Scientia Chimica. Oszillographische Polarographie mit Wechselstrom: Theoretische Grundlagen und praktische Anwendung [Reprint 2022 ed.] 9783112617465, 9783112617458

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Scientia Chimica. Oszillographische Polarographie mit Wechselstrom: Theoretische Grundlagen und praktische Anwendung [Reprint 2022 ed.]
 9783112617465, 9783112617458

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OSZILL0GRAPHISCHE MIT

POLAROGRAPHIE

WECHSELSTROM

SCIENTIA

CHIMICA

MONOGRAPHIEN FORTSCHRITTSBERICHTE LEHRBÜCHER AUS DEM G E S A M T B E R E I C H D E R CHEMIE

HERAUSGEGEBEN

ERICH

VON

THILO

PROFESSOR MIT LEHRSTUHL AN D E R HUMBOLDT-UNIVERSITÄT B E R L I N

ARTHUR

LÜTTRINGHAUS

ORD. PROFESSOR AN D E R UNIVERSITÄT F R E I B U R G / B R .

OTTO

NEUNHOEFFER

PROFESSOR MIT LEHRSTUHL AN D E R HUMBOLDT-UNIVERSITÄT B E R L I N UND

MAXIMILIAN

PFLÜCKE

PROFESSOR MIT LEHRAUFTRAG AN D E R HUMBOLDT-UNIVERSITÄT B E R L I N

BAND

¡0

A K A D E M I E - V E R L A G 19 6 0

B E R L I

N

OSZILLOGRAPHISCHE POLAROGRAPHIE MIT WECHSELSTROM THEORETISCHE GRUNDLAGEN U N D PRAKTISCHE ANWENDUNG von

DR. J A R O S L A V

HEYROVSKY

Nobelpreisträger 1959 Professor an der Karls-Universität Prag Direktor des Polarographischen Instituts der Tschechoslowakischen Akademie der Wissenschaften und

DR. R O B E R T

K ALVO DA

Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Polarographischen Instituts der Tschechoslowakischen Akademie der Wissenschaften

A K A D E M I E - V E R L A G 19 6 0

B E R L I N

Copyright 1960 by Akademie-Verlag GmbH, Berlin Alle Rechte vorbehalten

Erschienen im Akademie-Verlag, GmbH, Berlin W 1, Leipziger Str. 3—4 Lizenznummer 202 • 100/706/59 Gesamt.herstellung: VEB Druckerei „Thomas Müntzer" Bad Langensalza Bestellnummer: 2019/10 Printed in Germany E S 18 C 3

INHALTSVERZEICHNIS Vorwort VIII Einige Grundbegriffe 1 Entwicklung der Methode mit aufgezwungenem Wechselstrom 3 Die p o l a r i s i e r b a r e E l e k t rode 5 Polarisation der Quecksilberelektrode durch unabhängig veränderlichen Wechselstrom 6 Elementare Überlegungen 6 Rechteckiger Verlauf des Stromes 7 Sinusförmiger Verlauf des Stromes 10 Mathematische Behandlung des Problems 11 Der Einfluß eines Komplex- oder schwerlösliche Quecksilberverbindungen bildenden Elektrolyten 15 Vergleich der Theorie m i t den Experimenten 17 Beschreibung der experimentellen A n o r d n u n g 23 Gleichstromkomponente 23 Das oszillographische Spektrum 24 Ableitung des Potentials nach der Zeit 25 P h y s i k a l i s c h e B e d e u t u n g d e r z e i t l i c h e n A b l e i t u n g dEjdt 27 Die F u n k t i o n dEjdt = ft{E) 29 Zur Bedeutung der F u n k t i o n dEjdt = f^E) 31 Verschiedene Stufen der elektrolytischen Reversibilität und Irreversibilität 34 Das Studium der Reversibilität mit Hilfe der K u r v e n dEjdt = f±(E) 38 Die Messung der Geschwindigkeit der Elektrodenprozesse 42 Der Einfluß von Anionen 44 Der Einfluß der T e m p e r a t u r 45 Der Einfluß der Frequenz d e s Wechselstromes 46 E r ö r t e r u n g der Irreversibilitätserscheinungen 48 Kapazitätserscheinungen 55 Die K a p a z i t ä t beeinflussende Substanzen 58 Einfluß der Kapazitätsschicht auf die Reversibilität der Elektrodenvorgänge . . 58 K r i t e r i e n zur Beurteilung der Art des E l e k t r o d e n v o r g a n g e s 64 G e r ä t e f ü r die o s z i l l o g r a p h i s c h e P o l a r o g r a p h i e 69 Der Kathodenstrahloszillograph 69 Die Kathodenstrahlröhre 69 Der Verstärker 71 Die Zeitablenkung 74 Gleichzeitige Beobachtung von zwei Vorgängen 75 Das Polaroskop 75 Die E l e k t r o d e n und E l e k t r o l y s e n g e f ä ß e 79 Die Tropfelektrode 79 Die strömende Elektrode 79

VI

Inhaltsverzeichnis Elektroden mit ruhender Oberfläche Die Bezugselektroden Die Elektrolysengefäße

Ausführung der Messungen Einstellung der richtigen Stromstärke Die Wahl der Grundlösung Photographische Aufnahme von Oszillogrammen Die Messung der Lage der Einschnitte Anorganische Depolarisatoren Reduktionspotentiale einiger anorganischer Depolarisatoren Reinheitskontrolle von Präparaten Sauerstoff . Quecksilber Gold Platinmetalle Kadmium und Blei Indium Gallium Germanium, Arsen, Antimon, Zinn und Wismut Chrom Mangan Kobalt Nickel Lanthanide Alkali- und Erdalkalimetalle Nichtwäßrige Lösungen Schwefel und einige Schwefelverbindungen Verhalten der Anionen Verhalten der Amalgame Depolarieation durch Suspensionen unlöslicher Stoffe

82 83 83 85 85 86 86 87 92 92 94 94 97 97 97 101 101 102 103 104 104 105 105 106 108 108 109 112 113 114

O s z i l l o p o l a r o g r a p h i s c h e I d e n t i f i k a t i o n s c h ä d l i c h e r Gase u n d D ä m p f e . 115 Organische Depolarisatoren Sauerstoffhaltige Verbindungen . Chinone Aldehyde Diacetyl Säuren Derivate des Tropons und Tropolons Sauerstoffhaltige Heterocyclen Flavonoide Santonin Stickstoffhaltige Verbindungen Nitroderivate Aminosäuren Nukleinsäuren Eiweißstofje Lokalanästhetika Azo- und Diazoverbindungen Stickstoffhaltige Heterocyclen Pyridinderivate Sulfonamide Acridinderivate

117 117 117 118 119 119 120 121 121 121 121 121 123 124 125 125 126 126 126 129 131

Inhaltsverzeichnis

VII

Derivate des Phthalazins Imidazolacrylsäure Alkaloide Alkaloide der Morphingruppe Alkaloide der Tropangruppe Alkaloide mit Pyridinkern Alkaloide mit Isochinolinkern Alkaloide mit Chinolinkern Andere Alkaloide Vitamine Hormone Antibiotika Verschiedene Verbindungen Artefakte Q u a n t i t a t i v e Analyse Oszillographische Titrationen Komparationstitrationen Messung der Einschnitte Mikroanalytische Bestimmungen Verschiedene H i l f s g e r ä t e Stabilisierte Oszillogramme mit der Tropfelektrode Die Kompensation des Spannungsabfalles in der Lösung Der mechanische Tropfenabreißer Eine Einrichtung zur periodischen Unterbrechung des Stromkreises Einrichtung zu Versuchen mit verschiedenen Stromfrequenzen Ein Gerät zur Oszillographie mit einzelnen Wechselstromperioden

132 132 132 133 134 135 136 138 140 141 143 144 145 146 153 154 154 159 162 172 172 176 178 179 181 182

Literaturverzeichnis

187

Sachregister

195

Vorwort Die vorliegende Monographie über die oszillographische Polarographie mit Wechselstrom entstand aus einem tschechischen Büchlein aus dem Jahre 1953, in welchem J. H E Y B O V S K Y zusammen mit J. F O R E J T diese Methode beschrieb. In den nachfolgenden fünf Jahren wurde die oszillo-polarographische Methode in der Tschechoslowakei und auch in Deutschland vielfach angewandt und praktisch erprobt,- jedoch bisher nicht veröffentlicht. Gleichzeitig wurde die Theorie dieser Methode von unserem Mitarbeiter K. M I C K A ausgearbeitet und auf den Seiten 6 bis 33 beschrieben, so daß nun dieses zwar spezielle, jedoch ziemlich vollständig erforschte neue Gebiet der Polarographie im Rahmen eines Buches vorgelegt werden kann. Es wird hauptsächlich auf den praktischen Wert dieser schnellen und einfachen Methode hingewiesen, welche namentlich in der Medizin und Pharmazie gute Dienste leisten kann. Zu ihrer Veranschaulichung sind dem Text zahlreiche Oszillogramme beigefügt. Es wäre aber nicht richtig, diese Methode für eine neue zu halten, die die klassische Polarographie ersetzen soll; beide Methoden sollen sich gegenseitig ergänzen. Es wurde zum Beispiel in vielen Fällen gezeigt, daß es Substanzen gibt, die nur mit Hilfe der oszillographischen Polarographie erforscht werden können, wie die sogenannten Artefakte oder Verbindungen, die durch Adsorption die Kapazität der Elektrode beeinflussen (z. B. Alkaloide, Hormone, Aminosäuren, Fettsäuren, Fette). Diese Erscheinungen sind jenen analog, die mit den sogenannten „tensametrischen Maxima" in der Polarographie mit Wechselspannung nach B R E Y E R beobachtet werden können. Der Vorteil der oszillographischen Methode gegenüber der klassischen Polarographie liegt in der qualitativen chemischen Analyse, und zwar einerseits darin, daß zwei Potentialangaben erhalten werden (des kathodischen sowie des anodischen Einschnittes), andererseits in der großen Zahl der Verbindungen, die mit dieser Methode verfolgt werden können. Was die quantitative Analyse anbelangt, ist die Genauigkeit der oszillographisch-polarographischen Messungen zwar etwas geringer als bei der klassischen Polarographie, ihre Durchführung jedoch erheblich rascher, weshalb die oszillographische Polarographie zu Serienanalysen geeignet ist. Ihre Empfindlichkeit kann durch vorherige elektrolytische Abscheidung einiger amalgambildender Metalle bis zu Konzentrationen von 10 -9 m gesteigert werden. In apparativer Hinsicht wurden sowohl Geräte für die Forschung als auch für die chemische Analyse eingeführt, die der Anwendung dieser Methode den Weg in breite Gebiete der chemischen Analyse öffnen. Heute werden bereits mehrere oszillographisch-polarographische Methoden in der Weltliteratur beschrieben, deren Unterschiede und Vorteile einer eingehenden Klärung bedürfen. Wir hoffen, daß unser Buch auch in dieser Hinsicht Auskunft gibt. P r a g , Februar 1959

J. Heyrovsky R. Kalvoda

Einige Grundbegriffe Unter oszillographischer Polarographie mit Wechselstrom versteht man das Studium der Polarisation einer Quecksilberkapillarelektrode mit einem Kathodenstrahloszillographen, auf dessen Leuchtschirm verschiedene Beziehungen zwischen dem Potential E und der Zeit t veranschaulicht werden. Wir beobachten also die graphische Darstellung der Funktion E = f(t) und die erste Ableitung dE/dt = /'(i), dEjdt = fi(E). Das Bild können wir selbstverständlich auch photographieren. Die Quecksilberelektrode, gewöhnlich eine Kapillarelektrode, polarisieren wir in demselben Potentialbereich wie in der klassischen Polarographie, d.h. von dem Auflösen des Quecksilbers bis zu der Reduktion jenes Elektrolyten, der in der Lösung im Überschuß vorhanden ist. Die Quecksilberelektrode wird zu verschiedenen Potentialen durch einen Wechselstrom (i) unter der Spannung von 200 bis 300 Volt periodisch aufgeladen, wobei der Ohmsche Widerstand (E) des Stromkreises einige hunderttausend Ohm beträgt (Abb. 1). Unter diesen Bedingungen ist der durch die Quecksilberelektrode fließende Strom (i) sowohl von der Polarisation der Elektrode als auch vom verhält.. „ .

,

.

.

TTT-J

,

1 1

r^

,

des

Abb. 1. Schaltschema

oszillopolarographischen Stromkreises

E Wechselspannung 200—300 V: It Widerstand 1 Mi}

nismaßig kleinen Widerstand der Quecksilberzelle unabhängig und nur durch die Wechselspannung E und dem großen Widerstand R gegeben. Es liegt hier also der Fall einer strombedingten Elektrolyse vor. Bei einem Wechselstrom von höherer Frequenz (von 50 Hz und mehr) ist die Oberflächenänderung einer Tropfelektrode während eines Pulses gering. Bei der strömenden Quecksilberelektrode, die fortwährend erneuert wird, oder an einem stabilen Tropfen ist die Oberfläche konstant; in diesen Fällen ist dann sowohl die mittlere Stromstärke als auch die mittlere Stromdichte streng konstant. Da der Strom von dem Potential E unabhängig gewählt ist, bietet sich n u r die Gelegenheit, die Abhängigkeit E von t zu verfolgen, was oszillographisch leicht durchführbar ist. Es hat sich gezeigt, daß die Ableitung dEjdt als Funktion der Zeit zu noch reicheren Ergebnissen führt als die primitive Funktion E = f(ß), und noch fruchtbarer ist das Studium der Abhängigkeit der Ableitung dEjdt vom Potential der Kapillarelektrode E. Die Anwendung der spannungsbedingten Elektrolyse in der oszillographischen Polarographie führte dagegen zu keinen Heyrovsk^, Polarographie

1

2

Einige Grundbegriffe

prinzipiell neueren Ergebnissen als sie in der gewöhnlichen Polarographie bereits bekannt sind. Unter einer K a p i l l a r e l e k t r o d e verstehen wir eine polarisierbare Quecksilberelektrode mit kleiner, fortwährend sich erneuernder Oberfläche; die Oberfläche kann sich durch Abtropfen oder Ausströmen des Quecksilbers aus der Kapillare erneuern, je nachdem, ob es sich um eine tropfende oder strömende Quecksilberelektrode handelt, die beide aus dickwandigen Glaskapillaren angefertigt werden. Die P o l a r i s a t i o n P ist das Potential der Kapillarelektrode, das bei Durchgang eines elektrischen Stromes aufrechterhalten wird; sie hängt mit dem Strom i nach dem Ohmschen Gesetz zusammen: iR = E — P, (1) wo E die Potentialdifferenz zwischen der Kathode und der Anode bedeutet und B der Widerstand des Elektrolyten zwischen den beiden Elektroden ist. Die Anode ist unpolarisierbar und wird durch eine Quecksilberoberfläche auf dem Boden des elektrolytischen Gefäßes gebildet. Bei vollkommener Polarisation erreicht P den größten möglichen Wert und ist fast gleich E, wobei iR (das Potentialgefälle in der Lösung) gegen E vernachlässigt werden kann; iR beträgt z. B. einige Millivolt, während E größenordnungsmäßig bei einem Volt liegt. Befindet sich in der Lösung ein Stoff, der an der Elektrolyse teilnimmt, dann fließt durch das Gefäß ein elektrolytischer Strom, wodurch iR sowie die Differenz E — P wächst. Gleichzeitig vermindert sich die relative Polarisation P\E\ deshalb nennen wir Stoffe, die der Elektrolyse unterliegen, D e p o l a r i s a t o r e n . Von den bisher benutzten und theoretisch sowie praktisch bedeutungsvollen Methoden der oszillographischen Messungen in der Polarographie seien hier erwähnt: die P o l a r o g r a p h i e m i t W e c h s e l s t r o m , die P o l a r o g r a p h i e m i t W e c h s e l s p a n n u n g , ein Analogon der klassischen Polarographie, und d i e o s z i l l o g r a p h i s c h e Messung des S t r o m e s bei konstanter Spannung während des Tropfenwachstums.

Entwicklung der Methode mit aufgezwungenem Wechselstrom Es gibt verschiedene Richtungen, in denen der Kathodenstrahloszillograph als empfindliches Galvanometer und Voltmeter zu polarographischen Zwecken benutzt wird. Die zuerst von L. A. M A T H E S O N und N . N I C H O L S 1 ) im Jahre 1938 eingeführte Methode dient zum schnellen Aufzeichnen der Stromspannungskurven am fluoreszierenden Bildschirm. Im wesentlichen handelt es sich um die gewöhnliche (klassische) Polarographie mit polarisierbarer, tropfender Quecksilberelektrode und unpolarisierbarer Quecksilberschicht als Gegenelektrode; diesen Elektroden wird eine von 0 bis 3 V periodisch wechselnde EMK angelegt, so daß die tropfende o-:—

-

+

A b b . 2 . S c h e m a d e r E i n r i c h t u n g n a c h MATHESON u n d NICHOLS i?j 10 K f l ; R, 30 ß ; ÄTR 120—220/0—250 V; TR 250/2,5 V; V Vertikal Verstärker; H Horizontalverstärker; KO Bildröhre

Elektrode ein um E Volt negativeres Potential erhält als die ruhende. Das ursprüngliche Schema ist aus Abb. 2 ersichtlich. Zum Unterschied von den polarographischen i—¿^-Kurven werden die am fluoreszierenden Schirm veranschaulichten Kurven je in 1/50 oder 1/60 Sekunde aufgezeichnet, wodurch der Strom i durch den Ladungsstrom ic stark belastet wird. Der Ladungs- oder Kapazitätstrom, zuweilen auch Kondensatorstrom oder nichtfaradayscher Strom benannt, ie, ist gleich dQjdt, wo Q die elektrische Ladung der tropfenden Elektrode und t die Zeit bezeichnet. Da dQ = C' • dE, wobei C die Differentialkapazität der tropfenden Quecksilberelektrode, also etwa 0,5 /iE und E ihr Potential bezeichnet, erhalten wir, da der Tropfen binnen 0,01 s von 0 auf 2

—2 V geladen wird, einen Ladungsstrom ic von 0,5 • 10~6 • ^J- = 10-4 A. Dabei fließt durch den Quecksilbertropfen von der Oberfläche q (0,02 cm2) in einer 0,001 »-Lösung des Depolarisators ein maximaler elektrolytischer Strom *) MATHESON, L . A., NICHOLS, N . , Trans, electrochem. Soc., 73, 193 (1938). 1*

Entwicklung der Methode mit aufgezwungenem Wechselstrom

^

= 0,45 nFq^D

g

• c1). Hier ist

n F

die zur Reduktion eines Mols be-

nötigte Ladung, g die Geschwindigkeit der Potentialänderung (200 V/s), c die Konzentration des Depolarisators in Molen je com, z.B. 10 -6 , D der Diffusionskoeffizient (etwa 6 • 10~6 cm a /s). Durch Einsetzen (n = 1) erhalten wir 6 • 10 -5 A. Der Ladungsstrom wird also bei höheren Frequenzen der Wechselspannung größer als der elektrolytische Strom. Dagegen ist in der klassischen Polarographie der Ladungsstrom bekanntlich viel kleiner als der elektrolytische Strom und wird deshalb meistens vernachlässigt. Um die Ungenauigkeit der Messung von elektrolytischen Strömen in der Anordnung von MATHESON und N I C H O L S zu beseitigen, benutzen W E I D M A N N und (unabhängig) RANDLES2) in ihrem „Cathode ray polarograph", der auch am fluoreszierenden Schirm Stromspannungskurven aufzeichnet, für jede Kurve einen einzigen Tropfen von einer Dauer von etwa 'B 10 s und laden ihn von einem bestimmten e Potential langsam zu negativeren Potentialen auf. Dadurch wird der Ladungsstrom sehr klein, und der elektrolytische Strom TR erscheint in Form eines runden Maximums („peak"), dessen Höhe ähnlich wie der / horizontale Diffusionsstrom in der klassi-o schen Polarographie die Konzentration Abb. 3. Schema der Einrichtung zur des Depolarisators angibt. Beobachtung der Kurven E = f(t) Da alle oszillographischen Stromspanl \ regulierbarer Widerstand 0,5 Mfi; P a Potentiometer 5 K f l ; B Batterie 50—100 V; C Kondensator nungskurven stark durch den LadungsE zur Erdungsklemme des Oszillographen; 7 zum Vertikalverstärker des Oszillographen strom belastet sind, versuchten J . HEYKOVSKY und J . F O K E J T [41], die Polarisationserscheinungen durch oszillographische Potential-Zeit-Kurven am leuchtenden Schirm zu untersuchen. Für die Verfolgung dieser Abhängigkeit ist der Kathodenstrahloszillograph besonders geeignet durch sein Kippgerät, das man kontinuierlich auf Frequenzen von 1/5 bis 10® Hz einstellen kann. Die Abszisse des Lichtdiagramms gibt die Zeit an, während die Ordinate die Potentialdifferenz zwischen der tropfenden Elektrode und der ruhenden Quecksilberschicht anzeigt. Das Schaltschema für das Studium der Potential-Zeit-Kurven ist in Abb. 3 wiedergegeben. Damit das Potential der tropfenden Elektrode nicht auf positivere Potentiale als das Ruhepotential des Quecksilbers in der zu untersuchenden Lösung aufgeladen wird, was zu einer starken anodischen Auflösung des Quecksilbers führen würde, ist dem Wechselstrom eine Gleichstromkomponente zugeschaltet.

u

*) RANDLES, J . E . B., Trans. Faraday Soc., 4 4 , 327 (1949); SEVMK, A., czechoslov. ehem. Commun. 13, 349 (1948). 2 ) WEIDMANN, S., Schweiz. Pat. Nr. 250 413 Trans. Faraday Soc. 44, 322, 327 (1948).

(18. X . 1945);

RANDLES,

Collect, J. E. B.,

Die polarisierbare Elektrode Am häufigsten benutzt man die Quecksilbertropfelektrode. Die Kapillare hat eine etwas größere lichte Weite (etwa 0,1 mm) und ist länger (ca. 20 cm) als in der Polarographie üblich ist. Die Tropfen sind dementsprechend schwerer, und ihre Tropfzeit wird durch die Höhe des Quecksilberbehälters zu 2 bis 3 Sekunden geregelt. Bei quantitativen Messungen wird ein Klopfer (s. S.178) benutzt, der die Tropfzeit genau konstant hält. Von dieser normalen Tropfzeit ist man zu zweierlei Extremen geraten. Einerseits ist es bei Studien von sehr schnellen (den einfachsten) Elektrodenvorgängen vorteilhaft, die Ausströmungsgeschwindigkeit bis zur Bildung eines einheitlichen Strahles zu steigern, wodurch man die strömende Quecksilberelektrode erhält (s. S. 79). Zum anderen Extrem führt die Benutzung von sehr langsamen oder ruhig hängenden Tropfen, wie sie KEMTJLA und KUBT.TK [107] sowie auch VOGEL (1. c.) anwenden (s. S. 82). Wenn die Zuleitung des Quecksilbers in die Kapillare mit einem Hahn abgesperrt wird, bleibt der Tropfen unbewegt hängen und bietet eine konstante Oberfläche für viele Minuten. Es kann auch als ruhende Quecksilberelektrode ein Quecksilbertropfen, der an einem Platindraht hängt, verwendet werden (s. S. 82). Die strömende Elektrode und der am Platindraht hängende Tropfen haben den Vorteil, daß sie durch hohe Stromdichten nicht beschädigt werden. Die Benutzung der extrem schnellen oder langsamen Ausströmungsgeschwindigkeit hat den Zweck, ein stabiles und reproduzierbares Oszillogramm zu erhalten, das auf dem Leuchtschirm oder auf der Photographie ausgemessen werden kann.

Polarisation der Quecksilberelektrode durch unabhängig veränderlichen Wechselstrom Elementare Überlegungen Bei dieser Methode, die auch Wechselstrompolarographie genannt wird (manchmal auch ungenau Impulspolarographie), ist der Strom (i), der durch die Elektrode fließt, eine beliebig gegebene periodische Funktion derZeit (i), infolgedessen stellt das Potential der Elektrode (E) eine „abhängig Veränderliche" (d.h. nicht vorher gegebene Funktion) dar. Fließt der Wechselstrom durch eine Quecksilbertropfelektrode, dann kommt es manchmal vor, daß der Elektrodenvorgang bei verschiedenen Tropfengrößen während des Tropfenwachstums unterschiedlich ist. In solchen Fällen können wir das Tropfenalter (fx) als eine dritte unabhängige Veränderliche ansehen. Im Gegensatz zu der klassischen Polarographie (d. h. Polarographie mit aufgezwungener konstanter Spannung) ist es hier unvorteilhaft, den Faradayschen Strom direkt zu messen, weil er sehr schwach gegenüber dem gesamten Strom ist. Der Gesamtstrom (i) ist immer aus zwei Komponenten zusammengesetzt, und zwar aus dem Faradayschen (Reduktions- oder Oxydationsstrom, iF) und aus dem Ladungsstrom (oder Kapazitätsstrom, ie), der zur Ladung der Quecksilberelektrode nötig ist. Es gilt also folgende Beziehung i = ip + ic, (1) die von großer Bedeutung für die theoretischen Überlegungen ist. Mit anderen Worten drückt sie aus, daß jedes Elektron, das zur Elektrode kommt, nur zwei Möglichkeiten hat: entweder an der Elektrodenreaktion teilzunehmen oder in der Elektrode zu bleiben. Bei der Polarisation der Quecksilberelektrode durch unabhängig veränderlichen Wechselstrom kommen insgesamt vier veränderliche Größen in Frage: der Strom (i), die Zeit (i), das Potential der Elektrode (E) sowie seine Ableitung (dEjdt). Es gibt deshalb sechs Möglichkeiten, ein Paar von ihnen zu wählen und ihre Abhängigkeit graphisch darzustellen: i — t; i — E \ i — dEjdt\ E — t; dE/dt — t; dE\dt — E. Die Abhängigkeit des Stromes von der Zeit ist durch die Gleichung i = ie sin cot + h gegeben; die Abhängigkeit zwischen Strom und Potential bzw. Strom und der Ableitung des Potentials nach der Zeit führt zu wenig anschaulichen Kurven. Deshalb bleiben nur drei Funktionen übrig, die uns interessieren könnten; alle wurden auch bereits häufig studiert und zu praktischen Zwecken ausgenutzt.

7

Rechteckiger Verlauf des Stromes

Wir schreiben sie symbolisch folgendermaßen: E = f(t),

dEjdt = f(t)

und

dEjdt =

f^E).

Um tiefer in die Einzelheiten einzudringen, setzen wir voraus, daß der Strom eine konkrete Funktion der Zeit ist. Vom rein mathematischen Standpunkt aus ist die einfachste Form dieser Funktion sinusförmig, obgleich physikalisch die rechteckige einfacher wäre. Rechteckiger Verlauf des Stromes Es sei / die Frequenz der rechteckigen Schwingungen, so daß 1/2/ die Dauer ist, in welcher der Strom auf einem bestimmten Wert verweilt. Der Verlauf des Stromes sei symmetrisch, denkathodischenStrom bezeichnen wir negativ (Abb.4a). Der Anfangswert des Stromes (für t — 0) sei i = 0. Endlich mögen wir (z. B. in einer Lösung von Kaliumperchlorat) eine Quecksilberelektrode, die durch diesen Strom polarisiert wird, und eine beliebige zweite Elektrode (Bezugselektrode) besitzen, mit einer wesentlich größeren Oberfläche als die erste, so daß sie beim Stromdurchgang nicht polarisiert wird. Der einfachste Fall liegt vor, wenn — bei Fehlen eines Depolarisators — die Amplitude des Stromes und damit auch die der Potentialänderungen klein ist (s. Abb. 4b), d. h. kleiner als die Zersetzungsspannung des Grundelektrolyten. Die kleine Quecksilberelektrode hat dann lediglich die Funktion eines Kondensators, und ihr Potential oszilliert in der Nähe des Ruhewertes E0, der in der Regel positiv ist. (In der Oszillographie vertauschen wir das Vorzeichen von Potential und Strom in allen Diagrammen, so daß die negativen Werte nach oben kommen.) Die mathematische Behandlung dieses einfachsten Falles ist dementsprechend unkompliziert. Im allgemeinen ist die zeitliche Änderung der Ladung Q eines Kondensators gleich dem Strom ie, der durch diesen Kondensator fließt:

»

Das positive Vorzeichen bedeutet, daß wir den anodischen Strom positiv bezeichnen. Nun sei i eine gegebene Funktion der Zeit, die für negative t identisch gleich Null ist: dann können wir die Gleichung (2) integrieren: t J ie dt = Q — Q0.

(3) o Mit Q0 bezeichnen wir die Ladung des Kondensators im stromlosen Zustand (d. h. für t fS 0, vor dem Schließen des Stromkreises). Wenn kein Faradayscher Strom fließt, ist nach der Gl. (1) i = ic, d.h., ic stellt eine periodische Funktion der Zeit von der Form nach Abb. 4a dar. Der Einfachheit halber werden wir das Integral (3) nur für die erste Periode berechnen. Für die erste Halbperiode ist i = —i 0 und für die zweite i = ~\-i0, so daß Q — Q0 = —i0t

für

Q — Q0 = — i0T+i0t

für

O ^ i ^ y T (4)

8

Polarisation der Quecksilberelektrode durch u n a b h ä n g i g veränderlichen Wechselstrom

Weiter gilt, wie aus der Elektrochemie bekannt ist, Q = CE, wo C die Integralkapazität der kleinen Quecksilberelektrode ist und E das Potential dieser Elek[mAl 0,05-

0-

-0,05-1 0

-

1

1 0,02

1

1 0,04

1

1 0,06

1

1- / 0,08s

Abb. 4 a) Verlauf des rechteckigen Stromes; b) die entsprechende /'.'-¿-Kurve bei kleiner Amplitude des Wechselstromes; c) ebenda bei größerer Amplitude des Wechselstromes; d) dasselbe wie bei c, aber bei Anwesenheit eines Depolarisators

trode, gemessen gegen den elektrokapillaren Nullpunkt. Die Abhängigkeit der Kapazität der Elektrode vom Potential können wir in erster Näherung als konstant betrachten; die Ladung Q ist offensichtlich eine periodische Funktion der

Rechteckiger Verlauf des Stromes

9

Zeit, so daß wir zu einem triangulären zeitlichen Verlauf des Potentiales der Elektrode nach Abb. 4b gelangen. Von den Gl. (4) können wir zu einem allgemeineren Ausdruck gelangen. Die Differenz zwischen dem maximalen und minimalen Wert des Potentials ist nach Gl. (4) C

— (Emax



— Emin)

=

1 y h

i0 T

=

.

(5)

Das bedeutet, wenn die Größe der Potentialänderungen konstant gehalten werden soll, müssen wir auch das Verhältnis zwischen Strom und Frequenz konstant halten. Als eine Illustration dieser allgemeinen Berechnungen wollen wir einen typischen Fall numerisch berechnen. Die Frequenz des Wechselstromes sei 50 Hz, die Kapazität der Quecksilbertropfelektrode 5 • 10 - 7 F, die Größe der Potentialänderungen E — E = 2 V. Wir wollen nun den Strom berechnen, der für die Polarisation dieser Elektrode nötig ist. Nach der Gl. (5) ist m a x

m i n

i 0 = 2 / G ( E ^ - E ^ ) = 10-* A = 0,1 mA . Die Amplitude des Stromes beträgt also 0,1 mA, der effektive Wert ist selbstverständlich gleich groß. Die Geschwindigkeit der Potentialänderung ist nach der Gl. (2) f = >

= 200V/s.

Die Amplitude der Potentialänderungen [Gl. (5)] kann aber einen gewissen Wert nicht überschreiten. Wenn die Amplitude (i0) des Wechselstromes groß wird, nimmt der zeitliche Verlauf des Potentials die Gestalt nach Abb. 4 c an, wobei in der Umgebung der extremen Potentialwerte charakteristische Verweilungen entstehen (oder horizontale Linien). Die Verweilung bei einem negativen Potential entspricht der elektrochemischen Reduktion (Abscheidung der Kationen, in unserem Falle K+); die Verweilung bei einem positiven Potential entspricht dem Auflösen des Quecksilbers (im allgemeinen des Materials der Elektrode). Die Länge des Verweilens nimmt mit wachsendem Strom zu. Wie aus Abb. 4 c ersichtlich, ist der zeitliche Verlauf des Potentiales (am Anfang) nicht mehr periodisch. Dieser Fall ist mathematisch schwer zu behandeln, obwohl seine Erklärung sehr einfach ist. Beim Einschalten des Stromkreises sinkt das Potential der Quecksilberelektrode zu negativeren Werten mit einer Geschwindigkeit, die durch Gl. (2) gegeben ist (wo Q — GE). Bei einem gewissen Potential beginnt die Abscheidung der Kalium-Ionen, wobei nur ein Bruchteil von ihnen in das Amalgam übergeht. Dann hält die Tropfelektrode das Potential des Systems K+ \K Hg x , aufrecht, solange die Kalium-Ionen an der Elektrodenoberfläche nicht erschöpft sind; somit entsteht die Verweilung auf deri?—i-Kurve. Wenn der Strom seine Richtung umkehrt, sollte die Auflösung der Kalium-Ionen aus der Elektrode in die Lösung erfolgen, so daß die Quecksilberelektrode am Ende der Periode T in den ursprünglichen Zustand (wie vor dem Stromanschluß) gelänge. Dies ist

10

Polarisation der Quecksilberelektrode durch unabhängig veränderlichen Wechselstrom

aber nicht genau der Fall, weil inzwischen ein gewisser Teil der Kaliumatome soweit in das Innere der Kathode diffundierte, daß nicht alle ausgeschiedenen Atome in die Lösung übergehen können. Deshalb benötigt das Auflösen der Amalgame weniger Strom als ihre Bildung, u n d der überflüssige Strom wird zum Auflösen des Quecksilbers verbraucht; dadurch entsteht die zweite Verweilung beim positiven Potential (Abb. 4 c); der weitere Verlauf der E—i-Kurve ist praktisch bereits periodisch. Ein noch komplizierterer Fall liegt vor, wenn in der Lösung Spuren eines zweiten Kations vorhanden sind, z. B. Cd 2+ . Die entsprechende E—i-Kurve ist aus Abb. 4d ersichtlich. Sie unterscheidet sich von der K u r v e in Abb. 4c durch charakteristische kleine Potentialverweilungen mit Inflexen bei einem Potential, das dem polarographischen Halbstufenpotential praktisch gleich ist. I m Gegensatz zu den in Abb. 4c gezeigten haben diese neuen Verweilungen die Gestalt einer Inflexion. Die Konzentration der Kadmium-Ionen ist nämlich — wie obenerwähnt — sehr klein (etwa 10 - 3 m), so daß diese Ionen an der Elektrodenoberfläche bei Stromdurchgang sehr bald erschöpft werden; der Elektrodenvorgang verläuft dann so, als ob in der Lösung keine Kadmium-Ionen wären. Analoge Umstände herrschen bei der anodischen Auflösung der Amalgame. Bisher haben wir jene Fälle diskutiert, bei denen die NBENSTsche Gleichung für das Potential der Elektrode gültig ist, also sogenannte reversible Elektrodenreaktionen. Diese zeichnen sich durch die Eigenschaft aus, daß die Elektronenübertragung vom Depolarisator an die Elektrode u n d umgekehrt mit einer sehr großen Geschwindigkeit' verläuft. Andere Fälle werden wir später erörtern (s. S. 34); zuerst ist es aber notwendig, die bisher beschriebenen Vorgänge mathematisch zu formulieren. Zu diesem Zweck wählen wir einen sinusförmigen Verlauf des Wechselstromes; dieser ist mathematisch einfacher als der rechteckige u n d wird auch in der Praxis häufiger benutzt. Die experimentellen Ergebnisse aus beiden Stromarten sind sehr ähnlich, was leicht begreiflich ist, weil der steile Teil der E—i-Kurve im Falle eines sinusförmigen Wechselstromes einem kurzen Zeitintervall entspricht, in dem der Strom seinen Extremwert erreicht u n d sich d a n n n u r wenig ändert, also nahezu konstant bleibt. Größere Unterschiede können bei den Funktionen dEjdt = f'(t) u n d dEjdt = f^E) beobachtet werden.

Sinusförmiger Verlauf des Stromes Die Polarisation der Quecksilberelektrode durch Wechselstrom von sinusförmigem Verlauf wurde bereits mathematisch bearbeitet, u n d zwar f ü r zwei prinzipiell verschiedene Fälle: erstens f ü r kleine u n d zweitens f ü r große Potentialänderungen der Elektrode. Mit dem ersten Fall haben sich WABBUBG1) u n d NEUMANN2) (für reversible Reaktionen) u n d OLDHAM3) (für langsame Elektrodenre») W A B B U B G , E., Ann. Phys., Neue Folge, 67, 993 (1899); Ann Phys., IV/6, 125 (1901). ) KEITMANN, E., Ann. Phys., Neue Folge, 67, 500 (1899). ») OLDHAM, K. B., Trans. Faraday Soc., 63, 80 (1957). 2

11

Mathematische Behandlung des Problems

aktionen) beschäftigt. Die Theorie von WARBUBG und NEUMANN wurde von MICKA [123] dahin präzisiert, daß er auch den zur Ladung der Elektrode benötigten Kapazitätsstrom in Rechnung stellte. Bei kleinen Potentialänderungen der Elektrode werden hauptsächlich die sogenannte Polarisationskapazität der Elektrode und die Phasenverschiebung zwischen Strom und Potential gemessen. Das Potential oszilliert während der Messung in der Nähe des Normal-Redoxpotentials (bzw. des polarographischen Halbstufenpotentials) des gegebenen Redoxsystems. Das bedeutet, daß wir aus der gesamten E—i-Kurve auf Abb. 4d nur einen kleinen Ausschnitt in der Umgebung des Inflexionspunktes beobachten können. Obzwar dieses Studium von einer gewissen theoretischen Bedeutung ist, werden wir uns hier für den zweiten Fall interessieren, bei dem die Potentialänderungen genügend groß sind, um die ganze E—f-Kurve nach der Abb. 4d zu erhalten. Mit anderen Worten, wir wollen die Quecksilberelektrode im gesamten erreichbaren Potentialbereich polarisieren, von der Quecksilberauflösung bis zur Kaliumabscheidung (in Kaliumperchlorat von + 0 , 4 bis —2,05 V). Das ermöglicht uns, nach der Registrierung der Funktion E = f(t) die Erscheinungen, die während der Polarisation eintreten, g u t z u b e o b a c h t e n u n d m i t H i l f e d e r F u n k t i o n e n dEßt

= f'(t)

u n d dEldt

=

fi(E) viele theoretische und analytische Probleme zu lösen. I m zweiten Fall ist die Theorie viel schwieriger, eine exakte mathematische Bearbeitung ist nicht möglich. Die Theorie von KAMBABA[104] und MATSUDA[118] ist ungeeignet, denn sie berücksichtigt nicht den Kapazitätsstrom. Die Theorie von MICKA[122] gilt dagegen zwar nur annähernd, sie berücksichtigt aber alle in Frage kommenden Faktoren und führt zu einer guten Übereinstimmung mit den experimentellen Ergebnissen. Deshalb sei sie hier in Kürze erwähnt.

Mathematische Behandlung des Problems Die Quecksilberelektrode wird in der Lösung, die den Grundelektrolyt und den Depolarisator (z. B. eine Spur von Cd^-ionen in 0,1 m KC10 4 ) enthält, durch einen aufgezwungenen Strom polarisiert. Alle Elektrodenreaktionen sind reversibel, und der Elektrolyt bildet keine unlöslichen Verbindungen mit den Quecksilberionen. Bezeichnen wir mit Cx die Konzentration 1 ) der oxydierten Form des Depolarisators, mit c2 die Konzentration seiner reduzierten- Form, mit c3 die Konzentration des Kations des Grundelektrolyten, mit c4 die des entsprechenden Metalls im Amalgam und mit c s die derQuecksilber-Ionen. Alle Konzentrationen genügen dem zweiten Fickschen Gesetz: 3cj Ht

32cj = Dk k l J2

=

hx

4 = 1,2... 5.

(6)

(t = Zeit, x = Entfernung von der Oberfläche der Elektrode, Dk = Diffusionskoeffizient.) 1

) In Einheiten Mol/cm 3 .

12

Polarisation der Quecksilberelektrode durch unabhängig veränderlichen Wechselstrom

Diese fünf Differentialgleichungen müssen wir mit Rücksicht auf folgende Bedingungen lösen: An der Oberfläche der Elektrode gilt z = 0,

„ 9c,

t> 0:

_ 3c»

_ de,

_

de.

= 0,

(7), (8)

wo das obere Vorzeichen dann gilt, wenn die reduzierte Form in der Lösung, das untere, wenn sie im Quecksilber als Amalgam löslich ist. Die Stromdichte ist durch den Ausdruck de,

* =

de,

de.

dO

(9)

i =

g e g e b e n , w o Q d i e s p e z i f i s c h e L a d u n g d e s Q u e c k s i l b e r s u n d dQjdt = (dQjdE)

• dE/dt

ist. Die Konzentrationen an der Elektrodenoberfläche gehorchen der Nernstschen Gleichung: n F c

i,o = c2,o exp (E — E\) f y = c 2 0 P\, c

c

3,o = 4,o exp (E -

El) | |

(10) (11)

= cia PI,

c ,o = e x p { E - E l ) ^ = PI.

(12)

5 Es folgen einfache Bedingungen, deren Gültigkeit ohne weiteres ersichtlich ist:

x-+oo,

t > 0:

x-+—oo,

c-L-^c-La,

t > 0:

c4 > 0 ,

(c a

c2a),

c3 -> c3a ,

cB —> 0 ,

(13)

(c2-^c2o)

(13')

(die in Klammern stehenden Gleichungen werden je nachdem, ob die reduzierte Form in der Lösung oder im Quecksilber löslich ist, ausgelassen oder stehengelassen), i = 0: c1 = c l 0 , c2 = c 2 a , c3 = c 3 a , c4 = 0 , c5 = 0 . (13") Als Lösung des vorliegenden Problems werden wir die Funktionsbeziehung zwischen dem Potential der Elektrode (E) und der Zeit (f) betrachten. Mit Hilfe der Laplace-Transformation gelangen wir zu folgender Integralgleichung: •n P,/7T"/. n

l * ]/ 2 2a

™V

-T

C

1" +

J+ P

„ T,]/D3C3a I Q rr./TT5 DO3 % -p

"T"

f

dQ ^ d t l * l/nt ^.-

1

)

(14)

Dadurch haben wir die Aufgabe, eine Lösung des Gleichungssystems (6) bis (13") zu finden, in die Aufgabe, eine Lösung für die Integralgleichung (14) zu finden, überführt. Diese Gleichung überschreitet durch ihre allgemeine Bedeutung weitgehend den Rahmen der vorliegenden Theorie, weil sie für beliebigen (auch unperiodischen) Stromverlauf gilt. Es folgen aus ihr z. B. die Beziehungen, die t

*) Das Symbol * bedeutet Konvolution: /( sin (co x -f- oc0) (16) (/A cla + f D 2 c2a) + sin a 0 , wo a 0 = co t0 —

~(E-El'),

(18')

in der die Bedeutung von E%' offensichtlich ist. Die Gl. (18') stimmt mit der Gl. (12) überein, nur die Bedeutung der Größen c'&t0 und ist eine andere. Unter der Voraussetzung, daß das Gleichgewicht zwischen dem Komplex und seinen Komponenten vollkommen mobil ist, kann also die Gl. (18') als Randbedingung an Stelle der Gl. (12) benutzt werden; gleichzeitig ersetzen wir den Diffusionskoeffizienten der Quecksilberionen (DB) durch den Diffusionskoeffizienten des Komplexes (D'5). Sodann bleiben für die Lösung des durch Gl. (6) bis (13") gegebenen Problems die gesamten Gl. von (14) bis (17) gültig, in denen wir die Größen E%, D6, c5>0 durch E®', Dg, C5 0 ersetzen. Der Fall ist analog, wenn der Depolarisator einen Komplex bildet. Die Verhältnisse an der Elektrode sind komplizierter, wenn der Elektrolyt eine unlösliche Verbindung mit dem Quecksilber bildet. Wären die Bildung des Niederschlages und seine Auflösung sehr schnelle Vorgänge, so würde sich die Ableitung des Potentials (dE/dt) in bestimmten Punkten diskontinuierlich verändern, was jedoch nicht den Tatsachen entspricht. Die Niederschlagsbildung ist im Gegenteil ein komplizierter Vorgang, der mit endlicher Geschwindigkeit verläuft. Seine Zwischenstufe ist eine kolloide Lösung; hierbei ändert sich das Löslichkeitsprodukt (L) beträchtlich von einem Maximalwert (dicht nach der Fällung) zu einem Minimalwert (nach sehr langer Zeit). Da die Zeit, in der die Auflösung des Quecksilbers erfolgt, bei der Polarisation der Quecksilbertropfelektrode durch Wechselstrom der üblichen Frequenz (50 Hz) sehr kurz ist, gelangt man nicht zu einer vollständigen Abscheidung der festen Phase. Der Prozeß der Quecksilberauflösung wird also dem Fall ähneln, in welchem das Quecksilber einen löslichen Komplex bildet; der entsprechende Wert des Normalpotentials E% ist jedoch rein hypothetisch und kann nicht exakt berechnet werden. Annähernd wird das positivste erreichbare Potential {E^^) dem Potential der Quecksilberelektrode II. Art in der gegebenen Lösung gleich sein. Wenn wir mit X das Teilchen bezeichnen, das mit dem Quecksilber eine wenig lösliche Verbindung bildet, und mit n3 die zur Abscheidung eines Teilchens X im Niederschlag benötigte Elektronenanzahl, so gilt ln£-^ln[X],

(19)

Vergleich der Theorie mit den Experimenten

17

wobei E0 = 0,608 V oder 0,663 V ist, je nachdem, ob das Quecksilber im Niederschlag ein- oder zweiwertig ist. Das Löslichkeitsprodukt (L) und die Konzentration der Teilchen X sind in Mol/cm3-Einheiten ausgedrückt. Auf Grund des mit Hälfe der Gl. (19) gefundenen Wertes Emax können wir den Verlauf der Funktion E = /({) und anderer berechnen. Die Übereinstimmung mit den Experimenten, z. B. für Kaliumhydroxyd als Grundelektrolyten, ist gut (s. Abb- 6).

Vergleich der Theorie mit den Experimenten Zum Vergleich der Theorie mit den Experimenten wurde die Punktion dE¡dt = f^E) gewählt, weil sie von größter Bedeutung ist und viel mehr Einzelheiten bietet als die primitive Funktion E = f(t). Die Punkte der experimentellen Abhängigkeit der Ableitung vom Potential wurden mit größter Sorgfältigkeit in absoluten Einheiten (V, s) gemessen. Das Polaroskop eichten wir zu diesem Zweck speziell in bezug auf Strom, Gleichstromkomponente, vertikale und horizontale Ablenkung. Das Photographieren der Kurven erfolgte dicht vor dem Abtropfen der Quecksilbertropfelektrode; die Stromdichte wurde für diesen Augenblick berechnet.1) (Der Einfluß des Tropfenwachstums auf die Gestalt der Kurven ist unwesentlich.) Die zu den Berechnungen benötigten Kapazitäfcswerte des Quecksilbers wurden aus der Arbeit von D. C. GRAHAME2) übernommen. Die Ergebnisse sind aus den Abb. 6, 7, 8 ersichtlicht. In reinen Grundelektrolyten, wie in Kaliumhydroxyd oder Kaliumperchlorat, stimmen die berechneten Kurven mit den experimentell erhaltenen überein. Die Gestalt der Einschnitte bei Blei- und Thallium-Ionen unterscheidet sich jedoch einigermaßen von der berechneten Form (Abb. 8); die experimentell beobachteten Einschnitte sind manchmal unsymmetrisch, und der der Amalgamauflösung entsprechende anodische Einschnitt pflegt kleiner zu sein als der kathodische. Diese Abweichungen sind wahrscheinlich durch ein Wirbeln des Quecksilbers verursacht (s. weiter unten). Durch das Wirbeln wird das Amalgam verdünnt, was eine beträchtliche Verkleinerung des anodischen Einschnittes sowie eine schwache Abnahme des kathodischen zur Folge hat (vgl. S. 36). Nichtsdestoweniger hat die Abhängigkeit der Ableitung in der Spitze des kathodischen Einschnittes von der Depolarisatorkonzentration tatsächlich eine hyperbolische Gestalt, wie aus der Gl. (17) und den Abb. 9, 10 ersichtlich ist. In Abb. 11 ist die berechnete Funktion dE/dt = f'(t) dargestellt. Durch Abmessung der Flächen, die die Kurven a, b (mit und ohne Depolarisator) mit der Zeitachse "begrenzen, wurde gefunden, daß diese beiden Flächen einander gleich sind, was auch aus den elementaren Vorstellungen hervorgeht (s. S. 28). Es ist unmöglich, diese Flächen theoretisch allgemein zu berechnen, deshalb wurde ein konkretes Beispiel gewählt. x

) Die Tropfelektrode betrachteten wir als eine Kugel und berechneten deren Oberfläche aus der Formel q = 0,85 (m , = 9 • 10"' cm* «- 1 ; gestrichelte Kurve: Di •= 4 • 10" * ein 1 8 1

durch Bildung eines adsobierten Filmes von Wasserstoffatomen an der Quecksilberoberfläche erklärt, ebenso die daraus folgende Erhöhung der Doppelschichtkapazität im anodischen Bereich der Kurve. In einer Lösung von Kaliumperchlorat erfolgt die Depolarisation der Quecksilberelektrode durch Chlorid-Ionen, die durch Reduktion des Perchlorats bei sehr nega-

19

Vergleich der Theorie mit den Experimenten

tivem Potential entstehen (ein Artefakt, vgl. S. 146); dadurch wird die Kurve im positiven Potentialbereich deformiert. Die Phasenverschiebung zwischen Strom und Potential ist aus Abb. 12, 13, die mit Hilfe eines Doppelkanaloszillographen entstanden sind, ersichtlich. Wenn kein elektrolytischer Strom fließt, also bei reinem Ladungsstrom ist das Potentialmaximum hinter dem Strommaximum um 0,41 bis 0,44 7i in der Phase verschoben. Diese Differenz ist im Falle, daß auch ein elektrolytischer Strom fließt, etwas kleiner (0,38 bis 0,43 n\ s. Abb. 13). Mathematisch ist es sinnlos, hier von einer Phasenverschiebung zu sprechen, weil der Potentialverlauf im allgemeinen nicht harmonisch ist; wohl können wir aber den Abstand zwischen Potentialmaximum und Strommaximum definieren und diesen der Einfachheit halber M dt

1000 500

0

-500

• 1000 90°

±180°

-90°



90° oL

Abb. 11. Berechnete Funktion dE/dt = /'( 0,02 A cm -2 ); bei kleineren gibt es immer einen minimalen kathodischen Gleichstrom, der für die Abscheidung der Grundelektrolytionen erforderlich ist. Seine obere Grenze bestimmen wir durch die Bedingung, daß sich an der Elektrode ebenfalls das Quecksilber auflösen soll. Experimentell wurden folgende Werte für beide Grenzen gefunden: Elektrolyt 0,1 m KOH 0,1 m KC10 4 0,1 m KC10 4 + + 5-10-4mTl+

i 0 (A cm~2)

Grenzen von i1 (A cm -2 )

0,014 0,019

0,0007 bis 0,0015 0,0007 bis 0,0012

0,019

0,00085 bis 0,0012 2*

20

Polarisation der Quecksilberelektrode durch unabhängig veränderlichen Wechselstrom

Bei den Experimenten (vgl. Abb. 6, 7, 8) wählten wir ungefähr den Mittelwert zwischen den beiden Extremen; kleine Abweichungen von diesem Mittelwert haben nur unbedeutenden Einfluß auf die Kurven. Der Grund für den Bedarf an einer Gleichstromkomponente ist in den Vibrationen der Quecksilberelektrode zu suchen, die beim Wechselstromdurchgang stattfinden.

Abb. 12. Phasenverschiebung. Obere Kurve: i = i0 sin m t; untere: E = f(t). Elektrolyt 1 m KOH. Ohne elektrolytischen Strom

Abb. 13. Phasenverschiebung. Wie in Abb. 12, aber mit elektrolytischem Strom

Diese Vibrationen wurden nicht nur bei der Tropfelektrode beobachtet, sondern sogar auch an einem in einem Becher befindlichen Quecksilbertropfen; sie sind offensichtlich durch Änderungen der Oberflächenspannung verursacht. Infolge der Vibrationen verdünnt sich das Amalgam im Tropfen, und dadurch verschiebt sich das Potential zu positiveren Werten. Um diese Verschiebung zu kompensieren, müssen wir die Konzentration des Amalgams erhöhen, d. h. die Gleichstrom-

Vergleich der Theorie mit den Experimenten

21

komponente vergrößern. I n Übereinstimmung mit dieser Erklärung ist die Beobachtung in Lösungen von starken Säuren oder Eisensulfat, wo sich die reduzierte Form (Wasserstoff, Eisen) schnell inaktiviert, so daß sich das Potential stark zu positiveren Werten verschiebt. I n diesen Lösungen kann die Gleichstromkomponente den größten mit dem Polaroskop erreichbaren Wert erreichen (ungefähr eine Hälfte der Wechselstromamplitude), ohne daß die Kurve d E j d t = f ^ E ) auf den Bereich der negativsten Potentiale beschränkt wäre. Durch die Vibrationen der Elektrode wird wahrscheinlich verursacht, daß die beobachtete Verweilungsdauer auf den Kurven E = f(t) kleiner ist als die nach der Gl. (16) berechnete und daß die Einschnitte auf den abgeleiteten Kurven kleiner bei größerer Stromdichte ausfallen, wenn gleichzeitig die Vibrationen der Elektrode stärker sind. Wollen wir die Empfindlichkeit bei der Analyse von Lösungen steigern, so müssen wir bei möglichst kleiner Stromdichte arbeiten, wenn die Vibrationen der Quecksilberelektrode am schwächsten sind. Zum Schluß werden wir noch kurz den Einfluß der Frequenz des Wechselstromes auf die Verweilungen und Einschnitte erörtern. Aus der Gl. (16) geht hervor, wenn c2a = 0 und x klein ist (bis 0,3; d. h. 17°), dann ist die Verweilung der Quadratwurzel aus der Frequenz umgekehrt proportional: Abb. 14. E—t Kurven bei ver-

schiedenen Stromfrequenzen 10- 3 m Pb 2+ in 0,5 m HNO s . Von oben: 50; 100; 200; Dagegen ist bei konstanter Frequenz die Verwei- 800 Hz. Verkleinert 1 : 4 n

CO X

i

F

VDi

c

ia

{2ff)

qVcä

lung dem Strom umgekehrt proportional. Auf dem Oszillogramm der Funktion E — f(t) bedeutet co r die Länge der Verweilung (oder des sogenannten Knickes), wenn wir die Länge der ganzen Periode gleich 2 7i setzen. Aus der Abb. 14 ist ersichtlich, wie sich die Verweilung im Falle der Bleiionen in Salpetersäure mit wachsender Frequenz verkleinert. Die Formel (20') ist damit im groben bestätigt (vgl. auch S. 46). Aus der Gl. (17) geht ein einfacher Ausdruck hervor, der die Tiefe des Einschnittes auf den Kurven d E j d t = f ' ( t ) und d E j d t — f ^ E ) , dividiert durch die

22

Polarisation der Quecksilberelektrode durch unabhängig veränderlichen Wechselstrom

Größe der Ableitung für die Depolarisatorkonzentration Null (d.h. die relative Tiefe des Einschnittes, h) angibt. Setzen wir c 2a = 0, n\ F* j/Dj/4 B T = K, dann gilt:

Daraus sehen wir gleich, daß die relative Tiefe des Einschnittes mit wachsender Frequenz abnimmt, was auch beobachtet wurde (S. 66). Vom Strom soll sie unabhängig sein, was aber infolge der Vibrationen der Elektrode nur angenähert in nicht zu großem Stromintervall zutrifft. Es läßt sich erwarten, daß die Vibrationen der Elektrode einen viel kleineren störenden Einfluß haben werden, wenn die analytischen Konzentrationen der reduzierten und oxydierten Form des Depolarisators (c l0 , c 2a ) gleichwerden. Sind diese Konzentrationen verschieden, dann besteht im System Elektrode -f- Lösung die Tendenz, sie auszugleichen. Wenn wir also z. B. einen hängenden Amalgamtropfen im reinen Grundelektrolyten durch Wechselstrom polarisieren, geht nach einer gewissen Zeit das entsprechende Metall vollkommen in die Lösung über. Diese Wirkung spielt eine große Rolle bei der oszillopolarographischen Mikroanalyse (s. S. 162). Für die Temperaturabhängigkeit der Tiefe des Einschnittes können wir aus der Formel (12) folgenden Ausdruck ableiten: 1 8h ' 1 8D1 1 80' 1 (22) C 8T T, ~h~8T= < l - * ) ( j2D[ ~8T Aus der Gl. (22) folgt, daß kleine Einschnitte (h 1) einen größeren Temperaturkoeffizienten aufweisen als große. Für manche Kationen können wir (1/2 Dj) dDj/dT 0,02 setzen; bei gewöhnlicher Temperatur von 17 bis 25° C ist 1 ¡T = 0,0034. Der Koeffizient (1/C) dC'ßT ist eine Funktion des Potentials und liegt für 0,1 m N a F oder 0,1 m K N 0 3 in dem Bereich von ungefähr —0,05 bis + 0,05!). Folglich kann (1 ¡h) dhjdT in dem Bereich von 0 bis +0,012 liegen und ist von der Zusammensetzung des Grundelektrolyten abhängig. (Vgl. Abb. 42, S. 64.) ^ GRAHAME, D. C.: J. Amer. Chem. Soo. 79, 2093 (1957).

Beschreibung der experimentellen Anordnung Das Prinzip dieser Anordnung ist auf Abb. 1 (S. 1) dargestellt: Eine Wechselstromquelle von der Spannung 200 bis 300 V speist ein elektrolytisches Gefäß mit den Elektroden über einen großen Ohmschen Widerstand B von der Größenordnung 0,1 bis 3 MQ. In einem solchen Stromkreis sind der Widerstand sowie die Spannung zwischen der Anode und Kathode zu vernachlässigen, so daß der Strom i, der durch das elektrolytische Gefäß fließt, einfach dem Verhältnis E/R gleich ist. Nun wird die Spannung zwischen der Anode und Kathode über einen Verstärker den Meßplatten eines Kathodenstrahloszillographen zugeführt, dessen Zeitplatten mit einem Kippgerät von gleicher Frequenz wie die des Wechselstromes (50 Hz) verbunden sind. Auf diese Weise bekommen wir auf dem Leuchtschirm ein Bild der Funktion E = /(+ in 1 m KCl; pH 5,1.

Nach [121 ]

Gallium Gallium bildet in 13 m NH4OH und 2 m NH4C1 einen schlecht entwickelten Einschnitt bei negativen Potentialen [23]. In verdünnten Ammoniak- A m m o n i u m , chloridlösungen ist dieser Einschnitt deutlicher. Gut entwickelt ist in allen ammoniakalischen Lösungen der anodische Einschnitt, obwohl der kathodische oft kaum sichtbar ist.

Germanium, Arsen, Antimon, Zinn und Wismut

103

Mit der Polarographie und Oszillographie des Galliums .befaßte sich auch Micka [121]. Die Kurve von Ga®+ in KCl ist in Abb. 70 veranschaulicht. Zur oszillographischen Untersuchung mußte die Lösung zuerst mit Lauge auf pH 5,1 gebracht werden, wodurch gleichzeitig die Salzsäure, in der das metallische Gallium gelöst worden war, teilweise neutralisiert wurde. Germanium, Arsen, Antimon, Zinn und Wismut In Anwesenheit von vierwertigem Germanium in 1 m NH 4 OH und NH4C1 entstehen am Oszillogramm zwei kathodische Einschnitte mit Q0,78 und 0,89, wovon der erste einem teilweise irreversiblen anodischen Einschnitt bei Q 0,28, der zweite einem vollkommen irreversiblen Verlauf entspricht. Ähnlich wie das vierwertige Germanium verhält sich auch dreiwertiges Arsen. Fünfwertiges Arsen bildet dagegen keinen Einschnitt [156]. Depolarisationseffekte von vierwertigem Germanium wurden bei einer Temperatur von 95° C in HCl, KOH oder KOH mit Kaliumtartrat verfolgt [13]. Der in KOH beobachtete kathodische Einschnitt hat eine L-förmige Gestalt mit Q 0,85. Der anodische Einschnitt liegt bei Q 0,23. Nach Kemula und K u b l i k [108] gibt dreiwertiges Arsen einen kathodischen und einen anodischen Knick auf der E—i-Kurve in stark sauren Lösungen. So befindet sich z. B. in 1 m HCl der kathodische Knick bei —1,04 V, der anodische bei —0,19 V gegen die GKE. Das drei- und fünfwertige Antimon bieten einen kathodischen Knick bei —0,18V und einen anodischen bei —0,14V gegen die G K E in I m HCl. In Schwefel- und Salpetersäure sind die Potentialunterschiede zwischen dem kathodischen und anodischen Knick etwas größer. Das zwei- und vierwertige Zinn bildet reversible Knicke bei —0,55 V gegen die GKE. Reversible Knicke gibt in starken Säuren auch das Wismut. Das Verhalten des dreiwertigen Arsens, Antimons und des zwei- und vierwertigen Zinns haben auch D o l e z a l und J a n a c e k [25] hauptsächlich zum Zwecke quantitativer Bestimmungen in verschieden "konzentrierten Salzsäurelösungen untersucht. Mit der Komparationstitration ist es möglich, diese Elemente auch nebeneinander zu bestimmen. Als Grundlösung ist 1 m HCl anzuwenden, die Konzentration der Depolarisatoren soll sich im Konzentrationsbereich rund 10 -4 m bewegen. Die Verfasser haben dieselbe Depolarisationswirkung bei fünfwertigem Arsen und Antimon beobachtet, jedoch bei größeren Konzentrationen ( A b b . 71).

(Vgl. m i t [156].)

Zinn in Lebensmitteln. Eine neue Methode zur Serienbestimmung von Zinn in Lebensmitteln mit Hilfe der oszillographischen Polarographie hat Malkus [117] vorgeschlagen: Die mineralisierte Probe wird in einer 10% salzsauren Lösung untersucht; die Tiefe des kathodischen Einschnittes wird mit Hilfe der verschiebbaren waagerechten Achse gemessen und die Konzentration aus einer Eichkurve ermittelt. Für eine rasche Orientierung kann man auch so vorgehen, daß die waagerechte Achse auf den zulässigen Grenzgehalt des Zinns in Lebensmitteln

104

Anorganische Depolarisatoren

eingestellt wird. Proben, derenEinschnitt die waagerechte Achse nicht erreichte, entsprechen hinsichtlich ihres Zinngehalts den hygienischen Anforderungen; Proben, deren Einschnitte die waagerechte Achse überschreiten, sind zu beanstanden. Es können so 20 bis 30 Proben in einer Stunde nach beendigter Mineralisierung analysiert werden. Die erzielten Ergebnisse wurden mit denen der kolorimetrischen Bestimmung verglichen. I m Vergleich zu anderen Methoden, die zur Zinnbestimmung in Lebensmitteln angewendet werden, hat die oszillopolarographische eine Reihe von Vorzügen wie Einfachheit und minimaler Zeitbedarf. Es genügt, 2 bis 5 g der Probe zu mineralisieren, im Gegensatz zu anderen Methoden. Es braucht hier nicht der Sauerstoff wie in der klassischen Polarographie beseitigt

a b Abb. 71. Depolarisationswirkung des Arsens und Zinns a) 3 • 10"4 m As3+; b) 3 • 10"* m Sn'+. Grundlösung 1 m HCl. Nach [25]

zu werden. Die Bestimmung wird nicht durch Chloride, Sulfate, Eisen, Calcium, Magnesium und Kupfer gestört. Das Blei stört nicht bis zur Menge von 5 mg Pb je 1000 g Probe. Chrom G R E E N [37] hat festgestellt, daß Chromate in alkalischer Lösung einen reversiblen Einschnitt bei —1,04 V (Q 0,55) geben. Chromalaun bildet in schwach saurer Kahumchloridlösung drei kathodische und einen anodischen Einschnitt. Die Lage dieser Einschnitte wurde mit den polarographischen Halbstufenpotentialen verschiedener Ionenformen des Chroms verglichen. Kaliumchromat erzeugt in 1 m KCl-Lösung von pH 6,8 an der Tropfelektrode zwei kathodische Einschnitte bei Q 0,25 und 0,74 und zwei anodische Einschnitte bei Q 0,23 und 0,63. Das Verhalten der Cr®+ Ionen in verschiedenen Grundlösungen studierten auch K E M U X A und K U B L I K [108]. Mangan Mit dem oszillographischen Verhalten des Mangans in Hinsicht auf das Studium des Formaldehyds befaßten sich B I E B E R und TRÜMPLER [11]. In Cyanid- und Ammoniaklösungen wurde Mangan von BOURRELIER [14] verfolgt. Das Verhalten des Mangans in Anwesenheit von Sauerstoff ist auf Seite 94 erwähnt.

Kobalt — Nickel

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Mangan und Eisen in Erzen oder Legierungen können in alkalischen Triäthanolaminlösungen bestimmt werden: Die Probe wird in einer kleinen Menge konzentrierter Salzsäure, eventuell mit Zugabe von Wasserstoffperoxyd, gelöst. Die so entstandene Lösung wird zu 3ml Im KOH mit 0,25m Triäthanolaminolösung zugegeben. Das Mangan bildet einen reversiblen Redox-Einschnitt bei Q 0,19, das Eisen bei Q 0,50. Kobalt In vollkommen inerter Atmosphäre bietet das zweiwertige Kobalt, bei der Anwendung von 0,1 m Äthylendiamin und 0,1 m Kaliumtartrat als Grundlösung, zwei kathodische und einen anodischen Einschnitt [20]. Der erste kathodische und anodische Einschnitt entspricht dem fast vollkommen reversiblen Vorgang Co(En)g+" —Co(En)+3. Der zweite kathodische Einschnitt entspricht der Reduktion des zweiwertigen Komplexes zum Metall. Nickel Mit dem polarographischen und oszillographischen Verhalten von Nickel befaßte sich ausführlich Vlcek [162]. Gut entwickelte kathodische Einschnitte der Ni^-Ionen wurden im Medium von 5 m NH3 mit 1 m KCl oder 0,1 m Äthylendiaminosulfat mit 0,5 m KOH beobachtet. Einen kathodischen und einen positiveren anodischen Einschnitt stellte man in 6 m CaCl2 fest. Hauptsächlich wurde das Verhalten des Nickels in Cyanidlösungen studiert. Es wurde gefunden, daß durch die Reduktion von Ni(CN)|~ ein reversibel oxydierbarer Komplex, wahrscheinlich Ni(CN)i - , entsteht, der sich an der Elektrodenoberfläche teilweise zu Ni2(CN)j}- zersetzt, dem Produkt, dem der positive anodische Einschnitt entspricht. Dies ist ein Beweis für die Bildung Abb. 72. Herabsetzung der Wassereines nullvalenten Nickelkomplexes und ist von stoffüberspannung in Anwesenheit Bedeutung für die Erklärung des Reduktions- von Kobalt in 0,25 m Äthylendiaminotartrat und 1 m K 4 P 2 0 7 mechanismus der Ionen der Übergangsmetalle. Die zweite Kurve entstand nach der Zugabe von 7,5 • 10-» m Co"*. Nach [21] Die Bestimmung von Nickel und der Nachweis von Kupfer und Eisen in Kobaltverbindungen können in einer 0,25 m Lösung von Äthylendiamin mit 1 m Kaliumpyrophosphat durchgeführt werden [21]. Die Anwesenheit von Kobalt, auch in größeren Konzentrationen, äußert sich nur durch ein Herabsetzen der Wasserstoffüberspannung (Abb. 72). In Anwesenheit von Nickel entsteht ein irreversibler Einschnitt auf der kathodischen Seite. Die Nickelbestimmung wird durch die Anwesenheit von Cu, Fe, Cd, Pb, Zn und T1 nicht gestört, wohl aber durch die Gegenwart von Uran und größeren Mengen von Arsen. Zur Bestimmung von Nickel neben Kobalt wird eine Komparationstitration vorgeschlagen. Die Größe des Nickel-Einschnittes wird etwas durch die Kobalt-

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Anorganische Depolarisatoren

Konzentration beeinflußt. Es ist darum bei der Titration notwendig, der Vergleichslösung annäherend die gleiche Menge Kobalt wie in der Probe zuzugeben. Diese Bestimmung wird folgendermaßen ausgeführt: Man bereitet eine etwa 1 m Kobaltsalzlösung vor und pipettiert von der Lösung 2 ml in das elektrolytische Gefäß, nachher werden 5 ml 2 m Kaliumpyrophosphat mit 1,25 ml 2 m Äthylendiaminotartratlösung zugegeben und auf ein Gesamtvolumen von 10 ml verdünnt. Das zweite Gefäß enthält dieselbe Lösung, nur mit dem Unterschied, daß hier ein nickelfreies Kobaltsalz benutzt wird. Der entstandene Niederschlag löst sich nach dem Durchmischen auf. Die Vergleichslösung wird aus einer Mikrobürette mit einer Nickel-Maßlösung (0,01 m NiS0 4 ) solange titriert, bis beide Einschnitte übereinstimmen. Falls sich das Volumen der titrierten Lösung um mehr als 10% vergrößert, soll auch in die Probelösung soviel destilliertes Wasser zugegeben werden, bis das Volumen beider Lösungen gleich ist. Die Nickel-Konzentration wird aus der Formel (2) berechnet: 100 • A • B %Ni = . (2) ö Es bedeuten A den Titrationsverbrauch der 0,01 m NiS04-Lösung (in ml angegeben), B die Nickelmenge in mg, die 1 ml der Maßlösung enthält, C die Einwaage der Probe in mg. Die optimale Nickel-Konzentration für die Bestimmung liegt im Bereich von 2 • 10-4 bis 1,5 • 10~5 m. Ist der Nickelgehalt in Kobalt größer als 0,75%, muß mit kleinerer Einwaage gearbeitet werden. Falls die Nickel-Konzentration im Kobaltsalz unter 0,05% liegt, ist diese Bestimmung mit einem größeren Fehler belastet. Lanthanide Lanthanide wie Lanthan, Neodym, Praseodym, Samarium geben in 0,2 bis 1 m Kaliumjodid von pH 6,4 bis 6,8 einen reversiblen Einschnitt bei Q 0,66 [154] (Abb. 73). Bei der Anwendung einer Tropfelektrode mit kleiner Tropfdauer oder einer strömenden Elektrode entstehen keine Einschnitte. Wird der Sauerstoff aus der Lösung entfernt, so werden diese Einschnitte kleiner und vertiefen sich wieder auf die ursprüngliche Größe nach Durchleiten von Luft durch die Lösung. In Gegenwart mehrwertiger Anionen verschwinden diese Einschnitte. Durch Ansäuern der Lösung verkleinern sich die Einschnitte, und es entsteht ein neuer, anodischer bei positiven Potentialen. Es wurde festgestellt, daß das Reduktionsprodukt an der Elektrode festhaftet und daß das polarographisch hergestellte Produkt mit dem durch Wechselstrompolarisation gewonnenen übereinstimmt. Der Verfasser nimmt an, daß bei der polarographischen oder oszillopolarographischen Reduktion an der Elektrode Halogenhydride der Lanthanide (LaHX2, LaH 2 X und LaH3) entstehen, deren Zusammensetzung vom Potential der Elektrode abhängig ist. Die schwächste Reduktionswirkung weist das Monohydrid auf — es reagiert nicht mit dem Wasser; deswegen ist es möglich, dieses elektrolytisch zu oxydieren. Das Dihydrid des Lanthans ist ein starkes, z. B. Wasser oder einige Farbstoffe reduzierendes Reduktionsmittel. Die reversiblen

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Lanthanide

Einschnitte werden durch die Bildung des Dihydrids erklärt, das an der Elektrode adsorbiert und während des anodischen Vorganges wieder reversibel oxydiert wird. Beim Ansäuern der Lösung, wodurch die Hydrid-Ionen an der Tropfenoberfläche neutralisiert werden, entsteht der erwähnte positive anodische Einschnitt. Das Reaktionsschema wird durch Versuche mit präparativ hergestellten Mischungen der Lanthanhydride, die alle typische Einschnitte bieten, unterstützt. Das Verhalten der Elemente aus der Gruppe der seltenen Erden haben auch D o l e z a l und J a n a c e k [25] studiert. Am besten entwickelte Einschnitte haben sie in einer Lösung von 0,6 m KONS bei —1,4 V erhalten. Außerdem ist noch ein zweiter, viel kleinerer kathodischer Einschnitt bei positiveren Potentialen sichtbar (Abb. 74a). Abweichend verhält sich das Europium, das zwei kathodische Einschnitte bei —0,6 V und —0,8 V und einen anodischen bei —0,6 V bietet (Abb. 74b). Diese werden im Abb. 73. Depolarisationswirkung der Lanthanide Gegensatz zu den anderen Lanthaniden nicht 6 • 10-' m LaCl, in 0,5 m KJ. Nach [154] durch die Anwesenheit von Nitraten in der Lösung beeinflußt. Es ist sogar möglich, in Kaliumnitratlösungen zu arbeiten, was von großem Vorteil bei der Bestimmung von Europium neben anderen Lanthaniden ist. In dieser Lösung ist nur die Depolarisationswirkung des Europiums sichtbar. Diese Erscheinung wurde weiter zur

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Abb. 74. Depolarisationswirkung der Lanthanide

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