Signaletik: Orientierung in Räumen 9783955531195, 9783920034713

"Allzu häufig werden »Orientierungssysteme« mit »Beschilderung« gleichgesetzt – und meist erst dann darüber nachged

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Signaletik: Orientierung in Räumen
 9783955531195, 9783920034713

Table of contents :
1 WARUM SIGNALETIK
Prolog - Orientieren heißt Leben
KATTA CIVIC POLYCLINIC, J
SURRY HILLS LIBRARY & COMMUNITY CENTER, AUS
FORUM NOVÁ KAROLINA, CZ
Rote Türen, grüne Türen, gelbe Türen
STUDENTENVIERTEL OLYMPISCHES DORF, D
COLLEGE OF MUSIC »THE BLACK HALL«, J
SPORTHALLE INDUSTRIESCHULE, D
2 RAUM UND ZEICHEN
Integrierte Signaletik
GREEN POINT STADIUM, ZA
FLUGHAFEN BERLIN BRANDENBURG, D
THE COOPER UNION, USA
Corporate Identity -Building Identity
MUSEION, I
9H CAPSULE HOTEL, J
ADIDAS LACES, D
3 SIGNALETIK PLANEN
Verschmelzung von Zeichen und Raum
STACHUS PASSAGEN, D
MÉDIATHÈQUE ANDRÉ MALRAUX, F
DESIGN MUSEUM HOLON, IL
Universal Design
FAMILY BOX, CN
TIEFGARAGE HOCHHAUS AM PARK, D
VOLKSSCHULE TSCHAGGUNS, A
Analyse und Informationssystematik
UNIVERSITÄTSMEDIZIN GREIFSWALD, D
BERNAQUA, CH
SIGNTERIOR, CN
Orientierungsdesign
ORDNUNGSAMT STADT FRANKFURT, D
NAGASAKI PREFECTURAL ART MUSEUM, J
ETH SPORT CENTER SCIENCE CITY, CH
4 SIGNALETIK REALISIEREN
Analoge Informationsübermittlung
MORISAWA HEAD OFFICE, J
LEIBNIZ-INSTITUT FÜR OSTSEEFORSCHUNG, D
THEATER IM PFALZBAU, D
Digitale Informationsübermittlung
CIUDAD DE LAS ARTES Y LAS CIENCIAS, E
FLUGHAFEN WIEN CHECK-IN 3, A
BRÜHLTOR-PASSAGE, CH
Epilog - Die Ikonografie des dritten Jahrtausends
5 FAKTEN
Projektdaten
Normen, Richtlinien, Verordnungen
Literatur
Bildnachweis
Autoren
Sachwortregister
Impressum

Citation preview

Signaletik Orientierung im Raum

NALE

Orientierung im Raum

SIGN

ETIK

Beate Kling Torsten Krüger

»Wenn Information an Information gerieben wird, entstehen erstaunliche Ergebnisse.« Herbert Marshall McLuhan

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2

WARUM SIGNALETIK

RAUM UND ZEICHEN

Prolog – Orientieren heißt Leben

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Beate Kling

Integrierte Signaletik Hubert Nienhoff

14

KATTA CIVIC POLYCLINIC, J

42

GREEN POINT STADIUM, ZA

16

SURRY HILLS LIBRARY & COMMUNITY CENTER, AUS

46

FLUGHAFEN BERLIN BRANDENBURG, D

18

FORUM NOVÁ KAROLINA, CZ

48

THE COOPER UNION, USA

20

Rote Türen, grüne Türen, gelbe Türen

50

Torsten Krüger

Falk Jaeger

24

STUDENTENVIERTEL OLYMPISCHES DORF, D

28

COLLEGE OF MUSIC »THE BLACK HALL«, J

30

SPORTHALLE INDUSTRIESCHULE, D

Corporate Identity – Building Identity

56

MUSEION, I

60

9H CAPSULE HOTEL, J

62

ADIDAS LACES, D

3 SIGNALETIK PLANEN

68

Verschmelzung von Zeichen und Raum

4

STACHUS PASSAGEN, D

78

MÉDIATHÈQUE ANDRÉ MALRAUX, F

82

DESIGN MUSEUM HOLON, IL

84

Universal Design

124

Analoge Informationsübermittlung

Bildnachweis Autoren

132

LEIBNIZ-INSTITUT FÜR OSTSEEFORSCHUNG, D

166

Sachwortregister

THEATER IM PFALZBAU, D

167

134

Impressum

136

Digitale Informationsübermittlung

TIEFGARAGE HOCHHAUS AM PARK, D

144

CIUDAD DE LAS ARTES Y LAS CIENCIAS, E

94

VOLKSSCHULE TSCHAGGUNS, A

146

FLUGHAFEN WIEN CHECK-IN 3, A

150

BRÜHLTOR-PASSAGE, CH

Beate Kling

Epilog – Die Ikonografie des dritten Jahrtausends

102

UNIVERSITÄTSMEDIZIN GREIFSWALD, D

Torsten Krüger

SIGNTERIOR, CN

110

Orientierungsdesign Torsten Krüger

116

ORDNUNGSAMT STADT FRANKFURT, D

118

NAGASAKI PREFECTURAL ART MUSEUM, J

120

ETH SPORT CENTER SCIENCE CITY, CH

Literatur

165

92

BERNAQUA, CH

Verordnungen 163 163

FAMILY BOX, CN

106

Normen, Richtlinien,

MORISAWA HEAD OFFICE, J

88

108

Projektdaten

162

130

Michael Schwanke-Seer

Analyse und Informationssystematik

156

Beate Kling

Beate Kling

96

FAKTEN

SIGNALETIK REALISIEREN

Ruedi Baur

74

5

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1

WARUM

SIGNALETIK

10

Prolog – Orientieren heißt Leben Beate Kling

14

KATTA CIVIC POLYCLINIC, Shiroishi, J

16

SURRY HILLS LIBRARY & COMMUNITY CENTER, Sydney, AUS

18

FORUM NOVÁ KAROLINA, Ostrava, CZ

20

Rote Türen, grüne Türen, gelbe Türen Falk Jaeger

24

STUDENTENVIERTEL OLYMPISCHES DORF, München, D

28

COLLEGE OF MUSIC »THE BLACK HALL«, Kawasaki, J

30

SPORTHALLE INDUSTRIESCHULE, Chemnitz, D

WARUM SIGNALE TIK

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Beate Kling

Prolog – Orientieren heißt Leben

Die moderne Zivilisation scheint von den neuen Medien, ihrer Flut an Informationen und deren Auswirkungen vor sich hergetrieben zu werden. Unsere Informations- und Wissensgesellschaft ermöglicht und bedingt es, dass Erkenntnisse und Botschaften mithilfe der digitalen Informationstechnologien in Echtzeit und unaufhörlicher Fülle in Informationen umgewandelt werden, die ebenso schnell abrufbar wie dauerhaft verfügbar sind. Um Informationen nützlich und bewertbar zu machen, müssen sie aufbereitet und geordnet werden – Orientierung ist dafür unverzichtbar. Teile der Gesellschaft etwa verlangen nach mehr basisdemokratischer Mitbestimmung in Form von Liquid Democracy und fordern Transparenz. Schafft jedoch Transparenz mit ihrem Übermaß an Informationen ein Mehr an Vertrauen und damit einen Zugewinn an Orientierung? Oder wird entgegengebrachtes Vertrauen durch die zunehmende Kontrolle ersetzt, die der Transparenzprozess nach sich zieht? 1 Verhilft also Transparenz zu besserer Orientierung oder ist die Entscheidung zu vertrauen die sinnvollere Wahl, um Orientierung zu erreichen, weil Kontrolle die Handlungsfreiheit einschränkt? Die Komplexität der Fragestellungen nimmt kontinuierlich zu und erfordert ständige Orientierung, gelegentlich entsteht dabei auch der Bedarf nach kollektiver Vergewisserung. Dieser Drang nach Rückversicherung steigt, wenn die Orientierungslosigkeit zunimmt. Orientierung ist also für das menschliche Handeln wesentlich, sie ist eine wichtige Lebensgrundlage. Wer die Orientierung verliert, kann den Verlust einer seiner grundlegendsten Fähigkeiten erleiden, seine Selbstständigkeit, eventuell seine Würde, sein Ich verlieren. »Wo die Übersicht abnimmt, wächst der Bedarf an Orientierung. […] Nur da wo […] Übersichtlichkeit gegeben ist, fühlen sich die Menschen wohl.«2 Übersicht kann jedoch nicht durch

reine Ordnung entstehen, es sind darüber hinaus Identität, Differenzierung und Hierarchien zur weiteren Kategorisierung von Informationen erforderlich. Identität, die Einheit von Denken, Fühlen und Handeln, ist dabei eine wichtige Voraussetzung, um über die Orientierung zu individuellen Entscheidungen fähig zu sein. Unterschiede bilden die Basis für Differenzierung, denn Identität lässt sich ohne Unterscheidung zu anderem nicht denken. Wo Identität gegeben ist, ist der Unterschied zu anderem impliziert. Aber erst Differenzierung und Abgrenzung machen Orientierung in Gesellschaft und Wissenschaft, auf Märkten und in den Medien möglich, sie liefern beispielsweise die Begründung für die Existenz von Instrumenten wie etwa Unternehmensidentitäten oder Marken.3

Was heißt Orientierung?

Die Philosophin und Linguistin Heidrun Kämper hat die Semantik des Begriffs Orientierung eingehend untersucht.4 Neben zustandsdefinierten Wortdeutungen wie Position und Festigkeit (Halt) und zielgerichteten Interpretationen wie Positionierung und Wegweisung erschließt sich der Begriff für sie auch aus den Überlegungen Immanuel Kants sowie aus seiner ursprünglichen Benutzung und den Zusammenhängen, in denen er zur Anwendung kommt. Kant erkannte die Bedeutung von Orientierung schon in seiner 1786 veröffentlichten Schrift »Was heißt: sich im Denken orientieren?«, und zwar auf drei Ebenen: als direkte Ableitung aus dem Begriff Orient, der bedeutet, die Himmelsrichtungen nach der aufgehenden Sonne zu bestimmen, sich also geografisch zu orientieren, auf einer zweiten, räumlichen Ebene, nämlich in einem gegebenen Raum, also mathematisch, sowie auf der abstrakten Ebene des Denkens, d. h. logisch. Der Gebrauch des Begriffs Orientierung ist bipolar, er wird immer dann benutzt, wenn auf die Betonung richtungsweisender Aussagen Bezug genommen wird, sowohl

negativ als auch positiv, also Verlust anzeigend oder Verheißung verkündend.5 Zusammenfassend kommt Kämper zu dem Schluss, dass »Orientierung […] ein entscheidungs- und handlungsleitendes Ordnungskonzept des Bewusstseins« ist.6 Orientierung stellt letztlich eine Gesellschaftstechnik dar – Leben und Überleben durch Orientierung. Sie funktioniert jedoch keineswegs ohne selbstverantwortliches Denken. So übersichtlich z. B. Leitsysteme in räumlichen Zusammenhängen auch sein mögen, eine aktive Benutzung ist Bedingung für ihren Erfolg. Die weitere Beschäftigung mit dem Begriff Orientierung und seiner Bedeutung zielt bereits mehr in Richtung seiner Anwendung.

Wie entsteht Orientierung?

Beim Menschen sind auf biologischer wie neurobiologischer Ebene Eigenschaften angelegt, die von Natur aus zu Orientierung befähigen. Zunächst sind es die Sinne – Sehen, Riechen, Fühlen, Hören, Schmecken –, die Signale als Unterstützung für eine Entscheidungsfindung senden. Aufgabe der Sinne ist es, Informationen aufzunehmen, zu verarbeiten und zu speichern. Dadurch erzeugen sie Erfahrungen, die sich abrufen lassen und so neue Entscheidungen beeinflussen. Eine gesteigerte Bedeutung für die Orientierung bekommen die einzelnen Sinne dann, wenn einer oder mehrere von ihnen eingeschränkt oder gar nicht verfügbar sind. Die Wahrnehmung verlagert sich. Das hat insbesondere

für das barrierefreie Bauen eine wichtige Bedeutung, wenn ergänzende oder zusätzliche Orientierungshilfen dazu dienen, Defizite auszugleichen. Welche Abläufe sind es nun aber, die zum Treffen von Entscheidungen befähigen? Nach neurowissenschaftlichen Erkenntnissen entwickelt sich Orientierung dadurch, dass die bereits gewonnene Vorstellung von einem Ereignis mit darauffolgenden oder im Umfeld stehenden Ereignissen zusammenprallt und in der Folge relativiert wird. Diese Kollision kann möglicherweise Korrekturprozesse für das Denken und das Handeln einleiten – und damit die Entstehung von Orientierung unterstützen.7

Wo findet Orientierung statt?

Orientierung ist in gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen und auch religiösen Zusammenhängen von Bedeutung, davon zeugen Stichworte wie Werte- oder Grundorientierung. Aber auch bei der Bewegung auf Märkten, in der Wissensgesellschaft und in zwischenmenschlichen Abläufen spielt Orientierung eine Rolle. Visionen können darüber hinaus entstehen, wenn aus der Summe der gewonnenen Erkenntnisse Richtungsentscheidungen getroffen werden und die Ergebnisse in eine neue Dimension führen. Orientierung in geografisch-räumlichen Zusammenhängen, also in natürlichen oder gestalteten Landschafts- und Stadträume, Innen- wie Außenräume, funktioniert dann, wenn diese selbsterklärend sind, wenn die gewählte Struktur also bereits Orientierung gibt und dieser Aspekt schon in die Planung integriert wurde. Das ist möglich, wenn die Gestaltung als ganzheitlicher Prozess konzipiert ist. Aber auch der Umgang mit den verfügbaren Medien verlangt Orientierung. Analoge wie digitale Massenmedien begleiten  uns permanent. Nicht wir scheinen unser Leben zu be stimmen, sondern immer mehr der Einfluss der Medien auf uns. Die Erkenntnisse von Herbert Marshall McLuhan, dem Begründer der Medientheorie des 20. Jahrhunderts, gipfelten schon 1964 in dem Mantra »Das Medium ist die Botschaft«. Er war der Annahme, dass nicht die Inhalte, die ein Medium überträgt, sondern das Medium und seine Eigenschaften selbst Auswirkungen auf die Gesellschaft haben, in der das Medium existiert. Damit brachte er gleichzeitig den sich ständig generierenden Bedarf an Orientierung auf den Punkt, der durch die stetige Wechselwirkung zwischen Medium und Gesellschaft entsteht. Die Faszination der digitalen Medien liegt dabei nicht in ihrer Multifunktionalität. Die unbewusste Wirkung geht vielmehr vom Medium selbst aus, das nicht nur viele Funktionen mit gutem Design vereint, sondern vor allem auch als Metapher für Lifestyle und sozialen Status stehen kann.

Orientierung ist Kulturleistung

Wer gibt also nun Orientierung und wie wird sie geleistet? Für Heidrun Kämper ist wichtig, »was Orientierung meint – für diejenigen, die Orientierung suchen, brauchen, haben wollen; und für diejenigen, die Orientierung bieten, geben, verheißen und damit gesellschaftliche Bedingungen schaffen«.8 Wer die vielschichtigen Ebenen und Prinzipien des heutigen Pluralismus erkennen und deuten kann, ist in der Lage, daraus Orientierungsgrundsätze abzuleiten. Neben einem zunächst erzielten Erkenntnisgewinn spielt dabei der Begriff der Verantwortung eine entscheidende Rolle. Nur durch das Zulassen von Verantwortung und verantwortlichem Handeln durch die Gesellschaft selbst ist Orientierung möglich. Letztendlich ist es dann denkbar, dass jeder Einzelne individuell Orientierung geben kann. Orientierung ist ein feinmechanisches Instrument beim stetigen Navigieren durch unsere Umwelt. Das Maß an Orientiertheit ist Gradmesser für die Befindlichkeit des Ichs, den

WARUM SIGNALE TIK

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Prolog – Orientieren heißt Leben

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Bezug auf andere und anderes, den Zustand einer Gesellschaft. Am Beispiel der aktuellen griechischen Gesellschaft lässt sich ablesen, dass es die Funktionsfähigkeit eines zivilisatorischen Gefüges empfindlich stören kann, wenn die ge samtgesellschaftliche Orientierung entgleitet. Orientierung zu geben und zu visualisieren ist dann nicht mehr nur ein Thema der kreativen Disziplinen, sondern eine breite Dienstleistung vom Menschen am Menschen, ruhend auf den Pfeilern verschiedener Fachdisziplinen, auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, gesammelten Erfahrungen, erlangtem Wissen, und auch des Glaubens. Orientiert zu sein ist positiv, denn es vergewissert, beruhigt, schenkt Zeit.

Einheit und Identität

Orientierung bzw. das damit verbundene Handeln sind psychologische Impulse, die unseren Alltag durch stetig zu treffende Entscheidungen mehr oder weniger be wusst beeinflussen, ihn einteilen, verzögern oder vorantreiben sowie die Richtung unseres Handelns mit bestimmen. Die Fähigkeit, sich zu orientieren, ist eine überlebensnotwendige Eigenschaft, die grundlegend für menschliches Tun ist – einerseits um sich als Individuum in sozialen Strukturen, in Medien, auf Märkten, kurz in der Gesellschaft zurechtzufinden und sich selbst in ihr zu positionieren, andererseits um räumliche Zusammenhänge zu erkennen und in ihnen das gewünschte Ziele erreichen zu können. Eine entsprechend große Bedeutung erhält die Illus tration von Orientierung deshalb im Kontext von Räumen, sowohl in Gebäuden als auch im Stadt- und Außenraum. Mit der inhaltlichen wie visuellen Gestaltung von Orientierung in Räumen beschäftigt sich eine Bandbreite unterschiedlicher Disziplinen, die je nach gesetztem oder gewähltem Anforderungsprofil mal mehr, mal weniger gemeinsam dasselbe

Ziel verfolgen. Die Einbindung von Orientierungsgebern in den baulichen Kontext globaler, stadträumlicher wie landschaftlicher Strukturen verlangt die Zusammenarbeit von Architekten und Fachingenieuren, Lichtplanern, Kommunikations- und Mediendesignern, Gestaltern digitaler Informationstechnologien, mitunter auch theoretischer Disziplinen. Ein ebenso gleichwertiger wie wichtiger Partner ist dabei der Auftraggeber mit seinen Anforderungen. Für den Erfolg ist die Kooperation aller Disziplinen ein Muss und mit wachsendem Druck eine notwendige Reaktion auf die immer komplexer werdenden Zusammenhänge unserer Zeit. Das Endprodukt Immobilie erhält in diesem Zusammenhang eine immer vielschichtigere Bedeutung. Es ist nicht mehr nur eine – im besten Falle gut gestaltete – Hülle für das Erfüllen von Funktionen. Bauliche Strukturen werden zunehmend mit Erwartungshaltungen an ein grundsätzliches Sendungsverhalten aufgeladen, das zunächst scheinbar wenig oder gar nichts mit dem Bau an sich zu tun hat. Schon beim ersten Kontakt, also bereits im weiteren Umfeld von Unternehmen oder Institutionen, geht es um das Kennzeichnen, das Anzeigen von Unternehmenskultur und Unternehmenszielen, von Identität und Marken – es geht um Signaletik. Dieses beim Planen von Gebäuden vermeintliche Sekundärprodukt wird aus Sicht der Auftraggeber immer mehr zu einer Primäraufgabe, um im feinen, sich stetig nivellierenden Geflecht des globalen wie regionalen Wettbewerbs sichtbar zu sein und dem Adressaten Orientierung zu geben. Das Spektrum  reicht von der Gestaltung einfacher Orientierungshilfen über komplexe Informations-, Orientierungs- und Leitsysteme, von der Corporate Identity von Unternehmen bis hin zur Konzeption von Gebäuden, die die Botschaften einer Marke oder Institution in bauliche Strukturen übersetzt – Botschaften, die auch so verstanden werden wollen. Grundsätzlich ist Signaletik dabei mehr als das bloße

Bestreben, Antworten auf die Fragen »Wo finde ich was?« oder »Wo muss ich hin?« zu geben. Sie bereitet nicht nur einfach Informationen auf, sondern steigert deren Rezeption mithilfe erweiterter Inhalte durch die Verknüpfung von Architektur, Design und digitalen Informationstechnologien mit Farbenlehre, Psychologie bzw. Neuropsychologie, Sinneswahrnehmung und kultureller Prägung. Die gezielte Verflechtung baulicher Strukturen mit Orientierung und signalgebenden Komponenten sowie die Projektion unternehmenspolitischer Ziele wie Markenaufbau und Markenpflege auf Räume gipfelt dabei im Idealfall in einer Building Identity, der Fortschreibung und vergegenständlichten Abbildung der Corporate Identity – von CI zu BI (siehe Corporate Identity – Building Identity, S. 50–55).

Inszenierung und Integration

Die Inszenierung von Signaletik wird immer mehr zum Bestandteil der Planung von Gebäuden. Neue Kommunikationstechniken ermöglichen etwa das Auffinden von Zielen in Gebäuden vorab im Internet oder die interaktive Begleitung über GPS-Ortung vor Ort und ergänzen so in zunehmendem Maße herkömmliche Informationssysteme, in Zukunft können sie diese möglicherweise sogar ersetzen. Integration statt Addition muss dabei Ziel und Selbstverständnis sein. Die Integration von Orientierungssystemen in die Architektur gelingt jedoch nur, wenn die Aufgabe schon früh im Planungsprozess formuliert wird und die notwendigen Partner rechtzeitig eingebunden werden. Eine Sensibilisierung der Auftraggeber, insbesondere der öffentlichen Hand, ist dabei notwendig. Oft genug wird am Ende aller Budgets und Terminpläne additiv das Notwendigste, zumeist das Preiswerteste veranlasst, wenn nicht sogar mit Provisorien gearbeitet.

Nicht zuletzt ist eines der Ziele dieser Publikation, das Be wusstsein für die Existenz der Thematik sowie die Notwendigkeit für die selbstverständliche Einbindung von Signaletik zu wecken und zu schärfen. Dafür gibt es unterschiedliche Ansatzpunkte. Der niederländische Kommunikationsdesigner Paul Mijksenaar etwa spricht von »Instructional Design«9, also einweisender, selbsterklärender Gestaltung mit eindeutigen Signalen. Die Aufgabe kann jedoch auch als »Produktion von Raum an der Schnittstelle von Architektur, Kommunikationsdesign und neuen Technologien« 10 verstanden werden. Noch weiter reicht das Konzept des Universal Design, das auf den amerikanischen Begründer Ronald L. Mace zurückgeht. Dieser ehrgeizige Denkansatz hat die Nutzung aller Umgebungen und Produkte unter allen Umständen für alle Menschen zum Ziel, unabhängig von Alter, Fähigkeit und Lebenslage. Signaletik ist ein Aspekt in diesem Kontext.

Interaktion

Über diese Themen hinaus stellt das Buch mögliche Bindungen an den Nahtstellen von Architektur und Kommunikationsdesign so wie den Medien- und Informationstechnologien her. Die Übergänge sind dabei fließend. Die Beiträge der verschiedenen Disziplinen verdeutlichen die Unterschiede in der Annäherung; die wechselseitige Beeinflussung und Kenntnisnahme ist Absicht und Ziel. Die Publikation will einen umfassenden Überblick über die Komplexität der zu berücksichtigenden Teilaspekte der Signaletik bieten sowie die zur Verfügung stehenden Werkzeuge für den Entwurf von Leit- und Orientierungssystemen und ihre Möglichkeiten vorstellen. So kann sie als Leitfaden für die  Planung und die Interaktion interdisziplinär agierender Partner dienen.

1 Han, Byung-Chul: Im Reich der namenlos Nackten. In: Tagesspiegel vom 29. April 2012 2 Geberzahn, W. O.: Wo die Übersicht abnimmt, wächst der Bedarf an Orientierung. In: Lutsch, Christian; Lahaye, Heinz-Peter (Hrsg.): Standpunkte: Orientierung in Gesellschaft, Wissenschaft und Medien. Erkenntnisse für die Gestaltung von Prozessen und Strategien. Ostfildern-Ruit 2003, S. 11f. 3 ebd. 4 Kämper, Heidrun: Orientierung – Semantik einer Leitvokabel. In: Lutsch, Christian; Lahaye, Heinz-Peter (Hrsg.): Standpunkte: Orientierung in Gesellschaft, Wissenschaft und Medien. Erkenntnisse für die Gestaltung von Prozessen und Strategien. Ostfildern-Ruit 2003, S. 18 – 35 5 ebd. 6 ebd., S. 34 7 Linke, Detlef B.: Orientierung im Denken. Ein Beitrag der Neurowissenschaften. In: Lutsch, Christian; Lahaye, Heinz-Peter (Hrsg.): Standpunkte: Orientierung in Gesellschaft, Wissenschaft und Medien. Erkenntnisse für die Gestaltung von Prozessen und Strategien. Ostfildern-Ruit 2003, S. 174 –180 8 wie Anm. 6 9 Mijksenaar, Paul; Westendorp, Piet: Open here. The Art of Instructional Design. New York 1999 10 http://www.jmayerh.de/88-0-Profile.html

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KATTA CIVIC POLYCLINIC SHIROISHI, J Signaletik: Hara Design Institute, Tokio

POLYCLINIC Minimalistisch Rot als Signalfarbe

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Schon die ganz in Weiß gehaltenen Oberflächen der Räume machen sofort deutlich, dass das Gebäude mit dem Thema Gesundheit in Verbindung zu bringen ist. Die für die Signaletik in den Untersuchungs- und Sprechzimmern gewählte Farbe Rot sowie die adaptierte Bildmarke des internationalen Roten Kreuzes stehen als Symbole für Hilfe und Heilung. Alle erforderlichen Informationen sind auf das Wesentliche reduziert auf dem Boden und an den Wänden angebracht, sie übernehmen die leitende Funktion. Die Beschriftungen auf dem Boden wurden mit rotem Linoleum in den weißen Bodenbelag eingelegt, die roten Kreuze weisen auf sich kreuzende Hauptwege innerhalb der Klinik hin und vereinen Richtungsanzeigen, Informationen und Fluchtweghinweise zu einer signaletischen Einheit. Die Signaletik ist mit eindeutiger Wort-Bild-Sprache minimalistisch konzipiert und reagiert auf die Anforderungen im medizinischen Umfeld, besonders die hier häufig auftretenden Einschränkungen und Behinderungen. Die überdimensional großen Zeichen und unterschiedlich gestalteten Pfeilsymbole sowie ein eindeutiger Kontrast der Informationen zur Umgebung tragen zu einer problemlosen Orientierung bei. Dabei unterscheidet sich die Farbe der Informationen, im Bereich der Untersuchungsund Sprechzimmer sind sie Rot, auf den Krankenstationen dagegen Grün.

Die schnelle Erfassung funktioniert, weil sich die Informationen auf das Wesentliche beschränken und ähnlich einer bildhaften Gebrauchsanleitung wirken.

KATTA CIVIC Damit Abnutzungserscheinungen die Lesbarkeit der Informationen auf dem Boden nicht beeinträchtigen können, wurden diese in rotem Linoleum in den Fußbodenbelag integriert.

SURRY &COMMUNITY 1

SURRY HILLS LIBRARY & COMMUNITY CENTER SYDNEY, AUS Signaletik: Collider, Sydney Architektur: FJMT, Sydney

Gedrehte Elemente weisen die Richtung Gleiche Materialien für Raumgestaltung und Signaletik

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Das als Gemeindezentrum und Bibliothek genutzte Gebäude öffnet sich über großflächige Verglasungen zum öffentlichen Raum, dabei verwischen die Grenzen zwischen innen und außen. Dieser Gedanke der verschwimmenden Abgrenzung bestimmt auch das Orientierungssystem, das dieses Motiv als integrierte Signaletik über das Hervortreten und Zurückspringen gedrehter Elemente wieder aufnimmt; so wie sich das Gebäude mit der Umgebung verzahnt, verbinden sich die Informationen visuell mit der Architektur. Das Orientierungssystem ist – scheinbar beiläufig – direkt in die Raumgestaltung integriert. Elementabmessungen, Materialien und Farben sind jeweils auf die Verkleidung der Wände abgestimmt – ein Mineralwerkstoff im Erdgeschoss, Ahornholz im ersten und zweiten Obergeschoss, wo es zudem weiß lackiert ist. Die Typografie und die Richtungspfeile wurden in die Materialien eingraviert oder treten aus ihnen hervor und sind damit Teil der Oberfläche. Die Drehung der leitenden Elemente nimmt die Neigung der Glasfassade auf und stellt so die Verbindung von Hülle und Inhalt, von innen und außen her. Die Aufmerksamkeit der Besucher wird ausschließlich über die Komponenten Drehung und Typografie auf das Orientierungssystem gelenkt, dennoch entwickelt es eine eigenständige Präsenz.

HILLS LIBRARY CENTER

Das Orientierungssystem bildet keine eigene grafische Ebene, sondern ist in die Architektur integriert.

1

FORUM NOVÁ KAROLINA OSTRAVA, CZ Signaletik: Gourdin & Müller, Leipzig/Hamburg Architektur: OMA, Rotterdam (Entwurfskonzept); Floris Alkemade Architect; Heinrich Böll, Essen; T + T Design

KAROLINA Simulierter Leuchteffekt Farben als Metaphern

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Auf dem stillgelegten Bergwerksgelände, das an das Stadtzentrum der von Kohle- und Stahlindustrie geprägten Stadt Ostrava anschließt, entsteht bis 2015 ein neues Viertel mit Wohn-, Büro- und Geschäftsbauten. Sowohl für das Quartier als auch für das bereits eröffnete Shoppingcenter Forum Nová Karolina wurde ein Leitsystem entwickelt, das mit den Farben Schwarz und Blau als Metaphern für Kohle und Stahl auf die Geschichte des Orts Bezug nimmt. Das System besteht aus Informationspunkten in Form von Portalen, Stelen mit Lageplan, Etagenübersichten und Serviceinformationen sowie wegweisenden Informationsträgern und Zielbestätigungen. Schlanke, schwarze Rechtecke mit stahlblau strahlenden Kanten definieren die reduzierte, technische Grundsprache der Informationselemente und lassen in der Kombination mit einer filigranen, stählern kühlen Beschriftung ein markantes Erscheinungsbild entstehen. Die Richtungspfeile sind mit betont langer Linie gestaltet und unterstreichen mit ihrer ungewöhnlichen Anordnung auf den Schildern den Hinweis auf Bewegung. Das Zusammenspiel von Form, Materialien, Licht und Grafik nimmt Bezug auf die faszinierende Verbindung von Materiellem und Immateriellem, wie sie sich in der Transformation von Kohle zu Stahl und Strom vollzieht. Eine expressive, futuristische Verbildlichung dessen findet sich in den Etagenziffern auf den Übersichtsstelen und den großformatigen Piktogrammen für die Sanitärbereiche wieder. Aufgrund der unmittelbaren Nachbarschaft zu Polen und der Slowakei werden insbesondere fremdsprachige Besucher in Ostrava erwartet, weshalb ergänzend Piktogramme über unterschiedliche Verkehrsmittel, infrastrukturelle Erschließung und Freizeitangebote informieren.

´ FORUM NOVA Die gewählte Schrift zeichnet sich durch ihren gleichmäßigen Körper und eine strenge Geometrie aus, die grafische Gestaltung ist von den für den Ort prägenden Materialien Stahl und Kohle inspiriert.

WARUM SIGNALE TIK

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Falk Jaeger

Rote Türen, grüne Türen, gelbe Türen

Zunächst einmal ist es die Ortskenntnis, die uns die Orientierung in städtebaulichen und architektonischen Räumen ermöglicht. Geraten wir in unbekannte Räume, versuchen wir, bekannte Ordnungsmuster wiederzuerkennen. Den Weg vom Stadtrand mit seinen Zwischenstadtstrukturen entlang der Ausfallstraßen in die dichte und belebte Innenstadt oder den Weg vom Bahnhof zum Rathaus finden wir intuitiv. Wir haben gelernt, wie eine mitteleuropäische Stadt organisiert ist. Auch den Aufzug im Hotel oder die Gästetoilette in einem fremden Haus streben wir zielsicher an, denn wir haben gelernt, mit typisierten Grundrissen umzugehen. Erst wenn die Strukturen individuell, unkonventionell oder unübersichtlich, wenn komplexe Strukturen zu groß werden, müssen wir auf Zeichensysteme zurückgreifen. Signaletik ist ein Hilfsmittel, wenn wir keine kodifizierten Indikatoren erkennen können.

Entwicklung von Leitsystemen

Dass sich Leitsysteme, die die Orientierung erleichtern, über die traditionellen Wegweiser hinaus erst ab dem frühen 19.  Jahrhundert entwickelten, hat mit den gesellschaftlichen Umbrüchen jener Zeit zu tun. Zuvor gab es zwar auch schon Städte mit mehreren Zehntausend Einwohnern, die Mobilität hielt sich jedoch in engen Grenzen. Die intensive Ortskenntnis der Bewohner reichte für ein funktionierendes Gemeinwesen aus. Die wenigen Ortsfremden fragten sich durch. Der traditionelle orientalische Städtebau hingegen, der kein Zentrum und keine Hierarchie der Straßen bzw. Gassen kennt und vom Ortsfremden weder intuitiv noch bewusst »gelesen« werden kann und somit den Extremfall an Orientierungslosigkeit darstellt, funktioniert trotzdem, weil die Bewohner jeden Winkel kennen. Das Gassenlabyrinth bot in früheren Zeiten sogar einen gewissen Schutz, da Angreifer sich weder orientieren noch organisieren konnten. Die Kasbah ist Chaos, aber nur für

den Fremden. Für den Besucher findet sich immer ein Kind, das als Führer dient und den Fremden zum gewünschten Ort bringt. Im 19.  Jahrhundert ließ Georges-Eugène Baron Haussmann die heute bewunderten Boulevards wie Schneisen durch das mittelalterlich verwinkelte Paris schlagen, um einen repräsentativen Städtebau, vor allem aber um Übersicht zu schaffen und das aufrührerische Volk so besser kontrollieren zu können. Dabei ist die Place de l’Étoile mit ihrer sternförmigen Straßenanlage nichts anderes als ein barocker Jagdstern, aus dessen Zentrum man das Wild über die Straßen wechseln sehen konnte. Wild oder Aufständische, es wurde zur Jagd geblasen.

Das 1995 teilweise rekonstruierte bzw. neuinterpretierte Farbleitsystem des Malers Max Buchartz für das Hans-Sachs-Haus in Gelsen kirchen zog sich ur sprünglich durch alle Treppenhäuser. Jedem Geschoss ist dabei eine bestimmte Farbe zugeordnet. Architekt: Alfred Fischer, 1927

Hausnummern, in Mitteleuropa im 18. Jahrhundert aus fiskalischen oder militärischen Gründen als Konskriptionsnummern eingeführt, wurden allgemein erst Mitte des 19.  Jahrhunderts straßenweise vergeben und konnten fortan auch zur Orientierung dienen. Bald ersetzten genormte Nummernschilder die anfänglich individuell an die Hauswand gemalten Nummern. In manchen Städten steht auf jedem Schild auch der Straßenname (in Wien beispielsweise mit vorgestellter Nummer des Bezirks), in manchen weist ein Pfeil in die Richtung der aufsteigenden Nummern. Straßenschilder und Ortsschilder am Ortseingang, im Grunde auch die Willkommensschilder der Bundesländer an Autobahnen sowie die Staatswappen an den Grenzen sind Ausdruck einer topologisch-organisatorischen Hierarchie. Die Normierung unterstützt ihren Signalcharakter, was auch für das Wegweisersystem gilt: Weiß für örtliche Ziele, Gelb für überörtliche, Blau für Autobahnen, Braun für touristische Hinweise. Durch alltägliche Einübung haben wir das Prinzip so verinnerlicht, dass wir im Ausland – Ähnliches antizipierend – rasch das dortige System erlernen. Interessanterweise funktioniert diese Transferleistung auch in anderen Zusammenhängen. Signaletik in größeren Anlagen und Gebäuden wie Flughäfen, Messegeländen, Sportparks etc. bedient sich häufig der eingeübten Routinen und verwendet hierarchisch geordnete, verschiedenfarbige verbale und bildliche Signalsysteme. Beides in Kombination führte zum bislang international bekanntesten und einflussreichsten Informationssystem, das der Grafiker Otl Aicher 1972 für die Olympischen Spiele in München entwickelte und das noch heute gültige Standards gesetzt hat. Aicher war die Piktogrammfamilie, die der japanische Grafiker Katsumi Masaru für die Olympischen Sommerspiele 1964 in Tokio entworfen hatte, noch zu kompliziert und zu figürlich. Er reduzierte die Sportler auf Strichmännchen, die Menschen aller Herren Länder mit einem Blick erkennen konnten – Läufer, Fechter, Radfahrer, Segler, Kanute oder Reiter. Die Bildersprache ergänzte er um ein Farbsystem, das die Spiele unvergesslich prägte, die verschieden breiten Farbstreifen in Gelb, Grün, Blau und Orange, dazu noch Silber und Weiß erschienen auf allen Plakaten, Programmen, Eintrittskarten und selbst auf dem gestreiften Dackel Waldi, dem ersten olympischen Maskottchen. Selbstverständlich beinhaltete die umfassende Corporate Identity auch sämtliche Wegweiser und Leitschilder zum und auf dem Olympiagelände – ergänzt übrigens von den Media-Linien Hans Holleins im Olympischen Dorf, einem Kommunikations- und Leitsystem in Form von über den Wegen verlaufenden farbigen Röhren. Mit einer bewundernswerten Konsequenz, die in dieser Universalität ohne Vorbild war, arbeitete Otl Aicher daran, dass Sportler, Funktionäre und Besucher buchstäblich immer im Bilde waren, bestens informiert, orientiert und organisiert. Fortan wurden solche Großveranstaltungen in allen Belangen durchdesignt, doch nur selten ist Aichers Arbeit übertroffen worden. Vielleicht wirken seine Piktogramme gegenüber aktuellen Neuentwicklungen in stilistischer Hinsicht nicht mehr sehr zeitgemäß; besser lesbar sind die neuen jedoch nicht.

Olympische Spiele 1972

Signaletik und Architektur sind nicht immer beste Freunde. Leitsysteme sind semantische Systeme, die zunächst einmal in Konkurrenz zur Architektur treten, denn auch jede Architektur ist ein Zeichensystem, das Botschaften vermittelt, mal abstrakter, mal narrativer. Das ist der Grund, weshalb ausgeprägte Signaletik, die nachträglich in ein Bauwerk ein-

Leitsysteme und Architektur

WARUM SIGNALE TIK

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Rote Türen, grüne Türen, gelbe Türen

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gebracht wird oder beim Entwurf nicht mitgedacht wurde, meist mit der Architektur in Konflikt gerät. Es ist ein ähnliches Verhältnis wie jenes zwischen Architektur und Kunst am Bau. Auch dort empfiehlt sich die enge Zusammenarbeit zwischen Architekt und Künstler, damit die Kunst ihren Platz findet und sich beide gegenseitig auratisieren, anstatt sich zu konterkarieren. Signaletik heischt Aufmerksamkeit und lenkt diese Aufmerksamkeit unter Umständen auf Dinge und in Richtungen, die der Architekt nicht vorgesehen hatte. Andererseits verfehlt Signaletik, die nicht auffällig genug ins Blickfeld drängt, weil sie sich dem Zeichensystem Architektur unterwirft, ihre Wirkung. Leitelemente, die man nicht sieht, funktionieren nicht.

Farbleitsysteme

Ein anschauliches, weil extremes Beispiel ist das Farbleitsystem, das der Maler Max Buchartz 1927 in das Gelsenkirchener Hans-Sachs-Haus des Architekten Alfred Fischer einbrachte. Aus dem Erdgeschoss führten Farbstreifen (Buchartz nannte sie »hinführende Farbflächen«) in die Geschosse, deren Flure mit unterschiedlichen Farben gestaltet waren (»verortende Farbflächen«). Es gilt als das erste Leitsystem dieser Art, war jedoch im Laufe der Jahre übermalt worden und in Vergessenheit geraten. Bei der Sanierung und dem Umbau des Hauses hatten die Denkmalpfleger noch Rudimente des mit kraftvollen Primärfarben agierenden Systems gefunden, zu wenige allerdings, um eine vollständige Rekonstruktion wagen zu können. Deshalb wurde für den Neubau eine Farbfassung in Anlehnung an die Befunde entwickelt und in zwei der neu errichteten Treppenhäusern integriert. Dieses Leitsystem zeigte aber frühzeitig einen gravierenden Nachteil, der wahrscheinlich zu seiner Übertünchung geführt hat. Farbgebung ist in der Architektur ein wesentliches Element zur Beeinflussung der Stimmung und Atmosphäre von

Das bislang international bekannteste und einflussreichste Informationssystem wurde für die Olympischen Spiele 1972 in München von Otl Aicher entwickelt und setzte noch heute gültige Standards. Die Farben Gelb, Grün, Blau und Orange sowie Silber und Weiß erschienen auf allen mit den Spielen in Verbindung stehenden Informationsträgern wie Plakaten, Programmen, Eintrittskarten und selbst auf dem Maskottchen-Dackel Waldi.

Räumlichkeiten. Flure und Treppenhäuser, deren Farbgebung nach ausschließlich signaletischen, d. h. architekturfremden Kriterien erfolgt, entwickeln oftmals »unkontrollierte« atmosphärische Stimmungswerte, was nicht nur der Architekt als unbefriedigend empfindet. In Wien ist man wenige Jahre später den Ideen von Max Buchartz gefolgt: »Kommen Sie zu einer ambulanten Behandlung? Dann achten Sie auf blaue Markierungen (blauer Boden, blaue Türen). Benutzen Sie die Fahrsteige oder die blauen Aufzüge. Die chirurgischen Fachabteilungen finden Sie im grünen Bettenhaus (grüner Boden, grüne Türen). Die Fachabteilungen der Inneren Medizin sind im roten Bettenhaus untergebracht (roter Boden, rote Türen). Verwenden Sie die grünen bzw. roten Aufzüge, um zu Ihrer Station zu gelangen. Alle medizinischen Abteilungen und Untersuchungszimmer sind orange gefärbt. Gelbe Türen markieren den Weg zu den Fluchtstiegen.« So wird der Ankömmling im Wiener Allgemeinen Krankenhaus eingewiesen. Wie man ein Leitsystem frühzeitig einplant und mit der Architektur versöhnt, zeigt der neue Flughafen Berlin Brandenburg (siehe S. 40/41 und 46/47). Die sorgsam ausgeklügelten Positionen der Schilder und die Einbindung in den jeweiligen Wandspiegel sind im Entwurf mitgedacht. Die Signaletik be schränkt sich auf ein zurückhaltendes Rot – traditionell die Farbe von Berlin und Brandenburg –, das in der Farbpalette der Architektur ansonsten nicht vorkommt. Der Benutzer verlässt sich beim übersichtlichen und benutzerfreundlich organisierten Flughafen nicht ausschließlich auf das Leitsystem, doch wenn nötig, dann ist es zur Stelle, unauffällig, ästhetisch ausgewogen und mit der Architektur im Einklang. Wir leben in einer Zeit, in der aufgrund der steigenden Globalisierung immer mehr, immer mobilere Menschen sich in unbekannten Welten orientieren müssen. Die transitorischen Orte werden immer gigantischer und zumeist unübersichtlicher, die Signaletik deshalb immer bedeutender. Aber wie lange noch? Schon heute lässt sich so mancher nur noch auf seinem Smartphone den Weg zeigen. In Zukunft wird jeder sein individuelles Orientierungssystem mit sich (in sich?) tragen. Möglich, dass Signaletik dann tendenziell an Bedeutung verliert, doch überflüssig wird sie als real präsentes und ortsbezogenes Leitmedium sicherlich nicht.

STUD OLYMPISCHES 1

STUDENTENVIERTEL OLYMPISCHES DORF MÜNCHEN, D

Signaletik: design stauss grillmeier, München Architektur: ARGE Werner Wirsing bogevischs buero, München

Historischer Bezug Farbsystem Codierung durch Buchstaben und Zahlen

24 25

Da eine Sanierung zu aufwendig gewesen wäre, wurden die von dem Architekten Werner Wirsing Ende der 1960erJahre für die Olympischen Spiele 1972 in München entwickelten und danach als Studentenunterkünfte genutzten Bungalows 2009 komplett abgerissen und neu errichtet. Die Designer griffen für das Studentendorf das auf den Gestaltungsrichtlinien der Olympischen Spiele 1972 basierende ursprüngliche Leit- und Orientierungssystem auf, konzipierten es neu, übersetzten die historischen Bezüge inhaltlich und gestalterisch in die heutige Zeit und bereinigten funktionale Schwächen. So wurde beispielsweise eine vereinfachte Hausnummernordnung eingeführt und das ehemalige Blocksystem durch ein alphabetisches Gassenraster ersetzt. Gekantete, um die Gebäudeecken laufende Schildelemente, die die Gassen wie Straßenschilder kennzeichnen, verbessern zusätzlich die Orientierung. Der vordere Schenkel der hellgrünen Schilder zeigt jeweils den Gassenbuchstaben und auf der rechten Seite der Gasse zudem einen genordeten Lageplan mit Kennzeichnung der Gasse sowie eine Liste der Bewohnerinnen während der Olympischen Spiele mit dem entsprechenden Anfangsbuchstaben. Der seitliche Schenkel weist in die Gasse und trägt die Hausnummern der jeweiligen Gassenseite in der Reihenfolge, wie sie sich dem die Gasse entlanggehenden Besucher erschließen. Das Konzept führt die zu den Olympischen Spielen 1972 eingeführte »informative Freundlichkeit« fort: Häufige Information, freundliche Farben und eine klare, deutliche Typografie sind wesentliche Bestandteile der Signaletik.

ENTENVIERTEL DORF Die Erschließung der Studentensiedlung Olympisches Dorf erfolgt über ein Gassensystem. Leuchtend grüne, um die Gebäudeecken geführte Schilder kennzeichnen die alphabetisch geordneten Gassen.

350

350

350

r80

725

700

700

700

365 Fahrradabstellplatz

2100

1888,48 Türbeschriftung

230 350

161,52

430,72

Gassenschilder an denkmalgeschützten Gebäuden

Beschriftung Servicebereich

790

r40 Gassenschilder

r80

725

790

700

700

Die leuchtenden Farben des Be schilderungssystems orientieren sich am Farbenspektrum der Olympischen Spiele 1972 und gliedern das Studentenviertel in unterschiedliche Bereiche.

r40

1

COLLEGE OF MUSIC »THE BLACK HALL« KAWASAKI, J Signaletik: Teradadesign Architects, Tokio Architektur: Nihon Sekkei, Tokio

MUSIC »THE BL 28 29

Grundriss 2. Obergeschoss

Maßstab 1:600

COLLEGE OF ACK HALL« Kräftige Farben Starke Kontraste Signaletik auf Zielgruppe abgestimmt

Die »Black Hall« ist Teil des Senzoku Gakuen College of Music in Kawasaki. In dem Gebäude sind vor allem Aufnahmestudios, Unterrichts- und Übungsräume für die Studiengänge Jazz, Musical sowie Rock und Pop untergebracht. Da diese Räume alle aus schalltechnischen Gründen fensterlos sind, schufen die Architekten und Designer über die Farbgebung der architektonischen Elemente ein anregendes, die Kreativität förderndes Umfeld für die Musikstudenten. Das Konzept knüpft an die Ästhetik von Comics und Mangas an, die mit schrillen Farben und Charakteren auch die Welt der modernen Musikindustrie und ihrer Künstler widerspiegelt. Grelle Farbakzente und Farbkombinationen sind in der Ge staltung von Produkten insbesondere für Kinder und Jugendliche in Japan ein wesentliches Merkmal der Zielgruppenkommunikation. Die Adaption dieses kulturell etablierten Motivs in der Innenraumgestaltung und Signaletik der Musikschule erfolgte konsequent und zugleich spielerisch. Die Beschriftungen und Piktogramme bilden starke Farbkontraste zu den Untergründen, auf die sie aufgebracht sind. Durch die kräftige Farbgestaltung entsteht eine spannungsreiche, intensive Atmosphäre, die Emotionen freisetzt.

Untergrund und Piktogramme bilden spannende Farbkomplementäre, intensive Farben stiften Identität.

Grundriss 4. Obergeschoss

Maßstab 1:600

1

SPORTHALLE INDUSTRIESCHULE CHEMNITZ, D Signaletik: Gourdin & Müller, Leipzig/Hamburg

INDUSTRIESCH 30 31

SPORTHALLE ULE Leitmotiv Linie Komplementärfarben

Der Umbau der Sporthalle der Industrieschule Chemnitz bot die Gelegenheit, auch ein neues Beschriftungskonzept samt Wegeleitung umzusetzen. Charakteristisch für das Leitsys tem ist der grafische Umgang mit der Schrift. Die typografischen Elemente wie Buchstaben und Zahlen sind in eine Linienstruktur aufgelöst bzw. eingebunden. Sie nehmen damit direkt Bezug zum Thema Sport und seinen dynamischen Bewegungsabläufen sowie zu den Linienmarkierungen von Spielfeldern und Laufbahnen. Auch die Piktogramme für die Raumbezeichnungen wurden auf der Basis dieser Leitidee entwickelt und bilden eine visuelle Erweiterung der Schrift, mit der sie nicht nur kombiniert, sondern auch verbunden sind. Die reduzierte Liniengrafik, in der die Elemente des Leitsystems angelegt sind, erinnert entfernt an experimentelle Schriften aus den 1920- und 1970-Jahren. Die dunkelblauen Flächen der Türen unterbrechen die kräftige Farbgebung der gelben Wände, sie sind Träger der in Weiß aufgebrachten Raumbeschriftungen und Piktogramme.

Die typografische Gestaltung sowie die kräftigen Farbakzente der Architektur erinnern an Pop-Art-Konzepte in der Kunst.

2

RAUM

UND ZEICHEN

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Integrierte Signaletik Hubert Nienhoff

42

GREEN POINT STADIUM, Kapstadt, ZA

46

FLUGHAFEN BERLIN BRANDENBURG, Berlin, D

48

THE COOPER UNION, New York, USA

50

Corporate Identity – Building Identity Torsten Krüger

56

MUSEION, Bozen, I

60

9H CAPSULE HOTEL, Kioto, J

62

ADIDAS LACES, Herzogenaurach, D

R AUM UND ZEICHEN

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Hubert Nienhoff

Integrierte Signaletik

Wege aus dem Schilderwald

Man kennt sie aus Zeitungen und Magazinen, die Fotos von absurden Schilderarrangements auf Verkehrsinseln, die die Verwirrung im Schilderwald illustrieren. Sie sind eine Begleiterscheinung von Überregulierung und Ordnungswahn, die im Zusammenhang mit zunehmender Mobilität und immer mehr Verkehrsteilnehmern unterschiedlicher Geschwindigkeiten und Transportmittel für Diskussionsstoff sorgen. Versuchsprojekte, die radikal auf jegliche Beschilderung verzichten, sind eine der möglichen Antworten. Die Verkehrsteilnehmer – egal ob Radfahrer, Fußgänger oder Autofahrer  –  werden in diesen gemeinsam genutzten öffentlichen Bereichen, in denen es keine expliziten Vorgaben oder Verhaltensregelungen gibt, auf ihre Eigenverantwortung und Rücksichtnahme verwiesen. Zu diesen sogenannten Shared Spaces 1 gehört auch die Exhibition Road in London, eine ursprünglich stark befahrene mehrspurige Straße entlang Londons Museumsmeile, auf der sich heute Verkehrsteilnehmer eine gemeinsame Fläche teilen. Die Verkehrsachse wurde von sämtlichen Beschilderungen, Fahrbahnmarkierungen und Gehwegen befreit, lediglich ein großformatiges, durchgehendes Karomuster markiert die geschaffene Ge meinschaftsfläche. Die Aneignung des Straßenraums folgt dem Prinzip der gegenseitigen Rücksichtnahme. Gesteigerte Aufmerksamkeit angesichts des offenen, deregulierten Freiraums soll hier anstelle des Sicherheitsgefühls, das üblicherweise durch Regulierung erzeugt wird, treten.

Ganzheitliche Gestaltung

Solche Projekte basieren auf der Idee eines sich selbsterklärenden Raums. Auch Architekten sollte es immer darum gehen, Dinge so einfach zu gestalten, dass sie nicht nur inhaltlich und zeitlich Bestand haben, sondern sich vor

allem selbst erklären – jenseits künstlerischer Willkür oder formaler Modeerscheinungen. Im Vordergrund stehen Anforderungen an Konstruktion und Nutzung im Sinne von »form follows function« sowie eine ganzheitliche Gestaltung, die von Einfachheit, der Einheit in der Vielfalt, der Identität mit dem Ort und struktureller Ordnung geleitet wird. Letztendlich entspricht es einer überzeugenden Entwurfsphilosophie, Gebäude zu erschaffen, die sinnfällig und lesbar sind. Das bedeutet, dass sich der Nutzer darin zurechtfindet, weil die räumliche Gestaltung der inneren Logik des Entwurfs, also auch den Abläufen im Gebäude und seinen Funktionen folgt. Wozu sind dann noch zusätzliche Orientierungssysteme notwendig? Auf den ersten Blick erscheinen ergänzende Beschilderungen, die das Gebäude erklären, oder gar ein ganzes Gebäudeleitsystem, das sämtliche zur Verfügung stehenden Kommunikationsmittel integriert, als das Eingeständnis, dass entweder die Architektur all dies nicht zu leisten vermag oder aber dass der Architekt seine selbstgesteckten Ziele nicht erreicht hat Ja und Nein, denn der sich selbsterklärende Raum ist in der Architektur ein Ideal, an das sich Architekten in ihrer Arbeit annähern. Grundsätzliche Wesenszüge eines Gebäudes, seine Funktion, das, was es sein möchte, wohnen der Gestaltung inne. Ein Einfamilienhaus mit einem Schild »Eingang« über der Haustür ist selten. Die Herausforderung guter Orientierung in Gebäuden ist aber nicht unbedingt eine Frage des Maßstabs. Vielmehr resultiert der erhöhte Bedarf an Ordnung und Vereinfachung aus der rasanten Geschwindigkeit unserer Zeit. Es ist die Komplexität der Abläufe unseres Alltagslebens, die mit dem Wachstum der Städte, zunehmender Mobilität, neuen Technologien und gestiegenen Sicherheitsanforderungen in einer immer enger vernetzten Welt zugenommen hat und zusätzliche Systeme zur Orientierung erforderlich macht. So

nimmt z. B. in einem Stadion die Frage nach der Kennzeichnung des Ausgangs einen großen Stellenwert ein, denn hier treten komplexe Sicherheitsanforderungen an die Stelle des bloßen Erkennens, die im Zweifelsfall lebenswichtig werden können. Aber auch beim Thema Umnutzung, einer im Zusammenhang mit dem Strukturwandel immer wichtiger werdenden Aufgabe für Architekten, ist die Signaletik wesentlich am Erfolg von Nutzungsänderungen unterschiedlichster Art beteiligt.

Raum und Zeichen als gestalterische Einheit

Das Ineinandergreifen von Raum und Zeichen zu gestalten, stellt dabei die eigentliche Herausforderung an die Planer dar. Die Signaletik ist besonders im Kontext von Großveranstaltungen eine Art Verbindungsglied zwischen der Architektur und ihrer Aneignung durch den Nutzer. Sie garantiert den reibungslosen Ablauf und bildet logistische und sogar kaufmännische Aspekte in einem Gebäude ab. Am Beispiel von Stadien als Austragungsorten von Großveranstaltungen mit Tausenden von Menschen lässt sich das Ineinandergreifen

Verschmelzung von Raum und Zeichen: Das Green Point Stadium in Kapstadt nahe dem Kap der Guten Hoffnung, einem der markantesten Punkte des afrikanischen Kontinents, vermittelt Botschaften weit über die Signalwirkungen, die vom Objekt ausgehen, hinaus. Architektur: gmp · Architekten von Gerkan, Marg und Partner, Berlin, in Arbeitsgemeinschaft mit Louis Karol architecs, Point architects, Kapstadt

Im Zuge seiner Sanierung und Modernisierung 2006 erhielt das 1936 errichtete Olympiastadion in Berlin ein neues Leitsystem. Die Gestaltung ist eigenständig, aber zurückhaltend, sie bezieht sich auf das Vorhandene, ohne die monumentale Formensprache zu übernehmen. Sanierung und Modernisierung: gmp · Architekten von Gerkan, Marg und Partner, Berlin; Signaletik: Büro für Gestaltung Wangler & Abele, München

R AUM UND ZEICHEN

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Integrierte Signaletik

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von Architektur und Signaletik besonders gut darstellen: In der Kennzeichnung von Sitzreihen und Rängen visualisieren sich Preissystem und Marketing. Die Zeichensprache des Orts muss letztendlich auf jedem einzelnen verkauften Ticket eines Stadions wiederzufinden sein. Fragen wie die Art und genaue Platzierung der Platznummerierung, die Position des Sitzplatzes mit der Nummer 1 jeder Reihe außen oder am Gang bis hin zur Klärung, wie man die Kennzeichnungen vor Vandalismus schützt, sind relevant für die Planung. Ein Fußballspiel ließe sich ohne diese zusätzlichen Orientierungshilfen logistisch heute nicht mehr bewältigen. Auch wenn es sehr unterschiedliche und konträre Herangehensweisen gibt, Orientierungssysteme in Räume einzubinden – sei es in Form eigenständiger Elemente oder als den Bauteilen einbeschriebene Flächen –, eine ganzheitliche Planungsphilosophie bildet stets die Grundlage einer harmonischen Integration der Signaletik in die Architektur. Werden die Funktion und der Genius Loci als Aufgabenstellung sowohl für die Architektur als auch für die Grafik verstanden, verschmelzen beide im Idealfall zu einer selbstverständlichen Einheit und stehen nicht in gestalterischer Konkurrenz zueinander. Ziel sollte die Integration von Zeichen, nicht ihre Konfrontation mit der Architektur sein. Natürlich will ein Schild, dass es gesehen wird. Einigen Architekten wäre es jedoch am liebsten, es bliebe gegenüber ihrem Raumwerk unsichtbar. Dies ist das Paradoxon, das der Thematik der integrierten Signaletik innewohnt. Es ist der Seiltanz zwischen Zurückhaltung und Selbstdarstellung, zwischen Anpassung bis hin zur Mimikry und Eigenständigkeit, den die Disziplinen Architektur und visuelle Kommunikation im Schulterschluss vollführen müssen. Im Olympiastadion Berlin, das für die WM 2006 saniert und modernisiert wurde, war dieser Zielkonflikt zwischen Zurückhaltung und Eigenständigkeit bereits in der Bauaufgabe an-

gelegt, nämlich zwischen den entgegengesetzten Erfordernissen von Denkmalschutz und behutsamer Modernisierung einerseits sowie zwischen den heutigen Anforderungen einer multifunktionalen Nutzung und einer reinen Fußball-Arena andererseits. Das Stadion bildete einst den zentralen Bestandteil des historischen Sportkomplexes der Olympischen Spiele 1936. Das neue Entwurfskonzept unterstützt die Qualitäten des Altbaus, indem es sich ihm unterordnet und der historischen Bausubstanz mit Distanz, größtmöglicher Transparenz und Zurückhaltung zu begegnen versucht. Alle notwendigen Neubauten wurden unterirdisch außerhalb des Stadions untergebracht, sodass die optische Erscheinung unbeeinflusst und die Anmutung des Stadions erhalten blieb. Das neue Dach setzt sich durch seine ruhige Konstruktion und die Materialwahl der Oberflächen bewusst von der festen Tektonik des Stadionbaus ab. Der Umgang mit dem historischen Bauwerk und seiner Bedeutung in der Zeit des Nationalsozialismus spielte auch für die visuelle Kommunikation eine maßgebliche Rolle. Genauso wie das architektonische Konzept mit dem neuen, leichten Membrandach gegenüber dem Bestand sozusagen auf Abstand bleibt, bezieht sich auch das Leitsystem auf das Vorhandene, ohne seine monumentale Formensprache zu übernehmen. Es wahrt Distanz: Buchstaben sind nicht bündig, sondern mit leichtem Zwischenraum an den Naturstein angebracht und die hochformatigen Beschilderungen entlang der Umgänge folgen in ihrem seriellen Charakter den Säulenreihen, bilden jedoch als Einzelelemente ihre eigene räumliche Ebene. Durch die Adaption der Farben des Natursteins und der Ausstattungselemente des Gebäudes wurden Beschriftungen und Wegweiser zu selbstverständlichen Teilen des Bauwerks. Ihre Ausleuchtung erfolgt durch das bestehende Beleuchtungssystem. Trotz der Eigenständigkeit der Elemente bilden Architektur und Leitsystem eine Einheit.

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Integrierte Signaletik

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Die kulturelle Identität und der Genius Loci waren Leitideen für das Moses Mabhida Stadium in Durban. Selbst als Wahrzeichen konzipiert, lehnt sich das Orientierungssystem an die südafrikanische Lust zu dekorieren, an Traditionen und das Kunsthandwerk an. Architektur: gmp · Architekten von Gerkan, Marg und Partner, Berlin, in Arbeitsgemeinschaft mit Ibhola Lethu Consortium, Südafrika; Signaletik: Büro für Gestaltung Wangler & Abele, München

Kulturelle Identität und Genius Loci

Ganz anders gelagert als im Olympiastadion Berlin ist das Zusammenspiel von Architektur und Signaletik bei den für die Fußballweltmeisterschaft 2010 in Südafrika neu errichteten Stadien. An die Stelle von Distanz zur Geschichte und Zurückhaltung gegenüber dem Bestand traten bei der Aufgabenstellung, drei FIFA-Stadien in Kapstadt, Port Elisabeth und Durban zu planen, kulturelle Identität und ein Stück weit die Euphorie der Südafrikaner für die Weltmeisterschaft. Das Moses Mabhida Stadium in Durban steht hierfür exemplarisch. Es ist als ein Wahrzeichen für die Stadt Durban mit einem weithin sichtbaren Bogen konzipiert. So wie das Gebäude selbst als Zeichen kommuniziert, steht sein Leitsystem in ganz konkretem visuellem Austausch mit der Stadt. Das Informations-, Leit- und Orientierungssystem ist direkt auf die massiven Wände aufgebracht und erscheint als eine kulturelle Umarmung des Gebäudes, ganz im Sinn südafrikanischer Lust zu dekorieren und zu bemalen. Die Gestaltung lehnt sich in ihren leuchtenden Farben und ihrem unmittelbaren Ausdruck an die zeitgenössische Kunst, Tradition und Kunsthandwerk sowie die Alltagskultur der Region an und wirkt somit als Bindeglied zwischen der Umgebung, der Landschaft und dem Gebäude. Natürlich ist die direkte und unkonventionell erscheinende Bemalung der Wände auch eine sehr ökonomische Form der Umsetzung von Signaletik, bei der sich mit möglichst geringem materiellem Aufwand ein größtmöglicher Effekt erzielen ließ. Neben der Erfüllung des funktionalen Anspruchs, eine reibungslose Fußballweltmeisterschaft zu veranstalten, hatte die Signaletik auch einen großen Anteil daran, die Identität des Orts zu stärken und die Soft Skills des Gastgeberlands wie Offenheit, Freundlichkeit und Freude per medialer Übertragung der Welt zu kommunizieren. Hier ist die Signaletik im wahrsten Sinne des Wortes integraler Bestandteil der Architektur.

Kulturelle Identität zeigt sich nicht nur in der Art und Weise, wie sich Menschen Räume aneignen, also wie Räume gedeutet und letztendlich genutzt werden. Gerade an der Lesart reduzierter Zeichen, Symbole und Piktogramme werden unterschiedliche kulturelle Prägungen deutlich. Bei Projekten im Nahen Osten, also in traditionell muslimischen Regionen, gelten beispielsweise ganz andere Regeln der Zeichensprache. Die Dame im Mini als bei uns allgemeingültig anerkanntes Piktogramm für den Sanitärbereich Damen, die Otl Aicher für die Olympischen Spiele 1972 entwickelt hat, wäre undenkbar. In Südafrika spiegelte sich die unterschiedliche Konnotation von Zeichen am Thema Essen wider. Burgerform und blubberndes Limonadenglas wurden als eindeutige Symbole für Verköstigung dem Sektglas und dem dreieckigen Sandwich als Vorschlag der europäischen Gestalter vorgezogen. Es galt, die Stadien in Südafrika einer breiten Bevölkerungsschicht zugänglich zu machen. Daher sollte das Orientierungssystem trotz komplexer Sitzreihenetikettierung möglichst intuitiv erfassbar sein – auch im Hinblick auf Analphabetismus. Im Stadion in Kapstadt wurde deshalb der Farbkreis zum

plakativen Signet der Orientierung (siehe S. 42– 45). Es ist ein additives System, das im Gegensatz zum Konzept für Durban auf die Gebäudeflächen in Form von Einzelelementen appliziert wurde und als modulares System deutlich erkennbar ist. Ähnlich den Steinen auf einem Brettspiel funktioniert das System als Kombinatorik aus Kreisen mit wenigen Variablen wie Farben, Zahlen und Pfeilen.

Alle in einem Boot

Die wichtigste Voraussetzung für eine gelungene Integration der Signaletik mit all ihren Elementen in die Architektur ist die frühzeitige Zusammenführung aller beteiligten Fachdisziplinen. Kommt beispielsweise die Frage nach dem Gebäudeleitsystem erst gegen Ende der Planung ins Spiel, sind bereits viele Entscheidungen gefallen und die Kennzeichnungen unterschiedlicher Gewerke kollidieren. Der Elektriker hat die Standorte für die Sicherungskästen festgelegt, der Lichtplaner bereits über die Position und Beschaffenheit der Beleuchtung entschieden. Gerade das Thema Beleuchtung ist aber auch für das Leitsystem von größter Bedeutung, man denke allein an die unterschiedlichen Lichtverhältnisse bei Tag und bei Nacht. Durch eine vorausschauende und langfristig angelegte Planung lassen sich beispielsweise unnötige Doppelungen von Leuchtsystemen, die für die Beschilderung nötig werden, vermeiden. Neben der Haustechnik sind Sicherheitsbestimmungen bis hin zur Kennzeichnung von Feuerlöschern und Fluchtwegen ein weiterer Bestandteil des breiten Spektrums von Zeichen im Ge bäude, die frühzeitig in eine ganzheitliche und übergeordnete Planung einbezogen werden müssen. Was nützt eine theoretisch weithin sichtbare Beschilderung in einem Parkhaus, wenn Unterzüge, Kabeltrassen, Lüftungskanäle oder abgependelte Leuchten diese verdecken? Leider wird in der Praxis die Schnittmenge zwischen den einzelnen Gewerken und der Signaletik häufig unterschätzt.

Frühzeitige Planung

Neben der Vernetzung der unterschiedlichen am Bau beteiligten Ge werke ist es erforderlich, dass die Planung und Konzipierung des Umfangs und der Inhalte von Signaletik bzw. von Leit- und Informationssystemen parallel zur Planung des gesamten Projekts erfolgt und nicht erst danach. Gebäudeleitsysteme gelten oft als Inklusivleistung der Architekten, frei nach dem Motto »Die paar Schilder können wir doch am Schluss noch aufhängen«. Die eigentliche Krux liegt jedoch häufig in der Kommunikation mit dem Bauherrn. Er muss bereits im Vorfeld der Planungen vom Architekten über die komplexen Zusammenhänge aufgeklärt und davon überzeugt werden, dass es für eine gelungene Verschränkung von Signaletik und Raum nötig ist, frühzeitig Fachplaner einzubeziehen. Ein völlig neuer Weg konnte bei der Planung des Flughafens Berlin Brandenburg Willy Brandt beschritten werden (siehe S.  46/47). Dem Projekt ging eine Studie voraus, in der die Architekten für den Flughafen und alle damit zusammenhängenden Baumaßnahmen Gestaltungsgrundsätze entwickelten. In einer Art Handbuch wurden Materialien, Gebäudekubaturen und Farben in einem frühen Stadium festgelegt, sodass es – trotz der Vielzahl an Planungsbeteiligten und sogar unterschiedlichen Architekten – möglich war, eine ganzheitliche Gestaltung umzusetzen. Auch die Grundlagen des Informationssystems wurden darin bereits Jahre vor der Fertigstellung festgehalten, so z. B. ein einheitliches System für die »Hardware« des Leit- und Werbesystems, das auf dem für die Gesamtplanung des Flughafens relevanten Quadratraster basiert. Neben der Leitfarbe, dem für Berlin und Brandenburg typischen Rot, bilden diese Gestaltungsregeln auch die Basis für die Typografie.

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Integrierte Signaletik

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Signaletik als Brücke zwischen Stadt und Gebäude

Autofahrer: Straßenbeschilderung Zufahrt

Flughäfen gehören – neben Krankenhäusern – wohl zu den komplexesten Bauaufgaben. Die Grundlagen der Orientierung in einem solch großmaßstäblichen, mehrteiligen Verkehrsbau sind zunächst in der Architektur angelegt. Es ist die Einfachheit der Wege, die Sinnfälligkeit der Raumabfolgen und nicht zuletzt die natürliche Belichtung der Innenräume, die den Ausgangspunkt für eine intuitive Erschließung des Gebäudes bilden. Deshalb erhält der neue Flughafen für die Bundeshauptstadt eine zentrale und großzügige Eingangshalle. Dank ihrer Dimensionen und Transparenz kann der Besucher bereits beim Betreten des Terminalgebäudes auf den ersten Blick die unterschiedlichen Ebenen des Flughafens und seine Organisationsstruktur wie von einer Projektionsfläche ablesen. Die sich an die Eingangshalle anschließenden Gebäudelevel sind wie in einer Schnittansicht für den Besucher erkennbar und der Raum lässt sich dadurch in seiner Gesamtheit erfassen. Nichtsdestotrotz kommt der Signaletik gerade bei Verkehrsbauten und vor allem bei einem Flughafen eine ganz besondere Rolle zu. Dies liegt an den komplizierten Abläufen, die der Flugbetrieb vom Check-in über die Gepäckabfertigung bis zum Boarding mit sich bringt. Räumlich zum Tragen kommen dabei die Unterteilung in Land- und Luftseite sowie zollrechtliche und sicherheitstechnische Aspekte. Die Signaletik muss dabei nicht nur international, über kulturell unterschiedliche Konnotationen und Sprachbarrieren hinaus verständlich sein, sondern auch auf zukünftige Veränderungen flexibel reagieren können. Die Aufgabe besteht bei einem logistisch komplexen und großmaßstäblichen Projekt wie einem Flughafen darin, ein einziges System zu entwickeln, das auf unterschiedlichen Maßstabsebenen lesbar ist. Dabei geht es weit über gebäudeinterne Abstimmungen mit Elektrik oder

Fußgänger und Radfahrer: Sekundärleitsystem Airport City und angrenzendes Gelände

Architektur-Modul

Passagiere: Flughafenleitsystem Terminal

Hardware-Raster

Grafik-Unit

65,0 cm 32,5 cm 3,25 cm 62,5 cm

325,0 cm

292,5 cm

260,0 cm

227,5 cm

195,0 cm

162,5 cm

31,25 cm

3,125 cm

125 cm 93,75 cm 62,5 cm Aufsteller frei stehend

125 cm 125 cm Paneel integriert

Für den Flughafen Berlin Brandenburg Willy Brandt wurden bereits vorab in einer Art Handbuch die Grundlagen der Gestaltung festgeschrieben und dabei auch schon die Beschilderungszonen für die unterschiedlichen Nutzergruppen vorgesehen. Die Elemente des Leitsystems basieren auf einem einheitlichen Raster, das sich an dem für die Gesamtplanung des Flughafens relevanten Quadratraster orientiert. Architektur: gmp · Architekten von Gerkan, Marg und Partner, Berlin; JSK International, Frankfurt am Main; Signaletik: Moniteurs Kommunikationsdesign, Berlin

Aufsteller Airport City groß

Straßenschild

Aufsteller Airport City klein

Sitzgelegenheit mit Information

All dimensions are based on the architectural module. All graphic elements are oriented on a grid pattern with half the height and width of the graphic design unit: height 1.625 cm, width 1.5625 cm.

31,25 cm 250 cm 125 cm Deckenschild hängend

93,75 cm Flügelschild

Sicherheitsbestimmungen hinaus um städtebauliche und rechtliche Fragestellungen wie beispielsweise die Vereinbarkeit von Gebäudeleitsystem und allgemeingültigen Verkehrszeichen. Relevant ist aber auch die Frage nach der von der lokalen Stadtverwaltung genutzten Schriftart und wie die beiden »Zeichensprachen« sich ästhetisch begegnen. Das Leitsystem wird zum Vermittler zwischen Stadt und Gebäude, zwischen Außen- und Innenräumen, zwischen öffentlich und privat. Aus diesem Grund war es besonders wichtig, bereits im Gestaltungshandbuch Beschilderungszonen unterschiedlicher Interessensgruppen vorzusehen und zu ordnen. Dazu gehören Mieterlogos am Gebäude, digitale Werbeflächen, Großflächenwerbung an den Parkhäusern, aber auch frei stehende Elemente wie Fahnen und Werbeskulpturen oder am Gebäude angebrachte Tafeln, integrierte, hinterleuchtete Werbeflächen und nicht zuletzt alles, was im Inneren des Gebäudes die Passagierströme leitet und reguliert. Gerade an den Übergängen zwischen öffentlichen und halböffentlichen Bereichen zeigt sich die Konsistenz eines Orientierungssystems. Im Idealfall, so wie es beim Flughafen Berlin Brandenburg der Fall ist, gibt es keine Konkurrenzbeschilderung im Außenraum, alles kommt aus einer Hand. Signaletik und Leitsystem beginnen an der Autobahn und enden am Gate.

Lesbarkeit des Raums als Grundlage für gute Orientierung

Auch wenn wir uns heute mithilfe digitaler Technik, die individuelle Orientierung via Smartphone oder Navigationssystem ermöglicht, vermeintlich überall zurechtfinden können, sind wir gerade im Zusammenhang mit immer komplexeren Abläufen und der täglich auf uns einströmenden Informationsflut auf Reduktion, Vereinfachung und klar erfassbare Weisung angewiesen. Weniger ist heute noch mehr. Mit der Architektur erschaffen wir die »Hardware« guter Orientierung. Ihre Sinnfälligkeit, Eindeutigkeit und Einfachheit hat den wesentlichen Anteil daran, Wege zu erkennen. Im besten Fall gesteht sie den Menschen ihre Eigenverantwortung zu, sich ohne bevormundende Zeichen oder dominante Formensprache eigenständig im Gebäude zurechtzufinden, und verweist die Nutzer auf die eigene Aufmerksamkeit. Das Tageslicht bildet dabei den Ausgangspunkt einer intuitiven Orientierung im Raum. Es zeigt Tageszeit und Himmelsrichtung an. Aber auch andere Sinneseindrücke wie Haptik, Akustik und die Wahrnehmung von Temperatur und Geruch gehören zur Klaviatur, auf der Architekten spielen und über die sie Räume erschaffen, die sich von selbst erschließen. Die Lesbarkeit von Raum beschränkt sich also nicht nur auf verständliche Wegeführungen und Raumabfolgen, sondern schließt unterschiedliche Wahrnehmungsebenen ein, bis hin zu kultureller Prägung und den Besonderheiten des Orts. Leistet die Architektur diese intuitive Erfassbarkeit der Räume als Ergebnis eines ganzheitlichen Entwurfsansatzes nicht, kann selbst das beste Gebäudeleitsystem dieses Defizit nicht wettmachen und wirkt dann eher wie eine Krücke. Folgt das Gebäude jedoch einer inneren Logik, so ist die Signaletik eine selbstverständliche Bereicherung. Voraussetzung dafür ist ihre frühzeitige Konzeption und die Vernetzung aller Planungsbeteiligten. Der Entwerfer von signal- und Orientierung gebenden Systemen muss mit dem Gebäude und allen darin möglichen Abläufen vertraut sein. Das Gradmaß für integrierte Signaletik ist nicht nur, dass man sich an keinem Punkt eines Gebäudes verläuft, sondern genauso die ästhetische Verschränkung von Raum und Zeichen. Die wesentliche Grundlage dafür schafft eine Architektur, die nach dem Ideal des sich selbsterklärenden Raums strebt. 1 Thema »Shared Spaces«, Bauwelt 06/2012, S. 14ff.

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GREEN POINT STADIUM KAPSTADT, ZA Signaletik: Büro für Gestaltung Wangler & Abele, München Architektur: gmp · Architekten von Gerkan, Marg und Partner, Berlin, in Arbeitsgemeinschaft mit Louis Karol architecs, Point architects, Kapstadt

STADIUM Universal Design Grundform Kreis Farben als Informationsvermittler

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Das Leitsystem basiert auf einfachen Formen, klaren Farben und international verständlichen Piktogrammen, die eine gute Orientierung gewährleisten und sich besonders für die barrierefreie Informationsvermittlung eignen.

Die Verschmelzung von Raum und Zeichen gelingt geradezu idealtypisch mit dem Stadionneubau in Kapstadt für die FIFA Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika. Direkt am Atlantik gelegen, besetzt das Oval des frei stehenden Stadions einen markanten Punkt nahe dem Kap der guten Hoffnung. Der architektonische Entwurf sowie die Konzeption der visuellen Kommunikation nehmen direkten Bezug auf den Ort, das Land, die Stadt, den Stadtteil. Zentrales Element des Orientierungssystems ist der Kreis, dessen stringente und systematische Anwendung wesentlich dazu beiträgt, das Erscheinungsbild des Stadions zu prägen. Alle Informationen wie Nummern, Richtungsangaben, Farben und Piktogramme sind auf Kreisflächen appliziert, diese lassen sich frei kombinieren, vertikal oder horizontal addieren und reihen – ein freies Spiel mit Regeln. Die Informationen werden so formal in Einzelelemente aufgelöst und die Schildflächen auf ein Minimum reduziert. Einfache geometrische Formen wie der Kreis eignen sich besonders für die barrierefreie Informationsvermittlung. Durch den Einsatz von Farben sind die Angaben auch für Menschen, die nicht lesen können, leicht verständlich, was in Südafrika durchaus einen nicht zu vernachlässigenden Aspekt darstellt.

GREEN POINT

Der Kreis als Informationsträger setzt sich von der Architektur ab, er ist in sich richtungslos und wirkt selbstverständlich.

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ca. 2200

1600

1600

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a

ca. 600

b

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FLUGHAFEN BERLIN BRANDENBURG BERLIN, D Signaletik: Moniteurs Kommunikationsdesign, Berlin Architektur: gmp · Architekten von Gerkan, Marg und Partner, Berlin; JSK International, Frankfurt am Main

BERLIN BRAND Monochromie der Signaletik Gestaltungshandbuch

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Der neue Flughafen für die Region BerlinBrandenburg empfängt die Fluggäste in einer zentralen großzügigen Eingangshalle, die für eine weitgehend selbsterklärende und intuitive Erschließung des Gebäudes sorgen soll. Wie von einer Projektionsfläche lässt sich die Organisationsstruktur des Raums und  seiner weiterführenden Ebenen auf den ersten Blick ablesen. Bereits im Vorfeld der Planungen wurde ein Handbuch mit Gestaltungsgrundsätzen, Gebäudekubaturen, Materialien und Farben erarbeitet, das alle Disziplinen einbezieht und so eine ganzheitliche Gestaltung ermöglichte. Auch die Grundlagen des Leitsystems sind darin bereits festgehalten. Die Elemente, die Informationen tragen, werden entweder in die Konstruktion integriert, bilden Bestandteile architektonischer Elemente wie z. B. der Counteranlagen oder sind selbst raumbildend; hängende Elemente wurden vermieden. Diese enge Verflechtung des Leitsystems mit dem Gebäude sorgt für eine einheitliche Erscheinung. Die Leitfarbe Rot – Landesfarbe von Berlin und Brandenburg – transportiert die Identität des Flughafens. Sie ist allein der Fluginformation vorbehalten und kommt in der Architektur nicht vor, weshalb sie auch aus großer Entfernung schnell als Informationsträger erkannt wird. Differenzierungen und Nuancen werden über Linierung und Tonwertoptimierung der Primärfarbe erzielt, Sekundärinformationen stehen auf dunklem Grau. Eine doppelte Differenzierung der Schrift  in Schriftschnitt und -größe vermittelt die Zweisprachigkeit von Informationen. Das Leitsystem ist auch im Außenraum weitergeführt und umfasst ebenso Verkehrs- und Fußgängerleitsystem sowie Straßen- und Parkhausbeschilderung – alles greift ineinander.

FLUGHAFEN ENBURG Das Leitsystem greift gestalterische Elemente der Architektur auf, z. B. die linearen, rasterförmigen Strukturen des Terminalgebäudes mit seinen klaren geometrischen Formen.

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THE COOPER UNION NEW YORK, USA Signaletik: Pentagram Design, New York Architektur: Morphosis Architects, Santa Monica

Die Verlängerung der Schrift über Eck wirkt wie ein Barcode und verstärkt die optische Wahrnehmung.

UNION Perspektivische Verzerrungen Dreidimensional eingesetzte Schrift

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150 Jahre nach ihrer Gründung eröffnete die Cooper Union 2009 ihr neues, skulpturales Hochschulgebäude im New Yorker East Village, das schnell zu einem weiteren Wahrzeichen der Stadt wurde. Das für die Beschilderungen und Grafiken entwickelte Konzept integriert sich vollständig in die dynamische Formsprache der Architektur. Die gewählte Schriftart Foundry Gridnik ähnelt dem Schriftzug auf der Fassade des schräg gegenüber stehenden Hauptgebäudes der Universität und stellt so den Bezug dazu her. Gleichzeitig reflektiert ihr harter und futuristischer Charakter aber auch die Form und die Materialien des Neubaus. Sie findet im ganzen Gebäude für das Orientierungssystem Verwendung und wird dabei auf unterschiedlichen Materialien wie Edelstahl und geätztem Glas eingesetzt. Über dem Eingangsbereich des Gebäudes erhielt die Fassade einen op tisch verzerrten Schriftzug, bei dem die obere Hälfte der Schrift aufgesetzt, der untere Teil dagegen ausgespart ist. Frontal betrachtet ist der Gebäudename korrekt  lesbar. Ein natürlich belichtetes Atrium, das neun Stockwerke hoch aufragt, bildet die Lobby. Das dominierende Element im Eingangsbereich ist eine skulpturale Treppe, auf deren Unterseite über 80 Lamellen installiert sind, die die Namen der wichtigsten Förderer der Hochschule tragen. Dafür wurde die Typografie dreidimensional um die Kanten laufend auf Vorder-, Unter- und Rückseite der Lamellen appliziert. Die Kennzeichnung der Räume und Büros auf Eckschutzschienen aus Edelstahl erfolgte ähnlich. Hier ist die Schrift linienhaft über Eck verlängert und wirkt je nach Betrachterwinkel wie ein Barcode.

Die skulpturale Treppe dominiert das Foyer und trägt auf den installierten Lamellen die Namen der wichtigsten Förderer der Hochschule. Auf der Dachterrasse sind weitere Namen in den Bodenbelag eingraviert.

THE COOPER

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Torsten Krüger

Corporate Identity – Building Identity

Markenkommunikation

Der im Marketing gebräuchliche Be griff der Markenkommunikation be schreibt die Summe aller Elemente, die für die Wahrnehmung und Entwicklung einer Marke wesentlich sind. Basis der Markenführung ist die Corporate Identity, die anhand eines Gestaltungshandbuchs den öffentlichen Auftritt mit Wort- und Bildmarke, Logo, Typografie  sowie Beispielen für alle Anwendungen verbindlich festlegt. Die Verwendung des Begriffs Corporate verweist auf den Bezug eines Fachgebiets zu einer übergeordneten Markenstrategie – beispielsweise Corporate Design, Corporate Behavior, Corporate Governance, Corporate Social Responsibility. Die 2D-Markenstrategie kommt im Wesentlichen bei Printprodukten wie Broschüren, Anzeigen und Plakaten sowie bei der Unternehmenskorrespondenz zum Einsatz. Auch die Gestaltung von Internetauftritten, Filmen oder interaktiven Applikationen orientiert sich an der Corporate Identity. Die 3D-Markenstrategie beschreibt die Umsetzung der Corporate Identity hinsichtlich der räumlichen Wahrnehmung in der Architektur, der Innenarchitektur sowie auf Messen und bei Events. Die Begriffe Corporate Interior Design und Corporate Architecture bezeichnen dementsprechend die Anwendung der Corporate Identity auf die Fachgebiete Innenraumgestaltung und Architektur. Auch für die Gestaltung von Informations- und Orientierungssystemen sollten die Vorgaben der Corporate Identity entsprechend berücksichtigt werden. Architektur, Innenarchitektur und Signaletik sind jedoch eigenständige Fachgebiete, deren Entstehung und Form nicht allein auf der Corporate Identity einer Marke oder eines Unternehmens basieren können. Der Begriff Building Identity betont deshalb die Eigenständigkeit und die besonderen Rahmenbedingungen, die für die Entstehung von Gebäuden relevant sind. Er umfasst alle im Bezug auf ein Gebäude

wesentlichen Elemente der Wahrnehmung und bezieht die Aspekte Architektur, Innenraumgestaltung und Signaletik mit ein.

Innovation und Kontinuität von Marken

Botschaft und Wahrnehmung sind die wesentlichen Bestandteile der Markenkommunikation. Jeder, der sich mit der Entwicklung und Positionierung von Marken beschäftigt, sucht die Balance zwischen einer innovativen Fortschreibung der Marke, die auf soziale, kulturelle und inhaltliche Veränderungen reagiert, und der Fortführung des etablierten Markenauftritts. Auch Architekten und Designer streben oft nach einer Markenwahrnehmung ihrer Projekte und Produkte sowie nach der Wahrnehmung ihrer individuellen Persönlichkeit als Künstler. Marken über einen langen Zeitraum strategisch zu begleiten, bedeutet jedoch, die eigene Kreativität mit den Intentionen der Marke in Übereinstimmung zu bringen. Die intensive kreative Auseinandersetzung zwischen den beauftragten Agenturen, Designern und Architekten sowie den für die Markenführung verantwortlichen Managern ist Voraussetzung für ein erfolgreiches Konzept. Eine Marke, die sich diesem evolutionären Entwicklungsprozess nicht stellt, verliert in kürzester Zeit die Verbindung zum Markt und die Akzeptanz der Kunden. Die Adressaten der Markenbotschaften sind interessanterweise zuerst die Mitarbeiter des Unternehmens, die an Produktentwicklungen, Marketing- und Vertriebsstrategien be teiligt sind. Sie erzeugen eine emotionale Schwingung, die Unternehmen oder Produkte positioniert und weit in den Markt dringen kann. Dort muss sich ihre Intensität und Ausstrahlung im Vergleich zu anderen Marken beweisen. Substanz, Idee, Stimmung und Esprit des Markenauftritts formen in der Summe ein Wahrnehmungsprofil, das den angesprochenen Zielgruppen die Identifikation erleichtern soll. Die Abgrenzung zu anderen Marken und die Formulierung eines unverwechselbaren Profils erzeugen natürlich Anhänger und Gegner. Diese Polarisierung stützt die Marke und ermöglicht es, Alleinstellungsmerkmale herauszuarbeiten, die den Mehrwert für die Nutzer begreifbar machen.

Building Identity und Ikonen

Die Übertragung dieses für Unternehmen und Produkte entwickelten Denkens auf die Architektur folgt der konsequenten Logik, dass der Mechanismus von Botschaft und Wahrnehmung auch eine Voraussetzung für den Erfolg von Immobilien ist. Building Identity wird so zum strategischen Ansatz sowohl bei der Konzeption von neuen als auch bei der Revitalisierung bestehender Immobilien. Zwei grundsätzliche Strategien lassen sich in diesem Zusammenhang aus der Frage ableiten, wer für wen baut. Tritt ein Unternehmen als Investor auf, ist es in der Regel das Ziel, den

oben: Im VitraHaus in Weil am Rhein präsentiert der Schweizer Möbelhersteller Designmöbel für Privatleute, das Gebäude weckt Assoziationen zum Urbild des Hauses. Nutzung und Marketing verschmelzen in einer Gebäudeform, deren Botschaft einfach abzulesen und weithin sichtbar ist. Architektur: Herzog & de Meuron linke Seite: Die Allianz Arena reagiert mit unterschiedlichen Lichtinszenierungen auf die Markenfarben der Fußball vereine FC Bayern München und TSV 1860 München. Architektur: Herzog & de Meuron

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Corporate Identity – Building Identity

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Markenauftritt der Firma mit ihrer Corporate Identity zu verbinden. Dadurch werden Anforderungen wie innovativ, solide, langlebig, dynamisch oder auch Eigenschaften, die mit den Produkten in Zusammenhang stehen, in den Entwurfsprozess eingebracht. In diesem Fall kann die Corporate Identity Anregungen für die Entwicklung des Architekturkonzepts geben. Bei spekulativen Investitionen ohne vorab feststehenden Nutzer formuliert ein Investor eine Building Identity, die den Zielvorstellungen und der Corporate Identity einer möglichst großen Zahl von potenziellen Nutzern nahekommt. Der Mieter oder Käufer kann dem Gebäude dann zusätzlich seinen Markennamen geben, der bei einem Mieterwechsel oder Verkauf jedoch problemlos austauschbar sein sollte. Da praktisch alle Unternehmen von sich behaupten, innovativ, nachhaltig, dynamisch und vor allem einzigartig zu sein, orientieren sich Gebäudekonzepte oft an diesen Eigenschaften. Darüber hinaus werben Investoren auf dem globalen Markt für Immobilien mit expressiven und außergewöhnlichen Formen um mediale Aufmerksamkeit, die die Chancen einer erfolgreichen Vermarktung steigen lässt. Architektur wird von Unternehmen, Städten und Ländern als Beweis für kulturelle, wirtschaftliche und politische Leistungsfähigkeit genutzt und repräsentiert den internationalen Status des Standorts und der Eigentümer. Der Boom architektonischer Ikonen in der internationalen Architektur ist Ausdruck dieser Tendenz. Architektur- und Designsprache folgen jedoch ebenso den tradierten Erfahrungswerten und werden von städtebaulichen, landschaftlichen und lokalen Besonderheiten beeinflusst. Zu den weiteren Faktoren, die das architektonische Konzept mitbestimmen, gehört auch, dass Abschreibungszeiträume und Lebenszyklen von Immobilien wesentlich länger sind als die Lebensdauer schnelllebiger Marketingkonzepte. Aufgrund des mitunter langen Realisierungszeitraums, der zwi-

oben: Am Londoner Flughafen Heathrow werden die Wege zu den Anschlussflügen über ein eigenes Signaletiksystem mit dem Schriftzug »Flight Connections« und der Signalfarbe Lila kommuniziert. rechte Seite: Die neue Firmenzentrale von Apple im kalifornischen Cupertino nimmt in seiner Formensprache Elemente aus der Produktgestaltung des Unternehmens auf. Architekten: Foster + Partners

schen dem ersten Konzept und der Übergabe des fertigen Gebäudes an den Nutzer liegt, ist es nur eingeschränkt möglich, mit der baulichen Struktur auf veränderte Nutzer- und Designvorstellungen zu reagieren. Gebäude müssen deshalb auch dann noch eine tragfähige Identität aufweisen, wenn die ästhetischen und funktionalen Grundlagen ihrer Entstehung sich bereits weiterentwickelt haben. Gut gestaltete Orientierungs-, Leit- und Informationssysteme sind auf der baulichen Ebene eine Komponente, mit deren Hilfe sich das Gebäude schnell und präzise an Nutzer vermitteln lässt. Sie folgen den Fortschreibungen der Organisation sowie der Philosophie eines Unternehmens und spiegeln die Unternehmenskultur wider. Je komplexer das Gebäude und seine Funktionen sind, desto einfacher und eindeutiger muss ein gutes Orientierungssystem gestaltet sein.

Vom Informationssystem zur Markenwelt

Die Übergänge zwischen Architektur, Innenraumgestaltung und Signaletik sind fließend. Trendsetter in der Ge staltung von Informations- und Orientierungssystemen sind oft kleinere, individuelle oder im Kontext von Kunst angesiedelte Projekte. So kann sich beispielsweise das Architekturkonzept im Kommunikationsdesign in Plakaten und Flyern, im Internet und im Orientierungssystem fortsetzen. Dies wird beispielsweise am Museion in Bozen deutlich, dessen Architektursprache die Entwicklung der Corporate Identity des Museums für moderne Kunst maßgeblich beeinflusst hat (siehe S. 56/57). Unkonventionell ist auch der Umgang mit Typografie und Bildsprache in der Family Box, er verweist auf den Kontext des Gebäudes als sozialer Treffpunkt für Familien (siehe S. 88– 91). Die Überlagerung der einzelnen Disziplinen gipfelt in den Markeninszenierungen von Hauptverwaltungen und Markenwelten, die die Grenzen zwischen den Fachgebieten im Sinn einer integrierten, auf das Gesamterlebnis der Marke ausgerichteten Kommunikationsstrategie überwinden. Diese strategische Zielsetzung wird in Projekten wie dem adidas Laces in Herzogenaurach (siehe S. 62–65), dem Rolex Learning Centre an der EPFL in Lausanne von SANAA oder dem von Norman Foster konzipierten Neubau für die Hauptverwaltung von Apple in Cupertino/CA, der schon vor der Eröffnung unter dem Titel »Spaceship« mediale Aufmerksamkeit erlangte, deutlich. Die in diesen Beispielen erreichte Qualität und Komplexität kann jedoch nur durch intensives Zusammenwirken aller Beteiligten entstehen. Die Budgets für solche strategischen Unternehmensprojekte betragen ein Vielfaches der Finanzmittel, die bei öffentlichen Schulen, Krankenhäusern, Universitäten oder Behörden für Orientierungssysteme zur Verfügung stehen. Grundlegend für eine erfolgreiche Markenstrategie ist die Erkenntnis, dass der Wert von Marken, Produkten und Unternehmen entscheidend von der öffentlichen Wahrnehmung abhängt. Deshalb sind die Führungsebenen erfolgreicher Unternehmen unmittelbar an den Entscheidungsprozessen für die Entwicklung von Corporate und Building Identity beteiligt und fördern von Anfang an den fachübergreifenden Diskurs zwischen Architektur, Design und Signaletik. Dieser strategische Ansatz ist aufgrund der Gliederung und der Zuständigkeiten einzelner Verwaltungen im Bereich der öffentlichen Investitionen schwer umzusetzen. Doch trotz der Fokussierung auf das für die Funktionsfähigkeit der Gebäude notwendige Maß entstehen bei öffentlichen Projekten immer häufiger innovative und ansprechende Konzepte, die auch den Wandel hin zu einer offenen, modernen und bürgernahen Dienstleistung symbolisieren. Zugleich befinden sich Universitäten, Bibliotheken, Krankenhäuser und Verwaltungen teilweise untereinander im Wettbewerb und konkurrieren zur Sicherung ihrer Zukunftsfähigkeit mit privaten Firmen und Institutionen um die qualifiziertesten Mitarbeiter. Hierbei kommt den Bildungsthemen eine besondere Bedeutung zu. Universitäten und die angeschlossenen öffentlichen und privaten Institute und Einrichtungen haben erkannt, dass das visuelle Erscheinungsbild von Hochschulen, Forschungs- und Entwicklungslaboren einen großen Einfluss auf die Arbeitsatmosphäre und die Akzeptanz der Einrichtung hat. Jeder möchte gern in einem modernen und anregenden Ambiente an den Zukunftsthemen der Menschheit mitwirken. Die Herausforderung besteht u. a. darin, in den architektonisch unterschiedlichen Gebäuden ein einheitliches Kommunikationsniveau zu erreichen. Die Entwicklungsprozesse im Rahmen einer notwendigen Neubaumaßnahme, das Nachdenken über Strukturen und Arbeitsabläufe, stehen oft am Beginn einer intensiven Auseinandersetzung mit der Institution und der Marke. Die Realisierung eines Neubaus bietet daher auch die Chancen einer Überarbeitung und

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Corporate Identity – Building Identity

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Weiterentwicklung der Corporate Identity, die dann wiederum die Gestaltung des Informations- und Orientierungssystems beeinflussen kann (siehe Leibniz-Institut für Ostseeforschung, S. 132/133). Universitätskliniken gehören aufgrund ihrer hohen Anzahl von Fachbereichen und Räumen zu den anspruchsvollsten Gestaltungsaufgaben für die Signaletik. Alle Funktionen sind in ein übersichtliches und für die Nutzer und Besucher leicht verständliches Leit- und Orientierungssystem zu überführen. Klar strukturierte Hierarchieebenen, eindeutige Typografie und Piktogramme sowie Farbcodierungen erleichtern die Orientierung (siehe Universitätsmedizin Greifswald, S. 102–105). Auch Bauaufgaben wie Flughäfen, Bahnhöfe und Sportanlagen stellen hohe Ansprüche an die Signaletik. Wer beispielsweise am Flughafen London Heathrow landet oder umsteigt, versteht schnell die Aufgaben eines Informations- und Orientierungssystems. Zahllose Erweiterungsbauten kennzeichnen die bauliche Entwicklung des größten europäischen Flughafens, dementsprechend existieren ebenso viele Kommunikations- und Werbeelemente, die den Reisenden informieren und an sein Ziel führen sollen oder Toiletten und Fluchtwege ausweisen. Neben dem finanziellen Aufwand für die Signaletik stellt sich auch die Frage, wie oft sich existierende Orientierungssysteme fortschreiben und an eine bauliche Erweiterung, eine neue Auflage oder ein neues Gesetz der genehmigenden Behörden anpassen lassen. Sehr oft, wie London Heathrow beweist. Dort überlagern sich verschiedene Orientierungssysteme, von denen jedes einen eigenständigen Layer mit eigenem Farb- und Typografiesystem bildet. Die in Lila gehaltene Beschilderung »Flight Connections« z. B. bringt den Fluggast sicher zum richtigen Terminal. Für die Durchführung der Olympischen Spiele in London 2012 wurde ein ganzheitliches Corporate Design mit einem de tailliert und umfangreich ausgearbeiteten Informations- und

Während der Olympischen Spiele wurden am Flughafen London Heathrow zusätzliche Informations- und Wegeleitelemente in das vorhandene System integriert.

Orientierungsdesign entwickelt, das den Gast bereits an den Flughäfen der Stadt empfängt, durch die Stadt begleitet, in allen öffentlichen Verkehrsmitteln präsent ist und die Besucher sicher durch das Olympiagelände führt. Das Beispiel zeigt, welche Bedeutung der Signaletik für solche gesellschaftlichen und sportlichen Großveranstaltungen zukommt. Sie wird hier zum universellen Botschafter der olympischen Idee, des Gastgeberlands und der City of London.

Kulturelle Traditionen

Kulturelle Traditionen haben auf die Entwicklung einer Markenidentität großen Einfluss, da sie in Bezug auf ein Land, eine Region oder eine Religion universell verständliche Muster ausprägen. Deutlich wird dies beispielsweise an

Die Signaletik der Olympischen Spiele in London 2012 positioniert mit ihren Formen, Farben und Piktogrammen die Marke Olympia im Stadtbild und bildet einen wesentlichen Bestandteil der positiven öffentlichen Wahrnehmung des Sportevents. Konzeption: Surface Architects

japanischen Projekten, die das ihrer Kultur entlehnte Prinzip der Reduktion von Elementen und Farben aufnehmen, z. B. durch die Beschränkung auf wenige Materialien und deren natürliche Farbwirkung (siehe 9h Capsule Hotel, S. 60/61; Nagasaki Prefectural Art Museum, S. 118/119). Die bewusste Minimierung der Farbpalette, Elemente und Themen sowie die Einbindung aller Dinge in ein übergeordnetes, kontemplatives Konzept drücken höchste Vollkommenheit aus. Nach diesem Prinzip, das im japanischen Alltag überall anzutreffen  ist, sind viele Informations- und Orientierungssysteme gestaltet.

Teamwork

Die Auseinandersetzung mit Gestaltungsaufgaben im Bereich der Informations- und Leitsysteme erfordert neben der genauen Kenntnis des architektonischen Konzepts des jeweiligen Gebäudes auch ein gutes Verständnis der Ziele eines Unternehmens sowie seiner Produkte. Die Basis effektiver Orientierung ist stets die genaue Analyse der oft komplexen Funktionsabläufe und Informationshierarchien. Spezialisierte Agenturen und Gestalter begleiten mit ihrem umfangreichen Fachwissen und mit großer Kreativität die Planung und Realisierung solcher Systeme. Damit das Werk gelingt, ist eine offene Arbeitsatmosphäre zwischen Hochbau- und Innenarchitekten, Designern und Grafikern bis hin zu Programmierern und Filmagenturen bei anspruchsvollen Projekten notwendig, die dazu beiträgt, den künstlerischen Spannungsbogen ihrer Ideen zu einem großen Ganzen zusammenzuführen. Corporate und Building Identity gehen auf diesem Weg eine Partnerschaft ein, die das Produkt, die Marke, aus der Masse hervorhebt.

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MUSEION BOZEN, I Signaletik: Tomato, London Architektur: KSV Krüger Schuberth Vandreike, Berlin

Kunstobjekt und Markeninszenierung Flexibles Magnetsystem

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Die aus den Fassaden abgeleiteten unregelmäßigen »graphic forms« sind ein Schlüsselelement der Corporate Identity des Museums. Der Font Lubalin kommt für die öffentliche Kommunikation des Museions zum Einsatz, für alle internen Kommunikationsformen wird die Schrift Futura genutzt.

Das Museion – Museum für Moderne und Zeitgenössische Kunst in Bozen ist ein Symbol für den Aufbruch Südtirols in die Moderne. Das Gebäude öffnet sich mit zwei großen Glasflächen zur Altstadt und zum Fluss Talfer mit der Neustadt auf dem gegenüberliegenden Ufer. Eine zweiarmige Fuß- und Radwegbrücke, die Bestandteil des Museumsentwurfs ist, verbindet die Stadtteile. Ausgehend vom Architekturkonzept wurde für das Museum eine Corporate Identity entwickelt, die Logo, Wortmarke sowie analoge und digitale Medien umfasst. Das Logo leitet sich durch Abstraktion aus der Eingangsfassade ab. Die Wortmarke »Museion« unterstreicht den konzeptionellen Charakter des Hauses. Für Plakate, Anzeigen und die Webseite wurde ein grafisches Konzept entwickelt, bei dem die Kubatur des Gebäudes und die Form der Glasfassaden durch unterschiedliche Blickwinkel und Überlagerungen eine unendlich große Anzahl von visuellen Icons, »graphic forms« genannt, generieren. Das Orientierungs- und Wegeleitsystem baut auf der Corporate Identity des Museums auf und setzt ein eindeutiges, aber zugleich experimentelles Konzept um. Das Museion zeigt keine feste Sammlung, jede Ausstellung wird von einem Kurator individuell unter Verwendung von Sammlungsbeständen und externen Kunstwerken entwickelt. Daher wurde für die Geschossinformationen ein Magnetsystem entworfen, mit dem Holzelemente, in die die notwendigen Angaben eingeschnitten sind, an der Wand befestigt werden. Die Zielorte lassen sich so je nach Ausstellungskonzept unterschiedlich benennen. Auch feststehende Funktionen wie Cafeteria und Bibliothek sind mit diesem System ausgewiesen. Die Beschriftung erfolgt in Deutsch, Italienisch und Englisch, im Fall von international eindeutigen Begriffen auch nur in einer Sprache.

MUSEION

Das Informationssystem für die Geschossebenen basiert auf einem Magnetsystem, in das die Holzelemente als Informationsträger integriert sind.

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9H CAPSULE HOTEL KIOTO, J Signaletik: Hiromura Design Office, Tokio Architektur: Sigma Architectural Design, Kioto

HOTEL

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Jeder Gast erhält mit dem Logo versehene Pantoffeln, Schlafbekleidung und auch Sanitärartikel im Hoteldesign.

9H CAPSULE Minimalistisch Maximaler Farbkontrast Piktogramme als Leitelemente

Das 9h Nine Hours ist ein Kapselhotel und versteht sich als ein Ort des Transits bzw. des kurzzeitigen Verweilens im städtisch verdichteten Raum. Das Konzept basiert auf einem neunstündigen Aufenthalt der Gäste, der sich aus der Abfolge 1 + 7 + 1 zusammensetzt, also eine Stunde, um zu duschen, sieben Stunden Schlaf und eine Stunde, um sich anzukleiden. Der Idee des nahtlosen Übergangs, die der Gestaltung zugrunde liegt, entspricht auch, dass Grafik-, Interior- und Produktdesigner das Projekt von Anfang an interdisziplinär entwickelten. Reduziert, durchdacht und integriert begleitet die Signaletik die Funktionsabläufe im Hotel. Das Farbschema des Hotels basiert auf dem schrittweisen Übergang von Weiß im Eingangsbereich über das Grau der Waschräume zu Schwarz in den Schlafbereichen. Auf diese Weise wird der Raum in öffentliche und private Bereiche zoniert. Piktogramme an den Wänden und auf dem Boden führen die Besucher Schritt für Schritt durch den Ablauf ihres Aufenthalts. Jede Funktion wird zum Zeichen, die Aneinanderreihung der einzelnen Symbole lässt eine bildhafte Gebrauchsanleitung entstehen, die gänzlich ohne Worte auskommt und für jeden verständlich ist. Bei der Realisierung der Piktogramme nutzten die Designer die Technik des Zougan, eine traditionelle japanische Einlegekunst. Dadurch findet sich das Konzept der fließenden Überleitung auch in der Materialität wieder, Architektur und Signaletik verbinden sich nahezu nahtlos.

Einfache, klare Piktogramme auf Wänden und Boden zeigen den Weg durch das Gebäude und stellen gleichzeitig eine Art Gebrauchsanweisung dar.

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ADIDAS LACES HERZOGENAURACH, D Signaletik: büro uebele visuelle kommunikation, Stuttgart Architektur: kadawittfeldarchitektur, Aachen

Verschmelzung von Raum und Zeichen Leitmotiv Bewegung Dreidimensionale Elemente

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Die Erweiterung des adidas-Campus mit dem neuen Forschungs- und Entwicklungszentrum »Laces« steht für vergegenständlichte und sichtbare Markenpflege und zeigt konsequent die Projektion der Unternehmensziele auf die Architektur. Dabei sind die Grenzen zwischen Architektur, Design, Kommunikation und Corporate Identity aufgehoben. Das Gebäude bildet eine räumliche Schleife, in der frei schwebende Stege ein Atrium überspannen und den Baukörper »schnüren«, ähnlich den Schnürsenkeln (englisch »laces«) eines Sportschuhs. Sie verbinden die einzelnen Abteilungen des Gebäudekomplexes und sorgen für kurze Wege. Das Orientierungssystem unterstützt diesen Gedanken, indem es an den Knotenpunkten über die Lage der Gebäudeteile informiert. Auf den gläsernen Brüstungen sind die Namen der Besprechungszonen zu lesen, diese erzeugen beim Blick durch die Halle ein bewegtes, aber zurückhaltendes Bild und weisen den Besuchern den Weg. Die Typografie zieht sich leicht und flirrend über Wände und Brüstungen und verändert dabei ihre Form. Die Konturlinien der Buchstaben und Pfeile werden versetzt und rhythmisch wiederholt: Daraus entwickelt sich der Eindruck einer Bewegung, das Leitmotiv der grafischen Sprache. Worte bezeichnen Orte, werden zu Farbflächen, Reliefs und Skulpturen mit raumbildender Funk tion, wie z. B. der Informationstresen oder die Raumtrennung in der Cafeteria. Im Erdgeschoss und im Hof zeigen überdimensionale Großbuchstaben als Zielbestätigung die Eingänge zu den einzelnen Abteilungen an. Sie sind in die Wände aus dünnen Stahlröhren integriert und als Orientierungshilfe von jedem Punkt in der Halle zu sehen. Die Lounges in den Obergeschossen, die als Besprechungsräume dienen, erhalten prägnant ausgeformte Wände mit Reliefs von Schriftzügen berühmter Produkte. Diese geben den Räumen nicht nur ihren Namen, sondern auch eine unverwechselbare Identität.

ADIDAS LACES Auf den Glasbrüstungen der Stege, die das Innere des Gebäudes durchziehen, wirken die Buchstaben wie aus einem hauchdünnen, durchsichtigen Vlies ausgestanzt. Die Konturen bestehen aus hochspiegelnder Folie und erzeugen so ein flirrendes Bild.

An manchen Stellen verdichten sich Buchstaben zu abstrakten Flächen oder reliefartigen Wandbildern, sie formen Raumtrennungen oder die Informationstheke.

3 SIGNALETIK

PLANEN 68

Verschmelzung von Zeichen und Raum Ruedi Baur

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STACHUS PASSAGEN, München, D

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MÉDIATHÈQUE ANDRÉ MALRAUX, Straßburg, F

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DESIGN MUSEUM HOLON, Holon, IL

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Universal Design Beate Kling

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FAMILY BOX, Peking, CN

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TIEFGARAGE HOCHHAUS AM PARK, Frankfurt am Main, D

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VOLKSSCHULE TSCHAGGUNS, Tschagguns, A

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Analyse und Informationssystematik Beate Kling

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UNIVERSITÄTSMEDIZIN GREIFSWALD, Greifswald, D

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BERNAQUA, Bern, CH

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SIGNTERIOR, Shanghai, CN

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Orientierungsdesign Torsten Krüger

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ORDNUNGSAMT STADT FRANKFURT, Frankfurt am Main, D

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NAGASAKI PREFECTURAL ART MUSEUM, Nagasaki, J

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ETH SPORT CENTER SCIENCE CITY, Zürich, CH

SIGNALE TIK PL ANEN

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Ruedi Baur

Verschmelzung von Zeichen und Raum

Blick von der Terrasse eines Cafés im Zentrum von Wien

Eigentlich spielt der Ort, an dem wir uns befinden, keine große Rolle, denn das behandelte Phänomen lässt sich überall dort entdecken, wo unsere Zeit mit Zeugnissen der Vergangenheit konfrontiert wird. Es handelt sich hier also um ein Beispiel. Richten wir nun unsere Aufmerksamkeit auf die visuellen Zeichen der Gegenwart. In Wien trifft man häufiger als in anderen Städten auf eine solche Heterogenität, die wir für unsere Beobachtungen nutzen können. Wenn wir hier wie in einem Suchbild die berühmten »zehn Fehler« bewusst suchen, springen sie sofort ins Auge. Nichtsdestotrotz hätten wir sie einfach nicht wahrgenommen, wenn wir uns nicht darauf konzentriert hätten. Zu sehr sind wir daran gewöhnt, unser Dasein in einer Umgebung zu bestreiten, die glücklicherweise unvollkommen ist. Doch lassen wir hier zunächst einmal alle visuellen Zeichen beiseite, die standardmäßig überall auf der Welt per Katalog oder im Internet geordert werden können und die den jeweiligen Kontext, in den sie eingepflanzt werden, vollkommen verhöhnen. Ebenso seien auch die Schilder ignoriert, die bei  großen Handelsketten zum Einsatz kommen und die in jeder Stadt gleich sind – die weltweit führenden Handelsmarken passen mit ihren Firmenzeichen vorgefertigte Konzepte an eine Realität an, die in ihrer Komplexität überhaupt nicht vorauszusehen ist. Daher konzentrieren wir uns auf diejenigen Elemente, die für einen ganz bestimmten Kontext im Hier und Jetzt konzipiert wurden. Den Designern dieser visuellen Zeichen werfe ich vor, dass sie entsprechende Vorlagen am Bildschirm ihres Computers mit Grafikprogrammen erstellen, statt sich die Situation vor Ort anzusehen, und damit ihre Schöpfungen auf eine Realität übertragen, der sie nicht wirklich Rechnung tragen. Sie passen bestenfalls noch die Dimen-

sionen der Schilder mehr oder weniger an. Und auch hier muss ich als Beobachter urbaner Feinheiten feststellen, dass ich häufig dem Gegenteil begegne. Bei diesen Justierungen handelt es sich eher um Annäherungen, sie beziehen sich selten auf die grafischen Aspekte. Sie scheinen vom Kontext unabhängig zu sein, uneinheitlich, nicht integriert, also rein funktional. All dies ist völlig sinnlos, wenn der Zusammenhang nicht beachtet wird, und am Ende wirken die Ergebnisse trivial und einfallslos, ja überflüssig. Diese Erkenntnisse erinnern mich an einen Film über indische Buchstabenmaler, die trotz ihres ungeheuren Wissens gezwungen waren, mit dem Computer zu arbeiten, um glaubhaft zu bleiben. Diese »Fachleute« also erstellen visuelle Zeichen von unglaublicher Mittelmäßigkeit. Der eine entwickelt eine Botschaft, die sich auf den sie umgebenden Ort bezieht, maßstabsgetreu für die Situation entworfen, der andere aber setzt sich vor einen Bildschirm, eine Oberfläche, die dann auf den Ort übertragen wird – eine kulturelle Katastrophe, hervorgerufen durch die Industrie für Druckerzeugnisse; eine Frage der Kontextualisierung, die sich hier in einer Krise wiederfindet.

Der siegreiche Wettbewerbsbeitrag für die Europaallee in der Zürcher Innenstadt wurde gemeinsam mit den Landschaftsarchitekten erarbeitet. In dem Entwurf spielte die Grafik schlussendlich nur eine untergeordnete Rolle und wurde ausdrücklich minimalistisch gehalten, denn im eher puristischen Zürich steht man jeder hervorstechenden Beschilderung und jedem Bild kritisch gegenüber. Die Baumreihen unterstützen die Orientierung und verbergen bewusst die Beschriftungen. Auch das nahe gelegene Bahnhofsquartier erfährt dadurch eine große Ruhe. Städtebaulicher Masterplan: KCAP Architects and Planners, Kees Christiaanse; Landschaftsarchitektur: Rotzler Krebs Partner; Grafik: Intégral Ruedi Baur, Zürich, Ruedi Baur, Axel Steinberger, Jana Strozinsky; Lichtplanung: Rolf Derrer

Dagegen beweisen die fantastischen Kinoplakate der 1950erbis 60er-Jahren aus Kalifornien oder Las Vegas – ist dieser Beweis wirklich nötig? –, dass keine grundlegende Dichotomie zwischen der Moderne und den grafischen Zeichen besteht. Warum gibt es dann also so viel Mittelmäßigkeit? Was hat sich verändert? Weshalb wird das visuelle Zeichen als Umweltverschmutzung betrachtet? Letztlich lässt sich feststellen, dass ein fürchterliches Durcheinander entstanden ist. Aufgrund einer vollkommen gerechtfertigten Zurückweisung der Flut von sich wiederholenden und entkontextualisierten Zeichen wird etwas verboten, das es den Menschen ermöglicht, besondere Bedeutungen zu erkennen, sich zu orientieren und sich zu informieren. Die Erlassung diesbezüglicher Gesetze verhindert, dass sich ein Aspekt tiefgreifend auf den anderen auswirkt. Aus Angst vor einer aggressiven Werbung der großen Markenhersteller schrumpft eine wichtige Dimension der Dynamik von Stadtzentren zunehmend. Anstatt – wie es in der Vergangenheit der Fall war – über die Qualität der visuellen Zeichen zu diskutieren, dreht sich die Debatte heute darum, ob diese Zeichen zugelassen sind oder nicht. Nach dieser Feststellung einer Krise sei es nun erlaubt, die komplexen Beziehungen zwischen Architektur und grafischer Gestaltung zu analysieren, indem wir uns an dieser Stelle von unseren historischen Stadtzentren lösen und uns mit der sich entwickelnden Stadt beschäftigen.

SIGNALE TIK PL ANEN

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Verschmelzung von Zeichen und Raum

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An einem Tisch im TGV von Straßburg nach Paris

Anderer Kontext, anderes Projekt: Ein wenig hilflos haben wir eine Be sprechung zur Signaletik einer großen Mediathek verlassen. Das Ge bäude war nahezu fertig, die Einrichtung bestellt, die Ausstattung festgelegt. Zudem prägte eine kraftvolle farbliche Gestaltung die gesamte Anlage. Während des Treffens hatte der Bauherr seine Befürchtung zum Ausdruck gebracht, dass sich die verschiedenen Abteilungen der  Mediathek nicht stark genug voneinander unterscheiden  sowie seine Sorge bezüglich der Gesamtatmosphäre des  Gebäudes geäußert. Wie lässt sich eine Verbindung zwischen dem Gebäude, seiner Funktion und seinem Inhalt schaffen? Würde eine Signaletik von beiden Hauptakteuren als notwendig erachtet, könnte man einen gewissen Widerspruch in ihren beiderseitigen Wünschen erkennen. Die Zeit  war knapp – die Mediathek sollte sechs Monate später eröffnet werden –, es war also ein schnelles Handeln erforderlich. Selbstverständlich bildet der Respekt vor dem Architekturprojekt stets die Grundlage für die Signaletik. Wobei das Wort Respekt nicht gleichbedeutend mit Zurückhaltung zu verstehen ist. In einer solchen Situation, wenn man die Architekten noch nicht richtig kennt, geht es ums Ganze. Ich erinnere mich, dass in dieser Besprechung die Idee einer zusätzlichen typografischen Ebene aufkam. Sie resultierte aus einer Reihe nicht lösbarer Anforderungen und schließlich aus der Lesart der Architektur. Der Einsatz von Farbe sollte

dabei buchstäblich die alten mit den neuen Gebäudeteilen verbinden und dabei auch das Mobiliar integrieren. Der Vorschlag wurde in den folgenden Wochen weiterentwickelt. Ich persönlich war bei der ersten Präsentation unserer Ideen eher beunruhigt und fürchtete die Reaktion der Architekten, die die Lesbarkeit ihres schon fast abgeschlossenen Projekts beeinträchtigt sehen könnten. Die Bauherren dagegen, stellte ich mir vor, wären, was die Zuordnung der Nutzungen anbelangte, mit unserer Antwort wohl zufrieden. Ich hätte gern bereits in einer früheren Phase des Projekts mit den Architekten darüber diskutiert. Doch schon vor dem Ende der Präsentation war mir klar, dass wir es geschafft hatten. Die Architekten waren begeistert, da sie sehr schnell verstanden hatten, welches Potenzial unser Vorschlag barg. Es wurde umgehend veranlasst, dass die Signaletik in den Estrich, der gerade gegossen wurde, eingefügt werden konnte. Von die-

sem Augenblick an bestand bis zum Abschluss des Projekts eine fruchtbare Zusammenarbeit. Fassaden und Innenräume wurden mit einer typografischen Ebene überzogen, die aus Zitaten aus Werken der Bibliothek besteht, die wiederum wichtige Begriffe für die Signaletik enthalten. Es geht hier nicht darum, ein Projekt vorzustellen, sondern zu zeigen, wie ein spätes Zusammenwachsen des grafischen Ausdrucks mit einem Architekturprojekt erfolgen kann. Existiert eines von beidem bereits, kann sich die Interaktion mit dem anderen nur einseitig entwickeln. Die Genauigkeit der Anpassung einer Disziplin an die andere ist dabei umso wichtiger. Die Berücksichtigung des Kontexts betrifft dabei übrigens nicht nur den Architekten, sondern auch den Grafiker, der durch sein Eingreifen häufig eine Brücke vom Behälter zum Inhalt schlägt. Er darf sich keinesfalls damit zufriedengeben, durch sein Projekt die räumliche Lösung zu verstärken und die Materialien, die Maße, die Formen, die vorherrschenden Farben zu respektieren, er muss ebenso die Nutzung des Orts berücksichtigen. Und auch hier handelt es sich wiederum um ein Zusammenführen der Disziplinen.

An einem Besprechungstisch in einem Pariser Architekturbüro

Wettbewerb für die Renovierung der AP2, einer alten, als Kathedrale bezeichneten Schiffshalle in der französischen Stadt Dunkerque (Dünkirchen). Anstatt das Raumprogramm des FRAC Nord-Pas de Calais, eine Sammlung zeitgenössischer Kunst, im vorhandenen Gebäude zu komprimieren und die Raumwirkung der Halle somit zu zerstören, beschlossen die Architekten im Verlauf des Wettbewerbs, eine zweite Halle mit den gleichen Dimensionen zu bauen und die »Kathedrale« in ihrem jetzigen Zustand zu erhalten. Die Grafik sollte das Programm des Hauses durch die transparente Fassade lesbar machen, diese Intension wurde nach dem gewonnen Wettbewerb vom Hausgrafiker der Institution übernommen. Wichtig war, dass die Architekten ihr ge plantes Konzept umsetzen konnten. Architektur: Lacaton & Vassal; Grafik Wettbewerb: Intégral Ruedi Baur, Paris, Ruedi Baur, Olivier Duzelier, Sébastien Thiery; Auftrag geber: Communauté Urbaine de Dunkerque, FRAC Nord-Pas de Calais

Noch ein anderes Projekt. Auch hier spielt der Ort keine große Rolle. Es dient vielmehr dazu, einen interdisziplinären Austausch zu evozieren, wie er für Wettbewerbe oder Anfangsphasen von Architekturprojekten typisch ist. Um den etwas düsteren Besprechungstisch sitzen verschiedene renommierte Gestalter. Die Architekten haben einen Landschaftsgestalter und mich als Lichtplaner eingeladen. Es zeichnet sich eine langwierige und sehr intensive Arbeitssitzung ab. Zunächst werden uns zusammenfassend die Anforderungen des Wettbewerbs präsentiert. Die Architekten stellen ihre Eindrücke dar und zeigen anhand von Skizzen ihre ersten Ideen. Die Fragestellungen und das Potenzial der Situation erschließen sich nach und nach. Obgleich die Architekten den anderen Beteiligten in ihrem Wissen voraus sind, bleiben sie dennoch sehr aufmerksam, ja noch zögerlich; sie sind bereit, ihren eigenen Vorschlag mithilfe der während der Diskussion reifenden Ideen weiter zuentwickeln. Ihre Präsentation gibt jedoch den Grundton vor. Jeder darf auf der Basis dieser Ideen seine eigene Projektvorstellung entwickeln. Durch die Versuche, die ursprünglichen Entwürfe zu verbessern oder ihnen in konstruktivem Widerspruch gegenüberzutreten, werden sie letztendlich bestärkt. Schließlich ist dann die Zeit gekommen, auf die konkreten Anforderungen des Projekts zu reagieren, auch auf die Gefahr hin, dass sich der Austausch verändert. Aufgrund seines jeweiligen Fachwissens wird jeder Planer die Fragestellung auf seine Art angehen. Er steuert seine eigene Sichtweise dazu bei, wobei er die globale Fragestellung nicht außer Acht lässt und damit über die Grenzen seiner Disziplin hinausgeht. Die Ideen sprudeln. Einigen gelingt es, sich dauerhafter zu behaupten. So entsteht allmählich eine Synergie rund um einen Vorschlag. Die Vorschläge gleichen sich an, ein Konsens scheint gefunden. Zu diesem Zeitpunkt wäre ein Denken in den Schranken der eigenen Disziplin vollkommen unangebracht. Im Vordergrund stehen die angemessene Konfrontation mit der Fragestellung und das Gesamtinteresse des Projekts. Den Architekten kommt dabei die Aufgabe der Synthese zu. Jeder Teilnehmer am Gesamtprozess muss die Richtigkeit des Entwurfs für seinen eigenen Kompetenzbereich prüfen, der Architekt behält seine zentrale Rolle, unabhängig von der Sichtbarkeit des Entwurfs. Im vorliegenden Fall entschied man sich für eine Fassadengestaltung in Form eines vertikalen Gartens. Der Pflanzenbewuchs wurde somit zu einer der wichtigsten Ausdrucksformen des Projekts. Licht und grafische Gestaltung ordnen sich unter und versuchen sogar, den Ausdruck zu verstärken.

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Verschmelzung von Zeichen und Raum

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Diese scheinbar einfache Lösung sorgt für eine Art Hochstimmung am Besprechungstisch. Man darf diesem Schein jedoch nicht trauen. Selbst wenn bei diesem Treffen von einer interdisziplinären Konzeption ausgegangen und das Projekt gemeinsam getragen wird, hängt der Fortgang von einem strukturierten Austausch zwischen den einzelnen Disziplinen ab. Dabei übernimmt jeder Fachplaner seinen Part. Falls neue Akteure das ursprüngliche Team ergänzen, um den Anforderungen des Entwurfs gerecht zu werden, müssen andere ihre reduziertere Rolle akzeptieren, gegebenenfalls sogar ihren Zuständigkeitsbereich im Projekt aufgeben. Die weiterhin beteiligten Planer könnten ihren speziellen Vorschlag die Synergie des Projekts nutzend gemeinsam verhandeln. Somit wäre die gegenseitige Integration erleichtert. Doch jenseits der Verschmelzung der individuellen Projekte zu einem gemeinsamen Projekt liegt der größte Vorteil dieser Methode, die von Beginn an auf interdisziplinärem Austausch basiert, darin, dass sie eine Enthierarchisierung der Ausdrucksformen offenbart. Die gemeinsame Entwicklung des vertikalen Gartens von Beginn an führte zu einer anderen Form, als wenn diese der Architektur allein überlassen worden wäre. Indem er sich als zentrales Element durchgesetzt hat, beschränkt der Garten die architektonische Konzeption in positiver Weise. Die Signaletik, die Möblierung und das Licht müssen ihn ebenfalls miteinbeziehen. Gegebenenfalls erfordert eine Entscheidung, dass sich einzelne Disziplinen zurücknehmen, denn im Interesse des Projekts ist unnötige Übertreibung nicht angebracht.

Im Wettbewerb für die Konzeption des französischen Pavillons auf der Expo 2010 in Shanghai wurde die Szenografie von einem interdisziplinären Team erarbeitet. Inhalt und Form von Architektur und Ausstellung wurden parallel entwickelt, nach dem Wettbewerb verteilten sich die Rollen. Architektur: Jacques Ferrier Architecture; Landschafts architektur: Agence Ter; Grafik: Laboratoire IRB, Ruedi Baur, Denis Coueignoux, David Thoumazeau, Marion Nielsen, Sébastien Thiery

Signaletik: Intégral Ruedi Baur, Zürich Architektur: Allmann Sattler Wappner Architekten, München

PASSAGEN

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Die passagenartige Unterführung am Karlsplatz, genannt Stachus, ist eine der am stärksten frequentierten Schnittstellen des öffentlichen Nahverkehrs in München mit Zugängen zu U-Bahn, S-Bahn und Tram. Zudem befinden sich dort auch intensiv genutzte Handels- und Gastronomiezonen. Aufgabe der  Neukonzeption der Passage war die Umgestaltung der in den 1970er-Jahren entstandenen, sehr unübersichtlichen Verteilerebene im ersten Untergeschoss in einen zeitgemäßen, ansprechenden öffentlichen Stadtraum mit funktionalem Mehrwert und Aufenthaltsqualität. Die Form des oberirdischen Stachus-Rondells wurde in der Passage aufgegriffen und bildet deren wesentliches gestalterisches Prinzip. Dem Besucher ermöglicht der Bezug zwischen oben und unten eine leichtere Orientierung innerhalb des unterirdischen »Kreisverkehrs«. Das zentrale kreisförmige Bauwerk ist Identität stiftendes Element, an dem alle wichtigen Wege münden. Die geometrische Form des Kreises ist auch das bestimmende Gestaltungsmerkmal der multifunktionalen, reflexiven Decke, die zusammen mit dem hellen Terrazzoboden einen Raum mit einem Maximum an Tageslichtqualität erzeugt. Die Deckenringe aus Metall mit unterschiedlichem Durchmesser sind die Träger der Signaletik und fügen sich in die Deckengestaltung im ersten Untergeschoss ein. Leitende Elemente wie Texte, Pfeile und Piktogramme sind außen und innen auf den Deckenringen mit opaker Fo lienbeschriftung aufgebracht. Die Anbringung der Leitelemente an der Decke als freiem Raumbereich ermöglicht dem Nutzer auch bei hoher Frequentierung eine uneingeschränkte Lesbarkeit und damit Orientierung. Er wird durch eindeutige Blickbeziehungen auf einfache Weise geleitet.

Hauptbahnhof

So wie der öffentliche Stadtraum unter der Erde seine Fortsetzung findet, tritt der unterirdische Raum durch Signaletik und Gestaltung der Auf- und Abgänge an die Oberfläche.

Kreisform als Leitelement Decke als Informationsträger

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STACHUS PASSAGEN MÜNCHEN, D

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STACHUS

Pos. 2

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sichtbare Fläche 400 mm

sichtbare Fläche 400 mm

Pos. 1

Pos. 3

Pos. 2

Pos. 4 Pos. 1

Die Deckenringe sind außen braun, innen weiß lackiert und beidseitig mit richtungsweisender Information belegt – auf der Außenseite zu den Verkehrsmitteln, auf der Innenseite zu den Ausgängen.

Grundriss 1. Untergeschoss

Maßstab 1:3000

Grundriss 2. Untergeschoss

Maßstab 1:3000

Um die Orientierung zu erleichtern, sind die Treppenaufgänge von überall visuell wahrnehmbar. Die Signaletikelemente befinden sich auf den Wandflächen am Treppenansatz bzw. an den Stirnflächen der Treppen.

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MÉDIATHÈQUE ANDRÉ MALRAUX STRASSBURG, F Signaletik: Intégral Ruedi Baur, Paris Architektur: Jean Marc Ibos, Myrto Vitart, Paris

ANDRÉ MAL Farbdominanz Unterschiedliche Typografien

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Beim Umbau zu einer Mediathek wurde der ehemalige Getreidespeicher am alten Binnenhafen in Straßburg in seiner äußeren Form erhalten, mit Glasfassaden ergänzt und die Speicheretage für eine hohe Eingangshalle aufgebrochen. Der Dominanz der Architektur aus Stahlbeton und Backstein steht das ebenfalls von den Architekten entworfene expressive rote Farbband ge genüber. Dieses zieht sich im Innenbereich über Wände, Decken und Böden, Stützen, Möbel und Haustechnik und mildert die massive Wirkung der Konstruktion. Es ignoriert konstruktive Abgrenzungen, kleidet die Räume wie eine zweite Haut aus und schafft so abwechslungsreiche Raumszenerien. Für das erst sehr spät im Planungsprozess ergänzte Orientierungssystem wurden Worte anstatt Symbolen gewählt, diese überlagern sich mit den roten Bändern und bilden eine eigene Gestaltungsebene. Sie stehen dabei als Metapher für die in der Mediathek lagernden Dokumente und dienen über ihre inhaltliche und optische Wirkung hinaus als Leitsystem. Alle für die Signaletik notwendigen Begriffe sind in zitierte Textpassagen aus bibliothekseigenen Büchern eingebettet, das jeweilige Wort ist dabei farbig unterlegt. Sieben unterschiedliche typografische Stile unterstreichen die so herausgestellten Worte und nehmen auf die verschiedenen Genres der Mediathek Bezug, etwa Comics, Literatur oder Wissenschaft. Die sich um den Leitbegriff gruppierenden Satzelemente sind optisch durchgestrichen, dadurch entsteht eine verfremdete, zurücktretende Sekundärschrift.

Die leitenden Begriffe sind aus zitierten Textpassagen hervorgehoben und differenzieren sich über Farbunterlegungen und sieben verschiedene typografische Stile. Eine mittige Linie durch die Schrift verfremdet den Begleittext.

´ ` MEDIATHEQUE RAUX Das rote Band durchzieht den gesamten Baukörper, es bezieht alle Bauteile sowie die Möblierung ein und ignoriert Abgrenzungen. So entstehen abwechslungsreiche Raumszenerien.

Grundriss Erdgeschoss Maßstab 1:1000 Im Eingangsbereich erzeugt das von den Architekten entworfene rote Band durch optische Streckung eine Sogwirkung ins Gebäude, im Inneren verbinden seine Verzweigungen die Raumbereiche fließend. Die Signaletik überlagert die kräftige Farbgebung mit einer eigenen gestalterischen Ebene.

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DESIGN MUSEUM HOLON HOLON, IL Signaletik: Adi Stern Design, Jerusalem Architektur: Ron Arad Architects, London

MUSEUM Fließender Übergang von 2D zu 3D Spiel mit Licht und Schatten Mehrsprachigkeit

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Signaletik und Architektur gehen im De sign Museum Holon eine ungewöhnliche Symbiose ein. Die Ikonografie des fließenden und bewegten Bands aus wetterfestem Stahl, das die äußere Form des Museums prägt, wird in der Formensprache der Signaletik wieder aufgenommen, die jedoch nicht in Konkurrenz zur dynamischen Architektur des Gebäudes treten soll. Das Leit- und Orientierungssystem transformiert zweidimensionale Pfeile in dreidimensionale Elemente unterschiedlicher Länge, die sich immer weiter aus der Wandfläche herauslösen, sodass sie – weiß auf weißem Grund – vor allem durch ihre verschatteten Flächen in Erscheinung treten. Dabei nehmen sie den Fluss und die Bewegung des Stahlbands auf und erzeugen zusammen mit den grau getönten Schriften und Piktogrammen eine subtile Textur, die dennoch einen eigenständigen Auftritt der Signaletik fördert. Alle Informationen werden  – soweit nicht als allgemein verständliche Piktogramme dargestellt – in den drei in Israel vorherrschenden Sprachen kommuniziert: Hebräisch, Englisch und Arabisch, was gleichzeitig die Verwendung von drei unterschiedlichen Arten von Schriftzeichen bedeutet. Um diese in ein hierarchiefreies System zu integrieren, wurde ein neuer hebräischer Font entwickelt, der mit den arabischen und lateinischen Buchstaben eine harmonische Gesamtwirkung ergibt.

Weiß- und Graustufen prägen den subtilen Charakter des Orientierungssystems.

DESIGN HOLON

Licht und Schatten sind wesentliche Gestaltungselemente der Signaletik.

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Beate Kling

Universal Design

Was ist Universal Design?

Universal Design (deutsch: universelles Design) ist ein internationales Designkonzept, das die Nutzung aller Räume und Produkte unter allen Umständen für alle Menschen unabhängig von Alter, Fähigkeit und Lebenslage fordert. »Universal Design meint weder Standardisierung noch kulturelle Uniformität. Vielmehr liegt dem Konzept des Universal Designs ein sozialer, d. h. ein am Menschen orientierter Gestaltungsansatz zugrunde, der zum Ziel hat, die gesamte von Menschen für Menschen gestaltete Umwelt für möglichst viele zugänglich und nutzbar zu machen. Ungeachtet ihrer individuellen Fähigkeiten, ihres Alters und Geschlechts oder ihres kulturellen Hintergrunds soll allen Menschen eine gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft ermöglicht werden. Stigmatisierung durch eine Gestaltung, die Menschen von der Inanspruchnahme und Nutzung bestimmter Dienstleistungen, Räume und Produkte ausschließt, soll von vornherein vermieden werden.«1 Universal Design als Konzept und Begriff wurde in den 1980erJahren vom Center of Universal Design der North Carolina State University in Raleigh formuliert. Maßgeblicher Kopf und Begründer ist der amerikanische Designer und Architekt Ronald L. Mace. Als übergeordneter Begriff und nachhaltiger Ansatz vereint Universal Design eine Reihe von konzeptionellen Ideen. Da es ein globales Konzept ist, unterscheiden sich die Ziele je nach kulturellem Hintergrund der verschiedenen Länder. Begriffe wie zugängliches Design, Barrierefreiheit und Design für Alle stehen für unterschiedliche Ausprägungen des Ansatzes. Das Universal Design mit seiner Ausrichtung auf Marktorientierung und individuelle Rechte gilt als die amerikanische Sichtweise, während der Ausdruck Design für Alle, der für Einbettung und Teilhabe an der Gesellschaft mit integrativem Gruppengedanken steht, als europäischer Ansatz gesehen werden kann. Sie bilden die Pole, die die

unterschiedlichen Kulturen mit ihren Interessen kennzeichnen. Die Prinzipien des Universal Designs wurden 1997 vom Universal Design Institute definiert und in folgenden Schlagworten zusammengefasst: »1.  Breite Nutzbarkeit, 2. Flexibilität in der Benutzung, 3. Einfache und intuitive Benutzung, 4. Sensorisch wahrnehmbare Informationen, 5. Fehlertoleranz, 6. Niedriger körperlicher Aufwand, 7. Größe und Platz für Zugang und Benutzung«. 2 Ausführlich formulierte Leitlinien präzisieren diese Prinzipien und zeigen wichtige Aspekte auf, die eine Gestaltung im Sinne dieses Denkansatzes erfüllen sollte.3

Universell Denken – ein Prozess

Der tiefgreifende Ansatz des Universal Designs erfordert eine Denkkultur, die integrierte, umfassende Lö sungen zum Ziel hat. Diese sollen dann so weit als möglich so viele Nutzer wie möglich in die Lage versetzen, ihre Umwelt zu bewältigen und zu verstehen – als Endprodukt und im Zusammenwirken von Umgebungen, Produkten, Kommunikationsformen, Informationstechnologien und Dienstleistungen. Dieser Denkansatz ist hochkomplex und verlangt nach einem umfassenden, vielschichtigen, eben universellen Denken. Universal Design ist als Prozess zu verstehen, der in der Umsetzung eine Annäherung an das Optimum bedeutet. Zu Beginn eines Projekts ist also darüber nachzudenken, welche Entwurfsziele verfolgt werden und eine Bedeutung erhalten sollen bzw. welche eher untergeordnet zu behandeln sind. Am Start wird über das Ziel und seinen Erfolg bereits entschieden. Nach heutigen Maßstäben muss Universal Design die unausgesprochene Zielsetzung jedes Projekts sein und hat damit Auswirkungen auf den gesamten Planungs- und Entwurfsprozess. Es soll autarke Individualität fördern, Unabhängigkeit unterstützen und damit automatisch alle Nutzer integrieren. ganz oben: Entlang der Wege des Nationalparks Eifel stehen Informationen in erhabener Großschrift, Punktschrift (Brailleschrift) oder in akustischer Form zur Verfügung.

Signaletik im Kontext von Universal Design

oben: Sound Space Signs zeigen verfügbare akustische Signale optisch an. Konzeption: Davide Tidoni, Grafikdesign: eKID.it linke Seite und unten: Die Medienstelen im Bode-Museum und im Neuen Museum in Berlin bieten Informationen nach den Grundsätzen des Universal Designs. Die in der Höhe verstellbaren Monitore lassen sich sowohl stehend als auch sitzend nutzen. Konzeption: polyform – planen und gestalten 420

170 Höhenverstellung Augenhöhe stehend 1500

Augenhöhe sitzend

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300–500

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Unterfahrbarkeit Seh- und Bedienabstand

Die durch Ronald L. Mace herausgearbeiteten Prinzipien des Universal Designs implizieren geradezu das Anrecht und die Zwangsläufigkeit von integrierter Signaletik, die einer weitestgehend autarken, einfachen Benutzung von Räumen Rechnung trägt. Obwohl die Bedeutung von universellem Design erkannt wurde, ist seine Umsetzung bezogen auf die Bandbreite aller gestalterischen Prozesse eher gering. Sehr konkret sind allerdings die Ansprüche und Vorgaben bezüglich der barrierefreien Gestaltung von Räumen. Behindertengerechtigkeit und im erweiterten Kontext die Barrierefreiheit sind wesentliche Teilaspekte, die aufgrund der ihnen eigenen Planungsanforderungen großen Einfluss auf die Produktion von Raum und Zeichen sowie ihre Wirkung haben. Im bebauten Raum wird ihre Umsetzung seit Jahren forciert. Barrierefreiheit ist als Leistungskriterium fester Bestandteil des Normenwerks und öffentlich-rechtlicher Vorschriften, die fortwährend, dem Zeitgeist Rechnung tragend, an die gesellschaftlichen Bedingungen angepasst werden. Signaletik ist gestalterisch und baurechtlich direkt mit einem Gebäude gekoppelt und unterliegt zwangsläufig seiner Choreografie. In der im Oktober 2010 aktualisierten DIN 18 040-1 »Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlagen – Teil 1: Öffentlich zugängliche Gebäude« gibt es im Kapitel »Warnen/Orientieren/Informieren/Leiten« zum ersten Mal Ausführungen zu sensorischen Anforderungen sowie Vorgaben zu visuellen,  auditiven und taktilen Bedingungen, die direkt auf das Konzept des Universal Designs Bezug nehmen. Erstmals verflechten sich in einer bisher nahezu reinen Baunorm Aspekte der Bauplanung mit konkreten Forderungen für den Bereich Signaletik. Universal Design bedeutet das Eingehen auf die

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Universal Design

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Your Position

2 Big Festival Hall

5 IT Service Center

Guide Terminal

3 Small Festival Hall

6 Copy Shop

4 IT Powerstore

7 Book Store

1 Helpdesk, Pickup, Return

Die analogen Informationsträger des Leitsystems am Campus der Wirtschaftsuniversität Wien integrieren nach den Prinzipien des Universal Designs sehbehindertengerechte Ge staltung: Taktile Schriften (Pyramiden- und Brailleschrift), Piktogramme und Netzpläne mit Leitlinien werden ergänzt durch Audioausgaben bei interaktiven Medien wie beispielsweise digitalen Doordisplays. Konzeption: bauer – konzept & gestaltung

In der Metrostation Università in Neapel wurden Bodenindikatoren für Sehbehinderte in das Designkonzept integriert. Design: Karim Rashid

Bedürfnisse der Menschen und hierbei speziell auch der mit  den unterschiedlichsten Einschränkungen. Neben Sehund Hörbehinderungen sowie motorischen Einschränkungen, die die Nutzung von Mobilitätshilfen oder Rollstühlen erfordern, sind das beispielsweise auch groß- oder kleinwüchsige Personen, Personen mit kognitiven Defiziten, aber ebenso ältere Menschen, Kinder und Menschen mit Kinderwagen oder Gepäck.

Tolerante und intelligente Gestaltung

Für das universelle Design wurden noch keine eigenen Richtlinien oder Gesetze verabschiedet. Die Umsetzung einzelner Aspekte ist allerdings in den verschiedenen nationalen und internationalen Standards und Normen verankert. Die Reaktion auf die Vielschichtigkeit einzelner Behinderungen bzw. Einschränkungen und die konkrete Umsetzung hängen immer auch davon ab, welche Einzelaspekte oder Zusammenhänge zu berücksichtigen sind, etwa ob nur visuelle oder zusätzlich taktile und auditive Elemente zum Einsatz kommen sollen, sich anbieten oder überhaupt möglich sind. So können beispielsweise die Anforderungen sehbehinderter Menschen  mittels zielführender, reflektierender Streifen am Boden, großer Schrift und deutlichen Farbkontrasten Beachtung finden. Ergonomische Flexibilität ermöglicht die Benutzung von Kommunikationsanlagen wie Touchscreens, Hilfebuttons oder Audiozugängen durch körperlich Behinderte über veränderliche Höhenniveaus. Der Abwägungsprozess sollte jedoch immer die größtmögliche

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Nutzungsvielfalt nach den Prinzipien des Universal Designs berücksichtigen. Die allgemeinen gesetzlichen Vorgaben lassen ausreichend Spielraum, um die Anforderungen des Universal Design an die Signaletik zu erfüllen, trotzdem setzt sie bisher kaum ein Orientierungssystem wirklich um. Darin liegt eine der großen Herausforderungen, die auch unsere aktuelle gesellschaftliche Situation widerspiegelt. Die Inklusion aller Interessengruppen erzeugt nämlich auch Konflikte. Sowohl das Zusammenleben von Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen als auch die Aufbereitung von Information erfordert ein hohes Maß an Toleranz bzw. Augenmaß, da jeder zuerst die eigenen Bedürfnisse in den Mittelpunkt der Wahrnehmung stellt. Was die Seheingeschränkten durch intensive Farben oder übergroße Lettern unterstützt, stört die gut Sehenden empfindlich. Die Lösung ist immer ein Kompromiss, auf den sich alle einigen müssen. Auf dem Campus der Wirtschaftsuniversität Wien, der 2014 eröffnet wird, ist die Signaletik konsequent nach den Prinzipien des Universal Designs geplant. Neben funktionalen Anforderungen wie etwa dem Testen der Farben für unterschiedliche Farbenblinde oder Schwachsichtige wurde besonders auf die Bedürfnisse von Blinden eingegangen. Taktile Schriften, eigens entwickelte Piktogramme und Netzpläne mit Leitlinien auf analogen Infoträgern werden von interaktiven Terminals und digitalen Türschildern mit Audioausgabe be gleitet. Die Website der Universität nimmt speziell Rücksicht darauf, dass sich blinde Personen in der Regel über ihren Zielort bereits zu Hause oder unterwegs informieren, um sich vor Ort am Campus rascher zurechtfinden zu können. Ein gutes und universell verständliches Orientierungssystem beginnt also bereits weit vor der Signaletik vor Ort.4 Universal Design ist eine der komplexesten und spannendsten Herausforderungen für alle, die an der Gestaltung dieses Themas beteiligt sind, und eine Aufgabe mit enormem Zukunftspotenzial. Der Weg zu selbstverständlicher Integration aller in alles ist noch weit. Erst nach und nach setzt sich die Erkenntnis durch, dass interdisziplinäre Zusammenarbeit unabdingbar erforderlich ist. Signaletik ist dabei ein Baustein. Die einzelnen Arbeitsmethoden und Entwurfsaspekte sind konzeptionelle Aufgaben und sorgen erst in ihrer Summe für den umfassenden Erfolg eines Konzepts. Konsequentes universelles Denken während des gesamten Entwicklungsprozesses bildet die Grundlage für Universal Design, als Anspruch und im Prozess. 1 http://www.idz.de/de/sites/1368.html, abgerufen am 19. Juni 2012 2 http://www.udinstitute.org/newLanguages/German-25.pdf, abgerufen am 19. Juni 2012 3 http://www.udinstitute.org/principles.php, abgerufen am 19. Juni 2012 4 Projektbeschreibung Campus der Wirtschaftuniversität Wien und Einordnung in den Kontext: Erwin Bauer, bauer – konzept & gestaltung, Wien Das Leitsystem für das Storehagen Atrium, ein Regierungsgebäude im norwegischen Førde, wurde sehbehindertengerecht mit Farbbändern realisiert, die am Eingang beginnen, durch das Gebäude leiten und vergrößert als Zielbestätigung enden. Signaletik: Ralston & Bau

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FAMILY BOX PEKING, CN Signaletik: Didelidi studio, Peking Architektur: crossboundaries architects, Peking

Kindgerechte Symbolik Comicelemente Große Typografie Einfache Wortformeln

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Das Motiv der Box setzt sich im Logo fort, die Webseite übernimmt ebenfalls die Comic figuren der Raumkennzeichnungen.

Das Konzept der Family Box, ein Gebäude mit unterschiedlichen Freizeitangeboten für Familien mit Kindern bis zwölf Jahren, bietet eine Mischung aus Erlebniswelt und Kindergarten. Als Räume für die einzelnen Aktivitäten wie Musizieren, Tanzen, Werken oder Kochen dienen frei stehende Boxen, zudem gibt es einen Swimmingpool, ein Café und eine Lesezone. Das Gebäude bedurfte aufgrund seiner geringen Größe und der wenigen, übersichtlich strukturierten Räume keines klassischen Informationssystems. Ausgangspunkt für die Planung der Raumbezeichnungen und Richtungsanzeigen waren die unterschiedlichen Größen und Blickhöhen von Kindern und Erwachsenen. Und so spielen die Architekten mit den Ebenen und schaffen durch gezielte Öffnungen verschiedene Sichtbeziehungen. Die vielfältigen Nutzungen der Boxen werden visuell über Bilder und typografische Elemente herausgearbeitet. Dazu nimmt die grafische Gestaltung des Innenraums Formen, Sprache und Farben aus Comics auf und platziert Cartoonfiguren und große Typografie aus dickem Filz auf den Wänden. Die Kinder und ihre Eltern werden Teil dieser anregenden Fantasiewelt, in der über Icons Informationen kindgerecht kommuniziert werden. Die Idee der Box wird über das Logo auf Flyern und Broschüren sowie in der Gestaltung der Webseite der Family Box fortgeführt. Auf der transluzenten Glasfassade erscheinen aus der Ferne betrachtet Strichzeichnungen von Kindern, die auf die Funktion des Gebäudes hinweisen.

FAMILY BOX

Grafische Elemente und große Typografie vermitteln zielgruppengerecht, was die Kinder in den Boxen erwartet, für die Erwachsenen steht in kleinerer Schrift die Funktion darunter.

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Zwischen den verschiedenen Ebenen und durch die Öffnungen in den Boxen ergeben sich zahlreiche Blickbeziehungen.

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TIEFGARAGE HOCHHAUS AM PARK FRANKFURT AM MAIN, D Signaletik: quandel design, Frankfurt am Main Architektur: MMZ Architekten, Frankfurt am Main

HOCHHAUS

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Das signaletische System wurde zweisprachig realisiert. Große, plakative schwarze Schriftzüge und Pfeile auf weißem Untergrund leiten den Besucher durch die Tiefgarage zu seinem Parkplatz oder zur Ausfahrt.

TIEFGARAGE AM PARK Nutzerorientierte Farbzuweisung Plakative Typografie Zweisprachigkeit

Trotz ihrer Fläche von 9500 m2 auf drei Ebenen ist die Tiefgarage im Hochhaus am Park sehr kleinteilig und verwinkelt. Die Aufgabe bestand darin, ein Leitsystem zu entwickeln, mit dem die Autofahrer möglichst leicht ihren Parkplatz oder zur Ausfahrt finden; gleichzeitig sollte eine Fußgängerorientierung erarbeitet werden, die in der sehr unübersichtlichen Tiefgarage Mieter, Kunden und Besucher sicher leitet. Während die Typografie, die auf dem Kontrast von Schwarz auf Weiß basiert, dem Autofahrer eine schnelle Orientierung ermöglicht, markiert ein leuchtendes Grün auf Wänden und Böden für die Fußgänger den Weg zu den Treppenhäusern. Zudem signalisiert diese Farbe den Autofahrern, dass hier besondere Aufmerksamkeit gegenüber Fußgängern erforderlich ist. Das Grundprinzip des Leit- und Orientierungssystems, gänzlich auf Schilder zu verzichten, zieht sich konsequent durch sämtliche Bereiche der Tiefgarage. Alle Beschriftungen sind direkt auf die Wand aufgebracht und zweisprachig ausgeführt, da die Mieter im Hochhaus größtenteils internationale Firmen sind. Der Einsatz der großen, plakativen Typografie schafft starke Markierungen, die sich deutlich von der Vielzahl der konstruktiven Elemente und der Kleinteiligkeit der einzelnen Parkebenen absetzen. Die Signaletik wird so zum raumbestimmenden Element der Tiefgarage.

Das leuchtende Grün an den Wänden und auf dem Boden weist den Fußgängern den Weg. Pfeile und Geschosszahlen erscheinen als Negativflächen in Weiß.

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VOLKSSCHULE TSCHAGGUNS TSCHAGGUNS, A Signaletik: Sägenvier DesignKommunikation, Dornbirn Architektur: Lang Vonier Architekten, Göfis

TSCHAGGUNS Von Kindern gezeichnete Symbole Begriffe im Dialekt Reduzierte Farbigkeit

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Der Vorschlag des Direktors, gemeinsam mit den Kindern das neue Logo zu entwerfen, wurde zur Grundidee für die Entwicklung der Signaletik der Volksschule, des sanierten Turnhallengebäudes mit neuem Anbau und des Kindergartens. Die Grafiker baten die Kinder um Ideen für Zeichen und Piktogramme, arbeiteten diese in ein Gesamtkonzept ein und brachten die Entwürfe dann in hochwertigen silbernen und satinierten Folien direkt auf die Materialien der Architektur – Holz, Glas, Beton und MDF – auf. Die Signaletik kommt auf dem gesamten Schulgelände gänzlich ohne Schilder aus. Am Eingang des Schulhofs stehen auf einer Betonmauer Begriffe im Tschaggunser Dialekt, die sich auf das Geschehen auf dem Platz und in der Schule beziehen: luaga (sehen), losna (hören), schwätza (schwatzen), tanza (tanzen), stauna (staunen). Das Konzept zeigt, dass Kinder eine besondere Gabe zur Abstraktion haben, ihre Darstellungen sind auf die wesentlichen Eigenschaften reduziert. Die aus Handskizzen entwickelten Elemente der Signaletik wirken authentisch und lebendig, und die Kinder können sich mit der Gestaltung identifizieren.

VOLKSSCHULE Die Grafiker entwickelten die Zeichen- und Bildsprache für die Volksschule gemeinsam mit den Kindern. Als Sichtschutz dienen neben Zeichnungen auch ca. 450 Berufsbezeichnungen – echte und erfundene.

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Beate Kling

Analyse und Informationssystematik

Analyse – Ursache und Wirkung

Bevor mit der Planung von Signaletik begonnen werden kann, sind die Rahmenbedingungen, unter denen ein Orientierungssystem entworfen und entwickelt wird, zu erfassen und zu analysieren. Sie bilden die Grundlage für die Konzeption, aus ihnen sind die Leitsätze für den Entwurf zu formulieren. Diese lassen sich aus folgenden sechs Bereichen ableiten: – den Daten, die sich aus der Analyse der Raum- und Gebäudetypologie eines Objekts ergeben – dem Objekt selbst und seiner Architektur – den konzipierten Verkehrswegen mit Verkehrsströmen, Wegeführungen und Überlagerungen – der Definition der Zielgruppe und der Nutzer mit ihren spezifischen Merkmalen – Bedingungen aus Sicht der Auftraggeber, Eigentümer und Betreiber – Vorschriften und Normen

Raum- und Gebäudetypologie Der Raum ist die feste Konstante, auf die bei der Planung von Signaletik immer und unmittelbar Bezug genommen werden muss, bevor auch nur eine andere Vorgabe bewertet ist und Berücksichtigung findet; er hat den größten und direktesten Einfluss auf signaletische Konzeptionen. Links herum, rechts herum, nach oben und wieder geradeaus – allzu oft erschöpft sich der Wille zu ganzheitlichen Konzepten bereits hierin. Typologien differenzieren Gebäude und Räume nach Nutzungskriterien und Bauformen mit den dazugehörigen Erschließungsstrukturen, die horizontal, vertikal, richtungslos oder verflochten sein können. Geometrische und amorphe Grundrisse wirken sich dabei unterschiedlich auf die Orientierungsfähigkeit aus. Die Anordnung von Räumen und Raumfolgen sowie die daraus resultierenden Sichtbeziehungen stellen

Die Informationssystematik für das Universitätsklinikum Greifswald listet die Ziele alphabetisch und verknüpft sie mit den notwendigen Angaben, um dorthin zu gelangen. Die komplexen Wegeführungen sind in eine übersichtliche Grafik übersetzt. Signaletik: Beate Kling Architekten

ein entscheidendes Kriterium für die Orientierungs fähigkeit dar. Die den Typologien eigenen formalen und räumlichen Charakteristika, ihre raumkonzeptionellen Zusammenhänge müssen also erkannt werden, um mit der Konzeption von Leitund Orientierungssystemen darauf zu reagieren.

Architektur

Unregelmäßige Formen und verwinkelte Grundrisse stellen andere Anforderungen an ein Leitsystem als erahnbare Raumführungen in geometrisch-symmetrischen Anordnungen. So ist beispielsweise eine H-Form mit ihrer inneren Logik selbsterklärender als eine amorphe mit vielen Richtungsänderungen. Das zeigen Beispiele wie das Zentralgebäude des BMW Werks Leipzig, bei dem die Beschilderungen mit der Gebäudeform mitlaufen, sowie das Erlebnisbad Bernaqua mit durchleitenden Richtungspfeilen von Raum zu Raum (S. 106/107).

Verkehrswege

Verkehrswege sind die Lebensadern von Gebäuden, die die einzelnen Räume verbinden. Ihre Konzeption beeinflusst die Art, wie sich Menschen in Gebäuden bewegen und zurechtfinden und bestimmt zu einem wesentlichen Teil, wie gut ein Gebäude funktioniert. Je organisierter Verkehrswege sind, desto selbsterklärender sind Raumzusammenhänge. Verkehrswege können sich kreuzen, überlagern oder parallel verlaufen. Die Effizienz der Erschließung wird von der Verknüpfung der Horizontal- und Vertikalstruktur eines Objekts bestimmt. Um die horizontalen und vertikalen Wege sinnvoll zu verbinden, ist eine Analyse ihrer Beziehungen notwendig, etwa die Erreichbarkeit von Treppen, Aufzügen, Rampen oder Brücken, die Länge eines Wegs, seine Geradlinigkeit oder Kreuzungsfreiheit. Signaletik kann die Verbindungen erläutern, differenzieren, Verkehrsströme

bündeln oder teilen (siehe Signterior, S. 108/109), Hierarchien festlegen, Wegkreuzungen markieren (siehe Katta Civic Polyclinic, S.  14/15) und Wegstrecken visualisieren (siehe Storehagen Atrium, S. 87). Digitale Informationstechnologien sind schon heute in der Lage, individuelle oder aktuelle Randbedingungen auszuwerten und darauf basierend eine nahezu unbegrenzte Zahl an Wegen in Echtzeit auszuweisen, etwa im Einkaufszentrum Alexandrinum Woonmall in Rotterdam (siehe S.  142). In der Zeilgalerie in Frankfurt am Main kann der Besucher an einem Terminal mit Touchfunktion das gewünschte Ziel innerhalb des Shoppingcenters anwählen und bekommt dann den Weg angezeigt. Mittels eines QR-Codes lässt sich diese dreidimensionale Wegeleitungs-Sequenz auch auf ein Smartphone übertragen und damit wiedergeben.

Zielgruppen und Nutzer Die Definition eines Nutzerprofils ist erforderlich, um Signaletik gezielt an die Klientel anzupassen, die geleitet oder angesprochen werden soll. Dafür sind Zielgruppenmerkmale zu analysieren. Adressaten können neben der breiten Öffentlichkeit beispielsweise Be sucher und Kunden diverser Einrichtungen sein, Patienten, ausschließlich Personal und Zutrittsberechtigte, Lieferanten mit und ohne Ortskenntnis, Kinder, junge oder alte Menschen oder Personen mit einzelnen oder multiplen Behinderungen. Die gruppenspezifischen Eigenschaften und die Altersstruktur der Zielgruppe haben Auswirkungen auf die Konzeption und das visuelle Erscheinungsbild des Informationssystems. Aus Sicht der Nutzer bestehen die Anforderungen an die Signaletik in einer leichten, unkomplizierten Informationserfassung, einfacher Verständlichkeit von Informationen, Zeichen und Symbolen sowie einer schnellen Zielfindung.

Der Übersichtsgrundriss des Universitätsklinikums Greifswald zeigt die Zielcodierung mit Buchstaben und Zahlen. Für die Erarbeitung der Informationssystematik wurden die Einflussbereiche der einzelnen Zielpunkte ermittelt. Signaletik: Beate Kling Architekten

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Analyse und Informationssystematik

98 99 Die Übersichtsgrafik zeigt die konzeptionelle Informationssystematik in den neuen Räumlichkeiten der »Bibliothèque universitaire des langues et civilisations« (BULAC). Abzulesen ist die Abteilungsstruktur der Universitätsbibliothek. Konzeption: Wanja Ledowski – Studio mit CONTOURS Soft Design

Auftraggeber, Eigentümer und Betreiber

Einen wesentlichen Einfluss auf die Konzeption sowie den späteren Betrieb haben auch die Anforderungen der Auftraggeber. Konzeptionell ist für den Auftraggeber, insbesondere den Betreiber, die Steuerung und Einflussnahme auf Verkehrsströme wichtig, woraus sich das Konzept der Wegeführung ableitet. So besteht möglicherweise etwa der Wunsch nach einer autarken, möglichst weisungsfreien, selbstständigen Zielfindung der Nutzer. Ein weiterer Aspekt kann eine möglichst große Flexibilität bei absehbaren oder geplanten Nutzungsänderungen, Umzügen, Streichungen oder Ergänzungen sein. Für den Betrieb spielen nicht nur die Kosten für die Erstausstattung mit einem Leitsystem eine Rolle. Parameter wie die Handhabung, die Flexibilität des Systems im Hinblick auf Aktualisierungen, die Langlebigkeit sowie die Wartungs- und Instandhaltungseffektivität und die Unterhaltskosten sind ebenfalls zu betrachten und im Gesamtkontext gegeneinander abzuwägen. In diesem Zusammenhang sind insbesondere solche Lösungen zu hinterfragen, die fest mit der Baukonstruktion verbunden und Bestandteil der gewählten Materialien sind, z. B. Intarsien oder Einleger in Fußböden (siehe Hypovereinsbank, S. 127).

Vorschriften und Normen

Zu den grundlegenden Einflüssen aus Raumkonzeption, Nutzung und Betrieb kommen Vorgaben aus den Vorschriftenwerken hinzu. Im Sinne des Baurechts ist Signaletik ein vollwertig eingebundener Bestandteil von Gebäudekonzeptionen und unterliegt ebenso wie das zu errichtende Gebäude gesetzlichen Regelungen, Richtlinien und dem nationalen wie europäischen Normenwerk, z. B. Bestimmungen zum Brandschutz (DIN 4102 »Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen«, DIN EN 13 501 »Klas-

sifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten«) oder zum barrierefreien Bauen (DIN 18 040 »Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlagen – Teil  1: Öffentlich zugängliche Gebäude, Teil 2: Wohnungen« und der sich noch im Entwurfsstadium befindliche »Teil 3: Öffentlicher Verkehrsund Freiraum«). Brandlastfrei zu haltende Flure z. B. verlangen nach nicht brennbaren Materialien. Neben den Baunormen existieren auch Vorgaben für visuelle  Gestaltungen, z. B. DIN  32 975 »Gestaltung visueller Informationen im öffentlichen Raum zur barrierefreien Nutzung« oder DIN 1450 »Schriften – Leserlichkeit« zur Kontrastierung und Leserlichkeit von Schriften. Normen zur Gestaltung visueller Leitsysteme für die Öffentlichkeit, wie es sie beispielsweise in Österreich gibt (ÖNorm A 3012 und 3013), existieren in Deutschland nicht. Normungen für Teilaspekte sind in DIN  32 984 »Bodenindikatoren im öffentlichen Raum« eingeflossen oder werden in die in Planung befindliche Norm »Taktile Schriften, Anbringen von Braille- und erhabener Profilschrift und von Piktogrammen« Eingang finden. Für bestimmte Gebäudetypologien und bauaufsichtliche Kategorien gibt es zusätzliche Bestimmungen mit erhöhten Anforderungen, etwa an den Sach- und Personenschutz, die auf die Materialwahl und Platzierung von Signaletik Auswirkung haben können, z. B. die Bauverordnungen, Richtlinien und Musterrichtlinien des Bundes zu Sonderbauten wie beispielsweise Verkaufs-, Versammlungs- und Beherbergungsstätten, Hochhäuser und Schulen, Bauverordnungen in den einzelnen Bundesländern, z. B. zu Krankenhäusern und Pflegeheimen, Verordnungen zu Bauprodukten und Bauarten oder für manche Fälle zu technischen Baubestimmungen. Die jeweils geltenden Vorgaben sind aufgrund der unterschiedlichen Regelungen in Bund, Ländern und Gemeinden im Einzelfall zu prüfen.

Teamwork und Prozess

Die Erfahrung zeigt, dass Informations-, Leit- und Orientierungssysteme nur abbilden können, was Bauwerk, Nutzungs- und Belegungskonzepte vorgeben. Schlecht organisierte Räume, falsche Beziehungen von Verkehrs- und Funktionsflächen, zu kleine Verkehrsräume oder eine nicht adäquate Nutzung des Objekts mithilfe der Signaletik zu korrigieren, ist nur schwer möglich. Stark aufgegliederte Nutzungskonzepte führen zwangsläufig zu mehr Informationspunkten als eine konzentrierte Belegung des Gebäudes, die sich mit weniger Informationen erschließt. Je früher die Konzeption signaletischer Systeme in den Planungsprozess eingebunden wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, in wechselseitiger Kommunikation sinnvolle und intelligente Lösungen zu entwickeln, die sich als Ergebnis in einer integrierten Signaletik abbilden. So sollten sich Auftraggeber und zu beteiligende Planer wie Architekten, Designer, Kommunikationsexperten, Mediengestalter, Lichtplaner, Experten für die Programmierung und Abbildung digitaler Signaletik und weitere Beteiligte frühzeitig am Beginn eines Projekts zusammenfinden, um auf Basis der oben beschriebenen Eckpunkte eine Vision zu entwerfen und Leitlinien in Form eines Pflichtenhefts oder eines Gestal-

tungshandbuchs zu erarbeiten. Dieses ist von allen Beteiligten als Planungsgrundlage festzuschreiben. Der Ablauf aufeinanderfolgender Schritte könnte für eine be reits beauftragte Planung beispielsweise so aussehen (siehe dazu auch »Die Verschmelzung von Zeichen und Raum«, S. 70–75): – Analyse, Bestandsaufnahme und Sichtung der Aufgabenstellung durch die Architekten und die an der signaletischen Konzeption beteiligten Planer – Kick-off-Meeting und folgende Meetings mit dem Ziel der Erarbeitung von Leitlinien, optional Bildung einer Arbeitsgruppe, in die der Auftraggeber involviert ist – Umsetzung der Erkenntnisse in Gestaltungshandbücher, Pflichtenhefte oder andere verbindliche Verabredungen zur Festschreibung aller Absichtserklärungen und Rahmenbedingungen. Die formulierten Leitlinien sind gleichzeitig Werkzeug der gegenseitigen Rückversicherung im Laufe des Planungsprozesses. – Entwicklung eines Vorentwurfs/einer Gesamtkonzeption in einer Phase 1 – Vorstellung, umfassende Diskussion und Verabschiedung der Ergebnisse im Team und in der Arbeitsgruppe, mindestens unter Einbeziehung des Auftraggebers

Parameter für Signaletik

Raum- und Gebäudetypologie Charakteristik der Typologie Nutzungstruktur Einzelnutzung, Mischnutzung, parallele Nutzungen mit räumlicher Abgrenzung, Nutzungsüberlagerungen

Architektur Gebäudeform, Kubatur Grundrissgestaltung Raumcharakteristik Raumbeziehungen Raumfolgen Sichtbeziehungen im Gebäude Konstruktionen Brandschutz

Verkehrswege

Zielgruppe, Nutzer

Erschließungsstruktur Wegeführung, Verkehrsströme, Überlagerung von Verkehrswegen, Weglängen Horizontal- und Vertikalerschließung Treppen, Aufzüge, Rampen, Ebenen, Ebenenbeziehungen Sichtbeziehungen in und zu Verkehrswegen Frequentierung

Zielgruppenmerkmale Definition Nutzerprofil Altersstruktur Nutzerforderungen einfache Informationserfassung, direkte Verständlichkeit, schnelle und eindeutige Zielfindung

Auftraggeber, Eigentümer, Besitzer Funktionalität autarke Zielfindung durch die Nutzer, Steuerung der Verkehrsströme, Flexibilität bei Nutzungsänderungen, wechselnden Belegungen, Entfall/Ergänzung von Informationen Wirtschaftlichkeit einfache Aktualisierung, Pflege, Wartung und Instandhaltung, Langlebigkeit, Kosten für Erstausstattung und Unterhalt

Vorschriften, Normen Bauvorschriften der Länder nationale, europäische und internationale Normen z. B. DIN, DIN EN, DIN EN ISO, SN, ÖNORM, SIA, ISO etc.

Komponenten der Signaletik

Informationssystematik inhaltliche Basis für Signaletik und Informations-, Orientierungs- und Leitsysteme; Werkzeug für die strukturelle Ordnung aller inhaltlichen und funktionellen Informationen unter Einbeziehung von Komponenten aus Corporate Identity / Design, Building Identity und Markenführung

Signaletik – Informations-, Orientierungs- und Leitsysteme Übersetzung der Informationssystematik in eine les- und erfahrbare Form

Informieren Definieren von Informationen

Codierung Wortcodes, Codes mit Zahlen- und Schriftzeichen, Farbcodierung, individuelle Codes Sprache, Sprachverständnis, Semantik semantische Definition der Wortinformationen, Fachbegriffe, allgemein verständliche Begriffe, Mehrsprachigkeit

Orientieren Visualisierung von Information Kommunikations-, Medien- und Produktdesign Gestaltung Orientierungshilfen, Richtungsanzeigen Grundrisse, Schemata Farben, Formen, Material, Textur, Licht und Beleuchtung Screendesign Typografie Schriftart, -familie Eignung, Lesbarkeit, Anwendungsbezug typografische Kategorien Orientierungssymbolik Piktogramme, Symbole, Wortmarken (Logos), Bildmarken Key Visuals Integration externer Wort- und Bildmarken und Marketingelemente

Leiten Materialisierung von Information Informationsträger, ergänzende Informationsangebote Komponenten Informationsträger an Wand, Decke und Boden Braille- und Profilschriften, Reliefs digitale Geräte: Monitore, Touch-Screens, Multi-TouchSysteme, berührungslose Screensysteme ergänzende Informationsangebote Begleitpersonal akustische Unterstützung in Aufzüge, an Infopoints Printprodukte: Flyer, Broschüren Internetauftritt und Verlinkung Apps, Bar-, QR-Codes und ihre Weiterentwicklungen ergänzende Informationssoftware mobile Geräte: Navigationsgeräte, smarte Endgeräte wie Smartphones und Tablets, Audioguides

SIGNALE TIK PL ANEN

3

Analyse und Informationssystematik

100 101

Decke

Wand

frei stehend

mit Einweisung

d Boden

1. Startinformation digitale /analoge Informationsquelle

2. Entfernung definieren, Blickbeziehung herstellen

3. Beginn konkrete Zielführung

4. vertikale Bezüge herstellen

5. Durchleitung mittels konkreter Zielführung über Zwischeninformationen

Systematik einer Zielführung

– Überarbeitung und Anpassung in einem Entwurf /einer Gesamtkonzeption in einer Phase 2 mit abschließender Freigabe von Auftraggebern, Vorständen, Geschäftsführungen, Aufsichtsräten und/oder anderen wichtigen Gremien – sukzessive Umsetzung im Rahmen des verabredeten Leistungsumfangs, festgeschriebener Planungsschritte, Leistungsphasen etc.

Informationssystematik und Umsetzung

Signaletische Systeme bestehen aus den Komponenten Informations-, Orientierungs- und Leitsystem, die jeweils unterschiedliche Aufgaben übernehmen. Dennoch sind die Grenzen zwischen diesen Bestandteilen fließend und lassen sich nicht immer eindeutig festlegen. Die Gewichtung der einzelnen Komponenten wird von der Aufgabenstellung bestimmt. Die Grundlage für die Signaletik bildet die Informationssystematik.

Informationssystematik Herzstück eines Informations-, Leit- und Orientierungssystems ist die Informationssystematik. Sie ist die vollumfängliche inhaltliche Basis für die spätere Signaletik. Dafür werden alle für das Projekt entscheidenden Parameter rein inhaltlich zueinander in Beziehung gesetzt, hierarchisiert, systematisiert, in Sprache gefasste Leitinformationen semantisch definiert sowie die Anzahl und Dichte von zusätzlichen, instruierenden Informationen festgelegt. Logistisch-organisatorisch müssen Informationsmengen und -flüsse ermittelt und strukturiert, Wegeführungen be stimmt, Raumverzeichnisse angelegt, die Raumnummernsystematik, vertikale und horizontale Beziehungen definiert sowie grundsätzliche programmatische Entscheidungen ge troffen werden. Zu internen Abstimmungszwecken kann eine Visualisierung der Informationssystematik hilfreich sein. Das Ergebnis wird später mithilfe des Orientierungsdesigns in

eine lesbare und gestaltete Form überführt (siehe Orientierungsdesign, S. 110–115). Die über die Analyse erarbeitete Zieldefinition ist Ausgangspunkt für die Informationssystematik, von deren Philosophie und Durchdachtheit die erfolgreiche Informationsvermittlung direkt abhängt. Der Konzeption sollte in der Startphase eines Projekts genügend Raum gegeben werden. Die Einbeziehung aller an der Konzeption beteiligten Partner ist in dieser wichtigen Phase unerlässlich.

Informations-, Orientierungs- und Leitsystem Alle Erkenntnisse und Vorgaben aus der Informationssystematik werden im Informations-, Orientierungs- und Leitsystem visuell und materiell verarbeitet. Dem Informationssystem kommt dabei die Aufgabe zu, vor allem den Informationsgehalt aus der Informationssystematik und den sonstigen Vorgaben aufzubereiten und visuell zu präsentieren. Es informiert z. B. über alle funktionellen Inhalte eines Gebäudes, die zu erreichenden Ziele, die Lage von Eingängen, Treppen, Aufzügen, Toiletten und Abteilungen oder Einzelräumen etc. und setzt Informationen zueinander in Be ziehung, etwa die Kombination eines Ausgangs mit einer Dienstleistung. Das Orientierungssystem übersetzt und visualisiert mithilfe von grafischen und typografischen Mitteln die Informationen aus der Informationssystematik und dem Informationssystem und wird um die richtungsweisenden und Orientierung ge bende Komponenten ergänzt. Dies können Pfeile, Piktogramme oder Symbole sowie Grundrissdarstellungen an Wänden, der Decke und auf dem Boden sein. Sie weisen den Weg zu ganz konkreten Zielen. Häufig sind in größeren Unternehmen oder Institutionen Submarken oder Unternehmensbereiche mit eigenem visuellem Erscheinungsbild angesiedelt, die in die Gestaltung der Signaletik integriert werden müssen. Diese Submarken

6. Zielbestätigung

können einem permanenten Änderungsprozess unterworfen sein, neue Marken, Nutzer oder Abteilungen kommen hinzu, andere entfallen. Die Signaletik sollte neutral auf solche Veränderungen reagieren können, ohne ihre grundsätzliche Funktionalität, Identität und Modernität zu verlieren. Das Leitsystem überträgt alle visualisierten Informationen auf materielle, baulich-konstruktive Komponenten, in digitale Signaletik und ergänzende Angebote. Der Begriff Signaletik wird immer häufiger für die Abbildung räumlicher Orientierung in Gebäuden oder Arealen verwendet. In einem erweiterten Sinn trifft er besonders zu, wenn neben der reinen Informationsverarbeitung sowie deren Ordnung und Zuweisung auch Komponenten der Corporate Identity, der Building Identity und der Markenführung verwendet, verarbeitet und miteinander verknüpft werden.

Intelligente Informationssysteme

Am Beginn der Entwicklung eines Informations- und Orientierungsdesigns steht die aus der Aufgabenstellung abgeleitete Hierarchie aller Elemente. Sie definiert die zu gestaltenden Ebenen und setzt sie inhaltlich und gestalterisch zueinander in Bezug. So müssen beispielsweise bei Tiefgaragen Geschossebenen, Ausgänge und Parkplatznummerierungen zueinander in Be ziehung stehen und anzeigende und durchleitende Hierarchieebenen festgelegt werden. In Stadien sind eventuell Blockeinheiten hinsichtlich ihrer Zugänglichkeit und der Durchleitung zu anderen Blöcken, an Flughäfen anzeigende und durchleitende Hierarchien vom Check-in bis zum einzelnen Gate zu definieren, zu kategorisieren und visuell zu differenzieren. Dabei werden die Informationen über Funktions- und Wegebeziehungen, räumlich-architektonische Ge gebenheiten und die Anforderungen der Zielgruppen zusammengeführt. Zugleich arbeiten Bauherr und Gestalter in einem integrativen Prozess administrative Organisationseinheiten und funktionelle Bereiche heraus, die dann im Konzept Berücksichtigung finden. Die Hierarchieebenen ermöglichen den Nutzern eine eindeutige Orientierung innerhalb des Gesamtsystems, da einzelne Ebenen durch klar voneinander unterscheidbare Elemente charakterisiert sind. Informationssysteme werden über wiederkehrende und passgenau ausgewählte Steuerungselemente abgebildet. Die Auswahl der Steuerungselemente für die Informationsvermittlung muss die Durchgängigkeit der gesamten Informationskette garantieren – vom Startpunkt bis zur Zielbestätigung. Sie hängt im Wesentlichen von der Größe und Komplexität des Objekts, vom Kulturkreis, von festen und variablen Informationen, ihrem quantitativen Verhältnis sowie der Menge der Informationen ab. Generell gilt: Je mehr Informationen anfallen, desto weniger können sie ungefiltert weitergegeben und desto eher müssen sie systematisiert und hierarchisiert werden (siehe Universitätsmedizin Greifswald, S. 96/97, 102–105, Flughafen Wien, S.  146–149). Das Zusammenspiel von Makroelementen, die schon von Weitem lesbar sind, so wie erst aus der Nähe lesbaren Mikroelementen ermöglicht dem Nutzer eine differenzierte Wahrnehmung der Informationen. So kann die Signaletik auf den Bewegungsablauf der Nutzer reagieren, gleichzeitig steigert die Folge von räumlich gestaffelten Informationselementen das Raumerlebnis und wird dadurch zu einem wichtigen Element der Raumgestaltung. Die Schichtung der Informationen in Gestaltungsebenen ermöglicht es, Raumgestaltung und Information separat zu lesen, ohne dass der architektonische Zusammenhang verloren geht, und verbessert so die Informationsverarbeitung durch die Nutzer. Dreidimensionale Gestaltungselemente der Signaletik schaffen zusätzlich eine Wahrnehmungsebene, die das Gesamtkonzept der Architektur stärken kann. Gruppierungen von Informationen und Hierarchien bieten die Möglichkeit, viele Informationen zu bündeln, um sie in

Zielrichtung zu vereinzeln und Adressen zu konkretisieren. So wird aus einem mitgeführten Kassenpiktogramm etwa der Begriff Kasse. Oder mehrere Ziele können über ein Kürzel zusammengefasst angezeigt und am Ziel mit konkreten Informationen wie »B2 Innere Medizin Endoskopie« und »B2 Innere Medizin Dialyse« aufgelöst werden.

Codierung

Die Systematisierung von Informationen ist die Basis für die Entwicklung von Informationssystemen, die eine einfache und schnelle Kommunikation komplexer Informationen ermöglichen. Codierungen sind unmittelbare Werkzeuge dafür. Sie können einzeln oder in Kombination von Buchstaben, Zahlen, Farben, Materialien sowie Piktogrammen und Pfeilen erfolgen und charakterisieren beispielsweise spezielle Funktionen, Räume, Geschosse oder Gebäude. Mittels einer Codierung lässt sich eine große Anzahl von Informationen systematisch in die Informations- und Orientierungshierarchien integrieren. Sie kann Informationen hierarchisch gliedern oder gleichwertigen Zielen wie etwa Gates an Flughäfen oder Toren in Messehallen eine Struktur geben. Fallen viele Informationen an oder sind Wechselbelegungen und Umzüge einzukalkulieren, kann über die Definition von Zielpunkten eine Adresse gebildet werden, die fix und ortsgebunden ist. Sie wird mit der entsprechenden Zielinformation belegt und über das Leitsystem gelangt der Nutzer dorthin. Da die Adresse dauerhaft an einen Ort gebunden ist, ist ihre Nutzung hochflexibel, analog zu Wohnadressen. Der Erfolg einer Kombination von Kürzeln oder von Buchstaben-/Zahlencodes hängt von der einfachen Erfassbarkeit ab. Je mehr Elemente verknüpft werden, desto größer ist die Neigung, durch zusätzliche Zeichen wie Bindestriche oder Punkte gliedernd eingreifen zu wollen. Dies erschwert das Ordnen und Erkennen von Informationsverkettungen jedoch eher, während einfache Codes, die sich auf das unbedingt Notwendige beschränken, die Aufnahme der Information erleichtern. Sind zusätzliche Zeichen nötig, so sollten sie gut erfassbar gestaltet werden und sparsam zum Einsatz kommen. Ein Raumnummernschlüssel für ein Bauteil mit Ebene und Raumnummer kann etwa »L/EG-078« lauten oder – leichter erfassbar – eine vereinfachte, mit Leerzeichen getrennte Formel wie »L EG 078« sein.

Positionierung Wie Informationen angebracht werden, in welcher Höhe, welchem Abstand zueinander, wie häufig und an welcher Position, hängt von verschiedenen Parametern wie der Architektur, der Gestaltung, den visuellen Mitteln und den in den Normen festgelegten Anforderungen ab, die teilweise sehr differenzierte Aussagen, z. B. zu Kontrastierung, Zeichenhöhen in Bezug auf Abstände, Beleuchtungsstärken, zur Ermittlung der Beobachterentfernung, möglichen Farbkombinationen etc. treffen. Die Frequentierung von Räumen ist der ausschlaggebende Faktor für die Platzierung von Informationen in Bezug auf die generelle Sichtbarkeit. Die Wahrnehmungshöhe für Informationen in hochfrequentierten Gebäuden wie Flughäfen, Bahnhöfen, Sportanlagen und Messen liegt oberhalb von 2  m, damit sie nicht durch Menschen verdeckt werden. In weniger frequentierten Bereichen lassen sich Informationen genau dort platzieren, wo sie im konkreten Zusammenhang notwendig sind oder am sinnvollsten und störungsfreisten untergebracht werden können (siehe Systematik einer Zielführung, S. 100). Ziel bei der Planung von Signaletik muss stets sein, die komplexen Anforderungen in geordnete Einfachheit zu übersetzen   – oder, anders ausgedrückt, das Streben nach Einfachheit in der Komplexität. Gelingt dies, kann man von einem intelligenten Informationssystem sprechen.

UNIVER GREIFSWALD 3

UNIVERSITÄTSMEDIZIN GREIFSWALD, D

Signaletik: Beate Kling Architekten, Berlin Architektur: Arkitekter Dall & Lindhardtsen, Helsingør; HWP Planungsgesellschaft, Stuttgart

Feste und variable Informationen Zielcodierung durch Buchstaben und Zahlen

102 103

Das Hauptgebäude der Universitätsmedizin Greifswald besteht aus dem zentralen Neubau sowie daran anschließenden Bettenhäusern und Brückenverbindungen zu mehreren Bestandsgebäuden. Das dafür entwickelte Orientierungssystem macht sich die schachbrettartige Struktur zu eigen, die dem überwiegenden Teil des Gebäudekomplexes zugrunde liegt. Die Definition der Zielpunkte geschieht über eine Kombination von Buchstaben und Zahlen, die die sich orthogonal kreuzenden Verkehrswege verknüpft. Die sukzessive Inbetriebnahme des Gebäudes und die Gebäudestruktur selbst be dingen ein flexibles System und eine dezentrale Belegung. Dafür wurden zwei verschiedene Schriftfarben eingeführt – helles Grau für veränderliche und Grün für feststehende Informationen. Das im Bestand nachgerüstete System wurde als Schildfamilie konzipiert, deren Elemente unterschiedlich in den baulichen Kontext integriert sind: über optisch an die hohen Decken anbindende Bügel, durch Montage an den Wänden und als frei stehende Stelen. Das grafische Konzept setzt auf größtmöglichen Kontrast der Farbwerte: Der anthrazitfarbene Grund hinterfängt Informationen vor der zumeist weißen Klinikkulisse; grüne Stelen mit anthrazitfarbener Beschriftung bilden Informationen ab, die nicht mit dem Behandlungsbetrieb zusammenhängen. Die Verwendung derselben Schriftgröße auf nahezu allen Schildern sorgt für ein ruhiges Erscheinungsbild und erleichtert die Konzentration auf die Information. Die gewählte Schriftart, die Farbkontraste und die Abstände erfüllen auch die Anforderungen von Sehbehinderten. Die grünen Kanten an den Informationsträgern erleichtern deren Erkennen zusätzlich.

Die grafisch identisch gestalteten Schilder lenken die Konzentration auf die Information und garantieren Sehruhe sowie Wiedererkennbarkeit. Die Farben Grün und Hellgrau signalisieren unveränderliche bzw. flexible Informationen.

¨ SITATSMEDIZIN Bügel variabler Höhe sorgen dafür, dass die Deckenschilder an allen Positionen auf derselben Höhe hängen, gleichzeitig binden sie die Informationselemente optisch an das Gebäude an.

Um eine lückenlose Durchleitung zu garantieren, besteht Sichtkontakt zwischen den einzelnen Informationselementen, in rhythmischen Abständen wird so die Richtigkeit des gewählten Wegs signalisiert.

Die Schildkomponenten und Informationsträger orientieren sich an dem Raster der Wandgestaltung mit Stahlbetonbändern und Klinkermauerwerk.

3

BERNAQUA BERN, CH Signaletik: L2M3 Kommunikationsdesign, Stuttgart Architektur: Architekt Daniel Libeskind, Zürich

Reduzierung auf ein Leitelement Dreidimensionale Richtungspfeile

106 107

Das von Daniel Libeskind entworfene Erlebnisbad »Bernaqua« ist geprägt von den für die Bauten dieses Architekten typischen Verschneidungen von Flächen und Räumen, durch die sich ineinander übergehende Raumstrukturen entwickeln, in denen sich keine Raumform wiederholt. Der lebendige Grundriss ist komplex und schwer zu überschauen. Daher war konzeptionell eher ein Leit- als ein Orientierungssystem erforderlich. Auf Übersichtselemente wird in dem Bad nahezu verzichtet, vielmehr sind es nur wenige Komponenten, die den Besucher von Raum zu Raum führen. Eine Auflistung der Ziele in Form von Schriftzügen ergibt in Verbindung mit Richtungspfeilen leicht zu überblickende und einfach verständliche Orientierungshilfen. Die Reduktion auf die Farben Schwarz oder Weiß sowie der dadurch erzielte maximale Kontrast zwischen Wandflächen und applizierten Elementen korrespondieren mit der Architektur. Die Pfeilelemente sind dreidimensional und reagieren auf die jeweilige Wandneigung  – die vordere Ebene der Pfeile steht immer lotrecht zum Boden. Durch die unterschiedlich geneigten Wände und die wechselnden Richtungen, in die die Pfeile weisen, ergeben sich verschiedene Formen, kein Pfeilelement kommt zweimal vor. Im Gegensatz zur Verschneidung ebener Flächen in der Architektur und den dazu winklig entwickelten Pfeilen ist die gewählte Schrift »weich«. Die Buchstaben sind gestanzt und liegen minimal erhaben über dem Fugenbild der Architektur.

60 mm min. 10 mm

177 mm

90°

55° 30 mm

min. 10 mm

Schriftzüge kombiniert mit dreidimensional vor die Wand tretenden Richtungspfeilen weisen den Weg. Die Wandflächen sind geneigt, die Frontflächen der Pfeile stehen jedoch immer lotrecht zum Boden.

BERNAQUA

3

SIGNTERIOR SHANGHAI, CN Signaletik: ujidesign, Tokio Architektur: A-ASTERISK, Shanghai; A-I-SHA architects, Shanghai

Entflechtung von Verkehrswegen Differenzierung über Farbzuweisung

108 109

Das Büro- und Geschäftsgebäude in Shanghai vereint drei unterschiedliche Nutzungen. Diese werden über mehrere Haupteingänge erschlossen, was eine komplexe Wegeführung zur Folge hat. Eine der Hauptaufgaben des Informations- und Orientierungssys tems ist deshalb die eindeutige Leitung der Besucher auf der Eingangsebene. Dies gelingt über eine enge Verbindung von Signaletik und Innenraum (Sign + Interior = Signterior). Drei verschiedene Farben differenzieren die Bereiche optisch – Silber für die Ladenflächen im Erdgeschoss des Hochhauses, Gold für die Standardbüroflächen in der zweiten und dritten Etage und Bronze für die Premiumbüroflächen in den weiteren Stockwerken. Als auf den Boden aufgebrachte Linien und Flächen führen sie den Besucher aus mehreren Richtungen direkt zu den nach Stockwerken unterschiedenen Aufzügen und Rolltreppen. Die Verkehrsströme werden so frühzeitig differenziert, hierarchisiert und geteilt, die Verkehrswege selbsterklärend vorgegeben. Hier wirkt die Signaletik nicht nur ordnend, sondern als Inszenierung und wird bewusst zur Steigerung der Wertigkeit und der Attraktivität der Architektur eingesetzt. Da sie in den Boden integriert ist, muss sie einfacher verständlich und größer sein als an Wänden angebrachte Informationen. Um eine ausreichende Dauerhaftigkeit zu gewährleisten, wurden die Farben und Beschriftungen im Siebdruckverfahren auf ein Gewebe aufgebracht, das zwischen rutschfesten Glasscheiben angeordnet ist. In den oberen Etagen leiten Rahmungen an den Wänden und große, beleuchtete Zahlen zu den Räumen.

Die grafische Rahmung der Wege in den oberen Stockwerken erzeugt eine neue Raumidentität und gliedert die langen Korridore.

SIGNTERIOR Die abgerundeten Kanten der Architektur am Übergang von Wand und Decke sind im Orientierungssystem aufgenommen.

SIGNALE TIK PL ANEN

3 110 111

Torsten Krüger

Orientierungsdesign

Am Beginn der Entwicklung eines Informations- und Orientierungsdesigns steht die übergreifende Kommunikationsidee. Diese aus dem Inhalt des zu gestaltenden Themas abgeleitete »big idea« bildet die Klammer zwischen Architektur, Design und Signaletik. Sie baut auf den Inhalten der Corporate Identity sowie der Building Identity auf, erzeugt darüber hinaus jedoch eine eigenständige Gestaltungs- und Wahrnehmungsebene, die den Wert und die Funktionsfähigkeit des Objekts steigert. Signaletik denkt den Raum weiter, als es Architektur in der Regel vermag und bietet damit die Chance, Architektur aus Nutzerperspektive zu optimieren. Die Signaletik kann die architektonische Sprache aufnehmen, sie begleiten und behutsame Akzente setzen. Sie kann ein Architekturkonzept aber auch aufbrechen, den Nutzer überraschen, zu neuen, ungewohnten Sichtweisen führen oder die Architektur bewusst dominieren. Alle Strategien sind denkbar und werden je nach Aufgabe in der Praxis angewendet. Im täglichen Leben sind wir ständig von Elementen der Signaletik umgeben – Straßenschilder, Hausnummern, Orts- oder Raumbezeichnungen suchen wir zur Orientierung oder lassen uns unbewusst von ihnen führen. Muss man nicht nach Orientierungselementen Ausschau halten und nicht vordergründig über sie nachdenken, sondern kann elegante Formen, wertiges Material oder eine klare Typografie quasi beiläufig wahrnehmen, trägt dies wesentlich dazu bei, einen Ort als positiv zu empfinden. Die übergreifende Gestaltungsidee muss dies berücksichtigen und eine für die Aufgabe überzeugende Lösung finden. Die Signaletik transportiert entscheidende Aussagen über den Ort und den Absender: Ist die Stadt einladend? Ist ein Gebäude modern? Erscheint der Nutzer innovativ? Arbeiten die Mitarbeiter in einer kreativen Atmosphäre? Das Design der Signaletik führt das in der Architektur und in der Innenraumgestaltung angedachte Gestaltungskonzept weiter und

Im Empire Riverside Hotel in Hamburg sind signaletische Elemente in verschiedenen Oberflächenmaterialien umgesetzt – Holz auf Holz, Bronze auf Bronze. Eine differenzierte Wahrnehmbarkeit wird über Farbnuancen und Schattenwürfe erreicht. Architektur: David Chipperfield Architects; Signaletik: polyform – planen und gestalten

Tiefgezogene und hervortretende Texturen an den Wänden des Ackermannshofs in Basel verweisen auf die ehemalige Nutzung als Setzerei und Druckerei. Gebäudebezeichnungen sind »eingestanzt«, Mieterbeschriftung erhaben und wie Lettern auswechselbar. Architektur: Lost-Architekten; Signaletik: Notice Kommunikation & Design

setzt zugleich neue individuelle Akzente. Das Verhältnis dieser Disziplinen zueinander bestimmt die Wahrnehmung. Idealerweise entwickeln die verschiedenen Fachrichtungen eine gemeinsame Haltung und Sprache, die sich auch im Detail vielfältig anwenden und adaptieren lässt. Die Philosophie des Auftraggebers findet über die Aufnahme von Material, Textur, Farbe und Form seines Markenauftritts Eingang in ein übergreifendes Gestaltungskonzept. Ansprechende und klar strukturierte Orientierungssysteme wirken sich positiv auf das Erscheinungsbild aus und sind eng mit der öffentlichen Positionierung einer Stadt, eines Unternehmens oder einer Institution verbunden. Für die Gestaltung der Signaletik stehen verschiedene Mittel zur Verfügung, die in analogen und digitalen Anwendungen zum Einsatz kommen. Grundlegend für unsere Fähigkeit, Informationen schnell zu erfassen und zu vermitteln, sind deren Codierung und Standardisierung. Sie bilden die Basis für die Konzeption und Realisierung erfolgreicher Signaletiksysteme (siehe Analyse und Informationssystematik, S. 101).

Typografie

Die Übermittlung von Informationen erfolgt im Wesentlichen über Schrift und Zeichen. Die Auswahl der Schriftarten hat in der Signaletik aus diesem Grund besondere Bedeutung für die Gestaltung und Adaption der Information durch den Nutzer. Die verwendeten Schriften sollten in verschiedenen Größen und Anwendungen gut lesbar sein. Die Typografie muss jedoch auch zur Umgebung, in der sie eingesetzt wird, und zur Architektur passen. In der Regel werden analog zur Hierarchie des Orientierungssystems verschiedene Anwendungsebenen in der Typografie unterschieden. Übergeordnet ist der Markenname des Nutzers oder des Gebäudes, der gemäß der Corporate Identity des Unternehmens vorgegeben ist. Die Bezeichnung und Ausschilderung von Gebäuden, Funktionsbereichen, Raumgruppen und Einzelräumen werden in einem abgestuften Gestaltungskonzept ausgeführt. Die Wahl der Schriftart, der Schriftgrößen, der Farben von Untergrund und Schrift sowie zusätzlicher typografischer Elemente erfolgt in Abhängigkeit vom Betrachtungsabstand und sollte primär die Hauptanforderung nach schneller und eindeutiger Information und Orientierung erfüllen. Je größer der Betrachtungsabstand ist, desto größer und kontrastreicher müssen die typografischen Elemente sein. Die Festlegung von räumlichen Höhenbezügen, Schriftarten und -größen für Informationen, die dann im gesamten Gestaltungsbereich beibehalten und standardisiert werden, fördert die Lesbarkeit der Informationselemente, da der Nutzer wiederkehrende grafische und typografische Elemente schnell erfassen und in der Bedeutung zuordnen kann.

Piktogramme

Piktogramme sind Symbole, die in Informations- und Orientierungssystemen Botschaften auf kleine, eindeutige Zeichen verkürzen. Ihre Bildsprache stellt eine weitere Informationsebene dar. Die Abstraktion einer Funktion zum Piktogramm, beispielsweise einer Treppe, eines Aufzugs, einer Wegrichtung oder einer Toilettenanlage, erzeugt – obwohl aus einem grafischen Konzept abgeleitet – eine eigene Designsprache. Piktogramme werden neben Typografie häufig für individuelle Gestaltungslösungen zur Differenzierung und Individualisierung genutzt. Außer zu Standardthemen können für ausgewählte Gebäude auch eigene Piktogrammfamilien entwickelt werden, die auf dem übergeordneten Konzept für die Gestaltung des signaletischen Systems eines Gebäudes oder eines Events basieren. Piktogramme sind oft Ausdruck des intellektuellen Anspruchs der Auftraggeber und Designer. Sie können als Symbol oder Icon eigene Strahlkraft entwickeln, da sie unabhängig von Sprache und Schrift Orientierung geben und allgemein verständlich sind. Sie erzählen eigene Bildgeschichten,

SIGNALE TIK PL ANEN

3

Orientierungsdesign

112 113

zeugen von Klarheit, Witz oder formalen Experimenten und erinnern an die Anfänge der Schriftkultur, die meist auf abstrakten Bildzeichen beruht. Manche Zeichen sind auch international standardisiert, beispielsweise werden Notausgänge durch grüne leuchtende Schilder mit einem weißen Pfeil in Richtung des Ausgangs gekennzeichnet, Brandschutzeinrichtungen wie Feuerlöscher und Druckleitungen mit roten Hinweisschildern. Pfeile zählen zu den häufigsten Symbolen in der Signaletik.  Bedeutung erhalten sie jedoch erst in Kombination mit einem Ziel. Die Bezeichnung von Räumen durch abstrahierte und grafische Abbildungen wie beispielsweise Tiere oder Pflanzen, ermöglicht eine grafische Codierung des Ziels, die über Piktogramme hinausgeht und mit leicht erinnerbaren Bildern arbeitet. Diese Möglichkeiten kommen oft in Einrichtungen für Kinder oder auch für ältere Menschen zum Einsatz.

Farbe

Farben sind ein wichtiges Gestaltungselement von Räumen. Sie wirken auf derselben Wahrnehmungsebene wie die grafischen Komponenten der Signaletik und beeinflussen die Wirkung von Räumen und ihre Aneignung durch die Nutzer. Auch Informations- und Orientierungssysteme verwenden zur Ausweisung von Raumgruppen oder als Wegeleitung farbige Elemente und Flächen. So können beispielsweise Farbzuweisungen an Teilabschnitte von Gebäuden helfen, Gesamtzusammenhänge zu strukturieren. Aus diesem Grund ist die Abstimmung eines Farbkonzepts zwischen der Raumgestaltung und dem Informations- und Orientierungssystems notwendig. Die visuelle Codierung von Funktionen durch Farbe, Material und Textur erleichtert eine schnelle und eindeutige

Das Beschriftungskonzept der Dreispitzhalle in Basel, eine umgenutzte Logistikhalle, übersetzt Gebäudetypus, Ausstrahlung und heutige Nutzung in Typografie. Der Schriftzug erstreckt sich über 60 Meter und lässt die ursprüngliche Patina der Halle durchscheinen. Konzeption: Hauser, Schwarz

Orientierung. Eine Verstärkung der Helligkeits- und Farbkontraste verbessert die Lesbarkeit der Informationen. Farben sind nur in einem Umfang von fünf bis sieben Farbtönen eindeutig und schnell erfassbar. Eine darüber hinausgehende Anzahl von Farbzuweisungen kann lediglich in Abstufungen von Grundfarben gewählt werden, was aber eher weniger zu einem raschen Verständnis beiträgt. In manchen Fällen ist es möglich – oder auch nötig –, Schrift durch Farbzuweisungen und Piktogramme zu ersetzen und Informationen dadurch barrierefrei und im Sinne des Universal Designs (siehe S. 84–87) zu vermitteln.

Material und Textur

Mit der Verwendung von Materialien, Formen oder Verarbeitungstechniken, die sich aus der Architektur, dem Innenraumdesign oder von einer Marke ableiten, kann die Signaletik Teil eines übergreifenden Raumerlebnisses werden (siehe Empire Riverside Hotel, S. 110/111). So entsteht ein durchgängiges Bild, das Architektur, Design und Signaletik zusammenführt und die Signaletik zu einem wesentlichen Element der Raumgestaltung macht. Auf diese Weise lassen sich auch neue Gestaltungsakzente setzen, die über die reine Information hinausgehen und nutzungsspezifische Botschaften kommunizieren und Emotionen ansprechen. In einem Terrazzoboden können z. B. Texte und Zeichen integriert werden, sodass der Boden zu einem Informationsträger wird, Raumbezeichnungen lassen sich dreidimensional aus der Wand falten. Dies erfordert eine enge Abstimmung zwischen Architektur, Innenraumgestaltung  und Signaletik zu einem frühen Zeitpunkt. Andere Interaktionen zwischen den Fachgebieten sind auch zu einem späteren Zeitpunkt noch möglich, wie beispielsweise die Aufnahme des Materials eines

Die in den 1920er-Jahren entworfenen Symbole der »Wiener Methode der Bildstatistik« waren das erste derartige Zeichensystem. Daraus ent wickelte sich eine internationale Bildersprache, ab 1934 Isotype (International System of Typographic Picture Education) genannt. Design: Otto Neurath

architektonischen Details oder eines Möbels im Trägermaterial der Signaletik.

Dreidimensionalität

Die dreidimensionale Ausführung von Informations- und Orientierungselementen wird zunehmend eingesetzt, um die Wertigkeit und Qualität der Signaletik zu steigern (siehe z. B. adidas Laces, S. 62–65; Design Museum Holon, S. 82/83). Der Übergang von einer zwei- in eine dreidimensionale Gestaltung spielt mit unseren Sehgewohnheiten und eröffnet neue Perspektiven in der Aneignung eines Raums. Die Elemente der Signaletik erreichen in diesen Projekten eine Designqualität, die über die eigentliche Informationsvermittlung hinausgeht und ihnen den Status von Kunst und Einmaligkeit verleiht. Das Zusammenspiel von Signaletik mit Architektur und Design stärkt dabei das Gesamtkonzept.

Key Visuals

Key Visuals sind grafische oder animierte Elemente, die über Schlüsselbilder wesentliche Produkteigenschaften vermitteln. Sie werden zur grafischen Unterstützung der kommunikativen Grundidee eingesetzt und ergänzen die Hauptbotschaften mit einem suggestiven Bild. In Gebäuden ist der Übergang zwischen den im Rahmen der Innenraumgestaltung entwickelten Oberflächen und dem Informations- und Orientierungssystem fließend. Um beispielsweise den digitalen Arbeitsschwerpunkt eines Forschungsinstituts zu verdeutlichen, kann die Signaletik dort grafisch abstrahierte Pixelwolken einsetzen und Wand, Boden und Decke in die Gestaltung miteinbeziehen. In diesem Fall wird das Key Visual für die Gestaltung des Raums bestimmend, Signaletik und Innenraum sind dadurch eng miteinander verbunden.

Das ursprünglich für die Olympischen Spiele 1972 in München entwickelt Piktogrammsystem findet heute noch weltweit Anwendung. Die umfangreiche Auswahl wird ständig weiterentwickelt und erweitert. Design: Otl Aicher

Das Piktogrammsystem für die Europäische Investitionsbank in Luxemburg projiziert ein gedankliches Punktraster auf das Gebäude und macht es grafisch über die Zeichensprache sichtbar. Signaletik: unit-design, in Zusammenarbeit mit ingenhoven architects

SIGNALE TIK PL ANEN

3 114 115

Semantik und Sprache

Orientierungsdesign

Das Leit- und Orientierungssystem für die Messe Stuttgart arbeitet mit kräftigen Farben, die den Besucher auf bunten Bändern und Wandflächen begleiten. Der Farbklang verkürzt die gefühlten Weglängen und erleichtert das Erfassen der Informationen. Die Codierung der Ziele erfolgt über die verschiedenen Farben. Architektur: wulf & partner, Signaletik: büro uebele visuelle kommunikation

Einen wesentlichen  Einfluss auf die Informationsvermittlung und damit auf die Gestaltung von Informationsund Orientierungssystemen haben Semantik, Sprache und das Sprachverständnis. Wie in der Bildsprache oder bei der Entwicklung von Piktogrammen gibt es grundsätzlich unterschiedliche Herangehensweisen bei der Verwendung von Sprache. Bei der Wortwahl ist zwischen allgemein verständlichen, eingeführten Begriffen und Fachausdrücken zu unterscheiden. Führt der Weg also in die »Kinderklinik« oder zur »Pädiatrie«? Auch die Anzahl der verwendeten Begriffe sollte begrenzt und gut überschaubar sein. Wichtige Ziele werden oft mit Eigennamen bezeichnet, z. B. Auditorium, Notaufnahme oder Ausgang, und grafisch gegenüber den Standardzielen hervorgehoben. Eine Treppe kann entsprechend über das Piktogramm einer Treppe oder den Begriff »Treppe« angekündigt werden. Die Verwendung von Sprache, Typografie und Symbol folgt tradierten und erlernten Gewohnheiten. Sprache ist jedoch

immer lebendig, nimmt neue Begriffe auf und verdrängt nicht mehr genutzte. Dies wird in der Signaletik durch die Adaption von international üblichen Bezeichnungen wie Lounge, Lobby oder Lift deutlich. Mehrsprachige Nutzer erfordern mehrsprachige Informationssysteme. International ist der Standard weit verbreitet, die nationale Sprache und Englisch als internationale Sprache zu  verwenden, wobei die Information meistens erst in der jeweiligen nationalen Sprache gegeben wird und anschließend in der Zweitsprache. Daraus ergibt sich ein duales grafisches System, in dem die nationale Sprache in der Regel dominiert und sich die zweite Sprache in der grafischen Umsetzung unterordnet. Bei mehr als zwei Sprachen ist die grafische Gestaltung wesentlich schwieriger, da eine schnelle Zuordnung der Worte zu den Sprachen und dadurch das Verständnis erschwert wird. Dies ist beispielsweise in Ländern mit zwei oder mehr Hauptsprachen wie in Belgien oder der Schweiz sowie in Grenzregionen zu beobachten. Doch oft  entstehen für solche Fälle innovative und interessante Lösungen.

Licht

Informations- und Orientierungselemente wie Typografie und Piktogramme können hinterleuchtet werden, um ihre Sichtbarkeit und Lesbarkeit im Raum zu verbessern. Dazu eignen sich als Lichtquellen beispielsweise LEDs, da sie bei hoher Lebensdauer einen niedrigen Stromverbrauch und einen geringen Wärmeeintrag in das Gebäude aufweisen. Die Lichtintensität und -farbe wird an die Stärke des vorhandenen Tages- und Kunstlichts angepasst, um die Informationen bei einem Minimum an Energieverbrauch optimal zu vermitteln. Licht kommt auch bei der Projektion von Text, Piktogrammen und Key Visuals auf definierte Oberflächen zum Einsatz (siehe Brühltor-Passage, S. 150/151). Das ist jedoch nur in Räumen sinnvoll, die selbst keine große Grundhelligkeit aufweisen und funktioniert bis zu einer Höhe von 2 m nur in gering frequentierten Bereichen, da sonst Personen die Projektionen überdecken können.

Digitale Bildsprache

Alle Informations- und Orientierungselemente lassen sich auch auf digitalen Screens darstellen (siehe Digitale Informationsübermittlung, S. 136–143). Die Typografie und Bildsprache sowie das Absenderverhalten werden in diesem Fall für die digitale Darstellung weiterentwickelt und adaptiert. Gerade für schnell wechselnde Informationen haben sich digitale Screens durchgesetzt, an Flughäfen und Bahnhöfen, in Konferenzzentren und Verwaltungen wird

diese Technik bereits angewendet. Digitale Informationssysteme bieten zusätzlich über Touchscreens an fest installierten Stelen die Möglichkeit, komplexe Themen einfach und intuitiv über einen allgemein gebräuchlichen Standard zu kommunizieren. Für diese Anwendungen steht bereits eine breite Palette an analogen und digitalen Techniken zur Verfügung, die sich in Zukunft noch erweitern wird. Diese beeinflussen die visuelle Gestaltung von Inhalten wesentlich und setzen neue Standards in der Signaletik. Analoge Orientierungssysteme für weitgehend unveränderliche Orte werden allerdings weiterhin Bestand haben, da die hohen Investitions- und Unterhaltungskosten den Einsatz digitaler Technik begrenzen.

Signaletik und Werbeanlagen

In gewerblichen Bauten und auf öffentlichen Flächen dominieren Werbeanlagen häufig das visuelle Bild der Architektur. Das Verhältnis von Werbeanlagen und Signaletik muss dabei frühzeitig geklärt werden, um beiden Systemen gerecht zu werden. Im besten Fall liegt die Entwicklung der Konzepte in einer Hand, sodass ihre Planung, Genehmigung und Realisierung in einem integrierten Prozess erfolgt und frühzeitig Berücksichtigung findet. Architektur ohne Angebote für Signaletik und Werbeanlagen riskiert ihre Verunstaltung durch nachträglich Ergänztes und erzeugt Konflikte zwischen beteiligten Kreativen, Auftraggebern, Behörden und ausführenden Firmen.

links: Die Hinterleuchtung von Informationselementen erhöht die Lesbarkeit von Typografie und Piktogrammen und macht den Rhythmus der Elemente im Raum gut erkennbar. oben: Amsterdam Airport Schipohl, Signaletik: Paul Mijksenaar; unten: Flughafen Zürich, Architektur: Nicholas Grimshaw & Partners, Konzeption Signaletik: Burri public elements, Grafik: designalltag

oben: Die Vermittlung von Informationen in mehreren Sprachen erfolgt in der Ciudad de las Artes y las Ciencias in Valencia über Abstufungen des Schriftschnitts einer Schriftart. Signaletik: Bosco unten: Die Beschriftungen im Kleinen Haus des Staatsschauspiels Dresden assoziieren Regieanweisungen. Pfeile werden durch verbale Richtungsangaben ersetzt. Signaletik: Gourdin & Müller

OR STADT FRANK

3

ORDNUNGSAMT STADT FRANKFURT FRANKFURT AM MAIN, D

Signaletik: unit-design, Frankfurt am Main Architektur: Meixner Schlüter Wendt Architekten, Frankfurt am Main

D E nicht öffentlich

Amtsleitung Verwaltung Rechtsreferat

5. OG

Stadtpolizei Veterinärwesen

4. OG

Stadtpolizei

3. OG

C

B

116 117

2. OG Ordnungsangelegenheiten Ordnungswidrigkeiten 1. OG Ausländerangelegenheiten Eingang Amtstierärztlicher Dienst Servicezentrum

EG

Eingang Ausländerangelegenheiten Haupteingang Ordnungsamt

A

DNUNGSAMT FURT Die roten Informationselemente akzentuieren den Kontrast von Schwarz und Weiß.

Klare Navigation Schwarz-WeißKontrast Signalfarbe Rot

Mit dem Ordnungsamt in Frankfurt wurde für eine öffentliche Behörde ein durchgängiges Orientierungssystem konzipiert, das von den Eingangsbereichen bis zu den Serviceangeboten in den Obergeschossen leitet. Dabei spielen besonders Verständlichkeit, Lesbarkeit, Offenheit und Transparenz eine wichtige Rolle. Im Dialog mit den Mitarbeitern und der Amtsleitung entstand eine Signaletik, die vor allem auf Klarheit und Übersicht setzt, um die sichere Navigation des sehr unterschiedlichen Publikums zu gewährleisten. Dafür wurde ein System von eindeutigen, einfach lesbaren Übersichtsplänen und Piktogrammen entwickelt, das durchgängig im ganzen Gebäude Anwendung fand. Die Grundfarben des Konzepts sind Schwarz, Rot und Weiß, sie werden in der Raumgestaltung und im Kommunikationsdesign eingesetzt. Die fließenden Formen und die Materialästhetik der Innenräume bilden die Basis für die Integration aller signaletischen Elemente – Architektur, Raumdesign und Signaletik verschmelzen zu einem Gesamtbild. Das Orientierungskonzept wurde bereits auf das Amt für Gesundheit und das Technische Rathaus übertragen und soll auch in weiteren Ämtern der Stadt Frankfurt eingesetzt werden, sodass mittelfristig eine konsistente Kommunikation mit den Bürgern und eine neue, eigenständige Identität der städtischen Ämter entsteht.

Architektur, Design und Kommunikation folgen einem ganzheitlichen Gestaltungsansatz.

3

NAGASAKI PREFECTURAL ART MUSEUM NAGASAKI, J Signaletik: Hara Design Institute, Tokio Architetur: Kengo Kuma Associates, Tokio

PREFECTURAL 118 119

Leitinformationen werden überdimensional groß als aufgelöste, einzelne Objekte beidseitig der Fassade platziert.

NAGASAKI ART MUSEUM Skulpturale Signaletik Leitelemente zu Einheiten zusammengefasst

Prägend für die Architektur des Nagasaki Prefectural Art Museum sind die den Fassaden vorgestellten Steinlamellen, die das Motiv der traditionellen südjapanischen Verandaarchitektur mit Holzlamellen aufnehmen. Die Eingangsbeschilderung adaptiert diese Lamellenfassade und nutzt sie als gestalterisches Mittel. Wie die Zähne eines Kamms ragen vor dem Eingangsbereich in zwei Reihen Lamellen senkrecht aus dem Boden. Die beiden unterschiedlichen Strukturen überlagern sich und lassen vor dem Auge des vorbeigehenden Betrachters eine dynamische, wellenartige Bewegung, eine Art dreidimensionalen Moiré-Effekt entstehen. Durch das Ineinanderlaufen der Strukturen ent wickelt sich aus einem bestimmten Blickwinkel ein neues Muster, das in keinem der beiden Raster ursprünglich angelegt ist: das Signet des Museums mit dem Namensschriftzug auf Japanisch und Englisch. Im Inneren des Museums sind Piktogramme, Richtungspfeile und Beschriftungen zu Einheiten zusammengefasst. Sie weisen in Form von dreidimensionalen Objekten aus hochwertigen Materialien den Weg, lösen sich dabei fast gänzlich von der Architektur und werden zu eigenständigen Skulpturen im Raum. In Anlehnung an diese skulpturalen Elemente sind auf der Fassade beidseitig Leitinformationen überdimensional groß als aufgelöste, einzelne Objekte platziert. Der Richtungspfeil schwebt, mit der Fassade konstruktiv vereint, frei im Raum.

Durch das Ineinanderlaufen der Strukturen entwickelt sich eine Art dreidimensionaler Moiré-Effekt.

ETH SCIENCE CITY 3

ETH SPORT CENTER SCIENCE CITY ZÜRICH, CH

Signaletik: TGG Hafen Senn Stieger, St. Gallen Architektur: Dietrich | Untertrifaller | Stäheli Architekten, Bregenz

Gestaltungsidee Bewegung Kopplung von Leitlinien mit Zielangaben

120 121

Das Sport Center Science City auf dem ETH Campus Hönggerberg ist eine großzügige Sportanlage mit nachhaltiger Energieversorgung. Obwohl weite Teile des Gebäudes im Hang liegen, herrscht dank der teils transluzenten, teils transparenten Fassaden der Süd- und Westseite eine lichte Atmosphäre. Ein großzügiges Foyer bildet die zentrale Verteilerebene, von dort werden die unterschiedlichen Sportabteilungen erschlossen. Die Grundtonalität des Innenraumkonzepts ist weiß. Durch die extreme farbliche Reduzierung der Ausstattungselemente und Möbel tritt die rote Signaletik deutlich hervor. Sie ist ein bestimmender Bestandteil der Raumwirkung, das Rot bildet den Komplementärkontrast zum Grün der architektonischen Elemente wie Fensterrahmen und Glasbrüstungen. Die Wegeleitung arbeitet mit visuellen Elementen, die der Welt des Sports entnommen sind und an die Markierungen der Spielfelder in Hallensportanlagen erinnern. Die Linien abstrahieren Bewegungsabläufe innerhalb des Gebäudes und führen ausgehend von dem Schriftzug des jeweiligen Zielorts im wahrsten Sinne des Wortes als roter Faden durch die Anlage. Aufgebracht ist die Signaletik, die sowohl über die Wände als auch über den Boden läuft, in derselben Technik, die für Sportfeldmarkierungen verwendet wird.

Die Informationen der Signaletik greifen weit in den Raum, grafisches Schlüsselelement sind die leitenden roten Linien, die an Spielfeldmarkierungen erinnern.

SPORT CENTER

4 SIGNALETIK

REALISIEREN

124

Analoge Informationsübermittlung Beate Kling

130

MORISAWA HEAD OFFICE, Osaka, J

132

LEIBNIZ-INSTITUT FÜR OSTSEEFORSCHUNG, Warnemünde, D

134

THEATER IM PFALZBAU, Ludwigshafen, D

136

Digitale Informationsübermittlung Michael Schwanke-Seer

144

CIUDAD DE LAS ARTES Y LAS CIENCIAS, Valencia, E

146

FLUGHAFEN WIEN CHECK-IN 3, Wien, A

150

BRÜHLTOR-PASSAGE, St. Gallen, CH

152

Epilog – Die Ikonografie des dritten Jahrtausends Torsten Krüger

SIGNALE TIK RE ALISIEREN

4 124 125

Beate Kling

Analoge Informationsübermittlung

Bislang sind analoge Elemente die gebräuchlichsten Informationsträger. Daneben entwickeln sich heute jedoch zahlreiche Möglichkeiten, digitale Informationsträger unter Einbeziehung der neuen Medien zu integrieren, die damit einhergehende Preisharmonisierung macht diese Medien zudem massentauglich. Trotz der immer breiteren Nutzung digitaler Lösungen werden analoge Informationsträger zur einfachen und preiswerten Informationsvermittlung fester Bestandteil von signaletischen Systemen bleiben, etwa weil Einzellösungen, kleinere Vorhaben, Brandschutzanforderungen oder Kundenwünsche einer digitalen Lösung entgegenstehen, sie unwirtschaftlich machen, sie nicht sinnvoll oder gar nicht gewünscht ist.

Additive Informationsträger

Im Idealfall werden Informationsträger in die Architektur integriert. Aus verschiedenen Gründen ist das je doch nicht immer möglich, z. B. bei Nachrüstungen, Sanierungen, Budgetproblemen oder Interimsbeschilderungen. In diesen Fällen werden Schilder und Beschriftungen meist nachträglich auf die Architektur aufgebracht. Idealerweise handelt es sich dabei um speziell für das jeweilige Projekt entwickelte Systeme, die die Prinzipien der integrierten Signaletik auf additive Elemente übertragen. Über die Art ihrer Verarbeitung sowie ihre Material- und Farbgebung können die Schilder eine Aussage zur Wertigkeit der Information geben. So entstehen Schildfamilien, die es ermöglichen, für jede Situation und Anforderung das entsprechende Schild einzusetzen und damit sinnhafte In formationsfolgen entstehen zu lassen. Die Schildelemente und -kombinationen sollten auf die Eigenschaften der Architektur Bezug nehmen, indem sie diese aufgreifen oder bewusst kontern. Dadurch kann auch ein nachträglich angebrachtes Orientierungssystem integrativ wirken, sowohl

funktional als auch visuell (siehe Universitätsmedizin Greifswald, S. 102–105).

Integrierte Informationsträger

Integrierte Informationsträger zeichnen sich dadurch aus, dass sie baulich und sensorisch an die Umgebung an- oder in sie eingebunden sind. Entscheidend dafür ist der konzeptionelle Ansatz und nicht, ob beispielsweise wirklich eine physische Verbindung der Elemente mit der Architektur besteht. Eine frühzeitig integrative Planung ist dafür die Voraussetzung. Um Informationen zu integrieren, werden die Charakteristiken der jeweiligen Architektur auf die Informationsträger übertragen oder entsprechend für die Medien, die die Information übermitteln sollen, interpretiert, übersetzt oder fortgeschrieben. Dafür kommen unterschiedliche Materialien, Oberflächen, Texturen und Farben mit ihren verschiedenen Wirkungen zum Einsatz (siehe Orientierungsdesign, S.  110–115). Durch das Material und die verwendeten körperhaften Elemente sowie ihre Verbindung mit einem Raum oder Objekt lassen sich die gewünschten Eigenschaften des Orientierungssystems erzielen, die Information geht eine Symbiose mit dem sie tragenden Objekt ein.

oben: Das Leitsystem für die Landesbibliothek Oberösterreich in Linz greift die im Haus bereits bestehende Typografie der 1930er-Jahre thematisch auf und entwickelt sie als dreidimensionale Objekte weiter. Signaletik: bauer – konzept & gestaltung

linke Seite: Im Deutschen Hygiene-Museum Dresden sind Informationen direkt auf die Wände appliziert, der Baukörper dient als richtungsweisender Informationsträger. Signaletik: Gourdin & Müller links: Das »Verstauen« von Informationen an den Decken der FH Osnabrück ist Konzept. Junge Adressaten und stark frequentierte Verkehrswege in Pausenzeiten begründen die Lage. Signaletik: büro uebele visuelle kommunikation

Zweidimensionale Applikationen Wände, De cken und Böden eignen sich als Informationsträger für zweidimensionale Applikation, z. B. für Schrift oder Piktogramme. Dabei werden mithilfe von Beschichtungsverfahren liquide Materialien wie Farben oder Pasten aufgetragen – auch in Fresko- und Spachteltechniken – oder aber Materialien wie Hochleistungsfolien, Papiere, Bleche oder Verbundstoffe direkt auf die Konstruktion appliziert bzw. auf Verkleidungen wie z. B. Paneele aufgebracht. Diese Applikationsformen kommen häufig zum Einsatz, weitverbreitet sind sie beispielsweise in Museen und bei der Ausstellungsgestaltung. Neben der Flexibilität sowie einer einfachen und schnellen Erneuerbarkeit bei niedrigen Kosten bieten sie den Vorteil, dass sich Informationen damit problemlos in den räumlichen Kontext und in Sekundärgestaltungen integrieren lassen (siehe Deutsches Hygienemuseum, S.  124; Fachhochschule Osnabrück, S. 125). Weitere Möglichkeiten, Informationen aufzubringen, sind bei Gläsern Siebdruck, Ätzung oder Emaillierung. Mithilfe von Intarsien können Information in das Gebäude eingebunden werden, z. B. Metalle in Ortterrazzo (siehe Hypovereinsbank, S. 127) oder Hartstoffestrichen, Furniere in Holzoberflächen, Plastik in Epoxydharzböden, Neopren in Hölzer, lichtreflektierende Glasperlen in Beton (siehe BlingCrete, S. 127). Die integrierte Information kann dabei einen räumlichen Verlauf anzeigen, indem der Informationsfluss der Architektur folgt und mit ihr korrespondiert – Linien, Pfeile, Schriften laufen dann um Ecken, Intarsien befinden sich an Konstruktionsstößen, Informationen fließen die Treppe herab oder winden sich an Stützen empor. Wände, Decken, Böden sowie einzelne Bauteile wie Stützen, Geländer, Treppen oder Tresen dienen mitunter selbst als Informationsträger, wenn sie z. B. vollständig als signalgebende Flächen definiert und etwa mit kontrastierender Farbgebung versehen, gerastert oder strukturiert werden. Dreidimensionale Objekte Information und Informationsträger können zu einem Objekt verschmelzen, das sich dann dreidimensional mit doppelter Funktion präsentiert – der Informationsträger wird einerseits selbst zur Information und ist andererseits integrierter Bestandteil des Gesamtkontexts. Informationen bilden dann Körper, verbinden sich als materielle Übersetzung mit dem Raum, wachsen aus ihm heraus, interpretieren formale Ansätze, führen das Gestaltkonzept fort (z. B. Richtungspfeile im Erlebnisbad

SIGNALE TIK RE ALISIEREN

4

Analoge Informationsübermittlung

In der Tiefgarage Eureka im australischen Melbourne wird per spektivisch verzerrte Typografie räumlich so angeordnet, dass sie aus dem Betrachtungswinkel des Informationsempfängers lesbar ist. Signaletik: Axel Peemoeller

126 127 Informationen können direkt aus der Architektur geformt oder in diese integriert werden. Die perforierte Fassadenbekleidung des Familienzentrums Family Box mit gepixelten Kinderzeichnungen signalsiert die Funktion des Gebäudes. Durch Lichteinfall und Schattenprojektion überträgt sich das Fassadenmuster in den Innenraum. Architektur: crossboundaries architects, Signaletik: Didelidi studio

Bernaqua, S. 106/107, und im Design Museum Holon, S. 82/83, Geschosszahlen in der Landesbibliothek Oberösterreich, S.  125). Dies geschieht in Form von Symbolen, Buchstaben, Zahlen, Schriftzügen, dreidimensional übersetzten Piktogrammen oder Icons, die wie Skulpturen wirken. Informationen lassen sich auch in einem größeren Maßstab als Gegenstände umsetzen und können 3D-Objekte bilden, die primär zunächst einmal eine andere Funktion erfüllen, z. B. ein Empfangstresen als Schriftzug, Wände aus Zeichen, raumteilende Elemente aus Symbolen etc. (siehe adidas Laces, S.  62–65) oder auch einem räumlichen Verlauf folgen (siehe Nagasaki Prefectural Art Museum, S.  118/119). Wenn die Information zum 3D-Objekt wird, das mit der Architektur korrespondiert und nicht nur einbezogen ist, und zudem den Ausgangspunkt für das kreative Konzept bildet, kann sich Signaletik nicht nur in den Raum integrieren, sondern sogar mit ihm verschmelzen (siehe Surry Hills Library & Community Center, S. 16/17).

Kombinationen Gehen Architektur, Formensprache und Information ineinander über und verknüpfen sich zweidimensionale mit dreidimensionalen Elementen, kann das die Wirkung von Signaletik steigern. In der Umsetzung können Informationen beispielsweise als 2D-Aussage in Form einer Applikation beginnen und dann dreidimensional wegweisend im Raum fortgeführt werden, um als 3D-Objekt schließlich mit einem Ziel oder einer Zielbestätigung abzuschließen (siehe Morisawa Head Office, S. 130/131; Polytechnische Universität Tokio, S.  127). Verlässt man die Ebene der Informationsgestaltung mittels zusätzlicher, applizierter Elemente, können Informationen auch direkt aus der Architektur geformt oder in diese integriert werden, z. B. als perforierte Fassadenbekleidungen. Weiterhin lassen sich Komponenten wie Tageslicht, Nachtbeleuchtung oder perspektivische Wirkungen gezielt einsetzen, um über Lichteinfall, Schattenver-

läufe, Schlagschatten oder Verzerreffekte die gewünschten Informationen zu erzeugen und sichtbar zu machen (siehe Tiefgarage Eureka, S.  126). Diese Elemente können sich je nach Tageszeit auch verändern. Werden Material und Botschaft als Einheit verstanden, ermöglicht dies auf vielfältige Weise eine Verschmelzung von Architektur und Information. Die Umsetzung erfordert in jedem Fall eine frühzeitige planerische Verflechtung von Objektplanung und Informationsgestaltung (siehe Analyse und Informationssytematik, S. 96–101).

Informationstechnologien

Da die Hardware der digitalen Informationstechnologien – also Monitore, LED-Wände, Beamer etc. – meist Produkte mit eigenem Design sind, werden diese bislang in konventionelle Informationsträger oder Baukonstruktionen, Gehäuse und Einbauten mit Unterkonstruktionen integriert. Inwieweit in Zukunft formbare Hardware für die Darstellung digitaler Inhalte zur Verfügung steht, hängt von der technologischen Entwicklung ab.

Temporäre Leitsysteme

Wenn Leitsysteme nur einen be stimmten Zeitraum überdauern oder flexibel veränderbar sein müssen, etwa bei Tagungen, Festivals oder Kunstprojekten, stehen zusätzliche Möglichkeiten zur Verfügung. Für eine begrenzte Nutzungszeit kommen beispielsweise Stoffe, Fahnen, Manschetten, Holzpaletten oder andere Objekte und Materialien,  die sich kreativ einsetzen lassen, infrage. Sie können temporär geklebt, getackert, mit Schellen befestigt oder gar von Menschen gehalten werden (siehe Forschungszentrum SimTech, Universität Stuttgart, S. 128; Orientierungssysteme für »Un Festival à Villeréal«, S. 128).

In der Polytechnischen Universität Tokio gehen dreidimensionale Piktogramme in die zweidimensionale Zielpunktbestätigung auf der Tür über. Signaletik: Hiromura Design

links: Bei der neu entwickelten smarten Oberfläche BlingCrete reflektieren in Beton eingelegte Glasperlen das Umgebungslicht, sowohl am Tag als auch bei Nacht. Entwicklung: Heike Klussmann, Thorsten Klooster rechts: Im Vorstandsgebäude der Hypovereinsbank in München sind Leitinformationen aus Edelstahl in Ortterrazzo eingelegt. Dieses System ist nur für unveränderliche Informationen geeignet. Signaletik: büro uebele visuelle kommunikation

Konfektionierte Informationsträger

Sprechen Kosten, Termine oder andere Gründe gegen eine speziell für das Projekt entworfene Signaletik, kann auf konfektionierte Informationsträger zurückgegriffen werden, die der Markt als Standardanfertigungen anbietet. Einige davon sind durchaus anspruchsvoll und verfügen über zur Architektur passende Produktfamilien. Bei der Auswahl ist zu berücksichtigen, dass sich auch diese Informationsträger gestalterisch und funktional gut in das Projekt einfügen.

SIGNALE TIK RE ALISIEREN

4

Analoge Informationsübermittlung

128 129

rechts: Das Leitsystem für das Forschungszentrum SimTech an der Universität Stuttgart lässt sich variabel bestücken und ist sowohl für feste als auch temporäre Informationen nutzbar. Die Befestigungen bestehen lediglich aus handels üblichen Klemmbügeln, in die Tafeln mit der Beschriftung eingespannt werden. Signaletik: L2M3 Kommunikationsdesign unten links und Mitte: Bei den temporären Orientierungssystemen für »Un Festival à Villeréal« (links: 2010, Mitte: 2011) werden Materialien wie Europaletten, Absperrband und Styroporreste bzw. Schnüre als Informationsträger verwendet. Signaletik: Wanja Ledowski – Studio unten rechts: Während der Überarbeitung des grafischen Erscheinungsbilds des Museums für Angewandte Kunst in Frankfurt am Main wurde ein temporäres Leitsystem mit Klebeband und Filzstift angebracht, das die Veränderungen im Museum sichtbar machen sollte. Signaletik: Vier5

Ergänzende Informationsangebote

Ergänzende Informationsangebote werden bereits als Bestandteil des Gesamtkonzepts geplant oder können zur Unterstützung leitender Systeme eingesetzt werden. Ihre Funktion besteht darin, die Signaletik zu erweitern, wenn aus individuellen Gründen die Wegeführungen nicht erkannt oder angenommen werden können, z. B. weil körperliche Behinderungen die Handlungsfähigkeit einschränken. Für diese Fälle besteht die Möglichkeit, die Hauptinformation mit zusätzlichen Elementen zu ergänzen oder beispielsweise Begleitpersonal einzusetzen, besonders im Kontext medizinischer Einrichtungen oder an Orten mit einer hohen Dichte an Menschen wie etwa bei Großveranstaltungen im Sport. Ein weiterer Aspekt ist die Erweiterung des Informationsangebots über verschiedene kommunikative Medien zur Unterstützung der Orientierung.

Akustische Unterstützung

Nicht nur für Menschen mit Handicap können akustische Signale und Ansagen be stimmte Aspekte leitender Systeme unterstützen. Sie sprechen einen anderen Sinn an als die in der Signaletik am meisten bediente optische Wahrnehmung. Eingesetzt werden sie in Aufzügen in Form von Ansagen mit Zielinformation sowie in Informationsträgern, z. B. Einbauten und Möbeln, deren zusätzliche akustische Botschaft durch Sensoren gestartet wird, wenn sich Personen nähern, und die meist ergänzende Informationen liefern.

Printprodukte Gedruckte Informationen sollten im Kontext von Corporate Identity und Signaletik entstehen und die CI einer Struktur oder eines Unternehmens bzw. die Layoutvorgaben aus dem Orientierungssystem aufnehmen. Sie unterstützen als Informationsbroschüren, Handouts und Flyer in Form von Übersichtsplänen mit Standortangaben und gelisteten Zielpunkten das Auffinden von Zielen. Der Aufbau eines Orientierungssystems und die Inhalte der Printprodukte müssen inhaltlich und strukturell deckungsgleich sein, damit sie funktionieren. Die Informationen des Orientierungssystems werden in Printmedien verdichtet wiedergegeben oder durch Detailinformationen ergänzt. Sie lassen sich in Kombination mit digitalen Endgeräten durch Druckausgabe auch vom Nutzer selbst produzieren, etwa Geschossübersichten in Einkaufszentren oder Laufpläne in komplexen Strukturen wie Krankenhäuser, Einkaufszentren oder Messen.

Mündliche Auskunft und Begleitpersonal Empfangs- und Informationstresen als erste Anlaufstelle sind für mündliche Auskünfte einfache, funktionale Elemente direkter Kommunikation. Begleitpersonal ist eine Möglichkeit, um in komplexen Strukturen Menschen zu führen, die gehandicapt oder aus unterschiedlichen Gründen durch die Informationsangebote überfordert sind. Das können Menschen sein, die in medizinischen Einrichtungen mit der Orientierung Schwierigkeiten haben oder sich in großen Hotelstrukturen gar nicht erst selbst orientieren wollen. Bei den Olympischen Spielen 2012 in London etwa wurden im Umfeld des Olympiaparks Guides für persönliche Auskünfte und zur visuellen Wegweisung eingesetzt (siehe S. 54). In einigen deutschen Kliniken wird z. B. ein Service angeboten, der auf bürgerschaftliches Engagement setzt: die »Grünen Damen und Herren«, die fest in den Rhythmus der Klinik integriert sind und  Menschen zu ihrem Ziel begleiten. Von der begleitenden  Funktion sind die Übergänge zu anderen Aufgabengebieten, die den Bereich der Signaletik verlassen, wie etwa der Transport von Gepäck oder psychologisches Einwirken, oft fließend. Zukünftig könnten auch projizierte Hologramm-Avatare Aufgaben von Begleitpersonen übernehmen; Pilotprojekte an europäischen und amerikanischen Flughäfen dazu sind be reits angelaufen.

Digitale Medien Immer öfter werden Informationen digital verarbeitet, angezeigt oder dynamisiert. Dafür steht inzwischen eine Vielzahl digitaler Kommunikationsmittel zur Verfügung, die nicht nur die Orientierung unterstützen, sondern erweiterte Informationsangebote präsentieren. Dabei sind Informationsmöglichkeiten, die lokal platziert oder ausgegeben werden, von solchen Medien zu unterscheiden, die auf mobile Endgeräte geladen und ortsunabhängig genutzt werden können. Lokale Informationsangebote lassen sich z. B. mithilfe von Audioguides, Monitoren, Touchscreens gebündelt an Informationspunkten, -stelen oder -tischen akustisch wie visuell und interaktiv vermitteln. Mobile smarte Geräte ermöglichen ortsunabhängig den Abruf von Informationen aus dem Internet, über Apps und individuelle Anwendungen. Sie bilden etwa Orientierungssysteme ab, informieren als Museumsführer oder bieten weiterführende Anwendungen in Form von Lernprogrammen und Spielen. Die Nutzung digitaler Medien mit interaktiver Kommunikation nimmt einen immer breiteren Raum im Spektrum signaletischer Angebote ein (siehe Digitale Informationsübermittlung, S. 136–143). Das eigengesteuerte Erkennen von Leitinformationen und die Inanspruchnahme fremder Hilfe unter Einsatz und Nutzung ergänzender Angebote kann fließend ineinander übergehen. Dabei ist es möglich, analoge, digitale und begleitende Angebote miteinander zu verbinden.

sitzend und stehend nutzbare digitale Informationsterminals mit Druckfunktion

Begleitpersonal Ablage für Printmedien

Informationsübersicht akustische Unterstützung

Wort- und Bildmarken Übersichtsplan

Ergänzende Angebote unterstützen und erweitern Orientierungssysteme, indem sie handlungseinschränkende Defizite ausgleichen oder Informationen über zusätzliche Medien anbieten.

4

MORISAWA HEAD OFFICE OSAKA, J Signaletik: Hiromura Design Office, Tokio

HEAD OFFICE Übergang von 2D zu 3D Zahlen als skulpturale Objekte

130 131

Morisawa ist der einflussreichste japanische Schriftenhersteller. 1948 als Firma für Fotosatztechnik gegründet, hat sich das Unternehmen seit den 1980er-Jahren vor allem der Entwicklung digitaler japanischer Fonts zugewandt. Seine neue Hauptverwaltung wurde be wusst als Corporate Architecture entwickelt und bindet für die Signaletik den firmeneigenen Font »Kohcho« in das Gesamtkonzept ein. Die Zahlen für die Geschossebenen kommen für das Orientierungssystem sowohl zwei- als auch dreidimensional zum Einsatz und dienen als Anfangsoder Endpunkte der leitenden grafischen Elemente. Dabei stellen die Ziffern auf dem Boden gewissermaßen die »Schatten« der dreidimensionalen, aus den Wänden wachsenden Formen dar, auf den Treppenpodesten werden diese auch an die Decke projiziert. So nutzt das Konzept alle Raumdimensionen zur optimalen Informationsübertragung. Der gewählte Font weist stärkere und schwächere Linien auf, deren dynamischer Verlauf eigene visuelle Akzente setzt. Die dreidimensionale Ausführung erhebt die Zahlen zu skulpturalen Objekten. Sie sollen bewusst das Nachdenken von Mitarbeitern und Besuchern über die Bedeutung von Zeichen in der Gesellschaft fördern und sind Sinnbild des Unternehmens.

MORISAWA

Die dreidimensionalen Zahlen für die Geschossebenen der Hauptverwaltung erinnern an die Bleilettern des klassischen Buchdrucks.

2000

300

90 A

A

4

LEIBNIZ OSTSEEFOR LEIBNIZ-INSTITUT FÜR OSTSEEFORSCHUNG WARNEMÜNDE, D

Signaletik und Architektur: KSV Krüger Schuberth Vandreike, Berlin

Über Eck laufende Elemente als Gestaltungsidee Farbcodierung der Gebäude

Der prominent zwischen Kurpark und Strandpromenade gelegene Neubau war Anlass für das Leibniz-Institut für Ostseeforschung in Warnemünde (IOW), seine Corporate Identity und darauf aufbauend auch die Gestaltung des Informations- und Orientierungssystems des Instituts zu überarbeiten. Das entwickelte Orientierungsdesign codiert den neuen Atriumbau sowie die beiden Bestandsgebäude farblich – im Neubau ist es ein frisches Grün, das sich als Signalfarbe durch alle Raumbereiche und das Informationssystem zieht, dem Hauptgebäude wurde ein Gelb- und der sogenannten Villa ein Blauton zugewiesen. In sämtlichen Gebäuden kommen für die wesentlichen Elemente der Signaletik durchgängig anthrazitfarbene, gewachste Stahlplatten zum Einsatz. Sie signalisieren dem Nutzer in dem heterogenen Gebäudebestand, dass hier alle zur Orientierung notwendigen Informationen zu finden sind. Die Stahltafeln fügen sich im Treppenraum zu einem Kommunikationsband, das über das Institut und seine Aktivitäten informiert, die Mitarbeiter vorstellt sowie Gebäude- und Raumbereiche ausweist. Durch das Kanten der Paneele entstehen Ablagen für Flyer und Broschüren. Unveränderliche Informationen wie z. B. feststehende Raumbezeichnungen sind mit Laserstrahl in die Stahlplatten geschnitten. Diese falten sich um  die Raumecken und betonen so die dreidimensionale Wirkung des Konzepts. Plotter- und Magnetfolien ermöglichen die schnelle Aktualisierung von Typografie und Bildwelten, die z. B. aktuelle Forschungsergebnisse des Instituts zeigen. Ergänzend sind Screens in die Metalltafeln integriert, sie informieren über Wissenschaftsthemen, Veranstaltungen  oder Expeditionen der Forschungsschiffe.

132 133

3 2 1 0

¨ -INSTITUT FUR SCHUNG

Das für die architektonische Gestaltung gewählte Thema der über Eck laufenden Elemente wird in die Signaletik übersetzt und dort weiterentwickelt.

4

THEATER IM PFALZBAU LUDWIGSHAFEN, D Signaletik: Daniela Valentini, Zürich Architektur: wiesemann architekten, Köln

IM PFALZBAU Leitmotiv Schrift Unterschiedliche Schriftgrößen für Primär- und Sekundärinformationen

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Die von 2006 bis 2009 durchgeführte Generalsanierung des Pfalzbaus mit Theater-, Konzert- und Tagungsbereich bot die Möglichkeit, das räumliche Angebot sowie das ästhetische Erscheinungsbild des 1968 eröffneten Dreispartenhauses zu erneuern. Der architektonische Entwurf zielt auf Klarheit und leicht zu erschließende Raumstrukturen. Das hierfür entwickelte Leitsystem unterstützt die Orientierung der Besucher und verleiht der Architektur durch einen markanten Einsatz von Schrift eine grafische Oberfläche. Schriften in zwei verschiedenen Größen verbinden sich mit dem Raum und  weisen unterstützt von Pfeilen in die jeweils beschriebene Richtung. Ausgehend von ihrer Bündelung auf einer Leitwand im Foyer verteilen sich  die Primärbeschriftungen so im Haus, dass sie in Sichtverbindung den nächsten Ort aufzeigen. Die mithilfe von Schablonen aufgebrachten Begriffe stehen auf den Wänden sockelbündig, wobei sie auch Bauteile wie beispielsweise Lüftungslamellen überschreiben, sowie auf den Treppenuntersichten. Die kleineren Beschriftungen mit Sekundärinformationen bilden als zweite Ebene auf Blickhöhe einen informationsgebenden Horizont im Raum und sind erst aus der Nähe lesbar. Je nach Sparte – Theater, Konzert oder Tagung – wechselt die Schriftart. Die Farbigkeit der Schriften orientiert sich an den umliegenden Bauteilen und nimmt diese teilweise auf.

Die Beschriftung orientiert sich am Raum und gibt in Sichtverbindung mit oder ohne Pfeile die Richtung an.

THEATER Auf den Treppenuntersichten weist die Beschriftung die Richtung zu den Zielen im Gebäude. Den verschiedenen Nutzungsbereichen sind dabei unterschiedliche Schriften zugeordnet.

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Michael Schwanke-Seer

Digitale Informationsübermittlung

Unter Digital Signage sind Beschilderungen zu verstehen, die Informationen in digitaler Form vermitteln, vor allem über Monitore. Dabei handelt es sich meist um vernetzte visuelle Systeme, deren Inhalte sich entweder programmgesteuert oder manuell zusammenstellen lassen. Hierfür ist eine Kombination von Präsentationstechnik, Software sowie diversen Netzwerkkomponenten notwendig. Der Markt für Digital Signage hat im deutschsprachigen Raum 2010 einen deutlichen Aufschwung mit einem Wachstum von 21 % erlebt, wie aus einer Studie der Unternehmensberatung Invidis Consulting hervorgeht. Dort heißt es: »Digital Signage ist ein komplexes Kommunikationsprodukt mit einer technischen und einer kreativen Seite. Oder kurz gesagt: Technik trifft auf Kommunikation.«1 Haupteinsatzgebiete von Digital Signage sind Gästeinformationssysteme (GIS), Mitarbeiterinformationssysteme und digitale Werbung. Sie nutzt dabei moderne Kommunikationsinstrumente wie Displays oder Bildschirme, je nachdem wie komplex die darzustellenden Inhalte ausfallen. Den verfügbaren Technologien und ihrem Entwicklungsstand kommt dabei eine besondere Bedeutung zu, da sie die Instrumentarien der modernen Beschilderung sind.

Projektionsflächen

Eine der wichtigsten, vor allem aber die augenfälligste Komponente von Digital Signage sind Monitore, die es in den unterschiedlichsten Ausführungen und Größen gibt. Doch auch andere Projektionsflächen spielen eine wichtige Rolle bei der digitalen Beschilderung.

Monitore Monitore ersetzen heute bei Veranstaltungen häufig gedruckte und somit unveränderbare Hinweise und Wegbeschreibungen. Meist sind es übersichtliche Displays, die Kongressteilnehmer oder Studenten zum gewünschten Veranstaltungssaal führen, elektronische Schilder an den Eingangstüren weisen auf das im Raum stattfindende Event hin. Gegenüber starrer Beschilderung bieten Monitore zahlreiche Vorteile. Sie lassen sich an ihre Umgebung anpassen, ihr Layout ist flexibel gestaltbar und sie ermöglichen das Einstellen verschiedener Informationen und Formate. In die Wand integriert, hängend oder als Stele frei stehend stellen sie eine zeitgemäße Präsentationsform für Informationen dar (siehe Museum of Arts and Design, S. 137; Ciudad de las Artes y las Ciencias, S. 144 /145). Monitore werden für in sich geschlossene Komplettsysteme für die Wegeleitung, als Informationsboard oder für Werbung eingesetzt. Sie können dabei einzeln verwendet werden oder auch in einer Matrix als Videowand. Dafür greift man in der Regel auf Narrow- bzw. Slim-Bezel-LCD-Monitore zurück, die einen besonders schmalen Gehäuserahmen besitzen, um ein möglichst durchgängiges Bild zu erzeugen. Technisch basiert der Großteil der Monitore auf einem LCD-Panel, wobei der Trend klar in Richtung LED-Monitore geht. LCD steht für Liquid Crystal Display (Flüssigkristallbildschirm), LED heißt Light-Emitting Diode und gilt als besonders energieeffiziente Technik, was sich gerade bei einer großen Anzahl an Displays in deutlich geringeren Energiekosten niederschlägt.

LED-Wände Reine LED-Wände sind gerade für den Außenbereich sehr gut geeignet, denn sie zeichnen sich durch eine hohe Helligkeit aus, die sich sogar bei starkem Sonnenlicht durchsetzen kann (siehe Stücki-Einkaufszentrum, S. 138) . In den meisten Fällen werden solche Walls in Stadien genutzt oder kommen als große Informationstafeln auf Bahnhöfen und Flughäfen zum Einsatz. Hierbei wird das Bild durch die Zusammensetzung von LEDs erzeugt und nicht über ein oder mehrere Displays. Projizierende Komponenten

Zu den projizierenden Komponenten zählen u. a. Beamer. Diese bieten zwar den Vorteil, ein in der Größe angepasstes Bild projizieren zu können, bringen jedoch auch einige Nachteile mit sich. Zum einen sind die laufenden Kosten relativ hoch, da die verwendeten Leuchtmittel in der Regel einen häufigen Wechsel verlangen, die LED-Technik wird hier derzeit vor allem bei kleinen Projektionen eingesetzt. Neben der Kontrolle von Staubfiltern erfordern die Geräte zum anderen eine ständige Luftzufuhr, was oft mit lauten Betriebsgeräuschen einhergeht. Schließlich ist es unerlässlich, für die Projektion freie Wände bereitzuhalten und auf eine geringe Helligkeit der Umgebung zu achten, damit die Wiedergabe entsprechend stark leuchtet. Vor allem in öffentlichen Bereichen wie Bahnhöfen, in Hallen mit großflächigen Wänden oder auch bei Massenveranstaltungen wie Public Viewing kommen Projektoren mit bis zu 15 000 ANSI-Lumen zum Einsatz. Der Lichtstrom gibt die Lichtleistung in Lumen an, die Einheit ANSI-Lumen berücksichtigt zusätzlich die Helligkeitsunterschiede im Bild. Je mehr ANSI-Lumen ein Projektor hat, desto heller leuchtet er. In einem Konferenzraum mit durchschnittlichem Tageslichteinfall ohne direkte Sonneneinstrahlung werden häufig Projektoren mit 3000–5000 ANSI-Lumen verwendet, die in

der Regel eine gute Helligkeit mit gutem Kontrast bieten. Bilddiagonalen von bis zu 4,50 m sind dabei üblich. In abgedunkelten Räumen oder Räumen mit geringem Tageslichteinfall wird auf einen hohen Kontrast Wert gelegt. Unter der Voraussetzung, dass der Raum abgedunkelt ist, lassen sich mit Lichtleistungen von 1500 bis 2500  ANSI-Lumen gute Ergebnisse erzielen. In Museen beispielsweise wird aber trotz beleuchteter Umgebung ein helles, kontrastreiches Bild verlangt. In diesem Fall wird mit Projektoren mit mindestens 10 000 ANSI-Lumen (Geräte bis 30 000 ANSI-Lumen sind verfügbar) gearbeitet, die Bilddiagonalen betragen 7 m und mehr. Bewährt haben sich dabei Techniken wie LCD-Projektoren, 1- oder 3-Chip-DLP-Projek toren. Digital Light Processing (DLP) bezeichnet eine besondere Technologie der Projektion, die im Gegensatz zu herkömmlichen Techniken ein sehr scharfes Bild auf die Leinwand wirft. Bei den Projektionsverfahren wird zwischen Rück- und Aufprojektion unterschieden. Die Vorteile der Rückprojektion, bei der die Bilder von hinten auf die Projektionsfläche produziert werden, liegen auf der Hand: Es kommt zu keinerlei Bildstörungen durch Menschen, die an der Leinwand vorbeigehen, und die Bildquelle ist nicht zu sehen. Diese Technik hat sich besonders bei helleren Raumumgebungen als vorteilhaft erwiesen, die Leinwand muss dafür durchscheinend sein. Ein Nachteil ist sicherlich, dass hinter der Projektionsfläche entsprechend Raum vorhanden sein muss. Dies wiederum spricht für die Aufprojektion, bei der kein Platz hinter der Leinwand erforderlich ist; es kann auch direkt auf eine Wand projiziert werden. Allerdings ist bei diesem Verfahren der Lichtkegel der Projektion sichtbar, und Personen, die sich im Projektionsweg bewegen, verursachen Störungen im Bild. Außerdem sollte bei dieser Projektionsart die Umgebung dunkel sein, da bei hohem Streulicht der Kontrast schlechter wird und die Bildqualität abnimmt.

Dynamische Inhalte werden im Museum of Arts and Design in New York auf Monitoren dargestellt. Medieninstallation: Lisa Strausfeld, Pentagram Design

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Digitale Informationsübermittlung

Die Türme des Stücki-Einkaufszentrums in Basel sind im oberen Bereich mit 15 m hohen LED-Feldern ausgestattet, die über zwei Seiten der Fassade sich inhaltlich ändernde Leuchtbotschaften – Muster, Texte und Bilder – aussenden. Architektur: Diener & Diener, Lichtund Medienplanung: iart

Digitale Technologien

Bei den digitalen Technologien ist mittlerweile eine große Bandbreite verfügbar. Zum einen reicht die Skala an Displaydiagonalen von 5 bis 152 Zoll, zum anderen sind diese auch in den unterschiedlichsten Formen erhältlich. Ob als LCD, LED oder Plasma, machbar ist heutzutage nahezu alles. Die Displays unterscheiden sich hauptsächlich in der zur Bilddarstellung verwendeten Technologie. Während bei Plasmabildschirmen ein Gas zum Einsatz kommt, das bei Stromzufuhr zu Plasma wird und Licht ausstrahlt, erfolgt bei LCDs die Beleuchtung mittels einer fluoreszierenden Lichtquelle. Diese wird bei LED-Modellen durch eine LED-Hintergrundbeleuchtung ersetzt. LCD- und LED-Displays gibt es nur bis maximal 108 Zoll, für größere Flächen werden Plasmabildschirme verwendet. LCDund DLP-Projektoren, LCD-Displays mit Hintergrundbeleuchtung (Backlight) aus Leuchtstoffröhren (CCFL) und PlasmaModelle werden heute bereits 24/7 zertifiziert, d. h. sie sind für einen Betrieb von 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche ausgelegt. LCDs mit LED-Backlight haben bislang aufgrund fehlender Erfahrungswerte keine 24/7 Zertifizierung. Ihre Lebensdauer beträgt derzeit durchschnittlich 30 000 Stunden, bei einem 24/7-Einsatz hätte das Display also nach dreieinhalb Jahren das Ende seiner Lebenszeit erreicht. In der Regel geht man heute von einer Einsatzzeit der Displays von fünf Jahren aus, daher gibt es für LED-Backlight-Geräte eine begrenzte Einsatzzeit pro Tag (12/7 oder maximal 16/7).

Interaktive Technologien

Interaktive Displays (Touchdisplays) dienen der Unterstützung von be stehenden Wegeleit- oder Informationssystemen. Dabei wird zwischen Single-, Dual- und MultiTouchmonitoren unterschieden, d. h. Berührung mit einem oder zwei Fingern bis hin zu 32 Punkten, die gleichzeitig auf

dem Display betätigt werden können. Anwendung finden solche Lösungen zunehmend in Einrichtungen wie Museen (siehe Museum of Arts and Design, S. 140), Einkaufszentren, Bahnhöfen, Möbel- und Kaufhäusern. Für Besucher und Kunden stellen sie einen willkommenen Mehrwert dar. So steht bei einem Informationsdisplay vor allem die Frage »Wo finde ich was?« im Mittelpunkt, während ein Leitsystem eher die Antwort auf »Wie komme ich wohin?« gibt. Sonderlösungen lassen sich beispielsweise zum Konfigurieren eines Produkts, zum Navigieren oder bei der anwenderfreundlichen Elektrosteuerung komplexer Anlagen sowie von Abläufen in Küchen einsetzen und werden auch immer öfter realisiert. Doch nicht nur große Unternehmen, sondern z. B. auch Schulen greifen verstärkt auf elektronische Hilfe zurück.

Ortungstechnologien

Ortungstechnologien bieten verschiedene Möglichkeiten, mit deren Hilfe sich Personen oder Objekte im Raum lokalisieren (tracken) lassen. Dazu gehören beispielsweise satellitengestützte Positionsbestimmungen, Videoüberwachung oder die Auswertung von telefonischen und digitalen Übertragungen.

Ortungstechnologie in Gebäuden

In Gebäuden werden Ortungstechnologien für ganz unterschiedliche Anwendungen genutzt. Sie können eine Vielzahl von Aufgaben erfüllen, beispielsweise die Lokalisierung von Hilferufen von Patienten, Senioren oder Mitarbeitern in Gefahrenbereichen oder die Indoor-Navigation als erweiterte Komponente des Wegeleitsystems (siehe Alexandrium Woonmall, S. 142). Solche Anwendungen werden oft als RTLS (Real Time Location System) oder LBS (Location Based Services) bezeichnet.  Sie kommen in Branchen wie dem Gesundheitswesen, der Industrie oder im Einzelhandel erfolgreich zum Einsatz.

Die Verwendung für die Wegeleitung ist dagegen aus un terschiedlichen Gründen momentan noch nicht sehr weit fortgeschritten. Das Hauptproblem ist hier insbesondere das  Zurverfügungstellen und Einsammeln entsprechender (kostenintensiver) Endgeräte. Vor allem die Rückgabe von smarten Geräten funktioniert nur in Bereichen mit »Flaschenhalsgeometrien«, was aktuell fast ausschließlich in Museen der Fall ist.  Die Weiterentwicklung und der Betrieb solcher Systeme werden also unter Umständen auch Auswirkungen auf die architektonische Konzeption entsprechender Bereiche haben. Da GPS in Gebäuden nicht sicher funktioniert und sich nicht für eine stockwerks- und raumgenaue Ortung eignet, werden hier ortsgebundene Systeme eingesetzt (WLAN, RFID, DECT, Ultraschall, Infrarot, Induktionsschleifen etc.). Dabei unterscheiden sich die Technologien deutlich in ihrer Funktion. Parameter wie Ortungsgenauigkeit, Echtzeitverhalten, zusätzliche Kommunikationsmöglichkeiten, Installations- und Verkabelungsaufwand, Infrastrukturkosten, Anforderungen an die zu ortenden Endgeräte etc. sind dabei zu berücksichtigen. Ein wichtiges Kriterium ist auch, ob die Technologie lediglich ein Ortungsobjekt an bestimmten Stellen erfasst bzw. bestimmte Tor- oder Türdurchgänge ermittelt, oder ob sie tatsächlich eine flächendeckende Echtzeitortung ermöglicht, die bei Bedarf auch große Hallen oder Außenbereiche abdeckt. In den letzten Jahren hat sich WLAN zunehmend als geeigneter Standard zur Ortung in Gebäuden herausgestellt. Es

ist heute in vielen Gebäuden schon vorhanden oder wird bei Neubauten gleich mitgeplant und installiert, um aktuellen Kommunikationsbedürfnissen (Intranet- und Internetzugang, IP-Telefonie, Multimedia etc.) gerecht zu werden. Damit entfallen bei vorhandenem WLAN alle anderen oben angesprochenen Infrastrukturkosten, Installations- und Verkabelungsaufwände, wodurch es vergleichsweise kostengünstig und einfach möglich wird, ein Ortungssystem als reine Softwarelösung zu installieren. Je nach Anforderungen an die Ortungsgenauigkeit und die Ausgestaltung des vorhandenen WLAN müssen jedoch zusätzliche WLAN-Basisstationen (Access Points) ergänzt werden. Bei anderen Technologien ist neben der eigentlichen Infrastruktur zur Ortung zusätzlich WLAN oder Mobilfunk nötigt, um die erforderlichen Intraoder Internetanwendungen auf dem Smartphone nutzen zu können. Zur Erzielung der notwendigen Ortungsgenauigkeit (stockwerksgenau und auf 1 bis 3 m genau in der Ebene) genügt es jedoch nicht festzustellen, an welcher Basisstation ein WLAN-Endgerät (z. B. Smartphone) angemeldet ist. Auch über eine Triangulation der zwischen Endgerät und mehreren Basisstationen gemessenen Feldstärken lässt sich nicht die erforderliche Genauigkeit erzielen, da Gebäudestrukturen und deren Eigenschaften nicht berücksichtigt werden. Erst eine Kombination intelligenter mathematischer Algorithmen und ein Ortungsmodell, das die Gebäudestrukturen miteinbezieht, führt zum gewünschten Erfolg. Bei diesem sogenannten RSSI-Fingerprinting-Verfahren mit WLAN Site

In der zentralen Halle des Margot and Bill Winspear Opera House in Dallas / USA befindet sich eine 20 m lange gebogene und hinterleuchtete Screenwand mit Buchstaben aus LEDs. Architektur: Foster + Partners, Signaletik: 2×4

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Digitale Informationsübermittlung

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Interaktiver Touchscreen im Museum of Arts and Design, New York Design: Pentagram Design

Survey und Rail-Tracking-Technologie werden mittels eines Tablet-PC bei einer Ortsbegehung (Site Survey) die tatsächlichen Feldstärken (RSSI-Werte) aller Basisstationen gemessen und automatisch als Fingerabdrücke des Funkfelds auf den Grundrissen des Gebäudes gespeichert. Zusätzlich lassen sich auf den Grundrissen erlaubte Wege und Übergänge mittels sogenannter Schienen (Rails) definieren. Ähnlich der Navigation im Pkw, der ein Straßenplan zugrunde liegt, können so unlogische Ortungsergebnisse ausgefiltert werden wie z. B. die Ortung fliegend vor dem dritten Stock, mitten in einer Wand oder Maschine sowie Sprünge durch Wände und Fußböden. Ein derart eingemessenes WLAN- und Ortungsmodell steht dann für die Ortung vieler WLAN-Clients (Smartphones, Barcodescanner, RFID-Scanner, Laptops, Tablet-PCs und spezielle WLAN-Tags) und damit beliebiger Personen oder Geräte zur Verfügung. Sehr wichtig ist dabei selbstverständlich der Schutz der Privatsphäre. Es sollen nicht pauschal beliebige WLAN-Endgeräte geortet werden können, sondern nur solche, die speziell für diesen Zweck bestimmt sind. Für einige Anwendungen wie z. B. die Navigation innerhalb des Gebäudes genügt es, wenn die Ortsdaten nur auf dem Endgerät verfügbar sind. Für andere kann es auch erforderlich sein, diese zur zentralen Auswertung oder gezielt für bestimmte Empfänger (z. B. Notrufalarm) freizugeben. In jedem Fall müssen die Zugriffsrechte und die mögliche Speicherung der Daten klar und transparent geregelt sein.

Ortung auf Mobiltelefone

Einige Unternehmen stellen ihre Ortungssysteme auch für Handybrowser zur Verfügung. Der Vorteil bei Webanwendungen ist, dass keine App installiert werden muss und alle Smartphones mit Internetzugang unterstützt werden. Bei sogenannten Kiosk-Systemen – festinstallierten Computeranlagen im öffentlichen Raum – wird nach jeder Animation eine Tiny-URL zur Eingabe in den Handybrowser sowie ein QR-Code angezeigt. Der Nutzer scannt den QR-Code mit dem QR-Code-Reader und öffnet so die eben gesehene Animation auf seinem Smartphone. Die QR-Codes können an Eingängen sowie stark frequentierten Orten in Gebäuden angebracht werden (siehe S. 141). Durch das Scannen des Codes öffnet sich das gebäudespezifische Mobil-Portal und der Nutzer muss nur noch das gewünschte Ziel wählen, um die 3D-Sequenz auf seinem Mobilgerät zu öffnen. Solche Ortungssysteme kommen vor allem in öffentlichen Gebäuden wie Shoppingcentern, Flughäfen oder Bahnhöfen, aber auch in Krankenhäusern, Hotels, Universitäten, auf Messen, in Themenparks oder Museen zum Einsatz.

Verfügbare Software

Zur Übertragung von Informationen auf die entsprechenden Anzeigemedien ist eine eigens für diesen Zweck hergestellte Software erforderlich, ein spezielles DigitalSignage-Programm. Seit Ende der 1990er-Jahre findet in diesem Bereich eine rasante Entwicklung statt, sodass die einzelnen Programme immer weiter optimiert werden, um

GPS

Outdoor-Ortung



WLAN



flexible IP-Kommunikationsmöglichkeiten



flächendeckende Ortung





Ortung auch ohne direkte Sichtlinie





Infrastruktur oft schon für andere Anwendungen vorhanden oder geplant





auch für StandardSmartphones etc.

• •

Ultraschall

Infrarot









(•)

(•)



(•)

(•)











Indoor-Ortung

Durchgangsüberwachung an Türen etc.

RFID (passiv)

RFID (aktiv)

• •



Vergleich verschiedener Ortungstechnologien

Eine Smartphone-Applikation erschließt weniger bekannte Orte außerhalb des Stadtzentrums von Amsterdam über markante Zeichen an der jeweiligen Stelle und stellt mit einer Verlinkung über QR-Codes Informationen zur Verfügung. Entwicklung und Realisierung: Amsterdam Tourismus and Congress Board (ATCB) mit Edenspiekermann

sich den besonderen Anforderungen des Markts anzupassen. Eine Software, die sich seit über einem Jahrzehnt etablieren konnte, ist editIT/playIT, die hier exemplarisch für Programme mit ähnlichem Funktionshintergrund steht. Besonders häufig wird sie im Bereich der Raumbuchung und Wegeleitorientierung sowie als Informations- und Werbesystem eingesetzt. Das Redaktionssystem editIT – »editiere es« – dient der Verwaltung von Inhalten wie Abspielinhalte und Bildschirmaufteilung, es erstellt und bearbeitet die Abspielpläne und ermöglicht die textbasierte Erfassung von Terminen über den Kalender. Die Abspielsoftware playIT – »spiel es« – stellt die Inhalte auf den Bildschirmen und Türschildern dar. Die entsprechenden Daten sind auf dem zentralen Serversystem  hinterlegt und werden je nach Beanspruchung über das Netzwerk transportiert. Um zeitgenaue Abspielpläne zu generieren, werden hierbei Datum, Uhrzeit, Inhalt und Länge des Inhalts genau festgehalten. Die Übertragung der Daten ist entweder per LAN oder WLAN möglich. Ebenso wird ein Logfile erstellt, um der Beweispflicht nachzukommen. Bei den Darstellungsmöglichkeiten ist fast alles machbar: Ob Inhalte für die Wegeleitung, Bilder, Präsentationen oder gar Filme – die Software eignet sich zum Abspielen unterschiedlichster Dateien. Weitere wichtige Funktionen der Software sind das Verwalten der Anzeigemedien, das Steuern der Inhalte sowie die vollautomatisierte Wiedergabe. Zudem lassen sich über Schnittstellen Daten aus Drittsystemen in das Programm integrieren, z. B. RSS-Feeds oder Wetternachrichten, sowie Verbindungen zu anderen für das Unternehmen wichtigen Programmen herstellen. Außerdem gehören zu den Features des Windows-basierten editIT eine E-Mail-Benachrichtigung bei Stationsausfall, das Monitoring der Datenübertragung in Echtzeit, die Kategorisierung von Abspielinhalten nach Stichworten sowie die Möglichkeit, Inhalte selektiv zu einer bestimmten Uhrzeit oder an einzelne Player zu übertragen. Der Nutzer schickt diese über das Netzwerk zum Server, der sie auf den Steuereinheiten der Abspielgeräte verteilt; auf ihnen ist die Abspielsoftware playIT installiert, die es ermöglicht, die Abspielinhalte virtuell vorzuladen.

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Digitale Informationsübermittlung

Über eine Ortungstechnologie leitet ein 3D-Indoor-Navigationssystem mit Routing-Funktion, Ebenenübersichten und Shop-Beschreibungen im Alexandrium Woonmall in Rotterdam Besucher zu den über 70 Läden und Serviceeinrichtungen. Programmierung: 3d-berlin

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Einsatzszenarien

Digital-Signage-Programme kommen in diversen Bereichen für ganz unterschiedliche Anwendungen zum Einsatz. Auf Messen dienen die Bildschirme beispielsweise der Orientierung, können aber auch im Konferenzbereich als digitale Türschilder fungieren. Am Flughafen oder am Bahnhof zeigen digitale Schilder Zug- und Flugverbindungen an, in Museen informieren sie über Ticketpreise und liefern ausführliche Hintergrundinformationen zu Exponaten. Als Wegeleitung und Infoplattform in Krankenhäusern oder Banken oder als digitales schwarzes Brett in Schulen werden DigitalSignage-Systeme ebenso genutzt wie als digitale Speisekarte in Kantinen und Restaurants.

Hotels und Konferenzzentren Bei Gästeinformationssystemen dient Digital-Signage-Software als Besucherleitsystem und gibt Aufschluss über die aktuelle Raumbelegung. Sie verschafft sowohl Gästen als auch Mitarbeitern einen Überblick über den aktuellen Eventkalender und eignet sich als Werbeplattform für Veranstaltungen und Produkte. Als Türbeschilderung lassen sich zusätzlich zum Event auch Logos sowie die Dauer der Veranstaltung auf der digitalen Tafel anzeigen. Die Tafeln können überall integriert werden, meist sind sie in der Lobby sowie im Konferenzbereich zu finden. Auch der Einsatz in Aufzügen ist möglich. Die digitalen Monitore sind gut an Interieur und Design des Gebäudes anpassbar. Industrie Digital Signage ist auch für die Industrie interessant. Hier wird die Technik nicht nur als Wegeleitsystem für Besucher, sondern auch für eine bessere interne Kommunikation genutzt. Die Lufthansa Cargo beispielsweise setzt seit mehreren Jahren auf Digital Signage. Mehr als 1300 Mitarbeiter des

Lufthansa Cargo Centers in Frankfurt werden auf 16 digitalen 40-Zoll-Bildschirmen über das Geschehen in ihrer Firma informiert. Die Monitore sind vor allem für die Mitarbeiter in der Produktion gedacht, die keinen PC-Zugang und daher keinen Zugriff auf das Intranet haben. So werden über die Bildschirme in der Frachthalle aktuelle Veränderungen in den Produktionsprozessen, Projektinformationen sowie auch Branchen-, Unternehmens- und Bereichsinformationen durchgegeben, ebenso Informationen zu Ausnahmesituationen wie z. B. Unter- und Überkapazitäten oder Wettereinbrüche. Die wöchentliche Veröffentlichung von Zahlen, Daten und Fakten trägt zudem zur Motivation bei, da die Ergebnisse der eigenen Arbeit transparenter werden. Auch Kundeninformationen in Form von Imagefilmen oder Veranstaltungen und Meetings, die im Haus stattfinden, werden über die Monitore transportiert.

Zukünftige Entwicklungen

Quo vadis digitale Zukunft? Die aktuelle Entwicklung auf dem digitalen Markt schreitet rasant voran und versetzt selbst erfahrene Fachleute zuweilen in Erstaunen. Ein ganz wichtiger Aspekt ist dabei »grüne Technologie«.

Green IT

Zukunftstechnologien sollten neben dem innovativen Ansatz auch Nachhaltigkeitskritierien erfüllen. Schließlich rückt der Umweltaspekt und somit das Stichwort »Green IT« in der heutigen Gesellschaft immer stärker in den Vordergrund. Branchenexperten sind der Meinung, dass technologisch ein Wendepunkt bezüglich verbrauchsstarker Technologien erreicht sei. Sie erwarten für die Zukunft beispielsweise langlebige, wartungsarme LED-Projektoren. Im Displaybereich setzt man verstärkt auf OLED, wobei nicht nur die Energieersparnis eine große Rolle spielt, sondern auch das Design. Bereits heute gibt es Displays, die LEDs zur

Hintergrundbeleuchtung nutzen und so eine Stromersparnis von bis zu 30 % erreichen können. Hier muss allerdings unterschieden werden zwischen Displays mit D-LED (Direct LED), bei denen die Leuchtquelle direkt hinter dem eigentlich Display sitzt, und solchen mit E-LED (Edge LED), d. h., die LEDs sorgen vom Rand aus für die Beleuchtung des Displays. Digitale Türschilder mit geringem Energiebedarf, LED-LCD- oder OLED-Technologie bei großformatigen Displays und LEDTechnologie bei Projektoren sind weitere neue technische Entwicklungen, die zunehmend zum Einsatz kommen. Die Vorteile liegen hier einerseits im niedrigeren Energiebedarf im laufenden Betrieb, andererseits werden bereits für ihre Produktion deutlich weniger gefährliche Substanzen benötigt.

OLED

OLED steht für Organic Light-Emitting Diode. Diese Technik besitzt diverse Vorteile gegenüber der bereits bekannten LED-Displaytechnologie. OLEDs sind nicht nur dünner und heller als LEDs, sondern sie ermöglichen auch einen kontraststärkeren und tausendmal schnelleren Bildaufbau. In Fachkreisen ist man davon überzeugt, dass diese Technik über kurz oder lang alle anderen Displays vom Markt verdrängen wird.

links: Nach der Vorstellung des Designers Mac Funamizu muss in Zukunft niemand mehr nach dem Weg fragen. Durch das »Looking Glass« betrachtet, verschmelzen Wirklichkeit und virtuelle Welt, der Blick durch das Gerät macht Kommentare im öffentlichen Raum sichtbar. Jeder konkrete Ort oder Gegenstand kann mit den Informationen im World Wide Web abgeglichen werden. rechts: Neue Technologien zur völlig berührungslosen Interaktion, die derzeit entwickelt werden, ermöglichen eine dreidimensionale Informationsübermittlung. Die Nutzer können sowohl 3D sehen als auch räumlich interagieren, ohne zusätzliche Hilfsmittel wie Brillen oder Datenhandschuhe tragen zu müssen. Gestengesteuerte Informationssysteme über bloßes Zeigen sind ebenso möglich wie z. B. die berührungslose Steuerung medizinischer Anwendungen. Entwicklung: Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut

Die OLED-Technik kann auch als hauchdünne Folie verarbeitet werden, die sich wie eine Tapete einsetzen lässt und damit vielseitige und flexible Display- und Projektionslösungen bietet.

Interaktive Technik Im Bereich der interaktiven Technik wird derzeit mit Nachdruck an berührungslosen Lösungen gearbeitet. Der geläufigste Nachteil der heutigen Touchdisplays ist die verschmutzende Oberfläche bei ständiger Inanspruchnahme. Viele Finger hinterlassen Spuren, die nicht nur für den Betreiber, sondern vor allem auch für die Nutzer  unangenehm sind. Die Alternative wäre eine Funktionsweise über Bewegungen ohne Berührung. Diese werden dann von einer Kamera aufgenommen, verarbeitet und in die gewünschten Funktionen umgewandelt, sodass der Befehl wie beim Touchdisplay ausgeführt werden kann. Eine weitere Möglichkeit ist der Einbau von Bewegungssensorik im Boden und in der Decke. Diese erkennt ebenfalls die Bewegungen und überträgt sie auf das Display. Auch Mimik und Gestik lassen sich unter Umständen auf diese Weise übertragen, sodass man quasi die Technik mit den Augen steuern könnte. Interaktionen mit Bildschirmen vereinfachen die Erklärung von System oder Anlagen, da der Nutzer die Informationen selbst steuern kann und dadurch seine Aufmerksamkeit automatisch auf das lenkt, was ihn interessiert. Sachverhalte lassen sich so bildhaft erklären und die Inhalte dabei interaktiv verändern. Damit soll eine einfachere Darstellung und bessere Verständlichkeit erreicht werden. Beispielsweise erläutern Unternehmen, die Besuchern Zutritt zu ihren Fertigungsstätten gewähren, anhand von Touchmonitoren interaktiv die Funktionen ihrer Maschinen. Dabei kann der Gast individuell seine Sprache für die Erläuterungen über Kopfhörer wählen. Insgesamt lässt sich ein klarer Trend zur Interaktion erkennen, und so führt die Entwicklung mehr und mehr hin zu interaktiven Bildschirmen und ihrer interaktiven Steuerungen über Oberflächen, die immer variabler werden. 1 Invidis Consulting (Hrsg.): Dossier Digital Signage-Markt 2010. Deutschland – Österreich – Schweiz. Digital Signage Professionell 08/2011

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CIUDAD Y LAS CIEN

CIUDAD DE LAS ARTES Y LAS CIENCIAS VALENCIA, E

Signaletik: Bosco, Valencia Architektur: Santiago Calatrava, Zürich

Formal eigenständige Signaletik Kombination von statischen und dynamischen Informationen

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Die »Stadt der Künste und der Wissenschaften«, so der Name des kulturellen Zentrums, vereint ein Opernhaus, ein 3D Kino, ein Wissenschaftsmuseum und das größte Aquarium Europas. Das Informationssystem auf dem Gelände ist formal eigenständig in die extrovertierte Formensprache der Architektur eingebettet und stellt eine Kombination von statischer und dynamischer Signaletik dar. Weiß, Schwarz und Grau sind die wesentlichen Farben der Gestaltung; durch diese farbliche Zurückhaltung liegt  der Fokus klar auf der Vermittlung von Inhalten. Alle digitalen Informations- und Orientierungselemente sind mit schwarzem Korpus gestaltet, sodass sie in dem weiß gehaltenen Gebäude leicht zu finden sind. Als Schrift wurde die Helvetica Neue Condensed gewählt, die dank ihrer geringen Lauflänge die Integration auch größerer Textmengen ermöglicht. Digitale Screens kommen sowohl zur Präsentation von Informationen, z. B. über Ausstellungen und Ticketpreise, als auch zur Wegeleitung und für Werbezwecke zum Einsatz. So lässt sich der Inhalt der Präsentationen bei Bedarf mit geringem Aufwand an neue Ausstellungen, Themen und Veranstaltungen anpassen. Die lasergeschnittenen Piktogramme und Raumbezeichnungen sind direkt auf Wände und Trägermaterialien aufgebracht. Die Verwendung unterschiedlicher Schriftschnitte (Thin, Regular, Bold) differenziert die dreisprachigen Informationen.

Digitale Screens vermitteln Informationen wie Ticketpreise und Veranstaltungszeiten.

DE LAS ARTES CIAS

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FLU CHECK-IN 3

FLUGHAFEN WIEN CHECK-IN 3 WIEN, A

Signaletik: Intégral Ruedi Baur, Paris/Zürich Architektur: ARGE Itten Brechbühl, Bern; B & E Baumschlager Eberle, Wien

Klare Formensprache Transparenz Innovative Informationsträger

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Das Passagierleitsystem in der Terminalerweiterung des Flughafens Wien – bei der Ankunft der erste kommunikative Kontakt mit dem Gastland – wurde in enger Abstimmung mit der Architektur geplant und schon sehr frühzeitig in die Konzeption integriert. Das Ziel bestand darin, eine ruhige Atmosphäre und ein ausgewogenes optisches Gesamtbild ohne visuelle Störungen zu schaffen, technische Details wurden dabei bewusst verdeckt. Die scheinbar »dematerialisierten« Informationsträger knüpfen in ihrer Transluzenz an das architektonische Ge staltungsvokabular an und sollen gleichzeitig an die Leichtigkeit eines abhebenden Flugzeugs erinnern. Die Schriftwahl und Schriftproportionen sowie die Beleuchtung und Farbgebung erleichtern die Orientierung für das internationale Publikum. Die visuelle Sprache baut auf der Schrift Fedra Sans des slowenischen Typografen Peter Biľak auf und kommt sowohl im Orientierungs- und Leitsystem als auch in den Printprodukten des Flughafens zum Einsatz. Für die Piktogramme wurden eigene, international verständliche Symbole entwickelt. Alle Bestandteile der Informationsvermittlung wie Richtungsweisung, Identifizierung, Informationspunkte, dynamische Informationen zu Abflug und Ankunft, Übersichtspläne, Sicherheitsbeschriftung und Werbeflächen sind in das Gesamtkonzept integriert und aufeinander abgestimmt. Dadurch stiftet das Leitsystem Identität und strahlt Ruhe und Harmonie aus.

Die Ankunftsanzeige mit dynamischer LED-Leuchtschrift auf einer lichtdurchlässigen weißen Glaswand sorgt für ein innovatives Erscheinungsbild.

GHAFEN WIEN Reduktion und Klarheit erleichtern die Orientierung in dem komplexen Gebäude mit hohem Passagieraufkommen.

Transparenz, Licht und Schatten, aber auch die netzartige Struktur verleihen dem Orientierungssystem, das sich durch die klare Gestaltung auszeichnet, einen leichten, poetischen Ausdruck.

Durchleitende Komponenten und Zielbestätigungen – hier z. B. die Gate-Information – sind visuell voneinander unterschieden.

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BRÜHLTOR-PASSAGE ST. GALLEN, CH Signaletik: Inform, Rorschach, Felix Hartmann Architektur: Locher & Meier Architekten, St. Gallen

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Die Corporate Identity der Stadt St. Gallen hätte rote Pfeile vorgeschrieben, doch aufgrund der besseren Lesbarkeit für Sehbehinderte wurden grüne Pfeile gewählt, die Typografie ist für größtmöglichen Kontrast zum Untergrund weiß.

PASSAGE

¨ BRUHLTORSignaletik ohne Trägermedien Lichtprojektion

Die in den 1970er-Jahren errichtete passagenartige Unter führung, ein wichtiger Zugang zur St. Gallener Altstadt, wurde umfassend erneuert. Die vereinfachte Grundrissgestaltung mit erweiterten Durchgängen und begradigten Ladenfronten erleichtert nun die Orientierung. An allen vier Abgängen ist der neue Name Brühltor-Passage deutlich zu lesen. Um die Ästhetik der Anlage nicht mit Schildelementen zu beeinträchtigen, suchten die Gestalter nach einer Möglichkeit, das Informationssystem ohne Trägermedien zu realisieren. Sie setzen dazu sogenannte Gobos (graphical optical blackout) ein,  Projektoren, die über eingesteckte Masken Schriften und Pfeile auf den Boden projizieren. Vorab wurden alle Informationspunkte definiert, an denen mehrere Wege zur Auswahl stehen, dort werfen die an der Decke montierten Gobo-Projektoren nun in Abstimmung mit dem Lichtkonzept ihre Zielbotschaft auf den grauen Granitbelag. In diesen Wortblöcken sind weit entfernte Ziele immer oben genannt, naheliegende unten, Pfeile weisen die Richtung. Das System ist sehr anpassungsfähig, ändern sich die Informationen, muss lediglich die Maske ausgetauscht werden.

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Zeichen, Sprache, Schrift

Torsten Krüger

Epilog – Die Ikonografie des dritten Jahrtausends

Die Entwicklung des Menschen ist eng mit der Herausbildung von Sprache verbunden. Durch die Zuordnung von Bedeutungen zu Lauten entstand ein allgemein verständliches Kommunikationssystem, das zur Grundlage der sozialen und arbeitsteiligen Beziehungen der Menschen untereinander wurde. Der Prozess der Sprachentwicklung vollzog sich über viele Jahrtausende. Durch die unterschiedlichen geografischen und abstammungsbezogenen Einflüsse entstand dabei eine Vielzahl von Sprachgruppen und Dialekten; eine schnelle Verständigung zwischen grundsätzlich verschiedenen Sprachen war nicht möglich. Einfache Gesten und Zeichen bilden deshalb die Grundlage einer allgemein verständlichen Signaletik. Das Zeigen der offenen Hände beispielsweise symbolisiert, dass der Besucher nicht in feindlicher Absicht kommt. Von Menschen geschaffene Höhlenbilder, Ritzzeichnungen, Plastiken und Gebrauchsgegenstände, die die Zeit überdauert haben, lassen klare, auf einfache Bedeutungen reduzierte Formen und Farben erkennen, die uns auch heute noch verständlich sind. Die Abstraktion des darzustellenden Themas ist allgegenwärtig, ebenso die Herausbildung eines formalen und inhaltlichen Kanons, der den kulturellen Kontext der damaligen Gesellschaft sowie die Wechselwirkungen mit anderen Kulturen widerspiegelt. Abstrak tion und Wiederholung erlernter Muster stehen am Beginn der menschlichen Kommunikation und Kultur. Buchstaben und Wörter, Zahlen und Zeichen codieren in der Signaletik Informationen. Um eine universelle Eindeutigkeit und Verständlichkeit der Informationen zu ermöglichen, werden diese Elemente standardisiert und abstrahiert. Aus der Fähigkeit, unterschiedliche Informationen zu kombinieren, entstehen entsprechende Gestaltungsprinzipien. Das von indischen Gelehrten entwickelte und über die Araber nach

Europa gelangte, heute allgemein übliche Zahlensystem aus insgesamt zehn Zeichen, deren Kombination eine unendlich hohe Anzahl von Werten ermöglicht, ist eines der erfolgreichsten Zeichensysteme überhaupt. Ohne diese Abstraktion wäre die Darstellung von Zahlen heute ungleich aufwendiger. Das digitale Zeitalter der Computertechnik hat es vermocht, auf Basis des Binärcodes die Zahl der Elemente, die zur Darstellung komplexer Sachverhalte notwendig sind, auf zwei zu reduzieren. Die Zahlen 0 und 1 codieren in unterschiedlicher Reihenfolge gesetzt unseren durch digitale Geräte begleiteten Alltag und unsere Kommunikation mit anderen Menschen und Gruppen.

Weltweite Vernetzung

Vermutlich stehen wir erst am Anfang eines veränderten Nutzerverhaltens, das durch die Möglichkeiten der Computertechnologie und des Internets beeinflusst wird und schon jetzt in der Entwicklung neuer technischer Systeme Berücksichtigung findet. Analoge und digitale Techniken der Informationsvermittlung bestimmen unsere Gegenwart. Die Chancen und Anwendungen, die durch neue Technologien entstehen, sind zahlreich. Zur Planung und Konzeption von Informations- und Orientierungssystemen, Innenraumgestaltung und Architektur kommt digitale Hardware und Software zum Einsatz, deren Standards international abgestimmt sind. Die Integration der Fachdisziplin Signaletik in ein Architekturprojekt ist dadurch in allen Phasen eines Projekts technisch problemlos möglich. Aufgrund der weltweit publizierten gestalterischen und technischen Konzepte und der Angleichung von Normen und gesetzlichen Vorschriften, haben sich in den letzten Jahren immer mehr Standards für die Planung von Architektur und Signaletik durchgesetzt. Hinzu kommt eine Vielzahl verfügbarer Entwurfsphilosophien, auf

deren Grundlage sich ganzheitlich fachübergreifende Konzepte für die Signaletik unter Berücksichtigung eigener Formund Gestaltungslösungen entwickeln. Dies ermöglicht den Zuschnitt des Produkts Immobilie auf die sich global angleichenden Kundeninteressen. Eine Hauptverwaltung in China, ein Einkaufszentrum in Deutschland, ein Flughafen in den USA oder ein Stadion in Südafrika könnten jeweils auch in anderen Teilen der Welt stehen. Der lokale Einfluss von tradierten kulturellen Elementen schwindet. Demgegenüber ist den meisten Projekten ein eindeutiges Marketing- und Kommunikationskonzept zugeordnet, das – visuell auf der Basis von internationalen Standards entwickelt – eine individuelle Wahrnehmung des Objekts fördert. Wesentlicher Bestandteil des Markenauftritts von Gebäuden ist die Signaletik.

Signaletik als Schnittstelle

Trendsetter für Architektur und Signaletik sind oft kleine, unkonventionelle Projekte, die die Grenzen des Üblichen mit überraschenden, inspirierenden Lösungen überschreiten. Die vielschichtigste Aufgabe des Genres sind jedoch Markeninszenierungen, die Architektur, Design und Kommunikation am stringentesten einer Grundidee unterwerfen. Sie gelingen dann, wenn die Einzeldisziplinen Freiraum zu ihrer Entfaltung erhalten und die Corporate Identity nicht als Zwangskorsett verstanden wird. Wer Bewährtes zu oft wiederholt, verliert schnell den Anschluss an den Markt. Architekten und Designer, die Signaletik auf Themen wie Orientierung reduzieren, verspielen die Chance, Architektur und Design weiterzudenken. Ein Unternehmer, der beispielsweise die Entwicklung einer neuen Signaletik mit der Evolution des Unternehmens, seiner Produkte und seiner Mitarbeiter verbindet, sichert seine Wettbewerbsfähigkeit. Dabei gilt es als selbstverständlich, dass ein innovatives Architekturkonzept als ikonografisches Zeichen in der Stadtstruktur auftritt. Daran kann auch eine spannend gestaltete Signaletik anknüpfen, die Stimmung und Atmosphäre eines Hauses maßgeblich beeinflusst. Die Architektur spiegelt die Elemente des Raumprogramms sowie der Nutzungsstruktur eines Gebäudes wider und legt die wesentlichen Wegebeziehungen fest. Die Innenraumgestaltung formuliert die unmittelbar wahrnehmbare Schnittstelle zwischen Nutzer und Gebäude, die Signaletik übernimmt darüber hinaus die Aufgabe, den Nutzer zu informieren, Orientierung zu schaffen und durch den Raum zu leiten. Alle am Planungsprozess beteiligten Disziplinen profitieren daher von der Mitwirkung des Auftraggebers bei der Konzeption und reflektieren durch diesen Austauschprozess das Wesen der Architektur und der Marke. Signaletik erfordert ein Nachdenken über die effizienteste Struktur, die eindeutigste Orientierung, informiert Besucher und beantwortet über die Verbindung zur Corporate Identity die Frage nach der Positionierung des Gebäudenutzers am Markt. Architektur, Design und Signaletik sind für ein erfolgreiches Stadt-, Verkehrs- oder Gebäudekonzept erforderlich und untrennbar damit verbunden.

Nachhaltige Lösungen

Nachhaltigkeit erlangen integrative Konzepte, die funktionelle Abhängigkeiten mit minimalem Aufwand lösen und die, was ihre Signaletik anbetrifft, eine langfristige kommunikative Strategie entwickeln, die im Nutzungsprozess Änderungen von Abläufen, Wegen und Inhalten leicht adaptieren kann. Investitionen in Signaletik zahlen sich aus und ermöglichen eine positive Wertentwicklung. Der Leitsatz »Less is more« verweist auch in der Signaletik auf die Notwendigkeit, komplexe Sachverhalte einfach und klar zu kommunizieren. Dies ist Voraussetzung für schnelle und eindeutige Orientierung und Information. Unsere Lebens- und Arbeitswelt hat sich seit der technischen Revolution dank digitaler Produkte und Internet deutlich verändert. Eine Vielzahl von Forschungs- und Entwicklungsprojekten wird in den nächsten Jahrzehnten unser Bild von Architektur, Design und Signaletik einem permanenten Lernprozess unterwerfen. Gleichzeitig werden wir Bewährtes fortschreiben. Unser Umgang mit Informationen wird sich durch die Nutzung neuer Technologien sowie das Design neuer grafischer Nutzungsoberflächen und semantischer Netze mit interaktiven Optionen weiterhin verändern. Dies ist die Ikonografie des dritten Jahrtausends.

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FAKTEN

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Projektdaten

162

Normen, Richtlinien, Verordnungen

163

Literatur

163

Bildnachweis

165

Autoren

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Sachwortregister

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Impressum

FAK TEN

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Projektdaten

KATTA CIVIC POLYCLINIC Shiroishi, J

SURRY HILLS LIBRARY & COMMUNITY CENTER Sydney, AUS

Bauherr: Katta Civic Polyclinic, Tokio Signaletik: Hara Design Institute, Tokio, Kenya Hara Mitarbeiter: Yuji Koiso Material: Linoleum Fertigstellung: 2002

Bauherr: City of Sydney Signaletik: Collider, Sydney, Andrew van der Westhuyzen, Clemens Habicht Architektur: FJMT Francis-Jones Morehen Thorp, Sydney Material: Corian, Holz, Emaille Schrift: Swiss Bold Fertigstellung: 2009

www.ndc.co.jp/hara/en [email protected]

www.collider.com.au [email protected] www.fjmt.com.au [email protected]

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SPORTHALLE INDUSTRIESCHULE Chemnitz, D

GREEN POINT STADIUM Kapstadt, ZA

Bauherr: Stadt Chemnitz, Hochbauamt Signaletik: Gourdin & Müller, Leipzig/ Hamburg Mitarbeiter: Katharina Seitz Material: Farbe, Folierung Schrift: modifizierte Avenir Fertigstellung: 2010

Bauherr: City of Cape Town, spv 2010 Signaletik: Büro für Gestaltung Wangler & Abele, München Architektur: gmp · Architekten von Gerkan, Marg und Partner, Berlin, in Arbeitsgemeinschaft mit Louis Karol architecs, Point architects, Kapstadt Lichtplanung: conceptlicht GmbH, Traunstein; Arcus Gibb Consulting Engineers, Kapstadt Material: Aluminium Schrift: ITC Franklin Gothic Fertigstellung: 2010

www.gourdin-mueller.de [email protected]

www.bfgest.de [email protected] www.gmp-architekten.de [email protected]

FORUM NOVÁ KAROLINA Ostrava, CZ

STUDENTENVIERTEL OLYMPISCHES DORF München, D

COLLEGE OF MUSIC »THE BLACK HALL« Kawasaki, J

Bauherr: Multi Development Czech Republic a.s. Signaletik: Gourdin & Müller, Leipzig/ Hamburg Mitarbeiter: Daniel Perraudin, Felix Wissing Architektur: OMA, Rotterdam (Entwurfskonzept); Floris Alkemade Architect; Heinrich Böll, Essen; T + T Design Material: Acrylglas, LED Schrift: Neutraface Fertigstellung: 2012

Bauherr: Studentenwerk München Signaletik: design stauss grillmeier, München Architektur: ARGE Werner Wirsing bogevischs buero, München Landschaftsarchitektur: Keller Damm Roser Landschaftsarchitekten Stadtplaner GmbH, München Material: Aluminiumblech Schrift: Univers 55 Fertigstellung: 2010

Bauherr: Senzoku Gakuen College of Music, Kawasaki Signaletik: Teradadesign Architects, Tokio, Naoki Terada Mitarbeiter: Masatoshi Horii Architektur: Nihon Sekkei, Tokio Fläche: 1481 m² Fertigstellung: 2009

www.gourdin-mueller.de [email protected]

www.stauss-grillmeier.com [email protected]

www.teradadesign.com [email protected] www.nihonsekkei.co.jp

www.bogevisch.de [email protected]

FLUGHAFEN BERLIN BRANDENBURG Berlin, D

THE COOPER UNION New York, USA

MUSEION Bozen, I

Bauherr: Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH (FSB); seit 2012 Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB) Signaletik: Moniteurs Kommunikationsdesign, Berlin Architektur: gmp · Architekten von Gerkan, Marg und Partner, Berlin; JSK International, Frankfurt am Main Lichtplanung: conceptlicht GmbH, Traunreut Fertigstellung: 2013

Bauherr: The Cooper Union for Advancement of Science and Art, New York Signaletik: Pentagram Design, New York Designer: Abbott Miller, Jeremy Hoffman, Brian Ravon, Susan Brzozowski Architektur: Morphosis Architects, Santa Monica, Thom Mayne, Silvia Kuhle Lichtplanung: Horton Lees Brogden Lighting Design Inc., New York Material: Edelstahl, geätztes Glas, Granit Schrift: Foundry Gridnik Fertigstellung: 2009

Bauherr: Autonome Provinz Bozen, Südtirol Signaletik: Tomato, London Architektur, Innenarchitektur: KSV Krüger Schubert Vandreike, Berlin Lichtplanung: LichtVision, Berlin Material: Magnet, Holz Schrift: Lubalin, Futura Fläche: 8370 m2 Fertigstellung: 2008

www.moniteurs.de [email protected] www.gmp-architekten.de [email protected]

www.pentagram.com [email protected] www.morphosis.com [email protected]

www.tomato.co.uk [email protected] www.ksv-network.de [email protected]

FAK TEN

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Projektdaten

9H CAPSULE HOTEL Kioto, J

ADIDAS LACES Herzogenaurach, D

Bauherr: Cubic Cooperation Limited, Tokio Gesamtkonzept und Produktdesign: Fumie Shibata, Tokio Signaletik: Hiromura Design Office, Tokio, Masaaki Hiromura Architektur und Tragwerksplanung: Sigma Architectural Design, Kioto Innenarchitektur: Takaaki Nakamura, Tokio Lichtplanung: Panasonic Denko, Tokio Fertigstellung: 2009

Bauherr: adidas AG, Herzogenaurach Signaletik: büro uebele visuelle kommunikation, Stuttgart, Carolin Himmel (Projektleitung), Andreas Uebele Architektur: kadawittfeldarchitektur GmbH, Aachen Innenarchitektur: ZieglerBürg Büro für Gestaltung, Stuttgart, Mia Kreil, Diane Ziegler Material: Glas, hochspiegelnde Folie, Stahlröhren Schrift: adihaus Fläche: 62 000 m2 Fertigstellung: 2011

www.hiromuradesign.com [email protected]

www.uebele.com [email protected] www.zieglerbuerg.de [email protected] www.kadawittfeldarchitektur.de [email protected]

FAMILY BOX Peking, CN

TIEFGARAGE HOCHHAUS AM PARK Frankfurt am Main, D

Bauherr: Children Enterprise (UK) Ltd. Signaletik: Didelidi studio, Peking Mitarbeiter: Lulu, Mingtian Architektur: crossboundaries architects, Peking Mitarbeiter: Hao Dong, Binke Lenhardt, Feng Zheng, Fang Wang, Giacomo Butte, Shanyun Huang Lichtplanung: BIAD lighting studio Material: Filz Fläche: 5625 m2 Fertigstellung: 2009/2012

Bauherr: Amelia Asset 1 B.V. Signaletik: quandel design und kommunikation, Frankfurt am Main Art Direction: Marcel Staudt Architektur: MMZ Architekten GmbH, Frankfurt am Main Projektleitung: Sarah Wille Lichtplanung: AH Ingenieurgesellschaft für Elektrotechnik, Mainz Material: Dispersions-, Latex- und Markierungsfarbe, Schablonen, Folienplots Schrift: DIN Fläche: 9500 m2 Fertigstellung: 2010

www.didelidi.com [email protected] www.crossboundaries.net [email protected]

www.quandeldesign.de [email protected] www.mmz.eu [email protected]

STACHUS PASSAGEN München, D

MÉDIATHÈQUE ANDRÉ MALRAUX Straßburg, F

DESIGN MUSEUM HOLON Holon, IL

Bauherr: LBBW Immobilien Development GmbH, Stuttgart Signaletik: Intégral Ruedi Baur, Zürich Projektleitung: Ruedi Baur, Axel Steinberger, Eva Plass, Daniela Valentini Grafik: Jan-Eric Stephan, Jana Strozinsky, Claudia Wildermuth Architektur: Allmann Sattler Wappner Architekten, München Lichtplanung: Schmidt König Lichtdesign, München Material: glaskeramisch bedrucktes Glas, eloxiertes bzw. beschichtetes Aluminium, Folien, Siebdruck Schrift: VialogLT Fläche: 18 000 m² Fertigstellung: 2011

Bauherr: Communauté Urbaine de Strasbourg Signaletik: Intégral Ruedi Baur, Paris Projektteam: Ruedi Baur, Eva Kubinyi, Simon Burkart, Wanja Ledowski, Thibault Fourrier (Textrecherche), in Zusammenarbeit mit Akatre Architektur: Jean Marc Ibos, Myrto Vitart, Paris Material: Siebdruck, Schablonenbeschriftung Fläche: 18 000 m2 Fertigstellung: 2008

Bauherr: Municipality of Holon Signaletik: Adi Stern Design, Jerusalem Architektur: Ron Arad Architects, London Fertigstellung: 2010

www.irb-zurich.eu [email protected]

[email protected] www.ronarad.co.uk [email protected]

www.irb-paris.eu [email protected] [email protected] www.ibosvitart.com

www.allmannsattlerwappner.de [email protected]

VOLKSSCHULE TSCHAGGUNS Tschagguns, A

UNIVERSITÄTSMEDIZIN GREIFSWALD Greifswald, D

BERNAQUA Bern, CH

Bauherr: Gemeinde Tschagguns Signaletik: Sigi Ramoser, Sägenvier DesignKommunikation, Dornbirn Architektur: Lang Vonier Architekten ZT GmbH, Göfis Material: silberfarbene, satinierte Folie, Metall Schrift: Parable Fläche: 590 m² Fertigstellung: 2008

Bauherr: Land MecklenburgVorpommern Auftraggeber: Universitätsmedizin Greifswald Signaletik: Beate Kling Architekten, Berlin Mitarbeit: Beatrice Vollmer, Susanne Augustin Architektur: Arkitekter Dall & Linhardtsen A/S, Helsingør; HWP Planungsgesellschaft mbH, Stuttgart Material: Stahl, Aluminiumprofile pulverbeschichtet, Folienbeschriftung, Folienplot Schrift: Helvetica Condensed Fläche: 85 323 m2 Fertigstellung: 2011/2012

Bauherr: Migros Aare Signaletik: L2M3 Kommunikationsdesign GmbH, Stuttgart Architektur: Architekt Daniel Libeskind AG, Zürich Material: Kunststoff matt lackiert, Edelstahl glänzend poliert Schrift: AF Module Fertigstellung: 2008

www.saegenvier.at [email protected] www.lang-vonier.com [email protected]

www.beatekling.de [email protected]

www.l2m3.com [email protected] www.daniel-libeskind.com [email protected]

FAK TEN

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Projektdaten

SIGNTERIOR Shanghai, CN

ORDNUNGSAMT STADT FRANKFURT Frankfurt am Main, D

Bauherr: Haitai Real Estate Signaletik: ujidesign, Tokio Architektur: A-ASTERISK, Shanghai, Nobuhiro Nakamura; A-I-SHA architects, Shanghai, Tsutomu Fujioka Lichtplanung: Masahide Kakudate Lighting Architect & Associates, Tokio Material: weißer Kunstmarmor, Quarzsand, Seide Schrift: DIN Fläche: 4400 m² Fertigstellung: 2006

Bauherr: OFB Projektentwicklung GmbH, Frankfurt am Main Signaletik: unit-design, Frankfurt am Main Mitarbeiter: Bernd Hilpert, Peter Eckart, Robert Cristinetti, Sabrina Flegel Architektur: Meixner Schlüter Wendt Architekten, Frankfurt am Main Mitarbeiter: José Ortells, Nina Kreiter, Antje Feenders Material: Schablonierung, Folienplot, hinterdruckte Glas scheiben für Leuchtkästen Schrift: Thesis Sans Fertigstellung: 2009

www.ujidesign.com [email protected] www.a-asterisk.com [email protected] www.a-i-sha.com [email protected]

www.unit-design.de [email protected] www.meixner-schlueter-wendt.de [email protected]

LEIBNIZ-INSTITUT FÜR OSTSEEFORSCHUNG Warnemünde, D

THEATER IM PFALZBAU Ludwigshafen, D

Bauherr: Land MecklenburgVorpommern Signaletik, Architektur und Innenarchitektur: KSV Krüger Schubert Vandreike, Berlin Material: Stahl Schrift: Meta Plus Fläche: 2030 m2 Fertigstellung: 2008

Bauherr: Stadt Ludwigshafen Signaletik: Daniela Valentini, Zürich Architektur: wiesemann architekten, Köln Projektleitung: Meike Elzer, Verena Keulen Mitarbeit: Elisa Goal, Susanne Janson, Susanne Kreuder, Marcus Schwarz Lichtplanung: Bastgen + Strobl, Mülheim Material: Aluminium massiv, Lackierung in drei Glanzgraden, Farbauftrag per Siebdruck und Schablonierung Schrift: Reykjavik Two B Gauge, Reykjavik One C Gauge, Reykjavik One A Gauge Fläche: 17 000 m² Fertigstellung: 2009

www.ksv-network.de [email protected]

www.danielavalentini.com [email protected] [email protected]

NAGASAKI PREFECTURAL ART MUSEUM Nagasaki, J

ETH SPORTS CENTER SCIENCE CITY Zürich, CH

MORISAWA HEAD OFFICE OSAKA, J

Bauherr: Nagasaki Prefectural Government Signaletik: Hara Design Institute, Tokio, Kenya Hara Mitarbeiter: Yoshiaki Irobe Motion Graphic: Hiroyuki Saito Architektur: Kengo Kuma & Associates, Tokio Fertigstellung: 2005

Bauherr: ETH Immobilien, Abteilung Bauen, Zürich Signaletik: TGG Hafen Senn Stieger, St. Gallen Architektur: Dietrich | Untertrifaller | Stäheli Architekten, Bregenz Mitarbeiter: Peter Nussbaumer (Projektleitung), Bernhard Kraft, Dietmar Geiselmann, Doris Tahedl, Eva Dorn, Raffael Grups, Nina Sulger, Karin Hopfner, Silvia Lau, Sven Meller Fläche: 8064 m² Fertigstellung: 2009

Bauherr: Morisawa & Company, Ltd. Signaletik: Hiromura Design Office, Tokio, Masaaki Hiromura Mitarbeiter: Tomoya Maruyama Schrift: Kohcho Fertigstellung: 2009

www.ndc.co.jp/hara/en [email protected] www.kkaa.co.jp [email protected]

www.hiromuradesign.com [email protected]

www.tgg.ch [email protected] www.dietrich.untertrifaller.com [email protected]

CIUDAD DES LAS ARTES Y LAS CIENCIAS Valencia, E

FLUGHAFEN WIEN CHECK-IN 3 Wien, A

BRÜHLTOR-PASSAGE St. Gallen, CH

Bauherr: Ciudad de las Artes y las Ciencias de Valencia Signaletik: Bosco, Valencia Digital Signage: Bosco, in Zusammenarbeit mit ToDo, Turin Architektur: Sanitago Calatrava, Zürich Material: LED-Screens Schrift: Helvetica Neue Condensed Fertigstellung: 2010

Bauherr: Flughafen Wien AG Signaletik: Intégral Ruedi Baur, Paris/ Zürich Projektleitung: Ruedi Baur, Eva Kubinyi, Simon Burkart Projektteam: Christina Poth, Axel Steinberger, Wanja Ledowski, Maria Roszkowska, Gabriela Wolfertz, David Esser Architekten: ARGE Itten Brechbühl AG, Bern; B & E Baumschlager Eberle, Wien Material: Aluminium, Stahl, Glas, Digitalund Siebdruck, Folienbeschriftungen Schrift: Fedra Sans Fertigstellung: 2012

Bauherr: Hochbauamt der Stadt St. Gallen Signaletik: Inform GmbH, Rorschach, Felix Hartmann Mitarbeiter: Marc Frick, Tristan Hartmann Architektur: Locher & Meier Architekten, St. Gallen, Paul Meier Lichtplanung: Hellraum GmbH, St. Gallen, Adrian Hostettler Material: Gobo-Projektoren Schrift: Univers Fertigstellung: 2008

www.boscographic.com [email protected] www.calatrava.com

www.irb-paris.eu [email protected] www.ittenbrechbuehl.ch [email protected] www.baumschlager-eberle.com [email protected]

www.informgmbh.ch [email protected] www.locher-meier.ch [email protected]

FAK TEN

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Normen, Richtlinien, Verordnungen (Auswahl)

Der Entwurf der für Deutschland geplanten DIN-Norm »Anforderungen an Orientierungssysteme« wurde aufgrund inhaltlicher Diskrepanzen nie veröffentlicht. Die Weiterführung des Projekts bzw. die Einführung der Norm ist bis auf weiteres nicht vorgesehen. Die nachfolgend aufgeführten Normen beziehen sich auf für das Thema Signaletik zu berücksichtigende Teilaspekte. Barrierefreie InformationstechnikVerordnung (BITV) Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz. 2011-09 Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e.V. (DBSV) Richtlinie für taktile Schriften. Anbringung von Braille- und erhabener Profilschrift und von Piktogrammen. 2007-05 DIN 1450 2012-06

Schriften, Leserlichkeit.

DIN 1451 Schriften – Serifenlose Linear-Antiqua Teil 1: Allgemeines. 1998-10 Teil 2: Verkehrsschrift. 1986-02 Teil 3: Druckschriften für Beschriftungen. 1987-12 Teil 4: Schablonenschrift für Gravieren und andere Verfahren. 1987-08 DIN 4844 Graphische Symbole – Sicherheitsfarben und Sicherheitszeichen Teil 1: Erkennungsweiten und farb- und photometrische Anforderungen. 2012-06 Teil 2: Registrierte Sicherheitszeichen. 2012-12 DIN 6164

DIN-Farbenkarte. 1980-02

DIN 13 984 Taktile Schriften, Anbringung von Braille- und erhabener Profilschrift. In Planung DIN 18 040 Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlagen Teil 1: Öffentlich zugängliche Gebäude. 2010-10 Teil 2: Wohnungen. 2011-09 Teil 3: Öffentlicher Verkehrs- und Freiraum. Im Entwurfsstadium DIN 32 974 Akustische Signale im öffentlichen Bereich – Anforderungen. 2000-02 DIN 32 975 Gestaltung visueller Informationen im öffentlichen Raum zur barrierefreien Nutzung. 2009-12

DIN 32 976 Blindenschrift – Anforderungen und Maße. 2007-08 DIN 32984 Bodenindikatoren im öffentlichen Raum. 2011-10 DIN 33 402 Ergonomie – Körpermaße des Menschen Teil 1: Begriffe, Messverfahren. 2008-03 Teil 2: Werte. 2005-12 Teil 3: Bewegungsraum bei verschiedenen Grundstellungen und Bewegungen. 1984-10 DIN 67 510 Langnachleuchtende Pigmente und Produkte Teil 3: Bodennahes langnachleuchtendes Sicherheitsleitsystem. 2011-04 Teil 4: Produkte für langnachleuchtende Sicherheitsleitsysteme – Markierungen und Kennzeichnungen. 2008-02 DIN EN 80 416 Allgemeine Grundlagen für graphische Symbole auf Einrichtungen Teil 2: Form und Anwendung von Pfeilen. 2002-05 DIN EN ISO 9241 Ergonomie der Mensch-System-Interaktion Teil 210: Prozess zur Gestaltung gebrauchstauglicher interaktiver Systeme. 2011-01 DIN-Fachbericht 124 Gestaltung barrierefreier Produkte. 2002 DIN ISO 3864 Graphische Symbole – Sicherheitsfarben und Sicherheitszeichen Teil 1: Gestaltungsgrundlagen für Sicherheitszeichen und Sicherheitsmarkierungen. 2008-07 Teil 3: Gestaltungsgrundlagen für graphische Symbole zur Anwendung in Sicherheitszeichen. 2012-11 ISO 4190 Aufzüge Teil 5: Befehlsgeber, Anzeigen und zusätzliche Einbauten. 2006-11

Österreich: ÖNorm A 6015 Schriften; serifenlose Linear-Antiqua; Druckschriften für Beschriftungen. 1986-09 ÖNorm A 3011 Graphische Symbole für die Öffentlichkeitsinformation – Allgemeine Grundsätze. 1994-12 ÖNorm A 3012 Visuelle Leitsysteme für die Öffentlichkeitsinformation – Orientierung mit Hilfe von Richtungspfeilen, graphischen Symbolen, Text, Licht und Farbe. 1994-04

ÖNorm A 3013 Visuelle Leitsysteme für die Öffentlichkeitsinformation – Gestaltung von Orientierungstafeln für den Tourismus. 1998-07 ÖNorm B 1600 Barrierefreies Bauen – Planungsgrundsätze. 2012-02 ÖNorm V 2102 Technische Hilfen für sehbehinderte und blinde Menschen – Taktile Bodeninformationen ÖNorm V 2105 Technische Hilfen für sehbehinderte und blinde Menschen – Tastbare Beschriftungen und Informationssysteme

Schweiz: SIA 500 Hindernisfreie Bauten. 2009 SN 640 852 Markierungen – Taktilvisuelle Markierungen für blinde und sehbehinderte Fussgänger

Literatur (Auswahl)

Bauer, Erwin K.; Mayer, Dieter: Orientation & Identity. Porträts internationaler Leitsysteme. Wien/New York 2009 Büro für Gestaltung Wangler & Abele: Gestalten. 5 Bde. 2002–2012 Galindo, Michelle: Signage Design. Salenstein 2012 Gibson, David: The Wayfinding Handbook. Information Design for Public Places. New York 2009 Hartmann, Frank; Bauer, Erwin K.: Bildersprache. Otto Neurath, Visualisierungen. Wien 2006 MAGMA Brand Design (Hrsg.): Signage Orientation. Slanted #18. Karlsruhe 2012 Herwig, Oliver: Da geht’s lang. Leitsysteme machen eine komplexe Welt transparent. In: DETAIL 06/2009, S. 564– 568 Kant, Immanuel: Was heißt: sich im Denken orientieren? In: Immanuel Kant: Werke in zwölf Bänden. Bd. 5. Frankfurt am Main 1977 Kjeldsen, Kjeld u. a.: New Nordic. Architecture & Identity. Ausstellungskatalog Lousiana Museum of Modern Art. 2012 Klooster, Thorsten (Hrsg.): Smart Surfaces. Intelligente Oberflächen und ihre Anwendung in Architektur und Design. Basel/Boston/Berlin 2009 Lunger, Christian; Scheiber, Markus: Orientierung auf Reisen. Touristische Leitsysteme. Berlin 2009 Lutsch, Christian (Hrsg.): Standpunkte. Orientierung in Gesellschaft, Wissenschaft und Medien. Erkenntnisse für die Gestaltung von Prozessen und Strategien. Ostfildern-Ruit 2003 McLuhan, Marshall; Fiore, Quentin; Agle, Jerome (Hrsg.): Das Medium ist die Massage. Ein Inventar medialer Effekte. Stuttgart 2011 Meuser, Philipp (Hrsg.); Pogade, Daniela: Signaletik und Piktogramme. Berlin 2010 Stettien, Katharina: Orientierungs- und Leitsysteme in Krankenhäusern. Grundlagen für die Planung eines Orientierungs- und Leitsystems für Besucher und Patienten unter Einbeziehung einer

Bildnachweis

Projektstudiem am Evangelischen Krankenhaus Köln-Weyertal gGmbH. Diplomarbeit Fachhochschule Koblenz. 2005 TwoPoints.Net (Hrsg.): Left, Right, Up, Down. Neue Ansätze für die Gestaltung von Leitsystemen. Berlin 2010 Uebele, Andreas: Orientierungssysteme und Signaletik. Ein Planungshandbuch für Architekten, Produktgestalter und Kommunikationsdesigner. Mainz 2006 von Degenhart, Christine; Ebe, Johann; Heiss Oliver: Barrierefreies Bauen. Grundlagen, Planung, Beispiele. München 2009

Allen, die durch Überlassung ihrer Bildvorlagen, durch Erteilung von Reproduktionserlaubnis und durch Auskünfte am Zustandekommen des Buches mitgeholfen haben, sagen die Autoren und der Verlag aufrichtigen Dank. Nicht nachgewiesene Abbildungen stammen aus dem Archiv der Designer, Grafiker und Architekten oder aus dem Archiv der Zeitschrift »DETAIL, Zeitschrift für Architektur«. Trotz intensiver Bemühungen konnten wir einige Urheber der Fotos und Abbildungen nicht ermitteln, die Urheberrechte sind aber gewahrt. Wir bitten um entsprechende Nachricht.

S. 8, 62 unten links und unten rechts, 63, 102–105, 158 oben rechts, 160 oben rechts Werner Huthmacher, D –Berlin S. 14, 15, 156 oben links Nippon Design Center, Inc., J –Tokio S. 17 unten rechts, 156 oben rechts John Gollings, AUS – St Kilda S. 18, 19, 30, 31, 115 unten rechts, 124, 156 unten links, 157 oben links Gourdin & Müller, Leipzig /Hamburg S. 20, 21 unten Uwe Gelesch, D – Gelsenkirchen S. 21 oben Martin Schmüdderich, D –Gelsenkirchen S. 22 oben und unten, 23 oben und Mitte pro Sport München (Hrsg.): Die Spiele. Volume 1. The organization. München 1972 S. 22 Mitte, 23 unten pro Sport München (Hrsg.): Die Spiele. Volume 2. The constructions. München 1972 S. 24 – 27, 157 oben Mitte design stauss grillmeier, D–München S. 28, 29, 157 oben rechts Yuki Omori S. 32 Cesare Querci S. 35 Bruce Sutherland, ZA–Kapstadt S. 37 Heiner Leiska, D – Wedel S. 38/39 oben gmp · Architekten von Gerkan, Marg und Partner, D –Berlin S. 38 unten, 39 Mitte, 42 unten links und unten rechts, 43, 45 oben, 47 oben rechts, 156 unten rechts Marcus Bredt, D –Berlin S. 39 unten, 42 links oben und Mitte, 44, 45 unten Büro für Gestaltung Wangler & Abele, D–München S. 40, 41, 47 oben links Moniteurs Kommunikationsdesign, D–Berlin S. 46, 47 unten Joachim Brohm, D–Leipzig S. 48 links oben, 48 rechts, 49 links oben, 49 links unten, 157 unten Mitte Chuck Choi, USA – Arlington, MA S. 48 links unten, 51, 86 unten, 139 Iwan Baan, NL–Amsterdam S. 49 rechts Roland Halbe/arturimages S. 50 Allianz Arena, D–München

FAK TEN

5 164 165

Bildnachweis

S. 52, 54, 55, 132 unten, 133 Torsten Krüger, www.ksv-network.de S. 53 Cupertino City Council, www.cupertino.org S. 57, 157 unten rechts Paolo Riolzi, I–Mailand S. 58, 59 Ludwig Thalheimer/Lupe, I–Bozen S. 60, 61, 108, 109, 127 oben, 130, 131, 158 oben links, 159 unten Mitte, 161 oben rechts Nacása & Partners Inc., J–Tokio S. 62 oben, 64, 65 oben, 114 unten links und unten rechts, 138 Christian Richters, D–Münster S. 65 unten, 114 oben buero uebele visuelle kommunikation, D– Stuttgart S. 66 L2M3 Kommunikationsdesign, D– Stuttgart S. 74 –77, 159 oben links Brigida González, D–Stuttgart S. 68 –73, 78, 79, 81 oben links und oben rechts, 146 unten links, 148, 149 oben links, 159 oben Mitte Intégral Ruedi Baur, F– Paris / CH–Zürich S. 80, 81 unten Dieter Mayer, Struktiv, A–Kirchberg am Wagram S. 81 oben Mitte George Fessy, F–Lyon S. 81 Mitte Philippe Ruault, F–Nantes S. 82, 83 links oben Elad Sarig, IL–Tel Aviv S. 84, 110 unten, 111 Mitte und unten Stephan Klonk, D –Berlin S. 85 oben www1.wdr.de/themen/ ratgeber/wilderkermeter100_ga-1_ pic-7.html S. 85 Mitte Davide Tidoni © 2010 S. 85 unten polyform – planen und gestalten, D –Berlin S. 86 oben, 125 oben bauer – konzept & gestaltung, A–Wien S. 87 Ralston & Bau, N–Dale i Sunnfjord S. 88 –91, 126 Mitte und unten, 158 unten links Chaoying Yang S. 92, 93, 158 unten rechts Jörg Hempel, D–Aachen S. 94, 95, 159 unten links Patrick Säly, A–Tschagguns S. 96, 97, 99, 100, 104/105 unten, 129 Beate Kling Architekten, D–Berlin S. 98, 128 unten links und unten Mitte Wanja Ledowski – Studio, F– Paris S. 106, 128 oben, 159 unten rechts L2M3 Kommunikationsdesign, D–Stuttgartt S. 107 Florian Hammerich, D– Regensburg S. 110 oben, 111 oben rechts Helen Hüsser, CH– Zürich S. 111 oben links Michael Fontana S. 112 Hauser, Schwarz, CH–Basel S. 113 links Frank Hartmann, Erwin K. Bauer: Bildersprache. Otto Neurath, Visualisierungen. Wien 2006, S. 84

S. 113 Mitte © 1976 by ERCO, D–Lüdenscheid S. 113 rechts unit-design, D–Frankfurt am Main S. 115 oben rechts Mijksenaar, NL – Amsterdam S. 115 oben links, 144, 145, 161 unten links Bosco, E–Valencia S. 115 unten links BURRI public elements AG, CH–Zürich S. 116, 117, 160 oben links Eibe Sönnecken, D–Darmstadt S. 118, 119, 161 oben links Daici Ano, J –Tokio S. 120, 161 oben Mitte TGG Hafen Senn Stieger, CH–St. Gallen S. 121 Bruno Klomfar, A–Wien S. 122 Eicher Werkstätten, D–Rommelshausen S. 124 Gourdin & Müller, D–Leipzig/Hamburg S. 125 Mitte und unten, 127 unten rechts Andreas Körner, D–Stuttgart S. 127 unten links Roman Polster, D–Kassel S. 128 unten rechts Axel Schneider, D–Frankfurt am Main S. 132 Mitte oben, 160 unten links Frank Neumann S. 134 unten links, unten rechts Daniela Valentini, CH–Zürich S. 134 oben, 135, 160 unten rechts Stefan Müller, D–Berlin S. 137, 140 Peter Mauss/Esto S. 141 Edo van Dijk/Edenspiekermann, NL – Amsterdam S. 142 3d-berlin vr solutions GmbH, D–Berlin S. 143 links Mac Funamizu/ petitinvention.wordpress.com S. 143 rechts © Fraunhofer HeinrichHertz-Institut, D–Berlin S. 146 oben und unten rechts, 147, 149 oben rechts und unten, 161 unten Mitte Intégral Ruedi Baur, Fotos: Andreas Körner, D– Stuttgart S. 150, 151 unten links und unten rechts, 161 unten rechts Heinz Köppel, CH–Rorschach S. 151 links oben, Mitte links und Mitte rechts Inform GmbH, CH–Rorschach S. 154 ART+COM, D–Berlin S. 157 unten links Alexander Obst/ Marion Schmieding (Flughafen Berlin Brandenburg)

Kapiteleinführende Aufnahmen S. 8: Schulungszentrum GRG Services Group, Berlin (D) 2008, Architektur: Beate Kling Architekten Foto: Werner Hutmacher, D –Berlin S. 32: MAXXI Museum, Rom (I) 2010, Architektur: Zaha Hadid Architects, Signaletik: ma:design, Monica Zaffini, Massimiliano Patrignani Foto: Cesare Querci S. 66: SimTech, Universität Stuttgart (D) 2012, Architektur: hartwig schneider architekten, Signaletik: L2M3 Kommunikationsdesign Foto: L2M3 Kommunikationsdesign, D–Stuttgart S. 122: Theater im Pfalzbau, Ludwigshafen (D) 2009, Architektur: wiesemann architekten, Signaletik: Daniela Valentini Foto: Eicher Werkstätten, D–Rommelshausen S. 154: Statistikband in der Ausstellung »Arbeit. Sinn und Sorge«, Deutsches Hygiene-Museum Dresden, 2009/10, Design: ART+COM Foto: ART+COM, D –Berlin

Umschlag Museion, Bozen (I) 2008, Architektur: KSV Krüger Schubert Vandreike Foto: Ludwig Thalheimer/Lupe, I–Bozen

Autoren

Beate Kling

Torsten Krüger

Jahrgang 1967 1986–1991 Architekturstudium an der Bauhaus-Universität in Weimar, Ausstellung des Diplomentwurfs auf der Architekturbiennale in Venedig; Tätigkeit im Architekturbüro Dr. Krause in Weimar, Mitwirkung an der Sanierung von Denkmalen, u. a. des UNESCOWelterbes »Klassisches Weimar«; 1993–2003 Architektin bei Architekten von Gerkan, Marg und Partner in den Niederlassungen Aachen, Leipzig und Berlin, Projektleitung von Großprojekten, u. a. Jakob Kaiser Haus – Bürokomplex der Abgeordneten des Deutschen Bundestages, Berlin; 2003 Gründung des Büros Beate Kling Architekten in Berlin, Realisierung von Projekten in den Bereichen Architektur, Kommunikationsdesign und Signaletik.

Jahrgang 1963 1983–1988 Architekturstudium an der Bauhaus-Universität Weimar; Tätigkeit an der Bauakademie in Berlin; 1990 Gründung der interdisziplinären Kreativagentur KSV Krüger Schuberth Vandreike GmbH; zahlreiche Wettbewerbe und Auszeichnungen, Realisierung nationaler und internationaler Projekte in den Bereichen Markenarchitektur, Corporate Design, Interior Design, Ausstellungsdesign und Signaletik.

Ruedi Baur

Falk Jaeger

Jahrgang 1956 Studium Grafikdesign an der Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich; 1983 Mitgründung des Ateliers BBV in Lyon, Mailand und Zürich; 1989 Mitgründung des interdisziplinären Netzwerkes Intégral Concept, seither Leitung des Ateliers Intégral Ruedi Baur in Paris und Zürich (2002) und des Laboratoire IRB in Paris (2007); 1989–1996 Koordination Fachbereich Design an der École des Beaux-Arts in Lyon; 1995 Professor an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig, 1997– 2000 Rektor der Hochschule; 1999 Gründung des Instituts für interdisziplinäres Design 2id in Leipzig; 2004– 2011 Gründung und Leitung des Forschungsinstituts Design2context an der Zürcher Hochschule der Künste; 2011 Gründung des kritischen Forschungsinstituts und Netzwerks Civic City/Civic Design an der Kunsthochschule HEAD Genf; Lehrtätigkeit an der École nationale supérieure des Arts Décoratifs in Paris.

Jahrgang 1950 Studium Architektur und Kunstgeschichte in Braunschweig, Stuttgart und Tübingen, Promotion an der TU Hannover; seit 1976 freier Architekturkritiker; 1983–1988 Assistent am Institut für Baugeschichte und Bauaufnahme der TU Berlin, anschließend Lehraufträge an verschiedenen Hochschulen; 1993– 2000 Lehrstuhl für Architekturtheorie an der TU Dresden, seit 2000 dort apl. Professor; lebt als freier Publizist, Dozent, Kurator und Fachjournalist für Rundfunk, Tages- und Fachpresse in Berlin.

Hubert Nienhoff Jahrgang 1959 Architekturstudium an der RWTH Aachen, Diplom 1985; 1988–1991 Assistent an der RWTH Aachen, Lehrstuhl für Stadtbereichsplanung und Werklehre; seit 1988 Mitarbeiter, seit 1993 Partner im Büro gmp · Architekten von Gerkan,

Marg und Partner, verantwortlich für die Standorte Berlin, Frankfurt am Main und Rio de Janeiro, Projektleitungen u. a. Neue Messe Leipzig, Olympiastadion Berlin, Commerzbank Arena Frankfurt (FIFA WM 2006), Stadien für die FIFA WM 2010 in Südafrika, Nationalstadion Warschau (UEFA EURO 2012), Flughafen Berlin Brandenburg Willy Brandt, Stadien für die FIFA WM 2014 in Brasilien.

Michael Schwanke-Seer Jahrgang 1972 Ausbildung zum Bankkaufmann Tätigkeit u.a. bei VingCard Elsafe in Wiesbaden und der Acentic GmbH in Köln; 2008–2011 Senior Manager Accounts & Development Europe – Hospitality Business bei LG Electronics Europe in Amstelveen, europaweite Verantwortung für den Hotelbereich; seit 2011 COO bei der Macnetix GmbH in Berlin, verantwortlich für die Bereiche Vertrieb, Projekte und Marketing.

5

Sachwortregister

FAK TEN

additive Informationsträger 124 Adressbildung 101 akustische Unterstützung 129 analoge Informationsträger 124 Ätzung 125 Audioausgabe 87 Audioguide 129 Aufprojektion 137 Auftraggeber 98

166 167

barrierefreies Bauen 11 Barrierefreiheit 84f. Beamer 137 Begleitpersonal 129 Behindertengerechtigkeit 85 Beschichtungsverfahren 125 Betrachtungsabstand 111 Bildsprache 21, 53,111 Building Identity 13, 50ff., 101, 110 Codierung 101, 111 Corporate Identity 13, 21, 50, 52, 101, 110 Denkmalschutz 36 Design für Alle 84 Digital Signage 136ff. digitale Informationstechnologien 127 digitale Informationsträger 124 digitale Medien 11, 129 digitale Screens 115 digitale Technologien 138 digitale Türschilder 142 digitale Werbung 136 Displays 136 Dreidimensionalität 113, 125

Identität 10, 12, 38 Informationskette 101 Informationssystematik 100 Informationssytem 100 Intarsien 125 integrative Planung 125 integrierte Informationsträger 125 integrierte Signaletik 36, 99 intelligente Informationssysteme 101 interaktive Displays 138 interaktive Technik 143 interdisziplinäre Konzeption 72 Key Visuals 113 Kommunikationsdesign 53 Kommunikationsidee 110 konfektionierte Informations träger 127 Kosten 98 kulturelle Traditionen 55 kulturelle Identität 38 LCD-Displays 138 LCD-Panel 136 LED-Displays 138 LED-Monitore 136 LED-Wände 137 Leitinformationen 100 Leitlinien 87 Leitsystem 20f., 101 Lesbarkeit 111 Licht 115, 126

Emaillierung 125 Entwurfsziele 85 ergänzende Informationsangebote 129 ergonomische Flexibilität 86

Markenbotschaften 51 Markenführung 101 Markeninszenierungen 53 Markenkommunikation 50 Material 113 Mehrsprachigkeit 114 Mitarbeiterinformationssysteme 136 modulares System 39 Monitore 136 mündliche Auskunft 129

Farbcodierung 54 Farbe 38, 70, 112 Farbkontrast 86, 113 Farbleitsystem 22 Funktionsbeziehungen 101

Nachhaltigkeit 152 Navigationssystem 41 Netzwerkkomponenten 136 Normen 86, 98 Normierung 21

ganzheitliche Gestaltung 35 Gästeinformationssystem 136, 142 Gebäudeleitsystem 34 Gebäudetypologie 96 Genius Loci 36, 38 Gestaltungsebenen 101 Gestaltungsgrundsätze 39 Gestaltungshandbuch 39, 41, 50, 99 grafische Codierung 112 Green IT 142 Gruppierung von Informationen 101

OLED 143 Ordnungsmuster 20 Organisationsstruktur 40 Orientierung 10ff., 34, 40 Orientierungsdesign 100 Orientierungssytem 34, 100 Orientierungsfähigkeit 96 Ortungstechnologien 138ff.

Hierarchien 10, 21, 97 Hierarchieebenen 54, 101 Hinterleuchtung 115 Hörbehinderung 86

perspektivische Wirkung 126 Pfeile 112 Piktogramm 111 Piktogrammfamilie 21 Planungsgrundlagen 99 Positionierung 101 Printprodukte 50, 129

Projektion 115 Projektionsflächen 136 projizierende Komponente 137 QR-Code 97, 140 Raumnummernsystematik 100 Raumtypologie 96 Raumverzeichnisse 100 Rückprojektion 137 Schildfamilien 124 Schrift 111 Sehbehinderung 86 selbsterklärender Raum 34 selbstständige Zielfindung 98 Semantik 114 Shared Spaces 34 Sicherheitsanforderungen 35 Siebdruck 125 Signaletik 101 Sichtbeziehungen 96 Smartphone 23, 41, 140 Software 136, 140 Sprachverständnis 114 Standardisierung 111 Steuerungselemente 101 Tageslicht 41 taktile Schriften 87 Teamwork 55, 99 temporäre Leitsysteme 127 Touchdisplays 138 Touchscreens 115, 129 Typografie 53, 111 Universal Design 13, 84 universelles Design 84 Unternehmenskultur 12, 52 Verkehrsströme 97 Verkehrswege 97 visuelle Codierung 112 visuelles Erscheinungsbild 53 Wahrnehmungshöhe 101 Wegebeziehungen 101 Wegeführung 98, 100 Werbeanlagen 115 WLAN 139 Zielgruppen 51, 97, 101 zugängliches Design 84 zweidimensionale Applikationen 125

Impressum

Autoren: Beate Kling, Torsten Krüger Coautoren: Ruedi Baur, Falk Jaeger, Hubert Nienhoff, Michael Schwanke-Seer Recherche: Susanne Augustin

Redaktion: Cornelia Hellstern (Projektleitung), Sandra Leitte Redaktionelle Mitarbeit: Carola Jacob-Ritz, Michaela Linder, Kai Meyer, Michaela Wengert Zeichnungen: Ralph Donhauser Gestaltungskonzept und Coverentwurf: Katharina Zettl, Berlin Herstellung / DTP: Simone Soesters Reproduktion: ludwig:media, Zell am See Druck und Bindung: Kessler Druck + Medien, Bobingen

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werks oder von Teilen dieses Werks ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek. Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2013, erste Auflage DETAIL – Institut für internationale Architektur-Dokumentation GmbH & Co. KG, München www.detail.de ISBN: 978-3-920034-71-3 (Print) ISBN: 978-3-95553-119-5 (E-Book) ISBN: 978-3-95553-133-1 (Bundle)

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