldieweil es von verstendigen Leuten dieser mh werd geachtet worden. Denn / nachdem ich bey den Wollwrdigen / Edlen vnd Hochgelahrten Herren JOHANNE DOUW, J. U. Doctore vnd Canonico Brunsuicense (zwar einem solchen Manne / der in den schnsten vnd vortrefflichsten wissenschafften / Knsten vnnd Sprachen weinig / so jhm gleichen / hat / seine außerlesene Liberei mit hhestem wolgefallen durchsuchet / vnd vnter denselben auch einen absonderlichen herrlichen vorrath / allerhandt Spanischer / Jtalinischer / vnd Frantzsischer Bcher gefunden / ist mir vnter anderen auch gegenwertiges tracttlein / in Spanischer vnnd Frantzsischer Sprache beschrieben / in die Hnde gerathen / welches / nach dem ich es beynebenst wollgedachtem Herren Doctore, etlicher feiner / vnd recht Poetischen inventionen halber mit lust durchlesen hat hochgedachter Herr Doctor freundlich dabey erinnert / daß es wol werth wehre / auß diesen frembden Sprachen (in denen es nur Discurs weise beschrieben) in Teutsche Verß bergesetzet zu werden. Nach deme ich nu solche meinung verstanden / habe ich hierinne dem Herren Doctori (als deme ich wegen vieler vnnd grosser mir erwiesenen freundschafft / die ich auch billich zeit meines Lebens hchlich zu rhmen habe grßlich verpflichtet bin /) gerne gratificiren, vnnd mehrgedachte Rodomontades Espagnolles in teutsche alexandrinische Verß / bersetzen wollen; Weilen aber selbige meine geringschetzige Version, etlichen gelahrten vnd der Poeterei liebhabenden Personen nicht bel gefallen / als habe ich sie auff dero freundliches begehren jedermenniglich durch den Truck mitzutheilen / kein bedencken getragen / also daß ich mich auch durchauß nicht einmahl jrren noch abschrecken lassen / daß meine vor kurtzer zeit getruckte teutschen Pœmata von etlichen meinen neideren vnd mißgnstigen / vor lauter Satyrische Schrifften / ja wol gar vor Pasquillen sind außgeruffen worden / worin /

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mich aber mein gutes Gewissen dergestalt versichert / daß ich auch solcher verkehrten Leute judicia vnd Vrtheile / von meiner Teutschen Poesi / eben so gering zu schetzen pflege / als ehemalß der Kunstreicher Apollo des vnverstendigen Midæ gefelleten sententz geachtet / welcher Midas, alldieweil er die Kunst vnd Wissenschafft des Apollo hindangesetzet / von den Gtteren mit einem pahr Eselsohren ist geziehret worden / zur ewigen straffe seiner groben vnwissenheit vnd verachtung. Es solten doch solche vnzeitige Momi vnnd Splitterrichter / das Ne sutor ultrâ crepidam, ein wenig besser erwegen / vnd nicht so schleunig von Sachen / die sie nicht verstehen / judiciren vnnd vrtheilen / vielmehr erstlich wissen / daß meine Poeterey auß dem berhmbsten scribenten vnd Poeten / der Teutschen / Lateiner Frantzosen vnd anderer (derer Sprachen sie doch nicht alle verstehen) genommen / worinnen ich den billich nachfolge / dem lblichen Exempel vnsers weitberhmten Teutschen Virgilij, vnd hochgeehrten Herren Præceptoris Martini Opitij, dessen gttliche Poesis sich so hoch ber alle andere hat erhoben / als die helle Sonne alle himlische Planeten vnd Sterne mit jhrem glantz vnd klarheit bertrifft / weil ich mich derowegen / nicht allein das Exempel dieses hochgelahrten Mannes zu getrsten / besondern auch ber das viel grosser / vornemer vnd verstendiger Leute vrtheil von diesen vnd andern meinen Sachen in hnden habe: Als wil ich solches vnzeitiges richten meiner neidigen Wiedersacher durchauß nicht achten / noch selbiges etwas bey mir gelten lassen / besonderen / so wol in diesen als anderen meinen studiijs durch Gottes gnade forthzufahren / vnd mit dem ehisten meine Musam Sacram auff vortrefflicher Leute begehren zu publiciren vnd hervorzugeben / mich befleissen / Rumpantur ut ilia Momis. Daß ich aber Edler / Vester vnd Manhaffter Herr Capitain, hochgeehrter vnd sehr werther Freund Patron / diese meine Spanische Auffschneidereyen jhme habe dediciren vnnd zuschreiben wollen / dazu hat mich vornehmlich bewogen seine grosse affection vnd zuneigung / die er nicht allein gegen die an-

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muhtige Poeterey / vnnd deroselben Cultores, besonderen auch alle andere lbliche knste vnd wissenschafften / vnd also nachfolgends gegen die gantze gesellschafft der Gelahrten thuet / haben vnd tragen / dergestalt / daß er nicht allein den Kriegerischen Mars / besondern auch den Gelahrten vnd Kunstreichen Apollo jhme lesset lieb / angenehm vnd befohlen seyn. Jch wil anjetzo geschweigen / der grossen vnd vielfeltigen Ehr / Freundschafft vnnd gutthaten / die er mir zu vielen vnterschiedlichen zeiten / so woll in seiner eigenen behausung alse auch anders woh hat erwiesen vnnd widerfahren lassen / welche zwar so groß vnd mannigfaltig seyn / daß ich billich vor einen vndanckbaren zu schelten were / wenn ich derselben nicht zeit meines Lebens / ehr vnnd rhmlich bey allen redlichen Hertzen wrde gedencken. Wil demnach vnterdienstlich gebetten haben / mein hochgeehrter Herr Capitain wolle geruhen / gegenwertiges Bchlein (zwar ein schlechtes vnd geringes / jedoch wolgemeintes geschenck­lein) als ein gewisses Zeichen / meines danckbarem Gemhtes auff vnnd anzunehmen / dabenebenst mein vnd meiner studio­rum vielgeneigter großgnstiger Patron vnd frderer seyn vnd verbleiben. Womit ich meinem großgnstigem Herrn vnd Capitain ein frliches / glckseliges / fredenreiches newes Jahr / beynebenst aller gedeilichen prosperitt vnnd Wolfahrt von Hertzen wil gewnschet / vnnd jhn sampt seiner vielgeliebten Hauß Ehr / auch allem was jhm lieb ist Gttlichen protection getrewlichst empfohlen haben. Eiligst gegeben zur Heide in Ditmarschen / den 1. Januarij des 1635. Jahres. E. E. M. G. willigster Diener so lang ich lebe

Iohannes Rist.

In Hispanum Trasonem Præstantisimi & Literatisimi Viri-Juvenis Dn. Iohannis Ristii Philos. & Poëtices Candidati meritissimi Epigramma. HISPANUS prodit roseas THRASO lucis in auras: Sed cur ornatus more, TUISCHO, tui? Nempé, tuâ multos in posteritate Thrasones Cernier, his ipsis vestibus ille probat. Exhibet exemplum mendax illustre Beanus Qui capitis dextrâ tegmen in aure gerit, Atque humeros longis onerat collaribus ambos, Dùm tremuló pressam murmurat ore basin, Et casca ex opicó Saturni podice ructat, Auribus excultis absona quæque sonans: Ut plures taceam, tibi quos simul ordine longô Non curtô possem commemore metro. Sed nihil hoc opus est, RISTI præclare, sat unum Si nosti hunc, reliquos non malé nosse potes. Tu vero pergas magnos laudare Thrasones Ex meritó: Laurum spondet Apollo tibi. ἐυΦημίαϛ ἕνεκα deproperatum â M. Mauritio Rachelio, L.P. & P.L.C.

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Jocus ad Eundem. HIstoriam dum tu, quod nil nisi fabula, dicis; Fallor an & tu quid, JANE, Thrasonis habes? Non, ais: Ingenium, mores, & verba Thrasonis, Exprimo, pro factis qui mera ficta refert. 5

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Sagt mir / wie kompt es doch / daß jhr / jtzt ein Gedichte / Thut halten hoch vnd werth / als wer es ein Geschichte? Seyd jhr dann kommen auch zu der Auffschneider schaar Die da gemachet seyn von lgen gantz vnd gar? Nein / sprecht jhr lieber Freund / Jch thu nur bloß erzhlen / Was der Auffschneider mein / mit nichten kan verhelen / Solt es gleich alles sein / erstuncken vnd erlogen; Denn was thut nicht ein Mann vermessen vnd verwogen?

Johannis Ristii Holsati Capitan Spavento Oder Rodomontades Espagnolles Das ist: Spanische Auffschneidereien / auß dem Frantzsischen in Teutsche Verß gebracht. I. ALs’ ich auß Mutterleib’ in diese Welt bin kommen Hat Mars mein schulderblat zur wonung eingenommen Die Armen Hercules, der Atlas Fß vnd Bein Mercurius das Hupt / Venus der Augen schein /

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Cupido hat sich auch ein eignes Schloß ersehen / Das war mein Angesicht / Gott Jupiter that stehen Selbselbst in meinem Leib’ / auff daß ich solcher gstalt Wrd’ eintzig vnd allein der Gtter auffenthalt. WAnn ich so mchtig starck / pfleg’ hin vnd her zu reisen Der gantzen weiten welt mein tapffres Hertz zu weisen / So steht der Erdenklooß vnd zittert als ein Laub / Das Meer / die Lufft / das Fewer / der Himmel wird mein raub. Des Atlas schwere Last will gleichsam gar verzagen / Sie wird mit grosser mh / vnd Angst von jhm getragen / Gott Oeolus helt ein der scharffen Winde macht / So daß sie legen sich / vnd schweigen Tag vnd Nacht. Das tolle Mehr wird still / vnd darff nicht mehr so brausen / Ja auch Neptun erschrickt / im fall’ er mich hrt sausen / Die Thetys lefft zurck; die Menschen mit beschwer / Forcht / Angst vnd Noth erflt die fliehen hin vnd her Vnd finden keine ruh. Was soll ich weiter melden? So bald mich schawen an die allerknsten Helden So nemen sie die flucht vnd schreien daß es kracht: Errett’·vns lieber HErr von seiner grossen macht.

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II. Ad Famulum. Hr Junger / wo ich dich soll mit dem Stabe schlagen / So werd ich dich sechs fß tieff in die Erde jagen / Daß auch so gar von dir nichts mehr da aussen sey Als nur die rechte Faust / daß wann ich geh vorbey Du knnest deinen Huht zu ehren mich / abziehen So grosse strck hat mir Natura stets verliehen.

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Bedenck’ ichs recht / wie hoch Fortuna mich gebracht / So mangelts nur an zeit: Erst hat sie mich mit macht / Krafft strck’ vnd tapfferkeit vor andren wol versehen Daß ich mit recht’ auch kan vor Franckreichs seul bestehen. Jch bin der Spanier strck’ ein Schloß von Engelland Gar wol werd’ ich die Maur von Dennemarck genandt / Jch bin der Welschen Schantz’ ein Thurm vnd Spitz der Pohlen / Mich muß gantz Teutschlandt auch zum Bolwerck’ jhm’ hinholen

Ja ber alles das / was lebt in dieser Zeit / Bin ich des Glckes Sohn erhhet weit vnd breit: Jch bin ein schn Metall / gereinigt ob der Erden / Jch bin das feinste Goldt / das kan gegraben werden Gezeget nicht auß Ertzt / das in den Grnden ligt / Nur von des Adels glantz der alles berwiegt.

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Jch schwer beym Jupiter, daß ich schier bin von Sinnen / Weil niemand mich vmb Fried zu bitten wil beginnen / Mein Lob / Preyß / Ehr’ vnd Ruhm ist eintzig vnd allein Der Kugelrunden Welt ein grosser schreck zu seyn. Ach ich verzweiffle schier! Jch will vnd muß außgiessen Den bermachten Grimm / solts Pluto gleich verdriessen; Wol gleub’ ich daß ich nie den schwachen hab erzeigt Wie auch der Himmel selbst vor meiner Krafft sich neigt.

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Frwar gleich wie die Sonn’ am Firmament muß lauffen Ohn’ einig stille stehn / so wrg’ ich auch mit hauffen Die tapffre Helden hin / jedoch ohn spieß vnd schwerdt / Den nur mein stblein trifft / wird auff den todt versehrt

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VI. Nicht glaub ich daß waß sey im Himmel vnd auff Erden / So da mit meiner Macht verglichen knne werden / Vnd daß auch lebe nichts von Thier vnd Menschen frey Daß meiner Tapfferkeit nicht gantz gehorsam sey. Mich ehret Sonn’ vnd Mon / den Himmel mach ich beben / Den grossen Erdenkloß mit forcht vnd zittern schweben / Jch schaffe daß die Saat / Kraut / laub vnd graß erstickt / Daß Thetys stille steht im fall sie mich erblickt Wann ich mich heb’ empohr / sicht man die Lwen fliehen / Vnd schneller als der Blitz in jhre Hlen ziehen. Wann mein behertzt Gesicht ergreifft die Vgelein / Dazu die grossen Fisch so in den Wassern seyn / Ja auch die Menschen selbst / die strcksten so man findet / So folget daß jhr Geist vor Todes Angst verschwindet Vnd fleucht der Hellen zu. Seht ich / ich bin der Mann Der mit den Augen nur die Helden tdten kan.

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VII. Ad Famulum. Geh’ Junger hin zum Koch’ vnd sag jhm mir zu schicken / Ein kleines Morgenbrodt den Magen zu erquicken Laß stecken an den spieß zwo dutzt schlachtschwerter jtzt Mit Eisen fein gespickt / die an der Picquen spitz’ Vnd Hellebahrten seyn vor dieser Zeit gestanden / Die ich zerbrochen hab’ im Krieg mit eignen Handen; Geh’ eilendt hin / vnd laß mir legen auff den Rost Vier dutzt Mußquetten auch / denn das ist meine Kost / An der Saucisen statt laß mir Pistolen brahten / Frwahr ein ssser schleck der tapfersten Soldaten / Hiemit erquick’ ich mich / diß schmeckt nach meinm sinn Drumb ichs auch jederzeit gewohnt zu essen bin.

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Ey lieber schawt mich an den Printzen aller Weisen Vnd tapferen Ritterslet / die durch jhr stetigs reisen Sein aller Welt bekandt; Ey lieber schawt doch an Des Adels Blum’ vnd ziehr / den aller khnsten Mann / Den andren Radhamant berhmt von grossen Thaten / Den newen Rolandt / dem die Schlachten so gerathen / Ey lieber schawt doch an / wie schn der Tugendt glantz Hat diesen edlen Leib genommen ein so gantz. Jch bin auch ber das mit schnheit so gezieret / Daß ich der Nymphen mehr als Tausent pahr verfhret / Jch ander Lucifer / ich der ich jederzeit Zu lieben / vnd zugleich zu wrgen steh bereit.

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Als’ ich einsmahls im streitt die Helden that verwunden / Hab’ ich die Kniginn der Amazonen funden Daß wunderkhne weib / die mich mit jhrem schwehrt / Vermeinte ritterlich zu legen an die Erd’; Jch aber voller grimm hab sie ohn weiters fragen Mit einem schlechten streit durch Tellus schloß geschlagen / Nahm drauff jhr mutigs Pferdt vnd warffs im vollem lauff Biß durch das blawe Dach den Himmelssahl hinauff / Vnd traff den starcken Mars / der eben sich ergetzte / Mit Venus, die Vulcan das hrnern Joch auffsetzte / Schnell ward jhr zartes Hertz durch schrecken so verwund / Daß sie mit lauter stim zu schreien drauff begunt Begehrend’ hlff’ vnd Rath; Bald kam daher mit hauffen / Der Gtter grosses Volck gleich schnaubendt zugelauffen / Vnd fand den Armen Mars gestrecket vnd halb todt / Sie schrien allzumahl: O weh der grossen Noth! Jn dem that Jupiter zum Fensterloch außsehen

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Vnd wie er mich noch fand in grosser Arbeit stehen / Schlug er mit solcher Macht zu meinen Feinden ein / Daß auch sein scharffes schwert ließ von sich einen schein Viel heller als das Fewer / das Ethna pflegt zu geben Wann seine Flammen sich / hoch in die Lufft erheben / Vnd machen daß die Sonn / steht finster vnd beraucht; So war der Waffen glantz die Jupiter gebraucht. Die Gtter stunden still’ vnd schawten an mit zagen Das was verrichtet ward; drauff Jupiter thet fragen: Wie jhnen diß gefiel / vnd sprach nach solcher That: Seht dieser ist der Mann / der Mars geschlagen hat Ein Mann der starck genug mit seinen tapffren Hnden Euch Gttern allzumahl das Leben noch zu enden / Denn er allein macht voll des Pluto tunckles Reich Er wrget Menschen / Thier vnd Gtter all zugleich.

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X. Frwahr ich weiß noch nicht die weise zuertichten Wie ich die schelme doch sol grewlich gnug hinrichten / Die auff der Gassen het mein wincken woll gesehen Vnd doch mit ehr vnd forcht nit blieben vor mir stehen. Fnffhundert hab’ ich vnd mehr ahrten auffgeschrieben Damit viel Tausent schon von mir sind auffgerieben / Herauß mein Buch / herauß / jtzt will ich in der still’ Erwehlen auff was arth ich sie ertdten will: Den einen werd’ ich mit des Degens spitz’ erstechen Jedoch ohn alles Blut / dem andern will ich brechen Kopff / Hals vnd Bein entzwey / den dritten losen dieb Werd ich durchlchern gar gleich wie ein hrin Sieb / Der vierte kriegt ein hieb durch schultern / brust vnd lenden / Der fnfft’ ein starcken stoß / ich hab’ ein Dolch in hnden Der stost dem sechsten wol das Hertz’ im Leib’ entzwey / Der siebende sol sehen / wie scharff mein Sbel sey. Zu zeiten pfleg’ ich sie mit stben abzuschmieren /

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Wann ich ermdet bin mein scharffes schwerdt zu fhren Biß daß ich schließ zu letzt die Waffenkammer zu Vnd gnn’ auß lauter gt dem Degen seine Ruh’.

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Jhr Herren htet euch / thut doch zu rcke gehen / Biß ich hab’ vmbgethan den Mantel / wolt jhr sehen Was seine Krafft vermag? Der blosse Wind davon Jst der die Leut empor ja gar wegfhren kan. Wol fnfftzig hat er eh’ auff einmahl hingenommen Daß sie biß ans Gebrg der Pyræneer kommen / Ja theyls auff Taurus Spitz / theils auff Vesuvius Drumb htet euch / weil ich den Rock vmbnemen muß.

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Ach wann mein kstlich schwehrt mit worten knt außsprechen Was es wol eh gethan / jhm wrde zeit gebrechen Ein schwehrt / das Menschen gibt mehr kirchhf ins gemein Als sonst in aller Welt durchauß zu finden seyn. Es macht auch reich vnd groß die rtzt’ in allen Landen Was von Barbierern vnd Quacksalbern ist verhanden Ja es giebt jmmerfort den Harnischmachern Werck Sampt der Schwerdfeger schaar. Es pflegt durch seine strck Die Helmen so von Stal geschmiedet auffzuspalten Vulcanus Amboß muß vor seiner hitz / erkalten / Es spottet vnd verlacht die Schild auß Barcellon Die Waffen von Trckey zerschneidet es mit hohn / Casquetten die man sonst auß Teutschland zu vns treget Die spaltet es so leicht als es die Kirbse pfleget. Was hilffts? Jch sags euch kurtz / ich muß bekennen frey Daß seines gleichen nie zuvor gewesen sey.

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XIII. Fast fnftzig Jahr’ vnd mehr sind (wo mir recht) verflossen / Daß mich mein schwerdt ernehrt / in dem’ es hat vergossen / Viel khner Helden Blut / die mich noch frchten sehr / Entgegen lieben mich die Weiber mehr vnd mehr.

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XIV. Man sagt von solchem trotz / mordt / grimmigkeit vnd rauben Die jtzt der Trck betreibt / daß ich es kaum kan glauben / Er schneidet ab den Kopff / ja vielen Arm vnd Bein Jn Summa keine That soll jhm zu grawsam seyn; Wollan ich schwer’ jhm das bey meines Vaters Leben / Komm’ ich jhm an die Haut / er soll sich bald ergeben Mier in mein tapffre Faust / dann will ich dergestalt Jhn straffen / daß man nie dergleich’ erhret baldt. Wie toller weist du nicht wann mich die Menschen sehen Daß jhnen auch vor forcht die sinnen gahr vergehen? Drumb wrgen sie sich selbst / damit sie fallen nicht Jn meine schwere Straff’ vnd grawsames Gericht.

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XV. Mit meiner blossen stimm’ hab’ ich die Hell durchdrungen Mit meiner gegenwahrt hab’ ich die Welt bezwungen Lufft / Himmel / Erd’ vnd Meer / vom hellen Orient Biß dahin / da die Sonnn zur Abendzeit sich wendt. Was ich von Menschen fandt / that ich in eil zerreissen Biß mich der Erdenklooß must seinen Keyser heissen Dem’ alles zugehrt / drumb wrgt ich jmmer fort Biß daß man mich erkant an allem end’ vnd ort. Mein Bett’ hab’ ich gemacht von lauter Risen Knochen / Der Riesen die ich selbst mit eigner faust durchstochen / Die bettedecken sein voll Knebelbhrt vnd Haar

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Das Trckschen Obristen vor an den mulern wahr / Die Lacken sind gewebt von Har der Amazonen / Der tollen Weiber so beym Thermodonte wohnen. Die Tcher sindt gantz schn vnd wunderlich gemacht Von Schweitzerbrten die ich selbst hab vmbgebracht. Gardinen / Fransen / Schnre vnd Borten sind geweben Von Augenbrauwen vnd von Haaren die da Kleben Den Teutschen in der Naß Aug’ ohren vnd Gesicht. Die maur’ an meinem Hauß ist stadtlich zugericht Von lautren Helmen die in Schottlandt ich genommen Den Fendrichen vom Haupt / nach dem’ ich sie bekommen Gantz ritterlich im streit / drauff ich auß tollem Sinn Hab’ all diß lumpen volck in eil geschlachtet hin. Mein Pflaster da ich auff bißweilen pfleg zu fahren Ja meines Schlosses Hoff’ das ist von Janitscharen Ja die Tapeten sein von Heten zugericht Der Zaubrer / Araber vnd andrer bsewicht. Jch selber habe sie mit meinem Schwerdt geschunden / Nach dem’ ich sie im Streit erlegt vnd vberwunden Die Zieglen da mein Hauß ist oben mit bedeckt / Sind ngel die zuvor an Knigen gesteckt Vnd deren Crper ich mit Ketten vnd mit Banden / Hab festiglich verstrickt / biß daß ich sie mit Schanden Vnd spot ins graab gesteckt / das ich stets vor mir seh Ja jhnen offt zum trotz darauff spatzieren geh.

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Frwahr der Himmel muß mich khn vnd selig preysen So lang’ ich meine macht noch tglich thue erweisen An tapfren Helden / wie noch newlich ist geschen / Als’ ich in Engelland ein Capitain gesehen / Ein thewren Rittersmann / dem weinig zuvergleichen / Dem that ich mit dem Fuß’ ein solche Maultasch reichen /

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Daß jhm sein Haupt abflog der Sonnen zu so hart / Daß sie fnff gantzer Tag darob verfinstert ward. Der Capitain erschrack / doch that’ er niederfallen Vor Jupiters Gezelt / vnd bad daß er vor allen Mir wolte gndig seyn vnd geben guten Lohn / Dieweil ich jhn gesand hoch in des Himmels Thron Ja jhn mit einen Schlag der Sonnen zugeschicket / Da er jhr schnes Liecht sampt Cynthia anblicket Sonst mst’ er frchten sich / wrd ich eins zornig sein Schlg’ ich jhn wiedrumb bald zur Hellenpful hinein.

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XVII. Ad Famulum. Geh Junger / packe dich / sonst werd ich dich zerschmeissen / Auß meinem Knebelbahrt wil ich ein Hrlein reissen / Damit ein solches Loch dir werffen durch den Leib / Daß auch ein gantzes Heer zu fuß von Mann vnd Weib / So jetzt auß Spanien kompt dir soll hindurch spatzieren / Jch wil auch tausent Mann dadurch zu Rosse fhren / Die gantze Reuterey / die Franckreich schicken wird / So ziehrlich daß in dir kein Knchlein wird gerhrt.

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XVIII. Ad Amasiam. Mein schatz ich bitt’ euch hoch / thut mich nicht lenger quelen / Sagt an was jhr begehrt / jhr drffts ja nur befehlen Jch schwer beym Cerberus vnd dessen grossen Zahn / Daß ich in ewrem dienst wil leisten was ich kan Nur euch O liebstes Hertz will ich gantz gern zum Ehren Zehen Krieger vnd wohl mehr mich ritterlich erwehren Sagt schnste soll ichs thun / vnd jtzt ohn alle Noth Neun oder sechtzig Mann zugleich euch lieffern todt? Sagt / soll ich jhnen nur auch Arm vnd Bein abhawen

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Weil sie sich gleichen euch o schnstes bild der Frawen? Ja warlich das muß seyn / ich wrg in kurtzer frist / Auch offtmahls eh’ es mir noch anbefohlen ist.

XIX.

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Wer ist der? der da komt auß Asia gelauffen? Was will die grosse Zahl der Africaner hauffen / Der Europæer macht! der Pyreneer schaar Vnd der vor dieser Zeit hoch auff den alpen wahr? Was fangen sie doch an mit jhren sieben Drachen / Acht Elephanten / die mit auffgesperten Rachen Bey starcken Tygern stehn / der Zehn jetzt sind allhier Der Lwen zwantzig fnff / der Ochsen sechtzig vier? Jch acht’ es lauter nichts / hinweg mit solchen Sachen / Jhr werdet mich damit gar nicht erschrocken machen / Die macht der gantzen Welt ist mir ein lauter schertz / Nein / nein / man glaub mir daß ich hab’ ein besser hertz.

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Diß mein erschrecklichs schwerdt macht alles das verbrennen Was man auff Erden kan ein Creatrlein nennen / Es jaget in die Flucht viel gantzer Kriegesheer / Zerstret vnd zerbricht der strcksten Schlsser wehr / Zermarmet Mauren / Thr / Casteelen / Wll’ vnd graben / Wo ich zugegen bin / muß Mars von hinnen traben / Ja Jupiter verbirgt sein Gttlichs Angesicht Mercurius der darff mich einst anschawen nicht / Cupido bleich von forcht / dem zittern alle Glieder Neptunus vnd sein Volck die fliehen hin vnd wider. Doch hab ich Venus noch gesetzet diese Buß / Daß sie / weil sie mich liebt / tribut mir geben muß.

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XXI. Jch sey auch wo ich wol / der Todt thut mich begleiten Der bleiche Menschenfeindt geht stets an meiner seyten / Weill er in meinem Dienst ein grssern nutz erwirbt / Als in dem Lgeren / da manch hundert tausend stirbt; Drumb folget er mir stets / ich mag ohn’ jhn nicht reisen / Denn wo ich mich hinkehr / da pfleg ich zuerweisen Mit Waffen meine strck’ vnd grosse tapfferkeit / Bald steht der bleiche Todt zu meinem dienst bereit.

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XXII. Gleich wie die grosse Welt pflegt abgetheilet zu werden Jn Asiam vorerst / das meiste theil der Erden / Darnach in Africam, Europa bleibt zu letzt Vnd diese sind zumahl fest mit dem Mehr besetzt; Also mein trotzigs Hertz’ ist auch von dreyen stcken: Das erst ist freundligkeit / lest lauter gte blicken / Das ander nichts denn Zorn erschreckt die gantze welt / Das dritt’ ist Tyranney / erwrgt so manchen Heldt / Der offt im augenblick muß Leib vnd Seel verliehren / Vnd diese stcke thut kein Mehr noch Wasser rhren / Ein fewr / ein schrecklichs fewr / das auß der Lieb / entstet / Jst einig vnd allein das vmb mein Hertze geht. Diß ssse liebes fewr ist Honig zuvergleichen / Drumb lesset sich mein schatz auch leicht dadurch erweichen

Mein allerschnstes Bild / mein auffenthalt / das jtzt Jn meines Hertzen schrein gantz fest gefangen sitzt. Dem hab ich nun drey streich mit diesem tapfrem Degen / Ein hieb / ein schlag / ein stoß gegeben gar verwegen / Jch war gesonnen auch / die Menschen allzugleich Zu schicken grimmiglich dem Pluto in sein Reich / Ja machen grosse Strm / die nur von Blute fliessen

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Johann Rist

Die breiter als der Nil vnd Ganges sich ergiessen Nun frewet sich die Welt / daß sich mein toller Sinn Geleget / vnd ich nicht mehr so erschrecklich bin / Denn das wahr ich gewohnt / die Menschen nicht zu achten / Vielmehr zu meiner lust / vier / fnf / sechs dutzt zu schlachten / Vnd das auß grosser lieb’ vnd stetter freundligkeit / Dadurch der schnsten ich zu dienen steh bereyt.

XXIII.

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Jch bin ein Basilisck / die Menschen vmbzubringen. Doch weiß ichs besser noch als er die Leut zu zwingen / Jm fall der Basilisck den Menschen schawet an / So felt er zwar dahin / doch nur ein einig Mann / Heb’ ich die Augen auff die Leute zu besehen Mag vnter tausent auch nicht einer vor mir stehen Sie strtzen todt zur Erd’ vnd fallen hin so sehr / Als wann mein Angesicht von lautren Kuglen wer.

XXIV. 330

Jch bin von grosser mh schier alt vnd graw geworden / Denn als ich vor der Zeit war in der Kinder Orden Vnd in der wiegen lag / hat Venus fr vnd fr Von Waffen / Fewr vnd Blut ein Muß gegeben mir.

XXV. Historia.

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Als’ ich von meinem Bett’ einsmahlen wahr erstanden Vnd eben dazumahl mein Schuster stund verhanden Der ein pahr Stiefflen gleich hat’ in mein hauß gebracht / Befandt ich / daß er mir sie viel zu klein gemacht; Jch voller Zorn vnd Grimm schlug jhn damit zu boden / Vnd das mit solcher macht / daß jhm’ entgieng der Odem

Capitan Spavento

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Daß auch der Erdenklooß / der sonst so tieff vnd hart Biß an der Hellenschlund dadurch erffnet ward / Bald kam auff solchen Schlag mit Schrecken dar gelauffen Satan, Beelzebub, vnd Pluto mit dem hauffen / Der andren Teffelchen / die stunden allzumahl Mit Zittren / Forcht vnd Angst in jhrem schwartzen Sahl’ Vnd Pful der Finsternß / es that auch in der Hellen Der grosse Cerberus dermassen grewlich bellen Daß Sathan selbst erschrack / die gelbe Proserpin Rieff berlaut: Ach weh mein Herrschafft ist dahin Jch seh’ in meinem Reich die finstre Nebel weichen Des Phœbus hellen schein / jhr Geister thut mir reichen Fewr / Schwefel / Pech vnd Oel / daß ich mit aller macht Abstraffe den / der dies zuwegen hat gebracht / So schrie das drre Weib. Die andren voller zagen Die kleine Teuffelchen / die dorfftens gar nicht wagen / Zukommen an den Tag / bald guckten sie hervor / Bald sprungen sie zurck / bald lieffen sie dem Thor Des tuncklen Hauses zu / viel thaten auch entfliehen Zu wohnen in der Lufft / da sie noch jtzt vmbziehen / Viel kamen auff die Erd’ vnd vnterliessen nicht Zuplagen klein vnd groß wie tglich noch geschicht.

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XXVI. Ad Amasiam. Mein Schatz gefelt es euch / so last den Namen fahren Den jhr euch angemast in den verflossenen Jahren / Jtzt heist man euch mit recht die schnste Kyserin / Princessin / Knigin / Marggrfin / Hertzogin / Regentin dieser Welt / biß daß die grosse Seulen Die Hercules gesetzt auff zwantzig Tausent Meilen Die Seulen da die Welt auffruhen muß allein Auch stehn zu ewrem dienst’ O liebstes Teubelein. Was wolt jhr (o mein Lieb) von solchem Spanier sagen

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Johann Rist

Der sich in alle gfahr thut ewrenthalben wagen / Ja dessen starcke Brust / vnd Arm sich gleichen nun’ Dem Wundergrossen Werck’ vnd Thurm zu Babylon / Vornehmlich wann er ist mit solchem Schwerd geziehret Daß alles das was lebt / in forcht vnd schrecken fhret Ja dessen schneid’ vnd draht viel heller pflegt zu seyn / Als’ an dem Horizont der gldne Sonnenschein.

XXVII. Mercatura.

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Wann nur ein jeder knt mit Geld’ vnd Gut’ erkauffen Die grosse tapfferkeit die in mir wohnt mit hauffen So wrd all Kauffmanschafft der gantzen welt vergehn / Dagegen jederman nach meiner strck vmbsehen. Vom handlen solt’ alsdann kein Mensch’ ein wort mehr sagen Es wrd’ auch niemand sich ein Ampt zu lernen plagen Vielmehr befleissen sich in solcher Gnadenzeit Zu trachten embsiglich nach meiner Tapfferkeit. Vnd wann er nur ein theil davon wird’ an sich bringen Ein stcklein nur vom Arm / vom Bein vnd andren dingen Ja nur vom Fingerlein / vom Ngel vnd vom Haar / Wrd’ er ein solches glck stets preysen hoch frwahr Denn dieses ist der Weg so groß vnd starck zu werden Drumb forschen jhm stets nach die Printzen dieser Erden Nun aber bin ich froh / dieweil ich lengst ersehen / Daß diese Kauffmanschafft mit nichten kan geschehen Sie / sie alleine Schafft / daß die Monarchen leben Jn ruh’ vnd sicherheit / Jch / ich muß jhnen geben Die wahre Frewd vnd Lust / drumb sie auch ins gemein Mit Sipp- vnd schwgerschafft mir nah befrendet seyn.

Capitan Spavento

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XXVIII. Solt’ auch die schnste Fraw der gantzen welt sich schemen Mein Adeliches Hertz’ in jhre huld zu nehmen Wann sie der Armen strck’ vnd grosse manligkeit Betrachtet / da ich durch bekandt bin weit vnd breit? Sagt mir in welchem Reich sind solche Bein zu finden? Wer kan doch wol die krafft der starcken Brust ergrnden Die Brust / die fster steht als Leons hchster Wall Die nicht verletzen kan auch ein Carthaunen Ball? Jch will mein Angesicht das Gttlich ist euch zeigen Fr welchem Phœbus selbst sampt Luna sich mus neigen Jch andrer Ganymed, ich neuwer Absolon Jch Printz der Freundligkeit vnd aller schnheit Sonn.

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XXIX. Mein’ alte Kuplerin hat mir ein Eyd geschworen Mier herzuschaffen die / an die ich bin verlohren Die allerschnste Fraw so himlisch wol geziehrt / Daß auch die Venus selbst / bey jhr gantz heßlisch wirdt. Wo mich die alte Huer mit lgen wird vmbfhren Werd’ ich wie sichs gebhrt / sie grawsahmlich tractieren / Drumb ich bey Martis Bahrt vnd Pluto Hrnern schwer Daß ich mit grossem Grimm zu rechen mich begehr. Jch schwer beim Jupiter / bey Samsons Kinnebacken / Bey Mahomets Coran, bey Proserpinen Nacken Daß ich dies lose Weib / im fall es mich vexiert Zu stcken brechen wil eh’ ich sie noch berhrt. Jch mache sie zu sprew’ / vnd daß mit eignen Hnden Ja endlich wil ich sie hinweg nach Spanien senden / Dort nach Valladolit, so jmerlich versehrt Daß wann sie kmpt vors Thor sie sey in staub verkehrt. Frwahr daß werd ich thun / ich muß vor Bßheit lachen / Jch wil die Kplerinn zu kleinem Sande machen /

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Johann Rist

Vnd strewens auff den Brieff / den ich die negste Nacht An meines Hertzen wonn zu schicken bin bedacht.

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Jch hab des Pluto Reich frwahr in wenig Tagen So gewaltiglich vermehrt / daß es nicht außzusagen / Ja sein berauchtes Loch vnd tuncklen Hellen Sahl Hab’ ich jhm gantz erflt mit Menschen ohne zahl. Jch hab’ jhm mehr gebracht als’ all die grossen Helden Die ich zu diesem end’ anjtzo noch wil melden / Als Renaud, Mandricard, Roland vnd Radahmant Die ich so ritterlich erstach mit eigner Hand. Dieß sol gantz Orient von meinen thaten zeugen Ja auch daß theil der Welt / da Phœbus sich thut neigen Dieß weiß der wilde Schyt’ im kalten Mitternacht / Mein wird wol ewiglich in Africa gedacht.

XXXI. Historia.

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Nach dem der grosse Trck von meiner macht vernommen Hat er zehn gantzer Heer zusammen lassen kommen / Dieweil mein starcker Arm jhm’ angedeutet frey Daß meine Tapfferkeit vnvberwindlich sey. Drauff that’ ich alsobaldt hin nach Venedig reisen Mich in den Schlachten als ein Spanier zuerweisen Jch sah der Trcken Heer / wie es das gantze Landt Bedeckte / dabey sich der Abenhamet fandt. Der Troupen General ein Mann von grossen Thaten / Baldt fiel mir ein daß der mir wehr ein feister Brahten. Jch drang durch tausent Mann mit solchem Muht vnd macht Daß ich jn mir zuletzt gleich ins gesicht gebracht. Da hab’ ich jhm ein Schlag mit blosser faust gegeben / Daß mir sein Marck vnd Blut blieb an den Fingern kleben

Capitan Spavento

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Vnd drauff sein schwartzes Haupt dort in den Wolcken hoch Biß in die grosse Stat Constantinopel flog / Da es mit Angst vnd Pein dem gantzen Volck’ erzehlet Wie sein so mechtigs Heer des Sieges gahr verfehlet / Wie nun der Keyser selbst erfuhr die gross Gefahr / Vnd sah auch daß das Haupt vom Rumpf geschniten war / Erschrack er grausahmlich sampt allen Janitscharen / Lieff fohrt nach seinem Schloß vnd hies daß wol bewahren Mit Rieglen Thr vnd Thor. Die Leutlein ins gemein Die namen auch in eil die flucht zum Husern ein Da sind sie nun sechs Jahr mit ngsten in geblieben (So forchtsam war die Stadt vor meinen grossen hieben) Biß ich aus lauter gnad’ erffnet hab die Thr. Vnd jhnen drauff erlaubt wiedrumb zu gehn herfr.

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XXXII. Wann ich pfleg’ hin vnd her in Stten zu spatzieren / Mit meiner Majestt die Gassen nur zu ziehren Vnnd mich verfg auffs Marckt / Wll Mauren oder Thor So kommen mir daselbst wol tausend Damen vor Die erste grsset mich / die ander thut mir wincken / Die dritte præsentirt ein Glßlein mir zu trincken / Die vierte helt mich auff / doch offtmahls mit verdruß Dan kompt die fnfft’ vnd giebt den Fssen einen Kuß. Sie schreyen allzumahl: Die Mutter ist erkohren Dem Weibervolck zur Krohn / die euch o Heldt geboren / Die euch geseuget hat; Sie wnschen ins gemein: Auch nur auff eine Nacht mein Schlaff Gesell zu sein Sie fallen auff die Knie / vnd bitten mich von hertzen / Mit jhnen so ich will bey Tag vnd Nacht zu schertzen / Nur daß ein jede trag’ ein solches Kindt zur welt / Daß eben auch wie ich werd’ ein recht Kriegesheldt.

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XXXIII. 485

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Wann meiner Glieder Krafft / wann meine strck vnd thaten Solt’ vnter leichtes Volck der Zncker einst gerahten / Ja wann mein tapffrer Geist wrd heuffig außgestrewt Dem Volck daß auffruhr liebt so wrd in kurtzer zeit Die gantze Welt erflt mit Krieg / Mord / Blutvergiessen / Streit / berwindung / Sieg / vnd was sonst pflegt zu fliessen Auß Martis Lgern her / man wrde Nacht vnd Tag Durch hellen Glockenschal stets halten Todtenklag Man wrde tglich mehr als tausent todte Leiber Vnd Tausent noch dazu begraben / ja die Weiber Die wrden jmmerlich in solcher grossen noht Beweinen (doch nicht all) der frommen Mnner todt. Die Kindlein wrden auch der Eltern Abscheid klagen / Vnd jederman ein Kleidt von schwartzen Scken tragen Es wrden auch zu letzt die zarten Jungfrewlein Ob jhrer Bulen Todt von Hertzen trawrig seyn. Man wrde Tag vnd Nacht die Wundrtzt sehen laufen Zuheilen hie vnd dort den sehr verwundten Hauffen / Zu lindern dieses hieb / zu salben jenes stich Zu schmieren dieses Beul’ vnd was nur klaget sich.

XXXIV. 505

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Frwahr wann ich bedenck was vnbescheidner sachen Die Gtter offt begehn / so muß ich jhrer lachen / Jst das nicht nrrisch werck / ist das nicht grosser Spott Daß sie den Hercules gemacht zu einem Gott / Daß sie jhn neben sich zu gleicher Ehr’ erhoben Vnd nun baldt mehr als Mars, ja auch Apollo loben? Weil er die Wasserschlang’ ehmals hat mbgebracht Dazu in Cytheron den Leuwen wund gemacht / Weil er vom starcken Stier daß Horn hinweg genommen Den Drachen Erymanth’ in seine Macht bekommen /

Capitan Spavento

Daß wilde Schwein erlegt / Centaurum ritterlich Erwrget / vnd sehr khn im Streit erzeiget sich. Sie sagen / daß er so erschrecket die Harpien, Daß sie vor seiner Strck vnd Waffen musten fliehen. Daß er Acheolum, als der zur Schlangen ward Ertdtet / vnd dazu Cetum geschlagen hart. Daß er Diomedem den Knig berwunden / Daß er die Wunderthier erlegt in wenig Stunden / Daß er Gereona die schnst’ Amazoninn Gefodert aus zum Streit / daß er gereist dahin Wo Phœbus vntergehet / vielmehr den tausendt Meilen Daselbsten hingesetzt die zwo bekante seulen / Dies vnd noch etwas mehr sagt man zu dieser frist Vom Hercules, der nun ein Gott geworden ist / Jch glaub’ es nimmermehr / es seindt erlogne Sachen / Vnd wahr’ jhm gleich also / was knt’ es wol viel machen? Es ist nur Kinderwerck / es ist nur Weiber-Tandt / Nein / meine strck’ ist mehr der gantzen Welt bekandt. Ja solte man auß recht den Thaten nach vergleichen / Frwahr mein Hercules du mstest schimpfflich weichen / Dann meine Tapferkeit ist so gewaltig groß Das Alexander selbst den Preiß mir geben muß. Darius ist ein Kindt im fall’ er mich sicht kommen / Ja Samson leufft zu rck so baldt er mich vernommen / Was? Hector steht vnd bebt / Achilles trawt mir nicht / Der Sacripante schwitzt / wann mich Cridace sicht So schreyet er vor forcht / der Roland wil entspringen Vnd Mandricard dazu / Jch kan wie Kinder zwingen Den starcken Rogier / den tapfren Agricam, Ja auch den Rodhomont, die ich gefangen nahm / Sie mssen alle noch den hchsten preiß mir lassen / Mir bleibt ein solcher ruhm / den kaum die Welt kan fassen Der durch mein tapfres Schwert mich hat bekand gemacht Vom heissen Sden biß ins kalte Mitternacht.

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Nun ich bin sonder forcht / ich darff dem Himmel drewen / Der Lufft / dem Fewr / der Erd’ / ich thue mit nichten schewen / Den grossen Jupiter, ich wil bekriegen schnel Der Elementen Krfft’ / ich strm auch wol die Hell’ / Den Donner acht ich nichts / ich muß des Blitzen lachen / Was wil der Hagel vnd das Wetterlechten machen / Jch wil in kurtzer Zeit / Monarch’ vnd Herscher sein / Jm Himmel vnd auff Erd / Jch will zur Hell hinein / Dem Teuffel vnd den Todt / wil ich mit Ketten binden / Jch wil auch das Neptun vnd Thetys sich hie finden Vnd beugen jhre Knie / denn mein sind alle Reich’ / Jch bin halb Gott / halb Mensch / ja keiner ist mir gleich.

XXXVI.

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Mein Arm erzittert mir / daß ich jhn kaum kan lencken / Dieweil ich stetigs an die Liebste thue gedencken Vnd tracht’ auß hertzen grundt wie ich bey Nacht vnd Tag Mit meinem leben auch zu dienst jhr stehen mag. Die finstre Nacht ist hin / die mir im Traum vorkommen Daß ich die Waffen het’ in meine faust genommen Zehn Helden auff einmahl damit zu wiederstehn / Drauff ist es (wo mir recht) zum selben mahl geschehn Daß ich auß solcher Zahl / sechs Ritter hab’ erschlagen / Die andre macht ich wundt vnd thete sie verjagen Doch liessen sie zur Beut den rechtren Arm hinnach Der nach erhaltenem Sieg vor meinen Fessen lag / Dieß war ein blosser Traum / als aber Phæbus Wagen Das wunderschn Gewelb des Himmels machte Tagen Da fing sichs besser an / weil ich mich vnverzagt Hab vnter tausent Mann vnd noch wol mehr gewagt.

Capitan Spavento

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XXXVII. Historia. Hrt was sich folgends that vor nrrisch Ding erregen: Die außversehung kam ein Spiel mit mir zulegen / Jn gegenwahrt der Zeit / des glcks vnd der Natur Die dieses Ebenthewr zu sehn verlangte nur. Es wehrt ein kleine zeit / ein Zanck thet sich erheben. Jch nam mein Schwert zur hand ein schlag damit zu geben Der Außversehung / die in grossen schrecken stundt / Darauff das Glck vnd Zeit sampt der Natur begundt Zu mitlen vnseren streit / daß that mich erst auffwecken / Der ich ein Spanier bin / daß ich begundt zu strecken Den rechtern schenckel aus / vnd gab der Zeit ein schlag / Daß sie im Augenblick hoch in den Wolcken lag / Da sie sich noch auffhelt / schwebt zwischen Lufft vnd Erden Woselbst sie alle Tag noch pflegt gefunden werden. Darnach hab ich daß Glck gleich in zwey theil getheilt Daß es wol ewiglich nicht wiedrumb wird geheilt Den einen theil hab’ ich nach Occident getragen / Den andren theil dahin / da es begint zu tagen / Vnd het’ ich die Natur so jmmerlich verletzt / Vnd die in solchen standt wie Glck vnd Zeit versetzt / Es wehr kein Wundartzt noch kein Apoteker funden / Der das geringst gewust zuheilen solche Wunden / Alß diese schlapp gewest. So geht kein Stndlein hin / Daß ich nicht Marck vnd Blut zu sprengen lustig bin.

XXXVIII. Historia. Hrt weiter was mir ist geschehn vor weinig Tagen; Da hab ich ohngefehr zur lust den Ball geschlagen / Vnd das mit solcher macht / daß er in schneller frist Biß in den dreissigsten der Himmel kommen ist.

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Johann Rist

Er flog durch alle Lufft / vnd fiel doch entlich nieder Gleich in der Gtter Sahl / da sprang er hin vnd wider Der Gtter Raht erschrack / ward still zur selben stundt Der sah den andren an / vnd schwieg mit offnem mund / Der bebte wie ein Laub / vnd jmmer ward voll zagen / Es drffte keiner nicht den andren etwas fragen Biß jhnen der Verstand zuletst noch wieder kam / Vnd jeder jhm ein Hertz wiedrumb zureden nam Da ward im gantzen Raht’ einmtiglich beschlossen / Es solte Jupiter absteigen vnverdrossen Von des Olympus Spitz’ vnd neigen sich vor mir / Ja legen von sich ab / der gldnen Kleider zier / Er solte mir die Kron / wie auch den Scepter reichen Zusein mein Vnterthan; Mars auch desselben gleichen Solt’ bergeben schnel sein strenges Kriegesrecht / Vnd dienen mir hinfort alß ein getreuwer Knecht. Die schne Venus ward zur Kchin mir gegeben / Daß sie in meinem Dienst / fortan solt stetig leben / Zuletzt Mercurius daß er mein Kupler sey; Seht das war meine Magd / mein Ruffer vnd Lackei.

XXXIX. Historia. 625

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Als mich einsmahlen thet nach dem Tribut verlangen Den mir der Pluto giebt / bin ich zur Hellen gangen / Zu fodern Zins’ vnd Schoß / dem ich sonst zum Gewinn Von allen Knigen gewohnt zu nehmen bin. Jch fandt den Pluto selbst vor seinen Schloß spatzieren Gantz prechtig angethan / der thate mit sich fhren Der Teuffel hundert neun / gewaffnet trefflich schon Jhm folgten auff den Fues zehn tausendt Legion So baldt er aber mich von ferne that erblicken Da fing er an mit forcht sich in den Weg zuschicken / Das er sampt seinen Heer schnel mein Gefangner wehr

Capitan Spavento

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Jch zckte mein Gewehr / darob erschrack er sehr Vermerckt’ auch eigentlich / daß ich wehr zornig worden Er schrye der Spanier ists / Ach weh der wird vns morden Nun lauff wer lauffen kan / damit so flog er schnell Sampt seinem Teuffelsschwarm viel tieffer in die Hell / Befahl’ in grosser eil die Theren zu verschliessen Wie auch zur stundt geschah / das thet mich sehr verdriessen / Drumb folgt’ ich jnen nach / vnd daß in schnellem lauff / Biß ich die Pforten brach mit einem Niesen auff / Da bin ich voller grimm zur Hell’ hinein getrungen / Den Pluto grausahmlich sampt Proserpin bezwungen Mit einem starcken Haar auß meinem Knebelbart Hab’ ich den Sathan auch gebunden mechtig hart. Doch als’ ich sie so schlecht vnd jmmerlich sah stehen / Da ließ ich sie zuletzt wiedrumb frey ledig gehen Dann dieses findet sich bey Spaniern nur allein Baldt streng’ vnd grawsamlich / bald glind’ vnd gtig seyn.

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XL. Historia. Als ich vor wenig zeit war hart in Zanck gerahten Mit einem Edelmann von wegen meiner thaten / Da fodert er mich auß / vnd sagte noch zu mir Daß ich mein starckes Schwert nur langte bald herfr Jch lachte wie ich sah den armen Teuffel pochen / Der doch gestorben war’ im fall ich het gesprochen Ein eintzigs hartes Wort / vnd daß aus dollen Sinn’ Jch / der ich in der Welt der strckste Ritter bin Der Kampff der fieng sich an / er gab mir gar verwegen Wol achtzig Hieb vnd Stß mit Dlchen Spies vnd Degen / Vermeinte tausentmahl zu treffen mein Gesicht Vnd konte doch an mir / daß Kleidt verletzen nicht. Jch aber der ich bin von strck vnd Zorn gemachet Hab solches Kinderwercks von hertzen nur gelachet

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Johann Rist

Biß daß ich jhn zuletzt sehr bald gebracht zu ruh’ Vnd nur mit einem stoß geschickt der Hellen zu.

XLI. 670

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Jch wil auß lauterem grimm den Schelm zu tode schmeissen Ja seine Mgd vnd Knecht wil ich zu stcken reissen Sein Hunde / Katzen / flh / Leuß / Fliegen ohne zahl Wandlese / Mcken / Mus / erwrg’ ich allzumahl / Jch will sein gantzes Hauß biß auff den Boden kehren. Daß weder Belzebub noch Pluto mirs soll wehren / Ja ich will alle Welt des schreckens machen voll Daß auch forthin kein Mensch mich mehr bravieren soll.

XLII. Historia.

680

685

Als ich mit grosser macht bin vor Ostend’ gelegen Spatziert’ ich einst hinauß / mich etwas zu bewegen So kompt ein Kugel her von fnff vnd viertzig Pfund Vnd fleugt mir eben recht gantz fewrig in den Mund / Sie traff zwo breite Zahn / doch hab ichs nie empfunden Da war kein flecken nicht / kein blut / kein mahl noch wunden Jch nam die eussern Nuß / warff sie mit aller macht / Der Stadt Ostende zu das Mawr vnd Thor erkracht Zuletzt ist sie so starck an einen Thurm gefahren / (Darein viertausent Mann zur huet geleget wahren Die allzerknirschet sein) daß auch in schneller frist Die hochgebawte spitz in staub verwandelt ist.

XLIII. Historia. 690

Jch kam auff einen Tag zur Hell’ hinein gegangen Da Pluto sass vnd hielt die Proserpin vmbfangen /

Capitan Spavento

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Der Todt wahr auch dabey / sie sassen all zu Tisch / Die Proserpina sang / die andre zechten frisch; Jch macht der Frewd ein End / denn wie sie nur vernommen Daß ich in jhr Gezelt der Finsternß wehr kommen / Erschracken sie so sehr vor meiner Augen glantz / Daß sie im augenblick darob erstarten gantz. Jch sprang vor Frewden auff / vnd schnit zwo Cabriolen / Daß kaum der Goliath knt rren meine Sohlen / Vnd sties mit meinem Huet so krfftig an die Hell / Daß jhr Gewelb zerbrach; ich lieff so trefflich schnell Das Maur vnd Thor zerfiel; ich lies in eil erklingen Ein grausames gethn / dadurch ich konte zwingen Die Geister allzumahl; ich rieff so grewlich hart / Daß auch gantz Lisabohn darob erschttert wart.

695

700

XLIV. Historia. Als’ ich vnd Hercules / der Todt vnd Amor kamen Auff einen breiten Weg von Vngeschicht zusamen / Wahr jeglicher von vns mit Waffen außstafiert Mit Bogen / Pfeil vnd Spieß wie die ein Jger fhrt. Sie drey die wrden eins / das wer von jhnen allen Am allerbesten schß dem solt der Preiß heimfallen. Der Hercules erschoß mit hefftigem begier Die Lwen / Panther / Wlff’ vnd alle Tygerthier / Er that den Ochsen vnd den Elephanten stellen Die Dachsen / Greiff / Cameel / vnd Bhren knte er fellen; Als dies Cupido sah / ergriff er auch in Eil’ Aus seinem Kcherlein viel wolbeschlagner Pfeil / Schoß Menschen / Teuffel / Thier / Feldgeister Amazonen Ja auch die Gtter selbst that er mit nichten schonen Biß daß sie ritterlich durch seines Bogens macht Schnell wahren in das Joch der sssen Lieb gebracht; Kein Mensch kont’ jhm entgehen / mich gleichwol außgenommen

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Johann Rist

Jch bins / der Amor nie in sein strick’ ist gekommen. Zu letzt kam auch der Todt / der schoß so grausahmlich Auff alles Fleisch der Welt / das es erbarmte mich; Wie nun mein tapfres Hertz von vnmuth ward bezwungen Da bin ich grimmiglich zu jhnen eingesprungen / Erschlug den Hercules, das Amor sehr verdroß Drauff ich zuletzt den Todt / vnd jhn dazu erschoß.

XLV. Ad Amasiam. 730

735

740

745

750

Gttinn’ ich bitt’ euch sehr / last euchs doch nit verdriessen Das so viel Damen mein verhoffen zu geniessen Frwar es krenckt mir offt Hertz / Leben / Muht vnd Sinn Daß ich so trefflich lieb den Princessinnen bin / Die doch nichts richten auß / als das sie zeit verliehren / Von keiner lass’ ich mich als nur von euch berhren. Nur jhr o liebstes Hertz seidt meine Frewd vnd Wonn Jhr / die jhr schner sind als Pallas vnd die Sonn / Vor ewrer Augen liecht / mus Venus selbst verbleichen / Diana kan euch nicht einmahl das Wasser reichen Den ewre Zierligkeit ist ber allen wehrt / Sie ist es die mein Hertz’ als Wein vnd Milch ernehrt. Ach wenn bricht an der Tag / da jhr mich werdet fassen Jn ewrer Armen Schnee; Ach thuet mich doch nit lassen / Jch dien’ euch ewiglich / vnd daß so viel ich kan / Frwar ich bin was mehr / als ein schlecht Edelman. Jch schwer bey Huptmans trew / bey meines Vatern Leben Daß / werdet jhr ech mir zum Ehgemahl’ ergeben Jch euch die ersten Nacht wiewol fein sanfft vnd still Ein gantzes Regiment Soldaten machen wil / Nicht der gemeinen art / wird mirs nur recht gelingen / So sollen sie zuletzt den Himmel selbst bezwingen / Wie ich den Erdenklooß hab vnter mich gebracht Ein solches Volck bin ich zu machen jtzt bedacht.

Capitan Spavento

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XLVI. Ad Amasiam. Gttin erlaubt mir doch die Sohl’ an ewren Fssen Als’ nur gebohrner Schlav’ in Demuth mir zu kssen / O Frstin meiner Arm’ / O Grffin meiner Brust O Hertzens Hertzoginn’ / O meine Frewd vnd Lust! O Edle Knigin / O Kron der Pierinnen / O Gldne Kyserin / O Blume der Gttinnen O Wunderwerck der Welt / O ssse Marggrfinn Euch danck ichs daß ich so behertzt in waffen bin. Kein eintzig Tag vergehet / daß ich nicht meinen Degen Vnd dessen Spitz bespey / ja halt jhn in den Regen / Damit sein hitziges Fewr nicht etwa steck’ in Brand / Die Strassen da ich geh / ja wol das gantze Land.

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Epitaphium Capitan Spavento. HJe liegt der grosse Alphons von Galeon begraben / Der seinen Herren that so lieb im Leben haben Daß er / damit sein Herr durchs fer nicht wrd versehrt Noch nicht die grosse Welt hat in ein Staub verkehrt.

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Capitan Spavento Liedt welches im ­Frantzsischen also anfengt. Qui me verra de cœste sorte Espouvante en son cœur ne porte Sçachant que je suis assez fort Pour surmonter la mesme mort &c.

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Johann Rist

ode trochaica. 1.

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ALle die mich jtz anschawen Vnd sich dennoch frchten nicht / Haben warlich kein bericht / Daß dem Todte selbst thut grawen / Wann er mich sicht gehn heran / Jch bins der jhn zwingen kan.

2. 780

Alle Welt muß vor mir weichen Wann nur Phæbus geht herfr Wann Diana schleust die Thr / Nirgendts find ich meines gleichen Nur ich bin der strckste Mann Der die Waffen fhren kan.

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Ehr’ vnd Ruhm kan ich erwerben / Jch bin von der Gtter Her / Wann ich brauche mein Gewehr / Muß die gantze Welt verderben. Merckt jhrs nicht? Jch bin der Mann Der den Himmel trotzen kan.

4. Hundert tausend Menschen Leben Acht ich keiner Bohnen wehrt / Wann ich schimren laß mein Schwerdt / So mach’ ich die Gtter beben /

Capitan Spavento

Drumb auch keiner leben kann Er sey denn mein Vnterthan.

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XLVII. Jsts nicht ein wunder ding / daß meiner Feinde hauffen Wann sie mich speyen sehn nicht anders vor mir lauffen Als kehm mir grimmiglich gefahren auß dem Mund’ Ein Kugel ohngefehr von Fnffzehen tausend pfund. Mein Speichel zwinget sie / von dem sie diß auch haben / Daß er die Waffen pflegt wie Spinnweb durch zugraben / Drumb wann sie nur ersehen mich einmahl sprtzen aus / So kehren sie sich vmb / vnd lauffen schnel nach Hauß.

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XLVIII. Noch keinen hab ich je so khn vnd hertzhafft funden / Der sich allein vor mich zu kommen vnterwunden / Ach nein / sie haben stets ein gantze Compagnei Von Schweitzern wol bewehrt vnd andern mehr dabey / Auff derer Waffen Schutz sie einig sich verlassen Dieweil die Compagney die Stß pflegt auffzufassen / Die ich / im fall mir ist verwirret Kopff vnd Sinn / Mit meiner tapffren Faust gewohnt zu geben bin.

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XLIX. Dem ich entgegen komm / der mag fr angst wol beben Weil jhm vnmglich ist / ein augenblick zu leben / Es sey dann das jhm schtz ein wolgebawte Wandt Viel tausent Klafftern dick von lauterem Diamandt / Vnd seine Finger sind geladne Feld Canonen / Damit zu wehren sich den pfleg ich wol zu schonen.

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Johann Rist

L. 820

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Der schwartze Lucifer ist solch ein Bsewicht Daß er sich mir an macht zugleichen schewet nicht. Frwahr das muß nicht sein / ich wil mich grewlich rechen / Jch wil o Lucifer dir Hals vnd Bein zerbrechen Dein hitzigs Hellenblut wil distilieren ich / Vnd dein verfluchtes Fleisch zerknirschen jmmerlich. Jch wil von deiner Brust / Kopff’ / Arm vnd anderen Sachen Ein liebliche Pastet den schwartzen Raben machen Dann wehl ich mir auffs new ein anderen Knig schnell Vnd setz’ jhn als sein Herr zum Printzen in die Hell.

LI. 830

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Wann ich gelernet hett’ ein grosses Schiff zu fhren Vnd solches nach der Kunst in Wellen zu regieren / Vnd wann gleich alle Wind’ ein festen Bund gemacht / Vnd hetten jhre strck auff einen Ohrt gebracht So solten sie dennoch mein Schifflein mir nicht zwingen Mit meinem Odem nur wolt’ ich dasselbe bringen Jn einen sichern Pfort / mein Blasen ist so groß Das Oelus auch selbst davor verschwinden muß.

LII. Historia.

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Als’ ich dem Jupiter die Krohn vom Haupt genommen / Sampt Scepter Schwert vnd Rock / thet er gantz traurig kommen Vor meinen gldnen Thron / da er denn in den Koht Mit trnen nieder fiel / vnnd sprach in seiner Noht: O Herrscher aller Ding / thue mir doch wieder geben Des Himmels Regiment / du kanst allein Erheben Zum Frsten wenn du wilt. Jch sprach aus sanfftem Sinn Steh’ auff vnd nimm die Kron / sampt Schwert vnd Scepter hin

Capitan Spavento

Doch schwer / das du mir wilt gantz vnterthnig reichen Den Jhrlichen Tribut / versprich mir auch deßgleichen Zu schicken von dem Schloß des Himmels ohne List Ein Brgen / biß der Pact gentzlich erfllet ist.

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Beschluß. Mein Bchlein hat ein End. Nun darff wol einer sagen. Daß es von Lgen gahr zusammen sey getragen / Der wisse daß ich gleich so viel behertzter Mann Mit meinem Degen als der Feder schlagen kan. Von Worten bin ich streng / doch glind’ vnd sanfft von Thaten Nun wolt’ ich daß mein Wunsch mir mcht allein gerathen Daß nemblich der Maran verstunde fein behend Daß er hiemit gemeinet. Mein Bchlein hat ein End. ENDE.

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Poetischer Lustgarte 1638

Johannis Ristii Holsati

Poetischer

Lust-Garte Das ist:

Allerhand anmuhtige Gedichte auch warhafftige Geschichte auß Alten vnd Newen beglaubten Geschichtschreiberen / mit fleiß außerlesen vnd benebenst mancherley Elegien, Sonnetten, Epigrammaten Oden, Graabschrifften / Hochzeit- Lob- Trawr- vnd KlaagGedichten / &c. Allen der Teutschen Poeteri vernnftigen Liebhaberen zu sonderbaren gefallen hervor vnnd an den Tag gegeben.

Hamburg / Gedruckt bey Jacob Rebenlein / Jn verlegung Zachariæ Hertels / Buchhndlers. Jm Jahr M D XXXVIII.

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Dem WolEhrwrdigen / Woledlen / Gestrengen vnd Vesten / H. Gabriel von WJETERSHEJMB / wolverordentem GroßVoigt vnd Canonico deß hohen Stiffts zu Lbeck. Denen auch Edlen / Ehrenvesten / Groß Achtbahren vnnd Hochgelahrten Herren / H. Marco Pentzin / beyder Rechten Doctori. H. Michael Reisern / beyder Rechten Doctori. H. Chrysostomo Cler / beyder Rechten Doctori. H. Johanni Schlebusch / beyder Rechten Licentiato. H. Vincent Mllern / beyder Rechten Licentiato. Meinen allerseits hochgeehrten / sehr wehrten Herren vnnd alten gewissen Freunden.

Poetischer Lustgarte

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WOlEhrwrdiger / WolEdler / Gestrenger vnd Vester Juncker / Edle / Ehrnveste / Groß Achtbahre vnnd Hochgelahrte / sonders vielgeehrte / sehr wehrte Herren: Jch bergebe Jhnen hiemit etliche meiner Poetischen Gedichte / in vnserer allgemeinen Mutter-Sprache ohnlengst von mir / dem Teutschen Leser zur nutzbahren Ergetzligkeit verzeichnet vnd aufgeschrieben / nunmehr aber / gleichsam in einen Lustgarten versamlet vnnd zu hauffe gebracht / ber welche ich sie / meine Herren / zu mchtigen Beschtzeren vnnd Handhaberen wil erbehten haben. Solten aber benebenst jhnen / vielleicht noch andere mehr sich finden lassen / die etwa sonderbahres belieben trgen / zu erfahren / durch welcherley Vrsachen ich wehre angereitzet worden / so Edlen / gelahrten vnnd vortrefflichen Leuten / diese meine Gedichte zu berreichen vnnd zuzuschreiben; Die sollen hiemit krtzlich berichtet seyn / daß meine vornehmste Vrsache gewesen / die grosse Liebe vnd Zuneigung / welche ich dem mehreren Theil deroselben fast von zahrter Kindheit an getragen / denn auch daß ohngezweiffelte vertrawen / so ich wegen jhrer Guthertzigkeit vnnd sonderbahren Gunst / die sie mir eine geraume Zeit haben wiederfahren lassen / nicht ohnbillig von jhnen geschpffet / welches alles mich genugsam versichert / daß die Mhe / gedachte meine Herren vor andere zu erwehlen fr dieses mahl nicht bel von mir sey angewendet worden. Vnd daß ich mit Ewer Gestrengigkeit / WolEdler Herr von Wintersheimb / den Anfang zu reden mache / so erinnere ich euch nicht allein vielmahls deß guten vnnd sehr geneigten Willens / welchen so wol mein großgnstiger vnnd hochgeehrter Juncker / als auch seine Hertzliebste nicht nur einmal gegen meine wenige Person haben blicken lassen / auch dessen Erfllung thtlich erwiesen / besondern ich erfrewe mich auch hertzlich / wann ich dabenebenst betrachte / wie Ewer Gestr: allen guten vnnd ntzlichen Knsten / insonderheit aber der Edlen Poeterey dermassen hold vnd gewogen ist / daß sie auch allerhand gute Gedichte / so wol in vnserer Teutschen als auch Lateinischer Sprache geschrieben / mit sonderbahrer Lust / Anmuht vnnd Ergetzligkeit lieset

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vnd jhr dieselben bekand machet / so gar / daß sie jhr auch vielmals die Weile vnd Mhe genommen / meine vor etliche Jahren gedruckte schlechte vnnd schier nichtswrdige Sachen vnd Gedichte vnterschiedliche mahl zu durchbletteren / vnnd sehr weit ber jhren wehrt zu erheben / welches alles ich doch ein­ tzig vnd allein Ewer Gestr. freundlichen Zuneigung gegen meiner schlechten vnnd wenigen Person zu dancken / vnnd dabenebenst meines hochgeehrten Junckeren sonderbahren Bescheidenheit / auch hertzlicher Liebe vnnd Lust zu allerhand Wissenschafft vnnd Knsten habe zuzuschreiben. Wehme solte ich nun billicher diese gegenwertige meine Sachen als eben Ewer Gestrengigkeit bergeben vnd dienstfreundlich opffern. Seine Person / Hochgelahrter Herr Doctor Pentzin / betreffend / so halte ichs ohne Noht seyn / vnserer in noch zahrter Jugend gepflogenen Schulfreundschafft allhie weitleufftig zu gedencken / angesehen / selbige mit verschliessunge vnserer Kindlichen Jahren / nicht allein nicht ist erstorben vnd abgangen / besondern vielmehr solche starcke Wurtzlen knfftiger Liebe vnnd Vertrawligkeit dazumahlen hat gesetzet / daß ich auch deroselben angenehme frchte biß auf gegenwertige stunde mit sonderbahrer Lust kan geniessen / in dem mich mein großgnstiger Herr benebenst anderen vertrawten Freunden an meinem schlechten Ort allhie zu vnterschiedenen malen zu besuchen / vnd mit mancherley anmuhtigen Gesprchen vnd sehr freundlichen / vielleicht auch ntzlichen Vnterredungen zu erfrewen / gerne gewrdiget hat / welches alles mich billig reitzet vnnd treibet / mein danck bahres Gemhte / (welches ohne das willig vnd bereit ist / jhme die gantze Zeit meines Lebens behgliche Dienste zu bezeigen) wo nicht in Wercken vnnd der That selber / dennoch in Buchstaben / Worten vnnd Geschrifften hinwieder zu erweisen. Er aber / hochgeehrter Herr Reiser / wird sich zweiffels ohn der Brderlichen Freundschafft vnd Vertrawligkeit / in welche er ­meine geringe Person fr etlicher Zeit hat auffgenommen / großgnstig zu entsinnen wissen / welche Vertrawligkeit einer vmb so viel lieber / alldieweil mir benebenst seiner hohen Geschicklig-

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keit / auch sein Teutsches auffrichtiges Gemht schon von langer Zeit her dermassen bekand gewesen / daß ich vielmahlen hertzlich gewnschet habe / eben den jenigen Herren Reisern / in sehr guter vnnd jhm angenehmer Beschaffenheit einst wieder zu finden / dessen guten Nahmen vnnd lblichen Ruhm ich vor zehn vnnd mehr Jahren auff einer nahmhaften hohen Schul / nicht ohne sonderbares gengen vieler hochgelahrter Leute habe hren außbreiten / welcher Wunsch mir denn dermassen wol gelungen / daß ich nit weniger jhn / als auch Herren Doctorn Pentzin / mit einer doppelten Cron / nemblich der Ehe vnd deß Ehrengrads reichlich belohnet vnd gezieret in Frewden vnd Gesundheit habe wieder angetroffen / welchen zweyfachen schnen vnd wolverdienten Ehr vnnd FrewdenCrantz / daß sie lange in guter vnd bestndiger Gesundheit auch allen gedeilichen wolergehen tragen / vnd sich desselben zu GOttes Ehren vnnd deß Vaterlandes / vor allen aber jhrer lieben angehrigen ersprießlichen Nutzen mgen gebrauchen / ich jhnen beyderseits mit berreichunge dieses meines vnansehnlichen Geschenckleins von gantzem Hertzen wil gewnschet haben. Daß ich aber auch jhn Herr Doctor Cler vor vielen anderen in diese lobwrdige Gesellschafft der Liebhaber vnserer Teutschen Poeterey habe erkiesen vnnd auffnehmen wollen / davon halte ich nicht / daß ich drffe viele weitgesuchter Vrsachen hervor vnnd an den Tag bringen / in Betrachtunge / daß auch nur das eintzige / welches wir die ohngefrbte Freundschafft nennen / (der vielfltigen Gutthaten / so mir von den seinigen von langer Zeit hero wiederfahren / zu geschweigen) mehr denn genug seyn kan / solches mein Frhaben zu rechtfertigen. Jch weiß nicht / wie doch das Glck in diesem mir allezeit sonderbahre Gunst hat erwiesen / daß es mich einen grossen Theil meines Lebens / seiner / deß Herren Doctoris annehmlichen Gesellschafft hat wollen geniessen lassen / dergestalt / daß wir nit allein / so lange wir im schlechten / vnnd wie mans in gemein zu nennen pflegt / particular oder trivial Schreiben vnsere Zeit zugebracht / einer den anderen zum Stuben- Tisch- vnnd Bettgenossen gehabt hat; Besondern /

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es hat sich auch hernachmahls wunderlich gefget / daß wir auff zweyen vnterschiedlichen hohen Schulen / eine geraume Zeit in einer solchen Vertrawligkeit vnnd ohn zertrennlichen Freund­ schafft gelebet / daß ich auch fast zweiffele / ob irgend bestndiger Liebe / bey denen / die sich zwar derselben ohne vnterlaß (wiewol offt auß falschem Hertzen nur mit dem Maule rhmen) mge gefunden werden / angesehen ich mich schwerlich zu erinnern wste / daß wir jemahlen / auch nur mit Worten einer den anderen solte beleidiget oder erzrnet haben / wozu noch dieses kommet / daß selbige vnsere Freundschafft / durch das hernachfolgende lange Abwesen deß einem von dem anderen so gar nicht ist verloschen / daß sie auch vielmehr tglich gewachsen vnnd zugenommen / so / daß wann gleich wir dem Leibe nach von einander getrennet / vnsere Hertzen vnnd Gemhter dennoch niemahlen deßwegen seyn geschieden gewesen / wie solches vnter anderen sein jngstes schreiben / welches er von Marpurg auß Hessen / dazumahlen / (als er den hohen Ehrengrad / als / eine rechtmessige Belohnung / seines so viel Jahr hero vielfltigen angewendeten Fleisses Mhe vnnd Vnkosten berkommen vnnd angenommen) an mich hat lassen abgehen / genugsam erweiset vnd darthut / dannenhero ich mir diese ohngezweiffelte Hoffnung vnd Gedancken mache / daß gleich wie solche Vertrawligkeit von erster Kindheit an bey vns von Tage zu Tage gewachsen vnnd zugenommen / auch biß auff gegenwertige Stunde fest vnd ohnbeweglich stehet; Also werde sie auch ins knfftige (so fern vns GOTT das Leben wil erhalten) nicht weniger sich außbreiten / wachsen vnd zunehmen ja so ­lange bestndiglich grnen / biß wir sie dermahl einst (wenn es dem Allerhchsten wird gefallen) mit vns ins Grab vnnd vnter die Erde nehmen / woran der Herr Doctor meines Theils durchauß nicht hat zu zweiffelen. Jhme aber großgnstiger Herr Licentiat Schlebusch wil ich nur bloß zu Gemhte fhren die sonderbahre Gemeinschafft / die wir zu der Zeit / als wir in Schulen die sehr lustige vnnd allezeit grnende Wlder den anmtigen Philologey oder Kunst- vnd Sprachenlust mit grosser Begierde durchstriechen / mit einander

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gehalten haben. So offt ich daran gedencke / wie wir das dazumahlen durch viel richtigere vnd krtzere Wege zu erlernunge der freyen Knste vnd Sprachen zu gelangen bemheten / so ergetze ich mich gleichsam von Hertzen darber / sonderlich wann ich dabenebenst erwege / wie vnser Fleiß vnnd Frsatz (der gleich dazumahlen rhmlich vnnd gut war) durch die ernstliche Vnterweisunge vnnd tgliche Anfhrung vnserer / zur selben Zeit wolverdienten / nunmehr aber seligen Herren Præceptorn / alles auß dem rechten grunde zu erlernen / sehr ward befodert; Dannenhero es geschahe / daß man gleichsam von Tage zu Tage einen starcken Eyffer vnter den Lernenden sprete / weil immer ein guter Kopff den anderen zu bertreffen vnnd seiner Lehrmei­ ster Gunst vnnd geneigten Willen zu gewinnen verhoffte / worauß denn auch dieses entsprang / daß sich die beste Gemhter in Liebe vnnd Freundschafft mit einander verbunden / vnnd allen mglichen Willen eins dem anderen erzeigte / wie ichs mir denn selber nicht ohne hertzlicher Erlstigunge zu Gemhte pflege zu fhren / was mein großgnstiger Herr Licentiat mit mir zur selben Zeit vor sonderbahre Freundschaft gepflogen / in deme er nemblich fast alles / was jhm von kurtzen begrieffen / feinen richtigen tabellen / vnnd anderen mehr dergleichen / zu desto zeitiger erlernung aller­ hand Knste vnd Sprachen wol dienenden Sachen von vnseren damahligen Herrn Præceptorn wahren zu Handen kommen / mir gerne vnnd Brderlich mitgethan / vnd also sein gutes vnnd geneigtes Gemhte / meiner wenigkeit im lernen vnnd nachforschen behlfflich zu seyn / genugsam hat blicken lassen / welche Guthertzigkeit ich billich die gantze Zeit meines Lebens mit hhe­ stem ­Dancke ohnvergessen zu erkennen mich nicht allein willig besondern auch schldig vnnd verpflichtet befinde. Vnnd fast aber das habe ich auch von seiner Person / hochgeehrter Herr Licentiat Mller allhie zu rhmen / vnnd solches vmb so viel mehr / weil auß vnserer am neheren gepflogenen freundlichen Vnterredunge ich so viel verstanden daß nicht allein die lange Zeit das vergessen meiner schlechten Persohn bey jhm nicht hat mgen verursachen / besondern er ber dieses seine gewhn-

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liche Leutseligkeit gntzlich annoch hat erhalten vnd behalten / wodurch er denn krfftiglich berzeuget vnd zu schanden macht alle die jenige / so den ohnverstndigen Meynunge seyn / daß sie jhre Geschickligkeit / vnnd auß deroselben herfliessende Ehr vnd grossen Nahmen / mit Stoltz vnd Hoffart vnterbawen / vnnd sich dadurch allen vernnfftigen außzulachen vnd zu verspotten bergeben mssen. Kurtz gesagt / der Herr Licentiat versichert mich durch sein Exempel / daß alle gute Gemhter die Liebe vnnd Freundschafft / durch welche sie sich in der zarten Jugend vnter einan­der in den Schulen verknpffet / dermassen hoch halten / daß sie auch hernachmals keine Zuflle deß wanckelbahren ­Glckes dieselbe aufflsen oder zertrennen lassen. Hie htte ich zwar WolEdler vnd Gestrenger Juncker / auch Edle vnd Hochgelarte Herren annoch viel andere vielleicht auch wichtigere Vrsachen / auch wol derjenigen / deren sich heut zu Tage viele im zuschreiben jrer Bcher gebrauchen / beyzubringen / die mich diese meine geringfgige Sachen Ewer Wol­Edlen Gestr: / Edlen vnd Hochgelahrten Gunsten zu bergeben / lengst angereitzet vnnd bewogen haben; Jch lasse es aber an dieser eintzigen / welche ich die ware Freundschafft heisse / genug seyn / welcher Fortsetzung vnnd Erhaltunge mit allen auffrichtigen ­Hertzen ich eyferig vnnd fleissig mir angelegen seyn lasse / so hoch vns vnser Erlser vnnd Seligmacher dieselbe fort zu pflantzen / wahre Liebe zu ben / auch friedlich vnnd freundlich zu leben in seinem ­newen LiebesGebot hat aufferleget vnnd anbefohlen. Jm brigen sollen meine hochgeehrte Herren hiemit krftiglich von mir versichert seyn vnnd bleiben / daß ich vor dieses mahl mein erwnschtes Begehren zur genge habe erlanget vnnd davon bracht / wann ich nur vergewissert bin / daß dieses mein schlechtgeziertes Lustgrtlein Ewer WolEdlen / Gestr: vnd Hochgelahrten Gunsten zu keinem Mißgefallen gereichen / sondern daß meine Herren in durchsuchunge solcher vnnd derogleichen Gedichte vnnd Geschichte sich sattsam vergngen vnd erlstigen werden; Wie ich nun der gntzlichen Hoffnung gelebe daß es geschehen werde / also habe ich tausendfltige Vrsachen jhnen allerseits

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knfftiger Zeit in grsseren vnnd ntzlicheren Dingen mgligstes Fleisses dienstlich zu gefallen zu seyn / womit ich sie meine großgnstige hochgeehrte Herren alle / benebenst den lieben jhrigen / nechst wnschung eines glckseligen vnnd frewdenreichen Newen Jahres / Gttlichen getrewen Schutz vnnd Schirm von gantzem Hertzen empfehle / vnterdessen verbleibend Ewer WolEdlen Gestren gigkeit / Edlen vnd Hochgelahrten Gunsten Willigster vnd getrewester Diener mein Lebenlang Johannes Rist.

Gegeben zu Wedel in der Graffschafft Holstein den letzten Tag deß 1637. Jahres.

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Nohtwendige Vorrede an den guthertzigen Leser.

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FReundlicher lieber Leser / Jch halte es gntzlich dafr / daß es sehr billig vnnd recht sey / daß der jenige / der sich nicht s­ chewet seine Schrifften gemein zu machen vnnd der offenbahren Welt vnter die Augen zu stellen / schldig vnnd gehalten sey / von denselben ffentlich Rechenschafft / Rede vnnd Antwort zu geben / in betrachtunge / daß fast die meisten vnter dem Menschen bey diesen Zeiten ohne das so vorwitzig seyn / daß sie nicht allein alles vnd jedes wollen richten vnd vrtheilen / besondern auch eines jeglichen Dinges genugsam Vrsache wissen; Dannenhero auch ich bin bewogen worden / dem auffrichtigen Leser durch eine kurtze Vorrede anzudeuten / was mich gereitzet habe diese meine Gedichte (die ich gleichwol schlecht vnd geringe zu seyn gern bekenne) an das ffentlich Liecht kommen zu lassen. Es ist zwar allhie mein Vorhaben nicht / die Alte vnd Edle Kunst der lblichen Poeterey vor dieses mahl außfhrlich zubeschreiben / auch nicht / deroselben Mngel vnd Gebrechen weitleufftig zu erzehlen; Alleine ber eines kan ich nicht vnterlassen mich im Anfange etwas hefftiger zu beklagen / nemblich ber den schendlichen Mißbrauch dieser herlichen Wissenschaft / als durch welchen eben das jenige / was wir Teutsche in ein hohes Auffnehmen zu bringen / biß anhero gesuchet haben / auch noch tglich mit grosser Mhe vnnd Arbeit suchen / jmmerlich wird herunter gerissen vnd vernichtet. Es hat vns zwar der Edle vnnd hochberhmte Poet Martin Opitz in seinem theils lustigen / theils ntzlichen Schrifften vnd Gedichten genugsame Anleitung gegeben / wie wir vnseren fast verderbeten / vnd durch so viele frembde in dieselben eingeschliechne Wrter gleich vermummeten Teutschen Sprach wiederumb auff die Beine helffen / jhr die vnbekandte Larven abziehen / vnnd deroselben Glantz / Zierd vnnd Reinligkeit in auffnehmen bringen knten / aber er hat vns auch dabenebenst sehr klglich berichtet / daß solches nicht von allen vnnd jeden / besondern nur von etlichen tauglichen vnd von Natur dazu geschickten Per-

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sohnen knne ins Werck gerichtet vnd vollenzogen werden / weßwegen er auch diejenigen / die mit grosser Mhe vnnd Marter ein Teutsches Gedichte / ohne sonderbahren Antrieb der Natur / nur wie es jhnen in jhren ohnverstndigen Kopff vnd tummes Gehirn kommet / zusammen schmieren / in seiner Prosodey getrewlich warnet / daß sie nur khnlich vnd bey zeiten davon ablassen / dieweil sie doch nimmermehr den Nahmen eines rechtschaffenen Poeten / aber wol eines vnntzen Reimenmachers dadurch berkommen werden. Diese guthertzige Vermahnung vnd Warnung aber deß Herren Opitzen / hat bey dem grssern theil sehr wenig / bey etlichen auch das geringste nicht gegolten / dannenhero hat sichs begeben / daß gleich wie gemeiniglich nach einem fruchtbahren Regen / allerhand Nesselen / Graß vnnd Vnkraut in den allerschnsten Lustgahrten so huffig offt hervor wchset / daß die gute vnnd nutzbahre Kruter vnd Blumen / schier gntzlich dadurch bedecket vnd vnterdrcket werden / also auch / nach dem Herr Opitz seinen fruchtbahren Taw der grndlichen Poetischen Vnterweisung erstlich ber seine Landeßleute die Teutsche / mildiglich hat außgegossen / sich ohnzehlich viel newer Poeten oder vielmehr Reimenmacher haben herfr gethan / vnd zwar in solcher menge / daß der gute Same etlich weniger ntzlicher Ge­dichte kaum herausser schiessen / vnd ob er gleich in geringer Anzahl herfr gekommen / dennoch von der menge so vieler vnntzen Schriften / ja recht Kindischen Verse schier gar wiedrumb vnterdrcket vnd verderbet worden / welcher schendlicher mißbrauch den etliche berhmte Mnner / (die man so wol in Teutscher als Lateinischer vnd anderen Sprachen vor sehr glckselige vnd gute Poeten mag schetzen /) hat verursachet / daß sie sich auch nunmehr nit ohn mercklichen Verdruß fast schewen vnd schmen jhre ntzliche Sachen ffentlich hervor zu geben vnd der Welt mitzutheilen / in ansehunge der spttlichen vnd sehr verchtlichen Kruterey die heut zu Tage / sonderlich mit den Gedichten in vnserer Teutschen Sprach wird getrieben / als da fast kein Kind von grossen vnd ansehnlichen Leuten wird erzeuget oder gebohren / keine vornehme Person zur Erden bestetiget vnd begra-

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ben / kein Hochzeitliches noch anderes Frewdenfest gehalten / da man nit etliche Bogen voll solcher Teutschen Verß vnter Gelarte vnd Vngelahrte außstrewet vnd vmbtheilet / welche Gedichte / denn mehrenteils so lieblich vnd anmutig zu lesen oder anzuhren sind / daß einem das Hertz im Leibe davon mchte wehe thun / dieweil ein Liebhaber seines Vaterlandes in verlesung dergleichen Reime ja augenscheinlich spret / wie vnsere so schne Sprache / von denen / die sich selber flschlich bereden / daß sie in derselben etwas sonderliches verstehen / mutwilliger weise wird verwstet / zerrissen vnd verderbet / wie ich denn eine grosse Anzahl solcher elender Scharteken bey handen habe / auß welchen ich ins knfftig / geliebt es Gott / in einem besondern Bchlein / (das ich auf vielfltiges Begehren Kunstliebender Leute / von den mngelen vnd Gebrechen der Teutschen Poeterey / schlecht vnd einfltig zu schreiben habe angefangen) vnterschiedliche Exempel werde an den Tag geben / damit solche frzeitige Reimendichter ins knfftige sich mgen hten vnd frsehen / daß sie sich / nicht ehe zu fliegen vnterstehen / es sey denn / daß sie erst Fittige bekommen / vnd jhnen die Schwingfederen seyn gewachsen / das ist: Daß sie erstlich den rechten Grund der Kunst vnd Wissenschafft verstehen lernen / ehe sie sich vor Meister derselben ffentlich außzugeben / nicht schewen. Noch andere Teutsche Poeten werden gefunden / welche zwar die Gesetze der Teutschen Poeterey ziemlich fleissig in acht nehmen / aber dabenebenst so tunckel / schwehr vnd vndeutlich schreiben / daß sie fast von keinem einzigen Menschen / er sey gelahrt oder vngelahrt knnen verstanden werden / welches denn auß keiner anderen Vrsache herrhret / als daß solche Leute vermeinen / man werde sie deßwegen / daß sie sich einer so hohen vnd gleich ber die Wolcken fliegenden Ahrt zu schreiben vnterwinden / vor tiefsinnige vnnd sehr gelehrte Poeten halten / als welche die erschaffene Dinge / den Himmel die Sonne / den Mond / daß Meer / diesen oder jenen Fluß etc. mit so vielen wunderbahren vmbschweiffen vnd frembden hochtrabenden Worten bezeichnen vnnd abmahlen / daß auch mancher / der doch sonst so wol

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in Alten als Newen Poeten ziemlich wol belesen vnd genugsam bewandert ist / offt schwerlich kan errahten / was etwa dardurch gemeinet oder verstanden werde. Von solchen Leuten aber heisset es recht / was jenner Poet zu Wittenberg hat pflegen zu sagen: Daß die jenige / die so hoch / schwehr / tunckel vnd vndeutlich schreiben / dieses von beyden darunter suchen mssen / daß nemblich der Leser jre Schrifften entweder verstehen oder nicht verstehen solle. Wollen sie nun das erste / nemblich daß sie in jhren Schrifften mgen verstanden werden / ey lieber / warumb gebrauchen sie sich denn nicht einer solchen verstndlichen Art zu reden / warumb schreiben sie nicht so hell / deutlich vnd klar / daß sie ein jeder / der sie lieset / zur genge verstehen mge? Wollen sie aber von niemand verstanden werden / was haben sie doch denn fr Vrsache Bcher zu schreiben vnnd jhre schwehre vndeutliche Sachen ohnmssigen Leuten auffzudringen? Solche Klglinge solten vielmehr bedencken / wie daß die rechte Art vnd Eigenschaft eines guten Teutschen Poeten frnehmlich diese sey / daß er sich reiner ohngeflschter Sprache vnd einer recht deutlichen / Verstndlichen Art zu reden vnd zu schreiben gebrauche / wie wir denn sehen / daß der Herr Opitz sonderlich Meister hierinnen ist / als dessen vielfltige Gedichte / benebenst jhrer Anmuth auch eine solche Reinigkeit / Liecht vnd Klarheit haben / daß sie mit Lust knnen gelesen / vnd mit sonderbahrem Nutze / fast von allen vnd jeden (jedoch grobe vnd vngeschickte Midas Gesellen hie außgeschlossen /) verstanden werden. Meine Teutsche Gedichte / (die ich nochmalen / in ansehunge hoher vnd frnemer Leute Arbeit sehr schlecht vnd geringe zu seyn / freywillig bekenne) anlangend / weiß ich nicht / ob sie also geschrieben / daß die Gesetze vnser Sprache niemals seyn bertretten / vnd in allen der eigentlicher vnd deutlicher verstand vllig in acht genommen worden; Das aber weis ich / daß ich mich / so viel nur immer mglich gewesen / befliessen / daß ich nit allein die regulen vnserer Prosodey in fleissige acht nemen / besondern auch deutlich / klar / vnd jederman verstndlich mchte schreiben; Jm brigen / erwarte ich das Vrtheil derjenigen / die vielleicht

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auß langer Erfahrung solche Schrifften zu vrtheilen genugsam tauglich vnd geschicket erfunden werden. Was nun ferner die Materien / Hndel oder Sachen die ich in meinen Gedichten habe außgefhret / betrifft / so sind dieselben zwar vnterschiedlich / jedoch zum grsseren theil warhaffte Geschichte vnd Historien / die sich sonderlich bey vnseren elenden vnfriedlichen Zeiten / an vielen vnterschiedlichen Orten / frnemlich deß Teutschen Landes haben begeben vnnd zugetragen. Gleich wie ich mich nun in Poetischer Beschreibunge deroselben keines dings so hoch befliessen / als daß ich den allerglaubwrdigsten Historienschreibern vnd der erfahrung mchte nachfolgen; Also wil ich den gnstigen Leser auf das freundligste gebeten haben / er wolle mich in durchlesung derselben nit ehe vnd bevor jeniger Partheiligkeit beschldigen / er habe denn zuvor in den Geschichtbchern / auß welchen sie zum theil genommen / nach geschlagen / oder sonst mit fleiß erforschet / ob sich die Sachen anders / als ich davon geschrieben / verhalten / alßdenn zweiffel ich nit / wird man mit dem vnzeitigen Vrtheilen etwas gemacher fahren / vnd wo vielleicht etwas zu viel oder zu wenig gesetzet wehre / solches nit mir / sondern den jenigen / die es zum ersten mahl also in jhre Jahrbcher verzeichnet / zuschreiben / vnd die deß einen vnd deß anderen Fehlers / oder partheiligkeit beschldigen. Daß ich aber in diesen meinen Gedichten von Liebessachen vnd derogleichen Eitelkeiten zu schreiben mich fast gntzlich enthalten / im gegentheil aber / was zu bung allerhand Christlicher Tugenden / Zucht vnnd Ehrbahrkeit fromme Gemhter mag anreitzen / vnter warhafte Geschichte vnnd Gedichte habe vermischet / davon vermeine ich nicht / daß ich jemand sonderbahre Rechenschafft drffte geben. Denn / ob ich zwar wol weiß / daß es heut zu Tage fast bey allen Teutschen Poeten in sonderbahrem Gebrauche ist / daß sie in mancherley Liederen / Nachtklagen / Hirtengesprchen vnd derogleichen LiebesGedichten jhre Kunst frnehmlich erweisen vnd sehen lassen / das auch solche Sachen von Jungen vnnd vppigen Leuten mit hhester beliebung

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vnnd erlstigung gelesen werden; So erinnere ich mich doch billig / daß weder meinem jetzigen Stande / noch auch meinem Alter / als in welchem ich nunmehr das dreissigste Jahr durch GOttes Gnade habe erreichet / ein solches zustehen noch gebhren wolle. Jch bin zwar nicht in abrede / kan vnnd wil es auch nicht seyn (in betrachtunge / daß es sehr vielen / Gelahrten vnnd Vngelahrten bekand vnnd in deroselben Hnden ist /) das auch in solchen Sachen fr etlichen Jahren etwas habe geschrieben / auch selbiges ans ffentliche Liecht kommen lassen / vnnd ob ich deßwegen von etlichen dazumahl bin getadelt worden / auch noch vielleicht biß auff den heutigen Tag von vielen gerichtet werde / wil ich mit jhnen nicht groß darber zancken / wiewol ich meine damahlige Jugend vnd Vnverstand (wie auch solches die vielfltige in denselben verhandene Fehler vnd Gebrechen genugsam bezeugen) nit ohnbillig knte frschtzen / jedoch wil ich viel lieber vor dieses mahl schweigen / vnd mich dennoch vnter dessen von Hertzen getrsten / das wol anderen vnnd grsseren Leuten eben dasselbe mit jhren viel ansehnlichern Schrifften ist begegnet vnd wiederfahren / denn / (daß ich vieler anderer trefflicher Leute geschweige) muß sich nicht der weitberhmeter Opitz / ein Mann / der zum hhesten Preise vnsers allgemeinen Vaterlandes ist gebohrn / von denjenigen / die sich zwar einbilden / daß man alle Weißheit von jhnen erkauffen vnnd hohlen msse / dergestalt lassen außschreyen / ja in ffentlichen Schrifften verhhnen vnd schelten / als ob kein vnzchtiger Mensche jemahlen gelebet hette als eben er / nur darumb / alldieweil er vnter seinen Teutschen Poetischen Sachen / die er dazumahl als ein junger Studente in erster Hitze hat geschrieben vnnd außkommen lassen / zu Zeiten etliche LiebesSachen mit eingemischet / ohne zweiffel den Leser dadurch desto ehe bekand / lieb vnd angenehm zu werden / wiewol ich / ob ich gleich seine Schriften biß anhero noch so fleissig vnd embsig durchblettert / dennoch nichtes / oder auch ja gar / gar wenig habe gefunden / durch welches keusche Hertzen vnd zchtige Ohren knten gergert oder verletzet werden / es were denn / daß einer gar ein Heuchler oder scheinheiliger Phariseer (mit welchen leider

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heut zu Tage die Welt schier gantz ist erfllet) ja einer von denen seyn wolte / welche auch nicht einmahl / daß sie Fleisch vnnd Blut bey sich haben / erkennen knnen. Ob es denn nun so gar Christlich vnd wol gethan sey / einen solchen trefflichen Mann / wegen eines so geringen Felers / (wo fern es anders mit der Warheit ein Fehler kan genennet werden) also­bald mit vnzeitigem richten vnd verdammen zu belegen / mgen die jenigen / welche seine andere Schrifften / (die er nach der Zeit / so wol von ernsthafften Weltlichen als andchtigen Geistlichen Sachen zu lobe Gottes vnd auffmunterung seines Nebenchristens zur waren Gottseligkeit hat lassen hervor kommen) mit gutem bedacht durchlesen haben / vernnfftig vrtheilen. Jch zwar bekenne es frey herauß / daß ich zwar auch / ohne vppigen Ruhm zu melden / vnterschiedene Teutsche Poeten (denn von andern schreibe ich vor dieses mahl nicht) gute vnd bse bin durchgelauffen / aber sehr wenig / die jhme / Herren Opitzen zuvergleichen keinen / der ber jhn zu setzen vnd zu schetzen / bißanhero gefunden habe / es mgen gleich andere von jhm lsteren / was vnnd wie viel sie immer wollen / sie werden jhn dennoch mit der Warheit seines ohnsterblichen Lobes nimmermehr berauben knnen. Aber / was bemhe ich mich viel / diesen hohen Geist weiter zu entschldigen / der ohne das / alle seine Verleumbder mit einer grossen Hertzhafftigkeit pflegt zu verlachen / vnnd sich den mchtigsten Potentaten der Welt / durch seine hochrhmliche Kunst vnd Wissenschafft lieb vnnd angenehm zu machen. Vnd wer weiß / was eben Herr Opitz vor Vrsachen mag gehabt haben in seiner Jugend von Liebes-Sachen zu schreiben? Was meine wenige Persohn in der Zeit am meisten darzu gereitzet habe / weiß ich zwar sehr wol / dieses nemblich / daß ich in erlernung frembder Sprachen desto fertiger mchte werden / welchen meinen Zweck ich dazumahl durch kein bequehmers Mittel habe erlangen knnen / als daß ich zu Zeiten etliche Hirtenlieder / SchfferGesprche / Nachtklagen vnd andere derogleichen lustige Gedichte auß einer Sprache in die andere bersetzte / den Verstand zugleich dadurch zu schrffen / wozu noch dieses kam / daß ich vermerckte / wie vn-

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sere Teutsche / Alexandrische Verß mehr nach Art der Frantzosen vnd Welschen als der Lateiner gemachet wrden / weßwegen auch alle verstendige es fr ein hochntiges Werck halten / daß man nebenst der Lateinischen / auch die Frantzsische / Welsche vnd andere frembde Sprachen in etwas verstehen lerne / ehe vnd bevor man in Teutschen was gutes vnd ntzliches zu schreiben sich vnterwinde: Aber / da machet heut zu Tage ein jeder Teutsche Verß / der kaum zehn Wort Latein / fnff Griechische Syllaben / etwas gemein Kchen-Teutsch / von frembden Sprachen aber / offt das geringste Wrtlein nicht verstehet / noch in der Jugend hat gelernet. Diesem allem sey nun wie jhm wolle / so wil ich doch gleichwol nicht streitten / als hette ich in dem gar nicht vnrecht gehandelt / daß ich in der Jugend von LiebesSachen (welches ich bekenne nicht ein geringe Eitelkeit zu seyn) habe geschrieben / viel lieber wil ich meine Fehler / (so es ja einer seyn soll vnd muß) dißfalls erkennen / vnd dem Exempel etlicher hochbermten Mnner (nicht daß ich mich denselben vergleichen / daß sey ferne! Sonderen nur das / was gut vnd recht gethan heisset von jhnen erlernen wolle) nachfolgen / als dem Hochgelahrten Æneas Sylvius / weiland Kyser Sigismunden geheimen Raht / welcher hernach Pabst vnd Pius der Ander genennet worden / der seine Gedichte / insonderheit daß / welches er von zweyen liebhabenden Persohnen zu Senis, vnter verdeckten Nahmen deß Euryalus vnd der Lucretia, in seinen jungen vnnd frlichen Jahren hat geschrieben / hernacher / da er zu besserem Verstande vnnd Alter kommen / selber hat vnterdrcken helffen. Also auch dem Johannes Picus / Graffen zu Mirandula, der die Bcher so er in der Jugend von der Liebe hat lassen außkommen endlich aller Oerter / wo er sie nur erfragen knnen / ins Fewr geworffen vnd zu Aschen hat verbrennet. Jch wil hie nichtes sagen / wie die treffligste / geschickteste vnnd tapfferste Leute / die theils zu vnserer / theils zu vnserer Vter Zeiten gelebet haben; Als der Laurentius Gambara, ein gelahrter Veroneser, Petrus Bembus, ein sehr beredeter Venetianer, Franciscus Petrarcha ein hochberhmter Toscaner, Franciscus Ronsard, ein trefflicher geschickter Fran­

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tzsischer Edelman / Martin Opitz ein weitbekandter Teutscher / der gebuhrt nach ein Schlesier / vnd ein hochfliegender Adler aller Teutschen Poeten / alle in der Poeterey / vnd vielen anderen Wissenschafften hocherfarne Mnner / zu anfange fast nichts anders / als von Liebes­Sachen in jhren Gedichten geschrieben vnnd gesungen / hernacher aber / mit zunehmung deß Alters vnd Verstandes jhre Gemhter zu ernsthafften / Geistlichen vnd Weltlichen Hndelen dermassen gewendet / daß sie auch nunmehr dadurch jhren grossen Nahmen fast aller Welt bekand gemacht haben. Jn deme ich nun sollicher herrlicher vnnd vortrefflicher Leute Exempel erwege / vnd dabenebenst betrachte / wie offtmahls jhre schlechte Fehler vnd Gebrechen auch von nichtswrdigen Leuten sind vntersuchet worden; Als bin ich sehr wol zu frieden / daß meine Splitterrichter jrer vnredlichen Gewonheit nach / bald dieses / bald jennes in meinen bißhero außgegangenen Schrifften vnd Gedichten anzpffen / vnd solches nach jhrer selbst eingebildeten Weißheit richten vnd außlegen. Denn / daß ich allhie stilschweigend vorbey gehe / wie ich nehest einem gndigen Gott vnd gutem Gewissen viel tapfferer / kluger vnd vortrefflicher Leute zu Vorsprecheren vnd hertzhaften Vertheidigern meiner gerechten Sache habe / so halte ich ber das alles / vnnd benebenst mit viel verstndiger Leute gntzlich dafr / das es gleichwol viel ehrlicher / ntzlicher vnd lblicher gethan sey / wann einen / (der neben mheseliger verwaltung seines / jhme von Gott anbefohlenen Ampts / Tag vnd Nacht in mancherley Wissenschafften sich bet / alß denn / wenn er durch so vielfltige Arbeit / so wol im Leibe als Gemhte in etwas ist ermdet /) mit Poetischen Beschreibungen allerhand frembder Geschichte vnd anderen nachdencklichen vnd ntzlichen Sachen sich wiedrumb auffmuntert vnnd verlstiget / als wann er dem schendlichen Mammon / Geitz vnnd Eigennutz / dem Bestialischen Sauffen / Doppelen vnd Spielen / dem vnchristlichen Richten vnd Verdammen anderer ehrlicher Leute / vnd mehr derogleichen vnziemlichen Dingen mit sonderlicher Lust nachhenget / wie mir denn solcher ehrbaren Prælaten wol etliche bekand seyn / die zwar in jhren langen

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Schaffkleidern / als ob sie sonderbahre grosse Heiligen wehren / kommen hereingetretten / jhre reissende Wolffes Ahrt aber hierinnen klrich sehen lassen / daß sie sich nicht schewen / nach verbunge obgedachter vnd vieler anderer / solchen heiligen Leuten bel anstehenden Laster / vnschuldigen vnd Gewissenhaften Hertzen durstiger weise nach Ehr vnd glimpf zu trachten / deroselben guten Namen vnd Gerchte mit ffentlichen Lgen anzufallen / ja sie eines vnchristlichen vnd rgerlichen Lebens zu beschuldigen / vnd also mit jhren verleumbderischen Zungen wider den außdrcklichen Befehl vnsers Erlsers vnnd Seligmachers an jhrem Nebenchristen schendliche Mrder zu werden / fr welche Falschheit solche Heuchler vnd schein heilige Phariseer / dermahlen einst vor dem erschrecklichen Gerichstul deß allerhchsten GOttes schwehre Rechenschafft / Rede vnd Antwort zu geben sollen schuldig seyn / da denn jhre / in diesem Leben falschgepflogene vermeinte Heiligkeit / mit welcher / als einen Deckel so vieler Vntugenden vnd Laster / sie eine grosse Anzahl vnschuldiger Menschen verfhret vnnd bezaubert haben / sie mitnichten wird schtzen noch vertheidigen knnen. Daß ich nun ferner in diesem meinen Poetischen Lust­garten bißweilen etliche Schertzwrter gleichwol mit vntergemenget / vnd vnter die ernsthaffte Geschichte zu zeiten ein lustiges Epigramma vnd kurtzweiliges Gedichte habe gesetzet / solches / hoffe ich nicht / daß es jemand werde verdrießlich oder zu wider seyn / in betrachtunge / daß man in die Lustgarten nit nur lauter kst­liche vnd thewrbare Tulipen / wolriechende Rosen / schnee­weisse Lilien / gefllete Narcissen / vnd andere dergleichen herrliche vnd anmuhtige Gewchse / sondern auch wol stechende Drner von Berberen / Krauselbeeren vnd anderen mehr dergleichen vnansehnlichen doch ntzlichen Stauden pflegt zu zielen vnd zu pflantzen. Es hat sich sonsten der verstndige Leser freundlich zu erinnern / daß ein Epigramma nichtes anders ist / auch nichtes anders seyn soll / als eine kurtze Satyra, da sichs denn gebhret / daß man die Meynung eines Dings mit sehr wenigen jedoch nachdencklichen Worten also schliesse / daß man gleichsam einen

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Stich oder Angel (wie die Lateiner sagen) in deß Lesers Sinne vnd Gemhte hinterlasse / jedoch sollen gleichwol die Epigrammaten mit einer solchen bescheidenheit geschrieben werden / daß man sie mit Recht vnd der Warheit nicht vor Paßquillen außschreyen / vnd den Poeten jenniger Verleumbdung oder Lsterung knne beschldigen. Jm brigen kan es sehr wol gelitten werden / ja es ist viel mehr hoch von nhten / daß man ein solches kurtzes Gedichte mit lustigen Schertzwrteren vnd einer annehmlichen Scharffsinnigkeit zieren vnd schmcken / denn trawen der jenige / der einen guten Poeten dermahl einst zu geben gedencket / soll vnnd muß kein Leutfliehender vnd Liechtschewender Timon oder MenschenFeind seyn / er muß nicht immer haderen / grißgramen vnd sawr sehen / besondern sich allen vnd jeden redlichen Leuten wilfertig vnd freundlich erweisen / er muß eines freyen vnd ohngezwungenen Gemhtes seyn / alle Weltliche Gter / Schtze vnd Reichthumb vor nichtes achten (denn nur die allerschendligste / nichtswrdigste vnd ohnverstndigste / ja der rechte Schaum der Menschen sind gemeinlich Geitzhlse / Wucherer vnnd Schinder.) Seine Verleumbder / Neider vnnd Verfolger muß er großmtiglich verlachen / die gantze Welt mit jren Eitelkeiten verspotten / von allen Dingen / so vnter der Sonnen gefunden werden / eine ziemliche Wissenschafft haben / in vielen Knsten vnd mancherley Sprachen trefflich gebet seyn / alle Widerwertigkeiten mit bestndiger Gedult ertragen / seinen Geist weit ber die Wolcken lassen fliegen / vnd endlich all sein gengen an Gott / in Gott / mit Gott vnnd durch Gott haben / ja ohne auffhren das Reich Gottes vnd die wahre Seligkeit suchen vnd begehren. Gleich wie nun auff dem gantzen Erdenklooß so gar nichts wird gefunden / daß im anfange seiner Zeit gantz vollenkommen wehre; Also muß auch der jenige / welcher dermal einst den Namen eines Christlichen Poeten / nicht allein zu erlangen / besonderen auch zu behalten begehret / immer von einer staffelen zur anderen / von einer Wissenschafft vnd Erkendnisse zur anderen / von einer Tugend zur anderen steigen / biß er zu letzt durch Gottes Gnade vnd Hlffe das jenige erlange / darnach allen guten vnd

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rechtschaffenen Gemtern die gantze Zeit jres Lebens zu trachten wil obliegen vnd gebren. Noch eines muß ich allhie den gnstigen vnnd ohnverdrossenen Leser erinneren / vnnd zwar eben das / welches den Gebrauch der Heidnischen Gtter Namen (deren sich auch die Christliche Poe­ten bißanhero in jhren Teutschen Gedichten gebrauchet haben) thut betreffen. Ob nun solche Namen der Heidnischen Gtter vnd Gttinnen; Etlicher Vorgeben nach / ohne vnterscheid / gantz vnd gar sollen abgeschaffet werden / das wil zwar ich allhie nit weitleufftig streitten / sondern viel lieber verstndiger vnd gelahrter Leute Vrtheil darber anhren vnd vernemen. Gleichwol kan ich hiemit nit ohnangedeutet lassen / daß (meiner einfltigen Meynung nach / anderen hiemit nichtes vorgegrieffen oder benommen) die Christliche Poeten / sich der Heidnischen Gtter Namen / bevorauß in geistlichen Gedichten / so viel nur immer geschehen knte / sich entschlagen / vnd viel lieber andere bequeme Wrter (so fern man sie nur sonsten knte haben) an deren stelle setzen / vnd durch dieselbe jhre Meynung an den Tag geben solten. Jnsonderheit wehre zu wnschen / daß die Namen der Venus, Cupido, Hymen, vnd derogleichen (mit welchen sich sonst vnsere Reimenmacher fast in allen jren Hochzeitgedichten treflich zu tumlen vnd jre Scharteken damit zu fllen wissen) sehr messiglich auch in Weltlichen vnd Liebs-gedichten gebrauchet wrden. Jch weiß nit / ob in diesem meinem Poetischen Lustgrtlein / mehr als ein einziges Hochzeitgedichte / (welches ich auß sonderbahren Vrsachen nicht habe aussen lassen sollen noch wollen) zu finden sey / in welchen solche frembde Gtter vnnd Gttinnen etwas huffiger von mir seyn eingefhret worden; Sonsten bin ich nicht in abrede / daß ich mich anderer Namen als deß Neptunus, Mars, Phœbus, imgleichen der Bellona, Thetys, der Parcen vnd anderer mehr an vnterschiedlichen Orten / ein Ding desto besser zu erkleren / bißweilen gebrauchet habe / werde mich aber ins knfftige / so viel immer mglich seyn wird / hten vnnd fr-

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sehen / daß sie hinfort mit hhester Bescheidenheit von mir gesetzet / vnd zu beschreibung der einen oder anderen Geschichte angewendet werden. Sonsten weiß ein Christliches vnd Gewissenhafftes Hertz ja leicht einen solchen vnterscheid zu machen / daß er diese Heidnische Nahmen fr keine Gtter halte / oder ehre / denn ein rechter Christen Mensch / glubet ja nimmermehr / daß der Heidnische Knig Jupiter, der ware Gott Jehovah sey / das sey ferne! Vielmehr verfluchen wir von Hertzen alle Heidnische Abgtter / als die zum grsseren theil Ertzbßwichtische Menschen / ja wol gar vnreine Geister vnnd grimmige Teuffel gewesen / die nicht in die Gemein der Heiligen / sonderen vielmehr in den Abgrund deß Hellischen Pfuls gehren. Wenn ich aber die Namen der Minerva, Thetis, Mars, Apollo vnd derogleichen bey den Poeten finde / so verstehe ich dadurch / zwar keine Gtter oder Menschen / sondern nur bloß die Weißheit / das Meer / den Krieg / die Kunst vnnd Geschickligkeit / wie solches ohn mein erinnern den Gelarten genugsam bekand ist. Denn / wer wolte doch heut zu Tage so thricht vnnd so albern seyn / daß er diese Nahmen / welche nur denen / von dem wahren vnd einigen Gott erschaffenen Dingen / durch die Menschen selber gegeben worden / vor Gtter hielte / oder jhnen in seinem Hertzen jennige Ehr erzeigte? Namen sind es / Nahmen bleiben es / ob gleich die Abgttische Heiden zu jhren Zeiten so nrrisch / oder vielmehr blind vnd verstocket mgen gewesen seyn / daß sie jhnen die Creaturen vor Gtter haben auffgeworffen / dieselben angebetet vnd geehret. Ja soll man sich auch dieser Namen so gar entschlagen / daß man sie auch nicht einmal mehr nenne / weil sie von den Heiden herkommen / ey so muß man auch den Tag / die Nacht / den Krieg / Frieden / Tugend / Ehr / ja auch das viertgige Fieber / imgleichen Knoblauch vnnd Zwiebelen hinfro nicht mehr nennen / weil diesen allen ehmahlen von den Heiden sind Tempel vnd Kirchen erbawet / herrliche Altare auffgerichtet / viel tausend Opffer geschlachtet / ja alle Gttliche Ehre erwiesen worden / wovon ich knfftiger Zeit / geliebt es Gott in meinem Bchlein von den mngelen der Teutschen Poeterey vielleicht et-

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was weitleuftiger mchte handelen / wil derowegen den gnstigen Leser vor dieses mal nit lnger damit auffhalten noch bemhen. Was nun endlich die kurtze vnd schlechte anmerckungen (durch welche ich bißweilen etliche tunckele ohnverstndliche Namen / Wrter vnd Reden in meinen Gedichten habe erklret vnnd außgeleget) thut betreffen / so wolle der großgn­ stige Leser freundlich berichtet seyn / daß sie nicht fr Verstndige vnd Hochgelahrte (angesehen ich mich tausend mahl lieber von denselben wil vnterrichten vnnd weisen lassen / als solche Leute zu lehren / mir einbilden) sondern nur vor schlechte vnnd einfl­ tige seyn geschrieben / auch zum guten theil den nachkommenden zum besten verzeichnet worden / damit auch dieselben auß denen knfftiger Zeit erlernen mgen / in was fr einem seltzamen vnnd verworrenen Stande / wir / jhre Vorfahren zu vnserer Zeiten gelebet haben. Hoffe demnach gntzlich / es werde mich kein getrewer Liebhaber vnsers allgemeinen Vaterlandes vnnd desselben schnen Sprache hierinne verdencken / sondern vielmehr be­dencken / daß nach dem bekandten Sprichworte ein jeder der beste Deuter vnnd Außleger seiner Wort vnnd Schrifften sey / dabenebenst sich zu Gemhte fhren / daß alle vnnd jede Menschen / nicht alles vnnd jedes wissen / noch auch wegen der sehr kurtzen Zeit deß Menschlichen Lebens alles wissen vnnd verstehen knnen; Mssen wir derowegen (wie jenner Weltweiser Mann sagte) auch alßdenn einer von dem anderen noch lernen / wann wir bereits den einen Fuß ins Grab gesetzet / vnnd vns vnter die Erde zu kriechen schon bereitet haben. Zum Beschluß / wil ich den guthertzigen Leser auff das freundligste hiemit ersuchet vnnd gebeten haben / er wolle seiner Bescheidenheit nach / alles das jenige / was jhm etwa in diesem Lustgrtlein mißfallen mchte / zum besten deuten / vnd in guten auff vnnd annehmen / dabenebenst betrachten / daß kein Garte so sauber vnd rein werde gehalten / in welchem nicht zu zeiten auch vnter den allerschnsten Blumen vnd Gewchsen etwas Vnkraut vnnd Nesselen sich finden lassen; Er wolle bedencken / daß einer / der zu erleichterung seiner schwehren Arbeit in

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beschreibunge allerhand Poetischen Gedichte sich bet / wegen vielfltiger Mhe nicht allezeit gleich geschicket sey / gute Verß zu schreiben; Er wolle sich erinneren / daß auch der Adler zu weilen schlaffe / vnd daß die Zeit vnd der Fleiß / frnehmlich in allerhand Wissenschafften vnnd Knsten alles verbesseren / vnnd die Weißheit liebende Gemhter immer mehr vnd mehr zu vollenkommener Erkentnisse fhren / welche Erkentnisse ich denn mir vnd allen anderen so derselben wehrt seyn / frnehmlich in Geistlichen vnnd Himlischen Sachen vor alle Gter vnnd Herrligkeiten dieser Welt wil gewnschet / vnd vnterdessen dich / freundlicher vnd sehr geliebter Leser Gttlichem getrewen Schutz vnd Schirm / denn auch endlich mich deiner guten Gunst vnd Freundschafft fleissigst wil empfohlen haben / der ich inmittelst verbleibe Dein getrewester Diener mein Lebenlang J. R.

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Auff die gewaltige Belgerunge vnd darauf ­folgende siegreiche Eroberunge der mchtigen Stadt Hertzogen-Busch in Braband gelegen / als dieselbe von dem Durchleuchtigsten Printzen zu Vranien / FRJEDRJCH HEJNRJCH General ­FeldObristen der vereinigten Niederlanden / im Jahr 1619. den 7 Tag Septembris glcklich ward eingenommen. DEr Lw’ auß Niederland / der niemals pflegt zu schlaffen / Durchwandert manche Klufft / sich Ruh’ vnd Ehr zu schaffen / Drumb raubet er zu Land’ / er brllet auff der See / Vnd achtet keiner Klt’ / Hitz / Regen oder Schnee. Vor allen hat er lust in Brabands wilden Hecken Die Thierlein voller forcht vnd zagheit auffzuwecken / Drumb fhret er so offt sein’ Edle Jungen an / Die Jungen / da er Land vnd Mehr mit zwingen kan. Printz Heinrich sprang hervor im finstern Busch zu jagen Als’ einer der gewohnt frs Vaterland zu wagen Sein Leben vnd sein Glck; (a) So that der alte Held Der jhn erzeuget hat / Printz Wilhelm / der die Welt Vom kalten Zembla biß ins heisse Sden kennet / So weit auch als die Sonn’ auß Ost ins Westen rennet (b) So that der thewre Frst Mauritius genand Der China ja so wol als Teutschland ist bekand. Es wird noch mancher Geist diß wehrte Paar der Helden Das lengst verscharret ist / der Ewigkeit vermelden Wie schon zum Theil geschehn / wir andre schreiben an Was dieser / der noch lebt / Printz Heinrich hat gethan. Jhm wahrs die hchste Lust frs Vaterland zu schwitzen Vnnd Spanien zu Trotz das freye Volck zu schtzen / Ein Volck / das seinen Grund vnd seine Freyheit liebt /

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Ja lieber sich dem Todt’ als frembder Herrschafft giebt. Nun dieser Held kam an die schne Magd zu kssen Die in den Bschen bey der (c) Aa vnd Dommel Flssen Hat’ jhren Auffenthalt / er wuste daß die Braut Von vielen war begehrt doch keinem je vertrawt. (d) Es sind fast sechtzig Jahr’ / als sichs that vnterfangen Der Graff von Hohenloh’ jhr’ Hlde zu erlangen Doch gantz vnd gar vmbsonst / frey blieb sie wie sie war Durch Trew’ vnd Tapfferkeit entgieng sie der Gefahr Der doch zur selben Zeit viel konten nicht entgehen / (e) So ists zum zweiten mal mit Mauritz auch geschehen Der mußte schnel zurck’ vnd widrumb in sein Land / Biß daß Printz Heinrich kam / sie sah’ vnd berwand. Er ließ den Haag vnd kam nach Schenckenschantz gezogen / Vnnd da die gantze Sach’ auffs fleissigst war’ erwogen Da fodert’ er sein Volck zusammen auff der Heid’ Vnd zog den Busch hinan vol Muhts vnd Tapfferkeit. (f) Herr Grobendonck erschrack / er wolte schwerlich trawen Den Waffen die jhn schon von ferne machten grawen Er stund zwar auf der Maur vnd sah’ auch gehn heran (Doch sah’ ers ohne Lust) viel tausend guter Mann. Da daucht’ jm war es Zeit hier vmb Entsatz zu schreiben Damit man jhn nit mcht’ auß seinem Busche treiben (g) Den Busch / den Bredero / Herr Pinsen vnnd Herr Gent Graff Nassow vnd Graff Solm fast hatten gar berennt. (h) So bald Fraw Clara diß zu Brssel hat vernommen / Da ließ sie was den Krieg verstund / zusammen kommen / Sie sucht’ in Spanien Raht / in Niederlanden Geld / Doch war zur selben Zeit fast alles schlecht bestelt. (i) Graf Heinrich von dem Berg’ erhub sich abzutreiben Das fest vergraben Heer / dorfft’ aber sich nicht reiben An diesem khnen Volck’ / er lag an seiner Sttt’ Jn Sorgen vnd Gefahr / daß helffen war zu spt. Gleich wie ein wilder Lw’ im Fall man jhm die Jungen Zu rauben sich bemht / kompt trotziglich gesprungen /

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Erkhnet sich doch nicht die Jger anzugehn / Die vor deß Lwen Hl’ in grosser menge stehn / Er thut all was er kan / versuchts an allen Enden Obs denn nicht mglich sey die Ruber abzuwenden / Er schreyet / zerret / springt / so lange biß er sprt / Daß jhm die Jungen sind genommen vnd entfrt / Dann henget er den Kopf vnd geht mit sanfftem brllen Den finstren Hainen zu sein Vnglck zu verhllen / Er lernet / daß der Mann / der mit Gewalt vnnd List Vor vielen ist begabt / deß andern Meister ist. So giengs Graff Heinrich auch: Bald sah’ er an die Zinnen Der weitberhmten Stadt / bald fhlt’ er das beginnen Deß tapffren Feindes wol / bald pflantzt’ er seine Stck’ Vnd gieng bald frisch hinan vnd wiedrumb bald zu rck. Vmbsonst / O Held / vmbsonst / die Schantzen sind gewunnen / Der Printz ist auff dem Wall’ / ewr Hoffnung ist zerrunnen Was den Entsatz betrifft / die Stadt ist ohne Wehr / Die Brger halten ein / nur Gnad’ ist jhr Begehr. Die Stadt wird auffgethan / Herr Grobendonck muß reisen / Zwey tausend Mann mit jhm / Printz Heinrich thut jhm weisen / Daß ohnverdrossner Fleiß / frisch Volck / vnnd gute Wacht / Die Gottesforcht vorauß / den Vberwinder macht. Was hilffts / es ist geschehn / der Printz ist eingekommen / Die gantze Stadt ist froh / die Pfaffen außgenommen / Die mssen schleunig fort / den Mnchen ist sehr bang’ / Jedoch der Nonnen Schaar verbleibt jhr Lebenlang. Der Sieger triumphiert / das Wapen von Vranien Muß schweben in der Luft zum schrecken den von Spanien / Die Fama fleugt herumb mit Jauchtzen vnnd Geschrey / Vnnd rmet daß der Busch nun Hollands eigen sey Die Mehr kompt ber Mehr (k) Madril wird voller Schrecken Der Sieg ist fast zu groß / er lest sich nicht verdecken Wie gerne man auch wolt’ / es weis ein jedes Kind (l) Daß Wesel vnd der Busch zugleich verloren sind. (m) Was sagt der Hoff hiezu? Die Frstinn’ ist voll Sorgen /

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Sie zweiffelt ob sie auch noch heut’ vnd bermorgen Zu Brssel sicher sey / der zornige Maran / Sagt daß der Graff vom Berg’ hie nicht hab gnug gethan. Jn Holland ist man froh / die schnen Stdte pralen Mit manchem Frewdenfewr / kein Hertzog kan bezalen Den nie erhrten Pracht / doch wird dem hchsten Held’ Vnd Geber aller Sieg’ ein Danckfest angestelt. GOtt dancken / soll ja seyn der Anfang aller Frewden Vnd Außgang aller Lust / hernach im Creutz’ vnd Leyden Fest stehen mit gedult / wem dieses recht geht ein / Der kan zugleich im Glck’ vnnd Vnglck frlich seyn. Anmerckunge ber etliche frembde Wrter vnd Nahmen dieses Gedichtes.

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(a) So that der alte Held / etc. Dieser war Printz Wilhelm von Vranien / der Erste / wie auch der bestndigste vnnd vornehmster Eyfferer vnd Beschirmer der Religion vnd der Freyheit deß Vaterlandes vnter allen Niederlndischen Herren / zur Zeit deß Hertzogen von Alba, ein Vater der beyden weitbermten KriegesHelden / Mauritzen vnnd Friederich Heinrichs / auch mehr anderer Kinder. Was er fr herrliche Thaten in Beschtzunge deß Vater­landes zu seiner Zeit verrichtet / vnd wie schendlich vnd verrhterisch er hernachmalen auß anstifftung der Spanier darber ermordet worden / davon mag man in den Historien / insonderheit bey dem Niederlndischen Geschichtschreiber Emanuel von Meteren weitleufftiger nachschlagen. (b) So that der thewre Frst Mauritius genand / etc. Von dieses weitbekandten Kriegeshelden tapfferen vnnd rhmlichen Thaten / wil ich (weil dieselben ohne das jedermnniglichen genugsam bewust seyn) nichts anhero setzen / nur daß man wisse / daß er den 23. Tag Aprilis daß 1625. Jahres im Grafen Haag sein Leben hat beschlossen. (c) Aa Vnd Dommel etc. Diese beyde sind zween kleine Flsse / von welchen vnterschiedliche Wasser zu der Stadt Hertzogenbusch fliessen / welche beyde Flsse Printz Heinrich Friedrich in der letzten Belgerung bey dem Lauffgraben hat stopffen / vnnd das Wasser von der Stadt vmb seine auffgeworffene Wlle in die newe Graben / so in 30. Schuch breit gewesen / leiten lassen. (d) Es sind fast sechtzig Jahr’ als sichs that vnterfangen. Anno 1585. hat der Graff von Hohenloh zum ersten mal sich vnterstanden diese Stadt

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durch behendigkeit einzunehmen / hat jhm aber wegen tapfferer Gegenwehr der Brger gefehlet. (e) So ists zum zweiten mal mit Mauritz auch geschehen. Anno 1601. Hat Printz Moritz diese Stadt hrtiglich belgert / muste aber wegen eingefallenen grossen vnnd hefftigen Klte vnverrichteter Sachen wieder abziehen. Anno 1603. hat hochgedachter Printz Moritz sie abermals belgert wiewol vmbsonst / denn der ErtzHertzog Albertus brachte dazumal durch eine geschwinde KriegesList 3000. Mann in die Stadt / muste also Printz Moritz Hertzogenbusch abermal verlassen. (f) Herr Grobendonck erschrack etc. Dieser Herr Grobendonck ist zum selben mal / nemblich Anno 1603. vom Ertzhertzogen Alberto zum Statthalter selbiger Vestung verordnet worden. Er hieß sonsten mit seinem rechten Namen Anthoni Schats / Herr von Grobendonck / ein sehr alter Soldat. (g) Den Busch / den Bredero / Herr Pinsen vnd Herr Gent. Diese Graffen vnd Herren sind vnter jhrem Obristen Feldhuptmann dem Printzen von Vranien die vornemsten Hupter vnnd Obristen in der Belgerunge der Stadt Hertzogenbusch gewesen / als nemblich: Herr Ernst vnnd Herr Wilhelm / beyde Graffen von Nassow / der Graff von Solms / der Herr von Brederode / der Obriste Pinsen vnnd der Herr von Diden. (h) So bald Fraw Clara diß zu Brssel hat etc. Diese war dazumal Regentinne der Spanischen Niederlanden / eine leibliche Tochter Knig Philipsen von Hispanien / deß Anderen dieses Nahmens / vnnd deß Ertzhertzogen Albrechts von Oesterreich nachgelassene Witwe / eine sehr verstndige vnd hochbegabte Frstinne. (i) Graff Heinrich von dem Berg’ erhub sich abzutreiben etc. Dieser Graff Heinrich hatte dem Knig von Hispanien eine geraume Zeit her / fast in die 40. Jahr in den Niederlanden sehr getrewlich gedienet. Als jm aber der Entsatz der Stadt Hertzogenbusch nit eben so glcklich wie es die Spanier gerne gesehen hetten / wolte gerahten / haben sie bald hernach einen schweren Vnwillen auff jhn geworffen / auch nach der Zeit mancherley Verdrieß vnnd Widerwillen zugefget / welches / als es dieser Alte vnnd vmb die Cron Spanien wolverdienter Herr lenger nit erdulden konte / ist er endlich bewogen worden / sich an einen Ort / nemblich gen Lttich zu begeben vnnd daselbst niederzulassen / auch sich hinfort der Hispanier gntzlich zu entschlagen / welches er denn auch endlich also ins Werck gerichtet / nicht ohne sonderbare Bestrtzung vnd Nachtheil derjenigen / welchen er in den verflossenen Jahren sehr viel guter vnd ntzlicher ­Dienste hatte geleistet vnd erwiesen.

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(k) Madril wird voller Schrecken. Madril ist die Huptstadt in H ­ ispanien / wie etliche wollen / woselbsten die Knige gemeinlich jhr Hofflager pflegen zu haben / etc. (l) Daß Wesel vnd der Busch zugleich verloren sind. Die wunderbahre Eroberung der festen Stadt Wesel / welche etliche wenig Wochen zuvor / ehe der Busch ward eingenommen / ist vorgangen / wird der gnstige Leser in diesen meinen Gedichten anderswo etwas deutlicher vnd außfhrlicher beschrieben finden. (m) Was sagt der Hoff hiezu? Verstehe den Spanischen Hoff zu Brssel in Braband gelegen / woselbsten die Infantine, (wie man sie nennet) sonsten Isabella Clara Eugenia geheissen / hat Hoff gehalten.

Als der allerthewrste Held / Gustav Adolph der Grosse / vnd sein allerliebstes Knigliches Gemahl / MARJA ELEONORA zum allerersten mal miteinander zu Franckfurt einzogen / welches geschach den 20. Tag Januarij Anno 1632. epigramma.

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SOlt’ ber alle Noht die Teutschland eingenommen Auch diese noch dazu durch GOttes Eyffer kommen / Daß man noch Sonn noch Mond hinfrder knte sehn / So / daß das Vaterland mst’ ohne Liechter stehn; So wrde man dennoch den Himmel knnen schawen / Wann Schwedenreich vns nur wil seinen Glantz vertrawen; Hilff GOtt! Der Glantz geht auff /die Liechter brennen schon Gustavus ist die Sonn’ vnd sein Gemahl der Mon.

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Vber gar zu frezeitiges Absterben eines sehr glckseligen vnnd weitberhmbten Artztes. epigramma. DEr bleiche Menschenfeind / der nimmer-stille Jger Der Herscher ohne Leib / der bittre Zanck-erreger / Der Wrger aller ding’ erkhnte sich einmal Zu tdten hie vnd da die Menschen ohne Zahl. Als’ er nur Frewden-voll viel tausend that erlegen / Da ließ mein grosser Freund dieß Metzlen sich bewegen Vnd kam mit solcher Kunst vnd Mitlen auf die fahrt / Durch welch’ ein grosser Theil der Krancken strcker ward; Da muste nun der Todt mit bittren Schmertzen sehen / Bald einen hie / bald da den andern jhm’ entgehen Vnnd springen frisch davon. Da rieff er berlaut: Wem’ ist das Regiment auff Erden anvertrawt? Bin ichs der Wrger nicht / der alles sonst kan zwingen / Der ich muß alles Fleisch in Tellus Kamren bringen? Ja warlich: Wie geschicht mir Wolbewehrten dann / Daß ich nicht wie zuvor mein’ Arbeit treiben kan? (a) Machaon, bist du der / der meine Macht vernichtet? Wolan nun ruh’ ich nicht / biß ich dich hingerichtet Vnd hie hab’ eingesenckt. Damit nam er in eil Den Bogen vnd schoß schnel durch jn deß Todes Pfeil. (a) Machaon bist du der: Dieser ist des Æsculapius vnd der Arsinoes Sohn / deß Podalirius Bruder vnd dabenebenst ein vortreflicher vnd bermbter Artzt gewesen. Er ist benebenst andern Griechischen Fr­ sten naher Troja, selbige gewaltige Stadt zu belgern gezogen / wie er sich denn auch hernacher vnter die Zahl derjenigen gewaget hat / die sich in das grosse Hltzern Pferd / (durch welches die Stadt nach der Zehnjhrigen Belgerung endlich ward gewonnen) verstecken liessen. Kurtz hernacher ist dieser Machaon von dem Euripilus vmbs Leben gebracht worden.

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Gute Nacht / Wollust. Vor die Tugendtliebende Jugendt. sonnet.

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DJe Wollust wird mir feind / ich wil sie wieder hassen / Sie ist ein ssses Gifft / ein bittrer Honig Tranck / Die Schwachen macht sie starck vnnd die Gesunde kranck / Jch wil hinfort nicht mehr von jhr mich narren lassen / Sie pfleget ja mit List die Menschen anzufassen Wie Circe, daß sie sich in Vnflaht’ vnnd Gestanck’ Hie weltzen wie die Sew’ vnd Hnd’ jhr Lebenlang / Verthun die Edle Zeit / mit buhlen / spielen / prassen. Fahr hin O schnde Lust / ich kenne deine List Es hilfft dich fort nit mehr / daß du geschmcket bist Mit eusserlichem Pracht’ / als Diamanten Ketten / Dazu mit falschem Schein dich hflich stellen thust / Dein innerliches ist doch lauter Koht vnnd Wust / Drumb packe dich / ich wil mit Fssen dich zutretten.

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An seiner vertrawten Freunde einen / als ­derselbe dem Hofeleben / das er eine geraume Zeit mit sehr grossem Verdruß vnd fast wider ­seinen Willen gefhret hatte / nun endlich that gute Nacht geben. Auff das Lateinische Sprichwort Exeat aulâ, qui volet esse pius, etc. Liedt. JEdermann weis / daß die Blinden Deß bestirnten Himmels Liecht Vnd was sonsten istzu finden Jn der Welt hie / schawen nicht; Weil sie denn nichts knnen schawen Mssen sie nur Worten trawen. Zwar ich wil es nicht verneinen / Blinde die sind bel dran / Noch viel rger / die da meinen / Selig sey derselbe Mann Der sich vnd sein gantzes Leben Hab’ an Hfe Lust ergeben. Blind sind alle die da sagen / Daß bey Hof’ ein Leben sey Das man fhr’ ohn’ alles Klagen / Da man vor der Armuht frey Nur in Frewden werd’ erzogen / O wie weit / wie weit betrogen! Wer kein falsches Hertz kan leyden Vnd ein Maul das freundlich spricht /

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Wer Gefahr vnd Noht wil meiden Komme ja nach Hofe nicht / Weil der Todt an diesen Orten Vorne sitzet bey der Pforten. 25

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Tausend Vnglck must du tragen Wilt du hoch am Brete seyn / Wer sich darff bey Hofe wagen / Kriegt zu Lohn den blossen Schein Den man ware Freundschafft nennet / Freundschafft die kein Mensche kennet. Wer sich gleich mit fleiß gesellet Zu der frommen Mnner Schaar / Vnd sein Leben so bestellet Daß er hoffet / die Gefahr Knn’ jhm nun hinfort nicht schaden / Wird mit Neidern erst beladen. Liegen / vnd den Nechsten schenden / An sich kauffen falsche Gunst / Kluge mit Geschencken blenden Jst bey Hoff’ ein’ alte Kunst Wie man Gutes soll verkehren Pfleget man daselbst zu lehren. Sich vnd seine Thaten preisen Jst der Hfling’ erste Lust / Eigne Klugheit zu erweisen Vnd mit auffgeworffner Brust Andre fast vor nichts zu schtzen / Das mag diese Leut’ ergetzen. Freunde nur mit Worten weiden Vnd versprechen offt vnd viel /

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Mit dem langen Messer schneiden Jst der Hfling’ eintzigs Ziel / Die offt mit der Heuchler Stangen Viel der schlechten Vgel fangen. Wer noch kan bey Hofe schweigen Bleibet ohne Spott vnd Hohn / Wer die Warheit stets wil geigen / Der kriegt keinen andren Lohn / Als daß man die Geig’ hinreisset Vnd jhm’ vmb die Ohren schmeisset. Viel’ hat auch der Hoff gefangen Durch den Schein der Herrligkeit Weil man da einher thut prangen / Anders nicht als wehr die Zeit Die wir doch so schleunig enden Nur zur Hoffart anzuwenden. GottesFurcht ist außgetrieben / Trew’ vnd Glauben sind davon / Keiner thut den andern lieben Vndanck ist der beste Lohn Welchen auch zu letzt die Frommen Von den Herren selbst bekommen. Du mein Freund bist nun gewesen / Du / du hast es recht bedacht / Damals bist du klug gewesen Wie du gabest gute Nacht / Wilt du schlaffen / wilt du wachen Kanst du jetzt den Neid verlachen. Lasse nun gen Hofe lauffen / Wer nicht selber herrschen wil /

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Lass’ jhn Rauch fr Rauch verkauffen / Jch vnd du wir sitzen still / Schawen wie dadurch auff Erden Auß den Herren Schlaven werden.

An die Christliche Frsten vnnd Herren in Teutschland. Ermahnunge zu wiederbringunge des Edlen Friedens / vnnd wieder auffrichtunge rechtschaffener bestendiger Liebe vnd Einigkeit. elegia.

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JHr Helden / die jhr all’ auß hohem Stamm’ entsprossen Durch Kunst vnd Tapfferkeit so hoch seyd auffgebracht / Jhr / die jhr Tag vnd Nacht der Arbeit ohnverdrossen Habt ewren grossen Ruhm viel grsser noch gemacht / Jhr / die jhr manches Jahr in Waffen euch gebet / Vnd durch die Mannligkeit so hoch geklummen seyd / Jhr / die jhr Gottesfurcht vnd waren Glauben liebet Vnd trachtet nur nach Ehr’ vnd Teutscher Redligkeit Ach hret meine bitt’ / ach lasset euch erweichen: (Jst schon mein wnschen schlecht / das Hertz’ ist dennoch gut) Wann wird der lange Krieg sein letztes Ziel erreichen Wann dnget man das Feld nicht mehr mit Menschenblut? Wann wird der grawsam Haß / das Land’ vnd Leut verheeren Das brennen ohne noht das metzlen hren auff? Wie lange wil man noch Marck Fleisch vnd Bein verzehren Wann bringet man den Mars auß Teutschland auff den lauff? Jch sehe ja die Lufft mit dickem Rauch’ erfllet / Das grne Mehr mit Blut gefrbet berall /

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Der gldne Sonnenglantz mit Dunckelheit verhllet Jch hre Donner / Blitz vnd der Carthaunen Schall. Ach Mars es ist genug / es ist zu viel vergossen Von Brgerlichem Schweiß’ / es ist das schne Land Das Wein vnnd Frchte trgt / von Menschen vnnd von Rossen Zertretten vnd verderbt / ja gntzlich vmbgewand. Ein schwartzer Platz zeigt an / wo Stdte sind gestanden Die Knochen sagen auch wie mancher khner Held Die Erden hat geksst / da war kein Freund vorhanden Der sie vergraben hat’ / jhr Grab das war die Welt. Wie mancher ist so gar vom wilden Thier zurissen / Wie manchen hat die Fluht deß Meeres wol bedeckt / Wie manchen wol die Erd’ / vnd wer kan alles wissen Was der so lange Krieg fr Jammer hat erweckt? Jhr Helden hrt doch auff / ey lasset Mars nicht wten So lang’ er selber wil / man bind’ jhn steiff vnd fest / Man lass’ jhn Tag vnd Nacht in starcker hafft verhten / Man geb’ jhm keine lufft / Fried’ ist das allerbest. Bellona du must fort / Bellona du must legen Den Degen auß der Faust / den Harnisch von der Brust / Verbannet solt du seyn / im Fall du wirst erregen Auffs new’ ein bittren Zanck / denn Fried’ ist vnser Lust. Hinweg du grosser Grimm / hinweg du tolles toben / Hinweg du leichter Krieg / hinweg Schwerdt / Helm vnd Schild / Hinweg jhr stoltzen Ross’ / ich wil Irenen loben Sie ist voll freundligkeit / Mars aber frech vnd wild. O Edler Friede komm’ / O komm’ vnd laß die Hertzen Durch dich verknpffet seyn / komm’ an mit vollem lauf / Du Geberin der Lust / wir warten dein mit schmertzen / Jhr Teutschen thut jhm Thr’ vnd alle Fenster auf Betrachtet seinen nutz: Der Fried’ hat vns gelehret Wie man den Ackerbaw bestellet recht vnd wol / Der Fried’ hat vns den Safft von Ampelus verehret Vnd zeiget wie man recht die Trauben pressen soll. Wo Fried’ ist / da ist Vieh’ / es kan der Hirte fhren

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Die Lmmer in das Graß / so bald die Frlings Zeit Thut Felder / Berg’ vnd Thal mit hundert Blumen zieren Wann Zephyrus verehrt dem Wald ein grnes Kleid. Wo Fried’ ist / da geschichts / daß Schaff’ vnd Lmmer springen / Daß Rosse / Kh’ vnd Stier’ in voller Weide gehn / Daß Hirten vnd zugleich die Schfferinnen singen Daß grosse Klippen offt voll weisser Ziegen stehn. Wo Fried’ ist / da ist ruh’ / es kan ein jeder bawen Die Garten / da sich durch ein helles Bchlein streicht / Der Feldmann darff die Saat dem Acker khnlich trawen Der seinem Herren denn viel Edler Frchte reicht. Wo Fried’ ist / da geschichts / daß Feld vnnd Wiesen blhen / Daß Reben Bum’ vnd Bsch der Huser Zierde seyn Daß auch die wilden Thier in grosser Menge ziehen Vnd springen ohne forcht die Wlder auß vnd ein. Wo Fried’ ist / da wird auch der Ehstandt recht geehret Ja Zucht vnd Ehrbarkeit nimpt alle Stunden zu Der Menschen grosse Schaar wird fort vnnd fort vermehret / Die Stdte werden groß / die Drffer stehn in ruh. Wo Fried’ ist / da ist Glck / da fhret man ein Leben Das Ehr- vnd Redlich ist / da wird der Arme reich / Dem Reichen wird noch mehr als er besass / gegeben Da ist Gut / Freyheit / Zucht vnnd Gottesfurcht zugleich. Wo Fried’ ist / da ist Lust was Redlichs zu erfahren / Da liebet man die Kunst / da suchet man die Lehr / Da thut man keinen Fleiß / gelhrt zu werden / spahren / Da fleugt man leichte Schand’ vnd jaget nach der Ehr. Vnd wer kan allen Nutz deß Friedens wol erzehlen / Der ist zu mannigfalt / nur diß ist klagens wehrt / Daß er der Friede selbst den Himmel zu erwehlen Vnd von den Menschen weg zu fliehen hat begehrt. Jhr wehrten Helden / jhr / die jhr das Reich regieret Das Teutsch vnd Rmisch heist / bemhet euch allein / Wie jhr den Edlen Fried’ anhero wiedrumb fhret / O lasset euch den Fried’ allein befohlen seyn.

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Ey wollet jhr bey jhm’ er wil bey euch ja wohnen / Wann nur die Gottesfurcht erst kommet auff dem Platz / Der Friede wil die Lust zur Tugend zwar belohnen Doch daß sie geh voran / weil sie der hchste Schatz. Jhr Helden glubt mir das / im Fall’ jr euch verbindet Mit ohngeferbter Lieb’ es kompt die Zeit herbey / Daß aller Krieg vnd Zanck in schneller eil verschwindet / Doch / daß ein jeglichs Glied dem andern sey getrew. Hinzu kompt dieses noch / daß jhr den Geitz verfluchet Deß schnden Goldes Lust / der Tugend Wrgerin / Daß jhr nicht ewren / nur der Lnder Nutzen suchet So habet jhr die Ruh’ vnd Wolfahrt zum Gewinn. O wolte wolte GOTT / jhr mchtet diß erwegen / Nicht trachten wie zuvor nach Reichthumb / Gut vnd Ehr / GOTT frchten / einig seyn / den Neid bey seite legen / Was gilts / der wilde Mars wrd’ vns nicht drcken mehr. Dann msten alle Feind’ auß vnsern Grntzen weichen Vnd werffen hinter sich die Waffen / Spiess’ vnnd Schwerdt / Vnd wir betrbtes Volck wir knten denn erreichen Das / was diß Edle Reich so manches Jahr begehrt. Wolan jhr tapffren Leut’ / erfrischet ewre Sinnen Vnd lasset euch wie vor nit blenden durch Betrug / Nun ist es hohe Zeit / den Frieden zu gewinnen / Den Frieden / der vns all’ erhelt frisch / reich vnd klug. O seligs Vaterland / wirst du die Zeit erleben / Daß man auß Schwerdtern vnd Pistolen Sensen macht / Daß keine Fahnen mehr vmb jhre Zelten schweben / Daß man hinfrder nit darf lauschen auf der Wacht / Daß Spinnen jhre Strick’ in starcken Pantzern hefften / Daß die polierten Helm seyn ohne Glantz vnd Schein / Daß man die Speisen kocht mit der Mußqueten Schften / So wollen wir / O Gott dir ewig danckbar seyn. Solt’ aber ja mein Wunsch vnd hoffen nicht gelingen Jn dem der Teutsche noch / wie vor sich selber plagt / So muß ich / wil ich gleich nit gern’ / ein Liedlein singen:

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Ach Fraw Germanien die wird deß Trcken Magd. O weh du Edles Reich / GOtt wolle dich bewahren / Daß ja der Sultan nicht dein letzter Hencker sey / Mein Teutschland / wirst du nur die Busse nicht ersparen So bist du ohne Noht vnd aller Sorgen frey.

Jn Vnglck vnd Widerwertigkeit erkennet man die rechten vnnd bestndigen Freund. epigramma. GLeich wie die heisse Glut das feine Gold bewehret Jn der das reine bleibt / was falsch ist / wird verzehret; Recht so wird wahre Trew’ an einem Freund erkand / Vornemlich wann das Glck sich von vns hat gewand.

Man hrets am Gesange wol was es fr ein Vogel ist. epigramma.

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WEnn mancher schweigen knt’ / er wrde nit verrahten / Vnd wann der Raabe fress’ in stilligkeit den Brahten / So hett’ er jhn allein; Am singen wirds erkand / Daß er nicht Nachtigal / nur Raabe sey genand. Der KinderWitz vnd Kunst erforschet man beym lesen / Die Scherben zeigen an wie schn der Topff gewesen / Deß’ Hafen Gte wird gemercket erst am Klang’ Ein Mann an seiner Red’ / ein Vogel am Gesang.

Poetischer Lustgarte

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Grabschrifft deß Durchleuchtigen / ­Hochgebornen Frsten vnd Herren / Herren Bethlehem Gabors / Frsten in ­Siebenbrgen / welcher nach dem er 49. Jahr ­gelebet vnd eine geraume Zeit an der ­Wassersucht danieder gelegen / endlich am 5. Tag Novembris deß 1629. Jahres diese Welt hat gesegnet. Der verstorbene Frste redet. HJe lieg’ ich Gabriel, auß hohem Stamm erkohren Dem Siebenbrger Volck zum Herrscher außerkohren / Erhoben durch das Glck’ / erzogen an der Pfort’ Jn Constantinus Stadt / dem weitberhmten Ort. Ein jeder kan mein Thun vnnd Leben leicht ermessen / Als der ich mit Gefahr recht zwischen war gesessen Den beyden Kysern ein / den Huptern dieser Welt Davon sich einer in Constantinopel helt Der Trckische Monarch / dem es so wol gelungen Daß er in kurtzen hat gantz Morgenland bezwungen / Der ander / der jm’ auch / doch nur am Namen gleich Beherrschet weit vnd breit viel schner Knigreich / Der grosse Ferdinand. Jch suchte dieß ob allen / So wol dem einem als dem andren zu gefallen / Doch war ich auch zum theil der Behmen Hendlen hold / Da mirs doch nicht gelang / wie ich wol gerne wolt. Es hat die schwere Zeit dem Vorsatz sehr gemindert / Vnd der solange weg viel Hlff vnd Raht verhindert / Doch hat mein grosser Nahm / mein kluger Witz vnd Sinn Verschaffet / daß ich stets ein Frst geblieben bin / Ja daß auch Brandenburg mir ein Gemahl gegeben Voll Schnheit vnd Verstandt; So hab’ ich all mein Leben

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Johann Rist

Jm zweiffel zugebracht / biß mich nun hat zu letzt Das Wasser in den Todt / der Todt ins Grab gesetzt.

Auff den tdtlichen Hintritt deß ­Durchleuchtigsten Frsten vnd Herren / Herren Friedrichs / weyland erwehlten vnd ­gekrhnten Kniges in Behmen / Pfaltzgraven beym Rhein / ChurFrsten / etc. welcher den 19. Tag Novembris deß 1632. Jahres / deß ­Morgens vmb sieben Vhren / in der Chur­ frstlichen Stadt Meintz diese Welt hat gesegnet vnd verlassen.

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EJn altes Sprichwort sagt: Wer leydet wird erhoben Vnnd wer gedultig trgt sein Creutz / der ist zu loben / Wer viel gebet wird in Trbsal / kriegt zu Lohn Vor all sein Vngemach zu letzt deß Himmels Krohn’. O Friedrich / Edler Held / du hast die Krohn’ erworben Die Krohn der Ewigkeit / der Leib ist zwar erstorben / Die Edle Seele lebt; Dich hat der bleiche Todt Versetzet in die Frewd’ / errettet auß der Noht. Du hast das blinde Glck / das so viel stoltzer machet / Das Sorg’ vnd Wollust bringt / bestendiglich verlachet / „Dieß ist der Helden Lob / dieß ist jhr Ruhm allein’ „Auch mitten in der Noht / noch ohne forcht zu seyn. „Laß Armuht / laß Gefahr / laß Todt vnd Teuffel kommen / „Wer Bses mit Gedult zu leyden angenommen „Vnd sich gestercket hat / der lehret / daß den Mann / „Der sich auff Gott verlest / kein Vnfall strtzen kan. „Ein Eisenfester Sinn lest nirgends hin sich binden /

Poetischer Lustgarte

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„Er weis sein Vaterland in aller Welt zu finden / „Wo nur die Sonne scheint / wo Schnee vnnd Regen felt / „Wo Herbst vnd Frling ist / da hat er sein Gezelt. O Friedrich / Edler Held / dieß hast du ja erwogen Wann dich das Glck bald auff bald vnter sich gezogen Vnd dein bestendigs Hertz der Edlen Printzen Schar / So weit der Himmel geht / gemachet offenbahr. Es war (ich leugn’ es nicht) ja wunderbar dein Leben / Denn / Bhmen hat dir Cron’ vnd Scepter zwar gegeben / Vnd der im Himmel sitzt Verstand vnd Macht zugleich / Das Erste nam dir schnel das Hauß von Oesterreich / „Das Ander bleibt dir wol. Was Menschenkinder schencken / „Da darff man nicht einmal / daß es besteht / gedencken „Was auß dem Himmel kompt / was GOTTES Hand vnd Mund „Verheissen thut vnd giebt / das hat nur festen Grund. So gieng es auch mit dir; Der Hchste that dir zeigen / Daß er die Reiche kan / zu wem’ er lust hat / neigen „Er ordnet / daß es hab’ / ein jeglichs auch / sein Ziel / „Drumb endert sie der Herr / so offt er selber wil. Die Sonne gieng dir auff / bald gieng sie dir auch nieder GOtt gab dir Cron’ vnd Reich / er nams auch schleunig wieder /

Bald lebtest du in Frewd’ vnd bald in Trawrigkeit: Recht wie ein Ball deß Glcks vnd Gauckelspiel der Zeit. Wie mancher hat sich wol zu deinem Dienst’ ergeben / Jn welchem er gewagt Ehr / Gter / Leib vnd Leben / Wie manchen hat dein Creutz so inniglich bewegt / Daß er vor dich das Schwerd vnd Harnisch angelet / Wie mancher hat den Krieg vor Frieden angenommen / Daß du zu deinem Land’ einst widrumb mchtest kommen! Doch alle gar vmbsonst; Nur einer war erwehlt (a) Der Held auß Mitternacht / vnd der hat nie gefehlt. Gleich wie ein starckes Schif / das mitten in dem Sausen Der schnellen Winde / wann die grnen Wellen brausen Nichts achtet solcher Macht / im Fall’ es auff der Fahrt

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Mit Anckern / Sigeln / Steur vnd Seilern ist verwart / Geht trotzig durch die See / verlachet Wind vnd Wellen Thut all sein Glck’ auf Gott vnd auff das Ruder stellen So war es mit Gustav’; Er drang durch manches Land Durch manchen wilden Feind / beschtzt durch Gottes Hand / Biß daß er letzlich kam den schnen Rhein zu grssen Vnd dessen fettes Land / das jetzt mit frembden Fssen So gar zutretten wird / das war voll Ruberey Vol Mord vnd Grawsamkeit / er aber macht’ es frey: O Friedrich Edler Held / es ist jhm ja gelungen / Wie schnel hat er die Feind’ in deiner Pfaltz bezwungen / Wie leicht hat er die Std’ vnd Schlsser aufgemacht Vnd dich mit frewden in dein Vaterland gebracht! Ach aber was geschach? Kaum hattest du verlassen Den Held auß Schwedenreich / der dich ohn’ alle massen Geliebet vnd geehrt / (b) da rufft (O weh der Noht!) Die gantze Welt / es sey der Held Gustavus todt. O weh der bsen Stund’ / O weh der schnellen Zeiten! Die dir Herr Friederich / die dir dein Grab bereiten / Dieß setzte dich in Pein / vns allzumahl’ in Noht Sein Leben bracht’ vns Trost / sein Sterben dir den Todt. Nun / Gustav ist dahin / nach zwey mal sieben Tagen Wird Friederich zu Meintz auch todt hervor getragen / „Das heist ja rechte Lieb’ vnnd Freundschafft ohne Schein / „Ja sonder falsch im Todt’ auch vngeschieden seyn. Dieß waren seine Wort’ an seines Lebens Ende: Mein Seelichen befehl’ ich in deß Schpffers Hnde Der Erden meinen Leib; Was Weib vnnd Kind angeht / Von welchen jetzo keins an meiner Seiten steht / So glub’ ich sicherlich / Gott wird die Herren Staden / Daß sie sich meiner angenommen / hoch begnaden Die werden mein Gemahl vnd liebste Kinderlein Auch ferner jhrer Gunst befohlen lassen seyn. (c) Mein Bruder / der im Mehr die hohe Herrschafft fhret Wie auch Printz Heinrich / so der Staten Krieg regieret /

Poetischer Lustgarte

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Die / weis ich / lassen sie nicht stecken in der Noht / Mein Gott ich hoff’ auff dich / hiemit so war er todt. So nahm der Frst ein end’. O welch ein selig Sterben Der Eitelkeit entgehn / die Himmelsfrewd’ erwerben / Den Kercker schliessen auff / den Himmel nach sich zu / O Friedrich vnd Gustav / jhr seyd nun beyd’ in ruh. Man sagt: Nach dem der Held auß Schweden war erhoben Jns Hauß der Ewigkeit / das einig all zu loben Vnd er so schnell hernach / mit frewden hab’ ersehn Jm Schwanen-weissen Kleid’ Herr Friedrich vor jhm stehn / Da sey er Frewden-voll zu jhm’ hinangesprungen Vnd hab’ ein herrlichs Lied vmbfahend jhn / gesungen Zu lob dem grossen Gott’ / als der dieß wehrte Paar Gerissen auß der Noht / vnd nun der Engel Schaar Auch so viel Seelen der Erwehlten zugefget / Da es vor manche Noht nun Himmlisch wird vergnget So / daß jhm lauter nichts / als’ eitel Frewd’ vnd Lust Die niemand hindren kan / ist ewiglich bewust. Lebt wol / jhr Helden / lebt / jhr habt die Welt verlassen / Die Welt / so leider jetzt / was Tugend heißt / thut hassen Vnd klebt den Lastern an / Hie bleibt nur Nahm’ allein Das brig’ ist bey Gott / O mcht’ ich bey euch seyn.

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Kurtze Anmerckung ber etliche Wrter dieses Gedichtes. (a) Der Held auß Mitternacht / etc. Dieser war Gustav Adolph der Grosse / dessen vnbegreiffliches Lob nunmehr den gantzen Erdenkreiß hat erfllet.

(b) Da rufft / (O weh der Noht!) Die gantze Welt / es sey der Held Gustavus todt etc. Knig Friedrich von Bhmen / der war zu außgange deß Herbstmonats von Jhrer Knigl. Mayestt zu Schweden / (bey welcher er sich / auff deroselben freundliches Begehren / bey so glcklichem Fortgange der KriegesHndel eine geraume Zeit hatte auffgehalten) wiedrumb ab vnd zu rcke gereiset / vnd hatte sich durch Franckfurt am Myn / (allda er etliche Tage lang verblieben) naher Altzheimb / vnd von dannen naher Maintz begeben.

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Vnterdessen ist die grosse vnnd weitbekandte Schlacht vor Ltzen im ChurFrstenthumb Sachsen den 6. Tag Novembris deß 1632. Jahres vorgangen / in welcher der allersiegreichste Knig in Schweden / Gustav Adolph der Grosse / ritterlich streitend vnd herrlich siegend / auch einen ohnsterblichen Ruhm bey Freunden vnd Feinden hinterlassen / damahlen ist vmbkommen. Kurtz nach diesem Treffen hat auch der Durchleuchtigste Knig von Bhmen / nach dem jm viel Widerwertigkeiten begegnet / er auch von Landen vnd Leuten vertrieben / im Elende eine gute Zeit zubringen mssen / vnd nun in 14. Tage lang mit schwehrer LeibesSchwachheit behafftet gewesen / den 19. Tag eben desselben Monats Novembris, war der 13. Tag nach der Schlacht vor Ltzen / deß Morgens / etwa ein viertel Stunde nach sieben Vhren diese Welt gesegnet / als nunmehr die Pfltzische Lande mehrentheils wiedrumb erobert waren. (c) Mein Bruder der im Mehr die hohe Herrschafft fhret. Durch diesen hat er den jetztregierenden Knig Carlen in Engelland / seiner Fraw Gemahlinnen Leiblichen Herren Bruder verstanden / vnd sol er also mit diesen / auch mehr andern gottseligen Worten / dadurch er sich der Barmhertzigkeit Gottes ohne vnterlaß befohlen / (wie die glaubwrdigen Historien von jm bezeugen) sein Leben geendiget vnd beschlossen haben.

Gedencke offt an die Helle. epigramma. WEhr die so grosse Pein der Hellen offt bedencket / Vnd den verfluchten Tranck / den Pluto selber schencket Den leichten Spttern ein / der wird in schneller eil Zerbrechen mit Gewalt der schnden Wollust Pfeil.

Poetischer Lustgarte

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Auf die Heuchler Welche den Mantel nach dem Winde dreen. epigramma. DEr kluge Satyrus der konte nicht erleyden / Deß falschen Bawren Maul / das fertig war in beyden Versteh’ in Kalt vnnd Warm / er wuste daß zween Brey Jn einem Topff gekocht ein seltzam fressen sey, O wie viel seglen noch hinweg mit allen Winden Wie viel / wie mechtig viel sind hie vnd da zu finden. Die krum vnd hckrigt seyn / bald wiedrumb gleich vnd schlecht Denn solcher leichten Burß sind alle Sttel recht.

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Ein Sternengucker vnd Calendermacher / sagte dem Pontius, da der jn von zuknfftigen Dingen fragte / die rechte vnnd eigentliche Warheit / doch also daß er der Knstler oder Sternseher selber drber zum Hrnertrger ward. EJn Sternengucker /der insonders war geflissen Was knfftig werden solt’ / auß hoher Lufft zu wissen / Der ward vom Pontius gefraget vmb bericht: Ob er auch gutes Glck wrd’ haben oder nicht? Der Knstler sprach: Mein Freund / nur wnschen vnd begehren Das wird euch Mann vnd Weib (den Sternen nach) gewehren Der Weiber Volck vorauß / im Fall’ jhrs khnlich wagt / Vnd suchet jhre Gunst / sie bleibt euch ohnversagt. Frwar er sagt’ jhm recht / jedoch mit seinem Schaden / Dieweil sein eignes Weib mit Schnheit zwar beladen Doch nicht mit grosser Zucht / den Knstler so ergetzt / Daß Pontius jhm selbst die Hrner auffgesetzt.

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Mancher ist klug genug / allen vnd jeden Leuten zu rahten / sich selber außgenommen. sonnet.

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WJe kompt es / daß doch fast ein jeder rahten kan / Was diesem viel gewin vnd jenem schaden bringet / Was den ein Ding zu thun vnd den zu lassen zwinget? Fast keiner ist / er giebt sein’ eigne Weißheit an Vnd wil gesehen seyn / er sey ein solcher Mann Der auch aus grosser Trew vor frembden nutzen ringet; Wie kompt es aber / daß er offt so ferne springet Auß seiner Klugheit steig / wans vmb jhn selbst gethan Vnd ist denn wie ein Kind / das auff noch schwachen Fssen Die Ammen bey der Banck am Daumen leiten mssen? Das kompt vom HErren her / der alles hat gemacht Damit ein jeder mg’ auff seinen Nechsten schawen / Vnd ja nicht eigner Kunst vnd Witz zu viel vertrawen / Ein Weiser hat nit sich / nur frembde Leut’ in acht.

An die Durchleuchtige / Hochgebohrne Frstin vnd Frwlein / Frwlein Anna Sophia / Frstinne zu Anhalt / Grffinne zu Ascanin vnd Ballensttt / Frwlein zu Zerbst vnd Bernburg / Vber etliche mit jhrer Frstl. Gnaden gehaltenen Gesprechen vnd vnterredungen / etc. ode trochaica. NEwlich hab’ ich noch gelesen / Was mir jetzt gleich kommet ein / Wie die Pallas sey gewesen

Poetischer Lustgarte

Ein sehr kluges Jungfrwlein / Auß deß Vaters Hupt gebohren / Vnd hernachmals außerkohren / Daß sie geb’ auß milder Hand Weißheit / Tugend vnd Verstand. Dieß sind Rtzel / dieß sind Sachen / Von den Heiden nur erdacht Da sie gleichsam durch ein lachen Dieß den Leuten kund gemacht: Daß der Edlen Weißheit Gaben Auß dem Himmel zu vns traben / Daß auch GOTT nur dem sie giebt / Der jhn stets vnd trewlich liebt. Dieß ist warlich zu betrachten / Daß der hchste Schatz der Welt / Den die Tollen nur verachten / Durch ein Weib wird vorgestelt Da sie klrlich durch bedeuten / Daß die Weißheit nicht bey Leuten Die stets kmpffen frisch vnd frey / Auch wol bey den Weibern sey. Solt’ ich hie Exempel bringen? Meine Faust felt viel zu schwach / All mein schreiben / all mein singen Muß hie endlich geben nach / Denn die Gaben der Heldinnen Sampt der Klugheit jhrer Sinnen / Werden dann vergessen seyn / Wann die Donaw fleust mit Wein. Euch / O andre Himmels Sonne Hochgebohrne Princessinn’

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Euch / der Pallas Frewd’ vnd Wonne Nehm’ ich zum Exempel hin / Kan der Neid es selbst verneinen Daß in euch nicht huffig scheinen Aller Weißheit Edle Stein / Wil ich mehr kein Dichter seyn. Jch kan keinen Heuchler geben Rhmen nicht was scheltens wehrt / Schlechte Sachen hoch zu heben Hab’ ich mir noch nie begehrt / Rauch zu kauffen vnd verkauffen / Mit dem Fuchsschwantz’ vmbzulauffen / Anzuknpffen wann es bricht Hab’ ich nie gelernet nicht. Was ich sing’ ist zu erweisen / Nur was selber ich gehrt Muß hie meine Feder preisen Jst sie schon was vngelehrt / Muß sie gleich den Schwahnen weichen Kan sie nicht die Bahn’ erreichen Da die hohen Geister gehn / Soll sie doch von ferne stehn. Selig hab’ ich mich gepriesen Als mir ward zum ersten mal Die so grosse Gnad’ erwiesen Da ich hrt’ im stillen Saal’ Ewrer hohen Weißheit Gaben An den Himmel fast erhaben / Selig / sagt’ ich ist der Mann Der euch stets so hren kan!

Poetischer Lustgarte

Was jhr mich da thatet fragen / Das war nichts denn lauter Witz Jch fieng heimblich an zu sagen: Hie hat Pallas jhren Sitz All jhr Lassen vnd Beginnen All jhr Reden vnd Ersinnen All jhr Dichten / Kunst vnd Ehr Schmecket nach Verstand vnd Lehr. Wann jhr denn von Glaubens Sachen Etwas brachtet auff die Bahn / Wust’ ich anders nichts zu machen Als’ euch steiff zu schawen an. Wolt’ ich euch mit Antwort schlagen? Ach vmbsonst! Ewr kluges fragen Hatte warlich solchen Grund Daß ich fast beschamet stund. Alles war von hohen Dingen Was von euch kam an den Tag / Jch muß hie die Feder zwingen Weil ich nicht beschreiben mag Was mir damals vor ist kommen / Doch so hab’ ich war genommen Daß euch das auch war bekand / Was sonst Himlisch wird genant. Wolt’ ich etwas von Geschichten Auß den Alten bringen fr / Sprach ich von den Lobgedichten Der Poeten Kunst vnd Zier / Wolt’ ich von der Sonnenwagen Vnd den Sternen etwas sagen / Von der Bum’ vnd Felder Lust / Ey es war euch vor bewust.

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Wolt’ ich viel von Krutern melden / Auch von Thieren vnd Metall Da jetzt so viel tapffrer Helden Lust in suchen berall / Wolt’ ich die Natur ergrnden / Was fr Wunder da zu finden; So versphrt’ ich / daß ich zwar Gegen euch ein Schler war. Wolt’ ich von Vulcanus Krfften Jn der Edlen Scheidekunst / Von den thewren Himmels Sfften / Von der gldnen Sonnen Brunst / Vnd noch mehr geheimen Sachen Grosse Wort vnd Reden machen; Ey so hrt’ ich zum Bericht Viel / das ich noch wuste nicht. Da gedacht’ ich: Diese Sinnen Voller Lehr vnd Wissenschafft Muß Apollo Lieb gewinnen / Denn hie ist so grosse Krafft / Die fast alles kan erregen Ja den Himmels Ball bewegen / Drumb auch Phœbus gldner Schein Mcht’ jhr selbst zu dienste seyn. O wie recht ist euch gegeben Der Sophien schnster Nahm’ Als’ jhr erstlich in dieß Leben Vnd die Weißheit mit euch kam / O wie fein / jhr Princessinne / Halbe Mensch vnd Halb-gttinne Zeiget jhr das mit der That / Was man sonst in Worten hat.

Poetischer Lustgarte

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Alles muß hie ja vergehen Was die klare Sonne sticht / Aschen wird es / was wir sehen / Titan selber bleibet nicht / Ewre Kunst’ vnd hohe Gaben Bleiben ewiglich erhaben Durch die Hand gelarter Leut’ / Auch wann jhr vergraben seyd. So wir etwas bitten knnen / Soll dieß vnsre Bitte seyn: GOTT der woll’ euch lang’ vns gnnen Hochgebohrnes Frwelein. Mich soll ewre Schrifft vergngen / Wil sichs ja so bald nicht fgen / Daß ich nur auff einen Tag Euch / Gttinne schawen mag.

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Herrn Marx Pentzin / beider Rechten Doctoris, seinem hochgeehrten Herren vnd Freunde / vnd Frawen Catharinen Helberges / auff jhrem ­Hochzeitlichen Ehrentage bergeben. MAn sagt: So mancher Kopff / so mancherley Gedancken So mancher Sinn vnd Muht / so manches stehn vnd wancken So manche Lieb’ vnd Lust; Dieß glub’ ich war zu seyn / Es greiff’ ein jeder nur in seinen Buhsen ein / Jhn wird sein eigner Sinn bestndig berzeugen Wohin jhn sein Gemht’ insonderheit thu neigen Ein Ding zu fahen an: Denn / mancher dem die Lust Zur schnen Redekunst vor andern ist bewust / Der hat sein’ hchste Frewd’ an lieblichen Gedichten /

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Wobey er denn zugleich von Rmischen Geschichten Auch was bey vns gethan so zierlich schwatzen kan Daß andre Wunders voll den Redner schawen an. Nun das ist eine Lust. Wie mancher lest ob allen Der Edlen Lauten Klang sich dergestalt gefallen Daß er sie stndlich braucht / ja daß sein eintzigs Ziel Jst lauter nichts denn nur ein lieblichs Seitenspiel Ein ssser schneller Wind. Ein ander liebt das springen Vnd lernet seine Fss’ im Tantzen knstlich zwingen / Er hpffet wie ein Frosch vnd tumlet sich so sehr Als wann ein Ziegenbock an jhm verdorben wehr’. Er hincket hin vnd her / erdichtet Capreolen Ja rhret kaum die Erd’ im springen mit den Sohlen So schnell ist dieser Gast. Nun dieß ist auch ein’ art Der Frligkeit dadurch man eh zum Guckler ward. Ein anderer Sylvan der lesset jhm das Jagen / Das Metzlen wilder Thier so trefflich wol behagen Daß er auch frh vnd spt durch alle Heiden rennt Vnd keine Leute mehr / nur Fchs’ vnd Hasen kennt. O welch’ ein Eitelkeit belieben diese Jger Sie hetzen offt ein Wild vnd seyn selbst Hrner-trger Gleich wie Actæon war. Ein ander helt sehr viel (Dieß ist ja etwas noch) auf Traur- vnd Seidenspiel Vorauß / wann jeder sich im Reden / Thun vnd Sitten Recht zu geberden weis / leufft nicht mit vollen Schritten Wenn man soll stille stehn; Jst trawrig vnd betrbt Wo man muß frlich seyn; Jst gar zu sehr verliebt Jm fall man fechten soll; Beginnet laut zu lachen Denn / wann man zrnen muß vnd Leute nieder machen Sind das nicht schne Spiel’? Ein ander liebt so sehr Der grnen Garten Pracht als wans der Himmel wehr / Wann seine Tulipen / Violen vnd Narcissen Zusampt der Knigs Cron im Lentz’ herausser schiessen / So geht jm gleichsam auff die Thr’ am Paradeiß’ / Es ist sein einig Thun nur bloß der Blumen Preiß.

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Er giebt offt grosses Geld vor schlechte Kruter Sachen Vnd thut in dessen jhm gar kein Gewissen machen Das Gottes Bild / der Mensch in grosser Armuht schwebt Da doch die Blum’ erstirbt / der Mensch’ ohn’ Ende lebt / Nun das ist auch ein Schatz. Ein ander lobt das reiten / Sich schwingen auff ein Pferd vnd mit der Lantzen streiten Wer best gebet sey. Ein ander liebt das Geld (O welch ein schlechter Geist!) fr alles auf der Welt / Die sind die rgste noch / recht schndlich von Geblte / Dem Glcke nach zwar reich / doch Betler am Gemte Ja Schlaven dieser Zeit / der ist ein tapffrer Mann Der auch in Drfftigkeit das Geld noch trotzen kan. Ein ander ist bemht den Himmel zu erkennen / Die Sternen ohne Zahl vnd jhren Lauff zu nennen / Zu wissen wie die Sonn’ jhr Angesicht bey Tag’ Vnd denn der kalte Mohn zu Nacht verfinstren mag / Dieß ist noch lobens wehrt. Ein andrer thut erheben Die schne Mahlerkunst / die vns auffs newe Leben Vnd durch deß Knstlers Hand herwieder kommen macht Wann wir verstorben seyn vnd vns die lange Nacht Jm Sarck verschlossen helt / frwar der ist zu preisen / Der durch ein schnes Bild gantz eigentlich kan weisen Was nah’ vnd ferne lebt; Doch sagt die lange Zeit Daß alles dieß nur sey ein Rauch der Eitelkeit / Ein Dampff der schleunig wchst / der kaum ein Stndlein stehet / Der Augenblicklich felt vnd in der Lufft vergehet / Doch bleibt mein Sprichwort war: So mancher Kopff vnd Sinn So manche Lieb’ vnd Lust / so mancherley Gewinn. Herr Brutigamb / vnd jhr habt alles dieß zu ntzen Wovon ich jetzo schreib’ / jhr knnet ja besitzen Nach inniglicher Frewd’ ein jedes an der Zahl Vnd so es euch geliebt / auff eins wol allzumahl. Gefelt euch ein Gedicht’? Hie habt jhr was zu lesen Von ewrem liebsten Schatz’ / als’ einer die gewesen Fraw / Witwe / Jungfraw / Braut / jetzt schlagt die Bcher auff

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Vnnd forschet ob jhr nicht thut einen guten Kauff? Geliebt euch eine Laut’? Hie werdet jhr sie finden / Was hilfft der Geigen Thon der in der eil verschwinden Vnd auffzuhren pflegt / der ist der rechte Klang / Der Shn’ vnd Tchter bringt / vnd daurt sein Lebenlang. Gefelt es euch mein Herr zu schneiden Capreolen? Ey thut was euch die Lieb’ ohnlengst hat anbefohlen Vnd die Natur gelehrt; Behagt euch denn die Jagt? Auf / auf / Herr Brutigamb vnd jagt die gantze Nacht / Ein’ Hindin’ ist vor euch / doch nunmehr schier gefangen Bestricket vnd gefelt. Ey tragt jhr denn verlangen Zu ben euch mit Lust im schnen Frewdenspiel? Hie ist die rechte Bhn’ / hie ist der Liebe Ziel. Ja wollet jhr den Pracht der Tulipen beschawen Hie ist der Blume Zier / die Lilie der Frawen Ewr allerliebstes Hertz. Erfrewet euch das Geld? Hie hat der Himmel selbst euch solches zugestelt. Was hlff’ euch doch ein Schatz / der endlich gar verbrennen Vnd Aschen werden muß? Die Liebste knt jhr nennen Viel besser ewren Schatz / die bleibt euch in der Zeit / Vnd wenn die Zeit vorbey hernach in ewigkeit. Gefelt es euch mein Freund den Himmel zu ergrnden? Hie ist sein schnes Hauß / hie ist sein Glantz zu finden Hie leuchtet seine Sonn’ hie blicket auff sein Schein Hie findet sich / wie klar der Liebsten Augen seyn. Gelstet euch ein Bild / das Himlisch ist / zu sehen? Was suchet jhr noch weit / es thut ja vor euch stehen / Ein Bild /daß weder Veen noch Drer hat erdacht / Besondren das der HErr deß Himmels selbst gemacht. O seliger Pentzin / O berseligs Leben! Jn dem’ euch wird zugleich die Laut’ vnd Blum gegeben Dazu ewr Himmelreich / Tantz / Schatz / Gedicht’ vnd Wild / Nun habt jhrs allzumal an diesem schnen Bild’. O selige Fraw Braut / jhr habt zu guten Stunden / Nach dem jhr manche Noht vnd Vnglck berwunden

Poetischer Lustgarte

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Mit ruhm davon gebracht den herrlichen Gewin / Den euch ewr Doctor giebt / der nimpt das Trawren hin. Nach langem Sonnenschein pflegt sich die Lufft zu regen Vnd nach dem Strmen muß der tolle Wind sich legen Der Himmel lachet nicht vnd trawrt nicht allezeit / So folgt auff Schertzen Schmertz / auff Schmertzen Lust vnd Frewd’ Erweget dieß Fraw Braut / was gilts jhr werdet sagen: Nun hat der HErr erhrt das Seufftzen vnd die Klagen So ich jhm zugeschickt / er hat an mich gedacht Vnd gleichsam auß dem Tod’ ins Leben wiederbracht. Frwar / die Witwen seyn vom HErren nie verlassen; Wie kan der trewe GOTT solch’ eine Tochter hassen Die fest’ an jhm geklebt / ja die nur erst vnd letzt Auff jn jhr’ Hoffnung’ vnd auf Menschen nie gesetzt. Fraw Braut / dieß muste seyn / dieß muste so geschehen / Ewr Doctor, Herr Pentzin / war euch nur außersehen Vnd sonsten keiner nicht / der wil nach langer Pein Vnd mancherley Gefahr’ auch nun ewr eigen seyn. Drumb / O jhr liebes Paar / erhebet ewre Sinnen Zu dem der alles giebt / damit all ewr Beginnen Ewr Lassen vnd ewr Thun nun vnd zu jeder Zeit Zu Gottes Ehr gereich’ vnd euch zur Seligkeit. Ermuntert ewren Geist / vnd fliehet von dem hauffen Deß leichten Pbels weg / last ewre Neider lauffen Mit Zoilus wohin ein jeder kan vnd wil Was achtet jhr den Neid / ist nur das Hertze still’ / Jst daß nur Sorgen-frey; Was gilts jhr werdet sehen Den Momus vnd sein Volck mit Spott’ vnnd Hohn bestehen Wann jhr / O liebes Volck euch frey vnd frlich labt / Mit Frchten / da euch selbst der Himmel mit begabt. Nun HErr / du grosser GOtt / verknpffe diese Hertzen Mit inniglicher Lieb’ / ergntze ja die Schmertzen Der vielgeliebten Braut / bewahr jhr gantzes Hauß / Vnd treib’ in deiner Krafft / was schaden kan / hinauß.

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Laß sie in aller Noht von Hertzen dir vertrawen Hernach der Liebe Pfand mit Lust vnd Frewden schawen / Geuß auch HErr deinen Trost in jhre Seelen ein / So wird dieß liebe Paar / frisch / reich vnd selig seyn.

Vber die vortrefliche vnd sehr nutzbahre ­Artzneybcher / welche der Hochgelahrter vnd weitberhmbter Chymicus Angelus Sala von Vincentz Frstl. Mecklenburgischer Hoff- vnd LeibArtz / nun eine zeitlang hat hervor gegeben.

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WAs Sala von der Kunst des Hermes pflegt zu schreiben / Das wird / trotz sey dem Neid / fr Fewr vnd Wasser bleiben / Denn was sein hoher Geist giebt richtig an den Tag / Das ist so trefflich / daß es niemand tadlen mag. Wenn ich die Bcher offt / die ewr zuvor gewesen Nun aber vnser seyn / Herr Sala, pfleg zu lesen / Vnd spre den Verstand / die Wissenschafft vnnd Kunst Die euch versetzet in der hchsten Frsten Gunst; So wnsch’ ich tausend mal / ewr Angesicht zu sehen Am liebsten bey der Kolb’; Es mchte noch geschehen / Wann euch O thewrer Artzt / die bergrosse Lust Zur Edlen Scheidekunst fr andren wehr bewust / Daß jhr mir noch vielleicht ein Griefflein wrdet zeigen / Damit ich Vrsach’ hett’ euch wiedrumb zu zuneigen. Die Sonne selbst mit mir; Es weis fast alle Welt Daß euch kein stoltzer Sinn / noch hoher Muht gefelt. Drumb sagt ein jederman: Wird Phœbus sich begeben Deß Heilens vnd der Kunst / so soll er euch erheben Herr Sal’ an seine Stell / jhr seyd es wehrt allein / Der nun mit Ehren kan der andre Phœbus seyn.

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Wer schleunig giebt / Macht sich beliebt. epigramma. WEr geben wil / der soll das Geben nicht verweilen / Ein trewes Hertze pflegt auß Liebe mit zu theilen / (a) Wer schleunig giebt / der giebt mehr denn ein eintzig mahl / Es liegt nur am Gemht’ vnd nicht an grosser Zahl. (a) Nach dem Lateinischen Sprichworte: Bis dat qui citò dat.

Auff die Großsprecher vnd Auffschneider / die stets von jhrer hohen vnd Adelichen Ankunfft rhmen / dabenebenst mit jren Schilden / Wapen vnd Helm gewaltiglich prangen. WEr von sich hher helt / vnd mehr / denn sich geziemet / Wer seines Adels sich ohn’ vnterlaß berhmet Wer andre helt fr nichts auß gar zu stoltzem Muht Dagegen nur mit Schild’ vnd Wapen prangen thut / Wer trotzet / daß er sey auß altem Stamm’ entsprossen Vom Mars, von Hercules, von Troja Kriegsgenossen; Deß Plauderey ist nichts als Lgen vnnd Gedicht Ja solcher kennet offt sein’ eigne Mutter nicht.

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An einen Calendermacher oder Sterngucker / der eines anderen Poetische Gedichte vnter ­seinem Nahmen pflag hervor zu geben / die doch bereits lengst zuvor vnter deß Autoris Namen gedrucket waren. Schertz-Liedt.

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FReund deß Himmels / steht das wol Frembde Mh’ vnd Arbeit stehlen? Solches pfleg’ ich zu befehlen Einem / der bald klglich soll Seine Snd’ im Regen bßen / Vnd vns segnen mit den Fssen. Jch bekenn’ / es war ja schlecht Was ich dazumal geschrieben / Niemals pfleg’ ich das zu lieben Was ich schreib’ als wer es recht / Auch so gar daß meine Sachen Keiner knte besser machen. Weg wie solchem Vbermuht Das sind rechte Midas Ohren Andre sind auch keine Thoren / Solcher Stoltz thut nimmer gut / „Der ist billig klug zu nennen „Der sein eigne Fehl kan kennen. Jch weis wol / jhr’ kluger Hahn Mich nach meiner Maaß zu messen Jst es aber vnter dessen Recht vnnd wol von euch gethan / Daß jhr euch mit Frchten stopffet / Derer Stamm jhr nie gepropffet.

Poetischer Lustgarte

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Aber ich erinre mich Daß jhr seyd gewohnt zu liegen / Was jhr schreibet von den Kriegen Jst das war? Ja hinder sich Wer nun leugt durch all sein Leben / Jst dem Stehlen auch ergeben. Lieget / Stehlet / dieß ist klein / Biß jhr grsser Lob erwerbet / Wo jhr aber vor mir sterbet Soll dieß ewre Grabschrifft seyn: Diese Dohl /so hie vergraben / That kein’ eigne Feder haben.

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Auff die gewaltige vnnd weitbekandte ­Belgerunge / auch nachmahlige Siegreiche ­Eroberung der Alten vnnd vornehmen Stadt Regenspurg / alß dieselbe von Kniglicher ­Mayesttt zu Hungarn vnd Behmen Ferdinand dem Dritten am 14. Tage Julij deß 1634. Jahres glcklich ward eingenommen. HJlff GOTT / wann hats ein End’! Ach wann wird Teutschland hren Daß man nicht wie zuvor die Stdte thut zerstren / Wann wird der lange Krieg beschlossen doch zu letzt / Wann wird das Vaterland in Fried vnd Ruh gesetzt? Ach wer erlebt den Tag / daß man von Teutschland saget: Hie schwebt der gldne Fried’ vnd Mars ist außgejaget? Ach wer erlebt den Tag / daß man Spieß / Stahl vnd Schwerdt Jn Hawen / Sichlen / Pflg’ vnnd Eggen einst verkehrt?

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Man stund in Hofnung zwar den Frieden zu erlangen / So meldet Fama, daß jetzt Regenspurg gefangen Vnd schnel erobert sey / die Stadt so vor der Zeit Der Kyser Antonin zur Wohnstatt hat befreit. Acht Monat / ist mir recht / die wahren kaum verflossen Daß sie noch Fried’ vnd Ruh durch Weymars Hlff genossen Der sie gantz ritterlich / jedoch durch GOttes Macht Auß jhrer Dienstbarkeit in Freyheit hat gebracht. Damals erfrewten sich die / so errettet waren Dem Bhren auß dem Schlund / dem sie in vielen Jahren Gedienet doch mit Zwang’; Es hieß bey jederman: Lob / Ehr’ vnd Preiß sey Gott / die Kett’ ist abgethan Vnd Regenspurg ist frey; Als diß der Feind vernommen / Da sahe man jhn bald mit tausend Hauffen kommen Zu plagen abermal das arme Teutsche Land / Vnd jhm sein Regenspurg zu reissen auß der Hand. Wie von den Bergen sich die schnellen Bch’ ergiessen So schleunig sahe man das Volck zusammen fließen / Da kam so mancher auß so manchem Land’ vnnd Reich’ Als Teutsch / Welsch / Vngern vnnd Schlavonien zugleich. O du betrbte Stadt / schaw’ an der Feinde lauffen / Die so begierlich seyn / dich vnd dein Volck zu rauffen / Schaw’ jhr erbittert Hertz / dem stets nach deinem Blut’ O vnerhrter Grimm! so grawsam drsten thut. Wolan / der Zug geht fort / das Heer steht fr der Pforten / Es wird die gute Stadt vmbringt an allen Orten / Hie schlegt man die Gezelt’ / hie wirfft man Graben auff / Dort pflantzet man die Stck’ / hie helt der Reuter Hauff’ Hie wird deß Lgers Platz mit dichter Erd’ vmbgeben / Hie sieht man Fahnen stehn vnd dort Cornetten schweben. Schaw / jetzt das weite Feld / von so viel tausend Mann Bedecket / daß man kaum das Erdreich spren kan. Schaw’ an der Reuter Zahl / ach schaw’ jhr trotzigs Prangen Sie ruffen vor der Zeit: Der Has’ ist schon gefangen Die stoltze Ketzerstadt / wolauff mit aller Macht /

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Laß donnern das Geschtz / daß Lufft vnd Erd’ erkracht. Hiemit so feht sichs an: Die Paucken hrt man schallen / Man lest Trompetten gehn / die grossen Stcke knallen / Carthaunen geben Fewr / mit solcher Grawsamkeit Daß auch der Himmel bebt; Bald ist das Heer bereit Mit Strmen / Wlle / Thor’ vnd Mauren anzulauffen / Sie ziehen prchtig auff mit ohnzehlbahren Hauffen Vnd fallen an mit Macht / sie strmen hefftiglich / Daß auch die Sonne fast darob entsetzet sich. Was thut die Stadt hiezu / lest sie die Hnde sincken? Ach nein / sobald sie sieht der Feinde Waffen blincken Da helt sie sich gefast / doch hat sie erst vnd letzt Jhr Hoffnung / Hlff’ vnd Trost auff GOTT allein gesetzt. Die Helden die der Printz der Stad zum Schutz gegeben / Sind allzumal bereit zu sterben vnd zu leben Bey jhrer Brgerschafft / sie setzen Leib vnd Gut Zusammen auch biß auff den letzten Tropffen Blut. „O glden Einigkeit / wie hoch bist du zu preisen! „Du kanst durch deine Krafft der gantzen Welt erweisen „Das / was du binden thust / wie eine Maur besteht / „Was aber ohne dich / schnell wie ein Rauch vergeht. Nun dieses war der Schutz auff den sie sich verliessen / Vnd pocheten die Macht / die noch mit starckem schiessen So sehr bemhet war / damit der dicke Wall Getheilet wrd’ vnd denn leg’ offen berall / Ein Bresche wirds genand / drumb ließ man hefftig sausen Granahten ohne Zahl vnd Falconetten brausen. Bald warf man Leitern an vnd lieff die Wll’ hinauf Doch auch herunter offt / denn kam ein frischer Hauf’ Entsatzte die man jetzt hinunter hat geschlagen / Doch mssen die zu letzt auch Blut von dannen tragen / Die Stadt ist lauter Dampff / man sieht die Spitzen nicht / Hie ist die gantze Macht so Wll’ vnd Thor zubricht Die voller Brger stehn vnd sich wie Lwen wehren Sampt der Soldaten Schaar / ja alle nur begehren

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Vor Gottes Ehr’ vnd Lehr’ auch vor jhr Vaterland Zu sterben williglich / doch mit bewehrter Hand. Gleich wie / wann sichs begiebt / daß sich die Moren wagen Auß einem finstren Wald’ in eil hinweg zu tragen Die jungen Lwen die zwar in den Nestren stehn Vnd doch zu schwach noch seyn den Jgern zu entgehn. Jn dem sie gehn heran die Jungen weg zu rauben / Da hren sie mit furcht der Alten grimmigs schnauben / Die springen schnell hervor / vnd scharren daß die Luft Vom Staub’ erfllet wird / sie lassen jhre Klufft Vnd Hhlen hinter sich / sie fahen an zu brllen So grewlich daß kein Schwerdt noch Lantze sie kan stillen / Sie tantzen hin vnd her mit grimmigem Geschrey Vnd reissen einen hie / den andren dort entzwey Ja mssen sie zuletzt die Jungen gleich verlieren / So rechen sie sich doch dermassen / das man sphren Vnd deutlich sehen kan / wie drob so mancherley Von Kleidren / Haut vnd Haar im Stich geblieben sey. So giengs mit Regenspurg / so giengs mit jhren Helden / (Jch kan ja nicht vorbey der gantzen Welt zu melden Wie khn sie sich gewehrt /) so bald der Feind nur kam Vnd trotzig seinen Sitz vor jhrer Pforten nam / Da fielen sie herauß den Wilkomm jhm zu geben Sie wagten williglich / auch ohne furcht jhr Leben Vnd jagten hinter sich der stoltzen Krieger Macht / Der Krieger die den Todt der Freyheit mit gebracht. Hie war kein Fauler nicht: Schaw wie die Kuglen fliegen Wie huffig hie vnd da die Feind’ erschlagen liegen Wie sich die Freyheit streubt / wie drob so mancher Held Der ohne Zwang wil seyn / wird jmmerlich gefellt! Die Sonn’ entferbet sich / der Himmel zehlt das schiessen / Die Erd’ erzittert gleich die Wassergraben fliessen Gemahlet schier von Blut / die Sterne schreiben an Was grosser Thaten der vnd immer hat gethan. Frst Bernhard der die Noht der Brger lengst vernommen

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Bemhet sich mit Fleiß zu jhnen ein zukommen Fhrt drauff sein muhtigs Heer mit grosser Khnheit an Vnd forschet / ob er nicht durchs Lger brechen kan. Gleich wie die Glucke thut / im Fall sie sich vermessen Den Habicht fliegen an die Kchlein auffzufressen Die noch im Korbe stehn vnd lauffen hin vnd her Sie schreyen zwar vmb Hlff’ / es felt jr aber schwer / Die Glucke leufft hervor mit ruffen / kratzen / springen Sie stellet sich zur wehr / doch wil es nicht gelingen Der Habicht ist zu starck / fleugt gar zum Korb’ hinein Die Kchlein mssen jhm’ ein Leckerbißlein seyn; So giengs der guten Stadt / der Stadt die gar beschlossen Mit Erd’ vnd Waffen war / die tglich ward beschossen / Der man mit Fewr vnd Schwerdt auffs grimmigst setzte zu / So / daß wol draussen war / doch drinnen nimmer ruh. Noch hat jhr khnes Volck solange wiederstanden / Biß das / was Kuglen treibt / gar nicht mehr war vorhanden Da war jhr Fechten auß; Dem Feind’ entbrach auch Raht Der so viel tausend Mann dafr verlohren hat Dazu noch tglich ward durch Hungersnoht gequelet / Drumb hat ein jedes Theil vor Krieg den Fried’ erwelet. Wolan / die Stadt geht auff / das Schiessen stelt man ein Die Helden ziehen auß / der Feinde Volck hinein / Die Feinde so mit Lust die kleine Schaar besehen Die kein entsetzen trug so khn zu widerstehen Der vnerhrten Macht / ja mancher wundert sich Als’ er die Brger sieht / daß sie so ritterlich Sich in der Noht gewehrt. O tapffre Teutsche Helden / Der Himmel wird noch selbst der gantzen Welt vermelden Ewr thewr-erworbnes Lob / das nimmer wird vergehn So lange man noch wird die Donaw fliessen sehn. O Teutsches Rmer-Volck vor vielen außerkohren / Ewr Ruhm wird ewig seyn / ist gleich die Stadt verloren / Die jhr vors Vaterland ewr Leben zugesetzt Jhr tapffre KriegesLeut’ euch hat Gott selbst ergetzt.

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Jr habt die Gassen zwar mit Marck vnd Blut besprenget Den Wasserstrom mit Schweiß / den Staub mit Fleisch vermenget / Die Wlle fest gemacht mit MenschenHaut vnd Bein Die in der Freyheit Schutz so gar zerstmlet seyn. Ja / mustet jhr gleich Blut / Haut / Fleisch vnnd Bein verlieren / Die Freyheit konnten sie doch keinem nicht entfhren Die flog gleich mit dem Geist’ auff vnnd dem Himmel zu Da lebet jhr in Frewd’ vnd lang gewnschter Ruh’ O grosse Seligkeit! Was hat der Feind gewonnen? Sehr wenig; Jhm’ ist ja an Hoffnung viel zerronnen Was hilfft jhn denn sein Sieg? Es ist ein de Stadt Die so viel tausend Mann dennoch gefressen hat / Da triumphiert er von / wir wollen auch nicht weinen Wir kennen den Gewin / ein Huflein ists von Steinen Nun / Regenspurg ist hin / entbricht vns dieser Schatz / So finden wir dennoch bey Gott im Himmel Platz.

Attalus Testament. epigramma.

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ALs’ Attalus wolt’ Abscheid nehmen von der Welt / Da hat er all sein Gut den Armen zugestelt Damit hernachmals nicht die falschen Erben liessen Auß falscher Heucheley nur falsche Thrnen fliessen Dem kam er klglich vor; O mchte dieß geschehn Noch allen die das Geld vnnd nicht die Freund’ ansehn.

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Ohnpartheisches Vrtheil deß Apollo Von der hohen Geschickligkeit Deß Durchleuchtigen / Hochgebohrnen Frsten vnd Herren / Herren Ludowigs / Frsten zu Anhalt / Graffen zu Ascanien vnd Ballenstt / Herrn zu Zerbst vnd Berenburg / als der Autor nicht allein ­Jhrer Frstl. Gnaden hochrhmliche Schrifften gesehen / besondern auch deroselben hohen Verstandt / auch vieler Sprachen vnnd Knste vortreffliche Wissenschafft vnd Erfahrunge mit grosser Verwunderunge selber hatte angehret. ALs Phœbus newlich vom Parnassus kam gegangen Mit seiner Tchter Schaar / zu schawen mit verlangen Auff Erden allen Fleiß / Geschickligkeit vnnd Kunst Die den Gelahrten giebt der weisen Pallas Gunst; Vernahm er Frewden-voll / wie sich die hohe Sinnen Gebet hie vnd da / das Krntzlein zu gewinnen Der grawen Ewigkeit / er fand der Schrifften viel So rhmlich wahren / die ich jetzo nicht nennen wil. Die Musen vnd jhr Hupt / die fiengen an zu wandren Durchs gantze Teutsche Reich von einer Stad zur andren Doch gntzlich vnbekand / nur in dem vmmegehn Mit sonderbahrem Fleiß die Bcher zu besehn. Wie sie nun manche Stadt vnd Laden durchgelauffen / Doch Laden / da man nur pflegt Bcher zu verkauffen / Da sahen sie (wol mir daß ich es schreiben mag!) Wie Anhalts hoher Geist in klugen Blettren lag Der Ewigkeit zum trotz’. Apollo voller Frewden Rieff: Meine Tchter jhr / was gilts wir mssen scheiden Denn wann ich diese Verß nach jhrem wehrt betracht’

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Erkenn’ ich daß sie nicht durch Menschen seyn gemacht / Hie steckt was Gttlichs in / hie werd’ ich nichts erlangen / Viel minder jhr / hie seh’ ich solche Weißheit prangen Die Pallas schamroht macht / hie bin ich gleichsam blind Sein wissen ist zu groß / ach / Phœbus wird ein Kind. Wer ist wie Anhalt mit so hoher Kunst gezieret? Er ist es warlich wehrt / daß er den Scepter fhret Ja alles Regiment’ auff vnserm Helicon. Er sey an meiner Stell’ / auff Tchter vnd davon.

Natur gehet fr die Lehr. epigramma.

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ARt lesset nicht von Art / die Katze lest das mausen Der Dieb das stehlen nicht / die Affen wollen lausen / Der Garte bringt sein Kraut / der Hirte treibt frs Thor Was ehmals Wasser war / wird Wasser wie zuvor. Saltz kompt auß Wasser her / es quillet auß der Erden / Kan auch mit schlechter mh’ ein Wasser wiedrumb werden /

Vnd weil denn Eiß vnd Schne auß Wasser ist gemacht / So wird es auch sehr leicht ins Wasser wieder bracht. Die Katz’ helt zwar das Liecht / wann Salomon wil essen / Erblicket sie die Mauß / so ist deß Liechts vergessen / Vnd wann Marcolphus gleich noch eins so zornig wehr Bleibt doch mein Sprichwort war: Natur geht fr die Lehr.

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Ein tapferes vnd bestndiges Gemhte weis sich in aller Noht vnd Widerwertigkeit fein zu ­schicken. sonnet. EJn Kmpffer / der da wil / das hchste Ziel erreichen Der wahren Tapfferkeit / der muß erschrecken nicht Wann jhn das blinde Glck mit aller Macht anficht / So thate Fabius, der niemals wolte weichen / Drumb war an starckem Muht’ jhm keiner fast zu gleichen / Denn der Bestndigkeit gar selten es gebricht An gutem weisen Raht / daher es offt geschicht / Daß ein bestndigs Hertz / der Weißheit ist ein Zeichen. Ein solcher achtet nichts / wann gleich die wilde Fluht Die Wellen biß ans Haus der Sternen fren thut / Wann gleich der Æthna lest viel tausend Flammen sprtzen / Biß an der Sonnen Mund / wenn gleich das blinde Glck Erweisen thut an jhm viel Trug vnnd falscher Tck’ Es kan jhn sein verstand vnd tapfrer Muht wol schtzen.

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Vber Herrn Peter Guden / beider Rechten ­vornehmen Candidaten, vnd des Landes ­Eiderstete weiland wolbestalten Syndici, seines vielgeehrten Herrn vnd sehr wehrten Freundes tdlichen Abscheid. Klaagelied.

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WJe ein Schiffer von den Wellen Auff dem ohnbewohnten Meer Sampt den khnen Bohtsgesellen Wird getrieben hin vnd her Wann er offtmals fhrt spatzieren Bey den grossen Wasserthieren / Von den Klippen auff ein Sand So ist es mit vns bewand. Wie der Schiffer ist entgangen Wann er in den Pohrt einfehrt / Wann jhm’ endlich nach verlangen Phœbus solchen wird beschert Der jhn recht zum Haven treibet / Da er frey vnd sicher bleibet Bringt die Wahren auff das Land / So ist es mit vns bewand. Weil wir essen / weil wir leben / Weil wir noch voll Geistes seyn. Mssen wir ja stetig schweben Auff dem Meer der Noht vnd Pein Snd’ vnd Teuffel thun vns plagen Sorg’ vnd Zorn das Hertz abnagen Vnfal jagt vns auff ein Sand / So ist es mit vns bewand.

Poetischer Lustgarte

Wil man sich im guten ben? Ach die Wollust schleicht vns nach. Wil man seinen Nechsten lieben? Daß verhindert Neid vnd Rach. Wil man sonst was ntzlichs schaffen / So legt vns der Wrger schlaffen Auß dem Bett’ ins khle Sand / So ist es mit vns bewand. Creutz’ vnd Vnglck / sind die Wellen / Dieb’ vnd Ruber / sind der Todt / Menschen / die vns Netze stellen / Sind die Thier’ in Wassersnoht / Berg’ vnd Klippen sind die Snde Die Begierden / Sturm vnd Winde Die vns treiben ber Sand / Biß man endlich kompt zu Land’. Jhr Herr Gud’ / jhr seyd nun kommen Sicher durch die wilde Fluht Hat der Todt euch schon genommen / Mglich war es mehr denn gut Jhr habt hie ja stets gestritten / Manche Noht vnd Plag’ erlitten Drumb so war es wol bewand / Daß jhr kommet nur zu Land’. Jch zwar muß es wol bekennen / Wehrs gewest in meiner Macht / Hett’ ich euch wol mgen gnnen Noch viel lieber Tag’ vnd Nacht Aber nein / was soll ich sagen / Langes Leben / lange Plagen / Besser ist es so zu Land’ / Als’ es jetzt mit euch bewand.

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Kommen vnd gebohren werden / Das ist allem Fleisch gemein / Wiedrumb werden Staub vnd Erden Pflegt auch aller Schluß zu seyn / Alles thut der Todt vertreiben / Nur die Edle Seelen bleiben Ohnversehrt in Gottes Hand Wie es nun mit euch bewand. Kan ich gleich euch nicht begleiten Hin zu Grab’ auß alter Lieb’; Ey so wil ich doch bereiten Ewre Grabschrifft die kein Dieb Noch kein Alter kan entwenden / Biß auch ich einst werde Lenden Auß der Fluht in Gottes Hand Da ist vnser Vaterland.

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Daß die Sternseher vnd Naturkndiger vielmahls warhaffte Dinge vorher wissen vnd verkndigen / solches wird erwiesen durch die wunderbahre Geschicht / welche sich zugetragen mit dem ­Persischen Knige Scha Abas, welcher / ­nachdeme er nit alleine die Stunde seines Absterbens / sonderen auch viel andere wunderbahre zuknfftige Dinge auß dem Gestirne erlernet vnd verstanden / hat er seinen Enckel / den jetztregierenden Knig in Persien / (dessen Vater er zuvor hatte enthupten lassen) etliche wenig Tage fr seinem Tode / zum Erben vnd Knige ber alle seine Lnder erwehlet vnd eingesetzet / worauff denn kurtz hernach / er / der Alte Scha Abas im Monat Martio deß 1629. Jahres diese Welt hat verlassen. DEr Hchste / zu der Zeit / als’ er den Ball der Erden / Den Himmel vnd das Meer ließ durch sein’ Allmacht werden / Da vnterschied’ er auch sehr weißlich Tag vnd Nacht / Wozu er Sonne / Mond vnd Sterne hat gemacht. Die Sonne solt’ am Tag’ jhr Ampt vnnd Herrschafft fhren Die Sterne / sampt dem Mond bey eitler Nacht regieren / Damit sie Zeiten / Jahr’ vnd Stunden zeigten an / Da sich die kleine Welt / der Mensch nach richten kan. Was diese Liechter nun vor Wirckung an sich haben Das alles schreib’ ich nicht / es wissens auch die Knaben / Daß vns der volle Mond auch volle Speisen bringt / Daß volle Fische seyn / wann volle Fluht entspringt /

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Denn auch das volle Liecht thut keine Wellen spahren / Die Krancken mssen auch deß Monden Krfft’ erfahren Ja wann der Sonnen Liecht erscheinet ohne Schein / So pfleget es sehr oft der Schwangern Tod zu seyn. Ein mehrers wil ich jetzt von jhrer Macht verhelen Vor dießmal ist mein Zweck was Newes zu erzehlen Dieß sonderlich / wie man auch knn’ in dieser Zeit Auß dem Gestirn’ ersehn den Tag der Sterbligkeit. Achtmahl ist ohngefehr die Welt auffs New gebohren Vnd achtmal hat das Feld sein bundtes Kleid verloren Seither der Menschenfeind der Persianer Held (Scha Abas hieß er sonst) zur Erden hat gefelt. Er war zu seiner Zeit in aller Kunst erfahren Vorauß deß Himmels Lauffs in den vorhandnen Jahren / Denn das ist jhr Gebrauch / wer mit der Cron verehrt Jhr Herr’ vnd Knig wird / muß klug seyn vnnd gelehrt. Als dieser nun zum Haupt’ vnd Frsten war’ erkohren Da wrden jhm zwo Shn’ in kurtzer Zeit gebohren Die vntergab er bald den Weisen / die das Reich Durch Gt’ vnd Strengigkeit regiereten zugleich. Der erste war geziert mit wunderschnen Gaben / Wie die ein junger Printz’ im hchsten Grad kan haben / Von Leibe starck vnd schn / Heroisch von Gemht’ Erleuchtet am Verstand’ vnd tapffer von Geblht. Gleich wie ein muhtigs Pferd / im Fall’ es in der Jugend Mit fleiß gebet wird / hernachmals seine Tugend Lest schawen / denn im Krieg’ vnd dem im Schertz vnd Spiel Wozu sein Reuter es sonst mehr gebrauchen wil / So trabet es herein / vnd wirfft die schnellen Fsse Gleich vnter seinen Bauch als’ ob es tantzen msse; Den andren schier zum trotz’ / es spitzt die Ohren auf Vnd denn zu Feld hinein mit so behendem Lauff’ / Daß auch die langen Mhn’ an beyden Seiten fliegen Lest seinen Reuter nie im schwehren Kampff’ erliegen Es whtet / schnaubet / schlegt / ja schreyet / scharret / springt /

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Biß daß es sich vnd jhn in die gewahrsam bringt. So wars mit diesem Printz; Es wolten ja die Gaben Deß hohen Geistes nun nicht lenger seyn vergraben Jn seinem hohen Muht’ / er suchte Reich vnd Cron / Doch kriegt er vor das Reich ein tunckles Grab zu Lon. Sein Vater war ein Held / ein rechtes Kind der Sonnen Der auch gantz Babylon vnnd Ormus hat gewonnen / Candahas noch dazu / man ehrt’ jhn fast wie GOtt / Drumb kont’ er auch durchauß nicht leyden Hohn noch Spott. Man sagt’ jhm / wie sein Sohn den Vater zu bezwingen Sich rsten thet’ / in eil das Reich an sich zu bringen / Da schrie er: weg / o weg / man schar’ jn flugs ins Grab / Drauff ließ er jhm den Kopff gantz grimmig reissen ab. Lauff nun / O falscher Sohn / vnd laß die Scheitel krnen Die mich verspottet hat / dein Blut kan kaum versnen Den Kniglichen Grimm. So kam durch schwehre Rach Der Printz’ vmb Haupt vnnd Cron / ließ doch ein Shnlein nach Das kaum noch kriechen kont’ an seiner Ammen Seiten / Das nach deß Vaters Tod’ im Waffen-Kampff vnd Streitten Fast tglich ward gebt / daß es auch wrd’ ein Held / Der Eltervater selbst hat jhm die Schul bestelt. Noch war der ander Printz’ vnd Knigs Sohn im Leben / Der sich nun gleichwol gar den Lsten hat’ ergeben Dazu so war er schwach / auch am Verstand’ ein Kind / (Das rgste kompt zu letzt) an beyden Augen blind. Nun dieser solte Cron’ vnd Scepter niemals tragen / Was weis ein solcher Frst / der alles muß erfragen / Vnd selber nichts versteht? Drumb war deß Alten Wil / Daß er sein Lebenlang sich auffhielt’ in der still’. Eins aber fiel zu schwehr: Wer endlich denn zum Erben Deß Reichs zu wehlen wehr’ / im Fall der Alte sterben Vnd alles lassen wrd’ / ein Printz der lebte nicht / (Sein Sohn war noch ein Kind) der ander ohn Gesicht’. Herr Abas wust’ es wol / als der er auß den Sternen Jn seiner Jugend sich bemhet zu erlernen

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Er wust’ auch was die Sonn vor wunderbare Kraft / Jn dem sie finster wird / der gantzen Erden schafft. Den Monden kand’ er auch / die Zeichen der Planeten / Der fixen Sternen Hauß / die Strahlen der Cometen Davon verstund er schier so viel er selber wolt’ / Auch wust’ er seinen Tag an dem’ er sterben solt’ Vnd noch viel Wunders mehr. O Kunst die du bist kommen Vom hohen Himmel her / man hat dich angenommen Mit schlechter Danckbarkeit! O wehr mir solche Lust / So wie sie manchem ist in Persien bewust! Der Knig / als’ er nun begnte zu vermercken Wie nah sein Ende wer / da that er selbst sich stercken / Ließ drauf sein Caßbin stehn vnd zog gen Farabaht / Jst nah’ am schwartzen Meer’ ein’ außerlesne Stad. Jm reiten durch das Thor / hat er der Wacht befohlen / Daß sie jhm ohn verzug das Encklein solten hohlen / Das kam in schneller eil / war lieblich von Gestalt / Vnd zwischen siebenzehn vnd achtzehn’ Jahren alt. Er kam’ / er sah’ / er wust’ jhm selber nicht zu rahten Wie er empfangen solt’ ein solchen Potentaten Wie er begrssen solt’ solch’ eine Mayestatt Die jhm den Vater auch zuvor erwrget hat. Was solt’ er endlich thun? Schnell fiel er jhm zu Fssen / Ergrieff deß Alten Schuh / in Demuth die zu kssen / Vnd sprach mit sanffter Stimm’: Hie bin ich / O mein Herr’ Jch / ewr gebohrner Schlav’ / auffs schleunigst ewr Begehr / Es sey auch was es woll’ in Demuht außzurichten / Hie bin ich armer Hund; Der Knig sprach: mit nichten / Jch habe dir / mein Sohn / ein Knigreich bestellt / Weil es dem Hchsten bald zu tdten mich gefellt. Der junge Frst’ erschrack / es fieng jhn an zu grawen / War gleich die Rede sß / er wolte doch nicht trawen / Denn seines Vatern Todt hat’ jhn dahin gebracht / Daß er nicht mehr an Gt’ vnd Lindigkeit gedacht’. Er thate bey jhm selbst sich vnd sein Glck verfluchen /

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Gedacht’ in seinem Sinn: Das mein’ ich heist versuchen / Das / halt’ ich / ist ein Fund / der mir den Kopff abreist Ob gleich der Alte mich nur Sohn vnd Enckel heist. Zu letzt erkhnt’ er sich / vnnd sprach: Jch schwacher Knabe / Jch / der ich nur von GOtt’ vnd euch das Leben habe / Jch schwehr’ hie tausentmal / vnd zwar ohn’ alle List / Daß mir Regieren nie ins Hertze kommen ist. Was wolt’ ich Armer doch / ich / der ich ewren Knechten Zu dienen kaum bin wehrt / ich weis ja nicht zu fechten Frs grosse Vaterland / wann einst der Feind kehm her Ach nein / ach nein / die Cron’ ist mir ja viel zu schwer / Mein eintzigs wnschen ist / nur dieß mein armes Leben / Das nicht mein eigen ist / fr euch Herr’ auffzugeben / Jch sterb’ in ewrem Dienst’ vnd bitte dieß allein: Jhr wollet meinem Blut’ / O Knig / gndig seyn. Der Alte sprach: Mein Sohn / steh’ auff du solt nicht sterben / Steh’ auf / mein Kind / steh’ auf / ich setze dich zum Erben So vieler Lnder ein / weil ich bald sterben muß / Du / du solt Knig seyn / drauf nimb hin diesen Kuß. So ward der junger Held / der sich kaum selber kande / Erhoben zu der Cron / deß Knigs Anverwande / Zusampt der Ritterschafft / die tratten in den Sahl Vnd schwuhren jhm getrew zu bleiben allzumahl. Der Alte Knig starb / den Jungen ließ man steigen Auff Baldacs gldnen Thron. Dieß mein ich kan bezeugen Den Anfang meiner Schrift / wie das so grosse Liecht Der Edlen Sternekunst / mit Lgen handle nicht. Ein ander / der die Macht deß Hchsten zu betrachten Noch viel zu Kindisch ist / mag diese Kunst verachten Vnd sagen was er wil / ich bleib’ in diesem Wahn: Der Himmel knn’ vns offt was knfftigs zeigen an.

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Wer wol gelebet hat / der frchtet den Todt nicht. epigramma. WEr Ehr- vnnd Tugendlich sein Leben zugebracht / Der giebt mit frewden auch im Sterben gute Nacht.

Warumb der Newe Poete / Albrecht genand / so grewlich vnnd getrewlich sauffe. Auff das Lateinische: In vino veritas.

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ALs’ Albrecht der Poet’ einst schleunig kam gelauffen Gen Straßburg auff die Schul’ / zu lernen da mit hauffen / Die Warheit / siehe da / er saß stets an der Stell Da disputieret ward / der listige Gesell Vermeynte durch den Zanck die Warheit zu ergrnden / Drumb that er sich auch stets deß Haderns vnterwinden Das man auf Schulen treibt / vnd suchte so die Kunst / Doch war sein lernen vnd sein grosser Fleiß vmbsunst / Die Warheit lag verdeckt / er konte nichts erfahren Blieb Albrecht der er war / biß daß nach vielen Jahren Er ohngefehr vernahm / die Warheit leg’ im Wein Verborgen / wie im Ey ein junges Hhnelein. Da rieff er Frewden-voll: Gefunden / O gefunden / Nun bin ich / lob sey GOtt / nicht mehr wie vor gebunden Auß lernen Tag vnd Nacht / nun weis ich gar zu wol Worinnen ich den Kern der Warheit suchen soll. Drauff nam er Fedren / Dint’ vnd Bcher allzusammen / Vnd warff den Plunder auß dem Haus’ in Bachus Nahmen / Vnd kauffte vor sein Geld / ein gutes Faß mit Wein / Auch Glser vnd Geschirr / da fleissig bey zu seyn.

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Bald fieng der arme Tropff so trewlich an zu sauffen / Daß man die Thrnen jm den Buhsen sah’ ablauffen Vnd weil die Warheit noch nicht kommet an den Tag So seufft Herr Albrecht fort / so lang’ er kan vnnd mag.

Die Geitzhlse befrchten sich auch daß sie von den Musen arm gefressen werden. epigramma. ALs’ Euclio der karg’ einßmahlen that’ ersehen Ein kleines Muselein / das hin vnd wieder sprangk Jn seiner tuncklen Htt’ auff Sthle / Tisch vnd Banck / Weg / rieff er / fressigs Thier / thu schnell von hinnen gehen. Wie / sprach die schnelle Mauß / ich such’ hie ja kein Brodt / Das frist du selber kaum / nur Herberg’ ist mir noht.

Als die Lwinn aus Mitternacht / Maria Eleonora / deß Allerruhmwrdigsten GUSTAV ADOLPHEN des Grossen / Knigs in Schweden / &c. hertzliebstes EheGemahl / jhr Knigreich verlassend / zu jhrem Herren in Teutschland erstlich war ankommen. Liedt. ALß Schwedenreich ließ seinen Schein Zum Land’ hinauß / zur See hinein Vnd frter so nach Teutschland fahren / Jch meine dich / O Knigin /

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Da rieff dein gantzes Volck: Fahr hin / Der Hchste wolle dich bewahren. Wir lassen dich / doch ohne Lust / Dem Himmel ist es selbst bewust / Wie GOttesfurcht vnd andre Sachen Als’ Vnschuld vnd Barmhertzigkeit / Lieb’ vnd Gedult zur jeden Zeit Dich vnd dein Land berhmet machen. Kaum fuhr dieß Liecht in Teutschland an / Da lieff vnd rieff ein jederman: Ein’ Halb-Gttin’ ist angekommen Sie ist auß Norden ber Meer Zum grossen Helden kommen her / Der vnser sich hat angenommen. Merck aber / was zur selben frist Fr Wunder vns begegnet ist / Wie sie bey vns that’ vmmegehen / Da lest der helle Morgenstern / Der vormals seinen Glantz so fern Zu strecken pflag / sich nimmer sehen. Da wird das Teutsche Reich betrbt / Weil Lucifer den Schein nicht giebt / Den er gewhnlich pflag zu geben / Der Schiffer weis nicht / ob er woll Auch See vnd Wellen trawen soll / Die sich bey eitler Nacht erheben. Die / so deß Himmels Lauff verstehn / Da sie die Venus nirgend sehn Erstarren fast ob solchen Dingen / Ein jeder klagt: Das Morgenliecht /

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Die schne Fackel leuchtet nicht Was wil das vor ein Vnglck bringen? Wie seyd jhr doch so vnbedacht / Die Lwinn’ ists auß Mitternacht So vns die Liechter thut vertreiben / Der Morgenstern ist voller Scham / Weil sie jhm’ allen Glantz hinnam / Drumb wil er nicht am Himmel bleiben.

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Ein Geitzhalß schewet sich nicht vmb eines schendlichen Geniesses willen allerhand Snde vnd Missethaten zu begehen. sonnet. ES ist der schnde Geitz ein Vrsprung aller Snden / Denn wer sein gantzes Hertz nur auff das leichte Geld Vnd nicht auff Ehrbarkeit vnnd Tugend hat gestellt / Der darff sich aller Schand’ vnd Laster vnterwinden Ein solcher karger Filtz kan gleichwol gar nicht finden Die rechte ware Frewd’ vnd was man rhmlich helt / Ohn nur den schnen Koht vnd eitlen Schaum der Welt / Da thut er seine Seel’ / Hertz / Sinn vnd Muht anbinden. Der Geitz beweget jhn / daß er voll Trug vnd List Sein Vaterland verlest vnnd aller Trew vergist. Sein Leben ist jhm feil / weil er so sehr begehret Das angenehme Gold / jhm’ ists ein kleine Sach’ Ob er zum Heuchler wird / er fraget nichts darnach Ob er gleich Leib vnd Seel / ja Gott dazu verschwehret.

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Lob der Jungfrawschafft Das ist:

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Poetische Beschreibung der vhralten / jedoch sehr denckwrdigen Geschichte / welche sich zugetragen zwischen einem vngerechten Rmischen Richter / Appius genant / vnnd der keuschen vnd zchtigen Jungfrawen Virginia, wie dieselbe von dem / in vnzchtiger Liebe ersoffenen Appius, dem schnden Claudius auff offenem Marckte zu Rom / vor eine Leibliche Tochter ist zuerkennet / worber sie endlich von jhrem eigenen Vater dem Virginius erstochen / hernacher von dem gantzen Rmischen Volcke jmmerlich beklaget / der vngerechte Appius aber von den Rmern ins Gefengnisse geworffen / zum Todt verurtheilet / vnd bald darauff die gantze Rmische Regierung wegen dieser schendlichen That fast gar verendert / die zehen Mnner jhres bißhero gefhrten Ampts entsetzet / vnd die gantze Regierunge den Brgermeistern vnnd Zunfftmeistern wiedrumb ist anbefolen worden / wie solches der weitberhmbte Geschichtschreiber Titus Livius im dritten Buch seiner Rmischen Historien weitleuftiger hat beschrieben / woselbsten der guthertzige vnd begierige Leser selber ferner kan nachschlagen. MAn sag’ auch was man wil / es ist doch hoch zu heben Ja ber alles fast / das Jungfrewliche Leben Drumb wird die Jungfrawschafft fast mehr denn sichs geziehmt Von der Poeten Volck’ in Schrifften so gerhmt. Der ist kein Mensche nicht / der diesen Standt zu schenden Sich vnterstehen darff / der doch an allen Enden Durch manche keusche Seel’ / es sey Printz oder Hirt (Hie gilt kein Adel nicht) so hoch gehalten wird. Dieß Lob der Jungfrawschafft / das hat vor andren allen Den Edlen Rmern zwar dermassen wol gefallen / Daß auch Virginius die Menschheit auß der acht Gelassen vnd sein Kind darob hat vmbgebracht. Denn / wie der Appius das grosse Rom regierte /

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Vnd mit noch andern neun ein schendlich Leben fhrte / Da ward er angesteckt von toller Liebe Flamm / Der Flamme die jhm Witz vnd alle Sinnen nahm. Es war ein Jungfrwlein vom Pbel zwar erbohren / Jedoch in Freundligkeit vnd Schnheit außerkohren / So / daß an jhrer Zucht die weitberhmte Stadt Viel sonderbahrer Lust vnd groß gefallen hat’. Ein solches Bild / das war Icilius verheissen Der nun das feste Schloß der Jungfrawschafft zerreissen Vnd bald erobren wolt’ / ach aber viel zu spaht’! Es kam hinzwischen die so vnerhrte That: Denn / als der Appius, voll Lieb’ vnd ohne Sinnen Vermeynte durch Betrug die Jungfraw zu gewinnen / Befahl’ er Claudius zu thun all was er kan / Zu streiten sie sey sein / da geht der Handel an. Der Vater war ins Heer den Rmern nachgezogen / Gedachte gntzlich nicht so werden zu betrogen Vnd vmb sein Kind gebracht / vnd der sie lieben that’ Jhr Brutigamb Icil war eben in der Stadt. Es kam der Tag heran / da man Recht solte sprechen Da zog der Richter auff mit Claudius dem frechen Der von dem Richter selbst diß allerliebste Pahr Zu trennen (o der Schand’!) ohnlengst bestellet war. Die Jungfraw war auch selbst sampt Claudius frhanden / Der sie dem Appius zu schnder Lust vnd Schanden Bald berlieffern wolt’; Er sprach den Richter an: Mein ist dieß Jungfrewlein / drumb ich nit ruhen kan / Biß mir dieselbe wird in Gt’ herauß gegeben / Wo nicht / so wag’ ich Gut / Blut / Ehr / ja Leib vnd Leben / Weil sie vor langer Zeit nur durch Betrug vnd List Jn deß Virginius sein Hauß gestohlen ist. Die Reden machten zwar den Rmern viel Gedancken / Ein Theil / das glubt’ jhm schier / ein Theil das thate wancken’ / Biß daß Icilius der Schnsten Brutigam Vnd Numitor jhr Ohm auch zu dem Handel kam.

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Sie sahen wie so gar der Appius verblendet Jn toller Liebe saß / zu dem’ Icil sich wendet / Vnd sprach: O Jupiter, muß ich denn schawen an Das Vnrecht das man mir an meiner Braut gethan? Vnd du / O Appius, wilt du das noch verheelen / Daß dir die Tugend vnd Gerechtigkeit thut stehlen Der du dich schewest nicht / auß sehr verstocktem Sinn’ Ein frembdes Lieb zur Schand’ vnd Schmach zu reissen hin? Kein Mensch’ vnd wehr’ er auch viel kecker alß die Lwen Soll jhre Seel von mir vnd mich von jhr entfreyen / Mein Leben ist nun jhr / drumb lieb’ ich sie auch mehr Als dieses Rom / vnd wenns der Himmel selber wehr. Lass’ alle deine Macht / laß Beil vnd Bttel kommen / Virginia die wird mit Waffen nicht genommen / Es sey denn / daß man mir mein junges Leben krtz’ Vnd erst dieß trewe Blut auß seinen Adren strtz’. O schnder Appius! Wer hat denn dir erlaubet Daß du nur nicht allein die Brger hast beraubet Der Freyheit / daß sie nun / O Wtrich / ins gemein Der zehn Tyrannen Knecht’ vnnd arme Schlaven seyn. Habt jhr nit Fried’ vnd Krieg ja alle Macht in Hnden / Vnd wollet noch dazu vns Weib vnd Kinder schenden So / daß kein’ Edle Magd vor ewrem Trug vnnd List (O weh der bsen Zeit!) nicht mehr gesichert ist? Wolan / ich schwehr’ es dir / wirst du die Lust nit zehmen Die dich besessen hat / wirst du mir diese nehmen Die mich nicht sterben lest / so wil ich Mann fr Mann So hie verhanden seyn vmb Beystand ruffen an. Jhr Vater / ob er gleich vor dießmahl nicht zu gegen / Kan er die Brger doch im Lger leicht erregen Daß auch auff seine Bitt’ ein wolgebter Hauff’ Auß vnser Ritterschaft auffs schleunigst zieh’ herauf. Vnd knnen wir dennoch dein Hertze nicht gewinnen / So wollen wir zumal die Gtter vnd Gttinnen Vmb beystand ruffen an / ja letzlich soll mein Blut

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Das meiner Liebsten ist / bezwingen deinen Muht Vnd ohnbewegten Sinn. Jhr wil ich gantz mir geben Als’ einer die mir giebt ja auch erhelt mein Leben Ey sterb’ ich denn / so bleibt dennoch mein Hertze rein / Jch wil todt / lebendig / jhr trewer Diener seyn. So sprach Icilius mit vnerschrocknem Hertzen / Der Richter saß betrbt / voll zweiffels / Lieb’ vnd schmertzen Gab endlich den Bescheid / daß auff den andren Tag Wann nur der Vater kehm / man abermal die Klag’ Vnd Antwort hren solt’ / es ward hiemit gestillet Biß daß der Tag anbrach’ / an welchem wrd’ erfllet / Was Appius vorlengst auß Wollust hat’ erdacht Zu richten in das Werck; Kaum war die finstre Nacht Vnd der gehrnte Mond mit seinem Schein vergangen / Da kompt der Rmer Volck mit Forschen vnnd Verlangen Herwieder auff den Platz / der Richter ist bereit / Es steht jhm Claudius der Klger an der Seit’. Jndessen hat’ es auch Virginius vernommen / Der war in schneller eil die Nacht herein gekommen Daß er zu gegen wehr dem nie erhrtem Recht’ Vnd seine Tochter als’ ein Vater schtzen mcht’. Als nun ein grosses Volck den Außgang zu beschawen Versamlet war / da kompt die Sonne der Jungfrawen Jhr Vater tritt voran / sieht wie ein Tygerthier Die Jungfraw geht hernach’ / jhr Liebster neben jhr. Drauff kam ein grosses Volck von Freunden vnd verwandten Die dieses Mgdleins Zucht vnd grosse Tugend kanten / Die wolten alle noch auff jhrer Seiten stehn / Vnd wo die Sach’ hinauß zu guter letzte sehn. Fr allen andren war sehr klglich anzuschawen / Daß sie begleitet gieng von so viel Edlen Frawen / Die still’ vnd kmmerlich die langbewahrte Ehr Der zarten Jungfrawschafft beweinten gar zu sehr. Der Klger tratt hervor / fieng an zu wiederhohlen Was gestren war gesagt / sprach: Jhm wehr abgestohlen

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Die Jungfraw / wie sie noch in Wieg’ vnd Windlen lag / Die doch sein eigen sey / auch biß auff diesen Tag. Drumb bitt’ er abermal / der Richter woll’ jhm fellen Ein Vrtheil / daß man jhm die wiedrumb zu zustellen Sich nicht verwegre / die doch vor sein eigen sey Vnd schon vor langer Zeit durch lose Dieberey Bey Nacht entfrembdet sey. Dieß hret nun mit schmertzen Virginius, der kaum auß hochbetrbten Hertzen Ein Wrtlein sprechen kan / als dieses nur allein: O wehrtes Rmer-Volck / die Jungfraw die ist mein Drauff bringet er herfr viel wolbeglaubter Zeugen Dadurch die Brger zu Virginius sich neigen / So / daß fast keiner ist / der nicht je mehr vnd mehr Thut ruffen / daß dieß Kind Virginius gehr’. Jn dem nun alles Volck das Vrtheil anzuhren Sehr groß verlangen trgt / da thut die Lust verkehren Deß leichten Appius Hertz / Reden vnd Verstandt / Vnd wird dem Claudius die Jungfraw zuerkant. Der gantzer Hauff’ erschrickt / der Vater wird voll zagen / Der Brutigamb halb todt thut jmmerlich beklagen Dieß vngerechte Recht / die Jungfraw lebet kaum / Hierauf kompt Claudius vnd macht jm selber raum / Ergreifft das Jungfrewlein / dieselb’ hinweg zu fhren / Der Vater wehret jhm / du solt sie nicht berhren Rufft er / O schnder Mann / es soll mein Tchterlein Nicht Appius, nicht dein / es soll Icilen seyn. Dieß wird kein Rmer nicht von dir / Tyrann’ / erleyden Du solt mein liebes Kind vnd andre Tchter meiden Die nicht dein eigen seyn / man lebt ja nicht allhie Der geilen Wollust nach / gleich wie das dumme Vieh’ / Jch lass’ es nimmer zu. Als’ Appius dieß hret Da wird er strcker noch als je zuvor bethret Ergrimmet hefftiglich vnd spricht: Jhr Hscher geht Vnd machet Platz vnd Raum da die Schlavinne steht. Du Claudius mein Sinn / was dir ist zugesprochen /

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Vnd du Virginius, was gilts es wird gerochen An dir der stoltze Muht. Kaum war sein reden auß / Da trente sich das Volck / vnd etlichs gieng zu Hauß’ / Als nun Virginius sehr leichtlich konte sphren / Daß Claudius sein Kind von hinnen wrde fhren / Weil jhn der Hscher Macht verhinderte so gar / Erdacht’ er einen Raht der Muht- vnd Blutig war. Er sprach: Herr Appius, hab’ ich zu viel verschuldet / Wolan / verzeih’ es mir / kein Vater der erduldet Daß man die seinen schlag’ / auch giebt es keiner zu Daß da ein Frembder komm’ vnnd jhnen Vnrecht thu. Drumb bitt’ ich / dieses mir auffs letzte zu vergnnen / Daß ich die Amm’ erfrag / wie es geschehen knnen Daß man dieß Jungfrewlein ohn’ allen meinen Raht Zur Tochter in mein Hauß damals erkohren hat. Kaum hatt’ er dieß gesagt / er nam sie bey den Hnden Vnd that sich listiglich hin zu den Fleischern wenden Da jhre Bncke stehn / da fand er ohngefehr Ein Messer groß vnd scharff der Metzger Schlachtgewehr. Er sprach: Jch lasse dich mein Kind nicht vntertretten Vnd kan ich dich denn nicht auff andre Weg’ erretten Wolan so nimm dieß hin / (Ach vnerhrter Schmertz!) Er stst jhr grimmiglich das Messer in jhr Hertz’ / Vnd schawet schnell zu rck / spricht drauff mit stoltzen Worten Dieß Opffer ist fr dich. Es leufft von allen Orten Die gantze Stadt herzu / der Appius wird toll Vnd schreyet / daß man schnell den Thter fangen sol / Der schtzet seinen Leib mit dem geferbten Eisen / Schlegt jederman zu rck’ vnd eilet fort zu reisen Dem Thor’ vnnd Lager zu / obs gleich voll Hscher steht Sie halten jhn doch nicht / Virginius entgeht. Hiezwischen liegt der Leib von tausend Mann vmbgeben Vnd tausend noch dazu / die schmertzet / daß jhr Leben Dieß zarte Jungfrwlein in jhrem besten Lauff Durch Appius Begierd’ hat mssen geben auff.

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Jhr Vetter Numitor, wil gleich vor Angst versincken / Er giebt sein Hertzeleid nur an den Tag mit wincken / Denn reden kan er nicht. Icil in solcher Noht / Jhr liebster Brutigamb der lebet vnd ist todt. Bald steht / bald kniet er / bald felt er zu den Fssen Der allerschnsten hin / bald feht er an zu kssen Den Alabaster Mund / bald schreyet er mit Macht: Ade Virginia zu tausend guter Nacht! Wer wird mich Armen nun in meiner Angst erquicken? Ach weh mein mattes Hertz / das wil im Blut’ ersticken Jm Fewr vnnd Blut zugleich’ / in welchem es noch schwimt / Eh mir der ssse Todt das bittre Leben nimpt. So rieff Icilius. Was soll ich ferner sagen? Es war so hefftig groß der Edlen Weiber klagen / Daß in der gantzen Stadt die Echo jhren Klang Nur von Virginia durch alle Gassen zwang. Ein Theil / das thate nichts als grimmiglich verfluchen Deß Appius Begierd’ / ein Theil das wolte suchen Rach ber alle Rach / die andre priesen nur Die Jungfrewliche Zucht vnd zchtige Natur. Kein Ritter war so hart / kein Held so groß von Thaten Der nicht / so bald er tht an diesen Ort gerahten Viel tausend Seufftzerlein auß seiner Seelen bließ Vnd Thrnen ohne zahl hin auff sie fallen ließ. Denn / wer deß Vaters Pein / der Anverwandten Schmertzen Den vnerhrten Fall / die nun geschiedne Hertzen Vnd das vergossne Blut nur einmal recht bedacht’ Es fehlte nicht / er ward in schwehres Leid gebracht. Hie lag Virginia durch Vaters Hnd’ erschlagen Biß man sie auff Befehl der Freund’ hat hingetragen Vnnd kurtz hernach verbrand / drauff sagt’ ein jedermann Nur anders nichts / als das / was Appius gethan. Der Vater ließ in deß sein schnelles Rßlein traben Dahin / da alles Volck der Rmer lag vergraben / Der junger Held Icil, stieg’ nach begangnem Mord’

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Auch auff sein Pferd / vnd rant’ an einen solchen Ort Da denn zum guten Theil die andre Brger lagen / Denselben seine Noht vnd grosse Schmach zu klagen / Damit der Appius wrd’ endlich abgestrafft Vnd dessen schnde Lust auß Rom hinweg geschaft. Virginius kam an mit frischem Schweiß besprtzet Von Lieb’ vnd schneller Rach’ aufs allerstrckst’ erhitzet Fhrt’ in der rechten Hand sein grawsames Gewehr Das vom geronnen Blut’ annoch war feist vnd schwehr Sprach: Edle Rittersleut’ / ach kan euch nicht erweichen Dieß Eysen / dieser Schweiß / die Jungfrawschafft deßgleichen Der Cron Virginia, die nun gebsset ein / So seyd jhr alle ja viel hrter als’ ein Stein. Ach! Ach / was hilfft es doch / daß wir zu Felde liegen Jm Regen / Hitz’ vnnd Schnee / daß wir durch langes Kriegen Erweittren vnsre Stadt / bezwingen Land vnd Leut’ / Vnd ist doch keiner nicht vor Appius befreyt Vnnd dessen losen Rott’; Ey thut euch selbst ermannen / Beschirmet Weib vnd Kind vor diesen zehn Tyrannen Erhaltet Zucht vnd Ehr’ vnd steuret solcher Macht / Der Macht / dadurch mein Kind nunmehr ist vmbgebracht. So sprach er / biß zuletzt auff einen Hgel tratten Vierhundert / vnnd noch mehr / die jhn begleitet hatten Biß dahin auß der Stadt / die zeugten von der That Vnd gaben allzumahl den langerwnschten Raht / Daß man sich rsten tht’ auffs schleunigst abzuschaffen Die Herrschafft dieser Zehn vnd Appius zu straffen Bald rieff das gantze Heer: Auff / auff / nach Hauß nach Hauß / Man treibe die Gewalt der Zehn zur Stadt hinauß. Da gieng die Reise fort / die Paucken ließ man klingen Das Volck zusammen ziehn / die Fahnen frewdig schwingen

So kamen sie zu Haus’ ohn’ einige Gefahr Vnd zogen in die Stadt / da auch Icil schon war. Das Volck / das Edle Volck / fieng an sich zu erheben

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Sie wolten nun hinfort in mehrer Freyheit leben Drumb zwungen sie die Stad / vnd sonderlich die Zehn / Daß sie von jrem Ampt zur Stund’ ab musten stehn. Was Appius betrifft / der konte nicht erlangen Verzeihung seiner Schuld / sie brachten jhn gefangen Zum finstren Kercker ein / in welchem er zu letzt Voll Schand’ vnd Zweiffelmut sein Leben zugesetzt. So ist dieß falsche Recht / so ist die Lust vergolten Von denen zwar die auch gar nicht gestatten wolten Daß Keuschheit / Ehr’ vnnd Zucht an jhrem Weib’ vnd Kind So leicht geachtet wrd’ als der so leichte Wind. Es wil Virginius die Jungfraw lieber tdten Als daß ein ander jhr mit drewen solt’ abnhten Jhr allerthewrstes Pfand / ein Pfand das sie so hart Vor jhren Brutigamb Icilius verwahrt. Dieß ist ja lobens wehrt / so thaten blinde Heiden Vnd die wir Christen seyn / wir knnen Vnzucht leyden Ja helffen noch dazu / drumb wissen wir auch kaum Was Ehr’ vnd Tugend heist / weil aller Laster Schaum Der Tugend hat den Paß dermassen starck gehemmet / Daß auch das Vaterland mit Schand’ ist berschwemmet. Wolan / es sey die Zucht hinfort der Jugend Ziel Schn ist die Jungfrawschafft man sag’ auch was man wil.

Poetischer Lustgarte

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Als der hochlblichste Knig aus ­Schweden Gustav Adolph der Grosse / gotseligsten ­andenckens zum ersten mal in Deutschland ber den Rhein zog. Der Rhein redet GUSTAVUS an. GLckselig sey die Stund’ in der du her bist kommen O mchtiger Monarch’ vnd dich hast angenommen Der Armen Noht vnd Klag’ / jetzt muß ich stille stehn / Mein Helffer vnd mein Schutz / dich frlich anzusehn. Du hast O grosser Held gar recht dich vnterstanden Zu lsen meine Stt’ auß den verfluchten Banden Der bittren Dienstbarkeit / du wirst zerstren bald Was mir bißher den Lauff gehindert mit Gewalt / Die Schantzen mein’ ich / die der Feind hat auferbawet Der arge Feind / der dir doch frter nicht mehr trawet. Wolan / bleib’ ohnverzagt / mein Wasser ist wol wehrt / Daß man vmb seine Ruh’ ein wenig Zeit verzehrt. Geliebt dir eine Brck’ auff meinem Fluß zu legen? Jch wil dir stille stehn / ohn alles Fluht erregen / Denn weil du kommen bist / zu grssen mich / den Rhein / So wil ich danckbahr vnnd Gustavus eigen seyn.

Als Jhre Knigliche Mayesttt in der Schlacht vor Ltzen ritterlich streitend war vmbkommen. Der Rhein redet abermal. GLckselig war die Stund’ / in welcher ich getragen Den allerthewrsten Held / den Held der mich auß Plagen Ja schier vom Tode riß / der in so kurtzer Zeit

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Warff von mir ab das Joch der schwehren Dienstbarkeit. Jch wolte danckbar seyn / ich ließ mich berschreiten / Jch ließ jhn ber mir ein Hltzern Steg bereiten / Jch gab jhm freyen Paß / lag drauff in ssser Ruh’ Vnd sah’ in Stilligkeit den schwehren Kriegen zu. Jch hat’ auch grosse Frewd’ ob seinen hohen Thaten / Dadurch dem Teutschen Reich war trefflich wol gerahten / Vnd als er mich verließ vnd ferner zoh’ hinein / Da war mein steter Wunsch / mit vnd bey jm zu seyn. Nun ist mein Wnschen auß / nun ists vmb mich geschehen / Nun werd’ ich jhn / vnd er hinfort mich niemals sehen / Ey drumb verfluch ich dich / o Fewr / weil deine Macht Den thewren Kmpffer hat ins finstre Grab gebracht. Nun muß ich strenger als zuvor mit Flammen streiten Durch praßlen vnsern Held’ ein Trawrlied zu bereiten / Denn weil er mich / so hoch geliebet seinen Rhein / So wil ich auch im Todt Gustavus eigen seyn.

DEMOCRITUS HERACLITUS. epigramma. DEmocritus der pflag ein jeglichs zu belachen / Vnd Heraclitus weint’ auch oft vmb schlechte Sachen / So lang der Himmel schwebt / so bleibet wol im Streit Daß Trawren vnd die Lust / das Lachen vnd das Leid.

Poetischer Lustgarte

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Deß einen Glck ist deß andern Vnglck. epigramma. DAs wunderbahre Glck / verwechselt vns die Zeiten Thut bald dem einen Lust / dem andren Leid bereiten / Dem einen bringts in Frewd’ vnd andre viel’ in Noht / Deß einen Leben ist deß andren bittrer Todt. Die Last wird einem ab / dem andren auffgeladen / So wird auch keiner Reich / nur mit deß Nechsten Schaden / Der Krieg gebiehrt den Fried’ / im Fried’ entsteht der Krieg / Deß einen Niederlag’ ist stets deß andren Sieg / Verlieren ist Gewin. Wil einer viel erwerben / So muß sein liebster Freund jn reich zu machen / sterben. Das eine muß vergehn / wans andre wachsen soll / Ja / lebt der Fromm’ in Angst so gehts den Schlcken woll.

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LUDOVICUS VIADANA, der vortrefflicher vnd weitberhmter Musicus; erster Erfinder der ­Concerten. DEr Orpheus konte zwar die Bum’ vnd Thier’ erregen / Amphion wuste Stein’ vnd Berge zu bewegen / Vnd als Arion schwam halb todt / im grnen Meer Da hielt ein Wasserschwein jhm seinen Rcken her. Noch mssen sie zumal dem Viadana weichen Als’ der die Erden / Lufft vnd Meer thut berreichen / Der Himmel lobt jhn selbst / drumb zeugen diese drey Daß Viadana lengst jhr Printz vnd Meister sey.

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Auff das bekandte Sprichwort: Was geht doch ber WeiberList? Jn einer lustigen Geschicht / von der ­vngetrewen NeÆra, vnnd deroselben erwrgten Manne / ­Appius genant / auß eines Frantzsischen Poeten Erfindunge.

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NEæra Mann war ber Land Von seinem Herren außgesand / Daß er ein’ angelegne Sach’ An frembden Orten richten mag’ Vnd wann er die gerichtet auß / Alß denn bald wiedrumb kehm zu Haus’ Vnd meld’ es seinen Frsten an / Was er gelassen vnd gethan. Jn dem’ erhrt man ein Gercht’ Als’ ob er nunmehr lebe nicht / Er sey ohnlengst bey finstrer Nacht Jm Wald’ erwrgt vnd vmbgebracht / Vnd leg’ jetzt mitten in dem Pfadt Zwlff gantzer Meilen von der Stadt Jm Regen / Hitz’ vnd Sonnenschein / Man solt’ jhn schleunigst hohlen ein. Ein ander sagt’: Es wehr nicht war / Herr Appius lebt’ ohn Gefahr Ja sey auch noch verletzet nicht / Es sey nur Lgen vnd Gedicht Was man von dieser Vnglcks Nacht Auß Schertz’ hab’ auff die Bahn gebracht. So rieff der ein’ es wehr geschehn / Ein ander wolt’ es nicht gestehn / Doch war der Jmmen schwetzer Zahl Viel grsser noch / die allzumahl

Poetischer Lustgarte

Bezeugten fast mit Hand’ vnd Mund Daß Appius noch wehr gesund Vnd wste gar von keiner Pein Er wrde bald zu gegen seyn. Als dieß sein junges Weib vernam / Vnd auff den Marckt gelauffen kam / Hilff GOTT wie rieff das liebe Kind Sie warff die Hauben gar geschwind Vom Kopff’ herab vnd rieß die Haar / So / daß es zu erbarmen war. Sie schrie: Ach weh / ich armes Weib / Mein Schatz / wo find’ ich deinen Leib / O Appius mein liebster Mann / Ach weh’ ach weh / was fang’ ich an? Sag’ an mein Schatz / wie weit von hier’ Hat dich der Todt entzogen mir / Sag’ an / bekenn’ es ohne schew’ Ob auch noch Leben in dir sey / Wo nicht so hohl mich arme nach / Wie kan ich solches Vngemach Erdulden O mein Appius, Daß ohne dich ich leben muß? Ein finstres Grab ist mein Begehr / O ssser Todt / komm’ eiligst her Vnd wrge mich von stunden an / Weil ich nicht lenger leben kan. So schrie das Weib / jhr Leid war groß / Manch tausend Thrnen sie vergoß Ja wrang die Hnd’ vnd schlug die Brust Daß es die Stein’ erbarmen must’ / Vnd ob gleich viel’ jhr schrien zu / Daß sie doch stnd’ in guter Ruh’ Es hette nicht so grosse noht /

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Jhr Appius wehr nimmer todt / So halff es alles nicht ein Haar / Neæra rieff noch immerdar / Ja heulte so erschrecklich sehr / Als’ ob sie nicht bey Sinnen wehr / Biß daß man endlich jhren Mann / Der gleichwol todt war / bracht’ heran / Gantz blutig lag’ er ohne Sarck / Vnd wie er nun kam auff den Marckt Da schwieg das Weib / vnd gieng zu Haus’ Jhr Leid vnd Klagen das war auß / Sie ließ hinfort kein Seufftzerlein Ein andre mchte trawrig seyn / Sie aß vnd tranck mit solchem Muht’ Als mancher kaum zur Hochzeit thut / Recht frlich war jhr Angesicht / Bey jhr war mehr kein Trawren nicht / Nur schertzen vnd spatzieren gehn / Den gantzen Tag im Fenster stehn Bey guten Freunden frlich seyn / Das war jhr’ Arbeit ins gemein. Dieß wunderte manch frommes Kind / Wie sich das Weiblein so geschwind’ Auß so gar grosser Trawrigkeit Doch schicken knt’ in solche Frewd’ Vnd war doch gleichwol keiner nicht / Der forschen dorfft’ auß jhr Bericht / Weil Fraw Neæra nicht nur zahrt / Auch reich vnd wehrt gehalten ward / Biß endlich jhre Muhme kam Vnd sich zu fragen vnternam / Was dieß doch vor ein Handel wehr / Daß sie zuvor so mechtig sehr Getrawret / da sie doch nicht gar

Poetischer Lustgarte

Vnd eigentlich berichtet war Von jhres liebsten Mannes Todt / Jetzt aber da sie selbst die Noht Mit Augen leider angesehn / So wehr’ es vmb jhr Leid geschehn / Sie sng’ vnd spring’ es wehr behend’ Jhr Trawren schon vorlengst zum End’ / Ein solcher Wechsel der km’ jhr Vnd vielen frembd vnd seltzam fr Sie mchte doch zu dieser Stund’ Jhr allen Handel machen kund? Ja / sprach sie / Muhme / weiß sie nicht Wie mit den Weibern offt geschicht / Als’ ich vernam die newe Mehr / Wie daß mein Mann erschlagen wehr’ / Vnd bald ein ander kam vnd sprach: Es wehre nichts noch an der Sach’ / Ey wol / da war es weinens Zeit / Da klagt’ ich nur der Wscher Streit / Denn einer sprach: Mein Mann wehr’ hin / Der ander schlug mirs auß dem Sinn’ Vnd weil sein Todt war mein Begehr / So ward mir Angst / drumb schrie ich sehr / So lang’ ich noch im zweiffel stund Beklagte sich mein bleicher Mund / Jch muste sorgen frh vnd spht Daß er vielleicht noch leben tht. Drumb schrie ich biß der Leichnam kam Vnd ich den rechten Grund vernam / Da ward ich heimlich froh’ vnd still’ / Erfllet war mein Wunsch vnd Will’ / Jch kam auß aller Angst vnd Noht Jn schnelle Lust / denn er war todt. Jetzt bin ich nun mein eigen Herr /

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Was wolt’ ich doch begehren mehr? Nun / lob sey GOTT / mein Leid ist hin / Dieweil ich frey vnd ledig bin. So sprach das Weib. O leichtes Thier! O falsches Hertz das fr vnd fr Den Raben solt’ ein Futter seyn / Geh / scheme dich ins Hertz’ hinein. Jst das wol Lieb’ ist das wol Trew? Jch muß mein Vrtheil sagen frey: Wann dieß wehr’ aller Weiber Sinn / Man ließ sie stndlich fahren hin Mit Leib’ vnd Gut ins finstre Grab So kehm der Mann der Marter ab Vnd wrde von dem Thier’ erlst Doch ist dieß frommer Mnner Trost / Daß sie nicht seyn all’ einer Haar / Wiewol das Sprichwort bleibt mir war Das nicht so new erfunden ist: Was geht doch ber Weiber List?

Auff den weitberhmten Frantzsischen ­Cardinal, Armandus Johannes de Plescis, sonst Richelieu genant.

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SO man mit Fug’ vnd Recht von einem jetzt kan sagen / Er sey dem Sprichwort nach bald hie bald da beschlagen / Dazu von Tapfferkeit auch Witz vnd Kunst bekand / So ists der Cardinal von Richelieu genant. Die Pallas hat jhn selbst in Windlen auffgeseuget Vnd Phœbus hat sein Hertz zur Wissenschafft geneiget Der Mars zur Kriegesschul / ja / daß man nie gedacht

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(a) Bellona hat jhn lengst zum Capitain gemacht. Sein grosser Knig zwar pflegt sich vnd all sein Leben Der ohnverflschten Trew’ vnd Mannheit zu ergeben Die er an diesem Held’ vnd hocherfahrnen Raht Sowol im Fried’ als Krieg’ allzeit verspret hat. Diß aber war sein Thun / dieß war Armandus leben / (b) Daß er in schneller eil gantz Welschland machte beben / Damals / als’ er getrost den Harnisch zu sich nam / (c) Vnd mit viel tausend Mann nah’ an Thurino kam. Saphoyen das erschrack vnd frchtete die Waffen Deß tapffren Cardinals / die niemand liessen schlaffen / (d) Wie daß an Pinarol, der festgebawten Stadt Armandus Fertigkeit sehr streng’ erwiesen hat. (e) Jch wil hie nicht einmal Avigliano nennen / Er selber / Spinola, der muste frey bekennen / Daß Richelieu kaum hett’ in dieser KriegesZeit Viel Helden die jhm gleich an Witz’ vnd Tapfferkeit. Vnd ob jhn gleich der Neid vermeinte gar zu fressen / Hat er doch seiner Trew’ am Knig nie vergessen / Dieß zeuget alle Welt wo Richelieu bekand / Am allermeisten noch sein eignes Vaterland. „Dieß muß ein khner Held fest’ ins Gemhte fassen / „Daß auff die Tugend nichts erfolget als das Hassen / „Denn wo Kunst / Mannheit / Witz vnd Muht verhanden ist „Da schleichet auff dem Fuss’ hernach der Neider List. Dieß hat der Cardinal sehr offt’ erfahren mssen / Wann seine Feinde sich so grob vermercken liessen Erbohten sich dazu / jedoch mit falschem Schein / Sie wolten trewer noch / als’ er / dem Lande seyn. Fahr wol O Richelieu, fahr wol / vnd laß sie neiden / Dein Lob hat noch kein Ziel / sie mssen dennoch leyden Daß Spanien selber sagt: Du wissest gar zu wol Wie man im Fried’ vnd Krieg sich recht verhalten soll.

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Anmerckunge ber etliche Verß dieses Gedichtes.

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(a) Bellona hat jn lengst zum Capitain gemacht. Jm Jahr tausend / sechshundert dreyssig / hat Ludwig der Dreyzehende / Knig in Franckreich / den Cardinal Richelieu, zum FeldObristen ber sein gantzes gewaltiges KriegesHeer / das er in Welschland zuschicken Vorhabens war / erkleret vnd bestetiget. (b) Daß er in schneller eil gantz Welschland machte beben. Eben in demselben 1630. Jahre hat der Cardinal Richelieu, das Knigliche Kriegesheer / welches sich in 40. tausend Mann erstreckte / in Welschland gefhret / vnnd ist auff die Stadt Susa zugezogen. (c) Vnd mit viel tausend Mann nah’ an Thurino kam. Es hat dazumahl der Cardinal auff die Stadt Thurino eine gewaltige Vestung / ja die vornemste Huptstat in Saphoyen gelegen / einen listigen Anschlag gehabt / welcher aber zu frhe entdecket worden / wovon man bey den glaubwrdigen Historienschreiberen ferner mag nachschlagen. (d) Wie das an Pinarol der festgebawten Stadt etc. Pinarolo ist eine starcke vnd auff einem hohen Berge gelegene Vestung / welche der Cardinal Richelieu, ehe er auff die gewaltige Stadt Casal zugezogen / mit grosser Macht hat belgert / die Stadt alsobald in seine Gewalt gebracht / endlich aber auch das Casteel / welches er von vier Battereyen auf das hefftigste beschiessen lassen / weil Spinola benebenst dem Hertzogen von Saphoyen im anzuge war selbiges zu entsetzen / durch gtlichen Vertrag erobert vnd eingenommen. (e) Jch wil hie nicht einmal Avigliano nennen / Avigliano ist gleichfals eine gewaltige Vestung vnd vornehmer Paß in Saphoyen belegen / woselbsten der Durchleuchtigste Frst Carl Emanuel / nach dem er den 16. Julij deß 1630. Jahres bey der Mittags Mahlzeit vom Schlage gerhret worden / sein Leben beschlossen.

Von vngleichem Gebrauch der Heiligen Schrifft. Auß eines anderen Erfindunge. EJn Mrder / wann er sich mit Rauben wil ernehren So thut er seine Seit’ erst durch ein Schwerd bewehren / Ein armer Wandersman / der forchtsam ist vnd still /

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Der nimpt jhm’ auch ein Schwerd im Fall’ er wandren wil Der Mrder hat ein Schwerd / der Wanderßman deßgleichen / Zwo Schwerdter / die doch nicht ein gleiches Ziel erreichen / Weil es deß einen Schutz / deß andren Mordspieß ist So lesen auch die Schrifft ein Ketzer vnnd ein Christ.

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Wann dem Esel zu wol ist / so geht er tantzen auff dem Eise / vnd zubricht ein Bein. ALs’ einer / was ich doch vor schwehr hielt / thete fragen? Da sprach ich: Gute Tag’ ohn’ Arbeit knnen tragen Denn messig bey dem Glck’ vnd vollen Wanste seyn Erfodert kluge Sinn’ vnd starcke Riesenbein. Viel leichter ist es / Noht vnd Vnglck knnen leyden / Als’ immer Frewden-voll den Stoltz vnnd Hochmuht meiden. O wie viel besser ists ins Hauß deß Trawrens gehn / Als tglich sonder Creutz’ in Schertz’ vnnd Wollust stehn. Denn / lebt der Esel wol / so gehts jhm wie dem Frechen / Er tantzet auff dem Eis’ vnd thut ein Bein zubrechen. Hie spiegle dich O Mensch’ vnd lerne durch dieß Bild: Auff gar zu gutes Glck wird mancher gar zu wild.

Herrn Abel Spiessen / Capitainen / Vnd Frawen Gesen Waßmers / seinen hochgeehrten sehr wehrten Freunden. Auff jhrem Hochzeitlichen Ehrentage bergeben. ES war fast vmb die Zeit / daß Phœbus gldner Wagen Ward auß dem Sden hin nach Mitternacht getragen / So daß sein schner Glantz bey vns auch kam herfr /

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Erquickte nach dem Frost / die Menschen vnd die Thier. Damals fieng alle Welt sich wiedrumb an zu regen / Weil man die Tellus sah’ jhr grnes Kleid anlegen Vnd zieren wunderlich diß grosse Menschen-Hauß / Jn dem Natura bracht’ jhr Laub vnd Kraut herauß. Die Lufft ward wiedrumb rein / an statt der weissen Flocken Sah’ vnd erhrte man die leichten Thier sich locken Die Thierlein so die Lufft weit ausser allem zwang’ Erfllen Tag vnd Nacht mit sssem Lobgesang’. Es war die FrlingsZeit / in der sich alles frewet Jn welcher auch Neptun sampt Thetys sich ernewet Weil nunmehr jhre Zier / die Flsse / sind erweicht / So / daß drauff manches Schiff eins nach dem andren schleicht. Der noch halb drre Wald wil jetzt gleich von sich schiessen Der Zweig’ vnd Bletter Lust / so fast verdorret liessen / Die Palmen kriegen Knpff’ vnd brechen mit gewalt Die grne Mutter auff / die Hecken werden alt Vnnd grawen wie der Schnee / der Weinstock an der Sonnen Hat Augen voller Safft vnd Thrnen jetzt gewonnen / Es geilen alle Thier / es blen jetzt zu mahl Narcissen / Tulipen / Violen ohne Zahl. Die keusche Turteltaub’ erseufftzet ohne massen / Sie weis nicht wo sie doch hat jhr Gemahl gelassen / Auch pfeifft die Philomel / so Orpheus dempffen kan / Vnd stimmet nun jhr Lied vom geilen Tereus an. Jr Schwesterlein kommt auch mit warmer Luft gefahren / Weil sich im strern Dach die bunten Spatzen pahren Vnd nun zur Abendszeit / die grnen Wasserthier Jn Smpffen jhre Stimm’ erheben fr vnd fr Damals saß Jupiter auff Merops hohen Spitzen / Bemhet / wie man sagt / die grosse Welt zu schtzen / Er saß in grosser still’ / erwegend hin vnd her Wie alles doch so fein von jhm’ erschaffen wehr’ Er sah’ auch von der Hh’ hinunter in die Tieffen / Vnd schawte wie die Flss’ ins saltze Wasser lieffen /

Poetischer Lustgarte

Auch sah’ er / wie die Thier einander so getrew Verblieben / wie die Lufft war allen Vglein frey / Wie sich die grossen Fisch’ im Meer zusammen hielten / Vnd wie die Wasserthier’ eins wie dem andren spielten / Wie freundlich doch der Lw mit der Lwinnen lebt’ / Vnd Bacchus zarter Baum an seinen Vlmen klebt’. Er sahe Luft vnd Fewr / Taw / Wasser / Erd’ vnd Regen / Er hrt’ auch Æolus bald strmen / bald sich legen / Vnd ob zu Zeiten schon sich Zanck erheben thet / So ward derselbe doch gestillet an der Stett’. Eins nur war brig noch / das lebt’ in stetem Kriegen Der Mensch / das schnste Thier / das wolte nicht erliegen /

Drumb hasset’ es den Freund / ja auch den Bruder wol / Vnd wolte nicht daß der in Frieden leben soll. Er Jupiter sah’ an / der Menschen Kriegrisch Leben / Vnd wie ein grosser Theil den Lastren war ergeben / Auch wie sie tobeten mit Morden / Raub’ vnd Brand / Dadurch verheeret ward so manches Edles Land. Dieß macht’ jhn allzumal so hefftiglich betrbet / Daß / ob er gleich zuvor den Ganymedes liebet / Doch nun vor Trawrigkeit anblicken konte nicht Drumb floh’ er alle Frewd’ auch gar deß Titans Liecht / Ja wnschte daß jn mcht ein tunckler Berg bedecken / Jm wolt’ Ambrosia auch Nectar nicht mehr schmecken / Er hielt sein Angesicht sehr trawrig in der Hand / Biß er sich endlich gar von aller Lust gewand. Dieß hat die grosse Schaar der Gtter bald vernommen / Sind drauff in schneller eil zu ihm hinauff gekommen / Jnsonders der Neptun, Vulcan, Mercurius Bacchus vnd Hercules, Dian’ vnd Æolus Doch ließ ein guter Theil sich damals auch nicht sehen / Denn einer der that hie / der ander dort hergehen Zu thun was sich gebhrt. Als nun der Gtter Volck Den Jupiter ersehn in einer tuncklen Wolck’

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Vnd schwartzen finstren Klufft so sehr bekmmert sitzen Vnd gleich vor grosser Angst BlutsThrnen von sich schwitzen / Da baten sie jhn sehr / daß er doch gieng’ hervor Auß dieser Tunckelheit schnell durch das gldne Thor Zum HimmelsSaal’ hinein / da wolten sie erwegen / Wie man den schwehren Krieg bey Seiten knte legen Vnd schaffen / daß Iren’ ins Edle Teutsche Land An statt deß tollen Mars wiedrumb wrd’ abgesand. Er war zu Fried’ / vnd gieng die Gtter zu vergngen Dahin / da sonsten er mit Juno pflegt zu liegen Jn Honigssser Lust / Olympus wirds genant / Jst der Poeten Volck’ am besten wol bekant’ Damals that Jupiter in seinen Thron sich setzen / Die andre neben jhm; Darauff fieng an zu schwetzen Mit grosser Zierligkeit Mercur, der Gtter Bott’ Vnd sprach mit lauter Stimm: O allerhchster Gott Dir Schpffer vnd Regent’ im Himmel vnd auff Erden / Durch welches Scepters Krafft / das muß erhalten werden Was man zu nennen pflegt Lufft / Flammen / Erd’ vnd Meer / Hie stehen wir bereit / nur daß wir dein Begehr Dein Heissen vnd Gebot gehorsamlich vernehmen / Dich bitten wir / der du sonst mechtiglich kanst zehmen Das / was da lebt vnnd schwebt / ach zehme doch die Pein / Die Pein die dich vnd vns lest niemals frlich seyn. Wir wissen / daß dein Hertz mit Kummer bleibt erfllet / So lang der tolle Grimm von Mars nicht wird gestillet / Der nun so manches Jahr mit Morden / Raub vnd Brand Verheeret jmmerlich das arme Teutsche Land. Ach weh! Dieß schne Reich / das Ehr’ vnnd Gut zusammen So hoch hat aufgebracht / vergeht in eignen Flammen / Jst aller Laster voll / ja hat nicht mehr den Schein Der Tugend / muß dazu sein eigner Hencker seyn. Jch weis / O grosser Gott / daß dir die bittre Schmertzen / Dieß Klagen / diese Noht geht inniglich zu Hertzen / Jch weis auch / daß du gut vnd sehr barmhertzig bist /

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Dadurch du deines Volcks vnd Erbtheils nie vergist. Du hettest ja vorlengst dem Teutschen Reich’ erzeiget Dein trewes Vaterhertz’ / im Fall sich hett’ ereuget Bey jhnen wahre Buß / wann sie der Laster Schaar Vnd jhrer Snden Fluht vertilget gantz vnd gar. Doch weil das Bse bleibt / muß auch die Straffe bleiben Du bist sehr wol befgt sie gntzlich auffzureiben / Es sey denn / daß sie bald von jhren Snden stehn Vnd in der Gottesfurcht auff bessren Wegen gehn. So sprach Mercurius, vnd wie er frter schreiten Vnd jhn vermahnen wil die Flgel außzubreiten Der Vterlichen Lieb’ / vnnd sich nun reuspern thet / Da hren sie ein groß Getmmel an der Stet’. Ey wol / sprach Jupiter, was gilts es seyn verhanden Viel Klger dieser Zeit auß vnterschiednen Landen / Mercuri, schleuß nur auff die Thr’ ans HimmelsSaal / Vnd fhre zu vns her / die Parten allzumal. Die Gtter sassen still’ / erwartend mit verlangen Was doch das Raßlen wehr; Da kam herein gegangen Starck Schnaubend / Toll vnd Voll / Mars, haltend in der Hand Sein Blutgeferbtes Schwerdt / sah’ auß wie lauter Brand. Phœbus war sein Gesel / sie fhrten in der mitten Gefnglich einen Mann von hochgelobten Sitten / Sehr freundlich von Geberd’ auch lieblich von Gestalt / War etwa / so mir recht / bey dreissig Jahren alt. Nun / dieser war sehr fest / doch seuberlich gebunden Mit gldnen Ketten vnd sein frlichs Haupt vmbwunden Mit einem Perlenkrantz’ / auch trug er an der Seit Ein bergldtes Schwerdt zum Schimpff’ vnnd Ernst bereit. Ob dieser nun zwar stund den Schlaven gleich gefangen So war er frewdig doch zu hren mit verlangen Was fr ein Vrtheil jhm wrd’ endlich zuerkand / Worauff der rohte Mars sich zu den Gttren wand’. Vnd sprach: O Jupiter, mein Vnglck muß ich klagen / Sieh / dieser der hie steht / hat sein Gewehr getragen

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Jn meinem tapffren Dienst’ / ist auch zur jeden Zeit Gefunden Trew’ vnd fest nach Teutscher Redligkeit. Nun hat er in der eil die Waffen abgeleget / Vnd ich weis gentzlich nicht / was jhn dazu beweget / Frwar das leid’ ich nicht / ich lass’ jhm keine ruh Er trotz’ auch wie er woll’ vnd spotte noch dazu! Was (sagte Phœbus drauff) was wilt du Schnarcher pralen / Du pflegest ja wol fein die deinen zu bezahlen / Wann sie Leib / Ehr’ vnd Gut fest bey dir zugesetzt So kriegen sie zu Lohn ein Eisern Nuß zuletzt. Schaw / dieser Capitain ist mir vorlengst verbunden Als der in meinem Dienst’ auch so viel tausend Stunden Mit fleiss’ hat zugebracht / wie daß von diesem Mann Mein Wittenberg vnd Jehn’ auch Rostock zeugen kan. Drumb / O Mars, packe dich / ich halt’ jhn vor mein eigen / Wil jhm’ auch bessern danck / als du wol pflegst / erzeigen / Wiewol ich leugn’ es nicht / daß michs zum Theil erfrewt / Daß er so wol zum Krieg’ als Frieden ist bereit. Dieß war Apollo Red’ vnd wie sie ferner zancken Mit grosser Vngestm’ / auch jhrer keiner wancken Noch den gefangnen Mann dem andren lassen wil / Da wird im gantzen Saal’ ein wundergrosse still’ Es ffnet sich die Thr’ vnnd kompt einhero schleichen Ein WeibesBild so mit Diana zu vergleichen Sehr freundlich von Gesicht’ vnd Herrisch von Person / Trug in der Hand ein Buch vnnd auff dem Haupt’ ein Cron / Die Cron war knstlich zwar von Myrthen Kraut gebunden Jedoch nach Wittwen art / mit schwartzer Seid’ vmbwunden / Die Pallas fhrt’ herein dieß Weib in feiner Zier / Auch gieng gantz prchtiglich die Venus neben jhr. Sehr lieblich war dieß Volck den Gttern anzuschawen / Nicht anders als es gieng / da Paris dreyen Frawen Das Vrtheil von der Schn’ einsmahls außsprechen solt’ Vnd jhm’ ein jede Fraw was kstlichs schencken wolt’. Es war auch dieses Bild sehr festiglich verstricket

Poetischer Lustgarte

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Mit einer Perlen Kett’ / vnd als sie nun erblicket Deß Jupiters Gezelt / da wurden sie voll Frewd’ Vnd neigten jhre Knie mit grosser Hffligkeit. Mars, Phœbus, vnnd jhr Gast die musten damals schweigen / Als sich dieß schne Volck den Gttern that’ erzeigen Jn jhrer Herrligkeit / ja der gebundne Mann Stund gleichsam gar entzuckt vnd sah die Weiber an. Das mal war Venus schier vom Eyffer gar bezwungen / Verklagte Pallas sehr / wie sie darnach gerungen / Daß sie dieß schne Weib bey jhr zu jederzeit Behalten mcht’ auff das von aller Frligkeit Sie gantz geschieden ab jhr noch sehr junges Leben Den bittren Wittwenstand’ ohn’ Ende solt’ ergeben / Das konte ja nicht seyn / sie mste vor was mehr Erfahren was die Eh’ vnd rechte Liebe wehr. Hie thate Pallas zwar der Venus widersprechen Vnd sagte: Daß sie nicht das Ehband wolte brechen / Nur / weil dieß liebe Weib getretten in den Stand Der Witwen / hette sie zu jhr sich nun gewand. Was solte Jupiter, was solte Juno sagen? Sie hrten Phœbus, Mars, Pallas vnd Venus klagen / Die appellierten zwar ans Ober-Hoffgericht’ Vnd wolte keiner doch dem andern weichen nicht. Da sprach der grosse Gott: Hie ist kein Raht zu finden / Wer wil sich diesen Streit zu scheiden vnterwinden? Mars trotzet auff sein Recht vnd spricht: Der Mann ist mein / Die Waffen sind von jhn / Apollo der sagt / nein. Hie wil die Venus auch die schne Fraw behalten / Die Pallas sagt auch nein / das lass’ ich sie nicht walten Sie steht in meinem Dienst’ / jhr Gtter saget an Wie man die Parten doch durchs Recht befrieden kan? Sie rieffen allzumal: Hie ist kein Schluß zu machen O hchster Jupiter, es sind verworne Sachen Ein jeder spricht fr sich vnd pochet auff sein Recht / Es ist bedenckens wehrt / der Handel ist nicht schlecht.

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So sprach der Gtter Volck / vnd da sie lang’ erwogen Klag’ / Antwort / Fried’ vnd Streit / kommt Amor schnell geflogen Zum gldnen Fenster ein / gerstet auff sein best’ Er war zum selben mahl gleich auff der Jagt gewest. Wie dieser nun erfehrt / was Mars vnnd Phœbus streitten / Warumb sie auch den Mann in Ketten so begleiten / Auch was die Venus zu dem Klagen jetzt bewegt Vnd wie die junge Fraw dieß Zancken hab’ erregt; Da fengt der Lecker an mit vollem Maul zu lachen / O / rieff er / wie so bald wil ich den Außspruch machen / Herauß mein Pfeil / herauß / zeugt drauff den Bogen an / Truckt loß vnd trifft das Hertz dem festgebundnen Mann. Kaum war der starcke Schicht jm in die Haut gefahren Da rufft der Knab: Ey wol / ich muß die Pfeile pahren / Scheust drauff geschwinder noch als der so schnelle Blitz / Das auch gefangne Weib / so daß deß Eisens Spitz’ Jhr Hertze nicht allein’ in solcher eil durchdringet / Besondren sie so bald den Mann zu lieben zwinget. Schnell rieß der Capitain die gldne Kett’ entzwey / Vnd die geschlossne Fraw ward auch von Banden frey Drauff thaten sie mit Lust schnell zu einander lauffen / Die Gtter stunden auff / vnd drungen zu mit hauffen / Denn es war allen lieb / bevor / weil an der Stet’ Dieß frey gelassne Pahr sich hertzlich kssen thet’. Ey / sprach der Capitain, Gott hat mich her gefhret / Denn da nur einmahl ich ewr Hndlein angerhret Hertzliebste / fhlt’ ich bald der sssen Liebe Macht Der Liebe / die mich hat in ewren Dienst gebracht. Sie sprach: Ach ja / mein Schatz / das ist also versehen Von dem der alles sieht / drumb must es auch geschehen Daß da zum ersten mal’ ich euch erblicket hab’ Alßbald mein trewes Hertz zu ewrem Dienst’ ergab. Wolan / der bleiche Todt / soll dieses Band nicht scheiden Das vns verknpffen wird in Schmertzen / Frewd’ vnd Leyden / Jch weis / Gott schtzet vns den Neidern zum verdruß /

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Drauf geb’ ich euch / vnd jr mir widrumb diesen Kuß. Als Jupiter erfuhr / daß dieß so wol gelungen / Daß auch der Spies WasMehr als er geglubt errungen / Daß auch vor frewden jetzt die grosse Gtter Schaar Sampt Venus, Pallas, Mars vnd Phœbus einig war Vnd daß Cupido sich so ritterlich erzeiget / Jn dem’ er dieses Paar zu wahrer Trew geneiget / Da rieff er berlaut: Glckselig ist die Zeit / Jn welcher du vns all’ / O Amor / hast erfrewt. Nun bist du lobens wehrt / man muß dir Ehr’ erweisen Jhr Gtter stehet auff mit Liedern jhn zu preisen Greifft Lauten / Geigen / Flit / Pandor’ vnnd Harpfen an Ein jeder spiel hie auff so gut er immer kan. Bald waren sie bereit / vnd zwar vor allen Dingen Ließ Phœbus berlaut die neun Gttinnen singen So lieblich / daß davon der Himmel selbst erklang’ / Vnd war dieß was nun folgt der Nymphen Lobgesang.

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Deß Apollo vnd seiner Tchter Lob-Lied. Zu Ehren dem Cupido. WEr ist der deine grosse Macht Cupido kan erzehlen / Du hast den besten Raht erdacht / Wir knnens nicht verheelen / Drumb rhmen wir dich ohne spott / Du bist der allerstrckste Gott Dir thun wir vns befehlen. Daß alles nun auffs newe lebt / Daß sich die Vglein pahren / Daß Bacchus an den Vlmen klebt Die Kruter sich verjahren;

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Das rhmen wir ohn allen Spott Verschaffest du der liebe GOTT / Du kanst es auch bewahren. 15

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Daß jetzt der Stier die Khe sucht Der Bock die weissen Ziegen / Daß Philomehl dem Tereus flucht / Die Dohlen huffig fliegen; Das singen wir ohn’ allen Spott Verschaffest du der liebe GOTT Du kanst sie all betriegen. Daß jetzt die Vglein mannigfalt Bum’ / Erd’ vnd Nester fllen Daß sie jetzt frewen Jung’ vnd Alt Die Schaff’ auch Lmmer stillen / Das singen wir ohn’ allen Spott Verschaffest du der liebe GOTT Nach allem deinem Willen. Daß sich das vngestme Meer Zur Ruhe thut begeben Daß in demselben hin vnd her Die grossen Fische schweben Das singen wir ohn’ allen Spott Verschaffest du der liebe GOTT Ohn dich kan niemand leben. Daß offt die Weisen Kindisch seyn Ja wol die Narren ehren / Daß Starcke werden groß vnd klein Vnd lassen sich bethren; Das singen wir ohn’ allen Spott Verschaffest du der liebe GOTT Du kanst sie leicht verkehren.

Poetischer Lustgarte

Daß Menschen / Vgel / Fisch’ vnd Thier Vnd was man sonst mag nennen Mit LiebesFlammen fr vnd fr Gequehlet / nicht verbrennen; Das singen wir ohn’ allen Spott Verschaffest du / der liebe GOTT / Wer solte dich nicht kennen? Daß auch dieß vielgeliebte Paar Ein ander ist verbunden / Vnd sie nun endlich sind so gar Verletzt mit LiebesWunden; Das singen wir ohn’ allen Spott Verschaffest du der liebe GOTT Jn so gar wenig Stunden. Wer ist denn nun der deine Macht Cupido, kan erzehlen? Du hast dieß ssse Fewr erdacht / Das niemand kan verhehlen / Wolan du starcker LiebesGott / Wir wollen dir ohn’ allen Spott Dieß Edle Paar befehlen. DJeß war das newe Lied / der dreymal drey Gttinnen / Dadurch sie zweiffels ohn vermeinten zu gewinnen Cupido Lieb’ vnd Gunst / die Gtter hrten zu Vnd Jupiter sprach selbst: Min Sohn Cupido, du Gar recht hat Phœbus jetzt von deiner Macht gesungen / Es ist so lange nicht / als du mich selbst bezwungen / Da ich zum Adler ward / ja gar zum gldnen Stier / Vnd nun erweisest du auch deine Kunst allhier. Wol dir / der du dem Spiess’ ein solche zugefget / An welcher sich sein Geist von Hertzen wol vergnget / Er liebet sie / sie jn / ohn Klagen / Schmertz vnd Pein /

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Wie kan doch Edler Ruh’ vnd besser Leben seyn? Der ist vnselig wol / der da in stetem Leyden Muß lieben / vnd dennoch die Allerliebste meiden / Muß hassen was er liebt / soll lieben ohne List / Die / so im Hertzen jhm fast gar zu wieder ist / Das findet sich hie nicht. Nun wil sich dieß gebhren / Daß wir dieß Edle Paar zum Hochzeit Hause fhren / So komme nun mein Spieß ich fhre dich hinein Du Juno nimb die Braut / sie soll dein eigen seyn. So ward dieß liebe Volck mit grossem Pracht begleitet / Dahin / da alles schon zur Hochzeit war bereitet / Man setzte sich zu Tisch mit grosser Hffligkeit Vnd lobte GOTT zuvor / der diese HochzeitFrewd’ Vnd fest verknpfftes Band der Ehe lengst beschlossen Jn seinem weisen Raht. Die Nymphen ohnverdrossen Die dienten jhrer Braut / vnd Mars dem Brutigam Wozu auch Phœbus noch sampt andren Helden kam. Biß Jupiter befahl die Speisen auffzuheben Er wolte / weil es Zeit zu Bette sich begeben Doch hieß er alles Volck fein still’ vnd friedlich seyn Weil er noch hren wolt’ auffs letzt’ ein Liedelein Wie nun mit hellem Schein die gldne Facklen brandten / Vnd nun der Musen Volck deß Phœbus Stimm’ erkanten / Da machten sie so bald zu spielen / sich bereit Vnd sungen zum Valet dieß Lied in Frligkeit.

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Deß gantzen Himlischen Heeres an den Herren Brutigamb vnd die Fraw Braut / Glckwnschungs Lied. O Der lang gewnschten Zeit Da sich Fried’ vnd Einigkeit Zwischen Mars vnd Phœbus findet / Jauchtzet / springet allzumahl / Schaffet daß in diesem Saal Was vns Trawren bringt / verschwindet / Weil Herr Spieß sich hat gewand Jn den Edlen Heyrahts Stand. Wie die Flamme mit der Fluht Ohn’ ein Ende streiten thut So auch / Kriegen vnd Studieren Kommen selten berein / Wollen doch nun friedlich seyn Wie man heute noch kan sphren Da Herr Spieß sich hat gewand Jn den Edlen Heyraht Stand. Diesen Frieden hat verschafft Der so sssen lieben Krafft / Amor hat dieß Paar verbunden Vnd der vielgeliebten Braut Jhren Hauptman anvertrawt O der angenehmen Wunden Die Herr Spiessen hingewand Jn den Edlen Heyraht Stand! Rechte Liebe geht doch hier Allem Gold’ vnd Schtzen fr Sie kan Schmertz vnd Leid verjagen

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Wo zwo trewe Hertzen seyn Weis man nicht von Noht vnd Pein Noch von falscher Lust zu sagen Der lebt wol / der sich gewand Jn den Edlen Heyrahts Stand. Selig ist ein solcher Mann Der sehr wol vergngen kan Seinen Geist in allen Dingen Dem vom Himmel wird beschert Solch ein Lieb als’ er begehrt Der mag seinen GOTT lobsingen Wie Herr Spieß / der sich gewand Jn den Edlen Heyrahts Stand. Suche nun zu jeder frist Liebes Paar was droben ist Achte nicht dieß eitle Leben / Wer der Tugend sich ergiebt / Vnd die Wollust gar nicht liebt Kan gen Himmel sich erheben / Selig / der sich so gewand Jn den Edlen Heyrahts Stand. Diese Zeit ist nur ein Traum / Da der schnden Laster Schaum Manches frommes Hertz’ ersticket / Wer sich aber von der Welt Nur dem Hchsten zugesellt / Wird von niemand vnterdrcket / Selig der sich so gewand Wie Herr Spieß zum Heyrahts Stand. Nun wolan wir wnschen euch Brutigamb vnd Braut zugleich;

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Glck / Gesundheit / langes Leben Ehr’ vnd Gter ohne Ziel Auch der jungen Spießlein viel Vnd die Seligkeit daneben / Euch / die jhr euch habt gewand Jn den Edlen Heyrahts Stand. Gute Nacht / Apollo weicht / Weil der Mond hinunter schleicht / Nun Ade / dieß ist gesungen Nur auß Lieb’ vnd rechter Trew / Daß dieß Phœbus Hertze sey Wird auß diesem Schluss’ erzwungen. Mein Herr Spieß hat sich gewand Lob sey GOTT / zum Heyrahts Stand.

Auff die Schmarotzer / TischFreunde vnnd ­SauffBrder. epigramma. DEr ist kein trewer Freund in allem Glck zu schtzen Der nur die Lieb’ vnnd Trew im Sauffen pflegt zu setzen / Wer recht erkennen wil der falschen Freundschafft Schein / Der stelle das Gesff’ vnd Banquettieren ein.

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Daß sich der Mensche mit wenigem knne ­behelffen / solches beweiset mit seinem eignen Exempel der wunderbahre Philosophus, der Hndische Diogenes genand.

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DIogenes der pflag ohn’ alle Ross’ vnd Wagen Sein gantzes Haußgerht stets mit sich vmbzutragen / Das war ein alte Tasch’ / ein Gerstenmuß / ein Stab / Dazu ein Becherlein / das nand’ er all sein’ Haab’ / Vnd wann er solches trug / so klagt’ er schier mit Zehren / Es thte dieß Gerht’ jhn gar zu sehr beschwehren / Er meynte seinen Stab / bey / Beutel vnd Pocahl / Der doch nur Bchen war / den Plnder allzumahl. Als’ er nun einst am Fluss’ auß vngeschicht that’ hincken Vnd sah’ ein armes Weib auß jhren Hnden trincken / Was / rieff er / schlepp’ ich mich mein Trinckgeschirr mit dir? Jch seh’ ein besser Stck / mein Becherlein / lieg’ hier Jch trage dich nicht mehr / hiemit that er sich wenden Zum klen Bach’ vnd Tranck hinfrter auß den Hnden / Womit er vns zugleich erinnert recht vnd wol: Daß einer mehr nicht / als’ jhm noht ist / haben soll.

Der gute Wille ist offt besser / als die That an sich selber. epigramma. FReund / kanst du mit der That das Gute nit erweisen Daß du dem Nechsten bist auß Gunst zu thun bedacht / So nimpt er doch dafr dein trewes Hertz’ in acht’ / Es ist der gute Will’ offt fr das Werck zu preisen.

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An seiner vertrawten Freunde einen / Daß er in seinem beschwerlichen Ampte zu Zeiten ­msse durch die Finger sehen / vnd nicht alles zu ­Boltzen drehen. sonnet. WEr all Thorheit wil an allen Enden straffen / Wird selbst zum grossen Geck’ / ein jeder tret’ herbey Vnd zeig’ vns ob denn er gantz ohne mangel sey / Denn / wer ist ohne Fehl / wer ist wie GOtt geschaffen? Drumb ists viel besser noch zu Zeiten etwas schlaffen Wann Arges wird gethan als’ indeß ohne schew Zu straffen wie ein Mord / Raub / Schelm- vnd Dieberey / Man kan ja dieses kaum verhindren mit den Waffen Was solten denn die Wort’? Es ist kein weiser Mann / Der nicht zu rechter Zeit was bersehen kan. Man soll ein jeglichs Haar fr Klugheit nicht zertheilen / Offt mssen fnffe gleich / vnd sechs nicht eben seyn / Wer bey den Wlffen ist / der muß mit jhnen heulen / Hie folge meiner Lehr / der Nutz ist warlich dein.

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Momus endlicher Vntergang. An alle auffrichtige Hertzen. SEht / Momus thut sich grehmen Sitzt einsam vnd betrbt Weil er mir nicht kan nehmen / Was mir der Hchste giebt / Nun muß der Schalck verderben Jn Schanden gantz vnd gar / Da ich werd’ ehrlich sterben / Trotz sey der Neider Schaar.

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Wesel / die vornehme vnnd wolbekandte Stadt / wird vnter der Belagerunge der Stadt ­Hertzogenbusch / auff Befehl der Herren ­STATEN vnnd Printz FRJDRJCHS HEJNRJCHS jhres ­FeldObristen / durch eine sonderbahre List vnd Geschwindigkeit vom Herren von Diden erobert vnnd eingenommen / welches geschehen den 18 Tag Augusti im Jahr 1629.

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WAnn Maro, der Poet / das Lob der grossen Helden / Der Helden die bey vns hoch steigen / solte melden (a) Vnnd mchte denn die Cron der thewren Printzen sehn Die auß Vranien kompt hoch an der Spitzen stehn Der weitbeschreyten Leut’ / er wrde warlich sagen: Jhn hat der Himmel selbst in seiner Schoß getragen / Das Glck’ hat jn geseugt vnd an der Brust ernehrt / Eh’ er dem Vaterland’ auß Gnaden ist beschert. Schaw’ an den hohen Witz / die weitberhmte Thaten / Die Thaten da jhm Krieg’ vnd Siege durch gerahten / Die Thaten wann er gleich durch seine Feinde dringt / Vnd hie den einen Sieg / den andren dort erringt. Jhm folgen seine Leut’ / ein jeder ist gefliessen Der rechte Krieges Kunst durch diesen Held zu wissen Vnd mhet sich zu thun so viel er kan vnd mag / Denn ein nicht fauler Geist jagt stets der Ehre nach. (b) Printz Heinrich war bedacht den Busch hinweg zu nehmen / Dadurch die grosse Macht von Spanien zu zehmen / Jn dem er aber hie ist embsig Tag vnd Nacht / Da giebt er auch zugleich auff andre Sachen acht. (c) Er merckte wie dem Feind’ auß Wesel thate kommen Geld / Rstung / Proviand / auch hatt’ er war genommen Wie der Croaten Volck / das rgste Volck der Welt

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Sich hatten diese Stadt zum Winckel gleich bestelt. Damit jhr grosser Raub / den sie vorlengst gestohlen Jn Wesel sicher wehr’ / vnd lege gleich verholen Fr Hollands Krieges Macht / Printz Heinrich wust es wol / (d) Befiehlt darauff / was der von Diden machen soll. Nur der von Diden wird zu diesem Werck’ erwehlet / Frwar ein solcher Held / dem’ es an Witz nicht fehlet Auch nicht an Tapfferkeit / der samlet in der still’ (c) Ein Vlcklein das mit List den Wesel fangen wil. Es war in dieser Stadt ein Brger / klug von Sinnen / (d) Der Peter Mlder hieß / den schmertzte das Beginnen Deß trotzigen Marans / weil nach der Spanier Lust Die arme Brgerschafft viel Trangsal leiden must? Vnd dieser Mann fuhr fort noch andre zu erregen / Sein Bruder ließ sich erst / der Dietrich hieß bewegen Vnd einer noch dazu / der vielen zwar bekand / Vnd wie die Fama sagt / Rohtleder war genand. Die drey die wurden eins / sie kamen offt zusammen Vnd schlossen diese Sach’ in vnsres Gottes Nahmen Mit lust zu greiffen an / vnd wie sie sich bedacht / Da haben sie das Werck den Staten kund gemacht. Hierauff begnte man sich schleunigst zu verfassen Die Spanier hinauß / die Staten einzulassen Wozu sehr dienlich war / daß gleich zur selben Zeit Ein new erbawtes Werck gab gute Glegenheit An einer Seiten / da ein Theil deß Walles offen Vnd ohne Bollwerck lag / sie hatten recht getroffen Das Glck; Die Zeit / den Ort / auch wusten sie zu letzt / Wie tief vor dieser Kluft der Graben ward geschetzt. Der Mlder hatt’ jhm’ auch zwo Hammer lassen machen Zu brechen das Stacket; Zu letzt nach diesen Sachen Da alles war bestelt / verliessen sie jhr Hauß / Vnd giengen listiglich zu dreyen Thoren auß. Der Anschlag blieb geheimb / das hat der wol vernommen / Der gegen Abend ist zu letzt herauß gekommen

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So giengs nach allem Wunsch’; Als nun auff einem Plan Die drey versamlet stehn / da bricht die Nacht heran. Sie fallen auff die Knie / vnd reichen jhre Hnde Den Allerhchsten zu / sie bitten / daß er sende Vom Himmel in jhr Hertz / Muht / Klugheit vnnd Verstand Vnd streite selbst vor sie vnd vor jhr Vaterland. Hiemit so ward es Nacht / die Welt lag in der stille / Der Himmel stund verdeckt mit einer schwartzen Hlle / Der Mond lief ohne Glantz / die Wolcken ohne Liecht / Was nhtig war zu sehn / das sahe man jetzt nicht. Als nun nach Mitternacht der Hahnenschall die Zeiten Vnd was bald folgen wolt’ jetzt anfieng außzubreiten / Auch Venus jhren Lauf hin nach dem Morgen nam / Da war die rechte Zeit / daß der von Diden kam. Er kam ohn’ alle furcht sehr klglich angezogen / Vnd als ein weiser Held hatt’ er zuvor erwogen Was ntz- vnd schdlich war / sein Vlcklein stund bereit Den Graben durchzugehn mit grosser Mannligkeit. Sie warffen schnel das Loß / wer sich zum ersten wagen / Doch auch den ersten Preiß von hinnen solte tragen / Vnd wie diß nach gebrauch deß Krieges war volbracht / Da nam ein jeder sich vnd seine Schantz’ in acht. Sie fielen mutig an / das Bollwerck zu ersteigen Da gleich zum selben mal kein Feind sich that’ erzeigen / Die Mlders alle beyd’ vnd denn jhr dritter Mann / Doch Peter mitten ein / die giengen fornen an. Der Mlder war bewehrt mit seinem grossen Hammer / Der seines gleichen kaum hatt’ in Vulcanus Kammer Damit zubrach er schnel / Stacketten / Holtz vnd Pfal / Er machte raum vnd Platz den andren allzumal. Bald kommen die heran / so Rhr’ vnd Lantzen fhren / Die dringen khnlich durch / wie Helden wil gebhren / Die Stadt kompt auß dem Schlaff / die Stadt wird auffgeweckt Vnd wer sich wehren wil / mit Schlegen zugedeckt. Es wird der starcke Feind / noch eh’ es recht wil Tagen

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Fast mitten in der Stadt zum dritten mal geschlagen Da wird manch khner Held fast auf den Tod verletzt / Biß daß die Gassen vnd die Pforten sind besetzt. Der Mlder leufft in eil mit seinen SpießGesellen Der nechsten Schmitten zu / was mehr noch zu bestellen (Doch war der Schmidt sein Freund) drumb kommt er jhm’ ins Hauß Vnd nimmt nach seiner Lust die strcksten Hammer aus.

Er vnd die bey jhm seyn / die eilen nach der Pforten Die Brunisch wird genand / damit an allen Orten Jhr Volck herein herdring’ vnd ja bald Meister sey / Drumb schlagen sie das Schloß an diesem Thor’ entzwey. Die Brcke wird gefelt / die Ketten abgetrennet / Die Reuter kommen all’ in vollem Lauff gerennet / Sie reiten Spohrenstrichs die Gassen auff vnd ab’ Vnd helffen da dem Feind’ eh’ ers begehrt / ins Grab. Hierauf kompt alles Volck zum Thoren eingedrungen / Nach dem nunmehr die Stadt fast gntzlich war bezwungen / (g) Dieß Volck hat zum beschluß / die Reuter / so die Wacht Bey Stcken / Krant vnd Loht gehalten / abgemacht. Den halff jhr Khraß nit / in welchen sie sonst prangen / Vnd grosse Striche thun / auch ward der Rest gefangen Mehr noch denn tausend Mann / sampt dem was sie gehabt / Der Gubernator selbst Lozano ward ertapt. Der Spanier wurden schier bey hundert auffgerieben / Der Vberwinder sind kaum fnffmal zwo geblieben / Hierauff ergaben sich den Siegern nach begehr (h) Die Schantzen williglich ohn’ alle Gegenwehr. So ward die feste Stadt / durch List in wenig Stunden Erobert vnd in jhr ein grosser Schatz gefunden / Da war Graf Heinrichs Gold gehoben auß dem Staub’ Auch Monte Cuculi vnd der CroatenRaub Das vngerechte Gut / dieß alles ward genommen / So meist gestohlen war an frembde wiedrumb wiedrumb kommen /

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(i) Wer raubet / wird beraubt / das sagt ein solcher Mann / Der selbst die Warheit ist vnd niemals liegen kan. Man fand an Barschafft fnff mahl hundert tausend Krohnen Damit deß Knigs Volck auffs ehist abzulohnen Doch war der Raht zu jung / zu wanckelbahr das Glck’ Ducaten lagen hie noch viertzig tausend Stck’ / Auch kriegte man viel Bley / Spiess’ / Harnisch / Pulver / Waffen / Daß alles Herr Lozan ins Lager solte schaffen / Das hatte man versehn / Printz Heinrich kams zu ntz Vorauß die grossen Stck’ / als siebentzig Geschtz’. Hie stunden / wie man sagt / viel hundert starcker Wagen Voll Kleider / Speis’ vnd Kraut / daß auch nach wenig Tagen Dem Volcke solte zu Erquickung seyn gesand / Doch der von Diden hat dieß schicken abgewand Die Brgerschafft ist zwar mit Plndren noch verschonet / (k) Doch die zur selben Zeit auß Braband hie gewonet Die gab man alle Preiß / viel Kleinot’ auch zumal / Vnd zwey vnd zwantzig Faß voll Spanischer Real. Fnff Tnnlein noch dazu voll newer Pistoletten Die konte da kein Feind / wie starck er war / erretten / Zwar gestren war es jhr / heut’ ist es andrer Leut’ Vnd wird den Siegern nun getheilet auß zur Beut’. Ein solcher grosser Sieg / ein solches berwinden / Ein solcher Schatz vnd Raub / deßgleichen kaum zu finden / Jn vielen Stdten war / solch’ eine gute Nacht Hat diesen grosse Frewd’ vnd jennen Leid gebracht. Der Haag’ ist voller Lust / gantz Amsterdan thut springen / Auch Harlem / Leiden / Delfft vnd Mittelburg die singen Den Helden solch ein Lied / daß Phœbus selbst behagt / Den Helden die sich vor jhr Vaterland gewagt. Sie preisen diese That / sie jauchtzen Gott mit Hnden / Der einzig / wo er wil / den Sieg weis hin zu wenden / Der wann es jhm gefellt / die Feinde macht zum spott’ O billich ehren sie den HERREN Zebaoth! Was sagt der thewre Printz / der grosse StadtBezwinger

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Der Jger von dem Busch / der Freyheit Wiederbringer Der nimmer-ohne-ruh / der alle Tag’ zu Pferd / Was sagt er / als’ er nun den stoltzen Sieg erfehrt? GOTT lobet er zu erst’ / hernach die khnen Kinder Die jhren Dienst gethan / die Brger auch nit minder / Die sich / jhr Vaterland / Gewissen / Gut vnd Ehr Erlset von den Zwang’ vnd vielen Brden mehr. Bald gab er drauff Befehl die Stcke loß zu schiessen (l) Vnnd solts Herr Grobendonck gleich noch so sehr verdriessen / Hie war kein Pulver nicht / hie war kein Bley zu thewr Der Mußquetierer Volck gab allzumahlen Fewr. Die Lantzen wurden auch mit drrem Stroh vmbwunden / Das brandte lichterloh / so / daß in wenig Stunden Das Lager / wie es schien / in Flammen war gesteckt Daß draussen Frewd’ vnd Lust / vnd drinnen Leid erweckt. Der Himmel selbst war froh / sammt so viel tausend frommen Die noch auff Erden seyn / die Spanier außgenommen Jnsonderheit Lozan, den solch ein Glck berhrt Daß er nach Arenheimb gefenglich ward gefhrt. Wie der vnd Galleron nun loß gelassen wahren Vnd drauf gantz Sorgen loß hin auf jhr Antorff fahren / Da schlug man jnen schnell zu Lohn die Hupter ab / Gefangen seyn war gut / vnd frey zu gehn / jhr Grab. Das heist / dem Trpfflein / das von Dchern felt entgehen Dagegen auf der Saat im Schnee vnd Regen stehen / So spielt das blinde Glck / so gehts in aller Welt / Der eine fleugt empor / in dem der ander felt. Nun dieses ist vorbey / der Wesel ist gefangen / Der Busch wehr Spanisch noch / wann dieser wehr’ entgangen Printz Heinrich vnd Herr Gent die leben ohne Noht. (m) Lozan vnd Galleron die liegen beyde todt.

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Anmerckunge ber etliche / vielleicht vnbekandte Wrter / vnd Namen dieses Gedichtes.

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(a) Vnnd mchte denn die Cron der thewren Printzen sehen. Dieser ist Printz Heinrich Friedrich von Vranien / Graff von Nassowe etc. General FeldObrister der vereinigten Niederlanden welcher bey vnseren Zeiten viel grosser vnnd vortreflicher Thaten hat verrichtet / wie solches die warhaffte Geschichtschreiber hin vnd wieder genugsam erweisen. (b) Printz Heinrich war bedacht den Busch hinweg zu nehmen. Von der gewaltigen Belagerunge auch darauff erfolgenden siegreichen eroberunge dieser mechtigen Stadt Hertzogen-Busch / wird der gnstiger Leser anderswo in meinen Gedichten finden. Vnter dessen aber ist gleichwol dieses zu mercken / daß eben vnter der Belgerunge selbiger Stadt / dieser Anschlag auf Wesel ist gesetzet vnd ins Werck gerichtet worden. (c) Er merckte wie dem Feind’ auß Wesel thte kommen. Es haben dazumal die Statischen gesehen / daß eine gute Zeit hero / nicht allein ein grosser Vorraht an Proviant / vnd allerley Kriegesnohtturfft / wie auch ein grosser Schatz vnnd Reichthumb / in die Stadt Wesel (die sehr bequem vnd vortheilhafft am Rhein ist gelegen) zu behuff deß Kniglichen Lagers ist gebracht worden / besondern daß auch die Kyserlichen Soldaten / vornemlich aber der Graf von Montecuculi, wie auch die Crabaten / einen vnsglichen grossen Raub / den sie auß manchem Lande vnd Herrschaft gestohlen / daselbsten als in eine sichere gewarsam zusammen gefhret haben / derowegen / haben sie / die Statischen mit fleiß dahin getrachtet / wie sie endlich den Spanischen diesen Vortheil abschneiden / vnd jhnen diese Stadt entziehen mchten. (d) Befiehlt darauf was der von Diden machen sol. Dieser wird sonsten Otto von Gent / Herr von Diden genand / ein tapfferer vnd vnverzagter KriegesObrister / der den vereinigten Niederlanden eine geraume Zeit viel getrewer vnd ersprießlicher Dienste hat erwiesen / wovon andere vielleicht ein mehrers geschrieben vnd auffgezeichnet haben. (e) Ein Vlcklein das mit List den Wesel fangen wil. Es fhret diese Stadt einen Wiesel / (welches ein kleines vnd an etlichen Orten wolbekandtes Thier ist) in jhrem Wapen / soll auch die gantze Stadt jhren Namen von diesem Thier berkommen vnd biß auff gegenwertige Zeit behalten haben / wovon bey andern weitleufftiger ist zu lesen. (f) Der Peter Mlder hieß etc. Vetter vnd Dieterich Gebrder / die Mlders genand / vnd Johan Rohtleder / alle drey Brger vnd Einwohner der Stadt Wesel / auch grosse vnnd sonderliche Liebhaber der Freyheit jhres Vaterlandes / sind die erste Stiffter vnd Angeber dieses listigen Anschlages ge-

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wesen / welche auch nach glcklicher vollenbringunge desselben von den Herren Staten wegen jhrer gehabten mhe vnd außgestandenen grossen Gefahr / mildiglich sind belohnet worden. (g) Dieß Volck hat zum Beschluß die Reuter abgemacht. Diese Reuter war eine Companey Krisser / welche die Munition, Proviand vnd andere Kriegsbereitschafften / so auf Wagen vnd Karren auff dem Marckt geladen stunden / die Nacht verwacheten / vnd weil dieselbe sich zur wehr stelleten / wurden sie meistentheils alle niedergehawen. (h) Die Schantzen williglich ohn’ alle Gegenwehr. Dieser Schantzen waren zwo; Die erste / die Grosse genand / so mit einem trucknen Graben vmbgeben war / lag am Rhein. Die andere vnnd kleinere an dem Flusse / die Lippe genand / welcher in den Rhein fleust. Diese beyde Schantzen haben sich auch nach eroberunge der Stadt / ohnerwartet einiges Schusses durch gtlichen vertrag den Statischen ergeben. [i] Wer raubet wird beraubt etc. Dieses bezeuget der Prophet Esaias in seiner Weissagunge am 33. Capitel mit folgenden Worten: Væ tibi qui prædaris, & deprædaberis. Wehe dir / der du raubest / du solt wieder beraubet werden. [k] Doch die zur selben Zeit auß Braband hie gewohnet. Verstehe die Brabndische Kramladen / welche dazumal in der Stadt gewesen / die hat man alle Preiß gegeben. Sonsten ist von den Einwohnern vnnd Brgern niemand geplndert worden. [l] Vnd solts Herr Grobendonck gleich noch so sehr verdriessen. Dieser Herr Grobendonck / war Gubernator der Stadt Hertzogenbusch / ein sehr alter Soldat / von welchem ich anderswo in diesen meinen Gedichten etwas habe angedeutet. (m) Lozan’ vnnd Galleron die liegen beyde todt. Diese beyde hatten in Kriegessachen den hchsten Befehl in der Stadt Wesel. Der eine / nemblich Franciscus Lozanus war Gubernator daselbsten / der ander De la ­plarre Galleron genand / war deß Lozanus sein Obrister Wachtmeister. Diese beyde nun als sie in so schleuniger eroberung der Stad benebenst andern gefnglich wurden angenommen / hat man bald darauff nacher Arnheim gefhret / vnd nach dem sie daselbst jhr Lsegeld / (welches man heutiges Tages Rantzion nennet) alten Krieges Gebrauche nach den Staten erleget / wiedrumb loß gelassen vnd auff freyen Fuß gestellet. Als sie aber kurtz darnach gen Antorff kommen / vermeynende / sie wehren nunmehr allem Vnglcke entronnen / sind sie daselbst auff Befehl jhrer Oberen / vmb daß sie die jhnen anvertrawte Stadt nicht besser verwahret hatten / alle beyde enthuptet worden.

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Auff das Sprichwort Jung gewohnt / bleibt alt gethan.

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WJl man ein gutes Pferd zum Jagen vnnd zum Streitten Zum Rennen vnd zum Schimpff im Fried’ vnd Krieg bereiten /

So muß mans offt vnd viel von zahrter Jugend an (Eh’ es sich selbst noch kennt) bereiten auf der Bahn. Wil man ein schnelles Wild ergreiffen vnd betriegen / So muß der Jgerhund nicht stets beym Herde liegen / Man fhr’ jhn weil er noch ist vngeschickt vnd klein Weit ber Berg’ vnd Thal zum dicken Wald’ hinein. Thut sich ein Vater nach deß Kindes Weißheit sehnen So muß ers auch bey Zeit’ an gute Lehr gewehnen / Denn weil man noch ist jung / alsdenn so lernet man Viel gutes / das hernach im Alter ntzen kan. Die Reisen / seyn sie zahrt / so sind sie leicht zu beugen Die starcken Eichen kan auch Milo selbst nicht neigen / Drumb / wo zum ersten mahl der Topff mit wird beschmiert / Da bleibet der Geruch so lang’ er wird berhrt. Jn weich zerlassnes Wachs da kan man leichtlich drcken Ein Bild / ein Edle Blum’ vnd was sich sonst wil schicken / Die Jugend ist der Grund. Hie geht mein Sprichwort an: Was man ist jung gewohnt / das bleibt wol alt gethan.

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Grabschrifft deß Abts von Fulda. Welcher im Jahr tausend sechshundertzwey vnd dreissig / dem gewaltigen treffen vor Ltzen zu zusehen war ankommen / ward aber sehr ­pltzlich drber erschlagen. Der verstorbene Abt redet. WEr dieses Hauß der Ruh’ anhero kompt zu sehen / Der lerne wie mit mir vor kurtzem ist geschehen: Jch war ein GottesMann / gesondert von der Welt / Vnd hatte meinen Trost auffs ewig’ heimgestelt. Mein Thun vnd Lassen war nur beten vnd studieren / [Denn wer im Kloster lebt / muß keine Kriege fhren] Vnd hett’ ich nun so fort mein Leben zugebracht / So wehr’ ich nit so gar der Welt zum Spott gemacht. Denn wie ich Armer mich den Frwitz liesse treiben Vnd wolt’ im Closter nicht / wie sichs geziemte / bleiben / Sprach ich: Du GottesHauß / Ade / ich zieh’ ins Feld Die Kutten werf’ ich hin / vnnd werd’ ein KriegesHeld. Hiemit zog ich davon / dem Treffen zu zuschawen Das man vor Ltzen hielt’ / Ach aber mein Vertrawen Auff gar zu gutes Glck bracht mich in solche Noht / Die mir gab vor die Lust den vnverhofften Todt. O wehr’ ich in der Zahl vnd GottesHause blieben Man hette mich vielleicht so bald nicht auffgerieben / Drumb lerne dieß von mir / mein Leser / wer du bist: Ein jeder bleib’ in dem / das jhm vertrawet ist.

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Der Mann / die Sonne Die Fraw / der Mond. epigramma. DAs Ampt der Sonnen ist / am Tage zu regieren / Deß Monden Ampt / bey Nacht das Regiment zu fhren. Jm Ehstand’ helt die Sonn’ vnnd auch der Mond die Wacht / Der Mann regiert am Tag’ vnd denn die Fraw bey Nacht.

Deß Menschen gantzes Leben ist nichtes anders als eine stetswehrende vngestme Schiffart. sonnet.

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WAs ist dieß vnser Thun / was ist dieß vnser Leben? Ein Schiff / ein leichtes Holtz / das durch der Wellen Macht Wird ber See vnd Sand getrieben Tag vnd Nacht Vnd muß so zwischen Luft vnd zwischen Wasser schweben. Nicht anders muß der Mensch den Lsten widerstreben / Die lauter Winde seyn / die Wollust Ehr’ vnd Pracht Sein Klippen / Sand vnnd Stein’ an die man ohnbedacht Offt stsset vnd den Geist darber auff muß geben. Hie sind der Ruber viel / Fleisch / Snde / Teuffel / Todt Die bringen manche Seel’ in schwere Wassersnoht. Drumb selig / der sein Schiff so wol weis zu bewahren / Daß weder Klippen noch die Wind’ vnd grossen Thier Jhn strtzen in Gefahr / der kan ja nach Begier Mit sanfftem Glaubens Wind’ ins Himmels Hafen fahren.

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Daß ein vernnftiger Mann sich wegen der Selig-Verstorbenen nicht gar zu hefftig solle bekmmern / das haben die Poeten durch ein anmutiges Gedichte von dem Singer Orpheus klglich wollen andeuten / welcher nach dem er sein allerliebstes Weib die Eurydiæ durch den zeitlichen Todt zum anderen mahl verloren / vnnd fr grosser Trawrigkeit sich aller Menschlichen Gesellschafft gntzlich begeben vnnd entschlagen hatte / endlich in einem finstren Walde von den tollen vnd vollen Bacchus-Weibern jmmerlich ist erwrget vnd zerrissen worden. NB. Es haben auch die Sinnreiche Alchymisten ein ­sonderbahres hohes Geheimnisse in diesem Gedichte zu mercken. ALs’ Orpheus mit sehr grossem Schmertz’ Eurydiæ sein liebstes Hertz Verlohren hatt’ / ergab er sich Der Einsamkeit gantz williglich. Er ließ die Stdt’ vnd Schlsser stehn / Beriehte sich hinweg zu gehn Jn einen dicken finstren Wald Zu suchen da sein Auffenthalt.

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Er nam die Harpff’ vnd gieng dahin / Jhm war betrbt Hertz / Muht vnd Sinn / Kam in den Wald / da fand er schnell Zum trawren eine schne Stell’. Er schlug die Seiten frisch vnd wol Wie die ein Knstler zwingen soll Vnd sang von seiner schwehren Pein Ein schn / doch trawrigs Lied darein. Die Harpffe klang durch Berg vnd Thal / Bald kam der Thier’ ein grosse Zahl / So man nicht alle nennen kan / Die hatten jhre Lust daran. Der Lwen / Wlff’ vnd Beeren Schaar Stund vmm’ jhn her je Paar bey Paar Als wolten sie ein Tntzlein thun / Noch saß er da vnd schlug so khn.

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Die Bum’ vnd Felsen regten sich Mit tantzen gleich sehr wunderlich / Ja auch viel tausend Vgelein Die stelten sich mit springen ein. Jn dem nun Orpheus frlich sang / Daß es durch Berg vnd Thal erklang / Da ranten eben ohngefehr Die tollen Bacchus Weiber her. Er saß vnd rieff: Eurydiæ, Ach wie ist mir nach dir so weh Vor grosser Pein mein Hertze bricht Weil ich dich mehr kan schawen nicht.

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Kaum war sein halbes Lied zum End’ Als’ er erblicket gar behend’ Die tollen Weiber vor jhm stehn / Ach / rieff er / knt’ ich nun entgehn!

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Die Bacchen schrien berlaut: Wolauff / wir mssen an die Haut Dem / der vns zu der rach’ erregt / Jn dem’ er vns zu hhnen pflegt. Nun schlag’ jhn frisch / wer schlagen kan / Drauff grieffen sie den Orpheus an / Da war sein’ Edle Singekunst Ja all sein bitten gar vmbsonst. Ein Theil die nahmen scharffe Stein Vnd schlugen grawsam zu jhm ein / Die andre druckten jhr Geschoß Auff vnsern armen Singer loß. Sie riessen jhn mit gantzer Macht Vom Berg’ herunter / daß es kracht’ Vnd schlugen jhn so grimmig hart / Daß auch sein Blut vergossen ward. Das zeuget noch der schwartze Wald / Die wilden Thier so mannigfalt / Das Volck / das in den Lfften schwebt / Sein Blut / das an den Felsen klebt. Gleich wie ein Hirsch / der gantz verirrt Durch manchen Busch gejaget wird / Erleydet offtmals grosse Noht Von Hunden / ja wol gar den Todt;

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So must’ auch aller Singer Held Gesegnen die so schne Welt Vnd lassen von den Bacchen sich Endlich zerreissen jmmerlich. Er rieff zu guter letztz Ade / Mein’ allerliebst’ Eurydiæ Der bittre Todt ist Orpheus Lohn. Ade / mein Leben fehrt davon.

Grabschrifft Deß HochEdlen / Gestrengen / Vesten vnd Mannhafften Herren / Brand von Bardleben / weyland Knigl. Majestt zu Dennemarck wolbestalten Obristen Leutenandts / hernacher Grffl. Holsteinischen Schawmburgischen Rahts / Drosten vnd lblichen Regenten der Graffschafft Holstein / welcher den 1. Tag Augusti deß 1632. Jahres auf dem Hause Pinnenberg selig ist verschieden. Zum theil auß deß HochEdlen / Gestrengen vnd Vesten Herren A. V. W. F. H. C. sehr zierlich gesetzten Lateinischen verdeutschet. Der Selig-Verstorbene Droste redet.

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MEin guter Wandersmann / ich Brand von Bardeleben / Der ich hie ruhe / muß dir dieß zu lesen geben / Mein Freund / ach eile nicht / halt’ hie ein wenig still’ Vnd hre mit Gedult was ich dir reden wil: O Glck’ / ohn’ alles Glck / O wanckelbahres hoffen /

Poetischer Lustgarte

O falscher Wunsch /der du nie hast bestndigs troffen! Jn diesem vnglcks Pfuel! O wster Sndenplatz! Hie find ich keine Ruh’ im Himmel ist mein Schatz. Als’ ich zum ersten mal / das Liecht der Welt beschawet / Da hab’ ich durch die Tauff’ in Christo mich vertrawet / Hernach mit jhm gelebt / durch jhn lass’ ich die Welt Vnd zu jhm geh’ ich hin / weil es jhm so gefelt. Mein Leben hab’ ich hie in vielen schweren Zgen Fast gntzlich zugebracht / weil mein Geschlecht zu kriegen

Von Alters war gewohnt / ich bin von erster Wacht Durch alle Kriegestritt zu Ehren auffgebracht / Biß ich durch trewe Dienst’ ein hohes Ampt erworben / Da gab ich mich zu ruh’ / eh’ aber ich gestorben Vnd hie vergraben bin / ward ich an diesem Ort Zum Drosten außerwehlt / da must’ ich schleunigst fort. Mein Thun (Gott weis es ja) vnd Leben das that allen / (Die Bsen nehm’ ich auß) von Hertzen wol gefallen / Weil ich den rechten Grund deß Regiments gestelt Auff wahre Gottesfurcht. Nun lass’ ich diese Welt Vnnd fahr zu meinem GOtt. Du liebster Schatz auff Erden / Mein’ allerliebste Fraw / du must geschieden werden Von mir / vnd ich von dir / jhr zarten Kinderlein / Der trewen Liebe Pfand / es muß geschieden seyn. Dies war von Hchsten schon dort oben lengst beschlossen Zu machen meinen Geist zu seines Reichs genossen Jn hchster HimmelsFrewd’ / jetzt wart ich Tag vnd Nacht Biß daß auch jhr wie ich anhero seyd gebracht. „Nun / klaget nicht zu sehr / wer selig ist verschieden „Der stirbet nie zu fr / ich habe ja danieden „Das mir gesetzte Ziel mit gutem Glck’ erreicht / „Nun ist ja keiner nit / den nicht der Todt erschleicht. „Ja keiner ist so starck / der hie deß Todes Rachen „Entwischen knt’ vnd sich ein Stndlein lter machen „Als Gott jhn haben wil / vns ist ein Ziel gestelt.

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„Nach solchem gehn wir ein vnd wiedrumb auß der Welt.

Jch geh’ hertzliebste Fraw’ / ich geh’ hertzliebste Kinder / Jch kss’ euch tausend mahl / die Mutter auch nit minder / Jch kss’ euch all zu letzt / ich wil in Hoffnung gehn Euch bald ins Himmels Saal mit frewden anzusehn. Du ander sterblichs Volck / daß du annoch must schweben Jn Leyden / Furcht vnd Angst / ach lerne so zu leben Damit du ewig lebst / vnd du mein WandersMann / Geh / lerne daß dein End’ auch stndlich kompt heran.

Schldig seyn. Bezahlen / Nicht bezahlen. epigramma. Den / der mir schldig ist / pfleg’ ich vor Knecht zu schetzen / Vnnd der mich wol bezahlt an Freundes statt zu setzen / Wer nicht bezahlt der ist mein Herr / lieb ist mir der So wie ein Freund bezahlt / vielmehr als Knecht vnd Herr.

Grabschrifft eines sehr bsen vnnd Rachgierigen Weibes / Rosina genand. ES seyn ja / wie man sagt / auch wie man pflegt zu lesen Jm Hellenpfuel nur drey der [a] Furien gewesen Als’ aber durch den Todt Rosin’ jhr Ende nam / Geschach es daß die Viert’ auch zu den dreyen kam.

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(a) Furien. Die Poeten haben gedichtet / daß sich in der Hellen drey grimmige Furien oder schendliche rachgierige Weiber auffhalten / durch welche sie vns die dreyerley Menschliche oder vielmehr Viehische Zuneigungen vnd Begierden im Menschen haben zuverstehende geben wollen / als da seyn: 1. Die Lust vnnd Begierde der Rache / 2. Die Begierde der zeitlichen Gter / vnnd 3. Die Begierde der Fleischlichen Wollust.

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Grosser Herren Heimligkeiten soll kein ­Verstndiger zu wissen begehren. DEr Kyser zu Bysantz saß einsmahls sonder Sorgen Bey seinen Rhten biß schier an den liechten Morgen / Vom Wein vnnd Frewden voll / stund endlich auff vnd kam Zu einem klugen Raht / den er besonders nam / Sprach: Freund / du bist mir lieb / jetzt solt du was begeren / Sag’ an / was soll es seyn / ich wil dirs schnel gewehren / Denn deine grosse Trew’ hats ja vorlengst gemacht / Daß ich mit Gaben dich zu Ehren bin bedacht. Nein / sprach der tapffre Mann / ich lasse mich begngen An Kyserlicher Gnad’ / als die mir zu kan fgen Das / was mir nhtig ist / ich habe schon so viel Als’ ich zu diesem mal nicht bitten kan noch wil. Wol / sprach der Kyser’ dann / dieweil dirs nicht ist eben Zu bitten / kan ich auch wol ohngebeten geben: Jch wil / was heimlich ist / dir alles zeigen an / Ja was mein Ehgemahl kaum recht erfahren kan / Was meine Seele weis / das wil ich dir vertrawen. Nein rieff der kluge Raht / Ach Herr’ jetzt thut mir grawen Die Gnad’ ist gar zu groß / drumb wil ich den Bericht Den niemand wissen soll / auch selber wissen nicht. Der Kyser wolt’ hierauff der Reden Vrsach’ hren? Gantz gerne sprach der Raht / das wil ich schleunigst lehren / Warumb / O grosser Herr’ ich gntzlich nicht begehr Zu wissen / das mir einst kan schaffen viel Beschwer.

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Es ist ja mancher Herr / der kaum sich selber zwinget / Daß er nicht vnters Volck sein’ Heimligkeiten bringet / Vnd wann sichs denn begibt / daß das / was heimlich war Wird durch jhr eignes Maul den Leuten offenbar / So muß der offt die Schuld / der ohne Schuld ist tragen Feld drob in Vngenad’. Hie muß ich nochmals sagen Ein recht verstndig Hertz das htet sich frwahr Vor Herren Heimligkeit / so bleibt es ohn Gefahr.

Das Vaterland wird stets geehrt / Denn eigner Herd ist Geldes wehrt.

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DEr Vogel liebt sein Nest / das wilde Thier die Felder Da es erzeuget ist / der Hirsch die grnen Wlder. Lieb ist das Vaterland / so daß kein guter Mann Desselben Sssigkeit jemals vergessen kan. Ein vnbekandtes Fewr giebt nie so helle Stralen Als’ eigner Rauch daheim; Wer kan denn gnug bezahlen Mit danck sein Vaterland. Es heist: Ein eigner Herd / Ob er gleich niedrig steht / ist doch viel Geldes wehrt.

Der elenden Germanien / oder deß verwsteten vnd nunmehr fast mit dem Tode ringenden Teutschlandes sehr erbrmliches vnd jmmerliches Klaag-Lied. WAs soll ich armes Reich / was soll ich endlich machen Nun mir genommen ist mein Frewen / Lust vnd Lachen? Kaum bin ich mehr bey Sinnen Jn dieser langen Noht

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Was soll ich doch beginnen? Nur wnsch’ ich mir den Todt. Die Kinder so ich selbst erzeuget / sind die Schlangen / Die jhre Mutter mich zu Wrgen vnterfangen Die haben mich zerbissen / Daß fast mein gantzer Leib Jn Stcklein ist zerrissen O weh’ ich armes Weib! Mein gantzer Leib ist wund / es gehen mir die Schmertzen Die ich so manches Jahr erduldet so zu Hertzen / Daß ich kaum kan erheben Die schwache Stimm’ vnd Wort / Bald muß auch dieß mein Leben Das kaum noch halb ist / fort. Biß hieher hab’ ich noch viel lieber wollen schweigen / Als’ Vngedult im Creutz’ vnd bittren Stand’ erzeigen Nun wil ich lassen fliessen Die Bchlein ohne Zahl / Vnd mit Geschrey vergiessen Die Thrnen allzumahl. Kan ich denn gleich mein Ziel durch heulen nit erreichen / Kan meiner Zehren Fluht die Feinde nicht erweichen? Muß ich noch ferner tragen Die Noht / so schrey’ ich fort / Biß daß mein stetigs Klagen Kund werd’ an allem Ort. Hr Himmel / Lufft vnd Meer / hr O du Klooß der Erden / Wie jmmerlich durch mich ich muß zerrissen werden / Weil alles ist erfllet Mit lautrem Zanck’ vnd Krieg /

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Der niemals wird gestillet / Durch so viel Blut vnd Sieg. Ach / Lieb’ vnd Trew’ ist hin / die Gottesfurcht erkaltet / Der Glaub’ ist abgethan / Bestndigkeit veraltet Daß Teutsche Blut bednget So manches schnes Land / Mein eignes Volck bezwinget Sich selbst mit eigner Hand. Die Wlder Berg’ vnnd Thal / da man sonst Kruter meyet / Sind nunmehr / O der Noht! Mit Knochen berstrewet / Mit lautrem Menschen Beinen / Viel weisser als der Schnee / Ach solt’ ich doch nicht weinen / Wann ich die Noht anseh’? Es ist vmb mich geschehn / ich Arme bin geschendet Von so viel Feinden / die sich zu mir her gewendet / Wie kan ich doch genesen Jch armes Jungfrwlein? Jungfrwlein zwar gewesen / Fort werd’ ichs nimmer seyn. Es zerren mich zu viel die grossen Potentaten / Als Spanier / Trck / Frantzos’ auch Gohten vnd Croaten / Die alle mich zu zwingen Sind kommen in mein Land / Nun hr ich sie noch singen Ein Liedlein mir zur schand’. O Noht / o grosse Noht! Wer wird mich endlich schtzen / Wer soll mein Edles Reich in Frieden noch besitzen? Das kan zwar ich nicht wissen / Das weis ich ist geschehn /

Poetischer Lustgarte

Daß ich mich selbst befliessen Durch Zweytracht zu vergehn. Wer Deutsch vnd redlich ist / wer Deutschen Namen fhret Vnd dem Barmhertzigkeit die trewe Seele rhret Der lasse sich erbarmen Die ber grosse Pein / Das Vnglck / so mich Armen Lest niemals frlich seyn. Es wird in Gnad’ vnnd Gunst durch Thrnen auffgeschlossen / Durch Thrnen die ein Hertz voll Rew’ hat außgegossen So helfft mir alle schreyen Zu vnserm GOTT’ allein / Der wolle ja mit trewen Zuletzt mein Helffer seyn. Wann mich die Noht ergreifft / so seyd auch jr getroffen / Die jhr auff meinen Todt von langer Zeit thut hoffen / O lasset ab zu lachen Es weis noch keiner nicht / Was GOTT mit jhm wil machen Wann nun sein Glaß zubricht. Wird mich mein GOTT zuletzt in Alte Freyheit setzen / Vnd mich so mancher Noht in Newer Frewd’ ergetzen So wil ich jhn vershnen Mit Danck zu aller frist / Vnd meinem Nechsten dienen So viel mir mglich ist.

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Eine Ganß fleugt ber Meer Eine Ganß kompt wiedrumb her. epigramma. WEr in der Frembde sich nit selber schickt zum lernen / Den hilft sein Reisen nichts vnd zg’ er noch so ferne Von solchen heist es recht: Die Ganß fleugt ber Meer / Die Ganß verzehrt die Zeit / die Ganß kompt wiedrumb her.

An den Hoch- vnd Wolgebohrnen Graffen vnd Herren / Herren Otten / Graffen zu Holstein / Schaumburg vnd Sternberg / Herren zu Gehmen vnnd Bergen / Als jhre Hoch-Grffliche Gnade in deroselben Graffschafft Holstein die Hldigung von jren getrewen Vnterthanen hatte angenommen / welches geschehen den 8. Tag Novembris / im Jahr 1636.

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DV wehrtes Vaterland / vor allen mir erkohren / Daß du mit Schmertzen hast vor kurtzer Zeit verlohren Den / der dich schtzen solt’ in dieser bsen Zeit / Jetzt bist du abermahl auß Angst vnd Noht befreyt. Zwlff mahl hatt’ ohngefehr Diana hingeleget Die Spitzen Hrner vnd das grne Meer erreget / Als’ vns das letzte mal der Hchst’ in Schutz auffnam / Da nach Jobst Hermans Todt Graff Otto zu vns kam Voll Vterlicher Lieb’ / vns arme zu erquicken / Vns arme sag’ ich die der Neid wolt’ vnterdrcken Vnd fhren ins Verderb / es war die ssse Ruh’ Entzogen vnserm Land’ vnd Mars der kam herzu.

Poetischer Lustgarte

Wir waren / (O der Noht!) von aller Welt verlassen / Es that vns mancher sehr doch ohnverschuldet hassen / Wir giengen in der Irr’ / halb lebend / sonder Muht / Wir arme Schffelein / ohn’ Hirten vnd ohn’ Hut / Der pfleger war dahin / lag durch den Todt gestrecket Jm Sommer seiner Zeit mit schwartzen Tuch verdecket / Die Lnder / Schlsser / Stdt’ vnnd Drffer ohne Zahl Die waren ausser Schutz’ vnd Wisen allzumahl. Man hrte Tag vnd Nacht die Vnterthanen klagen / Sie rieffen Weh’ vnd Ach / schier mssen wir verzagen / Wir / die wir anders nicht als’ ein sehr zahrtes Kind / Das ohne Mutter lebt / so gar verstossen sind! Wer soll / O Vaterland / dir Schul’ vnd Kirchen seugen? Wer soll / der armen Schaar mit Gnad’ vnd Gunst sich neigen? Wer soll durch klugen Raht regieren Land’ vnd Leut’ Auch schtzen Weib vnd Kind in der betrbten Zeit? „O kleiner schwacher Glaub! O Menschen voller Sorgen! „O leichter Zweiffelmuht! Du sorgest vor den Morgen / „Vnd weissest nicht / daß GOTT / auch mir auff einen Tag / „Das / was dein Lebenlang dir ntzet / geben mag. Wer kan deß Hchsten Gnad’ vnd Liebe doch ermessen? Der trewe Vater hat der seinen nie vergessen / Drumb schencket er von den / den er vns krtzlich nam / Den allerletzten Held vom Schawenburger Stamm. Nun / dieß ist grosse Gunst / diß ist ja grosse Gnade / Daß / ob gleich noch so groß ist vnsers Landes Schade / Wir / weil wir jetzo sehn der newen Sonnenschein So vns Westphalen giebt / doch hertzlich frlich seyn. Glckselig ward die Stund’ / O Herr / von vns gepriesen / Da ewrer Gnaden Glantz / zum ersten vns erwiesen; Glckselig war die Fluht / die vnser hchstes Pfand Der Vterlichen Trew bracht’ erstlich an das Land. Gesegnet sey der Tag / O Auffenthalt der Frommen / An welchem jhr vns habt in ewren Schutz genommen; Gesegnet sey von GOtt die nun verflossne Zeit

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Die euch erhalten hat vns zur Ersprießligkeit. Dieß wil nun nhtig seyn / diß wil sich jetzt geziemen / Daß wir die grosse Zucht vnd Edle Tugend rhmen / Die Tugend so an euch der Frsten Schaar beliebt Wovon Frst Ludowig ein trefligs Zeugniß gibt / Anhalt der thewre Frst / den alle Welt muß preisen So weit die liechte Sonn’ am Himmel pflegt zu reisen / So weit auch als der Mond sich legt zu ruhen hin / Weil seine Weißheit geht fast ber Menschen Sinn. Nun dieser tapffrer Frst’ hat euch zum Freund’ erkohren Als’ einem der dem Neid zum Trotz’ allein gebohren / Dazu der Frommigkeit ergeben gantz vnd gar Ja durch die Tugend selbst gleich aufferzogen war. Diß ists / O grosser Herr / daß tausend mahl mehr ntzet / Wann jhr durch GOttes Hand / wie jhr denn thut / vns schtzet / Als wann der Griechen Witz / der Rmer Macht vnd Ehr’ Auch China Schtz’ vnnd Gold bey euch vergraben wehr. „Nur solches Land ist reich vnnd selig recht zu schtzen / „Da Herr’ vnd Vnterthan all jhr vertrawen setzen „Auff Gottes grosse Gt’ vnd Vterliche Gunst / „Denn / jhm vertrawen / ist die rechte KriegesKunst. Dieß wissen wir von euch; Jhr pfleget nachzutrachten Dem nur was Tugend heißt / dagegen zu verachten Deß Glckes Eitelkeit mit rechtem Heldenmuht / Deß Glckes / da die Welt so sehr nach lauffen thut. „Der trifft das rechte Ziel / den Himmel zu erlangen / „Der mit deß Hchsten Huld’ allein einher thut prangen / „Gott frchten ist der Schmuck / der hie auff Erden ziehrt / „Jhn lieben / ist der Steg / der in den Himmel fhrt. Jhr Hochgebohrner Graff / jhr habt den Schmuck gefunden Die Brcken auch dazu / denn weil jhr berwunden Die Welt / das Glck / euch selbst / die Laster vnd den Neid / So traget jhr mit recht die Cron der Ewigkeit. Wolan / wir wnschen euch / O Herr auß gantzem Hertzen / Daß ewren hohen Stand / kein Leyden / Angst noch Schmertzen

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Jemals berhren mg’ / auff daß die Lieb’ vnd Trew / Die jhr vns tragen thut / werd’ alle Morgen new. Vnd du / O HimmelsHerr / O Schpffer aller Dinge Gieb daß mein guter Wunsch mir dieses mahl gelinge: Daß vnsers Landes Herr von Plag’ vnd Sorgen frey Der Feinde Schaar ein Schreck’ vnd vns ein Helffer sey. Gieb jhm / durch deinen Geist / O GOTT / dich recht erkennen / Daß er in aller Noht dich mge Vater nennen / Ja auch in allem Thun dein Gttlichs Lob außbreit’ Vnd mache CHristo stets die Thr’ vnd Thore weit. Hilff daß er deiner Kirch’ auß gantzem Hertzen pflege Vnd sich mit Zittren dir zu deinen Fssen lege / Dazu mit Frewd’ vnd Furcht stets ksse deinen Sohn / Damit er endlich steig’ auff deines Himmels Thron. Gieb jhm’ ein trewes Hertz’ vnd Sinne die der Armen / Wie auch der Wisen vnd der Wittwen sich erbarmen; Sterck’ jhrer Gnaden Geist / Gedancken / Seel’ vnd Muht / Daß sie nur suchen das / was lblich heist vnd gut. Verleih’ jhm solches Glck als David ward gegeben / Lass’ jhn in Gottes furcht gleich mit Hiskias leben / Ach gieb jhm gndiglich zu Nutz dem Vaterland’ Ein kluges Regiment vnd Salomons Verstand. Hilff’ jhm wie Josua / den Neidren anzusiegen Vnd lass’ in keiner Noht sein tapffres Hertz’ erliegen / Wend’ auch in Gnaden ab der falschen Freundschaft Schein / So wird der thewre Graff durchauß glckselig seyn. Bescher’ O trewer GOtt / jhm auch getrewe Seelen / Getrewe Freund’ vnd Rht / die eintzig nur erwehlen Der Vnterthanen Nutz; Beht’ auch Land’ vnd Leut Vor Blutvergiessen / Krieg / Fewr / Pest vnnd thewrer Zeit. Laß deiner Engel Heer vmb vnsern Held sich legen / Auff daß der Strenfried sich gar nicht knne regen. Denn du Herr Zebaoth / du bist allein sein Trutz / Drumb schaff’ jm stillen Fried’ vnd seinen Grentzen Schutz. Du wollest auch zuletzt / O GOTT / noch dieses geben

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Daß wir jhn krtzlich sehn in solchem Stande leben Jn welchem Sonn’ vnd Mond gleich bey einander stehn / Vmb die auch bald hernach viel junger Sternlein stehn / Viel Helden mein’ ich / die vns Gott denn wird bescheren Das Hauß von Schowenburg vnnd Holstein zu vermehren / Gelinget mir mein Wunsch / giebt GOTT mit milder Hand / So frewet sich mit mir das gantze Vaterland.

Ein Mensche / der sich in der Jugend der Wollust so gar hat ergeben / wann er nun alt vnnd kranck wird / alsdenn hasset er sein eignes Leben. sonnet.

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DJe Jugend liebt sich selbst vnnd jhr so eitles Leben / Drumb wil sie jhre Zeit nicht in der waren Ruh’ / Jn schnder Eitelkeit viel lieber bringen zu. Da hat der eine sich dem Spielen gar ergeben / Der ander preyset sehr deß tollen Bacchus Reben / Der dritte wil besehn was Mars im Lager thu / Der vierdte liebt ein Pferd / der fnffte jagt die Kuh’ Vnd wnschet Tag vnd Nacht im sause nur zu schweben. Wann aber nach der Zeit / daß Alter kompt heran / Da weder Hand noch Fuß sich recht mehr regen kan Vnd man der Artzte Raht beginnet zu ersuchen / Wie doch zu helffen sey dem Grieß vnd Nierenstein / Der kalten Wassersucht / dem Schlag’ vnd Zipperlein / Alsdenn so pfleget man sein Leben zu verfluchen.

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An einen Vortrefflichen / Hocherfahrnen / sehr Kunstreichen Alchymisten. epigramma. Knt’ einig Elixir befreyen vnser Leben / Knt’ Oel / Saltz / Wasser / Geist / dem Tode widerstreben Herr Victor, wehrter Freund / man wrd’ euch warlich sehn Dem Wrger selbst zum Trotz der Sterbligkeit entgehn.

Als die wunderbahre / oder vielmehr ohnverhoffte Zeitung erschallete / daß der Hertzog von Friedland zu Eger wehre ermordet worden. WAs ist dieß Leben doch? Ein Trawrspiel ists zu nennen / Da ist der Anfang gut / auch wie wirs wnschen knnen / Das Mittel voller Angst / das End’ ist Hertzeleid Ja wol der bittre Todt / O kurtze Frligkeit! Dieß thut vns Wallenstein in seinem Spiel erweisen / Der Kyser pflag jhn selbst anfenglich hoch zu preisen Als’ eine Seul deß Reichs / (so nand’ jhn Ferdinand) Der Teutschen Furcht vnnd Zwang / deß Kysers rechter Hand. Bald aber / wie sein Glaub’ vnnd Trew fieng an zu wancken Verkehrte sich das Spiel / man wandte die Gedancken Auff seinen Vntergang / der Tag gebahr die Nacht / Das Trawrspiel hatt’ ein End’ vnnd er ward vmbgebracht. Es tumlet sich das Glck / so leufft es hin vnnd wieder Den einen macht es groß / den andren drckt es nieder Sein End’ ist offt der Todt. O selig ist der Mann Der sich der Eitelkeit deß Glcks entschlagen kan.

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An seinen Nichtswrdigen vnd sehr vnverstndigen Zoilus, daß er doch endlich einmahl von seiner grossen vnd Vnchristlichen Falschheit wolle abstehen.

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Bedenck’ / O Zoilus, wie wenig falschen Zungen Jst jhr Begierd’ vnd Wunsch durch Neiden doch gelungen! Schaw’ /O Verleumbder schaw /wie offt die leichte Rott’ Jn jrer Falschheit wird der gantzen Welt zum Spott! Diß ist annoch mein Trost / daß sie verderben mssen Jm Fall der Hchste nur die Schalen wil außgiessen Die Schalen seiner Rach; Ey lasse diß Latein O bleicher Zoilus dir stets zur Warnung seyn. Leg’ ab dein falsches Hertz / treib’ auß die gelbe Schlangen Jn welcher Gifft dein Geist erbrmlich ligt gefangen / Zieh’ auß den losen Fuchs / laß blicken jederzeit Nur Tugend / vnd vorauß die Teutsche Redligkeit. Hiemit gehab dich wol. Nun wil ich frlich schliessen / Es soll dein leichter Spott / mich weiter nit verdriessen / Man weis doch wer ich bin / drumb wnsch’ ich ohne List: GOTT gebe dir vnd mir was vns ersprießlich ist.

Auff den Lateinischen Verß: Nec Veneris nec tu Vini capiaris amore, Uno namque modo Vina Venusque nocent. ode trochaica. ALle / die jhr leben wollet Frlich / ruhig / ohne Streit / Lernet / daß jhr jederzeit Wein vnd Liebe meiden sollet /

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Amor ist ein solcher Mann / Der wie Bacchus streiten kan. Venus kan die Schnarcher zehmen Wann sie noch so muhtig seyn / Ja sie pfleget ins gemein Jhnen Marck vnd Muht zu nehmen / Bacchus Krffte sind so groß / Das offt mancher taumlen muß. Wer von Amor ist gefangen Schweiget nicht was heimlich ist / Er bekennet ohne List Alles was er je begangen; Wer vom Wein ist gar zu voll / Redet / wann er schweigen soll. Liebe thut sehr viel bewegen / Daß sie andre neiden offt / Ja sie thut auch ohnverhofft Vielmals grosse Krieg’ erregen; Wer zum Sauffen ist bereit / Muß gewarten Zanck vnd Streit. Durch das Lieben ist verheeret Manche schne Stadt vnd Land / Paris Flamm’ hat so gebrand Troja, das es gantz zerstret; Durch das Schwelgen richtet man Vielmals Noht vnd Jammer an. Wer nun all sein Thun vnd Leben Der so tollen Liebe Krafft Vnd deß vollen Bacchus Safft Gantz von Hertzen hat ergeben /

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Der vergisset Zucht vnd Ehr / Weis von keiner Tugend mehr. Venus soll die Welt vermehren Jn dem Gott-geliebsten Stand’ Es soll weichen leichte Schand’ Als’ vns Moses Bcher lehren / Bacchus geb’ alsdenn nur Wein / Wann wir md’ vnd durstig seyn. Wer nun diß wil berschreiten Der wird endlich matt vnd toll / Kriegrisch / Znckisch / kranck vnd voll Thut jhm selbst sein Grab bereiten Der ist klug der in der still Sich fein messig halten wil. Laß dich Amor nicht betriegen Leg’ jhm Band’ vnd Ketten an / Daß er sich nicht regen kan / Bacchus bleib’ im Keller liegen Whte / tobe Nacht vnd Tag Folge du der Tugend nach. Drumb jhr / die jhr leben wollet Frlich ruhig ohne Streit / Lernet daß jhr jederzeit Wein vnnd Liebe meiden sollet Weil auch Amor ist ein Mann Der wie Bacchus schaden kan.

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Wer geschwinde ist im Zusagen / der ist ­gemeiniglich sehr langsam im halten. epigramma. WEr leicht vnnd auch sehr offt verheisset viel zu schencken / Von solchem darff man nicht / das etwas kompt / gedencken Denn was er ohnbedacht vnd schnel versprochen hat / Das leugnet er hernach gantz schendlich mit der That.

Die Alte / vortreffliche vnd weitberhmte / Stadt Magdeburg / wird von Johann Therclaes, Graffen von Tilli / Kyserlichen FeldObristen / vnd Gottfried Heinrich / Graffen von Pappenheimb / Feldmarschallen vnd deroselbigen gewaltigen kriegsmacht hrtiglich belagert / mit strmender Hand erobert / vnnd endlich jmmerlich verbrennet vnd zerstret / welches geschehen den zehnden Tag Maji deß tausend sechshundert ein vnnd dreissigsten Jahres. Klaag-Gedicht. (a) SChweig nun Homerus, schweig vnd laß dein Troja fahren Du kanst dein Klagen jetzt im Schreiben wol erspahren / Das Ilion im Fewr / jedoch durch Trug vnd List (Versteh das grosse Pferd) so gar zerstret ist. Hie ist ein’ andre Stadt / hie sind auch andre Feinde / Ja Feinde die man noch muß ehren wie die Freunde

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(b) Hie wird Parthenope die allerschnste Magd / Die Helena beschemt / geschendet vnd geplagt / Zuletzt gar vmbgebracht; (c) Hie gilt nicht Paris rauben Man greifft einander hie viel hrter auff die Hauben Als dazumal geschah’ / (d) hie gilt kein Hector nicht / Kein Hertz / kein tapffrer Muht / kein frewdig Angesicht / Wer hie wil trefflich seyn / der muß tyrannisiren / Der muß der Laster Schaar im Mund’ vnnd Hertzen fhren / Ja toben grimmiglich mit Morden / Raub vnd Brand / Wer solches nun wol kan / wird aller Welt bekand. Das ist O Magdeburg damals an dir erwiesen / (e) Als Tilli kam heran mit seinen starcken Riesen / (f) So wie die Titanes ehmals deß Himmels Schloß Zu strmen meyneten mit Bergen vnd Geschoß (g) Der Held auß Mitternacht war eben auf der Strassen / Als sich der alte Greiß hatt’ Ehlich eingelassen Mit dieser schnen Magd / vnd suchte dieß allein / Daß ja sein HochzeitTag mcht’ allzu blutig seyn; Drumb eilt’ er hefftig sehr das schnde Fest zu enden / Eh durch Gustavus Glck das Blat sich thte wenden / Vnnd jhm das Jungfrwlein durch Trew’ vnnd Tapfferkeit Wrd’ etwa ritterlich geriessen von der Seit’. (h) Er / vnd sein Pappenheimb die thaten sich bemhen / Der guten Stadt jhr Heyl vnd Leben zu entziehen / Vnd das so grawsamlich / daß sie den heissen Muht Zu khlen wnscheten im Jungfrwlichen Blut. Sie gaben schne Wort’ jedoch auß falschem Hertzen Vnd thaten vnter deß mit Schwerdt vnnd Flammen schertzen / Biß sie die liebe Magd / die solches nie gedacht / Jn grosser Sicherheit zum schwehren Fall gebracht. Nun dieser Wunsch gelang; Ach daß ichs muß gedencken! Es that sich allgemach mit dieser Nymphen lencken Zum Todt vnd Vntergang; Es war die gute Stadt Jhr selber nicht getrew’ / es mangelt’ jhr an Raht

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Witz / Klugheit vnd Vernumft / man hatte viel versehen / Da sonst der gantze Krieg ehmals pflag bey zustehen Das war nun viel zu spht’; Es nam ein jeder war Sich selber vnd sein Gut / verlachte die Gefahr „Die allen war so nah’. Es muß sich alles schicken „Wann vns die schwehre Noht von oben her soll drcken „Vnd reissen grimmig hin durch Kriegerisch Gewalt „Auch fast im Augenblick / Reich’ / Arme Jung vnd Alt’. „O Stoltz vnd Vbermuht wie viel habt jhr verdorben „O Geitz vnd Sicherheit / durch euch ist ja erstorben „Die weitbermte Magd / jr Stdte nemts in acht: „Sie ist durch eigen Nutz in Noht vnd Tod gebracht. Es war fast vmb die Zeit / daß Phœbus seinen Wagen Hieß wiedrumb gehn hervor vnd ließ den Himmel Tagen / Damals brach an die Stund’ vnd das betrbte Liecht / Die dir O schnste Stadt dein lieblichs Angesicht So sehr verwstet hat / da war es anzusehen / Als wann der starcke Feind gedacht’ hinweg zu gehen Hielt’ auch mit schiessen auff / drumb war die Stadt in Ruh’ Vnd gieng in Sicherheit fein still dem Grabe zu. (i) Der Held von Falckenberg / war eben Raht zu schlagen Geritten in die Stadt / weil Tilli lassen fragen: Ob er die Thore nicht zu ffnen wehr bedacht? Die Brger giengen heim / die sonst die gantze Nacht Gestanden auff der Huht / die auff den Wllen blieben Die waren md’ vnd matt / biß daß es war vmb sieben Da gieng das Strmen an / sie fielen an mit Macht Vnnd schossen grawsamlich / daß Berg vnnd Thal erkracht’.

Die Stadt war Lermens voll / so bald sie nur vernamen Die Feinde / so den Wall hinan gestiegen kamen Jn einer schnellen frist / da that der Brger Schaar Sich samlen in der eil’ vnd was frhanden war Von Knechten hie vnd da. Man ließ zu Sturme schlagen /

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Vnd was nur dienlich war zur Wehr / zusammen tragen / Doch leider viel zu sptt! Das Fechten war vmbsunst / Hie halff kein schiessen mehr / kein Schwerdt / Macht Witz noch Kunst. Denn wie die tapfren Knecht’ vnd Brger ohnverdrossen Dem Feinde widerstehn / wird Falckenberg erschossen Der thewre wehrte Held / von welches grossen Muht Man rhmen wird so lang die Zeit sich endren thut. Drauff weichen sie zurck’ in dem der Wall erstiegen Vnd man viel Todten sah’ vmm’ jhre Graben liegen Von denen die sich zwar als tapffre Teutsche noch Gewehret vnd verflucht das schwehr Maranen Joch. Da fellt der Feind herein vnd ffnet schnell die Pforten Der grossen Ruber Schaar / die drauff von allen Orten Sich drang zur Stadt hinein / (k) vermeynend daß hie frey Mehr denn sechs Knigreich’ hinweg zu rauben sey. Wie nun diß grawsam Volck der Wahlen vnd Croaten Nach GOttes Willen ist in Magdeburg gerahten / Da gieng solch’ eine Noht vnd bittrer Jammer an / Die auch kein Cicero zur gng’ erzehlen kan. Was hilffts / ich sag’ es frey / es ist nicht außzusprechen Der Feinde Grawsamkeit / das Hertze will mir brechen Wenn ich daran gedenck’ / ich schreib’ es kmmerlich / Mein Angesicht verbleicht / die Thrnen netzen mich / Denn hie wird Christen Blut wie Wasser außgegossen / Hie ist zu wrgen auch fast keiner nicht verdrossen / Hie ligt ein tapffrer Mann / hie Weib / hie Kind / hie Knecht / Hie Brger / hie Soldat’ / hie gilt kein’ ehr noch recht. Die Feind’ erfrewen sich in Menschen Blut zu baden Sie nehmen kmmerlich die Kinderlein zu gnaden Sie morden Jung vnd Alt / sie rauben alles hin Vnd schenden was kaum lebt auß bermachtem Sinn’. Jn dessen wird getobt mit Stcken vnd Mußquetten / Es werden Gross’ vnd Klein’ erwrget vnd zutretten / Hie strtzet Roß vnd Mann / hie heulet Weib vnnd Kind /

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Hie schlachtet man den Wirth mit allem Haußgesind’ Ach es ist gar zu viel! Theils Kinderlein die liegen Vnd seuftzen nach der Milch in Blutgefrbten Wiegen / Die Mtterlein sind tod / gestrecket in den Sand / Vnd halten theils noch fest’ jhr allerliebstes Pfand Daß sie vor kurtzer Zeit mit Schmertzen erst gebohren Der Ehwirth hat sein Weib / die Fraw den Mann verlohren Hie wrget man den Knecht / dort schendet man die Magd / (l) Ja die getdtet ist / wird auff das new geplagt. Hierunter lest der Feind die hellen Paucken rhren / Vnd allen Raub zum Thor’ hinauß ins Lager fhren Den Raub / den er mit Macht gestolen / mehr mit List’ / Vnd der von Menschenblut’ vmbher besudelt ist. Was mehr? Man sieht sie auch der Kirchen nicht verschonen / Jn welchen ja noch Zucht vnd Tugend solte wohnen / Sie dringen grimmiglich zu denen auch hinein Die sonst im hchsten Chor vermeinten frey zu seyn. Sie lsen jhnen ab die Hupter von den Leibern / Diß ist frwar geschehn an mehr denn funftzig Weibern Die wie ein Lmmerherd mit jhren Kinderlein Recht vnter dem Gebet grawsam erwrget seyn. Als nun die liebe Zeit mit Mord’ in allen Stnden / Mit Rauben Geld vnd Gut / mit geilen Weibern schenden / Mit schlachten Jung vnd Alt so grawsam zugebracht / Da brennet es vnd geht das Sengen an mit macht. Das frist nun eilig fort / biß daß die Huser krachen / Vnd strtzen vnter sich mit so viel schnen Sachen Durch Krafft der starcken Glut recht mitten in den Koht / Der nun mit Menschenblut gemahlet ist gantz roht. Das Fewr nimpt berhand vnd steiget in die Hhe So / das man ferne sieht die Magdebrger Lhe Dadurch die schne Stadt in einer kurtzen frist Zur Staub vnd Aschenburg / O weh! geworden ist. Die Flamme frist das Blut / die Menschen vnd die Zinnen. Es weis nun keiner mehr wie er es soll beginnen

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Daß er sein Leben rett’ / es ist doch Raub vnd Mord / Fewr / Hitze / Rauch vnd Dampf an allem End’ vnd Ort. Die Spitzen neigen sich recht mitten in den Flammen / Vnd fallen auß der Hh’ auff hauffen jetzt zusammen Die Glocken brausen sehr / wann sie das Fewr erreicht / Dadurch denn jhr Metall von jnen mehlich schleicht. Die Kirchen Zittren schon / es wacklen jhre Seulen / Man hrt sehr jmmerlich die schnen Orglen heulen / Jn Summa alles felt / zertrmmert vnd zubricht Das grimmig’ Element verschonet keines nicht Biß daß die schne Stadt sampt Kirchen vnd Pallsten So gar zerstret ist von diesen leichten Gsten. Nun liegt sie wst’ vnd d’ vnd lehret jederman: Wie die Gerechtigkeit vom Himmel straffen kan. Was wollen wir nun viel vom alten Troja sagen / (m) Vnd daß Carthago sey durchs Fewr zerstrt / beklagen? Kompt / schawet Magdeburg / die nun so gantz vnd gar Vulcanus eigen ist / ja mehr als Troja war. (n) Was schelten wir doch viel deß losen Nero Thaten / Als der in solchen Grimm vnd Whterey gerahten / Daß er das Haupt der Welt muhtwillig hat befleckt / Vnd Rohm an manchem Ort’ erbrmlich angesteckt? Hie ist ein solcher Mann / dem Nero weit muß weichen Wiewol er leis’ vnd still’ einhero pflag zu schleichen / Doch jenner vnd sein Volck sind Heiden nur allein’ / Vnd diese wollen noch sehr gute Christen seyn. Wo hat der Sulthan wol viel grawsamer gewhtet? Wann hat der Tartarn Volck jemahlen das verhtet / Das / die erschlagen seyn durch jhres Sbels macht / Hernach wie sichs geziemt nit sind ins Grab gebracht? Hie ward der Menschligkeit so gantz vnd gar vergessen / Daß man die Todten auch ließ von den Hunden fressen Vnd zwar die meisten noch zur Elbe warff hinein Vnd ließ sie in der Tieff’ ein Schleck der Fische seyn.

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Nun HErr / du grosser GOTT / wir haben dieß verdienet Vnd was dein Grimm mit vns noch mehr vnnd mehr beginnet Du straffest deine Freund’ auch wol in solchem Zorn Vnd wilt doch gleichwol nit / daß jemand sey verlorn. Jch weis / es thut dir ja nach vnserm Heyl verlangen / Wiewol wir leider nicht von Hertzen angehangen Den Worten vnd Befehl / die du der gantzen Welt Durch Mosen deinen Knecht zum Spiegel vorgestelt. Doch weist du deine Feind’ auch endlich wol zu straffen Daß sie vns trotzen nicht: Jhr GOtt / jhr GOtt thut schlaffen / Ach Herr du bist gerecht / dein ist allein die Rach’ Ey drumb so stellen wir dir heim die gantze Sach’. Ach HERR / streitt’ vnsern Streitt vnnd beuge ja den Nacken Der Feind’ / auch schlage sie gantz grimmig auf die Backen / So preisen wir dich stets / vnd bitten diß allein: Du wollest Magdeburg vnd vns barmhertzig seyn.

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Anmerckunge ber etliche Wrter vnd Namen so in ­Beschreibunge dieser denckwrdigen Geschicht eingefhret vnd angezogen werden. (a) Schweig nun Homerus, schweig etc. Dieser weitbermbter vnd allen Gelahrten wolbekandter Poete hat nicht alleine der mchtigen Stadt Troja, (die sonsten auch Ilium genand wird) zehnjhrige Belagerung / besondern auch jre hernachmahlige wunderbahre Eroberung (welche vermittelst deß grossen Hltzern Pferdes ist erfolget) denn auch jhre jmmerliche Verbrennunge vnd gntzliche Zerstrunge in vnterschiedlichen Bchern außfhrlich beschrieben / wovon der Geschichtliebender Leser beym gedachten Homerus, auch anderen mehr / die etwas davon hinterlassen haben / ferner kan nachschlagen. (b) Hie wird Parthenope die allerschnste Magd. Das Wort Parthenope bedeutet die Stadt Magdeburg / kompt her von dem Griechischen Wrtlein παρϑένοϛ welches in Deutscher Sprache eine Magd oder Jungfraw bedeutet / wie denn die Stadt Magdeburg (woselbsten im Heidenthumb ein vortrefflicher Tempel vnnd sehr kunstreiches Bild der Abgttinnen Venus gestanden) eine Jungfraw / die mit der einen Hand einen Krantz empohr

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helt / in jhrem Wapen fhret. Sonsten haben die Poeten gedichtet / daß die Parthenope sey der Syrenen eine gewesen / welche / dieweil sie den frberfahrenden Ulysses sampt seinen Gesellen mit jhrem lieblichen Gesange nicht aufhalten knnen / habe sie sich vor Vnmuht vnnd Schmertzen von den hohen Steinklippen in den Abgrund deß Meeres gestrtzet / vnd sey bald darauff eben an dem Ort zu Lande kommen / wo hernach die gewaltige Stadt Neapolis erbawet worden. (c) Hie gilt nicht Paris rauben / etc. Dieser Paris war deß Trojanischen Kniges Priamus Sohn / welcher als er von Troja in Griechenland geschiffet war / hat er seines Wirthtes / deß Menelaus Haußfrawen vnd Ehegemahl (welche dazumal jhres gleichen an Schnheit in aller Welt nicht hatte) Lieb gewonnen vnnd bald darauff ohnredlicher weise entfhret / worauß denn folgends der erschreckliche zehnjhrige Trojanische Krieg entstanden / davon beym Herodotus, Homerus vnd mehr anderen Geschichtschreibern vnnd Poeten weitleufftiger zu lesen. (d) Hie gilt kein Hector nicht. Hector war ebenmessig deß Kniges Priamus Sohn / vnnd deß Paris Bruder / vnter allen Trojanern der vortrefligster Held vnnd gewaltigster Ritter / so / das auch bey seinem Leben die Stad Troja von den Griechen nicht mchte bezwungen noch erobert werden. Endlich aber ist er von dem Achilles, welcher der allertapffer­ ster vnter den Griechischen Obristen war / hinterlistiger weise erwrget / mit Pferden geschleiffet / vnnd nach dem der alte Vater Priamus den bel zerhandelten Leichnam seines Sohnes thewr genug von den Griechen erkauffet hatte / nach altem Heidnischen Gebrauch / zu Staub vnd Aschen verbrennet worden. (e) Als Tilli kam heran / etc. Von diesem Johann Therclaes / Herren von Montigni vnd Tilli / etc. (welchen Kyser Ferdinand der Ander hernacher zum Graffenstand hat befodert) mgen die Nachkommende zu guter Nachrichttung krtzlich so viel wissen: Daß er nemblich zu vnseren Zeiten / ein Alter / gebter vnnd dabenebenst auch ein sehr glckseliger Kriegsman gewesen / der sich so wol in der Rmischen Kyserlichen Mayestt als auch der vereinigten Catholischen Frsten Diensten mit seinem sehr grossen Ruhm viel Jahr hat tapffer gebrauchen lassen. Endlich aber ist er im Jahr 1630. zum GeneralStatthalter oder Lieutenant, (wie mans heute zu Tage nennet) ber das Kyserliche KriegesHeer bestellet / welches Ampt er auch ber das Ligistische Volck bedienet / da man denn gntzlich vermeynet hat / er wrde dem hereinbrechenden Knig auß Schweden grossen Widerstand thun / vnd selbigen wiedrumb auff das schleunigste auß Teutschland verjagen. Als er aber / kurtz nach hchstgedachter Kniglicher Mayestt auß Schweden Ankunfft in Teutschland / in einnehmunge vnd eroberunge der alten Stadt Magdeburg / mit Wrgen / Rauben /

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Sengen / brennen / Weiber vnnd Kinder schenden / gar zu tyrannisch vnnd Vnchristlich hatte Hausen vnnd handlen lassen / hat er darber all sein voriges Glck’ / Ehr’ vnnd Ansehen verlohren / so gar / daß er auch nirgends vor den siegreichen Waffen des GUSTAVUS hat stehen mgen / wie er denn anfenglich / vnnd zwar bald nach der Zerstrunge der Stadt Magde­burg im selbigem Ertz-Stiffte / bey Angeren / Borgstall vnnd Reindorff / folgends in der grossen Schlacht vor Leiptzig / vnnd denn schließlich nicht ferne von Rain / einem Byerischen Stdlein am Lech gelegen / dermassen von Jhrer Kniglichen Mayestt empfangen worden / daß er auch aller derer Oerter mit grossem Schimpffe vnnd Schaden fliehen vnnd viel tausend guter Soldaten im Stiche lassen mssen / biß endlich er / der Graff von ­Tilli selber im letzten Treffen in einem Gehltze oder Walde auff der andren Seiten deß Lechs gelegen / von einem Schoß durch daß dicke Theil deß rechtern Schenckels tdlich verwundet / bald darauf naher Jngolstad gebracht / woselbsten jm mit vnsglichem Schmertzem vier Schieffer auß dem ­Beine genommen worden / vnd nach dem er die Magdeburgische Zerstrunge sehr beseufftzet / vnnd das es also hergangen / dem Graffen von Pappenheimb viel Schuld zugemessen / im Monat April deß 1632. Jahres zu gedachtem Jngolstad gestorben. (f) So wie die Titanes. Titanes, schreiben die Poeten / seyn grosse vnnd vngehewre Riesen gewesen / die sich den Himmel zu strmen vnterstanden haben / sind aber von den Gttern mit Blitz vnd Donner wiedrumb abgetrieben worden. (g) Der Held auß Mitternacht. Dieser war Gustav Adolph der Grosse / von welches hohen vnd vnsterblichen Thaten ich anderswo geschrieben. (h) Er / vnd sein Pappenheimb / etc. Gottfried Heinrich von Pappenheimb / ein tapfferer KriegesHeld / wegen vieler / Trew-geleisteten Dienste von Kyser Ferdinand dem anderen zum Graffen gemacht / hat daß Ampt vnnd die Hoheit eines Kyserlichen Feldmarschallen eine geraume Zeit gefhret / war sonsten ein anschlgiger / geschwinder vnd ohnverzagter KriegsMann / aber dabenebenst sehr grawsam vnd Blutdrstig / wie solches das elende Magdeburg / mehr denn zu viel empfunden / als welcher Stadt er auff das hefftigste vnd grimmigste hat zugesetzt. Nach Fewriger vnnd Blutiger Eroberung derselben Stadt / hat er zwar viel grosser Sachen angefangen / aber mit sehr schlechtem Glcke. Die Stadt Einbeck hat er durch gtlichen Vertrag eingenommen / kurtz hernach etliche Lneburgische vnnd Hessische Vlcker geschlagen / vnnd hierauff die Stadt Stade / im Ertzstifft Bremen gelegen / (welche die Schwedische dazumal belagert hielten) mit einem grossen Muhte entsetzet / die darinnen liegende Besatzung sicher abgefhret / vnd nach dem er dem Raht / die Schlssel zur Stadt wiedrumb berantwortet / ist er auff das schleunigst davon gezogen. Als er

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aber hernach im Monat Augusto deß 1632. Jahres mit einer ansehnlichen KriegesMacht in den Niederlanden bey Mastricht ankommen / vnd selbige Stadt / die dazumal von Printz Heinrich Friedrich hrtiglich belagert war / den Spanischen zum besten zu entsetzen sich vnterstunde / ist er von den Statischen dergestalt gewilkomt / daß seines Volcks ber zwey tausend sind erschlagen vnnd niedergemachet / worunter denn auch viel trefflicher Obristen blieben. Als er nun an diesem Orte nur Spott vnd Schaden davon gebracht / hat er sich wiedrumb zurcke vnd nach dem Churfrstenthumb Sachsen begeben / woselbsten er zum Hertzogen von Friedland gestossen / vnd nach dem er in der grossen Schlacht vor Ltzen gegen die Schwedische vnd Schsische Mnnlich gefochten / ist er endlich mit einer Drahtkugel in die Hffte geschossen / davon er den andern Morgen frh vmb drey Vhr auf dem Schlosse zu Leiptzig mit grossen Schmertzen verschieden / welches geschehen den 7. Novembris Anno 1632. (i) Der Held von Falckenberg war eben Raht zu schlagen. Dieterich von Falckenberg / war anfenglich Kniglicher Hoffmarschalck / ward hernacher von jhrer Knigl. Mayestt zu einem Obristen Befelchhaber ber die Kriegessachen in der Stadt Magdeburg verordnet / da er sich dann auch in whrender Belagerunge / sehr tapfer / Mannhafft vnd rhmlich verhalten / vnnd ob jhn gleich dazumahl der Graff von Pappenheimb mit grossen vnd stattlichen Verheissungen auch vielen sssen Worten auff die Kyserliche Seite zu bringen vermeynete / so ist doch der von Falckenberg / solches deß Pappenheimbs vnredliches ersuchen vor lauter verrhtrische Anschlge vnd Hndel haltend / dermassen bestndig verblieben / daß er auch / wie schon die Stadt vom Feinde erobert vnd eingenommen gewesen / dennoch ritterlich gefochten / vnnd sein Vlcklein / so viel er dessen in der eil zusammen bringen knnen / mit grosser Mannheit angefhret / biß endlich dieser tapfere Held mitten in seinem eyferigen Kmpfen / zwar grawsamlich / jedoch rhmlich ist erschossen worden. (k) Vermeynend / daß hie frey mehr denn sechs Knigreich’ hinweg zu rauben sey. Man schreibet / es habe der Graff von Tilli seine Soldaten vor der Eroberunge der Stadt Magdeburg vertrstet / daß die Beuten / so sie auß selbiger Stadt wrden davon bringen / etliche Knigreiche wehrt zu schtzen wehren. Ob nun ein so grosser Reichthumb von den Vberwinderen gefunden worden / mgen sie selber am besten wissen. (l) Ja die getdtet ist / wird auf das new geplagt Es berichten glaubwrdige Personen / daß in eroberunge der Stadt die Croaten vnnd andere Barbarische Vlcker nicht allein mit den gesunden vnd lebendigen / sondern auch mit dem schwachen / Verwundeten / ja so gar mit den ermordeten Weibesbilderen abschewliche vnd vnerhrte Vnzucht getrieben.

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(m) Vnnd daß Carthago sey durchs Fewr zerstrt / beklagen. Von dieser / zu jrer Zeit mechtigen vnnd weitberhmbten Stadt Carthago, Der Huptstadt in gantz Africâ, wie nemblich dieselbe zu vnterschiedlichen mahlen von den Rmern ist bekrieget / belagert / berwunden / vnd endlich durch den grossen Scipio gntzlich ist zerstret vnd in die Aschen geleget worden / ist sonderlich zu lesen der berhmbter Rmischer Geschichtschreiber Titus Livius, der hievon ziemlich weitleufftig vnd außfhrlich hat geschrieben. (n) Was schelten wir noch viel deß losen Nero thaten? Von diesem grew­ lichen vnd vnmenschlichen Tyrannen schreiben Xiphilinus, Platina vnd andere / daß er nach vielen verbten schendlichen vnd vnerhrten Grawsamkeiten auch endlich sein Vaterland die Stadt Rom an vielen Orten heimlich habe anstecken lassen / daß sie sechs Tage vnd sieben Nacht gebrand vnnd vnberwindlichen Schaden genommen. Dasselbe Fewr habe der Tyran auff einem hohen Turm in einem abschewlichen Kleide mit Frolocken angeschawet / etc.

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Graabschrifft Deß Durchleuchtigen Frsten vnnd Herren / ­Herren Vlrichs / Knigl. Printzen auß Dennemarck / Erben zu Norwegen / Hertzogen zu Schleßwig / Holstein / etc. KriegesObristen / welcher in der besten Blhte seiner Jugend durch ­hinterlistigen Betrug von den Kyserischen in Schlesien ist hingerichtet worden / welches geschehen im Jahr 1633. HJe liegt ein junger Held / der sein erwnschtes Leben Jm Lentzen seiner Zeit erbrmlich auffgegeben / Den Tapfferkeit vnd Witz so hoch hat auffgebracht / Daß sein in aller Welt wol ewig wird gedacht; Der Parcen ist die Schuld / daß er so frh erstorben Denn weil er vor der Zeit ein Altes Lob erworben

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Durch Kunst / Zucht / Frommigkeit / Trew / Khnheit vnd Verstand / So haben sie gefehlt / vnd jhn selbst alt erkand.

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Der Parcen ist die Schuld / etc. Von den Parcen haben die Poeten gedichtet / daß dieselbe drey Gttinnen seyn / die das Menschliche Leben in jhrer Gewalt vnnd Hnden haben / vnter welchen die Erste nemblich Clotho den Spinrocken trage / die Andere / Lachesis genand / den Draht ziehe oder spinne / die Dritte aber Atropos den gesponnen LebensFaden zu rechter vnd bestimpter Zeit abschneide. Was diese Parcen sonsten vor sonderbahre Bedeutungen mehr haben / davon ist bey dem Apoleius weitleufftiger zu lesen.

An seiner guten Freunde einen / der vngerne hrte / daß man jhm die Deutsche Warheit zu Gemhte fhrete. epigramma.

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SAg’ an / mein Freund / sag’ an / was soll ich dir erzehlen? Soll ich die Warheit dir zu liebe gantz verheelen / Die Warheit / die dir offt so schnell die Gall’ erregt Vnd vnsre Lieb’ vnd Gunst so leicht zu trennen pflegt? Solt’ ich mit schmeichlen dir viel falscher Worte geben Solt’ ich ein Heuchler seyn? Das ist mir auch nit eben. Das kan vnd wil ich nit. Wolan mein Freund sag’ an / Womit ich dir vnd mir doch immer dienen kan.

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Bey den Frommen bist du fromm / Bey den verkehrten bist du verkehrt. An die Jugend. Hr Jngling meinen Raht: Hr / wilt du selig leben / So must du dich der Schaar der frommen Leut’ ergeben / Vnd bleiben nur bey dem / der sich mit Tugend ziert Vnd der in Redligkeit ein sittsam Leben fhrt. Denn / wer sich in die Zunft der Heuchler einst lest schreiben / Der wird sein Lebenlang ein Joabs-Bruder bleiben. Bey Frommen bist du fromm / bey Argen bist du arg / Bey Huren voller Lust / vnd bey den Schindern karg. Ein eintzigs faules Ey verdirbt den gantzen Kuchen / Bey einem Narren pflegt man andre mehr zu suchen / Wer mit dem Statzler spricht lest auch sein Stamlen nicht Vnd wer mit Dieben leuft / der wird zum Bsewicht. Beym vollen tollen Zapff’ erlernet man das Sauffen / Bey Schlcken frech zu seyn vnnd bey den Krmern kauffen / Wer schlfft im Bettelstroh der kriegt gemeinlich Leus’ Vnd wer mit Katzen jagt der fhet gerne Mus’. Ein Schieler der da blintzt / der macht auch andre wincken Vnnd wer beym Steltzner wohnt / gewehnet sich zum hincken.

Wer ohne Schmutz wil seyn / der hte sich dafr / Daß er nicht frischen Koht noch altes Pech berhr.

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Auff die Bildnisse Carl Gontzagen / Hertzogen zu Mantua vnd Nivers / als derselbe im Jahr 1630. von Kyser Ferdinand dem Andern hefftig ward bekrieget. epigramma.

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DJß ist das Ebenbild deß Mantuaner Helden / Von dessen Tapfferkeit vnd Tugend weis zu melden So wol der Feind als Freund / so wol der nah’ als fern So wol die Morgenrht’ als’ auch der Abendstern. Ja jhr / der Tugend selbst thut dieser Printz behagen / Denn / weil er alles Glck standhafftig kan ertragen / Vnd nimpt ohn murren an das / was jhm GOtt beschert / So ist er doppelt Glck’ vnd hchster Ehren wehrt.

Auff das Sprichwort – – – – Exeat aulâ Qui volet esse pius. Wer finden wil das rechte Liecht / Der bleibe ja bey Hofe nicht. sonnet.

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WEr durch die Gottesfurcht sich selber wil gewinnen Vnd ben seinen Geist in Zucht vnnd Ehrbarkeit So rechte Tugend heist / der flieht jederzeit Der Frsten Gunst vnd Hff’ auch was mehr ist darinnen. Laß dich betriegen nicht / O Freund / die hohen Zinnen / Der schnen Zimmer Pracht / vnnd was sonst weit vnd breit Die Augen durch den Glantz der Schnheit hoch erfrewt /

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Dieß alles / was hie ist bezaubert deine Sinnen. Hie herrschet schnde Lust / Geitz / Trunckenheit vnd List / Ja was der Tugend mehr Schnurstracks zu wider ist. Hie muß der Schwache stets vom starcken vnrecht leiden / Hie wird die Edle Zeit in Vppigkeit verzehrt / Das Leben vnnd die Seel mit frembder Schuld beschwehrt O selig / der da weis der Hfe Pracht zu meiden.

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Rechtmessige Vberschrifft der Hauß-Thren ­eines vngerechten vnd dabenebenst ohnverstndigen Richters / der ohne alles der Personen ansehen / von allen vnd jeden Geschencke pflegt zu nehmen. HJe darff kein Freund herein / kein Gast noch Frembder kommen / Hie wird noch Arm / noch Reich / noch jemand angenommen / Er sey gleich Edelman / Artzt / Brger / Bawr / Soldat / Der komme nicht / es sey denn daß er Gaben hat. Der Richter weis hie wol sein’ eigen Lust zu zehmen / Er pflegt mit einer Hand von allen anzunehmen Was er erschnappen kan; Jst einer Reich vnd groß So giebt er desto mehr; Jst einer arm vnd bloß So muß er eben wol von seiner Armuht schencken Ein ander mag die Pein in jenner Glut bedencken. Ein Richter (wie er sagt) ist ja zu schelten nit / Der nur die Gaben vnnd doch keine Leut’ ansicht.

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An ein sehr kleines Phantstlein vnd ­Auffschneiderlein / das stets ein sehr kleines vnd gar kurtzes Lobgedichte auf seine Person von jhm begehrte. DV Mnnlein wie ein Storch / du kleiner Butterweck’ / Hie ist dein kurtzer Reim: Du bist ein kleiner Geck.

Es ist nichtes Edlers noch mchtigers vnter der Sonnen / als ein Standhafftes vnd vnbewegliches Gemhte. ode jambica.

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WJe reich / wie selig ist der Mann / Der alles Glck verspotten kan Vnd sich der Tugend gantz ergeben / Ein solcher lest sich irren nicht Ob jhm gleich alles Leid geschicht Es sey im Sterben oder Leben. Die Tugend ist sein einigs Gut / Die jhm’ erfrewet Hertz’ vnd Muht / Dadurch er schnell kan berwinden Der Menschen Vngunst / Haß vnd Neid / Schmertz / Klagen / Pein vnd Trawrigkeit / Vnd was fr Elend mehr zu finden. Er achtet nichts auff Gold vnd Geld / Das sonst die Welt fr kstlich helt Er fraget nichts nach China Schetzen / Dieweil er weis / daß dieser Koht

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So manche Seel’ in grosse Noht Ja ins Verderben pflegt zu setzen. Ob gleich der Pfel zu jhm leufft / Vnd jhn mit loben berheufft / So lest er sich doch nicht bewegen / Denn er bedenckts zur jeden Zeit / Daß nach deß Himmels Liebligkeit Die Wind vnnd Wasser sich erregen. Ob man jhm gleich zum grossen Lohn Verehrte Scepter / Schwerdt vnd Cron / Wrd’ er sich dessen doch nit frewen / Er hat gelernet gar zu wol Daß man die Hoheit meiden soll Vnd vor zu grosser Ehr sich schewen. Ja ob man jhm gleich machen wil Der Honigsssen Hoffnung viel Es werd’ jhm alles wol gelingen / Wird doch sein Hertz nicht groß noch klein / Spricht lieber bey jhm selber: Nein Jch trachte nicht nach hohen Dingen. Jm Fall’ er muß vor Augen sehn Das Vaterland in Flammen stehn Ja gar zerstret vnnd zerrissen So trstet dennoch seinen Muht Dieß ohnverweßlich gldnes Gut / Daß er der Tugend sich befliessen. Ja soll er alles / was er sunst Durch Weißheit vnd deß Glckes Gunst Erworben hat / auch fahren lassen / So dencket er in seinem Sinn:

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Du schndes Gold fahr immer hin / Jch weis was bessers anzufassen.

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Waß er den Freunden einst verspricht / Das thut er nachmals leugnen nicht / Er hat gelernet Wort zuhalten / Vnd wann gleich in der Welt nicht mehr Lieb’ / Ehr’ vnd Trew zu finden wehr / So lesset er sie nicht erkalten. Begiebt sichs denn / daß ohngefehr Der bleichgefrbten Klffer Heer Viel newer Zeitung fr jhn bringen / Verleumbden / schelten fort vnd fort / Den einen hie / den andren dort / So lachet er zu solchen Dingen. Es geh’ jhm wie es immer wil / Er helt dem Allerhchsten still Verachtet Neiden / Hassen / Hoffen / Das bse Glck / deß Landes Noht / Der Menschen Fehl / so gar den Todt / Vnd alles was jhn je betroffen. Drumb / O wie selig ist der Mann / Der alles Glck verspotten kan / Vnd bloß der Tugend sich ergeben / Er lest sich gntzlich irren nicht / Ob jhn gleich alles Leid anficht / Es sey im Sterben oder Leben.

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Klaag-Gedichte Vber gar zu frhzeitiges Absterben Herren Ernst Stapelen / seines sehr geliebten ­Schwagers vnd hchstvertrawten Freundes / welcher den 13. Tag Octobris deß 1635. Jahres diese Welt ­seliglich verlassen. WAnn Kunst vnnd Wissenschafft / wann deß Gemhtes Gaben / Damit fr schlechtes Volck die hohen Geister traben / Wann Schertz / wann kluge List / wann Witz auß Sterbens Noht Knt’ helffen / ey so wehr mein Stapel noch nit tod. Jhn’ hatt’ Apollo selbst zum Erben außerkohren / Die Pallas nam jhn auff / kaum wie er war gebohren Vnnd in der Wiegen lag / sein Reichthumb Schatz vnd Zier Was zwar kein Geld noch Gold / nur Bcher vnnd Papier. Er liebte ja kein Geld / wie mancher / der sein Dichten Auff das / was eitel heist / nur eintzig pflegt zu richten / Auch fragt’ er nichts nach Gunst / der Heuchler falschen Schein / Sein Wunsch war / daß er nur knt’ allen dienlich seyn. Von seiner Kindheit an auch durch sein gantzes Leben Hat’ er sein Hertz’ vnd Sinn der Wissenschafft ergeben Vnd das mit rechtem Ernst, so war er ja genand / Jedoch sein kluger Geist macht’ jn der Welt bekand. Die weitbermbte Schuel der thewren Glpher Helden / Die soll sein wehrtes Lob von langer Zeit vermelden / Dich mein’ ich Helmensttt / du hast jhn offt gehrt / Wann er dein wehrtes Volck mit reden hat verehrt Mit reden / da er knt’ ein hartes Hertz durch beugen / Jr hohen Sthl’ / jhr Tisch’ / euch ruff’ ich all zu Zeugen / Jhr Seulen / die jhr in den schnen Zimmern steht / Wo Phœbus vnd sein Volck oft’ auf vnd nieder geht. Jhr wisset / wie er pflag mit Versen das zu preisen Was recht zu preisen war / er that euch allen weisen /

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Daß zwar ein Hofeman gemachet werd’ / allein Ein Singer vnd Poet mss’ erst gebohren seyn. Jch wil hier / was ich sonst noch rhmlich knt’ erzehlen Von seinem grossen Fleiss’ in GOTtes Schrifft / verheelen Sein erstes Thun war Furcht deß HErren Zebaoth Sein anders / Ehr’ vnnd Zucht / das letzte Frewd’ in GOTT. Mehr schreib’ ich nichts hiervon. Was ber dieß die Tugend Der Lieb’ vnd Trew betrifft / auch wie er in der Jugend Sein Leben vnd sein Thun auff Redligkeit gewand / Das mein’ ich / ist mir auch zum guten theil bekand. Sein Wissen war nicht schlecht / sein Lernen vnnd sein Lehren Jst vielen wol bewust / dieß kan sein Lob vermehren Daß Rostock / weil es jhn hertzgrndlich lieben that Ein Zeugniß seiner Kunst jhm gern’ ertheilet hat. (a) Was soll ich von der Lust / die er stets pflag zu tragen Zu mancherley Gedicht’ vnd Frewdenspielen sagen / Da war er Meister inn’ / er hats dahin gebracht / Daß nun so mancher Geist auff Schawspiel ist bedacht. Jst Varro gleich berhmbt / ist er gleich Printz gewesen Der Dichter seiner Zeit / solt’ er die Spiele lesen Die Stapel auff dem Platz’ ehmals hat vorgestelt Er wrde sich vor Scham hinschwingen auß der Welt Nach Proserpinen zu. Was? Plautus muß jm weichen / Der kluge Seneca, Euripides deßgleichen Vnd solcher Helden mehr / die schon vor langer Zeit Erworben hie ein Lob der Kunst vnd Zierligkeit. (b) Man pflegt es ja noch offt’ / O Bruder / zu erzehlen / Wie du dem Fried’ vnd Krieg begntest zu befehlen Zu kommen auf die Bhn’ / es war ein schn Gedicht / Daß mancher sah’ vnnd doch den Sinn vermerckte nicht. Die Gtter musten hie der Teutschen Laster straffen / Vnd wann die Buss’ erfolgt’ ein ruhigs Leben schaffen / Der Spanier vnd Frantzos’ auch noch ein’ andre Rott’ Auß Teutsch vnnd Engelland die wrden dir zum Spott. (c) Bald must’ im andern Spiel Germanien auch kommen

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Die hatte den Gebrauch der Alten angenommen Drauf ward die newe Pracht / der frembden Eitelkeit Jhr’ eigen schier / vnd das in einer kurtzen Zeit / Biß sie durch GOttes Rach kam in den BettlerOrden Jn welchem sie so gar ist außgemergelt worden / Daß auch / wie sehr man sucht / jr glentzend Angesicht’ Auch Scepter / Schwerdt vnd Cron / nun mehr kan finden nicht. Jn diesen vnd noch viel mehr andren schnen Sachen Da kontest du / O Freund die Eitelkeit verlachen Der jetzt betrbten Zeit / du kontest ohne schew Erweisen / daß die Welt ein rechtes Tollhauß sey. O wie so manchen Tag bin ich dir bey gestanden Jn solcher schwehren Lust / die Wercke sind frhanden Die klare Zeugen seyn / daß ich die Mh’ vnd Zeit Mit dir getheilet hab’ in hchster Freundligkeit. Dein Geist der war geneigt was frlichs zu beschreiben / Vnd meiner wolte stets bey Trawrgedichten bleiben / (d) Herodes, Wallenstein vnd Gustav waren mein / Der Teutschen Fried’ vnd Krieg vnd noch mehr andre dein. Nun dieß war vnser Lust / der Wollust stets zu spotten / Die Laster / knt’ es seyn! Durch Spielen außzurotten / Der Wille war doch gut / denn / rhmlich ist der Mann / Der offtmals lachend auch die Warheit sagen kan. Diß alles ist vorbey; Nun hast du mich verlassen / Mich der ich alles das gezwungen bin zu hassen Was Welt vnd Leben heist / du bist im Frewdensal / Du sitzest in der Ruh’ vnd ich in steter Quaal. „Wie der ist sonder pein / der bey den Englen lebet „So ist der voller Angst / der lang’ auff Erden schwebet. „(e) Wie offt gedenck’ ich der dreyfachen Angst vnd Noht: „Gebohren seyn / drauff folgt viel Vnglck / denn der Todt. Gebohren bin ich ja / das ander lern’ ich schmecken (Jch meine dich / O Creutz) das Dritte wird mich strecken Zu letzt ins finstre Grab / mir ist nur eins bedacht / Du hast sie alle drey durch GOtt zum ende bracht.

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Nun / frewe dich in GOtt / du Edle Seel dort oben / Die du nicht frchten darffst der tollen Feinde toben Das vns noch tglich plagt ohn’ alle Mass’ vnd Ziel / Wir leben hier im Streit’ vnd du im Frewdenspiel. Jch weiß / mein Freund / ich weis / du kanst der Sorgen lachen Die vns dieß Leben hie so sehr beschwerlich machen Da vnser Wissen ist ein rechter KinderTand / „Die wahre Klugheit schwebt im rechten Vaterland’. O selig’ Edle Seel / Gesell der GOttes Kinder / O Sorgenloser Geist / O Sathans Vberwinder / Sey tausendmal gegrßt / wol mir / wann ich die Welt Gesegnet hab’ vnd dir als denn bin zugesellt.

Anmerckunge ber dieses Klag-Gedicht.

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(a) Was sol ich von der Lust / die er stets pflag zu tragen. Durch diese Lust wird verstanden die sonderbahre grosse Zuneigung / die er Stapelius seliger durch sein gantzes Leben zu Sinnreichen Schawspielen als ­Comœdien vnd Tragædien hat getragen / in welcher Erfindungen / er denn auch fr vielen andern sehr glckselig gewesen / wie solches seine nachgelassene Wercke genugsam bezeugen. (b) Man pflegt es ja noch offt’ / O Bruder zu erzehlen etc. Mit diesen Worten wird gesehen auff deß Seligen Stapelij Irenaromachiam oder ­Tragico-Comædiam, der Friede vnd Krieg genand / welches Sinnreiches vnd nachdenckliches Gedichte wir im Jahr 1630. auff ffentlicher Bhne haben vorgestellet / worauff es auch kurtz hernach durch den Druck jederman gemein ist gemachet worden. (c) Bald must’ im andren Spiel Germanien auch kommen. Diese Germania war auch zum Theil seiner Comœdien eine / in welcher wichtige vnnd vortreffliche Sachen begrieffen / als da Teutschland (welches vnter der Gestalt einer ansehnlichen / ja Kniglichen Frawen wird vorgebildet) anfenglich in jhrer Alten vnd Ehrbahren Tracht / bald hernacher in Außlndischer sehr ppiger Kleidunge / zu allerletzt aber (nach dem sie von frembden Vlckern als Spaniern / Frantzosen vnnd andren mehr schendlich betrogen worden) in sehr elender Gestalt vnd zerrissenen Bettlers Lumpen hervor tritt / jhr Vnglck beklaget / vnnd endlich dem allerhchsten GOTT mit einem demhtigen Fußfall vmb Gnade vnd Verzeihunge thut anruffen etc. Wie denn diese Tragædia auch also ffentlich ist gespielet / nun-

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mehr aber nach Stapelij absterben / wegen vnverhoffter verwechselunge der Zeiten fast gar geendert vnd vmbgekehret / auch an vielen Orten vermehret worden / drffte vielleicht mit dem ehisten dem begierigen Liebhaber der Poetischen Gedichte durch den Druck bergeben vnd mit getheilet werden. (d) Herodes / Wallenstein vnnd Gustav waren mein. Diese sind alle gantz Newe / vnnd erst vor weniger Zeit erfundene vnnd außgearbeitete ­Tragædien, zu welchen noch gehren meine Polymachia, Irenochorus, Berosiana, Begamina vnnd noch andere mehr / deren aber gleichwol ­keine (ausser dem Herodes, als welche vnter allen die ltiste) auff die ffent­liche Bhne ist gebracht worden. Von meinen Studentischen Perseus, ­Guiscardus, vnnd anderen mehr desselben schlages / weil sie nicht vnter diese Zahl gehren / schreibe ich hinfro nichts. Die obgedachten aber knten vielleicht (alldieweil fast alles / was sich so wol in Geistlichen als Weltlichen vnd KriegesSachen von Anno 1618. biß auf dieses gegenwertige 1637. Jahr in Europa hat begeben vnd zugetragen / Poetischer vnd verdeckter weise in denselben wird vorgestellet) nach gelegenheit der Zeit gemein gemachet vnd hervor gegeben werden. (e) Wie oft gedenck’ ich der dreyfachen Angst vnd Noht / etc. Dieses ist nach dem Lateinischen: Vita hominis quid? Nasci, pati, mori. Deß Menschen gantzes Leben ist nichts anders als: Erstlich geboren werden / hernach stets Vnglck leyden / vnd denn schließlich / bald sterben.

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Was bald wird das vergeht bald. epigramma. WAs leicht erzeuget wird / kan auch sehr leicht vergehen / Wie an der Wasserblass’ vnd andren mehr zu sehen / Bald ist die Blas’ ein Wind. Was groß wird fr der Zeit / Das felt auch fr der Zeit in seine Nichtigkeit. Kein Bumlein wird so alt als die so starcke Eichen Keins wchset auch so lang’; Ein Rßlein muß bald weichen Es kompt auch bald herfr. Wer in zu schneller eil Zu Ehren kompt / dem wird ein schneller Fall zu theil.

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An den Edlen vnd Hochgelahrten Herren ­JOHANNEM Douw / beyder Rechten Doctorn vnd Canonicum Brunsuicensem; einen vortreflichen Liebhaber der waren Poeterey vnd aller hohen Wissenschafften vnnd Knste. Vber daß Sprichwort. Die Liebe ist blind.

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JHr Pallas erster Sohn / dem Phœbus hat gegeben Den halben Helicon, jhr pflaget zu erheben Die vngelehrte Verß / die ich eh’ vnbedacht (Doch war das Hertze gut) in erster Hitze macht’. O wolte wolte GOTT / ich wehr’ ein solcher funden Der ewres Lobes wehrt / ich wolt’ in wenig Stunden Beschwehren Phœbus selbst sampt seiner Tchter Schaar / Sie solten euch zu Dienst’ aufstehn / je Paar bey Paar / Vnd reitzen alle die so mit sehr scharffen Sinnen Vnd Kunst begabet seyn / daß sie all jhr Beginnen / Jhr lassen vnd jhr Thun zu ewrem Lob’ vnd Ehr’ Anwendeten / doch daß ewr Preiß ein Anfang wehr Der immer grnen Cron / die euch vorlengst gebhret / Euch / den so manche Kunst vnd manche Tugend zieret / Euch / der jhr wrdig seyd / daß der Poeten Held Mein Opitz / sag’ ich / selbst kund mach’ in aller Welt. Daß aber meine Verß’ / vnd was ich sonst fr Sachen Gar schlecht zu schreiben pfleg’ / euch mir gewogen machen / Davon versteh’ ich nichts / da bin ich nur ein Kind. Doch eins das weis ich wol / man sagt: Die Lieb’ ist blind.

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Auff das Sprichwort GOTT hilfft dem Strcksten aus. epigramma. SOlts wahr seyn / was man offt’ im Sprichwort pflegt zu sagen / GOTT hilfft dem Strcksten auß: So muß ich einsmal fragen: Warumb erwrgte denn ein schwaches Kind so gar Den starcken Goliath? Das Sprichwort ist nicht war.

Drey Dinge / im Fal sie einmahl werden ­verlohren / sind hernach niemals wieder zu ­bekommen. DRey Dinge find’ ich / wann die einmahl seyn vergangen / Kan sie kein Mensche mehr durch hchste Mh’ erlangen Vnd hett’ er noch so viel Kunst / Witz / Verstand vnd Sinn Es hilfft jhn lauter nichts / was hin ist / das ist hin. Denn / wann die zahrte Blum der Jungfrawschaft gebrochen Vnd nur ein einzig mahl ein Wrtlein ist gesprochen Wann auch verflossen ist die Zeit / so ists versehn Vnd vmb die Jungfrawschafft auch Zeit vnnd Wort geschehn.

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Mancher Weiber-Geck liebet nicht das Weib an vnd vor sich selbst / sondern deroselben ­flchtige Schnheit vnd Freundligkeit. sonnet.

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WEr sich ein Ehgemahl auß Wollust thut erfreyen Der siehet ins gemein auff eusserlichen Schein Auf Schnheit / Freundligkeit / vnd was mehr pflegt zu seyn Den Buhlern angenehm; Er thut sich gar nicht schewen Der Liebsten Angesicht zu nennen sein Gedeyen / Sein Leben / seinen Schatz / Gut / Frewd’ vnnd Lust allein Ja auch die Venus selbst / so Felsen Berg’ vnd Stein’ Erweichen / vnd so gar bezwingen kan die Lwen. Jst aber solch ein Geck nit gnugsam spottens wehrt Weil er sein’ Edle Zeit so jmmerlich verzehrt Jn lauter Eitelkeit? Dann / sieht er zu jhr Traben Deß Alters schwere Last / die Rtzlen / schwartze Zhn / Die weissen Haar vnd denn die Augen trieffend stehn / So wnschet er / sie wehr’ im Tieffen Mehr vergraben.

An eine HochAdeliche Fraw / Als sie sich wegen frhezeitigen Absterbens jhres hochgeliebten Ehe-Junckeren gar zu hefftig vnnd vnauffhrlich bekmmerte. Trost Lied. ALles was auff Erden lebet Hie in dieser Eitelkeit / Was vns fr den Augen schwebet / Wird verendert durch die Zeit.

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Was wir sehen / was wir hren / Thut sich alles ja verkehren / Vnbestndig ist die Sonn’ Vnbestndig das Regieren / Vnbestndig Kriege fhren / Vnbestndig Frewd’ vnd Wonn’. Es pflegt nicht zu allen Zeiten Der sehr kalte Nordenwind Mit der Wellen Macht zu streiten Die in Thetys Armen sind. Die so kurtze Wintertage Sind nicht stetig vnsre Plag’ Auch ist nicht zur jeden Zeit Der sonst grne Wald verhllet Berg’ vnd Thal mit Schnee erfllet Vnd befrohren weit vnd breit. Nach dem Winter kompt gegangen Der begrnte Frhlings Mey Da sich alle Thier’ vmbfangen Vnd die Vglein mit Geschrey Jhre Nesterlein bereiten Vnd die gldne Zeit andeuten Wann der Wind vom Westen her Schnes Kraut vnd Blumen schicket / Die halb todten Bume schmcket Vnd sie kleidet nach Begehr. Vnser Himmel ist erschaffen Daß er stets soll vmme gehn / Ob wir wachen / ob wir schlaffen / Phœbus kan nicht stille stehn. Wann sich denn die Winde legen / Folget Hitz’ vnd auff den Regen

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Helles Liecht vnd Sonnenschein. Denn so thut sich frost erheben; So ist auch dieß gantze Leben Nichts / denn froh vnd trawrig seyn. Vnser GOTT der pflegt zu spielen Mit den Kindren dieser Welt Lest sie Angst vnd Schmertzen fhlen Wann ein Vnglck sie befelt Bald so fhrt er sie in Frewden / Schnell darauff in schwehres Leyden Vnd verwechselt so die Zeit / Daß Fortuna bald muß lachen Bald vns froh / bald trawrig machen Eins ist Lieb’ vnd eins ist leid. O wie selig ist zu schetzen Ein so eisen festes Hertz Das sich niemals lest verletzen Solch ein Leyden / solch ein Schmertz Als dieß wanckelbahre Leben Gottes Freunden pflegt zu geben / O wie selig ist der Mann / Der dem Glcke nie vertrawet / Nur auff Gottes Gte bawet Vnd die Welt verspotten kan. Billig ist der hoch zu loben / Billig ist der rhmens wehrt / Der die Welt lest immer toben Vnd nur anders nichts begehrt Als sich in Gedult zu ben Sampt dem Nechsten GOTT zu lieben / Solcher ist in seinem Stand’ Einem Schiffer zu vergleichen /

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Der gleich jetzt hofft zu erreichen Sein geliebtes Vaterland. Der so wie ein Christe leydet Hie in diesem Vnglcks-See / Wann der gleiche Todt vns scheidet Die wir leben in der Eh / Der kan alles berwinden Leicht vnd schnell den Hafen finden Der kan frlich fahren fort / Ja biß sich die Wellen legen Auch die Winde nicht mehr regen Friedlich seglen in den Port. Edle Fraw / was thut jhr klagen Was beweinet jhr so sehr? Wollet jhr denn gar verzagen Weil jhr nun nicht schawet mehr Ewren Schatz / den der genommen / Der vns alle heisset kommen An den Ort da keine Quaal Vns kan nimmermehr berhren Da auch GOTT vns selbst wird fhren Jn den schnen Himmels Saal. Trocknet ab die herben Thrnen Die euch netzen fr vnd fr Hie hilfft weder Angst noch sehnen Denn sein Geist ist nimmer hier / Hret auff das zu begehren / Daß euch keiner kan gewehren / Lasset euch deß Hchsten Raht Einzig vnd allein gefallen Denn / er ist es / der vns allen Frewd’ vnd Trost versprochen hat.

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Alle / die den HERREN lieben / Denen lest er schencken ein Seinen Becher / heist betrben / Creutz vnd Leyden ist der Wein / der sie jhren VnglcksWagen Allzeit lehret strcker tragen / Vnd da muß ein jeder an / Wil er in den Himmel dringen; Trbsal ists vor allen Dingen / Das die Christen machen kan. Keiner kan dem Tod’ entlauffen Jeder hat sein eignes Ziel Es hilfft hie kein Haar außrauffen / Wann der HERR vns haben wil / So muß der beruffne kommen / Es ist keiner außgenommen / Es klopfft ja so bald der Todt An die bergldte Zimmer Als die Htten / da man nimmer Mehr erbettelt als das Brod. Ja der Todt pflegt zu verlachen Tugend vnd Geschickligkeit Thut jhm kein Gewissen machen / Wann er den / der seine Zeit Erst noch hoffet anzufangen Wrget mit der Weber Stangen / Drumb auch keiner ist so schn Keiner ist so jung von Jahren Starck von Gliedren / krauß von Haaren / Der dem Wrger mag entgehn. Edle Fraw / thut dieß erwegen Wo jhr endlich seyd bedacht

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Ewre Pein beyseit zu legen: Lernet / daß die lange Nacht Die vns in die Gruben strecket / Vnd mit schwartzem Koht bedecket Sey ein Außgang aller Noht Der vns Fried’ vnd Ruhe schaffet / Wann wir werden hingeraffet Jn das Leben durch den Todt. Ey wolan so lasset fahren Was der HERR genommen hat Thut die Thrnen doch erspahren / Dieß ist mein getrewer Raht / Preiset GOTT von gantzem Hertzen / Der kan lindern ewre Schmertzen Haltet jhn nur khnlich still / Lernet / daß auch das vor allen Was er schaffet / soll gefallen / Was geschicht / das ist sein Will. Gnnet ewrem Schatz das Leben Bey der lieben Engel Schaar Die jetzt huffig vmm’ jhn schweben / So / daß er auch gantz vnd gar Nichts vom Vnglck weis zu sagen / Das vns Arme noch thut plagen / Ja er glentzet wie die Sonn’ Er kam ohne Sorgen lauffen Zu der Außerwehlten Hauffen Jn deß Hchsten Himmels wonn’. Ob er gleich ist hingenommen Von deß bleichen Todes Macht / Wird er dennoch wiederkommen / Wann der HErr mit grosser Pracht

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Durch die starcken Himmels Helden Sein Gerichte wird vermelden / Wann er vns wird alle gleich Aufferwecken vnd ergetzen Ja die frommen Seelen setzen Jn sein ewigs Himmelreich. Edle Fraw da solt jhr sehen Jn der hchsten Frligkeit Ewren Junckern bey euch stehen Den jhr eine kleine Zeit Von der Seiten habt verlohren. Da ist er auffs new gebohren Vnd jhr allerliebstes Paar Werdet denn fr Frewden springen Vnd nur Hosianna singen Mit den Englein immerdar.

Der ist der Vngeschickste vnter den ­Vngeschickten / der nicht weis / daß er ­vngeschicket ist. epigramma. ES ist ja lachens wehrt / daß Herman nichts verstehet / Vnd gleichwol wie ein Frst’ in schnen Kleidern gehet / Schlecht ist es / daß so gar nichts weis der gute Mann Noch schlechter / daß er selbst nit weis / daß er nichts kan.

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Herrliche vnd vortreffliche Rede / Gustav Adolph deß Grossen / an die anwesende Frsten / Herren vnd Obristen / Als Jhrer Knigl. Mayestt von Schweden / der hochlbliche Frst / Marggraff Christoff von Baden an der Seiten / vnd Jhrer Mayestt Pferd deroselben vnter dem Leibe ward erschossen / welches geschahe vor Jngolstadt in Bayern den 20. Tag Aprilis im Jahr 1632. DEr vnverhoffte Todt / das ritterliche Sterben Dadurch der thewre Printz von Baden thut erwerben Ein Lob das nimmer stirbt / der Ewigkeit Gewin / Das lehret mich / daß ich auch selber sterblich bin. Schaw’ ich die Kugel an / die Kugel so noch glimmet Die Kugel / so das Pferd gleich vnter mir weg nimmet / Vnd mich zu Bodem legt / so denck’ ich schnell daran / Daß nichts auff Erden sey das mich befreyen kan. Es weis der Wrger ja so leicht mich zu bezwingen Vnd ja so ring’ vnd bald ins finstre Grab zu bringen Als den geringsten Knecht / der Kriegrisch zwar geziert Jn meinem Dienst’ ein Schwerdt Mußquett’ vnd Lantzen fhrt. Daß ist der alte Bund / das Wollen vnd Belieben Deß Hchsten denn er hat an alles Fleisch geschrieben / Daß nemblich keiner nicht / er sey auch wer er woll’ Herr / Kyser oder Knecht dem Tod’ entfliehen soll. Ob ich von Knigen vnd Frsten gleich erzeuget So mchtig bin / daß mir gantz Schwedenreich sich neiget / Ob ich gleich manchen sieg erhalte durch mein Schwert / So muß ich dennoch fort / wann mein der Herr begehrt. Wolan / geliebt es denn deß Allerhchsten Willen Der Widersacher Neid durch meinen Todt zu stillen So steh’ ich jhm bereit / jhm hab’ ichs heim gestellt /

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Er schaffe nur mit mir / das was jhm wolgefellt. Muß ich gleich diese Welt gesegnen vnd verlassen / Laß immer seyn / ich wil mir doch die Hoffnung fassen / Daß Gott an meine statt wird ordnen einen Mann / Der besser noch als’ ich die Waffen fhren kan. Seht dieses hie / mein Schwerdt / das ich zu ewrem Nutzen Gebrauchet Land’ vnnd Leut vor frembder Macht zu schtzen Zu heilen ewre Noht / zu wagen Leib vnd Blut Zu finden Fried’ vnd Ruh / das allerhchste Gut Das hie auff Erden ist. Vielleicht wird Gott erwehlen Ein anders trewes Hertz’ vnnd jhm nach mir befehlen Die schwehre KriegesLast / ein Hertze das mit Trew’ Vnd mehrer Tapfferkeit als’ ich versehen sey. Es ist dem HErren leicht solch einen Held zu senden / Sein Werck / das gleichwol groß vnd wichtig ist / zu enden Jhm mangelts nie an Raht / er kan in kurtzer Zeit Zerbrechen Joch vnd Last der schweren Dienstbarkeit. Jch weis es gar zu wol / doch thut michs nicht bewegen Daß mir die grossen Sieg’ auch grossen Neid erregen / Es schelten mich sehr viel / ja sagen ohne schew Daß ich nur Land’ vnd Leut zu plndren kommen sey. Dieß leid’ ich ohne Schuld. Euch ruff’ ich an zu Zeugen Jhr Teutsche Frsten jhr / die jhr euch mstet beugen. Vnd arme Schlaven seyn / hat euch nicht ohnverletzt Der Hchste durch mein Schwerdt schnell wiedrumb eingesetzt Jn den verlohrnen Standt / Gut / Namen / Stdt’ vnd Lnder? Was schmhen mich denn noch die groben Ehrenschender / Sie hettens ja vielleicht wol nimmermehr gedacht Daß ich in kurtzem so viel Schulden hie gemacht. Noch wolt’ ich keine Beut’ auß ewren Lndern hohlen Nur bloß der Armen Schaar / der alles war gestohlen / Der wolt’ ich Hlffe thun / diß bleibt annoch mein Ziel Wobey ich / hilft mir Gott / auch trewlich helffen wil. Was sag’ ich? Hab’ ich nit mein grosses Land verlassen / Nicht / daß ich etwa thet’ auß Stoltz’ vnd Hochmut hassen

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Mein anererbtes Reich / es ist vor euch geschehn Jr Teutschen euch in Noht vnd Vnglck bey zu stehn. Die mancherley Gefahr die ich in diesen Landen Von anbegin biß nun hab’ offtmals berstanden / Ja diese Stunde noch / da ich zu bodem fiel Last meine Zeugen seyn / ob ich hie rauben wil. Jhr Helden / glubt mir das / ich fhre diese Waffen Euch feste sicherheit vor frembder Macht zu schaffen Damit ich Fried’ erring’ vnd freyen Standt zugleich Vnnd zehme durch mein Schwerdt das Hauß von Oesterreich.

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An Herren CHRYSOSTOMUS CÖLER, beyder Rechten Doctorn seinen hochvertrawten sehr wehrten Freund / als derselbe das letzte mal von jm zoge Von rechtschaffener vnd ohngefrbter ­Freundschafft. DJeß bleibet allzeit war: Auf Erden ist zu finden Kein Edler thewrer Wort / als das da pflegt zu binden Ja zu verknpffen auch die Hertzen dergestalt / Das sie nicht trennen kan ein’ Jrrdische Gewalt / Es sey Schwerdt / Fewr vnd Noht / Schmertz / Kummer / Todt vnd Leben Auch was die Menschen sonst kan strtzen vnd erheben / Ein Wort / das allen zwar ist trefflich wol bekand / Vnd sonsten ins gemein die Freundschafft ist genand. Dieß ist der Edle Schatz / der so viel mehr zu loben / So weit er ber Gold vnd Perlen ist erhoben / Denn ein getrewer Freund wil nur deß andern best’ / Auch so / daß er wol gar sein Leben vor jhn lest.

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(a) So thate Pylades, der ohne Schuld zu sterben Sich willig anerbot / zu hindren das Verderben Orestes seines Freunds / den er entbinden hieß Vnd sich an seine Stell’ auffs strckste Feßlen ließ Orestes zog dahin / versprach mit thewren Eyden Er wolte williglich die Todes Straff’ erleyden So bald er wieder km’ vnd zwar zu rechter Zeit Auff daß sein Pylades wrd’ auß der Noht befreyt. Dieß war wol wunderns wehrt; Der lesset sich in Ketten Beschliessen / der doch nie was Arges bertretten / Vnd solches nur darumb / daß jenner mcht’ entgehn Vnd dieser ohne Schuld vor jn die Straff’ außstehn. Orestes, ob er gleich befreyet von den Banden Deß bittren Todes sich befand in frembden Landen / Blieb er doch nicht zu rck’ / er traff die rechte Zeit Vnd hielt sein Leben nicht so hoch als Redligkeit. Es war der letzte Tag ja Stund’ heran gekommen Jn welcher Pylades sein Leben hingenommen Vnd an Orestes Stell’ er solt’ erwrget seyn / Da stellet sich noch recht der wehrte Bruder ein. O wunder grosse Trew / die allen thet gefallen Auch durch das gantze Reich in schneller eil’ erschallen Daß selber der Tyrann’ hinfort nicht war jhr Feind Er wnschte tausendmal zu seyn jhr dritter Freund. Man thut biß heute noch mit Ruhm von jhnen lesen / Daß sie in allem Thun gantz einig seyn gewesen. Ohn nur zu diesem mahl / da dieser Streit einfiel / Jn dem der eine fr den andern sterben wil. O hochgelobter Zanck / O Brderliches Streitten / Daß dieser Freunde Pahr ein ewigs Lob bereiten Vnd stets erhalten thut / das nimmer wird vergehn / So lang’ am Himmel noch Sonn Mond’ vnd Sterne stehn. DV / du mein ander ich (dieß sag’ ich sonder schertzen) Du bist wie Pylades vnd mehr in meinem Hertzen / Laß mich Orestes seyn / wolan / ich sag’ es frey /

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Es geh’ auch wie es woll’ / ich bleibe dir getrew. Es mssen eh die Hirsch’ in Titans Lfften springen Die schwachen Lmmer auch Wlff’ / Hund’ vnd Behren zwingen Die Fisch’ ohn’ alles naß in drren Wsten stehn Als’ einer mich von dir solt’ abgeschieden sehn. Die Sonne wird viel eh zu Mitternacht vns brennen / Man wird den Sommer Herbst / den Winter Frhling nennen Das grne Meer wird eh seyn Kraut vnd Ahren vol / Als daß man vnsre Lieb’ vnd Freundschafft trennen sol. Die Tyber wird viel eh durch vnser Sachsen fliessen Vnd der so schne Rhein Neapolis begiessen Der Edle Donawstrom wird lauffen hinter sich / Als’ ich / O trewer Freund / als’ ich verlasse dich. Viel leichter kan das Fewr mit Wasser sich verbinden Das Leben mit dem Tod’ vnd Thetys mit den Winden Die Hitze mit dem Schnee / die Frewde mit der Pein / Als’ ich / O Freund / von dir kan abgerissen seyn. Ja denn so wil ich dein mein Pylades vergessen Wenn keine Thiere mehr Graß / Laub vnd Kruter essen Wenn in der tieffen See so gar kein Fisch mehr ist Vnd wenn das Tucherlein der Wasser gar vergist. Jch schreibe wie ichs mein’ / ich weis du wirst mir trawen / Wir wollen (hilfft vns GOTT) ein solches Schloß erbawen Der waren Lieb’ / vnd Gunst / daß alle Welt noch frey Soll sagen: Daß kein Schatz so thewr als Freundschafft sey.

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Anmerckunge. (a) So thate Pylades der tausendmal zu sterben etc. Diese beyde Jngelinge / der einer Pylades, der ander Orestes genand war / haben sich vnter einander so hertzlich lieb gehabt / daß sich auch der eine fr den anderen gerne vnd willig zu sterben hat erbotten. Es wird aber diese Geschichte mit noch anderen Vmbstnden / als ich sie in meinem Gedichte beschrieben / erzehlet / vnd zwar krtzlich also:

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Es hat der Knig Thoas nicht gewust / welcher doch vnter jhnen beyden der Orestes wehre / den er zum Todt hatte verurtheilen lassen / da ist der Pylades feste darauff bestanden er wehre der beklagte vnd verdampte Orestes; Solches sagte er aber nur darumb daß sein Freund vnd Geselle der Orestes der Gefahr deß Todes dadurch entrinnen mchte. Orestes aber / als der tausend mal lieber sein Leben verlieren als den getrewen Pylades in Vnglck vnd Gefahr setzen wolte / hat vor dem Knige zum allerhchsten bethewret / er were der zum Tode verurtheilte Orestes, ber welcher grossen Liebe vnd hertzgrndlicher Freundschafft der ­Tyran dermassen ist bestrtzet worden / daß er auch in jhre vnzertrenliche Brderschafft aufgenommen zu werden / instendig begehret hat. Von diesem hochlblichem Streit’ / auch vielen andern deß Pylades vnd Orestes wunderbahren Zufellen / ist beym Sophocles in seiner Electra, vnd beym Euripides, in seiner Tragædia, Orestes genand / wie auch beym Plinius im 19. Capitel seines siebenden Buchs weitleufftiger zu lesen / etc.

Wer sich selber kan rahten / der ist klug / nechst diesem ist der / so eines anderen getrewen Raht folget / wer aber deren beiden keines kan noch wil / mit dem ists gar verlohren. sonnet.

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DEr / halt’ ich / ist nur klug / ja mehr denn klug zu schetzen / Der all sein Werck vnd Thun mit gutem wolbedacht Selbst fhret biß ers hat zum guten Schluß gebracht / Den wird das blinde Glck so leichtlich nicht verletzen; Nechst diesem ist das Lob desselben herzusetzen / Der was ein weiser jhn ermahnet / nimpt in acht’ Vnd eines frembden Raht sich recht zu ntze macht / Der weis im Vnglck auch sich wiedrumb zu ergetzen. Wer aber bey jhm selbst so viel nicht finden kan / Zu mercken das / was wol / was bel ist gethan / Dazu auch Freundes Raht jhm nicht hat außerkohren / Ja Freundes der jhm nichts denn alles gutes gnn’

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Auch der im Fall der Noht aufs schleunigst helffen knn’ / Ein solcher ist frwar mit allem Thun verlohren.

Grabschrifft Herren Friederich Bxten / der Artzney ­Candidaten seines sehr wehrten / vertrawten / Brderlichen Freundes. Der Verstorbene redet. MEin frommer Wandersmann / wirst du die Reime lesen Die hie geschrieben stehn / so wiss’: Jch sey gewesen Ein Menschenkind / wie du / nun bin ich ja dahin / Vielleicht bist du der Mann / der ich gewesen bin; Doch lerne / daß du auch in kurtzer Zeit must werden Was ich geworden bin / nur leichter Staub vnd Erden Jch war vnd bin nit mehr / du bist vnd wirst nit seyn / Denn / keiner ist so starck / er muß zum Grab’ hinein. Jch hab’ ein kurtze frist / vnd gleichwol so gelebet / Daß mir die Sterbligkeit vor Augen stets geschwebet / Jetzt ruh’ ich still’ vnd sanfft / wann alles wird vergehn So wird mein newer Leib mit Frewden aufferstehn.

Der hat alles genug / der sich lesset vergngen. epigramma. O Thoren / die jhr Glck’ auf eitlen Reichthumb setzen! Reich vnnd vermgen seyn / bestehet nicht in Schtzen Jn vielem Geld’ vnnd Gold; Nur dem ist gnug beschert / Der mehr nicht / als’ er hat / zu haben jhm begehrt.

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Georg Friederich der alte Graff von Hohenloh etc. wird von Knig GUSTAV ADOLPHEN dem Grossen / im Jahr 1632. den 13. Tag Aprilis zum Kniglichen Statthalter in Augspurg / vnd General deß Schwbischen Crises verordnet. epigramma.

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Gleich wie ein trewer Hund durch ohnverdroßnes Wachen Sich seiner Herrschaft pflegt sehr angenehm zu machen Wann er bey Tag’ vnd Nacht auff deren Hofe bleibt Vnd bellend von der Thr die Dieb’ vnd Ruber treibt; Recht so thut Hohenloh / die Cron der alten Schwaben / Es felt jhm nicht zu schwehr fr’s Vaterland zu traben Jm Regen / Hitz’ vnd Schnee; Gustavus hats erkand Durch Augspurg that jm Ehr das gantze Vaterland.

Wer selber sich bezwingen kan Der ist der allerstrckste Mann. ode trochaica.

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SElig ist der Held zu schetzen Der den Neid verlachen kan / Den darff keiner nicht verletzen Wehr’ er auch der strckste Mann / Er kan ohne Sorgen leben Seinen Geist zu GOTT erheben. Alles was jhm stst zu handen Achtet er vor Kinderspiel Drumb so wird er nie zu schanden

Poetischer Lustgarte

Leidet er gleich noch so viel; Bß vnd Gut thut jhm behagen / Weil ers mit Gedult kan tragen. Ob die Neider gleich viel klaffen / Achtet ers doch nicht ein Hahr All jhr Klaffen kan nicht schaffen Daß jhm’ Arges wiederfahr Alles kan er berwinden Wann nur ist Gedult zu finden. Mancher wird sehr starck gepriesen Der da wirfft die Schlsser ein Wie man saget von den Riesen / Daß sie so gewesen seyn; Wer sich selber weis zu zwingen / Der kan warlich strcker ringen. Es ist viel den Knsten trawen Khnlich fliegen in die Sonn / Spitzen biß gen Himmel bawen Wie das Volck zu Babylon. Es ist schwehr die Lwen binden / Schwehrer / selbst sich berwinden. Der ist ber all zu loben / Der sein eigner Meister ist Achtet nichts deß Glckes toben Noch der falschen Neider List. Stierbt er gleich heut’ oder Morgen / So geschichts doch ohne Sorgen.

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Johann Rist

Keine Vestung ist mchtiger / keine Maur gewaltiger / kein Thurm fester vnd strcker als die Vnschuld eines guten Gewissens. sonnet.

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DJe wunderstarcke Maur / so Ninos hatt’ vmbgeben / Der Babel hohe Spitz’ vnd jhrer Zwinger Pracht / Die Thrme so der Witz Ægyptens hat erdacht / Die alle schtzen nicht so wol des Menschen Leben Als’ ein Gewissen thut / das khnlich sich erheben Jn allem Glcke darff / daß auch den Neid verlacht Vnd wrd’ es gleich zuletzt in Noht vnd Tod gebracht / Ein solch Gewissen kan stets frlich oben schweben. Verhllet sich denn gleich das wanckelbahre Glck’ Vnd zeiget / wie es pflegt dir vielmahls seine Tck’ / Auch so / daß es dich gar vermeynet außzurotten Ey wol / verzage nicht / ein vnbeflecktes Hertz’ Jst sonder Angst vnd Furcht / jhm weichet Pein vnd Schmertz’ Ein gut Gewissen kan die gantze Welt verspotten.

Wunderbahre Vernderung deß Glckes an die Geitzigen.

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ES hatt’ ein karger Filtz in einem Baum vergraben Viel Goldes / daß er nur viel Frewde dran knt’ haben Gieng drumb fast tglich hin zu schawen seinen Gott Den Mammon / der jhn doch nur bracht’ in grossen Spott. Denn / wie er seinen Schatz zum letzten mahl besehen Vnd sich erlabet hatt’ / ists ohngefehr geschehen / Daß ein betrbter Mann verzweiffelt gieng hervmb

Poetischer Lustgarte

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Trug in der Hand ein Strick / sucht’ in die queer vnd krumm’

Ein solches Holtz vnd Baum an welchen er sich hencken Vnd seine Seele mcht’ in Lethes Flssen trencken / Der kompt nun ohngefehr zu diesem Baum hinan Vnd prffet dessen Strck’ / ob er jhn tragen kan; Da findet er / O Glck! Daselbst den Schatz verborgen Vnd springt vor Frewden auff; Was / rufft er / solt’ ich sorgen Hie find’ ich was ich wil / hie gehts nach meinem Sinn / Ade / du loser Strick / mein Feind / fahr immer hin; Hiemit nam er den Schatz. Kaum war die Nacht vergangen Kaum kroch die Sonn’ hervor / da jenner mit verlangen Der schnde Geitzhalß kam vnd suchte seinen Schatz Der nicht frhanden war / der Strick lag auff dem Platz’ Vnd sonsten lauter nichts. Da fieng er an zu zagen Da hrte man jhn nur das falsche Glck beklagen: Ach / rieff er / ach was soll mirs Leben ntzlich seyn Viel besser / daß ein Strick nur krtze meine Pein Mein Schatz ist doch nun hin. Kaum war diß Wort verschwunden Da hatt’ er diesen Band vmb seinen Halß gebunden Vnd hencket sich geschwind’ an seines Schatzes stell / Ja giebt zum Opffer sich den Geistern in der Hell’. O wanckelbares Glck / das heist wol recht verkehren! Wie / daß es dir gefiel mit Schtzen zu verehren Den / der jetzt sterben wolt’ / vnd jenner kriegt mit hohn Vor all sein Geld vnd Gold deß andern strick zu lohn?

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Johann Rist

Als jhm die Zeitung von absterben seines sehr guten Freundes ward angemeldet / welchen er eben / in seiner Kranckheit zu ­besuchen war ankommen. epigramma. O Welt / wie bist du doch mit bittrer Frewd’ erfllet! O Glck’ / ohn’ alles Glck / wie leicht bist du verhllet! Jch hoffte meinen Freund nur einmal noch zu sehn / So muß ich alsobald mit jhm zu Grabe gehn.

Newe Liedlein singt man gern.

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DRey Ding’ / im fall sie new vnd erst heran sind kommen So werden sie mit Lust von allen auffgenommen. Denn / kompt ein newer Artzt / so ruft ein jederman: Seht / dieser hat die Kunst / die alles heilen kan. Ein newes Weib ist lieb / wie das die Thoren wissen Die mehr dem Weib’ als Gott zu dienen sind gefliessen. Ein newes Lied gehrt auch noch in diese Zahl / Wenns kaum gedichtet ist / so singt mans berall. Was new ist / das ist lieb / was new ist / das erklinget Das Alte klappert nur. Wer offt was Newes singet Der ist vns angenehm / doch ist der rhmens wehrt / Der vor ein newes Weib ein newes Lied begehrt.

Poetischer Lustgarte

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Der einfeltige Lambrecht. HErr Lambrecht thut sich mit verwundrung’ offt betrben Daß weder Witwen noch die Mgdlein jhn belieben / Jst das wol wunderns wehrt? Er ist ein dummes Lamb Die Witwen sind jm feind vnd alle Mgdlein gramb.

Grabschrifft einer Fliegen. HJe lieg’ ich schwaches Thier / doch muhtig vnd verwegen Nie floh’ ich Harnisch’ / Stahl / Bley / Bchsen / Spiess’ vnd Degen / Kein Weib war je so schn / kein Jungfrwlein so rein / Jch flog jhr ohne schew ins Angesicht’ hinein. Der Keyser konte selbst vor meinem Trotz nicht bleiben / Offt ließ ich meinen Mist an seinen Thron bekleiben / Vnd wann ich ruhen wolt’ in eines Frsten Haus’ / Alsdenn so sucht ich mir nur Seidne Decken auß. Die Speisen nam ich an mit ssser Lust auß Schalen Von Silber vnd den Wein auß gldenen Pocahlen / Biß daß in hchster Frewd’ ein Suffer an dem Krug’ Jn dem’ ich trincken wolt’ auff Stcklein mich zerschlug.

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Johann Rist

An seiner hchstvertrawten Freunde einen / als er von demselben eine sehr lange vnnd geraume Zeit war abgeschieden. Von vermeidung Weltlicher Hoheit / insonderheit bey den Hfen grosser Potentaten. elegia.

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DJe Freundschafft / Lieb’ vnd Gunst die Phœbus hat erzeuget Jn vns / O wehrter Freund / O Pallas Vnterthan / Die hat sich leider nun so lange nicht ereuget / Dieweil ich nicht gekont dich Mndlich sprechen an / Jedoch ist wahre Trew stets bey mir noch verblieben / So / daß dein wehrter Nam’ in meiner Seelen lebt / Vnd ich dich wie zuvor / von Hertzen noch muß lieben / So lang’ ein gldner Stern am blawen Himmel schwebt / So lang die helle Sonn’ vns gnnet jhre Stralen / Vnd der erbleichte Mond die spitzen Hrner tregt / So lang der Blumen Pracht die Felder thut bemalen Vnnd Oeolus das Meer durch seine Wind’ erregt. So merck’ / O wehrter Freund / was ich dir jetzt wil singen Mein sehr getrewes Hertz dadurch zu zeigen an: Du weist / wie keiner fast sich selber recht bezwingen Vorauß zu dieser Zeit sich gnugsam hten kan. Die Welt ist voller List / die falschen Menschen gleissen Jhr Mund ist Honigsß / das Hertze voller Gifft Man ksset dich vnd wil viel lieber dich zerreissen / Groß ist die Freundligkeit / die Falschheit bertrifft. Das wissen die sehr wol / die in den Hfen leben Da alles lieblich scheint / da man so prchtig ist / Da grosse Leute zwar in hohen Ehren schweben Die leer von Tugend seyn vnd voll der falschen List. O / wie ist der ein Thor / der gerne wil geniessen Der Freundschaft hoher Leut’ vnd sieht nit die gefahr /

Poetischer Lustgarte

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Mein Freund / laß dich die Gunst der schlechten nicht verdriessen / Du selber / bleib’ auch schlecht / denn bist du klug frwar. Der Donner pflegt viel eh’ vnd ffter zu verbrennen Der hohen Schlsser Spitz’ vnnd starcken Threm macht Als ein sonst klein Gezelt / das wir ein Httlein nennen / Der Jupiter giebt mehr auff grosse Zinnen acht. Es pflegt das wilde Meer viel ffter zu versencken Die starcken Gallion so hin nach China gehn Gar selten es geschicht / daß kleine Schiff’ ertrencken / Die bey der Flsse Mund in engen Hafen stehn. Was leicht ist schwebt empor / die Hltzer schwimmen oben. Die schwere Last erseuft vnd felt hin auf den Grund / Beginnet denn das Glck’ auch einmahl nur zu toben / So felt Gut / Macht vnd Ehr’ oft hin in einer stund’. O hette dieß zuvor der Icarus erwogen Eh’ er den schwehren Fall in Thetys Reich gethan / So wehr’ er nicht biß an der Sonnen Hauß geflogen / Ein jeder hte sich vnd bleib’ auff schlechter Bahn. Wer strtzet / wann er noch spatziert auff ebner Erden / Steht ohnbeschedigt auff vnd geht wohin er wil / Wer von der Hhe felt kan leicht versehret werden / So kam Elpenor vmm’ / als’ er vom Tache fiel. Wer Vnglck fliehen wil / muß das / was hoch ist meiden / Denn / je du hher stehst /je schwehrer du auch felst / Bedencke nur wie thut man Herren Gunst beneiden / Wol dir / so du nur das / was schlecht ist außerwehlst. Nur der hat wol gelebt / der weit von hohen Dingen Jn einfalt fleissig thut / was jhm zu thun gebhrt / Wer auß zu frechem Muht wil in den Lfften springen Der wird zu zeiten drob vom Donnerkeil berhrt. Laß dichs / mein ander ich / mein wehrter Freund nicht rewen Daß du gantz einsam lebst / weit von der Neider List / O / glube mir / es meints ein jeder nicht mit trewen / Laß murren wer da wil / du bleibest der du bist.

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Johann Rist

Lndlich / Sittlich.

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EJn jedes Reich vnd Land / das hat sein’ eigne Sinnen / Sein eignes Regiment / Thun / Lassen vnnd Beginnen / Sein eignes Oberhupt / Gerechtigkeit vnd Recht / Es hat sein’ eigne Sprach’ / Einwoner vnd geschlecht’. Jn dieses alles weis ein Frembder sich zu schicken Vnd mehr am frembden Ort’ als wol daheim zu drcken / Sein Vaterland das lobt er selber nicht zu sehr. Denn eigne LandesWeis’ / ist eigne Landes Ehr.

Keine Jrrdische Gewalt ist so groß / sie wird ­endlich durch die schendliche Wollust ­bezwungen. sonnet.

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DAs wundergrosse Rom / deßgleichen nichtzu finden Daselbst / wo Phœbus pflegt frMorgens aufzustehn / Vnd wann der Abend kompt zu seiner Ruh zu gehn / Das konte ja kein Volck auff Erden berwinden. Porsena war zu schlecht jhm solches zu verbinden / Wiewol sein grosses Heer ward vor der Stadt ersehn / So ists mit Hannibal vnd andren mehr geschehn Sie musten alle fast fr jhrer Macht verschwinden Biß daß diß Hupt der Welt durch schnder Wollust List Jn sein selbst eignes Schwerdt zu letzt gefallen ist. Hie lerne: Was kein Feind noch offner Krieg verheeret / Ja was so lange Zeit thut grnen auf sein best’ Auch was See / Fewr / vnd Wind noch aufrecht stehen lest / Daß wird (O schendlichs Werck!) durch Wollust doch verzehret.

Poetischer Lustgarte

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Von einer Jungfrawen / welcher Ohren huffig beperlt / vnnd mit vielem Golde fast tglich ­geschmcket waren. epigramma. DAs Phyllis Perlen tregt vnnd Gold im Ohr mit hauffen Kommt daher / weil sie sich so gerne wil verkauffen / Wer nun die Phyllîs kriegt / dem werden auch zu theil Die Perlen sampt dem Gold’; Jhr’ Ehr’ ist allzeit feil.

An Herren C. L. M. D. als er wegen absterben seines hertzliebsten Eheweibes Schmertzlich bekmmert war. TrostLied. WOllet jhr denn ewig klagen Liebster Freund / das durch den Todt Ewre schnst’ ist hingetragen Jn das Leben auß der Noht / Auß dem Jammer in die Frewd’ Auß der Schmach in Herrligkeit, Ey betrachtet dieß ob allen Daß es GOTT also gefallen. Seufftzet jhr / daß jhr verlohren Die euch war so hertzlich wehrt / Die jhr euch zum Trost’ erkohren / Die euch niemahls hat beschwehrt / Klaget jhr / daß ewre Wonn’ / Ehr vnd Leben ist davon. Ey betrachtet dieß ob allen Daß es GOTT also gefallen.

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Johann Rist

Winselt jhr / daß ewre Kinder Ohne Mutter gehn herein / Daß dieselben auch nicht minder Als’ jhr selbst betrbet seyn / Seufftzet jhr / dieweil jhr seht / Daß ewr Hauß jetzt ledig steht / Ey betrachtet dieß ob allen Daß es GOTT also gefallen. Klaget jhr / daß euch kein Essen Ohne sie mehr schmecken wil / Weil jhr knnet nicht vergessen Wie sie vormahls in der still’ Offt bey Nacht’ vnnd offt bey Tag’ Euch mit Lust zu hertzen pflag / Ey betrachtet / daß ob allen Sie dem Hchsten auch gefallen. Gnnet jhr / O Freund das Leben Gnnet jhr die ssse Ruh’ Jch vnd jhr wir mssen schweben Noch im Elend’ immer zu / Biß wir auch auß Noht vnd Pein / Gleich wie sie errettet seyn / Drumb so lasset euch ob allen Nur deß Hchsten Raht gefallen. Ob wir gleich in stetem Leyden Schliessen vnsre junge Tag’ / Ey es kompt die Zeit der Frewden Da vns nichts mehr krencken mag Schicken wir denn gleich voran Was vns hie erfrewen kan. Ey so wissen wir ob allen Daß es GOTT also gefallen.

Poetischer Lustgarte

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Grabschrifft Eines sehr elenden Bettlers. HJe liegt ein Bettler / der in Armuht all sein Leben Verzehren tht’ vnnd lang’ im Elend muste schweben Er kroch durch manches Land / doch war sein gantzer Schatz Kaum dreyer Heller wert / sein Feld vnd GartenPlatz War nicht ein Hndlein breit. Er ist so arm gewesen Mehr noch als Jrus selbst; Nun ist er einst genesen Vnd zwar in dieser Grufft. Das Leben war sein Tod Der Todt sein Leben vnd ein Außgang aller Noht. Auf Erden hatt’ er nichts / nichts wolte man jm schencken Biß daß der Todt jhn that mit reichem Schatz bedencken Vnd fhrt’ jhn auß der Welt ins rechte Vaterland / Nun hat er alles gnug / Hauß / Hoff / Feld / Wiesen / Sand.

Die Zeit ist das Allerschnelleste. Deß Owenus. JCh find’ im Himmel vnd auff Erden nichts frhanden / Das schneller als die Sonn’ vmbher leufft / weit vnd breit / Ein einzigs nehm’ ich auß / das ist vnd heist die Zeit / Denn die steht nimmer still / (a) die Sonn’ ist eh gestanden. (a) Jm Bchlein Josuæ am 10. Capitel v. 12. wird beschrieben / welcher ­Gestalt auff deß Helden Josua ernstlichs Gebet zu GOTT die Sonne den gantzen Tag am Himmel sey stille gestanden.

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Johann Rist

Auff den bekandten Verß – – – – – Dicique beatus Ante obitum nemo supremaque funera debet. sonnet.

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ES ist doch keiner nicht recht selig vor dem Sterben Er hab’ auch was er woll’ vnd was sein Hertz begehrt Dieweil im Augenblick’ offt alles wird verzehrt Was man in langer Zeit hat mssen sawr erwerben. (a) Der Crœsus meynte nicht daß jhn das Schwerdt verderben Vnd endlich fellen knt’ als’ er auß stoltzem Muht Den weisen Solon ließ beschawen all sein Gut / Da glubt’ er nicht / daß dieß ein andrer wrd’ ererben Biß er mit schaden must’ erfahren in der That / Das / was der Solon jhm daßmahl verkndigt hat Denn / wie jhn Cyrus ließ hoch auff das Holtz erheben Daß dieser grosser Herr wrd’ in der eil verbrand / Da hat er recht vnd wol / doch fast zu spt’ erkand daß keiner selig sey / so lang’ er noch thu leben. Nota. Der Crœsus meinte nit / etc. Diese Geschicht von dem Knig Crœsus, wie derselbe von dem gewaltigen Krieges Helden dem Cyrus in der Schlacht gefangen / zum Tode verurtheilet / auff einen Holtzhauffen gesetzet / das er zu Aschen verbrand wrde / vnnd wie sich hierauff der Crœsus der klugen Reden vnd trewhertzigen Warnung deß weisen Mannes Solons auff dem Holtz erinnert / demselbigen bey Namen geruffen vnnd dadurch wunderbarlich beym Leben erhalten worden; Solches alles findet man bey dem Herodotus vnnd anderen Geschichtschreiberen außfhrlich beschrieben / woselbsten der gnstige Leser ferner kan nachschlagen.

Poetischer Lustgarte

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Herren Michael Reiseren / beyder ­Rechten ­Doctorn / Brutigamb vnd Jungfrawen ­Elisabehten Mllers / Braut Auf jren Hochzeitlichen Ehrentag bergeben. SO sols denn endlich seyn / Herr Reiser / daß jhr trabet Den Weg der sssen Eh’ vnd euch einst redlich labet Mit lang-erwnschter Frucht / die jhr so offt begehrt? Ey fahrt nun immer fort / sie bleibt euch ohnverwehrt. Was hilfft das Vmmesehn / was hilfft das stete wehlen / Damit so manches Jahr die Jugend sich thut queelen Vnd schiffet auff dem See der schnden Eitelkeit / Jn dessen fleugt dahin die nimmer-stille Zeit. Hinweg mit solcher Lust / hinweg mit solchem Leben / Da man bald dieser sich / bald jenner thut ergeben Vnd nirgends sicher ist / es heist: Ein eigner Herd / Jst er gleich schlecht vnd klein / ist dennoch Goldes wert. Wie mancher leuft hermm’ / halb rasend / zu erwerben Der schnen Weiber Gunst? Wie mancher wil gar sterben Vor all zu grosser Lieb’ vnd klaget Nacht vnd Tag: Er sey so voller Pein / daß er nicht ruhen mag. Wie mancher helt die Wacht / wann alle Welt thut schlaffen / Wann alles finster ist / so hat er erst zu schaffen / Leufft oftmals mit Gefahr hin nach der Liebsten Thr / Vnd winselt / daß er sey vor Lieb’ erstarret schier. Wie mancher nimpt die Laut’ / vnd hoffet noch mit singen Das Diamanten Hertz der Schnsten zu bezwingen? Da ist kein Ende nicht / er steht die lange Nacht Vnd frieret / daß jhm’ offt das Hertz’ im Leibe kracht. Wie mancher wil durch Stoltz vnd Hoffart Gunst erlangen? Man sieht jhn tglich fast in newen Kleidren prangen / Da ist er a la mod’ vnd brstet sich so sehr / Als wann er gestern erst auß Franckreich kommen wehr.

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Johann Rist

Wie mancher rhrt die Zung’ vnd wil die stoltze Sinnen Durch hohe Zierligkeit der Wrter Lieb gewinnen? Da rhmet er die Dam’ (Jch bitt’ hie vmb Perdon Daß ich Frantzsisch red’) Jhr Antlitz sey die Sonn’ / Es muss’ auch Luna selbst vor jhrem Glantz verbleichen / Was? Helena die knn’ jhr kaum das Wasser reichen Jhr Halß sey lauter Milch / der rohten Wangen Zier / Beschemt ein Scharlachskleid vnd geht den Rosen fr. Die Schwahnen-weissen Hnd’ erschpffen jhm das Loben Sie werden an der Farb’ auch ber Schnee erhoben / Die uglein gleichen sich der Diamanten Schein / Die Glieder alle fast sind lauter Edle Stein’ Vnd was noch brig ist; Er leugt von solchen Sachen / Vnd schneidet oft so grob / daß auch die Balcken krachen / Weil manche Schfferinn’ oft schner kompt heran / Als sein geschmincktes Lieb / das er so preisen kan. O wie viel falscher Weg’ erdichtet doch die Jugend Daß sie der schnden Lust / der Feindinn’ aller Tugend Sich gar ergeben mg’! O mit was Eitelkeit / Wie schlecht / wie liederlich verzehret man die Zeit! Jhr hochgeehrter Freund habt endlich angetroffen Den Port der wahren Ruh’ in dem’ jhr all ein hoffen Auff Gottes Gunst / darnach auff Wissenschafft / zu letzt Auff ein gerechtes Lieb in Ehren habt gesetzt. Jhr drffet nun hinfort den leichten Wollusts Wellen Nicht vnterworffen seyn / jhr trincket auß den Quellen Vnd last die Pftzen stehn / jetzt findet jr den Strand / Vnd schiffet frey vorbey die Klippen an das Land / Jhr lasset / wer da wil / durch alle Winckel lauffen Vnd falscher Liebe Rauch bald kauffen / bald verkauffen / Euch geht diß nit mehr an / ein ander seuftz’ vnd sing’ Ein Buhlen-Lied biß jm sein mattes Hertz zuspring’. Er rauff’ vnd schlage sich bey Nacht in allen Gassen / Er mag sich Pohllnisch vnnd Frantzsisch kleiden lassen Er lobe / lstre lieg’ / er sag’ auch was er kan

Poetischer Lustgarte

Jhr geht zur Wsten auß den festen Berg hinan Der waren Ehrbarkeit. Jhr habt daß Ziel erlauffen Daß Ziel der Wissenschafft / daß mancher thewr muß kauffen Der doch nicht wrdig ist; Euch ward vor kurtzer Zeit Gegeben eine Cron der grawen Ewigkeit. Dieß war vor euch nicht gnug / es musten ewre Gaben Drey Cronen zum Verdienst’ vnd Wiedergeltung haben Nur eine / war zu schlecht; Dieß ist der Tugend Lohn Vnd ewrer Arbeit Nutz. Euch ward die erste Cron Deß hohen Ehrengrads zu Orliens gegeben Die ander setzt’ euch auff / ewr einig’ all / ewr Leben Ewr allerliebster Schatz. Die Dritte wird zu letzt Am Tage deß Gerichts euch werden auffgesetzt. Zur ersten wnsch’ ich Glck / zur andren Heil vnd Segen Die Dritte bleibt im Rest’; Hie muß vernunfft sich legen Zu Pallas Fssen hin / dieß alles kompt von GOTT Vnd nicht von Menschen her. Jch halt’ es nur fr Spott Wenn man von Venus schreibt / wie sie die Hertzen zwinge Vnd wie jhr blinder Sohn so leicht zusammen bringe Ein Pahr das zeitig ist / was hilft der Fackel Brunst? Ein Tugendsames Weib kommt auß deß Himmels gunst. Was hat die Kplerin / die Venus hie zu schaffen Vnd jhr verbuhlter Sohn? Ja der Poeten Affen Die Schinder vnser Verß befleissen sich allein So grober Zohten / wann sie sehr geschefftig seyn Daß Hertzen-Zwingerlein Cupido zu verklagen Die Mutter Venus auch mit schelten zu befragen: Warumb sie doch so grob vnd ohngebhrlich offt’ Verwund’ ein trewes Hertz / das es wol nie gehofft? Warumb Cupido doch die Pfeil’ im Kcher fhre Vnnd schiesse grimmiglich die Gtter / Menschen / Thiere? Dieß ist nun jhre Kunst / hie lassen sie sich sehn Hie muß die Teutsche Sprach zur Marterbanck hingehn Vnd sterben tausendmahl; Nun / lasset sie doch machen Mein Opitz soll mit mir der kahlen Grumpen lachen

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Johann Rist

Vnd spotten vnter deß / es bleibet doch dabey: Daß ein vernnfftig Weib deß Hchsten Gabe sey. Der nun / der alles giebt / der ewiglich regieret / Der Wolcken / Regen / Wind vnd daß Gestirne fhret Rund vmb den Erdenkreiß / der hat auch euch bedacht. Herr Reiser / daß jr seyd zum Brutigamb gemacht. Er hat euch einen Schatz / der Himlisch ist / vertrawet / Der Leib ist Jrrdisch zwar / der Geist ist vnterbawet Mit Tugend vnd Verstand / ey trachtet nun dahin / Daß jhr bald Ehman seyd / vnd sie Fraw Doctorin. Der Hchste sey ewr Schutz / vnnd fhr’ euch auff den Wegen Der waren Gottesfurcht / er gnnt’ euch einen Regen Der sß vnd fruchtbar sey / er mehr’ ewr wertes Hauß / Daß auß dem alten Stamm viel Reiser gehn herauß Vnd grnen manches Jahr / daß die bepflantzte Mhlen Jn vollen Blumen stehn / daß junge Reiser spielen Biß sie in guter Zucht vnd Weißheit werden groß / Doch / daß indessen nie der liebsten Mutter Schoß Ein Reiß gebrechen thu / auch keins werd’ abgebrochen Jm Lentzen seiner Zeit. Was gilts / nach viertzig Wochen Solt jhr / O liebes Paar bekennen rund vnd frey / Daß ich ein Singer vnd Prophet gewesen sey.

Poetischer Lustgarte

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An seinen vertrawten / sehr wehrten lieben Freund Herren I. C. D. L. daß er seinem lblichen vornehmen nach / die Eitelkeit dieser Welt / benebenst jhm khnlich verlachen vnd sich alleine in GOtt seinem HErren hertzlich erfrewen wolle. ode trochaica. LJebster Freund / wo ist zu finden Hie in dieser argen Zeit Frewde / die nicht thu verschwinden Wann sie erst auß Eitelkeit Ja auß Thorheit ist gebohren Vnd wird gleich im Traum verlohren / Frewde / die voll falscher List / Frewde / die ein Schatten ist. Wenn ich dieß betrbte Leben Diese Mh’ vnd grosse Noht / Da wir alle noch in schweben Recht beschawe / biß der Todt Solchem thut ein Ende machen / Muß ich bey mir selber lachen / Weil es mehr ist / denn zu viel Nur deß blinden Glckes Spiel. Seh’ ich an dieß Thun / dieß Lassen / Suchen / sorgen Tag vnd Nacht / Frchten / trotzen / lieben / hassen / Nur auf Reichthumb seyn bedacht / Kriegen / spielen / schiffen / fechten / Schlagen / heilen / zancken / rechten /

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So bekenn’ ich ohne schew Daß die Welt ein Tollhauß sey. 25

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Hiezu kompt ein klglichs schreyen Wenn der Todt zu trennen pflegt Keusche Hertzen / die mit trewen Eins dem andren Frewd’ erregt. Hie ist nichts denn tglich Sorgen / Wie wir heut’ vnd bermorgen Alles wollen fahen an / Daß es vns viel ntzen kan. Wer mag doch die Weg ermessen Da man Gold vnd Geld durchsucht / GOTtes wird dabey vergessen / Ja sein thewrer Nahm verflucht Jn dem falschen Gtter Orden Jst der Bauch nun Knig worden / Hat der Leib nur / was er wil / Von der Seelen schweigt man still. Dieses Weltbuch ist zu lesen Wie ein rechtes Trawrgedicht / Denn was jemahls ist gewesen / Hat sich nie vertragen nicht. Was wir hren / was wir sehen / Thut in lautrem Streit bestehen Ja der Himmel Waffenloß Pochet selbst den Erdenkloß. Thetys auch pflegt außzubreiten Jhrer klaren Arme naß / Wann sie Tellus wil bestreitten Vnd bedecken Laub vnd Graß / Da sie offt zu sehr ergrimmet

Poetischer Lustgarte

Menschen / Vieh’ vnd Thier wegnimmet / So auch / wo sie schnell kompt an / Das jhr nichts entfliehen kan. Wann die Sonn’ herausser gehet So erbleicht der kalte Mond Vnd wann der im Glantze stehet Muß der Sonnen Liecht davon. Einer thut den andern jagen Luna Nachten / Phœbus Tagen Eins ist heiß / das ander nicht / Tunckel eins / das ander Liecht. Wann der Sommer ist verflossen Vnd die Frucht liegt in der Schewr / Wann die Sonn’ hat außgegossen Obst vnd Reben durch jhr Fewr / So kompt denn der Winter schleichen Lentz vnd Sommer mssen weichen / Eiß vnd Schnee wird weit vnd breit Durch die Felder außgestrewt. So ist nur dieß gantze Leben See vnd Erden / Fewr vnd Lufft Stetem Kampff’ vnd Streitt’ ergeben Hie in dieser Vnglcks-Klufft. Ja auch wir von erster Wiegen Mssen stets im Zancke liegen Biß zu letzt der bleiche Todt Vns verscharret in den Koht. Wer nun hie deß Glckes Gaben Ehr’ vnd Wollust finden wil / Dem geschicht gleich wie den Knaben / Die in jhrem Kinderspiel

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Nur auß Wasserblasen machen. Derer sie offt hertzlich lachen Die doch / wenn das schwache Kind Darnach greift / wird Luft vnd Wind. Weg mit solchen Kinderdocken / Der verfluchten Lste Schein Die vns ins Verderben locken Vnd der Seelen Hencker seyn / Hier ist kein bestandt zu finden / Frewd’ vnd Wollust muß verschwinden / Selig ist allein der Mann / Der in GOTT sich frewen kan. Liebster Freund jhr habts getroffen / Wenn jhr recht zu sagen pflegt: Auff den HERREN wil ich hoffen / Weil ich nunmehr abgelegt Den verdampten Geitz der Ehren / Der die Seelen kan versehren / Nunmehr ist mir keine Lust Ausser meinem GOTT bewust. Nun wolan / wir wollen fassen Jns Gemht’ ein’ andre Welt / Da entgegen das verlassen Was man hie vor kstlich helt. Thut dieß in ewr Hertze schreiben Jch wil meinem GOTT verbleiben Nicht im Leben nur allein / Sein wil ich im Tod’ auch seyn.

Poetischer Lustgarte

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Gute Befrderer / machen gute Knstler. MAn wundert sich / warumb jetzt keiner sey zu finden / Der sich / wie Maro darff zu schreiben vnterwinden Zu geben an den Tag / daß / so bey vns geschicht? Die Vrsach’ ist nicht weit: Es ist kein Keyser nicht Der wie Octavius der Musen Volck beliebet / Daher mancher Geist auch in der Kunst nicht bet. Drumb wann Mæcenas vnd August nur werden seyn / So soll der Flaccus sich sampt Maro stellen ein.

Cotta trstet seinen Freund Aulus, als jhm ­derselbe klagte das jhm sein Weib wehre entlauffen. epigramma. WAs soll ich doch / mein Freund / was soll ich von dir sagen / Der du dich vmb dein Weib so hefftig thust beklagen Daß sie entlauffen ist vnd lesset dich allein? O daß die meine nur mcht’ einst so gtig seyn!

Geistliche Gter / Adlers Federn. DJe das /was Gottes ist / vnd was zu GOTtes Ehren Den Kirchen ist vermacht auß lauter Geitz begehren / Die schaffen nichts / denn daß sie mengen durch den Kauff Die Fedren von der Ganß vnd Adler nur zu hauff.

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Johann Rist

Wollust berwindet zu Zeiten die Weißheit. Auß dem Ausonius.

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ALs Pallas ohngefehr die Venus tht’ ersehen Mit Harnisch / Spieß vnd Schild gewaffnet vor jhr stehen / Auff rieff sie / bist du khn / greiff nun die Waffen an / Laß schawen / wer doch jetzt ein ander schlagen kan. Deß lachte Venus sehr / sprach: Bist du noch vermessen / Hast du deß Vrtheil-Spruchs von Paris schon vergessen / Da ich den Apffel nam / du aber Spott vnd Schand’ Vnd die ich nackend war / dennoch dich berwand.

Auff den Verß Quæ bello est habilis, Veneri quoque ­convenit ætas. Wer fechten kan / Jst noch ein Mann. epigramma. WEr seinen Degen noch als ein Soldat zu fhren Dazu den Klepper weis ohn’ Arbeit zu regieren / Ja auch mit Mannligkeit den Feind bestreitten kan; Dem stehet ohn verweiß auch noch das Lieben an.

Poetischer Lustgarte

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Nichtes ist vnbestndiger als die Gunst deß gemeinen Pbels. sonnet. GLeich wie ein Wetterhahn fast stetig nach den Winden / Sie seyn Sd’ / Ost / Nord / West sich recht zu richten pflegt Vnd gleich wie auch dahin / da Phœbus niederlegt Der Stralen Glantz / sich lest die Sonnenwinde finden; Gleich wie der Schatten vnnd sein Liecht zugleich verschwinden / So ist deß Pbels Gunst. Wo sich das Glck erregt / Vnd dich bey gutem Wind’ auf seinen Flglen trgt / So thut sich alle Welt dir krfftiglich verbinden Vnd spricht dir freundlich zu; Diß daurt ein kurtze frist / Denn weil Fortuna rund vnd sehr beweglich ist So thut sie offt’ in eil die Segel von dir wenden Vnd kompt an jre stell’ ein Sturm voll Haß vnd Neid Der Pbel wird dir feind / die Lieb’ vnd Freundligkeit Verkehret sich so bald’ in Hassen / Schmach vnd schenden.

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An einen jungen / kunstbegierigen Gesellen / welcher Studierens halber an frembde vnd weitabgelegene Orter war verreiset. ErmahnungsGedichte. WJe fliehen doch so schnell die sonst betrbte Zeiten / Dem tuncklen Schatten gleich / der alles zu begleiten Vnd zu verschwinden pflegt / den niemand halten kan / Vnd legte man jhm gleich viel starcker Ketten an. Wer wolte denn die Zeit in Eitelkeit verzehren Vnd seinen schnen Geist mit Mssiggang ernehren? Wer wolte sich nicht stets dieß nehmen in den Sinn /

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Daß nichts so ntzlich sey als nur der Zeit Gewinn? Frwahr / ein solcher mag sich in sein Hertze schemen / Der / wenn er billig solt’ in guter obacht nehmen Den Frhling seiner Jahr’ / alsdenn im Luder liegt Vnnd durch den Mssiggang nur Schand’ vnnd Schad’ erkriegt. Der ist ja scheltens wehrt / der / wenn er soll erwegen Wie doch die Edle Zeit sey fgligst anzulegen / Jm weichen Amadyß ersuchet seine Ruh’ Vnd bringet so die Blht der ersten Jugend zu. Ach wie so mancher ist durch solche Lust verdorben / Daß auch der Tugend Frcht’ in jhm so gar erstorben Dieweil er ohne Fleiß / ohn’ Arbeit / ohne Raht Der Weißheit falschen Schein nur stets gesuchet hat. Bedencket diß mein Freund; Denn / wer kan doch ergrnden Daß mehr der Wissenschafft / wo ist jhr Ziel zu finden? Kurtz ist das Leben hie / vergnglich diese Zeit Der Weißheit schnes Feld ist treflich lang vnd breit. Drumb / liebster / seumet nicht / ergreiffet bey den Haaren Zeit vnd Gelegenheit / thut keine mhe spahren / Gelegenheit ist noch zwar rauch / bald kans geschehn / Daß wir in kurtzer Frist jhr Hupt beschoren sehn. Kein Kluger wartet nicht hinfrter mit verlangen Der Jahre / Tag’ vnd Stund / die niemal sind vergangen / Die kommen nie zu rck’ / hie ist doch kein Gewinn / Die Zeit ist ohne Zeit / was hin ist / das ist hin. So lasset euch mein Freund / wie jhr denn thut bewegen Durch diesen trewen Raht / was gilts / ich werd’ erregen Jn euch durch meine Verß solch’ einen Fleiß vnnd Brunst Die euch erwerben kan hernach deß Himmelsgunst. Jn dem’ jhr eintzig nur auff rechte Weißheit achtet Vnd nicht nach Geld’ vnd Gold’ auß schndem Geitze trachtet / Denn dieser ist der Schmuck / der Tugend Edler Stein / Der ber alles geht / gerecht vnd fromb zu seyn. Ach suchet diesen Schatz im Frhling’ ewrer Jugend Weil er zu finden steht / die Jugend ist die Tugend /

Poetischer Lustgarte

So sagt ein alter Spruch / wer die nit nimpt in acht / Zu rechter Zeit / der geb’ im Alter gute Nacht. Der wehr’ ein grosser Thor von aller Welt zu schetzen Der in der Erndte sich mit sauffen wolt’ ergetzen Wann jeder Ackersmann sonst zu derselben Frist Sein Krnlein in die Schewr zu samblen embsig ist / Vnd wolt’ im Winter / wenn nur Eiß vnd Schnee zu finden / Wenn man auff Schlitten fehrt / sich nrrisch vnterwinden Die Frucht zu hohlen ein; So thricht ist der Mann / Der nicht nach Weißheit strebt / weil er noch streben kan. O toller / der du lest den Lentzen deiner Jahren So leicht fr vber gehn vnd wilt das Lernen spahren Biß daß das Alter kompt; Ja wol! Wird einer sehn Dein Eißbegrawtes Hupt / so ists vmb dich geschen. Ein Junger fhrt das Schwerd / ein Junger muß studieren / Dadurch im Alter sich vnd sein Geschlecht zu ziehren / Diß mercket / O mein Freund / vnd mehret nun mit Lust Die Flammen / die von euch sehr vielen sind bewust. Mir wird mein trewer Wunsch vnd Hoffnung wol gelingen / Jm Fall jhr durch das Thal der Arbeit werdet dringen: Der Hammer ist der Fleiß / das suchen ist die Brunst / Der gldene Pocahl / Kunst / Tugend / Ehr’ vnd Gunst.

Zwey widerwertige Dinge Ein Zungendrescher / Ein Wagenrad. epigramma. DJe Rder muß man offt mit Wagenfett beschmieren / Daß sie im fahren nicht zu grosses Praßlen fhren / Der Zungendrescher wil darumb geschmieret seyn Daß er stets Schwatz vnd Pral / das helt die Beutel rein.

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An eine Jungfraw / die sich ber eines ­bekandten Poeten Lobgedichte / vmb / daß es jhr ­etwas zu lang sein bedauchte / gar zu ­vngebhrlich hatte beklaget.

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GEschrieben hab’ ich zwar / auch hab’ ich kurtz geschrieben Doch dißmahl wars zu lang; Mag euch das nicht belieben Jhr zahrtes Jungfrwlein / da sonst so mancher ist / Der meine schlechte Vers’ auch ohn’ ewr Vrtheil list. Jch weis wol was euch felt / jhr wolt es krtzer haben? Wolan / das kan ich auch; ich geb’ euch einen Knaben / Der kaum ein Jahr ist alt; Der steht euch auch nit an Das Wort ist noch zu lang / So nehmt doch hin den Mann.

Wie ein Kunst vnd Tugend-liebendes Gemht die mancherley Beschwerligkeiten deß Winters soll vertreiben. ode trochaica.

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PHœbus hat sich hingewand Nunmehr in ein ander Land / Kaum lest er das gldne Liecht / Sein erfrewlichs Angesicht’ Vns zu dieser Zeit ersehn / Die wir gleich vor Frost vergehn / Kaum wirfft er die Stralen auß Durch das hohe HimmelsHauß. Alles hat der Frost versehrt / Weil sich Phœbus abgekehrt Auch die Wiesen sind verhllt /

Poetischer Lustgarte

Berg’ vnd Thal mit Schnee erfllt / Bum’ vnd Hecken weiß von Reiff / Tellus ligt gefrohren steiff Ja die Bchlein allzumahl Sampt den Flssen stehn wie Stahl. Boreas hat alles Feld Vnter sein Gebiet gestelt / Wirfft den Hagel / Eiß vnd Schnee / Huffig an die kalte See / Sauset / brauset / heulet / kirrt / Daß die Lufft verfinstert wird / Vnd der leichten Vglein Schaar Muß verschwinden gantz vnd gar. Lieber was beginnen wir / Weil der Winter vns die Thr’ Aller Frewd’ vnd Lust verschleust Vnd an deren Stell’ ergeust Hertzens Vnmuht / Trawrigkeit / Seufftzen / Sorgen / bse Zeit Leid vnd Klagen fr vnd fr / Lieber was beginnen wir? Viele / weiß ich / werden sich Mit den Waffen grimmiglich Schmeissen / daß jhr Marck vnd Blut Erd’ vnd Wasser frben thut / Diesen bin ich gar nicht hold / Weil ich eh’ ersterben wolt’ Als’ in Vnfried’ ohne Ruh’ All mein Leben bringen zu. Andre werden Tag vnd Nacht Nur auff Schwelgen seyn bedacht /

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So / daß sie im Wein vnd Bier Wie die Sw’ vnd wilde Thier Suchen jhre Frewd’ vnd Lust Die den Suffern ist bewust; Solte diß noch Frewde seyn / Bild’ ich mir wol nimmer ein? Viele wird man tglich sehn Mit den Wrfflen vmmegehn / Spielen vmb deß Nechsten Geld / Welches selten Fried’ erhelt / Weil man brauchet Strck’ vnd List Wann das Geld verlohren ist / Wie den Spielern offt geschicht / Cahrt’ vnd Wrfflen lieb’ ich nicht. Andre werden bloß allein Jn der Wollust embsig seyn Singen / springen alle Tag’ Auch wol fhren grosse Klaag’ Ob der Liebsten Hrtigkeit Wie die Buhler jederzeit Preisen jhrer Augen Wonn’; Ach man hat doch nichts davon. Was soll schlagen / was soll Zanck / Was soll Bacchus ssser Tranck / Was soll Spielen vmb sein Geld / Was soll alle Lust der Welt / Was soll Venus Trug vnd List / Vnd was mehr der Thorheit ist / Jch find’ hie kein Hrlein an / Daß mich ichts erfrewen kan.

Poetischer Lustgarte

Nein / mir ist viel’ andre Lust Vor diß tolle Thun bewust Die mir in der Winterzeit Nicht das Hertze nur erfrewt / Sondren auch bey Tag’ vnd Nacht Klug / behertzt vnd frewdig macht / Daß / im Fall’ auch kehm’ heran Vnglck’ / ich noch lachen kan. Tausend Bcher sollen mich Hie ergetzen stetiglich / Da ich alles / was die Welt Edel / Reich vnd Prchtig helt Besser außersehen kan / Als wol mancher tapfrer Mann / Der mit Sorgen berhufft Durch viel schner Lnder lufft. Hie behalt’ ich GOttes Gunst / Hie erlern’ ich manche Kunst Hie wird Leib vnd Gut bewahrt Auch die Edle Zeit erspahrt / Hie ist wahre Frligkeit Die mir diese WinterZeit / Kehm sie noch so grimmig an Miltren vnd verkrtzen kan. Was im Himmel vmmegeht / Was auff Berg’ vnd Thlern steht Was man in den Wldern jagt / Was man von Metallen sagt Was fr Knst’ ein kluger Mann Mit vnd durch die Flammen kan / Ja der Alten Weisen Stein / Das soll meine Wollust seyn.

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An die Jugend. epigramma. MEin Jngling / hr mir zu / ich Junger wil dich lehren / Du must das Alter ja in tieffster Demuht ehren / Drumb / so ein grawes Hupt fr dir wrd’ bergehn / So scheme dich nur nit / schnell vor jhm’ auffzustehn.

Dem Nechsten zu dienen muß man keine Gefahr achten. epigramma. DEm Nechsten bin ich ja zu Nutz’ vnd Dienst’ erschaffen / Nicht / daß ich Tag vnnd Nacht / wie Ratzen thun / soll schlaffen / Werd’ ich nun gleich verzehrt / so achtet doch mein Sinn Den Todt auch selbst fr nichts / wann ich nur ntzlich bin.

Der geitziger stets-arbeitender vnd doch ­Blutarmer Lambrecht.

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DAß Lambrecht weder Brod noch Kleider kan gewinnen Jst nicht der Faulheit Schuld / denn alles sein Beginnen Jst nichts denn lauter Mh’ am Fest vnd Werckel-Tag’ / Er wircket auch alsdenn / wann niemand wircken mag. Ob nun schon Lambrecht stets der Arbeit ist ergeben / So muß er tglich doch in bittrer Armuht leben. Die Vrsach solcher Noht ist einzig vnd allein: Er wil beym Wircken auch nicht Gottesfrchtig seyn.

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Grosser Herren Gunst ist einem weitaußgebreitetem helleuchtenden Schnee zu vergleichen / der in einer Nacht ber das gantze Land feldt / den folgenden Tag aber durch einen kleinen Regen vnd warmen Wind eilends zu Wasser wird vnnd verschwindet. sonnet. GLeich wie / (wann Phœbus ist von vns hinweg gegangen Zur kalten WintersZeit) der Wolcken Hauß mit Macht Den Schnee wie weisse Woll’ offt strewet in der Nacht / Vnd lesset Tellus jhn in jhren Bchsen fangen; Da scheint es wunderlich / weil alles weiß thut hangen / An Bumen / Hecken / Laub / gleich wie der Perlen Pracht / Doch / daß es lange bleibt / ist keiner nicht bedacht / Der Ackermann / der laurt auffs Ende mit verlangen / Bald kompt ein warmer Wind / bald Regen / Nebel Taw / Der nimpt die Decke weg / der Schnee fleust in der Aw Wie Butter an der Glut / kein Eiß ist mehr zu finden; Recht so ist Herren Huld’. Erst breitet sie sich auß Mit grosser Freundligkeit / bald wenn dir kompt zu Haus’ Ein warmer Eyfer-Wind / ist alle Gunst verschwunden.

Ein alter Wein vnnd altes Geld / Ein alter Freund behelt das Feld. DRey Dinge soll man stets in diesem kurtzen Leben Weit ber alles zwar / was Jrrdisch heist / erheben / Jedoch nicht ber Gott: Das Erste wird genand Ein alter Freund an Trew’ vnd Redligkeit bekand /

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Dem folgt ein alter Wein / vnd altes Geld im gleichen / Was gilts / den dreyen muß / was sonsten hoch ist weichen / Das alte Geld vnd Gold mag karger Filtze seyn / Mir liebt ein alter Freund / vnd denn ein alter Wein.

Vortreffliche vnd Knigliche Rede Gustav Adolph deß Grossen / der Schweden / Gohten vnd Wenden Kniges / etc. Als Jhre Mayesttt mit einer gewaltigen KriegesMacht auff die weitberhmte Reichsstadt Nrenberg zuzoge / vnd daselbsten von einem Hochweisen Raht vnnd den Geschlechteren der Stadt auf das prchtigste ward empfangen / auch mit Herrlichen vnnd Kniglichen Geschencken verehret vnnd angenommen / welches geschehen den ein vnd zwantzigsten Tag / deß Monats Martij / im Jahr tausend / sechshundert vnd zwey vnd dreyssig.

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WEr wird / O Vaterland / wer wird dir doch vermelden Die Thaten ohne Zahl deß hochberhmten Helden / Der voller Muht vnd Trew’ auß Schweden zu dir kam Vnd wie ein Vater thut / sich deiner Noht annahm? Wer wird den klugen Sinn / doch klug genug beschreiben / Die Reden mein’ ich die in tausend Bchern bleiben Der Ewigkeit zu trotz? Es soll die lange Nacht Doch nie verduncklen was du Held hast vorgebracht. Du wahrest ja / nicht nur den Krieg allein zu fhren Geschicket vnd bereit / du wustest auch zu ziehren

Poetischer Lustgarte

Die Sprachen durch die Kunst / dir stund das reden an Als’ hett’ es Cicero vnd der Muret gethan. Ein Teutscher hat dich offt mit frewden angehret Wie du sein Vaterland durch seine Sprach verehret Jm Lentzen deiner Zeit / Teutsch / Redlich ohne List / So / daß kein Teutsches Hertz’ / O Knig dein vergist / Das grosse Nrenberg / wie war es doch voll Frewden Als’ es nach mancher Noht vnd außgestandnem Leyden Dich / Held / zum ersten mal vor seiner Pfort’ empfieng / Da gleich dein muhtigs Volck zum Feind’ in Byern gieng. Die Fama macht’ es kund / der Knig wehr frhanden Der grossen Stad zum Trost / der Feinde macht zu schanden / Der Knig / der sich lngst der Kugelrunden Welt Durch hohe Tapfferkeit zum Wunder vorgestelt. So bald diß Nrenberg die Edle Stadt vernommen / Wie daß der Helden Cron zu jhnen wrde kommen Vnd reiten in die Stadt / da hat man sich mit macht Gerstet vnd in eil die Reuter auffgebracht Nicht Reuter / wie man jetzt auß Bawren pflegt zu machen Die grob vnnd tlpisch seyn / da mancher was zu lachen Vnd zu verspotten hat / Nein / Nrenberg ist wehrt Daß sie von Knigen vnd Frsten wird verehrt. Die Reuter zogen auff / sehr Herrisch ohn gelchter Doch prchtig angethan; Erst kamen die Geschlechter / Hernach die Brgerschafft / zuletzt der gantze Raht / Der kniend vnsern Held Gustav empfangen hat. Sie fhrten jhn hinein durch so viel schner Gassen Gezieret berall / besetzet bester massen Mit wol stafiertem Volck; Es rieff die gantze Schar: Glck zu / Gustavus, Glck / Glck sey dir immerdar. O newer Josua, O Held von GOTT gegeben / Der Hchste sey dein Schutz / der friste dir dein Leben / Das vnsers noch erhelt / glckselig sey der Tag / Der Tag da Nrenberg dich frlich schawen mag. So rieff das freye Volck. Ja vieler Stadtgenossen

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Jst drauff ein Zehrenbach die Wangen abgeflossen Als sie das tapfre Thun / die Sitten / Wort’ vnd gehn Der trefflichen Person erstarret angesehn. Wie solts doch mglich seyn / sprach der / daß solche Gaben Ein Mensch der Sterblich ist / knt’ ohn die Gottheit haben? Vnd immer rieff: Frwahr ich sag’ es sonder Spot / Halb ist er nur ein Mensch’ / halb ist er wie ein Gott. Der Himmel hat jhm selbst die Herrschafft hie auf Erden Gutwillig zugestelt / die prchtige Geberden Mit Freundligkeit vermischt / dieß zeiget vns ja frey / Daß dieses Hupt der Welt auch kaum einst sterblich sey. (a) Bald ließ der weise Raht viel schner Gaben bringen Von Habern / Fischen / Wein vnnd mehr dergleichen Dingen / Die man nach altem Brauch verehret / wenn die Stadt Ein hochgebornes Hupt zum Gast bekommen hat. Noch wurden zum Geschenck mit Paucken vnnd Posaunen Jhm prchtig vorgefhrt vier brausender Carthaunen Mit aller Zugehr / das war Gustavus Lust / Wie denen / so fr jhn gestritten / ist bewust. Noch hat’ er nicht genug / er must’ auch das noch wissen / Wie Nrenberg so hoch der Knste sich befliessen / Da man zur Gab’ jm bracht zwo grosser Kuglen fr Von Silber außgemacht / woran die hchste Zier War diese / daß man sie gantz knstlich außgegraben / Denn auff dem einen stund deß Himels Lauff erhaben / Der Ander deutet’ an der runden Erden Kloß / Sie wahren beyde schn / vergldet / thewr vnd groß. Dieß war noch merckens wehrt: Sie hatten jhre Decken / Doch knstlich außgehlt / im Fall man wolte schmecken Lyæus sssen Safft im Kniglichen Saal / So funden sich zugleich zwo Kugeln / zwo Pocahl Herr Fhrer war bestelt die Gaben einzubringen / Er bat den Knig sehr / daß er vor allen Dingen Die jhm getrewe Stadt liess’ anbefohlen seyn / Als die nechst Gott / auff jhn nur hoffen tht’ allein.

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Der Knig nam es an / vnd zwar mit grossen Gnaden / Der Gaben sind zu viel / damit jhr mich beladen (Sprach er auß Hffligkeit) doch knt jhr diese Zeit Mir liebers schencken nicht als Teutsche Redligkeit. O lasset euch mit mir die Noht seyn angelegen Die Noht / so alle trifft / die vnser Feind’ erregen Daß sie in jhrem Grimm mit Morden / Raub’ vnnd Brand Verheeren jmmerlich das wehrte Vaterland. O lasset euch noch Geitz / noch Lust / noch Haß verfhren! O lasset vnsern Feind kein Schrecken an euch sphren! Er poche / trotze / wt’ vnd was er immer kan / Ey rennet jhr mit mir zu vnserm GOTT hinan. Der Feind wird keine Kunst noch Arbeit vnterlassen Mit vnerhrter List / mit Schrecken / Drewen / Hassen Zu trennen euch von mir / euch / die jhr alle Macht Vor GOttes Ehr’ vnd Lehr zu wagen seid bedacht. Es ist ja offenbahr / wie starck sie sich verbunden Die sich das Teutsche Reich zu tilgen vnterwunden / Jetzt suchen sie zwar Fried’ / ach wie ein falscher schein? Ja Frieden mein’ ich / der euch soll ein Hencker seyn. GOTT hat ja diese Stadt gleich selber aufferbawet Vnd euch vnnd ewrem Schutz so manche Seel vertrawet / Nun sind viel schner Stdt’ vnnd zwar durchs Teutsche Land So wol als anderswo mir zimlich wolbekand / Noch wst’ ich keine fast / die besser mir gefallen Hett’ als’ ewr Nrenberg / die preis’ ich noch ob allen / Ja sie behelt die Cron / darumb / bedenckt es wol / Wie man so grosses Volck also regieren soll / Damit jhr dermahl einst / wann jhr dieß eitle Leben Beschlossen / gute Red’ vnd Antwort knnet geben Dem Richter / der sich nicht mit Gaben blenden lest Drumb haltet ja am Wort’ vnd am Gewissen fest’. Jhr seyd fast allzumahl auß altem Stamm entsprossen Jhr seyd Geschlechter ja / der Ehr’ habt jhr genossen / Der Ehr’ vnd hohen Ruhms / den euch der Alten Fleiß

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Erworben hat / wolan vermehret diesen Preiß. Wo Phœbus Fackel steht / wo die Planeten Stralen / Vnd sampt deß Monden Schein die See vnnd Flsse mahlen / Wo Fewr vnd Wasser ist / wo man der Lufft begehrt / Da wird ewr Nrenberg gehalten lieb vnd wehrt. Ey folgt der Vter Bahn / vnd lasset diß der Alten Erworbnes hohes Lob bey euch ja nicht erkalten / Thut was euch mglich ist / seyd hertzhafft / haltet an / Bedencket / wie die Zeit viel Vnglcks endren kan. GOTT lasse ja den Feind die Sache nicht gelingen / Der alles schleiffen wrd’ im Fall’ er euch bezwingen Vnd vnterwerffen solt’; O weh der guten Stadt / Die schon so manche Noht vnd Angst erlitten hat! Das war der Snden Schuld / die tglich in vns wtet / Der folgt das Creutze nach / doch hat euch Gott behtet Jn dem’ er ewrem Feind’ erblendet sein Gesicht / Daß er die grossen Stdt’ im Reich’ erobert nicht. Wie hett’ er doch geknt so leicht sie alle trennen Ja zwingen mit Gewalt / doch Blindheit ists zu nennen Die Schantz’ also versehn / seht diß kan vnser GOtt / So werden seine Feind’ vnd all jhr Thun zu Spott. Nun das kan vnser Gott / der euch auch hat beschtzet / Der singet / wann die Welt vor Grimm gleich Flammen sprtzet / Drumb heist er wunderbahr / ich hets ja nie gedacht / Daß mich sein Krieg vnnd Sieg gen Nrenberg gebracht / Diß ist kein schlechtes Werck. Denn / wie mich hat bewogen Der Teutschen hchste Noht / da bin ich außgezogen Auß meinem grossen Reich’ vnnd hab’ in kurtzer Zeit Verlassen / Scepter / Cron / Land / Ruh’ vnd arme Leut’. O wie manch tapfres Hertz’ hat alles wollen wagen Ja mit mir Gut vnd Blut schlecht in die Schantze schlagen / Damit das reine Wort / der Edle Seelen Schatz Die Freyheit noch darzu / behielten Raum vnd Platz. Nur war es mir vmm’ euch / ich hette ja mein Leben Der Ruh’ vnd Sicherheit auch wol gekont ergeben

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Wie andre / da ich nun wie sonst ein schlechter Mann Stets schwebend in Gefahr den Harnisch angethan. Viel zwar ist vollenbracht / ein mehrers muß geschehen / Doch wo der Teutschen Macht wird trewlich bey mir stehen Vnd streitten neben mir; Wolan es sey gewagt / Ein Knigliches Hertz’ helt was es zugesagt. So lasset meine Wort’ euch Sinn’ vnd Muht bewegen / Ja lasset diese Red’ auch stete Trew’ erregen Jn ewrem tapfren Geist’ / ey sprecht auch andren zu Damit ewr Vaterland komm’ endlich einst zur Ruh’. Hie ist kein zweiffel zwar / ob soltet jhr nicht streben Nach Freyheit / Ehr’ vnd Gut / man muß die Spohren geben Dennoch dem schnellen Pferd’ / im Fall’ es in der eil Das Ziel erreichen soll. Hieran besteht ewr Heyl / Daß jr mit gleichem Sinn’ vnd Muht zusammen setzet / Es wird durch Einigkeit der frembden Macht verletzet Vnd eigner Nutz bewahrt; Denn wo man einig Kriegt (Jedoch in GOttes Schutz) da hat man obgesiegt. Behaltet diese Red’ / jhr werdet solche lehren Von mir nicht manchen Tag noch alle Stunden hren / Jch bin ein Priester jetzt vom Hchsten abgesand Daß ich euch rhren soll’ Hertz / Leben vnd Verstand. Erduldet etwas noch / biß GOtt durch meine Waffen Dem Vaterland’ vnd euch wird festen Frieden schaffen Bedencket / wie euch GOtt auch biß auff diese Zeit So wol beschtzet hat / daß sich die Grawsamkeit Deß bittren Feindes noch nicht ber euch erstrecket / Nun hat der Hchste mich durch seinen Geist erwecket Zu fhren ewre Sach’ / ey thut was euch gebhrt / Es wird deß HErren vnd nicht vnser Krieg gefhrt. Jm Fall’ jhr nun bey Gott vnd mir bestndig bleibet / So ist kein Rauch so starck / der ewren Glantz vertreibet Der nimmer-grawen Ehr’ / es wird in manchem Land’ Ewr ohnvergenglichs Lob der Tugend seyn bekand. Der HErr’ ist vnser Schutz / der wird vns Hlff’ erweisen

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Wann Menschen Hlff’ ist auß / jhn wollen wir auch preisen Jn aller Angst vnd Noht / ja mitten in dem Streit’ Vnd wenn die Noht vorbey / dort in der Ewigkeit.

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DJeß war deß Knigs Schluß. O Held vom Himmel kommen / Jsts wunder daß du so viel Lnder eingenommen Durch Tapferkeit der Faust / da deiner Reden Kraft Hat vielmals grssern Nutz als Spieß vnd Schwert geschafft. O wehrtes Nrenberg / du hast es angehret / Du hast auch in der Noht bestndiglich verehret Den vielbegehrten Gast / dann muß dein Lob vergehn / Wenn weder Berg noch Baum in Francken mehr wird stehn.

Anmerckunge ber diesen vnnd etliche folgende Verse.

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(a) Bald ließ der weise Raht viel schner Gaben bringen / etc. Es hat ein hochweiser Raht der lblichen Stadt Nrenberg Jhrer Knigl. Mayesttt alle mgliche Ehre angethan / vnnd dieselbe mit ansehnlichen Schenckungen / als Wein / Habern / Fisch vnd mehr anderen schnen Sachen (dabey vier halbe Carthaunen / sampt aller zugehrigen Munition, auch zween ­grosse Silberne Globi, als eine Himmels vnd eine Erdkugel; Welches zugleich Trinckgeschirr / inwendig vergldet vnd außwendig schwartz eingelassen / vnd gar knstlich vnd schn gemachet waren / verehret. Diese Geschencke haben Christoff Fhrer vnd Christoff Volckhammer im Namen eines Ehrnvesten Rahts / Jhrer Knigl. Mayest. berantwortet / vnnd zugleich deroselben / wegen Jhrer glcklichen Ankunfft nacher Nrenberg Glck gewnschet.

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BLAX, der karge Geitzhalß stirbet vnnd wird begraben / sein Geld vnd Gut wird lebendig vnd steht wieder auff. JSts nicht ein wunder Ding? So bald das eine stirbet / So steht ein anders auff; Der karge BLAX erwirbet Ein grosses zwar an Geld’ vnd legt das in den schrang / Doch rhret er den Schatz nicht an sein Leben lang. Merck aber was geschicht: Herr BLAX der wird begraben / Sein Schatz steht wiedrumb auff / die Erben wollens haben Der Herr bleibt in der Grufft / sein Geld kompt an den Tag / Der vor / wie nun sein Herr’ in stiller Ruhe lag.

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MARIA MEDICÆA Knig HEINRICH deß vierdten Gemahl vnd Knig LVDOWJG deß dreyzehnden / jetztregierenden Kniges in Franckreich annoch lebende Fraw Mutter. epigramma. (a) VOm Frsten kam’ ich her / Toscan’ hat mich gebohren (b) Vom grossen Heinrich bin ich zum Gemahl erkohren (c) Gantz Franckreich war mir auch / doch stetig nicht geneigt / Wiewol ich jhm sein Hupt den Ludowig erzeugt Den Printzen noch dazu / darnach die Kniginne Der Engellnder Pracht. O wehren meine Sinne Mein Dichten vnd mein Thun den Menschen recht bekand (d) Sie hatten mich vorlengst die Tomyris genand.

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Anmerckunge.

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(a) Von Frsten kam ich her / etc. Es ist diese Knigin Maria jhrer Ankunfft nach eine gebohrne Großhertzogin von Florentz / welches Frstenthumb auch sonst Toscana wird genand. Jhr Herr Vater war Franciscus, Cosmus deß grossen Sohn / Groß-Hertzog zu Florentz. Jhre Fraw Mutter / Johanna, Keyser Ferdinand deß Ersten Leibliche Tochter / etc. (b) Vom grossen Heinrich bin ich zum Gemahl / Dieser war HEJNRJCH der Vierdte / Knig in Franckreich / seiner herrlichen vnnd ohnsterblichen Thaten halber der Grosse genand / dessen hoher Nahm vnnd vnbegreiffliches Lob so lange wird bleiben als Franckreich von Menschen wird betretten werden: Er hat / nach dehme er sich von seiner ersten Gemahlin Margaritâ Valesiâ geschieden / diß Florentinische Frwlein / Maria ­genand zur Ehe genommen / welche jhm den jetztregierenden Knig in Franckreich / Ludowig den dreyzehenden / wie auch desselben einzigen Bruder Jean Baptista Gaston, Hertzogen zu Orliens, vnd denn schließlich die Henrica Maria deß jetztlebenden Knig Carls in Engelland Gemahlin / hat gebohren. Es ist aber dieser lblicher Knig / Heinrich der Vierdte / als er in einer Gutschen zu Pariß durch eine enge Gasse fuhr / schendlich vnd verrhterlich erstochen worden / welches geschehn den 4. Tag Maji Anno 1610. (c) Gantz Franckreich war mir auch doch stetig nicht geneigt. Was diese Knigin Maria vor wunderbahre vnnd gefhrliche Hndel bald nach ­jhres Herren Ableiben / so wol vor / als nachmahls vnter der Regierung jhres Sohns / Knig Ludowig deß dreyzehenden in Franckreich hat angefangen / imgleichen / was noch jetziger Zeit jhr Thun vnnd Lassen sey / davon wird der gnstige Leser bey den Geschichtschreibern berflssig genug zu lesen finden. (d) Sie hatten mich vorlengst die Tomyris genand. Diese Tomyris war eine mchtige Kniginne der Massageten / welches Volck dazumal in Schytia gewohnet. Als sie aber vernommen / daß der Persische ­Knig ­Cyrus sie vnd jhr Land zu bestreitten sehr starck heran kam / hat sie demselben jren eintzigen Sohn mit einer grossen vnd ansehnlichen Kriegesmacht entgegen geschicket. Nach dem nun diese beyde Vlcker mit einander in den Streit gerahten / hat sichs begeben / daß das gewaltige Heer der Schytier, weil es hinderlistet war / schier auff das Hupt er­leget / dabenebenst er / der junge Printz selber jmmerlich erschlagen worden. Als nun solche trawrige Zeitung der alten Kniginnen ist zu Ohren kommen / hat sie darumb den Muht nicht sincken noch fallen lassen / besondern hat sich wiederumb auf ein Newes gerstet / vnd dem Persischen Knige eine so hefftige Schlacht gelieffert / daß nicht allein er der Knig

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Cyrus den grssesten Theil seines Volckes / sondern auch sein eigen Leben verlohren / womit gleichwol die Kniginne Tomyris noch nicht zu frieden gewesen / besondern / damit sie jhr Mhtlein erst recht khlen mchte / hat sie / dem erwrgten Knig Cyrus das Haupt abschlagen vnd selbiges in ein grosses Faß oder Zuber voller MenschenBluts werffen lassen / vnd hat sie die Kniginne folgende Spottwort hinzu gethan: Du hast meines hertz­ liebsten Sohnes / wie auch meiner getrewen Vnterthanen Blut nunmehr verschlungen / nach dem meinigen hat dich sehr hefftig gedrstet; Ey so sauffe dich denn nun einmal satt vnd voll deß MenschenBlutes / darnach du ein so grosses Sehnen vnd hertzlichs Verlangen hast getragen.

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Von Verachtung der Welt. epigramma. WEr all sein Leben sich wil sß vnd selig machen Der lerne Bß vnd Gut bestndiglich velachen Denn der ist ja ein Schlav’ im Kercker dieser Welt / Dem all sein Leben / Thun vnd Lassen noch gefellt.

Grabschrifft deß Friedens. Hie ward der Edle Fried’ ertdtet vnd vergraben. Wer sind die Wrger doch / die jhn verscharret haben? Es sind die Teutschen selbst / doch sich zu Spott vnd Hohn / Wodurch? Durch Freyheit vnd durch Fraw Religion. Auch Geitz vnd Vbermuht die lassen sich nicht dauren Zu schliessen Fried’ vnd Ruh’ in festgebawte Mauren Der schnden Sicherheit; Nun ists vmb sie geschehn Vnd Fraw Religion muß mit zu Grabe gehn.

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Anhang oder Zugabe etlich wenig Geistlicher Gedichte / auff instndiges Anhalten vnnd Begehren einer hohen Person / diesen vorhergehenden beygefget. An den Leser.

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FReundlicher / vnnd in GOtt geliebter Leser / Jch bin zwar durchauß nit deß Willens noch der Meynunge gewesen / daß ich etliche meiner Geistlichen Gedichte / auch nicht den geringsten Verß vor dieses mahl / weder diesen vorhergehenden beyfgen / noch selbige absonderlich wolte hervorgeben / alldieweil ich zu solchem Wercke einer viel bequemern Zeit / Ortes vnd Gelegenheit nohtwendig muß erwarten. Ob mich nun gleich eine Person von hohem vnd grossem Stande vielmahls ermahnet hat / selbige meine Geistliche Sachen durch den Druck endlich gemein zu machen / habe ich mich doch vieler wichtigen Vrsachen halber noch zur Zeit dazu nit verstehen noch bequemen knnen; Worauff denn hochgedachte Person nur etliche wenig Geistliche Liederlein / zu welchen sie vielleicht ein sonderbahres belieben mag tragen / diesen meinen Gedichten anzuhengen nochmalen begehret hat / welches ich denn endlich gerne vnd vnterdienstlich meiner Schuldigkeit nach zu Wercke richten / deroselben damit auffwrtig zu gefallen seyn / vnnd denn auch selbige begehrte Liederlein zugleich dir / freundlicher lieber Leser / berreichen wollen / der zuverlssigen Hoffnung gntzlich geliebend / es werde kein Gottliebender diesen gar kurtzen Anhang / als eine schlechte Probe meiner Himlischen Lieder / (deren eine gute Anzahl / im Fall es GOTT also belieben wird / ins knfftige folgen mchten) sich zu wider seyn vnd mißfallen lassen /

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womit ich vnterdessen vns alle dem Mchtigen schutze deß Allerhchsten getrewlich empfehle verbleibend. Deß gnstigen Lesers willigst. Diener J. R.

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Johann Rist

Christliche NewJahrsGedancken zu wahrer ­Auffmunterung deß innerlichen ­Menschen vnd hertzlicher Betrachtunge deß grossen Wolthaten Gottes / Auff den ersten Tag deß Jenners im 1637. Jahre. ode pindarica Strophe I.

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O Weh / wie bin ich armer Knecht So Snden-voll vnd vngerecht! Wie bin ich doch in GOttes Zorn Durch Eva Lust so gar verlohren! Ach weh’ / ich muß mich ewig schemen / Der ich vor GOttes Angesicht Zu tretten jetzt darff leider nicht Mir einsten in den Sinn nur nehmen; Weh’ vns! Diß Elend haben wir O Apfelbiß / zu dancken dir / Dem Apfel / der vor ewigs Leben Vns alle thut dem Tod’ ergeben Dadurch deß gldnen Himmels Saal / Jn welchem wir mit triumphieren Ein Englisch Leben solten fhren Vns ward verschlossen allzumahl.

Antistrophe I.

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Schaw’ aber meine Seele / schaw’ Auff Even kompt ein andre Fraw / Nicht Fraw’ / ein keusches Jungfrwlein Die solt deß HErren Mutter seyn Deß grossen Schpffers aller Dinge /

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Deß Vaters eingebohrnen Sohn / Der Menschen Hlff’ vnd Gnaden Thron / Dem’ ich diß schlechte Liedlein singe; Der kompt vns allen her zu gut’ Vnd zwar in vnserm Fleisch’ vnd Blut’ / Er wird ein kleines Kind gebohren / Bringt wieder / was zuvor verlohren / Doch leydet er sehr grosse Noht / Er muß beym tummen Viehe liegen Die Kripp’ ist jhm’ an stat der Wiegen / Brey ist sein Zucker / Wein vnd Brod.

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Epodos I. Billig muß man Ehr’ erweisen Ehr dem zahrten Kindelein / Alle Welt soll einig seyn Mit den Englen jhn zu preisen / Weil er vns durch seinen Lauff Wiedrumb schleust den Himmel auff / Gibt vns mehr denn wir begehren Wischet ab deß Creutzes Zhren / Rettet krfftig auß Gefahr / Die vns alle trifft auff Erden / Thut jetzt vnser Bruder werden / Der vor vnser Vater war.

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Strophe II. Betracht’ es wol / O du mein Geist Wie doch diß liebe Kindlein heist: GOtt / Schpffer / Vater vnd Gesell / Raht / Heyland vnd Jmmanuel. Was? Seh’ ich denn im finstren schlaffen Der selber ist die Sonn’ vnd Liecht /

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Johann Rist

Hat der kein’ eigne Fackel nicht? Nein; Der den Himmel hat erschaffen Liegt ohne Deck’ im Stroh / Die Frewde selbst wird nimmer froh / Der allem Fleisch thut Speise geben / Muß selbst in grossem Hunger leben Vnd der den Himmel hat zum Stul / Der Lufft vnd Erden thut regieren / Der muß ein Bettlers Leben fhren Allhie in diesem Vnglcks-Pful.

Antistrophe II.

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Wilkom / wilkom du armes Kind / Doch reich genug / laß mich geschwind’ Ein Bettelein zu deiner Ruh’ Jn meinem Hertzen rsten zu. O mcht’ ich nun vor Liebe brennen / Auff daß ich dich / du gldne Sonn Deß Vaters Lust / der Menschen Wonn Recht knte meinen Vater nennen! Wie kan mein Hertz so frlich seyn / Wann du O liebstes JEsulein Mit meiner Seelen dich verleibet Vnd mir dich gar zu eigen giebest. Jetzt bin ich froh / weil du dein Pfand Das thewre Blut heut’ hast vergossen Auff daß wir wrden Mitgenossen Dort in dem rechten Vaterland

Epodos II. Hilff HERR daß ichs recht betrachte Zu dem lieben Newen Jahr Vnd dagegen gantz vnd gar

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Alles mit Gedult verachte Was diß Leben / diese Welt Vor den hchsten Reichthumb helt. Gib daß ich vor allen Dingen Mit den Englein mge singen: Ehre sey GOTT berall / Friede muß vom Himmel kommen / Friede sey daß Ziel der Frommen Vnd der Menschen Wolgefall.

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Hertzliches vnnd Andchtiges Gebet zu dem HERREN JESV. O JEsu / liebster HErr’ / ein Helffer so genennet Von Ewigkeit / den nur die Schaar der frommen kennet / Ach sey / ach bleibe mir ein JESVS in der Noht / Mir / der ich leb’ vnd doch schier bin in Snden tod. HErr / der du mchtig bist von Krafft / vnnd groß von Thaten / Du weissest / wilt vnd kanst ja meiner Noht wol rahten / Darumb erbarm dich mein in dieser Gnadenzeit / So bleib’ ich vor dem Pful der hellen gantz befreyt. Jch lag im Sndenschlam mit Leib vnd Seel verlohren / Da wurdest du mir schnell zum Heyland außerkohren Verjaget vnd geplagt / doch wegen frembder Schuld / Du littest solche Pein mit Himlischer Gedult. Wie ich verstossen war / da kahmest du auff Erden / Damit ich dein / vnd du mein wiedrumb mchtest werden So lasse mich nun seyn in deiner Erben Zahl / Die dich / O ssser Hort verehren allzumahl. Durch Snde bin ich zwar ins TeuffelsNetze kommen / Auß welchen du mich hast durch deinen Todt genommen / Vnd wiedrumb frey gemacht; Nun HErr / was ich mißthan / Das zehle nicht / denn ich sonst nicht bestehen kan.

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Lass’ ab / mein Gott / laß ab der Snden zu gedencken Die ich begangen hab’ ach thu mir gndigst schencken Dein Vterlichs Hertz / mir dem die Missethat Sein hochbetrbte Seel so sehr beschwehret hat. Jch wehr’ in Snden ja durch Adams Fall erstorben Wenn nicht dein’ Hellen Angst mir wiedrumb hett’ erworben Die Frewd’ vnd Seligkeit / wenn nit dein herber Todt / Geworden meine Ruh’ vnd Tilgung’ aller Noht Drumb glub’ ich festiglich / es wird mir wol gelingen Wenn mich der letzte Tag wird fr den Richstul bringen / Denn / der mich richten soll / der ist das Heyl der Welt / Mein JEsulein auff den ich allen Trost gestelt. So hilff nun lieber HERR / weil ich noch hier in Snden So fest verstricket bin vnd laß mich Gnade finden / Vor deinem Angesicht’; O JEsu / sey bereit Zu fhren auß der Zeit mich in die Ewigkeit. Jch weiß / mein schwacher Geist muß von dem Leibe scheiden Wenn nur mein Stndlein kompt / so hilff mir durch dein Leyden Vnd geuß doch in mein Hertz der thewren Wunden Safft / Die mich verlornen auß deß Sathans Reich geraft. Vnd wann zur letzten Zeit Posaunen werden klingen / Daß alles Fleisch in eil soll auß den Grbern springen Vnd tretten vor Gericht’ / alßdenn so steh mir bey Auff daß ich sphre / wie so trew mein JEsus sey / Der / was er durch sein Wort den Sndern thut versprechen Getrewlich helt vnd giebt / ich weiß du wirst nicht brechen HErr JEsu / deinen Eyd / diß kan nicht anders seyn Du bist die Warheit selbst / O liebstes JEsulein. Drumb wann ich soll hinein zum Mahl deß Lammes gehen / So wirst du festiglich an meiner Seiten stehen Denn / anfangs bist du mein / im Ende bist du mein / Ja gestren / morgen / heut bist du mein JEsulein. Jm Leben / Glck’ vnd Ehr / Lust / Reichthumb / Schertz vnd Frewden

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Jn Schmertz / Quaal / Noht vnd Todt / Angst / Trbsal / Pein vnd Leyden Bist du mein JEsulein / mir wird von dir zuletzt Die Cron der Ewigkeit (hilff Helffer!) auffgesetzt.

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Christliche Ermahnung zur Gedult im Creutz vnnd Widerwertigkeit / welche ein glubiges Hertz soll fassen / auß fleissiger Betrachtung deß bitteren Leydens vnd Sterbens vnsers HERRN JEsu CHristi / auch tglicher Erinnerung der vielfltigen Pein vnnd Marter / welche die Heiligen GOttes ehmahls erlitten vnnd außgestanden. ode jambica. O Liebste Seel was krnckst du dich / Wie thust du doch so jmmerlich Dich selber schier verzehren? Laß dich deß Creutzes Bitterkeit / Die allen Christen ist bereit / Nicht gar zu hoch beschwehren. Schaw deinen Heyland JEsum CHrist / Wie grimmig der verfolget ist / Als’ er gelebt auff Erden / Wie er fr alle Menschen zwar / Vnd auch von aller Welt so gar Verfolget muste werden.

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Sein Vater giebt jhn selbst dahin Den Jden die auß falschem Sinn’ Jhn hefftiglich verklagen / Man schlept jhn in der Heiden Raht / Daß er die frembde Missethat Der Welt da mste tragen. Was mehr? Er wird verleugnet gar Von seiner liebsten Jnger Schaar Ja auch von GOTT verlassen / Er schwitzet Blut er wird gekrnt Mit Dornen vnd so gar verhhnt / Der keinen Feind thut hassen. Er wird hoch an ein Creutz gehenckt Mit Myrren in der Noht getrenckt Mit Spiessen durch gegraben / Man giebt jhm da so manchen Streich / Das alle Creaturen gleich Erbrmde mit jhm haben. Der einig’ all / der Gtter GOTT Erleydet Hunger / Durst vnd Spott Schmah / Armut / Klt’ vnd Wunden / Ja auch zu letzt den bittren Todt / Ach wer ist je in solcher Noht So sehr gedltig funden! Wolan mein Hertz / bedenck’ es recht / Er ist der HErr / du bist der Knecht Vnd wilt doch frlich leben? Wilt du das Creutz nicht nehmen an / Da JEsus CHrist der GOttes Mann So klglich an muß schweben?

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Dein Herr’ ist erst durch grosse Pein Zur Herrligkeit gegangen ein Eh’ er der Lust genossen / So wird auch dir / O trewer Knecht Durch Glauben / Lieben / Leyden schlecht Der Himmel auffgeschlossen. Bedenck’ O Seel den grossen Lohn Den du fr allen Spott vnd Hohn Bey CHristo wirst erlangen / Die Zeit ist kurtz / der Schmertz’ ist klein / Damit zwar stets / doch hier allein / Die Frommen sind vmbfangen. Verfolgung / Trawren Noht vnd Plag’ Erscheinet offt nur einen Tag Auff diesem Kloß der Erden / Dagegen wird die Frewdenzeit Dort knfftig in der Ewigkeit Niemahls geendet werden. Ach ist diß nicht ein grosser Trost / Daß CHristus selbst der mich erlst / Wird wischen ab die Thrnen / Vnd nach der Angst erquicken dich / Wer wolte denn nicht inniglich Nach solcher Ehr sich sehnen. Wie David durch zwar viel beschwer Ein kurtze Zeit reist’ hin vnd her Thet viertzig Jahr regieren / So wehrts auch hie ein kurtze frist / Ein Leben das ohn’ Ende ist Das werden wir dort fhren.

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Ey lieber schaw die Vter an Hiob den grossen GOttes Mann Wie der im Koht muß weinen; Johannes leydet grosse Noht Jhm manglen Kleyder / Speis’ vnd Brod Sein Lger ist auff Steinen. Sanct Jacob durch Herodes Macht Wird vor dem Hencker vmbgebracht / Maria voller Schmertzen / Sieht jhren Sohn / das GOttes Lamb Erbrmlich an deß Creutzes Stamm’ / O welch ein Stich im Hertzen! O Edles Creutz / das vns zumahl Der Vter vnd Propheten Zahl So herrlich thut vergleichen! Ja CHristo selber / wie viel mehr Den Jngern / die jhn liebten sehr / Wer wolte vor dir weichen? Ey wil man denn die Himmelsfrewd’ Ein’ Edle Zeit ohn’ alle Zeit Mit CHristo recht erwerben / So muß auch keiner wegern sich Sein Creutz zu tragen williglich / Ja gar mit jhm zu sterben. Gedenck’ O liebste Seel daran / Wie dich das Creutz’ ernewren kan Die Wollust in dir tdten Vnnd strcken dich mit Himmels Lust / Daß du dem Hchsten trawen must Jn allen deinen Nhten.

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Das Creutz kan zehmen wunderlich Das Fleisch / so stets erreget sich Dem Geist zu widerstreben / Das Creutz macht bitter / was die Welt Groß / herrlich / schn vnd lieblich helt Jn diesem armen Leben. Fr Menschen Augen ist es zwar Verchtlich / schlecht voll Gefahr Macht jedermann’ ein grawen Vor GOttes Augen ist es gut / Drumb wers gedltig tragen thut / Der soll den Himmel schawen. Wie CHristus Leyden schwehr vnd hart Verchtlich zwar gehalten ward Daß dennoch hoch zu preisen; So wird das Creutz zur letzten Zeit Viel grsser Ehr’ vnd Herrligkeit Dem / der es trgt / erweisen. Jst CHristus Kirchlein hie auff Erd’ Jm eussern Schein gleich gar nichts wehrt / Weil sie so viel muß Leyden; Jnwendig ist sie wol geschmckt / Denn / was sie hie am meisten drckt / Daß setzt sie dort in Frewden. So lass’ / O Seel / nun fahren hin / Was Fleisch vnd Welt helt vor Gewinn / Wo du zu GOTT wilt gehen / Denn daß / was Christ- vnd Gttlich ist / Kan mit der Welt Betrug vnd List Durchauß ja nicht bestehen.

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Drumb tilget GOtt durch Creutz vnd Noht Die Wollust / so der Seelen Todt Jn Snden thut gebehren; Durchs Creutz wird erst der Glaub’ erweckt / Ja Rew vnd Leyden angesteckt / So / daß wir Trost begehren. Gleich wie / wann sich der Ostwind regt Vnd durch sein blasen starck bewegt Die Blmlein in den Garten So geht ein schn Geruch herfr; Wann Creutz vnd Noht vns drcket hier / Thut Gottesforcht sich ahrten. Gleich wie / O Seel / dein Brutigam Jst weiß vnd roht zu schawen an / Weiß / weil er ohne Snden / Roht / weil er viel erlitten hat / So muß die Braut auch in der That Seyn weiß vnd roht zu finden. Drumb liebste Seel / verzage nicht / Ob dich gleich alle Welt anficht / Zusampt der Hellen Pforten; Dein Heyland CHristus ist bereit / Daß er dich fhr zur Ewigkeit Traw du nur seinen Worten. So komm’ / O liebstes JEsulein / Zu enden alle Noht vnd Pein / Laß mich den Himmel erben / Gib hie Gedult in Leydens Noht / Erwrg’ in mir den bittren Todt So kan ich frlich sterben.

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Auß der Epistel an die Rmer am 14. Capitel. epigramma. HErr JEsu / leb’ ich dir / so leb’ ich meinem HErren / Sterb’ ich / so sterb’ ich dir / du wirst mir ja bescheren Das / was mir ntzlich ist. HErr JEsu du bist mein / Starck / todt vnd lebendig wil ich dein eigen seyn.

Christliche OsterGedancken Von der siegreichen Aufferstehunge vnsers ­Erlsers vnd Seligmachers JEsu CHristi. sonnet. O Todt / O bleicher Todt / wie thust du so erschrecken? O Sathan / schwartzer Geist / wie fleugst du so dahin? Warumb / O arge Welt / helst du mit toben in? O Hell was zwinget dich dein Pflaster zuzudecken? Wie geht es / daß das Fleisch sich weiter zu erkecken Mit nichten ist bedacht? Wie kompt es dir in Sinn O Snde daß du nun lest fahren deinen Gwinn? Der Hchste thut sein Kind / das JEsus heist erwecken. Tod / wo ist nun dein Spieß / vnd Hell wo ist dein Sieg? Jmmanuel der hat vollendet diesen Krieg / Jn dem’ er Snd’ vnd Tod bracht’ in der Luffer Orden / Zutratt den Teuffel vnd die Welt mit jhrer Pracht / Nun ist das Heyl / die Krafft / das Reich deß HERren worden / Sein Leyden / Tod vnd Grab ist vns zu Nutz gemacht.

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Aufmunterung zu hertzlicher Andacht / ­erhebung deß Gemtes zu Gott / vnnd recht sehnlichem Verlangen nach der vnendlichen Ewigkeit. ode jambica. WOlauff mein Geist / sey schnell bereit Zu fliegen nach der Ewigkeit / Vergiß das / was man Jrrdisch nennet Das nur deß Mammons Hauffe kennet. 5

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Schwing dich hinauff ins Himmels Saal / Laß willig fahren allzumahl / Was Welt vnd Fleisch sonst pflegt zu lieben / Denn Zeitlichs thut doch nur betrben. Schaw’ O mein Geist / den herrscher an / Dem’ alle Welt ist vnterthan Vor dem die hohen Berge beben / Der allem Vieh’ erhelt das Leben. Schaw’ an den grossen HimmelsStul / Wie vnter jhm deß Meeres Pful Zu sampt dem Schemel dieser Erden Von GOTT’ allein beherrschet werden. Schaw’ an der schnellen Geister Schaar / Die nun so mannig tausend Jahr Jhr Heilig / Heilig / Heilig singet Vnd jhrer Stimmen Opffer bringet. Schaw’ an die schnen Cherubim Die Choren / Thronen / Seraphim

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Wie sie deß Allerhchsten Willen Durch jhre trewe Dienst’ erfllen. Schaw’ an die Vter ohne Zahl / Propheten Lehrer allzumahl Wie sie in hchster Lust dort oben Den HERREN aller Dinge loben. Sie herrschen in der Ewigkeit / Hie vnten wehrts ein kurtze Zeit / Wer wolte denn noch wol begehren Die Zeit hie lenger zu verzehren? Wolauff mein Geist / schwing dich dahin Da Himlisch Gut ist dein Gewinn / Da du daß Leben sonder sterben / Die HimmelsFrewde kanst erwerben. Was ist diß eitle Leben doch? Ein Vnglcks-Meer / ein Snden-Joch Da man nach schnden Schtzen trachtet / Vnd daß / was Himlisch ist / verachtet.

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Was soll deß eitlen Goldes Koht? Was hilfft dichs in der letzten Noht Wenn nun die Seel vom Leibe scheidet Vnd schwehre Todes-Angst erleydet? Vergiß / O Hertz / was zeitlich ist / Gebrauch dich hie der Gnaden Frist / Fahr hin / fahr hin / du zeitlichs Leben / Der Ewigkeit wil ich mich geben. Fahrt hin / Verwandten / Weib vnd Kind / Fahr hin Vieh / Reichthumb vnd Gesind /

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Fahr hin Hauß Hoff / Geld / Acker / Felder Wild / Frchte / Wiesen / See vnd Wlder.

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Fahr hin / was mir bißher beliebt / Denn / Jrrdisch Gut / du machst betrbt / Was Himlisch heist / kan frlich machen / Ja lehret mich / die Welt verlachen. Drumb /O mein Geist / schwing dich hinauff Vnd laß dich nicht der Snden Lauff Von GOtt / dem hchsten Gute wenden Du must ins HimmelsHaven lenden. Da schaw’ alßdann den Schpffer an / Auch JEsum CHrist / den GOttes Mann / Der dich erlst / da du verlohren / Den Geist / der dich auffs New gebohren.

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Diß ist die rechte Seligkeit / Die Frewdenzeit ohn’ alle Zeit Die in den allerhchsten Ehren Der Ewigkeit nicht auff wird hren. Ade / O Welt / mit deiner Pracht / Hiemit geb’ ich dir gute Nacht / Fahr hin mein Geist das zu erlangen / Damit du ewiglich kanst prangen.

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Auß der Epistel an die Rmer am 8. Cap. Jst GOTT fr vns / wer kan wider vns seyn. DEr bsen Welt Betrug / deß bleichen Todes drewen / Der falschen Sptter Haß / der Neider gifftigs schreyen / Der Hellen Grawsamkeit / ja auch deß Sathans List / Das acht’ ich lauter nichts / wenn Gott nur bey mir ist.

Vor das seligmachende Leyden vnd Sterben ­vnsers Erlsers vnnd Seligmachers JEsu CHristi. Lob-Sonnet. WJe bring’ ich dir O HERR / doch solchen Lobgesang Vnd angenehmes Lied von meiner ersten Wiegen / Als du verdienet hast mit deinen thewren Kriegen / Dadurch du vnsre Feind’ vnd Hasser in den Zwang Der Finsternuß gebracht / davon der helle Klang Vnd wehrte Zeitung kam / daß du mit grossen Siegen Den Teuffel / Snd’ vnd Todt gezwungen zu erliegen / Davor bekenn’ ich dich / O GOtt / mein Lebenlang. Hett’ ich gleich tausend Kpff’ / vnd so viel tausend Zungen Als viel dir Lob vnd Preiß von Englen wird gesungen / So knt’ ich dir dennoch nicht gnugsam danckbahr seyn / Du hast durch deinen Todt mir wiederbracht das Leben / Gibst Ehr’ vnd Ruhm vor Schmach / ja Frewde vor die Pein / Was soll ich dir / O HErr / was soll ich wieder geben?

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Auß dem drey vnnd siebentzigstem Psalm verß 25. HErr / wann ich nur dich habe / etc.

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WAs frag’ ich nach der Welt / was acht’ ich doch dieß Leben? Was kan mir Geld vnd Gold fr Trost im Leyden geben? Was hilfft mich hohe Gunst / ein’ Hand voll eitler Ehr? Was ntzet mir ein Schloß / wans gleich voll Perlen wehr? Was soll mir alles Gut vor Frewd’ vnd Labsal bringen? Was kan ich doch vor Lust auß eigner Kunst erzwingen? Was soll mir doch ein Lied / was soll der Paucken Schall? Was soll der Hfe Pracht / was hilfft euchs berall? Ach Koht! Ach lauter nichts! Dieß wird noch alles werden Ein’ Hand voll Staub vnd Asch’. Jach wil den Klooß der Erden Ja auch den Himmel selbst nicht einmal schawen an / Jm Fall’ ich dich / O GOtt / nur bey mir haben kan.

Nicht zu viel / nicht zu wenig. epigramma. GEfelt es meinem GOtt / so woll’ er mir nicht geben Viel Schtz’ / er lass’ mich auch gross’ Armuht nicht erleben / Jch wnsche nicht zu viel / zu wenig wnsch’ ich nit / Gnug hab’ ich / wenn mir das / was mein GOTT wil geschicht.

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Himlischer Lobgesang Der drey Männer im FewrOfen / Poetisch gesetzet vnd nach errettung auß grossen vnnd hefftigen Nhten gesungen. ode trochaica. NAch der grossen Fewres Noht Billig sichs geziemet / Daß du vnser Vter GOTT Werdest hochgerhmet Daß wir preisen deine That Die vns HERR’ errettet hat / Ja vns drey zusammen Auß den grossen Flammen. Diese That / soll aller Welt Dienen zum Exempel / Hochgelobet seyst du Held Stets in deinem Tempel / Der du gtig ohne Grimm Sitzest auff den Cherubim Die jhr Stimm’ erzwingen, Vnd das Heilig singen. Hochgelobet seyst du HERR’ Jn deß Himmels Vesten / Der du allen auß Beschwehr Helffen kanst zum Besten Du bist bey vns in der Noht / Drumb muß dich O grosser GOTT Auch der Himmel preisen Vnd dir Ehr’ erweisen.

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Deiner schnellen Hnde Werck’ Vnd die reinen Geister Rhmen deine Macht vnd Strck Schawen doch den Meister Tglich mit verwundren an Der die Wolcken fhren kan / Die dich auch dort oben Ewiglich HErr loben. Deine Schaaren allzumahl / Sonn’ vnd Mond daneben Sternen die ans Himmels Saal Liecht vnd Zeichen geben / Wind vnd Regen / Hitz’ vnd Taw Da die Wasser in der Aw Mssen ohn’ auffhren Deinen Namen ehren. Schlossen / Hagel / Eiß vnd Schnee Muß dich HErr bekennen / Vnd die selten-stille See Jhren Schpffer nennen. Weil du / Vater hast gemacht / Liecht vnd Finster / Tag vnd Nacht / Mssen sie dich preisen Vnd dir Ehr’ erweisen. Blitz vnd Wolcken sind bereit Dir / O GOtt / zu dancken / Reiff vnd Frost steht jederzeit Dir zu Dienst’ ohn wancken / Jn das Mittel dieser Welt / Das so manches Thier erhelt Dieser Klooß der Erden Muß dir danckbahr werden.

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Berg’ vnd Hgel / Bsch’ vnd Hain’ Alles Laub in Wldern / Graß vnd Blumen / Holtz vnd Stein’ Auch die Frcht’ in Feldren Strm’ vnd Brunnen ohne Zahl Auch die Seen allzumahl Mssen sich erschwingen / Dir HERR Lob zu singen. O jhr Vglein mannigfalt Von der Lufft gefhret Die jhr den begrnten Waldt Jn dem Lentzen zieret Vnd jhr grossen wunder Thier Die jhr pfleget fr vnd fr Jn dem Meer zu toben / Solt den HErren loben. All’ jhr Fische die jhr seyd Mit der Fluht vmbgeben / Machet euch mit vns bereit Frlich zu erheben Vnsers GOttes Strck’ vnd Krafft / Die euch allen Futter schafft Ja auch in den Wellen Speise thut bestellen. All’ jhr Thierlein / die jhr schnell’ Jn den Grnden lauffet / Vnd mit Lust an grner Stell Laub vnd Kruter rauffet / Alles Vieh / das frh vnd spat Sein geng’ vnd Futter hat Soll sich dienstlich neigen Vnd dir Ehr’ erzeigen.

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Alle / die jhr Kunst / Verstand / Witz vnd Sinnen habet / Auch von GOttes milder Hand Reichlich lebt begabet Die jhr Menschen Kinder seyd / Preiset GOTT in ewigkeit / Singt jhm’ alle Stunde Lob auß Hertzen Grunde. Du Jsrael / GOttes Knecht Frewd’ vnd Lust deß HERREN / Dem Jehovah selber pflegt Wolfahrt zu bescheren Vnd jhr Priester / die jhr singt Wenn man GOTT sein Opffer bringt Jhr Leviten alle Rhmet jhn mit Schalle. O jhr schnen Geisterlein / Jhr gerechte Seelen / Die jhr ausser Schmertz vnd Pein Euch nicht drffet quehlen Jhr auch / die jhr Angst vnd Noht Leydet hie biß in den Todt Thut zu allen Zeiten GOttes Lob außbreiten. Misael Asaria Anania daneben Vns gebhrt es immerda Frlich zu erheben Stimm’ vnd Hertz mit Lobgesang’ Vnd dem sssen Seitenklang’ Als der HERR’ in Nhten Vns nicht wolte tdten.

Poetischer Lustgarte

O jhr Mnner alle drey Trettet schnell zusammen Lobet nun den HERREN frey Der euch auß den Flammen Durch ein’ vnerhrte That Krfftiglich errettet hat Der nicht konte sehen Euch im Fewr vergehen. Alle / die jhr vnsern GOTT Frchtet / liebet / ehret Vnd deß HErren Zebaoth Lob vnd Danck vermehret Rhmet nun vnd jede Zeit GOttes Lieb’ vnd Freundligkeit Preiset seinen Namen Alle Welt sag’ Amen. ENDE.

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JOHANN: RISTEN, P. H.

Kriegs vnd Friedens Spiegel. Das ist:

Christliche / Teutsche vnd wolgemeinte Erinnerung an alle Kriegs- vnd Frieden liebende Menschen / insonderheit aber an sein vielgeliebtes Vater-Land

Holstein / Worinnen die abschewliche grewel des blutigen Krieges / denn auch die mnnigfaltige Sssigkeiten des gldenen Friedens / außfhrlich werden beschrieben. Alles auß Liebe des Vaterlandes vnnd Hochschtzung des Edelsten Friedens Poetisch auffgesetzet vnd auff Friedliebender Persohnen freundliches begehren hervor gegeben.

Hamburg / Gedruckt bey Jacob Rebenlein / Jn Verlegung Zacharia Hrtels Buchhndlers / Jm Jahr Christi M Dc xl.

Erinnerung an den Leser.

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FReundlicher lieber Leser / ob ich wol nicht zweiffele / du werdest von diesem meinem Krieges vnd Friedens-Spiegel (dafern du sonst die Warheit vnd Auffrichtigkeit liebest) Christlich vnd wol vrtheilen / so habe ich doch gleichwol nicht vnterlassen knnen / dich zu anfange freundlich zu ersuchen / du wollest gedachtes Bchlein nicht ehe durchlesen / du habest dich denn zuvor auß der an dich geschriebenen Vorrede / von etlichen Dingen mit weinigen berichten lassen / welche mhe / im fall du sie wirst auff dich nehmen / dich keines weges wird gerewen / habe dich solches guter Meinung kurtzlich erinneren wollen. Gehabe dich wol.

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illustrissimo et generosissimo domino, domino christiano, sacri romani imperii comiti â pentzen, equiti aurato, domino in neuvvendorf, serenissimi potentissimique regis daniæ consiliario intimo, fortalitii Glückstadiensis Gubernatori & Præfecto in Steinburg &cc. Domino Meo Gratiosissimo. TRibus nos nasci & obligari, Illustrissime Domine, Deo, patriæ & nobis ipsis, prudenter politicarum rerum scriptores monent, Obligatio erga Deum præcipua, erga patriam apud virtuosos proxima, remotior ea quæ nosmet ipsos respicit, qui ordo, uti ex pietate & virtute in bonis & cordatis perspicuus & evidens est, ita nihilo magis in avaris & sordidis pureque mundanis, ex præposterâ prærogativâ, dilectionis in se incipientis, inclarescit, Patriæ amorem & ipsa natura non renuit, ita etenim comparati sumus, ut istius loci, ubi nati & educati, tenacissima simulac gratissima cum Epaminonda Thebanorum Duce sit memoria, cui summæ erat voluptati, Patriotas & Concives suorum trophæorum spectatores habuisse, patriæque matri coronas, bellicâ virtute partas in gremium deposuisse. Non nunquam Illustrissime Domine parva licet componere magnis, Principi tanto in virtute & rebus gestis par quamvis esse non possim nec desiderem, in affectu tamen & amore patriæ illubenter me inferiorem agnoscerem, cujus instigatu, paucis pagellis miserrimæ & desolatæ Germaniæ afflictiones, & olim florentissimi potentissimique istius Regni anguli extremi, Patriæ Holsatiæ nostræ præ cæteris felicitatem horis succisivis poeticè (& cum res atrox & horrenda, ex adverso secundissima patriæ fortuna descriptionem accuratam non patiatur,) quodammodo depingere vel delineare,

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nostrisque incolis ex collatione utriusque, quantum imprimis Deo Optimo Maximo, postmodum serenissimo potentissimoque Danorum Regi & cæteris Ducibus Dominisque Holsatiæ, tandem & tibi, Magnatibusque debeant, ob oculos ponere volui. Neque tua hîc virtus, generosissime Heros tacita mihi est relinquenda, quâ supra omnem feré totius Cimbriæ nobilitatem decoratus, secundâ jam vice, regiæ legationis ad invictissimum Romanorum Imperatorem & tot serenissimos juxta ac illustrissimos Germaniæ Electores & Duces principem locum obtinens tuâ jam dudum in maximis muneribus publicis obeundis spectatâ prudentiâ, dulcissimam nobis pacem confirmasti, gentesque Holsaticas otiosissimas reddidisti, O felicissimum Regem, cui talis contigit Legatus, & te multò feliciorem, qui talem nactus es Regem! Perge, porrò illustrissime Domine, Holsatiæ decus, patriæ felicitatem, tibi gloriam, cognatis laudem, Germaniæ Principibus congratulationem, omnibus exteris summam admirationem adferre. Sed, quis ego, qui tanti Herois laudem ab oblivione atque silentio hominum vindicare non dubito? Nemo virorum Illustrium in aulis Regum & Principum magis notior te est, cui omnes ferè homines gloriosi, ob præcellentissima admirandi ingenij dona insignem plurimarum rerum experientiam, meritissimum plausum impertiuntur: Nulli enim feré sunt rerum publicarum motus, nullus relligionis status, literarum progressus, morum & disciplinæ gradus, vicissitudines, expectationes, aperta consilia, secreta studia, quæ non dudum in molestis sumtuosisque peregrinationibus tuis per Italiam, Hispaniam, Galliam, Germaniam, cæterasque nobilissimas Europæ provincias laudabili sané curiositate expiscatus es. Ignosce quæso, illustrissime Comes, nominis tui nunquam inglorii admiratori, & immortalium tuarum laudum buccinatori indefesso, vera enim hic narro, & orbi ferè notissima. Si enim Gloria nihil aliud est, quam incorrupta rectè judicantium vox, & consentiens bonorum hominum laus, de excellenti alicujus virtute & insigni probitate, non alia res offertur â me in dedicatoriâ hâc epistolâ, quam omnes homines certatim ad te deferunt suo sermone atque judicio. In universo tamen choro laudum tuarum, ingenij,

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doctrinæ, usus, industriæ, consilij, prudentiæ, moderationis, abstinentiæ, fortitudinis, morumque suavitatis facilimæ nulla virtus tua altius emicat, quam ea, quæ cum hominis maximè propria sit, Humanitas appellatur, quam toties in te admiratus sum, toties deprædicavi, quoties in aspectum tuum prodire mihi contigit. Hæc virtus nomen quidem ab homine, sed officium â Deo sortita est, cujus bonitatem potissimum referre videatur. Perge igitur generosissime Comes, quod semper fecisti, perpetuò facere: hoc est, beneficijs juvare rem publicam, & insigni humanitate tuâ de universis & singulis bene promereri. Cumque in hoc laudis cursu neminem habes, qui cum majore contentione certare debes, aut gloriosiore cum victoriâ superare potes, quam te ipsum; Age porrô hanc laudis palmam alijs præreptam, te ipsum etiam vincendo ampliorem & illustriorem reddere. Et hæc de te paucis & parce: Vereor enim, ne importunitate scribendi tibi nimius & molestus fiam; sed admiratione quâdam & amore etiam virtutis tuæ longius provectus sum quam institui: Te enim tam insigne, cum tuæ familiæ, tum aulæ Danicæ & totius nostræ Holsatiæ ornamentum, & imperitus, si non suspicerem, & ingratus, si non colerem, videri meritò potui. Tibi autem Illustrissime Domine, libellum hunc dicare, magisné absterreret dignitas tua, an invitaret bonitas, multum diuque dubitavi, præsertim, cum viderem tot regijs negotijs te distineri. Et sanè nunquam tale quid conatus fuissem, nisi mihi explorata penitusque perspecta esset singularis tua natura, quæ sic est & insitâ humanitate imbuta, & multiplici doctrinâ ornata, ut & velit propter summam bonitatem, & possit propter maximam prudentiam de laboribus nostris poeticis dexterrimé judicare. Offero igitur dedicoque Generositati Tuæ hoc opus poeticum; quod mole quidem vastum non est; sed rerum ac negotiorum, imprimis autem vitiorum bellicorum varietate (utinam & eruditione) satis amplum censeri potest. Magnam eloquentiæ vim non consequutus, sed ne sequutus quidem unquam sum; Hoc enim in scribendo consilium tantùm mihi propono, ut proprietatem in verbis, ut perspicuitatem in sententijs, semper tuear & conservem;

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Ut apposité ad singulas personas, ut accommodaté ad quamque rem, ut partitè & distinctè cogitata mentis, sive meæ sive alterius explicare queam. Suscipe igitur, generosissime Comes benevolo vultu, teutonicos hosce de Bello & Pace versiculos, &, quæ tua summa est benignitas & clementia, in optimam partem hanc meam compellationem accipe: Ego interim laborabo sedulò me sic totum ad tuam voluntatem comparare, ut nihil exoptem prius, quam omnes vitæ meæ rationes, in unjus Generositatis Tuæ favore, gratiâ & authoritate conquiescere. Deus largiatur tibi, Generosissime comes, Eques fortissime, ut non tam hostes potentissimi Regis tui, si qui erunt, in prælio, quam te ipsum in omni prudentiæ, doctrinæ, veræque virtutis laude in dies magis magisque superes. Vale Illustrissime Heros, meque inter eos esse sine, qui te reverenter colunt, quique pro tuâ incolumitate & gubernatione felici & diuturnâ ex animo vota ad Deum faciunt. Scribebam Wedelij Holsatorum, ipsis calendis Decembribus, anni exeuntis 1639. Illustrißimam Generositatem Tuam Verâ animi reverentiâ colens JOHANNES RIST

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Nothwendige Vorrede an den guthertzigen vnd recht verstndigen Leser. FReundlicher vnd in Gott geliebter Leser / Jch vbergebe dir zu diesem mal meinen schon lengst versprochenen Kriegs vnd Frieden-Spiegel / ein Bchlein / welches ich meistentheils meinem vielgeliebten Vater-Lande zur freundlichen Erinnerung / Anmahnung vnd Warnung habe auff gesetzet vnd geschrieben / damit alle vnd jede desselben Einwohner / meine sehr wehrte liebe Landes-Leute benebenst mir darauß lernen erkennen / auch mit Hertzen vnnd Munde rhmen die vnaußsprechliche Wolthaten / welche der aller­gtigster Gott bey diesen langwirigen / erschrecklichen / vnauffhrlichen Kriegen vnd Blutstrtzungen in Teutsch-Lande / auß allen / die wir seine Straffe vnd Zorn nicht weiniger als andere sehr wol verdienet hatten / hat erzeiget vnd bewiesen. Trawen / wenn alle vnsere BlutsTropffen lauter Englische Zungen wehren / so vermchten sie dennoch die vberauß grosse Barmhertzigkeit Gottes / die er vns ohne alle vnsere Verdienste vnd Wirdigkeit in diesen jngst verflossenen Jahren hat wiederfahren lassen / nimmer gnugsahm preisen / so krfftig sind wir erhalten / so Herrlich sind wir befreyet / so wunderbahrlich sind wir fr ohnzehlichen Feinden beschtzet worden. Es war ja vmb die sterliche Zeit deß ein tausend / sechshundert vnd acht vnd dreissigsten Jahres die Angst vnd Furcht wegen herannahung des mchtigen Kyserlichen KriegesHeeres vnter dem Graffen von Gallaß in diesen Landen / am allermeisten aber in denen / welche den Mecklenbrgischen vnd Sachsischen Frsten­ thmern etwas nher gelegen / dermassen groß vnd hefftig; Daß auch viel Einwohner mit jhren Weibern vnd Kindern auß ­Flecken vnd Drffern sich erhoben / vnd den festen Stdten als’ Hamburg / Lbeck etc. Sich vnd jhre zeitliche Wolfahrt anvertraweten / wie denn auch solche Angst vnnd Furcht nicht eine gemachte oder gantz vergebliche ist gewesen / in Betrachtung / daß das mchtige KriegesHeer vnsere Grentzen schon so weit erreichet hatte / daß es nur pltzlich / wie ein gewaltiger Sturm solte herein

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brausen / vnd diese edle Lnder wie eine grawsahme Fluth gntz­ lich vberschwemmen; Aber der getrewester GOTt vom Himmel hat diese wolverdiente Straffe auch zur selben Zeit auffgeschoben vnd zu rcke gehalten / in deme er seine Gnade hat verliehen / daß durch vnserer hchst vnd hochlblichen Frsten vnd Landes­ Herren tapffere Erklehrung / frtreffliche Klugheit vnd kluge Vorsichtigkeit / diese Holsteinische Stdte / Flecken vnd Drffer von allen frembden KriegesVolcke gntzlich sind befreyet worden / da man doch die angrentzende Lnder Mecklenburg / Niedersachsen / Brandenburg / ja auch das Ertzstifft Bremen vnd andere bald hernach / nicht ohne jhr eusserstes verderben mit gedachtem mchtigen KriegesHeer hat beleget / vnd diese so schne Frsten­ thmer jmmerlich dadurch verwstet. Diese grosse Wolthat Gottes vnd schier vnglubliche Errettung so diesen Lndern fr etwa zwey Jahren ist wiederfahren / ist von dem weinigsten Theil vnserer LandesLeute mit gebhrli­ rsseste cher Danck­barkeit erkennet vnd angesehen worden: Der g Hauffe hat derer leider so gar vergessen / als ob es fr hundert vnd mehr Jahren wehre vorgelauffen / drffen sich auch kaum desselben wieder erinneren / es wehre denn / daß sich ein newes Vnglcke zu vnsern Grentzen heran nahete / welches / wie hefftig alle getrewe Liebhaber des Vaterlandes vmb abwendung desselben zu Gott billich seufftzen / so gewiß vnd ohnfehlbahr haben wir es knfftiger Zeit / vnserer grossen Vndanckbarkeit halben zu gewahrten / wiewol ich von Hertzen wnsche / daß dißfals meine muthmassung mge falsch erfunden vnd ja nimmermehr erfllet werden. Wenn ich denn nun der Christlichen Meinung bin / daß wir in alle Ewigkeit nicht sollen vergessen / was der HErr vom Himmel gutes an vns vnd den vnserigen gethan hat; So halt’ ich demnach gntzlich dafr / daß ich mit nichten deßwegen zu beschelten sey / daß ich gegenwertigen meinen Krieges vnnd Friedens-Spiegel vnserm vielgeliebten vnd biß annoch sehr glckseligem VaterLande vnd dessen smptlichen Einwohnern habe fr die Augen stellen / vnd sie dadurch guter Meinung ermahnen wollen / daß sie auß

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Betrachtung vnd Gegenhaltung des gar zu grossen Jammers vnd Elendes / (in welchem schier alle Frstenthmer vnd Lnder / Graff- vnd Herrschafften des teutschen Reichs biß auff gegenwertige Stunde stecken) deroselben vnaußsprechliche Noth / Vnglck vnd Leiden; Jm Gegentheil aber vnsere grosse Glckseligkeit / guten Friede / Wachsthumb vnd zunehmen recht lernen erkennen / dasselbe behertzigen / dem allerhhesten GOtt von gantzer Seelen dafr lob ehr vnd danck sagen / der hohen LandesFrstlichen Obrig­keit getrewe vnd recht vterliche Vorsorge darauß vnter­ thnig vermercken / vnd schließlich jhr gantzes Leben gegen Gott vnd Menschen also anstellen / daß der gerechter Gott dadurch be­ wogen werde vns diesen wehrten vnnd gldenen Frieden ferner zu gnnen vnd auff vnsere Kinder vnd Nachkommen fohrt zu ­pflantzen. Hievon predigen wir nun billich tglich / wir singen vnd sagen davon offentlich: Was solte vns hinderen auch nicht offentlich davon zu schreiben? Dieses erfodert ja von vns die Liebe Gottes / wie auch die schldige Danckbarkeit gegen der hohen Obrigkeit / vnseren gebietenden Herren / welche zwar alle einen guten Theil jhrer getrewen Vnterthanen in denen vnterschiedlichen Holsteinischen Lndern zu regieren haben. Dieses erfodert die Liebe des aller­sssesten Vaterlandes ja auch die Liebe der Nachkommenden / welchen allen vnd jeden wir billich auch zeitliche Wolfahrt vnd Gedeyen nach vnserm absterben von gantzen Hertzen wnschen vnd gnnen. Jch zwar / damit ich meine Schldigkeit dißfals ablegen mchte / habe etwas weiniges gethan / jedoch so viel als ich hierinnen vermcht: Hhere Geister / vnd welchen der allweise GOtt grsseren Verstand vnd Gaben hat verliehen / werden mit einem auch grsseren Ruhm das jenige vielleicht außfhren / was ich als ein Einfltiger in dieser Sache habe angefangen. Vnter dessen so lebe ich der zuverlssigen Hoffnung / daß ich zum weinigsten noch etliche gute vnnd Christliche Gemhter hiedurch werde auffmunteren vnd erwecken / daß sie die grosse Glckseligkeit jhres liebsten Vaterlandes etwas reifflicher mit mir erwegen / vnd durch ein Gott-

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seliges / Christliches Leben vnd tugendreichen Wandel / dieselbe auff viele knfftige Jahre bey den barmhertzigen Gott forthzusetzen / sich vnableßlich bemhen werden / welches denn mein ein­ tziger Wnsch ist / ja mein eintziges flehen / bitten vnd begehren. Betreffend die Sachen an sich selber / welche in diesem meinem Kriegs vnd Friedens-Spiegel dem begierigen Leser zu beschawen werden frgestellet / so sind zwar derselben mancherley / jedoch habe ich vornehmlich zweyerley: Nemblich die abschewliche Grewel / vnd die grewliche Abschewligkeiten des Krieges ziemlich weitleufftig / folgends aber die Sssigkeiten des Friedens etwas krtzer (dieweil vielleicht von diesem letzsten ein sonderliches Bchlein mit der Zeit folgen mchte) beschrieben vnd gleichsahm mit lebendigen Farben abgemahlet / also / daß ich der gntzlichen Meinung bin / ich habe beydes den Krieg vnd Frieden sampt jhren Frchten vnnd Nutzbahrkeiten in diesem schlechten Bchlein dermassen vorgebildet / daß der guthertziger Leser so wol von einem als den andern (sonderlich aber was vnser VaterLand Holstein betrifft) genugsahmen bescheid anderen wird geben vnd mittheilen knnen. Ob ich nun zwar nicht zweiffle / daß etliche grosse vnd tapffere Gemther / sonderlich aber des allersssesten / vnd von so vielen hundert tausend Seelen hocherwnscheten Friedens / wie auch der wahren Tugenden / ntzlichen Wissenschafften vnd ­Knste auffrichtige Liebhaber mir dieses Poetische Wercklein nicht werden zum belsten deuten / noch jhnen so gar mißfallen lassen / besondern vielmehr mit einem gnstigen vnnd geneigten Willen auff vnd annehmen; So weiß ich doch gleichwol auch das dagegen / daß vnter den jtzigen friedhssigen Kriegesleuten / trefflich viel Schnarcher / Praler / Blutvergiesser vnd Auffschneider sich werden herfr thun / die in Verlesung dieses Gedichtes mich vnschldigen Menschen fr den rgesten vnd leichtfertig­ sten Pasquillen Schreiber / Schmher vnd Lsterer auff Erden bey jedermenniglich werden außschreyen / als der sich hat vnterstehen drffen / den hochlblichen Orden der Cavallier (mit welchem vnteutschen Nahmen alle teutsche KriegesLeute ins Gemein heut

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zu Tage getauffet werden) auffs schimpfflichste anzugreiffen / jhre Tugenden oder Laster so klhrlich vnd vermessentlich als ein anderer Agrippa auffzudecken / vnd jhre Eigenschafften (sonderlich was das Liegen betrifft) dermassen deutlich zu beschreiben / daß er auch verdienet hette durch jhre Mußqueten / Degen / Picken / Pistohlen / Schlagschwehrter / vnd wie man jhre seltzahme ver­ rostete blutige Rstung vnd Gewehr etwa mehr nennen mchte / auffs grawsahmlichste hingerichtet zu werden. Solchen sehr erzrnten vnd grimmigen Todtmachern aber gebe ich / als ein sehr grosser Liebhaber des edlen Friedens hiemit friedlich / freundlich vnd demhtig zur Antwort / erstlich: Daß ich mich fr jhrem gefasseten Zorn vnd Vngnade Gottlob sehr weinig frchte / denn ich weiß schier nicht / wie ich doch von Natur so seltzahm bin geahrtet / daß ich nach groben / vnwissenden / ­stoltzen vnd heyllosen Leuten so gar nichts frage / vnd nur fr ehrlichen / geschickten klugen vnd auffrichtigen Gemtheren schew trage / als der ich nicht gerne etwas thun wolte / daß diese beleidigen oder betrben / jenne aber / in deme ich mich jhnen in Verbung jhrer Laster etwa gleich stellete / erfrewen mchte. Frs ander mgen solche großprahlende Strntzer auch dieses wissen / daß / in deme ich die Krieges-Grewel ins gemein ziemlich außfhrlich beschreibe / vnd wie billich etwas hart angreiffe / nur die Laster vnd Vntugenden / mit nichten aber die Persohnen verstehe / vnd zwar an allerweinigsten diejenige / welche von Gott vnd der ehrbahren Welt fr Christliche / ehrliche vnd rechtschaffene Soldaten vnd KriegesLeute gehalten werden. Bedinge demnach anfenglich auffs zierlichste vnd feyrlichste / daß solliche vnd dero gleichen lbliche Soldaten / sie seyn hohes oder niederen Standes / durchauß von mir nicht gemeinet noch verstanden werden. Denn / wie hoch vnd wehrt ich die jenige Krieges Leute allzeit gehalten / welche neben tragung rechtmessiger Waffen Gott im Himmel frchten / jhren nebenChristen lieben / den Feinden guts thun vnd sonsten ein Christliches Leben vnd ehrbahren Wandel fhren (wie mir denn deren noch etliche / aber doch sehr weinig bekand seyn) solches wissen die jenige zum besten /­

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­ elche in solchem jhrem Kriegesstande nun schon lange Zeit hero w freund- kund- vnd Gemeinschafft mit mir gepflogen haben. Selbige nun werden leichtlich erkennen / daß ich nur bloß vnd allein / das Vnchristliche Leben vnd Wesen der heutigen KriegsLeute ins Gemein / nicht vnbillich gestraffet / mit nichten aber diese oder jene Persohn (wie sich vielleicht ein vnverstndiger mchte einbilden) auffs schrffste habe angegrieffen. Ein KriegMann / der bißhero Christ-redlich vnd recht hat gehandelt / auch annoch recht thut / behelt billich seinen gebhrlichen Ruhm: Einen vnntzen Bawrenplager aber vnd einen lasterhafften Menschen wrde es durchauß nicht helffen / wenn ich mich gleich vnterstunde / jhn mit meinen Verssen biß an die Wolcken / ja gahr in den Himmel zu heben / so gar nicht wollen sich die Laster zu Tugenden / noch auch die Tugenden zu Lastern machen oder verkehren lassen. Jns gemein mssen wir bey frhergehenden sehr bel bestelleten Kriegeswesen auffrichtig / wiewol vngerne bekennen / daß man schier von keiner wahren Gottesfurcht etwas mehr weiß zu sagen / so wol bey dem einen als dem anderen kriegenden Theil / denn in Betrachtung jhres beyderseits biß anhero gefhrten Lebens vnd verbten abschewlichen Grewel / Mordens / Raubens / Sengens vnd Brennens / wil ich in Bestraffung desselben von keinem Menschen Partheisch gehalten werden / als der ich festiglich glaube / daß der jenige / welcher Gott frchtet vnd recht thut / sey jhm lieb vnd angenehm / er trage gleich vnterm Kyser oder Knige die Waffen. Jm gegentheil / wer dem Teuffel dienet / vnd seinem nebenChristen muhtwilliger Weise gewalt vnd vnrecht zufget / der ist vnd bleibet auch des Teuffels Soldat / er halte sich gleich in Kyserlicher / Schwedischer / Beyerischer / Frantzsischer / Hessischer / Spanischer Niederlndischer / Schsischer oder Brandenburgischer Bestallung / wir reden vnd schreiben nun von jhrer Gottlosigkeit / vnd fragen allhie nicht zu welcher Secte sich diese oder jene Soldaten bekennen / oder welchem Herren sie dienen; besondern auß jhrem mehr als Heidnischen Leben schliessen wir: Daß vnter den jtzigen KriegsLeuten in gemein / solche

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Gotteslsterer / Flucher vnd vnverschmte Muler gefunden werden / daß es groß wunder ist / wenn der Erdbodem sie hret jhre Grewel außspeyen / daß sie nicht als eine grawsahme Rcherinn solcher Gotteslsterlichen Zungen dieselben mit Leib vnd Seel wie den Corah vnd Datan verschlinget. Wie fein sie auch den wahren Gott vber alles lieben / das beweiset jhre Liebe gegen dem Nehe­ sten / welchen sie vmb Ehre vnd Gut / ja Leib vnd Leben zu bringen sich eusserstes fleisses bemhen: Wie knnen nun die jhren Gott lieben / die jhren nebenChristen von gantzer Seelen hassen? Wie sie ferner so wol den innerlichen als eusserlichen Sabbaht feyren vnd halten / vnd was das fr ein Gott sey / der sein thun vnd lassen in jhnen habe / ja der sie regiere / leite vnd fhre / das bezeugen jhre Herrliche Wercke / welche sie an den hhesten / Festtagen mit anderer Leute grewlicher Ergernß / (in deme sie nebenst der Zeit auch die edlen Gaben Gottes auffs schndlichste mißbrauchen /) begehen vnd verben. Daß sie auch jhren Elteren / Verwandten / Schulmeistern / Vorsteheren vnd Oberherren trefflichen guten gehorsahm vnd folge mssen geleistet haben / ist dahero leicht abzunehmen / daß sie dieselbe in der Jugend auß lauter Muthwillen verlassen / ins teuffels Nahmen frevendlich davon gelauffen vnd jhre Bßheit desto freyer vber andere außzuschtten / dem Kalbfelle (wie man ins gemein redet) sind gefolget. Jhr gifftiger Neid / Zancksucht / vnzeitiger Eiffer / vnd Rachgier ist so groß vnd hefftig / daß sie dieselbe nicht allein wider jhre oder des Vater-Landes abgesagte Feinde verben; Besondern auch offt vnd vielmahls jhre allervertraweste Freunde vnd Dutz-Brder / zwar leichtfertiger / aber doch grawsahmer vnd mrderischer Weise hinrichten / vnd wollen dahero noch tapffere Helden vnd gewaltige Fechter seyn gepriesen / ja dessen einen sonderbahren Ruhm haben / daß sie durch solche / vom leidigen Teuffel erdachte Balgereyen an jhren Freunden / Brderen vnd Gesellen zu schndlichen Mrderen sind geworden / gerade als wehre es eine sehr ritterliche That / seinen Spieß-Gesellen / der offtmahls so toll vnd voll ist / daß weder Hand noch Fuß sein Ampt kan verrichten vom Pferde schiessen / oder jhme einen Degen durchs Hertz stossen. Jhre

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Leichtfertigkeit Hurerey vnd Vnzucht ist bey jhnen so gemein vnd mannigfeltig / daß gar selten auch die allerzchtigsten Weibes­ Persohnen von jhnen vnangefochten bleiben / vnangesehen / daß sie / die Herren Soldaten / selber jhre Maistressen (wie sie ins gemein jhre Schandhuren à la mode zu nennen pflegen) mit sich hermme fhren: Jm brigen schenden sie alles das / was sie entweder mit List dazu bereden / oder auch mit Gewalt dazu zwingen vnd nhtigen knnen. Auff Rauben / Plndern / Stehlen sind sie der Gestalt abgerichtet / daß es auch dem hundertugigen Argus eine Kunst seyn solte fr jhnen etwas zu bewahren / so sauber vnd fein wissen sie alles auffzuklauben vnd lassen nicht gerne etwas liegen / es whre denn / daß sie es der grsse oder schwere halber nicht wsten mit forth zubringen / wie jhnen denn mit den Mhlen-Steinen vnd den Ambosen der Grobschmiede pflegt zu wiederfahren / sonsten wissen sie Goldt / Silber / Haußgerhte / Kleider / Bettgewand vnd andere dergleichen ntzliche Sachen viel besser vnd zierlicher als die allerfleissigste Hauß-Mgde auffzureumen. Von jhrer Hoffart / Vppigkeit / Trotz / Thumbkhnheit vnd doch dabey feigem vnd verzagtem Hertzen: Jmgleichen von jhrer mehr als viehlichen Schwelgerey / Fressen / Sauffen vnd Prassen / welches sie mit ­einem schndlichen ja teufflischen Mißbrauch der edelsten Gaben Gottes zu Tag vnd Nacht treiben / mag ich zu diesem mahl weiter nichts schreiben. Es ist ja solches alles vnter den Menschen leyder dermassen bekand / daß es ein Vberfluß seyn wrde ein mehrers davon zu gedencken. Das verfluchte Spielen vnd Doppelen / wie denn auch das leichtfertige Tantzen vnd Hpffen sampt anderen schier vnzehlichen Eitelkeiten vnd Lasteren habe ich in diesem Bchlein zwar krtzlich / jedoch dermassen klrlich berhret / daß ich verhoffe der gnstiger Leser damit friedlich vnd vergngt wird seyn vnd bleiben knnen. Eins muß ich nicht vergessen / nemblich das vnerhrte schreckliche Liegen / Prahlen vnd Auffschneiden / welches bey diesen Leuten so gemein ist / als das liebe Wasser den jenigen seyn mag / die nahe am Rhein / Weser oder der Elbe wohnen. Jch

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selber habe noch viel grbere Lgen / als die sind / welche ich meinem Krieges-Spiegel habe einverleibet / von etlichen / so wol gemeinen als frnehmen Krieges-Leuten in den verflossenen Jahren hren erzehlen / ich vermeine aber daß die / derer ich daselbst Meldung gethan / genug seyn werden / der vnverschmten Großsprecher eite­len Ruhm vnd lgenhafftes Maul aller Welt bekandt zu machen: Jch wil aber nochmahls zum allerfeyrlichsten bedinget haben / es wolle sich ja keiner die Gedancken machen / als sey solche Beschreibung auff etliche gewisse Persohnen angesehen vnd gerichtet / denn auch ein jeder / der nur ein weinig verstand hat / bey denen / theils wahrhafftigen Krieges-Geschichten / theils lustigen Gedichten sehr leicht kan abnehmen / vnd bald erkennen / das alle Pralen vnd Auffschneider ins gemein / sie seyn oder heissen wie sie wollen / keiner absonderlich hiedurch verstanden vnd bald schimpfflich / bald ernstlich in meinem Bchlein angegriffen vnd gestraffet werden. Dieses aber wird mir nit leicht einer in Abrede seyn knnen / daß heut zu Tage kein Geschlecht der Menschen vnter dem Himmel gefunden werde / das grbere vnd vnverschmter Lgen / auch in ffentlichen Geselschafften darff frbringen / als eben vnsere Soldaten vnd Krieges-Grgelen / vnd dasselbe zwar in gegenwahrt tapfferer vnd vernnfftiger Leute / die alles vielleicht besser wissen vnnd verstehen. Am allermeisten aber thun es die jenigen / die etwa fr vier Wochen in den Krieg hinein gegcket / oder ein par Monat vngefehr die Bawren haben plagen helffen: Solche wissen von Scharmtzlen / verlohrnen Schlachten / erhaltenen Siegen / Belagerungen vnd Eroberungen der Stdte vnd Festungen (woselbst sie allemahl das beste gethan / vnd schier allein den Preiß davon getragen) vielmehr vnd grossere Sachen herzuschneiden / als mancher der schon zwantzig Jahr mit gelauffen / vnd sein grawes Haar vnd Bard in so vielen Zgen hat erworben / ja den gantzen Leib voller Narben / wo nicht gar gestmmelte Schenckel / zuquetschete Arme oder sonsten mangelhaffte Glieder davon getragen.

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Wenn denn nun kein rechtverstndiger mit bestande vnd gutem fuge kan leugnen / daß der grsseste Hauffe der jtzt lebenden Soldaten nicht besser vnd leidlicher / besondern noch wol viel rger / Leichtfertiger vnd Gottloser / als sie gleich jtzt von mir sind beschrieben / bey diesen Zeiten handlen vnd hausen; So frage ich nun einen jedweden Kriegsmann / er sey Kyserisch oder Schwedisch / Teutsch oder Frantzsisch / (denn die Parthey geht mich nichts an:) Ob er sich jtztgedachter grewlichen Laster gantz vnd gar vnschldig wisse? Antwortet er ja / vnd es befindet sich daß er die lautere Warheit geredet habe / ey wolan / so lasse ich jhn einen rechtschaffenen Soldaten vnd tapfferen Kriegsmann seyn vnd bleiben / begehre auch seinem recht verdienten Lobe nicht das allergeringste zuentziehen. Kan er sich aber solcher vnd derogleichen vntugenden nicht entbrechen: Ey so zrne denn auch der gute Herr Struntzer mit mir nicht / daß ich jhn mit seinen lebendigen Farben habe abgemahlet vnd ja nicht anders / als er an vnd fr sich selber lebet vnd ist / richtig habe beschrieben / es stehet mir ja nicht zu / daß ich vmme seynet willen zum Heuchler vnd Lgener werde / der das Bse gut vnd das Gute bß heisse / wehre etwas redliches an jhme erfunden worden / ich wolte es in Warheit keiner Vrsachen halber verschwiegen haben. Vber das / so bin ich auch ja nicht der Erste / der ewre schne Tugenden vnd Eigenschafften / O jhr Blutdrstige Krieges-Grgelen / dergestalt hat herauß gestrichen vnd fr der gantzen ehrbahren Welt auffgedecket. Es sind schon mehr als zwantzig Jahr verflossen daß der hochgelahrter Jtaliner Thomas Gartzen in seinem Piatza Universale (wie er sein schnes Buch / als einen gewaltigen Marck vnd Schaw-Platz aller Knste vnd Wissenschafften nennet) euch mit solchen Ehren-Titulen hat begabet / daß die meinige nur Kurtzweil vnd Kinderspiel dagegen sind zu nennen. Jch wil nur etliche weinig seiner eigenen Worte / welche in seinem 81 Discurs von Kriegeswesen zu finden euch zu gefallen anhero setzen / welche also lauten. Jhre / (verstehe der Herren Soldaten) beste oder verdiente Titul sind / Diebe / Ruber / Garten-Knechte / Mrder / Hurenfhrer / Ehebrecher / Verrhter / Mordbrenner /

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die sich vnter dem Schein ehrlicher Soldaten verbergen / wie man denn deroselben heutiges Tages vberall mehr als genug findet / von denen auch ins gemein die redlichen Soldaten einen bsen Nahmen gewinnen / vnd so geschendet werden / daß / wenn man einen nichtigen / verlauffenen / vnd in allen bsen Stcken ersoffenen Buben wil nennen / so sagt man er sey ein Soldat vnd ein Kriegesgurgel / oder vergleichet jhn zum weinigsten einen Soldaten vnd sagt: Er ist Gottloß / vermessen / verspielet / verhuret etc. wie ein Soldaht. Vnd da er diesen Dißcurs vom Krieges­wesen wil beschliessen / thut er es mit diesen scharpffen Worten: Jn Summa / es haben die aller edelsten Gemhter ein Grausen vnd Abschew fr dem Kriege / welches allein daher entstehet / dieweil das heutige Kriegeswesen ist worden zu einer Grundruhr aller vntchtigen Schlingel / ein Schaum aller Buben / vnd ein Vberfluß aller Vntrew / da man weinig findet / die nach Soldatischer Ehre trachten / die auß muthigen vnd adelichem Hertzen gedencken / wie sie mgen Ehre vnd Ruhm erlangen / sondern nichts anders / als ein frey / muthwillig / vnbendig / vnd in allen Lastern ersoffnes Gesindelein / durch welche das Kriegeswesen in die eusserste Verachtung gebracht wird. Was dncket euch wol jhr tapffere Krieges-Leute von diesen Lobe-Sprchen? Giebet euch wolgemelter Herr Gartzon nicht ein statliches Zeugnsse ewres ehrlichen Lebens vnd wol verhaltens / vnd zwar bereits zu seiner Zeit? Aber dazumahlen wahren die Soldaten noch heilige Leute / ja Engel gegen den vnserigen oder den jenigen / welche sich heut zu Tage im Kriege gebrauchen lassen. O hochbegabter HErr Gartzon / soltest du vnsere jtzlebende ­Kriges-Leute recht kennen / vnd nur einen eintzigen Monat in jhren Lgern vnd bey den Besatzungen dich aufhalten oder vmb­ her gehen / frwahr du wrdest vber jhrem Gottlosen / wilden vnd wsten Wesen zum heftigsten erschrecken / zum weinigsten wrdest du dein sonst ntzbahres Buch Augenblicklich ins Fewr werffen vnd von jhren tugenden ein newes / nicht zwar mit Dinten / sondern mit Blut / Fewr / Gallen vnd Essig schreiben / wofern sonst ein sterblicher Mensche so viel Geschickligkeit knte

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haben / die Grewel des heutigen Kriegeswesens nach jhren wrden vnd verdienste recht zu beschreiben. Der edler Jngling / Pariß von dem Werder / hat gleichfals in seiner newlich getruckten lieblichen / jedoch auch nachdencklichen Friedes-Rede / die abschewliche KriegesLaster dermassen Hertzhafft angegrieffen / vnd euch großsprechenden vnd belhausenden Herren Soldaten / den Peltz dermassen gewaschen / daß jhr wegen einer solchen tapfferen Freyheit zu reden / viel grssere Vrsache finden werdet / jhn vnd seine Friedens-Rede / als mich vnd meinen Krieges vnd Friedens-Spiegel anzufeinden / vnd auffs eusserste / wiewol vnverdient zu beneiden; Jch halte aber dafr / daß er / als eines großmhtigen vnd recht adelichen Vaters großmhtiger vnd wol erzogener Sohn vielleicht ja so weinig als ich vnd andere nach ewrem Zrnen frage: Die Warheit stehet fest vnd vnbeweglich / ewer thun vnd leben verhelt sich ja nicht anders als wir klagen / jhr knnet vns dißfals durchauß keiner Lgen straffen / vnd jhr gebet mit ewrer vnaußsprechlichen Gottlosigkeit allen Christlichen vnd ehrlichen Gemtheren tausendfltige Vr­ sache / euch vnd ewre blutige Kriege auffs eusserste zu verfluchen: Da entgegen Gott von Hertzen anzuruffen / daß er vns endlich von ewrer Bßheit auß Gnaden wolle erretten / vnd den vielbegehrten gldenen vnd edlen Frieden wiederumb schencken vnd mit­ theilen. Noch eins werde ich mich wegen der Herren Soldaten befahren vnd sehr frchten mssen / daß mir nicht eben das wiederfahre was jenem Gelhrten vnd Weltweisen Griechen / welcher als er in gegenwahr des frtrefflichen Carthaginensischen Krieges-­Obristen des Hannibals / ein Herrliche Rede vom Kriege / wie derselbe recht sey anzustellen / klglich fortzusetzen vnd glcklich hinauß zu fhren / hatte gehalten / da der Hannibal nach Vollendung derselben geurtheilet: Er hette niemahls eine Rede gehret die mehr vnbesonnen / nrrisch vnd vnverstndig gewesen wehre / als eben diese / in deme ein solcher / der den Krieg die Zeit seines Lebens nicht gesehen hette / viel weiniger darinnen gebet oder erfahren wehre / sich vnternehmen drffte / davon andere / vnd

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zwar vnter denselben einen so alten / tapfferen vnd hocherfahrnen Kriegs-Obristen zu vnterrichten vnd seine Meinung in einer so schweren Sache gantz frey herauß zu sagen; Also zweiffle ich nicht / wird auch mein Meister Hmmerling vnnd auffgeblasener Strntzer bald aufftreten vnd sich verwunderen / ja das Gesptte damit treiben / daß ich in diesem meinen Krieges-Spiegel nicht allein von den Lasteren vnd Vntugenden der Soldaten / besondern auch von jhren Kriegesbungen / als: Von jhren Anzgen / Kundschafften / Scharmutzieren / Schlachtordnungen / Brigaden / Regiementern / Rotten / vor- mittel- vnd nachzge / Bchsen / Schiessen / Festungen Belgeren / Vntergraben / den Aussen­ wercken zusetzen / die Wlle besteigen / strmen / die Thore erffnen / Stdte vberwltigen / Plnderen / mit Fewr anstecken / Siegen / vnd endlich mit Beuten wol beladen / wieder davonziehen / etwas weitleufftiger zu beschreiben mich habe erkhnen drffen / davon ich (seinem bedncken nach) so gar nichtes weiß noch verstehe: Denn diese ist fast aller jtzlebenden Krieges-Leute gntzliche vnnd eigentliche Meinung es knne keiner von jhren Sachen vnd Kriegeshndelen / etwas vernnfftiges reden oder schreiben / ja es knne auch kein Mensche (sonderlich aber vnter den Gelehrten) behertzt noch großmhtig seyn / der nicht die Waffen trage / vnd / wie jhre Vnchristlicher Soldatischer Gebrauch ist / die armen ­Leute in Stdten vnd Drfferen plage. Denen aber antworte ich kurtzlich: Daß mein Vorhaben vnd Meinung niemahls gewesen sey / auch noch nicht ist / ja in Ewigkeit nicht werden wird einigen Menschen zu lehren oder zu vnterrichten / wie er solle Kriege fhren / Schlachtordnungen anstellen / Stdte einnehmen vnnd derogleichen Kriegeshndel fort treiben: Sondern / wenn ich solche Kriegesbungen beschreibe / so thu ich dasselbe alles zu dem ende (wie ich schon zuvorn erwehnet habe) daß ich meinen Landes-Leuten / denen smptlichen Holsteineren (vnter welchen der grsseste Theil vielleicht eben so weinig als ich / den Krieg vor diesem mgen gesehen vnd erfahren haben) auch wol anderen / welchen dieses was ich schreibe gnugsahm bekand ist / gleichsahm klhrlich mge fr die

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Augen stellen vnd sie ohne vnterlaß erinneren / welch ein grew­ liches / vnmenschliches vnd abschewliches Ding es vmb den jtzigen Krieg sey / vnd sie / in Betrachtung daß solche grosse Straffen von vnsern Grentzen bißhero sind abgehalten worden / Gott vom Himmel vnd dessen Dieneren vnd Stadthalteren hie auff Erden / vnseren hochlblichen Frsten vnnd Landes-Herren ewig lob / preiß vnd danck sagen / dabenebenst von Hertzen seufftzen vnd bitten; Daß wir ja ins knfftige fr solchen grimmigen Landes-verderberen beschtzet / vnter dem Schirm des Hhesten vnd vnter dem Christlichen Regimente vnserer von Gott frgesetzten Obrigkeit ein stilles leben fhren mgen in aller Gottseligkeit vnd Ehrbarkeit. Wie kan nun einer den Krieg vnd seine Grewel verfluchen / vnd vmb abwendung desselben GOtt von Hertzen bitten vnd anruffen; Jm gegentheil / wie kan er den edlen vnd Honigsssen Frieden gnugsahm preisen / vnd Gott vmme Erhaltung desselben ohne vnterlaß ersuchen / wenn er nicht die / auß dem Kriege vnd Friede erwachsende Frchte recht erkennet / vnd sie als zwey gantz wiederwertige Dinge eigentlich weiß zu vnterscheiden? Jch meines theils habe den Krieg noch nie geliebet / verstehe auch nichts sonderlichs davon; Doch halte ich davor / ich habe dessen ein weinig gesehen / etwas mehr davon gehret / am aller­ meisten aber davon gelesen. Vnternehme mich gleichwol im geringsten nicht (wie es mir etliche Naseweise Klglinge mchten außdeuten) anderere das jenige zu lehren / welches ich tausend mahl lieber / wens in meiner Macht stnde / auß aller Menschen Sinne / Hertzen vnd Gedechtnsse zu grunde wolte außrotten. Jm falle ich aber ja solte gezwungen werden / die Leute kriegen zu lehren; So wolte ich jhnen das fnffte Capitel des Evangelisten Mattheus vor die Nase legen / denn da finde ich zwar nichts von wrgen / brennen / rauben / morden vnnd todtschlagen / aber das lese ich vielmehr / das Christus bezeuget / allein die Sanfftmhtigen vnd Friedfertigen / das sind; Die allen Krieg / vnd Vnfrieden hassen / sind als die rechten Kinder Gottes selig zu preisen: Ja er befihlet außtrcklich vnd ernstlich; Daß man nicht allein nicht solte tdten / besondern auch nicht einmahl nur seinem Bruder

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zrnen / dem bel soll man nicht wiederstreben / die Feinde lieben die jenige segnen so vns fluchen / denen wol thun die vns hassen / fr die bitten / so vns beleidigen vnd verfolgen / vnd alsdenn / (spricht Christus) seyn wir liebe Kinder vnsers Vaters im Himmel. Nun richtet selber jhr Herren Soldaten / welches Geistes Kinder jhr seyd? Christus der lehret vnd befiehlet euch vnd allen Menschen / jhr sollet lieben / segnen / gutes thun / fr die Feinde bitten / dem bel nicht wiederstreben etc. Belial der lehret euch / jhr sollet hassen / fluchen / verfolgen / morden / rauben / wrgen / alles mit Fewr vnd Schwert rechen / ja auch der Freunde nicht verschonen. Weme folget jhr nun? Weme gehorchet jhr vnter diesen beyden / Christo oder Belial? Frwahr dem letzten / denn / welches Wercke jhr thut / dessen Kinder vnd Nachfolger seyd jhr auch. Sind nun die friedfertigen Christen nach dem vnleugbahren Zeugnisse vnsers Erlsers / Kinder Gottes des Vaters im Himmel; Ey so seyd jhr friedhssige Krieger Kinder ewres Vaters in der Hell / welcher ist der Mrderischer Teuffel / der Vater der Lgen vnd aller Bßheit / der auch einen jeglichen vnbußfertigen vnter euch zu einer Zeit mit zeitlicher vnd ewiger Straffe wol wird abzulohnen wissen. Nun frage ich euch nochmahlen / euch meine ich / die jhr die Gewaltige / jedoch vnselige Hupter der jtzigen Kriege seyd / sampt allen ewren vntergebenen Obristen / Hupt-Leuten vnnd gemeinen Soldaten: Ob jhr nicht vnserem allerliebsten Erlser vnd Selig­macher Jesu Christo / der euch mit seinem vnschldigen ­Blute so thewr erkaufft hat / gantz muthwilliger / ja Gotteslster­licher ­Weise ins Angesicht wiedersprechet / in deme jhr des Teuffels ­Wercke thut / vnd den hellischen Sathan durch ewre ver­fluchte Thaten verehret / dessen Lgen euch Warheit / Christi gldene Wort aber euch lauter Lgen vnd Vnwarheit seyn mssen? Wer hat euch doch erlaubet die Himlische Warheit also freventlich mit Fssen zu treten? Ach / wie werdet jhr solches in der erschrecklichen ewigen HellenGlut so thewr bezahlen mssen? Ewre Mit-brder / deren bereits vnzehlig viel tausend in der Quaal ligen / erwarten ewer mit Grimm vnd Grausen / inmittels aber vermaledeyen sie

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beydes sich vnd euch / die jhr noch jmmer fort lust habet vnschldig Blut wie Wasser zu vergiessen. Verzeihet mir / jhr Martialische Helden / jhr Wrger vnd Vmb­ bringer / jhr Ruber / Schmucher vnd Mordbrenner / verzeihet mir vmb ewrer ewigen Seligkeit Willen / daß ich so frey zu euch rede / jhr hret ja deutlich welchen es gesagt ist: Jch suche ja nichts / ich wnsche ja nichts / ich begehre ja nichts / als nur diß einige (der hheste Gott sey mein Zeuge!) Als daß euch vnd allen Menschen an Leib vnd Seel mge geholffen werden / das verleyhe vnd gnne euch vnd mir der allergtigster Gott / vmb Christi JEsu / vnseres einigen vnnd wahren Friedefrstens Willen / Amen. Du aber Christlicher vnd in Gott geliebter Leser / der du den aller­thewresten Frieden von gantzem Hertzen lieb hast / beklage mit mir den erbrmlichen Zustand vnseres allgemeinen Vater-­ Landes / des edlen vnd wehrten Teutsch-Landes: Betrawre doch den vnaußsprechlichen Jammer vnd das vbergrosse Elend so viel hundert tausend Menschen! Jm gegentheil erfrewe dich mit mir vber die grosse Glckseligkeit dieser Holsteinischen Landen / welche der Barmhertziger Gott so lange wolle bestndig seyn lassen vnd bey vns vnd den Nachkommenden erhalten / so lange das edelste Himmels-Liecht die gldene Sonn vnsere Lnder / Stdte / Flecken vnd Drffer vberscheinet vnd bestrahlet. Noch eins bitte ich gnstiger lieber Leser / dieses nemblich: Du wollest mir freundlich verzeihen vnd zu gute halten / daß ich etliche vnteutsche Wrter / diesem meinem Krieges vnd Frieden-Spiegel habe einverleibet / welches zwar nicht auß Vnwissenheit / sondern auß Noth ist geschehen. Als zum Exempel: Die mancherley Art der frembden Tntze / welche theils Welsche / theils Frantz­ sische Nahmen haben / vnd Balletten / Pavanen / Couranten / ­Galliarden / Passametzen / Bergamasco / etc: genennet werden / Habe ich noch niemahls gehret in teutscher Zunge recht außsprechen oder auch also erklehren / daß ein redlicher Teutscher in seiner Sprache damit zu frieden seyn knne; Behalte derowegen diese frembde Wrter so lange / biß einer kommet / der vns so wol diese als auch die vnteutsche Nahmen der frembden Spiele / die

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man Picquetten / Labeten etc: heisset / recht teutsch gebe / vnd zwar also / daß wir nicht Vrsache haben vns frembder Sprachen vnd Nahmen / auch was Tntze / Spiele vnd derogleichen Thor­ heiten anlanget / ferner zugebrauchen. Die Wrter / Cavallier vnd Dame / weil sie auch vnter den Schornsteinfegern / Ratzenfengern / Schweinschneidern vnd dero­ gleichen gantz verchtlichen Leuten nunmehr dermassen gemein sind worden / daß es sich schier ansehen lesset / man werde sie schwerlich auß vnserer Mutter-Sprache vertreiben knnen / habe ich vielmahl schimpff- vnd schertzweise hinein gesetzet / obs vielleicht noch mglich wehre / den schndlichen Mißbrauch dieser vnd anderer vnteutschen Wrter bey vnseren Landes-Leuten abzuschaffen / wie denn / daß solches meine eigentliche Meinung sey / der verstndige Leser sehr leichtlich wird spren vnd abnehmen knnen. Andere / als Cartellen, Secunden, Brigaden, ­Serpentinem, Salve, Generals, Capitain, Cornet vnd derogleichen bey den Krieges-Leuten gantz bliche Wrter mehr / habe ich darumb noth­wendig gebrauchen mssen / alldieweil ich besorget / vnsere halb teutsche Frantzosen vnd Frantzsische halbteutschen mchten mich sonst nicht verstehen knnen / dieweil sie selber so gar nicht wissen / wie sie diese Wrter vnd Nahmen in jhrer teutschen Sprache recht geben sollen: Habe jhnen derowegen auch hiemit so lange dienen wollen / biß sich ein redlicher Teutscher hervor thut / der eine eigentliche / rechtklingende vnd zustimmende Erklhrung aller solcher vnd derogleichen in vnsere Mutter-Sprache eingeschlichenen frembden Wrter ans Liecht lesset kommen / welches zwar hchlich whre zu wnschen. Meine weinige Persohn betreffend / so werde ich nicht vnterlassen / alles das jenige / was zu erleuterung / auffnehmen vnd fortsetzung vnserer so Herrlichen vnd prchtigen Sprache mag gereichen / durch verleihung Gttlicher Gnaden vnd Hlffe / mit hhestem fleisse herfr zu suchen / bitte auch alle / so wol des teutschen Vater-Landes / als auch desselben schnen ­Sprache auff­richtige vnd getrewe Liebhaber / sie wollen (nach deme wir vn-

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seren thewren vnd Weyland hochberhmten Herren ­Opitzen leyder gar zu fre verlohren) benebenst mir / als einem / der zwar der aller­geringste ist am vermgen / aber doch vielleicht der Eiffrigsten einer / so viel den guten willen betrifft / vnerschrocken herzutreten / dem brigen / annoch gleichsahm im Schlamm steckenden theil vnserer Mutter-Sprache vollends herauß vnd auff die Beine helffen / deroselben jhren abgeraubten Glantz / Zierde vnd Reinligkeit wieder zustellen / die Barbarische Reimen-macher vnerschrocken angreiffen / die vnteutsche teutsche Poeten mit j­hren kahlen Zohten / nichtswrdigen Geschmier vnnd mit tausend Mngelen erflleten Sonnetten / Liederen / Hochzeit-Gedichten / Grab-Schrifften / etc: (Welche schier allen Truckereyen vollauff zu schaffen geben /) auß der rechtschaffenen P ­ oeten Gesellschafft (in welche sie sich gantz vnverschmter Weise einzudringen vielfltig bemhen) gntzlich verbannen / die ­Alamrodisirende Auffschneider vnd Sprachen-Verderber von dem Parnas vnd ­Helicon hinweg an des Knigs Midas Hoff ewiglich verweisen / auff daß sie daselbst / gleich wie er mit einem par langer Esels-ohren (welche denn an stat jhres wolverdienten LoorbeerKrantzes seyn werden) wegen jhrer grossen Kunst vnd Herrlichen Verstandes begabet / herein prangen / vnd denn schließlich / daß sie alles zu außbreitung Gttlicher Ehren / fortsetzung ersprießlicher Knste vnd Wissenschafften / auffmunterung der lieben Jugend / daß sie etwas redliches lernen vnnd denn auch ntzlicher Belstigung des neben­ Christens mit gebhrlichem fleisse vnd eiffer anwenden wollen; Der Allerhheste wird hiezu seine Gnade / Hlffe vnd Segen vngezweiffelt reichlich geben vnd verleyhen. Jmmittels wirst du / auffrichtiger lieber Leser / dieses zwar geringes / jedoch wolgemeintes Poetisches Wercklein deiner guten Gunst vnd wollgewogenheit anbefohlen / vnd mich in deinem vnnd aller Christlichen redlichen Gemhter ntzlichen Diensten stets seyn vnd verbleiben lassen / der ich ohne das nechst Empfehlung Gttlicher Obhut lebe vnd sterbe. Dein in Gott ergebener getrewer Freund vnd Diener J. R.

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JOHANNIS ANGELII VVERDENHAGEN. I. C. C. et P. T. L. P. H. ACCLAMATIO SACRA ET FAUSTA ad REVERENDUM ET CLARISSIMUM VIRUM DOMINUM JOHANNEM RISTIUM VERÆ THEOLOGIÆ CULTOREM, ET APUD WEDELIENSES IN COMITATU SCHAUMBURG. PINNEBERGENSI HOLSAT: ECCLESIASTEN, Quum bellum suum libellum de collatione Pacis & belli ederet. Marc. Palingenius lib. 10. Vir bonus & sapiens quærit super omnia Pacem: Arma amens amat, & gaudet fera bellica bello. I. HAud quid cum bello cupio conferre, nec ausim, Hoc quum nihil sit ditius. Vel nomen saltem quoties id in audio, totus Mox contremiscens horreo. Qui modo cunque velit bonus in pietate videri, Non approbabit tot mala, Et clades vitæ, queîs jam contunditur orbis In mutuis conflictibus. Censeat hoc quivis, Christi qui nomine gaudet Unquam beatus dicier. Quæso ita num mecum, Risti clarissime sentis. Quæ culpa subsit perfidis? An potius statuas Vates contraria Christi.

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Cæleste verbum quod monet? Sunt multi, veræ quid denotet aura salutis Qui ritè non intelligant, Quum nimium sapiant rationis acumine carni Ridendo legem Spiritus. O quæ barbaries! quam multis undique totus Mundus scatet blasphemijs! Et specie Fidei tamen omnia dira teguntur Dum sic fides Fide caret. Conscia mens recti quem tangit nulla, pudendæ Collaudet artis crimina, In quâ quisque adeò se magnum venditat armis Et gloriatur arduum. Si vis esse Deo natus, distinguere lucem A noctis umbrâ cogeris. Qui tenebras lucem vocitat cum labe malignâ Damnatus â vultu Dei. Res est invidiosa tamen, res plena perîcli, Si pessimam suo improbes Hanc mundo rabiem, quâ se in molimine sævo Quivis nitentem somniat. Ipse mihi dicas, nigri num gratia corvi Adsit columbis aptior? Num Christus Belial valet esse, vel Angelus almæ Lucis sit Orci portitor? Sic ratio Pacis num Bello cedere possit? Quæ forma consonantiæ? Adserit adsurdus quæ secum corde profano Portenta concepit sibi. An non ipse Deus tranquillæ pacis Amator, Et ipsa Pax est cælica? Si nescis, ô homo, dulcissima commoda Pacis, Paucis David tibi explicet.

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II. In Psalm: David: 133 Paraphr: Concordiæ & Pacis saluberrima prosperitas. 1. Res, ecce, quæsò quam sit amabilis, Fraterna jungens pectora Charitas,  Concordiæ mens ut perennis  Una sit his, sit & unus ardor. 2. Ceu suavis extat gratia balsami, Arhonis usque â vertice defluens,  Barbam senis vestemque sacram  Imbre velut rigat appluente. 3. Hermonis ut ros vernus ab arduo Juge relapsus, recreat uvido  Montes sionæos liquore,  Et reficit nimium perustos. 4. Sic vera terras Pax ubi percolit, Jehovah firmam constituit sibi  Sedem perævi sæcla quævis,  Prosperitate beando cunctos.

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III. ALITER. Æterna Pacis & Concordiæ Commendatio. 1. En, bona, quamque res est  Bella, ubi firmo coalescunt in amore fratres, Unanimesque gaudent  Mutuis vincire sibi subsidijs colonos. 2. Ceu pretiosa virtus  Balsami, Arhonis caput ungentis in os fluentis Proluit inde barbam,  Atque vestes afficit hinc ejus odore suavi: 3. Desuper ipse inundans  Ros, ut Hermonis juga reddit madida in Sione.

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4. Pax ubi Charitasque  Floret, heîc præsto Deus est, prosperitate firma Commoda quæque præbens  Singulis vitæ omnia per secula nos beando.

IV. IDEM PS: ALITER JOHANN: CHRISTOPH: FUCHS. Indissolubilis Pacis & Concordiæ faustitas.

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1. O quam piis jucunda, quam res utilis  Est amor, & placidam  Pacem colens concordia Horum, pari fraterna quos conjunctio.  Sive fides eadem  Connexuit ligamine. 2. Tam candidis probabili concordiæ  Cedit odore liquor  Felicis ille balsami: Quod blandè Arhonis ex sacrato vertice  Defluit, ipsius &  Barbam togamque proluit. 3. Ut ille ros, quem fundit in Sionia  Pascua mons Libanus  Facit virere gramina. 4. Sic has domos, quas incolit Pax vivida  Prosperat atque facit  Vigere Ihova perpetim.

V. IDEM ALITER Helij Eobani Hessi. 95

Ut facit ex parvis magnas concordia rebus, Sic, nisi doctrinas adserat ipsa, cadet. Hanc docet & sacris servandam, & ubique profanis, Et probat exemplis, qualibus ipse vides.

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 Jucunda Similitudinum firmitudo. 1. Quæ ligat unanimes felix Condordia fratres,  O quales fructus utilitatis habet! Consona fraterno si vita sit omnis amori,  Quis verè dubitet dicere Pacis opus? Tam sanctam sequitur Pacem jucunda voluptas,  Quâm pius æthereo nectare pascit Amor. 2. Non secus ac liquidos stillantia balsama soccos  In sacra pontificum tempora fusa fluunt. Inde sub extremis ita deflua vestibus hærent,  Dulcis ut in toto corpore spiret odor. 3. Sicut & aerius Libani de montibus humor  Ubere fœcundum rore Siona facit. 4. Talis ubi est, interque manet concordia fratres  Ipse bonum præsens influit omne Deus. Nam vitam tribuit meritis cœlestibus unctam:  Illa est divitijs non redimenda quies.

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VI. IDEM ALITER CASP: CUNRADI. 1. Tota sub orbis orbita, Amore fratrum mutuo Nil sanctius, nil suavius Concordiæ jugamine. 2. Ceu balsami fragrans liquor Manans Arhonis vertice Fluore limpidissimo Barbam togamque perluit. 3. Ceu ros inundans Hermona Siona ceu rigans liquor: 4. Sic dia Ihovæ gratia Hos auget, ornat, erigit.

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VII. IDEM ALITER MARCI ANTONII FLAMINII Pax nescia Belli Præstat bona cuncta.

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1. O quam beatum est pacis insolubili  Fratres ligari vinculo. O qualis bona, & quanta secum gaudia  Apportat alma Charitas! 2. Quales odores spirat unguenti liquor  Stillans Aaronis sacro E vertice, aureas ad oras vestium;  Tales odores candida Pax, atque amoris mutui Concordia  Afflant piorum mentibus. 3. Ut ros Sionis decidens jugum, & avia  Hermonis alti pascua 4. Fœcundat; ita quos incolit domus pia  Pax ditat omnibus bonis Nam degit ubi Pax & beata Charitas,  Ibi cœlitum degit Pater Felicitate qualibet beans suos  Quæ vis per ævi secula.

VIII. IDEM ALITER RYTHMICE. JOH. CAMPANI. Heic pulcra pulchrè pingitur Concordia, Fœcunda rerum Copia.

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1. Quam dulce, quam laudabile. Modisque multis utile;  Mens una cum concordibus  Vires ministrat fratribus. 2. Ut mite balsamum fluit, Ad ima quum pedum ruit,

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 Aronis altum verticem,  Barbamque tingens simplicem. 3. Ut ros Sionis ardua Inrorat, atque pascua  Hermonis aptat usibus  Sic alma PAX est fratribus. 4. His namque dia dextera Promissa donat munera  His cœpta cuncta prosperè  Jubet Jehova cedere.

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IX. REVERSIO. Regius hæc vates; Quæ sic imitamine sancto Ex ore Ihovæ protulit. Quid prosit mundus nî sit Concordia dulcis Florensque Pax mortalibus? Belligeratores haud noscunt, gratia cœli Quæ vera sit, quidve exigat. Christi discipulos nos nomine fingimus omnes Sed nemo cordis viscera Ducit in examen justum, quo fœdere Christo Sit obligatus debitè. Ergo interveniat monstrando vera locuti Binis, Poeta Epistolis. Ut propius discas, quid Christi sceptra requirant. Ei Christiani sanctitas.

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Ad Lectorem.

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Quanquam, benevole Lector, binæ hæ Marci Antonij Flaminij Foro-­ Corneliensis Epistolæ planè sint aureæ, lectuque dignissimæ, certas tamen ob rationes hoc loco & hac vice sunt omissæ, brevi, uti spero, in alio quodam libello, tibi fortè non ingrato easdem ­videbis. Vale.

JOHANNES ANGELIUS VVERDENHAGEN, J. C. C. ita concludit.

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En dilectissimo mi amice, ut hinc Comparatio Belli & Pacis facilè enitescit, quod homines ita operosè contra conscientiam dissimulant. Hostem agere proximo suo, quæso num sit opus lucis aut tenebrarum? Quorsum rejicit id Christus, ad sinistrum aut dextrum latus? Et quid aliud ex amore sui nimio, talique literaturâ, quam falsatio relligionis, ac verbi cælestis adulteratio proficisci potest? Quæ omnis generis mala in mundum cum perversis opinionibus effundit, atque tot creat inter mortales contentiones. Rectè hinc in libello de querela pacis Erasmi Roterodami ita compellat humani sanguinis commaculatores; Aut Christianorum titulo gloriari desinant, aut Christi doctrinam exprimant concordiâ. Unde & milites ejusmodi ab omni sacrâ devotione excludit adeò, ut nequeant quidquam sancti suspirij effundere erga Deum, in voto pio prorsus inanis, imò qui semet ipsum gravissimè culpet, & contundat reum, quoties ad Orationem Dominicam se convertat cum hoc modo peccata sua eò graviora reddat: Ut eò rectius autem quis se depictum agnoscat, in his ipse audiatur auctor, apertè isthæc notabilia attestans in dicto libro de pace. Quæso, ait, quid in hisce sacris orat miles? Pater Noster: Os durum! Audes tu eum appellare patrem, qui fratris tui jugulum petis? Sanctificetur Nomen Tuum: Queî magis dehonestari poterat nomen Dei, quam istius modi inter vos tumultibus? Adveniat Regnum Tuum: Sic oras, qui tanto sanguine tyrannidem tuam moliris? Fiat Voluntas Tua, Quemadmodum In Coelo, Ita Et In Terra: Pacem vult ille

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undique in Christi sui regno, & tu bella paras? Panem Cotidianum â Communi patre petis, qui fraternas exuris segetes, & tibi quoque mavis perire, quam illi prodesse? Jam quonam ore (ne quid de corde dicam) dices illud: Et Dimitte Nobis Debita Nostra, Sicut Et Nos Dimittimus Debitoribus Nostris, qui ad parricidium festinas? Deprecaris periculum Tentationis, qui tuo periculo fratrem in periculum pertrahas? A Malo Liberari postulas, cujus instinctu summum malum fratri machinaris? &c: Hæc Erasmus, quæ quisque singulis momentis secum examinare piè & ritè debebit; Qui non Christo potius, quam Diabolo vivere malit, & orationem transformare in peccatum. Dies certè non est nox nec tenebræ lucem detegunt. Manet itaque firmum quod Poeta dicit: Omnia Pace vigent & florent tempore Pacis,  Nec Pace quidquam dulcius: Pace nihil melius; Nil Pace salubrius orbi:  Sic cæcus est hanc negligens. Hinc igitur quotquot sectantur fulmina belli,  Regno Dei se denegant. Qui secus heîc sentire velit, contrarius ibit  Verbo Dei in contrarium.

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JOHANN: RISTEN, P. H. Krieg- vnd Frieden-Spiegel. WOllauff O Vater-Land / wollauff vnd laß’ erklingen Dein’ edle Stimm’ / O komm’ vnd hilff mir dißmahl singen Ein frewdigs lob-Gedicht’ ein Lied mit sssem Schall’ / 4. Ein Lied / das vnserm Gott vnd Frsten wolgefall’. Jtzt must du danckbahr seyn vnd vber alles heben Mit Hertzen / Stimm’ vnd Mund den / der vns Leib vnd Leben / Hauß / Hoff / Weib / Kind / Gut / Ehr durch seinen weisen Raht 8. Bey dieser schweren Zeit des Kriegs erhalten hat. Jch wil / O Vater-Land / in dir den HErren preisen

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Vnd durch diß lob-Gedicht der gantzen Welt erweisen Was Krieg vnd Friede sey: Jch wil / so viel ich kan / 12. Der grossen Frsten Ruhm auch krtzlich schreiben an. Jch wil (es ist ja schlecht / was schlechte Leute geben) Dich / O mein Vater-Land biß an die Wolcken heben / Daß deine Danckbarkeit / die billich groß sol seyn / 16. Von dieser Erden Kloß dring’ auff zum Himmel ein. Du aber / O mein Gott / der du den Feinden wehrest / Der du mit grosser Pracht die Wolcken vberfehrest Vnd gibst dem Donner Krafft / im fall du zornig sprichst / 20. Ja der du Bchsen / Schwert / Spieß’ / Helm vnd Schild zubrichst / Der du vns Frieden schaffst / wenn Krieg an meisten tobet / Gib / daß dein thewrer Nahm / so viel vnd hoch gelobet Auch nun durch meine Faust werd’ aller Welt bekand 24. Am allermeisten hier im wehrten Vater-Land’. HErr / gib mir deinen Geist / damit ich klglich singen Vnd diß mein Lob-Gedicht so mag zu Ende bringen / Daß ja dein Preiß vnd Ruhm bey dieser argen Zeit 28. Da du vns gutes thust / erschalle weit vnd breit. HErr laß mich frewdig seyn die Feder an zusetzen / Jm fall du dieses giebst / so kan mich nicht verletzen Des bleichen Neides Gifft / drumb sing’ ich vnverzagt 32. Vnd trotze nur auff dich / wolan es sey gewagt. Es kam die Zeit heran / da mit der Sonnen Wagen Der schne Frhling wird zu vns heran getragen / Wenn sich die schwanger’ Erd’ erffnet weit vnd breit 36. Gebieret Graß vnd Laub vnd durch die Wiesen strewt Das angenehme Grn / da auch der Berge Spitzen Den lang-gehegten Schnee nun wiedrumb von sich schwitzen / Da der verdorrte Wald zu Kleiden sich begint 40. Vnd die erstorben Reb’ jhr ugelein gewint / Da sich die Nachtigall mit jhrem sssen Schreyen

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Bemhet Menschen / Thier’ vnd Vgel zu erfrewen / Da man zu Felde lufft vnd mit geschwinder Hand 44. Den Saamen von sich wirfft in das gepflgte Land / Da auch der Schlangen-Feind / der khne Frosch bezwinger Der angenehme Storch / des Frlings wiederbringer Mit Klappern sich erzeigt / damahls / wenn alles lebt 48. Vnd schier die gantze Lufft voll leichter Vogel schwebt; Da kam vns ein Gercht’ in hchster Eil geflogen / Das schrye: Es ist die Macht der Krieger auffgezogen / Die vbergrosse Macht / so jtzt hervnter geht 52. Ja schier (jhr glaubt es nicht!) an vnsern Grentzen steht. Auff / auff / O Vater-Land / auff / auff / es ist verhanden / Der dich bezwingen wil / auff / auff / du wirst zu schanden Du must zu Trmmern gehn / hie ist kein ander raht 56. Man bring’ in Sicherheit was man zum liebsten hat. Hiemit so fieng sichs an: Ein jeder war geflissen Jn solcher grossen Angst des feindes Macht zu wissen Ob sie noch ferne sey: Hie stund der Mnner Schaar 60. Die sampt den Gtern weg zu Fliehen fertig war; Hie stund der Weiber Hauff vnd rieff auß vollem Munde: O hochbetrbte Zeit! O der verfluchten Stunde / Da sich der schnde Krieg zum ersten mahl fieng an! 65. Ach / ach wo finden wir den / der vns retten kan? Hie lieff ein zartes Kind / hatt’ auch ein Wort vernommen / Rieff: Vater wird der Feind schier angezogen kommen / Wo bleiben denn doch wir? So wahr durchs gantze Land 68. Bey jedermenniglich der newe Krieg bekand. Gleich wie / wenn Attila mit so viel tausend Pferden Gezogen kam / die schier bedeckten See vnd Erden Vnd raubten alles weg / so schryen jung’ vnd alt’: 72. Auff last vns fliehen fr des Attila Gewalt / Last Stdt’ vnd Drffer stehn / wir wollen nur die Hlen Fr Huser / vnd die Klfft’ an stat der Bett’ erwehlen / Fr Kirchen wollen wir die außgelrten Stein’ 76. Annehmen vnd der Wald soll vnser Wohnung seyn;

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So gieng es schier mit vns: Ein jeder wolt’ entfliehen Vnd fr der newen Macht an sichre hrter ziehen Ein guter Raht war thewr / wer Pferd’ vnd Wagen hatt’ 80. Ein solcher flohe bald zur nechstgelegnen Stadt / Bracht’ alles das hinein was er mit Mh’ erworben Ja schlechte Sachen auch / vnd wenn sie gleich verdorben Sie msten dennoch fort / ja die nicht ferne Noth 84. Liß fast im gantzen Land’ auch weder Bier noch Brodt / Die Furcht war gar zu groß / denn das verfluchte kriegen Bey dieser Zeit / erschreckt auch von der ersten Wiegen Die allerkhnste Leut’ / es rieff ein jederman: 88. O wolte wolte Gott der Krieg wr abgethan! Bedencks O Vater-Land / was wir fr schne Gaben Zur schnden Krieges-Zeit doch zu erwarten haben / Bedencks / O Vater-Land bedencks vnd richte dann 92. Was grsser Gnade doch dein Gott an dir gethan. Wo bleibt im Kriege wol die Grund-Seul’ aller Tugend Die edle Gottesfurcht / die Lehrerin der Jugend Die Thr zur Seligkeit? Wer liebet seinen Gott 96. Wenn Krieg das Land verzehrt? Wer helt doch die Gebot Die vns vom Himmel seyn auff Synai gegeben? Wer thut des HErren Lob wie sichs geziemt / erheben? Wer lest das ssse Wort / der Seelen auffenthalt 100. Sein’ hchste Frewde seyn / wenn Rauben mit Gewalt / Wenn vnerhrter Mord / wenn Brand das Land verheeret / Wenn aller Vorraht wird in ppigkeit verzehret / Ja / wenn ein stoltzer Knecht noch treibet seinen spott 104. Auch mit den Frsten selbst wer fraget denn nach Gott? Bedenck’ O Vater-Land / was du vor nie erwogen; Die starcke Krieges-Macht kombt grimmig angezogen Zu zwingen in der Eil dein’ arme Land’ vnd Leut / 108. Zu bringen deine Stdt’ in schnde Dienstbarkeit. Der Gottesdienst hrt auff / wir solten billich preisen Den HErren Zebaoth / wir solten vns erweisen

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Als Christen mit der That / wir solten heilig seyn / 112. So hindert vns der Krieg vnd schaffet diß allein / Daß wir in Sicherheit die edle Zeit verbringen Vnd trachten nur nach Geitz’ vnd andern eitlen Dingen / Als Hoffart / Vppigkeit vnd leichter Ehren-Schein / 116. So leyder allzumahl der Seelen-Hencker seyn. Diß schaffet vns der Krieg; Fast keiner darff mehr hren / Was vns auß reiner Schrifft die Diener Gottes lehren / Der Sabbath hat ein End’ / alsdenn / wenn jederman 120. Jn Gott sich frewen soll / fengt sich jhr muthwill an. Die Andacht ist dahin / die Gottesfurcht erstorben / Der Krieg hat alles schier was Tugend heist verdorben / So gar auch / daß / wenn Gott im Menschen ruhen soll / 124. Die lasterhaffte Seel’ ist aller Schalckheit voll. Gott hat vns ja die Zung allein dazu gegeben Daß sie den Schpffer soll zu Tag’ vnd Nacht erheben Vnd preisen seine Gt’ allhier in dieser Zeit 128. Vnd wenn die Zeit vorbey / dort in der Ewigkeit: Ach / aber / was geschicht? Diß thut der Krieg verkehren / So / daß wir leider nichts als schndlichs fluchen hren / Denn / Gott zu lstern ist doch mancher gar behend’ 132. Vnd das bey seinem Blut’ vnd thewrem Sacrament. Diß schaffet vns der Krieg / Hie wil ichs kaum gedencken / Wie mancher seine Zung’ auffs zierlichst weiß zu lencken Wenn er sich seiner Schand’ vnd groben Laster rhmt 136. Ja solche Rede fhrt / die Christen nicht geziemt. Solt’ ich ein Kriegs-Mann seyn (spricht jenner) vnd nicht fluchen? Solt’ ich nicht meinen Feind mit tausend Teufflen suchen Wenn ich mich schlagen muß? Ja wer viel Hertzens hat / 140. Der zeigt mit fluchen an / er sey ein recht Soldat. O schnde Tapfferkeit / die Gott allein zu schenden Vom Satan ist erdacht / die Hertzen abzuwenden Vom allerhchsten Gut! O weh der bsen Zeit 144. Die Laster Tugend heist / O schnde Tapfferkeit! Diß schaffet vns der Krieg; Was soll ich weiter schreiben /

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Wo Furcht / Gehorsahm / Trew’ vnd Lieb’ im Kriege bleiben / Wie man der Obrigkeit so trotzig wiederspricht / 148. Daß schier kein Bettler jhr wil mehr gehorchen nicht: Ein jeder lebt fr sich / thut was jhm selbst behaget Vnd weil fast keiner mehr nach seinem Herren fraget / So lachet man im fall der Frste was begehrt / 152. Der wol weiß daß sein Volck mit stelen sich ernehrt / Wiewol er selbst nicht kan die Vbertreter straffen / Drumb stielt der lose Bawr wenn ander Leute schlaffen Er fellet grosse Bum’ vnd fhret sie dahinn 156. Da das gestohlen Gut dem Diebe bringt gewinn. Es ist da keine Furcht / diß muß der Herr’ ansehen Vnd weiß doch keinen Raht dem Vbel zu entgehen Dieweil ein frembder Gast das gantze Land regiert 160. Vnd nur nach eigner Lust die newe Herrschafft fhrt; Drumb meint der stoltze Bawr / er leb im Herren Orden / Sey nunmehr durch den Krieg gantz frey vnd edel worden Drauff fluchet / raubet / saufft vnd huret er mit Macht / 164. Der Obrigkeit befehl wird von jhm außgelacht. Was? Muß bey solcher Zeit ein Herr nicht selber leyden Ja vielmahls ohne schuld sein Land vnd Leute meyden? Was wunder ist es denn / daß sein Gebot vnd Wort 168. Von Vnterthanen wird mit Lachen angehrt? Diß schaffet vns der Krieg: Was soll ich weiter schreiben Wo Keuschheit / Zucht vnd Ehr / wenn Mars regieret / bleiben Wie man den edlen Stand / den GOtt selbst hat erdacht 172. Den Stand der keuschen Eh’ helt in so schlechter acht? O Zucht vnd Ehrbarkeit du Brunnquell’ aller Tugend / Du Vnterweiserin der vngezhmten Jugend / Wie kans doch mglich seyn / daß du bleibst vnbefleckt 176. Wenn Mars hat sein Gezelt’ vnd Fahnen auffgesteckt? Kein Argus kan ja schier die Weiber so bewahren Daß sie (doch alle nicht) in solcher Zeit sich paren Mit diesem leichtem Volck’ / jhr Leben ist zu loß 180. Die Redligkeit zu klein / jhr List vnd Trug zu groß.

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Wie knt’ ein frommes Hertz die Mittel doch erdencken / Da sie so manche Seel’ an Ehr’ vnd Zucht durch krencken Daß sie auch zwingen offt den allerstrcksten Sinn / 184. Weil schier die Weißheit selbst ist jhre Kuplerin? Da ist kein mnlich Hertz. Wer dieser Zeit wil werden Ein Krieger vnd Soldat’ / hat Weibische Geberden / Ein auffgebfftes Haar / ein schn gesticktes Kleid / 188. Hierin (so sagen sie) besteht die Tapfferkeit. Jhr Antlitz ist geschminckt / daß auch gemeine Weiber Darinnen sich ersehn / sie haben weiche Leiber Vnd ein verzagtes Hertz’ / ein Hertz das leyder frey 192. Vnd leicht von Tugend ist / doch voller Bberey. Geh / schawe doch den Krieg: Wer darff sich vnterwinden Was tapffres anzugehn? Wo ist ein Mars zu finden Ein vnverzagter Held / der rechte Tugend liebt 196. Vnd nur auß jhrer Gunst in solchen Stand sich giebt? Adonides die wil ich dir mit hauffen zeigen Wie sie hermmer gehn vnd vnter grnen Zweigen Mit Venus lustig seyn / biß daß zu guter letzt 200. Ein wildes Thier sie wrgt vnd in die Grufft versetzt. Cupidines die find’ ich hier mit grossen Scharen / Wo man zu Felde liegt / da thut sich alles paren Durch schnder Liebe-Lust / vnd diß ist so gemein 204. Daß keiner (wie mans heist) wil sonder Damen seyn. Ja Ganymedes sind viel tausend hie zu sehen Die nicht in Eisen / nur in Gold’ vnd Silber gehen Auffs prechtigst’ angethan: Bellona folget nicht 208. Mit angehencktem Schwert / so bald der Krieg einbricht So muß das schnde Weib die Venus sich erzeigen Sampt jhrer leichten Schaar vnd Vesta die muß schweigen / Daher geschicht es offt / daß eine Lager-stadt 212. Mehr Huren im Gezirck’ als wol Soldaten hat. Da sitzet Hercules fr Omphalen vnd spinnet / Die Waffen legt er ab vnd was sein Lieb beginnet Daß thut er willig nach. Da steht der khne Mann

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216. Der Held Achilles selbst vnd hat hinweg gethan Sein vielbewehrtes Schwert / jhn hat ein Weib betrogen / Er hat ein Jungfraw Kleid frs Harnisch angezogen / Die Briseis nimbt jhm’ Hertz’ vnd allen Muth dahin / 220. Drumb / wenn er streiten soll / ligt jhm die Hur’ im Sinn. Der Agamemnon sitzt mit Weibern schier vmbgeben / Denn jhre Freundligkeit ist dieses Helden Leben Ja wenn er auff das Heer soll fleissig seyn bedacht / 224. So buhlet er / vnd helt bey Weibern seine Wacht. Sind das nicht schne Krieg’? Ey sindts nicht schne Gaben Die wir O Mars von dir vnd deinen Leuten haben? Jst das nicht solche Lust / die niemand loben kan / 228. Es sey denn alle Zucht vnd Tugend abgethan? Nun das ist schlecht was wir von jhrer Vnzucht schreiben / Wo soll die Schwelgerey / das stete Sauffen bleiben Daß man zur Zeit des Kriegs verbt ohn’ vnterlaß 232. Nimbt fr die Waffen ein mit Wein geflltes Glaß / Ja seufft sich also voll / kranck / arm vnd toll von Sinnen / Als wolte man die Schlacht durch schwelgen nur gewinnen? Da gehts beym khlen Wein: Heran / heran / heran / 236. Wer redlich thut bescheid der ist ein tapffer Mann. Da heists: Dir bring’ ich die Gesundheit vnsers Frsten / Der ander: Grossen danck / mich thut von Hertzen drsten Trommeter mach’ eins auff / den folgt ein guter Rauß 240. Man wirfft fr frewden schier das Hauß zum Fenster auß. Eins mangelt noch / der Tantz / den hett’ ich schier vergessen: Da hpfft der Ritters-Mann / als wehr’ er gantz besessen / Macht tausend krumme Sprng’ vnd die so meisterlich / 244. Daß Pickelhering selbst dafr entzsetzet sich. Der tantzet ein Ballet, der lehret die Pavanen, Der springt den Galliard, der die Venetianen, Der macht ein Passametz vnd der die Florentin, 238. Der hpfft ein Bergamasc’ vnd der die Paganin. Der Ritter geht voran / die Jungfraw an der Seiten / Sie thut in Hffligkeit mit jhrem Tntzer Streiten

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Wer best gebet sey im Neigen / Springen / Gehn 252. So / daß das gantze Hauß hat wunder anzusehn. Jst aber das nicht fein / mit Huren mme springen Wenn jenner fertig ist das Vater-Land zu zwingen Vnd gibt auff vnser thun im mittelst fleissig acht / 256. Da wir die liebe Zeit mit schwrmen zugebracht Mit Rasen Tag vnd Nacht? So pflag ja nicht zu Kriegen Das edle Rmer Volck / das selten zu erliegen Jn Schlachten war gewohnt / da war kein’ ppigkeit / 260. Als Tantzen / Sauffen / Fraß / jhr Ziel das war der Streit; Jhr wnschen vnd begehr den starcken Feind zu schlagen / Ja Leben / Ehr’ vnd Gut frs Vater-Land zu wagen Zu sterben wie ein Held; Wer jtzt wil tapffer seyn 264. Der schlept sich mit der Dam’ vnd kempffet bey dem Wein’. Jst das nicht schner Krieg? Noch findet man bey vielen Ein’ vbergrosse Lust mit dem verfluchten Spielen Zu schliessen jhre Zeit / da sitzt so mancher Held 268. Vnd hat fr seinen Feind ein Bretspiel außerwehlt. Nimbt Wrffel fr ein Schwert / spielt vmm’ ein Handvoll Kronen Womit der arme Bawr dem Krieger noch muß lohnen / Die gehn so schndtlich durch / das offt’ in einer Nacht / 272. Der Spieler vmb sein Geld vnd Leben wird gebracht. Jst das nicht rhmens werht? Es wollen ja die Heiden / Daß man die Wrffel soll fr allen Spielen meiden / Diß zeuget Rohm die Stadt / woselbst ein weiser Raht 276. Das Bret- vnd Wrffel-Spiel sehr hoch verboten hat. Nun / das war rhmens wehrt; Das edle Volck der Griechen Lacædemon genand / das selten ist gewichen Von rechter Tugend Bahn / dasselbe war bedacht 280. Zu nehmen in den Bund auch der Corinther Macht / Als’ aber jhre Leut’ vnd Abgesandten kamen Zu dieser schnen Stadt / vnd vngefehr vernahmen Daß sich die Brger hie zum Spielen hingesetzt 284. Auch schier der gantze Raht mit Wrfflen sich ergetzt’; Auf / auf / rieff Cobilon, last vns von hinnen fahren /

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Jch wste nicht das hie nur lauter Spieler wahren / Die sollen nimmermehr den Spartern sey verwand 288. Denn Wrffel schtzen nicht das liebste Vater-Land / Hiemit zog er davon. Jch muß noch eins gedencken / Obs etwa mglich wehr die Hertzen abzulencken Von dem verfluchten Spiel’: Es wahr ein tapffer Held / 292. Von Parthern ins gemein zum Knig’ außerwehlt / Der / als’ ein kluger Frst hat’ vngefehr vernommen / Wie daß Demetrius der Knig wolte kommen Vnd fallen in sein Land: Der Parther war bereit 296. Mit seiner Ritterschafft zu ziehen in den Streit / Zu suchen seinen Feind; Weil aber er that wissen / Daß sich Demetrius des Spielens sehr beflissen / So schickt’ er jhm’ auß spott zwo gldner Wrffel zu / 300. Liß sagen / daß er nur verblieb’ in guter Ruh’ / Als’ einer / der das Bret zwar wste zu regieren / Die Waffen aber nie gelernet recht zu fhren / Das war kein schlechter Hohn. Noch hilfft diß alles nicht 304. Der Krieger spielt bey vns / daß jhm der Schweiß außbricht / Versteht sich trefflich wol auff Rmpffen vnd Piqueten / Ein ander spielt Triumph / der dritte wil Labeten / Der vierdte Ruhm vnd Stich / der ist kein schlechter Mann / 308. Wer Munten / Banquerott vnd wol Carnfflen kan. Vnd wer kan alles das / was Spielen heist / beschreiben? Es wird doch / frcht’ ich sehr bey vnsern Kriegen bleiben Das sehr verfluchte Spiel / dabey man ohne schew 312. Verlstert seinen Gott / vnd flschet Lieb’ vnd Trew / Die man sonst schldig ist dem Nechsten zu erweisen / Denn wer wol triegen kan beym Spiel / der ist zu preisen Drumb / Spielen heiß’ ich nur behende Dieberey / 316. Wo Chart’ vnd Wrffel seyn / da ist das Stehlen frey. Diß schaffet vns der Krieg. Nun / ich muß weiter fragen: Wie viel wol Krieger seyn / so vns die Warheit sagen? Sehr weinig / glubt mir das / kein Ding ist so gemein 320. Bey Mars als liegen vnd im schneiden Meister seyn.

Kriegs- und Friedensspiegel

Großsprechen kan er doch so zierlich vnd vermessen / Daß mancher alber Geck sich selber thut vergessen Wenn er jhn reden hrt mit solcher Macht vnd Pracht / 324. Daß ob den Lgen schier das gantze Hauß erkracht. Hilff Gott / was hab’ ichs offt selbst von jhm’ angehret / Wie er von Knigen vnd Frsten sey verehret / Wie jhm so grosse Gnad’ vnd Gunst sey angethan / 328. Daß schier (ich traw’ jhm wol) es niemand gluben kan. Da hat jhn dieser Frst’ auff seinem Schloß’ erbehten / Er woll’ als Obrister in seinen Dienst doch treten Vnd fhren seine Leut’: Er aber sprach bald nein / 332. Wie kan ich allen doch / mein Herr zu Dienste seyn? Bald wil mich dieser Frst / bald wil mich jenner haben Als wehr’ allein in mir die Tapfferkeit vergraben Vnd andre knten nichts / drumb Herr verzeiht es mir 336. Jch bleib’ immittels ewr getrewer Cavallier. So schneidet mancher auff vnd hat doch kaum gesehen Auch nur von weitem her den Frsten etwa stehen / Noch war er jhm so lieb / noch hielt’ er jhn so hoch 340. Daß er jhn Bruder hieß / wie jenner schnarcher log. Diß aber ist noch schlecht; Wie mancher weiß von Kriegen / Von Schlachten / Strmen vnd so viel erhaltnen Siegen So meisterlich vnd rein zu liegen / daß man sagt: 344. Der ist mir wol ein Held / wie hat sich der gewagt! Da schneidet er / wie daß er schier fr zwantzig Jahren / Als’ erst in BhmerLand die Vlcker kommen wahren / Den Harnisch angelegt / er sey von solcher Zeit 348. (Jst der nicht preisens wehrt?) Des Kriegens nie befreyt. Als sie am weissen Berg’ in Bhmen sich geschlagen / Da hat er hohen Preiß vnd Lob davon getragen / Ja / wenn ein jeder so wie er gefochten hett’ / 352. Es wehr der stoltze Feind geschlagen auff der Stdt’. Als Durlach / Halberstadt vnd Mansfeld mit den Waffen Vermeinten Fried’ vnd Ruh’ im teutschen Reich zu schaffen / Da war er stets dabey / sie hielten keine Schlacht /

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356. Jn welcher er nicht mehr als dreissig nieder macht’ Vnd schlug sich durch vnd durch / biß alles war verlohren / Da hat er erst die Flucht zu seinem Heil’ erkohren Sonst war er stets der letzt’. Er weiß / woher es kam 360. Daß dieses Theil den Sieg vnd jenes schaden nam. Nun / dieses ist schon alt. Als Gustav kam gefahren Der hochberhmter Held noch erst fr weinig Jahren / Da ward er Capitain / bald hat er sich gewagt 364. Vnd schier den gantzen Feind auß Pommer-Land gejagt. Er war der erste Mann / der Franckfuhrt hat bestiegen / Da mancher Held im Strom der Oder blieb beliegen; Fr Leiptzig hielt er sich so trefflich / daß man sprach: 368. Jch glub / der Teuffel fhrt den Cavallier hernach / Er rant’ in vollem Lauff gleich vnter die Brigaden Vnd thet in seinem Grimm den Feinden solchen schaden / Daß nach gehaltner Schlacht ein jeder ohne schew 372. Bekandte / daß nur er des Siegs ein’ Vrsach sey. Wie hielt’ er sich am Lech’ / als Tilli ward geschlagen Ja gar zu Trmmern gieng? Da darff wol keiner fragen / Ob er auch Fewr vnd Rauch gegeben auff den Wald / 376. Jch mein’ er schoß hinein / daß Berg’ vnd Thal erknalt’ / Er / Tilli selber / hat nur jhm die Schuld gegeben / Daß er zum selben mahl sein Volck / Ehr / Gut vnd Leben Durch diese Schlacht verlohr / denn / wo er brach herein / 380. Da mochte weder Pferd noch Reuter sicher seyn. Noch khner hielt’ er sich in SachsenLand fr Ltzen / Als’ er bemhet war den grossen Held zu schtzen / Da sein behertzter Leib durch Thier’ vnd Menschen drang 384. Vnd bald den einen hie den andern dort bezwang O wer der Cavallier ein weinig eh gekommen / Man hette den so leicht das Leben nicht genommen Der thewren Helden-Kron / man hett’ jhn nicht verletzt 388. Jm Lentzen seiner Zeit vnd in die Grufft versetzt / Er aber kam zu spt’: Jedoch von Grimm’ erhitzet / Ward mit des Knigs Blut sein Kller jhm besprtzet /

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So / daß er dessen Todt mit Augen hat gesehn / 392. Ja weiß gar richtig / wenn der letzte Schuß geschehn. Nun diß ist auch vorbey. Nach allen diesen Dingen Hat er sich auch gewagt im Streit bey Norolingen / Da schlug er sich herdurch vnd bte sich so sehr 396. Daß Ferdinand schier selbst zur Beut’ jhm worden wer / Vnd hett’ er nicht gethan / Frst Weimar wr gefangen / Da focht er noch so lang / biß dieser war entgangen / Da spielt’ er auch reißauß. Nach diesem kam er an 400. Bey Wittstock / da er auch viel Wunders hat gethan. Er hat den meisten Theil der Wagen weg genommen Er hat viel Stcke / Kraut vnd Loth fr erst bekommen / Mit weinig Reuterey hat er die grosse Macht 404. Des wolgeputzten Heers in schnelle Flucht gebracht / Er war zu solcher Schlacht so frisch vnd vnverdrossen / Daß jhm sein muhtigs Pferd zum sechsten mahl geschossen Doch nicht erleget ward; Drumb / wenn der Feind gesehn 408. Jhn schon von weitem noch / begehrt’ er nicht zu stehn. Was soll ich aber doch den Ritter viel erheben / Dem’ auch die Feinde selbst diß gute Zeugnß geben Daß er schier gar allein gehalten steiff vnd hart / 412. Als der Savelli sampt dem Wehrt gefangen ward; Er hat die Generals in Feßlen angenommen / Mit welchen er hernach in Franckreich ist gekommen / Vnd als’ er zu Pariß dieselben eingebracht / 416. Da hat der Knig jhn zum Cavallier gemacht Nicht der gemeinen Art: Er darff den Engel fhren Das ritterliche Bild / den Orden recht zu zieren / Frwahr das ist sein Lohn / sein wolverdienter Danck 420. Der auff die Tugend folgt vnd wehrt seyn lebenlang. Noch hatt’ er keine Ruh’: Er thet sich sehr verfluchen Wie tapffer er den Feind noch ferner wolte suchen Wenn er vergraben leg’ / vnd meinte frey zu seyn / 424. Alsdenn so wolt’ er jhm gantz schleunig fallen ein. Savelli muste bald zum andern mahl erfahren

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Das Metzlen seiner Faust’ / in dem’ er sich zu pahren Mit Gtzen war bedacht. Schnell hat er sich gewagt 428. Vnd jhre grosse Macht zum Land’ hinauß gejagt. Der Held von Weinmar hat jhn tausendmahl gebeten / Er solte nicht so nah’ an seine Feinde treten / Denn / wenn er ja vielleicht’ im Streit’ erliegen solt’ 432. Er denn kein Stndlein mehr im Lger bleiben wolt’ / Er aber lachte nur / ja hielt es noch fr Spielen Jm fall er Hagel / Schrot vnd Eisen solte fhlen / Er wahr so frlich in den Schlachten anzusehn 436. Als solt’ er nur zum Tantz’ vnd nicht zum Fechten gehn. Von diesen vnd noch mehr so gar erlognen Sachen Weiß mancher so viel Wort’ vnd Pralens herzu machen / Daß einer / der den Krieg nicht gar zu wol versteht / 440. Wenn er jhn Schneiden hrt / fr ngsten schier vergeht. Da hat er todtesAngst / da HungersNoth erlitten / Da Frost / da Hitz’ vnd Durst / da hat er offt gestritten Mit straffen der Natur / mit Regen / Wind vnd Schnee / 444. Da ritt’ er durch den Wald / dort fuhr er vber See. Er ist in Strmen offt den Wall herab gefallen So schrecklich / daß es auch im Lager thet’ erknallen / Jm Graben stund er schier mit Wellen zugedeckt / 448. Noch hat jhn weder Feind / noch Sturm / noch Fluht erschreckt. Was hat er manche Noth in Schlachten außgestanden / Wenn weder Kraut / noch Loht / noch Zunder war frhanden Der sehr erhitzten Macht damit zu wiederstehn / 452. Da must’ er offt allein dem Feind’ entgegen gehn. Sein’ Leben war wie nichts / noch hat jhn Gott beschtzet Als’ einen der der Welt so trefflich viel gentzet / Daß jhm das Vater-Land nicht gnugsahm dancken kan 456. Drumb schawt jhn jederman mit furcht vnd frewden an. Wie schnell / wie ritterlich ist er fr Prag’ entgangen / Da er zum drittenmahl vom Tilli schon gefangen Vnd fest verstricket wahr / er schoß in schnellem Trab’

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460. Den / der jhn fhren solt’ alsbald vom Gaul herab Vnd setzte sich hinauff: Fr Hchst ward er verwundet Recht in sein lincker Ohr / daß auch das Haar entzndet Jn vollen Flammen stund. Bey Lohn wahrs auch nicht gut 464. Jhm flogen / wo mir recht / sechs Kuglen durch den Hut Vnd keine traff jhn doch. Er hat bey Fhrt verlohren Den kleinen lincken Zeh’ / auch ward jhm da geschoren Sein langer Zopff hinweg / als welchen ein Crabat 468. Mit seinem Sbel jhm vom Ohr getrennet hat. Fr Leiptzig schoß man jhm zwo Zhnen auß dem Munde Vnd einen halben halb / wie man noch diese Stunde Gantz eigentlich kan sehn / vnd in der Schlacht am Lech 472. Kam einer der jhm hieb den Knabelbahrt hinweg. Ey schlag’ / ey haw’ / ey stich! Heist das nicht wol geschossen Vnd hat sein Liegen jhn noch nicht ein mahl verdrossen Ja preiset er sich doch / da doch einander sitzt 476. Jn solchem Lgen Rauch’ vnd schier fr ngsten schwitzt? Nun / diß gebiert der Krieg’ / diß sind die schne Gaben Die wir / O Mars von dir vnd deinen Leuten haben Vorauß zu dieser Zeit / da alle Welt mit List 480. Sich nehret vnd die Trew so gar erstorben ist. Was schertz’ ich aber viel? Es ist so hoch jtzt kommen / Daß sich ein jeder Geck schier hat in Sinn genommen Zu seyn ein General / denn wo der Krieg regieret / 484. Da wird der hchste Stoltz vnd bermuth gefhret. Was kan sich Scipio, was kan sich Sylla rhmen? Jtzt sind wol andre Leut’; Es wil sich nicht geziemen / Daß man den Fabius vnd Diomedes preiß’ / 488. Ach! Cæsar ist ein Kind / Pompejus hat die weiß’ Jm Kriegen nie gesehn: Was wil Camillus machen? Er ist sampt Hannibal vnd Hector zu belachen. Was kan Æmilius, Torquatus, vnd der Mann / 492. Den Briseis wenn sie wil zum Hasen machen kan? O Pyrrhus packe dich / du kanst hie nichts gewinnen / Des Alexanders Lob wil nunmehr schier zerrinnen

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Vnd wer’ er noch so groß / hie ist er viel zu schlecht 496. Ja lebt’ er diese Zeit so wer’ er kaum jhr Knecht. Marcellus Tapfferkeit ist nunmehr Furcht zu nennen / Vnd km der Ajax selbst / man wrd’ jhn schwerlich kennen Arthurus war berhmt / wie auch der Tamerlan; 500. Mein Cavallier der sagt / sie haben nichts gethan. Hinweg mit Carolus der Sachsen Vberwinder / Der Bathor, Medices vnd Basta sind nur Kinder / Der grosser Heinrich mst’ erstummen / solt’ er sehn 504. Die Helden dieser Zeit in jhrem Pantzer gehn / O grosser vnterscheid! Man macht’ in alten Tagen Nur weinig Wort’ vnd That es desto frischer wagen / Jtzt schneidet man mit macht / bringt Karren voller Wort’ 508. Vnd findet sich die That doch schier an keinem Ort’. Es wil ein jeder zwar sich hoch genug erheben / Doch mag der faule Wanst nicht sehr nach Tugend streben / Wenn Buhlen Arbeit wer’ vnd schlorffen Bier vnd Wein / 512. Was gilts ein jeder knt’ ein Hupt der Krieger seyn? Doch / daß man nicht gedenck’ / es seyn verzagte Hertzen Die nur mit Bachus vnd Cupido knnen schertzen / So haben sie erdacht ein Mittel / ist bekand / 516. Das wird ja auff fein teutsch die Balgerey genand. Wer diesem wiederspricht / den pflegen sie zu nennen Kleinmhtig / sehr verzagt / nur die sich schlagen knnen Jn Degen vnd Pistohl / die helt man ins gemein / 520. Daß sie Soldaten vnd versuchte Kmpffer seyn. Ey schne Tapfferkeit / den Bruder durch zuschiessen! Das kan der Stall-Jung’ auch / vnd solts euch gleich verdriessen Jhr edlen Balger jhr: Der ist ein tapffer Mann / 524. Der sich vnd seinen Muth im Zorn bezwingen kan. Wie leichtlich ists geschehn / daß / der sich voll gesoffen Durch ein vergeblichs Wort vom andren wird getroffen Erhitzt im Augenblick’ vnd fordert den herauß / 528. Der ander ist bereit / bald schwrmet man nach Hauß’ Vnd schickt Cartellen hin / ja lest secunden kommen /

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Damit das Leben mehr als einem abgenommen Vnd Blut vergossen werd’: Ey Ehr’ vnd Redligkeit / 532. Dich wil ich weil ich kan behaupten durch den Streit / Jch wil mit solcher Krafft die Fuste von mir strecken / Daß das vergossen Blut die Hunde sollen lecken (Spricht der behertzte Mann /) nach mir ein ander Paar / 536. Herauß mein Kerl / herauß / dich frcht’ ich nicht ein Haar. Wollan / sie treten auff / vnd daß man nicht betrogen Doch eh’ ermordet werd’ / es heist / sich abgezogen / Den Degen in die Faust / vnd wehrs zum besten kan / 540. Der thu die Augen auff vnd bind’ am strcksten an. Ey wunderschnes Spiel / das Gott mit Seufftzen schawet / Da sich der arme Mensch dem kalten Eisen trawet Vnd strtzet Leib vnd Seel dem Teuffel in sein Reich / 544. Ja wird dem Sathan selbst an Rach’ vnd Bßheit gleich. GOtt / der dir Leib vnd Seel / Glck / Ehr’ vnd Gut gegeben Jst leid vnd trawrens voll: Die Engel / die dein Leben Durch die getrewe Hut so manchen Tag bewacht 548. Die geben dir / O Mensch mit Thrnen gute Nacht. Du stehest voller Grimm / der Teuffel dir zur Seiten / Der Wrger gegen dir die Lantzen zu bereiten Zu morden deinen Leib: Die Helle ligt gezerrt 552. Vnd hat von vnten her den Rachen auffgespert: Beelzebub der muß fr lust vnd frewden lachen / Ja Pluto lest sein Volck mit starcken hauffen wachen Zu gleiten deine Seel’ / O schnde Tapfferkeit 556. Die Gott betrbet vnd der Teuffel Schaar erfrewt! Ach zwinge dein Gemht’ / erschreck’ vnd laß jhn fahren Der dich erzrnet hat / schaw doch / wie schnel sich paren Der Tod vnd Belial, kaum ist der Stich geschehn / 560. So rufft dir Charon zu / du solst zu Schiffe gehn. Da ligt der bleiche Leib / die Rach’ ist außgegossen Das heisse Blut ist kalt / vnd in den Sand verflossen / Der Leichnam wird mit Koht ein weinig zugedeckt 564. Vnd die verdampte Seel’ in heisser Glut gestreckt.

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Da rufft sie / ewig weh’ / O weh’ / ist das gerochen / Da mir im Augenblick der khne Hals gebrochen Vnd mein betrbter Geist zur Hellen ist gebracht / 568. Da alles nur von Pech / Blitz / Fewr vnd Schweffel kracht!

Kombt / schawet meine Qual’ / jhr Balger / thut verfluchen Den selbst erwehlten Mord / ach mcht’ ich wiedersuchen Das allerhchste Gut / wie wolt’ ich jederman 572. Ja meinen Dienern auch seyn willig vnterthan! Nun ists vmb mich geschehn / nun muß ich ewig leiden / Es kan mich kein Geschpff’ auß diesem Jammer scheiden / Die grawsam’ Hellen Pein / O weh! ist viel zu schwer / 576. Sie ist ohn end’ vnd zahl / das kombt vom Balgen her! Noch ist der Kampff so lieb / noch darff man Leute preisen / Die jhren Heldenmuth in Mrderey erweisen / Ein Werck / das Wlffen zwar vnd Bhren ist gemein / 580. Bey Christen aber sols ja schand’ vnd grewel seyn. Diß schaffet vns der Krieg; Ja sinds nicht schne Gaben Die wir / (O toller Mars) von deinen Leuten haben Wenn sie noch Freunde sind / was wird alsdenn geschehn 584. Wenn sie in vollem Grimm auff frembde Lnder gehn? Bey Freunden helt mans schlecht / den GottesDienst verlachen / Den Tag der ruh’ in Gott zum BachusFeste machen / Jm Fluchen tapffer seyn / verspotten Zucht vnd Ehr 588. Ja leben ohne Furcht / als ob kein Recher wehr’. Viel schlechter / meinen sie / sey Hurerey zu schtzen Vnd sich mit frembden Fleisch’ in Vnzucht zu ergetzen / Das Schwelgen achten sie fr Kurtzweil / vnd das Spiel 592. Fr sonderbahre Kunst / trotz dem / ders tadlen wil. Der Tantz ist Hffligkeit / daß viel bekante Liegen Erachten sie / sey Witz den Nechsten zu bekriegen / Vnd wer sich rhmen wil / der wahren Tapfferkeit / 596. Der muß mit blosser Haut zu Morden stehn bereit.

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Diß alles pflegen sie bey Freunden zu verben / Vnd sprechen / es sey schertz die Bawren zu betrben / Bey Feinden aber pflegts viel anders herzu gehn / 600. So schrecklich zwar / daß mir die Haar zu Berge stehn. Frwar mir grawset schon die Feder anzusetzen / Die billich erst mit Gall’ vnd Essig ist zu Netzen Wenn sie diß melden soll; Es eckelt der Natur / 604. Wenn ich das grawsahm thun des Kriegs erwege nur / Die Faust erzittert mir die Grewel zu beschreiben Die Mars vnd seine Leut’ in jhrer Ankunfft treiben / Jhr Grimm ist gar zu groß / so / daß kein frommer Mann 608. Ohn’ heisse Thrnen schier an sie gedencken kan. Du liebes Vater-Land / ein Land von Gott beschtzet / Sieh’ an das teutsche Reich fast vberall besprtzet Mit dicken Menschen Blut’ / jtzt gehts dem Grabe zu / 612. Vnd du / O Vater-Land / du lebst annoch in Ruh’. Ach ffne dein Gesicht’ vnd bilde dir die Plagen So vieler Lnder ein / hilff jhre Noth beklagen Vnd seufftze jmmerlich / kanst du jhr Elend sehn / 616. So dencke / daß auch dir ein gleiches kan geschehn. Laß dich die Sicherheit / O Holstein / nicht verblenden / Laß dich noch Geitz noch Neid von wahrer Eintracht wenden / Laß dir die Nachbarschafft doch stets zum Spiegel seyn 620. Vnd hoff’ auff Menschen nicht / nur Gott / dem traw’ allein. So hr’ / O Vater-Land: Der Feind kombt angezogen / Lufft / Fewr / Wald / Wasser / Erd’ vnd alles wird bewogen / Die Berg’ erschttern gleich / der Elbestrohm steht still 624. Zu schawen wie diß Heer sein fer grssen wil. Das zahme Vieh’ erschrickt / das Wild verlest die Wlder Vnd brllet schon fr Angst / die wolbeseiten Felder Erzittern wie ein Laub / das Volck in Lfften schweigt 628. Es mercket wie jhr Wald sich zum verderben neigt. Der Vortrab ist schon da: Dort seh’ ich Huser brennen /

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Ach solte man das Dorff bey eitler Nacht nicht kennen Es ligt ja an der Grentz’? Jtzt kombt die gantze Schaar 632. Vns leider viel zu nah’ / O Jammer vnd Gefahr! Wie schreyet doch das Vieh so klglich in den Grnden! Wo soll ich Kh’ vnd Schaff’ auch Pferd’ vnd Rinder finden Mein allerbestes Vieh? O schawet wie der Hirt’ 636. Erschlagen vnd das Gut vom Feind’ erobert wird! Der treibet schon die Kh’ / vnd der die feisten Rinder / Der Schaff’ / vnd der ein Pferd / ach wir verlassne Kinder Sind dessen gar beraubt was vns erhalten soll / 640. Mein Stall der ist schon leer / war gestern reich vnd voll. Der Feind kombt nher an: Jch hr die Paucken brummen / Jch hr Trommetten gehn / ach die verfluchte Trummen Bezeugen daß das Volck mit seinem Feld-Geschrey 644. Vns Armen viel zu nah’ vnd auff der Hauben sey. Hilff Gott / was grosser Stck’ / Hilff Gott was Pferd’ vnd Wagen! Vnmglich / daß diß Land ein solches kan ertragen / Wo ist ein Knigreich / das solche Macht ernehrt? 648. Wir sind im Augenblick / wo Gott nicht hilfft / verzehrt. Was seh’ ich manche Fahn’ vmb die Carthaunen schweben / Nun mssen wir vns ja sampt Ehr’ vnd Gut’ ergeben Vnd zwar ohn’ alle Gnad’ in jhre Grawsahmkeit / 652. Ja wollen wir nicht bald /die Straff’ ist schon bereit. Nun sie zertheilen sich die Drffer zu erfllen / Sie legen sich hinein / bald muß man jhrem willen Durchauß zu dienste stehn / da heist es schon: Schaff auff / 656. Gib her du loser Bawr nim eiligst Geld vnd kauff’ Jn nechst gelegner Stadt: Jch wil / du solt mir bringen Wein / Bier / Fisch / Fleisch / Gewrtz sampt tausend andern Dingen / Vnd wirst du denn nicht bald damit zu gegen seyn / 660. So schicke dich nur wol zu leiden Plag’ vnd Pein. So gehts in diesem Hauß’. Jm andren thut man fragen / Wo doch der Wirth sein Gelt vnd Kleider hin getragen? Der arme Bawr erschrickt vnd schweigt fr ngsten still’ /

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664. Er weiß nicht daß man jhn so grawsahm martern wil. Da langt man Schrauben her / da lest man Stricke binden Den Bawren vmb sein Hupt vnd spant jhn an die Winden / Man rstet jhn am Fewr / reist jhm den Rachen auff 668. Vnd gibt jhm Wasser / Koht / Schmaltz / Harn vnd Milch zu hauff’ O vnerhrte Pein! Dem reibet man die Knochen / Dem wird zuletzt der Hals / dem Arm vnd Bein zubrochen / Den trieffen sie mit Speck / vnd haltens noch fr fein 672. Auff mancherley Manier der Bawren Hencker seyn. Ein ander lest das Korn auß lauter Bßheit tragen Recht mitten in den Koth / bedeckts mit Roß vnd Wagen / Verdirbt in einer Nacht mehr / als’ ein guter Mann 676. Fr Ochsen / Pferd’ vnd Kh’ im Jahr verfuttren kan. Ein ander reist die Zun’ hinweg von allen Garten So / daß man weder Baum / noch Kraut / noch Kohl darff warten / Die allerschnste Lust der Blumen Zierd’ vnd Pracht 680. Zutreten sie vnd das heist alles wol gemacht. Ein ander helt sich frisch vnd lest die Rauten klingen Die Tische / Sthl’ vnd Bnck’ hinauff die Gassen springen Die ffen schlgt er ein / die Thr’ vnd Wnd’ herauß 684. Zerreisset Bette / Pful’ vnd helt erbrmlich Hauß. Noch ist es nicht genug / daß sie Geld / Gut vnd Leben Weg nehmen mit gewalt / der arme Bawr muß geben Sein eigen Fleisch vnd Blut zu jhrer Wollust hin / 688. Sie schenden Weib vnd Kind auß vbermachtem Sinn’. O schand’! O ppigkeit! Ja solt’ ich ferner schreiben Was mehr fr schnder Werck’ vnd Thaten sie betreiben / Frwahr so frcht’ ich sehr / daß es nicht letzlich mir 692. Ermangelt an der Zeit / Dint / Federn vnd Papier. Was wird denn endlich drauß? Ein schrecklichs Blutvergiessen / Ein Schlagen Wrgen Mord / mit Hawen / Stechen / Schiessen / Vnd das so grimmiglich / daß weder groß noch klein 696. Fr jhrer Grawsahmkeit denn kan gesichert seyn. Da kombt ein frembdes Heer / das wil die Lnder retten /

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Wil suchen seinen Feind / doch kombt es vngebeten Vnd ziehet auch herein / frist auff was brig war 700. Denn hat das arme Land der Krieges-Heer ein Paar. Da ligen sie zu Feld’ einander auff zu passen / Jn dessen muß der Bawr Gut / Leib vnd Leben lassen Muß geben alles das / womit er sonst sich nehrt 704. Biß Bier / Fleisch / Saltz vnd Brot ist gntzlich auffgezehrt. Wenn nun das gute Land zu grund’ auß ist verdorben / so heist es: Nun gewagt vnd ritterlich gestorben / Viel besser seinem Feind’ hier vnter Augen sehn 708. Als dort auß Hunger gar erligen vnd vergehn. Bald zwinget sie die Noth das Lger auff zuheben / Dem Feind’ entgegen gehn / zum schlagen sich begeben / Da reitet man vorauß / nimbt gute Kundschafft ein 712. Wie starck’ / wie nah’ vnd fern der Feind mg’ etwa seyn:

Denn ziehen sie zu hauff‘ vnd ordnen die Brigaden / Der Feld-Herr lest die Stck‘ vnd Mrser fleissig Laden / Zertheilt die Regiement’ / auch gibt er maß’ vnd ziel 716. Wie bald er diesen Tropp vnd jennen fodern wil: Er ordnet wer das Hupt (den Vorzug mein’ ich) fhren Vnd wer die Flgel an der Seiten soll regieren / Er lest sein bestes Volck gleich in der Mitte stehn 720. Vnd heist die Schtzen zu den leichten Reutern gehn / Der Nachzug muß das Heer von hinden zu beschliessen / Drauff folget denn der Troß. Hie muß ein jeder wissen Wenn er soll fertig seyn zu lsen sein Gewehr / 724. Den Feind hinan zu gehn vnd denn auch wiedrumb her. Bald stellet man die Stck’ vnd lest sie weidlich Singen / Das heist / auß Hffligkeit dem Feind’ ein Salve bringen / Drauff geht der Handel an: Erst kombt ein schlechter Hauf’ 728. Helt mit der Wiederpart ein Kmpfflein nur im Lauff’: Jn dem sie diese nun gleich lachend vberwerffen / Thut schon ein jedes Theil im Grimm die Znen scherffen Auff seines Feindes Haut / bald gehts / heran heran

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732. Soldath / die Augen auff die Fuste zugethan. Die Tromlen rhrt man starck auff daß sie weit erschallen / Bald lesset man die Rhr’ in feiner Ordnung Knallen / Carthaunen brummen auch vnd zwar mit solcher Macht / 736. Das Feld / Wald / Hgel / Stein / Fluß / Berg vnd Thal erkracht. Hie klinget die Schalmey / hie pfeiffen / dort Trommeten / Der lset die Pistohl / der Bchsen / der Mußqueten / Blitz / Hagel / Donner / Fewr / Stein / Kuglen / Eisen / Bley 740. Jst hie die beste Speiß: Ein Ruffen vnd Geschrey Der Menschen Roß’ vnd Vieh’ ist hie das stete singen / Bald thut ein Mrser bald ein Serpentin zerspringen Das drob das Land erbebt: Hie wird ein Regiment 744. Getrieben in den Fluß / ein anders wird zertrennt / Das dritte wird so gar vernichtet vnd zerschlagen / Das kaum noch brig ist ein eintzler / der es klagen Vnd recht berichten knt’ / hie ligt der Mann / hie Pferd / 748. Hie ein zerbrochner Spieß / dort ein gekrumtes Schwert. Hie ligt der sonder Arm / kan gar nicht weiter kommen Vnd jennem ist durchs Fewr der Schenckel abgenommen / Hie ligt ein’ arme Hur / hat sich zu weit gewagt / 752. Hie einer der halb todt sein Weib vnd Kinder klagt. Hie einer ohne Kopff / hie dem der Bauch getroffen / Die Drmer gehn herfr / die gantze Brust steht offen Verschttet Lung’ vnd Hertz / die Kruter werden naß / 756. Das heisse Menschen Blut befeuchtet Laub vnd Graß. Jn dessen tobet man noch jmmer fort mit stechen / Mit Schiessen / Hawen / Mord / mit Hals vnd Bein zubrechen / Mit Flammen / Rauch vnd Dampff so grimmig / daß die Lufft 760. Vertunckelt wird / vnd schier der Himmel selber pufft. Das Rauben kombt zuletzt: Da nimbt man Pferd’ vnd Wagen / Entkleidet todte Leut’ vnd lest zusammen tragen Geld / Harnisch / Kleider / Kraut / Zeug / Sattel vnd Gewehr 764. Ja alles / ohne was dem Trger feld zu schwer. Die Nacht entscheidet sie / das Pulver ist verschossen /

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Ein jeglichs Theil hat stß’ vnd eins den Sieg genossen / Viel tausend sind erwrgt vnd zwar in kurtzer Zeit / 768. Da ligt nun vnser Land mit Todten vberstrewt Mit Leibern voll gestancks / kaum werden sie vergraben / Es fressen sie zum theil die Hnde Wolff’ vnd Raben / O Menschen sonder Hertz / daß kein erbarmen gilt 772. Wie achtet jhr so schlecht des Hchsten eben-Bild! Der Mensch / das edle Thier zum Himmelreich’ erschaffen Lest sich so liederlich außrsten mit den Waffen Kombt frewdig in den Krieg / ermuntert seinen Sinn 776. Zur Mrderey vnd fehrt mit Grimm vnd Zorn dahin. O wie gefehrlich ists / in Raach’ in Neid vnd Hassen Diß Leben vor der Zeit ohn’ alle Noth verlassen! Wer selig sterben wil / der schicke sich dazu 780. Daß er die Feind’ auch lieb’ / alsdenn so hat er Ruh’. Ach aber / du mein Freund wie kanst du guts erzeigen Dem / der sich fr dir todt muß zu der Erden neigen Vnd fahren schleunig fort / die That ist zwar geschehn / 784. Doch sollt jhr beyderseits fr einem Richter stehn. Das Wrgen helt man schlecht / wer aber recht betrachtet Was vnser Heyland lehrt / wie hoch vnd thewr er achtet Den Fried’ vnd Einigkeit / was gilts er nimbt in acht 788. Die Lieb’ vnd gibt zu letzt den Kriegen gute Nacht. Wollan die Schlacht ist auß / man hrt sie weit erschallen / Dem einen thut sie schlecht / dem andern wol gefallen: Wie manche Mutter sitzt voll Kmmernß’ vnd klagt 792. Daß sich jhr liebster Sohn in solchen Zug gewagt! Die Jungfraw ist betrbt / hat leider den verlohren / Den sie in hchster Lieb’ hat einig außerkohren. Der alte Vater fragt / wo bleibt mein jngster Sohn? 796. Das Weib / wo bleibt mein Mann? Ja / Kuglen war jhr lohn. Der reiche Schwager fragt: Hat nicht mein Freund geschrieben? Der Bruder / ach wo ist mein ander ich geblieben Wenn kombt er doch zu Hauß? O schweigt doch allzumal’ / 800. Ewr Bruder / Schwager / Sohn sind all’ im finstern Thal.

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Diß schaffet vns der Krieg / diß sind die schne Gaben / Die wir O Mars von dir vnd deinen Leuten haben / Jst aber das nicht fein / zu Wrgen was man liebt / 804. Damit so manches Hertz werd’ in den Todt betrbt? Noch hats kein ende nicht / das Land hat viel erlitten / Auch hat man schon zu Feld’ vnd mit der Macht gestritten / Nun manglen noch die Stdt’ / ach ja sie mssen auch 808. Bezahlen das Gelach vnd kosten Fewr vnd Rauch / Da helffen keine Thor / kein Wasser / Wlle Mawren / Es weiß der arge Feind den Stdten abzulawren Die Vortheil / da sie sich mit schtzen in der Noth 812. Doch endlich gar vmbsonst / jhr’ Hoffnung ist der Todt. Bedencks / O Vater-Land / der Acker ist verheret Die Drffer abgebrand / der Vorrath gantz verzehret / Nun geht es an die Stdt’ / vnd wird zu guter letzt 816. Auch jhnen von den Feind’ auffs hefftigst zugesetzt: Da wirfft man Katzen auff die Brger zu beringen / Man wil sie durchs Geschtz sich zu ergeben / zwingen / Man schantzet nah’ hinzu / man strmet Tag vnd Nacht 820. Vnd schlgt die Reuter bald / vnd bald die erste Wacht. Da mhet man sich sehr die Wasser abzugraben / Die Mhlen muß man auch zu seinem Vortheil haben / Hernach den halben Mohn / der fr der Pforten ligt / 824. Daß sie das nechste Werck mehr knnen schtzen nicht. Da muß man vnter sich gleich den Kaninen Whlen (Miniren heist es sonst /) die Stcke lest man Spielen Ohn’ vnterlaß / bald fehlt den Brgern Saltz vnd Brod / 828. Der Hunger bringt sie mehr als wol der Feind in Noth. Zu letzt versamblet man viel wolgebter hauffen Mit allgemeinem Sturm die Festung an zulaufen Da stellet man die Stck’ auff Wll’ vnd Mawren hin 832. Vnd spielet bald verlust vnd wiedrumb bald gewin. Man wirfft die Leitern an / die Vlcker mssen steigen Den hohen Wall hinauff / da muß sich mancher neigen / Wenn er dermassen wird mit Schlgen zugedeckt /

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836. Daß er im Graben Hnd’ vnd Fsse von sich streckt. Die Stadt ist voll Geschrey / man lest die Glocken schallen / Die Trumlen rasend seyn / die grossen Stcke knallen / Ein jeder leufft zu Wall’ hilfft wehren was er kan / 840. Noch steigt der khne Feind den ghen Berg hinan: Man wirfft mit Fewr vnd Pech den Strmern vnter Augen / Ja wschet sie mit Oel vnd andrer heisser Laugen / Diß ist der Weiber thun / die starck vnd muhtig seyn / 844. Was alt ist / leufft verzagt zum Gottes-Hauß hinein: Vnd bittet da vmm’ Hlff’ vnd starcken Schutz von oben Mit Thrnen vnd Geschrey / in des die Feinde toben Vnd Strmen fort vnd fort so khn vnd grawsahmlich 848. Das gleich die Sonne selbst dafr entsetzet sich. Bald kombt ein frischer Hauff’ auß jhren Schantzen Traben Muß auch den Wall hinan / es frben sich die Graben Von lauter MenschenBlut / hie hilfft kein bitten nicht 852. Man strmet biß zuletzt die schwere Leiter bricht Denn geht ein newes an: Die Reuter stehn verwegen Vnd zwingen jhre Leut’ auch offt mit blossem Degen Zu steigen vber sich / biß daß die grosse Macht 856. Wird endlich auff den Wall vnd in die Stadt gebracht. Schnell dringt der Hauff’ hernach vnd ffnet denn die Pforten / Die Reuter ziehen ein vnd wrgen aller Orten’ Was streit- vnd mannbahr ist / ja der verzagtste Mann 860. Ermordet Weib vnd Kind / so geht der Jammer an. Da schendet man die Fraw / da wrget man den Herren / Da darff kein’ arme Magd sich solcher Hund’ erwehren / Jhr’ Ehr’ vnd Jungfrawschafft geht mit dem Leben hin / 864. Vnd wer nur sterben mag / der helts noch fr gewin. Da gilt kein’ Ehr noch Zucht; Der Vater wird erschlagen Den Kindern an der Seit’ vnd keiner darff sich klagen Daß jhm zu viel gescheh’: Ein ander der muß sehn 868. Sein allerliebstes Hertz den Weg des Todtes gehn. Da thut man weder Stand / noch Kunst / noch Alter achten / Die Mtter sehen zu / wie sie die Kinder schlachten

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Die jhnen sind mit Grimm gerissen von der Brust / 872. Geschlagen an ein Stein / O rechter Teuffels-Lust! Die Gassen sind mit Blut fast durch vnd durch besprenget / Das Erdreich ist mit Marck vnd Menschen-Fleisch vermenget / Das Pflaster ligt entfrbt mit Todten vberhufft / 876. Auß welchen heisses Blut wie auß den Quellen leufft. O Grimm / O Grawsahmkeit! Hie folget nun das Rauben: Erst martert man den Wirt mit Bein- vnd DaumenSchrauben Zu sagen / wo sein Geld vnd Schatz sey hingethan? 880. Der gibt es alles her vnd zeigt es willig an. Noch hilffts jhn lauter nichts das Leben zuerhalten / Man wrget jhn geschwind’ vnd lest jhn kaum erkalten Nimbt drauff was brig war vnd raubet ohne Zahl 884. Geld / Kleider / Silber / Gold vnd Haußrath allzumahl. Der steckt den Seckel voll / vnd der hat seinen Wagen So dicht’ vnd voll gepackt / daß er nicht mehr kan tragen / Ein ander hat sein Pferd beschwert mit solcher Last / 888. Daß es kaum schreiten kan: Ein ander zrnet fast / Daß er nicht mittel hat die Huser mit zu nehmen Zu rauben Holtz vnd Stein / ja keiner thut sich schmen Die alte Kirchen-Zier zu plndern / noch was Gott 892. Zu Dienst geheiligt ist: Sie treiben jhren spott Mit Gottes Hauß vnd Gut / sie rauben Kelch’ vnd Kannen Vnd achten lauter nichts der armen Priester Bannen / Sie gluben / daß kein Gott / noch Geist / noch Teuffel sey / 896. Ja halten / daß sie gar sind fr der Hellen frey. Wenn alles nun erwrgt / wenn alles ist gestohlen / So wird zu guter letzt den Mrdern anbefohlen / Das sie in schneller Eil versichern jhren Raub 900. Vnd legen denn die Stadt erbrmlich in den Staub Ach Trawrigkeit ohn’ end’! Jch sehe schon die Flammen Sich schwingen in die Lufft / das Vlcklein leufft zusammen / Daß man vergessen hat zu Schlachten in der frist. 904. Als die betrbte Stadt durch Sturm erobert ist. Das Fewr frist vmb sich her mit solcher Macht vnd Krachen /

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Daß es die harten Stein’ auch endlich weich thut machen / Der Dampff erfllt die Lufft so grawsahm / daß schier auch 908. Der Sonnen klares Liecht wird tunckel durch den Rauch. Das Fewr geht weiter fort / die Kirchen zu verschlingen Mit jhrer Thrme Pracht vnd so viel edlen Dingen / Als Althar / Bilder / Stein’ / vnd was der Knstler Hand 912. Dahin gesetzet hat / diß alles wird verbrand. Die Orglen / da man GOTt pflegt frewdig mit zu loben / Verlassen jhren Klang vnd fangen an zu Toben Getrieben durch die Flamm’ / jhr’ hohe Kunst vnd Zier 916. Fleugt auff im Augenblick wie Lumpen vnd Papier. Schaw’ an / wie schnell das Fewr die Glocken kan ereilen. Gib acht auff jhren Tohn / horch / wie sie klglich Heulen / Wie schleunig jhr Metall sich in den Sand ergeust 920. Vnd gleich wie Wasser von den hohen Trmen fleust. Sie fallen schon herab: Bald folget in der Hitze Die Zier der gantzen Stadt / die wolerbawte Spitze / Die strtzet vnter sich / (O Jammer vnd Gefahr!) 924. Vernichtet alles / was noch gantz vnd vbrig war. Da steht die gute Stadt mit Fewr vnd Rauch’ erfllet Wird lauter Asch’ vnd Staub / die Gluth wird nicht gestillet Biß daß ein der Platz vnd schwartz verbrandtes Feld 928. Dem frembden Wanders-Mann wird endlich frgestelt. Diß schaffet vns der Krieg / diß sind die schnen Gaben / Die wir O Mars von dir vnd deinen Leuten haben Diß ist der schne Nutz vnd die verfluchte Lust 932. Vns Teutschen leyder mehr denn gar zu wol bewust! Das vormahls volle Land ist gntzlich außgezehret / Das Vieh’ hinweg gebracht / die Drffer stehn verheret / Die Flecken ohn Gebew / die Acker voller Dorn / 936. Die Wiesen sonder Hew / die Scheuren ohne Korn. Die Stdte sind verbrandt / die Mannschafft ist erschlagen / Nur arme Weißlein sind noch brig / die da Klagen Mit Thrnen fr vnd fr der liebsten Eltern todt / 940. Sie lauffen hin vnd her / erbetlen kaum das Brod

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Zu nehren jhren Leib / der gleich dem Schatten schwebet / Sie Schreien: Ach vnd weh / daß wir die Zeit erlebet Da vnser Vater-Land / das vor so glcklich war 944. Durch Krieg nun worden ist zur wsten gantz vnd gar. Schaw’ an den schwartzen Berg / da vormahls ist gestanden Ein wol erbawtes Schloß / nun ist nichts mehr frhanden Als nur die Stell’: Hie auff der eben lag die Stadt / 948. Die so viel hundert Jahr mit Lust geblhet hat. Hie war ein lieblichs Feld / hie wolgepflantzte Garten; Jtzt wil sich leyder nichts / als Dorn vnd Diesteln Ahrten. Hie war ein schn Gezelt von Bwmen auffgesteckt; 952. Jtzt wird der gantze Platz mit Mist vnd Koht bedeckt. Hie war der Spieler Bahn / sehr knstlich außgestochen; Jtzt seh’ ich leyder nichts als lauter Menschen Knochen Der Krieg hat alles arm / wst’ / d’ / vnd schwach gemacht 956. Vnd nichts als tausend Plag’ in Teutsch-Land wiederbracht. Nun Holstein merck’ es wol / kurtz / hab ich dir beschrieben Wie jmmerlich der Krieg die Lnder kan betrben / Damit du lernest / gleich wie andern ist geschehn 960. Es eben so bey dir (Gott wend’ es) knn’ ergehn. Wir sind / O Vater-Land nicht minder abgeschritten Von wahrer Gottesfurcht / als die / so viel erlitten. Wir haben eben wol verdient die Straff’ vnd Zorn / 964. Als die jhr Hauß vnd Hoff / Geld / Gut vnd Blut verlohrn. Was hindert vns denn doch / daß wir es nicht erkennen / Daß wir nicht danckbahr seyn / vnd vnsern Schpffer nennen Den Vater aller Gt’ / ein’ Abgrund grosser Trew / 968. Der sehr barmhertzig vnd den Sndern gndig sey? Erhebe deine Stimm’ / O Holstein / laß erklingen Ein frlichs Lob-Gedicht’ / ermuntre dich zu singen Ein Lied auß Hertzen grund’ / Auff / auff vnd zeig’ es an 972. Den Vlckern / was der HErr dein Gott an dir gethan. Wie sich ein Vater pflegt der Kinder zu erbarmen Vnd strafft sie nicht zu hart / so hat der HErr’ vns Armen Die wolverdiente Plag’ erlassen gnediglich /

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976. O Vater / solten wir nicht ewig preisen dich? Es ist des HErren Gt’ /es ist des HErren Gnade / Es ist sein Vater-Hertz; Daß der so grosse Schade / Der vnser teutsches Reich fast gar verderbet hat 980. Von vns sich abgewand / O Trew! O Wunderthat! Wie sollen wir O HErr / wie sollen wir bezahlen Den Reichthumb deiner Lieb’ / auß welchen du die Strahlen Geschossen hast auff vns / die wir dein scharffes Schwert 984. Zu schmecken vnd nicht nur die Ruhte / lengst sind wehrt? Du hast vns deine Straff’ auch vormahls zugesendet / Vnd doch den schweren Krieg so Vterlich geendet Daß wir ja ewiglich dir mssen danckbahr seyn / 988. Drumb singen wir dir stets Lob / Preiß vnd Ehr’ allein. Bedencks / O Vater-Land / wie tapffer fr vns streben Die Helden / so vns Gott zum schutz’ vnd trost gegeben Wie sie so ritterlich fr vnsern Grentzen stehn / 992. Daß sich kein Feind gewagt in vnser Land zugehn. Schaw Christian den Held den grossen Potentaten / Dem’ all sein hohes thun so trefflich muß gerahten / Daß auch der bleiche Neid darber selbst sich frist / 996. Weil dieser HErr die Kron vnd Preiß der Frsten ist. O Knig / hett’ ich nun des edlen Rmers Zungen / Damit er manches mahl das grosse Rohm bezwungen / Ja hett’ ich dessen Kunst / der ehmahls pflag zu stehn 1000. Mit der GelehrtenSprach’ am Marckte zu Athen! Frwahr so wolt’ ich dich so hoch vnd dahin fhren Durch Wolcken / Fewr vnd Lufft / wo Phœbus thut regieren / Denn deine Tapfferkeit mit klugem Rath verdeckt 1004. Jst weiter als nur hie auff Erden außgestreckt. Es muß dein hoher Nahm’ / O Knig ferner reichen / Als da die Sonne pflegt des Morgens her zuschleichen / Er muß viel weiter gehn / als da jhr heller Schein 1008. Sich strtzet in die See vnd lest es finster seyn. Weiß doch der schwartze Mohr von deiner Macht zu sagen /

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Vnd der Memphiter pflegt / O Held / nach dir zu fragen / Ja dort / wo Finsternß so lang’ hat vberhand 1012. Verjagt der Sonnen Liecht / da bist du auch bekand. O grosser Capitain, wie darff ich mich erkhnen Zu steigen vber mich / zu treten auff die Bhnen Da die Poeten gehn / vnd schreiben auch hinan 1016. Was du O Liecht der Zeit / was du bey vns gethan? Zwar / ich bin viel zu schlecht / doch / weil ich nichts kan schencken / So thu ich wie der Bawr / der seinen Printz zu trencken Ein Hand voll Wasser bracht’ / es ist doch offt geschehn 1020. Daß man den willen fr die That hat angesehn. Jch weiß in welcher Noth das Vater-Land gewesen / Auch weiß ich / daß es nur durch deinen Rath genesen / Was wunder ist es denn / daß wir dir ins gemein 1024. Fr solche grosse Gt’ vnd Wolthat danckbahr seyn? Daß wir in Fried’ vnd Ruh diß edle Land bewohnen / Vnd daß man vnser muß mit Krieg’ vnd Raub verschonen / Daß wir bey Tag vnd Nacht fr Brennen sicher seyn / 1028. Daß dancken wir nur GOTt vnd dir / O Held / allein. Dich hat der Himmel selbst von Ewigkeit erkohren Zu fhren Kron vnd Schwert; Du Knig bist gebohren Zu trost dem Vater-Land’ vnd aller Welt zu Lust / 1032. Denn dein gerechtes thun ist vberall bewust. Wer Teutsch-Land diese Zeit mit den erhitzten Waffen Jn Freyheit setzen wil vnd Sicherheit vns schaffen / Der schawet nur auff dich: Dein Alter vnd Verstand 1036. Hat gantz Europen schier allein auff dich gewand. O Lew’ auß MitterNacht! O Herrligkeit der Dehnen / Wie mancher thut sich doch nach solcher Freyheit sehnen Wie manches Land begehrt die angenehme Ruh’ / 1040. Jn welcher wir durch dich diß Leben bringen zu! O Frst’ auß Nordenreich / du Held der alten Wenden / Du gibst vns Sicherheit / du lest an allen Enden Glck / Fried’ vnd Segen seyn; Es ist kein mangel schier

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1044. Bey deinem Regiment / denn GOTT der ist mit dir. O thewrer Christian / O Held von Gott gegeben / Du Gohten Knig du / wir wnschen / daß dein Leben Sich manches Jahr erstreck’ / auff daß das Vater-Land 1048. Durch dich erhalten werd’ in gutem Friedes-Stand’: Es lasse dich der HErr / der dich mit Gaben schmcket Jm rahten mechtig seyn / biß daß werd’ vnterdrcket Der lang gehegte Krieg: Gott stercke dich mit Macht / 1052. Biß vns der Friede sey in Teutsch-Land wiederbracht. So lang die schnelle Sonn den Himmel wird durchrennen / Vnd man den vnterscheid von Tag vnd Nacht wird kennen / So lang ein kluger Geist wird knstlich schreiben an 1056. Was deine Tapfferkeit vnd hoher Muth gethan; So lang’ ein raucher Wind wird auff den Klippen sausen Vnd der erzrnte Behlt an seinem fern brausen / So lang’ O Vater / wird bey Menschen ins gemein 1060. Dein Knigliches Thun auch vnvergessen seyn. So komm’ O Cimber-Land / hilff mir mit danck’ erheben Die Ruh’ vnd Sicherheit / die Gott vns hat gegeben / Komm / preise deinen Fried’ vnd dessen Nutzbahrkeit / 1064. Der alles das was lebt an Leib vnd Seel’ erfrewt. Was ist diß Leben doch / im fall man nicht kan hren Den sssen Himmels-Trost / den vns die Hirten lehren Durch Gottes Geist erweckt? O selig ist das Land 1068. Da man die rechte Bahn zum Himmel macht bekand! Bedencks O Vater-Land / wie thewr ist doch zu schetzen Das edle Gottes Wort / das vns im Creutz’ ergetzen Ja in der hchsten Noth so mchtig trsten kan 1072. Daß wir den Todt auch selbst mit frewden treten an. Diß Wort gibt vns der Fried’. Ein jeder kan Gott lieben Vnd sich in dessen Furcht / (O schnste Tugend!) ben / Sich selber kan er erst recht kennen / vnd zuletzt 1076. Den / der jhn in die Welt zum Brger hat gesetzt. Wenn Fried ist / kan man Gott auß seinem Wort’ ersehen

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Dabey auch der Natur dreyfaches Buch durchgehen Das lehret / wie der Mensch’ / als Kruter vnd Metall 1080. Bezeugen / daß ein Gott sey Herrscher vberall. Diß wircket denn in vns des Geistes rechten Glauben Der heist vns muhtig seyn / im fall man vns wil rauben Nur das was zeitlich heist / denn der / so Gottes Macht 1084. Dazu auch seine Gt’ helt stets in trewer acht / Der frchtet weder Todt / noch tausend andre Plagen / Er trawet nur auff Gott / vnd darff es khnlich wagen Der Warheit / wenn sie Noth muß leyden bey zustehn / 1088. Vnd solt’ er auch darob im Fewr zu trmren gehn. Hierauß kombt Hoffnung / die erwartet nur mit frewden Wenn Gott beschliessen wil die Plagen vnd das Leiden / Sie spricht / ich hoff’ auff jhn / mein Schpffer der weiß wol / 1092. Wie bald er auß der Angst vnd Noth mich retten soll / Jhm traw’ ich sicherlich / so lang’ ich leb’ auff Erden / Denn Hoffnung lesset nie ein Hertz zu schanden werden Das Gott ergeben ist / ja mitten in der Pein / 1096. So solst du doch mein Gott vnd trewer Vater seyn. Wo Fried’ ist / da wird auch der Mensche starck getrieben Den HErren seinen Gott auß gantzer Krafft zu lieben / Gott lieben ist allein der Weißheit hchster Schatz 1100. Dadurch erhalten wir in Noth vnd Todt den Platz: Gibt Gott / so nehmen wir / nimbt er / wir sind zu frieden / Gut / Gelt / Ehr’ / Herrligkeit / vnd was noch mehr hie nieden So hoch geschetzet wird / das halten wir fr Koht / 1104. Wir herrschen durch die Lieb’ auch vber Snd’ vnd Todt. Gott lieben lehret vns / die Welt vnd alles hassen / Ja Vater / Mutter / Sohn vnd Bruder zu verlassen Denn wer recht lieben kan / der helt das in der That / 1108. Was Christus vnser HErr so hart befohlen hat. Wo Fried’ ist / da ist Furcht / dem HErren zugefallen Der diese Donner-Stimm’ annoch lest tglich knallen: Jch bin ein starcker Gott / ich straff’ im Zorn vnd Grimm 1112. Euch alle / die jhr nicht gehorchet meiner Stimm’

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O edle Gottesfurcht / wie mechtig kanst du zehmen Die Snder / daß sie noch diß Wort zu Hertzen nehmen / Daß jhnen Gottes Zorn vnd Straff’ in dieser Welt 1116. Vnd dort der Hellen Angst vnd Pein fr Augen helt! Wenn Fried’ ist / kan der Mensch zu Gott von Hertzen schreyen Vmb seine Gnad’ vnd Geist / vmb Wolfahrt vnd Gedeyen Vmb Leben / Ehr’ vnd Gut / wie Christus selber lehrt 1120. Als der vns alles gibt / was vnser Hertz begehrt. Er spricht ja: Ruff mich an / wenn dich in hchsten Nhten Der starcke Sathan plagt / wenn dich die Welt wil tdten / So wil ich bey dir seyn / mein’ Hlff’ ist auff der Bahn / 1124. Drumb klopffe nur / es wird dir wahrlich auffgethan. Diß schaffet vns der Fried’. Hie muß ich ferner lehren / Wie der / so friedlich lebt / den Schpffer kan verehren Mit stetem preiß’ vnd danck’: Er leget sich zur Ruh’ / 1128. Vnd wenn er Gott gelobt thut er die Augen zu / Schlfft sicher / sanfft’ vnd sß’ / er hat sich dem befohlen Der Jacobs-Hter ist / dem nichts bleibt vnverholen Der selber helt die Wacht: Kombt Phœbus denn heran / 1132. Den Thetys seine Braut nicht lenger halten kan / Erwachet er vom Schlaff’ vnd schawet an mit frewden Das helle Tages-Liecht / er hret auff den Heyden So manches Vgelein mit wundersssem Schall 1136. Lobsingen seinem Gott’ vnd Schpffer vberall; Denn spricht er / liebe Seel’ auff / auff / du must erheben Den / der sich selber dir zu eigen hat gegeben / Der biß auff diesen Tag dich wunderlich erhelt 1140. Vnd die vergangne Nacht dir Wechter hat bestelt: Wollauff du meine Seel’ / ich wil den HErren preisen / Jhm wil ich danckbahr seyn / jhm wil ich Ehr’ erweisen / Denn seine Gt’ vnd Trew / die ewiglich besteht / 1144. Erstrecket / sich so weit als selbst der Himmel geht. So preiset man zur Zeit des Friedens Gottes Wercke / Vorauß / wenn er vns hat in nhten seine Strcke Vnd Allmacht lassen sehn / denn ruffen wir: O Gott

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1148. Du / du bist vnser Hort / du grosser Zebaoth. Du kanst dein liebes Volck an seinen Feinden rechen / Du kanst der Krieger Schild’ vnd Waffen leicht zubrechen Ja wenn noch Geld noch Gut auß Noth erretten kan / 1152. So siehest du vns HErr mit grossen Gnaden an. Du Hter Jsrael / lest vnsern Fuß nicht gleiten Du pflegst vns einen Tisch mit Frewden zu bereiten / Du speisest Leib vnd Seel / gibst Korn / Obst / Oel vnd Wein 1156. Wie knnen wir O HErr dir gnugsahm danckbahr seyn! Diß schaffet vns der Fried’ / als erstlich / Gott erkennen / Nach der Erkentniß jhn von Hertzen Vater nennen / Sich trsten seiner Gt’ / in Hoffnung standhafft seyn / 1160. Jhn bitten in der Noth / vertrawen jhm’ allein Jn Vnglck vnd Gefahr: Sein’ Hlff’ vnd Beystand suchen: Empfinden seine Gunst / wenn Menschen vns verfluchen / Befehlen Leib vnd Seel gantz frewdig seiner Hut 1164. Vnd preisen jhn mit danck’ als’ vnser hchstes Gut. Nun lernet / wie der Mensch sich ferner kan bereiten Zu dienen seinem Gott’ / auch wie zu Friedens-Zeiten Er selbst sich kennen kan; Diß ist die grosse Kunst / 1168. Dadurch ein frommer Christ des Himmels Lieb’ vnd Gunst Ja Gottes Huld’ erwirbt / denn wer sich selbst kan richten / Dem schadet alle Macht des Belials mitnichten / Er weiß sein eigen Fleisch zu zehmen / daß die Nacht 1172. Der Snden nicht auß jhm’ ein Kind der Hellen macht. Er kan zu Gott bekehrt / von seiner Bßheit lassen / Er ist der Tugend Knecht / die Laster muß er hassen / Er / als’ ein Himmels-Freund verleugnet diese Welt 1176. Vnd thut das ohne zwang / was seinem Gott gefelt. Hierauß entspringen nun der edlen Weißheit Gaben / Die wir mit Salomon allein von oben haben / Wer nun damit geziert / der ist ja hoch vnd werth 1180. Zu halten / weil jhn Gott gleich selber hat verehrt. Ja selig ist der Mann / der alles Eitle meidet Vnd seinen Geist allein in solcher Klugheit weidet

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Die auß dem Himmel kombt / frwahr der bleibt ohn’ Hohn 1184. Ohn’ Vnglck vnd Gefahr / Gott selber ist sein Lohn. Diß schaffet vns der Fried’ / ein Schatz dem nichts zugleichen / Wo Fried’ ist / darff man nie den stoltzen Schnarchern weichen / Da ist man groß von Muth vnd starck von Tapfferkeit / 1188. Man zwinget seinen Sinn vnd wahrtet nur der Zeit Da ist Gedult vnd Trost: Großmhtig kan man sagen: Jch wil des HErren Zorn vnd schweren Grimm ertragen / Gefelt es meinem Gott / daß ich noch lenger zieh’ 1192. An diesem Vnglcks-Joch / wolan / so bin ich hie. Ey hab’ ich doch von Gott vnzehlich guts empfangen Was trag’ ich denn im Creutz nach hlff ein solch verlangen / Was seufftz’ ich dennoch viel? Der HErr weiß seine Zeit / 1196. Sein thewrer Nahm der sey gepreist in Ewigkeit. Wenn Fried’ ist / kan der Frst’ im Lande Recht erhalten / Er liebet guten Rath vnd hret was die Alten Zu nutz dem Vater-Land’ jhm geben fr bericht / 1200. Dem folget er allein’ jhr Rath verfhrt jhn nicht. Hat nicht Rehabeam durch falschen Rath verlohren Zehn Stmme die jhn schon zum Knig’ außerkohren? O wie viel besser ist im Fried’ erforschen Rath 1204. Vnd folgen als’ im Krieg’ erfahren mit der That Den grossen vnterscheid! Wie kan sich doch ergetzen Der Landes-Herr so offt mit Jagen / Beitzen / Hetzen Wenn Gott vns Frieden gibt? Wie kan er sich so bald 1208. Sampt seinem Hofe-Volck verfgen in den Wald Vnd treiben auff mit Lust die Hasen / Hirsch’ vnd Hinden / Verfolgen solche Thier mit Netzen / Bchsen Winden / Versorgen seine Kch’ / vnd ben sich zugleich / 1212. Daß er gesund vnd starck viel lieber Jahr’ erreich’ O schner Friedens-Nutz! Ein Held dem Fried’ ergeben Jrenen trewer Freund der kan sein gantzes Leben Mit Kunst vnd Wissenschafft durchsssen Tag vnd Nacht 1216. Daß jhn hernach bey Gott vnd Menschen Liebreich macht. Er kan zur Friedens-Zeit schier alles was zu finden

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Jn Wasser / Lufft vnd Erd’ auff seinen Schloß’ ergrnden / Er kan das suchen / was so mancher hat begehrt 1220. Zu wissen / das jhm doch sehr schwerlich ist gewehrt. Er kan wie Salomon / viel schner Garten pflantzen Die etwas ntzer seyn als starcke Krieges-Schantzen: Er kan / wie Cyrus pflag die Bwm’ in gutes Land 1224. Versetzen / welche Mh’ ist besser angewand / Als wenn das beste Holtz im Walde wird gefellet Zum Zimmer der Casteel / auff die man Stcke stellet Zu machen wste Stdt’: Es ist der Trcken Art / 1228. Zerschmettern was zuvor mit Mh’ erbawet ward. Was ist im Gegentheil doch schner anzusehen / Als wenn die newen Stdt im Vater-Land’ auffgehen Mit Husern voller Guts / mit Garten voller Lust / 1232. Wie dir mein Cimber-Land ist hie vnd da bewust; Jch meine dich / du Stadt am Elbestrohm erbawet Die Christian der Held dem Glck’ hat anvertrawet / Die sich mit jhrem Glantz so prchtig thut herfr / 1236. Daß sie jtzt billich heist des Landes hchste Zier. Wie lblich ist es doch / wenn Teutsch-Land wird verheret / Daß denn ein grosser Frst sein Land mit Stdten mehret / Er grssert das / was klein / verstrcket das / was schwach / 1240. Dem folgt ein ewigs Lob bey aller Welt hernach. Mit frewden schawen wir / die wir im Friede sitzen Jn dir O Vater-Land der schnsten Schlsser Spitzen / Mit frewden schawen wir der Stadt vnd Flecken Pracht / 1244. Den Friede Fried’ allein zu wegen hat gebracht. O Fried’ / O Einigkeit / du hast so hoch erhaben Der Frsten wehrtes Paar / daß jhre thewre Gaben Sich schwingen durchs Gercht’ in dieser Welt / so weit 1248. Als Christian der Held vnd Fridrich sind beschreit: Jhr liebet ja zugleich den Honigsssen Frieden Recht Christ- vnd Fridenreich: Jhr wisset daß hie nieden Kein besser Kleinoth sey als Friede / der das Land 1252. Beschirmet fr Gefahr / Mord / Plndern / Rauben / Brand.

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O Holstein / deine Stdt’ vnd Schlsser sind gestiegen Auff Berg’ vnd Thal herfr / da tausend andre ligen Mit Aschen zugedeckt: Gott gnne dir dein Glck 1256. Du Stadt des Glckes du / der Stdte Meisterstck’. Vnd du / O schnstes Schloß / du Gottorff an den Hglen Das Fama hat gebracht auff seinen schnellen Flgeln. Biß gar in Persen-Land / der Hchste steh dir bey 1260. Daß lauter Fried vnd Ruh’ in / vmb vnd auff dir sey. Gottlob / es stehen fest’ vnd jauchtzen gleich fr frewden Die Flecken / Schlsser / Stdt’ / als die des Krieges Leyden Dißmahl empfunden nicht: Die Elb’ ist vnbeschwert 1264. Wie auch der Eyderstrohm / die mancher zwar begehrt Mit einer frembden Fluth in seine Macht zubringen Dadurch diß edle Land von Holstein zu bezwingen / Noch stehet Gott fr vns / noch sind die Flsse frey / 1268. O Friede / du verknpffst; Krieg / Krieg du brichst entzwey. Jhr Stdte / preiset Gott / so viel in vnsern Landen Bey dieser Sicherheit vnd Frieden seyn verhanden Du Hamburg sonderlich / das du durch Mh’ vnd Macht 1272. Den Handel biß so gar in China hast gebracht: Vnd du / O newer Pracht des Flusses / der vns schicket Von Ost vnd Westen her / was vnsern Leib erquicket Des guten Glckes Stadt / erkenne diesen Schatz 1276. Des Friedens / der in dir vnd vns behelt den Platz. Sey danckbahr Friedrich-Stadt / du Tnningen daneben / Bedencket / was fr Ruh’ euch allen ist gegeben Durch Gottes grosse Gt’: O Flenßburg mercke doch 1280. Wie du entgangen bist dem schweren Krieges-Joch’: O Schleßwig / Husuim / Kiel / jhr Facklen der Holsaten / Bedencket / wie im Fried’ euch allen ist gerahten: Du Renßburg / Jtzeho / du Crempe / die du fest 1284. Von Wall’ vnd Wasser bist / Fried’ ist ewr allerbest. Du altes Oldenburg / fr mehr denn tausend Jahren Berhmt in aller Welt / Fried’ ist dir wiederfahren.

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Du stilles Ecklenfrd’ an Schwantzen / nim in acht 1288. Den Ntzen / den auch dir der Fried’ hat wiederbracht. Jn dir O Holstein / sol des HErren Lob vermehren Dein Anglen / Schwantzen / Strand / den Frieden sol verehren Das fruchtbahr Eyderstdt / das schier im Wasser lebt 1292. Sampt seinem Stapelholm / wo gegen vber schwebt Dithmarsen / meine Lust / daß ehmahls mich ernehret Vnd wol gehalten hat / hrt wie euch Rist beschweret: Jhr Lnder / dancket ja bey dieser bsen Zeit 1296. Dem Hchsten fr ewr Glck / fr Fried’ vnd Einigkeit. Wo bleibt denn Wager-Land sampt Lbeck an der Traven / Wo diese edle Stadt mit jhrem schnen Haven Sich prchtig schawen lest? Fried’ ist jhr hchstes Gut / 1300. Fried’ ist allein die Mawr / so sie beschirmen thut. Stormahren kombt zu letzt / ein Lndlein außerkohren / Vnd du mein Pinnenberg / worvnter ich gebohren / Jn dir ist Fried’ vnd Glck / Fried’ / ist am Elbestrand / 1304. Fried’ auff den Drffern / Fried (hilff HErr!) durchs gantze Land. O wolte wolte Gott / daß ich dem wehrten Helden Von Schawenburg durchauß den Frieden zu vermelden Vielleicht verordnet wehr’ / auff daß an allem Ort 1308. Wo er die Herrschafft hat / nur Friede wrd’ erhrt! Jmmittels wollest du mein Gott doch hier erhalten Den gldnen Friedens-Stand / gib / daß nicht mg’ erkalten Der Frsten Einigkeit / laß Frieden ins gemein 1312. O trewer Vater / vnd vorauß in Holstein seyn! Du aber / liebes Land / daß du mir hast gegeben Allhie gebohren seyn vnd nun in dir zu leben Du Holstein voller Lust / beschließlich muß ich dich 1316. Erinnern / wie dein Gott dich hat so gndiglich Vom Himmel angesehn mit mehr denn tausend Gaben / So / daß wir alles schier auch vberflssig haben /

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Was man zur Auffenthalt des Lebens nur begehrt 1320. Ja das auch / was man sonst in Frligkeit verzehrt: Der Elbestrohm / das Meer / von Osten vnd vom Westen Viel andre Flsse mehr / die geben vns zum besten Von Fischen / Austern vnd dergleichen gute Speiß 1324. So viel / daß ich sie nicht einmahl zu nennen weiß. Die Wlder / Heyden / Bsch’ vnd Berge sind erfllet / Mit Wildpret durch vnd durch: Hie steht ein Hirsch vnd brllet /

Dort leufft ein wilde Saw / hie Hasen / dort ein Reh’. 1328. Hilff Gott was Vgel gibts / wenn ich die Lufft anseh’! Es ist hie kein Gebrech an Schnepffen / Lerchen / Hahnen Die auff den Bergen gehn: Es mangel nicht an Schwanen / Der Reiger / Wachtlen / Specht’ vnd Kranich sind so viel / 1332. Daß ich ein jedes Land schier damit trotzen wil. Was zahme Vgel sind / die siehet man mit hauffen Auff jhrem Mist’ vmbher vnd fr den Drffern lauffen / Als / Hner / Aenten / Gnß’ vnd Tauben / welche nur 1336. Den Bawren sind gemein: Wie hat vns die Natur Doch so ein fruchtbahr Land vnd Acker-Werck bescheret / Daß es nicht Holstein nur gantz mildiglich ernehret / Besondern auch so gar viel Vlcker vber Meer: 1340. Denn bald so kombt ein Schiff auß Nieder-Land daher Bringt Geld vnd hohlet Frucht / ja preiset vnsern Weitzen / Als dessen Gtigkeit sie pfleget anzureitzen Zu schiffen vber Meer: Hispanien wird offt 1344. Von vnsern Frchten satt / wenn Thewrung vnverhofft Jn diesem Reich’ entsteht. O hochgesegnete Lnder Von tausend Gaben reich / im fall die Frieden-Schnder Auß euch verbannet seyn! Was nun Getrnck’ vnd Bier 1348. Betreffen thut /das ist so mancherley daß schier Ein jeder jhm erwehlt was sonderlichs zu schmecken / Wir knnen auch mit Lust hier guten Honig lecken / Ja Butter Kß’ vnd Milch / mein’ angenehme Speiß’ 1352. Jst hie zum vberfluß’ vnd was ich sonst nicht weiß

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Zunennen. Dieses Landt trgt Schaffe / Kh vnd Ziegen / Die in den Wiesen schier mit Klee bedecket liegen / Die geben jhre Milch so bald die Sonn’ auffsteht / 1350. Zu Mittag’ abermahl / vnd wann sie schlaffen geht. O wohlbegabtes Land! Den vberfluß der Rinder Auß Jtt-Land / wissen auch zu rhmen vnsre Kinder / Mein Wedel zeuget selbst / das offt’ auff gutes Glck’ 1360. Hier vbers Wasser gehn bey dreissig tausend Stck’ / Hilff Gott / was Nutzbahrkeit kan solcher Handel tragen! Jch wil hie nicht einmahl von vnsern Pferden sagen / Die Franckreich helt so hoch / daß auch fr grossen wert 1364. Der Kauff-Mann alle Jahr damit nach Nancy fehrt. Was fehlet vns dennoch? Holtz ist ja auch zu kriegen Das Land heist Holtz vnd Stein; Wer aber das vermgen Zu kauffen Holtz nicht hat / derselbe kan ja wol 1368. Torff brennen / welcher auch thut endlich was es sol. Kein mangel ist Gott Lob / bey vns an solchen Dingen / Durch die der Mensch’ allhier das Leben zu muß bringen Denn / was vielleicht betrifft den angenehmen Wein / 1372. So schickt vns Spanien auch Franckreich vnd der Rein Desselben mancherley: Nun / Engel-Land gibt Tcher Hispanien Gewrtz’ vnd gantz Europa Bcher / Mit welchen Holstein jtzt viel besser ist erfllt 1376. Als Teutsch-Land / wo der Krieg annoch bleibt vngestillt. Daher geniessen wir / Gott Lob / so thewrer Gaben / Mit welchen tapffre Leut’ an vnsern Hfen traben Wie denn jhr’ kluges Thun ist vberall bekand / 1380. Dadurch erhalten wird das wehrte Vater-Land. Handwercker / Kauffmanschafft vnd gute Knste blhen Jn Stdten vberall: Gelehrte Leut’ erziehen Jhr allerliebstes Pfand / die Kinder ins gemein 1384. So rhmlich / daß sie bald den Lndern ntzlich seyn. Das Frawen-Zimmer ist von Sitten vnd Gebehrden So hfflich vnd geschickt als’ einigs Volck auff Erden / Dadurch wird keusche Lieb’ in mancher Seel’ erregt /

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1388. Biß sich ein redlichs Paar in Zucht zusammen legt. Hiedurch wird Gott gelobt / der Menschen Zahl vermehret / Der Frsten Macht gesterckt / das Vater-Land geehret / Den Drffern geht es wol / die Flecken stehn in Ruh’ 1392. Die Stdt’ erheben sich / O Friede das machst du! Ja alle Nutzbarkeit von vns zuvor beschrieben O Friede kombt von dir: Dich wil der Knig Lieben Mein Christian der Groß’ vnd Fridrich, den die Welt 1396. Von Sinnen reich vnd klug / von Thaten mchtig helt. Das Haus von Schowenburg wird sich dir gantz ergeben Du gldner Friede du: Graff Otto wird erheben Dich ber Geld vnd Gold: Graff Christian von Pentz 1400. Der tugendreicher Held wird wie der schne Lentz Jm Winter dieser Krieg’ vns lassen Fried geniessen Durch seinen klugen Rath vnd solts euch gleich verdriessen Jhr FriedenHsser jhr / wir schreyen ins gemein: 1404. Ach Vater / laß durch sie stets Frieden bey vns seyn! Nun HErr / du grosser Gott / der du die Himmel zwingest / Der du / vnd keiner sonst / den Frieden wiederbringest / Wir wissen gar zu wol / daß ausser Fried’ vnd Ruh’ 1408. Hie nichts bestendig ist: Ach gib doch gndig zu / Daß alle Knige vnd grosse Potentaten Der Krieg-ergeben Welt zu Fried’ vnd Eintracht rahten / Damit der lange Krieg werd’ einmahl abgestelt 1412. Vnd jederman mit Lust erbawen mag sein Feld. Ach laß’ vns lauter Pflg’ an stat der Bchsen sehen / Gib / daß kein bluhtigs Schwert durch vnser Land kan gehen /

Laß Holstein friedlich seyn / straff’ vnsre Bßheit nicht / 1410. Ach HErr’ / heb’ vber vns dein freundlichs Angesicht. Laß vns dein gndigs Wort / O trewer Vater / hren Jn welchem du versprichst den Frieden zu verehren Den Frieden / da sich nur begegnen Gt’ vnd Trew’ 1420. Auff daß Gerechtigkeit an allen Enden sey. Hilff HERr / daß vnser Land mag sein Gewchse geben /

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Doch daß wir allererst nach deinem Reiche streben / Mach’ vnsre Riegel fest vnd starck du grosser Gott / 1424. Halt’ vber vns / daß wir der stoltzen Feinde Spott Nicht werden: Thu doch HErr’ auß Gnaden vnser schonen / Laß’ vns auß lauter Gt’ in Friedens-Husern wohnen Daß nicht in diesem Land’ auch Blut vergossen werd’ 1428. Als Wasser / so sich lest verschlingen von der Erd’. O grosser Zebaoth / du hast in deinen Hnden Die Hertzen aller / die den schweren Krieg zu enden Von dir erwehlet seyn / ach schick’ es daß sie sich 1432. Ergeben gantz der Ruh’: Ach HErr wir bitten dich Der du den Frieden pflegst wie Wasser auß zubreiten / Laß’ allzeit Friede seyn bey vns / zu vnsern Zeiten / Du Friedens-Vater du / gib daß der Engel Schaar 1436. Die dir zu Dienste steht / diß edle Land bewahr. Auff daß stets Friede / Ruh’ vnd Eintracht bey vns bleiben / Vnd wir in Lieb’ vnd Trew diß Leben gantz vertreiben Ach gnn’ vns deinen Fried’ HErrGott bey dieser Zeit / 1440. So preisen wir dich hie / vnd dort in Ewigkeit. ENDE

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Erklrung oder Außlegung der frembden Wrter vnd ­Nahmen / fr die Einfltigen. Versu 49. DA kam vns ein Gercht’) dieses war die betrbte Zeitung von der annahung des Kyserlichen Krieges-Heeres vnter dem Graffen von Gallas / wovon das Gerchte zu anfange des Aprilis / im 1638 Jahre bey vns durchs gantze Land erschollen / vber welches bey jedermnniglichen eine so ­grosse Furcht entstanden / daß nicht eine geringe Anzahl der Holsteinischen Einwohner mit jhren besten Sachen in die nechst gelegenen Stdte vnd Vestungen sich begeben.

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Versu 69. Gleich wie / wenn Attila) Attila, der HunenKnig / ein grewlicher Tyrann / der sich selber eine Furcht aller Welt vnd Geissel Gottes pflag zunennen / hat viel Herrliche Stdte in Teutsch-Land / Jtalien vnd Franckreich jmmerlich zerrissen vnd verbrennet. Zu seiner Ankunfft flohe jederman wohin er knte oder vermeinte sicher zu seyn. Es ist aber dieser Blutvergiesser nach den gerechten Vrtheil Gottes / des Morgens in seinem eigenen Blute ersticket / bey seiner Braut (die er im hundert vnd vier zwantzigsten Jahr seines alters / auß Geilheit vber vorige seine Weiber genommen) todt gefunden / vnd hernach von seinen Frsten mit einem grossen Schatze von Gold vnd Silber auffs aller prchtigste begraben worden. Er ist gestorben im 458 Jahr nach Christus Geburt / wie Funccius vnd Crusius in jhren Zeit-Bcheren melden. Wer ein mehrers von dem Leben vnd Geschichten des Attila begehret zu wissen / der lese / was Dresserus, Hedion, sonderlich aber was Paulus Jovius davon hat geschrieben / bey denen wird er gnugsahmen bericht erlangen. Versu 176. Kein Argus kan ja schier) Argus, schreiben die Poeten / habe hundert ­Augen im Kopffe gehabt / damit er der Jo desto besser hten knte / er ist aber nichts desto weiniger durch den sssen Schal der Pfeiffen von dem Mercurius betrogen / vnd nach dem er darber entschlaffen bald erwrget worden / wovon ich an einen anderen Orte etwas weitleufftiger geschrieben. Versu 197. Adonides die wil ich dir mit hauffen zeigen) Adonis, des Cyprischen Kniges Cynara vnnd der Myrrhen Sohn / ist von der Venus hefftig geliebet worden. Dieser / als er in den Jdalischen Wlderen mit Jagen sich belstigte / ist in seiner frlichen vnnd blhenden Jugend von einem grimmigen wilden Schwein erbrmlich getdtet worden: Die Venus aber hat nach vielen Heulen vnd Weinen seinen todten Leichnahm in eine schne Blume / (welche nach seinem Nahmen auch Adonis heisset / vnd von Farben Bluth­ roth scheinet) verwandelt. Dieses alles ist bey dem Ovidius, Theocritus, Orpheus vnd anderen etwas weitleufftiger zu lesen / insonderheit hat der Natalis Comes im 16 Capitel des fnfften Buches seiner Fabulendeutungen außfhrlich hievon geschrieben. Versu 201. Cupidines die find’ ich hie mit grossen Scharen.) Jn was grewlicher vnd erschrecklicher Blindheit die abgttische Heyden ehmahls mssen gelebet haben / ist auß diesen einigen gnugsahm zu ersehen / daß sie die allerschendlichste begierden des Menschen zu einem Gott / den sie Cupido genennet / gemachet haben. Es sind mehr als tausendterley Thorheiten

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von der Geburt / Leben / Kunst vnd Thaten dieses Cupido bey den Poeten verzeichnet. Hesiodus in seiner Theogonia siehet fast dahin / als sey er auß dem vermischten Klumpen / der zu anfange der Erschaffung Chaos genennet ward / erzeuget. Aristophanes der wil / er sey auß einem Ey herkommen. Orpheus der machet auß jhm einen Sohn des alten Saturnus. Die Poetin Sappho schreibet / er sey ein Kind des Himmels vnd der Erden. Simonides der tichtet / er sey vom Krieges-Gott Mars vnd der Venus gebohren. Plato vermeinet er habe gar keine Elteren gehabt / vnd wer kan oder mag alle jhre thrichte Meinungen anhero setzen: Einer hat jhm Flgel angedichtet / der ander hat jhn blind gemachet / der dritte hat jhm Bogen / Kcher vnnd Pfeile gegeben / womit sie gleichwol die Vnsinnige Begierden des Menschlichen Hertzens etlicher massen haben andeuten wollen. Vnsere Reimenmacher / die dennoch Christen seyn wollen / mgen sich billich schmen / daß sie fast in allen jhren Liederen / Sonnetten / Hchzeit vnd anderen Gedichten den verfluchten Cupido ins gemein voran setzen / vnd schier von nichts anders als nur bloß von jhm vnd seinen leichtfertigen Knsten / zu sagen wissen / denn sie vermeinen / wenn der nicht stets dabey wehre / kein Mensch wrde jhr Geschmier mit Lust lesen / woran gleichwol weinig gelegen. Mercket aber jhr Heidnische Christen; Jch glube festiglich Fraw Venus sey ein Huhr Vnd der Cupido bleib’ ein Mangel der Natur. Aber hievon knfftiger Zeit ein mehres / dafern es GOtt geliebet. Versu 205. Ja Ganymedes sind viel tausend hie zu finden) Ganymedes / des Trojanischen Kniges Trois Sohn ist (wie die Poeten sagen) wegen seiner vnvergleichlichen Schnheit von dem Jupiter (der sich in einen Adeler deßwegen soll verkehret haben) auß Harpagia geraubet / auch von der Erden hinauff gen Himmel gefhret / auf daß er daselbst dem Jupiter zu Tisch dienete vnd jhm sein Getrncke einschenckete / was aber hiedurch verstanden werde / ist bey dem Nataliß Comes mit mehreren zu lesen / vnd habe ichs auch anderswo weitleufftiger erkleret. Versu 206. Bellona folget nicht) Bellona wird von den Poeten fr eine Gttinne der Kriege vnd Schwester des Mars gehalten. Versu 210. Vnd Vesta die muß schweigen’) von der Vesta / des Saturnus vnd der Rhea Tochter haben die Alten geglubet / daß sie allezeit eine keusche vnnd vnbefleckte Jungfraw sey geblieben. Man hat jhr als einer Erfinderinnen vnd Erhalterinnen aller Huser die Erstlinge von allen Dingen geopffert / vnd hat jhr insonderheit das Rmische Volck sehr andchtig gedienet / auch sonderbahre Jungfrawen / die das ewig brennende Fewr

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bewahren msten / vnd von jhr Vestales genennet wurden / verordnet. Es wird aber durch die Vesta bey den Poeten zu zeiten das Erdreich / zu zeiten ein lufftiger Fewr verstanden / weil zwo Vesta, als die Eltere des Saturnus Mutter / die Jngere des Saturnus Tochter sollen gewesen seyn. Versu 213. Da sitzet Hercules fr Omphalen vnd spinnet) Hercules des Jupiters vnd der Alcmenen Sohn / ist wegen seiner Tapfferkeit vnd grossen Thaten vnter die Gtter gezehlet worden. Diesen / ob er zwar mit vnaußsprech­ licher Knheit die grewlichste Wunder-Thier der Welt hat bezwungen / vber das auch viel vnglublicher Helden-Thaten verrichtet / so hat er sich doch endlich durch Liebe lassen bethren / daß er auch der Lydischen Knigin / der Omphalen zun gefallen all sein Gewehr / als Keule / Bogen / Kcher vnd Pfeile sampt der Lewen-Haut hat abgeleget / vnd an statt derselben jhren Spinrocken / Flachs vnd Korb voller Spindlen zur Hand genommen / ja auch dieser Kniginnen wie jhrer allergeringsten Mgde eine hat auff gewartet vnd gedienet. Sonsten gedencket Cicero in seinem dritten Buch von der Gtter Natur / es seyn jhrer sechs gewesen so Hercules geheissen / derer wir aber zu diesem mahl nicht ferner gedencken wollen. Versu 216. Der Held Achilles selbst.) Achilles des Peleus vnd der Thetis Sohn / soll von seiner Mutter / wie er noch ein kleines Kind gewesen / in dem hllischen Flusse Styx genand seyn gebadet worden / dadurch er an allen seinen Gliederen so hart vnd fest geworden / daß er auch nirgends an seinem gantzen Leibe / außgenommen den kleinen Theil des Fusses / woran jhn seine Mutter / als sie jhn gebadet gehalten hat knnen verwundet werden. Er ist mit seinen von dem Vulcanus geschmiedeten Waffen / welche keine Menschliche Gewalt knte durchdringen noch verletzen / nebenst vielen anderen Griechischen Frsten zu der gewaltigen Belagerung Troja (wiewol gantz vngeren) gezogen / woselbst er seine Tapfferkeit dermassen hat erwiesen / daß er auch fr den allertrefflichsten Held vnter den Griechen ist gehalten worden. Diese aber seine Hertzhaffte Kriegesbungen hat er nur so lange getrieben / biß jhm seine liebste Briseis (welche jhm in Eroberung der Stadt Lyrnessus war zu theil worden) vom Knige Agamemnon ist hinweg genommen / vnd er jhrer Liebe vnd Gemeinschafft gntzlich beraubet worden / welches jhm dergestalt zu Hertzen gangen / daß er sich auch von keinem eintzigen Menschen / die Waffen ferner zu gebrauchen vnd die Stadt eroberen zu helffen hat wollen bereden lassen / biß jhm endlich die leidige Zeitung zu Ohren kommen / wie sein allerliebster vnd getrewster Freund Patroclus / vom Hector wehre erschlagen vnd vmbgebracht / welches todt zu rechen er sich schleunigst auffgemachet / vnd den ­Hector das allertapfferste Krieges-Hupt der Trojanischen Ritterschafft durch

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hefftige Rache getrieben grawsahmlich hat erwrget / vnd nach dem er dessen todten Leichnam an einen Wagen gebunden / vnd zu dreyen mahlen vmb die Mawren der Stadt Troja geschleppet / hat er jhn zuletzt dem betrbsten Vater Priamus vmb grosses Geld verkauffet. Endlich ist dieser großmhtiger Held von dem Pariß / des Hectors Bruder / welcher Schwester Polyxena er zu Heyrahten vermeinete / verrhterlich erstochen vnd im Sigæus begraben. Dieser Achilles bezeuget / daß offtmahls die allertapffersten Helden der Welt durch Liebe vnd Wollust vberwunden / in das eusserste verderben gestrtzet werden. Versu 221. Was? Agamemnon sitzt) Agamemnon des Atreus vnd der Ærops Sohn / ein Knig der Mycener vnd Argiver ist durch einhellige bewilligung aller Griechen / zum Feld Obristen vnd aller frnehmsten Krieges-Hupte (heut zu Tage Generalissimo genennet) der gewaltigen Krieges-Macht wieder die Trojaner erwehlet vnd bestetiget worden. Er hat bey solcher hohen Ehre vberauß schwere Mhe vnd Arbeit außstehen mssen / hat auch danebenst vieler mechtigen Frsten heimlichen Neide vnd offenbahrer Feindschafft mit nichten entgehen knnen. Dem Achilles hat er die schne Briseis abspenstig gemachet / welche er gleichwol nach Eroberung der Stadt Troja (als jhm die Cassandra, des Kniges Priamus Tochter zu theil worden) hat wieder von sich geben mssen. Ob jhm nun zwar ­diese Cassandra sein knfftiges Vnglck vnd jmmerlichen Todt hat vorher verkndiget / hat er es doch weinig geachtet / besondern ist wieder zu seinem Gemahl der Clytemnestra gezogen / welche jhn zwar anfangs sehr hfflich vnnd mit einer angemasseten Frewde hat empfangen vnd willkom geheissen / bald aber hernach bey einer Gasterey durch jhren Liebhaber den Ægystus (mit welchem sie in abwesen jhres Kniges eine geraume Zeit hatte Vnzucht getrieben) jmmerlich ermorden lassen. Diese Vbelthat hat hernachmahls jhr Sohn der Orestes beydes der Mutter vnd auch dem Ægystus wiederumb bezahlet / in deme er sie kurtz hernach seinen erwrgeten Vater zu rechen / jmmerlich erschlagen / wovon bey dem Homerus, Hesiodus vnd anderen ein mehreres ist zu lesen. Versu 245. Der tantzet ein Ballet) von der Eitelkeit des tantzens haben zu vnsern Zeiten viel treffliche vnd Gottliebende Mnner geschrieben. Zu wnschen wehre es / daß jhre guthertzige Ermahnungen / dadurch sie vns von dieser Leichtfertigkeit abzuhalten sich bemhet / etwas mehr vnd besser statt bey vns gefunden hetten. Wir sehen aber vnd erfahren / daß die Liebhaber dieser Eitelkeit / jhr bestes vnd eusserstes vergngen im Tantzen suchen / auch jhrem bedncken nach leichtlich darinnen finden / wie sie denn viel vnterschiedene Arten derselben erdacht / vnd mit sehr wunderbahren /

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theils Welschen / theils Frantzsischen Nahmen getauffet haben / als da sind: Der Morisco, Mattacina, Passemetzo, Courant, Galliarda, Allemande, Sarabanda, Ballet, Chiranzana, Chianchara, Paganina, Baldosa, Imperiale, Ballo di capello, Florentina, Bergamasca, Bavanen, die Siciliana, Romana, Venetiana, Saltarello, vnd viele andere mehr die ich nicht alle weiß zunennen. Versu 278. Das edle Volck der Griechen Lacedæmon genand) Lacedæmon die HuptStadt in Peleponneso, sonst Sparta genand / ist von dem Lycurgus mit Herrlichen Gesetzen versehen vnd bestetiget. Jn dieser Stadt hat der Knig Menelaus gewohnet / welchem Pariß von Troja sein Weib die schne Helena daselbst abgeraubet vnd entfhret hat. Die Lacædemonier sind vorzeiten treffliche gute Krieges-Leute gewesen / die jhre Jugend vnglublicher Arbeit / als Lauffen / Schwimmen / Hunger / Durst / Hitz’ vnd Klte leyden zum Kriege gewehneten / wie die Geschicht-Schreiber bezeugen. Versu 280. Auch der Corinther Macht) Corinthus, eine Stadt in Achaia gelegen / welche vnter allen Griechischen Stdten fr die gewaltigste vnd frtrefflichste zu jhren Zeiten ward geschtzet / hat an Reichthumb / Gewalt / Pracht vnd schnen Gebewden dermassen zugenommen / daß sie auch der Stadt Rohm sehr weinig hat nach nachgegeben / worber jhre Einwohner so stoltz vnd vermessen worden / daß sie auch die Rmische Gesandten nicht allein mit ehrenrhrigen Worten angegrieffen / besondern auch (dafern wir dem Strabo sonst glauben sollen) dieselbe mit Koht beworffen vnd sehr vbel gehalten / welcher Hochmuth jhnen aber nicht wol ist bekommen / denn kurtz hernach haben die Rmer den Lucius Mummius in Griechen-Land abgefertiget / der diese Stadt belagert / erobert / verbrennet / vnd dem Erdreich so gar gleich gemachet / daß man schwerlich kan erkennen / ob auch jemahls eine Stadt daselbst sey gestanden. Versu 285. Auff / auff / rieff Cobilon) dieser Cobilon war der frnehmste vnter den Gesandten / welche von den Lacedemoniern nach Corinthus geschicket wahren / Bndnsse mit selbiger Stadt zu machen. Versu 305. Versteht sich trefflich wol auff Rumpfen vnd Piquetten) ob zwar viel vnd mancherley Arten der Spiele / so wol auff Wrfflen als Charten gefunden werden / so habe ich doch deroselben nur etliche weinig vnd zwar die gebruchlichste allhie mit Nahmen setzen wollen / dieweil ich schier die gantze Zeit meines Lebens fr allen / sonderlich aber Wrffel vnd Chartenspielen von Natur ein Abschew getragen / was die Vrsache sey kan ich nicht eigentlich wissen.

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Versu 349. Als sie am weissen Berg’ in Bhmen sind geschlagen) diese Schlacht ist gehalten am 29 Tage des Octob. im Jahr 1620 von der Rmischen Kyserlichen Mayestt / vnd des dazumahlen newerwehlten Knigs Friederichs von Bhmen mchtigen KriegesHeeren. Die Kyserlichen vnd Byerischen Vlcker zogen auff vnter dem Befehl der beyden Graffen von Buquoi vnd Tilli: Die Bhmische welche 18000 Mann zu Fusse vnd 16000 zu Rosse starck sollen gewesen seyn / wurden gefhret von Frst Christian von Anhalt / vnd nachdem die Angrieff zwischen ein vnd zwey Vhr mit grossem Ernst geschehen / sind die Bhmen fast auffs Hupt geschlagen vnd derselben (wie man davon schreibet) 9000 auff dem Platze blieben. Der junge Frst Christian von Anhalt / der junge Graff von Thurn / ein Her­ tzog von SachsenWeymahr / ein RheinGraff / Graff von Styrumb vnd andere sind gefangen. Wer ein mehres hievon zu wissen begehret / der lese seinem guten belieben nach die vnterschiedliche von diesen Krieges-Geschichten newlichst gedruckte Bcher vnd Schrifften. Versu 353. Als Durlach / Halberstadt vnd Mansfeld mit den Waffen) diese drey sind bey vnseren Zeiten sehr berhmte Krieges-Obristen gewesen / als nemblich Marggraff Georg Friederich von Durlach / Hertzog Christian von Braunschweig / Bisschoff zu Halberstadt / vnd Graff Ernst von Manßfeld. Von jhren Verrichtungen vnd Thaten kan der begieriger Leser bey den Geschicht-Schreiberen ferner nachschlagen. Versu 361. Als Gustaff kam gefahren) Gustaff Adolph der Grosse / Weyland Knig in Schweden / dessen Leben / Tugenden / Thaten vnd Absterben anderwo ziemlich weitleufftig von mir ist beschrieben. Versu 367. Fr Leiptzig hielt’ er sich so trefflich) diese Schlacht ist gehalten worden am 7 Tage des Herbst-Monats im Jahr 1631 zwischen dero Kniglichen ­Mayestt zu Schweden Gottseligstes andenckens vnd jhrer Churfrstl. Durchleuchtigkeit zu Sachsen eines; vnd dem Graffen von Tilli, welcher das Kyserliche Krieges-Heer gefhret / anderen theils nahe bey Breiten-Feld / eine Meil weges vngefehr von Leiptzig / woselbst die Churschsische Vlcker anfnglich von dem Tillischen grossen Schaden erlitten / biß sie von den Schwedischen entsetzet vnd etlicher massen wiedrumb zum ­Stande gebracht worden / worauff endlich die Kyserliche gantz in die Flucht sind geschlagen vnnd verjaget also daß der Knig in Schweden dazumahl einen Herrlichen Sieg hat erlanget vnd davon getragen.

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Versu 373. Wie hielt’ er sich am Lech’ / als Tilli ward geschlagen) nach dem hochgemelter Knig auß Schweden befunden / daß sich der Graff von Tilli benebenst dem Beyerfrsten / vmb das Stdtlein Rain am Lech gelegert / vnd sehr viel Beyerisches Land-Volck bey sich hatte / hat er schleunigst eine Brcke vber den Fluß schlagen / vnd den Wald worinnen die Tillischen sich verschantzet hielten / hefftig beschiessen lassen: Bald darauff ist er vber das Wasser gercket / vnnd durch vnnachlessiges schiessen (worvber auch der Graff von Tilli selber durch das dicke Theil des rechtern Schenckels tdtlich verwundet worden) abermahl den Sieg erhalten / also daß der Churf. auß Byeren benebenst dem Graffen von Tilli auff Newburg vnd Jngolstadt / (woselbst mehrgemelter Graff etliche Tage hernach mit grossen Schmertzen verschieden) hat fliehen vnd viel guter Soldaten im stiche lassen mssen / welches geschehen den 3. April des 1632 Jahres. Versu 381. Noch khner hielt’ er sich in Sachsen-Land vor Ltzen) diese wahr die aller­letzte Schlacht / welche Gustav Adolph der Grosse mit seinen Feinden hat gehalten. Man hat dazumahl bey dem Stdtlein Ltzen auff beyden theilen sehr hefftig gestritten. Die Kyserliche Vlcker wurden gefhret von dem Hertzogen von Fried-Land vnd dem Graffen von Papenheimb / welcher kurtz zuvor auß Nieder-Land / (woselbst er die Stadt Mastricht hatte entsetzen wollen) war ankommen: Weil aber die Kyserliche nicht weichen wolten / sind sie mehrentheils darauff gangen / auch ist der Knig von Schweden selber todt auff dem Platze mit fnff Schssen vnd etlichen Wunden gefunden worden / vnd ist also dieser Held siegend gestorben / welches alles geschehen am 6 Tage des WinterMonats im Jahr 1632. Versu 394. Da hat er sich gewagt im Streit bey Norolingen) nach dem die damahls Knigl. Mayestt zu Vngern vnd Bhmen / Ferdinand der Dritte / jtziger Rmischer Kyser die alte Stadt Nrdlingen in Schwaben gelegen / in seine Gewalt zu bringen frhabens gewesen / ist Hertzog Bernhard von Sachsen Weymahr mit den seinigen zu Rath worden / selbige Stadt zu entsetzen. Ob sie nun zwar anfenglich einen starcken Anfall auff die Kyserliche gethan / sind sie doch bald wegen Vngelegenheit des Ortes abgetrieben vnd in die Flucht geschlagen / auch darber der FeldMarschalck Gustaff Horn gefangen worden / vnd ist sonsten viel Volckes auff der Wahlstatt geblieben / welches geschehen am 27 Tag des AugustMonats im Jahr 1634. Versu 400. Bey Wittstock / da er auch viel wunders hat gethan) es hat der Schwedische Feld-Herr Johann Banner nahe bey Wittstock gegen das Kyserliche vnnd Churschsische Krieges-Heer sich gelagert / vnd nach dem sich beyde

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Theil vmme einen Berg eiferig haben angenommen / sind sie gleichsahm vnverhofft zu einem blutigen Treffen gerahten / worinnen gleichwol die Schwedische das Feld behalten / vnd sollen (wie glaubwrdig davon wird geschrieben) zu beyden theilen bey 3000 Mann seyn geblieben / welches geschehen am 24 Tag des WeinMonats im Jahr 1636. Versu 412. Als der Savelli sampt dem Werth gefangen ward) welcher Gestalt diese beyde Kyserliche vnd Beyerische Obristen der Hertzog von Savelli vnd Johann de Werth von des Hertzog Bernhardts seligen Vlckeren zu vnterschiedenen mahlen seyn geschlagen / sie beyde zu letzt gefangen / hernach der Hertzog von Savelli wieder auß der Gefengnsse entsprungen vnd davon kommen; Er / Johann de Werth aber nach Pariß gefhret / dem Knige in Franckreich vberantwortet vnd darauff ins Gefengnsse geleget worden; Solches glaube ich nicht / daß es jennigem der heutigen Geschichte erfahrnen Menschen in Teusch-Land vnwissend sey / zumahl eine so kurtze Zeit verflossen / da dieses alles ist frgelauffen / wil demnach ein mehrers hievon zu schreiben mich dieses mahl enthalten. Versu 416 vnd 417. Da hat der Knig jhn zum Cavallier gemacht / Nicht der gemeinen Art: Er darff den Engel fhren) gleich wie im Knigreich Spanien viel ritterliche Orden werden gefunden / als da seyn: Die Ritter von Alcantara, von Sanct Jacob / vom gldenen Fließ / von Calatrava: Die Ritter Sanct Mauritius vnd S. Lazarus die Cavalleros de la Banda d’Espagna vnd andere vielmehr / welche alle zu erzehlen / vnnhtig ist; Vnd gleich wie in Engel-Land der Orden vom Hosen-Band fr andere sonderlich hoch wird geschetzet; Also wird in Franckreich frnehmlich gepriesen / der Ritter-Orden Sanct Michael / welches Ritter einen gldenen Hals-Band vmb den Hals fhren / vnd jhren Anfang von Ludowig dem elfften Knige in Franckreich genommen haben / auff welchen Orden diese Wort ziehlen: Er darff den Engel fhren /das ist: Den Ritter-Orden S Michael. Versu 425 / 426 / vnd 427. Savelli muste bald zum anderen mahl erfahren) nach deme der Hertzog von Savelli auß seiner Gefengnsse entrunnen / hat er sich mit dem jhme vntergebenen Krieges-Volcke zu dem Graff Gtzen (von welches ritterlichen Thaten / die mit mehr als Trckischer Grawsahmkeit verwstete Pommerische Stdte / insonderheit Pasewalck vnd Penckn so lange werden zu sagen wissen als die Welt stehet /) verfget. Diese vermeinten zwar die belagerte Vestung Brysach zu entsetzen / wurden aber von hochgedachtem Hertzog Bernhard von Sachsen Weymahr dermassen zu rcke getrieben / daß sie auch mit Verlust vieles Volckes endlich gar msten weichen vnnd die Flucht geben / worber der Graff Gtz auff befehl / des Churfrsten in

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Beyeren in Verwahrung genommen / die mchtige Vestung Brysach aber bald nach der vergeblich frgenommenen Entsetzung durch vnauffhr­ liche Arbeit des Weymarischen Krieges-Heers ist eingenommen vnd erobert worden. Versu 429. Der Held von Weinmahr) dieser war der hochlblicher Frst Bernhard Her­ tzog von Sachsen Weinmahr / welcher bald nach Eroberung der Festung Brysach nicht ohn argwohn beygebrachtes Giffts zu Newburg selig in GOtt ist entschlaffen. Versu 461. Fr Hchst ward er verwundet) ob wol Hertzog Christian von Braunschweig mit seinem bey sich habendem Krieges-Volck ins Ertzstifft Maintz gercket vnd das Stdtlein Hchst eingenommen / hat doch der Graff von Tilli benebenst dem Spanischen Feld-Obristen Don Cordua eine grosse Macht / benandlich 20000 zu Fuß vnd 6000 zu Roß zusammen gebracht / vnd nach dem sie Rdelsheim eingenommen / dem Hertzogen eine hefftige Schlacht gelieffert / welche bey sechs Stunden gewehret: Nach dem aber die Braunschweigische Reuterey gar zeitig die Flucht gegeben vnd das Fuß-Volck schendlich im stiche gelassen / ist selbiges auch endlich in die Flucht geschlagen / vnd dessen viel / weil jhnen die Mayn-Brcke zu enge worden / jmmerlich ersoffen. Hertzog Christian ist mit fnff FahnenReuteren / wie auch der Graff von Styrumb durch den Mayn / an einem Orte da der Fluß nicht sonderlich tieff gewesen / wol vberkommen / der Feind aber wie auch die Bawren vnd Fischer haben zum selben mahl sehr stattliche Beute bekommen vnd davon bracht. Versu 463. Fr Lohn wars auch nicht gut) dieses Treffen hat abermahl hochgemelter Hertzog Christian von Braunschweig bey der Stadt Lohn mit dem Graffen von Tilli vnd den Frey-Herren von Anhold gehalten da zwar die Halber­ sttische etliche mahl sind zurcke gewichen / aber sich doch bald wider in Schlacht-Ordnung gestellet haben / worber gleichwol endlich das FußVolck / welches new geworben / vnd des grawsahmen schiessens annoch gantz vngewohnet gewesen / auff eine allgemeine Flucht gerahten / biß zu letzt die Zahl der Todten vnd verwundeten (wie ins gemein dafr wird gehalten) auff der Halbersttischen Seiten bey 4000 / auff der Kyserlichen kaum der zehende Theil sind gefunden worden: Der gefangenen Anzahl aber sol viel grsser seyn gewesen / vnd sind dazumahl viel hundert Wagen / Rosse / Geld / Sack vnd Pack / Harnisch vnd Gewehr / grosse vnd kleine Stcke / Pulver / Lunten / in 70 Fahnen / 9 Cornet sampt zwo Silber-Wagen im stich blieben. Vnter den Gefangenen sind gewesen: Hertzog Wilhelm von Sachsen Weinmahr GeneralLeutenand / Hertzog Friederich

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von Sachsen Altenburg / Obrister vber die Reuterey / Graff von Jsenburg General Zeugmeister / Herman Frnck General Commissarius / Johann P ­ hilips RheinGraffe / ein Graff von Lwenstein / ein Graff von Wittgenstein / ein Graff von Schlick / nebenst vielen anderen Obristen vnd Befehlichs haberen. Diese Schlacht ist geschehen am 27 Tage des HewMonats Anno 1623. Versu 465. Er hat bey Fuhrt verlohren) mit was grosser Macht vnd vnauffhrlicher Arbeit jhre Knigliche Mayestt auß Schweden vnd der Hertzog von FriedLand bey Nrnberg einander zugesetzet / vnd was sie fr Elend Jammer vnd Noth / so wol wegen Hungers als Kranckheit vnd stetigen Wachens beyder seits Krieges-Heer / welche sich dazumahl bey Fuhrt vnd vmb Nrnberg verschantzet hielten /) haben außstehen mssen / solches ist annoch sehr vielen / die dem Krieges-Wesen dazumahl beygewohnet haben / sehr wol bewust / kan auch der begieriger Leser bey dem Geschicht-Schreiber Abelinus vnd anderen / welche dieser Zeit Krieges-Sachen außfhrlich verzeichnet haben / sich mehreren Berichts hievon erholen. Versu 485. Was kan sich Scipio, was kan sich Sylla rhmen) was die Scipionen fr treffliche Leute bey den Rmern gewesen seyn / bezeugen nebenst anderen die zween hochberhmte Geschicht-Schreiber / Livius vnd Plutarchus, der allererste / von welchen die Scipionen herkommen / hat geheissen ­Scipio Cornelius, welchem der Nahme Scipio daher soll gegeben seyn / daß er seinen Vater / welcher blind gewesen / hat pflegen an der Hand zu fhren / vnd jhm gleichsahm fr einen Stab / (welcher in Lateinischer Sprache Scipio heisset) zu dienen. Publius Cornelius Scipio hat mit dem Hannibal zum ersten mahl in Italien geschlagen / ist endlich in Hispanien im Streit vmmekommen. Sein Sohn Scipio der Africaner genennet / ist ein sehr frtrefflicher vnd mit vielen hohen Tugenden begabter Kriegs-Obrister gewesen. Er ist der erste / welcher die mchtige Stadt Carthago den Rmern Zinsbahr vnd vnterthenig gemachet hat / Scipio Æmilianus, welcher der kleine Africaner genennet wird / hat die beyde gewaltige Stdte / als Carthago in Africâ, vnd Numantia in Hispanien / welche dem Rmischen Nahmen vnd Gewalt vberauß gehssig wahren gntzlich zerstret vnd in die Aschen geleget. Scipio Nasica ein Sohn dessen / der mit seinem Bruder in Hispanien ward erschlagen / ist ein vber die massen beredter / tapfferer / kluger / vnd in den Rechten sehr erfahrner Herr gewesen / davon er ins gemein Corculum, des Hertzgen ist genennet worden: Es sind aber der berhmten Scipionen noch vielmehr gewesen / welcher Leben vnd Wandel außfhrlich zu beschreiben / viel zu weitleuffig in diesem Wercklein fallen wrde. Der Sylla ist auch auß dem Geschlechte der Scipionen brtig / vnd so wol in Lateinischer als Griechischer Sprache / so ge-

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lehrt / beredet / verschlagen / ehrgeitzig / freygebig vnd groß von Gemthe gewesen / daß (wie Salustius schreibet) man schier zweifflen mchte / ob er mehr tapffer oder glckselig zu schtzen. Der Jugurta ist von jhm gefnglich angenommen / der Knig Mithridates / welcher Asien bel verwstet hatte / bezwungen / des Cinna Herrschafft gebrochen / vnd der trefflicher Rmer Marius ins Elend verwiesen worden. Versu 487. Daß man den Fabius vnd Diomedes preiß) Es sind bey den Rmern viel trefflicher Leute gewesen / so Fabius geheissen. Allhier kan entweder der alte Fabius / welchen die Rmer in jhrer hhesten Noth zum Dictator oder Obristen Gebieter gemachet vnd jhm den allergrssesten Gewalt vbergeben / wieder den Hannibal zu streiten (wie er denn auch mit seinem langsahmen hin vnd wieder ziehen den Hannibal endlich ohne schlagen mde gemachet vnd das Rmische Wesen in einen viel besseren Stand hat gesetzet /) oder es kan auch der Fabius Maximus, welcher mit dem Julius Cæsar Burgermeister gewesen / vnd in Hispanien die Pompejanischen vberwunden hat verstanden werden. Diomedes, der Ætolier Knig / welcher mit den anderen Griechen zu der Belagerung Troja ist gezogen / hat sich im selbigen Kriege dermassen redlich vnd Hertzhafft verhalten / daß er auch nechst dem Achilles vnd dem Ajax Telamonius fr dem aller tapffersten ist gepriesen worden. Versu 488. Ach Cæsar ist ein Kind / Pompejus hat die Weise) Cajus Julius Cæsar ist nicht allein sehr streitbahr / besondern auch ein trefflicher gelehrter Herr gewesen. Er hat zum ersten mahl das Jahr in 365 Tage abgetheilet / vnd vns den Calender / dessen wir vns noch heutiges Tages gebrauchen / nachgelassen. Er soll zwey vnd funfftzig offne Feld-Schlachten gehalten haben / ist endlich / als er auff seinem gldenen Stuhl im Rath zu Rohm gesessen / vom Cassius vnd Brutus sampt anderen die sich wieder jhn verbunden hatten / mit fnff vnd zwantzig Wunden jmmerlich hingerichtet worden.  Cnejus Pompejus, der grosse zu genahmet / hat den Knig Mitridates vberwunden / endlich auch nach vielen anderen Zgen die Hispanier / ­Albaner vnd Jden / (welcher Knig Aristobulus er gefnglich angenommen /) bekrieget / ist zu letzt vom Cæsar in der Pharsalischen Schlacht erleget / worauff er in Ægypten geflohen / vnd daselbst durch des vnge­ trewen Knigs verrhterisches anstifften jmmerlich erwrget worden. Versu 489. Was wil Camillus machen) Camillus ein tapfferer Rmischer Krieges-Held / welcher auch der ander Romulus ist genennet worden / hat die mchtige Stadt Vey nach zehn jriger Belgerung erobert: Bald hernach ist

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er vnschldig angeklaget vnd von seinen vndanckbahren Landes-Leuten der Stadt Rohm verwiesen worden: Aber / er hat sie solche jhm zugefgte grosse Schmach vnd Vnrecht nicht entgelten lassen: Denn / als nach etlicher Zeit die Frantzosen die Stadt Rohm hatten eingenommen vnd verbrennet / wie auch den grssesten Theil der Ritterschafft erschlagen / vnd vber das alles das Haupt-Schloß / Capitolium genand / sehr hart belagert hielten / hat der thewre Camillus die zerstrewete vnd hin vnd wieder fliehende Rmer in eil zusammen gebracht / die sichere Frantzosen vnver­ sehens vberfallen / erschlagen / verjaget / vnd das Vater-Land wiederumb in Freyheit gesetzet / wovon beym Livius ein mehrers ist zu lesen. Versu 490. Er ist sampt Hannibal vnd Hector zu belachen) Annibal, ein Sohn des Amilcars, der Carthaginenser Feld-Obrister vnd abgesagter Feind des Rmischen Volckes / hat wegen der Herrschafft vnd hhesten Gewalts viel Jahre gantz hefftige vnnd blutige Kriege mit den Rmern gefhret / auch einsmahls bey dem See Trasymenus deroselben funffzehen tausend sampt jhrem Burgermeister Flamminius, bey dem Flecken Cannas aber den Paulus Æmilius vnnd Terentius Varro beyde Burgermeister mit jhrem Heer so gar erleget vnd vberwunden / daß er auch der Rmischen Krieges-Leute viertzig tausend zu Fusse vnd zwey tausend sieben hundert Reuter erschlagen / auch drey vnnd eine halbe Metzen gldener Ringe / welche er den erschlagenen Rmern hatte abziehen lassen zum Zeichen seines erhaltenen Sieges nach Carthago geschicket. Als er aber endlich in seinem eigenen Vater-Lande keine bleibende Stdt mehr hatte / ist er zu den beyden Knigen / dem Antiochus vnd Prusias geflohen / vnd wie er vermerckete / daß er den Rmern solte vberantwortet werden / hat er sich selber mit Gifft / welches er in einem kleinen Ringlein verborgen bey sich trug / vmbs Leben gebracht. Andere schreiben es sey dieser gewaltiger Krieges-Held endlich ans Creutz geschlagen worden. Hector /des Kniges Priamus eltister Sohn / ein sehr tapfferer Held / hat gewaltige Thaten in der Belagerung Troja verrichtet / ist zuletzt vom Achilles erschlagen worden. Versu 491. Was kan Æmilius, Torquatus vnd der Mann) Paulus Æmilius, Burgermeister zu Rohm hat den Macedonischen Knig Perses im Kriege vberwunden vnd im Triumph gefnglich fr jhm her fhren lassen. Titus Manlius Torquatus, ein streitbahrer Held hat seinen Zunahmen von dem Hals­bande / so zu Latein Torques heisset empfangen. Diesen Hals-Band hatte er einem Frantzosen / welchen er in einem Kampffe rittlich erleget hatte / abgenommen. Eben dieser Titus Manlius Torquatus ist derjenige / welcher seinen Sohn / darumb / daß er in des Vaters Abwesen ohne befehl mit dem Feinde geschlagen / mit Ruhten hat streichen / vnnd vnan-

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gesehen / daß er gesieget / vnd einen schnen Raub (welchen er dem Vater liß vortragen /) erlanget hatte / mit einem Beil enthupten lassen. Versu 492. Den Briseis wenn sie wil zum Hasen machen kan) dieser ist Achilles der khne vnd streitbahre Grieche / von welchen wir kurtz hiebevor etwas geschrieben. Versu 493. O Pyrrus / packe dich) Pyrrus / der Epiroter Knig / ist dem Mutterlichen Geschlechte nach vom Achilles / dem Vterlichen aber vom Hercules herkommen. Dieser nach dem er in der Kindheit lange Zeit verborgen gehalten / ist endlich im elfften Jahr seines Alters wieder herfr gesuchet worden / vnd hat hernach dergestalt am Verstande / Erfahrenheit Kunst vnd Großmtigkeit zugenommen / daß er auch nach dem hhesten Regiment auff Erden getrachtet / worber er denn auch mit den Rmern bald glck­ liche bald vnglckliche Kriege gefhret / ist endlich / nach deme er die Stadt Argos erobert / mit einem Ziegel-Stein zu tode geworffen. Versu 494. Ja Alexanders lob wil nunmehr schier zerrinnen) Alexander / des Macedonischen Kniges Philips Sohn / ist von wegen seiner Herrlichen vnd grossen Thaten der grosse genennet werden. Er ist im zwey vnd dreissigsten Jahr seines alters / nach dem er zwlff Jahr regieret / vnd vnglublich viel Knigreiche vnd Lnder erobert hatte / pltzlich gestorben. Etliche schreiben / jhm sey mit Gifft forth geholffen: Andere wollen / er habe sich zu tode gesoffen. Seine Geschichte vnd Thaten / findet man bey dem Quintus ­Curtius / dem Geschicht-Schreiber Arrianus vnd dem Plutarchus weitleufftig beschrieben. Versu 497. Marcellus Tapfferkeit ist nunmehr Furcht zu nennen) Marcellus ist ein vberauß trefflicher vnd streitbahrer Rmer gewesen: Er hat der erste erwiesen / daß es nicht vnmglich sey den Annibal zu vberwinden. Die Stadt Syracusa hat er nach einer drey jrigen harten Belagerung erobert / endlich aber / (nach dem er zum fnfften mahl Brgermeister gewesen /) hat jhn der Hannibal hinterlistiger Weise verfhret / angegriffen vnd erschlagen / vnd ist hernach sein todter Leichnam gantz prchtig begraben worden. Ein mehrers hievon ist beym Plutarchus zu finden. Versu 498. Vnd km der Ajax selbst) ob zwar vnter den Griechen zweene dieses Nahmens sind gewesen / als erstlich des Oileus Sohn /ein Knig zu Locris; Darnach Ajax, ein Sohn des Telamon, wird doch allhie der Letzte verstanden / dieweil er nechst dem Achilles fr den tapffersten vnter allen Griechischen Helden ist gehalten worden. Als er aber nach des Achilles

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todt desselben Waffen fr allen anderen begehrte / vnd der Ulysses durch seine wolredenheit dieselbe von den Obristen erlangete / ist gemelter Ajax darber in eine solche Vnsinngkeit gerahten / daß er auch einen grossen hauffen Viehes im Grimm hat niedergehawen / vermeinend / er hette denn Ulysses sampt anderen seinen Feinden erwrget. Nach dem er aber wieder zu sich selber kommen vnd erfahren / was er gethan vnd wie schndlich er gejrret / hat er sich dermassen geschemet / daß er auch an einem wsten Orte mit eben demselben Schwerte / welches jhm der Hector zur Verehrung gegeben hatte / sich selber durchstochen. Versu 499. Arthurus war berhmt / wie auch der Tamerlan) Arthurus ist ein mchtiger Knig in Engel-Land vnd ein gewaltiger Herr vieler anderen Lnder gewesen. An seinem Hofe haben sich jederzeit die allerstreitbahrsten Ritter der Welt auffgehalten. Es wird viel wunderbahres dinges von jhm geschrieben vnd halten etliche dafr / er lebe noch biß auff den heutigen Tag / vnd werde vnter den verzuckten (welche sie Henoctidoizatos vnd Eliezatos nennen) biß auff eine allgemeine Verenderung oder Verbesserung der gantzen Welt auffgehalten vnd bewahret / dieweil man niemahls recht hat erfahren knnen / wo doch dieser mechtiger Knig sey hinkommen.  Tamerlanes ist erstlich ein hinckender einugiger Kuh-Hirte gewesen aber das Glck hat jhm so wol gewolt / daß er endlich zum Knige der ­Scyten ist erwehlet worden. Den Turckischen Kyser Bajazeth hat er in einer gewaltigen Schlacht gefangen genommen vnd in einem eisenen Ke­ ffig mit gldenen Ketten gebunden zum Spott durch gantz Asien gefhret / welches geschehen im Jahr nach Christus Geburt 1398. Versu 501. Hinweg mit Carolus der Sachsen vberwinder) Carol der Grosse / des mechtigen Kniges in Franckreich Pipinus vnd der Berthen / welche des Griechischen Kysers Heraclius Tochter gewesen / wolerzogener Sohn / hat funfftzig gantzer Jahr gewaltige Kriege gefhret / vnter welchen Kriegen der jenige / welcher jhm mit den Schsischen Vlckern ist zugestanden / der aller schwerester langwierigster vnd gefhrlichster ist gewesen. Diese Kriege haben drey vnd dreissig Jahr an einander gewehret. Kyser Carl der soll (wie die glaubwrdige Geschicht-Schreiber von jhm bezeugen) sech­ tzig vnterschiedene Schlachten gehalten haben / endlich ist er zu Aach am Fieber gestorben den 28. Tag des Jenners im Jahr Christi 814. Versu 502. Der Bathor / Medices vnd Basta sind nur Kinder) diese drey sind zur Zeit des Vngerischen Krieges vnter Kyser Rudolph dem anderen dieses Nahmens hchstseligsten andenckens sehr berhmte Feld-Obristen gewesen. Sigismundus Bathor, Frst in Sieben-Brgen / hat vielmahls mit

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einem kleinen Hufflein eine sehr grosse Anzahl Trcken vnd Tartaren erleget / vnd manchen Herrlichen Sieg von den Trckischen Bassen erlanget. Sonsten ist es diesem streitbahren Helden mit Vertauschung oder Abwechselung seines Landes des Frstenthumes Siebenbrgen seltzahm vnd wunderlich ergangen; Denn der Georg Basta K. M. Krieges-Obrister in Siebenbrgen / hat endlich das gantze Land (nach dem Frst Sigißmund Bathor darauß vertrieben vnter des Kys. gehorsahm gebracht. Eben derselbe Georg Basta hat auch den berhmten Wallachischen Weywoden / Michael genand / (welcher dem Hupt Oesterreich treffliche dienste wieder den Trcken geleistet / denn er denselben zu vnterschiedenen mahlen viel tausend erleget) nicht allein im freyen Felde angegrieffen vnd in die Flucht getrieben; Besondern auch hernachmahls / wie sie mit einander gntzlich wiederumb vershnet zu Felde lagen / auß argwohn gepflogener Vntrew gegen jhre Kyserliche Mayestt vnter seinem des Weywoden eigenen Gezelt niedersbelen lassen. Johann de Medices / Hertzog zu Florentz hat die Welschen Krieges-Leute in Vngern gefhret. Sonsten haben in denen Vngerischen Kriegen einen grossen Nahmen erlanget viel andere tapffere Helden vnd Obriste / alse: Carl / Frst vnd Graffe zu Mans-Feld / Nicolaus Palphi / Nicolaus Graffe zu Serin / Adolph Graff von Schwartzen-Berg / Philip Emanuel Hertzog von Mercur Siegfried von Collonisch Lazarus von Schwendi / Adolph von Althain / Carl Ludowig Graffe zu Sultz / Melchior von Redern / Herman Christoff Rußwurm / Ruprecht / Frey-Herr von Eggenberg / Christoff Frey-Herr zu Teuffenbach vnd viele andere mehr / von welcher Leben vnd Thaten des Ortelius Vngerisches Zeit-Buch vnd andere / so vom Trcken-Kriege geschrieben / zu lesen. Versu 503. Der grosse Heinrich) verstehe Heinrich den vierdten / Knig in Franckreich / des jtzt lebenden Ludowig des dreyzehenden Vater / der durch seine grosse Thaten hat erworben / daß jhm so wol Freunde als Feinde das Lob eines tapfferen vnd großmhtigen Helden mit recht bißhero gegeben. Jch habe anderswo von seinem leben vnd absterben etwas verzeichnet / vnd sind auch sonst seine gewaltige Thaten von sinnreichen Leuten fleissig genug beschrieben. Versu 513. Die nur mit Bachus vnd Cupido knnen schertzen) das ist: Die nur bey Huren vnd beym Sauffen jhre Tapfferkeit sehen lassen. Denn durch Bachus verstehe ich nichts als die Trunckenheit / vnd durch Cupido die vnziemliche begierden Weibischer Menschen. Daß aber diese beyde Gtter seyn sollen / wie sich etliche vnserer Heidenischen Christen annoch damit kitzelen / gleube ich in Ewigkeit nicht; Daß sie vielmehr Teuffel seyn / begehre ich nicht leichtlich zu verneinen.

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Versu 529. Vnd schicket Cartellen hin / ja lest Secunden kommen) ob man zwar die Wrter Cartellen vnd Secunden wol hette teutsch geben knnen / so habe ich sie doch den Balgern vnd Teutschen Frantzosen zu Liebe dißmahl behalten / damit meine eigentliche Meinung von jhnen als Vnteutschen desto besser mchte verstanden werden / wovon ein mehrers in der Vorrede dieses Bchleins ist zu lesen. Versu 554. Ja Pluto lest sein Volck mit hellen hauffen wachen) Pluto (schreiben die Poeten) sey des Saturnus Sohn vnd ein Bruder des Jupiters wie auch des Neptunus gewesen. Als diese jhres Vaters Reich vnter sich getheilet / ist Pluto als dem Jngsten das Land gegen Niedergang / wie auch das niedrigste Meer / dem Jupiter das hohe Land / welches gegen dem Auffgang gelegen / dem Neptunus aber eine Jnsel zugefallen. Auß dieser Theilung ist bey den Heyden das Gedichte entsprossen / daß Jupiter im Himmel / Neptunus im Meer vnd Pluto in der Hellen regiere. An diesem Orte verstehen wir durch den Pluto niemand anders / als den schwartzen Teuffel als wol verordenten Vorsteher aller leichtfertigen Balgereyen vnd Schlgereyen. Versu 560. So rufft dir Charon zu / du solt zu Schiffe gehn) Charon, sagen die Poeten / sey vom Erebus vnnd der Nacht gezeuget / vnd msse selbiger der verstorbenen Menschen Seelen in einem Kahn oder Schifflein vber das Wasser / Styx genand zur Hellen fhren. Virgilius beschreibet diesen Charon sehr artig im sechsten Buche seiner Æneis mit folgenden Worten: Portitor has horrendus aquas, & flumina servat Terribilis squalore Charon: cui plurima mento Canities inculta jacet, stant lumina flamma: Sordidus ex humeris nodo dependet amictus. Ipse ratem conto subigit, velisque ministrat Et ferruginea subvectat corpora cymba, Jam senior, sed cruda Deo viridisque senectus. Dieser des Poeten Beschreibung nach kanst nicht fehlen / es muß der ­Charon ein schner Geselle seyn / ich drffte jhn wol fr den leibhafften Teuffel selber halten. Versu 668. Vnd gibt jhm Wasser / Koht / Schmaltz / Harn vnd Milch zu hauff) vnter vielen grewlichen Thaten so bey dem jtzigen verfluchten Kriegs-Wesen sind verbet ist sehr schrecklich anzuhren / daß man die vnschldigen Menschen hat gezwungen / jhren Leib mit vnnatrlichen Sachen / als da seyn Koth / Milch / Wasser vnd derogleichen (welches sie zusammen gemischet

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einen Schwedischen Tranck geheissen vnd den Leuten in grosser Menge mit gantzer Gewalt eingegossen) zu erfllen. Wer wolte aber nicht gluben / daß die vnwandelbahre Gerechtigkeit Gottes verhengen werde / daß der grimmige Belial mit seiner gantzen Gesellschafft diesen Teuff­lischen HenckersBuben zu wolverdienter Vergeltung jhrer gehabten Mhe / hellisch Fewr / Pech vnd Schweffel ohne einiges auffhren wiederumb eingiessen werde. HErr Gott du bist gerecht / vnd alle deine Gerichte sind gerecht / schtte deinen Zorn auß vber die Vnbußfertigen vnd Gottlosen / Amen. Versu 713. Denn ziehen sie zu hauff’ vnd ordnen die Brigaden) ob zwar das Wort Brigade vor weinig Jahren bey vns Teutschen schier in keinem Gebrauch gewesen / so ist es doch bey den jtzigen Krieges-Wesen / vnd sonderlich nach jhrer Knigl: Mayestt auß Schweden Ankunfft in TeuschLand bey den Krieges-Leuten sehr gemein worden. Es ist aber Brigade mehr ein Welsch als Frantzsisch Wort / wiewol sich die Frantzosen desselben nicht weiniger als andere gebrauchen: Denn Brigader heisset bey jhnen als Compagner / auff teusch: Zu hauffe kommen / oder / wie es die Nieder-Lnder geben / Gesellschop houden. Brigade heisset eigentlich so viel als eine Gesellschafft oder ein hauffe Volcks. Jm Kriege oder den Schlacht-Ordnungen bestehet eine Brigade von etlichen Regimentern / wie solches den Kriegserfahrnen ohn mein erinneren gnugsahm bekand ist. Versu 720. Auch wol die Schtzen bey den leichten Reutern stehn /) daß man bey den jtzigen Krieges-Wesen in Feld-Schlachten die Schtzen zu Fusse zwischen die Reuter gestellet vnd also die Reuter vnd Fuß-Gnger vnter einander vermenget habe / ist vielen wol bewust. Jch halte aber dafr / daß dieses nicht eine so gar newe Erfindung sey / wie sich vielleicht die jenigen / welche in den alten Geschicht-Bchern nicht sonderlich bewandert seyn / einbilden / denn wir auß dem Livius vnd anderen sehr wol wissen / daß auch solches die Rmer / wie nicht weiniger anderer Vlcker / fr etzlichen hundert ja tausend Jahren schon haben anzuordnen wissen / vnd soll jhrer Meinung nach vielmahls grossen nutzen geschaffet haben. Versu 737 vnd 738. Hie Pfeiffen / dort Trommetten / Der lset die Pistohl / der Bchsen / der Mußqueten.) Ob zwar diese Wrter von viel tausend Menschen fr gar gut teutsch gehalten werden / dieweil sie durch tgliche bung vnd lnge der Zeit beydes gantz gemein worden / so sind vnnd bleiben sie doch im grunde Frantzsisch. Das Wort Trommetten anlangend / so heisset dasselbe in Frantzsischer Sprache / trompe oder Trompette, ein Trommeter

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heisset Trompeteu oder Trompette: Ob nun wir Teutschen dieses Wort von den Frantzosen / oder aber die Frantzosen von vns Teutschen gelernet oder entlehnet haben / darber wehre vielleicht noch zu streiten. Das Wort Pistole ist gleichfals Frantzsisch / vnd heisset auff teutsch ein kurtzes Rohr / ein Faust-Rohr / ein Puffer: Pistolet heisset ein Carabiner, wovon man bey anderen ein mehrers kan nachschlagen. Versu 742. Bald thut ein Mrser bald ein Serpentin zuspringen) Serpentin heisset ­eigentlich ein lang Stck Geschtz / welches man sonst eine Feld-Schlange pflegt zu nennen. Versu 826. Miniren heisset es sonst) dieses ist abermahl ein Frantzsisches vnd in den Belagerungen der Stdte sehr gebruchliches Wort. Miner heisset vntergraben. Une mine, qu’on fait sous la terre. Ein heimlicher Gang vnter der Erden / ein Stollen. Versu 993. Schaw Christian den Held / den grossen Potentaten) dieses sehr Gerechten / weisen vnd großmechtigen zu Dennemarck vnd Norwegen Knigs Christian des vierdten hochlbliche Regierung vnd Thaten nach jhren Wirden vnd Verdienst recht zu beschreiben / erkenne ich mich viel zu weinig vnd gering. Jch wil vnterdessen meinen in Gott ruhenden vnnd dennoch hochgeliebten Herren Opitzen an meiner Stelle nur etwas weiniges reden lassen auß seiner Herrlichen Leich-Rede vber dessen ewig ruhmswrdigen Hertzogen Vlrichen Gottseligsten andenckens vnverhofftes absterben gehalten / woselbst er vnter anderen dieses Knigliche Lob mit nachfolgenden lesenswrdigen Worten setzet: Christianum Quartum dico, magnum Filij ad suprema nati Ulderici parentem, & sorte nascendi, & ingentis animi meritis Regem, quem ob fines imperij, aut defensos fortiter aut justè dilatatos, ob propagatam navigandi solertiam, exornatas templis, porticibus propugnaculis urbes, suscepta benignè conculcata aliàs ac eversa doctrinæ studia, cives clementer habitos, liberalitatem ac munificentiam singularem, aliaque quibus chariorem se suis reddit indies beneficia, Patrem Patriæ vocarem, nisi & fœderatorum suorum, belli auxiliis ac pacis (quantum libertas publica & religio permittit) studio, Pater, tutor, assertor dici jure debeat justissimo. Versu 997. O Knig hett’ ich nun des edlen Rmers Zungen) dieser ist M. Tullius Cicero, der allerberhmtester Redner zu seiner zeit / von welches Leben Tugenden Kunst vnd Geschickligkeit ich newlicher Tage anderswo habe geschrieben.

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Versu 1000. Ja hett’ ich dessen Geist / der ehmahls pflag zu stehn Mit der Gelehrten Zung’ am marckt zu Athen) dieser war Demostehnes vnter allen Griechischen Rednern der frtrefflichste / ein hefftiger vnd ernstlicher vertheidiger der Griechischen Freyheit vnd abgesagter Feind Philipsen / Kniges in Macedonien. Als dieser Demosthenes vermerckte / daß er mit Gewalt zum Knige Antipater solte gefhret werden / hat er starcken Gifft auß einer Federen / welche er zu dem ende stets bey sich trug ge­sogen / vnd ist also pltzlich gestorben. Versu 1009. Weiß doch der schwartze Mohr von deiner Macht zu sagen) das sind die so in Africa, in den eussersten Lnderen gegen Mittage wohnen. Versu 1010. Vnd der Memphiter pflegt / O Held nach dir zu fragen) Memphiß ist die Haupt-Stadt in Ægypten / so nunmehr Alcair heisset. Diese Stadt war vor zeiten der rechte Sitz vnd Wohnung der Ægyptischen Sultanen / woselbst sie mit jhren streitbahren Mammalucken Hoff hielten. Als sie aber vom Trckischen Kyser Selym in dreyen gewaltigen Schlachten vnd Hupt-Treffen schier gntzlich erleget vnd vertilget / vnd der Sulthanen Herrschafft dadurch ein Ende gemachet worden / ist dieses Herrliches Knig-Reich sampt / gantz Syrien / vnd denen angrentzenden Lnderen vnter der Trcken Gewalt gerahten / worvnter sie auch noch biß auff den heutigen Tag bleiben / vnd schreibet man von dieser Stadt / Memphiß / Babylone oder Alcaio genand viel wunderbahres dinges / welches so wol in den Welt-Beschreibungen als auch alten vnd newen Reise-Bchern mit sonderbahrer Lust ist zulesen. Versu 1011. Ja dort / wo Finsternß so lang’ hat vberhand) dieses sind die gantz ferne ins Norden gelegene Lnder / als Jß-Land / Grn-Land Nova Zembla vnd andere / welche zum grsseren Theil dem Gebiete des großmchtigsten Knigs in Dennemarck sind vnterworffen / woselbsten die Sonne vmb die Zeit wenn die Tage am kurtzesten seyn gar nicht / oder ja selten wird ge­ sehen. Es bezeuget Jacob Zegersen / von der Brgge in seinem Purnal, das ist / in der tglichen Beschreibung fr vngefehr sieben Jahren am Lande der Spitz-Bergen in der Mauritsbay von jhm gehalten / daß im Groen-Land (von welchem er bekennet / daß es der Beherrschung der Kron Dennemarck zugeeignet werde) die liebe Sonne vom 17 November biß auff den 27 ­Januarius / das sind 72 Tage oder 10 Wochen sich gar nicht sehen lassen. Auff dem Lande von Spitz-Bergen (woselbst dieser Jacob Zegersen mit seiner Gesellschafft vnglubliche Klte / Gefahr von den erschrecklichen grossen Behren vnd Wallfischen auch sonst mancherley Noth vnd Jammer

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in der langwirigen vnd grawsahmen Finsternß hat außgestanden) wird die Sonne das letzte mahl im Jahr den 21 October / vnd das erste mahl den 21 Februarius wieder gesehen / das sind 124 Tage oder gantzer 18 Wochen / das mag mir eine lange Nacht heissen / vnd so lange haben diese gute ­Leute mssen in Finsteren mausen. Versu 1058. Vnd der erzrnte Belth an seinem fer brausen) verstehe das Balthische Meer / oder die Oost-See / welche ins gemein / wenn sie erzrnet ist / sich schwerlich wiederumb pfleget zu stillen. Die Knige auß Dennemarcken vnd Norwegen haben den grssesten Theil der Herrschafft auff diesem Meer von vndencklichen Jahren. Versu 1078. Dabey auch der Natur dreyfaches Buch durchgehen) alles was vnter dem Himmel wird gefunden / kan entweder vnter die Thier / oder die Gewchse oder die Metallen gerechnet werden / vnd dieses heissen wir das dreyfache Reich / welches von den wahren Liebhaberen der Weißheit in Lateinischer Sprache Regnum animale, vegetabile vnd Minerale wird genennet / wovon in der hchstgelehrten Philosophen Bchern viel schnes Dinges ist geschrieben. Versu 1132. Den Thetys seine Braut nicht lenger halten kann) Thetys, tichten die ­Poeten / sey eine Tochter des Himmels vnnd der Erden gewesen / welche hernachmahls dem Oceanuus zum Ehe-Weibe gegeben worden / mit welchem sie trefflich viel Kinder soll gezeuget haben / wovon beym Natalis Comes im anderen Capittel des sieben Buches seiner Fabulen Deutungen ein hauffen seltzahmes dinges ist zu lesen. Allhier vnd durch die Thetys nichts anders als das Meer verstanden / davon etliche Poeten gesaget haben / daß sich der Phœbus (durch welchen wir die Sonne verstehen) des Abends zu jhr verfgen / das ist / seinen Glantz ins Meer zu sencken vnd allda die Nacht vber zu ruhen pflege. Versu 1202. Hat mich Rehabeam durch falschen Rath verlohren) Rehabeam / ein Sohn Salomons wolte nach seines Vaters absterben der alten Hofe-Leute wolgemeinte Rathschlge nichts bey sich gelten lassen / vielmehr bezeugte er / daß er nach der jungen Rhte hochschdlichen angeben seine Vnter­thanen mit Gewalt zwingen / vnd selbige nicht in Liebe vnd Gunst / besondern viel lieber in Furcht vnd Schrecken erhalten wolte / von welcher Hrtigkeit wegen zehn gantzer Stmme zugleich von jhm sind abgefallen / das grsseste Theil seines Reiches jhm entzogen / vnd er mit ewiger schande vnd schaden hat mssen inne werden / wie thrlich es gethan sey / gute vnd ntzliche Rathschlge zu verachten. O wolte Gott daß alle grosse Herren dieses

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Exempel nimmermehr auß der acht liessen / wehre alsdenn beydes jhnen vnnd jhren Vnterthanen weit besser gerahten vnd geholffen! Versu 1214. Jrenen trewer Freund) die Griechen nennen in jhrer Sprache den Frieden Jrene / welchen Nahmen auch wir darumb allhie behalten / dieweil wir fr etlichen Jahren die Gttinne des Friedens oder den Frieden selber in einer sehr nachdencklichen Tragico-Comædien (so nunmehr gnugsahm bekand ist) auff ffentlichem Schaw-Platze haben auffgefhret. Versu 1219. Er kan das suchen was so mancher hat begehrt) verstehe die grosse Geheimnsse der Natur / welche in den wunderbahren geschpffen Gottes verborgen liegen / zufoderst aber die wahrhaffte / doch weinigen Bekante zu Bereitung des aller edelsten Steines der Weisen / welche hohe vnd frtreffliche Sachen zu erforschen sich vnterschiedliche tapffere Frsten in Teutsch-Land nicht ohne jhren grossen Ruhm vnd sonderbahre Belstigung biß anhero vnterwunden haben. Versu 1223. Er kan wie Cyrus pflag / die Bum’ in gutes Land) Cyrus des Cambyses Sohn / ein gewaltiger Knig der Perser vnd Meder / ist ein sehr lblicher vnd tugendreicher Frst gewesen. Vnter anderen seinen frlichen vnd ntzlichen bungen hat er den Garten-Baw fr die allerbeste vnd anmuhtigste gehalten. Er hat aber nicht allein schne Grten hefftig geliebet / besondern auch mit eigner Hand eine grosse menge Bume hinein gepflan­ tzet / wie denn auch von Kyser Diocletianus vom Knig Salomone vnd anderen mehr ein gleichmessiges ist zu lesen / vnd halte ich meines theils gntzlich dafr / daß diese gewaltige Kyser vnd Knige keine ehrlichere / lblichere / noch bessere Lust / als eben den Garten-Baum zu jhrer Er­ quickung hetten erwehlen knnen. Versu 1233. Jch meine dich du Stadt am Elbestrohm erbawet) Christian der vierdte Knig zu Dennemarck vnnd Norwegen / hat diese gewaltige Vestung an einem vormahls wsten / nunmehr aber sehr wolgelegenem Ort mit grossen Kosten fr weinig Jahren zu bawen angefangen / vnd jhr den Nahmen Glckstadt lassen geben. Von den Herrlichen Gebewden / womit diese Stadt inwendig geschmcket / von den starcken Wllen vnd breiten Wasserreichen Graben / womit sie außwendig befestiget / von jhren Herrlichen Haven vnd BlockHusern / womit so wol der Elbestrohm als die Stadt selber ist verwahret / schreibe ich zu diesem mahl nichts weiters / spahre es viel lieber biß auff eine gelegenere Zeit: Jmmittels aber erinneren wir vns / daß in den jngst verlauffenen Krieges-Zeiten durch diese Stadt vnserm vielgeliebtem Vater-Lande Holstein kein schlechtes Glck ist wieder-

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fahren / also daß dieser Stadt jhr rechter vnd fglicher Nahme ist gegeben worden / wovon vielleicht andere etwas weiniges haben geschrieben / knfftiger Zeit aber drffte viel ein mehrers von diesen Sachen auffgezeichnet werden. Versu 1246. Der Frsten wehrtes Paar) verstehe Christian den vierdten / Knig zu Dennemarck / vnd Friedrichen / Erben zu Norwegen / beyde Hertzogen zu Schleßwig / Holstein / der Stormahren vnd der Dithmarschen / Graffen zu Oldenburg vnd Delmensthorst. Versu 1257. Vnd du / O schnstes Schloß / du Gottorff an den Hglen) Gottorff ist das frnehmste Schloß vnnd der eigentliche Sitz der Hertzogen von Holstein / nahe bey der alten Stadt Schleßwig an einem vberauß lustigen Orte gelegen. Es hat sehr schne Hgel / frliche Wlder / kstliche Garten / das Wasser / die Schlye genand / vnd daß ichs kurtz schreibe / der Ort ist nicht minder werth / daß ein so Gottesfrchtiger / tapfferer / gelehrter vnd kluger Frst daselbsten Hoff halte / als jhre Frstliche Gnade wrdig seyn ein so herrliches vnnd schnes Schloß zu bewohnen. Jm brigen halte ich gntz­ lich davor / daß kein besser oder gelegener Platz fr die Knstler vnnd Gelehrten / sonderlich aber fr die Poeten / als eben dieser knne gefunden werden. Versu 1258. Das Fama hat gebracht auff jhren schnellen Flglen) Fama ist von etlichen als eine Gttinne / von anderen aber als eine geflgelter Geist gantz voller Zungen abgemahlet worden / zu bezeugen / daß das Gerchte von einer Sache sehr schnell vnd bald durch alle Lnder knne erschallen. Versu 1263. Die Elb’ ist vnbeschwert) die Elbe zu Latein Albis genand / ist ein herrlicher / berhmter / vnd frnehmlich in teutschen Landen wol bekandter Fluß / hat seinen Vrsprung auß dem Bhmischen Gebrge: Sein Lauff gehet durch viel treffliche Frsten-Thme vnd Lnder / vnter welchen Hollstein an dieser Seite des Wassers das allerletzte ist / dieweil dieser gewaltiger Strom vngefehr bey Brauns-Bttel (woselbst das Land Dithmarsen sich anfnget) von der West-See wird verschlungen. Versu 1263. We auch der Eyder-Strohm) dieser Fluß / die Eyder genand / scheidet die Frsten-Thmer Schleßwig vnd Hollstein / also / daß die Eyder gleichsahm ein Ziel ist derer Lnder / so vnter das Rmische Reich eigentlich gehren. Auff dieser Seiten liget Dithmarsen / auff jenner Seiten / Eyder-Stdt vnd der Stapelholm / zwischen welchen Lnderen der Fluß jmmer zunimbt vnd grsser wird / daß er auch das Land Eyder-Stdt schier gar zur Jnsul

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machet: Bey der Stadt Tnningen ist er sehr breit / leufft aber endlich in die Nord-See / nach dem er oben etliche andere kleine Flsse hat zu sich genommen. Versu 1271. Du Hamburg sonderlich) Hamburg die gewaltige Kauff vnnd Handel-Stadt ist eigentlich in Stormahren an einem sehr bequemen Orte nahe an der Elbe gelegen / welcher Fluß die Handlungen vnd Seefarth dieser Stadt dermassen befodert / daß sie auch vnter allen Schsischen Ansee-Stdten jtziger Zeit schier die vornehmste vnnd berhmteste wird gehalten. Sie hat noch einen anderen Fluß die Alster geheissen / welcher dieser Stadt zu vielen Dingen trefflich ntzet. Von den Vrsprunge vnd erster Ankunfft dieser weitberhmten Stadt sind gantz vngleiche Meinungen / wo von bey den Welt beschreiberen ein mehrers ist zu lesen. Versu 1273. Vnd du / O newer Pracht des Flusses / der vns schicket) verstehe die Vestung Glckstadt an der Elbe gelegen / wo von wir kurtz zuvor etwas weiniges davon gedacht haben. Versu 1277. Sey danckbahr Friedrich-Stadt / du Tnningen daneben) Friedrich-Stadt / eine newe / mit schnen Husern vnd Gassen auff die Hollndische Art erbawete / vnd zwischen zweyen Flssen / nemblich der Trene vnd ­Eyder gelegene Stadt / hat jhren Nahmen von dem annoch glcklich regierendem Hertzog Friederich von Hollstein (der sie fr weinig Jahren hat auffrichten lassen) bekommen. Jn dieser Stadt haben sich die auß dem Nieder-­Lande vertriebene Remonstranten oder Arminianer / wie man sie nennet / eine geraume Zeit auffgehalten / wie denn solches dieser Oerter sehr wol bekand ist. Tnningen ist eine feine Handel-Stadt / ebenmessig in Eyder-Stdte nahe am Wasser gelegen / hat ein ansehnliches wolerbawtes Schloß vnd dabenebenst einen sehr guten Haven / woselbsten viel Schiffe mit mancherley Wahren beladen / theils auß Holland / theils auß anderen Lnderen anzufahren pflegen. Versu 1279. O Flenßburg mercke doch) Flenßburg ist eine schne vnd grosse Kauff-Stadt an einem trefflichen guten Haven des Balthischen Meers im ­Frsten-Thumb Schleßwig gelegen. Sie hat ein altes auff einem hohen Berge wolgelegenes Schloß vnnd ist der Bothmessigkeit jhrer Kniglichen Mayesttt auß Dennemarck vnterworffen. Versu 1281. O Schleßwig / Husum / Kiel / jhr Facklen der Holsaten) Schleßwig ist eine sehr Alte vnd fr viel hundert Jahren eine weitberhmte Kauff-Stadt gewesen: Sie ist an einem vberauß lustigem Orte / recht an dem ­Flusse /

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die Slye genand gelegen. Es ist vorzeiten an diesem Ort ein Herrlich ­Bischoff-Thumb (welches Kyser Otto / Kyser Heinrichs des Voglers Sohn gestifftet hat) gewesen / solches das annoch verhanden hohe Stifft / mit seinen Thumb-Herren klrlich bezeuget. Von dieser Stadt Auffkommen / Zunehmen / Handlungen / Kriegen / Zerstrungen vnd Abnehmen kan der begierige Leser in den Holsteinischen Zeit-Bchern vnnd bey anderen Geschicht-Schreiberen nachschlagen. Husum ist gleichfals eine ziemliche grosse Stadt in Frstenthumb Schleßwig / vngefehr gegen dem Strande / einer Jnsul in der Nord-See vber gelegen. Die Stadt ist mit einen schnen Schlosse gezieret / ist sonst ziemlich erbawet vnd hat keinen geringen Handel mit Viehe vnnd anderen Sachen / welche mehrentheils auß JttLand vnd anderen Dnischen Lnderen dahin gefhret werden. Die alte Hertzogin von Holstein / Fraw Augusta / Weyland Knig Christian des vierdten Schwester vnd des jtzt regierenden Hertzog Friederichs zu Holstein leib­liche Fraw Mutter / Gottseliges Andenckens / hat gedachte Stadt vnd Schloß Husum / als jhr zugeordnete Leib-Gedinge eine geraume Zeit inne gehabt vnd besessen / welche hochlbliche Frstin fr etwa anderthalb Jahren in GOtt selig ist verstorben. Kiehl / eine Stadt in Holstein / nahe am Balthischen Meer gelegen / ist wegen des berhmten Vmbschlages / welcher daselbst von dem Holsteinischen Adel vnnd einer grossen menge Volckes jhrlich / vmb das Fest der heiligen drey Knig wird gehalten / wol bekand. Diese Stadt hat auch ein Frstliches Schloß / dabenebenst viel schner Huser / den Holsteinischen Edel-Leuten mehrentheils gehrig / vnd ist gleich den beyden vorbenandten Stdten Schleßwig vnd Husum dem Gebiete des Hertzogen von Holstein vnterworffen. Versu 1284. Du Renßburg / Jtzeho / du Crempe / die du fest) diese drey Stdte sind auch im Hertzog-Thumb Hollstein gelegen. Renßburg / von etlichen Reinholds-Burg genand / ist ein feines Stdtlein / hat ein altes jedoch ziemlich erbawtes Schloß / ist gleichsahm mit Wasser vmbgeben. Jtzehoe ist eine wolerbawte vnd feine grosse Stadt / liget am Flusse die Stre genand / von welcher das gantze Land / von Hamburg biß an die Sthr den Nahmen hat / daß es Stormer-Land wird geheissen. Diese Stadt Jtzehoe hat ein berhmtes Closter / welches Aebtissin Frstliches Geschlechtes ist auß dem Hause Hollstein. Auch haben die Einwohner hieselbst / einen feinen Handel vnd gute Nahrung / ist auch dahervmb eine sehr lustige Gegend / mit schnen Wldern Aeckern Wiesen vnd derogleichen. Crempe ist zwar ein kleines / aber sehr festes Stdtlein / mit einem starcken Wall vnd breiten Graben wol verwahret. Diese Vestung wenn sie mit Speise vnd Tranck auch Kraut vnnd Loth vnd was sonst einem solchen Orte nhtig / wol versehen ist / darff sie sich fr einer starcken Belagerung nicht sehr frchten / wie man denn

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s­ olches fr vngefehr 12 Jahren klrlich hat gesehen. Sonsten hat es in dieser Stadt ein schnes vnd sehr wol zugerichtes Zeug-Hauß / vnd hat dieser Ort seinen Nahmen von dem Wsserlein Crempe / welches mitten durch die Stadt fleusset / zweiffels ohn bekommen. Jn dieser Stadt lebet annoch der vmb die Kirche Gottes wolverdienter alter Theologus, Herr Wilhelm ­Alardus Poeta Laureatus, welchen ich (wiewol er ohne das weit vnd breit bekand ist) an diesem Orte rhmlich zu nennen nicht habe vnter­lassen knnen noch wollen. Es sind aber diese drey Stdte / Renßburg / Jtzehoe vnd Crempe jhrer Knigliche Mayestt von Dennemarck vnter­worffen. Versu 1285. Du altes Oldenburg) Aldenburg oder Oldenburg / eine Stadt in Wager-­ Lande gelegen / worinnen von des Tuisco zeiten her die alten Wenden gewohnet haben / ist fr vielen Jahren eine gewaltige See-Stadt vnd dabenebenst eine mchtige Vestung gewesen / woselbst Kys. Otto der erste fr 700 Jahren ein Bisschoff-Thumb hat gestifftet. Die Frsten der Herulorum, (das sind die Mecklen-Brger) haben ehmahls jhren Sitz vnd Hoff-Haltung in dieser Stadt gehabt / welche denn das Reich Denne­ marck vielfltig bekrieget vnd offt hefftig beschdiget haben. Es ist aber das Schloß zu Oldenburg jtziger Zeit gantz verwstet vnd verfallen / wie denn auch die Stadt / so ehmahls einen guten Haven gehabt nunmehr gar ist verdorben / verarmet vnd schier zu einem Dorffe worden. Versu 1287. Du stilles Ecklenfrd) diese Stadt ligt im Frsten-Thumb Schleßwig nahe am Bahltischen Meer / ziemlich abgesondert von anderen Stdten / hat ­einen Arm auß der See / welcher der Ecklenfrder Wick wird genennet. Versu 1289. Jn dir / O Hollstein / sol des HErren Lob vermehren) die frembde / vnd in denen Hollsteinischen Lnderen vielleicht vnbekandte Vlcker (denn vmb der Einheimischen willen sind diese schlechte Anmerckungen so eben nicht geschrieben) sollen vmb besserer Nachrichtung willen krtzlich wissen daß das Land zwischen der Elbe vnd Dennemarcken gelegen vnd in Lateinischer Sprache Nortalbingia genennet / in vier vnterschiedliche Frsten-Thmer wird getheilet. Der Ort Landes von Hamburg / biß an das Wasser der Sthr wird das Stormer-Land genennet: Die Landschafft von der Sthr biß an die Eyder heisset eigentlich Holstein: Der Theil Landes zwischen der Elbe vnd der Eyder ist Dithmarschen: Das letzte ist gelegen vber der Swetyn vnnd der Schale / (welches Wasser durch New-Mnster leufft) biß an die Ost-See vnnd wird das Wager-Land genennet. Versu 1290. Dein Anglen / Schwantzen / Strand) Anglen vnd Schwantzen sind Lnder vnter das Hertzogthumb Schleßwig gehrig. Der Strand ist eine frucht­

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bahre Jnsul in der Nord-See gelegen / welche im Jahr nach Christus Geburt 1635 als die erschreckliche Wasser-Fluth diese Holsteinische Lnder hat brtroffen / vberauß grossen Schaden erlitten / in deme jhe Teiche sind zurissen vnd verwstet / jhre Acker mit saltzen Wasser vberschwemmet / jhre Huser hinweg getrieben / vnd eine grosse Anzahl Menschen vnd Viehe in dieser Jnsul jmmerlich ersoffen. Versu 1291. Das fruchtbahr Eyderstdt) Eyderstdt / ein sehr schnes vnd fruchtbahres Land / welches schier einer Jnsul gleichet / giebet viel starcker Pferde / Herrlich Rind-Viehe / Ochsen / Khe vnd derogleichen / denn es hat dieses Land einen trefflichen schnen Wiese-Wachs / dannenhero auch so gute Kse daselbst gemachet werden / daß sie vielmahls den Hollndischen nichts bevor geben: Es hat aber auch dieses Land von vorgedachter erschrecklichen Wasser-Fluth keinen geringen schaden erlitten. Versu 1292. Zu sampt den Stapelholm) der Stapelholm ist ebenmessig ein fruchtbahres vnnd Kornreiches Land zu Eyder-Stdt gehrig. Es hat vnterschiedliche Seen / als den Megger-See / Barmer See / Bergenhosemer See / welche Seen durch kunstreiche Mhl-Wercke trucken zu machen mit Teichen vnd Dmmen zu verwahren sind hernachmahls zu beseyen / sich etliche Brabnder / fr weinig Jahren haben vnterstehen drffen. Versu 1293. Dithmarsen meine Lust) das Land Dithmarsen zwischen den beyden Flssen der Eyder vnd der Elbe gelegen / haben die Knige auß Dennemarck vnd die Hertzoge von Hollstein vnter sich getheilet / vnd wird das eine das Sdertheil / das ander das Nordertheil genennet. Es ist ein herr­ liches / fruchtbahres vnd mit Korn vnd Wiesewachs von Gott wolgesegnetes Land. Was die Einwohner dieses Landes / ehe sie von Knig Friederich auß Dennemarck vnd Hertzog Adolff von Holstein / hchst vnd hochseligen Andenckens bezwungen worden / fr Leute gewesen seyn / solches beschreibet Herr Johan Petersen / in seiner Hollsteinischen Zeit-Bcheren mit folgenden Worten / welche zu Bezeugung meines danckbahren Gemhtes gegen viele mir in diesem Lande erwiesene Gutthaten muß anhero setzen / die also lauten: Die Einwohner des Landes Dithmarschen vermgen 6000 wehrhaffter Mann in das Feld zu bringen / vnd sind von Natur lange / grosse / starcke Leute / gerade im springen / wissen mit jhren Lantzen vnd langen Spiessen / deren sie sich ben in einem Huy vber die Grben zu springen. Sie haben diesen Frsatz vor alters her / sich frey vnd ohne Zinse vnd Schatzung zu erhalten oder lieber alle zu sterben. So sie ausserhalb jhres Landes Feinde haben / alsdenn verrichten sie vnter jhnen selbst erstmahls alle Vneinigkeit im Lande / vnd wird aller Vnwille so lange zurcke

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gesetzet / biß die Feindschafft ausserhalb gestillet vnd abgeschaffet: Vnd so jhrer einer oder mehr von den Feinden gefangen wird / vnd sie gleich viel geloben / so halten sie doch nichts / sind auch nicht mechtig / wenn sie gleich reich sind / fr die Erlsung jhres Leibes vnd Lebens zu geben: Zu deme sind es sehr vnbarmhertzige Leute / alle jhre Feinde / die sie vberwltigen oder bekommen / tdten sie grewlich / die Leiche jhrer erschlagenen Feinde begraben sie nicht / gestattens auch anderen nicht. Sie zancken vnter einander im Lande vergebens / drewen wol einer dem anderen / geben einer dem anderen hnische spttische / vnd schndliche Wort / bespeyen sich vntereinander / ziehen aber nicht so bald von Leder. Jhre Weiber erzeigen sich gegen jhren Feinden in Kriegs-Geschefften als wilde Thier vnd Wlfinnen / erwrgen vnd schlagen todt alle jhre Feinde die sie bekommen gleich jhren Mnneren. Sie rhmen sich ein frey Volck seyn / die anders keine Herrschung haben / allein die Kirche zu Bremen. Aber solche jhre Freyheit ist nunmehr lengst verlohren / jedoch haben sie von etlichen alten Gewohnheiten noch ziemlich viel vbrig behalten. Versu 1297. Wo bleibt denn Wager-Land sampt Lbeck an der Traven) Lbeck die gewaltige Reich-Stadt ist gelegen in Wager-Lande / gleich wie Hamburg in Stormarn. Sie ist zur Zeit des frommen Frsten Gottschalcks / welcher ein Frste in Mecklenburg / Wager-Land vnd Wenden gewesen / zum ersten mahl an der Schwartow erbawet / als aber die Einwohner daselbst gar kein Glck gehabt / sind sie von dannen gewichen / vnd haben die Stadt zum anderen mahl im Jahr 1104 zwischen den zweyen Wasseren / der Trave vnd Wakenitz zu bawen angefangen. Diese Stadt ist hernach vielmahls eingenommen vnd zerstret worden / auch hat sie Graff Adolph der ander auff die Stdte / da sie jtzt liget / wiederumb gebawet. Sie hat viel schwerer Kriege mit den Knigen in Dennemarck / Schweden vnd anderen mchtigen Herren gefhret / wie solches die Zeit-Bcher weitleufftiger vermelden. Versu 1302. Vnd du mein Pinnenberg / worvnter ich gebohren) dieses ist ein Schloß in Stormahren gelegen / von vndencklichen Jahren hero den Graffen von Hollstein vnd Schawen-Burg gehrig / vnd ist zwar das vornehmste in diesem Lande / welches jtziger Zeit die Graffschafft Hollstein oder Pinnenberg wird genennet: Denn / ob wol im Jahr nach Christus Geburt 1390. die Graffen von Schowenburg sich durch die Graffen von Hollstein mit einer Summa Geldes von dem Wager-Lande haben abkauffen lassen / so haben sie doch die drey Aempter / als Pinnenberg / Hatesburg vnd Barmstdt durch ein absonderliches bedinge fr sich behalten. Das Schloß Pinneberg ligt an einem sumpffigen Orte / ist ziemlich fest / hat noch fr weinig Jahren eine starcke Belgerung (in welcher es hefftig beschossen worden wie

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der Augenschein annoch bezeuget) von dem Hertzogen von Fried-Land vnd Graffen von Tilli, (welcher darber in einen Schenckel verwundet worden) außgestanden. Versu 1305. O wolte wolte Gott / daß ich dem wehrten Helden Von Schowenburg) dieser ist der jtzt regierender vnnd auß dem alten hochlblichen Stamme der Graffen von Schowenburg dieser Zeit der letzte Herr / genand Otto / Graff zu Hollstein / Schawenburg vnd Sternberg / Herr zu Gehmen vnd Bergen / dessen als vnsers gndigen Graffen vnd Landes-Herren Wollfahrt vnd gedeyen an Leib vnd Seel wir billich dem allerhhesten von Hertzen be­fehlen. Versu 1340. Denn bald so kombt ein Schiff auß Nieder-Land daher) daß die Hollndische / Friesische vnd derogleichen Schiff-Leute auß Dithmarsen / ­Eyder-Stdte vnd anderen Holsteinischen Korn-Lndern jhrlich viel hundert Last Weitzen abhohlen vnd gegen Westen verfhren / solches habe ich offtmahls selber gesehen / vnd knnen es auch die Einwohner jtzt gedachter Lnder gnugsahm bezeugen. Versu 1343. Hispanien wird offt von vnserm Weitzen satt) es ist so wol den Schiff- alse Kauff- vnnd Handels-Leuten sehr wol bekand / daß auß diesen Holsteinischen vnd anderen Kornreichen Lnderen viel tausend Tonnen Weitzen / Rocken / Garsten vnd derogleichen Frchte auff Hamburg / vnd von dar naher Hispanien verfhret werden / insonderheit wenn etwa ein gar trockner Sommer vnd dahero erfolgende schwere Thewrung im selbigen Knig-­ Reiche ist eingefallen. Versu 1357. Den Vberfluß der Rinder Auß Jtt-Land) Jtt-Land / von den Welt beschreiberen ins gemein Cimbrica Chersonesus genand / giebet nebenst anderen der Kron Dennemarck vnterworffenen Lnderen eine solche ­menge Rind Viehes / daß die Einwohner deroselben in den verflossenen Jahren (als Teutsch-Land noch in besserem Friede stunde / biß auff viertzig tausend Stcke an einem Ort haben herauß getrieben / vnd sie den Nieder-Lnderen / Glichern / Westphligern vnd anderen Vlckeren verkauffet. Bey diesen Zeiten habe ich selber erfahren / daß jhrlich von funff­ zehen biß auff zwantzig tausend allein dieses Orts / zu Wedel von jhnen den Denischen Kauff-Leuten verhandelt vnnd vber die Elbe in frembde Lnder verfhret werden. Versu 1359. Mein Wedel zeuget selbst) dieses ist der jtztgedachte Flecke / Wedel ge­ nand / woselbst jhrlich ein sehr grosser Handel zwischen den Denischen vnnd Niederlndischen Kauff-Leuten mit Ochsen wird getrieben / vnd kan

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kein Kauff / welcher bey dem allhie auff dem Marckt stehenden grossen steineren Bilde / der Roland sonst genand / geschlossen / von jennigen wieder ruffen werden. Es ist sonst dieser Flecken an einem sehr gesunden vnd lustigen Orte in Stormahren / vngefehr zwey guter Meil von Hamburg / nahe an der Elbe / vnter dem Gebiete / des Herren Graffen von Holstein vnd Schawenburg gelegen: Soll seinen Nahmen (wie etliche dafr halten) von den Pommerischen Edel-Leuten die Wedel genand (welche vielleicht vorzeiten dieser rter gewohnet /) bekommen haben. Versu 1361. Jch wil hie nicht einmahl von vnsern Pferden sagen Die Franckreich helt so hoch) vnter vielen herrlichen Gaben / welche der allergtigster GOtt den Holsteinischen Lnderen hat verliehen / ist die treffliche Viehe-Zucht nicht die geringste. Es ist bekand / daß die Lothringer / Frantzosen vnd derogleichen Vlcker / auß Eyder-Stdte / Dithmarsen vnd anderen Lnderen schier jhrlich einen grossen hauffen Pferde zusammen bringen / selbige thewr bezahlen vnd endlich zu Lande vnd Wasser naher Nancy / der Haupt-Stadt in Lothringen vnd ferner in Franckreich verfhren / der vnglublichen menge Pferde / welche auß Dennemarck gebracht / vnd so wol allhie zu Wedel als anderswo / da es bequeme vberfahrten ­giebet / vber die Elbe gesetzet werden / zu diesem mahl zu geschweigen. Versu 1366. Das Land heist Holtz vnd Stein) woher vnser vielgeliebtes Vater-Land Holstein seinen Nahmen eigentlich bekommen habe / ist bey den Welt vnd Land beschreiberen annoch sehr zweiffelhafftig. Etliche wollen / weil es hin vnd wider viel Wlder vnd Holtzungen habe / vnnd denn auch viel grsser Steine im Lande gefunden werden / es sey jhm von diesen beyden zusammen gesetzten Wrtern der Nahme Holl-Stein erwachsen. Andere haltens dafr / man solle die Einwohner nicht Hollsteiner / sondern vielmehr Holtzsaten oder Hollsaten nennen / denn sie schreiben / daß der Teutschen Knig Marsus genand / (welcher im Jahr der Welt 3370 hat regieret / vnd seinem Sitz bey Husum soll gehabt haben /) seine Vlcker in die niedrige vnd fruchtbahre rter habe versetzet / welche Lnder vom Knige ­Marsus die Marsch sein genennet worden / wie sie denn solchen Nahmen auch noch behalten / als da seyn die Cremper-Marsch / Wilster-Marsch / Dith-Marsch / Stor-Marsch / Hase-Lower Marsch vnd derogleichen. Als sich aber diese Vlcker gewaltig vermehret / also daß sie sich in der Marsch hinfhro nicht alle ernehren noch daselbst bequemlich wohnen knten / sind etliche verursachet worden auff die Hhe vnd in die Wlder vnd Holtzungen zu ziehen / darinnen Huser zu bawen vnd zu wohnen / welche hernach von denen / so in der Marsch / oder in den niedrigen smpffigen Lndern geblieben wahren / die Holtzsaten sind ge-

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nennet worden / vnd scheinet diese Meinung nicht so gar verwerfflich zu seyn / sintemahl das Land biß auff den heutigen Tag den Nahmen Holsatia behelt / vnd die Einwohner Holsaten oder Holsten genennet werden. Wir bekmmeren vns gleichwol weinig vmb den Vrsprung des Nahmens / vielmehr wnschen wir von dem barmhertzigen Gott / daß er vns seine Gnade verleyhe / damit wir in diesem edlen vnd annoch glckseligen Lande hinfhro Christlich / friedlich vnd ehrlich leben / endlich aber selig sterben mgen / welche grosse Glckseligkeit der getrewer GOtt vom Himmel vns gndig gnnen / auch bey vns vnd vnsern nachkommenden biß ans Ende der Welt bestndig erhalten wolle / vmb JEsu Christi vnsers allerliebsten Erlsers vnd Friede-Frstens / Willen / Amen / Amen.

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Holstein Vergiß es nicht Oder HOLSTEINISCH Krieg vnd Friedens Spiegel / Darin Alle rechtschaffene Hertzen vnd ­Einwohnere deß Landes Holstein tglig beschauwen sollen. 1. Die verderbliche Landes Ruin / so sy bey jetzigen Kriegschtigen Zeiten betroffen hatte. 2. Den gldenen wehrten Frieden / so jhren Landen nach zwey Jahrigen außerstandenen Vnglck / vnd erlittenen grossen Schaden / vormittelß Gttlicher verleihung / fr allen andern eusserst gepresseten vnd betenckten Frstenthumbern wieder beygelegt worden. 3. Wie sie sodanen Frieden vnd jhr Land in fernern Wolstand erhalten / jre Grentzen fr weitere feintseligen Vberzug versichern / vnd sie von der vorgehenden Lands verderblichen Verwstung vnd Zerrttung bewahren sollen. Zu heilsamer Ermahnung vnd trewhertziger Warnung / seinen lieben Landsleuten / in offenen Druck gegeben Durch Einen getrewen Patrioten vnd Liebhabern Gottes Worts vnd deß Landes Wolfarth.

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Holstein vergiß es nicht / Oder Holsteinisch Krieg vnd Friedens Spiegel.

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MAn helt ins gemein darfr / das ein jeder Mensch / er sey gleich hohes oder niedriges Standes / auß der eingepflantzten Liebe / vnd Natrlicher Affection vnd Zuneigung / wormit er seinem Vaterland beigethan / alle sein vermgen daran strecken / sein thun vnd lassen in all seinem Vorhaben dahin richten soll / wie er mit trewhertzigen einrahten / was demselben vortrglich vnd ntzlich zu sein erscheinet / aller mglicheit nach beforderen / die fr ­augen schwebende Noth vnd Gefahr hindertreiben vnd abwenden / vnd dem gemeinen besten mehr als jhme selbesten ­Vigiliren mge: Wenn denn auch ich nicht mir / sondern meinem lieben Landsleten zu gute in diese Welt geboren / als erkenne ich mich in schuldiger verpflichtung jhnen trewlich an die Hand zu gehen / vnd wie sie sich der jtzigen friedens zeit also gebrauchen / das sie deß grossen schadens / so jhnen durch den vorgangenen feindseligen berzug angehngt / stettz eingedenck bleiben / vnd in betrachtung dessen / dem knfftigen Vnglcks Sturm / mit guter vorsichticheit frbeugen / vnd zu einer sicheren Hafen einkehren / zu erffenen von Gott der Natur vnd rechtswegen / verbunden / thut auch solches hertzlich gern / verhoffentlich dasselbe anderst nicht / als wie es trewhertzig vnd gut gemeinet / auffgenommen werden soll. Wie nach gewaltsamer vnd vnvermeidlicher Occupirung deß Bhemischen / vnd dessen Knigreich Incorporirten Landen / durch so viele listige practiken vnd bluttrieffende Anschlege der Jesuiten die Bpstliche mit Kyserlichen blossen Namen außgeputzte Armee / auff dich O libes Vaterland gezielet / auch endlich auß Gttlichem gndigen verhngnuß wegen vielheit vnser Sden / der Zweck erreichet worden / vnd auch pltzlicher vnuersehener vnd gantz vnuerschuldeter Kirchensperrung / vnd außtreibung der Lutherischen Prediger vnd Schuldiener in vielen

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Landen / auch dein Gottesdienst verstopffet / deine Kirchen vnd Schulen zerbrochen / die Kirchen zu Roßstllen / vnd die Schulen zu behlter Rustwagen gemachet / gute Policei zerstret / heilsahme Ordnung vnd alle erhebliche Gesetze vnter die Banck gestecket / deine Stdte vnd Drffer geplundert / vnd was deine Einwohnere in sawren Schweiß vielmahlen mit Hungermahlen erkrget vnd zusamen gehalten / verzehret / verschttet / mit Fssen getretten vnd vernichtet / deine Weiber vnd Kinder / vor jhrer Mnner vnd Eltern Augen gewaltsahmer vnerhrter weise geschendet / deine saugende vnd vnerzogene Kinder ohne Schuld vnd Vrsache jmmerlicher vnd erschrecklicher weise getdet / worden / vnd du alle Augenblick Fewer / Schwert Jammer vnd Noth / Schande vnd Tod außstehen mssen / wird dir ohn mein weitleufftig erinnern noch guter massen bekant sein / vnd so lange die Welt stehet ohn zweiffel in frischer gedchtnuß bleibn. Ob nun wol diß alles deine Snde gemacht / vnd deine Misse­ thaten den Zorn Gottes gereitzet / dadurch du diese Straffen dir selbst verursachet / vnd vber den Halß gefhret / du auch wol grossere Straffen / wo nicht gar die eusserste Desolation, Ruin vnd Vntergang verdienet hattest: so hat doch der mildreicher gtiger Gott / nach seiner grossen Barmhertzigkeit / endlich dein Seufftzen erhret / vnd ist dir fr allen andern betruckten vnd vntern KriegsJoch hart beschwerten Landen / der liebe Fried wiedermb auffgericht worden / welcher denn auch am ersten Tag Junij deß 1629. Jahrs offentlich Promulgiret außgeruffen vnd verkndiget ist / daruff die vnzchtigen vnd verderbliche Raubvgel von dir weichen / deine Eingesessene / beides an Regenten vnd Vnterthanen / so zuvor jhre Sitze von aussen ansehen / vnd das Veteres migrate coloni practicieren mssen restituirt. Dein Gottesdienst / Nahrung / Handel vnd Wandel wieder auffgericht / vnd bistu aller massen nun mehr (Gott sey Lob) in vorigen Stad getreden. O Liebes Vaderland wie glckselig bistu fr allen andern Landen / denn Gott hat dir seinen Willen geoffenbaret / wie du dich gegen jhm danckbarlich erzeigen solst / sein Wort halten / jhn

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lieben / vnd demtig fr jhn werden. O Holstein vergiß es nicht: Denn der Allmechtiger Gott / hat dich mit einem reichen Segen vberschttet / vnd hastu jetzo erlanget / einen geruygen Religions Frieden / deß Gottlichen Worts / vnd der Christlichen rechtseligmachenden Luttherischen Lehre / in deinen Kirchen / du hast berkommen einen gemeinen Landfrieden / in den Pallasten deiner hohen Obrigkeit / du hast empfangen den reichen Haußfriede / dardurch deine Kamern wieder voll werden / das du einen Vorrath nach dem andern herfr geben kanst / O Holstein vergiß es nicht / was der HErr dir hierin Gutes gethan hat. Weil aber alle Menschen also gesinnet / das sie das Bse / so jhnen immerdar vor Augen schwebt / nicht erkennen / sonder jhr vertrauwen auff das gut glck setzen / vnd wenn jhnen daßselbe mit gutem wind ein Zeitlang recht in die Segel gewehet hat / sich erheben / jhrer vorigen widerwertigkeit / vnd Vnglcks nicht mehr gedencken / sondern sich abermahln einen zornigen Gott zu wege richten vnd verursachen / du auch liebes Vaterland mit diesen fehlern obhauffig behafft bist / als kan ich der Liebe halben so ich zu dir trage / keinen vmbganck haben / dir ein Memorial zustellen / vnd dich auß dem Schlaff der Vnachtsamkeit auff zuwecken / vnd solstu derwegen wol behertzigen / wie das vnbestendige glck je vnd allewegen in Menschlichen sachen sein spiel treibet / vnd wie ein grosses wolgefallen es hat an vnuer­ sehenen zufllen / in betrachtung das es vmb die felicitet eines Menschen ein wanckelmtich ding sey / in dem das Glck heut einem erhebt vnd morgen wieder herunter stosset / solches bezeugen die aller herlichsten strcksten vnd vesten Gebw auff der Welt / so man mannichsmal fr vnberwindlich / vnzergenglich / vnd biß am Jngsten Tag bestndig zu sein / gehalten / da sie doch vnange­sehen man viel Jahr mit viel Tausent / ja hundert tausent Menschen daran gearbeitet / in wenig stunden oder wenig Tagen dermassen widerumb vergangen / vnd vorschwunden / das man jhre stellen nicht mehr hat erkennen knnen. Wie ist es diß Jahr / anderer Exempel zu geschweigen / der herlichen vnd wolerbawten Reichs Stad Magdeburg ergangen? die sampt jhren sechs schonen

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Pfarkirchen / Trnen vnd wolgebawten Husern in einem Tag von 10. vhr deß Morgens biß zu 10. auff den Abend jmmerlig außgebrant / vnd biß auff 139 Huser nach / in die Asche geleget worden. Diese ob sie wol zuvor auch vnterschiedlige mahl angefeindet vnd mit Kriegsmacht verfolget / auch darauff wiederumb durch Gottes gnaden verleihung in Frieden gesetztt / so hat sie doch endlich / weil sie sich an dem vorigen außgestandenen Vnglck nicht gebessert / mssen verwstet / zerstret vnd meisten theils vmbgekehret werden: vnd hat diese Stad Dir O liebes Vaterland / ein Exempel hinterlassen / daran du dich zu spiegeln / vnd was zu deinem Fried vnd Wolstand dienet / wol zubetrachten hast. Zum 2. Hastu je gahr keine vrsache / das weil der gtige Gott sich mit seiner mchtigen Errettung zu dir gefunden / dich in vorige Herligkeit vnd Stand wieder restituiret vnd mit seinen gnaden vnd friedens Segen / dir wieder bey gewohnet / du solches deinem Verdienst zuschreiben kntest / der je warlich deine Eingesessene nicht weiniger / als deine Nachbarn / so annoch durch die Kriegslast sehr hart vnter getrucket werden / mit allerhand schweren Snden angefllet sein / das du derwegen auß dem Strick entwischet / hastu einich vnd allein / der erbarmnuß vnd der mchtigen hlff Gottes zu dancken / vnd dahero wollestu auß dem Schlaff der Snden auff stehen / vnd insonderheit die Hoffart so auffs new hefftig bey dir eingewurtzelt / in deme du jetzo dich mit allerhand Munster von Kleidung so deine Lands verderbliche Alla Modische Officierer vnd Soldaten Huren getragen / herfr schmuckest / abschaffen / vnd außrotten / darmit nicht der gntzliche vnterganck vnd verderben / dich vnd deine Sttte abermahls als ein groß vnglcks Sturm vberfalle / vnd das solches leichtlich geschehen knne / hastu Frs 3. auß derer Natur / die zuvorn deine Feinde gewesen zusehen. Denn ob man wol in allen Vertrgen vnd Contracten / was einmahl eingewilliget worden / fst zuhalten / von Gott der Natur vnd Rechtswegen verbunden ist / so seind doch dieselbe viel anders gearttet? vnd haben sie zu vnserer verderblichen Desolation jhnen diese Maximam gemacht / Hereticis non est servanda ­fides,

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vnd in warheit stellen sie solches wunderlich ins werck / denn was glauben haben sie gehalten in allen jhren Contracten, es sey in Stden die jhnen mit Accord zu handen vberlieffert worden / oder Friedenshandlung die sie gemacht haben? gantz Niedersachsen bezeugt es vberflssig / insonderheit die Reichstdt / Magdeburg / Rostog / Wißmar vnd Stralsund / andere stillschweigens vorbey zugehen / zu deme ist je vberflssig bekant vnd am Tage / was die Papisten / vnd die mit Jesuiten Strtzlein angefeuchtete Catholici sich oftmals verlauten lassen / Das weil sie durch den erlangten Sieg nunmehr das Spiel in Hnden hetten / die gldene Zeit / in welcher alle Ketzer außgerottet vnd vertilget werden sollen / kommen vnd vorhanden were / wollestu derwegen durch diese warnung / O liebes Vaterland / auß dem Schlaff der Vnachtsamkeit vnd Snden / auffstehen / vnd auff den Fried nicht gahr zu sehr trutzen / den Inimico reconciliato non dederis fidem, Verlaß dich nicht zu sehr auff dein Feind der dein Freund worden / Quia latet anguis in herba, Du solst mit jenem eine Schlange im Busem zu Hause tragen / Parturiunt montes, Du magst von jhnen heischen vnd begehren was du wilst / sie sollen alles biß auff eine gelegene zeit mit dir eingehen / vnd einen Interims Frieden (ob er gleich als wenn er auff ewige Zeit gemachet were außgeschrien werd) mit dir machen / Nascetur ridiculus mus, als wren es guldene Berge / was sie dir zugesagt / sie halten weiniger denn nichts darvon / vnd werden leichtlich eine Straelsundische vnd Magdeburgische Vrsache zu gelegener zeit wieder dich erfinden / ob sollen sie die auch vom Zaun herunter brechen. Damit nun aber vns solches Jammer vnd Trbsal nicht abermahls vber den Halß gebracht werde / so last vns in der zeit auff mittel vnd heilsame Remedia, darmit dem knfftigem bel mge vorgebawet werden / bedacht sein / vnd solche wil ich dir O liebes Vaterland krtzlich vnd klrlich vor Augen stellen. Vnd Erstlich / Mustu dich auff die Allmacht deines gndigen Gotts fstiglich vorlassen / der dich als der du vnter dem kleinen Huflein der Christlichen Kirchen mit begriffen / wol fr alle feindliche Machinationen bewahren / vnd durch seine mechtige

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hlffe zu bequmer zeit auß aller Noth heraußreissen kan / vnd in betrachtung dessen / mustu alle Menschliche Hlff vnd Rath / niemals so hochachten / das du jnen in diesem dingen den Vorzug lassest / vnd dardurch deß Gottlichen beystands vergessest. Zum Andern / Allem was deine Landsfrstliche Obricheit / vermge Gotts Wort / vnd geschriebenen Rechten / dir aufflegt / solstu gehorsam leisten / vnd dich im geringesten jhr nicht wieder setzen: Jnsonderheit aber solstu sie lieben / vnd jhr allewege getrew verbleiben / auch mit vnterthnigster schuldiger Reuerentz vnd ehr erpietung jhr rechtmssig vnter die Augen gehen. Zum Dritten / Mustu auff alle Verrhtereien deiner Feind / ein sttswachendes Auge haben / damit denselben bey zeiten vorgebawet vnd dein Land von der verderblichen Ruin bewahret werde. Zum Vierden / Deine Stde vnd Drffer / Brger vnd Bawren mustu O Liebes Vaterland mit guten Fortressen wieder alle gewalt der Feind versehen / damit du jnen auffm Nothfall den Kopff desto freyer darbieten / vnd durch sodane Versicherung selbige in einer so grossen Guarnison nicht zu besetzen habest. Vnd weil zu erhaltung der Regiment auff Erden kein vester vnd sterckers Band / der Brderlichen Liebe / Trew vnd Einigkeit zwischen Nach­bawrn / alß / mustu frs 5. Die beiden mchtige Stdte Lbeck vnd Hamburg als deine getrewe Nachtbawrn mit einem vnaufflß­lichen Liebes Band dir verknpffen / auch in steter hut sein / das solch Band niemals entzweiet vnd zerrissen werde / hiedurch wird dir vnd jhnen geholffen sein / vnd hastu nicht nthig andere ­Vestungen an deine Grntzen zu legen / sondern solte abermahl der Feind sich zu dir heran nahen / so seind jhm durch sodane vereinung alle Mittel / sich im Lande lang auff zuhalten abgeschnitten / zu deme hat er den Kopff in der Schlingen / vnd kan nicht so leicht / als er hinein gekommen / wiederumb herauß gelassen werden / zu geschweigen das er hinein zu brechen / wol ein bedencken tragen werde / so knnen auch wenn es von nhten / disse Stdte / weil sie auff deinen Grund vnd Bodem liegen / dich mit allerhand V ­ ivres, Profiant vnd Munition strcken / derer du denn zum 6. Da abermahls sich der Feind mit Kriegs gewalt dir zu

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notigen wrde hochst bedrfftig. Frs 7. Mustu verhten die schdliche trennung vnd vneinigkeit deiner eingesessenen / darmit du dich nicht zum Raub dar stellest / dich selbst verderbest vnd zu grunde richtest: Vnd was ein Land in Wolstand zu erhalten fast das vornehmeste ist / mustu zum 8. Bey zeiten bedacht sein / woher eine ansehn­liche Geltsumme zur Werbung vnd vnterhaltung deß Kriegs Volcks / so man auch jetzt zur Defension des Landes an die ­Grntze zu legen / gentigt werd / die vorstehende gefahr ab zuwenden / mge gehoben werden / vnd weil du O Liebes Vaderland dich bey letster Stndversamblung zum Kiel / sehr beschwert empfunden / deiner Lands Obrigkeit zu einem Nothwendigen Defension Werck / etzliche Gelder darzureichen / so spitze deine Ohren / ich muß dir die Nothwendigkeit disser Geltsteur ein wenig weiter erklren. Wie viel Adel / Brger vnd Bawren hastu O Liebes Vaterland / die / da sie nun mehr in guten friede jre Gtere besitzen / nicht einen heller / zur Gemeinen Landsnoth / wie sie sagen / zu geben haben / weil sie verspren / das die Ruthen so jhnen gebunden waren / ein wenig vber die halbe gehoben / wenn sie aber auff vnntze Verschwendung / vnd Allamodische newe Kleidung / wenden sollen / so seind sie alle Reich genung / vnd muß es denn am Gelde nicht mangeln / al solte es auch auß zehen verschlossernen Kasten herfr gesucht werden / wenn auch der Feind einen vnuermthlichen vberfall (das Gott gndigst verhten wolle) thun solte / ich glaube frwahr / der eine solte noch mehr als der ander klagen / das jm so viel Golt / Silber / Gelt / Haußgerad vnd Kleider entwand vnd abgenommen wehre / setzen wir vns nicht hiedurch das Messer vnsers verderbens selbst an die Kehle? Hrt zu alle die jhr getrewe Liebhabere deß Vaterlands Freyheit seid / den einigen Rath / das einige Mittel vnd die eusserste Zuflucht / so zu erhaltung vnser aller so hoch von nthen / das wir auch vnser Leben / Freyheit / Weib / Kinder vnd zeitliche Gter / dafern wir diß auß der acht schlagen / vermthlich verlieren mssen: Solchs ist nicht anders als das wir vnser Obrigkeit mit einer ansehnlichen Summe Geldes mssen bey springen.

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Denn was solte einer Erstlich wol geben / das er ein freyes Religions Exercitium haben / vnd vngehindert das liebe Wort Gotts in fried vnd ruh hren / vnd der heiligen Sacramente gebrauchen mchte / wollen wir es selber nicht bekennen / so frage man vnsere Bunds vnd Glaubens Verwante / so jetzo in der Pfaltz / Behmen / Osterreich / mit dem Namen Pbstlich / aber mit dem Hertzen recht gut Lutterisch sein / die werdens vns frey herauß sagen. Zum Andern / Was solte man wol anwenden wollen / seine Nahrung / Handel vnd Wandel frey zu treiben / seine Gter ruhig besitzen / in guter versicherung zu schaffen / wachen / auffstehen vnd zu bette gehen / seine Kauffmans Wahren von einem Orth zum andern ohn feindlichen anfall zubringen. Zum Dridden / Dar vns Gott vor behte / wenn der Feind vnsere Stdte belegert hette / was solte man auffwenden / darvon ent­freiet zu werden / weil man nichtes als Plundern / Rauben / Morden / Schnden der Frawen vnd Jungfrawen zu erwarten / solte man nicht lieber mit gute all was einem von dem lieben Gott an zeit­ lichen Gtern auff der Welt bescheret were / dar reichen / vnd willichlich geben / all solte man auch mit Weib vnd Kinder ­nackend vnd bloß darvon gehen / ehe man ein solches erleben solte. Worumb seind wir denn so blind / vnd wollen vns nicht bey zeiten frsehen / vnd in Nothwendige Defension setzen / vnd jetzo viel mehr den geringesten theil vnserer Gter zur erhaltung vnser Freiheit hingeben / als hernach alles verlieren. Aber Tunc denique homines nostra intelligimus bona, quando ea quæ habuimus amisimus. Vnd wenn die jungen Vogel entflogen / so wollen wir erst nach den Eyren suchen. Alle tag warnet man vns / vnd wir lesens selber auß den Historien Bchern / vnd Schrifften / vnd dennoch glauben wirs nicht / vnd in summa / als dan empfinden wir aller erst das gut / wenn wir es auß der Hand gelassen vnd verlohren haben / vnd als denn wollen wir aller erst den Brunnen versperren / wenn das Kalb darinnen ertruncken ist. Derwegen hastu O liebes Vaterland / zum Beschluß wol in acht zunehmen / das du allezeit Gott vor Augen haltest / fr seinen Gnadenstuel mit einem demtigen Gebet / dich einstellest / vnd vmb

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abwendung aller Landstraffen hertzlich flehest / vnd instndig anhaltest / das er dir lang deß Friedens woll geniessen lassen / du must auch frsichtig sein den Friede bey dir zubehalten / vnd jetzo deß Friedens also gebrauchen / das du gedenckest / Gott jhn dir wieder nehmen / vnd Krieg her schicken knne / al dieweil solches deine Snde wol verdienet haben / darmit nun deine sachen recht von staten gehen / mustu die gelegenheit nicht verabseumen / bey jtzigen Friedensstand dich vmb Nachbarliche Correspondentz zu bewerben / vnd mit allen zum Krieg gehrigen sachen insonderheit / mit Gelt als einem Nervo rerum gerendarum, zu versorgen. Der getreve Gott wehr allem Krieg / vnd schaffe ehesten den langst gewunscheten Frieden / vnd erhalte vns in gedeilichem Wolstand / Amen.

Der Daphnis aus Cimbrien 1642

Der Allervortrefflichsten / Tugendreichesten und Hchst-begabten Schfferin Galatheen bersendet diese seine / vor vielen Jahren verfertigte Hirten-Lieder und Gedichte Der Daphnis aus Cimbrien.

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Vorrede an die guthertzigen Leser.

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JHr wolgeneigten Hertzen / Ob zwar von knfftigen Zufllen und Begebenheiten ihm kein Mensch gewisse und unfelbahre Rechnung machen kan; so ist doch bey mir anitzo kein Zweiffel / Jhr werdet / nach erheischender Eigenschafft Ewers trewen Gemts / wegen gegenwertiger Galatheen von zweyen sonst widerwertigen Gemths-bewegungen als nehmlich schmertzlichem Mitleiden und hertzlicher Frewde sehr eingenommen wo nicht gar bernommen werden. Mercket nur ein wenig auff. Galathee die Crone aller Edeltugendliebenden Schfferinnen / und Daphnis ein Außbund der von Tugend und Wissenschafft geadelten Schffer / Jhre und des gantzen lieb-lblichen Ordens Sonne und Zier / haben je und allewege mit reiffem Verstande und tieffen nachsinnen wol erwogen / daß es eine grosse Kunst sey nichtes bses thun / und noch eine weit grßere den Leuten allen unbilligen Verdacht und Argwohn benehmen: inmaßen denn bser Verdacht / einem jeden insonderheit aber dem ehrlichen Frawenzimmer ein so verdrießlicher und wiederwertiger als schdlicher Ehren-Hter ist. Jn Erwegung dessen / hat vorerwehnte schne Schfferin aus vernunfftmeßigem Rath und trewen mitbelieben Jhres Daphnis Jhr vorgenommen / Sie wolte / und diese itzo vor Augen stehende ihr zu Ehren gesetzte Hirten-Lieder (als welche zum theil ein wahres Conterfey Jhrer selbst seyn und heissen knnen) solten mit Jhr der itzigen Leichtsinnigen Welt gifftflammende Basilisken Augen fliehen und meiden / und nicht aus Jhrem Zimmer noch ber die Schwelle gehn / da wolte sie in Einsamkeit / welche alle die jenigen zu sich locket die mit Jhr ein stilles und zchtiges Leben lieben / Jhre Zeit mehr Einsiedlerisch als Schfferisch verschließen. Dieses war Jhre wichtige von Furcht erweckte entschließung / welche Jhr hoher Verstand erfunden / und ihr wunder-wrdiger Wandel erfordert haben / dadurch Sie auch verhoffte an den hochtewren und unwiederbringlichen Schtzen Jhrer Ehre und guten Nachrede / derer Sie mehr als ihres Lebens Sorge hatte / unangefochten und unbeschdiget zu bleiben.

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O Galathee / Galathee / wie haben doch zwene unter sich tdtliche Feinde / Furcht und Hoffnung / dich als eine herrliche Ve­ stung so hart belagert und hefftig angefochten / biß so lange die Hoffnung niedergedrckt und zur peinlichen Marter worden / die Furcht aber als eine Tyrannische Gewaltthterin dich bermeistert hat! Es ist eine heimliche aber wol thrichte meinung / in der Welt sich so eingezogen und verborgen halten wollen / daß man keinen Anstoß noch Wiederwertigkeit leiden drffte. O wie weit geirret! Jch meyne du hast es / lobwirdige Schfferinn / nunmehr sattsam und nicht ohne Nachteil erfahren mssen / nach dem du in hch­ster Vorsichtigkeit und im erwehlten eingezogenen Stande dennoch dem gefrchteten unglcke zum Raube worden / denn das bezeugen die Klagen / die du / wie mich deucht / bey dir selbst ber angefgte Gewalt und unbilligkeit mit folgenden Worten klglicher Weise heraus gelassen. O unvernnfftige Vernunfft du hast zwar Augen genug dich in deinem bevorstehenden un­glcke zu bespiegeln; Aber im Gegentheil bistu stock- und staarblind / wann du demselben vorbawen und entgehen solst! Und O dunckele vorhin sehr beliebte Einsamkeit / die du meiner Seelen fr ein Liecht dienest / daß Sie die Abbildung Jhrer finstern Gedancken sehen mge; Du solt meines wiederwertigen Zustandes geheimer Cammer-Schreiber seyn! solcher und dergleichen bittere Klagen sind als Zeugen Jhres bekmmerten Hertzens aus ihrem Munde ohn Zweiffel viel heraus gangen / wie die Wende die sie beschlossen gehalten / wofern ihnen die Natur Mittel zu reden verliehen hette / uns davon am besten Nachricht ertheilen wrden. Und wie solte diese Beleidigte nicht klagen? Hat sie doch wie der trewhertzigen Auffrichtigkeit ergebene Gemther mir / wenn ich jhnen den Verlauff dieser Sachen ein wenig weiter ent­decken werde / selbst Beyfall geben werden / dessen erhebliche und mehr denn zuviel ursachen. Was beschldiget Sie aber Jhre hohe weitsehende Vernunfft? Sie klage vielmehr die berhuffte und gantz unvermeidliche Bßheit der Welt an / welcher Mensch-mgliche Vorsichtigkeit / weil

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Jhr durch die unmglichkeit selbst so hefftig wiederstanden wird / nicht obsiegen kan. Jst das nicht verwegene Bßheit / und bßhafftige Verwegenheit? Die schne Galathee / ob sie wol / wie gehrt / aus Jungfrewlicher Zucht und Schamhafftigheit ihre Augen verhllet und des Tages Licht geschewet / damit kein leichtsinniger die geilen Augen an sie weiden / noch sich mit unzchtigen Begierden an sie vergaffen mchte; Jst dennoch ungetrewer und Diebischer weise ihrem Daphnis entwendet / und als ob Sie irgend eine unartige Dirne were nach der Rabenschlachtigen Frevelthter unziemenden gefallen ausgetragen / und auff den Schawplatz der Welt verstolens gefhret worden; Ja die rauberischen unholden haben sich eines theiles noch ferner in untugend gestrtzt / und falschen Schein also angezogen / daß Sie unverschamt vorgegeben / als wenn diese Galathee nicht des Daphnis / sondern Jhre (ich wil nicht sagen loser Leute) selbst angehrige Schfferinn were. Da siehet man ja / daß sich keine bessere Artzney fr Scham bey ihnen gefunden / als keine haben. O Schande! O Vermessenheit! O Gewaltsamkeit! Jn ihr Hertze mssen sich schmen alle die sich dieser und dergleichen unthat schldig befinden. Jch bin versichert die Edle Galathee als eine gar bestendige und getrewe Liebhaberin ihres hochberhmten Daphnis achtet sie nicht wrdig mit dem lincken Auge anzusehn / wie sie denn auch sich derselben Meister zu nennen in Warheit so geschickt befinden / als der Esel zum Lauten schlagen. Sie gleuben nur unzweiffentlich / daß ein ­iedes Auffrichtigkeitliebendes Hertz mit rechtmeßigem Eiffer dieses schilt und verdammet / wenn er lieset und hret / daß sie ihre Vernunfft so gar hindan gesetzt / und das Gewissen auff einen Zaun gesteckt / welche doch / als die frtrefflichsten und edelsten theile unserer Seelen billich allezeit ber einem ­ieden gebieten solten. Und wer wolte solches tollkhne Beginnen nicht in Abgrund der Hellen verfluchen? helt man es doch fr ein unabbittliches Ding an dem Tugendliebenden Geschlechte sich ehrenverletzlich zu vergreiffen. Warumb nicht ebener gestalt an Schrifften ihre

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Persohn betreffende? Wie habt denn Jhr / wer und wo Jhr auch seyd / die Jhr euch der Dieberey und Lgen zu Dienst begeben / so unverschamt ewere ungewaschene Hende hie anlegen / ewer sandichtes Gehirn / verlogene Zunge / Diebische Klawen und betriegliches Hertz kundt zu thun euch nicht geschewet? Pfui! schemet Euch / und thut es nicht mehr; sonst wird keine andere dieses Lasters Vergebung seyn als die Straffe und Zchtigung selbst. Unterdessen lasset Euchs nicht verdrießen diesen Verweiß von einem unbekanten einzunehmen / die Jhr Euch mit frembden Federn geschmckt / Jch habe es keinen mbgang haben knnen / weil mich ewere vermessene Verfahrung nicht allein zum hch­ sten verwundert / sondern auch mechtig verdrossen. Nach dem ich nun mit dem trewmeynenden Lesern / die ich gewiß auff meiner Seiten habe / aus Mitleiden und billichem Eiffer getrieben / den Ehren-anfeindern der holdseligen Galatheen Jhr begangenes verbrechen habe auffgerckt / und unter die verblendeten Augen gestoßen; Wil ich den endlichen Außgang / der Euch vielgetrewe Hertzen / verhoffentlich annehmlicher seyn / und zur Frewde die Hand bieten wird mit wenigem anzeigen. Als ich mit Hertzrhrenden Verdruß und Wiederwillen / den ich von Jugend auff wieder die betriegliche Falschheit eingesogen / erfahren / daß man etliche dieser Galatheen gewidmete Hirten-Gedichte so bey Hause lang / wie mans nennen mchte / geschleppet / und einer bald diß der ander ein anders wie oben zimlicher maßen ange­ deutet / damit vorgenommen / auch wol gantze Oden fr die Jhrigen außgegeben und drcken laßen; Habe ich auffrichtiger Weise alle diese des redlichen Daphnis Hirten-Lieder durch getrewe Hand an mich gebracht / und Sie den Teutschen Schawplatz damit zu zieren durch bergebung zum offentlichen Druck an das Tage-Liecht begleiten wollen / da ich denn in ungezweiffelter Zuversicht lebe / der Cimbrische Daphnis als ein großer Liebhaber der Redligkeit und Trewhertzigkeit / die mich dazu bewogen / und die Jhm dieses mein unterfangen zum beliebenden gefallen anzunehmen bereden werden / werde solches auch im besten vermercken / und ob wol solches alles ihme unwissend geschehen /

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dennoch friedlich damit seyn. Zumahl weil anders nichts als die fortsetzung unser edlen Teutschen Haupt-Sprache / und derselben hochfliegenden Poesy dadurch gesuchet wird. So tritt nun herfr du Kind der Sonnen / ja du Sonne selbst unter allen schnen Schfferinnen: Zeige mir deine Sonnenstrahlen / grße die Teutschliebende Welt mit deinen holdseligen und liebreitzenden Gesichte. Deine Gegenwart wird fr sich selbst besser das Wort thun als meine unberedte Zunge dich erheben kan / die du dich so ungern rhmen hrest als wrdig du dessen bist / und dasselbe umb so viel mehr ungern / weil du nicht von frembder Farbe gleissest. O du Schne / hettestu doch in deinem vollkommenen Glantze dich ehe herfr gethan / so werestu dieser Finsternß entgangen / und hettest vielleicht durch Dienst eines Geferten / der mir an Wrde und Geschickligkeit deine Schnheit zu zeigen berlegen / herfr gehen mgen. Jtzo nimm fr lieb / und brich durch den Nebel meiner schlechten Worte und vorgesetzten Nahmens. Verzeuch und schewe dich ferner nicht deiner Augen-glantz / wie das grosse Welt-Auge die Sonne des Himmels / auff bse und gute / auff gehassige Verlumbder und wolgewogene Gnner zu werffen. Man muß nicht die grße der Gefahr / wie das Weibliche Geschlecht pflegt / mit der Elen seiner Furcht und Sorge abmessen. Achte nichts das unverstndige und nichts-wrdige dich gehssiglich anschielen / und Jhr Lester-Maul ber dich zerreissen werden / an welchen man sich nicht besser / als mit Verachtung rchen kan; Sondern sey damit doppelt vergnget / daß bey allen der edelen Tugend und klugen Wissenschafft ergebenen / dir es so wenig an Liebe und Lobe / als bey ­Jhren und deinen Wiedersachern an Tadel mangeln wird / welcher ungltige Scheltworte bey den Verstndigen so viel als gelobet werden heissen. Wer aber an dieser Galatheen keine Jungfrewliche Zucht / keine Geschickligkeit und wollanstehende Zier siehet / der ist von leichtsinniger und ungeschickter Grobheit geblendet. Jch geschweige ein mehres davon zu reden / damit ich nicht diesem Liebes- und Lobes-Bilde im liechten stehen mge. Gefellt es der Bescheidenheit des geliebten Lesers / so wolle er meine geringfgige Rede / die ich dieser

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Galatheen wegen an ihm heraus gelassen / an statt des schwartzen Fleckleins / welches das heutige stoltze ­Frawen-Zimmer / Jhr mit Lilien und Rosen vermischtes klares Angesicht desto schner und ausbndiger zu machen / nrrischer weise anklebt / zu schtzen Jhm belieben lassen (Wo der Flecke nicht zu groß worden) unsere schne Schfferin aber helt von solchem Affenwercke und ppiger weise weniger als nichts. Er empfahe Sie mit gutem Hertzen und freundlichen Augen / und urtheile nach seiner Auffrichtigkeit woll und verstndlich davon. Jch meines theils verpflichte mich solche Hffligkeit danckbarlich zu erkennen / wo ich weiß und kan; Der ich kein ander Absehn hiebey habe / denn allen denen die mir an Liebe zu unserer hochwerthen Mutter-sprache und ihrer edlen Poesy gleich / insonderheit aber meinem hochgeliebten Herren Daphnis zu dienen und die Tage meines Lebens zu seyn. Aller lieben Teutschen und auffrichtigen Hertzen Lneburg den letzten des Mertzen 1642. Trewverbundener Theobaldt Grummer.

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Daphnis bekmmerte Liebes-Gedancken. Als er bey seiner Galatheen nicht seyn konte. 1. DAphnis gieng fr weinig Tagen ber die begrhnten Heid’ / Heimlich fieng er an zu klagen Bey sich selbst sein schweres Leid / Sang aus hochbetrbten Hertzen Von den bittern Liebes-Schmertzen; Ach daß ich dich nicht mehr seh’ Allerschnste Galathe!

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2. Jst mir recht / das sind die Spitzen Die ich an den Bumen schaw’ / Hinter welchem pflegt zu sitzen Galathee bey der Auw’ Als sie zwinget meine Sinnen O du Preyß der Schfferinnen / Weh mir daß ich dich nicht seh’ Allerschnste Galathe.

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3. Knt’ ich in den Lfften fliegen Wie ein schnelles Vgelein / Ach wie wolt’ ich dich betriegen / Bald / bald wolt’ ich bey dir seyn Vnd dier Tausend Schmtzlein geben / Das wehr’ mein erwndschtes Leben / Nun ist mir von Hertzen Weh’ Allerschnste Galathe.

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Mcht’ ich bey der Sonnen stehen Bey dem gldnen Himmels-Licht’! O wie fleissig wolt’ ich sehen Auff dein freundlichs Angesicht Tausend Strahlen wolt’ ich schiessen Deiner uglein zu geniessen / Nun ist mier von Hertzen weh’ Allerschnste Galathe!

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Kan ich denn nicht zu dier kommen Der ich dier so nah’ itzt binn / Jst mier schon der Weg benommen / Ey so nim die Seufftzer hinn / Die ich dier von Hertzen sende Biß das Glck sich wiedrumb wende und ich dich mit Freuden seh’ Allerschnste Galathe.

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Drumb ihr Winde solt jhr bringen Meine Klag’ und Seufftzen zu / Selber kan ich nicht mehr singen Denn mein Hertz’ ist sonder Ruh’ / Ach ich Armer hab’ ersehen Jhr Gezelt von ferne stehen / Nun ist mier von Hertzen weh’ Allerschnste Galathe!

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7. O ihr Vglein die ihr wendet Ewren flueg an ihren Ort / Sagt / ich hab’ euch hergesendet Daß jhr mit euch nehmet fort Die getrewen Liebes-Thrnen / Die sich stndlich nach ihr sehnen / Biß ich dich mit Freuden seh’ Allerschnste Galathe!

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8. Galathee du mein Leben Nim die Wind und Vglein auff / Die sich dir zu Dienst’ ergeben Mit so schnellem Flug’ und Lauff’ / und weil ich dich nicht kan schawen Wollest du dem Boten trawen / Biß ich selbst dich wieder seh’ Allerschnste Galathe!

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Von seiner Galatheen. Als er sie in einem sehr schnen Walde bey einem lustigen Bchlein gar zu schleunig muste verlassen.

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VJel tausend guter Nacht ihr Wlder / Bsch’ und Awen / Wenn werd’ ich mehr bey euch die Galatheen schawen / Wenn wird mein ungemach durch sie / das schnste Bild Mit kssen ohne Zahl im Wald’ alhie gestillt? Ade du klarer Bach / werd’ ich den Tag erleben / Daß mir die Himmels-Gunst die wird zu eigen geben Die ich mit Freuden seh’ an deinem fer stehn / Frwahr so soll dein Lob nie bey mier untergehn.

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Daphnis Antwort An die wolgeborne Schfferinn Asterien / ­ arumb er jhr nicht knne zu Willen werden. w 1.

ASterie aus hohem Stamm’ erbohren / Vom Himmel selbst zur Nymphen Pracht erkohren / Daß du mier Gnad’ erweisest Weit ber Maaß und Ziel / und deinen Diener preisest / Frwahr das ist zu viel.

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Bin ich doch nicht wie du aus hohem Stande / Man nennet mich den Daphnis hier zu Lande / Jch kan zwar etwas singen Wie sonst ein Schffer-Knecht / Dich aber zu bezwingen Halt’ ich mich viel zu schlecht.

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Jch weiß ja nicht bey Herren mich zu schicken / Auch hab’ ich nie gelernet hfisch bcken / Schlecht bin ich von Geberden Nach alter Hirten Art Kan auch nicht anders werden Als’ ich erzogen ward.

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Drumb treib’ ich nur mein’ Herd’ auff drre Weiden / Mein Auffenthalt das hab’ ich in den Heiden / Die Berge lass’ ich fahren Die Hgel lieb’ ich nicht / Da sich die Helden paaren Mit jhrer Augen Liecht.

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Asterie / wie kanstu mich doch lieben und / wie du sagst / mb Daphnis dich betrben / Lieb’ einen solchen Knaben / Der schn und hfflich ist / Dazu von grossen Gaben Gleich wie du selber bist.

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6. Will sich ein Lamm mit einem Lwen paaren / Es muß frwahr sich trefflich viel befahren / Der Schwchste muß doch weichen und stets nur Schlave seyn / Drumb lieb’ ich meines gleichen / So bleib’ ich sonder Pein.

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7. O seelig ist der Hirte ja zu schtzen / Der sich nicht darff den Neidern wiedersetzen / Ja wer ohn’ Abgunst liebet Der weiß von keiner Noth / Wer andre stets betrbet Nichts wnschen als den Todt.

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8. Asterie laß ab mich zu versuchen / Wilt du daß mir mein liebstes Hertz soll fluchen / Laß’ ab mit deinem flehen / Bin ich doch selbst nicht mein / Jch liebe Galatheen / Wie knt ich dein denn seyn.

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9. Ja / kanst du mich von ihrer Liebe trennen So wil ich dich (O Nymphe) Gttlich nennen / Doch darffst du nicht bemhen Der Galatheen Theil / Vergeblich wirst du ziehen An unserm Liebes-Seil’.

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Asterie du Preiß der Schfferinnen / Weil ich nicht kan gebieten meinen Sinnen / So muß ich dier itzt schreiben Der Galatheen recht / Jhr Liebster wil ich bleiben und dein ergebener Knecht.

Jch biege mich woll / aber ich breche nicht. DAs lieben kan mir zwar die Sinnen etwas beugen / Daß sich mein mattes Hertz muß auff die Seiten neigen / Gleich aber / wie ein Bog’ im schiessen nicht zubricht / So bieg’ ich zwar wol einst / doch brech’ ich gleichwol nicht.

Er liebet nur eine. An seine Galatheen. VOn so viel Sternen / die am blawen Himmel springen / Kan nur ein eintziger mier in mein Hertze dringen / Von so viel Perlen die man findet in der See Erfrewet mich nur Ein’ und die heist Galathe.

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Der Mißgnstiger Daphnis preiset seine ­Galatheen. 1.

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GAlathee laß mich preisen Deine Tugend Zucht und Ehr Die du Schnste thuest erweisen Daphnis immer mehr und mehr Laß mich singen frisch und frey Wie dein Geist so muhtig sey / Daß er alles was zu finden Nur durch sich kan berwinden.

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Du bist wehrt auff dieser Erden O mein’ edle Galathee Aller Welt bekand zu werden ber Land und ber See / Wrdig bist du meine Zier / Daß du sitzest neben mier Triumphirend auff dem Wagen Der mit Gold’ allein beschlagen.

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Aber nein: Jch muß mich schewen / Denn bey solcher Herrligkeit Mcht’ ein ander dein sich frewen Ja wol suchen Ort und Zeit / Dein schier Gttlichs Angesicht’ und der klaren Augen Licht An dier allerschnsten Frawen Gantz begierlich anzuschawen.

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4. Ach das wrd’ in meinem Hertzen Lauter Gifft und Schwerter seyn / Nimmer ist der sonder Schmertzen / Der nicht liebet gar allein: Jch zwar mste sterben schier Wrd’ ein ander gehn herfr und sich ohne schew’ erkhnen Dier / mein Lieb / wie ich zu dienen.

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5. Nein / ich muß allein nur kssen Deine Lippen wie Corall / Keiner soll es besser wissen Wie dein Haupt der runde Ball Auff der schnen Seul muß stehen / Die wie Milch ist anzusehen / unter welchen Brstlein ligen / Weisser / als die weisse Ziegen.

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6. Laß mich nicht den Tag erleben Daß man sagt: Ein ander hat Jhrer Hand den Kuß gegeben / Ach so wst’ ich keinen Rath! Geht doch deiner Hnde zier / Auch dem Alabaster fr / Hnde die den Perlen weichen Da Turckosen unter schleichen.

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Ach wie knt’ ich das erleiden Daß ein ander solt’ ansehn Was ich selber noch muß meiden / Ey so mst’ ich gar vergehn / Keiner soll mit Willen zwar Galatheen gldnes Haar Noch die Rosen-farbe Wangen / Sampt dem zarten Leib mbfangen.

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Dieses hoff’ ich zu bestreiten Fr der allerliebsten Thr / Jch wil mein Gewehr bereiten und so iemand kompt herfr Der mit Mannheit oder List ber mich gerstet ist / Galatheen zu verfhren / Der soll meine Waffen sphren.

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Galathe mb deinet willen Schew’ ich auch das sterben nicht / Jch will dein Gebot erfllen Biß der Todt mein Hertz zubricht / Jch bekenn’ es / knt’ es seyn Wnscht’ ich dich nur mier allein / Du auch wirst ohn’ hintertreiben Ewig mier getrew verbleiben.

Der Daphnis aus Cimbrien

Es brennet zugleich und bebet. WAs Wunder / daß das Feur die helle Flammen schwinget Recht ber sich und die zu zittren gleichsam zwinget? Dieß findet sich bey mier in meiner Liebe Schmertz’ / Es brennet nicht allein’ / es zittert auch mein Hertz.

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Galatheen Lob-Gesang Von ihrem liebsten Schffer Daphnis. 1.

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DAphnis du getrewste Seele Fragst du noch warumb ich dich Fr die Hirten all’ erwehle und nur dier ergebe mich? Ach mein Lieb ich bin gewesen Wo man schne Kruter bricht und die Hirten Blumen lesen / Deines Gleichen find’ ich nicht: Drumb erwehl’ ich dich allein / Du / du solt mein Liebster seyn.

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2. Manchen Wald bin ich durchgangen und der Hirten viel gesehn / Keiner hat mich ie gefangen / Endlich aber ists geschehn Daß ich Daphnis angeschawet / Der bezwang mier Muth und Sinn / Jhm’ hab ich mein Hertz vertrawet Als sein’ eigne Schfferinn / Drumb erwehl’ ich jhn allein Daphnis sol mein Liebster seyn.

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3. Wenn ich meine Schfflein weide Auff den Bergen hin und her / Was ich deinenthalben leide Daphnis das ist viel zu schwer / Anders weiß ich nichts zu singen Als von deiner Freundligkeit / Die mier kan mein Hertze zwingen Daß es tglich nach dier schreyt: Daphnis / Daphnis du allein Solst mein allerliebster seyn.

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4. Alle Schffer die dich kennen Geben dier den hchsten Preiß / Daß du billich seyst zu nennen Trew von Hertzen / klug und weiß / Doch sind viel der Hirten-Knaben Welcher Geist voll Falschheit ist / Die beneiden deine Gaben

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Weil du viel zu redlich bist. Nun mein Daphnis / du allein Solst dennoch mein Liebster seyn.

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Kan dein singen doch bewegen Bum’ und Felsen / daß sie sich Jn den Wldren schier erregen / Lieber sag’ an was soll ich? Soll ich bey den Awen schlaffen Wenn du spielst so trefflich woll? Nein ich bin dazu geschaffen Daß ich trewlich lieben soll Drumb mein Daphnis / du allein / Solst mein Allerliebster seyn.

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O jhr Schfflein / O jhr Weiden / O jhr Wlder / Berg’ vnd Thal Die ihr wisset all mein Leiden / Zeuget von mier allzumahl Wie ich an den Baum geschrieben Der bey jennem Bchlein steht / Daß ich Daphnis Fest wil lieben Biß die Welt zu trmmern geht. Daphnis / Daphnis soll allein Mein Hertzallerliebster seyn.

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Sie rhmet ihre Bestndigkeit. MEin Hertz’ ist nicht von Wachs / mein Hertz ist nicht zu gleichen Den Winden / die bald Ost bald West hermmer schleichen / Es ist nicht wie ein Schiff / das nach der Wellen Lust Bald hie / bald dort hinlufft; Ach! mier ist nichts bewust Als nur bestendig seyn. Mein lieben sol bezeugen Daß es zu seinem Schatz’ als ein Magnet sich neigen und tapffer halten will. Kein ander wird gedrckt Jn meine keusche Seel’ als den ich erst erblickt. Die Sonne zwar steht auff und geht des Abends nieder / Der bleiche Mond nimt ab und kompt gefllet wieder / Auff Hitze folget Klt’ / auff Regen Sonnen-schein / Auff Traurigkeit die Freud’ / auff schertzen Schmertz und Pein. Mein Hertz’ ist nicht also / das lst sich nicht erregen / Das soll kein falscher Sturm in Lieb’ und Leid bewegen / Jch halte wie ein Felß / der an den fern steht Bey welchem Wind’ und Fluth zu Spott fr ber geht. So lang’ ein Thier sich wird mit seines gleichen paaren / So lang’ ein Schiffer wird die Wellen berfahren / So lange Sonn’ und Mond noch haben ihren Schein So lang’ O Daphnis solst du mein Hertzliebster seyn.

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Der verliebter Daphnis wnschet einmahl frey zu seyn. 1.

O wie so seelig muß doch seyn Ein Vglein in den Lfften Die Nachtigal beym Bchelein Der Fuchs in finstern Klfften / Die Schlang’ im Busch’ / ein Fisch im Meer Der Teucher in den Seen / Der edler Hirsch so hin und her Mag in den Wldern gehen.

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2. Die Thier’ in ihrer Einsamkeit Die drffen sich nicht klagen / Noch wie ich muß zur jeden Zeit Sich mit Gedancken plagen / Sie suchen ihre Freud’ und Lust Jn Wassern und in Weiden und ihrer keinem ist bewust Was Seufftzen sey und Leiden.

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3. Die Freyheit ist ihr hchstes Gut Jhr einigs all / ihr Leben / Jch aber wie ein Schlave thut Muß stets in Sorgen schweben / Jch bin verstricket Tag und Nacht Mit schweren Liebes-Banden / Ja werde durch der Schnsten Macht Fast gantz und gar zu schanden.

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4. 25

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Ach mcht’ ich nur so glcklich seyn Wie die / so mit den Flgeln Sich schwingen in die Lufft hinein und wohnen auff den Hgeln / Die wissen recht was Freyheit ist / Was schertzen heist und lieben / Jch aber muß durch frembde List Ohn’ Ende mich betrben.

5.

35

40

So wnsch’ ich wie die Nachtigal Jn Einsamkeit zu singen und wie ein Hirsch durch Berg’ und Thal Jn Freyheit her zu springen / Ja wie die Schlang’ in finstrer Hl’ Auch einst mich frey zu machen So kan mein’ hoch betrbte Seel’ Jm Wunsch auch hertzlich lachen.

An seine unbestndige Schfferin. sonnet.

5

SEhr wanckelbahres Hertz wie lang wilst du mich plagen Mit Eyß und Fewr zugleich? schaw’ o mein’ edle Zier / Jch sterbe schier fr Frost wenn ich nicht bin bey dier / Ja komm’ in solche Noth / daß ich schier muß verzagen. Wil ich mich aber nah’ hin zu dier / Schnste / wagen / Dein Gttlichs Angesicht zu schawen mit Begier und spre deinen Glantz / so brenn’ ich fr und fr: Muß also stetiglich mein grosses Leid beklagen.

Der Daphnis aus Cimbrien

Was fang’ ich endlich an? Ach gieb mir doch Bericht / Daß ich von Hitz’ und Frost zugleich verderbe nicht. Weist du mier keinen Rath / wil ich dier nicht verhelen / Daß ich fr Trawrigkeit / wiewoll in grosser Still’ Ein new-erbawtes Grab mier außersehen will und fr die Klt’ und Hitz’ ein Todten-Hauß erwehlen.

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10

622

Johann Rist

Daphnis der Lerchen-Fanger. 1.

5

ALs Daphnis einst spatzieren gieng und ohngefehr zwey Lerchen fieng / Gedacht’ er an die Galatheen / Sprach: allerliebstes Tubelein Ach daß du mchtest bey mier seyn Du wrdest drey Gefangner sehen.

2.

10

Ein’ halbe Stund’ ist kaum vorbey Da waren diese Vglein frey Die nunmehr in dem Netze hangen / Auch ist es warlich nicht so lang’ Als’ ich noch lebte sonder Zwang’ und bin doch itzt so starck gefangen.

3.

15

Was hilfft michs denn / daß ich so offt Bezwing’ ein Vglein unverhofft und bin doch selber fast verstricket; Durch Galathe / was ntzt es mier Daß ich so manches schnelles Thier Hab’ aus den Lfften weg gercket?

Der Daphnis aus Cimbrien

623

4. Soll das noch rechte Freyheit seyn / Jn dem so manches Vgelein Sich selber zum Gefangnen machet und beut sich mier zu dienen an Alsdenn mich die bezwingen kan / Die meiner Schmertzen hnisch lachet?

20

5. Ach nein / ihr Lerchen / ob ich zwar Euch knt’ erwrgen gantz vnd gar So wil ich doch aus Liebe schonen / Jch wil euch nicht mit Ach und Weh’ / Als mier zu thun pflegt Galathe / Fr unverflschte Trewe lohnen.

25

30

6. Dafr solt ihr bey Tag und Nacht Wenn Daphnis helt die Thrnen-Wacht / Der Galatheen Lob ausbreiten und zeigen allen Hirten an / Weil Daphnis nicht mehr leben kan / Sie sollen ihm sein Grab bereiten.

35

7. Wollan ihr allerliebste Thier’ Jch bin gefangen mehr als’ ihr und kan die Freyheit nicht erwerben / Dennoch so sag’ ich in der Still’ und schwer’ euch daß ich redlich will Der Galatheen Diener sterben.

40

624

Johann Rist

Die prchtige Schnheit seiner Galatheen kan auch allem was lebet eine Furcht und Schrecken einjagen.

5

10

GLeich wie / wenn ein Comet’ in hohen Lfften schwebet Mit Straalen voller Fewr / das gantze Land erbebet / Es stehet Jung und Alt den Glantz zu schawen auff / Sind voller Furcht und Angst / weil solcher Facklen Lauff und ungewhnlichs Liecht pflegt offtmals Land’ und Leuten Pest / Hunger / Flammen / Krieg und Mißgewachs bedeuten; So wenn da geht herfr die schnste Galathe Jn ihrer grossen Pracht / die Wlder / Berg’ und See Erleuchtet / daß so gar die Sterne selbst verbleichen / Ja woll das grosse Liecht der Sonnen muß abweichen / So zittert alle Welt und frchtet grssre Noth / Sie weiß daß diese bringt Fewr / Waffen und den Todt.

An seine unbarmhertzige Galathe. JCh lieb’ und lieb’ mbsonst / die Welt muß meiner lachen / Weil Hoffnung Sorg und Furcht mich schier zum Thoren machen / und weil ich meiner Angst annoch kein Ende seh’ Ey woll! so tdte mich streitbare Galathe.

Der Daphnis aus Cimbrien

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626

Johann Rist

Myrtillo Klage-Lied An seine Allerliebste Amaryllis / Als sie eine lange Zeit an frembde rter war verreiset. 1.

5

ACh Amaryllis hast du denn Die Wlder gar verlassen / Die ich zum allerbesten kenn’ und wandelst frembde Strassen / Gedenckst du nicht O du mein Liecht Wie sehr Myrtillo klaget und tglich nach dier fraget.

2. 10

15

Ob ich die Wiesen schon bey Nacht Jn Traurigkeit durchgehe / So fhl’ ich dennoch deine Macht Ob ich dich gleich nicht sehe / Du bist zwar dort Am frembden Ort’ und kanst dennoch mich zwingen Ein Klag-Lied dier zu singen.

3.

20

Mein schnstes Lieb / du weist ja woll Von dier kan ich nicht leben / Gefellt es dier denn daß ich soll Dem sterben mich ergeben? Wollan ich bin

Der Daphnis aus Cimbrien

627

O Schfferin Bereit nach deinem Willen Ein schwartzes Grab zu fllen.

4. Den Himmel ruff’ ich tglich an Zum Zeugen meiner Thrnen / Dieweil ich gar nichts anders kan Als stets mich nach dier sehnen. Jch seufftz’ und schrey: O Lieb’ und Trew’ Kommt / helffet mier gewinnen Den Preiß der Schfferinnen.

25

30

5. Drumb Amaryllis laß doch seyn Die abgelegne Wlder / Komm’ ber Felsen / Berg’ und Stein Komm’ ber Flss’ und Felder Komm’ eiligst doch Eh mich das Joch Der Lieb’ hier unterdrcket und jmmerlich ersticket.

35

40

6. Und kanst du denn so schleunig nicht Abwenden meine Schmertzen / So bitt’ ich sehr / o du mein Liecht / Laß doch in deinem Hertzen Nun mich allein Vergraben seyn / So soll michs nicht verdriessen Abwesend dein geniessen.

45

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Johann Rist

7. 50

55

Jmmittelst leb’ in guter Ruh’ und so dich jemand fraget; Wohin? so sprich: den Wldern zu Da sich Myrtillo klaget / Jhn muß ich sehn Ey kans geschehn / So wird mein langes Leiden Verkehrt in lauter Freuden.

Jm Leiden glntzet meine Trew. GLeich wie der Kieselstein / im Fall’ er wird geschlagen Viel Funcken von sich wirfft; So wenn du mich magst plagen Hertz-außerwehltes Lieb / so zeuget meine Pein / Daß nichts getrewers als mein trewes Hertz mag seyn.

Der Daphnis aus Cimbrien

Des verliebten Corydons Klage-Lied. An seine Sylvien. 1.

ACh Sylvia / du Preyß der Schfferinnen / Wie zwingst du doch so krfftig meine Sinnen! Wie hast du doch mein Leben

629

630

5

Johann Rist

So gar in deiner Macht / Daß ich es auffzugeben Bin tausendmahl bedacht!

2.

10

Ach Sylvia / daß ich dich nicht mag sehen Zur jeden Zeit auff unsern Wiesen gehen / Ja daß ich dich muß meiden So manchen lieben Tag / Das ist ein schweres Leiden und gar zu grosse Plag.

3.

15

Ach Sylvia / du kanst mich Armen zwingen / Daß ich muß stets von deiner Schnheit singen / Denn dich mit sssen Weisen und frewdenreichen Schall’ Auff Berg’ und Thal zu preisen Jst all mein Wollgefall.

4. 20

Ach Sylvia / wie seelig ist zu schtzen Den deine Lieb’ ohn’ Ende wird ergtzen / Wie frlich wird spatzieren Der Schffer ber Feld / Der dich anheim wird fhren Jn sein begrntes Zelt.

5. 25

Ach Sylvia / du wollest noch bedencken Wie trewe Lieb’ ohn Ende mich muß krncken /

Der Daphnis aus Cimbrien

Wie klglich mich verzehret Der keuschen Liebe Brunst / Biß du mich hast gewehret Der viel begehrten Gunst.

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30

6. Ach Sylvia dein Schffer wil ich bleiben / So lang’ ein Hirt’ hie Lmmer aus wird treiben / Denn werd’ ich dein vergessen Wenn nun dein Corydon Den Himmel kan abmessen und springen in die Sonn’.

35

7. Ach Sylvia / ob ich dich gleich muß meiden und tausendt Plag’ mb deinetwillen leiden / Wil ich dich doch nicht hassen / Kom bald o ssses Liecht / Daß ich dich mg’ mbfassen / Als denn so trawr’ ich nicht.

40

8. Ach Sylvia / du Preiß der Schfferinnen / Weil du so gar beherrschest meine Sinnen / So bitt’ ich zu verschonen Mein Hertz’: ach laß es seyn Dein Hertz’ in mier zu wohnen So bleib’ ich sonder Pein.

45

632

Johann Rist

Nichtes bin ich sonder dich. An die Sylvien / seine Sonne. JM Fall’ / O Sylvia du allerschnste Sonne Jch deine Straalen seh’ empfind ich Freud’ und Wonne / Es ist kein ander Liecht auff dieser Welt fr mich Als deiner Augen Glantz; Nichts bin ich sonder dich.

Der Daphnis aus Cimbrien

633

Klag-Lied des Hirten Daphnis / Als er gezwungen ward / die Flavien zu lieben. An die smptliche Schfferinnen. 1.

LAchet nicht ihr Schfferinnen Daß es itzt so bel geht Daphnis / der fast ohne Sinnen Jn den finstern Hainen steht Jst von aller Welt verlassen / Muß sein eigen Leben hassen /

5

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Johann Rist

Wisset / daß ein bser Raht / Daphnis so verderbet hat.

2. 10

15

Daphnis war fr krtzen Zeiten / Frisch und frlich von Gemth’ / Ausser aller Forcht und streiten / Sah’ aus wie die Rosen-Blht’ unter seinen Spieß-Gesellen Achtend keiner unglcks-Wellen / Jtzt beklagt er falschen Raht / Der ihn so verderbet hat.

3.

20

Wo sich Daphnis nur hie wandte hieß man ihn willkommen seyn / Jede Nymphe / die ihn kandte Ludt ihn bald mit Freuden ein / Lieb’ und Lust war sein beginnen Bey den schnsten Schfferinnen / Biß zuletzt ein falscher Raht Daphnis gantz verderbet hat.

4. 25

30

Wenn er in den grnen Wldern Bey den Hirten frlich war / und die Nymphen in den Feldern mb ihn stunden Paar bey Paar / So ließ er sein Pfeifflein klingen und die Schfferinnen singen / Biß zu letzt ein falscher Raht Daphnis gantz verderbet hat.

Der Daphnis aus Cimbrien

635

5. Ja wen Daphnis von den Wiesen Trieb die Schfflein an den Rhein / Wunder war es / wie ihn priesen Aller Hirten Tchterlein Jede sprach mich soll er laben / Phyllis rieff: Jch will ihn haben / Schawet nun / wie falscher Raht Daphnis so verderbet hat.

35

40

6. Sylvia wolt’ ihn gewinnen Durch den sssen Lob-Gesang / Aber seine stoltze Sinnen Waren ausser allem Zwang / Er verachtet Amaryllis Ja die wunder schne Phyllis Biß daß nun ein falscher Raht Daphnis so gestrtzet hat.

45

7. Amor konte nicht erleiden Daphnis grosse strengigkeit: Drumb / als er ihn sahe weiden Einsmahls in der Vesper-Zeit Sprach er: Nun will ich ihn blenden Alle Mh’ und Fleiß anwenden Biß zuletzt ein falscher Raht Daphnis gantz verderbet hat.

50

55

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Johann Rist

8.

60

Daphnis Antlitz ward verbunden Durch den kleinen Liebes-Gott Der ihn drauff nach wenig Stunden Bracht’ in grossen Hohn und Spott Daß er Flavien must nehmen / So kan Amor Hirten zhmen Und diß war sein falscher Raht Der den Held betrogen hat.

9. 65

70

Flavia die ward mit Freuden Daphnis endlich zugefhrt. Aber / das bracht’ ihm groß Leiden Eh’ er sie noch hat berhrt Sprach er schon in seinen Hertzen: O du Tag der bittern Schmertzen / O du bser falscher Raht Der mich so verfhret hat!

10.

75

80

Flavia dein strrisch Wesen Wird mich endlich richten hin / Nimmer kan ich doch genesen / Ach du krnckst mir hertz’ und Sinn / Alle Nymphen muß ich lassen / Mich und sie zusammen hassen / Ach! das ist der bse Raht Der mich so verderbet hat.

Der Daphnis aus Cimbrien

637

11. Nun ihr Nymphen Gott befohlen Nun Ade mein Delia / Floris dier sey unverhohlen Daphnis der ist nimmer da / Sylvia nun ists geschehen? Wenn werd’ ich dich wieder sehen? Nun Ade ein bser Raht Jsts / der mich verderbet hat.

 85

12. Gute Nacht ihr Bsch’ und Auwen Gute Nacht ihr Flss’ und Stein / Daphnis wird euch nimmer schawen / Bald wird er vergraben seyn. Daphnis Thrnen sind verflossen / Daphnis leben ist beschlossen Schreyet nun: O bser Raht Der ihn so verderbet hat.

 90

 95

13. Lachet nicht ihr Schfferinnen Daß es ietzt so bel geht / Daphnis der fast ohne Sinnen Jn den finstern Hainen steht Jst von aller Welt verlassen / Mueß sein eigen Leben lassen / Wisset daß ein bser Raht Daphnis so gestrtzet hat.

100

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Johann Rist

Der Daphnis aus Cimbrien

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Der edlen Phyllis Liebes-Gedancken / Als ihr Schffer Corydon war von ihr geschieden. 1.

ACh zeige mier ohn seumen an Du allerschnste Sonn’ Ob ich nicht wiedrumb finden kan Den edlen Corydon / Der mich zwar hat verlassen Jedoch ohn’ alles hassen Bleib’ ich noch seine Wonn’.

 5

2. Jch hoch betrbte Schfferinn Liebt’ ihn aus Hertzen Grund’ Auch dacht’ ich nie in meinem Sinn Ob immer km die Stund’ / Jn der er wrd’ abscheiden und unsre Felder meiden Da mier mein Hertz ward wund.

10

3. Ach / aber wie gantz sicher war Mein Geist in solcher Freud’ Erfuhr ich leider / wie so gar Nichts denn nur Schmertz und Leid Beym lieben sey zu finden / Da Wollust mit den Winden Hinfehrt in kurtzer Zeit.

15

20

640

Johann Rist

4.

25

Fahr wol / mein Lieb / sprach Corydon Diß war sein letztes Wort / Damit so sprang er schnell davon / Ließ mich am schnen Ort’ Jhn suchen in den Wldern / Jn Wiesen / Bschen / Feldern / Ach aber er war fort!

5. 30

35

Nun sitz’ ich in der Einsamkeit Bedencke Tag und Nacht Was mier fr Lust zur selben Zeit Sein lieben hat gebracht: Jedoch das schwere scheiden / Das mich gefhrt in Leiden Hab’ ich vor nie bedacht.

6.

40

Dieweil denn mich und Corydon Jtzt scheiden Berg’ und Thal / und er / mein Liebster ist davon Leb’ ich in steter Quaal / Doch wil ich ihm zuschicken Ein Hertz von Tausend Stcken und Seufftzen ohne Zahl.

7.

45

Ob wir gleich nun getrennet seyn Bleibt er mir doch getrew / Sein lieben ist kein falscher Schein /

Der Daphnis aus Cimbrien

641

Das sing ich sonder scheu / Was gilts / in wenig Jahren / Wird man erst recht erfahren Wie fest sein Hertze sey.

8. Jch weiß / kein Stndlein fehrt dahin / Er seufftzet stets nach mier / Auch kommt er nie aus meinem Sinn’ Jch lieb’ ihn fr und fr Nach ihm wil ich mich sehnen / Mit mehr denn Tausendt Thrnen Dieweil ich leb’ allhier.

50

55

9. Bewahr euch Gott mein Corydon / Das wnschet itzt mein Schmertz / Bedenck’ / o meiner Seelen Wonn’ Ob wir nicht Fred’ und Schertz Gefhrt in unserm Leben / Was sol ich dier nun geben? Nichts anders / als mein Hertz.

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Johann Rist

Der Daphnis aus Cimbrien

643

Grab-Lied / Welches der Hirte Daphnis sang / als ihm die klgliche Zeitung zu Ohren kam / daß seine edelste Schfferinn Galathee were gestorben. 1.

WAs sol Daphnis nun beginnen / Was sol doch der arme Hirt’ Ach! der so gequlet wird / Daß er kaum mehr ist bey Sinnen / Weil ein Schffer hat gesagt / Daß sein allerliebste Magd Galathee sey gestorben und ihr zarter Leib verdorben?

 5

2. Kommet bald ihr Hirten kommet / Hret was ich ihr zuletzt Fr ein Grab-Lied auffgesetzt Ob es ihr schon weinig frommet / Kommet schnell ihr Grab zu sehn / Einer muß beym andern stehn und die Stimmen hoch erschwingen Galatheen zu besingen.

10

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3. Kommt heran ihr Hirten-Knaben Klagt der Galatheen Todt und des armen Daphnis Noth Der sein’ Hoffnung wil vergraben Stimmet an ein Trawr-Gedicht’ und wer ihm sein Hertz zubricht /

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Johann Rist

Der sol bey den Schfferinnen Auch den hchsten Preyß gewinnen.

4. 25

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Nun was hilfft es / viel geharret Bey der Herd’ im grnen Thal / Singt ihr Hirten allzumahl: Galathe ist hie verscharret / Galathe ein edles Bild / Die das ungeheure Wild Ja die Felsen konte zehmen / Muß diß Grab zur Htten nehmen.

5.

35

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Galathee war die Sonne Die durch ihren klaren Schein / Manches Hertz genommen ein Sie war Daphnis Freud und Wonne / Gttlich war sie von Gesicht’ Arg und List verstund sie nicht Jhrer hohen Weißheit Gaben Sind biß ans Gestirn’ erhaben.

6.

45

Kommt ihr Nymphen zu begiessen Meiner Galatheen Grab / Wein und Milch ist meine Gab’ Edler Balsam muß hie fliessen / Neglein / Rosen / Majoran und viel schner Tulipan Wollen wir mit Hauffen stecken Galatheen zu bedecken.

Der Daphnis aus Cimbrien

645

7. Kommt ihr kleinen Vglein springen Setzet euch mit grosser Schaar Auff den Zweigen / Paar bey Paar Helffet doch ihr Grab besingen / und ihr Hirten weidet hie Ewre Schfflein spt’ und fre Daß ihr immer wo ihr gehet Galatheen Grab ansehet.

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8. Alles was auff Erden lebet Preise meine Galathe / Ja die Fisch’ in tieffer See Auch was in den Lfften schwebet / Laub und Graß bekenne frey Daß die Schnst’ erstorben sey Die ich / wie ich offt geschrieben Nach dem Tod’ auch noch wil lieben.

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Johann Rist

Der Daphnis aus Cimbrien

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Er eilet seiner Schfferinnen Dorinde nach ohn unterlaß.

1. DOrinde du prchtigst’ auff Erden Von Tugend / Zucht / Schnheit / Geberden / Laß mich deinen Diener seyn: Jch lauff’ ihr nach / mit Weh’ und Ach Schaw’ an mein Hertz / das voller Schmertz Jn Flammen steht / kein Tag vergeht Jch seufftze nach dier mein Tubelein. 2. Dorinde du Perle der Jugend Du edelster Spiegel der Tugend / Du mein erwnschtes Gut / Jch lauff’ ihr nach mit Weh’ und Ach / Schaw’ an mein Leid / das iederzeit Mich Armen quhlt / weil ich erwehlt Die Phoebus selber beneiden thut. 3. Dorinde du Bild der Gttinnen / Du Schnste von allen Schffrinnen / Du trefflichste Himmels Zier / Jch lauff’ ihr nach mit Weh’ und Ach / Schaw mein Gesicht / wie mier zubricht Hertz Muth und Sinn / mein Geist fleugt hin / Weil ich nicht stets mag seyn bey dier. 4. Dorinde Princessin der Frawen / Wenn werd’ ich einst frlich dich schawen / Wenn komm’ ich zu dier hin? Jch lauff’ ihr nach mit Weh’ und Ach / Wenn sols denn seyn / O Tubelein Daß du zuletzt mich einst ergetzst / Jch ruffe Ade mein Schfferinn.

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Johann Rist

Der Daphnis aus Cimbrien

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Frhlings-Gedicht. Daphnis wnschet / Daß seine Galathee mchte eine Blume werden. 1.

DAphnis wolte Blumen brechen Als der Mertz den Frhling bracht’ / Ach (sagt’ Er) wer kan aussprechen Meiner bittren Liebe Macht / Liebe die mich hat bewogen / Daß ich bin mbher gezogen Durch die Wiesen Tag und Nacht.

 5

2. Diß sind ja die ersten Frchte Von den Bluhmen dieser Zeit / Da der Vogel Kling-Gedichte Menschen / Vieh’ und Feld erfrewt Diß sind zwar die erste Gaben Die wir von den Wiesen haben Durch des Himmels Gtigkeit.

10

3. Aber / wenn werd’ ich erlangen O mein Blmlein Galathe / Dich wie andre zu mbfangen Die ich itzt fr Augen seh’ / Ach wenn werd’ ich doch berhren Dich / die du mich pflegst zu fhren Durch den Regen / Reiff und Schnee.

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Johann Rist

4.

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Diese Blmlein darff ich tragen Mit mier heim in mein Gezelt / Aber dich mein Lieb zu fragen Ob dier auch ein Kuß gefelt Darff ich kaum mich unterstehen Weil ich nie ein Bild gesehen Das dier gleichet in der Welt.

5. 30

35

Diese Blmlein zu gewinnen Kostet weder Macht noch List / Aber Ach! daß du von Sinnen So gantz hart und steinern bist! Keine weiß ich dier zu gleichen / Weil dich niemand kan erweichen Wenn er noch so redlich ist.

6.

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Knt’ ich deine zarten Glieder Stets verwandlen wenn ich wolt’ und dich denn verkehren wieder / Fragt’ ich nichts nach Geld’ und Gold / Nur wolt’ ich fr alle Sachen Solch ein Blmlein aus dier machen Das mich stets erfrewen solt.

7.

45

O wie wolt’ ich dich bewahren Jn den Garten meiner Trew / Ey denn soltestu erfahren / Schnste Blum / was lieben sey /

Der Daphnis aus Cimbrien

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Denn so wolt’ ich dich mit Freden Kssen auff mein schweres Leiden Tag und Nacht ohn’ alle schew.

8. Brich die Sinnen Galathee / Zwinge doch den harten Muth Gnne Daphnis daß er sehe Dich sein allerhchstes Gut / Sey den Lilien gleich von Hertzen Die nicht stets mit Stachlen schertzen Wie die falsche Rose thut.

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55

9. Ach bedencke doch die Thrnen Die dein Schffer manches mahl Wenn er sich nach dir muß sehnen Fliessen lest ohn alle Zahl! Ach bedencke / daß das lieben Sonder ntzen sey betrben Ja die allergrsste Quaal.

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10. Alles zwar was Menschen sehen Hie auff Erden weit und breit / Galathee muß vergehen Phoebus selbst hat seine Zeit / Ja was in der Welt zu finden Muß zuletzt doch gar verschwinden / Lieben bleibt in Ewigkeit.

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Johann Rist

Der Daphnis aus Cimbrien

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An die Thrnen seiner allerliebsten Galatheen / Aus dem hochgelahrten Franzsischen Poeten Johann: Bonefon: 1. JHr helle Thrnen sagt mir doch Die ihr mit ewrem silbern Regen Der Galatheen Mndlein noch So offtmals pfleget zu belegen Wie geschach fr kurtzer Zeit / Sagt wo ihr gebohren seyd? 2. Die Augen so voll Flammen stehn Wie knnen die doch Wasser geben? Nun hab’ ich manchen Tag gesehn Jn ihnen tausend Funcken schweben / O wie kstlich sß und ther Schtz’ ichs Wasser aus dem Fer! 3. Ach nein / ich irre gar zu sehr / Denn was ich nasse Thrnen nenne / Das sind ja keine Tropffen mehr Noch Augen-Wasser das ich kenne / Es sind Flammen Fer und Hitz’ Helle Funcken / Liecht und Blitz. 4. Es sind die Trpfflein voller Gluth Die mir das schwache Hertz’ entzndet Ja auch gebrochen meinen Muth Daß er der Liebe Macht empfindet / Dieses Wasser ist die Flamm So mir alle Krffte nahm. 5. Wie kan doch nunmehr Hoffnung seyn Bey denen so in Liebe leben / Wie kan man ihrem falschen Schein’ Entfliehen und ihr wiederstreben / Weil das Wasser Fer gebiert und die Flamm’ ein Wasser wird?

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Johann Rist

Der Daphnis aus Cimbrien

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Er verpflichtet sich mb seiner liebsten Myncien willen / die allerschwereste Noth der Welt zu erleiden.

Aus eines hochgelehrten Niederlndischen Poeten Amoribus. 1. MYncia / du Glantz der Erden Die du mich durch Liebes Macht Hast zum Schlaven lassen werden / Nunmehr bin ich gantz bedacht / All mein Thun nach deinen Willen Sprich nur frey Was es sey Gantz begierlich zu erfllen.

 5

2. Soll ich schwere Ketten tragen / Soll ich in den Kerker gehn / Soll ich mich mit Mrdern schlagen Soll ich bey den Lwen stehn? Soll ich in den Æthna springen? Sag’ es doch Jch wil noch Viel ein grssers vollenbringen.

3. Soll ich diesen Wald verlassen Da ich in erzogen bin /

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Johann Rist

Soll ich meine Frende hassen und mich schwingen schnell dahin / Wo die Sonne sich verstecket / Wo man weiß Daß das Eyß Schier die gantze See bedecket?

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Soll ich Schnste mich vertrawen Husern / die sich auff dem Meer Gantz gefehrlich lassen schawen / Soll ich fahren hin und her Bey den grossen Wasser-Thieren und der Noth Ja dem Todt Meinen Leib entgegen fhren?

5.

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Soll ich hin nach Thule reisen und daselbst mit meinem Blut ungehewre Tyger speisen? Ey es ist doch alles gut. Soll ich Reiff und Klte leiden Donner / Blitz / Fewr und Hitz’? Ach ich wil doch gar nichts schewen.

6. Liebstes Hertz’ mb deinet willen Thue ich alles / was du mier Anbefiehlest zu erfllen / Myncia das schwer’ ich dier /

Der Daphnis aus Cimbrien

Alles was du wirst begehren Ehr’ und Gut Leib und Blut Will ich dier mein Schatz gewehren.

Sie drcket und erhebet Jhn. An Myncien. ACh Liebste / was ist das / daß du mein junges Leben Durch deine Frendligkeit wilst in den Himmel heben und wenn mich die denn het’ auffs allerbest erquickt Bald deine Grausamkeit mich Morgen unterdrckt.

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Johann Rist

An die Augen seiner Liebsten.

1. ACh geht ihr schnsten Sternlein / geht / Geht einmahl doch herfr / Euch Liechter meyn’ ich / die ihr steht Jm Antlitz meiner Zier / Mein Hertz’ ohn’ euch nicht lebet Wo ihr nicht selber gebet Ech bald zu eigen mier. 2. Nur dich mein Schatz bey Tag und Nacht Mit Lust zu schawen an Wehr mein Begier / du hast gemacht Daß ich kaum leben kan / Frstinne meiner Seelen Wie magstu doch so quhlen Mich hochbetrbten Mann.

Der Daphnis aus Cimbrien

3. Nichts ist / das so die Hertzen bricht Das so die Seelen zwingt Als deiner klaren Augen Liecht Das mich ins Leyden bringt / unseelig ist zu nennen Den deine Fackeln brennen und dich doch nicht erringt. 4. Ach laß mich doch in solcher Pein Nicht sterben jmmerlich / Gieb mier der beyden Sonnenschein Daß ich nur schawe dich O Preiß der Schfferinnen Du Schnste der Gttinnen Kom bald und trste mich.

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20

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Johann Rist

Myrtillo Klag-Lied. Als seine liebste Amaryllis ihre Schfflein in die ferne auff frembde Wiesen hatte getrieben. 1.

5

ACh nun verdoppelt sich die Pein / Weil ich nicht wie ich wnsche bey dier kan seyn / Amarylli mein Leben Wo magst du doch itzund mbschweben / Mit Gedancken voller Plagen und mit sefftzen sonder sagen Muß ich unglckseliger Myrtillo stets mich plagen.

Der Daphnis aus Cimbrien

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2. Ach sage mier mein liebster Schatz Wo ist doch dein Gezelt itzund und Wohnplatz / Soll ich unter der Linden Bey Corydon dich etwa finden? O ihr Hirten / O ihr Knaben / Muß ein ander das noch haben Was mir Trew’ / und Redligkeit frlngst zu eigen gaben.

10

3. Ey richte selbst mein Corydon Ob es recht daß nur dier sol scheinen die Sonn Die Myrtillo erkohren Zu welcher Dienst’ er auch gebohren? Richtet all’ ihr Schfferinnen Ob ein Schffer soll beginnen Das zu lieben so er nimmer kan fr sich gewinnen.

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4. Jhr sprechet nein / ich aber ja Jst mein Liebst’ Amaryllis schon nicht stets da Kan ich dennoch ermessen Sie werde mein nicht gar vergessen / Kan ich denn ja nicht erlangen Sie mit Frewden zu mbfangen / Ey so schaw’ ich dennoch frey die wunderschnen Wangen.

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5. Bestndigkeit und rechte Trew Lieb’ ich stets und verb’ es sonder Abschew’ / Weil ich leb’ auff Erden Soll mier kein andre lieber werden.

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Johann Rist

Meiner Neider wil ich lachen / Ja verspotten ihre Sachen Amaryllis soll sie noch sampt mir zu schanden machen.

6.

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Ey ruffe nicht du bleicher Neid / Es hat schon der Myrtillo seinen Abscheid Er ist gntzlich verlassen Sein’ Amaryllis wil ihn hassen. Sie ist von ihm weg gezogen; Schweiget / das ist gantz erlogen Jhre Trew’ und Redligkeit hat mich noch nie betrogen.

7.

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Wollan so halt ich dennoch stand Treibt sie gleich ihre Schfflein in ein frembd Land / Ey so lieb’ ich von Hertzen Leid’ ich gleich mm’ ihret willen Schmertzen. Amaryllis laß mein klagen Durch die Winde zu dir tragen Kom bald kom bald so werd’ ich frey von Liebes-Plagen.

Sie nimt und gibt das Leben. Corydon an seine Phyllis. GLeich wie der Wind das Liecht pflegt an und aus zu blasen Eins durch die sanffte Lufft / das ander durch sein rasen; So find’ ich auch bey dir O Phyllis solche Krafft / Die bald das Leben nimbt und bald herwieder schafft.

Der Daphnis aus Cimbrien

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Johann Rist

Corydons getrewste Liebes-Verpflichtung. An seine allerliebste Phyllis. Als er gantz wieder seinen Willen von Jhr ward abgeschieden. 1.

5

ACh Phyllis mein außerwehlter Schatz Mein’ edle Schfferinn Laß mir doch in deinem Hertzen den platz da ich gewesen bin Bleib’ ich schon nicht dir stets im Gesicht Mueß ich dich doch Wie vor so noch Stets lieben in meinem Sinn.

2. 10

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Was soll doch dein armer Schffer-Knab’ Hier endlich fangen an Den seine Schalmey und Hirten-stab Nicht mehr erfrewen kan / Der mit beschwer Lufft hin und her Durch Berg’ und Thal Jn grosser quahl Bleibt stets ein gefangener Mann.

3. 20

O Phyllis mein’ andre Himmels-Sonn Wer dir mein Schmertz bekandt und wie ich dein armer Corydon

Der Daphnis aus Cimbrien

Werd’ in dem Schatten verbrandt / Jch weiß allzeit Es wer dir leid / Daß du O Hertz Durch solchen Schmertz Von mier bist abgewand.

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4. So bald nur die Morgenrht’ hpfet hervor Lauff’ ich den Wldern zu / Myrtillo der fragt mich fr Sylvia Thor Wohin ich doch eilen thue? So sprech ich dan: Jch armer Mann Weiß nirgends hin Dieweil ich bin Vertrieben aus meiner Ruh?

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5. Jch suche nur allen Schfferinnen ein Zier Gttinnen zum Trotz gebohrn / Jch suche nur Phyllis die Jch mier Fr andern außerkohrn / Doch find’ ich nicht Mein heil und Licht / Sie ist zu weitt Von mir zerstrewt Ach weh mier daß ich sie verlohrn.

6. Ey kan ich den Phyllis du Himlischer Mund Fohrt nicht mehr bei dir seyn

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Johann Rist

So will ich dich gleichwoll aus Hertzen Grund’ Jn Ewigkeit Lieben allein Kein berg noch Tahl Kein’ angst noch quahl Kein weh noch woll uns scheiden soll Dich lieb’ ich mein Tubelein.

7. 55

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Bestendig und trew verbleib’ ich dier So lang die Gldene Sonn’ Am Himmel umgeht / vertrawe mir Du bist mein Frewd’ und Wonn’ Ach nim zur Hand Der Liebe pfand Es ist die Gab’ Ein Hirtenstab Jch sterbe dein Corydon.

Der Daphnis aus Cimbrien

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Coridons Klag-Lied / Als er durch frembden Neid gezwungen ward / die Edle Delien zu verlassen. 1.

MJt Thrnen schnstes Lieb / mit Thrnen voller Pein Sing ich dein Corydon dir dieses Liedelein / Ach nim es an mein Schatz / denck’ an die grosse noht / die mein Hertz Mit Angst und Schmertz Beschwert biß in den Todt.

5

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Johann Rist

2.

10

Als’ ich o Delia dich erstlich hab’ ersehn Bey deinen Schffelein in grner Awen stehn / Da wandt’ ich also bald auff dich Hertz Muth und Sinn kont’ es seyn So wrst du mein O Schnste Schfferinn.

3.

15

Gleich wie des Donners Strahl ein zahrtes Kind erschreckt / So schnell ward mein Gemht’ auch von dier angesteckt / Denn deiner Augen Licht war mier ein solcher Schein / Daß ihr Glantz Mich brachte gantz Durch Lieb’ in Todes Pein.

4. 20

Drauff ließ ich meine Schaff’ im Busch’ herumme gehn / Denn ich begehrte nichts als Delien zu sehn / Jch lieff durch manchen Wald und sang von ihrer Macht Wie sie mich Elendiglich Jn solche Noth gebracht.

5. 25

30

Als ich nun Delien nach langen suchen fandt / und mich sie tausend mal zu kssen unterwandt / Seht / da ward meine Seel’ erst so voll Freud und Lust Das ich schier Ob ich bey ihr Mich auffenthielt nicht wust?

Der Daphnis aus Cimbrien

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6. Laß nun o Corydon laß fahren allen Schmertz / Sprach ich in solcher Freud’ / hie ist dein liebstes Hertz / Hie ist nun Delia dein edle Schfferinn Sey getrost / Du bist erlst O trawren fahr’ itzt hinn.

35

7. Ey wie manch tausend mal gab sie mir ihren Mund / Der honig-ssse war und voller Perlen stund / Wie manchen Liebes-Blick empfing ich auff dem Platz Jch bin dein und du bist mein Sprach Delia mein Schatz.

40

8. Nun / das war meine Lust die wehrt ein kurtze Zeit / Jch schlieff in ihren Schoeß / da kam der bleiche Neid / und schlug auß grimm’ und rach mit facklen auff mich zu / Jagte mich Elendiglich Aus aller meiner Ruh’.

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9. Ade nun Delia / geschieden zwar seyn wier Doch nur dem Leibe nach mein Geist bleibt stets bey dier / Ade o trewes Hertz’ / ich armer fahr’ itzt hin Lebe du Jn Fried’ und Ruh’ O edle Schfferinn.

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Johann Rist

Es ist nicht ihre / sondern des Glckes Schuld. An seine ehemals sehr Liebe Delien. Was hab’ ich dier getahn o Außbund aller Frommen / Das du ein Frembdes Lieb vor mich hast angenommen? Die Schuld ist ia nicht dein / Glck will mich nicht ansehn / Ein Rßlein bricht man ab / das ander lest man stehn.

Der Daphnis aus Cimbrien

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Corydons Klag-Lied. An die schne Phillis / Als ihre unglaubliche Hrtigkeit ihm gahr keine gegen-Liebe wolte erweisen. 1.

O Allerschnste Schfferinn / Wie krenckest du mier Muht und Sinn Mein lieben / mein hertzen / Mein kssen mein schertzen Fhrt allzumahl dahinn Jch armer Corydon Werd’ itzt verlachet zwar / Dazu von dir verlassen gar O Phylli Sonn!

 5

2. Wenn ich in die Wlder muß gehn Da Kruter und Blmlein stehn und fhre die Schfflein

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Johann Rist

Auff Wiesen und Brunlein Pfleg’ ich dein Bild zusehn / Jch armer Corydon Mueß dennoch grausamlich Ohn’ alles ende plagen mich O Phylli Sonn!

3. 20

25

Ach gnne mier einen Kuß Myrtillo zum Verdruß Der mich hat betrogen / Dazu dich bewogen / Das ich dein entbehren muß / Jch armer Corydon Jch sterbe fr schmertzen schier / Dieweil nach dir steht mein Begier O Phylli Sonn!

4.

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35

O mehr den irdisch Bild / Erzeige dich nicht so wild / Dier hab’ ich mein Leben Ja gntzlich ergeben Ach sey doch etwas mild / Jch armer Corydon Bin willig und gantz bereit Zu dienen dier in Ewigkeit O Phylli Sonn.

Der Daphnis aus Cimbrien

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Wenn sie erst brennete. An seine bertreffliche Galatheen. EJn glden Weyrauchfaß wird trefflich hoch geschtzet / Dieweil man es so gahr ins heiligthumb versetzet / Da helt mans zwar woll wert / doch zehn mal mehr alsdan Wenn es entzndet und der Weirauch brennen kan; So wirst du Galathe’ auch wegen deiner gaben Die mehr den menschlich sind / biß ans Gestirn erhaben / Doch brenn’ erst recht vor Lieb’ und zeig’ uns deinen Schein Alsdenn so lest man dich vollkommen gttlich seyn.

5

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Johann Rist

Daphnis Lob-Gedicht / Auff eine Tugendreiche Schfferin. 1.

5

SOlt’ ich / o Bild der Tugend Nicht preisen deinen Sinn / Der in der zarten Jugend Viel hatt gebracht dahin / Dah sie dich außerkohren / Als eine die gebohren Zur Schnheit Knigin.

2. Ob schon viel grosse Gaben Dich lengst in dieser Welt

Der Daphnis aus Cimbrien

So trefflich hoch erhaben Daß auch so mancher Heldt Dich mssen lieb gewinnen / So achten deine Sinnen Doch weder Golt noch Gelt.

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3. Pallas ist klug gewesen Du aber noch viel mehr / Von Dido kan man lesen Wie sie geliebt so sehr Die keschheit fr ihr leben Noch muß ich dier hie geben Den Preiß der Zucht und Ehr’.

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4. Hett’ ich die Macht zu schreiben Was vollenkommen sey / Bey dir wrd’ ich woll bleiben und rhmen sonder schew / Daß du dein’ edle Jugend Geschmcket hast mit Tugend Der Frommigkeit und Trew.

25

5. Jn dich hat außgegossen Der Himmel seine zier Auch ligt bey dir verschlossen Das / was die Welt alhier An vielen sucht mit Schmertzen / Mein Schatz / in deinem Hertzen Da blht es fr vnd fr.

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35

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Johann Rist

6.

40

Ach gnne mir mein Leben Das ich mag sorgen-loß Jn deinen gunsten schweben Die Bitt’ ist ja nicht groß / Den wird mirs Freud’ erregen Wenn ich darff knlich legen Mein Haupt in deinen Schoß.

Von dir mein Liecht. An Galatheen. GLeich wie der Mond sein Liecht muß von der Sonnen holen: So schnste Galathe’ hab ich von dier gestohlen Mein Leben und mein Liecht / nur du bist meine Zier / Der Mond kompt durch die Sonn’ und ich durch dich herfr.

Der Daphnis aus Cimbrien

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Daphnis Dactylisches Lied / Jn welchen er die Stunde glckselig preiset / als er die gunst seiner allerliebsten Charitnis hat erlanget 1.

TAusend mal frlicher lieblicher Stunden / Da ich die Schnste Charitni gefunden /

678

Johann Rist

Als’ ich der Schfferinn Gunst hab’ erlanget / Die gleich den Sternen anß Himmels-Saal pranget.

2. 5

Jtzt kan ich trotzen die Schffer in Wldern Alle die Hirten in Wiesen und Feldern / Thyrsis Myrtillo die mssen mir weichen / Corydon kan mier das Wasser nicht reichen.

3. 10

Wlder und Wiesen die hpfen fr Freuden / Wenn die Charitnis die Schfflein mag weyden / Schauet wie Phoebus am Himmel auffspringet / Wenn sie die Lmmer zur Htten außbringet.

4.

15

Lasset ewr Hpfen / ewr Springen / ewr Lachen / Diß sind doch alle vergebliche Sachen / Meine Charitnis die hat sich ergeben Eintzig mit ihrem Herr Daphnis zu leben.

5.

20

Knte der Himmel mit gldenen Strahlen Jeniges Fruwlein auff erden abmahlen / Knt’ er bestendige trewe beschreiben Meine Charitnis die wrd’ es woll bleiben.

6. Knte die Tugend in einer beschlossen Werden in alle Schffrinnen gegossen /

Der Daphnis aus Cimbrien

679

Knte man tausend mit Schnheit begaben Meine Charitnis die must’ es nur haben.

7. Alle die Facklen am Himmel verschwinden Wenn sich die edle Charitnis lest finden Wenn sie des morgens im Garten kompt schleichen Mssen die Nglein vnd Rosen verbleichen.

25

8. Schweiget ihr Hirten / was wollet ihr bringen / Hret doch auff ihr Schffrinnen mit singen / Lasset doch ab die Charitni zu preisen Nimmermehr kan man ihr Ehr gnug erweisen.

30

Jch bin zwar Gefangen / Lebe aber in Sicherheit. An seine Galatheen. EJn Vglein obs gleich frey darff in der Lufft mbschweben / So muß es dennoch stets in tausend Sorgen leben / Jm fall’ es aber fest im Kficht sitzt allein / So kan noch Habicht noch die Katz’ ihm schdlich seyn: O schnste Galathe’ / ob ich gleich bin gefangen Durch deiner Augen Liecht / so kan dennoch ich prangen Jn meiner Dienstbarkeit das weiß ich: wer’ ich frey / Daß unglck suchte mich / Nun gehts mich fein vorbey.

 5

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Johann Rist

Der Daphnis aus Cimbrien

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Daphnis Nacht-Klage an seine Allerliebste / Als er ihrer angenehmen Gesellschafft so gahr lange Zeit beraubet vnd deswegen von gantzen Hertzen bekmmert war. 1.

SOlt’ ich dier nicht getrew mehr seyn O du mein ander ich So msse mich der Liebe Pein Erwurgen grausamlich / Solt’ ich mein Schatz dich lassen / Solt’ ich dich schnste hassen Wer wrd’ erhalten mich?

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2. Du nhrest mier zwar meinen Geist und lebest stets in mier / Dennoch beklag’ ich allermeist Daß / weil ich find’ in dier So hoch erhaben Tugend O Spiegel aller Jugend / Sterb’ ich fast fr und fr.

10

3. Nun sitz’ ich in der Einsamkeit Weit von der Sonnen Licht / und fress’ in mich mein schweres Leid Wen keiner wachet nicht / Jch armer bin gefangen und warte mit verlangen Biß mir das Hertz zubricht.

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Johann Rist

4.

25

Hie denck’ ich meiner grossen Trew’ und steten Liebe nach / Zwar ich bin loß doch nimmer frey / Der Himmel ist mein Dach Kaum stillen meine Thrnen Mein Seuftzen / angst und sehnen Des Liebens ungemach.

5. 30

35

Jhr Himmel / welchen meine Plag’ und Elend ist bekand / Jhr Sternlein die ihr meiner Klag’ Euch offt habt zugewand / Jhr Wolcken und ihr Winde / Sagt mier / wo ich doch finde Mein aller teurstes Pfand.

6.

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Hie sind keine andre zegen zwar Nur diese leichte Thier’ Als Vglein die bald offenbahr Des Morgens gehn herfr / Sie alle knnen schwehren Daß eintzig mein begehren und Hoffnung steht zu dier.

7.

45

Wollan ihr Vglein / Bum’ und Struch’ Jhr Zegen meiner Pein Jhr Thierlein wild und zahm zugleich

Der Daphnis aus Cimbrien

Sagt meinem Tubelein / Sagt / daß ich offt geschworen Viel lieber nicht gebohren Als vngetrew zu seyn.

Das Alte Lied. Mein altesLied / das ich vor zwantzig Jahren triebe Das sing’ ich noch wie vor: Jch lieb’ / Jch lieb’ / Jch liebe.

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Johann Rist

Des Hchst:betrbten Daphnis Hertz-trauriges Klage-Lied Als’ er endlich gezwungen ward / seine allerliebste gantz und gahr zu verlassen. 1.

5

ZErbrich o traurigs Hertz’ Jn tausend stcken / Dieweil dich Angst und Schmertz Will unterdrcken / Du meiner Augen Quell laß klglich fliessen Die Thrnen ohne Zahl / Jhr Nymphen allzumahl Mst Wasser giessen.

Der Daphnis aus Cimbrien

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2. Weil meine Frewd’ ist hin Leb’ ich in Sorgen / Der Todt ist mein Gewinn / Km’ er nur Morgen / Jch wolte dich o Welt gantz gern verlassen / Mein Leben Freud’ und Glck’ Als’ ich gedacht zurck’ Jst wehrt zu hassen.

10

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3. Wenn ich die liebe Zeit Recht will betrachten / Da ich ohn’ alles Leid Nichts pflag zu achten / Da ich den tag vertrieb in Lust und Freden So schwitz’ ich gleichsam bluht / Ja Hertz / verstand und Muth Vergeht im Leiden.

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4. O soltest du Frendinn / Mein Elend wissen / Wie mein gemth’ und Sinn Von Pein zurissen / Bald hie bald da geplagt mbher muß schweben / Frwahr du wrdest sehn Jn Traurigkeit vergehn Mein junges Leben.

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Johann Rist

5.

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Ade / o Welt / Ade Mit deinen schtzen / Jns Grab mit Ach vnd Weh Wird man mich setzen / Ade o trewes Hertz’ / o Kron der Frommen / Jch werde nun forthin Wie ich gewesen binn Zu dier nicht kommen.

Grabschrifft des Hirten Daphnis.

5

10

HJe vnter diesem Baum’ ist Daphnis Leib vergraben / Dem alle Hirten schier den Preiß der Tugend Gaben Zusampt der Wissenschafft: stets war er ohne Ruh’ und bracht’ in Traurigkeit sein junges Leben zu. Der ursprung solcher Pein und unerhrter Sorgen Sey nunmehr / weil er todt / dir Leser unverborgen: Es hat sein treues Hertz biß auff den Todt betrbt Daß seine Galathe’ ihn nicht allein geliebt. O hte dich mit Fleiß ein solches Lieb zu wehlen. Der noch ein ander darff vielmehr als du befehlen / Jm lieben ist frwahr die allergrste Pein Jn seiner Liebsten Hertz’ auch wol selbdritte seyn.

Der Daphnis aus Cimbrien

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Daphnis wnschet von Hertzen seine Allerliebste Galatheen zu sehen. 1. O Gttinne zahrt Die so fest’ und hart Meines Hertzen Schrein’ Jst fr lengst geschlossen ein / Bleibe du doch fr und fr Mein erquickung Frewd’ / und Zier /

5

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10

Johann Rist

Ach Hertz’! Ach Hertz’ Lasse mich doch nicht verderben Noch in deiner Liebe sterben / Drumb schaffe das ich dich nur seh’ O du meine Galathe!

2.

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O mein’ edle Sonn’ O mein Heil und Wonn’ Gib mir deine trew’ Auff das ich versichert sey /

Der Daphnis aus Cimbrien

Ach mbwickele meine hand Nur mit einem liebes pfand’ Ach Schatz! Ach Schatz! Wenn ich deiner soll gedencken Muß sich mein iunges Hertze krncken Drumb schaffe daß ich dich nur seh’ O du meine Galathe!

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3. O du klares liecht / Daß mirs Hertz zubricht Sprich / wenn kompt die Zeit Die uns beyderseits erfrewt Daß wir kssen ohne Zahl Mehr den hundert tausend mal Ach Lieb! Ach Lieb! Bessers kanst du mier nicht geben Diß erhelt mein armes Leben / Drumb schaffe / daß ich dich nur seh’ O du meine Galathe!

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4. O du hchste Zier / Laß doch fr und fr Deine Seel’ allein Mein erwnschtes Wohnhauß seyn / Wo ich wandle / sitz’ und bin Ligst du mier nur stets im Sinn’ Ach Hertz’! Ach Hertz’! Laß mich doch nicht lenger quehlen / Dier wil ich mich gantz befehlen Drumb schaffe daß ich dich nur seh’ O du meine Galathe.

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Johann Rist

An die edle vnd holdselige Schfferin Sylvien Seiner liebsten Galatheen aller getreeste Frendinn.

5

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Du schnste Sylvia / bild meiner Galatheen Wenn wird’ ich sie in dier und dich in ihr einst sehen? Ach eile doch / ach kom / dieweil ich armer Mann Mein allerliebstes Hertz nicht stets besuchen kann Kom’ edle Sylvia / Princessin der Jungfrawen / Kom bald / so darff ich frey die Galatheen schawen Du halbe Galathe / ein Geist der lebt in euch Jhr seyd an Tugenden einander beyde gleich Was wunder ist es denn / daß ich in meinem Hertzen Empfinde gegen euch getrewer liebe schmertzen? Jhr seyd ia beyde wehrt daß ech der Hirten Volck Durch ihren Preiß erheb’ auch hher als die Wolck’ Am blawen Himmel geht. Schier seyd ihr Gleich von Gaben / Doch Galathee muß ein weinig hher traben Vergib miers Sylvia / den daß ich dich anseh’ Als liebt’ ich / das geschicht vorwahr umb Galathe.

Der Daphnis aus Cimbrien

Er preiset die treffliche Vollenkommenheit seiner Amaryllis. 1.

Schnste nim doch an die Trew’ Als’ ich dier will geben / Deiner ich mich hertzlich frew’ Ach du bist mein Leben /

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Johann Rist

Jch bin ja ein armer Mann Wenn ich dich nicht schawen kann Muß in Trawren schweben.

2.

10

Schnste du bist ja die Wonn’ Aller Princessinnen / Du du andre Himmels-Sonn Zwingst mier meine Sinnen Drumb wenn ich dein Angesicht Stets nicht schawe weiß ich nicht Was ich soll beginnen.

3. 15

20

Schnste du kanst wunderlich Hoch fr andre traben / Pallas selber neidet dich Wegen deiner Gaben / Phoebus an des Himmels-Saal Wnschet mehr den tausend mahl Deine Gunst zu haben.

4.

25

Schnste wenn du gehst hervor Muß der Amor lachen Es weiß nicht der kleine Thor Was er doch soll machen Denn er dich so hertzlich liebt / Daß er auch umbsonst hingiebt Alle seine Sachen.

Der Daphnis aus Cimbrien

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5. Schnste / deine Frendligkeit Die du thuest erweisen Mier / o Perlein dieser Zeit Muß ich hchlich preisen Einer der nicht liebet dich / Der ist ja warhafftiglich Nur von Stahl und Eisen.

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6. Schnst’ ich will mich gantz und gahr Dier in lieb’ ergeben Sonsten werd’ ich mit gefahr Krtzen mier mein Leben Amarylli Liebe mich / Liebst du mich / so will ich dich Ans gestirn’ erheben.

Je lnger / je lieber. JE hher daß die Sonn’ am blawen Himmel steiget / Je hitziger ihr fer im Sommer sich erzeiget; So hat die Lieb’ ein Art: Je lnger man sie hegt / Je mehr sie brennet und der Liebsten Gnst erregt.

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Johann Rist

Der Daphnis aus Cimbrien

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Wunderbahrer Liebes-Wechsel Zwischen den beiden Schfferen Corydon und Myrtillo mit Phyllis und Delia. 1.

EJnsmals an einem Morgen als auffgangen war die Sonn Kam gezogen herein mit den Schffelein Der edle Corydon Bald fieng er an zu singen Mit jauchtzen und mit springen Es priese nur sein stoltzer Sinn Die schnste Delia seine Schfferinn.

 5

2. Bald kahm darauff gegangen Phyllis mit ihrer Schaar Welche von dem Taw’ in der grnen Aw’ Annoch genetzet war / Sie fragte nichts nach Corydon Myrtillo war nur ihre Wonn’ Ey / sprach sie / woll mier daß ich bin Myrtillo allerliebste Schfferinn.

10

3. Als Corydon hrt singen der Phyllis sssen Mund / Sprach er: Glck und gewinn Edle Schfferinn Zu dieser Morgen-Stund’ Ach hast du nicht gesehen Am khlen Bchlein gehen Die mier gefalt in meinem Sinn’ Eß ist die Delia meine Schfferinn.

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Johann Rist

4.

25

Phyllis fieng an zulachen / sprach / was geht sie mich an / Jch lauff’ hin vnd her / ob ich nicht ohngefehr / Myrtillo finden kan / Doch / wiltu mich itzt fhren Jn diesen Wald spatzieren Vielleicht ist da dein Hertz’ und Sinn Die braune Delia meine Schfferinn.

5. 30

35

Sie giengen hin mit Freden zu suchen Delia / und auch fohrt dabey Myrtillo frey Aber es war niemand da Biß das sie letzlich finden Amor den kleinen blinden Der hatte sich gelegt dorthin / Ey lieber was ist das rieff die Schfferinn.

6.

40

Amor der schlieff gantz stille / sein Boge war ihm nah’ und das Kcherlein / sampt der Fackel schein Wie das die Phyllis sah’ Ach fragte sie mit lachen Was sind doch das fr sachen Die mier verwirren meinen Sinn Ach Weh / Ach Weh mier armen Schfferinn.

7.

45

Phyllis ergrieff den Bogen und legt auff einen Pfeil Das war ihr nicht schwer / aber ohngefehr schoß sie loß in schneller Eil /

Der Daphnis aus Cimbrien

697

Der scharffe Pfeil flog schnell davon und traff den armen Corydon Er rieff: Mein Hertz’ ist nun dahin O Phyllis das machst du schnste Schfferinn.

8. Als Corydon verwundet des Amors fackel sah’ Ey da wolt’ er bald sich rechen mit gewalt Kam der Phyllis gahr zu nah’ Hub an sie zu versehren Sie knte es jhm nicht wehren Bald ward verendert beyder Sinn So woll des Schffers als der Schfferinn.

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9. Bey Phyllis ward vergessen Myrtillo zu der stund Das sie rieff Corydon / mein Fred’ und Wonn’ Jch bin durch dich gesund Myrtillo lass’ ich fahren / Mit dier will ich mich pahren Du zwingest mier Hertz / Muth und Sinn Jch bin und bleibe stets deine Schfferinn.

60

10. Wie Corydon dieß hrte / Sprach er: O ssse Pein Fahr nun woll Delia / ich verlasse dich da / Mein soll die Phyllis seyn / Drauff fieng er mit verlangen Sein Lieb an zu mbfangen Er sprach all trauren fahr itzt hin / Weil die Phyllis nunmehr ist mein Schfferinn.

65

70

698

Johann Rist

11.

75

Als Amor drob erwachte und sah’ ihr kssen an Wol mir doch / sprach der Klein’ / ey daß ich so fein Die Hirten zwingen kann! Ja / wollet ihr noch schertzen? Jch treff’ ech recht die Hertzen / Drumb schicket ech nach meynen Sinn’ Ein Schffer ja so woll als die Schfferinn.

Der Daphnis aus Cimbrien

699

Lucidors trauriger Abscheid von seiner Liebsten Melitee. 1.

Ach du mein ausserwehltes Kind Du Gldne Kron der Jungfrulein Ach warumb muß ich so geschwind’ Abscheiden von dier mit grosser Pein? Nun muß ich mit zagen Mit heulen und klagen Mein Leben zubringen so gahr allein’.

 5

2. Ach wie hat deine Gegenwahrt Mier tausendmal viel Freude gebracht Da deinen Leib so schn und zahrt Jch hher als Gold und Perlen geacht / Nun muß ich mein Leben Dem trauren ergeben Ach scheiden wer hat dich jemahls erdacht?

10

700

Johann Rist

3. 15

20

Mein tausend schatz / mein liebstes Hertz Weils nunmehr muß geschieden sein / So bitt’ ich bedencke den grossen Schmertz Den leiden muß die Seel’ allein Jch will mich einschliessen Ohn’ alles verdriessen Jns Hertzelein dier mein Tubelein.

4.

25

Lass dich kein’ Angst / Gefahr noch Noht Von stetiger Liebe wenden ab uns soll nicht scheiden der bittre Todt Jch bleibe dier trew biß in mein Grab / Jch kan dich nicht hassen Jch kan dich nicht lassen So lang’ ich noch Leib und Leben hab?

5. 30

35

Ade mein freundliches Liebelein Weil scheiden nunmehr kompt heran / Ach waß erduldet mein Hertze fr Pein Weil ich dich nicht mehr sehen kann. Ade mit Thrnen Mit seftzen und sehnen Scheid ich von dier zum Grab’ hinein.

Meine getree Dienste verzehren mich. Die Liebe / so zugleich mich tdtet und ernehret Jst gleich der Lampen / die sich brennend selbst verzehret.

Der Daphnis aus Cimbrien

701

An eine Edle Schfferinn Warumb er sie auff ihren Nahmens-Tag unter eines frembden Nahmen mit einem ­Liedelein ohne Band angebunden. VErwundert sie sich auch / daß ich mich unterwinde Ein frembder Gast zu seyn und sie nicht selber binde Ja das ich nicht einmahl ein schnrlein eingelegt Womit ein jeder Geck sonst sehr zu prangen pflegt? Sie wundre sich nur nicht: Jch weiß nicht mehr von lieben und wst’ ichs gleich / so mst’ ich armer mich betrben / Denn eben diesen Tag ist es das dritte Jahr / An welchem ich vergaß was trelich lieben war. Dennoch so weiß ich mich zu zeiten zu entsinnen Wie ich der Schnen Hertz auch woll pflag zu gewinnen / Da mier den manches mahl mein lieben so gelang / Daß ich den Naso selbst zu Trotz’ ein Liedlein sang / Nun bin ich gar ein Kind / weiß andre doch zu lehren Wie sie ihr schnstes lieb bestendig sollen ehren und Tre von Hertzen seyn / drumb hab’ ich mich bedacht Zu singen dieses Lied / als hett’ es der gemacht Den sie mit mier woll kennt. das aber wier vergessen Den wollverdienten band / so kan sie leicht ermessen Das ich nicht gerne thu / was sonst ein jederman Von so viel Jahren her bey bauren hat gethan. Hie ist ein schlechtes Lied / das soll sie fester binden / Denn ob ich mich gleich wolt’ auffs fleissigst nterwinden Jhr wie sie wrdig ist zu schicken einen Band; Frwahr so must’ es seyn ein lautrer Diamant.

 5

10

15

20

702

Johann Rist

Der Daphnis aus Cimbrien

703

Des Hirten Corydon Lob-Gesang von der ­Himlischen Schnheit seiner Phyllis. 1.

O Phyllis edle Schfferinn / Die du mich hast besessen / Ja zwingest mier Hertz / Muth und Sinn / Dein kan ich nicht vergessen / Vergis auch nicht O du mein Liecht / Den / der so hoch betrbet Biß in sein Grab dich liebet.

 5

2. Jch bin durchlauffen Berg und Thal / Bin manchen Wald durchgangen / Die Schfferinnen ohne Zahl Zu schawen mit Verlangen / Doch deiner Art O Phylli zart Hab’ ich zu keiner Stunden Auff Berg und Thal gefunden.

10

15

3. Du bist der Nymphen Preiß und Wonn’ Es ist dir nichts zu gleichen Du bist die andre Himmels-Sonn’ Auch Phoebe muß dier weichen! Dein gldnes Haar / Das giebt frwahr So wunderschne Straalen Daß sie die Felder mahlen.

20

704

Johann Rist

4. 25

30

Dein’ uglein Phyllis knten bald Den gantzen Schfferorden Weil sie so trefflich sind gestalt Elendiglich ermorden Ja wenn das Wild O schnstes Bild Sie nur von fern erblicket So ist es schon verstricket.

5.

35

40

Dich liebt der Schffer nicht allein So in den grnden weidet / Jch weiß das auch ein Hirschlein Pein umb deinet willen leidet / Ja was nur lebt / Was flegt und schwebt Das wnschet stets mit schmertzen O Phyllis dich zu Hertzen.

6.

45

Wst’ Amor selbst die Liebligkeit / Die deine Lippen geben / Er wrde wahrlich jederzeit Darnach von Hertzen streben / Denn dieser Tau Auff seiner Auw’ Jst Honig zu vergleichen Ja Nectar muß ihm weichen.

Der Daphnis aus Cimbrien

705

7. Wer deinen hals o Schfferinn Nur einmal hat betrachtet / Der spricht: ihr Perlein fahrt nur hinn / Milch ist hie nichts geachtet / Denn was ich seh’ Jst lauter schnee / O seelig ist zu schtzen / Den solches kan ergetzen!

50

55

8. Jch bins / der Schffer Corydon Dem sie sich hat vertrawet O Phyllis das bracht’ ich davon Als’ ich dich angeschawet / Kom ssser Tag An dem ich mag Nach wnschen und verlangen Sie tausendmahl mbfangen.

60

706

Johann Rist

Der Daphnis aus Cimbrien

707

Daphnis Klage-Lied an seine allerliebste ­Galatheen / Als er sich in seiner Einsamkeit mit beraus ­traurigen Gedancken plagte. 1.

DAß mein Gemth in angst und sorgen schwebet / Daß ich die Wsten hab’ erwehlt / Daß mier mein Hertz fr grossen schrecken bebet / Daß mich die Lieb und Hoffnung qult / Daß ich manchen Wald durch gehe Tag und Nacht ohn’ alle Ruh’ und fast keinen Menschen sehe Galathee das machst du.

 5

2. Mein freyer Sinn hat sich nun gantz verlohren Er liebet nichts als Schlaverey Denn / ob ich gleich zur freyheit war gebohren Bin ich doch minder nichts als frey / Ja das ich in Liebes-Stricken Jtzt mein Leben bringe zu und mich gar lass’ unterdrcken Galathee das machst du.

10

15

3. Daß ich die Stdt’ und Drffer gantz verlasse Daß ich die liebsten Freunde flieh’ und allen Klang der Jnstrumenten hasse / Das ich am wilden Ohrt’ mbzieh’ und erschrecke fr den Leuten /

20

708

Johann Rist

Das ich heul’ und schier im nu Klglich muß mein Grab bereiten Galathee das machst du.

4. 25

30

Jch schweiff’ mbher / hr’ offt von ferne singen Der Hirten Volck in grner Aw / Doch solche Lust kan nichts als Schmertzen bringen / Den wen ich nur von ferne schauw Wie der Bock steht bey der Ziegen Jn so gutem Fried und Ruh’ Ach so will mein Hertz’ erliegen Galathee das machst du.

5.

35

40

Wen ich mich in den finstern Busch verstecke und lausche nach der Nachtigall Der Himmel weiß / wie hefftig ich erschrecke Waß ihr Gesang mier bringt fr Quahl / Wenn bey Nacht die Elen schreyen Denn so hr ich fleissig zu Mich kan sonst kein Lied erfrewen / Galathee das machst du.

6.

45

So bald ich seh’ Aurora zu uns schleichen / Stehn meine Augen Thrnen voll / So bald die Sonn’ ins grne Meer muß weichen Gedenck’ ich ich bey mir selber woll: Knt’ ich nun bey Phoeben stehen Ach da drcket mich der Schu / Mcht’ ich meine Liebste sehen / Galathee das bist du.

Der Daphnis aus Cimbrien

709

7. Jsts denn mbsonst / und muß ich stets dich meiden / Wollan so geb ich gute Nacht / O Galathe / dein Daphnis will itzt scheiden Jhn zwinget deiner Liebe macht. Nun Ade / fohrt will ich schweben Durch die Wsten ohne Ruh’ und der Welt mich gar begeben Galathee das machst du.

50

55

710

Johann Rist

Corydons Klage-Lied An seine edle Sylvien die Hefftigkeit seiner Liebe betreffend. 1.

5

Hr Himmel / was mein trauriges Leben Mit Schweren seuftzen klagt / Wie es in hitziger Liebe muß schweben Wird Tag und Nacht geplagt / Wie es die Schönste von allen Schffrinnen Hat außerwehlet / Die es so quehlet und ohn’ Ende gnagt.

Der Daphnis aus Cimbrien

711

2. Jch habe zwar zuer glcklichen Stunden Sylvien angesehn / Als’ ich sie in den Wiesen gefunden Bey den Schfflein stehn / Aber in dem’ ich ihr’ Aglein erblicket Welche von ferne Glentzen wie Sterne Wahrs mb mich geschen.

10

15

3. Nun sitz’ ich bey den rauschenden Flssen Lasse die Schaff’ allein / Die itz ohn’ Hirten herumme gehn mssen Wegen der grossen Pein Die ich mb Sylvia stetig mues leiden / Weil ich in Feldren Bschen und Wldren Nicht kan bey ihr seyn.

20

4. Der Himmel selber hret mein klagen und der Sonnen Liecht Schauwet wie mich die Liebste muß plagen Wie mein Hertz zubricht / Ja auch die Thier und Vglein bezegen Wie ich mit Schmertzen Schreye von Hertzen Sylvia hrst du nicht.

25

30

712

Johann Rist

5.

35

40

Sylvia nim die Seftzen und Trnen Fr dein Opffer an / Wisse daß Corydons hertzliches sehnen Mehr nichts schencken kan / und lessest du dich den nicht erweichen / Muß ich mein Leben Klglich auffgeben / Weh mier armen Mann!

6.

45

Du bist die Schnste von allen Schfferinnen / Deiner Glieder Pracht Zwinget woll mehr als menschliche Sinnen Ja du hast die Macht / Daß du die grimmige Lwen kanst zehmen Felsen vnd Hgel hast du in Zgel Treuwer Liebe bracht.

7. 50

55

So lass mich deinen Schffer doch bleiben O du meine Sonn’ / Jch will dein Lob den Bumen einschreiben Stets mit Fred’ und Wonn’ O selig werden die Hirten mich preisen / Wenn du mit schertzen Freundlich wirst hertzen Deinen Corydon.

Der Daphnis aus Cimbrien

713

Es sind nur Worte. An Galatheen. Ey soll ich den zuletzt auff Wind und Wasser bawen und deiner whrter Schein O Galathee trawen / Was gibt mier das fr Lohn hertzallerliebstes Kind? Man sagt: Daß Whrter seyn doch lauter nichts als Wind. und wenn gleich aus dem Netz’ ein Betel ist geworden / So fahren doch bald ein bald aus die Wind’ aus Norden; So ist ein Wort ins ohr / daß heist und bleibt ein Thon / Drumb krieg’ ich anders nichts als blossen Wind zu Lohn.

5

714

Johann Rist

Abscheid-Lied des Hirten Myrtillo. Als er von seiner Sylvien hinweg zog. 1.

5

MEin Schatz ich fahr davon / itzund verlass’ ich dich / Ach wie wird mier mein Hertz gequehlt so jammerlich / Dieweil ich dich verlohren O Schnste Schfferinn / Weh mier / daß ich gebohren Zu solchen jammer binn.

2. Mein Lieb / es ist zwahr so / ich bin nicht mehr bey dier / Doch soltu wissen das o aller Nymphen Zier

Der Daphnis aus Cimbrien

Kein augenblick vergehet Darinn nicht dein Gestalt Leibhafftig fr mier stehet und mich erwrget bald.

715

10

3. Jch msse ja alsdann so gahr verfluchet sein / Wenn ich o trewes Lieb / wenn ich vergesse dein / Werd’ ich nicht stets gedencken Gttinn’ an deine Gunst So mag mich ewig krncken Der heissen Liebe Brunst.

15

4. Ja seyn gleich zwischen uns gelegen Berg und Thal Holtz Wlder / Felsen / Stein’ und Hgel ohne Zahl / So sollen Sie uns beyden Jn Fred in Lieb’ in Leyd Doch ewiglich nicht scheiden Biß uns der Tod befreyt.

20

5. Ob mein geplagter Leib schon klagen geht alhier / Jst doch mein schwacher Geist zu Tag’ und Nacht bey dier / Drumb / wer mein armes Leben Will suchen findets bald Jn deiner Kammer schweben Bey dier mein Auffenthalt.

6. So lass’ o liebstes Hertz doch dier befohlen seyn Mein hochbetrbte Seel’ in ihrer grossen Pein /

25

30

716

35

Johann Rist

Du kanst je leicht ermessen Wie sie gequehlet ist / Dein will sie nicht vergessen Weil du sie nicht vergist.

7.

40

Vielleicht bist du in Ruh’ und ich in solcher Noht / Darinn ich tausendmahl mier wnschen mag den Tod / Doch bitt’ ich mier zu zeigen Das deine lieb’ und traw’ Annoch zu mier sich neigen / Was gielts so werd ich frey.

8.

45

Ade / Gttinn’ / Ade / ach mcht’ es doch geschehen Dein himlisch Angesicht’ auch einmal nur zu sehen Ach aber weil mein sehnen Erlanget keine Ruh So schick’ ich dir nur Thrnen und lauter seftzen zu.

Der Daphnis aus Cimbrien

717

718

Johann Rist

Daphnis Lobgedicht Auff eine Hoch-Adeliche und mit sehr herrlichen Gaben des Gemthes / Leibes und Glckes trefflich beseeligte Schfferinn. 1.

5

JSt in der Welt ein Wunderwerck und Spiegel der Jungfrawen / Jn welchen sich der Tugend strck’ und Schnheit lesset schawen / So ist es wahrlich dieses Bild / Das alle tapffre Hertzen stielt Die sich mit Ehr’ und Leben Jhr gantz zu dienst’ ergeben.

2. 10

15

Der Himmel selbst hat seine Lust Dieß Meister-Stck zu preisen Dieweil ihm gahr zuwoll bewust / Das niemandt kan auffweisen  Ein Bild / das sie beschmen kann / Die Sonn’ hat ihre Fred’ hierann / So bald sie auff will gehen Muß sie dieß Perlein sehen.

3.

20

Durch grosse Lieb’ und Hoffligkeit Steht Phoebus alle Stunden Hlt seinen Glantz fr sie bereit und wenn er sie gefunden Jm grnen Klee spatzieren gehn /

Der Daphnis aus Cimbrien

719

So lest er seine Straalen sehn / So bald sie abgewiechen Hat er sich auch verschliechen.

4. Preiß / Ehr’ und Ruhm hat sie davon Wenn sie die Lippen rhret / Wenn sie / der Helden Sonn’ und Wonn Jm reden klugheit fhret / Den steht der bleiche Mond in ruh’ und alle Sternlein hren zu / Sie lachen weil sie schawen Den ausbund der Jungfrawen.

25

30

5. O Venus / die du spt und fre Der Sonnen dienst’ erweisest Es ist ein’ andre Venus hie Weil du sie selber preisest / Von der du zegest klar und frey Das sie die Allerschnste sey / Was gielts du must bekennen Sie sey nach dier zu nennen.

35

40

6. Wer sie kan sonder lieben sehn / Kein Mensch ist der gebohren / Der mag ja woll bey Narren stehn Die jhren Witz verlohren Wer sie nicht liebet / muß ein Stein Ein Felß / ein Klotz und Eisen seyn Er muß sein Leben fhren Bey groben Tygerthieren.

45

720

Johann Rist

7. 50

55

Jst gleich der edle Demant klahr Jhn knnen doch beschemen Jhr’ uglein und ihr gldnes Haar Kan Gold den Preiß benehmen. Sie wird gerhmet berall Die Schnst’ in unser Nymphen Zahl / Sie hat nicht ihres gleichen Diana muß ihr weichen.

8.

60

Sie macht zu schanden Milch vnd Schnee Mit ihren zarten Hnden Ja Elffenbein / vnd was zur See Gantz Jndien kan senden / Jhr Leib der pranget wie der Thron Des grossen Knigs Salomon Sie ist mit tausend Gaben Biß ans Gestirn erhaben.

9. 65

70

Die Pallas war von Zucht vnd Kunst Jn aller Welt gepriesen / Jhr Jungfraw mehr / doch ewre Gunst Jst weinigen erwiesen / Wiewol kein Held auff Erden lebt / Der nicht nach ewrer Freundschafft strebt / Gut / Muth / Witz / Schnheit / Tugend Sind Gaben ewrer Jugend.

Der Daphnis aus Cimbrien

721

10. Recht himlisch wird die Freude seyn Dem / der ech noch erlanget / Denn ihr O Schnste / seyds allein Womit der Himmel pranget / Glck / Heil vnd Wolfahrt steh’ ech bey Biß dieser Wunsch erfllet sey Daß ihr mit Freden ksset Den ihr zum Liebsten wisset.

75

80

722

Johann Rist

An sein hoch bekmmertes Hertz. Als die allerschnste Galathee von ihme hinweg zog. 1.

5

ZErspalte nicht betrbtes Hertz’ Jn dem die Schnst’ abscheiden muß Nach dem sie dier durch sssen Schertz Benommen hat der Zeit verdruß / Sie ist zwahr fohrt o weh der Pein / Doch weil es nicht kan anders sein So gieb dich drein.

Der Daphnis aus Cimbrien

723

2. Jhr meine Augen hret auff Den abscheid zu beweinen mehr Vergnnet doch der Zeit den lauff Mit Freuden kompt sie wieder her / Jst doch der Himmel manchen Tag So traurig / daß er sonder Klag Kaum leben mag.

10

3. Jhr meine Seuftzen haltet still’ und quehlet mich doch lenger nicht / Was kan ich / wen des glckes will All’ Hoffnung mier auß Neid zubricht / Nun ist ihr schnster Leib dahin / Doch bleibt mein edler Geist und Sinn Stets wo ich bin.

15

20

4. Mein bleicher Mund / was winselst du Daß dier ihr kssen ist versagt / Ey gib dich einmahl doch zu Ruh’ Jhr scheiden ist ja gnug beklagt Viel besser ist es fr und fr Zu preisen ihre Zucht und Zier Stets mit Begier.

25

5. Jch bleib’ immittelst unbewegt und liebe sie mit solcher Trew’ Als’ einer / der sich nieder legt Durch sterben sich zu machen frey /

30

724

35

Johann Rist

Jhr lieben wird auch nicht vergehn So lang ich kan am Himmel sehn Die Sternlein stehn.

6.

40

Viel Hundert tausend guter Nacht Die wndsch’ ich dir zu aller Stund / Ach! Bleiben hat mir Lust gemacht Dein scheiden schlgt mein Hertze wund / Drumb ist mir nun so hefftig weh’ / Ach komm’ auff daß ich nicht vergeh’ O Galathe!

An seine edele vnd vollenkommene Galatheen: Warumb er so schwartz sey.

5

Du schnste Galathe’ / ich hab’ unlngst vernommen Wie daß ich dier so schwartz von Antlitz vor sey kommen und du dich manches mahl verwunderst daß so gar Mein’ Augen sind so schwartz / wie mein auch schwartzes Haar. Jst das wol wunderns werth? Seither ich dich gekennet Hast du mich Nacht und Tag mit solcher Glut verbrennet / Daß auch mein’ Adern / Fleisch / ja Marck und Blut ist hin / Groß Wunder daß ich nicht schon lauter Kohlen bin.

Der Daphnis aus Cimbrien

725

726

Johann Rist

An seine allerliebste Galatheen / Als sie sich eine geraume Zeit am frembden ohrte auffhielt. 1.

5

ACh Galathee kanst du mich So manchen Tag verlassen / Bedenckst du nicht / wie lang’ ich dich Geliebet auß der Massen / und du o suesses Engelein Magst noch so lange von mier seyn?

2.

10

Jch zehle Stund’ vnd Augenblick Biß auff dein wiederkommen Doch wnsch ich dier viel besser Glck Als du mier hast genommen / Das war dein lieblichs Angesicht’ O schnste das miers Hertz zubricht.

3.

15

Jch rueffe dir den gantzen Tag Jch suche dich mit sehnen Die finstre Nacht ist meine Plag’ Jhr Anfang sind nur Trnen / Jhr End’ ist nichts als lauter Weh’ mb dich o schnste Galathe.

4. 20

Kein Schffer kan frber gehn Jch bitt’ er soll mier sagen /

Der Daphnis aus Cimbrien

727

Ob er die Liebste nicht gesehn Doch ist mbsonst mein fragen Sie wissen weder Ja noch Nein O Galathee / das ist Pein!

5. O bser Tag / o finstre Stund’ Jn welcher man wird sagen Der Galatheen Rosen-Mund Jst bleich von lauter klagen / Die vollenkomne Schfferinn’ Jst hefftig schwach von Muth und Sinn’!

25

30

6. Ach bist du kranck mein liebstes Hertz’ Ach bist du matt von sorgen / Wie bleibt mir denn dein grosser Schmertz So lange Zeit verborgen? O mcht’ ich fhlen deine Noth / Wie gern leid’ ich fr dich den Todt.

35

7. Jch bin schier bey mier selber nicht Jch weiß nichts anzufangen Dein hertz-erfrewlichs Angesicht Vermehret mein Verlangen / Ja alles was ich hr’ und seh’ Jst lauter nichts als Galathe.

8. Ach zeige mir doch schlenigst an Wie es mit dir beschaffen

40

728 45

Johann Rist

Damit dein armer Daphnis kan Ein Stndlein wiedrumb schlaffen / Ach schicke mier zu meiner Ruh’ Auch nur ein eintzigs Seufftzen zu.

9. 50

Jmmittelst sol der Sonnen Glantz Der Mond und alle Sterne Sich dier zu Dienst’ ergeben gantz und warten auff dich gerne Lieblichs Wetter sey mit dier Auff der Reise fr und fr.

10. 55

60

So komm’ O schnste Galathe / Komm’ Ausbund aller Frawen / Auff daß ich sonder Ach und Weh’ Einst frlich dich mag schawen / Bedenck’ O liebstes Engelein / Wie froh wird denn dein Daphnis seyn!

An seine außerwehlte Galathe. Sie glntzet und machet auch andere glntzen. O Schnste Galathe / du Wunderwerck der Jugend / Du glntzest berall von Schnheit / Zucht und Tugend und giebest deinen Schein auch andern / ja auch mier Denn was ich gutes hab’ / ist alles nur von dier.

Der Daphnis aus Cimbrien

729

730

Johann Rist

Der hoch-betrbter und schier gahr verlassener Daphnis. 1.

5

HAt mich das Glck den gantz und gahr Zu dieser Zeit verlassen Jst sie den nicht mehr / die sie wahr Ach solte sie mich hassen So wnsch’ ich nur von Hertzens Grund’ Aus dieser Welt zu scheiden / Als den vergieng’ in einer Stund’ All mein betrbtes Leyden.

2. 10

15

Dich mein’ ich schnste Galathe / Dich mein erwnschtes Leben / Dich / der ich mich in Fred und Weh’ Allein so gahr ergeben / Wilt du mier nicht barmhertzig sein / Ey lieber laß michs wissen / Damit mein Leben auß der Pein Wird’ einmahl hin gerissen.

3.

20

Wie kanst du Schnste sehen an Mein Elend sonder klagen / Das selber sich nicht kennen kan Von wegen vieler Plagen / Das Elend bleich und mager ist Ja sich dem Schatten gleichet / O liebste / das schafft deine list Die Daphnis nicht erreichet.

Der Daphnis aus Cimbrien

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4. Wie kan doch so viel Hartigkeit Jn solcher Schnheit wohnen / Die meiner Trew mit Hertzens Leid’ und Kmmernß wil lohnen? Wie magst du doch so grausamlich Mein’ arme Seele qulen / Viel lieber wolt’ ich / daß man mich Der Grufft solt anbefehlen.

25

30

5. Was gilts der Tag kompt bald herbey / Daß man ins Grab wird tragen Mich armen / da ich Sorgen-frey / Nicht mehr darff tglich klagen Von deiner strengen Grausamkeit und eisenharten Sinnen / Die ich (O grosses Hertzen-Leid) So gar nicht kan gewinnen.

35

40

6. Wollan ists denn mein End’ und Todt Dein wnschen und begehren / So wil ich bald in meiner Noth Der Bitte dich gewehren / Doch solt du schnste Galathe Nicht gar zu sehr erschrecken / Wenn mein Gespenst mit Ach und Weh Dich wird bey Nacht auffwecken.

45

732

Johann Rist

Sie erwecket mich vom Tode. GLeich wie der Sonnen Hitz’ im Lentzen kan erwecken Die gantz erstorbne Bum’ / auch so / daß sie bedecken Feld / Hgel / Berg und Thal; So schnste Galathe Erwecket mich dein Kuß / daß ich vom Tod’ auffsteh.

Der Daphnis aus Cimbrien

733

Daphnis singet von der Vollenkommenheit und bertrefflichen Schnheit einer hoch-Edlen und mit den allerherrlichsten Eigenschafften hoch-begabten Schfferinn. 1.

LJeblich wnsch’ ich mier zu singen Wie ein’ edle Nachtigal / Ewre Tugend fr zu bringen Jungfraw / die euch berall Bey den Helden hat erhoben Daß euch alle Welt muß loben / Fohrt ihr Musen / frisch heran / Daphnis singet waß er kann.

 5

2. Unter so viel Tausend strahlen Die den blawen Himmels-Platz Jn der schwartzen Nacht bemahlen / Find’ ich wahrlich keinen Schatz /

10

734

15

Johann Rist

Der so trefflich anzuschawen Als’ ihr Ausbund der Jungfrawen / Die ihr Glntzet wie der Blitz Jn der finstern Sommer-Hitz’.

3.

20

Helle Wasser / klare Brunnen Die beschmen offt Christall Jhr o Sonn’ habt lengst gewunnen Solche Schnheit berall / Wer sich die zu sehn begiebet Wird in schneller Eil verliebet Wie Leandren ist geschehn Als’ er Hero angesehn.

4. 25

30

Zwar in schnen Garten prangen Mehr denn tausend Blmelein / Wenn ihr aber kommt gegangen Schnste / wo bleibt denn ihr Schein? Alle Liljen mssen weichen Rothe Rosen schnell verbleichen Ja der bunten Neglein Pracht / Jst bey ech nur lauter Nacht.

5.

35

Aus dem Garten muß ich fhren Ewre Schnheit in dem Wald / Wo der Vgel tyreliren Noch hat seinen Auffenthalt / Wo sich Bsch’ und Bume neigen und gantz unterthnig zeigen

Der Daphnis aus Cimbrien

Daß ihr / Schnste / wrdig seyd Hchster Ehr und Herrligkeit.

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40

6. Prchtig sind die hohen Spitzen Jn den Stdten anzusehn / Kommet ihr bey sie zu sitzen So muß all ihr Lob vergehn / Huser die mit Marmel prahlen / Schlsser mit vergldten Saalen Kamren / die von Farben reich / Sind wie schwartzer Rauch bey euch.

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7. Vielmahls pflegt ewr lieblich singen Lwen / Wlff’ und Tygerthier Durch den sssen Thon zu zwingen Daß sie wie die Lmmer schier Sich zu ewren Fssen legen / Es kan ewre Kunst erregen Felsen / Hgel / Berg’ und Stein / Daß sie ech zu Dienste seyn.

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8. Fahret ihr denn aus spatzieren An des wilden Meeres Strand und die Fisch’ ech da versphren Kommen sie sehr bald zu Land’ / Alle Nymphen und Syrenen Grssen ech gleich wie Helenen Ech zu Ehren singen sie Tausend Lieder spt’ und frh.

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9. 65

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Jst ein Knstler auszufragen Der der schnsten Glieder Zier Abzubilden sich wil wagen Ey der trete bald herfr / Hie kan er den Preiß erwerben Ja sein Lob sol nimmer sterben Denn ewr Bildnß wird allein Wie ihr selbst vollkommen seyn.

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Sind die Bienen vor geflogen Nach dem Honig in die Heid’ Ey nun sind sie hingezogen Auff die rothe Lippen-Weid / Als sich in der Schnsten Munde Solch ein ssser Honig funde / Der den Zucker bertrifft O wie ssser Blumen-Gifft!

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Christallinen-Safft kan zwingen Blumen Hertzlein / daß sie sich An die Wischen lassen bringen Vnd verknpffen festiglich / Liebe pflegt also zu fischen / Blumen wachsen auff den Wischen O wie edle Pflntzlein giebt Diese Blum’ in sie verliebt.

Der Daphnis aus Cimbrien

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12. Hoffnung darff euch nicht mehr plagen Schnst’ ihr seyd schon Sorgen-frey / Sonder trawren knt ihr sagen: Komm’ o liebster Schatz herbey / Komm’ und laß uns Blumen brechen Liebe sol das urtheil sprechen Ob den Wischen Hertz sey dein / Oder Blumen Hertzlein mein.

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Daphnis liebet seine Gefngnß von Hertzen. An seine allerliebste Galatheen. DEr schlaue Papagey verachtet frey zu leben / Er fliehet nicht / ob schon sein Hußlein offen steht / Jhm wird so ssse Speiß’ und edler Tranck gegeben / Daß stets gefangen seyn / weit vor die Freyheit geht; Hertzwehrte Galathe ich lieb’ auch meine Ketten / Die ssse Schlaverey / dieweil dein Hertz mein Haus / und knt’ ich gleich / so wolt’ ich doch nicht von dir treten / Der Krcker ist zu gut / drumb wil ich nicht heraus.

Deine Schnheit ein starcker Sturm-wind. An die mehr als menschliche Galatheen. WJe / daß ich zittern muß O schnste Galathee Gleich wie ein Eichen Laub / so bald ich dich nur sehe? Frwar das kommt von dir hertzallerliebstes Kind / Jch bin ein schwaches Laub / du bist ein starcker Wind.

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Der Daphnis aus Cimbrien

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Der Eifer-schtiger Daphnis / An seine den Corydon liebhabende Galatheen. 1.

SChier zweifl’ ich schnste Galathe’ Ob du mich trewlich liebest / Weil du so offt mit Ach und Weh’ O Liebste mich betrbest / Du bist mir hold / das muß ich trawen / Doch kenn’ ich wol die List der Frawen / Der Corydon dein Hertzen-Dieb Jst dir ja warlich viel zu lieb.

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2. Du sprichst mein außerwehlter Schatz Mein Daphnis solt du bleiben / Dich wird aus meines Hertzen Platz’ Auch keiner nicht vertreiben. Ach Galathee darff ich fragen Wer lehrt dich doch so klglich sagen / Bekenn’ ist nicht dein Hertzen-Dieb Der Corydon dir viel zu lieb?

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3. Du trstest mich in meiner Pein Mit honig-sssen Worten Sprichst: kan ich gleich nicht bey dir seyn Mein Schatz an allen Ohrten / So wil ich doch nach dier mich lencken Ja Tag und Nacht an dich gedencken Das glub’ ich kaum dein Hertzen-Dieb Der Corydon ist dier zu lieb.

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Du schawest mich mit seufftzen an und qulest mir mein Leben / Dieweil ich nicht erlangen kan Was du mir hast gegeben / Dein Hertz das meyn’ ich / mcht’ ichs haben / So knt’ ich meinen unmuth laben / Ach aber nein! Der Hertzen-Dieb Jst Galatheen viel zu lieb.

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Du kssest ihn wol tausend mahl und lssest mich verschmachten / Ach daß du meiner Thrnen Zahl Nicht einmahl kanst betrachten! Hr’ auff mich Armen mehr zu preisen Wo du mir nicht wilst Gnad’ erweisen / Es ist mbsonst: Dein Hertzen-Dieb Der ist dir warlich viel zu lieb.

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Ach Allerschnste sag’ es mir Was du alsdenn gedenckest Wenn Corydon allein bey dir Wenn du mich Armen krnckest Du hertzest ihn in lauter Freuden / Noch sol dich nichts von Daphnis scheiden / Ja wol / wenn dir dein Hertzen-Dieb Der Corydon nicht wr zu lieb.

7. 50

Jch lig’ in Thrnen jmmerlich Das Hertz wil mir zubrechen.

Der Daphnis aus Cimbrien

Ja was ich stets erleid’ mb dich Jst gar nicht auszusprechen / Noch kanst du andern Gunst erzeigen und deine Freundschafft von mir neigen / Das machet bloß dein Hertzen-Dieb Der ist dir warlich viel zu lieb.

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8. Jch will / so lang’ ich reden kan Dein hartes Hertz verklagen / Vielleicht kommt bald mein End’ heran Das Ziel so vieler Plagen / Denn wil ich noch im Grabe schreyen und dir o Galathee drewen Darumb / daß dir dein Hertzen-Dieb Der Corydon war viel zu lieb.

An seine doppel-hertzige Galatheen. ACh Galathe im Fall’ ich dich Verwechseln werd’ und lasse mich Durch Amaryllis nehmen ein / So wil ich nimmer Daphnis seyn.

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Corydon erfrewet sich von Hertzen seiner ­liebsten Schfferin Amaryllis / und wnschet mit ihr sein gantzes Leben zuzubringen. 1.

WJe frlich ist doch Corydon Wenn er mag khnlich sehn Die Amaryllis seine Wonn’ Jn ihrem Httlein stehn Das nur von schlechten Zweigen Jm Wald ist auffgefhrt / So / daß man sich muß neigen Wenn man hinein spatziert.

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2. Hier wil ich dennoch lieber seyn Als’ in der Frsten Saal Wo Silber / Gold und edle Stein’ Herprangen berall / Kan ich nur khnlich schawen Mein’ edle Schfferinn / So darff ich mier getrawen Daß ich der Reichste bin.

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3. Jch achte nicht der edlen Pracht Noch Herren Hffligkeit Das / was mein’ Amaryllis macht Jhr Hirten-Volck erfrewt / Sehr schnell kan sie bezwingen Ein Hertz das sichs ergiebt /

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Sie machet durch ihr singen Die Hirten gantz verliebt.

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Sie ist nach rechter Schffer Ahrt Wie Sylvia geziert / Von Sinnen reich / von Leibe zahrt / Jhr Antlitz triumphirt / Jm Wald’ und auff den Heyden Hlt sie allein den Pracht / Drumb / wo nur Hirten weiden Wird stets an sie gedacht.

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Lufft sie schon hin und treibet aus Die Herd ins grne Graß / Kommt sie den Abend spt zu Hauß’ und ist von Regen naß / So thut sie doch mit lachen Was ihr zu thun gehrt / Ey solte diß nicht machen Ein Hertz schier gar bethrt?

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Jhr reden ist gantz honig-sß Jhr Gang ist lauter Pracht / Schnell wie ein Reh’ hlt sie die Fß’ / Auch alles was sie macht Jhr’ Arbeit / thun und lassen Jst so vollkmlich gut / Daß keiner sie kan hassen Ohn was ein Stoltzer thut.

Der Daphnis aus Cimbrien

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7. Jch wil (O schnste Schfferinn) Jm Hagel / Klt’ und Schnee Mit dir zu weiden lauffen hin / Denn wenn ich dich nur seh’ Jst all mein Leid verschwunden / Ach daß ich bey dir wr’! Hab’ ich nur dich gefunden So traur’ ich gar nicht mehr.

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8. Mein’ Amaryllis gnne mir Zu gehn in dein Gezelt / Weil ber aller Weiber Zier Dein Anblick mir gefelt / Laß mich die Schfflein treiben Mit dir O meine Sonn’ / Alsdenn so wil ich bleiben Dein trewer Corydon.

Allzeit Fer. An die berschne Sylvien. JCh brenn’ O Sylvia so offt ich bey dier stehe / Auch brenn’ ich / wenn ich gleich dich gantz und gar nicht sehe / Wie ist mein lieben doch so unermeßlich ther! Es geh’ auch wie es wil / so leb ich stets im Fer.

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Des wol-geplagten Daphnis Theur-erworbne Liebes-Frchte fr die Augen gestellet Allen ­Ehrliebenden / Auffrichtigen vnd bestndigen Liebhaberen. 1.

Lufft / Himmel / Wolcken / Fewr / Jhr Wlder ungehewr / Du unermeßlichs Meer Jch bitt’ ech / kommet her und schawet mir doch zu Jn meiner Sterbens-Noth / Wie ich gantz ohne Ruh’ Erwarten muß den Todt.

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2. Mein Haar entferbet sich / Mein Blut verlsset mich / Mein Angesicht wird bleich / Mein’ Haut der Aschen gleich / und meiner Augen Liecht Wird tunckel wie die Nacht / So / daß ich sehe nicht Was mir der Nechste macht.

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3. Mein Antlitz wird ein Bach / Der Mund rufft Weh’ und Ach! Jch zittre wie ein Laub / Mein’ Ohren werden taub / und meine Stimm’ ist rauh’ /

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Ach Schrecken nimt mich ein / Drumb alles was ich schaw’ Jst nichts als Angst und Pein.

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Mein gantzer Leib verdirbt / Die Krafft in mier erstirbt / Mein’ Hnde werden lahm Der tapffre Muth wird zahm / Jch kan nicht lnger stehn Die Krffte nehmen ab / Auch mangelts mir am gehn Drumb eil’ ich nur ins Grab.

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Ach! mir ist keine Lust Hinfhro mehr bewust / Zur Wissenschafft und Kunst Trag’ ich gantz keine Gunst: Der Zucker wird mir Gall / Der Wein verwandelt sich / Die andre Speisen all’ Aus Neid ersticken mich.

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Schmuck / Hffligkeit und Zucht Jst gar bey mir verflucht / Ein rauhes Kleid von Haar Bedecket mich schier gar / Jch mag nicht sauber seyn / Drumb aller Zierd’ und Pracht Darinn ich tratt herein Geb’ ich itzt gute Nacht.

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7. Jch weiß von keiner Ruh’ Jch thue kein Auge zu Jch fliehe Tag und Liecht / Gesellschafft lieb’ ich nicht / Jch such’ ein finstres Thal und abgelegnen Grund / Auff daß ich meine Quaal Mach’ allen Felsen kund.

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8. Daß ich so klglich schrey’ und nimmer mich erfrew’ Auch daß mir Speiß’ und Tranck / Schmuck / Hffligkeit / Gesang / Ja Kleider / Kunst und Wein Nur bringen Ach und Weh’ / Ein solches schafft allein Die schnste Galathe.

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Hte dich Fischlein / es ist ein Angel unter der Speise verborgen. An seine Galatheen. EY fragst du denn noch wie dich Daphnis lieb gewonnen Verschmitzte Galathe? Er hat sich nie besonnen / Daß offt durch ssse Speiß’ ein Vglein wird berckt / Jm Fall’ es sonder Furcht die rothen Beerlein pflckt / Er wuste nicht / daß durch so trefflich groß Verlangen Ein Schffer in der Eil so wrd hinweg gefangen /

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Nun merckt er erst die Kunst / spricht: das ist Triegerey / Jst schon die Speise sß / ein Angel ist dabey.

Nur ein kalter Kuß. An die viel-verheissende Galatheen. Nun lern ich Galathe’ erst deine Possen mercken / Von Worten bist du reich / doch trefflich arm von Wercken. Das meiste das du giebst / ist nur ein kalter Kuß / Wol wrdig / da man so viel Angst mb leiden muß!

Nachrede an den großgnstigen Leser.

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FReundlicher und kunstliebender Leser / es hat der Daphnis aus Cimbrien gantz ungern vernommen / daß seine / in der Jugend aus Lust zur edelen Poeterey auffgesetzte Lieder und berschrifften / durch seiner grossen Freunde einen hinter seinen Wissen und Willen zum Drucke sind bergeben / und da sie nunmehr fast gantz verfertiget / jhme erstlich vor die Augen kommen. Dieweil er aber darber sehr vnmuthig worden / habe ich als seiner getreusten Freunde einer dem auffrichtigen Leser dieser Sache wegen dieses weinige berichten wollen. Erstlich / daß diese Erfindungen zum grssern Theil unsers Cimbrischen Daphnis eigen sind / die andern aber aus den trefflichsten Poeten der Griechen / Lateiner / Welschen / Frantzosen vnd Niederlnder genommen und bersetzet. Es hat aber mit solchen anmutigen Erfindungen mehrgedachter Daphnis die Mheseligkeit seiner hhern Studien pflegen zu versssen / und nach dem er auch ein grosser Liebhaber der Music; Als hat er zwar etliche Melodeyen selber gesetzt / dieweil er sich aber vor keinen Componisten ausgibt / werden jhm die Music Verstndigen zu gute halten / im Falle er wider die Gesetze der Mu

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sic etwa gesndiget htte / die weil er niemahls Willens gewesen / solche Sachen offentlich drucken zu lassen / besondern nur vor sich und seine gute Freunde in geheim zu behalten. Etliche der brigen Melodeyen sind von trefflichen Componisten / als dem weitberhmten Herrn Johann Schopen / M. S. S. und andern; Die allermeisten aber von einem nicht unverstndigen Organisten H. P. zu A. wiewol auff der Eil gesetzet / und dieweil sie so schleunig ohne des Cimbrischen Daphnis Wissen und Willen gedrucket / von den Setzern nicht einmahl bersehen / noch da es ntig / verbessert worden: Jst also / dafern einige Mngel in diesen Liedern und Gedichten mchten vorlauffen / solches nicht dem Herrn Daphnis / noch denen / welche die brigen Melodeyen gesetzet / noch auch mir / als der ichs ja so spt als der Daphnis selber erfahren / besondern der Eilfertigkeit desselbigen / welcher es / wiewol nicht bser Meinung / so schleunigst zum Drucke hat bergeben / eintzig vnd allein zu zuschreiben. Jmmittelst kunstliebender Leser / wirstu in diesen Gedichten / so viel ich noch kan urtheilen / gar nichtes finden / das einigen Menschen rgerlich seyn knte / vielmehr wirst du / dafern du diese beyde herrliche Wissenschafften die Poesi nemlich sampt der Music recht liebest / dieses in allen besten verstehen und auff­ nehmen / danebenst meinem grossen Herren und Freunde dem Daphnis aus Cimbrien / der sein Gemthe schon lngst von allen Eitelkeiten zu Betrachtung der Gttlichen und Himlischen Dingen gewandt hat / denn auch dem vortrefflichen Herren Grummer / der diese Theils ntzliche Sachen nicht hat vergraben wollen / und schließlich auch mir / jhrem beyderseits getreusten Diener alle Wolfahrt / Ersprießligkeit und gutes Gedeyen wnschen und gnnen / dich dabenebenst versichert halten / daß ich mein Lebenlang verbleibe / großgnstiger und vielgeliebter Leser Dir auffzuwarten stets willig und bereit. A. von S. ENDE.

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19.7 Schaffhausen 1656: Deß Daphnis auß Cymbrien HirtenLieder vnd Gedichte / Zu Vierstimmen auffgesezet. An Die Allerfortrefflichste / Tugendreicheste und –höchstbegaabete Schfferin Galathea. Gedrukkt im Jahr / 1656.

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Vorrede an den günstigen Music-Liebhabern. GRoßgünstiger und nach stands würde Geehrter ­ Liebhaber der Singkunst: Wie glükseelig diese unsere zeiten seygen in Ausarbeitung allerhand guten künsten und sinnreichen wissenschafften / kan den jenigen nicht unbekannt sein / welcher beobachtet / daß so vil herrliche / nuzbare / und zu ehrlicher ergezung deß gemüts dienliche bcher / so wol in gebundener als ungebundener rede / durch die wundersame / flügelschnelle schreib Kunst / der Trukerey aus der finsternus an das mittagliecht gebracht werden. Vnder diese ergez­ liche Arbeiten knnen billich auch gezlet werden deß Daphnis aus Cimbrien lustbare und zierlich aufgesezte lieder / in welchen die dichter und singkunst also mit einander verschwestert seind daß aus beiden nicht geringe erquikung deß Lesers / sngers und zuhrers erfolgen kan. Dieweil ich nun berichtet worden / daß solche Petische lieder / widerum werden in den Truck verfertiget werden / hat beides die liebe / so ich zu der Edlen Music trage und die unaufhrliche Bitt vornemmer und verstndiger Lieb­habern beider künsten mich beredet / ja gleichsam gezwungen / dise ­Freüd erwekende und liebliche verse mit neüen zu vier stimmen ausgesezten Melodeien zuüberkleiden und auszuarbeiten; doch auf solche weise / daß ich in etlichen die gemeine stimme / weil sie sonsten jederman bekant / habe verbleiben lassen / und die übrigen darzu componieret. Jn aussetzung aber solcher Lieder hab ich mit sonderbarem Fleiß mich dahin bemhet / daß si so wol zu der vocal- als instrumental-Music knten gebrauchet werden. Jnmitelst wolle der Kunst- und Gesangliebende Leser groß günstig wüssen / daß ich gegenwrtige Lieder auf solche form ausgesetzet / nicht zu dem ende hin / daß ich dadurch die erste composition vernichten wollte / sintemal ich einem jeden seinen gebürlichen Rm / so willig als schuldig bin / widerfahren zulassen; vil weniger aber / daß ich wre Willens gewesen / diese ­meine ­Musicalische

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Arbeit aus eigenem Trib durch Offentlichen Truk Allgemein zumachen: Sondern htte Dieselbige nur für mich und meine Geheime und Vertraute Freünde aufbehalten wollen / wann nicht jhr instndiges anhalten mein gefastes Vorhaben ummgestoßen htte. Vnd eben umb diser ursach willen / so hierinn etwann wider die Music gesetze wre gesündiget worden / so mag ich wol leiden / daß dasselbige verbessert werde / wann es nur aus Freünd­lichem Gemt / und nicht aus Gallsüchtigem Hertzen geschihet: dann ich mich für keinen Erfahrnen Musicum ausruffe / weil ich die Gesangkunst nicht in den Schulen / noch von Wolerfahrnen Organisten und Componisten sonder neben meiner Gewonlichen tglicher Handarbeit / zu meiner und meiner Hausgenoßen Ergetzligkeit / so vil Gott mir Gnad verlichen / aus eignem trib und anmutung erlernet und ergriffen habe. Wann ich nun vernemmen werde / daß dise meine Gesang den Kunst Verstndiger Liebhabern der Music nicht mißfallen / so sollen auf das ehiste / als müglich / und Gott mir daß Leben verleichet / meine Geistliche zu 4. Stimmen / umb etwas Musicalischer ausgesetzte Gesnge / von derentwegen ich von vilen Vornemmen Herren angesprochen worden / Deßgleichen die Lobwasserischen Psalmen / zu welchen auch der Franzsische oder Lateinische Text kan gesetzet werden / auch in den Trukk verfertiget werden. Will also keinen zweiffel tragen / es werde diser erster Vortrab meiner herausgegebenen Musicalischen arbeiten / wie er auß bester meinung entstanden / also auch zu beliebter ergezung wolmeinender gemtern aufgenommen werden: bis daß ich ein hhers und mehrers / betreffend / so wol die Kunst-stndigere aussezung / alß Geistlicher texten underlegung / werde mittheilen knnen. Vnderdessen wolle der Gesangliebende diese meine Kleinfge Gesnge nach seinem Belieben zur erlaubten Erlustigung gebrauchen / und mich sambt den meinigen seinen Wolgeneigten Gnsten jederzeit lassen anbefolen sein. Jhn hiemit Gttlichem schirm / zu langwiriger gesundheit und gutem Wolergehen treülich befehlende / verbleibe ich allezeit. Sein dienstergebener

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Kaspar Dietbold. Gegeben in Zürich. den 20. Octobris. 1656. Zusätze 19.7: a) (zwischen „Des wolgeplagten Daphnis Theur erworbne Liebes-­ Frchte“ und „Hte dich Fischlein“): Wann meine Seele nun wird quitt und crperloß / So wnsch ich mir allein / in meiner Liebsten Schoß / Jn ihrer weichen schoß / mein letztes Grab zu haben / Da will ich nchst dem Leib / den kummer auch begraben. b) (nach „Nur ein Kalter Kuß“):

1. Stets lieben und niemaln geniessen / Jst ein rechte hellen pein / Jch mchte doch wol gerne wissen / Was schmertzlicher / als diß / knt sein. Ach / Ach / wie wol ist er daran / Der liebt / und auch geniessen kan! 2. Wenn eine katze nicht darff fangen Die mauß / und muß sie lassen gehn: So ist auch der / so mit verlangen Liebt / und muß nur in hoffnung stehn. Ach / Ach / wie wol ist er daran / Der liebt / und auch geniessen kan! 3. Kein vogel kan in lüfften schweben Wo ihm die lufft nicht athem gibt / So wenig kan ohn hoffnung leben Der jene / so berharrlich liebt. Ach / Ach / wie wol ist er daran / Der liebt / und auch geniessen kan.

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4. Wenn hoffnung mich nicht kan erhalten / Wer hoffnung nicht mein trost in noth / Liebs-kummer machte mir eralten / Ja auch noch vor dem todte tod. Ach / Ach / wie wol ist er daran / Der liebt / und auch geniessen kann. 5. Ob ichs auch gleich jetzund thu wagen Auffs glcke / das doch vilerley / So hab ich doch offt hren sagen / Daß frisch gewagt / gewonnen sey! Ach / ach / wie wol ist der daran / Der liebt / und auch geniessen kan! 6. Nun / es kan sich noch seltzam schicken / Gott weißt / wo mein Gelücke blht. Es kan noch wol ein ding gelücken / Vmb das man sich nicht hat bemüht. Ach / ach / wie wol ist der daran / Der liebt / und auch geniessen kan. 7. Drumb wil ich mich dem glück vertrauen / Vielleicht erscheint mir bald der tag / Der mich lest / was ich wnsche / schauen / Damit ich frlich sagen mag: Ach / ach / wie wol ist der daran / Der liebt / und auch geniessen kan. 8. Kein Cavalier kan sich beklagen Ab einer Damen hrtigkeit / Wann er auß zagheit nicht wil wagen Das / so ihm doch erlaubt die zeit. Wer lieben und verzagt wil seyn / Der stelle nur das lieben eyn.

Der Daphnis aus Cimbrien

9. Denn / welcher schon einmal sein leben Der Venus hat zu dienst gericht / Der muß der zagheit urlaub geben / Die zagheit hilfft zur Liebe nicht. Wer lieben und verzagt wil seyn / Der stelle nur das lieben eyn. 10. Wie der / so einen Apffel schelet / Vnd ihn zu essen nicht begehrt / Also der eine Dame wehlet / Vnd küßt sie nicht / ist ihr nicht werth. Wer lieben und verzagt wil seyn / Der stelle nur das lieben eyn. 11. Also auch / wer umbsonst thut lieben / Vnd hat nicht Gegen-lieb zu lohn: Der thut noch grsser thorheit ben / Als Xerxes und Pygmalion. Wer lieben und verzagt wil seyn / Der stelle nur das lieben eyn. 12. Kein feiger Buhler kan geniessen Den angenehmen Liebes-raub / Wenn er soll eine Dame küssen / So zittert er wie flüchtig laub. Wer lieben und verzagt wil seyn / Der stelle nur das lieben eyn. 13. Denn der sich nichts wil underfangen / Vnd sich nicht in der Liebe bt / Wie solte er doch wol erlangen Die niessung dessen / was er liebt? Wer lieben und verzagt wil seyn / Der stelle nur das lieben eyn.

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14. Der ist ein Cavalier zu schelten / Der Liebes-sachen khnlich wagt / (Denn alle mh geneust man selten) Jhm wird ein Kuß niemaln versagt. Wer lieben vnd verzagt wil seyn / Der stelle nur das lieben eyn. SJe / Liebste / spricht: Jch wil und muß den Liebsten lieben: Jch sprech: Jch wil und kan die Liebste nicht betrben. Sie sagt: mein hchster schatz / der ist und bleibet mein: Jch sage: Liebste / Sie soll stets die Meine seyn.

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JCh sag es frey herauß / der ist nicht wol bey sinnen / und kan nichts thrichters auff dieser welt beginnen / Wenn eine Jungfrau ihn schon einmal hat betrbt / Er ihr doch wieder drauff hertz / lieb und glauben giebt. DAs ist der Zucker-mund / das sind die Perlen-wangen / Der Sonnen-augen-glantz / der Rosen-lippen-safft / Die Marmor-Kügelein / so geben Hertzens-krafft / Nach diesem steht mein hertz mit eyfrigem verlangen. DV wunder-schnes Bild / du Zwingerin des Hertzen / Das du verwundet hast durch deiner Liebe pfeil / Komm mache widerumb auch meine Wunden heil: Jch habe ja von dier bekommen diese schmertzen. 1. BLizet ihr Himmel / schwitzet uns Regen / Machet getmmel / lachet mit sgen Unsere Wlder und Felder doch an / Glimmet ihr Sterne / thauet ihr Lffte /

Der Daphnis aus Cimbrien

Schimmert von ferne / schauet durch klffte / Schauet auff diesen vertunckelten plan. 2. Stuzet ihr Hgel / Truzet ihr Flder / Nehret Geflügel / Ehret die Wlder / Lasset den zwizernden vglen den Lauff: Fliesset ihr quellen / Nasset die matten: Schiesset ihr wllen Fasset den Schatten Schwinget den sprenglichten kiese zu hauff. 3. Singet ihr meister / Klinget ihr hirten / Dichtet ihr geister / Schlichtet von Mirten Grüenende Krnze mit riechender wahr. Grüsset mit küssen / Mehret den Sgen / Süesset mit Schlüssen / Kehret den rgen Guldener zeiten zum Scherzenden pahr. 4. Scherzet zusammen Herzet euch Beide / Trettet die flammen / Rettet die freüde / Bindet die herzen mit scherzendem band. Schinget zu bette / Liebet ohn sorgen / Springet die wette / Vbet bis morgen Frlicher liebe beharrliches pfand.

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Nachwort Editionskriterien Alle Texte werden im Wortlaut der jeweiligen Erstausgabe unter Berücksichtigung der vom Drucker am Ende aufgelisteten Errata wiedergegeben. Es erfolgt lediglich die zusätzliche Korrektur von offenkundigen Druckfehlern, eine Auflösung der drucktechnischen Abkürzungen (Tilden u. ä.) und eine moderate Vereinheitlichung der Schriftgestaltung (z. B. Verzicht auf Unterscheidung zwischen rundem s und Schaft-s, Verzicht auf unterschiedliche Schrift­größen und Hervorhebungen durch Fettdruck). Der Text in deutscher Druckschrift wird recte wiedergegeben, alle Passagen in lateinischer Druckschrift in Kapitälchen. Die Paginierung wird in spitzen Klammern im Text vermerkt, bei Absatzwechsel an die letzte vorhergehende Zeile angefügt. Die unterschiedlichen Formen der Silbentrennung bleiben unberücksichtigt, weil ohnehin eine neue Trennung gewählt werden muss; auch die durch verschiedene Striche markierten Zusammensetzungen von Wörtern werden vereinheitlicht in der modernen Form (-) wiedergegeben. Offensichtliche Auslassungen werden durch die in spitze Klammern gesetzten Ergänzungen korrigiert. Eventuelle andere Korrekturen werden in den Eingriffen der Herausgeber dokumentiert.

Textüberlieferung Musa Teutonica Das Werk erscheint in der Erstausgabe 1634 bei Jakob Rebenlein in Hamburg im Format 8° mit 99 ungezählten Blättern nach dem Titel­ blatt (vgl. Dünnhaupt, S. 3379, 5.1; VD17 23 : 295979A). Das hier verwendete Exemplar ist jenes der Herzog-August-Bibliothek in Wolfen­ büttel.

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Nachwort

Es handelt sich bei diesem Band um die erste Sammlung von Rists Liebeslyrik und Gelegenheitsdichtung, welche streng nach den Regeln von Martin Opitz unterhaltsame Gedichte mit direktem Bezug auf das zeitgenössische Leben enthält. Trotz der Bezeichnung Erster Theil im Titel und der Ankündigung am Ende der Vorrede ist kein weiterer Teil der Sammlung erschienen. Das Werk wird angeblich (vgl. Dünnhaupt, S. 3379, 5.2) im selben Aufbau von Tobias Gundermann in Hamburg 1634 mit dem wortgleichen Titel und nachweislich 1637 mit dem Zusatz Zum andern mahl gedruckt Jn verlegung Tobiae Gundermanns/ Buchhändlers nachgedruckt. Der Nachdruck von 1634 ist laut Dünnhaupt in einem Exemplar der Universitätsbibliothek Kiel überliefert, das aber weder im Katalog noch im VD17 aufzufinden ist. Die mit der Erstausgabe weitgehend seitengleiche Folgeausgabe von 1637 (vgl. Dünnhaupt, S. 3379, 5.3; VD17 3 : 603029Q), der am Schluss fünf Gedichte von Zacharias Lund (Hochzeit-Gedicht; Ein Anders; An die Jungfraw Braut; An die Seine; Ein Traum) beigefügt sind, wird auf der Grundlage des Exemplars der Bayerischen Staatsbibliothek München herange­zogen. Ein Nachdruck mit 103 ungezählten Blättern im Format 8° erscheint in weitgehend seitengleichem Satz 1640 ohne Angabe des Druckorts, der aber Hamburg sein dürfte, mit dem Zusatz Zum Drittenmahl Gedruckt bey Johann Guttwasser/ in Verlegung Tobiae Gundermanns/ Buchführer (vgl. Dünnhaupt, S. 3379, 5.4; VD17 27 : 735003B mit Vermerk 1639 und 1 : 637724S mit Vermerk 1640). Davon wird das Exemplar der Universitätsbibliothek Hamburg verwendet.

Capitan Spavento Es handelt sich bei dem 1635 erstmals erschienenen Werk um die deutsche Versübertragung der Rodomontades espagnolles von ­Jacques Gaultier (Paris 1626), dessen Vorlage Francesco Andreinis Le bravure del Capitan Spavento (Venedig 1607) ist.

Nachwort

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Die erste Ausgabe von Rists Übertragung erscheint mit 23 ungezählten Blättern im Format 8° 1635 im Druck von Heinrich Werner bei Tobias Gundermann in Hamburg (vgl. Dünnhaupt, S. 3380, 7.1; VD17 18 : 721282M). Davon wird das Exemplar der Universitätsbibliothek Hamburg verwendet. Eine zweite Ausgabe wird im selben Aufbau 1636 vom selben Verlag gedruckt von Johann Gutwasser mit dem Vermerk Zum andern mahl gedruckt veröffentlicht (vgl. Dünnhaupt, S. 3380, 7.2; VD17 3 :  603135W). Davon wird das Exemplar der Universitätsbibliothek Halle herangezogen. Die dritte Ausgabe erscheint 1640 mit leicht veränderter Gestaltung im selben Verlag vom selben Drucker mit dem Vermerk Zum Drittenmahl Gedruckt (vgl. Dünnhaupt, S. 3380, 7.3; VD17 23 : 276739M). Davon wird das Exemplar der Bayerischen Staatsbibliothek Mün­­ chen P. o. gall. 1893 verwendet.

Poetischer Lustgarte Von dieser Sammlung erscheint eine einzige Ausgabe, gedruckt von Jakob Rebenlein 1638 in Hamburg im Verlag von Zacharias Härtel d. Ä., im Format 8° mit dem Text auf 168 ungezählten Blättern (vgl. Dünnhaupt S. 3382, 10; VD17 23 : 249076E). Es wird hier das Exem­ plar der Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel verwendet.

Kriegs- und Friedens Spiegel Diese pazifistische Dichtung von 1.440 alexandrinischen Versen erscheint in einer einzigen Ausgabe im Quart-Format mit einem von Johann Koch gestochenem Kupfertitel, 64 ungezählten Blättern Text und einer Seite Errata 1640 in Hamburg, gedruckt von Jakob Rebenlein im Verlag von Zacharias Härtel d. Ä. (vgl. Dünnhaupt S. 383, 13.I; VD17 14 : 005762W). Hier wird das Exemplar der Herzog-­ August-­Bibliothek Wolfenbüttel verwendet.

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Nachwort

Holstein vergiß es nicht Diese kleine Schrift im Umfang von 5 ungezählten Blättern Text erscheint im Anschluss an den Kriegs- und Friedens Spiegel 1640 in Hamburg (vgl. Dünnhaupt S. 3384, 13.II) und sollte nicht verwechselt werden mit Holstein vergiß es nicht Daß ist Kurtze […] Beschreibung Des […] Ungewitters von 1648 (vgl. Dünnhaupt S. 3399; 43). Hier wird ebenfalls das Exemplar der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel verwendet.

Daphnis aus Cimbrien Von dieser Liedersammlung Johann Rists sind acht verschiedene Ausgaben nachweisbar. Die erste (Dünnhaupt 19.1) kommt ohne Angabe des Erscheinungsjahrs, jedoch mit einer auf Lüneburg, den 31. März 1642 datierten Vorrede von Theobald Grummer in Hamburg heraus, zwei weitere ohne Ort und Jahr (19.8 vermutlich 1643 und 19.2 1644), aber ebenfalls mit der Vorrede von 1642, zwei weitere 1646 in Hamburg (19.3 und 19.4), eine sechste in Hamburg 1648 (19.5), eine siebente ohne Ortsangabe 1651 (19.6) und eine achte schließlich 1656 in Schaffhausen (19.7). Johannes Moller erwähnt in Cimbria literata (Kopen­ hagen 1744, 1,551) außerdem zwei Hamburger Drucke von 1644 und 1647 (damit könnten 19.2 und 19.8 gemeint sein) sowie zwei Frank­ furter Ausgaben von 1653 und 1657, die aber sonst nicht nachweisbar sind (vgl. Søren Terkelsen: Astree Siunge Choer. Første Snees 1648. De danske viser med deres tyske forlæg af Gabriel Voigtländer og ­Johann Rist. Neumünster: Wachholtz 1976, darin: Zur Druckgeschichte von Rists ‚Galathee‘, S. 132–136). Dass die erste Ausgabe noch 1642 und trotz der Angaben in der Vorrede durchaus nicht gegen den Willen des Autors erscheint, geht aus einem Brief Rists an Philipp von Zesen vom 4. April dieses Jahres hervor, in dem er sich erkundigt, „ob meine Galathea an das helle Tageslicht zu führen der Anfang sei gemacht worden, bitte freund-

Nachwort

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lich, da deme also, mir eine kleine Probe deswegen zu schicken.“ (Karl Dissel: Philipp von Zesen und die Deutschgesinnte Genossenschaft. Progr. Hamburg 1890, S. 53) Auch die Existenz des Hamburger Drucks von 1644, den Moller erwähnt, ist durch einen Brief Rists an Zesen vom 22. Juli 1644 gesichert, in dem er über den Drucker und Verleger Jacob Rebenlein schreibt: „Er hat meine Galathea […] zum andern Mal aufgeleget und sehr viel, 200 Exemplar gedrucket.“ (Dissel, S. 54f.) Hier handelt es sich entweder um eine der vielen, im Folgenden aufgeführten Ausfertigungen der Erstausgabe oder um die undatierte Ausgabe 19.2. Oskar Kern erwähnt in seinem Buch Johann Rist als weltlicher Lyriker (Marburg 1919, S. 80) nur vier verschiedene Ausfertigungen der Erstausgabe, während die Zahl tatsächlich mehr als doppelt so hoch ist. Rebenlein muss die Sammlung in kurzen Abständen immer wieder neu haben setzen lassen. Wie Rists Brief an Zesen zeigt, sind die Auflagenhöhen für die damalige Zeit offensichtlich ungewöhnlich gewesen. Das zeigt sich auch an dem immer blasser werdenden Titelkupfer. Nach sieben Auflagen (19.1.1–19.1.6, 19.1.10) war es so schlecht, dass es durch ein neues ersetzt werden musste; die Gesamtzahl der Drucke dürfte bis dahin bei etwa 1000 gelegen haben. Diese Daten sind ein deutlicher Beleg für die Beliebtheit der Sammlung. Dass sich dennoch nur wenige Exemplare der verschiedenen Drucke erhalten haben, widerspricht dieser Annahme nicht, denn unter den Druckerzeugnissen des 17. Jahrhunderts sind vielfach gerade diejenigen besonders spärlich überliefert, die für die Zeitgenossen den höchsten Gebrauchswert besessen haben, wie Gesangbücher, Katechismen oder Gelegenheitsgedichte. Die Drucke der Erstauflage sind seitengleich und, mit einer Ausnahme (19.1.10), in direkter Linie voneinander abhängig; jeder neue Druck ist nach einem Exemplar des vorhergehenden hergestellt worden. Die Zahl der Textfehler nimmt daher ständig zu. Bibliographisch sind diese Drucke nicht zu unterscheiden; daher werden im Folgenden jeweils typische Druckfehler genannt. 19.1.1 Des DAPHNJS aus Cimbrien GALATHEE. HAMBURG. Bey Jacob Rebenlein. [Kupfertitel, signiert D. D. S. = Dirk Dirick(sen)

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Nachwort

Sculpsit] 8° : A–L 8, M 4. – Die Ausgabe enthält 40 Lieder, deren Noten (Diskant und Bass) in der Regel eine linke Blattseite füllen. Da die Lieder selbst von wechselnder Länge sind, ist der verbleibende Raum vielfach mit epigrammatischen Gedichten gefüllt, die meist inhaltlich zum vorhergehenden Lied passen, was für Rists direkte Beteiligung am Zustandekommen des Drucks spricht. Vor den Liedern stehen eine Widmung der Sammlung an Galathee und die erwähnte Vorrede Grummers; am Schluss folgen ein mit „A. von S.“ gezeichnetes kurzes Nachwort und eine Errataliste. Aus diesem Nachwort geht hervor, dass jeweils einige der Melodien von Rist selbst, dem Hamburger Ratsmusikus Johann Schop (mit seinen Initialen sind Nr. 13–15 und 22 gekennzeichnet), und anderen stammen, „die aller­ meisten aber von einem nicht unverständigen Organisten H. P. zu A.“ [= Hinrich Pape zu Altona]. Vgl. Wilhelm Krabbe: Johann Rist und das deutsche Lied. Diss. Berlin 1910, S. 146–154. – Kennzeichen dieses Drucks: A 3 v, Z. 22 bleiben (falsch 19.1.2–19.1.6 lieben, 19.1.7 liben); D 1, Z. 1 Nichtes (19.1.2–19.1.10 Nichts); J 2 v, Z. 10 schawe (richtig 19.1.2–19.1.6 schau; 19.1.7–19.1.10 schauw); J 6 v, Z. 19 aist (19.1.2–19.1.10 bist). Dass es sich um den Erstdruck handelt, geht aus der Errataliste hervor; die dort verzeichneten Fehler J 2 v, Z. 10 und J 6 v, Z. 19 finden sich nur hier. – Das Exemplar der LB Fulda Cb 827/10 bildet daher die Grundlage der hier abgedruckten Ausgabe. 19.1.2 wie 19.1.1. – Kennzeichen: A 5, Z. 19 Unmüglichkeit (19.1.1 unmüglichkeit; 19.1.3–19.1.10 Unmügligkeit); G 6 v, Z. 18 nu (19.1.1, 19.1.3–19.1.10 nun). Varianten von 19.1.2, die von 19.1.3–19.1.10 übernommen werden: A 5, Z. 11 Beyfal (19.1.1 Beyfall); B 8, Z. 2 ihren (richtig 19.1.1 ihrem); F 4 v, Z. 9 Da (richtig 19.1.1 Das); außerdem die weitgehend, aber nicht konsequent durchgeführte Modernisierung der Schreibweise von -au- und -eu-. – Exemplare: HAAB Weimar, 14,6 : 9a (= VD17 32 : 675143U) und 14,6 : 9h (= VD17 32 : 675135C); Yale University Library, Slg. Faber du Faur 386. 19.1.3 wie 19.1.1. – Kennzeichen: A 2, Z. 6 Hitten-Lieder (19.1.1–19.1.2, 19.1.4–19.1.10 Hirten-Lieder); A 5 v, Z. 21 micht (19.1.1–19.1.2, 19.1.4– 19.1.10 nicht); F 6 v, Z. 11 Eezeig (richtig 19.1.1–19.1.2 Erzeig, falsch

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19.1.4–19.1.10 Erzeige). – Varianten von 19.1.3, die von 19.1.4–19.1.10 übernommen werden: A 2, Z. 8 Den Daphnis (richtig 19.1.1–19.1.2, 19.1.9 Der Daphnis); A 7, Z. 5f. dem … Leser / die (19.1.1–19.1.2 dem … Lesern / die; 19.1.3 korrigiert an der falschen Stelle); G 8 v, nach Z. 10 Ausfall eines Verses; nur von 19.1.10 ergänzt, jedoch falsch; H 8, Z. 11 dein Grab (richtig 19.1.1–19.1.2 sein Grab). – Exemplar: HAB Wolfenbüttel H:P 1634.8° Helmst.(4) (= VD17 23 : 621321T). 19.1.4 wie 19.1.1. – Kennzeichen: A 2 v, Z. 2 JJr (19.1.1–19.1.3, 19.1.5– 19.1.10 Jhr); B 7, Z. 21 die zittren (richtig 19.1.1–19.1.3 die zu zittren; falsch 19.1.5–19.1.10 die sich zittrend). – Varianten von 19.1.4, die von 19.1.5–19.1.10 übernommen werden: A 3 v, Z. 6 wolten (richtig 19.1.1–19.1.3 wolte); A 6 v, Z. 10 ehrenverleßlich (richtig 19.1.1–19.1.3 ehrenverletzlich); B 7, Z. 6f. jemand . . . Die (richtig 19.1.1–19.1.3 jemand … Der); E 8, Z. 2–4 An seine … Amaryllis / ihre Schäfflein hatte getrieben (richtig 19.1.1–19.1.3 Als seine … Amaryllis / ihre Schäfflein hatte getrieben; falsch 19.1.7–19.1.9 An seine … Amaryllis / als sie ihre Schäfflein hatte getrieben). – Exemplare: Stiftung Preußischer Kulturbesitz Berlin Yi 1042; LB Kiel Lr 43. 19.1.5 wie 19.1.1. – Kennzeichen: B 1, Z. 9 hochgliebten (19.1.1– 19.1.4, 19.1.6–19.1.10 hochgeliebten); B 3, Z. 7 Dinst’ (19.1.1–19.1.4, 19.1.6–19.1.10 Dienst’); C 6 Ausfall der 1. Zeile des Titels (Myrtillo KlageLied). – Varianten von 19.1.5, die von 19.1.6–19.1.10 übernommen werden: A 7 v, Z. 17 Poesey (19.1.1–19.1.4 Poesy); C 8, Z. 18 Den ich (richtig 19.1.1–19.1.4 Denn dich; falsch 19.1.6–19.1.10 Denn ich); F 4 v, Z. 10 ich ihr (richtig 19.1.1–19.1.4 ich bey ihr); H 4, Z. 12 in grüner (richtig 19.1.1–19.1.4 in der grünen); H 4, Z. 27 wünschen (richtig 19.1.1–19.1.4 finden). – Exemplar: Königl. Bibliothek Kopenhagen Helmst. 2019-8°. 19.1.6 wie 19.1.1, Kupfertitel blass, mit nur in Spuren erkenn­barer ­Signatur. – Kennzeichen: A 6 v, Z. 23 nich (19.1.1–19.1.5, 19.1.7–19.1.10 nicht); F 8, Z. 19 Dito (richtig 19.1.1–19.1.5, 19.1.7–19.1.10 Dido); K 5, Z. 3 Weiter (richtig 19.1.1–19.1.5, 19.1.7–19.1.10 Wetter). – Varian­ ten von 19.1.6, die von 19.1.7–19.1.10 übernommen werden: A 4, Z. 2 tödtlich (richtig 19.1.1–19.1.5 tödtliche); B 4 v, Z. 24 Wie köndt ich dein denn (richtig 19.1.1–19.1.5 Wie könt ich dein denn seyn;

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Nachwort

19.1.7–19.1.10 Wie könne ich denn dein); K 4 v, Z. 11 gerne (richtig 19.1.1–19.1.5 fühlen); L 7 v Neid e sticken (richtig 19.1.1–19.1.5 Neid ersticken; 19.1.7–19.1.10 Neide sticken). – Exemplar: British Library London, Hirsch III. 1046. 19.1.7 Wortlaut des Titels wie 19.1.1, Kupferplatte jedoch neu gestochen und nicht signiert. – Kennzeichen: A 3 v, Z. 20 Dorge (19.1.1– 19.1.5, 19.1.8–19.1.10 Sorge); A 3 v, Z. 22 liben (richtig 19.1.1 bleiben, falsch 19.1.2–19.1.6, 19.1.8–19.1.10 lieben); B 3, Z. 24 nit (richtig 19.1.1–19.1.6, 19.1.10 nie, falsch 19.1.8–19.1.9 nicht). – Varianten von 19.1.7, die von 19.1.8-19.1.9 übernommen werden: B 3, Z. 22 dir wird (richtig 19.1.1–19.1.6, 19.1.10 die wird); C 6 v, Z. 23 Nur (richtig 19.1.1– 19.1.6, 19.1.10 Nun); J 5, Z. 17 bald aus bald ein (richtig 19.1.1–19.1.6, 19.1.10 bald ein bald aus). – Exemplare: HAAB Weimar 1 in 14,6 : 9a; Königl. Bibliothek den Haag, 8 B 2. 19.1.8 wie 19.1.7. – Kennzeichen: B 8, Z. 13 Dahnis (19.1.1–19.1.7, 19.1.9–19.1.10 Daphnis); C 8 v, Z. 7 Sylva (19.1.1–19.1.7, 19.1.9–19.1.10 Sylvia); E 1, Z. 29 ein (richtig 19.1.1–19.1.7, 19.1.10 einst; 19.1.9 eins); H 5, Z. 16 Leib (19.1.1–19.1.7, 19.1.9–19.1.10 Lieb); L 5 v, Z. 13 des Abend (richtig 19.1.1–19.1.7, 19.1.10 den Abend; 19.1.9 deß Abends). – Varianten von 19.1.8, die in 19.1.9 übernommen werden: B 6, Z. 5 beweisen (19.1.1–19.1.7, 19.1.10 erweisen); E 1, Z. 22 fleucht (richtig 19.1.1–19.1.7, 19.1.10 fleugt); H 6, Z. 20 Dein (richtig 19.1.1–19.1.7, 19.1.10 Den); L 1 v, Z. 26 Oder der (19.1.1–19.1.7, 19.1.10 Oder); L 5 v, Z. 2 Hertzen (richtig 19.1.1–19.1.7, 19.1.10 Hirten). – Exemplar: Stiftung Preußischer Kulturbesitz Berlin, 1 an Yi 1131 (= VD17 1 : 635237L). 19.1.9 wie 19.1.7. – Kennzeichen: A 2, Z. 1 Alle vortrefflichsten (richtig 19.1.1–19.1.8, 19.1.10 Allervortrefflichsten); A 2 v, Z. 16 wenich (richtig 19.1.1–19.1.8, 19.1.10 wenig); A 3 v, Z. 13 Furchterwercke (richtig 19.1.1–19.1.7, 19.1.10 Furcht erweckte; falsch 19.1.8 Furchterweckte); B 2 v, Z. 2 dir (19.1.1-19.1.8, 19.1.10 ihr); L 7, Z. 8 unermeßlichst (richtig 19.1.1–19.1.6, 19.1.10 unermeßlichs; falsch 19.1.7–19.1.8 untermeßlichs). – Exemplare: SUB Göttingen, 8° Poet. Germ. II 7268 (= ­­VD17 7 : 685772S); LB Hannover, an K-A/286. 19.1.10 wie 19.1.1, Kupfertitel sehr blass, mit kaum noch erkenn­barer Signatur. – Kennzeichen dieses Drucks ist, dass zum ersten Mal,

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aller­dings mit einigen Ausnahmen, die Korrekturen der Errataliste in den Text übernommen werden. Eigene neue Fehler: A 5 v, Z. 11 werde (19.1.1–19.1.9 were); A 7 v, Z. 11 werdet / werde (19.1.1–19.1.9 werden / werdet; 19.1.10 bringt im 1. Wort einen neuen Fehler, im 2. eine Korrektur nach der Errataliste); E 3 v, Z. 4 Bonefont (19.1.1–19.1.9 Bonefon); H 6, Z. 12 Ja (19.1.1–19.1.9 Da); J 2 v, Z. 13 Auch (19.1.1–19.1.9 Ach). 19.1.10 ergänzt den in 19.1.3 auf Bl. G 8 v nach Z. 10 ausgefallenen Vers als uns einander manchesmahl. – Druckvorlage: 19.1.6. – Exemplar: BSB München, Mus. pr. 77a. 19.2 Des DAPHNJS| aus Cimbrien| GALATHEE. [Ohne Impressum; Kupfertitel unsigniert]. O. O., o. J. [1644]. 8°: A–L 8, M 7. Der Druck bringt die Noten in größerem Druck als 19.1; sie füllen daher jeweils mehr als eine Seite. Der Text entspricht 19.1, erscheint aber auf leicht modifiziertem Seitenspiegel. Die Druckvorlage ist 19.1.10, was aus der Übernahme der Korrekturen und der Fehler zu erschließen ist. Die überflüssig gewordene Errataliste ist weggelassen. – Exemplare: Stiftung Preußischer Kulturbesitz Berlin, Yi 1048 R; SUB Frankfurt a. M., Bibl. Hirzel, 111; UB Leipzig, B.S.T. 8° 586 (= VD17 15 : 728871L); BSB München, Mus. Pr. 77 a (= VD17 1 :  635187N); Königl. Bibliothek Stockholm; UB Uppsala, Litt. Tysk. 19.3 Des Daphnis| auß Cimbrien| Galathee.| Gedruckt im Jahr/ 1646. O. O. [Hamburg: Jacob Rebenlein] 8°: A–H 8, G 7. – Der Druck hat keinen Kupfertitel; er bringt nur die Lieder mit ihren Noten (in kleinerem Druck als 19.1); die Epigramme (mit Ausnahme der letzten beiden), Vorrede und Nachwort sind weggelassen. Obwohl der Text offenbar durchgesehen ist, scheint es sich um eine billigere Ausgabe zu handeln. – Exemplar: Stiftung Preußischer Kulturbesitz Berlin, Yi 1056 R (= VD17 1 : 635192F). 19.4 Des| Daphnis| auß Cimbrien| Galathee.| Hamburg| Bey Jacob Rebenlein/ 1646. 8°: A–H 8, G 7. – Dieser Druck ist bis auf das Titel­ blatt mit 19.3 identisch. – Exemplar: Staatsbibliothek der Stiftung Preußischer Kulturbesitz Berlin, Yi 1051 R (= VD17 1 : 635190R). 19.5 Deß| Daphnis auß| Cimbrien| HirtenLieder und Gedichte/| An| Die Allervortrefflichste/ Tugendreiche-|ste und -höchstbegabte|

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Schäfferin| Galathea. | Gedruckt im Jahr/ 1648. O. O. [Hamburg] 8°: A–K 8, L 4. – Der Druck hat keinen Kupfertitel; er bringt den Textbestand von 19.1, mit der unverändert auf 1642 datierten Vorrede, jedoch ohne Nachwort und Errataliste. Die Noten haben die gleiche Größe wie in 19.3 und 19.4. Druckvorlage ist 19.1.10, was aus der Übernahme der Korrekturen und der Fehler hervorgeht. – Exemplare: Königl. Bibliothek Stockholm; Königl. Bibliothek Kopenhagen, 54-245-Bo; laut Dünnhaupt auch UB Münster und UB Krakau, aber nicht im Katalog; Microfiche HAB Wolfenbüttel. 19.6 Des Daphnis auß Cimbrien| Galathee.| Gedruckt im Jahr 1651. Nur bibliographischer Nachweis eines Exemplars in Privatbesitz, laut Dünnhaupt, S. 3391. 19.7 Deß| Daphnis auß| Cymbrien| HirtenLieder vnd Gedichte/ Zu Vierstimmen auffgesezet.| An| Die Allerfortrefflichste/ Tugend­­­ rei-|cheste und -höchstbegaabete| Schäfferin| Galathea.| Gedrukkt im Jahr/ 1656. [Auf dem Kupfertitel: SCHAFFHAUSEN bey Kaspar Suter. 1656.] 8°: KT, 3 BI., A 2–7, B–N 8. –Vor der Vorrede von 1642 steht noch eine Vorrede von Kaspar Dietbold, der die neuen Stimmen hinzugefügt hat, datiert: Zürich, 20. 3. 1656. In dieser Ausgabe ist die Anordnung der Gedichte bzw. des Textes fallweise leicht verschoben, um den vier Musikstimmen auf den einzelnen Seiten Platz zu machen; drei zusätzliche Gedichte am Ende. Nachwort und Errataliste fehlen. – Exemplar: Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Yi 1066 R; BSB München Mus. pr. 496 (= VD17 1 : 635198B). 19.8 Der Allervortrefflich-|sten Tugendreichesten und| Höchstbe­ gabten Schä-|ferinn| Galatheen| übersendet d ­ iese seine| Hirten-Lieder vnd Ge-|dichte| Der Daphnis aus| Cimbrien. O. O., o. J. [~1643]. Nachwort und ­Errataliste ­fehlen.  – Exemplar: HAB Wolfenbüttel 569.7 Quod. (3) (= VD17 23 :279623S).

Varianten und Eingriffe der Herausgeber In diesem Verzeichnis werden Auslassungen und Hinzufügungen innerhalb des Textes, alle den Aufbau des Werkes sowie alle möglicher Weise den Sinn des Textes verändernde Abweichungen zwischen den einzelnen Ausgaben mit Seiten- und Zeilenverweis dokumentiert. Nicht aufgenommen werden daher offenkundige Druckfehler, die üblichen Varianten in der Orthographie (z. B. zwischen doppeltem s und scharfem s, doppelten Konsonanten und Verwendung bzw. Position von stummen h), in den Reklamanten, im Seitenumbruch oder in der Schriftgestaltung. Sehr wohl aufgenommen werden Abweichungen in der Morphologie (z. B. mssen – msten) und in der Zeichensetzung, die durch einen anderen Aufbau des Satzes andere Interpretationen des Textes erlauben könnten.

Musa Teutonica Varianten 5.1 = 1634, 5.3 = 1637, 5.4 = 1640  5  6  7  9 10 12 15

21  mssen]  msten 5.3, 5.4. 9  der]  den 5.3, 5.4. 9  Sprache]  Sprachen 5.4. 11  keinen]  keiner 5.3, 5.4. 24  nennen]  nehmen 5.1. 5  Prosopopæjen]  Prosopopælen 5.4. 5  Thorheit]  Thorheit/ 5.3, 5.4. 2  zurissen]  zerrissen 5.3, 5.4. 13  von]  vnd 5.3, 5.4. 9  weites]  weiters 5.4. 26f.  hochgelahrte/ vnnd hochverstndige]  Hochgelahrte verstndige 5.4. 16 23  E. W. H. E.]  E. W. H. D. 5.4. 17 23  perseverez]  persequerez 5.3, 5.4.

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Varianten und Eingriffe der Herausgeber

19 10  zubersten]  zerbersten 5.3, 5.4. 21 19  Vin’ specimen profatus]  Vin’ specimen mei profatus 5.3, 5.4. 22 36  Oris]  Ortis 5.4. 23 38  nur]  nun 5.3, 5.4. 50  ob er]  oder 5.3. 25 47  vor]  für 5.3, 5.4. 28 27  fest]  fast 5.1, 5.3. 30 22  mit]  in 5.4. 32 20  Den]  Denn 5.1. 36 48  vnten]  vnter 5.3, 5.4. 53  Den]  Denn 5.1. 41 80  Navarr’]  Novarr’ 5.1. 42 107  geigt]  gieng 5.3, 5.4. 45 61  mich]  auch 5.3, 5.4. 46 83  Kamen]  Kam 5.3, 5.4. 53 96  last]  laß 5.4. 58 144   befreit]  gefreit 5.4. 61 21  vor]  fr 5.3, 5.4. 62 25  nur]  nun 5.3, 5.4. 29  vor]  fr 5.3, 5.4. 63 62  Davor]  Dafr 5.3, 5.4. 65 32  den Bergen]  dem Berge 5.3, 5.4. 66 78  so]  gar 5.4. 91  lid]  leid 5.3, 5.4. 69 180  zubrich]  zerbrich 5.3, 5.4. 181  bist]  hast 5.3, 5.4. 71 28  bewandt]  bekandt 5.4. 76 69  lebte]  lebet 5.3, 5.4. 79 72  zubricht]  zerbricht 5.3, 5.4. 81 10  zubricht]  zerbricht 5.3, 5.4. 11  zubrochen]  zerbrochen 5.3, 5.4. 82 Die Todte]  Der Todt 5.3, 5.4. 84 30  vor]  fr 5.3, 5.4. 53  vor]  fr 5.3, 5.4.

Varianten und Eingriffe der Herausgeber

 85  87  88  90  92  93  95  96  99 101

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59  außvorsehn]  außversehn 5.3, 5.4. 69  wann]  man 5.3, 5.4. 6 dein] ein 5.3, 5.4. 19  vor]  fr 5.3, 5.4. 22  vor]  fr 5.3, 5.4. 15  kont’]  knt’ 5.4. 37  Fackeln]  Falcken 5.1, 5.3. 56  wust]  wst 5.4. 22  nur]  mir 5.3, 5.4. 10  wurden]  wrden 5.3, 5.4. 3  mit]  bey 5.3, 5.4. 16  zureissen]  zerreissen 5.3, 5.4. 48  Vor Gott/ vors Vatterlandt]  Fr GOtt/ frs Vaterlandt 5.3, 5.4. 102 66  zubrechen]  zerbrechen 5.3, 5.4. 74  vor]  fr 5.3, 5.4. 105 32  vor]  fr 5.3, 5.4. 41  die]  der 5.4. 109 3  die]  der 5.3, 5.4. 12  zubricht]  zerbricht 5.3, 5.4. 110 45  vor]  fr 5.3, 5.4. 45  lange]  langer 5.4. 112 38  krtzer]  kurtzer 5.3, 5.4. 113 12  Zeuch]  Zeucht 5.3, 5.4. 114 22  vor]  fr 5.4. 32  nur]  nun 5.3, 5.4. 38  Den]  Denn 5.1. 115 43  mir]  nur 5.4. 122 vberschicket]  bergeschicket 5.3, 5.4. 127 Pedanten]  Pedanten. B. G. R. J. 5.3; Pedanten. J. S. V. V. 5.4. 136 105  Ja]  Jn 5.4. 137 137  zubrechen]  zerbrechen 5.3, 5.4. 138 172  Den]  Denn 5.3, 5.4. 180  zubricht]  zerbricht 5.3, 5.4.

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Varianten und Eingriffe der Herausgeber

147 31  Simois]  Simonis 5.3, 5.4. 42  So lang das lieben whrt/]  Dieser Vers fehlt in 5.3, 5.4. 148 6  sie]  sich 5.4. 152   Durchleuchtigen]  Durchleutigen 5.1. 153 48  vor]  fr 5.3, 5.4. 156 12  vor]  fr 5.3, 5.4. 157 26  vor]  fr 5.3, 5.4. 160 2  vor]  fr 5.3, 5.4. 161 23  zuspringen]  zerspringen 5.3, 5.4. 163 7  liechte]  leichte 5.3, 5.4. 10  zubrochen]  zerbrochen 5.3, 5.4. 18  zutretten]  zertretten 5.3, 5.4. 19  vermodert]  vermordet 5.4. 164   vberschne]  schne 5.3, 5.4. 167 5  erhht]  erhrt 5.3, 5.4. 168 21  Nur]  Nun 5.4. Eingriffe  64 20  den]  denn 27. 102 66  Den]  Denn 2. 170 13  fest]  fast 3.

Capitan Spavento Varianten 7.1 = 1635, 7.2 = 1636, 7.3 = 1640 175   rodomantades]  rodomontades 7.2, 7.3. 177 1  Fabules]  Fabulas 7.2, 7.3. 26  verachten]  verrahten 7.2, 7.3. 30  redomantades]  rodomontades 7.2, 7.3. 180 27  Januarij]  Julij 7.1. 181 17  ἐυΦημίαϛ ἕνεκα]  Favoris gratiâ 7.3. 185 72  nur]  nun 7.2, 7.3.

Varianten und Eingriffe der Herausgeber

186 192 193 194 195 196 197 211

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112  schrien]  schrey 7.1. 272  Nein/ nein/ man]  Nein/ mein/ mein 7.1. 280  einst]  must 7.1. 293  die]  ein 7.2, 7.3. 315  mein]  ein 7.1. 336  er]  sie 7.1. 368  Auch]  Die 7.2, 7.3. 385  wird’]  mcht 7.2, 7.3. 396  nah]  nach 7.1. 410  an]  ohn 7.2, 7.3. 415  Drumb]  Dann 7.2, 7.3. 803  sie]  sie sich 7.2, 7.3.

Keine Eingriffe.

Poetischer Lustgarte Eingriffe 396 174  Den]  Denn 20. 401 65  Pylades]  Pistades 7. 451 2  den]  denn 23. 452 47  HErr]  JErr 22.

Kriegs- und Friedensspiegel Eingriffe 507 64  den]  denn Vers 65. 512 241  den]  denn Vers 241. 536 1076  Den]  Denn Vers 1076. 538 1132  Den]  Denn Vers 1132. 554 27  Norolingen] Laut Errata wohl wegen der Silbenzahl im Text korrigiert; auf diese Stelle der Erläuterungen beziehen sich die Errata nicht, aber der Verweis kann nur so lauten,

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Varianten und Eingriffe der Herausgeber

obwohl natürlich Nördlingen gemeint ist. Kommentar Versu 394. 556 16  Schlacht]  Schlafft Kommentar Versu 461.

Holstein vergiß es nicht Eingriffe 584 13  wind]  wird 25. 589 15  werden]  worden 8. 20  ehe]  ehr 13. 27  wollen]  willen 19.

Daphnis Varianten Zu den Nummern der Ausgaben 19.1–19.8 s. Nachwort. 593   seine/ vor vielen Jahren verfertigte Hirten-Lieder] seine Hirten-Lieder 19.8.   Der]  Den 19.2, 19.5. 594   Vorrede an die guthertzigen Leser]  Vorrede 19.8. 33  bleiben]  lieben 19.2, 19.5, 19.7. 595 13f.  worden/ denn]  worden? Denn 19.8. 22  mge;] mge! 19.8. 597 10  es]  jetz 19.7. 21  eingesogen]  eingezogen 19.2. 599 17–19  Ort und Datum fehlen in 19.8. 601 15  ich dich nicht]  ich nicht mehr 19.2. 604   Dieses Epigramm fehlt in 19.3 und 19.4. 607 48  knt ich dein denn]  knne ich denn dein 19.2.

Varianten und Eingriffe der Herausgeber

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608   Dieses Epigramm fehlt in 19.3 und 19.4.   Dieses Epigramm fehlt in 19.3 und 19.4. 610 14  Daß]  Da 19.2, 19.5, 19.7. 23  dier]  der 19.2. 611 45  deiner]  jhrer 19.3, 19.4. 613   Dieses Epigramm fehlt in 19.3 und 19.4. 2  die zu zittren]  die sich zittrend 19.2; die zittren 19.5; die sich zittren 19.7; die zu zittern 19.8. 614   liebsten]  lieben 19.2, 19,5, 19.7. 616 55  Wie ich an]  Wie an 19.2, 19.5; Wie dann an 19.7. 56  jennem]  eim 19.5. 617   Dieses Epigramm fehlt in 19.3 und 19.4. 4  hinlufft]  einlufft 19.2, 19.5, 19.7, 19.8. 619 11  zur jeden]  zu jeder 19.3, 19.4. 620 37  finstrer]  finster 19.8. 620f.   Dieses Epigramm fehlt in 19.3 und 19.4. 620 5  Wil]  Weil 19.2. 623 27  doch]  dich 19.2. 35  leben]  lieben 19.7. 40  sag’ ich in]  sag’ in 19.5. 624   Dieses Epigramm fehlt in 19.3 und 19.4. 7  die]  ein 19.2. 11  grssre]  grosse 19.5.   Dieses Epigramm fehlt in 19.3 und 19.4. 626 8  tglich]  stetig 19.8. 9  Wiesen]  Weisen 19.2. 18  Von]  Ohn 19.8. 627 23  Bereit]  Breit 19.3, 19.4. 27  gar]  sonst 19.2.

778

Varianten und Eingriffe der Herausgeber

628   Dieses Epigramm fehlt in 19.3 und 19.4. 630 12  zu]  so 19.7. 15  dich]  ich 19.2. 632   Dieses Epigramm fehlt in 19.3 und 19.4. 634 8  verderbet]  verfret 19.8. 636 63  sein]  ein 19.2. 637 102  lassen]  hassen 19.3, 19.4, 19.8. 639 19  sey]  ist 19.8. 641 56  Dieweil ich leb’ allhier]  Bestndig fr und fr 19.5; Bestndig für und für 19.7; Bestendig fr und fr 19.8. 643 1  sol]  sol ich 19.2, 19.5. 12  ihr]  dier 19.2, 19,5, 19.7; dir 19.8. 645 63  wie ich]  wie ihr 19.2. 647 21  mag]  mochte 19.7. 651 61  daß]  doch 19.2. 653   Aus]  An 19.7.   Bonefon]  Bonefont 19.2. 655 In 19.3. und 19.4 sind die Verse 6 und 7 jeder Strophe dieses Gedichts in einer Zeile. 656 20  schwingen]  zwingen 19.2. 657   Dieses Epigramm fehlt in 19.3 und 19.4. 660   Als]  An 19.2. 661 28  schaw’ ich dennoch]  schau’ dennoch 19.2. 662 47  mein]  mich 19.3, 19.4.   Dieses Epigramm fehlt in 19.3 und 19.4. 664 6  dir]  der 19.5. 665 24  wer]  wird 19.5. 37  allen Schfferinnen ein Zier]  allen Schfferinnen eine Zier 19.2; aller Schfferinnen Zier 19.3, 19.4. 668 28  Das]  Da 19.2, 19.5. 669 52  Lebe]  Liebe 19.3, 19.4.

Varianten und Eingriffe der Herausgeber

779

670   Dieses Epigramm fehlt in 19.3 und 19.4. 671 3  Mein]  Sein 19.5. 3  lieben]  küssen 19.5, 19.7. 4  kssen]  lieben 19.5, 19.7. 673   Dieses Epigramm fehlt in 19.3 und 19.4. 674 5  Dah]  Daß 19.7. 9  Dich]  Die 19.8. 676 41  knlich]  kndlich 19.8.   Dieses Epigramm fehlt in 19.3 und 19.4. 679   Dieses Epigramm fehlt in 19.3 und 19.4. 681 7  erhalten]  erretten ab 19.1.2. 8  nhrest]  mehrest 19.2, 19.5, 19.8. 683   Dieses Epigramm fehlt in 19.3 und 19.4. 685 20  pflag]  pfleg 19.2, 19.3, 19.4, 19.5, 19.8. 686   Dieses Epigramm fehlt in 19.3 und 19.4. 2  Tugend]  Jugend 19.2, 19.7. 7  Es]  Er 19.2, 19.5. 687 3  Meines]  Jn eins 19.8. 689 20  sich mein iunges Hertze]  mein junges Hertz sich 19.3, 19.4; ich mein junges ­Hertze 19.5. 21  Drumb]  Darumb 19.7. 21  dich nur]  dich 19.3, 19.4, 19.5, 19.7. 28  Mehr den hundert tausend mal]  uns einander manches­mahl 19.2; der Vers fehlt in 19.5; Mich erfreutest denn zumahl 19.7. 690   Dieses Epigramm fehlt in 19.3 und 19.4. 692 8  ja]  wie 19.3, 19.4. 693   Dieses Epigramm fehlt in 19.3 und 19.4.

780 695 696 697 698 699 700 701 703 705 707 708 711 712 713 715 716 718

Varianten und Eingriffe der Herausgeber

2  herein]  ein 19.3, 19.4. 6  priese]  preise 19.5, 19.7. 24  finden]  wnschen 19.2, 19.7. 28  meine]  deine 19.3, 19.4. 45  sie loß in]  sie in 19.2, 19.5, 19.7. 53  an sie] sie an 19.2, 19.7; sie]  sich 19.8. 54  es jhm nicht]  es nicht 19.8. 55  ward]  war 19.2, 19.5. 57  ward]  war 19.2, 19.7. 72  Wol]  Wo 19.5. 9  Freude]  Freuden 19.8. 10  deinen]  dein 19.8. 17  bedencke den]  denck an 19.3, 19.4. 21  Hertzelein dier]  hertzlein hinein dier 19.7. 23  stetiger]  steter 19.3, 19.4.   Dieses Epigramm fehlt in 19.3 und 19.4.   Dieses Epigramm fehlt in 19.3 und 19.4.   Corydon]  Corydons 19.8. 56  Den]  Denn 19.8. 16  machst]  magst 19.5. 41  Aurora]  Amor 19.7. 27  Liebste]  Liebe 19.2, 19.3., 19.4, 19.5, 19.7. 35  daß]  deß 19.3, 19.4. 51  einschreiben]  in schreiben 19.2. 54  schertzen]  schmertzen 19.3, 19.4.   Dieses Epigramm fehlt in 19.3 und 19.4. 28  Will]  Wird 19.2. 39  Doch]  Noch 19.2, 19.3, 19.4, 19.5, 19.7.   trefflich beseeligte]  trefflich und beseeligte 19.2, 19.7.   Schfferinn]  Schfferinnen 19.5. 6  stielt]  stillt 19.2, 19.7. 8  Jhr]  Jst 19.5; Jhn 19.7.

Varianten und Eingriffe der Herausgeber

781

719 33  die du]  die 19.8. 722 1  betrbtes]  o traurigs 19.7, 19.8. 724   Dieses Epigramm fehlt in 19.3 und 19.4. 726 6  noch]  du 19.7. 13  dir]  dich 19.2. 727 26  welcher]  welchen 19.2. 31  bist du]  du bist 19.2, 19.3, 19.4, 19.5, 19.7. 32  bist du]  du bist 19.2. 35  fhlen]  gerne 19.2. 36  leid’]  lied 19.3, 19.4; leid leid’ 19.5. 728   Dieses Epigramm fehlt in 19.3 und 19.4. 732   Dieses Epigramm fehlt in 19.3 und 19.4. 733 7  Fohrt]  Fahrt 19.2, 19.7. 735 49  ewr]  ein 19.7. 737 95  den]  dein 19.3, 19.4.   Dieses Epigramm fehlt in 19.3 und 19.4. 4  Daß]  Da 19.2. 8  Der]  Dein 19.5.   Dieses Epi­ gramm fehlt in 19.3 und 19.4. 741   Dieses Epigramm fehlt in 19.3 und 19.4. 743 22  sichs]  sich 19.8. 744 27  Leibe]  Liebe 19.2, 19.5, 19.7, 19.8. 30  den]  die 19.2; dein 19.7. 41  gantz]  schier 19.5, 19.7, 19.8. 745   Dieses Epigramm fehlt in 19.3 und 19.4. 747 13  und meiner Augen Liecht]  Dieser Vers fehlt in 19.2. 13  und]  Und auch 19.3, 19.4. 748 40  Neid ersticken]  Neide sticken 19.2. 749 52  lieb’ ich] liebe 19.2, 19.5, 19.7.

782

Varianten und Eingriffe der Herausgeber

Eingriffe 704 26  Den]  Denn. 705 56  Den]  Denn. 723 9  Den]  Denn.

Inhalt Musa Teutonica (1634) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Capitan Spavento (1635) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 Poetischer Lustgarte (1638) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 Anhang oder Zugabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446 Kriegs- und Friedensspiegel (1640) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471 Holstein vergiß es nicht (1640) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 581 Der Daphnis aus Cimbrien (1642) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 591 Nachwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 761 Varianten und Eingriffe der Herausgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . 771